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IX.

„Natürlicher“ Eigentumserwerb

A. Aneignung – OCCUPATIO

Sache gehört niemanden  Besitz Erwerb nicht vom Vormann  originär


 Herrenlose Sachen (wilde Tiere)
 Derelinquierte (preisgegebene) Sachen
 Schätze

1. Occupatio wilder Tiere

 Deutliche und sichere Sachgewalt erforderlich  Ergreifen


 Wieder in natürliche Freiheit  Besitz/Eigentum verloren
 Wilde, aber von Menschen gezähmt  Eigentum, gezähmt verhalten und
gewohnheitsgemäß Tierhalter zurück (consuetudo revertendi)
 Haustiere: brauchen nicht  entlaufen: NICHT herrenlos
 Nur Wald/ Fischteich gehört  nicht Eigentümer, da natürliche Freiheit

2. Occupatio Meeresufer gefundene Perlen/Edelsteine

3. Mit Absicht trennt  herrenlos

 Aneigenbar
 Aneignung derelinquierten res mancipi  bonitarischer Eigentümer 
Ablauf Besitzungsfrist: zivil
 Preisgegebene Sachen! (nicht verloren)
 Bloßer Fund: furtum, auch keine Ersitzung

4. Schatz (thesaurus)

 Beträchtlicher Wert  so lange versteckt  Eigentümer nicht feststellbar


 Eigentumserwerb: Akt er Besitzergreifung

1. Sabinianer:

 RES NULLIUS: Eigentumserwerb durch OCCUPATIO (Akt der


Besitzergreifung)
2. Prokulianer:

 Grundstückseigentümer  Kenntnis Schatz: Eigentumserwerb durch


OCCUPATIO

 hat Grundstückseigentümer Erwerbswillen: Eigentümer braucht keinen


Ermächtigungsakt

3. Ältere Rechtsmeinung:

 Schatz = ACCESSIO (Bestandteil) des Grundstücks

 Grundstückseigentümer = Schatzeigentümer, kein Erwerb durch


OCCUPATIO

4. Kaiser Hadrian:

 Hälfte Schatzes: Finder – Grundstückseigentümer (ABGB)

B. Fruchterwerb

Früchte = wiederkehrende, von Sache ohne Beeinträchtigung ihrer Substanz


gewinnbare Erträgnisse

 Trennung Muttersache  rechtlich Frucht? Vorher: teil Muttersache und


gehört Eigentümer
 In der Regel: Eigentümer Muttersache = Eigentümer Früchte ab Trennung
 FRUCTUS NATURALES: Milch, Eier, Wolle
 FRUCTUS CIVILES: Zins eines verpachteten Grundstücks

1. Bonae fidei possessor

 Erwerb: Zeitpunkt der Trennung: Separatio


 Irrtümlich für Eigentümer Muttersache
 Originär

Wer ist Bonae fidei possessor?


Pomponius & Paulus:
 sobald Besitzer erfährt  Sache nicht sein Eigentum  KEIN Fruchterwerb mehr
möglich
 aber: Bona Fide der Ersitzung läuft weiter  MALA FIDES SUPERVENIENS NON
NOCET
Julian:
 MALA FIDES NON NOCET auch für Fruchterwerb: bis Eviktion auch hinsichtlich
Fruchterwerbs BONA FIDE
2. Emphyteuta (Erbpächter)

 Vererbliches dingliches Nutzungsrecht unbeweglicher Sache


 Mit Seperatio: Eigentumserwerb Frucht

3. Ususfructus = Nießbrauer

 Unvererbliches dingliches Nutzungsrecht beweglich und unbeweglich


 Mit Ergreifen (perceptio)  Eigentum
 Zeitpunkt zw. Separatio und perceptio  Eigentümer Muttersache

4. Pächter

 Vertragliches Nutzungsrecht bewegliche und unbewegliche


 Durch perceptio  Eigentum
 Fruchterwerb Pächter  derivativ (Pfandrecht der Muttersache gilt auch bei
Früchten)
 Vertraglicher Anspruch gegen Verpächter: ACTIO CONDUCTI

C. Verbindung – Accessio

 Accessio cedit principali: Nebensache folgt der Hauptsache

 Feste Verbindung  rechtliche Schicksal der Hauptsache bestimmend für


rechtliches Schicksal Einheit, Nebensache kein selbständiges Recht mehr

  Eigentümer: vereinbaren, wem Eigentum/Miteigentum  fehlt: Accessio

 Egal: bösgläubig oder gutgläubig

 Eigentümer Hauptsache  feste Verbindung  Eigentum Nebensache 


Wertersatz leisten

1. Accessio NUR bei fest verbunden

 Feste Verbindung: Trennung nur mit Nachteil schwerer Beschädigung


 Gegenseitiges Durchdringen Elemente  keine saubere Trennung
 Ohne Folgen: loses Verbinden  Vindikation: Trennung stattfinden  actio
ad exhibendum  rei vindicatio

2. Unterscheidung Haupt- und Nebensache


 Leitet sich von Vindikationsverfahren: nur Gegenstand, vor Gericht selbst
vorweisen, nicht möglich: keine Eigentumsberechtigung
 Nicht selbständig existieren  Trägersubstanz  Nebensache ohne eigenes
rechtliches Schicksal
 KEIN Kriterium: Wertverhältnis, Verbinden  aufgebrachte Arbeit

3. Unfreiwilliger Verlust Eigentum Accessio

 Wertersatz  actio in factum / condictio furtiva (Eigentümer Sache besitzt)


Ehemalige Eigentümer Nebensache  Besitz: Eigentümer: rei vindicatio,
exceptio doli (Nebensache) zurückbehalten  Kläger Wertersatz

 Gutgläubiger Erwerb Hauptsache  Nebensache: Wertersatz: actio in


factum

 Bösgläubig: zwar Eigentum, aber furtum: Wertersatz: condictio furtiva

Verbindung von einer beweglichen Sache

 Tabula picta: künstlerische Leistungen Vorrang  Eigentümer Gemälde


 Nur angelötet  trennbare Verbindung, actio ad exhibendum  Trennung
 Angeschweißt feste Verbindung: Eigentümer Hauptsache
Nebensache: actio in factum: Wertersatz

Verbindung mit unbeweglichen Sachen

 Superficies solo cedit: Grundstück fest verbunden  folgt dessen rechtl. Schicksal
 Eigentumsverlust  Fremder Boden: actio in factum/condictio furtiva  Wertersatz
 Zurückbehaltung: exceptio doli

1. Implantatio
 Sobald Wurzeln schlägt Grundstückbesitzer

2. Satio
 Sobald Aussaat erfolgt Grundstückbesitzer

3. Aedificatio
 Fundamenten errichtetes Gebäude  Grundstückbesitzer
 Nicht endgültiges Eigentum

Sonderfall: Hausbau

 Feste und lose Verbindung


 Gebäude  Eigentümer Grundstück, wenn durch Fundamente fest
verbunden sachenrechtliche Einheit  superficies solo cedit.
 Bauwerk innerhalb Einheit: lose Verbindung versch. Baumaterialien  keine
actio ad exhibendum
 Fremde Materialien verbaut: Eigentum nicht verloren, erst
geltend: abgerissen, eingestürzt
 Besteht nach dem Verbau: dominium dormiens (ruhendes
Eigentum)  Demolierung: geltend
 Actio in factum/ condictio furtiva: Wertersatz, Erlöschung ruhendes Eigentum
(wissentlich fremder Boden  kein Wertersatz)

 Actio de tigno iuncto: eigenem Grundstück Gebäude mit fremdem Material errichtet
 Eigentümer doppelten Wert d. Materials zahlen
Charakter der Klage unklar:

- Pönalklage: Duplum als Buße, Recht auf Sachverfolgung nicht berührt  ruhendes
Eigentum aufrecht

- Sachverfolgende Klage: Materialien mit Zahlung Duplums aufgelöst  Eigentum


Bauführers

 Celsus: gutgläubiger Bauführer  fremdes Grundstück herausgeben  schadlos

F erwirbt gutgläubig Grundstück, bebaut und besät es  E vindiziert Grundstück

1. E muss F Aufwendungen ersetzen  Deckelung: Aufwendungen bloß im


Ausmaß der Wertsteigerung zu ersetzen

2. IUS TOLLENDI: ist Eigentümer arm, kann F im Zuge eines IUS TOLLENDI Bau
abtragen und Materialien wegschaffen
- Eigentümer kann Abtragen abwenden, indem er so viel zahlt, wieviel F durch
Material hätte
- NEQUE MALITIIS INDULGENDUM EST (Schikaneverbot): IUS TOLLENDI darf
nicht bloß Lage des Eigentümers verschlechtern ohne Wegnahmeberechtigten
materiellen Vorteil verschafft (z.B. Zerstören des Wandputzes)

3. Will E Grundstück bald verkaufen aber ersetzt F Kosten nicht  F kann


Grundstück behalten und E Schätzwert zahlen: Schätzwert mit Abzugsposten, was
Beklagte (bei 1.) erhalten hätte

D. Vermischung – CONFUSIO, Vermengung – COMMIXTIO

1. Allgemeines

 Ununterscheidbare Vermischung Flüssigkeiten, Vermengung fester


Stoffe versch. Eigentümer  jeder Vindikation
 Vindicatio pro parte: jeder so viel, Quantum/ Wert
 Einvernehmliche Vermischung: actio communi dividundo 
Miteigentum
2. Sonderfall: Vermengung von fremdem Geld mit eigenem

 Alleineigentümer ganzen Geldmenge  originärer Besitz


 Noch im Besitz A: Mengenvindikation: Betrag Münzen
zur Gänze nicht mehr in Besitz A: keine Vindikation  Wertersatz
verlangen
 Gutgläubig  Bereicherungsklage (condictio indebiti)
 Bösgläubig  condictio furtiva  Wertersatz

E. Verarbeitung – Specificatio

 Veränderung Sache  anders aussieht, anders genannt

1. Sabinianer

 Eigentümer Ausgangsstoff = Eigentümer Verarbeitungsprodukt

2. Prokulianer

 Herstellen  neue Form der Sache  herrenlos  Occupatio  Produzent =


Eigentümer

3. Kombination: media sententia

 Verarbeitungsprozess rückgängig: Ausgangsstoff  Eigentümer


 Nicht mehr rückführbar: Verarbeitende  originär Eigentum
 Nur bei Verarbeitung ohne Einvernehmen
 Gutgläubig: actio in factum
 Bösgläubig: condictio furtiva auf Wertersatz
 Ehemalige Eigentümer Material, Produzent: rei vindicatio  eh. Eigentümer: exceptio
doli: Wertersatz

Holz, Wolle, Honig, Wein, Arzneistoffe, Oliven Traube  nicht rückführbar

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