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Einheit
Newton hingegen schwächt die Autorität der Linie in der Kunst. Blake postuliert 1809, dass
alles auf dem Umriss beruht („all depends on outline“). Der Mensch kann seine Umgebung
gestalten, und zwar durch exakte, definitive Liniensetzung. Beispielsweise ist der Vergleich
zwischen Ochsen und Eseln sonst nicht möglich, nach Blake.
Im Kunst-Leben dreht sich um 1800 alles um „The Great and Golden Rule of Art“: Imitation
should never be obvious. (Widergespiegelt im Denken der Romantiker, dass „genius“
angeboren sein muss, und Inspiration sich durch spontane Überflüsse der Emotionen äußert
etc.)
Quellenvergleich Tim Ingold, Lines – A Brief History
Die Frage lautet, ist dies ein Paradoxon (Widerspruch zwischen Blakes Theorie und Praxis)
oder zeugt es von einer Weiterentwicklung von Blakes Stilverständnis?
Beispielsweise sind seine Farbdrucke der 1790er-1800er (z.B. Hecate-Druck) weitaus
düsterer, und die Farbe wirkt dem Liniengerüst untergeordnet – Erst in späteren Farbdrucken
verwendet er die Transluzenz der Farben als Ansporn, neigt sich jedoch immer noch einer
formalen Klarheit in Linie und Farbe. Somit ist die Sublima stark abgegrenzt.
Gleichzeitig könnte ein biografischer Hintergrund als Erklär-Modell dienen: Blakes Kampf
gegen „malerische Dämonen“: Schwierigkeiten mit der Farbtechnik führten womöglich zu
einer Episode künstlerischen Irrtums (in seinen eigenen Empfinden).
Wie er selbst betont, führt der Weg zur Wahrheit nur über den Irrtum = Er findet den Weg
zur ästhetischen Erkenntnis somit um 1800.
Diese Symbiose spielt auch im Weiteren Verkauf der Kunstgeschichte eine tragende Rolle:
- Lineares Zeichnen als Kulturtechnik = Geometrische Formen werden bestimmbar
(Maynard)
- Handwerk vs. Technische Welt
- Exakte perspektivische Rekonstruktionen werden möglich
- Linie spielt eine mediale Rolle (= exakte Form, jedoch nichts-aussagend über
Material)
- Zeichnung als Medium der Vermittlung Architektur-Zeichnung (Gruppe von
Linearmenten, welche die Form eines Gebäudes spezifizieren)
Blake hingegen stellt schon klar, dass für ihn die Linie als autografisches Werk zählt. Er
schätzt die Individualität der handschriftlichen Linie (vgl. Unterschrift, Signatur).
14.11.2022 7. Einheit
Der Betrachter wird über die individualisierte Linie über den Verfasser informiert (=
Linienführung sei so aussagekräftig, dass Blake sich selbst mit Dürer, Michaelangelo, Rafael
etc. vergleicht).
Als mitschwingend in dieser Einschätzung gilt der damalige Kult (bzw. Modetrend) des
Autographischen Blake machte sich auch darüber lustig
z.B. Autogramm in Upcott’s Album 1826.
Er äußert seine Kritik an ästhetischer Form als „Zufallsprodukt“, und formulierte seine
Ablehnung der Barockschule und anderer Koloristen.
Wiederspruch: Blake wollte allerdings schon durch seine Werke erkannt werden!
Er beschäftigt sich demnach vermehrt mit der Subjektivität des Künstlers (anti-klassizistisch),
der religiös geprägten Imagination (= Hauptthema der Romantiker), der Kritik an der Politik,
und dem Akt der Interpretation als Bemühung (= geteiltes Repertoire and sprachlichen und
visuellen Mitteln/Codes).
Seine Entwurfsskizzen dienen der Technisierung und Reduzierung von Blakes Werken:
Blakes Skizzen sind ikonografisch offen und unverbindlich für ihn.
Als Zeichner löst er die Zeichen aus ihrer Erstarrung – für Blake entsteht unerschöpfliches
Potential im Endlichen!