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Steirischer Herbst '71 ÖSTERREICHISCHER RUNDFUNK

Generalsekretariat
8010 Graz,
Mandellstraße 38/1
(OJ □n
Tel. 77 - 3 - 07 / 77 - 3 - 09 /77 - 3 -1 0 STUDIO STEIERMARK
Vorwahl Graz: 03122

Für die Zeit vom 4. bis 26. Oktober


befindet sich ein
Presse- und Informationsbüro des
Generalsekretariates des Graz
„Steirischen Herbstes" im Hotel Großer Konzertsaal
,,Steirerhof", 8010 Graz, der Steiermärkischen Sparkasse
Eingang Gleisdorfergasse 2, (Stefaniensaal)
Tel. 86-0-75/86-0-76
Vorwahl Graz: 03122 Festsaal
Das Pressebüro ist täglich der Pädagogischen Akademie
von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Stiegenkirche
Murau
Festsaal der Stadtgemeinde
Seckau
Basilika
Weiz
Sporthalle der Hauptschule

Musik
protokoll
18. bis 26. Oktober ·1971
Musikprotokoll 1971
Veranstaltungskalender

Sonntag, 10. Oktober Montag, 18. Oktober Dienstag, 19. Oktober Mittwoch, 20. Oktober Donnerstag, 21. Oktober
19.45 19.45 19.45 19.45
B B C-Symphonieorch. Pro-Arte- Ensemble, Schola Cantorum, Colleg. musicum
Dir. Pierre Boulez Graz Stuttgart Dir. M. Heider
Stefaniensaal
Strawinsky, Birtwistle, Dir. K. E. Hoffmann Dir. C. Gottwald Berio, Yun, Haid-
Graz
Carter, Boulez Hanns-Eisler-Retro- H aubenstock- Ramati, mayer, Lampersberg,
spektive Cerha, H olliger, Kopelent
Sehnebel

Stiegenkirche Messe, Bloch


Graz Hochschulkammerchor
Dir. K. E. Hoffmann

Festsaal der
Stadtgemeinde
Murau

Basilika
Seckau

Pädagogische
Akademie
Graz-Eggenberg

Sporthalle der
Hauptschule
Weiz

Symposion zum Symposion zum Symposion zum


Musikprotokoll• Musikprotokoll Musikprotokoll
10.30 10.30 10.30
Hotel Steirerhof
U. Dibelius (München) Dr. Patkowski Dr. Gottwald
Klubzimmer
15.30 (Warschau) (Stuttgart)
Univ.-Prof. Dr. Dahl- 15.30
haus (Berlin) L. Knessl (Wien)
9.00-18.00 9.00-18.00 9.00-18.00 9.00-18.00 9.00-18.00
Hotel Steirerhof
Noten- und Schall- Noten- und Schall- Noten- und Schall- Noten- und Schall- Noten- und Schall-
Pressebüro
plattenausstellung plattenausstellung plattenausstellung plattenausstellung plattenausstellung

16.30 11.00-13.00 und 11.00-13.00 und 11.00-13.00 und


Eröffnung 15.00-18.00 15.00-18.00 15.00-18.00
Forum Stadtpark Hanns-Eisler-Aus- Hanns-Eisler-Aus- Hanns-Eisler-Aus- Hanns-Eisler-Aus-
stellung stellung stellu ng stellung

• Das Symposion zum Musikprotokoll wird vom Institut für Wertungsforschung der Hochschule für Musik und darstellende Kunst
in Graz veranstaltet.
Freitag, 22. Oktober Samstag, 23. Oktober Sonntag, 24. Oktober Montag, 25. Oktober Dienstag, 26. Oktober
19.45 19.45
Belgrader Rundfunkchor Kattowitzer Rundfunkorch.
Dir. B. Simic u. Belgrader Rundfunkchor
Kiraly, Frajt, Sakaö, Yun, Dir. W. Lutoslawski
Janson, Kuzmanovic Co-Dir. B. Simic
Lutoslawski

19.45
Roswitha Trexler und
Kammermusikvereinigung
Berlin, Dir. H. J. Wenzel
Hanns-Eisler-Retrospektive
11.00
Orgelkonzert Welin
Kaufmann, Paul,
Hambraeus, Bussotti,
Raxach, Cage, Michel
19.45
Experimentalabend
Dimov, Alsina, Ligeti/
Vetter, Globokar
19.45
ORF-Symphonieorch. u.
ORF-Chor
Dir. Milan Horvat, Cerha,
Nono, Gandini, Penderecki
Symposion zum
Musikprotokoll
15.30
Dr. Sandner (Mainz)

9.00-18.00 9.00-18.00 9.00-18.00 9.00-18.00 9.00-18.00


Noten- und Schallplatten- Noten- und Schallplatten- Noten- und Schallplatten- Noten- und Schallplatten- Noten- und Schallplatten-
ausstellung ausstellung ausstellung ausstellung ausstellung
11.00-13.00 u. 15.00-18.00
11.00-13.00 und 11.00-13.00 und 11.00-13.00 und Hanns-Eisler-Ausstellung 11.00-13.00 und
15.00-18.00 15.00-18.00 15.00-18.00 10.00-12.30 15.00-18.00
Hanns-Eisler-Ausstellung Hanns-Eisler-Ausstellung Hanns-Eisler-Ausstellung Vortrag: Univ.-Prof. Hanns-Eisler-Ausstellung
Dr. Stephan (Berlin)
H. K.Jungheinrich (Frankfurt)
W. Zobl (Wien)
15.30
Diskussion, Ltg. Dr. Otto
Im Anschluß an die Vorträge finden Diskussionen mit den Referenten statt. Kolleritsch
Stefaniensaal
Montag, 18. Oktober, 19.45 Uhr

lgor F. Strawinsky lgor F. Strawinsky, H a r riso n B irtwist le,


geb. 17. 6. 188 2 in geb. 1934 in Lancashire.
Symphonie n für Blasinstrumente (1920)
Oranienbaum bei Peters- Erste Musikstudien am
Claude Debussy zum Gedächtnis burg, gestorben Königlichen Musikcollege
6. 4. 1971 in New York. in Manchester,
Harr ison Bi rt wistle später an der Kö nigl ichen
An l magina ry Landscape M usikakademie in
Österreich ische Erstauffüh rung London. 1962 bis 1965
Musikdirektor der
Cra nborne Chase School
Elliott Carter bei Salisbury, danach
Konzert für Orchester zwei J ahre in den
Euro päische Erst auffüh rung Verein igten Staaten.
Wichtigste Werke:
..Tragoedia" für 10 Instru-
Pause
mente, 1965; .. Bunch
and Judy", 1968 (Oper);
Pierre Boulez „ Nomos", 1968; ..Verses
Eclat / multiples for Ensembles" , 1969 ;
.,M edusa", 1969;
.,Meridian", für Mezzo-
sopran, sechsstimmigen
Chor und Instrumental -
ensemble, 1971.

D as BBC- Symphonie -
o r c hest er wurde 1930
gegründet. Es hat 119
Mitglieder. Von seiner
Gründ ung an stand es
20 Jahre lang unter der
Leitung von Sir
Adrian Bou lt, dessen
Nachfolger Sir Malcol m
Sargent war. Rudolf
Schwarz, A ntal Dorati
und Colin Davis waren
die Vorgänger von
Pierre Boulez, der dieses
J ahr die Leitung des BBC -
Symphonieorchesters
übernom men hat. Unter
den Gastdirigenten
befanden sich u. a.
Das BBC- Symphonieorchest er Richard Strauss, Felix
Weingartner, Bruno
Dirigent : Walter und Arturo
Pierre Boulez Toscanini. Viele erfolg-
reiche Tourneen
Solist en : führten das Orchester
M ichel Beroff, Klavier durch ganz Europa und
Siegfried Sc hmid, Zimbal durch die U SA.
Elliott Carter, geb. 1908 Michel Beroff, geb. Siegfried Schmid, geb. Otto Kolleritsch
in New York. Studien 1952. Erstes öffentliches 1937 in Deutschland.
an der Harvard - Universität, Auftreten beim englischen Erste Musikstudien im Pierre Boulez
später Kompositions- Bach-Festival 1968, Alter von sieben Jahren.
studien bei Walter Piston, später Gastkonzerte in Nach seiner Ausbildung als Der Werdegang des französischen
Gustav Holst und Nadja Oxford, London, Berlin, Paukist und Schlagzeuger Komponisten Pierre Boulez wird von seinen
Boulanger. Zuerst als Mailand, Florenz, in München, Engagement Kritikern heute vielfach klischeehaft als
Musikkritiker und musika- Frankfurt. Bulgarien- bei der Baseler Orchester- Wandlung eines experimentierenden
lischer Leiter eines Balletts tournee. Rundfunk- und gesellschaft. In Basel Avantgardisten zum etablierten Stardirigenten
t ätig. Später freischaffender Schallplattenau! nahmen debütierte er 1963 als hingestellt. Was das Klischee wah rhaben
Kompon ist. Hauptwerke: mit Werken von Messiaen, Zimbalist und hat seither möchte, ist nicht zutreffend. Weder war
,,Pochahontes" (Ballett) ; Prokofjew und Kabalavski. in vielen europäischen Pierre Boulez in seinen kompositorischen
,,Variationen für Or- Städten bei Konzerten und Anfängen ein blutleerer, selbstsicherer
chester"; ,,Doppelkonzert Rundfunksendungen Konstruktivität verschworener
für Cembalo und Klavier"; mitgewirkt. Experimentator, noch ist er heute den von
zwei Streichquartette, Weltpresse und Plattenfirmen verwöhnten
ein Holzbläserquintett. und hochgespielten Pultvirtuosen zuzuzählen.
Die erste große Station in der
Dirigentenkarriere war Alban Bergs
„Wozzeck" 1963 an der Pariser Oper. 1966
debütierte er mit Wieland Wagners
„Parsifal" -Inszenieru ng in Bayreuth. Mit
Begi nn dieser Saison (1971 / 72) wird
Boulez Chef der New Yorker Phi lharmoniker
und des BBC-Symphony-Orchestra.
Zusätzlich wi rd er als Gastdirigent mit dem
Cleveland-Orchester arbeiten. Das äußere
Erscheinungsbild mag ihn in bedrohliche
Nähe zu Karrieredirigenten bringen, vor
allem, wenn er als Schallplattenmarkenartikel
herausgestellt erscheint: .,Boulez conducts
Debussy", ,,Boulez conducts Strawinsky"
oder von einer Schallplattenhülle mit einer
Einspielung von Beethovens Fünfter in
eine heile Welt lächelt.
Boulez hat die Dirigentenkarriere nicht
gesucht, er hat sie betreten, um zu
befriedigenden Aufführungen der eigenen
Werke zu gelangen. Offenbar war sein
pädagogisches Talent der Grund, weshalb
er auch mit der Leitung anderer Werke
beauftragt wu rde. Boulez will künftighin
beides sein: Komponist und Dirigent,
und zwar nicht nur aus persönlichem -
Interesse, um seine Kompositionen optimal
aufzuführen, sondern auch, um das Musik-
leben, das für ihn nicht mit dem
Konzertleben identisch ist, zu verändern.
Zu den Aufführungen von Programmen
mit moderner und vor allem unbekannter
Musik sollen Vorträge und Einführungen
kommen. Diese pädagogische Arbeit
vom Dirigentenpult aus wird eine
Vorrangstellung einnehmen. Die Orchester- seriellen Komponierens entwickelt haben,
kurse des Bayreuther J ugendfestspieltreffens, gehen ihre W ege auseinander. Offiziel l, das
die Baseler Interpretationskurse waren heißt, vor allem von der Darmstädter
Anfäng e dazu. Wer Boulez bei einer Perspektive aus, sollte eine Entwickl ung -
Einführung vom Pult aus erlebt hat, weiß, vornehml ich unter dem Einfluß von
daß er dabei kein Showman sein w ill. John Cage - allein Stockhausen
Er untersc heidet sic h merklich von durchmachen, während Boulez als nicht den
Pultprimadonnen, die ähnliche Praktiken Konsequenzen der eingeleiteten Entwicklung
üben. Boulez tut es nicht, um sein rigoros entsprechend bald als Reaktionär
Wirkungsfeld als Star zu erweitern, sondern abgestempelt wurde.
weil ihm die Notwendigkeit einer Stockhausen hat sel bst das Trennende
Veränderung des Musiklebens am zwischen Boulez und sich zu ergründen
Herzen liegt. versucht: ,,Ich bewundere an Boulez
Was das kompositorische Werk Boulez' durchaus, was ich nicht habe und nicht
betrifft, so ist es weniger umfangreich haben kann. Boul ez ist ein Komponist
(ungefähr 15 Stücke) als bedeutend. mit dem unbedingten Streben nach Vervoll-
„ Le Solei! des Eaux" nach Gedichten von ständigung des Metiers, ein es M etiers,
Rene Char (1948), eines der sec hs Stücke, das ihm zur Ausbildu ng eines unverwechsel -
die Boulez zwischen 1946- 1949 geschrieben baren Personalstils dient. Sein Ziel ist
hatte, war sein erster Kontakt (1950) das Werk, mein Ziel eher das W irken.
mit dem Pariser Publikum. Auf das nationale Für sein Ziel hat Bou lez bis heute immer
Debüt i n Paris folgte ein Jahr später das w ieder neue Methoden aufgegriffen, die zur
internationale Debüt in Donaueschingen mit Individu alisierung des Werkes dienen, und
,,Polyphonie X" fü r 17 Soloinstrumente, damit eine Welt aufgebaut, die seine eigene
und abermals ein Jahr später wurde in Sprachwelt ist. M it seinem Streben verbindet
Darmstadt die zweite Klaviersonate gespielt, sich die ständig gepflegte Auseinander-
die bereits 1948 entstand. 1952 führten er setzu ng mit der Tradition. In seinem Werk
selber und sein einstiger Lehrer gelingt noch ei nmal ein Resümee der
Olivier Messiaen in Paris die „ Struktures I" abendländischen Tradition - und das gerade
für zwei Klaviere auf. Wiederum in Darmstadt zu einem Zeitpunkt, zu dem dieser Begriff
wurden di e zweite Klaviersonate ( 1948) und fragwü rdig geworden ist. Boulez hat eine
als neuere Beispiele der Musique concrete die ganz bestimmte Vorstellung, daß er die
Etudes I und II (1951) vorgestellt. französische Tradition fortzusetzen hat
Diese Stücke sind paradigmatisch für die und w ie sie durc h ihn fortzusetzen ist.
musikalische Situation, mit der sich die Er hat einen ausgeprägten Willen, in sei nen
jungen Komponisten der Nachkriegszeit, Werken fortzuleben; darum strebt er die
die das Erbe der von der Generation um A utonomie seiner Werke an, darum tendiert er
Schönberg erschlossenen neuen immer nach ,Großen Werken'; als dem
musikalischen Möglichkeiten angetreten Ausbau von Erfahrung und Können, während
hatten, auseinandersetzen mußten. In den mir immer der Modellcharakter von Arbeiten
angeführten Werken konkretisiert sich die vorschwebt ohne Interesse für die weitere
Entwicklung von der klassischen Ausnutzung solcher Modelle. Boulez ist ein
Dodekaphonie zur seriellen Kompositions- synt hetischer Geist, er studiert alles, er
weise. Während die Zwölftonreihen bei integriert alles in sein System, und in seinem
Schönberg und sei nen Schülern zugleich Willen zur Synthese gelingt ihm sogar die
auch Motivquellen waren, verzichten die Vereinigung von so gegensätzlich
Reihen der seriellen Musik grundsätzlich auf erscheinenden Phänomenen wie denen der
die Motivik, sie stellen nur noch Ordnungs- Wiener Schul e und des französisc hen
faktoren dar, oder wie Boulez form uliert, Impressionismus."
,,Keime zur Stiftung einer Hierarchie". Die Phänomene, repräsentiert durch
Obwohl Pierre Boulez und Karl- Heinz Webern und Debussy, die Stockhausen
Stockhausen annähernd zu gleichen Teilen gegensätzlich erscheinen, sind es für
die theoretischen Voraussetzungen des Boulez keinesfalls, sie haben für ihn vielmehr
eine aufschlußreiche und zukunftsweisende weniger um die Herauslösung weiter zu
Gemeinsamkeit: ,,Beide entziehen sich entwickelnder Modelle, sondern um den
nämlich", wie Ulrich Dibelius dazu errungenen ästhetischen Standpunkt, der
kommentiert, ,,den vorgegebenen Plänen mit einem systementbundenen Material
der formalen Organisation, beide gehen an ihn als Musiker appelliert.
zurück zu jener materialen Schicht, aus der Boulez präzisiert den Unterschied zwischen
sich Gestalt und Klang entwickeln, zu der sich und jenen Musikern, die ihre
,Schönheit des Tons an sich', und beide Revolution unbeirrbar einer Konstruktivität
entbinden aus der Konstellation solcher neu anvertrauen, in einem Satz: ,,Man muß seine
verstandenen Einzelelemente, jenseits aller Revolution nicht nur konstruieren, sondern
traditionellen Muster, eine in sich lebendige, auch träumen." Und im Hinblick auf den
aus sich selbst begreifbare Sprachlichkeit." - erfolgten und auch allgemein bemerkten
Die Konsequenzen der radikal vereinfachten technischen Umsturz sagt er: ,,Wir wollen
Ästhetik Webems sind für Boulez der daran denken, daß wir immerhin Musiker
Ansatzpunkt, an dem die eigene sind" und „Der Beruf des Komponisten ist
schöpferische Kraft einsetzt. Ihm geht es keineswegs zum Ausruhen da."
Stefaniensaal
Dienstag, 19. Oktober, 19.45 Uhr

Hanns- E isler-Retrospektive Karl Ernst Hoffmann, Günther Leib, zunächst


geb. 1926 in Wien. Geiger. 1 950-1952
5 Orchesterstücke (1938)
Studium an der Akademie Studium an der Musik-
Österreichische Erstauffü hrung
für Musik und dar- hochschule Weimar.
Ernste Gesänge für Bariton stellende Kunst in Wien Debüt als Bartolo 1952
und Salzburg und am in Köthen. Weitere Studien
und Streichorchester (1962)
Konservatorium der in Meiningen, Nord -
nach Texte n von Höld erli n, V iertel, Leo pardi, Ri chter und
Stadt Wien. A n diesen hausen und Halle. Seit
Hermlin Instituten Unterricht u. a. 1957 an der Staatsoper
Vorspiel und Spruch bei Ferdinand Großma nn, Dresden und seit 1963
Asyl Josef Lechta ler, Gast an der Deutschen
Tra urigkeit Erich Marckhl, lgor Staatsoper Berlin.
Verzweiflung Markevich und Lovro A uslandsgastspiele
A n die Hoffnung von Matacic. 1945 - 1947 Schweden, CSSR, BRD.
Leh rtätigkeit am Kon- Professor an d er M usik-
XX. Parteit ag
servatorium der Stadt hochsc hule Dresden.
Komm ins Offene, Freund!
Wie n, seit 1947 als Sc haII p iatten prod u kti onen,
Epilog Direktor mehrerer Lied erabende.
Öst erreichische Erstauffü hrung Musikschulen am Aufbau
des Steirisc hen Musik -
Pause schulwerks beteiligt,
1961 Beru fung an das
Gegen den Krieg (1936) Steiermärkische Landes-
Thema und Vari ationen für gemischten Chor a cappella konservatorium, nach
Dichtung von Bertolt Brecht dessen Akademieerhebung
Österreichische Erstauff ührung seit 1 964 außerordent-
licher und seit 1971
Bilder aus der „Kriegsfibel" (1957) ordent licher
Hochschulprofessor.
für Soli, M ännerchor und kleines Orchester
Österreichische Erstaufführung

,,Dans les rues", op. 34 (1933)


Orchestersuite Nr. 5
Präludium
Intermezzo
Larghetto
M arsch
Thema con due variazioni
Andante eroico
Th ema con variazio ni
Finale
Österreichische Erstaufführung

Das Pro-Arte- Ensemble Graz


Dirigent : Karl Ernst Hoffmann
Solisten :
Edith Gruber (Sopran)
Edith Holzer (Alt )
Martin Kli etmann (Tenor)
Günther Leib (Ba riton), DDR
waren di e großen Vorbilder, an d enen man Im Oktober 1918 löste sich d er österreichische
das Handwerk zu lernen hatte." Nationalitätenstaat auf. Eisler floh von
Zweimal wöchentlich fuhren die Meister- Pilsen und erreichte schließlich seine Familie
schüler mit der Badener Elektrischen in Wien. Sein Entschluß, Musiker zu
von Wien nach Mödling zu dem Meister werden, stand fest. Er wurd e Schü ler des
hinaus, der sie drei St unden lang auf Grund Wiener Konservatoriu ms und studierte
ihrer mitgebrachten Arbeiten unterrichtete. Kontrapunkt nach dem „Gradus ad
Der Vater, Dr. Rudolf Eisler, stammte Parnassum" von Johann Joseph Fux.
aus Österreich, hatte aber einen großen Teil Das langweilte i hn. Er suchte und fand
seines Lebens in Leipzig verbracht. Er übte schließlich den Lehrer, zu dem er aufbl icken
den Beruf eines philosophischen Schrift- konnte: Arnold Schönberg.
stellers aus und bekannte sich zu dem Als Eisler 1919 bei Schönberg zu studieren
kritischen Realismus Wi lhelm Wundts. Sein begann, hatte der Meister seine neue
Hauptwerk ist das „ Handwörterbuch der Technik der Komposition mit zwölf Tönen
Philosophie". noch nicht fertig entwickelt. Wie fast alle
1901 zog d ie Familie Eisler nach Wien, wo seine Schüler, knüpfte auch Eisler an Sti l
Hanns die Volksschu le und das Gymnasium und Technik der Werke an, die seit 1908 die
besuchte. Seine überragende Intelligenz, Tonsprache des Abendlandes revolutioniert
für deren frühe philosophische Schul u ng hatten. Der Verzicht auf Tonart und die
der Vater sorg te, machte i hn mühelos Aufhebung des Unterschiedes zwischen
zum Primus der Gymnasialklassen. Noch vor Konsonanz und Dissonanz beherrschen seine
dem erstrebten Abschluß wurde er 1916 nunmehr mit Opuszahle n numerierten Werke.
zu den Soldaten eingezogen. Er galt schon Eislers erste Auseinandersetzung mit der
damals wegen seiner Zugehörigkeit zu Zwölftontechnik si nd die Palmström- Studien
einer pazifistischen Schü lergruppe als opus 5. Sie knüpfen mehrfach an
politisch unzuverlässig und wurde deshalb Schönbergsche Vorbilder an. Christian
nicht wie andere Gymnasiasten auf eine Morgensterns absu rde Texte werden von
Offiziersschule, sondern in ein ungarisches einer Sprechstimme vorgetragen, die nach
Regiment geschickt, dessen Sprache er dem Modell des „Pierrot Lunaire" notiert
nicht verstand. und von Flöte (auch Piccolo), Kl ari nette in A.
Weder er noch seine Eltern dac hten anfangs Violine (a uch Viola) und Violoncello
an eine Musikerlaufbahn. Erst durch den begleitet ist. Die Zwölftonreihe beginnt
Musikunterricht an der Wiener Volksschu le mit a - es, den Initialen von Arnold
fand Hanns Eisler ei ne Bestätigung Schönberg. Anfang 1925 komponiert, sind
der vagen musikalischen Neigungen, die ihn die fünf Stücke voll eines Geistes unbürger-
schon als Fünfjährigen beunruhigt hatten. licher Parodie, gipfelnd i n dem dritten,
Die Eltern waren zu arm, um ein Klavier „ L'art pour l'art", wo das „Schwirren eines
anzuschaffen und Musikstunden zu aufgeschreckten Sperlings" mit Trillern der
H. H. Stuckenschmidt bezahlen. In der Schule aber lernte man Piccoloflöte, Flatterzungenton der Klarinette
vom Blatt singen: ,,So mußte ich mir und Tremolo am Steg der Geige sehr
Hanns Eisle r musikalische Kenntnisse selbst beibringen anschaulich illustriert wird.
und meine Kompositionen im Kopf 1924 war die Lehre bei Schönberg beendet.
Bald nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, ausdenken." Die erste war ein Kl avierstück Eisler trennte sich von den Arbeiterchören,
um die Jahreswende 1918 / 19, meldete für den Geburtstag der Großmutter. Darauf die er leitete, von der Universal Edi tion
sich bei Arnold Schönberg in Mödling bei folgten Lieder, eine Bühnenmusik zu und von dem „Verei n für volkstümliche
Wien ein junger Student des Konservatoriums. „Hanneles Himmelfahrt" von Gerhart Musikpflege", wo er unterrichtete, und
Eisler berichtet: ,,Ich studierte bei ihm Hauptmann und zwei si nfonische übersiedelte nach Berlin. Hier fand er
Kontrapunkt und Komposition. Er war der Dichtungen. zweifach Anschluß an Kreise. die seine noch
strenge Lehrer. Schönberg erlaubte seinen Der Soldat Hanns Eisler komponierte an der divergierenden künstlerisc hen und politischen
Schülern nicht, ,modern' zu komponieren; Front und in den Schützengräben Interessen teilten. Im Hause des Pianisten
Kontrapunkt und Kompositionsaufgaben unbeirrt weiter. Ein Oratorium nach Artur Schnabel lernte er radikale junge
mußten in klassischem Stil gehalten sein. Gedichten von Li Tai - po heißt „Gegen Komponisten wie Ernst Krenek und Stefan
Bach, Beeth oven, Mozart, Sc hubert, Brahms den Krieg". Wolpe kennen; für Schnabels Klavierschüler
entstand die Zweite Klaviersonate opus 6, „Dantons Tod", die „Letzten Tage der ihn von Wien, wo er keine ausreichenden
in der sich Zwölftontechnik und Charakter- Menschheit" von Karl Kraus sowie für Stücke Wirkungsmöglichkeiten fand, über Paris
variationen kunstvoll und pianistisch wirksam von Bertolt Brecht. Der sozialistische Schau- und Brüssel zu Brecht nach Dänemark.
verbinden. Auch das Duo für Violine und spieler Ernst Busch und der Dichter Brecht Von London, wo er Film- und
Violoncello und die Acht Klavierstücke opus 8 wurden damals, in den politisch düsteren Schauspielaufträge ausführte, folgte er einem
gehören noch der Sphäre „bürgerlicher" späten zwanziger Jahren, Eislers intimste Ruf nach New York, das ihn aber nicht zu
Konzertmusik an. Damals entstanden aber Freunde. Für die besondere Form halten vermochte. Konzerte und Vorträge
auch die „Zeitungsausschnitte" opus 11 für agitatorischer Lyrik verwendete er seit riefen ihn nochmals nach Europa und
Sopran und Klavier, deren neuartiger damals die alte Form des Responsoriums Sowjetrußland. Dann folgte ein weiterer
kaustischer Ton Eislers Namen berühmt zwischen Solostimme und Chor. Sein Aufenthalt bei Brecht auf der Insel Fünen.
machte. Einige von den elf Texten zeigen Stil machte eine energische Wandlung durch, Damals entstanden die Lenin-Kantate und
schon den gesellschaftskritischen Zug, die auf das Ziel gerichtet war, Melodien von die Anfänge der „Deutschen Sinfonie".
der auf Eislers sozialistische Lyrik primitiver Anschaulichkeit zu erfinden, die 1937 traf Eisler in Madrid mit Freunden wie
hinweist. So das „Liebeslied eines Klein- jeder Mensch leicht nachsingen konnte. Ernst Busch und dem Schriftsteller Ludwig
bürgermädchens" mit der Schlußwendung: Das stand im offenbaren Gegensatz zur Renn zusammen und schrieb Kampflieder
„Anträge unter: ,Heiliges Bündnis' an Lehre Arnold Schönbergs. So kam es für die spanischen Republikaner. 1938 ging
die Expedition." zum Konflikt mit dem Lehrer. In einem er endgültig nach Amerika.
Neben seinen Beziehungen zur musikalischen Gespräch mit dem Dirigenten Alexander Zu dem großen, demokratisch-kapitalistischen
Avantgarde pflegte Eisler aber auch ganz von Zemlinsky hatte Eisler Anfang 1926 Land in der Neuen Welt hat Eisler eine
andere Freundschaften. Er trat den kritische Äußerungen über die Ästhetik des ambivalente Beziehung gefunden. Er liebte
kommunistischen Organisationen der nach wie vor von ihm bewunderten Meisters es mehr, als seinen späteren politischen
Reichshauptstadt nahe, schrieb seine ersten und über Zwölftonmusik gemacht. Schönberg Freunden angenehm war, und er haßte es
politischen Chorlieder für Arbeitersänger, hörte davon und protestierte in einem Brief. genügend, um sich dort als Immigrant
darunter den „Vorspruch" mit dem Zitat Eisler antwortete, rechtfertigte sich und verdächtig zu machen. Was brachte Eisler
der „Internationale" und die drei Männerchöre stellte fest, seine grundsätzliche Skepsis nach Amerika mit 7 Persönlich den
nach Texten Heinrich Heines. An der gegen moderne Musik habe nichts mit seiner legendären Ruf eines revolutionären Künstlers,
marxistischen Arbeiterschule, die 1926 Hochachtung und Verehrung für dessen Lieder in der Sowjetunion ebenso
in Berlin gegründet wurde, lehrte Eisler Schönbergs Person zu tun. Eine Kränkung populär waren wie bei den Arbeitern der
Musikgeschichte und -theorie. Auch des Meisters habe ihm ferngelegen, und er westlichen Welt. Künstlerisch das Prestige
publizistisch trat er als Mitarbeiter mache sich deswegen die schwersten des bedeutendsten Schönbergschülers neben
kommunistischer Zeitungen, aber auch Vorwürfe. Diese Haltung Schönberg gegen- Berg und Webern, des engsten Mitarbeiters
bürgerlicher Zeitschriften hervor. über hat Eisler stets beibehalten; durch sie von Bertolt Brecht. Der Stil des politischen
Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu radikalen wurde später, und namentlich während des Massenliedes war zwar nicht von ihm allein
künstlerischen und politischen Gruppen war Exils in Kalifornien, die Beziehung zwischen entwickelt worden, sondern in kollektiver
bis zum Ende der zwanziger Jahre nicht den beiden wieder sehr herzlich. Bemühung zahlreicher moderner
nur in Deutschland eine häufige Erscheinung. Was Eisler unter sozialistischer Musik Komponisten, unter zeitweiser Führung von
In Berlin hatten moderne künstlerische verstand, fand seine größte und künstlerisch Kurt Weill. Der Weillsche, in Kooperation
Versuche meist auch linke politische überzeugendste Form 1930 in dem mit Brecht entstandene „Song", wie ihn die
Tendenzen. Das Theater Erwin Piscators Oratorium „Die Maßnahme". Es kam am Moritat der „Dreigroschenoper" verkörpert,
und das dramatische Werk Bertolt Brechts 13. Dezember jenes Jahres in der Berliner hat bei Eisler ebenso Spuren hinterlassen
zeigen das so deutlich wie die Graphik Philharmonie zu später Abendstunde zur wie bei vielen anderen Musikern nach 1930.
und Malerei von George Grosz, Otto Dix Uraufführung. Eisler aber ging in der Vereinfachung noch
und Felix Müller, aber auch die Kompo- Bis zu seiner Emigration 1933 war Eislers weiter. Er sprach, im Geist Brechts, von
sitionen Heinz Tiessens, Wladimir Vogels kompositorische Tätigkeit überwiegend dem „Einfachen, das schwer zu machen ist".
und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt dem Theater und Film sowie der Die Revision, der er seine Tonsprache seit
auch Paul Hindemiths. politischen Gebrauchsmusik gewidmet. Seine 1925 unterwarf, war jedoch keine Absage
1927 begann Eisler für Film und Schauspiel zu agitatorischen Chorlieder mit den kenn- an das bei Schönberg erlernte Handwerk.
arbeiten. Er komponierte Musik zu einem zeichnenden ostinaten Bässen wurden um Neben leicht faßlichen Chören und Liedern
der Experimentalfilme von Walther 1930 auch in der Sowjetunion bekannt und hat Eisler stets strenge Kammer- und
Ruttmann, zu Lion Feuchtwangers Schauspiel rasch populär. Orchesterwerke geschrieben. Zwölftontechnik
„Kalkutta 4. Mai", für Piscators berühmte In den Jahren vor Hitler entwickelte sich blieb für ihn ein wichtiges künstlerisches
Inszenierung von Walter Mehrings Eislers Persönlichkeit in allen ihren vielseitigen Mittel, das er anwandte, wenn der Gegenstand
„Kaufmann von Berlin", zu Georg Büchners Charakterzügen. Die Emigration führte es forderte.
In New York hatte er schon bei dem ersten Cocteau, Jean-Louis Barrault, Jean Cassou dekadent abgelehnt. Eisler hielt zu seinem
Aufenthalt 1938 einen Film „400 Millionen" und vielen anderen prominenten Franzosen 80. Geburtstag in der Deutschen Akademie
mit dem holländischen Regisseur Joris lvens unterschrieben war, wies man Eisler nach einen Festvortrag, der mit der Feststellung
geschrieben. Nach der Niederlassung in den England aus. 1948 ging er über London begann, Schönberg sei einer der größten
USA entstand 1939 der Film „Kinderszenen" und Prag, wo er dem Februar-Kongreß der Komponisten nicht nur des 20. Jahrhunderts
und Bühnenmusik zu dem Schauspiel Komponisten und Musikwissenschaftler und aus der Musikgeschichte nicht
„Night Music" des berühmten Dramatikers beiwohnte, nach Wien. Ein Jahr später wegzudenken. Die Avantgarde Polens seit
Clifford Odets. Teile der „Kinderszenen" - traf er in Ostberlin mit Brecht, Ernst Busch 1956 begrüßte Eisler mit unverhohlenem
Musik gingen später in die Suite für und dem zum Kultusminister der Optimismus.
Septett Nr. 1 über, die aus Variationen über ostdeutschen Republik ernannten Dichter Von Eislers später Produktion ist vieles noch
amerikanische Volkslieder besteht. Johannes R. Becher zusammen. Mit diesem unveröffentlicht. Er komponierte Teile des
Die besseren Arbeitsmöglichkeiten ver- schrieb er die Nationalhymne der ,,Johann Faustus", wie „Der Mensch"
anlaßten ihn, 1941 nach Los Angeles zu Deutschen Demokratischen Republik und „Faustus Verzweiflung", einfache,
übersiedeln. Er fand dort neben vielen „Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft von drei- und vierstimmigen Akkorden
anderen Freunden aus dem alten Europa zugewandt". 1950 ließ er sich definitiv in begleitete Rezitative. Er sct, ·ieb 36 Chansons
Arnold Schönberg, Bertolt Brecht und Lion Ostberlin nieder. nach Texten Kurt Tucholskys und arbeitete
Feuchtwanger. Nun wurde aus Hanns Eisler ein offizieller an Brechts „Kriegsfibel".
Hollywood war für Eisler ein Milieu von Künstler, ein Klassiker des deutschen Seit 1948 war er in dritter Ehe mit Steffi
extremer Zwiespältigkeit. Er lebte, wie auch Arbeiter- und Bauernstaates. Er war 52 Jahre Eisler verheiratet, die ihn überlebte. Aus der
seine Freunde und namentlich Brecht, alt, weltgereist, durch alle Gefahren des ersten ist ein Sohn, Georg, hervorgegangen,
in äußerlich angenehmen Verhältnissen, illegalen Lebens und der politischen der Maler wurde und in Wien lebt.
zeitweise in Wohlstand und Luxus. Der Verfolgung gegangen. Der kleine, korpulente Vater und Sohn waren in den letzten Jahren
Umgang mit Männern wie Schönberg, Mann, durch Entbehrungen der Jugend vor Hanns Eislers Tod 1962 viel zusammen.
Thomas Mann, lgor Strawinsky und Charles gehärtet, glänzender Schwimmer und Sie mochten und verstanden sich, obwohl
Chaplin brachte eine Fülle geistiger Anregun- leidenschaftlicher Spaziergänger, schien den Vater Malerei nicht interessierte und
gen. Bei Schönbergs 70. Geburtstag am physisch unverwüstlich. Er war ein starker, er sie danach beurteilte, wie schwer die
13. September 1944 gehörte Eisler zu den regelmäßiger Trinker und Kettenraucher von Arbeit des Malers gewesen sei.
Gratulanten; er widmete dem Meister Zigaretten und hatte zahllose Nächte Aus den Gesprächen, die der Schriftsteller
sein Quintett „ Vierzehn Arten, den Regen diskutierend oder in anstrengender Arbeit am Hans Bunge 1958 bis 1962 mit Eisler führte,
zu beschreiben", das die Besetzung des Schreibtisch verbracht. Jetzt war das Ziel wird seine Stellung deutlich, wenn er
,,Pierrot Lunaire" zeigt: Flöte, Klarinette, erreicht. Es gab Nationalpreise und Titel. Er Brechts Klage über den Verfall der
Violine, Violoncello und Klavier. Es wurde Mitglied der Deutschen Akademie ästhetischen Kategorien beklagte: ,,Das ganze
stammt aus einer der „Naturszenen" der Künste, die ihm eine Meisterklasse Ästhetische wird bei ihm überhaupt vergessen,
von 1940. für Komposition anvertraute. auf das besonders der alte Brecht einen
In Zusammenarbeit mit Brecht entstanden Eine große Aufgabe beschäftigte ihn. In großen Wert legte."
1945 und 1946 die Bühnenmusiken zu den Sommerferien, die er gern in dem Eisler starb am 7. September 1962 in Berlin.
dessen „Furcht und Elend des Dritten Ostseebad Ahrenshoop verbrachte, entstand An dem Staatsbegräbnis nahmen die
Reiches" und „Leben des Galilei". Auch die Dichtung zu einer Oper, deren Regierung der Deutschen Demokratischen
zu Cary Grants „None but the Lonely Heart" Komposition er nicht beenden sollte, dem Republik, die Elite der Kunst ·und Wissen-
und zu Jean Renoirs „The Spanish Main" ,,Johann Faustus". schaft und große Massen der Bevölkerung teil.
schrieb Eisler Musik. Die Veröffentlichung des „Johann-Faustus" -
Im September 1947 wurde er, ebenso wie Textes wurde von den ostdeutschen
sein Bruder Gerhard und Bertolt Brecht, Kommunisten als Affront empfunden. Ihr
vor das Komitee zur Untersuchung offizielles Organ, das „Neue Deutschland",
unamerikanischer Betätigung geladen. warf dem Autor Pessimismus, kosmopolitische
Ein Gefängnisurteil gegen ihn und seine _ Gesinnung und volksfremde Ausdrucksweise
Frau mobilisierte einen illustren Kreis von vor. Eisler war tief getroffen, gab aber
Künstlern und Gelehrten. Chaplin, Thomas nicht nach. Ebenso wie Brecht war er in der
Mann, Aaron Copland und Albert Einstein Situation des künstlerisch Schöpferischen,
traten einem Komitee zur Rehabilitierung der in"'gewissen Fragen, namentlich ästheti-
Eislers bei, Strawinsky organisierte zu seinen schen, keiner Autorität gehorchen darf.
Ehren ein Konzert. Auf eine Petition hin, die Schönberg wurde von der offiziellen kommu-
von Pablo Picasso, Henri Matisse, Jean nistischen Kulturpolitik als bürgerlich-
Stefaniensaal
Mittwoch, 20. Oktober, 19.45 Uhr

Roman Haubenstock- Friedric~ , geb.


Roman Haubenstock-Ramati
Ra mati, geb. 1919 in 1926 in W~ dien
Chorographie Krakau. Studium der an der dortigen Musik-
Uraufführung Philosophie und Musik- akadem ie (Geige bei
Kompositionsauftrag des ORF- Studios St eierma rk wissenschaft bei Vasa Prihoda, Komposition
Arthur Malawski und bei Alfred Uhl), Studi um
F r iedrich Cerha Kompositionsstudien der Philosophie,
Verzeichnis (1969) bei Josef Koffler. Germa nistik und Musik -
1 947-1950 Leiter der wissenschaft an der
Öst erreichisch e Erst auffü hrung
M usi kabteil ung von Radio Wiener Universität
Krakau, 1950-1956 ( Promotion zum Dr. phil.).
Pause Direktor der Staatlichen Zu nächst als Geiger und
Musikbibliothek und Musiklehrer tätig, 1957
Professor an der Rom -Stipendium,
Heinz Holliger
Musikakademie in 1 958 gemeinsam mit
Dona nobis pacem Tel Aviv. 1957 Rückkehr Kurt Schwertsik Gründung
Uraufführung nach Europa, nach kurzer des Ensembles „die reihe",
Tätigkeit am Studio um der neuen Musik
Dieter Sehnebel de Musique Concrete in im ko nservativen Musik-
Madrasha II Paris Lektor fü r neue leben Wiens ei n
Neufassung 1970 Musik beim öster- permanentes Forum zu
reichischen Verlag schaffen. 1959 Berufung
Österreichische Erstaufführung
Universal Edition in Wien. an die Wiener Musik-
Hauptwerke: .. Amerika" akademie. leitet dort
(Oper in zwei Akten ein Praktikum für neue
nach dem gleichnamigen Musik, an dem Instrumen-
Roman von Franz Kafka), talisten der letzten
„Comedie" (Antioper Jahrgänge, Kapellmeister
in einem Akt), Diver- und Komponisten teil-
timento, ..Vermutungen nehmen. Kompositions-
über ein dunkles Haus" unterricht am
für drei Orchester, Elektronischen Studio
„Les Symphonies de der W iener M usikakademie,
Timbres", Psalm für Vorlesungen über moderne
Orchester, .. M obile for Notation, seit 1969
Shakespeare", .,Jeux", Präsident der österrei -
,.Mult iples", .. Inter- c hischen Sektion der
polation", .. Catch", IGNM . Hauptwerke:
.. Descisions 1-1 0" „ Deux eclats" fü r Violine
(musikalische Graphik). und Klavier, 1957;

Schola Cantorum Stuttgart


Dirig ent :
Clytus Gottwald
„Relazioni fragili " für Heinz Holliger, geb. Dieter Sehne b el, geb. Clytus Gottwald, Die Stuttgarter S c hola
Cembalo und Kammer- 1939 in Langenthal 1930 in Lahr / Baden. geb. 1925 in Bad Salbrunn. Cantorum ist ein
orchester, 1956 / 57; (Schweiz). Musikstudien Studium der Musik- Nach Besuch des Ensemble von Vokal -
,,Espressioni fondamentali" in Bern, Basel und Paris. wissenschah , Theologie musischen Gym nasiums solisten, das sic h die
für großes Orchester, Kompositionsstudien und Philosophie in in Frankfurt Gesangs- und Aufführung extremer
1956 / 57 ; ,,Enjambe- bei Saldor Veress und Freiburg, Heidelberg und Chorstudien, später Werke der alten und neuen
ments" für sechs Spieler, Pierre Boulez. Lebt als Tübingen. Von 1963 Kantor in Stuttgart. M usik- M usik zur Aufgabe
1959; .. Mouvements" für Oboist und Komponist in bis 1970 als Theologe, wissenschaftliche Studien gemacht hat. Lag zu nächst
Kammerorchester, Basel. Wichtigste Werke: Komponist und in Tübingen und der Schwerpunkt der
1960; ,,Spiegel 1-VII" für Drei Liebesli eder für A lt Musiktheoretiker in Frankfurt ( Promotion Arbeit auf der Musik des
großes Orchester und und Orchester, 1960 ; Frankfurt, ab 1970 auf Grund einer 15. und 16. Jahrhunderts,
Tonband, 1960-68 ; Erde und Himmel, Kan- i n gleicher Funktion in stilkritischen so verlagerte sich dieser
,,Exercises" für Bariton, t ate, 1961 ; Elis, drei München tätig. Untersuchung des Schwerpu nkt seit 1963
Sprecher und Nachtstücke für Klavier, Komponisten Verbonnet). deutlich auf die neue
Kammerensemble, 19 62 1961 ; .,Glühende Rätsel" 1957 / 58 Gründung der Musik. Zahlreiche führende
bis 1967 ; Langegger und „Der magische .. Schola Cantorum", Komponisten der
Nachtm usik 1, 1968; Tänzer" nach Nelly Sac hs, deren Leiter er seither ist. Avantgarde haben für
Langegger Nachtmusik II, Trio für Oboe, Viola und Seit mehreren das Ensemble komponiert
1969. Harfe, 1966 ; Sieben- Jahren Redakteur für und mit dem
gesa ng für Oboe, Neue Musik am Süd - Ensem ble gearbeitet,
Orchester, Singstimmen deutschen Rundfunk z. B. Hans Otte, Dieter
und Lautsprecher, Stuttgart. Sehnebel, Györg y Ligeti,
1966 / 67; ,,h" für Helmut Lachenmann,
Bläserquintett, 1968; Mauricio Kagel, Pierre
.. Dona nobis pacem" Boulez, Heinz Holliger,
für 12 Singstimmen, Hans Zender, Bruno
1968 / 69; .,Pneuma" Maderna u. a.
für 34 Bläser, Orgel, Gegenwärtige
Schlagzeug und Radio, Verpflichtungen: Festival
1970 ; .,Psalm" für Chor, Reconnaissance des
1971 ; .,Cardiophonie" Musiques Modernes
fü r einen Bläser und Brüssel (Dezember 1970),
3 Magnetophone, 1971 . Baden- Baden (beide
Konzerte unter der Leitu ng
von Pierre Boulez),
Hilversum Omroep-
Stichting, Paris ( Domaine
musical), Kassel (Woche
für Neue Geistliche Musik),
Nürnberg (Dürerjahr-
Festkonzert), Saarbrücken
( Musik im 20. Jahr-
hundert), New York
( International Josquin
Festival Conference),
Venedig (Biennale und
Teatro La Fenice) .
Ste'faniensaa\
Donnerstag, 21. Oktober, 19.4S Uhr

lsang Yun Luc iano Berio, geb.


Musik für sieben Instrumente 1925 in Oneglia ( Italien).
Erste Musikstudien
Andantino delicato
am Mailänder
Adagio Konservatorium bei
Allegro vivace G. F. Ghedini. 1951
Kompositionsstudien bei
Luciano Berio Luigi Dallapiccola.
EI M ar la Mar (1952) Gründel 1954 gemeinsam
Österreichische Erstaufführung mit Bruno Maderna das
Studio f ür musikalische
Phonologie, das er
Karl Haidmayer bis 1959 leitet.
Symbiose IV (3. Sextett 1971) Lehrtätigkeit in Tangle-
Motive und Figurationen wood, Darmstadt und
Reih en und Ebenen abwechselnd mit Darius
Klänge und Auflösungen Milhaud am Mills College
Flächen und Punkte in Oakland (Kalifornien ).
Gegenwärtig Vortragender
Urauffüh ru ng
an der Harvard -Universität
Kompositionsauftrag des ORF- Studios Steiermark und an der Juilliard School
o f Music in New York.
Pause Bühnenwerke: ,,Mimo-
musiq ue", Azione mimica,
1955; ,,Allez- hopl ",
Gerhard Lampersberg 1959, 2. Fassu ng 1968;
lntimissimo ,,Circles" , 1960;
Uraufführung ,,Visage", 1963;
Kompositionsauftrag des ORF- Studios St eiermark ,,Esposizione", 1963;
,,Passaggio", 1963 ;
Marek Kopelent ,,Laborintus 11", 1964;
Orchesterwerke: ,,Piccolo
Kammermusik 1971
concerto", 1948;
Uraufführung ,, Variazioni", 1953;
Kompositionsauftrag des ORF-Studios Steiermark ,,Nones", 1954;
,,Allel ujah 1", 1955 ;
,,Allelujah II", 1956/57 ;
,,Divertimento", 1957;
,,Tempi concertati", 1960;
,,Quaderni I e 11",
1960 /61 ; ,,Quaderni III ",
1965; ,,Traces", 1965;
,,Chemins", 1965;
Das Collegium musicum instrumentale der Hochschule .,Chemins II", 1967;
für Musik und darst ellende Kunst in Graz .,Chemins 111", 1967;
.,Sinfonia", 1968;
Dirigent : Elektron ische Musik:
Max Heider .,Mimomusique 1", 1953;
.,Mutazioni", 1956;
Solisten: ,,Perspectives", 1956;
Heidemarie Bernsteiner, Sopran „ Thema: Omaggio a
Edith Gruber, Mezzosopran Joyce", 1958; .,M omenti",
Leo Witoszynskyj, Gitarre 1960.
Karl Haidmayer, geb. Gerhard Lampersberg, Marek Kopelent, geb. Max Heider, musika - Das Collegium musicum
1927 in Hollabrunn ( NÖ) . geb. 1928 in Hermagor 1932 i n Prag. 1951 - 1955 lische Ausbildung am instrumentale der
Klavier- und Kompo- (Kärnten). Th eorie- und Kompositionsstudien Grazer Konservatorium bei Hochschu le für Musik und
sitionsstud ien am Kompositionsstudien an an der Prager Akademie Hermann von Schmeidl, darstellende Kunst
Steiermärkischen d er Hochschule für Musik der musischen Künste bei Dirigierausbild ung bei in Graz ist ei n Kammer-
Landeskonservatorium und darstellende Kunst Jaroslav Ridky. Haupt- Oswald Kabasta, ensemble in variabler
bei Hugo Kroemer, Edith in Wien, Lehrtätigkeit, werke: .,Brot und Vögel", Hans Pfitzner und Besetzu ng, das sich
Farnadi bzw. Waldemar Referent beim OR F, Kantate, 1957 / 62; Hans Knappertsbusch, die Pflege spezieller
Bloch. M usikwissenschaft- Stud io Kärnten und „Ca nto Intima" für Flöte Kapel lmeisterdiplom Literatur - vorwiegend
l iches Studium an der Stud io Wien, jetzt und Vibraphon, 1963; an der staatlichen der modernen - zur
Universität Graz u. a. bei freischaffend. 3. Streichquartett, 1963 ; Hochschule für Musik Aufgabe gemacht hat.
J oseph Marx Lebt in Maria Saal, „Matka'· für gemischten in Berlin (1942 ), Es will j enes Genre -
(1952 Doktorat) . Seit Wien, Berlin, Hamburg. Chor und Fl öte, 1964; 1943 Assistent (Studien - sowohl hinsichtlich der
1954 am Konservatorium „ Kontempl ation" für leiter) bei Professor kompositorischen Anlage
(seit dessen Akademie- Kammerorchester 1966; Vidussoni in Rom. Ab als auch der Besetzung -
erhebung 1963 an der Stilleben für Kammer- 1945 Engagements zuerst pflegen, welches
Musikhochschule) in Graz orchester, 1970. als Korrepetitor, später Kammermusik im alt-
als Klavier- und Theori e- als Kapellmeister gewohnten Sinne nicht
lehrer, später nur noch als an verschiedenen mehr und Sinfonik nach
Theorielehrer tätig. westdeutsche n Theatern . bisherigen Begriffen
Freier Mitarbeiter Seit 1953 Direktor der noch nicht ist.
des Österreichischen Städt. Musikschule Es steh t unter der
Rundfunks. Studio Kapfenberg und musi- ständigen Leitu ng von
Steiermark, journalistische kalischer Leiter der Prof. Max Heider.
Tätigkeit als Musik- Kapfenberger Kulturtage.
kritiker der „ Kleinen Ab 1962 Ausbi ldungs-
Zeitung", Graz. lehrer am Steierm.
Hauptwerke: 6 Sinfonien, Landeskonservatorium,
2 Klavierkonzerte, in gleicher Funktion an
2 Fl ötenkonzerte, Klavier- der Grazer Musik-
und Kammermusik, hochschule. Seit 1967
Lieder und Chansons. a. o. Hochsch ulprofessor,
Leiter der Abteilung für
Orchesterleitung, Gast-
dirigent an zahlreichen
in- und ausländischen
Rundfunkstationen.
lmre Fabian Töne mit Pinselstrichen vergleichen, im
Gegensatz zur Linie ei nes Zeichenstiftes.
l sang Yu n Vom Ansatz bis zum Verklingen ist jeder Ton
Wandlungen unterworfen; er wird mit
Als Vermittler zwischen zwei Kulturen, Verzierungen, Vorschlägen, Schwebungen,
zwischen altchinesischer, koreanischer Glissandi und dynamischen Veränderungen
Tradition und westeuropäischer ausgestattet, vor allem wird die natürliche
Kompositi onstechnik, hat !sang Yun in der Vibration jedes Tones bewußt als Gestaltungs-
Musik unserer Tage einen bedeutenden mittel eingesetzt."
Platz eingenommen. In dieser geistigen Aus diesem reichen „ Innenleben" des
Position der Synthese von fernöstlichem Einzeltons wird der für europäische Hörer
Musikdenken und europäischer ganz neuartige Klangreichtum in !sang Yuns
Ausdrucksweise läßt seine Musik den Musik verständlich: die Faszination der
erweiterten Horizon t der neuen Musiksprache Klangbänder, die fluktu ierenden Geräusche,
deutlich erkennen. Hatten zu Mozarts Zeiten die subtilen Farben, die sonderbaren Sch lag-
gewisse Einflüsse der osteu ropäischen Musik zeugeffekte, die eigenartige Grammatik seiner
noch als „ Orientalismen" und „Exotismen" Musiksprache.
gegolten, so wu rde, hundertdreißig Jahre Diese Grammatik ist di e der ostasiatischen
später, Claude Debussy schon auf die Musik, und diese Musik kennt keine
exotischen Klänge des malaiisch- Mehrstimmigkeit, keine Harmonie im
indonesische n Gamelan-Orchesters auf- eu ropäischen Sinn der Polyphonie, sondern
merksam. Aber selbst Debussy, und später nur zufäll ige, momentane heterophone
Bartok, haben noch die außereuropäischen, Klangerscheinungen. In jeder musikal ischen
fernöstlichen und arabischen Züge al s Phase gibt es aber zentrale Töne, die durch
„Inspiration von außen" in ihr Verzierungen, Schwebungen, Variierung der
grundsätzlich europä isches Musikdenken Dynam ik und der Klangfarbe, zum Beispiel
integriert . d urch verschiedene Arten des Vibrato,
Erst in jüngster Zeit, in einigen Werken geschmückt werden. 1n der atonalen, teils
von Messiaen, Stockhausen und Boulez, von der seriellen Kompositionstechn ik
wurde auch die traditionelle europäische beeinflußten Musik Yuns bilden sich diese
Auffassung über „Musik als Entwicklung" Haupttö ne zu Kernpunkten aus. ,,Jeder dieser
au fgegeben. Gelangten Messiaen, Haupttöne hat seinen eig enen Charakter",
Stockhausen und Boulez in ihrem Bestreben, behauptet Harald Kunz, der schon mehrere
Musik als „Weltliteratur" als befruchtende Texte für Yun verfaßt hat, ein hervorragender
Gegenwirkung zwischen verschiedenen Kenner dieser Musik. ,,Ähnlic h der Ausdrucks-
Kulturen aufzufassen, von Eu ropa nach dem kraft des Pantomimen reiht sich in der
Fernen Osten, so strebte der Koreaner ausdrucksbetonten Musik !sang Yuns Geste
lsang Yun seit jeher die Verschmelzung der an Geste, Hauptton an Hauptton. Da entsteht
europäischen Musiksprache mit der die eine Stimmung spontan aus der
Tradition seiner Heimat an. In seinen beste n anderen, gleichsam alogisch. Rationell
Werken konnte Yu n zwei scheinbar erfaßbare Bezüge zwischen den
unvereinbare, antagonistische Prinzipi en Hau pttönen sind nicht zu erkennen. Es
verbinden: das Europäische, das den scheint so, als folge di e Aneinanderreihung
Zusammenhang, di e Entwicklung, das der klingenden Gesten nur den Launen
„Geschehen" als das Wesentliche in der der Ph antasie des Komponisten, ohne Zwang
Musik betrachtet, und das Fernöstlich e, und nur dem Gesetz des Gesc hmacks und
das dem Einzelton als Klangereignis die dem Sinn der Proportion en unterworfen,
größte Bedeutung beimißt. !sang Yun also Merkmalen einer selbstkritischen
hat das in einem Interview so fo rmu liert: Haltung, die bei !sang Yun in besonderem
„Wenn in der Musik Europas erst die Grade entwickelt ist. Denn t rotz aller
Tonfolge Leben gewinnt, wobei der Einzelton Freiheiten, di e sich Yuns Phantasie nimmt,
relativ abstrakt sein kann, so lebt bei uns trotz allen schei nbaren Überschäumens, trotz
sc hon der Ton für sich. Man kann unsere allem Dionysischen und Orgiastisch en, das
so viele Hörer in Yuns Orchesterstücken Stockhausen und Nono eröffneten neue auf die Bühne. Das Orchesterstück „Namo''
zunächst erschreckt, sind Yuns Partituren Perspektiven. Die ersten Werke, die er für drei Soprane und Orchester ist ein
einem übergeordneten Formdenken unter- in Deutschland geschrieben hat, standen Auftragswerk des Westdeutschen Rundfunks.
worfen, das jedem Werk den Umriß, die noch unter dem Einfluß dieser Komponisten. Als Text wählte Yun Gebete des
typische und klare Gestalt gibt und das Zu einem selbständigen Stil hat lsang Yun Mahayana-Buddhismus, in ihrem Vortrag
die richtigen Akzente, die richtigen im 1960 uraufgeführten dritten Streichquartett mit ekstatischer Steigerung. Hat Pierre
Ruhemomente und den richtigen Schlußpunkt gefunden. Es folgten u. a. die „Colloides Boulez in seinem Orchesterstück „Eclat"
setzt." sonores" für Streichorchester (1961 ), die das fernöstliche Klangerlebnis, die Wirkung
In diesem Formgefühl, im Zwang zum ,,Fluktuationen für Orchester" (1964), des „objektiven" Einzelklanges erforscht und
expressiven Ausdruck in der das Oratorium auf Buddhaworte „Qm mani sich vom traditionellen europäischen
avantgardistischen Kompositionstechnik, padme hum" (1964), die den Namen lsang Musikdenken entfernt, so erstrebt der
zeigen sich Yuns „europäische Züge", Yuns, besonders in Deutschland, in breiten Koreaner lsang Yun mit seiner orientalischen
die er mit den Traditionen und dem Kreisen bekannt gemacht haben. Das an Philosophie eine expressive Ausdrucksweise,
Musikdenken seiner Heimat vereinen konnte. monumentalen Klangwirkungen reiche die dem fernöstlichen Musikempfinden im
Der 54jährige Yun ist ein expressiver Orchesterwerk „Reak" (1966) und zwei Grunde genommen fremd ist. So treffen
Musiker, bei dem es um eine persönliche Opern, ,,Der Traum des Liu-Tung" (1965) sich der Europäer in der objektivierenden
Aussage und um bleibende Werte geht, wie und „Die Witwe des Schmetterlings" (1968), Emanzipation des Klanges und der
er auch neulich betonte: ,,Ich versuche haben seinen Ruf gestärkt. Koreaner in der Subjektivierung des
immer, nicht allein Techniken oder 1967 wurde die Kulturwelt auf den Namen objektiven Klangmaterials. ,, Komponieren
Traditionen einzusetzen, sondern die lsang Yuns aus außermusikalischen Gründen bedeutet für mich keine Kalkulation. Ich
Elemente der Musik herauszuarbeiten, aufmerksam. Koreanische Geheimpolizisten möchte durch meine Musik etwas
die allgemeine Gültigkeit haben und die haben den Komponisten aus seiner ausdrücken. Ein Stück meines Herzens ist
allen Menschen verständlich sind. Ich möchte Berliner Wohnung entführt und nach Seoul immer dabei", hat lsang Yun in sehr
nicht allein für die Deutschen komponieren, geschleppt. In einer berüchtigten „europäischer" Weise bekenntnishaft
auch nicht ausschließlich für mein Spionageaffäre wurde Yun zuerst zu gesagt. So treffen sich Welten und Kulturen,
asiatisches Volk, ich möchte meine Musik lebenslänglichem, später zu mehrjährigem deren Synthese den von Goethe geprägten
für alle Menschen schreiben." Gefängnis verurteilt. Interventionen aus Begriff der „Weltliteratur" auf die Musik
Seine Wahlheimat hat lsang Yun in Berlin der ganzen Welt, Petitionen führender unserer Zeit immer deutlicher anwenden
gefunden, wo er seit 1964 lebt. 1917 in der Komponisten, Interpreten und Schriftsteller läßt.
südkoreanischen Hafenstadt Tongyong konnten seine Freilassung erzwingen. Yun
geboren, begann er seine Musikstudien kehrte 1969 zu seiner Familie nach Berlin
in Japan: in Osaka und in Tokio. Schon zurück, wo er auch heute lebt. Seine Oper
zu dieser Zeit zeigte er lebhaftes Interesse „Die Witwe des Schmetterlings", ein
für die europäische Musik, seine komisches Gegenstück zu seinem ersten
Kenntnisse reichten aber nicht über die Bühnenwerk „Der Traum des Liu-Tung",
Spätromantik hinaus. Chinesischer, korea- hat er in Untersuchungshaft, im Gefängnis,
nischer Gesang und italienische Opernmusik komponiert. ,,Sie war ein musiktheatralisches
beeinflußten seine ersten Kompositionen, Ereignis ersten Ranges und Beweis dafür,
die er heute nicht mehr anerkennen will, was schöpferischer Geist einem gequälten
weil in ihnen die erstrebte Verbindung von Körper abzuringen vermag", schrieb
Folklore und neuer Musik nicht gelungen ist. Wolfram Schwinger nach der Uraufführung
Zwei Jahre, von 1954 bis 1956, war Yun in Nürnberg.
Dozent für Komposition und Theorie an der In den schweren Jahren zwischen 1967
Universität Seoul. Ein Kompositionspreis und 1969 komponierte Yun „Tuyaux
der Stadt ermöglichte ihm 1956 die Reise sonores" für Orgel (1967) und das Chorwerk
nach Europa. In Paris und Berlin begann „Ein Schmetterlingstraum" für gemischten
seine zweite Studienzeit, die Bekanntschaft Chor und Schlagzeug (1968). Zwei neue
mit der europäischen Avantgarde. Tony Aubin bedeutende Werke lsang Yuns wurden auch
in Paris, Boris Blacher, Josef Rufer und 1971 in Deutschland uraufgeführt. In seiner
Reinhard Schwarz-Schilling in Berlin Oper „Geisterliebe" bringt der Komponist
wurden seine Lehrer. Wertvolle Anregungen ostasiatische Fuchsgeister, Verkörperungen
erhielt er auch bei den Darmstädter des weiblichen Elements, in Konfrontation
Ferienkursen; die Begegnungen mit Boulez, mit männlicher intellektueller Skepsis
Stefaniensaal
Freitag, 22. Oktober, 19.45 Uhr

Milorad Kuzmanovic, Ernö Kira ly, geb. 1919


Ernö Kiraly geb. 1932 in Belgrad. in Subotica. Zunächst
Vocalizzazioni per voci eguali o coro piano Theoriestudium an der Orchestermusiker.
Öst erreichische Erstaufführung Belgrader Musikakademie. Seit 1953 Musikredakteur
Seit 1957 Mitglied bei Radio Novi Sad.
Ludmila Frajt und Chorkorrepetitor Kompositorische Versuche
Lieder der Nacht für Chor bei RTV Beograd. seit 1949. Neben einer
„Requ iem für jene, die wir Kinderoper, Chor-
und Instrumenta lensemble
lieben" für einen und Kammermusik für
Öst erreichische Ersta ufführung Rezitator, Chor und verschiedene Besetzungen,
Instrumentalensemble Orchesterwerken und
Branimir Sakac nach einem Text Liedern, veröffentlichte
Omaggio - canto dalla Commedia für Violin-Solo, von Branislav Miljkovic; Kiraly auch mehrere
Schlagzeug und Chor „ Vorabend" für ungarische Gedicht-
zwei Chöre nach einem sammlu ngen und mehrere
Österreichische Ersta ufführung
Text von Momcilo wissenschaftliche Arbeiten
Nastasijevic. Kammer- über die ungarische
Pause musik, Chormusik, Lieder, Folklore.
Büh nen- und Filmmusik.
lsang Yun
Schmetterlingstraum für gemischten Chor
und Schlagzeug
Öst erreichische Erstaufführung

Alfred Janson
Nocturne
Österreichische Erstaufführung

Milorad Kuzmanovic
Krieg für zwei Chöre
Öst erreichisch e Erstaufführung

Alfred J anson, geb.


1937. Ursprünglich
Beschäftigung mit dem
Jazz als Pianist, Komponist
und Arrangeur. 1962
Musikstudium in Oslo,
später Kompositions-
studiu m i n Stockholm und
Darmstadt.
Wichtigste Werke :
„November 1962'" für
Der Chor von Radio -televizija Beograd
Klavier. Wiegenlied fü r
Dirigent : Sopran und 48 Streicher;
,,Konstruktion und Hym ne"
Borivoje Simic
für Sinfonieorchester,
Solist : 1966; ,,Thema" für Orgel,
Klavier und Schlagwerk.
Dragutin Bogosavljevic, Violine
Ludmila Fra jt, geb. 1919 Branimir Sakac, Borivoje Sim ic, geb. Dragutin Bogosavljevic, D e r Chor von Radio-
in Belgrad. geb. 191 8 in Agram. 1920 in Belgrad. Studium geb. 1936 in Zajeca r. televizija B eograd
Kompositionsstudie n Kompositionsstudien an an der dortigen Musik- Musikstudium an der wurde 1945 gegründet.
an der dortigen Musik- der dortigen Musik- akademie. Begin n seiner Belgrader Musikakademie. Bis zum Amtsa ntritt des
akademie bei Miloje akademie, später Dirigentenlaufba hn als Auf Grund seiner Erfolge gegenwärtigen Dirigenten,
Milojevic und Josip Musiklehrer, Rundfunk- Leiter eines Amateur- drei Jahre Stipendiat bei Borivoje Simic, leiteten
Sl avenski. Wichtigste kommentator und ensembles. Seit 1947 David Oistrach und Boris Milan Bajsanski und
Werke: ,,Zwölf Monate", Publizist. Gegenwärtig bei RTV Beograd, seit Kuznjecov am Moskauer Svetolik Pascan das
Liederzyklus für Frauenc hor künstlerischer Direktor der 1953 Dirigent und Konservatorium. Gegen- Ensemble. Der Chor zählt
und Orchester ; jugoslawischen Musik- Chorl eiter. Zahlreiche wärtig Konzertmeister des 60 Mitglieder. Auf Grund
,, Lieder des A bschieds", tribüne in Opatija. Gastkonzerte in Dubrovnik, Sinfonieorc hesters seiner künstlerischen
für gemischten Chor Wichtigste Werke: bei der Agramer von RTV Beograd. Zahl - Erfolge im In- und Ausland
a-cappella; ,,Spielmann „Symphonie vom toten Musikbiennale, Tourneen reiche Solokonzerte sowie wurde dem Ensemble die
und Vögel", Rhapsodie Soldaten"; ,,Episoden"; durch Polen, die CSSR, Ru ndfunk- und Fernseh- Goldmedaille des
für Klarinette und ,, Räume"; ,, Turmmusik" Bul garien, die Türkei, aufnahmen. j ugoslawischen
Orchester; ,,Der für Orchester; ,,Strukturen Ungarn, Rumänien, Komponistenverbandes
ungewöhnliche Spiel- und Syndrome" für Frankreich, die Schweiz, und der „Goldene
mann", sinfonisches Kammerorchester; Österreich, Italien, England, Orpheus" verliehen. Auf
Märchen; .,Asteroiden", „Solo I" für Violine und d ie Bundesrepublik dem Repertoire des
Tonbandmusik; Fünf Kammerorchester; Deutschland und durch Chores von RTV Beograd
Präludien für Harfe; ,, Doppio" für Streich- die UdSSR. Erster Preis befinden sich neben
Kinderlieder, Bühnenmusik. quartett; ,,Drei synthetische beim Chorwettbewerb i n Werken von Bach,
Poeme" und „Reiter der Llangollen, Großbritannien. Mozart, Beethoven, Verdi
Apokalypse", konkrete M ehrere exemplarische (Requiem) , Strawinsky
Musik; ,,Szene für Aufnahmen (,, Les noces", .. Psalmen-
Ensemble"; ,,Bellatrix zeitgenössischer Chor- symphonie", ,, Oedipus
Alleluja" für Stimme und werke. rex") Luigi Dallapiccolas
Instrumente; Klavier- und ,,Canti di prigionia",
Kammermusik. In letzter György Ligetis Req uiem,
Zeit Beschäftigung mit Krzysztof Pendereckis
Licht, Klang und Raum. Lukaspassion sowi e
Gründung des Phono- Werke von Orlando di
plastischen Ensembles Lasso, Palestrina, Jakobus
,,FONAT" in Agram. Gallus, Franz Schubert,
Maurice Ravel, Claude
Debussy, Be njamin
Britten und Zoltan Kodaly.
Festsaal der Stadtgemeinde Murau
Samstag, 23. Oktober, 19.45 Uhr
in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Stadtgemeinde Murau

Hanns- Eisler-Retrospektive Roswitha Trexler, geb. Hans-Jürgen Wenzel,


i n Leipzig. Erste musi- 1957 bis 1962 Studium an
Zeitungsausschnitte für Gesang und Klavier kalische Ausbildung im der Musikhochschule Berlin.
14 Arten, den Regen zu beschreiben, op. 70 Eltern haus. Ständiges Schü ler von Ruth Zechlin.
Variation für Flöte, Klarinette, Violine /Viola, Violoncello Mitglied der Capella Arbeitet als Komponist
und Klavier l ipsiensis, einer Solisten- für das Theater der Jung en
vereinigung zur Pflege Garde in Halle und am
Zwei Elegien nach Texten von Bertolt Brecht für Gesa ng alter Musik. Zahlreiche Landestheater Halle.
und Klavier solistische Verpflichtunge n Bühnenmusik, Streichquar-
in Konzerten mi t Neuer tette, ein Cellokonzert.
Musik.
Pause

Die Römische Kantate, op. 60, für Gesang,


2 Klarinetten, Viola und Violoncello
(Worte aus dem Roman „ Fontamara" von
lgnazio Silone) (1935)
Das große Rom
Der Gestank
Woher kommt er?
Die Ang st
Österreichische Erstaufführung
Präludium und Fuge über B-A-C-H, op. 46,
für Streichtrio
Österreichische Erstaufführung
Palmström, Zwölftonstudien nach Texten von
Christian Morgenstern, op. 5, für Gesang, Flöte,
Klarinette, Violone, Violoncello

Roswitha Trexler (Sopran), DDR


Dirigent:
Hans -Jürgen Wenzel, DDR
Jutta Czapski, Klavier, DDR
Die Kammermusikvereinigung der Deutschen
Staatsoper Berlin
Friedrich- Carl Erben, Violine
Arnim Orlamünde, Viola
Wolfgang Bernhardt, Violon cello
Wilfried Winkelmann, Flöte
Helmut Hofmann, Klarinette
Günter Wäsch, Klarinette
Jutta Cza pski, Schülerin Manfred Grabs das Werk in seiner Bauweise einer Motette.
von Helmut Roloff, Eisler bed ient sich hi er einer Art „ton aler
Picht-Axenfeld Einheit d er V ielseitig k eit Zwölftontechnik", w ie er sie damals unter
und Liebrecht. Beispie le a u s dem Schaffe n dem Vorsatz, dieser Technik ei ne neue
1956 Staatsexamen H a nn s Ei s le r s Funktion zu erschließen, entwickelt hatte
an der Musikhochschule und w ie er sie in den dreißiger J ahren
Weimar und Hanns Eisler ist einer der interessantesten überw iegend anwand te. Die Reih e w ird
Preisträger in und auch umstrittensten M eister untransponiert. also nur in den v ier
Karl-Marx-Stadt. Konzert- zeitgenössischer M usik. Er ge hörte zu den Grundpermutationen, ei ngesetzt. Außerdem
tätigkeit im I n- und ersten, die sich das Zwölftonsystem werden durch die Anordnung der Töne
Ausland u. a. in Rundfunk- Arnold Schönbergs, seines Lehrers, zu eigen innerh alb der Reihe ha rmonische
und Fernsehproduktionen. machten. Er war aber auch der erste, Bezugspunkte geschaffen.
der in unserem J ahrhundert das „ Li ed v on Die Motette „ Gegen den Krieg " steht „in e".
der Straße" - ein unduldsames, umstürz- Di e Rei he beginnt mi t e und endet mit dem
lerisches Lied - als seine Sache betrachtete Leitton dis, dem kadenzierend regelmäßig
und der Aussage künstl erisches Gewicht der Grundton e folgt.
verlieh. Das sind die beiden entsc heidenden Die Instrumentalwerke Eislers sind zumeist
I mpulse sei nes Schaffens, d ie sich i n ihren Übernahmen aus Film - oder Bühnenmusiken.
Auswirku ng en durchdringen und ergänzen. Das wa r für ihn ei n legitimer Umstand. Denn
Es wäre also falsch, von „ zwei Gesichtern" wie er in allen Genres die komplizierten und
Eislers zu sprechen. Seine Musik in i hrer folgenreichen Gesetze der Musik geachtet
Verschiedenarti gkeit und damit verbunden und ihre Eigenheiten ko nsequent bewa hrt hat,
sei ne kulturpolitische Mission hat er stets so schrieb er auch Fil mmusik mit eigenem
als eine Ei nh eit aufg efaßt. Dies w ird vor Leben und selbständigen Aufgaben. Er ver-
allem deutlich, wen n man nicht nur achtete die „Verwendung musikalischer
ei nzelne Etappen seines Schaffens untersucht, Klischees", er befreite die Musik im Film
sondern gleichsam die Summe seiner aus ihrer Fessel als Requisit der Handlung,
Entwickl ung betracht et. als „ak ustisches Möbelstück" und beließ
Dann zeigt sich: ihr ihre Eigenständigkeit. So erwies sie sich auch
Der revolutionäre Einsatz Eislers war stets außerhalb des ursprünglichen
auch mit der Sorge um die Weiter- Zusammenhangs als l ebensfähig ; und so
entw ickl ung der Musik verbunden . In die ist sie auch nicht mit Programmusik gleich-
sinfonisc he und die Kammermusik mischt zusetzen, denn die M öglic hkeit der
sich der fordernde Ton der „ Lieder von der l llustration nutzt sie nur selten.
Straße", andererseits sind die W erke der Die „ Fünf Orchesterstücke" stehen mit dem
Gattung „ Kampfmusik" mit der gleichen 1938 gedrehten Film „Vierhundert
Sorgfalt, Sinnfä lligkeit und Konsequenz Millionen" des bekannten holländischen
.,gearbeitet" wie konzertante Kompositionen. Dokumenta risten J oris l vens in Zusammen-
Selbst zwischen diesen sc hei nbaren Extremen hang. Der Film beschäftigt sich m it dem
fließen die Grenzen. Beispiele dafür sind die chinesischen Befreiungskam pf der
„Kleine Sinfonie" und die Motette dreißiger Jahre. Fünf Abschnitte der
.. Gegen den Krieg". Filmmusi kpartitur wu rden suitenartig
Das Chorwerk „ Gegen den Krieg" wurde zusammengest ellt. Verglichen m it den
am 9. Juli 1936 in London fertiggestellt. anderen Suiten Eislers sind die
Der Spruchba nd- Knappheit des Textes Orchesterstücke bei aller Formverknapp ung
von Bert olt Brec ht und der vielfältigen ausgeprägt „sinfonisch" gearbeitet.
Kom mentierun g des Themas „ Krieg" Das betrifft vor all em die auf Zwölfton-
entspricht die m usikalische Gliederung in strukturen basierende konzentrierte
Thema und 24 Variationen, wobei motivisch -thematische Du rchführungstechnik
gelegentlich mehrere Variationen zusammen- und di e übersic htlich polyphone A nl age
gefaßt werden. beispielsweise zu einer des Orchestersatzes. Ausgenommen bleiben
abschl ießenden Fuge. Durch die häufig allerdings weite sinfonische Entwicklungen
imitatorische An lage der Variation en gleicht zugunsten engräumiger Kontrastbildungen
und diffiziler Detailgestaltung. Eisler also die Zukunft I Gab er damit „In diesem Präludium und Fuge über
Die „Bilder aus der Kriegsfibel" von Bertolt vielleicht auch einen Fingerzeig für das B-A-C-H (mit zwölf Tönen) soll untersucht
Brecht schrieb Eisler 1957 für das Erich- künftige Wesen der Musik - 7 werden, ob mit der Zwölftonkompositions-
Weinert-Ensemble der Nationalen Volksarmee Am Ende seiner Lehrzeit bei Arnold methode ein relativ leicht verständliches
der DDR. Er hat sie dem damaligen Schönberg, wahrscheinlich 1924, schrieb Musizieren möglich ist."
1. Sekretär des Verbandes Deutscher er den „Palmström" -Zyklus. ,,Mit diesem Des weiteren beabsichtigte Eisler mit diesem
Komponisten und Musikwissenschaftler, Werkchen überwindet Eislers Natur bewußt Werk, ein Modellbeispiel zu schaffen, das
Prof. Nathan Notowicz, einem verdienst- den Einfluß Schönbergs, dessen Stil in helfen soll, jungen Komponisten, fort-
vollen Förderer seines Werkes, ,,in alter Besetzung und Technik auf geniale Weise geschrittenen Kompositionsschülern
Verbundenheit" gewidmet. parodiert wird. Auch im Text wird der und Instrumentalisten „logisches Denken mit
Leider ist die „Kriegsfibel" Torso geblieben. Eingeweihte manche Anspielung finden. neuem Material zu lehren". Er regte an,
Eisler hat sich noch in seinen letzten Diese Form des Abreagierens war für Eisler Stücke dieser Art nicht ohne Kommentar
Lebensjahren mit ihrer Vollendung höchst zuträglich. Tatsächlich hat er nach aufzuführen.
beschäftigt. Vorgesehen war, die kurzen diesem Werk seine ureigenste Gestalt Die Tonfolge B-A-C-H in dem
Gesangsnummern durch Zwischenspiele erst gefunden. Bis dahin war er Geselle. Experimentierstück für Streichtrio ist
miteinander zu verbinden. Bei Aufführungen Nun wird er selbst Meister", schrieb 1928 gleichsam symbolisch als Vorzeichen für die
sollen die zu den Texten gehörenden Hans Heinz Stuckenschmidt in einem neuerliche Auseinandersetzung Eislers
Fotografien aus Brechts „Kriegsfibel" Anbruch-Beitrag. mit der Zwölftontechnik zu verstehen, die
projiziert werden. Als junger Komponist auf den renommierten stark von der Einschmelzung Bachseher
Der Stil Eislers während seines letzten Musikfesten der zwanziger Jahre aufgeführt, Stilmerkmale geprägt war und die die
Schaffensjahrzehnts ist von Vereinfachungen von bekannten Interpreten gefördert, einen ursprünglichen ästhetischen Konsequenzen
m.ancherlei Art gekennzeichnet. Zehnjahresvertrag mit Universal-Edition in dieser Kompositionsart zu überwinden suchte.
Eislers letztes vollendetes Werk sind die der Tasche, war er doch unzufrieden mit der Außerdem hatte Eisler mit der Wahl des
„Ernsten Gesänge" für Bariton und Wirksamkeit seiner Musik. Die „Zeitungs- BACH-Motivs einen pädagogischen Aspekt
Streichorchester - ein merkwürdiger, ausschnitte", 1926 entstanden, bezeichnete im Sinn, denn damit sollte, wie er sich
ergreifender Rückblick auf ein erfülltes Leben er später als seinen „Abschied vom bürger- ausdrückte, ,,an die spießbürgerliche Mystik
voller Kämpfe und Niederlagen, Hoffnungen lichen Konzertlied'', als „eine Art Protest des Durchschnittsmusikers" angeknüpft
und Enttäuschungen, doch voller Zuversicht, vor allem gegen das, was ich die bürgerliche werden, der oft nur die Buchstaben BACH
einer guten Sache zu dienen: Konzertlyrik nannte". versteht. Es sollte ihm mit diesem Motto
„Wir, so gut es gelang, haben das Unsre Und er fügte hinzu: Lust gemacht werden, dieses Werklein
getan." „Es ist Lyrik, nur die Lyrik hat ... gewisse zu studieren.
Die Rückschau ist auch musikalisch zu Beschädigungen durch den großen Krieg Unter dem Vorsatz, ein relativ leicht
verstehen. Einige der Lieder, wie „An die bekommen. Es ist nicht mehr die Schubertsche verständliches Musizieren mit Hilfe der
Hoffnung" oder „Verzweiflung", sind Lyrik, sie hat gewissermaßen blasse Wangen Zwölftontechnik zu erreichen, entdeckte
übernahmen älterer Klavierlieder. Noch und seltsame Zustände, obwohl doch noch Eisler in der zweiten Hälfte der dreißiger
einmal findet Eisler mit diesem Zyklus alles in Ordnung ist, die sorgfältige Art der Jahre neue Anwendungsmöglichkeiten
Gelegenheit, seine Schreibweise in all ihrer Klavierbegleitung und die schöne Melodie. dieser Form der Materialbehandlung,
Kunstfertigkeit einzusetzen, seine Vielseitigkeit Das ist noch alles da, nur ein bißchen, weiß die fast alle während dieser Zeit
unter Beweis zu stellen. Bemerkenswert der Teufel - da hat jemand dran gedreht. entstandenen Werke auszeichnen. Die Reihe
sind die Fülle treffend charakterisierender Aber nicht ich." wird dabei untransponiert, also nur in den
musikalischer Formulierungen und die Um das für ihn aus der Sicht der vier Grundpermutationen, eingesetzt.
Feinheiten der gediegenen Setzweise. dreißiger Jahre avancierteste Materialsystem Außerdem werden durch die Anordnung der
Das Anliegen seiner „Ernsten Gesänge" der neuen Mu&ik, die Zwölftonkompositions- Töne innerhalb der Reihe harmonische
interpretierend, sagte Eisler: weise, bekanntzumachen und in einer leicht Bezugspunkte geschaffen.
,,Vielleicht ist die Aufgabe des Künstlers - faßlichen Anwendungsweise zu erproben, Nach dieser Struktur ist auch die am
und seine Aufgabe ist eine sehr bescheidene, schrieb Eisler 1934 in Paris sein 2. Juni 1937 in Skovsbostrand, Dänemark,
wenn wir die heutige Welt betrachten - : „Präludium und Fuge über B-A-C-H" für geschriebene „Römische Kantate" gebaut.
die Vergangenheit echt und scharf zu sehen Streichtrio. Er hat es mit einer Vorbemerkung Sie besteht aus vier pausenlos miteinander
und sie - und dazu ist die Kunst ja und einer Analyse in der von Hermann verbundenen Abschnitten, die nicht nur auf
besonders geeignet - überzuleiten in eine Scherchen herausgegebenen Zeitschrift derselben Reihe basieren, sondern auch
Zukunft." „Musica Viva" 1936 veröffentlicht. Über gleiches motivisches Material enthalten.
Das Wort klingt in geradezu provozierend das Anliegen der Komposition heißt es in Der federnde Eislersche Marsch ist darin
schwelgerischem Wohlklang aus. So sah der Vorbemerkung: ebenso zu finden wie saloppe Walzerklänge,
der sachliche Bericht wie die anklagende von Verlain. Eisler beschränkt sich jedoch Arnold Schönberg
Geste. Der Text stützt sich auf Fragmente nicht auf diesen Ausdruck, er läßt auch die
aus dem 1933 im Schweizer Exil erschienenen Überwindung von Trauer fühlen und zeigt in Brief an Josef Rufer, Berlin
Roman „Fontamara" des italienischen freundlichen, hellen Tönen ihre Alternative.
Schriftstellers lgnazio Silone. Die Anlage des Werkes ist eine Synthese
Die „Zwei Elegien" nach Bertolt Brechts aus Variationen- und Suitenform. Die Es ist schrecklich, daß die Russen solche
Gedicht „An die Nachgeborenen", im einzelnen Teile tragen Bezeichnungen wie Schwierigkeiten hervorrufen. Sie täten wohl
August und September 1939 in Mexico City Introduktion, Choral-Etüde, Scherzando oder besser ihr eigenes Haus in Ordnung zu halten,
geschrieben, gehören zu den ersten einer Sonatine. als den Weltfrieden, soweit es einen solchen
großen Zahl von Liedern Eislers, in denen er In dem einleitenden „Anagramm" werden gibt, zu stören. Ich bin kein Kommunist,
Erlebnisse, Gedanken und Empfindungen die verpflichtenden Töne A-S-C-H zitiert, wie Sie wissen, und habe nie etwas
eines Emigranten beschreibt. Eisler besinnt die Anfangsbuchstaben des Namens Gutes vom Kommunismus erhofft.
sich wieder - mit gereiften Erfahrungen Arnold Schönberg, des verehrten Lehrers, Aber ich habe den Führern dieser Partei
über die Funktion und den Stil der Musik - dem das Werk gewidmet ist. mehr „common sense" zugetraut,
des „bürgerlichen Konzertliedes", von dem mehr weltpolitisches Verständnis, als daß sie
er sich ein Jahrzehnt zuvor losgesagt hatte. sich so aufspielen. - Haben Sie über Eisler
Schubert, Brahms und Schönberg sind die und seinen Bruder etwas gelesen?
großen Vorbilder. Die Zwölftonkompositions- Ist Ihnen etwas bekannt über seine Berliner
weise wird allerdings nur gelegentlich und Gesinnung? Ich möchte ihm nicht
dann ziemlich freizügig angewandt. In der noch mehr schaden,
Anlage der Singstimme verbinden sich tiefer als er sich selbst schon hier geschadet hat.
melodischer Ausdruck und deklamatorische Aber es ist wirklich zu dumm,
Eindringlichkeit. Der gestische Gehalt der daß erwachsene Menschen, Musiker,
Sprache wird lebendig in Musik umgesetzt. Künstler, die wahrhaftig Besseres zu sagen
Daraus entspringt das Neue, Eigenwillige haben sollten, sich mit
dieser Lieder. Hinzu kommt ein differenziert Weltverbesseru ngstheorien einlassen,
und konzentriert gearbeiteter Klaviersatz, in obwohl man ja aus der Geschichte wissen
dem strenge Motivökonomie die , kann, wie all das ausgeht.
Empfindungsvielfalt bindet. Bemerkenswert Ich hoffe, man wird ihn schließ-
sind auch die Hinweise zum Vortrag. Eisler lich hier doch nicht ernst nehmen.
wünscht sich die Elegien gerade wegen der Ich habe ihn ja nie ernst genommen, sondern
Bitterkeit ihrer Berichte „mit freundlichem diese Tiraden immer für lnteressant-
Ausdruck", ,,ohne Sentimentalität", ,,leicht, macherei gehalten.
hell, fast humoristisch", ohne Dämonie und Wenn ich etwas zu sagen hätte,
ohne „Selbstgenügsamkeit der eigenen würde ich ihn wie einen dummen Jungen
Verzweiflung" gesungen. übers Knie legen und ihm 25 herunter-
Die Instrumentalwerke Eislers sind zumeist messen und ihn versprechen lassen,
übernahmen aus Film- oder Bühnenmusiken. daß er nie mehr seinen Mund aufmacht
Auch ein so anspruchsvolles Werk im Zwölf- und sich auf Notenschreiben
tonsystem wie die Variationen „Vierzehn beschränkt. Dafür hat er Talent, und das
Arten den Regen zu beschreiben", das Eisler andere soll er anderen überlassen.
für seine gelungenste Kammermusik hielt, ist Wenn er „bedeutend" scheinen will, so
einem Film zugehörig: der Studie „Regen" soll er bedeutende Musik komponieren.
des bekannten holländischen Dokumentaristen
Joris lvens. Wert und Größe einer solchen Los Angeles, 18. Xll.1947
Komposition werden nicht von der treffenden
musikalischen Nachahmung von Laut-
und Bewegungsvorgängen der Natur
bestimmt, sondern von der dadurch erzielten
Ausdrucksvielfalt und -tiefe, von der
Ausgewogenheit der Formung. überdies
versteht Eisler den Regen als Symbol für
Trauer, vergleichbar etwa den Gedichten
Basilika Seckau
Sonntag, 24. Oktober, 11 Uhr

Di eter Ka ufmann, Berthold Paul, geb.


Dieter Ka ufmann
geb. 1941 in Wien. 1948 in Aumühle bei
G efängnisse für Orgel (1969- 1971 )
Studium in W ien und Hamburg. Von 1964 bis
Uraufführung Paris bei Karl Schiske, 1966 musikalische Ausbil-
Kompositionsauftrag des OR F- Studios St eiermark Gottfried von Einern und dung am Hamburger
Olivier Messiaen. 1967 Konservatorium
Bertho ld Paul bis 1970 an der „Groupe ( Komposition : Wa lter
Contours pour orgue (1971 ) de Recherches Musicales" Steffens, Klavier: Peter
des französischen Rund - Hartmann). Von 1966 bis
funks in Paris, seit 1969 Studium an der
Bengt Hambraeus Herbst 1970 unterrichtet Staatlichen Hochschule für
Shogaku (1967) Kaufmann an der Musik in Hambu rg
Wiener Musikhochschule (Komposition: Werner
Sylvano Bussotti elektroakustische Krützfeldt und Walter
Komposition. Kaufma nn Steffens). 1970 Zweiter
Julio Organum Julii
schrieb bisher Kammer- Preis im Kompositions-
musik, Lieder, Bal lette, wettbewerb des LTM
Enrique Raxach „Evocation" (Oratorium (VDMK) Hamburg für die
The looking Gla ss (1967) nach Texten von Ingeborg Sonate für Flöte und
Bachmann). Elektro- Klavier. W ichtigste Werke:
akustische und gemischte Streichtrio, 1966; drei
John Cage
Kompositionen ; Singular Orchesterstücke, 1966;
V ariations 1 (1958) ( experimentelle Fernseh- Streichq uartett, 1967;
Version Welin, Seckau 1971 oper für das TV-Workshop Seimes Lyriques fü r
1970) . Kammerorchester, 1968;
Wilfried Michel Serenade f ür 5 Instrumente,
Pneumoludium (1971 ) 1969; .. Gleichnisse",
Episoden für
Uraufführung
Kammerorchester, 1970.
Kompositionsauftrag des ORF-Studios St eiermark

Karl-Erik Welin, Orgel


Solist:
Karlheinz Donauer, Rezitation
Bengt Hambrae u s, Enrique Raxach, geb. John Cage, geb. 1912 Wilfried Michel, geb. Karl-Erik Welin,
geb. 1928 in Stockholm, 1932 in Barcelona. Private in Los Angeles. Zunächst 1939 in Neheim-Hüsten geb. 1934 i n Genarp
Musikstudien bei Alf Musikstudien in seiner Theologiestudium. (Deutschla nd). Erster (Südschweden) .
Linder (Orgel) und an der Heimatstadt. Lebt als Musikstudium bei Arnold M usikunterricht an der Orgelstudium bei Alf
Universität U ppsala freischaffender Komponist Schönberg und Henry Musikschule in Arnsberg, Linder. Ko mposition bei
(Dr. phil., Musikwissen- in Holland. Hauptwerke: Cowell. Hauptwerke: später Studium an der lngvar Lidholm. Als
schaft, Rel igions- und M etamorphose 11 für Three dances für zwei Wiener Musikakademie Pia nist und Organist
Kunstgeschichte). Orchester, 1958 ; präparierte Klaviere ; ,.The ( Kirchenmusik), danach zahlreiche Konzertreisen
Kompositionsstud ien bei Prometheus für Orchester, City Wears a Slouch Hat", Kompositionsstudium bei durch Europa, Japan und
den Darmstädter 1958; Fases radiophones Stück m it Wolfgang Fortner an der die USA, v or allem mit
Ferienku rsen für Neue für Streichquart ett, 1961 ; Geräuschorchester ; ,.Music Musikhochschule in Frei - Programmen ava nt-
Musik. Besc häftigung mit Fluxi6n für Kammer- of Changes", 1952; burg im Breisgau. Zur gardistischer Musik. Als
elektronischer Musik in orchester, 1962 / 63 ; ,.66 West Twelfth Street"", Zei t als Organist in Komponist der Stockholmer
den Studios von Köln, Syntagma für Orchester, 1952; ,.The lmaginary Oerli nghausen tätig. Gruppe „ Fylkingen"
Mailand und München. 1964 / 65; Estrofas für Landscape". In letzter Zeit angehörig. Mitarbeiter
1948 bis 1956 Assistent am Kammerensemble, 1962; enge Zusammenarbeit beim schwedischen Rund -
musikwissenschaftlic hen Equinoxial für Bläser, mit den Komponisten funk, Gastprofessor an
Institut der Universität Schlagzeug, Kontrabässe Christian Wol ff, Earle verschiedenen
Uppsala. Zur Zeit und Hammondorgel, Brown. Morton Feldman. Universitäten in den
Produktionsleiter der 1967 / 68; Inside USA. Seit 1971 M itglied
M usikabteilung am outside für Orchester und der schwedischen
schwedischen Rundfunk. Tonband, 1969; Musikakademie.
Ausgedehnte Vortrags- Paraphrase für Altstimme
tätigkeit und Konzert- und Kammerensemble,
tätigkeit als Organist. 1 969; A rite of perception
Wichtigste Werke: .. Rota·· für ein Rohrinstrument,
für Orchester, 1956- 1962; Rückkopplung, Synthesizer
„ Transfiguration", 1962 und Tonband, 1970 /71;
bis 1963; .. Rencontres", Streichquartett Nr. 2 , 1971.
1969 - 1971 ; Chorwerke.
elektronische Musik, Film -
und Kammermusik.
W issenschaftliche
Publikationen: ,.Kodex
Carminum Gallicorum",
,Om no tskrifter" (,.Über
Notenschriften"), 1970.
Stefaniensaa l
Sonntag, 24. Oktober, 19.45 Uhr
in Zusammenarbeit mit der Jeunesse musicale

Witold Lutoslawski Anna Male wicz- Das Große Symphonie-


Trauermusik M adey, geb. in Pinsk orchester des
(Polen). Studien: Klavier Polnischen Rundfunks
Prologue
am Musiklyzeum, und Fernsehens wurde
M etamorphoses Gesang an der Musik- 1934 in Warschau gegrü n-
Apogee schule in Warschau. det und errang 1937 in
Epilogue 1958 zweiter Preis und Paris während der
Spezialpreis beim Weltausstellung unter
Trois Poemes d'Henri Michaux IV. Polnischen Gesangs - seinem damaligen
wettbewerb. 1 964 zweiter Dirigenten
Preis beim XI. 1nternatio- Grzegorz Fitelberg
Pause nalen Sängerwettbewerb ei ne Goldmedaille. Nach
in Hertogenbosch / Holland. Kriegsende begann
Fünf Lieder 1967 Studium bei die Neuorganisation des
Mo. Favaretto in Siena, Orchesters unter der
Absch luß mit einem Preis künstlerischen Leitung
Livre pour orchestre und Ehrendiplom. von W itold Rowicki.
Seit 1959 Sol istin am Zahlreiche Tourneen
Großen Theater in durch Ungarn, Rumänien,
Warschau. Opern-, J ugoslawien, Bulgarien,
Konzert- und Liedersän - Belgien, Holland,
gerin. Gastspiele in der Frankreich, Großbritannien,
DDR, UdSSR, CSS R und Japan, Australien, Neu-
in Italien. Festspiel- seeland, China, die UdSSR.
mitwirkungen: Luzern, Seit dem Krieg 150
Warschau. Rundfunk- Uraufführungen
aufnahmen. zeitgenössischer polnischer
Komponisten.
Das Orchester spielte
unter folgenden pro-
minenten Gastdirigenten:
Paul Kletzki, Kiry
Kondraszyn, Carlo Zecchi,
Ernest Bour, Vaclav
Smetacek u. a.
Als Solisten arbeiteten
mit dem Orchester u. a.
zusammen: Artur
Rubinstein, lzaak Stern,
David und lgor Oistrach,
Henryk Szeryng,
Das Große Symphonieorchest er des Pol nischen
Robert Soetens, Andre
Rundfunks und Fernsehens, Rad io Kattowitz Gertler und
Der Chor von Radio-televizija Beograd Maurizzio Pollini.
Seit 1969 ist Kazimierz
Dirigent : Kord ständiger Dirigent
Witold Lutoslawski des Orchesters.

Co- Dirigent :
Borivoje Simic
Solistin :
Anna Malewicz-Madey, Mezzosopran
als begrenzt oder kontrolliert oder sich der Komponist ungeachtet al ler
auch als A leatorik der Faktur. Grausamkeiten, die sein Volk in jüngerer
Man könnte dieses kompositorische Vergangenheit erfahren hat, zurückgezogen
Verfahren aber auch als rhythmische hat, sondern eher ein Zeugnis für den
Aleatorik bezeich nen, da ihr Wesen in der unerschütterlichen Glauben dieses
rhythmischen „ad libitum" -Gestaltung li egt, Kom ponisten an die volle Autonomie der
so daß nur das Zusammentreffen der Musik.
einzelnen Stimmen im vertikalen Erg ebn is Daher meidet Lutoslawski in seinem Schaffen
dem Zufall überlassen wird. Außerdem auch traditionelle Formen wie Oper und
bedient sich Lutoslawski niemals Ballett. Seine Sensibilität gegenüber
ausschließlich dieses Kompositionsverfahrens, Tonhöhe und Klangfarbe findet in diesen
sondern er wechselt es stellenweise mit Parametern so reiche Variationsfähigkeiten,
traditionellen Strukturen. so autonome Strukturansätze, daß ihn
Vollkommen ausgeschaltet ist in Lutoslawskis Handlungen und Vorgänge, wie sie das
Tadeusz Kaczynski Schaffen jegliche Zu fälligkeit im Bereich Musiktheater in seiner traditionellen
der Tonhöhen. Sie sind stets präzise fixiert, Form kennt, nicht reizen.
Witold Lutoslawski auch wenn der Komponist nicht selten Diese Sensibilität verbindet Lutoslawski
Nuance n von Viertel- oder Dreivierteltönen mit Anton von Webern, obwohl er mit der
Witold l utoslawski stellt innerhalb des verwendet. Diese zerfaserte Tonhöhenpalette zweiten Wiener Schul e ka um etwas
zeitgenössischen Musiklebens das ist dem Begriff der traditionellen Harmonik gemein hat. Der Strukturalism us und
exemplarische Beispiel eines Komponisten scho n weit entrückt. Lutoslawski ordnet sie Objektivismus dieser Musik sind ihm fremd.
dar, bei dem die Form eines Werkes mittels einer eigenwilligen Anwendung der Wollte man Lutoslawski mit einem anderen
bestimmende Bedeutung erh ält. Diese große Zwölftonskala, die weder als Chromatik noch polnischen Komponisten vergleichen, dann
Aufmerksamkeit, mit der der 1913 als Dodekaphonie bezeich net werden kann. viell eicht mit Frederic Chopin, der ebenso
in Warschau Geborene der kompositorischen l utoslawskis kompositorisches Verfahren wie er mit ausschli eßlich musi kalischen
Form begegnet, läßt sich bis in seine gliedert sich in drei Phasen: die Technik Mitteln allgemein menschliche Ideen ohne
frühesten Werke zurückverfolgen. Dies ist aber der Form, die Technik der Faktur und di e literarisches Programm und ohne Parole
auch die einzige Parallele, die sich Technik der Harmonie. Sie stehen zueinander ausdrücken wollte. Freilich lassen sich im
zwischen Frühwerk und späterer Entwicklung in Beziehu ng und bilden zusammen Schaffen lutoslawskis - wenn auch gegen
herstellen läßt. betrachtet ein musikalisches System. Wenn den Willen des Komponisten - außer-
Es ist überhaupt ein Wesensmerkmal von auch kein geschlossenes. Lutoslawski arbeitet musikalische El emente feststelle n. Dies
Lutoslawskis Gesamtschaffen, daß immer noch daran. Diese Zwölfklangtechnik nicht nu r in seinen Vokalwerken, deren
kein Werk dem anderen gleicht. Ein neues darf, dialektisch betrachtet, auch nie abge- Wortmaterial Aufschluß über seine
Werk bedeutet für Lutoslawski die Erfindung schlossen sein, da ein Abschluß einen Intentionen geben könnte, sondern auch in
ei ner neuen Form. Wohl gibt es z. B. Verzicht des Komponisten auf weitere absoluten Kompositionen, wie seiner zweiten
zwischen dem Streichquartett und Verfeinerung seines kompositorischen Sinfonie oder in seinem Streichquartett:
seiner zweiten Sinfonie formale Materials bedeuten würde. Lutoslawskis z. B. die Satzbezeichnungen in besagter
Ähn li chkeiten, aber keine Identität. Dies System wird stets offen bleiben. Sinfonie „ Hesitant" und „Direct'' . Ist
läßt die Durchdringung der Makro - und Eine Untersuchung von Witold dies nicht ein direkter Bezug zu
Mikrostruktur der einzelnen Werke, Lutoslawskis Musik wird notgedrungen zur elementaren menschlichen Verhaltungs-
die Beherrschung und Kontrolle aller Details Systemuntersuchung, auc h wenn ihr Inhalt weisen?
nicht zu . der eigentliche Gegenstand der Untersuchung Freilich sind diese Analogien nicht eindeut ig.
Seit 10 Jahren beschäftigt sich Lutoslawski ist. Lutoslawski zählt nämlich zu jenen Jeglichem Versuch einer präzisen Deutung
auf i ndividuelle Art mit der Aleatorik. Eine Einzelgängern unter den zeitgenössischen wü rde sich Lutoslawski entschiede n
parad oxe Tatsache im Hinblick auf seine fast Komponisten, die sich in ih rer Musik keiner widersetzen und au f sei n Recht pochen, als
pedantische Bemühung, ein Werk bis ins außermusikalischen Elemente bedienen Künstler vieldeutig sei n zu dürfen und auch
Detail durchzugestalten. Dies ist aber nur und deren Kompositionen Gestalt und I nhalt vielfach gedeutet zu werden.
ein scheinbarer Widerspruch . Lutoslawskis aus der vorgegebenen Mat erialstru ktur Daher wäre auch ein Versuc h, Lutoslawski
Aleatorik ist eine Art von gefilterter konsequent ableiten. Tendenzen pol itischer stilistisch festzulegen, vollkommen verfehlt.
Aleatorik, die aus der Vielfalt der Möglich- oder religiöser Art, gesellschaftskritische Wer weiß, wohin er in steter Ausarbeitung
keiten von vornherein nur einige bestimmte Ambitionen sind in Lutoslawskis Schaffen seines offenen Systems morgen schon gerät,
fü r den interpretatorischen Ernstfall zuläßt. nicht feststellbar. Es ist dies weniger ein wer weiß. ob sein nächstes Werk nicht
Man bezeichnet diese aleatorische Form Zeichen einer „splendid isolation " , in die schon vieles des hier Gesagten widerl egt.
Festsaal der Pädagogischen Akademie Graz-Eggenberg
Montag, 25. Oktober, 19.45 Uhr

Bojidar Dimov, geb. Carlos Roque Al sina,


Bojidar Dimov
1935 in Lom, Bulgarien. geb. 1941 in Buenos
lnvocation Musikstudium am A ires. Kompositions-
Kunst-Wett-Spiel staatl ichen Konservatorium studium bei Luciano Berio.
in in Sofia und bei 1964 als Ford-Stipendiat
sieben Runden Karl Schiske an der in Berlin, 1966- 1968
für Wiener Musikakademie. Gastprofessor für zeit-
zwei Einzelspieler Lebt seit 1958 ständig in genössische Klavierliteratur
oder Wien. Preisträger der in Buffallo, N. Y.
19. und 20. 1nnsbrucker W ichtigste Werke :
zwei Spielergruppen
Jugendkulturwochen, Trio ; vier Klavierstücke
und Publikum längere Zeit Reg ieassistent ( Symptom, Rendez-vous,
Uraufführung bei Mauricio Kagel, Überwind ung, Schichten).
Kompositi onsauftrag des ORF-Studios Steiermark Gründer und Leiter des
Kölner Ensembles für neue
Carlos Roque Alsina Musik „ trial and error".
Trio 1967, op. 19 Mitbegründer des
Komponistenkollektivs
Österreichische Erstaufführu ng
„Gruppe 8", zur Zeit
Dozent für Musiktheorie
Pause und Neue Musik an der
Rheinischen Musikschule
Vinko Globokar und an der Pädagogischen
Hochschule in Köln.
Drama für einen Pianisten und einen Schlagzeuger
Hauptwerke:
Uraufführung „lncantationes" 1- 11 1
Kompositionsauftrag des ORF-Studios Steiermark für Sopran und
Ensemble, 1963 / 69;
Pause .,Composition" 1- 111,
1963 / 68; .,Continuum"
1-11, 1965 / 69 ;
György Ligeti / Michael Vetter .,Raumspiel"
Horizont für Kl avier und Orchester,
Uraufführung 1969.
Kompositionsauftrag des ORF-Studios Steiermark

Pause

Freies Zusammenspiel des New Phonic Art


Ensembles

Das New Phonic Art Ensemble :


Carlos Roque Alsi na,
Klavier, elektrische Orgel und Schlagzeug
Jean-Pierre Drouet, Schlagzeug
Vinko Globokar, Posaune und Alphorn
Michel Port al, Klarinetten und Saxophon
Michael Vetter, Blockflöte
Othello Liesman n, Violoncello
Vinko Globokar, geb. György Ligeti, geb. 1923 Michael Vetter, geb. Michel Portal, geb. Othello Liesmann,
1934 in Anderny (Frank- in Dicsöszentmarton 1943 in Obersdorf. 1935 in Bayonne. geb. 1941 in Lengerich
reich). Musikstudium (Siebenbürgen). 1964 bis 1969 Theologie- Erster Preis für (Westfalen) . Violoncello-
( Posaune) an der Musik- Studium an der Musik- und Philosophiestudium Klarinette am Pariser studium bei Josef Trumm,
hochschule in Laibach und hochschule in Budapest, in Münster, Göttingen, Konservatorium, Siegfried Palm und
am Pariser Konserva- 1950-1956 Lehrer für Tübingen und Mapumulo erster internationaler Preis Enrico Meinardi, seit
torium. Kompositions- Harmonielehre und (Durbans). Seit 1967 für Klarinette in Genf 1966 Mitgli ed des
studien bei Rene Leibo- Kontrapunkt an der- kompositorisch tätig. und Budapest. Als internat ionalen
witz und Lusiano Berio. selben Hochschule, lebt Uraufführungen in Klari nettist Konzertreisen Kammerensembles für
Als Soloposaunist, seit 1957 in Wien als Düsseldorf, Warschau, durch ganz Europa. neue Musik in Darmstadt.
Dirigent und Komponist freischaffender Kompo- Berl in, Köln, Stuttgart Zahlreiche Schallplatten- 1967 Preis beim
tätig. Dozent der Ferien- nist, seit 1959 Dozent und Tokio. Als Interpret aufnahmen. leitet eine internationalen
kurse für neue Musik bei den Darmstädter viele Uraufführungen von eigene Free-Jazz-Gruppe. Wettbewerb für Inter-
i n Darmstadt. Seit 1968 Ferienkursen, seit 1961 Werken B ussottis, Dirigierstudium bei pretation Neuer Musik
Lehrer an der Staatlichen Gastprofessor für Kagels und Stockhausens. Pierre Dervaux. in Utrecht, seit 1968
Hochschule für Musik in Komposition an der ,,II flauto dolce ed acerbo", erster Solocellist im
Köln und am Kölner Musikhochschule in Lehrwerk für Blockflöte, Städtischen Orchester
1nstitut für neue Musik. Stockholm, seit 1964 1964. Gelsenkirchen.
1969 Gründung des Mitglied der Königlic h- Soli stische und
,,New Phonic Art" - Schwedischen Akademie kammermusikalische
Ensembles. Hauptwerke : für Musik, mehrere Tätigkeit im In- und
Plan, 1965 ; Voie, internationale Ausland, vor allem mit
1965 /66; Accord, 1966; Kompositionspreise. Programmen neuer Musik.
Traumdeutung, 1967; Hauptwerke:
Fluide, 1967; Discou rs II Metamorphoses Nocturnes
und 111, 1967 /69; Etude für Streichquartett,
pour folklora I und 11, 1953; Apparitions für
1968; Correspondences, Orchester, 1958 / 59;
1969; La Ronge, 1970; Atmospheres für großes
Concerto Grosso, Orchester, 1961 ;
1969 /70. Jean-Pierre Drouet,
Aventures für Sopran,
geb. 1935 i n Bordeaux.
Alt, Bariton und sieben
Erster Preis für
1nstru mentalisten,
Schlagzeug am Pariser
1961 /62; Requiem für
Konservatorium.
Sopran- und Mezzosopran -
Kompositionsstudien bei
solo, Chor und Orchester,
Rene Leibowitz. Mitglied
1963/64; Nouvelles
der Ensembles
Aventures für Sopran,
„Domai ne musicale" und
Alt, Bariton und sieben
„Musique vivante" in
1nstrumentalisten,
Paris. Komponiert
1962 /65.
Theatermusik.
Sporthalle der Hauptschule Weiz
Dienstag, 26. Oktober, 19.45 Uhr
in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Stadtgemeinde Weiz und der Elin-Un ion

Gerardo Gandini, geb. Krzysztof Pe nderecki,


Friedrich Cerha 1936 in Buenos Aires. geb. 1933 in Debica
Spiegel IV Erste Kompositionsstudien (Polen) . Nach privaten
Uraufführung bei Alberte Ginastera, Musikstudien Besuch der
Kompositionsauftrag des ORF-Studios Steiermark später bei Goffredo Krakauer Musikhoch-
Petrassi in Rom. Zur schule, wo er später auch
Zeit Lehrtätigkeit an der eine Kompositionsklasse
Luigi Nono führte. 1966 / 67 Leh r-
katholischen Universität
1ntolleranza-Suite in Buenos Aires, auftrag an der
Österreichische Ersta ufführung am dortigen Konserva- Folkwangschule i n Essen;
torium und an der lebt zu r Zeit als frei -
Pause Juilliard School of music. schaffender Kompon ist.
Als Pianist und Hauptwerke:
Dirigent in Konzerten Anaklasis, 1960;
Gerardo Gandini experimentiell en Fluorescences, 1962;
Fantaisie-1 mpromptu Charakters tätig. Polimorfia;
Europäische Erstaufführung Wichtigste Werke : Threnos, 1969, zum
„Contrastes" für zwei Gedenken an die Opfer
Klaviere und Orchester, von Hiroshima;
Krzysztof Penderecki
1968 ; .,Fases" für Lukaspassion, 1966;
Kosmogonia Dies irae, Oratorium zum
Klarinette und Orchester.
Österreichische Erstaufführung 1969; ,,l'adieu" für Gedächtnis der Opfer
Klavier. Schlagzeug und von Auschwitz, 1 967;
1nstru mentalensemble, Capriccio für Violine und
1966; ,,Cadencias I" für Orchester, 1967 ;
Violine und ,,Die Teufel vo n Loudon",
Kammerorchester, 1966; 1969; ,,Utrenja",
„Cadencias 11" für Grablegung und
Kammerorchester, 1967; Auferstehung Christi,
Variationen für Orchester, 1970 /71.
1967; Variationen für
Orchester. 1970;
„piagne e sospira" für
Kammerensemble, 1969;
„ II concertino" fü r Flöte
und Instrumenta lensemble,
1971 .

Das ORF- Symphonieorchester und der ORF-Chor

Dirigent:
Milan Horvat
Choreinstudierung:
Gottfried Preinfalk
Solisten :
Gerardo Gandini, Klavier
Mechthild Gessendorf, Sopran
Kazimierz Pustelak, Tenor
Bernard Ladysz, Baß
Mila n Horvat, geb. Kazimierz Pustelak, Be rnard Ladysz, g eb. M echthild G essendorf, D as ORF-Symphonie-
1919 in Pakrac (Kroatien). erster Tenor der 1922 in Wil no. Musik- geb. in München. Studium orcheste r wurde
Stud ien an d er Agramer Warschauer Oper. Studien studien in seiner an der dortigen Musik- im Jahre 1946 unter dem
Musikakademie und an der an der Krakauer Musik- Geburtsstadt, später an hochschule. damalig en Leiter der
Agramer Universität hochschule, mehrere der Chopin -Akademie i n Erstes Engagement an der Musikabteilung
(Doktor beider Rechte), internationale Preise. Warschau. 1947 erster W iener Kammeroper. Dr. Heinrich Kralik
1948 Dirigent des Konzerttourneen durch Preis im polnischen Weitere Engagements und gegründet. Die Aufgabe
Rundf unk- Frankreich, Schweden, liederwettbewerb. 1 956 Gastspiele in Augsburg, d es ORF-Symphonie -
Sinfonieorchesters in Ost- und Westdeutschland, ,,Primo Premio Assoluto·· Bonn, Bremen, Düsseldorf, orchesters besteht vor-
Agram, 1953-1958 Rumänien, Ungarn und beim VII. Internationalen Genua, Karlsruhe, Luxem - nehmlich in der Aufführung
Chefdirigent des Rad io- die UdSSR. „C. C. Viott i" -Wettbewerb burg, M ailand, Montreux. zeitgenössischer Werke
sinfonieorchesters in in Italien. Zahlreiche Stimmtechnische Arbeiten mit besonderer Berück-
Dublin, seit 1958 Gastspiele, Konzerte und mit Kammersänger Josef sic htigung des öster-
Chefdirigent der Agramer Schall plattena ufnahmen. Metternich. reichischen Musik-
Phil harmonie, seit 1964 Erster Bassist an der schaffens. Aus der großen
M usikdirektor des Warschauer Oper. Anzahl d er Dirigenten,
Sommerfestivals in die mit dem ORF-Sym-
Dubrovnik, ab September phonieorchester arbeiten,
1 969 Chefdirigent des seien vor allem Rudolf
0 R F-Sinfonieorchesters. Moralt, Paul Hindemith,
Hermann Scherchen,
Argeo Ouadri, Ernst
Krenek, Carl Melles,
Bruno Maderna, Milan
Horvat und Miltiades
Caridis erwähnt.
Bei den
Salzburger Festspielen
gastierte das
0 R F-Symphon ieorchester
mit Werken
der internationalen
Musikava ntgarde.

i
Lothar Knessl als eine im Käf ig befindliche verdonnerte
und vor dem Gespenst unkontrollierbarer
Luigi Nono Al eatori k warnte.
Freilich ist auch Luigi Nono etwa ab 1960
ENTWICKLUNGEN kompositionstechnisch lockerer geworden,
Es war in den späten fünfziger Jahren, ohne jedoch das Grundprinzip gestalteter
in Darmstadt, bei den Ferienkursen für neue Musik, ausgehend von Schönberg und
Musik, die mittlerwei le auf ein en Webern, preisgegeben zu haben. In seinem
Biennale-Turnus haben zurückschalten Schaffen ist musikalisch nichts zu finden
müssen. Damals gab es, global gesagt, von einem Hin- und Herpendeln zwischen
eigentlich nur eine führende Trias der neuen kompositionstechnischen Extremen oder gar
Musik: Boulez - Stockhausen- Nono. von einem Umspringen auf gegensätzliche
Und damals sa h man diese drei Komponisten Positionen. Nonos Entwicklung dünkt
auc h noch an ei nem Tisch. kontinuierlich. Ohne je die Fäden seiner
Bis dann eines Tages Stockhausen an komposi torischen Pläne aus der Hand
einer eigenen Arbeit sowie an zwei Stüc ken zu geben, waltet er in jener an sich
sei ner Koll egen das Verhältnis Sprache - unverkennbaren Klangwelt, di e er in den
Musik analytisch untersuchte und dabei J ah ren der seriellen Musik erarbeitet hat,
etliche erstaunlich e Beziehungssysteme immer freier und geschmeidiger. Selbst dort,
aufdeckte oder aufzudecken glaubte. wo Nono als musikalisches Material
Die Analyse stimmte zweifellos für sein aussc hließlich mehr oder weniger aktuelle,
eigenes Stück. Wie aber wurde sie Boulez allgemein bekannte Gesänge (,,internationale
gerecht? (Boulez schwieg d ipl omatisch Klassensignale") wählt, wie etwa in seiner
und hielt so alle Mögl ich keiten offen.) 1971 in Köl n uraufgeführten Arbeit für
Und wie Nono? Der win kte ab. Das, was Sopran-Solo, Chor und Orchester „Ein
Stockhausen als System zu erkennen geglaubt Gespenst geht um die Welt", ist dieses
habe, sei im Resultat Zufall. Nicht purer M aterial nicht bloß, w ie heute gern
Zufall, w ie ihn kurz darauf John Cage gehandhabt, verschiedentlich zitiert und
nac h Europa importierte, sondern gewachsen coll agiert, sondern kompositorisch
als Folge einiger ganz anderer, seriell umgeformt und in die für den Komponisten
organisierter kompositorisc her Systeme. typische, w ie gesagt: sukzessiv entw ickelte
Stockhausen dachte zwar damals auch Klangwelt eingebettet.
noch in den Kategorien der seriellen Musik, Neben diesen musikalischen präzisieren
aber mit einer A rt Totalitätsanspruch. Alles noch andere Kontinua das Bild des
und jedes hätte sich dareinf üg en sollen, Komponisten Nono. Sei ne Vorliebe für
auch das Sprachliche. Dari n unterschied Vokalmusik, für literarische Vorlagen
er sich von Nono, der i nnerhalb seiner ist von Anfang an ausgeprägt und in allen
keineswegs lockeren seriellen Organisationen Werkskategorien sichtbar. Nono braucht
offenbar Enklaven untergebracht hatte, den Text, der allerdings nicht einfach
die es ihm ermöglichten, musikalischen ,,vertont", sond ern der Musik integriert,
Ausdruck wirksam werden zu lassen. au f di e vielen Sch ichten komplexer musi-
Nono also we hrte sich gegen die ihm kalischer Strukturen g leichsam aufgeteilt
von Stockhausen zugesprochene totale w i rd. ( Einfach gesagt : Einzelelemente
Rei henorganisation, und das klingt heute des Textes, Silben also oder Vokale oder
etwas merkwürdig, da es doch gerade Konsonanten, sind in der ganzen Bandbreite
Stockhausen war, der dann als einer der der Kom position enthalten. Sie bi lden keine
ersten der prädetermin ierte n sowie seriellen in sich gesch lossene Linie, gewinnen aber
Konzeption Valet gesagt und - mit nic ht w ieder i hre ursprüngliche zeitli che Abfolge
minderem Totalitätsanspruch denn früher - durch den Gesamtablauf der Komposition .
die Segel zu r Freiheit, zur Gruppenimpro- Der Komponist permuti ert also die
visation, zu mystischer und intuitiver Textsplitter nicht.)
Musik gesetzt hat. Andererseits wieder war
es Nono, der die totale musikalische Freiheit
MUSIK UND POLITIK provoziert eine Situation, in der, Instrumente und Schlagzeug (1951) sind
Nono braucht den Text vielleicht weniger zusammenhängend mit Nonos Musik, Studien über die im Titel genannten
als schöpferisches Stimulans, obwohl er, elitäres Denken sich festsetzen könnte. Das Zustände. Die hier gewonnenen
wie es scheint, schon wiederholt von aber entspräche gewiß nicht Nonos Erfahrungen werden in der „Composizione
lyrisch-expressiven Versen zu ebensolcher, Intentionen, und so sind derlei Überlegungen per orchestra" (1951) ausgewertet.
weich getönter und verinnerlichter Musik auf die phänomenologische Beobachtung Den entscheidenden Schritt zur Vokalmusik
inspiriert worden ist. Er braucht ihn vor einzuschränken, daß eine von der und zu der von ihm geforderten
allem, um seine bisher konsequente Haltung kompositorischen Attitüde her autonome „neuen Gefühlskraft" vollzieht Nono im
als engagierter Marxist untermauern zu Musik, wie jene Nonos, den Appellcharakter Triptychon seiner Epitaphe auf Federico
können. Nono versteht seine Musik als eines politischen Textes zwar überhöhen Garcla Lorca (1952/53; Espana en el
Funktion des historischen Klassenkampfes. und damit der Bedeutung nach coraz6n; Y su sangre ya viene cantando;
Er stellt sein Werk in den Dienst der verallgemeinern kann, zugleich aber eben Romance de la guardia civil espanola).
internationalen Arbeiterbewegung, deren dadurch den unmittelbaren Zugang zum Der vokale Anteil erstreckt sich auf Solo-
kulturelle Hegemonie er trotz aller Text versperrt (oder doch zumindest artistisch gesang, Chor und Sprechchor. Idealistische
Widersprüchlichkeiten und noch offenen verhüllt) und so die politische zugunsten Beschwörung, Zeitkritik und politische
Probleme als notwendig erachtet. Nono einer musikalisch ästhetischen Wertung Ambitionen charakterisieren diese Stücke.
möchte dies nicht nur im direkten Umgang einbüßt. Nono sah in Garcia Lorca einen „Freund,
mit Arbeitern bekennen (wie er das häufig in einen Bruder, der uns den wahren Weg
seiner Heimatstadt Venedig, genauer: HAUPTWERKE weist, auf dem wir mit unserer Musik
auf der Guidecca, praktiziert), sondern viel Luigi Nono, 1924 in Venedig geboren, Mensch unter Menschen sein können."
mehr noch als Musiker, als Komponist, mit absolvierte Kompositionsstudien bei ,,Due espressioni per orchestra" (1953)
den Mitteln der Musik. Da er das aber mit Hermann Scherchen und Bruno Maderna sind in erster Linie Ausdrucksstudien,
purer, von außermusikalischen und promovierte zum Dr. jur. an der entfaltet aus den Kompositionsprinzipien
Bezugssystemen noch unbelasteter Musik Universität von Padua. Nono, verheiratet mit des Garcia- Lorca-Epitaphs 11.
nicht zu tun vermag, da Musik schlechthin Arnold Schönbergs Tochter Nuria, lebt als Das Primat des Ausdrucks gilt auch für das
unpolitisch ist, bedarf er der Texte um so freischaffender Komponist in Venedig. Ballett „Der rote Mantel" (1954) nach
dringlicher. Erst der Text schafft die Auf so gut wie alle seine Arbeiten trifft sein Garcia Lorcas Kammerspiel „In seinem
Möglichkeit, musikalisch zu appellieren und Bekenntnis zu, daß zwar neue kompo- Garten liebt Don Perlimplin Belisa", mit
Manifeste zu komponieren, und erst der Text sitorische Prinzipien entwickelt und deren Sopran- und Baritonsolo sowie Chor
gibt Nono das Fundament für die von ihm technische Grundlagen in Ordnung gebracht hinter der Bühne. Nonos Musik reicht weit
beabsichtigte Funktion der Musik. werden mußten, daß es aber „darüber über etwa bloß illustrierende Ballettmusik
Und dennoch tritt diese politische Funktion hinaus notwendig ist, sich selbst zu erkennen, hinaus und wird beherrscht von lyrischen
keineswegs offen zutage. Nonos kunstvolle um eine klare und präzise Verantwortung Stimmungen.
Einbettung der Worte in ein hochorganisiertes für das eigene Tun zu haben. Man lebt nicht „La victoire de Guernica" nach einer
musikalisches Gewebe, ein Stilisierungs- zufällig, man tut nichts zufällig, sondern Dichtung von Paul Eluard für gemischten
prozeß gewissermaßen, nimmt dem Text immer in einer bestimmten und bestimmenden Chor und Orchester (1954) ist gezeichnet
jene Direktheit, durch die erst die gewünschte Situation. Notwendig ist es vor allem, die von klanglich metallischer Härte. Auslösungs-
Funktion des musikalischen Werkes allgemein neue Gefühlskraft zu erwecken, die allein faktor: Das Bild Picassos, entstanden unter
wirksam werden könnte. Die Texte, die die neue Musik zum Leben bringen kann". dem Eindruck so vieler sinnloser Toter beim
Nono wählt, mögen, allein auf sich gestellt, Nach Nono darf kein noch so strenges Luftangriff auf Guernica. (,,Sie haben euch
plakativ, politisch radikal sein. Kaum kompositionstechnisches Verfahren das Brot bezahlen lassen, den Himmel,
aber sind sie von Nonos Musik umhüllt, emotionelle Elemente ausschalten. die Erde, das Wasser, den Schlaf - und das
schwindet alle Kraßheit. In „Variazioni canoniche" für Orchester Elend eures Lebens.")
Was bleibt, ist durch Nonos kompositorische (1950) bezieht sich Nono auf eine Zwölf- In „Canti" für 13 und „lncontri" für
Potenz ein der engeren Aktualität enthobenes tonreihe aus Schönbergs op. 41 (Ode an 24 Instrumente (beide Stücke 1955)
Kunstwerk von hohem Anspruch, das sich Napoleon). Hier schon ist Nonos Tendenz strebt Nono erfolgreich die Balance zwischen
nolens volens das Anlegen ästhetischer zu expressiver Gestik deutlich. Übrigens hat den Erfordernissen vorausbestimmter
Maßstäbe gefallen lassen muß. Die Kriterien er sich auch in den Folgejahren intensiv struktureller Proportionen und dem
der politischen Funktion rücken dabei mit dem Schaffen Schönbergs befaßt, wie Wunsch nach variablem Ausdruck an.
zwangsläufig in den Hintergrund. Nur jener etwa eine Analyse über dessen Orchester- Als ein Schlüsselwerk Nonos ist „II canto
wird sie bewußt wahrnehmen können, der variationen bestätigt, die wohl gründlichste sospeso" für Sopran-, Alt- und
mit Voraussetzungen und Entstehungsprozeß und metierkundigste über dieses Werk. Tenorsolo, gemischten Chor und Orchester
des Werkes vertraut ist. Dieser Umstand „Polifonica-Monodia-Ritmica" für sechs anzusehen (1955 /56). Nonos Personalstil
ist nun voll ausgebildet. Das Werk basiert beschwören (Nono: ,,Symbol des Lebens, Theater von Brecht und Weill, an
auf Abschiedsbriefen zum Tode verurteilter der Liebe und der Freiheit gegen jegliche Hindemiths „Badener Lehrstück vom Ein-
Widerstandskämpfer ( ediert 1 954 bei neue Form der Unterdrückung ... "). Die verständnis", an Eislers und Dessaus Brecht-
Einaudi in Turin; deutsche Ausgabe 1955 in den vier Folgejahren geschriebenen Vertonungen: ,,Indem das Musiktheater für
bei Steinberg, Zürich, mit einem Vorwort Vokalkompositionen stützen sich auf Texte die in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts
von Thomas Mann). Diese Briefe, eine von Antonio Machado, Giuliano Scabia zeitbestimmenden sozialstrukturellen und
Sammlung erschütternder Dokumente, sind und Cesare Pavese. fallweise setzt None künstlerischen Neuerungen sich engagierte,
von meist einfachen Leuten geschrieben. auch das Tonband ein, etwa in „La fabbrica gelang es ihm, von der traditionellen Kon-
Nono ist es gelungen, die Texte im Sinne illuminata" für Singstimme und Tonband zeption der Oper sich zu befreien." Weiters
musikgewordener Sprache zu gestalten. (1964) oder in „Per Bastiana Tai-Yang erwähnt None die großen Experimente des
Ausdruck und formale Ordnung, Klangbild Cheng" für Tonband und Instrumente (1968). politischen Theaters von Piscator in Berlin
und Textsinn sind kongruent. Die Intensität Das Grundmaterial für das bislang jüngste vor 1933.
strahlt vom Ganzen ab, rührt nicht vom Werk Nonos, ,,Ein Gespenst geht um die Eine dritte Linie der Erneuerung schließlich
musikalischen Grundmaterial her, das eine Welt" (1971 ), besteht aus vier Liedern: zielt auf das Eliminieren der Distanz von
neutrale, chromatisch disponierte ,,Die Internationale", ,,Rote Fahne" (Italien),Publikum und Szene, ,,indem die szenische
Allintervallreihe ist. ,,26. Juli" (Kuba) und „Der Osten ist rot" Handlung in das Publikum verlegt und
Ab nun treten Instrumentalwerke bei Nono (China). dieses selber zum Handelnden wird". Nono
immer mehr zurück. ,,Varianti" für Violine räumt aber ein, daß die für solche Formen
solo, Streicher und Holzbläser (1956 /57) MUSIKTHEATER des Theaters erforderlichen Häuser nicht
zeigen die Nuancierungsmöglichkeiten eines Nano hat anläßlich der „lntolleranza" einige gebaut werden. Er resümiert in der
Klangfarbenkomplexes. ,,Composizione II Gedanken zum Musiktheater vorgebracht. Perspektive von 1962: ,,Das Musiktheater
per orchestra" (1959, Untertitel: ,, Diario Danach verfolgt er zwei Hauptlinien, deren ist noch ,unterwegs'. Die entscheidende
polacco '58") ist ein vielfarbiges, Beachtung für die Konzeption eines modernen Notwendigkeit: es muß sich mitteilen. Neue
räumlich organisiertes Orchesterstück. Musiktheaters er als Voraussetzung menschliche Situationen drängen zum
Zwischen 1957 und 1960 entstehen einige empfindet. Die eine Linie betrifft den Ausdruck, um so mehr, als unser Leben
Vokalstücke, deren Textdichter Cesare Ausdruck. Nono weist auf Schönbergs Gefahr läuft, sich entweder vor Begeisterung
Pavese, Giuseppe Ungaretti und Antonio „Glückliche Hand". (,,In diesem Drama über unsere technischen Errungenschaften
Machado sind. Nono bleibt seinen wechseln Gesang und Spiel einander ab; zu vergöttern oder sich ,behaglich' mit einer
kompositorischen Vorstellungen und sie entwickeln sich dabei gleichzeitig, eines zynischen Lösung abzufinden."
seinen politischen Idealen treu. Als neutraler nicht zur Erläuterung des anderen, Diese Ausführungen decken die Quellen
musikalischer Ansatzpunkt taucht immer sondern jedes unabhängig zur Charakterisie- zu „lntolleranza" auf und machen
wieder die im „Canto sospeso" eingesetzte rung verschiedener Situationen. Das verständlich, warum Nono ein Bühnenwerk
Allintervallreihe auf. Gelegentlich beschäftigt traditionelle Schema der Oper: man sieht, mit politisch-sozialkritischem Aspekt unter
er sich mit elektronischer Musik was man hört; man hört, was man sieht, Verwendung räumlich aufgeteilter Klang-
(etwa „Omaggio a Emilio Vedova", 1960). wurde durch den so erweiterten Gebrauch quellen geschrieben hat.
„lntolleranza", Oper in zwei Teilen (Azione der Dimensionen Hären und Sehen
scenica), wurde 1960 /61 geschrieben entscheidend zerstört.") Andere INTOLLERANZA
und während der XXIV. Biennale für Erweiterungen der Dimension des Hörens „lntolleranza 1960" - so der ursprüngliche
zeitgenössische Musik im April 1961 findet Nono in „Moses und Aron" Titel der szenischen Aktion - ist die
im Teatro La Fenice zu Venedig uraufgeführt. (Schönberg erwog die Übertragung von Geschichte eines Menschen zwischen den
Die szenische Idee stammt von Angelo Stimmen durch Lautsprecher in den Systemen, eines Emigranten, der in seine
Maria Ripellino, unter Verwendung von Zuschauerraum) und im Oratorium Heimat zurück will, was ihm jedoch nicht
Texten von H. Allerg, B. Brecht, A. Cesaire, „Die Jakobsleiter" (räumliche Organisation gelingt. Auf seiner Suche nach Humanität
P. Eluard, V. Majakowski und J.-P. Sartre. der Musik durch Fernchöre, Fernorchester begegnet ihm die Intoleranz: im Bergwerk,
(Eine Übertragung ins Deutsche besorgte und Lautsprechergruppen im Saal, eine wo es aus Gründen der Nachlässigkeit
Alfred Andersch.) Aus Teilen der Oper 1921 geäußerte Idee Schönbergs). Das alles, zur Katastrophe kommt; in totalitär regierten
„lntolleranza" stellte Nono die sowie etwa die Bühnenwerke Bergs und Staaten, die in Konzentrationslagern die
lntolleranza-Suite zusammen. Dallapiccolas, seien Beispiele für die Freiheit mit Füßen treten; in der sinnent-
Die Solokantate „Sul ponte di Hiroshima" Intensivierung des Ausdrucks im leerten, nur sexuellen Liebe, die sich in Haß
(1962; Untertitel: ,,Canti di vita e d'amore") Musiktheater. verwandelt; in der Gleichgültigkeit, mit
behandelt nicht so sehr wie „lntolleranza" Die andere Linie erstreckt sich auf die der die Menschen gedankenlos auf einem
Bilder des Grauens, sondern versucht, Aktualisierung der Ideen und Tendenzen Vulkan von Atombomben tanzen; in der
die Vision einer idealen Zukunft zu des Musiktheaters. Nono denkt hiebei an das Oberflächlichkeit, die zur Mißachtung
von Naturkatastrophen führt. Vor allem (,,Zwischen den Atomopfern"), in welcher
gegen jeglichen Faschismus richtet sich die „Gefährtin" des „Flüchtlings" zu Wort
Nonos Werk. Die Menschen werden kommt. Dieses Sopransolo mit Orchester ist
aufgefordert, sich der Humanität zu besinnen als vierter Satz in die Suite übernommen.
und nach einem Leben in Freiheit zu streben. Text (in der Übersetzung von Alfred
Darum sind die bekanntesten Parolen Andersch): ,,nie nie nie / schluß mit den
europäischer Freiheitskämpfer zitiert. verfluchten intrigen / schwärme von irren
Die Musik der „lntolleranza" wurzelt im korrhoranen / umkreisen den raum / schutz
„Canto sospeso" und in einigen vortäuschend / versprechen sie uns den
A-cappella-Stücken. Serielle Techniken tod / der rauch von hiroshima strömt /
werden frei gehandhabt. Die virtuos strömt in tausend rasende nerven / die
eingesetzte Klangfarbe ist das Gerüst. Die adern unseres lebens / vibrieren / gleich
oft harte Orchestersprache schwankt zwischen elektrischen drähten / ach könnte man
pathetischen, lyrischen und aggressiven ruhig sein / zart aufdecken die wunden
Valeurs. Das brennt und schreit in grellen der natur / und der liebe / wie fühlte ich den
Farben, das blüht in zarten Tönungen. rausch des lebens / auch als der himmel /
Gellende Leitklänge markieren szenische grau war / eine taust aus blei / und krieg
Korrespondenzen. Sie umklammern die reich und unheil / die herzen zerrissen .....
schattierten Chorsätze. Peitschenschlägen Der fünfte Satz der Suite, Orchester allein,
gleich schnellen die Geräuschkaskaden des bekräftigt gleichsam die Stimmen der
Schlagwerks hervor, dröhnend gestützt und Hoffnung auf eine frieden- und
scharf aufgehellt von den Blechbläsern. In die gerechtig keitbringende Zukunft.
tragenden Chorpfeiler und in den dichten
Orchestersatz sind wunderschöne, geschmei-
dige Ariosi, Arien und Duette gebettet.
Gewalt und Mitgefühl, Zartheit und
Brutalität stehen eng nebeneinander. Nono
zeigt Tyrannei und Brutalität, um als
Humanist mit Mitteln der Musik empört
gegen Leid und Ungerechtigkeit zu
protestieren.

INTOLLERANZA-SUITE
Die Suite umfaßt fünf Sätze. Der erste,
Orchester und Chor, entstammt der dritten
Szene des ersten Teils der Oper und schildert
eine große Demonstration in der Stadt.
Chor der Demonstranten: ,,No pasaran 1
Liberta ai popoli I Morte al fascismo I La sale
guerre I Nie wieder I Down with
discrimination ..... Der zweite Satz,
Orchester allein, hat die Folgen der
Demonstration zum Thema. Der dritte Satz
der Suite ist identisch mit dem Schlußteil
der siebenten Szene der Oper. Chor der
Flüchtlinge: ,,poltert auf plätzen den marsch
der empörung I hoch stolzer häupter
wogendes feld I wie einer zweiten sintflut
verheerung / waschen wir wieder die
städte der weit /."
Damit schließt der erste Teil der Oper.
Deren zweiter beginnt mit einer absurden
Szene, der eine große lyrische folgt
Kartenvorverkauf:
Graz, Zentralkartenbüro, Herrengasse 7 (Passage), Tel. (0 31 22) 81 4 81
Murau, Stadtamt (Kasse), Tel. (0 35 32) 22 28
Seckau, Buch- und Kunsthandlung der Abtei Seckau, Tel. (0 3514) 234
Weiz, Spezialitätentrafik Prem, Klammstraße 2, Tel. (0 31 72) 24 97

Anmerkungen:
Studio Steiermark dankt folgenden Institutionen und Firmen für die
Sponserung der vom ORF-Studio Steiermark in Auftrag gegebenen Kompositionen
Bundesministerium für Unterricht
Steiermärkische Landesregierung
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark
Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für Steiermark
österreichischer Gewerkschaftsbund, Landesexekutive Steiermark
Institut zur Förderung der Künste, Wien 1., Grünangerstraße 1 /18
Brühl & Söhne, Graz, Schmiedgasse 8-12
Kastner & Öhler, Alpenlandkaufhaus, Graz, Sackstraße 7-13
Lapp-Finze Eisenwaren AG., Graz, Kalsdorf
Maschinenfabrik Andritz AG.
Payer-Lux, Graz, Gartengasse 19
Steyr- Daimler- Puch AG.

H. H. Stuckenschmidt „Hanns Eisler" auszugsweise aus „Die großen Komponisten


unseres Jahrhunderts", Piper-Verlag, München, 1970

Eigentümer, Herausgeber
und Verleger:
Österreichischer Rundfunk,
Studio Steiermark, Graz,
Funkhaus, Tel. 61 6 50
Für den Inhalt verantwort'iich:
Dr. Peter Vujica
Layout: Hans Paar
Druck und Klischees: Leykam, Graz
Preis: S 20. -
Stiegenkirche
Sonntag, 10. Oktober, 11 Uhr

W a ldema r Bloch Waldem ar Bloch, geb.


Deutsche Gesänge zur Meßfeier 1906 in Wien. Mittelschule
Uraufführu ng und Germanistikstudien
in Graz. Kompositions-
Kompositionsauftrag des OR F-Studios Steiermark
studien bei Artur Michl und
Oskar C. Posa in Graz.
Seit 1945 Lehrer für
Musiktheorie und Kompo-
sition am Steiermärkischen
Landeskonservatorium
Der Hochschulkammerchor Graz bzw. an der Hochschule für
Musik und darstellende
Dirigent: Kunst in Graz. Hauptwerke:
Karl Ernst Hoffmann „Stella", 1951; .,Das
Käthchen von Heilbronn",
1959; .,Der Diener zweier
Herren", 1961 (Opern).
„Orpheus" (szenische
Kantate), 1956; Klari-
nettenkonzert, 1959;
Messen; Passionskantate;
Kammermusik; Chöre und
Lieder.
Schriften: Neue Harmon ie-
lehre, 1947; Allgemeine
Musikkunde, 1954.

Waldemar Bloch über die „ Gesänge zur M eßfeier"


Das Neue an den Gesängen zur Meßfeier ist darin zu sehen, daß sich
nun auch die Gemeinde an den Meßgesängen betei ligt. Was aber
singt schon die Gemeinde? Nur allereinfachste Rhythmen, rein
diatonische, gegebenenfalls auch pentatonische Tonfolgen, die den
Umfang einer Oktave (c-c) kaum überschreiten dürfen. In diesen
engen Grenzen hat sich nun der Komponist zu bewegen. Das tut er
auch·; doch g ing ihm dabei zuwei len die Melodie eines Kollegen
(wie ärgerlich 1) durch den Sinn.

JA•f~ 8 Ff I GE VDI!· §
'Die. Welt .,,,v-J ~hö•w ..,jf- Jt. , Je1n ''0•
w~ß h;<.hr ~ 1ioch 1-Jer- - ~ (' k
'!\1Qi\ Mo._J, ~,
Sonntag, 10. Oktober

Z u m Einzug : Weg erkenne, unter allen Völkern sein Heil. Die Völker sollen Dir dan-
Lobet den Herren, alle, die ihn ehren! Laßt uns mit Freuden seinen ken, o Gott, danken sollen Dir die Völker alle. Die Völker sollen sich
Namen singen und Preis und Dank zu seinem Altar bringen I Lobet treuen und jubeln, denn Du richtest den Erdkreis gerecht. Du richtest
die Völker nach Recht und regierst die Menschen auf Erden. Die
den Herren !
O treuer Hüter, Brunnen aller Güter, ach laß doch ferner über unser Völker sollen Dir danken, o Gott, danken sollen Dir die Völker alle 1
Leben bei Tag und Nacht Dein Gnad und Güte schweben. Lobet den Das Land gab seinen Ertrag. Es segne uns Gott, unser Gott, es segne,
Herren I Gib, daß wir heute, Herr, durch Dein Geleite auf unsern es segne uns Gott I Alle Welt fürchte und ehre ihn 1
Wegen ungehindert gehen und überall in Deiner Gnade stehen. Lobet
den Herren 1 Sanct us:
Heilig, heilig, heilig, heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und
Kyrie und Gloria:
Gewalten I Erfüllt sind Himmel und Erde von Deiner Herrlichkeit.
Kyrie eleison. Hosanna, hosanna, hosanna in der Höhe I Hosanna, hosanna, hosanna
Herr Jesus, Sohn des lebendigen Gottes: in der Höhe.
Kyrie eleison. Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, im Namen des
Du Mittler des Neuen Bundes : Herrn 1
Kyrie eleison. Hosanna, hosanna, hosanna in der Höhe 1
Du ewiger Hoherpriester: Hosanna, hosanna, hosanna in der Höhe 1
Kyrie eleison.
Herr Christus, Du hast für uns getragen Kreuz und Leiden :
Christe eleison, Christe eleison. Agnus D ei :
Du bist für uns auferstanden von den Toten : Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünde der Welt : Erbarme Dich
Christe eleison, Christe eleison. unser. Erbarme dich unser. Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die
Du bist für uns aufgefahren in den Himmel: Sünde der Welt :
Christe eleison, Christe eleison. Gib uns den Frieden.
Herr Jesus, Du Bräutigam deiner Kirche : Gib uns den Frieden.
Kyrie eleison, Kyrie eleison.
Du Hirt und Hüter unserer Seelen:
Communio :
Kyrie eleison, Kyrie eleison.
Du Hoffnung auf die ewige Herrlichkeit: Wir wollen uns sättigen am Gut Deines Hauses, am Gut Deines heiligen
Kyrie eleison, Kyrie eleison. Tempels. Erstaunliche Taten vollbringst Du, erhörst uns in Treue, Du
Gott unseres Heils, Du Zuversicht aller Enden der Erde und der
fernsten Gestade. Du gründest die Berge in Deiner Kraft, Du gürtest
Gra duale :
Dich mit Stärke. Du stillst das Brausen der Meere, das Brausen ihrer
Dem Herrn will ich danken zu aller Zeit . Wogen, das Toben der Völker, vor Deinen Zeichen erschauern, die an
Dem Herrn will ich danken zu aller Zeit. den Enden wohnen. Osten und Westen erfüllst Du mit Jubel. Du
Ich suchte den Herrn, und er hat mich erhört, all meinen Ängsten hat
sorgst für das Land und tränkst es, überschüttest es mit Reichtum.
er mich entrissen. Ein Armer rief, und der Herr erhörte ihn. Er half ihm
Gottes Bach ist gefüllt mit Wasser, Du schaffst ihnen Korn ; so ordnest
aus all seinen Nöten. Dem Herrn will ich danken zu aller Zeit.
Du alles. Du tränkst die Furchen, ebnest die Schollen, machst weich
Dem Herrn will ich danken zu aller Zeit.
sie durch Regen, segnest ihre Gewächse. Du krönst das Jahr mit
Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen, hilft auch denen, die zer-
Deiner Güte. Deinen Spuren folgt Überfluß. Wir wollen uns sättigen
knirscht sind. Verherrlicht mit mir den Herrn, laßt uns gemeinsam
am Gut Deines Hauses, am Gut Deines heiligen Tempe ls.
rühmen seinen Namen I Dem He'rrn will ich danken zu aller Zeit.
Dem Herrn will ich danken zu aller Zeit.
D ankgesan g:
Alleluja: Im Frieden Dein, o Herre mein, laß ziehn mich meine Straßen. Wie mir
Alleluja. Dein Mund gegeben kund, schenkst Gnad Du ohne Maßen, hast mein
Wenn wi r mit Christus gestorben sind, werden wir auch mit ihm leben. Gesicht das sel'ge Licht, den Heiland, schauen lassen. Mir armem Gast
Wenn wir standhaft sind, werden wir auch mit ihm herrschen. bereitet hast das reiche Mahl der Gnaden. Das Lebensbrot stillt
Alleluja. Hungers Not, heilt meiner Seele Schaden. Ob solchem Gut jauchzt
Sinn und Mut mit allen, die Du geladen. 0 Herr, verleih, daß Lieb und
Offertoriu m: Treu in Dir uns all verbinden, daß Hand und Mund zu jeder Stund
Gott sei uns gnädig und segne uns. Dein Freundlichkeit verkünden, bis nach der Zeit den Platz bereit an
Er lasse sein Angesicht über uns leuchten, daß man auf Erden seinen Deinem Tisch wir find en.
Texte und
W erkkomrnentare

Gemäß dem Titel der Veranstaltungsreihe „M usikprotokoll" werden


in der Folge ausschließlich von den Komponisten selbst verfaßte
oder ausdrücklich autorisierte Kommentare abgedruckt.
Montag, 18. Oktober

lgor Strawinsky über „ Symphonien f ür Blasinstrumente " Es ergibt sich eine Serie von einzelnen übereinandergelagerten Klang-
Ich rechnete nicht, und konnte dies auch nicht, mit einem unmittel- bildern; die einzelnen Kombinationen zeitigen Ergebnisse, die in den
baren Erfolg dieses Werkes. Es entbehrt aller Elemente, die unfehlbar ursprünglichen Bi ldern nicht enthalten sind.
den durchschnittlichen Zuhörer ansprechen und an welche er ge- Im „Landscape" herrscht die Perspektive der Bl echbläser vor. ,.Lands-
wöhnt ist. Es wäre müßig, darin irgendeinen leidenschaftlichen Im- cape" hat fünf physische Züge (die fünf Musikformen).
puls oder dynamische Brillianz zu suchen. Es ist ein strenges Ritual, Die musikalische Physiognomie einer natürlichen Landschaft, die
das sich in Form von ku rzen Litaneien zwischen den einzelnen man visuell und physisch erlebt. Man setzt sich in Bewegung, hält an,
Gruppen homogener Instrumente entfaltet. Diese Musik ist nicht bewegt sich nach allen Richtungen, betrachtet die Aussicht und
dazu bestimmt, dem Publikum im üblichen Sinne zu „gefallen" oder lenkt seine Auf merksamkeit auf bestimmte Punkte, auf Details oder
dessen Leidenschaften zu entfl ammen. Ich hatte jedoch gehofft, Fragmente dieses Details oder die Struktur dieses Details. Das Ganze
daß es jene ansprechen würde, in denen die reine musikalische ist die Summe von Teilen, kann jedoch nicht als Ganzes innerhalb
Aufnahmebereitschaft den Wunsch nach bloß emotionellem Verlan- eines bestimmten Zeitpunktes erfaßt werden.
gen überwiegt.
Elliott Carter über „ Konzert für Orchester"
Pet er Zinovief f über Harrison Birtwistles
Ich ließ mich durch das Gedicht des französischen Dichters St. John
,,An imaginary Landscape"
Perse „Vents" zu meinem Konzert für Orchester inspirieren. Ich fühlte
Eine mögliche Interpretation der Arbeit eines Computers, der von mich durch dieses Gedicht sehr angezogen; es beschreibt die Ver-
Birtwistl e mit Informationen gespeist w urde: einigten Staaten von Amerika als ein Land, das ständig von reini-
Die Arbeit legte nur das Wo und Wa nn fest, die formalen Proportionen, genden und schöpferischen Kräften wie Stürmen und Winden durch-
die Dialektik des Klanges und der St ille, einen Plan für die Entfaltung weht w ird, die immer wieder das Alte und Hergebrachte umwandeln,
der instrumentalen Quellen. Die Computerarbeit präsentierte Ergeb- neu formen und Neues und Frisches bringen. Im Verlauf des Gedichtes
nisse, die nach genauer Überprüfung ein anders geartetes Stück werden viele solche Veränderungen beschrieben.
beinhalteten als jenes, das Birtwistle ursprünglich schreiben wollte, Das Werk des Dichters d iente allerdings nur als Ausgangspunkt für
so daß die Informationen entsprechend geändert wurden. Was zum meine Komposition, denn je mehr ich mich mit dem Konzert beschäf-
Beispiel ursprünglich als Schema von Notenlängen für eine be- tigte, um so stärker gewann die Musik über das Wort die Oberhand,
stimmte Zeitperiode gedacht wa r, wurde neu ausgelegt, um jene fünf und nach einiger Zeit ging ich gänzlich davon ab und folgte dem
verschiedenen Musikformen auszuwähl en, die das Stück beinhaltet. musikalischen Konzept, das mir vorschwebte.
(Zweck des Computers: Ein außenstehendes irrationales Schema, In meinem Werk greifen immer wieder vier Sätze ineinander. Jeder
das einen zwingt, das zu tun, wozu der rationale Gedanke nicht in einzelne Satz w ird vor einem Hintergrund, der aus den drei übrigen
der Lage wäre.) besteht, beleuchtet. J eder Satz hat natürlich seinen eigenen Cha-
Jede der fünf M usikformen hat ihren eigenen erkennbaren Charakter; rakter, seinen eigenen Klang und seine eigene Entwicklung während
als Ganzes gesehen bilden sie jedoch eine Ei nheit von Klang und der gesamten Dauer des Stückes.
Vorstellung: Sie sind nicht überdifferenziert (wie z. B. die Verse für Diese vier Sätze zu numerieren, ist deshalb etwas irrefü hrend, denn
Ensemble). Der monochrome Aspekt der zwölf Blechbläser als Gruppe jedem Thema eines Satzes stehen kontrapunktisch mehr oder weniger
wird aufrechterhalten. Im ersten Teil werden sie in drei Gruppen zu lange Fragmente aus den anderen Sätzen gegenüber. Der erste Satz
je vier (nach Art der Instrumente) geteilt, im zweiten in vier Gruppen bringt die Gruppe der Celli in den Vordergrund, Klavier, Harfe,
zu je drei (Trompete, Horn, Posaune). Marimba, Xylophon und Holzschlaginstrumente. Er hält sich im tie-
Jede Instrumentalgruppe hat ihre eigenen, klar definierten Klang- feren Mittelregister und wird zur Gänze in mäßig schnellem Tempo
blöcke (inneres Schema); jeder Block ist in sich selbständig, doch d ie gespielt . Der zweite Satz fü hrt hochgesetzte Streicher vor, Bläser und
Blockfolge über eine bestimmte Zeitperiode bi ldet einen kompletten Metallschlaginstrumente. Der Satz beg innt sehr schnell und leicht-
Satz. füßig und w ird allmählich langsamer. Im dritten Satz treten die
Die Blöcke erklingen allein, alternieren, vereinigen sich und über- Kontrabässe, T uba, Hörner, Pauken und andere tiefgestimmte Instru -
sch neiden sich unabhängig voneinander. ( Die phasenlosen Blöcke mente hervor. Der ganze Satz ist in rezitativem Charakter gehalten.
sind eine neue Charakteristik von Birtwistles Musik.) Der vierte Satz ist für Violen, Oboen, Trompeten, klei ne Trommeln
Über das Bl ockschema hinweg bezeichnen Pausen den Anfang und und andere Instrumente in mittlerer Tonlage geschrieben. Er beginnt
das Ende der Blöcke und unterbrechen stellenweise die Kontinuität mit langsamen Fragmenten, die in der Folge rascher werden, bis das
der Musik. Diese Unterbrechungen produzieren ihrerseits eine Art Werk zu einem breiten und raschen Finale führt.
von temporären Blöcken.
Die sich ergebenden rhythmisch-melodischen Formen werden durch
untergeordnete Instrumente, wie Perkussionsinstrumente und Kon- Pierre Boulez über „ Eclat / mult iples"
trabässe, betont, deren Aufgabe es ist, ein ständig unterlegtes Klang- Es ist ein Werk, das auf Gegensätzen basiert, die sich zwischen einer
kolorit zu schaffen. Gruppe von homogenen Soloinstrumenten und einer sich vergrö-
Montag, 18. / Dienstag, 19. Oktober

ßernden Begleitgruppe ergeben können. Was die Soloinstrumente Und daß mir auch,
verbindet und sie in Gegensatz zum übrigen Orchester stellt, ist die Wie andern, eine bleibende Stätte sei,
Tatsache, daß ihr einmal erzeugter Klang nicht modifiziert werden Sei du, Gesang, mein freundlich Asyl 1
kann. Daraus ergibt sich eine musikalische Konzeption, deren Ideen
in einer Art luftleerem musikalischem Raum realisiert werden, im 2
Gegensatz zu den sehr dynamischen Ideen, die im allgemeinen von Traurigkeit
Instrumenten stammen, die ihren Klang ausdehnen (aushalten) kön- ( Berthold Viertel)
nen. Ebenso erg ibt sich daraus ein Widerspruch zwischen einer
kontemplativen Einstellung gegenüber dem Phänomen der Sonorität Wer t raurig sein will, wird vielleicht mich lesen,
- was eine andere Art des Zuhörens erfordert und besondere A uf- Und er wi rd denken zwischen den Zeilen:
merksamkeit innerhalb der Resonanz selbst - und aktiven gedank- ,,Ja, traurig ist auch dieser Mensch gewesen.
lichen Bemühungen, sich meh r mit den musikalischen Zusammen- Aber kann meine Traurigkeit die seine heilen?"
hängen zu beschäftigen und der Richtung, in die sie sich bewegen.
Außerdem und vor allem ist das Werk als eine Folge von Spiegel- Du solltest dich über die Gründe fragen
bildern konzipiert, welche die einzelnen Entwicklungsphasen reflek- Der Traurigkeit, du Mensch der besseren Zeiten.
tieren, bzw. die viel fachen Reflexe der ursprünglichen musikalischen Die meine wird dir die Geschichte sagen,
Bilder wirken aufeinander ein und schaffen divergierende Perspek - Die J ahresdaten meiner Traurigkeiten.
tiven, wie dies Paul Klee in einigen seiner Gemälde zum Ausdruck
bringt. 3
V erzweifl ung
Die nsta g, 19. Oktober ( leopardi)

H anns Eisler : Ernste Gesänge Nichts gibt's, was würdig wäre deiner Bemühungen,
Vorspiel und Spruch Und keinen Seufzer verdient die Erde.
( Hölderlin) Schmerz und Langeweile sind unser Los
Viele versuchten umsonst, das Freudigste freudig zu sagen, Und Schmutz die Welt, nicht s andres,
Hier spric ht endlich es mir, hier in der Trauer sich aus. Beruhige dich.

4
H of fnu ng
A syl
( Hölderlin-Fragment)
( Hölderlin- Fragment)
In seiner Fülle ruht der Herbsttag nun, 0 Hoffnung I holde I gütiggeschäftige !
Geläutert ist die Traub, und der Hain ist rot Die du das Haus der Trauernden nicht verschmähst,
Vom Obst, wenn schon der holden Blüten Und gerne dienend
Manche der Erde zum Danke fielen. Zwischen den Sterblichen waltest:

Wo bist du 7 wenig lebt ich; doch atmet kalt


Und rings im Feld, wo ich den Pfad hinaus,
Mein Abend schon. Und still e, den Schatten gleich,
Den sti llen, wandle, ist den Zufriedenen
Bin ich schon hier; und schon gesang los
Ihr Gut gereift, und viel der frohen
Schlummert das schauernde Herz.
Mühe gewähret der Reichtum ihnen.
5
Und leuchtest du, o Goldenes, auch mir, und wehst
Auch du mir wieder, Lüftchen, als segnest XX. Parteitag
Du eine Freude mir, wie ei nst, und irrst. (nach einem Gedicht von Helmut Richter)

Begl ückt, wer am sicheren Herd Ich halte dich in mei nem A rm umfangen.
In rühmlicher Hei mat lebt. Wie ein Saatkorn ist die Hoffnung aufgegangen.

Wird sich nun der Tra um erfüllen


Doch heut laß mich still den trauten Pfad
Derer, die ihr l eben gaben
Zum Haine gehn, dem golden die Wipfel schmückt
Für das kaum erträumte Glück :
Sein sterbend Laub, und kränzt auch mir die
Stirne, ihr Erinnerungen 1 l eben, ohne Angst zu haben.
Dienstag, 19. Oktober

6 Die das Land in den Abgrund stürzen


Komm, ins Offene, Freund! Nennen das Regieren zu schwer
( Hölderlin-Fragment) Für den einfachen Mann.

Komm, ins Offene, Freu nd I zwar glänzt ein Weniges heute Wenn die Obren vom Frieden sprechen
Nur herunter, und eng schließt der Hi mmel uns ein. M ann auf der Straße
Trüb ist's heut, es schl ummern die Gäng' und die Gassen. Laß alle Hoffnung fahren.
Es scheint, als sei es in der bleiernen Zeit.
Wenn die Obren Nichtangriffspakte schließen
Denn nicht Mächtiges ist unser Singen, aber zum Leben gehört es. Kleiner Mann
Mach dein Testament.
Kommen doch auch der Schwalben
Immer einige doch, ehe der Sommer im Land. Wenn der Krieg kommt wird sich vieles vergrößern
Es wird größer werden
M öge der Zimmerman n vom Gipfel des Dach's den Spruch tun: Der Reichtum der Herrschenden
Wir, so gut es gelang, haben ?as Unsre getan. Es wird größer werden
Das Elend der Ausgebeuteten.
Der Hunger, die Ungerechtigkeit und Unterdrückung
7
Die werden größer werden.
Epilog
(Stephan Hermlin) Auf der Mauer stand geschrieben
Sie wollen Krieg.
Nahe schon ist der Herbst,
Der es geschrieben hat
Nah ist im Fall der Frucht das Verklingen des Lieds
Ist schon gefallen.
Dort, wo der Wald erdröhnt,
Tief vom Stürzen der Toten und den Stürmen, die südwärts ziehn. Wenn die Obren vom Frieden reden
Weiß das gemeine Volk
Denn bestimmt ist's, daß groß auf sich Verdunkelndes Schlaf kommt,
Daß es Krieg gibt.
Schattender Hauch, groß wie das Sehnen nach Stille,
Wenn nach des Lichtes Glanz der heftige Tag verstu mmt. Wenn die Obren den Krieg verfluchen
Sind die Gestellungsbefehle schon ausgeschrieben.
Ihm auch kündigt sich an hehrerer Zeiten Bild,
Und was lange schon herrlich verheißen ist, Wenn die Obren von Ehre reden
Wehet auch durch die Stille und macht sie schön. Weiß das gemeine Volk
Daß es Krieg gibt.
Neues wächst aber fort,
So wie die Zeit es will. Die ist des Darbens müd. Wenn die Obren uns Ruhm versprechen
Ihn aber ruft es weit. Sind die Gestellungsbefehle schon ausgeschrieben
Was auch ohne ihn blüht, preist er Wenn sie reden von großen Zeiten
Künftigen Glückes gewiß. Weiß das gemeine Volk
Daß es Blut gibt.
Wenn die Obren von Opfer sprechen
Ha nns Eisler: Gegen den Krieg So meinen Sie
Als der letzte Krieg vorüber war Unser Blut.
Gab es Sieger und Besiegte. Sie reden w ieder von großen Zeiten
Bei den Besiegten das niedre Volk Sie reden w ieder von Ehre
Hungerte. Bei den Siegern Sie reden wieder von Siegen
Hungerte das niedre Volk auch. Marie, weine nicht.
Die das Fleisch wegnehmen vom Tisch Wenn es zum Marschieren kommt
Lehren Zufriedenheit. Euer Feind marschiert an der Spitze
Die, für die die Gaben bestimmt sind Die Stimme, die euch kommandiert
Verlangen Opfermut. Ist die Stimme eures Feindes
Die Sattgefressenen sprechen zu den Hungrigen Wer da vom Fei nd spricht
Von großen Zeiten, die kommen werden. Ist unser Feind.
Dienstag, 19. Oktober

General, dein Tank ist ein starker Wagen Nr. 5


Er bricht Wälder nieder, zermalmt hundert Menschen. Das sind sechs M örder. Nun geht nicht davon
Und nickt nicht, lässig murmelnd ein „ ganz rechr·:
Aber er hat einen Fehler :
Sie zu entlarven kostete nun schon
Er braucht einen Fahrer.
An fünfzig Städte uns und ein Geschlecht.
General, dein Bombenflugzeug ist stark. Nr. 6
Es fliegt schneller als der Sturm und trägt mehr als ein Elefant. Ihr Brüder, hier im fernen Kaukasus
Aber es hat einen Fehler : Lieg nun ich, schwäbischer Bauernsohn, beg raben,
Es braucht einen M onteur. Gefällt durch eines russischen Bauern Schuß.
Besiegt ward ich vor Jahr und Tag in Schwaben.
General, der M ensch ist sehr brauchbar.
Er kann fliegen, er kann töten. Nr. 7
Wir hörten auf der Schulbank, daß dort oben
A ber er hat einen Fehler : Ein Rächer allen Unrechts w ohnt, und trafen
Er kann denken. Den Tod, als wir zum Töt en uns erhoben.
Das Brot der Hungrigen ist aufgegessen Die uns hinaufgeschickt, müßt ihr bestrafen.
Das Fleisch kennt man nicht mehr. Nr. 8
Nicht Städte mehr. Nicht See. Nicht Sternefu nkeln.
Aus den Schloten der Munitionsfabriken
Und keine Frau und niemals einen Sohn
Steigt Rauch.
Und nicht den heitern Himmel, noch den dunkeln.
Der Schweiß des Volkes ist nutzlos vergossen. Nicht über J apan, n och auch Oregon.
Aus den Schloten der Munitionsfabriken
Nr. 9
Steigt Rauch. Doch als w ir vor das rote M oskau kamen,
Dieser Krieg ist nicht unser Krieg. Bertolt Brecht Sta nd vor uns Volk von Acker und Betrieb,
Und es besiegte uns in aller Völ ker Namen,
Bilder aus der „ Kriegsfibel" Auch j enes Volks, das sich das deutsche schrieb.
Introduktion Nr. 10
Seht diese Hüte von Besiegten! Und
Seht unsre Söhne, taub und blutbefleckt,
Nicht als man sie vom Kopf uns schlug zuletzt,
Vom eingefrornen Tank hier losgeschnallt.
War unsrer bittern Niederlage St und.
Ach, seht, der Wolf braucht, der die Zähne bleckt,
Sie war, als wir sie folgsam aufgesetzt.
Ein Schl upfloch! Wärmt sie, es ist ihnen kaltl
Nr. 11
Nr. 1 Ihr in den Tanks und Bombern, große Krieger!
Die Glocken läuten, und die Salven krachen. Die ihr irr Algier schw itzt, in Lappland friert,
Nun danket Gott als M örder und als Christi Aus hundert Schl achten kommend als die Sieger:
Er gab uns Feuer, Feuer anzufachen. Wir sinds, die i hr besiegt habt. Triumphiert!
Wißt: Vol k ist Pöbel, Gott ist ein Faschist.
Nr. 12
Nr. 2 Das si nd die Städte, w o w ir unser „ Heil!'.
Noch bin ich eine Stadt, doch nicht mehr lange. Den Weltzerstörern einst entgegenröhrten.
Fünfzig Geschlechter haben mich bewohnt, Und unsre Städte sind auch nur ein Teil
W enn ich die Todesvögel j etzt empfange: Von all den Städten, welche w ir zerstörten.
In tausend Jahr erba ut, verheert in einem M o nd.
Nr. 13
Nr. 3 Ich hör' die Herren in Downingstreet noch schelten,
Es war die Zeit des „ Unten" und des „ Oben·· W eil ihr's gelitten, trüget i hr die Schuld.
Als auch die Luft erobert war, und drum Wie dem nun sei: die Herren schelten selten
Verkroch viel Volk, als einige sich erhoben, Der Völker unerklärliche Geduld.
Sich unterm Boden und kam dennoch um. Epilog (Friedensfibel)
Nr. 4 Nr. 14
Such nicht mehr, Frau: du w irst sie nicht mehr finden! Vergeßt nicht: M ancher euresgleichen stritt,
Doch auch das Schicksal, Frau, beschuldige nicht! daß ihr hier sitzen könnt und nicht mehr sie.
Die dunklen M ächte, Frau, die dich da schinden, Und nun vergrabt euch nicht und kämpfet mit
Sie haben Name, Anschrift und Gesicht. und lernt das Lernen und verlernt es nie. Bertolt Brecht
Dienstag, 19. / Mittwoch, 20. Oktober

G e org Eisle r über Hanns Eislers „Bilder aus der Kriegsfibel" Im vierten Brandt fünf Personen.
Die Sigmund Glaserin, eine Burgemeisterin.
Hanns Eisler wollte bei der Aufführung der „Kriegsfibel" auch das
Die Brickmannin.
Visuelle einbeziehen. Wie er mir erklärte, war es seine Absicht, die
Die Schickelte Amfrau ( Hebamme).
Bildvorlagen, zu denen Brecht die Vierzeiler verfaßt hatte, im Konzert-
NB. von der kommt das ganze Unwesen her.
saal zu zeigen. Eine Leinwand sollte über dem Podium angebracht
Die alte Rumin.
und die Bilder darauf projiziert werden. Bei den Brecht-Vorlagen han-
Ein fremder Mann.
delt es sich ausnahmslos um Ausschn itte aus Zeitu ngen und Illustrier-
ten; das heißt, auf gestochen scharfe, präzise Wiedergabe wurde
Im fünften Brandt acht Personen.
wenig Wert gelegt, denn der Charakter der Drucksache sollte gewahrt
Der Lutz, ein vornehmer Kramer.
bleiben. Dieses Prinzip müßte auch bei den Projektionen gelten. Mei-
Der Rutscher, ein Kramer.
nem Vater war es vor allem darum zu tun, bei diesem audiovisuellen
Des Herrn Domprobst Vögtin.
Versuch Musik, Text und Bi ld zu einem Mittel der Information zu ver-
Die alte Hof-Seilerin.
binden. Der Konzertbesucher sollte nie die Tatsachen, die der Anlaß
Des Jo. Steinbachs Vögtin.
dieser Komposition sind, aus den Augen verlieren.
Die Baunachin, eines Rathsherrn Frau.
Die Znickel Babel.
M ittwoch, 20. Oktober Ein alt Weib.
Roman Haubenstock-Ramati über „ Chorographie"
Im sechsten Brandt sechs Personen.
,,Chorographie" ist ein Werk für Kammerchor (vier Sopran-, vier Alt- Der Rath -Vogt, Gering genannt.
stimmen, vier Tenöre, vier Bässe) ohne Instrumentalbegleitung. Es Die alte Canzlerin.
gliedert sich in drei Teile, deren erster life aufgeführt wird, die beiden Die dicke Schneiderin.
anderen werden von Tonbändern gleichzeitig über Lautsprecher Des Herrn Mengerdörfers Köchin.
wiedergegeben. Die Lautsprecher werden so placiert, daß alle drei Ein fremder Mann.
Versionen eine einzige Einheit bilden. Ein fremd Weib.
Die Aufnahmen sollen weitgehend verzerrt werden mit Hilfe von
Filtern, Hall, verschiedenen Mikrophoneinstellungen, Rückkoppelun- Im siebenten Brandt sieben Personen.
gen etc. Der Dirigent muß den Ablauf so einteilen, daß alle drei Ein fremd Mägdlein von 12 Jahren.
gleichzeitig erklingenden Versionen fast die gleiche Dauer haben. Ein fremder Mann.
Zeitliche Verschiebungen der Details sind möglich. Der Chor ist Ein fremd Weib.
instrumental behandelt, orchestrale Klangfarben werden bewußt an- Ein fremder Schultheiss.
gestrebt. Drey fremde Weiber.
NB. Damahls ist ein Wächter, so theils Herrn ausgelassen, auf dem
Markt gerichtet worden.
Friedri~ Verzeichnis
1m achten Brandt sieben Personen.
Verzeich..~ en- Leut, so zu Würtzburg mit dem Schwerte
Der Baunach, ein Raths-Herr und der dickste Bürger in Würtzburg.
gerichtet und hernacher verbrannt worden.
Des Dom-Probst Vogt.
Im ersten Brandt vier Personen.
Ein fremder Mann.
Die Lieblerin.
Der Schleipner.
Die alte Anckers Wittwe.
Die Visirerin.
Die Gutbrodtin.
Zwey fremde Weiber.
Die dicke Höckerin.
Im andern Brandt vier Personen. Im neundten Brandt fünf Personen.
Die alte Beutlerin. Der Wagner Wunth.
Zwei fremde Weiber. Ein fremder Mann.
Die alte Schenckin. Der Benzen Toc hter.
Die Benzin selbst.
Im dritten Brandt fünf Personen. Die Eyeringin.
Der Tungersleber, ein Spielmann.
Die Kulerin. Im zehnten Brandt drey Personen.
Die Stierin, eine Procuratorin. Der Steinacher, ein gar reicher Mann.
Die Bürsten-Binderin. Ein fremd Weib.
Die Goldschmidtin. Ein fremder Mann.
Mittwoch, 20. Oktober

Im eilften Brandt vier Personen. Ein Student in der fünften Schule, so viel Sprachen gekont, und ein
Der Schwerdt, Vicarius am Dom. vortreflicher Musicus vocaliter und instrumentaliter.
Die Vögtin vom Rensacker. Zwey Knaben aus dem neuen Münster von 12 Jahren.
Die Stiecherin. Der Steppers Babel Tochter.
Der Silberhans, ein Spielmann. Die Hüterin auf der Brücke n.

Im zwölften Brandt zwey Personen. Im einundzwanzigsten Brandt sechs Personen.


Zwey fremde Weiber. Der Spital meister im Dietricher Spital, ein sehr gelehrter Mann.
Der Stoffel Holzmann.
Im dreyzehenden Brandt vier Personen. · Ein Knab von 14 Jahren.
Der alte Hof-Schmidt. Des Stolzenbergers Rathsherrn Söhnlein.
Ein alt Weib. Zween Alumni.
Ein klein Mägdlein von 9 oder 10 Jahren.
Ein geringeres, ihr Schwesterlei n. Im zweyundzwanzigsten Brandt sechs Personen.
Der Stürmer, ein reicher Büttner.
Im vierzehenden Brandt zwey Personen. Ein fremder Knab.
Der erstgemeldten zwey Mägdlein Mutter. Des Stolzenbergers Raths-Herrn grosse Tochter.
Der Lieblerin Tochter von 24 Jahren. Die Stolzenbergerin selbst.
Die Wäscherin im neuen Bau.
Im fünfzehenden Brandt zwey Personen.
Ein fremd Weib.
Ein Knab von 12 J ahren in der ersten Schule.
Eine Metzgerin. Im dreyundzwanzigsten Brandt neun Personen.
Des David Croten Knab von 12 Jahren, in der andern Schule.
Im sechzehenden Brandt sechs Personen. Des Fürsten Kochs zwey Söhnlein, einer von 14 Jahren, der ander
Ein Edelknab von Ratzenstein, ist Morgens um 6 Uhr auf dem
von 10 Jahren aus der ersten Schule.
Cantzley- Hof gerichtet worden und den ganzen Tag auf der Pahr Der Melchior Hammel mann, Vicarius zu Hach.
stehen blieben, dann hernacher den andern Tag mit den hierbeyge- Der Nicodemus Hirsch. Chor-Herr im neuen Münster.
schriebenen verbrannt worden. Der Christophorus Berger, Vicarius im neuen Münster.
Ein Knab von 10 Jahren. Ein Alumnus.
Des abgedachten Raths-Vogt zwo Töchter und seine Magd.
NB. Der Vogt im Brennerbacher Hof und ein Alumnus si nd lebendig
Die dicke Seilerin. verbrannt worden.
Im siebenzehenden Brandt vier Personen. Im vierundzwanzigsten Brandt sieben Personen.
Der Wirth zum Baumgarten. Zween Knaben im Spital.
Ein Knab von eilf Jahren. Ein reicher Bütner.
Eine Apothekerin zum Hirsch und ihre Tochter. Der Lorenz Stüber, Vicarius im neuen Münster.
NB. Eine Harfnerin hat sich selbst erhenket. Der Betz, Vicarius im neuen Münster.
Der Lorenz Roth, Vicarius im neuen Münster.
Im achtzehenden Brandt sechs Personen.
Die Rossleins Martin.
Der Batsch, ein Rothgerber.
Ein Knab von 12 Jahren, noch Im fünfundzwanzigsten Brandt sechs Personen.
Ein Knab von 12 J ahren. Der Friedrich Basser, Vicarius im Dom-Stift.
Des D. Jungen Tochter. Der Stab, Vicarius zu Hach.
Ein Mägdlein von 15 Jahren. Der Lambrecht, Chor-Herr im neuen Münster.
~in fremd Weib. Des Gall us Hausen Weib.
Ein fremder Knab.
Im neunzehenden Brandt sechs Personen. Die Schelmerey Krämerin.
Ein Edelknab von Rotenhan, ist um 6 Uhr auf dem Cantzley-Hof
Im sechsundzwanzigsten Brandt sieben Personen.
gerichtet und den andern Tag verbrannt worden.
Der David Hans, Chor-Herr im neu en Münster.
Die Secretärin Schellharin, noch
Der Weydenbusch, ein Raths- Herr.
Ein Wei b.
Die Wirthin zum Baumgarten.
Ein Knab von 12 Jahren.
Ein alt Weib.
Noch ein Knab von 12 Jahren.
Des Valkenbergers Töchterlein ist heimlich gerichtet und mit der
Die Brüglerin, eine Beckin, ist lebendig verbran nt worden.
Laden verbrannt worden.
Im zwanzigsten Brandt sechs Personen. Des Raths-Vogt klein Söhnlein.
Das Göbel Babelin, die schönste Jungfrau in Würtzburg. Der Herr Wagner, Vicarius im Dom-Stift, ist lebendig verbrannt worden.
Mittwoch, 20. Oktober

Im siebenundzwanzigsten Brandt sieben Personen. Bevorzugung konsonanter Intervalle, ein Streben nach Wieder-
Ein Metzger, Kilian Hans genannt. gewinnung der melodischen Linie, nach Transparenz statt Massen-
Der Hüter auf der Brücken. struktur - und ein Vermeiden von kla ngverfremdenden und aleato-
Ei n fremder Knab. rischen Techniken.
Ein fremd Weib. Eine Musik, die solche Züge trägt, muß heute notwendigerweise auch
Der Harfnerin Sohn, Vicarius zu Hach. dort regressive Eindrücke wac hrufen, wo nicht „objets trouves" in
Der Michel Wagner, Vicarius zu Hach. verschiedenen Deutlichkeitsgraden auf einen Fundort hinweisen. Da
Der Knor, Vicarius zu Hach. jedes „ Fortschreiten" aus dem - erfaßbaren Zusammenhang auf ein
Im achtundzwanzigsten Brandt, nach Lichtmess anno 1629 Minimum reduzierenden - Punkt der Entwicklung in der streng seriel -
sechs Personen. len Phase der Komposition, abgesehen vom aleatorischen Phänomen,
Die Knertzin, eine Metzgerin. wieder erfaßbarere Formen konstituiert hat und daher in gewissem
Der D. Schützen Babel. Sinn regressiv war, ist das Unbehagen, das ein schnelles und deut-
Ein blind Mägdlein. N B. liches Verlassen der neu etablierten Vorstellungen auszulösen vermag,
Der Schwartz, Chor-Herr zu Hach. weniger in der Tatsache als in der Art und im Grad ei nes Regresses
Der Ehling, Vicarius. begründet, wofern es sich nicht einfach um ein - regressives -
Der Bernhard Mark, Vicarius am Dom-Stift, ist lebendig verbrannt Beharrungsbedürfnis in neueren Schablonen handelt. Alle meine Ar-
worden. beiten zwischen „Exercises" und „Langegger Nachtmusik I" weisen
in verschiedener Art eine Auseinandersetzung mit älteren Denk-
Im neunundzwanzigsten Brandt sieben Personen.
modellen auf. Ein Vorgehen wie das meine erhielte seine Berechtigung
Der Viertel Beck.
für mich daraus, daß es zu sprachschöpferischen Funden fortschreitet.
Der Klingen Wirth.
Ist in „Exercises" versucht worden, solche dialektisch zu erzwingen,
Der Vogt zu Mergelsheim.
indem regressive „Störu ngen" gegen ihre Umwelt ausgespielt und
Die Beckin bei dem Ochsenthor.
in einen Formverlauf, der daraus wesentliche Impulse erfährt, inte-
Die dicke Edelfrau.
griert werden, so hoffe ich, in „Catalogue" und „Langegger Nacht-
NB. Ein geistlicher Doctor, Meyer genannt, zu Hach und
musik I" spontan in der Invention zu manchem in dieser Richtung
Ein Chor-Herr ist früh um 5 Uhr gerichtet und mit der Bar verbrannt
gelangt zu sein, wenngleich sie sich der Auseinandersetzung mit ver-
worden.
schiedenen „gefundenen" Elementen bedient hat.
Ein guter vom Adel, Junker Fleischbaum genannt.
,.Verzeichnis", in unmittelbarer Nachbarschaft zu „Catalogue" ent-
Ein Chorherr zu Hach ist auch mit dem Doctor eben um die Stunde
standen, sucht unter allen Stücken aus dieser Periode am deutlichsten,
heimlich gerichtet und mit der Bar verbrannt worden.
von der zeitlichen Gebundenheit von Manipulationen und Sprach-
Paulus Vaecker zum Breiten Huet.
formen abzusehen - was für mich bedeutet hat, mich auch bewußt
Seithero sind noch zwey Brändte gethan worden. über meine langjährigen Reservate gegenüber dem „Vertonen" eines
Datum, den 16. Febr. 1629. Textes hinwegzusetzen; die nicht reflektierende, nicht über längere
Bisher aber noch viel unterschiedliche Brändte gethan worden. Strecken hin syntaktisch gebundene Gestalt des vorliegenden hat
mir das erleichtert. Es handelt sich um ein rein reihendes Verzeichnis
der in Würzburg in einem bestimmten Zeitraum wegen Hexerei hin-
Fried ri ~ ber „Verzeichnis" gerichteten Personen, das ich im österreichischen A lmanach „ Pro-
Ich hab~ deren in den letzten Jahren w iederholt die Frage tokolle 69" gefunden habe. Der Text ist so behandelt, daß er nur
gestellt, was gegenwärtig im Komponieren (noch) progressiv ist. fragmentarisch verständlich wird. Ich habe mich betont vor allem um
Was einen Komponisten zu gestalten reizt, weil es ihm - im Sinne charakteristische, prägnante Formulierung und Bindung von Gestal-
von Paul Klee - etwas „sichtba r" zu machen verspricht, hängt u. a. ten bemüht, während sich gleichzeitig mein Bewußtsein für das
vom Grad seiner Erfahrung ab. Nach dem ausgedehnten Erproben der Perseverative, in der Anwendung einer motettisc hen Technik, die als
Gestaltung dichter Klangmassen und der Organisation vielfältigen alte Verfahrensweise verschiedene - auch irgendwie präformulierte
Klanggeschehens in „Relazioni fragili", ,.lntersecazioni" und meinen - Elemente in immer neue Formen zwingt, mit dem für die - zu einem
sieben Spiegelstücken hat mich eine Sehnsucht nach scharf kontu - wesentlichen Teil im Zwanghaften begründeten - Fragwürd igkeit aller
rierten, klaren und durchsichtigen Strukturen, nach hörend vergleich- menschlichen Aktivität gedeckt hat. .. Verzeich nis" stellt in mehr-
baren Einzelereignissen - auc h im Rhythmischen - erfaßt, der zu- facher Weise für mich persönlich eine Art Gewaltakt dar, der sicher
nächst die Komposition meiner „Symphonien" (1964) entsprungen nicht unproblematisch ist. Unabhängig von seinem unmittelbaren
ist und zu der sich in „Exercises" (1962-1968) eine Freude an der Ergebnis hat er für mich in zweifacher Weise eine Klärung gefördert:
formalen Bewältigung von Heterogenem gesellt hat. In meiner Einstellung zur Frage, wie anachronistisch und inadäquat
In „Catalogue des objets trouves" habe ich dann die schon in den das Umsetzen sozialen Engagements - in welcher Form auch im-
„Exercises" zutage getretene Divergenz zu einer Anzahl von Tabus mer - unserer Gesellschaft gegenüber heute ist und auf meinem Weg
in der neuen Musik bewußt fortgesetzt: Es gibt darin stellenweise zu einer möglichst modellfreien, klaren und doch beziehungsreichen
Mittwoch, 20. / Donnerstag, 21. Oktober

Sprache. In „Langegger Nachtmusik II" steht die Forderung nach listen und Publikum); visible music 1 (für einen Dirigenten und einen
„clairte" obenan. Die Freude an i hr ist jeder klassischen, künstlerischen Instrumentalisten); lectiones (für mehrere Sprecher).
Intention eigen. Wieweit es einer solchen noch möglich ist, zu „nicht Schaustücke (Dramatische Übungen für Instrumentalisten und
Gehörtem" zu gelangen, ist frag lich, aber es gibt auch wenig, was Vokalisten) 1962-1965 / 66: nostalgie (visible music II = Solo für
mich in den bekannten Genres neuer Musik zu weiterem Fragen einen Dirigenten); espressivo (visible music 111, für ei nen Instrumen-
bewegt. Gedanken über Grundprinzipien klassischen Formens und tal isten); concert sans orchestre (für einen Pian isten und Publikum);
über Avantgarde mögen im Zusammenhang merkwürdig w irken; ich fallout (für einen Vokalisten); anschläge- ausschläge (szen ische
halte sie im Augenbl ick für wesentlich. Variationen für 3 Instrumentalisten: Flöte, Violoncell o, Cembalo).
ki-no 1963-1967 (Nachtmusik für Projektoren und Hörer), mo-no,
1969; Choralvorspiele für Orgel und Tonband, 1967 - 1969; Mund-
H e inz Holliger übe r „Dona nobis pa ce m" stücke, 1968-1970 (für Stimmorgane und Reproduktionsgeräte).
„Dona nobis pacem" für 12 Singstimmen geht aus von den 6 Silben
des Titels, aus denen (ähnlich Kagels „Anagramma") der gesamte The oretisch e Arbe iten : Studien zur Dynamik Arnold Schönbergs
Textvorrat hervorgetrieben wird. Jeder Silbe sind bestimmte Ton- (Diss. Tübingen, 1955); Karlheinz Stockhausen (die reihe, 4, Wien,
höhen, Tonhöhenkomplexe, ja sogar ganze Formabschn itte zuge- 1958); ... Brouillards. Tendenzen bei Debussy (die reihe, 6, Wien,
ordnet. Mit den sprachlichen Permutationen gewinnt auch die Musik 1960); Abwege (Neue Musik V /VI, 1962); Glossolalie (Collage 1,
eine kaum mehr überblickbare und kontrollierbare Komplexität. Palermo, 1964); das musikalische material (Collage 3 / 4, Palermo,
1964); kommentar zu neuer musik (Collage 3 / 4, Palermo, 1964);
Bericht von neuer Orgelmusik (Festschrift Walter Gerstenberg,
Dieter Sehne bel über „ Madrasha 11" Wolfenbüttel und Zürich, 1964) ; Mahlers Spätwerk als Neue Musik
(Collage 6, Palermo, 1966, und Gustav Mahler, Tübingen, 1966);
Der unaussprechliche Titel dieses Stückes ist: - 1 und meint wortlosen das formproblem in der neuen musik (Collage 6, Palermo, 1966);
Ausbruch, Exklamation. Der komplementäre Untertitel Madrasha be- Sprache als Musik in der Musik (Schweizer Monatshefte, September
deutet im Syrischen der frühchristlichen Epoche Hymnus und ist 1966); Geistliche Musik heute (Musik und Kirche 3, Kassel, 1967);
Hilfsmittel, um den Namen des Werkes akustisch zugänglich zu Neue Chormusik (Schallplatte Wergo 60026, Baden-'Baden); Musica
machen. Insgesamt bezeichnen die Titel Jubilus, averbalen Gesang, sacra ohne Tabus (Melos 10, Mainz, 1968); Komposition von
somit Musik, welche kraft sprachlosen Ausdrucks ihre eigene aus- Sprache, sprachliche Gestaltung in Adornos Werk (Adorno-Gedenk-
schweifende Sprache gebiert. Um Expression aber geht es insofern, schrift, Frankfurt, 1970); Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
als in diesem Stück Vorgänge des Ausdrückens, des Aus-sich- (Versuch über Schubert, 1968 / 69); Sichtbare M usik, 1965-1969
Heraussetzens von Lauten das Material bilden. Also wird Artikulation (Musik auf der Flucht vor sich selbst, München, 1969); Mauricio-
selbst gestaltet und zum musikalischen Prozeß gemacht. In der Parti- Kagel- Musik, Theater, Film, 1962- 1969 (Köln, 1970).
tur sind vielerlei Modelle notiert, wo Lippen-, Zungen-, Zäpfc hen-
bewegungen, Veränderungen des Mundraumes, des nasa len Re-
sonanzraumes, des Atemdruckes etc. gleich musikalischen Verläufen Editione n: K. Stockhausen, Texte (3 Bände, hg. v. Dieter Sehnebel)
entworfen und komponiert werden. Das Ergebn is der Real isation ist, (Köln 1963, 1964 und 1970) .
daß Stimmen von konventionell em Verhalten befreit werden. Die
Emanzipation setzt sich fort, indem auch die Interpreten losgelassen
werden: sie können mancherorts eigene Fortsetzungen bilden und Don nerstag, 21. Ok tober
so die an sich selbst gewonnenen Erfahrungen produktiv verwirkli -
chen. Also visiert Madrasha die Gesamtheit stimmlicher Äußerungen, l sang Yun übe r „ Musik für sieben Instrume nte"
Musik aller Stimmen. Die „Musik für sieben Instrumente" (1959) ist eine Art moderner
Fantasie, deren Tonfall von der alten koreanischen Hofmusik angeregt
ist. Im ersten Stück bilden sich die Klanggewebe, häufig durch vege-
Sehnebels K ompositione n : Versuche 1-111 1953- 1965: Analysis tative Figuren, zu typischen Klangerscheinungen, die sich in meinen
(Saiteninstrumente und Schlagzeug); Stücke (Streichquartett); Frag- dahinterfolgenden Stücken (3. Streichquartett, Bara, Colloides sono-
ment (Kammerensemble und Stimme); Compositio (Orchester). res usw.) entwickelt haben und die ich später „Kolloide" nannte. Im
für stimmen f ür ( . . .missa est) 1956-1968: dt 31 / 6 (12 Vokal - zweiten Stück ist der Einfluß ostasiatischer Musik bemerkbar, durch
gruppen); amn (7 Vokalgruppen); : 1 (madrasha II) (3 Chöre). den in kontrollierten Vibrationen und grundierenden, organisierten
Projekte (Definierte - nicht auskomponierte - Musiken) 1958- 1961 : Rhythmus, der gelegentlich zwischendurch auch als verbindendes
raumzeit y (unbestimmte Anzahl von Ausführenden auf Drehstühlen); Element selbständig wird. Das dritte Stück ist eine Zusammensetzung
Das Urteil (denaturierte I nstrumente, naturierte Singstimmen und von figurativen und linearen Elementen zu den vorhergehenden
sonstige Schallquellen); Glossolalie (Sprecher und Instrumentalisten). Stücken, und zwar in der Struktur klarer, im Tempo noch kontrastie-
Abfälle 1960 /61 -1962: reactions ( Konzert für einen lnstrumenta- render.
Donnerstag, 21. Oktober

Luciano Berio: EI Mar la Mar Ka rl Haidmayer über „ Symbiose IV"


Me siento, mar, a oirte, Das viersätzige Sextett für zwei Flöten, Klarinette, Fagott, Bratsche
te sentaras tu, mar, para escucharme. und Cello basiert auf Ideen, die ich in der Symbiose 1 (1963) zum
EI mar, l a mar, solo la ma'r. erstenmal kammermusikalisch entwickelte, nämlich das Zusammen-
Porque me trajiste, padre, a la ciudad? wirken ungleicher Instrumente unter Beibehaltung i hrer charakteristi-
Porque me desenterraste del mar? schen Klang- und Spieltechnik. Über die serielle „Symbiose II" ge-
Pleamar silenciosa de mis muertos. langte ich in der „Symbiose III" für vier Orchestergruppen zum Neben-
Ellos quizas soh los que os esten limando einander klanglicher Verfremdungen mit Tonbandzuspielungen und
rubias rocas distantes. im IV. Bläserquintett ( 1968) und im III. Flötenkonzert (1970) zu
Pleamarl erweiterten Klangmöglichkeiten in graphischer Notation. Nachdem
Porque me t rajiste aca, padre? ich aber bei graphischer Notation schl ießlich für mich mit Sicherheit
En sueno la marejada me tira del coraz6n, eine „Idealinterpretation" herausfand und feststellen konnte, daß sie
se lo quisiera llevar. der Grundidee und Konzeption glich, bekannte ich mich in der
Padre, porque me trajiste aca ... ,,Symbiose IV" eindeutig zur genau fixierten Notation, die meiner be-
Te gustaria, mar, montar en bicicleta, wußten und lebhaften Klangvorstellung der entstehenden Komposi-
darte un largo paseo por las ramblas, tion am ehesten entspricht. Der erste Satz bringt „Motive und
alquilar luego una sombrilla verde Figurationen", ein stets abgewandeltes Dreitonmotiv zu kontrastie-
y tu mbarte con l a playa, renden Läufen, instrumentalcharakteristischen Sprüngen, Akkorden,
como una mar cualquiera, Glissandi und Flageoletts, formal knapp in 39 Takten als Exposition,
a descansar del bano ... Durchfü hrung, Engfü hru ng und Auflösung. Der zweite Satz bringt
e gustaria, mar ? ,,Reihen und Ebenen", klang lich mit liegenden Tönen aufgefächert,
greift das „Motiv" auf, das in Repetitionen aufgelöst w ird und auch
Ich laß' mich nieder, Meer, um dir zu lauschen, im dritten Satz (,,Klänge und Auflösungen") deutlich hervortritt. Im
beruhig' auch du dich, Meer, und hör' mir zu. vierten Satz erscheint dasselbe Motiv zu Zwei- und Viertongruppen
Das Meer, das Meer - nur das Meer 1 variiert. Die Bezeichnung „Flächen und Punkte" bezieht sich auf die
Warum, mein Vater, hast du mich zu r Stadt gebracht, instrumentale Aufteilung in einzelne Töne, rhythmische Schläge,
warum mich bloß dem Meer entrissen? sowie auf Ab- und Aufbau der Tonflächen in Form von gleichseitigen
Stille Flut meiner Toten 1 und rechtwinkligen Dreiecken.
Vielleicht sind sie es, die di e r9ten Felsen
i n der Ferne formen .. .
Gerhard Lampersberg über „Kammermusik 71 "
Oh, Flut!
M ein Vater, warum hast du mich hierhergebracht ... Ich wollte die Komposition eigentlich „Etappen" nennen, da mir aber
Im Traum greift die erregte Brandung an mein Herz modernistisch affektierte Formulierungen der Avantgarde eher lächer-
und möcht' es mir entreißen. lich erscheinen, nenne ich sie „Kammermusik 71 ".
Warum, oh Vater, hast du mich hierhergebracht . . . Tonblöcke verschiedener Klangfarbe reihen sich aneinander - Straff-
Gefiel es dir, oh Meer, heit neben Gelöstem - solistische Einblicke neben harten Akkorden.
mh einem Fahrrad Kreise durch den Sand zu ziehen, Freies Klingen. Erwünscht ist Trauer, Aufbegehren, Stille.
dann einen grünen Sonnenschirm zu dingen
und dich am Strand zu überschlagen, wie irgendein wildes Meer,
M a rek Kopelent über „ l ntimissimo"
um dann vom Bade auszuruhen ...
Gefiel' dir das, oh Meer? „lntimissimo" ist ein Kammerstück - Musik und Gedicht. Die intime
Beziehung zwischen zwei Wesen kann durch drei Momente charak-
terisiert werden : Gespräch - Schweigen - Vereinigung. Nicht eines
Von Luciano Berio autorisierter Kommentar der drei Momente sollte bewegungslos, spannungslos verstanden
zu „EI M a r la M ar" und dargestellt werden. Ein Gedicht des französischen Dichters Pau l
Wenn ein Kompon ist anerkannt und sein Ruf gefestigt ist, kann er Fort steht im Hintergrund : No XXI aus Lucienne, Petit roman lyrique,
auch seine frühe und weniger bekannte Musik präsentieren. Ein sol- Teil der„ Hymnes de feu" aus der „Anthologie des Ballades Frani;:aises".
ches Werk ist „EI Mar la Mar". Es wurde 1952 geschrieben. Der Eine kleine Geschichte eines Liebespaars, die Begegnung - die Ver-
spanische Text von Albert ist in drei kurze Sätze für Sopran, Mezzo- liebtheit - das Abschiednehmen. Ganz einfach, ganz natürlich, ohne
sopran und ein Instrumentalensemble für Flöte, zwei Klarinetten, überflüssige Erregung, ei nige Worte und w ieder Stille, flüchtige Be-
Harfe, Cello und Kontrabaß aufgeteilt. Eine Ziehharmonika wird im rührungen der Hände. Es bleibt ein melancholisches, jedoch ange-
zweiten und dritten Satz verwendet. Das Werk ist Jack und Marilyn nehmes Gefühl nach der intensiv wundersc hönen Annäherung und
Mahler gewidmet. Vereinigung durch die Liebe. Und der Gitarrenspieler ? Sehr oft wird
Donnerstag, 21 . / Freitag, 22. Oktober

eine so glückliche Lage durch Naivität, Böswilligkeit, Zynismus ge- Freit a g, 22. Oktober
stört und zerstört. Aber unser Gitarrenspieler ist gut. Er kommentiert
Ernö Kiraly über „ Voca lizzazioni"
nur das ganze M usikgeschehen mit leichter Ironie, manchmal auf eine
altertü mliche Weise, denn er ist zu „vernünft ig" und darüber erhaben, Der erste Satz wurde auf Vokalen, der zweite auf Konsonanten auf-
solche Torheiten ernst zu nehmen. Schade. gebaut. Beide Teile wurden auf dem Pri nzip der Linearität komponiert.
Die Tonhöhe wurde im Gegensatz zu Rhythmus und Dynamik nur
annäherungsweise fixiert. Jede Stimme soll unabhängig von der
Paul Fort : Les Hymnes d e f eu
anderen intonieren. Der vertikale Klang entsteht als Resultat des
( Lucien ne, petit roman sentimenta l)
Zufalls. Die so entstandenen Klänge, Farben, Rhythmus und Räum -
No XXI lichkeit sind die grundlegenden Elemente, die realisiert werden sol-
Une ligne de peupliers mourait l'horizon ... a l en. Das Werk wurde 1969 komponiert.
Comme on s'est peu aime, l'autre j ou r, ma Lucienne 1
Comme on s·est peu aime, l'autre jour, en s'aimant. L udmila Frajt: Pesme Noci
0 promenade I promenade 1 - On ne sait plus rien se dire,
Senk e
Vous etiez a mon bras. Mon bras tremblait d'amour.
Senke se sklapaju nad senkama
Et c'est tout. - Nous avons saute une flaque, pour rire.
Senke se sunjaju iz tarne u tamu
Puis votre mai n trembla dans la mienne un moment.
Tama tece kroz prste
Or, je vous dis ... Mais non, je ne sus rien vous dire.
Tama se uvlaci u srz
Or, vous me dites . .. Mais no n, vous ne ca usiez pas.
Tama gura prste u zenice
Or la terre enbaumait et nos coeurs etaient t ristes.
Slepilo tarne pije oci.
Pourquoi ? pourquoi ? - J amais nous ne l e saurons.
U mraku trazim
L'heure vint, comme toujours, d'une separation
daleka su nca
o u les coeurs se brisent. - Mais nous eta nt quittes,
kroz sarenu mrezu kapilara.
n'avez-vous point souri ä ces vols d'hirondelles?
Et n'ai-j e point regarde frisso ner le gazon? Nem i ri
On s'est si peu aime, l'autre jour, ma Lucienne. Treperi noc prazninom bezkraja
Vraiment, qu'y avait -il? - Azur bleu, nuages blancs ... lgraju plamenovi pod drhtajem trepavica
Une ligne de peupliers mourait a l'horizon. Tela se raspinje pod pogledom zidova
Vihori misli razaraju celo.
Drhte prsti strahom od dodira
Paul F ort: L ucienne Zamire krik strahom od tisine.
Ein kleiner empfi ndsamer Roman Tisina
Eine Reihe Pappeln erstarb am Horizont ... Tisina sumi u slepoocnicama
Wie wenig haben wir eina nder doch geliebt, unlängst, meine Tisina kuca ritmom bila
Lucienne 1 Tisina udara u bubnjeve sl uha
Wie wenig haben wir einander doch geliebt, unlängst, als wir Urla Mina prostorom.
einander liebten. Sum tisine zubori sapatom.
Promenade I Oh Promenade 1 - Wir wußten uns nichts mehr zu Talasi zapljuskuju svest
sagen. Zenice tonu u duplje
Du lagst in meinem Arm. Mein Arm zitterte vor Liebe. Zamire jecaj i krik bez glasa
Und das ist alles. - Wir si nd in ei ne Lache gesprungen, zum Spaß. U gluvoj samici sna.
Dann zitterte deine Hand einen A ugenblick in meiner.
Ich sagte zu dir ... Aber nein, ich wußte dir nichts zu sagen. Ludmila Frajt: Liede r der Na cht
Du sagtest zu mir . . . Aber nei n, du redetest nicht. Schatten
Die Erde duftete w ürzig und unsere Herzen waren traurig. Schatten überdecken Schatten,
Waru m ? Warum? - Wir werden es niemals wissen. Sc hatten schleichen aus dem Dunkel ins Dunkel,
Die Stunde einer Trennung kam, wie immer, Dunkelheit rinnt durch die Finger,
in der die Herzen brechen. - Aber als wir uns trennten, Dunkelheit zieht sich ins Mark,
hast du nicht diesen Flügen der Schwalben zugelächelt? Dunkelheit schiebt die Finger in die Pupille,
Und habe ich nicht dem Schauern des Rasens zugesehen? Blindheit der Dunkel heit trinkt die Augen.
Wir haben einander so wenig geliebt, unlängst, meine Lucienne. In dt!r J:instPrnis sucho ich
\l't(:.~1; n..h „ L· · 1•-;,IJ~p u 1n ·erstarb ·am HÖ(ii~nt: ........ '-1, , VVOll.)ß WOiken .. . entfernte Sonnen
durch das bunte Netz der Kapillaren.
Freitag, 22. Oktober

Unruhen ma, onorato poeta,


Es flimmert die Nacht durch die leere der Unendlichkeit, ehe hai detto? - la luce?
Es tanzen die Flammen unter dem Beben der Wimpern, ed io non ho visto a Ravenna
Der Körper bäumt sich unter dem Blick der Wände, ehe tua tomba tribolata
Gedankenwirbel sprengen die Stirne. e tutta abbandonata.
Es zittern die Finger aus Angst vor Berührung,
Es stirbt der Schrei aus Angst vor der Stil le. Branimir Sak ac:
Huldigung (Widmung } - Gesang au s der Komödie
Stille
Verse aus Dantes Divina Commedia ( Paradiso, 33, 124-1 26)
Stille rauscht in den Schläfen,
0 ewiges Licht, das Du als ei nziges in Dir selbst begründet bist,
Stille klopft im Rhythmus des Pulses,
und allein Dich begreifst und, von Dir begriffen
Stille schlägt auf die Trommelfelle,
und Dich begreifend, liebst und (zu) lächelst 1
Stille brüllt durch den Raum.
( Dazu Erklärungen einer Dante-Ausgabe:
Das Rauschen der Stille murmelt durch Geflüster.
0 ewiges göttliches Licht, das Du allein in Dir selbst existierst,
Wellen bespülen das Bewußtsein,
allein Dich selbst in der Person des Vaters begreifst, allein
Pupillen sinken in ihre Höhlen,
von Dir selbst in der Person des Sohnes begriffen wirst,
Lautlos ersterben Schluchzen und Schrei
und Liebe und Lächel n in der Person des HI. Geistes atmest.)
In der tauben Einsamkeit des Schlafes.
Ihr Freu nde alle 1
Welch ein schöner Tag heute 1
Schönes Licht der Welt!
Ludmila Frajt über „ Lieder der Nacht"
Fürwahr
„Lieder der Nacht" fü r Frauenchor, Streicher, Harfe und Klavier zu einem guten Preis 1 ( = billig; sinngemäß vielleicht: Fürwahr
schrieb ich 1970 auf meine eigenen Verse „Schatten", .. Unruhe" und ein Geschenk 1)
„Stille". Eigentlich entstanden Text und Musik parallel. Die „ Lieder Und welch schönes Paradies,
der Nacht" spiegeln fließende, vibrierende Zustände zwischen der gewiß strahlend 1
Wirklichkeit und dem Traum. Im ersten Lied überwiegt der visuelle Welch ein gutes Volk,
Augenblick: .,Schatten schließen sich über Schatten zusammen, gute Menschen alle 1
Schatten schleichen aus dem Dunkeln in das Dunkel." Das zweite Laßt uns zum Ende kommen 1
Lied bringt die Unruhe der sc hlaflosen Nacht zum Ausdru ck, während Aber, verehrter Dichter,
das dritte Lied die Klänge der Nacht veranschaulicht: das Geflüster, was sagtest Du? - das Licht?
das Getöse der Stille, die in den Traum führen. Und ich sah in Ravenna
In den Chorstimmen nutzte ich d ie Möglichkeiten der freien Poly- nur Dein Grab, traurig
phonie, wie auch die Prinzipien der geplanten Aleatorik, während das und ganz verlassen.
instrumentale Geschehen den Tonhintergrund als Kommentar zum
poetischen Inhalt darstellt. Autorisi erter Kommentar über „ Omaggio -
ca nto dalla Commedia"
Die Komposition „Omaggio - canto dalla Commedia" entstand
Branimir Sakac: Omaggio - canto dalla Commedia
im Jahre 1969 auf Bestellung des Chors RIAS und dessen Dirigenten
0 luce eterna ehe sola in te sidi Günther Arndt aus Berlin. Das Werk erlebte bei seiner Erstaufführung
sola t' intendi e da te intelletta auf der Musikbiennale in Zagreb, wo der Chor RIAS in demselben
ed intendente te ami ed arridi Jahr gastierte, einen großen Erfolg. Es wurde mit dem Preis des Fonds
Dante, Paradiso, 33, 124-126 .,Vladimir Nazor" in Agram (1970) und dem Preis des Festivals jugo-
amici, tutti 1 slawischer Rundfunkmusik in Beograd ausgezeichnet.
ehe bella giornata, oggi, .,Omaggio - canto dalla Commedia" wurde für Violine-Solo, Schlag-
bella luce del mondo werk und gemischten Chor geschrieben, der in zwei Gruppen geteilt
davvero ist, in eine größere Chorgruppe und eine kleinere Solistengruppe.
a buon prezzo Die Geige wird virtuos gehandhabt. Schlagwerk und Chor bilden ein
tunKllOllO ll o~ 1 i:· lb 't
e ehe bei paradiso -.=i ..... - -....
die Möglichkeiten der Artikulation
- AU u-•• , - · -- ,,

dt-,;;,,n,,.:r...:.:1-:-..-,." _,,.,.
... • • • •

~n A, "n
certamente splendide
ehe buona gente andere Dimensionen verleihen, erforsc t. G" ttlicher Komödie"
tutti buoni uomini Das Werk basiert auf drei Versen aus Dantes ,, ~
finiamol (Porodico, ':!~ 124-126) und Texten des Kompom 5len,
Freitag, 22. / Samstag, 23. Oktober

Alfred Janson: Nocturne Milorad Kuzmanovic über „Krieg"


0 Mensch, gib acht, Ich möchte beim Text von Momcilo Tesic beginnen. Drei Verse -
Was spricht die tiefe Mitternac ht. doch wieviel Kraft I Übrigens, hier ist das Gedicht, es spricht beredter
1eh schlief, als ich:
Aus tiefem Traum bin ich erwacht. Kamen u dem obilj a hita
Die Welt ist tief, Groblja sadi u njive zita
Und tiefer als der Tag gedacht. Zelen i mladici u jesenje sate
Tief ist ihr Weh, Na konopcima necujno se klate
Als Herzeleid Weh spricht: vergeh' . Steine eilen in das Haus des Wohlhabens
Doc h alle Lust w ill Ewigkeit. Friedrich Nietzsche Und säen Gräber in ihre Kornfelder
Halbwüchsig e junge Männer baumeln
Autorisierter Kommentar über Alfred Jansons „ Nocturne" In herbstlichen Stu nden
Unhörbar an ihren Stricken
Obgleich „ Nocturne" in moderner Chorkonzeption die Töne der Me-
lodienlinie durch mehrere Stimmen punktuell übernimmt (wä hrend Dieser Text kam wie bestellt für jene ursprüngliche nebelhafte Idee
die mit dem vorangegangenen Ton der Melodie auftretende Stimme über den Klang, die ich realisieren wollte. Ich mußte mich nicht be-
liegen bleibt, wodurch ungewöhnliche harmonische Konflikte ent- sonders bemü hen, um die Einheit des Textes und der Musik zu er-
stehen) und gesungene, gesprochene und geflüsterte Silben, mit zielen, da sich schon im vorhinein alles w ie vo n selbst ergab. Ich
Geräuschen der Konsonanten kombiniert, hat es eine lyrische befürcht e nur, daß meine kompositorische Darstellu ng das Verstehen
Atmosphäre. Die Schärfe des harmonischen Gefüges scheint gemil- des Werkes erschwert. Ich versuchte, die vergessene Praxis des
dert, und Assoziationen zur traditionellen Tonalität sind nicht auszu- antiphonen Gesangs - zwei Chöre - zu erneuern und erreichte da-
schließen. Die Teilung des Ensembles in zwei Gruppen bewirkt durch die natürliche Stereophonie.
1:tereophone Effekte. Wie jedes Werk über den Krieg trägt auch dieses einen kriegsfeind-
lichen Charakter. Daraus ergibt sich zum Teil auch die Kraft des
Textes von M omcilo Tesic und, ich hoffe, auch meines Werkes.
lsang Vun über den „Schmetter-
lingstraum"
Das Stück ist eine A usarbeitung der
beiden Chorteile, mit denen meine Samstag, 23. Oktober
zweite Oper „ Die Witwe des Schmet-
Hanns Eisler, Zeitungsausschnitte, op. 11:
terlings" beginnt und endet. Der Text
besteht aus den ersten Zeilen des um- Mariechen
fangreichen Gedichts „ Herbstgedan• Mariechen,
ke" des chinesischen Lyrikers Ma Chi du dummes, dummes Viehehen 1
Yuan (14. Jahrhundert), in einem Ge- Ich reiße dir ein Beinchen aus,
danken des Philosophen Tschuang-tze dann mußt du hinken
(4. Jahrhundert vor Christus) variiert. auf deinem Schinken.
Er lautet in deutscher Übersetzung: Dann kommst du ins städtische Krankenhaus,
Hundert Jahre Licht und Schatten da wirst du operiert,
sind wie der Traum eines Schmetter- mit Schmierseil eingeschmiert;
lings. dann kommt der deutsche Männerchor,
Heute ist Frühling, der singt dir ein schönes Liedchen vor.
morgen si nkt die Blüte welk. Mariechen,
Laßt uns trinken, du dummes, dummes Viehehen 1
bevor das nächtlic he Licht erlischt.
Kinderlied aus dem Wedding
Wird schon werdn
mit der Mutter Bärn 1
Mit der Mutter Horn
ist es ooch geworn 1
Nur Mutter Schmitten,
die hat gelitten 1
Samstag, 23. Oktober

Die habn se siebe nmal geschnitten 3. Der Tod


und dann habn se erst gemerkt, Wenn man stirbt, so weinen die Leute, und der Pfarrer
daß sie ein Holzbeen hat 1 seg net sie ein. Wenn ma n stirbt, so ist man eine Leiche;
die ist sehr schön, oder nicht schön. Man übersiedelt
dann in ein besseres Jenseits, wenn man stirbt.
Heiratsannonce
( Liebeslied eines Kleinbürgermädchens)
Ä ngstlich und schüchtern richt ich meine Hand gegen Sie, Heiratsannonce
damit Sie mich aus dem Elternhause hinausführen. (Liebeslied eines Grundbesitzers)
Bin neunundzwanzig Jahre alt, aus Grundbesitzersfamilie, Bin Witwer von vierunddreißig Jahren, vermögender
angeblich schön, gesund, hä uslich erzogenes Mädchen ; Grundbesitzer mit Kind ; das Kind bedarf einer guten
Anträge unter : ,Heiliges Bündnis' an die Expedition. Mutter, ich selber einer guten Frau. Ich suche Verständnis,
innerliches seelisches Leben, kein Vermögen. Briefe unter :
J. S. an die Expedition.
Kriegslied eines Kindes
Meine Mutter wird Soldat ;
Der Feldprediger
da zieht sie Hosen an
(,.Schwejk" von J. Hasek)
mit roten Quasten dran.
Das wird sehr fein sein, wie der Herr Feldkurat gesagt
Trara-Tschindra
meine Mutter w ird Soldat. hat, wenn der Tag zur Neige geht und die Sonne mit
ihren goldenen Strahlen über dem Berge untergeht und
Da bekommt sie einen Rock an auf dem Schlachtfeld, wie er gesagt hat, das letzte
mit blanken Knöpfen dran, Röcheln der Sterbenden zu hören sein wird . Der lelzle
da bekommt sie Stiefel an Atemzug sterbender Pferde und das Jammern der Bevölkerung,
mit langen Schaften dran, wenn ihnen die Hütten über dem Kopfe brennen.
da bekommt sie einen Helm auf Ich hab' das sehr gern, wenn die Leute so blödeln wie
mit Kaiser Wilhelm drauf. verrückt!
Trara-Tschindra
meine Mutter wird Soldat.
Frühlingsrede an einen Baum im Hinterhaushof
Dann kriegt sie gleich ein Sch ießgewehr Ich bitte Sie sehr, zu blühen, Herr Baum;
da schießt sie hin und her vergessen Sie nicht: es ist Frühling 1
dann kommt sie in den Schützengrab'n Streiken Sie wegen dem furchtbaren Lichthof?
da fressen sie die schwarzen Rab'n Streiken Sie wegen der schrecklichen Zinskaserne?
meine Mutter wird Soldat. Sie werden doch nicht so unmöglich sein,
vom grünen Walde zu träumen.
Dann kommt sie ins Lazarett, Anpassung an das Milieu, wenn ich bitten darf 1
da kommt sie ins Himmelbett. Vielleicht meir;ien Sie, daß es überfl üssig ist
Trara-Tschindra in unsrer Zeit zu blühn?
Trara, Trara, Ratat a. Was sollen junge, zarte Blätter auf den Barrikaden?
Meine Mutter wird Soldat. Damit hätten Sie gar nicht unrecht, Herr Baum 1
Vergessen Sie: es ist Frühling.
Aus einer Enquete
1. Die Sünde Hanns Eisler: Zwei Elegien
Die Sünde ist eine Sünde ; ich bitte, das weiß ich nicht ! ( Bertolt Brecht)
Sünden zu machen ist leicht, aber auszubessern sind sie 1
schwer I Wenn man gegen Arme hart ist oder Schlechtes In die Städte kam ich zu der Zeit der Unordnung
tut, dann begehen wir eine Sünde; ich bitte, das weiß Als da Hunger herrschte.
ich nicht 1 Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs
Und ich empörte mich mit ihnen.
2. Mutter und Vater
So verging meine Zeit
Die Mutter ist lieb und gut und zart; der Vater ist
Die auf Erden mir gegeben war.
ein Geldverdiener I Wenn er abends spät nach Hause
kommt, so müssen wir alle ruhig sein. Sonst schlägt Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten.
er uns 1 Schlafen legte ich mich unter die Mörder.
Samstag, 23. Oktober

Der Liebe pflegte ich achtlos Seit vielen Jahrhunderten regierten die Päpste
Und die Natur sah ich oh ne Geduld. mit fünf Gesetzen,
So verging meine Zeit auf dem Zuge der Tausend
Die auf Erden mir gegeben war. brauchte Garibaldi nur drei Gesetze,
aber das neue Regime
Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit.
braucht für alles ein eig nes Gesetz.
Die Sprache verriet mich dem Schlächter.
Es gibt eins, das verbietet,
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden
von bestimmten Dingen zu reden,
Waren ohne mich sicherer, das hoffte ich.
an die Mauern zu pissen,
So verging meine Zeit
nachts zu singen,
Die auf Erden mir gegeben war.
die Trambahn vorne zu besteigen;
Die Kräfte waren gering. Das Ziel es gibt ein Gesetz für Ehegegner,
Lag in weiter Ferne. fü r bestimmte Berufe,
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich fü r Versammlungslokale
Kaum zu erreichen. und für Streitfälle zwischen
So verging meine Zeit A rbeitern und A rbeitgebern.
Die auf Erden mir gegeben war. Je mehr solche Gesetze,
um so mehr Elend.
II J e mehr Elend,
(An die überlebenden) um so mehr solche Gesetze.
Wahrhaftig !
Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut Das große Rom ist unerträglich.
In der w ir untergegangen sind Die Luft ist verpestet.
Gedenkt Rom stinkt.
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit 2. Der Gestank
Der ihr entronnen seid. Einer sagte:
Der Gestank kommt vielleicht
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd von den Mäusen.
Durch die Klassenkriege, verzweifelt Der Rat erklärte den Mäusen den Krieg,
Wenn da nur Unrecht war und kei ne Empörung. und Tausende w urden vernichtet.
Dabei wissen wir doch: Aber der Gestank blieb.
Auch der Haß gegen die Ni edrigkeit Ein andrer sagte:
Verzerrt die Züge Der Gestank kommt vielleicht von den Fliegen.
Auch der Zorn gegen das Unrecht Der Rat erklärte den Fliegen den Krieg,
M acht die Stimme heiser. Wir Millionen w urden vernichtet.
Die den Boden bereiten wollten für Freundlic hkeit Aber der Gestank blieb.
Kon nten selber nicht freundlich sein. Ein dritter meinte:
Vielleicht kommt der Gestank
Ihr aber, wenn es so weit ist von den Katzen.
Daß der Mensch dem Menschen kein Wolf mehr ist Da erklärte der Rat den Katzen den Krieg,
Gedenkt unser und Tausende wurden getötet.
Mit Nachsicht. Aber der Gestank blieb.
In gewissen Stunden ist er so stark,
daß man sich erbrechen muß.
Woher kommt er wirklich?
Hanns Eisler: Die römi sche Kantate
Vielleicht vom Schmutz?
Bertolt Brecht gewidmet
( Nach Texten von lgnazio Silone) 3. Woher kommt er?
Niemand hat den Ursprung
1. Das große Rom des römischen Gestanks
Das große Rom ist unerträglich geworden. entdecken können.
J eder Tag bringt ein anderes, In den Volksvierteln
jeder Tag bringt ein neues Gesetz. ist er weniger stark.
Samstag, 23. Oktober

Im Beamtenviertel Mit ihrer Angst


ist er schon auffallend. wachsen ihre Verbrechen.
In der Gegend der M inisterien Mit ihren Verbrechen
und um Sanct Peter wächst ihre Angst.
ist er unerträglich. Wahrhaftig 1
Woher kommt er ? Das große Rom ist unerträg lich.
Wer weiß es? Die Luft ist verpestet.
M an hört auch sagen,
er komme von dem Alter der Stadt.
Eine ewige Stadt
muß eine stinkende sein. Hanns Eisler: Palmström, op. 5
Man hört auch sagen, ( Christian Morgenstern)
er käme von den Stoffen,
1. Venus Palmström
von den Kleidern,
Palmström wünscht sich manchmal aufzul ösen,
von den Federn,
wie ein Salz i n einem Glase Wasser,
von den Helmen,
so nach Sonnenuntergang besonders.
von den Panzern.
die die neue Regierung Möchte ru hen so bis Sonnenaufgang
aus den Museen geholt hat und dann wieder aus dem Wasser steigen -
für die Uniformen der Minister, Venus-Palmström -Anadyomene ...
der Gesandten
und der Türsteher. 2. Notturno
Man erzählt sich vieles. Palmström nimmt Papier aus seinem Schube.
Aber der Gestank bleibt. Und verteilt es kunstvoll in der Stube.
Dabei entdeckt die Polizei
jede Woche neue Verschwörungen. Und nachdem er Kugeln draus gemacht.
Ganze Arbeiterviertel Und verteilt es kunstvoll, und zur Nacht.
werden nachts umstellt. Und verteilt die Kugeln so (zur Nacht),
Hunderte werden verhaftet, daß er, wen n er plötzlich nachts erwacht,
keiner weiß den Grund.
Jeden kann·s erwischen. daß er, wenn er nachts erwacht, die Kugeln
Viele haben Angst. knistern hört und ihn ein heimlich Grugeln
packt (daß ihn dann nachts ein hei mlich Grugeln
4 . Die Angst packt) beim Spuk der packpapiernen Kugeln ...
Die Angst in Rom
ist zu einer Krankheit geworden. 3. L'art pour l'art
Sie überfällt die Menschen Das Schwirren eines aufgeschreckten Sperlings
und schüttelt sie begeistert Kort zu einem Kunstgebilde,
von oben bis unten. das nur aus Blicken, Mienen und Gebärden
Es fürchten sich nicht nur besteht. Man kommt mit Apparaten,
die Feinde des Regimes, es aufzunehmen; doch v. Kort entsi nnt sich
nein, des Werks nicht mehr, entsinnt sich keines Werks mehr
die Faschisten fürchten sich anläßlich eines ,aufgeregten Sperlings·.
noch vi el mehr.
Auch sie wissen, daß es 4. Galgenbruders Frühlingslied
so nicht weitergehn kann. Es lenzet auch auf unserm Spahn,
Und haben Angst 1 o selige Epoche !
Ein Hälmlein will zum lichte nahn
Warum ermorden sie ihre Gegner ?
Aus Angstl aus einem Astwurmloche.
Warum vergrößern sie die Polizei? Es schaukelt bald im Winde hin
Aus Angstl und schaukelt bald drin her.
Warum vern ic hten sie Tausende ? Mir ist beinah, ich wäre wer,
Aus Angst ! der ich doch nicht mehr bin .. .
Samstag, 23. / Sonntag, 24. Oktober

5. Couplet von der Tapet e nbl ume Bengt Hambraeus üb er „Shogaku"


Tapetenblume bin ich fein, „Shogaku" ist das dritte Stück in der Trilogie „Tre pezzi", komponiert
kehr wieder ohne Ende,
1967. Der Titel bezieht sich auf die Klangwelt der altjapanischen
doch, statt im Mai"n und Mondenschein. Mundorgel - sho - und das japanische Wort für Musik, gaku;
auf jeder der vier Wände. Shogaku heißt also „M undorgelmusik", mit Annäherung zur zere-
moniellen Sphäre der ostasiatischen Rituale.
Du siehst mich nimmerdar genung,
so weit du blickst im Stübchen, Enrique Raxach über „ The Look ing- Glass"
und folgst du mir per Rösselsprung -
wirst du verrückt, mein Liebchen. „The Looking- Glass" wu rde 1967 auf Karl-Erik Welins Anregung
komponiert. Das Werk - das als Aktionsschrift notiert ist - besteht
aus drei graphischen Blättern, die mit Ausnahme des zweiten sowohl
Sonnta g, 24. Oktober umgedreht als auch von rechts nach links gelesen werden können.
Secka u J edes der drei Blätter stellt ei ne ei nheitliche Periode dar. Literarische
D ieter Kaufmann über „ Gefä ngnisse" Zitate von Lewis-Carroll, W. B. Yeats und E. A. Poe geben dem
Ausführenden eine Andeutung, die bei der Realisation der einzelnen
„ Gefängnisse" für Orgel (mit Tonba nd) 1969-1971 Perioden berücksichtigt werden muß. Die „Notation" besteht haupt-
Progressionen aus einem Ton ( hoffnungslose Verhältnisse): sächlich aus eckigen, ru nden, länglichen, asymmetrischen und p,mk-
Zeit - Farbe - W eg tierten Figuren und auch aus zusammengesetzten Figuren. Die
Mikrologos ( Fluchtversuch) : Straßen und Pläti:e mannigfachen graphischen Symbole führen aber zur „ unvermeid-
Regressionen aus allen Tönen (hoffnungslose Verhältnisse): lichen" Anwendung der Cluster-Technik, doch bei der Ausarbeitung
Bewegung und oder Gymnastik der Komposition wurde diese Technik so mit einbezogen und optisch
Mikrologos: Straßen und Plätze und Straßen gestaltet, daß weitgehende und differenzierte Artikulations- und
Improvisationen mit mehreren Tönen (Illusionen über das Recht zu Strukturierungsmöglichkeiten von Klängen fast erzwungen werden.
träumen)
M i krologos : Plätze und Straßen und Plätze
Konfrontationen von einig en mit allen Tönen ( hoffnungslose Verhält- Wilfried M ichel über „Pneumoludium "
nisse) : Die Partitur von „Pneumoludium·· besteht aus fünf graphisch notier-
nichts oder alles (was?) ten Blättern; Blatt 2 und 4 können bei längerer Dauer des Stückes
(was?) alles oder nichts umgekehrt und untereinander vertauscht werden.
Mikrologos: Plätze und Straßen ,, Pneumoludium" soll durch graphische Notation die noch nicht ge-
Funktionen: ? nügend erkundeten technischen und klanglichen Möglichkeiten der
Die Komposition „Gefängnisse" ist eine Auseinandersetzung mit mechanischen Spiel - und Registriertraktur nutzbar machen. Einige Par-
,,elementaren Verhältnissen", die sich immer w ieder als „hoffnungs- titurblätter lehnen sich durch die graphische Gestaltung an Zeich-
los" herausstellen. Rhythmus w ird durch zeitl iche Progression irreal, nungen der Orgelmechanik an, deren bedeutende Rolle somit in der
unspielbar; Harmonie verliert durch statische lntervallkonstellation Partitur berücksichtigt wird. Aufgenommene Choralzitate weisen auf
die Farbe, und die melodisch aufgelöste Linie der Obertöne kehrt die Tradition hin, in der die mechanische Orgel und die für sie ge-
zurück zum Grundton, in dem sie en thalten war. Bewegung im schriebene Musik steht. Durch die Realisation der Choralteile auf
Rahmen aller Töne führt von einer Wand zur anderen, Gymnastik einem Harmonium (mit Zubehör) wird Traditionelles verfremdet und
tritt auf der Stell e, und auch die versuchte Konfrontation der Extreme problematisiert.
w ird zum geschlossenen Kreis.
Dazwisc hen „ Mikrologos" und seine drei Nebenformen, ein Kom-
positions- = Ausbruchs- = Fluchtversuch und die relative Freiheit
einer aleatorisch gelenkten Improvisation. Sonntag, 24. O ktober
Haben die musika lischen Funktionen Funktion? Stef aniensaal
Wit old Lutoslaw sk i üb er „ T rauermusik"
Berthold Paul über „Contours pour orgue"
„Trauermusik" entstand in Verehrung Bela Bart6ks aus Anlaß seines
Ganz zu schweigen . . . zehnten Todestages. Bela Bart6ks Schaffen war hier nicht die
Ich bin in der ausgesprochen mißlichen Lage, das einzig Aussprech- Quelle des musikalischen Materials, und eventuelle Ähnlichkeiten
bare einer Komposition nach deren Vollendung schon ausgesprochen zu seinem Werk sind zufällig. Die Trauermusik ist wahrhaftig das
zu haben. einzig e Werk, in welchem ich mich ei ner Zwölftonreihe bediente. Sie
Was bleibt mir noch zu sagen ... besteht aus nachei nanderfolgenden Tritonusschritten und kleinen
Sagen Sie selbst ... Sekunden, was zum Ziel hatte, eine spezifische Art der Zusammen-
Sonntag, 24. Oktober

klänge mit „leerem", terzlosem Charakter (zahlreiche Oktaven, uni- II. Le grand combat
sona, Qu inten, Quarten, Tritonus) zu erreichen. 11 l'emparouille et l'endosque contre terre;
Das Werk ist einsätzig und besteht aus vier Gliedern: Prolog, Meta- 11 le rague et le roupete jusqu'a son drale;
morphosen, Apogäum und Epilog. Der in langsamem Tempo gehal - II le pratele et le l ibucque et lui barufle les ouillais;
tene Prolog setzt sich aus einer Reihe von zwei- bis achtstimmigen II le tocarde et le marmine,
Kanons zusammen. Die Metamorphosen begi nnen im Tempo des Le manage rape ri et ripe ra.
Prologs und gelangen durch eine stufenweise Verkleinerung der Enfin il l'ecorcobalisse.
rhythmischen Werte zu einem schnellen Allegro. Die M etamorphosen L'autre hesite, s'espudrine, se defaisse, se torse et se ruine.
sind eine zweistimmige Musik, welche von einer Art harmonischem C'en sera bientöt fini de lui;
Continuo begleitet wird. Die Steigerung der Spannung ist auf lange II se reprise et s'emmargine .. . mais en vai n
Dauer durch rhythmische, dynamische sowie harmonische Mittel er- Le cerceau tombe qui a tant roule.
reicht. Die Entladung der Energie erfolgt im „choralhaften" Apogäum. Abrahl Abrahl Abrah l
Hier ist am Anfang ein ausgedehnter aus Terzen gebauter Zwölfklang Le pied a failli!
einem zwölftönigen knirschenden Cluster entgegengesetzt. Das Le bras a cassel
Apogäum führt zur Reprise des Anfangsthemas unisono ff, mit wel- Le sang a coulel
chem der Epilog beginnt. Er besteht aus - wie der Prolog - einer Fouille, fouille, fouille,
Reihe von Kanons. Diesmal aber ist die Anzahl der Stimmen kleiner Dans la marmite de son ventre est un grand secret
werdend (von acht bis zwei). Am Ende w ird dem Cello die letzte Megeres alentour qui pleurez dans vos mouchoirs;
durch Pausen unterbrochene Phrase des Werkes überlassen. On s'etonne, on s'etonne, on s'etonne
Et vous regarde
On cherche aussi, nous autres, le Grand Secret.
Witold Lutosla wski : Trois Poemes d ' H enri Michaux
1. Pensees II. Der große Kampf
Penser, vivre, mer peu distincte; Er greidolkt ihn und podartscht ihn zu Boden,
Moi - <;:a - t remble, er rampft und rippert ihn bis zum Verdreucheln,
lnfini incessamment qui tressai lle. er wickullt und stauchöbt ihn und fluddert ihm die Hoduskeln;
Ombres de mondes intimes er stibüntet ihn, walzundet ihn,
ombres d'ombres, mannackt ihn Rack auf Ritsche und Rick auf Ratsche.
cendres d'ailes. Endlich entkorkoballistert er ihn.
Pensees a la nage merveilleuse, Der andre zaudert, erschickert sich, wankelt, verrümpft sich,
qui glissez en nous, entre nous, loin de nous, sackt ein.
loin de nous eclairer, loin de rien penetrer; Bald wird Schluß mit ihm sein;
er fängt sich und kantelt sich auf ... doch vergebens -
etrangeres en nos maisons, gestürzt liegt das Faß, das so lange gerollt.
a
toujours colporter, Abrahl Abrahl Abrahl
poussieres pour nous distraire et nous eparpiller la vie. Fuß gefangen!
Arm gebrochen!
Bl ut geflossen!
1. G edanken
Wühl, wühl, wühl,
Denken, leben, kaum faßbares Meer;
im Kessel seines Bauches ist ein großes Geheimnis,
Ich - das - erzittert,
ihr Furien rings weint in die Taschentücher;
Unendliches das unentwegt aufschäumt.
man staunt, staunt, staunt,
Schatten unterster Welten man schaut euch an:
Schattenschatten wir alle, wir suchen das Große Geheimnis.
Flügelaschen.
111. Repos dan s Je m alheur
Gedanken wundersam schwebendes Schwimmen Le Mal heur, mon grand laboureur,
streift ihr durch uns, zwischen uns, weit von uns, Le Malheur, assois-toi,
weit entfernt uns zu erhellen, weit entfernt etwas zu durchdringen. Repose-toi,
Reposons-nous un peu toi et moi,
Fremd in unseren Häusern, Repose,
immer sich feilbietend Tu me trouves, tu m'eprouves, tu me le prouves.
Staubnichts uns zu zerstreuen und uns das Leben zu zersplittern. Je suis ta ruine.
Sonntag, 24. Oktober

Mon grand theätre, mon havre, mon ätre, kl assischen Tragödie erfüllten. Das grotesk-makabre Gedicht von
Ma cave d'or, Michaux „Le grand combat" - .,Der große Kampf„ gab den Text zu
Mon avenir, ma vraie mere, mon horizon, diesem Satz. Eine Reihe von Worten dieses Gedichtes sind vom
Dans ta lumiere, dans ton ampleur, dans ton horreur, Dichter geschaffene Neologismen. Diese Neologismen aber sind völ-
Je m'abandonne. lig verständlich, weil sie mit gewöhnlichen Worten abwechseln und
weil sie einen sehr suggestiven Klang haben : ,,II remparouille et
111. Au srast im Unglück r endosq ue contre terre." Der Kampf endet blutig. In den Worten
Unglück, mein großer Schnitter „ Fouille. dans la marmite de son ventre est un grand secret" - .,Grabe
Unglück, setz· dich zu mir. (wühle, stöbere, durchsuche usw.), im Topf seines Bauches ist ein
Ruh' dich aus. großes Geheimnis" ahnen wir den Schrei der w utentbrannten Menge,
Ruhen w ir aus, ei n wenig, du und ich. die voller Grausa mkei t den Ablauf des „ großen Kampfes" verfolgt.
Ruh' aus. Der dritte Satz bringt eine völlige Entspannung. Den Text bildet hier
Du gewahrst mich immer, versuchst mich immer, beweist mir immer das Gedicht über die Resignation und in gewissem Sinne wohl auch
Ich bin deine Ruine. Bejahung des menschlichen Schicksals „ Repos dans le malheur" -
„Ruhe im Unglück". ,,Dans ta lumiere, dans ton ampleur, dans ton
Meine große Bühne, mein Hafen, mein Glutherd horreu r, je m'abandonne" - ,, In deinem lichte, in deiner Fülle, in
Mein goldnes Verlies deinem Grauen unterwerfe ich mich" - das sind die Worte, mit denen
Meine Zukunft, meine wahre Mutter, mein Weltrand der Dichter seine zweideutige Anrufung des Unglücks beendet. Er
In deinem Licht, in deiner Weite, in deinem Grauen schließt mit ihm einen Pakt, dessen Preis die Selbstaufgabe ist.
geb' ich mich auf. Henri Michaux
Witold Lutoslawski: Fünf Lieder
Witold Lutoslawski über „Drei Gedichte von Henri Michaux" Das Meer
Die drei Texte von Henri Michaux wählte ich erst aus, als ich bereits Dem Floße ähnlich auf durchfurchtem Wasser,
eine allgemeine Vorstellung des ganzen Werkes besaß. Die ausge- so treibt die schaumbedeckte Welle vorwärts,
wählten Texte w irkten dann wieder auf die Gestaltung der musikali- und hinter ihr, wie eine Reihe kleiner Boote,
schen Form in ihren Einzelheiten ein. Der Vers, sein Sinn, sein Auf- schneeweiße Gänse- und Entenfedern . ..
bau, ja sogar einzelne Worte mußten auf die Musik meines Werkes So schwimmen sie, so treiben sie,
von Einfluß sein. Das war übrigens auch meine Absicht. Wäre ich weiter, immer weiter
anders vorgegangen, wären die Worte des Textes nur ein klangliches auf die ferne, weiße Brandung zu.
Element geworden, so wäre dies ein Mißgriff, eine künstlerische
Lüge, oder doch wenigstens ein Mißverständnis gewesen. Das Mittelmeer scheint himmelblau ;
Bevor ich jedoch die Texte zu meinem Werk aussuchte, hatte ic h - doch tiefer, wie ein ruheloses Ungeheuer,
wie gesagt - schon dessen allgemeinen Plan. Worin bestand dieser? wirkt die Gezeit, läßt alles in der Dünung schaukeln:
Wobei ließ ich mich bei der Auswahl meiner Texte leiten 7 Um die Federn, Möwen, Tölpel, Boote und Barken.
Antwort auf diese Fragen leichter zu finden, wollen wir uns einmal
D er W ind
Michaux' Texte selbst genauer ansehen.
Der Wind - herausgeputzt, in neuem Glanz sich zeigend,
Der erste, die „ Pensees... ,,Gedanken", sind kurze Überleg ungen über
kämpft an verbissen gegen den Zaun mit harten Stößen:
das Thema menschlicher Gedanken. In diesen Überlegungen domi-
,, Hab' ich erst dieses Zeug hier umgeblasen,
niert die Note der Skepsis. Von der ersten Zeile an : ., Penser, vivre,
laß ich nach mir den Sturm darüberrasen.
mer peu distincte.. - ,,Denken, leben, wenig deutliches Meer„ bis
Sind wir erst drin, zerstören wir die Pfade im Garten
zur letzten, wo die Gedanken mit „Staub" verglichen werden, der nur
und reißen alles nieder: Weinstöcke, Drähte,
darum existiert, .,um uns zu zerstreuen und uns das Leben zu verw irren"
die Ziegel auf den Dächern,
- .,Poussieres pour nous distraire et nous eparpi ller la vie". Nur eine
die Fensterläden, die da knarren ...
kurze Passage in der mittleren Partie des Gedichtes belebt uns für
einen Augenblick mit der Vision des „wunderbaren Schwimmens, Ah I Welch wunderbares Spiel,
das in uns, zwischen uns, fern von uns gleitet" - .,Pensees a la nage welch Spaß, den wir dann haben werden,
merveilleuse, qui glissez en nous, entre nous, loin de nous". wenn nicht einmal mehr eine M auer steht .. :·
Einen scharfen Kontrast zu diesem einleitenden, gedankenvollen Satz
meines Werkes bildet der zweite. Durch seinen heftigen Charakter Wi nter
sowie durch seinen raschen Ablauf, der zu einem dramatischen Höhe- In ihren Heimen, sti ll, behaglich,
punkt führt, soll dieser Satz im ganzen Werk die gleiche Rolle erfüllen, verkriechen sich die Menschen.
wie sie die Entwicklung des Konflikts und die Katastrophe in der Das Korn ruht in den warmen Kammern.
Sonntag, 24. / Montag, 25. Oktober

Ganz sanft und leise fällt der Schnee herab, Im zweiten Teil ist dagegen ein scharfer, aus kleinen Sekunden und
senkt sich als weiße Decke auf die W iesen. Nonen bestehender Zwölfklang das Mittel um den Klang der „ärger-
Ganz sanft und leise. lich en" Glocken auszudrücken.
bis der Himmel leer und eisig schei nt
und alle Welt mit Schnee sich ausgebettet ... Wit old Lutoslawski über „ Livre pour orchestre"
Doch weiter fällt der Schnee. in sanften Flocken „ Livre pour orchestre" entstand im Auftrag der Stadt Hagen und
und zartem Rot bei Tageslicht; auf Anregu ng von GMD Berthold Lehmann. Obwohl der Titel des
nach Sonnenuntergang jedoch Werkes einen lockeren Zusammenhang der Sätze suggerieren könnte,
wird er in tiefem Purpur glühen ... ist es in Wirklichkeit eine präzis konstruierte Komposition. Wie in
einigen vorhergehenden W erken bildet hier ein breit ausgebautes
Ritter Finale das Gegengewicht für die drei ersten Sätze. Die zwei Arten
Als die Ritter auszogen, des Spiels, d. h. ad libitum und festgelegt, haben hier ihre Rollen i n
um kühnen Muts zu streiten, dem formalen Aufbau des Werkes in einem noch größeren Grade, als
da ritten sie auf stolzen Schlachtrossen, das in der 2. Sinfonie der Fall war.
die schnellen Fu ßes, eines nach dem andern, Die drei ersten Sätze sind relativ kurz und kompakt und werden in
die goldgeschmiedeten Hufeisen warfen ... der traditionellen Weise dirigiert. Die Sätze werden durch die kurzen
Doch als sie aus dem Kampf lntermedien getrennt. Die letzteren, die ad libitum gespielt werden,
nach Hause kamen, bilden Entspannungsmomente. Diese werden durch die Musik selbst
waren sie wund von kaltem, spitzem Stahl. suggeriert, die absichtlich aus einer inhaltslosen musikalischen
Hinter den Wagen dann, auf leisen Hufen, Materie komponiert ist. Das letzte lntermedium bringt eine Über-
die schönen Pferde, teilnahmslos und still, raschung: Am Anfang könnte man zwa r an nehmen, daß es sich auch
mutlos und niedergeschlagen. hier um ein Entspannungsmoment handelt, nach einer Weile je-
doch beginnt die Musik sich umzuwandeln. immer mehr an Inhalt zu-
Kirch englock e n zunehmen. und schließlich entwickelt sie sich in ein breit ausgebautes
Wir lieben sie, die Glocken, und immer ad libitum gespieltes Fi nal e. Gegen Ende werden die ad
wenn ihr Geläut' hoch aus der Kirche klingt und singt; libitum- Sektionen immer kürzer. was zu einer normal dirigierten Musik
wir lieben es, wenn sich vom Kirchturm aus führt. Bald kommt der Höhepunkt. in welchem das ganze Orchester
die Freude über alle Dächer breitet. tutta forza ma cantabile erklingt. Die Streicher pp dienen nachher als
Hintergrund, zuerst einem stufenweise verschwindenden Tumult der
Doch lieben w ir auch den Klang der Kirchenglocken, Bläser, später einer heiteren Flötenkantilene und enden das Werk
wenn sie, verärgert, aufgebracht, in hohem Register mit einem Quartenvierklang e-fis-a-h.
und in der Angst vor der herabsteigenden Nacht, Neben der vorhergehend angewandten Technik der Zwölfklänge von
mit donnerndem Getöse auf die Dächer hallen. verschiedener Struktur und Wirkung macht der Komponist hier auch
Kazimiera lllakowicz Gebrauch von Vierteltönen, was schon in dem Streichquartett und
der 2. Sinforie der Fall war.
W itold Lutoslawski über „ Fünf Lied er"
Die „ Fünf Lieder" wu rden zuerst in Stimme-mit-Klavier-Fassung ge- Montag, 2 5. O k tober
schrieben. Die ausgesprochene Einfachheit der Harmonik, Melodik Boji da r D imov über „lnvocation"
und der Expression lagen der Idee des Werkes zugrunde. Und das
trotz der Tatsache, daß die ganze harmonische Seite der Komposition „Niemand findet leicht als erster etwas
auf den Zwölfklängen basiert. Diese Einfachheit bedingte die Aus- Auffälliges: denn es ist den Menschen im
wahl der „Kinderreime" von Kazimiera lllakowicz als Textgrund lage allgemeinen nicht gegeben, zu sehen,
für „Fünf Lieder". was ist."
Der Zykl us ist auf dem Prinzi p des Kontrastes angeordnet. Das erste, { Hugo von Hofmannsthal)
dritte und fünfte Lied sind in langsamem Tempo und das zweite und 1m Frühjahr 1970 beauftragte mich der Österreichische Rundfunk -
vierte in schnellem. Jedes Lied ist auf einer relativ kleinen Anzahl der Studio Steiermark - , für das Musikprotokoll 71 ein Werk für Sing-
Zwölfklänge aufgebaut. Die Auswahl der Zwölfklänge verschiedener stimmen und großes Orchester zu komponieren. Die l iterarische
Strukt ur nach ihren Ausdrucksmöglichkeiten entspricht den Erfor- Grundlage dieses Werkes sollten Bruchstücke aus dem „A Portrait of
dernissen der Texte. Und somit ist z. B. der erste Teil des letzten Liedes the Artist as a Young Man" von James Joyce bilden.
{,.Kirchenglocken") auf einem milden, ausgedehnten, aus Terzen Im Sommer desselben Jahres, während der Skizzenarbeit, entdeckte
konstruierten, sozusagen „konsonanten" Zwölfklang aufgebaut, da ich eine neue Form der Kunstausübung, die mir schlagartig ungeahnte
wo es sich im Text um den Klang der „singenden" Glocken handelt. Entwicklungsperspektiven eröffnete: das Kunst-Wett- Spiel.
Montag, 25. Oktober

Ich fuh r nach Graz, um Intendant Emil Breisach darüber zu informieren, 2. Die Farben der Spielgänge:
und fand in i hm den ersten Freund und Förderer des neuen Gedan- a) blau = Spielga ng 1 - vereinzelte Artikulation von Impulsen bzw.
kens: anstelle des geplanten Chor-Orchester-Werkes sollte nun im Schwingungen oder Punkten;
Rahmen des Musikprotokolls 71 das Kunst -Wett-Spiel „ lnvocation„ b) gelb = Spielgang II - gruppenweise Artikulation von Impulsen
präsentiert werden. . bzw. Schwing ungen oder Punkten;
Ein Spiel und nicht, w ie bisher in der Kunst, die Darstellung ei nes c) rot = Spielgang III - konti nuierliche Artikulation von Impul-
Spiels. sen bzw. Schwingungen oder Punkten.
Für die Entstehung der „lnvocation" waren folgende Erfahrungen 3. Die Fragezeichen für evtl. Mitwirkung des Publikums.
maßgebend : ,,lnvocation" ist Summerhill, der ältesten nicht autoritären europä i-
1. Raumspiel für Klavier, Ensemble und einen Dirigenten (Kompo - schen Schule, zum fünfzigsten Bestehungsjahr gewidmet.
sitionsauftrag des Wiener Kunstfonds, Uraufführung im November
1970 durch „die reihe„ in der Kassenhalle der Zentralsparkasse der
Carlos Roque Alsina über „Trio 1967" für Violoncello, Posaune
Gemeinde Wien); hier wu rden u. a. zum erstenma l die drei Spiel -
und Schl agzeug; 3 Instrumente, 3 Instrumentalisten, 3 Trad itionen,
elemente bzw. ihre semantischen Zeichen eingesetzt.
3 Persönlichkeiten . . . erwartend, überrascht, zusammenwirkend,
2. Arnheimer Raumspiel, drei Vorproben für Improvisationsensemble zerstörend, Glück wünschend, achtend, verachtend.
und eine Hauptprobe für Improvisationsensembl e und Pu bliku m Das Werk besteht aus einem natü rlichen und spontanen Zusammen-
( Hauptprobe im Rahmen des Popfestivals „Allerhande 70„ im hang dieser Elemente, deren Verbindungswege genauso Aktionen
Arnheimer Rathaus); als Material diente eine 4 x 1 m große Plakat- zum Theatralischen wie zum Musikalischen darstellen können. Beide
partitur, die, neben den Zeichen der Spielelemente, auch die Aktionen laufen manchmal para llel, zuweilen widersprechen sie
Farben der drei Spielgänge enth ielt. sich, eine neue Entwickl ung des Werkes erzwingend .
3. Bonner Raumspiel, Wettstreit in drei Runden für drei Spielergrup- Trotz der Verschiedenartigkeit der in diesem Stück enthaltenen
pen und Publikum (Austragung bei der von Manfred Niehaus Aktionen gibt es hier jedoch ein gemeinsames Element, das aus
konzipierten „Stadtmusik" auf dem Bonner Marktplatz am 8. und einem rein musikalischen Ereignis herrührt: den Triller auf ei ner
9. Mai 197 1); anstelle der Plakatpartitur hatte ich eine steuerbare kleinen Seku nde.
elektrische Spielampel entwickelt, die, neben den Zeichen der „Trio 1967" benutzt als Hauptidee diesen Triller in einer aufsteigenden
Spielelemente und Farben der Spielgänge, auch Fragezeichen für Form. Dieser „Aufstieg", am Anfang des Stückes vom Violoncello
die mitbestimmende Mitwirku ng des Publikums ent hielt (die gespielt und zunächst auf die anderen als ei ne Art Anziehungskraft
Ampelzeichen, auf dem ganzen Marktplatz sichtbar, signalisierten wirkend, wandelt sich am Ende in einen Störfaktor, diesmal von der
den Spielergruppen ihre Verhaltensweisen und sollten darüber Posaune vorgetragen, den die anderen zwei Instrumente verzweifelt
hinaus allen Anwesenden den Verlauf des Spiels auch optisch zu beenden versuchen. Selbstverständlich triumphiert die Posaune :
erfaßbar machen, was d urch die disziplinierte und außerordentlich die kleine Seku nde erweitert sich nach beiden Seiten und verliert
starke Publ ikumsbetei ligung bestätigt wurde). sich im Unendlichen.

Das Kunst-Wett-Spiel „ l nvocation„ wird von zwei Einzelspielern


oder zwei Spielergruppen und dem anwesenden Publikum ausgetra- Michael O ber „Horizont"
gen. A nstelle der dreieckigen Bonner Spielampel habe ich zwei turm-
Alle mein~:;;?e sind Modelle, Möglichkeiten zum Komponieren,
ähnliche entworfen, die von zwei Schiedsrichtern gesteuert werden.
die jeweils in einer speziellen Richtung bis zu einem Punkt textl ich
Ein Spielleiter überprüft und koordiniert die Entscheidungen der
verfolgt werden, bis sie einen klar umrissenen Spielraum zur Reali-
Sc hi edsric hter. Das Material wurde durc h Einbeziehung der Kop-
sierung beschreiben.
pelungen der Spielelemente und -gänge erwei tert.
A lle Kompositionen sind in ihrer Besetzung frei, sie schreiben keine
Der Titel bezieht sich auf die Fragezeichen. Das Aufleuchten eines
bestimmten Instrumente vor, vielmehr bestimmte Weisen der Instru-
dieser Zeichen ist ein Aufruf an das Publikum, die betreffende
mentalisierung bzw. Darstellung. Statt einer auskomponierten Version
Spielergruppe durch M itwirkung im Si nne der nu n signalisierte n
eines Modelles soll ei nerseits eine grafische (auch fotografische)
„Verhaltensweise" (Spielelement bzw. -gang) zu unterstützen oder
Version stehen bzw. anderseits eine beispielhafte Platteneinspielung
durch Schweigen abzulehnen. Somit kann das Publikum mitentschei-
des Stückes. Wichtig für jedes Stück ist, daß es nicht nur seinen
den, welche der beiden Gruppen dichter, intensiver und variabler die
Spielraum auf dem Podium hat, sondern zugleich schon im bloßen
Spielelemente, -gä ng e und ihre Koppl ungen improvisatorisch gestaltet.
Hörerleben und i m musikalischen Möglichkeitsbereich von Hörern all-
Jede der Spielampeln enthält:
gemein.
1. Die Zeichen der Spielelemente: Die Komposition „ Horizont" ist im echtesten Sinne eine Gemein-
a) Dreieck= Pulsation - .. beat", A bfolge von Impulsen ; schaftskomposition: Schon die Idee hat diesen doppelten Ursprung.
b) Kreis = Dynamik - ,,Melos", Abfolge von Schwi ngungen; Die eigentliche Anregung, sie speziell als Blockflötenstück einmal
c) Viereck = Statik - ,,Harmonie", Abfolge von Punkten. schriftlich und klanglich zu realisieren, kam von György Ligeti. Nach
Montag, 25. / Dienstag, 26. Oktober

einem Gespräch mit ihm, 1970 in Berlin, entwickelte ich übend und Einholens und Überholens einer Linie durch eine andere spielt eine
notierend die zur Uraufführung vorbereitete Version. bedeutende Rolle. An mehreren Punkten ist es im einzelnen gut er-
Bei „ Horizont" handelt es sich eigentlich um nichts weiter als um kennbar, an anderen fallen viele derartige Verläufe zu Feldwirkungen
einen wenigstens 20 Minuten lang ausgehaltenen Ton. Alles Ge- zusammen. Vergrößerung und Verkleinerung, der Eindruck des
schehen spielt sich in seinem engsten lnto nati onsspielraum ab. Eine Komprimierens und Abebbens, des Ein- und Überholens wird auf
weitausgezogene Klanglinie, strukturiert durch alle Parameter, ledig- vielfältige Weise auch im Gesamtgeschehen spürbar. Das IV. ist das
lich in der Tonhöhe von den üblichen Oktavenumfängen auf ei n grausamste meiner „Spiegel" -Stücke, und trotz seiner ganz anderen
Mikrointervall gestaucht. Gleich dem visuellen Horizont ist auch Art der Progression in den Vorgängen ist ihm jener Hang zum Mono-
dieser akustische durch Landschaften gekennzeichnet: verschiedene manen eigen, der in V seine extremste Ausformung erfährt: Keine
Strukturmöglichkeiten entfalten sich zu Gebirgen, Hochflächen und Stimme, kei ne Orchestergruppe ragt dort hervor; auch das verwendete
wilden oder ruhigen Meeren. Aber auch das ganz reale horizontale Tonband dient, wie alle Instrumente des großen Apparats, dem -
Spiel des Darstell ers betrifft die Komposition: nach etwa drei Vierteln wahrscheinlich beängstigenden - Gesamtklang. Neben „Spiegel V"
der Zeit kommt es zu einem Höhepunkt an Spannung, die sich löst, stellt „Spiegel III" ein in anderer Weise absolut kontinuierlich geform-
indem der Spieler plötzlich seine lntonationsebene um das jetzt tes Stück von für mich apollinisch -mediterranem Wesen dar. Die
ungeheuerliche Interval l eines Halbtons senkt. kompositorische Beherrschung eines bestimmten Zustandes hat mir
den Weg geöffnet, neue Arten prozeßhaft-progressiver Gestaltung
Vinko Globokar h ält einen Ko m m entar zu sein em „ D ram a" denken zu lernen. Ei n extrem lineares Verfahren: Ein Impuls wird ge-
geben, das nächstliegende Ereignis ist eng mit diesem Impuls ver-
für überflüssi g
knüpft, jedes weitere bezieht sich zumeist nur auf das Vorhergehende.
Die Konzeption von „Spiegel I" enthält etwas davon. In „Spiegel II"
bin ich zum erstenmal zu komplexeren Bildungen dieser Art fort-
Friedri rha · b er „ Spiegel IV" geschritten, deren Grundlage sich am besten mit dem Prinzip der
„Spiegel" sin ein Zyklus von sieben Orchesterstücken, 1960 /61 Rückkoppelung vergleichen läßt, dem einfachsten nichtlinearen
konzipiert, von über einer Stunde Gesamtdauer. Die Tei le 1, II, II I, V Formprozeß. ,,Spiegel IV" hat etwas von beidem, sowie es auch das
und VI wurden aufgeführt, von VII steht die Partiturreinschrift noch Element der isolierten Schläge von I und das der bewegten Flächen
aus. Die Stücke sind rein musikalisch erfunden. Es ist aber wahr- von II enthält, in die die ersteren - in den Konturen immer unschärfer
scheinl ich, daß jene Phänomene, die mich am stärksten bewegen und und breiter werdend - langsam überführen . Sie finden in „Spiegel VI"
zu ständiger Auseinandersetzung zwingen - etwa in dem Sinn, in ebenso ihre weitere Modifikation, wie klangliche Kombinationen
dem Strawinsky vom Einfluß der Welt, in der er lebt, auf seine Sym- Reminiszenzen an andere Spiegelteile hervorrufen, ohne sie zu sub-
phonie in drei Sätzen spricht - , unbewußt meine Klangvorstellungen sumieren.
gespeist haben. Daher die Wahl des Titels. Vielleicht hätte man vor Für die Anlage des ganzen Werks ist ein Widerspiel von Kontinuität
100 J ahren den Sätzen meiner „Spiegel" Namen gegeben: Nebel, und nichtlinearen Vorgängen kennzeichnend. Manches wird erst eine
Sonne, Wind und Meer, Schreie, Wüste, Angst ... In bewußten Gesamtdarstellung des Zyklus in seiner formalen Bedeutung wirksam
Bereichen blieben Vorstellung und kompositorisches Vergehen von machen: Wie die Penetranz der zum Ostinato verdichteten Schläge
diesen Phänomenen unberührt. Die kompositorischen Anliegen ent- von „Spiegel I" in „Spiegel VI" eine nicht nur vordergründige Logik
wickeln sich konsequent aus denen der vorangega ngen1rn Werke, be- aus ihr gewinnt, wird auch das langsame Überführen in ungewohnte
sonders der „Mouvements", relativ einfacher Studien, in denen ich Dimensionen, die kontinuierliche Modifikation des Zeiterlebens durch
mich für jeweils ein Stück auf einen charakteristischen Klangzustand Musik -, die sie möglicherweise uralten Funktionen nähert und
beschränkt habe. Bewegung ist dort keine grundsätzliche Zustands- die sich von „Spiegel I" zu „ Spiegel IV" als einem Angelpunkt voll-
änderung, sondern sie vollzieht sich innerhalb des für das jeweilige zieht, erst in ihr spürbar werden. Für eine Realisation des Gesamt-
Stück charakteristischen Zustandsbildes. Ausgangspunkt für die Kom- werks auf der Bühne existiert ein Grundkonzept.
position von „ Spiegel IV" waren in „Mouvement II" gefundene Vor-
stellungen, die hier in komplexerer und differenzierterer Form weiter-
geführt werden. Di e Vorgänge basieren auf Kurven, die an Schiffs- Luigi Nono : lntolleranza Suit e
kurven erinnern mögen, wenn man einen Blick auf die Partitur w irft. No pasaran I Liberta ai popoli ! Morte al nazismo 1
Die Tonhöhenabfolge ist durch die Kurvenverläufe geregelt; durch Nie wieder I Down with discrimination !
sie befindet sich nicht alles im Bereich fester Oktavteilungen, sondern Battete sulle piazze il calpestio delle rivolte 1
in l ntervallräumen, die in Mikrointervalle verschiedenster Art geteilt In alte catena di teste superbe 1
werden. Con la piena d'un nuovo diluvio laveremo le citta dei mondi 1
Es handelt sich um langsame, kontinuierliche und mit ihnen kombi-
nierte verei nzelte Tonereignisse. Auch die Abstände zwischen den Mai! Mail Mail
letzteren sind jedoch kontinuierlichen Veränderungen unterworfen: Cessate le perfide fatture.
sie vergrößern und verkleinern sich allmählich. Das Moment des Stormi di pazzi cormorani girano lo spazio.
Dienstag, 26. Oktober

Ci prottegono promettendoci morte. ... immensum esse caelum comparatione terrae ac infinitae magn i-
II fumo di Hiroscima si propaga con mille nervature deliranti. tudinis speciem prae se ferre, sed sensus aestimatione terram esse
Vibrano come fili di lampada l e vene della nostra vita. respectu caeli ut punctum ad corpus et finitum ad infinitum mag ni -
tud ine.
E invece si potrebbe esser sereni
scoprire prodigi della natura e dell'amore. ... unermeßlich sei der Himmel im Vergleich zur Erde und weise die
Ho sentito l'ebbrezza d'esistere anche quando il cielo Erscheinung unendlicher Größe auf, doch nach sinnlichem Ermessen
era un groppo di piombo e guerra e disastri squarciavano i cuori. sei die Erde im Verhältnis zum Himmel wie ein Punkt im Vergleich zu
Canti d'allegri rigogoli cullavano la mia giovinezza. einem Körper und wie ein endlich Großes im Vergleich zu einem
Oh I Peter risveg liare quella gioia nel tuo lungo cammino 1 unendlich Großen.
(Nicolaus Copernicus, De revolutionibus orbium cael estium 1, 6)
Bis hieher und nicht weiter I Freiheit den Völkern!
Tod dem Nazismus!
Nie wieder! Nieder mit der Diskriminierung ! Quaerit enim rationem animus, cum summa loci sit infinita foris haec
Laßt die Plätze vom Getrampel der Revolte widerhallen 1 extra moenia mundi, quid sit ibi porro, quo prospicere usque velit
Erhebt euch, Rei hen stolzer Häupter 1 mens atqu e animi iactus liber quo pervolet ipse.

Nie wieder! Denn der Geist sucht, da die M asse des Raumes draußen unbegrenzt
M acht Sc hluß mit dem perfiden Spiel. ist außerhalb der Mauern dieser Welt, eine vernünftige Antwort auf
Schwärme w ilder Karmorane durchziehen Zeit und Raum die Frage, was dort weiter außerhalb sei, bis wohin der Verstand in
und schützen uns, indem sie Tod verheißen. die Feme vorausschauen möchte und welche Räume des Geistes
In tausend Verästel ungen verzweigt sich der Rauch Hiroshimas. freier Flug selbst durchfliege.
Den Fäden einer Glühlampe gleich vibrieren die Venen unseres (T. Lucretius Carus, De rerum natura 2, 1044- 1047)
Lebens,
indes man heiter sein und Wunder des Lebens und der Liebe In medio vero omnium residet Sol. Quis enim in hoc pulcerrimo
entdecken könnte. temple lampadem hunc in alio vel meliere loco poneret, quam unde
Selbst wenn der Himmel bleigrau war, und Krieg und Unheil totum simul possit illuminare?
unsere Herzen quälten, In der Mitte aber von allem thront die Sonne. Denn wer woll te in
hab' ich die Trunkenheit des Daseins verspürt. diesem wunderschönen heiligen Raum diese leuchtende Fackel an
Gesänge fröhlicher Goldvögel umspielten meine Jugend - eine andere, bessere Stelle setzen als dorthin, von wo aus sie das
oh, könnte diese Freude auf deinem langen Wege wiedererstehen 1 Ganze zug leich erleuchten kön nte?
( Nicolaus Copernicus, De revolutionibus orbium caelestium 1, 10)

G erardo Gandini über „Fantaisie-lmpromptu" . .. et facta est lux.


Das „Fantaisie-lmpromptu" ist ein imaginä res Portrait von Chopin. . .. und es ward Licht. ( Genesis 1, 3)
Chopins Musik ist die Quelle des gesamten musikalisc hen Materials
in diesem Werk. Das Material w ird im Verlauf des Stückes durch ver-
schiedene Vorgänge verändert, z. B. durch Verkürzung und Über- lnvenim us igitur sub hac ordinatione admirandam mundi symmetriam
lagerung . In seiner Struktur gliedert sich die Komposition in elf ac certum harmoniae nexum motus et magnitudinis orbium.
Phasen. Der Höhepunkt befindet sich in der zehnten Phase und wird
Wir stoßen also unter dieser Anordnung auf die bewundernswerte
durch ein Maximum von Überlagerungen bewirkt. Er wird durch eine
Symmetrie der Welt und ei nen bestimmten, harmo nischen Zusammen-
Kl avierkadenz vorbereitet , eine abschließende Coda steht am Ende.
hang zwischen Bewegung und Größe der Bahnen.
Die gleiche Musik ( M azurka in b-Moll) fu ngiert als Prolog und Epilog
(Nicolaus Copernicus, De revolutionibus orbium caelestiu m 1, 1 0)
des Werkes.

Nam simu l ac ratio coepit vociferari naturam rerum, divina mente


Krzysztof Penderecki : Kosmogonia coorta, diffugiunt ani mi terrores, moenia mundi disced unt, totum
video per inane geri res.
Anfang :\ pxi'1
Terrae figura est nobilis et sphaerica et eius motus circularis. Denn sobald ( Epiku r) dein Verstand beginnt. der Dinge Wesen zu
künden, aus göttlicher Vernunft entstanden, verfliegen die Schreck-
Der Erde Gestalt ist großartig und k ugelförmig, ihre Bewegung nisse der Seele, die Mauern dieser Welt treten auseinander; durch den
kreisförmig. ganzen leeren Raum hin, sehe ich, vollzieht sich Geschehen.
( Nicolaus de Cusa, De docta ignorantia 2, 12) (T. Lucretius Carus, De rerum natura 3, 14-17)
Dienstag, 26. Oktober

Unendlicher Raum ·· A,mpo,· Ergo vivida vis anim1 perv1c1t, et extra processit longe flam mantia
moenia mundi atq ue omne immensum peragravit mente animoq ue;
unde refert nobis victor quid possit oriri, quid nequeat, finita potestas
Poscimur: effulget tenebris au rora fugatis. deniqu e cuique qua nam sit rat ione atq ue alte terminus haerens.

M an fordert uns: es leuchtet hervor die Morgenröte, die Finsternis ist Also hat die lebendige Kraft des Geistes sich durchgesetzt und ist
gewichen. fortgeschritten weit außerhalb der flammenden Mauern der Welt und
( P. Ovidius Naso, Metamorphoses 2, 144 ) hat das ganze unermeßliche Weltall mit Verstand und Vernu nft durch-
messen. Von dort bringt er (Epikur) uns als Sieger die Antwort zurück,
was entstehen kann, was nicht, schließlich, aus welchem Grund fü r
Piglera il primo volo il grande uccello-sopra del dosso del suo magnio ein jedes Ding nur begrenzte Möglichkeit besteht und ein tief haf-
cecero, empiendo l'universo di stupore, empiendo di sua fama tutte tender Grenzstei n.
le scritture e gloria etterna al loco dove nacqu e. (T. Lucretius Carus, De rerum natura 1, 7 2- 77)

Es wird sich zu seinem ersten Flug erheben der große Vogel - auf
dem Rücken seines großen Schwa ns, das All mit Stau nen erfüllend, ,ro)J.u. nl. 6e1vo. Koi:Mv civ,'.l yw,rou 6e1vornpou ,re),E1.
alle Schriftwerke mit seinem Namen erfüllend, und ewiger Ruhm für
seinen Geburtsort. Viel Gewaltiges gibt es, doch nichts ist gewaltiger als der Mensch.
( Leonardo da Vi nci, Sul volo) (Sophokles, A ntigone 132 - 133)

Quindi l'ali sicure a l'aria porgo; Ne temo i ntoppo die cristallo o vetro,
Lethaea undantem ret inens ab ongme campum emigret Titan et
M a fendo i cieli e al"infinito m'ergo.
petat astra precor. Errantes stellae, spectate procedere in orbem me
geminum, si vos hoc reserastis iter. Dent geminas somni portas So recke ich die sicheren Flügel aus in die Luft; und ich fürchte kein
laxarier usqu e vestrae per vacuum me properante vices. Hindernis aus Kristall oder Glas, sondern spalte die Himmel, und in
das Unendliche erhebe ich mich.
Oh möge hervorkommen von dem lethäischen Ursprung, das wogende
(Giordano Bruno, De l'infinito universo e mondi)
Feld ( M eer) zurückhaltend, der Titan (Sonne) und die Sterne zu er-
reichen suchen; darum bitte ich. Ihr schweifenden St erne, seht, wie
ich in dieselbe Bahn emporkomme, wenn ihr diesen W eg aufgetan ,,lcare", dixit, ,,ubi es? Qua te regione requiram ?"
habt. Es mögen mir, während ich durch den leeren Raum eile, eure
Wechsel verleihen, daß die beiden Tore des Schlafes völlig geöffnet „ Ikarus", rief er (D ädalus), ,,wo bist du ? In welcher Gegend soll ich
werden. dich suchen?"
(Giordano Bruno, De Ja causa, principio et uno [19) [A' i'pri nci pi de ( P. Ovidius Naso, M eta morphoses 8, 232)
l'universo])

1 am a big mass of some very small particles that are brilliantly lit up
ll oJ1 0•11 xopo1110 11po;10 : n 1<:H~T CH. like they're l uminescent. 1 never saw anyt hing li ke it. They round a
Ji t1 )1<y ao)t.1110, J1cca, 06.11n1r, n, p c H'lt. little; t hey're coming by t he capsule, and t hey look like litt le stars.
A w hole shower ot th em comi ng by.
Der Flug geht gut voran. Ich sehe die Erde, die Wälder, di e W olken,
die Fl üsse.
(Gagarin wä hrend des ersten bemannten Raumfluges) Ich bin in ei ner großen Masse von so ganz feinen Partikeln, die ganz
herrlich leuchten, als würden sie selbst Licht ausstrahlen. Noch nie
habe ich so etwas gesehen. Sie drehen sich ei n wenig; sie kommen
In the periscope, 1 can see the brilliant bl ue horizon coming up behind an der Kapsel vorbei, und sie sehen w ie klei ne Sterne aus. Eine ganze
me; approaching sunrise. Oh, t he sun is coming up behind me in Masse von ihnen kommt vorbei.
the periscope, a brilliant, bri lli ant red. (Glenn wä hrend des ersten amerikanischen beman nten Raumfluges
auf Erdumlaufbahn)
In dem Periskop kann ich den strahlend blauen Horizont sehen, der
hinter mir auftaucht; nahender Sonnenaufgang. Oh, die Sonne kommt
gerade hinter mir hervor in dem Periskop, ein strahlendes, strahlendes ... et facta est inmensi copia mundi.
Rot .
(Glenn w ährend des ersten amerikanischen bemannten Raumfluges . . . und es entstand die ungeheure Weite der Welt.
auf Erdumlaufbahn) ( P. Ovidius Naso, Metamorphoses, 2, 157)
Dienstag, 26. Oktober

Wolfram Schwinger über Krzysztof Penderecki s Kantate seinen virtuosen Geräuschklängen für drei Sol isten, Chor und Orche-
,,Kosmogonia" ster weniger die Texte wörtlich verständlich machen als vielmehr das,
was sie ausdrücken: Das „Und es ward Licht" der Genesis, das „Viel
Mitten in die Entstehungszeit von Pendereckis jüngstem abendfül-
Gewaltiges gibt es, doch nichts ist gewaltiger als der Mensch" des
lenden Werk „Utrenja", das aus der „Grablegung Christi" und der
Sophokles.
„Auferstehung Christi" besteht, fiel die Komposition der Kantate
,,Kosmogonia". Sie wurde zwischen den beiden Teilen von „Utrenja" Penderecki komponierte dieses Stück natürlich ganz und gar mit
im Frühjahr und Sommer 1970 geschrieben, und zwar im A uftrage sei nen M itteln, in seinem unverwechselbaren Stil, doch vergleichbar
der Vereinten Nationen für die Festlichkeiten zu deren fünfund- der Souveränität des Richard Strauss: Es gibt nichts, das er nicht
zwanzigjährigem Bestehen. ,,Kosmogonia" wurde aus diesem Anlaß auszudrücken vermöchte, für alles fi ndet er tönende Bilder - faszi-
am 24. Oktober 1970 in New York uraufgeführt; es sangen Stefania nierendes Klanggeschehen etwa für die Bewegung der Erde, für die
Woytowicz (Sopran), Robert Nagy (Tenor), Bernard Ladysz (Baß) Unendlichkeit des Alls, wobei verschiedene Textfetzen verschränkt
und der Rutgers University Chorus, es spielte das Los Angeles Phil - und überlagert werden, bald gezischt und geschrien, bald gesummt
harmonie Orchestra, der Dirigent war Zubin Mehta. und gehaucht, zusammen mit dem schlagzeugreichen Orchester
Wie schon in der Lukaspassion und im „Dies irae"-Oratorium, war schwirrend und rotierend. Aus vielschichtigen Geräuschen bricht
auch bei „Kosmogonia" die Textauswahl ein für das geistige Niveau plötzlich strahlendes Es- Dur für den „heiligen Raum der Sonne"
des Werks ganz wesentlicher Vorentscheid - wobei der literarisch hervor - .,Sol" und „illuminare" sind dafür die Stichworte des
beschlagene Komponist i n jedem Falle außergewöhnlichen Ge- Copernicus, was die Solisten mit „et facta est lux" kommentieren.
schmack und Sinn für dramaturgischen Aufbau bewies... Kosmogonia" Penderecki setzt raffinierteste Glissandi für die „schweifenden Sterne",
besteht aus zwei Teilen: ,,Anfang" und „Unendlicher Raum". Für die erfindet j agende, schillernde Chor- und Orchesterbewegung für das
Beschreibung des Himmels, der Erde und des kühnen menschlichen strahlende Rot im Periscop, für die „Masse herrlich leuchtender Par-
Vorstoßes in den Weltraum stellte sich Penderecki Sätze in lateini- tikel", die an Glenns Raumkapsel vorbeiziehen . So leise das Werk im
scher, griechischer, italienischer, russischer und englischer Sprache Urgrund des „Anfangs" begann, mit dem tiefen F der Kontrabässe,
zusammen, die alle vom Kosmos handeln: von Ovid und Copernicus so sinkt es am Ende aufs noch tiefere C zurück, fassungslos, mit ei nem
etwa, von Leonardo da Vinci und Giordano Bruno, von den ersten Satz aus Ovids Metamorphosen: .....und es entstand die ungeheure
Weltraumpiloten Gagarin und Glenn. Doch will er mit seiner Musik Weite der Welt."
Musikprotokolle 1968/69/70

Komponist Werk Ausführende


Angerer Paul Konzert für Viola da Gamba ÖE 1968 Collegium musicum instrumentale Graz
Streichorchester und Schlagzeug
Allende-Blin Juan Sons brises ÖE 1969 Gerd Zacher, Orgel
in memoriam Lothar Schreyer, 1967
Andriessen Hendrik Variationen und Fuge für 1969 Kammerorchester der Niederländischen
Streichorchester zu einem Thema von Radio-U nion
J ohann Kuhnau (1935), 1969
Apostel Hans Erich Paralipomena dodekaphonika der Urauff. 1970 ORF-Symphonieorchester
Haydn-Variationen, op. 17, anderer Teil,
op. 44, für großes Orchester
Balassa Sändor Xenien, Nonett, op. 20, 1970 ÖE 1970 Budapester Kammerensemble

Barbaud Pierre French Gagaku Urauff. 1969 Sinfonieorchester von Radio Straßburg
Bart6k Bela IV. Streichquartett, 1928, Su ite 1968 Bart6k-Quartett, Budapen

Bart6k Sela Suite „Der wunderbare Mandarin"' 1968 ORF-Symphonieorchester

Bentzon Niels Viggo Formula 1970, Edgard Varese Urauff. 1970 Dänisches Radio-Symphonieorchester
in memoriam
Berg Alban Konzert für Violine und Orchester 1968 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana

Berg Alban Lulu Suite 1970 0 RF-Symphonieorchester


Bergamo Petar Musica concertante, op. 7 ÖE 1968 0 RF-Symphonieorchester
Bjelik Martin Kammermusik 70 Urauff. 1970 Ensemble Kontrapunkte
Blacher Boris Westen -Osten -Südosten Urauff. 1970 Collegium musicum instrumentale Graz
Burghauser Jarmil Der Baum des Lebens Urauff. 1969 Sinfonieorchester des Prager Rundfunks
Cage John Variations III, 1963 ÖE 1969 Gerd Zacher und Juan Allende Blin, Orgel
Cerha Fried rich Aus „Exercises" für Bariton und 1969 Ensemble „die reihe'"
Kammerensemble
Cerha Fried rich Spiegel VI 1969 ORF-Symphonieorchester
Cikker Jan Orchesterstudie ÖE 1968 Großes Sinfonieorchester des
Tschechoslowakischen Rundfunks, Bratislava
Cipra Milo Lettres Urauff. 1969 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
Consoli Marc Antonio lsonic 1 Urauff. 1970 Ensemble Kontrapunkte
Dallapiccola Luigi Hiob Erstauff. Hochschulkammerchor Graz und
in deutscher Joseph-Haydn-Orchester
Übersetzung
1968
David Thomas Christ ian Konzert für Gitarre und Streichorchester Urauff. 1968 Collegium musicum instrumentale Graz
Denisow Edison Zwei Sätze aus den ÖE 1970 Budapester Kammerensemble
„ Italienischen Liedern", 1968
Denisow Edison Peinture pour grand orchestre, 1970 Urauff. 1970 Südwestfunkorchester Baden -Baden
Detoni Dubravko Formen und Flächen Urauff. 1968 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
Devfic Natko Konzert für Stimme, Ondes Martenot Urauff. 1969 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
und Kammerensemble
Musikprotokolle 1968/69/70

Komponist Werk Ausführende


Dimov Bojrdar Continuum II, Trauermusik für Urauff. 1969 0 RF-Symphonieorchester
Dana Kosanova
Eder Helmut Nil admirari, op. 46 für Orchester ÖE 1968 Collegium musicum instrumentale Graz
Eimert Herbert Vier Studien für Sprachklänge ÖE 1969 Studio für Elektronische Musik
der Staatlichen Hochschule für Musik zu Köln
Einern Gottfried v. Alpbacher Tanzserenade 1968 Kammermusikvereinigung des
,,Glück, Tod und Traum" ORF
Eröd Ivan Ricercare ed aria für Flöte, Oboe ÖE 1968 Wiener Bläserquintett
Baßklarinette und Horn
Farkas Ferenc Bläserquintett Urauff. 1968 Wiener Bläserquintett
Foretic Silvio Studie 1 ÖE 1969 Studio für Elektronische Musik
der Staatlichen Hochschule für Musik zu Köln
Fortner Wolfgang Zyklus für Violoncello, Bläser, Harfen Urauff. 1970 Ensemble Kontrapunkte
und Schlagzeug
Globokar Vinko Etude pour folklora II, 1968 ÖE 1970 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana

Haidmayer Karl IV. Bläserquintett Urauff. 1968 Wiener Bläserquintett


Haidmayer Karl Symbiose III für vier Gruppen Urauff. 1969 Collegium musicum instrumentale Graz
Haubenstock-Ramati Multiples Urauff. 1969 Ensemble „die reihe"
Roman
Haubenstock-Ramati Chants et Prismes ÖE 1970 Südwestfunkorchester Baden-Baden
Roman
Hauer Josef Matthias Apokalyptische Fantasie Urauff. 1969 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Hauer Josef Matthias Sinfonietta 1969 Sinfonieorchester des Prager Rundfunks
Hauer Josef Matthias Violinkonzert ÖE 1969 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
Hauer Josef Matthias Wandlungen 1969 0 RF-Symphonieorchester, 0 RF-Chor
Heiller Anton Geistliches Konzert Urauff. 1970 Hochschulkammerchor Graz
Holliger Heinz Pneuma, 1970 ÖE 1970 Südwestfunkorchester Baden-Baden
Horvat Stanko „ Taches" für Klavier und Urauff. 1968 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
Kammerorchester
Horvath Josef Maria „ Redundanz II" für Streichquartett Europ. Kammermusikvereinigung des ORF
Erstauff. 1968
Humpert Hans Ulrich Quattro Notturni ÖE 1969 Studio für Elektronische Musik
der Staatlichen Hochschule für Musik zu Köln
Humpert Hans Ulrich Der Frieden ÖE 1969 Studio für Elektronische Musik
der Staatlichen Hochschule für Musik zu Köln
Jaroch Jiri Nonett ÖE 1968 Kammermusikvereinigung des ORF
Johnson David C. Ton - Antiton ÖE 1969 Studio für Elektronische Musik
der Staatlichen Hochschule für Musik zu Köln
Kagel Mauricio Phonophonie - 1969 Kölner Ensemble für neue Musik
Kagel Mauricio Montage Urauff. 1969 Kölner Ensemble für neue Musik
Musikprotokolle 1968/69/70

Komponist Werk Ausführende

Kagel Mauricio Musik aus Tremens ÖE 1969 Kölner Ensemble für neue Musik

Kai Sesshu Westen - Osten - Südosten Urauff. 1970 Collegium musicum instrumentale Graz

Kalabis Viktor Sinfonie Nr. 2 ÖE 1969 Sinfonieorchester des Prager Rundfunks

Kaufmann Dieter Pax, op. 15 Urauff. 1970 Hochschulkammerchor Graz

Kelemen Milko Les Mots II ÖE 1969 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb

Ketti ng Otto Due Canzoni per orchestra, 1957 1969 Kammerorchester der Niederländischen
Radio-Union

Klebe Giselher Fantasie und Lobpreisung Urauff. 1970 Wilhelm Krumbach, Orgel

Kocsar Mikl6s In Einsamkeit ÖE 1970 Budapester Kammerensemble

Kodaly Zoltan 1. Streichquartett, op. 2 1968 Bart6k-Quartett, Budapen

Kolman Peter Monumento per sei milioni ÖE 1968 Großes Sinfonieorchester des
Tschechoslowakischen Rundfunks Bratislava

Konietzny Heinrich Brevarium rhythmicum Urauff. 1970 Wilhelm Krumbach, Orgel

Kopelent Marek Rozjemani, Kontemplation ÖE 1969 Sinfonieorchester des Prager Rundfunks

Kopelent Marek Halleluja, 1967 ÖE 1970 Wilhelm Krumbach, Orgel

Koringer Franz Linien Urauff. 1970 Collegium musicum instrumentale Graz

Krek Uros Mouvements concertants ÖE 1968 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana

Krenek Ernst ,.Aegrotavit Ezechias" Europ. Hochschulkammerchor Graz


Erstauff. 1968

Krenek Ernst Doppelt beflügeltes Band Urauff. 1970 Ensemble Kontrapunkte

Kuljeri(: lgor ,.Sequenzen" Urauff. 1968 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb

Kurtag György Bläserquintett ÖE1970 Budapester Kammerensemble

Lang lstvan 11. Streichquartett ÖE 1968 Bart6k-Quartett, Budapest

Lebic Lojze Korant für Orchester Urauff. 1969 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Ledenjow Roman Trois Nocturnes, 1968 Urauff. 1970 Budapester Kammerensemble
Leitermeyer Friedrich Konzert für Trompete und Orchester Urauff. 1968 0 RF-Symphonieorchester
Ligeti György ,.Lux aeterna" 1968 Hochschulkammerchor Graz
Ligeti György Ramification ÖE 1969 Collegium musicum instrumentale Graz
Ligeti György Cellokonzert 1969 Ensemble „ die reihe"
Ligeti György Apparitions 1969 ORF-Symphonieorchester
Ligeti György Requ iem 1970 ORF-Symphonieorchester, ORF-Chor und
Wiener Staatsopernchor
Ligeti György Etude Nr. 1 ÖE 1969 Gerd Zacher, Orgel
Ligeti György Etude Nr. 2 Urauff. 1969 Gerd Zacher, Orgel
Logothetis Anestis Kooptation 1969 Ensemble „ die reihe"

Lonquich Heinz Martin Torso ÖE 1969 Studio für Elektronische Musik


der Staatlichen Hochschule für Musik zu Köln

Marckhl Erich Messe für Chor und Instrumente Urauff. 1969 Hochschulkammerchor und
Joseph- Haydn-Orchester
Musikprotokolle 1968/69/70

Komponist Werk Ausführende


Maros Rudolf Klagelied, 1969 ÖE 1970 Budapester Kammerensemble
MaMif Janez Konzert für Klavier und Orchester ÖE 1968 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Messiaen Olivier Couleur de la Cite Celeste ÖE 1969 Sinfonieorchester von Radio Straßburg
Michel Wilfried Complexiones, 1970 Urauff. 1970 Ensemble Kontrapunkte
Mihclly Andrcls Drei Sätze für Kammerensemble, 1968 ÖE 1970 Budapester Kammerensemble
Milhaud Darius Musique pour Graz Urauff. 1970 Collegium musicum instrumentale Graz
Malec lvo Mouvements en couleur ÖE 1968 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Nigg Serge Visage d'Axel ÖE 1969 Sinfonieorchester von Radio Straßburg
Nörgaard Per Luna ÖE 1970 Dänisches Radio-Symphonieorchester
Nordheim Arne Floating Urauff. 1970 Dänisches Radio-Symphonieorchester
Osterc Slavko Mouvement symphonique, 1936 ÖE1970 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Pablo Luis de Heterogeneo für zwei Sprecher ÖE 1970 Südwestfunkorchester Baden-Baden
und Orchester
Papandopulo Boris Konzert für Pauken und Kammerorchester Urauff. 1969 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
Parik Ivan Musik für ein Ballett ÖE 1968 Großes Sinfonieorchester
des Tschechoslowakischen Rundfunks Bratislava
Penderecki Krzysztof Dimensionen der Zeit und der Stille 1969 Hochschulkammerchor Graz und
Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Penderecki Krzysztof Capriccio für Violine und Orchester ÖE 1969 Hochschulkammerchor Graz und
Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Penderecki Krzysztof Dies lrae, Oratorium zum 1969 Hochschulkammerchor Graz und
Gedächtnis der Opfer von Auschwitz Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Penderecki Krzysztof Anaklasis ÖE 1970 ORF-Symphonieorchester
Petrassi Goffredo 7. Konzert für Orchester ÖE 1969 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Petric lvo Integ ralen ÖE 1969 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Polaczek Dietmar „Lesabendio", musica centralis Urauff. 1968 Wiener Bläserquintett
Polaczek Dietmar Applaus I und Applaus II Urauff. 1970 Hochschulkammerchor Graz
Radica Ruben Komposition für Ondes Martenot Urauff. 1968 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
und Kammerorchester
Radu lescu Michael Deutsche Zwölftonmesse Urauff. 1970 Hochschulkammerchor Graz
für Doppelchor und Schlagzeug
Ramov~ Primoz Sinfonija 68 ÖE 1969 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Ramov~ Primoz Gegensätze ( Nasprotja) für Flöte ÖE 1970 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
und Orchester
Schönberg Arnold Klavierkonzert, op. 42 1968 ORF-Symphonieorchester
Schönberg Arnold Pierrot lunaire 1969 Collegium musicum instrumentale Graz
Schönberg Arnold Variationen über ein Recitativ, op. 40, ÖE der Urtext- Wilhelm Krumbach, Orgel
1941 ausgabe 1970
Schönberg Arnold Begleitmusik zu einer Lichtspielszene, 1969 Kammerorchester der
op. 34 Niederländischen Radio-Union
Musikprotokolle 1968/ 69/70

Komponist Werk Ausführende


Serocki Kazimierz Episodes pour cordes et trois groupes ÖE 1969 Sinfonieorchester von Radio Straßburg
de percussion
Sipus Kresimir „Verklärungen" für Solostimme und Urauff. 1968 Kammerorchester von RTV Zagreb
Orchester
Stachowski Marek lrisation, 1969-1970 Urauff. 1970 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Stockhausen Karlheinz Stimmung für 6 Vokalisten, 1968 ÖE 1970 Collegium Vocale Köln
Straesser Jeep Summer concerto, 1967 Urauff. 1969 Kammerorchester der
Niederländischen Radio-Union
Strawinsky lgor F. Canticum sacrum ad honorem Sancti Marci 1970 ORF-Symphonieorchester und ORF-Chor
Suchen Eugen Drei Stücke für Orchester ÖE 1968 Großes Sinfonieorchester des
Tschechoslowakischen Rundfunks Bratislava
Sulek Stjepan Konzert für Klarinette und ÖE 1969 Kammerorchester von Radio-televizija Zagreb
Kammerorchester
Szekely Endre Musica notturna, 1968 ÖE 1970 Budapester Kammerensemble
Soegijo Paul Gutama Westen-Osten -Südosten Urauff. 1970 Collegium musicum instrumentale, Graz
Varese Edgard Ionisation 1970 Dänisches Radio-Symphonieorchester
Varese Edgard Ecuatorial ÖE 1970 Hochschulkammerchor Graz
Varese Edgard Deserts ÖE 1970 Sinfonieorchester von Radio-televizija Ljubljana
Varese Edgard Hyperprism 1970 Ensemble Kontrapunkte
Varese Edgard 1ntegrales für kleines Orchester 1970 Südwestfunkorchester Baden-Baden
Vlijmen J an van Gruppi per 20 strumenti e percussione, 1969 Kammerorchester der Niederländischen
1962 Radio-Union
Vostrclk Zbynek Die Entstehung des Mondes Urautt. 1969 Sinfonieorchester des Prager Rundfunks
Wellesz Egon Ode an die Musik, op. 92 ÖE 1968 Collegium musicum instrumentale Graz
Wellesz Egon Streichquartett Nr. 9, op. 97 1968 Kammermusikvereinigung des ORF
Wellesz Egon Canticum sapientiae Urautt. 1969 0 RF-Symphonieorchester, 0 RF-Chor
Wimberger Gerhard Chronique für Orchester, 1970 1970 ORF-Symphonieorchester
Wisse Jan Sette aforismi per orchestra da camera 1969 Kammerorchester der Niederländischen
Radio-Union
Xenakis lannis Achoripsis, 1957 ÖE 1969 Kammerorchester der Niederländischen
Radio-Union
Yun lsang Bara ÖE 1969 Kammerorchester der Niederländischen
Radio-Union
Zacher Gerd 3 Interpretationen des Contrapunctus 1 ÖE 1969 Gerd Zacher, Orgel
aus Johann Sebastian Bachs
,.Kunst der Fuge"
Zacher Gerd Szmaty, 1 968 ÖE 1969 Gerd Zacher, Orgel
Zeljenka llja Karikatur ÖE 1968 Großes Sinfonieorchester des
Tschechoslowakischen Rundfunks Bratislava
Zender Hans ,.Bremen wodu" ÖE 1969 Studio für Elektronische Musik
der Staatlichen Hochschule für Musik zu Köln
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