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Proseminar 1 Körper&Geist Herbstsemester 2020

Sarah Scheidmantel & Manuel Merkofer Naomi Meier

Forschungsbericht

Die Schlafkrankheit in Afrika - Ihre Bekämpfung durch die Kolonialmächte und die
Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung
Proseminar 1 Körper&Geist Herbstsemester 2020
Sarah Scheidmantel & Manuel Merkofer Naomi Meier

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung Fehler! Textmarke nicht definiert.

2. Vorstellung Sekundärliteratur 2

3. Schluss und aktueller Forschungsstand 6

4. Bibliographie 6

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Proseminar 1 Körper&Geist Herbstsemester 2020
Sarah Scheidmantel & Manuel Merkofer Naomi Meier

1. Einleitung
Zur Forschung über die Schlafkrankheit in Afrika sind zahlreiche Publikationen bekannt.
Die Mehrzahl davon fokussiert sich auf die Seuche und ihren medizinischen Hintergrund. Die
Schlafkrankheit hat sich in der Zeit des Kolonialismus stark verbreitet, darauf soll der Fokus
in diesem Forschungsbericht gelegt werden. Im Folgenden wird die Forschung bezüglich der
angewandten Massnahmen der Kolonialregierungen gegen die Epidemie dargestellt. Es soll
herausgefunden werden, welche Maßnahmen die Kolonialmächte zur Bekämpfung der
Schlafkrankheit anwandten und wie diese geplanten Strategien umgesetzt wurden. Ebenfalls
soll beschrieben werden, welche Reaktion die lokale Bevölkerung auf die Massnahmen der
Kolonialregierungen zeigten. Dabei wird die beigezogene Forschungsliteratur chronologisch
dargestellt. Der Fokus liegt auf britischen, deutschen und belgischen Kolonien in Afrika,
namentlich Kamerun, Togo, Kongo, Tansania und Uganda.

Die afrikanische Schlafkrankheit wird als eine tropische Infektionskrankheit bezeichnet, deren
Erreger Trypanosomen heissen.1 Die Trypanosomen können durch den Stich der Tsetse
Fliege auf den Menschen übertragen werden. Als Zwischenwirt der Erreger zwischen Mensch
und Fliege können Säugetiere, wie Krokodile, gelten. Die Schlafkrankheit, ist vor allem im
Tsetse Gürtel verbreitet, ein Gebiet, welches von Senegal bis in die Kalahari reicht. Es
existieren laut Becker zwei Arten der Epidemie, welche sich in ihrem Krankheitsverlauf
unterscheiden.2 Neben der westafrikanischen Schlafkrankheit, verläuft die ostafrikanische
Schlafkrankheit in einem schnelleren Zyklus und führt im frühen Stadium zum Tod. Die
westafrikanische Schlafkrankheit hat einen chronischen Verlauf und deren Zyklus zieht sich
über mehrere Wochen.3 Die westafrikanische Schlafkrankheit gilt als die weiter verbreitete
Form und ist zuständig für ca. 90% der Fälle. Als frühe Anzeichen für diese Form der Krankheit
gelten entzündete Lymphknoten im Nackenbereich und als spätere Symptome werden
Verwirrungszustände und Krämpfe beschrieben.4

1
Becker, Die afrikanische Schlafkrankheit in der demokratischen Republik Kongo, S.4.
2
Ebd., S.4.
3
Ebd., S.5.
4
Ebd., S.6.

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2. Vorstellung Sekundärliteratur
Im Jahr 2007 beschäftigte sich Manuela Bauche mit der deutschen Kolonie Kamerun und
beschrieb, dass die deutsche Kolonialmacht früh Pläne entworfen hat, um die Schlafkrankheit
in Kamerun unter Kontrolle zu kriegen.5 Die Patienten sollten in Schlafkrankenlager isoliert
und mit dem Medikament Atoxyl behandelt werden. Laut der Autorin war das toxische
Medikament Atoxyl wenig wirksam, aber die Ärzte dosierten es doppelt oder verlängerten die
Behandlung der Patienten in der Hoffnung bessere Resultate zu erzielen.6 Als weitere
Maßnahmen waren in Kamerun Abholzung von Tsetse Fliegen befallene Gebiete und
Umsiedlungen vorgesehen, welche nach Bauche nur vereinzelt durchgesetzt wurden und
nicht erfolgreich verliefen. Die Autorin betonte, die deutsche Kolonialregierung habe unter
Personalmangel gelitten und hatte Schwierigkeiten die Einhaltung der Maßnahmen zu
kontrollieren.7
Hiroyuki Isobe analysierte in seinem umfassenden Werk Medizin und Kolonialgesellschaft von
2009 die Vorgehensweisen der deutschen Kolonien gegen die Schlafkrankheit.8 Er betonte
wie Bauche, dass die deutschen Kolonien in Ostafrika vor allem medizinische Massnahmen,
wie die Atoxyl-Behandlung angewendet hatten.9 Nach dem Plan der deutschen Regierung
wurden die Kranken in Schlafkrankenlager interniert, dort isoliert und 4-6 Monate intravenös
mit Atoxyl behandelt, danach galten sie als unschädlich.10 Die Internierung in die
Schlafkrankenlager musste laut Isobe unter Zwang ausgeführt werden, da der Grossteil der
Bevölkerung Widerstand gegenüber den vorgesehenen Umsiedlungen zeigte und es
zahlreiche Aufstände gab.11 Entgegen Bauche schrieb Isobe, dass die deutschen
Kolonialärzte nach 1910 auf gross angelegte medizinische Behandlungen verzichteten und
sich auf die Fliegenbekämpfung konzentrierten.12 Die geplanten Abholzungen der deutschen
Kolonialmacht waren nach Isobe unmöglich zu realisieren, da die deutsche Kolonie Togo
beispielsweise mit sehr dichtem Buschland bewachsen war. Dieses Buschland war verseucht
mit Tsetse Fliegen und schwer vollständig zu roden.13 Robert Koch, ein deutscher Tropenarzt,
wurde vom Autor als wichtige Figur im Kampf gegen die Epidemie beschrieben, da er laut
Isobe erste Massnahmen wie die Errichtung von Schlafkrankenlager und die Abholzung von
Tsetse befallenen Gebieten in Deutsch-Ostafrika implementiert hatte.14

5
Bauche, Trypanosomen und Tinbeef, S.1.
6
Ebd., S.13.
7
Ebd., S.6.
8
Isobe, Medizin und Kolonialgesellschaft, S.32.
9
Ebd., S.93.
10
Ebd., S.178.
11
Ebd., S.70.
12
Ebd., S.117.
13
Ebd., S.175-S.177.
14
Ebd., S.70.

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Fredericke Becker, bezog sich 2010 auf die belgische Kolonie Kongo und hob hervor, dass
Kongolesen bereits vor der Kolonisation einfache Maßnahmen, wie die Errichtung von
Barrieren zwischen betroffenen Dörfern, anwandten, um die Schlafkrankheit zu bekämpfen.15
Zu den primären Maßnahmen der belgischen Kolonialherrschaft gegen die Epidemie zählten
sie die medizinischen Untersuchungen von mobilen Teams, Abholzungen von Tsetse Fliegen
befallenen Gebieten und die Internierung von Kranken in Schlafkrankenlager.16 Becker
erwähnte, die Schlafkrankenlager seien unter den Kongolesen als “death camps” bezeichnet
worden.17 Die mobilen Teams, welche aus Ärzte und Pfleger bestanden, gingen in befallene
Dörfer und untersuchten die Patienten in ihren Häusern nach einem bestimmten Protokoll.18
Zur medizinischen Forschung für Medikamente gegen die Schlafkrankheit wurden laut Becker
in Europa verschiedene Forschungsinstitutionen gegründet. In die europäischen Labore
wurden schlafkranke Kongolesen gebracht, um nähere Untersuchungen durchzuführen.19
Steidl fokussierte sich 2013 auf die britische Kolonie Tansania und auf die
Fliegenbekämpfung, welche als Hauptstrategie der Briten gegen die Schlafkrankheit galt.20
Neben der Abholzung und Verbrennung von Tsetse Fliegen betroffenen Gebieten beschrieb
die Autorin den Alltag in den Schlafkrankenlager ausführlich.21 Sie erklärte, dass die britische
Kolonialmacht die Bevölkerung versuchte mit Rinderzucht in diesen kontrollierten Lagern zu
halten. Rinder hatten in der einheimischen Bevölkerung einen hohen Wert, da sie als Nutztiere
genutzt werden konnten und gleichzeitig eine Nahrungsquelle waren.22 Weitere Projekte der
britischen Kolonialherrschaft, wie Baumwollproduktion, seien in den Schlafkrankenlager nach
Steidl geplant worden, aber wurden nicht umgesetzt, da Patienten zurück in ihre Wohnorte
flüchteten und die Regierung zu wenig Personal für die Kontrolle hatte.23
Steidl betonte weiter, dass die Patienten sich weigerten, sich mit Atoxyl behandeln zu lassen
und die europäischen Ärzte nicht als Autorität wahrnahmen. Um die medizinische Behandlung
durchzusetzen, arbeiteten die Kolonialärzte mit einheimischen Bezirksleitern zusammen.
Diese Zusammenarbeit führte laut der Autorin zu lokalen Spannungen und gefährdete die
Stabilität der britischen Kolonie.24

15
Becker, Die afrikanische Schlafkrankheit in der demokratischen Republik Kongo, S.17.
16
Ebd., S.20.
17
Ebd., S.20.
18
Ebd., S.22.
19
Ebd., S.20.
20
Steidl, Kolonialer Naturschutz und Tsetse-Kontrollen in West-Tansania, S.31.
21
Ebd., S.32.
22
Ebd., S.50.
23
Ebd., S.47.
24
Ebd., S.31-33.

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Im Jahr 2014 legte Christina Wiediecke den Fokus auf Karl Kleine, einem Schüler des bereits
erwähnten deutschen Arztes Robert Koch.25 Sie beschrieb wie Kleine 1908 die Entwicklung
der Trypanosomen in der Tsetse Fliege nachweisen konnte und zahlreiche Expeditionen nach
Tansania unternahm, um in Schlafkrankenlager zu forschen.26 In den Lager verlief die
medizinische Behandlung mit Atoxyl und dem neuen Medikament Arsenophenylglycin nicht
erfolgreich; es traten vermehrt schwere Nebenwirkungen wie Erblindungen und körperliche
Schwächung auf.27 Wiediecke beschrieb als einzige Autorin die Wildtiervernichtung, welche
in Tansania zunächst in den Vordergrund trat. Säugetiere, wie Krokodile, konnten als
Zwischenwirte der Trypanosomen gelten und wurden unter Kleine gejagt und getötet, um die
weitere Verbreitung der Schlafkrankheit zu verhindern.28
Das aktuellste Forschungswerk zum Thema Schlafkrankheit und Bekämpfung lieferte Sarah
Ehlers mit Europa und die Schlafkrankheit im Jahr 2019. Wie Hiroyuki analysierte Ehlers
deutsche Kolonien und ihre Strategien gegen die Epidemie, aber fügte belgische und britische
Kolonien hinzu.29 Die Massnahmen gegen die Epidemie welche Ehlers erwähnte, wie
Rodungen und Umsiedlungen in die Schlafkrankenlager, deckten sich mit den Strategien
welche alle bereits erwähnten Autoren genannt haben.30 Entgegen Hiroyuki schrieb Ehlers,
dass deutsche Kolonien ihre Strategien gegen die Schlafkrankheit von den Briten
übernommen haben.31 Britische Kolonialärzte hatten laut der Autorin in Uganda die ersten
Pläne für systematische Abholzungen zur Bekämpfung der Tsetse Fliegen aufgestellt.32
Ebenfalls betonte sie, dass die ersten Schlafkrankenlager ab 1907 in britischen und deutschen
Kolonien aufgebaut wurden und später die belgischen Kolonien ihrem Beispiel folgten.33
Ehlers beschrieb die Schlafkrankenlager dabei als Kontrollinstrumente der Kolonialmacht wie
Steidl und gleichzeitig als ein Ort der Forschung, der Europa und Afrika verband.34 Die Autorin
fokussierte sich auf die Atoxyl-Behandlung und bezeichnete diese Behandlung als
Experiment, weil der Wirkstoff nach vielversprechenden Ergebnissen in deutschen Laboren
zur Anwendung in die Kolonien geschickt wurde. Wie schon mehrere Autoren zuvor, kritisierte
sie die schweren Schäden, welche der Wirkstoff bei Patienten verursachte.35

25
Wiedicke, Die Bedeutung des Robert-Koch Schülers Karl Kleine, S.1.
26
Ebd., S.39.
27
Ebd., S.58-59.
28
Ebd., S.62-63.
29
Ehlers, Europa und die Schlafkrankheit, S.153.
30
Ebd., S.148.
31
Ebd., S.153.
32
Ebd., S.153-156.
33
Ebd., S.184.
34
Ebd., S.185.
35
Ebd., S.116-S.123.

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Ehlers übte auch Kritik an der Einstellung der Kolonialärzte aus, welche ihre europäischen
Behandlungsstrategien in Afrika durchsetzten, ohne sich für das lokale Wissen der
Bevölkerung zu interessieren. Sie erwähnte, dass die europäischen Ärzte die Afrikaner immer
als Patienten sahen und sich selber als Retter. Diese Einstellung sei ihnen zum Verhängnis
geworden.36

3. Schluss und aktueller Forschungsstand


Dieser Einblick in die Thematik der Bekämpfung der Schlafkrankheit zeigt, dass verschiedene
Publikationen ähnliche Ansätze präsentieren. Es gibt Widersprüche über die zeitlichen
Abläufe der Massnahmen. Alle Forschungsbeiträge betonen die Schäden der Atoxyl-
Behandlung und wie willkürlich die Ärzte damit umgegangen sind. Währendem einige Autoren
an der sachlichen Oberfläche der Thematik bleiben, beschreiben andere ebenfalls die
Auswirkungen auf die Bevölkerung und schreiben weniger europäisch zentriert. Aufgefallen
ist, dass insgesamt sehr viel Aufmerksamkeit auf die medizinische Bekämpfung und deren
Entwicklung durch deutsche Ärzte gerichtet wurde.
Aktuellste Forschung zur Bekämpfung der Schlafkrankheit in Afrika zeigt, dass ein neues
Medikament namens Fexinidazol, vom französischen Pharmakonzern Sanofi vertrieben, als
jüngstes Heilmittel der Schlafkrankheit gilt und nach mehreren Studien im Januar von diesem
Jahr zum ersten Mal im Kongo eingesetzt wurde. Die hohe Heilungsquote von 96% bei den
präklinischen Studien verspricht eine mögliche medizinische Lösung für die Epidemie in
Afrika.37

36
Ehlers, Europa und die Schlafkrankheit, S.145.
37
Offermans, Heribert : Die Schlafkrankheit ist heilbar. Vernachlässigte Erkrankungen, in : Chemie
unserer Zeit, Nr. 54, 2020, S. 148-150.

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4. Bibliographie
Bauche, Manuela : Trypanosomen und Tinbeef. Medizinisches Wissen um die Schlafkrankheit
zwischen Deutschland und Kamerun 1910-1914, in: Marc Seifert/ Markus Egert/ Fabian
Heerbaart u.a. (Hg.) : Beiträge zur 1. Kölner Afrikawissenschaftlicher Nachwuchstagung, Köln
2007, S. 1-19.

Becker, Fredericke : Die afrikanische Schlafkrankheit in der demokratischen Republik Kongo.


Eine Analyse der Strategien ihrer Bekämpfung durch Nationale Institutionen, die WHO und
Nichtregierungsorganisationen, Würzburg 2010.

Ehlers, Sarah : Europa und die Schlafkrankheit. Koloniale Seuchenbekämpfung, europäische


Identitäten und moderne Medizin 1890-1950, Göttingen 2019 (Kritische Studien zur
Geschichtswissenschaft 232).

Isobe, Hiroyuki : Medizin und Kolonialgesellschaft. Die Bekämpfung der Schlafkrankheit in


den “deutschen Schutzgebieten” vor dem ersten Weltkrieg, Berlin 2009 (Periplus Studien 13).

Steidl, Petra : Kolonialer Naturschutz und Tsetse-Kontrollen in West-Tansania 1920-1960,


Wien 2013.

Wiedicke, Christina : Die Bedeutung des Robert-Koch Schülers Karl Kleine für die Erforschung
der Schlafkrankheit, Wittenberg 2014.

Zeitschriften
Offermans, Heribert : Die Schlafkrankheit ist heilbar. Vernachlässigte Erkrankungen, in:
Chemie unserer Zeit, Nr. 54, 2020, S. 148-150.

Bildquellen
Titelbild
<https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e1/Bayer_205JS.jpg>
[Stand: 8.12.2020]

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