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FOM Hochschule für Oekonomie & Management Essen

Standort: Frankfurt am Main

Berufsbegleitender Studiengang zum

LL.M. (Master of Laws)

1. Semester

Scientific Essay zum Modul „Privatrecht - Fallstudien“

Thema: Anwendung der AGB- Kontrolle auf die Nutzungsbedingungen und


Gemeinschaftsstandards der sozialen Medien bei Hasskommentaren

Betreuer: Prof. Gerd-Hendrik Grüne M.Sc.

Autorin: Eva-Maria Förster

Matrikelnummer: 481990

Abgabedatum: 07.07.2022
II

Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis:...................................................................................................III

Abkürzungsverzeichnis...................................................................................................III

1. Einleitung.................................................................................................................1

2. Anwendung der AGB-Kontrolle auf Nutzungsbedingungen und


Gemeinschaftsstandards...........................................................................................3

2.1. Definition AGB........................................................................................................3

2.2. Einbeziehung in den Vertrag....................................................................................4

2.3. 4

2.4. Überraschende und mehrdeutige Klauseln..............................................................4

2.5. Inhaltskontrolle........................................................................................................5

Das Recht zur Löschung von Hasskommentaren ist Bestandteil der


Nutzungsbedingungen vieler sozialer Medien.........................................................5

2.6. Unterschied zum Sanierungskredit..........................................................................6

Literaturverzeichnis...........................................................................................................7

Rechtsprechung:................................................................................................................8

Internetquellen...................................................................................................................8

Ehrenwörtliche Erklärung.................................................................................................9
III

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Anteil der Personen in Deutschland, die das Internet zur Teilhabe an
sozialen Netzwerken genutzt haben, in den Jahren 2013 bis 2021

Seite 1

Abkürzungsverzeichnis

AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGH Bundesgerichtshof

Rdnr. Randnummer
1

1. Einleitung

Seit ihrer Entstehung ist die Nutzung von sozialen Medien und sozialen Netzwerken wie
Facebook, YouTube, Twitter o.a. hoch. In Deutschland nutzt fast die Hälfte der
Bevölkerung das Internet zur Teilnahme an sozialen Netzwerken:

Abbildung 1: Anteil der Personen in Deutschland, die das Internet zur Teilhabe an
sozialen Netzwerken genutzt haben, in den Jahren 2013 bis 2021:

Quelle: Eurostat, Statista 2022,


https://de.statista.com/statistik/daten/studie/533203/umfrage/anteil-der-nutzer-von-
social-networks-in-deutschland/

Vor allem Menschen zwischen 18 und 44 Jahren nutzen soziale Medien auch als
bevorzugte Informationsquelle zum politischen Geschehen:
2

Abbildung 2

Quelle: forsa; Uni Hohenheim, August 2021, über statisa,


https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1259319/umfrage/nutzung-politischer-
informationsquellen-nach-alter/

Obwohl die Nutzung seit 2013 fast konstant geblieben ist, steigen die Meldungen über
Hasskommentare. In der aktuellen Umfrage 2021 der Landesanstalt für Medien NRW
geben rund drei Viertel der Befragten (76 %) an, schon einmal Hate Speech bzw.
Hasskommentaren im Internet begegnet zu sein. Der Anteil derjenigen, die die
Hasskommentare sehr häufig oder häufig wahrnahmen, stieg dabei im Vergleich zum
Vorjahr von 34 Prozent auf 39 Prozent und erreicht damit einen neuen Höchstwert.1

Immer wieder geraten die sozialen Medien dabei wegen ihres Umgangs mit
Hasskommentaren in die Kritik. Facebook soll z.B. sogar von der Verbreitung von Hass
profitieren, da Menschen dadurch mehr Zeit auf den Plattformen verbringen und so
mehr Werbung geschaltet und mehr Geld eingenommen werden kann. 2 Die Plattformen
versprechen stetig Besserung und setzen diese Versprechen in Änderungen ihrer
1
Landesanstalt für Medien NRW, Neue forsa-Zahlen zur Wahrnehmung von Hasskommentaren im
Internet, 01.06.2021.
2
Universität Tübingen, Institut für Medienwissenschaft, Bella Avergon, Hass auf Social Media – Wie
wird dagegen vorgegangen?, 29. März 2021.
3

Nutzungsbedingungen in entsprechenden Richtlinien und Gemeinschaftsstandards um.


Die Zustimmung zu diesen Richtlinien ist Voraussetzung, um das jeweilige soziale
Medium nutzen zu können.3

2. Anwendung der AGB-Kontrolle auf Nutzungsbedingungen und


Gemeinschaftsstandards

Um unter die AGB-Kontrolle zu fallen, müsste es sich bei den Nutzungsbedingungen


und Gemeinschaftsstandards der sozialen Medien um AGB handeln.

2.1. Definition AGB

Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in § 305 Abs. 1 BGB


legaldefiniert:
„Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen
vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen
Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die
Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die
Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher
Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine
Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den
Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.“
Bei den Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards von social media-
Plattformen müsste es sich also zunächst um Verträge handeln.
Ein Vertrag besteht aus inhaltlich übereinstimmenden Willenserklärungen: Antrag und
Annahme.4
Durch das Bestätigen bei Anlage eines Profils, meistens per Mausklick, die
Nutzungsbedingungen zur Kenntnis genommen zu haben und ihnen zuzustimmen,
nimmt der Nutzer das Angebot, die entsprechende Plattform zu den bestätigten
Nutzungsbedingungen zu nutzen, an.5 Die Gemeinschaftsstandards sind dabei häufig ein
Teil der Nutzungsbedingungen.6 Damit kommt es zum Abschluss eines
Nutzungsvertrages. Da die Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen Voraussetzung
für die Nutzung der Plattform ist und diese jedem Nutzer, der die Plattform nutzen will,
3
Vgl. Meta (Facebook), Nutzungsbedingungen, 26. Juli 2022.
4
Schulze/Dörner, Bürgerliches Gesetzbuch, Vorb. § 145, Rn. 1.
5
OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 – 4 W 577/18, NJW 2018, 3111, 3111.
6
Vgl. Meta (Facebook), Nutzungsbedingungen, 26. Juli 2022.
4

zu diesem Zeitpunkt angezeigt werden, liegen die Nutzungsbedingungen damit auch bei
Vertragsschluss vor.
Zweifellos sind diese Nutzungsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen gedacht.
Dafür ist eine beabsichtigte und mindestens dreimalige Verwendung ausreichend.7 Der
Sinn von sozialen Medien bzw. sozialen Netzwerken besteht schließlich gerade darin,
möglichst viele Leute miteinander zu vernetzen. Dabei werden die Vertragsbedingungen
– hier: Nutzungsbedingungen – nicht nur nicht im Einzelnen zwischen den einzelnen
Vertragsparteien ausgehandelt. Die Vertragsbedingungen (hier: Nutzungsbedingungen)
werden von der Plattform gestellt wird der Nutzer als annehmende Vertragspartei hat
nicht einmal die Möglichkeit, diese Option zu wählen. Damit sind
Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards von sozialen Medien als AGB zu
betrachten und entsprechend zu behandeln.8

2.2. Überraschende und mehrdeutige Klauseln

Die Regelungen zu Hassrede dürfen allerdings nicht als überraschende oder


mehrdeutige Klauseln im Sinne des § 305c BGB zu werten sein. Überaschende
Klauseln sind gem. der Legaldefinition in § 305c BGB Klauseln, die so ungewöhnlich
sind, „dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht.“
Vor dem Hintergrund der schon seit langem in der Öffentlichkeit existierenden Debatte
zum Umgang mit Hasskommentaren in und durch sozialen Medien, dürfte es
mittlerweile wohl keinen Nutzer mehr überraschen, dass Regelungen, welche
Hasskommentare und andere sensible Themen betreffen, Teil der Nutzungsbedingungen
sozialer Medien sind.9 Insbesondere sind derartige Regelungen auch nicht
ungewöhnlich. Seit der Verbreitung von Internet-Foren und sozialer Netzwerke
existieren Regelungen zur „Netiquette“10, also zu Höflichkeitsregeln für den Umgang in
sozialen Netzwerken.
Die Regelungen zu Hasskommentaren finden sich in einem der größten sozialen
Netzwerke in den Gemeinschaftsstandards, wo sie eine eigene Rubrik einnehmen. Dort
ist die Definition des Netzwerkes von Hasskommentaren in einfacher und verständlicher
Sprache unter Verwendung von Beispielen dargestellt. Es wird außerdem in dreistufiger

7
BGH, Urteil v. 27.09.2001, Az.: VII ZR 388/00, S. 7.
8
Vgl. Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, BGB § 305 Rn. 12.
9
Meta (Facebook), Transparency Center Hassrede.
10
Wikipedia, Netiquette.
5

Form geregelt, welche Inhalte untersagt sind. Damit sind die Inhalte auch nicht
mehrdeutig.
Die Ermittlung von Verstößen und die Durchsetzung der Richtlinie bzw. Sanktionen bei
Verstößen sind ebenfalls öffentlich einsehbar.11
Möglicherweise ist die Nutzung eines sozialen Mediums als Forum für „Aussagen über
die Minderwertigkeit einer Personengruppe, die implizieren, dass eine Person oder
Gruppe körperliche, geistige oder moralische Defizite aufweist“ oder „Ausdrücke der
Verachtung oder ihre bildliche Entsprechung“ genutzt wird zwar soziale Realität, es
entspricht jedoch nicht seinem Leitbild. Daher dürfen sich Nutzer auf derartige
Nutzungsmöglichkeiten auch nicht einstellen, ihr Verbot durch AGB ist weder
ungewöhnlich noch überraschend.12

2.3. Inhaltskontrolle

Qualifizieren die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards sozialer Medien


als AGB, unterliegen sie damit auch der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB ff, sofern
durch sie eine Regelung getroffen wird, die von Rechtsvorschriften abweicht oder sie
ergänzt.13 Solche einfachrechtlichen Normen stehen den Gemeinschaftsstandards als
Bestandteil der Nutzungsbedingungen erst einmal nicht entgegen, da es keine
Vorschriften in europäischen Rechtsordnungen gibt, die das Löschen von Beiträgen
durch den Plattformbetreiber explizit oder implizit untersagen.14
Ein solches Verbot wird auch nicht durch das 2018 in Kraft getretene
Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) aufgestellt. Dort wird in § 3 einzig und allein
geregelt, wann Netzbetreiber bestimmte strafrechtlich relevante Beiträge löschen
müssen. Die Norm sagt jedoch nichts darüber aus, ob und wann Plattformbetreiber
Inhalte auch unterhalb der strafrechtlich relevanten Schwelle nach ihren eigenen
Gemeinschaftsstandards löschen dürfen.15

11
Meta (Facebook), Transparency Center, Wie Meta seine Richtlinien durchsetzt.
12
OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 – 4 W 577/18, NJW 2018, 3111, 3113.
13
Wurmnest in MüKo BGB, § 307, Rn. 1.
14
Lüdemann, MMR 2019, 279, 279.
15
Lüdemann, MMR 2019, 279, 279; vgl. auch OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 – 4 W 577/18,
NJW 2018, 3111, 3113.
6

Es ist daher zu prüfen, ob die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards der


Social Media-Plattform den Nutzer entgegen dem Gebot von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen.16

Das Recht zur Löschung von Hasskommentaren ist Bestandteil der


Nutzungsbedingungen vieler sozialer Medien.

Die Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens dürfen Banken dann annehmen, wenn


keine ernsthaften Zweifel an der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens – also am
Gelingen des Sanierungsversuchts – bestehen. 17 Zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit ist
die Einschaltung eines sachkundigen, neutralen Dritten wie z. B. eines
Wirtschaftsprüfers nicht zwingend erforderlich 18. Der BGH hat allerdings bereits in
einer Entscheidung vom 9.7.1953 ausgeführt, dass – sofern „mit dem Sicherungsvertrag
der Zweck verfolgt [wird], den Schuldner wirklich zu sanieren“ – eine Sittenwidrigkeit
des Vertrags „auf Grund einer

2.4. Unterschied zum Sanierungskredit

16
OLG Karlsruhe, Beschluss v. 25.06.2018, Az.: 15 W 86/18, MMR 2018, 678, 679.
17
Waldburg, Oliver, Überbrückungskredite und Sanierungskredite, ZinsO 29/2014, 1405-1423.
18
Beck/Depré/Zuleger, Praxis der Insolvenz, § 25, Rdnr. 18.
7

Literaturverzeichnis:

Schulze/Dörner, Bürgerliches Gesetzbuch, Vorb. § 145, Rn. 1.

Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien


4. Auflage 2019

Krüger, Wolfgang et al., Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,


Schuldrecht - Teil II, Allgemeiner Teil. §§ 311- 432, 9. Aufl. München 2022
(zitiert als: MüKo-BGB)

Lüdemann, Jörn, Grundrechtliche Vorgaben für die Löschung v on Beiträgen in


sozialen Netzwerken, MMR 2019, 279, 279.

Römermann, Prof. Dr. Volker, Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im


COVInsAG und ihre Folgen, NJW 2020, 1108

Schluck-Amend, Dr. Alexandra, Änderungen im Insolvenzrecht durch das COVID-19-


Insolvenzaussetzungsgesetz, NZI 2020, 289
8

Rechtsprechung:

OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 – 4 W 577/18, NJW 2018, 3111

BGH, Urteil v. 27.09.2001, Az.: VII ZR 388/00 (Entscheidungsdatenbank des BGH)

OLG Karlsruhe, Beschluss v. 25.06.2018, Az.: 15 W 86/18, MMR 2018, 678

Internetquellen:

Landesanstalt für Medien NRW, Neue forsa-Zahlen zur Wahrnehmung von


Hasskommentaren im Internet,
https://www.medienanstalt-nrw.de/presse/pressemitteilungen-2021/2021/juni/
neue-forsa-zahlen-zur-wahrnehmung-von-hassrede-im-netz.html (01.06.2021)
[Zugriff 12.11.2022]

Universität Tübingen, Institut für Medienwissenschaft, Bella Avergon, Hass auf Social
Media – Wie wird dagegen vorgegangen?, https://media-bubble.de/hass-auf-
social-media-wie-wird-dagegen-vorgegangen/ (29. März 2021) [Zugriff
12.11.2022]

Meta (Facebook), Nutzungsbedingungen, https://www.facebook.com/terms?ref=pf


(26. Juli 2022) [Zugriff 12.11.2022]

Meta (Facebook), Transparency Center Hassrede,


https://transparency.fb.com/de-de/policies/community-standards/hate-speech/
(2022) [Zugriff 12.11.2022]

Meta (Facebook), Transparency Center, Wie Meta seine Richtlinien durchsetzt,


https://transparency.fb.com/de-de/enforcement/taking-action/ (2022) [Zugriff
12.11.2022]

Wikipedia, Netiquette, https://de.wikipedia.org/wiki/Netiquette (Juni 2022) [Zugriff


12.11.2022]
Ehrenwörtliche Erklärung

Hiermit versichere ich, dass die vorliegende Arbeit von mir selbstständig und ohne
unerlaubte Hilfe angefertigt worden ist, insbesondere dass ich alle Stellen, die wörtlich
oder annähernd wörtlich aus Veröffentlichungen entnommen sind, durch Zitate als
solche gekennzeichnet habe. Ich versichere auch, dass die von mir eingereichte
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die Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner Prüfungsbehörde/Prüfungsstelle
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Germering, 07.07.2020

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