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Geographie Bevölkerungsgeographie

Bevölkerungspolitik in China
Die Volksrepublik China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde. Seit der Mitte des letzten Jahrhunderts
hat sich die chinesische Bevölkerung mehr als verdoppelt. Lebten im Jahr 1950 noch rund 500 Millionen
Menschen in China, so sind es gegenwärtig über 1,40 Milliarden. Das sind etwa 18% der Weltbevölkerung,
die sich auf nur 7% der agrarisch nutzbaren Fläche drängt. Trotz einer radikalen Geburtenplanung wird die
Bevölkerung bis Mitte des 21. Jahrhunderts noch auf wahrscheinlich 1,5 Milliarden steigen, während sich die
nutzbare Bodenfläche nicht entsprechend vergrössern wird.

Abbildung: Bevölkerungsentwicklung in China


Nach der Machtübernahme 1949 durch die Kommunisten verkörperte die grosse
Bevölkerungszahl zunächst einen Machtfaktor, ein Gefühl der Überlegenheit. Das
durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum wurde für die 1950er Jahre mit
1,8% angegeben, während für die (unter Mao1 politisch gewollte) Babyboomphase
der 1960er 2,3% genannt werden. Mitte der 70er Jahre erkannte jedoch Mao die
Gefahren einer unkontrollierten Bevölkerungsentwicklung und steuerte durch
restriktive Massnahmen der Überbevölkerung entgegen. Aufgrund der einsetzenden
Familienplanung und der ‚Ein-Kind-Politik’ war in den 1970er und 1980er Jahren ein
Rückgang des Bevölkerungswachstums zu beobachten (1970er Jahre 1,7% und
1980er Jahre 1,5%). Gegenwärtig wächst die chinesische Bevölkerung nur noch um
rund 0.5% pro Jahr.

Bevölkerungspolitik
Um Probleme wie Überbevölkerung, Ernährungssicherung und Beschäftigung in den Griff zu bekommen, hat
China mit einer besonders drastischen Bevölkerungspolitik reagiert. In den 1950er Jahren waren Abtreibung
und Verhütungsmittel in China noch verboten. Erst Anfang der 1960er Jahre wurden Abtreibungen
liberalisiert und Verhütungsmittel kostenlos abgegeben. Ab 1971 wurden im Rahmen einer
Geburtenplanungskampagne eine Erhöhung des Heiratsalters und eine Zwei-Kind-Beschränkung schrittweise
durchgesetzt. Einzig nationale Minderheiten waren von diesen immer strikteren Bestimmungen
ausgenommen.

Von der ‚Ein-Kind-Politik’ zur ‘Zwei-Kind-Politik’


Die Anfänge der ‚Ein-Kind-Politik’ gehen in das Jahr 1979 zurück. Mit zahlreichen staatlichen Massnahmen
(Anreize und Strafen) wurde dieses Ziel gefördert: Bestimmungen schreiben nach der ersten Geburt den
Gebrauch von Verhütungsmitteln und bei ungenehmigten Schwangerschaften eine sofortige Abtreibung vor.
Im Wesentlichen lief die Politik darauf hinaus, Familien mit Einzelkindern zu unterstützen und Vorstösse
gegen das Ein-Kind-Gebot mit Geldbussen oder Gehaltskürzungen sowie durch den Verlust staatlicher
Leistungen oder mit Entlassungsdrohungen zu bestrafen.

1
Mao Tse-tung: Chinesischer Parteivorsitzender (1893 - 1976).
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Zu den gewährten Privilegien zählten neben finanziellen Vorteilen (wie zum Beispiel Gehaltszulagen) unter
anderem kostenlose medizinische Betreuung, bessere Ausbildungsmöglichkeiten. 90 % der jungen Familien
wurden von der Ein-Kind-Politik getroffen.

Für die Ein-Kind-Politik existieren aber auch verschiedene Ausnahmeregelungen. So durften ab den 1990er
Jahren Bauernfamilien auf dem Land, welche männliche Nachkommen für die Bewirtschaftung des Bodens
brauchen, offiziell ein zweites Kind haben, wenn das erste ein Mädchen ist. In der Stadt ist ein zweites Kind
erlaubt, wenn das erste behindert zur Welt kommt. Die vielen Nationalen Minderheiten sind zwar ebenfalls
der Geburtenplanung unterworfen, doch für sie gelten weitaus lockere Bestimmungen in Sachen
Geburtenkontrolle und ihnen werden meistens höhere Kinderzahlen zugestanden, so dürfen sie beispielsweise
selbst in Städten zwei Kinder haben.

Anfangs mit aller Härte durchgesetzt, hat die ‚Ein-Kind-Politik’ grosse Widerstände ausgelöst und die
Regierung zu Kompromissen gezwungen. Bis ins Jahr 1980 durften Frauen auf dem Lande frühestens mit 23
Jahren und Männer mit 25 Jahren heiraten (entsprechende Zahlen für die Stadt: 25 bzw. 28). Doch in
Anbetracht der grossen Zahl illegaler Frühehen wurde das Ehegesetz 1980 liberalisiert. Es setzte das
Mindestheiratsalter um jeweils 3 Jahre herab. Mitte 2000 lockerte die chinesische Regierung die seit 1980
geltende Ein-Kind-Politik. Die chinesische Familienplanungskommission ordnete für über 600 Distrikte des
Landes an, keine Sanktionen gegen Familien mit mehr als einem Kind zu verhängen. Seit 2016 ist es
verheirateten Paaren in China erlaubt, ein zweites Kind zu bekommen. Mittlerweile ist die Ein-Kind-Familie
das gängige Lebensmodell.

Umsiedlungen
Neben Geburtenkontrolle stellen Migrationsprobleme das zweite wichtige Feld der chinesischen
Bevölkerungspolitik dar. Seit 1949 sind aus wirtschaftlichen und strategischen Gründen immer wieder
(Zwangs-)Umsiedlungen in dünnbesiedelte Gebiete im Norden, Nordosten und Westen des Landes
durchgeführt worden. Dabei traf es vor allem städtische Gruppen, die auf dem Land angesiedelt wurden.
Durch die gezielten Umsiedlungsmaßnahmen sollte außerdem der Klassenunterschied zwischen der nicht-
agrarischen und agrarischen Bevölkerung aufgehoben werden. Dadurch blieb der Verstädterungsgrad in
China in den 1960er- und 1970er-Jahren gleich bzw. sank teilweise sogar.

Bewertung der Bevölkerungspolitik


Die rigide Bevölkerungspolitik wird in ihrer Wirkung unterschiedlich beurteilt. So ist der deutliche Rückgang
der Geburtenrate und die damit verbundene Verringerung des Bevölkerungsanstiegs durchaus als Erfolg zu
werten. Dies insbesondere auch unter Beachtung der Tatsache, dass sich zwischen 1960 und 2000 die
durchschnittliche Lebenserwartung verdoppelte und mit der in westlichen Industriestaaten vergleichbar ist.
Lag die Fertilität 1970 noch bei knapp 6, bekommt eine Frau in China im Durchschnitt nur noch 1.6 Kinder.
Trotzdem wächst die Bevölkerung weiter. Die Absenkung der Fruchtbarkeitsrate wirkt sich erst in Zukunft
aus.

Probleme und Folgen der ‚Ein-Kind-Politik’


Gemäss internationalen Vergleichszahlen müsste das Geschlechterverhältnis der Neugeborenen zwischen 105
Knaben pro 100 Mädchen liegen. In diesem Rahmen hat es sich auch in China während der 50er und 60er
Jahre bewegt. Seit Beginn der Ein-Kind-Politik jedoch ist das Verhältnis Knaben-Mädchen zunehmend
abnorm geworden: Im Jahr 2004 kamen auf 100 weibliche Babys 121 männliche, wobei regional grosse
Unterschiede bestehen können. Heute sind es 115 Jungen auf 100 Mädchen. Auffällig verhalten sich dabei
sowohl rückständige Landgebiete oder Regionen, in denen eine besonders strikte ‘Ein-Kind-Politik’
durchgesetzt worden ist. Umgekehrt ist die Sexualproportion dort relativ normal, wo besonders weitgehende
Ausnahmegenehmigungen für Zweit- oder Mehrgeburten eingeräumt worden sind.

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der ‚Ein-Kind-Politik’ ist die steigende Zahl von verwöhnten
und egozentrischen Einzelkindern. Diese Tendenz läuft den gruppen- und gemeinschaftsbezogenen Werten
der chinesischen Kultur grundlegend zuwider.
Geographie Bevölkerungsgeographie

Abbildung: Bevölkerungspyramide Chinas 2020

Abbildung: Altersentwicklung der Bevölkerung Chinas (nach Altersgruppen)

Aufgaben:
1. Welchen Erfolg hat die chinesische Bevölkerungspolitik?
2. Gliedere den aktuellen Altersaufbau der Bevölkerung in aktive Bevölkerung (15-65 Jahre) und zu
versorgende Bevölkerung (0-14 Jahre und älter als 65 Jahre).
3. Erläutere mögliche sozioökonomische Auswirkungen des Aufbaus der Bevölkerungspyramide Chinas. Lies
dazu auch die folgenden Zeitungsberichte.

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