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Didaktische Umsetzung:

 Begriff „Vorlesung“ stammt aus dem Mittelalter  Dozent las den Studierenden Werke vor
 Typische Probleme von klassischen Vorlesungen:
 Aufmerksamkeitsspanne ungleich 90 Minuten
 keine direkte Transmission der Inhalte in die Köpfe der Zuhörenden
 kognitive Aktivierung fraglich
 Wie wäre es (vielleicht) besser?
 Vortragsteile
 Diskussionsteile
 Reflexionsteile
 Berücksichtigung von Feedback
 Herausforderungen im Unterricht
 Konzentration
 Interesse
 Begabung

Herausforderungen:

 Menschen nehmen nur einen Bruchteil der angebotenen Informationen auf


 Dazu gehören nicht unbedingt die von der Lehrperson angebotenen Informationen
 Einflussfaktoren:
 Aufmerksamkeitsspanne
 Qualität der Instruktion
 Motivationslage
 Menschen können nur einen Bruchteil der einmal gespeicherten Information wieder aus dem
Gedächtnis abrufen
 Einflussfaktoren:
 Vorwissen
 Zugangsmöglichkeiten zum Wissen
 Menschen haben eigene Interessen und Motive, die ihre Tätigkeiten steuern
 Einflussfaktoren:
 Verfügbare Zeit außerhalb der Schule
 Konkurrierende Aktivitäten
 Menschen unterscheiden sich in ihrer Lernfähigkeit
 Einflussfaktoren
 Vorwissen
 Intelligenz
 spezifische Kompetenzen
 Lernstörungen
 Sowohl guter als auch schlechter Unterricht kann durch variable Merkmalskonstellationen
charakterisiert sein  Angebot-Nutzungs-Modell

„Lehrkräfte können auf sehr unterschiedliche, aber nicht beliebige Art und
Weise gleichermaßen guten und erfolgreichen Unterricht halten.“ (Weinert)
Angebot-Nutzungs-Modell:

 Kompetenzorientierter Unterricht
 Angebot – Nutzung – Ertrag
 Die Notwendigkeit eines erweiternden Modells
 Sowohl guter als auch schlechter Unterricht kann durch variable
Merkmalkonstellationen charakterisiert sein

„Lehrkräfte können auf sehr unterschiedliche, aber nicht beliebige Art und
Weise gleichermaßen guten und erfolgreiche Unterricht halten.“ (Weinert,
1996)

 Vorteile:
 bietet einen kompakten Überblick über die wichtigsten Variablenbündel zur
Erklärung des Lernerfolgs
 benennt Stellschrauben zur Erhöhung des Lernerfolgs
 illustriert Komplexität des Zusammenspiels
 zeigt, dass Schulleistungen immer Koproduktionen sind
 ist empirisch abgesichert

Metastudie nach John Hattie (2009):

 Visible Learning
 „Teachers make a difference“
 bis zu 30% der Lernunterschiede zw. SuS lassen
sich durch die Merkmale der Lehrenden erklären
 Hattie-Barometer

Methoden der empirischen Lehr-Lern-Forschung:

 Fragestellungen zu Zusammenhängen:
… positive/negative Korrelation lässt nicht auf Kausalität schließen
 Zusammenhang zw. Persönlichkeit der Lehr-person
und dem Lernerfolg der SuS?
 Zusammenhang zw. Motivation der SuS mit deren
Lernerfolg?
 …
 Fragestellungen zu Unterschieden und Veränderungen:
 Unterschiede bei Mädchen und Jungs in der
Mathematikleistung?
 Auswirkungen von Gruppenunterricht auf den Lernerfolg der SuS?
 Besserer Lernerfolg durch den Einsatz von computergestützten Lernangeboten?
Designs:

Korrelationsdesigns:

 Erhebung von zwei oder mehreren Variablen an einer repräsentativen Stichprobe


 Korrelation: Zusammenhang zwischen zwei Variablen
 Korrelationskoeffizient: statistischer Kennwert für die Richtung und Stärke des
Zusammenhangs
 Korrelationen geben Auskunft über Richtung und Stärke eines Zusammenhangs, nicht jedoch
über seine Ursachen!
 Beispiel: Korrelation zwischen Alkoholgenuss (x) und Lebenserwartung (y)
 Übermäßiger Alkoholgenuss reduziert die Lebens-
erwartung.
 Eine geringe Lebenserwartung verursacht erhöhten
Alkoholgenuss.
 Das Wissen verringerter Lebenserwartung verursacht
wiederum erhöhten Alkoholgenuss.
 Erhöhter Alkoholkonsum macht arbeitsunfähig und arm.
Armut (z) bedingt schlechte Ernährung, die das Leben verkürzt.
 Eine angeborene „Ich-Schwäche“ (z) erhöhte die Anfälligkeit für lebensbedrohende
Krankheiten und Alkohol.
 Stress (w) verursacht Trinken (x) und Rauchen (z). Lebensverkürzend wirkt nur das
Rauchen.

Experimentaldesigns:

 In Experimentaldesigns wird mindestens eine unabhängige Variable (UV) systematisch


variiert und ihre Auswirkung auf die abhängige(n) Variable(n) (AV) beobachtet
 Ziel: Veränderungen in mindestens einer abhängigen Variable möglichst eindeutig auf
Veränderungen in einer oder mehreren unabhängigen Variablen zurückführen und dabei
gleichzeitig den Einfluss anderer Variablen (sogenannter Störvariablen) ausschalten oder zu
kontrollieren
 Unabhängige Variable (UV):
 Variable, die systematisch manipuliert wird
 Abhängige Variable (AV)
 gemessene Variable, in der sich Unterschiede in Abhängigkeit von der UV zeigen
sollten
 Störvariable (SV)
 alle Variablen, die neben der UV einen Einfluss auf die AV haben könnten
 Das (echte) Experiment:
 Merkmale:
 SuS werden verschiedenen Versuchsbedingungen zugeteilt, die sich nur in
einer einzigen Hinsicht (Variable) unterscheiden
 Diese Zuteilung geschieht zufällig (= Randomisierung)
 Zuverlässigkeit:
 Methode der Wahl, um Kausal-
beziehung zu begründen
 nicht immer anwendbar  Quasiexperiment
 Das Quasiexperiment:
 Bei quasiexperimentellen Untersuchungen werden
vorherrschende Gruppen miteinander verglichen. Es findet
keine Randomisierung statt
 Problem: Veränderungen in AV können nicht nur auf die
Manipulation der UV zurückgeführt werden
 Statistische Signifikanz:
 Frage: Inwieweit kann ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis zufällig zustande
gekommen ist?
 Signifikanz liegt vor, wenn das gefundene (oder ein extremeres) Ergebnis sehr
unwahrscheinlich wäre (Irrtumswahrscheinlichkeit), wenn es in der Population
keinen Effekt (Unterschied, Zusammenhang) gäbe.
 Die Signifikanz eines Ergebnisses hängt ab von:
 Stichprobengröße
 Streuung der Variablen
 Signifikanzniveau (z.B. 5 %)
 Effektstärke
 Praktische Bedeutsamkeit:
 Frage: Inwieweit ist ein (signifikantes) Ergebnis bedeutsam oder vernachlässigbar?
 Effektstärke/Effektgröße: standardisiertes Ausmaß eines empirischen Effekts
 z.B. Cohen‘s d
 Effektstärke (d)
 Beispiele aus der Metaanalyse von John Hattie:
Lehrer:innenpersönlichkeit und Professionswissen
„Lehrerhaft“ & Vertrauen in Lehrpersonen:

 Lehrer:innen möchten weder in der Öffentlichkeit, noch in der Schule „lehrerhaft“


erscheinen
 Berufsgruppe der Lehrpersonen genießt sowohl global als auch in Europa das drittmeiste
Vertrauen der Gesellschaft

Die Suche nach der idealen Lehrperson: … oder von der Lehrer:innenforschung zur Unterrichtsforschung

 Persönlichkeitsparadigma
 ca. 1900-1960 (Schwerpunkt ab 1940)
 Eigenschaften erfolgreicher Lehrpersonen
 idealistisches Lehrerbild des „geborenen Pädagogen“
 Persönlichkeitsparadigma jedoch gescheitert!
 wenige und triviale Zusammenhänge (z.B. gute Lehrer:inenn sind emotional
stabil und empathisch)
 Fokus auf Persönlichkeitsmerkmale anstatt auf Verhaltensweisen (ist
humorvoll, geht aber nicht auf SuS ein)
 Ausblendung der komplexen Lehr-Lern-Situation
 Prozess-Produkt-Paradigma
 Prozess = was wird wie unterrichtet // Produkt = Lernerfolg
 ab ca. 1960
 Zusammenhänge zwischen Lehrer:innenverhalten und Auswirkungen auf
Schüler:innenseite („what teachers do in the classroom“ and „what happens to their
students“)
 Wenn-Dann-Beziehungen, Unterricht wurde messbar
 zunächst nur Fokus auf Lehrervariablen, danach gesamtes Unterrichtsgeschehen inkl.
kognitive Prozesse der SuS
 Problem: kein Patentrezept
 keine einfachen, direkten Wirkungspfade
 ideales Lehrerverhalten nicht identifiziert

„Lehrkräfte können auf sehr unterschiedliche, aber nicht beliebige Art und
Weise gleichermaßen guten und erfolgreichen Unterricht halten“(Weinert,
1996)

 Korrelate des Enthusiasmus von Lehrpersonen


 Unterrichtsqualität (SuS werden involviert; sie haben genug Zeit; didaktisches
Verhalten, …)
 experiences enthusiasm (=Selbsteinschätzung von LP) als Voraussetzung
 displayed enthusiams (=Einschätzung von SuS) als Element qualitativ
hochwertigen Unterrichts
 Verschiedene Merkmale der SuS
 positive Effekte auf Interesse, intrinsische Motivation, Beteiligung & Freude
am Unterricht
 Lernerfolg der SuS
 unterschiedliche Berufe (viele positiv, manche neutral oder negativ)
 vermutlich kein linearer Zusammenhang, sondern mittlere Ausprägung
wünschenswert
 Experten-Paradigma (wie erwerben SuS ihre Expertise)
 ab ca. 1985
 Lehrpersonen sind Expert:innen für das Unterrichten
 Analyse der Denkprozesse bei der Gestaltung der Lernumgebung
 professionelles Wissen und Können
 beeinflusst durch die Expertiseforschung

Expertise bei Lehrpersonen:

 Begriffserklärung:
 Expert:innen sind Personen, die in ihrer Domäne dauerhaft, also nicht zufällig und
singulär, exzellente Leistungen erbringen
 Expert:innen
 lösen Probleme schneller und genauer
 haben ein besseres Gedächtnis für Inhalte aus ihrer Domäne
 nehmen umfangreiche bedeutungshaltige Muster wahr
 können ihr Wissen besser anwenden
 …
 Berliner & Carter (1989), siehe auch Berliner (1992)
 Lehrer-ExpertInnen und Novizen (a-priori-Gruppierung)
 Unterrichtsbeobachtung
 Urteile von Schulleitern
 Interpretation von Unterrichtsdias und -videos
 Experten: Arbeitsaktivitäten, typische Unterrichtsereignisse
 Novizen: didaktisch irrelevante Einzelheiten (z.B. Raumausstattung, Haarfarbe der
SuS)
 → unterschiedliche kategoriale Wahrnehmung von Unterrichtssituationen – können
differenzieren und motivieren
 Was ist ein:e Expert:in?
 klassische Expertisendomäne Schach: ELO-Wert  Rangliste
 Lehrpersonen
 Ausbildungsstand
 berufliche Erfolge z.B. Beförderung, Zertifikate, …
 Beurteilung von Vorgesetzten und SuS
 Schüler:innenleistung
 Dauer der Berufstätigkeit
 …
 Problem ungelöst
 z.B. kein Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und wichtigen
Komponenten des Lehrerwissens in der COACTIV-Studie (Brunner et al, 2006)
 Experten-Novizen-Paradigma – Worin unterscheiden sich Expert:innen von Nicht-
Expert:innen  Wissensbasis!
 elaborierter
 stärker vernetzt
 flexibler organisiert
 Spezifische Anforderungen an Lehrerexper:innen  adaptive Expertise
 hohe Handlungsflexibilität – unterrichten ist keine Routine
 wenig andere Berufe, die so eine hohe HDF fordern
 Koordination multipler Ziele
 fachliche, private, schulische Ziele
 Heterogenität der Lernenden
 Unterschiede in der Klasse
 Integration con Wissen aus mehreren Domänen
 Fachwissen, päd. Wissen, didaktisches Wissen, …
 erfolgreiche Lehrpersonen sind adaptive Expert:innen
 Methodisches Vorgehen:
 wissensorientiert: Anforderungsanalyse (Wissensgemeinsamkeiten)
 z.B. Lehrperson muss Unterricht in geeignete soziale, zeitliche und inhaltliche
Struktur bringen  Welches Wissen ist hierfür erforderlich?
 Welches Wissen ist für den Aufbau dieser adaptiven Expertisen erforderlich?  versch.
Taxonomien

„Unterrichten ist eine hochkomplexe Herausforderung!“ (, 2022)

 Wissenskategorien von Shulman (1987): Kernkategorien


 Fachwissen content knowledge
 fachdidaktisches Wissen pedagogical content knowledge
 pädagogisches Wissen general pedagogical knowledge
 curriculares Wissen curriculum knowledge
 Philosophie des Schulfachs knowledge of educational ends, purposes, and values,
and their philosophical and historical grounds
 Wissen über die Lernenden knowledge of learners and their characteristics
 Kontextwissen knowledge of educational contexts
Pädagogisches u. psychologisches Wissen:

 Wovon hängt die Lernwirksamkeit von Unterricht ab?


 Angebot-Nutzungs-Modell:

Fachdidaktisches Wissen:

 Wie können Inhalte verständlich gemacht werden?


 Welches fachbezogene Vorwissen der SuS wird mitgebracht, das sich auf den Erfolg meines
Unterrichts auswirkt?
 Wissen über Erklären und Darstellen
 Wissen über fachbezogene Schüler:innenkognitionen

Fachwissen:

 Welches Fachwissen ist für fachdidaktische Beweglichkeiten erforderlich?


 nicht trivial (immer wieder fachfremder Unterricht in der Praxis)
 notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für fachdidaktisches Wissen
 „Fachwissen ist die Grundlage, auf der fachdidaktische Beweglichkeit entstehen
kann“ (Baumert & Kunter, 2006)
 allerdings kaum direkte Beziehung zwischen Fachwissen und Lernerfolg
 Komplexität der Lehr-Lern-Situation
 Effekt des Fachwissens kann über das fachdidaktische Wissen vermittelt werden
 Zentrale Elemente des Fachwissens (nach COACTIV Mathematik)
 akademisches Forschungswissen
 profundes Verständnis und vollständige Beherrschung des Schulstoffs
 Alltagswissen
Wissenschaftliche Lerntheorien:
„Lernen ist ein Prozess, bei dem es zu überdauernden Änderungen im
Verhaltenspotenzial als Folge von Erfahrungen kommt.“ (Hasselhorn & Gold)

Behaviorismus: Assoziationen von S und R

 Assoziation zwischen Reizen (S) und Reaktionen (R)


 Edward L. Thorndike (1898)
 Studien mit Puzzle-Box
 3 Gesetzmäßigkeiten
 Gesetz der Bereitschaft law of readiness
 Bereitschaft zur Verknüpfung von S und R
 Auswirkungen auf Lustempfindung
 Gesetz der Übung law of exercise
 Stärkung durch wiederholte Assoziation
 Gesetz der Wirkung law of effect
 folgen lustvolle Konsequenzen auf eine Reaktion, wird die Assoziation
gefestigt und steigt die Auftrittswahrscheinlichkeit
 unter gleichen Randbedingungen sind lustvolle Konsequenzen
verhaltenswirksamer als aversive!
 Iwan P. Pawlow: Klassische Konditionierung in drei Phasen
 Phasen:
 Kontrollphase: USC löst UCR aus, NS löst keine Reaktion aus
 Konditionierungsphase: USC und NS werden wiederholt kontingent dargeboten, UCR
folgt
 Löschungsphase: CS (ehem. NS) löst nun CR (ehem. UCR) aus

 John B. Watson: Übertragung auf menschliches Lernen – Little Alber (9 Monate)

 Pionierarbeiten: Thorndike, Pawlow, Watson


 Lernen = Verhaltensänderung
 Verhaltensänderungen ergeben sich aus S-R-Verknüpfung
 Operante Konditionierung
 ausgehend von Thorndike, weiterentwickelt von B.F. Skinner
 Assoziation zwischen Reaktion (R) und Konsequenzen (C)
 Skinner-Boxen

 Anwendung für das Classroom Management:


 Aufbau und Aufrechterhaltung einer lernförderlichen Umgebung
 Nachteile der positiven Verstärkung:
 Sättigung tritt ein
 vorgesehene Verstärker werden nicht als solche erlebt z.B. Lob der Lehrperson
 Nachteile der direkten Bestrafung
 Flucht- & Vermeidungsverhalten
 mit der Situation oder Person werden dauerhaft negative Gefühle assoziiert z.B.
Angst
 Strafender wird zu erfolgreichem Modell aggressiven Verhaltens
 Kontrastphänomen (unerwünschtes Verhalten in anderen Situationen häufiger
gezeigt)
 Entwicklung negativer Selbstwahrnehmung
 erlernte Hilflosigkeit
 kein Aufbau von gewünschten Verhaltensweisen
 Zentrale Frage: Möchte man unerwünschtes Verhalten abbauen ODER erwünschtes
Verhalten aufbauen?
 Abbau von unerwünschtem Verhalten:
 Alkohol oder Rauchen im Schulhaus  Bestrafung (was an seine Stelle tritt,
interessiert nicht)
 Aufbau von erwünschtem Verhalten:
 Tratschen im Unterricht  negative Verstärkung (Konzentration auf Unterricht statt
Tratschen)
 Potenzial negativer Verstärkung
 SuS werden in eine unangenehme Situation versetzt, die beendet wird, sobald das
gewünschte Verhalten gezeigt wird
 Möglichkeiten: Druck durch Zielvereinbarung; Androhung einer neg. Konsequenz, …
 Die Kognitive Wende
 Entwicklung des Digitalcomputers (Modell für das menschliche Gehirn)
 Spracherwerb (Chomsky)
 begrenzte Anzahl gehörter Sätze
 begrenztes Vokabular
 ABER: Verständnis und Produktion unendlich vieler Sätze
 Universalgrammatik
 Kognitive Landkarten (Tolman)
 Modelllernen (Bandura)
 Bobo-Doll-Studie  5 Kernsätze
 lernen ist ein kognitiver Prozess, der sich in einem sozialen Umfeld
abspielt
 Lernen kann durch die Beobachtung eines Verhaltens und der
Konsequenzen eines solchen erfolgen
 Lernen kann ohne eine beobachtbare Verhaltensänderung
stattfinden, weil wir lernen können, ohne das Gelernte anzuwenden
 Verstärkungen spielen eine Rolle, sind aber nicht vollständig für das
Lernen verantwortlich
 Kognition, Verhalten und Umwelt beeinflussen sich gegenseitig =
reziproker Determinismus

Kongnitivismus: Informationsverarbeitung

 Menschliches Verhalten wird über kognitive Prozesse erklärt


 Kognition = alle Prozesse des Erwerbs, der Organisation, der Speicherung und der
Anwendung von Wissen (Mayer, 2000)
 Grundannahmen:
 Psyche als informationsverarbeitendes System
 Input und Output des Systems sind beobachtbar
 Informationsverarbeitungsschritte werden daraus erschlossen

 sensorisches Register/Gedächtnis:
 Zwischenspeicher für max. 1 Sekunde
 wird so abgespeichert, wie es wahrgenommen wird
 Aufmerksamkeitsprozesse:
 Aufmerksamkeit = besonderes Aussehen, Interaktion, gezieltes Merken, …
 Ohne Aufmerksamkeit kein Wissenserwerb!
 Arbeitsgedächtnis/-speicher:
 vorübergehende Speicherung und Verarbeitung von Informationen
 begrenzte Kapazität Intelligenztests wie z.B. Exchange-Aufgabe
 Speicherkomponente: 7 ± 2 Einheiten (mit Verarbeitung: 4-5 Einheiten)
 Langzeitspeicher:
 Grenzen wurden noch nicht gefunden  unbegrenzte Kapazität!
 Kognitive Arbeitsgedächtnisbelastung cognitive load
 Arten von kognitiver Belastung
 Intrinsic load: Belastung durch Komplexität der Aufgabe
 Extraneous load: Belastung durch Gestaltung des Aufgabenmaterials (= am
leichtesten zu verändern)
 Germane load: Belastung durch Lernen (Lernprozess)
 Cognitive load = intrinsic load + extraneous load + germane load
 Ziel: cognitive load ≤ Arbeitsgedächtniskapazität

 Beispiel: Sie sehen das Diagramm einer Laufbahn. a hat den Wert 100 m. r hat
den Wert 20m. Berechnen Sie die Länge einer vollständigen Umrundung der
Laufbahn.
 Intrinsic load: Laufbahn in Kreis und gerade Strecke zerlegen; an Formel für
Kreisumfang erinnern; 2 π r + 2 a ausrechen
 Extraneous load: Text lesen, Zahlen merken, Parameter im Diagramm wiederfinden
(in Verbindung bringen)
 Germane load: Lernen, komplexe Aufgaben in Teilaufgaben zu zerlegen; Lernen,
Diagramme in Formeln zu übersetzen; Üben der Berechnung des Kreisumfangs
 Extraneous load minimieren
 Material soll nicht vom Lerninhalt ablenken

 Intrinsic load so hoch wie nötig, aber so niedrig wie möglich halten
 einfache Dinge nicht an komplizierten Aufgaben erklären
 nur bedingt beeinflussbar
 Germane load maximieren
 erhöht Lernerfolg
 Möglichkeiten zur Reduzierung des Extraneous cognitive load:
 zu viele Informationen auf einmal  segmentieren und strukturieren
 komplexes Lernmaterial  bei Gestaltung des Materials auf das Wesentliche
konzentrieren, z.B. Illustrationen mit „schmückender“ Funktion & Floskeln streichen
 nur ein Informationskanal (visuell oder auditorisch) wird belastet  beide Kanäle
ergänzend nutzen
 Chunking = Bündelung von Informationen
 Ericsson et al. (1980)
 Kurzzeitgedächtnistraining für Zahlen
 230 Stunden Training
 Ergebnis: von 7 auf 79 Zahlen durch Bündelung ABER nur 6 Buchstaben  Kapazität
blieb aber unverändert!
Konstruktivismus: aktive Wissenskonstruktion (am wichtigsten für LuL)

 Unser Wissen ist kein Abbild der objektiven Reizinformation


 Grundannahmen:
 Die Bedeutung der wahrgenommenen Information wird von der
wahrnehmenden Person (v.a. in Abhängigkeit vom Vorwissen) konstruiert
 Der Wissensaufbau ist immer ein aktiver Konstruktionsprozess
 „Ich konstruiere meine eigene Wissensbasis.“
 Wissensbasierter Konstruktivismus (Reinmann & Mandl, 2006)
 gemäßigte konstruktivistische Position
 6 Prozessmerkmale des Lernens
 Lernen ist ein konstruktiver/konstruierender Prozess
 Lernen ist ein aktiver Prozess
 Lernen ist ein situativer Prozess
 Lernen ist ein selbstgesteuerter Prozess
 Lernen ist ein sozialer Prozess
 (Lernen ist ein emotionaler Prozess)  als Lehrperson nur bedingt
beeinflussbar
 Lernen ist konstruierend
 Lernen ist Konstruktion und Umstrukturierung von Wissen
 Wissen muss aufgebaut werden
 Lernen ist aktiv
 Lernende strukturieren ihr Wissen selbst um (anstrengend)
 Achtung: „hands on, minds off“  gedanklich nicht dabei
 Lernen ist situiert
 Wissen soll auf verschiedene Situationen angewendet werden, ansonsten
bleibt es träge
 das erworbene Wissen kann nicht frei angewendet werden
 = am schwierigsten zu erreichen
 „Hüttenkäse“-Aufgabe
 Lernen ist sozial
 Lernende ko-konstruieren ihr Wissen
 z.B. anderen Leuten etwas erklären
 Lernen ist selbstgesteuert
 Lernende überwachen den eignen Lernfortschritt
Konzeptwandel – Part 1:
 Vosniadou & Bewer (1992)
 N = 60 Kinder (20 Erstklässler, 20 Dritt-
klässler, 20 Fünftklässler)
 Interviews, Zeichnungen, Fragen
 Welche Form hat die Erde?
 Wenn du immer geradeaus läufst, wo kommst du hin?
 Kann man das Ende der Erde erreichen?
 sehr universelle Grundprinzip, das auf alle Altersgruppen zutrifft

Fehlkonzepte:
 Viele nützliche fachspezifische Sammlungen im Internet, auch genannt
 Misskonzepte
 Fehlvorstellungen
 Präkonzepte
 subjektive Theorien
 naive Theorien
 Folk theories
 etc.
 verbreitete Fehlkonzepte:
 Physik: Metall ist kälter als Plastik
 Biologie: Bäume saugen das Wasser hoch in die Baumkrone
 Psychologie: Handschrift verrät den Charakter
 Neurowissenschaft: Der Mensch benutzt nur 10% seines Gehirns
 Unterricht: Durch Körperbewegungen werden die Hirnhälften synchronisiert
 Mathematik: ½ + ½ = 2/4

Die Bedeutung des Vorwissens:


 „Problem“ Vorwissen:
 neue Informationen sind oft nicht mit Vorwissen vereinbar, wird aber
trotzdem versucht
 Entstehung synthetischer Modelle
 nicht integrierbare Information wird vergessen
 Fehlkonzepte sind äußerst stabil
 „Chance“ Vorwissen:
 Vorwissen ist der Boden, auf den die neue Information fällt!
 Informationen, die an Vorwissen angeknüpft werden können, werden besser
behalten
 Wissen kann Intelligenzunterschiede kompensieren

Konzeptwandel – Part 2:
 Was geschieht mit den nicht-wissenschaftlichen Konzepten am Ende des
Lernprozesses?
 nicht mehr existent?
 werden unterdrückt?
 Shtulman & Valcarcel (2012)
 N = 150 Physologiestudierende
 Verifikation von 200 Statements
 Keine Veränderung des Wahrheitsgehalts durch Konzeptwandel (konsistent)
 Wahr naiv und wissenschaftlich (z.B. Menschen verwandeln Nahrung
in Energie)
 Falsch naiv und wissenschaftlich (z.B. Felsen verwandeln Nahrung in
Energie)
 kein kognitiver Konflikt*
 Veränderung des Wahrheitsgehalts durch Konzeptwandel (inkonsistent)
 Wahr naiv, falsch wissenschaftlich (z.B. Pflanzen verwandeln Nahrung
in Energie)
 Falsch naiv, wahr wissenschaftlich (z.B. Bakterien verwandeln Nahrung
in Energie)
 kognitiver Konflikt*

 Welche Bedetung haben diese Inhibitionsprozesse für den Kompetenzerwerb?


 Shtulman & Harrington (2016)
 N = 48 ältere Erwachsene von der Universität (50-87 Jahre)
 n = 27 variety of professions
 n = 11 humanity professors
 n = 10 science professors
 Verifikation von 200 Statements

 Sticker et al. (2021)

*wenn naive Theorien nach wie vor vorhanden sind


 n = 62 Studenten (18-33 Jahre)
 Math Shtulman Test entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Institut für
Mathematik Universität Leipzig
 200 Aussagen, 5 Bereiche
 Brüche
 Algebra
 Einheiten und Geometrie
 Wahrscheinlichkeitsrechnung
 Grundlegende Konzepte
 Mathematische Leistung
 Mathematische Kompetenz (M-PA)
 Arithmetische Gewandtheit
 Mathematische Note
 Inhibitorische Kontrolle (Bild Wort Aufgabe)
 Konzeptwandel beansprucht Zeit und Unterstützung
 Naive Konzepte werden aktiv inhibitiert
 Interindividuelle Unterschiede in der Inhibition korrelieren mit domänenspezifischen
Kompetenzen
 Bedarf an Längsschnittstudien
 Förderung des Konzeptwandels  Qualitätskriterien guten Unterrichts
 Wissenschaftliche Lerntheorien widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich!
10 Qualitätskriterien guten Unterrichts nach Helmke (2021)
Diese sollten als Orientierungspunkte für LP angesehen werden und müssen nicht in
maximaler Ausprägung umgesetzt werden!
1) Klarheit und Strukturiertheit

Klarheit:

 Begriffserklärung:
 akustisch: Verstehbarkeit (senderbezogen) im Gegensatz zu Verständlichkeit
(empfängerbezogen)
 sprachlich: Prägnanz
 inhaltlich: Kohärenz
 fachlich: Korrektheit
 „Clarity studies“: geringere Lernleistung bei folgenden Merkmalen der Lehrersprache
 Unsicherheits- & Vagheitsausdrücke: vielleicht
 inkorrekte Grammatik oder Lexik: nicht-endende Sätze
 Bruch der Kontinuität: abschweifen
 Manierismen, Sprechverzögerungen: ähm

„Dazu kommt die Verhunzung der Sprache durch Floskeln, Allgemeinplätze, abgegriffene
Wendungen, Trivialitäten und Banalitäten, Klischees, Binsenweisheiten, Leerformeln, hohle
Worte, Plattitüden, Phrasen, Geschwafel, leeres Geschwätz und Wortgeklingel.“ (Helmke,
2009“

 Dimensionen der sprachlichen Verständlichkeit nach dem Hamburger


Verständlichkeitskonzept
 Einfachheit statt Kompliziertheit
 Kürze/Prägnanz statt Langatmigkeit
 Ordnung/Gliederung statt Ungegliedertheit/Zusammenhangslosigkeit
 zusätzliche Stimulanz (Humor, nicht ablesen, …)

Strukturiertheit:




Mitteilung der Unterrichts- und Lernziele
transparente Leistungserwartung } klar kommunizieren, was von den SuS erwartet wird!

ausdrückliche Verknüpfung der neuen Informationen mit dem Vorwissen




Angebot eines Gerüstes in Form übergreifenden Ideen (Big Ideas)
Strukturierungshilfen (z.B. Advanced Organizer*) }
von LuL vorstrukturiert

Die Bedeutung des Vorwissens:

 Lernen ist eine Konstruktion und Umstrukturierung von Wissen (= konstruierend)


 Implikation: Vorwissen erfassen und nutzen
 basierend auf „Chance als Vorwissen“ (=Informationen, die an Vorwissen angeknüpft
werden können, werden besser behalten)
 Analogien verwenden  Brückenanalogien (schrittweise Annäherung an das
Zielkonzept) S.37

*Vorstrukturierung vor allem dann effektiv, wenn sie sich bereits bekannter Begriffe bedient
2) Konsolidierung und Sicherung

Üben:

 Üben = alle unterrichtlichen Aktivitäten, die dem Ziel der Festigung, Konsolidierung,
Automatisierung, Vertiefung sowie Transfer des Gelernten dienen
 repetitives Üben (wiederholen, bis Wissen gefestigt ist)
 Ziel: Automatisierung
 Surface-Level
 erforderliche Fakten und Prozeduren
 Automatisierung entlastet Arbeitsgedächtnis
 elaboriertes Üben
 Ziel: Verständnis und Transfer (Anwendung in verschiedenen Situationen)
 Variation in Material und Anwendungsbeispielen
 Aufbau einer flexibel organisierten Wissensbasis
 Bedingungen erfolgreichen Übens im Unterricht
 Häufigkeit
 Motivierung Variation der Beispiele
 Passung Schwierigkeitsgrad muss passend sein
 Vorkenntnisse sollten miteinbezogen werden
 zeitl. Verteilung spaced (verteilt) vs. massed (wenig Zeit, viel Info“ practice/learning
 Variation
 Erfolgskontrolle Feedback zu Erfolgen
 Gegenteil von „Bulimielernen“

Gedächtniskonsolidierung im Schlaf und im entspannten Wachzustand:

Der „Testungs-Effekt“:

„If you read a piece of text through twenty times, you will not learn it by
hard so eaysily as if you read it ten times while attempting to recite from
time to time and consulting the text when your memory fails “ (F. Bacom, 1620)

 Der Abruf von Informationen bzw. die Testung per se fördert das Lernen
 Erklärungen:
 (erhöhte Aufmerksamkeit für noch nicht abrufbares Material) noch nicht ganz
schlüssig  bspw. SRRR Gruppe, die Text nur 1x gelesen hat
 Elaboration und Stärkung der Gedächtnisspur
 Aufbau multipler Abrufrouten unterschiedliche Zugänge zum Wissen
 Anwendungsmöglichkeiten:
 freier Abruf
 Karteikarten
 Quizzes am Ende von Lerneinheiten
 alles SuS betreffende (Verständnis-)Fragen im Unterricht
 Einflussfaktoren:
 Art des Übungstests
 je schwieriger, desto stärker der Effekt
 Häufigkeit der Übungstests
 zumindest ein Übungstest
 Feedback beim Übungstest
 größerer Lerneffekt bei Feedback
 Wissensstand der SuS
 frühe Lernphase: Elaboration
 spätere Lernphase: Übungstests
3) Lernförderliches Klima

Lernumgebung, in der das Lernen der SuS erleichtert, begünstigt oder auf andere Weise positiv
beeinflusst wird.

Relevante Aspekte:

 entspannte Lernatmosphäre
 Abbau von Angst
 Unterrichtstempo und Wartezeiten
 Umgang mit Fehlern

Entspannte Lernatmosphäre:

 keine linearen Zusammenhänge mit Lernerfolg


 mittlere Ausprägung vermutlich günstig, zwischen
 humorfrei, dehydriert, dröge, trocken, gespannt, gedrückt, ernst
 ausgelassen, exzessiv humorvoll, extrem dynamisch

Abbau von Angst:

 v.a. Prüfungsangst
 Schaffung von Sicherheit (Was wird erwartet?  klar kommunizieren!)
 Klima des Vertrauens
 Enttabuisierung
 individuelles, ermutigendes Feedback
 kooperatives Klassenklima

Unterrichtstempo und Wartezeit:

 Optimierung des Unterrichtstempos (Passung)


 Wartezeiten bei Lehrerfragen:
 Wartezeit nach einer Lehrerfrage an einen SuS
 durchschnittliche < 1 s  so ist es
 low-level questions 3-4 s; high-level questions bis 15 s  so sollte es sein
 Wartezeiten zwischen verbesserbaren Schülerantwort und Lehrerreaktion
 Abwarten als Signal an SuS
 Try harder! You can!
 Erhöhung beider Wartezeiten bewirkt nach Borich (2007)
 längere Antworten
 öfter freiwillige Meldungen
 weniger unbeantwortete Fragen
 sicherere Antworten
 eher bereit für spekulative Antworten
 mehr Fragen
Umgang mit Fehlern:

 auf Fehler eingehen und wie man sie überwinden kann


 so viele Lernsituationen wie möglich, so viele Leistungssituationen wie nötig
 auch Fehler der Lehrperson sollten kein Tabu sein
 Fehlerkonzepte müssen adressiert werden  Fehlkonzept „Abstand zu Sonne“ (‚A private
universe‘)

Formative Assessment:

 Assessment: einen Befund haben, was jemand schon kann


 formative: formend, gestaltend
 „Kurskorrekturen“ im Unterricht wie im Flugzeug
 Wirkung:
 Anpassung des Unterrichts an Vorwissen und Wissenserwerbsprozess
(Wissenskonstruktionsprozess)
 Hattie-Barometer: 0.9
 Positive Nebenwirkungen:
 Kognitive Aktivierung (schon vor der Prüfung)
 Lernförderliches Klima
 Festigung des Wissens (Testing-Effekt)
 Förderung der Metakognition
 eigene Konzepte / aktueller Lernstand
 Lernziel
 Wissenserwerbsprozess
 2 Elemente im Regelkreisprinzip:
 Regelmäßige Erhebung des Lern- & Wissensstands und
 Anpassung des Unterrichts

„Practice in a classroom is formative to the extent that evidence about


student achievement is elicited, interpreted, and used by teachers,
learners, or their peers, to make decisions about the next steps in
instruction that are likely to be better, or better founded, than the decisions
they would have taken in the absence of the evidence that was elicited. ”
(Black & William, 2009)
 Voraussetzung für FA:
 Lernziele definieren
 Lernziele transparent machen
 Funktionen für die Lehrperson
 Instrument zur Planung des Unterrichts Was sollen die SuS nach dem Unterricht
wissen/können?
 erleichtert die Überwachung des Lernprozesses Wann ist Lernschritt abgeschlossen?
Wann kann Unterricht in die nächste Phase gehen?
 Grundlage für die Diagnostik & Bewertung
 Funktionen für die Schüler:innen
 erhalten Informationen zur Bedeutung & dem Nutzen der Lerneinheit
 wissen, was von ihnen erwartet wird & was sie tun können, um erfolgreich zu lernen
 geben Kriterien an die Hand, um eignen Lernfortschritt zu evaluieren
 unterstützen das selbstgesteuerte Lernen

Lerntaxonomie nach Bloom (1956):

 Aufteilung in 6 Teilbereiche
 K1: Wissen
 K2: Verständnis
 K3: Anwendung
 K4: Analyse
 K5: Synthese
 K6: Beurteilung
 K1, K2: Fehlkonzeptecheck
 Ziel:
 Erfassung von Fehlkonzepten im Vorwissen der Lernenden
 Methode:
 1. Auswahl bekannter Fehlkonzepte
 2. Erstellung eines kurzen Fragebogens mit spezifischen Fragen
 3. Fragebogenerhebung (anonym!)
 Auswertung z.B. durch die Lernenden selbst (nach Neuverteilung)
 Vorteile:
 schnell & ökonomisch
 in allen Themenbereichen anwendbar
 durch die Anonymität ehrliche Antworten
 Lernende erkennen, dass sie nicht allein dieses Fehlkonzept haben
 K2: Unklarster Punkt
 Ziel:
 Erfassen, was nicht verstanden wurde und worauf in der nächsten Stunde
nochmals eingegangen werden sollte
 Methode:
 1. Am Ende eines Themas oder einer Einheit fragt die Lehrperson, was am
unklarsten oder am schwersten zu lernen war
 2. Lernende notieren dies auf einem Blatt Papier und geben es ab
 K2: Merkmalsmatrix
 Methode:
 1. Auswahl von 2-3 ähnlichen Konzepten, die häufig verwechselt werden
 2. Auswahl der kritischen Eigenschaften der Konzepte
 3. Erstellen einer Liste mit geteilten und nicht-geteilten Eigenschaften
 4. Verteilen der Aufgabe, die Eigenschaften den Konzepten zuzuordnen
 K5: Grobe Analogien
 benötigt viel Wissen und Verständnis!
 Ziele:
 Erfassung des Verständnisses von Beziehungen zwischen Konzepten (A
verhält sich zu B wie C zu D)
 Verstärkung und Erweiterung des Wissensnetzwerks
 Methode:
 1. Auswahl eines zentralen Zusammenhangs
 2. Beispiele für Analogien präsentieren
 3. Prompt vorgeben (d.h. A:B - ?:?)
 Beispiel:
 Masse verhält sich zu Volumen, wie ________ zu ________.
 Formatives Assessment verhält sich zu Unterricht wie Thermostat zu Heizung
 Auswertung:
 Grobe Kategorisierung (gut, fragwürdig, ungeeignet)
 Fragwürdige Analogien nochmals checken
 Präsentation einiger Analogien (Warum ist eine gut? Warum ist eine andere
ungeeignet?
 K5, K6: Wortjournal
 Ziel:
 Erfassung der Fähigkeit, Informationen zu verdichten und neu zu reflektieren
 Methode:
 Zusammenfassung eines Textes in einem einzelnen Wort
 Erstellung eines Textes, in welchem begründet wird, weswegen dieses Wort
gewählt wurde
 Vorteile:
 tiefe Verarbeitung von Texten
 Herstellung eines persönlichen Bezugs zwischen Textinhalt und Lernenden
 Neuerstellung eines Textes aus anderer Perspektive
 Beispiel:
 „Lies den Text zu Begabung, fasse den Inhalt des Textes in einem einzigen
Wort (nicht Begabung) zusammen und verfasse anschließend einen Text, in
dem Du die Auswahl Deines Wortes im Hinblick auf die thematischen Inhalte
des Ausgangstextes begründest.“
 Beispielaufgaben
 K1: Skizzieren Sie die Bevölkerungspyramide eines typischen
Entwicklungslandes.
 K2: Erklären Sie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede
der Bevölkerungsstrukturen von Mexiko und Kanada.
 K3: Erstellen Sie die Bevölkerungspyramide Chiles aus
folgenden Angaben (Tabelle beiliegend).
 K4: Mit welchen Problemen hat China im Jahr 2030
aufgrund der heutigen Bevölkerungsstruktur zu
rechnen?
 K5: Entwerfen Sie die Bevölkerungspyramide
für UK im Jahr 2030 unter folgenden zwei Annahmen.
 K6: Beurteilen Sie die beiliegende Interpretation der Bevölkerungspyramide Polens.

Förderung der Metakognition in Ergänzung zum FA:

Feedback:

 Feedback für die Lehrperson:


 „Feedback is most powerful when it is from the student to the teacher. What they
know, what they understand, where they make errors, when they have
misconceptions, when they are not engaged – then teaching and learning can be
synchronized and powerful.” (Hattie, 2009)
 Feedback für die SuS: in 4 Teilbereiche gegliedert
 Information über die Korrektheit der Aufgabe (1)
 Information über den Lösungsprozess (Welche Teilprozesse wurden korrekt und
welche inkorrekt durchgeführt?) (2)
 Förderung der Metakognition (3)
 Persönliche Wertung einer Person (4)
 lenkt von der eigentlichen Aufgabe ab und hat meist negative Auswirkungen (4)
 Es geht immer um die Sache und nicht um die Person! (4)
4) Aktivierung

„Omnibus-Konzept“:

 Kognitive Aktivierung
 Soziale Aktivierung
 Körperliche Aktivierung
 Neuronale Aktivierung

Lernstrategien:

Lernstrategien sind Verhaltensweisen und Vorgänge, die Lernende gezielt zur Verbesserung des
Lernens und des Wissenserwerbs einsetzen.

1. Kognitive Lernstrategien (=Primärstrategien)


 wiederholen
 organisieren
 elaborieren
2. Metakognitive Lernstrategien
 planen
 überwachen
 regulieren
3. Ressourcenorientierte Strategien (=Sekundärstrategien)
 kontrollieren innerer und äußerer Bedingungen

Lernende strukturieren ihr Wissen selbst um

 Implikation: Kognitive Aktivierung hervorrufen


 Vergleichsprozesse anregen, gemeinsame Prinzipien erkennen
 Beispiel: Übergänge der Aggregatzustände
 Kontrastierungen verwenden
 Studie: Kontrastieren vs. Sequenzieren  Kontrastieren bringt auf lange Sicht mehr
Erfolg
5) Klassenführung

Classroom Management:

 Qualitätskriterium wurde schon sehr früh erkannt


 effiziente Klassenführung ist unabdingbare Voraussetzung für die Sicherung anspruchsvollen
Unterrichts
 Funktionen:
 mehr Zeit zum Lernen von 1.000 Schulstunden sind nur 1/3 effektive Lernzeit
 Gelegenheit zum Lernen SuS wissen, wie sie sich im Unterricht einbringen können
 Management für Selbstmanagement
 Traditionen der Forschung zum Classroom Management (CM)
 Behavioristisches CM auf Störungen reagieren
 Präventives CM Störungen vorbeugen
 Integratives CM Störungen vorbeugen und darauf reagieren

Behavioritisches Classroom Management:

 Reaktion  Verabreichung = positiven Konsequenz  positive Verstärkung (Belohnung) 


Verhaltensaufbau
 Reaktion  Verabreichung = aversiven Konsequenz  direkte Bestrafung (Bestrafung) 
Verhaltensabbau
 Reaktion  Entzug = aversive Konsequenz  indirekte Bestrafung (Enzug eines positiv
bewerteten Reizes)  Verhaltensabbau
 Reaktion  Entzug = positiven Konsequenz  negative Verstärkung (Beenden einer
unangenehmen Situation)  Verhaltensaufbau

Präventives Classroom Management:

 v.a. Studien von Emmer und Evertson (z.B. Emmer et al., 2006; Evertson, 1995)
 LP mit erfolgreichem CM zeichnen sich vor allem durch ihre präventiven Tätigkeiten aus
 Vorbereitende Planung und Organisation der Klasse
 Didaktische Vorbereitung des Unterrichts von Regeln und Routinen
 Information über Konsequenzen bei Regelverstößen und Durchsetzung derselben

Integratives Classroom Management:

 Nutzung der Vorzüge der verschiedenen Ansätze


 Prävention und Reaktion mit Fokus auf Prävention
 Prominente Vertreter / Theorien:
 Kounin (1976, 2006)
 Rinne (1997) und Leriche (1992
 Kounin (1976, 2006)
 Vorfall in der Psychologievorlesung
 Erforschung des „Wellen-Effekts“ der Zurechtweisung (=eine Person wird
gemaßregelt und die anderen fühlen sich auch angesprochen)
 Videostudien des Unterrichts  Präventives CM (nicht Rüge an sich löst Effekt aus,
sondern Verhalten danach)
 Identifikation von zentralen Merkmalen effektiver Klassenführung:
 Withitness Allgegenwärtigkeit, Dabeisein
 Augenkontakt mit der ganzen Klasse
 Rechtzeitige Reaktion
 Negativbeispiel: Ermahnung von zwei Mädchen, „die miteinander flüsterten
und kicherten. Im Video wurde gezeigt, dass die Unterhaltung bereits 45s
vorher von einem anderen Kind an demselben Tisch ausgegangen war und
insgesamt 5 Kinder beteiligt waren, ohne irgendeine Lehrerreaktion.
 Overlapping Überlappung, Multitasking
 Gleichzeitiger Fokus auf verschiedene Aufgaben ohne Platz oder Situation zu
verlassen
 Negativbeispiel: In einem Unterrichtsabschnitt mit Gruppenarbeit kümmerte
sich die Lehrerin um eine Lesegruppe. In einer anderen Gruppe rangeln zwei
Schüler spielerisch. Die Lehrerin verlässt nun die Lesegruppe, um die beiden
Störer heftig zurechtzuweisen, und geht danach wieder zur Lesegruppe.
 Momentum Schwung, Reibungslosigkeit
 Unterrichtsfluss soll aufrechterhalten werden
 Vermeidung von Sprunghaftigkeit und Störungen im Unterrichtsfluss
 Negativbeispiel : Während einer Rechenübung ermahnt der Lehrer einen
Schüler, der sich auf die Ellenbogen stützt, aufrecht zu sitzen, und zeigt ihm
die „richtige“ Körperhaltung
 Smoothness Geschmeidigkeit, Kohärenz
 inhaltlicher Unterrichtsfluss soll aufrechterhalten werden
 Aufrechterhaltung inhaltlicher Kohärenz (roter Faden)
 Negativbeispiel: Die Kinder sollen von Einkaufserlebnissen berichten. Ein
Kind erzählt sein Erlebnis. Ohne darauf einzugehen und ohne drei weitere
Meldungen zu beachten, geht die Lehrerin an die Tafel und zeigt ihnen neue
Wörter für die nächste Lektion.
 Group Focus Gruppenaktivierung
 Gruppenmobilisierung: Ansprechen aller SuS
 Rechenschaftsprinzip: Alle Leistungen werden erwartet & kontrolliert
 Managing Transitions Übergangsmanagement
 möglichst geschmeidige Übergänge
 Einführung von Routinen, Ritualen (z.B. Gesten, akustische Signale)
 knappe und eindeutige Überleitungen ohne Zeitverlust
 Negativbeispiel: wenn SuS noch nicht bereit für die nächste Aktivität sind
oder nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen
 Avoiding Mock Participation Vermeidung vorgetäuschter Teilnahme
 Lehrperson sollte ein solches Verhalten bemerken
 Sensibilität für Scheinaufmerksamkeit
 Stimulierende Anstöße / Erwecken situationsspezifischen Interesses
 Negativbeispiel: „Scheinaufmerksamkeit“ (school survival skills)
 Low Profile CM (Rinne, Leriche)
 „den Ball flach halten“
 Anticipation:
 Voraussicht bei „schwierigen“ z.B. Stunden nach 2h Sport oder nach dem WE
 Deflection:
 ganz subtile & sparsame Reaktionen auf sich ankündigende/kleinere
Störungen
 Reaction:
 wenn Anticipation und Deflection nicht mehr helfen  Reaktion
6) Schüler:innenorientierung

Definition:

 Wertschätzung und ernst nehmen der SuS unabhängig von Leistung und Lernerfolg
 positive Lehrer-Schüler-Beziehung
 Fragbögen zur Erhebung:
 SuS fühlen sich von LP respektiert
 LP ist für persönliche Themen ansprechbar
 LP nimmt sich bei Schwierigkeiten Zeit
 LP ist über die Stärken und Schwächen von SuS im Bilde
 LP geht auf Vorschläge ein
 Mitsprache und Mitbestimmung bei Fragen der Unterrichtsgestaltung (ganz
wesentlich!)
 Schüler:innenangaben zur Erfassung der Unterrichtsqualität
 wenn klassenweise gemittelt, gute Vorhersagen des Lernerfolgs
 Kernelement von „student-centered teaching“:
 „The notion of how the student experiences the lesson is critical to
engagement and success in participating in learning – more so for adolescent
than for elementary students.“
 In Österreich in die öffentliche Diskussion geraten durch die Lernsieg-App
 Nutzen von Schüler:innenangaben
 Die Lehrperson…
 erhält Feedback darüber, wie der Unterricht bei den SuS ankommt (Abgleich
Selbst- und Fremdeinschätzung, Erkennen blinder Flecken)
 erfährt Entlastung durch kooperative Unterrichtsentwicklung
 schafft Raum für konstruktive Gespräche und trägt zu einem lernförderlichen
Klima bei
 wird für die Heterogenität in der Klasse sensibilisiert (gleiches
Unterrichtsangebot wird von verschiedenen S unterschiedlich
wahrgenommen
 Die Schüler:innen…
 können sich konstruktiv einbringen und erfahren Wertschätzung
 lernen qualifizierte Rückmeldungen zu geben
 Grenzen von Schüler:innenangaben
 SuS können mit der Unterrichtsbeurteilung überfordert sein
 Didaktische und fachliche Kompetenz von LP können kaum beurteilt werden
 es können Verzerrungen auftreten
 Maßstab der Beurteilung z.B. auf Basis einer kürzlich erlebten Stunde
 Schwierigkeiten bei der differenziellen Beurteilungen durch den Halo-Effekt
ein Merkmal überlagert die gesamte Einschätzung
 Urteilsverzerrungen z.B. extreme oder milde Antworten
 Empfehlungen zur Praxis von Schüler:innenangaben
 echtes Interesse haben und Offenheit demonstrieren
 SuS mit Sinn und Nutzen vertraut machen
 über die Bereiche der zu evaluierenden Unterrichtsqualität informieren
 auf strikte Anonymität hinweisen
 Zeit für Feedbackgespräch und Maßnahmenvereinbarung nehmen
 Feedback als dauerhafter Bestandteil des Unterrichts etablieren
 Varianten von Schüler:innenangaben
 von mündlichen und schriftlichen offenen Feedbacks…
 Was hat Dir das Lernen erleichtert?
 Welche Elemente des Unterrichts haben Dir gefallen?
 …
 …bis zu sorgfältig entwickelten und wissenschaftlich fundierten Erhebungen
 Voraussetzungen für den Erfolg
 sorgfältige (empirische) Entwicklung des Instruments
 nicht zu oft und nicht zu selten einsetzen und Feedback dann auch berücksichtigen
 relevante Merkmale des Unterrichts berücksichtigen
 anonyme Befragung
7) Kompetenzorientierung

Definition:

 Unterricht dient nicht dazu, einen vorgesehenen Input (Lehrplan) abzuarbeiten


 Unterricht dient dazu, einen vorgesehenen Output (Kompetenzen der Lernenden) zu
erreichen

Kriterien nach Feindt & Meyer (2010):

 „Im kompetenzorientieren Unterricht…


 stehen die Lernergebnisse der Schüler:innen im Mittelpunkt,
 erwerben Schüler(innen) nicht nur Wissen, sondern lernen, mit diesem Wissen
konkrete Anforderungssituationen bearbeiten zu können,
 üben sich die Lehrer(innen) im genauen Beobachten der Schüler:innen, um die
jeweiligen Lösungsstrategien und Lernstände zu erkennen,
 orientieren sich die Lehrer:innen an gestuften Kompetenzmodellen, um den
Schüler:innen passende Lernangebote zu eröffnen,
 wird immer wieder überprüft, ob Schüler:innen bestimmte als Standard gesetzte
Kompetenzen erworben haben.“
Transfer:

Lernen ist situiert → Das erworbene Wissen ist mit dem Lernkontext verbunden.
Implikation: Wissen flexibilisieren und Transfer fördern

 Definition:
 Transfer ist die erfolgreiche Anwendung angeeigneten Wissens bzw. erworbener
Fertigkeiten im Rahmen einer neuen, in der Situation der Wissens- bzw.
Fertigungsaneignung noch nicht vorgekommenen Anforderung (Mähler & Stern)
 Lernsituation  Anwendungssituation
 Arten von Transfer:
 Positiver Transfer:
 das Erlernen eines Inhalts begünstigt das Erlernen eines anderen Inhalts
(„Wenn ich das eine gut kann, kann ich das andere auch besser.“)
 Beispiel: Grundrechnungsarten  Gleichungslösen
 Negativer Transfer:
 das Erlernen eines Inhalts erschwert das Erlernen eines anderen Inhalts
 Beispiel: Natürliche Zahlen  Brüche
 Nahtransfer (proximaler Transfer):
 Lernsituation und Transfersituation ähnlich (Oberflächenmerkmale und
Tiefenstruktur)
 Beispiel: Kommutativität bei Addition (3 + 2 = 2 + 3) ➔ Kommutativität bei
Multiplikation (3 * 2 = 2 * 3)
 Ferntransfer (distaler Transfer):
 Lernsituation und ransferstuation sind sich unähnlich (zumindest
Oberflächenmerkmale)
 Beispiel: Systembiologie  Finanzsysteme

Theorie der „fomal discipline“ (Binet, 1899):

 Gehirne (oder ihre Teile: Gedächtnis, logisches Denken, Wahrnehmung usw.) wie Muskeln
 Training der „Denkmuskeln“ durch formal anspruchsvolle Tätigkeiten (Latein, Mathematik,
Schach, Musik)
 Denken wird dadurch in allen Inhaltsbereichen besser (Beruf, Alltag, neue Sprachen, Hobbys,
Partnerschaft…)
 Kernhypothese: Positiver Ferntransfer

Argumente nach Wolff (1975):

 Latein fördert logisches Denken und unterstützt die Intelligenzentwicklung


 Latein verbessert die Leistungen in formalen Inhaltsgebieten wie Mathematik und
Naturwissenschaft
 Latein erleichtert das Erlernen von romanischen Fremdsprachen

Haag & Stern (2000):

 Studie mit ca. 200 Gymnasialschüler:innen mit Latein bzw. Englisch als erste Fremdsprache
 Ergebnisse:
 kein Effekt auf Intelligenz und Mathekenntnisse
 Effekt auf Deutschkenntnisse
Gehirnjogging:

 Fragestellung: Macht Gehirnjogging intelligenter?


 „Brain Test Britain“
 größte Studie zu diesem Thema
 11430 Teilnehmer:innen
 6 Wochen Online-Training
 zufällige Aufteilung in drei Gruppen
 Gruppe 1: Schlussfolgerndes Denken und Planen
 Gruppe 2: Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Mathematik, …
 Gruppe 3: Quizfragen (Kontrollgruppe)
 Ergebnisse:
 das Gelernte wurde verbessert
 quasi kein Effekt im Transfer
 „Wenn ich Sudokus trainiere, werde ich im Sudoku-Lösen besser, aber nicht
in Mathe.“
 Kernaussagen der Erklärung (2014):
 Es ist nicht belegt, dass Gehirnjogging die allgemeine geistige
Leistungsfähigkeit steigert.
 Werbung für Gehirnjogging-Spiele, die behauptet, Alzheimer- oder andere
Demenzformen verhindern oder heilen zu können, ist wissenschaftlich
unbegründet.
 Körperliches Training (aerobes Fitnesstraining) steigert die körperliche
Gesundheit und wirkt nachweisbar positiv auf die Durchblutung des Gehirns
und auf kognitive Leistungen. (v.a. im höheren Alter)
 Schule macht intelligenter!
 mit jedem Schuljahr steigt die Intelligenz

Wissen flexibilisieren und Transfer fördern:

 Erlernen mentaler Werkzeuge


 Einbettung in verschiedenen Kontexten
 auswendig lernen (1x2=2) vs. Frage nach Ergebnis (2?  1x2, 2x1)
 Problembasiertes Lernen
 Welcher Reiniger für welchen Schmutz? Worin unterscheiden sich verschiedene
Reiniger und warum reinigen sie unterschiedlich gut bei unterschiedlichem Schmutz?
 Wasser-/Fettlöslichkeit, Säuren und Basen (Chemie)

Weitere Befunde zur Transferförderung:

 bedeutungshaltiges Lernen führt zu mehr Transfer als Auswendiglernen


 je ähnlicher zwei Situationen sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Transfer
stattfindet (Nah- vs. Ferntransfer)
 Prinzipien und Zusammenhänge (→ integriertes Wissen) werden leichter transferiert als
isolierte Fakten
 mehrere Beispiele (aus unterschiedlichen Perspektiven) & zeitliche Nähe zwischen Lern- und
Anwendungszeitpunkt erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Transfer
 Transfer findet häufiger statt, wenn er durch die soziale Umgebung erwartet und ermutigt
wird
8) Angebotsvielfalt

„No single teaching method … can be the method of choice for all
occasions. An optimal programme will feature a mixture of instructional
methods and learning activities.“ (Brophy, 2000)

! Optimum statt Maximum ist entscheidend


9) Passung

Verschiedene Termini:

 Adaptives Unterrichten, Binnendifferenzierung, „taking account of individual differences“,


„individualized instructions“, “adapting instruction to the need of learners”, …

Zeitloses Thema:

„Die Individualität der Kinder ist freilich auch darin sehr verschieden, indem
die Einen ein lebendiges Ehrgefühl, die Anderen ein stumpfes und
unempfängliches von Natur oder durch die häuslichen Verhältnisse erhalten
haben. Deshalb ist es durchaus eine der ersten Forderungen an den
denkenden und wachsamen Lehrer, in dieser, wie in anderer Beziehung die
Kunst des Individualisierens zu üben, und daher auch auf Geschlecht,
Temperament, geistige Begabtheit, Alter und Bildungsstufe der Schüler
verständige Rücksicht zu nehmen.“ (Schnell, 1850)

“adaptive Expertise” von Lehrpersonen:

 hohe Handlungsflexibilität
 Koordination multipler Ziele
 Heterogenität der Lernenden
 Integration von Wissen aus mehreren Domänen

Reaktionsmöglichkeiten auf Heterogenität nach Weinert (1997):

 Ignorieren der Lern- und Leistungsunterschiede (passive Reaktionsform)


 Mittelköpfe
 nicht optimal
 Anpassung der SuS an den Unterricht (substitutive Reaktionsform)
 v.a. äußere Differenzierungsmodi
 „Vorab möchte ich herausstellen, dass der ganz normale Unterricht
verbessert werden muss. Die Verbesserung der Qualität des normalen
Schulunterrichts ist keineswegs alles, aber ohne eine allgemeine
Verbesserung des Lernens, Lehrens und Leistens in den Schulen ist alles
andere nichts, auch wenn viele schulorganisatorische Schlagworte noch so
wohltönend sind“ (Weinert, 2000)
 Strukturelle Maßnahmen:
 Klassengröße
 empirische Befundlage uneindeutig und eher negativ
 Hattie (2009, 2017): d = 0.21
 meist wird in anderen Klassen nicht anders unterrichtet
 bisherige Studien waren nicht-experimentell
 Steuerungsmaßnahmen der Schulleitung (gute Lehrpersonen
bekommen größere Klassen und umgekehrt)
 Mehrgliedriges Schulsystem (Gym vs. MS)
 Finnland (Gesamtschule) vs. Österreich/DE
 Pros:
 niedriges akademisches Selbstkonzept von weniger guten
SuS erholt sich in der Hauptschule (weil sie dann dort nicht
mehr „die schlechtesten“ sind)
 weniger heterogene kognitive Eingangsvoraussetzungen sind
erleichtern (?)
 Contras:
 Selektion im dreigliedrigen Schulsystem inadäquat
 Heterogenität bleibt bestehen (auch wenn die Zuteilung gut
funktioniert; nur weil die „besseren“ SuS zusammengefasst
werden, sind nicht alle gleich gut)
 zu frühe Selektion, anstatt Auslese individueller Förderung
(AUT und DE sind die einzigen Länder, die im Alter von 10
Jahren „trennen“  laut Forschung zu früh)
 stärkerer Zusammenhang mit sozio-ökonomischen Status
(SES)  in den Ländern der späteren Trennung ist der
Zusammenhang deutlich geringer
 Trennung nach IQ funktioniert in der Praxis nicht  im Idealfall
sollten sich die Verteilungen nicht überlappen
 Überlappung: bei „gleichen“ SuS werden die HS-SuS nicht so
stark gefördert, wie im Gymnasium, obwohl sie dieselben
Lernvoraussetzungen haben
 „Cut off“ = auch nicht ideal, da kleine Unterschiede (zw. 102
und 105) den gesamten Lebensweg beeinflussen können
 Anpassung des Unterrichts an die SuS (aktive Reaktionsform)
 adaptiver Unterricht
 gezielte Förderung der SuS durch adaptive Gestaltung des Unterrichts (proaktive
Reaktionsform)
 adaptiver Unterricht
 differenzielle Lernziele (Basislernziele vs. aufbauende LZ)
 remediale Instruktion (außerunterrichtliche Angebote für lernschwächere SuS)
 Notwendigkeit aktiver und proaktiver Reaktionsformen
 „Differenzierung ist keine Technik, sondern findet im Kopf der Lehrperson statt“ (Stern, 2011)
 relevante Merkmale der Lernenden (nach welchen Merkmalen sollte man differenzieren?)
 Vorwissen  formatives Assessment (!)
 Geschlecht
 Motivation
 Intelligenz
 Lerntypen
 …

Geschlechtsunterschiede:

 Mythos: „Jungs sind besser in Mathe“

„Es ergibt als diese Betrachtung dasselbe, was die tägliche Erfahrung lehrt, dass die Weiber in der
Regel ohne Anlage für Mathematik sind. Gewöhnlicher sind die Weiber nicht nur unfähig,
mathematische Beziehungen aufzufassen, sondern sie empfinden auch eine Art Abscheu gegen alles
Zahlenmäßige. […] In gewissem Sinne kann man sagen, das Mathematische ist der Gegensatz des
Weiblichen.“

 Leistungsunterschiede zwischen Jungs und Mädchen  in AUT sind die Jungs besser, in
anderen Ländern die Mädels, in wieder anderen gibt es keine nennenswerte Unterschiede 
kein evidenzbasierter Faktor
 in der Intelligenz gibt es keine Geschlechtsunterschiede!
 Geschlechtsunterschiede in spezifischen kognitiven Fähigkeit = zu klein, um relevant zu sein
(Grafik: +männlich; -weiblich)
 Stereotypen könnten im schulischen Kontext entscheidend sein  Stereotype Threat

Stereotype Threat:

 Angst, dass das eigene Verhalten einen existierenden Stereotyp der Gruppe, mit der man sich
identifiziert, bestätige
 Angstgedanken „verschwenden“ Arbeitsgedächtniskapazität
 weniger effektive kognitive Verarbeitung
 Interferenz bei der Abspeicherung neuer Informationen
 Spencer, Steele & Quinn (1999)
 erster Durchlauf: Männer waren im schwierigen Test besser
 zweiter Durchlauf: eine Gruppe, der gesagt wird, dass sich Geschlechtsunterschiede
gezeigt haben & eine Gruppe, der gesagt wird, dass sich keine
Geschlechtsunterschiede gezeigt haben
 erste Gruppe: Unterschiede; zweite Gruppe: keine Unterschiede
 Befund repliziert in anderen Gruppen
 Afroamerikaner
 bildungsfernere Schichten
 Frauen, die ihr Geschlecht nach Bearbeiten eines Mathetests ankreuzten, zeigten eine
bessere Leistung als jene Frauen, die dies davor ankreuzen mussten
 neuronales Korrelat: verringerte Aktivität in aufgabenspezifischen Gehirnregionen und
erhöhte Aktivität in affektiven Regionen
 Effekt zeigt sich nur, bei subtiler Aktivierung; offene Erwähnung kann zum Gegenteil führen

Differenzierter Unterricht:

 niemand verlangt 30 verschiedene Unterrichtskonzepte


 differenzierter Unterricht wirkt dem 7G-Unterricht entgegen

„Alle gleichaltrigen SuS haben zum gleichen Zeitpunkt bei der gleichen Lehrperson
im gleichen Raum mit dem gleichen Mitteln das gleiche Ziel gut zu erreichen.“

 Differenzierung kann sich beziehen auf:


 Qualität (wie viel?)
 Lerninhalte (was und wodurch?)
 Qualität (wie?)
 Didaktische Methoden:
 Hausaufgaben & Übungsaufgaben
 Auswahl nach Lernzieltaxonomie von Bloom (1956)
 Entweder-Oder-Aufgaben
 eigene Auswahl
 offene Aufgaben
 Lösungen & Lösungswege sind nicht bereits vorgegeben
 Förderung kreativer Lösungswege und dem Einbringen des eigenen
Potenzials
 Kombination mit geschlossenen Aufgaben
 flexible Gruppierungen
 gezielte Bildung von Gruppen in kooperativen Lernformen
 Wechsel zwischen heterogenen und homogenen Gruppen für
unterschiedliche Lernerfahrungen
 Reduzierung von problematischen „Nebenwirkungen“ kooperativer
Lernformen wie z.B:  Trittbrettfahrer-Effekt, free-rider effect („Der-Hans-der-macht‘s-
dann-eh-Phänomen)
 Schmarotzer-Effekt, sucker effect (Ja-ich-bin-der-Depp-Phänomen)
 interpersonaler Matthäus-Effekt (Da-mach-ich’s-doch-lieber-selbst-
Phänomen)
Fazit:

 Man rennt mit der Forderung nach individualisiertem Lernen offene Türen ein, aber die
Umsetzung bleibt oftmals unklar
 Voraussetzungen für das Gelingen:
 Einstellungswandel
 diagnostische Kompetenz
 Lehrmaterial
 didaktische Expertise
 Ressourcen
10) Motivierung

Der Fall „Andrea“:

 Rahmenbedingungen:
 ist als eine auffallend „brave“ und vielfältig interessierte Schülerin bekannt
 wechselte kürzlich in ein „Elitegymnasium“; hatte immer gute Noten, zeigt nun
Leistungs- und Motivationsabfall
 erlebt den neuen Unterricht als sehr streng und arbeitet nur die Aufgaben rechtzeitig
ab
 fühlt sich als Einzelkämpferin, weil viele Arbeiten alleine erledigt werden müssen und
sie nur wenig Rückmeldung zu ihrem Lernfortschritt bekommt
 Feedback der Lehrpersonen bei Prüfungen: die nicht gelösten Aufgaben waren doch
sehr schwer, die einfachen wurden aber ausgezeichnet gelöst
 sucht sich zunehmend einfache, bewältigbare Herausforderungen; scheint ihre
Möglichkeiten nicht auszunutzen

Motivation:

 Motivation ist:
 ein innerer Zustand,
 der unsere Handlungen anregt,
 in eine bestimmte Richtung leitet und
 unser Engagement aufrecht erhält
 Extrinsische Motivation
 die Quelle der Motivation liegt außerhalb des Individuums und der Aufgabe
 „Der Wunsch oder die Absicht, eine Lernhandlung durchzuführen, weil damit positive
Folgen herbeigeführt oder negative Folgen vermieden werden“
 Intrinsische Motivation:
 die Quelle der Motivation liegt innerhalb des Individuums oder der Aufgabe
 „Der Wunsch oder die Absicht, eine bestimmte Lernhandlung durchzuführen, weil
die Handlung selbst als interessant, spannend oder sonst wie zufriedenstellend
erscheint“
 Vorteile intrinsischer Motivation:
 kognitiv aktiviert sein,
 Herausforderungen suchen,
 bedeutungsvoll lernen,
 Konzeptwandel erfolgreich abschließen,
 kreative Leistungen erbringen,
 Ausdauer bei der Aufgabenbearbeitung zeigen,
 Freude beim Lernen erleben,
 ...
 und einen größeren Lernfortschritt erzielen

Selbstbestimmungstheorie:

 1. Annahme: Kontinuum zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation


 2. Annahme: Drei psychologische Grundbedürfnisse auf dem Weg zur intrinsischen
Motivation
 1. Selbstbestimmung
 2. Kompetenzerleben
 3. soziale Eingebundenheit
 Selbstbestimmung/Autonomie:
 „Ich bestimme“
 Bedürfnis nach Handlungsspielräumen und Entscheidungsmöglichkeiten
 Wahlmöglichkeiten in vernünftigen Grenzen
 Drohungen und Deadlines
 „kontrollierende“ Aussagen
 externe Belohnungen („wahrgenommene Überveranlassung“ des eigenen
Handelns; keine negativen Effekte von unerwarteten Belohnungen)
 Überwachung und Bewertung
 Kompetenzerleben
 „Ich kann etwas“
 Bedürfnis, sich kompetent zu fühlen bzw. Handlungen erfolgreich ausführen zu
können
 Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe weder Über- noch Unterforderung
 informatives Feedback autonomieunterstützend
 Vergleich mit Peers
 eigener Erfolg
 Soziale Eingebundenheit
 „Ich gehöre dazu“
 Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit zu subjektiv bedeutsamen Personen
 Beziehung zu Lehrperson
 Beziehung zu Peers
 Implikationen:
 Selbstbestimmung/Autonomie in Grenzen zulassen
 Beispiele: frühe Information über Deadlines, Feedback zur Verbesserung des
Unterrichts, selbstgesteuertes Lernen, Wahlmöglichkeiten bei Belohnungen
 Kompetenzerleben fördern
 Beispiele: Feedback mit Information über aktuellen Leistungsstand und
Verbesserungsmöglichkeiten; individualisierter Unterricht
 soziale Eingebundenheit unterstützen
 Beispiele: kooperative Lernformen einsetzen, wertschätzender Umgang,
Wissenserwerb als anzustrebendes Ziel

Attributionen:

 Attributionstheorie
 Kausalattribution von schulischen Leistungen
 3 Dimensionen:
 Ort: internal vs. external
 zeitliche Stabilität: stabil vs. instabil
 Kontrollierbarkeit: kontrollierbar vs. unkontrollierbar

 Einflussfaktoren:
 Persönliche Erfolgsgeschichte
 erfolgreich eher internal Fähigkeit, Anstrengung, …
 erfolglos eher unkontrollierbar Aufgabenschwierigkeit, …
 Selbstwertschutz
 Erfolg intern, Misserfolg extern
 Problem: keine Veränderung bei Misserfolg
 Image-Management
 mehr Verständnis für unkontrollierbare Ursachen
 Geschlecht (in stereotypisch männlichen Domänen)
 Jungs: Erfolg = Fähigkeit, Misserfolg = mangelnde Anstrengung
 Mädchen: Erfolg = Anstrengung, Misserfolg = mangelnde Fähigkeit
 Lehrer:innen-Feedback
 nach Erfolg:
 „Das ist großartig! Deine harte Arbeit hat sich wirklich gelohnt!“
 „Du hat es geschafft! Du bist so klug!“
 „Großartig! Heute hattest Du wirklich Glück!“
  Begeisterung bei einfachen Aufgaben → Mangel an Fähigkeit
 nach Misserfolg:
 „Üb‘ einfach noch mehr und dann versuch‘ es dann nochmals, ok?“
 „Hmmm, vielleicht ist das einfach nichts für Dich. Vielleicht solltest Du etwas
anderes probieren.“
 „Vielleicht hattest Du einfach nur einen schlechten Tag.“
  Mitleid → Mangel an Fähigkeit
 Implikationen:
 Misserfolge auf instabile und kontrollierbare Faktoren attribuieren fehlende
Anstrengung, unangemessene Lernstrategien
 Erfolg sowohl stabil als auch instabil attribuieren realistische Erwartungen erzeugen
 Dauerhaft produktive Attributionsstile fördern Wissenserwerb ist ein wertvolles Ziel,
das durch Anstrengung erreicht wird
 zu viel Wettbewerb vermeiden ansonsten z.B. Förderung von Fähigkeitsattributionen
bei Misserfolgen
 SuS ermutigen, Herausforderungen anzunehmen fördern internaler Attributionen

Zielorientierung:

 Lernziel vs. Leistungsziel:


 Beispiel aus dem Sportunterricht:
 „Das ist meine Chance, den anderen zu zeigen, was ich kann. Ich werde den
Trainer und meine Freunde damit beeindrucken.“
→ Leistungszielorientierung („performance approach goal“)
 „Na hoffentlich vermassle ich das Spiel nicht. Wenn ich den Korb nicht treffe,
steh ich als kompletter Versager da. Vielleicht sollte ich mich beim Spiel eher
im Hintergrund halten.“
→ Leistungszielorientierung („performance avoidance goal“)
 „Das ist eine weitere Chance für mich, mein Spiel zu verbessern. Ich werde
versuchen, die Tipps des Trainers in die Tat umzusetzen“
→ Lernzielorientierung („mastery goal“)

 Implikationen:
 intraindividuelle statt interindividuelle Vergleiche individuelle statt sozialer
Bezugsnorm, „Nicht-Veröffentlichen“ der Noten
 Lernförderlicher Umgang mit Fehlern und Beurteilungen Fehler als wertvolle
Informationsquelle, konstruktives Feedback, Formatives Assessment
 Lernende zum Setzen eigener Lernziele ermutigen spezifische, herausfordernde,
kurzfristige Ziele sind besonders förderlich; metakognitive Kontrolle des
Lernfortschritts unterstützen
 Wert des Wissenserwerbs hervorheben Wissenserwerbs und
Kompetenzverbesserung ist wichtiger als das Erreichen guter Noten

10 Rahmenbedingungen guten Unterrichts nach Helmke:

 Qualitätskriterien sollten nicht so verstanden, dass sie in maximaler Ausprägung


erfüllt werden müssen, sondern als
 Orientierungspunkte
 Variablen, die von der LP situativ verändert werden können
 Wichtigkeit des Angebot-Nutzungs-Modells
„Instruktion bleibt vermutlich die wissenschaftlich zwar fundierte, aber nur durch gesunden
Menschenverstand, praktische Vernunft und plausible Erfahrungsgeneralisierung nutzbare
Anwendung von Prinzipien.“ (Weinert, 1996)
Von Begabung zu Leistung:

Intelligenz:

 Konsensdefinition von > 50 Expert:innen


 Intelligenz ist eine sehr allgemeine geistige Kapazität, die – unter anderem – die
Fähigkeit…
 zum schlussfolgernden Denken,
 zum Planen, ▪ zur Problemlösung,
 zum abstrakten Denken,
 zum Verständnis komplexer Ideen,
 zum schnellen Lernen und
 zum Lernen aus Erfahrung
…umfasst.
 Lernen Hochbegabte anders?  Nein!

„Bislang liegen keine überzeugenden Belege für qualitative Unterschiede


zwischen Hochbegabten und nicht Hochbegabten vor“ (Preckel & Vock, 2013)

 Kognitive Grundlagen:
 1. Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit (Mental speed)
 Letter matching task (r = -.33)
 Testbatterien (r ≈ -.50)
 2. Arbeitsgedächtniskapazität (Working memory)
 mentaler Arbeitsplatz (Arbeitsspeicher)
 sehr hohe Korrelation mit Intelligenz (.60 < r < .90)
 Exchange-Aufgabe

 Hochbegabte
 müssen ebenso Wissen konstruieren und umstrukturieren, aber
 lernen schneller
 können besser abstrakte Konzepte verstehe
 verfügen (dadurch) über mehr Vorwissen
 Anpassung an die schnellere/höhere Lernfähigkeit
 Akzeleration
 beschleunigtes Durchlaufen eines Curriculums
 z.B. Überspringen von Schulstufen, Teilnahme an Hochschulkursen,
vorzeitige Einschulung …
 Enrichment
 Anreicherung und Vertiefung des Wissens
 z.B. Arbeitsgemeinschaften, extracurriculare Kurse, Ferienakademien,
Wettbewerbe …
 Separation (Fähigkeitsgruppierungen)
 Integration (Innere Differenzierung)
 Intelligenzfoschung:
 Charles Spearmans „g-Faktor“
 „positive manifold“ Zweifaktoren-Modell:
 Generalfaktor (g)
 spezifische Faktoren (s)
 Das CHC-Modell

 Differenzierte Anpassung an die schnellere/höhere Lernfähigkeit


 1. Ebene (g)  globale Intervantion
 z.B. Akzeleration
 2. Ebene (broad)  spezifischere Intervention
 z.B. Teilakzeleration/Drehtürenmodell
 3. Ebene (narrow)  fokussiertes Angebot
 z.B. Enrichment
 Multiple Intelligenzen:
 1983
 linguistische Intelligenz
 räumliche Intelligenz
 logisch-mathematische Intelligenz
 musikalische Intelligenz
 körperlich-kinästhetische Intelligenz
 intrapersonale Intelligenz
 interpersonale Intelligenz
 1999
 personale Intelligenz
 naturalistische Intelligenz
 existenzielle Intelligenz
 2004
 searchlight intelligence profile
 laser intelligence profile
 Kritikpunkte:
1. nicht innovativ
2. keine validen Tests verfügbar
3. Theorie nicht empirisch überprüft, überprüfbar oder bereits falsifiziert
4. keine klaren Implikationen für die schulische Prasix, ABER
 Fokus auf unterschiedliche Begabungsfacetten

 Unterschiede zwischen Hochbegabten und durchschnittlich Begabten



Disharmonie-Hypothese:
 außergewöhnliche Begabung (Genie) geht mit auffälligen, nicht adaptiven
Persönlichkeitsmerkmalen (Wahnsinn) einher
 Harmonie-Hypothese:
 Hochbegabung geht mit besserer körperlicher und psychischer Gesundheit
einher
 Die Terman-Studie:
 Primäres Ziel der Studie: Widerlegung der Disharmoniehypothese
 Längsschnittliche Untersuchung von 1528 hochbegabten Kindern („Termiten“; 3-19
J.; M = 10 J., 672f, 856m)
 Rekrutierungsprozess:
 6000 LP nominierten potenzielle KandidatInnen (Bennenung der drei
intelligentesten Kinder der Klasse und des jüngsten Kindes der Klasse)
 Stanford-Binet-Intelligenztest: Kriterium IQ ≥ 140
 Längsschnittliche Verfolgung bis ins hohe Alter, letzte Fragebögen 1996
 Teilnahmequote 95%
 „Termiten“ in Kindheit:
 frühzeitiger Gehen und Sprechen, frühere Pubertät
 im Mittel größer und gesünder
 niedrigere Rate an physischen und psychischen Auffälligkeiten
 „Termiten“ in Schule:
 überdurchschnittliche Schulleistungen
 emotional stabil, vielseitig interessiert, besonders motiviert
 „Termiten“ im Erwachsenenalter:
 gute physische und psychische Gesundheit
 gute soziale Anpassung
 hohe Bildung; mehr Collegeabschlüsse, mehr Doktorate
 mehr Richter/Rechtsanwälte, Univ.-Prof., Ing., Ärzte, Manager etc.
 weniger Unfälle, Alkoholismus, Delinquenz
 im Rentenalter: mehr Aktivitäten (Lesen, Reisen, Sport, Gesellschaft)
 Fazit: Evidenz pro Harmonie-Hypothese

„Zusammenfassend können damit die Hochbegabten als im Schulsystem


gut integriert und schulisch erfolgreich sowie sozial unauffällig, psychisch
besonders stabil und selbstbewusst charakterisiert werden. Es bleibt dabei:
Die in vielen Ratgeberbüchern aufgestellte Behauptung, die
„Hochbegabten“ stellten eine Risikogruppe dar, entbehrt jeder
erfahrungswissenschaftlichen Grundlage. “ (Rost, 2006)

Expertise:

 Begriffserklärung:
 Expert:innen sind Personen, die in ihrer Domäne dauerhaft (also nicht zufällig und
singulär) exzellente Leistungen erbringen
 Expert:innen
 lösen Probleme schneller und genauer
 haben ein besseres Gedächtnis für Inhalte aus ihrer Domäne
 nehmen umfangreiche bedeutungshaltige Muster wahr
 können ihr Wissen besser anwenden
 …
 Experten-Novizen-Paradigma
 Expert:innen unterscheiden sich von Nicht-Expert:innen durch die Wissensbasis
 elaborierter
 stärker vernetzt
 flexibler organisiert
 „Deliberate Practice“:
 hoch strukturierte Tätigkeit mit dem Ziel der Leistungsverbesserung
 berücksichtigt das Vorwissen des/der Lernenden
 benötigt hohe intrinsische Motivation und Ausdauer
 erfordert den Zugang zu entsprechenden Trainingsgelegenheiten
 Monotonic benefits assumption:
 “the amount of time an individual is engaged in deliberate practice activities is
monotonically related to that individuals’ acquired performance”
 10-Jahres-Regel / 10.000-Stunden-Regel:
 “not even the most ‘talented’ individuals can attain international performance
without approximately 10 years of preparation”
 Gemeinsamkeiten von deliberate practice (in der Musik und im Schach) und FA:
 klar definierte Lernziele
 Beobachtung des Lernprozesses (vom Experten / Trainer)
 an den Wissensstand angepasste, fokussierte, repetitive Übungen
 Informatives Feedback
 Weitere Einflussgrößen:
 Persönlichkeit
 Motivation & Persistenz
 Entwicklungsfaktoren
 Alter
 Begabung(en)
 Intelligenz!
Mythen über das lernende Gehirn:

Educational Neuroscience:

 Wie sieht erfolgreicher Unterricht aus? Gehirngerecht!


 Methoden um Gehirnaktivität zu messen bzw. zu beeinflussen
 Magnetresonanztomografie
 Elektroenzephalografie
 Transkranielle elektrische Stimulation
 „Brain and Learning Project“  Was müssen wir tun, damit Unterricht gehirngerecht ist?
 Fehlvorstellungen über das Gehirn, die sich durch…
 ein fehlerhaftes Verständnis
 eine falsche Deutung oder
 eine inkorrekte Darstellung
…von Befunden aus der Hirnforschung entwickelt haben

Verbreitung der Mythen:

 Studie zu Mythen: meistens zwischen 50% und 60% Zustimmung, keinen Unterschied in den
Ländern
 siehe: Studien

Linke vs. rechte Gehirnhälfte:

 Bewegung ist sehr wichtig, aber motorische Übungen synchronisieren die Gehirnhälften und
verbessern das Lernen nicht
 Schulisches Lernen fordert immer beide Gehirnhälften  beide Gehirnhälften sind bei
kreativen oder logischen Aufgaben involviert  keine klare Zuteilung, nur Tendenzen
 Gehirn lernt auf der neuronalen Ebene mithilfe von Verknüpfungen zwischen Nervenzellen
 Lerninhalte & Wissen vernetzen!
 Placebo-Effekt oft da, allerdings nicht evidenzbasiert

Lerntypen:

 kinästhetisch (Bewegen & Anfassen), visuell & auditiv – 1970er Jahre


 mittlerweile über 100 verschiedene Lerntypen
 Meshing-Hypothese: besserer Lernerfolg, wenn Lernende gemäß ihrem Lerntyp unterrichtet
werden  funktioniert nicht
 Gründe für Misserfolg:
 Tests zur Erfassung der Lerntypen problematisch
 Lerntypen sind zeitlich und situativ nicht stabil
 Lernende lassen sich nicht in wenige Typen einteilen
 Repräsentationen sind wichtig beim Lehren
 rechte Darstellungsweise ist immer effizienter
 Darstellung kommt auf Inhalte an, die repräsentiert werden sollen!  Lerntypen sind
vernachlässigbar
Aufrechterhaltende Faktoren:

 Neurophilie: Hirnforschung ist faszinierend, attraktiv & vertrauenswürdig


 Bedürfnis nach Komplexitätsreduktion (einfache „Patentrezepte“)
 Inadäquate Kommunikation: Fehlvorstellung über das Gehirn, die sich entwickelt haben
 Mythen haben oftmals einen wahren Kern, der verwaschen wird durch
 Darstellung in den Medien (aufsehenerregende Einzelbefunde)
 Interpretation auf Basis eigener Erfahrung (Wissenskonstruktion)
 Wirtschaftliche/ideologische Interessen
 Quellen der Mythen
 eigene Schulerfahrung
 Lehrmaterialien
 Fort- und Weiterbildungen (unterliegen gewissen Modeerscheinungen  weniger
wissenschaftliche Qualitätskontrolle)
 Maßnahmen zum Abbau von (Neuro-)Mythen
 Veränderung des Konzeptes über die Zeit hinweg  einmaliges Erwähnen ist nicht
ausreichend

Fazit:

 (Neuro-)Mythen…
 sind relativ weit verbreitet
 werden in der Aus- und Fortbildung weitergegeben
 sind attraktiv
 lassen sich nur schwer abbauen
 können einen negativen Einfluss auf den Unterricht haben, aber
 stehen in Widerspruch zur Evidenzbasierung
 Die meisten Erkenntnisse kommen aus der Verhaltensforschung/Lehr-und-Lern-Forschung
und werden nun durch die Neurowissenschaften/Hirnforschung bestätigt; ein kleiner Teil
kann durch die Hirnforschung gezeigt werden, die in der Verhaltensforschung noch nicht
sichtbar sind  meist in der Praxis nicht relevant
 Wie sieht erfolgreicher Unterricht aus? Evidenzbasiert!
 „Gehirngerecht“ = sehr leeres Wort

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