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Abrüstung
2. Antiker Form sich nähernd
3. Der feige Dackel Waldemar
4. Der junge Hund
5. Der Tierfreund bei der Arbeit
6. Die ungarische Schöpfungsgeschichte
7. Franz, das freche Dromedar
8. Franz, das freche Dromedar. Generationskonflikt
9. Klein-Skunks, das Stinktier
10. Krüppellied
11. Lauter weiße Schimmel
12. Liebeslied an ein Proletariermädchen
13. Remember It
14. Technischer Frühling
15. Wie der kleine Affe Jodokus bescheiden wurde
16. Wiegenlied für ein Eskimo-Baby
Sieben Katzenmäulchen
Schlecken ungeniert,
Und nach einem Weilchen
Sind sie saturiert.
Die Luft war kék [=blau], der Gras war zöld [=grün]
Für aller Tiere Magen
Doch dann hat auf dem Angyalföld [=Engelsfeld]
Der Kain den … Izé erschlagen. [=Dingsda]
Refrain:
Krüppel ha’m so was Rührendes.
Krüppel ha’m was Verführendes.
Wenn ich so einen Krüppel seh’,
wird mir ums goldne Wiener-Herz
recht warm und weh.
Refrain:
Refrain:
Kringel,
Schlingel,
Borgia
Peter
Hammerschlag
(1902-1942)
37.Jahrgang
149
September 1997
AU ISSN 0017-9809
Kringel, Schlingel, Borgia
Peter Hammerschlag (1902 - 1942)
Die 95. Wiederkehr des Geburtstages und den 55. Todestag Peter Hammer-
schlags hat sich das Österreichische Literaturarchiv der Österreichischen Natio-
nalbibliothek zum Anlaß genommen, in Zusammenarbeit mit dem Bezirksmuse-
um Alsergrund und dem Jüdischen Museum Wien sein Leben und Werk in einer
Ausstellung zu würdigen.
Zur Ausstellung:
Impressum
Museumsverein Alsergrund Text: Monika Kiegler-Griensteidl
Präsident: Bezirksvorsteher Hans Benke Layout und Satz: Sabine Artes
Redaktion: Dr. Wilhelm Urbanek Druck: Druckerei Novotny
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Veranstaltungskalender:
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Zur Familie
Peter Hammerschlags Vater, Viktor Hammerschlag, wurde am 17. Juni 1870 als
Sohn des Arztes Hermann und Johanna (geb. Pollak) in der kleinen mährischen
Stadt Leipnik geboren. 1888 begann Viktor Hammerschlag an der Medizinischen
Fakultät in Wien zu studieren. Nach seiner Promotion (1895) absolvierte er eine
Ausbildung zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Zu seinen Professoren gehörten
u.a.Theodor Billroth, Adam Politzer und Emil Zuckerkandl, Vertreter der berühm-
ten „II. Wiener Medizinischen Schule“, die, wie auch er, zu den knapp 50% jüdi-
schen Ärzten im Wien der Zwischenkriegszeit zählten. Über Peter Hammer-
schlags Mutter Hedwig ist wenig bekannt. Sie kam am 16. September 1874 als
Tochter von Simon, einem aus Prag gebürtigen Kaufmann, und Amalia Bunzl
(geb. Bondi) in Wien zur Welt. Am 13. April 1899 heirateten Hedwig und Viktor
Hammerschlag im jüdischen Tempel in der Seitenstettengasse in Wien. Als
Wohnsitz gab man zu diesem Zeitpunkt das AKH (Allgemeines Krankenhaus, Wi-
en IX) an. 1900 wurde Viktor Hammerschlag zum Dozenten ernannt. Ein Jahr
später nahm er seine Lehrtätigkeit als Privatdozent für Ohrenheilkunde an der
Universität Wien auf, die er ab 1911 als „außerordentlicher Professor“ bis 1936
ausübte. Am 27. 6. 1902 wurde Peter Hammerschlag geboren. Die Familie blieb
im neunten Bezirk und übersiedelte vorerst in die Alser Straße 8. 1906 zog sie in
die Alser Straße 26, wo Viktor Hammerschlag auch seine Ordination eröffnete.
Nach den Eintragungen im Geburts- und Taufbuch der Pfarre Schotten in Wien
wurden Hedwig und Peter Hammerschlag am 2. September 1908 römisch-katho-
lisch getauft. Es ist auch eine Firmung Peter Hammerschlags verzeichnet, die
allerdings erst am 19. Mai 1940 erfolgte. Ob Viktor Hammerschlag auch vom
mosaischen zum katholischen Glauben übergetreten ist, bleibt ungewiß. Am 13.
Januar 1909 wurde der zweite Sohn Valentin geboren. Der spätere Chemie-Inge-
nieur wanderte 1938 nach Buenos Aires aus und kehrte 1966 mit seiner Frau
Erna (geb. Phura), die ihm nach Buenos Aires gefolgt war, nach Europa zurück
(Freitod 1975 in Wien).
Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitete Viktor Hammerschlag als HNO-Facharzt im
Wiener Wilhelminenspital. Für die Zeit des Ersten Weltkriegs ist in den Akten des
Kriegsarchivs seine Tätigkeit an verschiedenen Kriegsspitälern nachgewiesen.
Während der Nachkriegsjahre setzte er sich mit Hilfe des von ihm gegründeten
Wohltätigkeitsvereins „Bereitschaft“ insbesondere für die Kinder ein. Viktor
Hammerschlag verfaßte über 60 wissenschaftliche Publikationen, die im In- und
Ausland Beachtung fanden. Am 22. 4. 1938 wurde ihm „aus Gründen des öffent-
lichen Wohls“ (wie sich den Akten des Unversitätsarchivs entnehmen läßt) die
Venia legendi entzogen, die Familie der Wohnung verwiesen. Nach mehreren
Wohnungswechseln teilte man ihnen eine Ghettoadresse am Salzgries (Wien I)
zu. Am 20. Juni 1942 wurde das Ehepaar Hammerschlag nach Theresienstadt
deportiert, wo die Mutter am 16. 7. 1942 stirbt. Das Todesdatum des Vaters ist
ungewiß.
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Peter Hammerschlag verbrachte fast sein
ganzes Leben in der elterlichen Wohnung.
Nach der Matura (1921) im Gymnasium in
der Albertgasse 18-22 (Wien VIII), wo er
Zeitzeugen zufolge bei der „Akademie“,
der jährlichen kulturellen Schulveranstal-
tung, erste Gehversuche als Lyriker mach-
te, studierte er eine Zeitlang Kunstge-
schichte an der Universität Wien und
besuchte ein Semester (1921/22) den Lehr-
gang für Buch- und Illustrationsgewerbe
der Höheren Graphischen Bundes-Lehr-
und Versuchsanstalt (Wien).
Seine Doppelbegabung, das dichterische
und zeichnerische Talent, nützte er, indem
er seine Gedichte und Prosatexte teilweise
selbst illustrierte. Viele seiner Arbeiten er-
schienen in diversen Zeitungen und Zeit-
schriften der Zwischenkriegszeit, wie dem
„Wiener Magazin“, dem „Neuen Wiener Viktor Hammerschlag, der Vater Peter
Tagblatt“, der Münchner „Jugend“, dem Hammerschlags (Österreichische Natio-
„Querschnitt“ in Berlin, dem „Prager Tag- nalbibliothek, Proträtsammlung, Bildar-
blatt“ u.a. Sie sollten seine einzigen Veröf- chiv und Fideikommißbibliothek)
fentlichungen zu Lebzeiten bleiben, sieht
man von vier vertonten Kinderliedern ab. Musik verfaßt hatten. Als Schauspieler
(Text von Peter Hammerschlag, zur Laute wirkten neben den Schülern des von Prawy
gesetzt von Adelheid Bergmann, Wien: besuchten Gymnasiums in der Wasagasse
Musikverlag Carl Haslinger, o.J.) (Wien IX) auch die Schülerinnen der
Seine gute Beobachtungsgabe, seine psy- Schwarzwaldschule mit, jener berühmten
chologischen Fähigkeiten, setzte er in iro- Mädchenschule Eugenie Schwarzwalds,
nisch-witziger oder satirisch-kritischer die sich über dem Café Herrenhof in der
Weise zum Beispiel in Karikaturen und Herrengasse befand. 1918 trat das Café
Spottgedichten, liebevoll einfühlsam und Herrenhof das Erbe des unmittelbar be-
humorvoll in vielen Zeichnungen und Tex- nachbarten Café Central als einer der Mit-
ten, die um Kinder und Tiere kreisen, um. telpunkte des Wiener Literatur- und Gei-
Im Vordergrund stand dennoch immer die steslebens an. Peter Hammerschlag gehörte
Dichterpersönlichkeit Peter Hammer- zu den „Insassen des Café Herrenhof“, wie
schlag. „Er war ein konstitutioneller Dich- Friedrich Torberg, ebenfalls einer von ih-
ter, es dichtete in ihm und aus ihm heraus nen, es ausdrückte. Hier fand er nicht nur
[...]“ (Hans Weigel) ein dankbares Publikum für seine Gedich-
Vorerst waren es noch Mittelschulrevuen, te, es wurde ihm zum zweiten Wohnzim-
für die er die Texte schrieb und in denen er mer, Lebensraum für geistige Inspiration.
zeitweise als Schauspieler auftrat. Marcel Im Mai 1929 hielt sich Peter Hammer-
Prawy erinnert sich an zwei Revuen, für schlag kurzfristig in Berlin auf, doch schon
die Hammerschlag den Text und er die
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nach einer Woche setzte ihn sein „total gen, die die junge Wiener Schauspielerin
versauter, vereiterter Blinddarm“ außer Stella Kadmon traf, um in Wien eine
Gefecht, wie er Torberg in einem Brief Kleinkunstbühne - den „Lieben Augustin“
mitteilte. In diesem Brief berichtete er - zu gründen. Auf der Suche nach einem
auch von seinen Überlegungen, zum Ka- Hausautor gab ihr ein Redakteur des „Neu-
barett zu gehen. „Torberg, niemals aber en Wiener Tagblatts“, Egon Pisk, den
hatte noch ein junger Mensch so köstliche schicksalhaften Rat: „Du, Stella, ich weiß
Startmöglichkeiten in Berlin gehabt als den richtigen Mann für dich! Einen Me-
wie ich, in der einen Woche, die ich am schuggenen [...] Ja, der ist genau das, was
Leben war! Nicht nur, daß sich Zeichen- du suchst. Ein Genie, ein hochgebildeter
und Schreibaufträge schimmernd häuften, Bursche“. (Henriette Mandl)
ich hatte auch schon kräftige Cabaretfüh- Mit dem „Meschuggenen“ war niemand
lung [...]“schrieb er. Er kehrte nach Wien anderer als Peter Hammerschlag gemeint.
zurück und erst vom Dezember 1929 exi- Am 7. November 1931 wurde „Der Liebe
stiert wieder eine Nachricht Peter Ham- Augustin“ eröffnet. Als Hausautor, Confé-
merschlags aus Berlin. In diesem an Tor- rencier und Blitzdichter prägte Peter Ham-
berg gerichteten Brief berichtete er merschlag das Bild des „Lieben Augustin“
begeistert von den Kollegen und dem in den ersten Jahren entscheidend mit. Bis
„Geiste des Küka“ (Künstlerkaffee). Der 1933 stammten fast alle Texte von ihm,
Wirt dieses kabarettistischen Kleinunter- Ende 1935 fanden sich die letzten Beiträge
nehmens, gleich in der Nähe des legendä- Hammerschlags in den Programmfolgen
ren Romanischen Cafés in der Budapester des „Lieben Augustin“. Peter Hammer-
Straße gelegen, dem Berliner Pendant zum schlag führte durchs Programm und par-
Café Herrenhof, „protegierte Amateure, odierte auf Verlangen des Publikums zu
ambitionierte und bereits prosperierende einem bestimmten Thema die Stile be-
Künstler ohne Ansehen der Person. Wer kannter Schriftsteller. Analog dazu kamen
sich auf dem Podium inmitten des langge- die bildnerischen Improvisationen Alex
zogenen Raums produzieren wollte, der Szekelys, später anderer Blitzmaler, und
sollte das nur immer tun.“ (Georg Zivier Franz Eugen Klein, der ab der zweiten
u.a.) Spielzeit die Funktion des Hauskomponi-
Zu den „Küka“-Künstlern gehörte auch sten übernahm, war das ebenbürtige Pen-
Werner Finck, der spätere Gründer der le- dant am Klavier. Vor allem in der 1. und 2.
gendären Kleinkunstbühne „Katakombe“. Spielzeit gehörte das „Blitzen“ zu den
Es ist unwahrscheinlich, daß Peter Ham- Hauptattraktionen des Programms.
merschlag, wie immer wieder behauptet Heinz Politzer schrieb im Juni 1934 in ei-
wird, in der „Katakombe“ aufgetreten ist. nem Artikel des „Prager Tagblattes“:
In den Programmen der „Katakombe“ fehlt „Der Hausdichter heißt Peter Hammer-
sein Name, ebenso in der von Werner schlag, eine wichtige neue Begabung, ein
Finck verfaßten Besucherliste (Nachlaß ,verlorener Herr Sohn’ seiner Alltage und
Werner Finck, Kabarettarchiv Mainz). Sei- Träume, die er in Visionen bannt, die bald
ne finanzielle Lage jedenfalls verschlech- an Morgenstern, bald an den Spuk-Zeich-
terte sich zusehends, „ist unstrittig herber ner Kubin, mitunter sogar Franz Kafka ge-
Natur“, wie er Torberg schrieb, so daß er mahnen. Da aber nicht die literarischen
wieder nach Wien zurückkehrte. Erinnerungen, die einer wachruft, das We-
Noch ahnte er nichts von den Vorbereitun- sentliche bedeuten, sondern die neue Form,
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Die Alserstraße im Alsergrund, dem neunten Wiener Bezirk. In dem Haus vorne rechts
(Nr. 8) wohnte die Familie Hammerschlag von 1902 - 1906. Danach zog sie neun Häuser
weiter in die Nr. 26, im Bildhintergrund das vorletzte Haus auf der rechten Straßenseite.
(Sammlung Schütz. Foto: Bezirksmuseum Alsergrund)
zu der sie verbindet, behält man, wenn der andere seltsame Käuze. „Sein zentrales
kleine bewegliche Mann mit dem scharfen Thema sind bestimmte Aspekte der Ent-
Mäusegesicht an der Rampe gestanden ist fremdung, die im Kontrast von kleinsten
und mit angreifender Gleichgültigkeit sei- Alltagsbegebenheiten und Beobachtungen
ne Verse vor sich hingesprochen hat, das von skurrilen Begebenheiten, absonderli-
Gefühl der Begegnung mit einer starken chen Typen montiert werden, um durch ihr
poetischen Eigenart.“ Aneinanderstoßen der Banalität einer ent-
Was ist das nun - seine poetische Eigen- fremdeten Welt überraschende Reize abzu-
art? gewinnen.“ (Siglinde Bolbecher)
Insgesamt zeigen seine Arbeiten einen mit In seinen Texten finden sich auch Ansätze
einer eigenwilligen Phantasie begabten, von Sozialskepsis, manchmal boshaft, sel-
sensiblen Künstler, der seine Figuren mit ten bösartig. Eines seiner schwärzesten
oftmals skurrilem, bisweilen groteskem Gedichte ist wohl der „Krüppel-Fox“, von
Humor zeichnete. Helmut Qualtinger und André Heller auf
Zu seinen bevorzugten Typen, die er meist Platte aufgenommen und 1979 im ORF
im Wiener Milieu ansiedelte, gehörten gesendet. Die Ausstrahlung löste einen
Stubenmädchen, Lustmörder, Huren, ver- Skandal aus. Man warf den Interpreten Be-
schmähte Liebhaber, Strizzis, Matrosen, hindertenfeindlichkeit vor, ohne zu be-
Sandler, Bohemiens, Hypochonder und rücksichtigen, von wem der Text ursprüng-
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lich stammte und welch bitterböses Spiel Literatur-, Opern- und Operettenparodien
sein Autor mit dem falschen Mitgefühl des und ebenfalls ironisierte Adaptionen von
„goldenen Wiener Herzens“ (Qualtinger) „aktuellsten“ Zeitgeistprodukten wie
trieb. Das Provokative und Irritierende des Gangsterfilmen, Kinowochenschauen,
Liedes, das seine Wirkung bis heute nicht Vampirgeschichten und Filmdiven (Wenn
verloren hat, läßt sich anhand des Refrains ich Greta Garbo ihr Zuhälter wäre [...] lau-
verdeutlichen: tet der Beginn eines Gedichtes mit dem
„Krippel haben so was Riehrendes, / Krip- Titel „Träumerei“), aber auch tagespoliti-
pel haben was Verfiehrendes, / Wenn ich sche Themen und nicht zuletzt Kinder- und
mit einem echten Krippel spiel, / So ist das Tiergedichte. In seinem Gedicht „Der jun-
stets fir mich ein Hochgefiehl.“ ge Hund“ kommt Peter Hammerschlag mit
Der groteske Humorist, wie es sich in den ihm, dem kleinen Hund, zu dem resignati-
Worten des Publizisten und Grotesken- ven Schluß: „Die Summe dessen, was ein
Verfassers Salomo Friedländer auf Ham- Hund nicht darf, das - er begreift es lang-
merschlag übertragen ließe, „ärgert und sam - ist die Welt. So wird er Hund. Und
chockiert (sic!) den fast unausrottbaren später wird er scharf. Er hat sich das ganz
Philister in uns, der sich, aus Vergeßlich- anders vorgestellt.“
keit, mitten in der Karikatur des Lebens Beliebte Zielscheibe bei der Abfassung di-
ahnungslos wohl fühlt, dadurch, daß er die verser Pamphlete war Peter Hammer-
Karikatur bis in das Groteske eben über- schlags Freund und Mentor Friedrich Tor-
treibt.“ berg, von Hammerschlag Prokop
Der zitierte Refrain zeigt auch die Nutzung (Abwandlung des tschechischen Wortes
des Dialekts, den Hammerschlag in satiri- „prokopávka“, mit der Bedeutung „Durch-
scher oder parodistischer Weise verwende- stich“. Hammerschlag spielt damit wohl
te. Aufgewachsen im Schmelztiegel Wien, auf Torbergs Erfolg bei den Frauen an) ge-
war er mit vielen Milieus und den Spra- nannt, weil nicht nur in Wien, sondern
chen und Dialekten der k. u. k. Monarchie auch in Prag ansässig. Schon zu Lebzeiten
vertraut, mit dem Urwienerischen genauso von Hammerschlag zu Rate gezogen bear-
wie dem Jiddischen, Böhmischen und Un- beitete dieser als Nachlaßverwalter und
garischen. Es entstanden Texte wie die Herausgeber des ersten Hammerschlag-
„Ungarische Schöpfungsgeschichte“, in Gedichtbandes auch die in dem Buch ent-
den 80er Jahren interpretiert von Peter haltenen Gedichte, um des Dichters
Wehle auf einer Peter Hammerschlag ge- „Sprachschlampereien, [...] die oft dilet-
widmeten Schallplatte. Hammerschlag tantische Art, wie er mit Reim und Rhyth-
parodierte dabei die Sprachmelodie der mus umging“, zu bereinigen. (Friedrich
deutschsprechenden Ungarn und spielte Torberg)
auf ihr Nationalbewußtsein an. Er ließ ei- Torbergs Korrekturen führen oftmals vom
nen magyarischen Professor die Bedeu- Autor weg, stellen sich vor ihn, glätten und
tung der Ungarn im Geistes- und Kulturle- zensurieren manchmal geradezu. Um ein
ben a u f d e n U r s p r u n g d e r Wel t ungebrocheneres Bild von Peter Hammer-
zurückführen: „In Anfang war - das ist be- schlag zu erhalten, ist es notwendig, seine
stimmt - / Der Wort. Auf griechisch: Lo- Texte auf ihre originäre Form zurückzu-
gosch. / In Urmeer ist herumgeschwimmt / führen und die vielen in den letzten Jahren
Awaren - Urfisch: Fogosch.“ aufgetauchten Arbeiten miteinzubeziehen.
Daneben finden sich in seinem Repertoire Dazu gehören neben Graphiken, Gedich-
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Peter Hammerschlag: Motiv aus dem Rotlichtmilieu. Nicht vollendete aquarellierte
Tuschzeichnung (Österreichisches Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbiblio-
thek)
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Peter Hammerschlag:
Tiermotiv für ein Kinder-
buch („Seehund mit
Schwimmreifen“)
Kolorierte Tuschzeichnung
(Österreichisches Litera-
turarchiv der Österreichi-
schen Nationalbibliothek)
ten, Sketches, Mittelschulrevuen und on als Basis für die Etablierung eines auto-
Kurzprosatexten auch Fragmente von ritären Staates.“ (Birgit Peter)
Theaterstücken, Kinderbüchern und ein Sicher kam es durch den Zuzug von Exi-
Romanfragment. lanten aus Nazi-Deutschland, die Zuspit-
Als einer der Hauptgründe für Peter Ham- zung der politischen Situation in Öster-
merschlags Weggang vom „Lieben Augu- reich und die Wiedereinführung der Zensur
stin“ Ende 1935 wird sein zu geringes po- zu einer stärkeren Politisierung der Bühne.
litisches Interesse genannt. „Ich wollte, Daneben dürften aber noch andere Gründe
daß Peter Hammerschlag auch politische hinzugekommen sein, die für das plötzli-
Chansons schreibt“, erzählte Stella Kad- che Verschwinden Peter Hammerschlags
mon, „aber das konnte er nicht, so viel er von der Bühne des „Lieben Augustin“ mit-
auch konnte. Nein, er hatte sich mit Litera- verantwortlich waren. In einem Brief an
tur beschäftigt, und er wollte einen Krieg Friedrich Torberg deutete Hammerschlag
gegen die blöden Operetten, gegen das auch eine Irritation in seiner Beziehung zu
blöde Kabarett, gegen Boulevardstücke, Stella Kadmon, die er sehr verehrte, an.
also da war er ein wilder Kämpfer. Aber „Er liebte nur ,Katzenweiber’, wie er er-
sonst - von Politik hat er wirklich wenig klärte; [...] Das Katzenweib Stelli hatte
verstanden.“ Zumeist nahm Hammer- den Vorrang - war sie doch die Direktorin,
schlag keine konkrete politische Position der er gewissermaßen als Herrin diente“,
ein, sondern stellte die politische Entwick- schrieb die österreichische Schriftstellerin
lung als Produkt der Gesellschaft dar. Er und Schauspielerin Hertha Pauli, die mit
schaffte „ein Kaleidoskop von alltäglichen Hammerschlag eng befreundet war. Seine
Verhaltensweisen und entlarvt ihre Funkti- Beziehung zu Frauen war, wenn auch nicht
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immer, doch relativ häufig von (notge- greiflicherweise nicht geflüchtet waren.
drungener) Selbstironie und Spott gezeich- Nur wenig läßt sich über die letzten Jahre
net, das lyrische Ich in seinen Gedichten berichten. Inwieweit dem 1939 gegründe-
über verschmähte Liebhaber trägt autobio- ten Kabarett „Wiener Werkel“ in bezug auf
graphische Züge. In den Pamphleten, wie Peter Hammerschlag wirklich Bedeutung
er meinte, „entlädt sich mein Haß gegen zukommt, ist nicht mehr zu rekonstruieren.
die zahllosen Mädchen, die mir widerste- Da es ihm versagt war, unter seinem Na-
hen“. Die Palette seiner zahlreichen eroti- men zu schreiben, finden sich in den Pro-
schen Frauenphantasien reichte von im grammheften des „Wiener Werkel“ bis auf
„Faschingstanz aufgezehrten Frauen“ bis ein einziges Mal keine Hinweise. So kann
hin zur „Schwergewichtsmaitresse“: „Wer man nur Vermutungen anstellen, die Auf-
nie mit Steinbruch Unzucht trieb / Der zeichnungen Rudolf Weys (Begründer der
ahnt nicht, wie sie mich begrub! / Doch „Literatur am Naschmarkt“, auf dessen
hatte mich der Steinbruch lieb / Und flü- „arische“ Mitglieder sich Adolf Müller-
sterte mein armer Bub!“ Reitzner, Gründer des „Wiener Werkel“,
Nach dem Verlassen des „Lieben Augu- der selbst in der „Literatur am Nasch-
stin“ schrieb Peter Hammerschlag auch für markt“ Schauspieler gewesen war, vor al-
andere Kleinkunstbühnen, darunter die lem stützte) waren dabei wichtigste Be-
„Kleinkunst in den Collonaden“, das zugsquelle. Es wurden nicht nur
„ABC“ und die „Literatur am Nasch- Darstellungsstil und Programmaufbau der
markt“. „Literatur am Naschmarkt“ übernommen,
In der Nacht vom 11. auf den 12. März sondern man blieb, soweit dies möglich
1938 marschierten deutsche Truppen in war, auch der politischen Gesinnung treu -
Österreich ein, Bundeskanzler Kurt und die war beim Großteil des Ensembles
Schuschnigg wurde verhaftet und am 13. alles andere als nationalsozialistisch. In
März der Anschluß Österreichs an dem bis Kriegsausbruch gespielten Pro-
Deutschland beschlossen. Peter Hammer- gramm „Chinesisch denken“ scheint Ham-
schlags Bruder verließ das Land noch im merschlags Name zum letzten Mal in dem
März, und auch ihm selbst gelang es, mit Programmheft einer Kabarettbühne auf
einem von Freunden vermittelten Visum, („Seemannslos“ - nach einer Idee von Pe-
im August 1938 nach Jugoslawien zu ge- ter Hammerschlag und Rudolf Weys).
langen. Dort aber konnte er nicht bleiben. Doch zumindest hin und wieder kamen
In einem Brief an Doktor Pollitzer, einem seine Ideen durch seinen Freund Rudolf
Kollegen seines Vaters, schilderte er seine Weys, mit dem er bis zu seiner Deportati-
Lage: „Ich war schon einmal ausgewan- on in Kontakt stand, zur Ausführung oder
dert. Am 13. August fuhr ich nach Jugosla- flossen in die Arbeiten Rudolf Weys’ ein.
wien, hoffte, dort mein Permit nach Lon- „Für mich hatte Peter immer neue Einfälle
don abwarten zu können. Das kam aber parat [...] Einen aber hat er mir als Hinter-
nicht, und am 30. November wiesen mich lassenschaft überantwortet: Zwei Strophen
die Jugoslawen nach Ungarn aus. Und haben wir sogar miteinander gebastelt.
nach weiteren acht Tagen die Budapester. Dann kam Peter Hammerschlag nicht mehr
Über die deutsche Grenze nach Hegyosha- [...]“ (Rudolf Weys, 1974)
kom [!], Eisenstadt, Wien [...]“ Dieser letzte überlieferte Text Peter Ham-
Zurück in Wien lebte Peter Hammerschlag merschlags, betitelt „Von der Lüneburger
vorerst wieder bei seinen Eltern, die unbe- Heide und der Simmeringer Had“, wurde
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Mitte 1942 im „Wiener Werkel“ gesungen. stadt“ gibt den 17. Juli 1942 als Datum für
Das Chanson bewog einige Unwissende den Transport an, mit dem Peter Hammer-
zu Kritik. Man warf dem als Autor auf- schlag über Theresienstadt nach Auschwitz
scheinenden Rudolf Weys vor, mit dem deportiert worden sein soll. Möglicherwei-
Duett, das eine Art Romeo-und-Julia-Lie- se wurde dieser Transport aber auch direkt
be zwischen Nord und Süd, die ausnahms- nach Auschwitz gelenkt. (Vgl. Hans Safri-
weise einmal gut ausgeht, zeigt, propagan- an)
distisch „Zusammenarbeit mit dem Feind“
gefördert zu haben. Rudolf Weys meinte Monika Kiegler-Griensteidl
dazu etwas sarkastisch: „Am leichtesten
überzeuge ich ,Meckerer’ von heute viel-
leicht, wenn ich ihnen mitteile, daß mir der
Grundeinfall dieses Bänkelliedes - dort
Lüneburger Heide, hier Simmeringer Had
- Peter Hammerschlag als letzte Hinterlas-
senschaft überantwortet hat. Es scheint un-
wahrscheinlich, daß er, kurz vor seinem
Abtransport nach dem Osten, noch die Ab-
sicht hatte, zu kollaborieren.“ (Rudolf
Weys, 1947)
Offiziell blieb Hammerschlag bis zu dem
Vermerk „ausgewandert“ (17. 7. 1942) bei
seinen Eltern gemeldet. Anzunehmen ist,
daß er wahrscheinlich Anfang des Jahres,
spätestens aber zum Zeitpunkt der bevor-
stehenden Deportation seiner Eltern (20. 6.
1942) untergetaucht ist. Vom 19.9. 1941
bis 15. 6. 1942 war er bei der für die
Zwangsarbeit zuständigen Behörde gemel-
det. Er wurde der Zwangsarbeit dem der
Deutschen Wehrmacht unterstellten „Er-
satzverpflegsmagazin-Leergutsammelstel-
le“ im ehemaligen Messegelände (Prater,
Wien II) zugeteilt. Nach Zeitzeugenberich-
ten kam Peter Hammerschlag eines Tages
nicht mehr zur Arbeit. Alexander Steinbre-
cher, Kapellmeister am Wiener Burgthea-
ter, der selbst als Untermieter in einem
kleinen Dachzimmer residierte, nahm Pe-
ter Hammerschlag zu sich. Irgendwann
verließ Peter Hammerschlag die Wohnung
und wurde auf der Straße aufgegriffen. Die
näheren Umstände sind ungewiß. Das vom
Jüdischen Komitee für Theresienstadt her-
ausgegebene „Totenbuch für Theresien-
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Regiebesprechung des „Lieben Augustin“, undatiert (v.l.n.r.): Grete Wagner, Franz
Eugen Klein, Walter von Varndal, Stella Kadmon, Tom Kraa und Peter Hammerschlag
(Foto: Herbert Rosen, Teilnachlaß Stella Kadmon, Privatbesitz Anna Neumann, Wien).
Hammerschlag rechts im Bild.
Abdruck von Graphiken und Texten Peter Hammerschlags mit freundlicher Genehmigung
von Marietta Torberg für die 95Jahr-Aktivitäten zu Peter Hammerschlag von Österreichi-
schem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Bezirksmuseum Alser-
grund und Jüdischem Museum Wien.
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Tuschzeichnung von Peter Hammerschlag, ohne Titel, ohne Jahr. Eine lächelnde
Medusa setzt einer knienden Figur (Wurm) den messerähnlichen Fingernagel an die
Kehle. (Österreichisches Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek)
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Remember it
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Peter Hammerschlag in der Rolle eines „Strizzis“ im „Lieben
Augustin“, die Moral mit Füßen tretend (Teilnachlaß Stella
Kadmon, Privatbesitz Anna Neumann, Wien)
Bibliographie:
Hammerschlag, Peter: Der Mond schlug grad halb acht : Grotesk-Gedichte. Eingeleitet und herausgegeben von
Friedrich Torberg. Wien: Zsolnay, 1972
Hammerschlag, Peter: Steif weht die Brise von der Postsparkassa : Groteskgedichte und Gelegenheitsprosa.
Eingeleitet und herausgegeben von Gerhard Bronner. Wien: Zsolnay, 1984
Hammerschlag, Peter : Grotesk-Gedichte : eine Auswahl. Mit einer Einleitung von Ingeborg Reisner.
Herausgegeben von Hans Weigel. Wien [u.a.]: Verlag Jungbrunnen, 1991
Hammerschlag, Peter: Die Wüste ist aus gelbem Mehl : Groteskgedichte. Mit einem Nachwort von Friedrich
Achleitner. Herausgegeben von Friedrich Achleitner und Monika Kiegler-Griensteidl. Wien: Zsolnay, 1997
Kringel, Schlingel, Borgia : Materialien zu Peter Hammerschlag. Herausgegeben von Monika Kiegler-Griensteidl
und Volker Kaukoreit. Wien: Verlag Turia + Kant, Herbst 1997
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