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GESCHICHTE w LÄMPE/KUHN/BÜCHLER w Datum: Das Hambacher Fest 1832

Das Hambacher Fest 1832

! Aufgabe 1: Erläutern Sie das Verhältnis der politischen Richtungen des Vormärz
zueinander (Konservatismus, Liberalismus, Nationalismus).
Gehen Sie dabei auch auf die Ziele der Verfechter dieser politischen
Richtungen ein. (Rückseite)
! Aufgabe 2: Beschreiben Sie die von Siebenpfeiffer in beiden Reden kritisierten
Missstände und seine Forderungen bzw. Ziele.
! Aufgabe 3: Ordnen Sie Siebenpfeiffer – auf der Grundlage beider Quellen – begründet in
die politischen Strömungen der Zeit ein.

Rede Philipp Jakob Siebenpfeiffers auf dem Hambacher Fest, 1832

Der Jurist und Journalist (1789 – 1845) war zusammen mit Johann Georg August Wirth Initiator
des Hambacher Festes. Er wandte sich an die Menschen, die seinem Aufruf gefolgt waren:

Vaterland – Freiheit – ja! ein freies deutsches Vaterland – dies der Sinn des heutigen
Festes, dies die Worte, deren Donnerschall durch alle deutschen Ländern drang, den
Verrätern der deutschen Nationalsache die Knochen erschütternd, die Patrioten aber
anfeuernd und stählend zur Ausdauer […] Und es wird kommen der Tag, […] wo der
5 Deutsche vom Alpengebirg und der Nordsee, vom Rhein, der Donau und Elbe den Bruder
im Bruder umarmt, wo die Zollstöcke1 [wegfallen], wo freie Straßen und freie Ströme den
freien Umschwung aller Nationalkräfte und Gäste bezeugen; wo die Fürsten die bunten
Hermeline2 feudalistischer Gottstatthalterschaft mit der männlichen Toga3 deutscher
Nationalwürde vertauschen, und der Beamte, der Krieger, statt mit der Bedientenjacke des
10 Herrn und Meisters, mit der Volksbinde sich schmückt; […] und ein starkes selbstgewobenes
Bruderband alle umschließt zu politischer Einheit und Kraft; wo die deutsche Flagge […]
allen freien Völkern den Bruderkuss bringt. Es wird kommen der Tag, […] wo das deutsche
Weib, nicht mehr die dienstpflichtige Magd des herrschenden Mannes, sondern die freie
Gefährtin des freien Bürgers, unsern Söhnen und Töchtern schon als stammelnden
15 Säuglingen die Freiheit einflößt, und im Samen des erziehenden Wortes den Sinn ächten
Bürgertums nährt […], wo der Bürger nicht in höriger Untertänigkeit den Launen des
Herrschers und seiner knechtischen Diener, sondern dem Gesetze gehorcht, und auf den
Tafeln des Gesetzes den eigenen Willen liest, und im Richter den frei erwählten Mann
seines Vertrauens erblickt; […] Wir selbst wollen, wir selbst müssen vollenden das Werk […]
20 Ihr deutsche Männer! o lasset auch uns aller Spaltungen vergessen […]; lasset uns nur eine
Farbe tragen, damit sie uns stündlich erinnere, was wir sollen und wollen, die Farbe des
deutschen Vaterlands; auf ein Gesetz nur lasset im Geist uns schwören, auf das heilige
Gesetz deutscher Freiheit; auf ein Ziel nur lasset uns blicken, auf das leuchtende Ziel
deutscher Nationaleinheit, deutscher Größe, deutscher Macht: und wenn einst alle
25 deutschen Männer dieser eine Gedanke voll und lebendig durchdringt, dann […] wird in
strahlendster Gestalt sich erheben, wonach wir Alle ringen und wozu wir heute den
Grundstein legen – ein freies deutsches Vaterland. Es lebe das freie, das einige
Deutschland! Hoch leben die Polen, der Deutschen Verbündete! Hoch leben die Franzosen,
der Deutschen Brüder, die unsre Nationalität und Selbstständigkeit achten! Hoch lebe jedes
30 Volk, das seine Ketten bricht und mit uns den Bund der Freiheit schwört! Vaterland –
Volkshoheit – Völkerbund hoch!

aus: J. G. A. Wirth: Das Nationalfest der Deutschen in Hambach. Neustadt 1832, S. 31 ff. zitiert nach:
http://www.friedrich-verlag.de/shop/downloads/dl/file/id/36265/product/13088/quellen_material_pdf.pdf (01.10.2015)

1
Straßenabsperrungen zwischen den deutschen Kleinstaaten, an denen man Zölle auf Waren zahlen
musste
2
Fell einer Wieselart, galt seit dem Mittelalter als Symbol fürstlicher oder richterlicher Gewalt
3
Kleidungsstück eines römischen Bürgers, hier als Metapher für bürgerliche Freiheit verwendet
GESCHICHTE w LÄMPE/KUHN/BÜCHLER w Datum: Das Hambacher Fest 1832

Aus der Verteidigungsrede Philipp Jakob Siebenpfeiffers (1832/33)

Siebenpfeiffer und andere Organisatoren des Hambacher Festes wurden im Juni 1832 verhaftet
und in Landau vor Gericht gestellt. Die Rede, die Siebenpfeiffer während des Prozesses gehalten
haben will, veröffentlichte er im Schweizer Exil.

Die sogenannte konstitutionelle Monarchie, offenbar der Idee nach die vollendete
Staatsform, weil sie die Stetigkeit der Monarchie mit dem beweglichen Fortschritt der
Republik4 vereinen würde, dünkt den einen ein Übergang, den andern eine Täuschung. Sie
fand den Weg über den Kanal zu spät und bewährt schon jetzt sich nur als eine
5 Korruptionsanstalt, die den Zweck hat, den Geist der Völkerbewegung zu lahmen, zu töten,
den letzten Keim sittlicher Kraft in den Menschen zu vernichten.
Was mich betrifft, ich bin Republikaner von ganzer Seele; nicht bloß der Theorie nach,
sondern ich halte die Repräsentativ-Republik für die einzige Staatsform, die einem
größeren Volk, das seine Würde fühlt, geziemt, für die alleinige, die heute möglich. Sie
10 allein kann freies Denken, freies Handeln geben, somit den Zweck der Völkerbewegung
erfüllen. […] Außerdem kenne ich nur zwei Staatsformen: absolute Monarchie nämlich, für
jugendliche Völker etwa, welche, das Schwert in der Hand, einen Wohnsitz, ein Dasein
erkämpfen wollen, oder für versunkene Völker, die der Peitsche bedürfe, um nicht in Fäulnis
überzugehen; sodann eine Aristokratie, wo eine Klasse herrscht, das übrige Volk aber
15 Heloten5, Sklaven sind. Die konstitutionelle Monarchie, welche Republik und Fürstlichkeit
vereinen soll, ist mir praktisch ein Unding. Nur ein Wille kann Staaten regieren; jene stellt
aber einen zweifachen auf: den Willen des Monarchen und den Willen des Volkes. So
entsteht ein Doppelprinzip, das sich selbst feindselig bekämpft. Alle Gewalt strebt, wie man
weiß, naturgemäß nach ihrer Erhaltung, Befestigung, Erweiterung: Ist die Regierung stark,
20 so wird sie absolut, die Mitwirkung des Volkes wird ein Gaukelspiel sein; ist der Volksrat
stark, so geht die Monarchie in der Republik unter […]! – Die Repräsentativ-Republik aber
stellt nur einen Willen auf, den der Gesamtheit. Parteien können entstehen, Bewegungen,
Kämpfe mögen kommen, sollen kommen, denn sie bewahren den Staat vor Fäulnis: Aber
sie zeigen sich nur, wo wesentliche Gebrechen, wo ernste Interessen verletzt, nicht alle
25 Kräfte zu freiem Spiel gelassen sind; und es besteht ein gesetzliches Organ für jedes
solches Interesse, die Gesamtheit kann das Gebrechen heilen. Ihr sagt: Eine Demokratie
passt nur für ganz kleine Staaten, so sag‘ ich auch: […] Selbst das römische Volk hatte nur
eine Stadtregierung, und dennoch bewirkte sie Wunder. Sagt ihr aber, die heutigen Völker
seien für republikanische Formen nicht tüchtig, so ist man versucht zu denken, ihr urteilt
30 nach euch selbst. Mein ihr aber, sie seien dafür noch nicht reif, so brecht ihr euch den Stab
über der Monarchie, die in tausend Jahren nicht fähig war, die Völker weiterzubringen.
Lauter nichtige Vorwände! Um die Erziehung der Völker zu bewirken, raubt ihr ihnen die
Bildungsmittel, Schule und Presse! Deutet man euch auf Nordamerika, wo mit Menschen
von gleicher Art und Wiese wie wir die Repräsentativ-Republik in vollem Glanze blüht, wo
35 fünfzig Jahre sturmlos hingegangen und von wo nach weiteren fünfzig Jahren das
versunkene Europa, wenn dessen Wiedergeburt misslingt, das Gesetz, im schlimmsten
Falle Freiheit und Zivilisation zurückempfangen wird; so leugnet ihr entweder schamlos die
bewunderungswerten Resultate, die sie liefert, oder ihr helft euch mit der Wendung,
Amerika sei nicht Europa. […] Die Zukunft wird zeigen, dass Europa so geeignet wie
40 Amerika für echt republikanische Gemeinwesen, […]

aus: Bezirksverband Pfalz (Hrsg.): Das Hambacher Fest 1832 – 2007 – Materialsammlung für den Unterricht mit
ausgewählten Modulen, Kaiserslautern 2007, S: 17. Zitiert nach: Felix Dietzsch (u.a.): Geschichte und Geschehen –
Oberstufe Gesamtband, Stuttgart (Klett) 2015, S. 138f.

4
Staatsform, bei der die Regierenden für eine bestimmte Zeit vom Volk oder von Repräsentanten des
Volkes gewählt werden
5
unfreie, zu Abgaben und Diensten verpflichtete Bewohner Spartas
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Liberalismus

politische Reformbewegung, will in Deutschland Freiheit, Gleichheit und Einheit


verwirklichen. Konkret: Begrenzung der monarchischen Rechte durch eine Verfassung,
Volksvertretungen, gewählt von den selbständigen bürgerlichen Mittelschichten, mit dem
Recht der Gesetzgebung und der Bestimmung über das Budget; Pressefreiheit und andere
5 Grundrechte; Bindung der fürstlichen Regierung an die Gesetze; Unabhängigkeit der
Richter, Gewaltenteilung. Ziel war also nicht die Absetzung der Fürsten und die Einführung
einer Republik, sondern die Teilung der Macht mit den Monarchen in einer konstitutionellen
Monarchie, Rechtsstaat und Nationalstaat („Einigkeit und Recht und Freiheit“). Die
Liberalen verstehen sich wie die Demokraten meist als Anhänger der Ideen von 1789,
10 wollen ihre Ziele aber nicht revolutionär, sondern über die Aufklärung des Volkes mittels
freier Presse und anderer Formen der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Arbeit in den
Länderparlamenten erreichen. Soziale Basis: Bildungsbürgertum, insbesondere Studenten
und Professoren, teilweise auch das neue Wirtschaftsbürgertum, Kleinbürgertum, regional
auch Bauern.

Demokraten

(in der Sprache der Zeit: „Entschiedene“, „Radikale“): bilden sich verstärkt seit 1832/1840
aufgrund der ständigen Unterdrückung und der Enttäuschung über die mangelnden Erfolge
der Liberalen und aufgrund wirtschaftlicher Krisen. In Opposition gegen die Monarchie wie
die Liberalen, aber auf der Basis der Forderung nach dem allgemeinen (Männer-)Wahlrecht
5 und weiter gehenden politischen Zielen bis hin zur Forderung nach Republik. Die Linke
innerhalb der demokratischen Bewegung bekennt sich auch zur Revolution als Mittel zur
Erreichung der Ziele. Soziale Basis: jüngere Intellektuelle mit unsicherer materieller
Existenz (Journalisten u. Ä.); Kleinbürgertum.

Nationalismus, Nationalbewegung

will Deutschland zum Nationalstaat machen, d. h. die deutschen Einzelstaaten einem


gemeinsamen Parlament und einer gemeinsamen Regierung unterstellen, mit Ausnahme
einiger Demokraten ohne die Einzelstaaten selbst aufzulösen. Nationale und liberale bzw.
demokratische Opposition gegen absolute Fürstenherrschaft und waren inhaltlich und
5 personell weitgehend identisch. Mit Hilfe einer gesamtdeutschen Verfassung sollten beide
Ziele, die Freiheit und die Einheit, gleichzeitig verwirklicht werden.

Konservatismus

Verteidigung traditioneller monarchischer Autorität gegen Liberale und Demokraten;


grundsätzliche Gegnerschaft zu den Ideen von 1789, Betonung des Gottesgnadentums
gegenüber dem Gedanken der Volkssouveränität, der Fürstengewalt gegenüber der
konstitutionellen Monarchie oder gar Republik, der Gemeinschaftsbindung gegenüber den
5 Rechten des Individuums. Anhänger: Monarchen, Adel, teilweise Beamte; die in der ersten
Hälfte des 19.Jahrhunderts noch zahlreichen unpolitischen „Untertanen“ aller Schichten
standen am ehesten konservativen Überzeugungen nahe.

aus: http://www.bayern-in-europa.de/userfiles/UeberblickueberRevolutionsgeschehen.pdf (29.08.2018)

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