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Ausgewählt und herausgegeben

von Achim Roscher


Verlag der Nation Berlin
••
TRANEN UND ROSEN
Krieg und Frieden in Gedichten
aus fünf Jahrtausenden

/ : . ' cJ::7/t>
3., veränderte Au!lage 1990
© für diese Ausgabe Verlag der Nation Berhn 1991•
LSV 7900
L<iktor: Bruno ßrandl
TechnisC'her Reda kteur: Annette Rubin
Einband: Hans -Joachim Schauß
Typografie: Manfred Damaszynski
Gesamtherstellung: Offizin Andersen Nexö, Graphischer Großbetrieb, LPipzig - Ill/18/17
Best.-Nr.6fJ6 939 4
I hr, die ihr überlebtet in gestorbenen Städten,
Habt doch nun endlich mit euch selbst Erbarmen!
Zieht nun in neue Kriege nicht, ihr Armen,
Als ob die alten nicht gelanget hätten:
Ich bitt euch, habet mit euch selbst E rbarmen!

Ihr M änner , greift zur Kelle, nicht zum Messer!


1hr säßet unter Däch ern schließlich jetzt,
Hättet ihr auf das Messer nicht gesetzt,
Und unter Dächern sitzt es sich doch besser.
Ich bitt euch , greift zur Kelle, nicht zum M esser!

Ihr Kinder, daß sie euch mit Krieg verschonen,


Müßt ihr um Einsicht eure Eltern bitten.
Sagt laut, ihr wollt nicht in Ruinen woh nen
Und nicht das lejden , was sie selber litten:
I.hr Kind er, daß sie euch mit Krieg verschonen!

1hr Mütter, da es euch anheimgegeben,


D en Krieg zu dulden oder nicht zu duld en,
Ich bitt euch, lasset eure Kind er leben!
Daß sie euch die Gebm1 und nicht den Tod dann schulden;
Ihr M ütter, la sset eure Kinder leben!

ßertolt Brecht
Das beschwörende Wort der Dichter
an d ie Vernunft ist auferstanden in vielen Sprachen, in ungezählten Symbo-
len, überliefert aus allen Zeiten und Zonen, den Walmsinn des Krieges be-
gleitend aJs Klage, Mahnruf, Aufbegehren, Manifest, so alt wie der Krieg
selbst, fast so alt wie die bezeugte Geschichte der Menschheit.
So wurde Generationen hindurch Geschichte gelehrt.: als eine Kette von
K1iegen, in denen 1<ßlut und Eisen>~ für den Stärkeren entschied. Die Span-
nen dazwischen: notdürftiges Vernarben der Wunden, verstohlen-hastiges
Rüsten, Spione im feindlichen Lager, .Aufmarsch im schmelzenden Schnee,
Angriff bei steigender Sonne - evviger KI·eislauf von Töten und Getötetwer-
den, veränderlich allein in der Technik und der Zahl der Opfer. Das gl eich e
Leid in immer neuen Bildern: der Stürzende unter dem Keulenschlag des Sie-
gers, von den Sichelwagen hingemäht die Bogen schützen, Legion en erstik-
kend im Sumpf, schmerzentstellte Gesichter unte rm Helmdach, Bauern zer-
stampft vom Huftritt der Panzerreiter , an die Grabenwand gepreßt Köpfe im
TTommelfeuer der Mateiialschlacht - Kriegszüge, Kreuzzüge, Raubzüge, in
Schiefer geritzt, auf Papyrus gepinselt und in Stein gehauen, als Tempelfries,
als Mosaik, Holzschnitt, H istorienbild, als Zeitungsfoto, als Filmbericht. Jede
Seite ein Sieg. / Pf/er kochte den Siegesschmaus?/ Alle zehn Jahre ein 1;roßer
Mann.. / Wer bezahlte die Spesen?
Kriege, angezettelt aus Eroberungssucht, aus Besitzgier, Ehrgeiz, Chauvi·
oisnms, Rache, Neid, Religionsfanatismus; im Geschußhagel der <ddeine
Mann» der Weltgeschichte, kämpfend für Fürsten und für Adelsbrut und fürs
Geschme!ß der ?faffen , sterbend für Einflußsphären, Rohstoffe, Märkte, Divi-
denden: Sie das Gold und wir der Dünger, wir das Dunkel, sie das Licht.
Duke et decorum est pro p a tria m ori! hieß ein Leitspruch aus dem Latein-
pensum unserer Väter. War für die Frauen und Kinder der Tocl des Mannes,
des Vaters a uch süß? Für die in deT ersten Reih e der Schlachtordnung, im
Rock des Räubers eingedrungen in fremde Länder, war für sie der Tod ehren-
voll? Der Tod fürs Vaterland - für wessen Vaterland? Gott mit uns! - und
dann der Bauchschuß durch den frommen Spruch auf dem Koppelschloß.
Lange Zeit hörten die Völker auf miserable Lehrer, man deklantierte ihnen
den Horaz und unterschlug den Satz des Pindar: Süß ist dem„ der ihn nicht
kennt, der Krieg.
Zu allen Zeiten fanden sich Schreiber, die das Wort prostituierten, um sinn-
loses Sterben zu glorifizieren. «Die Erde zittert, zittre, Schwert. Ich bin ein heili-
ger Reiter ... Der Bester ist, der Sieger bleibt, und ich begehr nkhts weiter.>>
Der so das Faustrecht anbetete, starb nicht im Schützengraben, sondern im
Bett in d en J ahren zwischen zwei Weltk1iegen, deren erster weit über zehn,
deren zweiter zweiunddreißig Millionen Opfer verschlang ?
Albrecht Dürer· Die vier A pokalyptischen Reiter
Haßgesänge übertönten auch in der Dichtung oft die Stimme der Vernunft.
Trotzde m war sie immer da, zaghaft manchmal, zweifelnd, verschlüsselt,
wehklagend, anklagend, mehr Rebellion des Herzens als des Kopfes. Sie
wuchs an Kraft und Eindringlichkeit, je vernichtender die Kriege wurden,
und ermutigte die Völker , den Schleiei· zu zerreißen, der das Geheimnis d er
Entstehung von Kriegen verbarg. Lenins Funkspruch: An alle! verkündete
eine neue geschichtliche Moral und erfüllte eine Welt mit der H offnung , daß
die uralte Botschaft: Friede den Menschen auf Erden! endli ch Erfüllung
finde. Erschüttert wurde der Glaube an die Naturgesetzlichkeit des Krieges,
ab fie l die Ersta1Tung vor den Apokalyptischen Reitern: Krieg ist nicht
Schicksal, nicht Hagelschlag ins reife Korn; Krieg ist besiegbar wie Pest und
Hunger. W enn Krieg droht, hilft kein Geschichtsfatalismus, kein Beten vorm
Altar: Ehe die Hand den Ölzweig hebt zum pa2ifistischen Gruß, ist sie vom
Arm geschlagen. Die Völker müssen den Kriegsgott für immer vom Sockel
stoßen : Krieg den Urhebern der Kriege und, wie Majakowski fordert: Befrie-
det den Planeten! Das ist der ewige Friede, t ransponiert aus dem Wunschbild
der Philosophen in die Politik unser er Zeit.
N ur wenn das R eich bedroht von Feindeshorden, /wenn mordend sie mit Krieg
uns überzogen, / dann greift zum Schwert, dann spannt ihn straff, den Bogen -
/ nie aber, um aus bloßer Gier zu morden! Dieser Vers des Du Fu aus dem
8.Jahrhundert vollzieht die Scheidung zwischen ger echtem und unger echtem
Krieg längst vor philosophisch-staatsrechtlichen Erwägungen. Im Dreißig-
jährigen Krieg definiert Logau: Ein Krieg ist köstlich gut, der auf den Frie-
den dringet, und cüe anonyme W eish eit des Volkes singt in den Feldzügen
von 1870/71: Auf, laßt zur Heimat uns zurückmarschieren,/ von den Tyra nnen
unser Volk befrei'n .. . Soldat der Freiheit w ill ich gerne sein! Gabe man mir ein
Gewehr, rief der kubanische Dichter Nikoläs Guillen, ich w ürde meinen Brii.·
dem sagen, wozu es dient. Angesichts der Millionen , H elden, die für die Be-
freiung von der faschistischen Barbarei gefallen sind, schreibt der sowjetische
Dichter Alexej Surkow: Für unsere Kinder schmelzen wir aus dem Eisenge-
schrei schon der L iebe Lied.
D och die Kriege sind von Jahrhundert zu Jahrhundert immer verheeren-
der geworden. Die Folgen eines drinen Weltkrieges sind vor ausberechnet,
seine potentiellen Opfer nur noch erfaßbar durch den Zusatz Mega zu
dem Zahlwort. Und cüe Vernichtungstechnik hat eine neue Qualität des Ster-
bens und Siechens entwickelt. Die biologisch en Folgen bl eiberr selbst dem
Wissenschaftler nicht voll überschaubar, aber die Statistik japanfacher KJj-
niken gestattet eine alle a nthropologischen Dimension en überspringende
Ahnung, wie jenes Geschlecht der Übrigbleibenden a ussähe, dessen M en·
schenähnlichkeit durch entsetzliche Mutationen getilgt wäre. In den Tabellen
8 der Physiker, Chemiker, Mediziner liegt die ins Globale verg rößerte Parallele
zu jenem Karthago, das na ch dem dritten Kriege nicht mehr auffindbar
war.
Von diesen Drohungen umstellt, wird die Überlegung sin nlos, ob Poesie und
politisches Engagement miteinander zu vereinbaren s.ind. Sollte es je (<reine»
Dichtung gegeben haben: In einer Zeit, da die Existenzfrage an alle gerich-
tet ist, an den Wissenschaftler, an den Politike r, an den Künstler, an die Men-
schen der Erde, verliert d er D ichter sein moralisches Antlitz, wenn er nicht
für das Leben Stellung bezieht, wenn er sich nicht dafür einsetzt, die Men-
schen sehend, die Zusammenhänge durchschaubar zu machen. Die Taube
Picassos, aufgestiegen zum Flug um den Erdball, ist den Stürmen nicht
schutzlos preisgegeben.
Vom frühesten uns überkommenen Zeugnis der Friedenssehnsucht bis zum
poetischen Manifest gegen ein atomares Inferno spannt sich der Bogen der
Gedichte gegen den Krieg, von der fatalistis chen Ergebenh eit in die Kriegs-
greuel über d ie Ohnmacht des klerikalen Idealismus mit seiner Vertröstung
au f .einen ewigen Frieden im J enseits bis zur Macht wissenschaftlicher Er-
kenntnis, die uns befähigt, d en Krieg als gesellschaftsgebUlldene Erscheimtng
zu begreifen und durch gesellschaftliche Veränderungen zu bekämpfen. Auch
mit dem Wort. Wenn die Dichtkunst, wenn Kunst insgesamt auf poli tische
Wirkung he ute verzich tet, kann sie mitschuldig werden, d aß morgen die Erde
keine Dichtung mehr trägt, keine Dichter und niemand, der sie hört.

Richard Christ

Diese Anthologie
en tstammt einer Zeit, als die Weltmächte unversöhnbar einander gegenüber-
standen, ein Nuklearkrieg a ls gewinnbar a usgegeben wurde von Politikern
und Militärs, im Gegensatz zu den Wissenschaftlern. Vieles hat sich seither
verändert, fast alles. Die Großmächte suchen Verständigung, um die Rüstung
einzugr enzen und eine ökologische Katastrophe zu verhüten. Doch die
Menschheit ist auch heute nicht frei von Angst, es sind andere Ängste als vor
einem Vierteljahrhundert.
{<Tränen und Rosen>>, jetzt in dritter Auflage gedruckt, ist nicht nur eine
Sammlung von W eltlyrik, die von der Friedenssehnsucht zu allen Zeiten und
in allen Regionen der Erde kündet, sie ist zugleich ein zeitgeschichtliches Do-
kument poetischen Aufbegehrens gegen Unr echt und Unterdrückung.
Ich sah kei11en Anlaß, am Vorwort von 1965 etwas zu ändern.

Mai 1990 R. C.
9
Du gehst hin
und trägst das Land des Feindes weg
Der Feind kommt
und trägt dein Land weg

Standarte von Ur· Die Armee der Sumerer kämpft gegen ihre Feinde
A nonym · urn 4000 v. u. Z. · S umer

Einmal vor langer Zeit

Einmal vor langer Zeit


Gab es kein e Schlange
Gab es keinen Sko rpion
Gab es keine Hyäne
Gab es keine11 Wolf
Gab es keine Furcht
Kein Entsetzen
Der M en sch haue keinen N ebenbuluel'

Einmal vor langer Zeit


Die Lande Schubur und Hamazi
Das vielzüngige Sumer
D as große Land d er göttlichen Fürstengesetze
Uti
Das Land mit allem Nötigen
Das Land Martu
In seü1er Geborgenheit
Das ganze Weltall
Die geeinten Völker
EnliJ priesen sie in einer einzigen Zunge

Darrn abeT der Vater-Herr


Der Vater-Fürst
D er Vater-König
Enki
Der Vater-Herr
D er Vater-Fürst
Der Vater-König
D er erzürnte Vater- Herr
D er erzürnte Vater-Fürst
D er erzürnte Vater-König
... Überfluß .......... .

. . . . . . . . . • . . Mensch ...

(S. N. Krame r)
Anonym „ um 1000 v. u. Z. - S um er

Du gehst h in und trägst das Land des Feindes weg


Der Feind kommt und trägt dein Land weg

A nonym · um 2300 1.1. u. Z. · .Agypten

Der siegreiche General


Das Heer kehrte siegr eich zurück,
nachdem es cl'as Land der Beduinen zerwühJt liatte.
Das Heer kehrte siegr eich zurück,
nachdem es das Land der Beduinen zertrampelt ha tte.
Das Heer kehrte siegreich zill·ück,
nachdem es deren Festungen zerstört hatte.
Das H eer kehrte siegreich zurück,
nachdem es die Feigenbäume und W einstöcke gefällt hatte.
Das H eer kehrte siegreich zurück,
nachdem es d eren Hütten niedergebrdnn t hatte.
Das H eer kehrte siegreich zurück,
nachd em es die Legionen des Gegners vernichtet hatte.
Das H eer kehrte siegreich zurück,
nachdem es viele Gefangene gemacht hatte.

Seine Maj estät lobte mich dafür auß erorden tlich .

Aus dem Schi-king · u. -6. Jahrhundert 11. u. Z. · China


Der müde Soldat

Ein kahles Mädchen. H eckenblaßentlaubt.


Sie steht a m Weg. Ich gehe weit vorbeh
So stehen alle: Reih in Reih,
Und Haupt /,in Haupt.
Was weiß ich noch von heiligen Gewässern
Und von des Dorfes Abendrot?
Icb bin gespickt mit tausend Messern
Und müde von dem vielen Tod.

Der Kinder Augen sind wie goldner Regen,


1n ihren Händen glüht die Schale Wein.
Ich will mich unter Bäumen schlafen legen
Und kein Soldat mehr sein.

(KJabund)

Kung-.futse · 551-478 v. Ll. Z. , China

Epitaph auf einen Krieger

Es blühen aus dem Schnee die Anemonen.


Mit seinem H erzen spielt das Kind. Und es verweint's.
Uns, die am Brunnenrand der Erde wohnen,
Ist Sonnenau.f- und -niedergang nur eins.

Doch immer wieder quillt der Fluß vom Felsen,


Und immer wieder Mond um Frauen wirbt;
D er H erbst wird ewig seinen goldnen Kürbis wälzen.
Und ewig Gril!enruf im Gi-ase zirpt.

Es führten yjele fest für Pferd am Zügel.


Der Ruhm der tausend Schlachten ist verweht.
Was bleibt vom H eldentum? Ein morscher Hügel,
Auf dem das Unkraut r ot wie Feuer steht.

(KJabund)

15
Laozi • um 300 v. u.. Z. · China

Spruch
Wer in VVeisheit dem Herrn der Welt hilft,
Unterjocht nicht mit Waffen die Welt.
Die Welt könnte ihre Waffen gegen ihn wenden.
Wo die Schlacht tobte, wuchert Unk.raut und Untat.
Hinter den H eeren schleicht der Hunger.
Der H eld siegt sanft, umarmt den Besiegten.
Er siegt ohne Prahlerei.
Er siegt ohne Selbstsucht.
Er siegt ohne Rache.
Er kämpft und siegt, weil er kämpfen und siegen muß.
Was übermächtig wird, verwest in der Übermacht.
Dies ist der Un-Sinn,
Und des Unsinnes Ende ist bald gekom men.

(Klabu.nd)

Nabuschallimscluuiu · Lebensdaten unbekannt · Assyrien

Ich, Sargon, König der vier Weltgegenden


Ich, Sargon, König der vier Weltgegenden. Hilie des Lan des Assur,
der die Satzungen Enlils und Marduks befolgt,
stark macht das Urteil des Sc.hamascb,
Abkömmling Assurs, der Stadt der Weisheit,
er, dessen Verständnis geöffnet ist,
der voll ist gläubigen Aufmerkens auf <las Wort der großen Göner
und sich nicht ih1·en Grenzen nähert
wah rhaftiger König, der mit Güte spricht, einen Abscheu hat vor der Lüge.
aus dessen Mund niemals schlechte Anstiftung und Schaden kommt,
der VVeise unter den Fürsten der Gesamtheit, der zu Rat und Verstand
geschaffen ist und den in seinen Händen schützt,
der Götter und Göttinnen fürchtet,
ich (erhob) zu Assur, dem König der Gesamtheit der Götter (meine Hände) ...
er möge strafen jenen im Zorn der Schlacht, er möge zerbrechen sein e
16 Waffen, seine H eeresmacht in den Wind schlagen ...
denn nie habe ich die Grenze Rusas, d es Urartäers, überschritten,
nie die Grenze seines weiten Landes, oder auf d em Feld das Blut seiner
Krieger vergossen.
Assur, mein Herr, hö1te meine gerechten Worte. Sie gefielen ihm.
Er wa.ndte sich meiner billigen Bitte, er erhörte mein Gebet.
Ich fürcht ete nicht die Menge seiner Truppen, verachtete seine Gespann e,
warf nicht einen Blick auf die Vielzahl seiner gerüsteten Krieger,
allein mit meinem Privatgespann, mit meiner Leibgarde,
die mich in feindlichem Lan de nie verläßt . ..
wie ein feuriger Wurfspieß fiel ich unter sie,
verursachte seine Niederlage, schlug ihn in die Flucht.
Ein gewaltiges Blutbad bereitete ich ihm. Die Leichen seiner Kiieger,
wie Graupen häufte ich sie auf. Ich füllte damit die Schluchten der
Gebirge.
Ihr Blut in Kanälen und Wildbächen wie einen Fluß ließ ich herabfließen.
Feld und Ebene und Höhen wie rote Früchte färbte ich.

Elfenbeintafel von Abydos · König Narmer unterwirft Süd-Palästina


Seine Verbündeten, Stütze seines Heeres, die ihm Bogen und Lanzen
vor die Füße legten, wie Lämmer schlachtete ich sie,
schnitt ihnen die Köpfe ab.

(Margarete Riemschneider)

Theognis · 6. Jahrhundert v. u. Z. · Griechenland

Anrufung

Phöbos, König, du selbst umgabst mit Mauem die Stadtburg,


Gnädig Alkathoos einst, Pelops Erzeugtem, geneigt!
Selbst auch halte die frevelnden H eere der Meder von unsrer
Stadt zurück, daß das Volk sich in froh em Genuß,
W enn nun der Frühling b eginnt, H ekatomben dir bringe zum Opfer,

Pergamentminiatur zur « flias» von Homer


Freudig bej hetrlichem Mahl, unter der Laute Getön
und den Päanen des Chors und dem jubelnd en Jauchzen am Altar.
Denn mich erfüll et die Furcht, wenn ich den törichten Sinn,
Wenn ich den männerverderbenden Zwist der Hellenen gewahre.
Huldreich schütze du selbst Megaras heilige Burg!

(F.Port)

Homer , um 800 v. u. Z. · Griechenland

Ruht, ihr Ithaker

Ruht, ihr Ithaker, ruht vom unglückseligen Kriege!


Schonet des Menschenblutes und trennet e uch schnell voneinander!
Also rief die Göttin; da faßte sie bleiches Entsetzen;
Ihren zitternden Händen entflogen die Waffen, und alle
Fielen zttr Erd', a ls laut die Stimme der Göttin ertönte.
Und sie wandten sich fliehend zur Stadt, iJir Leben zu retten.
Aber fürchterlich schrie der herrliche Dulder Odysseus
Und verfolgte sie rasch, wie ein hochherfüegender Adler .
Und nun sandte Kronion den flammenden Süahl vom Olympos;
Diesar fiel vor Athene, der Tochter des schrecklichen Vaters.
Und zu Odysseus sprach die heilige Göttin Athene:
Edler Laertiad', erf111dungsreicher Odysseus,
Halte nun ein und ruhe vom allverderbenden Kriege,
Daß dir Kronion nicht zürne, der Gott weithallender Donn er!
Also sprach sie, und freuclig gehorcht' Odysseus der Göttin.

(Jobarm Heinrich Val})

Timotheos von Milel · wn 400 v. u. Z. · Griechenland

Die Perser

Rückwärts aber wandte sich nun der Perserbarbaren


Flüchtige Flotte in wildem Gedränge.
A neina der zerspellte ihr Andrang;
Ihren Händen entglitten die auf den Bergen entspr oßnen,
Lang hinausgestreckten
Ruderfüße der Schiffe. D em Dollbord entfielen
Beim Zusammenprall die marmorweilllich
Schimmernden Ruderpflöcke.
Doch wie sternübersät wimmelte rings das M eer
Von den lebe nsberaubten,
Atem-verlassenen Leibern;
Schwerbelastet war rings der Strand,
Andere lage n auf der felsigen Küste des M eeres,
In ihrer Na cktheit erstarrt,
Jammervoll klagend, m it Tränen
Triefend überströmt, und während heulende Klage
Ihrer dröhnenden Brust entfuhr ttnd weinend Gejammer
D auernd sie hielt, so riefen zugleich sie die Erde der H eimat
Zurück: ,dhr mysischen Schluchten,
Baumhaarbewachsen, o rettet
Mich von hier , wohin wir vom Winde getriebe11
Angeschwemmt ; denn niem als wieder
Wird m einen Leib je Erde bedecken.»

(Thai;silo von SchefJer / Walter Fiet z)

ßakchylides von Keos · um 505~430 v. u. Z. · Griechenland

Der Friede
Großer Friede, du bringst den Menschen Reichtum,
Bringst des süßen Gesangs holdselge Blume.
Auf umkränzten Altären glübn die Opfer
Allen Göttern zum Preis in goldner Flamme,
Zarter Lämmer und junger Stiere Schenkel.
Und des Jünglings Schar, verein t zum Wettkampf,
Sinnt auf Flötenmusik und Prachtaufzüge.
Doch im Bauche des erzgebundnen Schildes
W ebt ihr emsiges Netz die schwarze Spinne;
An dem Eisen des Speers, den D oppelschwertern
Nagt der Rost, und es schweigt die Kriegsdrommete.
'20 Ni cht m ehr meidet, hinweggeschreckt vom Auge,
Uns der liebliche Schlaf, der H erzerquicker ;
Alle Gassen sind voll vor Festgelagen ,
Und es leuchten in Glut die Liebeslieder.

(Emanuel Geibel)

Sappho · 7./6. Jn.hrhundert v. u. Z. · Griechen.land

Laßt mich
Laßt mich heut Anaktorias, der schon mir
Fernen, gedenken!

Lieber säh ich ihre geliebten Schritte


Und das Spiel auf ihrem beglänzten Antlitz
Als die Wagen lydischen Landes und i n
Waffen das Fu ßvolk.

(Emst Morwiti )

./lischylos , 525- 456 v. u. Z . · Griechenland

Chor der Töchter des Danaos

J etzt mich, wenn irgend je,


Höret ihr Zeusgebomen! Hört dem Geschlecht mich Heil flehnl
Wecke der FJ amm en Bru nst n ie in Pelasgos' Stadt
Ares, d er taumelnd tobt in festschändender Wut,
Der sich der Männer Bluternte von fremder Flur mäht -
Weil sie mein sich erbarmet,
J\llein H eil freundlich beschlossen,
Zeu s' Schutzfleh ende gescheut in uns neid unwürdiger Herde.

Nicht zu der Männer He'il


Gaben sie jenen Spruch, mißachtend der Mädchen Klage;
Sondern sie schaun zu Zeus' rächendem Wächte r, der Schttl d
'21
Unüberwindlichem Fluch, des blutschuldiges Spähn
Keiner auf seinem Dach wünscht, denn er lastet schwer dort.
Nein, uns, ihre Verwandten,
Zeus' Schutzflehende scheun sie,
Drum so wird sie die Gottheit stets gern am lautren Altar schaun.

Drum von dem frommen, laubschattigen Mund empor


Flieg ein Gebet der Ehren,
Mögen dem teuren Volk nie
Seuchen die Stadt verheeren,
Nie der Empörung wilde Wut
Blutig ihr heimisch Gefild säen,
Ungebrochen der Jugend
Blüte blühn, Aphrodites
Menschenmordender Buhle nie, Ares, dieses Gefild mähn!

Greisen vertraut zur Hut, flamm end in froher Glut


Möge des Landes Herd sein,

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Attische Tonpinax · Stürmender Krieger


Für der Gemeinde Wohlfahrt
Zeus der Erhabene geehrt sein,
Aber zumeist der Fremden H ort,
Der an ein ewig Gesetz ihr Los weist,
Mag der Führer Geschlecht stets
Führer wieder erzeugen,
Hilfreich Artemis nahn den Fraun, wenn ihr kreißender Schoß reißt.

Nimmer ein menschenhinraffender Schwindel mag


Spaltend sich auf sie stürzen,
Tränenerzeugenden Kampf sondern Gesäng' und Gepräng',
Ein aufruhrblutig Netz zu schürzen;
Der Schwarm frevler Begier lass'
Fernab sich grausig nieder;
Gnädig sei der Lykeier Gott aller Jugend des Landes!

(J. G. Droysen)

Lakythenmalerei · Jüngling übergibt seinen Helm


Pindaros · um 518-nach 146 v. u.. Z. · Griechenland

Tanzlied
Beim Nahen des Perserbeeres

S üß ist d em, der ihn nicht kennt, d er Krieg,


doch die ihn kennen, von denen
schaudert mancher, wenn er h erankommt,
im H erzen über das Maß.

Die Gemeinschaft der Bürger soll man in heiteres Wetter bringen


und dahin trachten, wo der mannerhöhenden Ruhe
schimmernd es Licht ist,
die Zwietracht vo m He rzen, die wid erwärtige, wegnehmen,
eine Geberin dei· Armut, eirte feindliche Amme d er jungt,m Männ er.

{F. Port)

..4 riakreon · 6..Jahrhundert v. u. Z. · Griechenland

Wer mir beim Kruge

W er mir b eim Kruge vo11 Wein von Kämpfen erzählt und von Kriegen,
Die uns nur Tränen gebracht, der sei nimmer m ein Freund,
Aber ein jed er, der Aphrodjtes herrliche Ga ben
Und die Musen zugleich preist im geselligen Bund.

(Horst Rüdiger)

Sophokles · um 496-406 v. u. Z. · Griechenland

Chor der Salaminischen Krieger

Wann e ndlich erfüllt sich die Zahl, ach wann


Hält inne das Rad
Der end los r ollenden Jahre,
24 Das uns immer und ewig nur Plage gebracht,
Die Mühe der klirrenden Speere
In Ilions weitem Gcfild,
Die g rausam e Schmach d er Hellenen.

0 wär er vorher i n das w eHe Reich


Der Lüfte getaucht,
Hinab zum H afen des Hades,
Jener Mann, der die Gtiecben die Waffen gelehrt,
Das gräßlich e füngen des Ares,
Die Qual, die nur Qualen gebar!
Wie bat er die Mensch en vemichtet!

Die Freude d er Kränze,


Die Fülle der Becher
Hat der Elende ewig versagt,
Das süße Getön
Der lie blichen Flöte,
Die Rube des nächtlichen Schlafs.
D es Eros, o weh e, des Eros
Freud en, er hat sie geraubt.
Einsam lieg ich , verlassen,
Die Ha are vom TaufaU
Ewig benetzt, von Trojas
Freudloser Gabe.

Es hat mich bis heute


Der s türmisch e Aias
Vor d en n äch tlichen Schrecken b ewa hr!.
Da verfiel dieser Mann
Dem g rausigen Oa imon.
Wo winkt da, wo winkt n och die L ust?
0 wä r ich am waldigen H ang, wo
Rauschende W elle d es M eers
Sunions ragende Klippe
U mbrandet - wie wollt ich
Heilige Stadt d er Aihena
Fre udig begrüßen !

(Ernst ßuschor)
Aristophanes · um 445-um 386 v. u. Z. · Griechenland

Der Frieden
Wer mächtig heut in den gedrehten Strick greift,
Dem wird der Krieg einst keinen Strick mehr drehen;
In Frieden wird er leben, eine weiche
Freundin am Hals, im Herd die Scheiter wendend.
Wer aber will, es sei und bleibe Krieg,
Dionysos, den spick mir ganz und über
Mit ehernen Lanzenspitzen, daß er Rost schwitzt.
Und wer, ein Feldwebel und Leutschinder,
Sich Mann nur fühlt, wenn Männer er entmannt,
Soll Pfeile fressen, bis er Schäfte scheißt.
Und wer, als Feldherr, große, müde H eere
So gern bewegt, sei, auf dem Rücken liegend,

Alexandermosaik · Kampf Alexanders d. Gr. mit Darius


Von Heeren überquert, zahllosen Stiefeln,
Die ins Gehös ihn treten und Gemächt.
W er aber, Gold aus Eisen sich zu schlagen,
E in Brot-aus-Blut-Bäcker, ein von Hunger Satter,
Sei Hamischschmied er oder Armbrusthä ndler,
Des Mordens Fo1·tführung anrät aus Freßgi er:
D er soll in diesem hohlen Brunnenloch
Mit k einer Nahrung als für zwei, drei Tage,
Dem Kern der Erde nah, langsam verschmachten,
Das letzte Fett wegschmorencl, das letzte Wasser
Ausatmend, bang der Wolken Flug ansehn
In fernen Himmels rötlichem Oval
Und ohne Tröstung vor sich hinkrepieren
Zum haarigen Skelett, ·z ur Sündenmumie,
Mählich bedeckt vom Kot der schwin-end en Vögel.

(T'eter Hacks)

Aus dem Dhammapada • 4./3, Jahrhundert v. u. Z. · Indien

Die Zahl ist nichts!

Besser als in tausend Reden


Wor te ohne Sinn verschwend e½
Ist ein W ort voll tiefen Sinn es,
Das dem H ör er Frieden spendet.

Besser als in tausend Liedern


Worte ohne Sinn verschwendet,
Ist ein Wort voll tiefen Sinnes,
Das dem H örer Frieden spend et.

Ob ein Sän ger hundert Lieder


Sinnlos in die L üfte send et,
Besser als ein Wort d er Wahrheit,
Das dein Hörer Frieden spend et.
Magst du in der Schlacht besiegen
Tausendmal zehn tausend Krieger -
Wer das eign e Ich bezwungen,
Ist der größte H eld und Sieger.

(H. MLLch)

Properz · 48-15 v. u. Z. · Rom

Elegie

Postumus, konntest du Galla verlassen in Tränen, und konntest ,


Folgend den Fahn en Augustus', weg von ih1· ziehn in den Krieg?
Schien so groß dir der Ruhm von der Siegesbeute d er Parther,
Daß du darüber das F) ehn d einer Gemahlin vergaßt ?

Gingt ihr doch alle zu Grund,


die ihr so gierig nach Raub seid,
Denen mehr noch d er Krieg
gilt, als ein zärtliches W eib!

Zwar du, Sinnloser, schöpfst, in d en Kri egsman tel nur gehüllt,


Dürstend und matt mit dem Helm aus dem Araxes di'.e Flut:
D och. sie schmachtet indessen an deinem eitlen Ruhme,
Fürchtet, d ein lu-ieg1ischer Mut werde zu bitterem Leid ;

Daß ein medischer Pfeil


an deinem Blut sich ergetze,
Oder ein eiserner Mann
mit dem g epanzerten Roß.

Oder man ilire n Tränen vielleicht deine zurückbr ingt :


Ach, zu oft nur das Los jenes entfernten Kriegs!
Dreima l, ja viermal glücklicher Postumus ! warst du würdig.
Du, mit solchem Gemüt, einer so trefflichen Frau?

(I<. 1,. v. Kn~hd)


Tibull · 54-19 v. u. Z. · Rom

Der Friede

Welcher der Sterblichen war des grausamen Schwertes Erfinder?


Wahrlich ein eisernes H erz trug der Barbar in der Brust!
Mord begann nun im Menschengeschlecht, es begannen die Schlachten,
Und du, gräßlicher Tod, hattest nun kürzeren Weg.
Doch was fluch ich dem Armen? Wir kehrten zum eignen Verderben,
Was er gegen die Wut reißender Tiere nur hot.
Gold, dir danken wir dies! denn damals gab es nicht Kriege,
Als noch ein buchener Kelch stand vor dem heiligen Mahl.
Keine Feste noch war, kein Wall! Es pflegte des Schlummers
Sorglos unter den buntwolligen Schafen der Hirt.
Hätt ich damals gelebt! dann kennt ich nicht Waffen des Volkes,
Nicht der Trompete Getö'n hört ich mit klopfender Brust,
Aber nun reißt man mich fort in den Krieg, und einer der Feinde
Trägt wohl schon das Geschoß, das mir die Seite durchboh11.
(Eduard Mörike)

Steinmosaik · Gefangene Berber


J /'oraz · fi5- 8 11. u. Z. · Rom

An I ccius

Dich locken, Freund, die Schätze d er Araber ,


und ernsten Ktiegszug, Icci us. rüstest du
Sab äas nie zuvor besiegten
Königen, ja, für d en M ed er sch mied est

du Fesseln schon? Welch schönes Ba rbarenkind


bedient dich künftig, dem d er Verlobte fi el?
W elch schmucker Edelknabe soll dlr
duftenden Haars d en Pokal kredenzen,

d er einst vo m Valerbogen den Sererpfeil


ins Schwarze sch oß? - Nun sage mir einer noch,
l'S könn e nie bergan d er Stu rzbach

oder zur Quelle d er Tiber ström en,

da du den sch wer erworben en Büch erscha l:,.,


d er Stoa Sclu iften un d der Sokratiker,
dir selber treulos, wHlig hingibst
für ein iberisch es Pa nzerh emde.

{Eluanuel Geibel)

Tsa.u ]'sau · 155-220 · China

Feldzug ohne Rückkehr

Wildgänse zieh en über die Grenze nach Norden,


Dorthin wo leer ist von M ensch e n das Land.
Sie schlagel1 die Schwingen zehntausend M eilen und md u·,
Und immer geordnet i n fli egender Kette.

Zum Winter fraßen i m Süd en sie Korn,


l n des Frühlin gs Sonne fliegen sie wied er trnc h Norden.
Mitten im Felde schwanken die Kolben vom Rohr,
Bis vom Winde der Samen stiebt wirbelnd davon.

Getrennt von der h eimisch en Wurzel für lange -


Für ewige Zeiten davon und nie wieder zusammen.
Weh euch! auf dem Marsch e - Soldaten!
Wozu euer Marsch an das Ende der Welt?

Nie w ird vom P ferde der Sattel geh oben,


Nie der Panzer gelockert, die H elme gelöst.
Um Schritt und Schritt kommt näher das Alter, -
Wann je zur alten H eimat die Wied erkehr ?

Feucht si nd die Schluchten, der D rachen Versteck;


Steil sind die H öhen, der Bestien Pfad.
Der Fu chs dreht im Sterben den Kopf hin zum Bau,
Dfe alte Heimat: wer kann sie vergessen ?

(Peter Ulbri chl)

Tsau Dschi · 192-232 · Chinu

Geschrieben einundzwanzig Jahre


nach der Zerstörung
der Stadt Loyang
Den Bemang-Hügel stieg ich h och
und blickte auf Loya11g hinab.
In Asche die a lten Paläste,
und still die Stadt w ie ein Grab.
Die Mauern niedergebrochen,
aus den Ttümmern Unkraut bricht.
Und immer nur neue Gesichter
und nirgends ein altes Gesicht.
Die Wege Jä ngst überwuch ert,
die Felder verwüst et und leer.
Wer lange nicht hier gewesen,
fin det zurecht sich nicht m ehr.
31
Die D örfer verlassen, kein Zeichen
von Leben das Auge erblickt.
Wie war es hier einst doch! - D er Jam me r
das W o rt in d er Kehl e erstickt.

(Ems1 Schwarz)

Li Tai-bai · 701- 762 · China

Fluch des Krieges


l m Schnee des Tien-schan grast das düne Roß.
Drei Heere sanken vor d em wilden Troß.

Die gelbe Wüste liegt von weißen Knochen voll.


Der Pferde Schrei wie schrille Fl öte scho ll.

Steinabreibung· Kampfszene
Es schlingen Eingeweide sich von Baum zu Baum u, Schnüren,
Die Raben krächzend auf die Zweige führen.

Soldaten liegen tot auf des Palastes Stufen.


Es mag der tote General die Toten rufen.

So sei verflucht der Krieg! Verflucht das Werk der Waffen J


Es hat der Weise nichts mit ihrem Wahn zu schaffen.

Er wird die Waffe nur als letzte Rettung schwingen,


Um duTch den Tod der Welt das Leben zu erzwingen.

(Klahunrl)

Yakamochi · um 700-785 · Japan

Gedanken eines Grenzoffiziers

Dem Befehl des großen Kaisers folgend


verlaß ich mein W eib.
Trauer erfaßt mich,
d och: Mut sei Sache
des wahren Kriegers.
Zum Kampf gerüstet
trete ich unter die Türe.
Die Mutter küßt mich,
die Mutter und Amme;
mein Weib - Grasha lm im Mai - ,
es umarmt mich:
«Unverwundet bleib du,
meine Sehnsucht!
Kehre zurück aus Gefahren,
glücklich!»
Sie wischt eine Träne
mit seidenem Ärmel.
Sie spricht die Worte
mit schluchzendem Stocken.

53
Mitziehu müssen im Zug der Schwäne
ist bitter. -
Ein Mal noch, zum letzten
blick ich zurück,
doch kann ich das H eimatdorf
längst nicht mehr sehn.
Von Berg zu Berg
ziehn wir, über Pässe;
ich sehe des Yodos
schilfige Mündung
am Abend zur Flutzeit.
Noch seh ich im Nebel des Morgens
die Inseln,
noch hör ich des Reihers
warnendes .K rächzen. -
Und seufzend gedenk ich
der Meinen zu Hause.
Auf meinem Rücken
klappern die Pfeile.

Nachschrift:

Auf See noch


hör ich des Reihers Krächzen.
Ich denk an die Meinen.

Weitere Nachschrift:

Ich konnte nicht schlafen.


Dacht ich ans Heimatdorf?
War es der Schrei des Reihers? -
Schwarz stand das Schilfrohr ...

(Adler-Revon/ A. Roscb1:r)

34
Du Fi, · 712-770 · China

Nur dann

Dem Bogenschützen wird gebot en: spanne


den Bogen straff und triff mit jedem Schuß!
Doch besser wär es, wenn er zielen muß,
daß nach dem Roß er ziele, nicht dem Manrte.

W enn ihr gegen Räuber kämpft, dann aus der .Bande


fangt erst den Häuptling, daß nicht andre büßen.
Sind nicht auch Gren2en jedem Blutvergießen
gesetzt, wie sie gesetzt sind je dem Lande?

Nur wenn das Reich bedroht von Feindeshorden,


wen o mordend sie mit Krieg uns überzogen,
dann greift zum Schwert, dann spannt ihn straff, den Bogen -
nie aber, um aus blo.ßer Gier zu morden!

(Ernst Schwan)

Tsao Sung · 870-920 · China

Ein Protest im sechsten Jahre


des Chien Fu
Die Hügel u.:nd Bäche der E bene
Machtet ihr zu eurem Schlachtfeld.
Wie, glaubt ihr, wird das Volk, das hier lebt
Sich versorgen mit Brennholz und H eu ?
Bitte verschont mich mit eurem Gewäsch
Von Ernennungen und Titeln.
Eines einzigen Generals Repu tation
H eißt: Zehntausend Leichen.

(BertoH Brecht)

35
Liu Ko-dschu.an.g · n87-1269 · China

Der Feldherr

Im Lager ziehn die Wachen auf


mit Trommel und H ellebarde.
Des Feldherrn Zelt ist wohlbewacht,
in Reihen steht die Garde.

Der Feldherr ist von edlem Blut.


muß nicht im Panzer schwitzen.
Nachts schickt er seine Soldaten aus,
die Pässe zu beschützen.

Der Feind, sagt er, fürcht' ihn zu sehr,


als daß er den Angriff wage,
und fröhlich auf die Jagd zieht er
nach Wildbret fürs Gelage.

Wenn voll von Wein die Zecher im Zelt


halb schlafend nur mehr lallen,
schenkt er dem Mädchen als Entgelt
Seide, wohl hundert Ballen.

Was kümmert's ihn, daß mancher Soldat,


im Kampf zerschlagen, zerschunden,
nicht Geld genug für d en Feldseher bal ,
noch Pflaster für seine Wunden.

(Ernst Schwar.G)

Tau Kai · urn 1375 · China

Die alte Hellebardenspitze

Ausgescharrt beim Pflügen hatte


eine Hellebardenspitze
kürzlich bei Tschangan ein Bauer.
Alt war sie. uralt, das sah man,
und sie Lrug auch noch die Spuren
einer längst zerfreßn en Inscluift.
Nutzlos lag sie da vor mir -
stwnpf, verwittert, die ein st blitzend
scharf im Waffenglanz zum Blutrausch
Krieger aufgestachelt hatte.
Doch mir war's als seh ich wieder
ü berm abendlichen Schlachtfeld
Nebel, und die spitze, kalte
Hellebarde glimmt im düstren
Mondlicht, das wie Reiterheere
drohend W olken überziehn.
Tausend Jahre in der Erde
lag die Hellebardenspitze,
und im schartigen Metalle
schwelt der Haß, der Blutrausch weiter
unvergessen : auf dem alten
Schlachtfeld, wo sie einst gemord et,
heulen Nacht für Nacht der Toten
Geister schaurig in den Lüften.

Damals h at das Heer von D schau


einer, der den Krieg sehr leicht nahm,
Dschau Kuo, der General,
zu deT Schlachtbank hier getrieben.
ln den Hinterhalt g.eraten,
mußte skh sein H eer ergeben;
und der Gen eral von Tschin
ließ sie all e niedermetzeln,
alle, die er hier gefangen -
viermalhunderllausend Mann.
Viermalhunderttausend Leiber -
viermalhunderttausend Häufch en
Staub und Erde! U nd ,vie Staub
längst verweht sind au ch die Reiche,
die einst Dsch au und Tschin geheißen.
Und wie einst so sinkt auch heute
rot wie Blut die Abendsonne,
schräg die Trümm erstätte stTeifend.

37
Alte H ellebardenspitze!
Meine Finger streichen sinnend
über die ze1wetzten Kanten.
Traurige Gedanken weckst du;
traurig, H ellebardenspitze,
ist das Schicksal des Metalles,
das dich einst zur Waffe formte.
Was hat M enschen denn bewogen,
daß sie, stat1 zur scharfen Waffe,
nicht gebraucht zum Guß von Glocken
dein Metall, nicht für den Frieden
heilige Gefäße formten?
Weißt du, Hellebardenspitze,
daß du heut in andern Zeiten
wiedersiehst das Licht der Welt!
Frieden herTscht im Reich, und Waffen
schmilzt m a n ein und formt zur Pflugschar,
was einst Pflüger hingemordet -
Schwert und Speer und Hellebarde.
Ach, ich wünschte, daß der Kaiser,
der uns Frieden brachte, tausend,
abertausend Jahre lebe;
daß die Menschen niemals wieder
mordend deinesgleichen brauchten,
alte Hell ebardenspitze!

(Ernst Schwarz)

Gau Tsching-tschiu · TJJ6-I]74 · China

Ich halte Ausschau


Ich steige auf den Stadtwall und blicke in die Feme.
Von Wind und Staub umdunkeJt, verschwimmt das weite Land.

Der Strom und die Berge umschirm en unsere Stadt.


Die Feuerzeichen fl ackern von allen Mauertürmen.
Wann werden denn die Übergriffe eingestellt?
Von hundert T oten bleibt nur eine H andvoll Erde.

Bei Tau und Regen gedeihen jetzt ringsum


nur wilde Disteln auf den Hirse-Äckern.

Die fernen Schlachtfelder sind nicht zu sehen.


Und doch begreife ich die Not d er Menschen.

Die Pferde sch euen im pfeiJenden W estwind.


Die Tromm eln dröhnen bei Sonnenuntergang.

Das Wasser rauscht am Fuß der Mau er hin:


So ström t das Leid durch a lle Zeiten fort.

(/\ ridreas Donalh)

A nony m · vor IJOO · Inka-R eich.

Gebet für den Inka


0 mildtätiger Viraqocha, d er am Ende der W elt ist
und es gut fand und befahl. daß H en- d er Inka sei,
diesen Inka, d em d_u das Sein gabst,
hüte in Fried en und Sicherheit,
ihn und seine Diener und Gefolgsleute!
Er möge Siege erringen über seine Feinde,
immer möge er Sieger sein!
Mindere ihm nicht der Tage Zahl,
no ch seinen Söhnen und Nachkommen ,
bewahr sie in Frieden, o Viraqocba!

(Juliane Bambula-Dia~)

39
Suhair · um 600 · Arabien

Der Krieg
Der Krieg ist, wie gekostet ihr habet sein Gericht,
Nicht ein von Hörensagen mutmaßlicher Bericht.
Ja, wo ihr ihn erwecket, erweckt ihr eine Schand.
Und wo ihr auf ihn stör et, ist aufgestört ein Brand.

(Friedrich Rückert)

Abu 'l Tajjib al Mutanabbi · 915-965 · Arabien

Die Menschen vor uns


Die Menschen vor uns ertrugen das Schicksal wie wir,
Und was wir erlebten, das haben auch jene erlebt;
Und dennoch: sie alle verließen bedauernd die Welt,
Hat diese auch manchmal nur manche mit Freude bedacht.

Teppich vorz Bayeu:x · Schlacht bei Hastings


Zuweilen erschienen die düsteren Tage uns schön,
Doch hat sie das Schicksal dann immer aufs neue getrübt,
Und wir, in der Tat, als genügte der Wechsel uns nicht,
W ir taten noch jeder das unsere helfend dazu.
Treibt jemals das Schicksal ein Rohr aus der Erde hervor,
Versieht es der Mensch mit Eisen und spitzt es zum Speer;
Und dabei ist, was wir bedürfen, doch viel zu gering,
Als daß wir darüber Vernichtung erstrebten und Krieg.

(Kurt Heinrich Hansen)

Rabbi Meir · II. Jahrhundert · Vorderer Orient/ lebte in Frankreich

Herr, kannst du's ertragen?

Seufzen, Wimmern,
J amrnerklagen !
Schwerter klirren,
D ie mein armes Volk erschlagen,
Das die M ö rder
Noch zu h ö hnen wagen,
Die Entsetzten , Müdgeh etzten
Aus dem Land e jagen!
Felsenriffe
Bluten, w o wir sterbend lagen -
Kannst du, H err, kannst du's ertr agen ?

Pest von Schwindlern


Hören wir uns sch elten ,
Als Ven-uchte, als Verfluchte
Läßt man uns nur gelten ;
Unter Schauern k auern
Wir in Höblen - Todeszelten ,
W o die Leiber unsrer W eiber ,
Unsrer Kleinen sie zersch ellten.
So verachtet, hingescblachtet,
Muß ich , muß verzagen -
Kann st du, Herr, kannst du's e rtragen ?

F einde pfla nzen


Zahllos a uf die Zeichen ,
Schleudern Speere,
Die d as H erz e rreich en,
Ra ufen , sch änden das Gesich t mit Bränden,
Füllen Gruben mit d en Leichen ,
Wenn im Tage
Tiefgeduckt wi·r schleich en,
Spähn die Sch ergen von d en Bergen.
Auf uns loszuschlagen -
Kannst du, He rr, k annst du's ertr agen?

(S. Heller)

Bt1cfun alerel · Sturm tu~f ei11 11 Slaclt I Dl'r /( önig entsendl'f seine Mann<~"
Adam von St Victor · 12. Jahrhundert · Frankreich

Sequenz von der Geburt des Herrn

0 Maria, Stern der Meere,


Nach Gott einzige Hoffnung, wehre
Dieser Zeiten Untergang.

Sieh, wie viele Widersacher


Schädigen mit listigem Schacher,
Quälen uns mit bösem DTang.

Durch dkh sei uns Tugend eigen,


Durch dkh, teure MutteT, neigen
Sic h des Dämons Stolz und Gift:

D eines Sohnes Hu ld vermehre,


Daß nicht der entsetzensschwere
Kurze Urteilsspruch uns trifft.

(Friedrich Woltel's)

Ju Ho ln · geb. 1445 · Korea

Mein Schwerl

Ei.n gutes Schwert hab ich, haarscharf die Klinge,


im kalten Glanze strahlend w ie ein Stern.
Den Feind - den kenn ich auch. Be fehlt! Ich schwinge
mein Schwert für eine gute Sache gem ...
daß es der Erde endlich Frieden bringe.
Doch sagt mir: Wann? Für wen ? Für welchen H errn ?

( T•: rn st Schw<1 r"?;)

44
/
Land und Leute
könnten voller Ruhe sein,
wären nicht zwei kleine Wörter:
mein und dein

Miniatur · Kämpfende Ritter


Gottfried von Straßburg · um r2O0 - D eutschland

M ein und dein

Land und Leute könnten votier Rul1e sein,


Wären nicht zwei kleine W örter : m ein und d ein ;
Die wirken manch e Wunder auf d er Erde.
Wie gehn sie rüttelnd, w ie so wütend ü beralJ
Und treib en alle W elt herum wie einen Ball.
Ich denke ihres Krieges n ie m eh r E nd e w erde.
Böse Gierigk eit
Schlingt um all es sich hin seit Evas Zeit,
Verwirrt ein jedes H erz und jedes Rei c:h.
Wed er H erz noch Zungen
M einen nichts noch lieb en nichts a ls F alsch und Änderungen.
Liebe und auch R echtssp ruch sind an Trug sich gleich.

(Curt H ol10ff)

W alther von der Vogelweide · um JJJO~ um 1230 · Deutschland

Schlimme Zeiten
Ich sa ß auf einem Steine
und deckte Bein mit Beine;
d en Ellenbogen setzt ich auf
und schmi egte in die H a nd dara uf
das Kinn un d eine VVan ge.
So g rübelte ich lange,
wie in der W elt man k önnte l eben:
di e Antwo11 konnt i ch mir n icht geben ,
w ie m an drei Ding erwiirbe,
daß keins davon verdürbe,
D er'n. zw ei sind Ansehn, irdisch Gut
- d as oft einander Abbruch tut - ,
das dr itt ist Gottes Segen ,
den zweien überlege11.
D ie wün scht ich mir iu einen Schrein.
D och leider kann es nimmer s<:>in, 47
daß Gut und w eltli ch Ehre
und Gottes Huld je kehre
ein in dasselbe M enschenherz.
Sie finden H emmnis allerwärts:,
Lug gibt's im Übermaße,
Gewalt he1Tscht auf de r Straße.
Friede w.1d Recht sind todeswund,
es finden keinen Schutz die drei,
eh diese zwei nicht sind gesund!

(Richard SchaeITer)

Charles d'Orleans · IJ91-1465 · Frankreich.

Friedensballade

Um Frieden bete, süße Frau Marie,


Du Himmelskönigin, Hen; n d er W elt:
Laß beten - Deine Güte endet nie -
Die H eiligen. 0 daß es Dir gefällt,
'"Zu bitten D eines Sohnes hohen Mut,
Er blicke freundlich auf sein Volk und gut,
Erlösen woll.te es sein reines Blut,
D en Krieg verweisend, der das Böse hält.
0 hört nicht auf und betet alle beide:
Um Frieden betet, um den Kelch d er Freude.

Bet et, Prälaten, und Ulr fromm en Leute,


Ihr Mönche, daß euch nicht d er Schlaf erschlafft,
So betet, Lehrer ihr und Hö rerschaft.
Denn alles Lernen wü-d dem Krieg zur Beule.
'Zerstört sind Klöster, und man baut sie nicht,
Dem Dienste Gottes dürft ihr euch nicht geben,
Nicht mehr in eurer Ruhe könnt ihr leben.
Betet so stark, daß Gott bald zu euch spricht
Und daß der Kirch e WilJen euch bescheide~
Um Frieden betet, um den Kelch d er Freude.
Betet, ihr Fürsten , die ihr H errsch er seid,
Du König, H erzog, edler Graf, Baron,
Ihr Adligen im ritterlichen Kleid:
Gemeine sprech en ni cht demütigen T on;
Sie halten euren Reichtum in der Hand,
In eure Höhe bringt sie Kampf und Streit:
Ihr seh t es jed en Tag deutJjcher schon,
Und reich sind sie von eurem Geld und Land,
Und eure Macht ist eurem Volk zu l eide :
Um Frieden b etet, um den Kelch der Freude.

Betet, ilir Völker in der Tyrannei;


Denn eure H erren sind sehr matt und schwach.
Sie hüten euch nich t, lassen euch nicht frei,
Noch h elfen je sie eurem W eb und Ach.
Euch biedre Händler drücken Sattelwunden
Und h eftig ist d er Rücken eu ch geschunden,
Kaum führet ihr noch ein e Ware mit,
Ihr kennt nicht sich:ren W eg n och sichren Schritt,
Gefahr begegn et ihr und vielem Neide:
Um Fried en betet, um den Kelch der Freude.

Allmäch tiger Gott, du mögest m1s bedenken


Und .Hirnm el, Erde und das M eer beschenken!
Betet zu ihm und seinem guten Lenken,
Iu ihm allein ist Heil von allem Leide:
Um Frieden betet, um den Kelch der Freude.

(Alfred Neumunn)

Michelangelo · 1475-1564 · Italien

Hier macht aus Kelchen Helme man

Hier macht aus Kelch en H elme man un d Klingen,


Nach Maß verschachert man des Heilands Blut,
Für Schild und Lanze tauscht man Kreuzes Gut,
Selbst Christi Langmut würde man b ezwingen.
49
Hieronymus Bosch . K neg
· er
Er käme b esser nicht in solche Hut,
Man ließ den Blutpreis zu den Sten1en springen.
D em gute n W erke sperrt man das Gelingen,
Doch Christi Haut verkauft Roms FTevelmut.

Hätt' ich zum Trost doch Schätze mir geschaffen,


J edoch m edusenhaft wußt', was erstand
An Werken, der im Papstkleid zu erraffen.

W enn nun im Himmel Armut Glorie fand,


Wo fänd' ich Hoffnung - da des H eilands Waffen
Auf Erden man nicht wert zu m Sinnbild fand?

(Edwin Rcdslob)

Luis Vaz de Camöes · wn 1525- 1580 · Portugal

Weh, wieviel Not

·w eh, wieviel Not und Fährnis auf dem M eere,


Wie na h der Tod in tausendfalt Gestalten!
Auf Erden, wie viel Krieg! Wie viel d er Ehre,
Verhaßt Geschäft. Ach daß nur eine Falte
Des Weltballs für d en M enschen sich er wäre
Sein bißchen Dasein friedlich durchzuhalten
f ndeß die Himmel wetteifern im StuTm.
Und gegen w en? D en ärmsten Erdenwurm!

{Stefau 7.wP.ig)

Franr/ois Villon · r4p-um r463 · FranJrreich

Die Ballade von der schönen Stadt Morah


Und als ich in die schöne Stadt rein.fuhr,
weil sie so lang und breit am Wasser liegt,
da tat ich gleich bei meinem Bart dep Schwur: 51
daß micb kein Hund aus dieser S tadt ra uskriegt.
Ach, sagte ich zu mir:
ich bleibe ewig dein Geliebter hier.

Da lagen auch soviel Soldaten drin


und gingen Ann in Arm mit mancher Frau.
ich aber sprang wohl zu dem W asser hin
und nahm mir eine Wolke weiß und blau.
Ach, sagte ich zu mir:
du bist mein allerschönstes Schmeicheltier.

Da kam auch eine kl eine Fischerin


in ei nem weißen Segelschiff heran
und fragte, ob ich der Villon wohl sei,
d er Frani und nicht ein irgendwelch er M a nn.
Da sagte ich zu ihr:
nun nimm ihn schon, den Schnabel, und probier.

Es schien d er wunderblaue Sommerbaum


noch lang h erab auf unser Nest im Kraut;
und schließlich wollte sie, daß dieser Traum
nur ihr gehör und keiner an dren Braut.
Da sagte ich zu ihr:
was ewig dauert, macht mir k ein Pläsier.

Und als i ch wieder aus der Stadt rausfuhr,


nach mir da gingen die Soldaten auch
und schossen auf der schönen Som m erflur
sich lauter rote Löcher in den Bauch.
Ach, sagte ich zu mir:
wie wär es, wenn ich jetzt zurückmarschier?

Da stand die sch öne Stadt schon lang nicht m ehr


am Wasser um die blaue Pflaumenzeit ;
da lagen nur n och Steine kreuz und quer ,
und eine Krähe schrie vom Baum ihr Win t.erleid.
Ach, sagte ich zu ihr:
wir bleib e n ewig nur zwei Waisenkind er hier.

(Paul Zct:h)
Olivier de Magny · um 1529- 1561 · Frankreich

Die Seufzer der Welt

Gordes, was tun wir? wird nie Frieden um uns sein?


Nie Frieden um uns sein meh.r hier auf dieser Erden?
Auf Erden nichts mehr sein als lange Kriegs~Beschwerden,
Als Krieg, der auf dem Volk so liegt als Last und Pein?

Ich seh nlll· Harnische, nur Röß- und Söldnen-eilm,


Ich hör nur Prahlen, was alles soll erobe11 w erden,
Ich hör nu.r Donner, Lärm, Fanfaren, Schlacht-Gebärden:
fn nichts als Wut und Blut seh ich, hör ich hinein!

Die Großen dfoser Welt spieln nu.r mit unserm Leben,


Und h aben wir zum Gut das Blut dahingegeben,
So sorgen sie sich nicht, wer sie uns wiederbringt:

Wie sind wir Lebenden mit Unheil doch bel aden,


Wir, die wir zusehn, wie das Übel uns u1ru;ngt;
Bei andern ist die Schuld, doch unser ist der Schaden!

(Helmut Barn1s<:hek)

Giambattista Marino · 1569-1625 · Italien

Die Mutter

Dort siebst du eine Mutter bittend weinen


und vor ihr steht ein grimmiger Soldatj
mit ihrem Arm beschirmt sie ih ren IGeinen,
wie er den Arm zum Streich erhoben hat;
sie Oeht, man soll ihr lassen d iesen einen -
den letzten Soh n; da sie vergebens bat,
rast wild sie auf, mit Kra-tzen und mit Bissen
hat sie dem Mann das nackte Schwelt enllissen.

53
Dann sprach sie bei sich selbst: «Es solJ nicht wahr sein,
o meines H erzens einzige Sorge du,
es soll nicht diese wüde rohe Schar sein,
die also süßem Leib ein Le ides tu.
In schneller Tat soll's allen offenbar sein:
die dir das Leben gab, bringt es zur Ruh.
Sie sollen sehen , die entmenschten Horden,
wie ein e Mutter Mörderin geworden.»

Sprach's und mit eignen Händen, gleich Medeen ,


durchbohrt' und schnitt sie in zwei Stücke ihn,
warf ins Gesicht dem Wicht, der zugesehen
und grinste, die geliebten Glieder hin.
«Du lem e Grausamkeiten zu begeh en
von einer Mutter und H ebräerin!
Ein Stümper warst du! Lerne, lerne», sprach sie,
<•auch dies von mir!» Und dann sich selbst ersta ch s'ie.

(Hans Frecleric:k)

Volkslied · um 1544 · Niederlande

Der Rat der Mutter

«Ach, Mutter», sagte sie, «Mutter,


Nun gebt mir guten Rat;
Mich freit ein Landsknecht sehre,
Er geht mir allzeit nach.»

,iFreit dich ein Landsknecht sehre,


Geht er dir allzeit nach,
So schlag dein Augen nieder
Und laß ihn w eitergahn.»

<<Ach, Mutter», sagte sie, ~{Mutter,


D er Rat dünkt mich nicht gut;
Ich hab den Landsknecht lieber
Als all meins Vaters Gut.»
54
~,Hast du den Landsknecht lieber
AJs a ll d eins Vaters Gut,
So mag sich Gott erbarmen ,
Daß .ich dich einstens trug.>>

(Albert Wesscls ki)

Landsknechtslied · um 1525 · Deutschland

Die Schlacht vor Pavia

Im Blut mußten wir gau,


Im Blul m ußten wir gan,
Bis über, bis über die Schuch:
Barmherziger Gott, erkenn die Not!
Barmherziger Golt, erkenn die Not!
Wir müssen son st verderben also.

J ean Passerat · 1534 - 1602 · Frankreich

Wider die deutschen Landsknechte


Ihr Pu lver fra tzen, Teufel ihr vom Rheio,
Mordbrenner, wagt euch nie m ehr hier he rein
In unser Musenland! Keiner versu ch es!
Treff euch der Bannfluch meines Zauberbuches:
Beim Bacchus, dessen Bannern ihr euch w eiht,
Sucht sonstwo mit d en Pfaffen euern Streit!
Raubt sonstwo, meine H erren Ketzerbande:
Reliqw en g,ibt's nicht m ehr b ei uns zu Lande!
Die Spatzen pfei fen 's von den Dächern euch:
Weg von hier, legt eu ch sonstwo ins Gesträuch!
Dies heilige Land hier ist kein Marsfeld, M eute !
Hier h errscht nur Phöbus strahlen d, einst wie h eutel
Spielt eu ch nicht auf, stellt das Verbeern hier ein:
Sonst - soll'n clie Gäule euch vernagelt sein!
Hans Burgk.mair d. Ji · Seeschlacht zwischen. Weif3kunig und Blaukunig
Sachsenchronik · Der römische Kaiser verheert das Land der Wenden/ Zerstörung
eines Do,:fes
So nst - soll euch euer Troß voll Räuberpacksen
Mit Rad und Achsen hie r im Schlamm zerknaxen!!
Wollt ihr n och mal solch Gen eralabfuhr
Wie - auf Nimmerwied etkehm! - bei Montcontour?!
Verfluchen werdet ihr, wie jün gst, dann diese
Metzer Belag'rung gegen unsern Guise!
Heißt's daun Reißaus, zerschlagen und zerb1eut,
Heißt's Wasserschlucken, das ihr sonst so sch eut ... !
Wagt also euch nie wied er ins Gelä nde -
Führt sonstwo euern Ki-ieg und Brand zu En de !
Laßt sonstwo - wo ihr wollt - niema ls in Ruh
Das Sch weinsgeselchte und das Faß dazu!
Wälzt sonstwo euch - nur hier nicht - untenn Tisch e,
Schnarcht sonstwo aus e uch in 'ner Saustallnisch e,
Sieger im Saufen und vom S uff besiegt,
Wo ihr im weißen, rosigen W eindunst liegt,
Nackt und b e<lreckt, gereiht in eurem Pfuhle,
Wie sich die WHdsau sühlt in ihrer Suhle!
Kurz: Wie ihr wollt, sollt ihr gebettet sein ,
Nur - wagt euch nie nach Frankreich mehr herein,
Das euch nicht braucht, ihr fremden Starenmassen,
Um sein e Trauben sich pflücken zu lassen!

(Helmut Bartuscbek)

H ans Sachs · 1494-1576 · Deutschland

Fried und Ruh

Genius sprach zu mir:


«Sag an, Gsell, wie gfällt di r
D er Krieg und die Kriegsleut,
Sein Art, Frucht, Lohn und Beut?>,
I ch antwort ihm gar klug:
«D er Kriegs hab ich genu g.
Dieweil ich hab mein Leb en,
So will ich mich begeben
1n k ein Krieg nimmermeh r,
58 W eil er ohn Nutz und Eh r
Handelt; allein mit Schaden
Wird Land und Leut beladen,
W eiche der Krieg tut rühren,
samt denen, die ihn führen.
Derhalb der Krieg - ich sag -
Ist lauter Straf und Plag,
D es gar soll müßig gahn
Ober- und Untertan.»
Da antwort Genius
Und sprach: «Gesell, man muß
D es Feindes sich oft wehren,
Der wider Recht und Ehren
Bekümmert Leut und Land.
Allda mit teurer Hand
Wehrt man sich recht und billig.
Da sollt du auch gutwillig
Deim Vaterland beistahn
Als ein ehrlicher Mann.

Hans Holbein d.J. · Schlacht


Dran setze Leib und Blut,
Kraft, Macht, Gwalt und Gut,
Dein Vaterland zu retten,
Als auch die Alten täten,
Daß Fried und Ruh ihm wachs,
Spricht von Nürnberg Hans Sachs.

Ulrich von Hutten · r488-152; · Deutschland

Papst Julius II
Julius reizet die Völ ker zum Grimm u11d e rschü ttc11 die W elte n,
Friedliche n Fürsten dJ"ängt mordende Waffen er auf.
Wälschland schafft er Geschosse, in Deu tsc.bland facht e r den Kampf a n,
Wirrung stiftend und Graus störet er Spaniens Ruh.
Au ch die tapferen Franken erreget der nämliche Wahnsinn,
Selbst der Ven ediger Macht greift zu der Fackel des Kriegs.
Von den äußersten Inseln erregt er di e blonden Britane n,
Zum gemeinsamen Mord nah en die Schotten in Wehr.
Kommen die Türken nicht auch? Ach, frevelhaft blutiges Streiten
\I\Ti,rkl dieser einzige Mensch jetzt zum Verd erben der Welt.
Allen reicht einer die Waffen und treibt sie zum mörd'rischen Kampfe,
Dieser einzige Mensch richtet die Staa ten zu Grund.
Tödliche Angst ergreift die Schafe des Herrn in dem Stalle,
Und durch die offene Tür dringen die Wölfe herejn_
Seine Wut nur entriegelt die Pforten des friedlichen Janus,
Seine Furie füllt alles von neuem mit Blut.
Diesem, wie wir ihn kannten - und gut war er nicht - vertrauten
Unsel'en Schafstall wir, unsere Herde wir an !
Ja, wir haben ih11 gar als obersten Hirten und Priester
Über die ganze Welt selber zum Köu~ gesetzt.

60
Martin Opitz · 1597-1639 · D eutschland

Klage

Ei, ei, du wertes Land, was kannst du doch erfahren,


Das nicht genugsam schon in diesen kurzen .Jahren
An dir verübet sei? Wie hat dein alter Stand
fn solcher kurzen Zeit so sehr sich umgewandt?

Hans Schäufelin · Erntürmung einer Burg


Du warest sonst der Markt und Schauplatz aller Sachen,
Dadurch efo schöner Ort sich kann berufen machen ,
Du gingest überhoch den andern Ländern für.
Was allenthalben ist, das sehe man bei dir.

Dies Lob ist jetzt dahin. Die Kirch en sind beraubet,


Die Kammern sind erschöpft, das Gold ist aufgeklaubet,
Viel Weiber ihrer Ehr und Männer quitt gemacht,
Sehr vielen Kindern sind die Väter umgebracht.

Und nicht nur durch das Schwert: die Luft ist schädlich worden,
Hat auch das Feld geräumt und jämmerliches Morden
Durch strenge Pestilenz und Krankheit angestellt.
Wie mancher kühner Maim, wie mancher freier H eld,

Der hohes Lob gehofft mit Streiten zu erwerben,


Hat müssen ohne Blut des faulen Todes sterben,
Hat seinem Mörder nicht entgegen können gehn
Und, wie ein Krieger soll, zu seinem Ende stehn.

So ist die Gottesfurcht auch mebrenteils verschwunden


Und die Religion gefangen und gebunden.
Das Recht liegt unterdrückt, die Tugend ist gehemmt,
Die Künste sind durch Kot und Unflat üb erschwemmt.

Die alte deutsche Tre u bat sich hinwegverloren.


Der Fremdeu Übermut, der ist zu allen Toren
Mit ihnen eingerannt, die Sitten sind verheert,
Was Gott und uns gebührt, ist alles umgekeh11.

Wer hier nicht wird bewegt, wer sonder Weh und Schmerzen
Dies ungerechte Recht des Krieges kann beherzen,
Der ist aus hartem Stahl und Kieselstein erzeugt,
Es hat ein Tiger ihn an seiner Brust gesäugt.
Friedrich von Logau · t604 - 1655 · D eutschland

Sinnsprüche
Friede und Krieg

Ein Krieg ist köstlich ·g ut, der auf den F rieden dringet;
Ein Fried ist schändlich arg, der neues Kriegen bringet.

Der deutsche Friede

Was kostet unser Fried? Oh, wie viel Zeit und Jahre!
Was kostet unser Fried? Oh, wie viel graue Haare!
Was kostet unser Fried? Oh, wie viel Ströme Blut!
Was kostet unser Fried? Oh, wie viel Ton nen Gut!
E rgötzt er auch dafür und lohnt so viel Veröden?
Ja. W em ? Frag Echo drum; wem meint sie wohl ?
Echo: Den Schweden! -

Krieg und Friede

Die W elt h at Krieg geführt weit über zwanzig .Jalu·.


Nunmehr soll Friede sein, soll we.rden, wi.e es war.
Sie hat gekriegt um das, o lachenswerte Tat!
Was sie, eh si e gekri.egt, zuvor besessen ha t.

Daniel von Czepko · 1605-1660 · D eutschland

Vom Schlesischen Krieg


Ihr Henen, wo der Krieg soll lange so bestehn,
So werdet ihr mit uns, b efürcht ich, untergehn :
Denn H erre11 ohne Land und Länder ohne Leute
Und Leut obn Baus und Hof sind solch er Kriege Beule.
Paul Fleming . 1609-r640 - Deutschland

Neujahrsode 1633
Stelle deine Schlachten ein,
Mars, und lerne milder sein!
Tu die Waffen ab und sprich:
Hin, Schwert, was b eschwerst du mich?

Dieser H elm wird nütze sein,


Daß die Schwalben nisten drein,
Daß man, wann der F1ühling kämmt,
Junge Vögel da vernimmt.

Und der brach en Erde Bauch


Darf d er Spieß und Degen auch,
Doch, daß sie sehn anders aus:
Pflug und Spaten werden draus.

Tritt, was sch ädlich ist, beiseit!


Hin, verdammte Pest und Streit!
W eg, ihr Sorgen, weg, Gefahr:
Jetzund kommt ein n eu es Jahr!

Andreas G,yphius · 1616-1664 · Deutschland

Tränen des Vaterlandes


Wir sind doch nun.mehr ganz, ja m ehr denn ganz verheeret!
D er frechen Völker Schar, die rasende Posaun,
Da s vom lilut fette Schwert, die donnernde Kartaun
Hat allen Schweiß und Fleiß und Vorrat aufgezehrf' l.

Die Türme stehn in Glut, die Kirch ist umgekehret.


Das Ratllaus liegt frn Graus, di e Starken sind zerhaun,
Die J ungfraun sind geschändt, w1d wo wir hin nur scha un
Ist Feuer, Pest und T od, der H erz und Geist durc.hfähret.

Urs Graf· Der Tod belauert Soldaten und Dirne


Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut
Von Leich en fast verstopft, sich langsam fort gedrungen ;

Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der T od,
Was grimmer denn die Pest und Glut und Hungersnot,
Daß auch der Seele nschatz so vielen abgezwungen.

Johann R.isi · 1607- 1667 · Deutschland

An die christlichen Fürsten und HeTren


in Deutschland
Ermahnun g zu r Wiederbr ingung des ed len Friedens
un d wr Wiederaufrichtung r echtsch affener, besta.rtdige r Liebe
u nd Einigkeit

0 edler Friede komm! o k omm und laß d ie H erzen


Durch dich verknüpfet sein, komm an mit vollem Lauf,
Du Geber aller Lust, wir warten d ein mit Schmerzen;
Ihr Deutschen, tut ihm Tür und alle Fenster auJ!
Wo Fri ed ist, da geschieht's, daß Schaf lmd Lämmer springen ,
Daß Rosse, Kilh' und Stier' in voller Weide gehn,
Daß Hirten und zugleich die Schäferinnen singen ,
Daß groß e Klippen oft voll w eißer Ziegen stebn.
Wo F1ied ist, da ist Ruh: es kann ein jeder b au en
Die Gärten, da hindurch ein h elles Bächlein st1·e icht;
D er F eldmann darf die Sa at dem Ack er kühn vertraue11,
D er seinem H erren dann viel edler Früchte r eicht.

Ach , wer kann allen Nutz des Frieden s wohl erzählen ,


D er ist zu mann.ig fa lt; nur dies ist klagenswert,
Daß er, der Fried e selbst, den Himmel zu erwä hlen
U nd von d en M en sch en wegzulliehe n h at b egehrt.
1hr werten H elden , ihr, di e ihr dies Reich regier et,
Das deutsch und römisch h eißt, bemühet euch a llein,
Wie ihr d en edlen Fri ed zurück e wiedrum führet,
0 lasset eu ch den Fried all ein befohlen sein !

66
Landsknechtslied · um 1648 · Deutschland,

Froh begrüßte Friedenstaube


so dem auf dem Tränenmeer durch Kriegssturm
arg ve rschlagenen armen teutschen Reiche endliili glückverheißend
den grü.n en Ölzweig wiederbracbL

Nun, so schwebest endlich wieder


Aus der Kriegessündilut Meet·,
Gülden Friedenstaube, nieder,
Mit dem Ölzweig zu uns h er!
D er Kartaunen Donnerrach en,
Schwerter, Partisanen Drohn,
D er Musketen tödlich Krachen
Schwichtet Friedenspsalterton.

0 , was ist von K.tiegeshanden


Tod und Elend dreißig Jahr
Angetan den d eutschen Lande n,
U n d kein Retter in Gefahr!
Nun ein Schutthauf alles worden,
Not und Elend überall,
Ward er m üde selbst das Morden ,
Lässet ruhn den WaffenschaU.

Jacques Callot · Die Plünderung eines Bauernhofes


fhr, die solches habt verschuldet,
F ürchtet ihr den H erren nicht,
VVeil in Langmut er geduldet,
Daß er komm und halt Gericht?
Da ihr vorgebt: Gott zu Ehren
Hättet alles ihr getan
Und, sein Frieden sreich zu mehren,
Ausgeführt den blutge n Plan ?

Ach, wie ba ld wär nicht gekommen


Gar ein an der Friedensbot,
Wenn das Schwert runweggenommen
Auch den letzten in den Tod!
Doch der H err h at wohl erwogen
Gar ein andern Ftiedcnspfad:
Ließ erstehn den Regenbogen
Als ein Zeichen seiner Gnad.

Alles ist nun überstanden,


W eil das Zo rngewitter fern,
Ob wir's schwer auch überwanden,
Und die T oten ruhn im Ilerrn.
S ucht h erfür fes tliche U eder ,
Kränzt das H a upt, in Freuden ro t;
Erst doch kniet zur E rden nieder,
Si ngt: Nun danket alle Gott.

D a nn erhebt euch aus dem Staube,


Ba uet frisch die H äuser neu,
Laßt aus der Zerstörung Raube
Alles sprossen jung und frei!
Betet, aber laßt die H ände
Nimmer ruhn, schafft unverwandt,
Daß also das Übel ende
Und ersteh e H aus und Land!

Goll der Liebe, Gnade, Güte,


Hilf, daß a lles mög gedcihn,
Lange schreckbedrang t Gemüte
Sich der Friedenssonn erfreun !
68 Segen träuf auf unser Fluren
Nach d em schweren W etterstreich,
Daß erblühn aus Todesspuren
Unser H eilig Deutsch es Reich! Amen!

.Nikolaus Peucker · um I623-1674 · D eutschland

Das wirket der Friede


D er Bauer spricht

Wer wollt sich beßre Ruh erwähln:


Soldaten dürfen nicht mehr stebln,
Das Obst bleibt sfcher auf dem Baum
Und hat auch auf dem Bod en Raum.

kh sitze ruhig vor der Tür


Und trink ein gutes Kännlein Bier,
Trotz dem Soldaten, wann er kümmt1
Daß er mir etwas tut und nimmt.

Ich bin nun w ieder Herr im Haus,


Es jagt mich kein Soldat hin aus,
Es zündet mir's auch keiner an;
D as hat d er Friedensschluß getan!

Kommt ein Soldat ins Dorf und spricht:


Gib, Bauersmann, was mir g ebricht!
So sprech ich, nein, es hat nicht Not,
Du kriegst nicht einen Mundsvoll Brot.

M ein Weib, von Zucht 1md Scham gezierl,


Wird in Unehren nicht berührt,
Sie wohnet m einer Nahrung bei
Und ist mir, ihrem Mann, getreu!

Will kh in meinen Garten gehn.


So seh ich junge Bäume stehn,
Gepflanzt von meiner eignen Ha nd:
W em ist wohl beßre Lust bekann t? 69
Der Soldat spricht

D er Friede wirket Lust? sprach hierauf ein Soldate,


Das will mir übel ein! Ich koch e, siede, brate,
Wann wir zu Felde ziehn, und leb in Überfluß.
Bei Friedenszeit, w ann ich dem Bauer dreschen muß
Um ein geringen Lohn, dann beiß ich schmale Bissen ,
Dann geh ich, wie ich steh, zerlumpet und zerrissen,
Und sing erbärmlich dieses Lied :

Jammer! Wir leb en in großem Elend e,


Kriegen in Deutschland hat nunmehr ein Ende;
Deutschland, die Mutter so braver Soldaten,
Siebet sich besser durch Friede geraten„

Jammer! Der Bauer geht pflügen und eggen ,


Schmiedet Mistforken aus Büchsen und D egen ,
Starkes Getränke muß seinen Durst lösch en ,
Aber wir müssen ihm harken und dreschen.

Jammer! Der Bürger ist lustig im Grünen


Neben den Wiesen (ein Zucker der Bienen),
Aber wir müssen Holz hacken und k arren,
Kein er b eklaget uns dfuft ige Narren.

Jammer! E s lassen sich .Jungfern und Frauen


Unter den Bäumen im Garten jetzt schauen ,
Aber wir werden von Jammer so müde;
J amm er, ach Jammer! Das wirket der Friede!

Volkslied · Ende des 17.Jahrhunderts , Deutschland

Bauernklage

Ist es nicht ein elendes Leb en


um d en armen Bau em staud?
Muß nur Steuer und Auflage geben,
hat er's nicht, heißfs: Aus dem Landl
70 Ich kann's wahrhaftig nicht angeben,
wieviel ich schon Geld 'nein getragen;
alle Monat, wenn's tut reichen,
muß ich die Händ' in Beutel stecken.
J a, mein Herre ist dann froh,
sagt dann: Komm bald öfter so.

Die Steuer und Auflag' geb ich gern,


wenn's dann nur damit ausgerichtet wär.
Aber gibt's mal nichts zu steuern,
führt der Teufel die Soldaten her.
Da geht's an ein Tribulieren,
Saufen, Fressen und Turnieren,
da muß er das Best' einkaufen,
Tag und Nacht im Feld h eruml aufen,
reißt die Hosen, Sllümpf und Schuh,
kriegt noch tüchtig Schläg' dazu.

71
Hans Ulrich Franck · Der geharnischte Reiter
Wenn ich's nur könnt' inne werden,
wer das Kriegen hat erdacht,
ich wünscht' ihm von Herzen gerne,
daß er noch heute würd' gehängt.
Was ist für eine Freud' beim Kriegen,
Saufen, Fressen und Turnieren,
Streiten, Rauhen, die Leut' ausplündern,
Schänden, Brennen, die die Leute stören?
Soll das etwas Christliches sein?
Scheiß in den Krieg hinein und 'nein.

William Shakespeare · 1564-1616 · England

England war lang im Wahnsinn


England war lang im Wahnsinn, schlug sich selbst;
Der Bruder, blind, vergoß des Bruders Blut,
Der Vater würgte rasch den eignen Sohn,
Der Sohn, gedrungen, ward des Vaters Schlächter;
AU dies entzweiten York und Lancaster,
Entzweiet selbst in greulicher Entzweiung. -
Nun mögen l\ichmond und Elisabeth,
Die echten Erben jedes Königshauses,
Dw·ch Gottes schöne Fügung sich vereinen!
Mög ihr Geschlecht, wenn es Dein Will ist, Gott,
Die Folgezeit mH mildem Frieden segnen,
Mit lachendem Gedeihn und h eitern Tagen!
Zerbrich der Bösen Waffe, gnäd'ger Gott,
Die diese Tage möchten wiederbringen,
Daß England weinen müßt in Strömen Bluts!
Der lebe nicht und schmeck des Landes Frucht,
Der heim des schönen Landes Frieden sucht!
Getilgt ist Zwist, gestreut des Friedens Samen:
Daß er hier lange blühe, Gott, sprich Amen!

(August Wilhelm Schlegel)


HAP Grieshaber · Gefangener Bauer
Jean-Fran9ois Sarasin · I614 - 1654 · Frankreich

Sonett
Der Menschen Greuel haben die Himmel erregl,
Ihr zorn'ges Grollen haL verwüstet die Welt;
Und ohne daß Blitz und Donner uiederfällt,
Genug der Strafe die arme Erde schlägt.

Machtgieriger H erzen unheilschwangerer Plau


H at unter den Völkern des Krieges Flamme geschürt.
Und in den schönsten Ländern, vom Meere berührt,
Schaut furchterregend uns Europa an.

Der größten Könige Tod, Feldschlachten auch,


Bluttriefende Dolche, belage1ter S tädte Rauch,
Und Leichen, feile Beule für Wölfe und Raben,

Bellonas und des Mars verderbliche VVut,


Die grausame Pest und Hunger, d er wehe tut,
Sie sind's, die d ieses Bild des Grauens ergaben.

Vincenzo da Filicaia · 1642- r707 · Italien

Sonett
ITALIA! o du, auf deren Auen
Der Himmel goß unsel'ger Schönheit Spenden,
So dir gebracht als Mitgift Leid ohn' Enden ,
Das klar geschrieben steht ob deinen Brauen:

MögL' ich dich minder schön und stärker schauen!


Damit mehr Furcht und minder Lieb' empfäudeu
Die, so nach deinem Reiz sich schmachtend w end en,
Und dennoch dich beclrohn mit Todesgrauen.

74
Nicht strömen säh' ich von d en Alpen weiter
Bewaffnet Volk, nicht mit d en blut'gen Wogen
Des Po sich tränken Galliens Ross' und Reiter;

Noch säh' ich dich, mit fremder Wehr umzogen,


Krieg führ en durch den Arm ausländ'scher Streiter,
Stets, siegend und besi egt, ins J och gebogen.

(Johann Diederich Gries)

John Milton · 1608-1674 · England

Des Todes Schergen


In dieser Zeit wird nur die Macht bewundert
Und h eldenhafte Tugend, Mut genannt.
Mit Kriegen trumpfen, Völke r unterwerfen,
Und Beute raffen sich aus ungeheurem
Gemetzel, hält man für den höchsten Gipfel
Menschlichen Ruhmes, und ist der erreicht,
Gilt es als Gipfel des Triumphs zu heißen
Großer Erobrer, Führer, Gottheit, göttergleich -
Was man Zerstörer, Pest der M enschheit h eißen müßte.
So kommt auf Erden man zu Ruhm und Ruf,
Was aber echten Ruhm verdient, deckt Schweigen.

(Anatol Marc)

.James Shirley · 1596-1666 · England

Der Sieger Tod


D er Ruhm des Siegers, blutig groß,
Ist Schanen nur, hat kein' Gewalt;
Kein Panzer schützt ihn vor d em Los:
D es Todes Hand ist eisig kalt.
75
Zepter und Kron'
Reißt er davon
Und macht sie Axt und Sichel gleich,
Zu Rost und Staub im dunkeln Reich.

Manch einer sichelt mit dem Schwert


Und pflanzt sich Lorbeer, blutgedü.ngt;
Zum Schluß ist keiner, der sich wehrt,
Wenn ihn der Tod zur Ruhe bringt.
Früh oder spät,
J eglicher geht
Und beugt sich in der letzten Not,
Schwer röchelnd, bleich, dem Sieger Tod.

Es welkt der Kranz ill deinem Haar,


0mm, hoh er Held, tu ab die Pracht;
D ein Sieg, dein Ruhm, so groß er war,
Was einer hab',
Muß in sein Grab;
Nur was er Gutes tat, lebt fort,
Blüht noch im Staube unverdorrl.

(füc.harcl Flltlt!!r)

John D,yden · 16p-1700 · England

Epilog auf das XVII. Jahrhundert


In allem der einzige Sinn:
deine Jagd traf das Tier nur, das scheue;
deine Kriege sind keinem Gewinn;
deine Buhlen, die brachen die Treue;
es ist gut, daß das alte ging hin,
es ist Zeit, daß beginne das neue.

(Hans Feist)
Nfukai Kyorei I
r643-1704 · Japan

Seltsam

Ein Maru1, der sich ergötzt


An einer Blume. Doch eil
Wozu das lange Scl1wertJ

(Gt:.rhart IIaug)

Basho · 1644-1694 • Japan

Altes Schlachtfeld

0 du Sommergras -
Farbiger l'raum
Manchen Kriegers!

(Gerhart l l11ug)

77
Rr wen, du gutes deutsches Volk,
Behängt man dich mit Waffen?

AdolphMenzel, Vignetle zur Disposition für die Artillerie-Obersten Dieska11 und Möller
Gottjh ed A ugust Bürger· 1747- 1794 · D eutschland

Für wen, du gutes deutsches Volk

1:-"'ü r wen, du g utes d e utsch es Volk


Behängt man dich mit Waffen ?
Fifr w e11 läßt rlu von W eib und Kind
Und Herd hinweg dich Taffen?
Für Fürsten und für Adelsbrut,
Und fürs Ges chmeiß der Pfaffe n .

W a r 's nicht genug, illr Sklavenjoch


Mit stillem Sinn zu tragen?
Für sie im Schweiß des Angesichts
Mit Fro n e n dich zu plagen?
Für ihre G eißel solls t du nun
Auch Blut und Leben wage n?

Sie n e nn en's Streit fürs Vate rlancl.


[n welche n sie di ch treibe n.
0 Voll<, w1e lange w irs t du blind
Be im Spiel d er Gaukle r bl e iben ?
Sie selber sind d as Vaterland,
U nd wollen gern b e kleibe n.

Was ging uns Frankreichs W esen an,


Die wir in De utschl a ud wobne11 ?
E s m ochte> d ort nun C'in Bo urbn 11 ,
Eine Ohne hose throne n ... . . , . . • .

J onathan S wift · 1667- J74-5 · E ngland

Satirische Elegie auf den Tod


eines berühn1ten Generals
W as! Eue r Gna den tot! Und ach ,
sogar im Be tt, da aJt und schwach.
Und so ein großer K1ieger fie l
so ga:nz unrühmli ch und senil! 81
Jeh nun, da ihn die Erde los,
weck ihn ein laut Trompetenstoß:
Und, glaubt mir, wenn d er Lätrrl anschwillt,
wär er zu schlafen gern gewillt.
Konnte so alt er wirklich sein,
wie alle Zeitungsbubenschrein?
Ich d enke, sechzig Jahre Jangt;
's war Zeit, daß nun er abgedankt.
BelasLung war er für die Welt;
in trüben Wassern fischt' der H eld;
und wo er herrschte unbedingt,
dacht manch er Bürger: Pfui, es s linkt.
0 seht, der Leichenzug erscheint!
Die Witwen, Waisen - keiner weint- ,
die mit erbarmungswerten Mienen
in solch em Zuge son st erschienen.
W as tut's ! Laßt seine F1·eunde sagen :
Die Ehr ward ihm in andern Tagen.
Wahr ist's, daß er d en Ruhm erwarb,
daß alle w einten , eh er starb.

H erb ei, ihr hohl en Dinge all,


des Königs Wort, nur leerer Schall,
d ie, hochgeschwemmt durch die Gezeiten,
k o mmt her, ihr könnt es nicht best1·eiten ,
daß falsch er Stolz hierdurch enährt,
wie wenig doch ein H erzog wert;
von Ehr, die er zu Un recht nahm,
wird er zum Dreck, aus dem er kam.

(Erika Geissler)

Volkslied · 16./17.Jahrhundert · Litauen

Lied des jungen Reiters

Mit frühem Morgen


sei schon mein Pferd gefüttert!
Sobald's nur taget,
mit Sonnenaufgang
muß ich von hinnen reiten.

Da steht mein Vater,


da mir zur Seite steht er,
der alte Vater,
drängt sich an meine Seite,
er steht, mit mir zu sprechen ;
er spricht, mich zu ermahnen,
und mich ermahnend weint er.

Still, weine nicht, mein Vater!


Still, weine nicht, mein Alter!
So frisch ich weggetrabet,
so frisch trab ich zmiicke,
um dich nur nicht zu kränken.

Ei, mein Hengstchen,


ei, mein Brauner,
wohin streichst du?
W ohin schnaubst du?
W ohin wirst mich tragen?

Josef H egenbarth · Schlachtgesang


Ei, in Krieg hin!
Hin in fremde Lande!
Dahin streichst du,
dahin wfrst du mich lrage n.

Wird dir zu sauer


die weite Straße?
Wird zu schwer dir
di eser Sack mH Haber?
Oder d ieser junge Reiter
in dieser Reiters-Livrei,
mit dem blank.e11 Säbel?

Ja, zu sauer
wird der lange Weg mir
und diese Nacht, stockfi nster,
und diese grüne H eide
und dieser schwarze M orast ...

(Johann Goltf'dcd ffrrcltir)

Christian Fürchtegott Geiler/ · 1715-1769 · Deutschland

Der H eld und der Reitknecht

Ein H eld, der sich d1uch manche Schlacht,


Durch manch verheertes Land des Lorbeers wert gemacht,
Floh einstens nach verlorner Schla cht
Verww1det in den Wald, d en Feinden zu entkommen,
Traf einen Eremiten an
U ud ward von diesem fromm e n Mann
Nebst seiuem Reitknecht aufgenommen;
Doch beider Tod war nah.

<<Ach!•>fing der Reitknecht an,


«W erd ich denn auch in Himmel kommen?
Ich habe leider nichts getan,
als meines Herrn sein Vieh getreu in acht genommen,
Ich armer und umvünl'ger Mann!
Allein , mein H err, der muß in Himmel kommen ;
D enn er, ach, er hat viel getan!
Er hat drei Könige bekrieget,
In sieben Schlachten stets gesieget
Und Sachen ausgeführt, die man kaum glauben kann.»

Der Eremit sah drauf den H elden kl ägli ch an ;


«Warum habt Ihr denn alles dies getan ?» -
,,Warum? Zu m eines Namens Ehren,
Um m eine Länder zu vermehren,
Um, was i ch bin, ein H eld zu sein.» -
«Oh», fie l d er Eremit ihm ein ,
«D eswegen mußtet lh,- so vieles Blut vergießen?
Ich bitt Euch, Iaßt's Euch nicht verdrießen ,
Ich sag es Euch auf m ein Gewissen:
Der Reitknecht als ein schlichter M ann
H at w ir klich m ehr als Ihr geta n.»

Ewald Christian von Kleist · 1715-1759 · Deutschland

Der Frühling

lb1·, den en unsklavische Völker das Heft und die Sch ätze der Erde
Vertrauten , a ch! tötet ihr sie rnH ihren ei.geuen Waffen?
Ihr Väter d er M e nsch en, begehrt ihr noch m ehr glückselige Kinder :
So kauft sie d och ohne das Blut der Erstgeborenen! Hört mich,
Ihr Fürsten) daß Gott ·eu ch höre ! Gebt sein e Sich el d em Schnitter,
De m Pflüger die Rosse zurück. Spannt eur e Segel dem Ost auf
Und erntet den Reichtum d er Inseln im M eer. Pflanzt menschliche Gärten,
Setzt kluge Wäch teT hinein. Belohnt mit Ansehn und Ehre
Die. d eren nächtliche Lampe den ganzen Erdball erl eu chtet.
Forscht nach in den Hütten , ob nicht, e ntfernt von den Schwellen der Großen,
Ein W eisel' sich selber dort l ebt, und sch enkt ihn dem Volke zum Richter:
Erschlag im Palaste d en Frevel und helfe d er weinenden Unschuld.
Magnus Gotifried Lichtwer · 1719-1783 · Deutschland

Das Recht der Vernunft

Welch Unheil gleicht dem Krieg, welch Elend ist so schwer?


Verwüstung geht vor ihm und tödlich Schrecken her:
Das unbebaute Feld, besät mit Blut und Leichen,
bringt Pest und T eumng vor. Das große Gut der Reichen
wird, wie des Armen Schweiß, bewehrter Krieger Raub.
Noch glücklich, wenn das Schwert, oft gegen Unschuld taub,
nicht Raub mit Mord vermengt, kein Brand das Haus verzehret,
noch viehische Gewalt Kind oder Weib entehr et.

Drum fleuch den wilden Krieg! Doch wenn du kriegen mußt,


so sorge, daß du es des Fiiedens wegen tust.

86
Bernhard Rode (nach Andreas Schlüter)
Maske eines sterbenden Soldaten
Zwar wiU die eigne Pflicht, daß sich der M en sch verteidigt,
wenn ein verwegn er Feind Leib oder Gut beleidigt:
Nur geh mit deinem Feind erst die gelindre Bahn;
gib nach, soviel dein Recht dir nur gestatten kann.
Nicht alles muß man sehn, nicht alles muß man hören:
Doch kannst du nicht entgehn; alsdann darfst du dich weh.ren.

Matthias Claudius · 1740 -1815 · Deutschland

Kriegslied
's ist Krieg! 's ist Krieg! 0 Gottes E ngel wehre
und red e du darein !
's ist leide1· Krieg - 1111d ich begehre,
nicht schuld daran zu sein!

Was sollt' ich mach en , wenn im Schlaf mit Gräm en


und blutig, bl eich und blaß,
di e Geister der Erschlagnen zu m ir kämen
und vor mir weinten , was?

Wen n wackre Männer, die sich E nre su.chten,


verstümm elt und halb tot
im Staub sich vor mir wä lzten und mir fluch ten
in i hrer Todesnot?

Wen n tausend, tausend Väter, Mütter, Bräute,


so glückJich vor dem Krieg,
nun alle elend, a]le arme Leute,
wehklagten über mich ?

Wenn Hunger, böse Seuch' und ihre Nöten


F reund, F reund und Feind ins Grab
versamm elten und mir zu Ehren krähten
von einer Leich ' herab?

Was hülf mir Kron' und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun !
's ist leider Krieg - und ich begehre,
nicht schuld daran zu sein!
Christian Friedrich Daniel Schubart· 1739-r791 · Deutschland

Die Welt ist nun des M ensch enmordens


müde
Die W elt ist nun des Menschenmo rdens müde:
Die Krieger ziehn aus finsterm Streit.
Vom Himmel kommt - sein schönster Soh n, der Friede,
Und mit ihm kommt die Fruchtba rkeit.
Es neigen sich vor ihm die äbrenschweren H alme,
Die nun kein Pferdehuf zerkn ickt.
Und weit herum ertöne n Friedenspsalmen
Und Volksgesänge h ochenlzückt.
0 seid es wert, ihr, D e utschl ands Bürge r,
Durch Tugend seid des Friedens wert.
Daß Mavors nicht, der h öllentflohne Würger,
Auf ewig e uer Land verheert.

Friedrich Gottlieb Klopstock · 1724-1803 · D eutschfand

Losreißung

Weiche von m ir, Gedanke des K1iegs, du belastest


Schwer mir den Geist! du umziehst ihn wie die Wolke,
Die den weckenden StrahJ einkerkert,
Den uns die Frühe gebar;

Stecktest ilm au mit T rauer, mit Gram, mit des Ab scheus


Pcstiger Glut, daß, verzweifeln d an der Menschh eit,
Er erhebet und, ach, nichts Edles
M ehr in den Sterblichen sieht ;

KehJ"e mir nie, Gedanke! zurü ck, in den Stunden


Selbst ni cht zurück, wenn am sch nellsten du dich regest
Und vom leisesten Hauch d er Stimm e
Deiner Gefährten e rwachst.

88
Johann Gottfried 1-!erder · 1744-r803 · Deutschland

Eroberungssucht

Weh e1.1ch ihr Prinzen, die für Ruhm


D er Völker Blut vergosse n,
Für deren Macht und Eigentum
So bittre Träueo flossen;
Die ihr doch, was ihr habt, nicht nützt,
Und nicht genießt, was ihr besitzt,
Die ihr um Wahn nur fechtet
Und um Phantome r echtet!

Die Tränen sind ein bittrer Trank.


Ein Kelch, ffü euch zu leeren.
Des Ruhmes heisrer Lobgesang
Wird sich in Fluch verkehren,
Wenn um die eu ch gegrabne Gruft,
Nun jeder Seufzer Rache ruft,
W enn eure Kinder müssen,
Was ihr verschuldet, büßen!

Volkslied · um 1760 · D eutschland

Soll denn gar kein Frieden werden?

Soll denn gar kein Frieden werden,


Nimmt der Kiieg denn noch kein End ?
Unsre Länder sind verheeret,
Städt' und Dörfer abgebren nt,
Jammer überall und Not,
Und dazu auch m ehr kein Brot.

Friedrich , o du großer Kö nig,


Stecke doc-h dein Schwert nun ein,
D enn wir h aben nur noch wenig,
Was dir könnte dienlich sein.
Alles wüste, alles leer -
Länger geht das so nicht mehr. 89
Volkslied · 19. Jahrhunderl · Kroatien

Dreihundert Dukaten
In die Fremde zog ich, in die fernen Länder,
ging zu den Soldaten in des Köt1-igs Heerschar.
Schwarzes Blut vergieß ich, schreib damit e in Brieflein:
<,Kauft mich los, mein Vater, aus des Königs K,iegsmacht!»
<<Wieviel soll ich zahlen, um dich frei zu machen?»
<,Dreih unclert Dukaten müßt Ihr für mich zahlen.»
<<Lieber will ich nimmer dich zu Hause sehen ,
als für dich dem König so viel Geld zu zahlen.»
Schwarzes Blut vergieß ich, schreib clamit ein Briefl("in,
schreib damit ein Brieflein meiner Herzgeliehten:
«Kauf mich los, Geliebte, au s cles Königs He ere!))
«Wieviel so ll ich zahlen, um dich frei zu machen?»
«Dreihundert Dukaten mußt du für mich zahl en!>>
,,Gerne, will ich, gerne, und wenn's n och so viel wär!»

(AlexAncler lssalSc.hP.nko).

Volkslied· 18.Jahrhundert · Deutschland

Zu Straßburg auf der Schanz


Zu Straßburg au f der Schanz,
Da fing mein Unglück an;
Da wollt ich den Franzosen desertier'n,
Und wollt es bei den Preußen probier'n ,
Ei, das ging nicht an.

Eine Stunde wohl in der Nacht


Haben's mich gefangen brachL;
Sie füh11en mich vors Hauptmanns H aus:
0 Himmel, was soll werden daraus!
Mit mir ist's aus!

Früh morgens um zehn Uhr


90 Stellt man mich dem Regimente vor;
Daniel Chodowiecki · Nlilitärstrafen
Da soll ich bitten wn Pardo n
U nd werd ic h kriegen m ein Lohn ,
Das weiß ich sch o n.

Chr Brüder allzumal,


H eut seht ihr mich zum letztenmal.
Unser Korporal, der gestrenge Mann,
Ist meines T odes S chnld daran,
Den klag ich an!

Jakob M ichael R einhold L enz · 1751-1792 · Deutschland

Der Krieg
Flecken der M enschheit, vom wildsten d er höllischen Geister ersonnen ,
K.lieg, Zerstörer der Fre uden, Verderb er fri edseliger Staaten!
So erschrecklich du bist, sind schrecklich er oft d eine F olgen ,
Die Jahrhunderte durch d ein Andenken v\rieder ern euern.
Schalle!. nach langem Kriegsgesch rei die tröstliche Stimme
Der P osaune des Frieden s an fröhlich na chhallenden Ufern:
Ach dann nahet de r Landma nn mit stillen unschuldigen Trän en ,
Sucht sein verlassenes Dorf und findt g limmende Asch e,
Sucht sein wallendes Feld, die Auen voll hüpfender Schafe
Und die B erge v oll Reben: und find' unkenntlich e Wüsten.
So fand Noah die vormal s läch elnde Erde verschlernmet
Als er aus dem schw immenden Sarge n eugierig h era ustrat.
Ti efer geb eugt b etrachtet die ihm jetz.t droh enden Mauern
Seit1 er einst zierlich en W ohnung d er Bürger. So stumm und erschrocken
Sah d er rnä onisch e H eld d'ie vorigen Freunde , mit jeder
Tugend des Leb ens geschmückt, auf Circen s bezaube rter Insel
Ihn als zotligte Bä ren mit wildem Schnauben b edräu en.
Ganz. Geschlechter ziehn hilflos umher. D ort kriech et ein Alter
An d em dfüren Steck en: ihm fol gen mit langsamen Schritten
Seine entstellten Kinder n ebst ihrer w ehmütigen Mutter:
Alle in Lumpen, alle vom Gipfel des Glücks und des Reichtums
Zu der tiefsten Tiefe de r Dürftigkeit niedergesunken.
Stolz. g eht der niedt;ge R eich e, d er sie geplünclerl, vorüber ,
Hört, umwickelt mit Tressen, bekannt mit Seufzen und Flüch en ,
92 Nicht das stete Gewinsel der nackten hungrigen Knaben,
N och das Stöhnen des Greises, d er sie zu -trösten v ersuchet.
Schändliche Sieger! die w ehrlose fri edengewöhnte Geschlechte
ln ihren Häusern bestürmen und aus den Wäll en von Reben
Mit b ep a nzerten Händen versch eu ch en: die kös tli ch en Weine
Nicht aus H elmen enlwaffn e-ier Helden , aus got1losem Raube
Und dem H eiligtum sonst gew eihten Gefäß en v erschluck en.
Ist's Verdienst ein Räuber zu sein, ist's Lorbeeren würdig ?

Claude J oseph R ouget de Lisle · r760 - 1836 · Frankreich

Die Marseillaise

Voran, Kinder des Vaterland es!


D er Tag des Ruhms kam nun h erbei!
Gegen uns ist blutig erstanden
Die Fahne d er Tyrannei.
Hört ihr da dra ußen i n den Landen
Die wüsten Soldaten schrein?
Sie kommen bis in unsre Reihn,
Machen W eib und Kind uns zuschanden !

Uie Waffen in die H and! Auf, Bürger, aufgestellLl


Marschiert, und b öses Blut so ll tränken unser F eld!

Was wm diese Horde von Sklaven,


Verrätern, von F ürs ten verschworn?
Wer soll diese Ketten d enn haben,
W em sind diese Eisen erkorn?

Franzosen , eu ch! Ah, welch e Schande!


Der Ausbruch , den das euch en-egt!
1hr seid es, für die m an erwägt
Die Rückkehr in alte Sklavenhande l

Die Waffen io die Hand! Auf, Bürger, aufgestellt!


Marsch iert, und böses Blut soll tränken unser Feld!

Wie ! diese fremden Legionäre,


Si e wären H err in unserm Haus! 93
Auguste Radin · Die Marseillaise
Wie denn! diese Söldnerheere
Schlügen unsere Krieger hinaus!
0 Gott! ... von ket1enschweren Händen
Käm unsere Stirn unters Joch!
Und niedrige Despoten noch
Würden unser Schicksal vollenden!

Die Waffen in die Hand! Auf, Bürger, aufgestellt!


Marschiert, und böses Blut soll tränken unser Feld!

Zitte1·L, Tyrannen und Treulose,


J eder Partei -verlorner Sohn,
Zittert! ... eure mördrischen Pläne
Nehmen endlich dahin ihren Lohn.
Wir sind Soldaten, euch zu schlagen:
Wenn einer der jungen Helden fällt,
Die Erde b1ingt sie neu zur Welt,
Bereit, gegen euch sich zu schlagen !

Die Waffen in die Hand! Auf, Bürger, aufgestellt!


Marschiert, und böses Blut soll tränken unser Feld!

Franzosen, seid großmütige Krieger,


So gebt und nehmt hin euren Streich;
Schont die traurigen Unterlieger,
Kämpfend ungern nur gegen eu ch.
Nicht den D espot, den blutig-heißen,
Die Komplizen nicht von Bouille,
All die Tiger, die ohne W eh
Ihrer Mutter die Brust zen·eißen!

Die Waffen in die Hand! Auf, Bürger, aufgestellt!


Marschiert, und böses Blut soll 1ränken unser Feld!

0 fromme Li eb zum Vaterlande,


Oh, füh re unsern Rächerarml
Freiheit lieb, mit deinem Beis1ande
Hilf deiner Verteidiger Schwarm.
Zu unsern Fahnen möge gehen
Der Sieg, an dein männlich Aufgebot;
95
Damit deine Feinde vor dem Tod
Deinen T1iumph, tmsem Ruhm noch sehen!

Die Waffen in die Hand! Auf, Bürger, aufgestellt!


Marschiert, und böses Blut soll tränken unser Feld!

(Gerd Sennn.er)

Friedrich Schiller · 1759 - 1805 · Deutschland

0 schöner Tag
0 schöner Tag, wenn endlich der Soldat
Ins Leben h eimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum froh en Zug die Falme11 sich enlfalteu,
Und heimwärts schlägt d er sanfte Friedensmarsch.
W enn alle Hüte sich tmd H elme schmücke n
Mit grünen Maien, dem letzten Raub der Felder!
D er Städte Tore gehen auf, von selbst,
Nicht die Petarde braucht sie m ehr zu sprengen ;
Von Mensch en sind die Wälle rings erfüllt,
Von friedlichen , die in die Lüfte grüßen, -
H ell klingt von all en Türmen das Geläut,
Des blut'ge n Tages froh e Vesper schlagend.
Aus Dörfern und aus Städte n wimmelnd strömt
Ein jauchzend Volk, mit liebend emsiger
Zudringlichkeit des H eeres Fortzug hindern d -
Da schüttelt, froh des noch erl ebten Tags,
Dem h eimgekehrten Sohn der Greis die Händ e.
Ein Fremdling tritt er in sein Eigentum,
Das längs t verlass'ne, ein; mit breiten Ästen
Deckt ihn der Baum bei seiner Wi ed erkerrr,
Der sich zur Gerte bog, als er gegangen,
Und schamhaft tritt als Jungfrau ihm entgegen.
Die er einst an der Amme Brust vedieß.
0 glücklich, wem dann auch sich eine Tür',
Sich zarte Arme sanft umschlingend öffnen.

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Johann Wolfgang Goethe · 1749-1832 · Deutschland

Manches Herrliche der Welt

Manches Herrliche der Welt


Ist in Krieg und Streit zerronnen;
W er beschützet W1d erhält,
Hat das schönste Los gewonne 11.

Johann Wolfgang Goethe

Die Flüchtende
W o flieh ich hin, wo berg ich mein bedrohtes Haupt?
D enn überall umgeben mich die Drängenden.
Gewalt'ger Kriegskampf, Waffenklang und M ordgeschrei
Ertönen heute, wo noch gestern Friede sang.
Und aufgeschreckt, wir Armen, scharweis fliehen wir,
Und gleich zersprengt, von Ungemach zu Ungemach.
Umsonst! Kein Ausgang aus dem Irrsal zeigt sich mir.
Der fin stre Bergwald, Nacht und Schrecknis h eget er;
Die Felswänd' an aufgeregter wilder Flut,
Sie halten hier und überall den Schritt mir an;
Und aus der Tiefe tönet mir der Schreckensruf:
Zurück! Zurück! VVorun entfüehst du einzelne?
Zurück! D es Gatten denke, den das scharfe Schwert,
Der Kinder , die des Hauses Flamme tobend faßt.
Vergebens! Ach, an dieser Seite trennet mich
Der breite Strom des mörderischen Ungestüms
Mit blut'gen W ogen von bekannter Spur hinweg.
0 , Seligkeit verhüllendes und nie genug
Geschätztes Dach der Friedenshütte, die mich barg!
0 nie genug verehrter Eng-Raum, kJeiner H erd!
Du runde Tafel, die den holden Kinderkreis
Anmutig anschloß elterlicher Sorgenlust!
D ort lodert's auf! Die Ernte strömt in Feuerquall
Zum Himmel an, und des Besitzes treu Gehäus
Schwankt unterflammt und b eugt sich, widersteht und sinkt.
Durchglühter Schutt stürzt, Flammenrauchstaub kraust empor, 97
Und unten krachend, schwerbelastet, dumpfgedrückt,
Verkohlt so vieler Menschenjahre werter Fleiß,
Und Grabesruhe waltet über T1iimmern.

Heinrich von Kleist · 1777- 18n · Deutschland

Das letzte Lied

Fernab am Horizont, auf Felsenrissen,


Liegt der gewitterschwarze Krieg getürmt.
Die Blitze zucken schon, die ungewissen,
Der Wandrer sucht das Laubdach, das ihn schirmt.
Und wie ein Strom, geschwellt von Regengüssen,
Aus seines Ufers Bette heulend stürmt,
Kommt das Verderben, mit entbundn en Wogen,
Auf a!Jes, was besteht, herangezogen.

Der alten Staaten graues Prachtgerüste


Sinkt donnernd ein, von ihm h.inweggespült,
Wie, auf der Heide Grund, ein Wurmgenisle,
Von ein em Knaben scharrend weggewühlt;
Und wo das Leben, um der M enschen BrüstP.,
In tausend Lichtern jauchzend hat gespieh,
Ist es so lautlos jetzt, wie in den Reichen,
Durch die die Wellen des Kozytus sch leich en.

Und ein Geschlecht, von düstenn Haar umflogen,


Tritt aus der Nacht, das keinen Namen führt,
Das, wie ein Hirngespinst der Mythologen,
Hervor aus der Erschlagnen Knochen stiert;
Das ist geboren webt und nicht erzogen
Vom aJten, das im deutschen Land regiert:
Das läßt jn Tönen, wie der Nord an Strömen,
Wenn er im Schilfrohr seufzet, sich vernehmen.

Und du, o Lied, voll unnennbar er Wonnen,


Das das Gefühl so wunderbar erhebt,
Das, einer Himmelsurne wie entro nnen,
98 Zu den entzückten Ohren niederschwebt,
Bei dessen Klang, empor ins Reich der Sonnen,
Von allen Banden frei die Seele strebt;
Dich trifft der Todespfeil; die Parzen winken,
Und stumm ins Grab muß du daniedersinken.

Erschienen, festlich, in der Völker Reigen,


Wird dir kein Beifall m ehr entgegen blühn,
Kein Herz dir klopfen, keine Brust dir steigen,
Dir keine Träne meh1· zur Erde glühn,
Und nur wo einsam, unter Tannenzweigen,
Zu Leichensteinen stille Pfade fliehn,
Wird Wanderern, die bei den Toten leben,
Ein Schatten deiner Schön' entgegenscbweben.

Und stärker rauscht der Sänger in die Saiten,


D er Töne ganze Macht lockt er hervor,
Er singt die Lust, fiirs Vaterland zu streiten,
Und machtlos schlägt sein Ruf an jedes Ohr, -
Und da sein Blick das Blutpanier der Zeiten
Stets weiter flattern sieht, von Tor zu Tor,
Schließt er sein Lied, er wünscht mit ihm zu enden,
Und legt die Leier weinend aus den Händen.

Joseph von Eichendorjf · IJ88-1857 · Deutschland

Der Friedensbote
Schlaf ein, mein Liebchen, schlaf ein,
Leis durch die Blumen am Gitter
Säuselt des Laubes Gezitter,
Rauschen die Quellen herein;
Gesenkt auf d en schneeweißen Arm,
Schlaf ein, mein Liebchen, schlaf ein,
Wie atmest du lieblich und warm!

Aus dem Kriege kommen wir heim;


In stürmischer Nacht und Regen,
Wenn ich auf der Lauer gelegen,
Wie dachte ich dorten dein!
99
Gott stand in der Not uns bei,
Nun droben bei Mondenschein,
Schlaf ruhig, das Land ist ja frei!

Friedrich Hölderlin · 1770-184J · Deutschland

Der Frieden
Wie wenn die alten Wasser in andern Zorn
In schrecklichem verwandelt wieder
Kämen, zu reinigen, da es not war,

So gärt' und wuchs und wogte von Jahr 'ZU Jahr


Rastlos und überschwemmte das bange Land
Die un erhörte Schlacht, daß weit hüllt
Dunkel und Blässe das Haupt der Menschen.

Die Heldenkräfte flogen, wie Wellen, a uf


Und schwanden weg, du kürztest, o Rächerin 1
Der sie gedient, die Arbeit schnell und
Brachtest in Ruhe sie heim, die Streiter.

0 du, die unerbittlich und unbesiegt


Zu sein er Zeit den Übergewalt'geu lliffl.
Daß bis ins letzte Glied hinab vom
Schlage sein armes Geschlecht erzittert,

Die du geheim den Stachel und Zügel hältst,


Zu h emmen und zu förd ern, o Nemesis,
Strafst du die Toten noch, es schliefen
Unter Itali ens Lorbeergärten

Sonst ungestört die alten Eroberer.


Und schonst du au ch der müßigen Hirten nicht,
Und haben endlich wohl genug den
Üppigen Schlummer gebüßt die Völker?

100
Wer hub es an? wer brachte den Fluch ? von heu t
Ist's nicht und nicht von gester n, und die zuerst
Das Maß verloren, u.nsre Väter
Wußten es nicht, und es trieb ihr Geist sie.

Zu lang, zu lang schon treten die Sterblichen


Sich gern a ufs H aupt, und zanken um H errschaft sich,
Den Nachbar fü rchtend, und es hat auf
Eigenem Boden der Mann nicht Segen

Und unstet wehn u nd irren, dem Chaos gleich,


D em gär enden Geschlechte die Wünsche noch
Umher und wild ist und verzagt und kalt von
Sorgen das Leben d er Armen immer.

Du aber wandelst ruhig die sichre Bahn,


0 Mutt er E rd' im Liebte. Dein Frühling blü ht.,
Melodischwechselnd gehn dfr hin die
Wachsenden Zeiten, du Lebensreiche!

Mit deinem still en Ruhme, genügsamer!


Mit deinen un,geschriebnen Gesetzen auch,
Mit deiner Liebe komm und gib ein
Bleiben im Leben, ein Herz uns wieder.

Unschuldiger! sind klüger die Kinder doch


Beinahe, d enn wir Alten; es irrt der Zwist
D en Guten nicht den Sinn, und klar und
Freudig ist ihnen ibr Auge blieben.

Und wie mit andern Schauend en lächelnd erst


D er Richter auf der J ünglinge Rennbahn sieht,
W o glühend sich die Kämpfer und die
Wagen in stäubenden Wol ken treiben,

So steht und lächelt H elios ü ber uns


Und einsam ist der Göttliche, Frohe nie,
Denn ewig wohnen sie, des Äthers
Blühende Sterne, die Heiligfreien.

101
Volkslied · 1812/13 · Deutschland

Napoleons Flucht aus Rußland

Ist denn das gewißlich walu,


Wie man hat vernommen:
Daß so eine große Schar
Ist uach Rußland kommen?
Rumdivididirallala, Rumdivididiralla la !
D aß so eine große Schar
Ist nach Rußland kommen?

Mit Kanonen, Stuck und Schwert


Sind zum Krieg verseh en,
Wohl zu Fuß und wohl zu Pferd,
Die nach Rußland gehen.

Als der Kaiser Napoleon


Ist nach Rußland kommen,
Hat er gleich die schöne Stadt
Moskau eingenommen.

Und er zu d em Volke sprach :


<<Hier gibt's k eine Gaben;

Johann Gotifried Schadow · Das Gdhe!frühstück


P etersburg, die Residenz,
Müssen wir noch h aben.

Allda gibt's brav Fleisch und Rrot,


Und ein lustig's Leben;
Bier und W ein gibt's da gen ug,
Brannlewein darneben h>

Kaiser nimm dich wohl in acht.


Wie es dir wird gehen!
Siehst du nicht die große Macht
Auf der Grenze stehen?

D er Kosak und Landwehrmanu


Stehn schon a uf der Schanze;
Spielt nun auJ, ihr Kanonier ,
Einmal eins zum T a nze!

Als wir d achten, wir sein da,


Hab' n sie uns gefangen,
Die Kosaken mit der Knut
Und mit Spieß und Stangen.

Die Franzosen laufen schnell,


Sich was zu erwärmen ;
D och d er H unger war so groß,
D aß sie mußten sterben .

Ein französisch er Offzier


Sprach: wir sind verloren!
Alle unsre schöne Leut'
Sein im Schnee erfrore n.

In E ngland und Spanien


Tun s' Viktoria singen.
Frankrei ch muß zerrissen sein,
Son st gibt's keine n Frieden!

103
Hochmut wir d von Gott gestraft,
Wie es steht geschrieben.
Und der stolze Bonapart,
Der muß unterliegen.
Rumdivididirallala, Rumdivididirallalal
Daß so eine große Schar
Ist nach Rußland kommen?

Adelbert von Chamisso · 1781-1838 , Deutschland

Der Invalid im Irrenhaus


Leipzig, Leipzig, arger Boden,
Schmach für Unbill schafftest d u.
Freiheit! hieß es, vorwärts, vorwärts!
Trankst m ein rotes Blut, wozu?

Freiheit! rief ich, vorwärts, vorwäi1sl


Was ein T or nicht alles glaubt!
Und von schwerem Säbelstreiche
Ward gespalten mir das Ha upt.

Und ich lag, und abwärts wälzte


Unheilscbwanger sich die Schlacht,
Ü ber mich und über Leichen
Sank die kalte, finst're Nacht.

Aufgewacht zu grausen Schmerzen


Brennt clie Wunde mehr und mehr:
Und ich liege hier gebunden,
Grimm'ge Wächter um mi ch her.

Schrei ich Wütend noch nach F reiheit,


Nach dem bluterkauften Glück,
Peitscht der Wächter mit der Peitsche
Mich in schnöde Ruh zurück.

104
August von Platen · 1796-1835 · Deutschland

Das ist die Blume

Das ist die Blume, die dem Heldenmute,


Dem großen Aufstand unsres Volks entsproß,
Das ist die Frucht von dem entströmten ßlute,
Das an der Pleiße, an der Seine floß!

Wo ist das Volk, das einst des Wütrichs Sklaven,


Sein Herzblut opfernd, trieb aus diesem Land ?
Wq ist dies Volk? Begann's aufs n eu zu schlafen,
Das mächtig kaum dem Schlafe sich entwand?

Wo ist clie Eintracht, die wir heilig schwuren?


Wo ist des Friedens teu'r erkaufte Huld ?
Das Volk ist gut auf allen deutschen Fluren;
D och ihr, ihr Fürsten, tJ·agt die große Schuld.

Ihr nährt der Zwietracht alte, böse Keime,


D enn ihr mißbraucht der Völker Lie b und Treu,
Die schönste H offnung kehrt ihr uns in Träu me,
Führt uns den Fluch entströmter Zeit h erbei!

Nicht unsre Unschuld wird die Nachwelt mengen


Mit euern Lastern, euerm ew'gem Streit;
Da oft so viele nur an Einern hängen,
Sinkt Deutschlands Kraft und D eutschlands Hen-Jichkeit,

Sonst konnten wir den Korsen n och verklagen,


Daß er die Zwietracht sende übern Rhein:
Doch schlimmer steht's in diesen letzten Tagen ,
D enn jetzt verklagen wir uus selbst a llein!

Umsonst fiel mancher Held, die Hand am Schwerte,


Doch was verschlägt den deutschen Fürsten das?
Wenn sie nur streiten um ein StückJein Erde,
Wenn sie nur nähren ihren giftgen H aß.
N ikolaus Lenau · r802- r850 · Österreich

Beziers

Es läßt die Sanduhr Korn an Korn ven'inn en,


Und fällt das letzte, ist die Stund von hinnen ;
Also mit jedem Augenblicke fällt
Ein Toter in ß eziers zum blutgen Grunde;
Ein Dämon hat die Leichenuhr b estellt,
Daran zu messen eine M ensch enstunde.
Das wilde Kreuzesh eer ist eingedrungen ,
Und alles Leb en wird ltinabgerungen.

Simon v oran, d er ha rte Tod esdegen ,


Und fallen muß, w er sich ilim wagt entgegen.
Nicht rühmt das Lied den Tapfern nach Gebühren,
W eil es vom Wirbel bis zur Ferse nied er
[hn haßt und jedes Zück en seiner Glieder
Und Schild und Speer und alles, was sie führen .

Abt Arnald ruft ins Fech ten , w o es stockt:


i,Haut ein! Der Ablaß und die Beute lockt!»
Den Priester r eitet Simon an, zu fragen:
~iH err, sollen wir auch Katholiken sch lagen?
Der Unsern viele sind in diesen M au em,
Ist hier gestattet Mitleid und Bedauern?>>

Der Abt entgegn et: ,,Dessen ist nicht n ot,


Schlagt Ketzer , Katholiken, alle t ot!
W enn sie g em engt auch durch einat1 d erliegen ,
Gott w eiß die Seinen sch o11 h er a uszukriegen.»

Wenn still und lautlos g inge dies Zerstören,


Man müßte au s d en Wunden hier das BJut
Gleich ein em Bach im Walde rausch en hÖJ·en,
Doch wi e ein Meer im Sturme schreit die Wut;
Es brennt die Stadt, di e Flamme hilft den Waffen;
W enn Tiger na ch Beziers h erzögen lüstern,
Den Ra uch d es Blutes in den h eißen Nüst ern,
Sie würden mäßig hier, bewundernd gaffen.
106
Dort flüchten Tausende zur Kathedrale,
Nachjauchzt der Mord mit bochgeschwungnem Stahle;
In aUen Gassen, Häusern und Gemächern,
In jedem Sparrenwinkel unter Däch ern,
In jedem tiefen dunklen Kellerbogen
Wird nachgesucht und wilden Mords gepflogen.

Vom Giebel wird ein Ketzer dort geschleift,


Wie sonst ins Taubennest der Marder greift;
Hier pocht der Scherge an d es Fasses Dauben,
Und tönt es dumpf, so wird es aufgebrochen,
ob nicht ein Ketzer sich hineinverkrochen,
Sein Blut gilt w erter als das Blut der Trauben.

Francisco de Goya · Eine große Tat! Mit Toten!


«Komm, heilger Geist!» die P1iester alle singeh.
Kein Greuel kann wie der das H erz e mpören;
Der Opfer viele in die Flammen springen,
Um nur die Mörder singen nicht zll h ören.
Doch Tausende sind jener auch gefallen,
Für welche siiß der Lobsang würde schallen.
Die Stund ist aus, nichts gibt es mehr zu morden,
Noch brennt die Stadt, und weiter ziehn die Horden.

Franz Grillparz.er · 1791-1872 · Österreich

Ich hab erdacht im Sinn


mir einen Orden
Ich hab erdacht im Sinn mir einen Orden,
Den nicht Geburt und nicht das Schwert verleiht,
Und Friedensritler soll die Schar mir heißen.
Die wähl ich a us den Besten aller Länder,
Aus Männern, die nicht dienstbar ihrem Selbst,
N ein, ihrer Brüder Not und bitterm Leiden;
Auf d aß sie, weithin durch die Welt zerstreut,
Entgegentreten fernher jedem Zwist,
Den Ländergier und, was sie nennen: Ehre
Dnrch alle Staaten sät der Christenheit,
Ein heimliches Gelicht des offnen Rechts.

lvloritz H artmann · 18u-1872 „ Österreich

Genug!

Gib uns, wonach die Erde lechzt.


Sonst wird die Schale voll und voller,
Nicht nach dem Ruhm der H ohenzoller,
Der Friede ist's, wonach sie ächzt.
D en wir allein bis heute kennen,
Laß uns, den Ruhm der M enschlichke it;
108
Er wird zu Rauch, wo Städte b rennen,
Zu Sünde, wo der Hunger schreit.

Un d du, m ein Land, gibst für den Wahn


Dahin des Ideales Kränze?
Soll dich der Völker Haß als Grenze
Umschlingen wie ein Ozean?
Verderben zeuget nur Verderben,
Den Tod ruft, wer auf Leichen tritt;
Kein Volk noch sah allein ich sterben,
Am Siege stirbt der Sieger mit.

Lord George Gordon Byron „ 1788-1824 · England

Senacherib
Wie W ölfe in die H ürde, brach Acburs M acht herein ,
Und es prangte n seine Sch aren in Gold und Purpurschein;
Wie auf dem Meere die Sterne, war seiner Speere Glan z,
Wenn nachts die Wellen zahllos sich h eben in kräuselndem Tanz.

Wie Waldeslaub im Sommer, wenn grün die Bäume stehn,


War noch mit seinen Bannern am Ab en d das H eer zu sehn,
Wie Waldeslaub im H erbste, wenn kalt der Wind geh eut,
Lag dieses H eer am Morgen verwelkt dahingestreut.

Denn hehr auf Sturmesschwingen der Todesengel flog


Und hauchte dem Feind ins Antlitz, als er vorüberzog.
Da wmde nachts das Auge der Schläfer stier und weit,
Und es hob sich ihr H erz noch einmal und sch wieg auf Ewigkeit.

Mit weitgeöffnete.r Nüster lag da das Schlachtroß gut,


D och ihm entscballet nimmer sein Schnauben in stolzem M ut.
Der Schaum seines Todeskampfes glänzt rings am Rasen umher,
Weiß, kalt, w eithin wie Spritzschaum, den aufwirft das stürmisch e Meer.

109
Bleich liegt mit verzerrten Zügen der Reiter ausgestreckt,
Und es deckt der Tau die Stirne, und der Rost die Rüstung deckt.
Und rings die Zelte schweigen, das Banner einsam steh(,
Unerhoben bleibt die Lanze, ungeblasen die Drommed. -

Und Achurs Witwen weinen und klagen laut zumal,


Und es stürzen alle Götter im Tempel ein des Baal.
Die gewalt'ge Macht der H eiden ist sonder Kampf und Streit
D em Schnee gleich hingeschmolzen vor Gottes H errlichkeit.

(Emil Neubürger)

Percy Bysshe Shelley · 1792-1822 · England

England im Jahre 1819


Ein König blind, verrückt, verachtet, schwarnrnig,
Die Prinzen ahnungsloser Rest der Rasse,
Verlore-n sickernd dUJ·ch den Hohn der Masse,
Die wurde selbst, von ihTem Schlammquell, schlammig -

Und Führer, saugend, bis sie satt vom Gelde


Und Blute fallen, ohne Schlag entmachtet -
Ein Volk, auf jedem Felde abgeschlachtet
Und ausgehungert auf dem brachen Felde -

Ein Heer, durch Mord im Krieg und Freihe'itsrnorden


Zum Doppelschwert für jedermann geworden,
Um das Gesetz in Blut und Geld zu kehren -

Ein VolksTat ohne Volk, wo nur die taube


Zeit unabsetzbar mit sich spricht - Ein Glaube
Von Christen, die den Christ nicht mehr verehren:

Sind Gräber, berstend! Sieh aus ihnen ragen


Ein Glanzgespenst, als Sonne stürmischen T agen!

(Alfrtd Wolfenstein}
110
William Blake · I757-1827 · England

Prolog für ein geplantes Drama


König Eduards des Vierten
0 eine Donnerstimme und eine Zunge,
zu überschrein des Krieges Kehle! W enn die Sinne
ersch üttert sind, die Seele getrieben zum Wahnsinn,
wer hält stand? Wenn der Bedrückten Seelen
schlagen die Schlacht in der verstörten Luft, wer hält stand?
Wenn von dem Throne Gottes kommt der Sturmwind
der Wut, wenn sein Stirnrunzeln, seine Miene
die Völker hetzt zusammen, wer hält stand?
Wenn Sünde schlägt die breiten Schwingen über der Schlacht
und segelt jauchzend über die Flut des Todes,
wenn Seelen stürzen in das ewige Feuer
und Höllenteufel jubeln auf den Erschlagenen,
o wer häh stand? 0 wer hat dies verursacht?
0 wer gibt Rechenschaft am Throne Gottes?
Die Könige und Edlen des Landes taten es!
Hör es nicht, Himmel, deine Diener taten es!

(Walter Wilhelm)

John Keats · 1795- 1821 · England

La belle dame sans merci

Was grämt dich, Mann in Waffen, was?


Du hinkst allein und bleich umher.
Es sank das Schilf am See und singt
Kein Vogel mehr.

Was grämt dich, Mann in Waffen, was?


Du fällst vom Fleisch vor Ach und Weh.
Des Eichhorns Hamsterbau ist voll,
Und der H erbst haucht ade.

111
Die Lilie auf deiner Stirn
Seh i.ch von Fiebern feucht und fahl,
Und rasch auf deiner Wange welkt
Das Rosenmal.

~(fand eine Lady querfeldein,


0 schönes elbisches Gebild:
Lang war i11r Haar, ihr Fuß war leicht
Und ihr Auge wild.

Ich tat ihr einen Kranz aufs Haar,


Legt Spangen ihr und Gürtel an -
Sie tat sehr lieb, und süß fing sie
Zu klagen an.

Ich hob sie auf mein schnel1es Pferd,


Sah diesen Tag sonst nichts im Ried,
Denn seitwärts lehnte sie und sang
Ein zaubrisch Lied.

Sie flößt mir Saft von Wurzeln ein,


Aus wildem Honig ein Gebräu
Und schwor es mir in fremder Zung:
Ich lieb dich treu.

Sie zog mich in ihr Dickicht fort


Und brach in Tränen aus vor mir,
Und do11 schloß ich ihr wildes Aug
Mit Küssen vier.

Und dort hat sie mich eingewiegt,


Dort träumt ich Weh und Waffen.klang:
Den letzten Traum, den ich geträumt
Auf dem kalten Hang.

Sah H errscher, Edelleute bleich


Und Kämpen , todbleich Mann für Mann,
Die schrien : La bel1e dame san s merci
Hält dich in Bann!

11<2
Und Mund um Mund verging vor Gier
Und klaffte warnend, weit und bang -
Da fuhr ich auf und fand mich hier
Auf dem kalten Hang.

U nd darum harr ich hier noch aus


Und h ink allein und bleich umher,
Sank auch das Schilf am See und singt
Kein Vogel m ehr.>•

(Heinz Piontek)

Pierre-Jean de Beranger · q8o- 1857 · Frankreich

Der Heilige Bund der Völker


Ich sah die Freudengöttin niedersteigen,
Sie streute Blumen a us und Ährengold,
Dem Donnergott des Kriegs gebot sie Schweigen.
Still wurd e es - er hatte ausgegrollt.
Sie sprach: <<Franzosen , Russen , D eutsch e, Briten!
Gleich tapfer kämpfte jeder für sein Land!
Schließt einen Bund , den Frieden nun zu hüten 1
Reicht, Völker, euch die Han d !

Ihr armen Sterblichen , vom Hasse müden ,


D arrtit ihr wieder ruhig schlafen könnt,
Teilt euch die W elt! D er Schöpfer hat hlnie.den
J a allen einen Sonnenplatz vergönnt.
Gemeine Machtgier hat an ihren Wagen,
Der nie den Weg zum Glück fand , euch gespannt.
Schließt einen Bund! Lernt endlich euch vertragen!
Reicht, Völker, euch die Hand!

Ihr schlugt mit Feuer eurer Nach barn Städte,


Der Nordsturm trug zurück zu euch den Brand.
Zerstampft, verödet w elkten Felder , Beete,
Rost fraß den Pflug und Blei des Bauern H a nd.
Ringsum habt ih r zum H ohn d en Men scheru·echten
Mit M ensch enblut getränkt das Ackerland.
Schließt einen Bund, um Krieg und M ord zu ächten 1
Reicht, Völker , euch die Hand!

Mit ihrem Zepter wagten abzuzählen


Die Potentaten skrnpellos und stumpf
In den verbrannten Städten M ensch enseelen
- besiegelnd ihren blutigen Triumph -
Wie Sch afe! - die man trieb in langen Reihen
Von einem Joch ins andre außer Land.
Schließt einen Bund, übt Nachsicht und Verzeihen!
Reicht, Völker, eu ch die Hand!

Gesetze schafft, den K.Jiegsgott zu entthronen!


Gelitten habt ib1· alle allzu schwer!
Er obrern gebt - ih r seht, wie sie's eu ch lohnen -
Von eurem Blute keinen Tropfen mehr!
Schwört ab d em Anspruch trügerisch er Sterne,
H eut schreckeinilößend, morgen sch on ve1·bannt!
Schließt einen Bund , ihr alle, n ah und fern e !
Reicht, Völker, euch die Hand!

Frei atmen laßt die M enschen endlich wieder,


Hüll t das Vergangne in Vergessen ein!
Singt auf den Feldern eurer Dichter Lieder,
Die sie als Weihrauch nun dem Frieden weih' n.
Er nur wird Wohlstand, Überfluß uns geben,
Er segn et, die der Lieb e Gott verband.
Schließt ein en Bund, um froh und frei zu leben!
Reicht, Völker, eu ch die Hand!))

Die Göttin sprach's. - Man höt1e Beifall sch allen,


Und manch ein König sprach's ihr n ach geschickt,
So wie der Herbst, bevor die Blätter fallen,
Sich mit des Frühlings b unten Farben schmückt. -
Gottlob , die Fremden sehn wir h eimwärts kehren!
Kredenz den besten Wein für sie, mein Land!
Schließt nun den Bund, b efolgt der Göttin Lehren!
Reicht, Völker, euch die Hand!
ll-4 (Martin Reman.e)
Dionysios Solomos · 1798-1857 · Griechenland

Die Zerstörung von Psara

Auf Psaräs schwarzem Gebirge geht


der Ruhm, und kennt
die gefalln en H elden. Auf seinei· Stirn
tTägt er d en Kranz, geflochten
aus wenigem Gras
das der Erde verblieben ist.

(VolJter Braun)

Heinrich Heine · q97-r856 · Deutschland

Der Tambourmajor
Das ist d er alte Tambourmajor,
Wie ist er jetzt herunter !
Zur Kaiserzeit stand er in Flor,
Da w ar er glücklich und munter.

Er balancie11e den großen Stock,


Mit lachendem Gesichte;
Die silbernen Tressen auf sein em Rock,
Di e glänzten im Sonnenlichte.

Wenn er mit Trommelwirbelschall


Einzog in Städten und Städtchen,
Da schlug das Herz im VViderha11
Den Weibern und d en Mädchen.

Er kam und sah und siegte leicht


Wohl über alle Schönen ;
Sein schwarzer Schnu rrbart wurde feucht
Von deutschen Frauentränen.
Wir mußten es dulden! In jedem Land ,
Wo die fremden Eroberer kamen,
Der Kaiser die Herren überwand.
D er Tambourmajor die Damen.

Wir haben lange getragen das Leid.


Geduldig wie deutsche Eichen,
Bis endlich die hohe Obrigkeit
Uns gab das Befreiungszeichen.

Wie in der Kampfbahn der Auerochs


Erhuben wir unsere Hörner,
Entledigten uns des fränkischen Jochs
Und sangen die Lieder von Körner.

Entsetzliche Verse! sie klangen ins Ohr


Gar schauderhaft den Tyrannen!
Der Kaiser und der Tambourmajor,
Sie flohen erschrocken von dannen.

Sie ernteten beide den Sündenlohn


Und nahmen ein schlechtes Ende.
Es fiel der Kaiser Napoleon
D en Briten in die Hände.

Wohl auf der Insel Sankt-Helena,


Sie ma11erten ihn gar schändlich ;
Am Magenkrebse starb er da
Nach langem Leiden endlich.

D er Tambourmajor, e r war entsetzt


Gleichfalls von seiner Stelle.
Um nicht zu verhungern, dient er jetzt
Als H ausknecht in unserm Hotele.

Er heizt den Ofen, er fegt den Topf,


Muß Holz und Wasser schleppen-
Mit seinem wackelnd greisen Kopf
Keucht er herauf die Treppen.

u6
Wenn mkh der Fritz besucht, so kann
Er nicht den Spaß sich versagen,
Den drollig schlotternd lange'n Mann
Zu nergeln und zu plagen.

Laß ab mit Spöttelein, o Fritz!


Es ziemt Germanias Söhnen
WohJ nimmermehr, mit schlechtem Witz
Gefallene Größe zu höhnen.

Du soUtest mit Pietät, mich deucht,


Behandeln solche Leute ;
Der Alte ist dein Vater vieUeicb t
Von mütterlicher Seite.

Georg Weerth · 1822-1856 · D eutschland

D er Kanonengießer
Die Hügel hingen rings voll Tau ;
Da hat die Lerche gesungen.
Da hat gebor en die arme Frau -
Geboren den armen J ungen.

Und als er sechzehn Jahre alt:


Da wurden die Arme strammer;
Da stand er in der Werkstatt bald
Mit Schurzfell und mit H ammer.

Da rannt er den Öfen in den Bauch


Mit schweren Eisenstangen,
Daß hell aus Schlacken und aus Rauch
Metallne Bäche sprangen!

Kanonen goß er - manches Stück!


Die brüllten auf allen Meeren,
Die brachten die Franzosen ins Ungelück
Und mußten Indien verheeren.
117
Die warfen Kugeln, leidlich schwer.
Den Chinesen in die Rippen;
Die jauchzten Britannie ns Ruhm daher
Mit eisernen Kehlen und Lippen!

Und immer goß der lust'ge Held


Die blitzenden Geschütze:
Bis ihm das Alter ein Bein gestellt,
Die Fäuste wenige nütze.

Und a ls sie versagten den Dienst zuletzt:


Da gab es k ein Erbarmen:
Da ward er vor d ie Tür gesetzt
W o hl unter die Krüppel und Armen.

Er ging - die Brust so zornig weh,


Als ob sie der Donner durchg:rollte
Von allen Mörsern, die er je
H ervor aus den Formen rollte.

Doch ruhig sprach er: «Nicht fern ist das,


Vermaledeite Sünder!
Da gießen wir uns zu eignem Sp;iH
Die Vienmdzwanzigpfünd er.>>

Georg Herwegh , 1817-1875 · Deutschland

Sonett
Am schönsten Tag um einen Wunsch be trogen,
Und eine Niete jede, jede Karte,
An meinem Schwerte Scharte nur an Scharte,
W enn einmal a us der Scheide ich's gezogen.

Doch halt' ich mutig über allen Woge n,


Die Poesie, die leuchtende Standarte,
Durch sie versöhn' ich mein Geschick, das harte,
D en rauhsten Sturm mit ihrem Regenbogen,
118
Nie tönte m ein e Leier Tod und Fluch,
Nie scbni ll ich a us des Hyp erioniden
Purpur ein traurig-düs tres Leichentuch;

Der Herr h at mir ein frommes H erz beschied en,


Die W elt ist mir ein h eilig, heilig But.h ,
Drin a ll e Bl ätter J1üster n : Fri.ed en! Friecle n!

Anonymes Flugblatt, um 1830 - D eutschland

Berlin! Berlin! du großes J anunertal


Berlin! Berlin! du großes J a mmertal ,
Bei dir ist nichts zu find en, als la uter Angst und Qual.
Der Offizier is t hitzig, der 'Zorn und d er is t g roß :
l\,1iserabel is t d as Le ben, das m an e rfah.r en muß.

Und wenn's dann Sommer is t,


So is t eine g roße Hitz';
S o müssen wir exerzieren,
D aß uns d er Buckel schwitzt.

Komm ich auf Wachtparad'


U nd tu eine n falsch en Schritt,
So ruft der Adjutant:
<(Den Kerl dort aus d em G!i!'d!

Die T asche h erunter ,


D en Säbel abgelegt,
Und fa p fer drauf geschlagen ,
Daß er s ich nicht mehr regt.,>

Uncl wenn's dann Fri ed e is t,


Die Kl"äfte s ind dahin ;
Die Gcsuud ht•it ist verl oren,
W o sollen wir de nn nun hin ?

ug
Alsdann so wird es heißen :
Ein Vogel und kein Nest!
Nun, Brud er, häng d en Schnappsack an,
Du bist Soldat gewest.

A dam Mickiewicz · I798 -1855 - Polen

Wo weilt der König?


Sieh die Granate, die dort in die Reihn
Des Zuges dringt. Rauch deckt die Heeresseharen.
In diesem Rauch platzt sie mit hellem Schein,
Und pl ötzlich sta rrt ei n Loch , wo Menschen waren.
Und do11 fliegt eine Kugel, zischt und pfeift,
ßohr1 sich w iJd h eulend. ü1 de n Grund hinein,
Erg reift die Opfer , sc:hlangen äbnlich schleift
Sie sich durchs Heer mit Grauen , Mord und Brand.
Die schrecklichste ward nur am Klang erkannt,
Und Massen wälzen sich in letzter Pein.
Wo sie den W eg sich bahnt, da ist's, als sprenge
Der Todesengel durch das Schlachtgedrän ge.
Wo weih der König, d er zu solchem Morden drängt
Und Völker sendet? T eilt er ihren Mut,
Gibt Bru st und Aug au ch er d em Feinde preis?
0 nein! Fünfhund erL M eilen ferne, w ei ß
Er sich in seiner Hauptstadt sichrer Hut.

(l:':tla Ma11clt )

Alexander Sergejewitsch Puschkin · _1799-1837 · Rußland

Auf Alexander I.
Er wuchs h eran beim Trommelrühren,
Ließ pomphafl sich zum Feldherru küreu :
Er flüchtete bei Austerlitz,
120 Hat Anno zwölf vor Angst geschwitzt,
"
J\1ax . ger. M··
Klm arz tage II
J edoch vom Drill verstand er was!
Nur an der Front ward's ihm zu dumm,
So h ockt er je tzt vorm Tintenfaß
Im Auße11ministerium.

(.Tf'ns Gcrlach)

Taras Schewtschenko · 1814-1861 · R4.ßLa11d

Zwietracht

Es gab einst Bürgerk ri eg tmd Streit,


Es gab Verräter weit und breit,
Und Neidlinge gab's jederzeit ...

Vo1über ist's, d och nicht versch wu nden:


Noch blieben welche, die an Wunden
Sich geHemd freun, glejch wilden Hunden.
Noch immer bohren in d er E ich e
Die Würmer, daß sie wanke, weiche,
Geborsten als zernag te Leiche.
Doch einmal endet solcher Hohn :
Empörtes Volk zerschmeißt d en Thro n,
Zerreißt den Purpur, tilgt die F1·on!

Verräterbrut! Du feile Amm e


Des fremden Gifts im eignen Stamme,
Verzehrt von blinder Zwietracht Flamme:
Genug des Knie'ns vor fremden Götzen,
D es Beu gens vor bemalten Fetzen,
Des Fressens im Gew ühJ von Metzen !
Du bleibst nur Dreck und dein Gebein
Verscharrt man irgendwo am Rain,
Da Distel nur und Dorn gedeihn.

Lasset uns b eten zum Herrn der Zeit!


Vor Bfügerkrieg, Zwietracht und Bruderstreit
Behüte uns, Vater, in Ewigkeit!

12'2 (Hans Koch)


Sandor Petofl • 1823-r849 · Ungarn

0 Schreckenszeit

0 Schreckenszeit, o Schreckenszeit!
Und immer mehr wäch st Graun und Leid.
Wahrsch einlich hat
des Himmels Ra t
bestimmt, uns zu verderben.
Mit Wund en sind wir ganz bedeckt,
die W elt h at sich das Ziel gesteckt,
daß durch das Sch wert wir st erben.

Von außen bringt der Krieg uns Not;


doch Böseres im Innern droht;
Die grau se Pest
gibt uns den Rest.
Hart über dich ergehen
d es Schicksals Sch läge, Vaterlru1d ;
an deinen Grenzen immer stand
d er Tod , ber eit zum Mähen.

H eißt's sterben bis zum letzten Mann?


Und wfrcl sich jemand finden dam1,
der dieses Bild ,
so schaurig wild,
der Nachwelt einst beschriebe?
Und kann auch einer all das Graun
wohl schildern, wie es wär zu schaun,
wenn er am Leben bliebe?

Erzählt er a ll es, wie es war


und wie es uns ward offenbar,
g ibt's einen dann,
der·s glauben kann,
daß all dies ist geschehen?
Greift e r nicht zweifelnd a n d ie Stirn
und meint, daß solches n~ im Hirn
von Narren kann entsteh en?

(Lorenz Landgraf)
Eugene Pottier · 1816 - I887 · Frankreich

Der Tod eines Planeten


Fü't ß e119il Malo n, M itglied der Com m une

Am tiefen Himmel, wo die Steni e schwimmen,


Auch unser Auge mit d en Sternen schwimmt.
Zuweilen doch geschieht es, daß die Stimmen
Der Ewigkeit des Geistes Ohr vernimmt.
Du Himmel voll Gestirne zeigst uns wied er,
Daß du beseelt und fühl end bist. Denn seh t,
Die Liebe einigt all e Flammenbrüder.
Ihr So nnen , weint, d enn ein Planet vergeht!

Er dteh te sich irn stolzen Gleichgew ichte,


Und kein Gesch ö pf an Hunger je verkam.
De r M ensch, d er frei wa r, konnte seine Früchte
Im Überfluß genieß en, ohne Scliam.
Doch stahl ein Oiebsgeschl echt uns Frucht und Kerne
Und ließ verfaul en , was die Welt gesät.
Sein Wa hnsinn aber sti nkt bis an die Sterne.
Illr Sonnen, weint, denn ein Planet verge ht!

Mit Ström en Bluts müßt ihr den Krieg bezahlen.


Mit n och m ehr Blut bezahlt ihr die Idee.
Wie Men sch enfl eisch ernährt den Kannfüalen,
So nährt vom M e-nsch enfleisch sich der Bankier.
Das ist d er H enker , der in b]ut'gen Händen
Die arme Erdenkug el wägt und dreht,
Um seinem fin stren Gott sie zu ve rschwenden.
Ihr Sonnen , wejnt, d enn ein Planet vergeh t!

Und doch - die a lten Träume uns erfüllen.


Wer wollte a us der Lust am Dasein fort!
Es braust aus d em Gewühl der M ensch en w ill en
D er Leidenschaften göttlich er Akkord.
Ver gebens, arme Seele! Sie gebrauchen
D as Henkerbeil als chris1Jiches Gerät.
Prometheus dru-f nur noch auf Stümpfen .krauch en.
Ihr Sonnen , w eint, denn ein Planet vergeht!
124
Ein Schluchzen schallt durch alle HimmelreichP.
Als ktzter Schrei am Tage des Gerichts.
Die Ewigkeit zerstäubt die Riesenleiche
Und bläst die Hülse in das leere Nichts.
Leer wird das Weltall sein nach den Gewittern,
Und letzter Wirbelrauch der W elt vc1weht.
Plejadenh immel, voll v:on Knochensplittern!
Ihr Sonnen, weint, denn ein Planet vergeht!

(Ericil W ein e rl)

Paul Verlaine · 1844-1896 · .Frankreich

Agnus Dei
Es sucht das Lamm die Bitterkeit der Heid e,
zieht Salz dem Zucker vor auf seiner Weid e,
sein Scb1i,rl wird laut im Staub, daß ich ihn nicht vom Regen unte rscheide.

Will es ein Ziel, so ist nichts anzufangen,


kopfstoßend starr durchs1emmt es sein Verlangen,
dann blökt es sei ner Mutter zu, der bangen.

Lamm GotLes, das der Menschen Heil beginnt,


Lamm Gaues, das uns zählt und kennt und fi.ndt,
Lamm Gottes, sieh, erbarm d ich dessen, was wir sind.

Gib uns d en Frieden, nicht d en Krieg bescher,


Lamm, scb.recklich in des rE!chten Zornes Wehr,
o du, einziges Lamm, Gott und Gottvaters Einziger.

(Ra ine r Maria Rilke)


Charles Baudelaire · 1821-1867 · Frankreich

Die Friedenspfeife
Nac h Longfcllow

Doch Manitu, d es Lebens Fürst, s1ieg wieder,


Der Mächtige, i ns grüne Grasland nieder,
fns Grasland weit und felsenberggekrönt ;
Und dort am Klippenfirs l des Roten Schroffen,
Dem Raum gebietend und vom Licht getroffen,
Reckt er sich auf und seine Hoheit dröhnt.

Nun r ief der Stämme Unzahl er zum Thinge,


So reich an Volk, daß Gras und Sand verginge.
Mit seiner Riesenband brnch er ein Riff
Vom F els, aus dem er eine Pfeife ma chte,
Zu der d as Rohr er skh am Strome sachte
Aus einer mächtigen Garbe Schilfes griff.

Um sie zu sto pfe n nahm erWeideminde,


Und, d er die Kraft erschuf, stand frei im Winde
Und brannte wi e ein göt1liches Fanal
Die Friedenspfeife an. Noch auf dem Schroffen
Sog er den Rauch uud ward vom Licht getroffou.
Doch für die Völker war es das Signal.

Und langsam h ebt der Rauch sich jn den Lüf1en


D es sanften Morgens, wellig, schwer von Düften.
Zunächst scheint er ein düstrnr Nebelstreif,
Dann wird der Qualm zu grauem Dampf und dichter ,
Dann bleicht er, schwillt und steigt und endlich blicht er
Sich an der Himmel h artem Kronenreif.

Und ferne von des Felsgebirges Wällen;


De r Seen des Nordens lauten VVasserfäll en,
Von Tawash enta, Tal, dem keines gleicht,
Bis Tuscaloosa, Wald von süßen Düften,
Sehn alle das Signal, das in d en Lüften
Des Scharlachmorgens auf im F1ied en steigt.

12-6
Die D euter sprechen: «Seht ihr dieses Schwelen,
Den Qualm, d er, so wie Hände im Befehl en ,
Dort schwingt und dunke l vor der Sonne dräut ?
's ist Manitu, des Lebens F ürst, der nieder
Ins w eite Grasland stieg und nunmehr wieder
Die Krieger all zu seinem Thinge b eut.>>

Da ko mmen auf den Ströme n, auf d en W egen,


Wo immer h e1· der Winde Atem fegen,
Die Krieger all er Stämme, allzumal
Vom Qualme, d er zum Himmel stieg, betroffe n,
Gehorsam zu dem Thing am G roßen Schroffen,
Zu dem sie Gitsche Manitu befahl.

Die lhiege r halten in der grünen W eite


In W ehr und Waffen und gestählt zum Streite,
So bunt gefä rbt wie Laub zum Herbst i m W a ld ;
U nd Haß, deT allen W esen Kampf verkünde t,
De1· Haß, der ihrer Ahnen Aug enlzündet,
Auch aus d em ihren T od esgluten strahlt.

Und es ist voll von altererbtem H assen.


Doch Manitu, der Erde IIerr, gelassen
Erbarm ensblicke auf sie alle tut,
Gleich einem der Verkehrung feinden W eisen,
Der sieht wie sein~ Söhne sich ze rbeißen!
D enn jedes Volk hält Manitu in Hut.

Er breitet über sie die starke Rechte,


Daß er ihr H erz und ihre Enge knechte,
Ihr Fieber kühl' im Schatten seine,· H a nd .
Dann spri cht er hoheitsvoll und mit d er Stimme
De.r Wasserflut im Auin1hr, die im G1imme
Des Falls ein übermenschlich T önen fand :

<-•N a chkommen schaft, beklagenswert und te u e r !


0 Söhne m ein, hö rt Himm elsw eish eit an,
Denn Manitu, des Lebens H err und Steuer,
Spricht nun zu euch , derselbe, der in euer
G efiJd den Büffel, Bär und Elch getan. 127
Ich gab euch reiche J agd und Fa11g hienieden ;
Was ward im Jäger denn der Mörder wach?
lch ließ euch Vögel nisten in den Ried en;
Was seid ihr Frech en denn noch nkht zufriede n ?
W as stellt der Mensch denn seinem Nachbarn nach?

Ich bin gar müd d es Kriegs! In eurem Munde


Wird Sünde n och Geb et und Weih ewort!
W eil ihr in Zwietracht lebt, geht ihr zugrund e,
Und eure Kraft liegt doch im Bruderbunde.
Seid Brüder denn und lebt im Fri ed en fort!

Bald schenkt eu ch meine Milde d en Propheten ,


Der, euch zu lehren , müzttleiden kommt.
Das Leben wird zum Fest durch d es Beredten
Ver kündet Wort; doch schmäh et ihr sein Beten
In Fluch V erst1ickte - dann im Nichts verkommt!

W ascht ab der Blutgie r Farben in den Fluten!


Hier habt ihr Fels, dort Schilf, was jeder braucht
Zu seiner P feife . Kein er soll melu- bluten
Und morden mehr! In brüderlich en Gluten
Vereint zum Bund die Friede nspfeife raucht!>>-

Sie werfen jäh die Waffen auf die Brach e,


Di e Kriegsbem alung löschen sie im Bach e,
Die stolz auf ihren wilden Stirnen gleißt.
Ein jed er höhlt den Pfeifenkopf und schneidet
Am Strand ein Rohr, das er sich zubereitet.
Und sein en fünd ern lächelt zu der Geist!

Und alle ziehen heim; es sü1d die Geister


Beglückt und still. D och Ma.nitu, rle1· M eister
Des Lebens, g eht durchs offnc Himm elstor.
- Durch eine r Wolke gla m erhellte Dünste
Schwebt der Allmächtige, froh seiner Künste,
ln Hohei t, Duft und Lich t gehüllt empor.

(Karl Schmid)
Volkslied · 1870/71 · Deutschland

Ich bin Soldat, doch bin ich es


nicht gerne
Ich bin Soldat, doch bin ich es nicht gerne,
Als ich es ward, hat man mich nicht gefragt;
Man riß mich fort, hinein in die Kaserne,
Gefangen ward ich, wie ein Wild gejagt;

Ja, von der Heimat, von des Liebchens Herzen


Mußt' ich hinweg und von der Freunde Kreis,
Denk ich daran, fühl ich der Wehmut Schmerzen,
Fühl in der Brust des Zornes Glut so heiß.

Ich bin Soldat, doch nur mit Widerstreben;


1ch lieb ihn nicht, den blauen Königsrock,
Ich lieb es nicht, das blut'ge Waffenleben,
Mich zu verteid'gen wär genug ein Stock.

Max Slevogt · Gefallen (Achill)


0 sagt mir an, wozu braucht ihr Soldaten?
Ein jedes Volk li ebt Ruh und Frieden nur,
Allein aus Hen-schsucht und d em Volk zum Schaden,
Laßt ihr zertreten, ach, die goldne Flur!

Ich bin Soldat, muß Tag und Nacht marschienm,


Statt an der Arbeit, muß ich Posten stehn,
Statt in der Freiheit, muß ich salutieren,
Und muß den Hochmut fi·ech er Buben sehn.

Und geht's ins Feld, so muß ich Brüder m orden,


Von denen k einer mir zuleid was tat,
Dafür als Krüppel trag ich Band und Orden.
U nd hungernd ruf ich dann; «Ich war Soldat!"

1hr Brüder all, ob Deutsche, ob Franzosen,


Ob Ungarn, Dänen, ob vo m Niederland,
Ob grün, ob rot, ob blau, ob weiß die H osen 3
Gebt euch statt Blei zum Gruß die B.ruderhandl

Auf, laßt zur H ein1at uns zurückmarschieren,


Von den Tyrannen unser Volk befrein;
Denn nur 'l) rannen müssen Kriege führen,
Soldat der frei heil will ich gerne sein!

Detlev von Liliencron · r844-1909 · Deutschland

In Erinnerung
Wilde Rosen überschluge11
T i<'fer Wunden rotes Blut.
\/Vindverwehte Klänge trugen
Siegesmarsch und Siegesflut.

Nacht. Entsetzen überspülte


Dorf und Dach in Länn uncl Glut.
~,Wasser!» Und die Hand zerwühlte
130 Gras und Staub in Dursteswut.
~ (02 9;·
\) c~?>.? I

Honore Daumier · 1871


Morgen. Gräbetgraber. Grüfte.
Manch ein letzter Atemzug.
W either, witternd, d u_rch die LiiftP
Braust und graust ein Gei erflug.

Arthur Rimbaud · 1854-1891 · Frankreich

Der Schläfer im Tal


Ei.n grünes Fleckchen ist's, dort trällert schön
Der Bach, hängt Silberfetzen irr und dicht
Den Gräsern u m, de1· Sonne Glanz aus Felsenhöhn
H erdringt. Ein Tal ist's, klein und schäumt im Licht.

Ein Soldat, ganz jun g, mit offnem Mund und nicht bedeckt
Das Haupt, den Nacken badend kühl im Kresseblau,
Schläft da, im Gr as, vorm Himmel ausgestreckt,
Blaß, im grünen Bett, im Lichtertau.

Schläft, seinen Fuß im Lilienfeld. Er lächelt leise


Im Traum nach eines kranken Kindes Weise,
Jhn fri ert! 0 wieg fün wärrnend ein, Natur!

Vom. Dufthauch zittPrt nicht der Nase Rand,


Er schläft im Sonnenschein, auf seiner Brust die Hand,
Ganz still. Hat r echts von zwei Flecken rot die dunkl e Spur.

(Heidi UrbaJJn de J auregui)

Gotifried Keller · 1819-r890 · Schweiz

Tretet ein, hoher Krieger

Tretet ein , hoher Krieger,


Der sein Herz mir ergab!
Legt den purpurnen Mantel
132 Und die Goldsporen a b!
Spannt das Roß in d en Pflug,
Meinem Vater zum Gruß!
Die Schabrack mit d em Wappen
Gibt 'ne n T eppich meinem Fuß!

Euer Schwertgriff muß Jassen


Für mich Gold und Stein.
Und die blitzende KJi11ge
Wfrd ein Schiireisen sein.

Und die schneeweiße Feder


Auf dem blutroten Hut
ls t zu 'n ern kühl enden W edel
In d er Somm erzeit gut.

Und der Marschalk muß lernen ,


Wie man Weizenbrot backt,
Wie man Wurs t und GefülJsel
Um die W eihnachtszeit hackt!

Nun befehlt E·u re Seele


D em h eiligen Christ!
Eue r Leib is t Vt!rkaurt,
Wo kein Erlösen mehr ist!

Conrad Ferdinand Jvfeyer · 182s-r898 · Schweiz,

Friede auf Erden

Da die Hirten il,re H erde


ließ en und des Engels Worte
trugen durch die ni edre Pforte
zu der Mutter und dem Kind,
fuhr das himmlische Gesind
fort im Sternenraum zu singen,
fuhr d er Himmel fo11 zu k1inget1:
,,Fried e, Friede auf d cT Erde!>>

133
Seit die Engel so geraten,
o w ie viele blut'ge Taten
hat der Streit auf wildern Pferde,
de r geharnisch te. vollbracht,
In wie mancher heil'gen Nacht
sang der Chor der Geister zagend,
dringlich fleh end, leis verklagend :
«Friede, Friede ... auf d er Erde!»

Doch es ist ein ew 'ger Glaube,


daß der Schwache nicht zum Raube
jeder frechen M ordgebärde
werde fallen allezeit:
etwas wie Gerechtigkeit
webt und wirkt in M ord und Grauen,
und ein Reich will sich erbau en ,
das den Fried en sucht - der Erde.

Mählich w ird es sich gestalten,


seines heil'gen Amtes walten,
Waffen schmieden ohne Fährde,
Flammenschwer1er für das Recht,
und ein königlich Geschl echt
wird erblühn mit starken Söhnen,
dessen helle Tuben d röhnen :
«Friede, Friede auf der Erde!>)

Nikolai Alexejewitsch Nekrassow · 1821-1878 · Rußland

Krieg

W enn mir ein Mund erbleichend schreit


vom Krieg, von seinen blutigen Schrecken, -
mir tut der Freund, das W eib nicht leid
und nicht die heldenhaften Recken ...
Den Freund vergißt d er beste Freund,
das Weib verschmerzt den toten Gatten,
doch eine Seele ewig weint
134 und ist des Toten u·euer Schatten .. .
Ich sah geheuchelt manches Leid,
ich lernte fals chen Kummer kennen, -
wahr sind in ihrer H eiligkeit
der Mütter leidgeborne Tränen ,
die nur de r ti efste Schm erz ersa nn.
Stets sind sie in d es Toten Ba..nn,
vergrämt und stumm in ihrem Leide,
so, wie die düstre Trauerweide
clie Zweige nie erheben kann ...

(K. Rorllinghofl)

Michael.Alhert · 1836-1893 · Runiäni,en

D er Krieg

Es rast d er Sturm mit Donnerton


In wilden Schl achtenwettern,
Und H eer um H eer und Kron und Thrnn
Seh ich im Kampf zeTschmettern .

Von Strömen Blutes wurden feucht


Dt"!s Sommers stille Blüten,
D es Geistes hohes Saatfeld be ugt
Sich vor des Sturmes Wüte11.

D as ist der Ktieg! - 0 F luch dem Krieg,


Ihm, unsrer Bilduog Schande !
Wann zieht des ew'gen Friedens Sieg
Beglü ckend durch die Laude?

Torheit! - lief ein e Stunde ab


Vom Tag der Weltgeschichte,
Dann ruft die Zeit aus Schutt und Grab
Das Alte zum Gerichte.

Dann dröhnt und gellt vom hohen Turm


Der Glockenschlag die Kunde:
Das Morsche fegt hinweg der Sturm
Und Beßr es bringt die Stunde. 135
Lovis Corinth . Fra u und Krieger
J'vlihail Eminescu · 1850-1889 · Rumänien

Engel und Dämon

Gibt es eine n Gott? Ein h ohler Schatten äfft und unte rkriegt euch.
Oh, wie müßt' er blind und taub sein und wie boshaft, w enn er wäre!
Und wenn es in sein er Macht steht, daß er a llem Bösen wehre,
Warum unterläßt er 's? W enn er aber boshaft ist, was liegt euch

Dann an seiner Ordnung? Doch er isl nicht! Was sie Ordnung schelten
Ist ein Zwang, d er euch nur einpfercht, doch die andern nicht b erührt.
Leicht ist's, das Gesetz zu achten, weffiJ man nicht sein Wüten spürt.
Wer sich selbst Gesetze an sch afft, läßt sie nach Belieb en gelten.

Güte ? W er die Erde eignet, kann sich kaum vo r Güte fas sen!
Vate rland? Für sje die Größe und der h erbe Stab der Macht,
Ihnen hat es Gold und Glorie, uns nur Last und Leid gebracht.
Wehe über die Betrüger, weh' uns, den b e trogn en Massen !

Sie verdwnm en uns; an a ll es glauben w ir - sie glauben nicht!


Unsel' Blut nun tränkt d ie E rde, wenn der Tod der Sch lachten nachtet,
Und von u nserm Blute mästet sich ihr Ruhm; sie sind geachtet.
Sie das Gold und wir der Dünger, wir das Dunkel, sie das Licht!

( Ktln rad Rlchtl'l )

Volkslied · um 1877 · R umänien

Das Kaiserlied

Die Rosen blühn, die Rosen blühn


Im w armen M orgenlicht,
Ich mu/3 vcrglühn, ich muß vergl ühn,
Mein H erz vor Sehns ucht b richt.

Der H auptmann nahm, der Hauptmann nahm


Den Liebsten und den Pflug.
Die Kunde kam, die Kunde kam,
Das Blei sein H erz zerschlug. 137
Der Kaiser lacht, der Ka iser lacht,
Er hat den Feind besiegt.
Ob er gedacht, ob er gedacht,
Wo mein Geliebter liegt?

«Du sieh st, mein Kind, du siehst mein Kind,


Der Kaiser hat kei.11 H erz,
Und Worte sind, und Worte sind,
Kein Pilaster auf den Schmerz.»

Es schneit, es schneit, es schneit, es schneit,


Wir sind im Haus allein;
Wohl kommt die Zeit, wohl kommt d ie Zeit;
Dann wird kein Kaiser sein!

Volkslied · um 1848 · Deutschland/Sorben

Hoffnung
Wenn Kri ege Menschenernten mäh en,
hier Tod, dort Not und Trauer säen,
da blute1 mir das Herz.
Wenn Äcker Lachen widerklingen
und Menschen froh vom Frieden singen,
blüht gute H offnung auf.

Wenn Junker frech auf Feldern jagen


und r echtlos Bauern prügeln, plagen,
da blutet mir das Herz.
Wenn Bauern sich dagegen wehren
und Henen Menschen achten lehren,
blüht gute Hoffnung auf.

Wenn stolze Junker faul verfressen,


was sie aus Ba uernfleiß erpressen,
da blutet mir das H erz.
Wenn aber Bauern für sieb selber säen
und ackern, eigne Ernte mähen,
blüht gute Hoffnung auf.
Wenn roh' Gewall und Willkür walten ,
das Volk Gewehre J1iederhaltf'n,
da blutet mir das Herz.
Wenn fre i das Volk Gesetz verkündet
und Volkes Recht den Rich ter bi ndet,
blüht gute Hoffnung auf.

Wenn Volk und Vol k einander hassen


und sich zum Morden treiben lassen,
da blutet mir das H erz.
Wenn jedes Brauch und Sprache achtet
des a nderen, zu vcrstehn es trachtet,
blüht gute H offnung auf.

Solan g' das Volk sich knechtisch beuget


und feig vor seinen Hen-n sich neiget,
blüht Hoffnung Jücht im Lan d .
D och wenn es endlich auferstanden,
die Herrn veTjagt mil Schimpf und Schanden -
da scheint die Sonn' im Land!

(Jurij Brezan)

Volkslied · um 1900 · Böhmen

Rekrutenlied

Als ich noch ein kleiner Junge,


r--Iabt ihr nicht nach mit- gefragt,
Hurra !
Habt ihr nicht nach mir gefragt,

Als ich dann um Brot gebettelt,


Habt ihr mich davongejagt,
Hurra!
H abt für mich davongejagt.

Kaum habt ihr mich groß gesehn,


Zwangt ih r mich ins Feld zu gehn. 139
Daß der Blitz in eure Seele,
Eure schwarze Seele schlag't
Hun-a!
Gottverdammtes Lumpen pack!

(F. C. WeiskopQ

flerman M'elville · 1819-1891 · USA

Requiem

Niedrig fliegen die Schwalben still


Über Siloah am wolkigen Tag,
Über das F eld und über den Hag,
Wo der Regen im Apri l
Küh lte die Wunden der Krieger zur Nacht

James Ensor · Die Gülden~porenschlacht


Nach d er blutigen Sonntagsschlach t. -
Wo von Siloah die Kirche steht,
Stieg zum Himmel manch Stoßgebet,
Hal lte das Stöhnen der Abschiedspein
Einsam rings um den M auerstein,
Sah man im Tod sie beisammen ruhn,
Feinde a m Morgen und Freunde nun.
Ruhm ihrer Länd eT: galt noch sein W ert?
Was eine Kugel doch Besseres leh1·t! -
Friedlich schlummern die T oten im H ag,
Über Siloah am wolkigen Tag
Fliegen die W o lken still.

(K. Erich M eu r er)

Walt frflhitman · 18L9-1892 · USA

Wenn ich von dem erkämpften Ruhm


der Helden lese
Wenn ich von d em erkämpften Ruhm der H eld en lese
und d en Siegen großer Generale, so beneide ich die Generale nicht;
Noch den Präsiden ten in seiner Präsidentschaft , noch
den Reichen in seinem Pa last;
Doch w en n ich von der füiiderschart .Liebender höre,
wie es ihnen erging,
Wie sie clurch's Leben, durch Gefa hren, Verdächtigungen,
unverändert, lang und lang,
Durch Jugendzeit hindurch, durch Mannes- und Greisenalter
un ver änderlich in Lieb' und Treue sich zugeta n blieben.
D ann etfaßl mich Sinnen - und schnell eile ich
fort , erfüllt von bitterstem Neide.

(.fohannrs Schlaf)
Edgar Lee Masters · 1868-1950 · USA

Harry Wilmans

lch war gerade einundzwanzig geworden,


Und H enry Philipps, der Sonntagsschulvorsteher,
Hi elt eine Rede in Bindels Stadttheater.
1,Die Ehre der Fahne muß attfrecht erhalten werden>>,
Sprach er ,
«S ie sei angegriffen von einer Horde Barbaren
Oder der größten Macht Euxopas.~,
Und wir schrieen Hurra zu seiner Red e
Und schrieen Hurra, wenn er beim Red en
Die Fahne schwenkte.
Und ich ging in d en Krieg trotz des Verbots
Meines Va ters,
Und folgte der Fahne, bis ich sie aufrichten sah
Bei u nsrem Lager in einem Reisfeld
Nahe Manila.
Und wir schrieen alle Ilurra .
Doch da gab's Fliegen und giftige Dinge,
Und cla war das tödliche Wasser,
Und die m1barmhel'Zige Hitze,
U ncl das fau le. verd orbene Essen,
Und der Gestank des Grabens hinter den Zelten,
Wo die Solda te n sich ausleerte n,
Und die Huren, die uns fo lgten, voll er Syphilis,
U nd allerlei tierische Dinge, die wir
Unter uns selbst trieben ,
Und Gehässigkeit, Bedrückung, Entwürdigung
Manche r A1·t,
T age voll Unlust und Nächte voll Angst.
Schließlich die Stund e des Angriffs
Durch den dampfenden Sumpf,
D er Fahne nach,
ßis ich aufschreiend fiel , durch
Di e Därme geschossen!
J etzt steht ejne Fahne über mir in Spoon fü ver.
Fahne! Fahne!

l4'2 (ll ~ns l\udolf l\iedcr)


Volksdichtun.g · 19.Jahrhundert · Peru, Bolivien/Ketschua-Indianer

Eines Indios Verwünschung


gegen einen spanischen Krieger
Dieb du,
wie Fuchs und Schildkröte feig!
Würdelos ist, mit bedecktem Körper zu kämpfen!
Entblöß deine Brust, daß wir sehn,
wessen Seele der Sonne Glut besser gestählt!
Sein Gesetz zu verkünden zog alich der Inka lu-iegerisch a us,
doch brachte Gesch enke und Liebe er stets.
D es Todes war nur, wer vo n Sinn en.
Dein Gott sei g ut, sagst du uns,

Me:i:ikanisr:he Bilderhandschrift
d och du tötest,
voll Mitleid, sagst du,
doch du raubst!

(.Juliane ß amb ul.R-Diaz)

Volksdichtung · 19-Jahrhundert · Nordamerika

Totenklage der Sioux

Tapferster der tapfern Krieger!


Such tst am T o r des T ods die Ehre.
Koontest du nicht an mich denken ,
Mi.eh, die dich im Haus b eweint?
Konntst dic h m ein er nicht eriru1ern?

T a pferster d er tapfem Krieger!


Ehr e wat dir mehr als Liebe.
Liebster. glaub, ich bin nicht fe ig,
Doch m ein H e ,·z, es weint um dich.
W eint, wenn d einer ich gedenke.

(Ec:khanl von Syrlnw)

Volksdichtung · 19.Jahrhundert · Ostafrika

Beschwörungsgesang der Masai-Frauen


Eine: Gott Gott zerbrich
Alle: die Macht des Feindes
Eine: Zerbrich zerbrich
Alle: d ie Macht des Feindes
Eine: Schweigt nicht Franen
Alle : Gott zerbrich die Macht des Feindes
E ine : Morgenstern
Alle: und Abendstern leuchtend e
Ein e: zerb rech t zerbrecht
144 Alle: die M acht des Feindes
Eine: Wo lken übenn schneehäuptigen Berg ihr
Alle: 1.erbrecht die Macht des Feindes
Eine: D er d u wartest bis der Himmel glüht
All e : zerbr.icb
Eine: zerbrich
All e : die M acht d es Feindes.

Volksdichtung · 19.Jahrhundert ·· Japan

Japanisches Soldatenlied

Kamerad, siehst du dort


Den imm erg:rauen
Himmel d es Festlands?
Kommt Sturm? Kommt Frost?
Oder kommt Schnee?
Un sere Leichen - wo werden sie liegen?
Auf Korea? Im Mandschuland?
Oder zerstreut auf der Ebene
Sibiriens?

(Acller-Revon)

Vo"lksdichtung · 19.Jahrhu.ndert · Vietnam

Soldaten und ihre Frauen

Zu Tausenden liegen die toten


Soldaten flußhingestreckt.
Schwalbenflug sch reibt an den
Himmel die Todeskunde.
Zerfetzt wird auf Er den schmerzsta.rrer
Frauen Herz:
Schwalbenschrift im Himmelblau ist
schärfstes gebogenes Messer.

(KoNmas Ziegler)
Rabindranath Tagore · 1861- 1941 · Indien

Das Volk

Ich blicke ins weite Land und sehe


Die lärmende, die große Men schheit,
Die' seit alters her auf mannigfach en W egern
In großen und kleinen Gruppen schreitet,
Den ewigen Bedürfnissen des
Menschlichen Lebens und Sterbens entgegen.
Das Volk rudert immer nur vorwärts
Und hält das Steuer fest in der H and.
Das Volk sät draußen auf dem Felde
D en Samen und erntet seine Frucht.
Das Volk arbeitet in Stadt und Land.
Königsthrone stürzen zu Staub,
Kri egstrom meln verstummen ,
$jegesmäler vergessen wie Narren ihre Namen,
Gespenster ntit Waffen in blutigen Händen
Zi eh en in Kindermärchen ein.
Das Volk arbeitet
In aller H erren Ländern,
In den Häfen der Ozeane und Flüsse,
In Bengalen, Bihar und Orissa,
In Bombay, Pandschab, Gudscharat.
Des Lebens Alltag - Tag und Nacht -
Vergeht in dröhnendem Gebrüll und leisem Flüstern.
Glück und Kumm er des Alltags
Erklingen im großen Zauber des Leb ens.
Auf den Ruinen vieler Imperien
Arbeitet das Volk!

(S tepän ka Komper tova)

14.6
Fiona Macleod · 1856-1905 · Schottland

Anrufung des Friedens

Tiefen Frieden hauche ich in di ch ,


o Überdruß, hier
o Schm erz, hie r!

Tiefer Friede, eine sanft e weiße Taube dir


tiefer Friede, ein stiller Regen dir
tiefer Fried e, eine flutend e Woge dir
tiefer Friede, ro ter Wind des Osten s dir
tiefer Friede, grauer Wind des W este ns dir
tiefer Friede, dunkler Wind des Nordens dir
tiefer Friede, blauer Wind des Süden s dfr
tiefer Fried e, reines Rol d er Flamme dir
tiefer Friede, 1·eines Weiß des Mondes dir
tiefer F1ied e, reines Grün d er Gräser dir
tiefer Friede, reines Braun d er Erde dir
tiefer Friede, reines Grau des Taues dir
tiefer Friede, reines Blau des Himm els dir
tiefer Friede der fließenden W elle dir
tiefer Friede der wehenden Lüfte dir
tiefer Friede der stillen E rde dir
tiefer Friede der sch la fenden Steine dir
tiefer Fried e d es gelben Schäfers dir
tiefer Fried e d er wandernden Schäferin dir
tiefer Friede der Stemenherde dir
tiefer Friede des Fried enssohnes dir
ti efer Friede des Herzens der Maria dir -
von Brigitte mit dem Mantel
ti efer Friede, tiefer Fliede !
U nd mit der Güte auch des stolzen Vaters,
Friede !
lm Namen der Drei, die Eins sind,
und beim Willen des Herrschers der E lemente,
Friede! Friede!

(Hans Trausil)

147
W bleibt da der Mensch,
wo menschliche Würde,
Wo bleibt sie -
die heilige Menschlichkeit?


1

Max Liebermann · Nach der Schlacht


Bertha von Suttner · r843-1914 , Österreich

Das Lied von der Menschlichkeit

Maschinen stöhnen, Kolosse erbeben ,


Aus Schloten speit Feu er hinaus in die Nacht,
Gigantische Formen erstehen zu Leben,
Die Menschengehirne im Schweiße erdacht ;
Es drehen sich Räder, es schwanken die Krane,
Zur häßlichen Wahrheit wird jetzt Phantasie
Berechnet zum Kleinsten, Geheimnis entrissen,
Es gibt keinen Traum mehr, gibt nicht Utopie.
Die Erde bezwungen, mit Drähten verbunden,
Gesprochenes Wort saust über die Welt.
Die Wellen der Sphären sind Sklaven der Menschheit,
Die achtlos den Himmel in H ände n hält.
In sausender Eile jagen die Züge
Nur rasch er, gehetzter, wir hasten ans Ziel,
Die Zeit wird zum Knechte, und Ewigkeitswerte
Sind längst für die Menschen ein krankhaftes S piel.
Nur immer Verbesserung, Bequemlichkeit, Luxus:
Sie sind für die jagende M enschheit bereit.
So siegt über alle Kräfte der Erde
Der große Gedanke der Menschlichkeit.

Der Raum zwischen Himmel und Erde durchschri,tten,


Gesundung dem Kranken aus Sonne und Licht,
Die Urkraft gefunden, der Schmerz überwunden,
Der T od schreckt die forschende Menschheit nicht.
Was gestern noch unklar, ist heute Gewißheit,
Ein Serum , ein Gift gibt's für jegliches Leid.
W er bünd war, wird sehend, wer stumm, der wird reden,
Hin über die Gräber eilt lachend die Zeit.
Chirurgen und Ärzte wehren dem Sterben,
Der Tod wird zur letzten Ecke gezwängt,
Die Menschheit, erlöst , kann ewig nun leb en,
Denn Krankheit und Not sind für immer verdrängt.
Und wenn einmal einem bestimmt ist zu enden,
Für den gibt es Leid nicht und Qual nicht und Krampf,
Ihm ist ein stilles Verlöschen beschieden,
Die Wissenschaft endigt im Frieden den Kampf.
Mixturen, Arzneien und die Apparate
Stehn für die leidende Menschheit bereit,
Wir leben und werken, wir kämpfen und sterben
Im hohen Zeichen der Menschlichkeit.

Drommeten ertönen, die Flammen ergänzen,


Vernichtende Kriege zerfetzen das Land,
Sirenen heulen, Kanonen morden
Und speien rings um sich den Tod und den Brand.
Die Bombe erfunden, die a lles vernichtet,
Das Land 1fogsumher in Asche zerlegt,
Ein Schuß - und was war, ist alles verloren,
Daß rund sich auf Meilen nichts lebend m ehr regt.
Die blühendsten Länder zu Trümmern verwandelt,
Was einstmals dort lebte, verko hlt und entstellt,
Zu Schutt alle Städte, zu Wüsten die Fluren,
Zu Tod und Verderben ringsum alle Weh.
Und neue Gefahren von Menschen ersonnen,
Das menschliche Hirn tobt in Schrecken sich aus,
Vernichtung ersinnend ntit höllischem Graus.
VVas gestern noch Schutz, wird h eute zur Waffe,
Zu neuem Entsetzen und Elend bereit:
Wo bleibt da der M ensch, wo menschliche Wfu-de,
Wo bleibt sie - die heilige Menschlichkeit?

Ma :r Kegel , 1850 - E902 · Deutschland

Kein Völkerhaß

Mögt ihr mit blutbefleckter Hand


Dem Morde eure Opfer weihen ,
Mögt ihr mit eurem Opferbrand
Die Völker immer neu entzweien;

Wir wollen, daß der Völkerbaß


Des Volkes Blick nicht länger trübe,
Wir streüen ohne Unterlaß
Für das Pri:nzip der Menschenliebe.
Die Menschen sind ja BesLien nicht,
Dazu bestimmt, sich zu vernichten,
Nicht durch des Schwertes Vollgewicht
Sen.kt sich die Waage unsrer Pflichterl.

Wir sollen heben, was Natw·


An Schätzen auch der Menschheit bie te,
Und dieses Werk gedeih et nur,
Wenn uns beglückt der Völkerfriede.

Doch maßte einst gefochten sein,


Und müßte ein mal Blut noch fließ e n,
Dann nicht für die D espoten, nein!
Dann, um die Freiheit zu begrüßen!

Ricarda Hudi , 1864-1947 · Deutschland

Friede
Aus dem Dreißigjähl'igen Kri eg

Von dem Turme im Dorfe klingt


ein süßes Geläute;
man sinnt, was es deute,
daß die Glocke im Stunne nicht schwingt.
Mich dünkt, so hört ich's als Kind;
dann kamen die J ahre der Schande;
nun trägt's in die Weite der Wind,
daß Frieden im Lande.

W o m ein Vaterhaus fest einst stand,


wächst wuchernde 1-lejde;
ich pflück, eh ich scheide,
einen Zweig mir mit zitternder Hand.
Das ist von der Väter Gut
m ein einziges Erbe;
nichts b leibt, wo mein Haupt sich ruht,
bis einsam ich sterbe.

153
Meine Kinder verwehte der Krieg;
wer bringt sie mir wieder?
Beim Klange der Lieder
feiern Fürsten und H erren den Sieg.
Sie freun sich beim Friedensschmaus,
die müß'gen Soldaten fluchen -
ich ziehe am Stabe hina us,
m ein Vaterland suchen.

Frank Wedekind · 1864-1918 · Deutschland

Menschlichkeit
«Der grausamste Krieg - der menschlichste Krieg!
Zum Frieden führt er durch raschesten Sieg.»
Kaum hört's der Gegner, denkt er: <<Hallo!
Natürlich wüt ich dann e benso!>,
Nun treiben die beiden Wüteriche
die Grausamkeit ins Ungeheuerliche
und suchen durch das grausamste Wüten
sich gegenseitig zu überbieten -
jeder gegen den andern bewehrt
durch zehn Millionen Leute,
und wenn sie no.ch nicht aufgehört,
dann wüten sie noch heute.

Georg Kaiser • r878- 1945 · Deutschland

Die Weihe
Nachdem das Schwert ger eicht, ward ihm die W eihe
mit alten Spriichen und mit frischen Salben
und jeder in der meilenlangen Reihe
verschwor sich ihm. Dann hüllt' man es der falben

154
und funkelnd überzierten Scheide wieder
als berg' man H eiliges in sefoem Schrein.
Jetzt stimmten sie die ungestümen Lieder,
mit denen sie sich Tod und Toten weihn

und ftnden keinen Grund sich mehr zu schämen


des blut'gen Tuns. Einst feiern sie den Sieg,
als ob sie Kronen von den Sternen nähmen,
die dort verwahrt sind - nur er laubt dem Krieg.

Rainer Maria Rilk,e · 1875- I926 · Deutschland

Szene aus dem Dreißigjäh rigen Krieg

<•Dli kniest am Markstein, Alter, sprich l


Das ist kein H eiligenbild.»
«Kein Bild? - Ich bete. - Es faßte mich
Das Schicksal gar so wild.»

<<Hast du kein Haus, hast du kein Land,


Das deine Hände braucht?,,
«Das Land zerstampft, das H aus verbrannt.
Sieh hin - gewiß - es raucht.»

<<VVas baut's nicht wieder auf dein Sohn


Und hilft dir aus der Not?»
«Mein Sohn zog in den Krieg davon,
Jetzt ist er sicher tot.>> ~

«Was streicht dir deines Haares Schnee


Der Tochter Hand nicht weich?» -
((Der bracht ein Troßbub Schand und Weh,
Da sprang sie in den Teich.,,

<<So sieh mir ins Gesicht ! - Und braGh


Das H erz dir auch vor Graus ... ,,
«Ich kann nicht, .HeJT, ein Kiiegs}mecht stacl1
mir beide Augen aus.»
l55
Karl Kraus · 1874-1936 · Österreich

Zum ewigen Frieden


«Bei dem 1Iaurigen Anblick nicht sowohl der Obel, die
das menschliche Geschlecht aus Naturursachen drük-
ken, als vielmehr derjenigen, welche die Menschen
sich untereinander selbst antun, erheitert sich doch das
Gemüt durch die Aussicht, es könne künftig besser
werden; und zwar nlit uneigennützigem Wohlwollen,
wenn wir längst im Grabe sein und die Früchte, die wir
zum Teil selbst gesäi- haben, nicht eineru1en werden.»

Nie las ein Blick, von Tränen übermannt,


ein Wort wie dieses von Immanuel Kant.

Bei Gott, kein Trost des Himmels übertrifft


die heilige Hoffnung dieser Grabesschrift.

Dies Grab ist ein erhabener Verzicht:


<<Mir wird es finster, uud es we1·de Licht !»

Für alles Werden, das am Menschsein krankt,


stirbt der U nsterblicbe. Er glaubt und dankt.

Ibm hellt den Absclüed von dem dunklen Tag.


daß dir noch einst die Sonne scheinen mag.

Durchs Höllentor des Heute und Hienieden


vertn uend träumt er hin zum ewigen Friede11.

Es sagt es, und die Welt ist wieder wahr,


und Gottes Herz erschließt sich rnil <•und zwar».

Urkundlich wird es; nimmt der Glaube T eil,


so widerfährt e uch das verheißne H eil.

0 r ettet aus dem Unhei l euch zum Geist,


der euch aus euch die guten Wege weisl !

Welch eine M enschheit! Welch ein hehrer Hirt!


Weh dem, den der Entsager n ich t beirrt!
W eh, wenn im deutschen Wahn die Welt verschlief
das letzte d eutsche Wunder, das sie rief!

Bis an die Sterne reichte einst ein Zwerg.


Sein irdisch Reich war nur ein Königsberg.

Doch über jedes Königs Burg un.d Wahn


schritt eines W eltalls treuer Untertan.

Sein Wort gebietet über Schwert und Macht


und seine Bürgschaft löst aus Schuld und Nacht.

Und seines Herzens h eiÜger Morgenröte


Blutschande weicht: daß M ensch den M enschen töte.

1m Weltbrand bleibt das Wort ihr eingebrannt:


Zum ewigen Frieden von Immanuel Kant!

Franz Wer:fel · 1890-1945 · Österreich

Der erste Verwundetentransport 1914


Leise! Kein Ausbruch jetzt! Bebt! Schweigt!
Ihr Mensch en, du Volk, es ist wahr! Ja es ist wahr!
W eint nicht kurz auf, ihr Leute !
Haltet fest in eurer Kehle den Schrei!
Still! Neigt eu er Haupt,
Das nun für je gebeugt ist, ihr Frauen!
Das Tuch, die Hand tut vor die Munde! Schweigt!
Menschen, du Volk, es ist wahr!
Kein Wort mehr, kein Jammer mehr!
Gebt weiter, still, den entsetzensvollen Blick
Und rührt euch, Ihr Gedrängten, rührt euch leise an!
Seht hin , do11bin, wo jetzt m eine Hand hinzeigt!
Beugt eu ch tiefer, Schlafwandelnde, Schmerzgeboreue,
Du elendes, o du jammervolles Geschlecht!

1 57
Heinrich Zille . Krieg
.
Franz Theodor Csokor · r885-1969 · Österreich

Bruder

Brich nieder, Gott, aus den befl eckten Tempeln


und neige dich in der Kasernen Stank,
wo sie dejn EbenbiJd zum Viehe stempeln,
und folge ihm bis auf die Metzgerbank!
D ein Todesweg, der vierzehnn1al durchbrochen,
ob er dir dann nicht gnädig kurz erscheint?
D ein Leib am Kreuz, zergeißelt und gestochen,
ob er sich nicht auf linden Rosen meint?

Tritt hin zum Tor, wo sie der feiste Wehe)


mit dem Papier aus ihrem Leben nimmt!
S teh auf dem Feld, wo der bestirnte Säbel
sich Uber kleinstes Ungeschick er grimmt!
Oh, sei bei ihnen in der Scheidestunde,
wo jeder Bahnhof Schädelstätte ist!
In Graben, Feuer , Sturm und Todeswunde,
o sei bei ihnen, Herr!
Wofern du - bist!

Max Herrmann-Neiße · 1886-1941 · Deutschland

Das Unabwendbare
Die Brunnen des Todes sind aufgebrochen,
der Würger hat seine Fesseln gesprengt,
die große Verwünschung ist ausgesprochen:
nun wird geplündert, gewüstet, gesengt.

Verdammn is dröhhen d ie Stürme, die Meere.


die Fahnen flat1ern, in Blut getaucht,
und hinter dem Zuge der heidnischen Heere
der Brand der geschändeten Städte raucht.

D er Himmel spiegelt die höllischen Gluten,


in die wir hilflos starren, gebannt~ 159
bald h aben die wild.flammenden Fluten
d en Wall auch um unser VeTSteck. üben-annt.

Ich warte und weiß doch: ich kann nicht entrinnen ,


schon morgen ist mir das Letzte geraubt.
Die Hoffnung, ich dürfte noch einmal b eginnen -
im Grunde hab ich sie niemals geglaubt.

Ein Lied ist erwürgt, ein H erz ist gebrochen.


In Trümmern liegt ein gastliches Haus.
Die große Verwünschung wurde gesprnchen.
Das Licht geht aus.

Georg Heym · 1887-1912 · Deutschland

Der Krieg

Aufgestanden ist er , welcher lange schlief,


aufgestanden unten au s Gewölben tief.
In der Oämm'rung steht er, groß und unbekannt,
und d en Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.

In den Abendlärm der Städte fällt es weit,


Frost und Schatten ein er fremden Dunkelheit.
Und d er Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.
Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß.

In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht.


Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht e rbleicht.
In d er Feme zittert ein Geläute dünn,
und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.

Auf d en Bergen h ebt e r schon zu tanzen an,


und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an!
Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,
drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.
160
Einern Tunn gleich tritt er aus die letzte Glut,
wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.
Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,
von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.

In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein,


ein en roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.
Aus dem Dunkel springt der Näcbre schwarze Welt,
von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.

Und mit tattsend hohen Zipfelmützen weit


sind die finstren Ebnen flackernd übersu,eut,
und was unten auf den Straßen wimmelnd flieht,
stößt er in die Feuerwälder , wo die Flamme brausend zieht.

Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald ,


gelbe Fledermäuse, zackig in das Laub gekrallt,
sein e Stange haut er wie ein Köhlerknecht
in die Bäume, daß das Feuer brause recht.

Ein e große Stadt versank in gelbem Rauch,


warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.
Aber riesig über glühnden Trümmern steht,
der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dr~ht

über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,


in des toten Dunkels kalten Wüstenein,
daß er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,
Pech und Feuer träufet unten auf GomoITh.

Georg Trakl · 1887-1914 · DeutschlaJtd

Grodek

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder


Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinroUt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Frans Masereel · Die Toten reden
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gon wohnt,
Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schvveigende11 Ha in.
Zu grüßen die Geister der H elden, die blutenden Häupter;
Und leise töne.n im Rohr die dunklen Flöten des Herbstes.
0 stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die h eiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungeborne n Enkel.

Richard Schaukai · 1874-1942 · Österreich

Götzendämmerung

Das ist ein Sommer von besonderer Art:


die Welt ist aus den Fugen, brennt und kracht,
und während so wie sonst die Sonne lacht,
tollt, tost und tobt des Friedens Höllenfahrt.

Wer sich daheim vorm bösen Anhauch wah11


der grauen Saat, die aufging über Nacht,
t1·itt vor die Tiir, zu einem Traum erwacht,
der unnatürlich mit dem Tag sich paart.

Wird diese W ende wohl die Umkehr sein?


Wird das Geschlecht, das dieser Brand verzehrt,
durch seiner Götzen Dämmerung be lehrt,

geJäutert aus der Asche auferstehn,


clie ewigen Sterne über sich zu sehn
und in der Seele ihren Widerschein?
Iwan Goll „ 1891- 1950 · Deutschland/ ll·bte in Frankreich

Lothringisches Kreuz
H erz Frankreichs
Frankreich m eines H erzens
Turm des Leidens
Garten der Tränen
In Lothringens Fruchtbäume kletterte ich
Ich kelterte die Oliven der Provence
Ich pfliickte deinen Kerbel dein Eisenkrau l
Fr ankreich: Obsthain der Liebe und Fülle
Ob Linde ob Eich e
J eder Ba um wird Kreuz
Lothringens Kreuz
Überall wächst du
H eute ve1wandeln sich deine a lten Ulmen zu Galgen
D eine Ährenfelder sind nur noch Felder der Ehre
Hinter deinen Kirch en knien deiue erschoßnen Söhne
Unter den Blüten des Kl ees tut sich ein Massengrab auf
KreU2 Frankreichs
Frankr eich am Kreuz
Eibe des Duldens
Winde des Glaubens
Lilie der Königinnen
Maiglöckchen des Volks
Weinberg des Herrn
Wein der Arme n
W eiße des Schaumweins
Rot des Bordeaux
Blau der Kornblumen
Scheiterhaufen Johannas
Süßes W eihnachtsscheit
Rose von Chartres
Stnßburgs Rosette
H e rz Frankreichs
Frankreich meines H erzens

(CJaire Goll)
Romain Rolland · 1866-1945 · Frankreich

Ara Pacis
Geschriebe n vo m 15.- 25.A ugust 1914

De p rofundis clamans,
Aus der Schlucht des Ha.sses
H eb ich zu dir, himmlischer Friede, mein Lied.

Heergeschrei soll es mir nicht verdunkeln,


Steigt auch das blutige M eer
Und trägt Euro pas zerrissenen Leib,
Steigt auch der irre Wind und schüttelt die Seelen:
Blieb ich der Einzige, ich bleibe dir treu!
Unbeteiligt am schändende n Blut-Bund
Werd ich mich nicht am Menschen-Sohn vergl'eifen.

Bruder bin ich allen, ich liebe euch alle,


1hr Lebenden ei ner Stunde,
Die ihr auch diese Stunde
Gegenseitig euch raubt.
Auf heiligem Hügel wachse, aus meinem Herzen,
Über Lorbeer d es Ruhms und Eiche hinweg,
D er Ölbaum, steil in die Sonne.
Wo Grillen nisten.

G.roßer F1iede, du herrschest


M it erhaben em Sta b
Über die U muh d er W elt,
Über die Taumel d er Wasser,
Rhythmus des MeePes!

D om, du steigst
Im ruhigen Gleich.maß über die feindli chen Kräfte:
Strahlende fens tcrrosc,
Draus d er Sonne Blut springt,
Leuchtende Garbe, vom Künstler
Ganz in H a rmon ie gebunden.

Großer Vogel,
Über d en Himmel gespannt,
Unter d em Flügel
Trägst du die Niederungen ; -
Aber i m Fluge
E rfaßt du über das Seiende hin
Gewesenes und die Zukunft.

füuder d er Freude, Bruder des Sclunerzes,


Ältere r, wissend er Bntder ,
Beide nimmst du b ei der H an d :
Zw ischen zwei Flüssen b ist du de r h elle Kanal,
Der d en Himm el zurücksch eint
Zwischen d er doppelten Fassung der weißen P a ppeln.

Göttlich er Bote,
Geh sl hin und h er, wie di e Schw albe
Von Ufe r zu Ufer,
Einst sie,
Flüsterst d em ein en:
«W eine nicht, Fr eude kehrl wied er!»
F lüste rst d em andern:
«Eitle nicht, Glü ck ko mmt und geht !>,

Wie eine Mutter, mit vollem Arm ,


Küßt du zä111ich
Die feindlichen Kin der ,
Lächeht, leu chtest sie an,
Wie sie in die sch wellenden Brüste sie beißen.

Eine die Hände, die Herzen ,


Die sich su ch end eint eilen;
Beu ge ins Joch die ungeb ä ndig ten Stier e,
Leite die Wut ihrer dampfenden Leiber,
Die s it:h in Kämpfen vergeuden ,
I n d ie fru chtbaren Äcker,
VVo durch Furch en tief d er Samen rinnt.

Treuer Genosse
Empfä ngst du die Rückkehr d er Streiter:
Sieger, Besiegte sin d gleich deiner Liebe!
Ihres Ka mpfes E rtrag,
Nicht ein F etzen von Erde,
Ale:r:ander Deineka · N ahkampf
Dem des Siegers Fett
Mit dem Sklavenblut vermischt zum Dung dient -
Nein, sie waren Werkzeug des Schicksals,
Und ihr Lohn, daß sie es getragen.

Friede, du lächelsL, die guten Augen voll Tränen.


Regenbogen des Sommers, umso.nnter Abend.
Goldenen Fingers
Streichelst du die feuchten Felder,
Liebst die gefallenen Früchte,
Heilst die Bäume,
Die der Wind und Hagel verwundet.

Gib uns Heilung, wiege die Schmerzen!


Sie vergehen, sie vergehen
Mit uns!
Du nur bist die Dauer!

Brüder, zum Bunde!


Stürzt ineinander,
Kämpfe d es zerrissenen H erzens!
0 umschlingt euch,
Tanzet, ihr Sehreiter!

Wir sind nicht hastige, fiebrige


Jäger der Zeit,
Wir bändigen sie!
Aus des Jahrhunderts Geflecht
Baut der Friede sein Nes1.

Wie die Zikade im Strauch -


Wolkensturm naht, Regen schon strömt und ertränkt
Felder und Liede1·;
Dann, kaum rauschte das Wetter vorbei ,
Klingt der trotzige Sänger wieder -
Also, wenn im rauschenden Osten
Über die zerschmetter·te Erde
Die vier Reiter im rasenden Ritt
Laul sich entfernen,
168
Heb ich das Haupt,
Nehme die Strophe auf, singe,
Schwach, aber trotzig!

(Twiin und Claire- Goll)

Victor Segalen · 1878-1919 · Frankreich

Mit des Säbels Spitze

Wir, auf unseren Rossen, wir wissen nichts vom Säen.


Doch jedes Lancl, das man im Trabe pflügen
und im Gras durchrennen kann,
Wir haben es durchrannt.

Wir verschmähen das Banen von Mauern und von


T empeln, aber jede Stadt, die sich verbrennen
läßt mit T e mpeln und mit Mauern.
Wir haben sie verbrannt.

Wh· ehren unser e Frauen wie Kleinodien, sie alle sind


von höchstem Rang. Doch die andern, die man
überreiten, scheuch en, nehmen kann,
Wir haben sie genommen.

Unser Siegel ist ein Lan.zeneisen; unser Festgewand ein


Küraß, wo der Tau kristallisiert; unsere Seide
ist gewebt von Roßhaar. Doch die andere, die
sanftere, die man verkaufen kann,
Wir haben sie verkauft.

Ohue Grenzen, manc.hma l ohne Namen, wir regieren


nicht, w ir eilen weiter. Aber alles, was man
schneidet, spaltet, was man nagelt, was man
trennt ...

Kurz arles, was man tun kann mit des Säbels Spitze,
Wir haben es getan.

(flnedbelm Kemp) 169


Henri Guilbeaux · 1884-1980 · Frankreich

An einen deutschen Freund

Wo bist du, den ich kannte, den ich Hebte?


Gefangen? Verwundet? T ot?
Schl ugst du dich in fürchterlicher Schlacht?
Verharrtest du einsam in einer Stadt
oder Landschaft?
VVas sinnst du?
Wie standest du
im schrecklichen Kampf des alten Europa?

Marc Chagull · Der verwundete Soldat


Kamerad, wie lasten diese fahl en Tag~.
auch wenn besoldete Zeitung sie
vergeblich mit Ruhm schmückt.

Wo bist du, den ich kannte, den ich liebte?


Da wir die brüderlichen Träume :1;usammenwanden,
Pläne ·wie Garben immer fügte.n und banden,
wirrer, stolzer Wünsche verschlungenen Rosenpark :
All unsere ehrlichen, fertigen Forderunge n,
rot überm Felde d es F1iedens!
Fern sind soJche Landschaften, fern!

Schweigsam, ergeben hatten sich unsere Hände gefund en.


Du bestauntest cüe Helle, die schimmernde H armonie
der Sträuße von Il e-dc France.
Ich li eble d einer H eimat Tannen, dicht, schwarz gestaut!
Du lobtest' unseren Impuls, unsre Kunst,
unseren jungen, aufgeschossenen Drang,
und mir behagte das Gefühl , di e Musik,
die gastlich e Gemütlichkeit Deutschlands.

Blumen und Früchte jeglicher Heima t pflückten


und genossen wir um und um,
gem einsam zertrat man die Nesseln und Disteln im Weg,
überall Nesseln und Disteln dichter,
verdunkelter Feindschaft.
Und nun, wie sind <lie Zweige d er Hoffnung welk!
Unerbittli cher, grollender Sturm 1.erb rach
die gläubigen Knospen.

Wo weinst du, mein F1·eund ?


Wo bist du. den ich kannte, den ich Hebte!

(Iwa n und C la irt- 1,nll)

171
K urd Adler · 1892-1916 · Deutschland

Betrachten

Ganz lauemd stehe11 wit· auf hohem Berg


und seh en D eutschland links und Frank.reich rechts;
und überall ist groß es stilles Land
mit weichen Wäldern und verblinkten Dörfern .
Tief ein gegraben sind wir wie die Ti ere,
c.l ie Beute bergen. D er Geschütze
blauschwarze Mäuler glotzen stumpf lmd stier.
So ahnungslos ist aller Dinge Sch ein,
daß erst der runde., dumpfe Schall von drüben
uns bitter d enk en läßt, daß wir Zerstörer sind.
H och h ebt sich ein Gefühl
von jener Liebe zu dem stillen Lied,
dem Som1tagmorgen und Sebastian Bach.
Ein Augenblick! Und sch o n ist alles grau.
Fünf Männer ren nen wild um ein Geschütz.
Ich denke läch elnd d er Begeisterung
der Morgenblätter, d ie wir ni cht mehr teseu.

Gerrit Engelke · 1882-,918 · Deutschland

Buch des Krieges

M ein F reund du, gebrochenes Auge nun,


Gebrochener Bli ck wie der des er sch ossenen Hasen
Oder verächtlichen, kalten Verräters -
Zwölf Jahre gem einsa m sprang uns der Zeitw ind entgegen,
Schweigsam teilten wir Büch er und Brot,
T eilten im Schulhaus die 13änk.e,
Des Lebenshindranges rauschende No t,
Einigen Sinnes Erkennung und Lehre,
Frew1d, dein Auge ist tot.

Darum deine Mutter im Kummer nun geht,


Harmvoll. seufzend, doch schli cht in der M enge,
172 Darum Kleiu-Schwester, Klein-Brüd er zu früh e schon spuren
Verfinsternd qualmendes Schicksalgewitter
Und mächtiges Mähen cles T odes.
Leer ist dein Bett in d er ärmlic-.hen Kam mer
Und de-in Platz am Tische des Mittags.
Und darum , daß niemand mehr warte t auf dich,
Geht grau deine Mutter im Kummer.

Du wärst ei ne Wurzel, ein Saatkorn,


Ein trotzender Keim in den Furchen d es Lebe ns,
Ein bärtiger Vater von freundlichen Kindern geworden.
Ein schm erzzerpflügtes Ackerland fraß dich,
Ein blutbedüngter Acker verdarb dich,
Der weise und ewige Säer zertrat dich.
Wer hadert und redet von Schuld?
Doch wärst du ein Saatkorn und wärest ein Vater!

Du wärest das Saatkorn - und wurdest d och Opfer;


Ein tausendstel Gramm nur, ein blutendes Fleisch
Fielst du a uf blutleerer Leichen unendlich Gebirge.
Ist auch dein T od nicht mehr d enn ein anderer Tod .
Marschierte n doch Tausend und Tausende rhythmischen Schrittes
Hinweg in das qualschwarze Nichts,
Regiment und Brigade, Armee und Armeen
Ins blutigbefleckte Ruhm-Reich des toten SoJdaten.
Du wurdest ein Opfer.

D er Brimont ist kahl und sein W a ld ist zerschroten,


Keine Fichte verschont, dir daraus ein Grabkreuz zu schlagen
So liegst du stumm in zertrümmertem Boden,
In brustbedrückendem, traumlosem Schlummer.
Nicht H eld, noch Führer - Soldat nur, unbekannt.
Gebein im Wind der Verwesung.
Doch des gewa ltigen Friedens unzählbare, selige Glanzlegionen1
W enn ehern und klirrend sie über dein Grabfeld marschieren.
W irst d u erschauernd einst hö ren,
So horche und harre darauf.

173
Anton Wildgans · 1881-1932 · Österreich

Die Schrecken des Krieges

Was wissen d e nn wjr, was d er Krieg ist?


Dörfer in Brand geschossen und Habe und Hausrat geplündert!
Frauen und Töchter geschändet und Kinder und Greise gemetzelt!
Und nicht der Mensch nur gemordet! Gemordet wird au ch die E rde !
Ja, sie stirbt wie ein W eib! Wie ein W eib, ein gesegnetes, stirbt sie,
Dem man den Leib aufreißt und clie werdende Frucht in den Kot tti t1 :
Von Millionen Geschossen zerstampft, zermartert, zerrissen
Klafft ilu- das Innerste bloß! Jahrzehntelang wird da kein Pflug gebn,
Ohne auf Eisen zu knirschen. In ungeheueren Trichtern
Sammelt Gewässer sich a n und versumpft das herrlichste Saatlandl
Unrl erst die Wälder , die Wälder! Was Ahnen und Väter geforstet
Viele J ahrhunderte lang, die uralt-gewaltigen Stämme
S inken granatenzerschmettert aus h eulende n Flammen zu Mist hin!
Das ist der Krieg, meine Lieben, die Geißel Gottes! Und all dies,
0 es ereignet sich n icht in fremden, entlegen en Welten
Oder in anderen Zeiten, nein, jetzt und benachbart!

Richard Aldington · 1892-1962 · England

Feldwache
Dämmeru11g und tiefes Schweigen ...

Drei Soldaten, auf eine Bank gedrängt ,


An einer glühenden, roten Pfann e;
Ein Vierter, d er abseits steht
Und in den kalten, regn erisch en
Frühen Morgen blickt.

Dann der vertraute Ruf der Vögel -


Helles Kakeln der Hühner,
Krächzen der Saatkrähen,
Die zerbrechliche Flöte des H änflings
Und das ((FitJg-fing,~der Buchfinken,
174
Über allem aber die Lerche,
Die selbst das Rotkehlchen übertönt ...

Müde geht d er Posten hin und her,


Murmelt nur ein Wm1: ,~Friede».

(Heim.-Joacltim He_ydom)

Alfred Lichtenstein · 1889- 1914 · Deutschland

Die Schlacht bei Saarburg

Di e Erde verschimmelt im Nebel.


Der Abend drückt wie Blei.
Rings r eißt elektrisches Krachen
Und wim mernd bricht alles entzwei.

175
Theophile Alexandre Steinlen · Der Deserteur
VVie schlechte Lumpen qualmen
Die Dörfer am Horizont.
Ich liege gottverlassen
ln der k.nattemden Schützenfront.

Viel kupferne feindliche Vögelein


Surren um Herz 1111d Hirn.
Ich stemme mich steil in das Graue
Und b.ietc dem Morden die Stirn.

A ugust Stramm · 1874-r9I5 · Deutschland

Kriegsgrab
Stäbe fl ehen kreuze Arme
Schrif1 zagt blasses Unbekannt
Blumen frechen Staube schü chtern
Flimmer
Tränet
Glast
Vergessen.

Georg von der Vring · 1889- 1968 · BRD

Cap de Bonne-Esperance
Am Kap da steht ein Häuschen
zu täglichem Gebrauch,
Da wohnen keine Mäusche n
Und keine Ratten auch.

Das Häuschen, schief und putzig,


Von Splittern ganz durchsiebt,
Erlauf ich und ben utz ich,
So oft es mir beliebt.
Ich sitze da und spähe
Bequem durch jede VVanu:
Geschütze in der Nähe
Und ti ef verschneites Lanrl.

Und sitze da gan z eilig


Im windigen Prive
Und schaue hund ertteilig
Die Hoffmrng und den Schnee.

Die H offnung geht in Scherben.


Dreck erd e fliegt und Schnee.
0 Sterben und Verderben
Im wind igPn Pri ve!

A{fred Wo{fenstein · 1888-;945 · Deutschland

Die Friedensstadt

Die Nacht verdunkelt tiefer sich in Bäume,


Der Boden sch wankt wie Schädel voller Träum e,
Wü- wand ern laJ1gsam, wissc11 kaum , warum,
Wir au fgebrochen sind, und harren stumm .

Wu- haben paradiesisch lau gelebt,


In Wäldern, Eben en farblos eingeklebt,
Aus weiter Lru1dschaft bl ickte jeder stille,
In ruhigen Körpern h auste klein d er Wille.

Durch klein e Teiche schwammen unsr e Pläne,


Gleir.hgültig leicht und einsam wie die Schwäne,
Auf llnsr er ahnungslosen Jugend lag
D er Alten Zeil, der Ordnung gla tter Tag.

Kein Herz, kein Blick, kein Kampf ward in ih r groß,


Aus Wurleln stieg die Landschaft r egungslos
In einen Schein des Friedens, ha lb verdunkelt
- Und plötzlich wie ein Schein von Größe fu nkelt
177
Von Ungeheuern unser Weg, u nd Brände
Und Waffen drücken sich in unsre H ände,
Zweischneidig, in die Seele drückend Wunden,
Und wir, umtrommelt rings, gepreßt, gebund en,

Stehn in der Erde ältestem Geschi ck,


Im Krieg, - ein Späherheer fängt unsern Blick.
Wald wächst voll unnatürlicher Gewalten,
Voll Mauern, die uns grau in Waffen halten:

Mit kahlem Steingesicht, unnahbar böse,


In seinen Händen gellendes Getöse,
Den Stahl im Munde nnd im Herzen stumm
Geht ein Gespenst durch M enschenreihen wn.

Es schlägt dje Erde d1·öhnendes Zerstören,


Und nirgends ist ein Herzschlag mehr zu hören,
Wir stehen eingereiht ins H eer des Nichts
U nd werden ausgesandt zum Mord des Lichts.

D och plötzlich in dem allfeindseligen Land -


Mit wem zusammentasLet meine Hand?
Oh - etwas mutigeres WciterstTecken
Und dich bei mir und mich bei dir Entdecken!

M ensch bei dem Menschen - Und die Welt ist wieder!


Gewalt erblaßt, Gewalt sinkt vor dir nieder,
0 Freund - ! Kaserne fli eht um unser Haupt,
Um Schönheit, die sich plötzlich gleicht und glaubt!

Die Erde fällt, doch Geister sfod noch da,


Um sie zu halten! Komm und bleibe nah,
In ihre Wüste werde eingetürmt
Die Friedensburg, die keiner wieder stürmt.

Aus Donnerspannung unsrer Hände br-icht


Di e Stadt! voll Stirnen, Himmeln, Wucht und Licht,
Der Kuß sich ewiglich umschlingender Straßen,
Die Glücklichkeil an H ellem ohne Maßen.

Alfred Kubi11 · Krlegl!furie mil Brandfackel


- -- &242 - W
Die Sonne nimmt d usch unsre S Ladt den Flug!
Und nie ist ei n Verräter dunkel genug,
Sich hinzuwühlen unter diesen Frieden,
Kein Winkel wird hier Waffen heimlich schmieden.

Dring weiter, Strahl der Stadt, in alle Reich e,


Wir speisen dich , wir tief im Geiste Gleiche,
Aus endloser Berührung brennt ein M eer
H ervor, ntrück und heißer, höh er h er.

D u Friede, Kampf der Stadt! du roter Stern,


Mach über Krieg, Nacht, Kälte dich zum H errn,
.Von uns verbunden tiefer uns verbünde,
Geliebt und liebend leu chte und entzünd e!

Gottfried ßenn · 1886-1956 · BRD

General
M eine Herren -: Stichwort: Reginald!
Spannungsstufe III, Sofortmaßnahmen-!
Zwanzig Uhr Verlad un g der b eschleunigten Division en!

Wozu die ganze Chose in Bewegung geht -


keine Fra gestellung! Geschieht!
S pähtrupps, m echanfaierte Abteilungen ,
mot.·, t-mot.-, Raupenschlepper
durcb die bJaue Zone,
wo die Maschinen schweigen müssen,
d ie letzt en zweihundert Meter
für die Infante1ie!

Vernichtung! Ein Rausch die Gräben!


Wenn Sie wollen, vorh er doppelte Rumraüon.
Hinweis auf die Feldpolizei.
Gefangen e - Sie verstehn ! Auf keinen Fall schriftlich en Befehl darüber!
Der Materialwert der Angrenzerländer
ist Heichsmark zehntausend für den Morgen,
in <ler Avenue de l'Opera und clen D ocks von Bizerta wesentlich höher,
demnach Bomber nie zum Luftkampf
alle Lasl auf Produktionszentren!

- Jemand noch ein e Frage? Kriegserklärung?


meine H e1Ten , auf der R eede von Tschemulpo
ver senkten 1904 acht dreckige Ja_p szerstö rer
die halbe russische K1iegsflott e
mitten im heitersten Frieden
früh.morgens, als die Brötchen ausgetragen wurden.

Ludwig Meid11er · Krieg


d ann machteJ1 sie leid e1· kehrt, sta tt zu vollenden :
d as wird nie w ied er vorkommen!
Einbrech en! Lost über das eingesiedelte Ungeziefer !
S teilfeuer! Sauerstoff an die Tresors !
Kost en an schlag - m öchte ich sagen ,
und dann b edien en wir die Maschinen!

M eine Herren - Sieg! Pyl on e, wenn Sie h eimkehren


und ein ewiges F euer den Toten!
H alsorden! Beina m en wie : «Löwe vo n . . .»,
Nachrufe m it Stabreimen wie: «in Fried en und Front ... »,
Kranzschleifen b ei T odesfall , Lorbeer , Mythen - !

Ich danke Ihnen , meine H erren ! Für die Jüngeren :.


beim letzten großen Ausmarsch war i ch Zug führer!
Hier spricht ein H e rz!
Vernich tu ng!
U n d w er mich sucht,
im Gegen satz zum Weltkrieg
b ei Kampfwagena ngriff
im vor der sten Tank.!

CarLZuckmayer ' r896-1977 · BRD

Morituri

Truppen m arschieren bei Nach t.


Alle Gesichter sind gleich :
Fleckig und bleich,
Helmü berd acht.

M ancher h ebt sein Gesichl


Jäh au s d em M antelkragen :
Hörte er eb en nicht
Laut seinen Namen sagen ?
Ins Auge rinnt Schweiß,
Schweiß beißt im Genick.
Wohl dem, der nichts weiß
Von fremdem Geschick.

Charles Vildrac · 1882-1971 · Frankreich

Ablösung

Ach! Die Apfelbäume in Blüte!


Ich lege BHiten in meine Btiefe.
Ich werde lesen in einer Wiese.
Ich werde beim Waschen zum Fluß gehn.

Er, der vor mir im Glied marschjert,


Flötet ein Lied, das sei n Nebenmann singt;
Ein Li ed, das weit entfernt ist vom KJ·ieg:
Ich summe es mit und schmecke es nach.
Und doch: die Gefallnen von Gestern!

Aber der Mensch, d er gestrauchelt ist


Zwischen den Beinen des Todes,
D er dann sich wieder erhebt und atmet,
Kann nur noch lachen und schluchzen:
Die Seele hat keinen Platz für Trauer.

Das Licht ist zu berauschend für den,


Der an diesem Morgen noch lebt;
Er ist schwach und ist vo ller Staunen,
Daß er ohne Hast seinen W eg geht.

Und wenn er träumt, dann wohl von dem Glück,


Die Stiefel auszuzichn, um zu schlafen,
In Neuvilly, in einem Stall.

(Wolfgang G. Deppe)
Guillaume Apollinciire · 1880 -1918 • Frankreich

Die erdolchte Taube


und der Springbrunnen
Süße erdolchte Gestalten
Liebe blühend e Lippen
MIA
M A.REYE
TITTE
LO I\I E
ANNIE und du MARIE
wo seid ihr
0
junge Mädchen
DOCJl
neben dem Springquell
der wejnt und der betet
gerät diese Taube in Verzückung
?

All die Erinnerung voo einst


Meine Freunde fort in den Krieg
Sprudeln zum Firmament
Eure Blicke im schlafenden Wasser
Sterben in M elancholie
Wo sind sie Braque und Max Jacob
Deraiu grauäugig wie der Morgen

Wo sind Raynal Billy Dalize


Namen die in Schwermut verhallen
Wie Schritte in der Kirch e
W o ist Cremnitz der sich meldete
Vielleicht sind sie sch on tot
M ein Herz ist d er Erinnerungen voll
D er Springquell bew eint mein Leid.
DIE JN DEN KRrF.G ZOGF.N TM NORDEN SCHLAGEN SICH JE:TZT
Der Abend fällt
0 blutiges Meer
Gärten wo der rosige Lorbeer kriegerische Blüte verblutet

(Ma ri e Philippe)

lfladimir Majakowski · 1893 -1930 · UdSSR

Euch!

Euch meine ich, Konsumenten gestaffelter Orgien,


Besitzer von Badezimmern und geheizten Kloset1en -
die ihr die Vorgeschlagnen für den Georgs-Orden
ohne Scham herausplärrt aus den Spalten der Gazetten.

Wißt ihr denn, ihr Geistverlaßnen, Vielen,


daß eu ch die Bratensoße aus dem Mundwinkel troff,
als so manche gerade unter der Bombe fi elen,
die die Beine glatt wegriß dem Leutnant Petrow? -

Wenn er, den man ruchlos ins Blutbad getrieben,


plötzlich erblickte, im unrettbaren Verpulsen -
wie ih,· mit kotelett-bekleckerten Lippen
hinausblökt eure geilen Sewerjanillschen Schnulzen!

Euch Schürzenjägern, Freßsäcken, Saufsüchtigen,


euch zulieb sollt ich mich zum Opfergang gürten?!
Da schejnL nur ein Job in der Bar schon richtiger,
um mit Ananas-Wässern die Hw·en zu bewirten!

(Hugo Huppel'l)
Natalia Gontscharowa · Dem Untergang geweihte Stadt I Engel und Flugzeuge
Alexander Block · 1880- 1921 · UdSSR

Der Milan
Kreis um Kreis wn seine Kreise schlinge.nd
Der Mila n kreist über leerem Grasland
Auf das platle randlos fa hl e ä ugt er.
Zum Sohn die Mutter, kummerblickend, in
Der Kate, sagt: D a hast du Brot und Brust
Wachse u nd gehorche, trag dein Kreuz.

Jahrhundert um Jahrhundert, Krieg und Krieg


Ein Aufstand, die brennenden H ütten:
Du, mein Land, bist ja das gleiche immer
Schön aber weinend, u ralt aber schön.
Wie lange noch die Kummerblick e der Mutter
U n d der Aasvögel Kreise : wie lange noch?

(Ka rl Mickel)

Geza Gy6ni · 1884- 1917 · Ungarn

Für eine Nacht nur


Schickt ins Feld sie alle nur für eine Na cht,
D ie von Parteien schwatzen und Helden, wenn WJT halten Wacht,
F ür eine Nacht nur.
Die es frech verkünden: (iwir können nicht vergessen»
Und die Todesinstrumente unterdessen
Musizieren über u ns, die Nebel tragen
Verkohlten Samen und Bleivögel mordlustig über uns jagen.

Schickt ins Feld sie alle n ur für eine Nacht,


Die aus dem Bal ken einen Splitter stets gemacht,
Für ein e Nacht nur:
Wenn mit Getös zu dröhnen b egi nnen die Granaten ,
Blutige Erde w e int um die geknickten Saaten,
Arglistig blitzen die Kugeln, lechzend nach M ensch enblut,
188 Aus d en Ufern t1ttt der Weichsel blutrot e F lu1.
Schickt ins Feld sie alle nur für eine Nacht,
Wuch erer, Knicker und Feiglinge, elend e N iedertra cht,
Für eine Na cht nur.
W enn auf d em Vulkane der Granaten früh und s pät
Sich der Mann verwundet Wie ein Baumblatt dreht,
Und der schön e rote H eld zu Boden sinkt entleibt,
Nw· ein schwarze r Leichnam von ihm übrigbleibt.

Schickt ins Feld sie alle nur für eine Nacht,


Geldverdien er und Gonlose, die uns v erlacht,
F ür eine Nacht nur.
W enu der lodernde Höllenschlund sich öffnet im glühenden Rau m,
M ensch enblut fli eßt a m Bod en und tropft von jedem Baum ,
W enn das zerfetzte Zelt leis wimmert jn W etter und Wind
Und d er sterbende Krieger seufzt: M ein W eib, m ein Kind.

Schickt ins F eld sie alle nur für eine N acht,


Die Hurra -Helden, die all es erdacht und b esser gemacht,
F ür eine Nacht nur.
W enn am h ellen Himmel erg länzt der Sterne schimmerndes Liebt,
M öge im San ein jeder e rblick en sein eigen Gesicht,
Seh en , wie die Flut das d ampfende Blut w äl z"t ins M eer,
Auf daß sie weinend Alle jammern: Nicht w eiter , o H err!

S chickt sie ins Feld, sie alle nur für eine N ach t,
D ort d enken sie dran, daß die Mutter in Schmerzen zur VVell sie geb rach t.
Für eine Nacht nur.
D 0 11 wollten sie aneinand er sich schlingen und Buße tun ,
Doch ließe ihr böses Gewissen keinen von ihnen rulm,
Sie rissen die Kleider sich vorn Leibe, verfluchten ihr Joch
Und h eulten a us h eiser er Kehle: Christus, wa s willst du noch?

Christus, w as willst· du noch ? Sagt, Brüder, was soll ich euch geb en,
Um m ein Blut zu b ezahlen , ich will ja nur w eiterleben ?
Wie wollten sie alle, alle schw ören.
H o ffärti ge, die d en Glauben verhöhnten mit ödem Spott,
Wie wollten sie Christus jetzt rufen und d en allmächtigen Got1l
,<Gegen m ein Blut nie w ied er Kampf um kein e Erdenmacbt!»
. .. S chickt ins Feld sie nur für eine N ac.:ht.

(Lajos Brajfer) 189


Endre Ady · 1877-1919 · Ungarn

Mensch sein in der Unmenschlichkeit

Kolben der Gewehre zermalmen mein Herz,


Tausend Greuel zerschinden mein Auge,
Stumm h ockt ein Dschinn auf der stolzen Kehle,
Und der Wahnsinn schlägt mein Gehirn.

Trotz allem, brich auf, meine Stärke,


Brich wiederum auf von der Erde!
Ob Morgenrot, ob Höllen-Mitternacht,
Gleichviel, brich auf, verwegen,
Wie du einstmals, einstmals getan.

Nichts Schöneres konnten dem hehren Ungarn


Hundert Himmel und H öllen je geben:

190
Heinrich Ehmsen · Drahtverhau
M ensch sein in der Unmen schlichkeit,
Ungar im geh etzten Ungartum,
Starrköpfiger Toter, wied erum lebendig.

(F. Klee-Paly)

Lion Feuchtwanger · 1884-1958 · Deutschland/ lebte in den USA

Lied der Gefallenen

Es dorrt die Haut von unsr er Stirn.


Es nagt d er Wurm in unserm Hirn.
Das Fleisch verwest zu Ack ergrund.
Stein stopft und Erde unsetn Mund.
Wir warten.

Das Fleisch verwest, es dorrt das Bein.


Doch eine Frage schläft nicht ein.
Doch eine Frage wird nicht stumm
Und wird nicht satt : Warum? Wanurt?
Wir warten.

Staub stopft und Erde uns den Mund.


Doch unsre Frage sprengt d en Grund
Und s prengt die Scholle, die uns deckt,
Und ruht nicht, b is sie Antwort weckt.
Wir w.arte11.

Wfrwarteu, denn wir sind nur Saat.


Die Ernte r eift. Die Antwort naht.
Weh, w en sie trifft! H eil, wem sie frommt!
Di e Antwort zögert, doch sie kommt.
Wir warten .
Siegfried Sassoon · 1886-1.967 · England

Ihr liebt uns

Ihr liebt uns, wenn wir H elden auf Urlaub sind,


od er verletzt an einem erwähn baren Ort.
Ihr vereh rt Orden; d enn eu er Credo beginnt:
Kühnheit wischt clie Schande des Krieges fort.

Granaten dreht ihr für uns, ihr lauscht entzückt


gi·uselnd Geschichten von Gefahr und Kot.
Von euch wird unser ferner Kampf geschmückt,
u nd eu er Lorbeer feiert unsern Tod.

Ihr könnt nicht glauben, daß britische Truppen «weichen »:


zermürbt von Höllen r em1en sie davon
und zertrampeln blind vom Blut die gräßlich en Leich <'n.

0 deutsch e Mutter, du t räum st im Feuersch ein?


während du Socken shi ckst für d einen Sohn,
t1itt mau ihn tiefer in d en Sch lamm hinei n.

(l::l'ich 11 ried)

Isaac Rosenberg · 1890-1918 · England

Tagesanbruch im Schützengraben

Die Dunkelheit krüm elt hinweg -


Es ist dieselbe alte druidische Zeit wie immer.
N ur ein lebendig Ding springt über m eine Han d -
Eine irrwitzig hämische Ratte -
Als ich M ohn a us der Brustwehr reiße
Ihn hinters Ohr zu stecken.
Komisch e Ratte, erschießen würden sie dich wenn sie
Von deinen kosmopolitischen Anwandlungen wüßten.
Ebeu hast du beiührt diese englische H and
Du wirst das gleich e tun mit ein er deutschen -
192 Bald, zweifellos, wenn es dir Spaß macht
Wirst du das schlafende Grün durchquer en dazwisch en .
Es sch eint, du grinst inwendig w en n du läufst
Vorbei an starren Augen , feinen Gliedern, stolzen Athleten
W e niger begünstigt fürs Leb en als du,
Leibeigne der Launen des Mordes,
Ausgestreckt in das Gedärm d er Erde,
Die zerfetzten F elder von Frankreich.
Was siehst du in unseren Augen
Beim Eisengekreisch und der Flamme
Geschleudert durch stille Himmel?
Welches Zittern - w elches Herz entsetzt?
Mohnblumen, die in M en sch en Adern wurzeJn
Tropfen und w erden immer tropfen;
Doch ctie iJ1 m einem Ohr ist unversehrt,
Nur bl eich ein wenig von d em Staub.

(Walther Petri)

Paul Zech · 1881 -I946 • D eutschland

Sommer an der Somme

Zerstampft stirbt Korn: im Reg en zu verwesen;


aus braunen Wasserlöchern schielt der Tag,
mit jedem Wind, der breit im Duftgrund lag,
lahmt schmal das frö stelnde Skelett: Gew esen!
In jeder Kreatur ist nur ein Trauern,
um jed es H erz, um jeder Kehle Laut
ist ein Gebirge bittrer Klagemauern,
düster und unentrinnbar auferbaut.

Wohin, wohin, Soldat, ist das entschwunden,


was dich an D orf und Kindgem einschaft band ?
Wohin die runden , abendblauen Stun d en ,
Gefühl e einer Frau im Sternenschwur der Hand?
Wohm der Gruß, der dir lm fremdesten Begegnen
noch auf der Zunge schmolz wie Pfirsichfrucht?
W ohin der Hund , d er noch in Wind und Regen
schwarzer Gewitter W ege wußte aus d er Schlucht ? 193
Ni cht eine Stunde kommt mehr: uns zu Heben!
Nicht eine W elle Oießt, daß sie uns trägt!
Auf unsern Sti rnen steht ein M al geschrieben.
das noch den letzten Mörder blitzerschlägt . ..
Wir aber tragen das wie bunte Steine,
die aus d en Kronen blühn auf hoh em Thron,
und schänden ein Jahrhundert, daß es w eine
durch all er Götter eingebornen Sohn.

A lfons Petz old · 1882-1923 · Österreich

Die Frau des Urlaubers

Wohl über drei Nächte, w ohl Liber drei Tag


Muß er w ieder von mir;
D er dumm e, eilige Uhren schl ag
Schlägt n irgends so schnell wie hie r.

Wohl über dTei Nächte, w ohl über drei Tag


Bin ich wied er allein
Mit unseren Kindern und d er Fra g':
Muß dieses Elend sein?

W ohl über drei Nächte, wohl über d rei Tag -


M ein H erz ist dunkel und weint,
Da steht er w.iecler in arger Plag'
Und zielt auf einen Feind.

W ohl über drei Nächte, wohl über drei T ag


Reißen sich los vier Händ'.
Du Heber Herrgott im Himmel sag,
Waru1 h at de r Krieg ein End'?

1 94
)
_)
' .

-:X-
Otto Dix - Fliehender Verwundeter/ Sommeschlacht
Ernst Toller · 1893- 1939 · D eutschland

Den Müttern
Mütter,
Eure Hoffnung, Eure froh e Bürde
Liegt in aufgewühlter Erde,
Röchelt zwischen Drahtverhau en,
Irret blind durch gelbes Korn.
Die a uf Feldern jubelnd stürmten ,
Torkeln eingekerkert, w ahnsinnschwärend,
Blinde Tiere durch die W elt.
Mütter!
Eure Söhne taten das einander.

Grabt Euch tief in d en Schmerz,


Laßt ihn zerren, ätzen, \-Vühlen ,
Reck et gramverkrampfte Anne,
Seid Vulkane, glutend M eer :
Schmerz gebäre Tat!

Euer Leid, Millionen Mütter,


Dien' als Saat durchp.flügter Erde,
Lasse keimen
Menschlichkeit.

Nikolaos Poriotis · I886-1971 · Griechenland

Die Gattin im Kriege


Heim kehret mein Lieb er. Stern m einer Jugendzeit,
goldstrahlend leu chte wieder ins Welle naJI !
Wer mich nennt Witwe, schwarz gekleidet,
Schlange n sollen im Munde ih m nisten !

W elch' Glück, daß er hefalkehrt! Liebedürstend w ie ei nstmals,


sein sonnig Auge, gierig verschlingt es micl1 .
Dein H eldenarm soll mich erdrücken,
196 reiche Lippen mir zur E rquickung!
Was? Ist es ein Grabstein, der mich belastet hat?
Wie kalt seine Lippen! - War's eines Kindes Kuß?
Hin zog es mich zu ihm so mächtig,
daß es wie Flammenglut mich verzehrte.

VVie? Du kannst wein en, du, der sonst tränenlos?


Hat eine Schl ange der schmerzlich Lachenden
ihr bißchen Leben abgeschnüret?
Wehe! Ich ward eines Lebenden W itwe.

(Karl Oieterich)

Giuseppe Unga rettl · 1888- 1970 · halien

Wache
Eine ganze Nacht lang
hingeworfen
neben einen hingemetzelten
Kameraden
nut seinem gefletschten
Mund
dem Vollmond zugewandt
mit dem Blutandrang
seiner H ä nde
der in m ein Schweigen
einbrach
habe ich Briefe geschrieben
voll von Liebe

Nie bin ich so sehr


am Leben
gehangen

(Ingeborg ßachma,111)

1 97
Andre Breton · 1896-1966 · Frankreich

Krieg

Ich betrachte das Tier während es sich leckt


Um b esser sich zu vermischen mit a ll em was es umgibt
Seine Augen haben die Farbe der wogenden See
Und sind unversehens die sumpfige Lache welch e die schmutzige
Wäsche den Abfall hfo zu sich zieht
Und den M enschen immer anhält
Die Lache mit ihrer kleinen Place de !.' Opera im Bauch
Denn die Phosphoreszenz ist der Schlüssel der Augen des TiE'rs
Das sich leck.t
Und seine Zunge
Die hinausschnellt man weiß zum voraus nie wohin
Ist eine Kreuzung von Schmehöfen
Von unten bescha ue ich seinen Gaum en
At1s Lampen in Säcken besteht er
Un d unter dem königsblauen Gewölbe
Entgoldeter Bögen einer im audem im Durchblick
Wäluend der Atem keucht der besteht aus der Verallgemeinerung
ins Unendliche des Atems jener Elenden die sich mit na cktem
Oberkörper auf dem öffentlichen Platz zur Schau stellen und
unter einem h erben Münzenregen Petrnlfäckeln schlucken
Die Pusteln des Tieres glänzen von H ekatomben junger Menschen
mit denen sich vollstopft die Zahl
Die Flanken geschützt durch schimmernde Schuppen (die Armeen)
Die gewölbten deren jede sich pe rfek t in ihrem Scharnier dreht
Obwohl sie voneinander abhangen nicht weniger als die H ä hne
die sich im M orgengrauen von Miststock ·zu M iststock beschimpfen
Man rührt an den Gewissensfehler doch manche versteife11 sich
auf die Behauptung der Tag breche an

(Manfred Gstciger)
Erich Hecke/ · Zwei Verwundete
Henri Miclzaux · r899-r984 · B elgien

Lazarus, schläfst du?

NeTVen~Krieg
Erden-
Stände-
Rasseh-
Ruinen-
Eisen-
Bedienten-
Kokarden~
Wind-
Wind-
Wind-Krieg
Luft-Spuren-, M eer-Spuren-, Sensen-Spuren-Krieg
Fronten-Krieg und J ammer-Krieg die sich verwickeln
die uns verwickeln
unter dem Krach, unter der Verachtung
unter Gestern, unter den Scherben des gefallenen Standbilds
unter ungeh euren Veto-Tafeln
Gefangene im Misthaufen
unter Morgen gebrochen es Kreuz, unter M orgen
unter Morgen
während Millionen und Millionen Mensch en
fortgehn, in d en Tod eintreten
sogar ohne einen eigenen Schrei
Millionen und Millionen
das Thermometer fri ert wie ein Bein
aber eine Stimme g ellt aufs äußerste ...
und Million en und Millionen kommandiert vom N01·den bis zum Süden
ge hen fort und treten ein in d en Tod.

Lazarus, du schläfst? wie?

Sie sterben, Lazanis


sie sterben
und kein Lei chentuch
weder Martha noch Maria
oft kaum m ehr der Kadaver
200 Wie ein Narr, der eine Auster schält, lach t
schreie ich
schrei ich
schreie ich stumpfsinnig zu dir
wenn du irgend etwas verstanden h ast.
an dir ist jetzt die Reihe
an dir ist die R eihe, Lazarus!

(MaxHöizer)

Stefan, Zweig • 1881- 1942 · Österreich

Polyphem

DREI J ahre schon leb en wir


In deiner Höhle,
H öhle des Dunkels, des Grauens und böser Eiwartung.
PolYPhern,
Du ewig hungriger, mensch enfressender Riese,
Dessen Auge
Starr, stählern und wimpernlos
Die selige Träne nicht kennt.

Tag für Tag


Greift d eine harte h aarige H and
In unsere Reihen,
Fühlt, b etastet und wägt unsre schauernden Glieder,
Reißt
Freunde von Freund en,
Bru der von Brüdern,
Schlägt
Schädel w1d Hirne, gefüllt mit Liebe und warmen Gedanken,
Körper u nd Stirnen, durchglüht von Samen und Süße des Lebens,
Gegen die Felsen des Schicksa ls,
U nd gierig schlürft
D ein breites, wulstiges tierisches Maul
Das h eilige Fleisch
Göttlicher Mensch en.
Wie T iere gedrängt 20 L
Schauernd im Dw1kel
Der blutigen Höhle
Sitzen wir nachts und fragen uns an mit sk lavisch en Augen:
Wann du? Wann ich? Wann der letzte
Göttlich er Menschen
In den VVanst 1
D en ewig sich weitenden,
Dieses aufgeblähten sin nlosen Tiers?
Unsere \/\fan gen
S ind mürb
Von vergosse11en T ränen,
Unsere Augen
Verdunkelt vom täglichen Anblick der Schmach,
Ein eisemer Ring
Erdrückt unsere Kehle,
Die einstens lobsang die Schönheit rler Welt.
,,Vir können nicht reden,
Wir können nur stöhnen.
Wie die Vögel im Sturm
Gesträubten Gefieders
N iedergeduckt
Wärmen wir uns
Einer am andern,
Aber wir ballen die Fäuste,
Daß das Blut uns rot aus den Nägeln springt .

Er aber,
Trunken von Blut,
Frech von d er Mast
H eiliger Menschen,
Räkelt sieb breit
Auf der ewigen Erde,
Von Morgen bis Mittag
Liegt er hingestreckt,
Zermalmend die Äcker,
Zerberstend die Wäld er,
Zerdrückend die Städte,
Der Menscbenschlinger,
Und lacht
Mit dem kalten Auge, dem tränenl osen,
In di e Himmel,
W o die Götter, die schläfrige n, schlafen und schlafen.

Aber hüte dich , Polyphem!


E s brenn en h eimlich
Die Feuer d er Rache
1n unseren Seelen.
D er Atem d e:r Toten fa cht sie zur Glut.
Schon schm ied en
Wir nächtlich den Pfahl,
Den Pfah l für d ein Auge,
Das harte, das kalte, d as tränen lose!
Hüte dich, hüte dich, Polyphem ,
Schon schärfen wir
Di e Spitze im Feuer!
Friß nur, saufe, mäste dich an,
Polyphem ,
Doch wenn du dann träumst vom ewigen Fra ße,
Stoßen wir dir ctie Nacht in die Stirn,
Und aus deT H öhle des Bluts und d es Grauerys
Schreiten
Wir, Biiider d er Völker, Brüd er der Zeiten,
ÜlJer d eine stinkende J ,eiche
In die ewigen Himmel der WelL

Robert Frost · I874-196J · USA

Hannibal

Selbst an den allerverlorensten Schlachten,


selbst an Plänen, die wieder und wied er
scheiterten, scheitern mußten, berausc·hen sich
Knabentränen und H eldenlieder.

(R<> bert lt.Schnorr)


Carl August Sandburg · 1878-1967 · USA

Mörder

Ich singe euch zu,


Sanft wie ein Mensch zu einem toten Kinde spricht,
Hart, wie ein Mann in Handsch ellen,
In denen er sich nicht rühren kann.

Unter der Sonne sind sechzehn Millionen Menschen


Ausgewählt fül' ihre glänzenden Zähne,
Scharfen Augen, starken Schenkeln
Und warmem, jungem Blut in den Adern.

Ernst Barfach · Verzweiflung und Empörung


Und roter Saft rinnt über Gras,
Und roten Saft trinkt die dunkle Erde,
Und die sechzehn Millionen morden ... unct morden ... und morden.

Ich vergesse sie weder am Tag noch zu1· Nacht.


Sie hämmern Erinnerung an meine die Stirn;
Sie drücken mein Herz, und ich schreie ihnen zu,
Ihren Heimen und Frauen, Träumen und Spielen.
Nachtwachend, riech ich die Schützengräben,
Hör das leise Geräusch der Linienschläfer -
Sechzehn Millionen Schläfer und Wacher im Dunkel,
Einige unter ihnen Schläfer auf immer.

Andere stürl.en in den morgigen T odessch laf.


Geket1et an den Rechen dieser herzbrechenden Weh,
Essend und trinkend, sich abmühend ...
An der Akkordarbeit des Mords.

Sechzehn Millionen.

(Claire Goll )

E rich .Mühsam · 1878- 1934 · Deutschland

Kriegslied
März 1917

Sengen, brennen, schießen, stechen,


Schädel spalten, Rippen brechen,
spionieren, requirieren,
patrouillieren, exerzieren,
fluchen, bluten, hungern, fri eren ...
So lebt der edle Kriegerstand,
die Flinte in der linken H and,
das Messer in der rechten Hand -
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vriterland.
Aus d em Bett von Lehm und Jauche
zur Attacke a uf dem Bauch e !
T romm elfeu er - Handgranaten -
Wunden - Leich en - Held entaten -
bravo, tapfere Soldaten!
So lebt der edle Kr iegers tand,
d as Eisenkre uz a m Pre ußenband,
die Tapferkeit am Bay ernba nd,
mit Gott, mit Go tt, mit G ott,
mit Gott für König und Vaterland.

Stillgestanden! Hoch die Beine !


Augen gradeaus, jhr Schwe in e !
Visitiert und schlecht b efund en.
Kein en Urlaub. Ange bunden.
Stra fdi ens t extra s iebe n Stund en.
So lebt der edl e Kriegers tand.
Jawohl, H eJT Oberle utenant!
Und zu Befehl, Herr Leuten ant!
M it Got1, mit Gott , mit G ott,
mit G ott für König und Vaterla nd.

Vo rwär ts mit Tabak und Kümmel!


Bajon ette. Schlachtgetümm el.
Vorwärts ! Sterben od er Siegen!
De utsch er kennt kein Unterliegen.
Knoch e n splittern, F etzen fliegen.
So lebt der edl e Kr iegers tan d .
D er Schweiß tropft in d en Grabenrand,
das Blut tropft in den S traßenra nd,
mit Gott, mit Go tt, mit G o ll,
mit Gott für König und Va terland .

Angeschossen - b ochgeschmissen -
Bauch w1d Därm e aufger issen .
Rot e Häuser - bla uer Äth er -
T e ufel l Alle h eiligen Väter! ...
Mutter! Mutter! ! Sanitäter!! !
So stirbt der edle Kriegerstand ,
in Stiefel, Maul und Ohren Sa nd
206
und auf das Grab drei Schippen Sand -
mit Gott, mit Gott, mH Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Edwin Hoemle · 1883 - I952 · DDR

Marville

Granatensturm tagaus, tagein,


Mörser brüllen, Haubitzen schrein,
in Gas, in Feuer T a l und Hang,
der M ensch in Loch und Minengang -
Wann werden deine Zähne .ruhn ,
Bluthund Ve1·dun?

Sie gn1ben Massengräber aus,


sie trugen Schädel in Gottes Haus,
sie schufen geisterhaftes Werk,
um Christi Kreuz den Knochenberg -
Sie zählten schweigend, zählten grausend:
Vi erzigtausend.

Vierzigtausend nördlich Verdun!


Zu Marville in der Kapelle nun;
Freund und Feind - auf ewig stumm,
kcj ner wußte, wofür, warum?
Vierzigtausend zersch ossen, zerscllelll.
ums Leben geprellt.

VI/ eiter und weiter die endlose Schlacht,


Mörser halten die Totenwacht,
Mörser sprechen das Totengebet -
Manchmal stummes Entsetzen gehl
durch Bunker und Graben - Wir flüstern grausen<l:
Vier.ägtausend.
Bertoll Brecht · r898-I956 · DDR

Lied gegen den Krieg


Muschiklied t917

Der Prolet wird in den Krieg verladen


Daß er tapfer und selbstlos ficht.
Warum und für wen wird ihm nicht verraten
Für ihn selber ist es nicht.
Dreck euer Krieg! So macht ihn doch allein!
Wir drehen die Gewehre um
Und machen einen andern Krieg
Das wird der ri chtige sein.

Der Prolet muß in den vordersten Graben


Die Generäle bleiben dahint.
Und wenn die H erren gegessen haben
Kann sein, daß er auch n och etwas find 'l.
Dreck euer Krieg! So macht ihn doch allein!
Wir drehen die Gewehre um
Und machen einen andern Krieg
Das wird der dchtige sein.

Der Prolet baut ihnen die Kriegsmaschinen


Für einen schlechten Lohn
Damit sie ums Leben bringen mit ihnen
Manch er Proletenmutter Sohn.
Dreck euer Krieg! So macht ihn doch a1lein!
Wir drehen die Gewehre um
Und machen einen andern Krieg
Das wird der richtige sein.

Der Prolet bezahlt die Niederlage


Der Prolet bezahlt den Sieg.
Drum planen sie bis zum Jüngsten Tage
Mit ihm noch manchen blutigen Krieg.
Dreck euer Krieg! So macht ihn doch allein!
Wir drehen die Gewehre um
Und machen einen andein Krieg
Das wird der richtige sein.
208
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_, . , j

Max P.ecristein
.L
.S
omme 1916
Der Prolet steht Jahr und Tag im Kriege
In der großen Klassenschlacht
Und der blutet und zahlt bis zu seinem Siege
Der ihn für immer zum Herren macht.
Dreck euer Krieg! So macht ihn doch allein!
Wir drehen die Gewehre um
Und machen einen andern Krie-.g
Das wird der richtige sein.

/Yalter Hasenclever · 1890-1940 · Deutschland

Die Mörder sitzen in der Oper


Der Zug entgleist. Zwanzig Kinder krepieren.
Die Fliegerbomben töten Menschen und Tier.
Darüber ist kein W ort zu verlieren .
Die Mörder sitzen im «Rosenkavalier».

Die Soldaten verachtet durch die Straßen ziehen.


Generale prangen im Ordensstern,
D eserte\lre, die vor dem Angriff lliehen,
Erschießt man im Namen des obersten Herrn.

Auf, Dirigent, von deinem Orchesterstuhle!


Du hast M enschen getötet. Wie war dir zomut?
Waren es viel? Die Mörder machen Schule.
Was dachtest du b eim ersten spritzenden Blut?

Der Mensch ist billig und das Brot wird teuer.


Die Offiziere schreiten auf und ab.
Zwei große Städte sind verkohlt im Feuer.
Ich werde langsam wach im Massengrab ...

Ein gelber Leutnant brülJt an meiner Seite:


«Sei still, du Schwein!,, Ich gehe stramm vorbei,
Im Schein der ungeheu ren Todesweite
Vor Kälte grau in alter Leichen Brei.

Das Feld der Ehre hat mich ausgespien;


210 Ich trete in die Königsloge ein.
Schreiende Schwäne nackter Vögel ziehen
Durch goldene Tore ins Foyer hinein.

Sie halten blutige Därme in den Krallen,


Entrissen einem armen Grenadier.
Zweitausend sind in dieser Nacht gefallen!
Die Mörder sitzen im «Rosenkavalier».

Verlauste Krüppel sehen aus den Fenstern.


Der Mob schreit: «Sieg!» Die Betten sind verwaist.
Stabsärzte halten Musterung bei Gespenstern;
Der dicke König ist zur Front gerejst.

«Hier, Majestät, fand statt das große Ringen!»


Es naht d er Feldmarschall mit Eichenlaub.
D ie Tafel klirrt, Champagnergläser klingen.
Ein silbernes Tablett ist Kirchenraub.

Noch strafen Kriegsgerichte das Verbrechen


Und hängen den Gerechten in der Welt.
Geh hin, mein Frelll1d, du kannst dich an mir rächen l
Ich bin der Feind. Wer mich ve1Tät, kriegt Geld .

Der Unteroffizier mit Herrscherfratze


Steigt aus geschundenem Fleisch ins Morgenrot.
Noch immer ruft Karl Liebknecht auf dem Platze:
~<Nieder d er Krieg!» Sie hungern ihn zu Tod.

Wir alle hungern hinter Zuchthaussteinen,


Indes die Oper tönt im Kriegsgewinn.
Mißhandelte Gefangene stehn und weinen
Am Gittertor der ewigen Knechtschaft bin.

Die Länder sind verteilt. Die Knochen bl eichen.


D er Geist spjnnt Hanf und leistet Zwangsarbeit.
Ein Denkmal steht im MeHenfeld der Leichen
Und macht Reklame für die Ewigkeft.

Man rührt die Trommel. Sie zerspringt im Klange.


Brot wird Ersatz und Blut wird Bier .
Mein Vaterland, mir ist nicht bange!
Die Mörder sitzen im «Rosenkavalier>>. 211
Gabriela Mistral · I889-I957 · Chile

Europas Sturz
Komm, Bruder, komm heute abend
mit deiner Schwester zu beten, die keinen Sohn,
keine Muttei· noch d er Ihren Gegenwart ha t.
Es ist bitter zu beten und das E cho zu hören,
da s eine taube Luft und eine Mauer dir werfen.
Komm, Bruder, du, oder Schwester durch die Lichtung
des Maisfelds, ehe d er Tag in·e
und blind dahinsinkt, ohne zu ahnen,
daß sie, die niemals gelitten, leidet,
von Feuern durchlöchert und raucherstickt brennt.
die Alte Mutter, die uns in ihrem
Olivenhain und ihrem Weinberg geborgen.

Die ame1ikanische Gäa allein


lebt ihre Nacht mit Duft
von Klee, Thymian und Majoran,
Biber- und Marderlaut lauschend
und dem blauen Lauf der Chinch illa.
Ich spüre Scham ob meines e1müdelen Ave,
das mir kaum die Schultern umstreicht
oder wie ein e erjagte Möwe aufsteigt un d abstürzt,
indes die Mutter in Trauer verharrt,
zu einem pechschwarze n Hi mmel sta rrend,
der ihre H offnung höhnend beschneidet
und der Alten Nacht zuschreit: «Du bist es nicht.~>
Wir sind die Kinder, di e ihr er Mutter Namen rufen,
ohn e in diesen Stunden zu wissen, ob sie die nämliche ist,
ob sie uns mit d em g.leichen Namen erwid e11,
oder ob, von M etall und Feuer entzündet,
d ie Glieder ihr brennen , die da Sizilie11,
Flandern, Normandie und Kampanien heißen.

Für die Traurigkeit und das Gebet


genügen zwei Span.neu Gras und Luft.
Brot und W ein und Frucht schaffe man
nicht herbei bis zu m Tag des Frohlockens,
1 1.2 d es Tanzes und toller Arme, die Zweige schaukeln.
In dieser Nacht weder ein Tisch,
mit Falerner glückhaft bestellt noch mit B1füen von M ohn.
Auch kein Schluchzen. Und auch kein Schlaf.

(Albert Theile)

George Co~buc · 1866-1918 · Rumänien

Gestorben - für wen?

Wenn heute an m eine vier Neffen ich denk,


Von meinen drei Schwestern die Söhne,
Und wenn ich ins Los mich d er Meinen versenk,
So frag ich mich, sind es die d rei, sind's die vier,
Für die ich ein größeres Mitleid verspür!
Um w en fließt m ir heißer die Träne?

Der deine gefallen bei Krasnik! Fortab


H ast Ruhe dem Schmerz du geboten.
Der Junge der zweiten ist nahe dem Grab,
Er siecht an den Wunden des Kriegs im Spital
Die dritte, die sucht ihre beid en voll Qual
Schon lang in den Listen der T oten.

Die Armen! Ich sehe sie spielen im Sand ...


Wie r asch sie der Kindheit entgleiten!
Wie blühn die Gesichter, so sonnenverbrannt!
Wie jauchzen zum Hause sie hin von den H öhn!
Un d vor meinem geistigen Auge erstehn
Die Bilder vergangen er Zeiten.

Ich seh im Getümmel des Krieges sie jetzt,


Im feuerumbrandeten Rau me!
Sie stehen, krümmen sich, fall en zuletzt,
Die Schauer des Todes verziehn ihr Gesicht,
Doch glänzt auf den bleichenden Wangen ein Licht,
Wie manchmal dem Schläfer im T raume.
Ich fühle kein Leid m ehr um sie. Mein Gemüt
Ist ruhig, gestillt ist das Bluten.
Und wie seine Lieben im Traume m an sieht,
So stehn sie vor mir, und mich schmerzt nicht ibr Los.
Mir ist es, als trüge im Schlaf mich ein Floß
Dahin über spiegelnde Fluten.

Mag sein, daß die To ten Gespräche geführt


Und daß sie geraunt mir d ie Kunde;
Mag sein, daß ein Zweifel den Geist mir berührt:
Rumänen seh ich! ... Ein gespenstiges H eer!
Sie greifen, und haben doch Hände nicht mehr,
Sie schrein mit zerschmettertem Mund e !

Olga R osanowa · Der K rleg


Sie fallen! lch sch a udre! Auf wessen Gebot?
Wer fordert von ihnen das Lebe,n?
Für uns ist ja traurig und sinnlos ihr Tod!
Ich stell m ir mit Schrecken die Frage: Für wen?
Ich su ch e und forsche und kann's nicht verstehn,
Und keiner kann Antwort mir geben!

(Rudolf Lichtendort)

Geo Mllew · 1895-1925 · Bulgarien

Mein Kopf
M ein Kopf -
blutige Laterne mit zertrümmerten Gläsern,
ausgesetzt, vergessen
in Regen, Nebel, Kälte
auf mitternächtlichem Felde.
Ich - gefallen an H öhe 506,
a uferstanden zu Pa1is und Berlin.
Es zählen nicht Jahrhunderte,
es zählen nicht Stunden -
es zählt allein das J etzt!
Über dem lelzten Frühling pfeifst du gierig und kühn:
o Degen, der du die Netze
a us blutigen Tropfen zerfetztest
fomilten finsterer Nacht -
doch blinde göttliche Macht
sammelt Stück für Stück sie
llickt sie
fügt sie
führt sie schweigend an das gewesene Gespenst ...
0 Sphinx, erbarmungslos gelassen
erstarrt i n der k alten Grimasse
d es Spötters -
dumpf in die Höhe ragend
stumm für des Ödipus Fragen,
des ewig geblendeten Bettlers,
des geprellten
gefällten
Helden -
ausgesetzt, vergessen
in Regen, Nebel, Kälte.

(Wolfgang Köp.pe)

Ossip Mandelstam · 1891-1938 · UdSSR

Die Städte, die da blühn


Die Städte, die da blühn, sie mögen weiteT
Bedeutsam tun m.it Namen und mit Schall.
Nicht Rorn, die Stadt, lebt fort durch Zeit Ltnd Zeiten,
Es lebt des Menschen Ort - ein ÜTt im All.

Ihn zu erobern, z.iehn der Fürsten Heere,


Heißen die Priester all die Kriege gut.
Und ohne ihn - die Häuser, die Altäre:
Verachtungswürdig, elend Schutt.

(Paul Celan)

Rju Rin Sok , r842-1915 · Korea

Kanonen

1
Vernichten wollen sie, nicht nur verwunden.
Was gibt es Böser es, als sich zu freun,
hat man ein neues Instrument erfund en,
die Macht der Mörder weiter auszustreun!

216
Der Himmel gab dem M enschen , daß ihm teuer
das Leben sei, ein H erz. lo ihrer Gier
nach Mord sind das noch M enschen? - Un geh euer,
Bestien , tierisch er n och als das Tier!

2.
Wenn das ni cht endet, wir d die Welt vernich te t.
Soll das des Himmels letzter Ratschluß sein ?
Kä m doch ein Held , de,r die Verni chter rich tet,
um statt Vernich tung Güte auszustreun!

(Ernst Schwarz)

Hermann Brach · 1886-195' · Österreich

Stimmen

Als die Männ er zurückkehrten a u s dem Krieg,


dessen Schlachtfelder brüllende Leerheit
gewesen waren, d a fanden sie da heim g enau
dasselbe, kanoneu gleich brülle nd die Leere
der T echnik, und wie auf den Schlachtfeldern
hatte das M ensch enleid sich iu die Winkel der
Vakuu mräume zu verkriech en., umwittert von
deren Schreck en sh eiserkeit, mitleidlos umwittert vom
rohen Nichts.
D a war es den Männern,, als hätten sie n icht
zu sterben a ufgehört,
und sie fragt en, was alle Sterbenden
fragen: wohin, ach, w ohin haben wir
unser Leben vertan ? Was hat uns fo
solche Leerheit hineingestellt und
dem Nichts anheimgegeben? 1st das
Wirklich des M ensch en Bestimmun g und
sein Los? Soll u nser Leben wirklich
kein en and er en Sinn als diesen Nicht-Sinn
gehabt haben ?
Indes, die Antworten auf die Fragen waren
selbsterteilte, und demzufolge waren sie
wieder nur leere Meinungen, wieder nur das
leere Nichts,
eingebettet im Nichts, geformt vom Nichts
und daher vorbestimmt, wiederum abzugleiten
zur Wirrnis der Überzeugungen, die den
Menschen zwingen, aufs neue sieb aufzuopfen1,
aufs neue wie im Kriege,
aufs n eue in unheilig-hohler H eldischkeit 1
aufs neue in einem Tod ohne Märtyrertum,
aufs neue im leeren Opfer, das nimmermehr
über sich hinauswächst.
W ehe über eine Zeit der hohlen Überzeugungen
und hohlen Opfer!

George Grosz · Christus mit der Gasmaske


Albin Zollinger • r895-1941 · Schweiz

Europäische Dämmerung
Du alte Arche der Kultur,
Europa, bist du mm am Ende?
Vom Ararat kommt deine Spur,
Dies aber ist die späte Wende

Am Rande ausgefüllter Zeit -


Einmal, auf einer Höhe weißer
Noch lange blinder Wirklichkeit,
Sehn uns die Enkel hier in heißer

Und steiler Mittagsstunde stehn


Auf einem Gipfel der Geschichte
Und sehen unser Untergehn
Und sehn die bitteren Gerichte

Und Schrei und Rauch und Sümpfe Gas


Und langen Fall der Kathedralen
Und Wiederkehr von Wald und Gras,
D es Kontinentes Abendstrahlen.

Noch trägt er mich in seinem Laub,


D er weite Baum, hält mich am Meere
Über den Glanz von Glitzerstaub
In einem Atem salziger Leere.

Bleib ich dir treu, geliebter Raum


Voll Kostbarkeit gereifter Künste?
Vergangenheit sinkt wie ein Trarun
In Dunkelheit und müde Dünste.

Gegrüßt, ihr Brüder, fern da vorn!


rne Zeit ist euer - Weltgeschidrtc
Strömt unversieglich aus dem Born
Der schöpferischen Urgesichte.
Auf den Schlachtfeldern von Verdun
stehn die Toten auf und reden

Karl Schmidt-Rottluff · Kuß in Liebe 1918


S ergej J essenin , 1895-1925 · UdSSR

Oktober
Oktober! Oktober!
Mir tun so leid
dje roten Blumen, die gefallen sind,
Stahl, Stahl das Rosenköpfchen schneidet,
und trotzdem furcht den Stahl ich nicht.

Blumen der Erde, welche gehn;


sie werden auch den Stahl noch schlagen.
Stahlschilfe lassen sie in See.
Aus Stahl w erden sie Häuser machen.

(Rain er Kirsch)

John. Dos Passos · 1896-1970 · USA

Wellwochenschau XXIV

Man kann sich nur schwer vorstellen, welch gewaltige Summen Europa wird
borgen müssen, um die durch den Krieg an,gerichteten Zerstörungen wieder·
gutzumachen.

ERLEDIGT GANZ ALLE IN 28 1-HTNNEN

DIE F RIEOENSGERÜCHTE BEGlNNEN AUF DEN SÜOLI CHl::N


EISENMARKT EINZUWJ RKEN

Es gibt ein Lächeln, das uns glücklich macht


E s gibt ein Lächeln, das uns traurig macht

wir wollen aber nw1 die Frage der Schiffsraten untersuchen, wir wollen an-
n ehmen, daß die gesamte Flotte der Vereinigten Staaten 3 ooo Fracht- und
Passagierdampfer umfaßt, di e zwischen den USA und ausländischen Häfen
verkehren
ßAJII OENFÜHRER
AUF OFt't;;NEII STRASSE 1::1\MOROET
Es gibt ein Lächeln, das die Tränen versch eucht,
Wie der Sonnenstrahl d en Tau,
Es gibt ein Lächeln, das hat einen zärtlich en Sinn,
Den nur das lieb ende Auge sieht
SOLDATENSTl MMEN GAUEN DEN' AUSSCHLAG

angeu ommen jetzt, daß in dieses empfinclliche G etriebe der wirtschaftlich en


Gesetzmäßig keiten als kontrollierender Faktor der Besitzer eines Drittels d er
gesamten W elttonnage ein greift, dem Profit und Verlust gleich viel bedeute11,
der die Zinsen auf das investierte Kapital nicht als Unkostenfaktor rechn et,
d er Schiffe baut, gleichgültig, ob ihr Betrieb profitbringend ist oder nicht, und
der Preise festsetzt, die in k ein er W eise mit d em Gesetz von Angebot und
Nachfrage übereinstimmen, wie lange würde es dann dauern, bevor das
Sahiffahrtswesen der ganzen Welt völlig zusammenbräche?
DER KRONPRI NZ J\EI SS'l' AUS

Aber das Lächeln, das m ein H erz m it Sonn e erfüllt


Ist das Läch eln, das du mir sch enkst

die unautbödichen Friedensgerüchte wirken beunruhigend, und die Tnflu~


enza- Epidemie hat die Provinzkä ufer von dem Besu ch der größeren Zentren
abgehalteu

W enn du die H errn GeneraJe such st


Ich weiß wo sie sind
Wenn du die H errn GeneraJe such st
Ich weiß wo sie sind

Drunten ja drunten
Im tiefen Unterstand
D ort hab ich sie gesehn
D ort h ab ich sie gesebn

(Paul Saudisch)
E rnest H emingway· 1899-1961 · USA

Alle machen Frieden - was ist Frieden?

Alle Türken sind Gentlemänner, und Isme1 Pascha ist ein


bißch en taub. Aber clie Armenier . Was machen wir mit den
Ai·m eniern?
W eil, die Armenier!
Lord Curzon vielleicht,
vielleicht auch Chicherin,
vielleicht auch Mustapha Kemal. Sieht gut aus übrigens.
Seine Augen stehen zu nahe beisamm en , aber er macht Krieg.
Ist so seine Art.
Lord Curzon mag Chich erin nicht. Nicht ein bißchen.
Sein Bart kitzelt, und er hat kalte Hände.
Tut nichts weiter als denken.
Lord Curzon denkl auch. Aber er ist viel größer und
reist nach St.Moritz.

Mr. Child trägt kejnen Hot.


Baron H ayaschi st eigt rein ins Auto un d steigt raus aus 'm Auto.
M onsieur Barrere erhält T elegramme. M arquis Garonru ebenfalls.

Seine Telegramme kommen per Motorrad von Mussolini.


Mussolini hat Niggeraugen und eine Leibwache und ha t
sich fotogra fieren lassen mit 'm Buch falsch rum.
Mussolini ist wundervoll. Steht in der Daily Mail.

Ich hab Mussolini gekann t. D amals mochte ihn niema nd.


Sogar ich mochte ih.rt nicht.
W ar 'n unangenehmer Mensch. Frag M o nsieur Barrere.

Nun für alle erst mal 'n Cocktail. Ist es zu früh für Cocktails?
W er wm was trinken ? George. Man zu, einen Cocktail, Admiral?
1st gerade noch Zeit bis zum Lunch. W ell, kippen wir einen?
Nicht zu trocken.
W ell, meine H errn, was gibt's Neues heut m orgen?

0 sie sind so gerissen. Sind so gerissen!


Wen haben wir denn im Unterausschuß heut morgen, Admiral?
Monsi eur Stambulski läuft den Hügel rauf, läuft den Hügel runter.
Sprich nicht iiber Monsieur Venizelos. Der ist tückisch.
Man sieht's ihm an. Man sieht's an seinem Bart.
Mr. Child ist nicht tückisch.
Mrs.Child bat ' n flachen Busen, und
Mr. Child ist' ein Idealist und hat für H ardin g die Wahlreden
geschrieben und nennt Senator Beveridge ~iAl».
Du kennst mich, Al.
Lincoln Steffens geht mit Cbild.
Men schwach er Witz mit dem großen C.

Dam1 ist da noch Mosul.


Und der griechische Patria1·ch.
Was mach en wir mit dem griechischen Patriarch en?

(Et·ika Gaetermann)

Jindrich Holejsi , 1889-1941 · Tschechoslowakei

Monolog
eines ehemaligen Infanteristen
Ni e hab ich fremde Länder gesehn.
Nur aus der Schulstunde kamen
Mh- ein paar Namen
Oft in den Sinn.
Sonst war der Werksaal und die stille
Tägliche Fron
Meines Lebens ewig gleiche Idyll e.

Zum erstenmal waren mir gnädig die Sterne,


Als der Krieg begann.
Endlich winkte die Ferne!
Vielleicht war es gar nicht Gnad e, nur Hohn ;
Die Her ren gewährten sie, wie den Lohn
Am Zahltag.
Und das ersehnte Wandern begann~
Rußland, Italien und Balkan.
Was ich erkennen wollte, erkann t' ich.
Überall fand ich
GJeiche Schwielen an h arten Händen,
Gleiches Lieben
Und gleiches Verenden,
Sah, daß die Nacht stets dem Tage folgt.
M enschen sind wir,
Sind hier allein,
Niemand ist mit u ns
Als wir aUei n.

Nun bin ich zurück, es m acht mich nicht mehr


Die Stimme der weiten Ferne trunken,
Alles ist in einen Traum versunken,
H ell wie der Tag m1d voU Fteude.

Aber die Freude ist irgendwie stumpf.


Vielleicht geht d er alte Schmerz zu Ende.
Ich denk an den Russen, dessen Rumpf
Ich durchb ohrte, es war sein Mund
Ro t, blau seine Augen - und
Die Wangen w ie Kreide.

(f. C. Weiskopl)

Fra,ia Sramek · 1877-1952 · Tschechoslowakei

Ritten; ritten Adjutanten

Ritten, ritten Adjutanten


Wie der Wind,
Melden, daß die Rebellanten
Wieder auf den Beinen sind.
Schlag die Trommel, Trommler,
Rühr die Schlägel strack,
Daß wir heut nicht schonen
Rebellauten pack!
Und als Trommler schl ag ich gerne
Kälberfell.
Aus den Augen spdngt die Flamme,
Trommeln will ich schnell.
Schlag die Trommel, Trommler,
Rühr die Schlägel strack,
Daß wir heut nicht schonen
Rebellantenpack!

Doch, Herr Hauptmann, bitt gehorsamst,


Sagt mir an,
Wenn mir heut das Led er platzte,
J a, was tu ich dann?
Schlag die Trommel, Trommler,
Rühr die Schlägel strack,
Daß wu- h eut nicht scho nen
Rebellantenpack!

Und wenn bei den Rebellanten


Ich nun Brii der find ,
Deren Not und d eren Träume
Meine Not und Träume sind? -
Schlag die Trommel, Trommler,
Rühr die Schlägel strack,
Daß wir heut nicht schonen
Rebellantenpack!

Tauzten, tanzte n da die Sch lägel,


Stinunten an :
«Zu den Brüdern, zu den Brüdern
Vorwärts - rataplan!»
Trommler rührt die Trommel,
Schläge fallen d ich t:
For1 mit dem Soldatenspielen,
Schieß en wolln w ir nicht!

{F.C.Weükopf)

Pjotr N . Swrana.ssow · Verbrüderung


Stepan Stschipatschow · 1898-I980 · UdSSR

Der Budjonnyreiter

Hinterm Dorfe, in blauer Sommerglut,


Wogte golden, fast schon reif, das Korn._
Ein Budjonnyreiter, junges Blut,
Stand, den Schatz im Arm, am Feldrain vorn.
Keck saß ihm der Schopf. Am Kinn
Sproß ihm erster Flaum. Vom Dorf her scholl
Hornsignal ... Ach, ihm ist doch so wohl,
Auch das Mädchen hat nur ihn im Sinn!
H eut hat er zum erstenmal geküßt.
Ähren rings und blaues H immelszelt ...
Er ging fort. Und schon nach kurzer Frist
Sprengte er mit der Schwadron durchs Feld.
Sie stand da-, das Kopftuch, taugenäßt,
An die Lränenschwere Biust gepreßt.
Doch ihn warf die Kugel hin - dort vorn,

-
F ""'"W

Wladimir Faworski · Jahre der R evolution


Wo, fast reif schon, golden wogt das Korn.
Lang ist's h er ...
Mein lieber fremd er Freund,
W eißt du auch, w as diese Zeile m eint?
Du bist h eut vielleicht, mit siebzehn Jahr,
Glücklich, wie noch niemand vor dir war.
Sterne flimme rn. Friedlich liegt das Land.
Und du liebst - du w eißt nichts andres m ehr ,..
Doch bist du wohl glücklich nur, weil er
In der Lie be nicht Erfüllung fand!

(Alfred Ku rella)

Kurt Tucholsky · r89 0-1935 · Deutschland

Drei Minuten Gehör!

Drei Minuten Gehör will ich von eu ch, die ihr arbeitet!
Von euch, die ihr de n Hammer schwingt,
von eu ch , die ih1· auf Krücken hinkt,
von euch, di e ihr die Feder führt,
von eu ch , die ihr die Kessel schürt,
von euch, die mi.t d en tTeu en Händen
dem Manne ihre Liebe spenden -
von eu ch , d en Jungen und den Alten:
Ihr sollt di·ei Minuten innehahen.
Wir sind ja nicb1 unter Kriegsgewfonern.
Wir w oll en uns einmal erinnern.

Die er ste Minute geh ör e dem M ann.


W er trat vor J ahren in Feldgrau an ?
Zu Hause die Kinder - zu Hause wein t Mutter . ..
Ihr: feldgrau es Kanonenfutter!
Ihr zogt in den lehmigen Ackerg raben.
Da saht ihr keinen Fürstenknaben:
der soff sich ein en in d er Etappe.
und ging mit den Damen in d ie Klappe.
Ihr wurdet g eschliffen. Ihr wurdet gedrillt.
Wart ihr n och Gottes E b enbild ?
In der Kaserne - im Schilderhaus
wart ihr niedriger als die schmutzigste Laus.
D er Ofiizier war eine Perle,
aber ihr wart nur «Kerle»!
Ein elender Schieß- und Grüßautomat.
{<Sie Schwein! Hände an die Hosennaht!i•
Verwundete mochten sich krümmen und biegen:
kam ein Prinz, dann hauet ih.r stTanunzuliegen.
Und noch im Massengrab wart ihr Schweine:
Die Offiziere lagen a!Jeine!
Ihr wart des Todes billige Ware ...
So ging das vier lange blutige Jahre.
Erinnert ihr euch?

Die zweite Minute gehöre der Frau.


Wem wurden zu Haus die Haare grau?
Wer schreckte, wenn der Tag vorbei,
in den Nächten auf mit einem Schrei?
Wer ist es vier Jahre hindurch gewesen,
der anstand in lan gen Polonäsen,
indessen Pri11zessinnen und ihre Gatten
alles, alles, alles hatten?
Wem schrieben sie einen kurzen Brief,
daß vvieder einer in Flandern schlief?
Dazu ein Formular mit zwei Zetteln ...
wer mußte hier um die Renten bet1el n?
Tränen und Krämpfe und wildes Schrein.
Er hatte Ruhe. Ihr wart alJein.
Oder sie schickten ihn, hinkend am Knüppel,
euch in die Arme zurück als Krüppel.
So sah sie aus, die wunderbare
große Zeit - vier lange Jahre ...
Erinnert: ihr euch?

Die dritte Minute gehört den Jungen!


Euch haben sie nicht in die J acken gezwungen!
Ih.r wart noch frei! Ihr seid h eute frei!
Sorgt dafür, daß es immer so sei!
An eu ch hängt dje Hoffnung. An eu ch das Vertrau n
von Millionen deutschen Männern und Fraun.
Ihr sollt nicht strammstehn. Ihr sollt nicht dienen!
Ihr sollt frei sein! Zeigt es ihnen !
Und wenn sie euch kommen und drohn mit Pistolen:
Geht nicht! Sie sollen euch erst mal holen!
Keine Wehrpflicht! K eine Soldaten!
Keine Monokel-Potentaten!
K eine Orden! K eine Spalier e!
Keine Reserveoffiziere!
Ih r seid die Zukunft!
Euer das Land!
Schüttelt es ab, das Knechtschaftsband!
Wenn ihr nur wollt, seid ihr alle frei!
Eu er Wille geschehe! Seid nicht m eh r dabei!
Wenn illl' nur wollt: bei euch steht d er Sieg!
Nie wieder Krieg!

Klabund · 1890-1928 · D eutschland

Die Ballade des Vergessen s


ln den Lüften schreien die Geier schon,
Lüstern nach neu em Aase.
Es hebt so mancher d ie Leier schon
Beim .freibiergefüliten Glase,
Zu schlagen siegreich den alt bösen Feind,
Tät er d en Hu m pen pressen ...
Habt ihr die Tränen, die ihr geweint,
Vergessen, vergessen, vergessen ?

H abt ihr vergessen , was man euch tat,


Des Mordens Dengeln und Mähen?
Es Jäß1 sich bei Gott der Geschichte Rad
Beim Teufel nicht rückwärts dreh en.
Der Feldherr, der Krieg und Nerven verlor,
Er trägt noch immer die Tressen.
Seine Niederlage erstrahlt in Glor
Und Glanz: Ihr habt sie vergessen.
Vergaßt ihr die gute alte Zeit,
Die schlechteste je im Lande?
Euer Herrscher hieß Narr, seine Tochter Leid,
Die Hofherren F eigh eit und Schande.
Er führt e euch in d en Untergang
Mit heiter en Mienen, mit kessen,
Längst habt ihr'.s bei W ein, W eib u nd Gesa ng
Vergessen, vergessen, vergessen.

Wir haben Gott und Vaterland


Mit geifernden Mäulern geschändet.
Wir haben mit unsrer dreckigen Hand
Hemd und Meinung gewendet.
Es galt kein Wort m ehr ehrtich und klar,
Nur Lügen unermessen ...
Wfr hatten die Wa hrheit so ganz und gar
Vergessen, vergessen , vergessen.

Millionen krepierten in diesem Krieg,


D en nur ein paar Dutzend gewannen.
Sie schlichen nach ihrem teuflischen Sieg
Mit vollen Säcken von dannen.
Im Ha uptquartier bei W ein und Sekt
T at mancher sein Llebchen pressen.
An der Front lag der Kerl, verlaust und verdreckt
U nd vergessen, vergessen, vergessen.

Es blühte noch nach dem Kriege der Mord,


Es war eine Lust, zu knallen.
Es zeigte in diesem traurigen Sport
Sich D eutschland über allen.
Ein jeder Schurke hielt Gericht,
Dle Erde mil Blut zu nässen.
Deutschland, du sollst die Ermordeten nicht
Und nicht die M örder vergessen !

Ö Mutter, du opferst d einen Sohn


Armeebefehlen und Ordern.
Er wird dich einst an Gottes Thron
Stürmisch zw· Recheuschaft fordern.
Otto Niemeyer-Holstein · N icht vergessen!
Dein Sohn, der im Graben, im G1·abe schrie
Nach dir, von Würmern zerfressen ...
Mutter, Mutter, du solltest es nie
Vergessen, vergessen, vergessen!

Ihr h eult von Kriegs- und Friedensschluß - b ei:


Der anden1 - ihr wollt euch rächen:
Habt ihr den frechen Mut, euch frei
Von Schuld und Sühne zu sprechen?
Sieb deine Fratze im Spiegel hier
von Haß und Raffgier besessen:
Du hast, war je eine Seele in dir,
Sie vergessen, vergessen, vergessen.

Einst war der Krieg noch ritterlich,


Als Friedrich die Seinen führte,
In d er Faust die Fahne - nach Schweden n icht schlich
Und nicht nach Holland 'chappierte.
Einst ga lt noch im Kampfe Kopf gegen Kopf
Und Mann gegen Mann - indessen
Heut drückt der Chemiker auf den Krwpf,
Und der H eld ist vergessen, vergessen.

Der neue Krieg kommt anders daher,


AJs ihr ihn eu ch geträumt n och.
Er kommt nicht mit Säbel und Gewehr,
Zu heldischer Geste gebäumt noch:
Er kommt mit Gift und Gasen geballt,
Gebraut in d es T eufels Essen.
Ihr werdet, ihr werdet ihn nicht so bald
Vergessen , vergessen, vergessen.

Ihr Trommler, tromm elt, Trompeter blast:


Keine Parteien gibt's mehr, nur noch Leichen!
Berlin, Paris und München vergast,
Darüber die Geier streichen.
Und wer die Lanze zum Himmel streckt ,
Sich mit weh enden Winden zu messen -
Der ist in einer Stunde verreckt
Und vergessen, vergessen, vergessen.
Es fiel kein Schuß. Steif sitzen und tot
Kanoniere auf der Lafette.
Es liegen die Weiber im Morgenrot,
Die Kinder krepiert im Bette.
Am Potsdam er Platz Gesang und Applaus:
FreiwilHge Bayern und H essen ...
Ein gelber Wind - das Lied ist aus
Und auf ewige Zeiten vergessen.

Jhr kämpft mit Dämonen, die kein er sieht,


Vor Bazillen iz;elten nicht Held en,
Es wird kein Nibelungenlied
Von eurem Untergang melden.
Zu spät ist's dann, von d er Erde zu fli eh n
Mit etwa himmlischen Pässen.
Gott hat euch aus seinem Munde gespien
Und vergessen , vergessen, vergessen.

Ihr hetzt zum Krieg, zum frischfröhlichen Krieg.


Und treibt die T oren zu Paaren.
Ihr werdet nur einen einzigen Sieg:
Den Sieg des Todes gewahren.
Die eu ch gerufen zur Vernunft,
Sie schmachten in d en Verlässen:
Christ wird sie b ei seiner Wiederkunft
Nicht vergessen, vergessen, vergessen.

Louis F'ürnberg · 1909-1957 · DDR

Vogesenballade
Ein Sommer führte uns durch die Vogesen.
Dort war der l etzte Krieg noch nicht begraben.
Um einen Wald veTkohlter Rutenbesen
zog sich ein Zaun aus Kreuzen toter Knabe n.

Oft sahn wir Mütter, die die Erde küßten ,


sie streich elten, ihr schmeich elnd Namen gaben.
als ob die Gräber, die die Toten haben,
besänftigt werden und sich öffnen müßten.

D er mit mfr ging, der blieb vor jeder stehn


und fragte sie: Wie ließest du's geschehn?
Und als sie schwiegen, fragte er : Für wen? ...
Mit Hungerschrei nach Beute auszuspähn,
krächzten vom Hartmannsweilerkopf die Raben ...
Für wen? Für wen?

Slang · r895~1932 · Deutschland

Der große Verbrecher

Das ist das Große am großen Krieg:


Er ken nt keilt Oben und Unten.
Das Universalmittel ,,H eil und Sieg!»
hilft fü r alle sozialen Wunden.

Hat einer fünf oder zehn Jahre «Ehrverlust»


für einen Griff in gefüllte Taschen -
der Zuchthausstempel auf seiner Brust
wird vorm Feind mit Blut abgewaschen.

Das Vaterland ruft u nd gibt Pardon


fü r große u nd klein e Sünder.
Der Kleine kommt mit d em Pappkat1ön 1
der Große im Achtzylinder.

Entsprechend sieht auch die Belohnung aus


für das gesetzlich geschützte Morden:
Der Kleine bringt ein Holzbein nach Haus,
d er Große viel Geld und Orden.

Bis dann alles wieder das Alte ist:


Ihr hungert und kommt ins Gefängnis,
und der Räuber und Mörder Kapitalist
rüstet zum nächsten Verhängnis.

Max Beckmann · Die Letzten


Nur eine M acht h emmt seinen Lauf:
Die Faust der proletarischen Rächer.
Dann stehen die Unterdrückten auf
und erschlagen den großen Verbrecher!

Erich Kästner · 1899 -1974 · BRD

Verdun, viele Jahre später

Auf den Schlachtfeldern von Verdun


finden die Toten keine Ruhe.
Täglich dringen do11: aus der Erde
Helme und Schädel, Schenkel und Schuhe.

Über die Schlachtfelder von Verdun.


laufen mit Schaufeln bewaffnete Christen,
kehren Rippen und Köpfe zusammen
und verfrachten die H elden in Kiste n.

Oben am Denkmal von Douaurnont


liegen zwölftausend T ote im Berge.
Und in den Kisten warten achttausend
Männer vergeblich auf passende Särge.

U nd die Bauern packt das Grauen.


Gegen die T oten ist nichts zu erreich en.
Auf den gestern gesäuberten Feldern.
liegen m orgen zehn neue Leichen.

Diese Gege nd ist kein Garten,


und erst red1t kein Gatten Eden.
Auf den ScbJachtfeldern von Verdun
stehn die Toten auf und reden.

Zwischen Ähren und gelben Blumen,


zwischen Unterholz und Farne n
greifen Hände aus dem Boden,
um die Lebenden zu warnen.
Auf den Schlachtfeldern von Verdun
wachsen Leichen als Vermächtnis.
Täglich sagt der Chor der Toten:
«Habt ein besseres Gedächtnis!»

Rudyard Kipling · r865-r936 · England


Tommy
Den feldgrauen Gemeinen zur Erinneru,ng

In eine Kneipe ging ich 'rein und wollt' ' nen Schoppen Bier;
Der Obe r reißt die Schnauze auf: (<Bedient wer Mannschaft hier?)>
Die Mädels hinterm Bartisch grien'n und kichern sich ' nen Ast:
Ich mach aufs Pflaster 'raus zurück und red' mir zu verbaast:
Ja, «Tommy hin)> und ~,Tommy her)> 1md; «Tommy, mach beiseith)
Doch «Dank dir, wackrer Tommy», wenn die Kriegserklärung schreit,
Die Kriegserklärung schreit, ihr Jungs, die Kriegserklärung schreit,
Oh, «Dank dann, wackrer Tommy», wenn die Kriegserklärung schreit.

Ich wollt' da ins Theater 'rein, so nüchtern wie nur kaum,


Für'n angetrunknen Bürger ja, für mich war da kein Raum;
Sie stukten mich zm Galerie in Varietegestank;
Doch heißt's: «In'n Graben!>>- Großer Gott, so blüht mir Erster Rang.
Denn «Tommy him> und «Tommy hern und: «Tommy, wart im Schnee - »
Doch «Extrazug für Atkins», wenn 's Transportschiff h eult am Kai.
Der Dampfer beult am Kai, ihr Jungs, der Dampfer heult am Kai,
Dann «Extrazug für Atkins», wenn der Dampfer heult am Kai!

.l'a, G,insen übern grauen Rock, der euch im Schlaf bewacht,


Ist billiger als der Graurock, der's für fünf Mark dreißig ma cht,
Und uns de m Spieß verpetzen, wenn wir bißken Schnaps gesehn
Ist fünfmal beßre Sache als: «Mit Stunnzeug - stiUestehn !»
Denn <<Tommy hin» und «Tommy her>> und: <ITommy, schämst dir nischt?))
Doch «Graue Heldenmauer>>, wenn die Sturmrakete zischt!
Die Sturmrakete zischt, ihr Jungs, die Sturnu·akete zischt!
Dann <iGraue H eldenmauer!», wenn die Sturmrakete zischt.
Wir sind nicht graue Helden, doch auch Lümmels sind wir nicht,
Nur einz'lne Leut im Unterstand, höchst gleich dir von Gesicht.
Und wenn dir unsre Führung auch nicht immer schön gefällt,
Na, einz'lne Leut im Unterstand sind nicht wie feine W elt.
Denn <•Tommy bin» und ~<Tommy her» und: «Schmejßt ihn 'raus, den
Schuft!>>
Doch <<Vorwärts schnell, in Front, ihr», ja, am Tag voll dicker Luft -
's gibt höllisch dicke Luft heut, Jungs, 's gibt höllisch dicke Luft,
Dann: {<Vorwärts, schnell in Front, ihn>, denn's gibt höllisch dicke Luft!

Ihr quatscht von beßrem Fraß für uns, von Unterricht, Kluft und Feuer -
Behandelt uns als Menschen erst, das kommt euch halb so teuer.
Bohrt nich t im Küch enabfall ' rn:m, doch zeigt uns ins Gesicht,
Des Britenvolkes Waffenrock bringt kejne Schande nicht:
D enn {•Tommy hin» und ,<Tommy her» und: «Kerl, er ist verlaust!»
Doch «Ret1er du der Heimat!», wenn das Bombenflugzeug braust.
Und Tommy dies und Tommy jen's und alles, was euch paß't -
Nur zeigt, daß ihr, was Mannschaft war, nicht immerzu vergaßt!

(Arnold Zweig)

Julian Przyi)os · 19or-1970 · Polen

Die Augen der Toten


Hier seh ich n och
das Schlachtfeld bei Reims, zerwühlt bis au[ d en Kalk-
D er zerstörte Panzer sondert Rost ab,
das Eisen blutet.
Aus der F em e, von de r Luft hergetragen,
starren mich die verdrehten Augäpfel der E:rde an.
Es ist so still,
als schriebe jch mit der ersten, zarten Grasfeder.

J ene tote Weite


schloß die Augen.
Nur die Ferne starrt
durchd1;ngend.
242 Und hie r auf dem Feld hat man
einen frischen Hügel aufgeschüttet.
Über füm erhob der Raum, von der Sch lacht unversehrt,
in Verzweiflung
aus der unverschlossenen Erde
seinen einzigen weißen Arm: Die Birke.

(Hemyk Bere:1kn)

Tnadimir M ajakow.~ki · 1893-r930 · UdSSR

N ieder!

Die Sirupschmierer
und Idealisierer des Alten
wußten d en Krieg
rnit Scharm zu gestalten.
H ei, Feldzug !
Hei, Schlachtfeld!
Mit Blaso rchestern !
Aufs Uniformgold
starren Bräute und Schwestern.
Durch lächelnder Lippen und Augen Spalier
sta mpft mancher
H usa rensch nurrbart-Offizier.
Befunkl e den Feind -
und für deine Verdienste
nimm Dienstgrade,
Orden
und andre Gewinste.
Oder geh h i11
und stirb im Granatenhagel. -
ein D enkstein
besiegelt
dein glorreich Debakel.
Noch h eut kann sich's manch er
nicht abgewöhnen
und lügt w i e gedruckt,
wie ein Tischchenklopfer:
«In schönen Gewändern
brachten die Schönen
stolz ihre Leiber zum Opfer ... »
Ist's wirkJich so schön?
Ich bedank mich ergebenst
für diese Verschönung
und Krönung des Lebens!
Die Kriegslust trachten uns einzutrichtern
Poeten.
Sie seien entlarvt von Dichtern!
Krieg - ist ein Stankwind,
von Leichen gesäugt.
Krieg - die Fabrik,
die Bettler erzeugt.
Ein gräßliches Massengrab ohne Maß,
Hunger, Schmutz, Läuse,
Typhus und Aas.
Krieg - für die Reichen
Gewinn und Glück.
Für uns - Verkrüppelung.
Krieg heißt Knick.
Krieg heißt Befehl,
h eißt Manifest:
<<daß ihr eure Bräute
in Holzarme preßt l»
Genossen Leute,
dem ganzen Planeten
erklärt:
den Krieg haben wir uns verbeten!
Undwär's,
daß des W eltfri edens Wohl
von euch forderte:
«V ernich tel
die regierenden Häuflein,
ihr Proletenlit -
so betrachtet eu ch
a ls heilig Beorderte:
H erolde der Zukunft,
befried et de u Planeten !

244 (Hugo Huppert)


Atanas Daltschew • 1904-I978 · Bulgarien

An die Heimat

Nicht hab ich selbst gewählt: In dir geboren


ward ich im Juni, der voll Glutstaub ist,
und lieb dich nicht um deines Reichtums willen,
nein, einzig, weil du meine Heimat bjst.

Bulgare bin ich nicht ob deinem Ruhme,


ob deiner Kraft und deinem Heldensinn,
nein, weil die Krieger Samuils je zu vergessen.
ach, die geblendeten, zu schwach ich bin.

Mag doch in dir nach leichter Ehre streben,


nach Glanz und Macht, wem dies das Höchste scheint.
Das Leiden isfs, was mich mit dir verbindet
und was im Schicksal unsre Liebe eint.

(Uwe Grüning)

Federico Garcia Lorca · 1899-1936 · Spanien

Romanze von der spanischen


Guardia Civil
Schwarze Pferde. Scbwarze Eisen.
Auf den Capas glänzen Flecken,
rue von Tinte sind und Wachs.
Ihre Schädel sind aus Blei,
Darum weinen sie auch ruemals.
Ihre Seelen sind aus Lack -
damit kommen auf der Straße
über Land sfe hergeritten.
Bucklig sind sie, nächt'ge Mahre,
ordnen, wo sie auch erscheinen,
Schweigen an aus dunklem Gummi
Ängste ganz aus feinem Sand.
Ziehn vorüber, wenn sie wollen,
und verbergen tief im Kopf
eine vage Sternenkunde
uner sichtlich er Pistolen.

Stadt, o Stadt du der ZigeuneT!


Fahnen an den Straßen ecken.
M ond am Himmel, Kalabasse
mit den eingemachten Kirschen.
St adt, o Stadt du der Zigeuner!
Schmerzgetränkte, moschusvolle
Stadt mit deinen zimtnen Tünnen.

Pfeile schmiedeten und Sonnen


die Zigeuner in den Schmieden,

R. Zamorano · Guardia Civil


als die Nacht sich niedersenkte,
diese Nacht, die Nacht der Nächte.
Und ein Pferd, zu Tod verwundet,
klopfte laut an alle Türen.
Ob Jerez de la Frontera
krähten Hähne, die aus Glas.
Um der Überraschung Ec.ke
huscht der nackte Wind herum
in der Nacht, der Silbernacht,
in d er Nacht, der Nacht der Näch te.

H eilge Jungfrau und Sankt Josef


haben ihre Kastagnet1en
in des Zugs Gedräng verloren
und sie gehn zu den Zigeunern
um zu sehn, ob sie sich tlnden.
Einer Bürgermeistri11 Festkleid
- Schokoladegla nzpapier -
trägt die Jungfrau ; und am Hals
hängen Kettchen ihr aus Mandeln.
San Jose bewegt die Anne
unter einer seidnen Capa.
Mit drei Perserfürsten geht
hinterher Pedro D omecq.
Und von einer Storchekstase
1räumte es dem halben Mond.
Flatternde S tandarte n, Lämpchen
überflut en die Altane.
fn den hohen Spiegeln schluchzen
Tänzerinnen ohne Hüften.
Wasser, Schatten, Schatten, Wasser
durch Jerez de la Frontera.

Stadt, o Stadt du der Zigeuner!


Fahnen an d en Straßenecken.
Lösche deine grünen Lichter,
denn die Guardia Civil kommt.
Stadt, o Stadt du der Zigeuner!
Werwohl d einer ni cht gedächte,
der dich je gesehen hat?
'247
Laßt weit fort sie nur vom Meer,
kämmt nicht ihr gescheitelt Haar.

Nacheinander und zu zweit


rücken sie zur Feststadt vor.
Die Patronentaschen füllt
ein Geraun von Immortellen.
Und sie rücken vor zu zweit.
Zweifaches Gespinstnot1urno.
Himmel ist für sie nur eine
Schauvitrine voller Sporen.

Doch die Stadt war ohne Furcht


und vervielfacht ihre Tore.
Vierzig Guardias Civiles
dringen durch sie ein und plündern.
Stehen blieben da die Uhren,
und, um nicht Verdacht zu wecken,
hat der Cognac in den Flaschen
rasch maskiert sich als November.
Hufe stampfen Brisen nieder,
die durchschnitten sind von Säbeln.
Durch der Straßen halbes Dunkel
fliehen die Zigeunerinnen,
die ganz alten, mit den Pfe'rden
- müd und schläfrig - und mit ihren
Einmachtöpfen voller Münzen.
Durch die stcilen, engen S1raßen
fl attern auf die Unheilcapas;
hinter ihrem Rücken lassen
flücht'ge Wirbel sie von Scheren.

Unterm Tor von Bethlehem


sammeln sich nun die Zigeuner.
San Jose, bedeckt mit Wunden,
hüllt sein totes Mägdlein ein.
Störrische Gewehre gellen
hart die ganze Nacht hindurch.
Und mit feinem Sternenspeichel
heilt die Heil'ge Jungfrau Kinder.
Aber die Gardisten rücken
vor und säen Scheiterhaufen ,
drauf die Imagination,
jung und nackend, bald verbrannt wird.
Rosa, die von den Camborios,
hockt in ihrer Tür und ächzt -
beide Brüste, abgeschnitten,
hingelegt auf eine Schale.
Andre Mädchen wieder rannten
- und ve1folgt von ihren Zöpfen -
hin in eine Luft, wo Rosen
auf aus schwarzem Pulver bersten.
Als dann aller H äuser Dächer
Furchen in der Erde waren,
wiegt' das Morgengraun in langem
steinernem Profil die Schultern.

Stadt, o Stadt du der Zigeuner!


Die Zivilgardisten reiten
fort durch einen Schweigetunnel,
während Flammen dich umzüngeln.

Stadt, o Stadt du der Zigeuner!


Wer wohl deiner nicht gedächte,
der dich je gesehen hat?
Suchel sie auf meiner Stirn.
Spiel des Mondes und des Sands.

(Enrique Beck)

Pablo Neruda · 1904-1973 · Chile

Erklärung einiger Dinge

Du wirst fragen: U nd wo ist der Flieder ?


Und die Metaphysik von Mohn zu gedeckt?
Und der Regen, der oft die Trommel
seiner Worte schlägt und sie füllt
mit Leere und Vögeln?
2 49
leb will dir jetzl alles sagen, was mir gesch ieht.
Ich pflegte in einem Viertel
von Madrid zu leben mit Glocken,
mit Uhren, mit Bäumen.
Von da konnte man
das trockene Antlitz 'Kastiliens sehen
wie einen Ozean aus Leder.

Man nannte mein Haus


das Haus der Blumen, denn überall
brachen Geranien h ervor: es war
ein schönes Haus
mit Hunden und kleinen Kindern.
Raul, entsinnst du dich?
Erinnerst du dich, Rafael?
Federico, erinnerst du dich
d011 unter dem Rasen,

entsinnst du dich meines Hauses der Balkone, wo


das Junilicht Blumen in deinem Mund e1·tränkte?
Bruder, Bruder!
Alles
war laute Stimmen, Salz der Bewegung,
Anhäufung herzschlagenden Brotes,
Märkte meines Arguelles-Viertels mit seiner Statue
wie ein Tintenfaß zwische11 Stockfischen„
das Öl erreichte die LöffeJ
dunkles Getöse
von Füßen und Händen erfüllte die Straßen,
Masse, Liter, scharfe Essenz
des Lebens,
gestapelter Fisch,
Geweb von Däche rn mit kalt.er Sonne, in der
der Pfeil ermüdet,
wahnsinniges zar tes Elfenbein von Ka rtoffeln,
Tomaten immer wieder bis hinab zur See.

Und eines Morgens brachen Flammen aus allem,


und eines Morgens stiegen Feuer
aus der Erde,
250 verschlangen Leben,
und seither Feuer,
Pulver seither,
und seither Blut.

Banditen mit Flugzeugen und Marokkanern,


Banditen mit Ringen und Herzoginnen,
Banditen mit segnenden schwarzen Mönchen
kamen vom Himmel, um Rinder zu töten,
um durch die Straßen das Blut von Kindern
floß einfach, wie das Blut von Rindern.
Schakale, widerwärtig für einen Schakal,
S teine, auf die die trockene Distel gespien hätte,
Vipern, die Vipern verachten würden!

- -· - · ""'*"·-..--

Andre Masson ·· Ein zufriedener Priester


Vor euch habe ich das Blut
Spaniens aufwallen gesehrt,
euch zu ersäufen in einer einzigen V\Toge
von Stolz und Messern.

Generäle
Verräter:·
Seht mein totes Haus,
seht mein zerbrochenes Spanien:
doch aus jedem toten Haus schießt brennendes Metall
an Stelle von Blumen,
aus jedem Loch in Spanien
springt Spanien empor,
aus jedem ermordeten Kind wächst ein Gewehr mit Augen,
aus jedem Verbrechen werden Kugeln geboren,
die eines Tages den Sitz
eines Herzens finden werden.

Ihr fragt, warum seine Dichtung


uns nichts vom Traum erzählt, von den Blättern,
den großen Vulkanen seines H eimatlandes?

Kommt, seht das Blut in den Straßen,


kommt1 seh t
das Blut in den Straßen
kommt, seht doch das Blut
itJ den Straßen!

(Stephan Hennlin)

Nordahl Grieg · 1902-1943 · Norwegen

An die Jugend
1936

Umringt von Feinden, geh


hinein in deine Zeit!
Unter blutigem Sturm -
25!2 stell dich zum Streit!
FTag,s t du voll Angst
wehrlos und offen:
Womit soll ich kämpfen,
welche Waffe läßt hoffe11?

Hier ist die Waffe gegen Gewalt,


hier ist dein Sohwru1:
Glaub an das Leben,
an des Menschen Wert.

Für all unsre Zukunft


bergt es und hört es,
sterbt, wenn es sein muß - doch:
Stärkt es und mehrt es!

Still geht der Granaten


gleitendes Band.
Wehrt ihrem Todeszug,
wehrt mit Verstand!

Krieg achtet kein Leben.


Friede nur schafft.
Der Tod muß verlieren:
Setz ein deine Kraft!

Allem Großen, das war,


gib Liebe und Traumhoi-tl
Geh Neuem entgegen,
entreiß ihm die Antwort.

Schaffe das Kraftwerk,


schöpfe Gestirne,
erschaff sie, Verschonter,
kühn mit dem Hirne!

Die ETde ist reich,


der Mensch ist gut!
Not h enscht nur und Hunger.
weil Trug noch ni cht ruht.
Brich ihn! Fürs Leben
muß Unrecht hier fa11en.
Sonnenschein, Brot und Geist
gehören Luts allen.

Dann sinken die Waffen


machtlos hienieden!
Schaffen wir Menschenwert,
schaffen wir Frieden.

W er eine Bürde trägt


in seinen Händen,
unwiederbringlich ,
kann mord end nicht endeu.

Stimmt Bruder zu Bruder


zum Schwure mit ein:
Der E rde de r Menschen
laßt gut uns stets sein.

Wir wollen bewahren


was schön ist; so wann,
a ls trügen ein Kind wir
behutsam i.m Arm!

(Horsl Bien und H e.l mu1.Btelzig)

Jaroslav S eifert · I90, - 1986 · Tschechoslowakei

Gruß an den toten Dichter Garda Lorca


Mit Kalle bespritzt liegt in der H eimaterd e
Garcia Lor ca, Kämpfer einst und Dichter;
Er li egt verkrümmt im Unterstand des Grabes,
D er Laute ledig, ledig des Gewehrs.
Aus Blut gewebt der T eppich dieser Tage,
Auf dem die Mauren tanzen H1ren Tanz.
Über die Alpengletscher, Pyr enäengipfel
254 Spricht mit dem toten Dichter einer, d er noch lebt,
Schickt mit der Faust zum Grab hin einen Kuß -
So küssen sich bisweilen Dichter unsrer Tage.
Ach, nicht fürs Morden,
Nein, für Friedenstage
Ist unser Liebeslied bestimmt.
Das stille Spiel,
Das Spiel von W orten, Reimen,
Das wir gesucht an der Geliebten H erz,
D as wir gesucht. unter den Apfelbäumen,
Es sollt zu Versen wer den
So voll und rein wie Glockenton,
Wie alte Spruchweisheit des Volks.
Doch als die Feder wurde zum Gewehr,
Floh uns das Licht?
Nein, auch mit Bajon etten kann man sch reiben,
Man schreibt auf Menschenhaut,
Und schrecklich brennt die Schrift,
Rot wie das dürre Laub, durch das ich streife
In diesem Herbst,. der schwer und blutig ist.
Doch eines weiß ich, toter ·Freund und Dich~er,
Es kommt die Zeit,
Da ziehen durch Madrid
Die Arbeiter und singen Deine Lieder a uf den Straßen ,
Wenn sie die FUnten,
Die sfo heute halten,
Dankbar und siegreich an die W ände hänge11,
Wie es geheilte Lahme mit den Krücken tun in Lourdes.

(F.C. Weiskopi)

Antonio Machado · 1875-1939 · Spanien

Meditation an diesem Tage


Angesichts der Feuerpalme,
die schwi ndend die Sonne löscht
im schweigenden Abend
und in diesem Ga1·ten des Friedens,
während das blühende Valenci11
sich satt trinkt am Guadalaviar
- Valencia der schlanken Türme
im lyrischen Himmel Ausias Marchs,
der seine Flut in Rosen verwandelt
ehe sie das M eer berührt -
denke ich an den Krieg. Der Krieg
kommt wie ein Hurrikan
über die Steppen des ober en Duero,
über die korntragenden Ebenen
der fruchtbaren Estremadura,
in diese Limonengärten,
vom grauen Himmel Asturiens
in die Maremmen aus Licht und Salz.
fch denke an das ganze, VeJTatene Spanien,
von Fluß zu Fluß, von Gebirg zu Gebirg, von Meer zu Meer.

(Karl Krolow)

Berthold Viertel · 1885-r9J] · Österreich

Spanischer Spruch

Während d er Gärtner seinen Saum Erde betreute


Und in der Nachbarschaft die Granate streute,
Lernten die spanischen Kinder lesen.
Bomben sind ihre Rufzeichen gewesen.
Die heranwuchsen, bald konnten sie buchstabieren
Den alten Satz: «Der Antichrist wird uns regieren,
Wie schon immer in Christi Namen -
Aber gewiß nicht in Ewigkeit. Amen,»
Attila J6zsef · 1905-1937 · Ungarn

März 1937
Wenn der lau e Regen den jungen
Fla um des Korns beschlägt
Und nach dem ersten Storch sitzt
Krumm der Winte1· versteckt,
Begleiten grüne Explosionen
Den Weg des Frühlings grell.
Uie Budike, zur Sonne weit offen,
Riecht nach Hoffnung und Sägemehl.

Spanien, steht in der Zeitung,


Wird von Söldnern verheert w1d verbrannt,
In China raubt ein Idiot von
Genetal den Armen ihr Land.
Woran man die Stiefel sich abwischt,
Das wäscht in Blut man rein.
Überall hülle n große Worte
Das Elend der Armen ein.

Wie ein Kind bin ich glücklich.


Flora liebt mich. Nackte, schöne Liebe du , ..
Auf uns alle, auf uns beide
Treibt der Krieg seinen Abschaum zu.
Mit dem Panzerwagen wetteifert
Schrecklich das Seitengewehr.
In uns beiden find ich die Kraft, die
Ich brauch, denn ich fürch te mich sehr.

Mann oder Frau, alle sind käuflich,


Verschlossen, wenn sie eins haben, ihr H erz.
H erzen, von Haß befleckte,
Um euch fühl ich diesen Schmerz.
Ich wach über mein Leben auf Erden,
Denn in ihm gewinnt jedes Leben Gestalt.
Solang unsre Li ebe uns Licht gibt,
Flora, wird es in der Welt nicht kalt.
Es sei klug und schön unser Mädchen,
Lebhaft ond kühn unser Sohn,
Mögen beide etwas bewahren
Von unsrer Konstellation.
Sollte die Sonne verbleichen,
Wird das Geschlecht unsrer Welt
Das Unermeßne erobern,
Neu en Sphären gesellt.

(Stephan Hr.rmlin)

Miguel Hemandez · 19ro-r942 · Spanien

Letzter Gesang
Bemalt, nicht leer
bemalt ist m ein Haus:
Farbe der großen
Leidenschaft en und Mißgeschicke.

Wiederkehren w ird es aus dem J ammer,


iu den es verschlagen,
mit verwüstetem Tisch,
zed'allenem Bett.

Die Küsse werden aufblühn


auf den Kissen.
Und um die Leiber
das Laken wird
seine nächtlichen Ranken schlagen,
duftend und dicht.

Vor dem Fenster


vergeht der Haß.

Sanft wird die Kralle.

Lußt mir <lie Hoffnung.

~58 (Erich AJ'emlt)


Jose Ramon Heredia · geb.1900 · Venezuela

M ein Gedicht für die im spanischen Krieg


ermordeten Kinder
Als ob alle Sterne verfault abfallen würden,
als ob abscheuliche Insekten alle Blumen entblätterten,
als ob zottige H ände die Kehlen aller Vögel erwürgten,
als ob alle Ameisen zermalmt wären
und die Augen allen Puppen herausgerissen.

Als ob alle Bienen ohne Flügel blieben,


als ob alle Fische vertilgt wären,
als ob alle Schnecken in Stücke zertreten ,
als ob wilde H olz.fä.ller alle Bäume niederschlügen
und alle Lieder verlöschten
und die Welt bliebe stumm.

Pablo Picasso · Weinende Frau


Als ob in absurden Almanachen die W eihnachtsfeste ausradiert wären,
als ob man a lle W eihnachtsbäumchen verbrennen sollte
und Sankt Nikolaus verlorengiuge
und alle Kinder schuhehen allein blieben,
jammervoll allein unter leeren Wiegen.

Oh, zwisch en Erdklumpen und Aschen und stinkendem Rauch,


da liegen sie!
ohne Milchflasch en, ohne Honig, ohne Zuckerwerk.
Kein Bild erbu ch , kein Würfelspiel, weder Bälle noch blaue Ballons.
kein unzusammenhängendes Wörtchen - wie sie dennoch
zusammenhingen!
ohne Geigen zum W einen und La chen:
aber zwischen Pferdchen mit zenissenen Bäuchen,
verstümmelten Puppen und verzweifelten Mütten1,
die ihren Schmerzensschrei dem erschrockenen Winde ausschütten,
Ein Stück Nacht soll in unseren Augen ge1innen,
schwere Vorhänge unser en Blick verhüllen,
bleierne Riesentüren hinte r uns zuschlagen,
Watte des Todes unser Gehör verstopfen,
um nicht zu sehen, nicht zu hören dieses Zerbrech en
unerhörter Flügel,
diesen Fall von Engeln
unter bestürzten Himmeln und schmerzgekrümmten
entsetzten Monden.

Nein, mein Gott! Laß uns nicht die Gesichter schaun,


von Skorpionen und Fledermäusen gezeichnet,
Gesichter der Knochenzermalmer,
die mit krummen, wilden Nägeln
die dürre Erde aufreißen, die in ihre blutunterlaufen en
Augen springt,
die mit verzweifelten Kinnbacken knirschen
und mit vollen Backen Eiseskälte über die Erde blasen.

0 nein, m ein Gott! Laß uns weit, weit von ihnen bleiben
mit diesem eisigen Wind auf der Bn1st
und diesem Stein in unserer Kehle,
um zu weinen über die verlorene Milde der Sprachen,
zu weinen über die ausgerissenen Vellchen,
zu weinen über so viele zerrissene Sailc•t1 1
um zu weinen über alles Zerbroch ene, unwiderbringlich Zerbrochene!
Laß uns in der Tiefe bleiben der Pinienwälder.
um ihnen unsere Hymnen zu sagen
unter bescheidenen Sternen.

(Erieb Are ndt)

Wieland Herifelde · I896- 1988 · DDR

Wagt zu denken !
Drei Mütte r an ihre Söhne io Francos Diensten

Ich habe dich unter d en Palmen Marokkos getragen ...


Ich habe dich in Hamburg zur Schule geschickt ...
1ch habe dich, mein Kind, in Rom ans Herz gedrückt ...
Und jetzt?
Ihr sprecht fremd e Zungen
Könnt einander nicht fragen,
Wozu man eu ch gedungen,
Auf wen man euch h etzt.
So laßt uns Müt1er es eu ch sagen:
Wir grämen uns um euch, ihr Jungen.
Nein, wir haben eu ch nicht zu Mördern erzogen.
Ihr laßt euch mißbrauch en. Ihr seid betrogen!
Die Feinde, gege n die man euch schickt,
Sind Feinde der Not, die auch uns bedrückt,
Sind Feinde des Kriegs, d er die Welt b edroht.
Man heißt euch, die Freiheit in Spanien erschlagen,
Auf daß wir weiter die Knechtschaft ertragen.
Ihr wagt euer Leben. Wagt m ehr! Wagt zu denken!
W eigert eu ch, eure Brüder zu h en ken!
Fluch euerm Gehorsam, euerm falschen Mut!
Wißt ihr denn nicht, was ihr tut?!
An eu eni Waffen klebt unser Blut ...
Oh, wieviel neues Leid
zu all dem alten Leide!

Käthe Kollwitz · Die Mütter


Bertolt Brecht · r898-1956 · DDR

Deutsche Kriegsfibel II
DER ANSTREICHER SAGT:
Je mehr Kanonen gegossen werden
Desto länger wird Friede sein.

Danach müßte es heißen:


Je mehr Korn in die Erde gesät wird
Desto weniger Getreide wird wachsen.
Je mehr Kälber geschlachtet werden
Desto weniger Fleisch wird es geben.
Jemehr Schnee im Gebirge schmilzt
Desto seichter werden die Flüsse sein.

Johannes R. Becher · 1891- 1958 · DDR

Tränen des Vaterlandes Anno 1937

0 Deutschland! Sagt, was habt aus Deutschland ihr gemacht?!


Ein Deutschland stark und frei?! Ein D eutschland hoch in Ehren?!
Ein Deutschland, drin das Volk sein Hab und Gut kann mehren,
Auf aller Wohlergehn ist jede rmann beda cht?!

Erinnerst du dich noch des Rufs: «Deutschland erwachth>?


Als würden sie dich bald mit Gaben reich bescheren,
So nahmen sie dich ein, die heute dich verheeren.
Geschlagen bist du mehr denn je in einer Schlacht„

D ein H erz ist eingeschrumpft. Dein D enken ist mißraten.


Deiri Wort war Lug und Trug. Was ist noch wahr ünd ech \?!
Was Lüge noch verdeckt, entblößt sich in d en Taten:
Die Peitsche hebt zum Schlag ein irrer Folterknecht,

Der Henker wischt das Blut von seines Beiles Schneide -


Oh, wieviel ne ues Leid zu all dem alten Leide!
II

Du mächtig deutscher Klang: Bachs Fugen und Kantaten!


Du zartes Hünmelsblau, von Grünewald gemalt!
Du Hymne Hölderlins, die feierlich uns ,s trahlt!
0 Farbe, Klang und Wort: geschändet und verraten!

Gelang es euch noch nicht, auch die Natur zu morden?!


Ziehn Neckar und der Rhein noch immer ihren Lauf?
Du Spielplatz meiner Kindheit: wer spielt wohl h eut da1·auf?
Schwarzwald und Bodensee, was ist aus euch geworden?

Das vierte Jahr bricht an. Um Deutschland zu beweinen,


Stehn uns der Tränen nicht genügend zu Gebot,
Da sich der Tränen Lauf in soviel Blut verliert.

Drum, Tränen, haltet still! Laßt uns den Haß vereinen,


Bis stark wir sind zu künden: «Zu Ende mit der Not!»
Dann: Farbe, Klang und VV01t! Glänzt, dröhnt und jubiliert!

Else Lasker-Schüler · 1869-1945 · Deutschland

Über glitzernden Kies

Könnt ich nach Haus -


Die Liebte gehen aus -
Erlischt ihr letzter Gruß.

Wo soll ich hin?


0 Mutter mein, weißt du's?
Auch unser Garten ist gestorben! ...

Es liegt ein grauer Nelkenstrauß


Im Winkel wo im Elternhaus.
Er hatte große Sorgfalt sich erworben.

Umkränzte das Will.kommen an den Toren


Und gab sich ganz in seiner Farbe aus.
0 liebe Mutter! .. .
Versprühte Abendrot
Am Morgen weiche Sehnsucht aus,
Bevor die Welt in Schmach lllld Not.

Ich habe keine Schwestern mehr und keine Brüder.


Der Winter spielte mit dem Tode in den Nestern
Und Reif erstarrte alle Liebeslieder.

Rudolf Leonhard · 1889-1953 · DDR

Frankreich
Auf Frankreichs Erde, deutscher Soldat,
was hast Du in Frankreichs Häusern zu suchen,
zwischen Gewalt und Not und Verrat?
H örst Du sie nicht auf den Straßen Ouchen?

Fühlst nicht die Blicke in Deinem Rücken,


BHcke wie Kugeln und M esserschein?
Sieh Dich um! Wie muß es Dich drücken,
Ziel eines hassenden Vo lkes zu sei.n!

Fühlst Du nicht in allen Poren,


wie der jagende Sturmwind strich?
Wenn sie aufstelm, bist Du verloren ;
und sie haben r echt gegen Dich!!

Willst Du Dich retten? D em Fluch e entgehn?


So bereite Dich zum Streite:
da , wo Recht und Freiheit stehn,
kämpfe mit - an Frankreichs Seile!
Iwan Goll· 1891-1950 · Deu.tschland / lebte in Frankreich

Lied von Frankreich


Frühling 1940

Nie wieder gehn wir in den Wald


Der Lorbeer und die Brücken schon
Die Regenbögen: abgetrennt
Sogar der Pont von Avignon

J eanne d'Arc sterbliche Statue


Aus Bronze etwas blutbescbmiert
In diesem stummen Frankreich hat
Dein H erz zu singen aufgehört

Und J eanne in ihrer Kutte sitzt


Unter den Himbeersträucnem hier
Bereitet Konfitüre sich
Aus Blut von ein em Kürassier

Das schwarze Huhn der Wolken legt


Vom Tod verfaulte Eier Dann
Kündet vom Wind des Nordens mir
Vom Dorfe ein gerupfter Hahn

Mit Blei im Flügel kommt der Tag


Die Sonne als Schrapnell zersprengt
die Zitadellen und -versengt
rne Veilchen auf den Böschungen

Der Himmel Frankreichs ist geschwärt!


Von Adlern Krähen und Lemw·n
Nicht wissend daß sie Helden sind
Im Roggen die Soldaten ruhn

In Chartres Brügge und Rauen


Reicht nicht der Türme Engel Zahl
Die Sintflut zu bekämpfen und
D er Geier ungeh eure Schar

Hans Grundig • Tod und Märlclten


Verjagt von seinem Weideplatz
Aus seiner Väter Ruh verliert
Vor all dem Purpurrot der Schmach
Sein Blut am hellen Tag der Stier

Wie aus Fontänen springt sein Blut


Aus seinen Venen er verliert
Durch Aisne und Oise sein Blut
Aus seinen Nüstern Wasser sprüht

Und ihrer Flüsse Schwestern zwölf


Sie lösen mit gekrümmtem Arm
Die Schlingen ihrer Fesseln sich
Zu werfen in den Ozean

Trinkt trinkt betrunkene Soldaten


Mit angstgegomem Wein das Wohl
Verwandelt hat sich Burgunds Blut
In bittTet1 Elendsalkohol

Das bettelarme Bier der Maas


Der platinfatbne Wein des Rheins
Die heilgen Quellen von Chartreuse
Und die Absinthe allen Leids

Die Tränen die aus jeder Tür


Sich übers Land ergießen weit
Das Wasser Leben spendend Tod
Des bleichen Weines Trunkenheit

Nie wieder gehn wir in den Wald


Der Lorbeer und die Brücken schon
Die Regenbögen: abgetTennt
Sogar der Pont von AvignOJ1

(Heinz Czechowski)
Louis Aragon · I897-r982 · Frankreich

Tapisserie der großen Furcht


Die Landschaft Kind des modernen T errors
Hat fli egende Fische Sirenen Sägefische
Was schreibt er weiß auf blau an den Hi mmel dieser
Hydravogel der an die Hydra von Lerna erinnert
Pirat der Erde Steinvogel de r die Luft
An die Häuser preßt schriller Vogel Ko metenvogel
Und die Riesenwespe - Akrobatin Streichholz -
Die an flammend e Mauern Kuckucksblume1,1 steckt
Oder sind es Flamingoscbwänne die alles röten
0 flämisches Karussell des antiken Sabbats
Auf einem Besenstiel stürzt sich die ME zur Erde
Das ist bei hellem Tag die Nacht der neuen Walpurgis
Apokalyptische Zeit Raum wo die Angst vorbejgeht
Mit ihrer großen Fracht von Blässe und Tränen
Erkennst du d ie Felder die Stadt die gefräßigen Vögel
Den Turm der nie mehr die Stunden läutet.
Die Wagen bunt von Kissen und Decken
Ein Bär Ein Schal Ein Toter wie ein verlorener Schuh
Die Hände im Bauch verkrampft Eine Standuhr
Das entlaufene Vieh die Kadaver die Schreie
Bronzefiguren am Boden Wo schlaft ihr heut nacht
Und Kinder hocken auf Schultern von Unbekannten
Menschen die gehen man weiß nicht wohin das Gold der Scheu nen
Im Haar Die Gräben in denen der Schrecken nistet
D er Ste rbende den man fortträgt und der einen Tee
Erfleht und der sich beklagt weil er schwitzt
Ihr Ballkleid über den Arm eine bucklige Frau
Der Zeisigkäfig der dje Flammen dur chquerte
Eine Nähmaschine Ein Greis Es ist zu schwer
Noch ein Schrill Ich muß sterben geh fort Marie
Die Schönhei t der Abende fällt und ihr Flügel vermähJt
M it d iesem Brf"ughel der Hö lle einen Breughel von Samt

(Herbert Schiinhcrr)
Marcel Gromaire · Der Krieg
Tristan Tzara · 1896-1963 · Frankreich

Ein Weg die einzige Sonne

Die Messer stehen


Der Atem fehlt uns
Die Raben sind aufgeteilt
Die Abreise - annulliert
Das Jahr d es Krieges ist über u ns gekommen

Ich habe so viel Rauch vorbeiziehn sehn


Wieviele Frühlinge sind unterbrochen
Die Nebelkette überm Hüttendach
zerbrach
Und wieviel Frein eit - die verlorenging

Ich gebe auf dem Moos mit taubem Ohr


Zu mir kam eine Nacht
Sie war kastanienrund
im Schweigen da

Sie sprach von einem Menschen


Mimte sein en Traum
Warf Sonne
über arme Leute, die wir sind
uJ1d macht uns reicher als den Berg

Ich bin dem Stern gefolgt


Die Freud e habe ich geahnt
Die Worte mit dem Herz von Minze
Was ist das für ein Ra um
der in mir strahlt

(Lioncl Richard / 1 lt>im. Kahlau)

<273
,r ihr Toten!
Georges Rouault . AuJ,
Robert Desnos · 1900-1945 · Frankreich

Dieses Herz, das den Krieg gehaßt

Di eses H erz, das den Krieg gehaßt, seh t, es schlägt für


den Kampf und die Schla cht!
Dieses H en, das b eim Rhy thmus von Ebbe und Flut nur, beim
Rhythmus der Jahreszeiten, der Tages- und Nachtstundc-n sch lug,
Sebt, es dehnt sich und schickt in die Ad ern ein Blut,
heiß von Haß und Salpeter,
Es verursacht ein Dröhnen im Hirn, daß die Ohren mir klingen,
Einen Lärm, den nichts hindern kann, sich in der Stadt, auf
dem Land auszubreiten,
Wie der lGang einer Glocke, die aufruft zu Aufruhr und Kampf.
Hört, er kommt nlir als Echo zurück, ich vernehm' es.
Aber nein, andrer Herzen Lärm ist es, million enfach schlagen
wie meines sie Frankreich entgegen.
Sie schlagen im g leichen Takt, schlagen aus gleicher Pflicht
aU diese H erzen,
Ihr Lärm ist des-Meeres Lärm, wenn an die Küsten es stürmt,
Und all dieses Blut trägt d en einen Befehl in Millionen von Hirm•:
Bringt Hitle r zu Fall und Tod seine n schändlichen Schergen!
Ach, es haßte dies Herz ein st den Krieg, schlug im Rhythmus
der w ech selnden Zeiten,
Doch ein Wort nur, ein einziges: Freihei t, genügte, d en
schlafenden Zorn neu zu wecken,
llnd Millionen Fran2ose11 bereiten im Dun.keJn sich vor au f
den Auftrag, vom nah enden M orgen verkündet.
D enn es schlugen cliese Herzen , die den Krieg so gehaßt,
für die Freiheit im Rhythmus von Ebbe und Flut, im Rh)rthmus
d er Jahreszeiten, des Tags und der Nacht_

(Kl aus Möckel}


Gertrud von L e Fort · 1876 - T9Jl · BRD

Wie oft, mein Vaterland .. .


Wie oft, mein Vaterland, wenn ich im Frühling von Süden
Der Schwalbe gleich, nordwäJ·ts zog, fand ich dein AntHtz verwandelt,
Wie oft erkannt ich nur an der Stimme des eigenen H erzens
Deine geliebte Flur, darüber die Wolken
Der wechselnden Schicksale jagten.

Ich sah n och des Friedens lieblich en Stern zu Häupten


Deiner Dom e und W älder ,
Ich sah seinen Sturz in der Nacht -
Teh sah die großen Gewitter jahrelang über dir schweifen,
Und viele Sommer lang baut ich m eit1 Nest am wank.enden GiebeJ -
Viele Sommer lang wurde m ein Tag in dem deinen
Bleich wie erfrornes Gefild.

Doch immer bliebst du die H eimat:


Immer bliebst du
Das eine geliebte Land, vor dem es kein Gr auen und Zittern
Gibt, und kein Vergessen in aJl en W eiten der E rde !
Freudig zog meine Schwi nge über dein w ogendes Meer,
Und ruhiger denn auf Felsen
Atmete m eine Brust au f deiner bebenden Erde,
Und w enn um deine Gebirge die Blitze zuckten>
Dann schmiegt ich mich tiefer nur
Ins Ungewisse deines Schicksals hi nab
Und ruhte getröstet da1i nnen.

Nur ma nchmal in lautloser Nacht, wenn von den Ufem det Träume
Die Augen der Toten schimmern,
Dann such ich am Wasser einer unendlichen Flut
Den goldene n Schatten
Deines versunkenen Ste rns - o holder Stern des Friedens
In unseren Tränen versenkt : wann steigst du w ieder
Zum Haupt des Vaterlandes empor -
Wann leuchtest du wieder dem Kind einer seligen H eimc:1U
Günther Weisenborn · 1902-1969 · BRD

Lied vom Frieden

Wer trug die schwarze Rose an der Schläfe?


Vom Sinai die Tafeln sind zerschellt.
Wo ist der Mutte1· Hand., die ich gehalten,
Wo ist ein wenig F rieden in der Welt?

Und wo ist all der Schn ee vom nächsten Jahre?


Wo ist der Samen, der im Sommer fällt,
Wo wachsen meines Kindes Wimperhaare,
Wo ist ein wenig Frieden in der Welt?

Wo sind die Spaten, die am Grab uns blinken,


Die Schlangen , wo, die in den Spaten beißen?
Wo ist die Milch, die einst die Kinder trinken,
Die Traube, die sie von der Rebe reißen?

Tm Dornbusch stehn wir still wie viele Blinde,


Auf die der graue Tau der Schwermut fällt,
Und tlüstern eine Frage in vier Winde:
Wo ist ein wenig Frieden in der Welt?

Berthold Viertel · 1885-195] · Österreich

Friedenshoffnung

Bis ctie unendliche Langeweile


Und der Schmutz des endlosen Krieges
Alle Seelen durchdringen-:
Bis dahin ist wertig Hoffnung.

Bis die Zeitungen weislich zögern,


Kriegsn euigk eiten zu drucken,
Weil keiner sie mehr lesen will -:
Bis dahin ist wenig Hoffnung.
Bi s der Folterknecht mit erhobener S tahlrute
Zum Zeitlupenbild erstant,
W eil niemand mehr prügeln will - :
Bis dahin ist wen ig H offnung.

Bis die Einnahme von Kontinenten


Mit ihren Friedhöfen, KJoaken und Tiümmerbaufen
Lächerlich wird , und keiner mehr erobern will - r
füs dahin ist wenig Hoffnung.

So lange muß also wohl dieser Krieg geführt werden 1

Nfidiael Guttenb,winer ' geb.1919 · Ö.~terTeich

Aus dem Brief


eines siegreichen Feldmarschalls
D en Sonn entempel
haben die Adlerträger der Dri1ten Legion
siegreich besetzt und geplündert.
Verjagt sind die H euchelmönche
und ihre sch einheiligen Bücher
zu Asche verbrannt.
E1würgt sind Kinder und Greise,
Die Offiziere ergötzte
das junge Weiberfleisch;
d en Soldaten verblieben die Vet1eln.
Die überlebend en werden Vernunft und Gehorsam lernen.

Jura Soyfer · 1912 - 1939 · Österreich

Genfer Abrüstungsrede
M essieurs ! Die W elt h ö rt ab Montag b ereits
Außer dem fad en Schlachtengetümm el
Lieblich aus der französische n Schweiz
278 Unserer Friedensglocken Gebimmel.
Verehrte Herren! In heißem Dank
Wird die Menschheit auf uns schauen:
Wir werden der Welt, die vom Rüsten so krank,
Endlich das richtige Pulver brauen!

Wir sitzen bei trautem Kanonengebrumm,


Und in den Lüften (Sie werden's kaum gla uben)
F lattern BombenHugzeuge herum
Und gurren wie richtige Friedenstauben!

Die Friedenspalmen schütteln sich leis ...


Prosit, meine Herren, Sie sollen leben!
(Der Toast gilt zwar nicht den T oten Schanghais,
D och würde auch sie dieser Anblick erheben.)

Ein Halleluja dem Völkerbund!


Die Kommission wirkt energisch im Osten,
Sie macht bei Gefallnen den Leichenbefund
Und berechnet bei Bombardements die Kosten!

Schluß mit den langen Kriegen ab .heut!


Ich h öre die Englein Schalmeien blasen ...
Bald ist der m enschliche Fortschritt so weit,
Daß wir, meine H erren, mit Sicherheit
Die Menschheit in sechzig Minuten vergasen .. ,

Hans Bender · geh. 1919 ·· BRD

Der junge Soldat


Als r..r vom ßcgrabnis seiner sieben Kam~rad en
zur Front wrilckgiag

In die Blumen ihrer H aare


rieselte die list'ge Erde.
Auf die Särge ihrer Brust
klopften unsre stummen Würfe.
Sieben gelbe, warme Gräber
trocken in der Julisonne.
Wiesen weg rlurch beißen Mohn.
Wälderweg durch kalte Tannen.
Weg, der blind im Sumpf ertrinkt.
Ungewisser Minenweg -
Dann vorbei an hellen Hütten.
Vorhangfalten, Fensterglas.

Beerentrauben in den Gärten.


Rosen, Gladiolengarbe.
Brunnen, dran der Eimer schwappt.
Vor den Zäunen steife Mädchen.
In die Löcher der Pupillen
Haß, vom Schreck hineingebohrt.

Trauer durch den Sommer tragen,


Schultergurt und rauhes Tuch.
Handgranate, Spaten, Hel m,
das Gewehr und die Geschosse.
Messer, eingekerbt die Rille
für das Blut der stumpfe Rücken.

Sieben fette Krä hen wehen


aus den Ästen roter Föhren.
Sieben schwarze Federn fallen
in die Raupenspur des Tanks.

Johannes Bobrowski · r9T7-r965 , DDR

Nänie
Stimmen, der Wind
über die Bucht
kommt, Rohrwerke, H elsingör
hat so getönt: über dem Sund
die Küste, gestreckt
gegen den füm.mel, dort
auf dem Absturz steht,
der mich gerufen hat,
2 80 Helios, breiten Mundes,
unter dem Augenbogen
dtmkel - die Feuer um ihn
um Schulter und Haar, die rasselnden
Züge, erbrausend: Planeten,
der mörderische concentus der Welt.

Über der Bucht,


weit,
über dem Regen
farbenstrahlend aus Nebeln
de r Bogen - Frieden
ist U11s versprochen.

Kuba · 1914 -1967 · DDR

Soldatenmutter

Soldatenmutter,
du gequälte Frau!
Zu deinem Hohne
hat dich der General
mit Drahtverhau gekrönt.
Welch eine Krone! -
In deinem Sohne,
der ihm gehorsam ist
und auf sein Wort zerreißt
und beißt und bellt -
höhnt er die MenschlichkeH,
die Mutterschaft der WelL

.Jo Schulz · geb.1920 · DDR

Letzte Post

Er muß den Brief von seiner Mutter kriegen .. .


kriegen .. .
Unmündig lief er meinem Herzen fort,
reif nur zum Sterben, unreif zu besiegen
die Lebensfurcht ...
Er muß den Brief von seiner Mutter kriegen .. .
kriegen ,,.
Verfluchtes Wort, höhnt im Akkord
kriegen ... kriegen ...

Wieso ist Grab denn ein Bestimmungsort?

Uwe Berger · geb.1928 · DDR

Kleczew 194ö
Abends schwirrte die Fledermaus
über den Schulhof, schattenhaft,
lautlos. Um das steinerne Haus.

Und der Himmel nahm unsre Kraft,


kalter roter Himmel in Polen.
Riesig halt' er sich aufgerafft,

a.lle die Kinder hejmzuholen,


denen man die Schule geraubt.
Haben uns leise ins Haus gestohJen

und die Schuhe abgestaubL

Gottfried Unterdö,:fer · geb.1921 · DDR

Frage
Warum bin ich ? Ich bin geblieben .
Es war ein anderer, der fiel.
Und den sie a11 die Mauer trieben.
aJs spielten sie ein Kinderspiel.
Es wurden zwanzig au s dem KelJer
getragen. Ich lag n ebenan.
Ffü mich blieb stets ein Rest im Teller
von irgendein em Nebenmann.

Ern Träumer war ich an Kanonen.


Dem Trauermantel sah ich nach,
dem Schmetterling, der Todeszonen
mit ernem F lügelschlag d urchbrach.

lch dachte ich und weiter kernen.


Und irgendwo sah einer still
au f sein er H enkersreise einen
Zit ron enfalter im April.

Paul Klee · Närrische Jugend: Krieg


Gefallen. Umgebracht. Erfroren.
Geschlagen wie ein Räudetier.
Wann bin ich eigentlich geboren?
Ich lebe noch. Ich bin nocb hier.

Albrecht Goes · geb. 1908 · BRD

Gelöbnis
Nacbtwathe, Fleckfieberlilzarell, Frühling 1913

Welchem Ziel wir sterben?


N icht dem Vaterland.
Nicht, daß die Enkel und Erben
Von neuem Länder erwerben,
Mit des Hasses grüngiftigen Schwaden
Von neuem die Seele beladen,
Von neuem die Seele b eladen
Mit patriotischem Tand.

Welchem Glauben wir leben?


Uns ward dies Land zu klein.
Die in Panzern verbrannt und in Gräben
Verschüttet, die uns umschweben,
Die T oten, hüben und drüben,
W as woll'n sie, als daß wir begrüben
Den bewaffneten Wahn und endli ch,
Endlich Brüder sei'n .

Bernhard Seeger · geb. r927 · DDR

Dann aber gruben wir Tote aus ~-.

Ich habe als Kind einen Handschuh gefunden,


aus feinem Leder gestichelt.
Ich zog ihn an und hab für die Kücken
Brennesseln abgesich elt.
Die Nesseb1 waren frisch und feucht
vom Funkeltau der Nacht.
Er hat m einen Handschuh aufgeweicht
und ihn klatschnaß gemacht.

Ich habe den Handschuh trocknen woUn,


daheim auf dem wa-rmen H erd.
Das h ät1 ich lieber nicht tun solln.
Der Handschuh war nichts mehr wert.

Er war am Morgen klein und starr


und wie ein Baumblatt verdorrt.
Mutter sagte zu mir: Du Nan! -
und warf meinen Handschuh fort. .. •

Es brannte die alte Stadt am Strom,


nur die Kaserne nicht.
Es schwelte der Magdehurger D om
im trüben Januarlicht.

Wir Lebenden gruben Tote aus,


tage- und nächtelang.
Dann schachteten wir zum Waisenhaus
einen schmalen Gang.

Ich war weit vorn., der erste am Ort,


und hoch durch die bröckelnde Wand.
Da lagen die Kinder, klein und verdon·t.
Sie hielten sich bei der Hand.

Die starren Händch en stießen mich an.


Wie mein Handschuh sahen sie aus.
Daß der Mensch wie ein Handschuh verdorren kann! ...
Ich floh vor <lern Krieg nach Haus.

Zu Hause nahm man s.ich m einer nicht an1


aus Angst vor d em braunen Blick .. .
Daß der Mensch wie ein H andschuh verdorren kann! , ..
Ich hatte genug vom Krieg.
StephanHermlin · geb. 1915 · DDR

Ballade von einem Städtebewohner


in tiefer Not
Entflamm en muß der Sommer bald.
So h eißt es. Doch was soll uns dies?
Da uns die wechselnde Gestalt
Des Jahrs nur tiefer stets verstieß.
D enn wer verdiente all dies Leid?
Unser jst Schuld, wir leugnens nicht,
Do ch über uns wächst hoch di e Zeit,
Verd unkelt sch on d er Augen Licht,
Schon nachtets auf dem W ege, bricht
Aus Berg, Fontäne, Zweiggewirr.
Durch ungeheure Ewigkeit
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir.

Es schauert auf uns Abendrauch,


Sirenen weinen in d er Stadt,
Süß scbmjJzt in uns der Toten H auch.
Wir hungern noch , doch sie sind satt
Von Asch enhrot und Geis tertrank.
In Feuersturm und blauem Eis
Gesunden sie. Doch wir sind krank
Und würgen an des Alpdrucks Speis.
Die Blfüe fällt , verdorrt das Reis.
Die Orgel Schmerz. dröhnt stets a.u s mirr
Die Tote nuhr in jedem Schrank.
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir.

Die T oten all versamm elt sind


Zu mir und brechen mit mein Brot.
Ihre Musik gebt wje ein Wind
Ourch mich. Ich fühl e tiefe Not.
Ihr Mohnkuß tröstet meinen T raum ,
Im hellen Mittag lockt ihr Mund
Aus Berg, Fontäne, W olke, Baum:
Folg! Du bist krank. Wir sind gesund -
Nachts bellt zum M onde irr ein Hund.
286 Wie viele Zeichen! Und nun hier ,
Ve1wirrt, b e0 eckt vom Zeitenschaum,
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir.

Vor Domen senkt sich meine Stirn


In graues Traumgetrümmer hin,
Und bleiche Tiefennebel wirrn,
W o ich im Schutt der Schlösser bin,
Die kleinen Kind er lächeln dort
Und grinsen rnit den Zähnlein weiß,
Die Hand verbrannt - wie einen Hor t -
Hält noch das Buch, d1in kuistert leis
Verrauchend Fabel und Geh eiß,
Blut zischt darauf wie schwarzes Bier.
Nun ist das Nichts! Erst war das Wort!
Aus tjefer Not schrei ich zu Dir.

Dämmrung im H ain Gethsemane!


Wir sehn di e Schläfer um uns h er ,
Doch ahn ich großes Unglück, seh
Blutiges Schlachten, falsch Gewehr
Gerichtet auf d en Brude r hin,
Maschine frißt, was von ihm blieb,
Aus seinen Resten wächst Gewinn
Dem Mörd er, dem er sich verscb1ieb,
Die Mutter, die man erst verttieb,
Hat man gekreuzigt, hold e Zier,
1hr Kind vernichtet Stich und Hieb.
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir.

M ein Volk, nach dem mein Herz verlangt,


Verfällt schlafwandelnd fürchterlich,
Dort wo verkohlter Efeu rankt
Um tote Mauern. Wie verstrich
Die Zeit uns! Ewig währt der K1ieg!
In Flammen schreiten wir gehüllt.
0 Bruder Tod, erh ör uns, wieg
Uns ein, eh sich das Graun erfüllt!
Die jungen Jäger wurdeu Wild
Des angegriffen en Feindes. Für
Die H enker-Führer zählt der Sieg.
Aus tiefer Not schrei ich zu Dfr.
Ich fühl e Schmach, schmecke Verrat,
Und Ehre, Treue sind verschrien.
Höchstes Verdienst ist Schergen tat.
Liebe, besudelt, bringt Gewinn.
Dichter verscharrt im Morgenwind,
Blut bildet auf zerschoßner Brust
Träume nach, die vergangen sind,
Von kühner Zukunft, Sehnsucht, Lust,
Von dem geahnt, von dem gewußt.
Wenn wir nicht feige, müd sind wir.
Ungläubig unser Blut gerinnt.
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir.

Wie mich in meinen Sinnen friert!


Die Brüder, die ich fern gekannt,
Die Toten, die mein H er-.l regiert
Zu jeder Zeit, sind längst verbannt,
Und Percy, Friedrich, Wolfgang sind
Verschlagen in das große W ehn
Von Bannern, die im weißen Wind
Der Ewigkeiten weit vergehn.
Mein Aug erblindet mir im Spähn.
0 daß ich H offnung nicht verlier
Auf ihr Reich, in dem ich nicht blind!
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir.

W enn falsche Worte sprach mein Mund,


Mein HeTz blieb wahr und wahr mein Mühn.
D er Todeswein bricht reich vom Spund
Und läßt die Blumen all verblühn.
Verlangtem w urden wir entfernt,
Doch Ungesuchtes drängt sich her,
Dein Antlitz hab ich nie verlernt,
Die Aufgabe war mir nicht schwer.
Doch wo ist wer. Ich treib im Meer
Der Not bewältigt wie ein Tier.
In dieser Nacht furchtbar entsternt
Aus tiefeT Not schrei ich zu Dir.

288
Du warst der Blick, der mich nicht ließ,
Sage von Tyrus und Korinth,
Du warst das Wort, das nicht verwies,
Vers bist du, größer als der Wind,
Du bist die Fahne der Partei,
Du bist ein Schweigen in der Schlacht,
Du bist Sonate1 bist Wir Zwei,
Magischer Regen Mitte.macht.
Bis ich aus bösem Schlaf e1wacht,
Auf daß ich finde mich zu mir,
Daß unsre Zeit gekommen sei,
Schrei ich aus tiefer Not zu D ir.

Du bist das weite Land, das trägt


Das Kommende waffengebüllt,
Dem unser H erz stets weiterschlägt,
Wenn sich auch falscher Tod erfüllt.
Du bist d er Massen Marsch und Platz,
Du bist die Geste, die beweist,
Du bist geschrien, geraunt der Sat z,
Der uns erfaßt, der in uns kreist,
Du bist die Sache, die uns schweißt,
Du warst bei mir, sei nun bei mir,
Gewitter, Licht, gerühmter Schatz -
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir!

AlhrechtHaushofer · 1903-I945 · Deutschland

Silvestersegen

Des Jahres würdig war der letzte Schluß:


In unsren Zelle nrattenhaft verwahrt,
erfahren wir in ganz besondrer Art
den Prall der Bomben wie den Flakbeschuß.

Kein großer Angriff. Ein Silvestersegen,


den Trümmerställen von Berlin geweiht,
an eines Jahres Gabe nur gereiht
wie späte Glut an einem Flammenregen.
Was in Jahrhunderten gewachsen war,
vernichtet nun in Stunden jäh die Kraft
gewissenJos mißbrauchter Wissenschaf1.

Das alte China kannte di.e Gefahr.


Es bannte schon das Pulver, w eil darin
Versuchung lag zu g ro ß für M enschensinn.

Peter Huclzel · 1903-I981 · DDR / lebte zuletzt in der BRD

Bericht des Pfarrers


vom Untergang seiner Gemeinde
Da Christus brennend sa nk vorn Kreuz - o Todesgrauen!
Es schrie n die erzenen Trompeten
Der E ngel, Oiegend im Feuersturm .
Ziegel wie rote Blätter wehten.
Und h eulend riß im wankenden Turm
Und Qu adern schleudernd das Gemäuer.
Als berste des Erdballs Eisenkern.
0 Stadt in Feuer!
0 h eller Mittag, in Schreie eingeschlossen -
Wie glimmendes H eu stob Haa r d er Frauen.
Und wo sie im Tiefflug auf Fliehende sch ossen,
Nackt und blutig lag di e Erde wie der Leib des H e rrn.
Nich t war es d er H ölle Sturz:
Kn och en und Schädel wie ges teinig t
I n großer Wut, da Staub noch schmolz
Und ntit d em erschrocken en Licht vereinJg1
Brach Christi Haupt vom H olz.
Es schwenkten donnernd die Geschwader.
Durch ro ten Himmel Oogen sie ab,
Als schnitten sie des Miuags Ader.
lch sah es schwelen, fressen , brenne n -
Und aufgewühlt war noch das Grab.
Ilier war kein Gesetz! Mein T ag war zu kurz,
U m Gott zu erkennen.

2 90
Hier war kein Gesetz. Denn immer wieder warf die Nacht
Aus kalten Himmeln feurige Schlacke.
Und Wind und Qualm. Und Dörfer wie Meiler angefacht.
Und Volk und Vieh auf enger Schneise.
Und morgens die Toten der Typhusbaracke,
Die ich begrub, von Grauen erfaßt -
Hier war kein Gesetz. Es schrieb das Leid
Mit aschiger Schrift: Wer kann bestehn?
Denn nahe war die Zeit.
0 öde Stadt, wie war es spät,
Es gingen die Kinder, die Greise
Auf staubigen Füßen durch mein Gebet.
Die löchrigen Straßen sah ich sie gehn.
Und wenn sie schwankten unter der Last
Und stürzten mit gefrorener Träne,
Nie kam im Nebel der langen Winterchausseen
Ein Simon von Kyrene.

Willi Geiger· Sterbende Kreatur


Wilhelm Tkaczyk · r907-I983 · DDR

Im Artilleriefeuer

Ein Blitz, ein Donnerschlag,


ein mächtig Rauschen.
Ein Ungeheuer bahnt
sich seinen W eg.
Die Berge zittern und
d ie Wälder lauschen,
die Sonne selbst lugt
hinter Wolken schräg.
D er Urwelt Drache, jählings
aufersta nden,
s ucht mit Geheul uns alle zu
verschlingen.
Eiwach e, Menschheit! Schlag
das Tier in Banden!
Bevor es dich verschlingt,
mußt du's bezwingen.
Ist der M ensch enwill e stärker noch
als Eisen?
Ein Krieg macht hart. Macht Krieg
die Männer groß?
Oh, daß wir Männer sind,
wir sollten es beweisen.
Die Geister, die sie riefen,
würd en sie nicht los.
Ja, Krieg dem Kriege und
den Kiiegsverbrechem!
Die nach dem Schwerte griffen,
sollen durch
das Schwert auch fall en .
Kein Erdenwinkel birgt
sje vor den Rächern,
doch nicht das Schwert -
der Strick
winkt ihnen allen.
Die cUeses Grauen,
diese Not verschuldet,
2.92 ersticken an dem Blut,
das sie vergossen.
Die Völker aber, die
das Leid erduldet,
stehn wieder auf,
vom Sonnenglanz urnOossen.
Dämmernd er Tag!
Die Hölle wird verschwinden,
verklingen auch
die Stimme d es Gerichts.
Die freien M ensch en werden sich
dann finden,
zum Fest der Liebe und
zum Fest d es Lichts.

BertoltBrecht · 1898-1956 · DDR

An die deutschen Soldaten im Ost en

Brüd er, wenn ich bei eu ch wäre,


A uf den östlichen Schneefeldern ein er von euch wär e,
Einer von eu ch Tausenden zwischen den Eisenkärren ,
Würde ich sagen, wie ihr sagt : Sicher
Muß da ein W eg nach Haus sein.

Ab er, Brüder, liebe Brüder,


Unter dem Stahlhelm, unter d er Hjrnschale
Würde ich wissen, was ihr wiß b Da
Ist kein Weg nach Hause meh r.

Au f der Landkarte im Schulatlas


Ist der Weg nach Sm olen sk nicht größer
Als der kleine Finger d es Führers, aber
Auf den Schneefeldern ist er weiter,
Sehr weit, zu weit.
D er Schnee hält nicht ewig, nur bis zum Frühjahr.
Aber auch der Mensch hält nicht ewig. Bis zum Frühjahr
Hält er nicht.

Also muß ich sterben, das weiß ich.


Im Rock des Räubers muß ich sterb en,
Sterben im H emd des Mordbrenners.

Als einer der vielen, als ein er d er Tausende,


Gejagt als Räuber, erschlagen als Mordbrenner.

Brüder, wenn ich bei euch wäre,


Mit euch trottete über die Eiswüsten ,
Würde 'ich fragen, wie ihr fragt: Warum
Bin ich hierhergekomm en , von wo
Kein Weg m ehr nach Ha us führt?

Warum habe ich den Rock des Räubers angezogen?


Warum habe ich das H emd des Mordbrenners angezogen ·?
Das war doch nicht aus Hunger,
Das war doch aus Mordlust nicht.

Nur weil ich, ein Knecht war


U nd es mir gehei13en wurd,
Bin ich ausgezogen zu morden und zu brennen .
Und muß jetzt gejagt werden,
Und muß jetzt erschlagen werden.

Weil ich eingebrochen bin


In das friedliche Land der Bauern und Arbeiter,
Der großen Ordnung, des unaufhörlich en Aufbaus,
Niedertrampelnd und n iederfahrend Saat und Gehöfte,
Auszuraub en die Werkstätten, die Mühlen und Dammbauten,
Abzubrechen den Unterricht der tausend Schulen,
Aufzustören die Sitzungen der unermüdlicher1 Räte:

Darum muß ich jetzt sterben wie eine Ratte,


Die de r Ba uer ertappt hat.

Daß von mir gereinigt werde


Das Gesicht der Erde,
Von mir Aussatz! Daß ein Exempel statuie11 werde
An mir für alle Zeiten , wie verfahren werden soll
Mit Räubern und Mordbrennern
Und den Knechlen von Räubern und M ordbrennern.

Daß da Mütter sagen , sie haben keine Kinder.


Daß da Kinder sagen, sie haben kein e Väter.
Daß da Erdhügel sind, die keine Auskünfte geben.

Und ich werde nicht mehr sehen


D as Land, aus dem ich gekommen bin,
Nicht die bayrischen Wälder, noch das Gebirge im Süden,
Nicht das Meer, nicht clie märkische Heide, die Föhre nicht,
Noch die W einhügel am Fluß im Frankenland.
Nicht in der grauen Frühe, nicht am Mittag,
Und nicht, wenn der Abend herabsteigt.

Noch die Städte und die Stadt, wo ich geboren bin.


Nicht clie W erkbä11kP., und auch die Stube nicht mehr.
Und den Stuhl nicht.

All das werde ich nie mehr sehen.


Und keiner, der mit mir ging,
Wird das alles noch einmal sehen,
Und ich nicht und du nicht
Werden die Stimme der Frauen und Mütter hören,
Oder d en Wind über dem Schornstein der H eimat,
Oder den fröhlich en Lä rm der Stadt, oder den bitteren.

Sondern ich werde sterben in der Mitte der Jahre,


Ungeliebt, unvermißt,
Eines Kriegsgeräts törichter Fahrer.

Unbelelut1 außer durch die letzte Stunde,


Unerprobt, außer beim Morden.
Nicht vermiß t, außer von den Schlächtern.

Und ich -werde unter der Erde liegen,


Die ich zerstört habe,
Ein Schädling, um den es nicht sch ad is\.
Ein Aufatmen wird an meiner Grube sein.

Denn was wird da eiugeschant?


Ein Zentner Fl eisch in einem Tank, das bald faul wurde.
Was kommt da weg?
Ein dürrer Strauch, der erfroren ist,
Ein Dreck, der weggeschaufelt wurde,
Ein Gestank, den der Wind wegwehte.

Brüder, wenn ich jetzt b ei euch wäre


Auf dem Weg zurück nach Smolensk,
Von Smolensk zurück nach nirgendwohin,

Würde ich fühlen, was ihr fühlt: immer schon


Habe ich es geVV1.1ßt unter dem Stahlhelm, unter der Hirnschale,
Daß schlecht nicht gut ist,
Daß zwei mal zwei vier ist,
Und daß sterben wird, wer mit ihm ging,
Dem blutige n Brüllenden,
Dem blutigen Dummkopf.

Der nicht wußte, daß der W eg nach Moskau lang ist,


Sehr lang, zu lan!?;.
Daß der Wind in den östlich en Ländern kalt ist,
Sehr kalt, zu kalt.
Daß die Bauern und Arbeiter des neuen Staates
1hre Erde und ihre Städte verteidigen würden,
So daß wir alle vertilgt werd en.

Vor den Wäldern, hinter den Kanonen,


In den Straßen und in den Häusern,
U1rter den Tanks, am Straßenrand,
Durch die Männer durch die W eiber durch di e Kinder,
1n der Kälte in der Nacht im Hunger.

Daß wir alle verti lgt w erden


Heute oder morgen oder am nächsten Tag,
Ich und du und der General, alles,
Was hier gekommen ist, zu verwüst en,
Was vo n M enschenhand errichtet wurd e.

W eil es eine solche Mühe ist, die Erde zu bebauen.


W eil es soviel Schweiß kostet, ein H aus aufzustellen,
Die Balken zu fällen, den Pla11 zu zeichnen,
Die Mauer aufzuschichten , das Dach zu decken.
W eil es so müde machte, weil die H offnung so gr oß war.

11

Tausend Jahre war da nur ein Gelächter,


W enn die W erk.e von M enschenhand a ngetastet wurden .
Aber jetzt -w ird es sich h erumsprechen a uf all en Kontinentc11:
Der Fuß, der die Felder der neuen Traktorenfahrer zertrat,
Ist verdorrt.
Die Hand, die sich gegen die Werke der neuen Städtebauer erhob,
Ist abgehauen.

Franz Fühmann · I922-I984 · DDR

Der Nibelunge Not


Zu Blöcken, schwarzen und roten,
geschichtet, und Schnee darauf:
Verfallend, verfaulend, die Toten ,
hier liegen sie zuhauf,
ein ungeh eures Veiwesen,
von Krähen überschri en;
die ihr Fleisch wähnten auserlesen,
mit dem Schnee nun schmelzen sie hin.

Wo liegen füre Lande?


Ihre Lande sind fern.
Was war es, das sie san dte?
Sie folgten ihrem Herrn,
dem Fürsten, der führte, verschworen
ward ihnen Lehn und Lohn:
Zu Worms am Rheine geboren
und verwest am Don.

Hinter ihnen: Die Brücken zerschlagen,


getilgt das Grün aus der Flur,
Galgen und Kreuze, die ragen,
zeichnen ihre Spur,
verweht im Wind sind die Worte
von Ehre, Treue, Ruhm.
Was blieb? Um den Hort ihre Morde,
ihr H eldentum.

A ch Worte, Worte, geheu ch elt,


alle Lager der Lüge erschöpft ;
doch die Taten: Den Freund gemeuchelt,
des Gastgebers Kindlein geköpft,
denen, die mit ihnen wachten,
in den Rücken gehauen den Stahl-:
So b egannen sie ihr Schlachten
im Namen von Kreuz und Walhall.

Wie ein Brand in das Land eingedrunger,,


nun, in Nässen, zergehen sie,
die Täter, die Nibelungen,
die Töterdynastie
der Helden lobebaeren:
Getilgt und ausgebucht!
Aus den Mythen, aus den Mären,
die Mörder seien verflucht.

Die versehrte Flur grünt wieder,


was zerklafft war, schließt sich sanft,
die Ufer hoch. duftet Flieder,
das Blut ist weggedampft.
Die Völker atmen und bleiben,
die Mörder löscht d er Tod.
Nur als Fluch durch die Zeiten zu treiben:
Das ist der Nibelunge Not,

Heinz Pionlek · geb.1925 , BRD

Am N arew 1944
Die Fluten , träges Ziehen überm Grunde,
vön Lehm gefärbt, verdickt vom Uferschlamm,
die Katen rauchig-, ungewisse Stunde
iu Schützenlöchern vor dem Knüppeldamm.

Der Stute Schweiß am Rock, in Bart und Haaren,


und morgens die Geschütze kühl betaut,
was du an östlicher Geduld erfahren,
ist dir aus ungelebter Zeit vertraut.
0 Heer aus P ol en , Pilge r o hne Gnade,
in dessen Staub der Kirchen Glanz erlischt !
Es stürzen Vögel schwarz von der Fassade,
wenn in dein Blut l konenrot sich mischt.

Ricarda Huch · 1864 - 1947 · Deutschland

Der fliegende Tod


Hörst du die Luft dumpf zittern
Wie von fernen Gewittern?
Die Diele b ebt, und es wankt der Schlot.
Das sind keine Wogen,
Die da rollen und jagen,
Das ist der fliegende Tod.

Er reil et auf eisen1en Rossen,


Er wirft dich mit g lühenden Geschossen,
H aucht dich an mit zersprengendem Ha uch.
E r ver brennt dich mit Feuer,
Begräbt dich im Gemäuer,
Erstickt dich mit giftigem Rau ch .

Hörst du's pfeifen und zischen?


Ein Schrei gellt dazwischen ,
D ann ein Krach, als zerberste die W elt.
Du kannst ihm nicht entrinn en ,
Er ist draußen, er ist drinnen,
U nter Bäumen, auf d er Wiese, im Feld.

ET sieht dich ohne Au gen,


Kein Gewölbe mag taugen
Zum Schutz vor des Mörders Begjer.
Er greift dich um die Hüfte,
Er wirft dich in die Lüfte
Wie im Traume d er wütende Stier.

Er zerreißt d ich in Fetzen,


300 Schon spürst du mit E ntsetzen
Am Hals seine ·würgende H a nd.
Da löst sich die Klammer ,
Und mit pochendem Hammer
Jagt er weiter ins schaudernde Land.

Werner Bergengruen · 1892- 1964 · BRD

Die letzte Epiphanie

Ich hatte di es Land in mein H erz genommen.


Ich habe ihm Boten um Boten gesandt.
In vielen Gestalten bin ich gekommen.
Ihr aber habt mich in keiner erkannt.

Wilhelm Rudolph · Dresden, IJ, Februar 1945


Ich klopfte bei Nacht~ ein bleicher H ebräer,
ein Flüchtling, gejagt, mit zerrissenen Schuhn.
Ihr riefet dem Schergen, ihr winktet dem Späher
und meintet noch Gott einen Dienst zu tun.

Ich kam als zitternde geistgeschwächte


Greisin mit stummem Angstgeschrei.
Ihr aber spracht vom Zukunftsgeschlechte,
und nur meine Asche gabt ihr frei.

Verwaister Knabe auf östlichen Flächen,


ich fiel euch zu Füßen und flehte um Brot.
Ihr abet scheutet ein künftiges Rächen,
ihr zucktet die Achseln und gabt mir den Tod.

Ich kam als Gefangner, als T agelöhner,


verschleppt und verkauft, von der Peitsche zerfetzt.
Ihr wandtet den Blick von dem struppigen Fröner.
Nun komm ich als Richter. Erkennt ihr mich jetzt?

Stephen Spender · geb.1909 · England

Zwei Heere
Tief in die Winterlandschaft graben
Zwei Heere Kriegsgerät, sich zu vernichten.
Sie leiden Frost und Hunger. Urla ubssperre
An beiden Fronten. T ote nur und Kranke,
Die haben Urlaub ; frische Truppen harren
Indes, den Frieden durch Gewalt zu b1ingen.

Sie a lle sind nervös und kalt geworden,


Daß jeder die Sache und ferne Worte haßt,
Die ihn herfüh11en, haßt sie m ehr als Kugeln.
Einst summte ein Junge ein altes Marschlied,
Einst hob sich die Hand eines Neulings zum Gruß;
Die Stimme erstickte, die erhobene Hand fiel,
Durchs Gelenk geschossen von den eigenen Kameraden.
Sie würden ihre starre Ernte fliehen ,
Wenn eisern eingedrillte Zucht sie nicht
Fest vor die Mündung des Revolver s hielte.
Doch wenn sie schlafen, reiten Heimatbilder
Der Sehnsucht flüchtige Rosse, die
In stu!1llnem M assengedicht die Ebne erfül1en.

Zuletzt hassen sie nicht mehr: wenn auch der Haß


Vom Himmel birst und die Erde mit Hagel p eitscht,
Od er sie zu grotesken Fontänen emportreföt,
W enn auch Hunderte fallen, wer sieht noch eine Beziehung
Vom unerschöpflichen Zorn der Geschütze
Zu der stummen Geduld jener gequälten Tiere?

Nachts fällt reine Stille, wenn nur ein Steinwurf


Die schlafend en Heere tr ennt, ein jedes
In Leintuch gemummt1 das ferne H ände gewebt.
Sind die Maschinen gestillt, weißt die gemeinsame
Qual mit Atem die Luft, beide verschmelzend,
Als lägen die Feinde sich, schlafend, einander im Arm.

Nur der helle Freund der Bombenschützen,


D er glänzende Pilot M ond, starrt nieder
Auf dieses Land und malt einen leuchtenden Knochen,
Geheuzt vom Schatten vieler tausend Knochen.
Wo Bernsteinwolken im Niemandsland sich breiten.
Betrachtet er, w:ie Tod und Zeit mit wildem
Gerede und mit Eisen Vernichtung schleudern.

(Herbert Schönherr)

Dy/an Thomas · 1914-r953 · England

Die Hand, die unterschrieb

Die H and, die unterschrieb, ha t eine Stadt gefällt:


fünf königliche Finger brachten den Atem in Not,
halbierten ein Land, machten doppelt die Toten der W el t;
diese fünf Könige gaben einem Kö nig den Tod.
Von fallenden Schultern kommen so mächtige Hände
und ihre Fingergelenke sind knotig von Gicht.
Ein Gänsekiel m achte dem Morden ein Ende,
das hatte dem Gespräch ein Ende gemacht.

Die H and, die unterschrieb, brachte ein Fieber,


und Hunger wuchs, H euschrecken kamen.
Groß ist die Hand, die H errschaft a usübt über
Menschen durch einen hingeklecksten Namen.

Henry Moore · Blick in den Untergrundbahn-Tunnel: Station Liverpool Street


Die fünf Könige zählen die Toten, doch ohne die Stirnen
zu streicheln, ohne die krustigen Wunden zu schließen.
Eine Hand gebietet dem Mitleid wie eine Hand den Sternen.
Hände haben keine Tränen zu vergießen.

(Erich Fried)

Archibald MacLeish · r892-1982 · USA

Die jungen toten Soldaten


Die jungen toten Soldaten sprechen nicht.
Aber man hört sie in stillen Häusern:
wer hat sie nicht gehört?
Sie haben ein Schweigen, das spricht für sie,
nachts, wenn die Uhr schlägt.
Sie sagen: Wir waren jung. Wir sind gestorben.
D enkt an uns.
Sie sagen: Wir haben getan, wa1, wir konnten1
aber bevor es vorbei ist, ist es nicht getan.
Sie sagen: Wir haben unser Leben gegeben, aber bevor es vorbei isl,
kann keiner wissen, was unsere Leben gaben.
Sie sagen: Unser Tod ist nicht unser. Er ist teuer;
er wird bedeuten, was ihr daraus macht.
Sie sagen: Ob unser Leben und T od für Frieden war,
und für neue Hoffnung, oder für nichts,
können wir nicht sagen , d enn ihr müßt es sagen.
Sie sagen: Wir lassen euch unsere Tode.
Gebt ihnen Sinn.
Wir waren jung, sagen sie. Wir sind gestorben.
Den.kt an uns.

(Erich f'ried)
Roy McFadden · geb.1921 · Irland

Gedicht für heute


1943

Was können wir sagen, die erschöpften der Worte Sinn,


die leer geweint wir die Herzen von eines Jahrhunderts Tränen?
Was können wir Neues sagen in das Antlitz des Leides,
mit ungenügenden Tränen zu begegnen den Zeiten?
Was können wir sagen, wenn sie komm en um Antwort?

Schließt die Bücher fort mit a ll ihrer plumpen Belehrung,


werft die Rosen des Gestern beiseit, daß das Leid sich verliert;
dreht den Schlüssel aller Erinnerung, riegelt ab
den Geist vor d em Sturm d es Grams, der streicht wie Wahnsinn.

Was können wir sagen, die wir alles schon sagten?


Die wir sahen die Jahre sinken
wie Blätter, wie Tränen über Millionen Särgen,
stumpf heimwärts fallend in den gesegneten Schoß;
was können wir sagen, hier, bei verlöschendem Feuer~
da die Uhr Geschichte tickt, und die Blumen tropfen Blut?

(Hans Feist)

Wysta.n Hugh Auden · 1907-1973 · England

Im Krieg
Sie sind und leiden; das ist, was sie tu n;
Verbände bergen Stellen, wo sie leben ,
ihr Wissen von der Welt beschränkt sich nun
auf das, was ihnen Instrumente geben.

Fremd wie Epochen, die sich nie versöhnen,


halten sie aus, und wahr ist nur ihr Leid;
Gespräche gibt es nicht, sie sind und stöhnen,
entrückt wie Pflanzen; wir sind steroenweit.
Denn wer wird je ein Fuß, wenn er gesund?
Geheilt vergessen wir den kleinsten Riß,
sind wieder ungest üm und sind gewiß

der Alltagswelt der Unverletzten, und


die Einsamkeit scheint uns ein fernes Reich.
Glück, Zorn und Liebe nur.sind allen gleich.

(Astrid Claes und Edgar Lohne.r)

Karl Shapiro · geb. t9IJ · USA

Elegie für einen toten Soldaten

I
Ein weißes Tuch am Heck des LKW
Wird zum Altar; zwei kleine Leuchter stehen
Und s prühen b eiderseits dem Kruzifix,
Umlegt von Blumen h ell.er als das Blut,
Apokalyptisch rot ist dieses Rot.
I-Iibiscus, wie man auf d em Marsch ihn pflückt,
U m ihn an Knane oder Helm zu stecken,
Und große blaue Winden gleichwie Lippen,
Die nie mehr schmecken, küssen, fluchen werden.
Der Wind beginnt sanft das Magnificat,
Der Pfarrer schwatzt, die Pal men schütteln sich ,
Im Schlamm vereint sich der Kolonnen Marsch.

II
Auch w ir sind Asche, indem unser Ohr
Den P salm auCnimmt, den Schmerz, das schlichte Lob
Von einem, der sich schönere Tage hoffte,
Genau wje wir, und der nun ganz kaputt ist.
Die Taten seiner Jugend sind gelöscht,
Sein Traum, im Schuß zerstoben, schwindet 11u.n.
Nur Staunen fühl en wir vor dem Verlust,
Der auf nichts weist als auf den Zweifel hin
U nd Zuversicht im Graben landen läßt.
Der du bei diesem Graben Paulus liest:
Sollen wir den Augen glauben oder schöner Mär
Von Glanz und Auferstehung nach dem Nichts?

III
Denn der Kamrad ist tot, er fiel im Krieg,
Einer von vielen, die noch leben sollten,
Einer, von allem abgeschnitten, was der Krieg
Auch schenkt: von Selbstbefreiung, friedlich freiem Wandern.
Wer trauert hier in dieser kühlen Menge,
Wer h a t den Schlag nicht schon gefühlt, bevor
Die Kugel traf? Dies wackre Fleisch,
Dies Kind in einem Sarge ausgelegt ·-
Wer hat sich nicht schon in dies Tuch gehüllt,
Der Erde Fall gehört, noch frisch dfo Wunden,
Die Augen zugefühlt, und dann den Knall
Der letzten Menschheitssalve fern gehört?

rv
Zufällig sah ich, wie er starb, am Boden,
Den Arm gehoben, um Konservenblut
Von einem andern einzuführen. Ich stand
Bei sein em letzten Phantasieren, das
Für einen Atfgenblick noch Einsicht hält,
Und dann Erwürgen, dann der letzte Ton.
Der Schluß kam plötzlich, wie ein dummes Stück,
Absurd die Katastrophe, halb begründet,
Und das Entscheidende unausgesagt.
So gingen wir, grimmig und ungewandelt,
Und übel war uns von dem stummen Tadel.

V
Statistiken von Tot.e n nützen nichts,
Denn nichts Politisches verminde1t
llier diesen Toten oder all die andern,
Vermißte und Genesene, Verscblagne,
Gezählt sind Hunderttausend, fast Millionen.
Mehr als ein Zufall, weniger als gewollt
Ist jeder Fall, und dieser wie der Rest.
Wie auch die andern sich den Preis errechnen,
308 Die Abschlußsumme ist fµr uns nur eine,
Mit einem Namen, himmelwärts versetzt;
Wenn auch ein andrer seine Waffe aufnimm\..,
Wir können einfach beide nicht addieren.

VI
Ich spräche nicht für den, der schweigen muß,
Wä1• meine Angst nicht wahr: man tat ihm Recht,
Er kannte die Entscheidung, die ihm eigen,
Doch ließ sie selber wählen, an Instinkt
Gereift, nicht Opfer war er und nicht freien Willens.
So folgte er, und seine Führer konnten
Nichts jenseits der Geführlen suchen. Vieles
Davon hat er gewußt. Die Reise war
Ein Umweg, der zum Lincoln Highway führte
Von einem Land, das hemmungslos gepflegt,
Erregt und neu war - eben was er wünschte.
Er wollte ja verdienen, weiterkommen.
Er und die Welt hatten sich zugenickt ...

VII
Geschichte trog ihn nicht, denn wenig wußt er
Von Zeiten und von Heeren, die nicht sein;
Er ahnte nicht, daß f1·ieden n ur geliehn ist,
Und stellte niemals den Gewinn in Frage.
Jenseits der Überschriften sah er manchmal,
Wfo sich die Macht bei wenigen versammelt,
Doch ohne sie zu kennen. Seine Stimme
Gab er mißtraufach ab, er traute nur dem Recht.
Den Sozialismus fand er komisch; on mourrait
pour les industriels? Er gab sein Hemd,
Nicht brüderlich, doch für die Löhnung hin.

VIII
Das Salbungsvolle ekelt' ihn am meisten,
Schlagworte und Reklame. Nicht dem Parlament
Zuliebe zahlt' er seine Rechnung
Bei Bunker I-lill. Nur wenig Ideale
Kannt' er, und keine bl oß zum schwatzen.
Obwohl ein Glied der furche, sprach er nie
Von Gott. Die Taufe hielt er ein, den Christbaum,
Das Osterei, und ließ den Pfarrer auf der Kanzel gelten,
Und kannte kein «gesetzt daß» oder {{Sintemal>~.
Weichheit hatt' er und Stunden und auch Nächte
Zum Denken, Anziehn, Tanzen nach dem J azz.
Echt war sein Lachen, h ome made sein Verhalte n.

Tono Zancanaro · Zentaur-Gladiator


IX
Am wenigsten von allen Menschen war er arm;
Der Armen, Abgerißnen schämt' er sich,
Mißachtet' Bettler wie den b ösen Zweifel,
Und sah die Arbeitslosen an als vage M asse
Zu Hunger oder Aufstand gleich unfähig.
Die andern Rassen - südlich, östlich - h aßt' er,
Verdrängte sie zurn Rande seines Denkens.
Ans Faustrecht konnte er sich wohl erinnern,
An Banden.krieg sich wie an S piel erfreun.
Fern irgendwo verblieben seine Ahnen,
Vererbten nichts ihm als d en Eigennamen.
Bei offnen Türen kannt' er keine Klassen.

X
W elth Erbe hätten seine Kinder einst gehabt,
Recht oder unrecht, allen Glanz der Welt,
Des Wissens und der Künste volles Maß
Im Füllhorn, und aus diesem ausgeschüttet,
Eio Volk in H onig badend, hier Paris,
Und Wien mit höch stem Lohne h erversetzt,
Die ganze Welt in Phoenix, Jack.sonville
Zu haben. Kapitol der Welt, ein neu
Byzanz. Des Menschen Reich - wer w eiß? Ob hohl ,
Ob fest, kein Mensch kann ptopb ezein eh' nicht
Aus unserm Tod ein unentdeckter Keim
Von Duldsamkeit und Fried en t ein entspringt.

XI
Die kurze Trauerzeit ziemt dem Soldaten recht,
Wir t un die Fahne fort und falten sie,
Entblößt der Sarg tnit dem geschriehnen Schild,
Marschier en ab. Dahinter warten vier,
D en Sarg zu heben, schwerste aller Lasten.
D er dumpfe Nachmittag betäubt, b edrängt
Die Sinne uns und unterdrückt Gespräch.
Wir wissen, daß auf andren Tageswegen
Noch andre fallen werden, ich, der Nebenmann,
Bedroht sind alle, die die W elt begehn:
Und könnten wir das Grab des T oten schmücken,
So schrieben wir zu Nam' u nd Datum dies:
Epitaph

Hier unter diesem Holzkreuz liegt ein Christ,


Er fi el im Kampf. Du, d er du dieses liest,
Bedenke wohl, d er Fr emdling starb voll Pein ;
Und geh st du fort, und ist der Glaube dein,
Der Menschen Glaube an d en F rieden,
So wisse: diesem T od war Sinn beschieden.

(Herta Elisabeth und Walther Killy)

James Langston Hughes · J9ö2 - 1967 · USA

Bedrängnis
Nicht mehr Träume
Den Träumenden,
Nicht m ehr Lieder
Den Sin,genden,
Nichts mehr verfü gbar!

Es gibt heu t Länder,


in d enen herrscht einzig
dunkle Nacht,
kalter Stahl -
Aber glaub nur, d er Traum
kommt zurück,
Aber glaub nm-, das Lied
bricht die Fesseln!

312
Frantisek Hrubin · 1910-1971 • Tschechoslowakei

Nacht mit Verlaine

In der Februarnacht o hne Ende


peitsch end es Schrilln d er Sirenen.
In Kellern zu Haufen vergraben
das leere Schneckengem ach.
Der Atem der Städte zerbrach.
Finsternisfinster.

In meinem Luftscht1lzgepäck
einige Verse Verlaine.
Wartend aufs Löschen erloschenen Lichts.
Dera11 dicht war die Stille n ach diesem H euJen,
daß der schneeweiße Mond ein es Gedichts
flamm end zwischen den Seiten erschfo n -
ein schneeweißer Mond,
der Mondinnen Bruder.

Mit kalter Helle trocknete er weine Stirn,


durchschritt die Wand wie dichtesten Nebel,
stieg die verödeten Treppen hinauf,
bis das Beben bela ubten Haines
das entvölke11e Haus überzog.

Da schälte sich aus den Falten der Dächer:


der schneeweiße Mond.
Und auf der Stelle
ergoß sich in Wälder,
in uns eine Helle.

Entferntes Dröhnen. W ährend die Häuser


Sta ub wurden so viele M a le,
stieg und wölbte die Kuppel
der Nachtigallkatbedra]e
Verlaines schneewei ßer Mond,
hod1, frei und still -

in Ewigkeit Frieden.

(Jlirge11 Rennnrt)
Laco Novomesk:f · r904-I976 · Tschechoslowakei

Wenn einst man wieder lies·t Gedichte

Wenn einst man wieder liest Gedichte,


den Mensch im Menschen wiedersieht,
Schmelzwasser macht den Schnee zunichte,
und Nacht und Frost entflieht,

wie war doch, man wird's erfahren,


der Waffen und der Klagen Zeit,
da Dichter nicht vonnöten waren,
der Mensch dem Menschen tief entzweit.

(Annemarie Bostroem)

Alfonso Gatto · geb.1909 · Italien.

Den Märtyrern von der Piazza Loreto

Es dämmerte; alles blieb starr,


Stadt, Himmel, Atem des Tages.
Die Henker nur blieben lebend,
allein vor den Toten.
Der Schrei des Morgens, er war das Schweigen.
Der blutende Himmel, Schweigen.
Mailand war ein unendliches Schweigen von Häusern.
Und die Mörder, eine Beute der Furcht, waren da,
befleckt von der Sonne, beschmutzt vom Licht;
voll Abscheu voreinander.
Es dämmerte, hier auf dem freudezitternden Platz,
über den morgens und abends
die Arbeiter fluten mitten im Licht,
hier wo das Kreischen der Tram auf den Schienen freudig grüßt den Tag
und die frohen Gesichter der Lebenden, hier wollten sie,
daß sich das Blutbad vollende.
Auf daß Mailand an seinen Toren
hätte vermischt im gleichen Blut
314 seine lieben Kinder und sein altes H erz,
das starke, hart wie eine Faust.
Ich hielt mein H erz in der Hand und eures auch,
das meiner Mutter und das meiner Kinder ,
das H erz aller Lebendigen, die ein Augenblick fällte.,
für diese den ganzen Tag ausgestellten Toten
im Lichte des Sommers, in einem Sturm
sengender Wolken. Ich wartete auf das Böse
wie auf e in plötzliches Feuer oder eine
grollende siegreich e W oge, der Donner war es
eines Volkes, das aufsteht aus seinem Grab.
Ich sah im neuen Tag in Loreto die rote Barrikade,
die die Toten als erste stürmen, noch im Arbeitskleü1,
mit nackter Brust, immer noch
yoller Glut und Inbrunst. Und jeder Tag,
jede Stunde brennt ewig von diesem Feuer.
Und jeder Morgenröte blutet das H erz von dem Blei,
das an d ie Mauer spießte diese Schuldlosen 1'111.

(Walter Talmon-Gros)

Salvatore Quasimodo - 1901-1968 · Italien

Im Gezweig der Weiden


Aber wie konnten wir singen
mit des Fr emdlings Fuß auf dem H erzen,
zwischen den Toten, verlassen auf allen Plätzen,
auf dem harten Rasen von Kies, beim kläglich en Wimmern
der Kinder, dem schwarzen W ehschrei
der Mutter, die ihrem Sohn,
gekreuzigt am Laternenpfahl,
ins blasse Antlitz schaute ?
Als Opfe rgabe im Gezweig der Weiden
rungen auch unser e Harfe n
und wehten leise im trauernden Wind.

(Karl-Heinz ß olay)
Giacomo Manzu · Tod des Partisanen
J6zsef Rath · geb.1933 · Ungarn

Die Wasserträgerin am Calvinplatz-Brunnen


Der Winter hat sie mir fortgenommen .. .
0 Stunde, Stunde des Unheils!
Eisen, Feuer und Blut sind vom Himmel hemiedergekommen,
und d er Schnee lag von Stiefeln zerstampft,
rauchend und rot,
und wie ein geschändetes Mädchen, besudelt mit Kot.
0 Stunde, Stunde des Unheils!
Das Wasser im Keller ging aus, die Tränen sind uns versiegt,
wie auch der Duft der Kokosmilch langsam verfliegt.
Dazwischen pfiff und sauste der Wind.
0 Stunde, Stunde des Unheils!
Noch seh ich die Wasserträgerin, ihre Ärmel
zurückgeschoben am Kleid,
ich sehe den Platz und den Brunnen - der Weg zu ihm
war nur zwanzig Schritte weit.
0 Stunde, Stunde des Unheils!

An ihren Armen schimmerte hauchzarter Flaum.


Kur.zwar ihr Rock, und die Knie schauten zierlich he1-vor,
knapp unter dem Saum.
Kaum graute der Morgen.
0 Stunde, Stunde des Unheils!
Die andern lagen noch tief im Schlaf an den Kellerwänden,
sie aber lief zum Brunnen,
die Eimer schwankten an ihren Händen.
Und es geschah -
Zwei Eimer voll Wasser, und sie lag dazwischen,
meine liebliche Blume Mandragora -
Eisen, Feuer und Blut sind vom Himmel hemiedergekommen.
Der Winter hat sie mir fortgenommen.
0 Stunde, Stunde des Unheils!

(Rainer ßrambach)
Tadeusz R6iewicz · geb.1921 · Polen

Liebe 1944
Wehrlos nackt
Lippe auf Lippe
mit weit
geöffneten Augen

lauschend

schwammen wir
durch das Meer
aus Blut und Tränen

(Karl Dedecius)

Adam Waiyk - 1905-1982 · Polen

Das Herz der Granate

Anno neununddreißig hat sich's gefügt,


daß dich Mauersplitter getroffen haben.
Im Herzen der Stadt, vvo dein Gäßchen liegt
- <lorl wo du fielst, hat dich jemand begraben.

Im Frühling keimt aus verflogenem Samen


Gras unterm Schutt deines Hauses hervor.
Grab ohne Heimat, Staub ohne Namen
- und rings ragt Warschau in Trümmern empor.

Ich komme zu dir auf kürzesten Wegen;


im Eilmarsch stiirm icb dem Gäßchen zu,
wo an Steine geschmiegt deine Grabstall gelegen,
schamhafter Staub eines Menschen du!
Auf daß du liegest gekannt und umhegt
in ]ebender Stadt und im eigenen Staate;
denn dafür ist es, daß dreimal sch1ägt
im Wurf nach Westen das H erz der Granate.

(Helene Lahr)

Oton iupancic · 1878- 1949 · Jugoslawien

Ein Kindergebet
Vater unser ...
Wärst Du wirklich unser Vater,
müßtest Du, wenn auch noch tiefre Wanden
Dir die harten Eisen nägel rissen,
j e·tzt vom Kreuz zu uns herniedersteigen,

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- - - - ;ii · • .,

Tatieusz K ulisiewicz · Panzerreiter


um verwaisten Kindern, die gleich Hunden
heimatlos durch Nacht und Fremde irren,
Deine Liebe jetzt zu zeigen.
Vater unser ...

Vater unser ...


Wo ist er geblieben, unser Vater ?
An der W eichsel oder an der Drina ...
Ach, wir können es nicht wissen;
eines aber ahnen wir: dur chschossen
ist sein H erz, und bleizerTissen
bluten seine Hände, im Verlangen
uns, die Kind er, schützend zu umfangeJ\.
Ja, wir spüren über aJle Weiten
seine Liebe und sein Armebreiten ...
Vater unser . ..

(Herbert Gottschalk)

NikolaJonkoff Wapzaroff · 1909-1942 · Bulgarien

Frühling
Frühling, du mein weißer Frühling,
der noch nicht erlebte, nicht gefeierte,
der sich mir im Traum allein entschleierte,
der im Tieffiug streift den Pa ppelwald -
du hast Kraft und Schwung, du machst nicht halt.

Frühling, du mein weißer Frühling,


Sturm u nd Regen wirst du einmal bringen,
Wirbelflammen über uns zu schwingen,
tausend Hoffnungen uns zu erfüllen,
unsrer blutigen Wunden Schmerz zu stillen.

Über jungen Saaten werden Lieder


froh erklingen, fro he Vögel schwimmen,
fröhlich wird das Werk die Mensch en stimmen,
3120 d ie sich lieben werden, eins wie Brüder.
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tr1a Petrow . E xekution


Frühling, du mein weißer Frühling,
der das Leben läßt in Wüsten blühen -
zeige deinen ersten Schwung w1s allen!
Seh ich deine Sonne vor mir glühen,
will ich gern auf deinen BaITikaden fallen.

(A.E.Thoß und Stefan Stantscheff)

Marina Zwetajewa · r892-1941 · UdSSR

Sie nahmen
Die Tschechen trnten auf die Deutschen zu und spuckti:11 .. .
(Mär2.zei1urigen 1939)

Sie nahmen schnell und mit Großmannsmut:


Sie nahmen den Berg und was unter ihm ruht,
Sie nahmen die Kohle, sie nahrneu den Stahl,
Sie nahmen das Blei, und sie nahmen Kristall.

Sie nahmen den Zucker, sie nahmen den Klee,


Sie nahmen die Feme, sie nahmen die Näh,
Sie nahmen den Westen, sie nahmen den Nord,
Sie nahmen den Süden und Osten fo11.

Sie nahmen den Honig, sie nahmen das Bad,


Sie nahmen das Heu, und sie nahmen den Gral,
Sie nahmen das irdische Eden, jedoch:
Sie nahmert kampflos den Kampf uns noch!

Sie nahmen Geschütz, und sie nahmen Geschoß,


Sie nahmen uns Erze und Freund und Genoss· -
Wir haben noch Spucke, und die ist für sie:
Uns ganz 2u entwaffnen, das schaffen sie nie.

Paris, 9.Mai 1939


(Karl Mickd)
Nikolai Tichonow · 1896-1979 • UdSSR

Hier spricht der Krieg


lntennezz.o aus der Tragödie «Numancia» von Cervantes

Ein Abendxot, als wäre nichts geschehen.


Im Äther geistert heitere Musik.
Erheb dich, laufe ! Halt! Zu spät! Bleib stehen!
Ich bin schon vor dem Stadttor, ich, der Krieg!

Ich bin als Legationsrat und Spion,


als Chiffre-Wort im Zeitungsfeuilleton
herangeschlurft auf samtgedämpften Tatzen,
um unter euch geräuschvoll zu zerplatzen.

Ihr kennt mich ni cht, wißt nicht, was ich euch vor sang.
Ich tarnte mich als Moorbrand im Gesträuch,
schürt' selbst mein Feuer, hielt den schweren Vorhang
des mörderischen Rauches über euch ,
damit ihr Furcht verspürt und mich begreUi,
sobald mein Feuer eure Stirnen streift.

Seht: wie geschmeidig ist mein roter StrabJ!


Wie wunderbar des Todes Arsena l!

Wie stolz der Bombenflieger erdwärts blickt,


b evor er auf d en Knopf des Gn~uens drückt!

Die Hand im weißen Handschuh zitte1i nicht,


wenn er das Werk, das ihr erbaut, zerbricht.

Es bäumt sich tief im Schlaf der Metropol e


die Hölle auf. füe brii,Ut, speit Glut und Kohle.
lllr ·taucbt empor aus diesem Meer von.Flammen
und stoßt mit Panzern vor, den Feind zu rammen,
nachdem ihr sie mit schweren Giften füllt
und euch von Kopf bis Fuß in Nebel hüllt.

Es splittern unter Panzern die Gerippe


gastrunkner Lacher von der Friedhofssippe.
Wie h errlich ihre Todeslegjon !
Man röch elt in den letzten Zügen sch on
und lacht und lacht. Die best e d er Ideen
ist, in d es Lach ens Feu er zu vergeh en.

Wie wundert sich das sachlich e Gemüt


d es Kochs, der einen Flammenwerfer sieht!
Sein Fach ist, fetter Gänse Fleisch zu braten ,
hier brät man aber Bürger und Soldaten!

Sirenenläufe schlagen DoppeJhaken -


man n ennt das treffend <<psychisch e Attacken».
D em eingeschüchterte n Phantasten scheint,
er sei umringt vom durchgebrochnen F eind.
Mit glasigen Blicken rennt das Volk umher,
indes die Angst der Opfer Zahl vermeh r t.

Und w enn das Grün- und Gelbkreu z spukt, erlahmet1


die grellsten Wirk ungen d er Bühnendramen.
Dann siebt man M enschen, die sich plötzlich röten ,
mit P ocken sich bed ecken, dick wie Kröten ,
Gespenster, die der Sta rkstrom h eiß durchdringt,
verkohlter Leich en Wald, d er niedersinkt,
Blindäugige, die bitter w einend irrn.
Der Schme rz verläßt das H erz und steigt zum Hirn.

Sobald di e flüssige Luft der ersten Minen


zu dröhnen anhebt, stürzen in Lawinen
von Kalk und Farbe, Staub und Ziegelstein
wie Kartenh äuser eure H ei me ein .
Und wenn der Staub sich legt, dann hat m an Muße,
gek öpfte Leich en, l ahme Omnibusse,
die die Geschosse jäh zur Strecke brachten,
im schwelenden Gerümpel zu betrachten.
Die Bombenlast durch.rast die halbe W elt,
dem Kind zu zeigen , wie der Vater fäJlt.

Im h eißen Zweikampf mit d em Phosph orbran d


ist m achtlos se]bst des stä rksten M e nsch en Ha nd.
Die Straß en lodern w ie Ame-isenhaufeu,
d er Rauch wird rot wie Stcinwm-z kurz vo rm Schnee.,
und M en sch en, die v erstört im Kreise laufen ,
324 beschie ßen Himmelsr eiter mit M G.
Vergeßt nicht, ihr,, auf deren Ruf ich eile:
Ich bin nicht einfach Glut und Feuersäule,
die eurem Wunsch, wenn ihr nach Schätzen schürft,
sich einseitig und willig unterwirft.
0 nein, des Krieges finsteres Gebot
gibt jedermann das R echt auf Schmerz und Tod:
Wer Gas gebraucht, bekommt es selbst zu schlucken,
wer Bomben wirft, höt1 einmal auch zu Haus
die fremden Flieger sich zu Häupten spuken.
Des Todes Schritt, die Angst vor dem Garaus
wird auch sein H aar in einer Nacht entfärben,
und er erblickt der fremden Panzer Spur
auf heimatlichen Fluren, auf den Scherben
und Trümmern seiner eigenen Kultur,
und kommt vor seines Volkes Schiedsgericht,
wenn er im Amoklauf zusammenbricht.

(Alfrc;d E-.Thoß)

Boris Pastemak · 1890-1960 · UdSSR

Schreckliches Märchen
Es wird sich alles ändern rings,
neu. wird die Hauptstadt blühen.
Die Kinderangst, vom Schlaf noch blind,
jedoch wird nie verziehen.

Vergessen nie des Schreckens Mal,


das tief sich eingegraben.
Die Feinde werden hundertmal
daffü zu büßen haben.

Vergessen die Beschießung nie,


die grause Zeit des Todes,
aJs er im Lande hauste wie
zu Bethlehem Herodes.
Die neue, beßre Zeit beginnt.
Wenn auch die Zeugen schwi nden -
die Qualen jedes Krüppelkinds
wird keiner je ve1winden.

(Gü nther Deic.ke)

Konstantin Simonow · 1915-1979 · UdSSR

Wart auf mich


Wut auf mich, ich kom1n zurück,
aber warte sehr.
Warte, wenn der Regen fällt,
grau und trüb und schwer.
Warte, wenn d er Schneesturm tobt,
wenn der Sommer glüht.
Warte, wenn die andern längst,
längst des Wartens müd.
Warte, wenn vom fernen Ort
dich kein Brief erreicht.
Warte - bis auf Erdei1 nichts
deinem Warten gleicht.

Wart auf mich, ich komm zurück.


Stolz und kalt hör zu,
wenn der Besserwisser lehrt:
«ZweckJ os wartest du!»
W enn die Freunde, Wartens müd,
mich betrauern schon,
trauen1d sich ans Fenster setzt
Mutter, Bruder, Sohn.
Wenn sie, me"in gedenkend, dann
trinken h erben Wein.
Du nur trink nicht - warte noch
mutig - stark - allein.
Wart auf mich, ich komm' zurück,
ja, zum Trotz dem Tod,
der mich hundert-, tausendfach
Tag und Nacht bedroht.
Für die Freiheit meines Lands,
rings umdröhnt, umblitzt,

Nuria Quevedo · Wart auf mich


kämpfend, fühl ich, wie im Kampf
mich dein Warten schützt.
Was am Leben mich erhält,
weißt nur du und ich:
Daß du, so wie niemand sonst,
warten kannst aufntich.

(Clara ßlum)

A lexej Surkow ·· 1899-1983 · UdSSR

Ahnung des Frühlings

Ach, Freunde, ich sehe, es ist unser Los,


hier taumelnd von Krieg zu Krieg zu leben.
Drüben im Wald springt ein Bächlein durchs Moos,
Schwalbennester am Stallgebälk kleben.

Im Mittag die Kiefern stebn strahlend, gekrönt


von der klingenden Sonne - wie weit ist das Land,
und aus den Wäld ern rings dröhnt und dröhnt
das Schrei'n der Geschütze unve1wandt.

Wer hieße sie schweigen? Was kümmert sie


des keimenden Saatkorns freudiger Schmerz?
Wie könnten die Hälmch en sie hören, die
sehnsüchtig sich strecken maienwärts?

Mag die Stille auch sterben! Wir leiden es nicht,


in den Sielen hinsiechende Sklaven zu sein .
Wir wollen Frühling und Freude und Licht,
drum zwingen wir heute das Eisen zu schrein.

Unsre Tage sind hart. Halte aus. Verlier


aus dem Blick nicht die Zeit, die weiterzieht.
Für unsere Kinder schmelzen w ir
aus dem Eisengeschrei schon der Liebe Lied.
328 (Fran~ Fü}unam1)
Semjon Gudsenko , 1922- I953 · UdSSR

N eunzehnh undertfünfundvierzig
Gefährten des Zufalls!
WiedeT
trnfen wir uns a uf der Straße des Kriegs.
Wieder müssen wir, ans Elternhaus denkend ,
die störrischen Fahrer ausfragen und
auf zufäll'gen Wagen die Welt durchziehn,
die ungarische Pußta verfluchend -
do1t ist nur Wind, Eisgarben,
vergeßne Kürbisse wie Geschosse,
und Denkmäler stolzer Könige
mit kurzen Eisenschwertern
auf Pferden satt Wld faul

Rase jetzt.
Wir schlafen auf Heuböden
und in Schlössern auf Samt.
Auf jetzt! Vorwärts, Schofför!
W ie lang schon befahren wir den Ko lumbusweg,
entdeckt sind neue Staaten,
doch weiter geht's in neues Land.
Wieder Attacken,
Bomben, Flak, Sani
und nachts die Patrouillen der Aufklärer.
Eine große Stadt nehmen wir Haus für H aus.
ja Wohnung für Wohnung.
Auf dem Geländer
hängt ejn fremder toter Soldat,
seine MPj raucht auf dem Boden.
Es wiederholt sich alles.
Auf der Straße bei Wien
erstarrten im Blut die Pferde
wie rote Hügel groß.
Im Parlament - Mäntel und Fahnen
einer deutschen Abteilung.
Und die Gefangnen, noch im Fieber des Kampfes,
schimpfen, schwitzen, zütern.
Nicht als T ouristen gehn wir durch Wien,
uns steht nach Museen der Sinn ojcht,
nach Exkursion en.
Wir sind kein Musikkorps,
sind Infanteristen.
Beethoven aber
ehrten wir mit einem Kranz.

Gefährten des Zufall$! Wieder


trafen wir uns auf der Straße des Kriegs.
Wieder müssen wir, ans Elternhaus denkend,
die störrischen Fabref ausfragen und
auf zufälligen Wagen die Welt durcbziehn,
heimkehrend aus großen Schlachten.

Gefährten des Zufalls!


Soldaten
der vordersten Linien, der e rsten Züge.
D er zweite Weltkrieg ist zu Ende.
Zu Hause erwartet man uns.
Los, vo rwärts, Schofför!
(Franz Fiihmann)

Mussa Dshalil • 1906-1944 · UdSSR

Glaub es nicht!

Sagt man dir, Liebste: «Dshalil war müd.


man hat ihn kampflos niedergeschlagen.»
Glaub es nicht, Liebste ! Glaube kein W ort!
Kein Freund wird dir so etwas sagen.

Mit Blut habe ich auf die Fahne geschrieben


den Schwur, immer vorwä rts zu gehn.
Ich habe k ein Recht, zu straucheln, zu stürzen,
ermü det gar stillezustehn.
Sagt man dir, Liebste: <,Dshalil verriet
die H eimat. Hat Not nicht ertTagen.>>
Glaub es nicht, Liebste! Glaube kein Wort!
Kein Freund wird dir so etwas sagen.

Als die MPi auJ den Rücken ich nahm,


schwor ich, die Heimat zu schützen.
Hätte ich dich und die Heimat verraten,
was könnt mir mejn Leben noch nützen?

Sagt man dir, Liebste: «Dshalil ist tot,


du mußt deinen Toten beklagen!»
Glaub es nicht, Liebste! Glaube kein Wort!
Kein Freund wird dir so etwas sagen.

Die Erde begräbt meinen Körper - mein Herz,


das flammende, singt und singt.
Kann der denn sterben, der seinen PeiruJ
immer aufs neue bezwingt?

(Helmut Prcißler)

Rassul Garnsatow · geb. 1923 · UdSSR

Mein ältrer Bruder

Mein ältrer Bruder war kein Potentat -


Er fi el am Wolgasltand als Fl'ontsoidat.

Die alte Mutter geht vor Harm und Leid


Auch heute noch im schwarzen TTauerkl eid.

Und mir kommt's bitter wehe in d en Sinn,


Daß ich nun älter als mein Bruder bin.

(K uba)

.33 1
PV/adimir Wyssozki · 1938-1980 · UdSSR

Er kam nicht zurück aus der Schlacht

Wie kommt das: alles ist anders geworden


Doch der Himmel ist blau wie von Sommer
der Wald ist der-gleiche, die Luft und der See ...
Nur er ist aus der Schlacht nicht gekomme11

Ich weiß nicht mehr, wer hatte recht von uns beiden
in dem Streit, der kein Ende genommen
Er feWt mir deshalb, und nicht erst, seit ich weiß:
Auch er ist aus der Schlacht nicht gekommen

Er sang nie im Takte, und dann plötzlich schwieg er


doch sprach er, sind selbst Steine geschwommen ...
Stieß mich aus dem Schlaf, stand vorm Morgengrauu auf
und er ist aus der Schlacht nicht gekommen

Ich beiß mir clie Zunge und heul nicht: ach, er fehlt!
Doch ich weiß und spüre beklommen:
Wir zwei waren eins, und wie ein Feuer erstickt
so ist er aus der Schlacht nicht gekommen

J etzt bricht das Frühjahr los, wie aus Gefangenschaft


ich sag wie immer: Gib ein Stüc.k
Papier her und Machorka! Und das Schweigen sagt:
Aus dieser Schlacht kam er nicht mehr zmiick

Die Toten lassen uns nicht mit dem Schmerz allein


Gefallne stehn als Wächter und sehn drauf
daß jeder Wald uns immer wie ein Himmel scheint
die Äste wie Standarten, alt und blau

Der Pla tz im Schützengraben, das war unsre Welt


und nun der Tag, der sie uns nahm ...
Was um uns war, für einen blieb's. Mir aber scheint:
Ich bin's, der nicht mehr aus der Schlacht kam

(K1aus-Peter Schwan)

332
Erich Weinert · 1890-r953 · DDR

1812 - 1918 - 1941


Moskau 194t, Plugblatt

Vor meinen Augen schwebt ein altes Bild ,


Das ich als Kind in einem Buch gefunden:
Gestalten ziehn im Schnee, zerfetzt, zerschu11den;
Die Öde ist von Schneewehn fast verhüllt.

Das war einmal die Garde des Diktators!


Vor Moskau brüllte sie Viktoria.
Zwei Monat erst! Der Traum des Imperators
Versank im Nebel der Beresina.

Wo sind die bunt und blitzenden Kolonnen?


Rußland zerschlug sie vor dem letzten Ziel.
Nichts war gewonnen, alles war zerronnen;
Und Bonapartes Götzenbild zerfiel.

Nun kommt ein andres Bild mir in den Sinn;


Ich seh der Ukl'aine Partisanen
H erst:ürmen mit zerschossnen roten Fahnen
Und treiben deutsche Söldner vor sich hin.

Di e brachen hier ins Land mit Siegermiene


Und haben es mit Raub und Mord geplagt,
Bis sie das freie Volk der Ukraine
Mit Schimpf und Schande aus dem Land gejagt.

Was denkt sich heut der kreischende Diktator?


Wie er Europa auf die Knie zwang,
Könnt er nach Moskau ziehn als Usurpator?
Er rennt in seinen eign en Untergang.

H eut sind es nicht Kutusows Bataillone.


Nicht arme Bauern mit dem J agdgewehr.
H eute stehn vor ihm die ehernen Millionen
D er Söhne des Sowjetlands Riesenheer. 333
Wie ein Gewitter wird es niederfahren.
Dann gibt's nur eins: Verderben oder fliebn!
Ich seh sie schon a]s aufgelöste Scharen
Durch Finnland, Polen und Rumänien ziehn.

Noch prahlen sie: Sie wären nicht zu schlagen,


Und fühlen sich als H errn in aller Welt.
Doch warn ich euch! Es wird ein großes Klagen,
Wenn einst der Schlag zurück auf Deutschland fällt.

Miklos Radri6ti · 1909-1944 · Ungarn

Hymnus auf den Frieden

Du feenhaftes Licht! Flüchtige Hoffnung,


hinrasender Dezennien seltene Zier!
Mit Worten hell und immer mehr begeistert
sprach ich, leichtfüßiger Friede, stets von dir!

lch pries auch jetzt dich - doch wohin entschwande&t


du diesen Winter, der dich schmeichelnd äfft,
indes er Stahl schleift gegen Menschenherzen!
Ach, wie der Wein tief in der Beere schläft,

so ruhst in unsrer Seele du verborgen.


Brich auf denn! Ein uraltes Lled stimmt an
dem Ruhm der Sel'gen mit dem Sangesmunde,
doch sag, wer heutzutag noch singen kann.

Komm, eil doch schon herbei, luftiger März!


Jetzt brennt die Frühe noch mit strengen Frösten,
komm, Wintersonne, Mütterchen, den eisig
verharschten Wald mil mildem Hauch zu rrösten,

und harr auch über uns aus: Wir erfrieren


in diesem Winter, der von Kiiegen brennt,
da die zum Widerstand zu schwache Seele
schon lernt der rohen Fäuste Argument.
334
Von Sommern träumen wir und daß die W älder
ergrünen und ihr Moos den Schritt erquickt,
und unser Aug' im farbensatten Garten
die reife, fallb er eite Nuß erblickt

und daß sich jauchzend unter goldnen Sonnen


Kinde1Teihn reihum rund im Reigen drehn
und sich um Bälle balgen, daß im Grün die
Mähnen der Pferde h ell wie Fahnen wehn,

wenn sie dem Abendrot entgegenstürmen,


und zwitschernd Schwälblein in die Nester schwirren,
die sich am Dach schwarz an der Traufe reihn l
Kann dies je sein? J a, einst wird Frieden sein.

0 H erz halt aus! Wehr dich, o Seele mein!

(Frau2 Fühmann)

335
Und in uns leben
eure Söhne fort!

'
1
1
/

Carl Hofcr · Das N est


Johannes R.Becher · r89r-1958 · DDR

Ihr Mütter Deutschlands ...

Tor Mütter D eutschlands, die für habt verlorer1


Im zweiten W eltkrieg eure Söhne, hört:
D er .euch ge fallen ist, wird neu geboren,
Und euer H eiligtum bleibt unzerstört,

Wenn ihr gewillt seid, D eutschland zu en-etteri,


Und gebt der Freiheit euer Mutterwort -
D ann schwebt ein Segen über Trümmerstätten
Und in uns leben eure Söhne fort!

Hermann Hesse · I877-1962 · Deutschland/ lebte in der Schweiz

Dem Frieden entgegen


Für clic Waffenstillstandsfeier des Radio Basel
Ostern 1945

Aus Haßtraum und Blutrausch


E rwachend, blind noch und taub
Vom Blitz und tödlichem Lärm des Krieges,
All es Grauenhaften gewohnt,
Lassen von ihren Waffen,
Von ihrem furchtbaren Tagwerk
Die ermüdeten Krieger.
«Friede!» t önt es
Wie a,us Märchen, aus Kinde11räumen her.
(<Fried e>>. Und kaum zu freue11
Wagt sich das H erz, ihm sind näher die Tränen.

Arme Mensch en wir,


So des Guten wie Bösen fähig,
Tier e und Götter! Wi e drückt das Weh ,
Drückt die Scham u.ns zu Boden!

Aber wir hoffen. Und in der Brust


Lebt uns glühende Ahnung 339
Von den Wundern der Liebe.
Brüder! Uns steht zum Geiste,
Steht zur Liebe die H eimkehr
Und zu allen verlornen
Paradiesen die Pfo1te offen.

Wollet! H offet! Liebet!


Und die Erde gehört euch wieder.

Karl Krolo w · geb.I91_5 · BRD

An den Frieden

Ich möchte dich in meiner h ohlen Hancl


Wie einen armen Vogel angstvoll b ergen,
Indes Lemuren schwei fen überm Land,
Im Kreise hocken a uf den Häusersärge:u .

Und auf die leer gebliebne Erde spein


Geköpfte Diste ln und die zähe Quecke.
Wie halt kh dich, wenn rauh die Krähen schrein
Im Leichenwind auf schräger Unkrautstrecke?

Du tiefer Schwind el, Glück, das m einer Brust


So süß ist. daß ich hilflos steh lind weine,
Von dem ich nur in T1·äumen noch gewu ßt:
Wi e nenn ich dich dem Grame, beim Gegreine

Der blinden Flederwische, höllenzu ,


Dem Leichengräberzug, der rastlos karrt?
Die Tage sind voll Jammer: Schlucker, du,
Und Kaspar Hauser, den das Grauen narrt!

Wie er Gespött und unerkannt im Qualm


D er Straßenschluchten, die verl oren sind,
D en Stätten wilder Hunde, wo d er Halm
Der alten Gräser treibt als grüner Grin<l.

340
Fritz Cremer · Nie Wil!der!
Du im Gelächter, wenn das Blut mir stockt,
D es Lebens Rest in gift'ger Luf1 zerfä llt,
Die Ratte mich zum Markt der Toten lockl,
Zu feuchten Schädeln, die mich bleich umstellt.

Du über Schatten, die im Abgrund fliegen,


Darinnen w~r die Glieder drehn und s-ch.rein ;
Du Trost, du Engel, dem sich Kni e biegen
Im Knochenanger: setz den Jvfenschen ein!

Günther D eicke · geb.1922 · DDR

Herbst 1945
Im Herbstnebel auf der W eide
die Pferde wie Schemen stehn.
«Es dunkelt schon in der H eide,
nach Hause laßt uns gehn.»

Nach Hause, bald kommt der Winter.


W ir haben des Brots nicht gedacht.
Da singen die fremden Kinder
das Lied in die frühe Nacht.

Wa s hilft nun das Trauern und Bitten,


was ist nun dein Träumen wert?
«Wir haben das Korn geschnitten
mit unserm scharfen Schwert!>>

Noch des Lieds unsterbliche Zeugen


aus den J ahrhunderten her.
Nun stehen wir da und schweigen.
Nun wird das Herz uns schwer.

Nun blicken wir zur Seite


und wollen die Not nicht sehn.
«Es dunkelt schon in der H eide,
nach Hause Jaßt uns gehn.»
Trost ist das Land und sein Friede,
Trost auch ein M ensch da nn und wan n.
Und eine Strophe im Liede,
die uns nicht trösten kann.

Und haben wir gelitten,


wi,r waren des Leids nicht wert.
«Wir haben das Korn geschnineo
mit unserm scharfen Schwert.»

Wolfgang We_rrauch · r904-- 1980 · BRD

Friede auf Erden

Und der alte Mann vom Huronensee,


dem war der Enkel gefallen,
und es tat ihm drum das Herz so weh,
daß er zog mit den andern allen.

Und die andern alle, die zogen zum Meer,


und sch ifften sich ein, und sie fuhren,
und sie kamen alle nach D eutschland her,
denn in Deutschland waren die Spuren.

Die Spuren vom Blut, die Spw·en vom Schrei,


hier waren vorn Kriege die Gründe,
und sie fragten, ob hier der Friede sei,
denn die U nschuld liebe die Sünde.

Und es kamen vom Osten der Samojed,


d er hatte den Vater verloren,
vom Süden die Mutter aus Nazareth,
es kamen Franzosen und Mohren.

Und aus Posen, da kam der Vater an,


dem war die Tochter geschändet,
und aus Lüttich, da kam ein junger Mann,
dem war die Liebste verendet.
Und sie gingen alle nach D eu tsch]and hinein,
und die Füße waren geschunden,
und als sie waren in Frankfurt am MaLn.
da waren die Herzen voll Wunden.

Und sie wollten wieder nach Hause zielrn,


denn der Friede, der lag in den Sä1·geu,,
da trafen sie einen Mann aus Berlin,
es war in dem Harz, in den Bergen.

Und sie fragten den Mann, und er war sehr jung,


ob er wisse, wo Friede wäre,
und er sag;te, de1· Friede, der ist im Dung,
der Friede, der ist in der Ähre,

der Friede ist, wo die Unschuld ist.


Da fragten sie ihn nach dem Namen.
lch heiße Joseph, und ich war vermißt,
er riers, und sie riefen: Amen!

Ach was, fuhr er fort, icl1 war Soldat,


die bösen J ahre, die langen,
jetzt gehe ich heim, in meine Stadt,
und will mein Mädchen umfangen.

Die hat ein Kind, dem schaut ins Gesicb t 1


dann habt ihr den Frieden auf Erden.
Und sie sahen das Kind, und da war ein Licht,
und sie meinten, es könnte was werden,

daß die Wandrung vom fernen Huronensee,


vom Süden und Osten und Norden,
zerschmelze den K1ieg und zerstäube das Weh,
und daß sie glücklich geworden.

Und sie drehten sich um, und sie gingen heim,


und s'ie lachten, der Spanier, der Neger.
sie wußten, der Friede im Honigseim,
sie wußten's, Mala ien, Norweger,

der Friede der Lerche, der Friede des Taus,


344 der Friede ist bei den Gerechten,
d er F ried e ist bei d en Guten zu Haus,
d er F ried e m eidet die Schlechten.

Und sie w aren zu Haus, und sie sa h en all das,


wa s sie in d er F em e gefunden,
sie sahen's wach sen im eigen en Gras,
und sahen's in Rindern und Hunden,

im ei'genen Kind, in de r eigenen Frau,


und sie faßten die Ä.xte, zu schlagen,
und tranken selig vom eigenen Tau,
unlträumten von künftigen Tagen.

Da w ar die Erde da s Paradies,


und Gott, der w ar ihresgleich en -
ach, Mensch, ich bitte dich, lese dies,
und w ittre die ersten Zeich en.

77ieodor K ramer · I897- r958 · Österreich

Der Dornenwald

Es zieht ein Dornenwald sich eben


vor Oly ka zerklüftet hin;
n och rosten Saum an S aum die Gräben,
die sich b eschossen über ihn.
VVie die Granaten h och sie streckten,
stehn noch die Wurzelstrünke da ;
g rün ranken sich die Brombeerhecke n
im Dom enwaJd vor Olyka.

Die Äste stehn zu Lehm gebacken;


die Ruten treiben Ctisch und kraus;
sje kommen a us dem D orf 1md hacken
die Knoche n samt d en Knöpfen aus.
Die Kinder sammeln sie in Säcken,
des M essings Glanz geht ihnen nah;
grün ranken sich die Brombeerhecken
im D orncnwal.d vor Olyka . 345
Im Sand verbiegen sich die Spaten,
noch gehn die blinden Zünder los;
wir träumen, Kamerad, und waten
bis zu den Knöcheln tief in Moos.
Der Rasen nicht, die Lüfte deck en
für uns mit Taubheit, was geschah;
grü11 ranken sich die Brombeerh ecken
im Dornenwald vor Olyka.

Christine Busta -1915-1987 · Österreich

N eunzehnhundertfünfundvierzig

Die Hälfle des Leben s lachten die Pfauen zu Scherben


in den Mittagsgärten Schönbrunns,
wo wir den eklen Kadaver
unserer Schuld a us den Trümmern schanten
und mit dem Auswurf des Kriegs
die klaffende Erde zu neuen W egen beglich en.

Noch stockten vor unser er Schande die heitern Fontänen


und duckten sich tiefer hinab
aus unserm verflu chten Sommer.
Aber die unbegreiflichen Unden
waren voll Honig u n d Gnade
und zwangen mit Duft uns ins Knie.

Golgatha war im Zoo,


wo an unseren Sünden
hungernd die Tier e vergingen
und vom Brote der kranken Antilope
der fremd e Soldat uns barmherzi g ein Stück brach
wie vom Leibe des He rrn.

So wurden wir aufgenornmen


als Schächer in die Verh eißung
und von Scham und Milde gezeichnet,
jäher verwandelt als vom Richtschwert.
Oskar [( okoschka · Das Manifest
Paul Celan · I92 0 - 1970 · BRD

Schibboleth

Mitsamt m einen Stein en,


d en gr o ßgcw einten ,
hinter den Gittern ,

schleiften sie mich


in die Mitte d es Marktes,
do11hin,
wo die Fahne sich aufrollt, d er ich
keinerlei Eid schwor.

Flöte,
Doppelfl öte de'r Nacht:
denke der dunkl en
ZwilliJ1gsröte
in Wien uncl M a drid.

Setz deine Fahne auf H a lbmast,


E rinnrung.
Auf Halbmast
für h eute und immer.

Herz:
gib dich auch hier zu erkennen ,
hier , in der Mitte d es Marktes.
Huf's, das Schi bbole th, hinaus
in d ie Fremd e der H eimat :
F ebruar. N o pasaran.

Einh orn:
du w eißt um die Steine,
du weißt um die Wasser,
kom m ,
ich führ dich hinweg
zu d en Stimmen
vo11 Estremadura.

348
Elisabeth Langgässer · 1899-1950 · BRD

Frühling 1946

H olde Anemone,
Bist du ·wieder da
Und erscheinst mit heller Krone
Mir Geschundenem zum Lohne
Wie Nausikaa?

Wiudbewegtes Bilcken,
Woge, Schaum und Licht!
Ach, welch sphärisches Entzücken
Nahm dem staubgebeugten Rücken
Endlich sein Gewicht?

Aus dem Reich der Kröte


Steige ich empor,
Unter m Lid noch Plutons Röte
Unrt des T otenführers Flöte
Gräßlich noch im Ohr.

Sah in Gorgos Auge


Eisen.harten Glanz,
Ausgesprühte Lügenlauge
Hört ich flüstern, daß sie tauge,
Mich zu töten ganz.

Anemone, kiissen
Laß mich dein Gesicht:
Ungespiegelt von den Flüssen
Styx und Lethe, ohne Wissen
Um das Nein und Nicht.

Ohne zu verführen,
Lebst und bist du da,
Still mein H erz zu rüliren,
Ohne es zu schüren -
Kind Nausikaa!

349
Nerty Sachs · 189r-1970 · Deutschland/ lebte in Schweden

Chor der Waisen


Wir Waisen
Wir klagen der Welt:
Herabgehauen hat man unseren Ast
Und ins Feuer geworfen -
Brennholz hat man aus unseren Beschützern gemacht -
Wir Waisen liegen auf den Feldern der Einsamkeit.
Wir Waisen
Wir klagen der Welt:
In der Nacht spielen unsere Eltern Verstecken mir lins -
Hinter den schwarzen Falten der Nacht
Schauen uns ihre Gesichter an,
Sprechen ihre Münder:
Dürrholz waren wir in eines Holzhauers Hand -
Aber unsere Augen sind Engelaugen geworden
Und sebeh euch an,
Durch die schwarzen Falten der Nacht
Blicken sie hindurch -
Wir Waisen
Wir klagen der Welt:
Steine sind unser Spielzeug geworden,
Steine haben Gesichter, Vater- und Muttergesichter
Sie verwelken nicht wie Blumen, sie b.eißen nicht wie Tiere -
Und sie brennen nicht wie Dürrholz, wenn man sie in den Ofen wfrft -
Welt warum hast du uns die weiche11 Mütter genommen
Und die Väter, die sagen: Mein Kind du gleichst mir!
Wir Waisen gleichen ni emand mehr auf der Welt!
OWelt
Wh- klagen dich an!
David Luschnat · geb.1895 · Deutschland/ lebt in Frankreich

Darum sind wir die Weinenden

Immer noch weinen wir: in der unendlichen Frage


Verbunden mit der das Ganze bestimme nden Antwort
Und wissen nicht ein und ni cht aus
Und sind da und sind einsam.

Warum wurden Kinder ermordet. lach ende, fröhlich vertrauende,


Warwn unsere Brüder - das Gute im Herzen
Und cüe Hoffnung auf eine menschlich gerichtete Zukunft -
Unsere Brüder, die sich um Wahrheit bemühten
Und Gerechtigkeit, Freiheit erkennend umgrenzte n,
Und Frauen - Mütter komm ender M enschen -
Warum sind sie alle ermordet?
Gefoltert, vergast, verbrannt, gehenkt und erschossen
Von ein er frechen versteinerten Bande,
Die h eute noch da ist und Geld hat
Und brüllend sich rühmt, daß sie da ist? -
Warum si11d sie a lle ermordet?
Sag an, du Mensch, der du da bist: W eißt du die Antwort?
Auch wir sind noch da: Klagende, Fragende,
Hin- und H ergetriebene - treibendes Treibholz -
Da und dort noch Vorhandene, w1wissend Wissende,
Flüchtlinge: immer noch fliehend
Vor einem lauernden, schwelenden Mord-VVahn,
Auch wir sind noch da!
Weno wir uns einsam bestimmen zu di esem uns prägenden Tode,
D er in uns umgebt u11d wandert
Wie ein ve rgessener Traum, den wir eben noch wußten,
Der an d er Grenze zerfließend die Welt überschwe mmt und vergiftet,
So sind wir di e immer noch Weinenden, treu unser er Sendung:
Einmal die Antwort zu heben aus fressender Finsternis,
Einmal die Antwort zu wissen, die wir eben noch wußten,
Di e An twort, deutlich bestimmende, ricblige, richtende Antwort
Auf die unendH ch blutende Wunde, -

Darum sind wir die Weü1enden,


Darum sind wfr noch da und sind einsam.
Wolfgang Borc/iert · 1921-1947 · Deutsrhland

Dann gibt es nur eins !

Du. Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt.


Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre
und keine Kochtöpfe mehr machen - sondern Stahlhel.me und
Maschinengewehre, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mädchen hinterm Ladentisc.h und Mädchen im Büro.


W enn sie dir morgen befehlen, du sollst Granaten füllen un<l
Zielfernrohre für Scharfscbützengewehre monlieren, dann
gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen befehlen, du


sollst statt Puder und Kakao Schießpulver verkaufen, dann
gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen,


du sollst einen neuen Tod erfinden gegen <las alte Leben,
daJm gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Dichter in deiner Stube. W enn sie dir morgen befehlen,


du sollst keine Liebeslieder, du sollst Haßlieder singen, dann
gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Arzt am Krankenbett. We nn sie dir morgen befehlen, cltL


sollst d ie Männer kriegstauglich schreiben, dann gibt es
nur eins:
Sag NEIN!

Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir morgen befehlen, du
sollsl den Mord segnen und den Krieg heilig sprechen, dann
gibt es nur eins:
Sag NEIN!
0110 . kt das Gewehr
Pan k ok . Christus zerbric
Du. Kapitän auf d em Dampfer. Wenn sie dir m<>r{!;t'll hl'f'1•hlt •11 ,
du sollst keinen Weizen m ehr fahren - sondern K,11111111·11
und Panzer, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Pilot auf dem Flugfeld. Wenn sie dir morgen befchl,·11,
du sollst Bomben und Phosphor über die Städte tragrm, du1111
gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Schneider auf deinem Brett. Wenn sie dir morgen b efehlen.
du sollst Uniform en zuschneiden, rlann g ibt es nur eins :
Sag NE IN!

01,1. Richter im Talar. Wenn sie dir morgen b efehl en , du


sollst zum Kriegsgericht gehen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mann auf dem Bahnhof. Wenn sie dir morgen befehl en,
du sollst das Signal zur Abfa hrt geben für den Munitionszug
und für den Truppentrans port, danJ1 gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mann auJ d em Dorf und Mann in der Stadt. W enn sie
morgen kommen und dir den Gestellungsbefehl bringen,
dann g ibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mutter in der Normandie tmd Mutter in der UkraitH.'! , du


Mutter in Frisko und London, du, am Hoangho und am
Missfssippi, du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo
und Oslo - Mütter in allen E rdteilen, Mütter in der W e lt ,
wenn sie morgen b efehlen, ihr sollt Kinder gebären,
Krankenschwestern für Kriegslazarette und n eu e Solda ten
für neue Schlachten, Mütter in der W elt, dann gibl es nur· eins :
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!
D enn wenn ihr nicht NEIN sagt, wenn IHR nicht nd n sagt, Müttl'r,
dann :

1n den lärmenden dampfclunstige.n Hafenstädten werden die


354 großen Schiffe stöhnend verstummen und wie titanische
Mammutskadaver wasserleich.ig träge gegen cüe toten vereinsamten
Kaimauern schwanken, algen-, tang- und muschelüberwest
den früher so schi:mmernden dröhnende n Leib,
f1i edhöflich fischfaulig duftend, mürbe, siech, gestorben -
die Straßenbahnen werden vv:ie sinnlose glanzlose glasäugige
Käfige blöde verbeult und abgeblättert neben den verwitterten
Stahlskeletten der Drähte und Gleise liegen, hinter morsch en
dachdurcblöcherten Schuppen, in verlorenen kraterze rrissenen
Straßen -
eine schlammgraue dickbreiige bleierne Stille wird sich heranwälzen,
gefräßig, wachsend, wird anwachsen in den Schulen
und Universitäten und Schauspielhäusern, auf Sp011- und
Kinderspielplätzen, grausig und gierig, unaufualtsam -

der sonnige sa ftige W ein wird an den veTfallenen Hängen


verfaulen, der R eis wird in der verdorrten Erde vertrocknen,
die Kartoffel wird auf den brachliegenden Äckern erfrforen
und die Kühe werden ihre totsteifen Beine wie umgekippte
Melkschemel in den Himmel strecken -

in den Instituten werden die genialen Erfmdungen der großen


Ärzte sauer w erden, verrotten, pilz.ig verschimmeln -

in den Küchen , Ka mmern und Kellern, in den Kühlhäuser.n


und Speichern werden die letz1en Säcke Mehl, die letzten
Gläser Erdbeer en, Kürbis und Kirschsaft verkommen - das
Brot unter den umgestür zten Tischen und auf zersplit1e11en
Tell ern grün w erden und di e ausgelaufene Butter wird
stinken wie Schmierseife, das Korn auf den Feldern wird
neben verrosteten Pflügen bi.ngesunken sein wie ein
erschlagenes Heer, und die qualmenden Ziegelschornsteine, die
Essen und die Schlote der stampfenden Fabriken w erden,
vom ewigen Gras zugedeckt, zerbröckeln - zerbröckeln -
zerbrö ckeln -

dann wird der letzte M ensch , mit zerfetzten Gedärmen und


verp esteter Lunge, antwortlos und einsam unter der giftig
g lühenden Sonne und unter wankenden Gestirnen umherirren,
einsam zwischen den unübersehbaren Massengräbern
und den kalten Götzen der gigantischen beton klotzigen
verödeten Städte, der letzte Mensch , dürr, wahnsinnig, lästernd, 355
klagend - ttnd seine furchtbare Klage : WARUM? wird ungehört
in d eT Steppe verrinnen, durch die g eborsten en Ruinen
w ehen, versickern im Schutt d er Kirchen , gegen H ochbu nker
klatsch en, in Blutlach en fallen, ungehört, antwortlos, letzter
Tier schrei d es letzten Tier es M ensch -

all dieses wird eintreffen, morgen, morgen vielleicht,


vieJleicht h eute nacht schon, viell eicht h eute nacht, w enn - -
w enn - -
wenn ihr nicht NEIN sagt.

Walter N iedermayer · geb.1924 · Östen·eich

Warum ich den Frieden will


M ein Bruder wt1r mit de m Hitlerheer
ü 1 P olen.

Am c-rsten Tag klopfte er n och a n,


bevor e r in ein Haus trnt.
(Da lachten sie ihn aus.)
Am zweiten Ta g trat e r die Türen ein
und stahl den Bauern das Vi eh.
(Da wurde er g efeiert.)
Am dritten Tag
zünd ete er das Dorf an.
(Da nannten sie ihn einen Helden.)

Wi e w ar mein Bruder vor d em Krieg?

Leute, die ihn gut kannten, meinten,


cl aß er kein Bösewicht,
eher ein Schw ächlin g war.

In friedlich en Zeiten
- sagten sie -
wäre er kein Mörder
geworden.
Nikolai Sidorenko · geb.I921 · UdSSR

Wieder daheim
Krieg ... fre1ndes Stroh ... Frost, Sonne, Regen ...
Vier Jahre - eine lange Frist!
Verzeih, daß auf den staubigen W egen
m ein H eim mir fremd geworden ist!

Daß ich die dicke Zigarette


im Mund behalte, wenn mjt dir
ich spreche, knapp und grob, als hätte
ich jene Orte noch vor mir ;

Daß ich so stumpf noch bin; daß immer


im Schlaf ich k ommandier, verwirrt;
äaß mir's im stillen lieben Zimmer
oft eng und ungemütlich wird;

Daß ich herumgeh wie benommen.


Daß meine Schläfenhaare grau;
daß ich die Sachen, kaum genommen.
im Rucksack wieder gleich verstau!

Lang war der VVeg. Ich bin zu Hause,


und b in doch immer noch dabei;
Alarm! ... wie still ... ist's eine Pause?
Verzeihe mir, mein Lieb, verzeih!

Glaub mir, ich werd schon noch der alte


uud komme endlich ganz nach H a us!
Wenn zärtlich ich im Arm dich halte,
zieht auch b ei dir der Kummer aus.

Sieh: draußen wäscht die sta ub'gen. Äste


ein starker, frisch er Regen rein
und hüllt die Erde wie zum Feste
in duftige N ebelschleier ein .

( Alfred Kurclla)

357
Anna Achmatuwa , 1889-1966 · UdSSR.

Kinder sprechen
fo Gärten loht zum erstenmal der Mohn,
die Stadt ist sornmerfroh und atmet frei
den fri schen, salzig-würzgen Küstenwin<l.
Flußabwärts gleiten bunte Boote hin;
die sachten Schatten junger Llndenbäumchen,
der trauten Fremdlinge auf trocknem Asphalt,
sind wie ein glühend Lächeln ...

Da dringen herbe Klänge in die Stadt,


Chorst immen sind's - aus einem Waisenchor- ,
und keine hohem, reinem Töne gibt's,
nicht laut, doch hörbar auf der ganzen W elt.
Im Schalltrichter hallt h eute diese Stimme,
wie eine Flöte schrill,
wogt unter den
Kastanien der schwülen Stadt Paris,
aus öd gewordnen Städten längs des Rheins
und aus dem alten Rom.
Und prägt sich ein
wie einer Lerche Morgenlied und ist
jedwedem nah und ganz und gar verständlich .. .
Ob, der dies heutzutage spricht, ist der,
der über seiner Wiege Augen sah,
wahnsinnsverzerrte und entstellte Auge11,
die früher ihn allzeit so angeschaut,
als wären sie zwei Sterne -
es ist der,
de r fhgte:
1,Wann hat man Papa ermo rdet?»
Niemand wagt, ihm zu widersprechen, ihn
zu unterbrechen und ihn totzuschwatzen ...
Er, hellhäutig und blauäugig, er ist
der Sohn, der Enkel aller.
Schwören wir,
ihn für das Glück des Friedens zu behüten!

358 (l' ra nz Lesc:hJ1t1zcr)


Robert Roshdestwenski · geb.1932 · UdSSR

Requiem

Seid gedenk!
Mögen unzählige Jahre
vergehn -
seid gedenk!
Ihrer,
die nie mehr, nie mehr
wir sehn,
seid gedenk!

Weinet nicht.
Das Stöhnen
hinunterwürgen,
das bittere Stöhnen!
Seid
des Gedenkens
der Gefallenen
würdig!

Anatoli Lowitsch Kaplan· Das Denkmal für den Kommissar in Rogatschow


lmmerdar
würdig!
Mit Brot und Gesang,
mit Träumen und Oden,
mit Leben
groß wie die Erd'.
Mit jeder
Sekunde,
mit jedem
H auch Odem,
seid
ihrer wert!

Menschen!
Solang' eure Herzen
pochen ,
seid gedenk,
um welch
hohen Preis
das Glück e rfochten -
oh, seid doch
gedenk!

Wenn euer Lied


seinen HöhenOug nimmt,
seid gedenkf
Dessen,
der nie mehr
ein Lied anstimmt,
seid gedenk!
Euern Kindern
erzählet von ihneu,
auf daß sie
gedenk sind!
Deh
Kindeskindern
erzählet von ihnen,
daß auch diese
gedenk sind !
Fü.r aUe Zeil
der unsterblich en Erd'
seid gedenk!
Sooft zu Gestirnen
ein Weltraumsch iff fä11rt,
seid der Toten
gedenk!

Den F1ühling, den scheuen,


freudig emp fan gt,
M en sch d er Erd'!
De n Krieg
er schlaget,
den Krieg
ve rdammt,
M ensch en der E rd ' !

D em Traum,
und mögen J ahre vergeh en.
sei Leben
geschenkt 1 •••

Doch ihrer,
clie nie me hr, nie melu·
wir sehn,
bleibt - ich beschwö r' eu ch -
gedenk!

(Fmm. Le.s<'hnit:u.: r)

A lexander Twardowski · 1910- 1971 · UdSSR

Der Krieg
D er Krieg - wie gr ausam di eses Wort klingt.
Der Krieg - wie traurig dieses W o rt klingt.
Der Krieg - wie heilig clieses W ort klingt
in dieser Jahre RuJ1m und Leid.
Zu einem Wort, das leicht sieb losringt,
ist unser Mund noch nicht bereit.

(Ellen Zuuk)

Michail Dudin · geb.I9I6 · UdSSR

Utopische Verse

Ich bitte a lle, die leben


in vielerlei Ländern und Sprachen,
einen Tag bekanntzugeben,
den wir weltweit zum Festtag machen:
EIN TAG, AN DEM KEIN SC HUSS FÄLLT..

Und ist solch ein Tag uns gelungen,


könnten wir uns verbünden,
zur Freude d er Alten und Junge11
weltenweit zu verkünden:
EIN JAHR, IN DEM KEIN SCHUSS FÄLLT.

U nd ist solch efa Jahr uns geraten


voller Ruh, ohne jegliches Schieß en,
vergessen wir K1ieg und Soldaten
im Erdenrund, und wir beschließen :
EIN JAHRHUNDERT, l N DEM KEIN SCHUSS FÄLLT.

Und die Erde blüht auf bis zu Sternen,


wenn die Wunde der Menschh eit sich schließt,
u nd wir Menschen werden verlernen,
wie ein Mensch einen Menschen erschießt.
LEUTE, DAS WÄR EINE WELT!

(Helmut Prei.ßler)
Boris Sluzki · geb.I919 · UdSSR

Meine Genossen

In Panzern sind meine Genossen verbrannt,


verbrannt zu Asche, zu Asche, die fli egt.
Aus ihnen wuchs grünes, staubiges Gras,
Gras, das die halbe Erde bezieht.
Hoch flogen
mein ~ Genossen,
zerrissen,
zerfetzt
von Minen,
und viele entfernte, friedliche Sterne
sind angezündet
von ihnen.
Wir sehn sie in Filmen, mutig und stark,
wir reden von ihnen, wie man von Helden spricht,
und die, die einmal n eben uns saßen
sprechen leise mit uns, wie ein Gedicht.

(Axel Schulze)

Jewgeni Jewtuschenko · geb.1933 · UdSSR

Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Meinst du, die Russen wollen Krieg?


Frag, wo es schweigt, frag, wo es schwieg
im weiten Feld, im Pappelhain,
und frag die Birken rings am Rain.

D en russischen Soldaten frag,


bis dir sein Sohn die Antwort sagt
dort, wo im Grab der Vater liegt-:
Meinst du, die Russen woll'n,
meinst du, die Russen woll'n,
m einst du, die Russen wollen Krieg?
Nicht nur fürs eigne Vaterland
fiel der Soldat im Weltenbrand;
nein, daß a uf Erden jedermann
in Ruhe schlafen gehen kann.

Und jenen Kämpfer - frag ihn flink ,


d er an der Elbe uns umfing,
was tief in unsern Herzen blieb:
Meinst du, die Russen woll' n,
meinst du, die Russen woll'n,
meinst du, die Russen wollen Krieg?

Fern rascheH, rauscht, raunt das und dies:


D u schläfst, N ew York, du schläfst, Paris,
in tiefen Traum gewiegt, geschmiegt, -
meinst du, die Russen woll'n,
meinst du, die Russen woll' n,
meinst du, die Russen wollen Kiieg?

Der Kampf hat uns nicht schwach gesehn ,


doch nie mehr möge es geschehn ,
daß Menschenblut, so rot und heiß,
der bittren Erde werd zum Preis.

Frag Mütter, d ie seit damals grau,


und frag doch bi tte meine Frau!
Die Antwort in der Frage liegl:
Meinst du, die Russen woll'n,
meinst du, die Russen woll'n,
meinst d u, die Russen wollen Krieg?

Der Fischer weiß, der Schauermann,


der Arbeiter, der Bauersmann,
daß nur ein Narr sich so verstieg'
zu meinen, Russen woU'n,
zu meinen, Russen woll'n,
zu meinen, Russen wollen Krieg!

(Sigri<l Siermmd und FTaTl.2 Leschnitzer)


Stanislaw Wygodzki ·· geb. I907 · Polen

Statistik

Auch d ich vermerken Statistiken karg


in der Zahl der Vermißten,
- Vor mir Diagramme, Ziffern und Listen.
Ich seh einen Sarg.

In Millionen von Kindern, des Lebens b eraubt,


auch du einbezogen.
- Und nachts mein Schatten, schwarz und verbogen,
mit hängendem Haupt.

Gezählt auch d u in der Summ e der Qu alen


durch Krieg un d Brand.
- Ein fahriger Schatten steh ich gebannt.
vereist über Zahlen.

Nur Rauch der Verbrannten blieb schlängelnd zurück


und schwärzt clie Kolonnen.
Darin ein Strähn deines Blondhaars versponnen -
dein blauer Blick.

(Vi ctor Mika)

Leopold Stajf · 1878-1957 · Pol,m.

Friede

0 klarer Morgen der Welt!


W olken wandern und wechseln..
doch ihr Schatten tri.fft niemals
dein H erz., h ell von Sonne.
Was deine Hoffnung noch trüben mag,
wie wenig wiegt es - du kannst
es dem Vogel verschenken, der fortfliegt.
Vor d em Lichtist die Nach t ohne Waffen,
und die Freude kommt uns ins Haus.
noch eh wir ih.r öffnen.

(Paul Wiens)

Konstanty lldefon.s Galczy 1iski · 1905-1953 · Polen

Dithyrambos auf den Frieden


Du läßt mein er Leier die Sonne scheinen,
nun ist ihr die Sonne entstiegen.
Dank dir schlafen unsere KJeine n
mhig in d en Wiegen.

Dein Licht läßt die Erdenjahr e


fruchtbar verlaufen.
Dank dafür, daß die jungen Paare
Möbel sich kaufen.

Dir verdankt die Jugend in Seminaren,


daß die Schätze des Wissens sich häufen.
Dank dir rauchen cLie Kutscher im Fahren
auf dem Kutschbock die Pfeifen.

Dank datfü, daß auf den müd en Knien


der Großmutte r Kätzchen sich rekeln,
du Schöpferin heitrer Gedanken, die blü.heh,
du Betreuerin d er BibJiotheken.

Sej ohne Furcht, die Mörderhänd e


schänden Ölzweige nimmer.
Denn dein ist alles: AJ·beit, Talente -
für immer.

Unsere Auge n sind Wa ch en,


unsere H erzen - Schmiede.
Ich sing d einen gewaltigen Namen:
Frie de.

366 (E1-win Burkharu)


J erzy Walencz_rk - geb. 1927 - Polen

An einen unbekannten Deutschen


im Westen
Glaub ihnen nich t, w enn sie dir von mir sagen :
Er ist dein F eind, in d en Boden mit ihm,
Damit das neue Europa keime.

Glaub ihnen nicht, w enn sie dir sagen:


Zünde sein H aus an, glätte die Asch e darüber ,
Denn F euer und Blut erfüllen die Zukunft.

Halte mich nicht für ein en , der dich überfallen m öchte,


W enn dll im Garten besinnlich er Träum e wandelst
Zwisch en violetter Nacht und blühendem Morgenrot.

Der du m ein ferner Bruder bist, Freund


Mit fremd em Namen, unbekannten Zügen ,
E s ist die Stunde d er Reu e für Jugend in Uniform.

E s ist di e Stunde der Reu e für Gesten ohne Gefühl ,


Für Kraft ohne Mitleid , für Jahre ohne Grün.
Stund e der Reue, di e lauert unter Verlorne n in endloser Aussicht.

W olltest du wirklich di e Räume ver feind en ?


Würde das wirklich dein e Mutter freuen ?
Würde das wirklich die Liebe deiner Frauen wecken ?

l ch und du bedeuten nicht m ehr als sechzig Jah re,


Wir we rden geboren, wir zeugen , sterben ,
W einend, lach end , b etend.

Dort, wo zornige Eichen tags und n ach ts


Gege n de n flieh enden Himmel stünnc•n
Und k ein e Ruhe dem Zweig und d en Blättern gönn en,

Gibt es nur eine Erde, den alten, irrenden Na chtschwärme r.


Sichtbar im schwarzen Spiegel enthüllender W elten.
Möge das Leben der Weisen in Ft;eden ranken .

,368 (Ka rl Dellecius)


/Jlfred Margul-Sperber · 1898-,967 · Rumänien

Daß man auf Erden ruhig schlafen kann

Ich muß jetzt an die vielen Menschen denken,


Die ich in meinem Leben schlafen sah:
Jch muß 01.ich in ihr Dasein tief versenken,
Sie sind mir üruner nah, sind immer da.

So sehr verschieden sind hier im Bereiche


Des Schlafs die Dinge: keins d em andern gleich.
Nicht einmal jeder Atem is1 der gl eiche,
Und jedes Antlitz ist ein andres Reich.

Hier eines weich, gelöst, wie eine Welle


Veninnend sch on an des Erwachens Rand;
Das andre trotzig, rauh, in h ai-ter H elle
D em Hammerschlag des Tages zugewandt.

Manch e sind hingegeben ganz in Küssen


Und hnmer neue Nahrung sucht ihr Mund;
Und andre trauern, daß sie sch eiden müssen
Und ihre Schritte tasten fremden Grund.

Und eines lauscht und will sich noch besinnen


Auf ein Verlornes, das ihm alles war;
Das andre rauscht mit a llen seinen Sinnen
Talabwärts in die Morgenröte klar.

So sehr in ihrem Ton und Tun verschieden -


Sie habe n aUe eines doch gemein:
Sie alle a tmen tief das Ruhn, den Ftieden ,
Sie wollen ganz vom Schlafe trunken sein !

Ich muß an alle diese M enschen denken


Und spür's im H erze11 wie ein Feuer lohn :
Wie kann sich ihnen jetzt der Schlaf noch schenken,
W enn Mord und Untergang die W elt beclrohn?
Wie kann ich meinen T eil dazu entrichten
Daß wfr für immer brechen diesen Bann;
Daß wir nicht mehr der Fron des Blutes pflichten,
Daß man auf Erden ruhig schlafen kann?!

Konstantin Biebl · 1898-1951 · Tschechoslowakei

Ein Lied der Arbeit und des Friedens

Mädchen gehe n mit Geräten


und mit F1ühlingserde an den Stiefeln,
Burschen gehen, das Gesicht dem Sturm entgegen,
wie im Lied, das die Brigad e singt.

Hin zum Wald sich wendet die Kolonne,


wo die Tank- und Flugzeugt1·ümmer liegen,
deren brandzerfressen e Modelle
Warnungszeichen für so manch e sind.

W er sich nicht zur rechten Zeit entscheidet,


der hilft weder selbst sich, noch den andern,
gleicht dem Jagdflugzeug, das hier im Rasen
mit gelähmtem Rückgrat liegt.

Und er gleicht dem Tank, der ausgeschieden,


dessen Nilpferdhaut durchschlagen wurde.
Denn an uns a llein liegt zu entscheiden ,
w ie sich unser künft'ges Schicksal fügt.

Schon kam die Zeit,


da wir den Körper des Krieges demontieren ,
die Scha nde sein es Aasflefa ches
vermag nicht e inmal von selbst mehr zu verfaul en,

als hoffte sie, daß abermals -


und käm's aus Fernen -
nachts der Sirenen la nggezognes Jaulen
a nhüb, uns au s dem Schlaf zu schrecken.
370
ln die Armee der Traktoren
reiht heut sich der Soldat der Zukunft ein
und, ein Lled auf den Lippen, geh t er
dfo Quecke einzupflügen.

Auf den alten Schlachtfeldern


veThauchen die Flöten menschlicher Gebeine,
und überall im Terrain 1ingsum erhob sich der Kampf
für den Frieden.

(Louis Fümberg)

StanislavKostkaNeumann • 1875-1957 · Tschechoslowakei

Die Lindenallee

Die Lindenallee, die Lindenallee,


ein Weg in des Friedens Weiten,
der zarte Elbwind hat oft gespielt
auf ihren duftenden Saiten.

Sie pflanzte der Mensch, doch die Erde erhob


ihrer 'l'räumerein Kolonnade.
Prüf, Wandrer, dich, ob du würdig bist
ihrer grünen blühenden Gnade.

Und bist du ein Raubtier in Menschengestalt


von Ideen des Dschungels durchdrungen
dem aUe Verbrechen vom Diebstahl am Lohr,
bis zur Furie des Krieges entsprungen,

dann soll ihre1· friedlichen Bannmeile Grund


sich auftun und jäh dich verschlingen,
und näher ein Stückchen dem Augenblick
der Menscbheitsverbrüd'rung zu bringen.

371
Die Lindenallee, die Lindenallee,
wir werden sie weiterführen,
den bösen Geistern zu unserm Gefild
den Zugang abzuschnüren.

(Fra nz Pühmarrn)

Grigor Vitez · geb.191r · Ju_l{oslawien

Epitaph für einen Soldaten,


der fiel, als der Waffenstillstand
unterschrieben wurde

Di e Naclni cht flog schneller als der Vogel,


Schneller als der Wjnd,
Schneller als der Blitz,
Sie gin te vor Glück im Äther
Und kam doch zu spät.

Fiir jene, die gefallen sind, ist es immer zu spät.

Uud wäre sie 11ur e ine balbe Stunde früh er gekomm en.
er lebte noch.

Er reichte den Freunden die Ha nd und lachte.


Wäre sie nur einen T ag früh er gekommen,
es lebten noch viele von ihnen.
Wäre sie viel, viel früher gekommen,
es lebte n noch viele, viele von ihnen.
Viel, vieJ früh er hätte rue Nachri cht geschickt werden sollen,
No ch ehe die ersten To ten fielen.

(Manfrüd .liil1nic·h-c-r1)
Kajetan Kovic · geb.J931 · Jugoslawien

Herbst der toten Soldaten


Die Blätter fall en,
und auch wir sind gefallen in jenem H erbst
unter die schwarzen Blätter der Geschichte.
Fiir den Ruhm d es einen oder anderen Vaterlands
legten wir uns ohne Zögern todwund hin.

Wand erer, bleibe nicht steh en. Hier ruhen


die erfüllten Pflichten ohne Namen,
die gelösten Leben ohne Treueschwüre.
Wanderer, nein, kein Gedenken und auch kein Lösegeld
für unseren Tod, doch rühre niemals
in letzter Verzweiflung an unserem Staub:
Über uns, sieh,

Wachsen die Gräser ,


aus uns sprießt kein Samen
für ein e Wurzel mehr,
und w enn irgendwo ein Vaterland ist,
wir könne n ni cht mehr dafür sterben.

(Manfred .Jähni ch en)

Pawel Matew · geb.1924 · Bu.lgarlen

Die Signale
Die Invalicien gehen niemals leise.
Die Krücken klopfen, w e11n sie h inkend eile n,
auf Asphalt, Treppenholz und Eisengl eise,
in Bahnhofshallen und in Zugabteilen .

Sie poch en laut, die schweren Krücken , schlagen


hartnäckig die Vernunft wa ch, und sie sagen :
Wir waren Tannen einst im Wald, w ir hatten
für alle Kinder grün e Ruh und Sdiattc~u. 37.3
Die aus den Gräben wund davongekommen ,
haben uns dann zu kleinem Trost gen ommen ;
damit die Erde, stä ndig aufgestört,
des Krieges dumpfe Warnsignale h ört.

(Paul Wiens)

L ouis A ragon · J897- 1982 · Frankreich

Vorspiel zur Französischen Reveille


Der M en sch wo ist der M en sch Der M ensch
Zerfleischt zerschossen und zerrieb en
Des H eimat nur der Hohn geblieben
Gebra ndmarkt wie ein Vieh und w ie
Ein Vieh zum Schlachthau s fortgetrieberl

W o ist die Lieb e denn Die Liebe


Getrennt gebroche n und versehrt
Sie hat sich wie es ging gew ehrt
Mit letzter Kr aft daß sie vertrieb e
Verderbte Hand die sie entehrt

Sch on lassen sich die Geier nieder


Nach ihrem eklen M a hle satt
Verräter g rüßen tief und gl att
Platz da Dem blutigen Gefieder
Mußt überlassen du die Stau

Märty re-r blühen Flammenzeu gen


Der Ärgste zeigt die Besten an
KZ und F olter Schmerzgespann
Nichts fühlen und sich feige beu gen
Bis wann F ranzosen Sagt bis wann

1m Osten Sieg Dort fin g d er Sch atten


Im weißen Netz der Klarheit sich
0 Freih eitsmorgen Freue dich
Das Rot Auroras rot bestattet
374 Dort einen Sieger der sch on blich

,/

e I
/
-
~
'
Salvador Dali · Illustration zu «Jean sans Terre» von Iwan Goll
Und Waffen Woher Waffen nehmen
Beim Feinde müßt ihr nehmen sie
Genug des Wartens auf den Sieg
Genug genagt am Brot der Tränen
Kann sein jetzt jeder Tag Valmy

(Paul Wie:ns)

Andre Bormard · 1888- I959 · Frankreich

Beruf des Menschen


Beruf des Menschen: entgegenhandelnd ·zu siegen,
Man unterdrückt ihn : er erfi ndet das Recht.
Man blendet ihn mit Mys1ik:
er erforscht die W elt und ihre Gesetze.
Man raubt ibm seine Felder, sein Haus, sein Brot:
da macht er die Güter zum Eigentum aller.

Man vergiftet ihn mit luiegerischen Parolen.


Man verbrennt ihn, man zermahlt ihn. Mit Napalm, mit Atombomben.
Er ruft nach F1ieden, er ruft nach Frieden, er ruft na chF1iede.n.
Bis er ihn hat. Und für immer.

Jedesmal, wenn man ihn als Tier behandelt,


antwortet er als Mensch.

(Stephan Herml!n)

Jacques Pre:vert - I900 - J977 · Frankreich

Familienbild

Die Mutter macht Strickarbeit


Der Sohn macht Krieg
Sie findet das ganz in Ordnung die Mutter
Und der Vater was macht der Vater?
Er macht Geschäfte
Seine Frau macht Strickarbeit
sein Sohn Krieg
er Geschäfte
Er fi nd et das ganz in Ordnung der Vater
Un<l der Sohn u nd der Sohn
Was findet der Sohn ?
Er find et nichts absolut nichts der Sohn
Seine Mutter macht St1ickarbeit sein Vater Geschäfte er Krieg.

Wenn der Krieg zu E nde ist


wird er Geschäfte machen wie sein Vater
D er Krieg geht weiter die M utter macht weiter sie macht Strickarbeil
D er Vater macht weiter er m acht Geschäfte
D er Sohn fällt und macht nicht weiter
D er Vater un d die Mutter gehen zum Friedhof
Sie finden das ganz in der Ordnung der Vater und die M utter
Das Leben geh t weiter das Leben sam t Strickarbeit und Geschäften
Geschäften Kiieg Strickarbeit Krieg
Geschäften Geschäften Geschäfti gkeit
das Leben samt Friedh of

(Ku r\ Kusenberg)

J ean Cocleau · 1889-1963 · Frankreich

Habt, Mütter, ihr dafür


in Schmerzen geboren?
D ie Stad t besaß noch ihre Septem berbäume,
Allein die Gazetten verloren dramatisch e Blätter
U nd jed e Minute umschloß im sich wandelnden W etter
Ein Ende der Welt und der sa n ften antiken Träume.

Es triebe n, mit Stille gesegn et, des Abends Kähne,


U nd tot war die Stadt und das Fenster voll Nach t .. .
Nur eine Bcttle1in, unsichtbar, hustete sacht
Tm stumm en T empelschatten d er Madeleine.
377
Und sjehe, es regte erschreckend die Geographie
Die wirren zerstreuten Glieder, im Schlafe verloren,
Und in mir, unzähligen Abschieds gedenkend, schrie
Ein Mund: Habt, Mütter, ihr dafür in Schmerzen geboren?

Schlafen? Ich seh wie dies düstere Gänsespiel


Zum Totenkopf rückwärts uns zwingt, weil der Würfel es wollte,
So wie den Rekruten von einst, wenn das Los au f ihn fi el,
Ein Fetzen P apier mit Raubvogelschwingen um rollte.

Beginnt er schon mo1·gen, der Tag der Apoka lypse?


Noch schlafen die jungen Märtyrer tief mit roten
Wangen. Der Engel bewacht rnit F lügeln aus Glas und Gips,
Verratene Eltern, eure geliebten T oten.

(Friedrich Hagen)

Peter PVeiss , r916-1982 · Deutschland/ lebte in Schweden

Glaubt ihnen nkht

Glaubt ihnen nicht


wenn sie euch freundschaftlich auf d ie Schultern klopfen
und sagen die Unterschiede wären nicht mehr der Rede wert
und es bestände kein Anlaß mehr
zu Streitigkeiten
denn dann sind sie ganz auf der Höhe
in ihren neuen Burgen aus Ma1·mor tmd Stahl
von denen aus sie die Welt ausräubern
unter der Devise
sie verbreiteten Kultur
Paßt auf
denn sobald es ihneu gefällt
schicken sie euch
daß ihr ihre Raufen verteidigt
in Kriege
deren Waffen in der r apiden Entwicklung
der gekauften Wissenschaft
.immer schlagkräftiger werden
und eu ch in großen Mengen zerreißen

A rtu.r Lur1dkvist · geb. r906 · Schweden

Die Bäume

In langen Reil1en schwärm en die Baumpflanzer aus,


verteilen sich, eine Schützenlinie des Friedens,
blau gegen rote, n ackte Bergeshöhn.
Sie arbeiten, d er Erde Feu ersbrunst 'ZU löschen,
sie hacken Löch er , gelbrot wie aufgeschlagne Eier,
und setzen Pflanzen ein n:ut schlammigem Wurzelbund.

Flimmernd steht um sie das Sonnenlicht,


an ihren Hüten zerrt d er Wind.
Ihre Arbeit ist die Lie be, die Wälder schafft,
sie neigen sich behutsam, als setzten Menschenpflanzen sil-.
Schwarze Augenspalten schaun in eine Zukunft,
mit Bäumen angefüllt, grünschattig, blänersäuselnd.
Ja, sie wandern schon in Wäldern ,
die Wetter h emmen sollen, H ä user werden in den D örfern,
Schiffe auf den Flüssen, Tische für das Mahl
und Stöcke, in die Bilder eingesl.)hnitten werden,
schön aus Holz.

(f\.O.Schwede)

Elvi Sinervo · geb.19r2 · Finnland

Der Ruf des Menschen

Nicht tJ·äum ich von der Stätte


u11ter den Unsterblichen m eines Volkes.
Meine Zeit spannt sich vom Gestern zwn Heute,
und m orgen bin ich nicht mehr. 379
AJs Fra u bjn ich geboren, mit dem Herzen der Mütter
wird mein Herz von den Fäusten des aufsteigenden StUJ·mes
hin und her geworfen, es klingt wie die Glockenboje.
Auf den strömenden Wassern, a uf den Papierfetzen im Winde,
auf den Schwingen der Vögel
und in den Herzen der Menschen
schreibe ich mein Wort für die, die h eute leben:

Noch ist es Zeit, meiti Volk,


Dämme zu bauen gegen die Flut,
noch ist es Zeit, die Feuer zu entflamm en
gegen die Dunkelheit,
n och ist es Zeit,
den Freund vom Feinde zu scheiden ,
noch ist es Zeit zu sprechen
auf daß n ich t clie Waffen sprechen mögen,
noch ist es Zeit, mit der Stimme des Menschen zu rufen: NEIN!
Dies ist der Ruf des Menschen,
und nichts anderes ist heute wichtig.
Die Ströme führen ihn mit sich,
die Vögel tragen ihn auf ihren Schwingen,
der Wind glüht die Buchstaben, und die Menschenherzen klingen
wie die Glockenbojen jm Sturm von Ufer zu Ufer der Welt.

(Friedrich Ege)

Arvo Turtiainen · geb.1904 · Finnland

Hört das Wiegenlied am Himmel


im Winde
Sie sp rechen von Grenzen
unteT dem g renzenlosen Himmel,
sprechen vo11 Osten und ,'Vesten,
während der Wind vom Osten d en W esten,
der vorn Westen den Osten findet.
Sie sprechen von Krieg, von Haß.
doch hört das Wiegen lied
580 am Himmel im Winde:
Sch lafe, Kind, sang es
mit dem Mund der schwarzen Frau.
Schlafe, wachse, sang es wie
die Frau d es Chinesen.
Wachse zum Herrsch er des Friedens heran,
mH dem Mund der Frauen des Westens
sang der Wind sein Lied,
daß die Menschheit es höre.

Sie sprechen von Grenzen


unter dem grenzenlosen Himmel,
sprech en von Haß, von Krieg,
doch hört das Wiegenlied
am Himmel im Winde.

(Friedri ch Egi,)

Pete Seeger · geb.19.19 · USA

Sag mir, wo die Blumen sind

Sag m ir, wo die Blumen sind.


Wo sind sie geblieben ?
Sag mir, wo die Blum en sind.
W as ist geschehn?
Sag mir, wo die Blumen siJ1d.
Mädchen p Oückten. sie geschwind..
W ann wird man je verstehn?
Ach, wird m an je versteh n?

Sag mir, wo di e Mädchen sind.


Wo sind sie geblieben?
Sag mir, wo die Mädchen sind.
Wasfat geschehn?
Sag mir, wo clie Mädch en .sind.
Männer nahmen sie geschwind.
Wann wird man je verstehn?
Ach, wird man je verstehn?
Sag mir, wo die Männer sinrl.
Wo sind sie geblieben?
Sag mir, wo die Männer sind.
Was ist geschebn?
Sag mir, wo die Männer sind.
Zogen fort, der Krieg beginnt.
Wann wird man je verstehn ?
Ach, wird man je verstehn?

Sag, wo die Soldaten sind.


Wo sind sie geblieben?
Sag, wo die Soldaten sind.
Was ist geschehn?
Sag, wo die Soldaten sind.
Über Gräbern weht der Wind.
Wann wird man je verstebn?
Ach, wird man je verst ehn?

Sag mir, wo die Gräber sind.


Wo sind sie geblieben?
Sag mir, wo die Gräber sind.
Was ist geschebn?
Sag mir, wo die Gräber sind.
Blumen blühn im Sommerwind.
Wann wird man je verstehn.
Ach, wird man je verstehn?

(Max Colpet)

Phil Ochs · geb.I942 · USA

Ich marschier nicht mehr


Und ich schlug in der Schlacht von Neu-Orleans
Die englischen H eerscharen in die Bins
Und die Saat fing an in die Blüte zu schießen
Unser Blut Gng an in den Adern zu fließen.
Und jetzt marschier ich nicht mehr

Und ich machte meinen blutigen Schnitt


Irn steinigen Little-Big-Horn-Gebiet
Uud ich hört eine Handvoll ums Leben flehen
Und über ihnen kreisten die Krähen

Und jetzt marschier icb nicht mehr

Und d ie Oberen schicken uns in den Krieg


Aber wenn wir siegen1 ist's unser Sieg?
Was wir mit Bombern und Flinten erobern
Erobern wir fallend für unser e Obern

Und drum marschier ich nicht mehr

Und Mexikos Bauern stahl ich das Land


Erschlug meine Brüder unter General Grant
Ut1d meine Brüder erschlagend, schlug ich
Zum schlechten Ende doch immer mich

Und cL11m marschier ich nicht mehr

Und es schickten \ms unsre Obern


Nach Europa, D eutschland zu erobern
Ich erschlug eine MiUion, maybe, zum letzten
Ma1? Aber wenn unsre Obern sich verschätzten?

Und drum marschier ich nicht mehr

Ich hab Hiroshima zu Asch verbrannt


Hiroshima hat keiner meh r erkannt
Als Japa ns Metropolen in Rauch aufgingen
Fing an icb, meine Zweifel zu besingen

Ob ich wieder marschieren sollt

Schreit anders, Labor-Lords, wenn sich die Tore schließeo


Dahinter eure Mandanten Kanonenrohre gießen
Schreit nicht wie die United Fruit schreit
W enn sie von Castro empfängt den Enteig nungsbesch eid

Nennt es Verzicht oder Begehr


Ich marschier nicht mehr

(Hont Toma_ver)

Bob Dylan · geb. 194, · USA

An die Herren der Kriege


Kommt her, ihr Herren de r Kriege
Ih r Kanonenfabrikanlen
1hr Flugzeugfabrikanten
1hr Bomb enfabrikanten
Hinter den dicken Mauern
Hinter den großen Schreibtischen
Ich kenn euch, ihr H erren
Ich r eiß euch die Maske runted

Natürlich, ihr seid's nie gewesen


Ihr habt nie etwas getan
Lhr baut nur auf, um zu zerstören
Ihr spielt mit m einer Welt
Als wär's ein Spielzeug, das nur euch gehört
Ihr zwingt mich, das Gewebr zu nehmen
Und haut dann schneller ab
Als jede Kugel fli egen kann,

Wie Judas dam als


Lügt und betrügt ihr
Wollt mir w eismachen
Der nächste Krieg sei zu gewinnen
111 euern Augen aber steht Venat
Und ich durchschaue, was ihr denkt
Wie ich durchs faule Wasser blicken krutn
Eh ich es wegkipp.
Ihr baut Auslöser
Bereitet sie vor
And er e drücken sie ab
D ann macht ihr's euch bequem
Währenddessen steigen Börsenkurs und Todesrate
Ihr sitzt in euren Villen
Während die Jungs verheizt werden
Und ihr Blut sich ntischt mit Dreck und Schlamm.

Ihr habt die schlimmste Angst gebrach t


Die jemals jemand hat erdacht
Die Angst, in diese Welt
Noch Kinder auszusetzen
Und ihr bedroht bereits mein Kind
Das namenlos und ungeboren
Ihr seid nicht wert, daß Blut
Durch eure Adern fließt.

W eiß ich genug, damit ich


Reden kann vom Ändern?
Ihr sagt, ich bin zu jung
Und h ätte keine Ahnung
Eins aber weiß ich ganz genau:
J esus Christus, allen alles vergebend
Euch vergibt Mister J esus Christus nicht.

Ich frage euch:


Ist der Dollar euer Gott?
Glaubt ihr, ihr könntet Mister Jesus Christus mit Schmiergeld bestechen?
Ich aber sage eu ch:
Wenn ihr in die Grube fahren müßt
Nehmt eine andere Währung!

(UJI' Michc)
Walter Lowenjels , 1897- 1976 · USA

Der große Friede


Aus dem Jndianisch en

Was ist schöner


als das Land, das kein Grab hat,
weil da keine Furcht ist,
wo d er Mut nicht meh1· blutet,
weil da kein Feind ist,

wo die Kiieger der Hundert-und-Eins Nationen


entwurzeln die mächtigste Tanne
und in die Grube, die bleibt,
all. ihre Geschosse werfen,

tief in die Tiefe des Erdreichs


fall en lassen die Waffen
und den Baum wieder pflanzen. D ann,
wenn der Große Friede errungen is 1,

werden wir finden das Land,


wo die Wahrheit keinen Namen hat,
w eil da keine Lüge ist,
wo die Wobltätigkeit kein Haus hat,
weil da kein Hunger ist,
wo keiner ein Unbekannter
Soldat mehr sein muß
und keiner m eh r ein Prophe'l -
weil da das Licht d er W eisheit
scheint überall.

(Paul Wiens)

Charles Wliite , Ihr sollt die Erben der Erde sein


Jose Moreno Villa · 1887- 1955 · Spanien

Warum ist die Welt nicht mein Vaterland?


W enn das Licht des Fjordes m eine Lungen mit Balsam durchflutet
und bei der Negermusik m eine Füße verjüngen;
wenn ich manchmal ohne Brotsack durch die Sahara wandere
und manchmal auf einer Eisscholle nordwärts segle;
wenn ich den Rheintöchtern m eine schönste Begeisterung schuldig bleibe
und mir die W eine der französischen Landschaft gemundet haben,
warum ist die W elt nicht mein Vaterland?
W enn ich den russisch en Allbeseelten b egleite
und mit Gandhi um indisches Salz zu gewinnen gehej
wenn mich die Inselfelder d es Pazifik en tzü cken
und ich auf Skiern über die Alpen dahingleite,
warnm darf dann die Welt nicht mein Vaterland sein?
W enn das würzig gefüllte Weinglas mein Abendgebet darstellt
und das zähflüssige Bier m eine liebste Nahrung;
wenn mich Ro ms fröhliches Volksleben erheitert
und Hollywoods verspielte, scheinsüchtige Filmwelt;
wenn ich Ox:fords Regatten bejuble
und die schwankende Rikscha mich plötzlich an einen Rolls-Royce erinnert;
wenn ich die große alte Angst und das erregende neue Leb ensgefühl kenne;
wenn ich im argentinischen Tango untertauch e
und beim andalusischen Tanz meine Glieder löse;
wenn ich in den Schwimmsälen der Tschechoslowakei
neuartige griechische Sirenen entd eckt habe
und wechselweise türkischen Tabak mit Virginia r auche;
sagt mir, teure Freunde auf d er weiten Erde,
Männer der Kokoswälder, Frauen d er Orangenhaine,
Altmeister der Mikrosk op e und Hirten von Rentierherden,
Jungdamen in blauem Kimono und Parteisekretäre Moskaus.
Doktoren aus der Schule der vollendeten Weisheit,
Väter expressionistischer Malereien ,
Erfinder von allen m öglich en Geräten,
warum kann d ie Erde nicht einig sein ?

(Karl Jering)
Luis Cernuda · 1902-1963 · Spanien

Durango

Die Worte wünschten den Kriegern Ausdruck zu geben,


Schöne gefühllose Krieger,
Mit dem grauen M.orgen im Arm, wie einen Geliebten,
Olme sie ab1jehen zu lassen den Weilen zu.

Durch das offene f enster


Weist das Schicksal sein Schweigen;
Einzig Wolken mit Wolken, immerdar Wolken
J enseits anderer ähnlicher Wolken,
Ohne Worte, ohne Stimmen,
Ohne zu sprechen1 ohne zu wissen;
Letzte E insamkeiten, die kein Morgen erwarten.

Durango ist leer


Am Fuße von so viel unüberbrückbarer Angst;
Es weint für sich ganz allein die blutige Jugend
Der Krieger, schön wie Licht, wie Wogenschaum.
Überraschend lassen die Mauern
Zuweilen eine Hand wieder auffliegen;
Ihre halbgeöffneten Finger
Sagen niemandem Lebwohl,
Sie Wissen womöglich etwas, das in Durango nicht gewußt.

Im ermatteten Durango,
Voll Hunger, Angst, Kälte,
Denn seine schön en Krieger, sie brachten nur,
Sterlle Rasse in Blüte. Betrübnis, Tränen hervor.

(Eticb Arendt)
Vassilis Rotas · geb.1889 · Griechenland

Brüder, in diesem Frühjahr

Brüder, in diesem Frühjahr singen die Vögel nicht,


es singen die Waffen, die Gewehre sprechen.
In den Bergen ertönt das Lied der Partisanen!
Sie ziehn in den Kampf, doch nicht wie die mutigen Riesen der Sage
waffenstrotzend und mit goldenen Panzern behangen,
denn sie sind arm geboren, die H eld en u.nserer Tage,
Arbeiter und Studenten und Hirten und Bauern ...
Aber ihr H erz ist aus Stahl, ihre Hände sind eiserne Zangen,
Schweißperlen schmücken wie Kränze die Stirnen,
das Feuer der Jugend trägt sie, wenn den Feind sie vernichten,
des Sieges Gewißheit, wei l sie Tyran nen richten.
Ihr seid unsre Hoffnung, unser 18121,
Söhne des griechischen Volkes, haltet stand,
stfümt die Berge, stürmt in die Ebenen hinein
u nd tragt die alles erneuernde Freiheit ins Land.
Dann kehrt auch d er Frühling, dann kehren die Schwalben zurück,
dann werden wir Ostern feiern, und Frieden wird sein.

(Klaus, Dieter Sommer)

Giorgos Se.feris · r900-1971 · Griechenland

Hier enden die Werke


Hier enden die Werke des Meeres die Werke der Liebe.
J ene die einmal leben hier wo wir enden
w em1 es geschieht daß Blut in ihrer Erinnerung dunkeh und überfließt
mögen sie unser gedenken, der kraftlosen Schatten unter den Asphodelen ,
mögen sie dem Totemeich zu den Kopf ihres Opfertiers wenden:

Wir die wir nichts besaßen werden sie lehren den Frieden.

(Christia1l F.nzensberger)

390
Menelaos Ludemis · geb.1915 · Griechenland

Nichts hab ich zu sagen


Nichts als dies hab ich zu sagen.
Der Wind war wütig geworden.
Er stieß seine Krallen in unser lauwarmes Blut.
Er dörrte die Tränen auf unseren Augen.
Fort stürzten die Pferde, die Mähne nach vorn ,
wie der Rauch eines Schiffes,
das hindampft mit Rückwind.

Dies hat1 ich zu sagen und dies noch :


Hinter den Pferden, hinter den Fahnen von Rauch,
hinter all dem, was die Erde hat,
hinter dem Rücken des Lebens selbst
wa-r da eine Wolke, die ihren Blitz trug,
ihn hintrug und hin.hing zu H äupten unsrer Gelassenheit,
zu Häupten unsres unschuldigen Schlafs
und unsTer Liebe zu Häupten,
ja gerade zu I-Iäupten unserer Liebe.

Nichts als dies hab ich zu sagen:


Menschen, fürchtend das Weiß des Lichts,
Menschen, erbleichend vor allem Weiß,
sie legten an auf ein Schwalbennest,
grad als die· Kleinen sangen.
Und der Himmel zerflatterte blutig gefiedert.

Nichts hab ich zu sagen und ich verstumme.


Was zu sagen war - alles haben die Gräber gesagt.
Alles haben die Tränen gesagt, die Gewehre gesagt und die Kreuze.
Alles haben die schwarzen M antillen gesagt, schwarz,
und weiß - die weißen Gebeine.
Nichts als dies hatt ich zu sagen.
Nichts anderes hab ich zu sagen.
Und ich verstumm e.

(Paul Wien~)

391
Jannis Ritsos · geb.1909 · Griechenland

Brief an Joliot-Curie

Joliot, ich weiß: m eine Verse


sind ungeschickt, stammelnd ...
Mein Lied zieht dahin , grob beschuht,
benagelt gegen die Steine
des Wegs, den es zieht, unauJhörlich, entgegen
dem Tod für die Freiheit, den Frieden.

Hier sind wir, J oliot, mit anderen Brüdern,


im gl eichen Elend trafen wir sie,
ein en Bissen Brot kauend, vor dem zers1örten Haus.
Im Rucksack ihr Kind und Patronen ,
kämpfend für den Frieden
und in der Asche -des Brandes suchend
das Schloß ihrer Tür u nd die Spur ihres Lebens.
Drum schämt sich au ch n icht m ein Lied,
mit plumpem Schuh in Euern Reihen zu ziehen,
Euch kindlich mein H erz zu bringen
wie ei.n h elles Lamm, das der Bauer
der Freiheit und dem Fried en in die Schürze legt.

Hast Du, Joliot, von Großmutter Vajitsa geh ört,


als man sie mitnahm, um sie zu tö ten?
Sie wusch sich , zog sich das Sch önste an,
sie putzte auch ihre Schuhe.
Quer übers Faltengesicht ging ihr ein Lächeln breit
der Sonne ähnlich, die hinter den Dorfzypressen entschwindet.
Aus dem Mied er zog sie den schwarten Schal,
und sie tanzte im Hof des Gefängnisses.
Sahst Du sie nie, J oliot, Großmutter Vajitsa?
Du mußt sie gesehen haben, ganz gewiß ...
Hand in Hand tanzen d mit der Freiheit, dem F rieden .
Schön ist die Welt, Joliot,
wenn Großmutter Vajitsa ihren schwarzen Schal flattern läßt,
dem T od vor der Nase.
So schön ist die Welt,
daß wir sterben können,
39:2 den schwarzen Schal Großmutter Vajitsas haltend,
im Tanz mit ihr
für die Freiheit und den Frieden .

Joliot, sag unsern Brüdern,


sag Ehrenburg, Arngon, Nernda,
sag Eluard und Picasso und all den anderen,
sag ihnen, daß wir hier dreitausend sind,
die nichts weiter begangen haben,
a]s die Freiheit, den Frieden zu lieben, wie Ibr.
Sag ihnen, daß auch wir unsere Unterschriften
für die Freiheit, für den Frieden schicken,
damit es keine Deportierten mehr gebe
und kein Lager von Makronissos,
keine Nacht mehr an der Seite des Todes,
keine niedergebrannten Häuser,
daß man endlich auf der W elt ein schönes, mit Kalk
geweißtes Haus füru.ns aufrichte.
Mit Betten, die ganz weiß bezogen sind
und die man jeden M orgen aufschüttelt
für unsre Mutter Freiheit u11d ihre Tochter Frieden.

Konzentrationslager Ais Stralis,


im Novemb er 1950
(S tephan Hermlin)

393
Sie sind gekommen,
das Gift in der Hand
Den Tod unterdemArm
Den unwirklichen Schlaf

Alfred Hrdlicka · Fußballstadion Santiago


Henri Krea · geb. r933 , Algerien

Befriedigung
(Unmenschen vergessen schnell)
Sie sind gekommen, das Gift in der Hand
Den Tod unte r dem Ann
D en unwirklichen Schlaf
Sie haben uns gegen die Mauern gestoßen
Sie haben uns mit Feuer geblendet
Sie haben uns unter dem Eisen zerbrochen
Sie haben überall Tränen verbreitet
Sie haben das Leichentuch der Ebene mit Blut befleckt
Sie haben unsere Wohnungen geplündert
Sie haben an die Un wissenheit geglaubt
Sie waren überzeugt von ihrem Unsinn

(Werner Plurn)

Volkslied· Anfang des 20.Jahrhunderts - In.dien

Lied der Lastträger von Kaschmir


Dir meinen Gruß ich biet, o Mensch,
Friede mit Dir! - Dieses Gebet
Mir aus dem H erzen täglich quillt für Dich
Seh ich Dich wohl im ew'gen Kampf
Mit D einem eigenen Verstand,
Mit Deiner eigenen Verzweiflung,
So unvorstellbar tief, so unbegreiflich ,
W eit über D eine Kraft, sie zu bewält'gen.
Und dennoch, Mensch,
Geb ich Dir die Beteurung,
Die Sterne, die mir einst
Ins Ohr geflüstert dies Geheimnis,
Sind meine Zeu.gen:
Dein wird der Sieg am Ende

397
Und Frieden steigt für immerd aJ·
Zu Dir herab als eine Benedeiung .. .
Dir mein en Gruß ich biet, o Mensch!

(Stepänka Kompe11·ovä)

Zendijn Damdinsüren · geb. r906 , /11/ongolei

D er japanische Samurai
Der Inselteufel kam durchs Meer,
verbreitend tödliches Erschrecken,
das ganze Asien wollte er
im Würgegdff zu Boden strecken,
Der Samurai, der einst das Schwert,
jetzt als Bandit das Messer führte,
war schlau und wurde doch belehrt,
und er bekam, was ihm gebührte.
D enn seine Beute war der Fluch,
sein Kriegsgewinn die weiße Fahne,
die Meerf1ut war sein Leichentuch,
sein Grab der Grund der Ozeane.

(Waldemar Oege)

Kuan Chan · Lebensdaten unbekannt · China

Ansprache an einen toten Soldaten


des Marschalls Tschiang Kai-Schek.
Der Marsch in die vier Windrichtungen
Ist für dich zu Ende. Jetzt liegst tlu
Zwischen vier Fichtenbrettern.

Ourcb die sehr große Großmut d eines Korporals


Trägst du noch immer
D eine sehr dünne Uniform.
Der Korporal nahm einen langen Spaten.
Der Feldwebel griff nach rt er Waffe.
Vier Kameraden hoben dich auf.

Ihre Gesichter sind mürrisch


Obwohl du doch leicht bist:
Haut und Knochen.

Wenn der Zug vor d er Stadt ist


Ladet der Feldwebel sein Gewehr
Und d er Korporal reicht den Trägern d en Spaten.

Und der Korporal, er setzt sich an den Abhang.


Ans Verhökem ihrer Reisrationen denkt er.
Das wird Fleisch und Branntwein für ihn geben.
Und der Feldwebel, überm Abhang
Sein Gewehr h ält er im Anschlag.

Doch die Viere graben schwitzend


Ein Erdloch so lang wie du groß bist.
Und sie loben sich den vom siebten Zug
Den man kurzerhand in den FJuß warf
Daß er von alleine wegtrieb, ohne H ilfe.

Und so liegst du, rechts und links die Kameraden


Kameraden unter di r und Kameraden
Bald auch übel' dir. Und in paar Woch en

Grabe n Wind und Rege n eure Knochen aus, und die ihr
Auf die Freiheit wa rtetet ein kurzes Leben
Die i hr hier nicht liegen wolltet, liebe Freunde
Kommen w erden dann die wilden Hunde, wel che
Weg von hi er euch tragen werde11 .

(Bertolt Brecht)

399
Nasim Hikmet · I902-1963 · Türkei

Unsere Gedichte

Meine Brüder,
unsre Gedichte müssen sich spannen
vor den Karren des mageren Ochsen,
sie müssen bis zu den Knien
versinken im Schlamm der Reisfelder,
steJlen müssen sie alle Fragen,
einfahren müssen sie alles Licht,
unsre Gedichte müssen die Straßen säumen
wie Kilometersteine,
sie müssen das Warnsignal sein ,
wenn der Gegner naht,
sie müssen den Tamtam schlagen im Dschungel.
Und solang auf Erden ein einziges Land oder nur
ein ein:tiger Mensch noch versklavt ist,
und solang am Himmel noch bleibt
auch nur ein atomares Gewölk,
müssen sie hergeben, was sie haben, alles,
unsre Gedichte, mit Leib und Seele - der Freiheit.

(Paul Wiens)

Dhakin Godor Hmaing · 1876-1964 · Burma

Sendschreiben des Friedens


Brüder, erhebt euch,
alle gemeinsam,
fordert den Frieden, das Brot,
fordert das Gute vom Leben ~
friedliche lichtvolle Tage.
Dieses sagt mein Gewissen,
ihm gehorchend, sag ich es:
Blutigen Krieg bannt auf ewig,
ewig verspent ihm den Weg.
400 Unter dem Banner des einen ,
des einzigen , einigen Burma,
laßt uns zusammenstehen,
daß endlich die Nöte im Lande
den Schrecken verlieren.

0, ihr Brüder und Schwestel'n,


b egreift :
Dieses Einzige
muß uns gelingen,
damit auf den friedvollen Feldern
das Korn, das friedlich gesäte,
zu schweren Ähren gedeiht.
Laßt aJlen Völkern der Erde
in Harmonie uns verbinden,
laßt uns die Freundschaft begründen,
b egründen ein reicher es Leben
in einer r eicher en W elt.

(Helmut Preißler)

Schuzo Nishio , Lebensdaten unbekannt · Japan

Hiroshima

D er Morgen graute.
Das Feuer erlosch.
Von den leu chtend en Strahlen der Morgensonne übergossen,
zogen wir den Berg hinunter in die Stadt.
Wo i ch auch hinschaute, l agen die Toten.
Tote mit m ächtig angeschwollenen Brandblasen.
Tote, denen eine ö lige zähe Flüssigkeit
aus den Augen quoll.
Ich fürchte te mich sehr, mir wankten die Berne.
Ich konnte nicht weit ergehen.
Viel e Be kannte lagen unter d en Leiche n.
Die Stadt war zu Asche verbrannt.
Die Straßen lagen unter der Asche begraben.
Wir wateten durch sie hindurch.
Sie war noch heiß
Ein ekelhafter Geruch entströmte ihr.
Wir hielten uns die Nase zu.
Über die weiße Asche hinweg kehrten wir h eim.
Wo einst unser Haus gestanden hatte
erblickte ich
geschwärzte Mauern und verkohlte Balken.
Und - weiße Asche.
Brud er und Schwester fanden wir nicht -
nur Asche.
Gestern noch waren sie gesund mit uns zusammen,
jetzt sind sie diese Asche ...
Ich h ocke auf der Asche.
M eiJ1e Tränen fallen auf siP..
Wo sie niederfallen,
entstehen kleine schwarze Löcher,
viele, viele, viele kleine schwarze Löcher ...

(Thercs ßi1;e11-Hofm,rnn)

S.H. Vatsyayan Agneya · geb.1911 · Indien

Hiroshima
Eines Tages plötzlich
ging die Sonne auf,
doch, oh! nicht am Horizont,
rnitte·n in der Stadt:
sengende Glut,
<loch nicht vom FirmamerJl,
von der berstenden Erde.

Di e Schatten d er Mensc hen fieleu


rieb tungsl os
nach allen Seiten. Jene Sonne
war nicht im Osten auJgegangen, sie
regnete plötzlich
mitten hinein in die Stadt:
Das Sonn enrad der Zeit
Makoto Ueno · Es ist noch flicht zu spät
zerbrach
in al1e Richtungen zerfallend.

Einer Sekunde Sonnenaufgang!


Nur einer brennenden Sekunde
gleiß'ender Mittag.
Und dann?
Die Schatten der Mensch en wurden
nicht mehr länger: denn
die Menschen waren verdampfL
Ihre Schatten steh en jetzt
gezeichnet auf versengtem Gestein,
auf dem Beton verödeter Straßen.

Diese Sonne war Mensch enwerk,


den Menschen verdampfte sie zu Gas.
In Stein graviert
ein eingebrann ter Schatten
ist jetzt -
des Menschen Gefährte.

(lnme Wittig)

J\l/iha i B eniuc · 1907-t988 ·· Rumänien

Der Schatten von Hiroshima

Eines Menschen Schatten ist der Wand


Auf der Treppe zugesell t für immer.
D er Atomkrieg hat ihn eingebrannt.
Di e Erinnerung durch Jeere Zimmer
Bellt so unheilvoll, beult wie der Sturm
Um den schwarzen, ausgebrannten Turm.

T ot der Mensch. Der Sch atten a ber scbreil ;


«Meinen Menschen , wer h at ihn getötet?>>
Trümmer schweigen, wo zur Frühlingszeit
Sich am Pfla umenbaum die Blüte rötet,
Wo d er Frühling mit gebrochnen Sch w ingen
Au.s d ern Schutt versucht ans Licht zu dringen .

Hiroshima : Frauenbrüste zart


Stäubten fort wie Asche, Spinneweben.
Ihren Waisen blieb kein Leid erspa1t.
Schreit d er Schatten: «Kann es jemand geb en.
Kind und Mut1er fühDo s läßt vergehn?»
D er in dieser Flammengluten W ehn

Hiroshima! Eines M ensch en Traum


Wird als Schatten ewig i n dir bleiben!
W ächst das Blatt und fällt d as Blatt vom Baum:
Nur der Schatten läßt sich nicht vertreiben ,
Will nicht in der namenlosen Pein
Einsam ohne seinen M en sch en sein!

(<Bist du nicht m ein M ensch ?>, - halt er sie an,


Alle Men schen , die vo rüberkommen .
<<Nein, ich bin.'s nicht!» s prech en Mann um Mann,
«Arm.er Schatten , dem d er M ensch gen ommen!>>
W eiter forscht er, ohne zu verzagen ,
Alle M en schen muß er fragen , fragen ...

M enschen gehen durch der Straßen Zeile


Mit ger uh.igem , mit rasch em Schritt.
Nur de r Schatten bleibt, er bat nicht Eile,
Nieman d nimmt ihn auf die Arbeit mit.
Niemand kann man in der Sonne seheu
Ohne Sch atten durch d ie Straßen gehen.

Steht der Schatten reglos auf der Wach t,


Hält für i mmer hier g etreulich Wach e,
D aß nicht wiederkehre jen e Nacht,
Die Vernichtung sich nicht n eu entfach e;
Niemals einer Kem entfe ßlung Flamme
Wied er unsem M en sch enlenz verdamme !

(Alfr<\d M a rgul·Spcrber)
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Gabriele Mucchi · Gegen den Atomsturm


Stephan Herrn/in · geb.1915 · DDR

Die Vögel und der Test


Zeittmgeu melden,
daß unter dem Einfluß der Wasserstoflbombenversucbe die Zugvogel
über de r Süclst~c ihn, herkömmlichen Routen ändert en.

Von d en Savannen übers Tropenmeer


Trieb sie des Leibes Notdurft mit den Wind en ,
Wie taub und blind, von weit- und a ltersher,
Um Nahrung und um ein Geäst zu finden.

Nicht D onner hielt sie auf, Taifun nicht, auch


Kein Nelz, wenn sie was rief zu großen Flügen,
Strebend nach gle.ichem Ziel, ein schreiender Rauch,
Auf gleicher Bahn und stets in gleichen Zügen.

Die nicht vor W asser zagten noch Gewittem


Sahn eines Tags im hohen Mittagslicht
Ein höhres Licht. Das schreckliche Gesicht

Zwang sie von nun an ihren Flug zu ändern.


Da su chten sie nach neuen sanfteren Länden1.
Laßt diese Änderm1g eu er Hen erschüttern ...

Eugen Jebeleanu · geb.19n · R umänien

Requiem für die unbekannten Toten


Gedenken sollt ihr, ewiglich gedenken
der unbekannten T oten von Hiroshima:
des gramgebeugten Fischers, der ein n eues Netz
sich knüpfte, ganz aus Sonnenlicht die Maschen,
durch die
d es Ozeans Blütenwasser schimmerten
wie Veilchen voller Duft;
des Manns fo Sielen, der vor seinem Hause hinsank,
als er noch eben läch elnd seine Kinder
ein Tier - ein seltsames - bestaunen ließ,
ein altes Fahrrad, das er sich erworben,
und sagte : «Das fahr ich noch hundert Jahre»;
gedenkt der Mütter, an den Wiegen hingemordet,
und derer, die's am Arbeitsplatze traf;
des Mädchel'.lS, das nur eine Viertelstunde später
den Bräutigam gesehen hätte, der vier Jahre
schon an der Front war und verwundet heimkam;
gedenkt der Unglücklichen, die in Tempeln,
kühl schattend wie ein Quellgrund, beteten;
gedenkt der Kinder auch, die von der Schule
nicht mehr nach Hause kamen ; ihre Schürzchen,
verwaist im Winde flatternd , sind
ein Anblick, lTauriger a ls selbst der Tod . ..

Gedenken sollt ihr, e..,,viglich gedenken


der unbekannten Toten von Hiroshima ...

Und nie vergessen soUt ihr ihre Mörder-

(Georg Maurer)

Armin Müller · geb.1928 · DDR

Ich habe den Thunfisch gegessen


Zeit ungen b erichten di! VOn, daß mehrere japanische Fi~cber,
die na ch einem Atombombente.st der USA im Pazifik
Tbunliscbe gefangen und zu sioh genommen haben.
an langsam tötenden radioaktivt~n Verseut.hungen
erkrankt sind.

Legt,
was in den Händen ihr haltet,
das Blatt, den Lippenstift,
das Brot vor euch nieder,
laßt den Krug unberührt,
stellt den Motor ab,
grabt nicht tiefer jetzt,
h öct, was ein Fisch e r
euch sagt.
408
Mein Wort ist nicht böse,
es hat keine metallenen Flügel.
Es soll zu euch kommen
wie ein weißer Vogel.
In die Kissen soll es sich senken,
eine H andbreit zwischen die Liebenden,
in die Nester der Schlaflosigkeit.
Das Raunen soll es übertönen
und die Gebete,
das Ticken der Uhr
und den Wind.

Ich habe den Thunfisch gegessen.

Schwarz
ist die Sonne geworden,
wimperlos wie das Auge der Nacht.
Ertrunken sind die Segel
und die Muschelstirnen der Inseln.
Schwimmend, im sickernden Regen,
gleiten Kontw·eu von Hütten dahin.
Das dunkle Tuch,
auf mein Gesicht gefallen
wie ein böser Traum,
riecht nach den Leibern toter Fische,
nach Teer und nach Sand.
Nur die Erinnerung brennt,
die riesige berstende Wolke,
nammend wie zweihundert Blitze.

[eh habe den I7iunfisch gegesserr.


Datum darf ich nitht zu dir kommen,
meine Taube.
Die knisternde Nähe deines Haars,
das die Schultern mir peitschte
in den blauen Nächten ,
ist wie das Summen entglittener
Stunden. Der Kelch deiner Schenkel
öffnet sich, doch ich darf
nicht zu dir kommen.
Ich trüge cii r die Nacht in den Schoß.
meine Taube. Schwarze Früchte
müßten von deinem Herzen fallen ,
nein, ich darf nicht zu dir kommen.

Ich habe den Thunfisch gegessen.

Nach Salz schmeckt dein Haar


und nach Tränen, Gurrende.
Verzeih mir,
daß ich über deine Schultern spreche,
hinaus in den Sand, in das
schaukelnde Meer.
Doch ich habe Angst um die Liebenden.
Sie soll en mich hören.

Ich habe den Thunfisch gegessen.

Das Meer hat ihn ausgespien,


doch das Meer ist unschuldig.
Niemand darf es beschimpfen.
Blau wie ein Traum kann es sein
und schwari wie der Zor n.
Die silbernen Haie der Lüfte
verwunden es. Es wehrt sich .

Ich habe den Thunfisch gegessen.

Haltet die silbernen Haie zurück,


sonsl werden die Augen verlöschen
wie Kerzen im Wind,
Bäume zerbrechen wie Gräser
und Küsten ins Meer stürzen.

Haltet die silbernen Haie zurück.


So haltet sie doch zurück.
Nehmt,
was in den Händen ihr hieltet,
das Blatt, den Lippenstift,
das Brot wieder an euch.
Aber haltet die silbernen Haie zurück.
410 Hebt den Krug.
Toshiko Maru/ci · Friedensu1ün5che
Aber haltet die silbernen Haie zurück.
SteUt den Motor an.
Aber haltet die silbernen Haie zurück.
Grabt tiefer jetzt.
So haltet sie doch zurück!

Marie Luise Kaschnitz · 1901-1974 · BRD

Hiroshima

Der den Tod auf Hiroshima warf


Ging jns Kloster, läutet dort die Glocken.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Sprang vom Stuhl in die Schlinge, erwürgte sich.
Der den Tod auf Hiroshima waJ·f
Fiel in W ahnsiru1, wehrt Gespenster ab
Hunderttausend, die ihn angehn nächtlich
Auferstandene aus Staub für ihn.
Nichts von alledem ist wahr.
E rst vor kurzem sah ich ihn
Im Gatten seines Hauses vor der Stadt.
Die Hecken waren noch jung und die Rosenbüscb e zierlich.
Das wächst nicht so schnell, daß sich einer verbergen könnte
Im Wald des Vergessens. Gut zu sehen war
Das nackte Vorstadthaus, die junge Frau
Die neben ihm stand im Blumenkleid
Das kleine Mädchen an ihrer H a nd
D er Knabe, der auf seinem Rücken saß
Und über seinem Kopf die Peitsche schwang.
Sehr gut erkennbar war er selbst
Vierbeinig auf dem Grasplatz, das Gesicht
Verzerrt von Lachen, weil der Photograph
Hinter der Hecke stand, das Auge der Welt.

412
Rafael Alberti · geb.1902 · Spanien

Vietnam

Von Rom aus ertönt mein Ruf:


Hinaus, hinaus!
Hinaus mit den Gewehren und Kanonen,
hinaus mit den Raketen, mit den Fluggeräten ~
hinaus diese Fahnen des T odes!

Hina us m it dem, der den Frieden benützt,


um Unrecht zu tun;
hinaus mit dem, der zur Verteidigung des Friedens
andre Länder überfällt
und vorgibt, seine Fahne für den Frieden zu hissen,
um das Schicksal der Welt zu bestimmen!

Trauriger Friede, der du hin- und


hergezerrt wirst;
traurige Taube, die du erdolcht wurd est,
denn auch T auben können sterben!

Ich fordere den einzig möglichen Frieden,


den echten Frieden,
den Frieden mit dem einen Gesicht.
Ehe der Friede stirbt,
ertönt aus Rom m ein Ruf:
leb will F1ieden!

T6 Huu · geb.1927 · Vietnam

In wessen Namen
H e ihr Dämonen Bande
In wessen Namen
Schickt Bomber ihr Napalm Gütgas
Frieden zu würgen Freiheit
Schulen zu brennen Häuser der Kranken
Zu töten was lebt liebt
Das Kind überm. Malbuch Felder Früchte
Die reißenden Wasser Lieder Verse

In wessen Namen
Schippt Gräber a us ihr für w1sere Jugend
Stat1 daß sie Stahl gießt StTom ma cht

In wessen Namen
Schickt ihr uns in Wälder
Eisendrahtfallen Dschungelbastionen
Bebende E rde flirrender Himmel

Vietnam Land Fremder


Ein Kn abe schon Kämpfer
Kämpft Baum Busch Gras

Fluch euch Dämonen


Euch allen Verderben
Amerika hör mich
Schmerzschrei hör H aßschrei
Es schreit dein Sohn Kind des J ahrhunderts

(Achim Roscher}

Te Han.h · geb.1921 , Vietnam

Zwischen meinen Töchtern sitzend

Zwischen meinen zwei Töchtern


laß ich mich nieder: ich bin der Baum,
sie h ängen sich an mich, zwei Äste mit Früchten.
Zwischen meinen Töchtern sHzend, springt
froh mein H erz, a ls wär's daheim, im Süden.

Der Himmel ist blau, seit gestern ist Frühling.


Schmeichelnder Wind sn·eicht ums Haus. Alles duftet.
Ich lasse mich nieder im dämmrigen Zimmer.
Ins Dunkel dringen von beiden Seiten
414 me ine zwei Töchter, zwei Sonnenstrahlen.
Ihre kleinen Hände sind wie das kühle Rieseln
des Bachs, ihre Augen sind Sterne.
Mitten im Grünen laß ich mich nieder.
M eine Töchter : zwei leuchtende Blumen,
zwei Vögel, die mich umzwitsche rn.

Im Schoße des Friedens laß ich rnioh nieder.


Der kleine Schatten m einer zwei Töchter
ver scheucht den großen des Krieges.
Vier Jahre - die Ältere, zwei erst die Jüngste. U ncl d och,
mir zum Glück, sie behüten das Leben.

{Paul Wiens)

Leopold Sedar Senghor · geb. ,906 · Afrika f Senegal

Frühlingsgesang
Lausche, mein Freund , wie fern und dumpf der frühreife Sturm
Grollt wie das rollende Feu er im Busch .
Und mein Blut schreit vor Angst in der Ödnis, mein Kopf ist
zu schwer und ausgeliefe rt elektrischen Ström en.
Da unten ist plötzlich Gewitter , entflammt sind die weißen
Küsten, es brenn t der weiße Friede meines Afrika.
Und in den Nächten don nern gl'Oße metallene Risse,
Lausche nur, näher bei uns, zweihundert Meilen entfernt,
Schaka:lgeh eul ohne Mond und das Katzemniauen :von Kugeln,
Das kurze Gebrüll der Kanonen , die Schreie der Dickhäuter
dort von hundert T onnen.
Ist das noch Afrika, die bewegliche Küste, die Front, die
lange Linie von Stahl und Feu er ?
Höre doch den Orkan der fliegenden Festunge n, höre die
Luftgeschw ader schießen aus allen Rohren
Und die Städte zerschmettern so schnell wie der Blittz.
Die Lokomotiven springen über die Ka thedralen,
Und die stolzen Städte lodern gelber und dürrer als das
Buschgtas in der T rockenzeit.
Sieh wie die hohen Türme, der Stolz der Menschheit, gleich den
416 Giganten der Pa lmwälder niederstürzen im Geprassel von Gipsschul1,
Und die Gebäude aus Stahl 1rnd Beton zerschmelzen wie das
Wachs zu Füßen Gottes.
Das Blut meiner weißen Brüder kocht in d en Straßen röter a ls der Nil,
Und das Blut meiner schwarzen Brüder, der Senegalschützen,
von welchem jeder vergossene Tropfen ein Tropfen
Feuer ist auf meinem Schoß.
Blutiger FrühJing! Ist, Aföka, dies deine Botschaft?
0 m ein Freund, wie höre ich deine Stimme? Wie seh ich dein
schwarzes Gesicht, das meiner Wange so süß ist, meiner braunen Wange?
Wann muß ich mir den Mund und die Augen verstopfen?

(Janheinz .Jahn)

Louis Akin · geb.1927 · /Jfrika I Elfenbeinküste

Aus der Tiefe


meiner afrikanischen Wälder
Aus der Tiefe meiner afrikari ischen Wäldenief ich,
erlöst mich!
Von den weißen Zauberern, d en Menschenverscblingem,
erlöst mich!
Von eurer Zivilisation des Feuers, des Eisens und des Blutes
erl öst mich!
Von eurer Gerechtigkeit, die mich verschlingt,
erlöst mjch!
Von ew·em Frieden, der nur das Gewehr kennt,
erlöst mich!
Von eurer Brüderlichkeit, die Manigolo bejßl,
erlöst mich!
Von eurer Gleichheit, die meinen Schweiß ver7.ehrt,
erlöst mich!
Von eurem Gott, der nur Unterwürfigkeit kennt,
erlöst mich!
Von eurer Religion , die den Toten dient,
erlöst mich!
Von euren Priestern, die D emut predigen,
erlöst mich!
Von eurer Knechtschaft, die den M enschen entwürdigt,
erlöst mich!
Daß endlich alle Menschen schlechten Willens
verschwinden
und Frieden auf Erden für alle wird,
die guten Willens sind.

Aus der Tiefe meiner afrikanischen Wälder


verkünde ich meine Gewißheit~
alle Me11schen guten Willens
w erden sich erheben, vereint!
Und wahrer Frieden wird den Tod besiegen,
Brüderlichkeit wird den Haß ausroden!

Erst dann
wird es nur Menschen geben ,
einige M ensch en
im Ch or der glücklichen Völker,
im Tanz der Verbrüderung!

Nur M enschen wird es geben,


nur Brüder,
die ihre Hautfarbe vergessen,
begeiste11 in einem Wollen,
im Chor der vereinten Völker,
im Chor der jubelnden Völker,
trunken in Glück, in Friede und Liebe!

(Paul Schlicht)

Patrice Lumumba · 1925- 1961 · Afrika/Kongo

Schwarzer Mann, Lasttier jahrhundertelang

Schwarzer Mann: Lasttier jahrhundertelang


deiue Asche gestreut in alle vier Winde
während in riesigen Grabmälern, die du erbautest
deine Mörder den letzten Schlaf schlafen. Du wurdest
gejagt, gestellt, aus deiner Hütte vertrieben
mit brutaler Gewalt in Schlachten geschlagen -
jahrhundertelang: Barbarei! Blutbad! Schändung!
Dir blieb die W ahl: Tod oder Sklaverei.

Du gingst auf der Flucht in die Tiefen der Wälder


und andre Tode lauerten dir auf: brennendes Fieber

419
Valente Malangatana · Gefangene
Kälte, die Rache wilder Tiere, Schlangen
teuflische Ringe, die dich langsam zerdrückten ...
Dann kam der weiße Mann: Klüger, verschlagener, grausamer
er tauschte für wertlosen Plunder dein Gold
schändete deine Frauen, machte deine Krieger betrunken
pferchte in Schüfe deine Söhne und Töchter.

Die Tam-Tams dtöhnten durch alle DÖ1fer


weit ausbreitend die Trauer, den wilden Schmerz
die Nachricht vom Leid des Exils
in einem weit, weit entfernten Land
wo die Baumwolle Gott ist, der Dollar König
verdammt zu Sklavenarbeit, Lasttier
von früh bis spät unter brennender Sonne
damit du vergißt, daß du ein Mensch bist.

Sie lehrten dich singen zum Lob ihres Gottes


und die Hosiannas stimmten zu deinem Elend
gaben dir Hoffnung auf eine bessere Welt
jenseits - aber dein diesseitiges Herz
verlangte das Recht zu leben, deinen Anteil Glück.
Neben dem Feuer lagst du, in deinen Augen
spiegelten sich Leiden und Träume
du sangst die Kirchengesänge, sie gaben

deiner Traurigkeit Stimme und auch


deiner Freude, wenn in den Bäumen der Saft
aufstieg. Dann tanztest du
wild tanztest du im Dunst des Abends und
es sprang hervo r: lebendig und männlich
Glocke von En., durchklungen von deiner Qual
Jazz, mächtiger Klang, jetzt geliebt, bewundert
in aller Welt, Achtung dem Weißen abzwingend

und i.n klaren 1md lauten Tönen verkündend:


von Stund an gehört dieses Land
ihm nicht mehr. So ließest du deine Brüder
ihre Häupter erheben und klar vor sich sehen
die befreite glückJiche Zukun[1.
Die Ufer des großen Stroms, hoffnungsblühend
420
sind von Stund an dein, eile Erde und
all ihr Reichtüm ist von Stund an dein.

Die flammende Sonne im lichtweißen Himmel


schmilzt unser Elend in mächtiger Wärme.
Für immer werden ihre brennenden Strahlen
die Tränenflut unse'rer Ahnen trocknen, der
Märty rer unter d er Tyrannei unzähliger Herrn.
Und auf dieser Erde, der deine Liebe gehört
machst du Kongo zu einer Nation: frei, glücklich
mitten im Herzen des unendlichen schwarzen Afrika.

(B.K.Tragelehn)

Nicolas Guillen · geb.1902 · Kuba

Soldat, so rnöcht ich nicht sein


Soldat, das möcht ich nicht sein,
damit sie mir nie befehlen,
das Kind zu verwunden, den Neger,
den Unglücklichen, der nichts hat
als nur sein Hungerdasein.
So möchte Soldat ich nicht sein.

Sieh: auf zwei Beinen das Pferd


und über ihm hoch den Soldaten und
seine Augen voll Wildheit,
voll Galle den Mund,
den Säbel, der gleicherweis
die Frauen tötet und den Greis.
So möchte Soldat ich nicht sein.

Ach, die Züge voll Truppen,


wenn kalt der Morgen erwacht,
auf harten blutigen Schienen
rollt es an im rasenden Lauf,
um eü1en Streik zu ersticken
oder den Platz zu umzingeln, 421
wo Arbeiter stehen zuhauf,
So möchte Soldat ich nicht sein.

Wehe den Augen mit Binden,


da sie mit Binden nicht sehn!
Weh den gebundenen Händen
und Füßen, die kettenschleppend gehn!
Web den Soldaten betrübt, voll Pein,
die Sklaven des Obersten sind.
So möchte Soldat ich nicht sein.

Gäbe man mir ein Gewehr,


ich würde meinen Brüden1 sage11,
wozu es dient.
Meinen Brüdern Soldaten,
wozu es dient.
Aber mir gibt man es nicht,
weil ich weiß, wo.zu es uns dient,
dartun gibt man mir es nicht.
Sie geben es weder dir oder mir,
oder dir noch mir. Doch einmal, was für Soldaten werden
wir sein auf wilden hartmäuligen Pferden!

So möchte Soldat ich sein


der nicht beschützt die Zuckerfabrik,
eile nie sein eigen war,
der nicht wie ein roher Kasernentyrnnn
regiert, von allem Wissen bar,
noch auf dem Zuckerrohrfeld abzieht
die Haut der Sklavenschar,
wütend wie ein Sklavenhalter
und grausamer sogar.

Ein freier Soldat, ein Soldat,


nur dem Sklaven ver eint, in Treue unlösbar:
So möchte Soldat kb sein.

(Erich Areudt.)
Cesar Vallejo · 1892- 1938 · Peru

Die Vielen

Arn Ende der Schlacht,


und der Krieger war tot1 trat ein Mann auf ihn zu
und sagte 2 u ihm: 1,Stirb nicht; denn du bist mi r lieb!»
Ach, d er Leichnam starb weiter .

Und es kamen zwei Männer h erb ei und sprachen ihm zu :


<<Verlaß uns nicht! Schöpf Mut! Kehr zu uns zurück!»
Ach, der Leichnam starb weiter.

Und es k amen zwanzig, hundert, tausend ZLl Hilfe, fünfhunderttausend


und riefen: «Soviel Liebe, und sie vermag nichts gegen den Tod!»
Ach, der Leich nam starb weiter.

Und es umgaben ihn viele Million en


und es baten ihn alle: «Bleib, Bruder, bleib!»
Ach, d er Leichnam starb weiter.

Endlich umringten ihn a lle Menschen der Erde;


der Leichnam sah es und war bewegt;
richtete sich sehr langsam auf,
umarmte den ersten besten , stand auf und ging , . .

(Hans Magnus Enzensbcrger)

MiguelAngelAsturlas · 1899-1974 · Guatemala

Brandopfer
Von Mensch enfackeln aufflamn1t,
zu Asche gebrannt Freiheit, dein Name.
Es verglüht die Orangenschale
m it dem Opfer, das sein Läch eln hinspannt.
Freiheit, zu dir, Mutter, Göttinnen glei ch,
verdammt, wenn ihm du Amme bist,
der in deinem Namen zerstört und Blut vergießt
in Vietnam und Amerikas Mestizenbereich.

Die Handvoll Glut, die ein Mensch war ,


im Nu in ein Luftgebilde verwandelt,
Brandopfer auf dem namenlosen Alta r,

Opfer im Beisein der Bestien, golden,


mit Jungeulachen Verbrecherbande
in einem «W estern» aus lrren und Trunkenbolden.

(Erich M endt)

Otto d'Sola · geb. 1912 · Venez uela

Bevor die Flugzeuge kommen,


die die Städte anzünden werden
Wenn diese schlafenden Kinder sterben
in der Morgenfrühe sich öffnender Lilien,
wenn diese Mauern sterben unter dem tnoosgrauen Mond,
sollst du, um uns nicht grausam zu verletzen , alles begr aben ,
schweigsamer Totengräber.

Die Nelke und die heitere Pflugschar verlangen nach Vergessen,


während die Schmetterlinge warten, um die Leichen zu küssen
auf nassen Kräutern.

Totengräber, der das Fallen der Mauern fühl en wird


und das Schreien erdrückter Kinder,
wirst du die Morgenfrühe einsargen
im Grab des Neb els?

W enn unter diesem fernen m oosgrauen Monde alles stirbt,


mußt du, um uns nicht grausam zu verletzen, alles begraben,
schweigsamer Totengräber.
lose C/emente Orozco · Die f!Vahrheit - verdreht, deformiert, verstümmelt
und mit Dreck beworfen ·
Jo se, ru enturelli . E s. wird
. nichts vergessen!
.,..,<?P.-
Gib acht, die Kinder nicht zu vergessen,
die den Geschmack jungen Kornes habe n !
Gib acht, die Mauem nicht zu vergessen,
die den Geruch der Geschichte haben!
Gib acht, die Frühe nicht zu vergessen,
die den Klageton verwundeter F löte hatJ
(Eric.h Arendt)

Elvio Romero · geb.I927 · Paraguay

H eut singen die Soldaten

H eut singen die Soldaten .


Vielleicht ist es d eT reinste Sang i11 diesem Krieg.
Vielleicht ist ihne n der Mund von Nelken voll
oder der Kopf von der Ungeduld des Regens.

H eut singen die Soldaten.


Vielleicht wegen dieser Sache gestern,
als sie nah am Kreuzweg den Tod erblickten,
wie er ihnen drohte, den Schneid abzukaufeu.

Heut singen die Soldaten.


Vielleicht auch ... Oder einfach nur
a us Liebe, aus Zärtlichkeit, aus Trauer
oder wegen jener Nachricht, die den Pulsschlag höher jagt.
wenn ein Leben sich in Leidensch aft verzehrt.

(Pritz Rudolf Fries)

Ernesto Cardenal · geb.1925 · Nikaragua

Psalm 5
H ör meine W orte, H err.
Hör meine Klagen, H err.
H ör meinen Protest.
Du bist Gott
und kein Freund von Diktatoren.
Du folgs t nicht ihrer Polüik.
Du achtest nicht
-auf ihre Propaganda.
Du hast mit
Verbrechern nichts gemein.

Sie reden vom Frieden


und steigern die Rüstungsproduktion.
Sie r eden vom Frieden,
im geheimen bereiten sie Krieg vor.
Ihre Reden sind unaufrichtig
w ie ihre Presseerklärungen.
Du, Herr, wirst mich
vor ihren Anschlägen retten.
Die ganze Nacht lang
streuen ihre Sender Lügen aus.
Verbrecherische Pläne füllen
die Akten ihrer Büros.
Sie sprechen mit dem
Mund der Maschinengewehre.
Ihre Zungen sind
glänzepde Bajonette.
Laß scheitern ihre PoliLild
Bring ihre Pläne durcheinander!
Verhinder e ihre P rogramme.

W enn die Sirene h eult,


wirst du mir beistehn.
Meine Zuflucht bist du
am Tag der Bombe.
Wer den Parolen nicht glaubt,
den segnest du.
W er den Kampagnen nicht traut,
den segnest du,
den umgibst du mit deiner Liebe
wie mjt Panze1wagen.

(Stefan Baciu)
Victor Jara · 1938-1973 · Chile

Der Hoffnung Stern

Schon wieder wollen sie mein Land


durchtränken mit des Volkes Blut
mit ihrer schwarzen Mörderhand
und schrein, das tut der Freiheit gut.
Die Mutter reißen sie vom Kind
und m achen Kind und Mutter blind
und richten wieder auf das Kret1z,
das Christus schon zu lange trug.

Mich schrecken all die Schrecken nicht,


mit denen unsres Elends H errn
drohend an unsrem Wege stehn,
denn uns gehört der Hoffnung Stern,
und der wird niemals untergehn.

Ja, sie verbrämen ihre Schmach,


die seit Jahrhunderten regiert,
doch mit des M ordes Farbe bleibt
auf ewig ihr Gesicht beschmiert
So viele tausend starben hin,
haben ihr Blut dem Volk geweiht
und haben doch mit ihrem Geist
das Brot des Sieges ausgeteilt.

Mich schrecken all die Schrecken nicht,


mit denen unsres Elends Herrn
drohend an unsrem Wege stehn,
denn uns gehört der Hoffnung Stern,
und der wird niemals untergebn.

(Hrinz Kahlau)
Günter Eich · 1907-1972 • BRD

Denke daran ...


Denke daran, daß der Mensch des Menschen Feind ist
Und daß er sinnt auf Vernichtung.
Denke daran immer, denke daran jetzt,
Während eines Augenb licks im April,
Unter diesem verhangenen Himmel,
Während du das Wachstum als ein feines Knistern zu hören glaubst,
Die Mägde Disteln stechen
Unter dem Lerchenlied,
Auch in diesem Augenblick denke daran!

Während du den Wein schmeckst in den Kellern von H.andersacker-


Oder Orangen pflückst in den Gärten von Alicante,
Während du einschläfst im Hotel Miramar nahe dem Strand von Taormina
Oder am Allerseelen tage eine Kerze entzündest
auf dem Friedhof in Feuchtwangen,
Während du a}s Fischer das Netz aufholst über der Doggerbank
Oder in Detroit eine Schraube vom Fließband nimmst,
Während du Pflanzen setzt in den Reis-Terrassen von Szetschuan,
Auf dem Maultier über die Anden reitest -
Denke daran!

Denke daran, w enn eine Hand dich zärtlich berührt,


Denke daran in der Umarmung deiner Frau,
Denke dara11 beim Lachen deines Kindes!

Denke daran, daß n ach den großen Zerstörungen


Jedermann beweisen wird. daß er unschuldig war.

Denke daran:
Nirgendwo auf der Landkarte liegt Korea und Bikini,
Aber in deinem Herzen.
Denke daran, daß du schuld bist a'O allem Entsetzlichen ,
Das sich fern von dir abspielt -

<JöO
Gerd Se,r,,mer · 1919-1967 , BRD

Atomgedicht 57

Achtzehn Professoren durchbrachen


das tobende Schweigen det· Schallmauer,
aufgebaut von bezahlter J ournaille
um den Massenmordplan.
Aber meine H erren, was geht denn Sie das an?
Sie ,glauben, daß man einfa ch h ereinreden kann?
Das ist doch Politik, wovon Sie nichts verstehn!
Sie sind gar nicht gefragt!
Keine Diskussion! Weitergehnl

Seit Generationen wuschen sie


die Hände in reiner Wissenschaft. Die Folgen
haben sie nie gewollt. E ndlich
machten achtzehn den Mund auf, Männer
zeigten Herz.
Aber meine Herren, was gehen Sie die Folgen an?
Sie glauben, daß man einfach hereinreden kann ?
Machen Sie Ihre Arbeit, wovon Sie was verstebn!
Haben Sie denn kein Berufsethos?
S ie sind außerdem gar 11icht gefragt!
Keine Diskussion! Weitergehn!

«Ihre Kinder an sich drückend


stehen die Mütter und
durchforschen a ngstvoll den Himm el
nach d en Erfindungen der Gelehrten.~,
Aber meine Herren, was gehen Sie die Kinder an?
Sie glauben, daß man einfach hereinreden kann?
Das ist unsere Politik, wovon Sie nichts ve rstehn!
Überlassen Sie das den Fachleuten!
Es wird geschossen!
Keine Diskussi0n! Auseinandergehn !

431
Han s Magnus Enzensberger · geb.1929 · BRD

sozialpartner in der rüstungsindustrie

ein anblick zum zähneknirschen sind


die fetten eber auf den terrassen
teurer hotels, auf den golfplätzeu
sich erholend von mast und diebstahl
die lieblinge gottes.

schwerer
bist du zu ertragen, niemand
im windigen trenchcoat, bohrer,
kleinbürger, büttel, assessor, stift,
trister dein gelbes gesiebt:

verdorben, jeder nasführung aus-


geliefert, ein hut voll mutlosen winds,
eigener handschellen schmied,
geburtshelfer eigenen tods,
konditor des gifts, das dir selbst
wird gelegt werden.

freilich
versprechen dir viele, abzuschaffen
den mord, gegen ihn zu feld zu ziehn
fordern dich auf die mörder.
nicht die untat wird die partie
verlieren: du: sie wechselt nur
die färben im schminktopf:
das blut der opfer bleibt schwa rz.

Günter Grass · geb. 1927 · BRD

Am Ende
Männer, die mit bekanntem Ausdruck
zu Ende denken,
432 schon immer zu Ende gedacht haben;
Wieland Förster. Martyrium
Männ er , denen nicht Ziele - womöglich möglich e -
sondern das Endziel - die entzahnte Gesellschaft -
hinter Massengräbern den Ptlock gesteckt hat;
Männer , di e aus der Summe datierter Niederlagen
nur eine n Schluß zieh en: den rauchverhangen en Endsieg
auf griindlich verbrannter Erde;
Män,ner, wie sie auf einer der täglich en Konferenzen,
nachde m sich das Gröbste als machbar erwies,
die Endlösung b eschließ en ,
sachlich männlich beschlossen haben;
Männer mit Überblick,
denen Bedeutung nachläuft,
große verstiegen e Männet ,
die ni em and, kein warmer Pantoffel
hat halten können,
M ä nner mit steil er Idee, d er T a t platt folgten,
sind endlich - fra gen w ir uns - am E nd e?

N icolas B orn · 1937-1979 · BRD

Gedicht

Es ist doch viel los a:n einem Tag wie heute


wieder schwer e Verluste auf b eiden Seiten
m ein Kop f der träumt wird nich t abgeschlagen
das ist d er Vo11eil dieser Gegend
in ruesem Zimmer hier nur Seitenstich e
und von d rauße n ungefährlich e Ge räusche
(wenn ich aufspringe ist nichts gewesen)
für jed en Atem zug von Mr.Nixon muß einer dran glauben
für jed en Schritt v on Mr. Nbrn n muß einer dran glauben
während ich mich rasiere beseitigt er schon
seine frischen Fing erabdrücke und liest
die Kriegslyrik vom Tage
es ist eine Lust jed en Tag zu ste rben
und am M orgen wied er an seinem Platz zu steh en
ich bin mit Strauß zu gleich in N ew York gewesr·n
(das w a r keine Verabredung)
434 wie in M a nhattan b1ingt er überall
die Wienerwald-Hennen zu fall und macht sie fe tt
fix und fertig für den Verzehr
so vergeht eil1 gn:ißes Gefühl nach dem anderen
und die Natur bleibt gleichgiillig
einige Leute verschwinden nicht einfach oder
können die Schnauze nicht halten
andere Leute können nicht kommen
m eine Freunde legen sich mit politischem Gesocks an
in kritischem Dialog womöglich
meine Tochter ist vier Monate alt
und wichtig für die Zukunft der Welt
sie hat erst wenig Haar und ich mag si e sehr
ich zeig ihr die Vögel am Himmel sie sieht sie nicht
es ist schön daß wir uns so ähnlich sind
die Taube auf dem Baum könnte ein Geier sein
und du und ich ganz braun
tagsüber müßten wir versteckt leben
nachts käme Nachschub an W affen und Proviant
sie weiß nicht daß sie das Kind eines deutschen
Prospektors ist
ich hoffe sie ist einverstanden
daß in diesem Gedicht nicht geschossen wird

Walter Bauer · 1904-1976 · Deutschland/ Lebte in Kanada

Eines Tages werden wir aufwachen


und wissen
Eines Tages werden wir aufwachen and wissen,
Daß wir zu wenig getan haben oder das Falsche,
Wir werden uns sagen, daß wir mehr hätten tun sollen.
Aber was? werden wir fragen - und: wann hätten wir es tun solJen,
Hatten wir jemals Zeit, uns zu entscheideu?
Und dann werden wir wissen, daß über uns entschieden wurde
Von Anfang an, weil wir es so wollten.
Keine Ausrede mehr: die Zeit ist vertru1. Keine Beschönigung mehr;
auf unseren Händen liegt Asche.
Bei jedem Schritt stäubt sie auf. Asche. Asche.
4ö5
Wir werden uns dann eines Glanzes erinnern,
Der uns blendete vor vielen Jahren, daß wir erschauerten,
Eines Windhau ches werden wir dann gedenken, d er uns traf,
Uns aufriß und dann zerBoß,
Wir werden dann fragen: Wann war das? Wann der Blitz d es Lichtes?
D er Windhauc.h: wann?
Wir werden uns erinnern, daß da etwas war voller Verheißung,
Aber kaum noch sagen können, was es war und daß es Aussichten
gab für uns,
Pfade, für uns allein gemacht -
Nur: daß da etwas war, d em wir nicht folgten -
Und hinzufügen: daß wi1· keine Zeit hatten, leider -
W eil wir die Zeit vergeudeten in kleiner, abgegriffener Münze.
Und von d em Aufblitzen d es Lichtes und d em Windhauch blieb nichts.
Nur Asche.

E rnst JandL · geb.1925 · Österreich

Im Schlaf
er traf einen baum.
er baute darunter sein haus.
er schnüt aus d em baum
ein en stock heraus.
der stock wurde seine lame.
die lanze wurde sein gewehr.
das geweru· wurde seine kanone.
die kanone Wtll'de seine bombe.
die bombe traf sein haus und riß
den baum au den wurzeln aus.
er stand dabei und staunte,
aber auf wach te er nich t.
Hugh NlacDiarmid · J892 -1978 · Schottland

Wenn ich kein Soldat wär


Wenn ich k ein Soldat wär, sagte ein Soldat,
was würde ich wohl sein? Ich wäre sicher kein
(und das scheint mir recht gewiß zu sein)
Geldbaron oder Rüstungsschieber,
Bezirksdiktator, Unten1ehmensbefehler.
Vermutlich wär ein Arbeiter ich bloß,
der Sklave von 'nem lizenzierten Stehler,
einer der Verbrecher, die ich jetzt schützen muß!

Wenn 1ch kein Soldat wär, sagte der Soldat,


ich würde arm sein und wahrscheinlich abgerissen
und erleiden das furchtbare Hungernmüssen
von Hunderttausenden meiner eigenen Art.
Und das würde mich zum Roten machen,
zum Rebellen, den niederknüppeln uncl niederschießen
solch feige Bestien - wie jetzt ich eine bin!

(Günter KUJ1ert)

Ronald Butlin · geb.1949 · Schottland

Mein Großvater träumt zweimal von Flandern


Mein G roßvater träumte, er quä lte sich ab zu sterben,
und kein er half:
er träumte, er ging durchs Schlachtfeld in Flandern
und sah die Kompanien toter Männer,
deren Brülln et noch immer hört. Nacht für Nacht.

Die Gegend war eine Frau, gekleidet in Rot,


er sah sie hastig umschmeichelt von einer Million
Männer mit Seitengewehr. Das Gesicht der Frau,
als sich s ihm zuwandte, wandelte seines zu Stein,
und oben die weißen Wolken wirbelten wahnwitzig.
437
Mein Großvater träumte, er war sechs Jahre,
und eine Frau, in Blumen od er in Blut,
führte ilin auf das Schlachtfeld in Flandern;

er sa h die Gedächtnis-Mohnblüten, die vergessenen.


verstreut auf d en Dielen
und die Zimrnel'decke wild kippend
und schlingernd die Lampen
- w1d Schatten, quellend aus der Finsternis,
winkten ihm von überallher.

Er sah die Frau Blurnen streuen auf ein Bett,


dann nahm sie, ih.r beizu..liege11, die Schatten
einen nach dem andern, und einen n ach dem a nderen
sa h er verfliegen.

(Peter Gosse)

Sidney K eyes · geb. r<J22 · England

Kriegsdichter

Ich bin's, der nach dem Frieden sa h und fanc1


Mein Auge do mbewehrt.
Ich bin's, der nach dem Worte g riff und fand
Pfeile in meinen Händen.
leb bin der Ba uherr, der ein gleitPnd Land
Umzog mit starken Wänden.
W erd e ic:h krank oder irr,
Spottet nicht, schließt mich ni cht c:1n;
Lange ich nach dem Wind,
W erft mi ch nicht matt:
Ist mein Gesicht au ch ein brandrnürbes Buch
Und eine wüste Stadt.

(Wolfgang C.Dcppe)

438
Carl /i,mil Eng/und · 1903 -1961 · Schweden

Nach der letzten Atornbombe


All es ist still.
Ewigkeit lauscht in d en Raum hinein,
kein Sommer erwartet Briefe 111.il der Posl..
Ruhig ist die Ruhe schweigsam das Sch weigen,
<ler Unwissende tut keinen F ehltritt
<ler Gelehrte steht in seiner eigen en S pur.
Niemand leiht länger ein Trosteswort,
Leuchte oder Glauben -
Schweigen steht in d er engen Straßenki-euzung
und wärmt die H ä nde mit der Leere.
Regen streifL über öde Städte,
da s Mär ch en verlöscht im letzten Feuer.
Stille, Stille -
Angst und Unruhe r eiste mit d em M ensche n fort.
Des Fried ens weißes Evangelium
schweift e insam umh<'r mit d em Mond.

(Nell_y Sachs)

Robert Lowell · 1917-1377 · USA

Ordentlicher Professor

Kri ege ließen d ie klassischen Sprachen verstummen .. .


Der Pro fessor hat seinen ordentllch eu Lehrstuhl,
Tinte träuft ihn1 aus W arzen und Runzeln der H aut,
Und Dünste von Bosheit, Gemeinpl atz und Lust -
S tt•ts wenn er kräcbzt, muß ein Rivale verschwinden,
Sein e Ph onotippse hat das absolute Gedächtnis,
Die Studenten kritzeln - Natürlich , w ir haben die Bomben:
WasfelzlL, sind die Nerven, den andern eins aufzuspielen,
Ostdeutschland und Polen in zwei Tagen zerschmellern,
Ganz Rußland im nuklearen Taifun verbrennen,
Und Kairo, D amaskus, China in die Steinzeitbomben.
439
So einen Machiavell kann man jederzeit kaufen;
Er spielt seit zwanzig Jahren den stark en Mann,
Stets derselbe, weil er immer denselben Kohl kaut,

(Karl Heinz Berger)

Günter K.unert · geb. I!J29 · DDR

Ich bringe eine Botschaft

I
Und die beißt: Keine Sicherheit. D er auf Frieden
Hofft wie auf das Stillestehen der Zeit,
Ist eill Narr. W ohl: Die Waffen ruhen
Ein wenig, und die T oten der letzten Schlachten
Ruhen ein wenig, d och
Die Lebenden ruhen nicht.

II
Der im stahlta pezierten Felsenzimmer
Die Raketen richtet
Auf d ie Brust seines Kameraden drüben, auf
Dessen Mutter und Stadt und Feld und Land, muß
Wissen, daß
Auf der anderen Seite die g leich en Ziele
Anvisiert werden: Sicherheit
Findet sich im Nirgendwo. Nicht getroffen
Von dem alles verheerenden Schuß
Werden einzig die Generationen, die vorher
Ins Nichts sich begaben.

I1I
Mit bleichen Gesichtern
Durchblättern am frühen Morgen die Städter
In den rollenden Zügen die Zeitungen hastig:
Wie steht der Kampf
In den brennenden Dschungeln von Laos,
Auf der anderen Seite des Erdballs?
440 Mühselig buchstabierend lesen sie die Nam on
Äußerst fremder 01"te und Generäle, die
Sie gleicbgiiltig ließen, ahnten sie nich t:
Ihn en
Erwächst Gefahr.

IV
Durclutie noch stillen Wälder -ziehen sich
Panzergräben
Auf den Landkarten erst, doch wer durch die Wälder
Geht, spüret
Schon einen Haud1.

V
Tödl ichem Gas gleich
Wallt über uns die Gewohnh eit: wem es ni chts
Ausmacht
Mit einem Bein in1 Grabe zu stehen, wird bal d'
Mit beiden drin liegen.

VI
Auf ei nem Vulkan läßt sich leben, besagt
Eine Inschrift im zerstöi·ten P ompeji.

VII
Und die Bürger der vom Meere geschluckten
Ültschaft Vineta
Bauten für ihr Geld Kirch en, d eren Glocken
Noch heute mancher zu hören vermeint, sta ll
Einen schützenden Deich .

VIII
Der ich ähnlich vielen , wenig
Neigung verspüre
Mein D asein fortzuführen
Als unterseeisch es Geläute, als mehr od er
W eniger klassische Inschrift,
Blinge nur eine kurze Botschaft: Keine Sichet'heil
H eißt sie.
IX
Solange die Zerstörung eintJ·äglicher ist
Denn Aufüauen, und
Solange
Nicht abgeschafft sind,
D erer di e Einträgli chkeit ist, solange
Wird vielleicht hin und wied er sein: F.in w enig
Ruhe. Sicherheit
Keine.

Adolf Endler · geb. 1930 · DDR

Im Truppenübungsgelände
bei Bitburg (Eifel)
Wir lagen beieinander,
tmd ich deckte dich mit den Händen zu.
Ich bedeckte deine Braue, d ein Au ge,
und ich bed eckte deinen Atem.

D eine Haare glänzten im San d.


Solch es Haa1· h ab ich einmal bluten gesehn .
Solches H aar h ab ich auf weißem Sand bluten gesehn.
Es war ein März vor elf J ahren.

Scharf schnitt der Wind in d iesen Mä rz vor elf J ahren,


er schliff sich sch arf an Bombengeschwad ern und Schüssen,
ein W i nd, der sichelte Haar und Kopfhaut
und die Hand, die Haar und Auge und Brau e und Kopfüaut zudeck t~.

Wir l agen heut beieinander,


und ich deck te d ich m it b ebenden H ä nden zu.
Am Himmel erschienen d rei schnelle Schatten,
kam ein rasches, scharfes Geräusch : DTei
Si ch eln sausten am Himme l.
A . Paul Weber · Der Trommler
Heinz Kahlau · geb.19p · DDR

Das hier ist Wahrheit

Ich hörte:
Wolken sind über den Völkern
von allen Atomexplosionen.
Sie werden h erunterkonµnen.

Ich las:
Winde si nd aufgekommen
überm Pazifik,
die Staub mit sich tragen.
Sie weh en über die Erde.

Ich sah :
Fische wurden gefangen
im Meer von Bikini,
die hatten drei Köpfe.
Sie schwimmen in alle Meere.

Ich weiß :
Kinder wurden gebo ren
in Nagasaki
von menschlichen Müttern.
Es sind keine M enschen.

Was immer gelogen wurde


i n Zeitungen, Rundfunkstationen
und Kinos,
das hier ist W ahrheit.

Wann ist das Brot, das ich esse,


kein Brot mehr?
Wann ist der Wein, den ich Lrin ke.
kein Wein mehr?
Wann ist das Kind, das ich zeuge,
kein Kind mehr?

Wenn der Fisch vom Pazifik


444 auf unserm Tisch steht1
w enn der Wind von Bikini
durch unser Haar weht.
W enn die Wolke von Bikini
auf uns niedergeht.

Sarah Kirsch · geb. 1935 ·DDR/ lebt in der BRD

Wenn er in den Krieg nn1ß


Ich schwinge mich in den Apfelbaum
knüpfe mich fest mit meinen Haaren
ich will auf dich warten Goldener
einen Monat oder mehr im Wind

Ach grei ft da der Wind


rüttelt Regen den Baum
Sonne zersägt schon das Kleid
ach wenn der Liebste nah t in der Flammenwolke
steh ich n ackt

den Vögeln Brot und Haus


d en Vögeln die es nicht gibt
ich geh schwanger mit Nachtigalln Liebster
warte auf dich komm sieh mich an

Karl Mickel · geb.I9J5 · DDR

Sintflut 612

l
Die Sintflut ist über u ns
Über uns hereingebroch en
18 000000 Wo,1.e
Für den Frieden g,e sprochen
Wieviel davon entfaUn auf dich?
Schnell! rechne ctir's au s
Es ist ge nug, es ist genug
Papier für eill Doch übers ll aus 445
'2
Auf jeden Mann entfalln
Auf W eib und Kind gleichwohl
80 t Sp1·engstoff
Tri-Nitro-Toluol
Soviel davon entfällt auf dich!
Schnell! grab dir ein Haus
Mach's lan g genug, mach's breit genug
Und hoch für Mann und Maus

Zueignung

D eine Familie -z.B.


Gü11terl repräsentierl
320 t
D enn Ihr seid zu viert

Bernd .lentzsch · geb. 1940 ·DDR/ lebt tn der BRD

Ohne Aussicht auf Besserung

Das parkt im Auto im A utokino.


Das liebt Blumen : weißer Flieder
Blü ht j ns kleine Hirn, das ist frei wieder,
Von Bombern kein e Spur,
Ve rgessen, verflogen ,
W enn der weiße Flied er wieder blüht
l m Autokino : das alte Lied.
Rede der See und dem Lande,
Daß sie uns günstig sind!

Peter Fisch.er-Sternaux · Frieden


Hanns Cibulka · geb. r920 · DDR

Inschrift für Hiroshima


Was nützen uns
die Loten Liebenden?
Solln wir gleich jenem Hirt
vor vielen tausend Jalu·en
das M enschenbild
mit einem Stück verkohltem Holz
von neuem an die feuchten
Höhlenwänd e malen?

Friedrich Wolf· 1888- 1953 · DDR

Glockenstimme

Es gibt Poeten, die sagen:


Der Sturm setzte die Glocken in Gang -
Oder:
Geister, die in d en Lüften klagell,
Zerrten am Glockenstrang.
Aber
Das ist faules Gerede,
Denn der Mensch ist es, der jede
Glocke bewegt,
Der Mensch ist es, der Mensch.

Es gibt Reporter, die deuten


Mit zitternder Kehle daraufhin :
Nur einmal
lm Jahre werde diese Glocke läuten,
Nur zur Weihnacht, das sei ihr Sinn.
Aber
Vielleicht wird gerade diese Glocke sprechen.
W enn Menschen Kerkermauern zerbrech en
In einer a ndern Nacht,
Weil es der Mensch ist,
449
Der die Glocke zum Schwingen gebracht.
Weil es der Mensch ist, der Mensch.

Es gibt Priester, die sagem


J ene Glocke läute nur ganz zart
<,Friede auf Erden!»,
Weil Maria das Kindlein getragen
Und Christus geboren ward.
Aber
Wer sagt euch, daß nicht einmal jene Frau
D en Glockenstrang wird fassen.,
Damit alle Frauen auf die Straßen
Eilen, mit Hämmern und Beilen
Den gierigen Kriegsgöttern
Das Maul zu verkeilen,
Damit kein Sohn mehr am Kreuz muß leiden,
Damit keine Söldnerlanze ihm öffnet die Seiten,
Daß nicht weiter die H erren schuldlos lächeln,
Während die Verdammten am Querholz verrö.cheln -
Denn auch das ist Menschenstimme,
Wenn in wildem Grimme
Die zarte Glocke ihr Sturmlied gesungen,
Von einer Mutter am Stra ng gescbwun.gen
Für den Sohn,
Für den Sohn,
Für des M enschen Sohn.

Paul Eluard · r895- t952 · Frankreich

Schwestern der Hoffnung


Schwestern der Hoffnung o tapfere Frauen
Gegen den Tod habt ihr ein Bündnis geschlossen
Die·Tugenden der Liebe zu einen

0 meine überlebenden Schwestern


Ihr setzt euer Leben ein
Auf daß das Leben tiiumphiere
D er Tag ist nah o meine Schwestern der Größe
Da wir la ch en der Worte Krieg und Elend
Nichts wird mehr sein von dem was Schmerz war

J edes Antlitz w ird Anrecht auf Liebkosungen haben.

(S tephan Her1J1lin)

Guilleuic · geb. 1907 · Frankreich

Der Sinn für den Frieden


Ein Baum , den kann man fälln -
Wie wollte er sich dagegenstelln?

Es braucht dazu eine Kleinigkeit;


Arbeit und W erkzeug, mehr oder weniger Zeit,
J e nach dem Werkzeug - und schon sieht man ihn falln .. •

Ein Vogel, so was läßt sich herunterholn:


Ein Schuß, ein oder zwei Steine -
Und schon r egnet's Fedem ...

Ein Stier oder ein Roß -


Das ist schnell umgelegt : der Schußkeil
Ist kinderleicht

Zu handha ben für Bub wie Mädel -


Ka nn da wer widerstehen dem Mörder ?

Der Blick natürlich, aber wenn der Mörder


Nicht hinsieht oder wenn ihm a lles eins ist -
Was macht es da noch, wenn man ihn ansieht?

Einen Menschen auch,


D en kann man niederlegen so wie einen Vogel -
Und aus viel geringerer Näh!

451
Ein Baum, ein Vogel1 ein S1ier, ein Roß,
Ein Kind , ein M ensch -
Sieh hin: schon geschehn!

Aber, m eine Freunde, wenn wir aJle da stem1:


Was wagten sie
Gegen uns alle?

Was wagten sie


Gegen die Völker. die widersteh11?

(llelmut ß arlusc:hek)

Arno R einfrank , geb. 1934 · BRD / England

Wir müssen sorgen,


daß uns Frieden bleibt
Wir müssen sorgen, daß uns Frieden bleibt,
daß dies ein Flugzeug vor die Wolken schreibt,
daß es a11 allen Zäun en lesbar wird,
daß es libellengl eich das Ohr umschwinl.

Wir müssen Sorge ti-agen für ein kleines Kind~


das leis sein neues wollnes KJeid besingt,
wir müssen sorgen, daß kein Mann sein W eib verläßt,
wir müssen sorgen für ein großes Frühlingsfest.

Wir müssen sorgen für ein Paar, das sich verliebt


in einem dunklen T orweg Küsse gibt,
und sorgen müssen wir für Essen und Gebet
und daß kein Mensch mehr betteln geht.

Wir haben Mühe, daß die Brücke nicht zerfällt,


daß uns beirn Stunn das Fenster n icht zersch ellt ,
daß sich ein Kranker über unsre Blume n freut
und daß der Gärtner seinen Samen streut.
Wir haben Mühe mit der nackten Not,
mit c.i ner Wand , d ie urm.ustürnen droht,
und daß die neuen ITäuser bald b ewohnbar sind.
Wir müssen sorgen , daß im Park der Brunnen sp ringt.

Wir müssen h elfen, wenn ein Vater wortl os weint,


und sorgen, daß sich Milch mit M eh l zu Brot vereint
und daß im Herd das Feuer nie verlischt.
Wir müssen sorgen, daß ein M örder n icht entwisch 1.

Wir müssen achten, daß ein Zug uns nicht entgleist


ur1d daß d er Fluß uns nicht die Dämme niederreißt,
wir müssen sorgen, daß uns nichts in s Unheil treibt
und daß d er Schüler es schon an di e T afel schreibt:

Wir müssen sorgen, daß uns Flieden bleibt.

/trieft Arendt · 1903-1984 · DDR

Elegie
in mcrnoriam Alb~rt Einstein

Ein Weiser aber,


bevor er starb: Er
h ob nor.h einmal
seine Hand . . . und angestrengt
vor Warnen war der Raum.
D a wdkten schon und wie vom Rande
schmcrzen-egte r See
die Schatten seines Mundes. Doch
voller Deutung war nnd ga nz
im a ufgefangnen Lichte dunkler Sterne
die letzte Stunde:
W eltgeclichl der Zahlen!

J edoch:
die lland stand unbewegt.

453
Wind auf den Flächen
des Alls. Leben Tode -
Schmerz! Ausgerissen
die Schwingen Gottes, die Gedanken
lagen, verstreut.
Du aber im Nachtgrund,
Fliegender, fern
der weißen Wange deiner Erde,
dem Kinderstaunen
von Wipfeln und grasleisem Mond:
todabgeschieden
unter den ferngesteckten Gestirnen abnt
ein Walten dein Herz.
Vernimm d en Ton: Schweigen ...
ein Denken, alterlos
der Welt: die scbma lgebogene
Brücke!

Oder schreckt es dennoch


tief um dich in dir
und du erinnerst den Schmerz
im altersgefurchten Rembrandtgesicht,
dies Wissen
unterm Lid, zurückgehalten,
wurzelhart, ein Schatten?
Wie schnell eudet der Mensch .. . und wanken erst,
die ihn überdauern ein en Atem lang,
die Berge, erlischt,
was menschlich war,
im Aug ihm ... und zerdrückt ist
sein Stolz, Schmetterlingsflügel im Sturm.
Noch gebt wie unter traumwärts
fliehenden Wolken still
dein Fuß, und
zerbrochen schon
ist, die dich trug,
die dünne Schale der Erdl'~

Blut quillt,
immer wieder das Blut!
464
Verbirg, aschkalten Herzens, Bruder
verbirg deine Hände! Deck zu
die mitwissenden, die
zu schweigen verstehn :
Finger, die warfen Blatt um Blatt
auf den besudelten Tisch beim argen Spiel,
nicht aufzuschauen, da
der Würger umging. Deck zu,
Elender, daß schlafen du magst und,
inmitten des Todes,
gesicbtlos.

Aber war nicht, sagt es,


sagt das gültige Wort: war,
wo im Buchenwald
der große Liebende, hier,
einem Herzschlag lauschte, nicht
der sichre Ort? Und sang
er nicht einst? - Kahlgeschlagen
sein Berg, Sand und kaltes Erstarren:
die ungesch lossenen Wunden !
Und unter den Rinden
die fingerlose Angst!
Nacht du d er Nacht:
felsennagender Schatten
a,n unserm Herzen!

Noch deine Bäume, Deutschland,


wissen zu viel.

Rene Schwachhofer · r904-1970 · DDR

Aber die Tafeln künden den Frieden


Wir vergessen es nicht:
Die Ströme, von BJut durchflossen,
Tödlich d er Hin1mel, die Lüfte -

465
Und suchten vergebens
Im Morden den Sinn -
H eiJ3er brannte die Sonne,
Tiefer flogen die Schatten.

Sie aber rufen ihn wieder,


Den Krieg: die Träger
Des Goldes, Satte, Barbaren,
Und schleifen den Frieden.

Inr wächsernen Städte, darüber


Schwärzer d er Himmel wogt,
Und es fallen in die Täler
Die Bc1·gc - o versteinerter Schmerz!

Du kennst die Höllen,


Und wer die Ilöllen schuf,
Den Abgrund, den unmeßbaren -
Aber du und ich,
Alle gemeinsam, wir trf->ten
An für den Frjeden.

Unzerreißbar das Gelöbnis,


Das tönend-klare,
Glüh end die .Flarnmschrift des Herze ns
Der Gemordeten A.nruf,
Die 1)·änen d er Mütter -
Sie begleiten uns.

Vergiß das Vergessen -


Aber nicht das Grauen, die Untat.
Es gehen deinen Schdtt die Millionen.
Es rufen deinen Ruf die Millionen.
Und deine Kraft: die Millionen.

Auf den Tafeln tragen


Den Namen des Friedens,
Ein unzerstörbar Erz,
Die neue Sonne !

Hans Theo Richter, Schützende Hände


Sturm webt gewaltig
Den Frieden der Völker -
Wahrheit, Gerechtigkeit, Frieden,
Sie bekränzen die Welt bald.

Im eigenen Feuer,
Im Abgrund,
Elend verbrennen die Brenner.

Werner Bräunig · 1934-1976 · DDR

Du, unsere Zeit

Sicher blühten die Blumetl


auch vor tausend Jahren schön,
und manchmal klang sicher ein Liebeslied
jn eines Herbstwindes Wehn.

Und sicher steigen die Schwalben a uch


im nächsten Jahrtausend zum Licht,
und die Erde wird sicher viel freund licher seilt
und schöner das Menschengesicht.

Aber ganz sicher waren die Sterne


der Erde noch nie so nah,
und der Himmel sah sicher noch nie eine Zeit,
da solch ein Beginnen geschah.
Noch nie. Und die Liebe war nie st1 bedroht
und doch nie größer als heut.
Du, unser Jahrhundert: Es beginnt erst der Mensch
in dieser, unserer Zeit.

Die Liebenden werden sich abends am Fluß


auch in tausend Jahren noch küssen.
Doch nie wieder w ird sein: Schon lieben zu dürfen
und doch noch hassen zu müssen.
Kito Lorenc • geb.I9J8 · DDR/ Sorben

Heimfahrt durch Belorußl and im Schnee

Westwärts wieder jagt der Zug


den Rhythmus der Schienenstöße.
Tage, zerstoben wie Funkenllug ...
Beta Rus
vor mir in winterlicher Größe
winkt letzten Gruß.

Doch plötzHch - der Rhythmus verwirrt sich;


Vaterbruder, Mutterbruder,
Onkel Orge, Onkel Hans.
Winter einundvienig -
vergaß ich ihn ganz?

Vaterbruder, Mutterbruder,
verzeiht, ich vergaß!
D enn ich war bei Freunden
und wir hatten Spaß.
Ich vergaß zu fragen,
ob ihr gut ruht,
Onkel Orge, Onkel Hans
unter Schnee w1d fremder Sterne Glanz,
und wie euch das tut
ohne Kreuz, obne Kranz.

Ob ihr hier gu t ruht,


denn wir waren ziemlich laut
und wir tranken gut,
tanzten belorussischen Tanz.
Onkel Orge, Onkel Hans,
un d ihr hattet doch auch eine Braut.

Vaterbruder, Mutterbruder,
wir hätten heut so schöu
zusammen heimfahren können,
wärt ihr damals nicht so hergefahren.
Doch wir haben ja fünfundsechzig.
Onkel Orge, Onkel Hans 459
unter Schnee und fremder Sterne Glam.
Und meine Vergeßlichkeit rächt sich,
und ich muß nach so vielen J a hren
an diesem Zugfenster stehn
und eure Namen n ennen
und sichtlich ohne Grund
losheulen wie ein stummer Hund -

denn draußen, schn eeweiß, steht Mutter Rela Rus


und w inkt mir freundlichen Gruß.

llja Ehrenburg · 18,p-1967 · UdSSR

Der Sputnik

Es liegt der Hauch einer rührenden Treu e


in diesem Namen aus uralter Zeit ,
obwohl a ll e Welt das unerhört Neu e
in ihm sieh t, umjubelt oder verschreit.
Und angesichts dieses winzigen Funkens
am Himmel , frag ich nlich, ob man wohl weiß,
daß da ejn andrer, nicht sichtbarer Spu tnik
seit vierzig J ahren die Erde umkr eist?
Seit jenem Spätherbst; er stieg a us den \IVeiten
der Wälder Rußland s, dem traurigen Land,
in die leeren Himmelsränme d11rch Leid en
und Hoffnungen eines Volkes e ntsandt,
der sein e Erdumlaufbahnen nicht ka1rnte,
ej n Sputnik, aus bittrem Elend gemach t,
den k ein Astronom entdeckte, benannte,
es sahn ihn die Armen nur in der Nacht.
Er war als Sternbild der Fhihc erschienen,
in unerträglich er Neuh eit, er litt
die Armut der Bauern des alten China,
den 1-:lunger der Hirten Brasiliens mit,
stand in Verhören und blieb unverraten
un d wun.le dennoch verurteilt, verbarmt.
Er überflog einst Madrid, die Soldaten
sahn auf und haben ihn läch elnd erkannt,
und er erh ellte die letzten Sekunden
der Geiseln, ist um di<' Erde geeilt
und sah Ravensbrück, hat eiternde Wunden
unter d er indischen Sonne gehei lt,
stieg auf und verlor sich in Dunkelheilen,
ni cht in berechnete Bahnen gestellt.
An d er Wolga, in tle n tödlichen Zeiten
bewahrte er uns die Zukunft der Welt.
Er war ein ,,Exp eriment, das mj ßglückte»,
war ,<der reinste russische Unverstand»,
bis man ihn durch Teleskope erblickte,
als e r den Weg au s d en Sternstürm en fand.
Ich w eiß nicht, ob ich es deutlich erklärte ...
Seit vierzig Jahren schon kreist, ohne Laut,
meiner lloffnung, meines Zweifels Gefährte,
ein Sputnik, über mir, fern und vertraut.

(Wa lrlernar Oege)

Juri Woronow · geb. r929 · UdSSR

ZEIT HEILT WUNDEN ,


und das tut
sie bei allen.
Zei t hei lt gut.
Doch es gibt
ein M enschenl eid,
das heüt nie.
Trotz aller Zeit.

Wiederhat,
zum Si1~gestag,
na ch so langen J ahren -
die~e Frau
ein Stückchen Brot
zum Vate rgrab getragen.

(lleinz Kahlau)
Vitezslav JVezval · 1900-r958 · Tschechoslowake'i

Der Sang des Friedens

Auf daß die M enschen lange leben,


Auf daß die Fische in den T eichen
Fett we1,den und geruhsam laichen,
Auf daß die Kühe Sahne geben,
Sing ich den Sang des F1iedens.

Auf daß die Kinder nicht erschrecken,


W enn sie die großen Vögel sehn,
Auf daß, wenn wir vorübergehn
Als Fremde, sie sich nicht verstecken,
Sing ich den Sang des Friedens.

Auf daß der sanfte Himmel nicht


Mit einemn1al zum Fallsch irm werd e,
Der wie ein Adler auf die H erde
Herunter stößt aus Blau und Licht,
Sing ich den Sang des Friedens.

Auf daß in Prag, Paris und Rom


Das Leben weiter Blüten treibe,
Auf daß New York verschont auch bleibe
Vom Tod durchs platzende Atom,
Sing ich den Sang des Friedens.

Auf daß der Rembra ndt an der Wand


Dort weiter hängen kann in Ruh
Und nicht verpackt in einer Truh
Vor Diebstahl zittern muß und Brand,
Sing ich den Sang des Friedens.

Auf daß die gelben Gänsekücken ,


Die Federbällchen auf zwei Beinen,
Sich tummeln können auf den Raine n,
D en Gänsemüttern zum Entzücken,
Sing ich den Sang des Friedens.
Auf daß an Böhmens grünen Flüssen
Die Gärtner, wenn sie Blumen ziehn,
W enn ih1·e Pflaumenbäume blühn,
Sich nur vor Würmern fürchten müssen,
Sing ich den Sang des Friedens.

Und für den Gutshof, auf dem heute


Die neue Dorfgenossenschaft
Das Korn in die Speicher schafft
Auf Wagen, buntgeschmückt wie Bräute,
Sing ich den Sang des Friedens.

Und für die Liebe, daß sie siege,


Daß Paare lachen, tanzen, singen,
Daß Mütter ihre Kleinen schwingen
In buntgeschnitzter Lindenwiege,
Sing ich den Sang des Friedens.

Und für den Umzug mit Musik,


Und für die stille Sternennacht,
Die über unserm Schlummer wacht,
Und für der Wiesen stummes Glück,
Sing ich den Sang des Friedens.

Ich sing vom Frieden. Ihre Meute


Ist klein , wir sind Wie Sand am Meer.
Dröhnt, Prager Glocken, dröhnt die Mär:
Der Friede, er ist keine Beute!
Ich sing den Sang des Frjedens.

(F.C.Weiskc>pf)

Jarosiaw Iwaszkiewicz · 1894-1980 · Polen

Der Friede auf Erden


Nicht einer Taube gleich wird sanft er niedersteigen,
noch kommen über uns wie eine Jahreszeit,
noch sich entf1anunen jählings wie ein Blitz -
der Friede auf Erden.
Noch unverhofft erblübn aus einer Garbe Blumen,
noch i m Gewitters trahl, noch in d er weißen Wolk e
wird sinken auf uns, regenboge nblau,
d er Fried e auf Erden.

Durch unsern Willen nur wird er d er W elt gegeb en,


aus uns e1n H erzen sprudelnd wie das Bl uL,
aus unserm Kampf geduldig sich gebärend -
der Friede auf Erden .

Entbrenn en wird er, Flamme schwer en Mühns,


aus offner Hand, gem einschaftlich em Schreiten ,
aus aller M en schen erdenweiten Ruf:
Daß Fried e sei!

(Paul Wiens)

J enö /( iss · geb.1912 · Rumänien

Atlas

AuJ deinen Scb ulterl1, Atlas. liegt die Erd e,


und s türztest du, so wäre sie v erloren.
Doch nein, du strau ch elst nicht,
trägsl aufrech t dein Gewicht
und tust das W erk,
für das wir dich erkoren .

D enn unsere Kräfte haben wir seit eh und je gestraffl:


Erschaffen hat dich unser all er Kraft.

Vou uns wird d ein Titan enl eib ernährt,


und was w ir w ert sind, bis t d u selb er w ert.
Dich kräftigt jeder lauter e Gedanke
und jede wackre Tat
und jeder Jubellaut
und jedes Läch eln einer jungen Braut;
es kräftigt dich
ei:n jeder Pinselsltich
Diele,· Goltz:.sche · Frieden
und jedes Lied nach unserm Sinn
und jeder Glockenschlag bei Schulbeginn.
Und dich erhält am Leben,
was wir dir seit J ahrtausenden gegeben,
du schöpfst die Riesenstär ke aus uns allen.
Oh, laß die !'eure Kugel ja nicht fallen!

Bleib aufrecht stehen, wanke nicht, Titan,


und mehr denn je spann deine Muskeln an,
Jetzt gilt es zu beweisen, wer du bist!
Versagtest du, so wär's auch dein Verderben
Die Erde ginge
wie ein Gefäß aus schwachem Glas in Scherben,
und nichts mehr wäre
als Leere.
Zugrnnd gegangen wät das Erdenrund, verschwunden,
mit seiner Menschenschar,
mit allem, was einst war,
miL allem, was die Zukunft ihm beschieden,
So stütz und schütz die Erde, Atlas:
Erb alte ihr den Frieden!

Sumitranandan Pant · geb. 1900 · lndie~1.

Fürchtet euch nicht!

Fürchtet euch nicht, mit mutigem H erzen


lm ITof dieser Welt st1·ei{1 umher.
Wißt ihr denn nicht? Die Stellvertreti>r
Gottes im Lebe11 seid ihr!

Laßt schwe.ifen den Blick wachen Sinnes


In Welten, offen w1d weit,
Doch vergeßt nicht das Ziel, im Wagen sHzt ihr
Einer eilend en Zeit!
Ein Stück von cler Sonne ist diese Erde,
M a tC'Jie also, macht gut sie und sch ö n,
Haucht Leben ihr ein, laßt menschlich sie wer<leu,
Aus Stau b soll Bew ußtsein entstehn!

Verantwort ung ruht auf des M ensch en Schulter,


Tragt sie mit H eiterkeit; nicht allein
Mann oder F rau, auch Tier, Baum und Vogel
Sollen a uf Erden glücklich sein!

Atomzeitalter! Mit göttlicher Schnelligkeit


Wachse aus Erde nstaub wunderbar
Das Neue. Der neuen Welt W erke errichtet.
D en Erdenfrühling macht wahr!

(Klaus Mikk(·l)

Gyorgy Somlyv · geb.1920 · Unga.m


Weltfriedens treffen
Für R a:fael A lbert.f

in den le tzten augenbli cken


die Sinfonie
die längst schon ungültige
f ,etzte
.zurückgenommen von Adrian Leverkühn
wenn wir widerrufen könnten diesen widerruf
wenn wir nns wiedergeben könnten
den Chor der Neunten
andernfalls
andernfalls nur noch
die Nach-Letzte
die Katastrofen-Sinfonie

(Paul Kaq>ati)
Ljubomir Lewtschew · geb.1935 · Bulgarien

Position

Du hattest mich nie zum Schulkameraden.


Ich habe dich nie zum Kognak geladen ...
Wir sind in eine Stellung geraten -
Dann warn wir im gleichen Schützengraben -
dort, wo zwei Welten sich bekriegen,
wo sich die neue Welt in bittrem Streit
gegen die sinkenden Götter wehrt.
Und wild wie Blut
verrinnt die Zeit.
Nah bist du mir, und das ist gut.

Joachim John · Auferstehung und Exekution des Friedens


Ich danke dir
ohne Blicke,
ohne Worte.
Wir lernten uns nicht maJ mit Namen kennen!
Und dennoch -
jetzt, beim Gebrüll d er Gr anaten
lernen wir, uns Bruder zu nennen ,..
Doch sollte dieser Kampf einst enden,
werden wir ansehr1 einander
mit großen Augen
und werden staunend uns zur Seite wenden:
Wir sind ganz anders, als wir glaubten.
Du w irst sagen:
Ich liebe die Stille.
Und ich :
verehre King Cole.
Wir werden über unsere Namen kichern.
Und dann -
leb wohl! Und es ist nicht zu spä t,
und es i st nicht zu früh,
an unbekannten Vögeln sich zu freun.
in unbe kannten Winden sich zu wiegen.
Nur Tote bleiben stets
in einer Stellung liegen.

(Wolfgang Köppe)

D ennis Brutus · geh. 1'924 • Südafrika

Friede wird sein


Über uns nur Himmel
unter m1s Wolken
und darunter
Wolken
und darunter
Meer.
Kein Land,
nur Himmel, Loft und Licht -
entstanden ist eine Nähe
di e glückselig macht.

Nach dieser Kraft,


cliescr Eroberung nackter Wirkli<:hkcit -
was ist da nicht zu schaffen
odttr abzuschaffen?

Fried en wir d sein.


Die Kraft ist da
die Hoffnung
d ie Entschlossenh eit.
Männer werden heimge hn .

5,A ugu s1 1!}6G


W ähre nd d es Fluges über rlen Atl ant1k
11.i, h llem Verlassl'n S üda fr ikas

(1lriM; Ka hl au)

Lodongijn Tücluw · g eb. 1935 · Jvlongolei

Urteil

Im Nam en Ihrer Majestät, der Menschheit,


v er künden wir feierl ich
a lle n, allen, all en:
De r Angek lagte ist dc1· Bluttat überführt
in ungezählten F äJlen. Ein gezogen w erd en
d er Säbel, der die U rurgroßväter zerhieb,
das Bajonett, das die Urgroßväter niederstach,
die Kugel, die die Großväter ins H erz traf,
die Bombe, die die Väte r uns zerriß.
Der Angeklagte mit de m fluchbeladnen Name n Krieg
ist schuld ig, und sein Strafmaß ist der Tod.
Das Urteil gilt. Der Einspruch wic1·d verweigert.

(Wallll'rna r· Dcgc-)

470
J ewgeni Jewtuschenko · geb.1933 · UdSSR

Mutter und die Neutronenbombe

Mutter ,
ic.: h lese die Zeitungen von h eute
durch Leningrads Kinder hindmch,
vom Hunger wie Pauspapier,
di e zum .lolka~Fesl gekommen sind,
zum internationalen d er toten Kinder.
Piskarjo wsche ausged orrte H än dchen
slrec.kcn sich d en Mandarinen an der Tanne,
di esen gelb leu chte nden Laternen, e11tgegc11 ,
und h aben sie die F1iichtc dan n abgerissen,
wissen sie nicht, was damit tun .
Ausch witz-Kinder
mit blau verzeJTten Gesichtch en,
sich am Gas verschlucken d,
erbitten von Väterch en Frost
<'i1w Glaskugel von der Tanne,
in d e ren fon ern enthalten isl
wenigste ns ein bißchen Sauerstoff.
Die ungeboren en Säu glinge von Son My,
aus der Mütter Bauch h erausgeschnitten ,
krabbeln zum schluchzenden Grauen Wolf.
Kotkäppch en versucht zusamm enzukleben
die Stücke der b ombcnzerfetzten Kinder
aus Belfas t und ß eirut.
Salvad ors Kinder, plattgew alzt
von d en Panzern d er Strafexpedition,
pralJ en entsetzt vor einem Spielzeu gpanzer zurück ...
Der Reigen toter Kinclet
um d ie internationale Tanne ist endlos,
doch wenn die N eutron enbombe explodiert,
wird es ga r keint> Kinde r m ehr geben:
Nur ]eere Kü1cler gärten bl eib en dann,
aufheulend e T eddybären,
cli e sich die Plüschbrust zen-eißen
mit ihre11 Plasthallen
bis in d ie Sägem ehlfüllung,
471
und aufblasbare Elefanten,
die verspätet Alarm trompete11 ...
Vielen Dank, Samuel Cohen
und euch anderen Humanisten,
für die n eue amerikanfache Erfindung,
das Spielzeug, nicht von Kindern benutzbar,
doch mit den Kindern spielend,
bis kein einziges mehr übrig ist ...
Dank für das Verschwinden
der Schlangen im Kinderkaufbaus,
wo dann Papierwindeln nicht m ehr Mangelware sind,
für Disneyland,
wo niemand mehr etwas kaputtmachen kann,
für die Puppen,
denen keiner grausam die Zöpfe abreißen will,
für die F en ster,
n icht mehr zerbrochen durch einen unhöflichen Ball,
für die Karussellpferdchen,
von jetzt an immer frei,
quietschend in der Weltenleere,
für die sorgsam auf Leinen gehängten Kinderstrumpfuosen,
die keiner mehr zen-eißen wird
beim Versteckspiel im Gestrüpp,
denn ausbrechen wird statt dessen
das letzte weltumfassende Versteckspiel:
Alle Kinder verschwunden,
k eine Eiwachsenen mehr zu find en.
Auf den h eilgebliebenen Straßen
liegen h eilgebliebene Uhren
mit gesch lossenen Armbändern,
rioch bewahrend die Form verdampfter Handgelenke.
Von den fingern geglittene Trauringe
gesellen sich zu türkisenen und sonstigen Ohrclips,
herabgefallen von Frauenohrläppchen,
und die h eilgebliebenen leer en Handschuhe
umspannen die heilen Lenkräder heilgebHebener Autos.
Die internationale Beinschau stellung von P erugia
wird sich in Nichts auflösen,
bis auf die Schuhe, die verwaisten,
rnit der Goldprägung
und dem Häufchen Asche auf den Sohlen. 473
Wo(fga11g Mattheuer · Ersdtrecken
Zwischen diesen Urnen aus Lack und Leder
aber wird lu·1echen , an den Absätzen schnuppernd,
das halbgeschmolze ne Silberkettche n
vom Knöch el der verschwunden en P eruanerin.
Auch Mutter wird es nicht mehr geben,
bleiben wird nur clc t· Kiosk,
wo der Atomwind umblät1ert
die nun a ntiquarischen, schimmelnden H eft e :
das Woche11blall ~,Eishockey - Fußball»,
die Zeitsch1iften <<Amerika>> od er ,~Gesundh eit».
Und Mutters Fleischer, zu Dampr geword en,
wird, ein Schatten, dann Mutters Schat1en
a us aller Gewohnh eit zurücklegen,
gefrorenen HLthnes Schatten -
Land esschwester Maupassa nts,
aus F,-ankreich, wo auf h cilgcbli eben en Büch erborden
Maupassanl ste ln,
doch kei.n Landsmann h eil blieb.
Und ein n euer Major F erebee
drückt d en Knopf dann, dl'n Knopf Hi roshima ,
und sieht Europa sich verwandeln
in ein totes E urosh im a,
doch bevot er noch die Zeit h at,
d arüber den Verstand zu verlfrren.
isl er selb e!' schon ein Schatten.

Mutter, die von P olitik


nicht grad oft spricht, sagtf' neulich,
als vom Swjosdn_y-Boulevard
sie aus einem Laden kam,
wo man im Gedränge ihr
abgerissen ein paar Kl1öpfe
(angeliefert wurden aus der DDR Tapeten) :
<,Gott, wohin fi.ih11 do ch die Gier nach Dingen ,
zur Erfindung der Neutronenbombe gar!»
Und ich stellte mir
Mi!Honen Läden i.n d er Welt vor,
mit Tapen vollgestopft,
Nerzmänteln,
Stiefeln, italienisch en,
474 Brillanten,
Büch senbier aus Dän em a rk ,
japanischen Pla ltenspielern,
Läden, wo es alles gibt,
nttr eins nich t m ehr - den Käufer.
Kissen werd en dann aus den Museen
Neandertaler Schädel stehlen,
Hemden streifen sich Skeletten über , Statuen.
Kinderwagen schaukeln Embqos,
eingelegt in Spirilus zu Forschungszwecken.
Die Rasierklingen versuchen sich vor Einsamkeit
zu m assaloieren.
An den Bäumen wird's ein MassenStrangulieren geben
d er Krawatten.
Und die Bücher, si ch nach Augen, Fingern sehnend,
sch.rein na ch SeJbstvorbrcnnung.
Möglich auch, daß sich die Dinge anpassen der Lage,
selber in Geschäfte gchn
und weltumfassendes Gedränge bilden,
sollte das Gerücht entstehrt,
in einem Stadtrandladen
sei ein Mensch ganz unvermutet «a ngeliefett» worden.
Garanti ert gibt's Streit um Politik dann bei d en Dingen ,
und ei11 Kühlschrank, übersclmappenrl, wird vielleicht
die Neutronenbombe umgekehrt erfinden ,
Dinge tötend,
doch erhaltend unversehrt
die Menschen ...
Aber was so ll bleiben,
wenn die M enschen nicht m ehr sind?
Sterben wird durch das Atomseilwert,
wer e.s hebt!
(Aljon11a und Klaus Möckel)

475
Adel K arasholi · geb.1936 · Syrien/ lebt in der DDR

Aufbäumen
Wer weiß wo
Ich weiß es nicht ob morgen
Oder heute noch die Bombe
Fällt oder der fümmel
Überm Kopf
Ich weiß wohl
W er es weiß
Und ich kann nicht
Hinnehmen daß ich nichts kann
Außer zu warten auf den Zusammenprrall
D er Wut mit der Ohnmacht -
Auf d en Aufprall also d es Todes
Auf dem zu w eichen Schädel
D er W elt

Rainer Kirsch · geb. 1934 · DDR

Petzow II
Die Kinder, zu Nichtstuns Freiheit
Erzogen, zertrampeln den Garten
Aus Plastpistolen feuernd, schwerbäuchig die Väter
Im Baß rufen tapfer tapfer
Zum Abendbrot, die gotischen Rüstern
Besetzt ein Schwarm Stare schwarn tausendstimmig
Und hebt sich, eine Spirale, wüst flatternd
Zum nächsten Schlafuaum südwestwä 11s;
D er Hhnmel wird mil ch farben
Jürgen Rennert · geb.1943 · DDR

Friedenskampf
Ist der Frieden nur mein Frieden,
Ist der Frieden kein Frieden.
Frieden ist der Frieden aller.
Erst der Allerweltsfrieden ist mein Frieden.
Bis dahin herrscht Krieg.
Meinen Frieden werde ich nur finden,
Wenn ich ihn überall suche.
Das muß, wird und kann lange dauern.
Hoffentlich, hoffe ich, länger als ich . ..

Eva Strittmatter · geb.1930 · DDR

TÄGLICH ERREICHEN MICH TRAURIGE BRIEFE.


Überall Krankheit, Verhängnis und Tod.
Daß ich nicht leichten fünnes einschliefe,
Genügt schon der Freunde Bedrängnis und Not.
Und dann noch die gr~ße Bedrohung des Lebens:
Kriegswut. Das lächelnd gemeine Gesicht
Des Mächtigen, der, als wär alles vergebens
Gewesen, Waffen verspricht,
Bomben, die sauber sind, für den Frieden,
Für Freiheit des Geistes und das: Kultur.
Hat man auch jede Beriibrung vermieden
Mit eiferndem Haß, seine hämische Spur
Preßt sich ins Hirn und läßt uns nicht schlafen,
Und wenn, sind die Träume von Ängsten verzerrt.
Die Seele sucht zitternd ruhigen Hafen,
Doch ist jede Fluchtbucht von Schrecken versperrt.
Tags heißt es wieder, ins Licht zu sehen,
Mit 'Willenshilfe sich aufzurichten.
Es gibt nur den Satz: Es wird nicht gescheh en,
Wir werden es zwingen, uns nicht zu vernichten.
Und Freunden Trost! Das Wort kann nicht heilen.
Es hilft nicht mehr als die menschliche Hand!
477
Doch kann es G ewißheit und Güle mitteilen ~
Was uns in h elleren Tagen ve rband,
Verbindet uns auch in Tagen d er Trauer,
Bc-i Krankheit, Verzweiflung und jedem Verlus t
Wir baLten zwa r all e nicht auf die Dauer
Und s ind uns wohl der Vergäng1üs bewußt,
Aber wir wollen mil Kräften nicht sparen
Und ohne Furcht vor Verkümmerung geben.
Und trifft es einst w1s, sind wir l eiderfahren
Und können das Leiden mit Kraft überle ben.

Helmut Pre{ßler · geb. 1925 · DDR

Bitte für die Kinder

Behütet die Kinder, die kle ine n ,


für die ihr Allmächtige seid.
S011gt, daß sie einzig nur w e ine n
t r östbar, in kindlich em Leid.

Behütet zerbrechliche Glieder


vo r Krankh eit und Wunden und Tod.
Tretet die Giftträger nieder,
daß nicht di e Se uche uns droht.

B ehütet die Hände vor Flamme n.


vorm Feuer in Ofen 1.rnd H erd.
Schließt e uch zur Mauer zusammen,
daß ihr d em Kriegs brande we hrt.

Bchülel die Augen vor Schrecken,


laf>t Unrat und Schmutz sie nicht se hn.
Daß s if' nur Gu tes entdecken,
niac:ht iliese W elt gut und schö n.

Behütet die Kinder, die kleinen ,


fi1r die ib1· Allmächlige seid.
Sorgt, daß s ie einzig nur wein en
tröstbar, in kindlich em Leid.
Ma.r Zünmerin.g · 1909 - 1973 · DDR

Einer Mutter Schwur

Sie sollen dir den Schlaf nicht stören , IUnd.


Du träume deinen wundersamen Traum
von bunten Kugeln im besternte n Raum,
von Silbersegeln, weitgebläht im Wind.

Sie soll en dir den Morgen nicht entweibn,


da du erwachst voll w1gelJ·übter Lust
auf ei nen Tag, den du erobern mttßt,
denn jeder n eue Tag, m ein Rind, sei dein .

Sie soll en deinen Fried en nicht b edrohn,


wenn abends <lu vom Tage Abschied nimmst
und sacht vom Wa ch en in das Träumen schwimmst
zu hlauen Ufern volle r weißem Mohn.

Sie solle n's nicht. Ich schwör es dir, m ein Kind.


Dir soll kein Grab in einem Kriege sein,
ich, d eine Mutter, steh e dafür ein,
w eil, wenn wir's wollen , wir die S-iärkern sincl.

Georg J\llaurer · 1907-1971 · DDR

Die ihr geboren werdet heute . . .


l
Di e ihr geboren werdet heute
und ihr, die ihr noch gegen den Mutterleib klopft,
nicht weil iJu· kommen wolltet, weil ihr gerufen wurdet,
ihr mit g eschlossenen Augen gleich d es Buch es Deckeln,
das ihr· aufschlagen sollt,
die Le ttern a llmähli ch verstehend, um hinzuzuschrciben
Kapitel um Kapitel eurer eignen Geschichte:
Währc-nd ihr in d en Wiegen schreil oder lächelt,
wendet der Sturm eine Seite um na ch d er andern,
und eure Väter und Mütter müssen ste hn 479
für die Worte - denn ihr werdet lesen
jedes einzelne Wort und jeden Namen untilgbar
und fragen, warum ihr gerufen wurdet,
wenn auf den Wiegen bereits steht: Mord!
und Warntafeln sind an vergifteten Meeren;
warum die blauen und rosa Jäckchen gestrickt werden,
da sie einschmelzen sollen auf euren Leibern zu furchtbaren Mustern,
kaum daß ihr das berühmte Licht der Welt erblickt,
das ungeheuer weiß aufgeht mit Wolken,
darin die Vögel nicht leben können - und selbst der Granit
der Pflastersteine, auf denen ihr spielen wollt,
schrecklich sich ändert,
Minerale trei.ben wie giftige Blumen;
warum die Wälder grün heißen in Märchen
und sind doch fahl wie die Greise,
und der Prinz die Prinzessin küßt auf die Lippen,
da doch die Lippen herabfalln.

II
Zwar noch halten sich unsre Seen rein,
um euch und die Fraun und Männer zu baden
vom Dunst der großen Städte,
und der Wälder Dämmerung wartet,
in unsre Augen zu grünen!
Noch verzaubert der Laterne Schein die Gesichter der Liebenden,
und sie reden leiser, wenn der Morgen
über den Parkbäumen sich hebt
und der frische Hauch über den Kanal fährt.
Die Vorhänge an offenen Fenstern bauschen sich lustig
von den Atemstößen des Frühlings!
Doch wenn der Vorhang vom Staubstoß sich hebt
der Sonne, die vor dem Morgen schon aufgeht,
daß die erschrockenen Kathedralen und Hochhäuser knicken
wie Maste, werden unsre Schatten an den grellen Wänden
länger sichtbar sein als wir - und nichts wird bl eiben!
1n den Alpen entdecken darum Millionäre die Schönheit
niedriger Almhütten, selbst kahle unwirtliche Hänge
entzücken sie (und sie bieten hohe Preise dafü1),
und sie prüfen die Klüfte für mannshohe Rattenlöcher,
darin zu überleben den Untergang, den sie bereiten.
480 Doch von Holzfällern b ei H eilbronn hört ich, die die Äxte nicht hoben
gegen di e Bäume, um Platz für die Raketen zu schaffen ,
sondern gegen ctie Verruchter der Bäume.
So schreiben sie mit den Äxten
die Lcn ern des Friedens. 0 U1r eben Geboren en,
solch e ungelenken Züge,
die zittrigen Unterschriften d er Mütter
werd et ihr freudig lesen , denn di ese führten
clas Buch d es Leb ens w eiter!

lfru1in S tritlmatter · geb.1912 · DDR

Handzettel für einige Nachbarn

VVenn die Pilze aus Steinstaub und F eu er himmelan w acbsen,


Wird es zu spät sein,
Und die Klagen um das Versäumte
W erden die Sterne nich t rühren.

leb sah einen Mann, d er dachte und dachte


An ein en Kuß von d er lange Beg ehrten.
Abend s am Bach b eim Syringen strauch sch wor er,
Daß e r sie l ebenslang lieb en werde.

Gl eichzeitig wurden hinter dem M eer


QualvolJe Massentod e erda cht..

Nachbar, ach, Nachbar, ich gönn dir d en Kuß,


Aber ich gönn i hm die herr sch ende Stell e
Unter deinen Gedanken nicht.
Sieb e, w er liebt, der sollte besorgt sein,
Magere Lieb e, wenn d ir d er erste,
Abe r d er hundertste Kuß nicht gewiß is t.
Willst du ums Jahr, w eun es wi ed erum Mai ist.
Drunten am Bache im Feuerregen
Dein er Geliebten clie Totenhand küssen ?

lr:h sa h einen M ann, der war fl eißig und geizte.


In seinem Hirne s ummte die Summe
Für ein MoLorrad, das er sich wünschte.
In seinem Sommer, in h erbsüßer T aufrüh,
Wollt er du.rcb. Winde und Diüte fahren.

Gleichzeitig hüllte man hinter dem Mee1·


Rase11de Tode in stählerne Mäntel.

Nachbar, ach, Nachbar, ich gönn dir dein .Schnellrad ,


Aber ich gönn ihm die herrschende Stelle
Unter deinen Gedanken nicht.
Wie wird dein M ai sein und was dein Motorrad,
Wenn dich, noch eh du dich satt dran gefreut hast,
Wirbelnder Glutwind zum Sternemaum weht?

Ich sah einen Mann, der war bieder und eilte


Von seiner Arbeit in sein en Garten,
Spielte dort mit gescheckten Kaninchen.
«Kostet's auch Müh michH, so sagte der Mann,
<{Aber den Aalstricb am Rücken der Tiere,
Muß ich noch feiner , noch reiner erzüchten!»

Gleichzeitig w urden hinter dem Meer


Todesbakterien in Gläsern gezüchtet.

Nachbar, ach, Nachbar, ich gönn dir den Gar ten,


Gönn dir die klein ste der Schöpferfreuden,
Aber ich gönn ihr die herrschende Stelle
Unter deinen Gedanken nicht.
Nichts wird mehr erben, weil nichts mehr vererbt wird.
Sollte die Kraft, die in guten Händen ,
Wüsten zu Paradiesen macht,
Ätzend in fruchtbare Gärten fall n
Und das versteckteste Saatkorn vernichten.

Ich sah einen Mann, der stieß mit der Stange


Bunte Bälle auf grünem Tuch,
Fächerte tändelnd bebilderte Karten.
~ille, du Propheth> so rief mich der Mann,
~<Stör mir nicht mahnend den Gleichklang der Stunde!
Sieh doch, ich lebe und spiele, bin munter,
Außerdem glaube ich an die Vernunfu,
Gleichzeitig warfen, die gegen Vernunft sind,
Probeweise Bakterien auf Menschen.

Nachbar, ach, Nachbar, wisse, die Zeit


Macht aus den Wartenden Mitverbrecher;
Denn die Vemunf1 will geschürt sein und besser
Ferne Besorgnis als plötzliche Furcht,
Die dich mit tödlicher Lähmung vergiftet.

Ich sah einen Mann, dessen H ände warn welk


Wie die Blätter an sterbenden Bäumen.
<<Wie es uns höhere Mächte verordnen.
Treflliche Weisheit!>> so rühmte der Mann
Und behütete sie wie ein Goldstück
Im zerwurmten Großväterschrank.

Gleichzeitig stiegen hinter dem Meer


Aktien, die sein Schicksal bestimmten.

Nachbar, h e, du mit dem Heiligensch ein!


Wfrst du nicht zit1ern, wenn Himmel brennen?
Hör mich und eil dich, du Geisterbeweiser,
Bring die durchwurmten Gedankenkommoden
Auf einen Hauklotz, hau Brennholz daraus!

Ich sah einen Mann, der webte und schlang


Leere Worte zu langen Reden,
Soff sich voll am Geräusch seiner Worte,
Wickelte Leben in Zeitungspapier,
UrnJ die Menge nickte im Schlafe.

Gleichzeitig schmierte man über clern Meer


Girrende Worte in giftige Bücher.

Nachbar·, ach , Nachbar, der du statt Kerne


'l'rockene Spelze auf Saatland verstreust,
Täusche kein Tun vor! Frag dich: «Wer hört mich?>>
Frag dich: <<Wo hat mein Wort was gewandelt?»

Ich sah einen Mann, der sagte zu sich:


<,Komme, was kommt! Ich war immer ein Glückskind:,)
Gua~ltlV Seitz . Mädchen mit Taube
Gleichzeitig wurde hinter dem Meer
Sehern das Massenunglück vermessen.

Nachbar, ach, Nachbar, beweine dein Glück,


Eh clirJs an Wasser für Tränen mangelt!
Wo wirst duhingehn, wenn Wege zerstäubt,
Wenn über Wiesen Gluthitze wallt?
Was wird dich kühl en , wenn Bäume zerspelJt,
Was wird dich schützen, wenn VVälder zerstreut,
Was wird dich laben, wenn Quellbnmnen kochen?
Was wirst du essen, wenn dir gewiß,
Jedweder Bissen die D ärme zerbrennt?

Was wirst du atmen, wenn dir die Luf1,


Gifüg geladen, die Lungen zerreißt?
Was wird dich freuen? Was wirst du denken?
Was wirst du reden und wen besuchen,
Wenn deine Freunde als Sternstaub und Rauch
Schwelende Kontinente umkreisen?
W eißt du, daß dann ein steilender Rauchpilz
Einmal Dinslaken, Bochum und Köln war?
Denkst du daran, daß ein Aschenregen
Dann einmal Boston, Chicago, New York hieß?
Sollte dich Glückskind die Hölle verschonen,
Wird dich Erinnern zerbohren, zerfressen.
Einsam wirst du dein Glück befluchen,
Und dein Fluch wird im Weltraum verhallen,
Wie auf dem Monde, so wirst du wandeln,
Bis du in stummer Öde erstarrst.

Abe.r kh sah auch die Zukunft-Besorgten


Rege und handelnd, die Trägheit bekriegend,
Rufend die Völker, die Fesseln zu lösen,
Forschend und wissend, weisend die Vielen.
Unter dem Vorrat trefflicher Worte
Wählend uncl wägend die trefflichsten aus.
Rüttelnd an Türen, klopfend bei Nachbarn,
Wissend auch dem, der halb schlafend sie abwies,
Etwas zu sagen, was ihm im Ohr blieb.
Und ich ging mit den Zukunft-Besorgten,
Machte mich auf, die M enge zu mahnen:
Rafft euch und strafft euch! 1\rt euch zusammen!
Liebt euer Leben mit wilderer Kraft!
Nachbarn, helft hindern, daß Goldverrückte,
Laßt nicht gesch ehn, daß Profitverzückte
Emsig die Pferde des T odes schim1. - Kämpft!

Denn wenn Pilze aus Steinstaub und Feuer himmelan wachsen,


Wird es zu spät sein,
U nd die Klagen um das Versäumte
W erden die Sterne nicht tiihren.

H einz Czechowski · geb.J935 · DDR

Wir

Wir haben den Wolf erschlagen,


Den Bären, den Elch.
Wil' vermissen sie nicht.
Wir haben uns daran gewöhnt.

Wir hab en den Salamander vertTieben,


Den M olch und die Otter.
Wir vermissen sie nicht .
W ir haben uns daran gewöhnt.

Die Tannen si nd uns gestorben.


Der Fingerhut blüht nicht mehr in den Wäldern.
Seht euch die Fichte an und die Kiefer:
Bald werden wir ohne sie leben.

Im übrigen hat man d.en Menschen erschlagen.


Die die Toten zählten,
Haben sich daran gewöhn t.
Wir überlebten.
D och wir vermissen schon bald
Nicht mehr, was wir überlebten.

Wie wird das sein,


Wenn wir unter uns sind:

Allein,
Namenlos,
Unbehaust,
Unbegraben.

Paul Wiens · r922-r982 · DDR

Welttheater

Der vorhang gehl auf. Wir erblicken


ein paar bei der paarung: auf blauem
leinen im b lauen hochsaal.
Wir zücken die operngläser.
Die leiber, elfenbein, ebenholz,
winden sich, zucken. Es wippen
l ilan und rot die geschlechte.

Der vorhang fällt. In der pause


gliedern w ir glücklich den globus
in dreihundertdreiundsechzig
heimaten: auf den erden
·wie unter den erden, auf den
wassern wie in den lüften.
Freie wahJ für cüe nach.kommen .

Der zweite akt ist der l etzte.

Ich habe unterschrieben. Ich schweige.


Volker Braun · geb. 1939 · DDR

Nun bin ich froh

Nun also bin ich froh.


Ich ziehe die Luft durch die Adern
Und h abe noch meine fünf Sinne. -
In dieser sinnlosen W elt? -
Ich wohne dicht auf d er Erde
Di e k einem und mi r gehört.
Ich seh e noch Baum und Fisch
Und schwimmeode Meer e. - Sterben
Siehst du sie. - Staate n
Aus gräßlichem Beton. Selber
Der Freieste, Untertan.
Die Tat noch tötet den Mann.
Ich fürchte mich vor d em Krieg. -
Und des b ist du froh? -
In de r Gefahr größ ester
Gegenwart leben, der letzte~
Oder d er erste Mensch.

Kurt Marti · geb. 192r · Schweiz

einlegeblatt in geschicb tslehrbücher

die allen kriege sind to t


die schlachten an welchen sich knaben berauschten
die h elden von lehrem hymn isch gefeiert -
es gibt sie nicht m ehr

die alten siege sind tot


der feldh erren glanz und auch der ruhm
besiegt auf einem feld de r eh re zu fa llen -
es giht sie nicht m ehr

488
nichts ist obszöner als jene kriege
die es noch gibt: same und ei
schon in jungen körpern
zerstrahlt und gemeuchelt

das feld der ehre bleibt brach


und längst schon ve1faulten die frikhte -
als denkmal künftiger siege winkt
der mutationssprung zum cretin

Erich Fried · 1921-1989 · Österreich

Bedenken

Nun werden an mir


die Sünden heimgesucht
meiner Kinder
bis ins dritte und vierte Glied

die Gleichgültigkeit von morgen


die Feindschaft von übermorgen
die Krise im kommenden Winter
der Krieg übers Jahr

an denen ich schuldig bin


durch mein Nicht-Tun und Nicht-Lassen

Die Folgen meiner Angs1


sind die Ursach en meiner Ängste
Ingeborg Bachmann , 1926- 1973 · Österreich

Freies Geleit
Mit schlafüunken en Vögeln
und winddurchschossenen Bäumen
steht der Ta g a uf, und das Meer
leert einen schäumenden Becher auf ihrt.

Die Flüsse wallen ans groß e Wasser,


und das Land legt Lieb esversprech en
der reinen Luft in den Mund
mit frischen Blume n.

Die Erde will keinen Rauchpilz tragen,


kein Geschöpf ausspeien vorm Himmel,
mit Regen und Zornesblitzen abschaffen
die unerhörten Stimmen d es Verderbens.

Mit uns will sie die bunten Brüder


und grauen Schwestern erwachen sehn.
den König Fisch, die Hoh eit Nachtigall
und den Feuerfürsten Salamander.

Für uns pflanzt sie Kora llen ins Meer.


Wäldern befiehlt sie, Ruhe zu halten,
dem Marmor, die schöne Ader zu schwellen ,
noch einmal dem Tau, über die Asche zu gehn.

Die Erde will ein freies Geleit ins All


jeden Tag aus cter Nacht haben,
daß n och tausend und ein Morgen wird
von der alten Schönheit jungen Gnaden.

49°
Erich Kästner · J899 - 1974 · BRD

Aufruf
Schneidet das Korn und hütet die Herde,
indes der Planet um die Sonne rollt!
Keltert den -Wein und striegelt die Pferde!
Sc:hön sein, schön sein könnte die Erde,
wenn ihr nur wolltet, wenn ihr nur wollt!

Reicht euch die Hände, seid eine Gemeinde!


Frieden, Frieden heiße der Sieg.
Glaubt nicht, ihr hättet Millionen Feinde,
eue1: einziger Feind heißt! - Krieg!

Frieden, Frieden, helft, daß er werde!


Tut, was euch freut, und nicht das, was ihr sollt.
Schneidet das Korn und hütet die Herde.

49 1
Femand Leger · Der Frieden
Keltert den Wein und striegelt die Pferde!
Schön sein, schön sein könnte die Erde,
wenn ihr nuxwolltet, wenn ihr nur wolll l

Johannes R. Becher · 1891- 1958 · DDR

Größe und Elend


Wie groß er ist: der M ensch! Und wie allmächtig
Erhebt er sich bis in die Stratosphäre.
Und W erke, wahrheitstief und farb enprächtig,
H at er vollbra cht! D em Menschen Ruhm und Ehre!

Wie elend ist det' Mensch! Wie schwach und schmächtig !


Wieviel an Irrtum und an fals cher Lehre!
Wi e nichtig lst er und wie niedertTächtig!
Und kein Verbrechen, das zu schwer ihm wäre!

Wie hoffnungslos! Wie überlebensgroß!


Ein Wesen, das in sich vereint und trem1t
Das menschlich Gute und das menschlich Böse.

Vollendet sich und - sagt sich von sich los.


Seht, welch ein Wesen, das in sich erkennt:
Des Menschen Elend und des Menschen Größe.

492
F.-iede auf unserer Erde!
F1iede auf unserem Feld!
Daß es auch immer gehöre
Dem , der es gut bestellt!

Fri ed e in unserem Land e !


Fri ede in unserer Stadt!
Daß sie den gut behause,
Der sie gebau et h at!

Fiiede in unserem Hau~e !


Fried e im Haus n eb en an!
Friede dem friedli ch en Nachbarn,
Daß .J edes gedeihen kann!

Friede dem Roten Platzei


Und dem Lincolnmonument.!
Und dem Brandenburger Tore
Und der Fahne, die drauf brennt!

Friede den Kindern Koreas!


Und den Kumpels an NeijJe und Ruhr!
Friede den New Yorker Schofforen
Und den Kulis von Singapore !

Friede den deutschen Bauern !


Und den Bauem im Großen Banat!
Friede den guten Gelehrten
Eurer Stadt Leningrad!

F riede der Frau und dem Ma1rne !


Friede dem Greis und dem Kind!
Friede der See und dem Land e,
Daß sie uns günstig sind!

Bertolt Brecht
l'n•i nach Pabt,1 Non1tf11
Anhang
Diese Sammlung
zielt nicht auf Vollständigkeit. Die poetischen Äußerungen zu Krieg und Frieden sin d weit zahl-
reicher, als ei n Buch fasse11 kann. Bedeutende Dichter haben zu alJen Zeiten ihre Stimme gegen
den Krieg erhoben. Und so gewährt der historische Bez.ug der Gedichte in d~r chronologischen
Folge des Buches dem Leser neben dem ästhetischen Genuß des Kunstwerks auch einen Einblick
in die Wandlung des Friedensgedankens im Laufe der Zeiten.
Die bildenden Künstler standen den Meistern des Wortes nicht nach. Unzählige Kunstwerke
sind Zeugnis eindringlicher Selmsucht nach einem friedlichen Leben, aber auch anklagender Er-
schütterung vor den Greueln t.ler Völkennorde und aufrüttelnden Widerstands gegen die Welt-
brandstifter. Geboten war eine strenge Beschränkung auf wenige eindringliche Blätter, die in
den chronologischen und inhaltlichen Zusammenhang gestellt wurden.
Das Buch hatte nach seinem Erscheinen im Jahre 1965 eine außerordentliche Resonanz. Ei-
nige Hinweise· zur Ergänzung fanden in der zweiten Auflage von 1967 Berücksichtigung. Für
diese dritte Auflage wu rde die Sammlun g kritisch geprüft und erweitert in Text und Bild. Unan-
getastet blieb ihr Charakter als Dokument einer· Periode for cierter Rüstun.g und eskalierender
Spannun g. Der Wille zu einer Criedlichen Verständigung - einzige Alternative - griff seither
Raum und wurde zunehmend zum Handlungsprinzip der großen Mächte.
Doch Gefahren droben uoch im:mer; zu de n alten kamen neu e. Waffensystem e werden weiter
nach A, B und C buchstabiert, der Zünder der ökologischen ~,Bombe)• tickt, und auch der Begriff,
der das mögliche Schicksal der Menschheit beklemmend beschrefhl, spricht für sich: Bevölke -
rungsexplosion.
So hat das Buch n och in Zukunft einen Platz - leider, fügt der H erausgeber hinzu, in der Hoff-
nung jedoch, dazu beizutragen, der Vernunft Bahn zu brechen auch mit dem Wort der Dichter,
dem Sinn cles Geilicb ts.
Es bleibt der Dank. an alle, die das ßucb ~ntersttltzten, Auswahlhinweise oder Abdruckerlaub-
nis ga ben: gedankt sei besonders der De"utscl1en Staatsbiblioth ek in Berlin, der Berliner Stadt-
biblio1hc-k, det Deutschen Bücherei Leipzig, dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen Ber-
lin, dem Museum der Bildendel1 Künste Leipzig, de1· Deutschen Fotothek in Dresden sowie
namentlich Bruno Brandl (Berlin). Dr. Claude Keiscb (Berlin) und Rudolf Mayer (Dresden).

Achim Rascher

Der Verlag da nkt für die Nacbdruckgenehmigung den Rech tsinhabern, die durch den Quellen-
nachweis oder einen folgend en Coppi ghtvermerk b ezeichnet sind. Für einige Autoren und
Küns'ller waren die Rechtsnachfolger Qicht zu ermitteln, in einigen Fällen blieben Anfrageu ohne
Reaktion. 1lier ist der Verl ag bereit, nach Anfordenuig rechtmäßige Ansprüche abzugelten. 497
Anmerkungen
5 Das Gedicht von Bertolt Brecht hat im Original den Titel «Au meine Landsleute,.•.
13 «Einmal vor langer Zeit» ist das Bruchstück einer unvollständig erhaltenen sumerischen
Dichtung, bekannt unter dem Titel «Enmerkar- und der Herr Aratta», in der die Schilde rung
des verlorenen Zustands von Weltfrieden und Sicherheit grnßen Raum einnimmt.
14 Seh.i-king (Buch der Lieder) - älteste Sammlung chinesischer Poesie; enthält 305 Gedichte
und Lieder aus dem 11. bis 6. Jahrhunde11 v. u. z.
16 Nabuscha.LÜmschunu ist der Schreibei· des aggressiven assyrischen Königs Sargon Tl.
(721-705 v. u. Z.). Seine Berichte von den Feldzügen sind zum Lobe seines Gebieters in ein er ge-
hobenen poetischen Sprache verfaßt. Auszug.
19 «Ruht, ihr ltbaken, ist ein Auszug aus der «Odyssee». «Die Perser» des Timotheos von Milet
gilt als der älteste literarische Papyrus der Griechen. Er wurd e um clie Jahrhundertwende in
einem Grab bei Abusir, sücllich der großen Pyramiden, gefu.nden. Es handelt sich um eine
ctithyrambische Dichtung, in der Timolheos anläßlich des Seesieges de1· Griechen über ctie
Perser bei Salamis (480 v.u,Z.) die Katastrophe der geschlagenen Perserrnachl schildert.
21 Der ,,Chor der Töchter des Danaos» entstammt den «Sc:hutzsucbeuden» von Aischylos.
26 «Der Frieden» entstammt der gleichnam.igen Komödie von Aristophanes. Die. freie Nach-
dichtung entstand für das Deutsche Theater Berlin.
?.7 Dbammapada (Worte der Lehre) - altindische Spruchsammlung; sie gehör! zu m Pali-Ka-
non der Buddhisten.
28 Die Elegievoo Properz wurde den «Elegien des S. Aurelius Propertius,,, Buch VI, 5, entnom-
men.
30 lccius - Freund des Horaz, der im Jahre !Z5 v. u. Z. an einem Feldzug gegen die Sabäer, ein
in A;,1bien ansässiges wohlhabendes Handelsvolk, -ieilnehmen wollte, da dies reiche Beure
versprach.
Serer - gemeint s.ind die Chinesen.
Der Stoa Schriften - gemeint ist Panaitios, ein stoischer Philosoph aus Rhodos (um
J80 - ll0 V. u. Z.).
,io Das Gedicht vo11 Subair entstammt der Sammlung «Mu 'a Uakat», 8. Jahrhundert ..
48 Die «Friedensballade,, von Charles d'Orleans u-ägt im Original die Widmung «Prie,z pour
paix, doulce vierge Marie».
51 ~·Weh; wieviel Not» ist den «Luisiaden» entnommen.
67 Die Verse, nach denen Jacques Callot seine Folge Radierungen «Das Elend und das Un-
glück des Krieges» schuf, stammen von Michel de Marolles. Der Text auf Blatt 5 (Die Plün-
derung eines Bauernhofes) lautet:
Die Schurken tun sich noch mjt ihren Streichen groß.
verheeren alles rings und lassen nichts mehr los,
der eine foltert, bis sie ihm das Gold verraten,
der andre stachelt auf zu tausend Missetaten,
und insgeheim vergeru1 sie sich an alt und jung
mit Diebstahl, Raub, Mord, Vergewaltigung.
7<2 «England war lang im Wahns1nn>t ist der Schluß des Dramas «König Richard der Dritte».
75 «Des Todes Schergen» ist ein Auszug aus dem «Verlorenen Paradies», IX.Gesang.
79 Das Blatt Adolph Menzels, das eine Gruppe von GefaUenen und Schwerverwundeten auf
dem Schlachtfeld darstellt, zeigt di e Auswirkung des Befehls Friedrichs II. vom 31.JuJi 1758
an die Kommandeure der preu.ßisch en Artillerie, auf den Gegner mit pausenlosem Trom-
melfeuer zu schießen.
81 JJas Gedicht ist von Gottfried Augus t ßürge1· als Fragment gekennzeichnet.
85 DiP. Verse von Ewald Christian von Kleist sind ein Auszug aus dem längeren Gedicht glei-
chen Titels.
86 «Da~ Recht der Vernunft» ist ein Auszug aus dem fünften T eil des gleichnamigen Lehr-
gedichts von Magnus Gonfried Lichtwer.
88 ,,Losreißung» ist der erste Tell eines dreiteiligen Gedi<:hts.
90 «Zu Straßburg auf der Schanz» findet sit:h auch in ~Des Knaben Wunderhorn,,, dort aJler-
dings seiner antimllitaristiscben Tendenz beraubt. Unser Abdruck ist ei ne gekürlte Fas-
sung.
92 «Der Krieg» von Jakob Michael Reinhold Lenz ist ein Auszug aus dem Zyklus «Der Landpla-
gen erstes Buch».
93 Der Untertitel rler «Ma rseillaise» lautet: Kdegslied für rlie Rheinarmee.
96 «O schöner Tag» ist Schillers «Piccolomini» entnomm en.
97 «Die Flüchtende» entstammt dem «Vorspiel zur Eröffnung des Weim&rischen Thealers».
98 Das Kleist-Gedicht hat im Original den Nachsatz «Nach dem Griecltischen, aus dem Zeit·
alter Philipps von Macedoniem•.
J 08 Die Verse von Franz Grillparzer entstammen dem Schauspiel ,-Ein Brnderzwist im Hause
Habsburg,,.
115 Das Original trägt die Anmerkung «Chanson, gesungen in Liancourt bei der vom Herzog
von La Rochefoucauld veranstalteten Freudenfeier anläßlich der Räumung Frankreichs
durch die alliierten Truppen im Oktober 1818».
119 ,,ßedin! 6erlin! Du großes Jammertal» wurde in-türnlich Heinrich Heine zugeschrieben, da
eine Fassung in dessen Nachlaß gefunden wurde.
t'l0 «Wo wellt der König?>.> entstammt ,-Ordons Redoute».
r37 «Engel u11d Dämon» ist ein Auszug aus der Urfassung der gleichnamigen Dichtt1ng von Mi-
hail Eminescu.
1,p Das Gedicht von Walt "Whilman findet sich in der Sammlung «Grashalme»,
16<.1. Das Blatt !2 der Holzschnittfolge «Les Morts parlent,, (Die Toten reden) von Frans Masereel
hat folgenden Unlerte..xt: Ri en n'est change, vieu.x frere, tous ceux q1ti disent: «Ai.mez vous
)es unes les autres», leur a ffaire est claire. (Es h at sich nichts geändert, alter Bruder, alle die
sage n «liebt euch untereinander», deren Absichten sind klar.)
174 «Die Schrecken des Krieges» von Anton WiJdgaus ist ein Teil des episcben Gedichts «K.ir·
bisch».
176 ;;Cap de Bo1111e-Espera11ce» hat, zusammen mit einem zweiten Geditht («WaldJa_ger bei
Billy,,) den Gesamttil'el «Der Soldat».
184 Das Gedicht Apollinaires ist in der französischen Origil1alfassung in Form einer Fontäne ge·
setzt.
185 Das Gecücht Majakowskis, im Jahre 1915 entstanden, erregte heftigen Protest des bürgerli·
chen Publikums.
Sewerjaninsche Schnulzen - Gedichte des futuristischen Lyrikers Jgor Sewerjanin ()887
bis i941).
196 «Die Gattin im Kriege» gehört zu einem Zyklus mit dem Titel «Heimatbilder aus dem
K.riege».
21 o Walter Hasen clever widmete das Gedicht dem Andenken Ka rl Licbknechts.
2_i 5 Das Gedicht erscb ließt sich durch Kenntnis der Tatsa.che, daß Geo M ilew im April 191 7 an

der Südwestfront bei Doiran schwer verwundet wurde (Schädelverletzung, Verlust des rech·
ten Auges) und sich in Berlin einer plastisch-chirurgischen Operation unterziehen mußte.
<22, Das Gedicht «Oktober» von Sergej J essenin ist Teil des 1924 entstandenen Poems «Blumen».
«Weltwochenschau XXIV,, von Dos Passos ist ein Auszug aus dem Poem «1919». 499
,226 «Lincoln Steffens geht mit Child / Men schwacher Witz mit dem großen C» - Wortspiel : to
be with child = schwanger sein.
2:35 Da,s Blau von Otto Niemeyer-Holstein entstand eigens für die Neuauflage dieses Buches.
(Graphik als Auflage ni ch t gedruckt.)
2.:,8 Das Gedicht von Slang hat im Original die folgend e Anmerkung: «Die 7,10 Gefangenen von
Pentonville (England) wurden künlich durch ciu Konzert erfreut, wobei das Potpou rri •Ein
Soldatenleben> zum Vortrag gebracht wurde. Den Hintergrund zu diesem musikalischen Ge-
mälde bildeten Granatexplosionen, das Knenem von Mascbinengf'wehren und das täu-
schend imitierte Pfeifeu von Fliegerbomben. (Zeitungsnotiz über d<m ,humanen Strafvoll-
zug>)>>.
245 Federico Garcia l.01·ca wurde 1930 von den Ffanco-F'aschisten ermordet.
258 Miguel Hernändez nahm am spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republik teil, wurde
auf der Flucht nach Portugal verraten und von der Franco-Polizei verhaftet, zum Tode ver-
urteilt, zu dreißig Jahren Gefängnis «begnadigt». 1942 starb er an den F'nlge11 der V,irhörfol-
terung.
281 <•Soldatenmutter» ist dem «Gedich t vom Menschen» e11tnommen.
299 «Am Narew 1944» ist das zweite Gedicht des Zyklus «Rückblicke».
:'l!l.9 ,,Neunzeb.nbundertfünfüudvierzig» von Semjon Gudsenko ist Teil eines größeren Gedi chts
mit dem Titel ,,Nachwort 1945».
363 J ewge ni Jewtuscben.kos Gedicht ,,Meinst du, die Russen wollen Krieg?» ist seinem ersten ln-
terpreten, dem Moskauer Cbansonsänger Marc Berness gewidmet.
377 Das Gedicht von Jean Cocteau entstammt der «Brandstiftung».
378 Der Marat-Monolog «Glaubt ihnen nicht» ist Peter Weiss' clrarnati:-;cher Arbeit «Die Verfol-
gung und Ermordung Jean Paul Marats» entnommen.
400 Dhakin Godor Hmaings «Sendschreiben des Friede.ns» e11tstammt einem 1m1f'angreicberen
gleichnamigen Poem.
401 Schuzo Nishfo erlebte als Schüler den Atombombenabwu rf auf seine Heimatstadt Hiro-
shjma, bei dem er alle Angehörigen verlor.
416 «Frühli ngsgesang» von Leopold Seclar Senghor ist ein Auszug aus einer umfangreichen
Dichtung.
429 «Der Hoffnung Stern» (hier gekürzt) ba.t im Original den Titel ••Der Wincl d~ Volkes».
442 Das Gedicht von Adolf Endle.r ist Teil eines Zyklus.
tJ.50 Eluards Gedicht hat die Unte.rzeile «Wrodaw, den 25.August .1948».
453 Die «Elegie» vo11 Erich Arendt weicht hier von der genannten Quellenfassung ab, da der Au-
tor für diesen Abdruck den Text revidiert hat,
462 «Der Sang des Friedens» ist ein Auszug aus der Versdicbtung »Ich singe für den Frieden>i
von V!t ezslav Nezval.
476 Petzow - Ort in der Nähe Potsdams, in dem sich ei n Schtiftsteller-Erbolu.ngsheim befindet.
495 Das Gedicht hat im Original den Titel <1Friedenslied».

Die Gedichte folgender Autoren sind in der QueJIP als Auszug gekennzeichnet bzw, vom Heraus-
geber im Auszug verwend et worden:
Tibull -29 Mutanabbi 40 Rabbi Me1r 41 J ean Passe.rat 56 Paul Fleming 64 Andreas Gry-
ph.ius 64 Vo lkslied 70 Volkslied 138 Attfla Jöszef 257 Wystan Hugh Auden 306 .Jewgeni
Jewtuschenko 471
Die Gedich1e folgender Autoren haben in der Quelle kei nen Titel; die Titel in unserer Ausgabe
stammen vom H erausgeber~
500 Homer l!I Bakcltyliclcs von Keos 'lO Sappho '21 Anakrcon 24 Mut11nabbi 40 Gottfrir.d
von Straßburg 47 Michelangelo 49 Luis Va z de Camöes 5 1 J oh n Milton 75 Johann Wolf'.
gang Goc-the 97 August von Platen 105 Franz Gn1lpaner 108 Rabindranatb Tagore 146
Ossip Mandeli;tam 216 Laeo Novomesky 3-14 Alexander Twardows.ki 56> Jean Coc.:frau 577
Louis Akin 417 Dennis ßrutus 469 Erich Kästner 491

Interpunktion und Sclu·eibung fölgen im Prinzip der Quelle.

501
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Uneinheillichkeiten in der Schreibweise von Numen und Orten erklären sich aus unterschiedli-
chen Transkriptionen in den Quellen.
Verzeichnis der Abbildungen
5 Pablo Picasso Umschlagz.eichnungfilr " Democratic Nouvelle». Feden:eichnung, 195fl
6 Albrecht Dürer Die vier Apokal_rpti.<ch,111 Reiter. Holzschnitt, 1494
11 Anonym Die Armee der Sumerer kiimpfl gegen ihre Feinde. Muscheln / Lapislazuli / roter
z.
und weißer Kalkstein, um 2500 v. u. (Standarte vo)l Ur)
17 Anonym König Nnrmer unterwiift Süd-Palä.stina. Elfenbeintafel von Abydps, um
1900 v.u. z.
i8 Anonym Pergamentminiatur zur «nias» vori Homer. Vorlage Mitte 3. Jahrhundert., Perga-
ment, Anfang des 6.Jahrhunderts
122 Anonym Stürmender Krieger. Attische Tonpinax von der Akropolis, 6. Jahrhundert v. u. Z.
23 Kreis des Achilleusmeisters Jüngling übergibt seinen Helm. Lakytbenmalerei, um 450 v. u. z.
26 Anonym Alexan.dem1osaik / Kampf Alexanders d. Gr. mit Darius bei Gaugamela am Tigris
JJI v. u. Z. Steinmosaik um 320 v. u. Z. im Ha11s des Fauns (Pom peji), n ach einem verlorenet1
griechischen Gemälde vo1n Ende des 4. Jahrhunderts
29 Anonym Gefangene Berber. Steinmosaik (Ausschnitt), römische Kolonien (Afrika), .3· Ja.br-
hundert v. u. Z.
32 Anonym Kampji;z.ene. Stci1tabreibung, llan-Dynastio (um 150)
40/4i Anony m .Tepplr;h von ßayewc I Schlacht bei Hastings ro66. Lciuwand / farbige Wolle, um
1080
45 Anonym Sturm aufeine Stadt I Der König entsendet seine l\1annen. Karolingische Buchmale-
rei, um 925
45 Anonym ((ämpfende Ritter. Miniatur, 15.Jahrhundert
50 Hieronymus Bosch Krieger. Federzeichnung, um 1500
55 Hans ßurgkm a.ir d. Ä. Seeschlacht zwischen Weijlkunig und Blaukur1ig. Holzschnitt, um
1515
57 Anonym Der römische Kaiser verheert das La11d der JVenden / Zerstörung eine.~ Dorfes.
Aquarellierte Federzeichnung aus der Sachsenchronik, um 1600
59 Ha ns Holbein d.J. Schlacht. LaV1erte Federzeichnun g, 1520
61 Hans Schäufeliu Erstürmung einer Bu:rg. Holzschnitt, um 1500
65 Urs Graf Der Tod belauert Soldaten und Dirne. Holzschrtitl. um 1520
67 .lllcques Callot Die Plünderung eines Bauernhofes (Les Mis~res et )es Malhe1u-s de la Guerre,
ßl.5), Radierung. 1635
71 Bans Ubich Franck Der gehamischte Reiter (Das Leben der Landsknechte, 8.1. 13). Radie-
rung, 1643
73 HAP Grieshaher Gefa.ngener Bauer. Holschnitt, 1974,
79 Adolph Menzel Vignette zur Dispositionfar die Artillerie-Obersten Dieskau und Möller, La-
ger 1,u Prossnilz am 31.Juli 17.58. Radierung, u m 1845
85 Josef Hege11barth Sch/achtgesa.ng (Blätter zu Herders «Stimmen der Völker in Liedern>)).
Kahnadel, 1924
86 Bernhard 1\odc Maske eines .ftcrbenden Soldalen (nach And reas Schläter), Radierung. um
1696
91 Daniel Chodowiecki Militärstrafen (Folge, BI. 34). Radierung, um 1790
94 Auguste Rod.in Die Marseillaise. Feder, Blei, um 1879
102 J ohann Gottfried Schadow Das Gabe{frühstiick. Radierung, 18i5
107 Francisco de Go_ya Grande hazafia! C1m muertos! - Eine große Tar! Mit Toten! (Los Desa-
stres de la Guerra, Bl.39). Radierung, 1808-1815
121 Max Klingrr Mrlrztage /I(Blall 9 Opus IX) Radierung un.d Aquatinta, 1885 515
1<29 Max Slevogt Gefallen (Achill). Lithographie
131 Honore Daumier 187r (Epouvantee tle L'Heritage). Lithographie, t879
136 Lovis Corintb Frau und Krieger. Zinkdruck, 191.4
140 James Eusor ßaiaille des Eperons d'Or - Die Gültfer1$porimschlacht. Radierung, 1895
145 Anonym Mexikanische Bilderhandschrifl (Lienzo de Tiaxcala). 16. Ja.hrhundert
149 Max Llebermann Nach der Schlacht. Kohlezeichnung, 1914
158 Heinrich Zille Krieg (Der Mann im Felde, die Frau im Feld). Lithographie, 1914
16'2 Frans Masereel Les Morts parlent - Die Toten reden (Zyklu.s, BI. 2), Holzschnitt, 1917
167 Ale.xander Deineka Nahkampf (Bildfolge zu «Das Feuer» von Henri Barbusse). Tusche/ Fe-
der / Pinsel, 1934
170 Marc Chagall Der verwundete Soldat. PinseJ /Feder/ Tusche, 1914
175 Theophile Alexandre Steinlen Der Deserteur (Croquis de temps de guerre - Blälter der
Kriegszeit). Lithographie, 1916
179 Alfred Kubin Kriegsfurie mit Brandfackel. Lithographie, 1914
181 Ludwig Meidner Krieg. Federzeichnung, 1914
186/187 NataJia Gontscharowa Dem Untergang geweihte Stadt I Engel wid Flugzeuge (Der
Krieg, BI.H, Bl.10). Folge von 14 Lithographien, 1914
190 Heinrich Ehmsen Drahtverhau.. l\adierung, 191.5
195 Otto Dix Flieh ender Verwundeter/ Sommeschlacht 1916 (Der Krieg, BI. 10). Radierung, 1.924
199 Erich Heckei Zwei Verwundete. Holzschnitt, 1915
204 Ernst Barlach Verzweiflung und Empörung, Holzschnitt, 1918
209 Max Pechstein Somme 1916 IV. Blatt Granateinschlag. Radierung, 1917
214 Olga Ros,rnowa Der Krieg. Aus einer Folge von 10 Linolschnitten, 1916
218 George Grosz Maul halten und weiter dienen (Christus mit der Gasmaske). Federzeichnung,
1927
221 Karl Schmich -Rottluff Kuß in Liebe 1918. Holzschnitt, 1928
229 Pjotr N. Staranassow Verbrüderung. Holzstich, 1918
250 Wladimir Faworski Jahre der Revolutio11. Holzsch.n.ilt, 192,8
235 Otto Niemeyer-Holstein Nicht ioergessen! Kaltnadel, 1979
259 Max Beckmann Die Letzien (Die H ölle, Bl 9). Lithographie. 1919
246 R. Zamorano Guardia Civil HolzschniU, 1960
251 Andre Masson Ein zufriedener Priester. Fede1-zeichnu.ng, 1956
<259 Pablo Picasso Weinende Frau (Sueno y meotira de Franco - Traum und Lüge Francos, Bl.2,
Bild 6). Aquatinta, 1937
263 Kä1l1e Kollwitz Die Mütter (Der Krieg, BI. 6). Holzschnitt, 1923
269 Hans Grundig Tod und Mädchen. Lithographie, 1954
272 Marcel Grornairc Der Krieg; Öl, 1925
274 Georges Rouault Debout les mortsl - Auf, ihr Toten! (Zyklus Krieg 1917-1927, <25 BI., BI. 21).
Radierung, 1927
283 PauJ Klee Närri.sche Jugend: Krieg. Federzeichnung, 1940
<291 Willi Geiger Sterbende Kreatur (Zwölf Jahre, Bl.9). Radierung, 1940
50 t Wilhelm Rudolpb Dresden, ,,. Februar 1945. Holzschnitt, 1947
504 Henry Moore Blick in den U11tergrwidbahn-Tu11nel: Station Liverpool Str,wt- F'P.der / Tu-
sche / Kreide / Wasserfarbe / Farbstirt, 1941
3w Tono Zancanaro Zentaur-Gladiator. Feder / Tusche, 1944
316 Giacomo Manzu Tod de.• Partisanen. Lithographie~ 1956
!>19 Tadeusz Kulisiewicz Pan.:;.erreiler (zum ;.Kaukasischen Kreidekreis» vn n ßcrtolt Brecbt). Fe-
derzeicbnur1g, 1955
321 Iija Pctrnw l!,xelwtion. Tuscbe / Feder
327 Nuria Quevedu Wart nu.f mich (zum Gedicht gleichen Titels von Konstantlu Simonow). Ra-
dierung, 1976
537 Ca.-1 Hofer Das Nest. Lltbographie, 1921
341 Fritz Cremer Nie wieder! Lithographie/ Kreide / Feder, 1950
347 Oskar Kokoschka Das Manifest. Federzeichnung, 1945
353 O tto Pankok Christus zerbricht das Gewehr. Holzscb.nltl, 1950
359 Anatoli Lowitsch Kaplan Das Denkmal.filr den Kommissar in Rogatschow. Kalt.nadel, 1978
367 Stefan Wegner A uschwitz 1y45. Federzeichnung, 1945
375 Salvador Dali Illustration zu r,Jean sans Terre» von Iwan Goll Feden:eichnung, 1942
387 Charles VVhite Ihr sollt die Erben der Erde sein. Kohlezeichnung, 1954
395 Alfred Hrdlicka Fußballstadion San.tingo. Ätzung/ Wiegemesser, 1973
403 Makoto Ueno Es ist noch nicht zu spät. Lithographie, 1959
406 Gabriele Mucchi Gegen den Atom.sturm. Federzeicb.nung, 1964
411 Toshiko Maruki Friedenswünsche. Feden:eichnung, 1960
415 Willi Sitte Hydra '65. Tuschzeichnung, 1965
419 Valente Malangatana Gefangene. Federzeichnung, 1965
4125Jose Clemente Orozco Die Wahrheit - verdreht, de.formiert, verstiimmelt und mit Dreck be-
worfen. Tuscb.zeichn=g, 1945
426 Jose Venturelli Es wird nichts vergessen! (ßildfolge zu «Der große Gesang» von Pablo
Neruda). Schabtechnik, 1949
433 Wieland Förster Martyrium (Die Gefolterten Ill). Bleistift, 1978
443 A. Paul Weber Der Trommle,·. Lithographie, 1951
447 Peter Fischer-Sternaux Frieden. Holzschnitt, 1979
457 Hans Theo Richter Schützende Hände. Lithographie, 1969
465 Dieter Goltzsche Frieden (Tänzerin und Taube). Linolschnitt/ Offset- und Siebdruck/ FelL·
kre.ideeinzeichnungen, 1982
468 Joachim John Auferstehung und Exekution des Friedens. Radierung, 1978
472 Wou·gang Mattheaer Erschrecken. Hol.zsclmitt, 1976
484 Gustav Seitz Madchen mit Taube. Tuschlithographie, 1957
491 Femand Leger Der Frieden. Keramikzeidmw1g, ·1953
Schutzumschlag Pablo Picasso Der Krieg und der Frieden. Lithograpb.ie, 1954
Bildquellen
Akademie der Künste der DDR, Berlin (83, 319- 453)
Barlach-Gcdenkstätte, Giist row (204)
.Boymans-va n-Beuningen -Museum , Rotterclam (50)
British Museum, London (11, 17)
Deutsche Fotothek, Dresden (6, 55, 59, 61, 91, 179, 190, 218, 229, 291, 387, 411, 443, 457,468)
l ntergrafik Berl in 1965 (411)
Kestner-Mu seum, Hannover (45)
Kun stmuseum Bern, Paul-Klee-S riftung (~83)
Museum der Bildende n Kü nste zu Leip2.ig (121, 316, 403)
Natio nalgaJerie Sofia (321)
Sächsische La nd esbiblio thek, Dresden (57)
So wjetische Akademie der KUJ1Ste, M oskau (169, 230)
Staatliche Museen zu Berli n, Kupferstichka binett (65, 67, 71, 86, 107, n9, 131, 1~6, 181, 195)
Staatliche M useen zu Berli n, Na tio nalgalerie (94)
Staatliches M useum Schwerin (102)
Staatliche Ga lerie M oritzbui·g, Halle (337)
Verl ag der Kunst, D resclen (301, 367)

Folgend en Büchern wurden Abbild ungen entnom men:


Elrnar Bauer, «Schreckni sse des Krieges. D ruckgra phische Bildfolge tler Knege aus fünf Jahr-
hunderten». Ausstellungskotalog, Ludwigshafen am Rhein 1983 (175, 186/1 87, 209, 214, 1251,
274)
Ranuccio Bianchi Bandin elli, ,,_Ro m. Das Ende der Antike ... Verl ag C. H. Beck, M ünchen 1971 (18,
29)
Erha rd Fro mmhold, «Kunst im Wider~tand. MaJ erei, Gra phik, Plastik 1922-1945». Verlag rler
Kunst, D resde n 1968 (375, 425)
Adolph M e niel, «lllustra1ione11 m den Werken Fried ri chs des Großen,.. Jubil äumsa usgabe Bd. 11,
R. Wagner Kunst- und Vcrlagsbuchh audlung, Berli n 1886 (79)
Fra nz M eyer, «Mar c Chagall. Lehen und Werk». Verlag D uMo nt Schauberg, Köln 1961 (170)
H enry M oor e, «Sculpture a nd dra wi ngs 1921- 1948, Percy Lunt, Hurn pbries & Cornp. Ltd., Lo n ·
don (304)
Pablo Neruda, «Der große Gesang». Verl ag Volk und W elt, 8 erli1\ 1953 (426)
Pablo Picasso, «Traum und Lüge Fra ncos ... Insel-Verl og, Leipzig 1968 (259)
E rnst Pfuhl, ,,Malerei und Zt'ichn ung der Griechen». Verlag F. Bruckman u A.G., M ün chen 1923
(22, 23, 26)
«Oer Ruf der Phö nixllöt e. Kl assische chi nesische Pr osa», hrsg. und üb er lr. von Ern st Schwa r1:.
Verlag Rü llen & Loening, Berlin 1973 (:;2)
Zeitschri.Jl ..,Tendenzen», M ünch en (246)
Heinrich Zille, ~Vier Lebensalter,,, Seile Eysler Verlag, Berlin 19-29 (158)
P.mile Ve rhu c,·cn, «James E nso r». Li brairie Natio na le l)'Art & D 'H islnire, G. va n O e.st & C ie,
Brüssel 1908 (140)

W ir danken den Künstlern bzw. Nachlaßverwaltem , die uns freundlicherweise ü1r Einverständ·
nis zum Abd ruck der künstJ erischen Arbeiten gaben:
Akad emie der Künste der DDR, Berlin (fü r H ans Grundi g); Ernst tv1d Hans Barlach GBR, Ham-
burg (fü r Em~t Barlach); Dr. Peter Beckm an n, M umo u./(Obb.) (für Max ßecluna1u1); © 1989, Cos-
mopress, Genf (für Paul Klee, Oskar Kokoschka, Karl Schmidt-RottlufJ); Professor Fritz Ct'emer,
Berlin; Otto Dix Stiftung, Vaduz (für Otto Oix); Horst Drescher, Leipzig (für Wilhelm Rudolph);
© 1989, edition spangenberg, München 40 (für AJfred Kubin); Dr. Horst Ehmsen, Wien (für
Heinrich Ehmsen); Peter Fiscber-Sternaux, Berlin; Wieland Förster, Berlin; Rupprecht Gei-
ger, München (für Willi Geiger); Diete r Goltzsche, Berlin; Dr. Ursel Grohn, Hannover (für
Gustav Seitz); Nachlaß Erich Heckel, Hemmeuhofen am Bodensee {für Eric.h Hecke!);
J oachim John, Neu Frauenmark; Eugenia Kaplan, Leningrad (für Anatoli Lowitsch Kap·
lan); Professor Dr. Arne Kollwitz, Westberlin (für Käthe Kollwitz); Kupferstich-Kabinett der
Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (für Josef H egenbarth); Wolfgang Mattbeuer, Leipzig;
© Henry Moore Founclation, 1941, Reproduced by kind perruission ofthe Henry Moore Founda-
tion (für Henry Moore); Gabriele Mucchi, Mailand; Professor Dr. Gün ter Niemeyer, Zürich (für
Otto Niemeyer-Holstein); Eva Pankok, Hünxe-Drevenack (für Otto Pankok); Max Pechstein Ar-
chlv, Harnburg, © Pechstein, Hamburg/Tökendorf (für Max Pechstein); Anna Petrowa, Sofia
(fü.F llja Petrow); Nuria Queveclo, Berlin; Hildegard Richter, Dresden (für Hans Theo Richter);
Willi Sitte, Halle; Stiftung Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Zürich (für
Frans Masereel); Verlag der Kunst, Dresde1,1 (für Stefao Wegner, Jose Clemente Orozco); © VG
Bild-Kunst, Bonn, 1988 (für HAP Grieshaber, Marc CbagaU, Na talia Gont~charowa, George
Grosz, Marcel Gromai.re, Georges Rouault, R. Zamorano, Andre Masson, Fernancl Leger, Max
Slevogt, James Ensor, Wladimir Faworsk_i, Pablo Picasso);© VC Bild-Kunst, Bonn/Demart pro
a1te, 1990 (für Salvador Dali); Christian Weber, Mölln (für A. Paul Weber)

Reprofotos: Deutsche FotothPk, Dresden; Staatllcl1e Museen der DDR, Berli.D; llooa Ripke, Ber-
lin: Oielz Verl<\g - Ewa ld, Berlin
Inhalt
5 Ihr, die ihr überlebtet Bertolt Brecht
7 Das beschwörende Wort der Dichter Vorwort von Richard Christ

Du gehst hin und trägst das Land des Feindes weg


Der Feind kommt und trägt dein Land weg
13 Einmal vor l&nger Zeit Anonym
14 Du gehst hin Anonym
14 Der siegreiche General .,1nonym
14 Der müde Soldat Aus dem Schi-king
15 Epitaph auf einen Krieger Kung-Jutse
16 Spruch Laozi
16 Ich, Sargon, König der vier Weltgegenden Nabuschallimschunu
18 Anrufung Theognis
19 Ruht, ihr Ithaker Homer
19 Die Perser Tim.otheos von Milet
20 Der Friede Bak.chylides von Keos
21 Laßtmich Sappho
21 Chor der Töchter des Danaos Aischylos
24 Tanzlied Pindaros
24. Wer mir beirn Kruge Anakreon
24 Chor der Salaminischen Krieger Sophokles
26 Der F-1ieden A ristophanes
2.7 Die Zahl ist nichts! Aus dem Dhammapada
28 Elegie Properz
29 Der Friede Tibull
30 An lccius Horaz
30 Feldzug ohne Rückkehr Tsau Tsau
31 Geschrieben einundzwanzig Jahre nach der Zerstörung
der Stadt Loyang Tsau Dschi
52 Fluch des Krieges Li Tai-bai
35 Gedanken eines Grenzoffiziers Yakamochi
55 Nur dann Du Fu
35 Ein Protest im sechsten Jahre des Cbien Fu Tsao S ung-
36 Der Feldhen· Liu Ko-dschuang
56 Die alte Hellebardenspitze Tau Kai
38 Ich halte Ausschau Gau Tschirig·tschiu
39 Gebet für den Inka Anonym
,1,0 Der Krieg Suhair 521
40 Die Menschen vor uns Abu 'l Tajjib al Mutanabb[
41 Herr, kannst du's ertragen? Rabbi Mei'r
44 Sequenz von der Geburt des Herrn Adam von St. Victor
44 Mein Schwert Ju Ho In

Land und Leute


könnten voller Ruhe sein,
wären nicht zwei kleine Wörter:
mein und dein

47 Mein und dein Gottfried von Straßburg


47 Schlimme Zeiten Walther von der Vogelweide
48 Friedensballade Charles d'Orleans
49 Hier macht aus .Kelchen Helme man Michelangelo
51 Weh, wieviel Not Luis Vaz de Camöes
51 Die Ballade von der schönen Stadt Morah Franfois Vilion.
53 Die Seufzer der 'VVeit Olivier de Magny
55 Die Mutter Giambattista Marino
54 Der Rat der Mutter Volkslied
56 Die Schlacht vor Pavia Landsknechtslied
56 Wider die deutschen Landsknechte Jean Passerat
58 Fried und Ruh Hans Sachs
60 Papst Julius II Ulrich von Hutten
61 Klage Martin Opitz
63 Sinnsprüche Friedrich von Logau
63 Vom Schlesischen Kri~g Daniel von Czepko
64 Neujahrsode 1633 PaulF/eming
64 Tränen des Vaterlandes Andreas Gry'J)hius
66 An die christlichen Fürsten und H erren in Deutschland Johann Rist
67 Froh begrüßte Friedenstaube Landsknechtslied
69 Das wirket d er Friede Nikolaus Peucker
70 Bauernklage Volhlied
72 England war lang im Wahnsinn William Shakespeare
74 Sonett Jean-Franrois Sarasin
74 Sonett Vincenzo da Filica'ia
75 D es Todes Schergen John Milton
75 D er Sieger Tod James Shirley
76 Epilog auf das XVII. Jahrhundert John Dryden
77 Seltsam 1l1ukai Kyorei
77 Altes Schlachtfeld Bashö
Für wen, du gutes deutsches Volk,
Behängt man dich mit Waffen?

81 Für wen, du gut.es deutsches Volk Gottfried August Bürger


81 Satirische Elegie auf den Tod eines berühmten Generals Jonathan Swift
82. Lied des jungen Reiters Volkslied
84 Der Held und der Reitknecht Christian. Fürchtegott Geliert
85 Der Friihling Ewald Christian von Kleist
86 Das Recht der Vernunft Magnus Gottfried Lichtwer
87 Kriegslied Matthias Claudius
88 Die Welt ist nun des Menschenmordens müde
Christian Friedrich Daniel Schubart
88 Losreißung Friedrich Gottlieb Klopstock
89 Eroberungssucht Johann Gottfried Herder
89 Soll denn gar kein Frieden werden? Volkslied
90 Dreihundert Dukaten Volkslied
90 Zu Straßburg auf der Schanz Volkslied
92 Der Krieg Jakob Michael Reinhold Lenz
95 Die Marseillaise Claude Joseph Rouget de Lislt1
96 0 schöner Tag Friedrich Schiller
97 Manches Herrliche der Welt Johann Wolfgang Goethe
97 Die Flüchtende Johann Wolfgang Goethe
98 Das letzte Lied H einrich von Kleist
99 Der Friedensbote Joseph von Eichendorf!
100 Der Frieden Friedrich Hölderlin
102 Napoleons Flucht aus Rußland Volkslied
104 Der Invalid im Irrenhaus Adelbert von Chamisso
105 Das ist die Blume August von Platen
106 Beziers Nikolaus Lenau
108 Ich hab erdacht im Sinn mir einen Orden Franz Grillparz.er
108 Genug! !vforitz Hartmann
109 Senacherib Lord George Gordon Byron
110 England im Jahre 1819 Percy Bysshe Shelley
11 1 Prolog für ein geplantes Drama König Eduard des Vierten
William Blake
11 1 La belle dame sans merci John Keats
113 Der Heilige Bund der Völker Pierre-Jean de Beranger
115 Die Zerstörung von Psara Dionysios Solomos
11 5 Der Tambourmajor Heinrich Heine
117 Der Kanonengießer Georg Weerth
118· Sonett Georg Herwegh
119 Berlin! Berlin! Du großes Jamme11a1 Anonymes .Flugblatt
120 Wo weilt der König? Adam Mickiewicz
120 Auf Alexander 1. Alexander Sergejewitsch Puschkin
122 Zwietracht Taras Schewischenko
123 0 Schreckenszeit Sandor Petofi
124 Der Tod eines Planeten Eugene Pottier
125 Agnus Dei Paul Verlaine
126 Die Friedenspfeife Charles Baudelaire
129 leb bin Soldat, doch bin ich es nicht gerne Volkslied
150 In Erinnerung Detlev von Liliencron
132 Der Schläfer im Tal Arthur Rimbaud
132 Tretet ein, hoher Krieger Gottfried Keller
133 Friede auf Erden Conrad Ferdinand Meyer
134 Krieg Nikolai Alexejewitsch Nekrassow
135 Der Krieg Michael Albert
137 Engel und Dämon Jvlihail Erninescu
137 Das Kaiserlied Volkslied
158 Hoffnung Volkslied
139 Rekrutenlied Volkslied
140 Requiem Herman Melville
141 Wenn ich von d em erkämpften Ruhm der Helden lese Walt Whitman
142 Harry Wilmans Edgar Lee Masters
143 Eines Indios Verwünschung Vnlk.sdichtung
144 Totenklage der Sioux Volksdichtung
144 Beschwörungsgesang der Masai-Frauen Volksdichtung
145 Japanfaches Soldatenlied Volksdichtung
145 Soldaten und ihre Frauen Volksdichtung
146 Das Volk Rabindranath Tagore
147 Anrufung des Friedens Fiona Macleod

Wo bleibt da der Mensch, wo menschliche Würde,


Wo bleibt sie - die heilige Menschlichkeit?
15 1Das Lied von der Menschlichkeit Bertha uon Suttner
152 Kein Völkerbaß Max Kegel
153 Friede Ricarda Huch
154 Menschli chkeit Frank Wedekind
154 Die W eihe Georg Kaiser
155 Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg Rainer Maria Rilke
156 Zum ewigen Frieden KarlKraus
5Q4 157 D er erste Verwundeteutransport 1914 Franz PVerfel
159 Bruder Franz Theodor Csokor
159 Das Unabwendbare Max H errmann,-Nc!ße
160 Der Krieg Georg H eym
161 Grodek Georg Trakl
165 Götzendämmerung Richard SchaU,kal
164 Lothringisches Kreuz I wan Goll
1 65 Ara Pacis Romain Rolland
169 Mit d es Säbels Spitze Victor Segalen
170 An einen deutschen Freund H enri Guilbeau.-r:
172 Betrachten Kurd Adler
172 Buch d es Krieges Gerrit Engelke
174 Die Schrecken des Krieges Anton WUdgans
174 Feldwache Richard Aldington
175 Die Schlacht bei Saarburg Alfred Lichtenstein
176 Kriegsgrab August Stramm
176 Cap de Bonne-Esperance Georg von der Vring
177 Die Friedensstadt Alfred Wo[fenstein
180 General Gottfried Benn
182 Morituri Carl Zuckmayer
183 Ablösung Charles Vild'rac
184 Die erdolchte Taube und der Springbrunnen Guillaume A pollinaire
185 Euch! Wladimir Majakowski
188 Der Milan Alexander Block
188 Für eine Nacht nur Geza Gy6ni
190 Me nsch sein in der Unmenschlichkeit Endre Ady
191 Lied det Gefallenen Lion Feuchtwanger
192 Ihr liebt uns Siegfried Sassoon
192 Tagesanbruch im Schützengraben Isaac R osenberg
193 Sommer an der Som.me Paul Zech
19,1, Die Frau des Urlaubers A lfons Petzold
1 96 Den M ütte m Ernst Toller
196 Di e Gattin im Kriege N ikolaos Poriotis
1.97 Wache Giuseppe Ungaretti
198 Kii eg Andre ßreton
!WO Lazarus, schläfst du? Hen ri Michaux
1201 Polyphem Stefan Zweig
203 Hannibal Robert Frost
204 Mörd er Carl August Sandburg
205 Kriegslied Erich Mühsam
207 Marville Edwin Hoemle
1208 Lied gegen den Krieg ßertolt Brecht. 525
210 Die Mörder sitzen in der Oper Walter Ha senclever
212 Europas Sturz Gabriela Mistral
213 Gestorben - für wen ? George Co1sbuc
215 Mein Kopf Geo Milew
-216 Die Städte, die da blühn . Ossip Mandelstmn
2 16 Kanon en Rju Rin Sok
217 Stimmen H ennannßroch.
219 Europäisch e Dämmerung Albin Zollinger

Aufden Schlachtfeldern von Verdun


stehn die Toten auf und reden

223 Oktober Sergej J essen in


223 W eltwochenschau XXIV John Dos Passus
225 Alle machen Frieden - was ist Frieden? Ernest Hemingway
226 Monolog eines ehemaligen Infanteristen Jindfich Hofejsi
227 Ritten, dtten Adjutanten . . . Frana Sra:mek
230 Der ßudjonnyreiter Stepan Stschipatschow
23 1 Drei Minuten Gehör! Kurt Tucholsky
233 Die Ballade des Vergessens Klabund
237 Vogesenballade Louis Fürnberg
238 Der große Verbrecher Slang
240 Verdun, viele Jahre später Erich Kästm•r
241 Tommy Rudyard Kipling
242 Die Augen der Toten Julian Przybos
243 Nieder! Wladimir Majakowski
245 An die Heimat Atanas Daltschew
245 Romanze von der spanischen Guardia Civil Federico Garcia Lorca
249 Erklärung einiger Dinge Pablo Neruda
252 An die Jugend Nordahl Grieg
254 Gruß an den toten Dichter Garcia Lorca Jaroslav Seifert
255 M editation an diesem T age Antonio A1achado
256 Spanischer Sp ruch Berthold Viertel
257 März 1957 Attila J6zsef
258 Letzter Gesang Mfguel H erntindez
259 Mein Gedicht für die im spanischen Krieg ermordeten Kinder
lose Ramon H eredia
261 Wagt zu denken! Wieland H erzfelde
Oh, wieviel neues Leid
zu all dem alten Leide!
265 D eutsche Kriegsfibel 11 Bertolt Brecht
265 Tränen des Vaterlandes Anno 1957 Johannes R.Becher
266 Über glitzernden Kies Else Lasker-Schüler
267 Frankreich RudolfLeonhard
268 Lied von Frankreich Iwan Goll
271 Tapisse1ie der großen Furcht Louis Aragon
275 Ein Weg die einzige Sonne Tristan Tzara
275 Dieses Herz, das den Krieg gehaßt Robert Desnos
276 Wie oft, mein Vaterland . . . Gertrud von Le Fort
277 Lied vom Frieden Günther Weisenbom
277 Friedenshoffnung Berthold Viertel
278 Aus dem Brief eines siegreichen Feldmarschalls Michael Guttenbrunner
278 Genfer Abrüstungsrede Jura Soyfer
279 Der junge Soldat Hans Sender
280 Nänie Johannes ßobrowski
281 Soldatenmutter Kuba
281 Letzte Post Jo Schulz
282 Kleczew 1945 Uwe Berger
282 Frage Gottfried Unterdörfe r
284 Gelöbnis Albrecht Goes
284 Dann aber gruben wir Tote aus ... Bernhard Seeger
286 Ballade von einem Städtebewohner in tiefer Not Stephan Hermli11
289 Silvestersegen Albrecht Haushofer
290 Bericht des Pfarrers vom Untergang seiner Gemeinde Peter l-luchel
292 Im Artilleriefeuer Wilhelm Tkaczyk
293 An die deutschen Soldaten im Osten Bertolt Brecht
<.298 Der Nibelunge Not Franz Fühmann
1299 Am Narew 1944 Heinz Piontek
300 Der füegende Tod Ricarda Huch
30 l Die letzte Epiphanie f11erner Bergengrue11
502 Zwei Heere Stephen Spender
303 Die Hand, die unterschrieb Dylan 1iwmas
305 Die jungen toten Soldaten .Archibald MacLeish
506 Gedicht für heute Roy McFadden
306 Im K.tieg Wystan Hugh Auden
307 Elegie für einen toten Soldaten Karl Shapiro
512 Bedrängnis James Langston Hughes
313 Nacht mit Verlaine Frantisek Hrub[n 52.7
514 Wenn einst . . . Ltico NovomesJ...y
314 Den Märtyrern von der Piazza Loreto A(fonso Gatio
.5 15 Im Gezweig der Weiden Salvatore Quasimodo
317 Die Wassern·ägerin am Calvinplatz-Brunnen J6zsef Rath
318 Liebe 1944 Tadeusz R6iewicz
318 Das Herz der Granate Adam Waiyk
3 19 Ein Kindergebet Oton Zupan.cic
320 Frühling Nikola Jonko.ff' Wapzaro.ff
522 Sie nahmen Marina Zwetajewa
325 Hie r sp1icht de r Krieg Nikolai Tichonow
325 Schreckliches Märchen. Boris Pasternak
326 Wart auf mich Konstantin Simonow
328 Ahnung des Frühlings Alexej Surkow
329 Neunzehnhundertfünfundvierzig Semjon Gudsenko
330 Glaub es nicht! Mussa Dshalil
331 Mein ältrer Brud er Rassul Ga.msatow
332 Er kam nicht zurück aus der Schlacht Wladimir Wyssozki
353 1812-1918-1941 Erich Weinert
334 Hymnus auf den F1ieden Mikl6s Radn6ti

Und in uns leben


eure Söhne fort/
339 Ihr Mütter Deutschlands Johannes R. Becher
339 Dem Frieden entgegen Hermann Hesse
340 An den Frieden Karl Krolow
342 H erbst 1945 Günther Deicke
343 F1iede auf Erden Wolfgang Weyrauch
345 Der Dornenwald Theodor Kramer
346 Neunzehnhundertfünfundvierzig Christine Busta
348 Schibboleth Paul Celan
349 Prühlin.g 1946 Elisabeth Langgässer
350 Chor der Waisen Nelly Sachs
351 Darum sind wir die Weinenden David L uschnat
352 Dann gibt es nur eins! Wolfgang Borcherl
356 Warum ich den Frieden will Walter Niedermayet'
357 Wieder dahejm Nikolai Sidorenko
358 Kinder sprechen AnnaAchrnatowa
559 Requiem Robert Roshdestwenski
361 D er Krieg Alexander Twardowski
362 Utopische Verse Michail Dudin
565 Meine Genossen Boris Sluzki
365 Meinst du, die Russen wollen Krieg? JewgeniJewtuschenko
365 Statistik Stanislaw Wygodzki
565 Friede Leopold Staff
566 Dithyrambos auf den Frieden Konstanty lldejons Galczynski
368 An einen unbekannten D eutschen im Westen Jerzy Walenczyk
369 Daß man auf Erden ruhig schlafen kann Alfred Margul-Sperber
570 Ein Lied der Arbeit und des Friedens Konstantin Biebl
371 Die Lindenallee StanislavKostkaNeumann
372 Epitaph für einen Soldaten . . • Grigor Vitez
373 H erbst der toten Soldaten Kajetan Kovic
373 Die Signale Pawel Matew
374 Vorspiel zur Französischen Reveille Louis Aragon
376 Beruf des M ensch en A ndre Bonnard
376 Familienbild Jaques Prevert
377 Habt, Mütter, ihr dafür in Schmerzen geboren? Jean Cocteau
378 Glaubt ihnen nicht Peter Weiss
379 Die Bäume Artur Lundkvist
379 Der Ruf des Menschen Elvi Sinervo
380 Hört das Wiegenlied am Himmel im Wind e Arvo Turtiainen.
381 Sag mir, wo die Blumen sind Pete Seeger
582 Ich marschier nicht mehr Phil Ochs
584 An die Herren der Kriege Bob Dylan
386 Der große Friede Walter Lowenfels
588 Warum ist die Welt nicht mein Vaterland? JoseMoreno Villa
389 Durango Luis Cernuda
390 Brüder, i n diesem Frühjahr Vassili.s Rotas
390 Hier enden die W erke Giorgos Seferis
391 Nichts hab ich zu sagen Menelaos Ludemis
392 Biief an Joliot-Curie Jannis Ritsos

Sie sind gekommen,


das Gift in der Hand
D en Tod unter dem Arm
Den unwirklichen Schlaf
397 Befriedigung Henri Krea
397 Lied der Lastträger von Kaschmir Volkslied
398 Der japanische Samurai Zendijn Damdinsüren
398 Ansprache an einen toten Soldaten ... Kuan Chao
400 Unsere Gedichte Nasim Hikmet
400 Sendschreiben des Fried ens Dhakin Godor Hma ing
401 H.woshima Schuzo Nishio
402 Hiroshima S. H. Vatsyayan Agneya
404 Der Sch atten von Hiroshima !vlihrä Beniuc
407 Die Vögel und der Test Stephan H ermlin
407 Requiem für die unbekannten T oten Eugen Jebeleanu
408 Ich habe den Thunfisch ·gegessen /lrmin Müller
412 Hiroshima Marie Luise K aschnitz
413 Vietnam Rafael Alberti
413 In wessen Namen T6 Huu
414 Zwisch en meinen T öchtern sitzend Te H anh
416 Frühlingsgesang Leopold Sedar Senghor
417 Aus d er T iefe meiner afrikanisch en Wälder Louis Akin
418 Schwarzer Mann, Lasttier jahrhundertelang Patrice Lumumba
421 Soldat, so möcht ich nicht sein Nicolas Guillen
423 Die Vielen Cesar Vallejo
425 Brandopfer Miguel AngelAsturias
424 Bevor die Flu gzeuge kommen . . . Otto d'Sola
427 H eul singen die Sold aten E lvio Romero
427 Psalm 5 Ernesto Cardenal
429 D er H offnung Stern VictorJara
450 Denke daran .. . Günter Eich
431 Atomgedicht 57 Gerd Semmer
432 sozialpartner in der rüstungsindustrie H ans Magnus Enzensberger
432 Am Ende Günter Grass
434. Gedicht Nicolas Born
435 Eines Tages werden wir a ufwach en und wissen PValter Bauer
456 Im Schlaf Ernst Jandl
437 Wenn i ch kein Soldat wäT Hugh MacDiarmid
437 M ein Großvater träumt zweimal von Flandern R onald Butli11
458 Kriegsdichter Sidney Keyes
439 Nach der letzten Atombombe Carl Emil Engluncl
439 Ordentlicher Professor Robert Lowell
440 Ich bringe eine Botschaft Günter Kunert
442 Im Truppenübungsgel ände bei Bitburg (Eifel) AdolfEndler
444 Das hier ist Wahrheit H einz Kahlau
445 W enn er in d en Krieg muß Sarah Kirsch
445 Sintflut 62 Karl Mickel
446 Ohne Aussicht auf Besserung Bernd Jentzsch
Friede der See und dem Lande,
Daß sie uns günstig sind!
449 Inschtift für Hiroshima Hanns Cibulka
449 Glockenstimme Friedrich Wolf
450 Schwestern der H offnung Paul Eluard
451 Der Sinn für den F1·ieden Guillevic
45<2 Wir müssen sorgen, daß uns Frieden bleibt Arno Reinfrank
455 Elegie Erich Arendt
4.55 Aber die Tafel n künden den Frieden Rene Schwachhofer
458 Du, unsere Zeit /tVerner ßräunig
459 Heimfahrt durch Belorußland im Schnee Kilo Lorenc
460 Der Sputnik llja Ehrenburg
461 Zeit heilt Wunden Juri Woronow
46'2 Der Sang des Friedens Vitezslav Nezval
465 Der Friede auf Erd en Jaroslaw lwaszkiewicz
464 Atlas Jeno Kiss
466 Fürchtet euch nicht! Sumitranandan Pant
467 Weltfriedenstreffe n György Somly6
468 Position Ljubomir Lewtschew
469 Friede wird sein Dennis Brutus
470 Uiteil Lodongijn Tüdew
47 1 Mutter und d ie Neutronenbombe Jewgeni Jewtuschenko
476 Aufbäumen Adel Karasholi
476 Petzow ll Rainer Kirsch
477 Friedenskampf Jürgen Renner!
477 Täglich erreichen mich tr aurige Briefe E11a St rittmalter
478 Bitte für die Kinder Helmut Preij]ler
479 Einer Mul1er Schwu r JVfax Zimmering
479 Die ihr geboren werdet heute .. . Georg Maurer
481. Handzettel für einige Nachbarn Erwili Strittmatter
486 Wir Heinz Czechowski
487 Welttheater Paul Wiens
488 Nun bin ich froh Volker Braun
488 einlegeblatt in geschichtslehrbücher Kurt Marti
489 Bedenken Erich Fried
490 Freies Geleit Ingeborg Bachmann
491 Aufruf Erich Kästner
492 Größe und Elend Johannes R . Becher
4,93 Friede auf unserer Er de! Bertolt Brecht

531
Anhang
497 Diese Sammlung Nachbemerkung des Herausgebers
498 Anmerkungen
502 Verzeichnis der Dichter und Quellen
515 Verzeichnis der Abbildungen
518 Bildquellen
l lomcr . Pindaros . Sophokles · Aristophancs · l lornz · U11 Fu ·
Aus dem Schi-king , \Valthcr von der Vogdwciclc~ · Villon •
:\lichclangclo . l lans Sachs · Gryphius · Swift · Klopslock ·
l lcrdcr . Lenz . Goethe , Schiller · Kleist · Chamisso · l ,e111111 •
1Hilderlin . Lord Byron , l leinc · :\lickiewicz · Petfüi · E111i11Psc11 ·
\lclvillc . Baudelairc . Bimhaud · \Vhitman · Tagorc · Kipli111,C •
Holland , Hicarda l lud, , Hilke · Georg l lcym · Trakl ·
\Voll'cnstcin . Zuckmayc~r , Toller · Yvan Goll · l lc~ssc~ · Bruch •
Stefan Zweig . Becher , Brecht · \lajakowski · l lcmingwny • 1)os
Passos . Sandhurg . \listral · Kästner · Tucholsky · l(lah11ncl ·
Attila .lbzsd . Garda Lorca · Pahlo :\cruda · Arago11 · Codc-n11 • ·
Eluard . Pd~vcrt . Tzara , ,Jchclcanu · Zupancic · Quusimoclo ·
Scl'cris . \Vazyk . 1waszkicwicz · Twardowski · Tichonow ·
Achmatowa ..Jcwtusclwnko , Simonow · Surkow · Laskc~r-SchiilPr ·
l ,usclmat . ~clly Sachs , Bergengrucn · Cclan · Bachmann ·
Eich . Enzcnshcrgcr , l(l'Olow · \Vciscnhorn · Borchcrt · Goc!S •
Bohrowski . l luchcl . \Vdncrt · l lcrmlin · Fiihmann · Arcnclt ·
:\laurcr , \Vicns . Lowcnfols · Lundkvist · Albcrti · Guillfo1 ·
l likmct , Lmnumha

VdN ISBN 3-373-00257- '3

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