Sie sind auf Seite 1von 172

rec

Herausgegeben und kommentiert


von Fritz Hennenberg
Band 3 · Kommentare

Henschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1984


1. Auflage 1984
© Henschelverlag Kunst und Gesellschaft,
DDR-Berlin 1984
Alle Rechte vorbehalten

Copyright© für die Gedichte von Bertolt Brecht


Aus den Bänden 1-VII der «Gedichte» Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main 1960, 1961, 1964
Für die Bände VIII, IX, X
Copyright© Stefan S. Brecht 1965, 1976
Für bisher unveröffentlichte Texte/Kompositionen
von Bertolt Brecht
Copyright© Stefan S. Brecht 1984
Alle Rechte vorbehalten durch Suhrkamp Verlag
Frankfurt am Main

Der Abdruck der Kompositionen erfolgt


mit freundlicher Genehmigung von:
Ruth Berghaus, Berlin
Bote & Bock, Berlin (West) und Wiesbaden
Hertha Bruinier, Wiesbaden
Edition Peters, Leipzig
Kurt Schwaen, Berlin
Universal Edition, Wien
VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig
VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag, Leipzig
Gertie Wagner-Regeny

Lizenz-Nr. 414.235/14/83
LSV-Nr. 8340
Lektor: Renate Lerche
Redaktion: Wolfgang Jeske
Typografie und Einband: Hans Spörri
Noteneinrichtung: Wolfram-Theo Freudenthal
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: Offizin Andersen N exö,
Graphischer Großbetrieb, Leipzig IIl/r8/38
625 140 3
12000 ( 1-3)
Lieder zur Klampfe

19 52 bemerkte Brecht über seine<< Berufswahl»:<< Zu- Zu << Baals Lied>>, der ersten Eintragung, ver-
erst habe ich Lieder geschrieben, die ich auf der merkt Brecht: << zusammen mit Lud am 7. VII. 18
Gitarre meinen Bekannten vorsang, um ihnen und nachts am Lech>>; gemeint ist Ludwig Prestel, der,
mir Spaß zu machen. >> 1 der Erinnerung seines Bruders Rudolf nach, auch das
Brechts erste Gedichtsammlung war ein Lieder- hier enthaltene << Lied von Liebe>> (und darüber hin-
heft. Der Titel << Lieder zur Klampfe/ von/ Bert aus die <<Legende der Dirne Evlyn Roe>> und die
Brecht und seinen Freunden/ I 9 I 8 >> weist auf die be- << Ballade von der Hanna Cash>>) vertont haben soll. 3
reits damals von Brecht befolgte kollektive Arbeits- Freunde aus der Augsburger Zeit erinnern sich auch
weise hin. Brechts frühe Lyrik war eingebunden in an die kompositorischen Talente von George Pfanzelt
den Augsburger Freundeskreis und auf Austausch (<< Aus dem Stegreif vertonte er mit Brecht zusam-
hin angelegt. Die Bestimmung für die Gemeinschaft men, singend und mit der Gitarre Melodien spielend,
stand im Vordergrund; sie Heß sich am besten im Texte von Brecht>>4) und Brechts Bruder(<< Die Me-
Liede erfüllen. Es wurde diskutiert, wohl auch ge- lodien zu den Brecht-Texten erfand vielfach auch der
meinsam produziert; Brecht, im Mittelpunkt, regte jüngere Bruder Walter, sie wurden von Eugen dann
die Freunde an, ihre Talente zu zeigen. Man kam in übernommen>> 5). Die für Brechts kollektive Arbeits-
Wirtshäusern zusammen, spielte zu nächtlichen Se- weise typische Nachlässigkeit in der Scheidung der
renaden auf, zog mit der Klampfe übers Land; dies Anteile setzt offenbar schon in dieser seiner ersten
hatte hier seine Traditionen, die die<< Brecht-Clique>> Sammlung an.
auf ihre Weise erneuerte. Der sechste Titel (<< Lied an die Kavaliere der Sta-
Die << Lieder zur Klampfe>>, als Melodien bisher tion D>>) ist vom 2. November r9r8 datiert; nach dem
nicht veröffentlicht, sind auf den ersten Seiten eines Eintrag zweier weiterer Lieder, gewiß noch im glei-
offenbar von Brecht selbst zugeschnittenen und in chen Jahr, wurde das Heft beiseite gelegt. Die << Lie-
Fadenheftung zusammengefaßten Notizbuches ver- der zur Klampfe>> dürften von der bei Hanns Otto
zeichnet. 2 Die Sammlung enthäl,t acht Lieder mit zum Münsterer erwähnten << Klampfenfibel >>, an deren
Teil unvollständig aufgezeichneten (beim letzten Zusammenstellung Brecht im Januar 1919 arbeitete,
Lied überhaupt fehlenden, aber anderwärts ergänz- wohl zu unterschei_den sein; aus der << Klampfenfibel >>
baren) Texten; dem Umfang des Heftes nach dürfte ging vielmehr - der Thematik der Aquarelle von
sie auf Zuwachs angelegt gewesen, doch abgebrochen Caspar Neher nach6 - die << Hauspostille>> _hervor.
worden sein. Die Notenlinien sind mit der Hand ge- Münsterer bezeichnet die<< Klampfenfibel», eine frü-
zogen, die Melodien (abgesehen von zwei Aufzeich- here Fassung seiner Memoiren präzisierend,7 später
nungen in normativer Notenschrift) in der für Brecht ausdrücklich als << die erste größere Sammlung
typischen Form als Stenogramm fixiert: Angabe der Brechts~her Gedichte>>8 - wodurch die <<Lieder zur
Tonhöhen durch auf oder zwischen die Notenlinien Klampfe>> als ein vorangegangenes kleineres Vor-
schräg gesetzte Striche, ohne die sonst üblichen haben ihren Platz finden.9
<< Hälse>>; Differenzierung des Notenwertes (in dieser Bei den hier vor gelegten Übertragungen einiger
Sammlung nur bei einem Lied) durch Variierung der Lieder ~lieb der originale Melodienzug- von einigen
Zeichen, wiederum in eigenwillig vereinfachter wenigen, in den Kommentaren begründeten Aus-
Form: langer Wert = Kreuz, kurzer Wert = Strich; nahmen abgesehen - gewahrt; die Zuordnung der
Aussparung der Taktstriche im Vertrauen auf die nicht unterlegten, sondern für sich gestellten Texte
Metrik der Verse mit ihren festgeschriebenen Hebun- bedingte hin und wieder eine Angleichung der Noten
gen ·und Senkungen; die Notenlinien durchmessende (-anzahl) an überschüssige Silben. Mit der Harmoni-
Striche lediglich als Orientierungszeichen der poeti- sierung wurde freier verfahren und nicht streng <lcn
schen Struktur, am Zeilenende. Ein ausgeschriebener gegebenen Siglen gefolgt; zwar sollten die Vorlagen,
Gitarrensatz liegt nur zu einem Titel (<< Lied der mü- auch in ihrer gelegentlichen Ungelenkhcit, respek-
den Empörer») vor, sonst sind - wie bei schlichter tiert werden, doch ebenso die musikalische Gramma-
(und mit improvisatorischer Auflockerung rechnen- tik zu ihrem Recht kommen. Hin und wieder wurde
der) Begleitung üblich - lediglich Harmoniesiglen das Klangbild geschärft, der Moritatenton mithin
(große Buchstaben = Dur, kleine Buchstaben = vorsichtig aktualisiert.
Moll) angegeben. Gelegentlich finden sich auch An-
weisungen für spezielle Gitarren-Grifftechniken
(<< barree >>).

355
Lieder zur Klampfe Lieder 1 · 2 · 3

1 Münsterer bezeugt für 1917 den Titel <<Philoso-


Ein bitteres Liebeslied phisches Tanzlied >>. 5 Damit könnte auf Friedrich
Nietzsches <<Tanzlied>> und << Das andere Tanzlied>>
Aus << Lieder zur Klampfe/ von/ Bert Brecht und sei- aus << Also sprach Zarathustra>> angespielt sein. 6 Von
nen Freunden/ 1918 >>. 1 Autograph. Die Noten (ohne der inhaltlichen Seite her tritt indes Goethes Gedicht
Stiele) stehen in vier durch (Takt-) Striche begrenz- << Der Harfenspieler >> als Modell hervor: Brecht paro-
ten Abschnitten = Verszeilen und sind mit Harmo- diert es. 7 Auch Wedekind wird belehnt, nämlich in
niesiglen versehen. Der Text 2 ist nicht unterlegt, der dritten Strophe mit seinem Gedicht <<Erdgeist>>. 8
sondern in Versform dem Notenteil nachgesetzt; In den << Gedichten aus dem Nachlaß>> stehen
laut Werkausgabehandeltes sich um ein<< Fragment >> 3 • unter dem Titel << Philosophisches Tanzlied>> drei
Die Vortragsanweisung<< klagend und laut schallend>> weitere Strophen, die den in unserer Ausgabe mit-
ist dem Original entnommen. geteilten vorangehen:
Die Bearbeitung gleicht die Zeilenklausel des
dritten Taktes den anderen Zeilenklauseln an; im Wer nie sein Leben verachten darf
Original ist die fünfte Note <<g>>. Der Vorhalt im Der ist vom Tod betört
Schlußakkord, der, nicht aufgelöst, den Schluß Wer nie sein Leben aufschnaufend wegwarf
gleichsam in Frage stellt, ist von Brecht durch das Dem hat es auch nie gehört.
dissonante Zusammentreffen des Melodietons mit
Wenn Gott Geduld, Geschick und Gefrett
dem durch das Harmoniesigle angezeigten Akkord
Und keinen Mut dazu gab:
so vorgeschrieben. Die zweite Strophe folgt nicht der
Dem werd als erstes Ruhebett
Versmetrik der ersten; gleichwohl wurde sie der
Ein unerwünschtes Grab.
Melodie angepaßt.
Münsterer 4 zitiert aus seiner Erinnerung folgen- Dem der die eigene Last nie gehaßt
den Text: Nie sie fluchend zu Boden warf
Erlaubt Gott gnädig, daß er die Last
Wie dem auch sei, einmal
Auch der Faulen noch tragen darf. 9
Hatte ich sie sehr lieb.

Von allen Mädchen, längst schon vergessenen 3


Weiß ich, sie waren gut, als ich sie küßte
Nur von ihr, nur von ihr, die mir die liebste war
Lied von Liebe
Weiß ich das nicht. s
Aus << Lieder zur Klampfe/ von/ Bert Brecht und sei-
nen Freunden/ 1918 >>. 1 Autograph. Die Noten (ohne
2 Stiele) stehen in fünf durch (Takt-) Striche begrenz-
Lied der müden Empörer ten Abschnitten = V erszeilen und sind mit Har-
moniesiglen versehen. Der Text2 ist nicht unterlegt,
Aus << Lieder zur Klampfe/ von/ Bert Brecht und sei- sondern in Versform dem Notenteil nachgesetzt.
nen Freunden/1918>>. 1 Autograph2 mit acht Takten Rudolf Prestel teilt aus der Erinnerung ebenfalls
für Gesangsstimme und Gitarrenbegleitung. Der diesen Text mit und zitiert noch den Anfang einer
Text 3 ist nicht unterlegt, sondern in Versform dem zweiten Strophe. 3 Nach Moritatenart dürften sich
Notenteil nachgesetzt. weitere Strophen angeschlossen haben; überliefert
Die acht notierten Takte entsprechen nur den ist nur ein Fragment.
ersten beiden Verszeilen; der zweite Teil dürfte als Prestel zufolge hat sein Bruder Ludwig, der, auf
Wiederholung aufgefaßt worden sein und wurde also der Gitarre bewandert, Brecht gelegentlich bei Rezi-
ergänzt. Der Gitarrensatz wurde außer einigen ortho- tationen begleitete und << oft stundenlang>> für ihn
graphischen Verbesserungen und der Vereinheit- spielte, die Melodie komponiert. 4 Wie bei << Baals
lichung der Phrasierung original bewahrt. (Für das Lied>>, wo Brecht die Zusammenarbeit selbst be-
Klavier ist Transponierung um eine Oktave tiefer stätigt, 5 dürfte eine gemeinsame Findung anzuneh-
angezeigt.) Die falsche Aussprache und Betonung men sein.
des Wortes <<Grazie>> als << Grazih >> hat Brecht aus
ironischer Absicht ausdrücklich so gefordert. 4

356
Lieder zur Klampfe Lieder 4 · 5 · 6

4 5
Baals Lied Kleines Lied
Aus <<Lieder zur Klampfe/von/Bert Brecht und sei- Aus <<Lieder zur Klampfe/von/Bert Brecht und sei-
nen Freunden/ 1918 >>. 1 Autograph. 2 Die Noten (ohne nen Freunden/ 1918 >>. 1 Autograph mit elf Takten für
Stiele) stehen in vier durch (Takt-) Striche begrenz- Gesangsstimme, normativ notiert, und Harmonie-
ten Abschnitten = V erszeilen und sind mit Harmo- siglen. Der Text2 ist nicht unterlegt, sondern in Vers-
niesiglen versehen. Der Text 3 ist nicht unterlegt, form dem Notenteil nachgesetzt.
sondern in V ersform dem Notenteil nachgesetzt. Lediglich die ersten beiden V erszeilen ( = acht
Es gibt eine zweite Vorlage4 : ebenfalls ein Auto- Takte) der sechszeiligen Strophe sind aufgezeichnet;
graph. Die Noten (ohne Stiele, doch als Striche bzw. nach einfacher Moritatenart dürfte sich - so unsere
Kreuze in ihrem Wert differenziert) stehen in vier Fassung - die zweimalige Wiederholung dieses Mo-
durch (Takt-) Striche begrenzten Abschnitten = dells angeschlossen haben. Die Schlußformel ist von
Verszeilen und sind mit Harmoniesiglen versehen. Brecht unter Hinweis auf die letzte Strophe eigens so
Als Text ist die dritte V erszeile aus der zweiten angegeben. Die Begleitung imitiert einen Leierkasten
Strophe kursorisch unterlegt. Diese Vorlage ist auf- und sucht damit von ihrer Seite aus den Moritaten-
gezeichnet auf der Rückseite des Textes der auf 1918 ton zu treffen.
datierten<< Keuschheitsballade in Dur oder Der Jüng- Nach . Münsterer 3 hat Brecht das <<Liedlein von
ling und die Jungfrau>> (die auch in den Einakter der <Unschädlichkeit des Alkohols>>>, eine Fassung des
<< Die Kleinbürgerhochzeit>> aufgenommen wurde). << Kleinen Liedes>>, schon 1917 gesungen.
(Die Noten der <<Keuschheitsballade>> sind in den Brechts Jugendfreund Friedrich Mayer erinnert
<< Liedern zur Klampfe>> enthalten. 5) sich an einen Kindervers, der damals im Augsburger
Die Rhythmisierung der Melodie folgt der Vor- Bleichviertel umlief und einige formale Ahnlichkei-
lage mit differenzierten Notenwerten. 6 ten zeigt.4 Einern aus dem Nachlaß veröffentlichten,
In den <<Liedern zur Klampfe>> hat Brecht am der Periode<< 19 3 3-19 38 >> zugeordneten Gedicht nach
Rand vermerkt: <<Zusammen mit Lud am 7. VII. 18 hat sich Brecht auch noch später einmal an dieses
nachts am Lech>>. Brecht unternahm mit seit}em Modell gehalten und setzt es seinem Text voran:
r
musikalisch gut beschlagenen Jugendfreund Ludwig
{
Prestel (vgl. die Anmerkung zu <<Lied von Liebe>>) Es war einmal ein Mann
noch 1920 Streifzüge an den Augsburger Fluß. 7 Der hatte einen Schwamm
<< Baals Lied>> wird in Brechts Theaterstück<< Baal>> Der Schwamm war ihm zu naß
vom Protagonisten in einem Kabarett vorgetragen 8 ; Da ging er auf die Gass
~r entfesselt damit einen Skandal. Diese Version Die Gass war ihm zu kalt
weicht zu der hier angeführten durch einige textliche Da ging er in den Wald
Varianten ab, ebenso ein Manuskript mit dem Titel Der Wald war ihm zu grün
<<Kabarettlied aus dem Urbaal» 9 • Gewiß steht auch Da ging er nach Berlin
ein aus dem Nachlaß veröffentlichter Text zum Berlin war ihm zu klein
Strophenmodell in Beziehung: Da ging er wieder heim.

(Altes Kinderlied)S
Und im Abend blau die kleinen Schatten
Klatsch ich auf aus dorrem Gras
Daß sie sich in Eil begatten 6

Klatschend, denn ich liebe das. 10 Lied der Galgenvögel


In der dritten Fassung des Theaterstücks wird<< Baals Aus <<Lieder zur Klampfe/von/Bert Brecht und sei-
Lied>> durch das Lied << Durch die Kammer ging der nen Freunden/1918>>'. 1 Autograph. Die Note°: (ohne
Wind>> ersetzt. 11 Stiele) stehen in fünf durch (Takt-) Striche begrenz-
ten Abschnitten = Verszeilen und sind mit Harmo-
niesiglen (zum Teil auch Griffzeichen) versehen. Der
dritte und vierte Abschnitt war ursprünglich in
anderer Fassung vorgesehen, wurde durchgestrichen

357
Lieder zur Klampfe Lied 6

und verbessert daruntergesetzt. Der Text 2 ist nicht


unterlegt, sondern in Versform dem Notenteil nach-
gesetzt (übergreifend auf die folgenden Seiten).
Die jähe tonale Verschiebung der Melodie
(Takt 12) bedingt eine Kadenzformel, die den origi-
nalen Mclodieverlauf am Schluß durch Akzidenzien
verändert. Die Abweichung in der letzten Zeile der
Schlußstrophe - Pointierung der hier gefeierten
atheistischen Daseinsform - ist von Brecht so vor-
geschrieben und das <<wir>> im Autograph unter-
strichen.
Der Satz von Kurt Schwaen ist für Gitarre be-
stimmt; bei Ausführung auf dem Klavier muß um
eine Oktave tiefer transponiert werden.

358
Hauspostille (Taschenpostille)

Hanns Otto Münsterer zufolge stellte Brecht mit Vorschlägen zur rechten Lektüre - mißtraut
seinen Augsburger Freunden im Januar 1919 seine werden.
erste größere Gedichtsammlung zusammen, die Die geplante Veröffentlichung zog sich jahrelang
<< Klampfcnfibeh heißen sollte; die Themen der hin; Brecht arbeitete unterdes die Sammlung um und
Aquarelle, die Caspar Neher da~ür entwarf (<< den nahm neu entstandene Gedichte auf. Als schließlich
gitarrespielenden Baal, Orge mit dem Strick unterm im Oktober r 92 5 das Manuskript vorlag, 6 trat der
Baum, grausige Märsche des toten Soldaten mit Tru- Kiepenheuer Verlag, inzwischen zur Aktiengesell-
bel und Fahnen in blauem Frühlingshimmel und schaft umgewandelt, auf Einspruch eines Aktionärs
violette Schiffsuntergänge>>), weisen auf Gedichte der gegen die << Legende vom toten Soldaten>> vom Ver-
späteren << Hauspostille>> hin, die hier zweifellos an- trag zurück. Doch erhielt Brecht 1926 fünfund-
setzt. 1 Am 3 I. August 1920 notiert Brecht in seinem zwanzig Exemplare als Privatdruck ausgeliefert, und
Tagebuch: << Vielleicht sollte ich doch die Lauten- zwar in der von ihm gewünschten Form und Typo-
bibel hinausschmeißen, auf Zeitungspapier groß ge- graphie und mit dem ( dem Format gemäßen) Titel
druckt, fett gedruckt auf Makulationspapier,.. das << Taschenpostille>>. Der Propyläen Verlag aus dem
zerfällt in drei, vier Jahren, daß die Bände auf den Ullstein-Konzern, mit dem Brecht damals auch über
Mist wandern, nachdem man sie sich einverleibt seine Theaterstücke abgeschlossen hatte, übernahm
hat. >> 2 Damit ist auf drei Charakteristika der geplan- nun die Publizierung, hielt sich aber weder an die
ten Sammlung angespielt: die weitgehend musika- drucktechnischen Vorgaben noch an das Taschen-
lische Bestimmung, die geistliche Parodie, den Ge- format, so daß die 1927 erschienene Ausgabe (wie
brauchswert. 1921 lag dem Kiepenheuer Verlag eine ursprünglich vorgesehen) << Hauspostille>> hieß. In
vorläufige Folge vor; im Jahr darauf annonciert der der Folgezeit veränderte Brecht die Sammlung mehr-
Verlag in der Buchausgabe des <<Baal>> Brechts mals, Gedichte überarbeitend, ausscheidend oder
<<Hauspostille>>. auswechselnd, auch Neues einbringend, aus forma-
Brecht wünschte sich sein unkonventionelles len und inhaltlichen Erwägungen: r 9 38 für den vier-
Vorhaben schon von der Form her verdeutlicht: ten Band seiner << Gesammelten Werke>> im Malik
durch Beigabe selbstkomponierter << Gesangsno- Verlag ( davon sind nur Korrekturabzüge überliefert),
ten>>; durch - nach Vorbild der Württembergi- um 1950 für Wieland Herzfeldes Auswahl <<Hundert
schen privilegierten Bibelanstalt3 - zweispaltige An- Gedichte>>, Mitte der fünfziger Jahre für die geplante
lage in bibelartigem Zeilenbruch mit numerierten Ausgabe der Gedichte. 7
Strophen; durch Taschenformat (1 r x 15 cm), Dünn- Mit zunehmender politischer Erkenntnis änderte
druckpapier, einen flexiblen Ledereinband und << An- sich Brechts Sicht der <<Hauspostille>>. Er sieht sich
leitungen zum Gebrauch der einzelnen Lektionen>>. gehalten, vor diesem Buch zu warnen - ohne freilich
Der Titel <<Postille>> ist christlichen Predigtsammlun- den positiven Ansatz zu unterschlagen. So notiert
gen entliehen; die Gliederung in Lektionen>> und er am 20. August r 940 in sein Arbeitsjournal: << hier
deren Bezeichnungen nehmen auf geistliche Übungen erreicht die literatur jenen grad der entmenschtheit,
Bezug; die Notenbeilage gemahnt ans Gesangbuch; den MARX beim proletariat sieht, und zugleich die
sogar die <<Anleitungen>> haben ihr Pendant in Un- ausweglosigkeit, die ihm hoffnung einflößt. der groß-
terweisungen zum wahren Verständnis der Bibel; teil der gedichte handelt von untergang, und die
und die anempfohlene Lesung des Schlußkapitels poesie folgt der zugrunde gehenden gesellschaft auf
(<< Gegen Verführung >>) nach jeder Lektüre spielt auf den grund. die schönheit etabliert sich auf wracks,
das jeder Versenkung in die Heilige Schrift fol- die fetzen werden delikat. das erhabene wälzt sich im
gende Gebet an. 4 Die zitierten christlichen Formen staub, die sinnlosigkeit wird als befreierin begrüßt.
und Begriffe stehen in ironischem Spannungsver- der dichter solidarisiert nicht einmal mehr mit sich
hältnis zum Inhalt der Gedichte, der nämlich gerade selber. risus mortis. aber kraftlos ist das nicht. >> 8 Es
gegen die Religion und ihre gegenwärtige Basis, ist jedenfalls falsch, die << Hauspostille>> als <mn-
die bürgerliche Gesellschaft, opponiert. 5 Der po- politisch >> anzusehen und durch die Konstruktion
stulierte <<Gebrauchswert>> ist in diesem Lichte zu se- eines <<Bruchs>> von der nachfolgenden poetischen
hen; tatsächlich werden bisher verbürgte \Verte in Produktion abzusondern; was später hinzukommt,
Frage gestellt, und sogar den <<Anleitungen>>, die ist das Aufzeigen eines << Eingriffs >>. 9 Reinhard Weis-
vorgeblich besseres Verständnis schaffen wollen, bach sieht die Verwurzelung als << Gelegenheitsdich-
sollte - namentlich in den ironisch zugespitzten tung>> in Augsburg, mit den hier gegebenen beson-

359
Hauspostille (Taschenpostille) Lieder 7 · 8

deren soziologischen Konsequenzen als Ausdruck Die Sache wird zusätzlich dadurch kompliziert,
stadtplebejischer Kultur; er spricht von<< plebejischer daß zwar die Texte der <<Taschen->> und der<< Haus-
revolutionärer Romantik>>. 10 postille>> nur selten und unerheblich voneinander ab-
In einer Anmerkung zur <<Hauspostille>> streicht weichen, einige Melodien aber Varianten ausbilden.
Brecht ihren <<Gebrauchswert>> heraus; dieser sei es Der Notenanhang des Privatdrucks der << Taschen-
gewesen, der ihn zur Form der <<Postille>> greifen postille>> (1926) wurde von C. G. Röder /Leipzig be-
ließ, und nicht etwa die Absicht der Verspottung. Er sorgt; auf den oberen Seitenleisten steht - in Diskre-
verweist auf die Dialektik der privaten Außerung panz zum Titel - << Hauspostille>>. Die Neuausgabe
und der an den Leser gerichteten Adresse: <<Und so der <<Taschenpostille>> 16 folgt entgegen dem Vermerk
deutlich dieses Buch für den Gebrauch des darin am Schluß und trotz typographischer Nachbildung
blätternden Lesers bestimmt ist, so privat ist es: es nicht streng der Vorlage, sondern scheidet - als ge-
zeigt das Gesicht eines bestimmten Typus unserer wichtigsten, von Brecht bereits bald nach Erscheinen
Zeit, nämlich das seines Verfassers und ersten Ge- der <<Hauspostille>> geforderten EingrifP 7 - den << Ge-
brauchers - Brechts.>>II sang des Soldaten der roten Armee>> aus, auch im
Der <<Gebrauchswert>> zieht nicht zuletzt aus den Notenteil, der hier mithin nur dreizehn Titel umfaßt.
den vierzehn Gedichten beigegebenen Melodien Die Noten sind neu gestochen, die Seitenleisten in
Nutzen. Das << singbare>> Gedicht (im expressionisti- << Taschenpostille>> korrigiert. Die 1927 im Propyläen
schen Umfeld ein Anachronismus!) zielt auf den Verlag erschienene <<Hauspostille>> wurde bei Jakob
Vortrag hin, also auf Verbreitung und womöglich Hegner in Hellerau gedruckt, 18 die Noten sind im
kollektive Aneignung. Brecht erwies sich auch hier Typendruck wiedergegeben. 19 Für die folgenden
als << erster Gebraucher >>, indem er nicht nur die Lie- Liedersätze wurde auf die Fassungen der << Taschen-
der als erster vortrug, sich auf der Gitarre begleitend, postille>> (mit den vermutlich frühen, originären For-
sondern auch die Mel~dien fast alle selber erfand. mulierungen) zurückgegriffen. 20
Dabei hielt er sich entweder an den überlieferten Mo-
ritatenton oder stellte einfache rezitativische Muster
auf oder versuchte sich (meist mit parodistischer Ab-
sicht) in einem der Operette oder dem Kabarett ab- 7·8
gelauschten Stil. Nach seines Freundes Georg Geyer Legende vom toten Soldaten
Zeugnis <<dokterte er>> - obwohl ihm das <<Erfinden>>
an sich leicht.fiel - << monatelang an den Melodien Aus << Bertolt Brechts Taschenpostille>>. 1 Die beim
herum>>. 12 Brechts Mitarbeiterin Elisabeth Haupt- Titel angegebene Tonartbezeichnung a-Moll ist in
mann schildert die Situation, als der Kiepenheuer d-Moll zu korrigieren. << Bertolt Brechts Haus-
Verlag für Ende I 92 5 von Brecht ein druckfertiges postille>> schreibt richtig d-Moll vor; 2 der Auftakt
Manuskript forderte: << Das bedeutete, daß nicht nur zu jeder Phrase ist in einen Quintschritt geändert.
die Texte ausgesucht und durchgesehen werden muß- Funktional aufgefaßt, ist der Schluß dominantisch
ten, auch die vorhandenen eigenen und fremden und mithin offen, << unbefriedigt nach neuen Strophen
Melodien mußten noch einmal ausprobiert und dann verlangend>> 3 • Dies entspricht der textlichen Anlage;
schriftlich fixiert werden. >> 13 Vermutlich ist ihm dabei die Perspektive der Ballade - Schluß mit dem Krieg!
auch der junge Komponist Franz S. Bruinier 14 , den - muß der Leser (Hörer) finden. 4
er damals kennengelernt hat, zur Hand gegangen. Die Fassung von Ernst Busch wurde transkribiert
Ein Manuskript mit dem << Alabama Song>> im Kla- von der Schallplatte << Bertolt Brecht - Legenden/
viersatz, 15 datiert vom 21. November 1925, weist Balladen 1914 bis 1924>> 5 • Diese Version, die hier
Bruinier als Komponisten nach: Die Melodie ist mit dem Original als. Alternative beigestellt ist, geht von
der in der <<Hauspostille>> (<<Taschenpostille>>) mitge- dem Melodietyp der<< Hauspostille>> (Quint-Auftakt)
teilten identisch, ohne daß dort (weder an diesem aus, spinnt aber die Entwicklung mit einem neuen,
Platz noch überhaupt) Bruinier erwähnt wäre. Selbst weiterführenden zweiten Teil auf jeweils zwei Text-
wenn man konzediert, daß - wie für andere Lieder strophen aus. Das Modell, fortan verbindlich, wird
bezeugt - eine Zusammenarbeit stattfand und Brecht in der Begleitung (Harmonium) von Strophenpaar
musikalische Vorschläge einbrachte, macht gerade zu Strophenpaar figurativ variiert. Unsere Über-
das Verschweigen von Bruinier dessen weitergehende tragung beschränkt sich auf das von Kurt Schwaen
Einwirkung wahrscheinlich. für Klavier eingerichtete zweistrophige Modell. (Der

360
Hauspostille (Taschenpostille) Lieder 7 · 8

originale Satz konnte vom Ernst-Busch-Archiv bis- Tradition an ( die << Chevy-Chase-Zeile >>), anderer-
her nicht nachgewiesen werden.) seits spricht er moderne Umgangssprache - beides in
Münsterer6 führt eine<< großartige Strophe>>, << am Opposition zum modischen Expressionismus -: in
Schluß mit verstellten Zeilen wiederkehrend>>, an - Verbindung mit der satirisch zugespitzten politi-
auf die Brecht indes verzichtete: schen Aggressivität schuf er ein für ihn typisches
poetisches Modell.
Es hat ein jeder Stand seine Pflicht.
Als Lie_d gehörte die << Legende vom toten Solda-
Die Musiker machen Radau.
ten>> zu Brechts Stamm-Repertoire; damit haben ihn
Der Pfarrer macht ein frommes Gesicht
zum Beispiel Bronnen 15 , Tretjakow 16 und - vorgeb-
und die Ärzte machen k. v.
lich 1922 in der Ukrainischen Botschaft in Berlin -
Den <<Anleitungen>> der <<Taschenpostille>> nach gilt Eisler 17 gehört. Bernhard Reich beschreibt Brechts
die Legende dem << Gedächtnis des Infanteristen Vortrag: << Er hatte sich selbst eine Melodie, eine
Christian Grumbeis, geboren den II. April I 897 in rasche, hüpfende, synkopisierende, zurechtgelegt.
Aichach, gestorben in der Karwoche r 9 r 8 in Karasin Die Stimme klang etwas spröde, und grell; sie ver-
(Südrußland) >> 7 • Im Erstdruck von<< Trommeln in der mochte ein Wort oder einen Begriff wie mit dem
Nacht>>, mit dem Gedicht im Anhang, 8 ist ergänzend Hammer einzuschlagen, das Wort mit einem Schnitt
vermerkt: << Friede seiner Asche! Er hat durchgehal- zu zerschneiden wie mit einem Fallbeil, es aufzu-
ten. >> Trotz · der dokumentarischen Aufmachung ist spießen und es wie auf einem Speer hochzuhalten.
die genannte Person eine Fiktion und im Geburts- Bei dem Wort Heldentod hielt er einige Sekunden das
register der Stadt nicht nachweisbar. In den dreißiger o hoch, damit das freche o auch gut von allen Seiten
Jahren schreibt Brecht in << Vorbemerkungen zu Ge- gesehen werde. >> 18 Brechts Tagebuch nach (Eintra-
dichten für ein Rezitations pro gramm >>: <<Die< Legende gung vom 23.Dezember 1921) brachte ihn Otto
vom toten Soldaten> wurde während des Krieges ge- Zarek an das im September 1921 von Trude Hester-
schrieben. Im Frühjahr 1918 durchkämmte der berg im Keller des Berliner << Theaters des Westens>>
kaiserliche General Ludendorff zum letztenmal ganz begründete Kabarett << Wilde Bühne>>; er schließt ab
Deutschland von der Maas bis an die Memel, von der << für 6 Tage (500 Mark)>> und singt << Soldatenballa-
Etsch bis an den Belt nach Menschenmaterial für den>>. 19 Die << Legende vom toten Soldaten>> ent-
seine große Offensive. Die Siebzehnjährigen und die fesselte einen Skandal: Die Leute tobten, der Vor-
Fünfzigjährigen wurden eingekleidet und an die hang fiel, und Walter Mehring, der Hausautor, trat
Fronten getrieben. Das Wort kv, welches bedeutet vor und tadelte das Publikum, sich damit selbst bla-
kriegsverwendungsfähig, schreckte noch einmal Mil- miert zu haben. 20 Nach Trude Hesterberg ergab sich
lionen von Familien. Das Volk sagte: Man gräbt auf Brechts Frage, warum der Vorhang gefallen sei,
schon die Toten aus für den Kriegsdienst. >> 9 dieses Gespräch: << Ich sagte zu ihm: <Haben Sie das
Entstehungszeit ist laut Brecht das << Kriegsjahr denn nicht gehört da draußen?), Und Brecht sagte
1917 >>. 10 So wird sie auch in dem Gedicht << Als ich darauf nur: <Na, und?b>>2 1
ins Exil gejagt wurde>> angegeben: <dm vorletzten Brecht nahm die<< Legende vom toten Soldaten>>-
Jahr dieses Kriegs >> 11 • Das steht im Widerspruch zum hier <<Ballade>> genannt, später <<Moritat>> - auch in
fiktiv dokumentierten Anlaß. Das Gedicht spricht sein Theaterstück <<Trommeln in der Nacht>> auf. Ihr
vom << vierten Lenz>> des Krieges (<<Hauspostille>> Inhalt vermittelt auf widerspruchsvolle Weise zur
1927: <<im fünften Lenz>>!). Die Entstehung wird mit Fabel: da wie dort eine << Wiederkehr» - des ge-
Brechts Erlebnissen als Lazarettsoldat in Verbindung fallenen und des vermißten Soldaten -, da wie dort
gebracht und für den November 191 8 angenommen. 12 die Konfrontation von<< Opfer>> und<< Nutznießern >>. 22
Ein weiterer Bezug läßt sich herstellen zu einer 19 r 8 Der Schankwirt Glubb singt das Lied zu Beginn des
entstandenen Grafik von George Grosz, auf der ein vierten Aktes (<< Eine kleine Schnapsdestille >>) << zur
Soldaten-Skelett vor einer ärztlichen Kommission Klampfe>>. An diesem Platz eingefügt, steht es als
<< k. v. >> gesprochen wird. 1 3 eine exemplarische <<Reflexion>>, für die die Hand-
Reinhard Weisbach bezeichnet die<< Legende vom lungsfigur - ungeachtet der politischen Andeutun-
toten Soldaten>> als Brechts << lyrisches Debut in der gen in der letzten Fassung - nur Sprachrohr ist:
großen Literatur >> 14 ; der Bedeutung entsprechend, eines der ersten Beispiele für diese fortan bei Brecht
hat Brecht sie in alle seine Gedichtsammlungen auf- typische Funktion. 23 Bezeichnenderweise zieht diese
genommen. Einerseits lehnt er sich an volkstümliche Fassung aus der Schlußstrophe des Liedes eine

361
Hauspostille (Taschenpostille) Lieder 7 · 8 · 9

Metapher als Titel des Aktes heraus: << Es kommt ein 9


Morgenrot>> - eine Vorhersage, die sich auf die Le- Der Choral vom Manne Baal
gende beruft, wenn auch der weitere Verlauf der
Handlung dazu in eher satirischem Verhältnis steht. 24 Aus << Bertolt Brechts Taschenpostille>>. 1 Instrumen-
Brecht übt mit der << Legende vom toten Solda- tierung (Manuskript) von Kurt Schwaen: Klari-
ten>> - damals noch ungewöhnlich für ihn - scharfe, nette, Altsaxophon, Banjo, Klavier.
politisch gerichtete Gesellschaftskritik. Er geht von Das Gedicht steht als erstes Kapitel der << für das
der völkischen Heldenballade aus - und vernichtet Andenken und die frühen Geschehnisse>> bestimmten
sie satirisch mit einem literarischen Gegenentwurf. 25 fünften Lektion << Die kleinen Tagzeiten der Abge-
Die destruktive Absicht zieht sich bis in Details der storbenen>>. Die Melodie ist auf straffe Skandierung
Form hinein: Brecht begründet die unterschiedliche des Rhythmus gerichtet und widerspricht dem er-
Rhythmisierung gleichartiger Verszeilen in den ver- warteten Choralton; wie vom Text her, dürfte dies
schiedenen Strophen mit gesellschaftlichen << Dis- als Gegenentwurf zu verstehen sein.
harm'onien >> und <<Interferenzen>> und als << den V er- Seine erste Bestimmung fand das Gedicht in
such, die Vorgänge zwischen den Menschen als Brechts Theaterstück <<Baal>>, hier unter dem Titel
widerspruchsvolle, kampfdurchtobte, gewalttätige << Der Choral vom großen Baal». Bereits Anfang Sep-
zu zeigen >>. 26 Beim Vortrag als Lied treten durch die tem her 1917 formulierte Brecht Gedanken - << Kot
Notwendigkeit der Anpassung an das einmal ge- machen ist immer noch nützlicher als gar nichts
gebene Strophenmodell weitere Widersprüche - machen. Die stärksten Männer haben Angst vor
nämlich zwischen Wort- und Musikakzent - hinzu. kleinen Kindern>>-, die, versifiziert, in zwei Strophen
Der poetische Angriff wurde sehr wohl verstanden: eingingen. 2 Offenbar zu Beginn des Jahres 1919 ent-
Die vorgebliche Verhöhnung des Frontsoldaten ließ standen, ist das Gedicht nachträglich in die erste
Brecht beim Münchener Hitler-Putsch im November Fassung des <<Baal>> ( 1918) eingeschoben, und zwar
1923 auf den fünften Platz der schwarzen Liste kom- inmitten des Stücks; von der zweiten Fassung (1919)
men und gab 19 3 5 einen Anlaß für seine Ausbürge- an dient es als Prolog.3 In beiden Fassungen hat der
rung. Choral achtzehn Strophen. Die dritte Fassung ( 1919 /
Neben Brecht selber verschaffte vor allem Ernst 19 20) stellt, in Verfolg der Baalschen Philosophie,
Busch der <<Legende vom toten Soldaten>> Populari- eine Verbindung von Anfang_ und Schluß her: Dem
tät. Schon als Werftarbeiter in Kiel Anfang der zwanzi- Aufwachsen des Baal steht, bei unverändert bewahr-
ger Jahre will er sie seinen Freunden in der Arbeiter- tem Naturbild, sein Verfaulen gegenüber - ewiger,
jugend vorgesungen haben; 27 später trat er damit in natürlicher Kreislauf. Die Ausgabe letzter Hand in
Rosa Valettis Berliner Kabarett<< Larifari>> auf, << einen den 19 5 5 im Aufbau-Verlag erschienenen <<Stücken>>
alten verschlissenen Militärmantel umgehängt >> 28 • geht auf diese Version zurück; da eine ursprünglich
Um 195 8 schrieb Hanns Eisler für Ernst Busch an fünfter Stelle stehende Strophe ausschied, ergeben
eine (unveröffentlichte und im Eisler-Archiv nicht sich statt neunzehn wiederum achtzehn Strophen.
überlieferte) Bearbeitung in siebzehn Variationen. Der von uns gewählte Text folgt dieser Quelle. 4
Dem Titelblatt2 9 nach sind als Instrumentarium Kla- Für die <<Hauspostille>> stellte Brecht wahrschein-
vier und Schlagzeug (große und kleine Trommel, lich zwischen 1922 und 1926 eine Auswahl von zehn
Triangel, frei hängendes Becken) disponiert. In der Strophen zusammen, und zwar - verglichen mit der
Konzeption einer Opernrevue << Der Tod>> hatte Fassung von 19 5 5 - die I ., 2., 3., 4., 9., r r ., r 5., r 6.,
Eisler schon um 1927 erwogen, eine << Ballade vom 17., 18.; nachdem die erste Ausgabe als <<Taschen-
toten Soldaten>> (gewiß das Brechtsche Gedicht) auf- postille>> erschienen war, schied er in der << Haus-
zunehmen - überhaupt sein erster Beleg für die Aus- postille>> davon die dritte aus. Im übrigen sind die
einandersetzung mit Brecht. 3° Ausgaben in den <<Stücken>> wie auch in den << Ge-
1929 komponierte Ku;t W eill die << Legende vom dichten>> - sowohl was die Anzahl der Strophen als
toten Soldaten>> für vierstimmigen gemischten Chor auch was manche textliche Details angeht - fast alle
a cappella in schlicht syllabisch-homophonem, offen- verschieden, und es würde zu weit führen, hier Ver-
bar auf Laienchöre abzielendem Satz.31 Er bestimmte gleiche anzustellen. Den Anmerkungen von Elisa-
diese (bisher nicht veröffentlichte) Komposition auch beth Hauptmann und Rosemarie Hill nach sei für
für eine der von ihm erwogenen Fassungen des<< Ber- << alle Einzelabdrucke und in Gedichtsammlungen>>
liner Requiems >>3 2 • die neunstrophige Fassung der << Hauspostille>> gül-

362
Hauspostille (Taschenpostille) Lied 9

tig.s Sie sollte auch gewählt werden, wenn der <<Cho- wirklich gelebt hat>>; es sei << ein gewisser Josef K. >>,
ral» gelöst aus dem Stück dargeboten wird. gelernter Monteur, der 1911 in Augsburg bei einer
Anläßlich der Leipziger Uraufführung von <<Baal>> Messerstecherei seinen Freund, mit dem . er herum-
192 3 schrieb unter der Überschrift << Der Choral vom vagabundiert war, getötet haben soll. 15 Das läßt sich
großen Baal>> tadelnd eine Kritik, << daß man, genau- indes nicht nachweisen, auch Brechts Augsburger
genommen, die Szenenfolge Baal nur als eine Art Freunde wußten nichts davon; Münsterer 16 sucht
gemimter Einlage in den Choral zu betrachten die Fingierung als << Keuner beziehungsweise Keiner
hatte>>6 • Tatsächlich gleicht der Choral einer Moritat, oder Outis >> aufzulösen - Baal als Sammelporträt
die anschließend verbildlicht wird. Der Bühnen- Brechts und seiner damaligen Freunde?
fassung von I 926 (<< Lebenslauf des Mannes Baal>>) In Brechts Mansardenzimmer soll an der Decke
ist ein<< Vorspruch>> voran gesetzt:<< Als Auftakt sehen ein Bild des heidnischen Gottes <<Baal>> angeheftet
Sie Baal plastisch von allen Seiten und hören aus gewesen sein. 17 Münsterer kann sich indes nur an die
seinem eigenen Munde, wie er seinen bekannten «zum Teil fast lebensgroßen Kartons Caspar Nehers,
Choral vom großen Baal vorzutragen pflegte, und die den breitstirnigen, mongoloiden Verlainetyp des
zwar unter Begleitung durch sein von ihm selbst er- Brechtschen Helden wiedergaben>>, erinnern. 18 Für
fundenes Original-Blechsaiten-Banjo.>>7 Später er- den Buchumschlag der zweiten Ausgabe des Theater-
wähnt Brecht ein Vorspiel mit dem Titel << Im Kreise stücks im Kiepenheurer Verlag wurde ein Baal-Por-
seiner nachmaligen Opfer singt Baal ein Lied, das trät N ehers gewählt, mit Anspielungen an Paul Ver-
seine Philosophie zum Ausdruck bringt>>: << Der Dar- laines Physiognomie. 19 Brecht selber weist auf die
steller des Baal sang das Lied vor großen Tafeln, auf Verwandtschaft hin, indem er seine Leser fragt: << Er-
denen überlebensgroß die Figuren dargestellt waren, innert Ihr Euch der peinlichen Schädel des Sokrates
die er im Stück schädigte. Traten diese Personen und des Verlaine? >> 20 Auch Züge von Villon und
dann im Stück auf, wurde ein V-Effekt erzielt. >> 8 Was W edekind - beide literarische Leitbilder der Augs-
dem Stück vorgeworfen wurde - die Anlage als burger Zeit - sind in die Figur eingegangen. 21 Brecht
Bilderbogen, die Absage an durchgehende drama- kündigt im März I 918 ein Theaterstück über Villon
tische Spannung -, war, historisch betrachtet, sein an22 - eine << gedankliche Vorstufe >> 23 zu <<Baal>>?
Vorzug; Brecht bezeichnet es als das << erste, dieses Äußerer Anlaß zu Brechts erstem Stück war Hanns
epische Theater aufbauende Drama >> 9 • Johsts Drama << Der Einsame>> über den Dichter
Der << Choral vom Manne Baal>> gehörte zu Grabbe; Brecht, von der idealistischen Verklärung
Brechts Stamm-Repertoire. Nach Caspar Nehers abgestoßen, schrieb einen Gegenentwurf.
Tagebuch sang er ihn, auf der Orgel von seinem Den Namen entlieh er sich von jenem Gotte des
Freund George Pfanzelt (dem <<Baal» gewidmet ist) Alten Testaments, der dort als Götze und Inkarna-
begleitet, im August 1919 in der Kirche von Kim- tion des Bösen, Zerstörerischen gilt. Indes setzt
ratshofen im Allgäu, wo sein erster Sohn Frank auf Brecht die Destruktion gegen die bürgerliche Gesell-
die Welt gekommen war. 10 Peter Suhrkamp will ihn schaft und ihre Ideologie an und gibt ihr mithin einen
damit <<im frühen Winter 1919 ;> in einer ländlichen positiven Zug; freilich ist die Gegenhaltung -
Kneipe vor Fuhrleuten und Studenten gehört haben. 11 Materialismus und Genußsucht - ins Extreme,
Der << Baalschoral >> war, wie Hanns Otto Münsterer Anarchische übersteigert. In den zwanziger Jahren
berichtet, <<in jenen Tagen das am häufigsten vorge- begann Brecht, mit fortschreitender marxistischer
tragene Lied>>, er enthalte << tatsächlich die Quintes- Erkenntnis, die Figur ·kritisch zu sehen. Über die
senz von Brechts damaliger Philosophie>>. 12 Bei der Berliner Bühnenfassung (1926) sprach er als vom
Berliner Aufführung von << Lebenslauf des Mannes <<Lebenslauf des asozialen Baal>> und entwarf um 19 3o
Baal» 1926 sang Brecht den Choral quasi anonym ein Lehrstück<< Der böse Baal der asoziale>>. Im Früh-
auf verdunkelter Bühne. 13 jahr I 929 bezeichnet er den <<Typus Baal» als <<abso-
Den (für die Ausgabe letzter Hand revidi~rten) lut unsozialisierbar >> und in seiner Produktionsweise
<< Anleitungen>> zur << Hauspostille>> nach dient der << ganz unverwertbar>>. 24 Am 4. März I 9 39 notiert er
<< Choral vom Manne Baal>> der << Erinnerung an den in seinem Arbeitsjournal: << heute begriff ich endlich,
Lyriker Joseph Baal aus Pfersee, eine durchaus warum es mir nie gelungen ist, die kleinen lehrstücke
asoziale Erscheinung>> 14 • In dem Aufsatz <<Das Ur- von den abenteuern des BÖSEN BAAL DES ASOZIALEN
bild Baals>> nennt Brecht als Vorbild für seine << dra- herzustellen. die asozialen leute spielen keine rolle.
matische Biographie>> << das Leben eines Mannes, der es sind einfach die besitzer der produktionsmittel

363
Hauspostille (Taschenpostille) Lieder 9 · 10

und sonstigen lebensquellen, und sie sind es nur als die Auflehnung gegen die<< terroristische Präsenz der
solche, natürlich sind es auch ihre helfer und helfers- Eltern, der Familie, der Umwelt>> 10 allegorisiert, oder
helfer, aber eben nur als solche. es ist geradezu das geht es gar um den<< Status der Poesie>>u in der bür-
evangelium des feindes der menschheit, daß es gerlichen Gesellschaft? Eins steht fest: Das Mittel der
asoziale triebe gibt, asoziale persönlichkeiten usw. >>2 5 anarchischen Rebellion, die provokanterweise ver-
Später, Mitte der fünfziger Jahre, als Brecht seine niedlicht ist - Apfelböck wird mit der Lilie als Meta-
ersten Stücke für die Neuausgabe durchsah, ver- pher für Unschuld und Einfalt verglichen und er-
schob sich diese Auffassung zugunsten einer dialek- scheint << in mildem Lichte>> -, schlägt fehl; so absurd
tischen, auch die positiven Züge beachtenden: <<Je- die Tat war, so absurd, ohne jegliche Veränderung,
doch setzt sich hier ein <Ich 1 gegen die Zumutungen läuft das Leben weiter.
und Entmutigungen einer Welt, die nicht eine aus- Der Form nach knüpft das Gedicht an die vom
nu tzbare, sondern nur eine ausbeutbare Produktivi- Bänkelsänger gebotene << Moritat>> an, ist vom Inhalt
tät anerkennt. Es ist nicht zu sagen, wie Baal sich zu her aber eher als deren Parodie aufzufassen. Während
einer Verwertung seiner Talente stellen würde: er dort nämlich in dramatischer Stufung Sensationen
wehrt sich gegen ihre Verwurstung. Die Lebens- berichtet werden, herrscht hier geradezu das Prinzip
kunst Baals teilt das Geschick aller andern Künste im der Spannungslosigkeit, und der moralisierenden,
Kapitalismus: sie wird befehdet. Er ist asozial, aber rhetorisch aufgedonnerten Verurteilung des Täters
in einer asozialen Gesellschaft. >> 26 steht eine mitl~idige Haltung gegenüber - der Text
ist unter den <<Bittgängen>> verzeichnet, welche sich
<< direkt an das Gefühl des Lesers>> wenden. 12 Von
10
Stoff und Form her konnte Wedekinds << Tanten-
A pfelböck oder Die Lilie mörder >> Modell stehen; aber was W edekind als ein
auf dem Felde groteskes Apers:u mit gefährlicher Moral pointiert,
wird bei Brecht zu einem (nicht minder grotesk an-
Aus<< Bertolt Brechts Taschenpostille>>. 1Später wurde gelegten) Gleichnis, dem Kritik eingeschrieben ist.
das Gedicht um die vierte Strophe gekürzt. 2 Auf Die Melodie hält sich in den stetig wiederholten
einem Typoskript ist handschriftlich vermerkt: banalen Wendungen an den volkstümlichen Morita-
<<Frau Dr. Feuchtwanger in Dankbarkeit gewidmet. tenton. Die sanft geschwungenen, leicht tänzerisch
August 19 >>3. akzentuierten Phrasen rasten zeilenweise auf Ferma-
Erstmals veröffentlicht wurde der Text in der ten ein, so daß melodischer Fluß von vornherein zer-
1920 von Fried-Hardy Warm herausgegebenen Zeit- schnitten ist und eine starre Mechanik (potenziert
schrift<< Das Bordell>>, 4 aber nicht etwa - Münsterers durch die Menge der Strophen) entsteht. Bereits in
Erinnerung trügt hier 5 - mit Noten als << Musikalie>>. sich metrisch unstimmig, geraten die Phrasen in
Zu dem in der<< Taschenpostille>> unter den<< Bitt- Kollision mit dem Wort, und zwar nicht nur durch
gängen>> verzeichneten Gedicht heißt es in den << An- ihre (für Bänkelsang typische) Teilnahmslosigkeit im
leitungen>>: << Der in Kapitel 2 erwähnte Apfelböck, Affekt, sondern auch durch Differenzen in der Be-
geboren zu München 1906, wurde 1919 durch einen tonung. Aus der komischen Wirkung, die sich er-
von ihm an seinen Eltern begangenen Mord be- gibt, spricht indes weniger Spott als vielmehr die
kannt. >>6 Tatsächlich handelt es sich um einen authen- Hilflosigkeit von Clowns. 13 Auch einstimmig, wie
tischen, damals in den Zeitungen ausführlich doku- Brecht die Melodie angibt, ruft sie nach dem Leier-
mentierten Mordfall. 7 kasten; Kurt Schwaens Bearbeitung für Klavier
Brecht kommt es nicht auf die Ausführung und macht damit wahr und imitiert in einem jeweils zwei
die Motive des Mordes an; die Tat ist schon mit der Strophen umfassenden Modell (die Variation als
ersten Strophe abgetan. Vielmehr wird breit der Zu- Quintmixtur) die Drehorgel.
stand danach beschrieben, in Gegenüberstellung zu Brecht sang die Moritat oft selbst zur Gitarre,
dem unbeschwerten Fortgang bürgerlichen Lebens; unter anderem Anfang 1922 bei seinem Auftritt in
die bürgerliche Welt, der Täter wie Opfer entstam- Trude Hesterbergs << Wilder Bühne>>. Sie ging über-
men, ist << ironisch ad abs11rdum >> geführt. 8 Die sonder- haupt früh ins Kabarett ein und ist für den Juni des-
bare Stellung des Autors zum Geschehnis hat eine selben Jahres bei der Leipziger << Retorte>> nachzu-
Fülle von Deutungen herausgefordert: Wird hier weisen. Therese Giehse nahm sie (in einer Bearbei-
ein << parodistischer Bibelkommentar >> 9 gegeben oder tung von Peter Fischer) in ihren Brecht-Abend auf. 14

364
Hauspostille (Taschenpostille) Lied 11

11 romantischen, antidekadenten Mittelm 5 aus. Rein-


Ballade von den Seeräubern hard W eisbach geht so weit, zu behaupten, daß<< diese
Seeräuber, Abenteurer und Baals der totalste und
Aus<< Bertolt Brechts Taschenpostille>>. 1 Der Wechsel vitalste poetische Widerschein des< Großen Oktobers
zu Dreivierteltakt im zweiten Teil (Refrain) ist fälsch- der Arbeiterklasse,> im deutschen Gedicht der Nach-
licherweise inmitten des Taktes (vor dem Auftakt) kriegsjahre >> 6 sind.
verzeichnet. Die Version der << Hauspostille >> 2 .unter- Literarische Anregungen gaben Arthur Rimbaud
scheidet sich von der <<Taschenpostille>> darin, daß (<< Le bateau ivre >>) und Rudyard Kipling - dieser mit
statt des Umschlags von Vierviertel- zu Dreiviertel- seinem Gedicht<< In the Matter of one Compass >> vor
takt durchweg Dreivierteltakt steht und in der allem für den Refrain. 7 Brecht veranstaltet eine
Strophe der erste Viertakter wiederholt wird. In- effektvolle Inszenierung. Hanns Otto Münsterer
strumentierung (Manuskript) von Kurt Schwaen: schreibt: << So belehrte er mich bereits im November
Klarinette, Altsaxophon, Posaune, Schlagzeug, Ban- I 91 8 über das Konstruierte seiner Seeräuberballade,

jo, Klavier (Fassung der << Taschenpostille>>). bei der er wie ein Theaterregisseur die Wolken zu-
Der Text ist I 9 I 8 entstanden. In einem Brief an sammenzieht, Sturm erregt und die Szeneverdunkelt,
Caspar Neher Mitte März 1918 spielt Brecht auf das um in letzter Helle das Riff auftauchen zu lassen, also
Szenarium an: <<Uns steht noch soviel bevor! Auf durchaus intellektuelle Arbeitsmethoden anwendet,
einem Schiff fahren, morgens, mittags, in der Nacht! während er das Hohelied des triebhaft-hemmungs-
Unter brennenden weißen Tropenleinwandzelten! losen Lebens der Asozialen singt. >> 8 Alle wesentlichen
Und nachts in Mastkörben unter dem Orion! >> 3 Requisiten der << Hauspostillen >>-Welt sind hier ver-
Aus den << Anleitungen>> zur <<Taschenpostille>>: sammelt: das Schiff, der Wind, die Wolke, der Mond.
<< Die dritte Lektion (Chroniken) durchblättere man Aus dem In-Szene-Setzen spricht Distanz; die Ver-
in den Zeiten der rohen Naturgewalten. In den Zei- herrlichung des Outlaw als Protest gegen die bürger-
ten der rohen Naturgewalten (Regengüsse, Schnee- liche Gesellschaft bedeutet nicht Identifikation -
fälle, Bankerotte usw.) halte man sich an die Aben- gerade in der emphatischen Übertreibung klingt
teuer kühner Männer und Frauen in fremden Erd- Kritik mit.
teilen; solche eben bieten die Chroniken, welche so Die << Gedichte aus dem Nachlaß>> verzeichnen
einfach gehalten sind, daß sie auch für Volksschul- zwei mit<< 1 I >>und<< 12 >> numerierte Strophen, die auf
lesebücher in Betracht kommen. Bei einem Vortrag dasselbe V ersmodell gehen und den literarischen
der Chroniken empfiehlt sich das Rauchen; zur Patron beim Namen nennen:
Unterstützung der Stimme kann mit einem Saiten-
instrument akkordiert werden ... Kapitel 6 (Ballade Wir sind in Pergament verdorben
von den Seeräubern) ist hauptsächlich für die hellen Der ganze Tümpel ist vertiert
Nächte im Juni bestimmt; der zweite Teil dieser Nachdem Arture Rimbaud gestorben
Ballade, soweit er den Untergang behandelt, kann Dem man ein Bein noch amputiert.
jedoch auch noch im Oktober gesungen werden. >> 4 Das Fieber in dem gelben Schilfe
Die << Anleitungen>> empfehlen einen Gebrauchs- Allein war' s nicht; er starb am End
wert und ironisieren ihn zugleich. Dies wirft Licht Weil niemand kam ihm mehr zu Hilfe
auf das Gedicht, das aus kritischer Distanz gesehen (V ersehen mit dem Sakrament) ...
werden sollte. Der Seeräuber als Inbegriff des gegen Der schöne Himmel, den wir lieben
die bürgerliche Gesellschaft aufstehenden Rebellen Ist abgedeckt mit Gras und Kraut
war seinerzeit ein modisches Thema. Brecht be- Wir sind mit uns allein geblieben
trachtet die Natur, auch die kalte, schreckliche, un- Das haben wir nicht gut verdaut.
berechenbare, als einen Ort der Flucht; in ihr lebt Mit Frauenliebe, Kälberzungen
der Mensch natürlich, seinen Trieben keine Schran- Und manchem roten Variete
ken setzend. Verwirklicht werden kann dies vorerst Ist es uns wahrlich nicht gelungen
nur in einer Enklave, dem Schiff, und isoliert von der Das Herz zu schützen vor dem Schnee. 9
Gesellschaft, auf dem Meer. Immerhin drückt sich in
dem von Brecht damals propagierten << Gummi- Brecht bezeichnet die Melodie als << die von L'Eten-
menschen>> mit seinem Epikureismus ein << vorprole- dard de la Pitie>> 10 • Sie konnte bisher nicht identifi-
tarisch-plebejisches Menschenbild, gezeichnet mit ziert werden; für Darius Milhaud ist sie als französi-

365
Hauspostille (Taschenpostille) Lied 11

sches Volkslied untypisch und verweist eher auf eine Die << Ballade von den Seeräubern>> liegt auch als
Theatershow des späten neunzehnten Jahrhunderts. 11 Neukomposition von Banns Eisler vor, entstanden
Sollte Brecht mit der<< Ballade von den Seeräubern>>- Ende der zwanziger Jahre für Ernst Busch. 20
auch vom musikalischen Duktus her - einen<< Gegen-
entwurf>> zu revolutionären Liedern wie der << Mar-
DIE MAHAGONNYGESÄNGE
seillaise>> und der <<Internationale>> (die Anspielung
Im Juni 1923 besuchte Arnolt Bronnen mit
auf << L' etendard sanglant est leve >> !) beabsichtigt
Brecht eine Kundgebung Hitlers im Münchener Zir-
haben? 12 Auch Weisbach entdeckt im Melos revolu-
kus Krone. Er schreibt: << Brecht hatte damals zuerst
tionären Impetus und führt ihn auf den Einfluß
das Wort <Mahagonny,> gefunden. Es war in ihm
hugenottischer Choräle zurück: << Der religiöse
aufgetaucht, als er diese Massen braunbehemdetcr
Heroismus dieser Melodie ist für Brecht gerade das
Kleinbürger gesehen hatte, hölzerne Gestalten mit
richtige, um - ketzerisch parodiert - Pastosität und
ihrer falsch eingefärbten, durchlöcherten roten
Heftigkeit des asozialen Seeräuberlebens musika-
Fahne. Der Begriff wuchs ihm aus dem Wort, wan-
lisch auszudrücken. >>1 3 Die ironische Distanzierung
delte sich mit ihm; doch in jenem Sommer mochte
mag sich auch hier in der Übe~treibung zeigen (und
er ihm zunächst Spießers Utopia bedeuten, jenen
nicht zuletzt Sache der Interpretation sein); beson-
zynisch-dummen Stammtisch-Staat, der aus Anarchie
ders die kulinarischen Angebote des Refrains sollten
und Alkohol die bis dahin gefährlichste Mixtur für
voll ausgekostet werden.
Europas Hexenkessel zusammenbraute. <Wenn Ma-
Auf einer Textskizze zum << Mahagonnygesang
hagonny kommt, geh ich,>, sagte Brecht zum Ab-
Nr. 3 >> befindet sich der V erweis: << französische Ro-
schied.>>1
mance >>. 14 Sollte damit die Vorlage der << Ballade von
<<_Der Begriff wuchs ihm aus dem Wort>>; das
den Seeräubern>> gemeint sein? Brecht war jeden-
Wort, offenbar abgeleitet von einer Spezies der Edel-
falls auf die Melodie fixiert, und in einer frühen
hölzer, dem Mahagoni, hatte er schon eher fixiert.
Szenenübersicht zu << Mutter Courage und ihre Kin-
Jacob Geis, der mit Brecht im Juni 1919 an dem Lust-
der>> meint das Stichwort <<Seeräuber>> diese Ballade,
spiel << Herr Meier und sein Sohn>> arbeitete, will mit
nach der das << Lied der Mutter Courage>> entstand. 15
ihm << in einem Kuhstall am Ammersee die <Maha-
Simon Parmet, der als erster eine Musik zu dem
gonnygesänge > ausgeheckt>> haben. 2 In dem Song-
Theaterstück komponierte und dem Brecht die Vor-
spiel<< Mahagonny>> (1927) heißt es:
lage empfahl, bezeichnet sie als << alte französische
Soldatenweise>> 16 . Paul Dessau, von Brecht später Denn Mahagonny, das gibt es nicht.
mit der Neukomposition beauftragt, spricht von Denn Mahagonny, das ist kein Ort.
einer << alten französischen Romanze>>; den von ihm Denn Mahagonny ist nur ein erfundenes Wort.
mitgeteilten Notenbeispielen nach (durchweg Sechs-
achteltakt, Wechsel zwischen e-Moll-Strophe und Im Vorwort zu einem geplanten Regiebuch der Oper
E-Dur-Refrain) ging er nicht von der << Ballade von <<Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny>> schreiben
den Seeräubern>> aus, sondern offenbar von der Kurt W eill und Caspar N eher: << Der Name <Maha-
Originalquelle. 17 gonny~ bezeichnet lediglich den Begriff einer Stadt.
Authentischer Interpret des Liedes ist Ernst Er ist aus klanglichen (phonetischen) Gründen ge-
Busch. Die erste Schallplattenaufnahme entstand um wählt worden. >> 3 Tatsächlich ist das Wort nicht geo-
1930; 18 das Etikett vermerkt: <<nach einer alten Me- graphisch festzulegen, wohl aber hat es für Brecht
lodie bearbeitet von Walter Goehr >>. 196 5 wird die einen soziologisch relevanten Inhalt, für den ver-
Ballade aufgenommen für das Heft<< Bertolt Brecht - schiedene Orte gleicher Gesellschaftsstruktur ein-
Legenden/ Lieder/ Balladen 19 2 5-19 34 >>1 9 . Die No- stehen können. Dabei ist davon auszugehen, daß der
tenfassung folgt der<< Hauspostille>> (aber im Begleit- Begriff offensichtlich einen Wandel durchlief. 4 An-
heft ist die Fassung der << Taschenpostille>> abge- fangs scheint er Auflehnung gegen zivilisatorische
druckt!). Der Refrain wird vom Sänger meist nur Konvention und gesellschaftlichen Zwang aus-
verkürzt angegeben, durch Anstimmen der ersten gedrückt zu haben. Mit der Aneignung marxisti-
Verszeile; stets aber stehen beim Auftakt Fermaten schen Wissens wurden die Methoden dazu als Irrweg
als höchst genußvoller <<Einstieg>>. Anschließend er- und Verführung einsichtig und << Mahagonny» zu
folgt eine Verbreiterung des Tempos, im Gegensatz einem Synonym für Kapitalismus und seinen furcht-
zu den rascheren Strophen. baren Auswuchs, den Faschismus. Marianne Zoff,

366
Hauspostille (Taschenpostille) Lied 11

mit Brecht bis 19 27 verheiratet, bezeugt ihrerseits, In der<< Taschenpostille>> bilden die<< Mahagonny-
daß er << für das Nazigesindel den Ausdruck <die Ma- gesänge>> eine gesonderte <<Lektion>>, über die es in
hagonnys >>> prägte. 5 Andererseits sind die Anspie- den <<Anleitungen>> heißt: <, Die vierte Lektion (< Ma-
lungen auf Amerika, namentlich auch durch Ein- hagonnygesänge >) ist das Richtige für die Stunden
fügung zweier 1925 englisch verfaßter Texte in die des Reichtums, das Bewußtsein des Fleisches und
<< Mahagonnygesänge >>, offensichtlich. Amerika, an- die Anmaßung. (Sie kommt also nur für sehr wenige
fangs ebenfalls positiv gesehen ..,.. nicht zuletzt wegen Leser in Betracht. Diese können die Gesänge ruhig
der technischen Serisationen und der durch sie be- mit Höchstleistung an Stimme und Gefühl, jedoch
wirkten Umwandlung des Menschenbildes -, wird ohne Mimik, anstimmen.) >> 15 Die <<Anleitungen>> sto-
zunehmend als Inbegriff des Imperialismus erkannt. ßen auf die ironische Absicht. Der Genuß, der offe-
Doch wird schließlich auch eine Verengung der riert wird, erweist sich als Gift; dabei mischt die
Problematik auf eben nur dieses Land zurückgewie- Musik kräftig mit.
sen und zum Beispiel in der Oper << Aufstieg und Fall Zu allen fünf Gedichten sind im Notenanhang -
der Stadt Mahagonny >> eine << Amerikanisierung >> des wo sie nicht, wie im Textteil, als<< Gesänge>>, sondern
Milieus aufgehoben; das Wort drückt nun die bür- als <<Lieder>> bezeichnet sind - Melodien angegeben.
gerliche Großstadt und ihren gesellschaftlichen Hin:.. Für den << Alabama Song>> ist auf einem Manuskript
tergrund aus - nach Elisabeth Hauptmann war für Franz S. Bruiniers Mitarbeit ausgewiesen; 16 er mag
Brecht die Berliner Ku-Damm-Gegend << eine Art auch wenigstens bei der Notierung anderer Me-
Mahagonny >> 6 • Eine Deutung, die sich auf das tiefe lodien seine Hand im Spiel gehabt haben. Die paro-
Bibel-Verständnis Brechts beruft, will den Begriff distische Intention wird besonders offen vom << Be-
als eine Kontraktion der beiden Sündenorte << Baby- nares Song>> bestätigt, der sich als eine Kombination
lon>> und << Magog>> verstehen; 7 tatsächlich wäre da- des Schlagers << There is a Tavern in the Town >> und
mit nur ein allegorisches Bezugsfeld erschlossen, der Arie << U n bei di >> aus << Madame Butterfly>> von
denn der Inhalt, den Brecht einschreibt, verhält sich Puccini erweist.
zur Bibel als Parodie. Die << Mahagonnygesänge>> der << Hauspostille>>,
In den Anmerkungen zu den <<Gedichten>> wer- erweitert um einen Epilog, bilden das Libretto des
den die << Mahagonnygesänge Nr. 1-3 >> auf die Zeit von Kurt Weill vertonten und am 17.Juli 1927 auf
um 1920 datiert 8 und als ihre Bestimmung ein << Ma- dem Deutschen Kammermusikfest in Baden-Baden
hagonny >>-Stück angegeben 9 • Die der Folge nach- uraufgeführten Songspiels << Mahagonny >> (<< Das
träglich zugewiesenen englischen Gesänge - <<Ala- kleine Mahagonny >>). Der Anstoß war von W eill
bama Song>> und << Benares Song>> - entstanden nach ausgegangen: Mit Brecht im Frühjahr 1927 bekannt
Ausweis Elisabeth Hauptmanns 1925; es wird ver- geworden, plante er eine<< Mahagonny>>-Oper; als er
mutet, daß ihr, die Brecht mit zahlreichen Über- von Baden-Baden den (termingebundenen) Auftrag
setzungen aus dem Englischen versorgte, überhaupt für eine Kurz-Oper erhielt, gewann er Brecht für
die in <<pidgin English>> verfaßten (später zum Teil diese << Stil-Studie >> 17 . Der Inhalt der (übrigens in
verbesserten) Texte zuzuschreiben sind. 10 Diese fünf anderer Folge als in der <<Hauspostille>>) aneinander-
Lieder gingen in die <<Hauspostille>> ein. Münsterer gestellten Lieder wird durch (leider weitgehend ver-
vermutet eine Auswahl und teilt aus der Erinnerung lorengegangene) gesprochene, plakatierte und proji-
den Kehrreim eines weiteren Liedes mit. u Ein «Ma- zierte Texte, durch Gesten und Gänge quasi ergänzt.
hagonnygesang Nr. 4 >> (dessen Refrain in << Aufstieg Die Bühne ist als Boxring aufgebaut, das Geschehen
und Fall der Stadt Mahagonny» erscheint) fällt in die setzt mit einem Pistolenschuß ein - provokant öffnet
Entstehungszeit der Oper (1927-1929) und wurde sich das Theater dem Sport-; das Finale, die<< Revo-
postum in den << Gedichten>> veröffentlicht; 12 unter lution in Mahagonny>> mit Demonstrationszügen,
demselben Titel, aber inhaltlich eigenständig, gibt es gibt sich politisch, freilich eher anarchistisch, mag
einen weiteren dreistrophigen Text in den << Gedich- auch im letzten Orchesterzwischenspiel ein Zitat der
ten aus dem Nachlaß >> 13 • Bruchstücke sind im Manu- <<Internationale>> aufblitzen. Das Songspiel << Maha-
skript überliefert, einige auch mit N otenaufzeichnun- gonny>> wurde zu Weills Lebzeiten weder publiziert
gen.14 Für die <<Hauspostille>> in der Ausgabe letzter noch in seiner originalen Form nachgespielt; Der
Hand, zusammengestellt in den fünfziger Jahren, Verlag und die Autoren wollten sich, nachdem die
schied Brecht den << Mahagonnygesang Nr. 2 >> und <<Mahagonny>>-Oper erschienen war, nicht selber
den <<Alabama Song>> aus. Konkurrenz machen. 18 Bei der Inszenierung in Paris

367
Hauspostille (Taschenpostille) Lieder 12 · 13 · 14

im Dezember 19 3.2. kamen Ergänzungen aus der in- beabsichtigte Kritik hervortreten. Den Refrain nutzt
zwischen erschienenen Oper <<Aufstieg und Fall der Brecht überhaupt oft für (von ihm als solche be-
Stadt Mahagonny>> hinzu (<<Pariser Fassung>>). (Eine kämpfte!) kulinarische Wirkungen; um in seinem
ähnliche Mischform ist die Fassung des Berliner Sinn zu handeln, muß in der Hingabe - und zwar
Ensembles in dem <<Brecht-Abend Nr . .2.>> von 1963.) gerade dadurch, daß sie extrem vollzogen wird - zu-
Anmerkung auf dem Programmzettel der Urauf- gleich Spott spürbar sein.
führung: «In seinen neueren Werken bewegt sich Schon in der geläufigen textlichen Formel, mit
Weill in der Richtung jener Künstler aller Kunst- der das Lied anhebt, drückt sich entlarvende Dialek-
gebiete, die die Liquidation der gesellschaftlichen tik aus: << Brecht verwendet den stimmungsvollen,
Künste voraussagen. Das kleine epische Stück < Ma- volksliedhaften Auftakt bewußt, um damit die
hagonny > zieht lediglich die Konsequenz aus dem Distanz seines Songs zur Stimmungswelt der Ro-
unaufhaltsamen Verfall der bestehenden Gesell- mantik hervorzuheben.>>2
schaftsschichten. Er wendet sich bereits an ein Publi-
kum, das im Theater naiv seinen Spaß verlangt.>> Der
hier spricht, ist zweifellos Brecht; mag W eill auch 13
den Terminus <<Songspiel>> schon 192 5 benutzt Mahagonnygesang Nr. 2
haben, so war er doch - obwohl es auch anders lau-
tende Ansichten gibt 1 9 - bei der inhaltlich-formalen Aus <<Bertolt Brechts Taschenpostille>>. 1 Die Fassung
Konzeption von Brecht abhängig. Brecht übte ja in der << Hauspostille >> 2 ist melodisch getreu, zeigt
auch erheblichen Einfluß auf die musikalische Seite aber rhythmisch-metrische Varianten; der dritte Teil
aus. Gewiß hatte W eill schon vorher mit Populärstil (Dreivierteltakt) schreibt<< quasi recitativo, parlando >>
geliebäugelt und hier und da modische Tanzmusik unter Aufhebung der metrischen Einteilung (Sech-
zitiert, auch war ihm der Begriff des <<Song>> nicht zehntel als Grundwert) vor. Birkenhauer erkennt bei
fremd; aber erst durch Brecht, der den Begriff nicht der Analyse dieser Fassung << einen sehr hohen Grad
nur ebenfalls schon kannte, sondern auch prakti- musikalischer Komplexität >> 3 • Instrumentierung (Ma-
zierte, was er meinte, wurde er endgültig in die neue nuskript) von Kurt Schwaen: Klarinette, Altsaxo-
Richtung gewiesen. W eill selbst bezeugt das, indem phon, Posaune, Schlagzeug, Banjo, Klavier (Fassung
er für die Begründung der Gattung << Song>> das der <<Taschenpostille>>).
Baden-Badener Songspiel in Anspruch nimmt. 20 Er Den Begriff von << des lieben Gottes billigem Sa-
sondierte sogar Brechts Melodien und folgte beim lon>> deutet Walter Benjamin so: «In dem Beiwort
<<Alabama Song>> (hier vermittelt über den mutmaß- <billig> liegt ziemlich viel. Warum ist der Salon
lichen Anteil Franz S. Bruiniers21 ) und beim << Ma- billig? Er ist billig, weil die Leute darin auf billige
hagonnygesang Nr. 3 >> offenkundig der Vorlage. Art bei Gott zu Gaste sind. Er ist billig, weil die
Allerdings sah er in ihr - und zeigte dies am <<Ala- Leute darinnen alles billigen. Er ist billig, weil es
bama Song>> - << nicht mehr als eine Aufzeichnung des billig ist, daß die Leute hineinkommen. Des lieben
Sprachrhythmus>>, die << als Musik überhaupt nicht Gottes billiger Salon ist die Hölle. Der Ausdruck hat
zu verwenden>> sei; erst er, Weill, habe den gleichen die Prägnanz der Bilder von Geisteskranken. So -
Grundgestus << mit den viel freieren Mitteln des Mu- als einen billigen Salon - malt sich der kleine Mann,
sikers wirklich <komponiert>>>. 22 einmal verrückt geworden, leicht die Hölle als das
ihm zugängliche Stück vom Himmel aus. >> 4 Helfried
W. Seliger zweifelt diese Interpretation an; für ihn ist
12 mit dem << billigen Salon>> die Kirche gemeint und das
Mahagonnygesang Nr. 1 Lied eine Attacke auf die religiöse Moral des Klein-
bürgertums mit ihren Vertröstungen aufs Jenseits.S
Aus <<Bertolt Brechts Taschenpostille>>. 1 Instrumen-
tierung (Manuskript) von Kurt Schwaen: Klarinette,
Altsaxophon, Posaune, Schlagzeug, Banjo.
Die für die ersten vier Takte des Refrains geltende
Anweisung << Mit soviel Gefühl wie möglich. Am
besten eine Oktave höher>> stammt vom Bearbeiter;
durch Übertreibung soll die Parodie und mithin die

368
Hauspostille (Taschenpostille) Lied 14

14
Mahagonnygesang Nr. 3
Aus<< Bertolt Brechts Taschenpostille>>. 1 Die Melodie
ist identisch mit der in der << Hauspostille >> 2 ; dort ist
lediglich bei der jeweils letzten Verszeile der Strophen
die Ergänzung << parlando >> eingefügt. Instrumentie-
rung (Manuskript) von Kurt .Schwaen: Klarinette,
Posaune, Banjo, Klavier. Um eine Quarte höher
transponiert.
Auf Brechts musikalische Formulierung hat
offenbar das ihm geläufige folkloristische Umfeld
eingewirkt: Der Wechsel von geradem mit unge-
radem Takt mag sich vom <<Zwiefachen>>, einem in
Niederbayern und der Oberpfalz verbreiteten Volks-
tanz, herleiten; der soziologische Ort ist das << Sauf-
oder Kneipenlied >>.3
Weill knüpft in seiner späteren Vertonung an den
von Brecht vorgegebenen << Grundgestus >> an, gibt
ihm aber neue kompositorische Form, namentlich
durch Abstufung des Tempos im Sinn einer Drama-
tisierung (langsamer Beginn - Walzer - Agitato -
Furioso). Im Songspiel und in der Oper <<Aufstieg
und Fall der Stadt Mahagonny>> ist das Lied als
<< Spiel von Gott in Mahagonny>> angezeigt. 4
Die Drohung Gottes (dessen Autorität hier ohne-
hin beschädigt ist) mit der Hölle ruft den Protest der
Männer von Mahagonny hervor: Sie waren immer
in der Hölle (die entsprechende Verszeile bei Brecht
kursiv bzw. gesperrt) - ihre Hölle ist auf Erden. In
den frühen Fassungen des Gedichts äußern die Män-
ner zunächst ihr Einverständnis mit der Verbannung;
später (so auch in unserer Liedfassung) läßt Brecht sie
schon hier, in der vierten Strophe, den Protest aus-
sprechen.

369
Lied 15

15 musik eme eher traditionelle Funktion. 10 In der


Der Mann-ist-Mann-Song <<Montageszene>> zeigt sich dies auch an der Beglei-
tung, die von den Töchtern der Kantinenwirtin als
Aus: Bertolt Brecht: Mann ist Mann. 1 (Das offenbar << Witwe Begbicks Jazzband>> ausgeführt wird.
vergessene Auflösungszeichen in Takt I 3/Klavier
r. H. wurde ergänzt.)
Nach Elisabeth Hauptmann hat Brecht den
<<<Mann ist Mann>-Marsch>> (Vorläufer in einer frü-
hen Fassung: <<Saipong Song>>) I 92 5 geschrieben und
dazu auch eine Melodie - Abwandlung eines Motivs
aus Puccinis <<Madame Butterfly>> - angegeben; 2
offenbar war sie selbst an der Musik beteiligt. In
einem Notizbuch von 1926 sind autograph einige
Töne fixiert; 3 noch weitere Skizzen liegen vor, auch
in Elisabeth Hauptmanns Handschrift. 4 (Überliefer-
ten Textentwürfen nach 5 dürfte der Song - entgegen
Elisabeth Hauptmanns Erinnerung - überhaupt in
dieses Jahr zu verweisen sein.) Der Klaviersatz in der
Buchausgabe von 1927 ist offenbar von Edmund
Meise!. 19 5 8 lehnte sich Paul Dessau in seiner Neu-
vertonung6 eng an Brechts Vorlage an.
Für die Fassung als Sendespiel am 18. März 1927
im Berliner Rundfunk schrieb Edmund Meisel eine
Musik, die - so Kurt W eills Urteil - <<in geschickter
Weise>> den <<Mann-ist-Mann-Song>> (den Brecht
sang) verarbeitete.7 (Meisel war Komponist an der
Piscator-Bühne und offenbar dort mit Brecht bekannt
geworden.) Dem Aufführungsmaterial der ersten
Berliner Inszenierung 1927 an der Volksbühne nach-
für die Meisel die Musik verantwortete - wurde der
Song weitgehend gestrichen bzw. auf das Absingen
des Refrains reduziert; 8 das <<Song-Verzeichnis>>
führt nur die erste Strophe an. 9 Brechts Neufassung
von « Mann ist Mann>> für seine Inszenierung 19 3 I
am Berliner Staatstheater scheidet ihn ganz aus;
einige seiner Funktionen sind nunmehr durch das
<< Lied vom Fluß der Dinge>> besetzt. Dies bleibt so
auch für die Malik-Ausgabe von I 9 38 und die späte-
ren <<Stücke>> gültig.
Funktionen des <<Mann-ist-Mann-Songs>> in der
Buchausgabe von 1927: Auftritt der vier Soldaten
in der << Straße bei der alten Gelbherrnpagode>> (<< sie
haben Whisky getrunken und singen den Mann-ist-
Mann-Song >>); Drehpunkte der <<Montageszene>>
(Abbau der Kantine und das Elefantengeschäft) -
aufgeteilt in die fünf Strophen; Schlußszene <<Berg-
festung Sir el Dchowr >> (<<Marschieren von Militär-
kolonnen>>); Abtritt der vier Soldaten << unter Absin-
gen des Mann-ist-Mann-Songs>>. Stets ist der Song
hier - obwohl der Refrain die These des Stücks for-
muliert - szenisch begründet und erfüllt als Inzidenz-

370
BRECHT UND BRUINIER Affinität zum Jazz; in den << MA>>-Abenden schrieb
Franz S.(ervatius) Bruinier (13. Mai 1905 - 31. Juli er für die <<W eintraubs Synkopators >> und << The Sid
1928) dürfte der erste professionell ausgebildete Mu- Kay's Fellows>> (deutsche Kapellen mit modisch
siker gewesen sein, den Brecht zur Mitarbeit heran- anglisierten Markenzeichen). Belege der Zusammen-
zog. Abgesehen von Stichworten in einem Musik- arbeit (Autographen) sind im Bertolt-Brecht-Archiv 2
lexikon 1 ist über ihn nichts bekannt; die folgenden und in der Sammlung Kate Kühl der Akademie der
Angaben gehen auf Mitteilungen aus dem Familien- Künste Berlin (West) überliefert. Den Datierungen
archiv, übermittelt von Hertha Bruinier, zurück. nach begann sie am 20./21.November 1925 mit der
Franz S. Bruinier soll von 1920 bis 1922 die Ber- Aufzeichnung (Sätze für Gesang und Klavier) dreier
liner Musikhochschule besucht haben (in den Ma- Stücke aus der << Hauspostille>>, über deren Schluß-
trikeln ist dies nur für das Wintersemester 1921/22 redaktion Brecht damals saß: << Ballade von dem Sol-
nachgewiesen) und unter anderem Schüler des Piani- daten>> (ausdrücklich als gemeinsam komponiert aus-
sten Egon Petri gewesen sein. Von 1923 bis 1925 gewiesen), <<Vorbildliche Bekehrung eines Brannt-
ging er mit dem Chansonnier Jean Moreau auf weinhändlers>> (von Bruinier gezeichnet, doch melo-
Tournee. Er war Kapellmeister und Komponist an disch eng an das Modell, die populäre Schauer-
Theatern (Sommernachts-Theater am Berliner Zoo, ballade << Heinrich und Wilhelmine >> oder << Heinrich
Grüne Bühne Thale 1926/27, Operettentheater Den schlief bei seiner Neuvermählten>> von Johann Fried-
Haag 1927/28) und begründete mit seinem Bru- rich August Kazner, angelehnt), <<Alabama Song>>
der, dem Geiger August Heinrich Bruinier (Pseudo- (von Bruinier gezeichnet, aber weitgehend identisch
nym als Texter: Hendrik) und einigen Kabarettisten mit Brechts <<Gesangsnoten>> in der <<Hauspostille>> -
1926 in Berlin die << MA >>-Abende (laut erstem Pro- offenbar gemeinsam erarbeitet). Wahrscheinlich be-
gramm << Montags-Abendveranstaltungen, die neuer gründet sich die Begegnung überhaupt aus der not-
Kunst und der Förderung neuer Künstler im Rahmen wendigen Redaktion des Notenteils zur << Haus-
gesellschaftlicher Zusammenkünfte dienen sollen>>). postille>>, bei der Bruinier als Fachmann zur Hand
Er erkrankte an Tuberkulose und starb daran, erst ging. Elisabeth Hauptmann, ebenfalls daran be-
dreiundzwanzig Jahre alt. teiligt, hat später auf einem Manuskriptblatt ver-
Bruinier verschrieb sich der leichten Muse, aber merkt, daß sie Bruinicr gekannt habe. 3 Zu einer Wie-
mit durchaus solider fachlicher Bildung und ambitio- derbelebung der Zusammenarbeit kam es offenbar
niert. Seine literarischen Interessen zeigen sich an erst 192 7: Am ro. Januar legt Bruinier eine Ver-
den Texten, die er vertonte: unter anderem von Kla- tonung der << Erinnerung an die Marie A. >> vor (in
bund (mit dem er befreundet war), Walter Mehring, deren Umfeld die ebenfalls überlieferte Anpassung
Brecht, Iwan Goll. Er versuchte sich mit Schlagern .von Brechts Gedicht an seine Vorlage, das von Leo-
(zwei <<Shimmys>>, gedruckt 1924), komponierte pold Sprowacker als <<Verlor'nes Glück>> bearbeitete
Bühnenmusik, Chansons (unter anderem für Lotte Lied <<Tu ne m' aimais pas >> von Charles Malo, liegen
Werkmeister), Melodramen ( 192 7 im Berliner Bloch- dürfte); für den<< MA>>-Abend vom 28. Februar ent-
Verlag <<Iwan>>, eine << russische Ballade>>), Parodien steht der <<Auto-Song>> (textlich nur mit der ersten
(Wagner-Persiflagen <<Klein-Bayreuth>>), kabaret- von drei Strophen überliefert); vom 8. März sind die
tistische Revuen (<< MA>>-Revue <<Was dich ärgert>>, Instrumentalstimmen des Arrangements der << See-
<< Traum-City-1004 >>) und wagte literarisch-musika- räuber-J enny >> datiert (um diese Zeit wahrscheinlich
lische Mischformen wie<< Paris brennt>>, eine<< Eksta- auch die Aufzeichnung der Brechtschen Melodie und
utl1.a!--~uz.'t7fe-' 111rc='""J ä.1::2:,r "11.Il1.r1-.J_ Jxff~'-7G11. 11 ul ~, J.d.r~ p::!It*l ~2:.ulll\\ .öRtrba:~S1rg->f) ~-\ Lue= \\ .öBdW -vou l.ld- ·-
Pressekritiken schneidet er glänzend ab; er galt als H~nna Cash>> wurde am 2 3. April komponiert (Revi-
eine der großen Hoffnungen im Zwischenfach von sion: 26. April, Arrangement für kleines Instrumen-
<<ernster>> und <<leichter>> Musik. talensemble: 5. Mai); das << Lied vom Surabaya-
Für Brecht mag er sich dadurch empfohlen haben, Johnny >> (vielleicht wieder eine gemeinsame melo-
daß seine literarischen Neigungen in die gleiche Rich- dische Findung) ist auf den (einzig überlieferten)
tung wiesen, daß er, am Anfang seiner Laufbahn Instrumentalstimmen für den 2. Mai ausgewiesen. Im
stehend, noch nicht festgelegt war und daß er ein März waren sich Brecht und W eill begegnet und be-
Ohr für Trivialität hatte, in der gleichwohl Kunst gannen ihre Zusammenarbeit; damit scheint Franz
steckte. Außerdem zeigte er - und dies traf sich mit S. Bruinier aus Brechts Blickfeld geraten zu sein.
Brechts damals auf Amerika gerichtetem Blick -

371
Lieder 16 · 17

16 17
Barbara-Song· Die Seeräuber-Jenny
Flüchtig notierte Melodie (Bleistift) mit Verbesserun- Die Aufzeichnung der Melodie 1 steht auf der Rück-
gen, namentlich rhythmischen; 1 offenbar hat Brui- seite des <<Barbara-Songs>>, sie ist wie dort ziemlich
nier stracks aufgeschrieben, was ihm Brecht vorsang. flüchtig notiert (Bleistift) - offenbar eine direkte
Auf der Rückseite befindet sich eine Aufzeichnung Niederschrift von Brechts Angaben. Bei Einsatz des
der<< Seeräuber-J enny >>, deren beiliegende Instrumen- Refrains wird <<Maestoso>> gefordert. Der Titel und
talstimmen (Arrangement für kleines Ensemble) die Noten sind von Franz S. Bruinier geschrieben;
vom 8. März 1927 datiert sind; mithin ist wohl auch rechts oben (angestammter Platz des Komponisten)
der <<Barbara-Song>> in diese Zeit zu verweisen. eigenhändiges Signum Brechts. Es gibt dazu ein
Brechts Namenszug steht oben rechts in eigener Arrangement für Instrumentalensemble in fünf
Handschrift, darunter weist sich Bruinier für das Stimmen: Altsaxophon2, Trompete3, Violine4, Ban-
<<Arrangement>> aus. Außerdem gibt es eine zweite jo5, Schlagzeug6 • Auf den Stimmen sind Text und
Aufzeichnung als autographe Skizze Brechts 2 : Noten Musik ausdrücklich Brecht zugewiesen; Bruinier
ohne Stiel, rhythmisch differenziert als Striche und zeichnet für das <<Arrangement>>. Datierung der
Kreuze; Aufteilung in Verszeilen; Strophen (mit Stimmen vom 8. März 1927, Aufzeichnung der Me-
Ausnahme der zehnten Zeile) nicht textiert, Refrain lodie wohl ebenfalls um diese Zeit (womöglich eher).
mit Text. Instrumentierung (Manuskript) von Kurt Die Rekonstruktion wurde unter Berücksichti-
Schwaen: Klarinette, Altsaxophon, Posaune, Schlag- gung der (Gebrauchsspuren aufweisenden) Stimmen
zeug, Banjo, Klavier. vorgenommen. Der Satz von Kurt Schwaen greift an
Der Satz von Kurt Schwaen folgt Bruiniers Auf- derselben Stelle und mit gleicher Begründung wie
zeichnung, faßt das Tempo ab Takt 8 aber als Alla- beim <<Barbara-Song>> in das Original ein: zu Beginn
breve auf. Dies rechtfeftigt sich nicht nur vom dekla- des zweiten Abschnitts der Strophe (ab Takt 12) Um-
matorischen Brauch her (und die Deklamation ist hier schlag des Tempos in Allabreve. In den Stimmen ist
Richtschnur der melodischen Erfindung), sondern <<Song-Tempo>> gefordert; der deklamatorische Fluß
auch durch einen im Manuskript ursprünglich in käme bei der angegebenen Notierung ins Stocken,
verkürzten Notenwerten (Achteln) notierten Ein- der Vermerk << piu mosso >> dürfte ein (unzureichen-
stieg in den Refrain. Bezeichnend - und Brecht als der) Versuch sein, dem zu begegnen. Das von Brui-
Autor doppelt bestätigend - ist das Aufscheinen der nier vorgelegte Arrangement ist ziemlich simpel; die
für die << Ballade von den Seeräubern>> zitierten Me- Harmonisation von Kurt Schwaen im Satz für Ge-
lodie << L' Etendard de la Pitie >> im zweiten Teil der sang und Klavier fühlt sich daran nicht streng ge-
Strophe ( ab Takt 8). Der Refrain gefällt sich in bunden.
puccinesker Kantabilität und treibt nachdrücklich die Der angeführten Datierung nach ist das Lied von
Parodie hervor. W eill geht später - melodisch nicht der << Seeräuber-J enny >>, ebenso wie der << Barbara-
weniger intensiv - andere Wege, wahrt aber sehr Song >>, nicht im Zusammenhang mit der << Drei-
wohl den Grundgestus ( auch in der parodistischen groschenopern (1928) entstanden, sondern weit eher.
Pointierung) und gibt dieselbe Aufgliederung. Wie dort erscheint der im Titel erwähnte Name
Brechts <<Barbara-Song>> lag, seiner Entstehung weder im Lied selber, noch bezieht er sich auf die
nach, lange vor, ehe die Arbeit an der<< Dreigroschen- Personnage des Stücks (nicht auf die Hure<< Jenny»!).
opern (1928) begann; er wurde in das Stück - von Polly zitiert - wie sie ankündigt - ein Abwasch-
Brecht oft befolgte Praxis - <<eingebaut>>. Schon der mädchen, das sie einmal in einer kleinen Vier-Penny-
Titel macht ja stutzig: Der Name<< Barbara>> kommt Kneipe in Soho gesehen hat.7 (Titel im << Drei-
weder in der<< Dreigroschenoper >> noch überhaupt in groschenroman>>:<< Träume eines Küchenmädchens>>;
dem Lied vor, sondern dürfte sich aus einem (bisher bei der Publizierung als Gedicht werden später nach
nicht erhellten) anderen Zusammenhang erklären. Moritatenart beide Titel genannt, durch <<oder» ver-
Brecht ließ ihn später überhaupt fallen und ersetzte bunden. 8) Münsterer vermutet als Anregung die
ihn in seinen Gedichtsammlungen durch << Der Song Jugendlektüre der Abenteuer des << Räuberhaupt-
vom Nein und Ja>> 3 • Die Textunterlegung geht auf manns Fetzer >>, auf die ein Küchenmädchen in der
die Fassung von letzter Hand zurück; 4 es gibt Diver- Augsburger Bleichstraße nahe Brechts Wohnung
genzen zu Kurt Weills Vertonung. 5 abonniert war. 9

372
Lieder 17 · 18

In seiner späteren Vertonung der << Seeräuber- Carl Zuckmayer, der Brecht damit gehört hat,
] enny >> folgt Kurt W eill nicht nur dem durch die De- sieht in der Vorlage << eine gegen Ende der Kriegszeit
klamation festgeschriebenen Grundgestus, sondern allbekannte, vulgäre Schlagermelodie >> 9 • Von Brechts
zitiert Brecht im Refrain melodisch getreu! Text ausgehend, verfolgt Albrecht Schöne die
Ahnenreihe auf << ein altes bretonisches Hafenlied>>,
die Volksballade von << Schön Anna>> und - als einen
18 der verschiedenen, über Europa verzweigten Ab-
Erinnerung an die Marie A. leger - auf den Lai der Marie de France << Le Fraisne >>
(um r r6o), der über Ezra Pound ins zwanzigste
Melodie mit Klaviersatz in der Handschrift (Blei- Jahrhundert weiter getragen wurde. Io
stift, flüchtig) von Franz S. Bruinier. 1 Titel: <<Brecht/ Das Lied <<Verlor'nes Glück>> in Leopold Spro-
Bruinier / Marie A /Nach einer alten Melodie>>. wackers Bearbeitung lautet mit seiner ersten Strophe:
Der Aufzeichnung liegt als Quelle das Lied<< Ver-
lor'nes Glück>> zugrunde, eine Bearbeitung von Leo- So oft der Frühling durch das off'ne Fenster
pold Sprowacker nach dem französischen Original Am Sonntagsmorgen uns hat angelacht,
<<Tune m'aimais pas>> von Charles Malo (Musik) und Da zogen wir durch Hain und grüne Felder.
Leon Laroche (Text). Die Fassung von Sprowacker, Sag, Liebchen, hat dein Herz daran gedacht?
als op. rnr Ende des vorigen Jahrhunderts er- Wenn abends wir die Schritte heimwärts lenkten,
schienen, 2 wurde außerordentlich populär und gras- Dein Händchen ruht in meinem Arm,
sierte in unzähligen Arrangements, von der Militär- So oft der Weiden Rauschen dich erschreckte,
kapelle bis zum Zithersolo. Brecht ist vermutlich Da hielt ich dich so fest, so innig warm.
über Karl Valentin, mit dem er seit spätestens r9r9 Zu jener Zeit, wie liebt' ich dich, mein Leben,
bekannt war, an die Melodie gelangt. Als Inbegriff Ich hätt' geküßt die Spur von deinem Tritt,
sentimentalen Kitschs hatte Valentin das <<Verlor'ne Hätt' gerne alles für dich hingegeben.
Glück>> in die Parodie überführt: In seiner - auch ver- Und dennoch du, du hast mich nie geliebt.
filmten - Szene << Tingeltangel», seit r 9 r 5 in seinem
Repertoire, läßt er damit eine Sängerin auftreten, Der Refrain setzt mit der neunten V erszeile ein und
deren Vortrag durch verfratzte Begleitung und gro- wird wiederholt, so daß eine Symmetrie mit den
teske Aktionen eines Geigers ( = Valentin) weidlich Strophen entsteht. (Karl Valentin teilt eine weitere
verulkt wird. 3 In einer anderen Szene, <<Wer uns ge- Strophe mit. II) Brecht, der gewiß beim Dichten die
traut>>, benutzt er nur den Text als Vehikel der Par- Weise im Ohr hatte, kontraktiert sie auf ein acht-
odie, indem er ihn sinnwidrig der Arie aus dem << Zi- zeiliges Modell, dabei die Teilung von Strophe und
geunerbaron>> unterlegt. 4 Refrain aufhebend; mit der sechsten Verszeile steigt
Die Herkunft der Vorlage ist oft diskutiert wor- er aus und geht sogleich in die beiden Schlußzeilen
den. Hans Reimann wies r 9 52 auf die Quelle hin und über. In dieser neuen Zuordnung werden zwei (mit-
vermutete das Chanson von Charles Malo als musi- einander korrespondierende) achttaktige Perioden
kalisches Plagiat der Arie<< Behüt' dich Gott! Es wär' geschaffen und mit der Verdichtung, Vereinfachung
zu schön gewesen>> aus der r 8 84 am Leipziger Stadt- das Lied enger an den Volkston herangeführt, so
theater uraufgeführten, seinerzeit äußerst populären daß nun die Quelle als << alte Melodie>> (Manuskript)
Oper <<Der Trompeter von Säckingen>>. 5 Zwar ist die oder << alte Volksweise >> 12 in Anonymität versinken
Übereinstimmung der V ersmetrik frappant und der konnte.
Gestus des sentimentalen Liedes mit seinen modi- Brecht teilt in der <<Hauspostille>> weder die Me-
schen Floskeln beide Male genau getroffen, im Detail lodie mit, noch verweist er darauf; er hat das Lied
aber der Abstand zu groß, als daß von einer Nach- aber schon Anfang der zwanziger Jahre gern ge-
ahmung gesprochen werden könnte. Ernst Busch, sungen und trat damit, animiert von seinen Freunden
der im Beiheft eines Schallplattenalbums 6 Hans Rei- Caspar Neher und Otto Müllereisert, r 92 r zu << Mai-
mann zitiert, vermerkt auf dem Manuskript einer Be- festspielen>> auf einer<< Grotesk bühne >>auf: << Ich kann
arbeitung von Hanns Eisler 7, daß er die Melodie seit es nicht ganz au_swendig, und ein Herr daneben am
seiner Kindheit gekannt und seine Mutter sie ge- Vorhang zischt dauernd: <Mimik! >, und ich mache
sungen habe; er nennt sie<< ein altes Dienstmädchen- schlapp 'und trudle ab, von Gewissensbissen zer-
lied >>8. fleischt, übrigens unter Beifallsklatschen. >> 1 3

373
Lied 18

Bronnen 14 und Z uckmayer 15 erinnern sich an die Marie A. >> durch Beziehung des Namens auf die
Vorträge im Privatkreis in Berlin. Als Brecht Franz << Heilige Maria>> eine religiöse Anspielung; Brecht
S. Bruinier für die Niederschrift heranzog, ließ er regte Ende der zwanziger Jahre seine Mitarbeiterin
offenbar nur fixieren, was er selbst schon in Umlauf Elisabeth Hauptmann zu einem Stück über die Heils-
gebracht hatte. Charakteristisch ist eine Abweichung armee an, dessen Heldin ursprünglich<< Marie Ander-
vom Modell: Beim Auftakt zur letzten Phrase - mit- sen >> heißen sollte - die Hauptmann notierte einen
hin an auffälliger Stelle - wird die Alterierung der << Lebenslauf der Mari A>> !2 1 Andererseits unter-
Subdominante, die Moll-Stimmung einbrechen läßt, streicht die Wahl des Pflaumenbaums als Natur-
nicht mitvollzogen; Brechts Gedicht geht ja auch requisit auf drastische Weise das Thema Liebe. 22
einen anderen Weg und versinkt nicht in Larmoyanz. Darüber hinaus aber wird an diesem Thema, und
Bruinier hat der Melodie, die ihm Brecht offenbar zwar in anspruchsvoller Dialektik, über Vergänglich-
vorsang, einen auf schlichte Akkordformeln be- keit und Beständigkeit reflektiert und die Problema-
schränkten (für unsere Ausgabe sacht korrigierten) tik durch fiktive dialogische Anlage sogar fordernd
Klaviersatz unterlegt. Die Aufzeichnung, nicht da- an den Leser (Hörer) herangetragen. 2 3
tiert, ist dem Papierformat (34 x 26, 5 cm) nach in die Das Gedicht zielt auf Musikalisierung der
zweite Phase der Zusammenarbeit Brecht - Bruinier Sprache; Schöne meint, daß man fast sagen möchte,
zu verweisen, die am 10. Januar 1927 mit Bruiniers es werde << gesungen >> 24 ; W eisbach weist auf<< pastel-
eigener Vertonung der<< Erinnerung an die Marie A. >> lene Lexik>> und das <<Tempo des Andante>> 25 hin.
einsetzt. Nach Schöne rührt die Sprache << schon fast an die
Laut einer Marginalie auf dem Autograph 16 Grenze zum Kitsch >> 26 ; die Vorlage, die Brecht gewiß
schrieb Brecht das Gedicht am<< 21. II. 20, abends 7h im beim Schreiben im Kopf hatte, war ja danach. Frei-
Zug nach Berlin>>. Der ursprüngliche Titel war<< Sen- lich veranstaltet er auch hier, sehr wohl ersichtlich,
timentales Lied Nr. 1004>> (nachgetragene Numerie- eine<< Inszenierung>> und schafft damit Distanz.
rung!); vom gleichen Jahr datiert ein<< Sentimentales Dies sollte die Interpretation beachten. Sie sollte
Lied Nr. 78 >>, ohne daß freilich je an einen Zyklus ge- sich einerseits dem Sentiment der Melodie hingeben
dacht gewesen wäre - die Zählung führt sich gerade und andererseits Abstand ausdrücken, sei es durch
dadurch, daß sie in so hohe Bereiche steigt, ad ab- verräterische Übersteigerung des Genusses oder
surdum. Ironisch zu verstehen ist auch eine wissen- durch Wechsel zu Sachlichkeit. Schon Ende der
schaftlich aufgezogene Anmerkung auf dem Auto- zwanziger Jahre hat Kate Kühl die << Erinnerung an
graph, die Sentimentalität paralysiert: << Im Zustand die Marie A. >> für die Schallplatte gesungen. Früh
der gefüllten Samenblase sieht der Mann in jedem hatte Ernst Busch das Lied im Repertoire; aus seinen
Weib Aphrodite. Geh. R. Kraus >> 1 7. Papieren ist eine Aufzeichnung für Gesang und Kla-
In der<< Hauspostille>> steht das Gedicht unter den vier (Anmerkung am Rand: Harfe), abweichend von
<<Chroniken>>, die - wie die <<Anleitungen>> durch der Bruinierschen, überliefert. 27 1962 schrieb Hanns
Empfehlung des << Rauchens >> bezeugen - mit Ge- Eisler für Ernst Busch eine Klavierbearbeitung, 28
lassenheit aufgenommen werden sollen. Tatsächlich die aber, wie Busch auf dem Manuskript notiert hat,
paßt das Gedicht gut in diese Lektion, da der Anlaß nie verwendet wurde. (Schon 195 8 erwähnt Eisler
dokumentarisch ist und der eher leidenschaftliche eine Bearbeitung, die er einmal für Ernst Busch ge-
Vorgang, inzwischen in die Distanz gerückt, durch- macht habe. 29) Ende der vierziger Jahre sang Busch
aus gefaßt betrachtet werden konnte. Der Titel spielt das Lied (mit Gitarre) für die Schallplatte 30 , eine
auf Brechts Jugendliebe Marie Rose Aman an, eine weitere Aufnahme (mit Flöte und Cembalo) 31 folgte
Augsburger Schülerin, Tochter eines Friseurs, die 196 5. Seine Auffassung trifft genau die Ambivalenz
er 1916 in einer Eisdiele kennengelernt hatte und mit des Stils: In einer oft geradezu schwelgerischen Kan-
der er zweieinhalb Jahre befreundet war. 18 Als Brecht tabilität mit vielen Ritardandi (bezeichnend die drei
das Gedicht schrieb, war er nicht mehr mit ihr zu- Fermaten beim Einstieg zur dritten Strophe) schwin-
sammen, was ihm Abstand und sogar sachte Ironie gen ironische Töne mit: das Tempo wird nach
erlaubte; gleichwohl deuten sogar Details - Brecht manchen Zerdehnungen stets wieder flott gefaßt; an
hatte der Freundin angekündigt, er werde sie << im einigen Stellen geht der Gesang - im Kontrast zur
Laufe der Zeit mit sieben Kindern überraschen >> 19 - emotionalen Hingabe - in sachlich-berichtendes
auf das reale Vorbild. Sprechen über.
Albrecht Schöne20 liest aus der << Erinnerung an

374
Lieder 19 · 20 · 21

19 20
Ballade vom Weib und Erinnerung an die Marie A.
dem Soldaten Das Autograph 1 ist ziemlich sorgfältig mit Bleistift
geschrieben (Klaviersatz mit überlegtem Text). Da-
Klaviersatz in der Handschrift von Franz S. Brui- tierung: 10. Januar 192 7. Ob diese Aufzeichnung der
nier.1 Titelzeile: <<Text v. Bert Brecht/Weib & Sol- Brechtschen Fassung des Liedes 2 vorausging oder
dat/ Melodram. Chanson/ FS Bruinier&Bert Brecht>>. sich anschloß, steht offen.
Der Formulierung nach ist Brecht an der Musik Franz S. Bruinier geht auf seine Art auf den von
(Melodie!) beteiligt. Die Strophen werden gespro- Brecht vorgegebenen Gestus ein. Er trägt in den
chen, die Refrains gesungen: Es handelt sich um eine volkstümlichen Ton artifizielle Reize, sorgt auch für
Verbindung von Melodram und Chanson (s. Titel). Romantisierung, und trifft dennoch die Geschmeidig-
Der Datierung vom 20. November 1925 nach steht keit und Pointiertheit eines Couplets. überraschen-
das Chanson am Beginn der Zusammenarbeit mit derweise klingen sogar Formeln aus dem für das Lied
Brecht. In dem einfachen Klaviersatz, zum Teil un- <<Verlor'nes Glück>>, der Vorlage für Brechts Ge-
geschickt notiert, wurden für unsere Ausgabe einige dicht, beanspruchten Urbild an, der Paradearie << Be-
orthographische Verbesserungen vorgenommen. Die hüt' dich Gott! Es wär' zu schön gewesen>> des
Textfassung folgt der <<Taschenpostille>> (1926). << Trompeters von Säckingen>> - als habe der Klavier-
Brecht nahm den um 1920 entstandenen Text auszug aufgeschlagen dagestanden!
zwei Jahre später in ein Verzeichnis der für die
<<Hauspostille>> ausgewählten Titel auf. Erich Engels
Regiebuch zu << Im Dickicht der Städte>> nach war die
Ballade in das Theaterstück eingefügt, wurde zur 21
Münchener Uraufführung 1923 aber durch ein Ballade von der Hanna Cash
anderes Lied ersetzt. 2 1926 erschien sie als << Ballade
von dem Soldaten>> in der <<Taschenpostille>>, mit dem Autograph. 1 Instrumentation (Manuskript): Alt-
Zusatz << nach einer englischen Soldatenballade >> 3 • In saxophon, Trompete, Violine, Schlagzeug. In dem
der <<Hauspostille>> von 192 7 fehlt der Quellenver- flüchtig mit Bleistift notierten Klaviersatz wurden in
weis. Titel in den 19 51 von Wieland Herzfelde zu- einer zweiten Schicht (schwärzerer Stift) mehrere
sammengestellten << Hundert Gedichten>>: << Ballade Verbesserungen vorgenommen. Die Schlußdaten
vom Weib und dem Soldaten>>; Brecht fügte bei der lauten auf 2 3. April 192 7 (für die erste Niederschrift)
Korrektur <<nach Kipling>> ein. 4 Zur weiteren Ge- und- mit dem Zusatz <<fine>> - 26.April (offenbar für
schichte des Liedes gehört die Vertonung von Hanns die Revision). Daneben gibt es eine (ebenfalls mit
Eisler. 5 Bleistift geschriebene) Bearbeitung als Partitur für
Die Ballade in Form eines Dialogs ist alter litera- kleines Instrumentalensemble - Altsaxophon, Trom-
rischer Volksbrauch. Brecht geht von einem Lied pete, Violine, Schlagzeug-, datiert vom 5. Mai 1927. 2
am Schluß der Kurzgeschichte <<Love-O'-Women>> Drei Instrumentalstimmen - Altsaxophon, Trom-
(<< Frauenlieb >>) von Rudyard Kipling aus; in fast pete, Violine-, datiert vom 11. Mai 1927, sind in der
wörtlicher Zitierung der Übersetzung von Leopold Sammlung Kate Kühl überliefert.
Lindau dient es ihm als dritte Strophe, die er nach Brecht nahm die 1921 entstandene << Ballade von
beiden Seiten hin quasi ergänzt. 6 Die Strophe erzählt der Hanna Cash>> in seine <<Hauspostille>> (<< Taschen-
eine Moral; Brecht erfindet - hierin von Kipling un- postille>>) auf und ordnete sie den << Chroniken>> zu.
abhängig - durch verschiedene Situationen, in die Die <<Anleitungen zum Gebrauch der einzelnen Lek-
der Soldat gestellt ist, die Begründungen dazu. tionen>> empfehlen: «In den Zeiten der rohen Natur-
Kipling dachte sich das Lied als einen << shrill gewalten (Regengüsse, Schneefälle, Bankerotte usw.)
quick-step >>; die Übersetzung vermerkt hier: << Ein halte man sich an die Abenteuer kühner Männer und
Soldatenlied, das die Leute beim Geschwindmarsch Frauen in fremden Erdteilen; solche eben bieten die
zu singen lieben. >> 7 Der Refrain (der Brecht zuzu- Chroniken, welche so einfach gehalten sind, daß sie
schreiben sein dürfte) schlägt schnellen, hüpfenden auch für Volksschullesebücher in Betracht kommen
Marschton an - eine von Brecht überhaupt geschätzte ... Kapitel 8 (Von der Hanna Cash) gilt für die Zeit
musikalische Besonderheit. einer beispiellosen Verfolgung. (In der Zeit der bei-

375
Lied 21

spiellosen Verfolgung wird die Anhänglichkeit eines


Weibes offenbar werden.) >>3
Ist die erzählte Geschichte beim Wort zu nehmen,
als Anpassung an die (bürgerliche) Gesellschaft -
und damit Überlebenschance-, als Demonstrandum
für (notwendigerweise) asoziale Handlungen in einer
asozialen W elt? 4 Genia Schulz bietet in ihrer aus-
führlichen Analyse weiterreichende Deutungen an:
Wird durch die bedingungslose Hingabe der Heldin,
deren Name, englisch verstanden, ja ein Synonym für
(Bar-) Geld ist, an das bürgerliche Tauschgesetz
angespiclt? 5 Oder wird beispielhaft und kritisch zu-
gleich ein Leben im Sinne der Bergpredigt vorge-
führt ?6 (Auch Regine Wagenknecht spricht - die
<< Hauspostille>> auf religiöse Anspielungen unter-
suchend - von einem << parodistischen Exempellied
zur Bergpredigt>>. 7) Oder steht die Ballade vor auto-
biographischem Hintergrund, mit einer idealisierten
Marianne Zoff - Brechts damaliger Geliebter - als
Hanna Cash8 und sogar mit Brechts eigenen, auf die
Titelfigur projizierten Wünschen ?9
Im gleichförmigen Strophentyp der Ballade wer-
den die Geschehnisse gelassen ausgebreitet, so daß
sich der Leser zwanglos seinen Erwägungen hin-
geben kann. Franz S. Bruinier trifft mit seiner Ver-
tonung die Absicht gut, indem er eine klare formale
Gliederung schafft (Strophe und Refrain im Moll-
Dur-Kontrast) und sich von Illustration freihält. Die
Geschichte wird in einem eher fröhlichen musikali-
schen Ton berichtet. Übrigens ist ihm Ernst Busch,
der eine eigene Weise zu der Ballade erfand, 10 später
darin gefolgt.
Die stark schwankende Menge der Silben in den
einzelnen Verszeilen erfordert eine Anpassung an das
mit der ersten Strophe gegebene melodische Modell,
die sinngemäß vorzunehmen ist. Trotz der eng-
lischen Schreibweise (und dem möglicherweise darin
verborgenen Symbolgehalt) soll Brecht gefordert
haben, den Namen <<Cash>> deutsch auszusprechen
(so auch Ernst Busch auf seiner Schallplatte); das
Wort mag sich auch von << kasch >>, << einem altberliner
Ausdruck für munter>>, ableiten. II

376
Die Dreigroschenoper

<<The Beggar's Opera>> (1728) von John Gay (musika- Um Text und Musik zügig zum Abschluß zu
lische Mitarbeit: Christopher Pepusch), das erfolg- bringen, gingen Brecht und W eill von Mitte Mai bis
reichste englische Theaterstück des achtzehnten Jahr- Juni nach Le Lavandou in Südfrankreich in Klausur,
hunderts, erlebte 1920 in London durch die Neu- danach arbeitete Brecht in seiner Sommerfrische
fassung von Frederic Austin und Arnold Bennett Utting am Ammersee weiter, stets mit W eill in Kon-
eine glanzvolle Renaissance mit über Jahre ausver- takt. Lotte Lenya erzählt: << Die beiden arbeiteten
kauften Vorstellungen. Dies machte auch auf dem Tag und Nacht wie die Verrückten, schrieben, än-
Kontinent Eindruck; der Musikverlag Schott suchte derten, strichen, schrieben aufs neue, und unter-
192 5 seinen Hausautor Paul Hindemith für eine Be- brachen ihre Arbeit nur, um ein paar Minuten ans
arbeitung zu gewinnen, beschränkte sich aber 1928 Meer hinunter zu gehen. >> 4 W eill, literarisch beschla-
mit einer Adaption ~er Londoner Version. gen, konnte gewiß beim Text mitreden, andererseits
Elisabeth Hauptmann, seit 1924 Brechts Mit- dürfte Brecht, bis in Details hinein, Vorschläge zur
arbeiterin, soll durch einen in einer Zeitschrift zur Musik gemacht haben; er selber wie auch Lotte
zweihundertsten Wiederkehr der Premiere erschiene- Lenya als Augenzeugin bestätigen seinen Einfluß auf
nen Artikel auf die << Beg gar' s Opera>> aufmerksam Weill. 5
geworden sein; sie begann mit einer Übertragung, Brecht ging von Elisabeth Hauptmanns Über-
die sie Brecht unter die Manuskripte schob, << damit setzung (die nicht mehr vorliegt) aus - und entfernte
er was damit anfängt>>1. Nach Lotte Lenyas Er- sich im Zuge der Bearbeitung mehr und mehr davon.
innerung «gab sie Szene für Szene an Brecht wei- Eine Zwischenstufe zeigt das nach Elisabeth Haupt-
ter >> 2 • s:hon in dieser Arbeitsphase mag Brecht mit manns Erinnerung etwa im Mai 1928 vom Verlag
W eill, den er im Frühjahr 1927 kennengelernt hatte, Felix Bloch Erben ausgelieferte hektographierte
über die Musik, und zwar womöglich eine neue, ge- Bühnenexemplar an. 6 In einem der Regiebücher 7,
sprochen haben - die englischen Balladen, von Jahn das die Arbeitsstadien bis zur Uraufführung nach-
Gay textiert, waren in ihrer ironischen Spannung nur weist, sind zahlreiche Ergänzungsblätter eingescho-
in ihrem Entstehungszusammenhang recht verständ- ben.
lich und sperrten sich gegen Aktualisierung-; viel- Was die m1:1sikalische Seite angeht, so verzeichnet
leicht hat er das Projekt damals auch schon, ohne das hektographierte Exemplar nur etwa die Hälfte
Echo, bei Theatern empfohlen. der später einundzwanzig Nummern, und zwar
Ernst Josef Aufricht, der schließlich auf die manchmal nur durch Zitierung ihres Titels. Mehrere
<< Dreigroschenoper >> optierte, hat die Vorgänge aus- Gepichte, wie <<Barbara-Song>>, << Die Seeräuber-
führlich beschrieben 3 : Für das Berliner <<Theater am ] enny >>, <<Kanonen-Song>>, lagen ohnehin schon vor;
Schiffbauerdamm>>, das er 1928 gepachtet und für die anderen gehen fast alle auf Frans:ois Villon zu-
dessen Eröffnung er den Regisseur Erich Engel ver- rück. Das Bühnenexemplar enthält aber auch Musik-
pflichtet hatte, suchte er ein Erfolgsstück, ohne bei nummern, die später entfielen, darunter aus John
den Bühnenverlagen und von ihm befragten Autoren Gays Original übersetzte Balladen (nur eine, der
das Rechte zu finden. Im Berliner Künstlerlokal << Morgenchoral», blieb bewahrt) und Adaptionen
Schlichter traf er Brecht, der ihm seine Bearbeitung nach Rudyard Kipling. Vermutlich benutzte Brecht
der << Beg gar'\
s Opera>>, von deren sieben Bildern in dieser Fassung vorwiegend sein Reservoir an Ge-
sechs fertig wären, als ein<< Nebenwerk>> anbot. Auf- dichten und baute sie lediglich ein. In einer weiteren
riebt schlug ein, wurde indes von Brecht damit über- Arbeitsstufe wurden neben den neuen Liedern ins-
rascht, daß Kurt W eill die Musik dazu geschrieben besondere die Finales aufgenommen. Der Schluß-
habe. Aufricht will sich W eills Operneinakter << Der choral stand zwar von Anfang an fest, doch bot
Protagonist>> und<< Der Zar läßt sich photographieren>> Brecht zunächst - John Gay folgend - eine all-
angehört haben (eine Fiktion? Berliner Aufführun- gemeine Theaterparodie, indem er die Darsteller, die
gen sind erst für den 14.Oktober 1928 angezeigt!) aus ihrer Rolle treten, und den Dichter über Mög-
und beauftragte - gewarnt von deren Atonalität - lichkeiten einer Lösung diskutieren läßt. Erst später
insgeheim seinen Kapellmeister Theo Mackeben, entschied er sich für die spezielle Form der Opern-
sich um die originale Musik der << Beggar's Opera>> parodie, mit dem <<Auftauchen des reitenden Boten>>.
zu kümmern. Als ihm freilich später W eill aus seinen, Bis kurz vor der Premiere wurde - auch am musika-
<< Dreigroschenoper >>-Songs vorspielte, wurde er um- lischen Teil - verändert. Eine <<Arie der Lucy>>, die
gestimmt. pathetischen Opernstil ironisiert und sich textlich

377
Die Dreigroschenoper

ebenfalls noch eng ans Original hält, konnte wegen aktualisierte Neufassungen zweier Songs (<< Der neue
Besetzung der Partie mit einer Chansonette nicht zum Kanonen-Song>>, << Die Ballade vom angenehmen
Zuge kommen; 8 die << Moritat von Mackie Messer>>, Leben der Hitlersatrapen >>), ließ sie (zusammen mit
spät eingefügt, war eine Konzession an die Eitelkeit der bereits 19 33 auf die << Moritat von Mackie
des Hauptdarstellers; die<< Ballade von der sexuellen Messer>> entstandenen << Moritat vom Reichstags-
Hörigkeit>> schied wegen Protestes der Darstellerin brand>>) in New York hektographieren und schickte
über Unziemlichkeit aus; der<< Salomon-Song>> muß- sie nach Deutschland. 12 Für eine Aufführung in den
te - was erst die Generalprobe zutage gebracht haben Münchener Kammerspielen (Premiere: 27.April
soll - der Überlänge des Stücks geopfert werden. 1949) mit Hans Albers als Macheath steuerte er
Das 1928 in der Universal Edition Wien, Weills weitere Neufassungen bei und retuschierte einige
Musikverlag, erschienene Textbuch unterscheidet Szenen; auf eines der Rollenbücher schrieb er: << Die
sich von den späteren Ausgaben nicht nur durch Dreigroschenoper 1948 >>. 13 Diese Version entstand
textliche Varianten und einige ausführlichere Regie- offenbar auch aus juristischen Erwägungen: Der
angaben, sondern auch durch die Disposition von Verlag Bloch Erben als Bühnenvertrieb sollte aus-
Z wischenaktmusiken - in instrumentaler Form wie- gebootet werden. 14 Der Regisseur Harry Buckwitz
derholte Lieder-: Jedes der acht Bilder schließt mit ging allerdings - nachdem er es in den Proben mit
Gesang oder geht in eines dieser Instrumentalstücke den neuen Liedtexten versucht hatte - schließlich
über. Den Vermerken im überlieferten Aufführungs- wieder auf die Originale zurück; Brecht selber habe
material nach - Klavier-Direktion und Instrumental- angeblich das Gefühl gehabt, daß sie für die << Drei-
stimmen9 - wurde dies zur Premiere so befolgt. groschenoper >> << keinen Gewinn>> darstellten. 15 Kurt
1928 erschienen im Gustav Kiepenheuer Verlag, W eill scheint ohnehin skeptisch gewesen zu sein;
Potsdam, die Songtexte; 1931 veröffentlichte Brecht Brecht mußte ihn beschwichtigen und versicherte, es
die<< Dreigroschenoper >> in seinen<< V ersuchen>>; 19 38 handele sich << tatsächlich mtr um eine zeitweilige
nahm sie der Malik V erlag in den ersten Band der Änderung, die nur für diese Zeit gelten (und auch
<< Gesammelten Werke>> auf und edierte gleichzeitig nicht gedruckt werden) soll» 16 • Ende der vierziger
einen Sonderdruck. In den Songtexten und im Text- Jahre dürfte Brecht die << Dreigroschenoper >> auch in
buch von 19 28 sind als unschicklich erachtete Stellen, eine (bisher offenbar nicht erprobte) << konzertante>>
wie die << Ballade von der sexuellen Hörigkeit>> und Fassung gebracht haben, die die Songs - und zwar
die dritte Strophe der<< Z uhälterballade >>, ausgelassen. unter Einbeziehung der aktualisierten Texte, die den
(So auch im Klavierauszug der Universal Edition.) originalen jeweils nachgestellt sind - durch ver-
Für den << Dreigroschenfilm >> << Die Beule>> legte bindende Worte (darunter auch kleine Dialoge) in
Brecht im Zuge der grundlegenden Umarbeitung den Handlungszusammenhang stellt. 17 Brecht blieb
eine neue Folge der Musiknummern fest und schied Aktualisierungen gegenüber aufgeschlossen, und an
dabei nicht nur zahlreiche aus, sondern brachte auch Giorgio Strehlers Inszenierung 19 56 in Mailand be-
neue ein; dabei zielte er insbesondere auf Markierung teiligte er sich sogar mit einem neuen (in seiner deut-
von Zäsuren und auf Montage. 10 Die Musik der schen Fassung leider verlorengegangenen) Schluß-
ersten beiden Finales wollte er durchaus bewahren, choral. Er billigte Strehlers Datierung der Handlung
funktionierte aber das erste zu einem Entree aller auf 1914: << Das ist sehr gut, und nach dem dritten
Darsteller um. Der schließlich von G. W. Pabst ge- Weltkrieg könnte man es auf 19 ... verlegen. >> 18
drehte Film << Die Dreigroschenoper >> (Premiere: Als Titel seiner Adaption der << Beggar's Opera>>
17. Februar 1931) greift zwar einige Ideen aus Brechts erwog Brecht ursprünglich << Gesindel»; später ent-
Expose auf, verhält sich dazu aber als ein von der schied er sich für << Die Luden-Oper>>. Auf einem
Filmindustrie und vom persönlichen Geschmack des Umschlag eines der ersten Bühnenmanuskripte steht
Regisseurs, der ein << modernes Märchen>> zu insze- auch<< Die Mörder sind unter uns >> 19 • Auf Anregung
nieren gedachte, 11 oktroyierter Kompromiß, den von Lion Feuchtwanger kam es - erst während der
Brecht ablehnte. Auch im Film ist die Musik be- Proben - zur Umbenennung in<< Die Dreigroschen-
schnitten (nun auch um die Finales!), und von neuen oper >>. Der Programmzettel führt Elisabeth Haupt-
Musiknummern wurde überhaupt abgesehen. mann (an erster Stelle) für die Übersetzung und
Als Brecht nach dem zweiten Weltkrieg erfuhr, Brecht für die Bearbeitung an. In den <<Versuchen>>
daß die Lieder weiter kursierten und Wiederauf- ( 19 31) nennt sich Brecht gleichberechtigt mit Elisa-
führungen des Stücks geplant wurden, schrieb er beth Hauptmann und W eill, in späteren Veröffent-

378
Die Dreigroschenoper

lichungen erscheinen die beiden als <<Mitarbeiter>>. duktion: Ernst Josef Aufriebt) komponierte W eill auf
Der Programmzettel der Uraufführung weist auf einen Text von Yvette Guilbert, die die Frau Pea-
<< eingelegte Balladen von Fran~ois Villon und Rud- chum spielte, einen Song für sie als Einlage. 26 Noch
yard Kipling >> hin. (Die Erwähnung Kiplings hätte einmal griff er auf die << Dreigroschenoper >> zurück -
sich erübrigt, weil die auf ihn zurückgehenden Balla- und zwar im wesentlichen auf die << Kleine Drei-
den nicht mehr enthalten waren.) groschenmusik >>, die er um Streichorchester berei-
In den Villon-Balladen zitiert Brecht teilweise cherte -, als er 19 38 für das Londoner Westminster
wörtlich aus einer Übersetzung von K. L. Ammer, Theatre das einaktige (bisher unveröffentlichte)
ohne seine Quelle anzugeben. Der Kritiker Alfred Ballett« J udgment of Paris>> schrieb. 27
Kerr warf ihm Plagiat vor; Brecht verteidigte sich Kurt W eills Originalpartitur schreibt dreiund-
provokatorisch mit Vergeßlichkeit als Folge seiner zwanzig Instrumente (einige davon ad libitum) vor,
<< grundsätzlichen Laxheit in Fragen geistigen Eigen- die indes nie zugleich, sondern abwechselnd ein-
tums >> 20 • An anderer Stelle, in einer ·Anmerkung in gesetzt sind und - im Vertrauen auf die Wendigkeit
einer späteren Neuauflage von K. L. Ammers Nach- der Musiker - von nur acht Spielern bedient werden
dichtungen, stellt er indes das Grundsätzliche seiner sollen. Ob der Idealfall je erreicht wurde (bis heute
Aneignung heraus: den neuen Bezug, in den die liegt keine streng originale Schallplattenfassung
Zeilen gestellt sind; die dem Theater gemäße << Be- vor!), steht offen. Schon zur Uraufführung, mit der
tonung des Gestischen>>; den anderen Zweck, den << Lewis Ruth Band>>, einer der seinerzeit prominenten
Gesang. 21 Jazzkapellen, als Begleitensemble, wurden Verände-
Das Autograph der Partitur ist vom 23. August rungen vorgenommen; auch die autorisierten Schall-
1928 datiert - wurde also erst eine Woche vor der platten von 1930 (Telefunken) weichen vom Original
Uraufführung abgeschlossen. Der Klavierauszug ab. Giorgio Strehler sieht sich durch diese (nur sacht
von Norbert Gingold soll angeblich in vier Tagen retuschierende) Bearbeitung zu weiterreichender in-
und Nächten entstanden sein, wobei der Bearbeiter strumentatorischer Aktualisierung befugt und lehnt
sieben Pfund an Gewicht verlor, 22 und wurde noch die exakte Befolgung des Originals als << reine Philo-
1928 von der Universal Edition herausgegeben. 2 3 logie>> ab. 28 Tatsächlich aber ist Weills Instrumenta-
Die Partitur erschien in der Universal Edition 24 erst tion ein Ausdruck seines Kommentars und nicht nur
197 2, und zwar in textkritischem Vergleich mit dem das Gewand, sondern oft die Substanz selbst!
Klavierauszug, der als << letztgültige Vorlage >> 2 5 gilt. Über die sagenumwobene Uraufführung am
Die Popularität der Musik regte umgehend zu 3 I. August 1928, die Kette von Mißgeschicken bis
zahlreichen Notenausgaben an: 1929 erschienen in unmittelbar vor der Premiere - Absagen, Termin-·
der Universal Edition die beliebtesten Titel als not, Streitereien, Striche, Pannen - ist oft berichtet
Einzelnummern für Gesang und Klavier, außerdem worden. 29 Brecht hatte Schauspieler favorisiert, die
zwei <<Tanzpotpourris>> (<< Blues->> und << Foxtrott- vom Kabarett und der Revue kamen, da sie, seiner
Potpourri >>) von H. von Platen für kleines Orchester Meinung nach, den Vorzug hatten,<< daß sie artistisch
bzw. Salonorchester (jeweils mit << Jazz-Stimmen>>) interessiert und sozial aggressiv waren >> 30 • In ihrem
und weitere Arrangements. Die Hausmusik wurde musikalischen Part waren sie von Kapellmeister Theo
mit Einrichtungen für Klavier bedient; der Berliner Mackeben so gut trainiert worden, daß sie - durch
Ullstein Verlag legte, noch im gleichen Jahr, in sei- die eigenwillige Postierung des Orchesters im
ner Reihe<< Musik für alle>> eine Auswahl in einfachen Bühnenprospekt genötigt - mit dem Rücken zum
Klaviersätzen mit beigefügtem Text vor. 1930 be- Dirigenten singen konnten. Der Erfolg der Premiere
arbeitete Stefan Frenkel für die Universal Edition stand bis zum << Kanonen-Song>> auf der Kippe; der
sieben Stücke für Violine und Klavier, auch in einer dort losbrechende Beifall, der ein Dakapo erzwang,
zweiten, << erleichterten Ausgabe>>. W eill selbst wurde entschied den Abend und sorgte für eine lange an-
von Otto Klemperer mit einer Orchestersuite beauf- haltende Aufführungsserie. Lotte Lenya schreibt:
tragt; er erweiterte das Instrumentarium zum Blas- << Berlin war vom <Dreigroschenoper >-Fieber ge-
orchester hin, bot in sieben Sätzen die beliebtesten packt. Überall, selbst auf der Straße, wurden ihre
Lieder (sie zum Teil kombinierend und unter Hin- Melodien gepfiffen. Eine Dreigroschen-Bar tat sich
zufügung neuen Materials) und wählte als Titel auf, in der keine andere Musik gespielt wurde. So-
<< Kleine Dreigroschenmusik>> (Uraufführung: 7. Fe- fort wurde der <Brecht >-Stil und der <Weill >-Stil,
bruar 1929). Für eine Aufführung in Paris 1937 (Pro- oder was man darunter verstand, von allen möglichen

379
Die Dreigroschenoper

Schreiberlingen bis zur Bewußtlosigkeit nachge- rung >> darin bestand, << daß die musikalischen von den
ahmt. >> 31 Binnen fünf Jahren wurde die << Drei- übrigen Darbietungen streng getrennt waren>>. 38
groschenoper >> in achtzehn Sprachen übersetzt und Und weiter: << Eine Bühne für <Die Dreigroschen-
erlebte mehr als zehntausend Aufführungen.32 oper > ist um so besser aufgebaut, je größer der
Brecht hat, wie er einmal erzählte; vor allem Unterschied zwischen ihrem Aussehen beim Spiel
wegen Mangel an Zeit zunächst an der Vorlage, der und ihrem Aussehen beim Song ist. Die Berliner Auf-
<< Beg gar' s Opera>> des Jahn Gay, wenig ändern führung ( 1928) stellte in den Hintergrund eine große
wollen; 33 schließlich wurde er aber durch seine Sicht J ahrmarktsorgel, in die auf Stufen die Jazzband ein-
auf zeitgenössische Parallelen dazu gedrängt, und gebaut war und deren bunte Lampen aufglühten,
der Vorwurf, daß er zu wenig eingegriffen habe, als wenn das Orchester arbeitete. Rechts und links von
daß Aktualität hindurchschiene, trifft nicht. Die Ver- der Orgel waren zwei riesige Leinwandtafeln in roten
legung ins victorianische Zeitalter mag den platten Samtrahmen aufgestellt, auf welche die N eherschen
Grund gehabt haben, daß dazu Kostüme zur Ver- Bilder projiziert wurden. Während der Songs standen
fügung standen; Brecht sah darin aber auch einen auf ihnen groß die Song-Titel, und aus dem Schnür-
Vorzug zur Verwirklichung seiner Absichten: <1Über boden gingen Lampen nieder. Um Patina mit Neu-
das victorianische Zeitalter weiß man einiges, aber heit, Prunk mit Schäbigkeit zu mischen, war dem-
gleichzeitig ist es doch entfernt genug, um es mit entsprechend der Vorhang ein kleiner, nicht zu
Abstand kritisch beurteilen zu können, so daß die sauberer Nesselfetzen, an Blechschnüren auf- und
Z uschaucr leicht heraussuchen können, was sie an- zugezogen. >> 39 Beim Vortrag der Lieder war den
geht. Aus dieser Zeit ließ sich das Stück leichter nach Schauspielern aufgetragen, ihre Stellung zu wech-
Berlin transportieren als aus der Zeit, in die es (not- seln: zu verdeutlichen, daß sie nunmehr die Hand-
wendigerweise) John Gay gelegt hat. >> 34 John Gay lung verlassen, Meinungen äußern, die nicht mit den
beabsichtigte die von ihm aufgestellte Gleichung zu von ihnen dargestellten Personen konform gehen
belegen, daß Bürger Räuber und Räuber Bürger müssen, sondern aus denen, unvermittelt, der Autor
seien - freilich mit der Einschränkung, daß die Bür- spricht, auch provokativ, auf Widerspruch zielend.
ger allemal privilegiert sind. Brecht legt Gewicht auf W eill sah die << Dreigroschenoper >>, im Gespräch
die Verbürgerlichung des Verbrechens: <1 Haupt- Freunden gegenüber, zunächst eher als eine Neben-
linie: Die Räuber sind Bürger. - Die Bettler haben sache an; später notierte er, Brecht und er hätten
Sparkassenbücher in der Tasche. Auch die Räuber. <<die Urform der Oper>> machen wollen, und bean-
Auch die Huren.>>35 spruchte damit << die Schaffung eines neuen Genres
Brecht bemerkte 19 5 5, anläßlich der bevorstehen- des musikalischen Theaters >>. 40 Tatsächlich entstand
den Mailänder Inszenierung von Giorgio Strehler, aus der gebotenen Vereinfachung ( die Sänger waren
zu seinen Vorsätzen und ihrer Gültigkeit heute: «Das Schauspieler) und der Wendung zur <<leichten>>
Großbürgertum wurde veranlaßt, höhnisch über sich Musik, mit Parodie gemischt, etwas Neues - nach-
selbst zu lachen. Nie wieder könnten diese Vertreter mals Ansatz fürs Musical. War auf der einen Seite die
des Bürgertums danach bestimmte Haltungen ein- Moritat das Modell, 41 so auf der anderen die Opera
nehmen, über die sie schon einmal gelacht haben. - seria; 42 Weill überführte jene in Kunstsprache und
Auch jetzt noch wird die <Dreigroschenoper > in öffnete diese der Populärsptache. Indes trug die
kapitalistischen Ländern diese Aufgabe erfüllen Musik Züge der Destruktion in sich; die <<Drei-
können, wenn man versteht, gleichzeitig Amüsement groschenoper >> eignete sich wenig als Modell und ist
und Schärfe zu geben statt nur gemütliche Lächer- auch niemals mit Erfolg nachgeahmt worden.
lichkeit. >> 36 Strehler, dessen drei Mailänder Insze- Brecht sah die << sozialkritische Haltung>> haupt-
nierungen (1956, 1958, 1972), abgesehen von ihrer sächlich durch die Musik angezeigt 43 und schrieb:
artistischen Qualität, die politische Brisanz der<< Drei- << Die Musik arbeitete so, gerade indem sie sich rein
groschenoper» bestätigten, erklärt, << daß von 1928 gefühlsmäßig gebärdete und auf keinen der üblichen
bis heute die Charakteristik unserer Gesellschaft un- narkotischen Reize verzichtete, an der Enthüllung
verändert geblieben ist, daher die <Fabel> genauso der bürgerlichen Ideologien mit. Sie wurde sozu-
aktuell blieb >>37. sagen zur Schmutzaufwirblerin, Provokatorin und
Die << Dreigroschenoper >> brachte nach Brecht Denunziantin. >> 44 Hier ist die Methode benannt: die
<<eine erste Verwendung von Bühnenmusik nach in trivialer Sprache artikulierte Hingabe an eine vor-
neueren Gesichtspunkten>>, deren<< auffälligste Neue- geblich heile Welt, aber als Pose, so daß die Lüge

380
Die Dreigroschenoper Lied 22

hindurchscheint. Dazu Fritz Hennenberg: << Die der Vertikalmontage, um die Aufspaltung von Iro-
Musik spiegelt Gefühlsschwarm, Fröhlichkeit, nie und Ernst, von Alptraum und Hoffnung zu
Schönheit nur vor; sie will so, mit kalkulierter Dürf- fassen, und konstatiert, scheinbar paradox: << Die
tigkeit, die Verzweiflung, Verkrampftheit, Sinnleere <Dreigroschenoper > ist nicht nur die nüchternste
verdecken. Die Dürftigkeit ist, wie gesagt, kalku- Verspottung der zwanziger Jahre, sondern auch das
liert; der Schwindel soll offenbar werden. Die Ent- gefühlvollste und innigste Werk jener Zeit. >>5 1
larvung zielt weiter: auf die bürgerliche Ideologie,
die sich beschwichtigend über die bürgerliche Reali-
22
tät legt. >> 45 Adorno und Bloch haben auf die Ambi-
valenz der Musik und die nachgerade philosophische Die Moritat vom Mackie Messer
Qualität, die in der kalkulierten Destruktion liegt,
Aus: Kurt Weill: Die Dreigroschenoper. 1 Instru-
hingewiesen. Adorno wandte sich gegen die Herab-
mentation: Altsaxophon (auch Sopransaxophon),
setzung als fesche Operette - auch ein Schönberg
Tenorsaxophon, Trompete, Posaune, Schlagzeug,
kaprizierte sich auf Ähnlichkeiten zu Lehar !46 - :
Harmonium, Banjo, Klavier. Die Zuordnung des
~< Die gewesene Operette enthüllt sich der Drei-
Wortes<< minderjährige Witwe>> erfolgte nach Brechts
groschenoper als satanisch; darum bloß ist sie als gegen-
Vortrag auf einer Schallplatte2 ; bei W eill heißt es
wärtige Operette möglich. Mit der Gemütlichkeit
mit Apostroph << minderjähr' ge Witwe>>.
der praktikablen Operette, mit der frischfröhlichen
Brecht hat der Moritat neun Strophen gegeben,
Gebrauchsmusik hat es ein jähes Ende. >> 47
von denen W eill aber nur sechs vertont hat: die 1 .,
Dies sollte die Interpretation beachten. Keine
4., 5 ., 6., 8. und 9. Die musikalische Einbindung legt
Festlegung auf rüden, harten, anklägerischen Ge-
Aufführungen auf die sechsstrophige Fassung fest;
sang - vielmehr zieht die Entlarvung oft gerade aus
gleichwohl ist in den Textdrucken - mit Ausnahme
hier investiertem Gefühl Nutzen, und zwar beson-
des Textbuchs in der Universal Edition von 1928 -
ders effektiv bei Kontrast zur Sachlichkeit des W or-
die neunstrophige Fassung angegeben 3 :
tes. Freilich sollten auch überraschende Umschwünge
disponiert werden, der Wechsel von Hingabe in I

Nüchternheit, jene ausgedrückt durch Kantabile, Und der Haifisch, der hat Zähne
diese durch ein eher nur melodisches Sprechen. Auch Und die trägt er im Gesicht
Verschiebungen der Deklamation zum vorgezeich- Und Macheath, der hat ein Messer
neten Melodieverlauf, bis zur Lösung davon, sind Doch das Messer sieht man nicht.
angebracht. Brecht empfiehlt das ausdrücklich und 2
legt dem Schauspieler nahe, beim Einmünden in die Ach, es sind des Haifischs Flossen
Melodie - was ein <<Ereignis>> sein müsse - << seinen Rot, wenn dieser Blut vergießt!
eigenen Genuß an der Melodie>> deutlich zu ver- Mackie Messer trägt 'nen Handschuh
raten.48 Er fordert: << Die romantischen Lieder sollten Drauf man keine Untat liest.
zwar so schön wie möglich gesungen werden, aber
3
das Unechte und Falsche an diesem <Versuch einer
An der Themse grünem Wasser
romantischen Insel, in der noch alles stimmt>, muß
Fallen plötzlich Leute um!
besonders unterstützt werden. >> 49 Vorbildlich dafür
Es ist weder Pest noch Cholera
ist die Schallplattenaufnahme von 19 30, die Brecht
Doch es heißt: Macheath geht um.
und W eill beaufsichtigten 50 : Hier wird mit Schmiß
und Unschuldsmiene gesungen, zart, fast träume- 4
risch, wo angebracht, und anderswo mit plärrender An 'nem schönen blauen Sonntag
Aufgekratztheit, jedenfalls stets Gefühlen hinge- Liegt ein toter Mann am Strand
geben, welche zugleich durch das Umfeld, in dem sie Und ein Mensch geht um die Ecke
stehen, höchst fragwürdig erscheinen. Und doch ist Den man Mackie Messer nennt.
unter der Decke der Parodie auch die U nverstelltheit
zu ahnen, die Sehnsucht nach Schönheit ohne Und Schmul Meier bleibt verschwunden
Schminke; auch dies drückt die Musik, namentlich Und so mancher reiche Mann
die Melodik, aus, vermittelt über den rechten Vor- Und sein Geld hat Mackie Messer
trag. Boris Singermann bemüht Eisensteins Begriff Dem man nichts beweisen kann.

381
Die Dreigroschenoper Lied 22

6 stellung ökonomischer Praktiken abzielen. Die Meta-


Jenny Towler ward gefunden pher vom Haifisch wird gesellschaftlich geortet; der
Mit 'nem Messer in der Brust Bericht geht vom Moritatensänger auf die Personen
Und am Kai geht Mackie Messer über - die <<Haifische>> entlarven sich selbst.
Der von allem nichts gewußt.
Lied des Polizeichefs
7
Wo ist Alfons Glite, der Fuhrherr? Ach, sie sind die besten Leute
Kommt das je ans Sonnenlicht? Wenn man sie nicht grade stört
Wer es immer wissen könnte - Bei dem Kampfe um die Beute
Mackie Messer weiß es nicht. W eiche ihnen nicht gehört.
8 Wird des Armen Lamm geschlachtet
Und das große Feuer in Soho Sind es meist der Schlächter zwei
Sieben Kinder und ein Greis - Und den Streit der beiden Schlächter
In der Menge Mackie Messer, den Schlichtet dann die Polizei. 7
Man nicht fragt und der nichts weiß.
Nach der Übernahme der <<National Deposit Bank>>
9
durch seine Gang summt Macheath << ein paar neue
Und die minderjährige Witwe
Verse einer soeben veralteten Moritat >> 8 .
Deren Namen jeder weiß
Wachte auf und war geschändet -
Ja, wie kommt der Mensch zu Zaster?
Mackie, welches war dein Preis?
Im Kontore kühl wie Eis
1948 führte Brecht für eine an den Münchener Kam- Sitzt der Bankier Mackie Messer, den
merspielen vorbereitete Inszenierung den Song durch Man nicht fragt und der es weiß.
zwei Strophen weiter, die aktuelle Geschehnisse Auf des Hyde Parks dürrem Rasen
(Kriegsverbrecherprozesse, Entnazifizierung) reflek- Sitzt ein ruinierter Mann
tieren: (Und durch Piccadilly, Stock und Hütchen, kannst
Geht der Bankier Mackie Messer [du was lernen!)
Und die Fische, sie verschwinden!
Dem man nichts beweisen kann. 9
Doch zum Kummer des Gerichts:
Man zitiert am End den Haifisch
Die Schlußstrophen von Brechts Filmentwurf << Die
Doch der Haifisch weiß von nichts.
Beule>> lauten:
Und er kann sich nicht erinnern
Und man kann nicht an ihn ran Und so kommt zum guten Ende
Denn ein Haifisch ist kein Haifisch Alles unter einen Hut.
Wenn man's nicht beweisen kann. 4 Ist das nötige Geld vorhanden
Ist das Ende meistens gut.
Als Brecht I 949 im Berliner Gebrüder W eiss V erlag
die<< Songs aus der Dreigroschenoper >>veröffentlichte, Daß er nur im trüben fische
fügte er, unter Streichung der dritten und siebenten Hat der Hinz den Kunz bedroht.
Strophe, die neuen Verse an, so daß wiederum eine Doch zum Schluß vereint am Tische
neunstrophige Fassung entstand. In dieser Form ging Essen sie des Armen Brot.
der Text auch in die<< Hundert Gedichte>> ein, 5 dort Denn die einen sind im Dunkeln
mit dem Titel<< Die Moritat vom Räuber Mackie Mes- Und die andern sind im Licht.
ser». DieHerausgebervonBrechts << Gedichten>> sehen Und man sieh et die im Lichte
diese Fassung (und zwar eben in der Darbietungsform Die im Dunkeln sieht man nicht. 10
als <<Gedicht>>) als letztlich gültig an. 6
Eine Seitenlinie in der Geschichte der Moritat bil- Obwohl der Film << Die Dreigroschenoper >> von
den Strophen, die Brecht für den geplanten<< Dreigro- G. W. Pabst Brechts Expose nicht befolgte, gingen
schenfilm >><<Die Beule>> (1930) schrieb und die, nicht doch einige dort angegebene Änderungen, darunter
zuletzt von ihrer Postierung her, auf verschärfte Bloß- der neue Schluß, in ihn ein. Vom Film übernahmen

382
Die Dreigroschenoper Lied 22

ihn, freilich ohne Autorisation, manchmal auch durch das << Deutsche Theater <Kolonne Links>>>
Bühnenaufführungen; von der musikalischen Archi- beim Wort: Wie beim Bänkelsang üblich, wurde
tektur her, mit den drei Finales ( die im Film ent- während des Vortrags auf strophenweise wechselnde
fallen) als Pfeilern, empfiehlt er sich freilich hier Bildtafeln verwiesen. 1 7
nicht. 11 Im Drehbuch des Pabst-Films dient die Mo- Die << Moritat vom Mackie Messer>> gelangte erst
ritat - den ursprünglichen Festlegungen nach ge- während der Proben in die << Dreigroschenoper >>, 18
pfiffen, auf dem Klavier geklimpert, gejohlt, schließ- und zwar auf Drängen des Darstellers Harald Paul-
lich laut gebrüllt wie die << Marseillaise>>! - auch als sen, der sich nicht nur elegant aufzuputzen gedachte,
akustisches Bindeglied für die Diebeszüge der Bande sondern auch ein effektvolles eigenes Entree wünsch-
aus Anlaß der Hochzeit. 12 (Eine ausführliche Dar- te. Brecht wußte die Anmaßung, die schon zu hefti-
stellung der Textvarianten und der Diskussion der gem Streit ausgeartet war, für sich zu nutzen: <<<Las-
<<Abbildungsrelation Kapitalist/ Hai>> gibt Kocks. 13) sen wir ihn so süßlich und charmant>, sagte er im
r 9 33 schrieb Brecht auf die ·Melodie die<< Moritat Büro, <W eill und ich führen ihn durch eine Moritat
vom Mackie Messer>> die << Ballade vom Reichstags- ein, die seine grausigen Schandtaten besingt, um _so
brand>> (später: << Moritat ... >>) und veröffentlichte unheimlicher wirkt er mit seiner hellblauen Schlei-
sie am r 7. Dezember 19 3 3 in der satirischen Beilage fe. >>> 19 Schon am nächsten Tag soll Brecht die Mori-
<< Roter Pfeffer>> der Pariser Ausgabe des << Gegen- tat mitgebracht und Weill über Nacht die Musik dazu
Angriffs >>. 14 Die Ballade fand ihren Stoff im doku- geschrieben haben. 20 Sie steht als << Vorspiel» (<<Jahr-
mentierten Geschehnis, in Zeitungsartikeln darüber markt in Soho >>), geboten von einem <<Ausrufer>>, der,
und in dem im Herbst erschienenen << Braunbuch wie in dieser Branche üblich, mit dem Zeigestock
über Reichstagsbrand und Hitlerterror >>. Am 28. Fe- zum Wort Bilder erläutert. Kurt Gerron übernahm
bruar, einen Tag nach dem Reichstagsbrand, war den Part als Doppelrolle mit dem Polizeichef Tiger
Brecht emigriert, im Mai/Juni, dann wieder ab An- Brown. 21 In dem Film<< Die Dreigroschenopern von
fang September bis in den Dezember hinein, hielt er G. W. Pabst spielte Busch den Moritatensänger.
sich in Paris auf, wo die Ballade entstanden sein Das << Dreigroschenopern-Textbuch der U niver-
dürfte, und zwar (wie spätere Änderungen, die dar- sal Edition von 1928 verzeichnet zu Beginn des
auf eingehen, nahelegen) vor der Schlußphase des am achten ( später neunten) Bildes - Macheath wird ge-
2 3. Dezember beendeten Leipziger Prozesses. Der fesselt in den Kerker gebracht - die <<Moritat>> als
Publikation sind Zeichnungen beigegeben, die von vom Orchester leise gespielten Trauermarsch; die
ihrer Seite her den Moritatencharakter ausstellen. Anweisung entfiel später, wurde aber zur Premiere
Womöglich war an szenische Darstellung gedacht; (wie auch ein spezielles Arrangement in den Instru-
hatte Brecht doch bereits bei der um 1932 entstan- mentalstimmen nachweist) beachtet. 22 (Einer Ein-
denen gesellschaftskritischen Moritat << Zehr und zeichnung Mackebens in der Klavier-Direktions-
Patschek >>, einer Parodie der Gespensterballade stimme zufolge wurde nach dem <<Eifersuchtsduett>>
<< Heinrich schlief bei seiner Neuvermählten>>, an- ein Vers der <<Moritat>> auch als Walzer gespielt!)
geregt, sie müßte << vor einer primitiven Tafel ge- Für die Fassung in der << Kleinen Dreigroschenmu-
sungen werden, auf der die Bilder mit dem Stock sik >> kombinierte W eill, den gleichartigen Charakter
gezeigt werden >> 15 • Vielleicht hat Brecht damals in ausnutzend, die <<Moritat>> mit dem << Lied von der
Paris in einem der sich etablierenden Emigranten- Unzulänglichkeit menschlichen Strebens>>.
Kabaretts die << Ballade vom Reichstagsbrand>> selber Brecht, passionierter Besucher des Augsburger
vorgetragen, als Moritatensänger, sich auf der Zieh- << Plärrer >> und anderer Volksfeste, hat dort auch
harmonika begleitend. Jedenfalls scheint er Vor- Bänkelsänger gehört, die noch in hoher Gunst stan-
bereitungen dafür getroffen zu haben: Eine primitive den; es scheint, daß er die<< Moritat vom Mackie Mes-
Einrichtung in Griffschrift für Ziehharmonika ist ser>> metrisch einem dieser Lieder nachbildete. Ein
überliefert, 16 der sich Blätter (auf feste Pappe ge- Freund zitiert es so:
klebt) anschließen, auf denen Brecht, nun auch in
eigener Handschrift, Tabellen mit der Knopffolge Menschen, höret die Geschichte,
.des Instruments angefertigt hat - typische Esels- Die erst kürzlich ist geschehn,
brücken eines Anfängers. Den Begriff << Moritat>> Die ich treulich euch berichte,
nahm eine Aufführung in szenischer Bearbeitung Laßt uns dran ein Beispiel nehm'. 2 J
von Ernst Ottwald am 2 5. Februar 19 34 in Moskau

383
Die Dreigroschenoper Lieder 22 · 23

Vielleicht hat Brecht auch das gemäße melodische weise zusammen. Die um 19 30 entstandene Auf-
Modell an Weill weitergereicht; es wird auch be- nahme mit Kurt Gerron 30 beschränkt sich auf nur
hauptet, daß er sich die Melodie von einem russi- drei Strophen, ebenfalls in von der Partitur ab-
schen Volkslied angeeignet2 4 oder sie sogar selber er- weichender instrumentatorischer Zuordnung und im
funden25 habe. Indes soll W eill die Weise ausdrück- Tempo schneller als dort (Halbe = 84). Die für den
lich für sich beansprucht haben; sie sei ihm bei einer << Dreigroschenfilm >> << Die Beule>> bestimmten drei

Fahrt mit der Berliner Straßenbahn eingefallen. 26 Schlußstrophen singt auf dieser Schallplatte Lotte
Ausgangspunkt war jedenfalls ihr Charakter als Lenya.
Drehorgelstück; Weill soll sogar selber den dafür
nötigen Leierkasten bei einem Berliner Experten
aufgetrieben haben. 27 (Die Partitur schreibt für die 23
ersten beiden Strophen Harmonium << in der Art Die Seeräuber-Jenny
eines Leierkastens>> vor.)
Ein elementares Motiv, rhythmisch (mit Aus- Aus: Kurt W eill: Die Dreigroschenoper. 1 Instru-
nahme der Schlußformel) stets identisch, nur inter- mentation: zwei Klarinetten, Trompete, Posaune,
vallisch variant, wird achtmal aneinandergereiht, das Schlagzeug, Banjo, Klavier. Die im Klavierauszug
so gebildete Strophenmodell fünfmal wiederholt und (und der Partitur) ausgesparte dritte Strophe und
von der zweiten Wiederkehr an instrumentatorisch mehrere Korrekturen wurden nach den Textaus-
abgewandelt. So bildet sich zum einen die dem Bän- gaben ergänzt; die grammatikalisch heikle Wendung
kelsang gemäße Monotonie aus, und andererseits << und legen ihn in Ketten und bringen vor mir>> ist
wird durch klangliche Entfaltung, durch Imita- von Brecht autorisiert. 2 Die Fassungen der dritten
tionen, Gegenstimmen, ja Tonmalereien Abwechs- und achten Verszeile der dritten Strophe folgen der
lung hineingetragen und sogar eine gewisse Steige- Schallplatte von 1930 3 ; es gibt weiter offenbar von
rung erzielt. Der ästhetische Reiz ist eng an dieses Brecht tolerierte textliche Abweichungen (hier nicht
Gewand gebunden; wird die Melodie, die zum Welt- berücksichtigt) in dieser und anderen Aufnahmen
schlager aufstieg, in Arrangements geboten, sind ihr von Lotte Lenya 4 •
Gesicht und ihr Charakter gefährdet. Andererseits Offenbar waren anfangs in jeder Strophe ge-
scheint W eill selbst instrumentatorische Varianten sprochene Einwürfe vorgesehen, die den melodi-
und sogar - wie eine um 1930 entstandene Schall- schen Fluß verfremden sollten:
platte28 zeigt - Aktualisierungen zum Jazz hin tole- nach Strophe I /Zeile 5 << und das Lachen ist groß!>>,
riert zu haben. 1929 erschien in der Universal Edition nach Strophe 2 /Zeile 5 << sondern Sie lachen noch!>>,
eine Bearbeitung für Salonorchester mit Jazz- nach Strophe 3 /Zeile 9 << und das Lachen wird auf-
stimmen von Isko Thal er. hören>>,
In seiner Schallplattenaufnahme29 von 1928/29 nach Strophe 4 /Zeile 5 << und das Gelächter wird
nimmt Brecht das angegebene Blues-Tempo mit aufhören >>. 5
Halben = 66 wesentlich schneller: Halbe = 92. Die Das Lied von der << Seeräuber- Jenny >> steht in der
ersten zwei Strophen sind vom authentischen Leier- Hochzeitsszene, die Brecht in seine Vorlage, die
kasten begleitet; im folgenden hält sich die Zuord- << Beggar's Opera>>, eingeschoben hat; damit hatte er
nung der Strophen nicht an die Partitur (über die auch die Möglichkeit, das, angestrengte bürgerliche Ge-
in manchem Detail hinweggegangen wird). Das<< su- baren des Gangsters zu persiflieren. Musik darf nicht
bito piano>> bei Wiederholung der letzten Halbstro- fehlen; da das Ständchen der Gang dürftig ausfällt,
phe beachtet Brecht nicht; den Abschluß bildet ein entschließt sich Polly, die Braut, selbst etwas beizu-
weicher Beckenschlag (im Partitur-Autograph mit tragen und ein Lied zu zitieren, das sie einmal von
Bleistift vermerkt, aber nicht in den Druck über- einem Abwaschmädchen in einer kleinen Vier-
nommen.) Brechts Deklamation ist sachlich, aufs Penny-Kneipe in Soho gehört hat: << J enny, die See-
Wort gerichtet, doch bietet er die Schreckensschil- räuberbraut >>. (Titel 1m <<Dreigroschenroman>>: ·
derungen, gleich einem Verkäufer, der seine Ware << Träume eines Küchenmädchens>>, in späteren Ge-
empfiehlt, mit spürbarem Genuß dar; oft stellt er die dichtausgaben nach Moritatenart << Die Seeräuber-
sinnwidrige Zerschneidung der Syntax kraß heraus, } enny oder Träume eines Küchenmädchens>>.) Sie
andererseits setzt er sich über in der Musik an- inszeniert ihren Auftritt regelrecht, hantiert mit Re-
gezeigte Pausen hinweg und faßt Verszeilen paar- quisiten und fordert ihre Zuhörer auf, sich als Gäste

384
Die Dreigroschenoper Lieder 23 · 24

dieser Kneipe zu fühlen und mitzuspielen. Eine ver- und zur <<Eisa>> des <<Lohengrin>>; in den Träumen
vielfachte Demonstration: Dem Publikum im Theater der << Seeräuber-J enny >> liegt Romantik, revolutio-
wird vorgeführt, wie Polly ihre Hochzeitsgesell- näre, und Brecht hat diese Seite auch selber musika-
schaft unterhält. Der Hochzeitsgesellschaft wird als lisch festgehalten, in dem weich geschwungenen
Exempel das Verhalten des Abwaschmädchens Refrain, den er W eill anempfahl und den dieser ge-
zitiert. Und in dem Lied wird eine Geschichte er- treu übernahm. 12
zählt, die sich das Abwaschmädchen beispielhaft für Aus der Zeit um 1930 gibt es zwei Dokumentar-
die Zukunft erwartet. 6 aufnahmen: eine mit ( der von Brecht besonders ge-
Zur << Seeräuber-J enny >> gibt es auch eine Ver- schätzten) Carola Neher 13 , die für die Uraufführung
tonung von Brecht selbst. 7 Das Gedicht entstand als Polly vorgesehen war, aber erst später die Rolle
nicht im Zusammenhang mit dem Stück, sondern übernahm und sie auch in Pabsts Film spielte, die
lag bereits 1927 vor; die << Seeräuber-Jenny>> (der andere mit Lotte Lenya 14 , die im Film als << Jenny>>
Name erscheint ohnehin nur im 'Titel) ist nicht mit den Song übertragen erhielt. Beide beachten die
der Hure <<Jenny>> identisch! Die Stellung als Ein- Originallage, das Tempo ist bei der N eher schneller
lage (wenn auch szenisch motiviert) erlaubt Ver- als von W eill angegeben; Ernst Blochs Charakteri-
tauschbarkeit; tatsächlich sieht der << Dreigroschen- sierung der Lenyaschen Stimme als << süß, hoch,
film >> << Die Beule>> anstelle der << Seeräuber-] enny >> leicht, gefährlich, kühl, mit dem Licht der Mond-
( die dort gar nicht erwähnt ist) den << Barbara-Song>> sichel >>15 trifft auch für die andere Aktrice zu. (Caro-
vor. In 'dem Film << Die Dreigroschenoper >> von la Neher spricht die Strophen mehr, als daß sie sie
G. W. Pabst werden die Lieder miteinander ausge- singt - freilich in lockerer, aufreizender Melodiosi-
wechselt - allerdings noch nicht im ursprünglichen tät -, und fällt erst mit dem Refrain in regelrechten
Drehbuch, sondern auf die dort vermerkte Änderung· Gesang.) Im Gegensatz dazu trägt eine ebenfalls um
des Regisseurs hin 8 - : Polly (Carola N eher) singt den diese Zeit erschienene Schallplatte mit Beate Roos-
<<Barbara-Song>> in der Hochzeitsszene, J enny (Lotte Reuter16, auf Illustration bedacht, Opernstil in den
Lenya) die << Seeräuber-J enny >> später im Hurenhaus Song und verschleppt zum Beispiel die Schlüsse (bei
statt der<< Z uhälterballade >>, die hier entfällt. (Anders Carola N eher eher gerafft!) unsäglich. Lotte Lenyas
als im Theaterstück vollzieht J enny im Film den Auffassung modifizierte sich (verbunden mit ihren
Verrat nicht, sondern bereut im letzten Augenblick veränderten stimmlichen Möglichkeiten): Bei ihrer
und läßt Macheath entkommen. 9) Manchmal wurde Aufnahme von r 9 5 517 ist das Lied um eine Quarte
die Umstellung auch bei Aufführungen so befolgt tiefer transponiert und im Tempo der originalen
(unter Beibehaltung der << Zuhälterballade>>); die Vorschrift angenähert; die Schallplatte mit der eng-
unter der künstlerischen Leitung von Lotte Lenya lischen Version von Marc Blitzstein 18 transponiert
entstandene Schallplatten-Gesamtaufnahme 10 postiert um eine kleine Terz und schlägt langsameres Tempo
den Song ebenfalls an dieser Stelle. an (Viertel = 84). Die tiefere Lage, verbunden wo-
In Amüsement verpackt, trägt der Song von der möglich mit Verlangsamung, gibt dem Song einen
<< Seeräuber-J enny >> Zündstoff in sich; die ihn singen, anderen Charakter: Er gewinnt finstere, dämonische
sei es Polly oder J enny, identifizieren sich damit aber Züge statt der beabsichtigten Dialektik von Leicht-
nicht, ziehen keine Konsequenzen daraus, sie treten sinn und Entschlossenheit, von Traum und Tat.
aus ihrer Rolle, vermitteln Meinungen anderer.
<< Sehr nett, ulkig, was?>> sagt einer der Zuhörer, der
sich nur an die Oberfläche gehalten hat; der Bräuti- 24
gam Mac sieht tiefer, indem er sich für die Zukunft Der Kanonen-Song
solche <<Verstellerei >> verbittet. Tatsächlich werden
hier Aufruhr und Umsturz geträumt, die Rebellion Kurt Weill: <<Kanonen-Song>> aus << Die Drei-
der Entrechteten; daß dies mit Süße und Lust ge- groschenoper >>. 1 Instrumentation: Pikkoloflöte ( ad
schieht, wirkt um so aufreizender. Ernst Bloch weist libitum), Altsaxophon (auch Baritonsaxophon), Te-
auf messianische Züge hin und schreibt: <<Der himm- norsaxophon, zwei Trompeten, Posaune, Schlag-
lische Bräutigam erscheint der Schuber/sehen Nonne, die zeug, Banjo (auch Hawaii-Gitarre), Klavier. Die
hier die Seeräuber-Jenny ist, als Pirat, und das Hoppla ist Ausgabe für Gesang und Klavier ist für nur eine
so apoka(yptisch, wie man nur will. >> 11 Bloch zieht Singstimme eingerichtet (Original: Duett Macheath /
Parallelen zur << Senta >> des << Fliegenden Holländers>> Brown); im Vergleich zum Klavierauszug 2 ist der

385
Die Dreigroschenoper Lied 24

Klaviersatz vereinfacht. (Für unsere Ausgabe wurden Und man begegnete


verschiedene Korrekturen nach dem Klavierauszug Nicht fremdem Militäre
vorgenommen.) Die Tempoangabe in Klavierauszug Dem oder jenem Heere
und Partitur lautet: Foxtrott-Tempo Halbe= 92; Dann kriegte Meier aus Berlin
(die Einzelausgabe schreibt vor: Charleston-Tempo Bulgarien gewiß.
Halbe = 8 8; bei der Schallplattenaufnahme von
2
1930 3 ist das Tempo mit Halbe= 108 wesentlich
Schmitt, dem wurde die Wüste zu heiß
schneller. Im << Dreigroschenoper>>-Textbuch der
Und das Nordkap zu kalt dem Krause.
Universal Edition von 1928 ist der<< Kanonen-Song>>
Aber das Böse ist: keiner mehr weiß
in Instrumentalfassung auch als Zwischenmusik nach
Wie kommt man ietzt wieder nach Hause?
dem zweiten Bild verzeichnet. Bearbeitungen für
Aus der Ukraine
kleines Orchester und für Jazzorchester von J erzy
Zurück zum Rheine
Fitelberg erschienen 1929 in der Universal Edition.
Nach Ulm heim aus Algier?
In seiner << Kleinen Dreigroschenmusik >> fügt W eill
Weil es stark regnete
ein neues Zwischenspiel ein.
Und man begegnete
Die drei Strophen des <<Kanonen-Songs>> (noch
Ganz fremdem Militäre
ohne Refrain) wurden zum ersten Mal 1926 in den
So manchem großen Heere
<<Chroniken>> der <<Taschenpostille>> als <<Lied der
Der Irreführer weiß es nicht -
drei Soldaten >> 4 veröffentlicht und mit geringfügiger
Er ist nicht mehr hier.
Retusche auch in die << Hauspostille>> (1927) über-
nommen; Herta Ramthun vermutet als Entstehungs- 3
zeit die Jahre 1924/ 2 5. Die letzte Fassung der<< Haus- Schmitt kam nicht mehr heim und Deutschland
postille>> scheidet das <<Lied der drei Soldaten>> aber Hat nach Leichen und Ratten gerochen. [war hin
aus; in der Werkausgabe steht es, mit zum Teil ver- Aber in dem zerstörten Berlin
änderten Personennamen, unter den << Gedichten Wird vom dritten Weltkrieg gesprochen.
1913-1926 >> 5 • Auf den Refrain<< Soldaten wohnen ... >> Köln liegt in Scherben
wird zum ersten Mal verwiesen bei dem etwa 1924/25 Hamburg im Sterben
entstandenen Lied <<Ach, J immi, kümmre dich nicht Und Dresden liegt zerschellt.
um den Hut>>, das offenbar für << Mann ist Mann>> Doch wenn Amerika
bestimmt war, sowie zu Strophen von << Der tote Sah diese Russen da -
Kolonialsoldat >>. 6 In dem zur Berliner Erstaufführung Vielleicht wenn die sich krachten?
von <<Mann ist Mann>> herausgegebenen << Song-Ver- Dann gibt' s ein neues Schlachten
zeichnis >> ist der Refrain (nur dieser) unter dem Titel Und Krause, wieder im grauen Fell
<<Kanonensong >>abgedruckt. 7 Jedenfalls lag der Text Kriegt doch noch die Welt! 9
schon vor, als die<< Dreigroschenoper» entstand; im
Regiebuch wird lediglich darauf verwiesen. 8 (Den Brecht hatte beabsichtigt, in der << Dreigroschen-
Fassungen des << Liedes der drei Soldaten>> gegenüber oper >> Balladen von Kipling zu zitieren - dies ist im
werden die Personennamen abermals verändert.) Bühnenmanuskript angezeigt und noch auf dem
1946 schreibt Brecht folgende Neufassung: Programmzettel so vermerkt-; indes entfiel im Ver-
lauf der Vorbereitung die << Ballade von den Ladies >>,
und von einer zweiten Ballade, << Maria, Fürspreche-
Der neue Kanonen-Song
rin der Frauen>>, blieb in << Pollys Lied>> nur ein Frag-
l ment erhalten. Der <<Kanonen-Song>> folgt Kipling
Fritz war SA und Karl war Partei nicht wörtlich, der gleichwohl hier stets gegenwärtig
Und Albert bekam doch den Posten. ist: in Anspielungen auf die << Soldiers Three >> der
Aber auf einmal war all 'dies vorbei Kurzgeschichten und auf einige der << Barrack-Room
Und man fuhr nach dem Westen und Osten. Ballads >>, insbesondere << Screw-Guns >>.
Der Schmitt vom Rheine Auf einer Vorstudie (mit den << Soldiers Three >>
Braucht die Ukraine und den ihnen neu zugewiesenen Namen) hat Brecht
Und Krause braucht Paris. einige Notenkürzel angegeben 10 - die aber bei W eill
Wenn es nicht regnete keine Spur hinterließen. W eill hatte ein schwieriges

386
Die Dreigroschenoper Lieder 24 · 25

dialektisches Verhältnis zu treffen: Lustigkeit darzu- heißt es bei der Abweisung << sicher wird das Boot
stellen und zugleich zu verurteilen. Die Musik gibt am Ufer festgemacht/ aber weiter kann nichts sein>>
sich frech und verwegen und packt die Sänger sogar und bei der Hingabe <mnd es ward das Boot am Ufer
körperlich (im Refrain sollen sie << sitzend mit den losgemacht/und es konnte gar nichts anders sein>>;
Füßen marschieren>>); zugleich ist sie durch Schmutz- in einem Arbeitsexemplar der <<Versuche>> mit hand-
flecke in ihrer Faktur zur Karikatur entstellt. Die schriftlichen Korrekturen 3 hat Brecht <<festgemacht>>
plumpe Aggressivität des Textes wird durch die und <<losgemacht>> - beim gleichen geschilderten
Musik ins Heitere überdreht und dadurch erst recht Vorgang von Abweisung und Hingabe - ausge-
unerträglich: Dies ist keine Apologie des Militaris- . tauscht und dies später so bewahrt. Partitur und
mus, sondern seine Verhöhnung. In der Erstfassung Klavierauszug folgen der ersten Fassung; Lotte
der<< Dreigroschenoper >> 11 war vorgesehen, daß nach Lenya singt in ihrer Aufnahme von I 9 5 54 in allen
der dem Song folgenden Ansprache des Macheath - drei Strophen - damit über den pointierten Gegen-
die hier mit der Aufforderung<< So, und jetzt Musik!>> satz hinweggehend - <<losgemacht>>!
schließt - drei der Gäste abwechselnd eine kleine Vor den Piu-animato-Teilen setzt Lotte Lenya,
Jazzband bilden. Im Film ist der <<Kanonen-Song>> als wollte sie die mit dem <<Nein! >> ausgedrückte Ent-
in der Schlußphase plaziert und wird vom Gangster- scheidung bekräftigen, eine Zäsur; dies wurde in
boß und dem Polizeichef im Direktionsbüro von unsere Ausgabe übernommen.
Pollys Bank angestimmt. Eine Aufzeichnung im Klaviersatz von W eills
Auch die Inszenierung muß zur Entlarvung bei- Hand 5 ist an zwei Stellen, die bei der textkritischen
tragen. Giorgio Strehler fand für seine Mailänder Revision nach der autographen Partitur korrigiert
Aufführung diese Lösung: Von dem Krakeele an- wurden, mit der ursprünglichen Fassung identisch,
geregt und zunehmend dem Rhythmus verfallen, stellt die Korrektur also in Frage und zumindest eine
singen die Hochzeitsgäste, Mackies Bande, auch der Alternative anheim: Tilgung der Versetzungszeichen
Kaplan, den letzten Vers mit, ihre Waffen ziehend im Takt vor <<piu animato>> - rechte Hand <<g>> und
und am Schluß wild um sich schießend. 12 Hier wird <<C>> sowie im vierten Takt vor <<Breit>> - rechte
dem Publikum über Wort und Ton hinaus im Bild Hand durchweg << g>>. 6 (Bekräftigt wird diese Lesart
die Verführung zur Barbarei - gegen die der Song auch durch die zur Uraufführung verwendete Kla-
auf dialektische Weise antritt - vorgestellt. vier-Direktionsstimme: Die beiden Versetzungs-
zeichen bei der ersten Stelle, im Druck angezeigt,
sind in Auflösungszeichen korrigiert, und an der
25 anderen Stelle steht gar kein Versetzungszeichen. 7)
Barbara-Song Einzweitesautographes Klavierarrangement 8 roman-
tisiert mit weich gleitenden Durchgängen die Zeilen-
Aus: Kurt Weill: Die Dreigroschenoper. 1 Instru- schlüsse und dürfte erst in der amerikanischen Zeit,
mentation: Altsaxophon, Tenorsaxophon, Trom- auf den dortigen Geschmack hin gerichtet, ent-
pete, Posaune, Banjo, Klavier. Der Text wurde an standen sein.
die Textausgaben und die damit zum Teil überein- Brechts eigene Vertonung des <<Barbara-Songs>>
stimmenden Schallplattenaufnahmen Lotte Lenyas 2 dürfte spätestens Anfang März 1927 vorgelegen
angeglichen. Um deklamatorische Verbiegungen zu haben; 9 der Text ging mithin der << Dreigroschen-
beseitigen, wurde in der Regel Lotte Lenyas Version oper >> weit voraus.
bevorzugt (z.B. Aufhebung sinnwidriger Melismen Das Lied wurde in das Theaterstück erst während
auf unbetonten Silben in der zweiten und dritten der Umarbeitungen statt der << Jungfraunballade>>,
Strophe). In der Schlußstrophe-in Übereinstimmung der Adaption eines Originals von John Gay, aufge-
mit Brechts Textfassung - werden die entscheiden- nommen und erhielt seinen Platz als Pollys Recht-
den, den Gegensatz zum bisherigen Verhalten (statt fertigung vor ihren Eltern; auf der dazu gezeigten
Verweigerung: Hingabe) bezeichnenden Worte Tafel steht: << Durch ein kleines Lied deutet Polly
durch eine vom Klavierauszug abweichende, Lotte ihren Eltern ihre Verheiratung mit dem Räuber
Lenyas Praxis folgende Zuordnung betont. Eine Macheath an>>. Der Titel des Liedes wird nicht an-
sonderbare textliche Variante läßt sich nicht schlüs- gezeigt; der Name<< Barbara>> kommt ja weder in der
sig erklären: In den frühen Veröffentlichungen, ein- << Dreigroschenoper >> vor noch ist er überhaupt in
schließlich des Abdrucks in den<< Versuchen>> ( I 9 31 ), dem Lied erwähnt. Das Lied muß wohl in anderem

387
Die Dreigroschenoper Lieder 25 · 26

(noch unbekanntem) Zusammenhang gestanden ßer, an Puccini erinnernder Geste den Kulinarismus
haben; da er durch die Aufnahme in das Theater- hervor und überführt ihn in die Parodie. Dieselbe
stück aufgehoben ist, ließ Brecht den Titel fallen und Grundhaltung bei W eill, und Ähnlichkeit auch in
beschränkte sich mit der oben genannten Ankündi- der Architektur; doch geht W eill melodisch seinen
gung oder wählte den neuen Titel << Der Song vom eigenen Weg und trägt Kantabile schon in die Stro-
Nein und Ja>> 10 . phen hinein. Polly zitiert eine Geschichte - der für
Die nur lose szenische Einfügung erlaubte Um- den Vortrag entscheidende Gestus des << Zcigcns >> ist
stellungen. Schon zur Uraufführung wechselte der hier schon der Aussageform eingeschrieben -, aber
Song seinen Platz und wurde als <<Nr.13 a>> 11 nach sie meint sich selbst. Im U nschuldston berichtet sie
der << Zuhälterballade >>, also auf das fünfte Bild fol- vom Verlust ihrer Unschuld, ihre Verfallcnhcit in
gend, eingeschoben; die Klavier-Direktionsstimme Liebe als schicksalhaft, bar jeder Berechnung, hin-
Theo Mackebens verweist (im Anschluß an die an- stellend - in Wahrheit erscheint ihr der Gangsterchef
gezeigte Wiederholung der Ballade als instrumen- Macheath sehr wohl als gute Partie! Sie schwelgt in
taler Entreakt) auf die entsprechende Seite zurück Romantik; die Musik vollzieht es mit, aber so exal-
und gibt als Stichworte<< Ich liebe ihn.>>/ Brown: << Du tiert, daß das Gefühl fragwürdig wird. Auch verun-
auch - ja da kann man ... >>. 12 Zur nächsten Musik- sichern Diskrepanzen zum Text, der Abfall in J ar-
nummer, der << Ballade vom angenehmen Leben >>, gon - <<Ja, da muß man sich doch einfach hinlegen>>,
vermittelt der kurze Dialog zwischen Brown und gesungen in schönstem Belkanto!
Macheath im Gefängnis; als Vorbereitung des << Bar- Die originale hohe Lage und das << Moderato
bara-Songs>> dürfte ein Dialog zwischen Brown und assai >> sind zu beachten, die angezeigten Modifika-
J enny ( = Lotte Lenya) eingefügt worden sein. tionen des Tempos eher extrem auszuführen, damit
Durch die Umstellung konnte auch für den der not- überscharf die Romantik heraustritt und in Ironie
wendigen Straffung wegen geopferten << Salomon- umschlägt. Bei der Schallplatte von 1930 hält sich
Song >>, die einzige Solonummer der J enny, ent- Lotte Lenya (trotz Transposition um einen Ganzton)
schädigt werden. (Übrigens wurde, dem Orchester- daran; 16 das Grundtempo ist hier sogar der origina-
material nach, auch ein neues Arrangement geschrie- len Metronomangabe nach spürbar verlangsamt
ben, das von Anfang an das Ensemble disponiert (Halbe = 56). Eine andere Auffassung, nicht weni-
und sich nicht_: wie in der Partitur - bis zum dritten ger gültig, in Carola Nehers ebenfalls um diese Zeit
Refrain mit Klavier bescheidet.) Ein zweites Mal er- entstandener Aufnahme 17: In originaler hoher Lage
schien der <<Barbara-Song>> als instrumentaler Entre- schlägt sie zwar ein eher flottes Tempo an, balanciert
akt nach dem siebenten Bild, nun tatsächlich anstelle aber, teils melodiös sprechend, teils kantabel aus-
des << Salomon-Songs >> und in seiner Funktion als singend, so leichtfertig zwischen Unbekümmertheit
Überbrückung der Umbaupause, wie aus einem Ver- und Hingabe, daß die Lieblichkeit sozusagen über-
merk auf Orchesterstimmen im Archiv Theo Macke- dreht wird und die Romantik sich zersetzt.
ben hervorgeht; vorangesetzt war die<< Ballade vom
angenehmen Leben>> als Instrumentalnummer. Für
26
den geplanten << Dreigroschenfilm >> << Die Beule>> sieht
Brecht den <<Barbara-Song>> in der Hochzeitsszene, Die Ballade
anstelle der <<Seeräuber-J enny >>, vor (<< Die Figur der von der sexuellen Hörigkeit
Polly steht dabei isoliert und klein in dem riesigen
Raum>> 13). G. W. Pabsts Verfilmung beachtet die Ver- Aus: Kurt W eill: Die Dreigroschenoper. 1 Instru-
änderung - allerdings erst durch nachträglichen Ein- mentation: Altsaxophon ( auch Baritonsaxophon),
griff ins Drehbuch: Austausch mit der << Seeräuber- Tenorsaxophon (auch Baßklarinette), Fagott (ad
} enny >> 14 ; ursprünglich war das Lied nach der Aus- libitum), zwei Trompeten, Posaune, Bandoneum,
einandersetzung mit den Eltern als Szene in << Pollys Gitarre, Harmonium. Brechts Textfassung, mit über-
Zimmer>> plaziert - sie entkleidet sich vor dem Spie- zähligen Silben in verschiedenen Zeilen, wurde in
gel, legt sich im Unterkleid aufs Sofa, betrachtet der Partitur und im Klavierauszug (mit jeweils nur
Fotos, faßt endlich den Entschluß, die Eltern zu zwei Strophen) der Melodie angepaßt. Die Unter-
verlassen, und packt den Koffer. 15 legung der dritten Strophe erfolgte nach der (von
Brechts eigene Melodie, in den Strophen eher Lotte Lenya künstlerisch überwachten) Schallplatten-
deklamat~risch-berichtend, holt im Refrain mit gro- Gesamtaufnahme2. In der zweiten Strophe hieß es

388
Die Dreigroschenoper Lieder 26 · 27

ursprünglich << ein Mann - ein Christ, ein J ud - ein Edition in der Reihe der Einzelausgaben der popu-
Anarchist>>, so auch in der Partitur und im Klavier- lärsten Songs diesen als einzigen ohne Text, für Kla-
auszug. In einem Arbeitsexemplar der <<Versuche>> vier solo.3 Eine Bearbeitung für kleines Orchester
hat Brecht handschriftlich in die fortan gültige ( auch und für Jazzorchester von J erzy Fitelberg erschien
in unserer Ausgabe befolgte) Form geändert.3 Die 1929 in der Universal Edition.
Partitur vermerkt zur dritten, als gesonderte Musik- Brechts Modell ist << Die Ballade von Villon und
nummer abgespaltenen Strophe: << agitato >>. der dicken Margot>> von Frans:ois Villon; einige
Die Ballade wird von Frau Peachum gesungen, Wendungen zitiert er wörtlich aus der deutschen
die damit, des Macheath Verhaftung bei den Huren Übersetzung von K. L. Ammer. Im Regiebuch von
einfädelnd, auf seine verwundbarste Stelle zeigt. 1928 ist das Lied als << Die Bordell-Ballade von
Tatsächlich geht er zweimal seine~ Trieben nach und Frans:ois Villon>> angezeigt und der Text nachträg-
dabei in die Falle; die ersten beiden Strophen werden lich eingefügt. 4 Dem Textbuch der Universal Edition
vor seiner ersten Verhaftung, die letzte vor der zwei- 1928 nach sollte die Ballade, in instrumentaler Fas-
ten gesungen. sung, auch als Zwischenaktsmusik nach dem fünften
Im Regiebuch ist die << Ballade von der sexuellen Bild gespielt werden. Im Film << Die Dreigroschen-
Hörigkeit>>, gleich anderen Liedern, als ein Nachtrag aper >> von G. W. Pabst ist sie gestrichen und durch
eingeschoben, 4 wurde aber zwei Wochen vor der die<< Seeräuber-Jenny>> ersetzt. Daß Jenny hier nicht
Uraufführung gestrichen. Rosa Valetti, Darstellerin den Verrat vollzieht, macht das Lied - dessen Funk-
der Frau Peachum, soll sich geweigert haben, sie zu tion darin bestand, Macheath in die Arme der Polizei
singen, weil sie sie zu obszön fand. Sie fehlt auch im zu führen - überflüssig.
Klavierauszug und in dem von der Universal Edition Die dritte Strophe fiel wegen Anstößigkeit offen-
1928 herausgegebenen Textbuch. Doch war sie da- bar schon vor der Uraufführung der Kritik zum
damals bereits in Partitur gebracht; die Erstver- Opfer. 5 Sie ging auch nicht in das Textbuch der
öffentlichung erschien als Klavierfassung 1929 in Universal Edition und in die 1929 im Kiepenheuer
Kurt W eills << Song-Album >>.5 Verlag erschienene Sammlung der Songtexte ein. In
Die Musik zieht Witz aus dem Gegensatz zwi- den Songtexten ist vermerkt: << Die 3. Strophe be-
schen der vom Text beschriebenen erotischen Ver- handelt den heiklen Zustand in den das Paar durch
fallcnhcit und de_r Verklärung in sanftem Belkanto. die Schwangerschaft des Mädchens gerät. Sie soll
Der Gesang sollte sich Genuß nicht versagen: Er wegen ihrer Unfeinheit nicht gedruckt werden. >>6
trifft damit um so schärfer die Funktion von ent- Später hat Brecht auf ihre ideologische Funktion auf-
werteter Kunst (Kitsch) als Ideologie. merksam gemacht: << Die Darsteller des Macheath,
die in der Darstellung des Todeskampfes keinerlei
Hemmung zeigen, weigern sich hier gewöhnlich,
27 diese dritte Strophe zu singen: sie würden selbstver-
Die Zuhälterballade ständlich eine tragische Formulierung des Ge-
schlechtlichen nicht zurückweisen. Aber das Ge-
Aus: Kurt W eill: Die Dreigroschenoper. 1 Instru- schlechtliche in unserer Zeit gehört unzweifelhaft in
mentation: Altsaxophon ( auch Flöte und Klari- den Bezirk des Komischen, denn das Geschlechts-
nette), Tenorsaxophon (auch Sopransaxophon), leben steht in einem Widerspruch zu dem gesell-
Trompete, Posaune, Schlagzeug, Banjo (auch Gi- schaftlichen Leben, und dieser Widerspruch ist ko-
tarre und Hawaii-Gitarre oder Mandoline), Kontra- misch, weil er historisch, d. h. durch eine andere Ge-
baß, Klavier. Der Text folgt der Fassung des Kla- sellschaftsordnung lösbar ist. Der Schauspieler muß
vierauszugs und der Partitur mit den hier angezeig- also eine solche Ballade komisch bringen. Die Dar-
ten mildernden Retuschen; die dritte Strophe, die stellung des Geschlechtslebens auf der Bühne ist sehr
den schärfsten Anstoß erregte, ist in diesen Quellen wichtig, schon weil dabei immer ein primitiver
ohnehin ausgespart und für unsere Ausgabe nach Materialismus auftritt. Das Künstliche und Vergäng-
der von Lotte Lcnya künstlerisch betreuten Schall- liche aller gesellschaftlichen Überbauten wird sicht-
plattenaufnahme unterlegt. 2 Einige Details wurden bar. >> 7 An anderer Stelle bezeichnet Brecht die << Zu-
nach Brechts Textfassung abgeändert, wenn die Auf- hälterballade >> als das << zarteste und innigste Liebes-
nahmen mit Lotte Lenya diese Lesarten bekräftigten. lied des Stückes>> und hebt die Rolle der Musik bei
Bezeichnenderweise veröffentlichte die Universal der Ideologiekritik hervor: << Die Musik arbeitete so,

389
Die Dreigroschenoper Lieder 27 · 28

gerade indem sie sich rein gefühlsmäßig gebärdete Hut ab vor jedem, der das offen sagt.
und auf keinen der üblichen narkotischen Reize ver- Nur wer am meisten nimmt, gehört zur Creme.
zichtete, an der Enthüllung der bürgerlichen Ideolo- Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm!
gien mit. Sie wurde sozusagen zur Schmutzauf-
wirblerin, Provokatorinund Denunziantin. >> 8 Diese vierstrophige Fassung hielt Brecht fortan in
Mit der Wahl eines Tangos knüpft W eill an be- den Ausgaben seiner Gedichte für gültig. 3 Eine als
reits früher gezeigte Neigungen in seinem Ballett <<Neufassung>> der Ballade bezeichnete, auf 1948 da-
<< Royal Palace >> und dem Einakter<< Der Zar läßt sich tierte Version enthält nur wenige Änderungen ( und
photographieren>> an (der << Tango Angele>>, auch auf zwar tatsächlich aus den fünfziger Jahren!) und kann
Schallplatte erschienen, war sein erster großer Publi- nicht als selbständig gelten. 4
kumserfolg). Die << Z uhälterballade >> wird in der kon- Einen Seitenzweig in der Geschichte der Ballade
zertanten Fassung der << Dreigroschenoper >> durch bilden zwei Strophen, die im <<Dreigroschenroman>>
Macheath so angekündigt: << Im spanischen Stile eine zu Beginn des dritten Buches (<<Nur wer im Wohl-
Kleinigkeit. >> 9 Mit dem seinerzeit populären Mode- stand lebt, lebt angenehm>>) als Motto stehen - aber
tanz (dessen vorgeschriebenes langsames Tempo gut nicht auf die Liedfassung einwirkten.
ausgekostet werden sollte) trifft Weill, auf dialektische
Weise, die Situation: Die Musik gibt sich innig, wo Die Leute, die nur ihren Pflichten leben
sich Verrat vollzieht, und umschmeichelt, wo das Und ihren Sinn auf höh' re Ziele richten
Wort stachelt. Freilich liegt der Widerspruch, als - Gefühle, die man kennt aus den Gedichten -
Fingerzeig, schon in der Musik selbst: Ihre Formeln Die guten Leute treffen sehr daneben.
wirken lässig und abgenutzt, und selbst ein scheinbar Da brechen sie mit Stolz ihr trocknes Brot
nur spielerisches Ornament, wie die in der zweiten Ehrlich verdient: sie sind ganz schweiß bedeckt!
Strophe einsetzenden punktierten Passagen der ge- Ach, über ihrem siebenten Gebot
stopften Trompete, verfolgt dramaturgische Ab- Vergaßen sie, daß Fleisch viel besser schmeckt!
sicht, indem dadurch gegen einfühlsame Sentimen- Ein Sichbescheiden nützt zwar, aber wem?
talität angegangen Wird. 10 Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm!

Das ist gar nicht so schlecht: am Boden kleben


28 Und nur auf seinen niedern Vorteil schauen
Und dann ein frisches Bad und einen heben!
Die Ballade Und sich vor einem vollen Tisch aufbauen!
vom angenehmen Leben Ihr rümpft die Nase? Das sei kein Programm?
Euch ist der Mensch erst Mensch, wenn er sich
Aus: Kurt Weill: Die Dreigroschenoper. 1 Instru- Ich muß gestehn, daß mir das nicht behagt [plagt!
mentation: Altsaxophon, Tenorsaxophon, Trom- Ich bin gottlob nicht von so edlem Stamm.
pete, Posaune, Schlagzeug, Banjo, Klavier. Die kurze Mir löst sich ganz von selbst das Glücksproblem:
gereimte Vorrede des Macheath, auf die musikalische Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm 15
Einleitung zu sprechen, wurde gestrichen, da sie als
Verbindung zwischen der Handlungssituation - 1946 schrieb Brecht in den USA unter dem Eindruck
Macheath im Gefängnis - und der gesungenen der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse die << Bal-
Lebensmaxime nur aus dem Theaterstück verständ- lade vom angenehmen Leben der Hitlersatrapen >> und
lich ist. schickte sie - zusammen mit zwei weiteren aktuali-
In den vierziger Jahren fügte Brecht zwischen sierten << Dreigroschenopern-Songs - hektographiert
der ersten und zweiten Strophe eine neue ein 2 : nach Deutschland. In ihrer originalen Form hat die
Neufassung sechs Strophen.
Der Bischof von Saint Jahn liebt seinen Nächsten
Doch sagt er selbst, er liebt auch seine Weine.
Und die Marie kriegt er durch eine feine
Bußpredigt, ich hol die Marie mit Äxten.
Und jeder nimmt, was er zu nehmen wagt.
Macht er euch andres vor, ist's blauer Dunst.
Für nichts tut es ja nicht einmal die Kunst.

390
Die Dreigroschenoper Lied 28

Die Ballade vom angenehmen Leben 5


der Hitlersatrapen Und der La-Keitel, der Ukrainebrenner
Der dem Gefreiten wild die Stiefel leckte
I
Weil der den W ehrmachtshunger in ihm weckte -
Der süchtige Reichsmarschall, der Clown und
Wenn ihr den fragt, den Tank.:. und Kognakkenner
Erst saht ihr halb Europa ihn stibitzen. [Schlächter
Was ihn getrieben, sagt er euch: die Pflicht!
Dann saht ihr ihn in Nürnberg dafür schwitzen
Aus Pflichtgefühl vergoß er all das Blut
Noch immer fetter da als seine Wächter.
Beileibe nicht nur für ein Rittergut 1
Und auf die Frag, warum er es gemacht
Das nimmt man, aber davon spricht man nicht.
Sagt uns der Mann, er tat' s für Deutschlands Ehr
Das ist's: man nimmt es. Und wer fragt schon:
Als ob er davon fett geworden wär!
Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm. [wem?
Ich möchte da das Huhn sehn, das nicht lacht!
Warum der Nazi war, ist kein Problem: 6
Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm. Sie haben alle große Intentionen
Und sprechen nur von allerhöchster Warte
2
Und keiner je erwähnt die Speisekarte
Der Ribbentropf, ein Schieber nicht von Pappe
Doch jeder ringt allnächtlich mit Dämonen.
Zur Zeit, als er noch sich und Wein verkaufte
Denn jeder war im Grund ein Lohengrin
Bevor der Führer ihn zum Bismarck taufte - -
Und hatte einiges vom Parzifal:
Wenn ihr ihm zeigt Europas blutige Mappe
's ging nicht um Leningrad, 's ging um den Gral
Erzählt er euch, er war dem Führer treu
Und nur Walhall ging unter, nicht Berlin
Und steckt die blutigen Hände untern Steiß.
Gelöst für sie war das Privatproblem:
Doch fragtet ihr ein Pferd per.fiderweis':
Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm. 6
Warum so treu? es sagte: Nun, für Heu!
Warum der treu war, ist so kein Problem: Die << Ballade vom angenehmen Leben der Hitler-
Nur wer im _W ohlstand lebt, lebt angenehm. satrapen >> wurde erstmals publiziert in den im Ge-
brüder W eiss V erlag 1949 erschienenen << Songs aus
3 der Dreigroschenoper >>. Für spätere Fassungen wur-
Der lange Schacht, in dem eur Geld verschwunden
den die zweite und vierte Strophe ausgeschieden. 7
Mit dem selbst mir nicht lang genugen Kragen:
Für die Münchener Bühnenfassung 1948 8 kombi-
Hat dem Bankier man manchen Kranz gewunden
nierte Brecht Teile der alten mit der aktualisierten
Hängt man den Bankrotteur nicht an den Schragen.
Fassung und forderte<< anstatt der alten jetzt nur diese
Er weiß, sein Auge wird nicht ausgehackt
Ballade >> 9 • Nach den ersten beiden Strophen der
Doch fragt ihr heut den eingestürzten Schacht
<< Ballade vom angenehmen Leben>> unterbricht sich
Warum er beim Bescheißen mitgemacht
Macheath mit der Bemerkung: << Das ist es, warum
Sagt er, der Ehrgeiz habe ihn gepackt.
mich gewisse Größen aus jüngster Zeit jetzt so an-
Warum der mittat, ist doch kein Problem:
kotzen, die zwar in meiner Profession Ansehnliches
Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm.
geleistet haben, aber dann vor Gericht behaupten,
4 sie hätten es aus edlen Motiven getan. >> 10 Es folgen
Der Streicher, den die andern stark verachten die Strophen 1, 3 und 5 der << Ballade vom ange-
Als Peitschenschwinger und als Judenschinder nehmen Leben der Hitlersatrapen >>. W eill hatte Ein-
( Mit einer Schwäche, heißt' s, für arische Kinder) wendungen gegen die Monotonie der um zwei
Er predigte, was andre stets nur machten Strophen auf fünf erweiterten Ballade - Brecht ver-
Weil er der dümmste ist. Nun, gebet acht: sprach Revision. 11 Tatsächlich sind aber in der
Er ist kein Bankier, und er ist kein Graf Münchener Inszenierung am 27. April 1949 weder
Er tat es aus Gesinnung, schlicht und brav - - diese noch die anderen Neufassungen gesungen wor-
Sie hat ihn freilich nicht grad arm gemacht. den.12
Sein tiefer Glaube ist so kein Problem: Modell für die<< Ballade vom angenehmen Leben>>
Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm. in der << Dreigroschenoper >> ist das gleichnamige Ge-
dicht von Fran~ois Villon, übersetzt von K. L. Am-
mer. Brecht zitiert aus der Übersetzung wörtlich
einige Wendungen, ohne diese anzugeben; gegen den

391
Die Dreigroschenoper Lieder 28 · 29

Vorwurf des Plagiats 13 verteidigt er sich unter der Projektion): <<Peachums Song von der U nzu-
anderem 'damit, daß er in einer Anmerkung auf die länglichkeit menschlichen Planens>>, in den << Songs
<<Unterschiede zwischen einer Ballade zum Singen der Dreigroschenoper >> 5 : << Ballade von der U nzu-
und einer zum Lesen >> 14 hinweist. Wie viele andere länglichkeit menschlichen Planens>>. Eine Anmer~
Musiknummern, so gelangte auch diese erst in einer kung in den <<Gedichten >> verteidigt die Wendung
zweiten Arbeitsphase in die << Dreigroschenoper >>; in << hast du ihn auf den Kopf gebaut>> als von Brecht
Erich Engels Regiebuch 15 ist sie mit Bleistift am beabsichtigte süddeutsche Sprachform. 6 Gedanken
Rande angemerkt und in ein anderesExemplar 16 nach- aus der dritten Strophe enthält in gleicher Formulie-
träglich eingelegt. rung schon das um 1916 entstandene << Beschwerde-
Die Schlußzeile << Nur wer im Wohlstand lebt, lied>>: <<Alle rennen nach dem Glück:/ Das Glück
lebt angenehm!>>, zum Schlagwort avanciert, darf rennt hinterher. >>7
freilich nicht als allgemeine moralische Maxime (ge- Der Film << Die Dreigroschenoper >> von G. W.
schweige die Brechts !) aufgefaßt werden; wohl wird Pabst überträgt das Lied dem Moritatensänger. Die
damit gegen Askese polemisiert, vor allem aber der Möglichkeit der Umstellung, auch bei anderen Songs
Ausverkauf der Moral getroffen. (Die << Ballade vom genutzt, erklärt sich aus der dramaturgischen Mon-
angenehmen Leben der Hitlersatrapen >> zeigt den tagetechnik; darüber hinaus ist dieser Song <<ein
Abfall ins Verbrechen.) Die Satire richtet sich gegen argumentierender Kommentar zum Thema des
die Verbrämung des Besitzdenkens durch Ideologie: Stücks >> 8. überdies empfahl sich sein musikalischer
Was gemeinhin ummäntelt wird, sprechen die Charakter als Moritat für den Straßensänger; in der
Schlußzeilen provokant aus. << Kleinen Dreigroschenmusik >> ist das << Lied von der
Die Musik serviert die fragwürdige Philosophie Unzulänglichkeit menschlichen Strebens>> mit der
mit Schmiß und Pfiff. W eill zitiert einen Modetanz << Moritat vom Mackie Messer>> kombiniert!
der zwanziger Jahre, den Shimmy ( das ursprünglich Was als Warnung angeführt wird, in Pessimismus
angezeigte Foxtrott-Tempo ist im Autograph ent- verpackt, wird von Peachum, der ja unvermindert
sprechend korrigiert). Seine Metronomangabe Vier- aktiv ist, keineswegs befolgt; die schnoddrige Musik
tel = 96 führt allerdings in die Irre; die von ihm scheint zu sagen, daß sich mit dieser Philosophie -
überwachte Schallplattenaufnahme 17 schlägt als << ist das nötige Geld vorhanden>> - ganz gut leben
Tempo Viertel = 13 2 an 18 - der originale Shimmy läßt.
war noch schneller! Das Brecht-Archiv verwahrt eine Brechts Interpretation 9 , in von der Partitur ab-
Tonbandaufnahme mit Brechts Vortrag. 19 weichender instrumentaler Fassung, nimmt auch
langsameres Tempo (Viertel = 69) als dort, wodurch
jedes Wort gut ausgestellt werden kann; die vierte
29 Strophe zieht im Tempo an, und der orchestrale
Das Lied Schluß, noch schneller, gibt sich als ein frecher Jazz.
Erich Ponto, der Peachum der Uraufführung, singt
von der Unzulänglichkeit (im gleichen langsamen Tempo wie Brecht) mit
menschlichen Strebens spürbarem Frohlocken, jedenfalls unbeeindruckt von
Pessimismus, ihn als einen Fakt akzeptierend, der
Aus: Kurt Weill: Die Dreigroschenoper. 1 Instru- nur geschickt genutzt werden muß. 10 Die gleiche
mentation: Altsaxophon, Tenorsaxophon, zwei Auffassung vertritt Carola N eher (sie!) in einem um
Trompeten, Posaune, Schlagzeug, Bandoneum, 1930 aufgenommenen <<Dreigroschenoper»-Pot-
Klavier. Die vierte Strophe ist in der<< Dreigroschen- pourri.11
oper >> durch einen zwischengeschalteten Dialog für
sich gestellt. Partitur und Klavierauszug führen nur
drei Strophen an; der Herausgeber der Partitur emp-
fiehlt, für die vierte Strophe den instrumentalen Satz
der ersten zu verwenden. 2 ImAutograph _der Partitur
lautet der Titel<< Bettlermarsch>>, als Tempo ist <<Alle-
gro non troppo >> ( ohne Metronomzahl) vorgeschrie-
ben. 3 Das Lied wurde nachträglich in das Regiebuch
von 1928 eingefügt; 4 der Titel heißt dort (auch bei

392
Happy End

Gewiß wurde die Komödie<< Happy End>> durch den gische Thematik auf Brechts Lektüre, namentlich auf
Erfolg der << Dreigroschenoper >> herausgefordert, als Paul Wieglers Bericht über William Booth und die
ein V ersuch seiner Erneuerung am gleichen Ort, Heilsarmee und die << Geschichte der großen ameri-
dem Berliner << Theater am Schiffbauerdamm >>. W ei- kanischen Vermögen>> von Gustavus Myers. 5
tere Motive traten hinzu. Elisabeth Hauptmann er- Nach der Berliner Uraufführung schrieb Brecht
innert sich: << ... alle zusammen hatten wir Lust, die mit Elisabeth Hauptmann das Expose für ein Dreh-
Serie der überdimensionalen Hollywood-Happy- buch.6 Ende der dreißiger Jahre verkaufte er den
Ends durch ein eigenes Supergigant-Happy-End zu Stoff in Paris an eine Filmfirma;7 es blieb bei diesen
mißkreditieren, und obendrein wollten wir alle und Plänen, die gleichwohl sein fortdauerndes Interesse
auch einige Schauspieler, mit denen Brecht früher zeigen.
zusammengearbeitet hatte, daß ein Teil des <Drei- Wie Brecht, so befaßte sich Elisabeth Hauptmann
groschenoper >-Ensembles zusammenbliebe. <Happy Ende der zwanziger Jahre mit der gesellschaftlichen
End> bot einigen vorzüglichen Schauspielern Rollen, Funktion der Kirche, insbesondere der Heilsarmee,
die ihnen Vergnügen machten.>> 1 Nach einer anderen und besuchte - auch zusammen mit Brecht - deren
Lesart war das << Massarygeschäft>> (gemeint ist ein Veranstaltungen. 1928 schrieb sie<< Bessie Soundso >>,
Auftrag der Operettensängerin Fritzi Massary) der << eine Geschichte von der Heilsarmee>>, 8 die im Ma-
Anlaß: <<etwa 10000 Mark! >>2. Nicht zuletzt aber be- trosenviertel von San Francisco spielt. Für ein Foto
absichtigte Brecht - entgegen der dem Stück von stieg sie in ein Heilsarmee-Kostüm, das die Schau-
manchen Kritikern unterschobenen Motivierung als spielerin Lucie Mannheim in Georg Kaisers Stück
Kompromiß - die politische Tendenz der << Drei- << Von morgens bis mitternachts>> (gewiß auch eine
groschenoper >> zuzuspitzen. Anregung zu << Happy End>>) trug. 9 Brecht war seit
Bei der Uraufführung am 2. September 1929 (ur- 1926 - inmitten der Arbeit an dem Stück <<Joe
sprünglich auf den 3 I. August festgelegt, den Pre- Fleischhacker in Chicago>> - mit ökonomischen Stu-
mierentag der << Dreigroschenoper >> ein Jahr zuvor, dien beschäftigt und eignete sich den Marxismus
mußte sie um einige Tage verschoben werden) an. 10 Die beiden Themen standen in Verbindung:
zeichnete Brecht nur für die Songs, und auch dies Die Heilsarmee wurde als Prototyp einer ideologi-
offenbar erst nach Intervention von Kurt W eill. Als schen Institution erkannt, die die kapitalistischen
Quelle ist eine << Magazingeschichte>> genannt (an ökonomischen Verhältnisse, deren Auswüchse sie
anderer Stelle mit Titel und Nachweis: << Under the mildern möchte, stabilisiert. Mit der Güte ernst
Mistletoe>> aus J.L.'s Weekly/St.Louis), die Elisa- machen müßte heißen, das System in Frage zu stellen.
beth Hauptmann deutsch bearbeitet habe. Das Zitat Brecht hat die Thematik Ende der zwanziger Jahre
erwies sich als Fiktion; dies legt die Vermutung nahe, in dreifacher Form behandelt: als Komödie (<< Happy
daß die Anführung einer Vorlage ohnehin fiktiv ist, End>>), im Stil der Lehrstücke (<< Brotladen >>-Frag-
mitgeteilt, um mit vorgespielter Authentizität Re- ment) und als (persiflierte) klassische Tragödie(<< Die
klame zu machen. Indes bezeugt Elisabeth Haupt- heilige Johanna der Schlachthöfe>>).
mann selbst eine kleine Geschichte, die sie in einem Es wurde vermutet, Brecht habe als Verfasser
alten amerikanischen Magazin gelesen und zu deren ungenannt bleiben wollen, um seinen Abstieg in die
Bearbeitung ihr Brecht geraten habe, << da sie so ziem- Unterhaltungsbranche zu verdecken; tatsächlich
liche alle Elemente einer gewissen volkstümlichen machte er dem Theater gerade durch verschärfte Ge-
Literatur enthielt, von der Film und Magazine sellschaftskritik - die er, nach Überwerfung mit
leben>>; Brecht habe ihr auch versprochen, <<<einige Erich Engel selbst die Regie übernehmend, bis in die
Songs> beizusteuern >>. 3 Brechts Anteil ging darüber Schlußproben hinein betrieb - Schwierigkeiten. Die
freilich hinaus; er skizzierte der Hauptmann in offenbar Anfang 1929 begonnenen Arbeiten setzen
einem (fragmentarisch überlieferten) Brief nicht nur an einem <<Heilsarmee-Stück>>, auch mit dem Titel
die Fabel, sondern gibt sich auch in Dramaturgie <<Nichtgut oder böse, sondern gut und böse>>(<< Marie
und Sprache zu erkennen und setzte die sich - ähn- Andersen >>), an; der Schauplatz war Deutschland
lich wie bei der <<Dreigroschenoper >> - bis in die (Cafe eines Herrn Miericke). Die Transponierung
Schlußphase erstreckenden Änderungen durch. Auf- nach Chicago (<< Bills Ballhaus>>) erwies sich als
riebt, der Theaterdirektor, hielt sich bei seinen Mah- attraktiv, weil nunmehr sowohl die sagenumwobene
nungen zur Ablieferung des lange ausstehenden drit- amerikanische Gangsterwelt auf die Bühne gestellt
ten Aktes nur an Brecht. 4 Auch verweist die soziolo- als auch die Inkarnation des Kapitalismus getroffen

393
Happy End

werden konnte. Über den Verlauf des Finales - auf Grund an: << Es war teilweise auch zu scharf schon.
Anregung von Erich Engel hin entstanden 11 - <Happy End> war ja wirklich viel fortschrittlicher
schreibt Elisabeth Hauptmann: <<Während die Gang- und präziser. >> 1 9 Jan Knopf schreibt über das Ver-
ster in die Heilsarmee eintreten, erschienen hinter hältnis zur << Dreigroschenoper >>: << In ihr ging es
den rosa erleuchteten Fenstern drei Heiligenscheine darum, die Bürger in ihrem Verhalten als Gangster
mit der Inschrift: Sankt Morgan - Sankt Henry zu entlarven und umgekehrt die Gangster als Bür-
Ford - Sankt Rockefeller. Es ging ein riesiger Tu- ger zu zeigen; <Happy End> dagegen zieht aus dieser
mult los. Aber es war eine herrliche Aufführung. >>u Entlarvung die Konsequenz und wendet sie politisch
Caspar N eher als Bühnenbildner hatte sich die Chor- um: die Gangster verhalten sich nicht nur wie die
fenster des Augsburger Doms als Vorbild genom- Bürger, sie werden selbst Bürger, indem sie die Prinzi-
men, Kurt Weill eine Choral-Parodie komponiert pien des Bürgertums übernehmen und sich in es
und mit einem Foxtrott (der Melodie seines Songs integrieren. >> 20
<< Berlin im Licht>>) verbunden. 13 Vor dieser Szene Der Prolog bezeichnet das hier geschilderte Welt-
hatte Helene W eigel jenen berühmten, von Brecht bild als << hollywoodlich >>. (Seine Vertonung ist seit
offenbar heimlich mit ihr abgesprochenen Auftritt, der Uraufführung verlorengegangen. 21 ) Tatsächlich
bei dem sie vor den Vorhang trat und aus einem standen die Spezies der Gangsterfilme und Melo-
<< kommunistischen Pamphlet>> vorgelesen und damit dramen der amerikanischen Traumfabrik Modell
den Skandal ausgelöst haben soll. 14 Nach Ernst Josef und werden - schon der Titel s~tzt das Zeichen! -
Aufrichts Erinnerung habe sie << mit gellender parodiert. Wichtigen Anteil daran haben W eills Lie-
Stimme>> gerufen: <<Was ist ein Dietrich gegen eine der, die, wie in der << Dreigroschenoper >>, auf Ideolo-
Aktie! Was ist ein Bankeinbruch gegen eine Bank- gieentlarvung abzielen und hier insbesondere die
gründung>> - und << andere vulgärmarxistische Pro- Religion und Romantik aufs Korn nehmen. Die Lie-
vokationen>>. 15 Die zitierten Sentenzen wurden als der der Heilsarmee (lnspirationsquell schon für
ein <<Credo>> des Macheath (vor der << Ballade, in der Frank W edekind !) posieren mit so aufdringlicher
Macheath jedermann Abbitte leistet>>) in die << Drei- (kunstvoll kalkulierter) Einfalt, daß sie sich selbst
groschenoper >> übernommen - Brecht fügte sie dem fragwürdig machen. In den drei großen Balladen
1931 in den <<Versuchen>> veröffentlichten Text ein. fällt W eill nicht, wie ihm unterstellt wurde, in senti-
(In der Druckfassung von << Happy End>> wird das mentalen Schlagerstil ab; bei Beachtung der Partitur
Lied << Der kleine Leutnant des lieben Gottes>> als und der gemäßen Vortragsweise tritt der doppelte
Finale wiederholt. 16) Daß <<Happy End>> damals Boden hervor, das dick aufgetragene Gefühl er-
nicht zum Zuge kam - Brecht selber schrieb von scheint verdächtig, dem Kitsch ist - wiederum
einer << Niederlage plus erfolgender Um- und Ein- kunstvoll gezielt - Kritik eingeschrieben.
stellung der ferner oder näher Beteiligten >> 17 -, dürfte ·wie in der << Dreigroschenoper >>, sollen die Songs
nicht nur der handwerklichen Seite des Stücks, die als <<Einlagen>> erscheinen, daher ist meist ein speziel-
gewiß ihre Schwächen hat, anzulasten sein. Bernhard les << Songlicht>> angezeigt. Jegliche Illusion ist zu
Reich, den Brecht in der Endphase der Regie - die vermeiden: Zur Uraufführung war die kleine Kapelle
eine << heikle Arbeit>> sei und << politisches und philo- sichtbar im Hintergrund im oberen Teil der Bühne
sophisches Wissen>> verlange! - zu Rate zog, be- plaziert: acht Musiker wie in der << Dreigroschen-
gründet es mit dem Wandel der Zeitverhältnisse: oper >>, davon mehrere mit alternierenden Instrumen-
<< Der Bourgeois, der sich die groben Wahrheiten ten; wie dort, waren zur Premiere Theo Mackeben
der <Dreigroschenoper >lächelnd anhörte, hatte gute mit der >> Lewis Ruth Band<< verpflichtet.
Nerven; seither waren am Horizont die Wolken der Zusammen mit Brecht soll W eill eine Fassung
Krise aufgetaucht, und auch die innere Reaktion als Songspiel geplant haben; andere Vorhaben traten
verdoppelte ihre ideologischen Anstrengungen und dazwischen, schließlich die Emigration. 22 Die von
alarmierte die Mittelklasse gegen die <bolsche- David Drew zusammengestellte Suite, die die Lieder
wistische Gefahr>. . . Die Mittelklasse lachte nicht nach Themenkomplexen ordnet, geht in ihrer An-
über die witzigen Ausfälle gegen die Regeln ihres lage nicht auf W eill zurück.
Lebens.>> 18 Auch ein so kritischer Beobachter wie
Hanns Eisler findet zwar die Mittel<< nicht genügend>>,
als daß der Erfolg der << Dreigroschenoper >> hätte
wiederholt werden können, gibt aber als weiteren

394
Happy End Lieder 30 · 31

30 ten) Appetit auf Belkanto. Die Verträglichkeit wird


Der Bilbao-Song durch die Musik selbst in Frage gestellt: Sie steigert
die Trivialität ins Übergroße und reißt Brüche auf.
Kurt W eill: Bilbao-Song. 1 Instrumentation: Alt- Der Gesang liegt richtig, wenn er den Kitsch ernst
saxophon, Tenorsaxophon, Trompete, Posaune, nimmt; die Entlarvung rechnet sogar damit, denn
Banjo, Schlagzeug, Klavier. Nach einem Vergleich sie braucht vorerst den schönen Schein, um ihn zu
mit der Partitur und der Klavier-Direktionsstimme zerstören.
wurden mehrere Korrekturen vorgenommen sowie
die Vorspielakte und Strophenkadenzen ergänzt. (In
der Ausgabe für Gesang und Klavier ist nur eine - 31
die erste - Strophe angegeben.) Die Textunter- Der Matrosen-Song
legung erfolgte nach einem Vergleich mit den Schall-
plattenaufnahmen von Lotte Lenya. 2 In der dritten Kurt W eill: Was die Herren Matrosen sagen. 1 In-
Strophe ergänzt Lotte Lenya 3 den Ausruf <<Spaß!>> strumentation: Altsaxophon, Tenorsaxophon, Trom-
zu der Zeile<< nur mir persönlich macht sowas keinen pete, Posaune, Bandoneum, Schlagzeug, Klavier.
Spaß>>, wodurch die Zeile << und der Brandy ist auch Verbesserungen wurden nach einem Vergleich mit
nicht mehr das>> als überflüssig entfällt. In Lotte der Partitur und der Klavier-Direktionsstimme vor-
Lenyas Fassung ist der Mond, der besungen wird, genommen. In der Ausgabe für Gesang und Klavier
<<grün>> - eine Brecht geläufige Farb-Metapher-; wir ist nur eine - die erste - Strophe enthalten; die zweite
folgen dem in den Textfassungen gewählten Bild und dritte wurden von uns (zum beibehaltenen
vom <<roten>> Mond. Bearbeitungen für kleines Klaviersatz) angefügt, unter Einschub des originalen
Orchester und für Salonorchester mit Jazz-Stimmen Melodrams vor der dritten. Der ursprüngliche Titel
erschienen um 19 3o in der Universal Edition. Um lautete: <<<Das Meer ist blau >-Song >> 2 • Bearbeitungen
1930 entstand eine Schallplattenaufnahme mit der für kleines Orchester und für Salonorchester mit
<< Lewis Ruth Band >>. 4 Jazz-Stimmen erschienen um 1930 in der Universal
In<< Happy End>> wird der<< Bilbao-Song >> von dem Edition.
Gangsterboß Bill Cracker, << nach dem <Bills Ball- In einigen Notenausgaben hat der Song den
haus> benannt war>>, gesungen. Seine Kumpane er- Titel << Was die Herren Matrosen sagen>> - womit
muntern ihn dazu, aber er lehnt ab, weil er den Text auf die für das Verständnis entscheidende indirekte
vergessen habe; schließlich wi~ft einer ein Geldstück Form der Mitteilung hingewiesen ist. Halleluja-
ins elektrische Klavier, und er versucht es doch. 5 In Lilian, Leutnant der Heilsarmee, sucht mit dem Lied
den Refrains verläßt ihn tatsächlich der Text, er die Gang zu bekehren; aus taktischen Günden wählt
fischt nach Bruchstücken, entschuldigt sich. Die sie deren Jargon und macht eine Clique von Matro-
<< angestrengte Gedächtnisübung >>6 bezeichnet von sen nach. Dabei fällt sie laufend aus ihrer Rolle: Sie
sich aus das, wovon verklärt berichtet wird, nämlich übernimmt sowohl die Rolle der Matrosen als auch,
die Kneipe als Refugium der Natur mit den guten unmittelpar anschließend, die von jemandem, der
alten Formen des Faustrechts, im Zeichen der Durch- von Matrosen erzählt. (In einer Fassung läßt sie
kapitalisierung von Vergnügen und Verbrechen als Brecht nach dem zweiten Refrain ausdrücklich fest-
anachronistisch. Aus dem Zusammenhang genom- stellen: << Da kehren wir jetzt zu unseren Matrosen
men, braucht das Lied einen kompletten Refrain; wir zurück. >> 3) So erklären sich die manchmal als verquer
folgen den Aufnahmen von Lotte Lenya, die ihn aus empfundenen und also vereinheitlichten Wechsel
fetzenhaften Erinnerungen an eine Liebe - nun be- von der ersten Person in die dritte, und zwar sogar
zogen auf einen Mann - vervollständigt. bei der Wiederholung von Verszeilen, zu denselben
Der Gangster, der einer Idylle nachtrauert: Das Worten, nur eben mit dem vertauschten Pronomen.
wirkt von sich aus komisch. Die Musik zitiert die Auch die Kraftausdrücke, die Brecht an den Schluß
<< gute alte Zeit>>, und zwar mit allem Genuß. Dies jeder Strophe setzt, sind aus der Situation heraus,
sollte der Gesang beachten. Der Refrain - die<< Musik als sprachliche Anbiederung, zu verstehen. (W eill
von damals >> 7 - verträgt bedachteres Tempo, damit mildert hier freilich ab und zwingt für die ersten bei-
die weichen melodischen Gesten gut herauskommen, den Strophen ein anderes Wort in den Reim, und
und die entscheidenden Auftakte wecken durch Ver- Lotte Lenya hält in ihren Aufnahmen wie erschrok-
langsamung (die Lenya setzt oft regelrechte Ferma- ken mitten im Wort inne; zur Uraufführung - der

395
Happy End Lieder 31 · 32 · 33

Kritiker Alfred Kerr mokierte sich darüber! - wurde 32


indes Brechts Version gefolgt.) Der Song von Mandelay
Halleluja-Lilian sieht in dem Lied - wie es auf
einer Projektion heißt - << ein gefährliches Experi- Aus: Kurt .W eill: Happy End. 1 Instrumentation:
ment>>, und sie muß sich dazu erst mit ein paar Altsaxophon, Terrorsaxophon, Trompete, Posaune,
Whiskys Mut antrinken. Sie hat mit ihrer neuen Banjo, Schlagzeug, Klavier. Der Klaviersatz der
Strategie keinen Erfolg; der Gangsterboß verbittet Klavier-Direktion wurde unter Einarbeitung obliga-
sich << solche Schmachtfetzen>>, und die Heilsarmee ter Instrumentalstimmen übernommen. Die Korrek-
verurteilt den Abstieg in die Gosse. In der nächsten tur textlicher Verstümmelungen erfolgte nach
Szene hat sich Lilian für das Lied zu verantworten, Brechts Vorlagen: statt<< Menschen sind das schönste
und sie zitiert es, dabei über die Lästerungen stol- auf der Welt>> - << Menscher >> (Jargon), statt << ein Puff
pernd, die den Matrosen in den Mund gelegt sind - wie dieses>> ( = Würfelspiel!) - << ein' Puff wie die-
Lästerungen, die sie doch nicht teilt, sondern an- sen>>.
prangert! Die dialektische Art der Belehrung und Der << Song von Mandelay >> parodiert Rudyard
der potenzierte Vorgang des Zeigens schufen eine Kiplings gleichnamiges Liebesgedicht aus den << Bar-
Musterszene des epischen Theaters. Brecht erwog, rack-Room Ballads >> und zieht es in die Bordellsphäre
das Lied auch in << Die heilige J ohanna der Schlacht- herab. 2 Erste Entwürfe entstanden vermutlich schon
höfe>> aufzunehmen. 4 1924. Offenbar reizte von Anfang an die Singbarkeit;
Auch die Vortragsweise des <<Matrosen-Songs>> zu mehreren Skizzen (darunter mit der Eingangs-
muß aus der Situation begriffen werden. Halleluja- zeile<< Mutter Julis Buff ... >>) gibt es Bruchstücke von
Lilian spielt einen Matrosen und kommentiert ihn Melodien, auch in Elisabeth Hauptmanns Hand-
zugleich; der Rollentausch, mehrfach vollzogen, schrift.3 Seinem << Kurzen Bericht über 400 (vier-
sollte sich auch stimmlich ausdrücken. Die Musik hundert) junge Lyriker>>, erschienen am 4. Februar
schlägt Tango-Rhythmus an: Die Lektion will unter- 1927 in der Zeitschrift <<Die Literarische Welt>>,
halten. Mitkomponiert ist die Verunsicherung: setzte Brecht die erste Strophe als Motto voran - als
durch Überzeichnung, Ausstellen des Klischees, provokanten Ausdruck seiner Ansichten über Lyrik.
Brüche. Beim Vortrag als aus der Handlung gelöstes Der Schlußteil des Refrains steht auch in der Szene
Lied wäre als Kommentar eine Kombination einiger << Lieben>> der Oper <<Aufstieg und Fall der Stadt Ma-
vorausgehender Szenentitel nützlich ( die bei Auf- hagonny >>; Kurt W eills Musik ist mit der << Happy
führungen projiziert werden sollten): << In ihrem un- End >>-:Fassung nicht identisch.
ablässigen Kampf mit der Sünde dringt die Heils- Gottfried Wagner sieht in dem << Song von Man-
armee in die dunkelsten Schlupfwinkel der Riesen- delay >> einen <<Grundtyp>> des W eillschen Songs und
stadt ... Allein und auf sich gestellt stand Halleluja- widmet ihm eine ausführliche Analyse. 4 Um 1930
Lilian in der Höhle des Tigers ... Nach einer halben entstand eine Aufnahme mit der << Lewis Ruth
Stunde Gespräch war die religiöse Frage noch nicht Band>>. 5
gelöst, aber Lilian hatte drei weitere Whiskys getrun-
ken und wagte nun, um die granitnen Herzen zu be-
33
zwingen, ein gefährliches Experiment. >> 5 Die Ver-
stellung muß herauskommen, das Gespielte des J ar- Das Lied vom
gons, und das bedeutet, daß auch das Mädchenhafte Surabaya-J ohnny
und die Naivität durchscheinen müssen. In Lotte
Lenyas späten Aufnahmen, die oft als Modell ge- Kurt Weill: Surabaya-Johnny. 1 Instrumentation:
nommen werden, geht diese Dialektik leider - nicht Altsaxophon (auch Flöte), Tenorsaxophon, Trom-
zuletzt infolge der beträchtlichen Transpositionen - pete, Posaune, Baß-Gitarre (auch Hawaii-Gitarre),
verloren. Um 1930 entstand eine Aufnahme mit der Schlagzeug, Klavier. Die Ausgabe für Gesang und
<< Lewis Ruth Band ,>. 6 Klavier enthält nur die erste Textstrophe; die beiden
weiteren Strophen wurden nach der Partitur und
der Klavier-Direktion ergänzt, unter Beachtung der
metrischen Variante am Schluß (durchgängig Vier-
vierteltakt). (In der Orchesterfassung ist jeder
Strophendurchlauf instrumentatorisch variiert.) Die

396
Happy End Lied 33

am Schluß der Refrains ad libitum angezeigte Fer- Ich war jung, Gott, erst sechzehn Jahre
mate ist nach den Schallplattenaufnahmen von Lotte Du kamest von Utrecht herauf
Lenya transkribiert worden. 2 Die Texte und ihre Du sagtest, ich solle mit dir gehn
melodische Zuordnung wurden mit Lotte Lenyas Du kämest für alles auf.
Fassungen verglichen; wo ungeschickte Deklama- Ich fragte nach deiner Stellung
tion verbessert werden konnte, wurde für Lotte Du sagtest, so wahr ich hier steh
Lenyas Fassung entschieden. Statt << Birma>> 3 wurde Du hättest zu tun mit dem Tulpenmarkt
wegen besserer Vokalisation das ebenso mögliche Und nichts zu tun mit der Armee.
<< Burma >> 4 gewählt. Ein Klavierarrangement des Lie- Du sagtest viel, Henny
des stammt - der einen autograph veröff~ntlichten Kein Wort war wahr, Henny
Seite mit ihrer satten Harmonik nach - offenbar aus Du hast mich betrogen, Henny, vor der ersten
W eills amerikanischer Zeit. 5 Es gibt eine Schallplatte Ich hasse dich so, Henny [Stund
mit Lotte Lenya und Klavierbegleitung. 6 Um 1930 Wie dl! stehst und grinst, Henny
entstand eine Aufnahme mit der<< Lewis Ruth Band>>. 7 Nimm den Stummel aus dem Maul, du Hund
Brechts Vorlage war die Übersetzung eines Ge- Pfeif- und Trommelhenny, warum bist du
dichts von Rudyard Kipling << Mary, Pity W amen>>. 8 [so roh?
Kipling will die Ballade von<< einer älteren, aber recht- Pfeif- und Trommelhenny, mein Gott, ich
schaffenen Kellnerin>> gehört haben, << in einer von [liebe dich so.
ihm häufig besuchten Kneipe >>. 9 Die von Brecht be- Pfeif- und Trommelhenny, warum bin ich
arbeitete Fassung mit dem Titel << Maria, Für- [ nicht froh?
sprecherin der Frauen >> 10 war für die << Dreigroschen- Du hast kein Herz, Henny, und ich liebe
aper >> vorgesehen, wurde aber ausgeschieden und [dich so. 13
blieb nur mit dem ersten Refrain in << Pollys Lied>>
erhalten. Wie viele Lieder der << Dreigroschenoper >>, Der ersten folgen zwei weitere Strophen. Eine
so lag auch dieses schon lange vor; denn Brecht hatte variante Fassung führt diesen Refrain an: 14
den Song vom << Surabaya-J ohnny >> - der << Maria,
Fürsprecherin der Frauen>> voraussetzt - bereits im Pfeif- und Trommelhenny, warum bist du
Winter 1925/26 in die von ihm angeregte und mit- [so roh?
verantwortete Umarbeitung von Lion Feuchtwan- Du hast kein Herz, für dich ist es Scherz
gers Stück <<W arren Hasting, Gouverneur von In- Und, Maria, ich liebe dich so.
dien>> zu << Kalkutta, 4. Mai>> eingefügt. In einer
Szene, die ohnehin ganz seine Handschrift zeigt, 11 Bei der Uraufführung von << Mutter Courage und
läßt er Lady Marjorie, die Gattin des Gouverneurs, ihre Kinder>> 1941 am Zürcher Schauspielhaus wurde
<< mit großer Sorgfalt zu einer Art Banjo>> einen Song das << Lied vom Pfeif- und Trommelhenny>> durch
einüben: << Der <Surabay-J ohnny> ist verdammt Leopold Lindtberg, den Regisseur, gestrichen - was
schwer. Ich habe ihn auf Ceylon gehört in den Kaffee- Brecht nachträglich gutgeheißen haben soll. 15 Er
Plantagen. >> war jedenfalls selber damit unzufrieden, nahm einen
Nach dem Einbau 1929 in << Happy End>> führt Austausch vor und gab Paul Dessau, der 1946 seine
die Geschichte des Songs weiter zu<< Mutter Courage Musik zu<< Mutter Courage>> schrieb, das neue <<Lied
und ihre Kinder». Ursprünglich war vorgesehen, vom Fraternisieren>> ( erster Titel: << Lied der Sol-
ihn - offenbar unverändert - der Lagerhure J essie datenhure>>).
Potter, die aus Batavia stammt, zu übertragen. 12 In Wie rasch das << Lied vom Surabaya- Johnny >> po-
einer ersten Schicht der Bearbeitung werden einige pulär wurde, zeigt eine um 19 30 entstandene Parodie
im Lied erzählte Geschehnisse dem neuen Milieu an- von Erich Kästner, die - auch mit Anspielungen auf
geglichen und der Name des Angerufenen in << Hen- das englische Vorbild - die Exotik als eingeschmug-
ny >> verändert; der neue Titel ist << Das Lied vom gelte Romantik aufs Korn nimmt und Brechts
Pfeif- und Trommelhennp. Die nächste Schicht ver- Arbeitsweise des <<Beleihens>> attackiert.
legt den Schauplatz nach Holland/ Flandern; hier
tritt eine Jeannette (später: Yvette) Pottier auf. Ihrer
Form nach ist die Bearbeitung eine Kontrafaktur des
<< Surabaya-J ohnny >>:

397
Happy End Lied 33

Surabaya-Johnny II. Nur mit dem Maul, Johnny, da warst du


frei nach Kipling und Brecht Du warst nicht englisch, Johnny. [schlecht.
Du warst nicht indisch, Johnny.
Du kamst aus den Wäldern bei Pirna. Kauft Kolonial waren bei Bertolt Brecht!
Du sagtest nicht Frau, sondern Weib. Surabaya-J ohnny !
Du warst tätowiert wie ein Seemann. Villon, Kipling, Rimbaud,
Du hattest nichts W armes im Leib. fourniert auf Mahagonny -
Du sagtest, du wärst viel auf Reisen. du bist der geborene <<& Co>>! 16
Und du führest zu Schiff über Land.
Und du hättest Muskeln aus Eisen, Bei der Arbeit an Lion Feuchtwangers Stück << Kal-
Und auch sonst hättst du allerhand. kutta, 4. Mai>> im Winter 1925/26 hatte Brecht, den
Das war gemein, Johnny. Dialogen und Regieanweisungen nach, schon genaue
Ich fiel drauf rein, Johnny. musikalische Vorstellungen über den >> Surabaya-
Du hast gelogen, Johnny, du bist nicht echt. Johnny >>. Nach Marta Feuchtwangers Erinnerung
Du bist nicht gereist, Johnny. wurde das Lied << als Sprechgesang vorgetragen>>. 17
Du bist nicht von Kipling, Johnny. 192 7 legte Brechts erster musikalischer Mitarbeiter
Nimm die Pfeife raus. Du bist von Brecht. Franz S. Bruinier, mit dem sich, nach sporadischem
Surabaya-J ohnny ! Kontakt 192 5, seit Beginn des Jahres engere Be-
Kalkutta, Schanghai, Montreux ! ziehungen ergeben hatten, 18 eine Vertonung vor;
Johnny, sunny Johnny, der ( allerdings für Aufführungen offensichtlich nicht
mein Gott, my God, man Dieu ! benutzte, da manchmal fehlerhaft kopierte) Stimmen-
satz eines Arrangements (Altsaxophon, Trompete,
Du konntest vor Kraft nicht laufen.
Violine, Banjo) ist vom 2. Mai datiert. 19 Die Berliner
Du hattest den größten Mund.
Kabarettistin Lore Braun, mit Bruinier durch die
Du wolltest mich preiswert verkaufen,
<< MA>>-Abende verbunden, 20 will den Song kreiert
in Dollars und nach Pfund.
haben. Er war aber auch im Repertoire von Kate
Du schwärmtest von fernen Bordellen
Kühl, was nicht nur durch den Stimmensatz (und
mit Huren und Kunden und Gin.
ein im Nachlaß verwahrtes zweites, späteres Arrange-
Dort gäbe es offene Stellen.
ment von Günter Schwerkolt) bestätigt ist, sondern
Und da gehöre ich hin.
auch dadurch, daß Erich Kästner seine Parodie - die
Weil du es wolltest, Johnny,
Kate Kühl in Werner Fincks <<Katakombe>> bot - der
sagte ich Ja, Johnny.
Melodie von Bruinier zuweist. 21 Die Beschreibung
Ich war so sinnlich, J ohnny, mir war es recht.
einer Probe mit Brecht bezieht sich wohl auf die
Doch die Bordelle, J ohnny,
Bruiniersche Fassung: << Bei der Einstudierung des
warn frei erfunden, J ohnny !
echten J ohnny saß Brecht, wie sich Kate Kühl er-
Du hast gelogen, wart! Ich sag es Brecht.
innert, in einem Schaukelstuhl und setzte sich einen
Surabaya-J ohnny !
alten Schlapphut auf. Den zog er tief in die Stirn,
Du sprachest von Kolonien,
klemmte sich einen Zigarrenstummel in den Mund-
Johnny, sunny Johnny,
winkel und sagte: <So mußt du mich ansingen, dann
und kanntest nur Berlin.
ist es ganz richtig!> - Wer so genau Bescheid wußte,
Du sagtest, du wärst ein Verbrecher. dem mußte zwangsläufig auch die Parodie gelin-
Und hättest die Konzession gen. >> 22 David Drew fand Franz S. Bruinier in einer
als vereidigter Messerstecher. zeitgenössischen Kritik von << Kalkutta, 4. Mai>> an-
Ich glaubte dir jeden Ton. gegeben.23 Für die Berliner Erstaufführung am
Du versprachst mir, mich zu ermorden. 12. Juni 192 8 schrieb allerdings Hanns Eisler die
Du stachst mir schon in die Haut. Musik; das << Lied vom Surabaya-J ohnny» dürfte
Es ist nichts draus geworden. durch die << Ballade vom Weib und dem Soldaten>>
Du hast dich nicht getraut. ersetzt worden sein. 24 (Vielleicht hatte Brecht an der
Du renommiertest, J ohnny, Melodie des << Surabaya-Johnny>>, wie ja auch bei
sooft du sprachst, Johnny. anderen mit Bruinier erarbeiteten Liedern, seinen An-
teil; Bruinier verzeichnet in den Instrumental-

398
Happy End Lieder 33 • 34

stimmen rechts oben am angestammten Platz des der Klavier-Direktion, ergänzt durch einige ortho-
Komponisten beide Namen, auch zeigen die ganz graphische Verbesserungen.
auf Deklamation gerichteten Strophen wohl kaum Der Text liegt auch in einer abweichenden zwei-
Interessen eines Musikers.) strophigen Fassung - offenbar einem Entwurf - vor:
In << Happy End>> sucht Halleluja-Lilian den
Gangsterboß Bill Cracker von einem Verbrechen
Denn zuerst mal den Mann auf den Kopf haun
zurückzuhalten, und es gelingt ihr: Gegen seinen
Und dann wird man weiter sehn
energischen Protest singt sie das << Lied vom Sura-
Nur zuerst mal den Mann auf den Kopf haun
.baya-J ohnny >>, was ihn so mitnimmt, daß ihm die
Denn es fragt sich nur wer wen.
Tränen kommen und er den Überfall verpaßt. Wie
Nur ja nicht weich werden
beim << Matrosen-Song>> soll der Zweck die Mittel
Nur immer rein gehauen auf die Nuß
heiligen; ausdücklich verwahrt sich Liliaan, etwas
Nur jetzt nicht weich werden
von der Heilsarmee zu singen, nein - <<<Das süße
Nur keine Noblesse, sondern eins in die
Herz> oder <Was der Mondschein kann> oder nein,
[Fresse
ich singe den <Surabaya-Johnny>, der wird dich
Und nen Tritt in den Arsch und Schluß.
interessieren>>. 25 Auch aus den genannten Titeln er-
weist das Lied seine Funktion: Sentimentalität als 2

Lasso. Die Szene dürfte auf eine Empfehlung des Wer will einen Fleischerladen
Regisseurs Erich Engel zurückgehen, der hier so- Und mein Sohn, was willst du mehr
gar - auf der Suche nach demselben Effekt - zu einem Der muß einem Ochsen schaden
kleinen Theaterstück als Spiel im Spiel riet. 26 Nur ein Ochs gibt Rindfleisch her.
Text und Situation schreiben der Musik den Stil (Refrain)2
vor. Der Kopf des Refrains ist identisch mit dem
Grundmotiv des << Mackie-Messer-Songs>>. Triviali- Bei einer Eintragung Brechts in semer Bibel (Ta-
tät im Ton des Bänkelgesangs - und doch ist der schenbuch-Dünndruckausgabe von 1926) ist der
Gestus anders, nicht auf bloßes <<Berichten>> ge- zweiten Strophe als erste eine Anspielung auf ein be-
stimmt. W eill gibt dem Gefühl, was des Gefühls ist: kanntes militaristisches Kinderlied vorangesetzt3
das Schmachten, die Pathetik. Der angezeigte das mithin überhaupt das Modell gab:
<<Blues>> ist wahrlich << sehr ruhig>> zu nehmen (ent-
gegen Lotte Lenyas schnelleren Tempi!) und bringt Wer will unter die Soldaten?
Schwermut ein. Aus Überzuckerung und Gefühls- Der muß haben ein Gewehr
schwarm tritt Ironie hervor; andererseits ist die Das muß er mit Pulver laden
Parodie doch keine bloße Karikatur, sondern be- Und mit einer Kugel schwer.
wahrt in sich Züge unverstellter Rührung.
Diese Ambivalenz zu verdeutlichen ist nicht zu- Mit dem <<Lied von der harten Nuß>>, emem Fox-
letzt Sache der Vortragsweise, die sich sowohl der trott, im << Dixieland >>-Stil instrumentiert, pariert der
Sentimentalität anvertrauen als auch sie in die Di- Gangsterboß Bill Cracker nach dem << Surabaya-
stanz rücken sollte. Ein Ansatz für diese doppelte J ohnny >> den Angriff auf sein Gemüt. Am dritten
Sicht ist hier, ähnlich wie beim <<Matrosen-Song>>, Akt arbeitete Brecht bis in die Proben hinein; das
dadurch gegeben, daß ein Schicksal <<zitie::t>> wird, «Lied von der harten Nuß>> kam offenbar spät hinzu,
sich der Vorgang des Zeigens also von selbst ver- es ist nicht ins Bühnenexemplar aufgenommen. 4
:s teht: Lilian <<spielt>> die verratene Seemanns braut. (Den oben mitgeteilten Text adressierte Brecht an
Oskar Homolka, der erst nach Heinrich Georges
Absage die Rolle übernahm.)
.34 In rein instrumentaler Fassung fügte Weill den
Das Lied von der harten Nuß Foxtrott später in eine Tanzszene seiner Musik zu
<< Marie galante>> von Jacques Deval ein. 5
Aus: Kurt W eill: Happy End. 1 Instrumentation:
Altsaxophon, Baßsaxophon, Trompete, Posaune,
Banjo, Schlagzeug, Klavier. Unsere Fassung be-
:schränkt sich im wesentlichen auf den Klaviersatz

399
Das Berliner Requiem

Kurt W eill setzte auf das in den zwanziger Jahren andere als die der Uraufführung - verschiedene
neu aufkommende Medium <<Radio>>, von dem er Nummern wurden ausgetauscht und umgestellt -;
sich Beförderung der Volksbildung erhoffte. Er danach nahm W eiH weitere Veränderungen vor,
komponierte eine anspruchsvolle Musik zu einem auch wollte er eine Neufassung für Amateurgruppen
Sendespiel << Herzog Theodor von Gothland >> nach schreiben. 5 Die von David Drew vorgelegte Aus-
Grabbe, hielt Radiovorträge über musikalische Fra- gabe verkompliziert die Sachlage weiter, weil sie
gen und schrieb jahrelang Kritiken für die Zeit- eine Version bietet, die sich auf keine der W eillschen
schrift << Der deutsche Rundfunk>>. Varianten berufen kann.
Mit anderen Komponisten wie Joseph Matthias David Drew vermutet, daß in die Auswahl der
Hauer, Paul Hindemith und Franz Schreker erhielt Texte auch das Gedenken an den ersten Weltkrieg
er I 928 einen Auftrag der Reichsrundfunkgesell- ( 1 o. Jahrestag seiner Beendigung) und an die Er-

schaft. Einer Zeitungsnotiz nach war ursprünglich mordung der Spartakistin Rosa Luxemburg ( IO. Ja-
an eine Kantate mit dem Titel << Gedenktafeln, Grab- nuar 1919) einwirkte. 6 Im Verlauf der Umarbeitun-
schriften und Totenlieder>> gedacht, die über den gen kam es sogar zu fortschreitender Politisierung:
Tod der französischen Flugpioniere Charles Nun- Anstelle der Ballade <<Vom Tod im Wald>> - schon
gesser und Franc_;:ois Coli und berühmter Sportsleute zur Uraufführung ausgeschieden - und des << Ge-
handeln sollte.• Brechts Pläne über den Text ver- dichts über einen Toten>> (<< Können einem toten
zweigten sich in die Lehrstücke << Der Flug der Lind- Mann nicht helfen>>) - auch im Finale der Oper <<Auf-
berghs>> und << Das Badener Lehrstück vom Einver- stieg und Fall der Stadt Mahagonny >> - traten die
ständnis>> sowie << Das Berliner Requiem>>. Für diese Antikriegsstücke <<Zu Potsdam unter den Eichen >> 7
<< kleine Kantate>> für Tenor, Bariton, Männerchor und << Legende vom toten Soldaten >> 8 .
( oder drei Männerstimmen) und Blasorchester stellte Kurt Weill stellt die Kantate << Das Berliner Re-
Brecht aus Gedichten, die offenbar alle schon vor- quiem>> zu dem Songspiel << Mahagonny >> und dem
lagen, ein Libretto zusammen - in dessen Anlage (von ihm als << musikalisches Hörbild>> bezeichneten)
W eill im Zuge von Umarbeitungen mehrfach eigen- << Flug der Lindberghs>> und beansprucht die drei
verantwortlich eingriff. Die Partitur, dem Frank- Arbeiten << gewissermaßen als Studien>> zu seiner
furter Sender, Partner der Uraufführung, ,gewidmet, Oper <<Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny >>; alle
vermerkt zum Sujet: << Der Titel <Berliner Requiem> drei seien sowohl für den Konzertsaal als auch für
ist keineswegs ironisch gemeint, sondern wir wollten das Theater geeignet und böten sich auch dem Rund-
versuchen, das über den Tod auszusagen, was der funk an: << Denn hier sind ja die Grundlagen einer
großstädtische Mensch zu diesem Thema empfindet. Rundfunkkunst gegeben: eine strenge musikalische
Das ganze ist eine Folge von Totenliedern, Gedenk- Formgebung, deren Gesetzmäßigkeit dem geistigen
tafeln und Grabschriften, also doch etwas wie ein Gehalt des Werkes angepaßt sein muß, und die musi-
weltliches Requiem. >>2 kalische Festlegung eines Grundgestus, der szenisch
W eill schreibt in der Anmerkung auch: <<Der dargestellt werden kann, der aber auch ohne Zuhilfe-
Rundfunk stellt den ernsten Musiker unserer Zeit nahme der Bühne, rein als Musik, zwingend genug
zum ersten Male vor die Aufgabe, Werke zu schaf- gestaltet sein muß, um dem Hörer das Bild des
fen, die ein möglichst großer Kreis von Hörern auf- Menschen, der zu ihm spricht, vor Augen zu führen.
nehmen kann. Inhalt und Form dieser Rundfunk- Es handelt sich hier also nicht um Lyrik, nicht um
kompositionen müssen also imstande sein, eine große Beschreibung eines Zustandes, sondern um die Dar-
Menge von Menschen aller Kreise zu interessieren. >> 3 stellung eines Vorgangs. >>9 Das <<Hörbild >> und die
Indes hatte W eill die ideologische Regulierung durch Kantate seien ausdrücklich für den Rundfunk be-
die Administration übersehen; das << Berliner Re- . stimmt gewesen - mit kompositorischen Konse-
quiem» erweckte politische und religiöse Bedenken, quenzen: << Bei dieser Aufgabe, Musik für den Rund-
die Uraufführung wurde verzögert, und als sie end- funk zu schreiben, war für mich selbstverständliche
lich am 22. Mai I 929 unter Leitung von Ludwig Voraussetzung die Kenntnis um die akustischen Be-
Rottenberg (dem Schwiegervater von Hindemith) dingungen des Senderaums, um die orchestralen und
stattfand, blieb sie beschränkt auf das westdeutsche instrumentalen Möglichkeiten des Mikrophons, um
Sendegebiet und fand keine Reprise. die Verteilung der Stimmlagen und um die harmoni-
Die von Weill 1929 in der Zeitschrift << Der schen Grenzen, die einer Rundfunkkomposition
deutsche Rundfunk >> 4 angezeigte Satzfolge ist eine gesetzt sind. Mehrjährige Beobachtungen beim Ab-

400
Das Berliner Requiem Lied 35

hören der Rundfunkmusik und einige eigene Ver- Die in Kurt Weills <<Song-Album>> (1929) mitgeteilte
suche haben mich davon überzeugt, daß es hier nicht alternative Textfassung des << Marterls>> als dem Ge-
so sehr auf eine besonders raffinierte Instrumenta- denken an Rosa Luxemburg gewidmete<< Grabschrift
tionstechnik ankommt, als vielmehr auf die Klarheit 1919 >> bestätigt nur - im Hinblick auf die im <<Ber-
und Durchsichtigkeit der Satzweise. >> 10 W cill erwog liner Requiem>> ausgedrückte Beziehung-die Gültig-
auch eine szenische Darstellung. keit der A1{1.spielung in der<< Ballade vom erschlagenen
Mädchen>>. Als Brecht die Ballade in die dritte Fas-
sung (1919/20) seines Theaterstücks <<Baal» aufnahm,
35
war sie - durch Modifizierung der ersten Verszeile -
Die Ballade von diesem Hintergrund gelöst. In gleicher Form
vom ertrunkenen Mädchen ging sie als eines der fünf << für das Angedenken und
die frühen Geschehnisse>> bestimmten Kapitel der
Aus: Kurt W eill: Das Berliner Requiem. 1 Originale Lektion<< Die kleinen Tagzeiten der Abgestorbenen>>
Besetzung: Tenöre, Baritone, Bässe, Gitarre. in die <<Taschenpostille>> (1926) ein.
Im << Berliner Requiem>> ist die Ballade mit dem In den Anmerkungen zur<< Taschenpostille>> heißt
Marterl>>, dem sie vorangeht, als ein Paar verbunden; es, das Gedicht sei << mit geflüsterten Lippenlauten>>
das << Marterl>> sei, einem Inhaltsverzeichnis nach, zu lesen. 7 Brecht soll es zur Gitarre gesungen habcn; 8
<<für den Grabstein dieses Mädchens>> bestimmt. 2 eine Melodie ist nicht überliefert.
Ausgehend von Übersetzungen des (durch seine Die Sprachform der << Ballade vom ertrunkenen .
Villon-Vermittlung namentlich für die << Dreigro- Mädchen>> hat den Gestus des Berichts; sie stelle
schenoper >> wichtigen) K. L. Ammer 3 knüpft Brecht << eine Art Musik>> vor, doch fehle ihr <<ganz das
an Arthur Rimbaud an und nimmt - wohl auch unter Trauermusikhafte>>. 9 Dies trifft Weills Vertonung
Einfluß von Georg Heym- das <<Ophelia>>-Motiv auf. genau: Sie breitet sich auf dern Grat von Distanz
Der Prozeß des V er gehens, der Verwesung "\vird be- und Ergriffenheit mit großer Gelassenheit aus. In
schrieben, gelassen und ohne idealistische V er- einfachen Deklamationsformeln werden sorgfältig
klärung. Hans-Thies Lehmann sieht in dem Gedicht die Worte skandiert, wie nach Art einer Psalmodie;
eine << große Metapher auf das Vergessen >>4, die - gleichzeitig schafft die weich abgestufte Harmonik
Verwesung im Sinne des biologischen Kreislaufs be- ein emotionales Feld. Eine nachträglich dem Satz für
trachtet - eine Metapher auf die Produktivität, also drei Männerstimmen hinzugefügte Anmerkung ver-
den Ansatz zu neuem Leben, in sich einschließt. Für langt ausdrücklich <<Tutti >>- also Chor. Lotte Lenya
Lehmann steht das Gedicht, obwohl es ganz der singt bei ihrer Schallplattenaufnahme 10 die Ober-
Natur hingegeben scheint, in städtischem, nämlich stimme; ihr sekundieren, im originalen Satz, drei
Augsburger, Milieu - was die Aufnahme in dieses Solisten und die Gitarre.
Requiem, das, laut Vorwort, über den Städter be- David Drew hat bei seiner Edition der Partitur
richten will, nur begründen würde. die (von ihm in den vorangegangenen Klavierauszug
Das Gedicht hat aber auch konkreten politischen noch übernommenen) Metronomangaben entfernt,
Bezug. Um 1920 entstanden, gedenkt es der Ermor- weil er ihre Authentizität anzweifelte; fast alle seien
dung von Rosa Luxemburg, deren Leiche im Ber- << langsamer, als es einerseits der musikalische Sinn
liner Landwehrkanal aufgefunden wurde. Die erste und andererseits ein naturgemäßer Vortrag (De-
Zeile der frühen Fassung lautet: <<Als sie erschlagen klamationsstil) erfordern>>. 11 Auf die << Ballade vom
war und hinunterschwamm>> 5 • Brechts Jugendfreund ertrunkenen Mädchen>> trifft das gewiß nicht zu,
Hanns Otto Münsterer erinnert sich an eine 1919 weshalb die Metronomzahl belassen wurde; Lotte
entstandene, 1922 für die << Hauspostille>> vorge- Lenya wählt mit Viertel = 44 sogar noch langsame-
sehene, später verlorengegangene << Ballade von der res Tempo. Hans-Thies Lehmann liest aus Wendun-
roten Rosa>> und zitiert einige Zeilen: gen des Gedichts wie<< sehr langsam>> und<< allmählich>>
die musikalische Anweisung <dento di molto >> her-
Die roten Fahnen der Revolution aus; 12 tatsächlich befolgt dies Lotte Lenya gerade an
sind längst von den Dächern herabgeweht ... den genannten Stellen - ohne daß es in den Noten
Die rote Rosa eigens gefordert wäre.
schwamm als einzige Befreite. 6

401
Das Berliner Requiem Lied 36

36
Zu Potsdam unter den Eichen
Aus: Kurt Weill: Song-Album. 1 Die Partitur bzw.
die Orchesterstimmen sind verlorengegangen.
Brecht schrieb das Gedicht 192 7 nach einem
Zeitungsbericht. Bei einer antimilitaristischen De-
monstration des << Roten Frontkämpferbundes >> in
Potsdam wurde ein Sarg mit der Aufschrift <<Jedem
Krieger sein eignes Heim>> mitgeführt. 2 Der Text
wurde im August 1927 in der kommunistischen sati-
rischen Zeitschrift << Der Knüppel» (Herausgeber:
John Heartfield) unter dem Titel<< Die Ballade vom
Krieger heim>> veröffentlicht.
Kurt W eill nahm <<Zu Potsdam unter den Eichen>>
als Finale in eine offenbar kurz vor der Uraufführung
(22. Mai 1929) vorgenommene Umarbeitung des
<< Berliner Requiems>> auf. Brecht wollte die Ballade -
einem Vermerk in einem Manuskript nach - << für
Tenöre und Bässe>> bestimmt wissen. 3 W eill legte
I 929 auch eine Fassung für vierstimmigen Männer-

chor a cappella vor, die zusammen mit der << Legende


vom toten Soldaten>> ( später ebenfalls in das << Ber-
liner Requiem>> aufgenommen) im Dezember in
einem Konzert des Berliner Schubertchores urauf-
geführt wurde. Ob diese Bearbeitung bedeutete, daß
damit <<Zu Potsdam unter den Eichen>> aus dem
<< Berliner Requiem>> ausgeschieden war - David
Drew entscheidet sich dafür -, muß bezweifelt wer-
den; keinesfalls ist der Zyklus, wie Drew be-
hauptet, ohne den Song <<vollkommener». 4
Als Modell wählt W eill einen langsamen Marsch,
der als Trauermarsch in Moll beginnt, mit Glocken,
dann in frivole Zackigkeit fällt, sich zur Anklage
steigert und am Schluß überraschend in C-Dur mün-
det, mit einem Zitat des Potsdamer Glockenspiels
(<< Üb immer Treu und Redlichkeit>>) - in provokan-
tem Kontrast zum Wort, das den Überfall der Polizei
schildert. Selbst die winzige instrumentale Schluß-
formel pointiert noch den Zynismus, indem sie Jazz
aufblitzen läßt.
Hanns Eisler hat<< Zu Potsdam unter den Eichen>>
unter dem Titel << Erinnerung>> als vierten Satz in
seine << Deutsche Sinfonie>> aufgenommen ; auch er
zitiert Marschgesten, verfremdet sie aber nicht durch
Überdrehung von Trivialstil, sondern durch Dode-
kaphonie und eingesprengte klangliche Barbarismen.

402
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny

Im Juli 1924, lange bevor er Weill kennenlernte, Absicht der Kritik an der Oper durch eine Oper,
notiert Brecht den Plan einer << Mahagonny-Oper >>. 1 aber eine neuartige, sich als Gattung selbst be-
Schon bei der erste(l Begegnung der beiden im Früh- zweifelnde, hervorgetrieben. Ein Querschnitt durch
jahr 1927 soll darüber gesprochen worden sein; vor- diese Aufführung erschien auf Schallplatten.7
erst aber entstand, ausgehend von den in Brechts << Mahagonny>> 8 war für Brecht ein gesellschaft-
<<Hauspostille>> veröffentlichten << Mahagonnygesän- lich, kein geographisch fixierter Ort: in seiner Oper
gen >>, das Songspiel << Mahagonny>>. 2 Nach Weills die Verbildlichung der dem Kapitalismus immanen-
Zeugnis arbeitete er dann <<fast ein Jahr lang>> am ten Anarchie, einschließlich der vom Faschismus
Opernlibretto mit; die Partitur lag im November angesteuerten politischen Katastrophe. In Amerika -
1929 vor. 3 (Laut David Drew im Vorwort zum ursprünglicher Bezugspunkt der Handlung - sah
Klavierauszug ist die Partitur schon im April ab- Brecht das Modell exemplarisch verwirklicht; die
geschlossen worden.) In das Libretto sind nament- Regieanweisungen von Weill und Caspar Neher
lich die 1926 entstandenen Entwürfe zu <<Sintflut>>/ untersagen aber<< jede Annäherung an Wildwest- und
<<Untergang der Paradiesstadt Miami>> eingegangen; Cowboy-Romantik und jede Betonung eines typisch
das<< Sintflut>>-Projekt hat Brecht auch noch für sich amerikanischen Milieus>>, bezeichnen die <<Ver-
weiterverfolgt und bot es am 18. Oktober 192 7 als gnügungsstadt Mahagonny» als<< im weitesten Sinne
Sendespiel an. 4 Weill seinerseits bedient sich gele- international>> und empfehlen eine Abänderung der
gentlich mit Material aus seiner von ihm zurückge- Personennamen je nach dem Land der Aufführung. 9
zogenen Oper <<Na und?>>. 5 Nach David Drew 10 beabsichtigte W eill mit <<Auf-
Für die Premiere von <<Aufstieg und Fall der stieg und Fall der Stadt Mahagonny>> eine Art Alle-
Stadt Mahagonny >> war die unter Leitung von Otto gorie des <<Alten Testaments>> - Gunter G. Sehm hat
Klemperer stehende Berliner Kroll-Oper in Aussicht die Entsprechungen bis in die Details untersucht -;
genommen, aber es ergaben sich dort Bedenken tatsächlich hatte Brecht schon 1924 in dem Opern-
wegen << der Kraßheit der Situationen und der plan << Sodom und Gomorrha>>/<< Mann aus Manhat-
Sprache>>6 • Die Uraufführung fand am 9. März 1930 tan>> und zwei Jahre später in den Fragmenten << Die
in Leipzig statt. Sie entfesselte einen der größten Sintflut>>/<< Untergang der Paradiesstadt Miami >>
Skandale der Theatergeschichte: einerseits als poli- biblische Geschichte thematisiert. 11 Das in <<Aufstieg
tischeAttacke, mit faschistischen Vorreitern, anderer- und Fall der Stadt Mahagonny >> gegebene Gleichnis
seits als Unbehagen über die Enttäuschung der an erhält damit nur eine zusätzliche Dimension, und es
eine Oper geknüpften Erwartungen. Dabei hatten bestätigt sich die intendierte Aufforderung zur Ver-
die Autoren bereits, gedrängt von W eills Wiener allgemeinerung.
Verlag, der Universal Edition, auch vom Theater, Die Fetischisierung der gegen Bezahlung zu er-
zahlreiche für anstößig erachtete Stellen, besonders langenden Waren greift, pervertierend, auch auf jeg-
erotische, gemildert; bei anderen Inszenierungen liche Form von Genuß über, auch auf den künstleri-
wurde der Rotstift sogar noch entschiedener ange- schen. <<Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny >>
setzt ( andererseits aber auch dieser oder jener Strich handelt von der Funktion des Genusses als Ware
wieder geöffnet). Nicht nur gibt es erhebliche Diffe- und attackiert eine seiner namhaften künstlerischen
renzen zwischen dem I 929 erschienenen Klavier- Institutionen, nämlich die Oper. Die Ideologie, der
auszug und dem Libretto in Brechts <<Versuchen>> schöne Schein, den die Kunst über die entfremdeten,
aus dem Jahre 1930; für Aufführungen, auch für die verdinglichten menschlichen Beziehungen zu legen
der Leipziger folgenden, nahm W eill Änderungen sucht, wird durch satirisch zugespitzte Beispiele ent-
vor, ohne daß es zu der beabsichtigten Schlußredak- larvt.
tion gekommen wäre. Die gewichtigste und selb- Nach W eill zeigt die Oper <<<Sittenbilder aus
ständigste Variante ist die durch gemeinsame (wäh- unserer Zeit>, auf eine vergrößerte Ebene proji-
rend der Proben freilich keineswegs konfliktlose) ziert >>12. Dies hatte Konsequenzen für die Dramatur-
Mitarbeit der Autoren sanktionierte, 19 31 im<< Thea- gie: << Diesem Inhalt entsprechend konnte hier die
ter am Kurfürstendamm>> als Ernst-Josef-Aufricht- reinste Form des epischen Theaters gewählt werden,
Produktion aufgeführte << Berliner Fassung>>. Bei die auch die reinste Form des musikalischen Theaters
durchaus sorgfältiger Ausarbeitung der musikali- ist. Es ist eine Folge von einundzwanzig abgeschlos-
schen Seite (Dirigent: Alexander von Zemlinsky) senen musikalischen Formen. Jede dieser Formen
wurden die songhaften Züge stärker betont und die ist eine geschlossene Szene, und jede wird durch eine

403
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny Lied 37

Überschrift in erzählender Form eingeleitet. Die kannt, sondern als Erbgut erinnert werden, fest-
Musik ist hier also nicht mehr handlungstreibendes gehämmert, mit dem stinkenden Leim aufgeweichter
Element, sie setzt da ein, wo Zustände erreicht sind. Opernpotpourris geleimt>> - << Musik aus Trümmern
Daher ist das Textbuch von Anfang an so angelegt, der vergangenen Musik>>. 18
daß es eine Aneinanderreihung von Zuständen dar-
stellt, die erst in ihrem musikalisch fixierten, dynami-
37
schen Ablauf eine dramatische Form ergeben. >> 1 3
19 30 notiert, geht dies durchaus konform mit Denn wie man sich bettet,
Brechts <<Anmerkungen>> 14 aus dem gleichen Jahr so liegt man
(für die allerdings nicht W eill, sondern Peter Suhr-
kamp als Mitarbeiter zeichnet). Gewiß kam es durch Aus: Kurt Weill: Aufstieg und Fall der Stadt Maha-
die Konflikte bei den << Mahagonny>>-Aufführungen gonny. 1 Instrumentation: Klarinette, Altsaxophon,
zu einer gewissen Entfremdung - W eill scheint, Tenorsaxophon, zwei Fagotte, zwei Hörner, zwei
konzilianter, eher auf Änderungswünsche eingegan- Trompeten, Schlagzeug, Banjo, Klavier. Dieser
gen zu sein, auch lag ihm mehr an seiner Musik als neben dem <<Alabama Song>> populärste Titel aus
am soziologisch artikulierten Detail-, doch darf dies der Oper erschien 1930 bei der Universal Edition
nicht so gesehen werden, daß er politisch desinteres- auch in einer Bearbeitung von Richard Etlinger für
siert gewesen wäre (schon in seinen vor der Begegnung Salonorchester mit Jazz-Stimmen.
mit Brecht geschriebenen Artikeln zeigt er linke Eine variante Fassung des Textes war für die
Tendenzen) und er das << epische Theater» abgelehnt << Dreigroschenoper >> erwogen worden 2 - als War-
hätte. nung der Frau Peachum an ihre Tochter Polly-; die
In Betrachtungen über die<< epische Oper>> fordert Angabe << aus Mahagonny >> auf dem Manuskript ver-
Brecht <<mehr Selbständigkeit>> für Musik, Wort und weist auf das Opernlibretto 3, das sich schon damals
Bild; dabei sei die Musik << der wichtigste Beitrag in Arbeit befand. Einern Entwurf des Textes zur end-
zum Thema>>. 15 Weill hat den Freiraum, den ihm gültigen Fassung hin ist - in der Handschrift von
diese Dramaturgie schuf, sehr wohl anerkannt; im Elisabeth Hauptmann - eine Notenskizze beige-
Vorwort zu. dem geplanten<< Mahagonny >>-Regiebuch geben. 4 Eine weitere textliche Variante, mit aggres-
fordert er von der Inszenierung zu berücksichtigen, siver Anspielung auf die religiöse Vertröstung, ent-
<< daß hier abgeschlossene musikalische Formen vorliegen>>, halten die << Gedichte aus dem Nachlaß >> 5 •
es komme darauf an, << den rein musikalischen Ablauf In <<Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny >>
zu sichern>>. 16 Die Formen profitieren auch von dem singt Jenny das Lied an jener Stelle der Krisis: Jim
(durch die Autoren schon in anderen Stücken ent- vermag nicht mehr zu bezahlen, seine Freunde wei-
wickelten) << Song>>; freilich konnte sich eine abend- gern sich, für ihn einzutreten, auch J enny wendet
füllende Oper darauf nicht beschränken. Aber sich ab. Das Lied ist ihre Rechtfertigung; darüber
<< immer mußte der einfache, balladeske Grundstil hinaus sucht es grundsätzlich eine Lebensregel auf-
gewahrt bleiben >> 17. zustellen, denn in dieser Oper sind - W eill weist
Die Oper, wie sie Brecht und W eill ins Visier darauf hin - alle Gesänge <<Ausdruck der Masse, auch
nehmen, hat den Genuß verabsolutiert, sei es als dort, wo sie vom einzelnen als dem Sprecher der
Rausch oder Spiel oder Weltanschauung. Fast alle Masse vorgetragen werden>> 6 • (Das wird dadurch
musikalischen Mittel, die sich dafür ausgebildet bekräftigt, daß der Refrain auch am Schluß des
haben, werden herbeigerufen und kritisiert, vom ersten Aktes und im Finale steht, jeweils Kollektiven
billigsten bis zum scheinbar veredelten, und in gro- der Darsteller übertragen.) Der Regieanweisung
ßer historischer Breite, vom Barockstil bis zu moder- nach soll Jenny, das Lied singend, an der Bühnen-
ner Trivialmusik. W eill hält sich an altvertraute rampe auf und ab gehen und es dadurch ans Publi-
Typen, aber er gibt ihnen seinen Kommentar bei, kum richten.
setzt sie in unpassende Umgebung, holt ihre Ge- Das nackt ausgesprochene Lebensgesetz ist in
brochenheit hervor. Adorno hat <<Aufstieg und Fall eine Musik gepackt, die in melodischem Wohllaut
der Stadt Mahagonny >> als << erste surrealistische und weichen Tanzrhythmen schwelgt. Der Kontrast
Oper>> bezeichnet; sie sei << aus Dreiklängen und wirkt als eine Provokation, hebt das Wort scharf ins
falschen Tönen zusammengestoppelt, mit guten Bewußtsein und verurteilt den kulinarischen Stil als
Taktteilen alter Music-hall-songs, die gar nicht ge- Lüge. Der Gesang mag sich der Laszivität des Kan-

404
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny Lied 37

tabile anvertrauen; gerade dadurch kommt der Pro-


test zum Ausdruck, der, von außen aufgetragen, an
Effektivität nur verlöre. Vorbildlich ist Lotte Lenyas
Interpretation von 19307 : Sie befolgt (mit Ausnahme
der freilich wichtigen, bei ihr tiefer gelegten Stelle
<< Der Mensch ist kein Tier>>) die originale Lage und
holt das Entsetzen aus der Naivität; das von Weill
mit Viertel = 86 angegebene <<Blues-Tempo>> ist
freilich mit Viertel = II6 überzogen. Die Gesamt-
aufnahme der Oper 8 zieht das Tempo im Refrain
(für den W eill ausdrücklich ruhig vorschreibt!) mit
Viertel = 13 2 sogar noch weiter an; der Gestus wird
hier dadurch beschädigt, daß Lotte Lenya eine
Quarte tiefer singt und Dämonie hineinträgt.

405
Die Mutter

19 31 erarbeiteten Günther W eisenborn und Günther gruppen. Seine <<Lehrstücke>>, die auf eine alte, ver-
Stark im Auftrag von Maxim Gorki für die Berliner schüttete Praxis zurückgehen, sind lehrhaft vor allem
Volksbühne eine Dramatisierung seines 1906/07 er- für die Ausführenden. Die Funktion bestimmte die
schienenen Romans << Die Mutter>>. In Gesprächen Mittel, die auf Faßlichkeit, kritische Haltung, den
mit Brecht wurde W eisenborn von dessen Ansicht Wechsel von Exempel und daraus abgeleiteter Folge-
überzeugt, daß politische Stoffe epische Form be- rung zielen. Das ist auch in der <<Mutter>> beachtet,
dingen; die << epische Fassung>> der Dramatisierung andererseits hier aber nur der Stil vom Lehrstück
ist bei Diskussionen zwischen Brecht, W eisenborn entlehnt und ein Publikum angesprochen. Die Be-
und Eisler entstanden. 1 Titel in seiner endgültigen scheidenheit des Apparates entspricht dem Vorsatz,
Formulierung: <<Die Mutter/Leben der Revolutio- die (beschränkten) Aufführungsmöglichkeiten zu
närin Pelagea Wlassowa aus Twer (Nach dem Roman berücksichtigen und operativ zu wirken.
Maxim Gorkis) >> 2 • Als Mitarbeiter sindEisler, Weisen- Vorbild waren namentlich die damals populären
born und Slatan Dudow genannt. Die erste Auffüh- Agitproptruppen, die, nach sowjetischem Vorbild,
rung fand am 1 3. Januar I 9 32 im Berliner Wallner- in knapper, scharf gezielter Form Propaganda an die
Theater statt als erste von vier geschlossenen Veran- Massen trugen. Dabei konnte Hanns Eisler (seine
staltungen für die (zum reaktionären Stammverband von Brecht ausgewiesene Mitarbeit beschränkte sich
oppositionelle) << Junge Volksbühne>>; es schlossen keineswegs auf den musikalischen Part) mit prakti-
sich öffentliche Aufführungen im Komödienhaus am scher Erfahrung beistehen: Schon seit November
Schiffbauerdamm und im Lustspielhaus an. 1927 arbeitete er in der Berliner Agitproptruppe
Brecht folgt Gorkis Roman frei und führt die << Das rote Sprachrohr>> mit. Er begann in diesem Stil
Handlung bis an die Große Sozialistische Oktober- zu komponieren und gab ihm, als einstiger Schüler
revolution heran. Es geht ihm darum, << gewisse For- Arnold Schönbergs sowohl seine Kenntnis des klas-
men des politischen Kampfes zu lehren >> 3 ; das rus- sischen Erbes als auch die der Avantgarde ein-
sische Beispiel ist dabei nur das Modell. Er verwahrt bringend, eine neue Qualität.
sich gegen Milieuschilderungen: Zielpunkt sind die Für die Berliner Aufführung der <<Mutter>>
deutschen Verhältnisse, und zwar die aktuellen. komponierte Eisler 1931 neun Musikstücke und be-
Strategie und Taktik der Revolution bilden das stimmte sie für eine Singstimme oder einstimmigen
Thema; vor allem wird die damals scharf geführte gemischten Chor, Trompete, Posaune, Schlagzeug
Diskussion über Reformismus aufgegriffen. und Klavier. Die auf dem Programmzettel angegebe-
<< Die Mutter>>, << im Stil der Lehrstücke geschrie- nen Titel und ihre Folge differieren allerdings zu den in
ben, aber Schauspieler erfordernd>>, 4 wandte zahl- Eislers überlieferter autographer Partitur6 zusammen-
reiche epische Elemente an - zum Beispiel Texte und gestellten, von ihm so genannten<< Neun Balladen>>7 .
Bilder als Projektionen, um das Geschehen in einen Die <<Neun Balladen>> enthalten nicht << Lied von der
historischen Rahmen zu stellen und gleichzeitig als Suppe>> und << Schlußmusib ( = << Lob der Dialek-
praktikabel zu erweisen. Auch die Darstellung soll tik>>?); << Über die Unzerstörbarkeit des Kommunis-
eine epische, kritische Kommentierung einschlie- mus>> (Programmzettel) dürfte identisch sein mit
ßende - und den Zuschauer darauf ansprechende - «Im Gefängnis zu singen>>; 8 <<Lob des Revolutionärs>>
sein. Nicht zuletzt beabsichtigen die eingefügten und <<Grabrede>>, in den <<Balladen>> verzeichnet,
Lieder und Chöre eine direkte Anrede als Bericht fehlen auf dem Programmzettel. Die Unterschiede
und Folgerung. Brecht erwog sogar, kleine Chöre dürften sich daraus begründen, daß Einsprüche bei
unters Publikum zu setzen, mit von ihm formulier- der Uraufführung ( der originale Text liegt nicht
ten, Meinungen herausfordernden Texten als <<Appell mehr vor) Änderungen bedingten; die schließlich
an den Praktiker im Zuschauer >> 5 • 193 3 in den <<Versuchen>> veröffentlichte Fassung
Brecht mußte feststellen, daß das Theater als hatte Konsequenzen auch für die Musik. W eitere
bürgerliche Institution sich den von ihm angestreb- Eingriffe für die Aufführung in New York am 19. No-
ten politischen Zielen versperrte; wenn seine Stücke vember I 9 3 5 : Ergänzungen (neu: << Der zerrissene
dennoch gespielt wurden, drohte ihnen die Gefahr Rock>>), mehrstimmiger Chor, Instrumentalpart zwei
der Entpolitisierung und der routinierten, folgen- Klaviere; von dieser Fassung ging auch eine dort am
losen Verwertung. So wandte er sich von den herr- 3. Mai I 9 36 mit Zwischen texten veranstaltete konzer-
schenden Apparaten ab und setzte das Publikum als tante Aufführung aus. 9 Neue Erweiterungen und
Produzenten ein: Er schrieb für Schulen und Spiel- Varianten weist die am 29. Mai 1949 im Österreichi-

406
Die Mutter Lied 38

sehen Rundfunk Wien aufgeführte sogenannte Kan- 38


tatenfassung für Mezzosopran, Bariton, Sprecher, Lob des Lernens
gemischtem Chor und zwei Klavieren auf. 10
Als Brecht 19 50 am Berliner Ensemble<< Die Mut- Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru-
ter» inszenierte (Premiere: 12.Januar 1951), stellte mentation: Trompete, Posaune, Schlagzeug, Klavier
Eisler, auf die für die verschiedenen Versionen er- (Fassung 1931); Flöte, Klarinette, Horn, Trompete,
folgten Ergänzungen zurückgreifend und unter Ein- Banjo, Schlagzeug, Klavier, Kontrabaß (Fassung
fügung des neuen Melodrams << Bericht vom 1. Mai>>, 1950). Als Vorlage diente hier der Klavierauszug der
eine Folge von dreizehn Musiknummern zusammen Fassung von 1950; Artikulation, Phrasierung und
und richtete sie für Solostimmen, vierstimmigen ge- Dynamik wurden für unsere Ausgabe zum Teil er-
mischten Chor, Flöte, Klarinette, Horn, Trompete, gänzt im Vergleich mit der Partitur .2 Eisler ver-
Banjo, Schlagzeug, Klavier und Kontrabaß ein. 11 merkt: << Es ist zu empfehlen, dieses Lied von einer
Die Neubearbeitung hatte auch ihren ideologischen oder mehreren Frauen- oder Kinderstimmen ein-
Grund; das veränderte Instrumentarium -Aufnahme stimmig singen zu lassen, wenn ein genügend guter
von Flöte und Klarinette, Austausch der Posaune Chor nicht zur Verfügung steht.>> (In diesem Falle
durch das Horn - schuf wärmeres Timbre und regte gilt die vokale Oberstimme.)
zu allerlei Ausschmückungen an: Die neue Gesell- Der Erstfassung von 19 3 13 fehlt das dreitaktige
schaftsordnung, die die Bewährung der Theorie an imitative Vorspiel ( es wurde erst mit der Kantaten-
der Praxis erbracht hatte, forderte zu freundlicheren fassung angefügt); die Wiederholungen der ent-
Tönen auf, sogar zum << berechtigten Genuß am scheidenden Zeile << Du mußt die Führung über-
überflüssigen >> 12 • nehmen>> werden gesprochen ( die erste dieser Auf-
In dem Aufsatz << Über die Verwendung von forderungen auch << poco pesante >>, eine englische
Musik für ein episches Theater» (193 5) schreibt Fassung 4 sieht an diesen Stellen ein Megaphon
Brecht zur << Mutter >>-Musik: << Die Musik Eislers ist vor). Die Tempoangabe der Erstfassung schreibt
keineswegs das, was man einfach nennt. Sie ist als << bequeme Viertel» ( = 144-1 5 2) vor; die Kantaten-
Musik ziemlich kompliziert, und ich kenne keine fassung und die Berliner Partitur legen <<Allegretto >>
ernsthaftere als sie_. Sie ermöglichte in einer be- fest, der Klavierauszug <<Allegretto ma non troppo >>.
wunderungswürdigen Weise gewisse Vereinfachun- Die unter Aufsicht von Eisler entstandene Schall-
gen schwierigster politischer Probleme, deren Lö- plattenaufnahme mit Ernst Busch sowie Chor und
sung für das Proletariat lebensnotwendig ist. >> 1 3 Die Orchester des Berliner Ensembles 5 nimmt als Tempo
Musik sollte dem Zuschauer eine << kritisch betrach- Viertel = 128. Der Titel im Autograph der << Neun
tende Haltung>> verleihen. 14 Auf dem Programm- Balladen aus <Die Mutten ( 19 3 1) >>6 lautet << Lob der
zettel der Uraufführung weist Eisler darauf hin, daß Wissenschaft>> (darunter: <<Lob des Lernens>>).
einige der Stücke <<Fugen>> sind, <<gegen die in einer Brecht hat die Trennung der Begriffe<<unterhalt-
bestimmten, musikalisch fixierten Weise gesprochen sam>> und <<lehrreich>> als << rein bürgerlich>> be-
wird>>. Weiter heißt es: << Das ist auf dem Sprech- zeichnet; es sei damit << eine Degradierung des Ler-
theater etwas Ungewöhnliches, mußte aber trotz nens schlechthin beabsichtigt ... , indem es nicht als
aller Schwierigkeiten einmal ausprobiert werden, da Genuß vorgestellt wird. In Wirklichkeit wird natür-
der theoretische Inhalt der Brechtschen Form und lich der Genuß, indem er so sorgfältig von jedem
ihre eigenartig freie Form der Musik andere Auf- Lehrwert entleert wird, degradiert. >> 7 Das << Lob des
gaben zuwies als etwa ein Songtext.>> Die Anwen- Lernens>> kommentiert jene Szene, in der die Mutter
dung des fugischen Prinzips, dem in seiner Archi- mit Kampfgenossen lesen lernt; es soll von << den re-
tektur sinnfällig Strenge und Gesetz eingeschrieben volutionären Arbeitern den Lernenden zugesungen >>
ist, wirkt kommentierend auf die Darlegung marxi- werden. 8 Der Inhalt des Lernens legt den musikali-
stischer Theorie ein; außerdem geben die geschicht- schen Gestus fest: << Dem Stück <Lob des Lernens> ,
liche Bindung und die damit geweckten Assozia- das die Frage der Machtübernahme durch das Prole-
tionen dem Wort die (von Brecht geforderte) histo- tariat mit der Frage des Lernens verknüpft, gibt die
rische Bedeutsamkeit. Tradition verbindet sich mit Musik einen heroischen und doch natürlich heiteren
einem genau bezeichneten soziologischen Ort (Into- Gestus. >> 9 Die Absicht wirkt bis in Details der Faktur
nationen des Arbeiterliedes), aber auch mit musika- hinein; aus dem federnden Rhythmus (das<< leggiero >>
lischer Aktualität (Anklänge an Jazz). in Takt I 3 - in unserer Ausgabe nach der Partitur er-

407
Die Mutter Lieder 38 · 39

gänzt - ist obligatorisch!) ergibt sich ein fröhlicher für unsere Ausgabe wurden Artikulation und Phra-
Marsch. Konstitutive Formel ist der Anapäst, der hier sierung ergänzt im Vergleich mit der Partitur. 2 Die im
Affektwert mit Symbolik verbindet; Manfred Grabs Klavierauszug gelegentlich abweichende Phrasie-
leitet ihn-im Vergleich mit semantisch konkreten Par- rung, ·auch Differenzen in der Dynamik wurden
allelstellen der<< Maßnahme>> - von dem Wort<< Klas- nicht korrigiert, die in kleinem Stich angezeigten
senkampf» ab. 1° Für Walter Benjamin ist dieses Lied Bläserstimmen hingegen eingezogen. Einige text-
eines der << Wiegenlieder des kleinen und schwachen, liche Angleichungen erfolgten nach der Brecht-
aber unaufhaltsam wachsenden Kommunismus »u. W erkausgabe3 und der Partitur. Die dritte Strophe
Das << Lob des Lernens>>, eines der populärsten hat Eisler Brechts Fassung gegenüber verkürzt; um
Eislerschen Lieder (Mitte der dreißiger Jahre legte so überraschender tritt der neue Refrain ein, den
· er sowohl bei seinen Aufenthalten in der UdSSR als auch die Musik verändert, nämlich - in Marsch-
auch in den USA Schallplatten davon vor), ist für tempo fallend - zum Agitationsstil hin.
den von ihm um 19 30 entwickelten Agitationsstil Der Darsteller des Pawel, des Sohns der Pelagea
typisch. Die Musik vollzieht die imperativische Wlassowa, singt das Lied nach der Gefängnisszene.
Sprachform nach und betont die Anrede<< du>> (in der Der Titel in der Bühnenfassung des Berliner En-
unter Aufsicht Eislers entstandenen Schallplatten- sembles lautet: << Lied für alle, die verzagen wollen >>4,
aufnahme mit Ernst Busch 12 sogar durch nachträg- und in Brechts Texten für eine konzertante Auf-
liche U mrhythmisierung der Stelle << prüfe die Rech- führung: << Lied des eingekerkerten Sohns >> 5 • Der
nung, du mußt sie bezahlen>>). Im Widerspruch zu Titel << Über die Unzerstörbarkeit des Kommunis-
den im Vers programmierten Betonungen werden mus>> auf dem Programmzettel der Uraufführung
eigene Akzente gesetzt und durch eine melodisch- der <<Mutter>> dürfte, seiner Stellung zwischen << Lob
motivische Aufgliederung, die sich über die Vers- des Lernens>> (das ihm folgende << Lob des Revolu-
zeilen hinwegsetzt, unterschichtiger Sinn aufge- tionärs>> ist hier noch nicht verzeichnet) und << Lob
deckt.13 der Wlassowas >> nach, mit << Im Gefängnis zu singen>>
Georg Knepler hat die Regression auf über- identisch sein.
kommenes, scheinbar verbrauchtes Material unter- Nach 1933 schrieb Brecht (analog zu den Neu-
sucht, das durch veränderte Zuordnung in eine neue fassungen seiner << Dreigroschenoper >>-Songs) eine
Qualität umschlägt und dem dadurch Ausdruck zu- Aktualisierung6 - ohne sie freilich als Alternative
wächst.14 Er hat auch aufgezeigt, wie sich seman- für das Theaterstück zu empfehlen:
tische Bedeutung in Motivformeln verdichtet, For-
l
meln, die sich aus dem Wort entwickeln, dann aber
Sie haben Bücherverbrennungen und Propaganda-
auch von ihm lösen und doch weiter seinen Inhalt
[feldzüge
transportieren, in wechselseitiger Durchdringung
Sie haben Konzentrationslager und Rasseämter
von Begriff, Ausdruck und Spiel. 15 (In dem 1950
(Ihre Feuerwerke zählen wir nicht!)
nachkomponierten << Bericht vom 1. Mai>>, der vor
Sie haben Statthalter und Staatsräte.
jener Szene über das <<Lernen>> steht, hat Eisler, aus-
Die viel Geld bekommen und zu allem bereit sind.
gehend von der inzwischen erlangten Popularität
Ja, wozu denn?
des Liedes, die Zeile << Du mußt die Führung über-
Glauben sie denn, daß sie damit Hunger und Kälte
nehmen>> instrumental zitiert, im Vertrauen auf die
[kleinkriegen?
Funktion des Motivs als eines Zeichens.)
(Ehe sie verschwinden, und das wird bald sein
Werden sie gemerkt haben, daß ihnen das alles
39 [nichts mehr nützt.)

Im Gefängnis zu singen 2

Sie haben Zeitungen und Lautsprecher


Aus: Hanns Eisler: Musik zu << Die Mutter>> von Um uns zu bekämpfen und mundtot zu machen
Bertolt Brecht. 1 Instrumentation: Trompete, Po- (Ihren Staatsgerichtshof zählen wir nicht!)
saune, Schlagzeug, Klavier (Fassung 1931); Flöte, Sie haben Pfaffen und Professoren
Klarinette, Horn, Trompete, Banjo, Schlagzeug, Die viel Geld bekommen und zu allem bereit sind.
Klavier, Kontrabaß (Fassung 1950). Als Vorlage Ja, wozu denn?
diente hier der Klavierauszug der Fassung von 1950; Müssen sie denn die Wahrheit so fürchten?

408
Die Mutter Lied 39

(Ehe sie verschwinden, und das wird bald sein


Werden sie gemerkt haben, daß ihnen das alles
[nichts mehr nützt.)

3
Sie haben Tanks und Kanonen
Maschinengewehre und Handgranaten
(Die Gummiknüppel zählen wir nicht!)
Sie haben Polizisten und SA-Leute
Die wenig Geld bekommen und zu allem bereit sind.
Ja, wozu denn?
Haben sie denn so mächtige Feinde?
(Sie glauben, da muß doch ein Halt sein
Der sie, die Stürzenden, stützt.
Eines Tages, und das wird bald sein
Werden sie sehen, daß ihnen alles nichts
[nützt.
Und da können sie noch so laut: <<Halt! >>
[sehr ein
Weil sie weder Tank noch Kanone mehr
[schützt.)

Die beiden Bühnenfassungen haben unterschied-


liches Tempo: <<Moderato/ Viertel = 84>> (Fassung
1931), <<Langsam>> (Fassung 1950). Die Fassung von
19 31 weist zahlreiche Differenzierungen auf: das
Hauptmotiv zu Beginn des Vorspiels (in anderer
Phrasierung als 19 50: durchgängig gebunden) << ri-
tardando >>, dann erst <<Moderato>>; der Einsatz der
Strophe <<rascher>> (Viertel = 108); der Refrain, zur
g Ieichen Musik wie das Vorspiel, wieder<< Moderato>>;
Marschtempo des dritten Refrains Viertel = I 38
(also ziemlich schnell). Unter Eislers Auspizien ent-
stand eine Schallplattenaufnahme der Fassung von
1950 7 mit Ernst Busch sowie Chor und Orchester
des Berliner Ensembles: Vorspiel und Refrains
Viertel = 108/104, Strophen und Marschtempo
Viertel = 112.
Das Motiv des Refrains, im Vorspiel instrumen-
tal vorgegeben, zitiert aus dem << Lob des Kommu-
nismus>>, und zwar die Zeile << er ist vernünftig>>. Da-
mit wird die Bedeutung, die aus dem musikalischen
Gestus spricht, erhärtet: Der im Gefängnis sitzt,
verzweifelt nicht vor der Gewalt, er antizipiert die
Befreiung, sogar mit geheimem Frohlocken (daher
das Kantabile und die rhythmische Geschmeidig-
keit). Am Schluß (dritter Refrain) steht der Appell:
Er schließt Anklage ein und ist militant gehärtet und
doch auch vom Vorschein der befriedeten Welt über-
zogen.

409
Die Rundköpfe und die Spitzköpfe

Zur Geschichte des Stücks: 193 1 gibt der Regisseur York; für Zürich war Erwin Piscator im Gespräch,
Ludwig Berger den Auftrag zu einer Bearbeitung der auch eine Aufführung am jüdischen Theater in
von Shakespeares << Maß für Maß>> für die Berliner Dnepropetrowsk ins Auge faßte, auch einen Film bei
Volksbühne. Brecht faßt diese Arbeit als eine Adap- << Meshrabpom>>; im November sollen Proben am
tion auf, um Aktualität geltend zu machen: Das Mes- Moskauer Realistischen Theater stattgefunden haben
sen mit zweierlei Maß soll gesellschaftlich begründet - alles zerschlug sich. Anscheinend sind im Frühjahr
und Reformismus als untauglich hingestellt werden. 1 19 3 5 in Moskau während Brechts Aufenthalt einige
Die Adaption (von der nur einige Szenen aus- Szenen gespielt worden. Nach langen, bereits 1934
gearbeitet sind) erweist sich dafür aber als zu eng, angesponnenen Verhandlungen fand die U rauf-
und Brecht schreibt ein selbständiges, eigenes Stück, führung am 4. November 1936 in Kopenhagen statt,
das lediglich Motive von Shakespeare entlehnt. In auf dänisch und mit Auflagen der Zensur. Für den
einem Brief stellt er die <<Hauptlinie>> heraus: <<Un- Druck der Neufassung 19 38 im zweiten Band der
haltbare Einteilung: nach Rassen. - Haltbare: nach vom Malik Verlag herausgegebenen << Gesammelten
Klassen>>. 2 Ein besonderer Handlungsstrang, aus- Werke>> nahm Brecht abermals einige V eränderun-
gehend von Motiven aus Heinrich von Kleists gen vor und fügte als Gattungsbezeichnung <<ein
<< Michael Kohlhaas >> und dem von Voltaire be- Greuelmärchen>> hinzu.
schriebenen Justizskandal Jean Calas, weist die Über- Das der zweiten Fassung vorangesetzte Vorspiel
ordnung der Klassenfrage nach. Schließlich wird in mit der Einführung der Darsteller durch den Theater-
Gestalt der Leute der<< Sichel>>(<< Schwarze Fahnen>>), direktor betont den Charakter des Theaterstücks als
der organisierten Ausgebeuteten, die Gegenkraft zur eines Spiels und lenkt auf das Gleichnis. Zugleich
Demagogie_ eingesetzt. Diese spätestens im Januar aber kommt zum Vorschein, daß in der Wirklichkeit
193 3 abgeschlossene Fassung wird als << Die Spitz- ein Theater arrangiert wird, mit der Absicht der Ver-
köpfe und die Rundköpfe oder Reich und reich ge- führung. Diese Einsicht will zum Eingriff anregen;
sellt sich gern>> in Heft 8 der <<Versuche>> aufge;iom- Jan Knopf bezeichnet als Konsequenz: «... das
mcn (damals nur bis zum Umbruch gediehen, er- Theater kann nicht Theater bleiben, weil die ganze Wirk-
schien es erst 19 59 im Rahmen der Neuausgabe der lichkeit ein entsetzliches (und sehr reales) Theater geworden
frühen <<Versuche>>). ist.>> 4 Die Einfügung von Liedern in die Neufassung
Brecht hatte_- und zwar in dokumentarischer erklärt sich aus dieser Tendenz der Theatralisierung.
Arbeitsweise, Gruppierungen und Gesten nach Zei- Sie lenken auf den didaktischen Anspruch der Para-
tungsbildern formend - ein Zeitstück geschrieben, bel, unterstreichen die epische Form und schaffen
das die faschistische Machtübernahme vorwegnahm nicht zuletzt Platz für Unterhaltsamkeit. Denn
und einige wesentliche Antriebe dazu diskutierte. Brecht wollte sich mit diesem Stück, genötigt, im
Nun hatte die Realität gesprochen und verlangte Be- Exil Fuß zu fassen, durchaus auf die Erwartungen
achtung. Gewiß sollte das Stück nicht als authen- des internationalen Theaters einstellen; er selber be-
tische Nachbildung der Vorgänge um 1933 gesehen stätigte, daß sich << Die Rundköpfe und die Spitz-
werden, es will aber sehr wohl ein Modell anbieten, köpfe>>, <<anders als die <Mutter>, an das <breitere>
das zu Vergleichen herausfordert. In einem Brief Publikum>> wendeten und<< die reinen Unterhaltungs-
wandte Brecht auf Deutschland den Namen jenes bedürfnisse>> mehr berücksichtigten. 5
fiktiven Lima an, in dem die erste Fassung seines Die Musik ist wohl faßlich und unterhaltsam -
Stücks spielt. 3 Bei der Umarbeitung 1934 in Däne- Brecht spricht von << Songmusik >>6 -, begibt sich aber
mark wird insbesondere die Figur des Statthalters nicht auf das Niveau der musikalischen Konfektion,
Iberin (in der Erstfassung, in Anlehnung an Shake- sondern zitiert diese nur, um sie durch heitere Ver-
speare, noch <<Angelas>>) an den Demagogen Hitler zeichnung als Beschwichtigung zu entlarven. (Die
herangeführt ( statt Tragik: Verbrechen) und der Anspielungen auf musikalische Aktualitäten sind
ökonomische Hintergrund schärfer ausgearbeitet. wesentlich; im Vorwort zur Partitur verlangt Eisler,
Der Titel der Neufassung - in Vertauschung der daß unbedingt Jazzinstrumente verwendet werden
Namen - lautet: << Die Rundköpfe und die Spitz- müssen!) Andererseits wird - nun unverstellt - in
köpfe>>. munterer Aggressivität der Auftrag zur Veränderung
Schon 19 3 3 hatte Brecht die erste Fassung Ernst der Verhältnisse durch die Musik ausgedrückt.
Josef Aufriebt in Paris empfohlen; 1934 suchte Eis- Brecht schreibt (im Vergleich mit Eislers Beiträgen
ler das Stück in London anzubringen, 19 3 5 in New zur <<Mutter>>): <<Auch diese Musik ist in einem ge-

410
Die Rundköpfe und die Spitzköpfe Lied 40

wissen Sinne philosophisch. Auch sie vermeidet 40


narkotische Wirkungen, haup.tsächlich indem sie Die Ballade vom Wasserrad
die Lösung musikalischer Probleme verknüpft mit
dem klaren und deutlichen Herausarbeiten des poli- Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru-
tischen und philosophischen Sinnes der Gedichte. >> 7 mentation: Flöte, Klarinette, Trompete, Banjo,
Musik als Mittel der Sozialkritik; Brecht äußert an Schlagzeug, Klavier, Kontrabaß. (Ursprünglich auch
anderer Stelle, daß alles, was mit dem Rassenproblem Tuba; einer Anweisung auf dem Titelblatt eines
zusammenhängt, komisch wirken werde, ernst da- Manuskripts nach gestrichen. 2 In der Partitur sind
gegen<< das Soziale>>; man sehe dies am allerbesten aus zwei Takte Vorspiel vorangesetzt. Dynamik und
der Musik. 8 Artikulation wurden in unserer Ausgabe gelegent-
Schon an der ersten Fassung, << Die Spitzköpfe lich nach der Partitur ergänzt, auch einige Korrek-
und die Rundköpfe>>, war Eisler beteiligt. Im März turen im Klaviersatz. Takt 1 r <<liebenswürdig>> (zu
1934 besuchte er Brecht in dessen dänischem Exil <<höflich>>) ist aus der Partitur übernommen. Zu Be-
Skovsbostrand und ist für die Umarbeitung aus- ginn der zweiten Strophe (<< ach, wir hatten viele
drücklich als <<Mitarbeiter>> angeführt. Ab April Herren>>) steht im Klavierauszug: <<Tempo h; dies
arbeitete er an der Partitur und schloß sie im August wurde gestrichen, da vorher kein Wechsel angezeigt
ab. Die einzelnen Sätze reichte er stückweise an Erwin ist (auch nicht in der Partitur). Einige zusätzliche
Ratz weiter, der den Klavierauszug anfertigte; Vorschriften über Tempo und Artikulation im
offenbar war beabsichtigt, dem vom Malik Verlag Klavierauszug blieben bewahrt: Takt 5 der Akzent
vorbereiteten Druck (der dann erst 19 38 in den << Ge- auf <<so>>, Takt 86 << poco rit. >> am Schluß der letzten
sammelten Werken>> erschien) Noten oder sogar den Vorstrophe, Takt 9 5 (Schlußtakt) der Akzent im
kompletten Klavierauszug beizugeben. 9 Nachträg- Gesangspart. Im Vergleich zu Brecht gibt es bei
lich komponierte Eisler 19 36 für die Kopenhagener Eisler in der dritten Strophe Varianten. Z weite Zeile:
Uraufführung das << Lied eines Freudenmädchens>> <<raufend>> gestrichen, dritte Zeile: << nennen einander
(<<Nannas Lied>>) und das <<Lied der Kupplerin>>. gierige Tröpfe>> (statt << nennen andre gierige Tröpfe>>),
In Kopenhagen war die Musik, nachdem Eisler, sechste Zeile: <<zerfleischen>> statt <<bekämpfen>>. Die
zu einer Verkleinerung des Apparates gedrängt, eine Partitur ist datiert vom 27.Juli 1934.
Einrichtung für vier Instrumente abgelehnt hatte, Bis zu seiner endgültigen Fassung durchlief
von Otto Mortensen für zwei Klaviere bearbeitet Brechts Text mehrere Stadien. Eine entscheidende
worden; vergeblich versuchte Eisler durchzusetzen, Veränderung, die Auswechslung des dritten Refrains
daß wenigstens acht Tage lang die originale Instru- gegen einen neuen, der das Bild von der Stabilität
mentierung gespielt würde, was für eine U rauf- der Unterdrückung aufhebt und eine revolutionäre
führung << wohl unerläßlich>> sei. 10 Brechts Ansichten Sicht ausdrückt, wurde nachträglich vorgenommen,
über eine Desillusionierung der Musik entsprechend und es steht offen, ob sie auch für das Lied im Stück
waren die beiden Klaviere,<< wenn sie arbeiteten, be- und nicht nur für seinen gesonderten Vortrag gilt.
leuchtet; ihr Mechanismus war offen gelegt >> 11 • In In den verschiedenen Ausgaben des Theaterstücks
einem Brief an Brecht gibt Eisler, auf Durchsetzung steht stets die Fassung mit identischen Refrains; für
seiner musikalischen Interessen bedacht, den Rat- die << Gedichte >> 3 wurde, der Erstveröffentlichung in
schlag: << Laßt die Schauspieler nicht zuviel sprechen den<< Hundert Gedichten>>4 folgend, die Neufassung
bei den Liedern. Das Singen bringt die Gesten mit gewählt, diese aber nicht in die Gedichtbände der
sich u. erleichtert sie. >> 12 Im Vorwort zur Partitur Werkausgabe übernommen, sondern dort für die
schreibt er: <<<Die Rundköpfe und die Spitzköpfe> Ballade auf die <<Stücke>> verwiesen. In einem Ar-
ist ein Schauspiel mit Musik; sie spielt eine große beitsexemplar der Ausgabe des Malik Verlags
Rolle und geht über den Rahmen einer Bühnen- notierte Brecht, offenbar als erste Stufe der Ver-
musik hinaus. Ich verlange ein ausgezeichnetes Mu- änderung, diesen Refrain:
sikerensemble und Schauspieler, die singen können.>>
Brecht meinte sogar bei Erwägung der Umarbeitung Denn dann dreht das Rad sich nicht mehr weiter
des Theaterstücks in einen Film, daß sich daraus Und das große Reiten unterbleibt
<< eine kleine komische Oper bzw. eine satirische Wenn das Wasser sich dem Wasser eint und heiter
Operette>> ergeben würde. 1 J Endlich einmal nur sich selber treibt. 5

411
Die Rundköpfe und die Spitzköpfe Lied 40

Die endgültige Fassung soll Brecht bei Vorbereitung die Verwendung von drei Zeitformen in den drei
der <<Hundert Gedichte>> ( I 9 51) gefunden haben. 6 Strophen bekräftigt. 14 Die Geschehnisse werden von
Elisabeth Hauptmann sieht das Gedicht in dieser unten her gesehen, von denen, die nicht in die Hel-
Form als einen selbständigen, vom Stück gelösten denlieder eingegangen sind, die aber, zur Duldung
Text. 7 gezwungen, den geschichtlichen Prozeß in Gang
Eisler indes hat den umgestülpten Refrain nicht halten. Die Möglichkeit der Auflehnung spricht
nur (und zwar in der originalen Brechtschen Form) nicht erst der veränderte dritte Refrain aus; schon in
der V cröffcntlichung als Einzeltitel für Gesang und der zweiten Strophe heißt es: << ich meine/ Daß wir
Klavier in den << Liedern und Kantaten>> zugrunde ge- keine andren Herren brauchen, sondern keine! >>
legt, 8 sondern auch - hier mit einer (bei Brecht nicht überhaupt ist die Lehre der Ballade hinterhältig -
nachweisbaren) textlichen Variante - in die Bühnen- eine für Brecht ohnehin typische Methode - : Was
musik übernommen: sich der Handlungsfigur verschließt, begreift der
Zuschauer. 15
Denn dann dreht das Rad sich nicht mehr weiter Eislers Musik deckt die Subversion vollends auf,
Und das heitre Spiel, es unterbleibt sie erzeugt <<Widerstand gegen den Text>>. 16 Sie gibt
Während das befreite Wasser uns mit eigner Kraft sich keineswegs Fatalismus hin, sondern schlägt
die eig'ne Sach' nun weiter treibt.9 einen geradezu frohlockenden Ton an. Dadurch ist
dem Lied die Überwindbarkeit dessen, was der Text
(Übrigens hat Eisler schon in der Grundschicht den als unabänderlich hinstellt, eingeschrieben; die Musik
Anspruch auf fortdauernde Gültigkeit der Unter- geht in ihrer Konzeption von dem varianten dritten
drückung wenigstens dadurch abgeschwächt, daß Refrain aus, auch als er noch gar nicht existent war.
er statt << ewig treibt>> in der Schlußzeile << weiter Um dies auszudrücken, braucht es freilich auch
treibt>> schreibt.) 10 eine Interpretation, die den Gegensatz als gewollt
In << Die Rundköpfe und die Spitzköpfe>> wird die begreift und nicht verwischt. Keinesfalls darf Senti-
<< Ballade vom Wasserrad>> von der Kellnerin Nanna mentalität aufkommen; das Tempo sei ziemlich zügig
Callas gesungen, die Brecht als einen Typus ge- (das <<Andante con moto >> ist, wie angegeben, halb-
zeichnet hat, << der infolge doppelter Ausbeutung taktig aufzufassen), und das Verbot, legato zu singen,
(als Kellnerin und Prostituierte) eine noch unent- verbunden mit der Forderung nach deutlicher Aus-
wickelterc politische Haltung als ihr Vater, der sprache, muß gut beachtet werden. Die Anweisung
Pächter, zeigt. Ihre Einstellung ist nur scheinbar <<höflich>> (aus der Partitur ergänzt durch <<liebens-
realistischer; sie ist in der Tat hoffnungslos. Die würdig>>) gilt über die damit bezeichnete Stelle hin-
Darstellerin brachte das besonders deutlich in der aus. Beim Refrain mit seinen illustrativen Anspielun-
<Ballade vom Wasserrad> zum Ausdruck, aber auch gen an das Wasserrad (Instrumentalpart) koste der
sonst an vielen Stellen.:>n Gesang, gegen das Wort angehend, die weichen
Das Lied steht auch in der Urfassung von << Mut- melodischen Kurven und den tänzelnden Rhythmus
ter Courage und ihre Kinder>>, wo es die Protago- mit Genuß aus. (Der Instrumentalpart trägt von sich
nistin in ein Gespräch über Kriege so einführt: << die aus durch Imitation der Melodie hier spielerische
armen leut zahlen die niederlagen und zahlen die Elemente hinein.)
siege. fürn krieg und fürn frieden werden steuern Hanns Eisler hat die Ballade beim VEB Deutsche
eingetrieben, ganz gleich, wer oben sitzt! wenn jetzt Schallplatten als Vorschlag für eine anschließende
der kaiser wieder oben sitzt, weil der schwedenkönig Aufnahme mit Irmgard Arnold gesanglich demon-
hin ist, heisst das nur, dass die steuern an den kaiser striert.17 Entscheidend ist der Gestus, den er vor-
gehn. habens schon einmal ein wasserrad gesehn, gibt: heitere Überlegenheit, Verschmitztheit, List.
Sie sehens an mühlen. ich werd Ihnen ein lied vor- Die Strophen laufen in geschmeidigem Parlando ab,
singen von einem solchen wasserrad, ein gleichnis, bestimmte Worte sind kräftig ausgestellt (durch
wo die grossen drin vorkommen. >> 12 Lautstärke und Verlangsamung), andere schnell ab-
Brecht knüpft an das barocke Motiv des << Rades getan, mit vielen abrupten Umschwüngen. Bei der
der Fortuna>> mit dem Aufstieg und Absturz der Zeile << ach, der Stiefel glich dem Stiefel immer, und
Mächtigen an - eine ihm vertraute Allegorie. 13 In uns trat er>> ist langes V er weilen auf dem <<Ach>> ge-
der << Ballade vom Wasserrad>> ist die Wiederkehr des fordert, wodurch die Klage fast ins Ironische distan-
Ewiggleichen in ihrer Dauerhaftigkeit auch durch ziert und eher zur Achtung aufgerufen wird; die

412
Die Rundköpfe und die Spitzköpfe Lieder 40 · 41

letzten Worte in ihrer Bedeutung fest eingehämmert. misch-philosophischen Manuskripte>> von Marx (der
Anschließend erfolgt der Umschlag ins Schlaue, Ge- seinerseits eine Passage aus Shakespeares << Timon
witzte, mit der eher geflüsterten revolutionären von Athen>> auslegt) .6 Das << Lied von der belebenden
Pointe (im Handexemplar des Begleitpianisten Andre Wirkung des Ge1des >> begeistert sich an der All-
Asriel steht ein ins Pianissimo führendes Diminuen- macht, die im Gelde liegt. Die Beispiele sind so
do): << ... daß wir keine andren Herren brauchen, provozierend formuliert, lassen keinen Einspruch
sondern keine!>> Dem dritten Refrain, der den Ein- der Moral gelten, daß sie zu Widerspruch an-
griff ins scheinbar Unveränderliche lehrt, gibt Eisler stacheln. Im Theaterstück wird ein zusätzlicher An-
aufreizende Aggressivität (Anmerkung im Hand- griffspunkt dadurch geschaffen, daß ein Richter das
exemplar Asriels: << lustig, ausgelassen>>). Interessant Lied vorträgt und seine Bestechlichkeit offen zur
zu beobachten ist, wie Irmgard Arnold das Modell Schau stellt. Schließlich wird mit der verballhorn-
auf ihre Weise verwirklicht: Sie folgt Eislers Gestus ten Sentenz<< Edel sei der Mensch, gut und so weiter»
oft bis ins Detail und setzt doch die Mittel einer die bekannte Goethesche Maxime ironisiert und ein
Sängerin ein. 18 Seitenhieb auf Illusionen der Klassik geführt; Brecht
fand den Ausspruch in der Lebenspraxis gründlich
widerlegt und schrieb I 93 5, << daß die Menschen,
41
anstatt hilfreich, edel und gut zu sein, ganz anders
Lied von der belebenden sind >> 7 •
Wirkung des Geldes Spricht das Wort das Lebensgesetz der bürger-
lichen Gesellschaft direkt aus, so gefällt sich die
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru- Musik in einem Stil, der sonst gerade der Be-
mentation: Flöte, zwei Klarinetten, Altsaxophon, schwichtigung, Übertünchung dient. Als Anspielung
Tenorsaxophon, zwei Trompeten, Posaune, Banjo, auf die historische Tiefe der Fragestellung werden
Schlagzeug, Klavier, Kontrabaß. Tempo I = Tem- drei Stilarten aus drei verschiedenen Zeitläuften
po III (beides Allegretto). Für unsere Ausgabe wur- zitiert: die in formalistischen Sequenzen verödete
den einige Artikulationszeichen nach der Partitur Spielfreude des Barock (Ritornelle), die schmach-
bzw. nach Analogiestellen ergänzt. Das Ritardando tende W alzerseligkeit des Fin de siede (Strophen),
bei Beginn des Schlußritornells steht nicht in der der auftrumpfende Schlagerton der << roaring twen-
Partitur. Eine textliche Variante gibt es im dritten ties >> (Refrains). Der Widerspruch zwischen Wort
Refrain: << der Blick wird breiter» (Brecht), << der und Musik wirkt komisch und entlarvt: Diese delek-
Blick wird weiter>> (Eisler). Die Partitur ist datiert tiert sich mit gleicher Hingabe am Geld, mit der sie
vom 4.August 1934. sonst Liebe und Glück besingt, zugleich sind die
In der Endfassung von << Die Rundköpfe und die Phrasen aber so überbelichtet, daß ihre Entleertheit
Spitzköpfe>> ist dieses Lied zu Beginn der siebenten hervortritt. Kulinarischer Stil wird in sich fragwürdig
Szene (<< Palais des Vizekönigs>>) plaziert. Während gemacht; dies wirkt als Kritik auf den Kniefall vorm
von Beamten der Gerichtssaal aufgebaut wird, singt Gelde zurück.
der Richter ( = Tenor) das Lied << zu einer leisen Auch bei diesem Lied hat Eisler für eine Schall-
Musik >> 2 • Bei der Kopenhagener Uraufführung war plattenaufnahme von Irmgard Arnold selbst ein
es dem Staatsrat Eskahler (später in << Missena >> um- Modell angeboten. 8 Die drei Stile sind scharf von-
benannt) übertragen, 3 hier mit folgendem Arrange- einander abgesetzt: motorische Schematik der Ritor-
ment: << eine Holztreppe, darauf ein blauer Teppich; nelle (Viertel = 132); schmachtender Wiener Walzer
eine Lüsterkrone; die Statue der Justitia, repariert, (Viertel = ca. 104) mit genußvollem Zerdehnen und
am Schluß des <Liedes von der belebenden Wirkung Verweilen (das begeisterte << blicket hinan: der
des Geldes> vermittels Zügen herabgelassen anstelle Schornstein raucht!>>, die aufdringliche Betonung
der beschädigten Statue, die hochgezogen wurde>>4 • des Wortes <<Geld>>); frecher, verschmitzter Couplet-
In einer varianten Fassung der siebenten Szene sollte stil im Refrain (Viertel = I 32). (Eisler überrascht -
das Lied von den Beamten (also offenbar chorisch) Vorsatz oder Texthänger? - in der Schlußstrophe
gesungen werden. mit Varianten: <<so ist's auch mit allem Guten und
Bereits 1927 hatte Brecht in dem Gedicht <<Vom Schönen>> statt << ... Guten und Großen>>, << wer sich
Geld >> 5 ironisch die Vergötzung des Geldes attackiert, schon auf Unstaat eingestellt hat>> statt << ... Untat>>.)
angeregt offenbar durch das Studium der << ökono- Irmgard Arnold beachtet bei ihrer Schallplatten-

413
Die Rundköpfe und die Spitzköpfe Lieder 41 · 42

aufnahme9 Eislers Modell, setzt aber die ihr eigenen bereits in der ersten Fassung << Die Spitzköpfe und
Mittel, auch schönen Belkanto, ein und bildet - ge- die Rundköpfe>>, hier freilich noch nicht mit dem
wiß von Eisler gutgeheißen, vielleicht sogar von ihm Hinweis als Gesang - als Resümee des Vizekönigs
angeregt - einige gestische Varianten aus. So geht bildet es das Finale. In der Endfassung folgt auf die
sie über die zweite Strophe, die Eisler sorgsam vom zweifelnde Selbstbefragung der Pachtherren nach
Wort her ausformt, in ziemlich raschem Parlando Möglichkeiten ewiger Stabilisierung ihrer Herr-
eher beiläufig hinweg und zeichnet die Bruchstelle schaft das revolutionäre <<Sichellied>> << Bauer, steh
in dem ironisch verfremdeten Goethe-Zitat << Edel auf!>>. Zur Kopenhagener Uraufführung hatte die
sei der Mensch, gut und so weiter>>, gerade dort, wo Pächterstochter N anna Callas das Schlußwort: Sie
die Herabziehung zur Alltagsphrase einsetzt, durch zitiert die Pachtherren mit den ersten fünf Zeilen
Ritardando aus (Eisler versucht sich hier in zartem ihrer Erwägungen. 4 Dies paßt aber nicht auf die
Falsett). Musik (es sei denn, das Lied wäre auf Verkürzung
Die Wiederholung der apodiktischen Fest- hin eingerichtet worden). Hanns Eislers autographe
stellung, mit der jeder Refrain schließt, wünschte Partitur 5 schreibt nach dem <<Vielleicht>>-Lied Vor-
Eisler nicht als Bekräftigung herausgestellt, sondern hang vor!
eher nebensächlich dahergesagt. Dazu bemerkt
Gisela May: <<Wie interpretierte er das? Indem er sie
heraushob, aber nicht durch Lautstärke, sondern in
seiner Haltung, im Ausdruck, nämlich ungeduldig,
abfallend, so, als wolle er sagen: Ihr habt's ja schon
gehört, nun ist's gut. Wer's noch nicht kapiert hat,
lernt' s nie. Außerdem steht' s eh' fest; wozu noch
lange drum herum reden. Dieser Tonfall des Weg-
werfens, der in der Untertreibung aber eher ein
Hervorheben verursachte, ein Aufmerksammachen
auf etwas Selbstverständliches, erzeugte Verfrem-
dung in vergnüglichster und zugleich vorbildlichster
Weise.>> 10

42
Das <<Vielleicht>>-Lied
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru-
mentation: Flöte, Es-Klarinette, zwei B-Klarinetten,
Altsaxophon; Tenorsaxophon, zwei Trompeten,
Posaune, Banjo, Schlagzeug, Klavier. In unsere Aus-
gabe wurden einige Ergänzungen nach der Partitur
aufgenommen: das Atemzeichen nach << die finster
waren>> (Takt II), die Portato-Striche auf <<sterben
wi~>> (Takt 20) und <<Licht>> (Takt 28). In der Partitur
ist (entgegen dem Klavierauszug, der Brecht folgt)
der (wiederholte) Schlußsatz durch die Interpunk-
tion als Fragesatz aufgefaßt. Die Partitur ist datiert
vom 19.August 1934.
In der Endfassung von << Die Rundköpfe und die
Spitzköpfe>> wird dieses Lied als << Rundgesang der
Pachtherren>> bezeichnet; sie singen es <<rauchend
zurückgelehnt>>. 2 << Rundgesang>> bedeutet, daß sie
sich darin abwechseln; eine Textfassung weist jedem
der <<Rauchenden>> einen Vers zu. 3 Das Gedicht steht

414
Schweyk im zweiten Weltkrieg

Bereits 1927 war Brecht an der Bearbeitung der Hanns Eisler hatte, seinen eigenen Angaben nach,
<<Abenteuer des braven Soldaten Schwejk >> von Ja- drei in den << Schweyk >> aufgenommene Lieder -
roslav Hasek für die Berliner Piscator-Bühne be- << Das deutsche Miserere>>, << Kälbermarsch >>und<< Das
teiligt gewesen. (Zu beachten ist die unterschiedliche Lieb vom Weib des Nazisoldaten>> - schon 1942 in
Schreibweise: im Original<< Schwejb [<<Svejb], bei Hollywood komponiert, 9 und zwar sehr zur Zu-
Brecht << Schweyk >>.) Schon damals entwickelte er in friedenheit Brechts. 10 Nachdem das Projekt mit
' ~

Gesprächen mit Fritz Sternberg Vorstellungen über W eill geplatzt war, suchte Brecht erneut nach Mög-
einen eigenen<< Schweyk>>. 1 Als Piscator in den dreißi- lichkeiten einer Aufführung in den USA - Charles
ger Jahren von Moskau und Paris aus eine Verfil- Laughton war vom<< Schweyk>> begeistert; 11 als sich
mung betrieb, war Brecht daran gelegen, mitzuarbei- dabei nichts ergab, stellte Eisler seine Musik zurück.
ten, und er machte Vorschläge zum Expose. 2 Die 1956 erwog Brecht eine Aufführung am Berliner
Pläne versandeten aber; auch eine von Piscator für Ensemble und drängte Eisler, die Musik zu vervoll-
Paris beabsichtigte Aufführung kam nicht zustande. ständigen; acht Wochen vor seinem Tode hat Eisler
Mitte der dreißiger Jahre ließ Piscator durch George sie ihm vorgespielt, und Brecht soll gesagt haben:
Grosz, den Bühnenbildner seiner Berliner Inszenie- << Das ist sehr interessant, daß du so amüsant sein
rung, der nach New York emigriert war, dort son- kannst. >> 12 Die Uraufführung von<< Schweyk im zwei-
dieren; aber Grosz bezweifelte, daß ein Erfolg zu ten Weltkrieg>>, mit Eislers Musik, fand am 1 7. Januar
holen sei. 1957 in Warschau statt. Als Ergänzung komponierte
1943 hoffte Piscator, seit fünf Jahren in New Eisler für die Aufführung in Frankfurt am Main
York, mit dem << Schwejk >> am Broadway herauszu- 19 59 sinfonische Intermezzi und für die französische
kommen. Jetzt ergaben sich aber Konflikte mit Erstaufführung in Villeurbanne-Lyon 1961 die
Brecht, denn dieser hatte sich für einen << Schweyk >> Szenen << In den höheren Regionen>>.
mit W eill (dessen Musical <<J ohnny Johnson>> nach Eisler sagte in einem Interview: << Die Musik zum
Paul Green 19 36 bereits den Stoff anklingen läßt) Schwryk ist nicht Bühnenmusik im üblichen Sinne.
liiert. Schon 1929 in Berlin hatte W eill eine<< Schwejk >>- Sie ist weit mehr: Sie ist die wichtigste aller Musiken
Oper erwogen. 3 In New York war Weill durch Ernst zu den Stücken von Brecht. Das ist fast eine kleine
Josef Aufriebt, den Berliner Produzenten der << Drei- Oper, wohlgemerkt in dem Sinne, den Brecht diesem
groschenoper», auf den << Schwejk>> als Sujet für ein Begriff gab, oder, wenn Sie wollen, eine musikalische
Musical gebracht worden. 4 Als sich Brecht im Früh- Komödie. Die Musik hat also in dem Stück auch
jahr 1943 besuchsweise in New York aufhielt, spannen noch andere Funktionen als die übliche Bühnen-
sich zu W eill Kontakte an. W eill versprach, sich für musik. Sie wurde nach mehreren Methoden des
eine Produktion von<< Der gute Mensch von Sezuan >> musikalischen Ausdrucks geschrieben. >> 1 3
einzusetzen, und gewann seinerseits Brecht, den der Er unterscheidet vier: die Musik der << höheren
<< Schweyk >> immer bewegt hatte, für sein Vorhaben. Regionen>>, << deformierte Oper>> mit reichlichen
Allerdings ergaben sich bald Schwierigkeiten, denn Wagner-Zitaten zur Charakterisierung der Nazi-
Weill fand in Brechts Text den Musikanteil zu gering Clique; die << Lieder des Volkes>>, deren Musik << ein-
und wünschte außerdem eine Übersetzung und fach und unmittelbar>> ist - << man kann sie behalten
Inszenierung, die den amerikanischen Usancen ent- und sofort nachpfeifen>> -; Tänze - Polka, Walzer
sprach. Der Plan wurde aufgegeben, und Brecht und Beseda - sowie Pantomimen; schließlich die
wandte sich um die Musik an Banns Eisler, der schon sinfonischen Intermezzi und Z wischenaktmusiken. 14
beiläufige Ratschläge zum Text gegeben hatte. 5 In- Gegen Ende seines Lebens soll Eisler erwogen haben,
des hoffte Brecht noch im Februar 1944, daß W eill aus dem << Schweyk>> tatsächlich eine Oper zu
<<wieder anbeißen>> würde, da man mit seinem Namen machen. 15
leichter in eine Produktion komme. 6 Noch im Herbst Brecht hat davor gewarnt, in seinem << Schweyk >>
194 7 soll er bei W eill wegen einer Bühnenmusik zu zu << böhmakeln >>: << die sprache des stücks unter-
dner von Wolfgang Langhaff am Deutschen Theater scheidet sich wesentlich von der sprache des deut-
Berlin geplanten Aufführung nachgefragt haben. 7 schen hasekbuchs. es sind süddeutsche elemente
(Auch Paul Dessau, der seit Frühjahr 1943 mit hineingearbeitet, und der gestus ist in mancher weise
Brecht zusammenarbeitete, scheint sich - einer anders.>> 16 Freilich hat Brecht sogar einige Lieder
Skizze zum << Lied vom Kelch>> nach 8 - mit dem wörtlich aus Grete Reiners Übersetzung zitiert, auch
.(< Schweyk >> befaßt zu haben.) · suchte er nach tschechischen Volksliedern in eng-

415
Schweyk im zweiten Weltkrieg Lieder 42 · 43

lischer Übersetzung. 17 Aber das sprachliche<< Milieu>> renkten Ornamenten zum hart gestampften Rhyth-
ist keineswegs authentisch, und mutatis mutandis gilt mus Variationen aus. Die für unsere Sammlung der
das für Hanns Eislers Musik. Eisler hat zwar selbst besseren Praktikabilität wegen ausgewählte Fas-
auf den Nachklang musikalischer Erlebnisse als Sol- sung für Gesang und Klavier mit dem beibehalte-
dat in einer tschechischen Einheit der k. u. k. Armee nen schlichten Strophenmodell (Ausnahme: die
hingewiesen, 18 seine Kompositionen sind indes (trotz Schlußstrophe) hat Eisler, obwohl sie durch seine
nachweislicher Zitate) << vom typisch Tschechi- Aufzeichnung, auch durch seine Interpretation auf
schen ... sehr weit entfernt>> 19 • Nun spielt ja Milieu- der Schallplatte4, autorisiert ist, ebenso wie die ande-
treue in Brechts Stücken ohnehin kaum eine Rolle; ren vereinfachten Klaviersätze der<< Schweyk >>-Musik
wichtiger war, daß die Musik von sich aus die Über- nur für Studienzwecke (Theaterproben) bestimmt. 5
legenheit der Unterdrückten, und zwar in heiterem Aus Eislers modellhafter Interpretation wurden eini-
Volkston, zur Geltung brachte - Eisler bezeichnet ge deklamatorische Verbesserungen übernommen:
sie als << Musik der Resistance>> 20 • Umschichtungen der Betonungen und Melismen in
Die Lieder werden von zwei Klavieren begleitet der letzten Zeile verschiedener Strophen.
und im Prager Wirtshaus <<Zum Kelch>>, dem Angel- Brechts Gedicht war unter dem Titel << Und was
punkt des Geschehens, dargeboten. Für das Interieur bekam des Soldaten Weib?>> 1942 in der in Mexiko
schreibt Brecht << ein elektrisches Klavier, das einen herausgegebenen Zeitschrift << Neues Deutschland >>
transparenten Oberteil hat, in dem ein Mond und die erschienen. 6 Daran entspann sich eine Diskussion
fließende Moldau aufglühen können>>, vor. 21 Dabei mit Hanns Eisler: <<eisler mag das lied UND WAS BE-
mögen sich Jugendeindrücke eingestellt haben; KAM DES SOLDATEN WEIB nicht. das ( etsch > darin miß-
Hanns Otto Münsterer beschreibt ein Orchestrion in fiel ihm. er sagt: <und was, wenn ich meiner mutter
einem Wirtshaus in der Augsburger J akobervor- 1917 aus italien ein stück salami heimgeschickt hab?
stadt: << ... beim Einwurf eines Zehnpfennigstückes die generäl' nehmen sich die klaviere und teppiche,
leuchtete zu den Klängen rührseliger Musik oben und der gemeine mann hält sich ein bissel schadlos,
das Transparent mit einer Landschaft auf, ein Wasser- indem er seiner frau schuh kauft. das ist, was er vom
fall schäumte, und über alles hinweg zogen Wolken krieg hat, wenig.> - es ist eine schwierige frage. ich
langsam hin und her. >> 22 Für Eisler seinerseits war könnte sagen, daß ich dem weih nicht essen, sondern
<< ein verbrauchtes, mechanisches Klavier (sprich nur kleidungsstücke habe schicken lassen, geplün-
Pianola, der Ahnherr der J uke Box)>> Quelle der derten plunder. aber das macht keinen wirklichen
klanglichen Anregung; der << mechanische Charakter unterschied, sie braucht auch das. ich könnte sagen:
dieser Musik>> habe auch den Stil der Lieder be- ich hätte das gedieht nicht geschrieben, wenn der
stimmt. 23 witwenschleier aus paris gekommen wäre. die frage
bleibt immer: wie dem proletariat den führungsan-
spruch lassen und die unverantwortlichkeit zubilli-
43
gen? im kopf hatte ich beim schreiben wohl: und was
Das Lied vom Weib bekam das SA-manns weib? so wird es heißen müs-
des Nazisoldaten sen. >> 7 Tatsächlich änderte Brecht den Titel in << Das
Lied vom Weib des Nazisoldaten>>. Das Problem be-
Autograph. 1 Es zeigt zu Beginn ein dreiaktiges Vor- schäftigte ihn wieder, als er im April 1945 mit dem
spiel, offenbar für eine Fassung mit Instrumental- Regisseur William Dieterle Filme für die deutschen
ensemble; in einer Kopie und ihr folgend für unsere Kriegsgefangenen in den USA besprach und dabei
Ausgabe wurde es gestrichen. Das Autograph ent- auch eine von dem Lied ausgehende Story erwogen
hält einige Instrumentationsangaben, auch liegt noch wurde: << es ist keine anprangerung des soldaten für
der Ansatz eines Arrangements für Flöte, zwei Klari'- plünderung. was er heimschickt, ist minimal, und es
netten, Trompete, Horn, Posaune, Tub1i, Gitarre, ist alles, was das volk aus dem krieg herausholen
Pauken, Schlagzeug, Klavier, Kontrabaß vor. 2 Auf wird. das thema ist, daß der raubkrieg nicht lohnt;
der Kopie des Klaviersatzes steht in der Schluß- alle die feldzüge und schreckenstaten bringen noch
strophe ein Vermerk auf die endgültige Einrichtung nicht so viel, das weib zu kleiden, und sie nehmen ihr
für zwei Klaviere. Für Aufführungen sollte nur die den mann. >> 8
Fassung für zwei Klaviere gültig sein; 3 der Klavier- Wie Brecht schreibt, hat er für dieses Lied << gut
part bildet von Strophe zu Strophe mit virtuos-ver- vom Volkslied gelernt>>9 • Sowohl Eisler als auch

416
Schweyk im zweiten Weltkrieg Lied 43

W eill und Dessau haben Vertonungen vorgelegt, die vier ähnliche Verfremdung zu erzeugen.) Für das an-
den vorgegebenen Gestus auf ihre Weise beachten. gezeigte Allegretto wählt Eisler Viertel = I 08; das
Eislers Bemerkung, daß er<< Und was bekam des Sol- <<Ruhiger>> in der letzten Strophe faßt er mit Viertel
daten Weib?>> zusammen mit << Das deutsche Mise- = 80 als sehr langsam auf. Die Schlußzeile führt er,
rere>> und<< Kälbermarsch >> schon 1942 in Hollywood entgegen dem hier durchweg vorgeschriebenen For-
komponiert habe, 10 steht entgegen, daß Brecht in tissimo, stetig leiser werdend zum Piano hin. Über
einer Tagebuchnotiz vom 9. Juni 1943 über ihm von die oft angezeigten Triolen geht er sonderbarerweise
Eisler gezeigte Kompositionen nur diese beiden flüchtig hinweg und löst sie in daktylischen Rhyth-
Lieder (und als drittes <<In Sturmesnacht>>) erwähnt mus auf.
und sich auch in einem Brief an Ruth Berlau Anders die Aufnahme mit Gisela May 17, die, von
vom 18. September 1943 über Möglichkeiten, seinen Eisler überwacht, ebenfalls als Modell gelten kann:
<< Schweyk>> Eisler zu geben, nur darauf beruft. 11 Die May nimmt den Schluß wesentlich schneller,
Kurt Weill hat <<Und was bekam des Soldaten steht das Fortissimo der Schlußzeile bis zum Fine
Weib?>> 1943 vertont, aber offenbar nicht als Ansatz zu durch und hält sich ziemlich genau an die Triolen.
der geplanten Musik zu<< Schweyk >>, sondern für eine Sie berichtet, daß Eisler ihr aufgetragen habe, sie
von Ernst Josef Aufricht für den Radiosender << Die << solle die Strophen, in denen gesagt wird, was des
Stimme Amerikas>> produzierte Serie über deutsche Soldaten Weib alles für schöne Dinge aus den er-
Emigranten in New York <<The Schultzes of York- oberten Ländern bekommt, möglichst ordinär und
ville >>. 12 Lotte Lenya sang, von W eill am Klavier be- gemein ausstellen, um den Bruch zum letzten Vers,
gleitet; sie trat damit auch öffentlich auf (3. April wo sie den Witwenschleier bekommt, besonders
1943 New York, Hunter College), und Aufricht deutlich zu machen>> 18 • Sie weist auf den Unterschied
will angeblich Schallplatten initiiert haben. 13 W eill hin, den der Vortrag verlangt, wenn sie das Lied als
war von einer frühen Fassung ausgegangen, der die Äußerung der Wirtin Kopecka oder gelöst aus dem
Strophe über Warschau noch fehlt und die statt der Stück versteht; auf dem Theater müsse sie den von
über Tripolis eine über Bukarest bringt: Eisler geforderten Gestus zurücknehmen, da die
Kopecka in der Illegalität arbeitet und mit dem Lied,
Und was bekam des Soldaten Weib ohne daß ihre Haltung erkannt werden darf, Baloun,
aus dem südlichen Bukarest? den gefräßigen Freund des Schweyk, vor Bestechung
Aus Bukarest bekam sie das Hemd warnt. 19
so bunt und so fremd, ein rumänisches Hemd!
Das bekam sie aus Bukarest. 14

Vielleicht gab die Zusammenarbeit die Anregung,


das Lied in den << Schweyk>> aufzunehmen; die von
ihm eingeführte Figur der Wirtin Kopecka (im Ori-
ginal: ein Wirt) hatte Brecht ohnehin der Lenya zu-
gedacht, die ihn übrigens auch durch eine Schall-
platte mit W eills Chanson << Au fond de la Seine>> zu
seinem (lange zurückgestellten) << Lied von der Mol-
dau>> inspirierte. 15 (Lotte Lenyas Zeugnis nach soll
W eill in dieser Arbeitsperiode tatsächlich auch einige
<<Schweyk>>-Lieder komponiert haben.)
Als Demonstration für die Interpreten der Ur-
aufführung in Warschau hat Eisler I 9 56 seine
<< Schweyk>>-Musik auf Tonband aufgezeichnet, sin-
gend und Klavier spielend zugleich; einige Lieder
sind auf Dokumentar-Schallplatten 16 übernom-
men worden. (Als Begleitinstrument benutzt er ein
mit Reißzwecken auf den Filzhämmern präpariertes
Klavier, was überhaupt für Aufführungen dieser
Musik empfohlen sei, um eine dem elektrischen Kla-

417
Mutter Courage und ihre Kinder

<< Mutter Courage und ihre Kinder>>, eine << Chronik in der neunten Szene zerschlissen und zerstört war. >> 4
aus dem Dreißigjährigen Krieg>>, schrieb Brecht 19 39 Brecht zufolge waren ursprünglich statt der Lampen-
kurz nach Ausbruch des zweiten Weltkriegs im bälle Schweinsblasen vorgesehen, << die hatten mehr
schwedischen Exil, von Vorarbeiten ausgehend, die mit dem Milieu zu tun>>; << es sollte ausschauen wie im
er bereits in Dänemark geleistet hatte. Seine Haupt- Kartenspiel die Schellen>>. 5 Auch die Plazierung der
quellen waren der Simplicianischen Schriften sieben- Musiker unterstellt sich der Wirkungsabsicht: << Die
tes Buch <<Trutz simplex oder ausführliche und wun- Musiker waren sichtbar in einer Loge neben der
derseltsame Lebensbeschreibung der Ertzbetrügerin Bühne untergebracht - welche Position ihre Darbie-
und Landstörtzerin Courasche>> (1669) von Grim- tungen zu kleinen Konzerten machte, selbständigen
mclshausen und das Ged1eht << Lotta Svärd >> aus der Beiträgen an passenden Stellen des Stücks. >> 6 (Hin-
Balladensammlung << Fänrik Stäls sägner >> ( 2. Teil gegen fordert Dessau, offenbar auf klangliche
1860) von Johan Ludvig Runeberg (übersetzt durch Balance zu den Singstimmen bedacht: << Das kleine
die schwedische Schauspielerin N aima Wifstrand, Orchester sollte immer verdeckt sein. >>7)
die für die Titelrolle vorgesehen war). Als ein früher Bei der Zusammenstellung der Lieder scheint
Titel erscheint<< Die finnische Niobe >> 1 ; später wandte Brecht davon ausgegangen zu sein, durch Einbau be-
sich Brecht aber gerade gegen die Auffassung als reits vorliegender Vertonungen oder nach Art der
<< Niobetragödie >> 2 • Vielmehr sah er die beiden Kontrafaktur an überlieferte Melodien angepaßte
Frauenfiguren als Muster an, die er, nach Art seiner Texte von Neukompositionen weitgehend unab-
Gegenentwürfe, widerlegte. Seine <<Courage>> ist hängig zu sein. Das <<Lied vom Surabaya-Johnny>>
eine kleine Geschäftemacherin, die sich im Krieg (anfangs offenbar original, dann als << Lied vom Pfeif-
gesundzustoßen hofft und doch durch ihn verelendet, und Trommelhenny>> parodiert, schließlich durch
ohne daß sie erkennt, nur Spielball der großen Ge- das<< Lied vom Fraternisieren,> ersetzt) und der<< Salo-
schäfte zu sein. mon-Song >> waren von Weill komponiert, die
Nicht die Courage zeigt am Schluß Einsicht, << Ballade vom Weib und dem Soldaten>> und die
wohl aber soll der Zuschauer belehrt sein. Seine Er- << Ballade vom Wasserrad>> (nur in der U rschicht des
kenntnis wird auf dialektische Weise herausgefor- «Courage>>-Textes, dann ausgeschieden) von Eisler.
dert. Meinungen werden kundgetan, die scheinbar Für das << Lied der Mutter Courage>> war die<< Ballade
Anerkennung verlangen; tatsächlich sind sie so for- von den Seeräubern>> das Modell, eine für das << Rei-
muliert, daß sie zu Widerspruch anstacheln. Wichtige terlied>> erwogene Alternative, <<Als wir kamen vor
Aufgaben fallen dabei den Liedern zu. Sie sind alle in Milano >>, geht auf die Melodie << Prinz Eu gen, der
die Handlung verstrebt, treten meist aber auch aus edle Ritter>> zurück. Auch das << Lied von der Bleibe>>
ihr heraus und sprechen den Zuschauer direkt an. dürfte seine Vorlage haben; in einer Aufstellung be-
Indes ist die Moral, die sie ihm empfehlen, frag- zeichnet Brecht es als «Volkslied>> 8, und zur Vor-
würdig; mit den gezeigten Handlungen und deren bereitung der Zürcher Uraufführung soll er die
Folgen verglichen, entwertet sie sich. Zur Verunsi- Noten dazu geschickt haben. 9 Für das <<Wiegenlied>>
cherung soll nicht zuletzt die besondere Faktur der hatte Helene W eigel eine Melodie im Ohr - die sie
Musik beitragen. später auch an Paul Dessau vermittelte. 10 Bleibt als
Schließlich ist auch das Bühnenarrangement ge- einziges Gedicht ohne vorgegebene Weise das << Lied
fordert: Um die Doppelfunktion der Lieder als von der großen Kapitulation>>!
Äußerung der Handlungsfigur und (kaschierten) Am 12. Februar 1940 schließt Brecht mit einem
Autorenkommentar zu verdeutlichen, soll die szeni- schwedischen Bühnenverlag über ~< Mutter Courage
sche Illusion zerstört und die Bühne zum Vortrags- und ihre Kinder» ab, aber es findet sich kein Theater. 11
podium werden. Brecht erdachte sich für seine Ber- Von Helsinki aus, wohin er im April übersiedelt war,
liner Inszenierung 1949 ein vom Schnürboden schreibt er am 1. August, daß sich infolge der Zeit-
herabschwebendes << Musikemblem>>, << bestehend aus ereignisse für den Herbst in Aussicht gestellte Auf-
Trompete, Trommel, Fahnentuch und Lampen- führungen in Oslo, Stockholm, Zürich und Basel
bällen, welche aufleuchteten>>. 3 Einerseits zeigt es die zerschlagen hätten. 12 Aber das Zürcher Schauspiel-
Unterbrechung der Handlung an, andererseits wird haus erwog doch eine Option, was der Anlaß ge-
es durch die Handlung verändert und spiegelt die wesen zu sein scheint, daß sich Brecht mit dem finni-
fortschreitende Verelendung wider: << Ein zartes schen Komponisten Simon Parmet (1897-1969) über
und leichtes Ding, schön anzuschauen, auch wenn es die Musik beriet. Er kam von einem Pasticcio der

418
Mutter Courage und ihre Kinder

Handschriften ab und bewog Parmet zur vollständigen ter Paul Dessau, im << Lied der Mutter Courage>> die
Neukomposition, wobei er freilich seine eigenen Melodie der << Ballade von den Seeräubern>> zitiert; 21
Vorstellungen, bis in musikalische Einzelheiten hin- ob auch das <<Lied von der Bleibe>> auf eine Vorlage
ein, geltend machte. In seinem Arbeitsjournal notiert zurückgeht, steht offen, da sie bisher nicht identifi-
er am 7. Oktober: << ich möchte die nummern als me- ziert ist. << Die Ballade vom Weib und dem Soldaten>>
chanische einsprengseln, etwas darin von dem plötz- wurde in Eislers Vertonung übernommen. Das
lichen aufschallen jener butiken-apparate, in die man <<Wiegenlied>> weist Burkhard durch drei Kreuze
einen groschen wirft. >> 13 Parmet fühlte sich << schwer einem anonymen Autor zu; vielleicht versteckt sich
benachteiligt>>, da ihm Brecht die << Dreigroschen- darunter Simon Parmet, der jedenfalls bei einer Auf-
aper >> als Vorbild aufgedrängt habe. 14 Auf den Ein- führung von<< Mutter Courage und ihre Kinder>> mit
spruch von Bekannten, er kopiere W eill, sei er - so Paul Burkhards Musik in Helsinki eines der Lieder
Brecht - nach drei Kompositionen abgesprungen, als seines erkannt, dasselbe aber auch in Paul Des-
und Brechts Erklärung, es sei doch nur das <<Prinzip>> saus Musik gefunden haben will. 22 Zwischen beiden
von ihm beizubehalten, << ein prinzip, das nicht weill Vertonungen besteht eine gewisse, wenn auch
gefunden hat>>, half nichts. 15 Schließlich arbeitete er schwache Ähnlichkeit; vielleicht lag eine gemein-
aber doch daran weiter und will zu Brechts voller Zu- same Quelle zugrunde, nämlich die (von Dessau be-
friedenheit<< über zwanzig Gesangsstücke>> vorgelegt zeugte) Überlieferung durch Helene W eigel. In der
haben (zweifellos eine Übertreibung, da in den Sze- Partitur der amerikanischen Fassung bezeichnet
nen - Wiederholungen schon eingeschlossen - nur Dessau die Melodie als <<Volksweise>>! Das << Lied
etwa die Hälfte verzeichnet sind). Am 1. Februar vom Pfeif- und Trommelhenny>> entfiel zur Zürcher
1941 schickte Brecht den Klavierauszug an den Bas- Uraufführung; Brecht soll dem Regisseur Leopold
ler Theaterverlag Kurt Reiss und kündigte bei defi- Lindtberg später gesagt haben, daß er es mit Recht
nitiver Annahme des Stücks eine Instrumentierung gestrichen habe. 2 3
( sieben, eventuell acht Musiker) an. 16 (Dem Arbeits- Simon Parmet berichtet, er wäre mit Brecht über-
journal vom 2. F~bruar nach widersprach er der von eingekommen, daß seine <<Courage>>-Musik obliga-
Parmet beabsichtigten << einfachen begleitung >> und torisch für alle europäischen Bühnen sein solle; 24 in-
regte dazu an, das Orchester zu <<emanzipieren>>: Es des hielt sich Brecht in seiner Vereinbarung mit dem
sollte eigenverantwortlich zum Gesang auf der Verlag durchaus offen, andere Musiken zu sanktio-
Bühne Stellung nehmen. 17) Parmets Musik wurde nieren - er sei nicht sicher, ob nicht auch Eisler eine
indes weder in Zürich noch anderswo aufgeführt, Musik verfaßt habe. 25 (Tatsächlich gehörte Eisler, zu
und er will sie später (mit Ausnahme einer einzigen dem damals, da er in den USA lebte, nur lockere
Nummer) vernichtet haben. 18 Verbindung bestand, zu den Adressaten von Brecht
Die Bühnenmusik zur Uraufführung im Zürcher versandter hektographierter Exemplare.) 1943 lernte
Schauspielhaus am 19. April 1941 schrieb der damals Brecht in New York Paul Dessau kennen und be-
dort als Hauskomponist wirkende Paul Burkhard gann, mit ihm zusammenzuarbeiten; im gleichen
(1911-1977) 19 für eine Besetzung- den Instrumenta- Jahr übersiedelte Dessau, um Brecht nahe zu sein,
tionsangaben nach - mit Flöte, Trompete, Akkor- nach Hollywood. Brecht zeigte ihm << Mutter Cou-
deon, Harmonium ad libitum, Schlagzeug, Klavier. rage und ihre Kinder>> und las die Lieder daraus vor,
Die Musiknummern umfassen: << Lied der Mutter << ruhig, zart und ganz auf Sinn, so musikalisch, wie
Courage>>, << Ballade vom Weib und dem Soldaten>> kaum ein Dichter wohl je vorgelesen hat>> 26 • 1946
(Musik: Hanns Eisler), << Das Lied von der großen entstand Dessaus << Courage >>-Musik, und zwar, wie
Kapitulation>>, << Lied des Soldaten>> ( = << Reiter- er ausdrücklich anmerkt, << in engster Zusammen-
lied>>), << Das Lied vom weisen Salomon >> ( = << Bettel- arbeit mit Brecht >> 27 . Er versuchte, << Musikstücke zu
lied der großen Geister>>),<< Uns hat ein Ros ergetzet>> erfinden, die, ausgehend vom Volkslied, das Volks-
( = <<Lied von der Bleibe>>), <<Wiegenlied>> (Musik: lied erweitern, indem sie es durch rhythmische und
anonym). Außerdem.eine <<Militärmusik>> für Pikkolo- harmonische Mannigfaltigkeit bereichern>> 28 • Man
flöte und Trommel. Brecht soll dem Regisseur Leo- sollte << den Eindruck haben, als hörte man . alt-
pold Lindtberg die Notenvorlagen, auf die er das bekannte Weisen in neuer Form, ein Volksgut, des-
<< Lied der Mutter Courage>> und das << Lied von der sen Eigenart mehr in seinen Charakteren liegt als in
Bleibe>> geschrieben hatte, geschickt haben. 20 Tat- einzelnen Tonfolgen oder gar in <landläufigen> Har-
sächlich hat Burkhard, wie vor ihm Parmet und spä- monien >> 29 • Brecht urteilt: << Die Musik Paul Dessaus

419
Mutter Courage und ihre Kinder Lied 44

zur Courage ist nicht hauptsächlich eingängig; wie konsequent angeglichen.) In der U rschicht lautet die
beim Bühnenbau war auch bei ihr dem Publikum zweite Strophe (so auchin Dessaus amerikanischem
etwas zu tun übriggelassen: das Ohr hatte die Stim- Manuskript):
men und die Weise zu vereinigen. Die Kunst ist kein
Schlaraffenland. >>3° Und an anderer Stelle: Die dies land ist ratzekahl gefressen
<< Dessausche Musik zur <Mutter Courage> ist wirk- der ruhm ist dein! doch wo ist 's brot?
lich kunstvoll, solch ein Stück muß man in der edel- mutter courage bringt zu essen
sten asiatischen Form aufführen, dünn und wie auf und wein für leibs- und geistesnot.
Goldplatten graviert3 1 >>. kanonen auf die leeren mägen
Die Partitur, im August I 946 in Long Beach das schien schon manchen ungesund
(Kalifornien) abgeschlossen, umfaßt zwölf Musik- doch sind sie satt, hab meinen segen
nummern und ist Helene W eigel gewidmet. Für die und führ sie in den höllenschlund !2
Berliner Erstaufführung am 1 I. Januar 1949 im
Deutschen Theater (Regie: Brecht/ Erich Engel) Die Schlußstrophe ging ursprünglich so:
fügte Dessau einige Ergänzungen an und schrieb ein
spezielles Arrangement für sieben Spieler (zwei Flö-
mit seinem glück, seiner gefahre
ten, Trompete, Gitarre, Akkordeon, Schlagzeug,
der krieg, er zieht sich etwas hin
Klavier). Für° die Interpretation fordert er: << Im
der krieg, er dauert 300 jahre
übrigen vermeide man jede opernhafte Allüre. Je
der gmeine mann hat kein gewinn.
leichter und eleganter der Vortrag sein wird, um so
er hat sein rock und hat sein essen
besser wird man der Musik gerecht werden. >> 32 Das
er kriegt sein lohn vom regiment
Klavier ist hier erstmals mit Reißzwecken auf den
und was' s noch gibt, wer kanns ermessen?
Filzhämmern präpariert; der cembaloähnliche, aber
der feldzug ist noch nicht zu end 13
metallisch gehärtete Klang erinnere << an eine über-
große Gitarre >> 33 . (Einen ähnlichen Effekt erzielt ein
Die Abänderung in die endgültige Fassung stellt den
spezieller Metallvorhang.) Brecht war von Dessaus
demagogischen Schwindel mit dem kleinen Mann
<<Gitarren>>- oder <<Wanzen >>-Klavier sehr angetan; er
schärfer aus.
soll sogar - Dessau zufolge - den Anstoß dazu ge-
Gleiches gilt für die siebente Szene, in die Brecht
geben haben und bescheinigt im Klavierauszug ge-
nach der Zürcher Uraufführung, bei der er sich von
meinsam mit dem Komponisten den Liedern bessere
der Kritik mißverstanden sah, mit wesentlichen
Wirkung durch die Präparierung.
Änderungen eingriff. Die Courage zeigt hier nun-
mehr << Zeichen des Wohlstands>> und erscheint als
44 << bestochen >>. 4 Brecht veränderte die dritte Strophe
des Liedes und setzte, um das Gemeinte deutlich aus-
Lied der Mutter Courage zusprechen, eine neue Halbstrophe voran:
Aus: Brecht · Dessau: Mutter Courage und ihre
Kinder. Neun Lieder. 1 Für unsere Ausgabe wurde Und geht er über deine Kräfte
der Klaviersatz an die amerikanische Fassung ( 1949) Bist du beim Sieg halt nicht dabei.
angeglichen, die sich mit Klavier beschränkt. Die Der Krieg ist nix als die Geschäfte
Tonart e-Moll folgt der amerikanischen Fassung (so Und statt mit Käse ists mit Blei. 5
auch in den Klavierauszügen); die Partitur der Ber-
liner Fassung (1948) steht in es-Moll. Instrumenta- Der Partitur nach beginnt die Musik hier inmitten
tion: Trompete, Akkordeon, Schlagzeug, Gitarren- des Liedes, mit dem zweiten Teil des Strophen-
klavier; Maultrommel (auf der Bühne). Die Text- modells; beim Vortrag in durchlaufendem strophi-
fassung der ersten und zweiten Strophe folgt der schem Zusammenhang ist dies nicht möglich. Um
Werkausgabe und der Bühnenfassung des Berliner die wichtigen Zeilen gleichwohl zu bewahren, emp-
Ensembles; in der Partitur bzw. im Klavierauszug fiehlt sich eine Kombination mit der vierten Strophe,
gibt es verschiedene Abweichungen. (Erst in der wie sie Therese Giehse, die Zürcher (und 1950
Bühnenfassung steht die Adresse des Liedes im Münchener) Courage, bei ihrer Schallplattenauf-
Plural: «Ihr Hauptleut>>; in den Noten ist dies in- nahme6 vornimmt:

420
Mutter Courage und ihre Kinder Lied 44

Von Ulm nach Metz, von Metz nach Mähren! den Krieg zu benutzen. >>n Die Regieanweisung be-
Mutter Courage ist dabei! sagt: << Die Courage und ihre kleine Familie auf dem
Der Krieg wird seinen Mann ernähren Weg zum Kriegsschauplatz. Man hört die erste Stro-
Er braucht nur Pulver zu und Blei. phe des Geschäftslieds der Courage. Dann rollt der
Und geht er über deine Kräfte Planwagen nach vorn. Er wird gezogen von den
Bist du beim Sieg halt nicht dabei. beiden Söhnen, und sie singen die zweite Strophe des
Der Krieg ist nix als die Geschäfte Geschäftslieds. Auf dem Bock sitzen die stumme
Und statt mit Käse ists mit Blei. Kattrin, die Mundharfe spielend, und die Courage. >> 12
Die Szene wurde auf der rotierenden Drehscheibe
Die in Brechts Neufassung der Strophen in der sie- gespielt. (Statt der Maultrommel schreiben frühere
benten Szene betriebene kritische Bewertung ist in Fassungen beim Auftritt der Familie mit dem << Cou-
einen Rahmen gestellt, der von sich aus entlarvt: Die rage>>-Lied Ziehharmonika vor.)
Szenenprojektion kündigt << Mutter Courage auf der Die letzte (fünfte) Strophe bildet das Finale: Die
Höhe ihrer geschäftlichen Laufbahn>> an; hat sie vor- Courage, der der Krieg alle ihre Kinder genommen
her den Krieg verflucht, besingt sie ihn nun als hat, spannt sich, zerlumpt, verarmt, selber vor den
<< guten Brotgeber». 7 Therese Giehse spielte die Szene Marketenderwagen, während im Hintergrund ein
1950 in München, <mm jedes Mißverständnis zu ver- Regiment mit Pfeifen und Trommeln vorbeizieht.
meiden, betrunken torkelnd, die Flasche schwin- Für seine Berliner Inszenierung hob Brecht die Re-
gend>>. 8 giean weisung << Man hört Singen von hinten >> 13 auf:
Die Bühnenfassung des Berliner Ensembles spart << Die letzte Strophe des Liedes der Courage wurde,
die dritte Strophe aus; die vierte Strophe fehlt in der als sie sich langsam vor ihren Wagen spannte, aus
Partitur (Berliner Fassung), ist aber in der Bühnen- der Orchesterloge, wo die Kapelle untergebracht
fassung (Schluß der achten Szene) berücksichtigt, war, angestimmt. Es bringt kräftig noch einmal ihre
hier auch mit Refrain. 9 unzerstörte Hoffnung, doch noch einen Schnitt zu
Offenbar um 19 5o hat Brecht eine weitere, in die machen im Krieg, zum Ausdruck, gewinnend an
Zukunft zeigende, aus dem Kontext des Theater- Kraft durch den Verzicht auf die Illusion, das Lied
stücks tretende Strophe (mit neuem Refrain) ge- werde in der Feme von ziehenden Heerhaufen ge-
schrieben: sungen. >> 14 Daß sie, wie ursprünglich angegeben, den
Refrain mitsingt, entfiel. Die Courage ist unbelehrt;
Es kommt der Tag, da wird sich wenden um es zu betonen, wurde bei der Rotterdamer In-
Das Blatt für uns, er ist nicht fern. szenierung von Ruth Berlau 1950 der Satz «Ich muß
Da werden wir, das Volk, beenden wieder in' n Handel kommen>> (in der Berliner Büh-
Den großen Krieg der großen Herrn. nenfassung: << Ich muß wieder ins Geschäft kom-
Die Händler all mit ihren Bütteln men>>) eingefügt. 15 Ihr << N ehmts mich mit!>> ruft die
Und ihrem Kriegs- und Totentanz Courage in der Berliner Bühnenfassung nicht vor
Sie wird auf ewig von sich schütteln dem Lied aus, sondern in das Lied hinein, zwischen
Die neue Welt des g'meinen Manns. Strophe und Refrain.
Es wird der Tag, doch wann er wird Brecht schrieb das << Lied der Mutter Courage>>
Hängt ab von dein- und meinem Tun nach Art des Parodieverfahrens auf seine << Ballade
Drum wer mit uns noch nicht marschiert von den Seeräubern>>; in einer frühen Szenenüber-
Der mach sich auf die Socken nun. 10 sicht verweist er ausdrücklich auf dieses Modell, das
seinerseits auf die französische Romanze << L'Eten-
Für die Berliner Bühnenfassung löste Brecht auf dard de la Pitie >> zurückgehen soll. 16 Simon Parmet
Helene W eigels Anregung die ersten beiden Stro- hatte bei seiner Musik zu << Mutter Courage>> diese
phen aus der ersten Szene und funktionierte sie zum Weise zu beachten: << Es war eine äußerst einfache,
Vorspiel um. Er schreibt: <<Wir hatten das· Lied vor- äußerst triviale Melodie, aber sie wurde in dem
gesehen als theatralisches Auftrittslied, schwungvoll Brechtschen Zusammenhang ungeheuer wirkungs-
und frech - wir dachten an die letzte Szene des voll. Außerdem schlummerten in ihrer unkomplizier-
Stücks. Aber die W eigel wünschte es als Geschäfts- ten Struktur ungeahnte Möglichkeiten für musika-
lied, Lied der aktualen Repräsentation, und sie lische Bearbeitung und Entwicklung. >> 17 Auch Paul
schlug vor, es zur Darstellung des langen Wegs in Burkhard geht bei seiner Musik zur Zürcher Drauf-

421
Mutter Courage und ihre Kinder Lieder 44 · 45

führung davon aus; allerdings zitiert er nur bis zum 45


Ende der Strophe und wählt für den Refrain eine Lied von der
eigene Fortführung.
Paul Dessau wurde ebenfalls auf das Modell ge..: großen Kapitulation
lenkt: << Ich war damals recht verblüfft über die Bana-
lität dieser Melodie und auch über Brechts zwar höf- Aus: Brecht · Dessau: Mutter Courage und ihre
lichen Hinweis, daß er sie gern für sein Lied ver- Kinder. Neun Lieder. 1 Partitur in es-Moll. Instru-
wendet haben wollte. <Man müßte hier stark ein- mentation: Akkordeon, Schlagzeug, Gitarrenklavier.
greifen, um eine derartige Vorlage für ein wichtiges Im Klavierauszug steht nur eine Strophe; die An-
Lied tragbar zu machen>, meinte ich, und Brecht passung der folgenden beiden Strophen und die Ein-
stimmte mit mir überein. >> 18 Seine Vorlage war, den fügung der (gesprochenen) Sprichwörter erfolgte
von ihm zitierten Beispielen nach, 19 nicht die von nach der Partitur. Das vorgeschriebene <<arpeggio>>
Brecht in der << Ballade von den Seeräubern>> ge- wurde im Vergleich mit der Partitur vereinheitlicht;
gebene Fassung, sondern eine andere, offenbar origi- dort ist zusätzlich bei den Schlußtakten jeder Strophe
nale Quelle ( durchweg Sechsachteltakt, Wechsel << sehr scharf gerissenes arpeggio>> angezeigt. Text-
zwischen e-Moll = Strophe und E-Dur = Refrain). liche Retuschen nach der Werkausgabe, der Bühnen-
Dessau bewahrt die Melodie, formt ihren Gestus fassung des Berliner Ensembles und der Interpreta-
aber gründlich um und überführt ihn ins Stampfend- tion von Helene W eigel. 2 Einige Differenzen er-
Marschierende. Er zerdehnt oder verengt den er- klären sich daraus, daß Dessau zwar nicht von der
warteten metrischen Ablauf durch Einschübe oder Urschrift (Titel: << Lied vom Abwarten>> mit dem Re-
Elisionen und schafft Widersprüche zwischen der frain << und du marschierst mit der Band, dein Instru-
Melodik und den ihr eigentlich zukommenden har- ment in der Hand>>) ausging, aber von einer Z wi-
monischen Funktionen. 20 Die Harmonik selbst ist schenfassung, und manchmal inkonsequent, anglich. 3
dissonantisch verzerrt; auch die eingesprengten Eine Inkonsequenz geht auch zu Lasten Brechts:
Trompetensignale (in quäkendem << con sordino >>) Von der zweiten Strophe an sollten in den Refrain
klingen nach Stellung und Gestalt deformiert. Ins zwei Soldaten einstimmen, weshalb die Mitteilungs-
übergroße gesteigert werden diese Prozeduren im form dort von der zweiten Person in die dritte
Finale; hier sind kontrapunktisch (und ziemlich ge- wechselt (<< und sie marschiert ... >>); obwohl dies zur
waltsam) noch Motive aus Militärmärschen einmon- Berliner Inszenierung (und in der Druckausgabe)
tiert. Beabsichtigt ist jedesmal, das Wort, das, teils entfiel, blieb doch der Text derselbe.
zynisch, teils resigniert, den Krieg als Geschäfts- Das << Lied von der großen Kapitulation>> tarnt
quelle billigt, von der musikalischen Faktur her zu sich als Lehre, will aber Widerspruch herausfordern;
kritisieren. 21 es ist an den Zuschauer gerichtet und zugleich aus
Helene W eigel sprach die Courage in der Berliner der Handlung motiviert und wirkt auf sie ein. Ein
Inszenierung von 1949 im Dialekt, aber erst bei der aufgebrachter Landsknecht, um eine Belohnung be-
Neueinstudierung 19 5 1 wandte sie die Dialekt- trogen, will seinen Rittmeister zur Rede stellen und
tönung auch auf den Gesang an: << Das Lied lebte wird von der Courage belehrt, sich zu fügen. Als
auf» 22 • Die Tempoangabe lautet in der Partitur und Exempel singt sie das Lied. Sie lernt damit selber;
im Klavierauszug: Viertel = 120; die Aufnahmen denn auch sie wollte sich beschweren und läßt nun
mit Helene W eigel2 3 und Gisela May 24 ziehen das davon ab. In seiner Berliner Neueinstudierung von
Zeitmaß eher noch an. Eine große Differenz besteht 19 5 1 hat Brecht dadurch auf die Folgen der Anpas-
im Finale zwischen dem Tempo der Partitur (Halbe sung gewiesen, daß er den Fähnrich, der später den
= 84) und dem in der modellhaften, auf Schallplatten Befehl gibt, Kattrin, die Tochter der Courage, zu er-
festgehaltenen Einstudierung 25 tatsächlich befolgten schießen, mit diesem Soldaten identisch sein läßt.
(Halbe = etwa 112): Offenbar sollte, im Sinne der << Die Lektion der Courage und einige andere Lektio-
auf Verschärfung der Kritik gerichteten Konzeption, nen scheinen gewirkt zu haben: Die Große Kapitula-
jeglicher Wehleidigkeit - dem sich einschleichenden tion hat diesen Menschen zu einem leeren, kalten und
Mitleid - begegnet werden. brutalen Offizier gemacht. >> 4 Brecht schreibt über die
Szene, daß sie << Erbitterung zu Beginn und Nieder-
geschlagenheit am Ende>> verlange. 5 << Die Schlechtig-
keit der Courage ist in keiner Szene größer als in

422
Mutter Courage und ihre Kinder Lieder 45 · 46

dieser, wo sie den jungen Menschen die Kapitulation entstellten Tonika und der Melodie in Nonenparalle-
vor den Oberen lehrt, um sie selber durchführen zu len). So wird aufs Wort eingewirkt, und es erscheint
können. Und doch zeigt das Gesicht der W eigel da- fragwürdig. Das entspricht Brechts Auffassung:
bei einen Schein von Weisheit und sogar Adel, und <<Und unverständlich/ Das Lied der Marketenderin
dies ist gut. Es ist nämlich nicht die Schlechtigkeit von der Großen Kapitulation, ohne/ Daß der Zorn
ihrer Person so sehr als die ihrer Klasse, und sie selbst des Stückeschreibers zum Zorn der Marketenderin
erhebt sich wenigstens dadurch darüber ein wenig, geschlagen wird. >> 10
daß sie Einsicht in diese Schwäche, ja Zorn zeigt. >>6 Vorbildlich ist Helene W eigels Auffassung, 11 die
Therese Giehse gab dem Lied bei der Münchener in die Resignation einen distanzierenden Zug trägt,
Aufführung 19 5o << eine aggressive Wendung, indem diese gleichsam befragt, den Zweifel mitklingen läßt.
sie beim letzten Refrain das Publikum mit einbezog - (Die den Strophen angesetzten Instrumentaltakte
sie trat auf in der < Stadt der Bewegung> und der Re- sind bei dieser Aufnahme nur am Schluß bewahrt.)
militarisierung >>7. Aggressiver, auch im Tempo straffer, zeigt sich
Stufenweise wird das Abrücken von geplanter Gisela May auf ihrer (von Dessau autorisierten)
Auflehnung durch die Macht der Verhältnisse be- Schallplatte 12 : Sie gibt sich überlegen, frech. Für
schrieben; auch die eingefügten Sprichwörter sind einen aus dem szenischen Zusammenhang gelösten
danach ausgewählt. Kernstück ist die Sentenz am Vortrag des Liedes empfiehlt sich ein (nach Brechts
Schluß des Refrains: << Der Mensch denkt: Gott Anmerkungen zu einem Modellbuch formulierter)
lenkt. Keine Red davon!>> Durch den von Brecht Vorspruch: << Bei einem Soldaten, der sich über ein
statt des Kommas gesetzten Doppelpunkt - << ex- erlittenes Unrecht beschweren will, stellt Mutter
tremster Fall>> von Verfremdung durch<< Verkehrung Courage fest, daß sein Zorn nicht groß genug ist.
vor geprägten Sprachgutes >> 8 - ist die im Sprichwort Um ihn zu trösten, beichtet sie in einem Lied, daß
destillierte christliche Anschauung aufgehoben. Die auch sie früh genug hat klein beigeben müssen. >> 13
Feststellung wird nicht mehr als apodiktisch gültig
hingestellt, wie bei der Gleichordnung; sondern der
Mensch denkt, daß Gott lenke - und auch davon 46
kann keine Rede sein. Den Doppelpunkt zu verdeut- Lied des Pfeifenpieter
lichen, mußte Aufgabe der Musik sein; in der ersten
(amerikanischen) Fassung befolgt es Dessau noch Originale Bearbeitung für Gesang und Klavier von
nicht und faßt das <<Gott>> auf schwacher Zählzeit Paul Dessau für diese Ausgabe. Die für die Bühnen-
auftaktig auf, dann aber verändert er die Stelle und musik eingerichtete Fassung für Gesang und Gitarre
hebt das Wort als Synkope heraus, zusätzlich durch liegt bisher nur als Manuskript vor. Die synkopier-
einen Akzent (aus der Partitur in unsere Ausgabe ten Einsätze im dritten und fünften Takt sind neue
übernommen) betont. Pointen der Klavierfassung. Zwei Strophen des Tex-
Paul Dessau schreibt über seine Komposition: tes folgen der Bühnenfassung 1 des Berliner En-
<< Die Musik beherrscht den Text, deutet ihn gleich- sembles, die dritte Strophe wurde von der Schall-
sam und macht ihn durch Abgrenzungen des Melo- platte2 transkribiert.
dischen sogar <schärfer>. Es geht so weit, daß man Das << Lied des Pfeifenpieter >> ist erst in die Neu-
kleine Formen antrifft, wie zum Beispiel bei den einstudierung am Berliner Ensemble r 9 5 r eingefügt
Worten <besondres bin> und <Gewinn>, die musika- worden, und zwar auf Anregung Ernst Buschs, der
lisch gleichen Ursprungs sind. Es ist gleichgültig, ob den Koch spielte. Der Koch, Holländer, sucht bei
die Umkehrung der Phrase beabsichtigt war oder der Courage einen Kapaun zu erstehen; Busch wollte
sich im Prozeß der musikalischen Arbeit ergab. Auf mit dem Lied << den Beginn zarter Beziehungen mitten
die Reinheit des Stils kommt es an. Ich glaube, daß im Kampf um einen billigen Preis des Kapauns an-
sie hier erreicht ist. Das vielgestaltige Lied wird von deuten >> 3• Busch habe << schon bei den ersten Proben
W anzenklavier, Harmonika und Schlagzeug beglei- ein ungeheuer charmantes Spiel>> gezeigt; der Handel
tet. >> 9 Die Musik kritisiert die im Lied ausgedrückte um den Kapaun sei daher verändert worden.4 Das
Lehre von ihrer Faktur her. Sie bildet in sich Unstim- Loblied auf das für den << Pfeifenpieter >> typische
migkeiten aus, zum Beispiel durch dissonante Ver- Utensil hilft, ihn zu charakterisieren; die Lagerhure
zeichnung im Rahmen der grundsätzlichen Tonalität Yvette münzt später ihr << Lied vom Fraternisieren>>
(besonders eklatant am Schluß des Refrains mit der (in einer früheren Fassung - mit deutlicher Anspie-

423
Mutter Courage und ihre Kinder Lied 46

lung - «Lied vom Pfeif- und Trommelhenny>> als


Parodie des<< Surabaya-Johnny>> 5) auf den Koch alias
Pfeifenpieter, der so hieß,<< weil er die Pfeif nicht aus
dem Maul genommen hat dabei, so beiläufig wars bei
ihm >>6 • Brecht hat auf die Einbindung des Liedes
(das <<nur Busch>> singe7) als Teil eines Gesprächs hin-
gewiesen, weshalb das ansonsten die <<Einlagen>> an-
zeigende Musikemblem entfiel.
Während der Emigration hielt sich Ernst Busch
einige Zeit in Holland und Belgien auf und kannte
sich im Holländischen gut aus. Dies nützte er für die
Partie des Kochs (und speziell für dieses Lied) zur
Sprachtönung - was Brechts Vorstellungen, der
ohnehin Dialekt als gestisch fördernd schätzte, ent-
gegenkam. Vom Vortrag her setzte er zusätzlich
Pointen, zum Beispiel durch das kecke<< au, au>> in der
Zeile <<nimm du die Frau, nimm du das Geld>> oder
durch das Zerhacken des Melismas bei dem Wort
<< Ehemann>>.
Das Lied geht auf eine originale holländische
Vorlage zurück, << Niets beters dan de pyp >>, die auf
dem Manuskript als <<Original-Shanty>> bezeichnet
ist. 8 (Um sich finanziell über Wasser zu halten, sang
Ernst Busch in den dreißiger Jahren für Radio Hil-
versum Shantys.) Busch soll sich den Text auf deutsch
selber bearbeitet haben; 9 es steht offen, ob Brecht
überhaupt daran beteiligt war. Für die Musik nennt
Dessau als Quelle eine 1536 aufgezeichnete Volks-
weise und ein holländisches Lied; den Wechsel zwi-
schen Allabreve- und Dreihalbetakt vermerkt er aus-
drücklich als authentisch. 10

424
Der gute Mensch von Sezuan

Brecht bezeichnet als Thema des Stücks: <<Tödlich- deren besondere Pädagogik zu teilen) und ist ein
keit bürgerlicher Ethik in bürgerlichen Verhältnis- Musterbeispiel für das intendierte <<Theater des wis-
sen >> 1 • Verhandelt wird dies als ein Experiment über senschaftlichen Zeitalters >> 7 • Die <<Versuchsreihen>>
die Frage, ob der Welt, um menschlich zu sein, nur werden als szenisches <<Spiel>> geboten, oft nochmals
Güte fehle. Das Ergebnis: Unter den herrschenden in sich gebrochen als << Spiel im Spiel»; bei der Her-
gesellschaftlichen Verhältnissen entwertet sich Güte ausstellung dieser Struktur fallen der Musik wichtige
und potenziert nur Unmenschlichkeit. Güte zu dem Aufgaben zu.
einen läßt sich nur erkaufen durch Härte zum ande- Am 2 5. Januar I 942 notiert Brecht: << da das stück
ren: Der Konflikt nötigt zur Spaltung der Existenz, sehr lang ist, will ich es noch mit poeti~chem ver-
was auf der Bühne anschaulich gemacht wird durch sehen, einigen versen und liedern. es mag leichter
zeitweilige Verwandlung eines << guten Menschen>> in und kurzweiliger werden dadurch, wenn es schon
seinen << bösen Vetter>> - ein << Bild der < Entfrem- nicht kürzer werden kann. >> 8 Schon am Tag darauf
dung> >>. 2 Wie eine Lösung aussehen soll, läßt Brecht verzeichnet er die Beendigung der Lieder. 9 Über die
scheinbar offen; im Epilog appelliert er ans Nach- ihnen zugestandene Funktion der Unterhaltung hin-
denken der Zuschauer. Tatsächlich aber hat er das aus sind die << Sezuan >>-Lieder Parabeln innerhalb der
szenische Exempel dahin geführt, daß der not- Parabel und schaffen dem <<Spiel>> einen weiteren
wendige Eingriff einsichtig ist: nicht die individuelle Hintergrund. In ihnen teilt sich - kaschiert und auf
Aktion, sondern grundsätzlicher Umbau der Gesell- dialektische Einwirkung ausgehend- der Autor mit;
schaft. sie erwachsen aus der Handlung, überschreiten aber,
In einer Vorbemerkung zur Veröffentlichung in exemplarisch formuliert, bei weitem die Einsicht der
seinen <<V ersuchen>> ( 19 53) schreibt Brecht, daß die Figuren. Andererseits muß der Lehre, die sie ver-
Provinz Sezuan der Fabel << für alle Orte stand, an mitteln, mißtraut werden; denn der Autor spricht
denen Menschen von Menschen ausgebeutet wer- mit Verstellung, legt Meinungen daraufhin an, daß
den>>; heute gehöre sie nicht mehr zu diesen Orten. 3 sie widerlegt werden. So ist die Resignation, ein
Als Gattung hat Brecht ausdrücklich<< Parabelstück >> Grundthema der Lieder, nicht etwa Brechts Ansicht;
angegeben; die Ansiedlung in örtlicher Feme sollte sogar die Personen im Stück gehen dagegen an, in-
nur um so schärfer die europäischen Verhältnisse dem sie sich, um hochzukommen, gegenseitig an-
treffen. Gleichwohl gibt es chinesische Quellen in fallen, und auch das Publikum soll ja keineswegs re-
Fülle; die chinesische Philosophie bestätigte sogar signieren, sondern den Ansatz zur Änderung der
den Marxismus. 4 Nur kommt es keineswegs aufs Verhältnisse, freilich einer vernünftigen, finden.
Milieu an, es sollte höchstens als Folie erscheinen - Werden die Lieder aus dem Stück gelöst, wirkt die
womit auch der Musik der Weg gewiesen ist. Lehre absolut und mithin mißverständlich; deshalb
Die Entstehungsgeschichte des Parabeistücks geht sollte ein Kommentar in den Zusammenhang ein-
bis in die mittzwanziger Jahre zurück. Ein 1930 in führen.
Berlin fixierter Entwurf << Die Ware Liebe>> ordnet Eine besondere Eigenart sind die vielen kleinen,
sich in eine Gruppe von Arbeiten über das Thema direkt ans Publikum gerichteten Adressen, deren
<<Güte>> ein. Geplant war ein << Kurzstück>> von ein- Mitteilungsform als Durchbrechung des Spiels nicht
einviertel bis eineinhalb Stunden Dauer. 5 Erst im nur durch ihre Versifizierung, sondern auch durch
März 19 39 begann sich Brecht wieder damit zu be- Musik betont werden sollte. Paul Dessau schreibt,
schäftigen; der Abschluß zog sich, mit Unterbre- daß er hier zum ersten Male << lyrische Passagen, die
chungen und vielen Überarbeitungen, bis in den Ja- man sonst allgemein spricht>>, komponiert habe, und
nuar 1941 hin. Die Uraufführung fand am 4.Februar sieht diese Art des Musizierens für die Bühne<< durch
1943 am Zürcher Schauspielhaus statt mit einer die musikalische Festlegung und die zeitweilige Ton-
Musik von Huldreich Georg Früh. " angabe>> als Vorstudie zu seiner <<Kreidekreis>>-
Am 1 5. März 19 39 schreibt Brecht, daß er sich Musik an. 10
den alten Entwurf hervorgezogen habe, weil er << da- Als es 1943 in New York zu erneuten Kontakten
bei die epische technik entwickeln und so endlich mit Kurt Weill kam, brachte Brecht auch das << Se-
wieder auf den standard kommen >>6 könne. Mit sei- zuanstück>> ins Gespräch; in seinem Arbeitsjournal
ner Anlage als Experiment über menschliches Ver- vermerkt er, daß er darüber mit W eill << als halbe
halten knüpft<< Der gute Mensch von Sezuan >> an die oper >> abgeschlossen habe. 11 Aber das Projekt kam
Lehrstücke an (ohne freilich, als ein << Schaustück>>, nicht zustande, und Brecht wandte sich an Paul Des-

425
Der gute Mensch von Sezuan Lieder 4 7 · 48

sau, der 1947/48 in Hollywood die Bühnenmusik << Gesang aus der Opiumhöhle >> in umgekehrter
komponierte. Sie wurde erstmals im Herbst 1948 zu Folge) - bewiesen. (Vielleicht regte das zitierte Lied
einer Inszenierung von << Der gute Mensch von Se- auch zu einer von Brecht erwogenen Variante der
zuan >> am Hamline U niversity Theatre in St. Paul Fabel mit Opium als zynisch eingesetztem Handels-
(Minnesota) unter Leitung von Dimitri Mitropoulos objekt an. 6) Das << Lied vom Rauch>> ist auch als eine
aufgeführt. Für die Premiere am 16. März 1948 hatte Alternative für das Finale angeboten, hier rein instru-
John G. Flittie eine Musik geschrieben: als der Über- mental mit dem <<Terzett der entschwindenden Göt-
setzer Eric Bentley im Sommer von Paul Dessaus ter auf der Wolke>> (zur Musik gesprochen): Auch
Vertonung erfuhr, paßte er sie, gemeinsam mit dem sie resignieren vor den Konflikten dieser Welt, ver-
Komponisten, seiner Übertragung an. schließen dem Hilferuf des << guten Menschen>>, der
In den Aufführungshinweisen fordert Dessau Güte mit Härte erkaufen muß, ihr Ohr und preisen
eine sichtbare Plazierung der kleinen Kapelle, << am ihn in nichtssagender Phrase. Das Zitat des Liedes
besten auf der Hinterbühne auf einem hohen Po- ruft seinen resignativen Inhalt in Erinnerung; aber
dest >>12-'- auch von dieser Seite her die Desillusionie- das instrumentale Gewand (vollgriffige Klavier-
rung bei den Musiknummern betonend. Trans- akkorde, rauschende Harfenarpeggien, Glocken-
positionen sind freigestellt; die Metronomangaben spiel) hat sich dahin verändert, daß die Absicht einer
wie auch alle anderen Bezeichnungen seien <<relativ>> Übertünchung (<< sweet music>>) hervortritt. Freilich
und veränderten sich<< nach Ort, Zeit und Mensch>>. 1 3 will die Tünche nicht recht decken; die Resignation
lugt aus der Verklärung hervor und geißelt diese als
Lüge. Die Ausstellung des Mißlingens ist wichtig:
47 Das Publikum darf nicht besänftigt werden, sondern
Das Lied vom Rauch muß, von den Konflikten umstellt, nun selbst nach
Lösungen suchen.
Aus: Brecht· Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Klavier- Dessau merkt an, daß das << Lied vom Rauch>> << in
auszug. 2 Instrumentation: Flöte, Gitarre, Gitarren- verhaltenem Tone>> 7 vorzutragen sei. Jedenfalls
klavier. Die Metronomangabe in der Partitur lautet: sollte nicht Verzweiflung ausgedrückt werden, die
Viertel = 76/ So. Die Phrasierung ist dort meist frei- vom Hörer Mitleid erwartet; eher sollten Fragen an-
gestellt. Die Zeilen << heute weiß ich, keine Klugheit klingen, als würden die geäußerten Ansichten bearg-
reichte je, zu füllen eines armen Mannes Magen>> sind wöhnt - damit beim Zuhörer produktiver Zweifel
bei Dessau durch Versetzung des Kommas syntak- als Ansatz zur Veränderung geweckt wird. ·
tisch verschoben: << heute weiß ich, keine Klugheit
reichte, je zu füllen eines armen Mannes Magen>>. In
48
einer frühen Fassung der Szene lautet der Titel auch
<< Lied der verarmten Familie >> 3 • Das Lied
Brecht beendete das Lied in Zusammenarbeit mit vom Sankt Nimmerleinstag
Margarete Steffin am 26. Januar 1941. Er ging dabei
auf den um 1920 entstandenen << Gesang aus der Aus: Brecht· Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Klavier-
Opiumhöhle>> zurück, mit dem Refrain: auszug. Instrumentation: Klarinette, Schlagzeug,
Gitarrenklavier. Die zweite und dritte Strophe wur-
Darum sag ich: laß es ! den nach der Partitur ausgeschrieben (Anpassung
Rauch den schwarzen Rauch des Textes infolge varianter Silbenmenge). Artikula-
Der in kältre Himmel geht. Ach, sieh ihm tion, Phrasierung und Dynamik folgen der Partitur,
Nach: so gehst du auch. 4 wurden zum Teil auch nach Analogiestellen ergänzt;
was der Klavierauszug zusätzlich an Zeichen enthält,
Das Bild vom Rauch, Nietzsches Gedicht <<Verein- blieb bewahrt. Die Tempoangaben entsprechen der
samt>> entlehnt, 5 ist metaphorisch aufgefaßt und Partitur.
meint Vergänglichkeit, Hinfälligkeit. In Form eines Das Lied ist aus der Handlung motiviert: Der
Rollengedichts sind die drei Strophen auf drei Per- Flieger Sun singt es, auf den Vetter seiner Braut war-
sonen verteilt; die These, daß ein Eingriff ins Leben, tend, den Hochzeitsgästen vor. Da Braut und Vetter
welcherart immer, nichts nützt, wird an drei Genera- eine und dieselbe Person sind - Ausdruck des in gut
tionen - dem Großvater, dem Mann, der Nichte (im und böse gespaltenen Menschen-, wartet er vergeh-

426
Der gute Mensch von Sezuan Lieder 48 · 49

lieh. Das Dahinschwinden seiner Hoffnung faßt er in Mit anderen Liedern hat Brecht das << Lied vom
eine Parabel, die durch die Verallgemeinerung das achten Elefanten>> am 26. Januar 1941 nachträglich in
Publikum herausfordert. Freilich soll die Schwarz- den<< Guten Menschen von Sezuan>> eingefügt.3 Das
malerei nicht eigene Neigungen zur Resignation be- · Lied ist Teil einer Szene, die filmische Techniken ins
stätigen, sondern in Frage stellen - dahin zu führen Theater holt: Als Rückblende werden Geschehnisse
ist nicht zuletzt Aufgabe der Musik. dargestellt und kommentiert, wobei die Erzählerin
Die Vertonung des Textes in flüssigem Couplet- sowohl der berichteten Zeit als auch der gespielten
stil wirkt provokant. Die Entlehnungen aus der Zeit angehört und die Bühne den Ort des Berichts
Unterhaltungsbranche in Verbindung mit dem resi- und den Ort des Spiels zugleich zeigt. 4
gnativen Text bezeichnen diese als Lügenfabrik; die Von den Erfahrungen mit gefangenen Elefanten,
Beschönigung durch künstlerischen Überbau wird die quasi als Aufseher ein Leittier erhalten, hatte
angegriffen. Andererseits wird dadurch ebenso der Brecht bei Kipling gelesen. 5 Hier nun spiegelt er da-
Text fragwürdig. Kritik ist auch in die Musik selbst mit in Form der Tierparabel Praktiken kapitalisti-
gelegt: durch nackte Ausstellung trivialer Formeln scher Ausbeutung. Der Flieger Yang Sun ist zum
und ihre Verzerrung zur Grimasse. Vorarbeiter in einer Tabakfabrik avanciert. Früher
Dies muß sich auch an der Interpretation zeigen. selber geschunden, wird er nun -zum Schinder, und
In Benno Bessons Inszenierung am Berliner Ensem- zwar zu einem besonders scharfen. Das << Lied vom
ble ( r 9 57) trug Ekkehard Schall das Lied als Operet- achten Elefanten>> ist auf ihn gemünzt; einer der Ar-
tennummer vor. Er zog zu Beginn jeder Strophe beiter stimmt es an, die anderen fallen in den Refrain
seine Lippen zu einem gequälten Keep-smiling zu- ein. Yang Sun überhört, seiner Position sicher, den
recht: Optimismus als Heuchelei. Beim Refrain, der Angriff; er macht sich das Lied sogar für die Produk-
die Enttäuschung aller Hoffnungen verkündet, wurde tivität zunutze, indem er es zur Rationalisierung um-
die heitere Maske schlagartig abgestreift. Gleichwohl funktioniert, lachend den Refrain der dritten Strophe
blieb die gestische Parodie gewahrt: Schall schlit- mitsingt und in der letzten das Tempo (das des Lie-
terte in grotesk-primitiven Tanzschritten, wie auf des und das der Arbeiter) durch In-die-Händc-
der Operettenschmiere, über die Bühne. Er bot das Klatschen anzieht. Der Jazz im Nachspiel - karikier-
alles auf in sich gebrochene, leise Weise. Dessau ter Dixieland - erhitzt die Antreiberei zu einem
schreibt über das Lied: << Die Enttäuschung und Iro- wahren Taumel; hier wird Kritik an der Verfäl-
nie vertragen keinen lauten Ton. >> 2 schung dieser Musik angesetzt, an der Manipulation
von Lebensfreude zu demagogisch geschürter Ek-
stase.
49 Rene Leibowitz gegenüber hat Dessau erklärt,
Lied vom achten Elefanten daß ihm Brecht den beabsichtigten Gestus der Musik
durch plastische Demonstration dargestellt habe. 6
Aus: Brecht · Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Klavier- Der Vortrag soll <<robust>> sein. 7
auszug. Instrumentation: Klarinette, Trompete,
Schlagzeug, Gitarrenklavier. Die zweite, dritte und
vierte Strophe wurden nach der Partitur ausgeschrie-
ben ( Anpassung des Textes infolge varianter Silben-
menge). Artikulation und Dynamik wurden nach
der Partitur ergänzt; was der Klavierauszug zusätz-
lich an Zeichen enthält, blieb bewahrt. In der Partitur
ist die Dynamik beim Einsatz der vier Strophen im
Sinne einer Steigerung modifiziert: pianissimo ( r) -
piano (2) - mezzopiano (3) - mezzoforte (4)- Die
Tempoangabe beim Refrain <<nicht eilen>> enthält nur
der Klavierauszug. In der Partitur ist angemerkt:
<< alle sf genauestens beachten>>. Die Partitur verzeich-
net als instrumentales Nachspiel nach einem sech-
zehntaktigen Schlagzeugbreak (ad libitum) eine ver-
jazzte Variante des Liedes. 2

427
Herr Puntila und sein Knecht Matti Lied 50

Die gesellschaftlichen Antagonismen sind auf wider- Behauptung von Gesellschaftskritik gegenüber der
spruchsvolle Weise in das Verhältnis zwischen Aus- << verfeinerten Salonkomödie >> 6 - durchsetzen zu
beuter und Lohnabhängigem gelegt. Der Ausbeuter können.
opponiert unter Alkoholgenuß gegen sich selbst als In << Herr Puntila und sein Knecht Matti >> hat
brutalen Despoten; von Sinnen, gibt er sich mensch- Brecht nur wenige Lieder aufgenommen, und auch
lich, bei klarem Kopfe geht er mit verdoppelter diese erst in einem späteren Arbeitsstadium. Das
Härte vor. Die demonstrierte Persönlichkeitsspal- << Puntilalied >> entstand 1949 für die Berliner Inszenie-
tung hebt die Klassenschranke nicht auf - für einen rung. Zwischen die einzelnen Bilder gesetzt und von
Entwurf wählte Brecht den Titel << Die zwei Seelen der Köchin Laina gesungen, kommentiert es die
des Herrn Puntila oder Der Regen fällt immer nach Geschehnisse aus der Perspektive der Bediensteten
unten>>-, sie läßt, im Gegenteil, durch die Verfrem- und schafft epische Distanz. Die Musik komponierte
dung der Person ihre Klassenposition um so schärfer Paul Dessau. Banns Eisler, der sich 1943 << enthusias-
hervortreten. Freilich ist diese auch durch den (in den miert>> über das Volksstück geäußert hatte, 7 schrieb
späteren Titel aufgenommenen) Gegenspieler be- eine Musik zum <<Puntila>>-Film.
zeichnet, einen Proletarier, der die Anbiederungen,
gerade in ihrer Gefährlichkeit, durchschaut.
50
<< Herr Puntila und sein Knecht Matti >>, von
Brecht als <<Volksstück>> bezeichnet, entstand << nach Das Lied vom Förster und
den Erzählungen und einem Stückentwurf von Hella der schönen Gräfin
Wuolijoki >> 1 • Die finnische Schriftstellerin hatte
Brecht 1 940 auf ihrem Gut Marlebäk in Kausala auf- Originale Bearbeitung für Gesang und Klavier von
genommen. Über einen wahren Vorfall mit ihrem Paul Dessau vom August I 977 für diese Ausgabe.
zechfreudigen Vetter Roope hatte Hella Wuolijoki - Die Fassung der Bühnenmusik ist für Gesang und
ihn als << Punttila >> maskierend - die Kurzgeschichte Akkordeon eingerichtet. 1 Die Phrasierung des Lau-
<<Ein finnischer Bacchus>> (1927/28) geschrieben. 2 fes Takt 16/17 weicht von der Bühnenmusik ab. Die
Um 1934 legte sie eine Komödie über das Thema vor, sich zu einer Dissonanz faltende Finalis - ein im
später - offenbar 193 7 - auch ein Filmskript. 3 Es kam Rahmen der einfachen tonalen Verhältnisse schrof-
jedoch weder zu einer Aufführung noch zur Ver- fer Verfremdungseffekt, der den Schluß gleichsam
filmung: Die (wiewohl milde) Gesellschaftskritik ver- öffnet - ist ein Zusatz der Klavierfassung.
sperrte den Weg. Als Hella Wuolijoki Brecht den In der <<Anmerkung zur Musik>> heißt es: << Die
Stoff erzählte, war er davon begeistert; allerdings be- <Ballade vom Förster und der schönen Gräfin>
anstandete er die verschwommen dargestellten Klas- wurde auf die Melodie einer alten schottischen
senverhältnisse und befand den klassischen drama- Ballade geschrieben. >> 2 Vorlage war die Seeräuber-
tischen Aufbau - gerade um hier konkretisieren zu ballade << Henry Martin>>; die Formulierung läßt ver-
können - als hinderlich. Für sein Volksstück << Herr muten, daß Brecht nach Art seiner zahlreichen Kon-
Puntila und sein Knecht Matti >> wird der Gegensatz trafakturen zur überlieferten Weise den neuen Text
zwischen Herr und Knecht ( entwickelt nach Hegels gab. Eine Aufzeichnung der Melodie in Dessaus
Modell) entscheidend, 4 und der Handlung ist, bis ins Handschrift 3 auf flüchtig von der Hand gezogenen
Detail hinein, Erzählhaltung aufgeprägt. 5 Linien im Sechsachteltakt (zum Teil punktierter
Äußerer Anlaß der Bearbeitung war ein Wett- Rhythmus, verbesserte Schlußformel) legt nahe, daß
bewerb um ein finnisches Volksstück; Hella Wuoli- sie Brechts Gesang abgehört ist. Titel auf einem
joki übersetzte Brechts Text, mit ihm als Autorin Typoskript: <<Lied des roten Surkkala>>4 •
zeichnend - doch gingen sie leer aus. Für die U rauf- Als Parabel, mit der Pointe der Tierparabel in der
führung am 5. Juni I 948 im Schauspielhaus Zürich Schlußstrophe, warnt die << Ballade vom Förster und
nahm Brecht einige Veränderungen vor und zeich- der schönen Gräfin>> die Abhängigen vor der Anbie-
nete für das Stück in eigener Verantwortung.Weitere derung ihrer Herren. Das Lied klingt aus dem
Varianten gibt es in der Berliner Inszenierung vom Hintergrund, vom Teich her, wo sich das Gesinde
I 2. November 1949, der ersten Premiere des neuge- auf dem Tanzplatz vergnügt, gesungen - und damit
gründeten << Berliner Ensembles>>. I 9 5 5 drehte die in seiner Kritik scharf gerichtet - vom << roten Surk-
Wien-Film einen << Puntila >>-Film, an dem Brecht be- kala >>. Es motiviert sich aus der vorangegangenen
ratend mitwirkte, ohne seine Vorstellungen - die Szene mit der geplatzten Standeshochzeit und dem

428
Herr Puntila und sein Knecht Matti Lied 50

Geplänkel zwischen der Tochter des Dienstherrn


und seinem Knecht. Aber es weist über eine Liebes-
affäre hinaus, und der Gutsbesitzer Puntila resümiert
am Schluß der Szene richtig: << Das geht auf mich.
Solche Lieder schmerzen mich tief.>>
Ursprünglich hatte Brecht für diese Stelle - und
in gleicher Tendenz - das Lied << Der Wolf ist zum
Huhn gekommen>> erwogen, das nicht auf eine Tier-
parabel hinführt, sondern von ihr ausgeht:

Der Wolf ist zum Huhn gekommen


Hat gesagt: wir müssen uns kennen lernen
Kennen lernen, schätzen lernen.
Das Huhn hat's gut aufgenommen
Das Huhn ist mit dem Wolf gekommen:
Das ist, weil da Federn im Feld sind.
Oh, oh. 5

Paul Dessau hat das << Lied vom Förster und der
schönen Gräfin>> auch in seine Oper << Puntila >> über-
nommen, hier die Kritik quasi mitkomponierend, in-
dem er den schlichten Akkordeonsatz in das zwölf-
tönige Bezugsfeld des paraphrasierenden Orchesters
stellt.
Auf einer Schallplattenaufnahme6 unter Leitung
von Paul Dessau mit dem Ensemble von Brechts
Berliner Inszenierung ( 1949) singt Friedrich Gnaß,
der Darsteller des << roten Surkkala >>. Mit Viertel
= etwa 132 wird ziemlich langsames Tempo genom-
men, der Lauf im Akkordeon durch großes Ritar-
dando genußvoll ausgekostet und der Schluß jedes-
mal bedächtig, nachdrücklich, mit erheblicher Ver-
breiterung (Viertel = 112), deklamiert. Keine Weh-
leidigkeit, sondern Überlegenheit! Ähnlich im Ge-
stus, nur eher ins Fragende gewendet, zeigt sich die
Interpretation von Gisela May; ihre ebenfalls durch
Leitung des Komponisten autorisierte Aufnahme7
schlägt mit Viertel = etwa 160 wesentlich schnelle-
res Tempo an, befolgt aber in der Relation genauso
das große Ritardando und die Verbreiterung.

429
Mann ist Mann

Bereits im August 1918 beschäftigte sich Brecht mit geschichtlich reifen, echten sozialen Kollektiv der
dem Grundthema von << Mann ist Mann>>: der V er- Arbeiter ausbeutend. >> 2 Gewiß unterließ Brecht eine
wandlung eines Mannes in einen anderen Mann. Er textliche Aktualisierung, die für die Regie aber durch-
plante ein Theaterstück << Galgei >> (auch unter den aus berechtigt wäre: 19 36 regte er einen Bezug der
Titeln << Der dicke Mann auf der Schiffsschaukel>> und Parabel aufs faschistische Deutschland an, 3 und 1954,
<<Klamauk>>); um 1920 ist in dem Gedicht <<Das war kurz nach dem Korea-Krieg, beschied er eine An-
der Bürger Galgei>> das Thema der Persönlichkeits- frage, daß << Mann ist Mann>> auch dort spielen
wandlung exemplarisch formuliert. << Galgei >> sollte könne. 4 Einern Gedichtfragment << Die Turksib >> und
im augsburgischen Milieu spielen; nachdem Brecht einigen kursorischen Anmerkungen nach erwog
1924 nach Berlin übersiedelt war, nahm er sich das Brecht um 1930 - offenbar unter Einfluß des damals
Stück erneut vor und versetzte es unter reichlichem in Berlin aufgeführten gleichnamigen sowjetischen
Einfluß von Kipling-Lektüre (die durch die im Eng- Films - auch eine<< positive>> Aktualisierung mit dem
lischen bewanderte Elisabeth Hauptmann Auftrieb Schauplatz in der UdSSR. 5
erhalten hatte) in ein imaginäres Indien. Schließlich Bei der Uraufführung, die am 25. September 1926 in
wurde auch der neue Titel << Mann ist Mann>> ge- Darmstadt (am gleichen Tag in Düsseldorf) stattfand,
wählt - eine Sentenz, die schon in <<Baal>> erscheint. war an etlichen Stellen Jazz eingelegt- szenisch
Die Abfolge der verschiedenen Fassungen verläuft motiviert: Die in dieser Fassung der Kantinenwir-
keineswegs geradlinig, vielmehr wird manchmal tin Begbick beigegebenen drei Töchter formieren sich
auch auf eine vorangegangene Schicht zurück- zu einer <<Band>>. Den <<Mann-ist-Mann-Song>> hatte
gegriffen. Darin spiegelt sich nicht nur ein kompli- Brecht, assistiert offenbar von Elisabeth Hauptmann,
zierter Prozeß der Formfindung - in << Mann ist selber komponiert; 6 in einem wahrscheinlich von Ed-
Mann>> verwirklicht sich das <<epische>> Theater, mit mund Meisel angefertigten Klaviersatz ist er der Buch-
Konsequenzen auch für die nunmehr offen als Kom- ausgabe von 1927 beigefügt. Für das am 18. März 1927
mentar eingesetzte Musik -, sondern dies entspricht ausgestrahlte Sendespiel schrieb Meisel eine Musik,
auch dem Zuwachs an soziologischen Einsichten so- die den << Mann-ist-MannSong>> verarbeitet. Auch
wie objektiv der Veränderung der gesellschaftlichen bei der Inszenierung des Stücks am 30. April 1927
Lage. in Gera ist er als Komponist angezeigt und dürfte
Die Absage an den Individualismus, die Wen- dabei auf das Sendespiel zurückgegriffen haben.
dung zum Kollektiv faßte Brecht als positiv auf. Er Edmund Meisels Vertonungen verbinden sich
zeigt, wie der einzelne in der Menge wächst. Dem auch mit der Berliner Erstaufführung von<< Mann ist
Rollenbuch der Berliner Aufführung 1927 ist eine Mann>> am 31. Dezember 192 7 in der Volksbühne. In
nach Fallen des Vorhangs an die Zuschauer gerich- einem << Song-Verzeichnis >> 7 sind der << Song der
tete Ansprache der Kantinenwirtin Witwe Begbick Witwe Begbick >> (mit allen drei Strophen), der
beigefügt, die mit den Worten schließt: << Mann ist <<Kanonen-Song>> (nur mit dem Refrain << Soldaten
Mann. Aber der <neue> Mann ist der bessere wohnen ... >>), der << Mann-ist-Mann-Song>> (nur mit
Mann. >> 1 Daß das Kollektiv hier eine Kolonialarmee seiner ersten Strophe) und ein<< Schluß-Song>> (<< Ka-
ist, verdeutlicht, daß der Vorgang seine zwei Seiten nonen und Tanks und Elefanten, das steht hier und
hat und ins Gefährliche umschlagen kann. Aller- will durch ... >>) abgedruckt. Offenbar war Brecht mit
dings war Brecht zeitweilig auch unsicher, ob er dem Meisels Songs (die verlorengegangen sind) nicht
Thema eine negative Wendung abverlangen sollte; recht zufrieden; einem Brief vom Sommer 193 o nach
so ließ er in seiner Berliner Inszenierung von 19 31 hat er anscheinend versucht, Banns Eisler für eine
die beiden letzten Szenen, die zeigen, wie ein einst neue Bühnenmusik zu << Mann ist Mann>> zu ge-
friedfertiger Mann zur menschlichen Kampfmaschine winnen. 8
umfunktioniert wir~, weg. Später nahm er sie indes Für die Aufführung am 6. Februar 1931 im Berli-
wieder auf und wollte die Kritik betont wissen. So ner Staatstheater hielt er sich aber an Kurt W eill, der
schrieb er 19 54 in dem Vorwort << Bei Durchsicht sich seinerzeit publizistisch für das Sendespiel einge-
meiner ersten Stücke>>: <<Das Problem des Stückes setzt hatte (und dadurch wahrscheinlich überhaupt
ist das falsche, schlechte Kollektiv (der< Bande>) und mit Brecht bekannt geworden war). Es entsteht wie-
seine Verführungskraft, jenes Kollektiv, das in diesen der eine neue Fassung: Der<< Mann-ist-Mann-Song>>
Jahren Hitler und seine Geldgeber rekrutierten, das ist völlig ausgeschieden und im Montageakt (Ver-
unbestimmte Verlangen der Kleinbürger nach dem wandlung des Protagonisten) durch das neue << Lied

430
Mann ist Mann Lied 51

vom Fluß der Dinge>> ersetzt. Im Rollenbuch von 51


Helene W eigel9 sind dazu am entsprechenden Ort Der Song von
Tonzeichen, nur relativ der Höhe nach geordnet, so-
wie Tonbuchstaben angegeben. Die erste Strophe Witwe Begbicks Trinksalon
liegt als reguläre melodische Aufzeichnung in der
Aus: Brecht· Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Klavier-
Handschrift von Kurt Weill bei 10 - offenbar eine
auszug. Instrumentation: Zwei Trompeten, Posaune,
Transkription von Brechts melodischen Vorstellun-
Schlagzeug, (Gitarren-)Klavier. Entgegen der Vor-
gen. Nach den Angaben des Programmhefts wurden
lage, der die zweite Strophe lediglich beigesetzt ist
eine <<Nachtmusik>> (Brecht: << zu der Projektionen
(die dritte fehlt überhaupt), sind in unserer Ausgabe
von Caspar Neher gezeigt wurden >> 11) und eine
alle Strophen ausgeschrieben; die Anpassung des
<<Marschmusik>> (Brecht: <<Schlachtmusik>>) gespielt.
Textes erfolgte nach der Partitur (Varianten der
Ob der << Song von Witwe Begbicks Trinksalon>> ge-
Deklamationsformeln infolge varianter Silben-
sungen wurde, steht offen; jedenfalls entfällt in die-
menge). Um die Varianten - nach Dessau unnötige
ser Fassung das Trio der Begbick-Töchter (die Hin-
Erschwernis für das Singen und Erlernen - zu ver-
weise auf ihre <<Band>> sind schon in der Volks-
meiden, hatte er ursprünglich vor, Brecht zu text-
bühnen-Fassung von I 927 eliminiert). Da Brechts
lichen Retuschen, die ein gleichartiges Versmaß her-
Komponist nunmehr Kurt Weill war, hatte er offen-
stellen, zu bewegen: << Brecht änderte immer gern
bar vorgehabt, auf einige schon vorliegende, populär
seine Verse der Musik zuliebe. Leider war er schon
gewordene Lieder anzuspielen; das Bühnenexemplar
krank und es kam zu keiner Aussprache mehr. >> 2 Die
verzeichnet außer dem <<Alabama Song>> den<< Mande-
Artikulation ( differenziert angegeben) wurde zum
lay-Song >> (hier als <<Witwe Begbicks Puff in Mande-
Teil nach der Partitur ergänzt. Zusätzliche Ein-
lay >> von den Soldaten << in der Art eines Spottge-
zeichnungen im Klavierauszug blieben bewahrt.
sangs>> angestimmt) und den << Kanonen-Song>> (nur
Kneipende Soldaten grölen das Lied in Witwe
mit dem Kehrreim). Davon blieb freilich nur der
Begbicks Kantine. Der saloppe Jargon holt sich An-
erstere erhalten (und ging auch in spätere Fassungen
regung von Balladen Rudyard Kiplings.3 In der Fas-
über); die beiden anderen wurden gestrichen. 12 Kurt
sung von 1927 4 hat die Wirtin drei Töchter, die zu
W eills << Mann ist Mann >>-Musik ist verlorengegan-
dem Lied als <<Witwe Begbicks Jazzband>> aufspielen.
gen.
Anschließend läßt sie kassieren: << Hiobja, sammle die
Wie Paul Dessau angibt, habe Brecht ihn gebeten,
Pennystücke ein von den Herren Soldaten für das
für die Stuttgarter Aufführung I 9 56 eine neue Musik
schöne Lied auf Witwe Begbicks Jazzband, sonst
zu schreiben. 13 Seine Arbeit an << Mann ist Mann>>
drücken sich die Schweine wieder vom Bezahlen.>>
geht aber schon auf I 9 5 I zurück, als er acht Stücke
Später bleibt zwar der Gesang szenisch motiviert,
zu einer französischen Inszenierung beisteuerte. Der
aber nicht mehr die Begleitung (Wegfall der Jazz-
Stuttgarter Fassung (die alle Stücke der französischen
band durch Ausscheiden der Töchter).
übernimmt) schickte er I 9 58, sich an Brechts Melo-
Paul Dessau überschreitet die Funktion von Inzi-
die haltend, den << Mann-ist-Mann-Song>> nach. Für
denzmusik, indem er zwar ebenfalls groben Landser-
Peter Palitzschs Inszenierung in Wuppertal 1960
jargon anschlägt, ihn aber kommentiert, zur Karika-
nahm er einige Ergänzungen vor und wechselte
tur entstellt. Die durch die Melodie vorgegebenen
Stücke aus; die Neukompositionen variieren den
harmonischen Verhältnisse werden verkleckst; ab-
,<< Mann-ist-Mann-Song>>. Über die Anpassung an die
wegig schichtet sich aufeinander, was nicht zuein-
Möglichkeiten einer Bühnenmusik schreibt Dessau:
ander paßt. 5 Das Lied wirkt lustig und verkrampft
<< Die kleinen Gesänge des Lustspiels bereiteten den
in einem: Es zieht eine Grimasse.
Schauspielern keinerlei Schwierigkeiten und sind
Auf einem Tonband 6 hat Dessau Schauspielern
vielleicht aus diesem G~unde angreifbar. >> 1 4
die Interpretation demonstriert. Er schlägt straffes
Tempo an (die Metronomzahl Viertel = 96 ist nach
oben zu korrigieren) und stellt die Trivialität der
Phrasen groß und entlarvend aus. Er begeistert sich
sozusagen an der kunstvoll disponierten musika-
lischen Barbarei: Dies hindert den Hörer, seinerseits
Begeisterung mitzuvollziehen.

431
Mann ist Mann Lied 52

52 I

Das Lied vom Fluß der Dinge Wie oft du auch den Fluß ansiehst, der träge
Dahinzieht, nie siehst du dasselbe Wasser
Aus: Brecht· Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Klavier- Nie kehrt es, das hinunterfließt, kein Tropfen
auszug. Instrumentation: Saxophon (ad libitum), Zu seinem Ursprung zurück. [von ihm
(Gitarren-) Klavier. Die Partitur weicht in folgendem Beharre nicht auf der Welle
ab: Klavierpart weder<< con pedale>> noch mit Akzen- Die sich an deinem Fuß bricht, solange er
ten, keine Stakkato-Punkte am Schluß des Gesangs, Im Wasser steht, werden sich
Fermate beim Finalakkord. Neue Wellen an ihm brechen.
Der kurze Lieds atz ist gleichsam der Refrain von ' 2

Strophen, die gesprochen werden (zum Teil als Melo- Ich war sieben Jahre an einem Ort, hatte ein
dramen: Rezitation mit Musik unterlegt). Die Kan- Dem Kopf [Dach über
tinenwirtin erzählt Geschichten aus ihrem Leben; im Und war nicht allein.
Refrain zieht sie den Schluß daraus. Während sie Aber der Mann, der mich nährte und dem keiner
singt, wird die Kantine abgebaut und ein Mann Eines Tages [glich
(Galy Gay) in einen anderen Mann (Jeraiah Jip) um- Lag er unkenntlich unter dem Laken der Gestorbenen.
montiert - damit beweist sich das Resümee. Brecht Dennoch aß ich auch an diesem Abend mein
läßt das Lied von drei Tätigkeiten begleiten: dem [Nachtessen.
Zusammenraffen der Zeltbahnen (zweite Strophe), Und ich vermie:tete bald das Zimmer, in dem
ihrem Waschen (dritte Strophe) und dem Zusam- Umarmt hatten [wir uns
menfalten (vierte Strophe). Es ist somit in die Hand- Und das Zimmer ernährte mich
lung eingebunden, richtet sich auch versteckt an eine Und jetzt, wo es mich nicht mehr ernährt
ihrer Personen, Galy Gay, der zuhört und bei dem es Esse ich auch noch.
die Verwandlung befördert; der eigentliche Adressat Ich sagte:
freilich ist das Publikum, dem im Refrain eine all- Beharre nicht auf der Welle
gemeingültige Lehre anempfohlen wird - in Brechts Die sich an deinem Fuß bricht, solange er
Berliner Inszenierung 19 3 1 ging die Darstellerin zu Im \Y/ asser steht, werden sich
Beginn << rezitierend zum Publikum gewendet an der Neue Wellen an ihm brechen.
Rampe >> 2 entlang. 3
Der didaktische Duktus des für die Fassung 1931 So hatte ich auch einen Namen
eingefügten Gedichts zeigt sich unverhüllter als beim Und wer den Namen hörte in der Stadt, sagte:
<<Mann-ist-Mann-Song>>, der ursprünglich an dieser Name. [Das ist ein guter
Stelle stand; das Lied tritt, in die Handlung inte- Aber eines Nachts trank ich vier Gläser Korn
griert, gleichzeitig aus ihr heraus und befördert die Und am andern Morgen stand an meiner Tür mit
angestrebte Durchsetzung mit distanzierenden epi- Schlechtes Wort. [Kreide ein
schen Elementen. Was die Lehre angeht, so wird das Da nahm der Milchmann die Milch wieder mit fort.
Heraklitsche << panta rhei >> - Brecht damals << bei der Mein Name war hin.
intensiven Beschäftigung mit Hegel>> in Erinnerung Wie Leinen, das weiß war und schmutzig wird
gebracht 3 - am Bilde fließenden Wassers, das sich am Und kann wieder weiß werden, wenn du es wäschst.
Fuße bricht, bewiesen; indes ist dieser dialektische Aber halte es gegen das Licht und sieh: es ist nicht
Ansatz nicht weiter ausgesponnen, sondern in der Das gleiche Leinen.
philosophischen Übertragung dahingehend verabso- Nenne doch nicht so genau deinen Namen.
lutiert, daß << das Sicherste>> der << Z weife!» sei. [Wozu denn?
Das Lied sollte mit den jeweils als Rezitation
voran gesetzten <<Strophen >> geboten werden - hier
.
Wo du doch immerzu einen andern damit nennst .
Und wozu so laut deine Meinung, vergiß sie doch.
nach der Fassung in den << Gedichten >> 4 mitgeteilt, W eiche war es denn gleich? Erinnere dich doch nicht
mit der << kleinen Nachtmusik>> aus dem Theater- Eines Dinges länger, als es selber dauert.
stück (der dort kein Refrain folgt und die Dessau Beharre nicht auf der Welle
selbständig vertont hat) als erster <<Strophe>>: Die sich an deinem Fuß bricht, solange er
Im Wasser steht, werden sich
Neue Wellen an ihm brechen.

432
Mann ist Mann Lieder 52 · 53

4 melodisch selbständig aus. Seine wichtigste Zutat ist


Ich sprach auch mit vielen Leuten und hörte indes die harmonische Faktur, die brutal gegen das
Genau zu und hörte viele Meinungen tonale Gefüge der Melodie angeht: Sie wählt zum
Und hörte viele von vielem sagen: das sei Widerspruch nicht nur partout falsche Funktionen,
[ganz sicher! sondern enthält auch in sich selbst einander Aus-
Aber zurückkehrend sprachen sie anders, als sie schließendes, indem sie beispielsweise mit einem Teil -
[ehedem gesprochen hatten. Erwartungen erfüllt und mit dem anderen ausgleitet.
Und von dem andern sagten sie: das ist sicher. Es genügt ein einziger Ton, als Dissonanz an eine
Da sagte ich mir: von den sicheren Dingen empfindliche Stelle, etwa den Baß, gesetzt, um die
Das Sicherste ist der Zweifel. Faktur gründlich zu lädieren. Damit ist aufs Wort
Beharre nicht auf der Welle gerichtete Kritik beabsichtigt: Das Krakeelen der
Die sich an deinem Fuß bricht, solange er Soldaten soll sich in einem Zerrspiegel verfangen
Im Wasser steht, werden sich und seine Gefährlichkeit zeigen.
Neue Wellen an ihm brechen. Für die meisten der in der Wuppertaler Fassung
(1960) seiner Bühnenmusik hinzugefügten oder aus-
getauschten Nummern (zum Beispiel Vorspiel,
53 zweite Fassung << 0 Mond von Alabama >>, Grabrede,
Der Mann-ist-Mann-Song Schlußmarsch) griff Dessau auf Motive des << Mann-
ist-Mann-Songs >> zurück und paßte sie den geforder-
Aus: Brecht· Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Klavier- ten Charakteren an.
auszug. Instrumentation: Saxophon, zwei Trom-
peten, Posaune, Schlagzeug, (Gitarren-)Klavier. Für
unsere Ausgabe wurden mehrere Korrekturen und
Ergänzungen nach der Partitur vorgenommen, ande-
rerseits blieben offensichtlich beabsichtigte Abwei-
chungen bewahrt. << Marc.>> bei den Baßfiguren in
Takt I 3 und 15 ist nur im Klavierauszug notiert,
ebenso im Gesang << legato >> bei << die Sonne von Kil-
kao scheint>> und anschließend << non legato >> bei << die
sterben alle unbeweint>>. Das Ritardando << drum
sagen wir>> ist im Klavierauszug quasi ausgeschrie-
ben (Halbe statt Viertel), auch die anschließende
Parallelstelle ( und zwar vorsätzlich abweichend, ohne
Begründung durch die Partitur). Ein den Volltakt
markierender Akkord fünf Takte vor Schluß ist im
Klavierauszug ausgespart. Instrumentale Zwischen-
takte vor<< drum sagen wir>>, in der Partitur als << ad li-
bitum >> bezeichnet, sind im Klavierauszug gestrichen.
Der von Paul Dessau 19 58 komponierte << Mann-
ist-Mann-Song >>, von ihm in der Partitur als << G-G
Marsch>> betitelt, war offenbar als Schlußnummer ge-
dacht; Dessau merkt an, daß er auch <<Zwischen ein-
:2:elnen Scenen zu verwenden >> 2 sei.
Bei der in den << Liedern und Gesängen>> ver-
öffentlichten Fassung für Gesang und Klavier ver-
weist Dessau auf eine << musikalische Vorlage>> von
Brecht: dessen << Mann-ist-Mann-Song>>. 3 Er über-
nahm fast die ganze erste Hälfte (mit Ausnahme der
Stelle <<drauf kommt' s nicht an, denn ein Mann ist
ein Mann>>) melodisch getreu; im zweiten Teil folgt
er zwar dem rhythmischen Modell, formt es aber

433
Der kaukasische Kreidekreis

Der Stoff geht auf Lin Hsing-tao ( 1 3. Jahrhundert) Als Volkssänger, der er sein soll, singt der Regis-
zurück und wurde Brecht durch den mit ihm be- seur die Kommentare. Große Wirkungsmöglich-
freundeten Klabund (<< Der Kreidekreis>>, 1924) ver- keiten für die Musik: Das Schauspiel wird zum Sing-
mittelt. In seiner Mitte der zwanziger Jahre entstan- spiel. Brecht hatte genaue Vorstellungen über den
denen Farce<< Das Elefantenkalb>>, einem <<Zwischen- Stil: << Im Gegensatz zu den paar Liedern, die persön-
spiel für das Foyer>> zu << Mann ist Mann>>, parodiert lichen Ausdruck haben können, sollte die Erzähler-
er das Thema. Später kehrt er das Ergebnis der zen- musik lediglich eine kalte Schönheit haben, dabei
tralen Kreidekreis-Probe, die den Streit um eine nicht zu schwierig sein. Es scheint mir möglich, aus
Mutterschaft klären soll, um: Nicht die reiche leib- einer gewissen Monotonie besondere Wirkung zu
liche Mutter, die ihr Kind im Stich gelassen hatte holen; jedoch sollte die Grundmusik für die fünf
und es zu sich zerrt, wird als Mutter anerkannt, son- Akte deutlich variieren. >> 4 In einem Brief schreibt
dern die arme Ziehmutter, die ihm nicht wehzutun Brecht zur Vortragsart des Sängers im dritten Akt:
vermag. 1938 erwog Brecht einen «fünischen>> oder << Ich habe arabische und chinesische Platten gehört
<< Odenseer >> Kreidekreis, in die Geschichte seines mit epischen Vorträgen, und so verschieden diese
Asyls Dänemark gestellt. 1 . 1940 wechselte er Form Musiken sind- alle passen sie zu den Sänger-Texten. >> 5
und Schauplatz und schrieb in Schweden die im Hanns Eisler zufolge hat Brecht << von einer echt chi-
Deutschland des Dreißigjährigen Krieges spielende nesischen Musik>> geträumt. 6 Für die in die Hand-
Erzählung <<Der Augsburger Kreidekreis>>. Etwa lung eingefügten Lieder nahm sich Brecht unter
1 942 notierte er als Plan für einen Film << DER anderem folgende Modelle: ein altes ägyptisches Ge-
KREIDEKREIS in den bürgerkriegen>>. 2 1944 erhielt dicht (<< Lied vom Chaos>>), das Lied <<Wart auf mich>>
Brecht durch Vermittlung der Schauspielerin Luise von Konstantin Simonow (<< Geh du ruhig in die
Rainer (der Frau des mit Hanns Eisler befreundeten Schlacht, Soldat>>), slowakische Volkslieder (<< Zieh
Dramatikers Clifford Odets) den Auftrag, em ins Feld ich traurig meiner Straßen>>), alte estnische,
Theaterstück für den Broadway zu schreiben, und durch Hella Wuolijoki vermittelte Volksepen (<<Lieb-
nahm den Stoff erneut auf. Er verlegte die Handlung ster mein>>, für den Erzähler auch << Die Schlacht fing
nunmehr in den Kaukasus und stellte das historische an im Morgengraun>>).7
Beispiel in den Rahmen heutiger sozialistischer Hanns Eisler, mit dem sich Brecht beriet, be-
Rechtsfindung. Daß er damit am Broadway nicht gann - und zwar schon in einem frühen Stadium, 1944,
durchkam, war verständlich. Die Uraufführung fand ausgehend von der ersten Textfassung - den << Kau-
am 4. Mai 1948 am Carleton College in N orthfield kasischen Kreidekreis>> offenbar als Oper zu kompo-
( Minnesota) statt, die deutsche Erstaufführung nieren. Er selbst erwähnte 19 58 in einem seiner Ge-
unter Brechts Regie am 7. Oktober 19 54 im Berliner spräche << ein paar Skizzen>>, die er << gelegentlich ver-
Ensemble (inoffizielle Voraufführung als geschlos- öffentlichen werde>>. 8 Manfred Grabs hat die über-
sene Veranstaltung am 15. Juni). lieferten Titel (die in der Eisler-Gesamtausgabe er-
Wenn auch in vermittelter Weise, so hatte das scheinen sollen) aufgelistet. 9
Broadwaytheater durchaus seinen Einfluß aufBrecht; Als Brecht Anfang der fünfziger Jahre die Inszenie-
er schrieb, daß das Stück <<manches in seiner Kon- rung am Berliner Ensemble ins Auge faßte, beauf-
struktion dem Abscheu vor der kommerzialisierten tragte er seinen Freund Emil Burri, bei Carl Orff
Dramatik des Broadway>> danke, jedoch nehme es anzufragen, und schrieb Orff am 20. Oktober und
<< auch gewisse Elemente des älteren amerikanischen 15. November 195 2 selber: <<Wenn die geringste Mög-
Theaters auf, das in der Burleske und der Show ex- lichkeit wäre, daß Sie eine Musik zum <Kreidekreis>
zelliert hat>>. 3 Damit der aktuelle Bezug stets im schreiben, würde ich Ihnen meine Gedanken darüber
Blickfeld bleibt, stellte Brecht die Geschichte vom zumindest schriftlich mitteilen, und ich würde auch
kaukasischen Kreidekreis als ein Spiel im Spiel hin, versuchen, nach München zu kommen, sobald ich
in Szene gesetzt von einem bekannten Volkssänger das könnte. >> 10 Orff, von seiner Oper << Oedipus der
mit den Leuten der gastgebenden Kolchose. Der Tyrann >> in Anspruch genommen, mußte absagen;
Regisseur ist zugleich Kommentator: Mit zwei As- Brecht zog danach offenbar Wagner- Regeny, Boris
sistenten seitlich der Bühne sitzend, kündigt er Ge- Blacher und Gottfried von Einern in die Wahl 11 und
schehnisse an, erläutert oder lenkt sie, richtet An- beauftragte schließlich Paul Dessau.
fragen und Appelle ans Publikum, offenbart, was die Wie Dessau schreibt, gab es <<lange und ausführ-
Personen denken, aber nicht sagen. liche Vorbesprechungen, die oft recht hartnäckig

434
Der kaukasische Kreidekreis

verliefen. Vorschläge wurden gemacht, Ansichten siker vor, der in Berlin << fast erreicht>> wurde; die
ausgetauscht. >> 12 Schon in den vierziger Jahren in beiden Assistenten des Sängers waren mit Frauen-
den USA hatte er sich gewünscht, die Musik zum stimmen besetzt, doch sind Männerstimmen (für die
<< Kaukasischen Kreidekreis>> zu komponieren, trat gewiß schwierigen Partien fand sich niemand!) vor-
damals aber - vielleicht wegen Brechts Absprachen zuziehen.20 Als ein neues, exotische Farbe in die
mit Eisler - zurück. (Dessau hatte auch eine V er- Musik tragendes Instrument hatte Dessau mit dem
ton ung des <<Augsburger Kreidekreises>> als << dra- Leipziger Instrumentenbauer Conrad Katz ein
matische Ballade für Musik in drei Teilen>> << Gangspiel>> entwickelt. 21 Die Einstudierung der
erwogen. 13) 19 5 3 entstand in Brechts Sommersitz <<Kreidekreis>>-Musik bereitete Schwierigkeiten und
Buckow die erste, bis etwa zur Mitte führende Fas- führte zu Auseinandersetzungen. Brecht schrieb am
sung (von Dessau << sechsundzwanzig Versuche>> ge- 2. März 195 5 an Dessau: <<Ohne Kontrolle, ver-

nannt), die indes von Brecht beanstandet wurde. In fällt jetzt die Musik rapide. Sie macht einen ange-
Dessaus Worten: << Sie war viel zu knapp, viel zu strengten Eindruck und strengt dadurch an. Ich bin
kühl, viel zu unsinnlich; sie war einfach nicht ge- also für den Versuch, vorläufig Vereinfachungen und
glückt. >> 14 Die zweite Fassung, achtundvierzig Num- Reduzierungen auszuprobieren, auch hier. >> 22 In
mern umfassend, wurde am 4. März 19 54 abge- seinen Ausführungshinweisen stellt Dessau eine Be-
schlossen; sie setzt nicht gänzlich von vorn an, son- setzung mit nur fünf Spielern frei, wenn auch<< durch
dern übernimmt mehrere Stücke, nur unwesentlich diesen Wegfall ein großer Qualitätsverlust gebucht
verändert, aus der ersten. Manche Nummern, wie die werden mußte>>; außerdem empfiehlt er zu einzelnen
erste, durchliefen im Prozeß der Begutachtung und Nummern Alternativlösungen - man solle <<vor
Korrektur auch mehr als zwei Versionen. Dessau Variabilitäten bei einer Bühnenmusik nicht zurück-
stellte am Ende << in den meisten Dingen>> Überein- schrecken ... , besonders schon deshalb nicht, weil sie
stimmung fest. 15 Brecht bat auch eigene melodische den jeweiligen Darstellern adaptabel gemacht wer-
Einfälle zu beachten; auf einem Blatt vom Dezember den muß >>. 23
195 3 vermerkt Dessau <<Variationen über 5 Töne von Die Verlegung der Geschichte in die Feme sollte
Brecht>> als << musikalisches Opfer>> (in Anspielung als Verfremdung den Gegenwartsbezug um so schär-
auf Bach): der Einsatz des Gesangs << wenn das Haus fer hervortreiben; es kommt nicht sosehr auf Milieu-
eines Großen zusammenbricht>> in der Szene << Das schilderung an als auf die Verdeutlichung des Ab-
hohe Kind>> - eine wichtige Formel, die auch in stands. Die Musik hält sich nicht an die grusinische
einige der folgenden Gesänge einging. 16 Über die Folklore, sondern entlehntOrientalismen verschiede-
Zusammenarbeit sagte Dessau: << Da hat er mich oft ner Art und Herkunft; 24 im zweiten Teil (<< In den
irritiert mit seinem Temperament, das muß ich doch nördlichen Gebirgen>>) zitiert sie Fragmente aus
sagen. Wenn er da manchmal vorsang, dann ging es einem Heft mit aserbaidshanischen Volksliedern. 25
_doch zu weit mit seiner Vorstellung, die nicht zu Oft erfüllen die Formeln noch eine zweite Funktion
realisieren war, es war einfach nicht zu realisieren, als Verfremdung: Sie widersetzen sich der normalen
was er machte. Da ich ihn in diesen Dingen doch un- sprachlichen Deklamation, wirken wie aufgezwun-
geheuer ernst nahm (musikalisch, meine ich jetzt, gen - durch Verzeichnung des Wortkörpers soll
weil er doch eine dramatische Vorstellung von diesen Aufmerksamkeit herausgefordert und auf den Wort-
Dingen hatte; und er war ja ungeheuer musikalisch), inhalt gestoßen werden.
hab' ich mir das immer erst durch den Kopf gehen Für einen Band mit Zeichnungen von Tadeusz
lassen. >> 17 Kulisiewicz 26 hat Brecht die Geschichte vom << Kau-
Den Vorstellungen Brechts nach sollten der Sän- kasischen Kreidekreis>> in Prosa erzählt, durchsetzt
ger und das Instrumentalensemble auf der Bühne mit Liedern. 1971 bearbeitete Dessau die Lieder -
sitzen. 18 Dessau zufolge hätten sie << diesen zwar alle bereits Teil seiner Bühnenmusik - als << Der kau-
prachtvollen, aber schier undurchführbaren Plan, zu kasische Kreidekreis, für Schulen eingerichtet>> für
dem bereits einige Zeichenskizzen vorlagen>>, ver- Gesang (Sopran), Streichquartett und Conga; Anlaß
werfen müssen. 19 In Brechts Berliner Inszenierung dazu war ein Brecht-Programm in den Berliner
war der musikalische Apparat in der Seitenlage pla- Schulkonzerten des Komponisten Jean Kurt Furest.
ziert, so daß die vermittelnde Stellung zwischen
Bühne und Publikum doch gut herauskam.
Die Partitur schreibt für den «Idealfall» neun Mu-

435
Der kaukasische Kreidekreis Lieder 54 · 55

54 der Bühnenfassung des Berliner Ensembles gestri-


Vier Generäle zogen nach Iran chen. In den << Liedern und Gesängen>> ebenfalls nur
fünf Strophen.
Aus: Brecht · Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Das Das Lied über den im Bürgerkrieg, als die Ord-
Original ist für Akkordeon und Charlestonmaschine nung aus den Fugen brach, zum Richter gewählten
geschrieben. In der Partitur heißt es <<gehend>> statt Dorfschreiber Azdak singt der kommentierende
<< Marschtempo>>; <<Stakkato>> wurde nach der Parti- Volkssänger mit seinen Assistenten zu den gezeigten
tur ergänzt. Die Takte 21-25 (<< Sosso Robakidse>>) Beispielen unkonventioneller Rechtsprechung: Nicht
fehlen in der Partitur. Der Stakkatopunkt auf dem die Reichen, sondern die Armen werden bevorteilt.
Schlußton ist ein Zusatz der Klavierausgabe. Die Beschreibung schließt Beurteilung ein, und zwar
Die Magd Grusche V achnadze singt das Lied auf positive, trotz der flagranten Rechtsbrüche; denn die
ihrer Flucht in die nördlichen Gebirge, << um sich Mut hier kommentieren, wissen, daß das festgeschriebene
zu machen >>. 2 << Sosso >>, die georgische Verkleine- Recht manipuliert ist und nur durch Verstöße da-
rungsform von <<] osef», soll angeblich eine Anspie- gegen Wahrheit ans Licht kommt. 2
lung auf Stalin sein, der in seiner Jugend so gerufen Der Gesang faßt die Worte in ständig wieder-
wurde und später diesen Decknamen verwendete; kehrende Formeln, die sich fest einbohren. Sie unter-
<< Robakidse>> hieß ein georgischer Schriftsteller. In werfen sich die Deklamation und wirken wie markt-
den USA soll das Lied als << Lob auf Stalin>> kritisiert schreierische Ausrufe. Durch die Ganztonleiter, die
worden sein, aber Brecht sich geweigert haben, es zu das Lied regiert, wird Fremdartigkeit herangeholt -
streichen. 3 als Zeichen für den Schauplatz. In seinen (lange vor
Die beiden Strophen stehen ihrem Inhalt nach im Dessaus Komposition niedergelegten) Anmerkun-
Gegensatz zueinander; aber Dessau übergeht sowohl gen zur Musik schreibt Brecht, daß << die treibende
dies als auch den formalen Einschnitt. Obwohl in verlumpte Azdakballade . . . übrigens besser piano
straffen Marschrhythmus gespannt, ist das Lied eher wäre>> 3 •
rhapsodisch gehalten: Als würde jemand erzählend
vor sich hin singen, spontan Motive erfindend.
Gisela May nimmt bei ihrer unter Anleitung Paul
Dessaus erarbeiteten Schallplatte4 mit Viertel = 132
ein flottes Marschtempo. Merkwürdigerweise rundet
sie das formal eher offene Lied am Schluß durch eine
Erweiterung ab, die textlich auf die erste Strophe
zurückgreift (der die zweite doch inhaltlich ent-
gegengesetzt ist!).

55
Lied auf den Azdak
Aus: Brecht· Dessau: Lieder und Gesänge. 1 Klavier-
auszug. Instrumentation: Flöte, Altsaxophon, Trom-
pete, Akkordeon, Schlagzeug, Gitarrenklavier. Für
unsere Ausgabe wurden Artikulationszeichen zum
Teil nach der Partitur ergänzt. Die Zusätze des Kla-
vierauszugs blieben bewahrt.<< Ben ritmico >> steht nur
im Klavierauszug. Die letzten drei Töne des Gesangs
(<< der Azdak >>) sind in einigen Strophen der Partitur
mit Keilen artikuliert, ebenso in der Einrichtung für
Streichquartett und Conga, hier noch mit dem Zu-
satz<< scharf>>. Die Takte 7-IO und 15-16, in der Par-
titur mit Baßton << a >>, sind im Klavierauszug absichts-
voll in << h >> geändert. Die sechste Strophe wurde in

436
Pauken und Trompeten Lied 56

Die Bearbeitung der 1706 entstandenen Komödie heft des Berliner Ensembles ( 19 5 5): << Diese Soldaten
<< The Recruiting Officer >> (<< Der Werbeoffizier>>) des und Dämchen, diese Bauerndirnen und Landedel-
Iren George Farquhar, an der neben Brecht Elisabeth leute, die unser Papier-Shrewsbury bevölkern, sind
Hauptmann und Benno Besson beteiligt waren, hatte wie aus der Spielzeugschachtel gestiegen, in der sie
am 19. September 195 5 im Berliner Ensemble Pre- sorglich in Holzwolle eingepackt lagen. Und die
miere. Brecht befand den Angriff gegen Militarismus Musik von W agner-Regeny, zu der sie bei Paraden
für aktuell. Um klarzustellen, daß er nicht schlecht- und Promenaden einherspazieren, ist zart wie die
hin Militär meinte, verlegte er die Handlung um sieb- Dekorationen und ein wenig steif, wie Musiken aus
zig Jahre vor in die Zeit des amerikanischen U nab- Farquhars Zeit.>> Friedrich Dieckmann bezeichnete
hängigkeitskrieges und bezog sie auf die Anwerbung die Bühnenmusik als << ein Meisterwerk zärtlich-
von Kolonialsöldnern. ironischer Einfühlung, an melancholischer Schön-
Die Vorlage steht im Umfeld der << Beggar' s heit und diskreter Artistik>> 6 •
Opera>> (1728) und bot die Chance, die Möglich- Die die Lieder auf der Schallplatte7 einführenden
keiten des epischen Theaters einzusetzen 1 : direkte Texte sollen während der Aufnahme ad hoc von
Einvernahme des Publikums, Aufhebung der <<vier- Wagner-Regeny, dem Regisseur Benno Besson und
ten Wand>>, Gestus des Zeigens (bis in die drama- den Schauspielern formuliert worden sein. 8
tische Struktur hinein), Einmischung von Liedern.
Das Programmheft des Berliner Ensembles weist auf
die Verwandtschaft der englischen Restaurations- 56
komödie zur Burleske, zum Vaudeville und - ent- Lied der Melinda
fernter - zur klassischen Operette hin.
Brecht, der Wagner-Regeny 1949/50 bei seiner Aus: Rudolf Wagner-Regeny: Musik zu <<Pauken
Oper<< Der Darmwäscher>> beraten und seither lockere und Trompeten>>. 1 Für unsere Ausgabe wurden Arti-
Kontakte zu ihm hatte, 2 soll ihn zu der Bühnen- kulationszeichen zum Teil ergänzt im Vergleich mit
musik geradezu gedrängt und ihn aufgefordert haben, der Partitur und dem Manuskript. 2 Der Titel im
seine << alte Naivität>> wiederzufinden: <<Also, Brecht Manuskript lautet: << Melindas Lied zur Harfe>>.
quälte mich bis aufs Blut. Ich wollte nicht, ich wollte Auf der Schallplatte des Berliner Ensembles 3 gibt
keine Bühnenmusik mehr schreiben. Ich weiß nicht, es folgenden Vorspruch: << Melinda Moorhill, eine
ich traute es mir nicht zu, ich war müde, ich hatte vermögende junge Dame, singt zur Harfe ein altes
auch keine Lust mehr, mit Theaterproben etwas zu Lied über die Wirkung der Uniform auf Mädchen-
tun zu haben. Aber er war so hartnäckig, daß ich herzen.>>
schließlich meinem lieben Freunde den Gefallen tat. Die Schallplattenaufnahme entstand unter Lei-
Kurz, er kam in meine Wohnung einige Male und tung des Komponisten mit einem Gitarrenklavier
bat mich, und das nahm kein Ende. Es wurde eigent- (Filzhämmer mit Reißzwecken präpariert) und
lich irgendwie zur Qual. Es war gedacht an fünf bis schlägt als Tempo Viertel = 126 an. Zur Ankündi-
sechs Musikstücke - ich weiß nicht, es sind an die gung der wörtlichen Rede in der ersten Strophe wird
zwanzig, glaube ich, ich kann sie nicht auswendig. ein großer Einschnitt vorgenommen. Das <<Ach>> in
Kurz, er wollte immer noch etwas, immer noch der zweiten Strophe, vorbereitet durch Ritardando,
etwas ... >> 3 (Die Partitur enthält dreizehn Musik- ist kokett ganz kurz (stakkato). Daß das Mädchen
nummern.) Brecht brachte auch seine musikalischen nicht durch den << güldnen Küraß>> angezogen wurde,
Vorschläge ein; der Bühnenbildner Karl von Appen ist durch breite Verzögerung ausgestellt. Beim Über-
erinnert sich an <<W agner-Regeny notenschreibend gang zur zweiten Strophe stehen vier Zwischen takte
über den Kühler seines Wagens gebeugt, Brecht (Wiederholung von Anfang an, einschließlich der
neben ihm stehend und vorsingend, wie er sich eins Vortakte).
der von ihm für die Aufführung geschriebenen Lie-
der vorstellt>> 4 • Wagner-Regeny seinerseits über-
nahm in die Bühnenmusik einige Titel, die nach den
Besprechungen mit Brecht über das Finale der Oper
<< Der Darmwäscher>> dort ausgeschieden waren. 5
Über die Beziehung der Musik zu Personnage
und Dekoration des Stücks heißt es im Programm-

437
Pauken und Trompeten Lied 57

57
Lied der Kompanie
Aus: Rudolf Wagner-Regeny: Musik zu <<Pauken
und Trompeten>>. Klavierauszug von Tilo Medek. 1
Instrumentation: Trompete, Schlagzeug, Klavier.
Auf der Schallplatte des Berliner Ensembles 2 gibt
es diesen Vorspruch: <<Victoria Balance duldet es
nicht, daß ihr Held ohne sie in den Krieg zieht. Sie
bringt ihn und sich ins Gefängnis. Dort klärt Cap-
tain Plume das Bürgermädchen auf über das Liebes-
leben der Soldaten.>>
Der Captain singt das Lied der zum Fähnrich ver-
kleideten Victoria als eine Lehre vor: Sein vermeint-
licher Kumpan hat jede Strophe zu repetieren, im
Refrain finden sie sich bei den Wiederholungen zum
Duett zusammen. (Der Captain zählt vorher, als
wolle er über die militärische Disziplin die musika-
lische herbeirufen, << drei, vier!>>.)
Die Schallplattenaufnahme entstand unter Lei-
tung des Komponisten und schlägt als Tempo Vier-
tel = 168, im Refrain (<<langsamer Tango>>) Vier-
tel= 126, an; beim Einstieg in den Refrain gibt es ein
breites, genußvolles Ritardando. Der Sänger führt
das Melisma im Refrain (<<sah>>) in hüpfendem, spötti-
schem Stakkato aus; in der zweiten Strophe trennt er
die erste Silbe des Wortes <<alles>> durch Stakkato
widersinnig von der zweiten ab. Die Sängerin_, ihrem
Gefühl hingegeben, beachtet gut das vorgeschrie-
bene Legato. Beide nehmen den Schlußton, nach der
Fermate, kurz. (Das Wort <<Artill'rie>> wird, der besse-
ren Verständlichkeit wegen, in beiden Strophen nor-
mal <<Artillerie>> gesprochen, unter Zuweisung der
mittleren Silben an zwei Achtelnoten.)

438
Lieder 58 · 59

58 Balladen, die nicht in die übliche Definition passen,


Ballade vom Soldaten ihr sogar in vielem widersprechen. Eisler selbst hat
die überlieferte Ballade als<< sentimentalen oder heroi-
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Klavier- schen Inhalts, meistens mit Helden>> definiert und die
auszug. 2 Instrumentation: Altsaxophon, Trompete, neue, für die er wirbt, als << gesellschaftskritisch, oft
Posaune, Schlagzeug, Banjo, Klavier. 3 Textvarianten mit ironischen Zitaten konventioneller Musik>>. 16 Ihr
gibt es in der zweiten und dritten Liedstrophe: ur- Sujet braucht nicht in die Historie gerückt zu sein,
sprünglich << Mongefluß>>4, später << N onnifluß >>5, und sogar der erzählende Charakter ist nicht unab-
<< Huelgletschern6, << Schindeldach >>7, <<Wolgafluß>> 8 • dingbar. Wo aber über Vergangenheit berichtet
Brecht bezieht die Folgerung auf eine Person des Ge- wird, dient als Zielpunkt die Gegen wart; dies zu
dichts (<< es wärmten sie nicht seine Taten>>), Eisler verdeutlichen ist nicht zuletzt Aufgabe der Musik,
richtet sie ans Publikum (<< es wärmten euch nicht die in ihrer Zeit stehen muß und sogar Jargon spre-
seine Taten>>). In der vorletzten Zeile heißt es statt chen kann. Die Ballade dieser Art steht dem Kaba-
<< ach bitter bereut, wer des Weibes Rat scheut >> 9 später rett nahe, war oft auch dafür bestimmt. Im Gegen-
<< ... wer des Weisen Rat scheut>> 10 ; diese Änderung satz zum Chanson ist ihr aber die Haltung des Ap-
beachtet auch Eisler. pells eingeschrieben; dies entlehnt sie von den
Zur Geschichte von Brechts Ballade sei auf den Kampfliedern, mag sie auch nicht, wie diese, zum
Kommentar zur Vertonung von Brecht und Franz Mitsingen auffordern, sondern auf dem Podium
S. Bruinier verwiesen. II Eislers Komposition (sein bleiben.
erster Brecht-Text) entstand 1928 als Bühnenmusik In der<< Ballade vom Soldaten>> widerspiegelt Eis-
zur Berliner Erstaufführung von Lion Feucht- ler den Dialog in Anlage und Charakter: die Warnun-
wangers << Kalkutta, 4. Mai>>; Brecht, an der Bearbei- gen des Weibs in rezitativi sehen Formeln, eher ver-
tung des ursprünglich als <<W arren Hastings>> er- halten, der Bericht über den Soldaten als stampfen-
schienenen Stücks beteiligt, hatte seinen << Surabaya- der Marsch 17 mit herausfordernd salopper Melodie.
J ohnny >> eingebracht, das Lied für Berlin aber offen- Eine erste Schallplattenaufnahme 18 entstand schon
bar durch die<< Ballade vom Weib und dem Soldaten>> um 1930 mit Ernst Busch und Eisler als Dirigenten.
ersetzt - beide Texte gehen auf Rudyard Kipling zu- Das hier geschaffene Modell bleibt für Buschs spä-
rück, wobei der Austausch eine Politisierung beab- tere Aufnahme 19 gültig und wird nur noch schärfer
sichtigt. Brecht soll Eisler Anfang 1928 bei Feucht- ausgeformt. Der Dialog und damit die aus dem
wanger für die Bühnenmusik empfohlen haben. 12 Widerstreit der Meinungen gezogene Wahrheit wird
Die << Ballade vom Soldaten>> ist als Banjostimme dadurch verdeutlicht, daß der Interpret das stimm-
überliefert1 3 - das entspricht der szenischen Situa- liche Verhalten der beiden Partner annimmt: die
tion, wonach die Protagonistin, sich auf dem Banjo Vorstrophen sehr frei, die Worte nachdrücklich dem
akkordierend, einen Song einübt-; allerdings dürfte Bedenken empfehlend; der Refrain in straff gefaß-
das Lied entfallen sein, denn im Erich Engels Regie- tem (aber nicht schnellem) Tempo, mit scharfem,
buch ist die ganze Passage (nach vorheriger Tilgung metallischem Stimmklang. An Gisela Mays Inter-
aller Anspielungen auf den in der Druckfassung vor- pretation hat Dieter Kranz beschrieben, wie hier, ge-"
gesehenen << Surabaya-J ohnny >>) gestrichen. 14 leitet von der (oft widerspruchsvollen) Einheit von
Später ging die << Ballade vom Weib und dem Sol- Wort und Musik, Gesten (im Sinn von Körper-
daten>> in << Mutter Courage und ihre Kinder>> ein, haltungen) ausgestellt werden, welche ihrerseits die
hier von Eilif, dem Sohn der Courage, als ein Lied, Form als Dialog - auch mit dem Hörer - hervor-
mit dem ihn seine Mutter gewarnt hat, zitiert; die kehren.20
Courage erkennt daran ihren Sohn und greift - so-
mit tatsächlich einen Dialog herstellend - die letzte
Strophe auf. Simon Parmet dürfte für seine << Cou- 59
rage >>-Musik15 die Ballade neu komponiert haben; Solidaritätslied
zur Zürcher Uraufführung wurde aber Eislers V er-
tonung entlehnt. Paul Dessaus Partitur (amerika- Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Klavier-
nische Fassung 1946, Berliner Bearbeitung 1948) ist auszug von Erwin Ratz. Die Erstveröffentlichung im
eine Neukomposition (in mehreren Versionen). Satz für Gesang und Klavier mit<< Die Spaziergänge>>
Dies ist eine der ersten von Eislers so genannten als <<Zwei Lieder aus dem Tonfilm <Kuhle Wampe> >> 2

439
Lied 59

datiert aus dem Jahre 19 3 2 und folgt der ursprüng- klar wurden und während "vir eifrig darüber disku-
lichen, für<< Kuhle Wampe>> bestimmten Textfassung tierten, hatte Brecht - in großen Zügen - das <Soli-
(Titel auch << Sonntagslied der freien Jugend>>). Die daritätslied> entworfen. >> 10 (Die << Ballade von dem
gedruckte Singstimme ( cis-Moll) erschien in der Tropfen auf den heißen Stein>> liegt vollständig als
Universal Edition ( erste und zweite Strophe des Brechts Text vor 11 - das gewählte Bild wirkte auf die
<< Sonntagsliedes der freien Jugend>>), das Autograph sechste Strophe der ersten Fassung des << Solidaritäts-
der Singstimme (in der Originaltonart es-Moll!) als liedes>> ein -; von Eisler ist nur das Fragment einer
Faksimile in << Illustrierte Rote Post>> 3 • Instrumenta- Partitur überliefert.)
tionen: a) erste Fassung für Gesang und kleines Or- Erste Fassung des <<Solidaritätsliedes>> mit dem
chester nicht überliefert; b) Konzertfassung (um Haupttitel << Sonntagslied der freien Jugend>>:
193 1) : Es-Klarinette, zwei B-Klarinetten, Alt-
saxophon, ,,Tenorsaxophon, Trompete, Posaune, Erstens sind wir hier nicht alle
Tuba, Schlagzeug, Banjo, Klavier, Violoncello, Zweitens ist es nur ein Tag,
Kontrabaß; c) sinfonische Fassung 1948 (laut Manu- Wo die Arbeit einer Woche
skript<< großes Orchester für Begleitung von Solo ad Uns noch in den Knochen lag.
lib. und starken Männerchor >> 4): zwei Flöten, zwei Vorwärts und nicht vergessen,
Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte, drei Hörner, Worin unsre Stärke besteht.
drei Trompeten, drei Posaunen, Schlagzeug, Streich- Beim Hungern und beim Essen,
orchester.5 Außerdem gibt es den Partituransatz (um Vorwärts, nicht vergessen die Solidarität!
19 3 1) einer Fassung für gemischten Chor, acht Trom-
2
peten, vier Hörner, zwei Posaunen, Baßtuba, Kontra-
Erstens sind es nicht wir alle
baßtuba, Schlagzeug. 6 Für eine Schallplattenaufnah-
Zweitens ist es nur ein Tag,
me mit Ernst Busch7 schrieb Boris Blacher um 1948
Und zwar liegt nur auf der Wiese,
ein Arrangement für Altsaxophon, Tenorsaxophon,
Was sonst auf der Straße lag.
drei Trompeten, Posaune, Schlagzeug, Gitarre, Kla-
(Refrain)
vier, Kontrabaß. 8 Als <<variierende instrumentale
Paraphrase>> nahm Eisler das <<Solidaritätslied>> - 3
allerdings erst nachträglich, nach seiner Rückkehr, Sahen wir die Sonne scheinen,
vielleicht sogar erst kurz vor seinem Tode - auch in Auf die Straße auf das Feld,
seine nach der Musik zu <<Kuhle Wampe>> 1931 zu- Konnten wir doch niemals meinen,
sammengestellte Suite für Orchester Nr. 3 auf. 9 Dies sei unsre wahre Welt.
Das <<Solidaritätslied>> entstand für den Film (Refrain)
<< Kuhle Wampe>> (1931). Der Regisseur Slatan Du-
4
dow berichtet: <<Ursprünglich war an dieser Stelle Denn wir sind nur aufgebrochen
des Films die <Ballade von dem Tropfen auf den Aus dem Dreck der bis zum Hals uns saß
heißen Stein> vorgesehen. Brecht, Eisler und ich be- Und wir haben nur gerochen
rieten darüber, denn ich hatte Bedenken. Mir schien, An der Blume und am Gras.
sosehr ich auch Brecht schätzte und die Ballade schön (Refrain)
fand, daß sie für den Film nicht das richtige war. Ich
stellte mir ein Lied vor, das, knapp in der Wort- 5
Kommt heraus aus eurem Loche,
führung, mobilisierend wirken müßte, und ich ver-
Das man eine Wohnung nennt
suchte meine Gründe klar darzulegen. Eisler rückte
Und nach einer grauen Woche,
etwas nervös an seiner Brille und sah auf Brecht.
Folgt ein frohes Wochenend.
Brecht machte einen verstimmten und nachdenk-
(Refrain)
lichen Eindruck, und mir war auch nicht wohl zu-
mute, schließlich war ich der Jüngste im Kollektiv. 6
Die peinliche Pause hielt an, bis Eisler das erlösende Denn wir wissen das ist nur ein
Wort sprach: < Der Steppenwolf >, so nannten mich Tropfen auf den heißen Stein,
damals die Freunde, <scheint recht zu haben.> Brecht Aber damit kann die Sache
lächelte zweifelnd und fragte bereitwillig: <Ja, ja, Nicht für uns bereinigt sein.
aber wie macht man so was?> Und bevor wir uns (Refrain)

440
Lied 59

7 Liedes: << Das Arbeiterkampflied kann eine starke


Aber eines Tags wird man uns sehen, politische Wirkung ausüben in Zeiten, wo die Arbei-
Auf die Straßen ziehen mit Gesang ter unter demokratischen Regierungen ihre Ziele
Und an eine andre Arbeit gehen, offen propagieren können, und in solchen Zeiten, wo
Erstens alle - Zweitens dann für lang! faschistische Diktaturen gesprengt werden und die
(Refrain) 12 Massen in große, aber uneinheitliche Bewegung
kommen. Das Kampflied kann helfen, die Bewegung
<< Kuhle Wampe>> enthält nur die erste, zweite, dritte weiterzutreiben, sie zu vertiefen und sie zu organi-
und sechste Strophe; 13 der Schlußrefrain ist wie in sieren. >> 20 Um seinen Text aktuell zu halten, um
der endgültigen Fassung von den anderen Refrains schließlich auch für das Thema<< Solidarität>> den um-
unterschieden, aber in anderer Form als dort: fassendsten und zugleich knappsten Begriff zu fin-
den, arbeitete Brecht an dem Lied weiter und legte in
Vorwärts und nicht vergessen zeitlichen Abständen verschiedene Fassungen vor.
Unsre Straße und unser Feld. Die folgende Fassung verbindet die Themen Ar-
Vorwärts und nicht vergessen: beitslosigkeit und Solidarität.
Wessen Straße ist die Straße
Wessen Welt ist die Welt?
Wer was will, der muß was wagen
Mensch, mit Warten hast du da kein Glück!
Der Schlußrefrain setzt sich zum beigeordneten
Wenn sie dir was andres sagen
zweiten Filmtitel in Beziehung: << Kuhle Wampe oder
Halten sie dich nur vom Kampf zurück.
Wem gehört die Welt?>>. (In der fünften Strophe gibt
Vorwärts und nicht vergessen
es in Publikationen eine wesentliche Variante: << rotes
Worin unsre Stärke besteht!
Wochenend>> statt << frohes Wochenend>>. 14)
Beim Hungern und beim Essen
Brecht selber hat zu dieser Textfassung eine Me-
Vorwärts, nie vergessen
lodie angegeben 15 in der für ihn charakteristischen
Die Solidarität!
Notierung mit Kreuzen ( = langer Wert) und Stri-
chen ( = kurzer Wert), ausgehend von der dritten 2

Strophe (hier noch textlich variant) sowie dem Wenn sie dich zu Boden schlagen
Schlußrefrain (Melodieskizze nur zur letzten Zeile). Halt es nicht für dein Geschick!
An Hanns Eislers Vertonung 1931 für <<Kuhle Laß dir die Adresse sagen
Wampe>> ( die Äußerung, er habe das Lied für einen Und dann schlag mit uns zurück!
Streik in Leipzig geschrieben, 16 muß eine Fiktion (Refrain)
sein) hat Ernst Busch mitgearbeitet; der Refrain sei
<< genau entsprechend der Deklamation durch ihn ent- 3
Schmeißt man uns auch auf die Straße
standen >>17.
Schmeißt man uns nicht aus der Welt
Das << Solidaritätslied>> soll schon ein Jahr vor der
Möglich, daß da so 'ne Straße
(wegen Einsprüchen der Zensur mehrfach ver-
Dann erst ein Gesicht erhält.
schobenen) Premiere des Films <<Kuhle Wampe>> be-
Vorwärts und nicht vergessen!
kannt geworden sein. 18 Die erste nachweisbare Auf-
Und die Frage konkret gestellt:
führung des Liedes fand in der << Roten Revue>> der
Hungern oder essen?
Jungen Volksbühne << Wir sind ja sooo zufrieden>>
Wessen Straße ist die Straße?
am I 7. November I 9 3 I in Berlin statt. Mitte Mai I 9 32
Wessen Welt ist die Welt ?21
wurde <<Kuhle Wampe>> in Moskau gezeigt, die
Berliner Premiere war am 30. Mai. Sie regte zu wei-
Zu einem<< Hamburger Solidaritätslied>>, das die Vor-
terer Verbreitung des Liedes, und zwar auf der Straße,
lage als antifaschistischen Aufruf umfunktioniert,
an; denn es wird im Film von marschierenden Ar-
wird angemerkt: << Dieses Lied stammt aus Hamburg
beitersportlern gesungen und gepfiffen, in einer
und ist während der Hitlerzeit geschrieben, nach der
Sequenz auch von der Agitproptruppe << Das rote
Melodie und mit dem Refrain eines Arbeiterliedes.>>
Sprachrohr>> angestimmt und von den Massen auf-
genommen. 19
Brecht schrieb über die Funktion eines solchen

441
Lied 59

Auf, ihr Völker dieser Erde Schwarzer, Weißer, Brauner, Gelber!


Einigt euch! Nur eins hat Sinn: Endet ihre Schlächterein !
Daß sie j'etzt die Eure werde Reden erst die Völker selber
Und die große Nährerin. Werden sie schnell einig sein.
Vorwärts und nicht vergessen (Refrain)
Worin unsre Stärke besteht!
3
Beim Hungern und beim Essen
Nämlich wir, der reichen Erden
Vorwärts, nicht vergessen
Armen und Elendigen
Die Solidarität!
Können ihre Herren werden
2 Wenn wir uns verständigen.
Daß die lange Nacht vergehe (Refrain)
Die uns so mit Blindheit schlägt
4
Auf für alle Menschen stehe
Einer kann es ja nicht schaffen
Jetzt, was Menschenantlitz trägt!
Allen glückts ja nicht vorbei.
(Refrain)
Ihr, die Waffen macht, nehmt Waffen:
3 Nur wer Waffen hat, ist f ~ei.
Laßt den falschen Adolf schreien (Refrain)
Jude, Deutscher, Englischmann!
Warum solln wir uns entzweien?
Wollen wir es schnell erreichen
Nur, daß er uns schröpfen kann.
Brauchen wir noch dich und dich.
(Refrain)
Wer im Stich läßt seinesgleichen
4 Läßt ja nur sich selbst im Stich.
Nur die allerdümmsten Kälber (Refrain)
Stehn für ihre Metzger ein.
6
Reden erst die Völker selber
Unsre Herrn, wer sie auch seien
Werden sie schnell einig sein.
Sehen unsre Zwietracht gern
(Refrain) 22
Denn solang sie uns entzweien
Bleiben sie doch unsre Herrn.
Ebenfalls als << Hamburger Solidaritätslied>> ist eine -
(Refrain)
offenbar über mehrere Zwischenstufen entstandene -
achtstrophige Fassung bezeichnet, die sich - zur 7
Tarnung - als <<von Unbekannt geschrieben>> aus- Daß die lange Nacht vergehe
gibt. Brecht hat später sowohl diesen Vermerk als Die uns so mit Blindheit schlägt
auch die Bindung an Hamburg gestrichen; tatsäch- Auf für alle Menschheit stehe
lich hat diese Fassung einen globalen Bezug und Jetzt, was Menschenantlitz trägt!
spricht durch das Zitat aus dem << Kommunistischen (Refrain)
Manifest>> (achte Strophe) den Appell zur Weltrevo-
8
lution aus.
Proletarier aller Länder
Einigt euch und ihr seid frei
Auf ihr Völker dieser Erde! Eure großen Regimenter
Einigt euch in diesem Sinn: Brechen jede Tyrannei!
Daß sie jetzt die eure werde (Refrain) 2 3
Und die große Nährerin.
Vorwärts und nie vergessen Die endgültige Fassung des << Solidaritätsliedes >> 24 hat
Worin unsre Stärke besteht Brecht durch Auswahl der ersten, zweiten, fünften,
Beim Hungern und beim Essen sechsten und achten Strophe festgelegt. In einem
Vorwärts, nicht vergessen Schallplattenalbum von Ernst Busch ist diese V er-
Die Solidarität! sion als << Fassung 1947 >> bezeichnet; 25 tatsächlich er-

442
Lied 59

schien sie erstmals 19 5 1 in den<< Hundert Gedichten>> dicht genug, um das Lied zu tragen. Die Form resul-
(von Brecht auf 1930 datiert!). Die Zeichensetzung tiert weniger aus der Entwicklung der Motive als aus
beim Schlußrefrain ging bisher über Brechts An- ihrer Montage, unter Einschluß von Variation und
gaben hinweg; unsere Ausgabe folgt der Korrektur Kontrast; 39 hier sind Einsichten aufgehoben und an
im Nachtragsband der<< Gedichte>>. 26 anderem Material angewandt, die die Zwölfton-
Eine Seitenlinie bilden die Fassungen von Ernst technik lehrte. Die spontane und emotionell packende
Busch, der überhaupt an der Textgestaltung << aktiv Wirkung schließt strenge Konstruktion und damit
beteiligt >> 27 war und das << Solidaritätslied>>, den Intellektualität ein - auch dies eine Erfahrung der
<< Zeit- und Ortsumständen entsprechend, oft text- Schönberg-Schule; bezeichnend das kontrapunkti-
lich verändert>> 28 hat. Eine eigene Textbearbeitung sche Verhältnis (Spiegelformen) von Oberstimme
enthält zum Beispiel sein Spanienliederbuch << Cancio- und Baß im Refrain. Der Schluß bricht aus dem ver-
nes de Guerra de las Brigadas Internacionales >> 29 • trauten Ablauf aus und hebt die entscheidende Stelle,
Hanns Eisler über das <<Solidaritätslied>> (und das den Appell zur Veränderung, hervor. Eine Frage
<<Einheitsfrontlied>>): << Das ist auch nicht mehr - von stellend, endet er auch musikalisch so, mit einem
niemandem - überboten worden. Auch von mir Halbschluß; 40 die Antwort ist freilich im Liede schon
nicht, von Brecht auch nicht. Das ist ein glückliches gegeben, und die Dringlichkeit, die diese Takte als
Zusammentreffen. Das kann man nur schreiben, dynamischer Höhepunkt (Fortissimo, Markato) aus-
wenn man eine ganz bestimmte konkrete gesell- drücken, lenkt auf die Notwendigkeit der Anwen-
schaftliche Situation vorfindct.>> 30 Eisler griff die dung in der revolutionären Praxis.
durch den reformistischen Deutschen Arbeiter- Auf einer Dokumentarplatte41 ist eine Musik-
Sängerbund betriebene Entpolitisierung der Musik szene aus << Kuhle Wampe>> übertragen (erste und
an und forderte den Eingriff ins Tagesgeschehen, zweite Strophe des << Sonntagsliedes der freien Ju-
nicht zuletzt durch agitatorische einstimmige Lieder, gend >>, zur Begleitung von Trommeln gesungen von
die sich nicht nur auf dem Podium, sondern auch auf Arbeitersportlern, Mitgliedern von Arbeiterchören
der Straße zu behaupten vermochten und für die der und der Agitproptruppe <<Das rote Sprachrohr»).
Sänger eher nur der erste Vermittler war. Er sah im Anfang der dreißiger Jahre leitete Eisler eine Auf-
revolutionären Kampflied << alle Eigenschaften des nahme mit Ernst Busch. 42 In der Emigration ent-
Volksliedes>> verwirklicht; doch trüge es, im Gegen- standen unter Aufsicht Eislers Aufnahmen in der
satz zu anderen Volksliedern, << Klassencharakter»Y UdSSR und in den USA (hier mit Mordecai Bau-
Allerdings schloß der Populärstil künstlerische Er- mann). Ernst Busch sang das<< Solidaritätslied>> Ende
fahrung, die auf der Höhe der Zeit stand, ein: << Diese der dreißiger Jahre für die << Parlophon >> in Belgien.
Kampflieder in ihrer trockenen, aggressiven, un- Um 1948 gibt es eine Aufnahme mit Ernst Busch43
sentimentalen Weise waren auch technisch moderne nach einer Bearbeitung von Boris Blacher 44 ; die vier-
Musik. >> 32 strophige Textfassung geht auf die Situation der
Als ein Archetyp des Kampfliedes bzw. Massen- Nachkriegszeit ein. Eine Aufnahme der gleichen
liedes ist das<< Solidaritätslied>> von Georg Knepler 33 , Textfassung mit Ernst Busch, aber in anderem Ar-
Jürgen Elsner 34 , Reinhold Brinkmann 35 , Hartmut rangement, entstand offenbar um 1950. 45 1965 wird
Fladt 36 und Luca Lombardi 37 analysiert worden. Für Eislers << sinfonische Fassung>> ( 1948) aufgenommen
die Straße bestimmt, paßt es sich dem Marschieren mit Brechts endgü!tiger Textfassung (Ernst Busch,
an; und doch wird hierbei das eingeschliffene Modell Großer Chor des Berliner Rundfunks und Berliner
verwandelt: Die dem Marsch eigene Disziplin ist Rundfunk-Sinfonieorchester unter Leitung von
nicht die sture des preußischen Drills, sondern durch Adolf Fritz Guhl). 46 Der Solist singt die Strophen,
sachte Jazz-Elemente ins Leichte, Elegante, über- der Chor, die Aufforderungen vom Kollektiv herbe-
legene geführt, und die metrischen Verkürzungen im kräftigend, den Refrain. Busch gibt dem ersten
R~frain wenden sich gegen Unterwerfung unter das Zeilenpaar jeder Strophe einen metallischen Stimm-
Schema. (Eisler selbst hat die vom zackig-stumpfen klang, entschlossen, fordernd, geht beim zweiten
Militärmarsch bewirkte Hypnose in seinem Aufsatz Zeilenpaar (geleitet auch von der sich hier in die
<< Musik und Musikpolitik im faschistischen Deutsch- Tiefe senkenden Melodik) damit aber eher zurück
land>> kritisch dargestellt. 38) Die Worte sind in ein- und drückt Gewißheit sozusagen als gedankliche Re-
prägsame motivische Formeln gefaßt, schmucklos, flexion aus. Alles in allem liegt in der Interpretation -
ausgespart bis auf die nackte Substanz; diese aber ist auch bei dem auf federnden Rhythmus gestellten

443
Lieder 59 · 60

Chor - der Ton heiterer Überlegenheit. Das gewählte auf die Revue hin konzipiert gewesen sein. Der bal-
Tempo (Viertel = I 32 im Refrain, die Strophen, da- ladeske, berichtende Charakter wird vom Schlußteil
mit deutlich das Wort ausgestellt werden kann, lang- durchbrochen, der die Anklage in die Forderung
samer) trägt Beschwingtheit in den Marsch, ohne überführt und den musikalischen Gestus eines Ap-
eilig zu wirken. In Manuskripten ist ausdrücklich pells ausdrückt. Hier klingen, instrumentatorisch ge-
<< energisches Marschtempo>> vorgeschrieben. 47 schärft durch ostinate Formeln in der Trompete, In-
tonationen der Kampflieder auf; die Frage nach dem
Ausweg findet in der Musik ihre Antwort. 6 (Es
60 scheint, daß dieser Teil erst nachträglich zu seiner
0 Falladah, die du hangest! endgültigen Form fand.)
Die auf Schallplatte dokumentierten Interpreta-
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Klavier- tionen von Ernst Busch 7 und Gisela May 8 sind unter
auszug. Instrumentation: Klarinette, Trompete, Po- Befragung von Hanns Eisler entstanden. Das Grund-
saune, Gitarre, Klavier, Kontrabaß. Eine Fassung tempo ist verschieden und bei Busch mit Viertel= 92
für Klavier und Gesang (wahrscheinlich die erste eher auf <<mäßig>> gerichtet, bei Gisela May mit
Fassung) ist als Autograph überliefert (Sammlung Viertel = 108 auf<< bewegt>>. Innerhalb des Tempos
Kate Kühl): e-Moll ( offenbar in Betrachtung der werden jeweils die gleichen (in den Noten nicht an-
tiefen Stimmlage der Chansonette), einfacher Kla- gezeigten, aber obligatorischen!) Differenzierungen
viersatz, Schlußteil im Dreivierteltakt mit der An- vorgenommen: Die Stelle ab << da stürzten aus den
weisung <<ruhige ganze Takte>> und<< Fortissimo>>. Der Häusern schon>> ist wesentlich schneller; mit dem
Name des Pferdes << Falladah >> ist aus Grimms Mär- Beginn der dritten Strophe wird wieder das erste,
chen entlehnt (<< Falada [sie!] oder die Gänsemagd>>), langsamere Zeitmaß benutzt; auf dem Wort <<sanft>>
dort steht auch die Sentenz << 0 du Falada, da du liegt eine große Fermate (im Manuskript der Fas-
hangest>> - von Brecht verändert in <<Ü Falladah, die sung B dick verdeutlicht); der Schlußteil im Kampf-
du hangest>> (daher die Varianten beim Titel, auch musikstil in strafferem (drei Achtel = ein Viertel),
bei Eisler). Der Untertitel der einen Fassung lautet aber nicht übertriebenem Tempo (Anmerkung im
<< Ein Pferd beklagt sich>>, der anderen (Kate Kühl) Arbeitsexemplar des Pianisten Andre Asriel: << nicht
<< Das Pferd Fallada>>; bei Ernst Busch heißt es stets hetzen>>). Die Schallplattenaufnahme von Kate
<<Ein Pferd klagt an>>. Die Textfassung unserer Ausga- Kühl 9 nach der Fassung B entstand um I 948; der
bcfolgt- entgegen einigen Abweichungen in der Vor- Titel wird von Ernst Busch angesagt. In dieser Inter-
lage - Brecht, zumal wenn dies durch die Aufnahmen pretation ist der Schlußteil sehr verlangsamt! Es gibt
von Gisela May und Ernst Busch bestätigt wurde. eine zweite Aufnahme aus dieser Zeit nach derselben
In seinen << Hundert Gedichten>> hat Brecht den Fassung, aber mit kleinem Instrumentalensemble
Text auf 1919 datiert. Der geschilderte Vorfall war unter Leitung von Boris Blacher (und offenbar in
in der Hungerperiode der Kriegs- und Nachkriegs- seinem Arrangement). 10
zeit authentisch; Asta Nielsen beschreibt in ihren
Memoiren das Zerfleischen eines Pferdes I 9 I 6 mitten
auf der Straße. 2 1932 schrieb Brecht eine Dialo gfas-
sung als Gespräch zwischen einem Reporter und dem
toten Pferd (<< an einer Mauer hängt ein blutiger
Pferdekopf>>); der Reporter berichtet sensationell das
Geschehnis, dabei die Barbarei anklagend, und
richtet Fragen an das Pferd, die es mit den Strophen
des Liedes beantwortet. 3 Diese Fassung 4 war für eine
nach einer Idee von Friedrich Hollaender geplante
Revue << Es war einmal>> bestimmt, einem <<Weih-
nachtsmärchen nur für Erwachsene>>, zu der unter
anderem Erich Kästner, Ernst Toller, Erich Weinert
und Günther W eisenborn ähnliche Politisierungen
Grimmscher Märchen beitrugen. 5
Eislers Vertonung datiert von 19 32 und könnte

444
Vier Wiegenlieder für Arbeitermütter Lied 61

Die Titel bei Brecht lauten: <<Wiegenlieder einer das Tempo, auch in ruhigem Zeitmaß, flüssig ge-
deutschen Mutter>>, <<Wiegenlieder einer proletari- nommen werden. Einige der Lieder verwenden For-
schen Mutter>>, << Kinderlieder für proletarische Müt- meln, die ähnlich in den Kampfliedern vorkommen -
ter>>, << Lieder proletarischer Mütter>>, <<Wiegenlieder im Schlußlied zeigen sich Gesten eines Marschs -;
einer jungen proletarischen Mutter»; in der Werk- dies sollte nicht (fehlgeleitet vom blanken Titel) ver-
ausgabe steht schlicht <<Wiegenlieder >>. 1 wischt, sondern gerade betont werden.
Die <<Wiegenlieder>> entstanden 1932 im Umfeld Im Autograph 11 folgt Eisler in der Anordnung
des Stücks<< Die Mutter>>; Brecht verwies darauf, daß der vier Titel Brecht; bei der Veröffentlichung hat er
sie << in vielen Veranstaltungen>> gesungen worden die ersten beiden umgestellt (bereits in << Lieder · Ge-
seien, << und zwar von der Darstellerin der Pelagea dichte · Chöre>>). Die Schallplatten-Edition im Rah-
Wlassowa>>. 2 Damit ist Helene Weigel gemeint; für men der Eisler-Ausgabe 12 übernimmt diese Folge,
sie fertigte Brecht auch eine Abschrift im Format zwei andere Veröffentlichungen derselben Aufnahme
ihres<< Schatzkästchens>> - einer Sammlung mit seinen mit Gisela May 13 jene. Eine Schallplattenaufnahme
Handschriften - an. 3 Erstmals veröffentlicht wurden mit Kate Kühl entstand um 1948 14 , mit einem kleinen
die T exte r 9 34 in << Lieder · Gedichte · Chöre >> 4 , im Instrumentalensemble unter der Leitung von Boris
Anhang mit der Musik von Eisler. Für eine in der Blacher (und offenbar in seinem Arrangement); 10
Moskauer Zeitschrift << Internationale Literatur>> ge- das vierte Lied stimmt Ernst Busch ein.
plante Publikation legte Brecht die Noten bei und
ford erte ausdrücklich, daß sie mitgedruckt würden,
61
<< damit die Gedichte Gebrauchswert erhaltcm> 5 •
Helene W eigel soll nach dem Vortrag der <<Wie- Als ich dich in meinem
genlieder>> mehrfach polizeilich vernommen worden Leib trug
sein; 6 Georg Knepler, damals ihr Begleitpianist, be-
richtet von einer Aufführung in den ersten Tagen Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 In der
nach Hitlers Machtübernahme, die von der Polizei Erstveröffentlichung 2 gibt es eine weitere, als fünfte
mitten im letzten Liede unterbunden wurde. 7 Der eingefügte Strophe (auf das musikalische Modell der
Titel <<Wiegenlied>> wird mit anderem Inhalt erfüllt dritten/ vierten Strophe):
als üblich; das erklärt sich aus der Bestimmung << für
Arbeitermütter>>. Wieder legte Brecht einen seiner Sah ich sie im Auto fahren
<< Gegenentwürfe>> vor; dies sind keine Schlaflieder, Sprach ich leise zu mir: wart du erst!
sondern solche, << die dem erwachenden Leben an der Den ich trage, der wird sorgen
Wiege einer neuen Zeit zu singen sind>>. 8 Helfen, daß du nicht mehr fährst.
Hanns Eislers Vertonung von 19 32 unterstellt
sich dem agitatorischen Zweck sowohl im Hinblick Mitte der vierziger Jahre legte Brecht das Gedicht als
auf den Vortragenden wie den Hörer. Diese Lieder Finale von Paul Dessaus << Deutschem Miserere>> fest
sollte jeder singen können, und sie sollten sich un- und veränderte es dabei<< aus ideologischen und poli-
vermittelt einprägen. So zwingt sich Eisler zu einer tischen Gründen >>. 3 Als vierte steht diese Strophe:
Zurücknahme des Materialstands wie nirgends
sonst; die Faktur ist auf elementare Formeln redu- Und sie holten seinen Vater
ziert, die ständig wiederkehren. Im Rahmen der In den Krieg, und ist nicht heimgekehrt.
selbstgewählten Beschränkung kam es ihm gleich- Doch sein Sohn wird, sagt ich, dafür sorgen
wohl auf <<Subtilität>> und << eine bestimmte <Fein- Daß ihm das nicht widerfährt.
heit> des Details>> an. 9 Es ist auf Beziehungen zur
mittelalterlichen Litanei hingewiesen worden 10 - so Dessau erläutert, daß<< wohl die< Einsicht in die Not-
verwirklicht sich also doch der Titel musikalisch; wendigkeit>>> Brecht dazu veranlaßt habe, << das Nahe-
andererseits werden Gegenkräfte wirksam, die ein liegende hier in den Vordergrund zu setzen>>. 4 Brecht
meditatives Einfühlen verhindern und den gedank- übernahm die Strophe nachträglich in sein Gedicht
lichen Anspruch betonen. Die Deklamation wird auf- (und schied dafür die Strophe << sah ich sie im Auto
gerauht, indem sie in den Sog der Formeln gerät; es fahren>> aus); Eisler hat sie gar nicht vorgelegen,
verschieben sich die Akzente, und die Verzeichnung wenn er auch behauptete, er habe sie weggelassen,
lenkt besonderes Interesse aufs Wort. Übrigens sollte << weil das Lied sonst zu lang wird>>, und anheimstellte,

445
Vier Wiegenlieder für Arbeitermütter Lieder 62 · 63 · 64

sie einzufügen, vor allem wenn man damit << die ge- 63
dankliche Verbindung zum letzten Lied herstellen zu Ich hab dich ausgetragen
können>> glaube. 5
Die Schallplatte mit Gisela May wurde erarbeitet Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 In der
unter Anleitung von Eisler 6 , Tempo: Viertel = II 2. Erstveröffentlichung 2 fehlen das << fp >> beim ersten
Die fünfte Strophe ist dabei wie vorgeschrieben, Akkord und das folgende<< leggiero >>; die Anweisung
als sehr leise abgesetzt (und in ihrer Bedeutung durch ist aber überhaupt wichtig für den Gestus des Liedes,
einen verzögerten Einstieg hervorgehoben); am aus dem weder Grimm noch Mitleid, sondern - von
Schluß wird nur mäßiges Ritardando genommen. der Schlußstrophe abgeleitet - eine fast heitere Ge-
Eisler selbst hat betont, daß sich das Ritardando nur wißheit sprechen sollte. Der Rhythmus der Formeln
auf den vorletzten Takt beziehe, die Schlußakkorde ist gleicherweise auf Auflockerung hin angelegt wie
sollten wieder a tempo sein; ohnehin wünschte er von Symbolgehalt geprägt: Er hält sich an das von
sich in allen vier Wiegenliedern die Klavierschlüsse Grabs als für Eisler typisch erkannte<< Klassenkampf>>-
<< drängend gespielt>>.7 Motiv.3
Die Schallplatte wurde mit Gisela May erarbeitet
unter Anleitung von Eisler4, Tempo: Viertel= 126.
62 Der Vortrag ist entspannt und locker, mit dem
Als ich dich gebar Unterton einer Frage - weniger zur Einfühlung als
zum Nachdenken anregend.
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Im Text
der Erstveröffentlichung 2 sind einige Wörter unter-
64
strichen, offenbar damit sie aus den rotierenden, die
normativen Betonungen in ihren Sog ziehenden Mein Sohn,
Melodieformeln hervorgehoben werden sollen: erste was immer auch aus dir werde
Strophe <<dich>>, <<Brüder>>, <<gebar>>; zweite Strophe
<<trug>>, <<hatten>> (die erste Silbe). Freilich sind die Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Einige
F ehlbctonungen gewollt! 3 zusätzliche Anweisungen finden sich in der Erst-
Die Schallplatte mit Gisela May wurde erarbeitet veröffentlichung2: zum Beispiel in der sechsten Stro-
unter Anleitung von Eisler 4 , Tempo: Viertel = 100, phe durch Breitstriche angezeigte Betonungen bei
das innerhalb der Strophen aber sehr frei behan- << und nach Wasser schreist>>; die wiederholte Schluß-
delt wird, wodurch vom Vortrag her Sinnbezüge auf- zeile << fast gesprochen>>.
scheinen. Auch bei der Beratung von Lin Jaldati Die Schallplatte mit Gisela May wurde erarbeitet
empfahl Eisler freien Umgang mit dem Tempo; zum unter Anleitung von Eisler. 3 Einige Varianten wur-
Beispiel habe er in der Zeile<< als ich dich trug all die den an Brechts Fassung angeglichen: << sicher, sie
Monate>> die Worte << all die Monate>> langsamer als planen mit dir jetzt schon Kriege>> (statt <<Siege>>);
das Folgende genommen und sie damit in ihrer Be- << deine Mutter, mein Sohn, hat dich nicht betrogen>>

deutung akzentuiert. 5 Für die letzte Strophe riet er: (statt <<belogen>>); << daß du einst im Stacheldraht
<< Den Schluß, <und nur bei Karl Marx und Lenin hängst>> (statt << daß du einmal ... >>). Das Tempo
stand>, mußt du ganz leise, aber freundlich, beinahe Viertel = II 6 ist in den Marschteilen langsamer, in
lächelnd singen. >>6 (Die folgende Zeile hieß bei Brecht der letzten Strophe (Vortragsanweisung: << selbst-
ursprünglich<< daß wir Arbeiter eine Zukunft haben>>; verständlich>>) schneller. Studenten bei Interpreta-
auf den Einspruch hin, die Klassiker hätten doch tionskursen anleitend, hat Gisela May die plakative
auch den Weg gezeigt, hat er das <<daß>> durch <<wie>> << Haltung verzweifelten Schmerzes gerügt>>: << Es han-
ersetzt. 7) delt sich um ein Lied! Das bedeutet, Sie müssen an
der Melodie dranbleiben, den Rhythmus möglichst
wenig vergewaltigen. Keine naturalistischen Aus-
schmückungen dürfen hinein. >> 4 Sie berichtet über
ihre Arbeit mit Eisler: <<Als ich das Lied zum ersten
Mal sang,dachte ich auch: Hier mußt du alles hinein-
legen, was dir an revolutionären Empfindungen zu
Gebote steht. Da sagte mir Eisler lächelnd (wiene-

446
Vier Wiegenlieder für Arbeitermütter Lied 64

„isch): <Meine Gnädigste, um Gottes willen, denken


<< e, es ist ein Wiegenlied, also ein ganz kleines Kind,
m das Sie sich wenden!> >> 5 Sie legt der Studentin
nahe: <<Versuchen Sie doch einmal, die Gedanken
des Textes nicht parat zu haben. Das sind doch für
eine einfache Frau große Erkenntnisse! Zeigen Sie
auch die Schwierigkeit, diese Gedanken zu denken! >>6
Lin J aldati, ebenfalls von Eisler beraten, über-
mittelt, er habe kritisiert, daß sie das Lied<< so traurig,
ja tragisch>> singe: << Dieses Elend der zwanziger
Jahre war doch für eine Arbeitermutter eine ganz
selbstverständliche, alltägliche Sache. Also mußt du
alles freundlicher, leichter, eleganter vortragen. >> 7
Seine Ratschläge gingen bis in Details. Bei der Stelle
<< der Schuttablagerungsplatz da, und der ist besetzt>>
wünschte er ein Ritardando, mit der Begründung:
<< Das ist doch grauenvoll, <der Schuttablagerungs-

platz>, ein echt Brechtscher Einfall, dann aber noch:


8
<und der ist besetzt> mit der Betonung auf <der>. >>

Über den Schluß sagte er: << Die Wiederholung <daß


es auf dieser Welt> und so weiter mußt du nicht ein-
tönig singen. Am besten, du singst das erste Mal
etwas stärker; dann aber die Wiederholung ganz leise,
verhalten, wie ein Seufzer. Die drei Schlußakkorde
auf dem Klavier sind dann wieder stark, ja, forte mit
crescendo. >>9

447
Lieder 65 · 66

65 ohne die Synkope am Schluß der Strophen (aber be-


Die Ballade reits der auf<< Genosse>>) die frühere sein; die f-Moll-
Fassung9 führt im zweiten Takt den Quintsext-
vom Baum und den Ästen akkord ein (allerdings erst auf der vierten Zählzeit),
disponiert die zweite Synkope und arbeitet im Re-
Aus: Bertolt Brecht und Hanns Eisler: Lieder · Ge- frain - analog zur Strophe, nur umgekehrt in der
dichte · Chöre. 1 Instrumentation: Tenorsaxophon, Bewegungsrichtung - die Chromatik weiter durch.
Trompete, Posaune, Schlagzeug, Banjo, Klavier. 2 In beiden Fassungen ist die Stelle << reib dich ein in
Die unserer Ausgabe zugrunde liegende Fassung für die Arbeitereinheitsfront>> noch ohne Punktierung (so
Gesang und Klavier ist autograph überliefert. 3 Die auch im Spanienliederbuch); der endgültige Rhyth-
in den << Liedern und Kantaten>> 4 abgedruckte Fas- mus dürfte hier erst spät gefunden worden sein.
sung (nur zwei Strophen: erste und dritte) folgt einem Zur Entstehungsgeschichte gehört die Entschlie-
offenbar von fremder Hand angefertigten Klavier- ßung der KPD zur Einheit der Antifaschisten von
auszug.5
1934 (193 5 findet der VII. Kongreß der Kommunisti-
Brechts Gedicht entstand 19 33 in Anspielung auf schen Internationale statt: Das Kampfziel in der ak-
die aktuellen Geschehnisse. Das Autograph der Fas- tuellen Situation ist die Volksfront. (Am 21. Dezem-
sung für Gesang und Klavier ist auf den 9. Dezember ber 1934 geht von Moskau aus ein Brief Erwin Pis-
193 3, Paris, datiert. cators, des Präsidenten des Internationalen Revolu-
Die Schallplattenaufnahme mit Ernst Busch6 hat tionären Theaterbundes, an Brecht << mit der Bitte
als Tempo Viertel = 112. Das << mehr her>> in der um ein gutes Einheitsfront-Lied>>: << Gerade jetzt ist
letzten Strophe wird von Busch herausgeschrien es selbstverständlich sehr notwendig, unsere Sänger-
(und er ändert Brecht hier textlich entsprechend ab), chöre mit diesem Material zu beliefern. Abgesehen
danach erfolgt ein Einschnitt, die nächsten Worte von der politischen Situation bereiten sie sich für
sind durch Verlangsamung in ihrer Bedeutung groß eine große Olympiade vor, die im Frühjahr nächsten
ausgestellt. Jahres voraussichtlich in Elsaß-Lothringen stattfinden
soll. >> 10 Als Komponist war Hanns Eisler ( der dem
Vorstand des << Internationalen Musikbüros>>, in des-
66 sen Namen Piscator schrieb, angehörte) vorgesehen;
Das Einheitsfrontlied doch räumt der Brief ein, daß das Lied, sollte Eisler
absagen, von << einem unserer Genossen>> vertont
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru- werden würde. 11 Brecht soll unverzüglich das Ge-
mentationen: a) sinfonische Fassung 1948 für Solo- dicht geschrieben und es an Eisler, der sich damals in
stimme, zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Klarinetten, London aufhielt, geschickt haben; am 4. Januar I 9 3 5
zwei Fagotte, vier Hörner, zwei Trompeten, Schlag- teilt Eisler ihm mit, daß das <<Einheitsfrontlied>>
zeug, Klavier ad libitum, Streichorchester, 2 b) für << schon lange>> in Moskau sei und im dortigen
Solostimme, vierstimmigen gemischten Chor, Flöte, Staatsverlag erscheine, Piscator solle sich eine Ab-
Klarinette, Fagott, Horn, Trompete, Schlagzeug, schrift vom Internationalen Musikbüro geben las-
Klavier, Kontrabaß. 3 Für eine Schallplattenauf- sen.12 Unter dem 27. Januar bestätigt Piscator Brecht,
nahme mit Ernst Busch4 schrieb Boris Blacher um daß das Lied in Moskau verfügbar ist. 13
1948 ein Arrangement für Altsaxophon, Tenorsaxo- Nach dieser Darstellung liegen zwischen dem
phon, Trompete, Posaune, Gitarre, Schlagzeug Auftrag und seiner Erledigung nur vierzehn Tage;
(offenbar nachträglich eingefügt: Glocke), Klavier, selbst unter der Voraussetzung, daß die Autoren so-
Kontrabaß. 5 Die Melodie (in f-Moll) wurde ver- fort tätig wurden, erscheint die Zeitspanne für die
öffentlicht in den << Canciones de Guerra de las Bri- Postwege von Moskau nach Brechts Wohnsitz
gadas Internacionales >> 6 • Die zweite Strophe ist bei Skovsbostrand und von dort nach London, wo Eisler
Brecht nicht verzeichnet. 7 sich aufhielt, als zu kurz. überdies geht aus Eislers
Das Lied liegt als Manuskript in zwei von der Brief vom 4. Januar 19 35 doch hervor, daß das << Ein-
Endfassung und untereinander leicht abweichenden heitsfrontlied>> << schon lange>> in Moskau und dort
Kopien vor, die namentlich den Arbeitsprozeß am auch bereits an einen Verlag gebunden sei; Piscators
Baßfundament demonstrieren. Die e-Moll-Fassung 8 Brief, in Unkenntnis dieser Vorgänge geschrieben,
dürfte, mit stellenweise noch steifer Baßlinie, auch war also eigentlich überflüssig. Brecht, von Anfang

448
Lied 66

Oktober bis in den Dezember hinein in London, teilt fordert. Das << links, zwei, drei>> deutet auf die not-
im November Helene Weigel mit, daß er mit Eisler wendige straffe Organisation -Brecht hatte ursprüng-
Arbeiterlieder gell?-acht habe:« Sehr einfach, Marsch- lich geschrieben << marschier in der Arbeitereinheits-
lieder. >> 14 Darunter war wohl auch das << Einheits- front >> 21 , dieses Bild aber offenbar als zu martialisch
frontlied>>; auch John Willett bindet es an den dorti- verworfen. überhaupt soll der Entschluß nicht auf-
gen Aufenthalt. 15 Ein weiteres Indiz für die Ent- gezwungen werden, sondern aus Einsichten er-
stehung unabhängig von Piscators Anfrage ist die wachsen; daher tragen die Strophen die Argumente
Übereinstimmung des Strophenteils mit dem Lied vor. In schmuckloser Sprache - als Gegensatz zu
<<W e don't fight for our country >> aus Eislers Bühnen- dem Geschwätz der Demagogen, auf das eine
musik zu <<Feuer aus den Kesseln>> von Ernst Toller; Strophe verweist - werden Tatsachen benannt, die
zwar hatte die Inszenierung erst am II. Februar 193 5 zur Stellungnahme drängen. Für ein Lied, das sich an
Premiere, aber eine Pressemeldung vom 14. Dezem- die Massen wendet, mußte eine populäre, leicht
ber 1934 erwähnt die Musik als abgeschlossen. 16 Die nachvollziehbare Form gefunden werden; das Mo-
Bühnenmusik dürfte Modell für Brecht gestanden dell war die in der sogenannten zweiten Kultur wur-
haben; daß das <<Einheitsfrontlied>> eher vorlag und zelnde << Chevy-Chase-Strophe >>. 22
Tollers Text zufällig darauf gepaßt hätte, ist unwahr- Dieselben Aufgaben mußte Hanns Eislers Musik
scheinlich. 17 Eisler selbst hat einmal diese Genese be- erfüllen. Der Gestus der Organisiertheit ist durch
stätigt, indem er - für den Untersuchungsausschuß den Marschcharakter gegeben (ein Manuskript und
unamerikanischer Betätigung die Fäden ein wenig die Bearbeitung für Bläserensemble schreiben
verwirrend und die beiden Lieder in eins setzend - <<Marschtempo>> vor); indes werden vielerlei Mittel
erwähnte, das <<Einheitsfrontlied>> sei für ein kleines angewendet, um ihm das Zackige, Brutal-Aggressive
Stück geschrieben worden, das deutsche Flüchtlinge zu nehmen - etwa durch Verschiebung der Schwer-
1936 in London gespielt hätten. 18 Eine andere Er- punkte (Synkopen, Akzentuierung von Auftakten)
klärung, die Eisler später einmal abgab - er habe das oder eingesprengte weiche, freundliche, elegante
<<Einheitsfrontlied>> 193 6 << nach dem Volksfront- melodische Wendungen. Manfred Grabs schreibt:
kongreß >> auf einen Telefonanruf Brechts hin ge- << Es ist bezeichnend, daß der gestische Einschlag
schrieben, und am nächsten Tage habe es bereits gerade das Freundliche, Umgängliche betont und so
Ernst Busch auf englisch gesungen 19 - ist „indes das <drohende Moll> auflichtet, denn beides ist wich-
zweifellos fiktiv. tig für den Kampf der Arbeiterklasse für die Einheits-
Eisler war als Musiker für die Volksfront tätig: front: Festigkeit, Bestimmtheit, Unerschütterlich-
nicht nur kompositorisch, sondern auch organisato- keit gegenüber Feinden, Freundlichkeit, Verständ-
risch und theoretisch. 19 3 5 suchte er - freilich ver- nis, Übereinstimmung gegenüber den Verbünde-
geblich - die unter sozialdemokratischem Einfluß ten. >> 23 Der Konzentriertheit der Gedanken ent-
stehende Internationale der Arbeitersänger zur Zu- spricht die Dichte der Faktur: Grabs macht auf das
sammenarbeit zu gewinnen. Er war der führende Variationsverhältnis zwischen Strophe und Refrain
Kopf der ersten internationalen Arbeitermusik- und und auf die Polyphonie der Außenstimmen aufmerk-
Gesangsolympiade zu Pfingsten (8.-10. Juni) 193 5 in sam.24 Eisler selbst hat seine Arbeit hoch angesetzt,
Strasbourg, präsidierte der Jury für die Wettbewerbe, indem er das <<Einheitsfrontlied>> neben dem << Soli-
hielt ein Referat und stellte nicht zuletzt, Ernst Busch daritätslied>> zum << haltbarsten dieses Genres>> zählt. 25
am Klavier begleitend, zum ersten Mal sein << Ein- 1948 hat Eisler das <<Einheitsfrontlied>> (neben
heitsfrontlied>> vor, in das ein Massenchor von drei- dem <<Solidaritätslied>>) für Gesang und Orchester
tausend Arbeitersängern einstimmte. Einern Ende gesetzt und dabei ein Ritornell (als Vor-, Zwischen-
August/ Anfang September 193 5 an Brecht gerichte- und Nachspiel) angefügt und kontrapunktierende
ten Brief nach plante er die Aufnahme des << Einheits- Gegenstimmen eingearbeitet. Brecht notierte dazu:
frontliedes>> (mit weiteren neuen Brecht-Liedern) in << seinen widerwillen gegen die vulgarität und primi-
einen für die << Editions du Carrefour >> in Paris als tivität der marschlieder hat er jetzt sublimiert, indem
Fortsetzung der 1934 erschienenen <<Lieder · Ge- er etwa das einheitsfrontlied symphonisch auflöst,
dichte · Chöre>> erwogenen Band. 20 dh als volkslied in strengen musikalischen stücken
Die besondere politische Aufgabe war beim<< Ein- verwendet. >> 26 Eisler hatte<< übers Radio diese scheuß-
heitsfrontlied>> vorgegeben; Brecht löst sie sinn- lichen Hitlerlieder gehört>> und damals einen << Ekel
fällig, indem er im Refrain zur <<Einreihung>> auf- gegen das Marschieren überhaupt>>; 27 andererseits ist

449
Lieder 66 · 6 7

die Bearbeitung wohl auch zu verstehen als ein 67


Wechsel in der Funktion des Liedes. Grabs sieht in Resolution
den Ritornellen <<Trauer um die Opfer>> mitschwin-
gen.28 Bezeichnend sind Eislers Vortragsanweisun- Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru-
gen auf dem Titelblatt der Partitur; sie gelten zwar mentation von Paul Dessau (Stimmen des Berliner
für das Lied ohnehin, aber für diese Bearbeitung, die Rundfunks): Klarinette, zwei Trompeten, Posaune,
von der Agitation eher zum Dokument führt und Akkordeon, Schlagzeug, Klavier, Violine, Kontra-
sich - nicht nur vom Apparat her - musikalischen baß ;2 dazu merkt Ernst Busch an, daß Eisler dieses
Traditionen verpflichtet, besonders: << Dieses Lied Arrangement verboten habe.
soll sehr einfach gesungen werden. Kein Brüllen, Unsere Ausgabe hält sich an Brechts endgültige,
kein falsches militantes Geschrei! ! ! Nicht zu rasch! sechsstrophige Fassung.3 Die Anmerkung in den
Nicht zu langsam! >> 29 Ende der vierziger Jahre ent- << Liedern und Kantaten>>, daß Eisler die vierte
stand noch eine zweite Bearbeitung, die im Geflecht Strophe komponiert habe, ist mißverständlich; zwar
der Neben stimmen der sinfonischen im wesentlichen liegt ein Autograph der Singstimme mit dieser (in
gleicht, auch dasselbe Ritornell verwendet, aber ein der ersten Zeile grammatisch unklaren) Textfassung
anderes Vorspiel - statt des lyrischen ein mit Signa- vor, 4 aber die anderen Quellen, auch die den kompo-
len einstimmendes - voransetzt und sich (abgesehen sitorischen Entwicklungsprozeß zeigenden, nicht zu-
von der harmonisch-rhythmischen Stützung durch letzt die Erstveröffentlichung 5, gehen von Brechts
Schlagzeug, Klavier und Kontrabaß) auf fünf Solo~ erster Strophe aus.
bläser beschränkt. Die Formulierung der Melodie läßt sich über ver-
Ernst Busch, wie Brecht und Eisler Emigrant, schiedene Stadien verfolgen: eine Fassung im Vier-
trug das <<Einheitsfrontlied>> in viele Länder und vierteltakt ohne Text;6 Überführung in Sechsachtel-
machte es in verschiedenen Sprachen populär. Eine takt mit prononciert synkopischem Einsatz der vor-
erste Schallplattenaufnahme entstand während des letzten Refrainzeile; 7 der endgültige melodische Ver-
Spanienkrieges 1937/38. 30 Um 1948 gibt es die erste lauf;8 Transponierung in die schließlich gewählte
Aufnahme bei <<Lied der Zeit>> 31 nach einem Ar- Tonart A-Dur/cis-Moll und Klaviersatz; 9 Diffe-
rangement von Boris Blacher (der merkwürdige renzierung des Klaviersatzes in der Baßführung und
Glockenschlag nach der ersten Phrase jeder Strophe Harmonik für die Schlußfassung.
wurde laut nachträglicher Einzeichnung in der Die Erstveröffentlichung in Buschs Spanien-
Schlagzeugstimme offenbar ad hoc festgelegt!). Eine liederbuch umfaßt vier Textstrophen: die erste,
weitere Aufnahme 32 folgt der 1949 erschienenen vierte, zweite (variant), fünfte. Die Variante der
Bläserfassung. Die Aufnahme der sinfonischen Fas- zweiten Strophe lautet:
sung (im Wechsel von Solo = Strophen und Chor
= Refrain) erschien 1965 mit Ernst Busch, dem In Erwägung, daß nur Fensterscheiben
Großen Chor des Berliner Rundfunks und dem Ber- Uns vom Brote trennen, das uns fehlt
liner Rundfunk-Sinfonieorchester unter Adolf Fritz Wolln wir nicht mehr lammfromm und geduldig
Guhl.3 3 Eine Fassung für kleines Ensemble, ange- [bleiben
lehnt an diese Bearbeitungen, singt Busch in ver- Und die Scheiben einhaun, wenn uns Hunger quält.
schiedenen Sprachen. 34 Ernst Buschs Tempo mit Vier-
tel = etwa 116 kann als authentisch gelten; es ermög- (In einem maschinenschriftlichen sechsstrophigen
licht präzise Darstellung des Wortes und hat doch die Text ist diese Strophe gestrichen - was darauf hin-
nötige federnde Spannkraft. Busch versteht es, weist, daß sie so noch nicht akzeptiert war. 10)
Freundlichkeit in die Argumente zu tragen und die Ein Autograph mit der endgültigen Melodiefas-
Aufforderung als selbstverständlich hinzustellen. sung (aber noch in F-Dur/ a-Moll und auf die
variante vierte Textstrophe) ist auf<< 1934>> datiert; 11
vielleicht entstand das Lied in Verbindung mit ande-
ren Arbeiterliedern (<< Keiner oder alle>>, << Einheits-
frontlied>>, << Saarlied >>) während Brechts Aufenthalt
in London von Oktober bis Dezember. 12 (Brechts
Gedicht aber nennt als Datum << 193 5 >>!1 3) In einem
Brief Ende August/ Anfang September 19 3 5 regt

450
Lied 67

Eisler bei Erörterung einer Fortsetzung der im Jahr sie zeigen, wie gründlich die Endfassung filtriert
zuvor in den Pariser << Editions du Carrefour >> er- wurde. Die erste Strophe ging von dieser Version
schienenen << Lieder · Gedichte · Chöre>> Brecht zur aus:
Zugabe einiger neuer Strophen an; ob damals tat-
sächlich nur die vierte Strophe als Ansatz vorlag, 14 In Erwägung, daß ihr Gesetze gemacht habt
steht freilich offen. Im selben Brief empfiehlt er die Die uns hindern sollen am Leben
Umbenennung von «In Erwägung>> zu << Resolu- Sagen wir: sie seien nicht beachtet
tion>>; Brecht ergänzte später für die Aufnahme in Und wer sie bricht, ist ein ehrlicher Mann.
die << Hundert Gedichte>> (1951) << Resolution der
Kommunarden>>. Anschließend der gereimte Refrain:
Als Brecht 1948/49 das Theaterstück <<Die Tage
Und wenn ihr uns dann eben
der Commune>> (bei ihm heißt es, entgegen den
Mit euren Kanonen droht
Verlagsausgaben, stets <<Kommune>>!) schrieb, nahm
Sagen wir: ein schlechtes Leben
er das Lied darin auf, plaziert nach der Ausrufung
Ist schlimmer als der Tod. 21
der Pariser Commune und bei Inszenierungen von
dem vor den Vorhang tretenden, mit einem Gewehr
(Bereits in der <<Mutter>> läßt Brecht die Protagoni-
bewaffneten Arbeiter Jean Cabet gesungen. (Im Text
stin sagen: << Fürchtet doch nicht so den Tod und
gibt es keine Anweisungen; ursprünglich sollte die-
mehr das unzulängliche Leben!>>) Die << Gedichte aus
ses Lied, wie auch << Keiner oder alle>>, von allen
dem Nachlaß>> verzeichnen unter der Periode<< 1928
Darstellern gesungen werden. 15) Brecht hatte vor,
bis 1932>> (!) einen (fragmentarischen) <<Gesang
Lieder von Eugene Pottier in der Übersetzung von
gegen das schlechte Leben>> mit folgender erster
Erich Weinert in <<Die Tage der Commune>> einzu-
Strophe:
bringen; 16 im April/ Mai 1949 schreibt er im Hin-
blick auf die geplante Inszenierung (mit der das Ber- Ihr hungert, Proleten
liner Ensemble eröffnet werden sollte) an Helene Aber gibt es nicht genug Brot?
W eigel, daß die Zwischenlieder und das Schlußlied Es gibt Brot genug. Aber wir kommen nicht zu.
noch fehlten. 17 Dieser Plan zerschlug sich (ebenso Was trennt euch denn vom Brot?
wie die Inszenierung); hingegen wurde das von Nichts trennt uns vom Brot als eine Fensterscheibe!
Brecht in einem Brief vom April 1949 avisierte Vor- So zerschlagt sie!
haben, Eisler, von dem ja ohnehin zwei Lieder auf- Fürchtet nicht so sehr den Tod!
genommen waren, für die Musik zu gewinnen, 18 Fürchtet mehr das schlechte Leben. 22
verwirklicht. Allerdings legte Eisler seine Partitur
erst viel später, 19 59, als es nun tatsächlich zur Ur- <<Resolution>> steht in der gleichen Kategorie wie das
aufführung kam, vor, übrigens mit beträchtlichen <<Einheitsfrontlied>>, was nicht zuletzt auch durch die
Anleihen bei seiner Filmmusik <<Nuit et brouillard>>. Anweisung << nicht zu schnell, nicht zu langsam>> -
Brecht hat einmal bemerkt, daß sein Lied << Reso- beim <<Einheitsfrontlied>> << nicht schleppen, nicht
lution der Kommunarden>> die <<Antwort der Kom- eilen>> (auf einem Manuskript: <<Nicht zu rasch!
mune von Paris im Jahre 71 darstellte auf die Dro- Nicht zu langsam!>>) - angezeigt ist: durch Marsch-
hung einer verkommenen französischen Bourgeoisie, rhythmus zur Organisiertheit auffordernd, aber ohne
Paris an Bismarck und den Reaktionär Thiers auszu- Nötigung, sondern aufgrund der <<Erwägung>>, also
liefern >>. 19 Seine Quellen waren das << Dekret der bei allem den Körper mitreißenden Schwung mit
Commune über die Trennung von Kirche und Platz für den Gedanken, das Wort. Modell stand -
Staat>> und die <<Adresse des Generalrats über den und damit wird auf Anlaß und Quelle verwiesen -
Bürgerkrieg in Frankreich 1871 >>. (Die Wendung <<in der leichtfüßige französische Geschwindmarsch, der
Erwägung>>, authentisch aus dem<< Dekret ... >>, heute gerade zur Revolutionszeit durch Punktierungen
altertümelnd, mit dem Anflug parodierten Büro- zum Tanz hin tendierte. Jedenfalls sollte die << Reso-
kratendeutschs, gefiel Brecht sehr, und er leitete da- lution>>, bei aller Entschlossenheit, überlegen und
mit später, in den fünfziger Jahren, die an der Tür freundlich geboten werden, auch mit dem Unterton
seines Sommerhauses in Buckow angehefteten Argu- der Befragung, die im Argument mit der Folgerung
mente für die Bitte um U ngestörtheit ein. 20) verschwistert liegt.
Mehrere Strophen sind in Varianten überliefert;

451
Lied 68

68 Gisela Mays Interpretation, u ebenfalls unter Auf-


Ballade von der <<Judenhure>> sicht Eislers erarbeitet, stellt das Tempo von Strophe
und Refrain in scharfen Gegensatz: jene in freiem
Marie Sanders Bericht (Viertel = I 04), dieser (einschließlich des
kurzen Vorspiels) rhythmisch straff und wesentlich
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 << Verein-
schneller (Viertel = 13 8). Mit Beginn der vierten
fachter Klavierauszug>>. Instrumentation: Flöte,
Strophe erfolgt ein Wechsel in der Erzählhaltung:
Klarinette, Fagott, Klavier, Kontrabaß. Das Auto-
In das Wort wird Anklage getragen und der Refrain
graph einer Fassung für Gesang und Klavier enthält
(wie auch bei Eislers Änderungen für Irmgard
ein variantes Vorspiel. 2 Im Refrain der vierten
Arnold) im Forte gesungen, mit großer Verbreite-
Strophe steht statt der Eislerschen Fassung << das
rung am Schluß. (Allerdings ist das Grundtempo
Fleisch steht auf in den Vorstädten>> in unserer Aus-
hier nicht << lento >> - wie von Eisler nachgetragen -,
gabe die bei Brecht für alle Strophen gültige Wen-
sondern den anderen Refrains angeglichen.)
dung << das Fleisch schlägt auf ... >> ( so auch Gisela
May auf ihrer unter Anleitung Eislers erarbeiteten
Schallplatte 3). Der Schlußrefrain als Warnung an die
Handlanger entspricht Brechts ursprünglicher Fas-
sung ;4 später adressierte er die Warnung an die von
ihnen Gejagten:

Großer Gott, wenn wir ein Ohr hätten


Wüßten wir, was man mit uns macht. 5

Die Distanzierung von dem Ausdruck <<Judenhure>>


durch Anführungszeichen im Titel taucht erstmals in
den <<Hundert Gedichten>> (1951) auf und wurde für
unsere Ausgabe übernommen. John Willett teilt eine
frühe Version des Gedichts mit und vermutet Eislers
Einfluß auf die Endfassung. 6 Einen zweiten Klavier-
auszug (es-Moll), in Details abweichend, gibt es in
der Sammlung Kate Kühl; der Titel lautet (auch auf
dem beigelegten Textblatt) << Ballade von der Juden-
dirne Marie Sanders>>.
Brechts Gedicht entstand I 9 3 5 als Reaktion auf
die damals von den Nazis erlassenen <<Judengesetze>>
und die verstärkten Pogrome; Eislers Komposition
datiert vom gleichen Jahr. 1944 erwog Brecht eine
Dramatisierung als Oper für Paul Dessau; 7 einige
Entwürfe sind überliefert. 8 Unter dem 5. Oktober
vermerkt er in seinem Arbeitsjournal 9 ein Gespräch
mit Dessau und Winge über den Opernstoff, << speziell
über chöre>>.
Bei der Beratung der Einstudierung mit Irmgard
Arnold und Andre Asriel hat Eisler wichtige, ins
Handexemplar des Pianisten eingegangene Inter-
pretationshinweise gegeben. Er zielte auf starke
Kontrastierung ab: Refrain der dritten Strophe
<< presto >> und in der Begleitung <<pianissimo>>, mit
einem Diminuendo gegen Schluß; vierte Strophe
durchweg «forte>> (statt des angezeigten <<piano>>!),
der Refrain «lento >>, die letzten vier Takte <<meno
mosso >>, am Schluß sogar noch ein Ritardando. 10

452
Kinderlieder Lieder 69 • 70

Schon 1920 beschäftigte sich Brecht mit Kinder- << e>>) folgt dem bei Proben mit Eisler benutzten Ar-
liedern; 1 für seinen Sohn Frank soll er ein (verloren- beitsexemplar des Pianisten Andre Asriel. Bei Brecht
gegangenes) Kinderbuch verfaßt haben, mit der heißt es << Mutter Beimlen>> (so auch bei Therese
Hand geschrieben und illustriert von Caspar Neher. 2 Giehse auf ihrer Schallplatte2). Brechts dritte Strophe
Er ist oft zu Gedichten für Kinder - große Aus- hat Eisler nicht vertont. Fand er deren << derbe Aus-
nahme unter den Lyrikern dieses Jahrhunderts! - zu- sage>> ungeeignet und hatte sich das << einfache musi-
rückgekehrt, und zwar vor allem in den dreißiger kalische Material>> erschöpft? 3 Therese Giehse und
Jahren, als sein Sohn Stefan und seine Tochter Bar- Gisela May4 fügen sie dennoch - auf das Modell der
bara heranwuchsen, und in der Zeit nach dem Exil, zweiten Strophe - an, was auch unsere Ausgabe als
zur Belehrung der in eine neue Gesellschaft gestell- Vorschlag (der sich freilich nicht auf Eisler berufen
ten jungen Generation. Er sah das Kinderlied von kann) übernimmt.
zwei Gesichtspunkten aus: einmal als Lied für Kin- Brecht hat das Gedicht um 1926 geschrieben,
der und zum anderen als eines über sie. Schließlich Eisler es I 9 35 komponiert. Brecht hat es nie als ein
verschlüsselte er ins Kinderlied Gedanken, die seine <<Kinderlied>> erklärt, aber Eisler nahm es in von ihm
Elemente, wie das kindgemäße Bild, als Verfrem- zusammengestellte Sammlungen mit Kinderliedern,
dung benutzten. Oft genug verbinden sich die Ab- wie die << Fünf Lieder für Kindergärten >> 5·, auf. Ob-
sichten: Das Gedicht kann sowohl vom Kinde ver- wohl der Wegfall der delikaten dritten Strophe dies
standen werden als auch eine zweite Bedeutung in einigermaßen rechtfertigt, so erweckt doch die Be-
sich schließen, zu deren Erkenntnis der Erwachsene stimmung gerade für<< Kindergärten>> Zweifel, zumal
aufgerufen ist. sich in einigen der anderen Lieder politische Satiren
Eisler hatte ein Gespür für Brechts progressive, verstecken; es scheint, daß der Titel hier ironisch zu
hintergründige Pädagogik. In der Instrumental- verstehen ist. Da würde sich denn auch die makabre
musik hatte er schon seine Erfahrungen gesammelt: Komik der << Mutter Beimlein >> gut einfügen, deren
Seit 19 32 arbeitete er im Auftrag des Moskauer Vertonung übrigens keineswegs pädagogische Ziele
Staatsverlages an einer Serie von Klavierstücken für verfolgt, sondern - ebenfalls in komischer Absicht -
Kinder. In einem Entwurf zum Vorwort seines Simplizität offen aufstellt. Dick ist Illustration auf-
Streichtrios über<< B-a-c-h >>, das sich mit dieser Reihe getragen; der <<hinkende>> Rhythmus trifft sich mit
berührt, schreibt er: <<Aus der neueren Pädagogik der Persiflierung des Moritatentons durch einen quasi
wissen wir, daß das Kind nicht so <kindisch> ist, wie asthmatischen Leierkasten.
es der Erwachsene glaubt. Selbst die Kinderstücke Irmgard Arnold, die das Lied mit Eisler erarbei-
der besten Autoren begehen denselben Fehler, den tet hat, 6 nimmt ziemlich rasches Tempo (drei Achtel
etwa ein schlechter Lehrer begehen würde, wenn er = 80) und hält sich, wie unbeteiligt, an die durch die
mit einem Kind in einer die Kinder nachahmenden Musik vorgegebene Mechanik. (Im Arbeitsexemplar
Sprache sprechen würde. Aus dieser Überlegung des Begleitpianisten Andre Asriel ist die Tempo-
versuchte der Autor, das Kind mit fortschrittlichen bezeichnung << mäßig bewegte punktierte Viertel>>
neuen Mitteln musikalische Logik zu lehren. Selbst- durch <<schneller>> ersetzt und zusätzlich <<atemlos>>
verständlich soll das Lehren und Erlernen von musi- vermerkt. 7) Gisela May 8 und Therese Giehse 9 schla-
kalischer Logik nicht in einer trockenen und didak- gen ein fast um die Hälfte langsameres Zeitmaß an
tischen Weise geschehen, sondern in einer alle Aus- (drei Achtel = 48) und gehen - Satzteile wie Wort-
drucksmittel der Musik enthaltenden Weise. Es körper sorgfältig zerschneidend - eher vom Erzählen
wurde sogar besonderer Wert auf das Amüsante ge- aus.
legt, da das für die Pädagogik besonders wichtig
ist. >> 3
70
Bettellied
69
Mutter Beimlein Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Klavier-
auszug. Im Original mit Violine und Violoncello be-
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru- setzt; der Satz ist getreu für Klavier übertragen. Bei
mentalstimme mit der Bezeichnung für Klarinette. Brecht steht der Text als << Kleines Bettellied>> in den
Die Korrektur der Singstimme in Takt 11 (<< d >> statt << Svendborger Gedichten>>. 2

453
Kinderlieder Lied 70

Mit anderen Kinderliedern entstand das Gedicht


1934. Eislers Vertonung datiert vom 9. Mai 1937.
Von Ende Januar bis in den Herbst hinein hielt sich
Eisler bei Brecht in Skovsbostrand (Dänemark) auf;
in der ertragreichen Arbeitsperiode komponierte er
im Mai eine Gruppe Brechtscher Kinderlieder:
<<Bettellied>> (9. Mai), << Der Pflaumenbaum>> (9. Mai),
<< Der Gottseibeiuns>> (u. Mai),<< Ulm r 592 >> (r 2. Mai),

<< Der Räuber und sein Knecht>> (14. Mai). Er plante


damit ein << Büchlein von Kinderliedern >>. 3
Bereits r 9 34 hatte Eisler in einem der << Sieben
Klavierstücke>> op. 32, in der Sonatine für Klavier
<< Gradus ad parnassum >> und in dem Streichtrio<< Prä-
ludium und Fuge über B-a-c-h >> versucht, die Me-
thode des Kompanierens mit zwölf Tönen der Mu-
sikpädagogik nutzbar zu machen. Nunmehr wollte
er auch an Vokalwerken zeigen, und zwar sogar an
funktionell gebundenen, wie Kinderliedern oder po-
litischen Kantaten (in Skovsbostrand entstanden
auch mehrere Sätze der << Deutschen Sinfonie>>, das
<<Lenin-Requiem>> und die Kammerkantaten nach
Ignazio Silane), daß man - dem Entwurf seiner Vor-
bemerkung zum Streichtrio nach - << mit der r 2-Ton-
T echnik in einer einfachen, leichtverständlichen,
logischen Weise musizieren kann>> 4 • Weiter schreibt
er dort: << Dies zu beweisen war besonders notwen'-
dig, da im allgemeinen Werke, die im r 2-Ton-
System geschrieben sind, eine so überkomplizierte
Faktur haben, daß man sich fragen muß: Ist diese
Kompositionsmethode zwangsläufig mit einer so
äußerst komplizierten Schreibweise verknüpft, oder
wäre mit dieser Methode ein einfacher, den breite-
sten Massen brauchbarer Stil möglich? >> 5
Beim <<Bettellied>> liegt schon in der besonderen
Form der Zwölftonreihe Witz. 6 In Eislers Vertonung
sind Technik und Konstruktion hinter höchst leben-
diger Gestik versteckt. überdies wird die neuartige
0 r ganisation des Tonmaterials mit traditionellen
Formcharakteren verbunden, so daß sich, auch hei
vertrackter Intervallik, durchaus das Liedhafte durch-
setzt. Die Interpretation muß so über der Sache
(sprich: über der geläufigen Beherrschung der Melo-
die) stehen, daß sie elegant Gesten ausstellen und den
hintergründigen Spaß hervorholen kann.

454
An die Nachgeborenen

Das Gedicht <<An die Nach geborenen>> entstand sich nicht der Wehleidigkeit hingeben, sondern di-
zwischen I 9 34 und I 9 37. Von den drei Teilen trat stanziert auf den philosophischen Inhalt lenken
der erste zuletzt hinzu; Brecht ergänzte das Gedicht sollte. So hörte Max Frisch 1947 in Zürich Brecht
sozusagen nach vorn'. <<An die Nach geborenen>> rezitieren: <<Wie Brecht uns
Die << Nachgeborenen>> sollen die Dialektik von dieses Gedicht vorgelesen hat: schüchtern, nicht ver-
Güte und Haß aus den gesellschaftlichen Verhält- krampft, er ist kein anderer als zuvor und nachher,
nissen, in die der Chronist gestellt ist, begreifen. seine Stimme ist leise, ohne Veränderung seines
Dieser ist Brecht: Autobiographie und Zeit- mundartlichen Klanges, fast lispelnd, aber deutlich
geschichte fließen zusammen. Da ein Dichter spricht, und genau vor allem im Rhythmus, scheinbar ohne
wird auch über Kunst und ihre Bedeutung reflek- Betonung, sachlich, Worte zeigend, wie man Kiesel-
tiert. Ein Zwiespalt wird aufgezeigt, aber nicht als steine zeigt, Gewebe oder andere Dinge, die für sich
tragisch, unlösbar hingestellt - die Dialektik öffnet selbst sprechen müssen; Haltung eines Mannes, der,
die Überlegungen auf eine freundliche, befriedete seine Zigarre rauchend, genötigt ist, einen Text ab-
Zukunft hin. zulesen, einfach weil nicht jedermann diesen Text in
Eisler, seit Ende Januar 19 37 Gast Brechts im der Hand hat; ungefähr wie man einen Brief vor-
dänischen Skovsbostrand, komponierte zuerst den liest: mitteilend. >> 4 Später hat Brecht das Gedicht
zweiten Teil des Gedichts (13.April), dann den drit- auch für eine Tonbandaufnahme gesprochen. 5
ten ( 1 5. April) und erst Jahre später, am 2. September Trotz des zweijährigen zeitlichen Abstands in der
1939 in Mexiko City, den ersten. Dabei will er - was Komposition der Teile II/III und I und obwohl Eisler
die zahlreichen Abweichungen erklärt - von einer die Teile II/III für sich getrennt veröffentlichte,6
textlichen <<Vorfassung>> ausgegangen sein. 1 Er er- folgt unsere Ausgabe der Abfolge des Brechtschen
innert sich an die Arbeit: <<Erlegte mir gar nicht das Gedichts, und es wird empfohlen, diesen Zusam-
Gedicht <An die Nachgeborenen> vor, sondern gab menhang zu bewahren. Dies ist nicht zuletzt auch
mir so einen Umschlag mit ungefähr dreißig Ge- durch die stilistische Einheit der Musik berechtigt .
dichten und sagte: <Schau doch mal nach, vielleicht Eisler sucht die Progressivität von politischem Be-
ist etwas Brauchbares für dich drin.> Es war also als wußtsein und musikalischem Material zusammenzu-
Kompositionsvorlage gedacht. Das waren diese führen und komplizierte Technik der Allgemein-
gelben Schreibmaschinenzettel. Ich schaute da nach verständlichkeit zu öffnen. Er wandte die von seinem
und fand dieses Gedicht - und ging zu Brecht und Lehrer Arnold Schönberg entwickelte Dodekapho-
sagte: <Du, Brecht, das ist kolossal!> Sagte er: nie an, disponierte sie aber nicht zur Anfachung von
<Wirklich? Hältst du das für brauch bar?> Mehr hat Expression, sondern lenkte eher auf die intellektuel-
er nie gesagt. <Brauchbar> - das war die Formulie- len Qualitäten, auf die der Methode eingeschriebene
rung. Ich sagte: <Du, das ist kolossal!> Ich habe es Küble und Logik, den Gestus des Erwägens, den
sofort komponiert und spielte es ihm vor. Er war Diskussionscharakter. Es stellt sich nicht selbst-
damit sehr einverstanden. >> 2 gefällig ein Konstruktionsprinzip zur Schau; dieses
Eisler hat die drei Lieder als <<Elegien>> betitelt. wird sogar, obwohl es streng genug ist, durch die
Der Begriff meint bei ihm anderes als die Bedeutung, Bindung von Motivik und Form an die Tradition
die ihm in der Geschichte zuwuchs - nämlich Klage- und durch lebendige, beredte Phrasierung in den
lied -; eher geht er auf die weitere inhaltliche Fas- Hintergrund geschoben. Damit sind Fingerzeige für
sung in der Antike zurück, die, auf keinen Affekt die Interpretation gegeben, die zwar ihre Sachlich-
festgelegt, philosophische und politische Thematik keit bewahren, aber Unterkühltheit vermeiden und
einschloß. (Auf ähnliche Weise wächst bei Eisler der locker und geschmeidig und den Hörer zur Ausein-
Begriff<< Ballade>> über seine gebräuchliche Definition andersetzung anregend den Auftrag des Gedichts
hinaus.) Die <<Elegien>> teilen sich freundlich, sogar weitergeben sollte.
heiter mit, der Überwindbarkeit der gesellschaft- Als<< volkstümliche Fassung für Ernst Busch>> hat
lichen Zustände - die freilich Klage herausfordern - Eisler Mitte der fünfziger Jahre Teil II/III von <<An
gewiß. Sie treffen damit den Ton des <<Elegischen>> die Nachgeborenen>> - nun auch unter diesem Titel-
bei Brecht, der << auf spezifische Weise den aufkläreri- neu komponiert. Busch will ihn dazu (und zu ande-
schen Optimismus>> nuanciert und << ein dialektisches ren Liedern) angeregt haben, auch um ihn aus der
Begleitmotiv seines produktiven utopischen Den- Resignation, in die ihn die Auseinandersetzungen
kens>> ist. 3 Dies gibt Fingerzeige für den Vortrag, der um sein << Faustus >>-Libretto gestürzt hatten, heraus-

455
An die Nach geborenen Lieder 71 · 72

zuführen. 7 Eisler gibt - die <<Zwei Elegien>> zum vergelten/ ... / gilt für weise>>) und der dritte Ab-
Vergleich heranziehend- diese Erklärung: <<Das war schnitt ganz ausgelassen. Obwohl Brechts Gedicht
für ihn technisch zu schwer. Die populäre Fassung von 19 37 datiert ist, hat Eisler sein Lied im Titel auf
ist selbstverständlich auch sehr lustig, und Busch 1939 bezogen: Der Konflikt dauerte unvermindert
singt sie auch großartig. Aber wissen Sie, das sollen fort.
andere Leute entscheiden wie ich. Ich bin knapp im- Bei einer Einstudierung empfiehlt es sich, die von
stande, zwei, auch drei Fassungen zu schreiben. Was Manfred Grabs erschlossenen Hinweise Eislers im
aber dann brauchbarer ist - ich sage nicht: besser -, Handexemplar des die Sängerin Irmgard Arnold be-
das sollen andere Leut' entscheiden ... Ich glaube, die gleitenden Pianisten Andre Asriel zu beachten. 2 Die
populäre Fassung ist gar nicht viel populärer wie das; einleitende Zeile <<Wirklich, ich lebe in finsteren Zei-
sie ist einfach einfacher zu singen. Ich habe also dem ten!>> sollte als <<Motto>> aufgefaßt und <<breit>> ge-
Busch eine Chance gegeben, das in eine volkstümliche boten werden (ursprünglich hatte Brecht die Ab-
Art des Musizierens zu zwingen - was auch einen schnitte numeriert und dabei die erste Zeile als eine
eigentümlichen Widerspruch zwischen den hohen eigene Einheit abgehoben. 3 Beim Beginn der näch-
Versen von Brecht und einer einfachen Melodie er- sten Zeile ist dann<< a tempo >> gefordert - also schnel-
gibt. >> 8 ler, im eigentlichen Grundtempo. Zum Nachspiel
An die Stelle der Dodekaphonie tritt nun Tonali- des Klaviers ist <<vorwärts>> angezeigt (in die Ge-
tät und sogar Regression auf ihre einfachsten, ge- samtausgabe übernommen); in der Erstschrift des
läufigsten Wendungen: eine Umwandlung ins Volks- Autographs stand dort << forte >> (getilgt bei der Rein-
tümlich-Elementare, auch unter Einschluß von schrift).
Trivialem, Abgegriffenem. Ist dies - Grabs folgert
es aus dem strapazierten Wiederholungsprinzip und
der flüchtigen Niederschrift - ein<< rasch entworfenes 72
<Gelegenheitswerk> >>? 9 Eisler macht auf die Überein- Elegie I
stimmung des Gestus mit den << Elegien>> aufmerk-
sam, wenn er vielleicht auch << etwas vereinfachter>> Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1
sei; andererseits findet er, daß dies << sehr kompliziert Es gibt irrige Datierungen in verschiedenen Pu-
zu singen>> sei, komplizierter als das Konzertlied. 10 blikationen und in Äußerungen Eislers: In seinen
Die Deutung des Gedichts aus distanzierter Über- Gesprächen mit Hans Bunge nennt er die Jahre
legenheit heraus, ohne Hingabe an Stimmungen und << 1935 oder 1934>>. 2 Die 1952 in der Collection Li-
Illustration, ist dieselbe und hält sich, namentlich im tolff/Leipzig erschienene Ausgabe ist auf 1936 da-
ersten Lied, sogar an eng verwandte Melodie- tiert. Im Band I der << Lieder und Kantaten >> 3 steht
formeln. Dodekaphones Material wird in tonales um- 1935. Die Erstausgabe in der Universal Edition
modelliert; freilich verändert sich dabei doch auch - Wien 1945 nennt das richtige Datum: April 1937.
Eisler weist darauf hin - der Gestus. n Daß die Inter- In einem Entwurf hat Eisler das Lied <<Asphalt>>
pretation gerade mit der vereinfachten Fassung ihre genannt - offenbar in Anspielung auf den von den
Schwierigkeiten hat, liegt daran, daß sie - umgekehr- Nazis als Diffamierung gebrauchten Begriff <<Asphalt-
ter Vorgang wie bei der dodekaphonen Version - literatur». 4 (Brecht setzt 19 34 in einem Geburtstags-
nicht die Naivität (um nicht zu sagen Simplizität) aus- gruß an Lion Feuchtwanger die <<Asphaltliteratur>>
stellen darf, sondern in den elementaren Formeln der mit << der Literatur schlechthin, der großen europäi-
Gedanklichkeit des Wortes Geltung geben muß. 12 schen Literatur, wie sie sich im Laufe der letzten
Jahrhunderte geschichtlich entwickelt hat>> gleich. 5)
Die Musik hat die Haltung eines Berichts: Sie er-
71 zählt das Gedicht, aber nicht illustrativ, Stimmungen
Elegie 1939 hingegeben, sondern distanziert, sogar im Wider-
spruch zum Wort, die Aufhebung der Schilderungen
Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Brechts vorwegnehmend. Brecht war davon, Eislers Erinne-
Endfassung gegenüb_er sind bei Eisler außer kleine- rungen nach, sehr angetan. << Ich erinnere mich noch
ren Abweichungen einige Zeilen (erster Abschnitt: an sein zigarrenrauchendes Z uhörertum, wo er
<< das arglose Wort ist töricht>>, fünfter Abschnitt: sagte: <Ach, ist das episch!> - in einer Art wirklichen
<< auch ohne Gewalt auskommen/ Böses mit Gutem Genusses. >>6

456
An die Nachgeborenen Lieder 72 · 73 · 74

Änderungen, die aus dem Vergleich der Quellen Nun, erfreulicherweise wurden diese Lieder in dieser
verfolgt werden können, lassen Eislers Absichten Form noch nie gesungen. So hoffe ich - in zwanzig
erkennen. So fügt er für den Abdruck in den << Lie- Jahren -, daß einmal ein vernünftiger Mensch sin-
dern und Kantaten>> beim ersten <<Refrain>> die An- gen wird, und zwar leicht, hell, fast humoristisch.
merkung «leicht>> ein; dies gilt für den <<Refrain>> So möchte ich es vorgetragen haben. Was ich ge-
überhaupt, auch bei seiner instrumentalen Exposi- macht habe, ist völlig falsch und wird dem genialen
tion als Vorspiel und bei der mehrmaligen Wieder- Gedicht von Brecht - das auch seine Tücken hat -
kehr. Als Roswitha Trexler das Lied Stephanie Eis- nicht gerecht. >> 10
ler, die den Vortrag ihres verstorbenen Mannes noch
gut im Ohr hatte, vorsang, wurde sie hier zu rasche- 73
·rem, tänzerischem Tempo angehalten. Dies trifft
auch auf die letzte, melodisch neu formulierte Zeile
Elegie II:
zu, wo Eisler bezeichnenderweise einmal << a tempo >> An die überlebenden
notiert hat - um ja vor einem Verschleppen zu
warnen. 7 Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Die von
Von Hans Bunge gedrängt, hat Eisler das Lied Eisler gewählte Fassung << bedenkt, wenn ihr von
bei einem ihrer Gesprächsabende auf Tonband ge- unsern Schwächen sprecht, auch der finsteren Zeit,
sungen, sich am Klavier begleitend. Er sagte dazu: der ihr entronnen seid>> wurde vom Herausgeber
<< Das ist ja wirklich ein fast nicht gesungenes Lied, Manfred Grabs - da ihre Absichtlichkeit offensteht
weil es so schwierig ist, sowohl für die Sänger als und sich eine falsche grammatische Beziehung er-
auch für die Zuhörer. Vorläufig schwierig. Das gibt gibt - in Brechts Fassung << gedenkt ... >> verändert. 2
sich in einigen Jährchen. Zehn, zwanzig Jährchen Zahlreiche weitere Abweichungen hingegen blieben
spielen ja in der Musik keine Rolle. >> 8 Freilich war er, erhalten, auch die wichtige Variante am Schluß, der
als er die Aufnahme abhörte, damit nicht zufrieden: bei Brecht (Endfassung) heißt:
<< Das kann ich, glaube ich, besser darstellen: nämlich
Ihr aber, wenn es so weit sein wird
ruhiger und freundlicher. In meiner Darstellung
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
fehlt die Freundlichkeit. Das muß freundlicher ge-
Gedenkt unsrer
sungen werden, nicht gebellt werden - wie ein ge-
Mit Nachsicht.
kränkter Dackel. >> 9 Auch eine Wiederholung gelang
nicht besser, und bei der Beurteilung beschreibt Der Titel <<An die Überlebenden>> geht auf Fassungen
Eisler den beabsichtigten Gestus - den nicht getrof- von Brecht zurück, der diese Überschrift gewählt, sie
fen zu haben er bedauert: << Ich bin einfach nicht aber später, das Gedicht in den Zusammenhang der
genug entspannt. Es ist dramatisch und unsinnig. drei Teile unter dem Obertitel <<An die Nach-
Und so kann man es überhaupt nicht singen. Man geborenen>> stellend, aufgehoben hat. 3
müßte es ganz leicht, entspannt und fröhlich singen. Für den Vortrag ist das von Eisler im Druck der
Das kann ich momentan nicht. - Also, ich bitte Sie, Universal Edition \Y/ien (1945) ergänzte (und in den
diese beiden Bänder zu streichen und in keiner Weise << Liedern und Kantaten>> nicht berücksichtigte!)
irgendwo jemandem zu geben. Weil: Es ist einfach << molto mos so>> bei Einsatz des Gesangs entschei-
schlecht. Ich kann erstens nicht singen, und außer- dend.4
dem habe ich eine besonders rauhe Stimme heute.
Das müßte ganz leicht und entspannt gesungen wer-
den. Ich finde es ungeheuer schwach, auch teilweise 74
dämonisch, auch mit einer - da kann man nur sagen: An die Nachgeborenen I
Selbstgenügsamkeit der eigenen Verzweiflung und
des eigenen Niedergangs, die ich unappetitlich Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Der Ober-
finde. - Das ist selbstverständlich auch in dem Ge- titel für dieses und das folgende Lied lautet <<An die
dicht drinnen, wenn man es genau analysiert. Näm- Nach geborenen>>. Der Text (abweichend von der
lich eine gewisse Koketterie mit dem: <Wir sind zwar << Elegie I >>) folgt Brechts endgültiger Fassung.
ganz große Leute, bitten euch aber um Nachsicht.> Es gibt eine Schallplattenaufnahme von Ernst
Das ist bei Brecht nicht drinnen; bei mir ist es leider Busch 2 mit Akkordeonbegleitung. Busch singt das
drinnen. Also, so kann man es nicht vortragen. - Lied sehr eindringlich und bestimmt - also anders,

457
An die Nach geborenen Lieder 74 · 75

als es Eisler für die erste Fassung empfohlen hat


(<< ganz leicht, entspannt und fröhlich>> 3). Bei den
<< Refrain >>-Zeilen << so verging meine Zeit, die auf
Erden mir gegeben warn wird das Grundtempo
(Viertel = 92/96) jedesmal beträchtlich verbreitert
(Viertel = So) und das Wort groß ausgestellt.

75
An die Nachgeborenen II
Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Der Text
(abweichend von der<< Elegie Ih) folgt Brechts end-
gültiger Fassung.
Auf der Schallplatte von Ernst Busch 2 werden
schnelleres Tempo (Viertel = r 20) und ein lockerer,
leichter Vortrag angeschlagen, der sich von der in
trivialen Wendungen hinschlendernden Melodie lei-
ten läßt und doch, streng skandierend, auch den Sinn
des Wortes öffnet.

458
Hollywooder Liederbuch

Am 30. Mai 1942 begann Eisler mit einer Sammlung schrieben hat, ist sie ganz offensichtlich, aber auch
von Liedern, die er bis zum 28. Dezember 1943 fort- die historischen Vorlagen spielen auf die Gegen wart,
setzte und nach dem Ort, wo sie entstand, << Holly- vor allem auf das Schicksal des Emigranten, an.
wooder Liederbuch>> nannte. Sie enthält siebenund- Als Verfasser eines Tagebuchs hat Eisler die
vierzig Titel und zwei im <<Anhang>>, außerdem Texte nach der persönlichen Betroffenheit ausge-
einige fragmentarische <<Sprüche>>. 1 Im Mittelpunkt wählt, wobei er sich immer als eine politische Person
stehen Gedichte von Brecht, solche aus dem skandi- sah. Er prüfte sie bis ins Detail hinein, auch von der
navischen Exil (<< Steffinische Sammlung>>, aus- ästhetischen Seite her, und riet Brecht, wo nötig, zu
gehend von einer ersten Fassung), 2 aber auch an Ort Änderungen; Brecht hat Beispiele für die gemein-
und Stelle eigens für Eisler entstandene (unter ande- samen Diskussionen gegeben. 9 Bei den ererbten hi-
rem<< Hollywood-Elegien>>), flankiert von Hölderlin, storischen Texten fühlte er sich berechtigt, zur An-
Mörike, Goethe, Pascal, Rimbaud, Eichendorff, passung an seine Absicht nach Aktualität kommen-
Berthold Viertel und Bibelworten. Eislers Freund tierend durch Montage einzugreifen: Er ließ hier
Erwin Ratz faßt 1948 die Sammlung unter der Opus- Verszeilen weg, andere ihren Platz wechseln und
zahl 78 noch als Einheit auf, wenn er auch ihren Um- schuf durch eigenmächtige Kombinationen neue
fang mit << ungefähr 200 Gesängen>> bei weitem über- Sinnbezüge. Die Ergebnisse, die er auf diese Weise
schätzt.3 Eisler rückte aber von dem Titel << Holly- namentlich aus Hölderlin und Anakreon (in der
wooder Liederbuch>> ab (der hier gleichwohl, als Nachdichtung von Mörike) destillierte, nannte er
vom Entstehungsort und der stilistischen Bindung <<Fragmente>> und drückte damit seine Distanz zu den
gerechtfertigt, beibehalten sei); jedenfalls kam es zu Vorlagen aus; Brecht belobigte ihn, er habe den
seinen Lebzeiten zu keiner geschlossenen Veröffent- Hölderlin << entgipst >>. 10
lichung, sondern einzelne Lieder gingen, verstreut, Brecht schrieb über Eislers Lieder: «für mich ist
in die vom Komponisten zusammengestellten Bände seine vertonung, was für stücke eine aufführung ist:
1, 2 und 6 der << Lieder und Kantaten>> ein. Erst mit der test. er liest mit enormer genauigkeit. >> 11 Eisler
dem Liederband der postum veröffentlichten << Ge- untersuchte die Texte nicht nur auf Stimmigkeit und
sammelten Werke>> wurde eine nach der zeitlichen Verständlichkeit, er stellte sich ihnen auch als Kom-
Folge geordnete (aber den <<Anhang>> und die mentator und holte ihren oft versteckten philoso-
<< Sprüche>> ausschließende) Übersicht gegeben. Eine phischen Sinn hervor. Konform mit Brechts Ansich-
Gesamtaufnahme auf Schallplatten legte im Rahmen ten über Musik als Kommentar bevorzugt er dabei
der Hanns-Eisler-Edition die Sängerin Roswitha den dialektischen Weg und erhellt den Text von
Trexler vor. 4 einer gegensätzlichen Position her: Der von Brecht
Eisler hat das<< Hollywooder Liederbuch>> als eine so genannte Verfremdungseffekt bewirkt durch In-
<< sehr seltsame und gelungene Arbeit>> bezeichnet; fragestellen scheinbar wohlverbürgter Tatsachen ein
Theodor W. Adorno, mit dem er in Hollywood be- vertieftes Erkennen. Erwin Ratz schreibt: << Die
freundet war, habe ihn <<flehentlich>> gebeten, bei Dinge erscheinen in der musikalischen Ausdeutung,
Absicht einer Veröffentlichung das Vorwort schrei- die in ihrer stilistischen Eigenart kaum ein Vorbild
ben zu dürfen. 5 Erwin Ratz sieht in der Sammlung hat, wie in einem neuen Liebte, als sähen wir sie zum
<< einen Markstein in der Geschichte des Liedes ... ersten Male. >> 12 Brecht erkennt den W crt der dialek-
ähnlich wie einst die großen Zyklen Schuberts, tischen Textbehandlung für das Verständnis der Ge-
Schumanns, Brahms' und Hugo Wolfs>>6 . dichte; Eislers Kompositionen hielten << zu einem
Eisler hat von den Liedern auch als von seinem studierenden lesen>> an, << zu einem nachgrabenden
<< Hollywooder Tagebuch>> gesprochen. 7 Brecht ge- studium >> 13 .
genüber soll er sie als << kleine, nicht sehr bedeutende Eisler schafft sich ein weites stilistisches Feld mit
gelegenheitsarbeiten in der art eines tagebuchnotie- erheblichen Gegensätzen. Eines bleibt freilich, wel-
rens >> heruntergespielt haben, wobei Brecht freilich ches Material er auch anwendet, ausgesperrt: ex-
einräumt, daß er damit vielleicht auf Widerspruch zu pressionistische Überhitzung. Letztlich dient der
stoßen hoffte (<< die bescheidene brucknergeste >>). 8 klassische Liedtyp eines Franz Schubert als Modell:
Die Anlage als Tagebuch zeigt sich in der Aktualität Allemal dominiert die Melodie, und zwar in einer
der Texte und deren biographischem Bezug; bei den bequemen Lage, die verständliche Deklamation ge-
<< Hollywood-Elegien>>, die Brecht auf Anregung währleistet. An dieser Form haben sich gelegentlich
Eislers als Reflexion ihrer dortigen"Erfahrungen ge- auch aus der Dodekaphonie entwickelte Prinzipien

459
Hollywooder Liederbuch Lied 76

zu bewähren, die, anknüpfend an die <<Zwei Elegien>>, Der Eisler-Biograph Albrecht Betz sieht die im
die <<Elegie I 9 39>> und andere Lieder aus den dreißiger << Hollywooder Liederbuch>> gesammelten Lieder als
Jahren, wegen der erwünschten Hervorkehrung von << Dokumente individueller künstlerischer Resi-
Konzentration und Logik gewählt wurden, und stance">>19 an. Eisler leistete nach mehreren Seiten hin
nicht etwa wegen affektischer Aufpulverung. Doch Widerstand: gegen eine Gesellschaftsordnung, die
greift Eisler auch reichlich nach verbrauchten Sub- den Menschen sich selbst entfremdete und, als Fa-
stanzen und beweist ihre Fähigkeiten, in neuer Zu- schismus, ihn in Barbarei trieb; gegen die heuchle-
ordnung frisch zu wirken; er zitiert aus der musikali- rische Verklärung falschen Bewußtseins in der
schen Tradition, bis in vertraute Wendungen hinein, Traumfabrik Hollywood; schließlich aber auch
und stellt das überkommene doch in ein neues Licht, gegen künstlerische Produktionen, die ihren Protest
läßt es - zur Überraschung, letztlich als Anstoß zum in der blanken Wiedergabe erschöpften und die Tra-
Nachdenken - <<fremd>> erscheinen. gödie verabsolutierten. Eisler läßt in seinem Lieder-
Er sah in diesem Verfahren auch einen politi- buch auch in den Berichten aus der Zeit der Erniedri-
schen Auftrag. In dem 19 38 mit Ernst Bloch ge- gung die Hoffnung auf die befreite, befriedete Welt
schriebenen Aufsatz << Die Kunst zu erben>> fordert anklingen. Er hat die Lieder auf diese Zukunft hin
er, << klassisches Material>>, das für den antifaschisti- komponiert; in Hollywood wurden sie damals, von
schen Kampf geeignet ist, <<auszusondern und zu prä- gelegentlichem Vorspiel im Kreis von Freunden ab-
parieren>>14. In dem 1943/44 gemeinsam mit Theodor gesehen, nicht bekannt. In seinem Entwurf eines
W. Adorno verfaßten Buch << Komposition für den Vorworts heißt es: << In einer Gesellschaft, die ein
Film>> werden solche Gedanken detaillierter ausge- solches Liederbuch versteht und liebt, wird es sich
führt; dabei konnte Eisler von praktischen Erfah- gut und gefahrlos leben lassen. Im Vertrauen auf eine
rungen ausgehen, und zwar nicht nur den in seiner solche sind diese Stücke geschrieben. >> 20
Filmmusik gesammelten, sondern auch denen des
<< Hollywooder Liederbuchs>>. Adorno und Eisler
schreiben über die Elemente und Techniken der 76
neuen Musik: << Entscheidend dabei ist nicht der An den kleinen Radioapparat
größere Reichtum an Dissonanzen, sondern die Auf-
lösung der vorgegebenen, konventionellen musika- Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Der Text
lischen Sprache. Alles ergibt sich unmittelbar aus den stammt aus Brechts << Steffinischer Sammlung>> und
konkreten Anforderungen des Gebildes, nicht aus hat dort den Titel <<Auf den kleinen Radioapparat>>. 2
dem Schema. Ein Stück voll Dissonanzen kann Ein sinnentstellender Fehler (auch in Eislers << Ge-
durchaus konventionell in seinem Duktus sein und sammelte Werke>> eingegangen) wurde in unserer
eines, das verhältnismäßig einfacheres Material ver- Ausgabe korrigiert: Statt - wie Eisler schreibt -
wendet, durchaus avanciert und neu durch den kon- <<meine Lampen>> muß es <<seine Lampen>> heißen, denn
struktiven Einsatz der Mittel. Selbst eine Dreiklangs- damit sind die Radioröhren gemeint.
folge kann fremd klingen, wenn sie aus den gewohn- Brecht scheint in diesen Versen (wie auch bei
ten Assoziationsgeleisen herausgenommen und ein- anderen Gedichten) von einer Eintragung seines Ar-
zig aus der Stimmigkeit des besonderen Gebildes ab- beitsjournals ausgegangen zu sein. Er schreibt unter
geleitet wird. 15 Es wird zwischen <<Material>> und dem 1 1. Juni 1940: << in der letzten zeit, seit die nach-
<<Verfahrensweise>>, dem << konstruktiven Kompo- richten so schlecht werden, erwäge ich sogar, ob ich
nieren>>, unterschieden; das Material sei der Verfah- das frühradio abstellen soll. der kleine kasten steht
rensweise gegenüber, wenn nicht alles trüge, << relativ neben dem lager, meine letzte handlung am abend
gleichgültig>> geworden: << Die Kompositionsweise ist, ihn aus-, meine erste am morgen, ihn anzu-
ist so konsequent geworden, daß sie nicht länger drehen. >> 3
mehr die Konsequenz aus ihrem Material sein muß, Eisler hat das Lied im Mai I 942 als eines der
sondern daß sie gleichsam jedes Material sich unter- ersten des <<Hollywooder Liederbuchs>> komponiert.
werfen kann. >> 16 Als entscheidend wird <<ein Durch- Von den Begleitformeln bis in Einzelheiten der Fak-
konstruieren, in dem jedes einzelne Moment durchs tur hinein wirkt es wie ein Schubert-Zitat. Die Ro-
Bewußtsein des Ganzen durchsichtig bestimmt ist >> 17, mantizismen nehmen sich in Verbindung mit dem
angesehen, auch die <<Tilgung von Klischee und Gegenstand, der hier besungen wird - ein Radio-
Floskel >> 18 . apparat - merkwürdig aus; es soll eine hinter grün-

460
Hollywooder Liederbuch Lieder 76 · 77 • 78

dige Gefühlsbeziehung ausgedrückt werden: die 78


Hoffnung. Der Kirschdieb
Bei der Einstudierung mit der Sängerin Irmgard
Arnold 4 hat Eisler im Handexemplar des Pianisten Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Im Ver-
Andre Asriel ergänzende Bemerkungen zur Vor- gleich mit Brechts endgültiger Textfassung gibt es
tragsweise eingezeichnet bzw. eintragen lassen. So verschiedene Varianten, z.B. << lange vor Morgen-
wünscht er sich das Tempo << sehr flüssig>> und graun >> (Eisler) - << lange vor Hahnenschrei>> (Brecht).
schreibt zusätzlich dem Gesang<< groß, ohne Nuance>> Das Gedicht ist als Parabel auf die V crgescllschaf-
und dem Klavier << nicht schleppen, nicht hetzen, ein- tung der Naturprodukte angelegt. << Humorvoller hat
tönig>> vor.s Die Haupttöne einiger Phrasen sollen kein anderer deutscher marxist die primitiven im-
unter Ritardando an gezielt werden; wohl deshalb, pulse des heiligen eigentumrechts offenbart, die im
damit - in Verbindung mit den hier ohnehin auffällig hausbesitzer in bewegung geraten, wenn ein diebs-
großen Intervallsprüngen - die Bedeutung der ihnen geselle sich so frech an meinem kirschbaum und meinen
zugeordneten Worte (<< daß meine Feinde>>, << von kirschen vergreift. >> 2 Vielleicht kam Brecht ein Ge-
ihren Siegen>>, <<und von meiner Müh >>) hervortritt. 6 schehnis in den Sinn, das er im September 1920 in
Danach sollte rasch wieder das Tempo gefaßt wer- seinem Tagebuch festgehalten hat: <<Mittags redet
den, was an einer Stelle auch ausdrücklich angezeigt Papa Unsinn über den Kommunismus. Zwei Apfel
ist. Bei den Schlußtakten des Klaviers steht <<eilig>> - im Garten sind gestohlen, ich verteidige den Dieb:
überhaupt eine Eigenart der Eislerschen Schlüsse, die Was Bäume machen, gehört niemand. >> 3
nach Öffnung drängen. 7 In seinem Arbeitsjournal notiert Brecht unter dem
26. Juli 1942: << eisler sagt, er habe jetzt die ganzen
FINNISCHEN GEDICHTE auskomponiert. zuletzt, als
77 nichts mehr übriggeblieben sei, den KIRSCHDIEB und
Ober den Selbstmord HEUTE, OSTERSONNTAG FRÜH. >> 4 Mit den (( Finnischen
Gedichten>> ist eine von Brechts Mitarbeiterin Mar-
Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Der Text garete Steffin angelegte Sammlung aus seinem skan-
stammt aus Brechts 1938 bis 1940 entstandenem Pa- dinavischen Exil gemdnt; allerdings hat Eisler
rabelstück <<Der gute Mensch von Sezuan >> (dort von keineswegs alle diese zweiundzwanzig Gedichte ver-
Paul Dessau vertont). Der Titel von Eislers Auto- tont, sondern nur vierzehn. 5 Die Komposition des
graph lautet << Monolog (aus einem Theaterstück)>> <<Kirschdiebs>> datiert, einem Vermerk auf der Erst-
(ursprünglich: << Der Selbstmord>>); auf einer Ab- schrift nach, vom gleichen Tag wie Brechts Eintra-
schrift steht:<< Über den Selbstmord (1939) >>. Brechts gung: dem 26.Juli 1942.
endgültige Textfassung weicht insbesondere im Für die Einstudierung mit der Sängerin Irmgard
zweiten Teil ab: Arnold und dem Pianisten Andre Asriel hat Eisler
bemerkenswerte zusätzliche Hinweise gegeben. 6
Denn angesichts des Elends Nachspiel: Ergänzung des << molto >> beim << acceleran-
Genügt ein Weniges do >>, außerdem << forte >> (statt <<mezzoforte>> und
Und die Menschen werfen <<Rock and Roll/wie wild>>; fünf Takte vor Schluß
Das unerträgliche Leben fort. 2 (Dreiachteltakt) << a tempo >> und Streichung des
<< piano subito >>; die Spitzentöne im Klavier (d") mit
,,
'
1
Die im Titel der Abschrift vermerkte Jahreszahl 1939 Akzenten (Herausstellung der metrischen Verschie-
bezieht sich offensichtlich auf den Text - seine Datie- bung und mithin der Illustration - des freien, frechen
rung oder inhaltliche Bindung; bei der Erstveröffent- << Pfeifens >>, auch auf die Gesetze!); der Schlußton
lichung in den << Liedern und Kantaten>> ist damit irri- << forte >>. 7
gerweise das Kompositionsdatum bezeichnet. Das
Lied entstand Anfang Juli 1942. 3 Eislers dynamische
Bezeichnungen, zum Teil nachträglich differenziert,
lassen die Absicht größter Diskretion erkennen. 4

461
HoUywooder Liederbuch Lieder 79 · 80

79 wieder wesentlich langsamer. Im Handexemplar des


Hotelzimmer 1942 Begleitpianisten Andre Asriel ist einige Male zur
Verdeutlichung wichtiger Worte << Zeit lassen>> ange-
Aus: Banns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Der Titel zeigt; die Dreiklangsfigur im Zwischenspiel hat Ak-
stammt von Eisler. zente; im dritten Teil gibt es Anweisungen für be-
Bei Brecht ist der Text der Teil VII des Gedichts sondere Diskretion des Klavierparts; beim Nachspiel
<< 1940 >> aus der während der Emigration in Skandina- heißt es <<anziehen>>, damit ja kein behäbiger Ab-
vien entstandenen, nach seiner Mitarbeiterin ge- schluß entsteht, sondern, im Gegenteil, eine Öffnung,
nannten << Steffinischen Sammlung>>. (Eisler hat zwei die zu weiterem Bedenken anregt. 6
weitere Teile vertont.) Er hat biographischen Bezug:
Die aufgezählten Utensilien gehörten zu Brechts spe-
ziellem (ihn auch beruflich charakterisierendem) In- 80
ventar - die japanischen Theatermasken, das Bild des Vom Sprengen des Gartens
<<Zweiflers>>. Indes enthält das Gedicht mehr als eine
bloße Bestandsaufnahme; die Gelassenheit, mit der Aus: Banns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Die Vers-
berichtet wird, und nicht zuletzt der << Koffer mit den zeilen 3-6 lauten bei Brecht:
Manuskripten>>, der die geistigen Waffen gegen den
Feind birgt, zeigen Ungebrochenheit und Wider- ... Und
stand an. 2 Vergiß nicht das Strauchwerk, auch
Durch die Jahreszahl << 1942 >> in dem von ihm ge- Das beerenlose nicht, das ermattete
wählten Titel hat Eisler Brechts Gedicht zeitlich um Geizige! Und übersieh mir nicht
zwei Jahre verschoben. Rückten damit auch die Zwischen den Blumen das Unkraut, ... 2
autobiographischen Anspielungen in den Hinter-
grund (Brecht war, wie Eisler, in die USA emigriert), In den Bildern des Gedichts steckt eine politische
blieb die Konzeption unvermindert gültig. Das neue Parabel. In seinem Arbeitsjournal erzählt Brecht am
Datum leitet sich von der Komposition ab: dem 21. Oktober 1942 den Vorgang, den er später in
Autograph nach entstand sie am 3. August 1942. Verse brachte, so: << was ich gern mache, ist das wäs-
Eisler hat das Lied in die von ihm Mitte der vierziger sern des gartens. merkwürdig, wie das politische be-
Jahre zusammengestellten<< Hollywood-Elegien>> (se- wußtsein all diese täglichen verrichtungen beeinflußt.
parates hektographiertes Liederheft) aufgenommen.3 woher sonst kommt die sorge, eine stelle des rasens
In seinen Gesprächen mit Hans Bunge hat Eisler könnte übersehen werden, die kleine pflanze dort
<< Hotelzimmer 1942 >> auf Tonband gesungen und könnte nichts abbekommen oder weniger, der alte
kommentiert: << Dieses Gedicht von Brecht ist in einer baum dort könnte vernachlässigt werden, weil er so
sehr einfachen Sprache geschrieben - mit großer stark aussieht. und unkraut oder nicht, wasser
Kunstfertigkeit. Es ist also hohe Kunst. Ich ver- braucht, was grün ist, und man entdeckt so viel
suchte, das - mit einfachen Mitteln ebenfalls - in die grünes in der erde, wenn man erst einmal zu gießen
Kunst der Musik zu transponieren, so wie man die anfängt. >> 3
Fliege im Bernstein aufhebt ... Das Gedicht wurde Das Gedicht, ursprünglich << Bukolische Ode>> be-
geschrieben in den Zeiten, wo aus allen Radios der titelt, 4 entstand, zusammen mit<< Rückkehr>> (bei Eis-
\XI elt die ungeheuren Siege der Faschisten über uns ler << Die Heimkehr>>: << Die Vaterstadt, wie find ich sie
hereinbrachen. Ich hoffe, daß ich das mit der freund- doch?>>), am 9.August 1943. Die Komposition da-
lichen Weisheit singen kann, mit der ich es damals tiert, dem Autograph nach, vom 14.August 1943.
komponiert habe - ebenfalls in einem Hotel- Eisler nahm sie in die von ihm Mitte der vierziger
zimmer. >>4 Jahre zusammengestellten<< Hollywood-Elegien>> auf,
Eisler hat mit Irmgard Arnold eine modellhafte, hier, der Zählung nach, als <<Elegie Nr. 14>> und mit
auf der Schallplatte festgehaltene Interpretation er- dem Zusatz <<im zehnten Jahr des Exils>>. 5
arbeitet.5 Das Tempo des Vorspiels Achtel = 104 ist Die Musik folgt genußvoll den bukolischen Bil-
agogisch sehr geschmeidig; bei Beginn des Gesangs dern des Textes und zitiert dabei ein Modell Franz
mit Achtel = 144 wird es schneller, als die Vorschrift Schuberts: Melodie im Gesang, stufenweise fort-
<< etwas lebendiger>> vermuten lassen könnte; der schreitend oder ins Gerüst des Dreiklangs gespannt;
dritte Teil, vom Zwischenspiel des Klaviers an, ist die unterlegte Harmonie aufgelöst in unentwegte

462
Hollywooder Liederbuch Lieder 80 · 81

Pulsation. Die Motorik bricht am Schluß einfach ab; vermutlich vom gleichen Tag wie dieses Lied: dem
es wird kein Endpunkt gesetzt, auch von der Har- 14. August 1943 .4 Eisler nahm << Die Heimkehr» mit
monik nicht, die ihre sanfte Schärfung wohl ab und dem Untertitel <<Elegie Nr. 15 >> in die von ihm Mitte
zu inmitten des Liedes löst, hier aber gerade beibe- der vierziger Jahre zusammengestellten<< Hollywood-
hält. So wird über das Lied hinaus zur Lösung der Elegien >> auf. Bei der Erstveröffentlichung in Band I
Parabel angehalten. der << Lieder und Kantaten>> ist das Lied auf 1944 da-
Eisler wünschte sich <<Vom Sprengen des Gar- tiert (Zusatz zur zweiten Auflage) und als Klavier-
tens>>, wie seine Interpretin Irmgard Arnold über- auszug bezeichnet (indes keine Instrumentierung
liefert, << frisch und ermutigend>> geboten. 6 Die An- nachweisbar).
gabe <<Andante con moto >> führt da eher in die Irre; Mitten im Krieg antizipiert Brechts Gedicht einen
das Tempo sei, wie die Sängerin, von Manfred Sieg, der Vernichtung einschließt. Weder Triumph
Grabs befragt, bestätigte, jedenfalls ganztaktig aufzu- noch Schmerz würden dem hier ausgedrückten poli-
fassen. überraschenderweise wurde bei der Einstu- tischen Sinn gerecht; die Musik mußte an sich die
dierung im Handexemplar des Pianisten Andre Asriel Dialektik von Trauer und Hoffnung entwickeln.
<<nicht zu schnell>> ergänzt, allerdings dann wieder Eisler kontrastiert Formeln der Klage (die Halbton-
gestrichen; auf einer Abschrift ist als Zeitdauer 1' 1 5" << Seufzer>> im Klavier) mit sachlichem, von spitz an-
vermerkt, die Aufnahme Irmgard Arnolds 7 kommt gerissenen Akkorden sekundiertem Deklamieren;
beim Tempo Viertel = 144 auf nur 5 5". 8 Irmgard der Schluß löst sich in die vollkommene Konsonanz
Arnold schränkt dabei ein: << ... was natürlich nicht C-Dur. Die Fragen, die vom Text gestellt werden,
bedeutet, daß das über das ganze Lied in einem sind der Musik als Gesamthaltung aufgeprägt, zur
Tempo weggehen muß, sondern daß das, was in dem Aufforderung an den Hörer: Die widerspruchsvollen
Lied als Aufforderung wichtig ist, ruhig hervor- Fakten, die das Gedicht nennt, hat er zu erwägen und
gehoben werden kann, wo dann eben ein bewußtes daraus die Antwort zu finden.
Andante gesungen werden kann. >> 9 Einige solcher
Stellen hat Eisler markieren lassen, so am Beginn der
Phrase << noch gieße nur den frischen Rasen>> mit
<< etwas ruhiger>> und bei der Fortsetzung << oder den
versengten nur» mit <<nicht eilen>>; andererseits wird
bei zum V er weilen einladend~n Takten ( wie beim
Abschluß des Gesangs) ausdrücklich durch << non
ritardando >> gewarnt, und das Nachspiel geht - den
drängenden Eislerschen Schlüssen entsprechend -
sogar im Tempo forsch voran. Eislers Witwe Ste-
phanie, die seinen Vortrag des Liedes noch gut im
Ohr hatte, empfahl der Sängerin Roswitha Trexler
einen deutlichen Einschnitt und spürbare Verlang-
samung an jener Stelle, wo auch auf die Beachtung
des Unkrauts hingewiesen wird: <mnd übersieh nicht
/ zwischen den Blumen ... >> 10

81
Die Heimkehr
Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Der Titel
lautet bei Brecht <<Rückkehr>>, in einer Fassung auch
<< Lied des Heimkehrers >>. 2
Einer Eintragung im Arbeitsjournal nach ist
Brechts Gedicht am 9. August 1943 entstanden.3
Eislers Komposition, auf demselben Bogen wie
<< Vom Sprengen des Gartens>> aufgezeichnet, datiert
Neue Kinderlieder Lied 82

Brecht schreibt am I o. Juni 19 5o in seinem Arbeits- unzufrieden. Er suchte Freundlichkeit in seine Mu-
journal: << fertige in kleinen büscheln kinderlieder für sik zu tragen, sie leicht nachvollziehbar zu machen,
eisler an. silberschmiedekunst. >> 1 Eisler hat bestätigt, auch durch Rückgriff auf vertraute Wendungen. Es
daß Breche<< diese Kinderliedersachen >> extra für ihn erwies sich als problematisch, das Neue im Ein-
geschrieben habe: <<Und wenn es nicht rasch fertig fachen aufzuheben. Aus einem am 1 3. August 19 52
war, war er direkt enttäuscht. Und er drängte sehr an Brecht gerichteten Brief, in dem es um nachträg-
darauf, daß diese Dinge auch gesungen und ge- liche Arrangements geht, sind die Schwierigkeiten
druckt werden. >> 2 Unter dem Titel << Kinderlieder zu ersehen: <<Auch bastel ich an Deinen Kinder-
1950>> sind in Brechts Werkausgabe fünfzehn Ge- liedern, die mir große Mühe machen. Es ist eben
dichte angeführt, 3 eine Auswahl boten 19 51 die schwer ein passendes Arrangement zu machen, das
<<Hundert Gedichte>> und 19 53 ein Sonderheft der weder vulgär noch verspielt oder gar tölpelhaft mo-
<<Versuche >> 4 • dernistisch ist. Ich entwickle mich zum musikalischen
In seiner Bearbeitung des <<Hofmeisters>> von Hypochonder, es ist zum schlechte Laune kriegen. >> 9
Jacob Michael Reinhold Lenz für das Berliner En-
semble (Premiere: 1 5. April 19 5o) rechnete Brecht
mit der bürgerlichen Erziehung satirisch ab; dies 82
mag ihn zu Gegenbeispielen angeregt haben. Wieder Friedenslied
wandte er sich an Kinder, aber anders als in den drei-
ßiger Jahren: Hatte er damals in Parabeln die bür- Aus: Banns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Klavier-
gerliche Gesellschaft attackiert, so lehrt er jetzt bei- auszug. Instrumentation: Klarinette, Gitarre, Kon-
spielhaft das Verhalten in der neuen Gesellschaft. trabaß, Klavier. Die Textfassung dieser Vorlage zeigt
Hand in Hand damit kommen verdrängte ästhetische geringe Abweichungen gegenüber Brecht (z.B.
Kategorien wie << das Poetische und das Artistische>> << Friede auf dieser Erde>> statt << Friede auf unserer
(so der Titel eines Abschnitts in den <<Anmerkungen>> Erde>>); unsere Ausgabe nach Brechts Fassungen ist
zum<< Hofmeister>>) zur Geltung; in Hollywood hatte berechtigt auch durch die ebenfalls darauf zurück-
Brecht die Berechtigung, Lyrik zu schreiben, bearg- gehende Schallplattenaufnahme mit Gisela May und
wöhnt und vor einem Rückzug in den << elfenbein- Hanns Eisler. 2 (Die dort geänderte Schlußformel -
turm >> und vor der << goldschmiedekunst >> gewarnt, 5 << daß sie euch günstig sind>> - wurde indes nicht über-
jetzt bekennt er sich durchaus zur << silberschmiede- nommen.)
kunst >> 6 • Wohl wird ebenfalls eine lehrhafte Absicht Brechts Gedicht entstand - wie er beim Titel ver-
verfolgt; aber der Nutzen, den diese Gedichte an- merkt - <<Frei nach Neruda>> 3 • Das Modell war das
empfehlen, geht über das Lebensnotwendige hinaus. <<Friedenslied>> im neunten Abschnitt (<< Holzfäller,
Auch die Natur kommt neu ins Blickfeld, nämlich wach auf!>>) von Pablo N erudas << Der Große Ge-
nicht als ein Produktionsmittel oder Fluchtpunkt, sang>> ( I 9 5o) in der Übersetzung von Erich Arendt.
sondern als Ort der Selbstverwirklichung in der be- Freilich entleiht Brecht nur den Grundgedanken und
freiten Gesellschaft. 7 Die <<Neuen Kinderliedern geht sprachlich und formal seinen eigenen Weg. In
bringen solche Gedanken auf die einfachste und zu- der Wahl der poetischen Bilder und der Versform
gleich deutlichste Form und richten sie an die junge entscheidet er sich für größte Schlichtheit und findet
Generation. zu einem Volkslied neuer Art.
1951 schrieb Banns Eisler: <<Neue Volkstümlich- Damit war Eisler der verbindliche Rahmen ge-
keit ist ein Umschlagen des Neuen in das Einfache. setzt. Obwohl Brecht das <<Friedenslied>> nicht in die
Sie wird, ohne gemein zu werden, Gemeinschaft fin- <<Kinderlieder>> aufgenommen hat, ist es bei Eisler so
den mit einer Sprache, die auch der Unerfahrene ver- bezeichnet. Auch durch das von ihm angegebene
steht. Sie ist das Gegenteil zum Epigonentum, aber Kompositionsdatum 19 50 rückt es an die anderen
sie wird Tradition in sich haben und alle Künste des Kinderlieder heran. (Dem Datum ist freilich nicht zu
Handwerks. >> 8 1950 komponierte er die erste Folge trauen, denn Brecht dürfte das Gedicht erst I 9 5 I ge-
seiner <<Neuen deutschen Volkslieder>> auf Gedichte schrieben haben!) Eisler fand einen Stil auf der Mitte
von Johannes R. Becher. Im Umkreis, auch im stilisti- von Volkston und Song, kindlichem Vermögen ent-
schen, steht eine Serie von Kinderliedern nach sprechend, aber nicht kindertümelnd, durchweg
Brecht-Texten. Eisler plagte sich mit der <<neuen freundlich, schlicht, nie pathetisch. Von ferne klingt
Volkstümlichkeit>> schwer ab und war mit sich oft die Moritat an; Monotonie ist geschickt unterlaufen,

464
Neue Kinderlieder Lieder 82 · 83 · 84

indem in den Strophen 4 bis 6 zu einem ( auch im 83


Tempo umschlagenden!) Kontrast ausgebogen wird. Das Lied
(In den<< Hundert Gedichten>> ist dieser Teil, der den
Friedenswunsch an die verschiedenen Länder richtet, vom kriegerischen Lehrer
optisch durch Kursivsatz abgehoben.)
Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Klavier-
Ein kleines Vorspiel wurde nachträglich ange-
auszug. Instrumentation: zwei Flöten, zwei Oboen,
fügt, quasi improvisatorisch anläßlich einer Schall-
zwei Klarinetten, zwei Fagotte, vier Hörner, Schlag-
plattenaufnahme mit Gisela May4, die einen Richt-
zeug, Streichorchester. Im Original ist das Lied für
punkt für ihren Einsatz wünschte. 5 Eisler übernahm
Kinderchor einstimmig gesetzt, die Schlußtakte drei-
diese ad hoc gefundene Einstimmung aber nicht in
stimmig. Das Lied ist der erste Satz einer << Kinder-
die Partitur, sondern fügte dort neue, in elementa-
kantate>>, mit der (von Brecht offenbar als << interner
rem kontrapunktischem Verhältnis (Umkehrung)
Versuch>> einer Nationalhymne begonnenen 2 ) Kin-
stehende Vortakte an, übrigens nach reiflichen Über-
derhymne <<Anmut sparet nicht noch Mühe>> als
legungen.6 Als Rahmen wird diese Figur auch im
zweitem Satz und <<Willem hat ein Schloß>> als
Nachspiel disponiert.
drittem. 3
Gelöst von der Bestimmung für Kinder, nahm
Auf einer Textfassung finden sich Notizen
Eisler das <<Friedenslied>> als Mittelstück in ein
Brechts zum <<JugendgesetZ>> 4 - am 8. Februar 1950
Triptychon<< Über den Frieden>> auf, mit einer instru-
hatte die Volkskammer ein Gesetz beschlossen über
mentalen Einleitung und Fuge als erstem Teil und
die Teilnahme der Jugend am Aufbau der Deutschen
einem << Symbolum >> nach Goethe-Texten als drittem
Demokratischen Republik und die Förderung der
(Uraufführung 5. April 1952, bereits vorher Rund-
Jugend in Schule und Beruf, bei Sport und Erho-
funkaufnahme). Er fand das <<Friedenslied>> ( das
lung. Brecht nahm das Gedicht in die << Kinderlieder
Ernst Busch sang) schließlich aber hier musikalisch
1950>> (bzw. <<Neue Kinderlieder») auf. Als Komposi-
deplaziert, tauschte es gegen eine <<Aria >> auf ein
tionsdatum ist I 9 5o ausgewiesen; 5 die Angabe<<I 9 51>>
Goethe-Fragment << Edel sei der Mensch, hilfreich
beim Klavierauszug bezieht sich offenbar auf die
und gut! >> aus, wählte als neuen- Gesamttitel << Das
Instrumentierung.
Vorbild>> und widmete die Kantate seinen Schülern. 7
( 19 51 vertonte auch Paul Dessau das <<Friedenslied>>
in Brechts Fassung; im gleichen Jahr hatte er bereits
die Übersetzung von N erudas originalem Text als 84
Konzertlied vorgelegt. 8) Die Pappel vom Karlsplatz
Das<< Friedenslied>> ist das erste Lied gewesen, das
Gisela May mit Hanns Eisler erarbeitet hat; für eine Aus: Hanns Eisler: Lieder und Kantaten. 1 Instru-
Schallplatte9 hat er sie am Klavier begleitet. Dies mentation: Klarinette, Banjo, Klavier, Kontrabaß. 2
waren seine Wünsche: << Er legte großen Wert dar- Dieser Titel gehört zu den << Kinderliedern I 9 5o >>
auf - jeder Vers beginnt mit dem Wort <Friede auf (bzw. den <<Neuen Kinderliedern>>) von Brecht. Er
unserer Erde, Friede auf unserem Feld> -, daß das hatte die Anekdote ursprünglich auf den <<Winter
Wort "< Friede>· immer groß und bewußt heraus- fünfundvierzig>> festgelegt; 3 später datierte er sie auf
gestellt wird, daß aber dabei dieses Lied mit großer den durch seine Kälte berüchtigten <<Winter sechs-
Freundlichkeit gesungen wird ohne Agitation, denn undvierzig>> um. Die Pappel überlebte tatsächlich
es agitiert durch seinen Inhalt und durch die Einfach- auf dem Berliner Karlsplatz in der Nähe der W oh-
heit. >> 10 Eisler schlägt als Tempo Viertel = 100 an, im nung einer Mitarbeiterin Brechts; später wurde sie
Mittelteil geht er, damit einen beträchtlichen Kon- abgeholzt und die Anregung Helene W eigels, eine
trast schaffend, zu Viertel = 138 über; genußvoll neue zu pflanzen, leider nicht befolgt. Im November
gibt er sich dem weichen melodischen Verlauf hin 1979 ergriffen Schüler einer Berliner Schule die
und kostet ihn, wo möglich, durch Ritardandi be- Initiative und gaben dem Karlsplatz seine Pappel zu-
sonders aus. Ernst Buschs Aufnahme 11 beachtet rück.4
ebenfalls im angemessenen Verhältnis den Tempo- Der Baum als Symbol und Metapher ist von An-
kontrast (der in den Noten nicht angezeigt ist!), fang an wichtiges Requisit in Brechts Lyrik: Er steht
nimmt aber ein wesentlich schnelleres Grundtempo für das Leben, für seine Gefährdung, auch für das
(Viertel = 138). Vermögen, durchzuhalten. Die über die<< Pappel vom

465
Neue Kinderlieder Lied 84

Karls platz>> erzählte Anekdote ist bezeichnend für


Brechts gewandeltes Verhältnis zur Natur in einer
befreiten Gesellschaft: Es wird anerkannt, daß sich
der ästhetische Wert der utilitarischen Funktion
gegenüber durchsetzt.
Ernst Busch folgt bei seiner Schallplattenauf-
nahme5 der sanft geschwungenen, dem Volkslied
und der Moritat abgelauschten Melodie mit Genuß,
seinerseits die Freundlichkeit des Vorgangs ausstel-
lend. Bei der Schlußformel - der durch Wieder-
holung ins Bedenken eingeprägten letzten Vers-
zeile - erlaubt er sich eine anmutige Abweichung und
setzt synkopisch ein.

466
Lieder 85 · 86 · 87

85 hohe Lage verweist und sich an einfache Deklama-


Und ich werde nicht mehr tionsformeln hält, scheint das Bachsehe Modell in die
Gegenwart holen zu wollen.
sehen das Land,
aus dem ich gekommen bin 86
Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. Der Text1
Und es sind die finstern Zeiten
ist der Teil 6 von Brechts 1941/42 entstandenem,
offenbar durch die Schlacht um Smolensk (Juli- Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Im Auto-
September 1941) veranlaßtem Zyklus <<An die deut- graph heißt es, wahrscheinlich flüchtigerweise,
schen Soldaten im Osten>>. 2 Es gibt geringfügige Ab- << doch das Herz bleibt schnell geregelt>> statt, wie bei
weichungen von Brechts Vorlage; die vom Heraus- Brecht und in einem Notenentwurf, << . . . gcreget >>; 2
geber des Liederbandes in Brechts originale Fassung die Vorlage aus den << Gesammelten Werken>> folgt
geänderte, da so <<sinnvollere>> Stelle<< oder den Wind dem Autograph, unsere Ausgabe setzt Brechts Fas-
über dem Schornsteine der Heimat>> wurde indes in sung ein.
Eislcrs (jedenfalls von ihm schließlich beabsichtigter) Brecht schrieb das Gedicht 1943 und bezog es
Version << oder den Wind über die Schornsteine ... >> offenbar auf New York (im Vergleich mit Berlin). In
belassen. (In seiner Quelle, Brechts << Hundert Ge- den<< Gedichten aus dem Nachlaß>> steht es unter dem
dichten>>, hat Eisler Kürzungen und Einfügungen Titel << Ruth >> 3 • Damit ist Brechts Mitarbeiterin Ruth
vorgenommen, diese aber in der Komposition nicht Berlau gemeint; in einem Brief an sie vom 29. August
beachtet. 3) 1949 zitiert Brecht die Zeile<< Und die Stirn ist glatt! >>. 4
Auf Eislers Autograph der Erstschrift steht als Eisler war wahrscheinlich abermals bestrebt, beim
Titel: <<Aus der Kantate: <An die Soldaten im Osten> Titel eine historische Ortung anzuzeigen, verlegte
(Brecht)>>. Auf einem zweiten Autograph (ausgear- diese aber um ein Jahrzehnt zurück, in die erste Zeit
beitete Abschrift) ist die erste Verszeile der Titel, mit der Emigration: 1934 (ursprünglich: 1935). Wie
dem in Klammern gesetzten Zusatz << 1941 >> - (ur- auch bei anderen Liedern wurde dieses Daturn mit
sprünglich<< 1939>>). 4 Wie auch in anderen Fällen bei dem Kompositionsdaturn identifiziert; tatsächlich ist
Eislcrschcn Liedertiteln sollte damit das Gedicht in das Lied aber vermutlich im Frühjahr 19 54 entstan-
den historischen Rahmen gestellt werden; bei der den.5 Jedenfalls deuten darauf die für diese Zeit
Erstveröffentlichung in den<< Liedern und Kantaten>>, typischen Charakteristika: Reduktion auf elementare
Band 2, wurde das Datum indes, an den Rand ge- motivische Formeln; durchsichtige harmonische
rückt, zum Kompositionsdatum. Tatsächlich ist das Verhältnisse, leicht durch Reizdissonanzen geschärft;
Lied aber, der benutzten Textquelle, dem Noten- vom Versmaß gezeugte rhythmische Modelle mit
papier und stilistischen Eigentümlichkeiten nach, eingestreuten Unregelmäßigkeiten (hier: Hemiolen).
erst in den fünfziger Jahren, vielleicht im Herbst
195 3, entstanden. 5 Die Triolen im Gesang zum nor-
mativ durchgehaltenen Rhythmus im Klavier - eine 87
dieser Besonderheiten - sind zum Teil nachträglich Ardens sed virens
aus der Egalisierung von einem Viertel + zwei Ach-
teln entstanden. 6 Aus: Hanns Eisler: Gesammelte W erke. 1 Eisler folgt
In einem seiner Gespräche mit Hans Bunge er- Brechts ursprünglicher Fassung, die das Gedicht an
wähnt Eisler, daß er Brecht auf dessen Wunsch oft einen Freund richtet; erst später setzte Brecht eine
das Rezitativ des Evangelisten<<] esus ging mit seinen Adressatin (<< Schwester») ein. 2 Die Eislersche Wen-
Jüngern über den BachKidron>> aus Bachs <<Johannes- dung << Hitzige sah ich aufgespeert >> ist aber offenbar
passion >> vorgespielt habe. Eisler bemerkt dazu: eine verstümmelte Lesart; bei Brecht heißt es << ...
1

<<Ausdruck ist unmöglich; also Schwulst, Gefühls- aufgesperrt >> 3 und schließlich << Hitzige stürzen unbe-
überschwang. Es wird referiert. Das heißt, es wird lehrt >>. Die dritte Strophe hat Eisler im Entwurf
auch das Zeigen des Vorlesers mitgemacht. >> 7 Brecht skizziert, dann aber (versehentlich?) weggelassen. 4
habe dies als << ein Musterbeispiel gestischer Musik>> Brechts Gedicht entstand in Stockholm im
befunden. 8 Das Lied <<Und ich werde nicht mehr August 19 39 und war - in seiner <<weiblichen>>
sehen das Land>>, das den Gesang ebenfalls in eine Variante - auf seine Mitarbeiterin Ruth Berlau ge-

467
Lieder 87 · 88 · 89

münzt. Das mit << 1944 >> angegebene Kompositions- Lieder/ 195 5-1956>>6 auf. <<Die haltbare Graugans>>
datum bei der Erstveröffentlichung in den << Liedern teilt mit ihnen äußerste Beschränkung der Mittel;
und Kantaten>>, Band 2, ist offensichtlich wieder- die Gesten bilden sich an einigen wenigen, vertrauten
um mit der historischen Einbindung verwechselt Gestalten aus, die doch, durch vom Herkömmlichen
worden. Auf einem Autograph hat Eisler << 19 54 >> abweichende Montage in neues Licht gestellt, fremd
vermerkt, dies aber ausgestrichen; auf dem Korrek- erscheinen. Ein Mittel solcher Verfremdung ist auch
turbogen ergänzt er dieses Datum wieder. Den Er- die Bildung rhythmisch-metrischer Divergenzen
mittlungen von Manfred Grabs nach ist das Lied durch langwertige Triolen - von Eisler zur Vermeh-
vermutlich im Frühjahr 1954 entstanden. 5 rung des Effekts noch nachträglich eingetragen!
Die Faktur - typisch für die Entstehungszeit - Mag auch der Geste Zurückhaltung auferlegt
geht auf elementare Formeln zurück: Tcrzschich- sein, so trifft sie doch genau das Wort und sollte mit
tungen, auseinandergefaltet oder kompakt aufgela- Genuß, womöglich witzig, ausgestellt werden. Es
gert (im Zwischen- und Nachspiel gleichsam mecha- gibt einen Schallplattenmitschnitt von einer Probe
nisch auf- und niedersteigend); um so schroffer bricht Hanns Eislers mit Irmgard Arnold,7 bei der er Frag-
aus diesen geläufigen Strukturen die Affektdissonanz mente aus dem Lied überdeutlich demonstriert, in
auf<< brennend>> aus. einer Art bissigen Frohlockens (<< ungeheuer frech>>
erläutert er eine Stelle und fordert die Sängerin auf:
<< Das muß frecher sein! >>). Irmgard Arnold hielt sich
88 an das angebotene Modell: Sie drückt sich höchst
Die haltbare Graugans drastisch aus, sogar unter süddeutscher Dialekt-
tönung (und daher dem Wienerischen Eislers an-
Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Es gibt genähert), nimmt jedoch die vulgären Übertreibun-
zahlreiche (meist geringfügige) Abweichungen von gen zugunsten tonlicher Qualität zurück. 8 Das
der Textvorlage. Eisler folgt in den<< Liedern und Kan- Tempo ist auf Viertel = 126 eingepegelt; der Schluß-
taten>>, Band 2, Brecht: << gesprengt hat's den Rad- teil (beginnend mit << wie sie ganz zuletzt ist gesehen
kasten>>; in einer früheren Quelle Eislers und bei worden ... >>) zieht indes wesentlich an. Auch in die
seiner Demonstration für die Schallplatte mit Irm- Klavierbegleitung dringt Drastik ein: Die gelegent-
gard Arnold, von ihr übernommen, heißt es: << ge- lich eingesprengten Baßformeln sind auf Eislers An-
sprengt hat's den Mühlkasten>>. Um den bei einem weisung hin vom Pianissimo zum Fortissimo ver-
Lied eher auseinandergezogenen textlichen Zusam- ändert.9
menhang zu wahren und die kritische Spitze hervor-
zukehren, ist der Verfolger der Graugans bei Eisler
mehrmals beim Namen (<< der Herr>>) genannt. Das 89
jede Strophe bestätigende << ja, ja>> ist bei Eisler mit Der Pflaumenbaum
Ausrufungszeichen versehen (in Abweichung von
Brecht, der einen Punkt setzt); dies wurde bewahrt, Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 Dem Lied ist
weil es den beabsichtigten provokanten Gestus her- die Widmung << für Michele und Matthias>> vor ange-
ausfordert. setzt; Michele, Tochter von Stephanie Eisler, war von
<< Die haltbare Graugans>> steht in Brechts Ge- 1961 bis 196 5 mit dem Theaterregisseur Matthias
dichtsammlungen unter den << Übersetzungen · Bear- Langhoff verheiratet. 2
beitungen · Nachdichtungen>>; den Anmerkungen Brecht schrieb das Gedicht 19 34 für eine Serie
von Elisabeth Hauptmann nach handelt es sich um von Kinderliedern. Das Bild vom <<Pflaumenbaum>>
<< die freie Bearbeitung eines amerikanischen Volks- ist metaphorisch und aus der Zeit heraus zu ver-
liedes >> 2 , die um 1941 im amerikanischen Exil ent- stehen. Walter Benjamin kommentiert: << Im Laufe
stand. 3 Die Vorlage ist in Brechts Bibliothek über- der Jahre wandte sich der lyrische Anteil Brechts an
liefert.4 Eine erste Vertonung bot 1947 Paul Dessau, dem Baum dem zu, worin er den Menschen, deren
der auf die Parabelfunktion hinweist: <<Das Lied deu- Fenster auf seinen Hof hinausgehen, ähnlich ist: dem
tet das Vertrauen der amerikanischen Neger in die Mittelmäßigen und dem Verkümmerten. >> 3 Die in-
Unzerstörbarkeit des Negervolks aus. >> 5 haltliche Absicht dringt bis in die poetische Struktur
Eislers Komposition entstand 19 55. Mit fünf ein: << Der Binnenreim des ersten Verses macht das
weiteren Titeln nahm er sie in ein Notenheft <<Neue Schlußwort der dritten Zeile zum Reimwort untaug-

468
Lieder 89 · 90 · 91

lieh. Er zeigt an, daß es mit dem Pflaumenbaum, Wie Brecht, so wählte Eisler das Gedicht als ein
kaum daß er zu wachsen anfing, bereits zu Ende ist. »4 Motto und bezeichnete es auch so. Jedem der sechs
Der Pflaumenbaum trägt, weil die Umstände so von ihm selbst zusammengestellten Bände seiner
widrig sind, keine Früchte; aber das Gedicht bestä- << Lieder und Kantaten>> (mit Ausnahme des dritten,
tigt am Schluß ausdrücklich seine Identität und ent- der die Vokalsätze der<< Deutschen Sinfonie>> enthält)
läßt mit der Hoffnung, daß er sich, bei veränderten stellte er eine programmatisch gerichtete Arbeit vor-
Verhältnissen, wie jeder andere Pflaumenbaum be- an, dem sechsten, 1962 erschienenen, die Vertonung
weisen kann. (Ob hier auch eine erotische Metapher von Brechts <<Theewurzellöwen >>-Gedicht. Eislers
angeboten werden sollte - die Wahl gerade des letzter Beitrag zum Konzertlied, 1961 eigens für den
<<Pflaumenbaums>> legt es nahe -, steht offen; aller- Zweck als <<Motto>> entstanden, liegt in zwei Fas-
dings setzte Brecht in einer Fassung Mitte der fünf- sungen vor; die zweite, hier abgedruckte, erschien
ziger Jahre den << Birnenbaum >> als Exempel. 5) in den <<Liedern und Kantaten>>.
Hanns Eisler hat das Gedicht vom << Pflaumen- Auch Eisler sieht in dem Bild vom <<Thecwurzcl-
baum>> zweimal komponiert: am 9. Mai 1937 und am löwen >> seine Bemühungen gespiegelt, und er drückt
6.August 1960. Die Vertonung von 1937 ist seinen dies, zusätzlich zu dem durchs Wort Gesagten, mit
Bemühungen unterstellt, Möglichkeiten einer Ver- musikalischen Zeichen aus, die ihm durch den einge-
bindung musikalischer Populärsprache mit Zwölf- schriebenen Sinngehalt und durch Kombination
tontechnik zu erkunden; 6 in der zweiten Version Kommentare erlauben. Georg Knepler hat gezeigt,
geht er von geläufigem, eingängigem Material aus, wie Eisler hier auf knappstem Raum und bei größter
das er neuartig belichtet. Beide Fassungen sind, un- Beschränkung der Mittel eigenständig Stellung
geachtet der sich an der Faktur ausbildenden ver- nimmt, sowohl den Affekt als auch den Intellekt an-
schiedenartigen Ordnungsprinzipien, gestisch eng regt und das Gedicht gedanklich durcharbeitet, um
miteinander verwandt; hier wie dort steht das Mo- Gedanken darüber herauszufordern. 3
dell der Moritat (Begleitung in der ersten Fassung:
Harmonium!) im Hintergrund. Die Musik ist darauf
angelegt, Gedanken über das versteckte Gleichnis 91
herauszufordern; dazu tragen auch die offenen Lied einer deutschen Mutter
Schlüsse bei.
Aus: Paul Dessau: 20 Lieder. 1 Dessau schreibt auch
als Titel: <<Lied einer deutschen SA-Mutter>>2.
90 Brechts Gedicht ist für 1942 nachgewiesen; 3 in den
Motto: << Hundert Gedichten>> eine falsche Datierung auf
(( 1944>>.
Auf einen chinesischen Das Lied steht am Beginn der Zusammenarbeit
Theewurzellöwen von Brecht und Dessau, die 1943 in New York be-
gann. (Dessau gibt dafür irrigerweise das Jahr 1942
Aus: Hanns Eisler: Gesammelte Werke. 1 an 4 - tatsächlich kam Brecht erst 1943 nach New
Brecht schrieb das Gedicht für seine von Wieland York!) Zu einem Brecht-Abend am 6. März im
Herzfelde herausgegebenen << Hundert Gedichte>> Studiotheater der <<New School for Social Research>>
( 1 9 5 1). Herzfelde hatte als Illustration auf dem sang Dessau das (bereits 19 36 in Paris entstandene)
Schutzumschlag ein kleines Gebilde aus Wurzeln << Kampflied der schwarzen Strohhüte>> aus<< Die hei-
vorgeschlagen, das einem Tier glich, und gab dazu lige J ohanna der Schlachthöfe>>, sich am Klavier be-
diese Erläuterung: << Figur aus Wurzeln des Thee- gleitend. Er war mit Brecht bekannt gemacht wor-
strauches, im alten China als Glückstier betrachtet den und hatte ihm das Lied vorgespielt; Brecht nahm
und um so höher bewertet, je weniger Schnitzarbeit es ins Programm auf und riet Dessau, als die dafür
sie aufwies. >> 2 Brecht war damit einverstanden und engagierte Altistin abgesagt hatte, damit selber auf-
kommentierte den <<Theewurzellöwen >> (bei ihm stets zutreten. Von diesem Abend an sei die Zusammen-
in dieser Orthographie!) durch ein Epigramm. Er arbeit << gewissermaßen besiegelt worden>>, und sie
sah in der Figur die Einheit des Kämpferischen und hätten sich gleich darauf sehr oft gesehen.5
Anmutigen und damit einen Grundsatz seiner Arbeit Über die Entstehung des << Liedes einer deutschen
ausgedrückt. Mutter>> schreibt Dessau: << Ich erinnere mich, etliche

469
Lieder 91 · 92

der Brechtschen Texte von ihm so quasi nebenbei, Die von Paul Dessau künstlerisch betreute Auf-
fast etwas verlegen, bekommen zu haben. So steckte nahme mit Gisela May 12 wählt ein mit Reißzwecken
er mir das Gedicht< Lied einer deutschen Mutter> bei präpariertes Klavier (Gitarrenklavier) als Begleitung.
einem Spaziergang auf dem Broadway zu mit den Von der zweiten Strophe an wird die letzte Melodie-
Worten: <Eine Zeile hab ich schon selber kompo- zeile von der Klarinette mitgespielt; ihr <<antwortet>>
niert.> Die wenigen Noten, die er <komponiert> bei der anschließenden instrumentalen Variante das
hatte, sang er mir gleich vor. . . <Hätt ich gewußt, Saxophon. Diese Schlüsse - inhaltlich jeweils eine
was ich heut weiß ... > Es ist klar, daß der Einbau Folgerung - sind auch durch Verlangsamung des
einer Phrase, zu der sowohl V order- wie Nachsatz Tempos und für den Instrumentalpart vorgeschrie-
fehlten, ungemein schwierig war. Mir gefielen diese benes Kantabile ausgezeichnet; bei Einsatz der Dreh-
zwei Takte und besonders die Art, wie Brecht sie orgelformeln (auch in dem Takt zwischen dem ge-
vortrug, und ich bemühte mich und dachte nach und sungenen und dem instrumental bekräftigten Schluß)
summte unentwegt vor mich hin, um aus den zwei muß indes sogleich wieder ins Tempo gefallen wer-
Brecht-Takten acht zu machen (denn so viel ver- den. Die Schlußstrophe ist in ihrer Bedeutung durch
langte der Vers). Bald konnte ich Brecht das Lied generelle Verlangsamung des Tempos herausgestellt
vorspielen. Ich entsinne mich genau, wie besonders (<< piu lento >>); die letzte Verszeile soll dann nochmals
gut es ihm gefiel. >>6 abgebremst werden. Allerdings nimmt Dessau bei
Brecht soll vor allem auch die Begleitung bewun- der Aufnahme mit Gisela May das Grundtempo
dert haben; sie sei ihm <<neuartig>> erschienen und schneller als von ihm angegeben: statt Viertel = 76
habe seine Aufmerksamkeit erweckt. 7 Die gleich- hier: Viertel = 88; entsprechend verschieben sich die
mäßigen Baßformeln mit ihren Rollbewegungen und Proportionen. Der vierten, vom <<Marschieren>> be-
den nachschlagenden Harmonien gehen auf alten richtenden Strophe ist, sachte illustrierend, ein
Volksbrauch zurück - auf die Technik der Dreh- Trommelrhythmus unterlegt. Bei Gisela Mays De-
orgel - und sind freilich für ein Lied des zwanzigsten klamation fällt die Hervorholung von Worten durch
Jahrhunderts ungewöhnlich. Vorbild war die Mori- Betonung oder Atemzäsuren auf-wirksam besonders
tat; Brecht, der sie von jeher schätzte, hat bereits sein dort, wo es vom musikalischen Verlauf her über-
Gedicht daraufhin angelegt, und Dessau vollzog rascht.
eigentlich nur musikalisch nach, was der Text indi-
zierte. In dem Strophenmodell, das er aufstellt, wird-
auch dies ist der Moritat abgelauscht - jeweils die 92
letzte Melodiezeile instrumentaliter wiederholt (nach Aufbaulied der FDJ
der ersten Strophe getreu, dann variant). Das Modell
selbst bleibt von Vers zu Vers gleich und bildet nur Aus: Paul Dessau: Das Zukunftslied/ Aufbaulied der
bei der letzten Strophe eine leichte Variante aus FDJ. 1 Es gibt eine Bearbeitung vom Komponisten
(langsameres Tempo!), damit diese in ihrer besonde- für großes Orchester ( I 9 50)2 und eine zweite für Chor
ren Bedeutung heraushebend. (Auch Eisler hat das und Orchester von Pavol Simai ( Meisterschüler von
Lied nach einem volkstümlichen Muster vertont.) Paul Dessau an der Akademie der Künste der DDR)
Dessaus Komposition ist Helene W eigel gewid- in der Besetzung: zwei Flöten, zwei Klarinetten, drei
met. Sie sang das Lied in den USA für mehrere, unter Fagotte, vier Hörner, drei Trompeten, drei Posau-
anderem vom 18. Juli 1944 und 3. Mai 194 5 datierte nen, Tuba, Pauken, Schlagzeug, Streichorchester. 3
Test-Schallplatten. (Unter dem zweiten Datum no- Von der ersten Textstrophe (mit handschriftlichen
tiert Brecht eine Beratung Charles Laughtons bei Verbesserungen) wurde ein Faksimile veröffentlicht. 4
einer Schallplattenaufnahme der << schöpfungsge- Brecht schrieb das Lied im Auftrag des neuen Ju-
schichte >>. 8) Lotte Lenya nahm das << Lied einer deut- gendverbandes, der <<Freien Deutschen Jugend>>
schen Mutter>> für das << Office of War Information>> (FDJ); die Bestimmung ist ursprünglich im Titel
auf; drei verschiedene Schallplatten liegen vor.9 vermerkt (und bleibt dies auch stets bei Dessau),
Kurt W eill freilich, dem Brecht-wie Dessau schreibt- wurde von Brecht aber gestrichen. Auf einigen Ma-
die Noten gezeigt hat, soll << gar keine Notiz davon nuskripten zieht sich Brecht als Verfasser zurück und
genommen>> haben. 10 Es gibt außerdem eine spätere setzt dafür die Angabe <<anonym>>.
Aufnahme mit Lotte Lenya nach einer Aufführung Unter dem 21. Dezember 1948 notiert Brecht in
in New York <<Brechton Brecht>>.u seinem Arbeitsjournal, er habe << ein kleines lied für

470
Lieder 92 · 93

die FREIE DEUTSCHE JUGEND gemacht (AUFBAU- << nicht in den friderizianischen Trott verfallen)>
LIED) >> 5.Ein Aufruf zu eigener Initiative war beab- wollte, << in dieses Marschieren, geschichtlich be-
sichtigt, ohne Verbeugung vor Autorität. 6 Der ma- lastete Marschieren >>. 14 << Es ging uns vor allem dar-
terielle Aufbau sollte in den Rahmen des politischen um, ein kleines Marschlied zu schreiben; das von der
gestellt, aus ihm begriffen werden. Keine Parole, ehe <Schwere> und Plumpheit des gewohnten <Drill>-
das Argument gebracht ist. In Diskussionen ging es Liedes abgeht und dafür hurtig, freudig zupacken
um die Dialektik von Staat und Individuum, von sollte, mehr in der Art des Geschwindmarsches,
Führung und Selbstverantwortung; Brecht war der sagen wir, wie die Franzosen beispielsweise mar-
Kritik aufgeschlossen, verteidigte aber seine Grund- schieren. >> 15
positionen: << bin unzufrieden, daß der <neue staat> Die Umwandlung des Marschgestus wirkt auch
hereinkommt, ist aber nötig, damit der materielle auf- auf die Harmonik ein. << Der Lehrer erkläre den jun-
bau verknüpft werden kann mit dem politischen, gen Sängern auch das harmonische Gerüst, die vielen
ignoriere jedoch bestimmt die einwände gegen die Septimen und Nonen und mache ihnen die Logik
letzte strophe (< und kein führer führt aus dem salat>), dieser Akkorde klar. >> 16 Viele Akkorde sind, als Dis-
erhoben von der leitung. >> 7 Am 2. Januar 1949 notiert sonanzen, von Widersprüchen gezeichnet, meist in
er nochmals zu dieser Frage: << bei dem AUFBAULIED ihrem Verhältnis zum Baßton; in sich verläuft aber
der FDJ (FREIEN DEUTSCHEN JUGEND) bat mich der jeder Entwicklungszug nach satztechnischer Logik,
berliner gruppenleiter, die zeile <und kein führer und die Verflechtung stiftet wiederum Logik, so daß
führt aus dem salat> zu überprüfen, denn hitler inter- die Gestalten zwar aus der für Marschlieder typischen
essiere niemand mehr, da er olle kamellen sei (aber Harmonik ausbrechen, sich aber in neuer Stimmig-
kamellen verwandeln sich, wenn unbeobachtet, keit zusammenfinden.
leicht in olle lorbeern), und dann gebe es eine füh- Ebenfalls Ende der vierziger Jahre hat Grigori
rung durch die partei. ich kann aber nicht entspre- M. Schneerson, der Begleiter Ernst Buschs, auf des-
chen, die strophe ist auf das motiv des sich-selbst- sen Anregung hin das <<Aufbaulied>> vertont. (Bei
führens aufgebaut, und das ganze lied dazu. >> 8 Buschs Schallplattenaufnahme wirkt Brecht im Chor
Der Arbeitsprozeß am Gedicht zeigt die Suche mit.1 7)
nach Formulierungen, die politisch ins Schwarze
treffen, ohne Klischee zu sein. Im Refrain war an-
fangs vom Aufbau Berlins die Rede; die nur lokale 93
Bindung wurde durch die Aufforderung: << eine neue Zukunftslied
Welt gebaut!>> ins Globale geweitet, dies aber offen-
bar als zu pathetisch empfunden und anschaulich Aus: Paul Dessau: Das Zukunftslied/ Aufbaulied
durch <mnd was Neues hingebaut>> ersetzt. 9 über- der FDJ. 1 Bearbeitung vom Komponisten für Ge-
haupt sucht Brecht das griffige, drastische Wort und sang, Pikkoloflöte, Schlagzeug, Gitarrenklavier. 2
übersetzt gleichsam Parolen in Alltagsbilder. Er hat Brecht schrieb das <<Zukunftslied>>, seinem V er-
dabei den Adressaten, die Jugend, der nicht mit merk im Arbeitsjournal vom 22. Dezember 1948
Phrasen beizukommen ist, im Auge. nach, in unmittelbarem Anschluß an das <<Aufbau-
Damit waren der Musik die Aufgaben gestellt. lied>> (Eintragung vom 2 I. Dezember), und zwar mit
Dessau erinnert sich, in seinem damaligen kleinen der Erklärung, << da alle erziehung hier zu lokal be-
Arbeitszimmer im Berliner Deutschen Theater von trieben wird (und die rote fahne geradezu im ver ruf
Brecht ein Manuskript mit verschiedenen Versionen ist, worauf man eingeht) >> 3 • Ernst Schumacher zu-
erhalten zu haben; 10 er habe das Lied Brecht vor- folge wollte er eine Antwort auf randalierende Ju-
gesungen und sei<< auf ein paar Einwendungen>> so- gendliebe geben, die am 9. September I 948 die rote
fort eingegangen. 11 In sein Arbeitsjournal notiert Fahne vom Brandenburger Tor gerissen hatten; wie
Brecht am 2 I. Dezember r 948: << arbeite mit dessau an das <<Aufbaulied>>, so sei auch das << Z ukunftdied >> der
der vertonung und bestehe auf dem schnellen tempo << Freien Deutschen Jugend>> gewidmet.4
der und entmelodisierung des refrains. möchte gern Auch diesen Text gab Brecht Paul Dessau, der ihn
das schnellere marschtempo der franzosen erzie- umgehend vertonte. Wie beim <<Aufbaulied>> erhielt
len. >> 12 (Nach Kurt Schwaens Zeugnis schätzte Dessau von Brecht << einige wertvolle Vorschläge >> 5•
Brecht << die französische Marschmusik mit ihren Brecht versuchte mit dem Gedicht auch Hanns Eisler
Pistons>>. 13) Paul Dessau überliefert, daß Brecht << zu neuen vulgären exzessen zu verführen>>, der in-

471
Lied 93

des damals andere Neigungen hatte und im Gegenzug hingegen - in den sie mit genußvollem Ritardando
Brecht für die Bearbeitung einer Ode von Mao Tse- einsteigt - wesentlich schneller (Viertel = I 3 8 statt
tung intercssierte. 6 Dessau hat der von ihm ver- Viertel = II6).
öffentlichten Fassung des <<Zukunftsliedes>> noch
eine mit Ernst Busch erarbeitete Variante hinzuge-
fügt, die dem Liedhaften entgegenkommt.7
In einem längeren Aufsatz hat Dessau den Ent-
stehungsprozeß - die Dialektik von Form und In-
halt bei seinen kompositorischen Entscheidungen -
beschrieben. 8 Wie beim <<Aufbaulied der FDJ>> sollte
auch hier vom Rhythmus sowohl aktivierende als
auch disziplinierende Wirkung ausgehen. Der Marsch
wird als zu steif verworfen und eine eher tänzerische
Haltung angestrebt. Erwägungen im Viervierteltakt
treffen nicht das Rechte, ebenso freilich auch nicht
eine Skizze im Dreivierteltakt, da sie (obwohl von der
Intonation her nunmehr <<östlicher>> und damit auf
den Text anspielend) den Mazurkarhythmus zu stark
hervortreten ließ und falsche Assoziationen weckte.
Auch Lösungen mit gemischten Taktarten (somit
ebenfalls<< östlich>> gestimmt) werden angeboten. Die
schließlich gewählte Melodie legt sich zu Beginn auf
Dreivierteltakt fest (obwohl Dessau empfiehlt, gleich
im ersten Takt das Betonungsmuster um sinnge-
mäßer Deklamation willen zu verschieben!) und
wechselt inmitten der Strophe auf eine längere
Strecke hin zum Zweiertakt.
Die Harmonik ist tonal, aber, um << der Tonalität
Spannung und eine wahlverwandte Härte zu geben>>,
durch Sept- und N onenakkorde geschärft. Die inter-
pretative Absicht wirkt bis in die Details der Faktur
hinein: Aus diesen Melismen wird Ironie geholt, aus
anderen ( so am Schluß des Refrains auf das Wort
<< rot>>) Jubel, und eine Quartfigur, die, ostinat wieder-
kehrend, die Sprache in ihren Sog zieht, dient nicht
nur als motivischer Baustein, sondern zeigt sich auch
als << aggressive Folge>>. Bei Beschreibung der kleinen
Coda zum letzten Refrain, die das Melisma zur Kolo-
ratur weitet, weist Dessau auf die Einheit von forma-
lem Kalkül und inhaltlicher Ausdeutung hin: Die
Coda unterstreiche << hier den Jubel über den Sieg>>
und schlage << gleichsam zwei Fliegen mit einer
Klappe, indem die Form der Melodie und der ge-
danklich-ideologische Inhalt sich die Hände reichen>>.
Selbst im formalen Stellenwert der instrumentalen
Schlußformel, akzentuiert im Fortissimo vorgetra-
gen, liegt inhaltlicher Sinn: Sie soll << eine Mahnung
zu unablässigem Kampf sein>>.
Sonja Kehler nimmt bei ihrer Schallplattenauf-
nahme9 die Strophen mit Viertel = 92 langsamer als
in den Noten angegeben (Viertel = 104), den Refrain

472
Fünf Kinderlieder Lied 94

Wie Brecht, so hatte Dessau schon in den zwanziger, 94


dreißiger Jahren seine Erfahrungen mit für Kinder Vom Kind, das sich nicht
bestimmter Kunst gemacht und sich in der ( damals
aktuellen) Gattung des Schulstücks versucht, auch waschen wollte
einige instrumentale pädagogische Musik vorgelegt.
Aus: Paul Dessau und Bertolt Brecht: Fünf Kindcr-
I 949 komponierte er eine Folge von fünf Kinder-
lieder.1 Es gibt auch eine Bearbeitung für Frauen-
gedichten Brechts, die dieser schon in den dreißiger
chor a cappella. 2
Jahren geschrieben und in seine << Svendborger Ge-
Brechts Kommentar: << Das Gedicht <Das Kind
dichte>> aufgenommen hatte; alle waren auch bereits
das sich nicht waschen wollte> schildert den mär~
von Hanns Eisler vertont.
chenhaften Glücksfall, der einer armen Mutter be-
Die Anekdoten, die die Gedichte erzählen, kön-
gegnet, welche ihrem Kind mit ständigen Ermah-
nen ihrem blanken Sinn nach verstanden werden ,
nungen lästig gefallen ist: Der Kaiser persönlich
tragen aber einen doppelten Boden in sich: als Gleich-
kommt zu Besuch, so daß für das Kind, das ihn gern
nis. Dabei zielt Brecht stets auf gesellschaftliche
gesehen hätte, ein wirklicher Nachteil aus der Ver-
Probleme: Die << Kinderlieder>> enthüllen sich als
nachlässigung seines Äußeren entsteht. >>3 \'X' alter
politische Lehrstücke in nuce. So hat daran auch der
Benjamin verweist in seiner Deutung auf die << petites
Erwachsene seinen Gewinn, und sein Fingerzeig
hordes >> von Fouriers << Phalanstere>> (nicht nur eine
wäre für das vertiefte Verständnis beim Kinde er-
sozialistische, sondern auch eine pädagogische Uto-
wünscht.
pie), die sich<< mit dem Unsaubersten>> abgaben, aber
Die Lieder sind für Gesang und Gitarre (ersetz-
gleichwohl die<< geehrtesten >>waren: Die Phalanstc~re
bar durch Gitarrenklavier, dann eine Oktave tiefer)
hatte die sie beherrschende Leidenschaft, die
bestimmt. In einem Kommentar vermerkt Dessau ,
<< Freude am Schmutz>>, ins Gesellschaftlich-Nütz-
daß sie << nicht von Kindern gesungen zu werden>>
liche gewendet. 4 << Der Leser denkt an das Schmutz-
brauchten; man könne<< sie Kindern vorsingen>>. 1 Sie
kind zurück und fragt sich: beschmiert es sich viel-
haben ihre Schwierigkeiten, die freilich für Kinder
leicht nur darum mit Aschen, weil die Gesellschaft
nicht unüberwindlich sind und sogar als Ansporn
seine Leidenschaft für den Schmutz keiner nütz-
gelten sollten; denn Dessau war der Meinung, daß
lichen und guten Verwendung zuführt? nur, um als
von den Mühen des Einstudierens die Erkenntnis
ein Stein des Anstoßes, als eine dunkle Mahnun o-
der musikalischen Arbeit profitiert und die Bewäh-
ihrer Ordnung im Weg zu stehen ( dem bucklichte~
rung am Komplizierten sogar Spaß machen kann.
Männlein nicht unähnlich, das im alten Lied das
Die Modelle sind durchaus volkstümlich, von
wohlbestellte Hauswesen aus den Fugen bringt)? >>s
Volkslied, Moritat und Ballade bezogen. Aber es
In Brechts Nachlaß fand sich aus späterer Zeit
wird kein bloßer Abdruck geboten; vielmehr fließen
(1948-1956) ein alternativer Text, 6 der - und damit
Einwirkungen aus verschiedenen Zeiten und Kultu-
bestätigt sich Benjamins Deutung - den Vorgang ex-
ren zusammen, und im Rahmen des Strophcnliedcs
pressis verbis ins Nützliche wendet:
(der, den textlichen Vorlagen gemäß, durchweg ge-
wahrt ist) bildet sich eine Fülle formaler Abstufun-
Es war einmal ein Kind
gen aus. Gelegentliche archaische Zitate (vor allem
Das wusch sich nie das Ohr
modale Ausbiegungen) verbinden sich mit rhyth-
Da wuchs ihm aus dem Ohr, o Schreck
mischen Besonderheiten osteuropäischer Herkunft;
Ein kleinerer Baum hervor.
die Melodik delektiert sich an Melismen und steht
dafür sowohl beim älteren Volkslied wie beim Kunst- Als das die andern sahn
lied in Schuld; der Faltenwurf mancher Fio-ur
b
deutet Schien' s keinem sonderbar
auf jüdischen, auch auf zigeunerischen musikalischen Sie pflanzten das Kind auf dem Schulhof ein
Einfluß. Die sorgfältige Durcharbeituno- b
der Form ' Da stand es ein, zwei Jahr.
die Absage an mechanisches Wachstum der Zellen,
Es wurd ein Z wetschgenbaum.
die Kontraktionen und Einschübe, die motivische
Zwetschen gibt' s im August.
Vielfalt und gleichwohl bewirkte Einheit - alles das
Sie haben ihm für ein Pfund, o Schreck
steht in der überkommenen klassischen Liedtradi-
* Pfennig zahlen gemußt.
tion.
* Beim Singen ist der richtige Preis einzusetzen.

473
Fünf Kinderlieder Lieder 94 · 95 · 96 · 97

Dessau schreibt zu dem Lied, daß es << ganz ein- 96


fach gehalten>> sei und die drei Verse << nur kleine Ab- Kleines Bettellied
wandlungen in der Begleitung>> erhielten. 7 Das
variierte Strophenlied zieht seinen Reiz aus der Aus: Paul Dessau und Bertolt Brecht: Fünf Kinder-
wechselnden Belichtung des Wiederholten; die Inter- lieder. 1
pretation sollte die gebotene Schlichtheit beachten, Zur Deutung des Gedichts sei auf den Kommen-
sich aber auch, wo angebracht, Drastik nicht ent- tar zu Hanns Eislers Vertonung verwiesen. 2
gehen lassen. Bei der Schallplattenaufnahme von Paul Dessau nimmt die Geschichte von den Bet-
Irmgard Arnold, 8 mit dem Komponisten am Gitar- telleuten, die davor gewarnt werden, dem geizigen
renklavier, werden zusätzlich zu den vorgeschriebe- Wirt zu trauen und sich mit Hosenknöpfen statt
nen agogischen Abweichungen wichtige Worte durch Pfennigen abspeisen zu lassen (Gleichnis für heuch-
Verlangsamung ausgezeichnet: die befremdlichen lerische Mildtätigkeit jeglicher Art), sozusagen
Tatsachen, daß das Kind sich nicht waschen wollte, wörtlich und spielt mit einer zigeunerisch getönten
daß der Kaiser sich nicht scheute, sieben Stiegen hin- Weise auf. Der Gesang sollte sich sowohl dem Tanz-
aufzusteigen, daß er gegangen ist, bevor das Kind ihn sah. rhythmus als auch den genießerischen Melismen und
Bei der Beratung von Roswitha Trexlers Schall- Koloraturen anvertrauen und sich jedenfalls schönes
platte9 empfahl Dessau einige weitere Pointen: etwa Kantabile (das, über die Anweisungen hinaus, hier
die Fermate bei <<geschwind>> aufzuheben und das stets eine gewisse Verlangsamung verträgt) nicht
\Vort, seinem Sinn nach, kurz zu singen; oder den - entgehen lassen. Andererseits müssen die Angel-
ohnehin durch Wiederholung hervorgehobenen - punkte der Anekdote herausgestellt werden.
Fakt, daß ein Tuch << grad nicht da>> gewesen sei, Paul Dessau nimmt auf seiner Schallplatte mit
beim zweiten Mal durch Verlangsamung noch zu Irmgard Arnold 3 mit Achtel = etwa 1 52 ein wesent-
betonen. lich rascheres Tempo als von ihm in den Noten selbst
angegeben (Achtel = 13 8). In der letzten Verszeile,
die vorm Geprelltwerden warnt, läßt er vor Erwäh-
95 nung des Hosenknopfes ( dem Mittel der Täuschung)
Der Pflaumenbaum gleichsam als Achtungszeichen eine Zäsur setzen.
Um bei all dem die überlegene Lustigkeit zu bewah-
Aus: Paul Dessau und Bertolt Brecht: Fünf Kinder- ren, sogar hervorzuholen, hat er für Roswitha Trex-
lieder. 1 lers Einstudierung 4 am Schluß keckes Stakkato ver-
Zur Deutung des Gedichts sei auf den Kommen- langt, sogar bis in den Schlußton hinein, der - und
tar zu Hanns Eislers Vertonung verwiesen. 2 zwar sowohl im Gesang wie in der Begleitung -
Paul Dessau setzt die erzählte Geschichte distan- seine Fermate ablegt.
ziert und zugleich lustig in Musik, der Aussicht auf
Veränderung gewiß. Die ungewöhnliche Rhythmik-
der <<Wechsel zwischen zwei und drei Achteln und 97
die Gegenakzentuierung des Dreiachtelrhythmus in Mein Bruder war ein Flieger
Zweivierteltakt>> - zielt nicht nur auf spielerische
Reize ab, sondern auch auf ein << erzieherisches Ele- Aus: Paul Dessau und Bertolt Brecht: Fünf Kinder-
ment>>: << Man muß sich nämlich weit intensiver mit lieder. 1 Im Gitarrensatz wurde in unserer Ausgabe
der musikalischen Arbeit befassen. Ich erhoffe mir der Auftakt zur zweiten Strophe den Parallelstellen
eines Tages Volks weisen und Volkstänze, die, was angeglichen (Unterstimme As statt A), bei der Text-
rhythmische Vielfalt anbelangt, denjenigen unserer fassung der dritten Strophe das dem Spanischen ge-
östlichen Nachbarn an die Seite zu stellen sind. >> 3 mäße << Guadarramamassiv >> ( I 9 37 im Spanischen
Die angegebene Metronomisierung Achtel = 1 52 Krieg heftig umkämpft) gewählt. 19 54 entstand eine
wird vom Komponisten als viel zu langsam aufge- Bearbeitung für Frauenchor a cappella. 2
hoben; bei seiner Aufnahme mit Irmgard Arnold 4 Dem Schauplatz gemäß ist ein Bolero, mit vielen
wählte er Viertel = 1 1 6 ! kleinen Melismen überzogen, das Modell. Dessau
wünschte sich den aufreizenden musikalischen
Leichtsinn von der Interpretation her gleichsam in
Frage gestellt, und zwar dadurch, daß der Gesang die

474
Fünf Kinderlieder Lieder 97 · 98

Wiederholung der letzten Verszeile jeder Strophe Untaten des vorgeblichen <<Gottseibeiuns>> beson-
(mit der überraschenden Ausbiegung ins Phrygische) ders betont werden - jede Strophe mit einem Ritar-
langsamer nimmt, auch leiser, und den Ausdruck der dando zu schließen.
Verwunderung hineinlegt. Die letzte Strophe sollte
übrigens als Ganzes in ihrer Bedeutung durch leise
Dynamik herausgestellt werden. Aus der dialek-
tischen Deutung wird die Geschichte des faschisti-
schen Söldners der << Legion Condor >> besser be-
griffen.3

98
Der Gottseibeiuns
Aus: Paul Dessau und Bertolt Brecht: Fünf Kinder-
lieder .1 Einige Abweichungen im Strophenmodell,
die - im Vergleich mit den Wiederholungen - Druck-
fehler zu sein scheinen, hat Dessau durch die eigene
Interpretation als gewollt bestätigt. 2
Das Gedicht sieht den <<Gottseibeiuns>> (dies das
in katholischen Gegenden gebräuchliche Hüllwort
für den Teufel) als Politikum: Dient er den Hand-
werkern als billige Ausrede für schlechte Arbeit, so
bemänteln die Herrschenden damit die gesellschaft-
lichen Mißstände. In einer ironischen Schlußstrophe
wird dazu aufgefordert, den Begriff gegen sich selbst
zu richten: den Menschen als Schicksal des Men-
schen zu erkennen.
Die Musik soll die Geschichte lustig servieren.
Im Vergleich mit seiner Vertonung des << Pflaumen-
baums>> schreibt Dessau über den <<Gottseibeiuns>>,
daß <<Schärfe und Tempo>> diesem Lied <<mehr Tanz-
charakter» gäben. 3 Wie beim <<Pflaumenbaum>> sind
die zahlreichen Widersprüche zwischen der Metrik
von Gesang und Begleitung (die von der Interpreta-
tion her gut ausgestellt werden müssen!) bezeich-
nend.
Als Begleiter der Sängerin Irmgard Arnold 4 hat
Dessau die von ihm geforderte Metronomzahl
Achtel = 160 weit nach oben korrigiert: Viertel
= 112. Irmgard Arnold singt die Ausreden mit dem
<<Gottseibeiuns>> betont plärrig, als würde sie hun-
dertmal Gesagtes vorbeten; am Schluß nimmt sie das
vorgeschriebene aufreizend hüpfende Stakkato (auf
das Wort << gehänget>>) etwas zurück. Von Roswitha
Trexler 5 wünschte sich Dessau die Ausreden eher mit
wissender Verschmitztheit vorgetragen, im Stakkato,
und den Schluß durch besondere Lustigkeit (Beach-
tung der Stakkatos!) pointiert. Er regte auch an, das
in dem Lied liegende Rollenspiel durch leichte
Stimmfärbung zu charakterisieren und - damit die

475
Herrnburger Bericht Lied 99

Der << Herrnburger Bericht >>1, eine<< Chorkantate für ter Sprache beschriebene Wunsch nach friedlichem
Schulen >> 2 (Brecht sprach auch von den<< Herrnburger Zusammenleben wird - das sagt die Musik - als hier
Liedern >> 3), entstand I 9 5 I anläßlich der III.Weltfest- erfüllt und dort erfüllbar betrachtet. Die Vorschrift
spiele der Jugend und Studenten in Berlin. Ein Vor- <<leise>> zu Beginn des Liedes gilt, ungeachtet aller
fall vom Pfingsttreffen der Jugend 1950 wird doku- Abstufungen im einzelnen, für den ganzen, an Ge-
mentiert: Jugendliche, die aus Berlin zurückkehrten, stalten reichen und doch in überschaubare Propor-
waren bei Herrnburg (BRD) interniert worden. Die tionen gebrachten Verlauf.
Anregung zu dieser gemeinsamen Arbeit ging von Die << Bitten der Kinder>> haben sich aus der Kan-
Dessau aus; Brecht stützte sich auf Zeitungsreporta- tate gelöst, und das Lied ist für sich in Umlauf ge-
gen4 und Schilderungen von Augenzeugen. kommen. Eine Schallplattenaufnahme entstand I 97 2
Der<< Herrnburger Bericht>> sollte das Agitations- mit dem Großen Rundfunk-Kinderchor Leipzig
theater der zwanziger Jahre wiederbeleben: sze- unter Han_s Sandig. 3
nische Auflösung von Liedern, Wechsel von Bericht
und Darstellung, direkte Ansprache des Publikums.
Indes gab es Kritik, die sich gerade gegen diese
Mittel richtete; um die Aufführungen zu retten, fand
ein Vorspiel vor Regierungsmitgliedern statt, die -
Brechts Aufzeichnungen nach - << im allgemeinen be-
friedigt>> waren, obwohl Ministerpräsident Grate-
wohl <<etwas kathedermäßiges >> daran aussetzte. 5
Brecht notierte am 3. Juli I 9 5 I, daß er Dessau den
Text geschrieben habe, << nicht zuletzt, um ihm ge-
legenheit zu geben, verhältnismäßig einfache musik
beizusteuern >>6 • Dessau verbindet Agitationsstil mit
V olksliedton und drückt sich schlicht und drastisch
zugleich aus. In Beachtung der beabsichtigten Be-
stimmung ist der Schwierigkeitsgrad auf Laien-
gruppen zugeschnitten. Die Uraufführung fand am
4. August I 9 5 I in Berlin statt durch den Rundfunk-
Jugendchor und den Rundfunk-Kinderchor Leipzig
unter Hans Sandig; Regie führte Egon Mank.

99
Bitten der Kinder
Aus: Paul Dessau und Bertolt Brecht: Herrnburger
Bericht. Musikausgabe. 1 Hier wird das Lied als
<< Bitte der Kinder>> bezeichnet. Ursprünglich hieß es
in der Textfassung << Bitten der Jugend >>. Instrumen-
tation: zwei Klarinetten, zwei Mandolinen, zwei Gi-
tarren, Baßbalalaika, Akkordeon.
Egon Monks Inszenierung sah dieses Arrange-
ment vor: << Zu dem Lied <Bitten der Kinder> setzte
sich der FDJ-Chor auf das Podium bzw. hockte sich
auf die linke Seite der Bühne. Ein einzelner mit einer
roten Fahne blieb stehen. Von rechts hinten trat ein
Teil des Pionierchors auf. Auch die Kinder kommen
ruhig und freundlich, nicht aufgeregt oder gehüpft
oder gesprungen. >> 2 Die Anweisung entspricht dem
Grundzug der Musik: Freundlichkeit. Der in schlich-

476
Vier Liebeslieder Lieder 100 · 101 · 102 · 103

In den vier kurzen Gedichten, die Brecht 19 5o seiner Interpretation des Gedichts, daß das Wort
schrieb (und zwar, ihrer Bezeichnung als <<Lieder>> <<lustig>> hier << aufschließende Bedeutung>> habe4 -
nach, auf musikalische Bestimmung hin), drückt damit ist auch dem Vortrag die Richtung angezeigt.
sich durch den Spiegel der Liebe das Erlebnis der
neuen Gesellschaft aus. << Das <große Heute> wird
auch in der Liebeslyrik zur Zeitenwende. Die Liebe 101
darf wieder vom Menschen Besitz ergreifen. Begei- Lied einer Liebenden
stert werden die Verwandlungen beschrieben, die sie
bewirkt. Im Liebeserleben findet der Mensch wieder Aus: Paul Dessau: Vier Liebeslieder nach Texten
zu sich selbst. >> 1 Auch das Verhältnis zur Natur ist von Bert Brecht für Gesang und Gitarre. 1 Dessau
verwandelt, sie tritt freundlich ins Bild; und sogar hat den von Brecht hier ausnahmsweise angezeigten
der Vergänglichkeit wird, eben durch fortdauernde Titel nicht vermerkt.
Liebe, der Schrecken genommen. Christel Hartinger Das Tempo ist bei der Schallplattenaufnahme von
weist auf den << antizipierenden Charakter>> der Lie- Irmgard Arnold und Paul Dessau 2 mit Achtel = 144
der hin, die - um mit Marx zu sprechen - nach Auf- gegenüber - wie vorgeschrieben - Achtel = etwa I 32
hebung der Entfremdung am Beginn des Prozesses leicht angezogen.
der <<Naturalisierung des Menschen>> und der << Hu-
manisierung der Natur>> stehen. 2 Der Grundgestus
ist freundlich, als Ausdruck neuer Formen des Zu- 102
sammenlebens, und er wirkt bis ins sprachliche Detail Sieben Rosen hat der Strauch
hinein. Formal bildet er sich am Volkslied aus.
Damit waren der Musik Zeichen gesetzt. Dessau Aus: Paul Dessau: Vier Liebeslieder nach Texten
komponierte die <<Vier Liebeslieder>> im Oktober von Bert Brecht für Gesang und Gitarre. 1 r 9 54 ent-
1951, als erstes das zweite Lied am 6.Oktober, die stand eine Bearbeitung für Frauenchor a cappella. 2
übrigen am 21. Oktober, und widmete sie in seinem
autographcn Manuskript der Schauspielerin Antje
103
Ruge. Er bezeichnete die Lieder als einen << Versuch,
Liebeslieder auf einfachste Weise zu vertonen >> 3 • Die Liebste gab mir einen
Von der Faktur her zeigt sich Verwandtschaft zu den Zweig
<< Fünf Kinderliedern>>: weder Pathos noch Sentimen-
talität, sondern dem Volkslied gemäße Schlichtheit, Aus: Paul Dessau: Vier Liebeslieder nach Texten
auch formal durch Beachtung der Strophenform, die von Bert Brecht für Gesang und Gitarre. 1 Eine Be-
freilich in sich mit manchen metrischen Unstimmig- arbeitung für Streichquartett entstand 1967. 2
keiten überrascht. Der originale Satz ist für Gesang Bei der Schallplattenaufnahme von Irmgard
und Gitarre eingerichtet, doch steht deren Ersatz Arnold und Paul Dessau 3 ist das Tempo langsamer
durch Gitarrenklavier frei. 4 als angegeben (statt Achtel = I 20: Achtel = I 04,
zum Teil noch bedächtiger).

100
Als ich nachher von dir ging
Aus: Paul Dessau: Vier Liebeslieder nach Texten
von Bert Brecht für Gesang und Gitarre. 1
Brecht hat dieses Gedicht, wie das zweite aus dem
Zyklus, dem es als <<Rollengedicht>> gleicht, ur-
sprünglich << Lied einer Liebenden>> überschrieben. 2
Die Sängerin Irmgard Arnold bei ihrer Schall-
plattenaufnahme3 am Gitarrenklavier begleitend,
schlägt Dessau mit Achtel = I 60 ein schnelleres
Tempo an, als von ihm mit Achtel = etwa 138 in den
Noten angegeben ist. Benno von Wiese schreibt in

477
Lieder 104 · 105

104 105
An meine Landsleute Kleines Lied
Aus: Spektrum. Neue Lieder und Gesänge für Sing- Vertonung von Paul Dessau. 1
stimme und Klavier. 1 Zur Interpretation des Textes sei auf den Kom-
Anlaß des Gedichts war die Gründung der Deut- mentar zu Brechts Melodie in den << Liedern zur
schen Demokratischen Republik am 7.Oktober Klampfe>> verwiesen. 2
1949; Brecht widmete es dem ersten Staatspräsiden- Über die Entstehung der Lin J aldati gewidmeten
ten, Wilhelm Pieck, und schrieb ihm am 2. Novem- Vertonung schreibt Eberhard Rebling: << Es muß
ber in einem Brief: << Darf ich Dir, um meine Freude Ende 64 oder Anfang 6 5 gewesen sein, der erste
über Deinen Amtsantritt auszudrücken, ein kleines Band der Brecht-Gedichte war erschienen, meine
Gedicht schicken, dessen Sprecher Du noch viel Frau las alles durch. Wir suchten für unsere BRD-
besser sein könntest als der Dichter? >> 2 Der Titel Programme vor allem einige heitere Lieder, denn
zitiert eine Redewendung, die Wilhelm Pieck bei unsere Programme waren ja überwiegend ernst und
Ansprachen gern anwandte. ausgesprochen politisch. Sie fand das< Kleine Lied>.
Der Funktion und Struktur nach greift Brecht Wir trafen Paul. Lin las ihm das Gedicht vor. <Von
auf die <<Bittgänge>> zurück, die erste Lektion seiner wem ist das?> fragte er. <Von Bertolt Brecht.> Er
<<Hauspostille>>, nimmt hier nun aber den Begriff ernst schoß los: <Unmöglich, dann müßte ich es doch
und beim Wort. 3 Das Gedicht schlägt ein für Brecht kennen!> Es war aber eindeutig von Brecht. <Willst
in den fünfziger Jahren zentrales Thema an, das er du das für mich vertonen?> fragte meine Frau be-
nicht nur in poetischer Form, sondern auch als An- scheiden, zögernd. <Du, ich hab jetzt gar keine Zeit,
sprache, Polemik, Offenen Brief vortrug: die Be- du weißt ja, die Oper. Na ja, gib mir das Gedicht, ich
wahrung des Friedens. Ihm lag sehr daran, das Ge- werde sehen.> Am nächsten Tag rief er an: <Was ist
dicht zu popularisieren; 19 5o erbat er es sich per denn mit dir los!!! Dein Lied ist fertig!! Warum holst
Luftpost nach München,4 19 51 ließ er es für das Ber- du es dir nicht ab!!!?> >> 3 Zur ersten Aufführung mit
liner Ensemble drucken und an alle Theater, in denen Lin J aldati und Eberhard Rebling kam es der Erinne-
das Ensemble gastierte oder seine Stücke gespielt rung der Interpreten nach wahrscheinlich am 1 5. März
worden waren, verschicken. 5 196 5 in Karlsruhe.
Paul Dessaus Vertonung entstand auf Anregung Paul Dessau komponierte ein moritatenhaftes
der Sängerin Lin Jaldati, der das Lied gewidmet ist; Chanson mit Einsprengseln in ironischem Belkanto-
es sei << genau der Stimmlage und dem Ambitus der Stil. Um die Pointen (die textlichen wie die musika-
Stimme>> angepaßt. 6 Die Komposition ist datiert vom lischen) gut herauszubringen, sei das Tempo eher be-
3 r. März 196 5 ; die Uraufführung fand am 2 8. Mai dächtig. Eine Schallplattenaufnahme entstand unter
1965 beim Chanson- und Liedfestival auf Burg Wal- Aufsicht von Paul Dessau mit Gisela May und
deck statt. einem von Henry Krtschil geleiteten Studioorche-
Es gibt eine Schallplatte mit Lin Jaldati und ster ;4 das Tempo dabei ist: Viertel = 72 !
Eberhard Rebling. 7 Eine weitere Aufnahme, von
Paul Dessau beaufsichtigt, entstand mit Gisela May
und einem Studioorchester unter Leitung von Henry
Krtschil. 8 Bei dieser Aufnahme wurde der erste Ak-
kord dem Einsatz des Gesangs vorangestellt; in der
zweiten Strophe wird das in die Triole eingeschlosse-
ne (und sodann nach einer Pause wiederholte) <<und>>
getilgt und somit glatter syntaktischer Verlauf er-
zielt. Dessau legte Wert auf schlichte, lockere, vom
Sprechen her empfundene Tongebung und auf ziem-
lich freien, der normalen Deklamation folgenden
Rhythmus. Die dynamischen Kontraste - Mittel der
Verfremdung! - sollten gut beachtet werden.

478
Tierverse Lied 106

Erster Adressat der 19 34 entstandenen <<Tierverse>> ist auf ihre Stimme hin zugeschnitten und ihr ge-
( der Titel stammt von Elisabeth Hauptmann) war widmet; ein fünftes Lied entstand 1973 für die Chan-
Brechts neunjähriger Sohn, daher sie auch << Kleine sonetteSonjaKehler. In einem Brief vom 18. Mai 1972
Lieder für Steff>> hießen. 1 Die Anekdoten über Tiere schreibt Dessau, daß drei Lieder bereits vorlägen und
drücken mit der jeden Vers einleitenden Wendung er auf neun zu kommen gedenke; 3 doch wurden nur
<< es war einmal ... >> ihren Bezug aufs Kindermärchen noch zwei nachgereicht.
aus; Brecht notierte sich ein altes Kinderlied, das so
begann, als Modell. Indes haben auch die <<Tier-
verse>> wie fast alle Brechtschen Kindergedichte eine 106
zweite Bedeutung als gesellschaftliche Gleichnisse. Das Schwein
Manchmal geben Anspielungen im Text Finger-
zeige; wo nicht, ist die aktuelle Lage zu befragen, die Aus: Paul Dessau: Musikarbeit in der Schule. 1 Kla-
Brecht die im Tierverhalten verschlüsselten Ge- viersatz mit der Melodie als Oberstimme. Vorange-
schichten zutrug. Für menschliche Eigenschaften setzt sind vier Fassungen für zweistimmigen Gesang
Tiere einzusetzen und damit politisch zu agitieren ist a cappella: ein leichter Satz, ein etwas anspruchs-
beim Bänkelsang üblich; Brecht fand gewiß auch vollerer, ein freier Kanon mit der Melodie in der
hier seine Anregungen. Unterstimme, dasselbe mit vertauschten Stimmen
Obwohl Brecht, wie der Titel << Lieder für Steffa (Melodie in der Oberstimme). 2
ausweist, an musikalische Bestimmung gedacht Dessaus Schulkinder haben, aufgefordert, zu
hatte und die Verse dies auch geradezu herausfor- einigen <<Tierversen>> Melodien zu finden, dieses als
dern, hat Paul Dessau erst Jahre nach Brechts Tod erstes gewählt: << Der Text amüsierte sie sehr, trotz
Vertonungen vorgelegt. Eine erste Folge, kollektiv der offensichtlichen <Grausamkeit>. Aber es gibt da
mit Kindern komponiert, entstand 1967 als ein Re- auch, wie fast immer bei Brecht, eine Lehre: man hat
sultat seiner<< Musikarbeit in der Schule>>, eine zweite nicht in <Eil> zu sein, wenn man nur ein Bein hat!
1972 (mit einem Nachzügler 1973) auf Anregung der Das muß schiefgehen! >>3
Sängerin Roswitha Trexler. Obwohl sich die beiden Dessau beschreibt die Suche nach der treffenden
Folgen von den technischen Ansprüchen her unter- melodischen Formulierung, die sowohl die text-
scheiden - dort ist das Vermögen von Schulkindern lichen Bedeutungen hervorhebt als auch den musika-
beachtet, hier zuweilen sängerische Virtuosität ge- lischen Interessen entspricht. 4 Die Konvention gilt
fordert -, sind sie doch vom musikalischen Gestus als gefährlich, weil sie die Worte ins eingeschliffene
her eng verwandt, und Dessau regte sogar selber zu Verständnis hineinreißt; Besonderheiten sollten ge-
ihrer Kombination an. rade durch Abweichung davon ausgezeichnet wer-
Die erste Folge von fünf Liedern erschien in Paul den. So wird ein Schüler gelobt, daß er den langen
Dessaus Broschüre << Musikarbeit in der Schule >> 2 • Auftakt wählte: Damit ist gleich zu Beginn quasi ein
Als Komponist ging Dessau in der Schule ( er be- Ausrufungszeichen gesetzt! Wenn der Name des
förderte seit 1960 den Musikunterricht an der All- Tieres, von dem das Gedicht handelt, zum ersten
gemeinbildenden Polytechnischen Oberschule I sei- Male erscheint, wird dies durch eine << besondere
nes Wohnorts Zeuthen) anders vor als ein Lehrer: Er Stufe>>, im Quartsprung erreicht, << auffälliger, sinn-
stellte die Schüler mitten in einen musikalischen fälliger>> gemacht. Die Taktwechsel wenden sich
Schaffensprozeß, forderte ihre Vorschläge heraus gegen die Konvention, sind aber auch dramaturgisch
und diskutierte mit ihnen die Eignung. Ausgehend gerechtfertigt (z.B. durch das Wort <<Eil»); die vom
von einigen <<Tierversen>>, regte er zur Erfindung Lehrer vorgeschlagene Synkope begründet sich als
von Melodien an und entwickelte im gegenseitigen << kleiner Kunstgriff>>, der auch<< eine gewisse Gleich-
Austausch eine endgültige Formulierung, über die er förmigkeit>> aufhebt. Auch der Klaviersatz, der, bei
einen oder mehrere zweistimmige Chorsätze und aller Schlichtheit, sorgfältig gearbeitet ist, wird auf
einen leichten Klaviersatz schrieb. In dem Buch seine harmonischen und kontrapunktischen Eigen-
<<Musikarbeit in der Schule>> werden die Etappen der heiten bis zu versteckten Einzelheiten hin beschrie-
Arbeit beschrieben (auch unter Anführung des später ben.5
Verworfenen) und die Ergebnisse vorgestellt. Es gibt eine Schallplatte mit Sonja Kehler (im
Die auf Anregung der Sängerin Roswitha Trex- Satz für Gesang und Instrumentalgruppe von Helge
ler 197 2 komponierte zweite Folge der <<Tierverse>> Jung). 6

479
Tierverse Lieder 107 · 108 · 109 · 110

107 109
Der Elefant Das Pferd
Aus: Paul Dessau: Musikarbeit in der Schule. 1 Kla- Aus: Paul Dessau: Tierverse von Bertolt Brecht. 1 Als
viersatz mit der Melodie als Oberstimme. Vorange- Begleitinstrumente sind präpariertes Klavier ( = Gi-
stellt ist ein Satz für zweistimmigen Gesang a cap- tarrenklavier) oder Gitarre und Violoncello ange-
pella. Die hier vermerkte Vortragsanweisung <<etwas zeigt.
schwerfällig im Tempo, aber leicht vorzutragen>> Es gibt mehrere unter Konsultation von Paul Des-
mag auch für die Klavierfassung gelten. sau entstandene Schallplattenaufnahmen: von Ros-
Dessau streicht heraus, daß es sich um<< ein Gedicht witha Trexler (mit Gitarrenklavier)2, Gisela May (mit
über die Ausbeutung>> handelt, und sieht die Parallele Gitarrenklavier) 3, Sonja Kehler (in einer Bearbei-
zum << Lied vom achten Elefanten>> in << Der gute tung mit Instrumentalensemble von Helge Jung) 4 •
Mensch von Sezuan>>. 2 Die Tempi: Roswitha Trexler Achtel = 160, Gisela
Die Diskussion um die Melodie, deren Stadien May Achtel = I 32, Sonja Kehler Achtel = I 60.
der Lehrer mit zahlreichen Beispielen belegt, wird Bei der Arbeit mit Roswitha Trexler wünschte
von ihm auf das Erkennen notwendiger Varianten Dessau die Feststellung, daß das Pferd << nicht sehr
(um der Gleichförmigkeit zu entgehen) und formaler viel wert>> gewesen sei, durch Verlangsamung her-
Zusammenhänge (um Einheitlichkeit zu erzielen) vorgehoben; andererseits regte er an, bei den beiden
gelenkt. 3 Der Sinn für Abweichungen (Nonen- Schlußtakten das << poco meno >> aufzuheben und wie-
sprung, Synkope) wird geschärft: Über den forma- der ins Grundtempo zu fallen, was ebenfalls einen
len Reiz hinaus sollen damit bestimmte Bedeutungen witzigen Effekt ergibt.
hervorgehoben werden. Auch der Klaviersatz wird
analysiert, namentlich auf das harmonische Ge-
schehen (das in dem kleinen Lied << wahrlich viel- 110
fältig>> sei) und die reiche Kontrapunktik hin. 4 Die Kellerassel
Es gibt eine Schallplatte mit Sonja Kehler (im
Satz für Gesang und Instrumentalensemble von Aus: Paul Dessau: Tierverse von Bertolt Brecht. 1 Als
Helge Jung). 5 Begleitinstrumente sind Gitarre und Klavier ( = Gi-
tarrenklavier) vorgesehen.
Es gibt Schallplattenaufnahmen unter Konsulta-
108 tion Paul Dessaus von Roswitha Trexler2, Gisela
Der Adler May 3 und Sonja Kehler (in einer Bearbeitung mit In-
strumentalensemble von Helge Jung) 4 • Sonja Kehler
Aus: Paul Dessau: Tierverse von Bertolt Brecht. 1Als wählt im Mittelteil mit Viertel = 76 ein die ange-
Begleitinstrumente sind Gitarre oder präpariertes gebene Metronomisierung (Viertel = etwa 100) weit
Klavier ( = Gitarrenklavier) vorgesehen. (Bei der unterschreitendes Tempo. Bei Beratung der Einstu-
Ausführung auf dem Klavier ist die Transposition dierung Roswitha Trexlers legte Dessau auf witziges
um eine Oktave tiefer angezeigt.) Herausstellen von Gegensätzen Wert, auch durch
Es gibt Schallplattenaufnahmen von Roswitha plötzlich geändertes stimmliches Verhalten: So soll-
Trexler mit Gitarrenklavier 2 und mit Gitarre 3• Bei ten die Triolen mit großem Ausdruck gesungen wer-
seiner Beratung der Interpretation wünschte sich den und die anschließenden schnellen Figuren (<< leg-
Dessau das ironische, an Koloraturen reiche Bel- giero >>) ganz keck und spitz. Die Schlußpointe for-
kanto voll ausgekostet, aber auch, als Gegensatz, dert Ausstellung der Ironie durch hingebungsvolle
mit einem lockeren, wo angebracht tänzerisch beleb- Emotion, zu den in tiefer Lage komponierten letzten
ten Parlando verbunden. Worten stimmlich wohl gar ins Brustige verdickt
und im Ritardando geboten. Das Ritardando sollte
auch die in ihrer Einfalt gut zu beleuchtende instru-
mentale Schlußformel einschließen.

480
Lieder 111 · 112

111
General,
dein Tank ist ein starker Wagen
Vertonung von Paul Dessau. 1 Bei Brecht ist das Ge-
dicht ein Teil der <<Deutschen Kriegsfibel 19 37 >> 2 •
Die Anregung zu Paul Dessaus Vertonung ging
von Lin Jaldati und Eberhard Rebling aus, die für
ein von ihnen vorbereitetes Programm (<< Brecht und
seine Komponisten>>) << aus dramaturgischen Grün-
den zwei kurze Übergänge>> brauchten und dafür
diesen Text (und den folgenden: <<Spruch>>) aus-
wählten.3 Die Komposition, die der beabsichtigten
Funktion und der Interpretin angepaßt ist, datiert
vom 6. Januar 197 3. Die Uraufführung fand im März
197 3 in Bern statt.

112
Spruch
Vertonung von Paul Dessau. 1 Der Text folgt einer
Fußnote zu den <<Anmerkungen zur Oper <Aufstieg
und Fall der Stadt Mahagonny> >> 2 ; er steht dort als
Folgerung von Erwägungen über den notwendigen
Funktionswechsel künstlerischer Institutionen. Der
Titel stammt vom Komponisten.
Das Lied entstand zum gleichen Anlaß wie
<< General, dein Tank ist ein starker Wagen>>.3 Die
Komposition datiert vom 27.Januar 1973; die Ur-
aufführung fand im März des gleichen Jahres in Bern
statt mit Lin Jaldati (Gesang) und Eberhard Rebling
(Klavier).

481
Lieder auf Worte von Bertolt Brecht Lied 113

Rudolf Wagner-Regeny hat Brecht schon Ende der April weitere, auch neue Texte vor und regte zu
zwanziger Jahre kennengelernt; 19 30 war er musika- einer Sammlung von zehn Liedern an. Umgehend
lischer Berater bei G. W. Pabsts Film << Die Drei- entstanden die Vertonungen, die sich auf schlichte
groschenoper >>. Anfang der dreißiger fand er in strophische Form festlegen und Modelle des acht-
Brechts Freund, dem Bühnenbildner Caspar Neher, zehnten Jahrhunderts mit Songstil verbinden. 9 19 51
seinen Librettisten; bis 1940 entstanden drei Opern, fand in Wien die Uraufführung statt, das Liederheft
eine vierte damals begonnene, << Der Darmwäscher>>, erschien 19 53. 10
auf Anregung von Heinz Hilpert als Mischform zwi-
schen Schauspiel und Oper fürs Deutsche Theater
Berlin bestimmt, blieb lange ein Torso. Anfang 1948 113
schreibt Neher an Wagner-Regeny, daß Brecht die Von der Freundlichkeit der Welt
gemeinsamen Arbeiten zu kennen scheine, aber nicht
so recht mit der Sprache herausrücke. 1 Am 12. Fe- Aus: Rudolf Wagner-Regeny: Zehn Lieder auf
bruar 1949 vermeldet Wagner-Regeny dem Freund, Worte von Bertolt Brecht. 1 In den << Hundert Ge-
daß er mit Brecht den <<Darmwäscher>> durchgegan- dichten>> ( 19 5 I) schied Brecht erstmals die dritte
gen sei; Brecht habe <<wichtige und notwendige Be- Strophe aus; für seine Fassung des Liedes in der
merkungen, besonders zum II. Teil des Stückes>> ge- << Hausmusik I/ 1949 >> 2 hat sie W agner-Regeny noch
macht.2 Im Herbst begannen Sondierungen über eine angeführt, in den << Zehn Liedern>> aber, Brecht fol-
Aufführung durch \XIalter Felsenstein, die sich aller- gend, gestrichen. (Ihre Aufnahme in unsere Ausgabe
dings jahrelang ergebnislos hinzogen; offenbar da- mag als Alternative gelten.) Bereits in der << Haus-
durch angestoßen, regte Wagner-Regeny am 20. No- musik I >> war die Gültigkeit der in dieser Strophe ge-
vember eine <<Reparatur» des Stücks durch Neher troffenen Feststellungen mit dem Austausch von
und Brecht an. Sie fand tatsächlich statt, freilich erst <<viele>> (Taschenpostille) durch <<manche>> einge-
im nächsten Jahr; am 28.April 1950 notiert Brecht: schränkt worden. Von der Fassung in der << Haus-
<<wir analysieren das scenario und mathematisieren musik I >> wurde in der zweiten Strophe auch die
einen schluß aus. addieren ein paar arien. >> 3 Zum Wendung <<keiner rief euch>> übernommen; <<keiner
Selbstverständnis skizzierte Brecht damals auch die schrieb euch>> (<< Zehn Lieder>>) kann wohl ohnehin
Fabel; 4 einige weitere Anregungen reichte er nach nur als Verstümmelung des süddeutschen «keiner
nochmaligem Studium des vierten Aktes brieflich schrie euch >> 3 aufgefaßt werden (ursprünglich hatte
nach. 5 Nachdem \Vagner-Regeny, um den von den Brecht << keiner wünscht euch>> notiert). Zwischen
Theatern beanstandeten Titel <<Der Darmwäscher>> beiden Ausgaben gibt es auch eine musikalische Va-
zu ersetzen, nicht weniger als fünfzehn Versionen er- riante an den Zeilenschlüssen: in der << Hausmusik I >>
wo gen hatte, fand Brecht schließlich in den fünfziger Bindung über drei Zählzeiten, in den<< Zehn Liedern>>
Jahren als endgültige Formulierung << Persische Epi- nur eine Zählzeit (Viertelnote - im Autograph frei-
sode>> (auch <<Persische Legende>> 6 , bei der Urauf- lich durch Breitstrich ausgezeichnet). Das << pianissi-
führung am 27. März 196 3 in Rostock wählte man mo>> inmitten der letzten Strophe ist in den << Zehn
den Titel <<Persische Späße>>). Einern Brief Wagner- Liedern>> entfallen. In der << Hausmusik I >> sind für
Regenys nach ist Brecht am endgültigen Libretto mit die Singstimme << Mädchen- und Knabenstimmen>>
sieben Nummern, darunter dem Finale, beteiligt; er angezeigt.
wünschte aber nur den Vermerk: <<Der Text enthält Hanns Otto Münsterer nach ist das Gedicht
einige Gedichte von B. B. >>7 <<spätestens >> 1917 entstanden; 4 eine autograph über-
Die Arbeit am <<Darmwäscher>>, die Wagner- lieferte Fassung mit dem Titel << Lied gegen die An-
Regeny mit Brecht zusammengebracht hatte, schlug sprüche!>> - gewiß die erste Entwicklungsstufe 5 -
sich auch in Brecht-Liedern nieder. 1949 nahm ordnet sich aber dem Jahr 192 I zu. Mit der gründ-
Wagner-Regeny <<Von der Freundlichkeit der Welt>> lichen Umarbeitung für die <<Taschenpostille>> (1926)
in seine << Hausmusik I >> auf, eine Sammlung von (neue Zuweisung der Zeilenpaare an die Strophen)
Klavierstücken und Liedern für Knaben- und Mäd- erhielt das Gedicht seinen endgültigen Titel.
chenstimmen. Am 5.April 1950 meldet er den Ab- Plaziert in der zweiten Lektion der Gedicht-
schluß des << Großen Dankchorals >> 8 und übergab sammlung, den <<Exerzitien>>, die als << geistige
Brecht das Lied am 19. April. Dieser legte ihm offen- Übungen>> definiert sind, sich << mehr an den Ver-
bar nach der Sitzung über den<< Darmwäscher>> Ende stand>> wendeten und aus deren << verborgenen Sprü-

482
Lieder auf Worte von Bertolt Brecht Lieder 113 · 114 · 115

eben sowie unmittelbaren Hinweisen . . . mancher ausgeber der <<Gedichte>> setzen das <<Gegenlied>> für
Aufschluß über das Leben zu gewinnen>> sei, 6 er- die mittfünfziger Jahre an, als Brecht die Sammlung
weist <<Von der Freundlichkeit der Welt>> seine di- seiner Gedichte vorbereitete. 3 Nach Art seiner
daktische Absicht. Indes stellt der berichtete Lebens- <<Gegenentwürfe>> kritisiert Brecht diesmal einen
lauf den Titel in eher ironisches Licht: Dies ist << ein eigenen Text. Dem in der Dialektik von Sprache und
Gedicht über Mangel an Freundlichkeit>>7 ! Trotz Inhalt beschlossenen vagen Wunsch nach Aufhebung
der <<Kälte>>, die mehrfach als Metapher erscheint der Entfremdung im Vorwurf ist hier der in die poli-
und sich über den ganzen Text zieht, wird der ge- tische Praxis zielende Appell zur Veränderung gegen-
schilderte Zustand der Entfremdung hinterhältig übergestellt.
unterminiert, und zwar namentlich von der Sprache Wagner-Regenys Vertonung fügt das << Gegen-
her, die einem << schwäbisch gefärbten Luther- lied>> in die kommentierte Vorlage ein: Tatsächlich
Deutsch >> nahesteht und damit eine frühbürgerliche braucht es zu seinem Verständnis diese Beziehung,
Gesellschaftsform assoziieren läßt. << Die Diskrepanz weil es das dort Gesagte im Widerspruch erläutert.
zwischen der Sprache jenes frühen Zustands und dem Das Lied <<Von der Freundlichkeit der Welt>> wird
Zustand, zu dessen Darstellung sie dient, trägt un- getreu zitiert (unter Bewahrung der später gestriche-
ausgesprochen die Negation der jetzigen Situation nen dritten Strophe). Das <<Gegenlied>> stellt sich zur
und die Klage über sie in sich. Aus dieser Negation Gemessenheit eines <<Kondukts>> in scharfen Gegen-
kann sich die Sehnsucht nach einem anderen Zu- satz und schlägt <<plötzlich>> (wie ausdrücklich ver-
stand entwickeln. Der Fluchtort ist geheimer Ort des merkt ist) das << Zeitmaß eines geschwinden Mar-
Widerstands ... >> 8 sches>> an. Das gewählte Genre unterstreicht sinn-
Wagner-Regeny greift den archaisierenden Ton fällig den Angriff und dürfte auch Brechts persön-
auf und gibt ihm - verpflichtend ausgedrückt in der lichem Geschmack, der sich für die französischen
Vortragsanweisung: <<langsam schreitend, wie ein Geschwindrnärsche begeisterte, wohl entsprochen
Kondukt>> - die Strenge eines Zeremoniells. Die haben.
<< Kunst der Verkargung >> 9 findet musikalische Ent- Ernst Busch singt das << Gegenlied zu <Von der
sprechung: schmucklose, schlichte, aus der Dekla- Freundlichkeit der Welt>>> 1965 bei seiner Schall-
mation entwickelte melodische Formeln, eingespannt plattenaufnahme auf eine eigene Melodie. 4
in kreisende oder insistent den Rhythmus schlagende
Begleitfiguren. Der Gesang halte sich an den hier
fixierten Gestus eines distanzierten Berichts, skan- 115
diere rhythmisch straff, wohl sogar mit gewisser Vom Glück des Gebens
tänzerischer Bewegtheit, und hüte sich jedenfalls
vorm Ausdruck des Mitleids, der emotionalen Be- Aus: Rudolf Wagner-Regeny: Zehn Lieder auf
troffenheit. Worte von · Bertolt Brecht. 1 Instrumentation in
<< Persische Episode>>: zwei Hörner, Klavier, Streich-
orchester. Eine Fußnote in der Ausgabe für Gesang
114
und Klavier verweist auf die Oper << Persische Epi-
Von der Freundlichkeit sode>> als Quelle, Brecht2 und ein Notenmanuskript 3
der Welt und Gegenlied geben als Titel << Das Lied des Darmwäschers>> an.
Das Manuskript ist datiert auf den 23. Mai 1950.
Vertonung von Rudolf Wagner-Regeny. 1 << Keiner Brechts Gedicht entstand 1950 für die Oper <<Der
schrieb euch>> (zweite Strophe) wurde in unserer Darmwäscher>> (<< Persische Episode>>): ,<< wir ... ad-
Ausgabe - analog zur Fassung in der<< Hausmusik I >>- dieren ein paar arien. >> 4 Das darin angestimmte
zu << keiner rief euch>> korrigiert. Die Portato-Striche Thema - Aufhebung der Entfremdung, Erfüllung
an den Zeilenenden stehen - abweichend von der des Glücksanspruchs - bewegte Brecht damals, ge-
Fassung in den << Zehn Liedern>> - so im Autograph! stellt in die neue gesellschaftliche Umgebung, oft.
Das << Gegenlied zu <Von der Freundlichkeit der Wagner-Regenys schlichtes Strophenlied treibt die
Welt>>> soll Brecht 1950 für Wagner-Regeny ge- Reduzierung der musikalischen Mittel auf einfachste,
schrieben haben, 2 vielleicht angeregt durch die verbrauchte Formeln hin.
neuerliche Begegnung mit seinem dreißig Jahre alten
Gedicht in W agner-Regenys Vertonung. (Die Her-

483
Lieder auf Worte von Bertolt Brecht Lieder 116 · 117

116 Mund des Teufels und sieht sie damit kritisch. 8 In der
Gegen Verführung << Hauspostille>>, die ohnehin mit geistlichen Formen
spielt, um ihre Inhalte zu desavouieren, steht das Ge-
Aus: Rudolf W agner-Regeny: Zehn Lieder auf dicht, seiner Form und Funktion nach als ein<< Gebet>>
Worte von Bertolt Brecht. 1 Besetzung in << Persische betrachtet, in schärfstem Widerspruch zur Religion.
Episode>>: Baß, gemischter Chor; zwei Flöten, zwei Brecht nahm es auch in die Oper <<Aufstieg und Fall
Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte, zwei Hörner, der Stadt Mahagonny>> auf, mit der wichtigen, fortan
zwei Trompeten, zwei Posaunen, Tuba, Glocke, gültigen, die religionskritische Haltung konsequent
Schlagzeug, Streichorchester. Eine Fußnote in der durchsetzenden Änderung in der dritten Strophe
Ausgabe für Gesang und Klavier verweist auf die << laßt Moder den Verwesten>> statt <<... Erlösten>>.
Oper. Der Besprechung über das Libretto im April (Bei Wagner-Regeny aber die erste Fassung!) In der
19 5o hatte Brecht einen Brief nachgereicht, in dem er Leugnung des besseren Jenseits liegt implizit die
nach nochmaligem Studium des vierten Aktes an- Aufforderung zur Verwirklichung des Glücksan-
regt, Wagner-Regeny möge, << um der Anfangsszene spruchs heute und hier; das Gedicht hatte für Brecht
eigenes Profil zu geben (und etwas ruhiges Musikali- gerade 1950, als er es Wagner-Regeny zur Vertonung
sches vor dem Ballett zu haben)>>, seine << schöne empfahl, neue Aktualität gewonnen.
Komposition>> von << Gegen Verführung>> einfügen. 2 Von der Form und Sprache, auch von der apo-
Die zweite Strophe der Erstveröffentlichung in der diktischen Haltung her, scheinen geistliche Vorbilder
<<Taschenpostille>> (1926) «laßt euch nicht betrügen/ hindurch. 9 Wagner-Regeny folgt dem und zitiert,
daß Leben wenig ist>> wurde in der <<Hauspostille>> archaisierend, Choralton, mit ornamentalen Melis-
(1927) verändert zu <<das Leben>>; auf diese ur- men an jedem Zeilenende. Einzig die letzte Zeile je-
sprüngliche, authentische Form 3 wurde auch im Lied der Strophe weicht davon ab und gibt mithin ihre
zurückgegriffen. Die Schlußzeile der dritten Strophe besondere Bedeutung kund (unterstrichen auch je-
ist bei Wagner-Regeny der Vorlage gegenüber ver- weils durch Wiederholung): Obwohl sie das als << ge-
ändert und hebt nachdrücklich die Begründung her- messen>> angegebene Grundtempo in noch lang-
vor (<< denn mehr steht nicht bereit>> statt >> es steht sameres Zeitmaß überführt, schlägt sie sachten
nicht mehr bereit>>); die Retusche wurde, wie das Tangorhythmus an, drückt damit sogar Frohlocken
Notenautograph zeigt, das die entsprechende Stelle über die Widerlegung der geistlichen Verheißungen
korrigiert, nachträglich vorgenommen. Die Datie- aus und distanziert den sakralen Ton.
rung des Autographs lautet auf den 26. Mai 1950.
Der ursprüngliche Titel des Gedichts war << Luzi-
fers Abendlied>>. Caspar Nehers Tagebuch nach lag 117
es bereits 1919 vor; unter dem 23. und 24.August Räuberlied
vermerkt er über einen Besuch in Kimratshofen im
Allgäu, wo Brcchts Freundin Paula Banholzer seinen Aus: Rudolf Wagner-Regeny: Zehn Lieder auf
Sohn Frank geboren hatte, daß George PfanzeltOrgel Worte von Bertolt Brecht. 1 Zu Beginn der dritten
gespielt und Brecht dazu << Luzifers Abendlied>> und Strophe ergibt sich durch Austausch eines Wortes
<< Baals Choral>> gesungen habe. 4 (Mithin muß damals (und Versetzung eines Kommas) eine Sinnverschie-
schon eine Melodie - Choral-Kontrafaktur oder bung zu Brechts Fassung - ob absichtsvoll oder ver-
eigene Erfindung Brechts? - vorgelegen haben.) sehentlich (Lesefehler) steht offen: << und gefährlich
Münsterer bezeugt die Aufnahme des Liedes - als leben war/ Gehen, leichtbesohlt >> (Gedicht) - << und
<<Choral>> bezeichnet - in das 1919 geplante Drama gefährlich leben wir/ gehen leicht besohlt>> (Lied).
<< Sommersinfonie>>. 5 Bei Plänen für seine << Haus- Der Titel des um 1934 entstandenen Gedichts lautet
postille>> nahm Brecht den Text, nunmehr mit dem im Typoskript: << Gedenken an große Zeiten>> 2 ; die
Titel << Letzte Warnung>>, in die fünfte Lektion auf. 6 letzte Strophe ist dort gestrichen, vielleicht im Hin-
Im Verlauf weiterer Überlegungen schied er ihn hier blick auf die aktuellen Ereignisse, die den Schluß der
aus und wertete ihn zum für sich gestellten << Schluß- Parabel widerlegten. Brecht hat den von Wagner-
kapitel >> auf, mit dem - so die <<Anleitungen zum Regeny gewählten Titel << Räuberlied>> gebilligt. 3
Gebrauch der einzelnen Lektionen>> - jede Lektüre Kompositionsdatum ist der 26. Mai 1950.
beschlossen werden sollte. 7 Das Lied stellt zwei jeweils eine Strophe um-
Der ursprüngliche Titel legt die Worte in den fassende Modelle auf und läßt sie einander ab-

484
Lieder auf Worte von Bertolt Brecht Lieder 117 · 118

wechseln. Das erste gleicht (wie auch die Vortrags-


anweisung vermerkt) einem Choral, das zweite,
schneller im Tempo, gibt sich als kecker Marsch.
Durch den Gegensatz werden sowohl der historische
Rückblick als auch die gegenwärtige Haltung verdeut-
licht.

118
Lied der verderbten Unschuld
beim Wäschefalten
Aus: Rudolf Wagner-Regeny: Zehn Lieder auf
Worte von Bertolt Brecht. 1 Instrumentation: zwei
Flöten, zwei Klarinetten, Altsaxophon, zwei Fagotte,
Streichorchester. Zur Rostacker Uraufführung nahm
W agner-Rcgen y das Lied als <<Einlage>> in seine Oper
<< Persische Episode>> auf, und zwar, strophenweise
den sechs Damen zugeordnet, als eine Art Entree
zwischen Ouvertüre und Ansatz der Handlung. 2 Im
Manuskript (Ausgabe für Gesang und Klavier) ist es
auf den 3. Juli 1950 datiert.
Brecht schrieb das Gedicht 1921, doch wurde es
erst I 9 51 in den<< Hundert Gedichten>> veröffentlicht.
Bei der letzten Umarbeitung der <<Hauspostille>> in
den fünfziger Jahren nahm er es in die Sammlung
auf. Einern Typoskript nach ist der Text Heinrich
Zille gcwidmet.3
Wagncr-Regeny folgt der vorgegebenen Anlage
als Ballade mit Strophen und textlich wechselnden
Refrains, die das zuvor Erzählte verallgemeinern,
und schreibt ein Strophenlied, das lediglich von der
vierten bis zur sechsten Strophe durch Modulation
aus dem harmonischen Geleise ausbiegt und die sie-
bente, letzte, durch langsameres Tempo auszeichnet.
Zwischen Chanson und Moritat pendelnd, trifft er in
den Strophen den locker erzählenden Ton und gibt
dem Refrain festere Bindung, wodurch- wie im Text
angelegt - seine allgemeine Gültigkeit hervortritt.

485
Lieder 119 · 120. 121

119 120
Liebeslied aus einer Über den Schnapsgenuß
schlechten Zeit Vertonung von Kurt Schwaen. 1
Das Gedicht steht in Brechts <<Taschenpostille>>
Vertonung von Kurt Schwaen. 1
(<<Hauspostille>>) unter den <<Exerzitien>>, die in den
Kurt Schwaen traf mit Brecht zum ersten Mal
<<Anleitungen zum Gebrauch der einzelnen Lektio-
1948 in Berlin zusammen: Bei einem Empfang zu
nen>> als << geistige Übungen>> definiert werden. 2 Bei
Brechts Rückkehr hatte er Ernst Busch mit Eisler-
der Umarbeitung des Gedichtbuchs für die im Malik
Liedern am Klavier begleitet. Brecht kam zu ihm
und ließ sich von seinen Erlebnissen berichten Verlag geplanten<< Gesammelten Werke>> 19 3 8 wurde
der Text ausgeschieden.
(Schwaen war als Antifaschist verfolgt gewesen).
Kurt Schwaen folgt dem vorgegebenen Stil des
19 54 schrieb er für eine vom Berliner Ensemble ver-
Bänkelsangs. Er kehrt den Witz gerade dadurch her-·
anstaltete Modellinszenierung einer mittelalterlichen
vor, daß er - wie Komiker, die mit Pokermiene ihre
Komödie (<< Hans Pfriem oder Kühnheit zahlt sich
Späße servieren - gleichsam unbeteiligt berichtet,
aus>> von Martinus Hayneccius) eine Musik, die
ohne illustrativen Ehrgeiz und Jagd nach Lachern.
Brecht gefiel: << Es wird wenige Leute geben, welche
die lustige und wahrhaft edle Musik Schwaens nicht
schön finden. >> 2 I 9 5 5 übertrug Brecht ihm das Lehr-
121
stück << Die Horatier und die Kuriatier >>. Brecht hat
mit Schwaen auch Versuche angestellt, die Rezitation Wohin zieht ihr?
von Gedichten (die Brecht selber vorlas) von musi-
kalischen Improvisationen begleiten zu lassen. Dabei Vertonung von Kurt Schwaen. 1
lenkte Brecht auf sein Ideal einer << Misuk >>, die sich - Das Gedicht, auf 19 3 1 datiert (Elisabeth Haupt-
mann hat die einleitende Frage als Titel gesetzt), ord-
so Schwaens Beschreibung - << der Töne wie die Mu-
net sich nach Inhalt und Form dem Umkreis der
sik>> bediene, << ohne ihre Gesetze und Regeln anzu-
erkennen >>.3 Lehrstücke zu. Seine Argumentation zielt auf die
Einsicht in die gesellschaftlichen Verhältnisse und
Brechts Gedicht entstand 1938. Der Zusatz <<aus
einer schlechten Zeit>> beim Titel ist entscheidend· ihre Veränderung heute und hier.
' Kurt Schwaens Komposition entstand 1981 auf
denn daraus erschließt sich die in diesem << Liebes-
Anregung des Herausgebers, der ein Schlußstück für
lied>> dargestellte menschliche Entfremdung, die
Verdinglichung des Beischlafs. Insofern zielt die das << Große Brecht-Liederbuch>> wünschte.
Kritik nicht auf die Subjekte, die ohnehin in völliger
Anonymität verbleiben - nichts wird über Voraus-
setzungen und Beweggründe verraten-, sondern auf
die gesellschaftlichen Verhältnisse. Dies legt die
Form der Mitteilung fest: << Das ist kein melodisch
einschmeichelndes Liebeslied mit singendem Rhyth-
mus, wie der Titel zunächst erwarten ließe, eher sach-
liche Bestandsaufnahme; und das Fazit ist so er-
nüchternd wie der sachliche Ton. >>4
Kurt Schwaen geht von präziser Deklamation
aus und spult in monotonem rhythmischem Rahmen
elementare Formeln ab. Die Musik versagt sich
<<Stimmung>> und schafft nur eine klangliche Folie,
die freilich, bei aller Kargheit und Distanz, allein
durch ihr Dasein die Möglichkeit einer freundlichen
Welt anklingen läßt.

486
Anmerkungen

Die zitierte Literatur ist im Literaturverzeichnis nachgewiesen. 7 Tagebücher 1920-1922, 1975, S. 56; 1976, S. 52. Vgl. den Kom-
Nur bei mehreren Schriften eines Verfassers führt der Quellenver- mentar zu Lied Nr. 3.
weis, zur Unterscheidung, auch den Titel (zum Teil verkürzt) an. 8 Baal/Drei Fassungen, S. 51 und II5.
Schriften von Brecht sind nur durch ihre Titel benannt; das Litera- 9 WA Suppl. IV, Anmerkungen S.7.
turverzeichnis ordnet sie alphabetisch. 10 WA Suppl. III, S.63.
VieleTitel von und über Brecht sind in Parallelausgaben erschienen, 1I Schmidt, S. I 28; WA Suppl. III, S. 64.
die nicht alle seitengleich sind. In diesen Fällen werden die Aus-
gaben anhand der Erscheinungsjahre unterschieden. 5
Sofern die für die Lieder zitierte Quelle nicht identisch ist mit KLEINES LIED

dem Rechtsinhaber, ist dies in den Anmerkungen eigens ange- I BBA 800/06.
zeigt. 2 Vgl. WA 8, S. 34f.
3 Münsterer, 1963, S.77; 1966, S.67.
4 Frisch· Obermeier, S. 104.
LIEDER ZUR KLAMPFE 5 W A Suppl. IV, S. 317.
I Briefe, S. 670.
2 BBA 800. 6
3 Frisch· Obermeier, S. 133. LIED DER GALGENVÖGEL

4 Ebd., s. 101. I BBA 800/07-09.


5 Ebd., S. 107. 2 Vgl. W A 8, S. 35f.
6 Münsterer, 1963, S.99; 1966, S.89f.
7 Erinnerungen an Brecht, S. 20. BERTOLT BRECHTS HAUSPOST:i:LLE (TASCHENPOSTILLE)

8 Münsterer, 1963, S.99; 1966, S.89. 1 Münsterer, 1963, S.99; 1966, S.89f.
9 Hennenberg / Brecht schreibt Lieder, S. 5. 2 Tagebücher 1920-1922, 1975, S.40; 1976, S. 36f.
3 Münsterer, 1963, S.63f.; 1966, S.53.
4 Wagenknecht, S. 21.
EIN BITTERES LIEBESLIED 5 Benjamin, S. 5of.
BBA 800/ 10.
I 6 Briefe, S. 109.
2 Vgl. WA 8, S. 36. 7 Schuhmann/ Untersuchungen zur Lyrik Brechts, S. 33-48.
3 Ebd. 8 Arbeitsjournal, S. 153.
4 Münsterer, 1963, S. II6; 1966, S. 106. 9 Lehmann· Lethen, S. 25 2 f.
5 Vgl. W A Suppl. III, S. 41 f. 10 Weisbach, S. 23f.
II BBA 348/71.
2 1 2. Frisch · Obermeier, S. 1 34.
LIED DER MÜDEN EMPÖRER 13 Hauptmann, S. 193.
I BBA 800/05. 14 Vgl. S. 371
2 Faksimile: Brecht/ Sein Leben in Bildern und Texten, S. 27. 15 BBA 249/51-52.
3 Vgl. WA 8, S. 34. 16 Berlin: Aufbau-Verlag 19 58.
4 Münsterer, 1963, S. 77; 1966, S. 67. 17 Gedichte I, 1960, S. 207; 1961, S. 207. Gedichte VIII, 1965, S. 28
5 Ebd. bis 30; 1969, S. 210f.
6 Schwarz/ Brechts frühe Lyrik, S. 42. 18 Schuhmann/ Untersuchungen zur Lyrik Brechts, S. 25 f.
7 Hagen, S. 240. 19 Frankfurt am Main: Insel 1970 (Faksimile-Ausgabe).
8 Grimm/ Brecht und Nietzsche, S. 242. 20 Vgl. Hennenberg / Brecht schreibt Lieder, S. 6f.
9 W A Suppl. III, S. 32f.
7•8
3 LEGENDE VOM TOTEN SOLDATEN

LIED VON LIEBE 1 Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1926, S.46. Vgl. WA 8, S. 256
I BBA 800/ I 2. bis 259.
2 Vgl. W A Suppl. III, S. 39. 2 Berlin: Propyläen 1927, S. 156.
3 Frisch· Obermeier, S. I 33. 3 Hartung, S. 667.
4 Ebd. 4 Weisbach, S. 1 33.
5 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr.4, S. 357. 5 Aurora 45 = 5 80 25 bzw. Eterna 8 10017.
6 Münsterer, 1963, S. 101; 1966, S. 91.
4 7 Taschenpostille, S. VIII. Vgl. W A 8, S. 171.
BAALS LIED 8 München: Drei Masken 1922, S.96-99.
I BBA 800/04. 9 WA 19, S.422.
2 Faksimile: Brecht/ Sein Leben in Bildern und Texten, S. 27. 10 Tagebücher 1920-1922, 1975, S. 221; 1976, S. 205.
3 Vgl. W A Suppl. III, S. 40. I I WA 8, S.416.

4 BBA 354/II3. 12 Brecht-Chronik, S. 13.


5 BBA 800/13. 13 Riha/ Moritat· Bänkelsong · Protestballade, S. 81f. Vgl. Über
6 BBA 354/113. die bildenden Künste, S. 37f.

487
Anmerkungen

14 Weisbach, S. 125. 5 Münsterer, 1963, S. 174; 1966, S. 161.


15 Bronnen, 1976, S. 29; 1975, S. 25. 6 Taschenpostille, S. VII. Vgl. W A 8, S. 169.
16 Tretjakow, S. 325. 7 Morley, S. 8f.; Frisch • Obermeier, S. 18 3-185.
17 Notowicz, S. 181 8 Schwarz/Brechts frühe Lyrik, S. 173.
18 Reich, S. 297f. 9 Weisstein/ Apfelböck, S. 300.
19 Tagebücher 1920-1922, 1975, S.183; 1976, S.171f. 1o Lethen, S. 56.
20 Hesterberg, S. 108f. 11 Ebd., s. 69.
21 Bemmann, S. 174. 12 Taschenpostille, S.VII. Vgl. WA 8, S.169.
22 Schuhmann/Der Lyriker Bertolt Brecht 1913-1933, 1964, S. 52; 1 3 Ritter, S. 216.
1971, S.71. 14 Schallplatte: Heliodor 33 = 1571010.
23 Hennenberg/ Dessau• Brecht, S. 86.
24 Kaufmann, S. 1 32. 11
25 Riha/ Moritat· Bänkelsong · Protestballade, S. 72-79. BALLADE VON DEN SEERÄUBERN
26 WA 19, S. 397. 1 Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1926, S. 39f.
27 Siebig, S. 1 22. 2 Berlin: Propyläen 1927, S. 149. Vgl. WA 8, S. 22.4-228.
28 Jhering · Petting, S. 68 und Abbildung Nr. 22. 3 Briefe, S. 33.
29 Faksimile: Eislee-Sonderheft 1964, S. 198. 4 Taschenpostille, S. VII, Vgl. WA 8, S. 169f.
30 Grabs/Hanns Eislers Versuche um die Oper, S.624. 5 Weisbach, S. 171.
31 Kowalke, S. 342f. 6 Ebd., S. 176.
32 Weill/Das Berliner Requiem, S.IIIf. 7 Grimm/ Bertolt Brecht und die Weltliteratur, S.61 f.
8 Münsterer, 196 3, S. 86; 1966, S. 75 f.
9 9 WA Suppl. III, S. 107.
DER CHORAL VOM MANNE BAAL 10 Taschenpostille, S. VII. Vgl. W A 8, S. 170.
1 Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1926, S.45. 11 Die Hauspostille/ Manual of Piety, S. 25 2.
2 Briefe, S. 16f. 12 Ebd., s. 302.
3 Schmidt, S.91. 13 Weisbach, S. 157.
4Stückel,1956, S.19-22. Vgl. Gedichte!, 1960, S.125-129 14 BBA 354/91.
(18strophige Fassung). In der Ausgabe der <<Stücke>> im Suhr- 15 Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp.11 2.
kamp Verlag hat der <<Choral» nur 14 Strophen (Stücke I, 195 3, 16 Parmet, S.467.
S. 7-10). Im Vergleich zur 18strophigen Fassung frhlen die 7., 17 Dessau/Notizen zu Noten, S. 52f.
12., 13. und 14. Strophe. 18 Columbia 78 = DW 3037.
5 Gedichte X, 1976, S.122; 1978, S.87. Vgl. WA 8, S.249f. 19 Aurora 45 = 5 80027, auch Eterna 3 3 = 8 10 017.
6 Baal/ Texte· Varianten· Materialien, S. 183. 20 Abschrift vom 9.April 1933 Hilversum- Busch absolvierte dort
7 Baal/ Drei Fassungen, S. 151. Rundfunkaufnahmen - im Archiv Boris Blacher / Musikverlag
8 Baal/Texte· Varianten· Materialien, S. 108. Bote & Bock Berlin (West).
9 Ebd., S. 104.
10 Frisch · Obermeier, S. 18 3. DIE MAHAGONNYGESÄNGE
1 1 Gedichte und Lieder, S. 5. 1 Bronnen, 1976, S.116; 1975, S.112.
1 2 Münsterer, 196 3, S. 84; 1966, S. 74. 2 Erinnerungen an Brecht, S. 39 2.
1 3 Fassmann, S. 21 f. ; Weill/ Schriften, S. 59.
14 WA 8, S.170. 4 Seliger, S. 135-140.
15 WA 17, S.955f. 5 Banholzer, S. 173.
16 Münsterer, 1963, S. 25; 1966, S. 23. 6 Völker, S.425.
17 Frisch • Obermeier, S. 111 f. 7 Sehm, S. 97.
18 Münsterer, 1963, S. 24; 1966, S. 22. 8 Gedichte X, 1976, S. 134; 1978, S. 98.
19 Schmidt, S. 14. 9 Gedichte II, 1960; S. 256; 1961, S. 260.
20 WA 17, S.954. 10 Willett/Brecht und England, S. 22.
21 Schmidt, S. 15-23. II Münsterer, 196 3, S. I7 2f.; 1966, S. 159f.

22 Briefe, S. 32. 12 Gedichte II, 1960, S.204f.; 1961, S.205f.


23 Ebd., S. 883. 13 WA Suppl. III, S. 168f.
24 Baal/ Texte · Varianten · Materialien, S. 1 o 5. 14 BBA 1086/42.
25 Arbeitsjournal, S.43. 1 5 Taschenpostille, S. VIII. Vgl. W A 8, S. 170.
26 WA 17, S. 947. 16 Vgl. S. 371
17 W eill /Schriften, S. 57.
10 18 Universal Edition an Weill am 17. 6. 1930, dessen Antwort
APFELBÖCK ODER DIE LILIE AUF DEM FELDE am 19. 6.
1 Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1926, S. 37. 19 Kowalke, S. 332.
2. W A 8, S. 173-17 5. 20 Wcill/Schriften, S. 57.
3 BBA 2175/02. 21 Vgl. S. 371.
4 Frisch · Obermeier, S. 185. 22 Weill/ Schriften, S. 44.

488
Anmerkungen

12 18
MAHAGONNYGESANG NR. I ERINNERUNG AN DIE MARIE A.
1 Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1926, S.40. Vgl. WA 2, S. 507 I BBA 249/62. Vgl. WA 8, s. 232.
und WA 8, S. 243f. 2 Leipzig/Wien: Adolf Robitschek. Erstmals erwähnt in: <<Hand-
2 Seliger, S. 1 36. buch der musikalischen Literatur>>, Bd. 11 (Anfang 1892 bis
Ende1897). Leipzig: Hofmeister 1900, S.827; dort mit dem
13 Nach weis: << rumänisches Lied>>.
MAHAGONNYGESANG NR. 2 3 Valentin, S. 297f. Titel des Films: <<So ein Theater>> (1934).
1 Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1926, S.41. 4 Riha/ Moritat · Bänkelsong · Protestballade, S. 91 f.
2 Berlin: Propyläen 1926, S.151. Vgl. WA 2, S. 541 f. 5 Reimann, S. 5 8f.
3 Birkenhauer, S. 11 f. 6 Aurora 45 = 5 80025-026.
4 Benjamin, S. 55 f. 7 Ernst-Busch-Archiv, Berlin.
5 Seliger, S. I 38. 8 Schallplatte: Eterna 33 = 8 10 o 17.
9 Zuckmayer, S. 317.
14
10 Schöne, S.491 f.
MAHAGONNYGESANG NR. 3
II Valentin, S. 297f.
1 Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1926, S.42f.
12 Reimann, S. 58.
2Berlin: Propyläen 1927, S.152f. Vgl. WA2, S.558-560 und
13 Tagebuch 1920-1922, 1975, S.129; 1976, S.122f.
WA 8, S. 244-246.
14 Bronnen, 1976, S. 16; 1975, S. 12.
3 Ritter, S. 218.
15 Zuckmayer, S.317.
4 WA 2, S.558.
16 BBA 1087/66-67. Faksimile: Brecht/ Sein Leben in Bildern und

15 Texten, S. 39.
17 BBA 1087/67. Vgl. Brecht/ Sein Leben in Bildern und Texten,
DER MANN-IST-MANN-SONG

1 Berlin: Propyläen 1927, S. 128-135 (<<Der Mann-ist-Mann-Song>>). s. 38, 39.


18 Frisch · Obermeier, S. 91-93. Vgl. <<Die Pflaumenbäume sind
Vgl. WA 8, S. 138-141.
wohl abgehauen», DEFA-Dokumentarfilm von Kurt Tetzlaff,
2 Hauptmann, S. 193.
mit einem Interview der Achtzigjährigen.
3 BBA 819/11.
19 Frisch· Obermeier, S. 93.
4 BBA 249/ 20-23.
20 Schöne, S. 49 3f.
5 BBA 817/94.
21 BBA 828.
6 Vgl. Nr. 53.
22 Meier-Lanz, S. 46.
7 Weill/ Schriften, S. 176.
23 Weisbach, S. 196 und 209.
8 BBA 2209 und 313.
24 Schöne, S. 486.
9 Programmblätter der Berliner Volksbühne III/ H. 5 (Januar
25 Weisbach, S. 186.
1928), Beilage.
26 Schöne, S. 486.
10 Hennenberg/Dessau • Brecht, S. 105f.
27 Archiv Boris Blacher/ Musikverlag Bote & Bock, Berlin (West).
28 Ernst-Busch-Archiv.
BERTOLT BRECHT UND FRANZ S. BRUINIER

1 Altmann, S. 81. 29 Hanns-Eisler-Archiv, C I 87.

2 BBA 229.
30 Lied der Zeit/Eterna 78 = A 126.
31 Aurora 45 = 5 80026 bzw. Eterna 33 = 810017.
3 BBA 249/ 48.

16 19
BARBARA-SONG BALLADE VOM WEIB UND DEM SOLDATEN

1 BBA 249/60. Vgl. WA 2, S.423-425. 1 BBA 249/51. Vgl. WA 8, S. 239f.


2 BBA 122/3. Faksimile: Schumacher/Leben Brechts, S.95. 2 Im Dickicht/ Erstfassung· Materialien, S. 12of.
3 Gedichte X, 1976, S.137; 1978, S.101. 3 Taschenpostille, S. VI.
4 WA 2, S.423-425. 4 Hundert Gedichte, S.73.
5 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 25, S. 387f. 5 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 58, S. 439.
6 Lyon, S. 51.
17 7 Ebd., S. 52f.
Dm SEERÄUBER- jENNY

I BBA 249/59. Vgl. WA 2, S.415-417. 20


2 BBA 249/ 58. ERINNERUNG AN DIE MARIE A.
3 BBA 249/ 54. 1 BBA 249/43-44. Vgl. WA 8, S.232.
4 BBA 249/57. 2 Vgl. Lied Nr. 18.
5 BBA 249/ 5 5-5 6.
6 BBA 249/53. 21
7 WA 2, S.414. BALLADE VON DER RANNA CASH

8 Vgl. Gedichte II, 1960, S. 213f.; 1961, S. 215f. I BBA 249/45. Vgl. WA 8, S.229-231.
9 Münsterer, 1963, S.61; 1966, S. 5of. 2 BBA 249/46-47.

489
Anmerkungen

3 Taschenpostille, S. VII. Vgl. WA 8, S. 169f. 49 Dreigroschenbuch, S. 192.


4 Schuhmann/Der Lyriker Bertolt Brecht 1913-1933, 1964, S.94; 50 Neuausgabe: Eterna 33 = 8 20440.
1971, s. 126. 51 Singermann, S. 68.
5 Schulz, S. 178f.
6 Ebd., S. 184f. 22
7 Wagenknecht, S. 28. DIE MORITAT VOM MACKIE MESSER

8 Schulz, S.193f. 1 Klavierauszug von Norbert Gingold/Revidierte Ausgabe.


9 Ebd., S. 197f. Wien: Universal Edition 1973, S. 7-9.
10 Aurora 45 = 5 80027 bzw. Eterna 33 = 8 10017. 2 Litera 33 = 8 60 238.
11 Schulz, S. 178. 3 Songs Dreigroschenoper / Kiepenheuer; Versuche, H. 3; W A 2,
s. 395f.
ÜIE ÜREIGROSCHENOPER 4 WA 2, S.491.
I Hecht, S. 150. 5 Berlin: Aufbau-Verlag 19 51.
2 Dreigroschenbuch, S. 327. 6 Gedichte X, 1976, S. 136; 1978, S. 100.
3 Aufriebt, S. 52-69. 7 W A 8, S. 338f.
4 Dreigroschenbuch, S. 332. 8 WA Suppl. II, S. 339.
5 Arbeitsjournal, S. I 88; Dreigroschenbuch, S. 330. 9 WA 8, S.338.
6 Ausführliche Beschreibung in: Collected Plays II/ 2, S. 107-123. 10 WA 2, S.497.
7 BBA 2106. 11 Kowalke, S. 339f.
8 Notate 1981, H. 5, S.9. 12 Casparius, S. 291-294.
9 Archiv Theo Mackeben. I 3 Kocks, S. 89-105.

10 Fischetti, S.51-5 3. 14 Vgl. WA 8, S.408-412.


11 Kocks, S. 122. 1 5 Briefe, S. 158.
12 Gedichte X, 1976, S.135f. und 17of.; 1978, S.99 und 131. 16 BBA 249/II.
13 Gedichte X, 1976, S. 170; 1978, S. 100. 17 Diezel, S.59.
14 Briefe, S. 576. 18 Einlage im Regiebuch BBA 2106 vor dem Personenverzeichnis.
I 5 Lcrg-Kill, S. 269f. Faksimile: Brecht/ Sein Leben in Bildern und Texten, S. 76.
16 Briefe, S. 5 8 3· 19 Aufriebt, S.63.
17 BBA 1013/1-52. 20 Dreigroschenbuch, S. 3 33.
18 Briefe, S. 774. 21 Eterna 3 3 = 8 20440. Aufnahme mit Harald Paulsen: Homo-
19 BBA 2106. cord 78 = H 3747.
20 WA 18, S. 100. 22 Archiv Theo Mackeben.
21 w A 1 8, s. 79f. 2 3 Frisch · Obermeier, S. 17 5.
22 Heinsheimer, S. 122-1 27. 24 Parmet, S.467.
23 Weill / Dreigroschenoper, S. IX. 25 Zuckmayer, S. 321.
24 Philharmonia Partituren Nr. 400. 26 Sanders, S.11 3.
25 Weill/Dreigroschenoper, S.IX. 27 Dreigroschenbuch, S. 33 3.
26 Unveröffentlichtes Manuskript. 28 Electrola 78 = EH 301.
27 Kowalke, S. 69. 29 Orchestrola 78 = 2131. Später unter anderem: Litera 33 =
28 Strehler, S. 222 und 224. 8 60 238.
29 Aufriebt, S.57-68; Lenyain: Dreigroschenbuch, S.332-335. 30 Etcrna 3 3 = 8 20 440.
30 Dreigroschenbuch, S. 189.
31 Ebd., S. 335. 23
32 Kowalke, S. 6 5. DIE SEERÄUBER-}ENNY

33 Dreigroschenbuch, S. 189. 1 Klavierauszug von Norbert Gingold/ Revidierte Ausgabe.


34 Ebd. Wien: Universal Edition 1973, S.15-17. Vgl. WA 2, S.415-417.
35 Briefe, S. 241. 2 Gedichte X, 1976, S. 137; 1978, S. 100.
36 Dreigroschenbuch, S. 191. 3 Eterna 3 3 = 8 20 440.
37 Strehler, S. 220. 4 CBS 33 = 66 269, CBS 33 = 66 239.
38 WA 15, S.473. 5 BBA 352/2-3.
39 WA I7, S. 1000. 6 Knopf, S.61 f.
40 Weill/ Schriften, S. 55 f. 7 Vgl. Lied Nr. 17 und den Kommentar dazu, S. 372f.
41 McLean, S.113f. 8 Casparius, S. 308, 346, 386f.
42 Kowalke, S. 114-117. 9 Ebd., S. 386.
43 Dreigroschenbuch, S. 191. 10 CBS 33 = 66 239.
44 WA 15, S.474. 11 Dreigroschenbuch, S. 29 2.
4 5 D reigroschenoper / Textbuch Reclam, S. I 27. 12 Vgl. Lied Nr. 17.
46 Sanders, S. 1 34. 1 3 Orchestrola 7 8 = 21 32.
47 Über Weill, S.42f. 14 Eterna 33 = 8 20 440.
48 WA 17, S.997. 15 Dreigroschenbuch, S. 288.

490
Anmerkungen

16 Parlophon Carl Lindström 78 = B 120 50. 4 BBA 2106/ 89.


17 CBS 33 = 66 269. 5 Strich im Regiebuch BBA 2106.
18 Theatre de Lys, New York 1954. 6 Songs Dreigroschenoper / Kiepenheucr, S. 16.
7 WA 2, S.489.
24 8 WA 15, S.474.
DER KANONEN-SONG 9 BBA 1013/ 28.
1 Ausgabe für Gesang und Klavier. Wien: Universal Edition 1928 10 Kowalke, S. 1 29f.
(Edition Nr. 8847). Vgl. WA 2, S.4r9f.
2 Kurt Weill: Dreigroschenoper. Klavierauszug von Norbert 28
Gingold/Revidierte Ausgabe. Wien: Universal Edition 1973, DIE BALLADE VOM ANGENEHMEN LEBEN

S. I 8-23. 1 Klavierauszug von Norbert Gingold/Revidicrte Ausgabe.


3 Eterna 33 = 8 20440. Wien: Universal Edition 1973, S.48-52. Vgl. WA 2, S.447f.
4 Taschenpostille, S. 28. 2 Erstmals 1949 veröffentlicht in den << Dreigroschenoper>>-Songs,
5 W A 8, s. 1 27 f. Berlin (West): Gebrüder Weiss.
6 W A Suppl. IV, Anmerkungen, S. 14f.; vgl. auch Lyon, S. 8 r f. 3 Zum Beisp!el in den <<Hundert Gedichten>>, 1951. Vgl. Ge-
7 Programmblätter der Berliner Volksbühne. III/H. 5 (Januar dichte II, 1960, S. 227 f.; 1961, S. 229f.
19 28), Beilage. 4 Gedichte X, 1976, S.172; 1978, S.133.
8 BBA 2104. 5 WA 13, S. 1030.
9 WA 2, S.491f. 6 WA 2, S.494f.; zweite und vierte Strophe: Gedichte X, 1976,
10 BBA 249/ 17. s. 171; 1978, s. 132.
11 Bühnenexemplar. Berlin: Felix Bloch Erben. 7 So in Gedichte VI, 1964, S. 2oof., und WA 2, S.494f.
12 Strehler, S. 217f. 8 Siehe S. 378.
9 BBA 522/12.
25 IO Ebd.

BARBARA-SONG 11 Briefe, S.583.


1 Klavierauszug von NorbertGingold/ Revidierte Ausgabe. Wien: 12 Siehe S. 378.
Universal Edition 1973, S. 26-31. Vgl. WA 2., S.42.3-42.5. 1 3 Siehe S. 379.
2 Etcrna 33 = 8 20440 (nur die dritte Strophe), CBS 33 = 66 269. 14 WA 2, S.489.
3 BBA 1014. 15 BBA 2104.
4 CBS 3 3 = 66 269. 16 BBA 2106.
5 Sammlung Kate Kühl. 17 Eterna 33 = 8 20440.
6 Wcill/Dreigroschenoper, S. XII. 18 So auch in dem Potpourri: Electrola 7 8 = EH 30 r.
7 Archiv Theo Mackeben. 19 BBA TB 529.
8 Die erste Seite im Ausstellungskatalog W eill-Lenya.
9 Vgl. Lied Nr. 16 und den Kommentar dazu S. 372. 29
10 Gedichte X, 1976, S. r 37; 1978, S. 101. DAS LIED VON DER UNZULÄNGLICHKEIT

11 Numerierung im Orchestermaterial; in der autographen Parti- MENSCHLICHEN STREBENS


tur: <<Nr. 1 p (Weill/Dreigroschenoper, S. XX). 1 Klavierauszug von Norbert Gingold/ Revidierte Ausgabe.
12 Archiv Theo Mackeben. Wien: Universal Edition 1973, S.59f. Vgl. WA 2, S.465, 467.
13 WA Suppl. II, S. 333. 2 Weill/Drcigroschenoper, S. XVII.
14 Siehe S. 385. 3 Ebd., S. XX.
r 5 Casparius, S. 325. 4 BBA 2106.
16 Neuausgabe: Eterna 3 3 = 8 20440. 5 Berlin: Kiepenheuer 19 29.
17 Orchestrola 78 = 2132. 6 Gedichte X, 1976, S. 138; 1978, S. 102.
7 WA 8, S.16.
26 8 Nündel, S. 94.
DIE BALLADE VON DER SEXUELLEN HÖRIGKEIT 9 Orchestrola 78 = 2132; später u.a. Litera 33 = 860238.
r Klavierauszug von Norbert Gingold/Revidierte Ausgabe. 10 Eterna 33 = 8 20440.
Wien: Universal Edition 1973, S.42-44. VgL WA 2, S.439f. 11 Electrola 78 = EH 301.
2 CBS 33 = 66239.
3 BBA 1014. HAPPY END
4 BBA 2106/42. 1 Hauptmann, S. 245.
5 Wien: Universal Edition Nr.9787. 2 Briefe, S. 146f.
3 Hauptmann, S. 246.
27 4 Aufriebt, S. 8 5-87.
Drn Zm-IÄLTERBALLADE 5 Seliger, S. 154-1 59. Vgl. Paul Wiegler: Figuren. Literarische
I Klavierauszug von Norbert Gingold/Revidierte Ausgabe. Portraits. Leipzig und Weimar: Gustav Kiepenheuer 1979,
Wien: Universal Edition 1973, S.45-47. Vgl. WA 2, S.443f. S. r 53ff. Vgl. Gustavus M yers: Money. Die großen amerikani-
2 CBS 33 = 66 239. schen Vermögen. Frankfurt am Main: Zweitausendeins 1979
3 Wien: Universal Edition Nr. 8848. (Nachdruck der deutschen Erstausgabe 1916).

491
Anmerkungen

6 WA Suppl. II, S. 320-328. 6 Bost (US) 78 = 5019.


7 Gersch, S. I 88. 7 Electrola 78 = EG I 590.
8 Hauptmann, S. 17-26. 8 Gedichte II, 1960, S. 257; 1961, S. 261.
9 Schumacher/ Leben Brechts1 S. 98. 9 Lyon, S.71.
10 Hauptmann, S. 171f. 10 Gedichte X, 1976, S. 74-76; Gedichte IX, 1969, S. 214-216.
I I Engel, S. 83f. 11 Weisstein/ Als wär's ein Stück von Brecht, S. 191.
1 2 Hauptmann, S. 24 5. 12 Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp. U 46f.
1 3 Sie wurde erst 1977 bei Ausgabe der Partitur als Autograph- 13 BBA 488/19-20 = Bühnenmanuskript, Basel: Kurt Rciss.
Faksimile veröffentlicht. 14 WA Suppl. IV, S.355-357.
14 Lotte Lenya im Textheft, S. 8, zum Schallplattenalbum Deutsche 1 5 Lindtberg, S. 120.
Grammophon 33=274015 3. 16 Immer um die Litfaßsäule rum, S. 161-163.
15 Aufriebt, S. 88. 17 Lyon, S.70.
I 6 Hauptmann, S. 1 33-1 35 ; vgl. S. 8of. 18 Siehe S. 371.
17 Briefe, S. 150. 19 Sammlung Kate Kühl.
I 8 Reich, S. 306 und 308. 20 Siehe S. 371.
19 Notowicz, S.193. 21 Immer um die Litfaßsäule rum, S. 161.
2.0 Knopf, S. 86. 22 Bemmann, S. 16 5.
2.1 David Drew im Textheft, S. 14, zum Schallplattenalbum Deutsche 2 3 Brief an den Herausgeber vom 24. Juni 1977.
Grammophon 33 = 2740 15 3. 2.4 Es wurde während der Proben gestrichen; vgl. den Kommentar
22 Ebd. zu Lied Nr. 58, S. 439.
25 Hauptmann, S. 120.
30 2.6 Engel, S. 82.
DER füLBAo-SoNG
1 Ausgabe für Gesang und Klavier. Wien: Universal Edition 1929 34
(Edition Nr.9892). Vgl. WA 8, S. 319-321. DAS LIED VON DER HARTEN Nuss

2 CBS 33 = 66 269 von 195 5; CBS 33 = 88028 von 1974. 1 Klavier-Direktion. Wien: Universal Edition 1958, S.88-92. Vgl.
3 CBS 33 = 88028. Hauptmann, S. 123.
4 Electrola 78 = EG 1569. 2 BBA 902/45.
5 Hauptmann, S. 73f.
6 Knopf, S. 87.
.
3 WA Suppl. III, S. 209, und WA, Suppl. IV, Anmerkungen
s. 17.
7 Anmerkung in der Ausgabe für Gesang und Klavier. 4 BBA 994.
5 Paris 19 34.
31
DER MATROSEN-SONG DAS BERLINER REQUIEM
1 Ausgabe für Gesang und Klavier. Wien: Universal Edition 1929 I Kowalke, S. 7of.
(Edition Nr.9893). Vgl. WA 8, S. 321-324. 2 Weill/Berliner Requiem, S.II.
2 BBA 454/14. 3 Ebd.
3 BBA 902/ 53. 4 Der deutsche Rundfunk 1929, H. 20, S. 613.
4 Die heilige Johanna/ Bühnenfassung · Fragmente · Varianten, 5 W eill / Berliner Requiem, S. III.
s. 159. 6 Textheft, S. 14, zum Schallplattenalbum Deutsche Grammo-
5 Hauptmann, S. 80, 82, 89. phon 33 = 274015 3.
6 Electrola 78 = EG 1590. 7 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 36, S. 402.
8 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 7 · 8, S. 360-362.
32 9 Weill/ Schriften, S. 1 39.
DER SONG VON MANDELAY 10 Ebd., S. 140.
1 Klavier-Direktion. Wien: Universal Edition 1958, S.68-74. Vgl.
WA 8, S. 324f. 35
2 Lyon, S. 106f. DIE BALLADE VOM ER'I'RUNKENEN MÄDCHEN

3 BBA 122/4-7, BBA 2.49/3. 1 Klavierauszug von Karl Heinz Füssl. Wi~n: Universal Edition
4 Wagner, S. I I 1-II6. 1967, S.7-12. Vgl. WA 8, S.252.
5 Electrola 78 = EG 1569. 2 W eill / Berliner Requiem, S. III.
3 Grimm/Karl Klammer, S. 29f.
33 4 Lehmann, S. 1 30.
DAS LIED VOM SURABAYA-jOHNNY 5 BBA 451/3.
1 Ausgabe für Gesang und Klavier. Wien: Universal Edition 1929 6 Schuhmann/Der Lyriker Bertolt Brecht 1913-1933, 1964,
(Edition Nr.9862). Vgl. WA 8, S.325-327. s. 54f.; 1971, s. 75.
2 CBS 33 = 66 26~ von 195 5; CBS 33 = 88028 von 1974. 7 Taschenpostille, S. VIII.
3 Brecht/ Partitur/ Ausgabe für Gesang und Klavier. 8 Zuckmayer, S. 317.
4 Klavier-Direktion/ Lenya. 9 Lehmann, S. 128f.
5 Ausstellungskatalog Weill-Lenya. 10 CBS 33 = 66 269.

492
Anmerkungen

II Wcill/Berliner Requiem, S.IV. 11 Lieder und Kantaten, Bd. 7, Leipzig: Breitkopf & Härte! 1963.

1 2 Lehmann, S. 1 28. 12 Csipak, s. 2.21.


13 WA 15, S.479.
36
14 Ebd.
Zu POTSDAM UNTER DEN EICHEN
1 Wien: Universal Edition 1929 (Edition Nr. 9787), S.11-14, Vgl.
38
WA 9, S.428f.
LOB DES LERNENS
2 Dokumentarfoto im Textheft zur Ernst-Busch-Schallplatte <<Es
1 Bd.1. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1955, S.12.-15. Vgl. WA 2,
kommt der Tag>>, Rote Reihe 8, Aurora 45 = 85 046-047.
S. 857. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig)
3 BBA 9 30/ 26-29.
2 Lieder und Kantaten, Bd. 7. Leipzig: Breitkopf & Härte! 196 3,
4 Weill/Berliner Requiem, S.IV.
S. 58-64.
3 Klavierauszug in: Bertolt Brecht und Hanns Eisler: Lieder· Ge-
AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY
dichte· Chöre. Paris: Edition du Carrefour 1934, Notenanhang.
I BBA 461/61.
4 BBA 2.49/67-71.
2 Vgl. S. 367f.
5 Eterna 78 = 110007 bzw. Nova 33 = 880187.
3 Weill/ Schriften, S. 57. (Hierin ist offenbar die nachträgliche
6 Hanns-Eisler-Archiv 70/7.
Revision von Szenen einbeschlossen.)
7 W A 17, S. rn69.
4 Briefe, S. 1 30.
s WA 2, S.857.
5 Kowalke, S. 49f.
9WA15,S.479.
6 Curjel/Erinnerungen um Kurt Weill, S. 83.
10 Grabs/ Über Berührungspunkte zwischen der Vokal- und der
7 Electrola 78 = EH 736.
Instrumentalmusik Hanns Eislers, S. 118f.
8 Zur Entwicklung des Begriffs siehe S. 366f.
11 Benjamin, S.41.
9 Weill/ Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, Personenver-
12 Eterna 33 = 110007 bzw. Nova 33 = 880187.
zeichnis.
13 Birkenhauer, S.44-5 2.
IO Drew, S. rn3.
14 Knepler, Hanns Eisler und das <<Neue>> in der Musik, S. 159-165.
11 Parmalee, S. 95-rn7.
15 Knepler, Was des Eislers ist, S. 24-30.
12 Weill/ Schriften, S. 57.
13 Ebd.
39
14 WA 17, S. 1004-rn16.
IM GEFÄNGNIS ZU SINGEN
1 5 Ebd., s.1011.
1 Klavierauszug. Berlin: Lied der Zeit 1952, S. 36-40.
16 Weill/ Schriften, S. 59.
2 Lieder und Kantaten, Bd. 7. Leipzig: Breitkopf & Härtel 196 3,
17 Ebd., S. 57.
S. 73-81. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik,
18 Über Weill, S.63f.
Leipzig.)
37 3 W A 2, S. 86 5f.
DENN WIE MAN SICH BETTET, SO LIEGT MAN 4 Die Mutter/Bühnenfassung, S. 52.
1 Nach den Autographen und hinterlassenen Korrekturen des 5 Die Mutter/ Materialien, 1969, S. uo; 1970, S. 123.
Komponisten sowie anderen Quellen revidiert von David Drew. 6 WA Suppl. IV, S. 313f.
Klavierauszug von Norbert Gingold. Wien: Universal Edition 7 Eterna 78 = 1 rnoo9 bzw. Nova 33 = 880187.
1969, S. 226-229. Vgl. WA 2, S. 546.
2 Gedichte II, 1960, S. 209; Gedichte IX, 1969, S. 12f. DIE RUNDKÖPFE UND DIE SPITZKÖPFE

3 BBA 354/87. 1 Mittenzwei, S.151 f.


4 BBA 122/8. 2 Briefe, S. 2.4 I.
5 WA Suppl. III, S. 223. 3 Ebd., S. 203.
6 Weill/ Schriften, S. 59. 4 Knopf, S. 134f.
7 Neuausgabe: Eterna 33 = 8 20 440. 5 WA 15, S.480.
8 CBS 33 = 77 341. 6 Ebd.
7 Ebd.
DIE MUTTER 8 Briefe, S. 206.
1 Die Mutter/ Materialien, 1969, S. 178; 1970, S.194. 9 Klemm, S. I05.
2 WA 2, S.823. 10 Ebd., s. III.
3 WA 17, S. rn71. II WA 17, S. rn92.

4 Ebd., S.1036. 12 Klemm, S.113.


5 WA 2, S.901. 13 W A Suppl. II. S. 646.
6 Hanns-Eisler-Archiv 70/1-5 2.
7 Leipzig: Deutscher Verlag für Musik 1977. Die << Mutter>> ist 40
dort als << Lehrstück>> bezeichnet. DIE BALLADE VOM WASSERRAD
8 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 39, S. 408f. 1 Bd. 1. Leipzig: Breitkopf & Härte! 195 5, S. 1-5. Klavierauszug
9 Die Mutter/Materialien, 1969, S.109-111; 1970, S.121-124. von Erwin Ratz. Vgl. W A 3, S. 1007f. (Rechte bei VEB Deut-
10 Rekonstruktion durch Manfred Grabs; Leipzig: Deutscher Ver- scher Verlag für Musik, Leipzig.)
lag für Musik 1974. 2 Hanns-Eisler-Archiv, 197/1.

493
Anmerkungen

3 Gedichte III, 1961, S. 239f.; 1961, S. 245 f. 14 Ebd., S. 277f.


4 Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag 1951, S. 7f. 15 Grabs/Banns Eislers Versuche um die Oper, S.635.
5 Gedichte X, 1976, S.150; 1978, S.113. 16 Arbeitsjournal, S. 585.
6 Ebd. 17 Briefe, S.471.
7 W A 3, Anmerkungen S. 1. 18 Eisler/ Materialien zu einer Dialektik der Musik, S. 278.
8 Autographe Korrektur in einer Kopistenschrift des Klavier- 19 Petr, S. 219.
auszugs: Hanns-Eisler-Archiv 81/ 38. 20 Eisler / Materialien zu einer Dialektik der Musik, S. 279.
9 Partitur. Berlin: Henschelverlag 1965. Nach dem Autograph: 21 WA 5, S. 1995.
Hanns-Eisler-Archiv 197/ 22-24. 22 Münsterer, 1963, S.111; 1966, S. 100.
10 Hanns-Eisler-Archiv 80/9-10. 23 Schweyk/ Materialien, S. 300.
II WA 17, s. 1086.

1 2 Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp. U 1 29.


43
1 3 Grimm/ Brecht und Nietzsche, S. 139.
DAS LIED VOM WEIB DES NAZISOLDATEN
14 Klaus-Detlef Müller, S. 21.
1 Hanns-Eisler-Archiv 121/1-2; Kopie: 121/79-81. Vgl. W A 5,
15 Grimm/Brecht und Nietzsche, S. 150.
S. 192of. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
16 Betz, S. u8.
2 Hanns-Eisler-Archiv 11 8/ 39-40.
17 Eterna 33 = 8 20 856 bzw. Nova 33 = 8 80039.
3 Lieder und Kantaten, Bd. 8. Leipzig: Breitkopf & Härte! 1964,
18 Eterna 45 = 5 10024.
s. 17-24.
4 Nova 33 = 8 85 064.
41
5 Hanns-Eisler-Archiv 121/ 3.
LIED VON DER BELEBENDEN WIRKUNG DES GELDES
6 Neues Deutschland 1942, Nr. 5 (März).
1 Bd. I. Leipzig: Breitkopf & Härte! 195 5, S. 140-147. Klavier-
7 Arbeitsjournal, S.438.
auszug von Erwin Ratz. Vgl. WA 3, S.981f. (Rechte bei VEB
8 Ebd., S. 7 35.
Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
9 WA 19, S.506.
2 WA 3, S.981.
10 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 21 5.
3 Die Rundköpfe und die Spitzköpfe/Bühnenfassung · Einzel-
11 Briefe, S. 480.
szenen · Varianten, S. 6 5f.
12 Sanders, S.318.
4 WA 17, S. 1093f.
1 3 Arbeitsjournal, S. 568.
5 WA 8, S. 303.
14 Schweyk/ Materialien, S. 265f.
6 Hecht· Bunge· Rülicke-Weiler, S. 54f.
15 Briefe, S.463 und 1040.
7 Briefe, S. 261.
16 Nova 33 = 885064 bzw. 33 = 880098.
8 Eterna 33 = 820856 bzw. Nova 33 = 880039.
17 Eterna 33 = 8 20 6 24 bzw. Nova 33 = 8 8 5 o 37.
9Eterna45=510024 bzw. Nova 33 = 880139.
18 May/Zusammenarbeit mit Banns Eisler, S. 193.
10 May/ Mit meinen Augen, S. 59f.
19 Ebd.

42
DAs <<VIELLEICH'r>>-LIED MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER

1 Bd. I. Leipzig: Breitkopf & Härte! 19 55, S. 99f. Klavierauszug I Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp.I11.
von Erwin Ratz. Vgl. W A 3, S. 1040. (Rechte bei VEB Deut- 2 WA 4, S. 1439.
scher Verlag für Musik, Leipzig.) 3 WA 17, S. 1136.
2 WA 3, S. 1039 f. 4 Ebd.
3 Die Rundköpfe und die Spitzköpfe/Bühnenfassung · Einzel- 5 Brecht im Gespräch, 1975, S. 120; 1977, S. 156.
szenen · Varianten, S. 2 25. 6 Couragemodell 1949, Anmerkungen S.6f. Auch in: Mutter
4 Eb<l., S. 108. Courage/ Materialien I, 1964, S. 12f.; 1968, S. 29.
5 Hanns-Eisler-Archiv 197/76-84. 7 Dessau/ Mutter Courage, Anmerkung zur Orchesterbesetzung.
8 BBA 491/16.
SCHWEYK IM ZWEITEN WELTKRIEG 9 Knopf, S. 192.
1 Sternberg, S. 1 3f. 10 Hennenberg/Dessau · Brecht, S.450.
2 Schwcyk/ Materialien, S. 125-127. 11 Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp. 16f.
3 Brief von Weill an die Universal Edition vom 1. 12. 1929. 12 Briefe, S. 420.
4 Aufriebt, S. 223. 1 3 Arbeitsjournal, S. 183.
5 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 106. 14 Parmet, S.466.
6 Briefe, S.487. 1 5 Arbeitsjournal, S. 188.
7 Collected Plays VII, S. XXI. 16 Briefe, S.427.
8 Faksimile: Schu_macher / Leben Brechts, S. 167. 1 7 Arbeitsjournal, S. 240.

9 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 21 5. 18 Parmet, S.468.


10 Arbeitsjournal, S.573; Eintragung vom 9.Juni 1943. 19 Autograph der Einrichtung für Gesang und Klavier: Basel:
11 Schweyk/ Materialien, S. 155. Kurt Reiss. Kopie im Paul-Burkhard-Archiv, Zell.
1 2 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 21 5. 20 Knopf, S. 192.
1 3 Eisler / Materialien zu einer Dialektik der Musik, S. 277. 21 Siehe S. 365f.

494
Anmerkungen

22 Parmet, S.468. So auch in einem Brief an den Herausgeber 3 Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp. U · DT ·
vom 3 r. ro. 1960. SR 88-92.
23 Lindtberg, S. 120. 4 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 5 2. Auch in: Mutter
24 Parmet, S.467. Courage/ Materialien I, 1964, S. 73; 1968, S. 89.
25 Briefe, S.427. 5 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 30. Auch in: Mutter
26 Dessau/Notizen zu Noten, S.41f. Courage/ Materialien I, 1964, S.44; 1968, S.61.
27 Ebd., S. 52. 6 Ebd.
28 Ebd., S. 5 3. 7 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 31. Auch in: Mutter
29 Ebd., S. 59. Courage/ Materialien I, 1964, S.45; 1968, S.62.
30 WA 17, S.1135. 8 Grimm/Bertolt Brecht - Die Struktur seines Werkes, S. 33.
3 1 Briefe, S. 544. 9 Dessau/Notizen zu Noten, S. 57.
32 De'ssau/ Mutter Courage, Anmerkungen zur Orchesterbeset- 10 W A 9, S. 796.
zung. 11 Schallplatten Eterna 78 = 110003 bzw. 45 = 410098, Litera 3;
3 3 Dessau/Notizen zu Noten, S. 59. = 8 60 l 23.
12 Nova 33 = 885 IOI.
44 1 3 Vgl. Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp. 99f.
LIED DER MUTTER COURAGE

1 W'eimar: Thüringer Volksverlag 1949, S.4-6. Klavierauszug. 46


Z weite Ausgabe: Sieben Lieder, Berlin: Lied der Zeit 1949, LIED DES PFEIFENPIETER

S. 4-6. Vgl. WA 4, S. I 350, 1409, 1421, 1438. (Rechte bei 1 Mutter Courage/ Bühnenfassung, S. 21 f.
VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag, Leipzig.) 2 Eterna 76 = I rnoo3 bzw. 45 = 4 10097.
2 Mutter Courage/ Historisch-kritische Ausgabe, Sp. U 5. 3 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 19. Auch in: Mutter
3 Ebd., Sp. U172. Courage/ Materialien I, 1964, S. 29f.; 1968, S.47.
4 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 39. Auch in: Mutter 4 Wekwerth, S. 84.
Courage/Materialien!, 1964, S.56; 1968, S.72. 5 Vgl. Lied Nr. 33.
5 WA 4, S. 1409. Ursprüngliche Fassung: WA 4, S. 1442f. 6 W A 4, S. 1 37of.
6 Heliodor 33 = 2571010. 7 Brecht im Gespräch, 1975, S.120; 1977 S.q5.
7 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 39. Auch in: Mutter 8 Ernst-Busch-Archiv, Berlin.
Courage/ Materialien I, 1964, S. 5 5; 1968, S. 73. 9 Gedichte X, 1976, S. 161; 1978, S. 122.
8 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 39. Auch in: Mutter 10 Dessau/Notizen zu Noten, S. 5 3.
Courage/ Materialien I, 1964, S. 56; 1968, S. 7 2.
9 Im Gegensatz zur Werkausgabe: WA 4, S.1421. DER GUTE MENSCH VON SEZUAN

10 WA 4, Anmerkungen S. 1. I Briefe, S. 5 29.


11 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. IO. Auch in: Mutter 2 Knopf, S. 206.
Courage/Materialien!, 1964, S.18; 1968, S.35. 3 WA 4, Anmerkungen S. 2.
12 Mutter Courage/ Bühnenfassung, S. 7. 4 Tatlow, S.44-47.
I 3 W A 4, S. 14 38. 5 Brecht/Bestandsverzeichnis I, S. 331, Nr. 3755.
14 Couragemodell 1949, Anmerkungen S. 54. Auch in: Mutter 6 Arbeitsjournal, S. 45.
Courage/ Materialien I, 1964, S. 76; 1968, S. 93. 7 Knopf, S. 210.
15 Mutter Courage/ Materialien I, 1964, S. 110; 1968, S. 116. 8 Arbeitsjournal, S. 23 3.
16 Mutter Courage/Historisch-kritische Ausgabe, Sp. 112. Vgl. 9 Ebd., S. 234.
auch den Kommentar zu Lied Nr.11, S. 365 f. 10 Dessau/Notizen zu Noten, S. 60.
17 Parmet, S.467. 11 Arbeitsjournal, S.645. Vgl. Lyon, Brecht in America, S. 113

1 8 Dessau/ Notizen zu Noten, S. 4 2. und 121.


19 Ebd., S. 53. 1 2 Dessau/ Der gute Mensch von Sezuan, Ausführungshinweise.
20 Hennenberg/ Dessau · Brecht, S. 225-228. 13 Ebd.
:2.1 Ebd., S. 226.
22 Couragemodell 1949, Anmerkungen, S.11. Auch in: Mutter 47
Courage/ Materialien I, 1964, S.19; 1968, S. 36. DAS LIED VOM RAUCH

23 Eterna 78 = 1 10002 bzw. 45 = 4 rno97, Litera 33 = 8 60 122. I Berlin: Henschelverlag 2 1963, S.82. Vgl. WA4, S.1507f.
24 Nova 33 = 8 85 101. 2 Faksimile: Sinn und Form. Zweites Sonderheft Bertolt Brecht.
.2.5 Eterna 78 = 1 10005 bzw. 45 = 410097, Litera 33 = 8 6o 124. Berlin: Rütten & Loening 1957, S. 344f.
3 Der gute Mensch von Sezuan/Materialien I, 1968, S.49; 1969,
45 s. 52.
LIED VON DER GROSSEN KAPITULATION 4 WA 8, S.90.
1 Weimar: Thüringer Volksverlag 1949, S. 31 f. Klavierauszug. 5 Grimm/Brecht und Nietzsche, S. 186.
Zweite Ausgabe: Sieben Lieder. Berlin: Lied der Zeit 1949, 6 Knopf, S. 202.
S. 31f. Vgl. W A 4, S. 1 394-1 396. (Rechte bei VEB Friedrich 7 Dessau/Der gute Mensch von Sezuan, Ausführungshinweise.
Hofmeister Musikverlag, Leipzig.)
.2 Eterna 78 = 110003 bzw. 45 = 110098, Litera 33 = 860123.

495
Anmerkungen

48 4 Berlin: Propyläen.
DAS LIED VOM SANKT NIMMERLEINSTAG 5 Hennenberg/Dessau · Brecht, S. 238f.
1 Berlin: Henschelverlag 2 1963, S. 87f. Vgl. WA 4, S. 1562.f. 6 Im Besitz des Herausgebers.
2 Dessau/Der gute Mensch von Sezuan, Ausführungshinweise.
52
49 DAS LIED VOM FLUSS DER DINGE

LIED VOM ACHTEN ELEFANTEN 1 Berlin:Henschelverlag 2 1963,S.99.Vgl.WA 1,S. 320,338, 345[.,


1 Berlin: Henschelverlag 2 1963, S.89-91. Vgl. WA4, S.1582f. 349.
2 Dessau/Der gute Mensch von Sezuan, Ausführungshinweise. 2 WA 17, S.981.
3 Arbeitsjournal, S. 234. 3 Gedichte X, 1976, S.133; 1978, S.96.
4 Knopf, S.211. 4 Gedichte II, 1960, S. 188-190; 1961, S. 189-191.
5 Lyon, S. u6f.
6 Leibowitz, S. 44. 53
7 Dessau/ Der gute Mensch von Sezuan, Ausführungshinweise. DER MANN-IST-MANN-SONG

1 Berlin: Henschelverlag 2 1963, S.99-101.


HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI 2 Dessau/ Mann ist Mann, S. 31.
1WA4,S.1610. 3 Vgl. Nr.15.
2 Deschner, S. 87-106.
3 Semrau. S. 2.33. DER KAUKASISCHE KREIDEKREIS

4 Ebd., S.55. 1 Weber, S. I 8.


5 Knopf, S. 12 5. 2 Ebd., S. 29.
6 Briefe, S. 7 36. 3 WA 17, S.1204.
7 Ebd., S. 460. 4 WA 17, S. 12.07, mit Angaben über die empfohlenen Varianten.
5 Briefe, S.494.
50 6 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 69.
DAS LIED VOM FÖRSTER UND DER SCHÖNEN GRÄFIN 7 Knopf, S. 2.5 8.
I Dessau/ Puntila, S. 35f., und in: Theaterarbeit. Sechs Auffüh- 8 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 69.
rungen des Berliner Ensembles. Dresden: VVV Dresdner Ver- 9 Grabs/Hanns Eislers Versuche um die Oper, S.627.
lag 195 2., S. 17 (2., erweiterte Auflage: Berlin: Henschelverlag 10 Briefe, S. 686.
196~;dass.: Frankfurt: Suhrkamp 1962). Vgl. WA4, S.1694. II BBA 913/48.
2. Versuche, H. 10, S. 88. 12 Dessau/Notizen zu Noten, S. 75.
3 BBA 1950/ 2. 1 3 BBA I 28/8.
4 Gedichte X, 1976, S.163; 1978, S.124. I 4 Gespräch zwischen Paul Dessau und Hans Bunge am 30. Sep-

5 WA9, S.8o8f. tember 195 8, S. 20.


6 Eterna 33 = 7 10006. 15 Ebd.
7 Eterna 33 = 820624 bzw. Nova 33=885101. 16 BBA 231/18.
17 Gespräch zwischen Paul Dessau und Hans Bunge am 30. Sep-
MANN IST MANN tember 19 58, S. 20.
1 BBA 313/125. 18 WA 17, S.1207.
2 WA 17, S.951. 19 Dessau/Notizen zu Noten, S. 75.
3 WA 17, S.987f. 20 Ebd., S.75f.
4 Briefe, S. 714. 21 Ebd., S.80-82.
5 WA Suppl. IV, Anmerkungen S. 19; Mann ist Mann/ Materia- 22 Briefe, S.739.
lien, S. 24 7 f. 23 Dessau/Notizen zu Noten, S. 75-77.
6 Siehe S. 370. 24 Hennenberg/Dessau · Brecht, S. 329-337, 343-348, 366-370.
7 Programmblätter der Berliner Volksbühne. III/ H. 5 (Januar 25 Ebd., S. 378-381.
1928), Beilage. 26 Kulisiewicz, Tadeusz: Zeichnungen zur Inszenierung des Berli-
8 Briefe, S. 1 52. ner Ensembles. Bertolt Brecht: Der kaukasische Kreidekreis.
9 BBA 1241. Berlin: Henschelverlag 19 56.
IO BBA I 241/02..
II WA 15, S.472. 54
1 2 Vgl. Rollenbuch Theo Lingen. BBA 1243/ 57 und 59. VIER GENERÄLE ZOGEN NACH lRAN

13 Dessau/Notizen zu Noten, S.72. 1 Berlin: Henschelverlag 2 1963, S.63-65. Vgl. WA 5, S.2026f.


14 Ebd. 2WA17,S.1210.
3 Weber, S. 8of.
51 4 Etema 33 = 8 20624 bzw. Nova 33 = 8 85 101.
DER SONG VON WITWE BEGBICKS TRINKSALON

1 Berlin: Henschelverlag 2 1963, S.95f. Vgl. WA 1, S. 31of.


2. Ausführungshinweise im Manuskript.

3 Lyon, S. 94.

496
Anmerkungen

55 59
LIED AUF DEN AZDAK SOLIDARITÄTSLIED

1 Berlin: Henschelverlag 2 1963, S. 71. 1 Bd. 2. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1956, S.124f. Vgl. WA 8,
2 Hauptmann, S. 182-184. s. 369f.
3 w A l 7' s. l 20 8. 2 Wien: Universal Edition 1932. Neudruck 1945.
3 << Illustrierte Rote Post>>, Berlin, I/ Nr. 10 (Dezember 19 3 r), S. 6
PAUKEN UND TROMPETEN 4 Faksimile des Titelblatts: Schebera, S. 26.
1 Grimm/Bertolt Brecht und die Weltliteratur, S.49f. 5 Hanns-Eisler-Archiv 204/17-22.
2 Siehe S. 482. 6 Hanns-Eisler-Archiv 204/ 11.
3 Medek, S. 35f. 7 Lied der Zeit 78 = 103.
4 Dieckmann/ Komponisten am Berliner Ensemble, S. 266. 8 Hanns-Eisler-Archiv D 10/ 1 5.
5 Medek, S. 36f. 9 Grabs/Über Berührungspunkte zwischen der Vokal- und der
6 Dieckrnann / Deutsche Oper unterm Faschismus, S. 24. Instrumentalmusik Hanns Eislers, S. 117.
7 Eterna 3 3 = 7 10001 bzw. Nova 3 3 = 8 85 II 8. 10 Kuhle Wampe, 1971, S.111.
8 Medek, S. 36. 11 WA 11, S. 37of.
12 Notate 1979, H. 6, S. 7.
56 13 So auch in Gedichte X, 1976, S. 42f.; 1978, S. 5of.
LIED DER MELINDA 14 Vgl.: Das Lied - im Kampf geboren, H. 9: Lieder der deutschen
1 Leipzig/Dresden: Edition Peters 1980, S.6f. Vgl. WA6, Turn- und Sportbewegung. Leipzig: Friedrich Hofmeister 1966,
S.2632. s. 55f.
2 Archiv Rudolf Wagner-Regeny / Akademie der Künste der 15 BBA 815/5-6.
DDR. 16 Notowicz, S. 229f.
3 Eterna 33 = 710001 bzw. Nova 33=885118. 17 Grabs/Hanns Eisler, S. 18.
r 8 Inge Lammel im Textheft zu <<Vorwärts und nicht vergessen -
57 Musik der Arbeiterbewegung in 'Dokumentaraufnahmen >>,
LIED DER KOMPANIE Eterna 33 = 8 1005 2.
1 Leipzig/Dresden: Edition Peters 1980, S.3of. Vgl. WA6, 19 W A Suppl. I, S. 162f. und 166f.
s. 2687. 20 WA 19, S.405.
2 Eterna 33 = 710001 bzw. Nova 33 = 885118. 21 BBA l 251/42.
22 BBA rn5/15, BBA99/50. Vgl. auch Lerg-Kill, S.241f.
58 23 BBA 1415/27-28.
BALLADE VOM SOLDATEN 24 WA 8, S. 369f.
1 Bd.1. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1955, S.87-91. Vgl. WA 8, 25 Aurora 45 = 5 80027-028.
S. 239f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) 26 Gedichte X, 1976, S. 4 2f.; 197 8, S. 11 2.
2 Eine Seite im Faksimile bei: Grabs/Hanns Eisler, Bilddoku- 27 Notate 1979, H. 6, S. 7.
mente Nr. 32. 28 Siebig, S. 1o 5.
3 Hanns-Eisler-Archiv 131/ 25-36. 29 1. Auflage, Madrid 1937.
4 Taschenpostille, S. 25. 30 Eisler/Gespräche mit Hans Bunge, S.93.
5 Schallplattenaufnahme um 1930 mit Ernst Busch. 31 Eisler/ Schriften 1924-1948, S. 339.
6 Urfassung<< Mutter Courage und ihre Kinder>>. 32 Ebd., S. 257.
7 W A 8, S. 239. 33 Knepler / Hanns Eisler und das <<Neue>> in der Musik, S. 155-1
8 Von Eisler offenbar bei Herausgabe der «Lieder und Kantaten>> und 173.
in Anspielung auf die<< Schlacht an der Wolga>> aktualisiert. 34 Elsner / Zur vokalsolistischen Vortragsweise der Kampfmusik
9 Taschenpostille, S. 32. Hanns Eislers, S. 50 und 61-63.
10 WA 8, S.240. 35 Brinkmann, S.11-16.
II Siehe S. 375. 36 Fladt, S. 167-171.
1 2 Bctz, S. 90. 37 Lombardi, S. 69-75.
1 3 Hanns-Eisler-Archiv 217/91. 38 Eisler/ Schriften 1924-1948, S. 336-339.
14 Akademie der Künste der DDR/Rep. 01, III. 46a. Nr. I. 39 Elsner/ Zur vokalsolistischen Vortragsweise der Kampfmusik
15 Siehe S. 418f. Hanns Eislers, S. 6 3f.
16 Eisler/Schriften 1924-1948, S. 373. 40 Hennenberg/ Zur Dialektik des Schließens in Liedern von
17 In der Kopie Hanns-Eisler-Archiv 135/3 heißt es: <<marciale>>. Hanns Eisler, S. 194 und 225 f.
18 Gloria Carl Lindström G.0. 78 = 10451. 41 <<Vorwärts und nicht vergessen>>/ Eterna 33 = 8 1005 2.
19 Aurora 45 = 5 80025 bzw. Eterna 33 = 8 rno17. 42 Gloria Carl Lindström G.O. 78 = 10 294a.
20 Kranz, S. 94-99. 43 Lied der Zeit 78 = 103.
44 Siehe S. 440.
45 Lied der Zeit 78 = 121.
46 Aurora45 = 580028,Eterna 33 = 810017,Nova 33 = 885004
Litera 33 = 860187.
47 Hanns-Eisler-Archiv 204/ 11.

497
Anmerkungen

60 63
FALLADAH, DIE DU HANGEST
Ü lcH HAB DICH AUSGETRAGEN

1 Bd. 2. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1956, S. 28-31. Vgl. WA 8, I Bd. 1. Leipzig: Breitkopf & Härte! 1955, S. 104f. Vgl. WA 9,
S.61f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) S.431f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
2 Nielsen, S. 276. Zitiert in dem Ernst-Busch-Schallplattenalbum 2 Lieder· Gedichte· Chöre, Notenanhang.
45 = 5 80025-026. 3 Grabs/Über Berührungspunkte zwischen der Vokal- und der
3 Gedichte VIII, 1965, S. 102-104; 1969, S.95-97. Instrumentalmusik Banns Eislers, S. I 18f.
4 Veröffentlicht in der <<Weltbühne>> XXIX, 1933, Nr. 3 vom 4 Eterna 33 = 8 20624, Nova 33 = 8 85 037, Litera 33 = 8 60 I 87.
17.Januar.
5 Gedichte VIII, 196 5, S. 220; 1969, S. 21 3, und Gedichte X, 1976, 64
S.180; 1978, S.137. WA Suppl. III, S.262-264. MEIN SOI--IN, WAS IMMER AUCH AUS DIR WERDE

6 Brockhaus, S. 54. I Bd. I. Leipzig: Breitkopf & Härtel 195 5, S. 106-109. Vgl. WA 9,
7 Aurora 45 = 5 80026, Eterna 33= 810017, Litera 33 = 860187 S. 43 2f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
8 Eterna 33 = 825797, Nova 33 = 885037. Über eine von Brecht angeregte Vertonung Paul Dessaus vgl.
9 Lied der Zeit 78 = 106. Lyon, Brecht in America, S. 208.
- IO Nova 3 3 = 8 80 187. 2 Lieder· Gedichte· Chöre, Notenanhang.
3 Eterna 33 = 860624, Nova 33 = 885037, Litera 33 = 860187.
VIER WIEGENLIEDER FÜR ARBEITERMÜTTER 4 Kranz, S. 105.
1 WA 9, S.430-433. 5 Ebd., S. 107.
2 WA 19, S.423. 6 Ebd.
3 Faksimile: Brecht/ Sein Leben in Bildern und Texten, S.115. 7 Jaldati, S. 192.
4 Paris: Edition du Carrefour. 8 Ebd.
5 Briefe, S. 173. 9 Ebd.
6 Brecht/ Sein Leben in Bildern und Texten, S. II 5.
7 Knepler/Erinnerungen an Banns Eisler, S.48. 65
8 Riege, S. 737. DIE BALLADE VOM BAUM UND DEN ÄSTEN

9 Knepler/Erinnerungen an Banns Eisler, S.47. 1 Paris: Edition du Carrefour 1934, Notenanhang. Vgl. WA 9,
10 Elsner/ Zur vokalsolistischen Vortragsweise der Kampfmusik S.452f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
Banns Eislers, S. 1 I 6. 2 Autograph: Hanns-Eisler-Archiv 212/6-12, als<< Grammophon-
II <(Wiegenlieder für proletarische Mütter>>, Hanns-Eisler-Archiv partitur>> bezeichnet.
213/2-9. 3 Hanns-Eisler-Archiv 212/13-17 und 212/22-23.
12 Nova 33 = 885037. 4 Bd. 5. Leipzig: Breitkopf & Härtel 196 3.
13 Eterna 33 = 8 20624. 5 Vorlage: Hanns-Eisler-Archiv 146/4;-44.
14 Lied der Zeit 78 = 114-115. Neuauflage Nova 33 = 880187. 6 Aurora 45 = 5 80028 bzw. Eterna 3 3 = 810017.

61 66
ALS ICH DICH IN MEINEM LEIB TRUG DAS EINHEITSFRONTLIED

1 Bd. 1. Leipzig: Breitkopf & Härtel 195 5, S. 1oof. Vgl. WA 9, I Bd.1. Leipzig: Breitkopf & Härte! 1955, S.178f. Vgl. WA 9,
S.43of. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) S. 65 2f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
2 Lieder · Gedichte · Chöre, Notenanhang. 2 Partitur in: Hanns Eisler: Sieben Lieder für Massengesang.
3 Gespräch zwischen Paul Dessau und Hans Bunge am 30. Sep- Berlin: Lied der Zeit 1949, S.40-46.
tember 195 8, S. 5. 3 Partitur, Chorpartitur und Stimmen. Berlin: Lied der Zeit 1949.
4 Dessau/Notizen zu Noten, S. 50. 4 Lied der Zeit 78 = 103.
5 Jaldati, S. 192. 5 Hanns-Eisler-Archiv D 10/14.
6 Eterna 33 = 820624, Nova 33 = 8„85037, Litera 33 = 860187. 6 Herausgegeben von Ernst Busch. Madrid 1937, S. 85.
7 Jaldati, S. 192. 7 Hundert Gedichte; WA 9, S. 65 2f.
8 Hanns-Eisler-Archiv 147 / 26-27.
62 9 Hanns-Eisler-Archiv 210/44.
ALS ICH DICH GEBAR 10 Klemm, S. 105.
I Bd.1. Leipzig: Breitkopf & Härte! 1955, S.102f. Vgl. WA9, I I Ebd.

S.430. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) I 2 Ebd., s. 104.
2 Lieder· Gedichte· Chöre, Notenanhang. 13 Ebd., s. 105.
3 Knepler / Erinnerungen an Banns Eisler, S. 4 7. 14 Briefe, S. 225.
4 Eterna 33 = 820624, Nova 33 = 885037, Litera 33 = 860187. 15 Willett/Brecht und England, S. 23.
5 Jaldati, S. 19 2. 16 Den Nachforschungen von Jürgen Schebera zufolge.
6 Ebd. 17 Grabs/Notizen aus dem Hanns-Eisler-Archiv, S. 5 33.
7 Knepler/Erinnerungen an Hanns Eisler, S.47f. I 8 Eisler/ Schriften 1924-1948, S.510.
19 Eisler/Reden und Aufsätze, S. 131.
20 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 32 5f.
2.1 BBA 454/81.

498
Anmerkungen

22 Heister, S. 174. KINDERLIEDER

23 Grabs/ Über Berührungspunkte zwischen der Vokal- und der r Tagebücher 1920-1922, 1975, S. 24; 1976, S. 20.
Instrumentalmusik Hanns Eislcrs, S. 123 f. 2 Banholzer, S. 132.
24 Ebd., s. I 22f. 3 Eisler/ Schriften 1924-1948, S. 377.
25 Eisler/ Gespräche mit Hans Bunge, S. 93.
26 Arbeitsjournal, S. 883. 69
27 Eisler/Gcspräche mit Hans Bunge, S.91. MurTER BEIMLEIN

28 Grabs/ Hanns Eisler, S. 25. 1 Bd.2. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1957, S.48. Vgl. WA 8,
29 Eisler-Sonderheft 1964, S. 202. S. 156. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
30 Discos de las Brigadas Internacionales Espafia Nr. 6903. Einern 2 Litera 33 = 865 213 bzw. Helidor 33 = 2571010.
Aufkleber zufolge wurde diese Platte während eines im Hinter- 3 Grabs/ Hanns Eisler, S. 38.
grund hörbaren Bombardements aufgenommen. 4 Eterna 33 = 8 25 797.
31 Lied der Zeit 78 = 103. 5 Nova 33 = 885091.
32 Lied der Zeit 78 = 121. 6 Eterna 45 = 5 10024 bzw. Nova 33 = 8 80 I 39.
33 Eterna 33 = 810017, Nova 33 = 8 85 004. 7 Hanns-Eisler-Archiv C 15 8.
34 Etcrna 45 = 5 80021. 8 Eterna 33 = 8 25 797·
9 Litera 33 = 8 6 5 21 3 bzw. Heliodor 2 57 1010.
67
RESOLUTION 70
I Bd.6.Leipzig: Breitkopf &Härtcl 1962,S. 28. Text von 3 Strophen ßETTELLIED

imAnhang.(Rechte beiVEB Deutscher Verlagfür Musik, Leipzig.) 1 Bd. 1. Leipzig: Breitkopf & Härtel 195 5, S. 56f. (R.echtc bei
2 Ernst-Busch-Archiv. VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
3 WA9, S.653-655. 2 WA 9, S.646f.
4 Hanns-Eisler-Archiv 142/46. 3 Eisler GW 1/ 10, S.211.
5 Canciones de Guerra de las Brigadas Internacionalcs. Heraus- 4 Eisler/ Schriften 1924-1948, S. 378.
gegeben von Ernst Busch. Madrid 1937, S. 8of. 5 Ebd.
6 Kopistenhandschrift Hanns-Eisler-Archiv 15 8/8. 6 Csipak, S. 340.
7 Hanns-Eislcr-Archiv 212/49.
8 Hanns-Eislcr-Archiv 142/46. AN DIE NACHGEBORENEN

9 Hanns-Eisler-Archiv 142/44-45. 1 Eisler/Gespräche mit Hans Bunge, S. 143.


10 Hanns-Eisler-Archiv 214/47-48. 2 Ebd.
I1 Hanns-Eisler-Archiv 142/46. 3 Mennemeier, S. 59.
1 2 Vgl. den Kommentar zum<< Einheitsfrontlied>>, Nr. 66, S. 448 bis 4 Frisch, S. 225 f.
450. 5 Litera 33 = 860238.
13 Bestandsverzeichnis II, S.428, Nr. 8964f. 6 Wien: Universal Edition 1945. Leipzig: Collcction Litolff 195 2.
14 Eisler/ Gespräche mit Hans Bunge, S. 325 f. 7 Beiheft zu der Tonbandkassette Eterna 3 MK 099 33-3 5, S. 24.
1 5 Knopf, S. 28 8. 8 Eislcr/ Gespräche mit Hans Bunge, S. 147 f.
16 Briefe, S. 593f. 9 Eisler GW I/ 16, S. 260.
17 Eb<l., S.601. 10 Eiskr/Gespräche mit Hans Bunge, S. 148.
18 Ebd., S. 597. 11 Ebd.
19 Brecht im Gespräch, 1975, S. 114; 1977, S.63f. 12 Schneider I, S. 110-132 und 150-159; zur Textgeschichte II,
20 Tagebücher 1920-1922, 1975, S. 238; 1976, S. 217f. S. 364-373 und 380-383.
21 BBA 454/46.
22 WA Suppl. III, S. 23 I. 71
ELEGIE 1939
68 1 Eisler GW I/16, S.60--63. Vgl. WA 9, S.722f. (Rechte bei
BALLADE VON DER<< juDENHUREl) MARIE SANDERS VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
1 Bd. 2. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1957, S. 35-37. (Rechte bei 2 Eisler GW I/16, S. 22of.
VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) 3 BBA 75/88.
2 Hanns-Eisler-Archiv 142/1-2.
3 Eterna 33 = 820624 bzw. Nova 33 = 885037. 72
4 Svendborger Gedichte, S. 16. ELEGIE I
5 WA 9, S.642. 1 Eisler GW I/16, S.45-48. Vgl. WA 9, S.723f.
6 Willctt/ The Poet Beneath the Skin, S. 96f. 2 Eisler/Gespräche mit Hans Bunge, S.143.
7 Gespräch zwischen Paul Dessau und Hans Bunge am 30. Sep- 3 Leipzig: Breitkopf & Härtel 19 55.
tember 195 8, S. 13. 4 Nach Grabs in: Eisler GW I/10, S. 217.
8 BBA 602/71-78. 5 WA 19, S.430.
9 Arbeitsjournal, S. 692. 6 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 146f.
10 Grabs/Hanns Eislcr, S.40. 7 Eisler GW I/16, S. 217.
11 Eterna 33 = 820624, Nova 33 = 885037. 8 Eisler/ Gespräche mit Hans Bunge, S. 144.

499
Anmerkungen

9 Ebd., S. 146. 78
10 Ebd., S. 147. DER KIRSCH.DIEB

I Eisler GW I/16, S.93f. Vgl. WA 9, S.816. (Rechte bei YEB


73 Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
ELEGIE II: AN DIE ÜBERLEBENDEN 2 Engberg, S. 7 8.
1 Eisler GW I/16, S.48-50. Vgl. WA 9, S.724f. 3 Tagebücher 1920-1922, 1975, S.65; 1976, S.61.
2 Grabs/ Hanns Eisler, S. 36. 4 Arbeitsjournal, S. 497.
3 Zur Datierung vgl. <<Elegie!>>, Nr.72, S.456f. 5 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 296.
4 Eislcr GW I/16, S. 217. 6 überliefert im Handexemplar von Asriel. Eine Seite im Faksi-
mile bei G1--abs/Hanns Eisler, Beispiele, Nr. 36.
74 7 Eisler GW I/16, S. 229.
AN DIE NACHGEBORENEN I
I Eisler GW I/16, S. 196-198. Vgl. WA 9, S.723f. 79
2 Aurora 33 = 8 1 5 100. HOTELZIMMER 19 4 2
3 Eislcr / Gespräche mit Hans Bunge, S. 147. 1 Eisler GW I/16, S.95f. Vgl. WA 9, S.818f. (Rechte bei VEB
Deutscher V erlag für Musik, Leipzig.)
75
2 Schwarz/ Lyrik und Zeitgeschichte, S. 7 3f.
AN DIE NACHGEBORENEN II
3 Eisler GW l/16, S. 225.
1 Eisler GWI/16, S.199-201. Vgl. WA9, S.724f.
4 Eislcr / Gespräche mit Hans Bunge, S. 177.
2 Aurora 33=815100.
5 Nova 33 = 8 80 1 39.
6 Eisler GW I/16, S. 230.
HOLI,YWOODER LIEDERBUCH

1 Eislcr GW I/16, S. 262.


80
2 Eisler/ Gespräche mit Hans Bunge, S. 296-299.
VOM SPRENGEN DES GARTENS
3 Ratz, S.114.
1 Eisler GW I/16, S.151f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag
4 Nova 33 = 885 209 und 33 = 885140.
für Musik, Leipzig.)
5 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 4 5.
2 WA 10, S.861.
6 Ratz, S.114.
3 Arbeitsjournal, S. 5 33.
7 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 44.
4 BBA 105/ 39.
8 Arbeitsjournal, S. 5 24.
5 Eisler GW I/16, S. 246.
9 Ebd., S.497.
6 Grabs/ Interview mit Interpreten, S. 17 4.
10 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 66.
II Arbeitsjournal, S.497.
7 Eterna 45 = 5 10010 bzw. Nova 33 = 8801 39.
8 Eisler GW I/ 16, S. 246.
1 2 Ratz, S. 114.
9 Grabs/Interview mit Interpreten, S. 174.
1 3 Arbeitsjournal, S. 524.
10Bei einem Mitschnitt (Eterna 33 = 8 80 207) ist Eisler an dieser
14 Eisler/Schriften 1924-1948, S.407.
Stelle nicht langsamer, aber spürbar leiser.
15 Adorno · Eisler, S. 69f.
16 Ebd., s. 125.
81
17 Ebd., S. 126.
Drn HEIMKEHR
18 Ebd., s. 70.
1 Eislcr GW I/16, S.153. Vgl. WA 10, S.858. (Rechte bei VEB
19 Betz, S. 166.
Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
20 Eisler GW I/ 16, S.241.
2 BBA 105/1 2.

76 3 Arbeitsjournal, S. 603.
AN DEN KLEINEN RADIOAPPARAT 4 Eislcr GW 1/ 16, S. 261.

I Eisler GW I/16, S. 78. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für


Musik, Leipzig.) NEUE KINDERLIEDER

2 WA9, S.819. 1 Arbeitsjournal, S. 928.


3 Arbeitsjournal, S. rco. 2 Eisler / Gespräche mit Hans Bunge, S. 3 3.
4 Nova 33 = 8 80 1 39. 3 WA 10, S. 970-978.
5 Eisler GW I/16, S. 224. 4 Versuche, Sonderheft 195 3, S. 5 1-5 8.
6 Ebd. 5 Arbeitsjournal, S. 406.

7 Ebd. 6 Ebd., S. 9 28.


7 Schuhmann/ Untersuchungen zur Lyrik Brechts, S. 95-97.
77 8 Eisler / Materialien zu einer Dialektik der Musik, S. 208.
ÜBER DEN SELBSTMORD 9 Eisler / Zwei Briefe an Bertolt Brecht, S. 15.
1 Eisler GW I/16, S. 86. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für
Musik, Leipzig.)
2 W A 4, s. I 524.
3 Eisler GW I/16, S. 227.
4 Grabs/Hanns Eisler, S.42.

500
Anmerkungen

82 87
FRIEDENSLIED ARDENS SED VIRENS

1 Bd.4. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1958, S.u6-121. Vgl. 1 Eisler GW I/16, S. 173. Vgl. WA 9, S. 750. (Rechte bei VEB
W A 10, S. 996f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
Leipzig.) 2 Autographe Änderung: BBA 1196/03.
2 Eterna 45 = 410012 bzw. Nova 33 = 8 80 207. 3 BBA 977/49.
; WA IO, S.996. 4 Eisler GW I/16, S. 254.
4 Eterna 45 = 410012 bzw. Nova;;= 8 80 207. 5 Ebd.
5 May / Zusammenarbeit mit Hanns Eisler, S. 194.
6 Skizzen: Hanns-Eisler-Archiv 171/59, 69; 165 /; 1. 88
7 Grabs/Hanns Eisler, S. 24. Dm HALTBARE GRAUGANS

8 Hennenberg/Dessau • Brecht, S.428-431. 1 Eisler GW I/16, S. 183. Vgl. WA 10, S. 1081 f. (Rechte bei VEB
9 Eterna 45 = 4 10012 bzw. Nova;;= 8 80 207. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
10 May/Zusammenarbeit mit Banns Eisler, S. 195. 2 W A 10, Anmerkungen S. 28.

11 Aurora 33 = 8 15 101. 3 BBA 67 3/ 3-4.


4 Auskunft von Herta Ramthun.
83 5 Dessau/ 20 Lieder, S.42.
DAS LIED VOM KRIEGERISCHEN LEHRER 6 Eisler GW I/16, S. 249.
1 ßd.4.Leipzig: Breitkopf &Härtel 1958, S.78f. Vgl. WA 1c, 7 Eterna 33 = 820856 bzw. Nova 33 = 880039.
S.973. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) 8Eterna45=510010 bzw. Nova 33 = 880139 sowie im An-
2 Seidel, S. 185. schluß an Eislers Demonstration: Etcrna 3 3 = 8 20 8 56 bzw.
3 Hanns-Eisler-Archiv 148/18-55. Nova 33 = 8 80039.
4 BBA 74/36. 9 Eisler GW I/16, S. 256.
5 Grabs/ Banns Eisler, S. 102.
89
84 DER PFLAUMENBAUM

Dm PAPPEL VOM KARLSPLATZ 1 Eisler GW I/16, S. r92f. Vgl. WA 9, S.647. (Rechte bei VEB
1 Bd.4. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1958, S.122. (Rechte bei Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) 2 Eisler GW I/16, S. 259.
2 Hanns-Eisler-Archiv 138/ 58-60. 3 Benjamin, S. 78.
3 llBA 1761/ 2. 4 Ebd.
4 Notate 1980, H. 1, S. 6. 5 BBA I 20/ 24.
5 Aurora 33 = 8 1 5 101. 6 Siehe S. 454.

85 90
UND ICH WERDE NICHT MEHR SEHEN DAS LAND, AUF EINEN CHINESISCHEN THEEWURZELLÖWEN

AUS DEM ICH GEKOMMEN BIN 1 Eisler GW I/r6, S. 194. Vgl. WA 10, S.997. (Rechte bei VEB
1 Eisler GW I/16, S. 166f. Vgl. WA 10, S. 84of. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) 2 Hundert Gedichte, hintere Umschlagsseite. Vgl. W A ro, An-
2 WA 10, S. 838-843. merkungen S. 24.
3 Eislcr GW I/I6, S. 252. 3 Knepler/Was des Eislers ist, S. 19-24.
4 Ebd., S. 251.
5 Grabs/ Hanns Eislcr, S. 45. 91
6 Eislcr, GW I/16, S. 252. LIED EINER DEUTSCHEN MUTTER

7 Eislcr / Gespräche mit Hans Bunge, S. 67. 1 Erfurt: Thüringer Volksverlag 1950, S.16-19. Vgl. WA ro,
8 Ebd. S. 854. (Rechte bei VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag,
Leipzig.)
86 2 Dessau/ Notizen zu Noten, S. 38.
ÜND ES SIND DIE FINSTERN ZEITEN 3 Bestandsverzeichnis II, S. 395, Nr. 8639.
I Eisler GW I/16, S.172. Vgl. WA 10, S.862. (Rechte bei VEB 4 Dessau/Notizen zu Noten, S. 36 und 40.
Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) 5 Gespräch zwischen Paul Dessau und Hans Bunge am 30. Sep-
2 Eisler GW I/16, S. 254. tember 1958, S. 3.
3 WA Suppl. IV, S. 377f. 6 Dessau/Notizen zu Noten, S.4of.
4 Briefe, S.6I8. 7 Ebd., S. 38.
5 Eislcr GW I/16, S. 25 3f. 8 Arbeitsjournal, S. 7 39.
9 Ebd., S. 568. Vgl. Lyon, Brecht in America, S. 273f.
10 Gespräch zwischen Paul Dessau und Hans Bunge am 30. Sep-
tember 1958, S. 3f.
II Columbia 33 = 025 203.
12 Eterna 33 = 820624 bzw. Nova 33 = 885 rox.

501
Anmerkungen

92 3 Dessau/Notizen zu Noten, S.71.


AUFBAULIED DER FDJ 4 Eterna 45 = 520171 bzw. 33 = 7 20 103.
1 Weimar: Thüringer Volksverlag 1949, S.4f. Vgl. WA 10,
S. 9 55f. (Rechte bei VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag, 96
Leipzig.) KLEINES BETTELLIED
2 Unveröffentlichtes Manuskript. 1 Erfurt: Thüringer Volksverlag 1950, S. 8f. Vgl. WA 9, S.646f.
3 Internationale Musikbibliothek Berlin. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
4 Faksimile bei: Schumacher/ Leben Brechts, S.318. 2 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 70, S. 4 53 f.
5 Arbeitsjournal, S. 881. 3 Eterna 45 = 5 1003 5 bzw. 33 = 720103.
6 Ausführliche Analyse bei: Hartinger, S. 145-163. 4 Nova 33 = 8 85 034.
7 Arbeitsjournal, S. 881.
8 Ebd., S. 885. 97
9 Lerg-Kill, S. 25 8f. MEIN BRUDER WAR EIN FLIEGER
10 Dessau/Notizen zu Noten, S. 70. 1 Erfurt: Thüringer Volksverlag 1950, S. 10f. Vgl. WA 9,
11 Gespräch zwischen Paul Dessau und Hans Bunge am 30. Sep- S.647f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
tember 195 8, S. 19. 2 Wir singen. Chorbuch für gleiche Stimmen, Bd. V (Lieder der
12 Arbeitsjournal, S. 881. Gegenwart). Leipzig: Friedrich Hofmeister 1957, S.72f.
1 3 Schwaen, S. 84. 3 Bei Beratung der Schallplattenaufnahme von Roswitha Trexler,
14 Dessau/ Aus Gesprächen, S. 7 2. Nova 33 = 8 85 034.
15 Dessau/Notizen zu Noten, S. 70.
16 Ebd. 98
17 Aurora 33 = 8 1 5 101. DER GOTTSEIBEIUNS
1 Erfurt: Thüringer Volksverlag 19 5o, S. 12-16. Vgl. W A 9,
93 S.648f. (Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
ZUKUNFTSLIED 2 Eterna 4 5 = 5 20 I 71 bzw. 33 = 7 20 1o 3.
1 Weimar: Thüringer Volksverlag 1949, S.2f. Vgl. WA 10, 3 Dessau/Notizen zu Noten, S. 71.
S.956f. (Rechte bei VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag, 4Eterna45=510035 bzw. 33 = 720103.
Leipzig.) 5 Nova 33 = 8 8 5o 34.
2 Nova 33 = 8 85 1 20.
3 Arbeitsjournal, S. 882; Eintragung vom 22.Dezember 1948. HERRNBURGER BERICHT
4 Schumacher/ Leben Brechts, S. 233. 1 WA Suppl. IV, S.415-423.
5 Dessau/Notizen zu Noten, S. 125 2 Gedichte VII, 1964, S. 161; 1969, S. 161.
6 Arbeitsjournal, S. 88 3. 3 BBA 2088.
7 Hennenberg/Dessau · Brecht, S. 546. Die Variante liegt nur im 4 Neues Deutschland vom 3. Juni 1950. Bei Brecht gibt es daraus
Manuskript vor. einige wörtliche Entlehnungen.
8 Dessau/Notizen zu Noten, S.125-133. 5 Arbeitsjournal, S. 964f.
9 Nova 33=885120. 6 Ebd., S.956.

FÜNF KINDERLIEDER 99
1 Dessau/Notizen zu Noten, S. 71. BITTEN DER KINDER

1 Berlin: Zentralrat der Freien Deutschen Jugend. Berlin: Neues


94 Leben 1951, S. 17f. Vgl. WA Suppl. IV, S.419.
VOM KIND, DAS SICH NICHT WASCHEN WOLLTE 2 Bericht über die Inszenierung des <<Herrnburger Berichts>>, S. 3.
I Erfurt: Thüringer Volksverlag 1950, S. 3-5. Vgl. WA 9, S.646. 3 Nova 33 = 885034.
(Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
2 Wir singen. Chorbuch für gleiche Stimmen, Bd. V (Lieder der VIER LIEBESLIEDER
Gegenwart). Leipzig: Friedrich Hofmeister 1957, S. 25-29. 1 Schuhmann/ Untersuchungen zur Lyrik Brechts, S. 102.
3 WA 19, S.423. 1 Hartinger, S. 241 f.
4 Benjamin, S. 7 5f. 3 Programmheft zur Uraufführung in der Deutschen Akademie
5 Ebd., S. 76. der Künste am 28. Mai 195 3.
6 WA Suppl. IV, S.413. 4 Vgl. die Aufnahme von Irmgard Arnold und Paul Dessau:
7 Dessau/ Notizen zu Noten, S.71. Eterna 45 = 520199 bzw. 33 = 720103.
8 Eterna 45 = 510035 bzw. 33 = 7 20103.
9 Nova 33 = 885034. 100
ALS ICH NACHHER VON DIR GING
95 1 Halle: Mitteldeutscher Verlag 1953, S. 3f. Vgl. WA 10, S.993.
DER PFLAUMENBAUM (Rechte bei VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag, Leipzig.)
I Erfurt: Thüringer Volksverlag 1950, S.6f. Vgl. WA 9, S.647. 2 BBA 15/4.
(Rechte bei VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) 3 Eterna 45 = 520199 bzw. 33 = 720103.
2 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 89, S. 468f. 4 von Wiese, S. 119.

502
Anmerkungen

101 107
LIED EINER LIEBENDEN DER ELEFANT

I Halle: Mitteldeutscher Verlag 1953, S.5f. Vgl. WA 10, S.994. 1 Berlin: Neue Musik 1968, S. 39. Vgl. WA 9, S. po. (Rechte bei
(Rechte bei VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag, Leipzig.) VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.)
2 Eterna 45 = 520199 bzw. 33 = 7 20 103. 2 Dessau/ Musikarbeit in der Schule, S. 34.
3 Ebd., S. 34-36.
102 4 Ebd., S. 40-44.
SIEBEN ROSEN HAT DER STRAUCH 5 Nova 33 = 885 120.
1 Halle: Mitteldeutscher V erlag 19 53, S. 7. Vgl. W A 1o, S. 994.
(Rechte bei VEB Friedrich Hofmeister Musikverlag, Leipzig.) 108
2 Wir singen. Chorbuch für gleiche Stimmen, Bd. V (Lieder der DER ADLER

Gegenwart). Leipzig: Friedrich Hofmeister 1957, S. 17of. 1 Berlin/Wiesbaden: Bote &Bock 1975, S.2f. Vgl. WA9, S.508.
2 Wergo 33 = 60073.
103 3 Nova 33=885190.
DIE LIEBSTE GAB MIR EINEN ZWEIG

1 Halle: Mitteldeutscher Verlag 1953, S.8. Vgl. WA 10, S.994. 109


(Rechte bei VEB Friedrich Hof meister Musikverlag, Leipzig.) DAS PFERD

2 Unveröffentlichtes Manuskript. 1 Berlin/Wiesbaden: Bote &Bock 1975, S.4f. Vgl. WA9, S.510.
3 Eterna 45 = 520199 bzw. 33 = 720103. 2 Wergo 3 3 = 60073.
3 Nova 33 = 8 85 101.
104 4 Nova 33 = 885 120.
AN MEINE LANDSLEUTE

1 H. 1. Herausgegeben von Heidi Kirmße. Leipzig: Deutscher 110


Verlag für Musik 1969, S. 5-7. Vgl. WA 10, S.965. DIE KELLERASSEL

2 Briefe, S.624; Faksimile des Gedicht-Autographs in: Brecht/ 1 Berlin/Wiesbaden: Bote &Bock 1975, S.Sf. Vgl. WA 9, S.508.
Sein Leben in Bildern und Texten, S. 2 5 5, und Schumacher/ 2 Wergo 33 = 60073.
Leben Brechts, S.318. 3 Nova 33 = 8 85 101.
3 Schwarz/Lyrik und Zeitgeschichte, S.109f. 4 Nova 33=885120.
4 Briefe, S. 646.
5 Ebd., S.655. 111
6 Brief Eberhard Reblings vom 13.Juli 1981 an den Herausgeber. GENERAL, DEIN TANK IST EIN STARKER WAGEN

7 Eterna 33 = 8 10024. 1 Unveröffentlichtes Manuskript.


8 Eterna 33 = 8 20624 bzw. Nova 33 = 8 85 101. 2 WA 9, S.638.
3 Brief Eberhard Reblings vom 13. Juli 1981 an den Herausgeber.
105
KLEINES LIED 112
1 Unveröffentlichtes Manuskript. Vgl. WA 8, S. 34f. SPRUCH

2 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 5, S. 357. 1 Unveröffentlichtes Manuskript.


3 Brief Eberhard Reblings vom 1 3. Juli 1981 an den Herausgeber. 2 WA 17, S.1015.
4 Eterna 33 = 820624 bzw. Nova 33 = 885 101. 3 Vgl. den Kommentar zu Lied Nr. 11 1, S. 48 1.

TIERVERSE LIEDER AUF WORTE VON BERTOLT BRECHT

1 WA 9, 508-511. 1 Wagner Regeny/Begegnungen, S. 262.


2 Berlin: Neue Musik 1968. 2 Ebd., S. 27 2f.
3 Brief Paul Dessaus vom 1 8. Mai 197 2 an den Herausgeber. 3 Arbeitsjournal, S. 921.
4 BBA 922/ 2 und BBA 500/4-6.
106 5 Briefe, S.642.
DAS SCHWEIN 6 Laut Bestandsverzeichnis I, S. 446.
1 Berlin: Neue Musik 1968, S. 1 3f. Vgl. WA 9, S. 509. (Rechte bei 7 Archiv Rudolf Wagner-Regeny / Akademie der Künste der
VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig.) DDR, 3.61/1.19.
2 Dessau/ Musikarbeit in der Schule, S. 10-13. 8 Wagner-Regeny/Begegnungen, S. 291.
3 Ebd., S. 7. 9 Härtwig, S. 323.
4 Ebd., S. 7-10. 10 Leipzig: Collection Litolff I 9 53.

5 Ebd., S. 14-16.
6 Nova 33 = 885 120. 113
V ON DER FREUNDLICHKEIT DER WELT

1 Leipzig: Collection Litolff 195 3, S. 3. Vgl. Gedichte und Lieder,


S. I 3.
2 Leipzig: Collection Litolff 1951, S. 10.
3 Taschenpostille, S.11; WA 8, S. 205.

503
Anmerkungen

4 Münsterer, 1963, S.8of.; 1966, S.70. 120


5 Faksimile: Schumacher/ Leben Brechts, S. 32. ÜBER DEN SCHNAPSGENUSS

6 Taschenpostille, S. VII. 1 Unveröffentlichtes Manuskript. Vgl. W A 8, S. 6 3.


7 Bräutigam, S. 54. 2 Taschenpostille, S. VII.

8 Pietzcker, S. 38.
9 Motekat, S. I 50. 121
\VOHIN ZIEHT IHR?

114 I Unveröffentlichtes Manuskript. Vgl. W A 8, S. 36 5f.


VON DER FREUNDLICHKEIT DER WELT

UND GEGENLIED
1 Unveröffentlichtes Manuskript. Archiv RudolfWagner-Regeny /
Akademie der Künste der DDR, 3-11/6.144-147.
2 Tilo Müller, S. 499.
3 Gedichte VII, 1964, S. 122; 1969, S. 177. Vgl. WA 10, S. 1032.
4 Aurora 45 = 5 80026 bzw. Eterna 33 = 8 10017.

115
VOM GLÜCK DES GEBENS

1 Leipzig: Collection Litolff 195 3, S. 7. Vgl. WA 10, S. 968f.


2 BBA 500/7.
3 Archiv Rudolf Wagner-Regeny / Akademie der Künste der
DDR, 3-I 1/6.15 2-I 5 3.
4 Arbeitsjournal, S.921.

116
GEGEN VERFÜHRUNG

1 Leipzig: Collection Litolff 195 3, S. 8f. Vgl. WA 8, S. 260.


2 Briefe, S.642.
3 Gedichte X, 1976, S. 122; 1978, S. 87.
4 Frisch· Obermeier, S. 183.
5 Münsterer, 1963, S. 140; 1966, S. 129.
6 Schuhmann/ Untersuchungen zur Lyrik Brechts, S. I 2.
7 Taschenpostille, S. VIII.
8 Baumgärtner, S. 28.
9 Benjamin, S. 57.

117
RÄUBERLIED

1 Leipzig: Collection Litolff 1953, S.12f. Vgl. WA9, S.506.


2 BBA 561/1.
3 Brecht/ Bestandsverzeichnis II, S.424, Nr. 8919.

118
LIED DER VERDERBTEN UNSCHULD

BEIM WÄSCHEFALTEN

1 Leipzig: Collection Litolff 195 3, S. 18-23. Vgl. W A 8, S. 196


bis 198.
2 Tilo Müller, S. 499.
3 Gedichte X, 1976, S. I 21; 1978, S. 86.

119
LIEBESLIED AUS EINER SCHLECHTEN ZEIT

1 Unveröffentlichtes Manuskript. Vgl. WA 9, S. 748.


2 WA 17, S.1287.
3 Schwaen, S. 84f.
4 Gnüg, S. 81.

504
Literaturverzeichnis

Bertolt Brecht DIE HEILIGE JOHANNA/ BÜHNENFASSUNG• FRAGMENTE• VARIANTEN

Brecht, Bertolt: Die heilige Johanna der Schlachthöfe, Bühnen-


ARBEITSJOURNAL fassung, Fragmente, Varianten. Kritisch ediert von Gisela E.Bahr.
Brecht, Bertolt: Arbeitsjournal. Herausgegeben von Werner Hecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1971.
3 Bde. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973.
Dm MUTTER/ BÜHNENFASSUNG
BAAL/ DREI FASSUNGEN Brecht, Bertolt: Die Mutter. Bühnenfassung des Berliner Ensembles.
Brecht, Bertolt: Baal. Drei Fassungen. Kritisch ediert und kommen- Redigiert von Joachim Tenschert. Berlin: Henschelverlag 1970.
tiert von Dieter Schmidt. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1966.
DIE MUTTER/ MATERIALIEN
BAAL/ TEXTE • VARIANTEN • MATERIALIEN Materialien zu Brechts <<Die Mutter». Zusammengestellt und redi-
Brecht, Bertolt: Baal. Der böse Baal der asoziale. Texte, Varianten, giert von Werner Hecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1969. -
Materialien. Kritisch ediert und kommentiert von Dieter Schmidt. Materialien zu Brechts <<Die Mutter>>. Zusammengestellt und redi-
Frankfurt am Main: Suhrkamp 1968. giert von Werner Hecht. Berlin: Henschelverlag 1970.

BBA DIE RUNDKÖPFE UND DIE SPITZKÖPFE


ßcrtolt-Brecht-Archiv, DDR · 1040 Berlin, Chausseestraße I 25. Brecht, Bertolt: Die Rundköpfe und die Spitzköpfe. Bühnenfassung,
Einzelszenen, Varianten. Herausgegeben von Gisela E.Bahr.
BRECHT IM GESPRÄCH
Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979.
Brecht im Gespräch. Diskussionen, Dialoge, Interviews. Heraus-
gegeben von Werner Hecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1975. - DREIGROSCHENBUCH
Brecht im Gespräch. Diskussionen und Dialoge. Herausgegeben
Bertolt Brechts Dreigroschenbuch. Texte, Materialien, Dokumente.
von Werner Hecht. Berlin: Henschelverlag I 977. 2 Bde. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973.

BRIEFE
DREIGROSCHENOPER/ TEXTBUCH UNIVERSAL EDITION
Brecht, Bertolt: Briefe. Herausgegeben und kommentiert von Gün-
Brecht, Bert: Die Dreigroschenoper. Textbuch. Wien: Universal
ter Glaeser. 2 Bde. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981.
Edition 19 28.

CoLLECTED PLAYS
DREIGROSCHENOPER / TEXTBUCH RECLAM
Brecht, Bertolt: Collected Plays. Herausgegeben von John Willett
Brecht, Bertolt: Die Dreigroschenoper. Mit einem Nachwort
und Ralph Manheim. London: Eyre Methuen ab 1970.
Studien zu Brechts Dreigroschenoper>> von Fritz Hennenberg.
<<

COLLECTED POEMS
Leipzig: Reclam o. J.
Brecht, Bertolt: Collected Poems. Herausgegeben von John Willett
GEDICHTE
und Ralph Manheim in Kooperation mit Erich Fried. London:
Brecht, Bertolt: Gedichte. Bd.I-X. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Eyre Methuen 1976.
1960-1976. - Bertolt Brecht: Gedichte. Bd.I-X. Berlin und Wei-
CouRAGEMODELL 1949 mar: Aufbau-Verlag 1961-1978.
Brecht, Bertolt: Couragemodell I 949. Berlin: Henschelverlag I 9 58. •
GEDICHTE UND LIEDER
(Die Texte sind auch enthalten in: Mutter Courage/ Materialien I.)
Bertolt Brechts Gedichte und Lieder. Auswahl Peter Suhrkamp.
DER GUTE MENSCH VON SEZUAN / MATERIALIEN I Berlin und Frankfurt am Main: Suhrkamp o. J. (1958].
Materialien zu Brechts << Der gute Mensch von Sezuan >>. Zusammen-
gestellt und redigiert von Werner Hecht, Frankfurt am Main: Suhr- GESAMMELTE WERKE/ MALIK

kamp 1968. - Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan. Ma- Brecht, Bertolt: Gesammelte Werke. 2 Bde. London: Malik 1938.
terialien. Zusammengestellt und redigiert von Werner Hecht. Ber-
HUNDERT GEDICHTE
lin: Henschelverlag I 969.
Brecht, Bertolt: Hundert Gedichte 1918-1950. Berlin: Aufbau-
DER GUTE MENSCH VON SEZUAN/ MATERIALIEN II Verlag 1951.
Brcchts << Guter Mensch von Sezuan>>. Materialien. Herausgegeben
von Jan Knopf. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1982. lM DICKICHT/ ERSTFASSUNG • MATERIALIEN

Brecht, Bertolt: Im Dickicht der Städte. Erstfassung und Materia-


DER KAUKASISCHE KREIDEKREIS/ MATERIALIEN lien. Ediert und kommentiert von Gisela E. Bahr. Frankfurt am
Materialien zu Brechts <<Der kaukasische Kreidekreis>>. Zusammen- Main: Suhrkamp 1968.
gestellt von Werner Hecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1966. -
Bertolt Brecht: Der kaukasische Kreidekreis. Materialien. Zu- KUHLE WAMPE

sammengestellt von Werner Hecht. Berlin: Henschelverlag 1968. Brecht, Bertolt: Kuhle Wampe. Protokoll des Films und Materia-
lien. Ediert von Wolfgang Gersch und Werner Hecht. Frankfurt am
Dm HAUSPOSTILLE / MANUAL OF PmTY Main: Suhrkamp 1969. - Bertolt Brecht: Kuhle Wampe oder Wem
Brecht, Bertolt: Die Hauspostille/ Manual of Piety. Herausgegeben gehört die Welt? Filmprotokoll und Materialien. Herausgegeben
von Eric Bentley. Erläuterungen von Hugo Schmidt. New York: von Wolfgang Gersch und Werner Hecht. Leipzig: Reclam 1971

Grove Press 1967. ( erweiterte Ausgabe).

505
Literaturverzeichnis

LIEDER • GEDICHTE . CHÖRE TASCHENPOSTILLE

Brecht, Bertolt, und Hanns Eisler: Lieder· Gedichte· Chöre. Paris: Bertolt Brechts Taschenpostille. Mit Anleitungen, Gesangnoten
Edition du Carrefour 1934. und einem Anhange. Potsdam: Kiepenheuer 19 26 (Privatdruck).
(Neuausgabe Berlin: Aufbau-Verlag 19 58.)
MANN IST MANN/ MATERIALIEN
Brechts « Mann ist Mann>>, Materialien. Herausgegeben von Carl ÜBER DIE BILDENDEN KÜNSTE
Wege. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1982. Brecht, Bertolt: Über die bildenden Künste. Herausgegeben von
Jost Hermand. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1983.

MUTTER CouRAGE / BÜHNENFASSUNG


VERSUCHE
Brecht, Bertolt: Mutter Courage und ihre Kinder. Bühnenfassung
Brecht, Bertolt: Versuche. H. 1-8. Frankfurt am Main: Suhrkamp
des Berliner Ensembles. Berlin: Henschelverlag 1968.
1959 (Neudruck in 2 Bänden). - Bertolt Brecht: Versuche. H. 1-8.
Berlin: Aufbau-Verlag 1963 (Neudruck).
MUTTER COURAGE/ HISTORISCH-KRITISCHE AUSGABE
Brecht, Bertolt: Versuche. H. 9-15. 7 Bde. Frankfurt am Main:
Brecht, Bertolt: Mutter Courage und ihre Kinder. Historisch-
Suhrkamp 1950-1957. - Bertolt Brecht: Versuche. H.9-15/Sonder-
kritische Ausgabe. Herausgegeben von Jan Es per Olsson. Lund:
heft. 8 Bde. Berlin: Aufbau-Verlag 1951-1957.
LiberLäromedel/Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981.
Brecht, Bertolt: Versuche 1-15. 4 Bde. Frankfurt am Main: Suhr-
kamp 1977 (Reprint).
MUTTER COURAGE/ MATERIALIEN I
Materialien zu Brechts << Mutter Courage und ihre Kinder>>. Zu- WA
sammengestellt von Werner Hecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp Brecht, Bertolt: Gesammelte Werke in 20 Bänden. Frankfurt am
1964. - Bertolt Brecht: Mutter Courage und ihre Kinder. Materia- Main: Suhrkamp 1967. Supplement Bd. I/II (Texte für Filme) 1969,
lien. Zusammengestellt und redigiert von Werner Hecht. Berlin: Bd. III/IV (Gedichte aus dem Nachlaß) 198 2.
Henschelverlag 1968.

MUTTER COURAGE/ MATERIALIEN II


B rechts << Mutter Courage und ihre Kinder>>. Materialien. Heraus-
gegeben von Klaus-Detlef Müller. Frankfurt am Main: Suhrkamp
1982.

5CHWEYK/ MATERIALIEN
Materialien zu Bertolt Brechts <<Schweyk im zweiten Weltkrieg>>.
Vorlagen (Bearbeitungen), Varianten, Fragmente, Skizzen, Brief-
und Tagebuchnotizen. Ediert und kommentiert von Herbert Knust.
Frankfurt am Main: Suhrkamp 1974.

SONGS DREIGROSCHENOPER/ GEBRÜDER WEISS


Brecht, Bertolt: Songs aus der Dreigroschenoper. Berlin: Gebrüder
Weiss 1949.

SONGS DREIGROSCHENOPER/ KIEPENHEUER

Brecht, Bertolt: Die Songs der Dreigroschenoper. Berlin: Kiepen-


heuer o. J.

STÜCKE
Brecht, Bertolt: Stücke. Bd. I-XIV. Frankfurt am Main: Suhrkamp
195 3-1967. - Bertolt Brecht: Stücke. Bd.I-XIV. Berlin und Wei-
mar: Aufbau-Verlag 1956-1968.

SvENDBORGER GEDICHTE
Brecht, Bertolt: Svendborger Gedichte. London: Malik 1939.

TAGEBÜCHER 1920-1922
Brecht, Bertolt: Tagebücher 1920-1922. Autobiographische Auf-
zeichnungen 1920-1954. Herausgegeben von Herta Ramthun.
Frankfurt am Main: Suhrkamp 1975. - Bertolt Brecht: Tagebücher
1920-1922. Autobiographische Aufzeichnungen 1920-1954. Her-
ausgegeben von Herta Ramthun. Berlin und Weimar: Aufbau-
Verlag 1976.

506
Literaturverzeichnis

ADORNO · ErsLER BRÄUTIGAM/VON DER FREUNDLICHKEIT DER WELT


Adorno, Theodor W., und Hanns Eisler: Komposition für den Bräutigam, Kurt: Von der Freundlichkeit der Welt. Interpreta-
Film. Leipzig: Deutscher Verlag für Musik 1977. - In den Gesam- tionen zur Lyrik Brechts. Herausgegeben von Rupert Hirschenauer
melten Schriften Theodor W.Adornos erschien erstmals die Ori- und Albrecht Weber. München: Oldenbou;g 1971, S.42-56.
ginalfassung aus dem Jahre 1944 (Frankfurt am Main: Suhrkamp
1976, Bd. 15, S. 7-155). BRECHT/ BESTANDSVERZEICI-L.'"'irIS

Bertolt-Brecht-Archiv. Bestandsverzeichnis des literarischen Nach-


ALTMANN lasses. 4 Bde. Bearbeitet von Herta Ramthun. Berlin und Weimar:
Altmann, Wilhelm: Kurzgefaßtes Tonkünstler-Lexikon. 14. Auf- Aufbau-Verlag r 969-197 3.
lage. Regensburg: Bosse 19 36.
BRECHT-CHRONIK
ARCHIV THEO MACKEBEN Brecht-Chronik. Daten zu Leben und Werk. Zusammengestellt von
Lony Heuser, Berlin (West). Klaus Völker. München: Hanser 2 1971.

AuFRICHT BRECHT/ SEIN LEBEN IN BILDERN UND TEXTEN


Aufriebt, Ernst Josef: Erzähle, damit du dein Recht erweist. Auf- Bertolt Brecht. Sein Leben in Bildern und Texten. Herausgegeben
zeichnungen eines Berliner Theaterdirektors. Berlin: Ullstein 1969. von Werner Hecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1978'. - Berlin
München: DTV 1969 (seitengleich) und Weimar: Aufbau-V erlag 197 8 ( seitengleich).

AusSTELLUNGSKATALOG WEILL- LENYA BRINKMANN


Ausstellungskatalog Weill-Lenya. New York: Goethe-Haus 1976. Brinkmann, Reinhold: Kompositorische Maßnahmen Hanns Eis-
lers. In: Über Musik und Politik. Herausgegeben von Rudolf Ste-
BANHOLZER
phan. Mainz: Schott 1971 (= Veröffentlichungen des Instituts für
Banholzer, Paula: So viel wie eine Liebe. Der unbekannte Brecht.
neue Musik und Musikerziehung Darmstadt, Bd. 10), S.9-22.
Erin?-erungen und Gespräche. Herausgegeben von Axel Poldner
und Willibald Eser. München: Universitas 1981.
BROCKHAUS
Brockhaus, Heinz Alfred: Hanns Eislcr. Leipzig: Breitkopf &Härtel
BAUMGÄRTNER
1961.
Baumgärtner, Alfred Clemens: Vom <<Baalischen Weltgefühl>>. In:
Interpretationen zur Lyrik Brechts. Herausgegeben von Rupert
BRONNEN
Hirschenauer und Albrecht Weber. München: Oldenbourg 1971,
Bronnen, Arnolt: Tage mit Bertolt Brecht. Geschichte einer un-
S. 9-28.
vollendeten Freundschaft. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand
1976. (Zuerst: München: Desch 1960). - Arnolt Bronnen: Tage
BEMMANN
mit Bertolt Brecht. Berlin: Henschelverlag 2 1975.
Bemmann, Helga: Berliner Musenkinder-Memoiren. Eine heitere
Chronik von 1900 bis 1930. Berlin: Lied der Zeit 1980.
CASPARIUS
BENJAMIN Photo: Casparius. Berlin (West): Staatliche Kunsthalle 197 8.
Benjamin, Walter: Versuche über Brecht. Frankfurt am Main:
Suhrkamp 1966. CSIPAK
Csipak, Karoly: Probleme der Volkstümlichkeit bei Hanns Eisler.
BENTLEY München/Salzburg: Katzbichler 1975. (= Berliner musikwissen-
Bentley, Eric: Brecht auf der amerikanischen Bühne. In: Theater schaftliche Arbeiten, Bd. 11 .)
der Welt. Ein Almanach. Herausgegeben von Herbert Jhering.
Berlin: Henschelverlag 1949, S. 70-7 5. CURJEL/ERINNERUNGEN UM KURT WEILL
Curjel, Hans: Erinnerungen um Kurt Weill. In: Melos, 37 (1970),
BERICHT ÜBER DIE INSZENIERUNG DES s. 81-85.
<<HERRNBURGER BERICHTS >> Bertolt-Brecht-Archiv.
CuRJEL/ KuRT WE1LL
BETZ Curjel, Hans: Kurt Weill. II: Die großen Berliner Jahre. In: Neue
Betz, Albrecht: Hanns Eisler. Musik einer Zeit, die sich eben bildet. Zeitschrift für Musik. I 33 ( 197 2 ), S. 5o 3-5 07.
München: edition text + kritik I 976.
DESCHNER
BIRKENHAUER Deschner, Margareta N.: Hella \Vuolijokis Punttila-Geschichte.
Birkenhauer, Klaus: Die eigenrhythmische Lyrik Bertolt Brechts. Ein Vor-Brechtsches Dokument. In: Brecht-Jahrbuch 1978. Frank-
Theorie eines kommunikativen Sprachstils. Tübingen: Niemeyer furt am Main: Suhrkamp 1978, S. 87-106.
1 971.

DEssAu / Aus GESPRÄCHEN


BRiUTIGAM / MODERNE DEUTSCHE BALLADEN Dessau, Paul: Aus Gesprächen. Leipzig: Deutscher Verlag für
Bräutigam, Kurt: Modeme deutsche Balladen. Frankfurt am Main: Musik 1974.
Diesterweg 2 1970.

507
Literaturverzeichnis

DESSAU/ DER GUTE MENSCH VON SEZUAN EISLER/ GESPRÄCHE MIT HANS BUNGE
Brecht, Bertolt: Der gute Mensch von Sezuan. Musik von Paul Des- Eisler, Hanns: Gespräche mit Hans Bunge. Fragen Sie mehr über
sau. Partitur. Berlin: Henschelverlag o.J. (Bühnenexemplar/Leih- Brecht. Übertragen und erläutert von Hans Bunge. Leipzig:
material.) Deutscher Verlag für Musik 197 5. - In anderer Auswahl und Zu-
sammenstellung erschienen die Gespräche in: Bunge, Hans: Fragen
DESSAU/ LIEDER UND GESÄNGE Sie mehr über Brecht. Hanns Eisler im Gespräch. München:
Brecht • Dessau. Lieder und Gesänge. Berlin: Henschelverlag 1 196 3. Rogner & Bernhard 1971.

DESSAU/ MANN IST MANN


EISLER/ MATERIALIEN ZU EINER DIALEKTIK DER MUSIK
Dessau, Paul: Mann ist Mann. Lustspiel von Bertolt Brecht. Parti-
Eislcr, Hanns: Materialien zu einer Dialektik der Musik. Heraus-
tur. Berlin: Henschelverlag o. J. (Bühnenexemplar/ Leihmaterial.)
gegeben von Manfred Grabs. Leipzig: Reclam 1976.

DESSAU/ MUSIKARBEIT IN DER SCHULE


EISLER/ REDEN UND AUFSÄTZE
Dessau, Paul: Musikarbeit in der Schule. Berlin: Neue Musik I 96 8.
Eisler, Hanns: Eine Auswahl aus Reden und Aufsätzen. Heraus-

DESSAU/ MUTTER COURAGE gegeben von Winfried Höntsch. Leipzig: Reclam o. J.


Brecht, Bertolt: Mutter Courage und ihre Kinder. Musik von Paul
Dessau. Partitur. Berlin: Henschelverlag o.J. (Bühnenexemplar/ EISLER/ SCHRIFTEN 1924-1948
Leihmaterial.) Eisler, Hanns: Musik und Politik. Schriften 1924-1948. Text-
kritische Ausgabe von Günter Mayer. Leipzig: Deutscher Verlag
DESSAU/NOTIZEN zu NOTEN für Musik 1973.
Dessau, Paul: Notizen zu Noten. Herausgegeben von Fritz Henncn-
berg. Leipzig: Reclam 1974. EISLER-SONDERHEFT 1964
Sinn und Form. Sonderheft Hanns Eisler 1964. Berlin: Rütten &
DESSAU/ PUNTILA Loening 1964.
Brecht, Bertolt: Herr Puntila und sein Knecht Matti. Musik von
Paul Dessau. Berlin: Henschelverlag 1961. (Bühnenexemplar/ Leih- EISLER/ ZWEI BRIEFE AN BERTOLT BRECHT
material.) Eisler, Hanns: Zwei Briefe an Bertolt Brecht. In: Sinn und Form.
Sonderheft Hanns Eisler. Berlin: Rütten &Loening 1964, S. 14-16.
DESSAU/ 20 LIEDER

Dessau, Paul: 20 Lieder. Erfurt: Thüringer Volksverlag 1950. EISNER


Eisner, Lotte H.: Die dämonische Leinwand. Die Blütezeit des
DIECKMANN / DEUTSCHE ÜPER UNTERM FASCHISMUS
deutschen Films. Wiesbaden 19 5 5.
Dieckmann, Friedrich: Deutsche Oper unterm Faschismus. In:
Theater der Zeit. 20 (1965), H. 7, S. 21-24.
ELSNER/ ZUR MELODISCHEN GESTALTUNG DER
KAMPFLIEDER HANNS EISLERS
DIECKMANN / KOMPONISTEN AM BERLINER ENSEMBLE
Elsner, Jürgen: Zur melodischen Gestaltung der Kampflieder
Dieckmann, Friedrich: Komponisten am Berliner Ensemble. In:
Hanns Eislers. In: Sinn und Form. Sonderheft Hanns Eisler. Ber-
Dieckmann, Friedrich: Streifzüge. Aufsätze und Kritiken. Berlin
lin: Rütten &Loening 1964, S. 173-194.
und Weimar: Aufbau-Verlag 1977, S. 266-282.

ELSNER/ ZuR VOKALS0LISTISCHEN VoRTRAGSWEISE


DIEZEL
DER KAMPFMUSIK HANNS EISLERS
Diezel, Peter: Exiltheater in der Sowjetunion 1932-1937. Berlin:
Elsner, Jürgen: Zur vokalsolistischen Vortragsweise der Kampf-
Henschelverlag 1978.
musik Hanns Eislers. Leipzig: Deutscher Verlag für Musik 1971.

DREW
ENGBERG
Drew, David: Musical Theatre in the \Veimar Republic. In: Pro-
Engberg, Harald: Brecht auf Fünen. Wuppertal: Hammer 1974.
ceedings of the Royal Musical Association. 88 (1961/62), S. 89-108.

EisLER GW I/10 ENGEL


Eisler, Hanns: Kammerkantaten. Vorgelegt von Manfred Grabs. Engel, Erich: Schriften. Über Theater und Film. Berlin: Henschel-
Leipzig: Deutscher Verlag für Musik 1981. ( = Gesammelte Werke, verlag 197 1.
Serie I/Bd. 10.)
ERINNERUNGEN AN BRECHT
EisLER GW I/16 Erinnerungen an Brecht. Zusammengestellt von Hubert Witt.
Eisler, Hanns: Lieder für eine Singstimme und Klavier. Vorgelegt Leipzig: Reclam o. J.
von Manfred Grabs. Leipzig: Deutscher Verlag für Musik I 976.
(= Gesammelte Werke, Serie I/Bd. 16.) FASSMANN
Fassmann, Kurt: Brecht. Eine Bildbiographie. München: Kindler
E1sLER / Dm MU'rTER 195 8.
Eisler, Hanns: Lieder und Chöre aus << Die Mutter>> von Bertolt
Brecht. Klavierauszug. Berlin: Lied der Zeit o. J.

508
Literaturverzeichnis

FISCHETTI GRABS/ ÜBER BERÜHRUNGSPUNKTE ZWISCHEN


Fischetti, Renate: Über die Grenzen der List oder Der gescheiterte DER VOKAL- UND DER INSTRUMENTALMUSIK HANNS EISLERS

Dreigroschenfilm. Anmerkungen zu Brechts Expose <<Die Beule>>. Grabs, Manfred: Über Berührungspunkte zwischen der Vokal- und
In: Brecht-Jahrbuch 1976. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1976, der Instrumentalmusik Hanns Eislers. In: Hanns Eisler heute. Ber-
S.43-60. lin: Akademie der Künste der DDR 1974 ( = Arbeitshefte, H.19),
S. I 14-129.
FLADT

Fladt, Hartmut: <<Solidaritätslied>>. In: Das Argument. Sonderband GRIMM/ KARL KLAMMER

Hanns Eisler. Berlin (West): Argument 1975. S. 167-171. Grimm, Reinhold: Werk und Wirkung des Übersetzers Karl Klam-
mer. In: Neophilologus. 44 (1960), S. 20-36.
FRISCH

Frisch, Max: Tagebuch 1946-1949. Frankfurt am Main: Suhrkamp GRIMM/ BERTOLT BRECHT UND DIE WELTLITERATUR

1950. Grimm, Reinhold: Bertolt Brecht und die Weltliteratur. Nürnberg:


Hans Carl 1961.
FRISCH • OBERMEIER

Frisch, Werner, und K.W.Obermeier: Brecht in Augsburg. Berlin GRIMM/BERTOLT BRECHT- DIE STRUKTUR SEINES WERKES

und Weimar: Aufbau-Verlag 197 5. - Werner Frisch und K. W. Ober- Grimm, Reinhold: Bertolt Brecht. Die Struktur seines Werkes.
meier: Brecht in Augsburg. Erinnerungen, Texte, Fotos. Frankfurt Nürnberg: Hans Carl 5 1968.
am Main: Suhrkamp 1976 (seitengleich).
GRIMM/BRECHT UND NIETZSCHE

GERSCH Grimm, Reinhold: Brecht und Nietzsche oder Geständnisse eines


Gersch, Wolfgang: Film bei Brecht. Bertolt Brechts praktische und Dichters. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979.
theoretische Auseinandersetzung mit dem Film. Berlin: Henschel-
verlag 197 5. - Dass.: München: Hanser 197 5 ( seitengleich). HÄRTWIG

Härtwig, Dieter: Rudolf Wagner-Regeny. Der Opernkomponist.


GESPRÄCH ZWISCHEN PAUL DESSAU UND HANS BUNGE AM 30. SEP- Berlin: Henschelverlag 196 5.
TEMBER 195 8. BEA.
HAAS

GrnsE Haas, Willy: Bert Brecht. Berlin: Colloquium 1958.


Giese, Peter Christian: Das <<Gesellschaftlich-Komische>>. Zu Ko-
mik und Komödie am Beispiel der Stücke und Stückbearbeitungen HAGEN

Brechts. Stuttgart: Metzler 197 4. Hagen, Wolfgang: Listig Nihilistisches. In: Bertolt Brechts <<Haus-
postille>>. Text und kollektives Lesen. Herausgegeben von Hans-
GNÜG Thies Lehmann und Helmut Lethen. Stuttgart: Metzler 1978,
Gnüg, Hiltrud: Liebeslied aus einer schlechten Zeit. In: Ausge- s. 2;1-249.
wählte Gedichte Brechts mit Interpretationen. Herausgegeben von
Walter Hinck. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1978, S. 79-84. HARTINGER

Hartinger, Christei: Bertolt Brecht - das Gedicht nach Krieg und


GRABS/ FILM- UND BÜHNENMUSIK IM SINFONISCHEN WERK Wiederkehr. Studien zum lyrischen Werk 1945-195 6. Berlin: Brecht-
HANNS E1SLERS Zentrum der DDR 1982. ( = Brecht-Studien 8.)
Grabs, Manfred: Film- und Bühnenmusik im sinfonischen Werk
Hanns Eislers. In: .Sammelbände zur Musikgeschichte der DDR, HARTUNG

Bd. 1. Berlin: Neue Musik 1969, S. 20-29. Hartung, Günter: Zur epischen Oper Brechts und Weills. In: Wis-
senschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-
GRABS/ HANNS EISLER Wittenberg. Gesellschaftswissenschaftlich-sprachwissenschaftliche
Grabs, Manfred: Hanns Eisler - Werk und Edition. Berlin: Aka- Reihe. 8 (1959), S.659-672.
demie der Künste der DDR 1978 ( = Arbeitshefte, H. 28).
HAUPTMANN

GRABS/ HANNS E1SLERS VERSUCHE UM DIE OPER Hauptmann, Elisabeth: Julia ohne Romeo. Geschichten · Stücke ·
Grabs, Manfred: Hanns Eislers Versuche um die Oper. In: Sinn Aufsätze· Erinnerungen. Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag 1977.
und Form. 33 (1981), S.621-636.
HECHT

GRABS/INTERVIEWS MIT INTERPRETEN Hecht, Werner: Brecht. Vielseitige Betrachtungen. Berlin: Hen-
Grabs, Manfred: Interviews mit Interpreten. In: Hanns Eisler schelverlag 1978.
heute. Berlin: Akademie der Künste der DDR 1974 ( = Arbeits-
hefte, H.19), S. 170-190. HECHT • BUNGE • RüLICKE-WEILER

Hecht, Werner, und Hans Joachim Bunge und Käthe Rülicke-


GRABS/ NOTIZEN AUS DEM HANNS-EISLER-ARCHIV Weiler: Bertolt Brecht. Sein Leben und Werk. Berlin: Volk und
Grabs, Manfred: Notizen aus dem Hanns-Eisler-Archiv. In: Musik Wissen 1969. - Reprint. Berlin (West): das europäische buch o. J.
und Gesellschaft. XXXVII (1982), S.529-533. ( seitengleich).

509
Literaturverzeichnis

HEINSHEIMER KNEPLER / BANNS EISLER UND DAS <<NEUE>> IN DER MUSIK


Heinsheimer, Hans: Schönste Grüße an Aida. München: Nymphen- Knepler, Georg: Banns Eisler und das <<Neue>> in der Musik. In:
burger I 969. Eisler, Hanns: Reden und Aufsätze. Herausgegeben von Winfried
Höntsch. Leipzig: Reclam o. J., S. 155-178.
HEISTER

Heister, Banns-Werner: <<Das Einheitsfrontlied>>. In: Das Argu- KNEPLER /WAS DES E1SLERS IST
ment. Sonderband Hanns Eisler. Berlin (West): Argument 1975, Knepler, Georg: <<Was des Eislers ist. . .>> In: Knepler, Georg: Ge-
s. 172-182. danken über Musik. Berlin: Henschelverlag 1980, S.19-43.

HENNENBERG / BRECHT SCHREIBT LIEDER KNOPF


Henncnberg, Fritz: Brecht schreibt Lieder. Zu den kompositori- Knopf, Jan: Brecht-Handbuch Theater. Stuttgart: Metzler 1980.
schen Arbeiten und Liededitionen der frühen Jahre/ Die Zusammen-
arbeit mit Franz S.Bruinier. In: Notate. Informations- und Mit- KOCKS

teilungsblatt des Brecht-Zentrums der DDR. 1981/H.6, S. 5-8. Kocks, Klaus: Brechts literarische Evolution. Untersuchungen zum
ästhetisch-ideologischen Bruch in den Dreigroschen-Bearbeitungen.
HENNENBERG / DESSAU · BRECHT München: Fink 1981.
Hennenberg, Fritz: Dessau • Brecht - Musikalische Arbeiten. Ber-
lin: Henschelverlag 1963. KowALKE
Kowalke, Kirn H.: Kurt Weill in Europe. UMI Research Press
HENNENBERG / ZuR DIALEKTIK DES ScHLIESSENS 1979. ( = Studies in Musicology 14.)
IN LIEDERN VON BANNS EISLER
Hennenberg, Fritz: Zur Dialektik des Schließens in Liedern von KRANZ
Banns Eisler. In: Sammelbände zur Musikgeschichte der DDR. Kranz, Dieter: Gisela May. Schauspielerin und Diseuse. Bcrli n:
Bd.II. Berlin: Neue Musik 1971, S. 181-226. Henschelverlag 197 3.

HESTERBERG KuHNERT
Hesterberg, Trude: Was ich noch sagen wollte ... Berlin: Henschel- Kuhnert, Heinz: Zur Rolle des Songs im Werk von Bertolt Brecht.
verlag 1971. In: Neue deutsche Literatur. 11 (1963), S. 77-100.

IMMER UM DIE LITFASSSÄULE RUM LEHMANN


Immer um die Litfaßsäule rum. Gedichte aus sechs Jahrzehnten Lehmann, Banns-Thies: Text und Erfahrung (Vom ertrunkenen
Kabarett. Auswahl und Kommentierung Helga Bemmann. Berlin: Mädchen). In: Bertolt Brechts <<Hauspostille>>. Text und kollektives
Henschelverlag 196 5. Lesen. Herausgegeben von Hanns-Thies Lehmann und Helmut
Lethen. Stuttgart: Metzler 1978, S. 122-145.
JALDATI
Jaldati, Lin: Begegnungen mit Hanns Eisler. In: Banns Eisler LEHMANN • LETHEN
heute. Berlin: Akademie der Künste der DDR 1974 (= Arbeits- Lehmann, Hans-Thies, und Helmut Lethen: Hauspostille und poli-
hefte, H. 19), S.191-193. tische Lyrik. In: Bertolt Brechts «Hauspostille». Text und kollek-
tives Lesen. Herausgegeben von Hans-Thies Lehmann und Helmut
]HERING• FETTING Lethcn. Stuttgart: Metzler 1978, S. 250-285.
Jhering, Herbert, und Hugo Fetting: Ernst Busch. Berlin: Henschel-
verlag 196 5. LEIBOWITZ
Leibowitz, Rene: Brecht et la musique de scene. In: Theatre popu-
KAUFMANN laire. Nr.11 (Januar/Februar 195 5), S.43-49.
Kaufmann, Hans: Analysen, Argumente, Anregungen. Aufsätze
zur deutschen Literatur. Berlin: Akademieverlag 1973. LERG-KILL
Lerg-Kill, Ulla C.: Dichterwort und Parteiparole. Propagandistische
KERR Gedichte und Lieder Bertolt Brechts. Bad Homburg v.d.H./Ber-
Kerr, Alfred: Mit Schleuder und Harfe. Theaterkritiken aus drei lin/ Zürich: Gehlen 1968.
Jahrzehnten. Herausgegeben von Hugo Fetting. Berlin: Henschel-
verlag 1981. LETHEN
Lethen, Helmut: Apfelböck oder der Familienmord. In: Bertolt
KLEMM Brechts << Hauspostille». Text und kollektives Lesen. Herausgegeben
Klemm, Eberhardt: Hanns Eisler an Bertolt Brecht 1933-19 36. von Hans-Thies Lehmann und Helmut Lethen. Stuttgart: Metzler
Briefexzerpte und Kommentare. In: Deutsches Jahrbuch für Musik- 1978, S.46-73.
wissenschaft. 17 (1972), S.98-113.
LINDTBERG
KNEPLER / ERINNERUNGEN AN BANNS EISLER Lindtberg, Leopold: Reden und Aufsätzc. Zürich u. Freiburg i. Br.:
Knepler, Georg: Erinnerungen an Banns Eisler. In: Knepler, Atlantis 197 2.
Georg: Gedanken über Musik.Berlin: Henschelverlag 1980,S. 46-56.

510
Literaturverzeichnis

LOMBARD! KLAUS-DETLEF MÜLLER

Lombardi, Luca: Hanns Eisler - Musica della rivoluzione. Milano: Müller, Klaus-Detlef: Die Funktion der Geschichte im Werk Ber-
Feltrinelle Editore 1978. tolt Brechts. Studien zum Verhältnis von Marxismus und Ästhetik.
Tübingen: Niemeyer 1972.
LYON/BRECHT IN AMERICA
Lyon, James K.: Brecht in America. Princeton: Princetown Uni- T1LO MÜLLER

versity Press I 980. Müller, Tilo ( = Tilo Medek): Lieder - Sterne - Gesichter. Zum
Liedschaffen Rudolf Wagner-Regenys. In: Musik und Gesellschaft.
LYON /BRECHT UND KIPLING 13 (1963), S. 495-500.
Lyon, James K.: Bertolt Brecht und Rudyard Kipling. Frankfurt
MüNSTERER
am Main: Suhrkamp 1976.
Münsterer, Hans ( !) Otto: Bert Brecht. Erinnerungen aus den
Jahren 1917-1922. Zürich: Arche 1963. - Hanns (!) Otto Münsterer:
MASTER WORKS OF THE GERMAN CINEMA
Bert Brecht. Erinnerungen aus den Jahren 1917-1922. Berlin und
Masterworks of the German Cinema. London: Lorrimcr Publishing
Weimar: Aufbau-Verlag 1966.
1973.

NIELSEN
MA Y / ZUSAMMENARBEIT MIT HANNS EISLER
Nielsen, Asta: Die schweigende Muse. Berlin: Henschelverlag 1979.
May, Gisela: Zusammenarbeit mit Hanns Eisler. In: Hanns Eisler
heute. Berlin: Akademie der Künste der DDR 1974( = Arbeitshefte, NoTATE
H.19), S.193-195. Notate. Informations- und Mitteilungsblatt des Brecht-Zentrums
der DDR.
I
MAY MIT MEINEN AUGEN
May, Gisela: Mit meinen Augen. Begegnungen und Impressionen. NOTOWlCZ
Berlin: Der Morgen 1977. Notowicz, Nathan: Wir reden hier nicht von Napoleon, wir reden
von Ihnen! Gespräche mit Hanns und Ger hart Eisler. Berlin: Neue
MAYER Musik 1971.
Mayer, Hans: Brecht in der Geschichte: Drei Versuche. Frankfurt
am Main: Suhrkamp 1971. NüNDEL

Nündel, Ernst: Die Songs. In: Interpretationen zur Lyrik Brechts.


McLEAN Herausgegeben von Rupert Hirschenauer und Albrecht Weber.
McLean, Sammy K.: The <<Bänkelsang>> and the Work of Bertolt München: Oldenbourg 1971, S. 88-99.
Brecht. The Hague/ Paris: Mouton 197 2.
PARMALEE

MEDEK
Parmalee, Patty Lee: Brecht's America. Oxford: Miami University
=
Medek, Tilo ( Tilo Müller): Nachwort zum Klavierauszug von (Ohio State University Press) 1981.
<<Pauken und Trompeten>> von Rudolf Wagner-Regeny. Leipzig/
PARMET
Dresden: Edition Peters 1980, S. 35-37.
Parmet, Simon: Die ursprüngliche Musik zu << Mutter Courage>>.
In: Schweizerische Musikzeitung. 97 (1957), S.465-468.
MEIER-LENZ

Meier-Lenz, P.D.: Brecht und der Pflaumenbaum. In: Neue Deut-


PETR
sche Hefte. 18 (1971), H. 1, S.40,48.
Petr, Pavel: Haseks <<Schwejk>> in Deutschland. Berlin: Rüttcn &
Loening 1963. ( = Neue Beiträge zur Literaturwissenschaft, Bd. 19.)
MENNEMEIER

Mennemeier, F.N.: Bertolt Brecht als Elegiker. In: Der Deutsch- PIETZCKER
unterricht. 23 (1971), H. 1, S. 59-73. Pietzckcr, Carl: Die Lyrik des jungen Brecht. Frankfurt am Main:
Suhrkamp 1974.
M1TTENZWEI

Mittenzwei, Werner: Bertolt Brecht. Von der << Maßnahme>> zu RAMTHUN


<<Leben des Galilei>>. Berlin: Aufbau-Verlag 4 1977. - Reprint. Ramthun, Herta: Die « unterdrückte Arie>> der Lucy. Ein wenig be-
Berlin (West): das europäische buch o.J. [1976] (seitengleich). kannter Text aus Brechts <<Ludenoper>>. In: Notate. Informations-
und Mitteilungsblatt des Brecht-Zentrums der DDR. 1981/5, S.9.
MORLEY

Morlcy, Michael: An Investigation And Interpretation Of Two RATZ


Brecht Poems. In: The Germanic Review. 46 (1971), S. 5-25. Ratz, Erwin: Hanns Eisler zum 50.Geburtstag. In: Ratz, Erwin:
Gesammelte Aufsätze. Wien: Universal Edition 1975, S.110-114.
MoTEKAT

Motekat, Helmut: <<Von der Freundlichkeit der Welt>>. In: Orbis REICH
Litterarum. 19 (1964), S. 145-15 I. Reich, Bernhard: Im Wettlauf mit der Zeit. Erinnerungen aus fünf
Jahrzehnten deutscher Theatergeschichte. Berlin: Henschclvcrlag
1970.

511
Literaturverzeichnis

REIMANN SCHULZ
Reimann, Hans: Literazzia. Ein Streifzug durchs Dickicht der Schulz, Genia: Die Ballade von der Hanna Cash. Lektion über die
Bücher. Bd.I. München: Pohl &Co. 1952. Lebenskunst. In: Bertolt Brechts <<Hauspostille>>. Text und kollek-
tives Lesen. Herausgegeben von Hans-Thies Lehmann und Helmut
RIEGE Lethen. Stuttgart: Metzler 1978, S. 173-203.
Riege, Helga: Zwei Wiegenlieder Brechts. In: Wissenschaftliche
Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gesellschafts- SCHUMACHER/DIE DRAMATISCHEN VERSUCHE
wissenschaftlich-sprachwissenschaftliche Reihe. 6 ( 19 56/ 57), S. 7 3 3 BERTOLT BRECHTS 1918-1933
bis 737. Schumacher, Ernst: Die dramatischen Versuche Bertolt Brechts
1918 bis 1933. Berlin: Rütten &Loening 1955. - Reprint mit einem
RIHA/ MORITAT• BÄNKELSONG • PROTESTBALLADE Nachwort und einem Anhang des Verfassers. Berlin (West): das
Riha, Karl: Moritat • Bänkelsong • Protestballade. Königstein/ europäische buch 1977 (seitengleich).
Taunus: Athenäum 2 1979.
SCHUMACHER/ LEBEN BRECHTS
RIHA / MORITAT • SONG . BÄNKELSANG Schumacher, Ernst und Renate: Leben Brechts in Wort und Bild.
Riha, Karl: Moritat · Song · Bänkelsang. Die moderne Ballade. Berlin: Henschelverlag 1978. - Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979
Göttingen: Sachse & Pohl 196 5. ( = Schriften zur Literatur, Bd. 7.) ( seitengleich).

RITTER SCHWAEN

Ritter, Hans Martin: Die Lieder der Hauspostille - Untersuchungen Schwaen, Kurt: Stufen und Intervalle. Erinnerungen und Miszellen.
zu Brechts eigenen Kompositionen und ihrer Aufführungspraxis. Berlin: Neue Musik 1976.
In: Berto't Brechts <<Hauspostille>>. Text und kollektives Lesen.
Herausgegeben von Hans-Thies Lehmann und Helmut Lethen. SCHWARZ/ BRECHTS FRÜHE LYRIK
Stuttgart: Metzler 1978, S. 204-230. Schwarz, Peter Paul: Brechts frühe Lyrik 1914-1922. Bonn:
Bouvier 2 1980.
SAMMLUNG KATE KüHL
Sammlung Kate Kühl. Akademie der Künste Berlin (West). SCHWARZ/LYRIK UND ZEITGESCHICHTE
Schwarz, Peter Paul: Lyrik und Zeitgeschichte. Brecht: Gedichte
SCHEBERA über das Exil und späte Lyrik. Heidelber_g: Lothar Stiehm 1978.
Schebera, Jürgen: Banns Eisler. Eine Bildbiographie. Berlin:
Henschelverlag r 9 8 r. SEHM
Sehm, Gunter G.: Moses, Christus und Paul Ackermann. Brechts
SCHMIDT Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny>>. In: Brecht-Jahrbuch
<<

Schmidt, Dieter: <<Baal>> und der junge Brecht. Stuttgart: Metzler 1976. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1976, S. 83-100.
1966.
SEIDEL
SCHNEIDER Seidel, Gerhard: Bertolt Brecht - Arbeitsweise und Edition. Ber-
Schneider, Anneliese: Hanns Eisler: Musikkultur im Übergang lin: Akademie-Verlag 1977. - Dass. Stuttgart: Metzler 1977.
in theoretischer Sicht - Lieder im Exil nach Gedichten von
Bertolt Brecht. Diss. Berlin 1981. SELIGER
Seliger, Belfried W.: Das Amerikabild Bertolt Brechts. Bonn:
SCHÖNE Bouvier 1974.
Schöne, Albrecht: Erinnerung an die Marie A. In: Die deutsche
Lyrik. Form und Geschichte. Herausgegeben von Benno von Wiese. SEMRAU
Ed.II. Düsseldorf: August Bagel 1956, S.485-494. Semrau, Richard: Die Komik des Puntila. Berlin: Brecht-Zentrum
der DDR 1981. (= Brecht-Studien 7.)
SCHUHMANN/DER LYRIKER BERTOLT BRECHT 1913-1933
Schuhmann, Klaus: Der Lyriker Bertolt Brecht 19 r 3-19 33. Berlin: SIEBIG

Rütten & Loening 1964. (=Neue Beiträge zur Literaturwissen- Siebig, Karl: << Ich geh mit dem Jahrhundert mit.>> Ernst Busch.
schaft Bd. 2.) - Dass. München: DTV 1971. Eine Dokumentation. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1980.

SCHUHMANN / UNTERSUCHUNGEN ZUR LYRIK BRECHTS SINGERMANN


Schuhmann, Klaus: Untersuchungen zur Lyrik Brechts. Berlin und Singermann, Boris: Brechts << Dreigroschenoper >>. Zur Ästhetik der
Weimar: Aufbau-Verlag 1971. Montage. In: Brecht-Jahrbuch 1976. Frankfurt am Main: Suhr-
kamp 1976, S.61-82.
SCHULTE

Schulte, Michael: Karl Valentin in Selbstzeugnissen und Bilddoku- STERNBERG


menten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1968. Sternberg, Fritz: Der Dichter und die Ratio. Erinnerungen an Ber-
tolt Brecht. Göttingen: Sachse &Pohl 1963. (= Schriften zur Lite-
ratur, Bd. 2.)

512
Literaturverzeichnis

STRÄTER sowie anderen Quellen revidiert von David Drew. Klavierauszug


Sträter, Hans H.: Die Gedichte der Hauspostille. Untersuchungen von Norbert Gingold. Wien: Universal Edition 1969.
zur frühen Lyrik Brechts. Diss. Tübingen 1968.
WEILL / BERLINER REQUIEM

STREHLER Weill, Kurt: Das Berliner Requiem. Partitur. Wien: Universal


Strehler, Giorgio: Für ein menschliches Theater. Berlin: Henschel- Edition o. J.
verlag 1977.
WEILL / DRElGROSCHENOPER

TATLOW Weill, Kurt: Die Dreigroschenoper. Partitur. Wien: Universal


Tatlow, Antony: China oder Chima? In: Brecht heute - Brecht to- Edition (Philharmonia Partituren) o. J.
day 1. Jahrbuch der Internationalen Brecht-Gesellschaft I 971. Frank-
furt am Main: Athenäum 1971, S. 27-47. WEILL / HAPPY END

Weill, Kurt: Happy End. Partitur. Wien: Universal Edition o. J.


TAUSCHER

Tau scher, Rolf: Brechts Faschismuskritik in Prosaarbeiten und Ge- WEILL / SCHRIFTEN
dichten der ersten Exiljahre. Berlin: Brecht-Zentrum der DDR Weill, Kurt: Ausgewählte Schriften. Herausgegeben und mit einem
19 81. ( = Brecht-Studien 5.) Vorwort von David Drew. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1975.

TRETJAKOW WEISBACH
Tretjakow, Sergej: Lyrik· Dramatik· Prosa. Leipzig: Reclam 197 2. Weisbach, Reinhard: Das Paradigma des Gedichts in <<Bertolt
Brechts Hauspostille>>. Diss. Berlin 1966.
TREXLER
Trexler, Roswitha (unter Mitarbeit von Fritz Hennenberg): Was WEISSTEIN/ ALS WÄR'S EIN STÜCK VON BRECHT
der Sänger von Brecht lernen kann oder Meine Auffassung von Weisstein, Ulrich: Als wär's ein Stück von Brecht. Ein Vergleich
Weill. In: Brecht-Jahrbuch 1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp zwischen Lion Feuchtwangers Schauspiel <<Warren Hastings, Gou-
1979, s. 30-45. verneur von Indien>> und dessen Neufassung << Kalkutta, 4. Mai>>.
In: Weimarer Beiträge. 16 (1970), H.9, S.190-211.
ÜBER WEILL
Über Weill. Herausgegeben mit einem Vorwort von David Drew. WEISSTEIN / APFELBÖCK
Frankfurt am Main: Suhrkamp 1975. Weisstein, Ulrich: <<Apfelböck oder Die Lilie auf dem Felde». Zur
Interpretation eines Gedichts aus Bertolt Brechts <<Hauspostille>>.
VALENTIN In: German Quarterly. 45 (1972), S. 295-310.
Alles von Karl Valentin. Herausgegeben von Michael Schulte.
München und Zürich: Piper 1978. WEKWERTH

Wekwerth, Manfred: Schriften. Arbeit mit Brecht. Berlin: Henschel-


VÖLKER verlag 1973.
Völker, Klaus: Bertolt Brecht. München/Wien: Hanser 1976.
VON WIESE
WAGENKNECHT von Wiese, Benno: <<Liebeslieder» vom späten Brecht. In: Ausge-
Wagenknecht, Regine: Bertolt Brechts Hauspostille. In: Text + wählte Gedichte Brechts mit Interpretationen. Herausgegeben von
Kritik. Sonderband Bertolt Brecht II. München: Boorberg 1973, Walter Hinck. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1978, S. 118-122.
s. 20-29.
W ILLETT / BRECHT UND ENGLAND
w AGNER-REGENY Willett, John: Brecht und England. In: Theater der Zeit. 33 (1978),
Wagner-Regeny, Rudolf: Begegnungen. Biographische Aufzeich- s. 21-24.
nungen, Tagebücher und sein Briefwechsel mit Caspar Neher.
Berlin: Henschelverlag 1968. WrLLETT / DAS THEATER BERTOLT BRECHTS

Willett, John: Das Theater Bertolt Brechts. Reinbek bei Hamburg:


ALBRECHT WEBER Rowohlt 1964.
Weber, Albrecht: Zu Liebesgedichten Bert Brechts. In: Inter-
pretationen zur Lyrik Brechts. Herausgegeben von Rupert Hirsche- WILLETT / THE POET BENEATH THE SKIN
nauer und Albrecht Weber. München: Oldenbourg 1971, S. 57-87. Willet, John: The Poet Beneath the Skin. In: Brecht heute - Brecht
today 2. Jahrbuch der Internationalen Brecht-Gesellschaft 197 2.
BETTY NANCE WEBER Frankfurt am Main: Athenäum 1972, S. 88-104.
Weber, Betty Nance: Brechts <<Kreidekreis>>, ein Revolutionsstück.
Eine Interpretation. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1978. ZuCKMAYER

Zuckmayer, Carl: Als wär's ein Stück von mir. Erinnerungen.


WEILL/ AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY Frankfurt am Main: Fischer I 969.
Weill, Kurt: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny. Nach den
Autographen und hinterlassenen Korrekturen des Komponisten

513
Alphabetisches Register der Titel und Textanfänge

A D
Ach Tom, bist du auch beir Armee (Brecht)· 28, 370 Da ist nun einer schon der Satan selber (Weill) · 70, 388
Ach Tom, bist du auch beir Armee (Dessau)· 188, 43 3 Da preist man uns das Leben großer Geister (Weill) · 7 5, 390
Adler, Der (Dessau)· 322, 480 Das Berliner Requiem (Weill) · 114ff., 4ooff.
Als die großen Feuer brannten (Dessau) · 194, 436 Das Einheitsfrontlied (Eisler) · 226, 448
Als ich dich gebar (Eisler) • 214, 446 Das Lied vom Fluß der Dinge (Dessau) · 187, 432
Als ich dich in meinem Leib trug (Eisler) · 212, 445 Das Lied vom Förster und der schönen Gräfin (Dessau) · 1 So, 428
Als ich nachher von dir ging (Dessau)· 308, 477 Das Lied vom kriegerischen Lehrer (Eisler) · 270, 46 5
Als im weißen Mutterschoße aufwuchs Baal (Brecht)· 12, 362 Das Lied vom Rauch (Dessau)· 168, 426
Als sie ertrunken war (Weill) · 114, 401 Das Lied vom Sankt Nimmerleinstag (Dessau)· 170, 426
An den kleinen Radioapparat (Eisler) · 254, 460 Das Lied vom Surabaya-Johnny (Weill) • 106, 396
An der weißgetünchten Wand steht der schwarze Koffer Das Lied vom Weib des Nazisoldaten (Eisler) · 152, 416
(Eisler) · 260, 462 Das Lied von der harten Nuß (Weill) • 111, 399
An die Nachgeborenen (Eisler) · 238ff., 45 5ff. Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens
An die Nachgeborenen I (Eisler) · 249, 457 (Weill) · 81, 392
An die Nachgeborenen II (Eisler) · 252, 45 8 Das Pferd (Dessau)· 323, 480
An die überlebenden (Elegie II) (Eisler) · 246, 457 Das Schießgewehr schießt (Brecht/Bruinier) · 44, 375
An einem frühen Morgen (Eisler) · 25 8, 461 Das Schießgewehr schießt (Eisler) · 200, 439
An einem grauen Vormittag (Brecht)· 24, 368 Das Schwein (Dessau)· 320, 479
An jenem Tag im blauen Mond September (Brecht/Bruinier) · 42, Daß euer schlechtes Brot uns nicht tut drucken (Brecht) · 6, 357
373 Das <<Vielleicht>>-Lied (Eisler) · 150, 414
An jenem Tag im blauen Mond September (Bruinier) · 46, 375 Da war der Lehrer Huber (Eisler) · 270, 46 5
An meine Landsleute (Dessau)· 314, 478 Denn wie man sich bettet, so liegt man (Weill) · 122, 404
Apfelböck oder Die Lilie auf dem Felde (Brecht) · 14, 364 Der Adler (Dessau)· 322, 480
Ardens sed virens (Eisler) • 276, 467 Der Barbara-Song (Weill) · 62, 387
Aufbaulied der FDJ (Dessau)· 288, 470 Der Bilbao-Song (Weill) · 84, 395
Auf die Erde voller kaltem Wind (Wagner-Regeny) · 330, 482 Der Choral vom Manne Baal (Brecht)· 12, 362
Auf die Erde voller kaltem Wind/ Soll das heißen, daß wir uns Der Elefant (Dessau)· 321, 480
bescheiden (Wagner-Regeny) • 332, 483 Der Gottseibeiuns (Dessau)· 300, 475
Auf einen chinesischen Theewurzellöwen (Eisler) · 28 2, 469 Der gute Mensch von Sezuan (Dessau) · 168ff., 425 ff.
Auf nach Mahagonny (Brecht)· 20, 368 Der Herr ist aufs Feld gangen (Eisler) · 277, 468
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny (Weill) · 122ff., 403ff. Der Kanonen-Song (Weill) · 60, 38 5
Der kaukasische Kreidekreis (Dessau)· 192, 434
B Der Kirschdieb (Eisler) · 25 8, 461
Baals Lied (Brecht) · 4, 357 Der Mann-ist-Mann-Song (Brecht) · 28, 370
Ballade vom angenehmen Leben, Die (Weill) • 75, 390 Der Mann-ist-Mann-Song (Dessau) · 188, 4 33
Ballade vom Baum und den Ästen, Die (Eisler) · 222, 448 Der Matrosen-Song (Weill) · 88, 395
Ballade vom ertrunkenen Mädchen, Die (Weill) · 114, 401 Der Mensch lebt durch den Kopf (Weill) · 81, 392
Ballade vom Soldaten (Eisler) · 200, 439 Der Pflaumenbaum (Dessau) · 294, 4 74
Ballade vom Wasserrad, Die (Eisler) · 1 35, 411 Der Pflaumenbaum (Eisler) · 280, 468
Ballade vom Weib und dem Soldaten (Brecht/Bruinier) · 44, 375 Der Song von Mandelay (Weill) · 102, 396
Ballade von den Seeräubern (Brecht)· 16, 365 Der Song von Witwe Begbicks Trinksalon (Dessau) · 18 2, 4 31
Ballade von der Hanna Cash (Bruinier) · 48, 375 Die Ballade vom angenehmen Leben (Weill) · 75, 390
Ballade von der>> Judenhure<< Marie Sanders (Eisler) · 230, 452 Die Ballade vom Baum und den Ästen (Eisler) · 222, 448
Barbara-Song (Brecht)· 32, 372 Die Ballade vom ertrunkenen Mädchen (Weill) · 114, 401
Barbara-:-Song, Der (Weill) · 62, 387 Die Ballade vom Wasserrad (Eisler) · 135, 4u
Beharre nicht auf der Welle (Dessau)· 187, 432 Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit (Weill) · 70, 388
Berliner Requiem, Das (Weill) · 114ff., 4ooff. Die Dreigroschenoper (Weill) · 51 ff., 377ff.
Bettellied (Eisler) · 235, 453 Die haltbare Graugans (Eisler) · 277, 468
Bilbao-Song, Der (Weill) · 84, 395 Die Häuser sollen nicht brennen (Dessau) · 306, 476
Bills Ballhaus in Bilbao (Weill) · 84, 39 5 Die Heimkehr (Eisler) · 264, 46 3
Bitten der Kinder (Dessau) · 306, 476 Die Kellerassel (Dessau) · 324, 480
Bitteres Liebeslied, Ein (Brecht)· 1, 356 Die Liebste gab mir einen _Zweig (Dessau) · 31 3, 477
Die Moritat vom Mackie Messer (Weill) · 51, 381
C Die Mutter (Eisler) · 125 ff., 406ff.
Chloe saß an einem Bach (Wagner-Regeny) · 196, 437 Die Pappel vom Karlsplatz (Eisler) · 272, 465
Choral vom Manne Baal, Der (Brecht)· 12, 362 Die Rundköpfe und die Spitzköpfe (Eisler) · 135 ff., 41off.
Die Schlechten fürchten deine Klaue (Eisler) · 282, 469
Die Seeräuber-Jenny (Brecht) · 36, 37 2
Die Seeräuber-Jenny (Weill) · 56, 384

514
Alphabetisches Register der Titel und Textanfänge

Die Vaterstadt, wie find ich sie doch (Eisler) · 264, 46 3 Ich zog meine Fuhre (Eisler) · 207, 444
Die Zuhälterballade (Weill) · 7 2, 389 Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut (Eisler) · 246, 457
Dreigroschenoper, Die (Weill) · 51ff., 377 ff. Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut (Eisler/volkstümliche
Du kleiner Kasten, den ich flüchtend trug (Eisler) · 254, 460 Fassung)· 252, 45 8
Ihr, die ihr überlebtet in gestorbenen Städten (Dessau)· 314, 478
E Ihr Hauptleut, laßt die Trommel ruhen (Dessau)· 157, 420
Ein bitteres Liebeslied (Brecht) · 1, 356 Im Gefängnis zu singen (Eisler) · I 30, 408
Eine Pappel steht am Karlsplatz (Eisler) · 272, 465 Im Hofe steht ein Pflaumenbaum (Dessau) · 294, 474
Eines Tags, und das hat wohl ein jeder gehört (Dessau)· 170, 426 Im Hofe steht ein Pflaumenbaum (Eisler) · 2.80, 468
Einheitsfrontlied, Das (Eisler) · 226, 448 In dem grünen Kuddelmuddel (Schwaen) · 350, 486
Einst glaubte ich, als ich noch unschuldig war (Brecht)· 32, 372 In diesem Lande und in dieser Zeit (Eisler) · 2.56, 461
Einst glaubte ich, als ich noch unschuldig war (Weill) · 62, 387 In die Städte kam ich zu der Zeit der Unordnung (Eisler) · 242,
Einst, im Lenze meiner jungen Jahre (Dessau)· 160, 422 456
Einstmals, vor das Alter meine Haare bleichte (Dessau)· 168, 426 In die Städte kam ich zu der Zeit der Unordnung
Elefant, Der (Dessau)· 321, 480 (Eisler/volkstümliche Fassung) · 2.49, 457
Elegie 1939 (Eisler) · 238, 456 In einer Zeit, die jetzt vergangen ist (Weill) · 72, 389
Elegie I (Eisler) · 242, 456 In Erwägung unsrer Schwäche machtet ihr Gesetze (Eisler) · 2.28,

Elegie II: An die überlebenden (Eisler) · 246, 457 450


Erinnerung an die Marie A. (Brecht/Bruinier) · 4 2, 37 3 In mildem Liebte Jacob Apfelböck (Brecht) · 14, 364
Erinnerung an die Marie A. (Bruinier) · 46, 375 In Nürnberg machten sie ein Gesetz (Eisler) · 2.30, 45 2
Es lebt eine Gräfin in schwedischem Land (Dessau) · 1 So, 428 In Witwe Begbicks Trinksalon (Dessau)· 182., 431
Es war einmal ein Adler (Dessau)· 322, 480
Es war einmal eine Kellerassel (Dessau) · 324, 4 So J
Es war einmal ein Elefant (Dessau)· 321, 480 John war darunter und Jim war dabei (Weill) · 60, 385
Es war einmal ein Kind (Dessau) · 29 2, 47 3
Es war einmal ein Mann (Brecht)· 5, 357 K
Es war einmal ein Mann (Dessau) · 31 8, 4 7 8 Kanonen-Song, Der (Weill) · 60, 385
Es war einmal ein Pferd (Dessau)· 323, 480 Kaukasische Kreidekreis, Der (Dessau)· 192ff., 434ff.
Es war einmal ein Schwein (Dessau)· 320, 479 Keiner plagt sich gerne (Dessau) · 288, 470
Kellerassel, Die (Dessau) · 324, 480
F Kinderlieder (Eisler) · 234ff., 45 3f.
Friede auf unserer Erde (Eisler) · 266, 464 Kirschdieb, Der (Eisler) · 25 8, 461
Friedenslied (Eisler) · 266, 464 Kleines Bettellied (Dessau) · 2.96, 474
Fünf Kinderlieder (Dessau) · 29 2ff., 47 3ff. Kleines Lied (Brecht)· 5, 357
Kleines Lied (Dessau) · 31 8, 4 7 8
G
Gegen Verführung (Wagner-Regeny) · 336, 484 L
General, dein Tank ist ein starker Wagen (Dessau) · 326, 481 Laßt euch nicht verführen (Wagner-Regeny) · 336, 484
Gottseibeiuns, Der (Dessau) · 300, 4 7 5 Legende vom toten Soldaten (Brecht) · 8, 360
Gute Mensch von Sezuan, Der (Dessau) · 168ff., 425 ff. Legende vom toten Soldaten (Brecht/Fassung Ernst Busch) · 10,
360
H Lerne das Einfachste (Eisler) · 125, 407
Hallo, jetzt fahren wir nach Birma hinüber (Weill) • 88, 395 Liebeslied aus einer schlechten Zeit (Schwaen) · 347, 486
Haltbare Graugans, Die (Eisler) · 277, 468 Lied auf den Azdak (Dessau)· 194, 436
Happy End (Weill) · 84ff., 393ff. Lied der Galgenvögel (Brecht)· 6, 357
Hat ein Weib fette Hüften (Brecht)· 4, 357 Lied der Kompanie (Wagner-Regeny) • 198, 238
Hauspostille (Brecht)· Sff., 359ff. Lied der Melinda (Wagner-Regeny) · 196, 437
Heider Hei saß bei Tine Tippe im Gras (Brecht)· 3, 356 Lied der müden Empörer (Brecht)· 2, 356
Heimkehr, Die (Eisler) · 264, 463 Lied der Mutter Courage (Dessau)· I 57, 420
Herr Bäcker, Herr Bäcker, das Brot ist verbacken(Dessau) · 300,475 Lied der verderbten Unschuld beim Wäschefalten
Herrlich, was im schönsten Feu'e r (Eisler) · 276, 467 (Wagner-Regeny) · 341, 485
Herrnburger Bericht (Dessau)· 306 f., 476 Lied des Pfeifenpieter (Dessau)· 166, 423
Herr Puntila und sein Knecht Matti (Dessau) · 18of., 428f. Lied einer deutschen Mutter (Dessau)· 283, 469
Höchstes Glück ist doch, zu spenden (Wagner-Regeny) · 335, 483 Lied einer Liebenden (Dessau) · 310, 477
Hollywooder Liederbuch (Eisler) · 254ff., 459ff. Lieder auf Worte von Bertolt Brecht (Wagner-Rcgeny) · 3 3off.,
Hotelzimmer 1942 (Eisler) · 260, 462 482ff.
Lieder zur Klampfe (Brecht) · 1 ff., 355ff.
I Lied vom achten Elefanten (Dessau)· 175, 427
Ich hab dich ausgetragen (Eisler) · 216, 446 Lied von der belebenden Wirkung des Geldes (Eisler) · 142, 413
Ich war jung, Gott, erst sechzehn Jahre (Weill) · 106, 396 Lied von der großen Kapitulation (Dessau) · 160, 422

515
Alphabetisches Register der Titel und Textanfänge

Lied von Liebe (Brecht)· 3, 356 Solidaritätslied (Eisler) · 204, 4 39


Lob des Lernens (Eisler) · 125, 407 Song von Mandelay, Der (Weill) · 102, 396
Song von Witwe Begbicks Trinksalon, Der (Dessau)· 182, 431
M Spruch (Dessau)· 329, 481
Mag es jetzt sein, wie es will (Brecht) · 1, 356
Mahagonnygesang Nr. 1 (Brecht) · 20, 368 T
Mahagonnygesang Nr. 2 (Brecht) · 21, 368 Taschenpostille (Brecht) · 8ff., 359ff.
Mahagonnygesang Nr. 3 (Brecht) · 24, 368 Tierverse (Dessau) · 320 ff., 4 79 f.
Mann ist Mann (Dessau) · I 8 2 ff., 4 30 ff.
Mann-ist-Mann-Song, Der (Brecht)· 28, 370 u
Mann-ist-Mann-Song, Der (Dessau)· 188, 433 Über den Schnapsgenuß (Schwaen) · 350, 486
Matrosen-Song, Der (Weill) · 88, 395 Über den Selbstmord (Eisler) · 256, 461
Mein Bruder war ein Flieger (Dessau)· 298, 474 Und als der Krieg im vierten Lenz (Brecht) · 8, 360
Meine Herren, meine Mutter prägte auf mich einst ein schlimmes Und als der Krieg im vierten Lenz (Brecht/Fassung Ernst Busch)
Wort (Weill) · 122, 404 10, 360

Meine Herrn, heute sehn Sie mich Gläser abwaschen (Brecht)· 36, Und der Haifisch, der hat Zähne (Weill) · 51, 381
37 2 Und es sind die finstern Zeiten (Eisler) · 275, 467
Meine Herrn, heute sehn Sie mich Gläser abwaschen (Weill) · 56, Und es waren mächtige Zaren einst im weiten Russenreich
384 (Dessau) · 290, 47 1
Mein Sohn, ich hab dir die Stiefel und dies braune Hemd geschenkt Und ich werde nicht mehr sehen das Land, aus dem ich gekommen
(Dessau) • 28 3, 469 bin (Eisler) · 27 3, 467
Mein Sohn, was immer auch aus dir werde (Eisler) • 218, 446 Und sie kamen in ihren Hemden von braunem Schirting daher
Mit dem Rock von Kattun (Bruinier) · 48, 375 (Eisler) · 222, 448
Moritat vom Mackie Messer, Die (Weill) · p, 381 Und was bekam des Soldaten Weib (Eisler) · 15 2, 416
Motto· Auf einen chinesischen Theewurzellöwen (Eisler) · 282, 469 Und weil der Mensch ein Mensch ist (Eisler) · 226, 448
Mutter, Die (Eisler) · 125 ff., 406ff.
Mutter Beimlein (Eisler) · 234, 45 3 V
Mutter Courage und ihre Kinder (Dessau) · 1 57 ff., 41 8 ff. Vielleicht vergeht uns so der Rest der Jahre (Eisler) · 1 50, 414
Mutter Goddams Puff in Mandelay (Weill) · 102, 396 Vier Generäle zogen nach Iran (Dessau) · 192, 436
Vier Liebeslieder (Dessau) · 308ff., 477
N Vier Wiegenlieder für Arbeitermütter (Eisler) · 212ff., 445 f.
Neue Kinderlieder (Eisler) · 266ff., 418ff. Vom Branntwein toll und Finsternissen (Brecht)· 16, 365
Niedrig gilt das Geld auf dieser Erden (Eisler) · 142, 413 Vom Glück des Gebens (Wagner-Regeny) · 335, 483
Nix Beßres als die Pfeif (Dessau) · 166, 423 Vom Kind, das sich nicht waschen wollte (Dessau)· 292, 473
Vom Sprengen des Gartens (Eisler) · 262, 462
0 Von den Großen dieser Erde (Eisler) · 13 5, 411
0 Falladah, die du hangest (Eisler) · 207, 444 Von der Freundlichkeit der Welt (Wagner-Regeny) · 330, 482
0 Sprengen des Gartens (Eisler) · 262, 462 Von der Freundlichkeit der Welt und Gegenlied (Wagner-Regeny) ·
332, 483
p Vorwärts und nicht vergessen (Eisler) · 204, 439
Pappel vom Karlsplatz, Die (Eisler) · 272, 465
Pauken und Trompeten (Wagner-Regeny) · 196ff., 437f. w
Pflaumenbaum, Der (Dessau) · 294, 4 74 Was meine Mutter mir sagte (Wagner-Regeny) · 341, 485
Pflaumenbaum, Der (Eisler) · 280, 468 Wenn du mich lustig machst (Dessau) · 310, 477
Wer immer seinen Schuh gespart (Brecht)· 2, 356
R Wer in Mahagonny blieb (Brecht) · 21, 368
Räuberlied (Wagner-Regeny) · 338, 484 Wer will einen großen Mann hab'n (Weill) · 111, 399
Resolution (Eisler) · 228, 450 Wiegenlieder für Arbeitermütter (Eisler) · 212ff., 445 f.
Rundköpfe und die Spitzköpfe, Die (Eisler) · 135 ff., 41off. Wie viel besser fuhren wir in der Räuberzeit (Wagner-Regeny) · 338,
484
s Wirklicher Fortschritt ist nicht Fortgeschrittensein (Dessau) · 329,
Schweyk im zweiten Weltkrieg (Eisler) · 15 2ff., 415 ff. 481
Seeräuber-Jenny, Die (Brecht) · 36, 37 2 Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten (Eisler) · 238, 456
Seeräube~-Jenny, Die (Weill) · 56, 384 Wir waren miteinander nicht befreundet (Schwaen) · 347, 486
Sieben Elefanten hatte Herr Dschin (Dessau)· 175, 427 Wohin zieht ihr (Schwaen) · 351, 486
Sieben Rosen hat der Strauch (Dessau)· 312, 477
Siebenzehn Gemeine von der Artill'rie (Wagner-Regeny) · 198, 438 z
Sie haben Gesetzbücher und Verordnungen (Eisler) · 130, 408 Zuhälterballade, Die (Weill) · 7 2, 389
Singt noch ein Lied und denkt euch nur (Dessau)· 296, 474 Zukunftslied (Dessau)· 290, 471
Singt noch einmal ein Lied und denkt euch nur (Eisler) · 235, 45 3 Zu Potsdam unter den Eichen (Weill) · 118, 40 2

516
',
',
',

Das könnte Ihnen auch gefallen