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LEO-Falltraining-StrafR_II RA Dr.

Sascha Knaupe
SoSe 2023

Sachverhalt 2

X sitzt an einem herrlichen Samstagmorgen beim Frühstück und träumt davon, mit seinem
Cabrio die Serpentinen der Württemberger Weinstraße im Remstal zu durchkurven. Leider
hatte er wegen Geldsorgen das Cabrio vor zwei Wochen an seinen Nachbarn N verkauft und –
abgesehen von einer Ratenzahlungsvereinbarung – ohne weitere Abreden übergeben. Als er
beobachtet, wie N vorfährt und bei laufendem Motor seine Einkäufe ins Haus bringt, sieht er
die Gunst der Stunde gekommen. Er setzt seine Fliegerlederhaube auf, steigt in das Auto und
fährt in der Absicht, das Cabrio wieder dauerhaft an sich zu nehmen, davon. Hierzu sieht sich
X berechtigt, weil er meint, das Fahrzeug gehöre noch ihm, solange N den Kaufpreis nicht
vollständig bezahlt hat.

Bald darauf gerät X in einen Stau. Ordnungsgemäß reihen sich die Autos auf der dreispurigen
Autobahn so ein, dass zwischen der linken und den beiden anderen Fahrspuren eine
Rettungsgasse entsteht. Über das Radio erfährt X, dass sich auf der Autobahn ein Unfall mit
Personenschaden ereignet hat, welcher den Stau verursachte. Als der genervte X im
Rückspiegel beobachtet, wie sich ein anderer Pkw durch die Rettungsgasse schlängelt und
seines Erachtens die Rettungsgasse zum schnelleren Fortkommen ausnutzt, platzt ihm der
Kragen: X startet seinen Wagen, blockiert die Rettungsgasse, so dass der andere Pkw nicht
weiterfahren kann, steigt aus und belehrt den Fahrer des anderen Pkw (F) mehrere Minuten
über richtiges Verhalten im Straßenverkehr. F bittet daraufhin den X eindringlich, ihn
weiterfahren zu lassen. Er gibt dem X zu verstehen, dass er ebenfalls von dem Unfall erfahren
habe und als ausgebildeter Arzt nun an der Unfallstelle „Erste Hilfe“ leisten wolle. Überrascht
von dieser Information steigt X sofort in seinen Wagen und macht Platz.

Staatsanwalt S hat das Geschehen im Stau beobachtet und nimmt daraufhin Ermittlungen gegen
X auf. In diesem Zuge erlangt er auch Kenntnis von den Vorgängen um das Fahrzeug des N. In
der Folge erhebt er wegen beider Taten Anklage gegen X vor dem AG, auch um in einer
öffentlichkeitswirksamen Hauptverhandlung ein Zeichen gegen Gaffer und sonstige Behinderer
von rettungswilligen Personen zu setzen.

X überlegt, wie er die Hauptverhandlung zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Beim


abendlichen Gespräch über die Geschehnisse mit seiner Freundin, der eifrigen Jurastudentin J,
die vom Gericht als Zeugin über das Verkaufsgespräch mit N geladen ist, möchte er nun auch
diesen Plan in die Tat umsetzen. Verblüfft von den strafrechtlichen Ermittlungen wegen des
Cabrios, hatte er sich mittlerweile in einem ihrer Lehrbücher über den Eigentumsübergang beim
Verkauf beweglicher Sachen kundig gemacht und dabei eine erschreckende Erkenntnis zur
Rechtslage gewonnen. Daher versucht er, der J „in Erinnerung zu rufen“, dass er mit N beim
Verkauf seines Fahrzeugs vereinbart hätte, dass das Fahrzeug bis zur vollständigen
Kaufpreiszahlung ihm gehören soll. J weiß sofort, dass das tatsächlich nicht zutrifft, und
durchschaut die Absichten des X. Da sie dem X diesen Gefallen aber nicht abschlagen möchte,
lässt sie sich nichts anmerken und sagt in der Hauptverhandlung entsprechend aus. X vertraut
bis zuletzt auf die Gutgläubigkeit der J. K, die Schwester seiner Freundin, die ebenfalls zum
Verkaufsgespräch als Zeugin aussagen soll, versucht er entsprechend zu beeinflussen.

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LEO-Falltraining-StrafR_II RA Dr. Sascha Knaupe
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Allerdings hält er bei ihr das Vorgehen für wenig erfolgversprechend, weil er meint, dass sie
ihm die Sache nicht glaubt. Anders aber als J glaubt K tatsächlich, etwas über einen
vereinbarten Eigentumsvorbehalt bei dem Gespräch vernommen zu haben, und sagt bei der
Hauptverhandlung entsprechend der Intention des X aus.

Trotz seiner Bemühung wird X schließlich verurteilt. Beim abendlichen Bier erzählt ihm sein
Zechkumpan Z von seiner früheren Liebe zu K, die er inzwischen aber tiefgründig hasse. Da
der X ohnehin nichts mehr zu verlieren habe, solle er die K erschießen. X entsinnt sich in diesem
Moment eines Telefonats mit K, in dem sie ihn aufforderte, unverzüglich seine Schulden bei
ihr zu begleichen. Angespornt von den Worten des Z, denkt X darüber nach, die K zu töten
bzw. derart einzuschüchtern, dass sie ihn in Zukunft mit ihren finanziellen Forderungen in Ruhe
lässt. Hierzu lädt X die K zu sich nach Hause ein. K, der gegenüber der X schon einmal während
eines Streits über eine Schuldenbegleichung handgreiflich geworden ist, rechnet bereits auf
Grund der Einladung mit dem Schlimmsten. Trotzdem nimmt sie diese, getrieben von der
Hoffnung, doch noch an ihr Geld zu kommen, an. Als K das Grundstück betritt, ergreift X eine
Pistole und schießt mit Tötungsvorsatz auf K. Da X ein schlechter Schütze ist, streift der Schuss
nur die Wange der K. Obwohl er einen weiteren Schuss abgeben könnte, belässt es X dabei,
weil er meint, dass er K damit genug Angst eingejagt hat und sie dies als hinreichendes Zeichen
verstehen wird.

Aufgabe:

Wie haben sich X, J, K und Z strafbar gemacht?

Bearbeitervermerk:
Entsprechende Strafanträge sind gestellt.
Die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des StGB und § 258 StGB sind nicht zu prüfen.

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