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Gefährliches Hobby:

Saufen bis zum Umfallen


Deutsch / Biologie / Ethik Blatt 1

M1 M3 Saufen um betrunken zu sein


Binge-Drinking ist angesagt Als 17-Jähriger hat sich Marius Meinhof mit seiner
Clique systematisch die Kante gegeben. Sieben Jah-
„Komasaufen liegt immer noch im Trend.“ Das gestand
re später schildert Meinhof seine Sauf-Jahre in dem
Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der Bundes-
Roman „Die lange Straße“. Aus einem Interview:
regierung mit sorgenvoller Miene bei der Vorstellung
Wie sieht ein klassischer Sauf-Abend aus?
der aktuellen Studie zum Drogenverhalten deutscher
Meinhof: Man trifft sich vor dem Kaufhaus und säuft
Jugendlicher. Trotz jahrelanger Aufklärungskampagnen
so viel Alkohol, bis man ziemlich betrunken ist. Ich
betrinke sich 2008 jeder fünfte Minderjährige mindes-
habe oft Alkopops gekauft, weil die gut schmecken,
tens einmal pro Monat derart, dass er bewusstlos wird.
aber auch Bier oder billigen Wodka, wenn man ge-
Nach wie vor liegen die deutschen Jugendlichen bei den
rade kein Geld hat. Der wurde dann mit Orangen-
sogenannten „riskanten Konsummustern“ weltweit in
saft gemischt. Manchmal haben wir Saufspielchen
den Top Ten. Darunter fällt vor allem das „Binge-Drin-
gespielt. Man musste „auf ex“ trinken oder ein
king“, bei dem man sich in kurzer Zeit verschiedene
Drittel des Inhalts mit einem einzigen Schluck. Dann
alkoholische Getränke reinkippt, um schnellstmöglich
war der Nächste dran. Danach ging man in Kneipen
betrunken zu sein. Der Anteil der Minderjährigen, die
oder Diskotheken; irgendwohin, wo man tanzen
diese Form des Besäufnisses mindestens einmal pro
konnte, und hoffte, Mädchen kennenzulernen.
Aktualitätenservice Dezember 2008 / © Schroedel, Braunschweig

Monat betreiben, ist in den letzten vier Jahren lediglich


Weshalb arten die Gelage so aus? Warum muss man
von 22,6 auf 20,4% gesunken. Im Jahr 2007 nahmen
sich so systematisch und exzessiv betrinken?
63% aller männlichen 16- bis 17-Jährigen an einem
Meinhof: Wir dachten damals, das sei toll. Im Nach-
„Binge-Drinking“ teil, unter den gleichaltrigen Mäd-
hinein glaube ich, dass ganz viel Unzufriedenheit
chen waren es 40%.
und Überforderung dahintersteckten. Die Leute,
die unzufrieden sind, saufen sich total weg. Als Ju-
gendlicher steckt man sowieso in einer gewissen
Depression. Man will sich selbst verwirklichen, kann
M2 Zellgift Ethanol – Die Dosis macht´s es aber nicht. Viele haben Zukunftsangst, weil es
viel zu wenige Jobs gibt. Außerdem wird man als
„Ethylalkohol“ (Ethanol, C2H5OH) ist ein starkes Zellgift, das ab ei- Jugendlicher schlechter behandelt als Erwachsene.
ner Konzentration von etwa 70% desinfizierend wirkt. Ethanolmiss- Deshalb will man am Wochenende einfach mal ab-
brauch wirkt sich auf alle Organe und das Gehirn aus. schalten.
Deutschland nimmt mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 10 Litern Abschalten bis zum Umfallen?
reinen Alkohols pro Jahr einen traurigen Spitzenplatz in Europa ein. Meinhof: Einmal bin ich mit einem Freund um zwölf
Wie bei Giften üblich, hängt die Gefährlichkeit von der Dosis ab. Die Uhr mittags in einem Auto auf dem Parkplatz auf-
Risikowerte in der Grafik beziehen sich auf Erwachsene, da für Ju- gewacht, in dem wir geschlafen hatten. Ich habe
gendliche bislang keine allgemein anerkannten Zahlen vorliegen. immer noch alles doppelt gesehen. Ich hatte ein
Zum Vergleich: Der Konsum von einem halben Liter Bier entspricht blutverschmiertes Gesicht und weiß bis heute nicht,
etwa 20 g Ethanol. was in dieser Nacht passiert ist. Ich vermute, dass
ich gegen eine Wand gefallen bin. Wenn ich total
Konsumierte Alkoholmenge pro Tag in Gramm Reinalkohol besoffen war, habe ich auch mal etwas kaputt ge-
12- bis 17-Jährige, 2008* macht; ins Kriminelle ist es aber nie gekippt.
60,0
54,7 56,6
52,9
50,0
Aufgaben

37,1 38,0 1. „Komasaufen“, „Binge-Drinking“: Was sagen


40,0
36,1 diese umgangssprachlichen Bezeichnungen für
hohen Alkoholkonsum aus (M1, M3)?
30,0 2. Stelle die Angaben zum „Binge-Drinking“ aus
M1 in Diagrammform (zwei Diagramme) dar.
20,0 3. Werte die Grafik aus (M2). Rechne die konsu-
mierten Alkoholmengen in Bierflaschen (0,5 l)
10,0
6,2 6,6 5,8 um.
2,0 2,5 1,5 4. Welche Gründe nennt Marius Meinhof für
0,0 das Saufen (M3)? Welche Folgen hatten die
Insgesamt Männlich Weiblich Besäufnisse bis zur Besinnungslosigkeit für ihn?
Abstinent Risikoarmer Riskanter Gefährlicher Sammelt in der Gruppe weitere Gründe fürs
Konsum Konsum Hochkonsum
„Komasaufen“ und Folgen davon. Überlegt
*) In den Kategorien Abstinenz, risikoarmer Konsum (Männer: 0–24g, Frauen: 0–12g), euch weiterhin, wie sich die Alkoholexzesse von
riskanter Konsum (Männer: 24–60g, Frauen: 12–40g), Gefährlicher Hochkonsum
(Männer: 60g, Frauen: 40g).
Jugendlichen verhindern lassen.
Gefährliches Hobby:
Saufen bis zum Umfallen
Deutsch / Biologie / Ethik Lösungsblatt

Allgemeine Hinweise Didaktische und methodische Hinweise


„Komasaufen“ oder „Kampftrinken“ (Trinken bis zur Besin- Der ungebrochene Trend zur Droge Alkohol bei vielen Ju-
nungslosigkeit), „Kofferraumsaufen“ (Saufen auf dem Park- gendlichen ist Grund genug, sich dieses Themas mit prä-
platz), „Binge-Drinking“ (viel saufen in möglichst kurzer ventiver Absicht im Unterricht anzunehmen. Da die meis-
Zeit) oder „Flatrate-Partys“ (Konsumieren einer beliebigen ten Jugendlichen heute bereits mit 14 Jahren ihre ersten
Alkoholmenge zu einem festgelegten Preis) – als Nicht-Ein- Alkoholerfahrungen machen, muss Aufklärung bereits früh
geweihter verliert man leicht den Überblick über die ver- ansetzen, da sich in der ersten Konsumphase die späteren
schiedenen Varianten wie sich Jugendliche „die Birne zu- Verhaltensweisen und Einstellungen zum Alkohol ausprä-
knallen“. Rund 20.000 Kinder und Jugendliche zwischen 10 gen. Bei Schroedel aktuell finden Sie weitere Arbeitsblätter
und 20 Jahren wurden laut Drogen- und Suchtbericht 2008 zum Thema „Alkohol und Jugendliche“, die auch die physio-
im Jahr 2007 wegen Alkoholmissbrauchs ins Krankenhaus logischen Aspekte des Alkoholkonsums ausführlich behan-
eingeliefert. Fast doppelt so viele wie noch 7 Jahre vorher. deln.

Lösungshinweise zum Arbeitsblatt • Mehr als zwei Drittel der Jugendlichen pflegen einen
risikoarmen Alkoholkonsum, was bedeutet, dass Män-
Aufgabe 1: Siehe. „Allgemeine Hinweise“ ner maximal 24 g (≈ 1 Flasche Bier) und Frauen 12 g
Aktualitätenservice Dezember 2008 / © Schroedel, Braunschweig

(≈ „kleines Bier“) Ethanol täglich zu sich nehmen.


Aufgabe 2: Diagramm 1: Anteil der Minderjährigen in • 6,6 % der jungen Männer und 5,8 % der jungen Frauen
Deutschland, die mindestens einmal im Monat an einem haben einen riskanten Konsum (bis zu 3 Flaschen bzw.
Binge-Trinken teilnehmen: 2 Flaschen Bier).
• 2,5 % der männl. 16- bis 17-Jährigen und 1,5 % der weib-
50 lichen Gleichaltrigen trinken mehr als 60 g bzw. 40 g
reinen Alkohol täglich und sind damit akut von einer Al-
40 koholvergiftung gefährdet.
Minder-
Prozent

30 Aufgabe 4: Gründe fürs „Saufen“ waren bei Marius Mein-


22,6 jährige
20,4 hof: Der Wunsch, betrunken zu sein; an Saufspielen teilneh-
20 „Binge-
Trinker“ men; leichter Mädchen aufreißen können; Unzufriedenheit
und Überforderung; Depressionen bekämpfen; sich selbst
10 verwirklichen; Zukunftsängste bekämpfen; einfach mal ab-
schalten wollen.
0
Nach einem kompletten „Filmriss“ als Folge eines Saufgela-
2004 2008
Jahr ges wachte er im Gesicht blutend auf, hatte sich vermutlich
selbst verletzt, konnte sich aber an nichts mehr erinnern. Er
Diagramm 2: Anteil der 16- bis 17-jährigen Jungs und Mäd- weiß aber noch, dass er im „besoffenen“ Zustand manchmal
chen, die in 2007 in Deutschland an einem Binge-Trinken Sachen kaputt gemacht hat.
teilgenommen haben: Wenn weitere Folgen des „Komasaufens“ diskutiert werden,
sollte auf jeden Fall auf die akuten und chronischen gesund-
heitlichen Folgen eingegangen werden: Alkoholvergiftung,
100 Teinahme der 16- Tod durch Ersticken (an der Zunge oder Erbrochenem bei
Prozent

bis 17-Jährigen Besinnungslosigkeit), im Winter Erfrierungsgefahr, Gefähr-


63
an mindestens dung im Straßenverkehr. Neurologische Schäden sowie Ent-
50 40 einem „Binge- zündungen und Krebs im Verdauungssystem seien exempla-
Drinking“ 2007 risch als organische Langzeitfolgen genannt.

0
männlich weiblich
Weiterführende Links
Kompakte Infos zum Komasaufen mit guten Links:
Aufgabe 3: Die Grafik zeigt den Reinalkoholkonsum von 16- http://krankheiten-jugendliche.suite101.de/article.cfm/
bis 17-jährigen Jugendlichen in Deutschland in 2008: komatrinken_in_deutschland
• Mehr als die Hälfte aller Jugendlichen unter 18 Jahren
trinken gar keinen Alkohol. Zentrale „Alkohol“-Seite des Gesundheitsministeriums:
• In allen Konsumkategorien greifen die Jungs etwas häu- http://www.bmg.bund.de/cln_117/nn_1168720/DE/
figer zur Flasche als die Mädchen. Drogen-und-Sucht/Alkohol/alkohol__node.html?__
nnn=true

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