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Europarecht

1. DIE GRÜNDUNGSVERTRÄGE

 Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (1952) wichtig


Basiert auf der Schuman Erklärung. Diese war die Grundlage für die
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl.
Teilnehmer: D, I, F, Benelux
Ziele: Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg, Vermeidung weiterer Kriege
Diese Ziele sollten durch den gemeinsamen Aufbau einer Kohle- und
Stahlindustrie erreicht werden. Kohle und Stahl waren Schlüsselprodukte für
den Krieg und sollten nicht unter nationaler, sondern unter europäischer
Kontrolle stehen.
Sektoraler Integrationsansatz: betrifft die Sektoren Kohle und Stahl
Spill-over-Effekt: Die erfolgreiche Kooperation in einem Sektor würde zu
Kooperationen in anderen Sektoren führen und in einer politischen Union
münden.
Der erste Präsident der EGKS war Jean Monnet (Gründungsvater), dieser
war für kleine Schritte und die Ausweitung dieser bei Erfolg.
Der EGKS-Vertrag lief nach 50 Jahren aus und wurde nicht mehr verlängert.
Die EGKS gibt es heute nicht mehr. Ein Grund für die Nicht-Verlängerung liegt
darin, dass Elemente aus diesem Vertrag in neue Verträge übernommen
wurden. Zudem waren Kohle und Stahl im 21. Jahrhundert auch nicht mehr
prioritär.

 Die Europäische Atomgemeinschaft (1958) (nicht klausurrelevant)


Teilnehmer: D, I, F, Benelux
Ziele: friedliche Nutzung der Atomenergie
Unterzeichnung in Rom 1957, Ratifizierung 1958

 Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (1958) (wichtig)


Der Spill-over-Effekt ist eingetreten. Die Ausdehnung auf weitere Sektoren
erfolgte durch den Vertrag über die EWG
Aufgabe: durch die Errichtung eines gemeinsamen Marktes durch
Regulierung (Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedsstaaten); alle
Hindernisse die den freien Personen-, Dienstleistungs-, und Kapitalverkehr
einschränken, abschaffen; gemeinsame Politik auf dem Gebiet der
Landwirtschaft, gemeinsame Politik auf dem Verkehrssektor.
Der Vertrag wurde 1957 in Rom unterzeichnet und trat 1958 in Kraft
(Ratifizierung).

2. DIE EINHEITLICHE EUROPÄISCHE AKTE (1987) (nicht klausurrelevant)


Ist ein Vertrag völkerrechtlicher Natur und ist die erste umfassende Reform
der Gründungsverträge nach 30 Jahren. Der französische Staatspräsident
Degaulles wollte die Briten nicht in der EU haben und hat deren
Beitragsansuchen mehrmals abgelehnt. Er hatte Angst, dass diese die Spione
Amerikas in der EU sein würden.
Neben Degaulles war auch die Ölkrise in den 70-Jahren ein entscheidender
Grund dafür, dass die EU-Vertiefung nicht schneller voranging. Der Fokus lag
auf anderen Themen. In den 80-Jahren änderte sich dies, da Degaulles nicht
mehr da war, die Ölkrise vorbei war und der Kalte Krieg ein Ende fand.

Es wurden neue Kompetenzbereiche der EWG eingeführt (Umwelt). Das


basierte auf der Nuklearkatastrophe von Chernobyl.

3. DER VERTRAG VON MAASTRICHT (1993) wichtig!!!


Der Vertrag von Maastricht änderte die Gründungsverträge ab und fügte einen
neuen Vertrag dazu.

Änderungen des EWG-Vertrages:


 Die EWG aus dem Jahr 1958 wurde zur EG.
Die EG war dann nicht mehr nur eine rein wirtschaftliche Union, sondern es
ging auch um politische Bereiche. Man hat eine Unionsbürgerschaft
eingeführt.
 Einführung der Unionsbürgerschaft
Neben der Staatsbürgerschaft haben Bürger eines Mitgliedsstaates auch die
Unionsbürgerschaft mit entsprechenden Rechten und Pflichten.
Art. 20: Die Unionsbürgerschaft kommt zur Staatsbürgerschaft hinzu, ersetzt
diese aber nicht. Die Unionsbürger dürfen sich in der Union frei bewegen. Sie
haben das aktive und passive Wahlrecht zum Europaparlament und bei den
Kommunalwahlen. Recht auf Schutz durch Konsulate der Mitgliedsstaaten.
Italienische Bürger können z.B. auch Hilfe von Botschaften der anderen
Mitgliedsstaaten in Anspruch nehmen.
 Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion vertraglich festgelegt (Geburt
Euro)
 Subsidiaritätsprinzip wurde gesetzlich verankert, Art 5 EU
Subsidiaritätsprinzip: Die Union wird nur dann tätig, wenn die Ziele von den
Mitgliedsstaaten nicht verwirklicht werden können, sondern wegen ihres
Umfangs auf Unionsebene besser verwirklicht werden können. Das, was die
Mitgliedsstaaten machen können, sollen sie selbst machen. Dort wo sie die
Mittel nicht haben, soll die EU eingreifen. Damit will man verhindern, dass sich
die EU zu viele Kompetenzen „krallt“.

Abschluss eines neuen Vertrages: Der EU-Vertrag


Der Vertrag von Maastricht hat zum EU-Vertrag geführt. Die EU gibt es somit
seit 1993.
Diese Union ebnete auch den Weg für eine politische Union, vorher war es
eine rein ökonomische.
Seit 1993 darf die EU auch außen- und sicherheitstechnisch aktiv werden.
4. DER VERTRAG VON AMSTERDAM (1999)
Zielsetzung: Die EU sollte für die Osterweiterung vorbereitet werden. Die EU
sollte bürgernäher gemacht werden. Der Vertrag von Amsterdam ist ein
traditioneller Änderungsvertrag.

Änderungen am EU-Vertrag:
Das Prinzip der verstärkten Zusammenarbeit wurde eingeführt. Dieses Prinzip
bietet den Mitgliedsstaaten, die das wollen, die Gelegenheit zu einer
verstärkten Zusammenarbeit in kleiner Runde, um die Integration zu vertiefen.
19 Länder haben sich z.B. bereiterklärt voranzuschreiten und haben den Euro
bereits eingeführt.
Ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten
 Euro (20 Länder)
 Schengen (boarderfree travel)
 EU-Patent (alle außer Spanien und Kroatien)
 Scheidungsrecht für internationale Paare
 Europäische Staatsanwaltschaft

Änderungen am EG-Vertrag:
Der EG wurde der neue Kompetenzbereich Beschäftigungspolitik übertragen.
Damit sollten den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit gegeben werden, ihre
Beschäftigungspolitik besser europäisch abstimmen zu können.
Erweiterte Kompetenzen im Bereich der Sozialpolitik.
Die EG erhielt neue Zuständigkeiten im Bereich Antidiskriminierung.
Inkorporierung großer Teile der 3 Säulen in den EGV

5. DER VERTRAG VON NIZZA (2003) nicht klausurrelevant


Ziel: Die EU für die Osterweiterung „fit machen“, weil der Vertrag von
Amsterdam das nicht wirklich realisiert hat.
 Reduzierung der nationalen Vetomöglichkeiten
(Mehrheitsentscheidungen stärken)
 Anzahl der Kommissionsmitglieder reduziert. Nur mehr 1 Kommissar
pro Staat. Die Schlagkraft der Kommission sollte aufrechterhalten
werden.
 Anpassung der Stimmengewichtung im Rat (keine befriedigende
Lösung)

6. DER VERFASSUNGSVERTRAG (2004) wichtig


Ziel: Die EU transparenter, effizienter und bürgernäher zu machen.
Die bisherigen Verträge sollten in einem Vertrag zusammengefasst werden.
Es sollte einen gewählten Präsidenten geben, der der EU ein Gesicht gibt und
sie mit einem EU-Außenminister nach außen vertritt.
Dieser Verfassungsvertrag wurde NIE RATIFIZIERT. Damit der Vertrag in
Kraft treten hätte können, hätten alle Staaten zustimmen müssen (F und NL
waren dagegen).
7. DER REFORMVERTRAG VON LISSABON (2009) wichtig
Viele Vorschläge des gescheiterten Verfassungsvertrages wurden jedoch in
den Lissabonner Reformvertrag übernommen.

Wichtigste Änderungen:
 Änderungen im EUV und EGV. Der EGV heißt jetzt Vertrag über die
Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
 Neuer Abstimmungsmodus der qualifizierten Mehrheitsentscheidungen.
Einführung des Prinzips der doppelten Mehrheit. Wenn die EU im Rat
eine Entscheidung trifft, müssen 55% der Staaten zustimmen und diese
müssen 65% der Bevölkerung repräsentieren.
 Die Bereiche, in welchen die qualifizierte Mehrheitsentscheidung
angewendet wird, wurden ausgeweitet.
 Die nationalen Parlamente wurden durch die Subsidiaritätskontrolle
gestärkt.
 Eine „Austrittsklausel“ wurde eingeführt (Art. 50). Haben die Briten
genutzt.
 Die Grundrechtscharta wird rechtlich verbindlich.
Was wurde nicht übernommen:
 Der Begriff „Verfassung“ wurde verworfen
 Kein Bezug auf die Symbole der EU (Flagge, Hymne)
 Kein Außenminister der EU (aber dafür „hoher Repräsentant der EU für
Äußere Angelegenheiten und Sicherheitspolitik“)

8. BEITRITTSRUNDEN
 1958: D, F, I, BeNeLux
 1973: Dänemark, GB, Irland
 1981: Griechenland
 1986: Spanien, Portugal
 1995: Österreich, Schweden, Finnland
 2004: Estland, Litauen, Lettland, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn,
Slowenien, Malta und Zypern:
 2007: Bulgarien, Rumänien
 2013: Kroatien
Beitrittskriterien:
Damit ein Staat beitreten kann, muss er die Kopenhagener Kriterien erfüllen.
 Politisches Kriterium: stabile Institutionen, Demokratie,
Menschenrechte, Minderheitenschutz
 Wirtschaftliches Kriterium: funktionierende Marktwirtschaft, die dem
Wettbewerbsdruck der EU standhält
 Rechtliches Kriterium: das gesamte EU-Recht muss übernommen
werden (ca. 90.000 Seiten)
 Zudem: „Europäischer Staat“ (Art. 49): geographisch, historisch und
kulturell bedingt

DIE ORGANE DER EU

Die EU hat 7 Hauptorgane (Art. 13 I, EUV): nicht auswendig merken, stehen im


Gesetzestext
 Europäisches Parlament (Straßburg, Brüssel)
 Ministerrat
 Europäischer Rat (Brüssel, Luxemburg)
 Kommission (Brüssel)
 Gerichtshof (Luxemburg)
 Europäische Zentralbank (Frankfurt am Main)
 Rechnungshof (Luxemburg)

Die Hauptorgane werden von 2 Nebenorganen unterstützt. Sie haben nur eine
beratende Funktion und können keine rechtsverbindlichen Maßnahmen beschließen
(Art. 13 IV).
 Wirtschafts- und Sozialausschuss
 Ausschuss der Regionen
Sitz der Organe (Art. 341)
Der Sitz der Organe der EU wird in Art. 341 des AEUV geregelt. Der Sitz der Organe
wird in Einvernehmen mit den Regierungen der Mitgliedsstaaten geregelt. Die
Sitzfrage der Organe ist eine politische Frage. Wenn ein Land einen EU-Sitz hat, ist
das mit Prestige verbunden. Ein Sitz im Land ist auch mit hoher Kaufkraft der
Bediensteten verbunden.
Amtssprachen (Art. 342)
Derzeit gibt es in der EU 24 Amtssprachen. Jeder EU-Bürger kann sich in diesen
Sprachen an die Organe der EU wenden und hat das Recht eine Antwort in dieser
Sprache zu erhalten. Alle EU-Rechtsakte werden in diesen Sprachen veröffentlicht.
Einige Sprachen fungieren in mehreren Ländern als Amtssprache, weshalb es nicht
27 Amtssprachen gibt.
Die Amtssprachen werden für externe Kommunikation genutzt. Daneben gibt es
auch Arbeitssprachen, welche für interne Kommunikation genutzt werden: englisch,
französisch, deutsch.
1. DIE KOMMISSION (Art. 17 I EU)
Die Kommission fungiert als Vertreter der „Unionsinteressen“ und wird deshalb auch
als „Regierung“ der EU bezeichnet.
Aufgaben und Befugnisse
a) Gesetzgebungsinitiative (Art 17 II 1 EU)
Initiativmonopol der Kommission. Die Kommission hat die
Gesetzgebungsinitiative. Ausnahme: Europäische Bürgerinitiative (Art 11, Abs.
4).
Dafür braucht es die Initiative von 1 Mio. Unionsbürger aus verschiedenen
Ländern. Z.B. Verbot von Glyphosat.

b) Exekutive der Gemeinschaft (Art 17 | 5 EU)


Die Kommission ist das Hauptexekutivorgan und erlässt die Gesetze, hat auch
die Wettbewerbsaufsicht.

c) Kontrollfunktion (Art 17| 3 EU)


Führt die Aufsicht über die Vertragserfüllung der Mitgliedsstaaten und der
anderen Organe. Sie wacht darüber, ob das EU-Recht befolgt wird.
- Verletzt ein MS das EU-Recht, so kann die Kommission ein
Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGh einleiten (Art. 258 AEU).
- Verletzen andere Organe das EU-Recht, so kann die Kommission eine
Nichtigkeitsklage einreichen (Art. 263 AEU).

d) Außenbeziehungen
Vertritt die EU nach außen (Art. 17 | 6 EU).
Verhandelt Abkommen mit Drittstaaten (Art. 207, 218 AEU)

Zusammensetzung (Art 17 IV-V)


- 27 Kommissare (1 pro MS)
- Kommissionsmitglieder und ihre Resorts
- Amtszeit: 5 Jahre
- Ernennung (Art. 17 VII)
- Präsidentin der Kommission: Ursula von der Leyen
- Wichtiger Präsident aus der Vergangenheit: Jacques Delaunoit

Beschlussfassung
Beschlüsse werden mit der Mehrheit der Mitglieder gefasst (Art. 250 AEU)
Die Kommission übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus und nimmt keine
Weisungen der MS-Regierungen an (Art. 17 III 3 EU)
2. DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT (Art. 14 EU und Art. 223-234 AEU)
Das EP ist der Interessensvertreter der EU-Bürger.
Aufgaben und Befugnisse
a) Legislativbefugnis

- Ordentliches Gesetzgebungsverfahren:
Das EP erlässt gemeinsam mit dem Rat Gesetzgebungsakte (Art. 289
I, 294 AEU). Das Parlament macht die Gesetze zusammen mit dem Rat
auf Vorschlag der Kommission. Kommission schlägt vor, Parlament und
Rat beschließen.

- Besonderes Gesetzgebungsverfahren:
Rat entscheidet in erster Linie, dem Parlament kommt nur eine
eingeschränkte Rolle zu (Art. 289 II AEU):
o Anhörungsverfahren (das Parlament wird nur angehört)
o Zustimmungsverfahren (das Parlament muss wichtigen
Gesetzgebungsakten zustimmen, kann aber keinen Einfluss auf
den Inhalt nehmen)

b) Kontrollbefugnis
- Ernennung
Die gesamte Kommission muss eine Zustimmung vom Parlament
erhalten (Art. 17 VII EU). Das Parlament wählt den Präsidenten der
Kommission (Frau Von der Leyen). Die Mitglieder müssen zu den
Werten der EU passen und wenn das Parlament die Ernennung eines
Kommissionsmitglieds ablehnt, so muss ein anderes ernannt werden.

- Misstrauensvotum
Das Parlament kann den Misstrauensantrag gegen die Kommission
stellen. Wird dieser angenommen, so muss die Kommission
geschlossen ihr Amt niederlegen (Art. 17 VIII EU, 234 TFEU)

c) Haushaltsbefugnis
- Das EP übt – gemeinsam mit dem Rat – die Haushaltsbefugnisse aus
(Art. 14 I EU). Das Parlament kann nur zusammen mit dem Rat
agieren.
- Umfang des EU-Budget (ca. 150 Milliarden pro Jahr)
- Der EU-Haushaltsplan wird immer für 7 Jahre erstellt

Zusammensetzung
- Theoretisch bis zu 750 Mitglieder + Präsident des EP (Art. 14 II EU),
aktuell 705
- Amtszeiten von 5 Jahren
- Gewählt in direkter, allgemeiner, geheimer und freier Wahl (Art 14 III
EU)
- Präsident des EP: Amtszeit 2,5 Jahre (Roberta Metsola)

Beschlussfassung
Mehrheit der abgegebenen Stimmen, 2/3 für Misstrauensvotum notwendig
3. DER MINISTERRAT (Art. 16 EU, 237 ff. AEU)

Der Ministerrat ist das zentrale Organ der EU.


Er fungiert als Interessensvertreter der Mitgliedsstaaten.

Aufgaben und Befugnisse


- Gesetzgebung
- Haushaltsfestlegung
- Abschluss internationaler Verträge, Koordinierung der (Wirtschafts-) Politik

Zusammensetzung
- Der Rat besteht aus je einem Minister pro MS (Art. 16 II EU).
- Eine personelle Kontinuität wird nicht verlangt. Der Rat tagt deshalb idR in der
Zusammensetzung der zuständigen Fachminister (Art. 16 VI EU). Geht es z.B.
um Themen der Landwirtschaft, so treffen sich die Landwirtschaftsminister.
VORSITZ
- Um den Ministerrat besser koordinieren zu können, wurde ein Vorsitz
eingeführt
- Der Vorsitz wechselt jede 6 Monate zwischen den MS (Rotationssystem nach
Art. 16 IX EU). Derzeit Schweden.
Beschlussfassung
Es gibt unterschiedliche Abstimmungsverfahren:
- Einstimmigkeit
- Einfache Mehrheit
- Qualifizierte Mehrheit

a) Einstimmigkeit (nicht so wichtig)


Einstimmigkeit bedeutet, dass alle MS zustimmen müssen.
Problem: Je größer die EU, desto schwieriger wird es die Zustimmung aller
MS zu erhalten  Einstimmigkeit kann daher leicht zu Stillstand führen.
Folge: Die Bereiche in denen Einstimmigkeit erforderlich ist, werden immer
weiter reduziert und ist heute nur noch in wenigen, sensiblen Bereichen
notwendig (z.B. Beitritt neuer MS).

b) Einfache Mehrheit (Art. 238 I AEU) (nicht so wichtig)


Die einfache Mehrheit kommt bei der Zustimmung von 14 MS zustande
Einfache Mehrheitsentscheidungen sind selten. Insgesamt gibt es nur knapp
10 Artikel des AEU, welche eine einfache Mehrheit verlangen und diese
befassen sich mit der Einrichtung von beratenden Ausschüssen (Art. 150, 160
AEU)

Grund? Die einfache Mehrheit berücksichtig nur die Anzahl der Staaten, aber
nicht die Anzahl der Bevölkerung.

c) Qualifizierte Mehrheit (Art. 16 III EU) (wichtig)


Soweit in den Verträgen nichts anderes festgelegt ist, beschließt der
Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit.

Die qualifizierte Mehrheit erfordert die Zustimmung von 55% der MS (, welche
Staaten) 65% der EU-Bevölkerung repräsentieren (doppelte Mehrheit: Art. 16
IV EU).
4. DER EUROPÄISCHE RAT (Art. 15 EU)

ACHTUNG: NICHT ZU VERWECHSELN MIT DEM MINISTERRAT!


Wurde erst durch den Vertrag von Lissabon (2009) zu einem EU-Organ.

Aufgaben und Befugnisse


- legt die allgemeine politische Ausrichtung der EU fest (Art. 15 I EU)
- wird nicht gesetzgeberisch tätig!

Zusammensetzung
- Regierungschefs der MS + Präsident der Kommission + Präsident des
Europäischen Rates (Art 15 II EU)
- Tagungen finden 4x pro Jahr statt

Beschlussfassung
- Prinzip des Konsenses (Art. 15 IV EU)
- Es findet keine formale Abstimmung statt

Präsident des Europäischen Rates


- Geregelt in Art. 15 V, VI EU
- Amtszeit: 2,5 Jahre
- Führt den Vorsitz bei den Tagungen
- Koordiniert die Zusammenarbeit mit der Kommission
- Außenvertretung der EU
- Kein Stimmrecht
Quellen des Unionsrechts

Primärrecht
Es wird auch als Verfassungsrecht der EU bezeichnet, wie es die Grundstruktur der
EU regelt. Wird von den MS erlassen.
Das Primärrecht ist die höchstrangige Quelle des Unionsrecht und lässt sich in 2
Subkategorien unterteilen:
- Geschriebenes Primärrecht (Verträge)
o Der Vertrag über die europäische Union (EU)
o Der Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEU)
o Der Euratom Vertrag
o Protokolle

Zu den Verträgen kommen noch 37 Protokolle, die den Verträgen im Laufe


der Zeit beigefügt wurden. Diese sind gem. Art. 51 EU den Verträgen
gleichgestellt.
Diese Protokolle erfüllen 2 Funktionen:
 spezifizieren komplexe Rechtsgebiete
 sie modifizieren Sonderregelungen für einzelne MS
- Ungeschriebenes Primärrecht (die allgemeinen Rechtsgrundsätze)
Das Unionsrecht enthält noch viele Regelungslücken. Der EuGH versucht
diese durch Rechtsgrundsätze zu schließen, die er in der Rechtsprechung
entwickelt.

Beispiele für allgemeine Rechtsgrundsätze


o Vertrauensschutz
o Verhältnismäßigkeit: Maßnahmen dürfen nicht über die Erreichung des
Zieles hinausgehen – kodifiziert in Art. 5 IV EU
o Staatshaftung: MS können für den Verstoß gegen EU-Recht
verantwortlich gemacht werden (Fall Brasserie du Pecheur gegen
Deutschland, weil DE ihr Bier nicht mit der Bezeichnung „Bier“ für den
Verkauf zulassen wollte – Verstoß gegen das Prinzip der freien
Warenzirkulation in der EU) – die Brauerei hatte Recht und der
deutsche Staat musste Schadensersatz leisten

Sekundärrecht
Das sekundäre Unionsrecht wird von den EU-Organen geschaffen. Es ist viel
umfangreicher als das Primärrecht. Die EU-Organe dürfen nur dann Rechtsakte
erlassen, wenn das Primärrecht ihnen eine entsprechende Kompetenz verleiht.
Das sekundäre Unionsrecht kennt folgende Rechtsakte (Art. 288 AEU):
- Verordnungen (288 II AEU)
- Richtlinien (288 III AEU)
- Beschlüsse (288 IV AEU)
- Empfehlungen und Stellungnahmen (288 V AEU)

a) Verordnungen (Art 288 II AEU)


Die Verordnung hat allgemeine Geltung, sie ist in allen Teilen verbindlich und
gilt unmittelbar in jedem MS.
Merkmale:
- Allgemeine Geltung:
Die Verordnung enthält eine generell-abstrakte Regelung – verfügt also über
Rechtsnormcharakter. Sie trifft Rechtsfolgen für eine unbestimmte Anzahl von
Sachverhalten gegenüber einer unbestimmten Anzahl von Personen.
- In allen Teilen verbindlich
Die Verordnung stellt umfassend zwingend zu beachtendes Unionsrecht dar.
Jede von ihr getroffene Regelung ist zu beachten.

- Unmittelbare Geltung
Es bedarf also keines weiteren Umwandlungsaktes in nationales Recht!

Beispiele
- Fluggastrechte: wenn der Flug abgesagt wird, verspätet oder überbucht ist,
stehen den Fluggästen Rechte zu
- Roaminggebühren: die Roaminggebühren in der EU wurden zuerst mit einer
Verordnung beschränkt und mit einer weiteren 2017 komplett abgeschafft. In
Großbritannien müssen sie wieder bezahlt werden.
- Geoblocking-Verordnung: Geoblocking wurde verboten. Ist wichtig, um den
Binnenmarkt zu fördern, EU-Bürger können Waren im EU-Ausland bestellen.
Audiovisuelle Services sind davon ausgenommen (Netflix, Amazon Prime).
- Datenschutz Grundverordnung (DSGVO): gilt auch unmittelbar und
umfassend in allen MS

Relevanz
Die EU-Organe greifen nur zögerlich auf das Instrument der Verordnung
zurück. Das Argument dafür ist, dass Verordnungen den einzelnen MS keinen
Spielraum gibt, um nationale Besonderheiten zu berücksichtigen.

Fazit
Verordnungen sind „Gesetze der EU“. Ihr Ziel ist die 100%ige
Rechtsvereinheitlichung in der EU.

b) Richtlinien (Art. 288 III AEU)


Die Richtlinie ist für die MS hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich.
Sie überlässt den MS aber die Wahl der Form und der Mittel.
Die Richtlinien wenden sich an die MS (Adressat) und verpflichten diesen, die RL
in nationales Recht umzuwandeln. Erst wenn die RL vom MS in nationales Recht
umgewandelt wurde, entfaltet sie auch gegenüber Privatpersonen
Bindungswirkung.
Sinn und Zweck einer RL ist die Rechtsangleichung in der EU, indem sie
gemeinsame Ziele für die MS festlegt. Die MS können dann die geeigneten
Maßnahmen ergreifen, um den Zielen der RL innerhalb der nationalen
Rechtsordnung Geltung zu verschaffen. Das Ziel ist die Rechtsangleichung in der
EU.
RL treten am 20. Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft (Art 297
AEU). Die MS müssen die RL dann innerhalb eines festgelegten Zeitraumes in
nationales Recht umwandeln. Je nach Komplexität der Materie kann dieser
Zeitraum zwischen 1-5 Jahre liegen.
3 Unterschiede zwischen RL und VO:
- Sie sind nur hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verpflichtend
- Adressaten sind nur die MS
- RL müssen in nationales Recht umgewandelt werden
Verpflichtung zur Umsetzung
- Umsetzungspflicht: Die Pflicht eine RL in nationales Recht umzusetzen, ergibt
sich aus der RL selbst (Art. 288 III AEU), sowie aus Art 4 III EUV.
- Form: Obwohl Art 288 III AEU den MS die Wahl über die Form lässt, sind
bestimmte unionsrechtliche Grenzen zu beachten. Die MS müssen
Maßnahmen ergreifen, die eine effektive Wirkung der RL gewährleisten.
Beispiele
Auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes wurden mehrere RL erlassen, um den
Schutzstand innerhalb der EU anzugleichen.
- Verbraucherrecht: Wenn Sie in der EU einkaufen, sollten sie möglichst gleiche
Rechte haben
Fazit
- RL sind die „Rahmengesetze der EU“
- Ziel: Rechtsangleichung in der EU

c) Beschlüsse (Art. 288 IV AEU)


Beschlüsse sind „in allen ihren Teilen“ verbindliche Rechtsakte.
Es gibt 2 verschiedene Typen von Beschlüssen:
- Adressatenspezifische Beschlüsse: Sie richten sich an einen bestimmten
Adressaten und sind nur für diesen verbindlich.
Bsp. Die Kommission genehmigt Subventionen der französischen Regierung
an Air France. Die Genehmigung erfolgt idR durch einen Beschluss.

- Adressatenlose Beschlüsse: Verfügen über generell-normativen Charakter.


Binden nur EU-Organe intern. Werden daher hauptsächlich im unionsinternen
Bereich eingesetzt.
Bsp. Beschluss des Rates, die Unterzeichnung eines internationalen
Abkommens zu genehmigen (Art. 288 V AEU)

d) Empfehlungen und Stellungnahmen (Art. 288 V)


Empfehlungen und Stellungnahmen sind unverbindliche Rechtsakte.
Die MS müssen idR die Auslegung nationaler Rechtsvorschriften berücksichtigen
(Art. 4 III EU)

Fazit
Während die Abgrenzung der einzelnen Sekundärrechtsakte in der Theorie klar ist,
entstehen in der Praxis erhebliche Probleme.

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