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Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949

von M a r k u s M a r q u a r t

Vorwort
Zugleich mit meinem Beginn als Archäologe an den Museen der Stadt
Aschaffenburg 1987 begann eine Sichtung aller Fundakten zu den archäolo-
gischen Sammlungsstücken. Dabei blieb es nicht aus, dass auch zahlreiche
Dokumente aus den vergangenen Jahrzehnten der Museumsverwaltung
durchgesehen werden mussten, aus denen dann wichtige Informationen zu den
einzelnen Stücken und ihrer Historie zu gewinnen waren. Anfänglich schienen
die dort verstreut gesammelten Hinweise aus der Museumsgeschichte nur ein
Nebenprodukt zu sein, doch mit der Zeit wurde klar, dass sich darin auch eine
Fülle von Informationen zur Geschichte und Entwicklung der Aschaffenbur-
ger Museen und der mit ihnen verbundenen Personen verbarg, die so bislang
nirgends zusammengefasst bereit lagen. So entstand über die Jahre ein sich
immer weiter verdichtendes Netz von Informationen, das es nun ermöglicht,
eine Geschichte der Aschaffenburger Museen zu zeichnen, die durchgängig
versucht, die Einrichtung und ihre handelnden Personen auch im Zeitge-
schehen zu verorten. Dabei wird des Öfteren deutlich, wie ausgedünnt die
Quellenlage durch lückenhafte Überlieferung ist, aber auch, dass weite Bereiche
der jüngeren Zeitgeschichte noch einer wissenschaftlichen Aufarbeitung be-
dürfen, die in diesem Zusammenhang und von dieser Stelle aus nicht zu leisten
ist. Deswegen soll dieser Beitrag auch als Hinweis und Anstoß dienen, an
diesen offenen Enden anzuknüpfen und weitere Erkenntnisse zu erreichen.1

Die Aschaffenburger Karls-Universität, die Auflösung des Dalbergstaates


und der Übergang an das Königreich Bayern
Eine neue Entwicklung begann in Aschaffenburg mit der Errichtung der
Karls-Universität 1810 durch Karl Theodor von Dalberg, Fürstprimas des
Großherzogtums Frankfurt. Da Mainz zu dieser Zeit immer noch von fran-
zösischen Truppen besetzt war, wurde die dortige Universität aufgehoben, die

1
Eine gekürzte Zusammenfassung zur Aschaffenburger Museumsgeschichte wurde bereits in der
Internetpublikation vorgelegt Marquart, Aschaffenburg. Dieser Beitrag spart daher die dort
auch behandelte früheste archäologische Forschungsgeschichte am Untermain aus, die dem-
nächst in anderem Zusammenhang vorgelegt werden soll. Hier verwendet wird die in der
archäologischen Forschung übliche Zitierweise entsprechend der Richtlinien und Abkürzungs-
verzeichnisse für Veröffentlichungen der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen
Archäologischen Instituts von 1975; Für die Durchsicht des Manuskripts und Beratung danke
ich Herrn Martin Kempf, Glattbach.
156 Markus Marquart

Aschaffenburger Neugründung wurde sozusagen ihr Nachfolger, denn Lehr-


kräfte und Studenten kamen größtenteils aus Mainz.2 Die Universität umfasste
eine Katholisch-theologische und eine juristische Fakultät, neben einer Sektion
für allgemeine Kulturwissenschaften: Philosophie, Ästhetik, Naturgeschichte,
Physik, Mathematik, Geschichte und Philologie. Dort unterrichtet der spätere
Hofbibliothekar Dr. Joseph Merkel auch das Fach Archäologie.3 An weiteren
Einrichtungen neben der Universität wird erkenntlich, dass Dalberg den Aus-
bau Aschaffenburgs zu einer modernen Regierungsstadt betrieb. Wissenschaft
und Kultur waren in den Neugründungen von Universität, Kunst- und Musik-
schule, Forstlehranstalt und Theater gleichermaßen vertreten. In diesen Zu-
sammenhang gehört auch die heute „Kornhäuschen“ genannte Säulenhalle in
der Webergasse, die 1805 im Auftrag Fürst Dalbergs nach Entwürfen von Ema-
nuel d’Herigoyen errichtet wurde und als Ausstellungs- und Veranstaltungs-
halle dienen sollte.4 Auch wenn deren weiterer Ausbau unterblieb, waren
damit Ansätze zum Musealen vorhanden, die 1811 Staatsrat Franz Ignaz Hein-
rich von Hefner5 wieder aufgriff, indem er die erste Kunstausstellung in
Aschaffenburg ausrichtete und einen Plan zur Gründung eines Museums vor-
legte. Über die ausgestellten Bilder ist allerdings nichts bekannt und auch seine
Museumspläne sind nicht erhalten.6
Die Pläne zu einer Museumsgründung wie auch die Karls-Universität fan-
den mit der Auflösung des Dalbergstaates 1814 allerdings ein rasches Ende.7
Am 26. Juni wurde Aschaffenburg im Tausch gegen Vorarlberg dem König-
reich Bayern angegliedert. Die Universität wurde aufgelöst, die Zentralverwal-
tung des ehemaligen Fürstentums blieb noch bis 1817 bestehen.8 Danach
wurde Aschaffenburg der Regierung des „Untermainkreises“ mit Sitz in
Würzburg unterstellt.
2
Behlen u. Merkel 74 f. vgl. auch T.J. Scherg, Dalbergs Hochschulstadt Aschaffenburg I (1954)
24 ff.
3
zu Merkel siehe auch Personenindex
4
Grimm, Häuserbuch II 384 f.
5
siehe Personenindex
6
J. Wirth, Aschaffenburg. Eine Sammlung alter Stiche, Lithographien, Zeichnungen und Ge-
mälde (1948) 35
7
H.-B. Spies, Ein anonymer Kommentar zur bayerischen Besitzergreifung Aschaffenburgs.
Mittlg. Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 3, 1991, 133 ff. u. ders. Von Kurmainz zum
Königreich Bayern. Änderungen der territorialen und landesherrlichen Verhältnisse im Raum
Aschaffenburg 1803-1816. Mittlg. Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 2, 1989, 261 f. –
C. Pollnick, Vom Mainzer Rad zur Krone Bayerns - Aschaffenburg im Staate Dalbergs. Ebda
263–287 – W. Krämer, Die königliche Post löste die Thurn und Taxische Lehenspost ab. Ebda.
302–305 – Ders., Gedenktage zur Eingliederung Aschaffenburgs in das Königreich Bayern.
Ebda. 306
8
H. Ketterer, Das Fürstentum Aschaffenburg und sein Übergang an die Krone Bayern, Fest-
schrift zum Jahrhundertgedächtnisse am 26. Juni 1814–26 (1914) 226 ff.
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Nur ein Jahr später erschien aus der Hand des Großherzoglich-Hessischen
Kirchen- und Schulrates Conrad Dahl9 ein Werk, das sich erstmals ausführ-
licher der Geschichte Aschaffenburgs widmete.10 Er führte den Namen und die
Gründung Aschaffenburgs schon auf die germanische Sprachwurzel Asch=
Eschen zurück und schrieb die Entstehung der Burg allerdings den „übermüti-
gen“ Römern zu, deren Festungslinie nach damaliger Ansicht noch durch den
Spessart verlief. Er war der Erste, der von einer ältesten Klosterkirche – ge-
gründet von Benediktinern aus dem Elsaß – berichtete. Seine Mutmaßungen
gingen auf Interpolationen zurück und sind auch schon sehr schnell widerlegt
worden.
Richtig erkannt hat er aber wohl schon den Umstand, dass die Schenkung
Herzog Ottos von Gütern im Spessart und anderswo an den Altar des Hl.
Martin zu Aschaffenburg nicht die Stiftskirche betraf, sondern eine andere
ältere Kirche, nämlich die des Hl. Martin auf dem Sattel zwischen Stifts- und
Badberg.11 Er referierte außerdem noch einmal den Fund der römischen
Weihesteine aus der Aschaffenburger Stadtmauer 1777-1782 nach Heim und
vertrat die Meinung, dass es sich aufgrund der römischen Funde bei Aschaffen-
burg um ein römisches Kastell gehandelt haben müsse. Als Beleg führte er dazu
den Bericht von Heim über die Funde am alten „Bergschloße“ von 1783 an.12
Gleichzeitig wurden in Stockstadt bei Feldarbeiten immer wieder römische
Altertümer aufgedeckt, und der dort ansässige Gastwirt Johann Hock sammelte
diese Gegenstände eifrig.13 Seine ehemals umfangreiche Sammlung ist aller-
dings verschollen, so wie die meisten Münzfunde aus Stockstadt älteren
Datums heute nicht mehr existieren. Dies mag auch daran liegen, dass die
zahlreichen Münzfunde vom Stockstädter Feld häufig eingeschmolzen wurden,
um sie zu Schuhschnallen umzugießen.14 Dies überliefert das Geschichtswerk
von Johann Wilhelm Christian Steiner, der als Zeitgenosse und Nachbar in

9
Nähere Angaben zur Biographie liegen nicht vor, doch ist anzunehmen, dass Conrad Dahl seine
Funktion als Kirchen- und Schulrat zu Zeiten des Großherzogtums Hessens, also bis 1814, auch
in Aschaffenburg ausübte
10
Dahl, Aschaffenburg
11
Dahl, Aschaffenburg 11 f. 39 beruft sich dabei auf Valentin Ferdinand Baron von Gudenus,
Codex diplomaticus sive Anectdotorum, Res Moguntinas, Francicas, Trevirenses, Colonienses,
Finitimarumque Regionum, nec non Ius Germanicum et S.R.I. Historiam vel maxime illustran-
tium, Bd. 2 (Göttingen bzw. Frankfurt/Leipzig 1743–1747) 304
12
Dahl, Aschaffenburg 200 f. mit Bezug auf Heim, Historisch-numismatische Abhandlung
(Erfurt 1789); Heim behandelt die römischen Fundmünzen aus der näheren Umgebung; Das
Werk liegt leider nicht vor.
13
zur Forschungsgeschichte des Römerkastells Stockstadt: Drexel, Stockstadt 1 ff. u. P. Knauth,
Heimathkunde der Stadt und des K. bayer. Bezirksamtes Aschaffenburg im Kreise Unter-
franken. Aschaffenburg (1876) 34
14
Steiner, Spessart 178 f. – FMRD I,6 25 ff.
158 Markus Marquart

Seligenstadt neben den geschichtlichen Hintergründen gelegentlich auch für


den Fundverbleib wichtige Hinweise gibt.15

König Ludwig I. von Bayern und die Gründung der historischen Vereine
Waren alle Forschungen und Entdeckungen von denen wir wissen bis dahin
durch die Interessen von Einzelpersonen geprägt, so gewann die Denkmal-
pflege mit dem Bayerischen König Ludwig I. auch staatliches Interesse.16
Schon 1827 plädierte er für die Gründung von Historischen Vereinen.17 Bei
einem Besuch in Würzburg regte er 1831 die Gründung eines „Historischen
Vereins für Unterfranken“ an, der am 22. Januar 1831 dort als „Historischer
Verein für den Untermainkreis“ durch den Regierungspräsidenten des Unter-
mainkreises Maximilian Freiherr von Zu Rhein mit 28 weiteren Mitgliedern
gegründet wurde.18 Ausstellungsort des Vereines war das „Antiquarium“ in
Würzburg, Publikationsorgan das „Archiv des historischen Vereins des Unter-
mainkreises“. Erste Ausgrabungen des historischen Vereins, unter Anderem im
Guttenberger Wald bei Würzburg, brachten reiche Funde.19 Daher stammen
vermutlich die im Aschaffenburger Museumsinventar von 1880 mit dem Fund-
ort Guttenberger Wald und dem Zusatz „Gesch. v. Broili“ aufgeführten Ob-
jekte: „röm. Grablämpchen20, Schälchen mit Ausguss21, Thränenkrüglein“22,
sowie Bruchstücke einer bronzezeitlichen Armberge.23

15
J.W.C. Steiner, Altertümer und Geschichte des Bachgaues im alten Maingau (Aschaffenburg/
Darmstadt 1821/29)
16
König Ludwig I. von Bayern, geb. 1786, König von 1825–1848, gest. 1868
17
Ludwig I. stellt den Kabinettsbefehl in seiner Villa Colombella bei Perugia am 29.5. aus; Hen-
ner, Hist. Ver. 17 – Keller, Denkmalpflege 11 ff. mit Anmerkungen.
18
Henner, Hist. Ver. 18; darunter Legationsrath Dr. Scharold, Regierungsrat Ph. Heffner, Dom-
kapitular Dr. Oberthür, Archivar Dr. Buchinger, als Numismatiker Kanonikus Hübner und
Studienlehrer Dr. Keller, Antiquitätensammler und Regierungsrath Martinengo, Geschichts-
forscher Pater Wig. Weigand, ehemals Conventuale von Ebrach, Bischof Friedrich von Groß,
Domvikar Dr. Müller, Oberpfleger Horn des Juliusspitals, Professoren Friedrich und Ringel-
mann.
19
die Funde vom Guttenberger Wald im Museum Aschaffenburg haben aber mit den Unter-
suchungen Panzers nichts zu tun; vgl. Fr. Panzer, Ausgrabungen und Funde an mehreren in der
Umgebung von Würzburg entdeckten heidnischen Opferstätten. Archiv des historischen Ver-
eins für den Untermainkreis I.1, 1832, 86 ff. – Henner, Hist. Ver. 19 u. 36
20
im Inventar von 1880 unter XII. Miscellen N°179
21
im Inventar von 1880 unter XII. Miscellen N°180
22
im Inventar von 1880 unter XII. Miscellen N°181, im Inventar Friedrich 1903 unter VI.
Roemische Gefäße N°49;
23
im Inventar von 1880 unter XIII. Römische Alterthümer N°200, im Inventar Friedrich 1903
unter II. Keltische Bronse N°5 u. N°14, MSA Inv.-Nr. 52 a, b (alt 101a/b).
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 159

Mitglied des Historischen Vereins für Unterfranken war auch der Offizier
und Großherzoglich-Hessische Hofgerichtsadvocat Johann Wilhelm Christian
Steiner in Seligenstadt. Er widmete sich schon seit Beginn der 20er Jahre der
Erforschung des Untermaingebietes und veröffentlichte größtenteils im Eigen-
verlag mehrere Schriften über verschiedene Städte und Regionen am Unter-
main und im angrenzenden Hessen.24 Auf Bitten des historischen Vereins für
Unterfranken begann er eine Darstellung des römischen Limes und der Stra-
ßenzüge im Spessart, die ursprünglich in den Annalen des historischen Vereins
erscheinen sollte. Seine Arbeit wurde aber wesentlich umfangreicher, so dass er
sie 1834 schließlich im Eigenverlag publizierte. Sein Werk widmete er dem
Bayerischen König Ludwig und aus dem Subskribentenverzeichnis geht her-
vor, dass es sofort maßgebliche Verbreitung fand. Seine überaus farbige und
phantasievolle Darstellung der Geschichte wird auch damals beim Publikum
angekommen sein. Nach seiner Ansicht aber verlief der römische Limes über
den Spessart und Aschaffenburg selbst ging, wegen der dort gefundenen
Römersteine, auf eine römische Kastellgründung auf dem Badberg zurück.

Ludwig I. und Aschaffenburg


Unterfranken und speziell Aschaffenburg erfreuten sich bei König Lud-
wig I. ganz offensichtlich einer besonderen Wertschätzung, die sich aus einer
persönlichen Vorliebe und auch aus einem geschickten politischen Kalkül
erklären lässt.25
So bekam Aschaffenburg 1837 zumindest im Wortlaut wieder politisches
Gewicht, als auf Weisung König Ludwig I. der bis dahin schmucklose „Unter-
mainkreis“ in „Unterfranken und Aschaffenburg“ umbenannt wurde. Ludwig
fügte seiner Förderung Aschaffenburgs noch ein besonderes architektonisches
Detail hinzu. Hofarchitekt Friedrich von Gärtner begann 1840 mit den Pla-
nungen zum Bau des Pompejanums, eines Nachbaus der kurz zuvor in Pompeji
ausgegrabenen Casa dei Dioscuri.26

24
Bibliographie im Personenindex
25
Ludwig hielt sich häufig während der Sommermonate in Aschaffenburg auf; Daten zusammen-
gestellt bei W. Krämer, Zum 200. Geburtstag König Ludwig I. von Bayern - Freund und Förde-
rer unserer Stadt. In: B. Schad (Hrsg.) Fühle mich heimisch bei dir... Ludwig I. und Aschaffen-
burg. Ausstellung zum Ludwig-Gedenkjahr 1986 vom 31. Oktober bis 30. November 1986 in
Aschaffenburg (1986) 9–14 u. dies., König Ludwig I. von Bayern – Freund und Förderer
Aschaffenburgs. Mittlg. Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 2, 1989, 18–23;
26
Die Grundsteinlegung erfolgt am 10. Juni 1843, Fertigstellung 1848; vgl. K. Sinkel, Pompeja-
num Aschaffenburg – Villa Ludwigshöhe in der Pfalz. Veröffentlichungen Geschichts- und
Kunstverein Aschaffenburg 22 (1984) – zuletzt auch H.-B. Spies (Hrsg.), 150 Jahre Pompeja-
num in Aschaffenburg 1843–1993. Mittlg. Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 4 (1993)
160 Markus Marquart

Im selben Jahr erschien eine neue Zusammenfassung zur Geschichte und


Topographie Aschaffenburgs von Stefan Behlen, Königlich-Bayerischer Forst-
meister, und Joseph Merkel, eben jenem Hofbibliothekar, der dreißig Jahre
zuvor an der Aschaffenburger Karls-Universität auch Archäologie unterrichtet
hatte.27 Auch nach der Darstellung von Behlen und Merkel verläuft der römi-
sche Limes auf dem Nord-Süd gerichteten Höhenweg über den Hauptkamm
des Spessarts, der heute unter dem Namen „Eselsweg“ bekannt ist. Auch nach
ihrer Auffassung war Aschaffenburg ein römisches Kastell. Die römischen
Weihesteine aus der Aschaffenburger Stadtmauer wurden zu dieser Zeit im
Studiengebäude verwahrt.28 Behlen und Merkel fassten die frühe Geschichte
Aschaffenburgs in wenige Seiten und referierten im Wesentlichen die Darle-
gungen Dahls. Allein zur frühen Klostertradition führten sie schon Gegen-
argumente an und bestritten die benediktinische Gründungstradition eines
frühen Klosters.29 Schon kurz nach der Fertigstellung des Pompejanums ver-
breitete ein kleines Werk die Kunde dieses Bauwerks auch nach England.30
Aschaffenburg dürfte damit auch für einige Reisende von der Insel ein Aus-
flugsziel geworden sein, die im Zuge der aufkommenden Romantik römische
Architektur zwar sehen, aber nicht in Neapel sterben wollten.31

Die Gründung der nationalen Museen


Die folgenden Jahre waren geprägt von einer Welle von Gründungen zen-
traler Geschichtsinstitutionen, die für die Entwicklung der Vorgeschichtsfor-
schung und der Museen im entstehenden Deutschland von entscheidender
Bedeutung waren.
Die historischen Vereine Deutschlands gründeten am 18. September 1852 in
Mainz auf Antrag von Freiherrn von Aufsess und Ludwig Lindenschmidt den
„Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine“.32 Erster

27
Behlen u. Merkel; zu Merkel vgl. auch C. Pollnick, Aschaffenburger Portraits Nr. 51. In:
Aschaffenburger Volksblatt Nr. 68 vom 21.03.1991
28
Behlen u. Merkel 4
29
Behlen u. Merkel 7 ff.
30
Richard Wanderer, The Pompeian Building at Aschaffenburg, with view and plan, together with
an historical description of Pompeii and its destruction. Hrsg. von Max Joseph Richard-Janillon
(Knight of the Bavarian Order of Merit of St. Michael). Ins Englische Übersetzt von H.J.
Grainger, Englischlehrer zu Heidelberg. Ohne Erscheinungsjahr (Heidelberg) vermutlich kurz
nach 1850
31
„Neapel sehen und sterben“ geht darauf zurück, dass viele der Touristen aus Mitteleuropa dort
tödlich an Typhus, Tbc oder Malaria erkrankten.
32
Schneider, Stiftsmuseum IV – K. Böhner, Das Römisch-Germanische Zentralmuseum – eine
vaterländische und gelehrte Gründung des 19. Jahrhunderts. Jahrb. RGZM 25, 1978, 1–48 bes.
20 ff. – zur Entwicklung der Vorgeschichtsforschung in Deutschland vgl. Gummel, For-
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 161

Direktor des gleichzeitig gegründeten Römisch-Germanischen Zentralmuse-


ums in Mainz wurde Ludwig Lindenschmidt, erster Direktor des am 3. Januar
1853 gegründeten Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg Freiherr von
Aufsess.
Nachdem 1854 König Maximilian II. in einem öffentlichen Aufruf dazu
aufgefordert hatte, Materialien zur Geschichte der bayerischen Städte zu sam-
meln und sich an den Bestrebungen der Historischen Vereine zu beteiligen33,
bildete sich auch in Aschaffenburg unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Adal-
bert von Herrlein34 ein Bezirkskomiteé des Historischen Vereins für Unter-
franken.35 Es bestand aus 31 Mitgliedern, meist Lehrer, Beamte und Mandats-
träger, darunter auch Valentin Hofmann.36 Während in Mainz das Römisch-
Germanische Zentralmuseum seine kleine Studiensammlung zur Ur- und
Frühgeschichte öffentlich zugänglich machte37, stellte sich das hiesige Bezirks-
komiteé die Aufgabe, durch eigene Ausgrabungen eine Sammlung „römischer
Altertümer“ zusammenzubringen. Mit Blick auf die möglichen Unkosten bei
Einrichtung, Präsentation, Ankäufen und Ausgrabungen lehnte man jedoch
die Einrichtung eines „Museums für Antiquitäten, insbesondere römische
allein“ ab.

Die Aschaffenburger Museumssammlung und die ersten Ausgrabungen


Dem Bezirkskomiteé gelang es dennoch für den Verbleib der Funde ein
kleines Museum für Altertümer zu gründen, dies aber nur, weil das königliche
Stiftsrentamt einen Raum im Landingschulhaus bereitstellte, der mit einem
städtischen Zuschuss in Höhe von 50 Talern eingerichtet wurde.38 Erster
Konservator dieses „Raritätenkabinetts“ wurde am 5. Mai 1854 der gelernte
Schwertfeger und Zeichenlehrer an der Gewerbeschule (seit 1833) Valentin

schungsgeschichte u. W. Krämer, Das Römisch-Germanische Zentralmuseum und die deutsche


Vorgeschichtsforschung um die Jahrhundertwende. Jahrb. RGZM 25, 1978, 49–73
33
Schneider, Stiftsmuseum IV – in der Folge steigt auch die Mitgliederzahl des Historischen Ver-
eins in Würzburg über 400 vgl. Henner, Histor. Verein 23
34
Adalbert von Herrlein: geb. 1798, Bürgermeister von 1835–1864, gest. 1870; vgl. Pollnick,
Stadtoberhäupter 40–45; Herrlein war archäologisch vorbelastet, er hatte schon um 1830 an der
Ausgrabung von „Römergräbern“ bei Elsenfeld teilgenommen – vgl. Endrich 261
35
vgl. dazu auch die chronologische Zusammenstellung von C. Pollnick, Chronologie. In: Poll-
nick, 100 Jahre, 85–123
36
C. Pollnick, Das „Historische Bezirks-Comité“. In: Aschaffenburger Volksblatt Nr. 178 vom
17.8.1989 und Nr. 193 vom 24.8.1989
37
vgl. Schneider, Stiftsmuseum IV
38
eine kurze Zusammenfassung zur Aschaffenburger Museumsgeschichte auch bei E. Schneider,
Museum der Stadt Aschaffenburg – ein kleiner Bildführer (1964) – StA WÜ Stiftungsamt
Aschaffenburg, Gymnasiumfonds, Fach 25 Akt Nr. 8–15, Lfd. Nr. 121–128
162 Markus Marquart

Hofmann.39 An derselben, am 24. November 1833 errichteten Schule, unter-


richtete ebenfalls als Zeichenlehrer Jakob Heinrich von Hefner, der spätere
Direktor des Bayerischen Nationalmuseums in München.40
Die enge Verbindung von Valentin Hofmann mit Hefner-Alteneck und
anderen Gelehrten der Zeit hatte zur Folge, dass die Bestände des Aschaffen-
burger Museums nach modernsten Prinzipien regelgerecht dokumentiert, be-
handelt und verwahrt wurden (Abb. 1).

Abb. 1: Zeichnung eines römischen Altares aus Stockstadt von J. H. von Hefner-Alteneck um 1860

Auf kleinen Kartons, die an den Sammlungsstücken befestigt waren, hielt er


säuberlich den Fundort und die Fundumstände fest. Von seinen Objekt-
beschriftungen haben aber nur sehr wenige bis heute überdauert, darunter die
eines skythischen Bronzekolliers (Abb. 2 u. 3)
In die Zeit seiner Tätigkeit fallen viele Erwerbungen auch vorgeschichtlicher
Funde aus dem Ausland. Darunter befinden sich neben altägyptischen Klein-
plastiken und Bronzen aus Italien auch Funde aus dem heutigen Weißrussland
und ein ganzes neolithisches Fundensemble aus einer damals erst entdeckten
sog. Pfahlbausiedlung aus dem Neuenburger See in der Schweiz. Wie diese
teilweise heute noch vorhandenen Funde, darunter auch Kuriosa aus der hal-
ben Welt (Mexiko, Neuguinea, Kamerun, China), hierher gelangten, lässt sich
in den meisten Fällen nicht mehr nachvollziehen (Abb. 4).41 Der Tausch von

39
Biographie im Personenindex
40
erster Direktor wird Karl Maria Freiherr von Aretin; Hefner übersiedelt 1853 mit seiner Familie
nach München; Zu Hefner vgl. J. Wirth, Jakob Heinrich von Hefner=Alteneck. Ausstellung
1943 zum 40. Todestag (1943) u. Spies, Hefner-Alteneck mit weiterer Literatur – siehe auch
Personenindex
41
Die Altbestände sind bei Marquart, Aschaffenburg im Katalog aufgenommen soweit sie nach-
weislich einen archäologischen Ursprung haben. Die ethnologischen Altbestände sollen in
einem andern Zusammenhang vorgelegt werden.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 163

Abb. 2: Bronzehalsschmuck mit Klapperblechen aus einer spätbronzezeitlichen Grabhügel-


bestattung in Weißrussland (MSA 60208), Objektbeschriftung von Valentin Hofmann um 1860

Abb. 3: (Detail) Objektbeschriftung von Valentin Hofmann um 1860, Tusche auf Pappe 3,5 x 15,5 cm
Diademartiger Kopfschmuck von Bronze, gefunden in den Leuchtenbergischen Waldungen bei
der Stadt Morschantzke im Tamlinfischen Gouvernement. Geschenkt von Forstmeister Ott.
(Aus einem Mongolengrabe stammend.)
164 Markus Marquart

Abb. 4: Indianische Obsidianklinge Abb. 5: Modell eines Limesturmes von Valentin


aus Mexico mit aufgeklebtem Etikett: Hofmann, ca. 1869, bemaltes Papier auf Holz, H. 32 cm
„Städtische Museumssammlungen
Aschaffenburg“

archäologischen Antiquitäten war unter den damals noch wenigen Fachleuten,


zu denen auch Hofmann gezählt werden muss, ein durchaus üblicher Weg die
Sammlung auch mit auswärtigen „Raritäten“ zu erweitern. Nur selten gelingt
es allerdings dabei beteiligte Personen dingfest zu machen. So ist z. B. auch der
einschlägig bekannte Regierungsrat von Raiser beteiligt, aus dessen Besitz ein
bronzezeitliches Fundensemble aus Feldkahl bereits 1842 in die Sammlung des
Maximilianmuseums in Augsburg geriet.42
Ein genauer Überblick über die Hofmannsche Sammlung ist uns heute nicht
mehr möglich, da seine ausführlichen Beschriftungen fast alle später entfernt
wurden. Valentin Hofmann fertigte daneben auch Korkmodelle in der Art von
Carl und Georg May. Neben Modellen des alten Herstalltores, der Schöntal-
ruine und der Alzenauer Burg nutze er die Technik aber auch um Modell-
rekonstruktionen römischer Limeswachtürme für das Museum zu fertigen
(Abb. 5).43 Sein Hauptaugenmerk lag sichtlich auf der Archäologie. Bereits am
14./15. September 1854 öffnete er mehrere Hügelgräber im Lindigwald zwi-

42
vgl. Endrich, Untermaingebiet 260 f. und freundl. Mittlg. von St. Wirth, Römisches Museum
Augsburg
43
zu den Korkmodellen Helmberger u. Kockel, Korkmodelle
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 165

schen Kleinostheim und Dettingen.44 König Ludwig I. (abgedankt seit 1848)


und Prinz Adalbert besuchten die „römischen Ausgrabungen“, was auch in
einem Zeitungsbericht seinen Niederschlag fand:
„S.M. geruhte in den tief ausgehöhlten Grabhügel hinabzusteigen und von
dem Inhalt der Urne zuerst Kenntnis zu nehmen. Dieser bestand aber nur in
einigen Knochenrestchen mit Brandspuren. Bei dem Aufgraben hatte man in
dem Grabhügel auch ein gänzlich verrostetes Messer gefunden und ein schnei-
dendes Instrument von Stein, welches letztere wohl deutschen Ursprungs sein
mag. Nach diesen Ergebnissen wird das Dasein römischer Gräber im Lindig-
wald keinem Zweifel mehr unterliegen.“45
Hofmann hielt die Funde zeichnerisch fest, wobei er auch schon die
Methode der rein zeichnerischen Rekonstruktion anwandte. Dadurch sind wir
in der Lage, einige der damals gehobenen Funde mit heute noch erhaltenen
Fundstücken identifizieren zu können (Abb. 6–8). 1855, im gleichen Jahr,

Abb. 6: Späthallstattzeitliche Keramikgefäße (7. Jh. v. Chr.) mit geometrischer Graphitbemalung


aus Grab 2, Lindigwald 1854, Fundzeichnung Valentin Hofmann, Bleistift auf Papier, 55 x 44 cm

44
Erste Grabungen in Grabhügeln im Lindigwald bereits 1826 beim Neubau der Landstraße
Aschaffenburg-Hanau vgl. Steiner, Spessart 184 f.
45
Aschaffenburger Zeitung N° 224 vom 19. Sept. 1854
166 Markus Marquart

Abb. 7: Späthallstattzeitliches Keramikgefäß (7. Jh. v. Chr.) mit geometrischer Graphitbemalung


aus Grab 2, Lindigwald 1854, Fundzeichnung Valentin Hofmann, Bleistift und Wasserfarben
auf Papier, 55 x 44 cm

Abb. 8: Funde der Hallstatt- und Latènezeit aus Bestattungen in einem 1854 geöffneten Grab-
hügel im Lindigwald, Fundzeichnung Valentin Hofmann, Bleistift und Wasserfarben auf Papier,
55 x 44 cm
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 167

wurde in München das Bayerische Nationalmuseum gegründet, setzte Valentin


Hofmann seine Grabungstätigkeit in den Grabhügelnekropolen im Sulzbacher
und Goldbacher Gemeindewald fort. Die Anzahl der geöffneten Gräber und
der Funde ist durch Hofmanns detaillierte Zeichnungen bekannt, nur wenige
der Funde sind allerdings heute noch erhalten (Abb. 9–11). Seinen akribischen
und maßstäblichen Zeichnungsstil hatte er wohl von Hefner-Alteneck über-
nommen, der mit seinem Arbeits- und Dokumentationsstil als Vorbild für viele
Zeitgenossen wirkte (Abb. 12). Sie dienten später auch noch Jean Friedrich als
Vorlagen zur Reproduktion der Keramiken in der Aschaffenburger Töpferei
Hettinger (Abb. 13).
Die Aktivitäten Hofmanns fanden auch den Beifall König Ludwigs I. Dieser
ordnete nämlich an, seine privaten römischen Altertümer und Münzen, die bis
dahin beim Hofbibliothekar Merkel verwahrt wurden,46 dem Museum zu ver-
machen, übrigens mit dem dazugehörigen Inventarbuch.

Abb. 9: Frühlatènezeitliche Drehscheibenkeramik (6. Jh. v. Chr.) aus Grab 3 im Sulzbacher


Gemeindewald 1855, Fundzeichnung Valentin Hofmann, Bleistift und Wasserfarben auf Papier,
55 x 44 cm

46
Das Original des Schreibens von König Ludwig I. wurde von C. Pollnick im Frühjahr 2003 in
den Beständen des Stadt- und Stiftsarchivs aufgefunden und dem Museum übergeben. –
B. Schad, König Ludwig I. und Aschaffenburgs Hofbibliothekar Joseph Merkel. In: Ludwig I.
und Aschaffenburg. Hrsg. Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg u. Geschichts- u. Kunstverein
Aschaffenburg (1986) 23
168 Markus Marquart

Abb. 10: Hallstattzeitliches Kegelhalsgefäß aus einem 1855 geöffneten Grabhügel im Sulzbacher
Gemeindewald, Fundzeichnung Valentin Hofmann, Bleistift und Wasserfarben auf Papier, 55 x 44 cm

Abb. 11: Steinzeitliche Becher der Schnurkeramik und Bronzeringschmuck der Hallstattzeit aus
1856 geöffneten Grabhügel im Goldbacher Gemeindewald, Fundzeichnung Valentin Hofmann,
Bleistift und Wasserfarben auf Papier, 55 x 44 cm
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 169

Abb. 12: Graphitierte Schale der Frühlatènezeit aus 1860 geöffneten Hügelgräbern im
Lindigwald, Zeichnung signiert von Dr. I. H. v. Hefner

Abb. 13: Keramische Nachbildungen vorgeschichtlicher Gefäße u. A. nach den Funden aus den
Ausgrabungen im Lindigwald, Hafnerwerkstatt Hettinger, Aschaffenburg um 1860-1890
170 Markus Marquart

Die nachlassende Zahl der Mitglieder zwang 1860 das Aschaffenburger


Bezirkskomiteé des Historischen Vereins für Unterfranken seine Tätigkeit ein-
zustellen47.
Der Aschaffenburger Konservator Valentin Hofmann erreichte 1861 eine
wesentliche Verbesserung seiner beengten Verhältnisse im Landingschulhaus.
In zwei Räumen des Stiftskapitelhauses richtete er die ersten Museumsräume
ein.48 Ein Jahr nach der preußischen Besetzung Aschaffenburgs im Preußisch-
Österreichischen Krieg49 starb Valentin Hofmann am 8. August 1867 nach 13-
jähriger Aufbautätigkeit für das Museum im Alter von 65 Jahren. Sein Tod
wurde in der Aschaffenburger Öffentlichkeit mit der Begleitung durch seine
Schüler und der Landwehr, der er angehört hatte, zur letzten Ruhe gewürdigt.
Die Schule, an der er lange Jahre gelehrt hatte und wo er unter Anderem auch
Adalbert Hock unterrichtet hatte, vermerkte dazu im Jahresbericht: 50
„Hofmann war seit dem Jahr 1835, also 32 Jahre, Lehrer an der Anstalt
gewesen. Nach seinem Tode erkannte Jedermann, dass sein Verlust unersetzlich
sei. Sechs Jahre hatte er mit 200 Gulden Remuneration gedient, und es bedurfte
noch sechs Jahre um auf 400 Gulden zu kommen. Erst mit 23 Dienstjahren stieg
sie auf 600 Gulden, bei welchem Stande sie verblieb. Er war 1835 nach Errich-
tung der Schule mit dem Unterrichte im Bossieren und Modellieren betraut
worden; und dieß Lehramt freute ihn so, dass er, um sich ihm ganz hingeben zu
können, sein Gewerbe (er war Metallarbeiter, und zwar ein gesuchter) aufgab
und seine Zeit der Schule widmete. Unter den Professoren Berg und Jung im
Zeichnen und unter Professor Sommer im Modellieren gebildet, war er bei
glücklichen Anlagen ein sehr geschickter Arbeiter und selbst Gießer geworden,
der in allen Metallen, in Holz, Gyps, Alabaster und Marmor gefällige Arbeiten
lieferte. Für die höheren Anstalten Aschaffenburgs lieferte er physikalische
Apparate und Modelle in allen genannten Materien; und seine letzte größere

47
Schneider, Stiftsmuseum V; Eine detaillierte chronologische Übersicht zu Vereinsgründung und
Entwicklung bei C. Pollnick, Das „Historische Bezirks-Comité“ 1854–1860. in: Pollnick,
100 Jahre 13–17
48
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
49
Am 15. Juni 1866 bricht der Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland zwischen Preußen und
Österreich aus. Nach einem siegreichen Gefecht gegen österreichische und hessische Einheiten
vor den Toren der Stadt bei der Aumühle besetzen preußische Truppen Aschaffenburg am
14. Juli und bleiben bis zum 28. September. Der Krieg war nach der Schlacht bei Königgrätz am
3. Juli entschieden und Bayern damit auf der Seite der Verlierer. – vgl. zur preußischen Besat-
zung R. Martin, Aschaffenburg und die Reichsgründung 1870/1871. Aschaffenburger Jahrb. 15,
1992, 29–38 bes. 31 ff. Für die gefallenen Österreicher wird an der Fasanerie das Österreicher-
Denkmal errichtet, der Stadtteil heißt heute nach der Bebauung in den 1930er Jahren Öster-
reicher Kolonie.
50
Nachruf in: „Jahres-Bericht über die königl. Gewerbs- und Handels-Schule zu Aschaffenburg
für das Schuljahr 1867 in 1868“, 21 f. mit Anmerkung
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 171

Arbeit für unsere Schule war das zerlegbare Modell einer bayerischen Loko-
motive im zehnten Theile der natürlichen Größe, bis ins kleinste Detail aus-
geführt. – Er war ein gutmüthiger, wohlwollender Mann, ein vortrefflicher
Familienvater und überall beliebter Gesellschafter. Seine Kenntnisse und
Kunstfertigkeit in so vielen Zweigen werden selten, wie bei Hofmann, sich in
derselben Person vereinigt finden. Auch war er ein Kenner der romanischen
und gothischen Antiquitäten.“
Hofmanns Stelle als Museums-Konservator schien begehrt, denn es bewar-
ben sich sogleich drei Aschaffenburger Lehrer um die Nachfolge. Ausgewählt
wurde am 12. September der Rektor der Stiftsschule und Organist der Stifts-
kirche Andreas Blüm, der im Stiftskapitelhaus residierte und wohl auch des-
wegen den Vorzug vor seinen Mitbewerbern erhielt.51 Neben ihm hatten sich
um die Nachfolge als Museums-Konservator noch zwei weitere Lehrer bewor-
ben: Maximilian Beilhack, Realienlehrer an der Gewerbeschule und Franz
Josef Stumpf, Lehrer an der Knaben-Realschule ad St. Agatha.52
Als 1868 Hefner-Alteneck zum neuen Direktor des Bayerischen National-
museums bestellt wurde, stand damit an der Spitze dieser Institution ein Wis-
senschaftler, der auch durch seine Ausgrabungen auf der Burg Tannenberg53 bis
heute als Mitbegründer einer modernen Archäologie gilt. Wohl auch daher
wurde ihm in Personalunion die Leitung des bisher selbstständigen General-
Konservatoriums der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns übertragen.
Hefner-Alteneck war damit auch oberster Denkmalpfleger im Königreich
Bayern.54 Zusätzlich erhielt das Bayerische Nationalmuseum in München dann
noch den größten Teil der bis dahin im Antiquarium der Residenz auf-
bewahrten archäologischen Funde aus königlich-staatlichem Besitz, die Hef-
ner-Alteneck vorher betreut hatte. Ergänzend und nicht ohne Konkurrenz trat
1870 die von Johannes Ranke gegründete Gesellschaft für Anthropologie,

51
Im „Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für die Stadt Aschaffenburg
auf das Jahr 1879“ im Einwohnerverzeichnis ein „Blümm Andreas, Rektor“ wohnhaft in der
Stiftsgasse 16. Die unterschiedliche Schreibweise dürfte auf einen Druckfehler zurückzuführen
sein, da im Straßenbewohnerverzeichnis „Blüm Andreas“ unter derselben Hausnummer ge-
nannt; Der Druckfehler wiederholt sich allerdings auf S.103 in der Auflistung der Lehrer der
städtischen Elementarschulen „Blümm Andreas, I (bedeutet wohl Rektor), Lehrer an der Schule
St.Peter und Alexander (Stift); zuletzt auch Ebert, Schulen: Andreas Blümm, Schullehrer an der
Stiftschule und Organist 1847–1874, nach seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst führt er das
Museum noch bis 1879
52
Handschriftliche Notizen Schohe 1934; vgl. Ebert, Schulen 78: Franz Joseph Stumpf, Lehrer
und Organist, Schulmeister an der Pfarrschule St. Agatha 1851–1865
53
J.H. v. Hefner-Alteneck, Die Burg Tannenberg und ihre Ausgrabungen (1850); weitere Biblio-
graphie im Personenindex
54
alle Angaben zur Geschichte des Amtes nach Keller, Denkmalpflege 10 f.
172 Markus Marquart

Ethnologie und Urgeschichte hinzu, der dann 1872 die staatliche Aufsicht über
die archäologische Denkmalpflege übertragen wurde.
Die Zahl der Museumsräume im Stiftskapitelhaus war inzwischen auf drei
gestiegen, und die Jahresmiete dafür betrug 100 Mark. Für Besucher geöffnet war
sonntags von 10–12 und mittwochs vom 14–16 Uhr. Dort versammelt war eine
Vielzahl archäologischer, zoologischer, ethnologischer und mineralogischer
Exponate. Mit der Gründung des Naturwissenschaftlichen Vereins bot sich
1878 die Möglichkeit, die Bestände thematisch zu trennen und neu zu ordnen.
Diese Aufgabe wurde für das „Antiquitätenkabinett“ dem Apotheker Johann
Baptist Broili55 und für die zoologische Sammlung dem praktischen Arzt Dr.
Carl Fröhlich übertragen, beides Gründungsmitglieder des neuen Vereins.56
Die naturwissenschaftlichen Bestände, besonders die zoologischen Objekte,
wurden daraufhin der Obhut des Naturwissenschaftlichen Vereins übergeben.

Das erste Inventar und weitere Ausgrabungen


Für den im Stiftsmuseum verbleibenden Sammlungsbestand aus Archäolo-
gie, Ethnologie und sonstigen kulturhistorisch bedeutsamen Objekten oder
solchen, die man dafür erachtete, begannen Blüm und Broili auf losen Zetteln
ein handschriftliches Inventar.57
Sie versuchten den Sammlungsbestand systematisch zu ordnen und glieder-
ten ihn in 17 Kategorien:
I Prähistorische Geräthe
II Waffen
III Musik-Instrumente
IV Fahnen und Zunftzeichen
V Stickereien
VI Bronze Waaren
VII Modelle
VIII Holzschnitzereien
IX Keramische G.
X Gyps Güße
XI Glas

55
1867 ist der Apotheker Johann Baptist Broili Schriftführer der Gemeindebevollmächtigten in
Aschaffenburg; Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für die Stadt
Aschaffenburg auf das Jahr 1879, 104
56
Handschriftliche Notizen Schohe 1934; Fröhlich war Mitglied des Naturwissenschaftlichen
Vereins vgl. R. Huber, Das naturwissenschaftliche Museum der Stadt Aschaffenburg. In:
Aschaffenburger Adressbuch (1960) Beilage
57
Die ausführlich Vorstellung dieses Verzeichnisses und die Identifizierung der dort aufgelisteten
Objekte mit heute noch vorhandenen Sammlungsgegenständen ist an anderer Stelle vorgesehen.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 173

XII Miscellen
XIII Römische Alterthümer
XIV Eisen Waaren
XV Div. Bilder
XVI Römische Bronze Geräthe
XVII Fränkischer Gräberfund (Fundort Obernburg) – Aegyptische Alterthü-
mer – Denksteine Deutsche – Indianische und Mexikanische Trophäen –
Urkunden – Porträt. Bilder – Mobiliar – Nach Berlin zur Ausstellung
geliehen 1880 (Abb. 14)
Die Neuordnung des Museums und die veränderten Vorgaben erhöhten
natürlich den Arbeitsanfall. Im Dezember 1879 stellte daher Blüm, der ja auch
noch Rektor der Stiftsschule war, das Gesuch, wegen Überarbeitung im Schul-
betrieb aus dem Konservatorenamt entlassen zu werden. Dem wurde am 17.
Dezember stattgegeben und Georg Frisch, Lehrer an der Oberen protestanti-
schen Schule, trat am 18. Dezember die Nachfolge in der Konservatorenstelle
an.58 Die „Reorganisatoren“ der Sammlung, Broili und Fröhlich, blieben dane-
ben aber im Amt und hatten dazu auch „Inventarien“, der erste Hinweis auf
tatsächliche Inventarverzeichnisse.59 Ein Jahr darauf war die Neuordnung der
Bestände abgeschlossen, die wohl in den Museumsräumen im Stiftskapitel-
haus auch eine neue Aufstellung der Sammlung zur Folge hatte. Dies lässt sich
allerdings nur indirekt aus der Änderung der Öffnungszeiten schließen. Das
Museum war nun von Oktober bis April geschlossen, da die Räume nicht be-
heizbar waren. Geöffnet war von Mai bis September täglich außer mittwochs.60

58
Frisch war Lehrer in der oberen protestantischen Schule seit 1872; vgl. Ebert, Schulen 82.
59
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
60
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
174 Markus Marquart

Abb. 14: Handschriftliches Museumsinventar um 1880


Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 175

Die prähistorische Ausstellung in Berlin und der Beginn der deutschen


Vorgeschichtsforschung
In Berlin tagte im August 1880 die Deutsche Anthropologische Gesellschaft
und veranstaltete dazu eine große Ausstellung vorgeschichtlicher Altertümer
aus ganz Deutschland, zu der auch ein Katalog erschien.61 Auch aus der
Aschaffenburger Museumssammlung wurden dazu 27 Stücke (s. o.) ausge-
liehen.62
Die Ausstellung wurde in Fachkreisen als ein „einzigartiges nationales
Werk“ bezeichnet und weckte auch in der Öffentlichkeit großes Interesse an
der „ältesten Geschichte der Nation“, ein Umstand, der von den Organisato-
ren durchaus beabsichtigt war.63
Dieser Erfolg spornte auch in Aschaffenburg Broili, der zugleich Mitglied
des Magistrats und ja mit der Museumsverwaltung beauftragt war, zu neuen
Taten an. Aus dem städtischen Haushalt wurden ihm 100 Mark zur „Erfor-
schung und Ausbeutung der bei Aschaffenburg gelegenen prähistorischen und
historischen Fundstätten“ bewilligt.64 Seine erste Ausgrabung führte er so-
gleich an zwei Hügelgräbern im Aschaffenburger Strietwald durch, ohne dass
sich heute genauer sagen ließe, welche davon betroffen waren.
Sein Beitrag über die Aschaffenburger Museumssammlung in der Westdeut-
schen Museographie machte die Sammlung über die engen lokalen und fach-
lichen Grenzen hinaus einem großen Publikum bekannt.65
„Die städtischen Sammlungen in Aschaffenburg bestehen aus 3 Sälen, von
denen der erste enthält: 1 an Prähistorica zirka 40 Waffen und Geräte, zum Teil
abgebildet in dem von den Verl. anthroph. Ausstellung herausgegeb. Album
(8. Section)66, 2. Drei römische Altäre, 7 römische, 1 griechischer Votivstein,
1 römische Mühle, Grablämpchen, 2 riesige Amphoren, 100 Vasen aller Zeit-
perioden, lufttrocken und stark in den Wandungen, einfach gelb gebrannt,
graphitisch, glatte Terra sigillata, auch verzierte Terra-sigillata=Schalen, eine
ziemliche Anzahl Stempel von zerbrochenen Vasen, 4 römische Gläser seltener
Form, Bruchstücke zweier reicher Glasprunkgefäße, 60 Stück Bronzezierrat,
eiserne Speerspitzen, 300 Münzen. Fast sämtliche Gegenstände stammen aus
der nächsten Umgebung von Aschaffenburg und Stockstadt. – Merovingischer

61
Katalog Berlin (1880)
62
Katalog Berlin (1880) 27 f. alle ohne Abbildung
63
vgl. Gummel, Forschungsgeschichte 248 f. mit Anm.
64
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
65
Kleine Mitteilungen. Aschaffenburger Geschichtsblätter 4, 1907, 32; dort auch der Artikel
nachgedruckt.
66
Seine Angabe ist nicht nachzuvollziehen, da der Katalog Berlin (1880) zwar einige Abbildungen
enthält, darunter aber keine von Aschaffenburger Fundstücken
176 Markus Marquart

Grabfund mit Elchgeweih aus Obernburg. – Der zweite Saal enthält außer
älteren historischen Gegenständen einige alte Waffen, Folterwerkzeuge,
Gegenstände der Zunftzeit, eine ziemliche Anzahl Münzen und Portraits aus
der kurmainzer Zeit. – Ein dritter Saal enthält ein Naturalien=Kabinett. Im
Jahre 1881 wurden von mir zwei keltisch Gräber im Strietwalde mit Erfolg
geöffnet und der Fund: eine Bronzearmspange mit sehr schöner Verzierung und
eine steinerne Streitaxt von vollendeter Schönheit der Sammlung einverleibt.
Weitere Grabhügel sollen daselbst in diesem Jahre geöffnet werden.“
Seine Ankündigung, weitere Gräber zu öffnen, konnte Broili erst später
verwirklichen (s.u.), denn zwischenzeitlich zogen die Ausgrabungen des Kreis-
richters und Streckenkommissars der Reichslimeskommission Conrady im
Kastell Wörth alle Aufmerksamkeit auf sich. Die Kastellgrabungen wurden
vom Historischen Verein Unterfrankens finanziell unterstützt67 und die allge-
meine Begeisterung für die archäologische Forschung veranlasste auch den
Verein der Spessart- und Odenwaldfreunde68 dazu, das Sammeln archäologi-
scher Funde in sein Tätigkeitsfeld aufzunehmen.
Zudem bot das Jahr 1882 noch einen besonderen Anlass, die historischen
Wissenschaften zu bemühen. Die 900jährige Wiederkehr der ersten urkund-
lichen Erwähnung des Stiftes St. Peter und Alexander gab aber eigentlich nur
dem Stift eine Berechtigung zu Jubelfeiern. Die Stadt Aschaffenburg veranstal-
tete aus diesem Grund auch keinen eigenen Festakt, nahm das Datum aber
gleichwohl auch für die Stadt in Anspruch. Daher war man bemüht, den für die
kirchliche Festschrift gewonnenen Historiker zu einer zusammenfassenden
geschichtlichen Darstellung zu bewegen.69 Josef Girstenbrey sah sich allerdings
außerstande, das gesamte gedruckte und ungedruckte Material zur Stadtge-
schichte mit zu verarbeiten und erklärte sich auf Bitten der Stadt bereit, die
geschichtlichen Verhältnisse der Stadt im Rahmen seiner Festschrift nach
Möglichkeit zu berücksichtigen. So beschränkte sich seine Zusammenfassung
auf eine kurze Zusammenstellung der bekannten Ansichten.
Inzwischen wurden die Ausgrabungen der Reichslimeskommission auch
auf das Kastell Stockstadt ausgedehnt und zahlreiche Funde gelangten auch
nach Aschaffenburg. Um sie eigens präsentieren zu können, wurde dazu dem
Museum ein weiterer Raum im Stiftskapitelhaus überlassen.70
Mit der Vergrößerung der Sammlung und der Ausweitung der Ausstellungs-
räume stiegen natürlich auch die Aufwendungen. In einem Schreiben des
Aschaffenburger Stadtmagistrats an das Stiftsrentamt vom 4. Dezember 1884

67
Henner, Histor. Verein 29
68
gegründet 1880 als Verein der Spessartfreunde
69
J.M. Girstenbrey, Festschrift zur 900jährigen Jubelfeier der Stiftskirche in Aschaffenburg (1882)
70
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 177

werden die Aufwendungen der Stadt Aschaffenburg für die städtischen Samm-
lungen für das Jahr 1883 mit insgesamt 465,46 Mark beziffert. Im Einzelnen
verteilten sich die Ausgaben auf: „Miete für 4 Erdgeschossräume im Stiftskapi-
telhaus 125,00 Mark, Aufwendungen für Neuanschaffungen und Unterhalt
200,00 Mark, Remuneration des Konservators einschl. Reinigung und Heizung
126,71 Mark; Feuerversicherungsprämie 13,75 Mark“71.
Der Name des daraus zu erschließenden Konservators ist nicht genannt, es
muss sich allerdings um Gottfried Frisch handeln. Die Zahl der archäologi-
schen Funde stieg aber nicht allein durch die Ausgrabungen. Auch die Wasser-
baumaßnahmen zur Kanalisierung des Mains72 erbrachten in den Jahren 1883
bis 1886 eine Anzahl vorgeschichtlicher Flussfunde, die aber nur zum kleinen
Teil in das Aschaffenburger Museum kamen.73 Erst im Sommer 1885 fand
Broili wieder Zeit, mit dem Rest seines 1881 bewilligten Grabungsetats von 60
Mark die im Strietwald begonnen Ausgrabungen fortzusetzen. Er öffnete zwei
weitere Grabhügel, vermutlich in der Waldabteilung Molkenborn, die Reste
schnurkeramischer, hallstattzeitlicher und frühlatènezeitlicher Bestattungen
erbrachten.74
Mittlerweile begannen sich durch die Untersuchungen der Reichslimeskom-
mission an den römischen Kastellen am Main auch die Ansichten über den
Verlauf des Limes zu ändern. Dies betraf nicht nur die Fachgelehrten, sondern
auch allgemein historisch interessierte Kreise. So belehrte Kreisrichter und
Mitglied der Reichslimeskommission Wilhelm Conrady aus Miltenberg den
Verein der Spessartfreunde in einem Vortrag mit dem Titel „War Aschaffen-
burg Römisch?“ über die bisherigen und die neueren Ansichten.75

Die Denkmalpflege und der Staat


Die zunehmende Zahl archäologischer Ausgrabungen, sei es durch Privat-
personen, durch Museen oder Forschungsinstitute, legten offen, dass in Bayern
keine gesetzlichen Vorschriften zum Umgang mit den archäologischen Denk-
mälern bestanden. Gleichzeitig begann sich die archäologische Forschung als

71
Aktennotiz von Museumsdirektor Ernst Schneider vom 24. Juni 1955 nach den Akten des
Stiftsrentamtes (Fach 105/6), die Vermietung des vorderen Archivgebäudes an den Stadtmagis-
trat zur Unterbringung der historischen Sammlung betreffend.
72
F. Woerner, Die Weiterführung der Kanalisierung des Mains bis Aschaffenburg (1893) u. ders.,
Die Weiterführung der Kanalisierung des Mains bis Aschaffenburg (1894)
73
G. Wegner, Die vorgeschichtlichen Flußfunde aus dem Main und aus dem Rhein bei Mainz.
Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte Reihe A, 30 (1976)
74
Handschriftliche Notizen Schohe 1934 – vgl. B.-U. Abels, Die Vor- und Frühgeschichtlichen
Geländedenkmäler Unterfrankens. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte Reihe B -
Inventare der Geländedenkmäler 6 (1979) 55 Nr. 3
75
am 21. Februar 1885 im Vereinslokal Frohsinn
178 Markus Marquart

eigenes Fach außerhalb der rein historischen Wissenschaften zu verstehen. So


wurde auf Betreiben von Johannes Ranke, Vorsitzender der Gesellschaft für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, dem ja schon seit 1872 die
Generalaufsicht über die archäologischen Denkmäler übertragen war, in der
paläontologischen Sammlung des Staates eine eigene prähistorische Abteilung
eingerichtet. Daraufhin verzichtete in trotziger Konsequenz das Generalkon-
servatorium der Kunstdenkmäler und Altertümer Bayerns ganz auf die Sorge
für die vorgeschichtlichen Altertümer.76 Zusätzlich wurde in München bei der
Bayerischen Akademie der Wissenschaften eine akademische Kommission zur
Erforschung der Urgeschichte Bayerns eingerichtet, und an der Universität
München erhielt Ranke den ersten deutschen Lehrstuhl für Anthropologie,
dem damals auch die Urgeschichtsforschung zugehörig war.77
Die denkmalrechtlichen Regelungen hatten bewirkt, dass sich plötzlich alle
Kompetenzen für die vorgeschichtlichen Denkmäler und für die archäolo-
gische Forschung überhaupt, in der Hand einer unabhängigen Gesellschaft und
damit letztlich in der Hand einer einzigen Person befanden. Diese Sonder-
stellung Rankes und der Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Ur-
geschichte war außerhalb einer staatlichen Kontrolle auf Dauer nicht tragbar.78
Das Königliche Staatsministerium des Inneren für Kirchen und Schulange-
legenheiten entzog daher mit Wirkung vom 19. Februar 1887 der Gesellschaft für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte die Funktion der Fachaufsicht
über die archäologische Denkmalpflege und übertrug diese Aufgabe zwei Jahre
später am 6. November 1889 an drei verschiedene Institutionen. Die Zuständigkeiten
waren aber nicht klar umrissen, sondern je nach Gutdünken auslegbar und
konkurrierten miteinander. So war für Münzfunde das Konservatorium des
königlichen Münzkabinetts in München zuständig (später: Staatliche Münz-
sammlung), wenn es um Ausgrabungen oder Funde prähistorischen Charak-
ters ging das Konservatorium der prähistorischen Sammlung des Staates (spä-
ter: Prähistorische Staatssammlung, heute Archäologische Staatssammlung).
Ebenfalls zuständig für Ausgrabungen oder Funde historischen Charakters
oder Kunstgegenstände anderer Art war das General-Konservatorium der
Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns (später: Bayerisches Landesamt für
Denkmalpflege). Die Kompetenzstreitigkeiten waren vorgezeichnet und
gipfelten schließlich darin, dass sich im Einzelfall keiner zuständig fühlte. So
hatte sich das Generalkonservatorium geweigert, die Konservierung der römi-

76
Keller, Denkmalpflege 11
77
Keller, Denkmalpflege 20 bes. Anm. 84
78
Ranke war zugleich auch Vorsitzender des „Museumsvereins für Vorgeschichtliche Alter-
thümer Bayerns“. In seinem Vorstand finden sich außerdem die größten privaten Ausgräber
Bayerns, so Julius Naue, wie auch mit Oberstlandesgerichtsrat Vierling beste Verbindungen in
die Justiz vgl. Dannheimer, Staatssammlung 11
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 179

schen Baureste im von der akademischen Kommission ausgegrabenen Kastell


Einig zu übernehmen und musste vom Ministerium dazu erst angewiesen
werden.79
Die Verwirrung der Zuständigkeiten wurden dann schließlich durch eine
Umgliederung vervollständigt: Denn das Konservatorium der Prähistorischen
Staatsammlung wurde auf Antreiben Rankes und unter seiner Leitung als
selbstständige Institution aus der Paläontologischen Staatssammlung ausge-
gliedert80 und dem Generalkonservatorium unterstellt. Die Leitung des Gene-
ralkonservatortiums oblag dem Präsidenten der Akademie der Wissenschaften,
der damit 19 wissenschaftliche Institute und Sammlungen beaufsichtigte. Inso-
fern war der umtriebige Ranke in den Amtsbetrieb eingegliedert, auch wenn er
in der Folge weiter versuchte, die Befugnisse des bayerischen Nationalmuse-
ums zu beschneiden.81

Zwei Sammler und Forscher: Thomas und Haxthausen


Die Münchner Wirrnisse hatten natürlich auch in Unterfranken und
Aschaffenburg Auswirkungen. Denn, wie anderwärts auch, füllten Privatfor-
scher ihre Sammlungen und trieben mit den Fundstücken lebhaften Handel, an
dem sich das Aschaffenburger Museum aufgrund fehlender Mittel allerdings
nur marginal beteiligte. Für den bayerischen Untermain hervorzuheben sind
hierbei zwei Sammler, die sich durchaus zu Recht auch als Forscher verstan-
den. Ihre Leidenschaft wurde zudem durch die Ausweitung der landwirt-
schaftlichen Anbauflächen und besonders durch die größere Pflugtiefe im
Feldanbau begünstigt, die immer häufiger archäologische Funde freilegte.82
Der Frankfurter Architekt und Vorgeschichtsforscher Christoph Ludwig
Thomas widmete sich besonders der Erforschung der vorgeschichtlichen Ring-
wälle in Taunus und Spessart. Er vermaß verschiedene Anlagen mit topogra-
phischen Methoden und publizierte auch die daraus entstandenen Pläne.83 Bei
seinen Arbeiten erwarb er von der Landbevölkerung reihenweise archäologische
Funde, speziell steinzeitliche Steinartefakte. Er verkaufte später seine umfang-
reiche Privatsammlung neolithischer Beile von Fundorten in Hessen und
Bayern 1891 an das Königliche Museum für Völkerkunde in Berlin.84 Seine

79
Keller, Denkmalpflege 11 mit Anm. 20
80
gilt als Gründungsdatum der Prähistorischen Staatssammlung vgl. Dannheimer, Staats-
sammlung
81
Dannheimer, Staatssammlung 13 ff.
82
ähnlich in der Oberpfalz durch den Einsatz von Dampfpflügen vgl. W. Torbrügge, Die Hall-
stattzeit in der Oberpfalz I. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte 39 (1979)
83
Ch. Thomas, Die Alteburg bei Schöllkrippen. Corr. Bl. Anthrop. Ges. 33, 1902, 1 ff.
84
Der Vorgang wird erwähnt in einer Fundmeldung betreffend Frankfurt a. M. – Bonames in:
Fundber. Hessen 21, 1981 (1992), 51 f. – Für biographische Daten danke ich Herrn Volker
180 Markus Marquart

Funde aus Hessen und vom bayerischen Untermain resultierten aus einer
intensiven Feldforschung, wie sie ebenfalls von Elmar Freiherr von Haxthau-
sen85 betrieben wurde. Er kaufte von Bauern aus dem gesamten Untermain-
gebiet steinerne Gerätschaften, die wohl zum größten Teil aus umgeackerten
Grabhügeln oder auch Siedlungsflächen stammten. Zusätzlich führte er auf der
Trasse der Eisenbahn Aschaffenburg-Höchst im Odenwald und bei Eschau im
Spessart eigene Grabungen in einer neolithischen Siedlung durch, deren Ergeb-
nisse er auch vorlegte. Seine Sammlung verkaufte er in der Folge häppchen-
weise an das Konservatorium der prähistorischen Sammlung des Staates in
München, wobei er immer wieder geschickt taktierend die Preise in die Höhe
trieb.86 Einige Funde aus seinem Bestand verkaufte er auch an das Aschaffen-
burger Museum, wofür dort neben dem Konservator Frisch besonders Jean
Friedrich verantwortlich zu machen sein dürfte. Ohne ihm eine konkrete
Funktion zuweisen zu können, war Friedrich neben Konservator Frisch für
das Museum tätig. Zur Erweiterung der Museumsräume bat er 1893 um die
Überlassung des Korkraumes und des nebenliegenden Gewölbes im Stiftskapi-
telhaus an das Museum.87
Haxthausen stellte derweilen mit den „Vorgeschichtlichen Bewohnern des
Südspessarts“88 seine Grabungsergebnisse aus Eschau vor und in Würzburg
feierte der Historische Verein von Unterfranken sein 60jähriges Bestehen.89
Dort gründete sich zudem ein „Kunst- und Altertumsverein“, der die Errich-
tung eines „Fränkischen“ Museums anstrebte. In Stockstadt begannen 1895 die
Grabungen der Limeskommission in den Kastellthermen. Im Oktober sichtete
Paul Reinecke90, damals noch Assistent am Römisch-Germanischen Zentral-

Harms-Ziegler von Institut für Stadtgeschichte Frankfurt a.M.: Christian Ludwig Thomas, geb.
29.3.1848 in Frankfurt, gest. 16.12.1913 Frankfurt, königl. Baurat, Architekt und Ringwallfor-
scher. Nachruf von E. Anthes mit vollständiger Bibliographie in: Nassauische Heimatblätter.
Mittlg. des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 17, 1913/14,
111–114; ein kurzer Hinweis auf seinen Tod mit entsprechender Würdigung auch in: Nassovia.
Zeitschr. f. nassauische Gesch. u. Heimatkunde 15, 1914, 14. – Mit der Sammlung Thomas in
Berlin hat sich schon in siebziger Jahren A. Jockenhövel beschäftigt. Seine gesammelten Unter-
lagen stellte er damals dem hessischen Amt für Denkmalpflege zur Verfügung, eine geplante
forschungsgeschichtliche Würdigung des Forschers Thomas konnte damals aufgrund des Ver-
bleibs des Nachlasses im geteilten Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte/Berlin-West
und Museum für Ur- und Frühgeschichte/Berlin-Ost nicht verwirklicht werden.
85
zu Haxthausen siehe Personenindex
86
Der Briefwechsel ist in der Prähistorischen Staatssammlung in München noch vollständig
erhalten
87
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
88
E.v.Haxthausen, Vorgeschichtliche Bewohner des Südspessart (1893)
89
Henner, Histor. Verein
90
zur Biografie von Paul Reinecke vgl. Keller, Denkmalpflege 26
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 181

museum in Mainz, im Auftrag des General-Konservatoriums der Kunstdenk-


male und Altertümer Bayerns neben vielen anderen Museen in Bayern auch die
Bestände des Aschaffenburger Museums. Dabei machte er sich ausführliche
Notizen, die ihm später sehr zu Hilfe kommen sollten.
In Stockstadt hatte inzwischen der Bau der Papierwerke begonnen91, dem
große Teile des römischen Kastells unbeobachtet zum Opfer fielen. Erst in der
weiteren Ausgestaltung des Werksgeländes wurden dann vom Fabrikingenieur
Josef Wirth eigene Ausgrabungen vorgenommen, die gelegentlich von Mit-
arbeitern des Saalburgmuseums unterstützt wurden.92 Von Wirth stammt auch
eine Originaltafel mit der Grundriss- und Rekonstruktionszeichnung der
Kastellthermen, die sich im Aschaffenburger Museum befindet. (Abb. 15)

Abb. 15: Planzeichnung der Kastelltherme Stockstadt von Dipl.-Ing. Wirth, ca. 1910,
Tusche und Wasserfarben auf Papier, 77 x 54 cm

91
Zellstoff-Fabrik der Aschaffenburger Aktiengesellschaft zur Maschinenpapier-Fabrikation,
später PWA - Papierwerke Waldhof-Aschaffenburg Grafische Papiere GmbH, Werk Stockstadt
92
Drexel, Stockstadt 1 ff.
182 Markus Marquart

Jean Friedrich und die „moderne“ Archäologie


Offiziell war der Lehrer Gottfried Frisch 1897 immer noch Konservator der
städtischen Sammlungen in Aschaffenburg, doch mindestens seit 1894 ist im
Museum auch Jean Friedrich als „ehrenamtlicher“ Helfer tätig. Aus seiner
Feder stammt eine Inventarliste der Sammlungsstücke aus der Steingutmanu-
faktur Damm, die er 1894 anfertigte. Was Jean Friedrich im Museum alles
genau gemacht hat und wie sein Status war, ist nicht mehr zu ergründen, jedoch
scheint Friedrich im Hintergrund bereits die Leitung des Museums über-
nommen zu haben. Denn am 3. Juli 1899 fertigt er ein urkundliches Schreiben
aus, handschriftlich auf Papier mit gemalter Bordüre und in einen Karton-
deckel eingebunden, das er zusammen mit einer mittelalterlichen Münze in ein
Behältnis verpackte und diese unter einem Grundstein der umgebauten Innen-
räume versetzte, wo es erst von Georg Schneider um 1960 wieder aufgefunden
wurde.
Es trägt den großspurigen Titel „Museumseröffnung 1899“ und listet pein-
lich genau auf, wer damals für und wer gegen den Museumsumbau war.
„Im Namen Gott des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes Amen.
Durch Beschluß des verehrt. Stadtmagistrates Aschaffenburg wurde diese
Räumlichkeit, zu einem Museum eingerichtet. Dafür sind gewesen Herr rechts-
kundige Bürgermeister und kgl. Hofrat von Medicus. Herr Rat Johann Acker-
mann Herr Rat J.Berghof. Herr Rat Arold, Herr Rat Engelhard Herr Rat
C.Hostie, Herr Rat Vetter. Herr Rat Schulz. Dagegen waren das die alterwür-
digen Räume gerichtet und instand gesetzt worden sind, Herr Rat Kriegen-
hard, u der Conservator Herr Lehrer Fritsch von der protestantischen Schule
zu Aschaffenburg. Es hat hierbei sich noch sehr hohen Verdienst erworben, für
das Zusammenkommen Herr kgl. b.. Regierungsrat Joseph Scholz ein Ehren-
mann, in des Wortes vollster Bedeutung u Herr kgl. Hilfstechniker Henfling.
Sollte dieser Stein, der unter dem Schutze des hl Martinus steht abgebrochen
werden, und diese Urkunde gefunden werden, so bitten wir alle die, den Raum
richteten, und in Unterschriften anbei folgen, um ein andächtiges Vater Unser
für unsere armen Seelen
Aschaffenburg, Montag den 3. Juli. – 1899“
Unter den Namen der ablehnenden Fraktion findet sich eben auch der
„noch“ amtierende Konservator Frisch. Insofern verwundert es nicht, dass die
Meldung an die Verwaltung vom Ende August 1899, dass „mit der Erweiterung
des Stadtmuseums alles in Ordnung und gerichtet sei“ von Friedrich stammt,
denn der immer noch offizielle Museumskonservator Frisch hatte ja dies
gerade abgelehnt.93

93
am 31. August 1899
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 183

Kaum eine Woche später erhielt Friedrich eine Gratifikation von 200 Mark
„in Anerkennung der verdienstvollen Leistungen für die städtischen Sammlun-
gen im Allgemeinen und der uneigennützigen Mithilfe bei der Einrichtung der
städtischen Sammlungen in die neuen Lokale im Besonderen“.94 Am 16. Sep-
tember 1899 beschloss der Magistrat „Friedrich fest anzustellen und zwar nicht
allein wegen seiner Verdienste, sondern damit auch die Sammlungen häufiger zur
Besichtigung offenstehen“. Gottfried Frisch legte sein Amt daraufhin am 21.
Oktober 1899 nieder, ob aus Enttäuschung oder aus Entlastung, wissen wir nicht.95
Die vormaligen großzügigen Öffnungszeiten von 1880 (Mai bis September
täglich außer mittwochs) waren offensichtlich schon seit längerem stark
zurückgeschnitten worden. Mit dem Amtsantritt des neuen Leiters der „städti-
schen Sammlungen“ in Aschaffenburg – dem gelernten Buchbinder und be-
geisterten Sammler Jean Friedrich – wurden daher auch neue Öffnungszeiten
festgelegt: Sonntags 10–12 Uhr und donnerstags 14–15.30 Uhr. Friedrichs
Bezüge wurden auf jährlich 200 Mark festgesetzt.96
Friedrich scheint zu Beginn seiner Tätigkeit für seinen Enthusiasmus vom
Magistrat besondere Unterstützung genossen zu haben. Anders wäre es ihm
nicht möglich gewesen eine solche Menge von „Altertümern“ zu erwerben.
Aber die Ausgrabungen in Stockstadt gaben ihm dazu genügend Gelegen-
heiten, die er auch für sich selbst nutzte (s. u.). Zusätzlich scheint er auch bei
seinen „Kollegen“ als versierter Fachmann angesehen worden zu sein, denn
1902 übernahm das städtische Museum die berühmte Aschaffenburger Kork-
modellsammlung aus dem Schloss als Leihgabe, die Friedrich in der Folge auch
selbst restaurierte.97 Die römischen Keramikfunde aus Stockstadt ließ er in der
Töpferwerkstatt des Aschaffenburger Hafnermeisters Bernhard Hettinger
restaurieren (Abb. 16). Die Werkstatt nahm die römischen Formen als Anre-
gung auf und produzierte eine ganze Palette von Nachahmungen, die sie auch
verkaufte (Abb. 17). Friedrich selbst beschränkte sich aufs Malen und schuf
neben einigen Aschaffenburger Straßenszenen (Abb. 18) zahlreiche aquarel-
lierte Blätter mit der Darstellung der römischen Steinaltäre aus Stockstadt
(Abb. 19 u. 20). Daneben schuf er kleine Bildgeschichten zur Steinzeit, die er
als didaktische Erläuterungen im Museum zur Illustration der vorgeschicht-
lichen Funde aufhängte. Seine erhaltenen sieben Blätter zeigen fellbekleidete
Wilde bei der Bodenbearbeitung, beim Kornmahlen und bei der Feuererzeu-
gung (Abb. 21 u. 22). Friedrichs Bezüge wurden ab 1901 auf 370 Mark jährlich

94
Am 6. September 1899
95
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
96
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
97
Dort blieben die von Friedrich nach heutigen Gesichtspunkten unsachgemäß restaurierten 34
Modelle bis 1945; Bei Helmberger u. Kockel, Korkmodelle 121 wird Johann Friedrich aufgrund
einer falschen Interpretation als Konservator der königlichen Schlossverwaltung bezeichnet.
184 Markus Marquart

Abb. 16: Restaurierung von römischen Ölamphoren aus dem Kastell Stockstadt in der Hafnerei
Bernhard Hettinger, Aschaffenburg um 1900

Abb. 17: Nachschöpfungen römischer Keramik nach Funden aus dem Kastell Stockstadt,
Hafnerei Bernhard Hettinger, Aschaffenburg, um 1900
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 185

Abb. 18: Darstellung des historischen Löhergrabens vor der Zulegung um 1864/65,
Jean Friedrich um 1900, Tusche und Wasserfarben auf Papier, 108 x 61 cm, MSA 150/2009

Abb. 19: Darstellung eines Viergöttersteins einer Jupiter-Gigantensäule. Der Viergötterstein


stammt entgegen der Aufschrift nicht aus Stockstadt sondern aus Mainz-Kostheim, wo er schon
vor 1836 gefunden wurde. Er gelangte mit der Sammlung der Grafen Bentheim zunächst nach
Schloss Wasserlos und 1887 als Geschenk an die Aschaffenburger Museumssammlung (MSA 1497)
Illustration von Jean Friedrich um 1900, Tusche und Wasserfarben auf Papier, 37 x 23 cm
186 Markus Marquart

Abb. 20: Darstellung des Weihealtars des Benefiziariers Caius Justus aus Stockstadt 180 n. Chr.
(MSA 180), Illustration von Jean Friedrich um 1900, Tusche und Wasserfarben auf Papier,
37 x 23 cm

Abb. 21: Zwei steinzeitliche Wilde bei der Bodenbearbeitung mit Holzspaten und Asthaken,
Illustration von Jean Friedrich um 1900, Tusche und Wasserfarben auf Papier, 37 x 23 cm
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 187

Abb. 22: Drei fellbekleidete Wilde bei der Bodenbearbeitung mit Pflug mit Steinschar,
Illustration von Jean Friedrich um 1900, Tusche und Wasserfarben auf Papier, 37 x 23 cm

Abb. 23: Illustration zur steinzeitlichen Steinbohrtechnik, Illustration von Jean Friedrich um
1900, Tusche und Wasserfarben auf Papier, 37 x 23 cm
188 Markus Marquart

erhöht98, daneben betrieb er bis 1905 auch noch einen kleinen Laden mit
Zeichen- und Schreibmaterialien in der Herstallstraße, den er von seinem Vater
übernommen hatte.99
Inzwischen hatten sich die Missstände in der Administration der Denkmal-
pflege auch öffentlich manifestiert. In der bayerischen Kammer der Abgeord-
neten (Landtag) wurde 1902 die Loslösung des Generalkonservatoriums vom
Nationalmuseum diskutiert. Wie so oft behielten allerdings vorgeschobene
finanzielle Aspekte die Oberhand. Die Durchführung der Trennung wurde
wegen der Kosten auf 1907 vertagt, auch weil dann der Wechsel des General-
direktors bevorstand.100 In der Forschung blieb derweilen die Ansicht noch
hart umkämpft, dass die Archäologie, weder – wie zuvor – nur den histori-
schen Wissenschaften zugehörig sei, noch der Anthropologie – der Wissen-
schaft von der Menschwerdung –, sondern ein eigenes Forschungsgebiet dar-
stelle. Nach heftigen Meinungskämpfen wurde an der Universität Berlin für
Gustav Kossinna eine außerordentliche Professur für „deutsche Archäologie“
eingerichtet.101 Dazu gründete das Kaiserlich-Deutsche Archäologische Insti-
tut in Frankfurt am Main die Römisch-Germanischen-Kommission.102 Deren
erster Direktor wurde Hans Dragendorff, zuvor Professor für Archäologie in
Basel.
Das bayerische Kompetenzwirrwarr im Denkmalschutz führte auch im
Untermaingebiet zu wilden Grabungen, denen mit juristischen Mitteln kaum
beizukommen war. Schon seit 1879 hatte der Würzburger Kommerzienrat
Lang in den Waldungen nahe Pflaumheim über 25 Grabhügel ausgegraben und
dabei Grabfunde der Bronze- bis Hallstattzeit geborgen. Seine Funde wurden
in Würzburg bekannt103 und so gelangte er zu der zweifelhaften Ehre, gewis-
sermaßen als erster Raubgräber Bayerns, mit einem amtlichen Grabungsverbot
belegt worden zu sein, obwohl es für Raubgräberei noch gar keine gesetzliche
Regelung gab.104
Dem Würzburger Kommerzienrat dürfte dieser Umstand sicher bekannt
gewesen sein, denn er setzte seine Grabungstätigkeit unbeirrt fort. Aus einer
von ihm dann 1902 – nach heutigen und auch nach damaligen Standards –

98
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
99
Grimm, Häuserbuch IV, 32 ff: Herstallstr. 19; das Haus wird 1905 an den Nachbarn Mathias
Löwenthal verkauft und 1913 für den Neubau des Kaufhauses Löwenthal (heute Peek &
Cloppenburg) abgerissen.
100
Direktor Wilhelm Heinrich von Riehl
101
Keller, Denkmalpflege 19
102
W. Krämer, Das Römisch-Germanische Zentralmuseum und die deutsche Vorgeschichtsfor-
schung um die Jahrhundertwende. Jahrb. RGZM 25, 1978, 63 ff.
103
Wilbertz, Unterfranken 127 f. Taf. 19 u. 20
104
Wilbertz, Unterfranken 128 Nr. 41
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 189

unsachgemäß geborgenen Grabhügelbestattung stammt der reiche Tracht-


schmuck einer Frau der späten Bronzezeit, der sich heute im Mainfränkischen
Museum in Würzburg befindet.105 Die illegale Grabungstätigkeit Langs und
vor allem dieser Fund führte dann dazu, dass Georg Hock, damals Assistent
am Klassisch-Archäologischen Lehrstuhl von Prof. Paul Wolters an der Uni-
versität Würzburg, die Ausgrabungen an den von Lang durchwühlten Grab-
hügeln im Pflaumheimer Gemeindewald „offiziell“ fortsetzte.106 Die Ortswahl
dürfte darüber hinaus auch von persönlichen Aspekten bestimmt gewesen sein,
denn Hock war als gebürtiger Großostheimer mit den nur wenig entfernten
Lokalitäten sicherlich vertraut.107

Besuch von Paul Reinecke


Friedrichs Amtsführung in Aschaffenburg geriet im Frühjahr 1903 durch
gelehrten Besuch in ernsthafte Schwierigkeiten. Seine eigenwillige Auslegung
der Führungskriterien des Museums traf ausgerechnet auf den Wissenschaftler,
der bis heute als der Begründer der bayerischen Vor- und Frühgeschichtsfor-
schung gilt und zudem diesmal in allerhöchstem Königlich-Bayerischem Auf-
trag unterwegs war, die Bestände der bayerischen Museen zu sichten.
Auf mündliche Anschuldigungen von Paul Reinecke bei dessen Besuch
verteidigte sich Friedrich sogleich schriftlich:
„Aber, wer weis, bei den vielen Sachen wenn, was vorkommt [Einbruch !]
(Anm. von Schohe) was fehlt? Da keine Inventarien vorhanden sind! in einem
alten Inventar das in den 1840 Jahren angelegt wurde, von Herrn V. Hoffmann
fehlt viel, dieses wurde auch nicht von Herrn Oberlehrer Frisch anerkannt.
Herr J. Broili fing ein Inventarium an, kam aber auch nicht auf die Erste Seite
und legte 1886 alles nebenhin. Die Inventarien müssen in den Stadtmagistrati-
schen Registraturen aufgehoben werden. Bei diesem oder jenem Vorfalle würde
man dastehen, ohne jeden Anhaltspunkt.
Das keltische, röm. fränkische ist geordnet, mit Ausnahme der Münzen, die
einen eigenen Akt bilden.

105
Lang übergab seine Sammlung später dem Historischen Verein für Unterfranken, wodurch sie
ins Mainfränkische Museum Würzburg gelangte – vgl. F.J. Lang, Aus Frankens Urzeit. (1905) –
Wilbertz, Unterfranken 128 Nr. 41 und in: Schätze aus Bayerns Erde – 75 Jahre archäologische
Denkmalpflege in Bayern. Arbeitsheft 17 Bayer. Landesamt f. Denkmalpflege (Katalog zur
Jubiläumsausstellung in Würzburg) (1983) 58 mit Abb. 23
106
Pescheck (1958) 90 f. u. bes. 99 f. u. 137 f.
107
Dr. Georg Hock, geb. 24.5.1875 in Großostheim, gest. 15.9.1936 in Würzburg; kurze Bio-
graphie bei Keller, Denkmalpflege 26, ausführlicher in Mannus 28, 1936, 534 u. Nachrbl. Dt.
Vorzeit 12, 1936 177 ff.
190 Markus Marquart

Was da ist muß genau eingezeichnet werden, gerade so wie, es in anderen


Museum’s der Fall ist, das neue bemalt immer mit der Rechnungstellung, in
Vorlage zu bringen sei.“108
Aus seinen Einlassungen ist zumindest zu folgern, dass ein wesentlich
älteres Inventarverzeichnis von Hofmann existiert haben muss und dass dieses
durch seine Vorgänger zumindest teilweise schon wieder vernichtet worden
war, bevor Broili „nicht über die erste Seite eines neuen Inventars hinauskam“.
Die Vorraussetzungen zur Dokumentation der Museumsbestände in
Aschaffenburg waren demnach denkbar schlecht und dazu von persönlichen
Eigenheiten geprägt, die in keiner Weise einem zeitgemäßen Museumsbetrieb
entsprachen (Abb. 24). Am 25. Mai schrieb daher Paul Reinecke einen Brief an
den „Herrn Bürgermeister in Aschaffenburg“, gemeint ist Friedrich Ritter von
Medicus109, der zum oben von Friedrich angesprochenem Problem Stellung
nahm und es wert ist, hier im Original zitiert zu werden (Abb. 25)110:

Abb. 24: Ausstellungsraum im Stiftsmuseum mit archäologischen Sammlungsbeständen.,


Fotografie um 1910

108
am 15. Februar 1903
109
Pollnick, Stadtoberhäupter 57–61: Friedrich Ritter von Medicus, Bürgermeister 1877–1904. Das
Amt des Oberbürgermeisters wurde in Aschaffenburg erst am 7. Januar 1917 mit Überschreiten
der Einwohnergrenze von 50.000 eingeführt.
110
im Museum liegt ein handschriftliche Fassung von Paul Reinecke sowie eine in Kanzleischrift
übertragene amtliche Fassung des Briefes vor.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 191

Abb. 25: Kanzleiabschrift des Briefes von Paul Reinecke an den Bürgermeister von Aschaffenburg
1903
192 Markus Marquart

Euer Hochwohlgeboren !
In den verflossenen 2 Monaten war ich verschiedene Male im Städt. Museum
in Aschaffenburg, um dessen vor- und frühgeschichtliche Sammlungen in
meiner Eigenschaft als freiwilliger Mitarbeiter der Commission zur Herstellung
einer archäologischen Karte Bayerns (die der Prähist. Comm. bei der Akademie
der Wissenschaften in München angegliedert ist) in ihrem augenblicklichen Bes-
tande aufzunehmen und die Materialien für kritische Weiterverwertung aus-
zuarbeiten. Da ich zuvor von einigen Quellen, die die Abteilung des Museums
betreffen, Einsicht genommen hatte, ich mir ferner im Jahr 1895 bereits mög-
lichst ausführliche Notizen über die Sammlung gemacht hatte, war es mir klar,
dass die Alterthümersammlung in Aschaffenburg jahrzehnte hindurch ver-
nachlässigt worden war. Dass diese Verwarlosung der Alterthümerabteilung
nicht nur vor 2–3 Dezennien erfolgt war, dafür spricht u.a. der Umstand, dass
ich mir bei einem Besuch im October 1895 zu einer Reihe von Fundstücken
genaue Fundortangaben notiren konnte, während ich jetzt die Gegenstände
zum grössten Theil unsignirt antraf. Dass die einzelnen Objekte durch den
Verlust bestimmter Fundortangaben für die Wissenschaft aber völlig entwertet
werden, brauche ich nicht erst zu bemerken. Zum Glück gelang es mir, auf
Grund meiner Notizen von 1895 und mit Hilfe bestimmter Angaben der ge-
druckten wie handschriftlichen Quellen wenigstens einen Theil der Fundstücke
neu zu bestimmen. So viel ich konnte, machte ich den derz. Conservator
Friedrich, der sehr grosses Interesse zeigte, auf die verschiedenen Differenzen
aufmerksam, gruppierte ihm auf seinen Wunsch auch die Materialien möglichst
nach Fundorten und gab ihm auch Anweisungen wie er die Sachen (unter
sorgfältigster Anwendung der älteren Etiquetten) neu etiquettieren müsse etc.
Ich that das weder aus besonderem Interesse für ihn noch gerade für die
Aschaffenburger Sammlung, sondern weil ich mir sagte, dass ein Fachmann
uber all da, wo er Schäden ausbessern könne, eingreifen müsse.
Mein eben vollständig ausgearbeitetes Inventar der vor- und frühgesch.
Materialien in Aschaffenburg enthält nun bei der Mehrzahl der Funde oder
Einzelobjekte kritische Bemerkungen, und dem ganzen Inventar, dem ich auch
sämtliche „Quellen“ in Abschrift beigelegt habe, musste ich demgemäss eine
Einleitung vorausschicken. In dieser Einleitung spreche ich von dem von mir
angetroffenen schlechten Zustand der Abtheilung, erwähne, dass im Laufe der
Zeit eine Nummerirung der Objekte stattgefunden, ohne dass ein Register der
neuen Nummern F.F. vorläge, dass weiter Etiquetten vertauscht worden sind
u.s.w. u.s.w. Weiter schrieb ich in diesem Zusammenhange: „Diese Verwahr-
losung reicht jedoch nicht nur in die verflossenen Jahrzehnte zurück, doch ist
auch in neuerer Zeit Manches verloren gegangen, Z.B. notirte ich mir im Octo-
ber 1895 zu einzelnen Gegenständen noch Fundorte, während jetzt die betref-
fenden Objekte ohne Zettel und Nummern sind“. Ich spreche also von der
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 193

Fundortssignirung, Entfernung von Etiquetten etc., vom Erhaltungszustand


der Objekte selbst; andere Dinge gingen mich bei meiner kritischen Bearbei-
tung nichts an.
Als ich am Samstag vor 8 Tagen zum letzten Mal in A. war, um meine Auf-
nahmen zu Ende zu führen und ich sowohl die verschiedenen Beilagen als auch
den Beginn des für München ausgearbeiteten Inventars bei mir hatte, ersuchte
ich, da ich Samstags noch in Miltenberg Aufnahmen machte, Conservator
Friedrich, mir meine Papiere zusammen mit einem Eisendolch der Sammlung,
dessen Conservirung ich in unseren Werkstätten empfahl, zuzusenden. Fried-
rich benutzte die Gelegenheit, um mein Inventar durchzustudieren, und fühlte
sich durch die Constatirung der Thatsachen, dass seit 1895 noch wieder vieles
der Fundort-Verwahrlosung anheimfiel, so gekränkt, dass er mir beiliegende
Brife zu übersenden sich erlaubte; ich vermute, dass er bei seinem geringen
Bildungsgrade, dessen Launen ich zuvor gern ertrug, da er vielen Eifer zeigte,
überhaupt gar nicht verstanden hat, was mein Inventar mit seinen ausführ-
lichen Ausarbeitungen bezweckt und nun glaubt, ich wolle sagen, dass unter
seinem Regime Objekte aus der Sammlung entwendet seien. Das ist zwar
seltsam, aber es ist faktisch so, trotzdem die „neuere Zeit“ wieder im Gegensatz
zu den Zeiten der Conservatoren Hofmann und Broili steht und von Diebstahl
etc gar nicht die Rede ist.
Ich bedaure, Ihnen nicht die Originalausarbeitung meiner Aufnahme über-
senden zu können, da diese im Augenblick nach München unterwegs ist. Ich
werde zu Pfingsten in Urlaub gehen und möchte mir dann nachher aus Mün-
chen die Aufnahme zurückerbitten, um sie Ihnen vorzulegen. Da Sie, wie ich
letzten Freitag von Hrn. v. Haxthausen in Darmstadt hörte, für unsere Wissen-
schaft grosses Interesse haben, werden meine Aufnahmen der Alterthümer-
bestände der Aschaffenburger Sammlung, die Constatirung der vorhandenen
Schäden und mein Versuch, die Lücken nach Kräften zu ordnen, Sie gewiss
interessiren. Ich möchte späterhin dem Museum Aschaffenburg (für das Archiv
– nicht zum Handgebrauch) einen Auszug meiner Abschrift meiner Aufnah-
men überweisen, damit danach bei eintretender neuer Unordnung der Sachen
wenigstens der augenblickliche Bestand wiederhergestellt werden kann.
Was nun aber den Conservator Friedrich anbetrifft, so muss ich mich doch bei
Ihnen über das dreiste Gebahren und die vollkommen ungehörigen Forderun-
gen dieses städtischen Funktionärs beschweren und Sie bitten, mich vor weiteren
Belästigungen dieses Herren zu bewahren. – Weder ist Herr Prof. Ranke mein
Vorgesetzter, noch bin ich bezahlter Angestellter jener Commission, und Fried-
richs kindische Bemerkungen können mich auch nicht veranlassen, mein Gut-
achten über die Fundort-Verwahrlosung der Aschaffenburger Sammlung abzu-
ändern. Bei meinen Aufzeichnungen handelt es sich um die kritische Weiterver-
werthung der Funde, und bestehende Mängel dürfen dabei nicht ignorirt werden.
194 Markus Marquart

Einen in den letzten Wochen vorgekommenen Fall will ich Ihnen, da er


Friedrich’s unverlangt abgegebene Selbstverteidigung illustrirt, nicht ver-
schweigen. Eine grosse Urne der Sammlung (in den Text eingefügte kleine
Skizze mit Beischrift: „Höhe 55 cm“) trug noch am 26. April die Etiquette:
„ausgegraben beim Eisenbahnbau nächst Mainaschaff 5. März 1858. Gem.Ing.
Gysslig“ und die (neuere wohl Broili`sche) No 255. Als ich am 16. Mai wieder
nach Aschaffenburg kam, waren Nr. wie Fundortetiquette von dem Objekt
entfernt, und als ich Friedrich sofort darauf aufmerksam machte, erklärte er, er
wisse von nichts, es sei überhaupt nichts da gewesen etc ! – Hätte ich durch
Zufall nicht schon im April jene Etiquette copirt, so wäre inzwischen also der
documentarische Beleg für die grosse Urne für immer verloren gegangen. Der-
artiges ist eben ein Fall von Verwahrlosung einer Sammlung in fundterminen
Sinne. Und dass heute mein für München ausgearbeitetes Inventar für das
Objekt die einzige Quelle für den Fundortsnachweis ist, ist nur ein trauriger
Notbehelf. Man ersetzt doch Z.B. nicht in Archiven oder Bibliotheken Urkun-
den oder Manuskripte und Inkunabeln durch Abschriften und Neudrucke
unter Vernichtung der alten Stücke ! Dabei ist aber nach Friedrichs Behauptung
unter ihm auch nicht ein Nagel fortgekommen. – Ich bitte Sie, darauf zu drin-
gen, dass die Originaletiquette für dieses Thongefäss wieder herbeigeschafft
wird, und das ferner die Originaletiquetten etc für die Eisenmesserreste aus
dem Lindigwalde, die jetzt neben einer (durch mich vermittelten) Mainzer
Copie des intakten Schwertes aus dem Jahre 1858 sitzen unbedingt aufgehoben
werden. – Bei der Durchsicht meiner für München bestimmten Aufzeichnun-
gen wollen Sie auch von den Bemerkungen über die angeblich in Stockstadt
ausgegrabene altgriechische Vase und das frühkaiserzeitliche Sigillata-Gefäss
von dort Kenntniss nehmen. Was es mit diesen Dingen für eine Bewandtniss
hat, wird Ihnen übrigens auch jeder Limesmann sagen können.
Die beiden Schreiben des Friedrich bitte ich mir gütigst zurückschicken zu
wollen, da ich sie als interessante Belege für die Schwierigkeiten, mit denen man
bei der Inventarisirung der Sammlungen zu kämpfen hat, zu den Akten geben
möchte. Zur Vergrösserung des wissenschaftlichen Credites Friedrichs, dessen
Eifer ja anzuerkennen ist, dessen Eifer jedoch öfter in einen Übereifer auszu-
arten droht, dienen sie nicht gerade.
Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung
Dr. Paul Reinecke
Assistent am Röm.-Germ. Centralmuseum
P.S. – Die von mir Friedrich für das Museum übergebenen Abschriften eines
Briefes Hofmanns von 1858 und meine Notizen von 1895 bitte ich sich von ihm
für die Fundakten, die im Archiv aufbewahrt sein sollen, verabfolgen zu lassen.
Ich möchte diese Aufzeichnungen nicht mehr bei ihm wissen.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 195

Besonders bedauerlich ist vor allem, dass die von Reinecke in seinem Brief
erwähnten Unterlagen – Inventar der Museumssammlung, Gutachten und
Briefe Valentin Hofmanns – heute im Bayerischen Landesamt für Denkmal-
pflege nicht mehr aufzuspüren sind. Auch das dem Magistrat für das Städtische
Archiv versprochene Exemplar des Inventars ist dort nach Kriegsereignissen
und mehrfachen Umzügen nicht mehr auffindbar, wenn es denn je dorthin
gelangte.
Die von Reinecke angesprochene Verwahrlosung der Museumssammlung
wurde allerdings nicht nur von ihm konstatiert. Auch andere Fachleute äußer-
ten sich ungewöhnlich kritisch über den „sehr unwürdigen Zustand des unter-
fränkischen Fundmaterials im Aschaffenburger Museum“111 oder, wie Georg
Hock, über die „jahrzehntelange Verwahrlosung der Funde im Museum zu
Aschaffenburg“.112 Paul Reinecke war demnach mindestens dreimal zur Fund-
aufnahme in diesem Jahr im Aschaffenburger Museum, einmal im Februar, am
25. April und am 16. Mai. Die Beschwerdebriefe Friedrichs auf die Anschuldi-
gungen von Reinecke, eine Postkarte und ein Brief, sind im Museum vor-
handen, bezeugen aber in ihrer Verworrenheit, dass Friedrich tatsächlich nicht
in der Lage war, die Beweggründe Reineckes überhaupt zu verstehen.
Auf die gleichen misslichen Umstände zielte offensichtlich auch schon
Ohlenschlager 1890, der die Aschaffenburger Sammlung ebenfalls besucht
haben muss.113
„...ich kann nicht oft genug wiederholen, dass die Angaben über Herkunft
der Fundstücke in solchen Sammlungen, die nicht ein wohlgeordnetes Verzeich-
nis gleich bei ihrer Gründung angelegt und ohne Unterbrechung durchgeführt
haben, vielfach unzuverlässig und lückenhaft sind...“.114

Friedrichs Bilderbuch
Nach diesen Einwendungen höchster bayerischer Autoritäten wurde Fried-
rich vom Magistrat das Anlegen eines Inventarbuches aufgetragen. Er legte
daraufhin ein handaquarelliertes Inventar in zwei Bänden an, die schon in ihren
insgesamt 12 Unterteilungen erweisen, wie wenig Friedrich mit dem gliedern-
den System Paul Reineckes vertraut war. (Abb. 26)

111
R. Stampfuß, Die Jungneolithischen Kulturen in Westdeutschland (1929) 30 f.
112
G. Hock, Die schnurkeramische Kultur in Mainfranken. BVbl. 10, 1930/31, 5 bes. Anm. 14
113
Gummel, Forschungsgeschichte 250 nach Ohlenschlager, Korr.-Bl. Deutsche Anthropologische
Gesellschaft 21, 1890, 146
114
dieselben Zustände herrschten damals aber auch in München in der prähistorischen Staats-
sammlung vgl. Dannheimer, Staatssammlung 21
196 Markus Marquart

Band I
I. Steinzeit
II. Keltische=Bronse(? -zeit)
III. Keltisch (Funde)
IV. Pfahlbauten (Funde)
V. Römische Votivsteine und
Aren
VI. Römische Gefaesse
Band II
VII. Römische Bronse
VIII. Römisches Glas
IX. Römische Beingeräthe
X. Fränkisch (Funde)
XI. Römische Eisen-Theile
XI. Nachbildungen (müsste
eigentlich XII. sein !)
Abb. 26: Bemalter Deckeleinband von Band I des
neu angelegten Inventarbuches von Jean Fried-
rich 1903, Tusche und Wasserfarben auf Pappe,
28 x 37 cm

Seine Zeichnungen sind mit Bleistift vorgezeichnet und mit Wasserfarben


aquarelliert. Sie entsprechen aber keineswegs dem schon damals üblichen Dar-
stellungsregeln und haben daher mehr einen künstlerischen als einen doku-

Abb. 27: Darstellung des „Skythencolliers“ (vgl. Abb. 2) und weiterer Funde von Jean Friedrich, 1903
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 197

mentarischen Wert. Denn außerdem fehlen den gemalten Gegenständen fast


durchweg eine schriftliche Erläuterung und eine logische numerische Ver-
knüpfung. Friedrich nummerierte seine Zeichnungen jeweils pro Kapitel be-
ginnend mit der Nummer 1. Diese Nummern stehen jedoch weder mit den
ältesten Inventarnummern von Hofmann, noch mit den älteren Nummern im
Inventar von 1880 in irgendeinem Zusammenhang. (Abb. 27)
In den folgenden Jahren legte Friedrich ein Rauminventar der Museums-
räume und deren Inhalt an, allerdings ohne Inventarnummern, dafür aber mit
Ankaufs- oder Versicherungswerten. In diesem offensichtlich allein zur Wert-
ermittlung angelegten „Museumsbestandsverzeichnis“ behandelte „Beilage 1“
das römische Inventar in den Räumen 1–8 und „Beilage 2“ das Forstschul-
Inventar (verschollen). Mit seinen Objektbenennungen lassen sich allerdings
nur in Ausnahmefällen tatsächlich vorhandene Objekte identifizieren. In „Bei-
lage 3“ listete er das Inventar der Räume 9–31 auf und errechnet am Schluss
einen Gesamtwert der Museumsbestände von 58.272,30 Mark.115
Überhaupt bemühte sich Friedrich auffällig um eine korrekte Darlegung
seiner Haushaltsführung. So berichtet er in seinem Haushaltsbericht über das
Jahr 1902:
Im Etat 1902 ist angegeben für Transport von römischen Funden aus Nie-
dernberg und Stockstadt 20 Mark.
Vom Kastell Niedernberg betragen die Kosten laut Beleg 2 Mark 50 Pf.
Vom Kastell Stockstadt, sind die Funde, was zu bekommen gewesen, der
Jahre her, in meiner Wohnung aufgehoben. Die Ausgrabungen werden immer
noch fortgesetzt, durch die Fabrik und deren Commerzienrat Albert, und so
nachträglich was dazu kommt so kann eine Rechnung noch nicht gestellt wer-
den. Es bleibt also der Betrag von 17 Mark 50 Pf. noch in Händen des Conser-
vators bis die Platzfrage im Museum geregelt ist.
Friedrich hatte also für den Transport von Funden aus Stockstadt nach
Aschaffenburg noch keine Ausgaben getätigt, obwohl die Funde schon bei ihm
in der Wohnung standen. Dafür behielt er sich eine Transportkostenabrech-
nung für den Moment vor, in dem die Funde ins Museum gelangen sollten.116
Für die Unterbringung der schon vorhandenen und der neuen Steindenkmäler
aus Stockstadt plante Friedrich die Errichtung einer Kapelle. Auf Abraten des
Bayerischen Generalkonservatoriums musste er dieses Vorhaben allerdings

115
die Verteilung von 31 Räumen nur auf einen Teil des Stiftskapitelhauses ist nicht mehr nach-
zuvollziehen
116
Friedrich offenbart damit ungewollt seine Praxis, als Museumskonservator von sich selbst als
Sammler gegen Spesen Funde anzukaufen, ohne dies schriftlich auszuweisen.
198 Markus Marquart

aufgeben.117 Friedrichs Vorstellungen wurden so durch die staatliche Denkmal-


pflege deutlich zurückgewiesen, im Museum aber blieb ihm sein Handlungs-
spielraum vollständig erhalten. Seine Auffassung zu den musealen Aufgaben
beschreibt dann auch deutlich sein kurzer Beitrag in der Einführung zum
Aschaffenburger Adressbuch von 1904, in der er die städtische Sammlung
beschreibt:
„Die städtischen Sammlungen sind bestimmt zur Aufbewahrung von Merk-
würdigkeiten und Antiquitäten, die mit der Geschichte der Stadt, ihrer Bewoh-
ner oder der Umgebung in Beziehung stehen. Sehr vermehrt wurde sie in
jüngster Zeit durch die Ausgrabungen im alten Römerkastell zu Stockstadt bei
Aschaffenburg“118.
Es handelt sich um „Merkwürdigkeiten und Antiquitäten“ und nicht mehr
um die Sammlungsstücke, die Broili Jahre zuvor noch nüchtern und präzise
beschrieben hatte (s.o.).

Die Neuordnung der Denkmalpflege und der


Aschaffenburger Geschichtsverein
Natürlich regte sich in der gebildeten Bürgerschaft allmählich Widerstand
gegen Friedrichs Amtsführung und „Merkwürdigkeiten“ und so entstand 1904
auf Anregung des Apothekers Hermann Sebastian Deinlein der Aschaffenbur-
ger Geschichtsverein. Er war von Beginn an mit prominenten Mitgliedern be-
setzt119 und zog in den folgenden Jahren alle archäologische Forschungs- und
Sammlungstätigkeit an sich. Als fachspezifisches Publikationsorgan wurden
dazu die Aschaffenburger Geschichtsblätter (bis 1941) ins Leben gerufen120.
Ab 1906 erschien in Aschaffenburg und der weiteren Umgebung jeweils
einmal monatlich die neu gegründete Zeitschrift „Spessart“. Sie war Publika-
tionsorgan sämtlicher Spessartvereine und gewann Freiherr von Haxthausen
für eine Serie, in der er in den folgenden drei Jahren in einzelnen Beiträgen die
vorgeschichtlichen Perioden von der Steinzeit bis zur Eisenzeit vorstellte.121
Da in München der Abschied des Direktors des Bayerischen National-
museums, und damit auch des Generalkonservatoriums und der Staatssamm-

117
Ritz, Museum Aschaffenburg; Joseph Ritz war Hauptkonservator des Bayerischen Landes-
amtes für Denkmalpflege
118
Aschaffenburger Adressbuch (1904) II, 5
119
Namentliche Zusammenstellung mit Portraitfotografien bei Pollnick, Geschichtsverein
120
W. Fischer, Vorwort im Aschaffenburger Jahrb. 1, 1952 und zusammenfassend C. Pollnick,
Geschichtsverein 17–22 sowie H. Karpf, Aschaffenburger Geschichtsblätter 1907–1941. Ebda.
125–136
121
Bibliographie von Haxthausen im Personenindex
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 199

lung bevorstand (s.o.), wurde für die Zeit danach die Neuordnung vorbereitet.
Im Auftrag des Staatsministeriums des Inneren für Kirchen- und Schulangele-
genheiten entwarf Georg Hager, Leiter der Inventarisation am Generalkonser-
vatorium, die „Leitsätze über die Neuorganisation der Pflege der urgeschicht-
lichen und geschichtlichen Denkmäler in Bayern“122. Sie kamen auch zur
Durchführung, und am 1. November 1908 wurde auf „Königliche allerhöchste
Verordnung“ das „Generalkonservatorium der Kunstdenkmale und Alter-
tümer Bayerns“ (gegr. 1868) eine eigene Behörde (Gründungsverordnung vom
6. Sept.) gegründet. Ihr unterstanden die Bau-, Kunst- und Bodendenkmal-
pflege.123 Für die Bodendenkmalpflege wurden zwei Wissenschaftlerstellen,
eine Technikerstelle sowie eine Konservierungsanstalt eingerichtet. Bayern
wurde in zwei Zuständigkeitsbezirke aufgeteilt:
Ober- und Niederbayern, Oberpfalz und Schwaben betreute Konservator
Paul Reinecke von München aus. Dazu stand ihm mit Joseph Maurer ein
eigener Grabungstechniker zur Verfügung.124 Die fränkischen Regierungs-
bezirke und die bayerische Pfalz unterstanden Georg Hock in Würzburg,
zuvor Konservator am dortigen königlichen Museum.125 Die bayerische Pfalz
mit ihrer Vielzahl bedeutender römischer Fundstellen war aber von Würzburg
aus unmöglich zu betreuen und so wurde noch im selben Jahr der Vertrags-
konservator Friedrich Sprater am Historischen Museum der Pfalz in Speyer
mit den Aufgaben der „prähistorischen Denkmalpflege“ in der Pfalz betraut
(Institutionalisiert 1910).126 Bei der äußerst spärlichen Personalausstattung mit
zwei Konservatoren und einem Techniker für ganz Bayern blieb Hock und
Reinecke gar keine andere Wahl, als Geschichtsvereine und andere interessierte
Zeitgenossen zu einem geographisch verteilten Beobachtungs- und Mitarbei-
terstab zu gewinnen. In Würzburg und München fanden daher erste Lehr-
gänge für ehrenamtliche Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege statt127. Der
Aschaffenburger Geschichtsverein war also von vornherein ein prädestinierter
Partner für die Übernahme denkmalpflegerischer Aufgaben. So stellte das
erneuerte Bayerische Generalkonservatorium dem Aschaffenburger Ge-
schichtsverein auch gleich entsprechende Mittel zur Verfügung, um auf dem
Gelände der PWA im Römerkastell Stockstadt 1908/09 mehrere Nachgrabun-
gen durchzuführen, nachdem die Ausgrabungstätigkeit durch die PWA inzwi-

122
Keller, Denkmalpflege 10 bes. Anm. 7
123
Keller, Denkmalpflege 10 bes. Anm. 1
124
Keller, Denkmalpflege 14 bes. Anm. 39
125
Während seiner gesamten Dienstzeit mußte er ohne Schreibkraft, ohne Techniker und ohne
Dienstwagen auskommen. Wamser, Denkmalpflege 29 – Keller, Denkmalpflege 20 bes. Anm. 84
126
Keller, Denkmalpflege 14 bes. Anm. 38
127
Keller, Denkmalpflege 12 bes. Anm. 26
200 Markus Marquart

schen eingestellt worden war.128 An den Ausgrabungen nahm auch Friedrich


Drexel teil, der mit finanzieller Unterstützung der PWA129 in erstaunlich kur-
zer Zeit die Grabungsergebnisse aus Stockstadt schon 1910 zusammengefasst
vorlegte.130 Währenddessen wurde dem Aschaffenburger Museumskonserva-
tor Jean Friedrich eine besondere Ehrung zuteil. Am 27. Januar 1910 verlieh
der deutsche Kaiser und König von Preußen Wilhelm II. aus Anlass seines Ge-
burtstages neben anderen Personen auch Jean Friedrich für seine Verdienste
um die „Sammlungen des Saalburg-Museums“ eine „Busennadel mit allerh.
Namenschifffre“.131 (Abb. 28)
Abb. 28: Verleihungsurkunde von Kaiser
Wilhelm II. , für Jean Friedrich vom
26. Januar 1910, 21 x 26,5 cm
Berlin, den 26. Januar 1910
Seine Majestät der Kaiser und König haben
in dankbarer Anerkennung Ihrer Verdinste
um die Sammlungen des Saalburg-Museums
die Gnade gehabt Eur. Wohlgeboren eine
Busennadel mit allerhöchster Namenschiffre
zu verleihen, Allerhöchstem Auftrage zufolge
lasse ich Eur. Wohlgeboren die Chiffrenadel
hierneben ergebenst zugehen
Der Geheime Kabinets-Rath
Wirkliche Geheim-Rath
Valentini
An den Konservator
Herrn Friedrich Wohlgeboren
Aschaffenburg

Eine gewisse Flexibilität in der Frage der Zuteilung von Funden hatte Fried-
rich ja schon früher anklingen lassen, und in diesem Fall handelte er ja gewisser-
maßen in höherem Auftrag, gemäß der kaiserlichen Weisung, möglichst alle
Funde aus den Limeskastellen im Saalburgmuseum zu vereinen. Dagegen
konnten selbst seine Widersacher im Aschaffenburger Geschichtsverein kaum
öffentlich Kritik äußern. Offensichtlich wurde man aber jetzt auch im Bayeri-
schen Generalkonservatorium auf die Situation in Aschaffenburg aufmerksam.

128
Die dabei geborgenen Funde gehen 1939 in das Eigentum des Museums über s.u.
129
Dazu wurde eine Stiftung des Geschäftsführenden Kommerzienrates Albert an den Kaiser-
lichen Saalburgfonds verwendet
130
Drexel, Stockstadt
131
am 26.1.1910 ausgestelltes Begleitschreiben vom geheimen Kabinets.Rath, wirklichem Gehei-
men Rath v. Valentini. Nach Saalburg Jahrb. 1, 1910, 25 handelt es sich sogar um eine Brillant-
nadel. Ein entsprechendes Stück ist im Museumsbestand nicht ausfindig zu machen.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 201

Um die Abwanderung von weiteren Funden aus Stockstadt an das Saalburg-


museum nach Hessen – und aus gut bayerischer Sicht damit außer Landes – zu
verhindern, begann das Generalkonservatorium mit Friedrich über die Neu-
aufstellung des Museums im Schönborner Hof132 zu verhandeln. Dazu wurde
auch ein erster Zuschuss zum Ankauf von Vitrinen gewährt. Im Gegenzug
musste Friedrich dafür das Zugeständnis machen, die Oberaufsicht über die
vor- und frühgeschichtlichen Museumsbestände an Georg Hock in Würzburg
zu übertragen.
Der geplante Umzug der Museumsräume aus dem Stiftskapitelhaus in den
Schönborner Hof zerschlug sich aber sehr schnell. Der Geschichtsverein hatte
offenbar die besseren Verbindungen, denn statt dem Museum zog dort der Ge-
schichtsverein mit seinen Geschäftsräumen und mit seiner Sammlung ein.133
Mittlerweilen hatte sich die Museumssammlung in den Räumen des Stiftskapi-
telhauses weiter ausgebreitet. Der Hof zwischen Stadtmauer und Kapitelsaal
und die „Folterkammer“ (ehemaliger Stiftskarzer) gehörten jetzt dazu.134
Zugleich entstand in Würzburg eine auch für das Aschaffenburger Museum
nicht unerhebliche Konkurrenz. Dort wurde das „Fränkische Luitpold –
Museum“ gegründet, benannt nach dem in Würzburg geborenen Prinz-
regenten Luitpold von Bayern. Im Museum wurden die Sammlungen der Stadt
Würzburg, des Historischen Vereins für den Untermainkreis und des Fränki-
schen Kunst- und Altertumsvereins zusammengeführt. Untergebracht war das
Museum in einem umgestalteten Universitätsinstitut in der Maxstraße. Dort-
hin gelangten dann auch in der Folge alle Funde, die von der Würzburger
Außenstelle des Landesamtes auch am Untermain ausgegraben wurden.135 Die
Entscheidung über den Verbleib der Funde traf Hock sicherlich auch in
Anbetracht der „jahrzehntelangen Verwahrlosung der Funde im Museum zu
Aschaffenburg“.136 Nicht zuletzt deswegen plante Hock, die vor- und frühge-
schichtlichen Bestände des Aschaffenburger Museums in einem eigenen Kata-
log herauszugeben, für den er ja auf die Zusammenstellung von Reinecke
zurückgreifen konnte137. Die Fülle seiner Aufgaben hielt ihn jedoch von der

132
C. Pollnick, Der Schönborner Hof – Aschaffenburgs erster Barockbau. Mittlg. Stadt u. Stifts-
archiv Aschaffenburg 1, 1983, 3 ff. u. ders., Der Schönborner Hof, Daten zu seiner Geschichte.
Mittlg. Stadt u. Stiftsarchiv Aschaffenburg 4, 1993, 184 ff.
133
Der Vorsitzende des Geschichtsvereins war zugleich Rektor der dort residierenden Realschule:
Pollnick, Geschichtsverein 17 ff.
134
29.10.1911 Handschriftliche Notizen Schohe 1934.
135
z. B. Urnengräberfeld Goldbach vgl. Wilbertz, Unterfranken 114 ff.
136
G. Hock, Die schnurkeramische Kultur in Mainfranken. BVbl. 10, 1930/31, 5 bes. Anm. 14
137
Aktennotiz des LfD Würzburg – Ritz, Museum Aschaffenburg 236 – Die Unterlagen Reineckes
werden zuletzt als Originalvorlage von H. Gerdsen, Studien zu den Schwertgräbern der älteren
Hallstattzeit (1986) verwendet. Sie sind heute in der Außenstelle Würzburg nicht mehr
aufzufinden.
202 Markus Marquart

Durchführung ab, denn 1918 erhielt er, inzwischen zum Leiter der Außenstelle
Würzburg des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege umbenannt138, an
der Universität Würzburg eine mit einem Lehrauftrag verbundene Professur
für Vorgeschichte.139 Würzburg entwickelte sich damit zu einem innovativen
Zentrum der Forschung, wo neben dem neuen Luitpoldmuseum und der Gips-
sammlung im Martin-von-Wagner-Museum das Fach Vorgeschichte erstmals
als eigene Sektion in den universitären Lehrbetrieb aufgenommen wurde.140
Das Aschaffenburger Museum wie auch die Stadt selbst konnten einer
solchen Entwicklung nicht folgen (Abb. 29). Hier galt Jean Friedrich offen-
sichtlich als griesgrämiger und harmloser Sonderling.141 Diesen Eindruck ver-
mittelt ein Gedicht von Auguste Haarländer142 über den „Konservator“ mit
dem Titel „Im Stadtmuseum“, das Josef Singer in seinem selbst gestalteten Ge-
dichtband mit einer kolorierten Federzeichnung versehen hat und das sich
heute im Museumsbesitz befindet (Abb. 30, 31).

Abb. 29: Blick in den Ausstellungssaal mit „Dammer Porzellan“ im Stiftsmuseum um 1920

138
Das „Generalkonservatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns“ wird 1917 in
„Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege“ umbenannt Keller, Denkmalpflege 10 bes. Anm. 2
139
Keller, Denkmalpflege 20 bes. Anm. 84
140
zehn Jahre vor der Einrichtung des ersten Lehrstuhls für Vor und Frühgeschichte an der
Universität Marburg
141
direkte Beurteilungen Friedrichs durch Kollegen sind nicht überliefert, zu Jean Friedrich mit
weiteren zeitgenössischen Quellen Schmittner, Jean Friedrich 14–21
142
zu Auguste Haarländer geb. 17.6.1882 gest. 26.12.1919 vgl. Schmittner, Haarländer
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 203

Abb. 30: Aquarellierte Handzeichnung von Josef Singer im Poesiebuch von Auguste Haarländer
(nach 1919). Im zentralen Bildfeld führt der Blick von oben auf die Stiftstreppe, über die
eine Gestalt mit Hut, Mantel und Stock ins „Städtchen“ hinabsteigt – gemeint ist zwei-
fellos Jean Friedrich.

Abb. 31: vergrößerter Ausschnitt aus Abb. 30


204 Markus Marquart

Im Stadtmuseum
Überm Städtchen Sommerstille.
Unser Konservator sitzt
in des Kreuzgang luft`ger Kühle
putzt bedächtig seine Brille,
stülpt behaglich eine Prise,
lauscht noch einmal nach den Toren,
lehnt sich dann ins Chorgestühle,
wo er eine Hauspostille
sich zurechtgelegt zum Lesen
Bald der Gegenwart verloren,
geht er in den Stadtgeschichten,
in den friedensarm Geschehen
langsam stöckelnd auf und nieder
wie in schattigen Aleen.
Manchmal tropft der Stundenklang
von des Meisters Ponchons Glocke
wie ein heimwehdunkler Sang.
Sinnend schleicht das Sonnenband
um die schlanken Kreuzgangbogen,
wo der Stiftsherrn Balsaminen
blühen vor der grauen Wand.
Summend haben ein paar Bienen
honigsuchend sich verflogen
in des Hauses Einsamkeit.
Muffig riecht es in den Stuben
voll von Höchster Porzellanen,
Münzen, Krügen, Innungsfahnen,
Opfersteinen, Römertuben,
Henkerschwerter, Meisterstücken,
seidnen Schirmen und Perücken.
Manchmal wispelt`s in den Ecken
hinter Bildern, seidnen Decken.
Spinnverwobne Butzenscheiben
klirren auf in jähem Schrecken
als ob irgendwo, ein geheimes Leben quille.
Vier Uhr hallts...
unser Konservator hackt
sich heraus zur Wirklichkeit.
Kein Besucher ist gekommen,
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 205

ließ vom Alten sich erzählen,


weil die Bürger mit der Neuzeit
ohnedies genug sich quälen
und dann fröstelt sie die Stille.
Sinnend steht er und beklommen,
der beizeit kein Weib genommen-
wuchtig schließt er dann die Tore
seiner lebenslangen Arbeit.
Schiebt die schweren Eisenriegel
mit dem alten Mainzer Siegel
und steigt langsam in das Städtchen
Der geschilderte beschauliche Museumsbetrieb lief auch während des Ersten
Weltkriegs mehr oder weniger ungestört weiter. „Wegen der Unsicherheit“ –
gemeint ist der „Kapp-Putsch“ und die Besetzung Frankfurts und des Main-
gaus durch französisches Militär – blieb das Museum 1920 werktags geschlos-
sen und die Wach- und Schließgesellschaft nahm das Museum in ihre Über-
wachung auf.143
In Würzburg übernahm Georg Hock die kommissarische Leitung des neuen
Luitpold-Museums144 und unter seiner Vermittlung plante der Aschaffenbur-
ger Geschichtsverein, seine römischen Funde aus Stockstadt im Pompejanum
auszustellen, denn das städtische Museum war dafür weder personell noch
räumlich geeignet.145 Der Grund dafür war nach der Sicht der Fachleute im
Landesamt und im Geschichtsverein die Person Jean Friedrich. Die Stadtver-
waltung war aber nicht geneigt, an dieser Konstellation etwas zu ändern, denn
schließlich „hat das Stadtmuseum seinen Referenten, seinen Inspizienten und
den Stadtrat“146. Außerdem hätte eine Neubesetzung in den Zeiten der Depres-
sion eine beträchtliche Steigerung der Ausgaben bedeutet. Friedrichs vertrag-
liche Bezüge bestanden nämlich nur aus einer Drittelstelle, den Auslagen für
die Reinigung und einer Abzahlung. Dahinter verbirgt sich eine monatliche
Vorauszahlung auf die römischen Funde in seinem Privatbesitz, die er der Stadt
testamentarisch versprochen hatte und in seinem Wohnhaus verwahrte, das in

143
Ab 1. September 1920 Handschriftliche Notizen Schohe 1934.
144
bis 1925 Keller, Denkmalpflege 30
145
Aktennotiz LfD Würzburg – Ritz, Museum Aschaffenburg 236
146
Aktennotiz Jean Friedrich o. Datum; Wen er mit Referenten und Inspizienten meint, ist nicht
mehr zu eruieren. Mit dem Stadtrat dürfte aber nicht der gesamte Stadtrat gemeint sein, sondern
der Stadtrat Fritz Trockenbrodt, der zugleich in seiner Stadtratsfunktion auch Museumspfleger
war.
206 Markus Marquart

der Bevölkerung wegen der dort gelagerten Schätze den Spitznamen „Glas-
palast“ erhielt.147
Wegen der Besetzung des Ruhrgebietes durch die Franzosen wurden 1923
die Bestände der staatlichen graphischen Sammlung, wie der staatlichen
Gemäldegalerie aus Aschaffenburg nach München gebracht.148 Die dortige
Krongutverwaltung genehmigte dagegen Friedrich eine monarchische Leih-
anfrage: Bett, Schreibtisch, Tischchen und Bettdecke König Ludwig I. durften
im Stadtmuseum ausgestellt werden.149 Die graphische Sammlung und die
staatliche Gemäldegalerie kehrten aber vorerst nicht nach Aschaffenburg
zurück und der Verdacht war berechtigt, dass sie in der Landeshauptstadt ver-
bleiben sollten.

Erich Schohe und der Aschaffenburger Kunstverein


Dieser Umstand – die aus Aschaffenburger Sicht frevelhafte Entführung
alten Aschaffenburger Kulturgutes nach München und vor allem dessen
Nichtwiederkehr – erregte die Aschaffenburger Gemüter und führte schließ-
lich 1927 zur Gründung des Aschaffenburger Kunstvereins. Als dessen erstes
Ziel legten die Gründer – darunter Otto Leitolf, Architekt und Leiter der
Meisterschule für Steinmetze und der Aschaffenburger Student der Philoso-
phie und Kunstgeschichte Erich Schohe150 – die Rückgewinnung der nach
München verbrachten Aschaffenburger Gemälde fest.151 Für den Verein und
seine Ziele konnten sogleich in der Stadt gewichtige Persönlichkeiten als
Mitglieder gewonnen werden: der Kommerzienrat Wilhelm Schmitt-Prym,
der Fabrikbesitzer Alexander Herlein, der Dichter Julius Maria Becker152, die
Maler Adalbert Hock und Max Nein, der Fabrikant, Sammler und Bildhauer
Otto Gentil, der bekannte Journalist Guido Hartmann153 und Landgerichts-
präsident Paul Scheppler.

147
Friedrich bezieht in diesem Jahr ein Gehalt von 2440 Mark. Es setzt sich zusammen aus 840
Mark – 1/3 der Bezüge aus Gruppe II/Endstufe, 700 Mark für Reinigung, 900 Mark Abzahlung;
Handschriftliche Notizen Schohe 1934.
148
dies führt später zur Gründung des Aschaffenburger Kunstvereins vgl. Halm, graphische
Sammlung und G. van Driesum, Die Gründung des Kunstvereins Aschaffenburg 1927. In:
Pollnick, 100 Jahre 23–48
149
Handschriftliche Notizen Schohe 1934.
150
zu Schohe siehe Personenindex
151
Driesum, Geschichtsverein 24 f.
152
Zu den beteiligten Personen vgl. Driesum, Kunstverein 28 ff. – zu Julius Maria Becker vgl.
J. Mager, Der junge Julius Maria Becker. Aschaffenburger Jahrb. 10, 1968, 275–374
153
Zum Aschaffenburger Stiftsmuseum: G. Hartmann, Aus dem Spessart. Kultur- und Heimat-
bilder. (Frankfurt a.M. 1924)4 156: „....birgt heute die städtischen Sammlungen. In manchem
ungewollt malerisch-systemlosen Winkel bewahren sie den einen oder anderen wertvolleren
kunstgewerblichen Gegenstand.“
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 207

Erich Schohe studierte damals Philosophie und Kunstgeschichte in Mar-


burg, wo 1928 der erste deutsche Lehrstuhl für das Fach Vor- und Frühge-
schichte eingerichtet wurde. Vermutlich hat Schohe sogar die ersten Vorle-
sungssemester bei Gero von Merhart gehört, denn das Thema seiner Doktor-
arbeit „Die Viereckturmanlagen in Deutschland“ ist in seinen Studienfächern
nicht ohne einen starken archäologischen Einfluss denkbar. Sein Manuskript
reichte er aber nicht ein. Er verließ die Universität 1929 ohne Abschluss, um in
Aschaffenburg den an einem Schlaganfall erkrankten Jean Friedrich zu vertre-
ten.154 Der Aschaffenburger Oberbürgermeister Wilhelm Matt155 sah jetzt die
Möglichkeit, mit Schohe die längst überfällige Neuordnung des Museums zu
beginnen, die mit Rücksicht auf Friedrich immer wieder hinausgeschoben wor-
den war.156 Für notwendige Umbaumaßnahmen im Museum stellte Matt sofort
Mittel in Höhe von 30.000 RM in Aussicht.157 Jean Friedrich erholte sich von
seiner Erkrankung nicht mehr und trat 1930 von seinem Amt als Konservator
zurück.158 Zuvor erstellte er noch ein über 100 Seiten fassendes Manuskript mit
Informationen zur Geschichte Aschaffenburgs und der Museumssammlung.
Seine handschriftlichen Notizen sind aber zunehmend von seiner Erkrankung
gezeichnet, seine an sich schon schwer lesbare Handschrift ist nun überhaupt
nicht mehr zu entziffern.159
Am 19. Juli 1930 teilte Oberbürgermeister Matt dem Landesamt in Mün-
chen betreffend die Neuordnung des städtischen historischen Museums mit,
dass Museumskonservator Friedrich wegen Alter und Krankheit zurückgetre-
ten ist und der in Aschaffenburg wohnende cand. hist. Schohe160 mit einem
Gutachten zur Neuaufstellung beauftragt wurde. Zugleich bat er darum, dass
das Landesamt München sowie Dr. Hock in Würzburg jeweils die Sammlung
und deren Neuaufstellung begutachten möge. Matt behielt aber als Oberbür-
germeister die Kosten im Auge und gewährte Schohe zunächst nur einen zeit-
lich befristeten Arbeitsvertrag. Für die notwendigen Arbeiten von 1. Oktober

154
Oberbürgermeister Matt gratuliert Friedrich am 6. Juni 1929 noch zu seinem 70. Geburtstag
und erhöht mit Zustimmung des Stadtrates in Anerkennung seiner Verdienst Friedrichs
Monatsgehalt um 25 RM, Friedrich erleidet seinen Schlaganfall demnach vermutlich in der
zweiten Jahreshälfte
155
Pollnick, Stadtoberhäupter 62–67; Dr. Wilhelm Matt Oberbürgermeister 1904–1933
156
Handschriftliche Notizen Schohe 1934
157
Redemanuskript von Schohe zur Neueröffnung 1934 für Oberbürgermeister Wohlgemuth
158
Ritz, Museum Aschaffenburg 236
159
Friedrichs „handschriftliche geschichtliche Notizen“ benutzt auch Oberlehrer Göbel in seinem
Buch über den Aschaffenburger Stadtteil Schweinheim: M. Göbel, Schweinheim – ein Heimat-
buch (1930), VII; Die Notizen befinden sich im Museumsbesitz
160
Schohe wohnt in der Hofgartenstr. 12, wo später auch der SS-Sturmbann III/83 sein Büro hat
vgl. Einwohnerbuch der Stadt Aschaffenburg 1939/40 (1940)II/59, zu Schohe siehe auch Perso-
nenindex
208 Markus Marquart

1930 bis 31. März 1931 erhielt Schohe einen Monatsbezug von 200 RM, die
Stadt schloss aber die Festanstellung eines Fachkonservators wegen der dann
„möglicherweise notwendigen tariflichen Besoldung“ aus.161
Am 1. August 1930 begann Erich Schohe ein Hauptinventar anzulegen,
jenes zentrale Verzeichnis der Museumsbestände, das nun schon seit über drei-
ßig Jahren nicht mehr ernsthaft in Angriff genommen worden war.162 Zusätz-
lich führte er ein „Zuwachs- und Schenkungs- Inventar“, das alle Eingänge vom
Beginn seiner Dienstzeit an aufnehmen sollte.163 Einigen der aufgezeichneten
Zugänge wurden hierbei auch Inventarnummern zugeordnet. Die sporadisch
verzeichneten Inventarnummern reichen bis in den 5000er Bereich. In seinem
Hauptinventar verweist er auch gelegentlich auf die Zeichnungsnummern im
Inventar von Jean Friedrich, gemeint sind dabei die aquarellierten Abbildun-
gen im „Bilderbuch“ von 1903. Die von Schohe angelegten Inventarblätter be-
ziehen sich aber offensichtlich nur auf die ausgestellten Gegenstände. Bei den
neolithischen Steinwerkzeugen zitiert Schohe gelegentlich auch Nummern
nach Haxthausen und alte Inventarnummern nach Hofmann, wo sie sich noch
auf den Objekten befanden.

Abb. 32: Schreinermeister Roman Schmittner und Museumsleiter Erich Schohe in der Eingangstür
des Stiftsmuseums um 1930
161
Schreiben von Oberbürgermeister Matt an Schohe vom 28. November 1930
162
es trägt den Untertitel „Inventar II“, beginnend mit Inventarnummer 1 bis zur Nummer 1254
und füllt von 576 im Band vorhandenen Seite die ersten 91
163
Innenüberschrift: „Zuwachsverzeichnis des städt. histor. Heimatmuseums Aschaffenburg“;
(Seite 1-46 von 286). Ab Seite 290 „Schenkungsverzeichnis des städt. histor. Heimatmuseums
Aschaffenburg“ (bis Seite 301 von 576)
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 209

Im Zuge seiner Inventarisierung bemühte sich Schohe, die von Friedrich


zusammengetragene Sammlung „wissenschaftlich zu ordnen und die Spreu
vom Weizen zu trennen“. Dabei schied er anschließend „alles Wertlose“ aus.164
Welche Objekte dies betraf und welche Kriterien er dabei anwandte, ist aller-
dings nicht überliefert. Für die im Zusammenhang mit der Neugestaltung der
Sammlung im Stiftskapitelhaus notwendigen technischen Arbeiten gewann
Schohe den Schreinermeister Roman Schmittner aus der Badergasse (Abb.
32).165 Unter gelegentlicher Hilfe städtischer Bautrupps bauten sie zusammen
„Saal um Saal“ des Stiftsmuseums aus, das nun das gesamte Stiftskapitelhaus
füllte. Neben der Neuordnung der Sammlung und der Neueinrichtung der
Schauräume suchte Schohe aber auch den Sammlungsbestand zu erweitern.
Des Öfteren bekam Schohes Bruder Herrmann von den städtischen
Gaswerken ein Motorrad geliehen, mit dem sie zusammen bei „den Herren
Grafen in den Schlössern am Rande des Spessarts“ Butzenscheiben, Möbel und
Anderes aufzutreiben versuchten.
Auch das gespannte Verhältnis des Aschaffenburger Museums zum Landes-
amt für Denkmalpflege begann sich seit Schohes Wirken zu ändern. Im Auf-
trag von Georg Hock166 kam ein Restaurator des Landesamtes aus München
für einen Monat nach Aschaffenburg, um hier vorgeschichtliche Keramik zu
restaurieren.167 Schließlich war Schohe auch im Sinne des Landesamtes denk-
malpflegerisch tätig. Er kümmerte sich um den Erhalt historischer Gebäude
wie Marstall, Schloss, Nilkheimer Hof und Schönbusch. Zum Aschaffenburger
Stadttheater verfasste er eine eigene historische Zusammenstellung168, ebenso
über die Stiftskirche169 und über die Museen in der Stadt.170 Für Hock besuchte
er auch Fundstellen in Niedernberg und Obernau, wo er die Reste fränkischer
Grabbeigaben sicherstellte.
Am 20. Mai besuchte der Süd- und Westdeutsche Altertumsverband auf
seiner Exkursion von Hanau aus die vor- und frühgeschichtliche Aschaffen-
burger Museumssammlung in unaufgestelltem Zustand171, die Georg Hock erst
anschließend im September einrichtete. Neben der Neueinrichtung des Stifts-

164
Schneider, Stiftsmuseum VI
165
seine gesamte im Originalzustand erhaltene Werkstatt konnte 1996 von den Museen der Stadt
erworben werden
166
im gleichen Jahr erscheint sein Aufsatz zur Schnurkeramischen Kultur in Mainfranken –
G. Hock, Die Schnurkeramische Kultur in Mainfranken. BVbl. 10, 1931/32, 1–25
167
Präparator Maurer des Bayr. LfD von Mitte November bis Mitte Dezember 1931
168
E. Schohe, Aus den Anfängen des Theaters. Beiträge zur Geschichte des priv. Hoftheaters zu
Aschaffenburg (o. Jahr)
169
E. Schohe, Die Stiftskirche Aschaffenburg (1939)
170
E. Schohe, Das kulturhistorische Heimatmuseum der Stadt Aschaffenburg (1933) – Ders., Die
Sammlungen im Schloß Aschaffenburg (1933) und ders., Das Spessartmuseum (1939)
171
Briefwechsel zwischen Schohe, Hock und Dr. F. Kutsch, 1. Vorsitzender des Verbandes
210 Markus Marquart

Abb. 33: Das einzige Foto von Jean Friedrich zeigt ihn auf einem
Gruppenbild halb verdeckt hinter Stiftspfarrer Geistl. Rat
Ignaz Hergenröther um 1920/25

museums bewegte aber vor allem ein anderes Museum


die Gemüter der Aschaffenburger Öffentlichkeit. Am
7. Mai 1932 wurde im Schloss Johannisburg die Zweig-
stelle der Bayerischen Staatsgemäldesammlung als
Museum eröffnet. Die Bemühungen des Kunstvereins
hatten also nach neun Jahren zum Erfolg geführt, die
Bilder waren wieder zurück. Darunter befand sich auch
die Sammlung des Kupferstichkabinetts (heute: staatliche graphische Samm-
lung in der Verwahrung der Museen der Stadt Aschaffenburg). In dieses wurde
in der Nacht vom 21. auf 22. Juni eingebrochen und 86 Radierungen von
Rembrandt und 239 Zeichnungen gestohlen. Bis auf 14 Blätter konnten später
die Rembrandtradierungen im Kunsthandel sichergestellt werden, die Zeich-
nungen blieben bis heute verschwunden.172
Mitten unter diesen Ereignissen starb Jean Friedrich, der das städtische
Museum über dreißig Jahre geleitet hatte, am 15. Juni 1932 nach längerer
Krankheit im städtischen Pfründnerheim (Abb. 33).173 Da Friedrich schon 1912
seinen Mobiliarbesitz, darunter auch seine archäologische Sammlung, gegen
„Abnährung“ der Stadt zu Eigen übertragen hatte, beauftragte Oberbürger-
meister Matt Schohe diesen Nachlass sofort sicherzustellen, da er immerhin
einen Schätzwert von 54.000 Mark darstellte.174 Friedrichs Ableben wurde am
nächsten Tag in den beiden größeren Aschaffenburger Zeitungen – Aschaffen-
burger Zeitung und Beobachter am Main – mit einem kurzen Nachruf kom-
mentiert. Beide bedauerten den unersetzlichen Verlust eines alten Aschaffen-
burger Originals, das Bedeutendes für die Aschaffenburger Museumssamm-
lungen geleistet hatte175. Mit seinem großen Schlüsselbund als Signum war der

172
Halm, Graphische Sammlung 233 f.
173
Handschriftliche Notizen Schohe 1934 – Aschaffenburger Anzeiger und Beobachter am Main
vom 16. Juni 1932 – Das Pfründnerhaus befand sich im Hinterhaus des Katharinenspitals in der
Löherstraße und wurde von der Hospitalstiftung betrieben. Mit seiner städtischen Rente zählte
Friedrich wohl eher zu den „reichen“ Pfründnern, das Gebäude wurde 1945 zerstört; Grimm
Häuserbuch II, 639 ff.
174
Schriftliche Mitteilung von Oberbürgermeister Matt an Schohe vom 15. Juni nach 17.45 Uhr, da
Friedrich, wie im Schreiben angegeben, zu dieser Zeit verstarb. Die Abnährungserklärung
Friedrichs stammt nach Matt ebda. vom 5. Dezember 1912. Die städtische Schätzung seines
Vermögens auf 54.000 Mark im Nachruf im Beobachter am Main vom 16. Juni 1932
175
Neben den zahlreichen Erwerbungen für das Museum ist Friedrich auch für den Erhalt der
Kittel’schen Notizsammlung verantwortlich, die er an das Aschaffenburger Stadt- und Stifts-
archiv abgab. Die Zettelsammlung galt als eine der wichtigsten und auch umstrittensten Quel-
lensammlungen zur Aschaffenburger Geschichte. Nach Mitteilung von Archivleiter Dr. H.-B.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 211

wegen seiner „klassischen Grobheit“ bekannte Autodidakt im Gedächtnis


seiner Zeitgenossen neben den Stifterfiguren St. Peter und St. Alexander auf
der Stiftstreppe zur dritten Figur auf dem Stiftsplatz geworden, so einhellig der
Tenor der Kommentare über den schrulligen Sonderling.
Entgegen seiner ursprünglichen Intention hatte Oberbürgermeister Matt
Schohe inzwischen als Museumskonservator fest angestellt. Gewisse Zweifel
bei der Auslastung mögen bei ihm aber wohl noch bestanden haben, weswegen
er Schohe neben den musealen Aufgaben zusätzlich auch die „Fremdenver-
kehrspropaganda“ übertrug. Die Eröffnung des renovierten Stiftsmuseums
wurde von Matt auf den 1. April 1933 festgesetzt.176
Im Zusammenhang mit der Museumseröffnung veröffentlichte Schohe
schon ab 1932 eine Serie von Artikel über das Stiftsmuseum. In vier „Einfüh-
rungsvorträgen“ und acht Beiträgen mit dem Titel „Museumskurs“ berichtete
er über die Inhalte des Stiftsmuseums und über das Museum selbst.177 Schohe
und Matt waren außerdem bemüht, für die Neueröffnung auch den Kreuzgang
in den Museumsbereich einzubeziehen. Die Kirchenverwaltung des Stiftes
lehnte dies aber erneut ab. Oberbürgermeister Matt führte dies auf die dann
wegfallenden Einkommensmöglichkeiten des „schlechtbezahlten Stiftsglöck-
ners“ zurück, „... welcher das Monopol der Zulassung von Besuchern und
Erhebung von Eintrittsgebühren behaupten will“.178

Spies wurde sie 2004 wegen wissenschaftlicher Wertlosigkeit vollständig kassiert, d. h. ver-
nichtet.
176
Von Oberbürgermeister Matt unterzeichnete Geschäftsanweisung für Konservator Erich
Schohe vom 26. November 1932 mit Abdruck an Vogt, Bauamt und Trockenbrodt, Museums-
pfleger.
177
Erich Schohe, Einführungsvorträge des Städtischen Museums. In: Beobachter am Main 1932
Nr. 261 vom 12. Nov., 3.
ders., Einführungsvorträge des Städtischen Museums. In: Beobachter am Main 1932 Nr. 284
vom 10. Dez., 4.
ders., Einführungsvorträge des Städtischen Museums. In: Beobachter am Main 1933 Nr. 13 vom
17. Jan., 3.
ders., Einführungsvorträge des Städtischen Museums. In: Beobachter am Main 1933 Nr. 23 vom
28. Jan., 3.
ders., Das Heimatmuseum Aschaffenburg. In: Das schöne Franken 4, 1933, Nr. 15/16, 11-13.
ders., Museumskurs Aschaffenburg. In: Beobachter am Main 1933, Nr. 264 vom 15. Nov., 4.
ders., Museumskurs Aschaffenburg. In: Beobachter am Main 1933, Nr. 275 vom 28. Nov., 3.
ders., Museumskurs Aschaffenburg. In: Beobachter am Main 1933, Nr. 276 vom 29. Nov., 3.
ders., Museumskurs Aschaffenburg. In: Beobachter am Main 1934, Nr. 1 vom 2. Jan., 3.
ders., Museumskurs Aschaffenburg. In: Beobachter am Main 1934, Nr. 249 vom 28. Okt., 4.
ders., Museumskurs Aschaffenburg. In: Beobachter am Main 1934, Nr. 261 vom 13. Nov., 3.
ders., Museumskurs Aschaffenburg. In: Beobachter am Main 1934, Nr. 263 vom 15. Nov., 4.
178
Abschrift eines Aktenvermerks von Oberbürgermeister Matt an Schohe vom 10. August 1932
212 Markus Marquart

Als am 23. März 1933 in Berlin der Reichstag das Ermächtigungsgesetz be-
schloss, trat der Aschaffenburger Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Matt „aus
gesundheitlichen Gründen“ von seinem Amt zurück.179

Die nationalsozialistische „Machtergreifung“


Am 29. März, eine Woche nach Matts Rücktritt, übernahm Wilhelm Wohl-
gemuth, Kreisleiter der NSDAP, als kommissarischer erster Bürgermeister die
Amtsgeschäfte.180 Als erste Amtshandlung nach der Ernennung zum Ober-
bürgermeister wurden Reichspräsident Paul von Hindenburg, Reichskanzler
Adolf Hitler, und der Reichsstatthalter von Bayern, Franz Ritter von Epp, zu
Ehrenbürgern der Stadt Aschaffenburg ernannt.181
Am 7. Juli trafen sich im Auftrag von Oberbürgermeister Wohlgemuth in
der Wohnung des Dichters Julius Maria Becker die Parteimitglieder der
NSDAP Erich Schohe, Stadtrat Ernst Hild, Schauspieler Josef Gurk, Lehrer
Benno Hain, und Studienrat Dr. Kurt Speyerer182 zur Gründung einer Orts-
gruppe des „Kampfbundes für Deutsche Kultur“183. Ziel war die Gründung
einer Einrichtung zur Vereinheitlichung und Förderung der kulturellen Bestre-
bungen im Stadtgebiet. Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen war die „Kul-
turkammer“, die am 29. Juli der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.184 Die Grün-
dung nahm die Einrichtung der „Reichskulturkammer“ im September 1933
vorweg, parteiinterne Direktiven lagen also schon vor. Die Gruppe verabschie-
dete ein 9-Punkte-Programm und gliederte die Kultur in zwölf Sparten. Erich
Schohe war zuständig für Bildende Kunst und Museen und war zugleich der
Schriftführer der Kammer. Zuständig für Volks- und Heimatkunde war Stu-
dienprofessor a. D. Hans Morsheuser, Leiter des Stadt- und Stiftsarchivs sowie
zugleich Vorsitzender des inzwischen vereinigten Geschichts- und Kunstver-
eins.185
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten und mit seiner Mitglied-
schaft im „Kampfbund“ gewann auch die Position Schohes wesentliches Ge-
wicht. So verwundert es nicht, dass er seinen Anspruch auf eigene Arbeits-

179
seine Rücktrittserklärung im Wortlaut wiedergegeben bei Pollnick, Nationalsozialismus 144
180
Pollnick, Nationalsozialismus 146 ff.
181
Pollnick, Stadtoberhäupter 68–73. Zuletzt war Wohlgemuth auch Obersturmbannführer der SS,
trug aber nach Aussage von Zeitgenossen nie deren Uniform
182
Er war schon 1922 Vorsitzender des Verbandes Vaterländischer Vereine; Pollnick,
Nationalsozialismus 60 ff.
183
verantwortlich für die Bücherverbrennungen missliebiger Literatur und Vertreibung von
„Unerwünschten“ Wissenschaftlern und Künstlern
184
Pollnick, Nationalsozialismus 178 ff. – Pollnick, NSDAP 31 f.
185
Kurzbiographie bei C. Pollnick, Die 1. Vorsitzenden. In: Pollnick, 100 Jahre 73
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 213

räume sogar gegen den Regierungsbaumeister Hans Sachse durchsetzten


konnte, der dafür sein Büro im Schlossturm räumen musste.186
Generell aber konnte Schohe keine wesentliche Positionsverbesserung sei-
ner übernommenen Referate – Kunst und Museum – innerhalb der Stadtver-
waltung erreichen. Unter dem Nachfolger von Oberbürgermeister Dr. Matt,
Wohlgemuth – „alles andere als kunstsinnig und verständig“ – „wurden 1933
die Verhältnisse eher schlechter als besser“, so der Bruder von Schohe in einem
Brief.187
Schohe hielt einen Museumskurs im Deutschhaussaal, eine Vortragsreihe
über 20 Abende verteilt, die die Kunst des Abendlandes von der Antike bis zur
Neuzeit behandelte.188 Die Veranstaltungen mit Lichtbildbegleitung wurden
gut besucht und fanden auch in vielen Zeitungsartikeln ihre Nacharbeit.
Schohe konnte bei den Vorträgen auf die Unterstützung aller einschlägigen
Vereine zurückgreifen. In seltener Eintracht organisierten Geschichtsverein,
Kunstverein, Naturwissenschaftlicher Verein und Frankenbund die Vortrags-
reihe und die Öffentlichkeitsarbeit. Sogar der Spessartbund stellte seinen
„Bildwerfer“ (Diaprojektor) zur Verfügung, allerdings nur solange, bis er bei
den dauernden Transporten beschädigt wurde.
Nach der Rückkehr eines Teils der Kupferstichsammlung aus München
ordnete Schohe die Blätter neu und stellte sie aus. In der allgemeinen natio-
nalen Aufbruchstimmung ging fast unter, dass in der Publikationsreihe des
„Obergermanisch-Rätischen Limes“ der Archäologe Kurt Stade die römische
Grenzlinie zwischen Seligenstadt und Miltenberg erstmals vollständig be-
schrieb, das Thema war für die lokale Kulturpolitik nebensächlich.189 Sein
Sammlungsgebiet hatte Schohe inzwischen auf den ganzen Spessart ausge-
dehnt. Bevorzugt widmete er sich dem Spessartglas, was ihm Konkurrenz und
Neid anderer Museen in Miltenberg und Lohr einbrachte, die sich über ihn
auch beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München beschwer-
ten.190 Mit Hilfe seiner parteiinternen Beziehungen konnte Schohe aber seine
Sammlungs-Strategie durchsetzen.

Die Neueröffnung des Stiftsmuseums


Über ein Jahr später als noch vom zurückgetretenen Oberbürgermeister
Matt vorgesehen wurde am 19. Mai 1934 der „erste und wichtigste Abschnitt“

186
Handschriftlicher Brief von Sachse an Schohe
187
so Schohes Bruder in einem Brief an Archivleiter Willibald Fischer 1945
188
„Der Gesamtverlauf der Kunstgeschichte von der altchristlichen Zeit bis zur Gegenwart“
189
K. Stade, Die Mainlinie von Seligenstadt bis Miltenberg. Der Obergermanisch-Rätische Limes
(ORL). Band 6 (1933)
190
Antwortschreiben von Schohe an Josef Ritz im B.L.f.D. vom 11. November 1936
214 Markus Marquart

des Museums im Stiftskapitelhaus am Pfingstsonntag eröffnet.191 Dazu hielt


Oberbürgermeister Wohlgemuth die ihm von Schohe aufgesetzte Festan-
sprache und betonte dabei besonders den „heimischen Charakter“.
Das Heimatmuseum war von da an von Mai bis Oktober täglich von 9–13
und 14–16 Uhr geöffnet (außer Montag- und Donnerstag Nachmittag und
Samstag Vormittag). Von November bis April war sonn- und feiertags 10–13
und 14–16 Uhr geöffnet, werktags 11–13 Uhr.192 Der Eintritt betrug 0,20 RM,
bei Gruppen über 20 Personen 0,10 RM, Schulklassen waren frei, Kinder unter
12 Jahren durften das Museum nur in Begleitung Erwachsener besuchen. Für
die Aufsicht wurden an Sonn- und Feiertagen zwei „Wohlfahrterwerbslose“
und eine Person für Kassen und Garderobe gegen Tagegeld bereitgestellt.193
Bis zu diesem Zeitpunkt waren 46.000 RM an Finanzmittel für die Neuge-
staltung verbraucht worden, es fehlten aber immer noch Verbesserungen, wie
ein zweiter Treppenaufgang, Dachgeschossausbau und heimatkundliche Samm-
lungsteile. Der Kreuzgang der Stiftskirche blieb auch weiterhin vom Museums-
rundgang ausgeschlossen.194 Trotz der unübersehbaren Spitzen gegen die der
NSDAP passiven Widerstand leistenden Geistlichkeit195 war Wohlgemuth ge-
zwungen, die Stiftsadministration um die Überlassung des Kellers im Stiftskapi-
telhaus zu bitten, da wegen der neuen Verordnungen zur Luftschutzräumung
die Speichermagazine geräumt werden mussten.196 Partei und Reichsleitung be-
gannen schon 1934 die Bevölkerung auf Kriegszustände vorzubereiten.
Bis Dezember 1935 blieb es um Schohe merkwürdig still, er trat bei keinem
der Ereignisse, die auf Initiative des „Kampfbundes“ veranstaltet wurden,
öffentlich in Erscheinung. Auch eine Publikation über die Urgeschichte, Ge-
schichte und Wirtschaft Aschaffenburgs stammt nicht, wie man erwarten
sollte, aus seiner Hand. Das in jeder Hinsicht dürftige nationalsozialistische
Propagandawerk wurde von Hauptlehrer Willi Köhl verfasst197, der für 20 RM
im Monat im Museum ehrenamtlich tätig war. Für technische Museumsarbei-
ten standen zwei weitere ehrenamtliche Hilfskräfte zur Verfügung, die monat-

191
Schneider, Stiftsmuseum VI u. Ritz, Museum Aschaffenburg 236 f.
192
Schreiben an die Redaktion von Grieben-Reiseführer in Berlin vom 25. Oktober 1934
193
Beschluss des Stadtrates vom 15. Mai 1934 unterzeichnet von Wohlgemuth
194
Redemanuskript von Schohe zur Neueröffnung 1934 für OB Wohlgemuth und Presse-
mitteilung zur Neueröffnung von Schohe.
195
Eine Protestnote von sieben Aschaffenburger Pfarrern über die „Staatsjugend“ (Hitlerjugend)
am 10. November führt zu einer Strafanzeige gegen die betroffenen Geistlichen durch die
Bayerische Politische Polizei. An Weihnachten untersagte die Stiftsverwaltung der NSDAP bei
ihrer „Deutschen Weihnacht“ vor der Stiftskirche die Benutzung der Orgel, was bei Oberbür-
germeister Wohlgemuth zu öffentlich geäußertem Unwillen führt vgl. Pollnick, NSDAP 74 f. u.
113 f.
196
Schreiben vom 15. März 1934
197
W. Köhl, Aschaffenburg: Urgeschichte, Geschichte, Wirtschaft (1935)
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 215

lich 35 RM erhielten.198 Einer von ihnen war der Wohlfahrtsempfänger Hans


Schork (s. u.), der statt zweier Pflichtarbeitstage schon über ein Jahr die ganze
Woche im Museum arbeitete.199
Schon im April hatte der Vorsitzende des Kampfbundes, der Aschaffenbur-
ger „Kulturpapst“, Oberstudienrat Dr. Kurt Speyerer, Aschaffenburg verlas-
sen. Das Parteimitglied der „ersten Stunde“ setzte seine Karriere in seiner Hei-
matstadt München fort.200 Sein Nachfolger Ernst Hild eröffnete im April eine
Kunstausstellung in der Markthalle, die von der Notgemeinschaft auslands-
deutscher nationalsozialistischer Künstler arrangiert worden war. Überhaupt,
eine nationalsozialistische Veranstaltung jagte die andere: Führers Geburtstag,
Nationalfeiertag des deutschen Volkes am 1. Mai, Propagandaabende, erste
Musterungen, Sonnwendfeier, Fackelzüge, 2. Reichsparteitag in Nürnberg,
Konzerte der Regensburger Domspatzen und der SS Leibstandarte Adolf Hit-
ler, Einweihung des Hitlerjugendheimes, Einweihung des neuen Kreishauses
der NSDAP, Kameradschaftsabende, Kundgebungen, Totengedenken an die
Gefallenen beim Novemberputsch von 1923, Langemarktag, Richtfest des
Kasernenneubaus, erste Luftschutzübungen, Sportwerbung für die Olympiade
in Berlin 1936, Winterhilfswerk und „Deutsche Weihnacht“. Die National-
sozialisten kontrollierten die Öffentlichkeit rigoros und begannen mit der ge-
zielten Ausschaltung gesellschaftlicher und politischer Opposition. In Aschaf-
fenburg wurde erstmals der „Beobachter am Main“, die letzte nicht gleichge-
schaltete Aschaffenburger Zeitung, verboten. Der Aschaffenburger Stadtrat
wurde nicht mehr gewählt, sondern 24 Parteigenossen wurden ausgewählt, die
auf den Führer vereidigt wurden.201
Im Dezember stellte Schohe ein Urlaubsgesuch an den Oberbürgermeister
Wohlgemuth in dem er unter Anderem erwähnt, dass er seit 1927 für das
Museum der Stadt tätig und seit 1930 dort angestellt sei und seitdem noch
keinen Urlaub gehabt hätte202. Außerdem bemerkt er, dass seine gesamte Frei-
zeit durch die SS belegt werde und dass sich während seiner Abwesenheit der
Museumspfleger Stadtrat Thiem (Mitglied im Kampfbund f. Deutsche Kultur
und Ortsgruppenleiter der NSDAP Stadtmitte) sowie Prof. Morsheuser um

198
J. Wirth, Schriftfragment zum Haushaltsplan des städtischen Heimatmuseums 1941
199
Der zweite war Karl Mell, der nach einem handschriftlichen Zeugnisentwurf von Schohe von
Oktober 1934 bis Januar 1936 für drei Tage die Woche angestellt war, von da an bis Anfang 1937
in Vollzeit
200
Speyerer blieb aber Aschaffenburg auch weiter eng verbunden; vgl. Pollnick, NSADP 89 f.
201
Zusammenstellung der Daten nach Pollnick, NSDAP 92 ff.
202
auch in den Angaben, die Schohe an Reinerth für das Handbuch der vorgeschichtlichen
Sammlungen weitergibt, bezeichnet er für den Beginn seiner Tätigkeit das Jahr 1927, Schohe
muß also schon während seines Studiums am Museum tätig gewesen sein, wenn er sich bei
seiner Tätigkeit nicht allein auf die Gründung des Kunstvereins bezieht.
216 Markus Marquart

das Museum kümmern würden.203 Sein Gesuch wurde genehmigt, Schohe


reiste in die Schweiz um dort seine Schwester zu besuchen.204
Am 15. September 1936 starb überraschend Dr. Georg Hock in Würzburg,
dessen außerordentliche Professur erst kurz zuvor in einen ordentlichen Lehr-
stuhl für Vor- und Frühgeschichte umgewandelt worden war.205 Kommissari-
scher Leiter der Außenstelle wurde zunächst der Leiter des Würzburger Muse-
ums Max von Freeden206.
Auch Wissenschaft und Forschung wurden inzwischen weitgehend von den
Nationalsozialisten kontrolliert, traditionelle Verbände entweder aufgelöst
oder von der NS-Kulturgemeinde übernommen. Deren oberster Leiter und
Chefideologe war Reichsleiter Alfred Rosenberg, dem auch der „Reichsbund
für Deutsche Vorgeschichte“ unterstand. Unter dem Vorsitz von Hans Rei-
nerth wurde die Vorgeschichte „germanisiert“.207 Nachdem die Kompetenzen
der einzelnen Bundesländer aufgehoben und der zentralen Reichsregierung
untergeordnet worden waren, erhielt Schohe nun auch die Leihgaben, die die
Bayerische Verwaltung der staatl. Schlösser, Gärten u. Seen 1932 noch nicht
hatte herausgeben wollen.208 An anderer Stelle erlitt Schohe dagegen Rück-
schläge. Der Aschaffenburger Kunstverein musste seinen Ausstellungsraum im
Erdgeschoss des Südturmes im Schloss zugunsten der Gestapo räumen.209
Zwar stand Mainfranken aus nationalsozialistischer Sicht „an der Spitze aller
deutschen Gaue“, doch im Bereich der Kultur schienen der Parteiführung in
Aschaffenburg Ermahnungen nötig. Zu den „kulturellen Verpflichtungen“ ge-

203
Schreiben vom 18. Dezember 1935
204
ergibt sich aus dem Inhalt einer Postkarte an Schohe vom Frühjahr 1936.
205
Georg Hock war außerdem ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts,
1. Vorsitzender des fränkischen Kunst- und Altertumsvereines, Gründungsmitglied des Fran-
kenbundes und Beirat des Historischen Vereins von Unterfranken; Wamser, Denkmalpflege 29
– Keller, Denkmalpflege 20 bes. Anm. 84 – Peter Endrich, Nachruf für Dr. Georg Hock in:
Aschaffenburger Jahrb. 3, 1956, 419 ff. u. O. Handwerker, Nachruf auf Dr. Georg Hock.
Mannus 28, 1936, 534.
206
Keller, Denkmalpflege 14 bes. Anm. 40
207
R. Bollmus, Das Amt Rosenberg und seine Gegner (1970) und neuerdings: U. Halle, Die
Externsteine sind bis auf weiteres germanisch! Prähistorische Archäologie im Dritten Reich.
Sonderveröffentlichung des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land
Lippe 68 (2002) sowie A. Leube u. M. Hegewisch (Hrsg.), Prähistorie und Nationalsozialismus.
Die mittel- und osteuropäische Ur- und Frühgeschichtsforschung in den Jahren 1933–1945.
Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 2 (2002)
208
aus dem Schriftwechsel in den Museumsakten geht allerdings nur hervor, dass es sich um Möbel
handelt. In der Person des Konservators Dr. Kreisel verfügt Schohe jetzt in München über einen
einflussreichen Freund in der Schlösserverwaltung.
209
Ausstellungsraum seit 1927; Die dabei gefährdete Barocktür soll auf Drängen Schohes ins
Stiftsmuseum. Schreiben Schohes an die Schlösserverwaltung vom 31. August 1936
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 217

hörte wenigstens ein Theaterbesuch im Monat, das Museum findet daneben


keine Erwähnung.210
Auch in der Erforschung archäologischer Fundstellen kam Schohe nur be-
dingt zum Zuge. Bei Festungsbauarbeiten für die Bunker der Wetterau-Main-
Tauber-Linie wurden im Lindigwald (s. o.) zwei Grabhügel angegraben. Die
Funde wurden von Militärs geborgen und dem Museum übergeben. Schohe
und sein Helfer Schork durften die Fundstelle allerdings nicht betreten.211 Die
Fundumstände und genauere Fundortbezeichnungen der hallstattzeitlichen
Funde, wohl aus mehreren Grabhügeln sowie des fränkischen Frauengrabes
sind daher nicht bekannt. Das Verbot, die Fundstelle, die offenbar großräumig
abgesperrt gewesen sein muss, zu betreten, könnte auch unter dem Aspekt
betrachtet werden, dass damit eine „militärische Raubgrabung“ vertuscht wer-
den sollte. Das fränkische Grab enthielt immerhin eine bronzene Bügelfibel
und die restlichen hallstattzeitlichen Grabinventare sind unvollständig. Zwar
ist über weitere Funde nichts mehr bekannt geworden, doch ist durchaus auf
weitere Bronzefunde zu schließen. Aufsehen erregten nämlich Zahnschmelz-
kronen, die durch Bronzeoxydation als einzige Skelettteile einer Brandbestat-
tung mit Schwertbeigabe im aggressiven Sandboden erhalten geblieben waren.
In mehreren Zeitungsartikeln wurde über die Möglichkeiten prähistorischen
Zahnersatzes spekuliert, sogar der Landesleiter Bayern des Reichbundes für
deutsche Vorgeschichte, Studienprofessor Hornung in Erlangen, musste von
Schohe eigens brieflich über die Zusammenhänge aufgeklärt werden, nachdem
sogar der Nationalsozialistische Deutsche Ärztebund Schohe um nähere Aus-
künfte ersucht hatte.212
So wie Schohes Zugriff auf den Ort der Befunde in diesem Fall untersagt
worden war, so ist auch für den Bau der Strietwaldsiedlung eine Unter-
drückung von vorgeschichtlichen Funden anzunehmen.213 Die Siedlung, ur-
sprünglich nach dem Gauleiter von Mainfranken Dr. Otto Hellmuth-Siedlung
benannt, entstand in einem Gebiet, in dem schon zuvor beim Sandabbau
immer wieder vorgeschichtliche Bronzefunde zu Tage getreten waren. Die
Anlage von über 90 Siedlungshäusern förderte, zumindest offiziell, keinen ein-
zigen Fund zutage.214

210
Pollnick, NSDAP, 132 f.
211
Erst später stellte ihnen der Festungs-Pionierstab 14 vorsorglich zwei Pässe für alle Even-
tualitäten aus
212
Ebenso erkundigten sich zahlreiche Zahnärzte und Zahntechniker aus dem In- und Ausland
(London, Prag, Budapest) schriftlich bei Schohe nach den Funden
213
zur Entstehungsgeschichte der Strietwaldsiedlung vgl. Pollnick, NSDAP 131
214
Endrich, Untermaingebiet – H.-G. Rau, Das urnenfelderzeitliche Gräberfeld von Aschaffen-
burg-Strietwald. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte 26 (1972) – Wilbertz, Unterfran-
ken
218 Markus Marquart

Abb. 34: Ausgrabung von Grabhügel II auf der Schafweide bei Ringheim im Winter 1937

Besonderes Augenmerk legte Schohe allerdings auf den Kies- und Sand-
abbau. So beobachtete er die Gruben in Obernau, Goldbach und Pflaumheim,
wo immer wieder Funde aus Gräbern auftraten. In Nilkheim wurde er sogar
selbst tätig und grub vor dem Bagger mehrere latènezeitliche Bestattungen aus.
Deswegen schlug er dem Landesamt für Denkmalpflege vor, auch in Pflaum-
heim mit systematischen Ausgrabungen zu beginnen (s. u.). Auch für die
Erforschung und den Erhalt alter Glashüttenstandorte bei Heigenbrücken und
Kleinkahl setzte er sich ein und führte sogar Versuchsgrabungen durch. In
Stockstadt gelang es ihm, mehrere bei Bauarbeiten auf dem Werksgelände der
PWA entdeckte römische Weihesteine der Beneficiarier für das Museum
sicherzustellen. Mit Hilfe seines Ausweises des Festungs-Pionierstabes konnte
er auch in Ringheim Funde aus Hügelgräbern bergen, die bei der Anlage des
Militärflugplatzes eingeebnet wurden (Abb. 34).
Überhaupt war Schohe 1936/37 fast ständig in ganz Unterfranken und auch
Hessen unterwegs, um neue Sammlungsstücke zu akquirieren, ohne dass dafür
ein höherer Ankaufsetat feststellbar wäre. Schohe suchte – im städtischen
Dienstwagen mit Fahrer – dabei offensichtlich gezielt auswanderungswillige
Juden auf, darunter auch jüdische Antiquare, denen er – wie Emil Rothschild
in Frankfurt – einen Großteil ihrer Bestände abhandelte.215 Die „Freiwilligkeit“
der Verkäufe an Schohe darf dabei durchaus in Zweifel gezogen werden, viele

215
Brief der Architektin Annemarie Funk aus Frankfurt an Schohe vom 12. März 1937
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 219

der Eigentümer wollten Deutschland schnellstens verlassen und die „Stiftung“


von Kulturgut erhöhte ihre Chancen, eine Auswanderungsgenehmigung zu
erhalten. 1936 ging auch die Sammlung Winterhelt in Museumsbesitz über, der
Zuwachs an Spessartgläsern betrug allein dadurch 667 Stücke, weswegen mehr-
mals auch die Schausammlung neu gruppiert werden musste.216 Außerdem
veranstaltete Schohe mit dem Kunstverein in der Markthalle noch drei Ausstel-
lungen: Im Juni Bilder von Adalbert Hock und eine Rhön-Spessart-Schau217,
im Oktober eine Handwerkerausstellung.218
Einen Sonderfall stellen die Funde von der Burg Wildenberg dar, die eng mit
der Person des Sammlers und Architekten Oskar Winterhelt219 verbunden sind.
Der hochgeschätzte Miltenberger Heimatforscher hatte 1913 die technische
Leitung bei den Sicherungsarbeiten an der Burg Wildenberg ausgeübt und bei
Ausgrabungen im Innenraum der Burg mehrere Architekturfragmente gebor-
gen, die er aber bis auf eine Ausnahme220 offensichtlich nicht seinem Auftrag-
geber, der Fürstlich-Leiningischen Generalverwaltung in Amorbach, übergab.
Inwieweit diese Umstände Schohe 1935 bekannt waren, lässt sich nicht mehr
nachprüfen. Das Aschaffenburger Museum erwarb neben diesen 9 Architek-
turfragmenten zahlreiche weitere Stücke aus der Sammlung Winterhelt, die es
in Jahresraten abbezahlte. Dabei gelang es Winterhelt seine große Spessartglas-
sammlung gleichzeitig an zwei Museen zu verkaufen, worüber Aschaffenburg
und Miltenberg anschließend eine längere Auseinandersetzung führten. Unter
den Architekturstücken befanden sich neben mehreren Säulenkapitellen auch
zwei Portallöwen aus Sandstein221, die von der Fürstlich-Leiningenschen General-
verwaltung in Amorbach und vom Bayerische Landesamt für Denkmalpflege

216
Die vorgeschichtlichen Sammlungsbestände gingen vorwiegend an das Mainfränkische
Museum Würzburg
217
Über den Inhalt ist aus den Unterlagen nichts zu schließen
218
Jahresbericht von Schohe für 1936
219
Oskar Winterhelt, Architekt, Sammler, Heimatforscher (1. Dezember 1873 – 7. April 1958),
geb. in Miltenberg, Grundschule Miltenberg, Gymnasium in Würzburg, Steinmetzlehre in Ber-
lin (Mitarbeit am Aufbau des Pergamonaltares), Bauschule Nürnberg, TH Stuttgart und TH
Paris, väterlicher Steinmetz- und Baubetrieb 1897 bis 1907, Privatsammler und Forscher,
römische Ausgrabungen in Miltenberg, architektonische Betreuung zahlreicher Sanierungs-
maßnahmen in Miltenberg – Wertheim, Entdeckung und Teilrettung des Askanier-Schlosses in
Berlin, Verlust großer Teile seiner Sammlungen in Berlin und Aschaffenburg während des
Krieges. Nachrufe auf den „Nestor fränkischer Sammler und Historiker“ in: Mainpost, Bote am
Untermain Nr. 80 vom 8.4.1958 , Aschaffenburger Volksblatt (Miltenberg) vom 10.4.1958, Bote
vom Untermain vom 8.4.1958
220
nach Hotz, Wildenburg mit Anm. 4 und älterer Literatur: eine Schmuckplatte Ende 12. Jh. heute
im Museum Amorbach
221
bereits genannt bei Hotz aber ohne Abbildung: W. Hotz, Bau- und Kunstgeschichte der Burg.
in: F. Droop (Hrsg.), Burg Wildenberg – die Gralsburg im Odenwald (1936) 41–58 bes. 53 und
dann auch später, ebenfalls ohne Abbildung Hotz, Wildenburg 20–26
220 Markus Marquart

umgehend zurückgefordert wurden (Abb. 35, 36).222 Denn am Platz der Burg
Walthers von der Vogelweide planten die Nationalsozialisten eine Rekonstruk-
tion der Wildenburg als „Gralsburg“. Schohe stimmte dem zunächst mit der
Bitte um eine Gegengabe (Keramik- und Kachelfunde von der Wildenburg) zu,

Abb. 35: Portallöwe aus Sandstein von der Wildenburg, 12./13. Jh., 72 x 29 x 36 cm, MSA 363/58

Abb. 36: Doppelköpfiger Portallöwe aus Sandstein von der Wildenburg, 12./13. Jh.. Das Stück
wurde bereits nach 1936 erworben und unter der Inv.Nr. 1492 inventarisiert und in Unkenntnis
dieses Umstandes 1958 zusammen mit dem restlichen Nachlass Winterhelt erneut aufgenommen.
50 x 25 x 26, MSA 364/58

222
Schreiben des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege an den Bürgermeister der Stadt Aschaf-
fenburg vom 18. Juli 1935 und Schreiben der Fürstlich Leiningenschen Generalverwaltung an
das städtische Heimatmuseum Aschaffenburg vom 4. Dezember 1936
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 221

zumal es ja um eine „gewaltiges Werk hoher deutscher Vergangenheit“ ging.223


Oberbürgermeister Wohlgemuth allerdings lehnte jede Rückerstattung von
Museumsbeständen kategorisch ab, und als das Bauprojekt fallen gelassen
wurde, kam auch die Frage der Rückerstattung nicht mehr zum Tragen.224
Neben den seit 1936 angekauften Architekturfragmenten erwarb das
Museum zahlreiche weitere Bestände aus der Sammlung Winterhelt im Winter
1958/59 aus dem Nachlass von dessen Witwe. Auch darunter finden sich
Skulpturen, bei denen der Verdacht auf eine Herkunft aus der Burg Wilden-
berg nahe liegt, aber nicht mehr zu verifizieren ist. So wie bei diesen Stücken ist
es auch für andere aus der Sammlung Winterhelt nachträglich kaum mehr mög-
lich, die Herkunft aufzuklären. Nur selten gelingt dies wie bei einem Marmor-
köpfchen (Abb. 37), das vom 1945 schwer beschädigten Juncker-Altar in der
Schlosskapelle stammt.225
Im Museum setzte Schohe seine Inventarisierungsarbeiten weiter fort. In
einem gedruckten Fragebogen226 zur Neuauflage eines Handbuches der Kul-
tur- und Heimatkundlichen Museen Deutschlands, angeordnet vom Reichs-
und Preußischen Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in
Berlin, gab Schohe inzwischen rund 10.000 Inventarnummern an.
In der lokalen Öffentlichkeit spielte das Museum keine bedeutende Rolle,
vielmehr schien man sich kaum vorstellen zu können, welche Arbeiten Schohe
überhaupt verrichtete. „Da man äußerst häufig die Frage findet, was im
Museum alles gearbeitet wird“, führte Schohe in seinen Jahresberichten für den
Stadtrat peinlich genau Buch, auch über seine „Einkaufsfahrten“.227
Die Öffentlichkeit bewegte daneben vielmehr eine Wanderausstellung des
Deutschen Hygienemuseums Dresden, die auf ihrer Deutschlandtournee im
Frühjahr 1937 auch in Aschaffenburg Station machte. Unter dem Titel „Blut
und Rasse“ versucht sie die Lehre von der arischen Herrenrasse mit wissen-
schaftlichen Ergebnissen zu untermauern. Fast 15.000 Besucher – mehr als
jährlich das Stiftsmuseum besuchten – kamen in wenigen Wochen zur Propa-
gandaschau, durch die Schohe auch die Besucher im Auftrag des Kreisbeauf-
tragten des rassenpolitischen Amtes führte.
223
Schreiben von Schohe an das Landesamt für Denkmalpflege vom 8. September 1935
224
Schreiben von Wohlgemuth an die Fürstlich Leiningensche Generalverwaltung vom 29. Januar 1937
225
Der Kopf einer Marienfigur aus Marmor (Inv.Nr. 45/61) wurde im Original zur Wiederherstel-
lung des Juncker-Altares in der Schlosskapelle eingesetzt, im Museum verblieb ein Abguss. In
Winterhelts graphischem Nachlass, den das Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg erwarb,
fanden sich graphische Blätter aus dem Besitz des Archivs. Zum Junker Altar vgl. B. v. Roda
(Bearb.), Schloss Aschaffenburg und Pompejanum. Amtlicher Führer (1982) 42 ff. und F. Mader
(Hrsg.), Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern III, Unterfranken und Aschaffenburg
XIX, Stadt Aschaffenburg (1918) 248–256
226
noch in Antiqua-Typen, deswegen vor 1938
227
Jahresbericht von Schohe für 1936/37
222 Markus Marquart

Abb. 37: Kopf der Marienfigur vom Junker-Altar in der Schlosskapelle im Schloss Johannisburg.
Obwohl der Altar während des Krieges zum Schutz eingemauert worden war, wurde er von
Bombensplittern schwer beschädigt. Einige seitdem verschollene Fragmente kehrten in den letzten
Jahrzehnten auch aus Nachlässen ehemaliger amerikanischer Soldaten nach Aschaffenburg
zurück

Für weitere Ausstellungen stellte er Leihgaben zur Verfügung und hielt


Führungen ab: So für die Jubiläumsausstellung der Steinmetzmeisterschule
und die Ausstellung „Heimat und Geschichte“ in der Markthalle, in München
für die Ausstellung „Süddeutsche Volkskunst“.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 223

Auf dem Dachboden des Stiftsmuseums richteten Schohe und Schork noch
„Spessartzimmer“ ein, in denen sie die volkskundlichen Sammlungsstücke in
Situationen arrangierten. Dabei zog Schohe auch eigens Volkskundler aus
München zu Rate (Abb. 38). Für die Ausschmückung und Beschriftung der
Räumlichkeiten war schon seit längerem der bekannte Aschaffenburger Grafi-
ker Karl Vollmer zuständig.228

Abb. 38: Eine der „Spessartstuben“ im Dachgeschoß des Stiftsmuseums um 1934

Von 25. bis 27. September 1937 fand in Aschaffenburg die Jahrestagung des
Verbandes der Geschichts- und Urgeschichtsvereine statt. Schohe arrangierte
dazu im Schloss „Glanzstücke aus der graphischen Sammlung Aschaffen-
burgs“, wobei ihm Hans Schork, wie auch bei der Inventarisierung, wesentlich
zur Hand ging.229 Die für die Beschäftigung von Schork als Hilfskraft notwen-
digen Gelder wurden aber nicht weiter bewilligt, so dass er nach drei Jahren Fest-
anstellung Anfang Dezember aus dem Museumsdienst ausscheiden musste.
In seinem Jahresbericht für 1937 skizzierte Schohe auch seine Vorgaben für
1938. Er wollte sich verstärkt den mittelalterlichen und neuzeitlichen Spessart-
gläsern widmen, für deren Klassifizierung er schon umfangreiche Archivarbeit
geleistet hatte: „ ...nach diesen Arbeiten, wird unser Museum erst zu dem be-
deutendsten Ort für neuere Spessartgläser geworden sein“.
228
Schohe in einer Postkarte: „...habe Ausstellungsraum vervollmern lassen...“. zu Vollmer vgl.
Schmittner, Haarländer 10: „Eine vergessene Aschaffenburger Künstlergeneration“
229
Schohe Jahresbericht 1937 – auch erwähnt in einem Schreiben des Landesleiters Bayern des
Reichsbundes für deutsche Vorgeschichte, Studienprofessor Hornung aus Erlangen am
2. November 1937
224 Markus Marquart

Eine besondere Ausstellungsgelegenheit ergab sich 1938. Zum Kreistag der


NSDAP230 veranstaltete das „Spessartmuseum Aschaffenburg“231 eine eigene
Ausstellung. Die Ausstellungsleitung lag in den Händen von Bürgermeister
Dr. Eberhard Fleischmann, Kunstmaler Max Nein und Konservator Erich
Schohe. Schirmherr der Ausstellung war Gauleiter und Regierungspräsident
Dr. Otto Hellmuth.232
Unter dem Titel „Kunst und Kultur um Aschaffenburg. 850–1938“ zeigte
das Museum eine Auswahl von hochrangigen Museumsobjekten. Dazu er-
schien unter Schohes Leitung auch ein Ausstellungskatalog, der erstmals (seit
dem nicht nachweisbaren Museumskatalog von 1883) Einzelobjekte der Muse-
umssammlungen vorstellte.233
Noch im selben Jahr organisierte Schohe eine „Holzplastik-Ausstellung“
und leistete Vorarbeiten zur Publikation über den Maler Mathias Grüne-
wald234, außerdem „durfte“ er die Amtsstuben des Aschaffenburger Rathauses
mit Bildern des Malers Adalbert Hock aus der Museumssammlung ausstaffie-
ren.235 Auch mit dem Eigentum des Museums nahm man es nicht mehr so
genau, wenn es um Geschenke an lokale Parteigrößen ging. Anlässlich seiner
Beförderung zum Generalmajor durch Hitler wurde der Kommandeur des
Aschaffenburger Jägerregiments Otto Schellert mit einer Dammer Porzellan-
figur bedacht. Ebenso beschenkt wurde der bayerische Ministerpräsident Lud-
wig Siebert bei seiner Ernennung zum Aschaffenburger Ehrenbürger.236 Mög-
licherweise stammten die Figuren aber gar nicht aus dem Sammlungsbestand
des Museums, sondern aus eingezogenem jüdischen Privatbesitz. Schohe
suchte nämlich auch Aschaffenburger Juden auf und ließ deren Kunstbesitz
abtransportieren. Beim Kunstbesitz der Familie Trier handelte es sich z. B. um
nicht weniger als 413 Figuren aus Dammer Steingut.237 Nutznießer dieser
Aktionen scheint aber nicht das Museum gewesen zu sein238, sondern das staat-
liche Finanzamt, das die Beschlagnahmung anordnete, wenn die Betreffenden
einen Auswanderungsantrag gestellt hatten.239

230
vom 18. Juni bis 18. Juli 1938
231
ab wann diese Bezeichnung öffentlich benutzt wurde, ist nicht zu belegen. Heute führt das
Museum Lohr den Namen „Spessartmuseum“
232
Schohe (1938) – Pollnick, NSDAP 189. Zum Gauleiter Hellmuth vgl. Pollnick, Nationalsozia-
lismus 75 f.
233
Schohe (1938)
234
F. Zülch, Der historische Grünewald (1938)
235
Brief von Hans Schork von 1945
236
Brief von Hans Schork; zu Siebert und Schellert vgl. Pollnick, NSDAP 187 f. u. 229 f.
237
Rückerstattungsverfahren der Wiedergutmachungskammer am Landgericht Nürnberg-Fürth
für Anneliese Trier 1969
238
Die Überprüfung und Darstellung der Vorgänge ist einer späteren Untersuchung vorbehalten
239
bei Körner, 1993 232 wird für Anneliese Trier allerdings 1934 als Abmeldedatum genannt.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 225

Schohe muss daneben als SS-Mit-


glied auch an den zahlreichen Ver-
anstaltungen des NS-Staates teilge-
nommen haben, darunter auch an
der Sonnwendfeier auf dem Wen-
delberg, wo beim „Fest des Lichts“
auch der „...Toten des großen Krie-
ges und der Blutzeugen der Bewe-
gung“ gedacht wurde. Die Veran-
staltung war ausdrücklich nichts für
„Stubenhocker und Biertischphi-
lister“, denn „die Veranstalter SS
und HJ sind eine ...Gemeinschaft
zwischen Jugend und kämpfender
Mannschaft“.240 Zu dieser „kämp-
fenden Gemeinschaft der SS“ ge-
hörte Schohe (Abb. 39) ja schon
länger, ohne dass genaue Eintritts-
daten vorliegen. Noch dazu wohnte
er über der SS-Geschäftsstelle in der
Hofgartenstraße 12. Wann genau
Schohe im Herbst 1939 zur Wehr-
macht eingezogen wurde, ist nicht Abb. 39: Erich Schohe in Uniform um 1936
bekannt, vermutlich befand er sich
als SS-Mann schon bei den Truppen,241 die am 1. Oktober in die Tschechei
einmarschierten und die Sudeten besetzten.
Seine Vertretung sollte zunächst der ehemalige Pfarrer und SA-Schulungs-
leiter Christian Huber übernehmen, mit dem Schohe schon früher in Kontakt
stand.242 Diese Lösung wurde allerdings durch den Leiter des Stiftsarchivs Dr.
Joseph Wirth243 verhindert, weil der darin eine Stärkung der Position des SS-
Schulungsleiters Schohe sah, so zumindest stellte Wirth die Sachlage nach 1945
dar.244 Huber wurde stattdessen im Stiftsarchiv als Archivrat angestellt und war

240
zitiert nach Pollnick, NSDAP 190
241
Für einen normalen Rekruten war Schohe mit 38 Jahren schon zu alt, weswegen er auch nicht
zu den Rekruten gehört haben dürfte, die am 28. November 1939 in Aschaffenburg feierlich
vereidigt wurden; vgl. Pollnick, NSDAP 212
242
Der Parteigenosse Christian Huber aus Kleinwallstadt leiht sich schon 1938 Bücher von Schohe
aus dem Museum aus. Handgeschriebener Brief von Huber an Schohe vom 2. September 1938
243
zu Wirth siehe Personenindex
244
H.-B. Spies, Das Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg. Mittlg. Stadt- und Stiftsarchiv Aschaf-
fenburg 1, 1983, 15
226 Markus Marquart

Sachbearbeiter in der Beratungsstelle für Familienkunde und Sippenfor-


schung.245 In dieser Funktion war er für die Ariernachweise zuständig, gewis-
sermaßen Herr über Leben und Tod.

„Reichskristallnacht“ und Judenverfolgung


Während in Deutschland erstmals eine zusammenfassende Darstellung der
Forschungsgeschichte der Vor- und Frühgeschichtsforschung in den Kultur-
staaten der Erde erschien246, war das Deutsche Reich dabei, sich endgültig aus
der Gemeinschaft der Kulturstaaten zu verabschieden.
Schohes Stellvertreter wurde Hans Schork247, der ihm schon zuvor assistiert
hatte und kein Freund der Nationalsozialisten war. Schon nach der „Reichs-
kristallnacht“ barg Schork nämlich aus den zerstörten Synagogen in Aschaf-
fenburg, Großostheim, Hörstein, Alzenau, Wörth, und Miltenberg verschie-
dene Kultusgegenstände. Darunter befanden sich auch ein Altar aus Hörstein,
Thorarollen, Gebetsriemen und Rabbinergewänder, die er für das Museum
„sicherstellte“.248 Schork konnte diese Aktion zunächst noch mit einem Befehl
des Reichsführers-SS Heinrich Himmler decken. Nach dessen Anweisung soll-
ten alle den jüdischen Eigentümern geraubten Kultgegenstände als Grundstock
eines staatlichen „Museums einer untergegangenen Rasse“ gesammelt und
dann an das geplante Museum in Prag überwiesen werden.249 Daher leitete sich
in der Folge auch der Auftrag ab, alle in jüdischem Besitz befindlichen Kunst-
gegenstände listenmäßig zu erfassen. Schork führte diese Ermittlungen unter
Kontrolle des Ortsgruppenleiters der NSDAP durch. Erfasst wurden Plasti-
ken, Bilder, Möbel, Zinn, Porzellan, kurzum alles, was kulturellen Wert haben
konnte. Schork zögerte die Fertigstellung der Liste jedoch hinaus, wobei ihm
der Auftrag des Stadtbauamtes zur Auslagerung der Museumsbestände zu
Hilfe kam. Die wertvollsten Stücke – speziell die Dammer Figuren – verpackte
er in 18 versiegelte Kisten und deponierte sie im Schlosskeller, unter dem West-

245
Dort schreibt er auch über die Mobilmachung des Archivs; Christian Josef Huber, Die Mobil-
machung des Archives. Aschaffenburger Geschichtsverein (1939); zu Huber siehe Personen-
index
246
Gummel, Forschungsgeschichte
247
die Bekanntschaft entstand wohl durch ihre Brüder, die beide bei den Aschaffenburger Gas-
werken beschäftigt waren; Zu Schork siehe Personenindex und Anhang
248
Die Gegenstände wurden nach der Wiederauffindung im Museum 1979 dem Rabbiner der jüdi-
schen Kultusgemeinde Würzburg zurückgegeben; Sie sind heute teilweise im Jüdischen Doku-
mentationszentrum (seit 2008: Museum für jüdische Geschichte und Kultur) in Aschaffenburg
ausgestellt.
249
Daher erklärt sich auch der außerordentlich große Sammlungsbestand des Prager Museums an
Judaica vgl. F. Reuter, Das Jüdische Museum Raschi-Haus in Worms. Der Wormsgau 15,
1987/91, 12.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 227

turm im Keller des Schlosshausmeisters. Die graphische Sammlung – Schab-


kunst und Kupferstiche – lagerte er im Tresor der Städtischen Sparkasse ein.
Trotz allem schöpfte Oberbürgermeister Wohlgemuth Verdacht gegen
Schork, der nicht einmal Parteimitglied war. Schork wurde entlassen und die
Zuständigkeit für das Museum wurde kommissarisch an den Stadtarchivar
Wirth übertragen. Ihm händigte Schork dann auch die Liste der in jüdischem
Besitz befindlichen Gegenstände aus, zusammen mit fünf wertvollen Gold-
münzen aus dem Museumsbestand. Schork fand in der Kleiderfabrik von Bür-
germeister und Museumsbeauftragten Fleischmann eine Anstellung, allerdings
zu einem weit untertariflichen Lohn.250 Erst im Februar 1939 konnte Wirth die
„Auflistung von Kunstgegenständen im Besitz Aschaffenburger Juden“ an die
Zollfahndungszweigstelle in Würzburg weiterleiten.251 Die Abwanderung der
Gegenstände sollte bezugnehmend auf eine mündliche Rücksprache mit dem
seinerzeitigen Museumsleiter (Schohe) gesperrt werden. Wirth bedauerte dabei
in seinem Begleitschreiben den geringen Umfang der Liste, dafür hatte er aber
die für ihn besonders wichtigen Personen rot angestrichen.252
Am 12. Mai erteilte die Zollfahndungszweigstelle Würzburg Order an das
Spessartmuseum Aschaffenburg:
„In Zusammenhang mit der Prüfung des Umzugsgutes des jüdischen Aus-
wanderers Moses Worms, Aschaffenburg, Roßmarkt 39a, habe ich, Ihr Interesse
wahrnehmend, bei der Devisenstelle Würzburg beantragt, die Ausfuhr der Sie
interessierenden Kunstgegenstände zu versagen und Worms entsprechend
verständigt.“253
Die Gegenstände im Besitz des Moses Worms waren 4 Zinnteller und eine
viereckige Zinndose, deren Verbleib nicht aufzuklären ist. Die Museums-
sammlung wuchs daneben auch mit offiziellen Übertragungen. Als Vorsit-
zender des Geschichtsvereins ordnete Wirth die Übergabe der archäologischen
Funde aus dem Besitz des Geschichtsvereins an das Museum an, in dessen
Schausammlung sie schon seit längerem als Leihgaben gezeigt wurden. Darun-
ter befanden sich nicht nur Grabungsfunde aus Stockstadt, sondern auch eine

250
Brief von Hans Schork 1945
251
In den Museumsakten befinden sich: mit Bleistift von Schork von Hand geschriebene Liste der
Objekte mit Name und Anschrift der Eigentümer. Die neunseitige Liste ist nach den Objekten
Möbel, Uhren, Diverses, Dammer Stücke, Zinn und Bilder gegliedert. Von Schohe stammt dazu
eine spätere einseitige alphabetische Auflistung der Eigentümer
252
Schreiben vom 9. Februar 1939
253
Das Schreiben ebenfalls wiedergegeben bei Pollnick, NSDAP 235
228 Markus Marquart

Reihe von steinzeitlichen Objekten, die im Lauf der Zeit über Mitglieder in die
Sammlung gelangt waren.254

Kriegswirtschaft
Zwei Wochen nach Kriegsbeginn wurden auch die Bestände der Bayeri-
schen Staatsgemäldesammlung aus dem Schloss Johannisburg in Aschaffen-
burg in ein „schwäbisches Schloss“ ausgelagert. Vier wandfeste oder zu große
Bilder verblieben am Ort zusammen mit den Kurfürstenbildnissen, die nicht
der Staatsgalerie gehörten.255
Schohe wurde auf Anforderung vom Aschaffenburger Museum – wohl
wegen der noch notwendigen Auslagerungen – 1940 von der Wehrmacht frei-
gestellt. Er kehrte von seinem Stationierungsort, dem Gefangenengenesungs-
lager in Dieburg, als Unteroffizier in seine Dienststelle zurück.256 Hier bekam
er es wieder mit der Liste der Kulturgüter in jüdischem Besitz zu tun und er
musste feststellen, dass inzwischen schon mehrere verzeichnete Kunstgegen-
stände aus der Liste gestrichen worden waren, ohne dass sie sich im Museums-
besitz befanden. Parteigrößen hatten sich aus dem Verzeichnis mittlerweile
selbst bedient und die Gegenstände für sich selbst oder andere in Beschlag
genommen.257
Schohes Kompetenzen in Aschaffenburg waren inzwischen stark be-
schränkt, „Unstimmigkeiten“ mit der politischen Führung kamen hinzu.
Außerdem war das „Spessartmuseum“ wegen der kriegsbedingten Auslage-
rungen inzwischen für die Besucher geschlossen und auch Hilfskräfte waren
nicht mehr vorhanden. Dies widerspricht natürlich völlig den Angaben, die im
„Handbuch der vorgeschichtlichen Sammlungen Deutschlands“ für 1940 ge-
macht wurden: Öffnungszeiten täglich 9–12 und 14–17 Uhr.258 Schohe bewarb
sich 1941 nach Hanau, um dort den Aufbau des Deutschen Goldschmiede-
museums zu leiten, da, so sein Bruder Herrmann:
„... das Verhältnis zu Wohlgemuth und wie ich genau weiß auch zur Partei
und SS gespannter wurde. Natürlich erhoffte er sich außer mehr Verständnis für
kunsthistorische Belange, auch um eine bessere Bezahlung, die aber auch nicht
besonders war“.

254
Schneider, Stiftsmuseum VI – Handschriftliche Auflistung der neuen Steinwerkzeuge vom
Geschichtsverein von Schohe ohne Datum.
255
Busch, Staatsgemäldesammlung
256
Brief seines Bruders Herrmann vom 15. Februar 1970
257
Die gelegentliche Einklammerung von Namen oder Objekten auf der Liste mit der Beifügung
„Wohlfahrtsamt“ betrifft vermutlich das Amt für Volkswohlfahrt, Dienststelle der NSDAP,
Rubrik A: Politische Leitung: Heinrich Endrich
258
Reinerth, Sammlungen 71
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 229

Aus einem Urlaub berichtete Erich Schohe seinem Bruder Hermann, „…


dass er Schwierigkeiten mit den derzeitigen Machthabern habe“, ohne dies
weiter zu erläutern. Es ist leider nicht zu klären, ob er damit die Aschaffen-
burger Führung meinte oder den Nationalsozialismus überhaupt.
Erich Schohe wurde ab 1. Februar 1941 als Direktor des Museums in Hanau
angestellt. Sein Bruder Hermann wurde im Herbst desselben Jahres zur Wehr-
macht eingezogen. Aus diesem Grund werden die Informationen über Schohe
ab da spärlicher, wie der Briefautor selbst vermerkt. Schohe zog nach Hanau
und bewohnte dort ein Zimmer im Hanauer Schloss Philippsruhe. Seine wissen-
schaftlichen Unterlagen und Bücher nahm er mit. Dort entwickelte er für das
Hanauer Museum ein eigenes Konzept259 und es wurden ihm tatsächlich Kom-
petenzen eingeräumt, die er vorher mit dem dortigen NS-Bürgermeister Jun-
ker ausgehandelt haben muss. Dem Hanauer Geschichtsverein wurde nämlich
die Trägerschaft über das Museum entzogen, die er seit 1875 ausgeübt hatte.
Der im Vorstand des Vereines für die Sammlungen nun nicht mehr zuständige
Hugo Birkner trat daraufhin aus Protest zurück.260
Nachdem Schohe in Hanau weilte, packte Wirth in Aschaffenburg der Neid:
„Es entspricht dem Willen des Führers und dient der seelischen und geistigen
Wehrhaftmachung unseres Volkes, vor allem der Stärkung der Heimatfront,
wenn in der entscheidungsvollen Gegenwart auch das Städt. Heimatmuseum
mit seinen reichen Schätzen heimatlicher Kunst und Kultur, aus denen die
bodenständige Kraft unseres Volkes uns anspricht, seine Pforten öffnet.
Wenn die Stadt Hanau, die meines Wissens bisher nur durch den Hanauer
Geschichtsverein Museumsgüter sammeln und aufbewahren ließ, mitten im
Kriege einen eigenen Museumskonservator anwirbt und ein Museum aufbaut,
so verpflichtet dies auch die Nachbarstadt Aschaffenburg, ihrem Museums-
gebiete besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und hier zu tun, was im
Kriege möglich ist.“261

259
E. Schohe, Der Neuaufbau des Hanauer Stadtmuseums im Stadtschloß. Mitteilungen Hanauer
Gesch. Ver. 1942 Nr. 2,3,5 (wegen der geringen Papierzuteilung maschinen geschriebene
hektographierte Ausgabe)
260
entnommen aus der Einladung zum Museumsfest „25 Jahre Museum Hanau in Schloß Philipps-
ruhe“ Juli 1992 – E. Schohe, Der Neuaufbau des Hanauer Stadtmuseums im Stadtschloß. Mitt.
Hanauer Gesch. Ver. 1942 Nr. 2,3,5 – K.L. Krauskopf, 150 Jahre Hanauer Geschichtsverein.
Hanauer Gesch. Bl. 33, 1994, 44 f. u. 218 f.
261
J. Wirth, Schriftfragment zum Haushaltsplan des städtischen Heimatmuseums 1941. Wirths
Ehrgeiz lässt sich auch an seinem Bemühen verfolgen, die Aschaffenburger Geschichtsblätter
durch ein neues Vereinsorgan zu ersetzen vgl. C. Pollnick, Heimat und Geschichte 1938–1941.
In: Pollnick, 100 Jahre, 137–143
230 Markus Marquart

Wirth plante also die Wiedereröffnung einer Schausammlung im Stifts-


museum. Sein Vorhaben erwies sich angesichts der knappen Finanz- und Per-
sonalmittel als nicht durchführbar. So musste er sich auf drei Ausstellungen
beschränken: Im April 1941 „Otto Leitolf. Aus der Werkstatt des Architek-
ten“262, im Mai „A. Bergmann-Franken“ und im Juni „Marie von Fragstein“,
alle mit kleinem Katalog. Sein Mitarbeiter im Stadt- und Stiftsarchiv, Christian
Huber, führte die Auslagerung der Museumsbestände weiter fort, wobei ihn
Eduard Schwaben, der Hausmeister von Schloss Johannisburg, unterstützte.263
Auch in Fragen der Erweiterung der Sammlung war Wirth tätig. Durch
Vermittlung von Gustav Stadelmann264 nahm Wirth Kontakt zum gebürtigen
Aschaffenburger Alois Lautenschläger in Berlin auf, der dort als Arzt prakti-
zierte. Die Verhandlungen mit Lautenschläger in Berlin führte Christian
Huber265 mit dem Ergebnis, dass Lautenschläger seine umfangreiche kunst-
handwerkliche Sammlung 1942 dem Aschaffenburger Museum vermachte.
Mitgeliefert wurde dazu auch noch eine vom Märkischen Museum Berlin ver-
fasste Kurzinventarisierung, was als Hinweis darauf verstanden werden kann,
dass an Lautenschlägers Sammlung durchaus auch andere und größere Museen
interessiert waren.266 Wirth gab sich damit aber nicht zufrieden. In einem
Schreiben vom 1. Mai 1942 an das Aschaffenburger Finanzamt bat er darum, beim
Verkauf von Literatur und Kunstgegenständen aus dem Besitz „ausgewander-
ter und verzogener“ Juden die Vertreter der Interessen der Allgemeinheit –
Volksbücherei, Stadt- und Stiftsarchiv, Heimatmuseum – zuerst zu berück-
sichtigen, wohl nicht ohne Grund. Auch in anderer Hinsicht versuchte er Ord-
nung in die museale Verwaltung zu bringen. Für den Kunstschreinermeister
Roman Schmittner, der schon seit 1930 für das Museum arbeitete, entwarf er
einen Anstellungsvertrag.267 Der Kontakt zu Schohe in Hanau riss ebenfalls
nicht ab. Schohe ersteigerte im Auftrag von Wirth im Kunsthaus Heinrich
Hahn in Frankfurt für das Aschaffenburger Museum mehrere Objekte.268
Wirth entwickelte zu den Beständen des Museums eine ganz eigene Vor-
stellung. Um den „Museumsfriedhof“ auszudünnen, veranstaltete er im Okto-

262
Zuvor Leiter der Meisterschule für Steinmetzen und Mitbegründer des Aschaffenburger
Kunstvereins s.o.
263
Schneider, Stiftsmuseum IV
264
Nachruf auf G. Stadelmann in: Aschaffenburger Jahrb. 15, 1992, 263–267
265
Brief von Fischer an Huber vom 8. August 1949
266
Ursprünglich hatte Lautenschläger die Absicht, sich mit seiner Sammlung in Italien nieder-
zulassen, was er aber nicht mehr durchsetzen konnte
267
Vertragsentwurf von Wirth an das städtische Personalamt vom 15. Juni 1942
268
Mitteilung von Schohe über den Erwerb an das Museum Aschaffenburg vom 17. April 1942 auf
Briefbogen des Hanauer Geschichtsvereines e.V.; Schreiben vom 20. April 1942 von Wirth an
Kunsthaus H.Hahn / Frankfurt.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 231

ber eine Versteigerung im Stiftsmuseum.269 Zum Aufruf kamen 10 unfertige


Holzplastiken, 15 gerahmte Drucke der Romantiker, etwa 70 Mehrstücke aus
der kurz vorher erworbenen Gipsabguss-Sammlung Winterhelt und vor allem
Keramiken, Porzellan und Steingut in- und ausländischer Manufakturen270
sowie ein Ölbild „Mira mare“ von einem nicht weiter bekannten Maler aus der
Zeit um 1830. Zur Beurteilung der rund 500 Positionen zog Wirth mehrere
Personen heran: Direktor Schohe aus Hanau, Dr. Morsheuser, Archivrat
Huber, Antiquitätenhändler Klein aus Frankfurt, die Antiquitätenhändler
Gebr. Büchner aus Würzburg und Prof. Stenger271 aus Berlin. Rund 75% der
Objekte wurden durch einen amtlich zugelassenen Versteigerer aus Aschaffen-
burg verkauft. Die Einnahme von 5.446,50 RM durfte mit Genehmigung von
Oberbürgermeister Wohlgemuth für weitere Anschaffungen verwendet werden.272
Viel Zeit dazu hatte Wirth allerdings nicht, denn am 26. Febraur 1943 wurde
er zur Wehrmacht eingezogen273. Schon einen Tag später übernahm Archivrat
Huber die Amtsgeschäfte.274 Von Hanau aus griff Schohe für eine Ausstellung
auf die ihm ja gut bekannten Bestände des Aschaffenburger Museums zurück.
Im März entlieh er mehrere Fayencen.275 Obwohl Wirth bei der Wehrmacht
weilte, hatte er zwei Ausstellungen vorbereitet, die das städtische Museum
1943 veranstaltete: „J. H. von Hefner-Alteneck. Ausstellung zum 40. Todestag“
und „Adrian Adolf Barthels“. Archivrat Huber vermittelte einen Ausstel-
lungstausch mit Schohe in Hanau. Im Juli kam die Ausstellung „Offenbacher

269
Brief von Wirth an Gefr. Stommel in Breslau vom 15. Dezember 1942
270
„Höchst, Saarbrücken, Mettlach, Tell, Vaudrevange, Paris, Schramberg, Gersweiler, Neu-
Leinigen, Eichstätt, Amberg, Wedgewood, Großbreitenbach, Worchester, Berlin, Ludwigsburg,
Frankenthal, Plauen, Meißen, Nürnberg, Neapel, Frauenreuth, Passau, Wien, Fürstenberg,
chinesische und andere in- und ausländische Fabriken“. Das Porzellan und Steingut wurde für
den Verkauf zum Großteil erst in Stand gesetzt und gekittet. Brief von Wirth an Gefr. Stommel
in Breslau vom 15. Dezember 1942; Wirth schreibt Stommel offensichtlich auf dessen Vorwurf
der „Verschleuderung von Heimatgut u. A.“... dass sowohl der Oberbürgermeister wie der
Museumsleiter ins Konzentrationslager überführt worden wären, wenn die versteigerten
„Bilder“ Originale gewesen wären.“
271
E. Stenger, Die Steingutfabrik Damm bei Aschaffenburg 1827–1884. Veröffentlichungen des
Geschichts- und Kunstvereins: Reihe Nachdrucke Bd. 1 (1990); <Reprint der Erstausgabe von
1948> Das Manuskript lag schon 1942 im Stadt- und Stiftsarchiv vor, konnte aber wegen des
kriegsbedingten Papiermangels nicht mehr veröffentlicht werden, was dann 1948 durch den
Geschichts- und Kunstverein unter Mithilfe des Verlages Paul Pattloch geschah
272
Schriftlicher Bericht von Wirth vom 28. Oktober 1942
273
Schreiben von Wirth mit der Mitteilung über seine Einberufung zum 26. Februar 1943 an das
Polizeiamt vom 23. Februar 1943. Sein Amt als Betriebsluftschutzleiter im Städt. Heimat-
museum wird an den städtischen Angestellten Hegmann vom Standesamt übertragen
274
Schreiben von C. Huber an Arthur Freiherr von Tautphöus vom 25. Februar 1943
275
Bestätigung über die Ausleihe und Rückgabe mit Auflistung der Inventarnummern vom
22. März 1943
232 Markus Marquart

Kunstschaffen“ nach Aschaffenburg. Als Gegenleistung ging die Ausstellung


„Aschaffenburger Künstler“ nach Offenbach.276
Im Oktober schrieb Schohe aus Prag, wo er sich zu Studienzwecken für das
Hanauer Museum aufhielt, an seinen Bruder Hermann „... die SS greift nach
mir“. Schohe meinte damit wohl den Fronteinsatz, denn schon am 15. Novem-
ber 1943 hielt sich Schohe in einem Heeresdurchgangslager in Stettin bei der SS
auf.277 Der 1941 aus Protest zurückgetretene Hugo Birkner übernahm darauf-
hin die Auslagerung der Hanauer Museumsbestände, die er nach dem Krieg
auch wieder zurückführte.

Der Krieg kommt nach Aschaffenburg


Bei einem englischen Luftangriff auf den Großraum Frankfurt/Offenbach
am 20. Dezember 1943 wurde durch einen Irrläufer auch das Schloss Wasserlos
beschädigt, in dem sich ein Lazarett befand. Seit 5. Februar waren dort zudem
in einem trockenen Keller in 33 Holzkisten wertvolle Bestände des Aschaffen-
burger Stadt- und Stiftsarchivs sowie 149 Bilder, Holz- und Steinplastiken aus
dem Bestand des Stiftsmuseums ausgelagert.278
Obwohl Wilhelm Wohlgemuth auf Vorschlag des Beauftragten der NSDAP
und mit Zustimmung des Reichsstatthalters in Bayern für seinen Einsatz im
Frankreichfeldzug 1940 als Oberbürgermeister auf Lebenszeit berufen worden
war279, wurde er nach nicht einmal einem Jahr mit einer Entschließung des
Regierungspräsidenten u. a. wegen „ungünstiger politischer Verhältnisse“ ab
1. April 1944 von seinem Amt abberufen und für die Dauer des Krieges beur-
laubt. Die Leitung der Stadtverwaltung übernahm Rechtsrat Hugo Häusner.280
Wohlgemuth widmete sich nur noch seinen Parteiaufgaben als Kreisleiter der
NSDAP.
Seit einem Kampfeinsatz an der Ostfront gilt Erich Schohe ab Herbst 1944
als vermisst. Spätere Nachforschungen seines Bruders Hermann u. a. beim
Roten Kreuz blieben ohne Ergebnis.281 Von einem Freund Schohes werden
später aus den zerbombten Trümmern von Schloss Philippsruhe in Hanau
noch einige seiner Habseligkeiten gerettet. Das Manuskript seiner Dissertation
ist anscheinend nicht dabei, von dem sein Bruder Hermann (1970) glaubt, dass
es immer noch irgendwo erhalten sein muss.

276
Schreiben von Huber an das Kulturamt der Stadt Offenbach vom 3. Juni 1943
277
Brief von Herrmann Schohe vom 15. Februar 1970
278
A. Stadtmüller, Maingebiet und Spessart im zweiten Weltkrieg. Veröffentlichungen des Gesch.-
u. Kunstvereins Aschaffenburg 19 (1987) 162 f.
279
am 1. Juli 1943
280
Pollnick, Stadtoberhäupter 72 f.
281
Brief von Herrmann Schohe vom 15. Februar 1970
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 233

Inzwischen erreichte der alliierte Luftkrieg mit 7 Luftminenangriffen auch


Aschaffenburg. Der erste Angriff am 21. November 1944 galt eigentlich den
Gleisanlagen des Bahnhofs Aschaffenburg, an dem der gesamte kriegswichtige
Güterverkehr durch den Spessart zusammenlief. Der Angriff traf aber vor
allem den Stadtteil Damm, der nach 30 Minuten Bombardierung weitgehend
zerstört war.282 Dabei wurde auch das Schloss durch 5 Bombentreffer und eine
Luftmine schwer beschädigt. Das 2. und 3. Stockwerk und das Dach des Main-
flügels brannten aus, die Schlosskapelle wurde schwer beschädigt.283 Bei einem
weiteren Fliegerangriff am 12. Dezember erlitt das Schloss weitere Bomben-
treffer, der Nordturm und der Bergfried brannten völlig aus.284 Der Angriff
erfolgte, während Christian Huber den Inspektoren des Staatsarchivs Würz-
burg die „sichere Unterbringung“ der Archivbestände vorführen sollte. Die
Inspektoren suchten lieber das Weite, während Huber auf dem Dach erfolglos
versuchte den Brandherd im Bergfried zu löschen.285
Obwohl der Krieg längst verloren war, wurden im Winter 1945 die Bunker
der Wetterau-Main-Tauber Linie in Verteidigungsbereitschaft versetzt.
Christian Huber musste daher die dorthin ausgelagerten Museumsgüter
wieder anderweitig in über 20 zum Teil weit verstreut liegenden Ausweichstel-
len im gesamten Untermaingebiet unterbringen.286
Nach einem Bombenangriff am 3. Januar 1945 brannte das Schloss erneut.287. Der
spätere Museumsmitarbeiter Georg Schneider, Wehrmachtssoldat auf Heimat-
urlaub, berichtet später über den Angriff und seine Rettungsarbeiten.288 Außer
dem Museumsdepot im Schlosskeller befand sich dort immer noch die staat-
liche Hofbibliothek mit ihren wertvollen Handschriften. Rechtsrat Hugo
Häusner (Geschäftsführender Oberbürgermeister) und Huber lagerten die
zunächst vom Ostturm in die Schlosskapelle verfrachtete Hofbibliothek mit
einem Mainschiff nach Burg Rothenfels aus.289
Am Gründonnerstag und Karfreitag 1945 wurde Schloss Johannisburg von
Artilleriegranaten in Brand geschossen und brannte vollständig aus.290 Der

282
Stadtmüller, Aschaffenburg 51 ff.
283
Stadtmüller, Aschaffenburg 73 ff. – zu den Schäden auch F. Bayer, Das Schicksal Aschaffen-
burger Baudenkmale im Zweiten Weltkrieg und ihr heutiger Zustand. Aschaffenburger Jahrb. 1,
1952, 217–228
284
Stadtmüller, Aschaffenburg 84 f.
285
Stellungnahme von Huber vom 15. Oktober 1949
286
Stadtmüller, Aschaffenburg 110 f. Stadtmüller führt diese Auslagerungsaktionen nicht im Ein-
zelnen auf. Karte dieser Linie 141 f. Karte 2a, 2b.
287
Stadtmüller, Aschaffenburg 88 f.
288
Stadtmüller, Aschaffenburg 89 ff.
289
Stadtmüller, Aschaffenburg 109 ff mit Abb. 11 u. 12
290
ausführlich dazu Stadtmüller, Aschaffenburg 167 ff. Bericht von Dr. Reinthaler bei Stadtmüller,
Aschaffenburg 323
234 Markus Marquart

Kreisleiter der NSDAP und frühere Oberbürgermeister Wohlgemuth hielt sich


in den letzten Kriegstagen am 25. März 1945 im Keller des Nordflügels des
Schlosses auf, in dem sich auch ein Museumsdepot befand. Dort wurde er über
die bevorstehende Übergabe der Stadt unterrichtet, woraufhin er als Kreisleiter
der NSDAP am 28. März die Stilllegung der Stadtverwaltung anordnete, die
Rechtsrat Häusner bekannt gab.291 Wohlgemuth setzte sich am 2. April nach
Würzburg ab und wurde dort 5 Tage später verhaftet.292
Am 3. April 1945 wurde die Stadt Aschaffenburg nach 10 Tagen sinnlosen
Kampfes im Schlosshof an die Amerikanische Militärverwaltung übergeben.293
Über die Ereignisse in den ersten Stunden nach der Übergabe der Stadt
berichtete der zwischenzeitlich von der amerikanischen Militärregierung als
Bürgermeister eingesetzte Dr. Hans Reinthaler:
„... in der Zwischenzeit tragen die armen Bürger alles was nicht niet- und
nagelfest ist, aus dem Schlosskeller heraus. Berge von Paketen mit Weihnachts-
kerzen, Kisten mit Fleischkonserven.“294
Von dieser „Plünderung“ unberührt blieb das Museumsdepot im Keller
unter der Schlosskapelle.

Kriegsende und Neuanfang


Die Verhältnisse in Aschaffenburg waren auch nach dem Kriegsende am
8. Mai chaotisch. Die Stadt war schwer zerstört, viele ihrer Einwohner tot oder
geflohen. Für die Sicherheit der eingelagerten Museumsbestände konnte
niemand garantieren, es war niemand mehr da, der dafür hätte Sorge tragen
können. Christian Huber war inzwischen verhaftet und in ein Internierungs-
lager überstellt worden.
79 Kisten mit Beständen des Museums, die im Schlosskeller unter der
Schlosskapelle eingelagert waren, wurden im Mai 1945 geplündert und dann in
Brand gesteckt. Über ihren Inhalt widersprechen sich die Angaben genauso
wie über den Vorgang der Zerstörung. So ist zunächst von Plünderung und
anschließender Brandstiftung die Rede295, erst später von einem Bombentreffer.

291
Stadtmüller, Aschaffenburg 315
292
Stadtmüller, Aschaffenburg 315 – Pollnick, Stadtoberhäupter 72 f.
293
Stadtmüller, Aschaffenburg 268 u. 335 ff.
294
Stadtmüller, Aschaffenburg 305.
295
Grimm, Häuserbuch II 431 – Stadtmüller, Aschaffenburg 178 f.; gleiches berichtet auch
W. Emrich, Gutachten über die Stadtverwaltung Aschaffenburg (1948) 49; dort auch die
Empfehlung zur Einstellung einer Fachkraft für das Heimatmuseum und das Naturwissen-
schaftliche Museum
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 235

Auch über den Inhalt der Kisten besteht keine völlige Klarheit. Sie enthielten
wohl vorwiegend Schohes Sammlung von Spessartglas und Keramik sowie die
römischen Funde aus Stockstadt und einige Plastiken. Allein für einen Großteil
der vorgeschichtlichen Bestände ist ihr Aufenthalt in diesem Keller heute noch
augenscheinlich: Steinbeile und Keramik sind vom Brand durchgeglüht und
zersprungen, manch einzigartiger Fund ging völlig verloren (Abb. 40).

Abb. 40: Goldene Bommelohrringe des 8. Jh. n. Chr., verschollen seit 1945. Ausschnitt aus dem
Inventarbuch von Jean Friedrich von 1903.
„N° 13.14. 10-11 Jahrhundert, beim Kanal-Bau mit 2 Schädel auf dem Schloß-Platz gefunden.
Von feinem Golde“

Überall, auch in den Schlosskellern, suchten Flüchtlinge Unterschlupf. Bis


Juni war die Zahl der DP’s (Displaced Persons), der vom Naziregime ver-
schleppten Kriegsgefangenen und „Ostarbeiter“ auf über 6.000 Menschen
gestiegen. Sie wurden von der Amerikanischen Militärverwaltung in Aschaf-
fenburg für den Rücktransport in ihre Heimat gesammelt. Ihre Zahl überstieg
mit bis zu 15.000 Menschen teilweise die der noch verbliebenen Bevölkerung,
für die eine Ausgangssperre galt. Für die Flüchtlinge galt diese nicht. Da die
amerikanische Militärpolizei mit der Verfolgung von Naziverbrechern genug
zu tun hatte, hatten sie weitgehend freie Hand und es kam auch zu Raub und
Totschlag.296 Die Kurfürstenbildnisse und die vier nicht demontierbaren Bilder
der Staatsgalerie wurden allerdings zu rein menschlichen Bedürfnissen
verwendet – sie wurden verheizt.297

296
Raubmord an der Wirtin der Schellenmühle vgl. Stadtmüller, Aschaffenburg 344 f. und ders.,
Aschaffenburg II, 46 ff.
297
Busch, Staatsgemäldesammlung bes. 231
236 Markus Marquart

Die Kriegschäden am Stiftsmuseum hielten sich in Grenzen, der Stifts-


brunnen nebenan war ebenso wie die Löwenapotheke zerstört. Die Akten der
staatlichen Graphischen Sammlung in Aschaffenburg wurden fast vollständig
vernichtet.298 Auch die Museumsbestände in den Auslagerungsorten erlitten
Schäden und Verluste. Die auf der Hohen Warte ausgelagerten Museumsgüter
– „Gemälde, Plastiken, Porzellan, Zinn u.s.w.“ – wurden von den Bewohnern
der umliegenden Ortschaften geplündert. Beteiligt waren Bewohner aus Dörr-
morsbach, Ebersbach, Heimbuchenthal, Hessenthal, Leidersbach299, Oberbes-
senbach und Volkersbrunn.300
Ebenso wurden aus dem im Schlosskeller in Wasserlos eingelagerten
Museumsgut verschiedene Gegenstände, Bücher und Archivalien gestohlen.
Hier bot aber ein Einlagerungsgut auch besonderen Anreiz, der später
Christian Huber zum Vorwurf gemacht wurde. Er „... hätte es nicht zulassen
sollen“, dass im Museumsdepot auch die privaten Schnapsbestände von Ober-
bürgermeister Wohlgemuth mit eingelagert worden waren. Auch aus einem
Keller in der Pionierkaserne wurden dort eingelagerte Museumsgüter, darunter
ein ganzer Steinway-Flügel, entwendet.301 Die in der Fürstlich-Leiningenschen
Domänenverwaltung in Amorbach ausgelagerte Kupferstichsammlung wurde
aufgebrochen und beschädigt, Glas und Archivalien geplündert.302
Die gesamten Bergungsverzeichnisse des Museums rettete Rosa Huber in
Kleinwallstadt über die Wirrnisse der ersten Monate nach Kriegsende,
nachdem ihr Mann zunächst im Zivilinternierungslager Moosburg, dann in
München-Sendling interniert war. Nach seiner Entlassung gehörte er einem
freiwilligen Arbeitskommando an303, während in Aschaffenburg erste Ermitt-
lungen nach geplünderten Museumsgütern begannen. Dabei geriet Schloss-
kastellan Eduard Schwaben in Verdacht, der aber entlastet werden konnte.
Dafür wurden von der Kriminalpolizei bei seinem Nachbarn in der Schloss-
gasse mehrere Gegenstände aus Museumsbesitz beschlagnahmt.304

298
Halm, Graphische Sammlung bes. Anm. 1
299
Pfarrer Fäth aus Leidersbach stellte wertvolle Bestände des Stadt- und Stiftsarchivs nach der
Plünderung der Hohen Warte sicher. Schreiben von Fischer an Fäth vom 14. April 1948
300
so die Aufzählung in der Bekanntmachung des Aschaffenburger Oberbürgermeisters. In: Mit-
teilungen des Oberbürgermeisters der Stadt Aschaffenburg und des Landrates Aschaffenburg,
Herausgegeben mit der Genehmigung der amerikanischen Militärregierung Aschaffenburg am
Samstag, den 23. Februar 1946 Nummer 38
301
Bekanntmachung des Kulturamtes bezüglich der Rückgabe gestohlener Kulturgüter vom 16.
April 1947
302
Brief von Fischer an Huber vom 26. Juli 1946
303
Bestätigung von Fischer für Rosa Huber vom 6. März 1947 für deren Entlastung vor der
Spruchkammer
304
Vernehmungsprotokoll des Polizeipräsidiums Aschaffenburg vom 12. Juli 1945
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 237

Im Zuge des Neuaufbaus der Stadtverwaltung wurde am 1. September 1945


das Kulturamt neu eingerichtet, mit Dr. Willibald Fischer305 als dessen Leiter.306
Inzwischen war bei Hugo Schork ein Brief seines Bruders Hans aus Augsburg
eingetroffen (Wortlaut im Anhang). Hans Schork fordert darin unter Anderem
seinen Bruder auf, mit dem jetzt zuständigen Bürgermeister Kontakt aufzu-
nehmen und sich nach dem Verbleib der Museumsbestände zu erkundigen.
Dabei gibt er zu verschiedenen Objekten – darunter 5 große Goldmünzen –
detaillierte Angaben, wem er sie über drei Jahre zuvor ausgehändigt hatte.
Hugo Schork leitete den Brief an den ehemaligen Stadtrat und Kunstmaler Max
Nein weiter, der sich zwischenzeitlich um das Museum kümmerte. Bürger-
meister Reinthaler erhielt den Brief am 2. August, aber die Beschuldigten
waren entweder inhaftiert oder verstorben. An richtige Ermittlungen war
überdies noch gar nicht zu denken, Strafverfolgung und Justiz lagen in den
Händen der amerikanischen Militärregierung. Die Vorgänge in Aschaffenburg
waren aber beileibe kein Einzelfall. Nur wenige Depots und Museen sind vom
Krieg und von Plünderungen, an denen sich auch alliierte Militärangehörige
beteiligen, verschont geblieben. Die Militärregierung ordnete daher an, dass
alle gestohlenen Kulturgüter bis 1. März 1946 zurückzugeben sind.307 Bis dahin
galt für die Überbringer Straffreiheit, wer danach noch im Besitz von geraub-
tem Museumsgut angetroffen werden sollte, dem wurden hohe Strafen ange-
droht. Für die Rückgabe wurden dazu eigene Sammelstellen – „collecting
points“ – eingerichtet, in denen Fachleute versuchten, die Eigentumsverhält-
nisse ausfindig zu machen.
In Aschaffenburg ist über einen Erfolg der Regierungsanordnung nichts
bekannt. Vielleicht deswegen begab sich Kulturamtsleiter Fischer auf eine
Rundfahrt durch die Spessartdörfer rund um die Hohe Warte, um bei den
Bürgermeistern und Pfarrern Nachforschungen nach geplündertem Kulturgut
anzustellen. Auch diese Aktion hatte aber nur bescheidenen Erfolg. Außer ein
paar Büchern und Zeichnungen war nichts mehr aufzufinden, ansonsten
beschied der Bürgermeister der Gemeinde Erlenbach am Main am 25. März
Fischers Anfrage geplündertes Kulturgut betreffend: „Fehlanzeige“. Ebenso
antwortete der Bürgermeister der Gemeinde Pflaumheim, allerdings nicht
ohne Hintersinn hinzufügend, „Pflaumheim liegt auch so abseits der Hohen
Warte, sodass nicht gut angenommen werden kann, dass Personen aus Pflaum-
heim unrechtmäßige Kulturgüter sich angeeignet haben“.308

305
E. Schneider, Willibald Fischer (1917–1984) – ein Nachruf. Aschaffenburger Jahrb. 8, 1984, 8–14
sowie Pollnick, 1. Vorsitzende, 75
306
Stadtmüller, Aschaffenburg II 237, dort auch Zeittafel zu 1945 u. f.
307
Schreiben des Aschaffenburger Oberbürgermeisters vom 17. Februar 1946
308
briefliche Mitteilung des Bürgermeisters von Pflaumheim vom 7. März 1946
238 Markus Marquart

Der Erfolg der Rückgabeanordnung kann auch bayernweit nicht allzu groß
gewesen sein. Zu viele Menschen waren noch unterwegs, brauchten dringend
Unterhalt, versuchten sich irgendwie durchzuschlagen und waren auch an-
sonsten häufig in mehrfacher Hinsicht entwurzelt. Das inzwischen eingesetzte
Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus verlängerte daher die
Rückgabefrist und gewährte Straffreiheit bis zum 15. Mai 1947. Zumindest für
Aschaffenburg war auch diesmal „Fehlanzeige“ zu verzeichnen. Denn Fischer
musste seine Recherchen fortsetzen, wobei er sich auf die Unterlagen Hubers
stützen konnte, mit dem er aus diesem Grund inzwischen in regem Brief-
wechsel stand. Eine detaillierte Überprüfung der Verluste war Fischer aller-
dings nicht möglich. Dazu waren seine Aufgaben zu vielfältig, Schohes Inven-
tarkartei war verbrannt und längst noch nicht alle Museumsdepots wieder
aufgelöst.
Die Zustände in Würzburg waren auch nicht viel besser. Das Luitpold-
Museum war wie fast die gesamte Altstadt im Bombenhagel untergegangen.309
Große Teile der archäologischen Sammlung wurden von Peter Endrich
allerdings aus dem Brandschutt wieder ausgegraben, so wie dies auch mit den
verbrannten Sammlungsbeständen aus dem Aschaffenburger Schlosskeller
geschah (Abb. 41). Endrich rettete außerdem die Akten und Unterlagen der
Zweigstelle Franken des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, auch
für viele Funde aus dem Untermaingebiet die einzige Informationsquelle.310
Die Festung Marienberg war allerdings weitgehend verschont geblieben. Unter
Leitung von Max von Freeden wurden noch 1947 dort die ersten 5 Museums-
räume im Zeughaus eröffnet.
Der Neuaufbau der Aschaffenburger Stadtverwaltung war bei weitem noch
nicht abgeschlossen. Man war sich noch lange nicht darüber klar, ob alle
ehemals vorhandenen Ämter wieder eingerichtet werden sollten. Auf Betrei-
ben Fischers wurde daher für seinen Zuständigkeitsbereich ein eigenes Gut-
achten in Auftrag gegeben, das dann für das städtische Heimatmuseum und für
das Naturwissenschaftliche Museum zur Einstellung einer Fachkraft riet.311

309
Am 16. März 1945 wird beim Bombenangriff auch das Fränkische Luitpold-Museum in Würz-
burg völlig zerstört; Ein Großteil der Bestände wird dabei vernichtet, ein kleinerer Teil überlebt
durch Auslagerung
310
Die seit 1908 bestehende Zweigstelle des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in
Würzburg wurde im Rahmen einer Verwaltungsreform 2007, ein Jahr vor ihrem hundertjähri-
gen Bestehen, aufgelöst und nach Schloß Pommersfelden bei Bamberg übertragen. Vgl. dazu
H.-P. Kuhnen, „Steil bergab“ oder: Die neue Eiszeit. Zum Umbau der Landesarchäologie in der
wiedervereinigten Bundesrepublik. In: L. Husty, M. Rind, K. Schmotz (Hrsg.), Zwischen
Münchshöfen und Windberg (Gedenkschrift für Karl Böhm) Int. Arch. Studia honoria 29
(2009) 547–554
311
W. Emrich, Gutachten über die Stadtverwaltung Aschaffenburg (1948) 49
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 239

Abb. 41: Alois Nowotny, Museumsleiter aus Dieburg bei der Bergung verbrannter Museums-
bestände aus dem Aschaffenburger Schlosskeller 1950

Mit Dr. Ernst Schneider erhielt das städtische Museum ab 1949 einen zu-
nächst in Teilzeit, später hauptamtlich angestellten Kunsthistoriker, unter des-
sen Leitung der Neuaufbau der städtischen Sammlungen begann.312 (Abb. 42)

Abb. 42: Museumsleiter Dr. Ernst Schneider bei der Eröffnung der Jubiläumsausstellung
„Aus tausend Jahren Stift und Stadt“ 1957 im Kreuzgang des Stiftes St. Peter und Alexander

312
Ernst Schneider (1913–1995), Aschaffenburger Museumsleiter von 1949–1978, Nachruf von
Markus Marquart in Aschaffenburger Jahrb. 19, 1997, 323–336
240 Markus Marquart

Dabei waren sich die meisten Beteiligten durchaus der Belastungen bewusst,
die ein Neuaufbau mit sich bringen würde, was Joseph Maria Ritz, der Leiter
der Abteilung Nichtstaatliche Museen im Bayerischen Landesamt für Denk-
malpflege zur Eröffnung einer ersten Ausstellung im Stiftsmuseum 1951 so
zusammenfasste:
... „Unsere deutsche Aufgabe, sollen wir weiter bestehen und wieder ein Volk
werden, ist – und ich glaube zutiefst daran – nicht zuerst eine wirtschaftliche
und auch nicht zuerst eine politische, sondern eine geistige und seelische. In ihr
aber besitzt auch das Museum seinen Platz und seinen Wirkungsbereich.
So hat eine schwergeprüfte Stadt wie Aschaffenburg trotz aller drängenden
Sorgen des materiellen Lebens nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zu
ihrem Museum.“313
Wie wir wissen, hat die Stadt Aschaffenburg ihre „Pflicht“ seitdem sehr
ernst genommen und aus dem 1854 gegründeten Heimatmuseum bis heute eine
eigene Museumslandschaft entstehen lassen.314

313
Ritz, Museum Aschaffenburg 238
314
zur Museumsgeschichte ab 1949 bis 1978 Markus Marquart, Dr. Ernst Schneider (Nachruf).
Aschaffenburger Jahrb. 19, 1997, 323–336
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 241

Anlagen
Anlage 1
Brief von Hans Schork von 1945 in Transkription
Anlage 2
Index der im Beitrag erwähnten Personen
Anlage 3
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Anlage 1
Brief von Hans Schork – Transkription
Schreiben von Hans Schork aus Augsburg an seinen Bruder Hugo Schork in
Aschaffenburg vom 30.6.1945, der das Schreiben wegen des Inhalts an das
städtische Heimatmuseum weiterleitet. Von dort leitet es Stadtrat und Kunst-
maler Max Nein an den Bürgermeister Dr. Reinthaler weiter.
Schreiben mit Bleistift auf Soldlisten der Wehrmacht in deutscher Schrift.
Papier stark vergilbt, Schrift auf den Falzkanten abgewetzt und unleserlich.

Lieber Hugo!
Du wirst erstaunt sein, von mir auch einmal ein Lebenszeichen zu hören. Seit
ich vor nunmehr 2 3/4 Jahren das letztemal in Aschaffenburg war, hat sich doch
ziemlich viel ereignet.
Die letzte Nachricht von Aschaffenburg erhielt ich am 21 Januar 1945 & seit
dieser Zeit hat sich vieles doch geändert. Nie wird wohl meine ...[Zeile unleser-
lich].. Rundfunk hörte man an den Osterfeiertagen von den Kämpfen .. & von
der sinnlosen verbrecherischen Verteidigung. Da waren wir hier in Augsburg
schon vernünftiger & haben den Amerikanern ohne Kampf die Stadt über-
lassen. Leider wurde ich durch die NaziVerbrecher ... auch am 15. Januar .. . ..
nun sehen wie ich wieder von vorne anfange. Aber ich ertrage dieses Unglück
mit Geduld im Hinblick, daß wir diese Höllenbrut endlich los sind. Nun hat
sich unser Glaube & unser Vertrauen doch erfüllt, daß auch diese Leute wieder
von der politischen Bühne verschwinden müssen. Ich habe schon einen heillosen
Haß auf diese Halunken, zumal ich als .. Augenzeuge von Mißhandlungen &
Grausamkeiten an den K.Z. Häftlingen in Landsberg und Kaufering war. Nur
schade, daß man mit dieser Bande noch so glimpflich umgeht. Aber lieber
Hugo, deine Befürchtungen, daß man die Führer der SPD kurz vor Abgang der
Nazi noch umlegen würde, hat sich Gott sei Dank nicht bestätigt. Ich habe dir
ja immer gesagt, daß diese Mistviecher von Nazi sich zu solch einer Tat nicht
getrauen. Leider konnte mein Freund Eisenhauer diese Kunde des Nazi Abgan-
ges nicht mehr erleben, schade, ewig schade. Nicht zuletzt um diesen herrlichen
242 Markus Marquart

ehrlichen Charakter von Rudolf trauere ich am meisten. Wie oft haben wir uns
beide unterhalten, uns .. , daß auch dieses Regime einmal ein Ende findet. Was
macht Eser ? Ist da derselbe noch in Aschaffenburg ? Oder ist er auch ausge.. in
der Leinwanderstraße ? Schade ist es auch um Lauer auch ihm hätte ich es
gegönnt diesen Tag zu erleben. Wie oft mußte ich ihn stärken, daß einmal doch
der Tag kommt, von wem ich wieder .. . Aber es ist im Leben so, die Edelsten
müssen immer durch Tod abgehen, auch der alte Vater Eisenhauer soll gestor-
ben sein, Bestimtes weiß ich leider nicht. Wenn ich einmal von den Allierten
Erlaubnis erhalte, werde ich mal wieder meine liebe Heimat aufsuchen. Wer
leitet denn jetzt eigentlich die Geschicke meiner lieben HeimatStadt ? Habt ihr
schon einen Bürgermeister oder Oberbürgermeister ? Hier geben wir uns einen
kommissarischen Bürgermeister. Einen Oberbürgermeister hat man doch nicht
gefunden. Wenn ich noch einmal zu thun & zu handeln hätte, wäre ich auch in
die Partei gegangen, nicht aus Überzeugung, nein, sondern nur deshalb, damit
wenigstens noch ein Parteimitglied übrig geblieben wäre, nachdem heute
niemand mehr da ist, der in der Partei war. In meinem Betrieb sind nur von
circa 150 Angestellten nur 6 Stück die nicht in der Partei waren & und aus-
gerechnet alle 6 in meinem Zimmer wo ich arbeite. Ausgerechnet 14 Tage bevor
der Ami kam wurde ich noch von dem Büro Chef zur Rede gestellt weil ich
nicht an unseren Sieg glauben wollte & ich glaubte ja schon im August 1939 als
wir, d.h. die Nazis den Krieg begannen, schon nicht an den Sieg, aber glauben
hat ich an den Sieg der Nichtnazionalsozialisten. Also nun wieder zum eigent-
lichen Sinn meines Briefes. Gehe einmal zu dem Herrn der die Geschicke
meiner Heimat leitet und frage ihn nur wie folgt:
1) Als ich im Jahre 1939 bzw. 1942 durch das ... des Obernazis Wohlgemuth das
Museum das ich seit dem Abgang von Schohe führte, an Dr. Wirth abtreten
mußte, habe ich demselben 5 sehr wertvolle massiv schwere Goldmünzen zu
treuen Händen übergeben ob dieselben noch vorhanden sind & wo, wenn ja,
wären die Münzen im Tresor der Stadthauptkasse zu hinterlegen bis wieder bes-
sere Zeiten kommen, damit dieselben nicht verloren gehen & gestohlen werden.
2) Im Jahre 1939 erhielt ich vom Stadtbauamt, Herrn ... den Auftrag das
Museum zu räumen. Die wertvollsten Stücke habe ich in 18 Kisten verpackt
& im Keller im linken hinteren Schloßturm (Keller vom Hausmeister)
hinterstellt & versiegelt ..... . Sind dieselben noch da ? Wenn ja, dann möge
man mit dem Transport sehr vorsichtig umgehen, keine Kiste stürzen & nur
einem Menschen zum späteren auspacken ..., der das nötige Verständnis, die
nötige Liebe & Sorgfalt, sowie ein feines Fingerspitzengefühl besitzt, denn
sonst könnte unersetzlicher nicht wieder gut zu machender Schaden ent-
stehen. In den Kisten befinden sich sämtliche Dämmer Fayencen, also alles
sehr zerbrechlich. Ich habe seinerzeit ein jedes .. & ein jedes .... der Stein-
gutfiguren mit Seidenpapier umwickelt dann nochmals mit Seidenpapier
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 243

umhüllt & dann in feiner Holzwolle gebettet. Also wie du siehst lieber Hugo
handelt es sich um ungeheure Werte um die ich schon sehr besorgt war. Auch
befindet sich in einer Kiste daselbst eine Bronzefigur des Mainzer Erzgießers
Hieronimus Hack vom 14. Jahrhundert Darstellung eine Pieta äußerst wert-
voll. Alles Werte die bei der jetzigen Armut meiner Heimat die durch die
Nazi bereits beschworen wurde, ein Vermögen darstellt.
3) Ebenfalls im Jahre 1939 habe ich die Kupferstich Sammlung des Schloßes, die
rechtmäßig Eigentum der Stadt Aschaffenburg sind, die von dem erlauchten
Mainzer Churfürsten Erthal der Stadt als Erbe hinterlassen wurde im Tresor
der Städt. Sparkasse sichergestellt. Der Wert dieser Blätter ist ungeheuer da
doch Kupferstiche dabei sind, von denen das einzelne Blatt einen Wert von
10–15000 Mark besitzt. Es sind einige 1000 Blätter, darunter Stiche die ein-
malig sind, von Dürer, Rubens Angelika Kaufmann, holländische Meister &
sehr schöne Exemplare englischer Schabkunstblätter, also alles in allem ein
ungeheurer Wert von besonderer Wichtigkeit für unsere Heimat.
4) In den verschiedenen Zimmern des Rathauses wurden unsinnigerweise von
Schohe Ölgemälde & Aquarelle aufgehängt, gemalt von dem heimischen
Kunstmaler Adalbert Hock aus der Hinterlassenschaft von den Papier &
Schreibwarenhändler Kolbe. Auch diese Bilder besitzen durchwegs einen
..wert von 300–500 Mk, dieselben wären einzusammeln & sicherzustellen.
5) Unter der Ära Wohlgemuth erhielt auf Anregung derselben aus der Samm-
lung des städt. Museums als Geschenk, der damalige Kommandeur Schellert
eine Dammer Figur im Werte von 500 MK & Ministerpräsident Siebert eine
Figur die Frisierstube im Werte von 800 Mk es wäre zu erwägen, ob dieselben
nicht wieder zurückzufordern & der Stadt zurückzugeben wären.
6) Im Jahre 1939 am 10 November als sich der Volkswille .. gegen die Juden-
herrschaft austobte (lies auf Befehl des größten Verbrechers der Weltge-
schichte Himmler) habe ich in den zerstörten Synagogen Aschaffenburg,
Großostheim, Hörstein, Alzenau, Wörth, Miltenberg etc. Kultusgegenstände
wie einen Altar von Hörstein, .. Thorarollen, Gebetsriemen Rabbinerge-
wänder sichergestellt. Dieselben sind nach Aufforderung der allierten Mili-
tärregierung den Kultusgemeinden zurückzugeben. Des weiteren wurden
israelitischen Staatsbürgern Kunstgegenstände wie alte Stühle, Tische,
Zinngeschirr & Porzellan um eine geringe Summe abgehandelt (freiwillig ?)
Auch diese Sachen müssen den Eigentümern soweit sie nicht ermordet sind,
zurückzugeben sein.
Also lieber Hugo sei bitte so freundlich, setzte dich mit dem zukünftigen
Bürgermeister in Verbindung & trage ihm die Angelegenheiten vor. Hoffent-
lich wird mir mal baldigst die beglückende Nachricht daß ich von meiner Hei-
mat mal endlich etwas näheres erfahre. Von meiner lieben Tochter habe ich
leider seit 15.1.45 keine Nachricht mehr.
244 Markus Marquart

Für deine Bemühungen sage ich dir im voraus meinen besten Dank.
Ich wünsche dir für die Zukunft alles Gute, Glück & Gesundheit & würde es
mich sehr freuen wenn du wieder berufen würdest mitzuwirken & mitzuhelfen
im Stadtrate zu Aschaffenburg zum Wohl und zum Wiedererblühen meiner
lieben Heimat.
Für Euch herzliche Grüße
Dein Hans Schork
Augsburg
Klinkerberg 6 III
Postscriptum auf dem Seitenrand der letzten Seite und dem Vorderblatt:
Einen Schwager von mir bei München so einen 250%igen hat der Ami auch
verhaftet. dem habe ich es genug gesagt hätte mich mal bald bei der Gestapo
angemeldet zu einem Kuraufenthalt in Dachau & zwar unentgeltlich, aber ich
bin gesund & habe Nazi...
Gesundheitlich geht es mir gut, wenngleich ich auch noch etwas dürrer
geworden bin, das werden die Nazibonzen jetzt so langsam auch. Göring und
Kesselring waren hier in Haft, aber ohne Heil, Heil, sondern mit Heul, Heul.
Göring wird wohl seinen Beruf wechseln müssen & wahrscheinlich Schlan-
genzüchter & Affendressierer auf einer Verbannungsinsel werden, da kann er ja
die Brüllaffen der NaziReichstage gleich umlernen.
Wo ist dem Herrmann sein heißgeliebter Führer Adolf ? Diese Speichellecker
& Byzantinisten
Was macht Dr. Fleischmann ? Als ich in seiner Kleiderfabrik arbeitete gab er
mir 100 Mark pro Monat, obgleich ich tarifmäßig 250 zu bekommen gehabt
hätte, wie mir Eser versicherte, der denselben Posten in der Kleiderfabrik
Geiger innehatte, ja diese Sozialisten ??
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 245

Anlage 2
Index der im Beitrag erwähnten Personen, soweit nicht bereits an anderer
Stelle beschrieben.
Alle ermittelten Angaben setzten sich aus den Eintragungen in den Ansäs-
sigmachungsakten der Melderegister des Stadtarchivs Aschaffenburg sowie aus
den Nennungen in den Adressbüchern zusammen.
Angaben zu Geistlichen oder Angehörigen des Militärs sind über die
Melderegister nicht zu ermitteln, da dieser Personenkreis nicht der allgemeinen
Meldepflicht unterlag.

Blüm Andreas Blümm


* 31.3.1820 in Burgerroth, Gmde. Aub, Ldkr. Würzburg
† 25.7.1885 in Aschaffenburg
verh. mit Amalia Bauer, geb. 16.4.1822 in Laufach – gest.
3.5.1888 in Zimmern
Im „Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäfts-
handbuch für die Stadt Aschaffenburg auf das Jahr 1879“
im Einwohnerverzeichnis ein „Blümm Andreas, Rektor“
wohnhaft in der Stiftsgasse 16. Die unterschiedliche
Schreibweise dürft auf einen Druckfehler zurückzuführen
sein, da im Straßenbewohnerverzeichnis „Blüm Andreas“
unter derselben Hausnummer genannt; Der Druckfehler
wiederholt sich allerdings auf S.103 in der Auflistung der
Lehrer der städtischen Elementarschulen „Blümm
Andreas, I (bedeutet wohl Rektor), Lehrer an der Schule
St. Peter und Alexander (Stift); zuletzt auch M. Ebert,
Trivial- und Elementarschulen in Aschaffenburg.
Aschaffenburger Jahrb. 15, 1992, 68 f.: Andreas Blümm,
Schullehrer an der Stiftschule und Organist 1847–1874,
nach seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst führt er das
Museum noch bis 1879
Broili Johann Baptist Broili
* 1.12.1838 in Würzburg
† 1882 in Aschaffenburg
verh. mit Anna Caroline Josepha Margarete von Baur-
Breitenfeld geb. 6.6.1847 in Aschaffenburg, verzogen nach
Regensburg Dezember 1907 zu ihrer Tochter.
Apotheker Johann Baptist Broili, Ansässigmachung, Er-
teilung einer Apothekenkonzession und Eheerlaubnis in
246 Markus Marquart

Aschaffenburg 1867315; Apotheke zum Schwanen, Schrift-


führer der Gemeindebevollmächtigten in Aschaffen-
burg316. Gründungsmitglied des naturwissenschaftlichen
Vereins Aschaffenburg 1878317, Reorganisator der Muse-
umssammlung
Funde aus dem Guttenberger Wald bei Würzburg
Friedrich Jean Friedrich, Buchbinder
* 6.6.1859 in Aschaffenburg als Sohn von Friedrich Fried-
rich
† 15.6.1932 in Aschaffenburg
Inhaber eines Papierwarenladens in der Herstallstraße318
Leiter des Aschaffenburger Museums 1900–1930. Nach
Schlaganfall 1928 nicht mehr im Dienst
Frisch Georg (Gottfried) Frisch
Lehrer an der Oberen protestantischen Schule ab 1872319
Fröhlich Dr. Carl August Anton Tobias Fröhlich
* 31.7.1850 in Aschaffenburg
Königlicher Hofarzt und praktischer Arzt; Verehelich-
ungszeugnis 1884 im Stadtarchiv Aschaffenburg; D 43.
Roßmarkt.
Mitbegründer des Naturwissenschaftlichen Vereins
Aschaffenburg am 14. November 1878
Reorganisator der naturwissenschaftlichen Sammlung
zusammen mit Broili
Lit.: C. Fröhlich, Die Käfer. Beiträge zur Fauna von
Aschaffenburg und Umgegend. III. Mitteilung des Natur-
wissenschaftlichen Vereins Aschaffenburg (1897) – ders.,
Die Odonaten und Orthopteren Deutschlands mit beson-
derer Berücksichtigung der bei Aschaffenburg vorkom-
menden Arten. Beiträge zur Fauna von Aschaffenburg und

315
Ansässigmachungsakten Stadtarchiv Aschaffenburg
316
Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für die Stadt Aschaffenburg auf das
Jahr 1879, 104
317
Verzeichnis der Vereinsmitglieder vom Jahre 1878–1903. In: C. Fröhlich, Die Odonaten und
Orthopteren Deutschlands mit besonderer Berücksichtigung der bei Aschaffenburg vorkom-
menden Arten. Beiträge zur Fauna von Aschaffenburg und Umgegend. IV Mitteilung des
Naturwissenschaftlichen Vereins Aschaffenburg (1903) V
318
nach H. Morsheuser, Als der Jean Friedrich im Museum herrschte. Aschaffenburger Volksblatt
Nr. 278 vom 3. Dezember 1954
319
vgl. Ebert, Schulen 82.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 247

Umgegend. IV. Mitteilung des Naturwissenschaftlichen


Vereins Aschaffenburg (1903) (darin Chronik des Vereins
zum 25-jährigen Vereinsjubiläum)
Haxthausen Freiherr Elmar von Haxthausen
* 22.10.1839 in Neiße/ Schlesien (heute Polen)
† 7.8.1910320
preußische Staatsangehörigkeit, verheiratet mit Elise geb.
Jonsen, *15.5.1846 in Reinsberg/Brandenburg, in Darm-
stadt gemeldet ab 25.9.1887 mit dem Vermerk „kam von
Sommerau, Bez. Obernburg“ (Sommerau, Gmde. Eschau,
Ldkr. Miltenberg).321
Die Familie der Freiherren von Haxthausen war um 1800
Grundherr der Ortschaft Georgenhausen, heute ein
Stadtteil der Stadt Reinheim im Odenwald.322
Bei der Gemeinde Eschau existieren über E. von Haxt-
hausen keine Unterlagen. Gleichwohl wird er im Eschauer
Heimatbuch als aus Darmstadt stammender Heimatfor-
scher und zeitweilig im Ruhestand in Sommerau lebender
Hauptmann a. D. beschrieben.323 Dorthin soll er nach sei-
ner Pensionierung durch einen befreundeten Kameraden
aus der Familie Wehsarg gekommen sein. Demzufolge
kaufte er in Sommerau 1872 einen Gutshof, den er 1897 an
die Familie Wehsarg verkaufte, bevor er nach Darmstadt
übersiedelte. Offensichtlich war Haxthausen mit Sanitäts-
rat Dr. Wehsarg befreundet, der in Sommerau ein kleines
Sanatorium betrieb und die Zeitschrift „Spessart“ grün-
dete, die er 6 Jahre lang als Chefredakteur leitete.324

320
Die Todesanzeige für den am Sonntag den 7. August 1910 verstorbenen Freiherrn Elmar von
Haxthausen erschien am 10. August 1910 im Darmstädter Tagblatt Seite 17. Offensichtlich
wurde die Vorlage für die Todesanzeige handschriftlich eingereicht, da der Verstorbene als
„Elmer von Harthausen“ aufgeführt wird (Zeitungsarchiv des Darmstädter Echo, dort auch
Darmstädter Tagblatt)
321
Für die Übermittlung der biographischen Daten danke ich Frau Lemke vom Stadtarchiv
Darmstadt.
322
W. Martin, Hintergründe und Einzelheiten einer Magazinsverlegung von Aschaffenburg nach
Heppenheim im Frühjahr 1800. Mitt. a. d. Stadt- u. Stiftsarchiv Aschaffenburg 4.1, 1993, 12–18
– W. Wagner, Das Rhein-Main-Gebiet vor 150 Jahren (1787) Darmstadt (1938)
323
K. Appel, Eschauer Heimatbuch – 700 Jahre Markt Eschau (1985), 13 ff.
324
A. Väth, Beiträge zur Geschichte des Raumes Bischbrunn / Oberndorf / Esselbach / Steinmark
/ Kredenbach in der älteren, mittleren und jüngeren Steinzeit. In: Beiträge zur Geschichte
Bischbrunn / Oberndorf. Bd. 1 (1992) 5–34 bes. 22
248 Markus Marquart

Obwohl man annehmen sollte, dass sich auch im Hessi-


schen Landesmuseum Funde aus der Sammlung Haxt-
hausen befinden könnten, ist dies heute nicht mehr aufzu-
klären. Alle Unterlagen des Darmstädter Museums sind
1944 beim Museumsbrand bis auf äußerst geringe Aus-
nahmen (zufällig an jenem Tag nach Hause mitgenom-
mene Inventarbücher) verbrannt, sodass das gesamte
Inventar nach 1945 aus der Fachliteratur rekonstruiert
werden musste.325
Bibliographie: E. von Haxthausen
* Trichter der Stein- und Bronze-Zeit zu Eichelsbach,
Bezirksamt Obernburg/ Main. Beitr. z. Anthr. u. Ur-
gesch. Bayerns 12, 1898, 11–26.
* u. Haller Baron von Hallerstein, Germanische Hügel-
gräber bei Röllbach – Spessart in Franken. Quartalblät-
ter des hist. Vereins f. d. Grafschaft Hessen-Darmstadt
1890, 38–45. (Baron von Hallerstein war zu der Zeit
Forstassistent in Mönchberg)
* Vorgeschichtliche Bewohner des Südspessarts (Selbst-
verlag 1893)
* Zur Vorgeschichte des Spessarts. Einzelne Folgen in:
Spessart – Illustrierte Monatsschrift
– Die Steinzeit, Spessart 1, 1906, 6–11
– Die Kupferzeit, Spessart 1, 1906, 9
– Die Bronzezeit ohne Eisen, Spessart 1, 1906, 9–10
– Die Bronzezeit mit Eisen, Spessart 2, 1907, 4–9; Spessart
3, 1908, 6–9; Spessart 4, 1909, 7–9;
– Das Alter unserer vorgeschichtlichen Denkmale, Spes-
sart 4, 1909, 6–7;
Hefner Franz Ignaz Hefner
Vater von Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck s. u.; Titu-
larstaatsrat und Generalschuldenliquidator wurde 1813
durch Verleihung des Commandeurskreuzes des Concor-
dienordens in den persönlichen Ritterstand des Großher-
zogtums Frankfurt erhoben. Für seine Verdienste auch um
die Steingutfabrik Damm erhielt er 1814 den erblichen

325
freundliche Mitteilung von Herrn Archivar Kleiner
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 249

bayerischen Adelstitel326; Finanzier für die Müllersche


Steingutfabrik in Damm327
Hefner-Alteneck Johann Heinrich von Hefner, später Hefner-Alteneck328
* 20.5.1811 in Aschaffenburg
† 19.5.1903 in München
künstlerischer Beirat der Müllerschen Steingutfabrik in
Damm, von 1835–1842 Teilhaber der Fabrik
wird 1852 von König Max II. zum Konservator der kgl.
vereinigten Sammlungen und des kgl. Kupferstich- und
Handzeichnungskabinettes ernannt. Zugleich ist er Kon-
servator des Historischen Vereins von Oberbayern und
leitet die Ausgrabungen im römischen Töpfereibezirk in
Westerndorf.
Unter Ludwig II. wird er Generalkonservator der Kunst-
denkmäler und Altertümer Bayerns und 1868 Direktor des
Bayerischen Nationalmuseums. Er scheidet 1886 aus dem
Dienst, wird 1891 zum Geheimrat ernannt und am 1. Januar
1894 zum Ehrenbürger Aschaffenburgs. Bis zu seinem Tod
am 19. Mai 1903 in München steht er in regem Briefwechsel
mit dem Aschaffenburger Museumskonservator J. Friedrich.
Bibliographie:
„Trachten des christlichen Mittelalters“ (1839)
„Kunstwerke und Geräthschaften des Mittelalters und der
Renaissance“ (1848)
„Die Burg Tannenberg und ihre Ausgrabungen“ (1850)
„Hans Burgkmaiers Turnierbuch“ (1853)
„Eisenwerke oder Ornamentik der Schmiedekunst“
(1861–86)
„Entwürfe deutscher Meister für Prachtrüstungen der
Könige von Frankreich (1865)
„Die Kunstkammer Seiner Königlichen Hohheit des Fürs-
ten Carl Anton von Hohenzollern“ (1866–68)
„Ornamente der Holzsculptur von 1450–1820“ (1881)
„Werke deutscher Goldschmiedekunst des 16. Jahrhun-
derts“ (1890)
326
W. v. Borell, Ein ungewöhnliches Lob Dalbergs für seinen Kabinettssekretär. Mittlg. Stadt- und
Stiftsarchiv Aschaffenburg 3, 1990, 51
327
W. Krämer, Erinnerungen an das Dammer Porzellan. Mittlg. Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffen-
burg 3, 1990, 53 ff.
328
den Beinamen „Alteneck“ erhielt er 1856 von König Ludwig „zur Verhinderung störender
Namensverwechslungen“ vgl. Spies, Hefner-Alteneck 46
250 Markus Marquart

Heim Dr. Hugo Eberhart Heim


† am 10.329 / 13.330 September 1806 in Aschaffenburg331
Stiftsvikar am Stift St. Peter und Alexander in Aschaffen-
burg, Doktor der Philosophie und Theologie, wirkliches
Mitglied der kurmainzischen Akademie der nützlichen
Wissenschaften zu Erfurt und daher Kurmainzischer geist-
licher Rat; Lehrer am Gymnasium in Aschaffenburg332
Heim wohnte von 1783 bis zu seinem Tod in der Stifts-
gasse 8333 und bezog die Einkünfte der Altarpfründe St.
Maria in Aegypto aus der Stiftskirche334
Im Kurmainzischen Hof- und Staatskalender auf das Jahr
1797 wird Heim als fürstlich bambergischer Geistlicher
Rat bezeichnet, nicht als kurmainzischer geistlicher Rat.
Heim wurde auf Vorschlag von Karl Theodor Freiherr von
Dalberg (1744–1817) auf der Sitzung vom 2. August 1788
als Mitglied der „Churfürstlich Mayntzischen Academie
nützlicher Wissenschaften zu Erfurt“ aufgenommen. Die
Aufnahmeurkunde bezeichnet ihn als Domvikar und
Hofkanzler zu Aschaffenburg.335
Den Protokollen zufolge hat Heim keine der Sitzungen in
Erfurt besucht, allerdings wurden zwei Vorträge von ihm
vom damaligen Sekretär der Akademie verlesen:336
10. September 1788: „Historisch-numismatische Abhand-
lung über die im Kurmayntzischen Obererzstift vom Jahre

329
Angabe nach J. Fischer, Necrologium sacerdotorum Diocesis Herbipolensis ab anno 1803 usque
ad annum 1930 defunctorum. (Würzburg 1930) 213
330
Angabe nach Stiftsmatrikel Stiftsarchiv Aschaffenburg
331
Stiftsarchiv Aschaffenburg, Stiftsmatrikel 1743–1821
332
Gutachten von Hofrat Hoof der Generalschulkommission bei T.J. Scherg, Dalbergs
Hochschulstadt Aschaffenburg I (1954) 19
333
Grimm, Häuserbuch I, 435 nach Stiftsarchiv Aschaffenburg 5701, Stiftsprotokolle S. 256; Das
Haus stand im Stiftseigentum, dem es als Tauschgut für seine an das Jesuitenkolleg 1626 in der
Pfaffengasse gelegenen Besitzungen zugefallen war.
334
Grimm, Häuserbuch I, 431, 365 f. u. 377 f.; Die Vikarie der Seitenkapelle Beata Maria Aegypto
in der Stiftskirche wurde schon 1624 mit dem Altar der Maria-Schnee-Kapelle vereinigt, in dem
sich auch der Flügelaltar von Matthias Grünewald mit der Darstellung der Stuppacher
Madonna befindet
335
Für die Angaben aus dem handschriftlichen Bestand der Akademie gemeinnütziger
Wissenschaften zu Erfurt danke ich Herrn OAss. Dr. J. Kiefer, Erfurt
336
J. Kiefer, Die Vortragstätigkeit an der Akademie der gemeinnützigen Wissenschaften zu Erfurt
während der Jahre 1754–1803. Sonderschriften der Akademie zu Erfurt 19 (1993)
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 251

1783 bis 1786 vorgefundenen alten Münzen“ (später auch


veröffentlicht).
3.4.1792: „Historisch-mineralogische Abhandlung über
die Erzeugnisse des Erdreichs in der Gegend von Aschaf-
fenburg“.
Zusammen mit Heim wurden damals verhältnismäßig
viele Gelehrte aufgenommen.337
Veröffentlichungen:
H.E. Heim, Historisch-numismatische Abhandlung über
die im kurmainzischen- oder Obererzstifte vom Jahre
1783–86 vorgefundenen alten Münzen. Acta Academia
Electoralis Moguntinae Scientiarum utilium quae Erfurti
est Bd. 8 (Erfurt 1789)
H.E. Heim, Historisch-philologische Abhandlung über
die zu Aschaffenburg vom Jahre 1777 bis 1782 neu ent-
deckten römischen Alterhümer (Frankfurt u. Mainz 1790)

Hofmann Valentin Hofmann


* 4.4.1802 in Aschaffenburg (St. Agatha)338
† 8.8.1867 in Aschaffenburg
Eltern: Josef Hofmann339, Schwertfeger aus Mainz und
Anna Maria geb. Nohaschek (Schohe vermutet evtl. böh-
mische Herkunft). Valentin Hofmann erlernt das Hand-
werk des Schwertfegers und wird am 7. März 1819 „aus der
Schule entlassen“ (das würde bedeuten, dass er nach 4 Jah-
ren Elementarschule und anschließender Lehre im Alter von
17 Jahren bereits Geselle war340). V. Hofmann geht nach

337
vgl. J. Kiefer u. A., Mitgliederverzeichnis der Akademie der gemeinnützigen Wissenschaften zu
Erfurt. Sonderschriften der Akademie zu Erfurt 18 (1993)
338
alle weiteren biographischen Angaben zu Valentin Hofmann nach handschriftlichen Notizen
von E. Schohe aus dem Jahre 1934. Schohes Personenbeschreibung Hofmanns: „Signalement:
Größe 5 Schuhe 7 Zoll, Haare blond, Stirn hoch, Augen blau, Nase lang, Mund normal, Bart
blond, Kinn rund, Gesicht länglich, Gesichtsfarbe gesund, Körperbau stark : ohne Zweifel ein
Nordarier.“
339
Neben Gottfried Tempel und Gottfried Traupel einer von drei Schwertfegern in der Stadt, der
sich „durch besonders elegante Arbeit auszeichnet“ vgl. H. Ketterer, Das Fürstentum Aschaf-
fenburg und sein Übergang an die Krone Bayern, Festschrift zum Jahrhundertgedächtnisse am
26. Juni, 1814–1914 (1914/1915) 45
340
zum Schul- u. Bildungswesen in Aschaffenburg Ebert, Schulen 49-86 bes. 50 ff. u. 65 f.; Hof-
mann unterlag also zu Anfang noch der Schulpflicht des Dalbergstaates: Schulpflicht für
Knaben vom 5. bis zum Ende des 13. Lebensjahres
252 Markus Marquart

seinem Wanderbuch341 ab 15. Mai 1819 für 6 3/4 Jahre auf


Wanderschaft bis 25. Januar 1826342. Anschließend leistet
er in Würzburg seinen Militärdienst bis zum 26. Juni 1826
ab. Hofmann wird Anfang 1828 in die Schützenkompanie
der Aschaffenburger Bürgerwehr aufgenommen. Er bean-
tragt das Aschaffenburger Bürgerrecht (Gesuch nach
Schohe im Archiv), seine Meisterprüfung vor der Zunft am
20. September 1828 besteht er und wird am 3. Oktober
1828 als Bürger aufgenommen und ihm wurde die Erlaub-
nis zur Ausübung seines Handwerks erteilt. Zwischen-
zeitlich ist sein Vater verstorben, seine verwitwete Mutter
verheiratet sich in zweiter Ehe mit „einem Louis“ („wohl
verwandt mit Prof. C. Lud. Louis von der Forsthoch-
schule Aschaffenburg, späterer Leiter des Pompeianum-
baues343.“). Am 17. November 1828 reicht Hofmann sein
Ehegesuch344 ein und heiratet am 27. November Christine
Bergmann345, Tochter des Bürgers und Schuhmachermeis-
ters Philipp Bergmann. 1829 kommt deren Sohn Joseph
Franz Philipp zur Welt. Hofmann wird 1833 an der
königlichen Landwirtschafts- und Gewerbeschule als
Lehrer für Zeichnen und Bossieren (Modellieren) einge-
stellt. Ab 1. Mai 1854 Konservator der städtischen Samm-
lungen in Aschaffenburg, Mitglied im Bezirkskomiteé des
historischen Vereins f. Unterfranken
Huber Christian Josef Huber346
* 7.10.1888 in Freising

341
das Wanderbuch muß demnach Schohe noch zur Verfügung gestanden haben.
342
die ausgedehnte Wanderschaft erklärt Schohe mit der damaligen Vorschrift, daß „... jeder wirk-
liche Handwerksgesell für schuldig erklärt wird, drei volle Jahre zu wandern, aber nicht in
nächster Umgebung von Aschaffenburg, jeder muß wenigstens in einer der Städte Frankfurt,
Mannheim, Darmstadt Würzburg ... usw. die Gelegenheit zur Erweiterung seiner Kenntnisse
genutzt haben“.
343
Sie unterschreibt „Anna Hofmann & vereheligte Ludewig“. Carolus Ludovicus Louis, Prof. an
der königl. Forsthochschule heiratet am 24. Oktober 1826 Anna Barbara Stadtmüller, Tochter
von Adam Stadtmüller, Jäger in Dörrmorsbach und Gertrud Stadtmüller geb. Baumann.
Trauzeugen sind Franz, Hans und Georg Hofmann, vermutl. die Brüder von Joseph Hofmann.
344
Im Königreich Bayern machte das Gesetz über Ansässigmachung und Verehelichung (gültig
von 1834-1868) die Ehegenehmigung von einem Einkommen abhängig. vgl. K.-J. Matz, Pau-
perismus und Bevölkerung. Die gesetzlichen Ehebeschränkungen in den süddeutschen Staaten
während des 19. Jh.s (1981)
345
Christine Bergmann, geb. 25.2.1808, besucht die Schule in Obernburg vom 6.–13. Lebensjahr
346
ergänzende Daten bei Pollnick, 1. Vorsitzende 74 f.
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 253

† 14.2.1958 in Fulda
Huber wird nach seinem Rücktritt vom Pfarramt, vermutl.
in Kleinwallstadt und nach seinem Aufenthalt im Stadt-
archiv in Aschaffenburg, Priester in der „Altkatholischen
Kirche“. Seine Frau wird die Journalistin Rosa geb. Albert,
Journalistin (Aschaffenburger Adressbuch 1933) später
Schriftleiterin (Aschaffenburger Adressbuch 1939/40). Sie
wohnt in der Würzburger Str. 24, bis sie später ebenfalls in
Kleinwallstadt wohnt.
Huber widmet sein posthum in Marburg erschienenes
Buch seiner „lieben guten Frau, meiner Witwe ..“, die das
Manuskript fertig gestellt hat. Im Geleitwort biographi-
sche Daten: Christian Josef Huber, Seele des Leibes
Christi. Oekumenische Texte und Studien 25 (1963)
Merkel Dr. Joseph Merkel
geb. 4.8.1788 in Mainz
† 14.6.1866 in Aschaffenburg
Nach der französischen Revolution mit der Familie nach
Aschaffenburg übergesiedelt. Abschluss am Philosophischen
Lehrstuhl 1807, danach Professur am Gymnasium und
Lehrtätigkeit an der Karls-Universität in den Fächern Phi-
lologie und Archäologie, daneben Hauslehrer im Hause
Brentano, ab 1818 auch Hof- und Schlossbibliothekar mit
zahlreichen Veröffentlichungen. 1852 von König Ludwig
I. mit dem Ritterkreuz 1. Klasse des Verdienstordens vom
Hl. Michael und 1860 mit dem Ehrenkreuz des Ludwigs-
ordens ausgezeichnet
Bibliographie:
* Kritisches Verzeichnis höchst seltener Incunabeln und
alter Drucke, welche in der ehemals Kurfürstlichen
Mainzischen jetzt Königl. Bayerischen Hof-Bibliothek
in Aschaffenburg aufbewahrt werden. Nebst Bemerkun-
gen aus einem von Wilhelm Heinse hinterlassenen
Manuscripte (Aschaffenburg 1832)
* Die Miniaturen und Manuscripte der Hofbibliothek
Aschaffenburg nebst 14 Blättern mit Umrissen (Aschaf-
fenburg 1836)
* zusammen mit Stefan Behlen, Geschichte und Beschrei-
bung von Aschaffenburg und dem Spessart (Aschaffen-
burg 1843)
254 Markus Marquart

vgl. B. Schad, König Ludwig I. und Aschaffenburg Hof-


bibliothekar Joseph Merkel. In: Ludwig I. und Aschaf-
fenburg. Hrsg. Stadt- und Stiftarchiv Aschaffenburg u.
Geschichts- u. Kunstverein Aschaffenburg (1986) 17–26
dort auch weitere Literatur u. C.Pollnick, Aschaffenbur-
ger Portraits Nr. 51. In: Aschaffenburger Volksblatt Nr.
68 vom 21. März 1991
Ott Forstmeister Georg Ott
Forstmeister in den herzogl. Leuchtenberg’schen Waldun-
gen bei der Stadt Morschanzke im Tamkatischen Gouver-
nement.
C 762/3, Würzburgerstraße (Adreßbuch 1879, 67)
„Skytenkollier aus einem Mongolengrabe“
Schohe Erich Schohe
* 30.6.1900 in Solingen,
† Herbst 1944 an der Ostfront
als eines von 3 Kindern, die alle drei in Solingen zu Welt
kommen, wo der Vater als gelernter Braumeister Leiter
einer Großbrauerei war. Der Vater stammt „wie fast alle
Schohes aus Kleinostheim“.
Die Familie kehrt 1909 nach Aschaffenburg zurück, wo
der Vater bei einer Aschaffenburger Brauerei arbeitet347.
Realschule in Aschaffenburg bis 1917, Abitur auf der
Oberrealschule in Würzburg, 1920–22 Buchhändlerlehre
in der Buchhandlung Mönnich in Würzburg. Anschlie-
ßend ordnet er 4 Monate die Bibliothek von Johannes
Müller in Elmau, Verleger der Zeitschrift „Grüne Blätter“.
Danach studiert er (wohl noch 1922) ein Jahr an der Uni-
versität München (keine Fächerangabe), dann an der Uni-
versität Marburg Philosophie und Kunstgeschichte „so ca.
bis 1930“. Sein Studiengeld verdient er sich als Maurer-
gehilfe und Streckenarbeiter bei der Eisenbahn, da wegen
der Inflation die familiäre Unterstützung „nur gering sein

347
Verwandtschaftsverhältnisse: Der Vater Erich Schohes hat 7 Geschwister: Eine Schwester des
Vaters heiratet Wilhelm Ebert, dessen Söhnen (Schohes Cousins) gehörte die Bavaria-Brauerei
in Aschaffenburg, eine Schwester des Vaters, Maria verheiratete Hofmeister; Ein Bruder des
Vaters heiratet die Tochter des Brauereibesitzers der Kalt-Loch-Brauerei in Miltenberg; Eine
Schwester des Vaters heiratet einen Gemeinhart, deren Sohn ist Hans Gemeinhart, Inhaber des
Hotels/Restaurant „Wilder Mann“ in der Fischergasse; über die restlichen drei Geschwister
keine Angaben
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 255

konnte“. Aus der Beifügung, dass die Mutter dabei immer


Abends das Essenstöpfchen für den nächsten Tag fertig-
machte, kann man schließen, dass er seinen Ferienjob bei
der Bahn in Aschaffenburg ausübte.
Schohe schreibt eine Doktorarbeit über „Die Viereck-
turmanlagen in Deutschland“, das Manuskript reicht er
aber nicht ein. Er verlässt die Universität ohne Disserta-
tion und wird vom Aschaffenburger Oberbürgermeister
Dr. Matt 1930 mit der Führung und dem Neuaufbau des
Stadtmuseums betraut.
Schohes Vater stirbt 1931, seine Mutter 1934.
Schohe wird 1939 zur Wehrmacht eingezogen, 1941 wird
er freigestellt und kehrt nach Aschaffenburg zurück. Erich
Schohe wird ab 1. Februar 1941 Direktor des Gold-
schmiedemuseums in Hanau bis er 1943 erneut zur Wehr-
macht eingezogen wird. Am 15. November 1943 erfährt
Herrmann Schohe, dass sich sein Bruder Erich im Heeres-
durchgangslager der SS bei Stettin aufhält.
Seit einem Kampfeinsatz an der Ostfront im heutigen
Polen im Herbst 1944 gilt Erich Schohe als vermisst, am
31. Dezember 1945 wird er für tot erklärt.348 Spätere Nach-
forschungen seines Bruders Herrmann unter Anderem
beim Roten Kreuz bleiben ohne Ergebnis.
Schork Hans Schork
* 30.5.1890 in Aschaffenburg
† 4.8.1955 in München
Angestellter bei den Gaswerken der Stadt Aschaffenburg
wegen seines persönlichen Interesses für das Museum
(Teilnahme an Ausgrabungen mit Schohe) nach der Einbe-
rufung von Museumsleiter Erich Schohe zur Wehrmacht
1939 von der Stadtverwaltung mit der kommissarischen
Leitung des Stadtmuseums beauftragt, leitet die Auslage-
rung und Verpackung der Museumsobjekte ein, legt Aus-
lagerungslisten an. Die Kirchenglocken des Museums sind
bei ihm auf dem Holzhof der Stadt (am Südbahnhof) aus-
gelagert, wo er ihre Verbringung nach Hamburg „ver-
tändelt“. Er muss als Nicht-PG die Museumsleitung aber
bald an PG Dr. Wirth, Leiter des Stadtarchivs abtreten

348
Driesum, Kunstverein 28 f. ohne Angabe der Quelle
256 Markus Marquart

und wird entlassen. Arbeitet daraufhin zeitweilig in der


Textilfabrik von Dr. Fleischmann, Stadtrat und Kultur-
referent, für ein Gehalt, „das nur die Hälfte des Üblichen
beträgt“.
1942 nach Augsburg umgezogen, arbeitet dort bei Messer-
schmitt Flugzeugwerken
1944 wechselt zur BAWAG – Stromerzeugung
1945 nach Kriegsende Umzug nach München, weiter bei
BAWAG bis zur Pensionierung 1955
Steiner Großherzoglicher Hofrat Dr. Johann Wilhelm Christian
Steiner
* geb. 1785 in Roßdorf bei Darmstadt
† 1870
ab 1808 als Offizier und Hofgerichtsadvocat in Seligen-
stadt, später in Darmstadt
Historiograph des Großherzoglichen Hessischen Hauses
und Landes, Korrespondent der Königlichen Akademie
der Wissenschaften zu München, Ehrenmitglied des histo-
rischen Vereins zu Würzburg und des Altertumsvereins zu
Wiesbaden.
Steiner sammelt auch römische Altertümer, die er an die
Historischen Vereine, z.B. den von Unterfranken
verschenkt.
Bibliographie:
* Geschichte und Beschreibung der Stadt und ehemaligen
Abtei Seligenstadt (Aschaffenburg 1820)
* Geschichte und Topographie des Freigerichts Wil-
mundsheim vor dem Berge oder des Freigerichts Alze-
nau (Aschaffenburg 1820)
* Altertümer und Geschichte des Bachgaues im alten
Maingau (Aschaffenburg/Darmstadt 1821/29)
* Über das altdeutsche und insondere altbayerische
Gerichtswesen (Aschaffenburg 1824)
* Geschichte der Städte Umstadt und Babenhausen
(Aschaffenburg 1827)
* Geschichte und Altertümer des Rodgaus im Maingau
(Darmstadt 1833)
* Geschichte und Topographie des Maingebietes und
Spessarts unter den Römern, zugleich Wegweiser für
Reisende und Beitrag zum Studium Römischer Rechts-
und Militäraltertümer (Darmstadt 1834)
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 257

* Das System der römischen Wehren; Mit einer Biographie


des Verfassers (Seligenstadt 1858)
* Zur Urgeschichte der Stadt Seligenstadt (Groß-
Steinheim 1863)
* Die Besuchsreise Sr. Kgl. Hoheit Ludwigs III., Großher-
zog von Hessen u. b. Rhein 1963 (Darmstadt 1867)
* Über den deutschen Stämmegeist im Hinblick auf Hes-
sen (Darmstadt 1867)
* Fünf historische Aufsätze zur Feier des 60jährigen
Staatsdienstjubiläums zu Darmstadt am 28. Juli 1868;
Mit einer Biographie des Jubilars und Schriftenver-
zeichnis (Darmstadt 1868)
* Chronik der Kriegsbegebenheiten von 1866 im Mainge-
biet von Würzburg bis Mainz (Darmstadt 1869)

Anlage 3
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur:

Behlen und Merkel St. Behlen u. J. Merkel, Geschichte und Beschreibung


von Aschaffenburg und Umgebung (1843)
Busch, Staatsgemäldesammlung K. Busch, Die Schicksale der Aschaffenburger Staats-
gemäldesammlung 1931–1951. Aschaffenburger Jahrb.
1, 1952, 229–231

Dahl, Aschaffenburg J.C. Dahl, Geschichte und Beschreibung der Stadt


Aschaffenburg, des vormaligen Klosters Schmerlenbach
und des Spessart. (Darmstadt 1818)
Dannheimer, Staatssammlung H. Dannheimer, 90 Jahre Prähistorische Staatssammlung
München. BVbl. 40, 1975, 1–33
Drexel, Stockstadt F. Drexel, Das Kastell Stockstadt. Der Obergermanisch-
Rätische Limes des Römerreiches 3, B Nr. 33 (1910)
Driesum, Kunstverein G. v. Driesum, Die Gründung des Kunstvereins Aschaf-
fenburg 1927. In: Pollnick, 100 Jahre, 23–48

Ebert, Schulen M. Ebert, Trivial- und Elementarschulen in Aschaffen-


burg. Aschaffenburger Jahrb. 15, 1992, 49–86
Endrich, Untermaingebiet P. Endrich, Vor- und Frühgeschichte des bayerischen
Untermaingebietes. Veröffentlichungen des Geschichts-
und Kunstvereins Aschaffenburg 4 (1961)

Fröhlich 1903 C. Fröhlich, Die Odonaten und Orthopteren Deutsch-


lands mit besonderer Berücksichtigung der bei Aschaf-
fenburg vorkommenden Arten. Beiträge zur Fauna von
Aschaffenburg und Umgegend IV. Mitteilung des
Naturwissenschaftlichen Vereins Aschaffenburg (1903)
258 Markus Marquart

Grimm, Häuserbuch II A. Grimm, Aschaffenburger Häuserbuch II. Altstadt


zwischen Dalbergstraße und Schloß, Mainufer – Main-
brücke – Löherstraße. Veröffentlichungen des Ge-
schichts- und Kunstvereins Aschaffenburg 34 (1991)
Grimm, Häuserbuch IV A. Grimm, Aschaffenburger Häuserbuch IV. Herstall-
straße mit Entengasse, Landingstraße mit Marktplatz,
Steingasse mit Nebensteingasse und Friedrichstraße.
Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg 43 (1996)
Gummel, Forschungsgeschichte H. Gummel, Forschungsgeschichte in Deutschland. Die
Urgeschichtsforschung und ihre historische Entwick-
lung in den Kulturstaaten der Erde I (1938)
Halm, Graphische Sammlung P. Halm, Die graphische Sammlung in Aschaffenburg.
Aschaffenburger Jahrb. 1, 1952, 323–324
Helmberger u. Kockel, Korkmodelle W. Helmberger u. V. Kockel, Herkunft und Geschichte
der Aschaffenburger Korkmodellsammlung. In: G.
Hoier (Hrsg.), Rom über die Alpen tragen. Fürsten sam-
meln antike Architektur: Die Aschaffenburger Kork-
modellsammlung. Bearb. von W. Helmberger u. V.
Kockel (1993)
Henner, Hist. Ver. T. Henner, Der historische Verein von Unterfranken
und Aschaffenburg in seinem 60jährigen Bestehen
(1893)
Hotz, Wildenburg W. Hotz, Bauplastik von Burg Wildenberg im Museum
Aschaffenburg. In: W. Wackerfuß (Hrsg.), Zur Ge-
schichte der Burg Wildenberg. Der Odenwald, Sonder-
heft 2 (1979) 20–26
Katalog Berlin (1880) Katalog der Prähistorischen Ausstellung der Deutschen
Anthropologischen Gesellschaft in Berlin (1880)
Keller, Denkmalpflege E. Keller, 75 Jahre archäologische Denkmalpflege in
Bayern. In: Schätze aus Bayerns Erde. Bayer. Landesamt
f. Denkmalpflege (Hrsg.) Arbeitsheft 17 (1983)
Körner, Juden P.Körner, Biographisches Handbuch der Juden in Stadt
und Altkreis Aschaffenburg. Veröffentlichungen des
Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg 39 (1993)
Marquart, Aschaffenburg M. Marquart, Beiträge zur Vorgeschichte des Aschaf-
fenburger Landes vor dem Spiegel der Sammlungen des
Aschaffenburger Stiftsmuseums. Diss. Univ. Kiel (2002)
(Internetpublikation: http://e-diss.uni-kiel.de/diss_696)
Pescheck (1958) Chr. Pescheck, Katalog Würzburg I. Die Funde von der
Steinzeit bis zur Urnenfelderzeit im Mainfränkischen
Museum. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte
12 (1958)
Pollnick, 100 Jahre C. Pollnick (Hrsg.), 1904–2004: 100 Jahre Geschichts-
und Kunstverein Aschaffenburg e. V. Veröffentlichun-
gen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg 51
(2004)
Zur Aschaffenburger Museumsgeschichte von 1854 bis 1949 259

Pollnick, Geschichtsverein C. Pollnick, Die Gründung des Geschichtsvereins


Aschaffenburg 1904. In: C. Pollnick (Hrsg.), 1904–2004:
100 Jahre Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg
e. V. Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstver-
eins Aschaffenburg 51 (2004)
Pollnick, Nationalsozialismus C. Pollnick, Die Entwicklung des Nationalsozialismus
und Antisemitismus in Aschaffenburg 1919–1933. Ver-
öffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg 23 (1984)
Pollnick, NSDAP C. Pollnick, Die NSDAP und ihre Organisationen in
Aschaffenburg 1933–1939. Veröffentlichungen des Ge-
schichts- und Kunstvereins Aschaffenburg 29 (1988)
Pollnick, Stadtoberhäupter C. Pollnick, Aschaffenburger Stadtoberhäupter von
1818 bis 1983 (1983)
Ritz, Museum Aschaffenburg J. Ritz, Zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft des
Museums der Stadt Aschaffenburg. Aschaffenburger
Jahrb. 1, 1952, 235–238. (Ansprache zur Eröffnung der
Lautenschläger-Ausstellung im Aschaffenburger Muse-
um am 30. Juli 1949)
Reinerth, Sammlungen H. Reinerth, Handbuch der vorgeschichtlichen Samm-
lungen Deutschlands (Leipzig o. Jahr)

Schneider, Stiftsmuseum E. Schneider, Stiftsmuseum der Stadt Aschaffenburg


(1974)
Schneider, Schloßmuseum E. Schneider, Schlossmuseum der Stadt Aschaffenburg
(1972)
Schmittner, Auguste Haarländer M. Schmittner, Auguste Haarländer – die vergessene
Aschaffenburger Dichterin. Spessart 101/3, 2007, 3–15
Schmittner, Jean Friedrich M. Schmittner, Museumskonservator Jean Friedrich –
ein Aschaffenburger Sonderling mit Sammlertrieb.
Spessart 102/2, 2008, 14–21
Schohe (1938) E. Schohe, Kunst und Kultur um Aschaffenburg 850–
1938; Ausstellung zum Kreistag der NSDAP 1938 im
Spessartmuseum Aschaffenburg (1938)
Spies, Hefner-Alteneck H.-B. Spies, Das Geburtsdatum Jakob Heinrich von
Hefner-Altenecks (1811–1903). Mitteilungen aus dem
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 3, 1990, 45–48
Stadtmüller, Aschaffenburg A. Stadtmüller, Aschaffenburg im Zweiten Weltkrieg.
Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg 12 (1970)
Stadtmüller, Aschaffenburg II A. Stadtmüller, Aschaffenburg nach dem Zweiten Welt-
krieg. (1973)
Steiner, Spessart J.W.C. Steiner, Geschichte des Spessarts unter den
Römern, zugleich Wegweiser für Reisende und Beitrag
zum Studium römischer Rechts- und Militäralterthümer
(Darmstadt 1834)
260 Markus Marquart

Wamser, Denkmalpflege L. Wamser, 75 Jahre archäologische Denkmalpflege in


Unterfranken. Schätze aus Bayerns Erde, Arbeitsheft 17
des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (1983)
Wilbertz, Unterfranken O.-M. Wilbertz, Die Urnenfelderkultur in Unter-
franken. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte.
Reihe A Band 49 (1982)

Abbildungsnachweis

Museen der Stadt Aschaffenburg: 1, 16, 17, 24, 25, 28, 29, 32, 34, 38, 39, 41, 42
Museen der Stadt Aschaffenburg (Ines Otschik): 2-15, 18-23, 26, 27, 30, 31, 35- 37, 40
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg: 33

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