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030 004 KU Romanistische Fundamente

Sachenrecht und Grundlagen


4. Einheit
Derivativer Eigentumserwerb,
usucapio

Modelle des derivativen Eigentumserwerbs &


Relation zum römischen Recht
• Titulus und Modus – ABGB
• Case 71: D. 12,1,18 pr. (Ulpianus 7 disp) Si ego pecuniam tibi
quasi donaturus dedero, tu quasi mutuam accipias … et puto
nec mutuam esse magisque nummos accipientis non fieri,
cum alia opinione acceperit.
• Wenn ich dir Geld gebe, gleichsam um es dir zu schenken, du
es aber gleichsam als Darlehen annimmst … Ich glaube, es ist
auch kein Darlehen, und die Münzen werden nicht Eigentum
des Empfängers, wenn er sie in anderer Meinung
angenommen hat.

Modelle des derivativen Eigentumserwerbs &


Relation zum römischen Recht
• dinglicher Vertrag – BGB
• Case 70: D. 41,1,36 (Iulianus 13 digestorum) Cum in corpus
quidem quod traditur consentiamus, in causis vero
dissentiamus, non animadverto, cur inefficax sit traditio …
constat proprietatem ad te transire nec impedimento esse,
quod circa causam dandi atque accipiendi dissenserimus.
• Wenn wir uns über den Gegenstand einigen, der übergeben
wird, bezüglich des Erwerbsgrundes jedoch verschiedener
Meinung sind, sehe ich nicht ein, warum die Übergabe
unwirksam sein sollte. … steht fest, dass das Eigentum
übergeht und kein Hindernis darin besteht, dass wir uns über
den Grund des Gebens und Empfangens nicht geeinigt haben.

1
Beispielsfall
• A kauft in einer Buchhandlung ein Buch und
erhält dieses übergeben.
• Es stellt sich heraus, dass der Kaufvertrag aus
irgendeinem Grund nichtig ist.
• Was sagt der Verkäufer zu A, als dieser das
Geschäft verlassen möchte?

Beispielsfall
• A kauft in einer Buchhandlung ein Buch und
erhält dieses übergeben.
• Es stellt sich heraus, dass der Kaufvertrag aus
irgendeinem Grund nichtig ist.
• Was sagt der Verkäufer zu A, als dieser das
Geschäft verlassen möchte?

• Problem: unwirksamer Kaufvertrag


• Schutz des Verkehrs vs Schutz des
Eigentümers

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Unterschiede ABGB-BGB
• ABGB • BGB
• kausale Übergabe • abstrakte Übergabe
• Ohne Titel geht kein • Eigentumsübergang durch
Eigentum über dingliche Einigung
• Händler bleibt Eigentümer • Käufer ist Eigentümer -
und kann vindizieren Händler hat einen
Bereicherungsanspruch
• Schutz des Eigentums • Schutz des Verkehrs – Dritte
erwerben Eigentum

Modelle des derivativen Eigentumserwerbs &


Relation zum römischen Recht
• Konsensual – Code civil
• Inst. Just. 2,1,40: Per traditionem quoque iure
naturali res nobis adquiruntur: nihil enim tam
conveniens est naturali aequitati, quam
voluntatem domini, volentis rem suam in
alium transferre, ratam haberi. …
• Durch Übergabe wird auch nach Naturrecht eine Sache für
uns erworben. Denn nichts entspricht mehr der natürlichen
Gerechtigkeit, als den Willen seine Sache einem anderen zu
übertragen, als wirksam anzusehen.

• Lösung unseres Falles nach französischem


Recht?

• Art 1196 (1) CC: Dans les contrats ayant pour


objet l'aliénation de la propriété … le transfert
s'opère lors de la conclusion du contrat.

3
• Problem: Doppelveräußerung
• Art 1198: Lorsque deux acquéreurs
successifs d'un même meuble corporel
tiennent leur droit d'une même personne,
celui qui a pris possession de ce meuble
en premier est préféré, même si son droit
est postérieur, à condition qu'il soit de
bonne foi.

• Problem: Verkauf einer fremden Sache


• Art 1599: La vente de la chose d‘autrui est
nulle …

Usucapio

4
Fall:
• Julius verkauft eine Vase, von welcher er
annimmt, dass er sie von seinem Vater
geerbt habe, an Titius.

• Derivativer Eigentumserwerb des Titius?

• Julius verkauft eine Vase, von welcher er


annimmt, dass er sie von seinem Vater
geerbt habe, an Titius. Dieser schenkt sie
darauf seiner Nichte Claudia kurz vor
ihrem 23. Geburtstag.

5
• Derivativer Eigentumserwerb der Claudia?

• Julius verkauft eine Vase, von welcher er


annimmt, dass er sie von seinem Vater
geerbt habe, an Titius. Dieser schenkt sie
darauf seiner Nichte Claudia kurz vor
ihrem 23. Geburtstag. Als Claudia im Jahr
darauf ihren Geburtstag feiert, fordert ihre
Freundin Acte die Vase von ihr, da sie
diese Julius´ Vater nur zur Verwahrung
gegeben habe.

• Kann Acte die Vase von Claudia


vindizieren?

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• D. 41, 3, 1 (Gaius 21 ad edictum provinciale)
Bono publico usucapio introducta est, ne scilicet
quarundam rerum diu et fere semper incerta
dominia essent, cum sufficeret dominis ad
inquirendas res suas statuti temporis spatium.
• Im öffentlichen Interesse wurde die Ersitzung
eingeführt, damit nämlich nicht das Eigentum an
bestimmten Sachen lange und fast immer
unsicher bleibt, da der festgelegte Zeitraum für
die Eigentümer hinreichend ist, um ihre Sachen
zu suchen.

Funktionen der usucapio


• Rechtssicherheit: Besitz und Eigentum
sollen nicht auf Dauer auseinanderfallen

Funktionen der usucapio


• Rechtssicherheit: Besitz und Eigentum
sollen nicht auf Dauer auseinanderfallen
• Besitz wird im Verkehr als Indiz für das
Eigentum angesehen

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Funktionen der usucapio
• Rechtssicherheit: Besitz und Eigentum
sollen nicht auf Dauer auseinanderfallen
• Besitz wird im Verkehr als Indiz für das
Eigentum angesehen
– Qui possidet dominus esse praesumitur. –
Wer besitzt, wird als Eigentümer vermutet.

Qui possidet dominus esse praesumitur

• § 323 ABGB: Der Besitzer einer Sache hat


die rechtliche Vermutung eines gültigen
Titels für sich; er kann also zur Angabe
desselben nicht aufgefordert werden.

Qui possidet dominus esse praesumitur


• § 1006 BGB
• Eigentumsvermutung für Besitzer
• (1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache
wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies
gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber,
dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen
oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass
es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
• (2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet,
dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer
der Sache gewesen sei.
• (3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die
Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

8
Qui possidet dominus esse praesumitur

• Art. 930 ZGB:


• 1 Vom Besitzer einer beweglichen Sache
wird vermutet, dass er ihr Eigentümer sei.
• 2 Für jeden früheren Besitzer besteht die
Vermutung, dass er in der Zeit seines
Besitzes Eigentümer der Sache gewesen
ist.

Funktionen der usucapio


• Rechtssicherheit: Besitz und Eigentum
sollen nicht auf Dauer auseinanderfallen
• Besitz wird im Verkehr als Indiz für das
Eigentum angesehen
• Schutz des Verkehrs

Funktionen der usucapio


• Rechtssicherheit: Besitz und Eigentum
sollen nicht auf Dauer auseinanderfallen
• Besitz wird im Verkehr als Indiz für das
Eigentum angesehen
• Schutz des Verkehrs
• Erleichterung des Eigentumsbeweises bei
einer rei vindicatio

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Voraussetzungen der usucapio
• res habilis
• titulus
• bona fides
• possessio
• tempus

Voraussetzungen der usucapio


• res habilis
• titulus
• bona fides
• possessio
• tempus
– bewegliche Sachen ein Jahr
– unbewegliche Sachen zwei Jahre

Voraussetzungen der usucapio


• res habilis
• titulus
• bona fides
• possessio
• tempus
– bewegliche Sachen ein Jahr
– unbewegliche Sachen zwei Jahre
• Ursprung: auctoritas - Haftung der 12 Tafeln

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Voraussetzungen der usucapio
• res habilis
• titulus
• bona fides
• possessio
• tempus
– bewegliche Sachen ein Jahr
– unbewegliche Sachen zwei Jahre
• "usus auctoritas fundi biennium est, ... ceterarum
rerum omnium ... annuus est usus"

res habilis
• Was ändert sich an unserem Fall, wenn
Julius wusste, dass die Vase nur von
seinem Vater verwahrt wurde?

res habilis
• D. 41,3,36 pr. (Gaius 2 rer. cott.) Potest pluribus modis
accidere, ut quis rem alienam aliquo errore deceptus
tamquam suam vendat forte aut donet et ob id a bonae fidei
possessore res usucapi possit: veluti si heres rem defuncto
commodatam aut locatam vel apud eum depositam
existimans hereditariam esse alienaverit.
• Es kann auf viele Arten geschehen, dass jemand eine fremde
Sache aufgrund irgendeines Irrtums getäuscht als eigene
beispielsweise verkauft oder verschenkt und deswegen die
Sache vom gutgläubigen Besitzer ersessen werden kann: z.B.
wenn der Erbe eine dem Erblasser geliehene oder vermiete
oder bei ihm hinterlegte Sache in der Annahme sie gehöre
zum Nachlass veräußert.
• D. 41,3,37 pr. (Gaius 2 inst.) Furtum non committit: furtum
enim sine affectu furandi non committitur.
• Er begeht kein furtum. Ein furtum wird nämlich ohne
Diebstahlsabsicht nicht begangen.

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res habilis
• Mangel der Furtivität ist objektiv!
• reversio in potestatem
– Case 72: Interpretation der lex Atinia

bona fides
• Irrtum
• Tatsachenirrtum
• error iuris nocet – Rechtsirrtum schadet
• mala fides superveniens non nocet –
nachträglicher böser Glaube schadet nicht

• Bona fides entfällt erst bei Kenntnis des


Mangels!

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Putativtitel
• Nicht kontrovers: Erwerb vom pupillus
– Case 86

Putativtitel - Kontroversen
• Celsus: vera causa
• Putativtitelersitzung außer bei Kauf (pro
suo bzw. aufgrund des angenommenen
Titels)
• Putativtitelersitzung beim Kauf bedarf
einer iusta causa erroris

Gutgläubiger Erwerb vom


Nichtberechtigten
• § 367. (1) Die Eigentumsklage gegen den
rechtmäßigen und redlichen Besitzer einer beweglichen
Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die
Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung,
von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines
Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem
sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen
Fällen erwirbt der rechtmäßige und redliche Besitzer das
Eigentum. Der Anspruch des vorigen Eigentümers auf
Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder
gegen andere Personen bleibt unberührt.
• (2) Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet,
so erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums
durch den rechtmäßigen und redlichen Besitzer, es sei
denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht
redlich ist.

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• § 367. (1) Die Eigentumsklage gegen den
rechtmäßigen und redlichen Besitzer einer beweglichen
Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die
Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung,
von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines
Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem
sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen
Fällen erwirbt der rechtmäßige und redliche Besitzer das
Eigentum. Der Anspruch des vorigen Eigentümers auf
Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder
gegen andere Personen bleibt unberührt.
• (2) Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet,
so erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums
durch den rechtmäßigen und redlichen Besitzer, es sei
denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht
redlich ist.

• § 367. (1) Die Eigentumsklage gegen den


rechtmäßigen und redlichen Besitzer einer beweglichen
Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die
Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung,
von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines
Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem
sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen
Fällen erwirbt der rechtmäßige und redliche Besitzer das
Eigentum. Der Anspruch des vorigen Eigentümers auf
Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder
gegen andere Personen bleibt unberührt.
• (2) Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet,
so erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums
durch den rechtmäßigen und redlichen Besitzer, es sei
denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht
redlich ist.

• § 367. (1) Die Eigentumsklage gegen den


rechtmäßigen und redlichen Besitzer einer beweglichen
Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die
Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung,
von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines
Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem
sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen
Fällen erwirbt der rechtmäßige und redliche Besitzer das
Eigentum. Der Anspruch des vorigen Eigentümers auf
Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder
gegen andere Personen bleibt unberührt.
• (2) Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet,
so erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums
durch den rechtmäßigen und redlichen Besitzer, es sei
denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht
redlich ist.

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• § 367. (1) Die Eigentumsklage gegen den
rechtmäßigen und redlichen Besitzer einer beweglichen
Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die
Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung,
von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines
Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem
sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen
Fällen erwirbt der rechtmäßige und redliche Besitzer das
Eigentum. Der Anspruch des vorigen Eigentümers auf
Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder
gegen andere Personen bleibt unberührt.
• (2) Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet,
so erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums
durch den rechtmäßigen und redlichen Besitzer, es sei
denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht
redlich ist.

• § 368 ABGB (1) Der Besitzer ist redlich, wenn er


weder weiß noch vermuten muss, dass die Sache nicht
dem Veräußerer gehört. Beim Erwerb von einem
Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines
Unternehmens genügt der gute Glaube an die Befugnis
des Veräußerers, über die Sache zu verfügen.
• (2) Beweist der Eigentümer, dass der Besitzer aus der
Natur der Sache, aus ihrem auffällig geringen Preis, aus
den ihm bekannten persönlichen Eigenschaften seines
Vormanns, aus dessen Unternehmen oder aus anderen
Umständen einen gegründeten Verdacht hätte schöpfen
müssen, so hat der Besitzer die Sache dem Eigentümer
zu überlassen.

• § 368 ABGB (1) Der Besitzer ist redlich, wenn er


weder weiß noch vermuten muss, dass die Sache nicht
dem Veräußerer gehört. Beim Erwerb von einem
Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines
Unternehmens genügt der gute Glaube an die Befugnis
des Veräußerers, über die Sache zu verfügen.
• (2) Beweist der Eigentümer, dass der Besitzer aus der
Natur der Sache, aus ihrem auffällig geringen Preis, aus
den ihm bekannten persönlichen Eigenschaften seines
Vormanns, aus dessen Unternehmen oder aus anderen
Umständen einen gegründeten Verdacht hätte schöpfen
müssen, so hat der Besitzer die Sache dem Eigentümer
zu überlassen.

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12-Tafel Gesetzgebung
• nach der Tradition
– 451/450 v. Chr.
– Produkt des Ständekampfes
• 462 v. plebejische Forderung nach Beteiligung an der
Macht
• Soziale Schlichtungsfunktion – Eheverbot zw. Patriziern
und Plebejern – 445 v. lex Canuleia
– Sonderkommission von 10 Männern - decemviri
legibus scribundis
– Gesandtschaft nach Athen
– 10 + 2 Tafeln

12-Tafel Gesetzgebung
• Nicht erhalten
• 40 wörtliche Zitate und ca. 120 inhaltliche Hinweise in
der antiken Literatur
• Anordnung und Verteilung auf Tafeln moderne
Konvention
• Kritische historische Betrachtung
– Echtheit
– Originale 387 v. beim Gallier-Brand zerstört
• contra z.B. Pais (Aelius Catus – 200 v.), Lambert (Cn.
Flavius – 300 v.), Fögen
• innere Stimmigkeit & archäologische Indizien
– Beziehung zu anderen antiken Rechten

12-Tafeln: Inhalt
I, 1. Si in ius vocat, ito. ni it, Wenn er [der Kläger
antestamino: igitur em capito. jemanden] vor Gericht ruft, soll
er [der Beklagte] gehen. Wenn
der Beklagte nicht geht, soll
der Kläger Zeugen auffordern.
Dann soll der Kläger den
Beklagten ergreifen.
2. Si calvitur pedemve struit, Wenn der Beklagte widerstrebt
manum endo iacito. oder fliehen möchte, soll der
Kläger Hand an ihn legen.
3. Si morbus aevitasve vitium Wenn Krankheit oder hohes
escit, iumentum dato. si nolet, Alter den Beklagten hindert,
arceram ne sternito. soll ihm der Kläger ein Lasttier
geben. Wenn er nicht will,
muss er ihm keinen gedeckten
Wagen zur Verfügung stellen.

16
12-Tafeln: Inhalt
• VIII,4 Si iniuriam Wenn jemand eine
faxsit, viginti quinque Injurie zugefügt hat,
poenae sunto. sollen 25 As Buße sein.

• VIII,2 Si membrum Wenn jemand einem


rupsit, ni cum eo anderen ein Glied
pacit, talio esto. verstümmelt, und er
sich nicht mit dem
Verletzten friedlich
einigt, so soll ihm das
Gleiche geschehen.

Fortschritte
• Reduzierung und Überwindung der Rache
– Iniuria – Talion - Sühnevergleich
• Differenzierung zwischen vorsätzlicher
und unvorsätzlicher Tat
• Rechtsgleichheit

Nachwirkung
• Nie Abgeschafft
• Noch von Cicero auswendig gelernt
• Livius: Quelle allen öffentlichen und
privaten Rechts
• 12-Tafel Kommentar des Gaius (2. Jh. n.)
– Großes Interesse bei Antiquaren

17
Gesetzgebung in der Republik
• Gesetz/lex publica
– Antrag eines Magistrats in der Volksversammlung
– Name rührt vom Antragsteller/den Antragstellern
her
– Ist für das Gesamtvolk verbindlich
• Plebiszit/plebis scitum
– Antrag des Volkstribuns in den concilia plebis
beschlossen
– Seit der lex Hortensia (287 v.) für das
Gesamtvolk verbindlich

Typologie von Verbotsgesetze


• leges imperfectae - Verbote ohne
gesetzliche sanctio)
• leges minus quam perfectae -
verbotswidriges Verhalten ist rechts-
wirksam, aber mit Strafe belegt
• leges perfectae - Unwirksamkeit des
verbotenen Verhaltens
• (leges plus quam perfectae –
Unwirksamkeit und Strafe)

Mängel der republikanischen


Privatrechtsgesetzgebung
• Geringer Umfang
• 24 oder 30, je nach Abgrenzung von öffentlichem und
Privatrecht
• Spontane Reaktion auf aktuelle Probleme,
keine vorausschauende Planung
• Kleinstadt wird zu Weltreich
• Eingeschränkt auf bestimmte Gebiete
• Luxusverbote, Beschränkungen von Geschenken und
letztwilligen Zuwendungen
• Folge/Voraussetzung: Rechtsfortbildende
Tätigkeit des Prätors

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Prätor und Edikt
• 367 v. Chr: leges Liciniae Sextiae Prätor als
collega minor der Konsuln/consules
• Umkehrung der Rangordnung gegenüber den
altitalischen Verfassungen
• Rolle im Zivilprozess
– Prozess beginnt in iure vor dem Prätor
• Entscheidung erfolgt durch einen Laien/Ge-
schworenenrichter (apud iudicem)
– Funktionsteilung
• Rechtsfragen löst der Prätor in abstracto über die
gewährte Formel
• Tatsachenfeststellung erfolgt durch den iudex/Richter

Prätorisches Recht – ius


honorarium
• D. 1,1,7,1 (Papinianus 2 • D 1,1,7,1 (Papinian im 2.
definitionum) Buch der Definitionen)
Ius praetorium est, quod Prätorisches Recht ist das
praetores introduxerunt Recht, das die Prätoren im
adiuvandi vel supplendi vel öffentlichen Interesse
corrigendi iuris civilis gratia eingeführt haben, um das
propter utilitatem publicam. Zivilrecht zu unterstützen,
quod et honorarium dicitur zu ergänzen oder zu
ad honorem praetorum sic verbessern. Es wird auch
nominatum. als Amtsrecht
[Honorarrecht] bezeichnet
und ist nach dem Ehrenamt
der Prätoren so genannt
worden

Rechtsfortbildende Funktion des


ius honorarium
• D. 1,1,8 (Marcianus 1 • D 1,1,8 (Marcian im 1.
institutionum) Buch seiner
Institutionen)
Nam et ipsum ius Denn das Amtsrecht ist
honorarium viva vox est in der Tat die lebendige
iuris civilis. Stimme des Zivilrechts.

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Prätor und Edikt
• Das imperium enthält das ius edicendi
• Am Beginn des Amtsjahres verkündet
• Rechtsschutzverheißungen
• Klagen
• Einreden
• Sonstige Rechtsbehelfe (in integrum restitutio, interdictum)
• Prätor übernimmt in der Regel das Edikt seines
Vorgängers und ändert es nur punktuell ab
– Edictum tralaticium – novae clausulae
• Ediktsendredaktion um 130 n. durch Julian
– Rechtsschöpferische Tätigkeit der Prätoren endet –
geht auf den Kaiser über

Rechtsschutzverheißungen –
Normen?
• D. 4, 4, 1,1 (Ulpianus 11 ad D 4,4,1,1 Ulpian im 11. Buch zum
edictum) Praetor edicit: "Quod Edikt
cum minore quam viginti quinque Der Prätor ordnet im Edikt an: "Wenn
annis natu gestum esse dicetur, vorgetragen wird, dass mit einem
uti quaeque res erit, Mündigen, der jünger als
animadvertam". fünfundzwanzig Jahre ist, ein
Geschäft vorgenommen worden ist,
werde ich prüfen, wie sich die Sache
jeweils verhält".
• D. 4, 3, 1,1 (Ulpianus 11 ad
edictum) Verba autem edicti talia D 4,3,1,1 Ulpian im 11. Buch zum
sunt: "Quae dolo malo facta esse Edikt
dicentur, si de his rebus alia actio Der Wortlaut des Edikts aber ist fol-
non erit et iusta causa esse gender: 'Wird vorgetragen, dass
videbitur, iudicium dabo." etwas arglistig geschehen ist, werde
ich, wenn in dieser Sache keine
andere Klage gegeben ist und ein
berechtigter Grund vorliegt, eine
Klage erteilen'.

• 242 v. praetor peregrinus


• Prozesse zwischen Römern und
Nichtrömern, bzw. unter Nichtrömern
– Personalitätsprinzip
• Abkehr vom Formalismus
– Traditio statt mancipatio, formlose Verträge
• Beeinflusst das ius civile und dessen
Fortentwicklung

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Rechtsschichten 1
• Gegensatzpaare:
• ius civile – ius honorarium
• ius civile – ius gentium
• ius gentium – ius naturale

Rechtsschichten 2
• ius civile:
• auf Gewohnheiten, die 12-Tafeln, Gesetze und
Plebiszite zurückgehend
– Auf römische Bürger beschränkt
– Kann auf Nichtrömer (partiell) erstreckt werden
• conubium: Recht zur Eingehung nach römischem Recht
anerkannter Ehen
• commercium: Teilnahme am Handelsverkehr
• ius honorarium:
– Amtsrecht des Prätors und sonstiger Magistrate, z.B.
kurulische Ädilen
– Weiterentwicklung des ius civile bei grundsätzlicher
Bindung an dieses
– Rechtsschöpfungsbefugnis wurzelt in iurisdictio

Rechtsschichten 3
• ius gentium:
– bei allen Völkern bekannte und verbreitete
Rechtseinrichtungen, z.B. Konsensualkauf,
Eigentumserwerb durch Übergabe (statt
mancipatio), Sklaverei
– Durch den praetor peregrinus/Fremdenprätor
weiterentwickelt
– Beeinflusst die Fortbildung des ius civile durch
den praetor urbanus/Stadtprätor
– Unterschied zum ius civile verschwindet mit der
constitutio Antoniniana (212. n. – Bürgerrecht für
fast alle Reichsbewohner)

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Rechtsschichten 4
• ius naturale
– aus der Natur (der Sache/des Menschen)
hervorgehende Grundgegebenheiten
• Natürlicher Eigentumserwerb
– Bildet die Basis des ius gentium
– Kann aber auch durch ius gentium verdrängt
werden
• Natürliche Freiheit vs. Sklaverei

Rechtsschichten 5
• ius dispositivum – cogens : (nicht) zwingendes
Recht
– öffentliches Recht kann durch Vereinbarung Privater
nicht abgeändert werden (ius publicum privatorum
pactis mutari non potest)
– Privatautonomie: Rechtssetzungsbefugnis Privater
• lex contractus – lex privata: Vertrag(sklausel)
• 12-Tafeln: uti lingua nuncupassit ita ius esto – wie die Zunge
gesprochen hat soll es rechtens sein
» Verbindlichkeit formloser Vereinbarungen im Kontext formaler
Rechtsgeschäfte (mancipatio etc.)
– Grenzen: gesetzliche Verbote, Gute Sitten/Treu und Glauben/bona
fides

Rechtsschichten 6
• ius publicum – privatum:
– Öffentliches Recht – Privatrecht
– Bei Ulpian positiones studii/Stoffgebiete
– Keine Unterscheidung nach dem Rechtsschutz wie im
modernen Recht
• Differenzierungskriterium: utilitas publica vs.
privata
– Sakralrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht
» Wird in der Kaiserzeit weniger gepflegt, insb.
Verfassungsrecht

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