Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
VWS 102
Volkswirtschaftslehre
Volkswirtschaftslehre
Grundlagen 2/6
Impressum
Volkswirtschaftslehre
Grundlagen 2/6
Reine Marktwirtschaft, externe Effekte und Bedingungen für freien Wettbe-
werb
Dr. Bernhard Beck unter Mitarbeit von Thomas Hirt
Umschlaggestaltung: dezember und juli, Wernetshausen
Satz und Layout: Mediengestaltung, Compendio Bildungsmedien AG
Druck: Edubook AG, Merenschwand
Redaktion und didaktische Bearbeitung: Thomas Hirt
Artikelnummer: 4018
ISBN: 3-7155-1808-1
Auflage: 3. Auflage 2004
Ausgabe: A0056
Sprache: DE
Code: VWS 102
Alle Rechte, insbesondere die Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorgängigen
schriftlichen Zustimmung von Compendio Bildungsmedien AG.
Copyright © 1996, Compendio Bildungsmedien AG, Zürich
2 GRUNDLAGEN 2/6
Modulübersicht
Modulübersicht
Inhaltsverzeichnis
2 Externe Effekte 33
Zusammenfassung 61
In diesem Lernheft wollen wir den Blick wieder ausweiten und eine Übersicht über alle
Märkte einer Volkswirtschaft gewinnen. Wir fragen, wie ein System von unzähligen Märk-
ten, eine reine Marktwirtschaft, funktionieren würde. Dabei werden Sie mit einem einfa-
chen Markt- und Kreislaufmodell ein weiteres ökonomisches Grundmodell kennen ler-
nen.
Gleich anschliessend fragen wir aber auch, wo und weshalb eine reine Marktwirtschaft
versagt. Damit sind wir mitten in unserem dritten Grundthema Marktversagen und Staat.
Denn überall, wo die Märkte versagen oder unbefriedigende Resultate liefern, versucht der
Staat, lenkend und korrigierend einzugreifen. Moderne Industriegesellschaften sind des-
halb nie reine Marktsysteme, sondern gemischtwirtschaftliche Systeme.
Insgesamt gibt es vier wichtige Marktversagen bzw. -mängel, die der Staat zu korrigieren
versucht. Zwei davon, nämlich die externen Effekte und die Einschränkungen des freien
Wettbewerbs wollen wir in dieser Lernheft vertieft besprechen.
Wir wünschen Ihnen bei der Arbeit mit diesem Lehrmittel viel Spass und Erfolg!
In der Schweiz gibt es etwa 3 Millionen Haushalte. Wir alle leben in einem Haushalt, ob
nun in einer Grossfamilie mit Kindern und Grosseltern, oder ob wir allein wohnen. Aber hier
beachten wir diese Vielfalt nicht, sondern wir vereinfachen extrem, indem wir alle Haus-
halte, von den ärmsten bis zu den reichsten, zu einer Einheit zusammenfassen.
Die Haushalte sind aber nicht einfach nur Konsumenten der Güter, die in den Unternehmen
produziert werden. Die Haushalte produzieren auch selber! Wie Sie jeden Tag erfahren,
sind unsere materiellen Bedürfnisse mit eingekauften Waren und Dienstleistungen nicht
vollständig gedeckt. Stellen Sie sich z. B. vor, Sie hätten ein rohes Stück Braten, Kartoffeln
und ungewaschenen Salat gekauft. Für einen Feinschmecker ist dies noch keine Mahlzeit.
Erst die kenntnisreiche Küchenarbeit macht daraus ein Festessen, serviert auf einem schön
gedeckten Tisch. Die Resultate der Haushaltarbeit sind für den Lebensunterhalt vieler
Familien ebenso wichtig wie die Güter, die vom Markt stammen. Vor allem in kinderrei-
chen Familien hängt der Lebensstandard zum grossen Teil davon ab, wie gut gehaushaltet
wird. Einpersonenhaushalte hingegen kommen leichter ohne Haushaltarbeit aus. Singles
essen häufig auswärts, lassen sich die Wohnung reinigen, lassen auswärts waschen und
bügeln.
Vergessen wir schliesslich nicht, dass viele unserer materiellen Wünsche mit Hilfeleistun-
gen innerhalb der Verwandtschaft, im Freundeskreis und in der Nachbarschaft befriedigt
werden sowie durch ehrenamtliche Arbeiten in Vereinen, wohltätigen Organisationen, Spi-
tälern, Kirchen, politischen Parteien und staatlichen Behörden.
Auch die Haushalte produzieren - allerdings nicht gegen Geld. Foto: RDB
Im Unterschied zur Arbeit in Unternehmen werden die Haushaltarbeit wie auch die meiste
freiwillige Arbeit nicht mit Geld vergütet. Geld wird zur Verrechnung von Leistungen in
anonymen Beziehungen ausserhalb der Haushalte verwendet. Innerhalb eines Haushalts
oder unter Freunden und Freundinnen hingegen bestimmen eher Tradition und Solidarität,
wer welche Arbeit ausführt.
Unsere bisherigen Erkenntnisse über das Wirtschaftsgeschehen können wir grafisch wie
folgt darstellen:
[1-1] Ein Güterstrom fliesst von den Unternehmen über die Gütermärkte zu den
Haushalten, zurück fliesst ein Geldstrom
E Unternehmen
Haushalte
auch die Haushalte
stellen Güter her
Geldstrom
Gütermärkte
Güter gegen Preis
— Güterstrom-0.-
Die meisten Haushalte arbeiten in Unternehmen und beziehen dafür Lohn. Oder ökono-
misch formuliert: Die Haushalte stellen den Unternehmen ihren Produktionsfaktor Arbeit
gegen Lohn zur Verfügung.
Glücklichere Haushalte können den Unternehmen jedoch nicht nur ihre Arbeitskraft, son-
dern auch noch andere Produktionsfaktoren anbieten, nämlich Boden und Kapitalgüter.
Diesen Haushalten gehören Boden und Gebäude oder sie sind allein oder mit anderen
zusammen Eigentümer eines Unternehmens und damit auch der Kapitalgüter des betref-
fenden Unternehmens.
Beispiel Mit Aktien gehört einem Haushalt ein Teil einer Aktiengesellschaft und damit auch des Boden- und
Kapitalgüterbesitzes dieser Gesellschaft.
Alle drei Produktionsfaktoren - Arbeit, Kapitalgüter und Boden - bieten die Haushalte den
Unternehmen gegen Entgelt an. Dafür gibt es Arbeitsmärkte, Kapitalmärkte und Boden-
märkte - alle drei nennt man zusammenfassend Faktormärkte.
Auf den Faktormärkten sind die Haushalte Anbieter und die Unternehmen Nachfrager. Es
sind hier also die Unternehmen, die zahlen. Sie erwerben die gewünschten Produktions-
faktoren gegen den entsprechenden Marktpreis.
[1-2] Faktormärkte
Ressourcenstrom
Arbeitsmärkte
Arbeit gegen Lohn
Kapitalmärkte
Kapitalgüter gegen Zins
Bodenmärkte
Boden gegen Bodenrente
Geldstrom
Unternehmen Haushalte
Auf den Faktormärkten, den Arbeits-, Kapital- und Bodenmärkten, stellen die Haushalte den Unter-
nehmen ihre Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden gegen Entgelt zur Verfügung. Es
fliesst also ein Ressourcenstrom von den Haushalten zu den Unternehmen und ein Geldstrom von
den Unternehmen zu den Haushalten.
Deshalb fliesst über die Faktormärkte ein Ressourcenstrom von den Haushalten zu den
Unternehmen und ein Geldstrom von den Unternehmen zu den Haushalten. Für die
Arbeitsleistung erhalten die Haushalte Lohn, für ausgeliehene Kapitalgüter Zins und für
den Boden eine Bodenrente.
Ressourcenstrom
Arbeitsmärkte
Arbeit gegen Lohn
Kapitalmärkte
Kapitalgüter gegen Zins
Bodenmärkte
Boden gegen Bodenrente
Geldstrom
1
Haushalte
Unternehmen
(Haushaltsarbeit)
Geldstrom
Gütermärkte
Güter gegen Preis
Güterstrom
Im Marktsystem stehen sich die Unternehmen und die Haushalte als Akteure gegenüber.
Sie sind durch die Gütermärkte und die Faktormärkte miteinander verbunden.
Auf den Faktormärkten stellen die Haushalte den Unternehmen die Produktionsfaktoren
gegen Entgelt zur Verfügung:
• Arbeit gegen Lohn auf den Arbeitsmärkten
• Kapitalgüter gegen Zins auf den Kapitalmärkten
• Boden gegen Bodenrente auf den Bodenmärkten
Aus den Erlösen, die die Haushalte auf den Faktormärkten erzielen, können sie sich auf den
Gütermärkten eindecken, d. h. Güter gegen Geld erwerben.
Damit haben wir eine einfache Abbildung der Wirtschaft gewonnen. Allerdings fehlen
darin noch mindestens drei ganz wichtige Grössen, nämlich die Umweltgüter als vierter
Produktionsfaktor, die Beziehungen zum Ausland und der Staat. Die Vervollständigung
des Modells wird uns diese und auch noch im nächsten Lernheft in Anspruch nehmen.
Bevor wir damit weiterfahren, beschäftigen wir uns aber etwas genauer mit ein paar
Besonderheiten auf den Arbeits-, Kapital- und Bodenmärkten.
Wenn Unternehmen Arbeitskräfte suchen, gehen sie auf den Arbeitsmarkt — ebenso wie
Haushalte, die Arbeitskraft anzubieten haben. Nun finden aber die Arbeitsmärkte nicht an
bestimmten Orten statt wie die meisten Gütermärkte. Sie sind darum für viele nicht leicht
überblickbar. Die Nachfrager und die Anbieter finden sich über Stelleninserate oder über
gezielte Briefe, über Bekannte, Stellenvermittlungsbüros, Headhunter oder über das
Arbeitsamt. Die Arbeitsmärkte funktionieren im Prinzip gleich wie andere Märkte auch:
Anbieter sind hier die Haushalte, die Nachfrager sind die Unternehmen. Auch hier werden
Angebot und Nachfrage über den Preis in Übereinstimmung gebracht. Der Preis für die
Arbeitsleistung heisst hier Lohn.
[1 -4] Arbeitsmärkte
Ressourcen strom
Arbeitsmärkte
Arbeit gegen Lohn
Geldstrom
Auf den Arbeitsmärkten sind die Haushalte Anbieter und die Unternehmen Nachfrager.
Natürlich spielt, wenn Sie selber beispielsweise Ihre Arbeitskraft anbieten, nicht nur der
Preis, also der Lohn, eine Rolle. Selbst dann nicht, wenn Sie nur Gelegenheitsarbeit ver-
richten. Gerade bei der Arbeit sind persönliche und gesellschaftliche Vorlieben sehr wich-
tig. Doch der Lohn sorgt dafür, dass schliesslich der überwiegende Teil der Arbeitswilligen
einer Arbeit nachgeht und der überwiegende Teil der Arbeitsstellen mit den passend qua-
lifizierten Leuten besetzt ist. Wie der Marktmechanismus im Prinzip auch auf dem Arbeits-
markt spielt, zeigt die vorhergehende Darstellung.
Beispiel Seit Jahren benötigen die Unternehmen dringend Computer-Spezialisten. Sich als Informatiker
auszubilden ist aber beschwerlich und dauert lange. Solange hier die Nachfrage höher als das
Angebot ist, steigen die Löhne. Lebensmittelverkäufer hingegen wird man schneller. Das Angebot
ist hier entsprechend gross, so gross, dass die Löhne tief bleiben.
Die hohen Informatikerlöhne und die tiefen Verkäuferlöhne wirken auf das Angebot: Sie mobilisie-
ren mehr Studenten für die Informatik und viele Verkäufer suchen eine Stelle in einem andern
Beruf. Die grosse Lohndifferenz verlockt auch einige Lebensmittelverkäufer, sich zum Program-
mierer umschulen zu lassen. So ist dann der Informatikermangel in den letzten Jahren wegen der
hohen Löhne kleiner geworden.
Die Löhne wirken aber auch auf der Nachfrageseite: Unternehmen nehmen nur in dringenden Fäl-
len die Dienste von Computer-Spezialisten in Anspruch. Die grosse Lohndifferenz sorgt dafür, dass
Unternehmen Informatiker viel effizienter einsetzen als Verkäufer.
eg Kade etP
Auf den Arbeitsmärkten finden sich Anbieter und Nachfrager auf vielfältigen Wegen. Ein wichtiger
Kanal sind Zeitungsanzeigen, in denen meistens die nachfragenden Unternehmen ihren Bedarf
zum Ausdruck bringen. Foto: RDB
Ganz allgemein kann man auf den Arbeitsmärkten beobachten, dass bei einem zu grossen
Angebot an Arbeitskräften die Löhne tief bleiben oder sogar sinken. Hingegen steigen die
Löhne dort, wo Arbeitskräfte fehlen. Je knapper, je begehrter eine Arbeitskraft auf dem
Arbeitsmarkt, desto höher ihr Marktpreis. Und auf diesen Marktpreis reagieren sowohl die
Haushalte wie auch die Unternehmen:
• Die Haushalte als Anbieter lassen sich durch hohe Löhne motivieren, in gefragte Be-
rufe einzusteigen. Schulabgänger strömen eher solchen Berufen zu und Arbeitskräfte
aus schlecht bezahlten Berufen steigen um.
• Die Unternehmen als Nachfrager gehen effizient mit Arbeitskräften um, weil sie Löh-
ne zahlen müssen. Und je teurer die Arbeitskraft, desto effizienter sollte sie eingesetzt
werden. So werden Arbeitskräfte nur dort eingesetzt, wo sie auch einen entsprechen-
den Wert erarbeiten können.
Die Löhne sorgen also dafür, dass mit der knappen Ressource Arbeitskraft effizient umge-
gangen wird und dass die Arbeitskräfte dort eingesetzt werden, wo sie möglichst produk-
tiv sein können.
Wenn auch im Prinzip der Marktmechanismus auf den Arbeitsmärkten gleich funktioniert
wie auf den Gütermärkten, gibt es doch fünf erwähnenswerte Besonderheiten:
1. Für die Mehrzahl der Haushalte ist der Lohn die wichtigste oder gar einzige Einkom-
mensquelle - und für die meisten Unternehmen sind die Löhne der wichtigste Teil
der Produktionskosten. Dies zeigt an, unter welchen Spannungen die Lohnhöhe aus-
gehandelt werden muss.
2. Viele Unternehmen organisieren sich in Verbänden, und ein Teil der Arbeiterinnen und
Arbeiter sind in Gewerkschaften verbunden. Diese Unternehmerverbände und die
Gewerkschaften feilschen kollektiv um Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Löh-
ne. Darauf werden wir nochmals kurz im Kapitel 3.1, S. 44 eingehen.
3. Das Erwerbsleben nimmt einen zentralen Platz in unserer Gesellschaft ein. Trotzdem
finden nicht alle Arbeitswilligen immer eine Arbeit. In allen Marktwirtschaften gibt es
Arbeitslosigkeit. Dieses grosse soziale Problem, und was dagegen unternommen
werden kann, wird uns in Lernheft 5 beschäftigen.
4. Zwar sind wir als Anbieterinnen und Anbieter von Arbeitskraft beim Abschluss des Ar-
beitsvertrags mit dem nachfragenden Unternehmen im Prinzip gleichberechtigt. Mit
der Arbeit in einem Unternehmen jedoch müssen wir uns in die hierarchische Struk-
tur des Unternehmens einordnen. Angestellte sind dann Befehlsempfänger.
5. Die Arbeitswelt ist eingebettet in eine Tradition, welche die Frauen benachteiligt.
Zum einen wählen Frauen Berufe, die weniger Karrieremöglichkeiten eröffnen und sie
haben durchschnittlich noch immer eine schlechtere Ausbildung als Männer. Zum an-
deren ist ein Teil der Lohn- und Karrieredifferenz die Folge einfacher Diskriminierung
durch Unternehmensleitungen. Das heisst, auch bei gleicher Ausbildung und gleicher
Leistung verdienen schweizerische Frauen immer noch erheblich weniger als Männer,
und viele Unternehmen halten Frauen von den höheren Chargen fern.
Auf den Arbeitsmärkten bieten die Haushalte den Unternehmen ihre Arbeitskraft an und
sie erhalten als Entschädigung einen Lohn von den Unternehmen.
Im Prinzip regulieren sich die Arbeitskräfte durch den Marktmechanismus, das heisst:
Angebot und Nachfrage nach Arbeit werden über den Preis (den Lohn) ausgeglichen. Die
Realität zeigt allerdings, dass nicht immer alle Arbeitswilligen auch Arbeit finden (wir kom-
men darauf zurück).
Der Lohn sorgt erstens dafür, dass sich Haushalte bemühen, in solche Berufe einzusteigen,
bei denen das Angebot besonders knapp ist. Der Lohn sorgt zweitens dafür, dass die
Unternehmen mit der Ressource Arbeitskraft effizient umgehen und so die Arbeitskräfte
dort einsetzen, wo sie möglichst produktiv sein können.
Aufgabe 1 Vervollständigen Sie das abgebildete Markt- und Kreislaufmodell, indem Sie es beschrif-
ten.
Aufgabe 13 Die Wirtschaft benötigt mengenmässig mehr Verkäuferinnen und Verkäufer als Ingenieu-
rinnen und Ingenieure. Warum ist dann der Lohn für das Verkaufspersonal nicht höher,
sondern niedriger?
Wir haben schon gesehen, dass der grösste Teil der Kapitalgüter direkt oder wenigstens
indirekt den Haushalten gehört. Die Haushalte leihen ihre Kapitalgüter an Unternehmen
aus. Dafür werden die Haushalte auf den Kapitalmärkten mit Zins entschädigt.
Ein Teil der Kapitalgüter gehört direkt privaten Haushalten und wird an Unternehmen aus-
geliehen:
Nicht wenige Haushalte sind Eigentümer von Ladengebäuden oder Bürohäusern, die sie
gegen Zins an Unternehmen vermieten.
Die meisten Haushalte haben aber nur indirekt Eigentum an Kapitalgütern. Anstatt selber
Kapitalgüter zu kaufen und diese den Unternehmen zu überlassen, stellen die Haushalte
den Unternehmen (wieder gegen Zins) ihr Erspartes zur Verfügung. Mit dem Geld erwer-
ben dann die Unternehmen die benötigten Kapitalgüter selbst.
Sehr indirekt ist der Kontakt der sparenden Haushalte zu den Kapitalgütern der Unterneh-
men, wenn die Haushalte ihr Geld auf eine Bank bringen und diese Bank Geld an Unter-
nehmen ausleiht, die den Haushalten nicht mehr bekannt sind.
Direkter bleibt der Kontakt, wenn Haushalte Aktien von Unternehmen erwerben. Als Akti-
onäre sind sie nicht nur Geldgeber, sondern auch Mitinhaber des Unternehmens, mit
Stimmrecht an der Generalversammlung.
Die meisten Haushalte stecken also ihr Erspartes nicht in eigene Kapitalgüter, sondern lei-
hen es an Unternehmen aus, die dann damit selber neue Kapitalgüter kaufen. Anstatt
«Kapitalgüter kaufen» sagen die Ökonomen auch investierenl 1.
Nun fliessen Spargelder durch sehr viele Kanäle zu den Unternehmen: Sparer kaufen auch
Obligationen (das sind festverzinsliche Wertpapiere) von Unternehmen, schliessen
Lebensversicherungen ab oder müssen in Pensionskassen einzahlen. Die Versicherungs-
gesellschaften und Pensionskassen leihen das Geld weiter, kaufen Obligationen, Aktien
oder Gebäude. All diese Kanäle, d. h. unsere Kapitalmärkte, sind weit verzweigt ausgebaut.
Was auf den Kapitalmärkten geschieht, gehört zu den kompliziertesten Vorgängen in der
Ökonomie. Aber das Prinzip ist einfach:
• Auf der einen Seite des Systems stehen die Haushalte. Sie bieten ihre Spargelder auf
den Kapitalmärkten an. Für den Verzicht auf die momentane Nutzung ihres Geldes
wünschen sich die Sparerinnen und Sparer dabei einen möglichst hohen Zins — bei
möglichst hoher Sicherheit und eventuell auch Mitspracherecht im Unternehmen.
1] Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff «investieren» oft weiter gefasst. In der volkswirtschaftlichen Fachspra-
che bedeuten aber Investitionen immer den Aufbau von Kapitalgütern oder auch Ausgaben für Forschung und Berufs-
bildung. Ein Haushalt, der einem Unternehmen Geld ausleiht oder Aktien kauft, investiert deshalb nicht, er «legt an»;
Investoren sind hier nur die Unternehmen, die mit dem erhaltenen Geld Kapitalgüter erwerben.
• Auf der anderen Seite befinden sich die Unternehmen, die Geld für neue Kapitalgüter
brauchen. Sie möchten natürlich möglichst wenig Zins zahlen. Vor allem aber wollen
die Unternehmen teures Geld nur für lohnende Produktionsprojekte ausleihen. Das
heisst, die neuen Kapitalgüter sollten einen so grossen Ertrag abwerfen, dass davon
mindestens Zinsen und Tilgung bezahlt werden können.
Wie auf andern Märkten werden auch auf den Kapitalmärkten Angebot und Nachfrage
über den Preis, das heisst hier über den Zins, in Übereinstimmung gebracht: Auf der
Angebotsseite schafft der Zins Anreiz zum Sparen: für das Alter, für schlechte Zeiten oder
für die Erben. Auf der Nachfrageseite führt der Zins die Spargelder nur Produktionsprojek-
ten zu, welche genügend hohe Erträge versprechen.
[1 -5] Kapitalmärkte
Ressourcenstrom
Kapitalmärkte
Kapitalgüter oder Spar-
gelder, mit denen die Un-
ternehmen Kapitalgüter
kaufen werden, gegen
Preis (Zins).
Geldstrom
Wie auf anderen Märkten auch steuert der Preis, d. h. der Zins, Angebot und Nachfrage auf den
Kapitalmärkten. Er bildet für die Anbieter einen Anreiz, Geld auf den Kapitalmarkt zu bringen, d. h.
zu sparen. Und umgekehrt motiviert er die Unternehmen, nur dort zu investieren, wo Produktions-
projekte einen genügend hohen Ertrag abwerfen.
Wichtig ist, dass die Zinshöhe je nach Angebot und Nachfrage schwankt:
• Wollen die Unternehmen mehr investieren als gespart wird, steigt der Marktpreis für
Spargelder, der Zinssatz.
• Wollen dagegen die Unternehmen weniger investieren, als die Sparer beiseite legen
wollen, sinkt der Zinssatz.
Die Kapitalmärkte sind ein weit verzweigtes System von Kanälen, auf denen Kapital von den Haus-
halten zu den Unternehmen fliesst. Foto: RDB
Neben den Sparern bietet auch die Notenbank Geld an und beeinflusst damit die Zinshöhe.
Darauf werden wir aber erst im Lernheft 4 eingehen. Doch auch wenn sich die Notenbank
zurückhält, verändern sich die Zinssätze manchmal sehr hektisch. Zudem werden für ver-
schiedene Geldanlagen unterschiedlich hohe Zinsen bezahlt. Um die Schwankungen der
Zinsen und die Zinsunterschiede zu verstehen, müssen wir den Einfluss von drei besonde-
ren Grössen anschauen, nämlich die Inflation, das Risiko und die Laufzeit.
Zuerst zur Inflation (= Geldentwertung, Teuerung): Die Inflation bringt sehr viel Unruhe
und Unsicherheit in die Kapitalmärkte. Sie verunsichert, weil sie den Wert von Spargeldern
vermindert. So lässt eine jährliche Inflation von 5 °A den Wert aller Guthaben um 5 `)/0 pro
Jahr schmelzen. Das schmerzt die Sparer und erleichtert die Schuldner, und das hat Fol-
gen auf den Märkten:
• Für diesen Wertverlust wollen die Geldgeber entschädigt werden. Hätten sie sich bei
einer Inflation von 0% vielleicht mit 2% Zins zufrieden gegeben, fordern sie bei einer
Inflation von 5% etwa 7% Zins. So bleibt ihnen wieder ein «realer» Zins von ungefähr
2%. (In der ökonomischen Fachsprache: Nominalzins von 7% minus Inflationsent-
schädigung von 5 % = Realzins von ungefähr 2 cVci.)
• Auf der anderen Seite sind die Unternehmen bei höherer Inflation auch zu höheren Zin-
sen bereit, denn sie wissen ja, dass die Inflation ihre Schulden verringert.
Die zukünftige Inflation beeinflusst also die Zinsen, die auf den Kapitalmärkten ausgehan-
delt werden. Wird eine kleine Inflation erwartet, sind die Zinsen niedrig. Steigt die Inflati-
onsangst, steigen auch die Zinsen. Die Zinsen steigen und fallen mit der erwarteten
Inflation.
Der Inflation wird im Lernheft 4 noch viel Platz eingeräumt. Dort werden Sie sehen, wie
auch die Notenbank die Zinsen beeinflusst. Hier genügt es, dass Sie einen Teil der Zins-
schwankungen mit den schwankenden Inflationserwartungen erklären können. Damit
bleibt noch die Frage, warum verschiedene Geldanlagen unterschiedlich hoch verzinst
werden.
Wer Geld verleiht, trägt immer das Risiko, dass das betreffende Unternehmen Konkurs
geht und deshalb nicht in der Lage ist, das ausgeliehene Geld zurückzugeben bzw. die Zin-
sen zu bezahlen. Je nach Unternehmen ist dieses Risiko grösser oder kleiner. Und genau
das wird auf einem funktionierenden Markt berücksichtigt: Für unsichere Geschäfte wie
z. B. Baulanderschliessungen in Spanien ist deshalb der Zins höher als bei praktisch hun-
dertprozentig sicheren Schuldnern wie etwa einer schweizerischen Grossbank oder der
Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Unterschied kann mehrere Prozente ausmachen.
Man bezeichnet diese Differenz als Risikoprämie.
Nun ist in der Regel das Risiko für Schulden mit längerer Laufzeit höher als für kurzfristige
Schulden. Vor allem die Inflation ist über mehrere Jahre hinaus sehr schwierig abzuschät-
zen. Das ist ein erster Grund, warum die langfristigen Zinsen normalerweise über den
kurzfristigen liegen.
Zudem wollen Geldgeber höher entschädigt werden, wenn sie länger nicht mehr über ihr
Geld verfügen können. Und Investoren sind bereit, für Kredite mit längeren Laufzeiten
höhere Zinsen zu zahlen, denn je länger sie über fremdes Geld verfügen können, desto
wertvoller ist es für sie.
Sehen Sie einmal in einem Bankprospekt oder im Wirtschaftsteil einer Zeitung nach: Obli-
gationen werfen normalerweise höhere Zinsen ab als Sparbücher und diese wiederum
höhere als Salärkonten. Denn Guthaben auf Salärkonten sind jederzeit in vollem Umfang
verfügbar, bei Sparbüchern dagegen gibt es Kündigungsfristen und mit Obligationen legt
man sich sogar für 8 bis 15 Jahre fest.
Auf den Kapitalmärkten stellen die Haushalte den Unternehmen Kapitalgüter zur Verfü-
gung - zum Teil direkt (d. h. in körperlicher Form), meistens aber indirekt (Erspartes, mit
dem die Unternehmen die benötigten Kapitalgüter selbst erwerben).
Als Gegenleistung erhalten die Haushalte einen Zins. Er wird durch den Marktmechanis-
mus bestimmt: Angebot und Nachfrage werden über den Preis (Zins) in Einklang gebracht.
So sorgt der Zins dafür, dass die knappen Kapitalgüter dort eingesetzt werden, wo sie den
grössten Nutzen versprechen.
Der Marktmechanismus sorgt dafür, dass die Zinsen für verschiedene Geldanlagen ver-
schieden hoch sind: je nach Risiko (Risikoprämie) und Dauer der Bindung. Zudem reagie-
ren die Märkte stark auf die erwartete Inflation, die Geldanlagen entwertet und deshalb
mit höheren Zinsen vergütet werden muss.
Aufgabe 23 Aus welchen zwei Gründen sind in der Regel die langfristigen Zinsen höher als die kurzfris-
tigen?
Aufgabe 4 Sie möchten ein Bankkonto eröffnen und besorgen sich die Angebote verschiedener Ban-
kinstitute. Dabei fallen Ihnen die folgenden Abweichungen auf. Wie könnten sie zu erklä-
ren sein?
Al Die Bank A gewährt bei sonst gleichen Bedingungen 1/4 `)/0 mehr Zins als die Bank B.
B] Die Bank C bietet Jugendsparhefte an. Diese bieten 1/2 % mehr Zins als gewöhnliche
Sparhefte. Allerdings dürfen von Jugendsparheften höchstens Fr. 5000.— pro Jahr abge-
hoben werden, während die Limite bei gewöhnlichen Sparheften Fr. 20000.— beträgt.
Die allermeisten Haushalte lassen ihre Spargelder entweder über die Banken den Unter-
nehmen zufliessen oder sie kaufen vermehrt auch Aktien. Deshalb wollen wir Ihnen diese
zwei Kapitalmärkte kurz vorstellen.
[1-6] Banken sammeln die Spargelder der Haushalte und vergeben sie als Kredite an die
Unternehmen
Ressourcenstrom
Nun sind die Zinssätze auf Sparkonti niedriger als die Zinssätze, welche die Bank von den
Unternehmen für Darlehen verlangt (und auch niedriger als die Zinssätze, die Sie heraus-
holen, wenn Sie Ihr Erspartes direkt einem Unternehmen ausleihen). Weshalb diese Zins-
marge?
Nach der Logik unseres Markt- und Kreislaufmodells gehören die Kapitalgüter den Haushalten. In
der Realität ist oft eine Vermittlungsstelle dazwischengeschaltet, z. B. die Banken. Viele Haushalte
legen ihr Erspartes dort an. Die Banken leihen es an die Unternehmen aus.
Wenn eine Bank Geld an Unternehmen ausleiht, geht sie ein Risiko ein. Das Geld könnte
durch einen Konkurs des Unternehmens verloren gehen. Dafür kann die Bank eine Risiko-
prämie von mehreren Prozenten verlangen. (Diese Risikoprämie könnten auch Sie verlan-
gen, wenn Sie Ihr Geld direkt einem Unternehmen ausleihen würden.)
Die Arbeit der Bank ist es nun, das ihr anvertraute Geld so weit wie möglich zu streuen. Sie
vergibt Kredite an möglichst verschiedene Unternehmen aus verschiedenen Branchen und
Ländern. Mit jedem Kredit übernimmt die Bank zwar Risiken, und sie wird auch immer wie-
der Geld verlieren, weil Unternehmen Konkurs gehen. Doch wenn die Bank all die verschie-
denen Risiken geschickt streut, bedrohen die einzelnen Unternehmenskonkurse die Bank
nicht in ihrer eigenen Existenz. Das Risiko, dass die Bank selber Konkurs macht, ist somit
kleiner als bei einem einzelnen Unternehmen. Darum ist in Sparbuchzinsen nur eine kleine
Risikoprämie eingeschlossen, in Krediten an Unternehmen hingegen grössere. Die Bank
kann die Differenz der Risikoprämien als Marge einstreichen.
Wenn unter den Banken Wettbewerb herrscht, ergeben sich die Zinsmargen und Risiko-
prämien auf dem Markt. Jedem Sparer steht es dann frei, sein Geld auf jene Bank zu brin-
gen, die ihm die besten Bedingungen gewährt — oder er kann sein Geld vielleicht doch
direkt einem Unternehmen ausleihen.
Eine wichtige Aufgabe der Banken: Sie nehmen von den Haushalten Spargelder gegen
Zins entgegen und vergeben diese in Form von Krediten auf eigenes Risiko an investiti-
onswillige Unternehmen weiter, und zwar gegen einen entsprechend höheren Zins.
Aktienmärkte
Betrachten wir noch einen zweiten Kanal zwischen Sparer und Investor: Der Sparer kann
Aktien eines Unternehmens kaufen. Damit beteiligt er sich direkt an einem Unternehmen,
er wird Miteigentümer.
9,41101».1,
mulme8&t reAtmf...,S_M
lerfflienteei akelfifie
.-' • ..,7, --,,,...i147)›.,
3113110te /Well OttileCIMMO.
4
.22 , 2 : 7-...,--,
....4.....,......,= ...,
6EttedteMectiKOW=911".
QKM:Mutetet.= ".°,•'-` 4 ”m , ,- r.- treel:-.:el.';‘,..-,2
„.,/...,, • t.t.,....,.. ,,..e.,
Cm. 2 ,' 2 .
... . , .
,,.. '
Die Aktie als Finanzierungsinstrument wurde schon im letzten Jahrhundert erfunden. Aktionäre lei-
hen ihr Erspartes aber nicht bloss aus. Sie werden zu einem Bruchteil Mitinhaber der betreffenden
Unternehmung. Deshalb sind Aktionäre am derzeitigen und zukünftigen Unternehmensgewinn
beteiligt. Foto: Cornet
Aktien haben einen Nominalwert - die Aktien der CS-Holding beispielsweise haben einen
Nominalwert von Fr. 1.-. Jedes Jahr wird ein Zins ausbezahlt, die Dividende. Ihre Höhe
hängt im Wesentlichen vom Gewinn ab, den das Unternehmen erwirtschaftet. So zahlte
die CS 2003 eine Dividende von 10% des Nominalwertes, das sind Fr. -.10 pro Aktie.
Die Aktien werden jeden Tag an der Aktienbörse gehandelt. Zu welchem Wert werden nun
aber die Aktien gekauft und verkauft?
• Eine erste Antwort wäre: Die Aktionäre sind die Eigentümer des Unternehmens. Der
Aktienwert entspricht also etwa dem Wert des Unternehmens. Doch welchen Wert hat
ein Unternehmen? Wie viel ein Unternehmen wert ist, sehen wir an den Gewin-
nen, die es erzielt. Je grösser die Gewinne - ob als Dividenden ausbezahlt oder im
Unternehmen zurückbehalten -, desto begehrter sind die Aktien und desto höher
steigt ihr Kurs. Die CS-Aktien wurden am 4. Aug. 2003 für Fr. 44.- gehandelt. Aber ist
das nicht etwas teuer, verglichen mit den damaligen jährlichen Dividenden von
Fr. -.10? Einem Käufer brächte die Aktie ja nur gerade eine Rendite von 0,23%.
• Es sind offensichtlich nicht nur die heutigen Gewinne, die interessieren. Es sind auch
alle zukünftigen Gewinne, die ein Aktionär mit seinen Aktien in der Hand hält.
Doch wie schätzt man die Gewinne, die ein Unternehmen in Zukunft macht? Unzählige
Finanzanalysten sind damit beschäftigt, die zukünftigen Gewinne von Unternehmen
abzuschätzen. In die Zukunft schauen kann aber niemand, man kann nur spekulieren.
Die Einschätzung eines Unternehmens hängt stark von Besonderheiten des Unterneh-
mens, von Besonderheiten der Branche und schliesslich von der allgemeinen Wirt-
schaftslage ab. Viele Unsicherheiten spielen da zusammen. Deshalb steigen und fallen
die Börsenkurse in einem nervösen Gang.
• Aktienspekulanten orientieren sich aber nicht nur an den mutmasslichen zukünftigen
Gewinnen. Viele beobachten vor allem die Auf- und Abwärtsbewegungen selber. Sie
sind vornehmlich interessiert, Aktien zu kaufen, um sie nachher wieder teurer zu ver-
kaufen. Es sind also nicht nur die zukünftigen, voraussichtlich steigenden Dividenden-
zahlungen, mit denen sie rechnen, sondern sie rechnen auch mit einer Wertsteige-
rung ihrer Aktie. Geleitet von diesem Interesse müssen sie vor allem beobachten, was
andere Marktteilnehmer tun. Sie schauen nicht mehr nur in die Zukunft, sondern auch
seitwärts. (Diese Haltung haben wir schon bei den Gemälden angetroffen, wo eben-
falls viele Käufer sich nicht mehr am Nutzen der Bilder, sondern an der unmittelbaren
Preisentwicklung der Bilder orientieren.) Dieses Seitwärtsschauen kann manchmal
über mehrere Jahre anhalten, Aktienkurse können sich dann von einem wie auch im-
mer geschätzten Unternehmenswert stark ablösen. Solche spekulativen Seifenblasen
platzen aber früher oder später, manchmal in einem viel beachteten Crash oder Bör-
senkrach.
Ein investitionswilliges Unternehmen kann seinen Kapitalbedarf durch Ausgabe von Aktien
decken.
Der Marktpreis von Aktien bestimmt sich - wie bei anderen Märkten auch - nach dem
Gesetz von Angebot und Nachfrage. Eine wichtige Rolle spielen dabei der Wert einer
Unternehmung (gegenwärtiger Gewinn und zukünftige Gewinnaussichten), aber auch die
Auf- und Abwärtsbewegungen an der Börse selbst.
Damit sind wir am Ende unseres Exkurses über zwei wichtige Kanäle des Kapitalmarktes
(Banken und Aktienmärkte). Jetzt kehren wir wieder auf unsere Hauptschiene zurück. Sie
erinnern sich: Wir sind daran, die Faktormärkte zu beschreiben: Den Arbeitsmarkt und
den Kapitalmarkt haben wir besprochen. Unser nächstes Thema sind nun die Boden-
märkte.
Der Boden wird den Benutzern meist zusammen mit den darauf stehenden Gebäuden zur
Verfügung gestellt. Im Mietzins für Wohnungen, Geschäfte und Fabriken sind damit
sowohl die Entschädigung für das Gebäude als auch die Entschädigung für den Boden, die
Bodenrente, enthalten. Die Höhe der Bodenrente wird auf dem Markt entschieden. Wer
Boden besitzt, der sich gut eignet zur Produktion und zum Verkauf von Gütern, für den Tou-
rismus oder zur Vermietung von Wohnungen, der erhält eine grosse Bodenrente. Wer
Boden an unfruchtbaren, abgelegenen oder unattraktiven Orten besitzt, erhält wenig oder
nichts.
Boden hat für sich allein also noch keinen wirtschaftlichen Wert. Erst wenn er als Standort
für Bauten, als Rohstoffquelle (z. B. Erdöl oder Metallerze) oder als Grundlage für land-
wirtschaftliche Erzeugnisse eingesetzt werden kann, sind Leute bereit, dafür einen Preis
zu bezahlen. Ertragreiche Standorte erzielen eine höhere Bodenrente als weniger einträgli-
che Standorte.
Beispiele Das heisst beispielsweise, dass an einer Wohnlage mit Seesicht ein höherer Mietzins verlangt wer-
den kann als an einer Wohnlage mit Blick auf die Autobahn - und dies auch wenn der Bau der bei-
den Häuser gleich teuer zu stehen kam. An der guten Wohnlage ist die Bodenrente höher.
Oder: An einem Bahnhofplatz mit seinen vielen Passantinnen und Passanten kann mehr Laden-
miete verlangt werden als am Stadtrand, wo nicht einmal ein Bus hinfährt - auch wenn die Laden-
gebäude an beiden Orten gleich aufwendig gebaut wurden. An zentraler Lage ist die Bodenrente
höher.
Boden als Standort: Wo Boden Boden als Grundlage für land- Boden als Rohstofflieferant,
äusserst knapp ist, lohnen sich wirtschaftliche Erzeugnisse. hier Kohleuntertagebau.
sogar kostspielige Wolkenkrat- Foto: Comet Foto: Prisma
zer. Foto: B. Beck
Boden wird aber nicht nur ausgeliehen, sondern auch gekauft und verkauft. Dabei richtet
sich der Bodenpreis direkt nach den Bodenrenten. Je einträglicher also der Boden genutzt
werden kann und je höher damit die Bodenrente ist, desto höher ist der Bodenpreis.
Beispiele Baut z. B. der Staat eine Schnellbahn, die die Vororte besser mit dem Stadtzentrum verbindet, wer-
den bisher fast verschlafene Plätze in der Stadt durch neue S-Bahnhöfe sehr viele Passantinnen
und Passanten erhalten. Läden werden dort begehrter, die Mietpreise steigen, die Bodenpreise
steigen.
Ähnliches beobachten wir in den angeschlossenen Vororten: Es wird attraktiver, dort zu wohnen,
vor allem in der Nähe der Bahnhöfe, dort steigen die Wohnungsmieten, und damit die Bodenrenten
und somit auch die Bodenpreise.
Die Bodenpreise richten sich jedoch nicht nur nach der gegenwärtigen Bodenrente. Denn
wer Eigentümer von Land ist, hält auch alle zukünftigen Bodenrenten in der Hand.
Darum stellt sich hier die gleiche Frage wie bei den Aktien: Wie schätzt man die Bodenren-
ten, die ein Boden in Zukunft erzielt?
Wird beispielsweise eine Schnellbahn gebaut, steigen die Bodenpreise nicht erst, wenn die
Bahn fertig ist, sondern sobald bekannt wird, dass eine Schnellbahn geplant ist. Doch ist
noch lange unsicher, ob sie auch wirklich gebaut wird und wann. Mit diesen und anderen
Unsicherheiten können wir nie genau wissen, in welchem Umfang die Bodenrenten anstei-
gen werden. Wieder können wir nur spekulieren. Somit sind auch die Liegenschaften-
märkte spekulative Märkte, auf denen sich die Teilnehmer in einem bedeutenden Ausmass
durch ihre Zukunftserwartungen leiten lassen.
Wiederum sind die Bedingungen für das Spekulieren erfüllt: Boden ist praktisch unver-
mehrbar und die Nachfrage muss sich nach zukünftigen Erträgen richten, die sich äusserst
schwierig abschätzen lassen. Deshalb beobachten wir immer wieder Zeiten, in denen sich
die Bodenpreise von realistisch geschätzten zukünftigen Erträgen ablösen. Dann orientie-
ren sich Käufer vermehrt an den momentanen Preissteigerungen des Bodens. Aber auch
hier platzen von Zeit zu Zeit die Spekulationsblasen und auch hier richten sich die Preise
früher oder später wieder nach den zukünftigen Erträgen.
Boden ist im Gegensatz zu den Arbeitskräften und den Kapitalgütern nicht vermehrbar,
dadurch wird er im Vergleich zu diesen Ressourcen immer knapper. Deshalb steigen die
Bodenpreise stärker als andere Preise. Güter, die immer knapper werden, müssen im Preis
überdurchschnittlich steigen. So wird am ehesten sichergestellt, dass der Boden nicht ver-
schwendet, sondern möglichst nutzbringend verwendet wird.
Beispiel Die Firma Sulzer z. B. hat bis vor Ende des 20. Jahrhunderts direkt neben dem Bahnhof Winterthur
Maschinen produziert und dort auch Zwischenprodukte gelagert. Ursprünglich war dies ein idealer
Produktionsstandort. In der Zwischenzeit erlebten aber die Dienstleistungen in der Agglomeration
Zürich einen grossen Aufschwung und zudem ist der Bahnhof Winterthur dank einer schnellen
Bahnverbindung nur noch ein paar Zugsminuten vom Flughafen entfernt. Lukrativere Nutzungs-
möglichkeiten haben die Bodenpreise rund um den Bahnhof derart ansteigen lassen, dass sich ein
Verlegen der Maschinenproduktion auf abgelegeneres Land trotz Nachteilen lohnt. An der zentra-
len Lage wird ein Laden- und Dienstleistungszentrum gebaut. Neben Hotels, Kongress- und
Gewerberäumen mit einem Technopark entstehen auch Wohnungen und Restaurants. Alle können
starken Nutzen aus der zentralen Lage ziehen. Die Firma Sulzer will damit ihren Gewinn maximie-
ren. Auch dies ist einer der unzähligen Bausteine in der ständigen Umstrukturierung unserer Wirt-
schaft, mit dem Ziel, mit den gegebenen Ressourcen das Gewinnmaximum zu realisieren.
Boden hat für sich genommen keinen wirtschaftlichen Wert. Erst wenn er als Standort,
Rohstoffquelle oder Grundlage für landwirtschaftliche Erzeugnisse eingesetzt werden
kann, erzielt er einen Preis. Ertragreiche Verwendungsmöglichkeiten erzielen dadurch eine
höhere Bodenrente als weniger einträgliche. Weil Boden nicht vermehrbar ist, eignet er
sich für die Spekulation.
In den Abschnitten 1.2, S. 9 bis 1.4, S. 20 haben wir Ihnen die Faktormärkte vorgestellt:
Arbeits-, Kapital- und Bodenmärkte. Es ist wichtig, dass Sie Zweck und Wirkungsweise
dieser Märkte kennen und verstehen. Denn das einfache Markt- und Kreislaufmodell ist die
Grundlage nahezu aller Modelle, die sich die Ökonomie von der Realität macht.
Unser Modell ist allerdings noch weit von der Realität entfernt. Zwei Verfeinerungen wol-
len wir jetzt einbauen, nämlich die Umweltgüter, den vierten Produktionsfaktor, und das
Ausland, mit dem wir ja in einem intensiven Austausch stehen.
Die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapitalgüter und Boden gehören alle jemandem. Das
heisst, die Eigentumsrechte sind genau definiert und der Staat unterstützt die Eigentümer
bei der Verteidigung ihrer Rechte. So ist etwa der Boden mit Marchsteinen abgegrenzt und
die Rechte sind im Grundbuch eingetragen.
Die Folgen? Eigentümer pflegen ihre Produktionsfaktoren, und will sie jemand anders nut-
zen, muss er einen Preis bezahlen: Löhne, Zinsen und Bodenrenten. Dies hält uns alle an,
Arbeitskraft, Kapital und Boden bestmöglich einzusetzen.
Anders bei den meisten Umweltgütern. Oft sind Eigentumsrechte unmöglich zu definieren
und durchzusetzen. Denken Sie etwa an Luft oder an die Ozonschicht. In anderen Fällen
wäre es zwar möglich, Rechte festzulegen, wie etwa bei der Schönheit einer Landschaft
oder den Meerestieren. Doch man hat dies bisher oft unterlassen.
In der Abbildung auf Seite 26 ist der Gratisbezug von Umweltgütern dargestellt als
Umwelt-Ressourcenstrom zu den Unternehmen und zu den Haushalten, dem kein Geld-
strom entgegenfliesst. Leicht erkennen Sie hier unsere heutige Umweltproblematik: Der
fehlende oder zu niedrige Preis täuscht einen Überfluss vor, der nicht vorhanden ist. Stellt
eine Gesellschaft Güter frei oder fast gratis zur Verfügung, ist dies eine Einladung zur Ver-
schwendung.
Die Benützung der Umweltgüter ist heute noch weitgehend gratis. Das führt zur Verschwendung
und damit zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Foto: Comet
Grosser Schaden wird angerichtet für verhältnismässig wenig Nutzen. Umweltgüter wer-
den ungehemmt verwendet, solange für sie nicht bezahlt werden muss. Die bekannte Öko-
nomieprofessorin Heidi Schelbert sagt dazu ganz deutlich:
Weil wir für die Umweltgüter keinen Preis verlangen, benehmen wir uns als Volkswirtschaft
so wie ein Betrieb, der bei der Kalkulation die Abnützung seiner Maschinen, Fahrzeuge und
Gebäude nicht berücksichtigt. Er verkauft seine Produkte zu billig und meint, Gewinne zu
erzielen, während er in Wirklichkeit von der Substanz lebt und sein Vermögen verschleu-
dert. Nicht der Umweltschutz, sondern seine Vernachlässigung ist teuer. Wir können uns
aus rein wirtschaftlichen Gründen die Übernutzung der natürlichen Ressourcen gar nicht
mehr leisten.
Wir stellen also hier grosse und teure Löcher in unserem Marktsystem fest, die wir später
genauer untersuchen werden.
Die Umweltgüter, der vierte Produktionsfaktor, können heute noch meist gratis benutzt
werden. Das ist eine Einladung zur Verschwendung. Für verhältnismässig wenig Nutzen
wird gesamthaft gesehen ein grosser Schaden angerichtet.
Nachdem alle Ressourcen in unser Markt- und Kreislaufmodell aufgenommen sind, wollen
wir es um einen weiteren wichtigen Teil ergänzen: um die Handelsbeziehungen mit dem
Ausland. Etwa ein Drittel aller Güter, die wir konsumieren und investieren, stammen aus
dem Ausland und etwa ein Drittel der schweizerischen Produktion an Waren und Dienst-
leistungen geht heute ins Ausland. Denn so, wie es eine Arbeitsteilung innerhalb eines Lan-
des gibt, gibt es auch eine internationale Arbeitsteilung. Manche Staaten sind in bestimm-
ten Tätigkeiten besonders leistungsfähig, weil die natürlichen Voraussetzungen gut sind
oder weil sie sich ein spezielles Know-how angeeignet haben.
So verkauft die schweizerische Uhrenindustrie über 90% ihrer Güter auf den Weltmärkten,
die Maschinenindustrie etwa 60%, die Chemie etwa 75% und die Versicherungen etwa
30%. Das Gastgewerbe verdient etwa 50% seiner Einnahmen von ausländischen Touris-
tinnen und Touristen. Diese Güterströme sind im folgenden Marktschema als Exportpfeil
von den Unternehmen ins Ausland eingezeichnet.
Umgekehrt kommen etwa 35% unserer Nahrung, 70% unserer Kleider, 75% unserer
Energie oder 100% unserer Autos, Kameras und Grossflugzeuge aus dem Ausland. 4%
unseres Konsums bestreiten wir im Ausland, meist in Form von Ferienreisen. Der Grossteil
dieser Güterströme wird durch den Importpfeil zu den Unternehmen dargestellt.
Die Schweiz ist allerdings nicht nur mit den ausländischen Gütermärkten vernetzt, sondern
auch mit den Arbeits- und vor allem mit den Kapitalmärkten des Auslands. Zudem wird die
Qualität der schweizerischen Umwelt immer stärker auch von Vorgängen im Ausland
betroffen und umgekehrt. Diese Beziehungen sind aber im Markt- und Kreislaufmodell der
Einfachheit halber nicht mehr eingezeichnet. (Mehr zum internationalen Kapitalverkehr im
Lernheft 4 und zum internationalen Handel im Lernheft 5.)
Moderne Volkswirtschaften sind keine abgeschlossenen Gebilde. Der internationale Handel nimmt
weltweit ständig zu. Foto: Keystone
Anstatt einer Zusammenfassung stellen wir hier ein um die Umweltressourcen und das
Ausland erweitertes Markt- und Kreislaufmodell einer reinen Marktwirtschaft dar.
[1 -7] Der Wirtschaftskreislauf mit Güter- und Faktormärkten unter Einbezug der
Umweltgüter und des Aussenhandels
Güter- und
Ressourcenströme Arbeitsmärkte
Arbeit gegen Lohn
Geldstrome
Kapitalmärkte
Kapitalgüter gegen Zins
Bodenmärkte
Boden gegen Bodenrente
Exporte
Umweltgüter Umweltgüter
Gütermärkte
Konsumgüter und neue
Kapitalgüter gegen
Mit dem Einbezug des Aussenhandels haben wir einen ersten Rundgang durch unser Wirt-
schaftsmodell fast bewältigt und wollen nochmals kurz zurückblicken.
Ausgangspunkt war das wirtschaftliche Grundproblem: Mit den knappen Ressourcen soll
ein möglichst gutes Güterangebot geschaffen und befriedigend verteilt werden. Dazu müs-
sen die drei Grundfragen beantwortet werden: WAS soll produziert werden, WIE und FÜR
WEN?
Darauf stellte sich die Frage nach der Organisation. Grundsätzlich stehen uns dazu sechs
Typen von Koordinationsmechanismen zur Verfügung: Tradition, Solidarität in Kleingrup-
pen, Hierarchie in Unternehmen und im Staat, Interessensolidarität sowie der Markt.
Das volkswirtschaftliche Interesse richtet sich vor allem darauf, wie die unzähligen Haus-
halte und Unternehmen zur Zusammenarbeit gebracht werden können. Darum stehen die
staatlichen Organisationen und Märkte im Vordergrund. Unser erstes einfaches Gesamt-
modell verzichtet sogar noch auf den Staat und besteht aus lauter Märkten:
In diesem Modell eines Marktsystems werden die individuellen Wünsche der Haushalte
und die ebenso individuellen Wünsche der Unternehmen zusammengeführt. Dabei wer-
den Angebot und Nachfrage der beiden Hauptakteure auf zwei verschiedenen Arten von
Märkten aufeinander abgestimmt:
• auf den Gütermärkten, wo die Haushalte von den Unternehmen Güter beziehen und
• auf den Faktor- oder Ressourcenmärkten, den Arbeits-, Kapital- und Bodenmärkten,
wo die Haushalte den Unternehmen ihre Ressourcen (oder Anrechte darauf) zur Ver-
fügung stellen.
So viel zu unseren bisherigen Erkenntnissen. Aber wie sorgt nun das Marktsystem dafür,
dass möglichst viele hoch stehende Güter mit möglichst wenig Ressourcen hergestellt
werden, und wie löst es die drei Grundfragen? - Betrachten wir zuerst die Unternehmer-
seite:
Ein Unternehmen produziert Güter, weil es Gewinne erzielen will. Genau aus diesem
Grund versucht es mit möglichst wenig Ressourcen möglichst viele hoch stehende Güter
zu produzieren. Denn so muss es auf den Faktormärkten wenig Lohn, Bodenrente und Zins
zahlen und es erzielt auf den Gütermärkten gute Preise. Als Belohnung bleibt ihm ein
Gewinn. Damit müssen wir unser Markt- und Kreislaufmodell um eine weitere Facette
anreichern, nämlich um die Gewinne der Unternehmen.
Kapitalmärkte
Kapitalgüter gegen Zins
Exporte
Umweltgüter Umweltgüter
Gütermärkte
Konsumgüter und neue
Kapitalgüter gegen
Gewinne sind also das Entgelt für eine erfolgreiche Unternehmerleistung. Sie sind der
Ansporn des Unternehmers, die am meisten gewünschten Güter mit den billigsten Verfah-
ren herzustellen. Weniger gewinnbringende Güter und teure Verfahren wird der erfolgrei-
che Unternehmer aufgeben.
Macht ein Unternehmen Verluste, dann sind die Einnahmen auf den Gütermärkten kleiner
als die Ausgaben auf den Faktormärkten. Das Unternehmen setzt die Produktionsverfahren
nicht wirtschaftlich ein. Um einen Konkurs zu vermeiden, muss es die Produktion der
erfolglosen Güter stoppen oder seine Produktion verbessern.
Wir können also sagen: Verluste sind die Strafe für erfolglose, Gewinne die Belohnung für
erfolgreiche Unternehmertätigkeit.
Aber nicht nur die Unternehmen müssen äusserst flexibel sein, sondern auch die Haus-
halte: Sie werden gezwungen, sich flexibel in die Arbeitsteilung einzufügen. Jeder Haus-
halt muss nämlich, um zu überleben, auf den Faktormärkten etwas anbieten, das
gefragt ist. Je mehr und je kostbarere Ressourcen ein Haushalt den Unternehmen zur Ver-
fügung stellen kann, desto mehr Geld erhält er, d. h., desto besser kann er all seinen finan-
ziellen Verpflichtungen nachkommen und sich mit Gütern eindecken. Das mehr oder weni-
ger sauer verdiente Geld wird er natürlich so einsetzen, dass seine Bedürfnisse möglichst
gedeckt sind. Seine Konsumwünsche, für die er zu zahlen bereit ist (seine Nachfrage), sig-
nalisieren dann den gewinnstrebigen Unternehmen, was sie mit Vorteil produzieren.
Nun können wir beantworten, wie ein reines Marktsystem die drei volkswirtschaftlichen
Grundfragen «WAS», «WIE» und «FÜR WEN» lösen würde:
• WAS wird produziert? Die Unternehmen stellen die Güter her, die sich am bes-
ten verkaufen lassen. Das sind die Güter, bei denen die
Haushalte mit ihrer Nachfrage am deutlichsten ihre
Bedürfnisse ausdrücken.
• WIE wird produziert? Die Unternehmen produzieren mit Hilfe der Produkti-
onsverfahren und Ressourcen, die am wenigsten Kos-
ten verursachen. Dadurch werden keine Ressourcen
verschwendet, was insgesamt zur grösstmöglichen
Gütermenge führt.
• Für WEN wird produziert? Die Haushalte erzielen ihr Einkommen, indem sie den
Unternehmen ihre Produktionsfaktoren zur Verfügung
stellen. Je gefragter diese sind und je mehr sie anzubie-
ten haben, desto höher fällt ihr Einkommen aus und
desto mehr können sie konsumieren.
Ohne viel Gebote oder Planung bringt ein System aus lauter Märkten Millionen oder Milli-
arden von Individuen dazu, zusammenzuarbeiten. Und zwar so, dass sie ihre knappen Res-
sourcen so einsetzen, dass ihre Konsumwünsche möglichst gut erfüllt werden.
Beispiel Jeden Tag wird die Stadt Zürich mit Lieferungen aus der ganzen Welt ernährt - und zwar ohne
Regierungsplan, der vorschreibt, dass kanadische Farmer, japanische Fischer, spanische Orangen-
pflanzer, Toggenburger Käser und französische Weinbauern diese Stadt mit bestimmten Mengen
beliefern. Und trotzdem wird diese Stadt ernährt, obwohl die Lieferanten keine besondere Liebe
für die Zürcher empfinden. Die Spanier und die Toggenburger finden es einfach vorteilhafter, nach
Zürich zu liefern, als alle ihre Orangen und all ihren Käse selber zu essen.
So wie viele Ökonominnen und Ökonomen heute noch war auch Adam Smith, ein schot-
tischer Ökonom, der die freie Marktwirtschaft als Erster propagierte, davon begeistert. In
seinem Buch «The VVealth of Nations», mit dem er 1776 die moderne Wirtschaftswissen-
schaft begründete, schrieb er:
Jeder Einzelne ist bemüht, sein Kapital so einzusetzen, dass das damit erstellte Produkt den
höchstmöglichen Wert hat. Im Allgemeinen ist er weder bestrebt, das öffentliche Wohl zu
fördern, noch weiss er, inwieweit er es fördert. Er denkt nur an seine eigene Sicherheit und
seinen eigenen Gewinn. Dabei wird er jedoch von einer unsichtbaren Hand geleitet, die
dafür sorgt, dass er einem Ziel dient, das er in keiner Weise angestrebt hat. Gerade indem
er sein eigenes Interesse verfolgt, fördert er häufig das Wohl der Gesellschaft besser, als
wenn er dies beabsichtigt. 11
Adam Smith gilt als der Vater der modernen Volkswirtschaftslehre. Mit seinem Werk «The VVealth
of Nations» hat er 1776 als Erster ein Marktsystem in seinen Grundzügen beschrieben.
In einem reinen Marktsystem sorgt der Marktmechanismus allein dafür, dass mit den
knappen Ressourcen ein möglichst grosses und qualitativ befriedigendes Güterangebot
geschaffen und verteilt wird.
Die Unternehmen stellen die Güter her, die die Haushalte kaufen wollen, und sie tun dies
mit einem möglichst geringen Einsatz an Produktionsfaktoren. Ihr Antrieb, sich so zu ver-
halten, ist ihr Streben nach Gewinn. Verluste sind die Strafe für erfolglose, Gewinne die
Belohnung für erfolgreiche Unternehmertätigkeit.
Der Marktmechanismus zwingt aber auch die Haushalte, sich anzupassen. Denn die Haus-
halte erzielen ihr Einkommen auf den Faktormärkten. Je mehr und je gefragtere Produkti-
onsfaktoren ein Haushalt anzubieten hat, desto höher ist sein Einkommen und desto bes-
ser kann er seine Wünsche auf den Gütermärkten befriedigen.
Damit würde ein reines Marktsystem im Idealfall automatisch auch die drei volkswirt-
schaftlichen Grundfragen beantworten. In der Realität haben Marktsysteme aber entschei-
dende Lücken, in denen der Marktmechanismus versagt — das Thema der nächsten
Abschnitte.
Aufgabe 21 Wie würde eine reine Marktwirtschaft die drei volkswirtschaftlichen Grundfragen lösen?
Wir haben die Märkte als zentrale Schaltstellen in unserer Wirtschaft kennen gelernt. Ein
umfassendes System von Märkten sorgt dafür, dass die Unternehmen einerseits die knap-
pen Ressourcen möglichst wirkungsvoll einsetzen und jene Güter produzieren, für die auch
wirklich eine Nachfrage besteht.
Schon Adam Smith war sich aber der Tatsache bewusst, dass der Marktmechanismus
bestmögliche Lösungen nur dann herbeiführen würde, wenn mindestens drei Bedingun-
gen erfüllt sind:
1. Der Staat muss neben der Armee und der Justiz auch «solche öffentlichen Anlagen
und Einrichtungen aufbauen und unterhalten, die, obwohl sie für ein grosses Gemein-
wesen höchst nützlich sind, ihrer ganzen Natur nach niemals einen Ertrag abwerfen,
der hoch genug für eine oder mehrere Privatpersonen sein könnte, um die anfallenden
Kosten zu decken, weshalb man von ihnen nicht erwarten kann, dass sie diese Aufga-
be übernehmen».
2. Es muss freier Wettbewerb herrschen. Das heisst: Auf einem Markt muss ein Konkur-
renzkampf stattfinden und sowohl Anbieter als auch Nachfrager müssen selbstbe-
stimmt handeln und über das Marktgeschehen informier/ sein.
3. Die Konkurrenten müssen in ihrem Handeln durch «Sympathie» und «sittliche
Gefühle» geleitet werden. Der Konkurrenzkampf muss also mit fairen Mitteln geführt
werden.
1] Adam Smith: The VVealth of Nations, Buch 5, Kapitel 1. Aus dem Englischen übertragen und mit einer Würdigung des
Gesamtwerkes, 5. Aufl., München, dtv 1990.
hervorbringen. Oft versagen Märkte oder sie sind mangelhaft. Wir werden im Folgenden
vier Marktversagen unterscheiden:
Nicht nur, wer in der Nähe eines rauchenden Fabrikschlotes oder an einer viel befahrenen
Strasse wohnt, weiss, dass bei Produktion und Konsum Schäden auf unbeteiligte
Dritte abgewälzt werden. Solche unerwünschten Nebenwirkungen, für die die Verursa-
cher nicht aufkommen müssen, heissen in der Fachsprache externe Kosten. Überall dort,
wo solche zugelassen werden, können die Marktkräfte ihre Aufgabe nicht mehr befriedi-
gend erfüllen.
Es gibt, wie Adam Smith in seiner ersten Bedingung sagt, Güter, die zwar höchst nützlich
und von allen erwünscht sind, aber nicht mit Gewinn verkauft werden können, wie bei-
spielsweise Strassenlampen oder Trottoirs. Diese Güter verbreiten Nutzen an unzählige
Leute, die nicht direkt zur Kasse gebeten werden können. Überall dort, wo in hohem Masse
solche externen Nutzen auftreten, sorgen die Marktkräfte nicht für eine gute Güterversor-
gung.
Also: Externe Effekte sind entweder externe Kosten oder externe Nutzen. Wir werden im
nächsten Kapitel genauer auf diese beiden Phänomene zu sprechen kommen.
1.8.2 Wettbewerb
Die unsichtbare Hand (der Marktmechanismus) funktioniert nur, wenn mindestens drei
Bedingungen erfüllt sind:
• Anbieter bzw. Nachfrager sollten im Wettbewerb stehen. Bleibt aber das Marktsys-
tem sich selbst überlassen, so besteht die Gefahr, dass der Wettbewerb ausgeschaltet
wird. Darum sind in der Realität oft nur wenige oder nur noch ein Anbieter vorhanden
(oder auch nur ein Nachfrager).
• Ein Markt kann nur dann funktionieren, wenn die Teilnehmer einigermassen infor-
miert sind. Auch hier wissen Sie, dass das nicht immer der Fall ist. Häufig fehlt den
Anbietern und/oder den Nachfragern die Marktübersicht.
• Schliesslich setzt ein funktionierender Markt Nachfrager voraus, die selbstbestimmt
ihre Bedürfnisse optimal zu verwirklichen suchen. Sehr umstritten ist, wie stark unsere
Konsumwünsche auf raffinierte Art von den Anbietern manipuliert werden.
Mit diesen drei Grundbedingungen des Wettbewerbs wollen wir uns im letzten Kapitel die-
ses Lernhefts auseinander setzen.
Nach der Meinung des überwiegenden Teils der Bevölkerung sorgt das Marktsystem zu
wenig für Sicherheit und Gerechtigkeit. Wie man hier korrigierend einwirken kann, wer-
den wir im nächsten Lernheft sehen.
1.8.4 Konjunkturschwankungen
Seit ihrer Entstehung, also seit über 200 Jahren, sind alle Industriegesellschaften immer
wieder von Konjunkturabschwüngen heimgesucht worden. Millionen von Menschen
werden dann arbeitslos. Die «unsichtbare Hand» regelt dann die Zusammenarbeit offen-
sichtlich nicht mehr mit einem akzeptablen Resultat. Dem grossen sozialen Problem der
Arbeitslosigkeit und dem Rätsel der immer wiederkehrenden Konjunkturabschwünge wer-
den wir im 5. Lernheft nachgehen.
Ausführlich werden wir uns also mit Marktversagen befassen. Weiter werden wir sehen,
dass überall dort, wo Märkte unbefriedigende Resultate erbringen, staatliche Organisati-
onen einzuspringen versuchen. Marktversagen sind nämlich ein Grund, warum Volkswirt-
schaften nirgends ausschliesslich durch Märkte geregelt werden, sondern auch durch viel-
fältigste Massnahmen von Staaten und Staatengemeinschaften. Wegen Funktionsmän-
geln des Marktsystems kommt ein reines Marktsystem, wie wir es in diesem Kapitel
beschrieben haben, nirgends vor, vielmehr ein «gemischtvvirtschaftliches System», bei
dem der Staat an wichtigen Stellen des Wirtschaftslebens mitwirkt.
Wenn wir in den folgenden Kapiteln der Reihe nach den Funktionsmängeln des Marktsys-
tems nachgehen, werden wir ein etwas realistischeres Bild unserer Wirtschaft gewinnen.
Vor allem aber werden wir dabei auch die Aufgaben und Möglichkeiten des Staates kennen
lernen. Wir werden hier also nicht nur darüber reden, dass der Staat eine wichtige Rolle in
der Organisation unserer Wirtschaft spielt, sondern auch warum der Staat viele wirtschaft-
liche Aktivitäten kontrolliert und warum er selber als Unternehmen auftritt.
So haben zwar die Volkswirtschaften in Schweden, in Italien, in den USA und in Japan viele
gemeinsame Züge. Doch wirken sich die Marktkräfte in jedem dieser Länder recht ver-
schieden aus und der Staat setzt die Schwerpunkte seiner Tätigkeit jeweils etwas anders.
Dies merkt schon jeder Tourist. Bei der Erklärung solcher Unterschiede konkurriert die
Ökonomie mit anderen Gesellschaftswissenschaften, wie der Soziologie, der Ethnologie,
der Sozialpsychologie, den Politikwissenschaften oder der Geschichte.
Das Marktsystem funktioniert in der Realität nicht überall lückenlos. Oft versagen Märkte
oder sie funktionieren nur mangelhaft.
Externe Effekte führen das Marktsys- Der freie Wettbewerb wird oft einge-
tem in die Irre. schränkt oder gar ausgeschaltet.
Dort, wo das Marktsystem versagt, versucht der Staat lenkend und korrigierend einzu-
springen. Aus diesem Grund sind unsere modernen Industriegesellschaften keine reinen
Marktwirtschaften, sondern gemischtwirtschaftliche Systeme.
2 Externe Effekte
Bis jetzt sind wir immer davon ausgegangen, dass Haushalte und Unternehmen wirtschaf-
ten, ohne Drittpersonen und der Allgemeinheit wesentlich zu schaden oder zu nützen.
Ein typisches Beispiel ist der Coiffeur. Er schneidet Ihnen die Haare und erhält dafür
Fr. 40.—. Sie entschädigen den Coiffeur vollumfänglich für seine Leistung. Dafür profitieren
nur Sie von der Leistung des Coiffeurs. Andere Leute haben daraus weder einen Nutzen
noch Kosten.
Genau von diesem Prinzip geht unser bisheriges Markt- und Kreislaufmodell aus: Alle
Beziehungen zwischen Haushalten und Unternehmen laufen über Märkte. Setzt ein Unter-
nehmen eine knappe Ressource, etwa Arbeit, ein, so zahlt es dem Arbeiter dafür einen
Lohn. Stellt das Unternehmen ein gefragtes Produkt her, erhält es auf dem Gütermarkt den
vollen Gegenwert der eingesetzten Produktionsfaktoren. Parallel zu den Güterströmen ver-
laufen die entsprechenden Geldströme also genau in umgekehrter Richtung.
Beschränkt sich der Nutzen eines Guts nur auf den Käufer und wird dadurch kein Dritter
geschädigt, sind die Produktion und die Verwendung des Guts eigentlich reine Privatsa-
che. Man nennt solche Güter darum private Güter. Allerdings gibt es kaum ein Gut, durch
das nicht während der Produktion oder des Konsums irgendwelche aussen stehende Dritte
in positiver oder negativer Weise tangiert werden.
Beispiele • Ihr Haarschnitt könnte viele Leute erfreuen, die Sie gar nicht kennen und die nichts zu Ihren
Kosten beigetragen haben.
• Bei der Produktion von Jeans wurde vielleicht ein Dorfbach vorübergehend blau gefärbt, so
dass Fische, Fischer und Naturfreunde zu Schaden kamen.
• Der Bäcker nimmt seine Arbeit um 5 Uhr morgens auf und beeinträchtigt dadurch die Nacht-
ruhe der Nachbarn — dafür duftet es so wunderbar für die Frühaufsteher.
Solche Ausstrahlungen bei der Produktion und beim Konsum von Gütern bezeichnen die
Ökonomen als externe Effekte. Sie unterscheiden dabei zwischen externen Kosten und
externen Nutzen.
Externe Kosten
Tatsächlich wird jeder Haushalt und jedes Unternehmen durch Tätigkeiten anderer Haus-
halte und Unternehmen geschädigt, ohne dafür entschädigt zu werden. So müssen wir
verschmutzte Luft einatmen, sind Lärm ausgesetzt oder werden in unserem ästhetischen
Gefühl verletzt. Unternehmen und Konsumenten haben hier Schäden und Kosten ihres
Tuns auf Aussenstehende abwälzen können. Solche negativen Ausstrahlungen bei der Pro-
duktion und beim Konsum von Gütern werden darum als externe Kosten oder negative
externe Effekte bezeichnet.
Externe Nutzen
Jeder Haushalt und jedes Unternehmen kommt aber auch in den Genuss von Gütern, die
ihm andere Haushalte und Unternehmen unbeabsichtigt gratis zur Verfügung stellen. Hegt
und pflegt Ihr Nachbar einen schönen Blumengarten, können Sie sich die Kosten für einen
eigenen Garten weitgehend ersparen. Sie können Nachbars Garten gratis geniessen, als
Trittbrettfahrer sozusagen. Solche Nutzenstiftungen an Aussenstehende nennt man in der
Ökonomie externe Nutzen oder positive externe Effekte.
Die externen Nutzen und Kosten, verursacht von Unternehmen wie von Haushalten, sind
sehr vielfältig. Die folgende Tabelle soll anhand von wichtigen und belangloseren Beispie-
len den Sinn für diese Effekte schärfen:
[2-1] Beispiele für die Vielfalt und das sehr verschiedene Gewicht von externen Effekten
Abweisende Fassaden veröden die Stadt. Schöne Architektur verschönert die Stadt.
Fabriken verschmutzen Luft und Wasser. Bildet ein Unternehmen Fachkräfte aus, kön-
nen andere Unternehmen im Umfeld davon
lernen und profitieren.
Ein Naturgarten versannt die unkrautfreien Ein Naturgarten statt Rasen ist Lebensraum
Rasen und Gärten der Nachbarn. für Tiere und erfreut Passanten.
Konsum Raucher verpesten die Luft in
Sitzungszimmern.
Externe Effekte sind also Kosten und Nutzen, die in der Produktion oder beim Konsum
anfallen, aber am Markt vorbeiwirken und deshalb nicht in den Marktpreisen berück-
sichtigt sind. Schäden und Kosten werden damit auf Aussenstehende übertragen, ohne
von den Verursachern abgegolten zu werden. Nutzen werden Aussenstehenden gestiftet,
ohne von den Empfängern abgegolten zu werden.
Geschädigte können sich gegen Schäden nicht abgrenzen, Nutzenstifter können Tritt-
brettfahrer nicht ausschliessen. Beides geschieht vor allem, wo die Eigentumsrechte der
Geschädigten oder der Nutzenstifter ungenau definiert oder schwer durchsetzbar sind.
Die Produktion und/oder der Konsum der meisten Güter belasten oder begünstigen aussen
stehende Dritte. Die Ökonomie spricht hier von externen Effekten. Erleiden Aussenste-
hende Nachteile, dann spricht man von externen Kosten, erlangen Aussenstehende Vor-
teile, von externen Nutzen.
Externe Effekte wirken am Markt vorbei und sind deshalb in den Marktpreisen nicht ent-
halten. Das bedeutet:
• Externe Kosten werden auf aussen stehende Dritte abgewälzt, ohne dass diese dafür
entschädigt werden.
• Externe Nutzen kommen aussen stehenden Dritten, den Trittbrettfahrern, zugute,
ohne dass diese dafür bezahlen müssten.
Externe Effekte treten vor allem dort auf, wo die Eigentumsrechte der Geschädigten oder
der Nutzenstifter nicht definiert, ungenau definiert oder schwer durchsetzbar sind.
A] Von externen Kosten spricht man, wenn die Käufer eines Guts Nachteile in Kauf nehmen
müssen.
E] Wären die externen Kosten in den Marktpreisen enthalten, dann wären die betroffenen
Güter teurer.
Aufgabe 32 A] Zählen Sie mindestens 3 externe Effekte auf, die der Schwerverkehr verursacht.
B] Das Transportgewerbe beklagt immer wieder, man wolle ihm nur die externen Kosten
anlasten. Dabei stifte der Schwerverkehr doch auch grosse externe Nutzen — alle profitie-
ren doch von transportierten Gütern! Weshalb ist dieses Argument nicht stichhaltig?
In der Marktwirtschaft werden Produktion und Konsum durch Preise gesteuert. Die Preise
müssen dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft mit unseren knappen Ressourcen eine best-
mögliche Bedürfnisbefriedigung ansteuert. Aber was passiert, wenn nicht alle Kosten, die
entstehen, auch von den Leuten getragen werden, die an der Produktion und am Konsum
beteiligt sind? Oder was passiert, wenn ein Teil der Befriedigung nicht jener Person, die das
Gut kauft, zugute kommt, sondern jemand anderem, und zwar gratis?
Analysieren wir zuerst die Wirkung von externen Kosten, und zwar am (extrem verein-
fachten) Beispiel des Fluglärms: Passagiere, Fluggesellschaften und Flughafen müssen für
die internen Kosten (Flugzeug, Löhne des Flugpersonals, Benzin, Wartung, Essen, Flug-
platz usw.) aufkommen. Doch damit sind noch nicht alle Kosten abgedeckt, die ein Flug
verursacht. Es fällt unter anderem auch noch der Fluglärm an.
Hier stellt sich zuerst die Frage, ob Betreiber von Flugverkehr das Recht haben, in der
Umgebung des Flugplatzes ungewöhnlich viel Lärm zu verbreiten: Gehört vielleicht das
ganze beschallte Terrain dem Flugplatzbetreiber? Oder hat er von den betroffenen Nach-
barn eine Art Lärmrecht erworben (ähnlich wie ein Näherbaurecht)? Ist dies der Fall, liegt
es am Flugplatzbetreiber, seine Kosten den Fluggesellschaften zu verrechnen. Die Lärm-
kosten würden dann auch zu den internen Kosten zählen.
Was aber, wenn die genervten Bewohner um den Flughafen herum Rechte auf Ruhe
haben? Solange sie zu schwach sind, um sich zu wehren, oder wenn ihre Rechte noch
umstritten sind, müssen sie den Lärm über sich ergehen lassen. Dann verursacht der Flug-
verkehr externe Kosten, die von den Fluggesellschaften in ihrer Kalkulation nicht berück-
sichtigt werden müssen.
Wo Lärmschäden nicht beachtet werden müssen, kann zu einem tieferen Preis geflogen
werden. Dies lockt Kunden an, die nicht fliegen würden, wenn sie alle Flugkosten tragen
müssten. Für die Fluggesellschaft und ihre Kunden geht die Rechnung auf. Gesamtgesell-
schaftlich gesehen fliegen wir aber zu viel. Die Kosten, die von der Gesamtgesellschaft
getragen werden müssen (die Kosten der Verursacher und der Aussenstehenden zusam-
men), übersteigen den gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Wenn externe Kosten auftreten,
werden nicht nur Rechte verletzt, sondern zusätzlich die knappen Ressourcen nicht mehr
effizient genutzt.
Was für den Flugverkehr gilt, gilt ganz allgemein: Wo externe Kosten auftreten, versagt ein
Markt zweifach:
• Er ist ungerecht, weil Kosten auf (rechtlich oft ungenügend geschützte) unbeteiligte
Dritte überwälzt werden.
• Er ist ineffizient, weil die Preise die Knappheit von Ressourcen zu wenig widerspie-
geln. Mit zu niedrigen Preisen werden aber die knappen Ressourcen verschwenderisch
eingesetzt.
Ein typischer Fall von externen Kosten: Die Flugpassagiere zahlen bloss die internen Kosten. Die
Lärm- und Abgasbelastung, die die Anwohner des Flugplatzes zu ertragen haben, fliessen dagegen
bis heute kaum in die Flugkosten ein. Foto: Comet
Und wie steht es im Fall von externen Nutzen? Ein typisches Beispiel für externe Nutzen
ist das Licht von Strassenlampen. Es zeigt uns allen den Weg und macht die Quartiere
sicherer. So nützlich aber Strassenbeleuchtungen sind, so sehr würde man jemandem
abraten, an dunklen Orten Lampen aufzustellen und von den Einnahmen leben zu wollen.
Es wird ihm kaum gelingen, von den vorbeiziehenden Autofahrern und Spaziergängern
eine Benutzungsgebühr zu verlangen, auch wenn sich alle über die hellen Strassen und
Plätze freuen würden. Für kein Unternehmen würde es sich lohnen, Strassenlampen auf-
zustellen. Zu viele möchten und könnten als Trittbrettfahrer mitprofitieren und sich um die
Kosten drücken.
Bei Gütern mit bedeutenden externen Nutzen können Trittbrettfahrer kaum ausgeschlos-
sen werden. Niemand kann gezwungen werden, einen kostendeckenden Preis zu zahlen.
Darum werden solche Güter von privaten Unternehmen nur in unzureichenden Mengen
oder gar nicht produziert.
Wir haben Güter ohne externe Kosten und Nutzen als private Güter bezeichnet. Ein
Gegenstück sind Güter mit überwiegend externen Nutzen, die man öffentliche Güter
nennt. Ihr externer Nutzen verbreitet sich so ungehindert, dass kaum jemand ausgeschlos-
sen werden kann.
Wir alle profitieren als Trittbrettfahrer. Gut sichtbar wird dies bei praktisch reinen öffentli-
chen Gütern wie der Justiz, dem Polizeischutz oder der Landesverteidigung. Die Lan-
desverteidigung hat einen Abwehreffekt für das ganze Land, für alle Individuen, sogar
dann, wenn sie diesen Schutz nicht wollen.
Bemerkung Das zweite Gegenstück zu den privaten Gütern wären Güter mit sehr grossen externen Kosten, die
man öffentliche Ungüter nennen könnte. Ein typisches Beispiel sind FCKW-Sprays. Ihre externen
Kosten verbreiten sich so stark, dass sich kaum jemand ausschliessen kann. Wir alle sind hier sozu-
sagen Zwangsmitfahrer.
Die Marktwirtschaft funktioniert für private Güter, d. h. Güter ohne grössere externe
Effekte. Wo aber externe Effekte auftreten, kann der Marktmechanismus mit unseren Res-
sourcen nicht haushälterisch umgehen.
Aufgabe 2 Zu welchen speziellen Problemen führen externe Kosten in einer reinen Marktwirtschaft?
Aufgabe 8 Zu welchen speziellen Problemen führen externe Nutzen in einer reinen Marktwirtschaft?
Aufgabe 14 A] Weshalb ist die folgende Behauptung falsch? Die Landwirtschaft erzeugt externen Nut-
zen, weil sie die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgt.
B] Sehen Sie externe Nutzen und/oder Kosten im Zusammenhang mit der Landwirtschaft?
Der Markt ist voll von solchen Effekten, die auf den ersten Blick aussehen wie externe Effekte,
man nennt sie deshalb pseudoexterne Effekte. Diese pseudoexternen Effekte entstehen aber
durch den Konkurrenzkampf auf dem Markt (darum spricht man auch von pekuniären, geldlichen
externen Effekten). Marktchancen werden eröffnet und zunichte gemacht. Wo Marktchancen
geschaffen werden, profitiert man von pseudoexternen Nutzen - und wem Marktchancen zerstört
werden, leidet unter pseudoexternen Kosten. Deutlich anders die eigentlichen externen Nutzen
und Kosten: Sie wirken am Markt vorbei.
Dieser Unterschied ist wesentlich: Denn auch wenn die pseudoexternen Effekte die einen bevor-
teilen und die andern benachteiligen, führen sie insgesamt dazu, dass die Ressourcen möglichst
gut genutzt werden und dass damit der Gesamtwohlstand steigt. Ohne sie würde der Markt gar
nicht funktionieren. Würde nämlich die Eröffnung eines neuen Coiffeurgeschäfts verhindert,
würde das ja zu einer Monopolstellung des alten Coiffeurs führen, die dem Gesamtwohlstand
abträglich wäre. Und sicher profitiert eine Volkswirtschaft von technischen Verbesserungen und
davon, dass sich die Unternehmen immer wieder den veränderten Verhältnissen anpassen. Gerade
dadurch kann insgesamt der Wohlstand steigen. Die pseudoexternen Effekte sind also eine erfreu-
liche oder schmerzliche Folge der bestmöglichen Nutzung der Ressourcen. Im Gegensatz dazu ver-
hindern die eigentlichen externen Effekte eben diese bestmögliche Nutzung.
So viel zu den pseudoexternen Effekten. Nun aber wieder zurück zu unserem Hauptthema.
Das Problem bei den externen Effekten ist offensichtlich: Aktivitäten mit grossen externen
Kosten müssen eingedämmt werden. Und Güter mit grossen externen Nutzen müssen von
jemandem angeboten werden, der sie nicht auf dem Markt verkaufen muss. Unsere Res-
sourcen würden durch beide Massnahmen wirkungsvoller genutzt, die Allgemeinheit
würde von beiden Massnahmen profitieren. Dieser Vertreter der Allgemeinheit ist vor
allem der Staat.
Bei der Bekämpfung von Umweltschäden wendet der Staat eine breite Palette von Mass-
nahmen an. Drei umweltpolitische Strategien — die beliebteste, die verbreitetste und die
effizienteste — sollen hier vorgestellt werden:
1. Appelle an die Moral der Verursacher
2. Gebote und Verbote
3. Preise für Umweltgüter
Die grössten Schäden werden aber nicht durch Katastrophen angerichtet, über die wir aus-
führlich in den Medien informiert werden. Der Grossteil der Schäden entsteht vielmehr
beim alltäglichen Konsumieren und Produzieren. Aber haben Sie bei den Zehntausenden
von Gütern eine Wahl zwischen umweltfreundlichen und -schädlichen Angeboten? Und
wenn, wissen Sie, welches das umweltfreundlichste Angebot ist, ob Sie Ihr Baby in Stoff-
windeln oder Pampers wickeln, eher Getränke aus Kartons oder Flaschen trinken sollen?
Sie wissen dafür, dass Moralappelle auf die Länge leider nur einen kleineren Teil der Bürger
erreichen. Und Sie wissen, was beispielsweise die meisten Schweizer davon halten, vom
Auto auf den umständlichen öffentlichen Verkehr umzusteigen, wenn sie dabei geplagt
werden von der Vorstellung, dass sie damit den anderen Autofahrern etwas mehr Platz
machen, usw.
Es ist ziemlich klar, dass in einer komplizierten arbeitsteiligen Wirtschaft, wo sich die meis-
ten Akteure kaum kennen, Moralappelle in der Regel nicht sehr wirksam sind. Wer als Poli-
tiker zum individuellen Verzicht aufruft, versucht meist nur eigene Unfähigkeit und Unwil-
len zu wirklicher Umweltpolitik zu verstecken. Damit ist nicht gesagt, dass Umweltethik
nebensächlich ist. Umweltethik ist sogar eine notwendige Bedingung für den Kampf
gegen die Zerstörung der Natur, weil sie wesentlich mithilft, die politischen Entscheidun-
gen zu treffen, für Gesetze, die alle anhalten, sich umweltfreundlich zu verhalten.
Erfolgreich war hier das schon 1876 eingeführte Waldgesetz, das den schweizerischen
Waldbestand dadurch schützt, dass Waldrodungen nur dann erlaubt sind, wenn an ver-
gleichbarer Lage wieder aufgeforstet wird.
In den letzten Jahrzehnten wurden wir aber überrollt von unzähligen Umweltschäden. Es
gibt heute viele Möglichkeiten, die Umwelt zu verschmutzen. Entsprechend eindrücklich
ist die Flut von Gesetzen und Verordnungen, die das Umweltproblem zu meistern versu-
chen. Doch ist ein Gesetz einmal eingeführt, muss es auch durchgesetzt werden. Nötig
wäre jetzt ein Heer von Beamten, um die Einhaltung der Gesetze zu überwachen. Und was
tun, wenn wie erwartet die Bestimmungen massenweise übertreten und die Grenzwerte
laufend überschritten werden? Gibt es Strafen, und welche?
Fazit: Eine einseitige Verbotsphilosophie hat den Umweltschutz in vielen Kreisen unpopu-
lär gemacht und in eine Vollzugskrise geführt.
. ht
-17.17. -, Aut.:* ahren
1..tc r rrie i4:9 e rt
Die drei Möglichkeiten zur Handhabung der externen Kosten: GeboteNerbote (hier Tempo 80),
Appelle an die Moral («Autofahren vermeiden»), Preisregelung («Sackgebühr»). Gerade die Einfüh-
rung der Sackgebühr hat die Wirkung der Preisregelung eindrücklich gezeigt. In der Stadt Zürich
etwa sank der Pro-Kopf-Verbrauch des Guts Abfallentsorgung von jährlich 384 kg auf 290 kg. Foto:
RDZ/Comet
In der Schweiz sind z.T. schon vor Jahren erste Umweltabgaben eingeführt worden. Die
Palette reicht von Abfallsackgebühren, Abgaben auf Heizöl «extraleicht» und auf flüchtigen
organischen Verbindungen (VOC) bis zu vorgezogenen Entsorgungsgebühren für Aludo-
sen, PET-Flaschen, Weissblechdosen, Batterien, Kühlschränke, Autos oder Computer. Die
gewichtigste Umweltabgabe in der Schweiz ist die leistungsabhängige Schwerverkehrsab-
gabe (LSVA). Ein international viel diskutiertes Projekt ist eine CO2-Abgabe. Hier würden
die Inputs, die Energieträger, entsprechend ihrem CO2-Ausstoss belastet.
Weil Umweltbelastung fast immer mit dem Verbrauch von Energie verbunden ist, drängen
sich Abgaben auf den wichtigsten Energieträgern auf. Damit würde an wenigen zentra-
len Stellen ein Preis für die Belastung der Umwelt verlangt, und wir hätten eine relativ ein-
fach durchführbare Möglichkeit zur Bewältigung der wichtigsten externen Kosten gefun-
den. Einfach überwachbare Regeln würden gesetzt, welche die Verursacher von externen
Kosten dazu bringen, sich aus eigenem Interesse umweltschonender zu verhalten.
Auf Umweltabgaben werden wir irn 3. Lernheft noch etwas genauer eingehen.
Wichtig ist, sich die sehr unterschiedliche Reichweite der verschiedenen externen
Kosten zu vergegenwärtigen. So ist etwa die Verschandelung von Seeufern eine regionale
Angelegenheit. Hier ist also eine regionale Organisation wie ein Kanton aufgerufen, die
Verschmutzung oder Überbauung der Seeufer zu stoppen. Hingegen hat die Klimaände-
rung oder die Abholzung der Tropenwälder globale Auswirkungen. Entsprechend müssen
hier alle Staaten zusammen eine weltumspannende Lösung finden.
Aufgabe 24 Zu welcher der drei Massnahmen zur Eindämmung externer Kosten gehören die folgenden
staatlichen Eingriffe?
Appell Gesetzliche lnternalisie-
Gebote/ rung exter-
Verbote ner Kosten
A] In einer Kampagne fordert der Staat die Auto- 3 EI
fahrer auf, in den Sommermonaten die Höchstge-
schwindigkeit 80 km/h einzuhalten, um die Ozon-
belastung zu reduzieren.
B] Ein Gesetzesentwurf sieht eine CO2-Abgabe für
fossile Brennstoffe vor.
C] Es dürfen keine Spraydosen mit FCKW-Gas pro-
duziert und verkauft werden.
D] In einer Verordnung wird die maximal zulässige
Schadstoffbelastung durch Ölheizungen festge-
legt.
Güter, die grosse externe Nutzen verströmen, sind für Unternehmen, die ihre Produkte auf
Märkten verkaufen wollen, ein schlechtes Geschäft. Zu viele Trittbrettfahrer können sich
gratis bedienen. Sie stehen öffentlich zur Verfügung und werden darum öffentliche Güter
genannt. Um solche Güter zu finanzieren, müssen sich die interessierten Unternehmen
und Haushalte zusammenschliessen. An die Stelle von Wettbewerb auf Märkten tritt Koo-
peration.
Ausgehend vom Beispiel einer Strassenlampe soll hier gezeigt werden, wie verschieden
diese Kooperation organisiert werden kann:
• Sollte in einem kleinen Quartier von wenigen Einfamilienhäusern ein Spielplatz be-
leuchtet werden, ist vermutlich eine Geldsammlung unter den Anwohnern erfolgreich.
Die meisten werden solidarisch zahlen, wenn auch die Nachbarn zahlen. Sanfter mo-
ralischer Druck wird die Solidarität verstärken, denn wer möchte schon in der Nach-
barschaft als knausriger Trittbrettfahrer gelten!
• Je grösser aber das Quartier und je anonymer die Beziehungen unter den Bewohnern,
desto schwieriger wird es, Strassenlampen mit freiwilligen Spenden zu finanzieren.
Doch für Ziele, die gefühlsmässig berühren, gelingt es gemeinnützigen Vereinen und
interessensolidarischen Verbänden wie Gewerkschaften oder Kirchen, beträchtliche
Summen zu sammeln.
• Heute tragen vermehrt auch private Firmen die Kosten von externen Nutzen. Werbung
finanziert Zeitungen sowie Radio- und Fernsehsendungen, Sponsoren verbilligen kul-
turelle Anlässe. Um Kunden zu binden, geben Computerfirmen Geräte und Ausbil-
dungsprogramme an Schulen ab und Sportausrüster stiften Spielplätze.
• Die meisten Güter mit grossen externen Nutzen müssen aber von organisierten Inter-
essengemeinschaften finanziert werden, deren Mitgliedschaft obligatorisch ist: von
Gemeinden, Kantonen und vom Bund, kurz vom Staat.
Die meisten öffentlichen Güter (Güter mit bedeutenden externen Nutzen) müssen von
einer Interessengemeinschaft (meist dem Staat) zur Verfügung gestellt werden: öffentliche
Sicherheit, allen zugängliche Verkehrswege, Strassenbeleuchtung, öffentliche Parkanla-
gen oder Grundlagenforschung.
Die Landesverteidigung ist ein typisches öffentliches Gut, an dem wir auch nochmals das
Trittbrettfahrerproblem veranschaulichen wollen: Die Armee soll uns unter anderem vor
ausländischen Angriffen schützen. Wenn Sie nun aber gefragt würden, ob Sie etwas für
die Armee zahlen, damit Sie vor fremden Mächten geschützt sind, dann sagen Sie vielleicht
nein, denn Sie nehmen an, es gäbe genug andere, die zahlen. Die Armee wird Sie auch
dann beschützen, wenn Sie nichts bezahlen. Darum erbittet der Staat nicht von jedem Ein-
zelnen einen Beitrag. Es wird vielmehr politisch ausgehandelt (in der Schweiz 1989 sogar
mit einer Volksabstimmung), ob und wie viel militärische Sicherheit gewünscht wird. Dann
brummt der Staat allen einen Beitrag für die Landesverteidigung auf.
In gleicher Weise ist auch die Rechtsordnung ein öffentliches Gut. Eine funktionierende
Rechtsordnung garantiert ein Zusammenleben in geordneten Bahnen und eine Schlich-
tung von Streitsituationen ohne Gewalt. Alle (jedenfalls fast alle) profitieren davon, ob sie
etwas dazu beitragen oder nicht.
Für die Ökonomie von besonderem Interesse ist ein Teilbereich der Rechtsordnung, näm-
lich die Marktordnung. Ohne funktionierende Spielregeln für das Verhalten der Teilneh-
mer am Markt ist eine Marktwirtschaft nicht denkbar. So gehörte es immer schon zu den
Aufgaben des Staates, den Markt zu schützen. Im Mittelalter fanden Märkte an Orten statt,
die von den Herrschenden geschützt wurden. Diese überwachten dann auch die Einhal-
tung der Marktregeln, schlichteten Streitigkeiten und kontrollierten die Qualität der Güter,
so wie es der Staat noch heute tut, z. B. bei den Lebensmittelkontrollen.
Der Staat gibt also dem Marktsystem einen sicheren Rahmen. Er verfasst dazu ein Wirt-
schaftsrecht; er muss es aber mit Hilfe der Wirtschaftsjustiz auch durchsetzen:
• Wie schon oft betont, sind klare Eigentumsrechte sowie die weitgehend freie Nut-
zung des Eigentums Hauptpfeiler einer Marktordnung.
• Es ist auch der Staat, der über die Notenbank dafür sorgt, dass ausreichend Geld mit
stabilem Wert im Wirtschaftssystem zirkuliert.
Die Technik kann die Grenze zwischen privaten und öffentlichen Gütern verschieben:
Radio- und Fernsehsendungen sind aber auch aus einem anderen Grund ein öffentliches
Gut. Sie sind nämlich ein Forum für einen freien und gehaltvollen Dialog, der für eine
Demokratie unerlässlich ist. Und hier taucht nun die Frage auf, ob die Finanzierung nicht
auch die Programmgestaltung beeinflusst. Wie gut kann denn ein reklamefinanzierter Sen-
der auf Dauer einen freien und gehaltvollen öffentlichen Dialog gewährleisten? Falls dieser
öffentliche Dialog verflachen würde, müsste er dann nicht, wie andere öffentliche Güter
auch, mit öffentlichen Geldern finanziert werden?
Schliesslich gibt es - wie schon bei den externen Kosten - auch bei den externen Nutzen
sehr unterschiedliche Reichweiten. So ist z. B. die Sicherheit auf den nächtlichen Stras-
sen eine lokale Angelegenheit. Darum ist hier die Gemeinde oder der Kanton zuständig.
Frieden und Menschenrechte oder die Sicherheit vor Seuchen hingegen sind globale
öffentliche Güter. Entsprechend wird die Zusammenarbeit der Staaten in Organisationen
wie der OSZE, der NATO oder der UNO immer dringender.
Güter mit überwiegend externen Nutzen werden von privaten Unternehmen überhaupt
nicht oder in ungenügendem Umfang angeboten. Der Grund: Es kommen nicht nur dieje-
nigen in den Genuss solcher Güter, die bezahlt haben, sondern auch Trittbrettfahrer pro-
fitieren.
Aufgabe 30 Weshalb werden Güter mit grossen externen Nutzen von Unternehmen nicht genügend
angeboten?
Der freie Wettbewerb ist eine wichtige Voraussetzung für das einwandfreie Funktionieren
des Marktmechanismus. Oder anders formuliert: Wird der Wettbewerb auf einem Markt
eingeschränkt oder gar ausgeschaltet, kann der Marktmechanismus keine befriedigenden
Resultate mehr erzielen. Welche Störungen auftreten und welche Rolle der Staat dabei
spielt, werden wir in diesem Kapitel untersuchen.
Damit wir von freiem Wettbewerb sprechen können, müssen wenigstens drei Bedingun-
gen erfüllt sein:
1. Auf den Märkten stehen sich möglichst viele Anbieter und Nachfrager gegenüber.
So konkurrieren viele Anbieter miteinander und kämpfen um die Gunst der Nachfrager.
Und auch die Nachfrager konkurrieren miteinander, d. h., sie kämpfen um die knappen
Güter, die angeboten werden.
2. Anbieter und Nachfrager sind über das Marktgeschehen informiert.
3. Anbieter und Nachfrager sind autonom und selbstbestimmt.
Nun wissen Sie aber aus eigener Erfahrung, dass Sie als Kunde nicht immer unter vielen
verschiedenen Angeboten auswählen können. Wie funktionieren in diesem Falle die
Marktkräfte noch? Davon handelt Abschnitt 3.1, S. 44.
Zudem verfügen Sie nicht bei jedem Kauf über alle nötigen Informationen und tappen oft
etwas im Dunkeln, so dass auch hier die Funktion des Marktes beeinträchtigt wird. Die
Transparenz der Märkte ist das Thema des kurzen Abschnitts 3.2, S. 55.
Und sind Sie schliesslich als Käuferin oder Käufer immer autonom und selbstbestimmt?
Werden unsere Wünsche nicht vielmehr auf raffinierte Art von den Anbietern manipuliert?
Ob unter diesen Umständen das Marktsystem noch gute Resultate bringen kann, fragen
wir uns in Abschnitt 3.3, S. 58.
Bis jetzt sind wir immer davon ausgegangen, dass eine Vielzahl von Anbieterinnen und
Anbietern einer Vielzahl von Nachfragerinnen und Nachfragern gegenüberstehen. Da kön-
nen die Käufer auswählen, bei wem sie kaufen wollen. Die Anbieter müssen sich um die
Käufer bemühen und möglichst gute und preiswerte Produkte anbieten. Das bedeutet,
dass die Unternehmen einander konkurrieren, sie stehen miteinander im Wettbewerb.
Aber nicht nur auf den Gütermärkten konkurrieren die Unternehmen miteinander. Sie
kämpfen auch auf den Arbeitsmärkten um die besten Arbeiterinnen und Arbeiter, auf den
Bodenmärkten um die bestgelegenen Böden und auf den Kapitalmärkten um das billigste
Kapital. Ebenso konkurrieren auch die Haushalte um die begehrten Güter, z. B. um die bes-
ten Wohnungen oder auch um die besten Arbeitsstellen.
Dieser freie Wettbewerb ermöglicht sehr schnelle Anpassungen unserer Wirtschaft an die
vielfältigsten Veränderungen.
Beispiel Wir beobachten seit ein paar Jahren, dass die Winter weniger Schnee bringen. Sofort geht die
Nachfrage nach Skiern zurück. Dafür können wir nun bis spät in den Herbst hinein Tennis und Golf
spielen. Damit wächst die Nachfrage nach Rackets und Golfausrüstungen. Dort, wo die Nachfrage
schrumpft, wird die Produktion eingeschränkt. Betriebe werden verkleinert oder stillgelegt und
Arbeiter entlassen. In denjenigen Branchen hingegen, wo eine neue kräftige Nachfrage entsteht,
expandieren die Unternehmen und es entstehen neue. Flexible Skifirmen beginnen nun, auf Som-
mersportartikel umzustellen.
Aus einem Wettbewerb gehen Gewinner und Verlierer hervor. Wer an begünstigten Bran-
chen beteiligt ist, sei es durch einen begehrten Beruf, durch günstig gelegenen Boden oder
durch glücklich platzierte Ersparnisse, profitiert. Wer jedoch an schrumpfenden Branchen
beteiligt ist und wem in stagnierenden Gegenden Land gehört (z. B. in niedrig gelegenen
Wintersportorten), wird durch niedrige Löhne und schrumpfende Guthaben bestraft.
Nicht immer verlieren die Unfähigen. Man kann auch einfach Pech haben. Jede Woche
gibt es irgendein Unternehmen, dessen Güter plötzlich nicht mehr gefragt sind, oder Arbei-
terinnen und Arbeiter, deren Beruf durch eine technische Umwälzung verschwindet. Alle
Beteiligten am freien Wettbewerb sind ständig den vielfältigsten Gefahren ausgesetzt. In
einer reinen Marktwirtschaft wäre auch kein Platz für Menschen, die wenig oder nichts
anzubieten haben, weil sie verunfallt, krank, alt oder zu jung sind.
Wen wundert es, dass in der Praxis der Konkurrenzkampf gemildert wird? Und zwar
werden die Marktkräfte nicht nur für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft einge-
schränkt (auf sie kommen wir im 1. Kapitel des folgenden Lernhefts zurück). Vielmehr ver-
suchen fast alle, den unbequemen Wettbewerb möglichst abzuschwächen oder auszu-
schalten.
Gesamtwirtschaftlich gesehen ist der freie Wettbewerb von grossem Nutzen. Er führt zu
guten Leistungen, weil der Marktmechanismus spielt und dafür sorgt, dass die Ressour-
cen dorthin fliessen, wo sie die bestmögliche Verwendung finden.
Für den einzelnen Marktteilnehmer ist der freie Wettbewerb aber unbequem und unsi-
cher — gerade weil Höchstleistungen und ständige Anpassung an veränderte Umstände
verlangt werden.
Aus diesem Grund haben die Marktteilnehmer die Tendenz, den Wettbewerb auszuschal-
ten oder einzuschränken.
So stehen uns Konsumenten immer häufiger nur noch einige wenige Anbieter gegenüber.
Man spricht dann von einem Oligopol (oligos = wenig): In einem Oligopol ist die Gefahr
natürlich gross, dass sich die Konkurrenten auf Kosten der Kunden absprechen. Manchmal
genügt es, seine wenigen Konkurrenten zu beobachten, ihre Gedanken zu erraten und in
Allerdings bedeutet eine Verringerung der Zahl der Firmen nicht immer auch einen gerin-
geren Wettbewerb. Wir beobachten nämlich häufig, dass gerade dort der Wettbewerb am
schärfsten ist, wo nur noch einige wenige Anbieter übrig geblieben sind. So versuchen die
Migros, Coop und Denner, einander in der Qualität zu überbieten und mit den Preisen zu
unterbieten. Beobachten wir Ähnliches auch zwischen Adidas, Nike und Reebok oder zwi-
schen Coca-Cola und Pepsi-Cola? Oder beobachten wir vor allem den Wettbewerb der
Werbung?
Doch gehört weiterhin zum Wettbewerb, Konkurrenten zu besiegen, sie zu ruinieren, sie
an sich zu binden oder sie sich einzuverleiben. Bei anhaltend scharfem Wettbewerb könn-
ten daher immer mehr Konkurrenten wegfallen, bis im Extremfall wie beim Monopoly nur
noch ein einziger als Sieger übrig bleibt. Dieser hat dann als einziger Anbieter ein Monopol
gewonnen.
Marktmacht streben Unternehmen nicht nur auf den Absatzmärkten an, sondern auch
dort, wo sie als Nachfrager auftreten. So profitieren Grossunternehmen von starken Posi-
tionen gegenüber Lieferanten, etwa Nestle oder Coop gegenüber Gemüsebauern, aber
auch Coop gegenüber Nestle.
Streben nach Marktmacht gibt es auf Güter- wie auf Faktormärkten. Auf den Arbeitsmärk-
ten stehen sich häufig nicht einzelne Firmen und einzelne Arbeitskräfte gegenüber. Viele
Unternehmen sind in Verbänden organisiert und als Gegenmacht verbindet sich ein Teil
der Arbeitskräfte in Gewerkschaften. Unternehmerverbände und die Gewerkschaften feil-
schen nun kollektiv um Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Löhne. Kollektive Verhand-
lungen zwischen diesen Sozialpartnern führen oft zum Abschluss eines verbindlichen
Gesamtarbeitsvertrages. Auf einigen Arbeitsmärkten haben wir also den interessanten Fall,
dass sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite versucht, als Kartell aufzutreten.
Kollektive Verhandlungen ergänzen in diesem Falle den Markt; sie bilden ein zusätzliches
gesellschaftliches Entscheidungssystem.
Das Ausschalten von Konkurrenten wird erleichtert, wo grosse Unternehmen billiger pro-
duzieren können als kleine. Wo die Stückkosten mit der Grösse eines Unternehmens sin-
ken, sind grosse Unternehmen im Vorteil.
Wichtige Gründe für sinkende Stückkosten haben wir schon im Kapitel 3.8 des vorherge-
henden Lernhefts kennen gelernt: steigende Skalenerträge und die Möglichkeit, hohe
Fixkosten auf eine grosse Stückzahl zu verteilen.
Wo steigende Skalenerträge und hohe Fixkosten auftreten, beobachten wir einen Trend
zur Unternehmenskonzentration. Gut sichtbar ist er in der Autoproduktion, die neben
steigenden Skalenerträgen auch hohe Entwicklungskosten kennt.
Beim Bau von Atomkraftwerken und Schienenwegen fallen besonders hohe Investitions-
kosten, meist in Milliardenhöhe, an. Ähnlich auch beim Verlegen von Leitungen für Was-
ser, Abwasser, Erdgas und Strom. Sind aber die Leitungen einmal verlegt, kostet es prak-
tisch gleich viel, ob weniger oder mehr Strom durch die Leitung fliesst. In einer solchen
Situation wäre es eine Verschwendung von Ressourcen, wenn mehrere Stromgesellschaf-
ten konkurrierende Netze im gleichen Quartier aufbauen würden.
Wenn der gesamte Markt für ein Gut von einem einzigen Unternehmen kostengünstiger
beliefert werden kann als von zwei oder mehreren Unternehmen, spricht man von einem
natürlichen Monopol.
Der Wettbewerb wird leichter eingeschränkt, wo die Absatzmärkte klein sind. Schon bald
kann da die effiziente Grösse eines Unternehmens grösser sein als der gesamte Markt. Die
Märkte sind vor allem begrenzt, wenn Güter in Kundennähe hergestellt werden müssen.
Dies trifft natürlich bei vielen Dienstleistungen (z. B. Reparaturen, Beratungen) zu oder
auch bei Gütern mit hohen Transportkosten im Vergleich zum Wert des Gutes (z. B. Kies
und Zement). Ein Unternehmen, das auf diese Weise Distanzschutz geniesst, muss sich
nur gegen die Konkurrenz der nächsten Umgebung behaupten. In abgelegeneren Gebieten
geschieht es nicht selten, dass nur noch ein einziger Anbieter (Lebensmittelladen oder
Bauunternehmer) übrig bleibt. Aber auch landesweit gibt es für viele Güter nur noch einen
Anbieter. So wird beispielsweise Zement in der Schweiz praktisch nur noch von einer fest
verbundenen Gruppe von Firmen angeboten, der auch die Zementfabriken im nahen Aus-
land gehören. So wird Zement aus dem ferneren Ausland wegen der im Vergleich zum
Zementwert hohen Transportkosten in der Regel zu teuer.
Um als «Global Player» den weltweiten Wettbewerb einzuschränken, werden weltweite Kar-
telle und Monopole geschaffen. Schlagzeilen machen Fusionen und Firmenübernahmen von
Flugzeug- und Autoherstellern, Flug- und Versicherungsgesellschaften, Banken, Pharma-
und Fernmeldekonzernen. Doch nicht nur Giganten bringen weltweit Märkte unter ihre Kon-
trolle. So liefert das japanische Unternehmen Shimano 90% aller Fahrradschaltungen oder
die St. Galler Firma Spühl deckt 70% des Weltmarktes für Matratzenmaschinen ab.
Bisher wurden nur angebotsseitige Kräfte erwähnt, die den Wettbewerb einschränken.
Doch auch die Nachfrage fördert manchmal Monopolisierungstendenzen:
Heute werden in grossem Umfang Musik, Filme oder Daten gekauft und ausgetauscht.
Dabei konnten wir schon oft beobachten, wie zu Beginn mehrere Unternehmen mit ver-
schiedenen Arten von Datenträgern oder Betriebssystemen konkurrierten. Mit der Zeit
schälte sich aber ein einzelner Gewinner heraus: die VHS-Videokassette, die CD oder Win-
dows. Denn wer ohne Komplikationen kommunizieren will, zieht jenes System vor, das
andere auch benutzen - selbst wenn es vom technischen Standpunkt aus gesehen nicht
das beste wäre.
Monopoltendenzen sind dort besonders gross, wo grosse Unternehmen schon allein durch
ihre Grösse billiger produzieren können als kleine: bei Skalenerträgen dank Massenproduk-
tion und wenn hohe Anfangskosten (durch Forschung, Werbung, Infrastruktur) auf eine
möglichst grosse Stückzahl verteilt werden können. Wo ein einziges, grosses Unterneh-
men am kostengünstigsten produzieren kann, spricht man von einem natürlichen Mono-
pol.
Kartelle, Absprachen und oft auch Fusionen haben den Zweck, eine monopolähnliche Stel-
lung zu erlangen. Welche Folgen das haben kann, wollen wir zuerst am Beispiel des Ange-
botsmonopols untersuchen.
Das Angebotsmonopol
1 Beim Angebotsmonopol steht ein Anbieter den Nachfragern gegenüber. Der Monopo-
list kann deshalb eigenmächtig höhere Preise durchsetzen als bei lästiger Konkurrenz.
Daraus ergibt sich auch schon die erste negative Folge: Der Monopolist erzielt zusätz-
liche Gewinne auf Kosten seiner Kunden.
2. Ist der freie Wettbewerb unter den Anbietern ausgeschaltet, können die Kunden nicht
mehr auf ähnliche Produkte von Konkurrenten ausweichen. Wollen sie die hohen Prei-
se nicht bezahlen, können sie nur noch auf einen Kauf verzichten. Gerade dies muss
aber den Monopolisten schrecken. Er kann darum seine Preise nicht sorglos erhöhen,
sondern er muss berücksichtigen, dass seine Kunden mit Verzicht reagieren könnten.
Je weniger seine Kunden sich einschränken, desto freier kann ein Monopolist seine
Preise erhöhen. Reagiert die Nachfrage mengenmässig wenig auf Preiserhöhungen,
vergrössert sich der Erlös (Preis mal Menge), wenn die Preise steigen. Für einen Mo-
nopolisten lohnt sich eine leicht geringere Menge bei stark höheren Preisen.
Ein Monopolist wird seine Preise so hoch setzen, bis die Nachfrage auf Preiserhöhun-
gen empfindlicher, d. h. preiselastischer, reagiert. Die obere Grenze ist dann erreicht,
wenn die Nachfrage mit höheren Preisen so stark zurückgeht, dass sich der Gewinn (=
Erlös minus Produktionskosten) vermindert. Hier lohnen sich für einen Monopolisten
höhere Preise nicht mehr.
Wichtig ist, dass die Kunden auf monopolistische Preiserhöhungen mit teilweisem
Verzicht reagieren. Das heisst: Bei einem Monopol wird weniger konsumiert, verkauft
und produziert als bei freiem Wettbewerb - kurz: Die Güterversorgung verschlech-
tert sich.
3. Wo der Wettbewerb eingeschränkt ist, fällt oft auch der Anreiz zu verbesserten Leis-
tungen dahin. Dann kommen technisch veraltete Produkte auf den Markt, die Vielfalt
und die Qualität leidet oder der Service ist schlecht. Dafür wird mehr Energie in die Ver-
teidigung der Monopolstellung gesteckt.
Allerdings dürfen Monopole und geringer wirtschaftlicher Fortschritt nicht in jedem
Fall gleichgestellt werden. Gerade die Aussicht auf eine Monopolstellung und Extrage-
winne spornt die Forschung und die Entwicklung von neuen Produkten und Herstel-
lungsverfahren an. Darum schützt der Staat Neuerungen mit Patenten und Copyrights
gegen Trittbrettfahrer und verhilft so erfindungsreichen Firmen zu Monopolstellungen
für einzelne Produkte und Verfahren.
4. Herrscht Wettbewerb, müssen die Entscheide der Unternehmen von einer Vielzahl von
Kunden, Lieferanten, Angestellten und Geldgebern gutgeheissen werden. Die wirt-
schaftliche Macht der Unternehmen wird durch den Wettbewerb begrenzt und kon-
trolliert. Zusammenschlüsse dagegen konzentrieren die Macht in den Bürokratien
von Konzernen. Die Machtballung zeigt sich auch auf den Arbeitsmärkten, wo die Aus-
wahlmöglichkeiten eingeschränkt werden. Zudem verringert sich auch die Vielfalt
von Unternehmenskulturen.
Noch weniger Spielraum hat der Kunde bei einem Gebietskartell, wenn die Kartellmitglie-
der das Marktgebiet unter sich aufteilen. Dann kann er nicht einmal unter verschiedenen
Produkten auswählen. Die Kartellmitglieder haben ja miteinander abgemacht, wer seine
Produkte wo anbietet. Deshalb hat jedes Mitglied in seinem Bereich ein Monopol.
Allerdings stehen Kartelle manchmal vor einem heiklen internen Problem: Die sich abspre-
chenden Firmen sind nicht immer so diszipliniert, wie das eine einzelne Firma sein kann.
Höhere Preise könnten einzelne Kartellmitglieder verführen, mehr Güter als bisher auf den
Markt zu werfen. Höhere Preise verringern aber in der Regel die Nachfrage. Darum müssen
kartellistische Anbieter vielmehr bereit sein, weniger anzubieten als bisher, sonst werden
die überschüssigen Güter zu niedrigen Preisen verhökert und die Preiserhöhung ist dahin.
Kartellmitglieder müssen sich also auf eine Verringerung der Produktion verständigen kön-
nen. Schert ein Kartellmitglied aus und verkauft (durch die hohen Preise verführt) mehr
Güter als abgemacht, senkt das vergrösserte Angebot die Preise und die Kartellabmachung
wird wirkungslos.
Wie schwierig es sein kann, die Kartelldisziplin aufrechtzuerhalten, zeigt die Geschichte
des OPEC-Kartells, die im folgenden Abschnitt erzählt wird. Zudem illustriert diese
Geschichte, dass die Nachfragerinnen und Nachfrager nicht einfach hilflos einem Kartell
ausgeliefert sind. Ist ihre Nachfrage preiselastisch, verringert sich bei andauernd hohen
Preisen die Nachfrage und schwächt so die Stellung des Kartells.
Monopole haben den Zweck, das Geschehen auf Märkten zu beeinflussen, v. a. den Preis
ZU erhöhen. Daraus entstehen die folgenden vier möglichen negativen Folgen:
Kartelle und andere Absprachen führen im Prinzip zu denselben Folgen wie Monopole.
Insbesondere bei preiselastischer Nachfrage lässt sich die Kartelldisziplin nicht immer
leicht aufrechterhalten.
Aufgabe 22 Welches sind die (vier) Folgen von Kartellen und Monopolen?
Aufgabe 29 Der Herausgeber einer Segelzeitschrift überlegt sich, ob er die Preise für sein Heft hinauf-
setzen soll.
A] Welche grundsätzlichen Überlegungen wird der Verlag bei freiem Wettbewerb anstel-
len, d. h. dann, wenn er mit seinem Magazin noch gegen mehrere andere gleichwertige
konkurrieren muss?
B] Was wird er sich ausdenken, wenn er der alleinige Anbieter einer ernst zu nehmenden
Segelzeitschrift ist?
Aufgabe 12 Sind die folgenden Aussagen richtig oder falsch, und warum?
A] Ein Monopolist kann seine Einnahmen immer erhöhen, wenn er seine Preise erhöht.
B] Wenn eine Firma mehr Konkurrenz erhält, wird die Nachfrage nach ihrem Produkt elas-
tischer.
C] Wenn eine Firma ein Monopol hat, muss sie keine Reklame machen, da sie ja keine Kon-
kurrenz hat.
E] Ein Monopolist kann Preis und verkaufte Menge seines Produktes festlegen.
Nun reicht es aber nicht, dass ein Kartell einfach die Preise erhöht. Hohe Preise bieten ja
einen starken Anreiz, mehr zu produzieren. Aber wie würde sich zusätzliches Öl auf dem
Spotmarkt von Rotterdam verkaufen? Natürlich immer noch nach der Regel, wonach ein
grösseres Angebot den Preis sinken lässt. Damit würde auch niemand mehr teures Öl kau-
fen, womit der Erdölpreis schon gesunken wäre. Die Preisvorschrift würde hinfällig. Ein
Kartell kann also nicht einfach die Preise diktieren, es muss auch die Angebotsmenge ent-
sprechend reduzieren.
Wie für jedes andere Kartell auch bestand (und besteht auch heute noch) für die OPEC das
Hauptproblem darin, ihre Mitglieder zu einer Verringerung der angebotenen Menge zu
bringen. Jedes Land erhielt deshalb eine Quote zugeteilt mit der erlaubten Fördermenge.
Für den Fall, dass sich einzelne OPEC-Mitglieder nicht an ihre Quote halten würden, baute
die OPEC sogar eine Sicherung ein. Saudi-Arabien und die Golfscheichtümer erklärten sich
bereit, ihre Produktion stärker als vereinbart zu drosseln, falls das Angebot auf den Ölmärk-
ten grösser würde als vorgesehen. Jedes Land erhielt deshalb eine Quote zugeteilt mit der
erlaubten Fördermenge. Hielten sich einzelne Länder nicht daran, verringerten Saudi-Aar-
abien und die Golfscheichtümer ihre Produktion stärker als vereinbart.
Wurde die Mengenverringerung durch die Politik der Golfstaaten einerseits erleichtert,
wurde sie anderseits erschwert, weil nicht alle Erdöl exportierenden Länder der OPEC ange-
hörten. Diese Länder (England, Norwegen und vor allem Mexiko) nutzten nun ungehemmt
die Zeiten mit hohen Preisen und förderten so viel Öl wie möglich. Der hohe Preis gab auch
den Anreiz, neue Quellen zu erschliessen. Mit steigender Erdölförderung sank der Erdölpreis
wieder - vor allem auch relativ zu den Preisen für andere Güter, die in dieser Zeit stark anstie-
gen und bis 1978 die Erdölpreise fast wieder eingeholt hatten. 1978 hatte der relative oder
inflationsbereinigte Erdölpreis deshalb fast wieder das Niveau von 1973 erreicht.
1979 wurde dann allerdings eine neue Ölpreisrunde eingeläutet: Der Ausbruch des Krieges
zwischen Irak und Iran verknappte schlagartig das Angebot an Erdöl und gab der OPEC die
Möglichkeit, sich neu zu formieren. Die neue Förderdisziplin stellte das inflationsbereinigte
Niveau der Rohölpreise vom Januar 1974 wieder her. Doch auch dieses Mal wiederholte
sich der gleiche Mechanismus: Obwohl alle Erdöl exportierenden Länder von den hohen
Preisen profitierten, wollten einige noch etwas mehr profitieren. Die Krieg führenden Staa-
ten Irak und Iran steigerten ihre Produktion, die Golfstaaten drosselten zwar, doch die
Nicht-OPEC-Mitglieder weiteten ihre Mengen weiterhin aus. Hatten die OPEC-Staaten
1973 noch einen Anteil von 53% an der gesamten Erdölproduktion, waren es 1984 noch
32 `)/0. 1985/86 halfen aber all diese Drosselungsmassnahmen nichts mehr. Der Erdölpreis
sank auf ein inflationsbereinigtes Niveau, das tiefer war als das von 1973. Erst seit 1998
gelingt es der OPEC wieder - diesmal mit Hilfe von Mexiko und drei weiteren unabhängi-
gen Produzenten - die Fördermenge zu beschränken und den Erdölpreis anzuheben.
Dies ist kurz die Geschichte der Angebotsseite. Doch es ist ebenso wichtig, wie die Nach-
frager reagieren. Selbst wenn die Disziplin der Anbieter hundertprozentig wäre, könnten
die Kartellisten oder Monopolisten nicht übertreiben. Denn wenn Nachfragerinnen und
Nachfrager auf das verteuerte Gut nicht in einer fixen Menge angewiesen sind, sollten sie
zugunsten von anderen Gütern ausweichen können.
[3-1] Die Wirkung der Heizölpreise auf den Verbrauch in der Schweiz
Index
1970 = 100
250 -
Heizölpreise
inflationsbereinigt
200
150
100
Heizölkonsum
50 1 1 1 1 1 1 1 1 1 I 1 1 I 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 I
In der Grafik sind die inflationsbereinigten Heizölpreise abgebildet, das heisst die Heizölpreisent-
wicklung im Vergleich zur allgemeinen Preisentwicklung (Quelle: Schweizerische Gesamtenergie-
statistik).
Aufgabe 3 Was haben Monopole und Kartelle gemeinsam, welches sind die Unterschiede?
Aufgabe 9 Die Ölpreiserhöhung der OPEC in den Jahren 1973-1979 ist ein Musterfall für die Funkti-
onsweise von Kartellen und die Reaktion der Nachfrager. Beantworten Sie deshalb die fol-
genden Fragen aufgrund des Texts.
A] Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Kartell Preiserhöhungen über-
haupt durchsetzen kann? (2 Voraussetzungen)
B] Mit welchen Massnahmen versuchte die OPEC die Voraussetzungen zu schaffen und zu
erhalten?
C] Weshalb scheiterte die OPEC?
D] Wie haben die Nachfrager auf das Vorgehen der OPEC reagiert?
1] Haben wir damit die Preiselastizität der Heizölnachfrage berechnet? Nicht genau. In den meisten Jahren hat ja die Zahl
der Einwohner sowie auch deren Einkommen zugenommen, und beides liess die Nachfrage wieder ansteigen. Die Wir-
kung der Preiserhöhung allein wäre also grösser, d. h., die Preiserhöhung um 10% allein führt zu einem mengenmässi-
gen Rückgang von mehr als 2,5%.
Erinnern wir uns nochmals an die vierfach negative Wirkung von Monopolen, Kartellen und
Absprachen: (1) Unternehmen machen zusätzliche Gewinne auf Kosten der Kunden, (2)
weniger Güter werden gekauft und produziert, (3) der Anreiz zu guten Leistungen wird klei-
ner und (4) die wirtschaftliche Macht konzentriert sich in weniger Händen. Es ist daher ver-
ständlich, dass der Staat als Wahrer des Gesamtinteresses gegen Monopole und Kar-
telle einzuschreiten versucht, d. h. Wettbewerbspolitik betreibt. So kennen die meisten
Staaten Gesetze gegen Monopole und Kartelle. Die Wettbewerbspolitik ist allerdings nicht
überall gleich konsequent:
• Staaten, die eine aktive Wettbewerbspolitik betreiben, haben eine Verbotsgesetzge-
bung; Kartelle oder monopolähnliche Zusammenschlüsse sind grundsätzlich verboten
und nur ausnahmsweise zugelassen. Andere Staaten haben eine Missbrauchsgesetz-
gebung, die Kartelle grundsätzlich zulässt und sie erst verbietet, wenn man ihnen
Schädlichkeit nachweisen kann.
Bekannt ist die strenge Antitrust-Gesetzgebung in den USA, eine Verbotsgesetzge-
bung, die oft zu spektakulären Prozessen führt. Auch die EU führt eine aktive Wett-
bewerbspolitik, ist doch die EU bis jetzt vor allem eine Staatengemeinschaft zur Ver-
stärkung des Wettbewerbs. Hier muss ein Kartell selber nachweisen, dass es volks-
wirtschaftlich nicht schädlich ist, bevor es zugelassen wird. Die EU und die EU-Staaten
haben also Verbotsgesetzgebungen.
• In der Schweiz waren bis vor kurzem Kartelle und kartellähnliche Organisationen
grundsätzlich zugelassen. Nur gegen groben Missbrauch von Marktmacht wurde vor-
gegangen. Dabei musste man einem Kartell nachweisen können, dass es volkswirt-
schaftlich schädlich war, bis es verboten wurde. Da die schweizerische Kartellbehörde
kaum nach Schädigungen suchte, gehört die Schweiz zu den kartellreichsten Ländern
der Welt.
Erst seit sich die Schweiz stärker im Spiegel Europas sieht, beginnt auch sie stärker ge-
gen Kartelle vorzugehen. Anders als in der EU und in den USA führen aber erstmals
aufgedeckte Verstösse gegen das schweizerische Wettbewerbsrecht noch nicht zu
Sanktionen. Erst im Wiederholungsfall können die Kartellmitglieder gebüsst wer-
den. Auch die aus dem Kartell gezogenen Gewinne werden nicht abgeschöpft; dafür
wäre ein Zivilverfahren nötig.
Ein Verbot ist allerdings nur wirksam, wenn man seine Einhaltung auch kontrollieren und
durchsetzen kann. Das setzt eine mit den entsprechenden Kompetenzen und genügend
Personal ausgestattete Behörde voraus. Zu den Kompetenzen der Wettbewerbsbehörde
gehört, dass sie die Umgehung des Kartellverbots, z.1313. durch Firmenzusammenschlüsse,
verhindern kann. So müssen in der Regel Fusionen bewilligt werden. Welch schwierige
Fragen Fusionen aufwerfen, können Sie immer wieder in den Medien verfolgen. So
machen Fusionspartner regelmässig Synergien geltend: Anders als Kartelle ermöglichten
Fusionen steigende Skalenerträge, was nicht nur volkswirtschaftlich sinnvoll sei, sondern
auch nötig, um im Konkurrenzkampf zu bestehen.
Auch in der Schweiz schützt der Staat selber einzelne Gruppen und Branchen vor dem
rauen Wind des Wettbewerbs - und nimmt damit in Kauf, dass der Gesamtwohlstand dar-
unter leidet:
• Eine klassische Massnahme sind Importzölle, mit denen inländische Produzenten vor
dem weltweiten Wettbewerb geschützt werden. Allerdings sind heute die Importe aus
der EU (die etwa zwei Drittel der schweizerischen Warenimporte ausmachen) zollfrei
und für den übrigen internationalen Handel werden die tarifären Hemmnisse im Rah-
men der VVorld Trade OrganisationANTO abgebaut. So werden zwischen den
VVTO-Mitgliedern für Industrieprodukte im Durchschnitt noch etwa 4% des Waren-
wertes als Zollabgabe bezahlt. Doch im Agrarbereich gibt es Zollkontingente: Bis zu ei-
ner bestimmten Einfuhrmenge ist der Zoll niedrig; doch alle Importe, die darüber hin-
ausgehen, werden mit einem sehr hohen Zoll belastet.
• Weit verbreitet waren Mengenbeschränkungen oder gar Einfuhrverbote (v. a. für land-
wirtschaftliche Produkte). Subtiler sind administrative Schikanen oder vom Ausland
abweichende Produktnormen, die es erschweren, ausländische Produkte zu kaufen
(z. B. für Medikamente oder Automobile). Die VVTO-Ordnung verlangt seit 1995 zwar
die völlige Beseitigung der nichttarifären Hemmnisse. Doch es ist schwierig, diese Ver-
einbarung praktisch durchzusetzen.
Internationaler Handel intensiviert den Wettbewerb. Der Umfang der möglichen Kon-
kurrenten wird erweitert. Ausländische Konkurrenten können jederzeit in Märkte eindrin-
gen und marktmächtige nationale Anbieter konkurrenzieren. Die Liberalisierung des Welt-
handels ist eine wirksame Wettbewerbsstrategie.
Zum Schluss dieses Abschnittes möchten wir Sie auf einen weiteren Aspekt der Wettbe-
werbspolitik aufmerksam machen, nämlich den Schutz des lauteren Wettbewerbs.
Sicher erinnern Sie sich an Adam Smith, der gefordert hat, dass sich die Wirtschaftsteil-
nehmer im Wettbewerb von sittlichen Gefühlen leiten lassen. Etwas davon versucht der
Staat mit seiner Gesetzgebung gegen den unlauteren Wettbewerb zu gewährleisten. Ziel
ist, ein Minimum an Fairness der Konkurrenten unter sich und der Konkurrenten gegenü-
ber ihren Kunden sicherzustellen.
Als Vertreter des Gesamtinteresses betreibt der Staat Wettbewerbspolitik. Eine aktive
Wettbewerbspolitik hat das Ziel, den freien Wettbewerb zu fördern und Wettbewerbs-
beschränkungen zu verhindern. Dazu gehören folgende Massnahmen:
• Die staatliche Wettbewerbsbehörde überwacht die Märkte, bekämpft Absprachen
und Kartelle und versucht die Bildung von Monopolmacht einzuschränken.
• Weiter kann der Staat die Konkurrenzsituation verbessern, wenn er die Märkte gegen
aussen öffnet. Offene Grenzen erschweren die Möglichkeiten von Monopolen, Kartel-
len und Absprachen im Inland.
• Der Staat kann auch seine eigenen Schutzmassnahmen zugunsten einzelner Bran-
chen und Gruppen abbauen.
• Der Staat sorgt mit Hilfe der Gesetzgebung gegen den unlauteren Wettbewerb für
ein Mindestmass an Fairness im Wettbewerb zwischen Konkurrenten und zwischen
Anbietern und Nachfragern.
Aufgabe 15 Was kann ein Staat tun, wenn er eine effiziente Wettbewerbspolitik betreiben will?
Aufgabe 20 Die EU-Behörden verwenden sehr viel Zeit und Energie darauf, die technischen Normen
unter ihren Mitgliedstaaten in Einklang zu bringen. Weshalb ist das so wichtig?
Aufgabe 33 Im Vorfeld der schweizerischen EVVR-Abstimmung von 1992 untersuchten die VVTO, die
OECD und das WVVZ der Uni Basel einen Teil der kartellierten und geschützten Branchen
in der Schweiz: Sie förderten damals rund 20 Mrd. Fr. an Extragewinnen zu Tage: Etwa 9
Mrd. Fr. bezahlten Steuerzahler zu viel, weil Bund, Kantone und Gemeinden überhöhte
Preise für Bauten, SBB-Rollmaterial, PH-Ausrüstungen, Uniformen, Büromaterial, Büro-
möbel, Schulbänke, Geräte und Medikamente für die Spitäler bezahlten. Weitere 7 Mrd. Fr.
bezog die Landwirtschaft über höhere Preise und Subventionen. Zudem schotteten eine
Reihe von schweizerischen Normen und Zulassungsbestimmungen die einheimischen
Märkte gegen aussen ab. Die Liste der davon betroffenen Produkte reichte von Automobi-
len, landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Baumaschinen über Pestizide und Dünger bis hin
zu Telefonapparaten, Küchenausrüstungen und Nahrungsmitteln. Allein beim Autoimport
bezahlten die Schweizer alljährlich rund 500 Millionen Fr. zu viel.
Im letzten Abschnitt haben wir gesehen, dass Märkte nur befriedigend funktionieren kön-
nen, wenn einer Vielzahl von Anbietern eine Vielzahl von Nachfragern gegenübersteht. Das
allein genügt jedoch nicht. Ebenso wichtig ist, dass Verkäuferinnen und Verkäufer sowie
Käuferinnen und Käufer über das Geschehen auf den Märkten möglichst gut informiert
sind. Je transparenter das Marktsystem, desto besser kann es funktionieren.
Aber wie einfach ist es, sich auf unseren Märkten zu informieren? Wie steht es mit der
Transparenz auf unseren Märkten?
• Wie oft sind Sie von einem Kauf enttäuscht, weil Sie im Laden noch andere Vorstellun-
gen über die Qualität des Gutes hatten oder zu wenig über die Preise an anderen Orten
wussten? Heute werden Badmintonschläger für Fr. 8.— verkauft, die an einem Nach-
mittag kaputt gehen. Würden informierte Käufer solche Schläger kaufen, wenn sie das
wüssten? Ausser als Geschenk für jemanden, den sie ärgern wollen?
• Durch vermehrten Wettbewerb sind die Angebote von Banken, Autoversicherungen
oder Krankenkassen sehr vielfältig geworden. Wie finden Sie sich damit zurecht?
• Wie beurteilen Sie die Reparaturanfälligkeit eines Occasions-Autos? Wie wissen Sie,
ob der alte Wagen den Preis wert ist oder ob das gleiche Modell mit 10 000 km weni-
ger doch besser wäre, obwohl es Fr. 2 000.— mehr kostet? Viele Leute werden durch
solche Unsicherheiten davon abgehalten, überhaupt an eine Occasion zu denken, ob-
wohl das Preis/Leistungs-Verhältnis bei einem Gebrauchtwagen oft besser ist als bei
einem Neuwagen.
• Wie viele Arbeitsplätze schauen Sie sich jeweils an, bevor Sie sich für eine neue Stelle
entscheiden? So viele, bis Sie wirklich die interessanteste Arbeit mit dem besten Ar-
beitsklima und den besten Aufstiegsmöglichkeiten gefunden haben? Und bewahrhei-
ten sich jeweils Ihre vorher gesammelten Informationen?
• Schon mehrfach sind uns die Informationsprobleme auf spekulativen Märkten begeg-
net: Sind Liegenschaften oder Aktien unter- oder überbewertet? Ist die Zeit reif für Zu-
oder Verkäufe? Oft kann sich ein Spekulant nicht auf seine eigene Einschätzung der
«fundamentals» verlassen. Vielmehr richtet er sich nur noch danach, was er von ande-
ren Spekulanten erwartet, er schielt seitwärts. Informationsprobleme sind also ein zen-
traler Grund für das (schon im Kapitel 3.7 des vorhergehenden Lernhefts und in den Ka-
piteln 1.3.3, S. 17 und 1.4, S. 20 behandelte) Herdenverhalten von Spekulanten.
Die Beispiele zeigen, dass es nicht immer einfach und bequem ist, sich auf einem Markt zu
informieren. Es kann zeitraubend und teuer sein, sich alle Informationen über alle erfolg-
versprechenden Varianten zu beschaffen. Da geben wir uns vernünftigerweise meist mit
einem Kauf oder Verkauf zufrieden, bei dem wir uns zwar ein Stück weit informiert haben,
ohne aber einen Gesamtüberblick erlangt zu haben. Manchmal verzichten wir darum auch
ganz auf einen Kauf.
Leicht zugänglich sind in der Regel die Werbeinformationen. Zwar sind wir uns alle
bewusst, dass Verkäufer verkaufen wollen. Wir sind darum skeptisch gegenüber Behaup-
tungen der Werbung. Allgemein können wir auf Märkten nur zielgerichtete, im eigenen
Interesse manipulierte Informationen erwarten. Mitteilungen werden von Unternehmen
ausgestreut, um im Wettbewerb zu bestehen.
Je stärker sich ein Unternehmen im Wettbewerb befindet, desto besser muss es sich über-
legen, welche Informationskosten es den Kunden abnehmen soll. So finden selbst die
respektablen Apotheken immer weniger Geld für echte Kundeninformation. Die meisten
vermieten ihre Schaufenster den Pharmaunternehmen. Sie sparen so die Kosten der
Schaufensterdekoration und sind zudem am Umsatz der propagierten Produkte beteiligt.
Das alles heisst nun aber nicht, dass Werbeinformationen für den Käufer immer wertlos
oder irreführend sind. Schauen Sie in einer Zeitung nach: Ein rechter Teil der Werbung gibt
Ihnen Informationen über Preise, oft über Sonderangebote. Das Gleiche gilt für Werbung
in Lokalradios oder in der Direktwerbung. Eine Preissenkung lohnt sich eben nur, wenn
damit bei möglichst vielen neuen potenziellen Kunden Reklame gemacht wird.
Interessant ist auch, was in der Werbung nicht behauptet wird. So gibt es z. B. keine But-
terreklame, die über Cholesterin Auskunft gibt — dafür wird in der Margarinewerbung der
geringe Cholesteringehalt betont. (Noch mehr zur Werbung im nächsten Abschnitt.)
Interessant ist, dass z. B. in den Tests von Kameras oder Hi-Fi-Anlagen qualitativ bessere
Geräte in der Regel auch teurer sind. Hier haben ein hoher Informationsstand vieler Käufer
und ein hart umkämpfter Markt dazu geführt, dass die Preise offenbar etwa der Leistung
des Gerätes entsprechen. Das gilt ganz allgemein: Auf Märkten mit funktionierendem
Wettbewerb und vielen informierten Teilnehmern haben die Preise einen hohen Infor-
mationsgehalt. Der eilige Käufer muss sich hier kaum mehr speziell informieren, er kann
sich an die Preise halten — die besseren Güter sind einfach auch teurer. Als Trittbrettfahrer
profitiert der eilige Käufer von den Informationsleistungen anderer.
Anders ist die Lage bei Produkten mit verborgeneren Qualitätsunterschieden. Hier haben
die Preise wenig Informationsgehalt.
Beispiel Geringe Markttransparenz herrscht bei Kosmetika. Hier hat ein Warentest aus dem Jahre 1991
ergeben, dass die Preise überhaupt nicht der Qualität entsprechen. Getestet wurden 17 Gesichts-
cremen zwischen Fr. 16.- und Fr. 383.- pro 100 ml. Das Resultat: Die billigste Creme wurde
zugleich als die beste beurteilt, gefolgt von vier weiteren Produkten zu Preisen zwischen Fr. 62.50
und Fr. 190.-, die auch noch als gut beurteilt wurden. Die teuerste Creme, die eigentlich mit
Abstand die beste hätte sein müssen, befindet sich nicht unter den als gut beurteilten Produkten.
Kritisiert wurden weiter die Produktionsdeklaration und die übergrossen Verpackungen, die teil-
weise erheblich mehr Inhalt versprachen, als tatsächlich vorhanden war. Bei sieben der 17 getes-
teten Produkte betrug der Cremeanteil bezogen auf das Gesamtvolumen nur 30-45°A.
Fazit: Für einzelne Individuen lohnt es sich oft nicht, alle nötigen Informationen selber
zusammenzusuchen. Darum springen hier kommerzielle Medien und Interessenverbände
in die Lücke. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Markttransparenz.
Weil der Markt bei der Informationsvermittlung versagen kann, weil profitorientierte Unter-
nehmen versucht sein könnten, mit der Wahrheit ökonomisch umzugehen, hat der Staat
immer grössere Kontroll- und Informationsaufgaben übernommen. Denn der Staat kann
eher öffentlich überwacht werden und er ist der Öffentlichkeit gegenüber verantwortlich:
• So prüft der Staat nicht nur Medikamente, sondern auch Nahrungsmittel, die Qualität
des Trinkwassers, Personenaufzüge oder die Sicherheit von Arbeitsplätzen. Um diese
Kontrollen ausführen zu können, setzt der Staat auch Qualitäts- und Sicherheitsstan-
dards, die öffentlich ausgehandelt und festgesetzt werden.
• Um mehr Transparenz zu erreichen, verlangt der Staat, dass Chemikalien und verarbei-
tete Nahrungsmittel mit der genauen Zusammensetzung versehen sind, oder er ver-
sucht, Mogelpackungen zu verbieten.
• Weiter sind die Verkaufsläden verpflichtet, die Preise ihrer Waren im Schaufenster an-
zuschreiben, so dass der Vergleich erleichtert wird.
• Zudem gibt es Regeln über die «allgemeinen Geschäftsbedingungen» = Kleingedruck-
tes in Verträgen.
• Mit der Revision des Aktienrechts Anfang der 90er Jahre wurde ein altes Postulat ver-
wirklicht: Die finanzielle Lage von Aktiengesellschaften sollte durch verschärfte Vor-
schriften der Rechnungslegung für Aktionäre transparenter werden. Auf diese Weise
hat die schweizerische Gesetzgebung einen bedeutenden Schritt in Richtung der
Rechnungslegungsstandards anderer Staaten getan.
Allerdings sorgt in der Schweiz der Staat nicht immer für grössere Transparenz:
• So dürfen die bezahlten Preise für einzelne Grundstücke von den Ämtern der meisten
Kantone nicht bekannt gegeben werden. In der Schweiz erlauben nur gerade die Kan-
tone Genf, Neuenburg und Solothurn die Veröffentlichung der bezahlten Preise. Die
Undurchsichtigkeit auf dem Bodenmarkt ist also gesetzlich geschützt. Und Vorstösse,
dies zu ändern, wurden bisher von den politischen Instanzen abgelehnt. Diese Geheim-
haltung ermöglicht Insidern lukrative Geschäfte. Professionelle Liegenschaftenhändler
machen sich die Undurchsichtigkeit der Bodenmärkte und die Unerfahrenheit von Ver-
käufern und Käufern zunutze. Die Händler kaufen den Boden unter dem gängigen, aber
nicht allgemein bekannten Marktpreis, um ihn dann zum Marktpreis weiter zu verkau-
fen.
• Auf dem Arbeitsmarkt werden Informationen über Löhne oft genug wie ein Staatsge-
heimnis gehütet - zum Nachteil der Angestellten, denn die Unternehmen sind sehr wohl
über die marktübliche Bezahlung informiert. Ganz anders in angelsächsischen Ländern:
Dort sind in der Regel Stellenangebote in Zeitungen mit Gehaltsofferten versehen.
Damit Märkte funktionieren können, muss Transparenz herrschen, so dass sich Anbieter
und Nachfrager über die jeweiligen Marktbedingungen informieren können.
Auf transparenten Märkten haben die Preise einen hohen Informationsgehalt. Preisun-
terschiede zwischen Konkurrenzprodukten widerspiegeln dann Qualitätsunterschiede.
Aufgabe 28 Welche wichtige Funktion verlieren Preise auf wenig transparenten Märkten?
Aufgabe 31 Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichen immer wieder Umfragen zu den Salären, die in
bestimmten Berufen bezahlt werden. Inwiefern tragen sie dadurch zur Transparenz des
Arbeitsmarktes bei?
Erinnern Sie sich an das 1. Kapitel des vorhergehenden Lernhefts, an die maslowsche
Bedürfnispyramide, in der die menschlichen Bedürfnisse in fünf Schichten angeordnet
sind, die körperlichen Bedürfnisse an der Basis und darüber jene nach Sicherheit, Zugehö-
rigkeit, Achtung und Selbstverwirklichung? Um alle diese Bedürfnisse zu befriedigen, pro-
duzieren wir Güter. Wir können die Bedürfnisse aller Stufen mit Gütern befriedigen, auch
jene der oberen Stufen der Pyramide.
Wofür wird hier geworben? — Für eine Ware oder um uns das Gefühl zu geben, nur mit Calvin Klein
gelten wir etwas? Foto: Comet
Zwar halten die Werber das Bild vom mündigen Bürger hoch. Rechnen sie damit, dass ein
Bürger umso leichter zu beeinflussen ist, je überzeugter er von seiner Mündigkeit ist? Sind
die Chancen für suggestive Wirkungen nicht dort höher, wo die Umworbenen glauben,
dem Einfluss der Werbung widerstehen zu können?
Indem die Werbung versucht, die Mündigkeit der Marktteilnehmer zu verringern, ist sie
daran, eine wichtige Grundlage des Marktmechanismus zu zerstören. Dort, wo es den Pro-
duzenten gelingt, den Käufern eine Nachfrage aufzuschwatzen, verändern die Märkte ihre
Rolle. Auf solchen Märkten werden nicht mehr unsere Bedürfnisse möglichst gut befrie-
digt, sondern Löcher aufgerissen, damit die Produktion sie stopfen kann.
Fazit - eine grössere Güterproduktion führt zwar in der Regel zu einer besseren Erfüllung
unserer Konsumwünsche. Aber wir können nicht naiv davon ausgehen, eine grössere
Gütermenge befriedige auch automatisch unsere Bedürfnisse besser. Denn welcher Anteil
unserer ständig wachsenden Konsumwünsche geht von uns selber aus und welcher Anteil
wird von jenen Leuten herangezüchtet, die uns etwas verkaufen wollen? Darüber kann
man nur streiten.
Fragen wir zum Schluss, was der Staat als Vertreter des Gemeinwohls hier tun kann:
Wir können uns von vornherein vorstellen, dass es nicht viel sein kann, da hier Werturteile
eine besonders grosse Rolle spielen. Trotzdem gibt es ein paar wenige Gebiete, in denen
sich Mehrheiten für Beschränkungen gefunden haben:
1] Andererseits schützt bei uns der Staat die Unternehmen vor den Werbeangriffen unzufriedener Konsumenten. Anders
in den USA: Dort dürfen Konsumentenorganisationen Unternehmen mit Werbung angreifen, so etwa mit dem Slogan
«McDonald's, deine Hamburger sind zu fett!».
Besonders besorgt um die schwachen Seiten seiner Bürger ist der Staat bei einigen Pro-
dukten, die süchtig machen:
• Werbung für Medikamente ist in fast allen Staaten nur eingeschränkt erlaubt. In der
Schweiz ist die Werbung für rezeptpflichtige und von den Krankenkassen bezahlte Me-
dikamente verboten.
• Als härteste Massnahme kann der Staat auch die Herstellung und den Verkauf eines
schädlichen Produkts verbieten. So sind in den meisten westlichen Staaten jene Dro-
gen verboten, die als kulturfremd angesehen werden, wie Kokain, Heroin oder auch
Haschisch. Im Kanton Zürich wurden in zwei Volksabstimmungen 1990 und 1994 die
Geldspielautomaten verboten, weil diese die Spieler in Suchtabhängigkeit bringen kön-
nen.
Eine Aufgabe der Werbung ist es, die Marktteilnehmer zu informieren. In diesem Sinne
hat die Werbung eine nützliche Funktion in der Marktwirtschaft.
Doch nicht immer versucht Werbung, bloss zu informieren. Oft versucht sie, die Marktteil-
nehmer mit suggestiven Bildern zu manipulieren. Wie erfolgreich sie dabei ist, ist sehr
umstritten. Gelingt es jedoch einem Anbieter, den Käufern eine Nachfrage aufzuschwat-
zen, verändern die Märkte ihre Rolle. Auf solchen Märkten werden nicht mehr Bedürfnisse
möglichst gut befriedigt, sondern Löcher aufgerissen, damit die Produktion sie stopfen
kann.
Aufgabe 6 A] Welches sind die drei Hauptgründe, dass viele Märkte kaum dem Ideal eines freien
Marktes entsprechen?
Zusammenfassung
ZUSAMMENFASSUNG
Die reine Marktwirtschaft
In einer reinen Marktwirtschaft stehen sich die beiden Akteur-Gruppen Unternehmen und
Haushalte gegenüber. Sie sind durch die Gütermärkte und die Faktormärkte miteinan-
der verbunden.
Auf den Gütermärkten sind die Haushalte Nachfrager und die Unternehmen Anbieter. Die
Haushalte erwerben mit den auf den Faktormärkten erzielten Erlösen die Güter, die die
Unternehmen anbieten.
Auf den Faktormärkten stellen die Haushalte den Unternehmen ihre Produktionsfaktoren
gegen Entgelt zur Verfügung. Hier sind also die Haushalte Anbieter, und die Unternehmen
Nachfrager. Gehandelt wird
• Arbeitskraft gegen Lohn auf den Arbeitsmärkten,
• Kapital gegen Zins auf den Kapitalmärkten und
• Boden gegen Bodenrente auf den Bodenmärkten.
• Der vierte Produktionsfaktor, die Umweltgüter, wird kaum auf Märkten gehandelt. Er
kann heute meist gratis benützt werden. Das ist eine Einladung zur Verschwendung.
Für verhältnismässig wenig Nutzen wird gesamthaft gesehen grosser Schaden ange-
richtet.
Moderne Volkswirtschaften sind eng mit dem Ausland verflochten, sowohl mit den aus-
ländischen Gütermärkten als auch mit den ausländischen Faktormärkten. Daher fliessen
Güter- und Geldströme vom Ausland ins Inland und vom Inland ins Ausland.
Geldströme
Arbeitsmärkte
Arbeit gegen Lohn
Kapitalmärkte
Kapitalgüter gegen Zins
Bodenmärkte
Boden gegen Bodenrente
Exporte
Umweltgüter Umweltgüter
Gütermärkte
Konsumgüter und neue
Kapitalgüter gegen
In einem reinen Marktsystem sorgt der Marktmechanismus dafür, dass mit den knappen
Ressourcen ein möglichst gutes und qualitativ befriedigendes Güterangebot geschaffen
wird. Der Marktmechanismus wirkt als unsichtbare Hand, die das Verhalten der Haus-
halte und der Unternehmen lenkt.
• Was wird produziert? Die Unternehmen stellen die Güter her, die sich am besten ver-
kaufen lassen. Das sind die Güter, bei denen die Haushalte mit ihrer Nachfrage am
deutlichsten ihre Bedürfnisse ausdrücken.
• Wie wird produziert? Die Unternehmen produzieren mit Hilfe der Produktionsfakto-
ren, die am wenigsten Kosten verursachen. Dadurch werden keine Ressourcen ver-
schwendet, was insgesamt zur grösstmöglichen Gütermenge führt.
• Für wen wird produziert? Die Haushalte erzielen ihr Einkommen, indem sie den Un-
ternehmen ihre Produktionsfaktoren zur Verfügung stellen. Je gefragter diese sind
und je mehr sie anzubieten haben, desto höher fällt das Einkommen aus und desto
mehr können sie konsumieren.
ZUSAMMENFASSUNG
Theoretisch würde ein reines Marktsystem also automatisch die drei volkswirtschaftlichen
Grundfragen beantworten. In der Realität haben Marktsysteme aber Schwachstellen, in
denen der Marktmechanismus versagt oder unerwünschte Resultate bringt.
Externe Effekte führen das Marktsys- Der freie Wettbewerb wird oft einge-
tem in die Irre. schränkt oder gar ausgeschaltet.
3. .
Bei Konjunkturschwankungen arbei- Das Marktsystem bietet in den Augen
tet die «unsichtbare Hand» nicht mehr vieler nicht genügend Sicherheit und
mit einem akzeptablen Resultat. Gerechtigkeit.
Externe Effekte sind Nachteile oder Vorteile, die während der Produktion oder des Kon-
sums von Gütern bei aussen stehenden Dritten anfallen. Erleiden aussen stehende Dritte
Nachteile, spricht man von externen Kosten, erlangen aussen stehende Dritte Vorteile, von
externen Nutzen.
Externe Effekte wirken am Markt vorbei und sind deshalb in den Marktpreisen nicht ent-
halten. Das bedeutet:
• Externe Kosten werden auf aussen stehende Dritte abgewälzt, ohne dass diese dafür
entschädigt werden.
• Externe Nutzen kommen aussen stehenden Dritten, den Trittbrettfahrern, zugute, ohne
dass diese dafür bezahlen müssten.
Güter ohne nennenswerte externe Effekte nennt man private Güter - Güter mit überwie-
gend externen Nutzen öffentliche Güter.
Die Urheber von externen Kosten kommen nicht für alle Kosten ihres Tuns auf. Sie dehnen
darum ihre Aktivitäten aus volkswirtschaftlicher Sicht zu weit aus und verursachen damit
vor allem die bekannten Umweltschäden. Die Kosten sind gesamthaft gesehen grösser als
die gestifteten Nutzen.
Umgekehrt können die Urheber von externen Nutzen die Trittbrettfahrer nicht zur Kasse
bitten. Sie dehnen darum ihre Aktivitäten zu wenig weit aus. Aufgrund der Marktgeschäfte
würden zu wenig Güter mit externen Nutzen produziert.
Externe Kosten auszuschalten ist Aufgabe des Staates. Drei Instrumente stehen dafür zur
Verfügung:
• Mit Appellen an die Eigenverantwortung wird versucht, die Verursacher von exter-
nen Kosten zu einem bewussteren Verhalten zu bringen. Wegen der Freiwilligkeit ist
die Wirkung solcher Massnahmen in der Regel gering. Ihre Bedeutung liegt eher darin,
ein Problembewusstsein zu schaffen.
• Der Staat stellt Verbote und Gebote auf. Im Unterschied zu Appellen werden solche
Vorschriften von den Behörden überwacht, und Gesetzesverstösse werden im Prinzip
mit Strafe belegt. Der Nachteil solcher Massnahmen: schwerfällige Verfahren zum Er-
lass und aufwendiger Vollzug.
• Der Staat trifft Massnahmen zur Internalisierung externer Kosten. Auf diese Weise
fliessen die externen Kosten in den Marktpreis der Güter ein, so dass der Marktmecha-
nismus automatisch für den bestmöglichen Einsatz der Ressourcen sorgt.
Der Staat sorgt für die Herstellung von Gütern mit grossen externen
Nutzen
Güter mit überwiegenden externen Nutzen werden von privaten Unternehmen nicht oder
nicht in genügendem Umfang angeboten. Der Grund: Es kommen nicht nur diejenigen in
den Genuss solcher Güter, die bezahlt haben, sondern auch Trittbrettfahrer profitieren.
Die Marktteilnehmer han- Die Märkte sind transpa- Eine möglichst grosse Zahl
deln autonom und selbst- rent. Anbieter und Nachfra- von Anbietern steht einer
bestimmt. ger sind über das Marktge- möglichst grossen Zahl von
schehen informiert. Nachfragern gegenüber.
ZUSAMMENFASSUNG
Massnahmen dagegen
Für die Marktteilnehmer ist der freie Wettbewerb unbequem und unsicher, weil er Höchst-
leistungen und ständige Anpassungen an veränderte Umstände verlangt. Aus diesem
Grund haben Marktteilnehmer die Tendenz, den Wettbewerb zu verringern oder gar ganz
auszuschalten.
• Die Rolle des Staates bei Wettbewerbsbeschränkungen. Als Vertreter des Gesam-
tinteresses betreibt der Staat Wettbewerbspolitik. Eine aktive Wettbewerbspolitik
hat das Ziel, den freien Wettbewerb zu fördern und Wettbewerbsbeschränkungen zu
verhindern. Dadurch können Extragewinne der Monopole und Kartelle ausgeschaltet,
die Güterversorgung verbessert und starke Anreize zu guten Marktleistungen geschaf-
fen werden.
Zu einer aktiven Wettbewerbspolitik gehören folgende Massnahmen:
- Mit Hilfe der Kartellgesetzgebung versucht der Staat, Kartelle, Monopole und an-
dere wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen zu unterbinden.
chen oder Gruppen ab. Wie weit diese Deregulierung gehen soll, ist politisch um-
stritten.
- Der Staat baut internationale Handelshemmnisse ab, die Importe erschweren
oder verunmöglichen.
- Der Staat sorgt mit Hilfe der Gesetzgebung gegen den unlauteren Wettbewerb für
ein Mindestmass an Fairness im Wettbewerb.
• Die schweizerische Wettbewerbspolitik. Anders als die meisten Staaten war die
Schweiz bis vor kurzem kartellfreundlich. Sie kennt auch heute noch keine strikte
Verbotsgesetzgebung, sondern bloss eine Missbrauchsgesetzgebung. Das heisst:
Kartelle sind grundsätzlich zulässig und nur dann verboten, wenn man ihnen volkswirt-
schaftliche Schädlichkeit nachweisen kann. Das hat dazu geführt, dass die Schweiz
heute eines der höchstkartellierten Industrieländer ist. Zudem wird in der Schweiz
der Wettbewerb durch den Staat selbst gehemmt, indem dieser zahlreiche Branchen
und Gruppen schützt. Und im internationalen Handel sorgen zahlreiche Handels-
hemmnisse für einen Schutz der Binnenwirtschaft gegen ausländische Konkurrenz.
Damit Märkte funktionieren können, muss nicht nur Wettbewerb herrschen, sondern auch
Transparenz. Denn nur auf transparenten Märkten können sich Anbieter und Nachfrager
über die jeweiligen Marktbedingungen informieren. Die Preise haben dann einen hohen
Informationsgehalt. Preisunterschiede widerspiegeln Qualitätsunterschiede.
Schliesslich gehört zum freien Wettbewerb auch die Selbstbestimmung der Marktteilneh-
mer. Denn nur wer selbstbestimmt handelt, bringt seine wirklichen Bedürfnisse zum Aus-
druck. Allerdings besteht heute die Gefahr, dass Konsumenten manipuliert werden durch
raffinierte Werbung mit suggestiven Bildern. Wie erfolgreich die Werbung dabei ist, ist
sehr umstritten.
Arbeitsmärkte
Arbeit gegen Lohn
Kapitalmärkte
Kapitalgüter gegen Zins
Bodenmärkte
Boden gegen Bodenrente
Geldstrom —
Haushalte
Unternehmen
(Haushaltsarbeit)
—Geldstrom
Gütermärkte
Güter gegen Preis
Güterstrom
Achten Sie vor allem auch auf die Pfeile! Machen Sie sich klar, in welche Richtung Güter
und Ressourcen und in welche Richtung Geldströme fliessen.
flessourcenstrorn
...k•"--ivbeit, Boden, Kapita;
zz ..
Geldstrom
• Z inSen
• BOd en ****
\jz)
X\le
«\ re nt er?
2 Seite 37 Verursacher belasten unbeteiligte Dritte, was zumindest die Leidtragenden als ungerecht
empfinden.
Weil die externen Kosten nicht in die Rechnung der Verursacher einfliessen, dehnen diese
ihre Aktivitäten zu weit aus. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird mit den Ressourcen nicht
mehr haushälterisch umgegangen. Vor allem die Umweltressourcen werden verschwen-
det.
3 Seite 52 Ein Kartell funktioniert im Prinzip wie ein Monopol. Das Problem von Kartellen ist aber die
Kartelldisziplin. Kartellmitglieder sind selbständige Unternehmen und es besteht die
Gefahr, dass ein Einzelner von der Bindung abweicht und damit auf Kosten der anderen
profitiert. Damit wird das Kartell gesprengt. Dieses Problem hat der Monopolist nicht.
4 Seite 17 A] Offenbar schätzt der Markt das Risiko bei der Bank A höher ein als bei der Bank B. Des-
halb sind die 1/4 Prozent Differenz als Risikoprämie für Anlagen bei der Bank A anzusehen.
B] Hier ist die Zinsdifferenz auf die Dauer der Bindung zurückzuführen. Bei Jugendsparhef-
ten kann ein Kunde nur beschränkt über sein Guthaben verfügen, weshalb er auch einen
höheren Zins erhält.
5 Seite 43 Öffentliche Güter sind Güter, bei denen der externe Nutzen derart gross ist, dass niemand
vom Genuss eines Guts ausgeschlossen werden kann. Aus diesem Grund muss der Staat
für das Angebot von öffentlichen Gütern sorgen.
B] Auf solchen Märkten gelingt es nicht, die knappen Ressourcen so einzusetzen, dass
unsere Bedürfnisse möglichst gut befriedigt werden.
7 Seite 12 A] Der Lohn ist der Preis, den die Unternehmen bezahlen müssen, damit die Haushalte
ihnen den Produktionsfaktor Arbeit zur Verfügung stellen.
B] Der Lohn sorgt dafür, dass die Arbeitskräfte in gesuchte Berufe einsteigen. Denn bei
Mangelberufen müssen die Unternehmen höhere Löhne zahlen. So werden Schulabgän-
ger motiviert, Berufe zu ergreifen, nach denen eine grosse Nachfrage besteht, und Arbeits-
kräfte aus schlecht bezahlten Berufen haben einen Anreiz umzusteigen.
C] Weil die Unternehmen Löhne zahlen müssen, gehen sie sparsam mit Arbeitskräften um.
Je teurer die Arbeitskraft, desto sparsamer sind sie. So werden Arbeitskräfte nur dort ein-
gesetzt, wo sie auch einen entsprechenden Wert erarbeiten können.
8 Seite 37 Die Urheber von externen Nutzen werden von den Trittbrettfahrern nicht entschädigt. Des-
halb dehnen sie ihre Aktivitäten zu wenig weit aus. Güter mit bedeutendem externem Nut-
zen würden also in einer reinen Marktwirtschaft überhaupt nicht oder nicht in genügendem
Umfang produziert.
B] Die OPEC-Mitglieder teilten jedem Land Förderlimiten zu und sie versprachen sich
gegenseitig, diese nicht zu überschreiten. Sollte ein Land die Förderlimite tatsächlich über-
schreiten, erklärten sich Saudi-Arabien und die Golfstaaten bereit, ihre Förderlimiten zu
reduzieren.
Cl Die OPEC-Mitglieder verhielten sich zwar lange diszipliniert; das Kartell scheiterte aber
an den Nichtmitgliedern. England, Norwegen und Mexiko steigerten ihre Ölproduktion
massiv und sprengten so das Kartell.
D] Die Nachfrage nach Erdöl ist preiselastisch: Höhere Preise führen zu einer sinkenden
Nachfrage. Die Nachfrager begannen sich also einzuschränken und sie stiegen auf andere
Energieträger um.
10 Seite 22 A] Ausschlaggebend für den Wert des Bodens ist letztlich seine Eignung für die Güterpro-
duktion. Erst wenn er als Produktionsfaktor eingesetzt werden kann, erzielt der Boden
einen Preis. Einträgliche Standorte erzielen deshalb eine höhere Bodenrente als weniger
einträgliche.
11 Seite 47 Ein Kartell ist eine vertragliche Abmachung zwischen rechtlich selbständigen Unterneh-
men mit dem Ziel, den gegenseitigen Wettbewerb zu verringern oder auszuschalten.
12 Seite 50 A] ist falsch, auf eine Preiserhöhung von z. B. 10% geht bei elastischer Nachfrage die ver-
kaufte Menge um mehr als 10% zurück.
B] ist richtig, die Kunden erhalten dank der Konkurrenz mehr Alternativen.
Cl ist falsch, die Kunden könnten sich zurückziehen, das soll mit Reklame verhindert wer-
den.
D] ist falsch, die Taxipreise sind in einer Gemeinde in der Regel behördlich festgelegt. Die
Taxifahrer konkurrieren dann zwar nicht über Preise, aber über die Reklame und leicht ein-
prägsame Telefonnummern.
E] ist falsch, setzt er den Preis fest, wird die Menge von der Nachfrage bestimmt; zielt er
auf eine bestimmte Menge, muss er den Preis so festsetzen, dass sie verkauft wird.
13 Seite 12 Der Marktpreis (hier der Lohn) bestimmt sich nicht allein nach der Menge. Ausschlagge-
bend ist vielmehr das Mengenverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.
Zwar ist die Nachfrage nach Verkäuferinnen und Verkäufern rein mengenmässig grösser
als die Nachfrage nach Ingenieurinnen und Ingenieuren. Da es weniger aufwendig ist, in
einen Verkaufsberuf einzusteigen als Ingenieur zu werden, ist aber auch das Angebot an
Verkäuferinnen und Verkäufern mengenmässig wesentlich höher. Auf dem Arbeitsmarkt
für Verkaufsberufe steht deshalb eine mengenmässig grosse Nachfrage einem noch grös-
seren Angebot gegenüber. Entsprechend sind auch die Löhne tief. Auf dem Arbeitsmarkt
für Ingenieure ist dagegen das Angebot kleiner. Deshalb sind die Löhne höher.
14 Seite 37 Al Die Produktion von Nahrungsmitteln ist kein externer Nutzen, da diese Leistung ja durch
die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte entschädigt wird.
B] Die Landwirtschaft kann sowohl externe Nutzen als auch externe Kosten erzeugen:
• Externe Kosten entstehen z. B. aus der übermässigen Verwendung von Kunstdünger
(überdüngte Seen, Verschmutzung des Grundwassers) oder aus Mastfabriken (Emis-
sion an die Umgebung).
• Externe Nutzen entstehen dadurch, dass die Landwirtschaft die Landschaft pflegt und
damit unsere Umwelt erhält.
16 Seite 22 A] Auf der Seite der Nachfrager sorgt die Bodenrente dafür, dass der Boden sparsam ver-
wendet wird. Der knappe Produktionsfaktor Boden wird dort eingesetzt, wo er den grösst-
möglichen Nutzen stiftet.
B] Je höher die Bodenrente ist, desto attraktiver ist es für die Anbieter, ihren Boden zur Ver-
fügung zu stellen.
18 Seite 16 A] Kapitalgüter entstehen durch Konsumverzicht der Haushalte. Das heisst: Haushalte
geben nicht ihr ganzes Einkommen für Konsumgüter aus, sondern sparen einen Teil. Aus
dem Ersparten erwerben sie nun entweder direkt Kapitalgüter, um diese den Unternehmen
zur Verfügung zu stellen, oder sie leihen den Unternehmen ihr Erspartes aus, damit diese
dann die benötigten Kapitalgüter selbst erwerben können. In beiden Fällen erhalten die
Haushalte einen Zins als Entschädigung für den Konsumverzicht.
B] Der Zins ist für die Haushalte ein Anreiz, um zu sparen. Je höher der Zins, desto höher
ist der Anreiz.
C] Der Zins sorgt dafür, dass die Unternehmen mit dem Produktionsfaktor Kapital sparsam
umgehen. Deshalb sorgt der Zins dafür, dass die knappen Kapitalgüter dort eingesetzt wer-
den, wo sie den grössten Nutzen bringen.
19 Seite 41 Al Unter der Internalisierung von externen Kosten versteht man Massnahmen, mit denen
die Kosten, die aussen stehenden Dritten entstehen, auf die Marktpreise umgelagert wer-
den.
BI Dank der Umlagerung müssen die Produzenten bzw. die Käufer die anfallenden exter-
nen Kosten bezahlen. Die betreffenden Güter werden teurer und dadurch werden die zu
weit ausgedehnten Aktivitäten eingeschränkt. Dank der Internalisierung der externen Kos-
ten kann der Marktmechanismus nun wieder für eine bestmögliche Verwendung der Res-
sourcen sorgen.
20 Seite 55 Unterschiedliche technische Normen können den internationalen Handel stark erschwe-
ren. Deshalb ist ihre Vereinheitlichung für die Durchsetzung des Wirtschaftsraums Europa
entscheidend.
21 Seite 30
• WAS wird produziert? Die Unternehmen stellen die Güter her, die sich am
besten verkaufen lassen. Das sind die Güter, bei
denen die Haushalte mit ihrer Nachfrage am deut-
lichsten ihre Bedürfnisse ausdrücken.
• WIE wird produziert? Die Unternehmen produzieren mit Hilfe der Produkti-
onsverfahren und Ressourcen, die am wenigsten Kos-
ten verursachen. Dadurch werden keine Ressourcen
verschwendet, was insgesamt zur grösstmöglichen
Gütermenge führt.
• FÜR WEN wird produziert? Die Haushalte erzielen ihr Einkommen, indem sie den
Unternehmen ihre Produktionsfaktoren zur Verfü-
gung stellen. Je gefragter diese sind und je mehr sie
anzubieten haben, desto höher fällt ihr Einkommen aus
und desto mehr können sie konsumieren.
23 Seite 16 1. Für längerfristige Laufzeiten sind die zukünftigen Risiken (u. a. das Inflationsrisiko)
schwieriger abzuschätzen. Für das höhere Risiko, das man damit eingeht, wird man
entschädigt.
2. Geldgeber wollen dafür entschädigt werden, dass sie über längere Zeit nicht mehr über
ihr Geld verfügen können. Investoren zahlen diese Entschädigung, weil die längere
Verfügbarkeit des Geldes einen Kredit wertvoller macht.
24 Seite 41
Appell Gesetzliche lnternalisie-
Gebote/ rung exter-
Verbote ner Kosten
A] In einer Kampagne fordert der Staat die Auto-
fahrer auf, in den Sommermonaten die Höchst-
geschwindigkeit 80 km/h einzuhalten, um die
Ozonbelastung zu reduzieren.
B] Ein Gesetzesentwurf sieht eine CO2-Abgabe E
für fossile Brennstoffe vor.
C] Es dürfen keine Spraydosen mit FCKW-Gas 11:7i
produziert und verkauft werden.
D] In einer Verordnung wird die maximal zuläs-
sige Schadstoffbelastung durch Ölheizungen
festgelegt.
26 Seite 35 A] ist falsch. Bei externen Kosten entstehen die Nachteile nicht bei den Käufern, sondern
bei unbeteiligten Dritten.
C] ist falsch, denn externe Effekte können sowohl bei der Produktion als auch beim Kon-
sum von Gütern entstehen.
D] ist richtig.
E] ist richtig.
27 Seite 16 A] Die Risikoprämie ist eine Entschädigung für das Risiko, das ein Kapitalgeber in Kauf
nimmt, wenn er Kapital ausleiht. Sie ist im Zins eingeschlossen. Deshalb ist der Zins höher,
je grösser das Risiko einer Anlage eingeschätzt wird.
B] Nominalzins ist der Zins, der ausbezahlt wird. Wegen der Geldentwertung gibt er aber
nicht die Vermögensvermehrung wieder, die bei einem Anleger anfällt. Erst wenn wir vom
Nominalzins die Geldentwertung abziehen, erhalten wir den Realzins, der die (reale) Ver-
mögensveränderung wiedergibt.
29 Seite 50 Al Bei freiem Wettbewerb muss ein Verlag auf seine Konkurrenten achten. Erhöht er sei-
nen Preis, wird er zu viele Leser an die Konkurrenz verlieren. Hat er weniger Leser, verliert
er auch die Inserenten.
B] Ein Monopolist muss nicht auf die Konkurrenz achten. Daher ist er in der Preisfestset-
zung frei. Allerdings muss er berücksichtigen, dass bei höheren Preisen ein Teil der Nach-
frager verzichtet. Der Herausgeber muss daher abschätzen, wie gross die Nachfrageelas-
tizität ist. Gingen bei einer Preiserhöhung von 10% die verkauften Magazine um mehr als
10% zurück, müsste man von einer Preiserhöhung eher abraten. Ginge aber die nachge-
fragte Menge um weniger als 10% zurück, würden mit höheren Preisen grössere Gewinne
gemacht. Der Monopolist muss auf die Inserenten weniger Rücksicht nehmen, sie können
ja nicht auf eine andere Zeitschrift umsteigen, um für ihre Segelprodukte zu werben.
30 Seite 43 Sobald der externe Nutzen sehr gross wird, kommen auch Trittbrettfahrer in den Genuss
des Guts, ohne dafür bezahlen zu müssen. Deshalb lohnt es sich für private Unternehmen
oft nicht, Güter mit bedeutenden externen Nutzen anzubieten.
31 Seite 58 Löhne gelten in der Schweiz an vielen Orten als Geheimnis zwischen dem Arbeitnehmer
und seinem Unternehmen. Nicht selten werden Arbeitnehmer in den Arbeitsverträgen
sogar zur Geheimhaltung verpflichtet. Die Geheimniskrämerei mit den Löhnen macht es
den Arbeitnehmern auf den Arbeitsmärkten schwierig, den Markt abzuschätzen. Hier kön-
nen solche Umfrageergebnisse helfen.
B] Der Nutzen, der durch den Schwerverkehr gestiftet wird, ist unbestritten. Nur handelt
es sich dabei nicht um einen externen Nutzen. Die Transportunternehmer stellen für ihre
Transportdienstleistungen ja Rechnung und damit fliessen diese in die Marktpreise der
transportierten Güter ein.
* e
4, ,
*
• e
• • 4, 44* •
******** •
* . •. 4> •
* 4, *s t.++ 0, + * *
•4 • 44**
4. • • * 4t> Ate 4}) •
*e • 4A° 4i> • 4
• e *
41), A> • •
e • e • +
9 9,- 9 41. • 4 4 4
.4 9 e 9 4+444
49 e—e++4.4>
• e te+++4+
..+4 4 44,4* 4
e 4* +4 •
e • * *
• • • 4 se 4 + • 4 4
44 4
+.4* 4-444 44
*4 • 4 • •
4,49 + • * 4+4
4 I) •
• 4, • • • ste •
•
ISBN 3-7155-1808-1