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VWS 101
Volkswirtschaftslehre
Volkswirtschaftslehre
Grundlagen 1/6
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AI AIKAD
Volkswirtschaftslehre
Grundlagen 1/6
Impressum
Volkswirtschaftslehre
Grundlagen 1/6
Grundfragen des Wirtschaftens, Märkte und Marktmechanismen
Dr. Bernhard Beck unter Mitarbeit von Thomas Hirt
Umschlaggestaltung: dezember und juli, Wernetshausen
Satz und Layout: Mediengestaltung, Compendio Bildungsmedien AG
Druck: Edubook AG, Merenschwand
Redaktion und didaktische Bearbeitung: Thomas Hirt
Artikelnummer: 4266
ISBN: 3-7155-2237-2
Auflage: 3., überarbeitete Auflage 2004
Ausgabe: K0097
Sprache: DE
Code: VVVS 101
Modulübersicht
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 4
Wie Sie mit diesem Lernheft am besten arbeiten 5
Inhalt und Aufbau dieses Kurses 6
Einleitung und Lernziele 7
1 Was ist eine Volkswirtschaft und wie können wir sie verstehen? 8
Zusammenfassung 61
Vorwort
Liebe Kursteilnehmerin, lieber Kursteilnehmer
Vor Ihnen liegt das erste von sechs Lernheften zum Thema Volkswirtschaftslehre. Wenn
Sie diese Lernhefte seriös durcharbeiten, wissen Sie, wie ein ganzes Volk seinen Lebens-
unterhalt bestreitet, d. h. wirtschaftet. Dafür werden Sie viele Stunden investieren.
Warum sollen Sie Ihre knappe Zeit darauf verwenden, unsere Wirtschaft zu verstehen?
Vielleicht, um damit viel Geld zu verdienen? Dafür müssen Sie nicht lernen, wie ein ganzes
Land seinen Lebensunterhalt verdient. Da lesen Sie vielleicht besser ein Buch darüber, wie
Sie persönlich schnell und mühelos reich werden.
Doch während Ihres ganzen Lebens werden Sie mit den Fakten und den Gesetzen der Wirt-
schaft konfrontiert. Daher ist es sinnvoll genauer zu wissen,
• was Märkte sind, von denen heute so viel geredet wird,
• wie daneben die Tätigkeit des Staates begründet werden kann,
• was uns der Schutz des Gewerbes und der Landwirtschaft nützt und was er uns kostet,
• warum es Arbeitslosigkeit gibt,
• welche Konsequenzen die Inflation oder die Inflationsbekämpfung haben,
• welche Umweltschutzkonzepte eine Besserung bewirken könnten oder
• mit welchen Hauptschwierigkeiten die armen Länder kämpfen.
Auch bei Streitfragen, bei denen es nicht in erster Linie um die Wirtschaft geht, werden mit
Vorliebe ökonomische Aspekte in den Vordergrund gestellt. Da ist es vorteilhaft, mit volks-
wirtschaftlichem Grundwissen sich selbst ein Urteil bilden zu können.
• Wo versagt der Staat mit seinen Eingriffen in die Wirtschaft, so dass er unter Umstän-
den mehr schadet als nützt?
Diese fünf Themenbereiche bilden also das Grundgerüst unseres Kurses. Vermutlich ver-
missen Sie in den Überschriften die Schlüsselbegriffe, die man mit der Volkswirtschafts-
lehre üblicherweise in Verbindung bringt, etwa Inflation, Konjunktur, Wirtschaftswachs-
tum, Arbeitslosigkeit, Umweltschutz, soziale Sicherheit usw. - keine Angst! - All diese Fra-
gen kommen zur Sprache, denn sie hängen mit einem oder mehreren der fünf Themenbe-
reiche zusammen.
Im ersten Kapitel stellen wir einige kurze Überlegungen zum Thema Volkswirtschaftslehre
selber an. Wir fragen:
• Womit befasst sich die Volkswirtschaftslehre?
• Mit welchen Mitteln arbeitet sie?
• Wie hängen Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftspolitik zusammen?
Danach, im zweiten Kapitel, werfen wir jene zwei grundsätzlichen wirtschaftlichen Fragen
auf, die in jedem ökonomischen Problem stecken:
• Wie befriedigen wir unsere Bedürfnisse angesichts von knappen Mitteln?
• Wie können wir das organisieren?
Im dritten und vierten Kapitel beginnen wir zu analysieren, wie moderne Industriegesell-
schaften organisiert sind, und kommen zuerst auf den Markt zu sprechen. Wir fragen:
• Was ist ein Markt?
• Nach welchen Gesetzmässigkeiten funktionieren Märkte?
• Wie untersuchen/beschreiben Ökonomen einen Markt?
Zu Beginn des nächsten Lernhefts werden wir dann die Erkenntnisse über Märkte nutzen,
wenn wir untersuchen, wie ein ganzes System von Märkten, die reine Marktwirtschaft,
funktionieren würde.
Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg beim Studium dieses Lehrmittels!
Im Schlaraffenland fliegen uns gebratene Gänse direkt in den Mund. Alle leben dort im
Überfluss. Sämtliche Wünsche werden, kaum sind sie gedacht, auch schon erfüllt. Bei uns
hingegen bleibt ein Wunsch ein Wunsch.
Der Kaffee, den Sie vielleicht neben sich stehen haben, wurde in Brasilien angepflanzt und
geerntet, nach Europa transportiert, geröstet, verpackt, im Laden verkauft. Um ihn trink-
fertig zu machen, müssen Sie ihn mahlen und mit siedendem Wasser angiessen. Dafür
braucht es Energie, die auch nicht einfach so vorhanden ist. Sie muss durch ein Kraftwerk
erzeugt werden, das zuerst gebaut werden musste. Ob es sich um Brot, Haarschnitte, Tep-
piche oder um ärztliche Dienstleistungen handelt, die meisten Güter, die wir zur Befriedi-
gung unserer Bedürfnisse brauchen, müssen wir herstellen. Mit anderen Worten: Wir müs-
sen wirtschaften.
Wie Kaffee durchlaufen die meisten Güter aufwendige Produktions-, Veredelungs- und Transport-
wege, bis sie uns nützlich sind. Foto: Comet
Alle Einrichtungen und Verfahren, mit denen ein Volk Güter zur Bedürfnisbefriedi-
gung produziert und verteilt, machen eine Volkswirtschaft aus. Wer sich also dafür
interessiert, wie wir als ganzes Volk wirtschaften, ist ein Volkswirtschaftler. Ein Betriebs-
wirtschaftler hingegen interessiert sich dafür, wie einzelne Betriebe wirtschaften. Betriebs-
und Volkswirtschaftler zusammen nennt man Ökonomen.
Doch sieht unsere heutige Wirtschaft so aus, wie wenn sie nur dafür geschaffen wäre,
unsere Bedürfnisse zu befriedigen? Hat sie nicht auch bedrohliche Züge? Unsere Volks-
vvirtschaft ist tatsächlich nicht in allen Bereichen so organisiert, dass unser Lebensunter-
halt bestmöglich erwirtschaftet wird. Deshalb interessiert uns in diesem Kurs nicht nur,
wie eine Volkswirtschaft tatsächlich funktioniert. Wir werden uns oft auch fragen, wie sie
noch befriedigender funktionieren könnte.
Sie kennen unsere Wirtschaft aus eigener Anschauung. Sie führen einen Haushalt. Sie
kochen und putzen zu Hause. Das gehört zu Ihrem täglichen Lebensunterhalt. Sie arbeiten
vermutlich auch ausserhalb des Hauses in einem Unternehmen. Und in unzähligen Läden
können Sie eine nicht mehr überschaubare Zahl von Artikeln aus aller Welt kaufen. Dabei
verändert sich die Wirtschaft laufend: Es gibt täglich neue Produkte, die Preise verändern
sich, am Arbeitsplatz müssen Sie sich auf neue Produktionsverfahren einstellen, Betriebe
werden geschlossen, neue eröffnet.
Nur vereinfachte Abbilder sind hilfreich, denn «ein Modell, das die ganze Buntheit der
Wirklichkeit berücksichtigt, würde nicht nützlicher sein als eine Landkarte im Massstab
1:1», wie die englische Ökonomin Joan Robinson dazu bemerkt hat. So, wie ein guter
Künstler mit nur wenigen Strichen den Ausdruck einer Person vermitteln kann, so möchte
auch ein Ökonom in seinem Bild alle unnötigen Details weglassen und nur das Wesentliche
hervortreten lassen. Wie treffend schliesslich sein vereinfachendes Abbild ist, wird sich
daran zeigen, wie gut es die komplexe Wirklichkeit beschreiben und erklären kann.
Allerdings sträubt sich die Wirklichkeit häufig gegen eine eindeutige Erfassung. Oft kann
das eigentlich Interessante datenmässig gar nicht erfasst werden. Die Dicke der Bände der
statistischen Ämter täuscht darüber hinweg, wie wenig Gesichertes wir über die Wirt-
schaft wissen. So sind beispielsweise die offiziellen Arbeitslosenzahlen nicht nur in der
Schweiz, sondern in fast allen Ländern stark umstritten. Mit ungenauen Daten über die
Wirklichkeit ist es natürlich schwierig, aus den mehr oder weniger wirklichkeitsgetreuen
Konzepten auszuwählen.
Ein allen vertrautes Beispiel von Modellen sind Landkarten. Gleich wie bei ökonomischen Modellen
ist die Reduktion auf das Wesentliche ausschlaggebend. Doch was wesentlich ist, hängt vom
Zweck ab. Die Reisende will die wichtigen Strassen erkennen, die Orientierungsläuferin kann damit
nichts anfangen. Sie will detaillierte Auskünfte über die Beschaffenheit des Terrains. Entsprechend
benützen Reisende und Orientierungsläufer verschieden ausgestaltete Karten, Modelle eben, bei
denen andere Facetten der Realität als wesentlich herausgestellt sind. Fotos: Remy/Comet
Bedenken wir, dass sich die Wirtschaft dauernd ändert - und mit ihr die Theorien darüber
-, erstaunt es uns nicht mehr, dass sich die Ökonominnen und Ökonomen oft uneinig sind.
Trotzdem gibt es in der wissenschaftlichen Diskussion auch viel Übereinstimmung. Nur
hören wir in den Medien wenig davon. Es ist eben interessanter Leuten zuzuhören, die ein-
ander heftig und wortreich widersprechen, als solchen, die sich vernünftig zunicken.
Einig sind sich die Ökonominnen und Ökonomen vor allem dann, wenn sie nur beschreiben
und erklären, wie die Wirtschaft funktioniert. Doch darauf können sie sich nicht beschrän-
ken. In der Wirtschaftswissenschaft geht es auch um ethische Fragen und Werturteile: Wie
gerechtfertigt ist grosser Reichtum angesichts von Armut? Sollen mit Hilfe von Steuern die
Reichen geschröpft werden, uni den Armen zu helfen? Wie hoch sollen die Bildungs- oder
Kulturausgaben sein? Hier kann die Ökonomie die Fragen herausarbeiten und die erwarte-
ten Wirkungen darstellen. Aber letztlich sind das nicht mehr Fragen, die von der Ökonomie
her zu entscheiden sind, sondern hier hängen die Antworten von persönlichen Werturtei-
len ab. Diese Fragen können nur im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung geklärt und
politisch entschieden werden.
Die Wirtschaftswissenschaft bewegt sich mit ihren Erklärungen und Werturteilen also
nicht im luftleeren Raum. Sie versorgt Stimmbürger, Politikerinnen, Beamte, Unterneh-
men, Wirtschaftsverbände und Haushalte mit Informationen, Ratschlägen und Argumen-
ten.
Unter einer Volkswirtschaft versteht man alle Einrichtungen und Verfahren, mit denen
ein Volk Güter zur Bedürfnisbefriedigung produziert und verteilt.
Um die komplexe Wirtschaft zu verstehen, behelfen sich die Ökonomen mit stark verein-
fachten Abbildungen der Realität, d. h. mit Modellen. Damit beschreiben sie, wie unsere
Wirtschaft funktioniert, und sie zeigen auf, wie und mit welchen Folgen unsere Wirtschaft
in einzelnen Bereichen verändert bzw. verbessert werden könnte. Entscheide über solche
Vorschläge sind aber nicht mehr eine Frage der Ökonomie. Sie hängen von persönlichen
Werturteilen ab und sind damit Thema der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung.
Aufgabe 1 Der Entscheid, ob die Schweiz Mitglied bei der Europäischen Union werden soll oder nicht,
hat Auswirkungen auf die schweizerische Volkswirtschaft.
A] Erklären Sie, welchen Beitrag die Ökonomen für den Entscheid leisten können.
B] Weshalb kann es nicht Aufgabe der Ökonomie sein, diesen Entscheid zu fällen?
Wir haben in der Einleitung gesagt, dass wir wirtschaften, um unseren Lebensunterhalt zu
bestreiten. Das heisst, wir wirtschaften, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Welches
sind nun aber unsere Bedürfnisse? Sie sind uns nicht immer so bewusst, sie sind uns
manchmal verborgen, und darum gibt es auch verschiedene Theorien darüber. Berühmt
geworden ist die Vorstellung des amerikanischen Psychologen Abraham H. Maslow. Er hat
die menschlichen Bedürfnisse in einer Pyramide angeordnet, mit den körperlichen Bedürf-
nissen an der Basis und dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung an der Spitze.
Bedürfnis
nach
Konsumwünsche
Konsumgüter
Waren und Dienstleistungen
Wir wollen uns die einzelnen Stufen der Bedürfnispyramide genauer ansehen und uns
dabei fragen, was wir alles tun, um die verschiedenen Bedürfnisse zu befriedigen.
• Solange wir hungern und frieren, haben wir Bedürfnisse, die sofort befriedigt werden
müssen. Um diese körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen, brauchen wir Lebens-
mittel, Kleider und eine geheizte Wohnung. Sind wir krank, wollen wir einen Arzt zu
Rate ziehen, brauchen Medikamente oder müssen ins Spital zur Behandlung.
• Gleich meldet sich aber auch unser Sicherheitsbedürfnis, denn wir wollen unsere Be-
dürfnisse nicht nur vorübergehend, sondern dauernd befriedigt wissen. Darum pflegen
wir unsere Gesundheit. Wir versichern uns gegen Arbeitslosigkeit und sparen für das
Alter. Wir installieren solide Türschlösser und Alarmanlagen, wir geben uns Gesetze
und wir unterhalten eine Polizei, die uns schützt.
• Darüber hinaus haben wir auch das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Achtung:
Wir wünschen menschlichen Kontakt, Geborgenheit, Zuwendung und Anerkennung.
Wir möchten ein gemütliches Heim, haben ein Telefon, wir machen Einladungen, Fes-
te und Geschenke. Wir tragen nicht nur warme und bequeme Kleider, sondern auch
schöne, modische oder teure. Wir sind gerne mobil. Wir haben Ansprüche im Berufs-
leben und bilden uns weiter. Wir wollen Erfolg, Unabhängigkeit und Anerkennung für
unsere Leistungen. Wir steigern unser Selbstwertgefühl, indem wir etwas gelten.
Der Lebensstandard spielt eine grosse Rolle bei Achtung und Zugehörigkeit. Wer et-
was hat, gilt etwas. Deshalb vergleichen wir unseren Lebensstandard mit dem anderer
Menschen. Dabei würde es die meisten von uns schmerzen, wenn wir uns nicht das
leisten könnten, was für die grosse Mehrheit selbstverständlich ist. Umgekehrt fühlen
sich viele Menschen besser, wenn sie mehr haben als die andern, es gibt ihnen ein an-
genehmes Gefühl der Überlegenheit.
• Schliesslich haben wir das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Wir wollen unsere
Person nach unseren eigenen Vorstellungen entfalten, sei es durch Arbeit, Musse oder
Meditation. Wir informieren und emanzipieren uns. Wir bringen Kultur in unsere Arbeit
und unsere Freizeit. Wird dies verhindert, kann das zu Sinnkrisen führen.
Selbst wenn wir mit diesem Bedürfnis in geistig-seelische Bereiche aufgestiegen sind,
heisst das noch lange nicht, dass die Ökonomie nicht mehr tangiert wird. Auch hier produ-
zieren wir eine breite Palette von Gütern. Nicht umsonst spricht man von der Kultur-,
Ferien- oder Freizeitindustrie, die uns Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung bietet.
Wie die Aufzählung all dieser Konsumgüter zeigt, sind Güter nicht nur Waren, sondern
auch Dienstleistungen. Eine Ware, beispielsweise eine Pille, kann uns wieder gesund
machen, aber auch eine Dienstleistung, beispielsweise ein guter ärztlicher Rat oder eine
Massage, kann den gleichen heilenden Effekt haben. Konsumgüter sind, wie das Wort
sagt, alle Waren und Dienstleistungen, die gut sind für die Befriedigung unserer Konsum-
wünsche.
Gewitzte Werber kennen unsere Bedürfnisse. Deshalb appellieren sie in ihren Werbebotschaften
mehr oder weniger offen an unser Bedürfnis nach Achtung, Zugehörigkeit und Selbstverwirkli-
chung. Foto: RDB
Allerdings ist damit nicht etwa gesagt, dass alle unsere Bedürfnisse nur mit Gütern befrie-
digt werden können. So lassen sich unsere Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Achtung
auch gut anders befriedigen, etwa durch Familie, durch Freundschaften, durch Vereine
oder durch die Integration in die Arbeitswelt. Und mich selbst verwirklichen kann ich viel-
leicht auch beim Musizieren, auf einem Spaziergang oder bei der Arbeit. Wie wir aber im
letzten Abschnitt gesehen haben, hält die Wirtschaft auch für die höherrangigen Bedürf-
nisse ein breites Spektrum an Konsumgütern bereit. Wir können diese Bedürfnisse zwar
ohne, aber eben auch mit Konsumgütern befriedigen - und dieser Weg bekommt in unse-
rer Gesellschaft sogar eine immer bedeutendere Rolle.
Aufgabe 18 A] Welche Bedürfnisse der Maslow-Pyramide werden in den folgenden drei Fällen befriedigt?
• Besuch einer Theatervorstellung
• Essen in einem Restaurant
• Besuch bei Freunden
In armen Gesellschaften werden vor allem die körperlichen Bedürfnisse mit Konsumgütern
befriedigt. Mit zunehmendem Einkommen hingegen vergrössert sich der Anteil der Kon-
sumgüter, welche die Bedürfnisse der oberen Stufen der maslowschen Pyramide befriedi-
gen. So stagniert bei uns beispielsweise der Konsum von Brot oder Milch seit langem, die
Ausgaben für Auslandsreisen hingegen nehmen immer noch steil zu. Mit steigendem
Lebensstandard wachsen die Ansprüche. Der Luxus von gestern wird zum Allgemeingut
von heute. Wir müssen davon ausgehen, dass unsere Wünsche nach Konsumgütern
unabsehbar sind.
Auf eindrückliche Art unersättlich ist ein grosser Teil unserer Wünsche, der den Bedürfnis-
sen nach Achtung und Zugehörigkeit entspringt. In unserer Gesellschaft decken viele
Leute diese Bedürfnisse vor allem mit Gütern. Je höher das allgemeine Konsumniveau,
desto höher sind die Konsumansprüche, die das Verlangen nach Überlegenheit befriedi-
gen. Im Gleichschritt mit dem steigenden allgemeinen Konsumniveau steigen die Konsu-
mansprüche der Ärmeren, weil auch sie sich Güter leisten wollen, die für die Mehrheit
selbstverständlich geworden sind. Wer sich hier überlegen fühlen will, kauft vielleicht ein
besonders teures und exklusives Auto. Dann fühlen sich viele Leute unterlegen, in ihnen
wird der Wunsch nach einem ähnlichen Auto geweckt. Mit steigendem Wohlstand können
sich immer mehr Leute diesen Wunsch auch erfüllen, sie fühlen sich wieder besser. Aber
wer sich überlegen fühlen will, muss jetzt ein noch teureres Konsumgut kaufen, eine Yacht
vielleicht oder ein kleines Hallenbad.
Bei steigendem Lebensstandard wachsen unsere Ansprüche. Einstiger Luxus wird zum
selbstverständlichen Allgemeingut. Es entstehen neue Wünsche, die bei weiter steigen-
dem Lebensstandard wieder zum Allgemeingut werden. Wir müssen deshalb davon aus-
gehen, dass unsere Konsumwünsche unabsehbar sind.
Aufgabe 26
Eine Situation, die wir alle kennen: Eine Party mit edlen Getränken, Häppchen und
Party-Gesprächen. Welche Bedürfnisse könnten hier auf welche Weise befriedigt werden?
Wählen Sie als Ausgangspunkt Ihrer Überlegung eine Person, die sich auf Parties sehr
wohl fühlt, und eine Person, die sich nicht wohl fühlt.
Wir haben die Wirtschaft als Maschinerie zur Befriedigung unserer Konsumwünsche
bezeichnet. Aber wie funktioniert diese Maschinerie? Wie bringt sie die begehrten Kon-
sumgüter hervor? - Zum Einstieg einige Beispiele:
• Um Brot herzustellen, braucht es die Arbeitskraft eines Bauern und eines Bäckers,
Ackerboden, einen Pflug, eine Mühle und einen Backofen.
• Um einen Zahn zu flicken, setzen wir die Arbeitskraft einer Zahnärztin, ihre Praxisräu-
me und ihre teure Praxisausrüstung ein.
• Oder um Feriengäste zu verwöhnen, braucht es die Arbeit von Hotelpersonal und Kö-
chen, ein schönes Hotel, vielleicht einen Tennisplatz und eine schöne Landschaft.
Güter entstehen durch den kombinierten Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit, Kapitalgüter (hier
Maschine und Gebäude), Boden (hier als Standort) und Umweltgüter. Foto: RDB
Für die Produktion von praktisch allen Gütern, seien es nun Waren oder Dienstleistungen,
müssen jeweils alle vier Produktionsfaktoren eingesetzt werde. Es braucht Arbeit. Diese
wird mit Hilfe von Maschinen verrichtet, und natürlich werden dabei Boden und Umwelt-
güter beansprucht. Dabei schaffen wir auf dem Weg von den Produktionsfaktoren zu den
Konsumgütern unzählige Zwischenprodukte: z. B. Dünger, Insektizide, Kunststoffe, Kup-
fer, Schrauben, Holzspanplatten, Zeitungspapierrollen, Baumwollgarne oder Seidenstoff.
Ein Beispiel zeigt, wie kompliziert ein Produktionsprozess in der Realität sein kann:
Aus Erdöl wird unter anderem das Konsumgut «Wärme» hergestellt. Bis Erdöl zum Heizen
eingesetzt werden kann, hat es unzählige Produktionsschritte durchlaufen. Zunächst ist
es ein Bodenschatz, gehört also zum Produktionsfaktor Boden. Aber schon für seine Ent-
deckung hat man recht viel Arbeit, Maschinen, Boden (z. B. für die Büros der Planer) und
Umweltgüter (z. B. Luft für die Flugzeuge, die die Geologen transportierten) gebraucht. Bis
dann das Öl in einem Rotterdamer Tanklager ist, hat man unzählige Arbeitsstunden von
Ölbohrern, Tankermatrosen, Buchhalterinnen, Raffineriearbeitern und Lastwagenchauf-
feuren eingesetzt. Zudem hat man Boden für Transportwege, Büros, Raffinerien und Lager
gebraucht. Die verschiedensten Kapitalgüter wurden eingesetzt: In vielen Produktionsstät-
ten wurde mit Hilfe von unzähligen Maschinen das Öl gefördert, verarbeitet, verrechnet
und transportiert. Schliesslich wurden bei all dieser Geschäftigkeit auch bei der Natur
einige Anleihen gemacht: Werden z. B. Öltanker gereinigt, sind nachher manchmal die
Strände mit Öl verschmutzt.
Alle vier Ressourcenarten wurden also ausgiebig genutzt, bis das Öl in Rotterdam ist. Ist das
Öl aber erst in grossen Tanklagern, ist es noch kein konsumfertiges Gut, sondern erst ein
Zwischenprodukt. Es muss weiterverarbeitet und -transportiert werden, bis es unsere
Bedürfnisse als Konsumgut befriedigen kann. Es wird also noch mehr von allen vier Produk-
tionsfaktoren verbraucht, bis das Öl in Ihrer Wohnung das Konsumgut Wärme spendet.
Natürlich schwankt der Anteil der vier Produktionsfaktoren von Gut zu Gut. Zur Betreuung
von Kindern oder für Rechtsstreitigkeiten müssen vor allem Arbeitsstunden eingesetzt
werden. Dienstleistungen sind also in der Regel arbeitsintensiv. Hingegen werden die
Waren meistens mit grossem Einsatz von Maschinen hergestellt. Mit besonders viel Kapi-
talgütern werden etwa Stoffe gewoben oder Zigaretten gedreht. Weizen wird mit grossem
Einsatz von Boden und Maschinen hergestellt. Die fabrikmässige Schweinemast, die Alu-
miniumproduktion oder der Strassen- und der Lufttransport beanspruchen in überdurch-
schnittlichem Masse Umweltgüter.
Bedürfnis
nach
Konsumwünsche
Produktionsprozess
Die für Konsumwünsche nötigen Konsumgüter werden mit dem kombinierten Einsatz der Produk-
tionsfaktoren, Arbeit, Kapitalgüter, Boden und Umweltgüter, produziert. Produziert werden aber
auch neue Kapitalgüter und das Wissen zur Ausbildung des Produktionsfaktors Arbeit.
Um Konsumgüter herzustellen, setzen wir vielfältige Mittel ein. Sie lassen sich in die vier
Produktionsfaktoren Arbeitskraft, Boden, Kapitalgüter und Umweltgüter einteilen. Für
die Erzeugung eines Gutes braucht es in der Regel den Einsatz aller vier Produktionsfakto-
ren, wobei ihr Anteil von Gut zu Gut schwankt.
Wir haben unsere Konsumansprüche als unabsehbar kennen gelernt. Im Vergleich dazu
sind die Ressourcen knapp.
• Knapp ist sicher einmal die Arbeitskraft, die wir einsetzen können und wollen - ob-
wohl einige sehr gerne arbeiten, weil sie in der Arbeit direkt Bedürfnisse befriedigen.
Aber auch für Arbeitswütige hat der Tag nur 24 Stunden. Was würden Sie nicht alles
tun, wenn Sie nur genügend Zeit und Energie hättenll I
• Knapp sind aber auch der Boden und die Kapitalgüter. Wer hätte nicht gerne eine
grössere Wohnung und etwas mehr Platz in seinem Wohnquartier und vielleicht zu-
gleich modernere Verbindungen in alle Welt; es müsste ja nicht gerade eine Villa mit
eigenem Golfplatz sein. Und welche Firma hätte nicht gerne noch effizientere Maschi-
nen und das neueste Wissen.
• Ursprünglich waren Luft und Stille, wie die andern Umweltgüter auch, im Überfluss
vorhanden. Luft, Wasser, Sand, Ruhe und schöne Landschaften konnten früher unbe-
schränkt gebraucht werden. Sie konnten als «freie Güter» frei genutzt werden. Durch
die Bevölkerungsvermehrung und durch unsere Fähigkeit, immer mehr Ressourcen zu
verwerten, wurden aber immer mehr freie Güter zu knappen Gütern. Heute muss man
erkennen, dass auch die meisten Umweltgüter knapp und damit nicht mehr frei sind.
Unsere Ressourcen reichen nicht aus für alle unsere Ziele. Unsere Konsumansprüche zie-
len weit über die zur Verfügung stehenden Ressourcen hinaus. Verglichen mit unseren
Wünschen sind die Ressourcen also knapp.
Das grundlegende wirtschaftliche Problem ist also die Knappheit der Ressourcen.
Sie lässt nur ein beschränktes Güterangebot zu. Darum sind wir gezwungen, uns zu ent-
scheiden, welche Wünsche erfüllt werden sollen und welche unbefriedigt bleiben müssen,
welche Wünsche in höherem und welche Wünsche in tieferem Masse befriedigt werden
sollen. So können wir zum Beispiel auf dem gleichen Boden nicht gleichzeitig alte Bau-
denkmäler erhalten, neue Wohnungen bauen und einen Park errichten. Auch können wir
nicht gleichzeitig vollkommene Wohnruhe und das nahe Leben eines Quartierrestaurants
geniessen. Entscheiden wir uns für das eine, kostet es uns die Alternativen.
Das Opfer, das durch den Verzicht auf die beste Variante entsteht, nennt man Alternativ-
kosten oder Opportunitätskosten. Sie sind die Kosten, auf die es ankommt, wenn wir
unsere Entscheidungen beurteilen wollen. Die Alternativkosten zeigen uns an, welche Kos-
ten uns mit unseren Entscheidungen entstehen. Wollen wir bewusst wählen, müssen wir die
Höhe des Opfers kennen, das aus dem Verzicht auf die nichtgewählte Variante entsteht.
1] Allein in Westeuropa gibt es über zwanzig Millionen Arbeitslose. Wie kann da die Arbeitskraft knapp sein? Knapp ist sie
nur verglichen mit unseren Wünschen, nicht aber im Vergleich zu unserer Nachfrage auf den Märkten. Der Unterschied
zwischen einem blossen Konsumwunsch und einer Nachfrage (zu der auch noch die Fähigkeit und der Wille Geld aus-
zugeben gehören) wird im Abschnitt 3.1, S. 26 besprochen. Und die Arbeitslosigkeit ist das Thema von Lernheft 5.
Nehmen wir die Schönheit eines Bergtals: Soll es zur Gewinnung von Elektrizität über-
schwemmt werden? Oder sollen im Tal Skihotels gebaut und die Hänge planiert werden?
Soll dort ein Waffenplatz zu unserer militärischen Sicherheit beitragen? Oder soll es die
Wanderer aus dem nahen Kurort erfreuen? Oder sollen dort wieder wilde Tiere hausen?
Unsere Ressourcen sind knapp. Sie reichen nicht aus, um sämtliche Konsumwünsche aller
Menschen zu befriedigen. Deshalb müssen wir uns entscheiden, welche Bedürfnisse wir
in welchem Masse befriedigen wollen.
Entscheiden wir uns für das eine, kostet es uns die Alternativen. Das Opfer, das durch den
Verzicht auf die beste Variante entsteht, nennt man Alternativkosten oder Opportuni-
tätskosten.
Jede Gesellschaft steht vor der Aufgabe, mit knappen Ressourcen die unterschiedlichen
und ausufernden Bedürfnisse möglichst gut zu befriedigen. Dies gilt, ob es sich um einen
abgeschiedenen Stamm im Dschungel oder um eine komplizierte moderne Gesellschaft
handelt. Jede Gesellschaft muss sich mit drei grundlegenden, voneinander abhängigen,
wirtschaftlichen Grundfragen auseinander setzen: WAS sollen wir mit den begrenzten
Ressourcen produzieren? WIE sollen wir das tun und FÜR WEN?
Sollen wir heute auf etwas Konsum verzichten, weniger Konsumgüter herstellen und
stattdessen mehr Ressourcen in Maschinen, Fabrikanlagen, Ausbildung und Forschung
stecken? Durch solche Investitionen können wir in Zukunft noch mehr und noch bessere
Güter produzieren.
Können alle mitarbeiten oder gibt es Arbeitslose? Werden Menschen von der Arbeit aus-
geschlossen? Diese Fragen nach der Beteiligung an der Produktion und damit an der
Gesellschaft sind wichtig, denn mit der Arbeit verfolgen ja die meisten von uns zwei Ziele:
Einerseits produzieren wir, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen - anderseits gewin-
nen wir durch Arbeit Sicherheit, nehmen am gesellschaftlichen Leben teil und verwirkli-
chen uns selbst.
Feldarbeit vor ca. 50 Jahren. Im Vordergrund stand hier neben dem Produktionsfaktor Boden die
Arbeit. Kapitalgüter spielten eine geringe Rolle. Heute hat sich der Einsatz der Produktionsfaktoren
in der Landwirtschaft grundlegend gewandelt. Einige wenige Personen (Arbeit) bearbeiten die glei-
che Fläche mit Hilfe moderner Maschinen (Kapitalgüter). Foto: RDB
Ob hier wohl alle Wartenden zu ihrem Ziel kommen? Sollte das nicht der Fall sein, muss das zu
knappe Angebot irgendwie verteilt werden. — Frage: Nach welchen Kriterien geschieht das? Foto:
Bernhard Beck
Weil die knappen Ressourcen nicht zur Befriedigung sämtlicher Konsumwünsche aller
Menschen ausreichen, muss jede Gesellschaft drei volkswirtschaftliche Grundfragen ent-
scheiden:
• WAS sollen wir mit den knappen Ressourcen produzieren? - Wie viele und welche
Konsumgüter stellen wir her und wie viele und welche Kapitalgüter?
• WIE sollen die Ressourcen eingesetzt werden, damit das bestmögliche Resultat ent-
steht? - Welche Ressourcen setzen wir mit welcher Technik ein? Wer kann sich an der
Produktion beteiligen?
• FÜR WEN sollen die Güter produziert werden? - Nach welchen Kriterien werden die
Konsumgüter verteilt und wem gehören die Kapitalgüter?
Aufgabe 27 A] Erklären Sie, weshalb der Entscheid, wie viele Produktionsfaktoren für die Kapitalgüter-
produktion und wie viele für die Konsumgüterproduktion eingesetzt werden sollen, wichtig
ist.
B] Angenommen, eine Gesellschaft verzichtet von jetzt an vollkommen auf die Produktion
von Kapitalgütern. Welche Konsequenzen hätte ihr Entscheid?
Sie erinnern sich an unseren Startpunkt, wo wir gesagt haben: Wir wirtschaften, um unse-
ren Lebensunterhalt zu bestreiten. Jetzt können wir die wirtschaftlichen Ziele noch etwas
präziser fassen:
Wirtschaften heisst, mit den knappen Ressourcen ein möglichst grosses und qualitativ
gutes Güterangebot zu schaffen («WAS?» und «WIE?») und es befriedigend zu verteilen
(«FÜR WEN?»). So ist die Volkswirtschaftslehre die Lehre von der bestmöglichen Ver-
wendung der knappen Mittel einer Gesellschaft.
Bis hierher haben wir das wirtschaftliche Grundproblem erkannt und die wirtschaftlichen
Ziele bestimmt. Nun gehen wir einen Schritt weiter. Wie wird das Ganze organisiert? Das
heisst, wie sieht die Koordination zwischen den einzelnen Wirtschaftseinheiten aus?
Einfach ist die Organisation für eine sich selbstversorgende Familie in einer abgeschiede-
nen Waldlichtung. Dort würden zwei Koordinationsmechanismen genügen: Tradition (Sit-
ten, Bräuche, Gewohnheiten) und Solidarität in Kleingruppen.
Die Tradition kann z. B. festlegen, dass keine Schweine, aber viele Rinder gehalten werden,
dass die Frauen Holz und Wasser holen, die Männer pflügen und die Kinder die Ziegen
hüten. In vielen einfachen Gesellschaften gelten (gewohnheitsmässige, oft religiös begrün-
dete) Speise- und Anbauvorschriften, und die Arbeiten werden auf traditionelle Weise ver-
teilt. Die Überlieferung wirkt so stark, dass viele wirtschaftliche Fragen nicht mehr disku-
tiert werden müssen.
Die Antworten auf die meisten wirtschaftlichen Fragen können leicht organisiert werden.
Denn die Zahl der Individuen ist überblickbar und sie kennen einander. Alle können noch
beurteilen, was jemand braucht und was jede und jeder leisten kann. Auch die Ressourcen
Die volkswirtschaftlichen Grundfragen sind bei einem archaischen Stamm dieselben wie bei uns:
Was stellen wir wie und für wen her? -Verschieden ist aber die Art und Weise, wie sie entschieden
werden. Tradition und Solidarität genügen heute nicht mehr. Wir müssen die Entscheidungen
organisieren. In diesem Jahrhundert konkurrierten mit der Marktwirtschaft und der Zentralverwal-
tungswirtschaft zwei Systeme - bis letzteres Ende der 80er Jahre zusammenbrach. Fotos: Bern-
hard Beck/RDB
Zwar spielen auch in einer modernen Gesellschaft Tradition, familiäre Regeln und Soli-
darität in Kleingruppen eine wichtige Rolle.
Beispiele Die Aufgabenteilung in den Haushalten wird weitgehend durch Tradition und Solidarität in der
Familie festgelegt. - Solidarität spielt im Vereinsleben oder unter Arbeitskolleginnen und -kolle-
gen eine grosse Rolle. - Immer noch stark durch die Tradition bestimmt werden bei uns Berufs-
wahl, Ausbildung und Karriereverlauf von Frauen und Männern. Tief in der Tradition verankert ist
auch unser Anspruch nach Sonntagsruhe, und traditionell gehen die Büroangestellten später zur
Arbeit als die Fabrikarbeiter und Handwerker. Ebenso Tradition ist, dass gute Weine in 7-dl-Fla-
schen verkauft werden.
Zum einen sind wir nicht mehr Selbstversorger, sondern wir haben uns unseren Talenten
und Möglichkeiten entsprechend spezialisiert. Heute erarbeiten wir unseren Lebensunter-
halt in Arbeitsteilung mit jeweils Millionen von Personen auf der ganzen Welt. Je nach
Beruf arbeiten wir für Dutzende oder Tausende. An den Gütern, die wir verbrauchen, haben
Millionen gearbeitet.
Beispiel Sind Sie jeweils auch überrascht, im Nachspann eines Filmes zu lesen, wie viele Leute daran gear-
beitet haben? Und denken Sie jetzt noch daran, wie viele andere Menschen den aufgeführten Film-
leuten Material, Transport, Kleider, Kost und Logis zur Verfügung stellten. Überlegen Sie, wie viele
Leute am Kinogebäude geplant und gebaut hatten, die Polsterstoffe gewoben, das Eintrittsbillett
gedruckt haben usw.
Zum anderen sind die wirtschaftlichen Beziehungen weitgehend anonym. Keiner der
zahlreichen Beteiligten an dieser Filmvorführung kennt Sie. Auch wusste niemand, dass
gerade Sie sich diesen Film ansehen würden. Sie haben den Film und den Zeitpunkt mehr
oder weniger nach eigenem Gutdünken ausgewählt. Sie sind so individualistisch wie mög-
lich und machen den andern auch möglichst wenig Vorschriften. Strengere Verpflichtun-
gen haben Sie in der Regel nur im Familien- und Freundeskreis sowie im Unternehmen, in
dem Sie arbeiten. Sonst leben Sie in unserer Gesellschaft weitgehend in der Anonymität.
Von den Tausenden oder Millionen von Personen, mit denen Sie in Arbeitsteilung stehen,
kennen Sie nur einige wenige.
Tradition und Solidarität würden bei weitem nicht mehr ausreichen, um unsere kompli-
zierte Wirtschaft zu lenken und die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Mindestens
vier weitere Regelmechanismen leisten heute diese Koordination, nämlich:
• Hierarchie (d. h. Führung und Unterordnung) in Unternehmen,
• Hierarchie in Form staatlicher Gewalt,
• Interessensolidarität sowie
• Tausch, Kauf und Verkauf auf Märkten.
Unternehmen sind durch ein kompliziertes Regelwerk von Kompetenzen und Verantwor-
tungen organisiert. Doch wie Unternehmen funktionieren, ist nicht das Thema dieses Kur-
ses; damit befassen sich vor allem betriebswirtschaftliche Fachbereiche wie Organisati-
onslehre, Personalführung oder Rechnungswesen.
Und womit beschäftigt sich die Volkswirtschaftslehre, die Sie mit diesem Kurs lernen wol-
len? Sie interessiert sich vor allem dafür, wie sich die unzähligen Akteure (die verschiede-
nen Unternehmen, staatlichen Organisationen, Haushalte und Verbände) untereinander
koordinieren. In den hoch entwickelten Volkswirtschaften geschieht dies vor allem mit
Hilfe von Märkten. Sie sind zu einem grossen Netz verwoben; unser Wirtschaftssystem
nennt sich deshalb vereinfachend «Marktwirtschaft».
Exkurs Ein ehrgeiziges System hat sich in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in Russland herausgebil-
det. Es bestimmte nach dem 2. Weltkrieg beispielsweise auch die Wirtschaft in den andern osteu-
ropäischen Ländern und in China. Zudem hatte es eine grosse Ausstrahlung auf die Wirtschafts-
politik in vielen Entwicklungsländern.
Bei diesem System übernimmt der Staat die Planung der Wirtschaft. Er entscheidet gleichsam als
Topmanagement der Riesenunternehmung Volkswirtschaft die wirtschaftlichen Grundfragen.
Volkswirtschaften mit einer solchen Organisation bezeichnet man als Planwirtschaften oder auch
als Zentralverwaltungswirtschaften. Bei ihnen übernimmt eine riesige staatliche Planungsbe-
hörde die gesamte Planung der Wirtschaft.
Ende der 80er Jahre brach dieses System weitgehend zusammen. Die Gründe dafür sind vielfältig
und wir können sie hier schon aus Platzgründen nicht weiter erörtern. Ein Grund ist aber zweifellos,
dass moderne Volkswirtschaften selbst für eine noch so kompetente Behörde nicht mehr über-
schaubar und lenkbar wären. Doch statt uns hier in das Versagen von Zentralvervvaltungswirt-
schaften zu vertiefen, lernen wir besser, was es alles braucht, damit eine Marktwirtschaft funktio-
niert. Haben wir dafür ein geschärftes Verständnis, begreifen wir auch besser, warum eine Plan-
wirtschaft heute in unüberwindbare Schwierigkeiten geraten muss.
spielen ihre Rolle in einer modernen Volkswirtschaft. Ohne familiäre Bindungen und tradi-
tionelle Regeln könnten Märkte, Unternehmen und staatliche Ordnung nicht funktionieren.
Und erst eine staatliche Rechtsordnung macht Märkte möglich.
Anderseits ermöglichen nur Märkte die Koordination zwischen Millionen von Individuen,
Unternehmen und Verbänden mit den verschiedensten Ansprüchen und Leistungen.
Darum bezeichnet man unser Wirtschaftssystem vereinfachend als «Marktwirtschaft».
A] Produktionsfaktor
B] Kapitalgut
Cl Konsumgut
Wir sind am Ende des zweiten Kapitels; den Einstieg in die Grundlagen der Volkswirt-
schaftslehre haben Sie geschafft. Unsere nächste grosse Frage liegt auf der Hand: Wie
funktioniert ein Marktsystem? Um die Antwort zu finden, müssen wir uns mit den
Gesetzmässigkeiten von Märkten vertraut machen. Diese Aufgabe wird das dritte und
vierte Kapitel in Anspruch nehmen. Zu Beginn des nächsten Lernhefts fassen wir dann die
ganze Volkswirtschaft ins Auge und schauen, wie ein System von Märkten die wirtschaft-
lichen Probleme regelt.
Erst wenn wir verstanden haben, wie eine reine Marktwirtschaft funktionieren würde, wer-
den wir untersuchen, welche Probleme die Märkte nicht lösen können (und welche sie
sogar schaffen). Damit werden wir verstehen, warum auch in einem Marktsystem staatli-
che Organisationen viele wirtschaftliche Aktivitäten kontrollieren und warum der Staat
selber als Unternehmer auftritt. Nun wollen wir aber zuerst einmal schauen, vvie ein typi-
scher Markt funktioniert.
Unter einem Markt können wir uns zunächst einmal einen Wochenmarkt vorstellen. Auf
den Wochenmarkt kommen vor allem Bäuerinnen und Gemüsehändler, um ihre Ware zu
verkaufen. Sie sind die Anbieter und ihr Gemüse ist das Angebot. Das Gemüse kaufen
wollen vor allem Hausfrauen. Die möglichen Käuferinnen und Käufer nennt man Nachfra-
ger und ihre Fähigkeit und ihren Willen zu kaufen nennt man Nachfrage.
Die Hausfrauen kommen auf den Wochenmarkt, weil sie die täglichen Nahrungsmittelbe-
dürfnisse von sich und ihren Familien befriedigen wollen.
Wer aber erhält auf dem Markt Spinat, Gurken oder Kartoffeln? Nicht wer die grössten
Bedürfnisse hat, sondern nur, wer fähig und auch bereit ist, dafür einen Preis zu zah-
len. Fürsorgliche Eltern wollen diese bittere Wahrheit ihren Kindern möglichst lange vor-
enthalten - aber die Kleinen merken es dann doch bald: Im Laden wird einem kaum etwas
geschenkt. Nur wer das nötige Geld hat, kann seine Konsumwünsche stillen.
Es ist zentral, dass wir unterscheiden zwischen dem Konsumwunsch einerseits und der
Nachfrage, die durch Geld ausgedrückt werden muss. Auf dem Markt wirkt direkt nur
diese Nachfrage, nicht das Bedürfnis oder der Konsumwunsch.
/
C Verkäufer
Anbieter Markt
Käufer
pprL Nachfrager
Güterstrom
Ein Güterstrom fliesst von den Anbietern zu den Nachfragern und ein Geldstrom von den Nachfra-
gern zu den Anbietern.
In der Ökonomie wird jedes Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage als Markt
bezeichnet. Angebot und Nachfrage treffen sich in Quartierläden, Einkaufszentren oder an
Theaterfestivals. Es gibt Treffpunkte, wie etwa die Aktienbörsen, die ausgefeilte Regeln
kennen. Andere Märkte, etwa für alte Autos oder für illegale Drogen, sind nur locker orga-
nisiert. Es kann laut zu- und hergehen wie am Fischmarkt oder an der Börse alten Stils. Man
telefoniert miteinander wie beim Erdölmarkt oder es werden Tage in Ausstellungen und
Sitzungszimmern verbracht wie beim Kauf von Maschinen. Oft sind die Kanäle, auf denen
Angebot und Nachfrage zusammentreffen, kompliziert. So finden sich auf dem Arbeits-
markt die Nachfrager und die Anbieter über Stelleninserate oder über gezielte Briefe, über
Bekannte, Stellenvermittlungsbüros oder auch über das Arbeitsamt. Zudem können
Märkte mehr oder weniger grosse Gebiete abdecken. So gibt es z. B. einen zürcherischen
Baumarkt, einen westschweizerischen Arbeitsmarkt, einen europäischen Agrarmarkt oder
einen Weltmarkt für Kupfer oder Textilmaschinen.
Für die Volkswirtschaftler ist jedes wie auch immer organisierte Zusammentreffen von Angebot
und Nachfrage ein Markt. Fotos: RDB/RDB/Bernhard Beck
Obwohl diese Märkte unterschiedlich gross und sehr verschieden organisiert sind und
obwohl vollkommen verschiedenartige Güter auf ihnen gehandelt werden, lassen sie sich
alle auf das Schema zurückführen, das wir aus dem Wochenmarkt abgeleitet haben: Das
Angebot von einem bestimmten Gut trifft mit der Nachfrage nach diesem Gut zusammen.
Ein Markt ist jedes wie auch immer organisierte Zusammentreffen von Angebot und
Nachfrage. Die Anbieter bieten ihre Waren oder Dienstleistungen an, die Nachfrager
bezahlen dafür mit Geld.
ZSZZI,
Auf einem Markt sind die Anbieter in einer schwierigen Lage. Sie wissen nämlich nicht, wel-
che Produkte die Nachfrager kaufen wollen und wie viel davon. Die Anbieter können nur Ver-
mutungen anstellen und sich auf Erfahrungen abstützen. So kommt es auf unserem Wochen-
markt immer wieder dazu, dass Nachfrage und Angebot auseinander klaffen. Manchmal ist
das Angebot kleiner als die Nachfrage, manchmal ist es grösser. Klaffen Angebot und Nach-
frage auseinander, sprechen die Ökonomen von einem Marktungleichgewicht - und von
einem Marktgleichgewicht, wenn Angebot und Nachfrage übereinstimmen.
Was passiert nun, wenn von einem bestimmten Gut weniger angeboten wird, als die Nach-
frager davon kaufen wollen?
Ein solcher Fall tritt ein, wenn im Juli die ersten Bohnen auf den Wochenmarkt kommen.
Viele Hausfrauen wollen sie kaufen, aber es ist erst eine ganz kleine Menge vorhanden.
Wie werden nun die Bohnen unter die Nachfragerinnen verteilt? Gibt es dann Warteschlan-
gen? Nein, die Händlerinnen antworten mit dem Preis. Sie stellen auf die Erfahrung aus
den Vorjahren ab und setzen ihre Preise hoch an. Viele Kundinnen werden jammern, einige
kaufen trotzdem, andere verzichten wohl oder übel, die nachgefragte Menge sinkt. Und
werden immer noch mehr Bohnen nachgefragt als angeboten, werden die Preise noch
weiter hinaufgesetzt, worauf die nachgefragte Menge noch weiter sinkt. Aber nicht nur die
Käuferinnen reagieren, sondern auch die Händlerinnen: Hohe Preise versprechen höhere
Gewinne und so versuchen sie, mehr Bohnen anzubieten, beispielsweise Bohnen von wei-
ter her, die angebotene Menge steigt.
Was wir auf dem Wochenmarkt für Bohnen erleben, gilt im Grunde für alle andern Märkte
auch, so dass wir folgendes «Gesetz» formulieren können:
Ist auf dem Markt die angebotene Menge kleiner als die nachgefragte Menge, steigt
früher oder später der Preis. Auf diesen Preisanstieg reagieren die Nachfrager wie die
Anbieter:
• Einerseits halten höhere Preise einen Teil der Nachfrager vom Kauf ab, so dass die
nachgefragte Menge sinkt.
• Anderseits steigen durch höhere Preise auch die Gewinne der Anbieter, was die Pro-
duktion und die Verkäufe anregt, die angebotene Menge steigt.
Als Resultat verringert sich das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Ist die
angebotene Menge immer noch kleiner als die nachgefragte, wird der Preis weiter steigen,
bis sich nach einer längeren oder kürzeren Anpassungszeit ein Gleichgewicht zwischen
Angebot und Nachfrage einstellt.
[3-2] Bei zu grosser Nachfrage sorgen steigende Preise für einen Ausgleich
Ist die angebotene Menge kleiner als die nachgefragte, sorgt nach einer kürzeren oder längeren
Anpassungszeit ein steigender Preis für den Ausgleich.
Ebenso häufig ist aber auch der umgekehrte Fall: Von einem bestimmten Gut wird mehr
angeboten, als die Nachfrager kaufen wollen. So sind im August die meisten Bohnen
reif. Die Händlerinnen haben deshalb grosse Mengen anzubieten. Allein darum haben aber
die Käuferinnen kaum grössere Lust auf Bohnen. Deshalb kommt es vor, dass die Händle-
rinnen mehr anzubieten haben, als die Hausfrauen zu kaufen bereit sind. Was passiert
dann? Bleiben die Verkäuferinnen einfach auf ihren Waren sitzen? Nicht allzu lange. In der
Regel werden sie versuchen, zusätzliche Kundinnen mit niedrigeren Preisen anzulocken.
Denn das ist immer noch einträglicher, als die Bohnen fortwerfen zu müssen.
Wären wir auf einem orientalischen Markt, würden die Käuferinnen, die vermuten, die
Ware sei vielleicht noch billiger zu haben, selber einen noch tieferen Preis nennen. Dann
könnten wir erleben, wie der Verkäufer entrüstet leidet. Aber er bliebe im Gespräch. Nach
kürzerem oder längerem Feilschen würden sich die Verhandlungspartner auf einen Preis
einigen. Bei uns können wir Preisanpassungen weniger gut verfolgen als im Basar. Wir
genieren uns oft ein wenig beim Feilschen. Es ist nicht jedermanns Sache, im Discountge-
schäft um Rabatt und beim Autohändler um den Eintauschpreis des alten Autos zu disku-
tieren. So sind wir froh, dass in Warenhäusern, Lebensmittelläden und Fachgeschäften die
Preise fest angeschrieben sind. Das heisst nun aber nicht, dass bei Festpreisen die Preise
für alle fix sind. Das Verhandeln darüber äussert sich nur etwas gedämpfter. Die Nachfra-
ger diskutieren nicht über Preise. Sie verlassen stillschweigend und höchstens achselzu-
ckend den Laden und gehen in den nächsten, wenn sie mit der Qualität und dem Preis
nicht zufrieden sind. Da jeder Anbieter seine Waren verkaufen möchte, wird er bei seinen
Preisen Vergleiche mit der Konkurrenz anstellen. Ist dort das Verhältnis von Preis/Qualität
besser, so wird er notgedrungen seine Preise senken müssen und umgekehrt wird er seine
Preise anheben können, wenn die Konkurrenz viel teurer ist.
Zurück zum Gemüsemarkt: Dank niedrigen Preisen verkaufen die Händlerinnen tatsächlich
mehr Bohnen. Aber wenn sie die Ware selbst dann nicht vollständig absetzen können, wer-
den sie die Preise nochmals senken müssen. Noch mehr Leute sind bereit, Bohnen zu kau-
fen. Doch auch hier wirkt der Preis nicht nur auf die nachgefragte Menge, sondern
auch auf die angebotene Menge: Niedrigere Preise schmälern die Gewinne, das Bohnen-
geschäft ist unattraktiver bei niedrigeren Preisen. Wenn die Bohnenpreise tief sind, möch-
ten die Gemüseverkäuferinnen lieber etwas anderes als Bohnen anbieten. Für die Zukunft
werden sie sich vornehmen, bei tiefen Preisen weniger Bohnen anzubieten und dafür mehr
zu verkaufen, wenn die Bohnenpreise hoch sind.
Was für den Bohnenmarkt gilt, können wir wiederum verallgemeinern, auf andere Märkte
anwenden und als «Gesetz» formulieren:
Ist auf einem Markt die angebotene Menge grösser als die nachgefragte Menge, sinkt
früher oder später der Preis. Auf die Preissenkung reagieren sowohl die Nachfrager wie
die Anbieter:
• Einerseits ziehen tiefere Preise mehr Nachfrager an, die nachgefragte Menge steigt.
• Anderseits sinken durch tiefere Preise die Gewinne der Anbieter, so dass diese die an-
gebotene Menge verringern.
Solange die angebotene Menge grösser ist als die nachgefragte Menge, wird der Preis sin-
ken: Die nachgefragte Menge wird weiter erhöht und die angebotene Menge weiter ver-
kleinert. Dieser Prozess setzt sich so lange fort, bis die angebotene und die nachgefragte
Menge übereinstimmen, d. h. im Gleichgewicht sind.
[3-3] Bei zu grossem Angebot sorgen sinkende Preise für einen Ausgleich
Ist die angebotene Menge grösser als die nachgefragte, sorgt nach einer kürzeren oder längeren
Anpassungszeit ein sinkender Preis für den Ausgleich.
Damit kennen Sie das Prinzip, nach dem ein Markt gesteuert wird. Die Ökonomen bezeich-
nen es als Marktmechanismus:
• Ist das Angebot kleiner als die Nachfrage, steigt der Preis, während er bei zu grossem
Angebot sinkt.
• Angebot wie Nachfrage reagieren in der Regel auf diese Preisänderung. Damit kann
der Preis dafür sorgen, dass früher oder später Angebot und Nachfrage in Übereinstim-
mung kommen. Oder in der Fachsprache: Der Marktpreis stellt nach einer längeren
oder kürzeren Anpassungszeit ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nach-
frage her.
Preise steuern also Angebot und Nachfrage. Und Preisveränderungen lassen sich auch
leicht beobachten. Aber welche Preisveränderungen beobachten wir? Genau genom-
men beobachten wir nämlich zwei gleichzeitige Preisbewegungen:
• Einmal beobachten wir, dass im Laufe der Jahre praktisch alle Preise steigen, anfangs
der 90er Jahre bis zu 6% pro Jahr und seither wieder schwächer. Diese generellen
Preissteigerungen werden Geldentwertung oder Inflation genannt.
• Neben diesen generellen Preisänderungen beobachten wir auch noch, dass die einen
Preise stärker steigen als die andern. Bezogen auf den Durchschnitt der Preise sinken
also die einen, während die andern steigen. Deshalb spricht man hier von relativen
oder inflationsbereinigten Preisen.
Im Ausverkauf lässt sich der Marktmechanismus deutlich erkennen. Die Anbieter haben so viel ein-
gekauft, dass sie zum «regulären Preis» nicht ihre ganze Ware absetzen können. Um die Lager zu
räumen, senken sie die Preise, was Käufer anzieht, die zu regulären Preisen nicht kaufen würden.
Foto: RDB
Angebot und Nachfrage eines Guts stimmen mengenmässig oft nicht überein. Der Markt-
mechanismus sorgt dafür, dass sich solche Ungleichgewichte ausgleichen; es gelten fol-
gende Gesetzmässigkeiten:
• Ist die angebotene Menge eines Guts kleiner als die nachgefragte, steigt der Preis frü-
her oder später, was einen Teil der Nachfrager vom Kauf abhält und gleichzeitig die An-
bieter ermutigt, mehr anzubieten.
• Ist umgekehrt die angebotene Menge grösser als die nachgefragte, sinkt der Preis, was
zusätzliche Nachfrager anlockt und die Anbieter dazu bewegt, die angebotene Menge
einzuschränken.
Der Preis stellt also nach einer Anpassungszeit ein Gleichgewicht zwischen der angebo-
tenen und der nachgefragten Menge eines Gutes her.
Geldstrom
.4.
Markt
E Anbieter
Preisänderungen
führen einen Markt vom
Ungleichgewicht
ins Gleichgewicht
Güterstrom
Aufgabe 4 Welche Marktlage wird in den folgenden beiden Aussagen beschrieben? Was können Sie
über die Preise und das Verhältnis zwischen angebotener und nachgefragter Menge des
betreffenden Guts aussagen?
Aufgabe 13 Flüge nach New York sind im Februar wesentlich billiger als im Dezember. - Begründen
Sie mit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, weshalb das so ist.
Wir haben hier das einfachste Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage kennen
gelernt, sozusagen das Standardmodell. In den folgenden vier Abschnitten wollen wir
etwas vertiefter betrachten, warum, wie stark und wie schnell Nachfrager und Anbieter auf
Preisveränderungen reagieren. Und danach wollen wir noch zwei Besonderheiten etwas
genauer anschauen. Aber wir werden das Modell weiterhin sehr einfach halten und nicht
allen Besonderheiten der Realität Rechnung tragen können.
Wir sind bei der Besprechung des Marktmechanismus davon ausgegangen, dass die
Nachfrager auf den Preis reagieren. Natürlich hängt die Nachfrage auch von vielen anderen
Grössen ab, z. B. von Geschmacksveränderungen oder vom Einkommen - aber der Markt-
preis sorgt dafür, dass sich Angebot und Nachfrage angleichen. Dafür gibt es einen ganz
einfachen Grund: Das Budget der meisten Nachfrager ist beschränkt.
Beispiel Wenn die zwei Restaurants, in denen Sie regelmässig essen gehen, es wagen, um etwa 20% aufzu-
schlagen, dann könnten Ihnen pro Monat etwa Fr. 80.- für irgendetwas anderes fehlen. Daher müs-
sen Sie dieses Geld irgendwo einsparen. Selbstverständlich tun das nicht alle auf die gleiche Art.
Typisch sind folgende Verhaltensweisen:
• Bei vielen gehen die Fr. 80.- im Budget einfach unter. Dann ist das Gehaltskonto auf der Bank
einfach pro Monat um Fr. 80.- leichter, als es sonst gewesen wäre. Mit der Zeit kommt dann
doch einiges zusammen. Dann reicht es vielleicht nicht mehr für ebenso teure Ferien wie letz-
tes Jahr - und dann erinnert man sich vielleicht doch an die beiden teureren Restaurants.
• Nicht wenige Leute nehmen einen Kleinkredit auf, um die Fessel des beschränkten Budgets
zu sprengen. Damit sind Fr. 10 000.- zusätzlich vorhanden. Doch nur im Moment. Mit den Zin-
sen sind in drei Jahren Fr. 16 000.- zurückzuzahlen. Statt Fr. 10 000.- mehr sind das eigentlich
Fr. 6000.- weniger.
• Andere, die sich nicht gross um die neuen Preise kümmern, haben ein paar Tage vor Mo-
natsende fast kein Geld mehr und essen dann eben zu Hause. Es spart sich von selbst, wenn
kein Geld mehr da ist.
• Viele werden durch die höheren Preise auf die Idee gebracht, in ihren Stammrestaurants je-
weils etwas weniger zu bestellen, in andere Restaurants auszuweichen, weniger oft auswärts
zu essen oder eine Kombination der drei Massnahmen einzuleiten. Natürlich schmerzt das,
aber wenn sie sich woanders einschränken müssten, dann würde es auch weh tun.
Im Grunde führen alle beschriebenen Verhaltensweisen früher oder später zum gleichen
Resultat: Steigt der Preis eines Guts bei gleich bleibendem Budget, müssen wir uns
irgendwo einschränken. Nicht alle schränken sich gerade dort ein, wo die Preise gestiegen
sind. Aber zählen wir alle Reaktionen der verschiedenen Leute zusammen, können wir in
der Regel doch eine verringerte Nachfrage nach denjenigen Gütern beobachten, deren
Preise gestiegen sind.
Und was passiert, wenn umgekehrt die Preise eines Guts fallen? Dies zieht in der Regel
Kauflustige an, die bisher auf einen Kauf verzichtet haben oder verzichten mussten.
Beispiel Bei einem Preis von Fr. 800.- für einen Farbfernseher gibt es viele Leute, die unter diesen Bedin-
gungen einen eigenen Fernseher für unnötig halten und hie und da ein Fussballspiel bei Freunden
ansehen. Sinkt der Preis eines Farbfernsehers aber auf Fr. 400.-, wird auch ein Teil dieser Leute
zum Kauf verlockt. Warum sonst erreichen die Warenhäuser im Ausverkauf Spitzenumsätze? Und
warum sonst locken Grossverteiler laufend mit gross propagierten Preisaktionen?
Allgemein können wir sagen: Bei sinkenden Preisen eines Guts wird das Budget der
Nachfrager entlastet. Je nach Situation werden die einen nun den Erwerb des betreffenden
Guts überhaupt erst in Betracht ziehen, andere werden mehr davon konsumieren und wie-
der andere werden gleich viel konsumieren und dafür bei anderen Gütern zulegen. Zählen
wir alle Reaktionen zusammen, so vergrössert sich die Nachfrage nach Gütern, deren
Preise gesunken sind.
Beispiel Steigen z. B. die Butterpreise, dann wird weniger Butter gekauft. Das heisst aber nicht, dass die
Leute nun auf jeden Brotaufstrich verzichten. Diejenigen, die sich Butter nicht mehr leisten können
oder wollen, werden sich nach Alternativen umsehen. Und hier bietet sich die ohnehin billigere
Margarine an. Je teurer die Butter wird, desto mehr Leute werden auf Margarine umsteigen. Für
den Margarine-Markt bedeutet das: Es wird mehr gekauft, ohne dass die Margarinepreise gesun-
ken wären.
Ein enger Zusammenhang besteht auch zwischen dem Markt für Videogeräte und dem Markt für
Videokassetten. Steigen die Preise von Videogeräten, dann sinkt die nachgefragte Menge. Wer
kein Videogerät kauft, kauft aber auch keine Videokassetten. Daher werden auch weniger Kasset-
ten gekauft, obwohl diese überhaupt nicht teurer geworden sind»
Geschmacks-, Einkommens- oder Preisänderungen bei anderen Gütern können also auf
einem Markt die Nachfrage verändern. Das bedeutet aber nicht, dass damit der Preis eines
Guts seine Rolle als Steuerungsinstrument für den Markt verliert. Der Preis führt Angebot
und Nachfrage ins Gleichgewicht, wenn sie aufgrund von anderen Gründen ins Ungleich-
gewicht geraten.
Die Budgets der Nachfrager sind beschränkt. Aus diesem Grund reagieren sie auf Preisän-
derungen eines Guts.
• Steigende Preise belasten das Budget und zwingen zu Einschränkungen — entweder
beim betreffenden Gut oder bei einem anderen Gut. Insgesamt führen steigende Preise
zu einer Verringerung der Nachfrage nach dem betreffenden Gut.
• Sinkende Preise entlasten das Budget und geben die Möglichkeit, entweder mehr ei-
nes Guts zu kaufen oder vermehrt andere Güter zu kaufen. Insgesamt steigt die Nach-
frage nach dem betreffenden Gut.
Neben den Preisen können weitere Grössen das Verhalten der Nachfrager auf einem Markt
beeinflussen. Die wichtigsten sind: der Geschmack, das Einkommen und die Preise
anderer Güter:
Werbung,
Bedürfnisse Mode usw.
Konsumwünsche
/ Einkommen
Preise der
anderen Güter
A] Haushalte haben ein beschränktes Budget und müssen den Konsum eines Guts ein-
schränken, wenn der Preis ansteigt.
B] Geschmacksänderungen, Einkommensänderungen oder Preisänderungen von anderen
Gütern schalten den Preis als Marktsteuerung aus.
Cl Bei bestimmten Gütern lösen Preisänderungen gar keine Reaktion bei der Nachfrage aus.
1] Viele Güter stehen wie Butter/Margarine oder VideogeräteNideokassetten zueinander. Deshalb verwenden die Ökono-
men für sie besondere Begriffe:
Von Substitutionsgütern sprechen sie, wenn zwei Güter sich gegenseitig ersetzen können. Neben Butter und Margarine
sind z. B. Snowboards und Skier oder Mineralwasser und Apfelsaft typische Substitutionsgüter.
Von Komplementärgütern spricht man, wenn das Interesse der Nachfrager an einem Gut dagegen vom Besitz eines
anderen Gutes abhängt. Typische Komplementärgüter sind neben Videogeräten und Videokassetten z. B. Autoreifen
und Autos oder Skischuhe und Skier.
3.4 Wie stark und wie rasch reagieren die Nachfrager auf den
Preis?
Die Ökonomen bezeichnen dieses Phänomen als Preiselastizität der Nachfrage. Bei einer
preiselastischen Nachfrage reagiert die Menge stark auf den Preis, bei einer
preisunelastischen dagegen nur sehr schwach.
Allgemein lässt sich sagen, dass die Preiselastizität dort gross ist, wo die Nachfrager eine
einfache Alternative haben. Dies zeigen auch die Resultate einiger Untersuchungen über
Güter des täglichen Bedarfs:
• Sehr preisempfindlich reagiert die Nachfrage nach Butter. Steigt der Butterpreis um
10%, sinkt die Nachfrage nach Butter um 15% - wenn der Margarinepreis unten
bleibt. Die Margarine, eine einfache Alternative zu Butter, ist dann relativ zur Butter bil-
liger. Zu etwa 15% steigen jetzt Haushalte und Bäckereien auf Margarine um.
• Steigen aber die Preise für beide Brotaufstriche, geht die Nachfrage bei beiden Gütern
viel harziger zurück. Denn eine Alternative zu Butter und Margarine ist schwer zu finden.
• Sehr preisunelastisch ist die Nachfrage nach Mehl und Brot. Wird hier der Preis er-
höht, geht die Nachfrage praktisch nicht zurück. Mehl und Brot sind eben Grundnah-
rungsmittel, für die es kaum Alternativen gibt.
Vergessen Sie aber nicht, dass wir in der Regel nicht einfach mehr Geld ausgeben können
oder wollen. Es wird also immer Leute geben, die früher oder später weniger Brotaufstri-
che kaufen. Denn sie wollen sich in der Regel noch weniger bei Gütern einschränken, die
nicht teurer geworden sind. In der Tat ist es schwierig, Güter zu finden, die unabhängig
vom Preis einfach in einem bestimmten Ausmass gekauft werden müssen - so etwa eine
obligatorische Versicherung oder ein lebensnotwendiges Medikament.
• Viel diskutiert wird die Preiselastizität der Benzinnachfrage. So wird häufig gesagt, teu-
reres Benzin halte die Autofahrer nicht ab, genauso viel Benzin zu verbrauchen wie bisher.
Untersuchungen zeigen aber, dass bei einer zehnprozentigen Erhöhung des Benzinprei-
ses der Benzinverbrauch kurzfristig um 3 bis 4% zurückgeht, langfristig um rund 10°A.
• Ebenso preiselastisch ist die Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsleistungen. Stei-
gen dort die Preise um 10%, werden allein deswegen Bahn, Bus und Tram um etwa 6
bis 9% weniger benutzt. Etwas unelastischer reagiert die Nachfrage der Haushalte
nach elektrischem Strom. Würde sich der Strompreis um 10% erhöhen, ginge der
Stromverbrauch kurzfristig um etwa 3% zurück, längerfristig um etwa 5%1]
1] Quellen: Institut für Agrarwirtschaft ETH Zürich, div. empirische Analysen 1998 und 2000; Elastizitäten des Personen-
verkehrs in der Schweiz; R. K. -H. Dennerlein u.a.: Stromverbrauchsverhalten privater Haushalte; Gertraud Foos: Die
Determinanten der Verkehrsnachfrage.
• Steigen z. B. im Juni die Benzinpreise stark an, werden die meisten Leute, die für den
Sommer eine Autoreise geplant haben, trotzdem noch mit dem Auto in die Ferien fah-
ren. Erst für das nächste Jahr mögen viele bei ihren Ferienplänen die hohen Benzinprei-
se mit berücksichtigen. Bei den anderen Fahrten werden sich aber einige recht schnell
einschränken, andere fahren gleich viel, aber etwas Benzin sparender. Daneben suchen
die Autofahrer noch nach anderen Alternativen, wie z. B. ein Benzin sparendes Auto zu
kaufen. Die Autoindustrie bietet darum auch vermehrt Autos an, die weniger Benzin
brauchen. Wenn in ein paar Jahren das alte Auto nicht mehr funktionstüchtig ist, wird
es durch ein Benzin sparendes ersetzt.
• Ähnlich langsame Reaktionen könnten wir bei steigenden Strompreisen beobachten.
Es dauert lange, bis der alte Kühlschrank durch einen Strom sparenden ersetzt ist, und
noch länger kann es dauern, bis eine Heizstrom sparende Wärmeisolation eingebaut
wird. Weil zuerst investiert werden muss, brauchen höhere Preise ein paar Jahre Zeit,
um ihre Wirkung voll entfalten zu können.
Nicht nur bei Benzin und Strom, sondern überall dort, wo für Umstellungen grössere
Investitionen nötig sind, kann es Jahre dauern, bis die volle Wirkung der Preisände-
rung eintritt. Dann ist die langfristige Preiselastizität grösser als die kurzfristige»
In allen Fällen, in denen Veränderungen der Nachfrage Zeit brauchen, ist es natürlich
schwierig, den Zusammenhang zwischen der Preisänderung und der Nachfrage zu
erkennen, denn während der Anpassungszeit geschieht viel, was die Nachfrage ebenfalls
beeinflusst.
Denken wir z. B. daran, was in der jahrelangen Anpassungszeit geschehen könnte, welche
die Autofahrer und die Autoindustrie benötigen, um sich auf höhere Benzinpreise einzu-
stellen:
• Im Laufe dieser Jahre könnte das Einkommen der Leute steigen. Mit erweitertem Bud-
get steigt vermutlich, neben dem Verbrauch von vielen andern Gütern, auch der Ben-
zinverbrauch. Der Benzinverbrauch mag dadurch höher sein denn je; ohne höhere Ben-
zinpreise wäre er aber noch höher.
• Daneben könnten städtische Bahnen bequemer werden, internationale Züge schneller
oder der Flugverkehr billiger. Wird die Konkurrenz attraktiver, wird der Benzinver-
brauch etwas gebremst.
• Dafür könnten vielleicht die Autos billiger werden, womit wieder mehr Benzin gekauft
würde.
1] Aus diesen Ausführungen können Sie herauslesen, was in der Ökonomie unter kurz- und längerfristig verstanden wird:
In der kurzen Frist kann man sich ohne Investitionen anpassen: Man kann sofort damit beginnen, etwas Benzin sparen-
der zu fahren. Man kann auch von einem Tag auf den andern mehr Schweinefleisch kaufen, wenn das Kalbfleisch teurer
geworden ist, es braucht keine neue Küchenausrüstung dafür.
Die längere Frist dauert, bis alle zur Anpassung nötigen Investitionen ausgeführt sind: Man muss einen neuen Kühl-
schrank kaufen, um in den Genuss der Strom sparenden Technik zu kommen.
Damit die Nachfrager auf Preisänderungen reagieren können, brauchen sie manchmal
Zeit, besonders dann, wenn für die Anpassung teure Investitionen nötig sind. In solchen
Fällen ist die Preiselastizität kurzfristig gering und langfristig höher.
Dauert die Preisanpassung lange, dann kann sie durch andere Einflüsse überlagert wer-
den (v. a. Einkommensveränderungen).
B] Bei welchen Gütern ist die Preiselastizität der Nachfrage im Normalfall gross und bei
welchen klein?
Aufgabe 14 A] Weshalb kann es vorkommen, dass die Nachfrage nach einem Gut abnimmt, obwohl
der Preis des betreffenden Guts gesunken ist?
B] Wie müsste sich ein Anstieg der Benzinpreise bei gleichzeitig sinkenden Einkommen
auf die Benzinnachfrage auswirken?
Um noch etwas genauer zu verstehen, warum sich die Anbieter in der Regel so verhalten,
werfen wir nochmals einen Blick auf den Wochenmarkt, weil man gerne annimmt, dort sei
alles noch ganz einfach und überschaubar. Also: Bauern und Händlerinnen gehen auf den
Markt, um Gewinn zu erzielen. Steigen nun die Preise z. B. für Zwiebeln, steigen auch die
Gewinne der Zwiebelbauern und der Zwiebelhändlerinnen. Ihre Gewinne würden sie
natürlich noch gerne weiter erhöhen, indem sie noch mehr Zwiebeln verkaufen. So lösen
sie einmal ihre Lager auf. Es lohnt sich sogar, Zwiebeln von weiter her zu transportieren,
solange die höheren Transportkosten nicht die ganzen Preiserhöhungen auffressen. Län-
gerfristig lohnt es sich, auf Kosten von andern Landwirtschaftsprodukten mehr Zwiebeln
anzupflanzen. Steigende Gewinne locken auch neue Bauern ins Zwiebelgeschäft. Bei
höheren Preisen lohnt es sich, auch auf Böden anzubauen, die weniger geeignet sind für
Zwiebeln. Die Produktionskosten dürfen höher sein, solange sie die Preiserhöhungen nicht
auffressen. Im gleichen Kostenrahmen kann auch mit teuren Überstunden die Ernte erhöht
werden. Kurz: Höhere Preise versprechen höheren Gewinn. Deshalb wird das Zwiebelan-
gebot so weit wie möglich ausgedehnt.
Fallen die Preise, fallen auch die Gewinne wieder. Die Händlerinnen füllen ihre Lager
wieder. Sie würden Verluste machen mit teuren Transporten von weit her und stellen sie
darum ein. Längerfristig suchen die Bauern nach Alternativen und stellen auf Gemüse mit
steigenden Preisen um. Bei niedrigeren Preisen lohnt es sich nur noch auf Böden anzu-
bauen, die geeignet sind. Auch teure Überstunden lohnen sich nicht mehr. Zwiebelprodu-
zenten, die sich bisher nur knapp im Geschäft gehalten haben, steigen aus. Im Ernstfall
würden sogar Böden brachgelegt, Bauern gehen Konkurs und Landarbeiter werden in
andere Berufe entlassen. Kurz: Sinkende Preise schmälern die Gewinne. Deshalb wird das
Zwiebelangebot eingeschränkt.
Wir sehen das Prinzip, das für die meisten Güter gilt:
Die Anbieter reagieren auf den Preis, weil dieser über die Höhe ihres Gewinns mitent-
scheidet.
• Steigende Preise für ein Gut geben über höhere Gewinne einen Anreiz für eine grös-
sere Produktion eines Guts.
• Sinkende Preise hingegen machen einen Teil der Produktion zum Verlustgeschäft,
so dass weniger produziert und angeboten wird.
Hinweis In der Realität findet man viele Güter, bei denen das Angebot zunimmt, obwohl sie immer billiger
werden (z. B. PCs oder DVD-Geräte). Das heisst nun nicht, dass unsere Regel über das Verhalten
der Anbieter falsch ist. Vielmehr gelingt es ihnen, die Produktionskosten zu senken und damit auch
bei sinkenden Preisen Gewinne zu erzielen. Wir kommen in Kapitel 3.8 auf dieses wichtige Phäno-
men zurück.
Natürlich setzen sich die Ökonomen noch sehr viel intensiver mit den Gesetzmässigkeiten ausein-
ander, die das Verhalten der Anbieter bestimmen. Hier wollen wir uns auf die wenigen grundsätz-
lichen Gedanken beschränken, die für uns in der Folge wichtig sein werden. Sie werden im Kurs
über Betriebswirtschaftslehre tiefer in die Materie eindringen.
3.6 Wie stark und wie rasch reagiert das Angebot auf den
Preis?
Das Angebot reagiert in der Regel auf Preisänderungen, aber je nach Art des Gutes und der
Produktionsart verschieden empfindlich. Das heisst: Auch beim Angebot können wir
unterschiedliche Preiselastizitäten beobachten. Die Preiselastizität des Angebots ist
nicht für alle Güter gleich.
• So kann beispielsweise das Angebot an Turnschuhen, Plastikblumen oder Compact-
Discs problemlos ausgedehnt werden, wenn die Preise steigen - ihr Angebot ist preis-
elastisch.
• Das Angebot an Arztdienstleistungen oder Werkzeugmaschinen hingegen lässt sich
nur mit Mühe ausdehnen, wenn die Preise steigen - ihr Angebot ist eher preisunelas-
tisch.
Wovon hängt es ab, wie empfindlich Angebote auf Preisänderungen reagieren? Vor allem
von vier Faktoren:
1. Je billiger und einfacher ein Unternehmen Ressourcen mobilisieren kann, desto eher
wird es die Produktion ausdehnen, wenn die Preise für seine Produkte steigen. Das An-
gebot ist also preiselastisch, wenn sich z. B. leicht neue Arbeitskräfte einstellen lassen,
wenn nicht alle Maschinen voll ausgelastet sind und die zusätzlichen Rohstoffe pro-
blemlos geliefert werden können.
Anders ist die Situation für ein Unternehmen, das schon an seinen Kapazitätsgrenzen
ist und kaum neue Arbeitskräfte mit den passenden Qualifikationen findet, so dass nur
mit teuren Überstunden mehr produziert werden könnte. Eine solche Firma wird ihre
Produktion nur wenig ausdehnen können, auch wenn die Preise für ihre Produkte stark
steigen - ihr Angebot ist preisunelastisch.
2. Bei gut haltbaren und lagerfähigen Produkten können die Lager einfach auf- und abge-
baut werden. Hier kann das Angebot leicht auf Preisänderungen reagieren, es ist preis-
empfindlich. Preisunelastischer ist dagegen das Angebot für leicht verderbliche Güter,
für Modeartikel, für Geräte mit grossem technischem Wandel oder auch für Dienstleis-
tungen, die ja nicht gelagert werden können.
3. Je kürzer die Planungs- und Produktionszeiten sind, desto schneller sind starke Re-
aktionen auf Preisänderungen möglich, wie z. B. bei Fussbällen, Kaffeemaschinen oder
Gartengrills.
Bei grösseren Planungs- und Produktionszeiten hingegen wird das Angebot preisune-
lastisch. Möchte z. B. ein Bauer, angelockt durch höhere Spargelpreise, mehr Spargel
anpflanzen, werden die Spargel erst ein Jahr später auf den Markt kommen. Oder stei-
gen die Seidenpreise, weil Seide Mode wird, braucht die Produktion von Seide mehre-
re Jahre, um zu reagieren. Auch in der Maschinenindustrie gibt es lange Produktions-
zeiten, obwohl sie dank neuen Produktionstechniken stark verringert worden sind. So
dauert es heute etwa sechs bis neun Monate, bis ein Grossflugzeug hergestellt ist.
4. Die Zeit spielt in den meisten Fällen die wichtigste Rolle für die Anpassung des Ange-
bots an Preisänderungen. Kurzfristig ist es schwieriger, das Angebot zu verändern als
langfristig. Langfristig kann nicht nur die Produktionskapazität angepasst werden, son-
dern es können auch neue Anbieter auf- und alte abtreten. Je länger die Zeit, die wir
überblicken, desto elastischer wird das Angebot.
Allerdings gibt es Güter, deren Angebot auch langfristig sehr unelastisch ist, deren An-
gebot praktisch nicht ausgedehnt werden kann. Beispiele sind der Boden oder Kunst-
werke verstorbener Künstler. Was in solchen Fällen geschieht, werden wir gleich im
folgenden Abschnitt 3.7 sehen.
Wie die Nachfrager reagieren auch die Anbieter verschieden empfindlich auf Preisänderun-
gen. Die Preiselastizität des Angebots hängt in erster Linie von der Anpassungszeit ab,
die die Produzenten benötigen, um bei steigenden Preisen die Produktion auszudehnen
bzw. diese bei fallenden Preisen zu senken. Ausschlaggebend sind dabei:
• die Fähigkeit Ressourcen zu mobilisieren,
• Möglichkeiten und Umfang der Lagerhaltung,
• die Planungs- und Produktionszeiten.
Al die Nachfrager,
6] die Anbieter
Ein wichtiges Merkmal des Marktmechanismus ist, dass steigende Preise die Anbieter zur
Vergrösserung ihres Angebots anreizen. Nun gibt es aber Fälle, bei denen eine Ausdeh-
nung des Angebots überhaupt nicht, nur sehr beschränkt oder nicht sofort möglich ist.
Typische Beispiele sind der Boden, Bilder verstorbener Maler oder Antiquitäten.
Mit solchen Gütern ist ein Phänomen verbunden, das immer wieder für Aufsehen sorgt,
die Spekulation. Wir spielen das Ganze am Beispiel des Kunstmarkts durch:
Immer wieder lesen wir in der Zeitung von «horrenden» Preisen, die für Bilder bezahlt wer-
den. So wurden zum Beispiel im Jahre 1987 60 Mio. Franken für van Goghs Sonnenblu-
men oder 1990 für sein Porträt von Dr. Gachet 115 Mio. Franken bezahlt. Da diese Preise
an Auktionen erzielt werden, also auf einem Markt, fragen wir uns natürlich: Was steht hin-
ter dem Angebot, was hinter der Nachfrage?
Bei Bildern von verstorbenen Malern, und um solche geht es ja meist, kann die angebo-
tene Menge nicht mehr vergrössert werden. Van Gogh zum Beispiel hat gegen 1 000
Bilder gemalt, davon sind indessen nur noch wenige auf dem Markt erhältlich, weil die
allermeisten für immer in Museen verwahrt werden. Die Nachfrager müssen sich also an
die wenigen Bilder halten, die da sind. Auch noch so hohe Marktpreise können in diesem
Fall die angebotene Menge nicht mehr erhöhen, ausser natürlich durch Fälschen.
Schauen wir die Nachfrage genauer an. Wir können da zwei grundverschiedene Absichten
unterscheiden, wenn für so hohe Preise gekauft wird:
• Ist das Bild für den Privatgebrauch bestimmt, entspricht die Nachfrage einem persön-
lichen Bedürfnis. Eine psychologische Erklärung ist damit gefragt: In einer Zeit von
immer stärker wachsender Vermassung kaufen wir ganz gerne etwas, das die Nach-
barn nicht haben - und wer hat schon einen van Gogh. Für das gewonnene Prestige
und dafür, dass ich mich sehr stark als Individuum fühlen darf, bin ich auch bereit, viel
zu zahlen. (Erinnern Sie sich an die Maslow-Pyramide, wo das Bedürfnis nach Achtung
einen wichtigen Platz einnimmt?)
Prestige spielt auch bei Firmen eine grosse Rolle. Sie setzen ihr Image auf allen Märk-
ten ein, auf denen sie konkurrieren. Firmen mit hohem Prestige können auf den Güter-
märkten besser verkaufen, auf den Arbeitsmärkten fischen sie die besseren Arbeits-
kräfte und auf den Kapitalmärkten sind sie kreditwürdiger. Prestige ist für die Firmen
also etwas ganz Handfestes, das sich in höherem Gewinn niederschlägt. Vermutlich
kaufte die japanische Versicherungsgesellschaft Yasuda 1987 van Goghs Sonnenblu-
men aus diesem Grund. Durch den Besitz dieses Bildes wuchs das Prestige der Firma
enorm. Eine Werbekampagne mit ähnlichem Ergebnis hätte nicht wesentlich weniger
als die 60 Mio. Franken gekostet. Ein van Gogh ist also hier ein äusserst wirksames
Märkte mit starrem Angebot kommen ins Gleichgewicht, weil die Nachfrage preiselastisch
ist. Der Preis sorgt auch hier für eine Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage.
Eine Begleiterscheinung von Märkten mit starrem oder sehr preisunelastischem Angebot
ist die Spekulation. Spekulanten orientieren sich nicht am Nutzen eines Gutes, sondern
schielen «seitwärts» auf die anderen Marktteilnehmer und versuchen, die Preisentwick-
lung vorauszuahnen. Meinen sie, dass die Preise stark steigen, kaufen sie, um dann wieder
zu verkaufen, wenn die Preise tatsächlich gestiegen sind.
Aufgabe 6 Welche der folgenden Güter eignen sich unter welchen Umständen zu Spekulationszwe-
cken? (Begründen Sie Ihre Antwort.)
C] Getreide
Aufgabe 15 Gerne hat man die Tendenz, Käufer von Liegenschaften in städtischen Ballungszentren als
Spekulanten zu bezeichnen. Ist dieses Pauschalurteil richtig?
3.8 Massenproduktion
Bis jetzt haben wir immer davon gesprochen, dass eine grössere Nachfrage die Preise nach
oben drückt. Auf steigende Preise wiederum reagieren die Unternehmen. Sie dehnen ihre
angebotene Menge aus.
Nun beobachten wir aber immer wieder spektakuläre Fälle, wo ein Anstieg der Nachfrage
mit sinkenden Preisen einhergeht.
Rechnet ein Industrieller mit einer dauernden Erhöhung seines Absatzes, wird er nicht
immer mehr Arbeitskräfte auf gleich viele Maschinen ansetzen oder immer mehr Arbeits-
kräfte und Maschinen in seine Fabrik pferchen, sondern er wird seine ganze Fabrik vergrös-
sern. Vermehrt er aber den Einsatz aller seiner Produktionsmittel (sowohl Arbeit wie
auch Kapitalgüter und Boden), kann er in vielen Fällen die Güterproduktion überproportio-
nal steigern und die Produktionskosten pro Stück senken. Im Fachjargon spricht man in
diesem Falle von steigenden Skalenerträgen.
Massenproduktion gibt es auch dort, wo sehr grosse Ausgaben nötig sind, um überhaupt
in die Produktion einsteigen zu können. Hier ist es entscheidend, dass die hohen Fixkos-
ten auf eine möglichst grosse Stückzahl verteilt werden können. Nur so sinken die Kosten
pro Stück.
So kann beispielsweise die Entwicklung einer neuen Uhr eine Million Franken kosten. Die
Produktion in der Fabrik dagegen ist vergleichsweise billig, vielleicht nur 10 Franken pro
Uhr. Würden nur hundert Stück der neuen Serie produziert, müsste jede Uhr für zehntau-
send Franken verkauft werden. Werden hingegen eine Million Uhren produziert, können
die Kosten für den teuren Prototyp auf diese grosse Stückzahl verteilt werden, und eine Uhr
kostet ab Fabrik nur noch 11 Franken. Hohe Forschungs- und Entwicklungskosten sind
typisch für eine moderne Wirtschaft. Sie spielen eine zentrale Rolle in der Herstellung von
Medikamenten, Chips, Software oder Waffensystemen.
Heute verursacht auch die Werbung immer grössere Anfangskosten: In der Turnschuh-,
der Getränke-, der Uhren- oder der Tabakindustrie sind offensichtlich riesige Werbean-
strengungen nötig, um mithalten zu können. Auch im Detailhandel, beim Verkauf von
Pommes frites (MacDonalds), Kleidern (H&M) oder Kosmetik (Body Shop), wird mit Erfolg
intensiv und weltweit geworben. Neben anderen hohen Anfangskosten für die Gründung
eines Geschäftes (wie das Knüpfen von Einkaufsbeziehungen oder das Entwickeln von
Betriebsabläufen) sind die hohen Kosten für Marketing und Werbung ein wichtiger Grund
für die zunehmende Verbreitung von Detailhandelsketten.
Die Massenproduktion von Konsumgütern hat wesentlich dazu beigetragen, dass bei uns
breite Bevölkerungsschichten einen höheren Lebensstandard haben. (Begründen Sie Ihre
Antwort!)
Damit sind wir am Schluss des Kapitels über den Markt. Sie wissen jetzt, was Märkte sind
und nach welchen Gesetzmässigkeiten sie im Normalfall funktionieren. Auch im nächsten
Kapitel kommt das Thema Markt noch einmal zur Sprache - allerdings unter einem ganz
anderen Blickvvinkel! Wir untersuchen, wie die Ökonomen einen Markt bzw. den Marktme-
chanismus darstellen.
Das Preis-Mengen-Diagramm
Im dritten Kapitel haben wir den Marktmechanismus mit Worten beschrieben. Nun lassen
sich ökonomische Gesetze aber auch mit Hilfe der mathematischen Sprache darstellen,
und zwar in Form von mathematischen Formeln oder grafischen Darstellungen. Das
hat grosse Vorteile, denn Zusammenhänge, die man mit Worten aufwendig beschreiben
muss, können mathematisch und grafisch kurz und präzis dargestellt werden.
Allerdings hat die mathematische Sprache für Einsteiger einen grossen Nachteil: Man
muss vertiefte Kenntnisse der Mathematik haben und es braucht Zeit, bis man mit abstrak-
ten Formeln vertraut ist. Deshalb wollen wir uns nicht weiter damit auseinander setzen.
Anschaulicher sind dagegen grafische Darstellungen. Bei Ökonomen beliebt ist eine Dar-
stellung des Marktmechanismus, die zeigt, wie der Preis auf die angebotenen und nach-
gefragten Mengen wirkt: das Preis-Mengen-Diagramm.
Vom Preis hängen also die nachgefragten und angebotenen Mengen eines Guts ab. Und
den Zusammenhang dieser zwei Grössen stellen wir nun in einem Koordinatensys-
tem dar. Es besteht aus einer senkrechten Achse mit dem Preis und einer waagrechten
Achse mit der Menge.
Ein Preis-Mengen-Diagramm ist ein sehr nützliches Arbeitsinstrument. Denn wir können
darin jedem Preis eine bestimmte Menge zuordnen und damit die Reaktionen der Nachfra-
ger und Anbieter auf den Preis abbilden.
Können wir z. B. auf einem Markt beobachten, dass die Nachfrager beim Preis von Fr. 10.-
100 Stück pro Jahr kaufen, dann ergibt das im folgenden Diagramm einen eindeutig
bestimmten Punkt, nämlich N10. Beobachten wir, dass bei tieferem Preis, bei Fr. 8.-,
110 Stück gekauft werden, wird das wiederum durch einen Punkt dargestellt, nämlich N8.
Preis (Fr.)
Die Lage des Punktes N10 bedeutet:
die Nachfrager kaufen
11
für Fr. 10.- 100 Stück/Jahr
10 + N10
9
8 + N8
7 Die Lage des Punktes N8 bedeutet:
6 die Nachfrager kaufen
für Fr. 8.- 110 Stück/Jahr
5
4
3
2
1
Menge (Stück/Jahr,
kgNVoche,
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120
m2 Büroflache etc.)
Vom Nullpunkt des Koordinatensystems gehen zwei Achsen aus: senkrecht die Preis-Achse und
waagrecht die Mengen-Achse. Senkrecht zeichnet man die Preise ein und waagrecht die dazuge-
hörigen Mengen. Im Koordinatensystem kann man jede Preis-Mengen-Kombination durch einen
Punkt darstellen.
So viel zur Konstruktion des Preis-Mengen-Diagramms. Aber welches Bild ergibt sich nun,
wenn wir den Marktmechanismus darin wiedergeben wollen? Wir untersuchen das Ganze
an einem theoretischen Beispiel, der auswärtigen Verpflegung in der Kleinstadt K: In
der Kleinstadt K gibt es drei Restaurants, die Mittagessen anbieten. Auf dem Markt für aus-
wärtige Verpflegungen stehen also drei Anbieter den Nachfragern gegenüber. Damit wir
den Überblick nicht verlieren, nehmen wir an, dass diese in etwa das gleiche Angebot zu
den gleichen Preisen haben.
Die Wirte (oder wissensdurstige Ökonomen) möchten nun wissen, wie sich die Nachfrager
bei Preisänderungen verhalten. Wie viele Mittagessen würden bei Fr. 18.-, 20.-, 22.-
gegessen, wie viele bei Fr. 14.-, 12.-, 10.- usw.? Um das herauszufinden, machen die
Wirte eine Umfrage unter den Einwohnern der Stadt und finden Folgendes heraus:
Preis (Fr.) 10 12 14 16 18 20 22
Nachgefragte Menge 720 620 540 48011 420 370 330
(Anzahl Essen pro Tag)
11 Dieser Wert musste nicht erfragt werden, so viel wird ja effektiv bei Fr. 16.- gegessen.
Preis (Fr.)
26 Nachfrage-Kurve
24
22
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
Menge
0 100 200 300 400 500 600 700 800 (Anzahl Essen/Tag)
Was haben wir erreicht? Das Diagramm gibt die Reaktion der Nachfrager wieder, wenn
sich die Preise in Zvveifrankenschritten hinauf- oder hinunterbevvegen würden. Nun wäre
es aber vorteilhaft, nicht nur bei Zweifrankenschritten das Verhalten der Nachfrager zu
kennen, sondern bei jeder Preisänderung. Dieses können wir abschätzen, indem wir die
bekannten Punkte miteinander verbinden. Daraus entsteht eine Linie, aus der wir Altbe-
kanntes ablesen können: Je tiefer der Preis, desto grösser die nachgefragte Menge, je
höher der Preis, desto kleiner die nachgefragte Menge.
Darüber hinaus fasst die Linie das ganze Umfrage-Ergebnis zusammen. Sie zeigt den Wir-
ten, wie sich die Nachfrager vermutlich verhalten würden. Diese Linie ist die Nach-
frage-Kurve für Mittagessen in der Kleinstadt K. Die Nachfrage-Kurve beschreibt nähe-
rungsweise, wie die Nachfrager auf dem Markt für auswärtige Verpflegung in unserer
Kleinstadt auf Preisänderungen reagieren würden.
Hier die Resultate, die uns die Wirte nach eingehenden Überlegungen bekannt geben:
Preis (Fr.) 10 12 14 16 18 20 22
Angebotene Menge 230 310 390 480 570 660 760
(Anzahl Essen pro Tag) 11
11 Dieser Wert musste nicht erfragt werden, so viel wird ja effektiv bei Fr. 16.- gekocht und ver-
kauft.
Nun tragen wir die ermittelten Werte wieder in das Marktdiagramm ein:
Preis (Fr.)
26
24
22 Angebots-Kurve
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
Menge
0 100 200 300 400 500 600 700 800 (Anzahl Essen/Tag)
Wenn wir die Punkte für das Angebot miteinander verbinden, erhalten wir eine Linie, die
die Angebots-Seite des Marktmechanismus wiedergibt: Je tiefer der Preis, desto kleiner
die angebotene Menge, je höher der Preis, desto grösser die angebotene Menge.
Die gezeichnete Linie ist die Angebots-Kurve. Sie beschreibt ungefähr, wie die Anbieter auf
dem Markt für Mittagessen in unserer Kleinstadt auf Preisänderungen reagieren würden.
Preis (Fr.)
Nachfrage-Kurve
26
24
22 Angebots-Kurve
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
Menge
0 100 200 300 400 500 600 700 800 (Anzahl Essen/Tag)
Dieses Preis-Mengen-Diagramm bildet das Marktgeschehen auf dem Markt für auswärtige Ver-
pflegung der Kleinstadt K ab.
A die gleiche Weise könnten wir nun Marktdiagramme für beliebige andere Märkte auf-
ste 'en, für den Verpflegungsmarkt in Berlin, für den Videogerätemarkt in Frankreich, für
den Tourismusmarkt in der Schweiz usw. Wir hätten auf solchen Märkten zwar viel mehr
statistische Arbeit zu leisten und vielleicht wäre es sehr schwierig, zuverlässiges Datenma-
terial zu erhalten. Doch soll uns diese Knochenarbeit der Ökonomen nicht weiter interes-
sieren. Uns geht es hier nur um das Prinzip:
Man kann jeden Markt, von dem ungefähr bekannt ist, wie das Angebot und die Nachfrage
auf den Preis reagieren, mit einem Preis-Mengen-Diagramm abbilden. Und abgesehen von
Ausnahmefällen für spezielle Güter wird das Resultat immer ähnlich sein: Die Nachfrage-
und die Angebots-Kurven verlaufen gegenläufig und haben deshalb einen Schnittpunkt.
Unterschiedlich sind die Kurven in ihrer Steilheit und in der Lage des Schnittpunktes. Was
das bedeutet, erfahren Sie gleich anschliessend.
Preis (Fr.)
35 - +1
30
25
20
15
10
5
Menge
100 200 300 400 500 600 (StuckNVoche)
Preis Menge
Punkt 1
Punkt 2
Punkt 3
Punkt 4
Punkt 5
Preis des Guts (Fr.) 3.50 4.00 4.50 5.00 5.50 6.00 6.50
Nachfrager Kaufwünsche (Fla- 1 180 1 110 1 050 1 000 950 910 875
schenfrag)
Anbieter Angebotswünsche 700 800 900 1 000 1 100 1 200 1 300
(Flaschen/Tag)
B] Zeichnen Sie die Nachfrage- und die Angebots-Kurve entsprechend der Datentabelle
ein.
Wenn das Marktdiagramm ein taugliches Modell eines Marktes ist, dann müssen wir mit
ihm den aus dem Kapitel 3.2, S. 27 vertrauten Marktmechanismus beschreiben können.
Das heisst, wir müssten verfolgen können, wie der Preis Ungleichgewichte zwischen der
nachgefragten und angebotenen Menge eines Guts ausgleicht. Wir wollen also die drei
typischen Situationen testen: wenn die nachgefragte Menge grösser ist als die angebo-
tene, wenn sie kleiner ist und wenn beide gleich gross sind. Wir kehren dafür zurück in
unsere Kleinstadt, um uns zu verpflegen:
Wann ist die nachgefragte Menge nach auswärtiger Verpflegung grösser als die angebo-
tene? Dann z. B., wenn ein Essen Fr. 12.- kostet. Die Nachfrager möchten pro Tag 620
Essen geniessen, die Wirte würden aber nur 310 Essen anbieten. Die nachgefragte Menge
wäre um 310 Essen zu gross. Das nennt man Nachfrageüberschuss oder Angebotslü-
cke. Im Modell lässt sich die Angebotslücke gut erkennen, nämlich als Lücke zwischen der
beim Preis von Fr. 12.- nachgefragten Menge (N12) und der beim Preis von Fr. 12.- ange-
botenen Menge (Al2).
Was bei einer Angebotslücke geschieht, wissen Sie bereits: Die Wirte erhöhen die Preise,
was die nachgefragte Menge verringert und gleichzeitig die angebotene Menge erhöht,
womit die Lücke kleiner wird. Im Marktdiagramm sieht dieser Anpassungsprozess folgen-
dermassen aus: Wenn der Preis steigt, z. B. auf Fr. 14.-, wird die nachgefragte Menge klei-
ner und die angebotene grösser, die Lücke ist nur noch etwa halb so gross. Je mehr der
Preis steigt, desto kürzer wird die Angebotslücke, bis der Schnittpunkt der Nachfrage-
und Angebots-Kurven erreicht ist. Bei diesem Preis stimmen die Kaufziele der Nachfrager
und die Verkaufsziele der Anbieter überein (N16 = A16). Im Schnittpunkt befindet sich der
Markt im Gleichgewicht (G).
Preis (Fr.)
Nachfrage Angebot
G (416 = N16)
24 = Gleichgewicht
beim Preis von
Fr. 16.- und der
20 Menge von
480 Essen
16
Al2 N12
12
Nachfrageüberschuss,
4 Angebotslücke
Menge
0 200 310 480 620 800 (Anzahl Essen/Tag)
angebotene Menge
beim Preis von Fr. 12.-
Und wenn die nachgefragte Menge nach auswärtiger Verpflegung kleiner ist als die ange-
botene? Dies würden wir beobachten, wenn etwa ein Essen Fr. 20.- kosten würde. Die
Nachfrager würden pro Tag nur 370-mal auswärts essen, die Wirte würden aber bei einem
so hohen Preis gerne 660 Essen verkaufen. Die nachgefragte Menge wäre um 290 Essen
kleiner als die angebotene. Das nennt man Angebotsüberschuss oder Nachfragelücke.
Auch diese Nachfragelücke sehen wir im Diagramm: als Strecke zwischen der beim Preis
von Fr. 20.- nachgefragten Menge N20 und der angebotenen Menge A20.
Weil die Anbieter nicht so viele Essen absetzen können, wie sie wollen, beginnen die Preise
zu sinken. Damit steigt die nachgefragte Menge, während die angebotene sinkt. Die Nach-
fragelücke nimmt ab und verschwindet schliesslich im Schnittpunkt der beiden Kurven, wo
die Kauf- und Verkaufsziele übereinstimmen (N16 = A16).
Der Preis, zu dem die Kaufziele mit den Verkaufszielen übereinstimmen (im Diagramm
Fr. 16.-), heisst Gleichgewichtspreis. Zu diesem Preis können sowohl die Anbieter wie
auch die Nachfrager ihre Pläne erfüllen, die Märkte sind geräumt. Man spricht darum auch
vom Markträumungspreis.
Die Menge, auf die sich Käufer und Verkäufer einigen (im Diagramm 480 Essen), heisst
Gleichgewichtsmenge.
Preis (Fr.)
Nachfrage
Angebot
24
A20
N20
20
G (N16 = A16)
= Gleichgewicht
16 beim Preis von
Fr. 16.- und der
Menge von
12 480 Essen
Angebotsüberschuss,
4 Nachfragelücke
Menge
0 100 200 370 480 660 800
(Anzahl Essen/Tag)
Sie sehen also: Wir können im Marktdiagramm darstellen, wie der Marktmechanismus
Lücken zwischen der nachgefragten und der angebotenen Menge zum Verschwinden
bringt, wie er Ungleichgewichte zum Gleichgewicht führt. Das Marktgleichgewicht (G)
liegt im Schnittpunkt zwischen der Angebots- und Nachfrage-Kurve. Der Preis, bei
dem es erreicht wird, bezeichnet man als Gleichgewichtspreis (oder Markträumungs-
preis) und die gehandelte Menge als Gleichgewichtsmenge.
A] Erklären Sie, was das für die nachgefragte Menge eines Guts bedeutet.
B] Wie nennt man den Preis auf der Höhe des Schnittpunkts?
Nachfrageüberschuss Angebotsüberschuss
= Angebotslücke = Nachfragelücke
A] Was bedeuten die beiden Aus-
drücke?
Sie erinnern sich: Nachfrager und Anbieter reagieren nicht bei allen Gütern gleich stark auf
Preisänderungen: Bei hoher Preiselastizität reagieren die Nachfrager wie auch die Anbieter
stark auf Preisänderungen. Bei niedriger Preiselastizität dagegen ist die Reaktion auf
Preisänderungen nur schwach.
Für die Preiselastizität der Nachfrage haben Sie schon Untersuchungsresultate für ver-
schiedene Güter kennen gelernt: Bei der Butter verursachen zehnprozentige Preisänderun-
gen etwa fünfzehnprozentige Änderungen der nachgefragten Menge. Beim Strom haben
Untersuchungen gezeigt, dass eine zehnprozentige Preisänderung die nachgefragte
Menge kurzfristig um 3% verändert und längerfristig um 5%. Die Nachfrage nach Mehl
und Brot dagegen ist sehr preisunelastisch. Das heisst, Preisänderungen bewirken fast
keine Änderung der nachgefragten Menge.
Wenn Sie in den ökonomischen Fachbüchern nachschlagen, werden Sie der Preiselastizi-
tät in anderer Form begegnen:
• Für Butter würde die Preiselastizität der Nachfrage mit 1,5 angegeben. Hier wird der
Ausdruck «15% Veränderung der nachgefragten Menge pro 10% Preisänderung» ein-
fach ausgerechnet: 15%: 10% = 1,5.
• Für Benzin beträgt nach dieser Schreibart die Preiselastizität der Nachfrage kurzfristig
0,3(3% Mengenänderung: 10% Preisänderung) und längerfristig 1 (10% Mengenän-
derung : 10% Preisänderung).
• Für Brot und Mehl beträgt sie nach dieser Schreibart fast 0 (etwa 0 0/0 Mengenände-
rung : 10% Preisänderung).
Es spielt keine Rolle, ob die Preiselastizität in der einen oder anderen Form dargestellt ist -
wenn sie durch Untersuchungen ermittelt ist, kann man sie auch im Preis-Mengen-Dia-
gramm darstellen. Sie bestimmt den Verlauf der Nachfragekurve.
Schauen wir dazu das Beispiel des Benzins an! Da die kurzfristige Preiselastizität kleiner ist
(0,3) als die langfristige (1,0), können wir gut verfolgen, wie sich verschiedene Preis-
elastizitäten im Preis-Mengen-Diagramm auswirken. Wir nehmen an, der Benzinverbrauch
im Land X betrage 10 Mio. Liter pro Tag bei einem Preis von $ 1.- pro Liter. Das ergäbe
folgende kurz- und langfristige Nachfragekurven:
Preis ($ / 1)
Offensichtlich verläuft die kurzfristige Kurve steiler als die langfristige. Folgende Überle-
gungen bieten dazu eine Erklärung:
• Kurzfristig reagieren die Nachfrager nur vergleichsweise schwach auf Preisänderun-
gen, während sie langfristig stärker reagieren. Das heisst: Sinkt der Preis um einen be-
stimmten Betrag (Bewegung auf der senkrechten Achse nach unten), so vergrössert
sich die nachgefragte Menge (Bewegung auf der waagrechten Achse nach rechts)
kurzfristig nur geringfügig, langfristig dagegen mehr.
• Selbstverständlich gilt auch das Umgekehrte: Steigt der Preis um einen bestimmten
Betrag (nach oben), dann sinkt die nachgefragte Menge (nach links) kurzfristig weniger
als langfristig.
1,4 1,4
1,3 kurzfristigeBenzin- 1,3
nachfrage (0,3) langfristige Benzin-
1,2 1,2 nachfrage (1,0)
1,1 1,1
1,0 1,0 _
Preis steigt um 10% Preis steigt um 10%
0,9 0,9
0,8 0,8
0,7 0,7
0,6 0,6
Menge sinkt Menge sinkt
um 3% um 10%
Menge Menge
(Mio. I) (Mio. I)
1 1 1 1 1
0 4 6 8 110 12 14 16 0 2 4 6 8 10 12 14 16
Steigt der Benzinpreis um 10 %, sinkt die nachgefragte Menge kurzfristig um 3% (linkes Dia-
gramm). Die kurzfristige Kurve der Benzinnachfrage verläuft deshalb recht steil. Im rechten Dia-
gramm ist die Auswirkung der gleichen Preisänderung in der längeren Frist eingezeichnet. Die
Menge nimmt hier viel stärker ab. Deshalb ist die längerfristige Nachfragekurve für Benzin flacher.
Aufgabe 24 Untersuchungen über die Preiselastizität der Nachfrage von Fleisch haben Folgendes erge-
ben:
• Steigende Kalbfleischpreise von 10% führen zu einem Rückgang der Käufe von 16%.
• Steigende Rindfleischpreise von 10 % führen zu einem Rückgang von 13%.
• Steigende Schweinefleischpreise von 10% führen zu einem Rückgang von 7 %.
A] Wie gross ist die Preiselastizität der Nachfrage nach Kalbfleisch, Rindfleisch und
Schweinefleisch, ausgedrückt in einer Zahl?
C] Welche der drei Nachfrage-Kurven wird die steilste sein, welche die flachste?
Aufgabe 10 Die Preiselastizität der Nachfrage nach Benzin beträgt kurzfristig ca. 0,3 und langfristig
etwa 1,0.
B] Wie verlaufen die beiden Nachfrage-Kurven (die kurzfristige und die langfristige) unge-
fähr?
In einem Preis-Mengen-Diagramm wird der Zusammenhang zwischen dem Preis und der
(nachgefragten und angebotenen) Menge dargestellt. Die eine Grösse wird gegen oben,
die andere gegen rechts eingezeichnet. Nun wissen Sie aber, dass für das Verhalten der
Nachfrager und Anbieter nicht nur Preisänderungen ausschlaggebend sind. Zusätzlich
können andere Einflüsse eine Rolle spielen. Für die Nachfrager sind das vor allem Verän-
derungen beim Einkommen, beim Geschmack und bei Preisen anderer Güter. Für die
Anbieter sind das etwa Veränderungen bei der Produktionstechnik oder Preise für die Pro-
duktionsfaktoren. Wie könnten wir diese zusätzlichen Einflussgrössen ebenfalls einbezie-
hen, auch wenn im Diagrammfeld weiterhin nur Preis und Menge zueinander in Beziehung
stehen?
Nehmen wir nochmals unser Beispiel des Marktes für auswärtige Verpflegung in einer
Kleinstadt K: Hier befinden sich Angebot und Nachfrage nach Mittagessen bei Fr. 16.- im
Gleichgewicht, und die vermuteten Reaktionen der Nachfrager und Anbieter auf Preisän-
derungen sind in den beiden ungefähren Kurven dargestellt.
Nehmen wir nun an, dass die Einwohner am Ende des Jahres eine grössere Lohnerhöhung
erhalten. Dank der Einkommenssteigerung werden die Budgets bewusst oder auch unge-
plant neu aufgestellt - und sicher werden viele Einwohner der Kleinstadt K auch mehr Geld
für Restaurantbesuche ausgeben: Die Nachfrage nach auswärtigen Essen nimmt zu, nicht
wegen einer Preissenkung, sondern wegen der höheren Einkommen.
Wie stellen wir das im Preis-Mengen-Diagramm dar? Da eine dritte Grösse in das Ver-
hältnis der beiden Grössen Preis und Menge hineinspielt, verändert sich das Verhält-
nis der beiden, und so müssen wir eine neue Daten-Tabelle aufstellen und dafür eine neue
Umfrage bei den Nachfragern starten. Hier die Resultate: Zum Preis von Fr. 16.- würden
nun nicht mehr 480 Essen, sondern 560 Essen gewünscht. Und ähnlich haben sich auch
die Wünsche und Absichten bei andern Preisen vergrössert:
Mit dem alten niedrigen Einkommen Mit dem neuen höheren Einkommen
Diese neue Kurve zeichnen wir nun im Diagramm ein und vergleichen sie mit der alten. Die
Nachfrage-Kurve hat sich nach rechts, zu grösseren Mengen hin, verschoben.
Preis (Fr.)
26
24
neue Nachfrage-
22 Kurve
alte Nachfrage-
20
Kurve
18
16
14
12'-
10
8
6
4
2
Menge
0 100 200 300 400 480 560 700 800 (Anzahl Essen/Tag)
Veränderungen des Einkommens, des Geschmacks, der Preise anderer Güter verändern das Bud-
get der Nachfrager. Das führt im Preis-Mengen-Diagramm zu einer Verschiebung der Nach-
frage-Kurve. Hier hat ein genereller Anstieg des Einkommens die Nachfrage nach rechts verscho-
ben.
Und wie verhält sich hier das Angebot? Die Restaurantbesitzer müssen wir kein zweites
Mal fragen: Sie haben uns schon gesagt, dass sie bei höheren Preisen mehr produzieren
und bei tieferen weniger und auch um wie viel. Da sich bei ihnen weder die Technik noch
etwas anderes verändert hat, müssen sie ihre Absichten nicht ändern. Die Angebots-Kurve
bleibt hier, wie sie war.
Preis (Fr.)
neue Nachfrage-
26 Kurve Angebots-
24 alte Nachfrage- G neues Kurve
Kurve Gleich-
22 gewicht,
20 A17 =
neuer Gleichgewichtspreis N'17
18 - = Fr. 17.-
N'16
16
alter Gleichgewichtspreis
14 = Fr. 16.- G altes
Gleichgewicht,
12 _ A16 = N16
10
8
6 Nachfrageüberschuss beim alten Preis = 80 Essen
2
Menge
0 100 2 00
1 300 400 480 560 7 00
1 800 (Anzahl Essen/Tag)
525
alte Gleichgewichtsmenge
neue Gleichgewichtsmenge
Eine Einkommenserhöhung schiebt die Nachfrage-Kurve nach rechts, in Richtung grösserer Men-
gen. Wenn die Anbieter Zeit brauchen, um sich auf die grössere Nachfrage einzustellen, entsteht
ein Nachfrageüberschuss, es fehlen etwa 80 Essen/Tag. Dadurch steigen die Preise und der Nach-
frageüberschuss verringert sich. Es kommt zu einem neuen Marktgleichgewicht G' beim höheren
Gleichgewichtspreis von etwa Fr. 17.- und bei 525 Essen.
Im neuen Marktgleichgewicht für auswärtiges Essen sind also Preis und Menge gestiegen.
In einer Nachfrage-Kurve wird dargestellt, welche Mengen wir bei welchen Preisen kaufen
würden. Dieses Preis-Mengen-Verhältnis ändert sich, wenn sich die finanziellen Möglich-
keiten der Leute verändern. Und damit muss sich natürlich (wie wir eben gesehen haben)
auch die Kurve verändern, die das Preis-Mengen-Verhältnis darstellt. Nun werden aber
Nachfrage-Kurven nicht nur durch Einkommensveränderungen verschoben. Auch andere
äussere Einflüsse wie Geschmacksveränderungen oder Preisveränderungen bei
andern Gütern verändern das in der Nachfrage-Kurve dargestellte Preis-Mengen-Verhält-
nis. Dazu ein weiteres Beispiel:
Was passiert auf dem Buttermarkt, wenn die Preise für ein anderes Gut, die Preise für Mar-
garine, sinken? Für viele Leute ist Margarine eine Alternative zu Butter und wird die Mar-
garine billiger, so steigt ein Teil der Butterkonsumenten auf Margarine um. Auf dem But-
termarkt nimmt also die Nachfrage ab, ohne dass der Preis der Butter gestiegen wäre. Die
Margarinepreise haben auf dem Buttermarkt das Verhältnis von Preis und nachgefragter
Menge verändert. Wir müssen eine neue Butternachfragekurve zeichnen. Für den gleichen
Preis wird jetzt weniger Butter gekauft, die Kurve verschiebt sich nach links, in Richtung
kleinere Mengen.
13 - alter Gleichge-
12 - wichtspreis
= Fr. 11.- Nil
11 — G altes Gleichgewicht, N11 = All
10
neuer Gleichgewichts-
9 - preis = Fr. 10.- G' neues
Gleich-
8 gewicht,
7 N'10 = A10
6 neue Nachfrage-
5 Kurve
4
3 Angebotsüberschuss beim alten Preis = 32,5t
2
Menge
25 52,5 67,5 85 100 125
(t Butter/Woche)
; alte Gleichgewichtsmenge
neue Gleichgewichtsmenge
Sinkende Margarinepreise lösen eine Verschiebung der Nachfrage-Kurve von Butter nach links aus.
Zum Schluss noch ein Beispiel, bei dem sich das Preis-Mengen-Verhältnis des Angebots
verändert:
In unserer Kleinstadt setzen Copyshops zusammen 100 000 Photokopien pro Woche zum
Preis von 15 Rappen ab. Nun kommen neue, wesentlich leistungsfähigere Geräte auf den
Markt, die erst noch billiger sind. Die Inhaberin von Copyshop A kalkuliert hart: Wenn sie
die neuen Geräte anschafft, kann sie ihre Kosten senken und erst noch den Umsatz erhö-
hen, weil in ihrem Laden jetzt mehr Kopien als vorher erstellt werden können. Genauso kal-
kulieren aber auch die Inhaber aller anderen Copyshops. In allen Läden stehen plötzlich die
effizienten neuen Kopierer. Nach wie vor verlangen die Anbieter 15 Rappen, doch die
Gesamtkapazität ist jetzt auf 140 000 Stück gestiegen. Und für 15 Rappen werden nach wie
vor nur 100 000 Kopien nachgefragt.
Da die Anbieter ihre Geräte auslasten wollen, werden sie ihre Preise senken. Mit der Preis-
senkung beginnen diejenigen Anbieter, die am stärksten unter stillstehenden Maschinen
leiden. Tiefere Preise ziehen aber mehr Nachfrager an, die Nachfrage nach Photokopien
wird steigen.
Auch hier finden zwei Anpassungsprozesse statt, die wir mit dem Preis-Mengen-Dia-
gramm genauer nachvollziehen können:
• Zuerst können und wollen, dank verbesserter Technik, die Anbieter mehr Kopien zum
gleichen Preis anbieten. Die (eher unelastische) Angebots-Kurve verschiebt sich um
40 000 Kopien nach rechts. Dadurch entsteht ein Angebotsüberschuss, beim alten
Preis ist das neue Angebot (A'15) grösser als die Nachfrage (N15).
• Dann wird das Ungleichgewicht durch den Marktmechanismus Schritt für Schritt aus-
geglichen: Die Preise sinken so lange, bis ein neues Gleichgewicht (G') erreicht ist.
Preis (Rp/Kopie)
G altes
neue Angebots-
Gleich- Kurve
19 gewicht,
N15 =
17 A15
9 Nachfrage-
Kurve
alte Angebots-
Kurve
Angebotsüberschuss beim alten Preis = 40 000
Menge
0 60 000 100 000 140 000 180 000 (Kopien/Woche)
alte Gleichgewichtsmenge
Verbesserte Technik senkt die Kosten der Anbieter und löst eine Verschiebung der Angebots-Kurve
nach rechts aus.
Die nachgefragte wie auch die angebotene Menge eines Guts sind nicht nur abhängig vom
Preis. Mengenänderungen können auch das Resultat anderer Einflüsse sein. Solche Ein-
flüsse verändern das Preis-Mengen-Verhältnis, das durch eine Nachfrage- oder Ange-
bots-Kurve dargestellt wird. Im Preis-Mengen-Diagramm verschieben sich dadurch die
Kurven.
Verschiebt sich eine Kurve, entsteht ein neuer Schnittpunkt zwischen Angebots- und
Nachfrage-Kurve. Der neue Schnittpunkt gibt uns Auskunft über den Preis und die Menge
des neuen Marktgleichgewichtes - ein Marktgleichgewicht, das durch den uns bekannten
Anpassungsprozess erreicht wird: Der höhere (oder niedrigere) Preis steuert Angebot und
Nachfrage so lange, bis Angebots- oder Nachfrage-Überschüsse verschwinden.
Aufgabe 20 Die Nachfrage-Kurve kann sich im Preis-Mengen-Diagramm nach links oder nach rechts
verschieben.
A] Welche Ursachen kennen Sie, die eine solche Verschiebung auslösen können? Nennen
Sie bitte 3 Gründe.
C] Was folgt nach einer Rechts-, was nach einer Linksverschiebung der Nachfrage-Kurve?
Aufgabe 25 Zeichnen Sie für ein Konsumgut (z. B. Turnschuhe) eine Angebots- und eine Nach-
frage-Kurve, ihre Elastizitäten seien etwa 1. Zeichnen Sie anschliessend jene Veränderung
ein, die eintritt, wenn die Turnschuhe aus der Mode kommen. (Stellen Sie sich dabei vor,
was es für Nachfrager bedeutet, wenn sie Turnschuhe plötzlich nicht mehr attraktiv fin-
den.)
Zusammenfassung
ZUSAMMENFASSUNG
Grundfragen einer Wirtschaft
Unter einer Volkswirtschaft versteht man alle Einrichtungen und Verfahren, mit denen ein
Volk Güter zur Bedürfnisbefriedigung produziert und verteilt.
Güter können Waren oder Dienstleistungen sein. Man unterscheidet auch zwischen
Konsumgütern, die wir direkt zur Befriedigung unserer Konsumwünsche ge- oder ver-
brauchen, und Kapitalgütern, die wir zur Erzeugung anderer Güter (Konsum- oder wie-
derum Kapitalgüter) einsetzen.
Um Güter herzustellen, setzen wir vielfältige Mittel ein. Sie lassen sich in die vier Produk-
tionsfaktoren Arbeitskraft, Boden, Kapitalgüter und Umweltgüter einteilen.
Für die Erzeugung eines Guts müssen in der Regel sämtliche vier Produktionsfaktoren ein-
gesetzt werden, wobei ihr Anteil von Gut zu Gut schwankt. Dienstleistungen sind in der
Regel arbeitsintensiv und industriell erzeugte Waren sehr kapitalintensiv.
Für sich allein gesehen sind die Ressourcen nicht knapp - die Erde ist ja gross, es gibt viele
Arbeitskräfte und Kapitalgüter. Aber verglichen mit unseren Konsumwünschen, die eben
unabsehbar sind, sind die Ressourcen knapp.
Aus dem Gegensatz zwischen den knappen Ressourcen und den unabsehbaren Konsum-
wünschen entstehen die drei Grundfragen, die jede Volkswirtschaft irgendwie beantwor-
ten muss:
• WAS sollen wir mit den knappen Ressourcen produzieren? - Wie viele und welche
Konsumgüter stellen wir her, wie viele und welche Kapitalgüter?
• WIE sollen die Ressourcen eingesetzt werden? - Welche Technik setzen wir ein, wer
soll und kann sich an der Produktion beteiligen?
• FÜR WEN sollen die Güter produziert werden? - Nach welchen Kriterien werden die
Konsumgüter verteilt und wem gehören die Kapitalgüter?
Daher ist die Volkswirtschaftslehre die Lehre der bestmöglichen Verwendung der
knappen Mittel.
Doch erst Märkte ermöglichen die Koordination zwischen Millionen von Individuen, Unter-
nehmen und Verbänden mit den verschiedensten Ansprüchen und Leistungen. Darum
bezeichnet man unser Wirtschaftssystem vereinfachend als Marktwirtschaft.
Ein Markt ist jedes wie auch immer organisierte Zusammentreffen von Angebot und
Nachfrage. Die Anbieter bieten ihre Waren oder Dienstleistungen an, die Nachfrager
bezahlen dafür mit Geld.
Angebot und Nachfrage eines Guts stimmen mengenmässig oft nicht überein. Der Markt-
mechanismus sorgt dafür, dass sich solche Ungleichgewichte ausgleichen; es gelten fol-
gende Gesetzmässigkeiten:
• Ist die angebotene Menge eines Guts kleiner als die nachgefragte, steigt der Preis
früher oder später, was einen Teil der Nachfrager vom Kauf abhält und gleichzeitig die
Anbieter ermutigt, mehr anzubieten.
• Ist umgekehrt die angebotene Menge eines Guts grösser als die nachgefragte, sinkt
der Preis, was zusätzliche Nachfrager anlockt und die Anbieter dazu führt, ihr Angebot
einzuschränken.
Der Preis stellt also nach einer Anpassungszeit ein Gleichgewicht zwischen Angebot und
Nachfrage eines Guts her.
Weshalb, wie stark und wie rasch reagieren die Nachfrager auf
Preisänderungen?
Die Nachfrager reagieren auf Preisänderungen, weil ihre Budgets beschränkt sind:
• Steigt der Preis eines Guts, wird das Budget belastet. Deshalb zwingen steigende
Preise zu Einschränkungen - entweder beim Gut, dessen Preis gestiegen ist, oder bei
einem anderen Gut. Insgesamt führen steigende Preise zu einer Verringerung der
nachgefragten Menge des betreffenden Guts.
• Sinkt der Preis eines Guts, wird das Budget entlastet. Das gibt die Möglichkeit, ent-
weder mehr des betreffenden Guts oder mehr eines anderen Guts zu kaufen. Insge-
samt steigt die nachgefragte Menge des Guts, dessen Preise gesunken sind.
Neben den Preisen wird das Verhalten der Nachfrager selbstverständlich auch noch von
ZUSAMMENFASSUNG
anderen Grössen beeinflusst. Die wichtigsten sind: der Geschmack, das Einkommen und
die Preise anderer Güter.
Damit die Nachfrager auf Preisänderungen reagieren können, brauchen sie manchmal
Zeit, besonders dann, wenn für die Anpassung teure Investitionen nötig sind. In solchen
Fällen ist die Preiselastizität kurzfristig gering und langfristig höher.
Weshalb, wie stark und wie rasch reagieren die Anbieter auf Preisänderungen? Die
Anbieter reagieren auf den Preis, weil dieser über die Höhe ihres Gewinns mitentscheidet:
• Steigende Preise geben über höhere Gewinne einen Anreiz für eine grössere Produk-
tion eines Guts.
• Sinkende Preise machen einen Teil der Produktion zum Verlustgeschäft, so dass we-
niger produziert und angeboten wird.
Wie die Nachfrager, reagieren auch die Anbieter verschieden empfindlich auf Preisände-
rungen. Die Preiselastizität des Angebots hängt dabei in erster Linie von der Anpas-
sungszeit ab, die die Produzenten benötigen, um bei steigenden Preisen die Produktion
auszudehnen bzw. bei sinkenden Preisen zurückzufahren. Ausschlaggebend sind dabei:
die Fähigkeit Ressourcen zu mobilisieren bzw. abzubauen, der Umfang der Lagerhaltung,
die Planungs- und Produktionszeiten.
Es gibt Güter, bei denen das Angebot überhaupt nicht oder nur sehr langsam angepasst
werden kann. Märkte für solche Güter kommen ins Gleichgewicht, weil wenigstens die
Nachfrage preiselastisch ist.
Eine Begleiterscheinung von Märkten mit starrem Angebot ist die Spekulation. Spekulan-
ten orientieren sich nicht am Nutzen eines Guts, sondern schielen «seitwärts» auf die ande-
ren Marktteilnehmer und versuchen, die Preisentwicklung vorauszuahnen. Meinen sie,
dass die Preise stark steigen, kaufen sie, um dann wieder zu verkaufen, wenn die Preise
tatsächlich gestiegen sind.
Massenproduktion
Langfristig können das Angebot steigen und gleichzeitig die Preise fallen, nämlich da, wo
Kosteneinsparungen durch Massenproduktion erzielt werden können. Massenproduktion
gibt es dort, wo Skalenerträge möglich sind, und wo hohe Fixkosten auf eine grosse Stück-
zahl verteilt werden können. Dank Massenproduktion können die Anbieter ihr Angebot
ausdehnen, obwohl die Preise sinken. Wir können eine Spirale von steigender Nachfrage-
menge und sinkenden Preisen beobachten: Eine grössere Nachfragemenge führt zu grös-
serer Produktion mit niedrigeren Kosten; dies erlaubt sinkende Preise, was neue Käufer
anlockt usw.
Die Ökonomen verwenden für die Darstellung ökonomischer Zusammenhänge drei Instru-
mente: die verbale Darstellung, die mathematische Darstellung (Formeln, Gleichungen)
und die grafische Darstellung. Typisches Beispiel einer grafischen Darstellung ist das
Preis-Mengen-Diagramm, in dem der Marktmechanismus dargestellt werden kann.
Trägt man nun die nachgefragte Menge eines Guts bei verschiedenen Preisen im Dia-
gramm ein, so erhält man die Nachfrage-Kurve. Weil die Nachfrager meist bei höheren
Preisen weniger und bei tieferen Preisen mehr nachfragen, verläuft die Nachfrage-Kurve
meist von links oben nach rechts unten.
Trägt man die angebotene Menge eines Guts bei verschiedenen Preisen ins Diagramm ein,
erhält man die Angebots-Kurve. Weil die Anbieter bei höheren Preisen meist mehr anbie-
ten und bei tieferen weniger, verläuft die Angebots-Kurve meist von rechts oben nach
links unten.
Preis (Fr.)
Angebots-Kurve
Nachfrage-Kurve
Menge
(Stück, Kilo usw.)
Im Marktdiagramm kann man beschreiben, wie der Marktmechanismus einen Markt über
Preisänderungen steuert und wie weitere Einflüsse auf das Marktgeschehen einwirken.
ZUSAMMENFASSUNG
Zentraler Punkt ist der Schnittpunkt zwischen der Angebots- und der Nachfrage-Kurve,
denn dort stimmen die Kaufwünsche der Nachfrager mit den Verkaufswünschen der
Anbieter überein.
Der Ausgleich von Marktungleichgewichten durch Preisänderungen lässt sich als Bewe-
gung auf der Angebots- bzw. Nachfrage-Kurve in Richtung Schnittpunkt darstellen.
1
•
Nachfrage-Kurve Angebots-Kurve Nachfrage-Kurve Angebots-Kurve
P1
P2
Gleichgewichtspreis
Gleichgewichtspreis
r2 t
Pi I -
Menge Menge
(M) (M)
M Nachfrage M Angebot M Nachfrage M Angebot
Weitere Einflüsse
1 Seite 11 A] Die Ökonomen können mit ihren Modellen und mit ausgesuchten Fakten untersuchen,
welche Vor- und Nachteile ein EU-Beitritt bzw. ein Nicht-Beitritt haben könnte.
B] Das Abwägen von Vorteilen und Nachteilen ist dagegen eine Sache der wirtschaftspo-
litischen Auseinandersetzung. Denn hier geht es um Werturteile.
2 Seite 19 Ein Flugzeug kann ein Kapitalgut sein, aber auch ein Konsumgut. Ausschlaggebend ist der
Verwendungszweck. Wenn eine Fluggesellschaft es einsetzt, um damit die Dienstleistung
Personentransport zu erbringen, ist es ein Kapitalgut. Wenn ein Sportflieger ein Flugzeug
besitzt, um damit sein Hobby zu pflegen, ist es ein Konsumgut.
3 Seite 25 A] Bei einer Zentralverwaltungswirtschaft wird die Wirtschaft von einer staatlichen Pla-
nungsbehörde gelenkt.
B] Bei einer Marktwirtschaft sorgt v. a. ein System von Märkten für die Lenkung der Wirt-
schaft.
4 Seite 32 A] Die Anbieter auf dem Automarkt befinden sich in einem Preiskampf. Das heisst, sie
beginnen sich gegenseitig zu unterbieten, um Kunden zu gewinnen. Die nachgefragte
Menge ist also kleiner als die angebotene.
5 Seite 48
Preis Menge
Punkt 1 35 100
Punkt 2 25 500
Punkt 3 20 350
Punkt 4 15 500
Punkt 5 10 300
6 Seite 41 A] Liegenschaften in städtischen Ballungszentren eignen sich zur Spekulation, weil der
Boden unvermehrbar ist und weil die Nachfrage nach Wohn- und Geschäftsräumen in
städtischen Ballungszentren in der Regel gross ist.
B] Liegenschaften in abgelegenen Tälern sind an sich für die Spekulation weniger interes-
sant. Allerdings kann man sich auch hier Situationen vorstellen, in denen Spekulation vor-
kommt, z. B. dann, wenn ein neues Skigebiet erschlossen wird.
C] Getreide kann durchaus für die Spekulation verwendet werden, und zwar deshalb, weil
das Angebot nicht sofort ausgedehnt werden kann.
7 Seite 37 A] Unter der Preiselastizität der Nachfrage erfassen die Ökonomen die Empfindlichkeit, mit
der die Nachfrager auf Preisänderungen eines Guts reagieren. Hohe Preiselastizität bedeu-
tet grosse Empfindlichkeit, niedrige Preiselastizität geringe Empfindlichkeit.
B] Gross ist die Preiselastizität im Normalfall dort, wo die Nachfrager auf eine einfache
Alternative ausweichen können. Gering ist sie, wenn einfache Alternativen fehlen.
1 und B] gehören zusammen: Wenn die nachgefragte Menge nach einem Gut kleiner ist
als die angebotene, dann sinkt der Preis früher oder später.
9 Seite 14 B] ist richtig, denn Aufgabe der Wirtschaft ist es, Konsumgüter herzustellen, die unsere
Bedürfnisse befriedigen. a) ist dagegen nicht richtig. Bedürfnisse lassen sich oft auch ohne
Konsumgüter befriedigen.
10 Seite 55 A] Eine Preisänderung von 10 °A in die eine Richtung löst kurzfristig eine Mengenänderung
von 3% in die andere Richtung aus und langfristig eine Mengenänderung von 10%.
11 Seite 19 Zur Erzeugung von Milch muss ein Bauer alle vier Produktionsfaktoren einsetzen:
• Arbeit, seine eigene und die seiner Mitarbeiter
• Boden, als Standort des Stalls und als Weidefläche
• Kapitalgüter. Dazu zählen der Stall, Maschinen (Melkmaschine, Traktor usw.), aber
auch das Vieh.
• Umweltgüter. Die Maschinen verursachen Abgase, der Dünger für die Weiden kann zu
überdüngten Gewässern führen.
12 Seite 25 A] Produktionsfaktoren sind die Ressourcen, die wir einsetzen, um Güter herzustellen. Wir
unterscheiden Arbeitskraft, Kapitalgüter, Boden und Umweltgüter.
B] Kapitalgüter sind Produktionsfaktoren, die von Menschen hergestellt werden und die
wir dazu verwenden, andere Güter herzustellen.
C] Konsumgüter sind Güter, die wir ge- oder verbrauchen, um unsere Bedürfnisse zu
befriedigen.
13 Seite 32 Im Februar wollen offenbar nur vergleichsweise wenige Leute nach New York fliegen.
Anstatt mit halb leeren Flugzeugen zu fliegen, versuchen die Fluggesellschaften deshalb,
mit billigeren Preisen Leute anzulocken, die zu höheren Preisen eine Flugreise nach New
York nicht in Betracht gezogen hätten.
Im Dezember wollen dagegen viele Leute nach New York fliegen. Die Fluggesellschaften
haben volle Flugzeuge, oft mit Wartelisten. Im Vergleich zum Februar ist die nachgefragte
Menge also wesentlich höher. Um einen Platz zu bekommen, sind die Leute nun bereit,
mehr zu bezahlen. Entsprechend können die Fluggesellschaften höhere Preise verlangen.
14 Seite 37 A] Im Laufe der Zeit kann das Spiel von Angebot und Nachfrage durch andere Einflüsse
überlagert werden, die das Nachfrageverhalten bestimmen. Das sind vor allem: Einkom-
mensänderungen und Geschmacksänderungen sowie Preisänderungen bei anderen
Gütern.
B] Sinkende Einkommen verstärken den Effekt, der durch die steigenden Preise ausgelöst
worden ist. Die Nachfrage nach Benzin wird deshalb längerfristig gesehen noch mehr
zurückgehen, als dies allein aufgrund der steigenden Preise der Fall gewesen wäre.
15 Seite 42 Das ist nicht ganz exakt. Ausschlaggebend ist letztlich der Zweck, zu dem Liegenschaften
gekauft werden. Kauft jemand Häuser, weil er aus den Mieterträgen Einkünfte erzielen will,
dann ist er kein Spekulant. Ein Spekulant kauft Liegenschaften, ohne dass er am Nutzen
LÖSUNGEN ZU DEN AUFGABEN
der Häuser interessiert ist. Ihn interessieren vor allem die Preissteigerungen auf dem Lie-
genschaftenmarkt. Er kauft also Häuser, um sie später teurer wieder verkaufen zu können.
16 Seite 51 A] Zum herrschenden Preis wollen die Nachfrager von einem bestimmten Gut gleich viel
kaufen, wie die Anbieter verkaufen wollen, die Wünsche der Anbieter und Nachfrager
decken sich.
B] Gleichgewichtspreis
17 Seite 25 Wirtschaften heisst: mit den knappen Ressourcen ein möglichst grosses und qualitativ
gutes Güterangebot zu schaffen und es befriedigend zu verteilen. Damit werden die drei
volkswirtschaftlichen Grundfragen entschieden.
18 Seite 14 A] Bedürfnisse sind etwas sehr Individuelles und hinter einem Konsumwunsch können
gleichzeitig mehrere Bedürfnisse stehen.
• So wird bei einem eingefleischten Liebhaber vor allem die Freude am Schauspiel wich-
tig sein; der Theaterbesuch wird also sicher sein Bedürfnis nach Selbstverwirklichung
befriedigen. Wahrscheinlich spielen aber auch die Bedürfnisse nach Achtung und
Zugehörigkeit eine Rolle. Denn wer sich als Theaterliebhaber und -kenner auszeichnet,
geniesst Ansehen in unserer Gesellschaft und demonstriert damit Zugehörigkeit zu
einer bestimmten Gruppe von Leuten. Ganz abgesehen davon kann man in der Pause
Bekannte und Freunde treffen.
• Auch beim Essen in einem Restaurant können ganz verschiedene Bedürfnisse mitspie-
len; so sicher einmal das körperliche Bedürfnis nach Nahrung. Aber je nach Fall können
auch die Bedürfnisse nach Zugehörigkeit (z. B. Besuch eines Stammlokals) und Ach-
tung (z. B. sich verwöhnen lassen) verwirklicht werden.
• Ähnlich vielfältig können die befriedigten Bedürfnisse auch bei einem Besuch bei
Freunden sein.
B] Konsumgut ist der Theaterbesuch, denn die Schauspieler erbringen mit ihrer Auffüh-
rung eine Dienstleistung. Konsumgut ist auch das Essen im Restaurant. (Das Essen selbst
ist eine Ware, während der ganze Service eine Dienstleistung ist.) Kein Konsumgut ist
dagegen der Besuch bei Freunden. Allerdings können bei einem Besuch verschiedene
Konsumgüter ins Spiel kommen, z. B. das Geschenk, das man mitbringt, das gemeinsame
Essen, die Getränke oder der Transport zu den Freunden.
19 Seite 22 Die drei volkswirtschaftlichen Grundfragen ergeben sich direkt aus dem Gegensatz zwi-
schen unseren unabsehbaren Konsumwünschen und den knappen Ressourcen, die nur ein
beschränktes Angebot an Konsumgütern zulassen. Deshalb müssen wir uns entscheiden,
welche Güter wir herstellen sollen (WAS, denn wir können nicht alles tun), wie wir die Pro-
duktionsfaktoren dafür einsetzen wollen (WIE, denn wir haben die Faktoren nicht im Über-
fluss) und wie wir die produzierten Güter unter die Menschen verteilen wollen (FÜR WEN,
denn wir haben nicht für alle unbeschränkt viel).
B] Eine Rechtsverschiebung der Nachfrage-Kurve bedeutet, dass die Nachfrager bei glei-
chem Preis mehr nachfragen; eine Linksverschiebung, dass bei gleichem Preis weniger
nachgefragt wird.
A] Zwar zwingt das beschränkte Budget die Haushalte, auf Preisanstiege zu reagieren. Sie
müssen aber nicht unbedingt beim Gut sparen, das teurer geworden ist. Sie können auch
bei anderen Gütern sparen. Doch in der Regel sinkt die nachgefragte Menge mit steigen-
den Preisen.
B] ist falsch. Wie der Preis eines Guts können auch Geschmacksänderungen, Einkom-
mensänderungen oder Preisänderungen von anderen Gütern das Verhalten der Nachfrager
beeinflussen.
C] Auch C] ist nicht richtig. Zwar reagieren die Nachfrager bei bestimmten (vor allem über-
lebensnotwendigen) Gütern recht unempfindlich auf Preisänderungen. Steigen die Preise
aber ins Unermessliche, dann müssen sie sich selbst bei solchen Gütern einschränken.
22 Seite 39 Al Die Nachfrager reagieren auf Preisänderungen, weil ihre Budgets beschränkt sind. Stei-
gende Preise belasten die Budgets und zwingen zu Einsparungen. Sinkende Preise entlas-
ten die Budgets und bieten die Möglichkeit, mehr Güter zu erwerben.
B] Steigende Preise erhöhen die Gewinnaussichten der Anbieter. Aus diesem Grund wer-
den sie versuchen, das Angebot auszudehnen; selbst wenn die Mehrproduktion höhere
Kosten verursacht. Sinkende Preise lassen dagegen auch die Gewinne schrumpfen. Die
Anbieter werden deshalb ihr Angebot einschränken.
23 Seite 43 Dank der Massenproduktion können die Anbieter ihre Stückkosten senken, d. h. Skalener-
träge erzielen. Bei gleichen oder tieferen Kosten können die Stückzahlen erhöht werden.
So kann die angebotene Menge steigen, obwohl die Preise sinken. Und tiefere Preise
ermöglichen immer mehr Leuten, ein Gut zu erwerben. Deshalb ist die Massenproduktion
ein wichtiger Grund für unseren hohen Lebensstandard.
24 Seite 55 AJ
Kalbfleisch 1,6 (16/10)
Rindfleisch 1,3 (13/10)
Schweinefleisch 0,7 (7/10)
B] Wird nur das Kalbfleisch teurer, weichen viele Nachfrager vermehrt auf das billigere
Rindfleisch und Schweinefleisch aus. Wird das Rindfleisch teurer, weichen Nachfrager auf
Schweinefleisch aus. Beim Schweinefleisch, das von den drei Fleischarten am billigsten
ist, fällt das Ausweichen aber schwerer; daher reagieren die Nachfrager weniger stark auf
Preisänderungen von Schweinefleisch.
C] Am steilsten verläuft die Nachfrage-Kurve nach Schweinefleisch, weniger steil bei Rind-
fleisch und am flachsten bei Kalbfleisch.
25 Seite 60 Kommen Turnschuhe aus der Mode, wird die Nachfrage-Kurve nach links verschoben. Das
heisst, die Nachfrage geht zurück, es entsteht eine Nachfragelücke, ein Angebotsüber-
schuss. Darum fällt der Preis, worauf der Angebotsüberschuss abgebaut wird.
Preis (Fr.)
alte
neue Nachfrage-
Nachfrage Kurve Angebots-
-Kurve Kurve
_
80 G (N80 = A80)
60
G'
(N'65
= A65)
Menge
• (Turnschuhe/
0
Woche)
26 Seite 15 Bei einem Partybesuch stehen sicher die höherrangigen Bedürfnisse im Vordergrund. Man
demonstriert Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Leuten und erwirbt sich
dadurch Achtung, weil man zu den Auserlesenen gehört. Für einen passionierten Party-
gänger bedeutet eine Party zweifellos auch Selbstverwirklichung. Und die Speisen und die
Getränke? Zweifellos erfüllen sie vordergründig körperliche Bedürfnisse; eigentlich geht es
aber um viel mehr. Mit den auserlesenen Häppchen und Getränken zeichnet sich der Gast-
geber als Kenner aus und erwirbt dadurch die Achtung der Gäste. Und für Gäste, die sich
gehemmt und unwohl fühlen, bedeutet ein Glas in der Hand ein bisschen Sicherheit,
etwas, an dem man sich festhalten kann.
27 Seite 22 A] Weil die Produktionsfaktoren knapp sind, bedeutet die Produktion von Kapitalgütern
automatisch Verzicht auf Konsumgüter. Allerdings führt eine erhöhte Kapitalgüterproduk-
tion zu mehr Kapitalgütern. Damit steigert eine Wirtschaft ihre Leistungsfähigkeit und kann
in Zukunft mehr Konsumgüter produzieren.
28 Seite 41 A] Von Spekulation spricht man, wenn Käufer ein Gut nicht wegen seines Nutzens kaufen,
sondern in der Absicht, es zu einem höheren Preis wieder zu verkaufen.
B] Zur Spekulation eignen sich Güter, deren Angebot nicht oder erst nach einer grösseren
Zeitspanne ausgedehnt werden kann.
Preis (Fr.)
A Massstab: 0,5 cm = Fr. 0.50
, , I.! 0,5 cm =50 Flaschen I
7,00 .-
-t• Nachfrage t Angebot
. I •
• I
6,00 • .
•
••
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5,00
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1
4- --t --4-- --1- 1- +- -+
1 E : 1
;
1 1 1 1 1 pp Menge
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 (Flaschen/Tag)
30 Seite 52
Nachfrageüberschuss Angebotsüberschuss
= Angebotslücke = Nachfragelücke
A] Was bedeuten die beiden Aus- Die nachgefragte Menge eines Die angebotene Menge eines Guts
drücke? Guts ist beim gegenwärtigen Preis ist beim gegenwärtigen Preis grös-
grösser als die angebotene. ser als die nachgefragte.
P (Fr.) P (Fr.)
N A N A
-
_
- G -
_ -
- G
-
- -
1 1 1 1 0, M : ! i i KI
0 0
13] Wie erscheinen Nachfrageüber- Als Strecke zwischen Angebots- Als Strecke zwischen Nachfrage-
schüsse und Angebotsüber- und Nachfrage-Kurve unterhalb und Angebots-Kurve oberhalb des
schüsse im Preis-Mengen-Dia- des Gleichgewichtspunktes. Gleichgewichtspunktes.
gramm?
C] Was wird in dieser Situation mit Der Preis wird steigen. Der Preis wird sinken.
dem Preis geschehen?
D] Was wird in dieser Situation mit Die nachgefragte Menge wird sin- Die nachgefragte Menge wird stei-
der nachgefragten Menge gesche- ken. gen.
hen?
El Was wird in dieser Situation mit Die angebotene Menge wird stei- Die angebotene Menge wird sin-
der angebotenen Menge gesche- gen. ken.
hen?
ISBN 3-7155-2237-2