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sw1 GK Q1 FRA/KLNL 26.02.

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M2 Deutsche Bundesregierung: Kulturraum Europa

M3 Was ist die Europäische Grundrechtecharta (GRC)?


Die Grundrechtecharta (GRC) – oder genauer: Charta der Grundrechte der Europäischen Union – ist ein
umfassender Katalog an Grund- und Menschenrechten der 450 Millionen Bürger*innen der Europäischen Union
(EU). Die Europäische Union und alle ihre Organe und Untergliederungen sind durch diese Charta umfassend
verpflichtet (Artikel 51), die dort verankerten Grundrechte zu achten. […] Sie gilt in allen Mitgliedsstaaten der EU
als bindendes Recht, steht aber gleichzeitig parallel zu den nationalen Grundrechten. Sie sollen diese nicht
ersetzen oder mit ihnen konkurrieren, sondern vielmehr um einen weiteren Schutz ergänzen.

Die Europäische Grundrechtecharta ist ein relativ modernes Menschenrechtsdokument. Neben klassischen
Freiheitsrechten wie dem Recht auf Leben (Artikel 2) oder den Verboten von Folter (Artikel 4) und Sklaverei
(Artikel 5) findet sich dort auch ein hochaktuelles Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten (Artikel 8)
sowie Rechte zur freien Berufswahl und zum Unternehmer*innentum (Artikel 15 und 16). Daneben kennt die
GRC auch sogenannte ,,soziale Grundrechte“ wie das Recht auf Bildung (Artikel 14) und die Teilhaberechte von
Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderung (Artikel 24 bis 26). Die Charta verschreibt sich zudem
ausführlich dem Schutz von Arbeitnehmer*innen und der sozialen Sicherheit (Artikel 34). Dadurch wird der
erweiterte Freiheitsbegriff, der der Charta zugrunde liegt, klar deutlich: Freiheit bedeutet nicht nur die Abwehr
staatlicher Eingriffe, sondern auch die Möglichkeit, die Chancen einer offenen Gesellschaft tatsächlich nutzen zu
können. Des Weiteren beinhaltet die GRC auch ein Recht auf Asyl und ein Verbot von Kollektivausweisungen
(Artikel 18 und 19). Die jüngste Vergangenheit zeigt dabei, dass zwischen den theoretisch garantierten
Grundrechten von Asylsuchenden und der tatsächlichen Behandlung durch europäische Grenzschutzbehörden
oft noch erhebliche Lücken klaffen können. Darüber hinaus zeichnet sich die Charta durch moderne Sprache zum
Schutz von kultureller, religiöser und sprachlicher Vielfalt (Artikel 23), Schutz der Umwelt (Artikel 37) und des
Verbraucherschutzes (Artikel 38) aus.

Nach der beeindruckenden Auflistung der garantierten Rechte kommt erst im letzten Abschnitt der Charta der
große Haken. Etwas umständlich formuliert Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Charta:
Diese Charta gilt für die Organe und Einrichtungen der Union unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und für
die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union.
Was dies im Grunde genommen bedeutet, ist, dass die Charta zwar die EU und ihre Organe umfassend bindet,
die Mitgliedsstaaten aber nur in klar eingegrenzten Situationen an sie gebunden sind. Interagieren Bürger*innen
also mit ihrem eigenen Staat, was viel häufiger vorkommt, genießen sie nur eingeschränkten Schutz durch die
GRC.
Quelle: Gremminger, Benedikt (2022); Kurz erklärt: Was ist die europäische Grundrechtecharta?; In: Themenschwerpunkt EuroRights, online abrufbar
unter: https://www.treffpunkteuropa.de/kurz-erklart-was-ist-die-europaische-grundrechtecharta?lang=fr

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