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BGB AT Fall 64: Bösgläubigkeit des Vertretenen

A hat der B eine ihrer wertvollen Halsketten für eine Gala geliehen. B befand sich in Geldnot und
hatte nicht vor, das Schmuckstück zurückzugeben. Sie bot es einem Juweliergeschäft zum Kauf an.
Der Angestellte V, der zu Ankäufen berechtigt war, nahm die Kette ohne Bedenken entgegen. Als
sein Chef C von einer Geschäftsreise zurückkehrte, war er entsetzt, da er wusste, wem die Kette in
Wirklichkeit gehört. B war jedoch bereits mit dem Geld verschwunden, so dass er beschloss die
Kette zu behalten.
Frage: Kann A von C die Herausgabe verlangen?

Anspruch der A gegen C auf Herausgabe der Kette aus § 985 BGB

I. Eigentum der A
– Ursprünglich A = Eigentümer
Möglicherweise Eigentumsverlust durch Übereignung von B an C gem. § 929 S. 1 BGB

1. Dingliche Einigung und Übergabe


– C hat zwar selbst keine WE abgegeben, V hat des C aber gem. §§ 164 ff. BGB wirksam Vertreten:
Er hat eine eigene WE abgeben, da er im Laden des C als dessen Angestellter auftrat, ergibt sich das
Handeln im fremden Namen aus den Umständen, die Vertretungsmacht ergibt sich jedenfalls aus §
56 HGB
– Bei der dinglichen Einigung konnte V den C nicht Vertreten, allerdings ist V durch A als
Besitzdiener unmittelbarer Besitzer geworden, § 855 BGB
b. Berechtigung
Da B weder Eigenümer noch zur Verfügung ermächtigt war, kommt nur ein gutgläubiger Erwerb
nach §§ 932 ff. BGB in Betracht

a. Gutgläubigkeit
= weder Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis bzgl. des fehlenden Eigentum des Erwerbers
– C wurde vorliegend von V vertreten
– Gem. § 166 I BG kommt es für Inhalt und Wirksamkeit eines Geschäfts auf Willensmängel,
Kenntnis und Kenntnismüssen des Vertreters an
Ausnahme: Vertreter hat nach bestimmten Weisungen des Vertretenen gehandelt (Vertreter mit
gebundener Marschroute), dann allein Kenntnis/Kennenmüssen des Vertretenen
Weisung: Weit auszulegen, es genügt, wenn der Vertretene den Bevollmächtigten zum Geschäft
veranlasst hat oder trotz Kenntnis und Möglichkeit in das Geschäft nicht eingreift
Hier: C hat den V zwar Gattungsvollmacht für An-/Verkäufe erteilt, allerdings hat er weder diesen
speziellen Ankauf veranlasst oder hatte überhaupt Kenntnis von diesem.
V hat nicht auf Weisung des C gehandelt, entscheidend ist daher die Gutgläubigkeit des V.

b. Nicht Abhandengekommen
A hat den Besitz der Kette Willentlich an B übertragen, da er ihr die Kette geliehen hat, § 598 BGB

2. ZE: A hat sein Eigentum an der Kette an C Verloren

II. Anspruch (-)


BGB AT Fall 65: Missbrauch der Vertretungsmacht
Die Bank B verlangt vom Unternehmer U Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 100.000 €,
welches der Prokurist P des U im Namen des U in Anspruch genommen hat. U verweigert die
Rückzahlung, da er dem P die Aufnahme von Krediten untersagt hat und die Bank wusste, dass der
U gewöhnlich keinen Kredit in diesem Rahmen in Anspruch nimmt. Außerdem hat P den gesamten
Betrag seinem Privatkonto bei der gleichen Bank gutschreiben lassen.

Rückzahlungsanspruch der B gegen U aus § 488 I S. 2 BGB iHv 100.000 Euro

I. Angebot des U
Keine Eigene WE des U, aber möglicherweise wirksam durch P vertreten

1. Eigene WE des P (+)


2. Handeln in fremden Namen (+)
3. Mit Vertretungsmacht
– Vertretungsmacht des P gem. § 49 I HGB
– U betreibt Handelsgewerbe und konnte als Kaufmann Prokura erteilen, § 48 I HGB
– Aufnahme von Krediten gehört zu den Geschäften, die der Betrieb eines Handelsgewerbe
gewöhnlich mit sich bringt, § 49 I HGB
→ P handelte daher im Außenverhältnis im Rahmen seiner Vertretungsmacht
→ Zwar war es P im Innenverhältnis untersagt, Kredite aufzunehmen, diese Beschränkung entfaltet
jedoch keine Wirkung ggü Dritten
4. Missbrauch der Vertretungsmacht
Fraglich ist wie es sich hier auswirkt, dass V seine Pflichten im Innenverhältnis verletzt hat
Grundsatz: Missbrauch der Vertretungsmacht im Innenverhältnis hat keine Auswirkung auf die
Wirksamkeit eines Geschäfts im Außenverhältnis → Wer den Vertreter eingeschaltet hat, soll auch
grundsätzlich das Risiko der Vertreterhandlung tragen, da er sich den Vertreter ausgesucht hat, auf
ihn einwirken kann und das Risiko besser Einschätzen kann
Ausnahmen:
a) Kollusion:
Unerlaubtes Zusammenwirken von zwei Personen, in der Absicht einen Dritten zu schädigen
Folge: Rechtsgeschäft bleibt wirksam, aber Anspruch auf Vertragsaufhebung gem. §§ 826, 249 S. 1
BGB und Arglisteinrede gem. § 853 BGB gegen Inanspruchnahme aus dem Vertrag
b) Evidenz
Wenn der Geschäftspartner die Überschreitung der Vertretungsmacht im Innenverhältnis kannte
oder sich ihm diese Aufdrängen muss
Rechtsfolge:
M1: Arglisteinwand gem. § 242 BGB
M2: §§ 177 ff. BGB analog, Geschäftsherr kann Geschäft nach §§ 177 I , 184 I BGB Genehmigen
und wird dadurch selbst berechtigt/verpflichtet oder Genehmigung verweigern, sodass der Vertreter
auf Schadensersatz haftet, § 179 I BGB
II. Ergebnis
In der Verweigerung des U zu Zahlen, kann die Verweigerung der Genehmigung gem. §§ 177 I, 184
I, 182 I BGB gesehen werden. Der Vertrag ist daher unwirksam.

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