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und Fachkräfte
für Deutschland
Gemeinsam C
hancen nutzen
Inhalt
Arbeits- und F
achkräfte für Deutschland 4
Deutschland braucht F
achkräfte 6
3
Vorwort
Arbeits- und
Fachkräfte für
Deutschland
Gemeinsam Chancen nutzen
Seit über einer Dekade verändert sich der Arbeitsmarkt vom Arbeitgebermarkt zum Arbeit-
nehmermarkt. Ein altersbedingt sinkendes Erwerbspersonenpotenzial sowie eine zu-
nehmende Dynamik des technologischen und ökologischen Strukturwandels werden
Fach- und Arbeitskräfteengpässe noch verschärfen. Auch die Gleichzeitigkeit von Fach-
kräftemangel in Branchen und Regionen sowie der Arbeitsplatzabbau in anderen Bran-
chen und Regionen wird in Zukunft weiter zunehmen.
Wachsender Personalmangel hat bereits heute weitreichende Folgen: für die Leistungs-
fähigkeit der Unternehmen ebenso wie für die jetzige und künftige Lebensqualität der
Menschen.
So gewaltig die Auswirkungen und die Risiken auch sind: Sie sind kein Schicksal. Das
Thema Fachkräftesicherung steht auf der politischen Agenda. Unter dem Dach der Fach-
kräftestrategie der Bundesregierung werden verschiedene Maßnahmen gebündelt, um
Erwerbsbeteiligung zu steigern und die Anstrengungen der Unternehmen und Betriebe
zur Gewinnung und Sicherung von Fachkräften zu unterstützen. Wenn alle verantwort-
lichen Akteure abgestimmt und strategisch zusammenarbeiten, stehen zahlreiche Maß-
nahmen zur Fachkräftesicherung zur Verfügung, die kurz-, mittel- und langfristig die
Situation verbessern.
Gefragt sind ganzheitliche Ansätze, Handlungswille und Offenheit für Neues. Denkmuster
und Standpunkte müssen immer wieder überprüft werden. Bei zahlreichen Themen lie-
gen Befunde schon lange auf dem Tisch. Alle verantwortlichen Akteure der Wirtschafts-,
Arbeitsmarkt-, Bildungs- Familien- und Sozialpolitik müssen zügiger und mutiger Rah-
menbedingungen ändern, Arbeits- und Verhaltensweisen anpassen, um Potenziale für
Deutschland wirksamer zu erschließen.
4
Die vorliegende Publikation beschreibt wichtige Potenzialfelder zur Arbeits- und Fach-
kräftesicherung aus der Perspektive der Bundesagentur für Arbeit (BA). Sie zeigt entlang
von fünf Handlungsfeldern auf, was die BA tun kann und gibt Anregungen für Initiativen
und gemeinsame Lösungen. Es gibt nicht eine einzelne Antwort, sondern viele Strategien
und Instrumente müssen ineinandergreifen und Maßnahmen beziehungsweise Akteure
sich gegenseitig ergänzen und ihre Beiträge leisten.
Im Mittelpunkt des operativen Handelns der BA stehen Menschen mit ihren individuellen
Erwerbsbiografien sowie Arbeitgeber und ihre Betriebe. Der Übergang von der Schule in
das Erwerbsleben ist richtungsweisend für zukünftige Arbeitsmarktchancen. Erfolgreiche
Übergangsverläufe von der Schule ins Erwerbsleben, eine gelungene Erstausbildungs-
phase bilden ein wichtiges Fundament für beide Seiten des Arbeitsmarktes. Lebenslan-
ges Lernen sollte selbstverständlicher Bestandteil jeder Berufsbiografie werden. In Zeiten
tiefgreifender Transformation kommt der Stärkung des Lernens, auch als Kernelement
betrieblicher Strategien, herausragende Bedeutung zu.
5
Deutschland braucht F
achkräfte
Deutschland
braucht
Fachkräfte
Fachkräfte brauchen Perspektiven
Die aktuellen weltpolitischen Herausforderungen – insbe- Auch der technologische und ökologische Strukturwandel
sondere der Angriffskrieg in der Ukraine, Lieferengpässe trägt zu einer zunehmenden Dynamik am Arbeitsmarkt bei.
und Preiserhöhungen – haben das Wirtschaftswachstum Es entsteht eine Vielzahl an neuen Arbeitsplätzen; zugleich
gebremst, am Arbeitsmarkt aber nur zu geringen Auswir- fallen Stellen in anderen Bereichen weg. Menschen, die
kungen geführt. Generell scheinen sich Realwirtschaft dadurch arbeitslos werden, passen aber von ihrem Quali-
und Arbeitsmarkt zumindest teilweise entkoppelt zu ha- fikationsprofil her häufig nicht auf das Anforderungsprofil
ben – die Nachfrage nach Arbeitskräften bleibt trotz der der neu entstehenden Stellen. Bereits heute üben rund
wirtschaftlichen Belastungen in vielen Bereichen ungebro- 11 Millionen Beschäftigte in Deutschland Tätigkeiten aus,
chen. Betriebe haben vermehrt auch Schwierigkeiten bei die ein hohes Risiko haben, durch moderne Technologien
der Besetzung von Stellen mit niedrigerem Anforderungs- ersetzt zu werden. Dies betrifft insbesondere Helferberu-
niveau. Die Beschäftigung auf Helferniveau hatte sich bis fe, doch auch komplexere Tätigkeiten können zunehmend
zur Corona-Krise sehr positiv entwickelt – während der automatisiert werden.1
Pandemie wurde jedoch zugleich deutlich, wie anfällig die-
ses Segment für Nachfrageschwankungen ist.
Mittel- bis langfristige Sicht
Laut IAB-Stellenerhebung kamen zuletzt auf 150 arbeitslos
gemeldete Personen 100 offene Stellen. Arbeitnehmerinnen Mittel- bis langfristig werden die Folgen des demografi-
und Arbeitnehmer können sich mehr denn je aussuchen, schen, aber auch des technologischen und ökologischen
wo und zu welchen Bedingungen sie arbeiten wollen. Die Wandels, den Arbeitsmarkt dominieren. Der Anteil älterer
Unternehmen reagieren auf diese Entwicklung mit ver- Beschäftigter ist bereits in den vergangenen Jahren deut-
stärktem Werben um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbei- lich angestiegen. In den kommenden Jahren wird sich das
ter und mit Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Attraktivität Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Er-
als Arbeitgeber. Dabei geht es nicht nur um Deckung einer werbsleben fortsetzen und der altersbedingte Ersatzbe-
gleichbleibenden Nachfrage, sondern auch um vielschich- darf ansteigen. Da die nachfolgenden Jahrgänge wegen
tige Veränderungen, die zeitgleich eine Antwort verlangen: der Geburtenentwicklung seit den 1970er Jahren deutlich
Veränderte Bedürfnisse und Ansprüche der potenziellen schwächer besetzt sind, droht das Arbeitskräfteangebot
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer treffen auf neue Ar- langfristig demografiebedingt stark zu schrumpfen. Für Be-
beits- und Qualifikationsbedarfe.
1
https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-13.pdf
2040
2035
2030
Quelle: Auswirkung des Strukturwandels für die Bundesländer in der langen Frist – Qualifikations- und Berufsprojektion
bis 2040, IAB-Forschungsbericht 22|2022
2
https://doku.iab.de/forschungsbericht/2022/fb2222.pdf
7
Deutschland braucht F
achkräfte
Erwerbspersonenpotenzial
Erwerbspersonenpotenzial 2035
2035
40,23 Mio.
(− 7,19 Mio.)
− 15
%
en
ot
u ten
sq uo
bs
q
ten
42,95 Mio.
b
er quo
er
s (− 4,47 Mio.)
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−9
de
44,44 Mio.
nt
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%
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(− 2,98 Mio.)
en
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tei
ig
n, k
,s
ste
−6
ion
ratio
n*,
%
grat
ratio
Ohne Mig
Ohne Mi
Mit Mig
Ohne Zuwanderung und steigende Erwerbsquoten würde um das Problem zu lösen. So kann eine Reihe von Ansät-
die Zahl der Personen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfü- zen das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen trotz einer
gung steht, bis zum Jahr 2035 um über sieben Millionen stark alternden Bevölkerung stabilisieren.
sinken.3
Es gibt zahlreiche Hebel, um dem Mangel an Arbeits-
und Fachkräften etwas entgegensetzen zu können. Diese
Wir können etwas tun Potenziale lassen sich aber nicht ohne Anstrengungen
erschließen. Dazu braucht es neue Möglichkeiten der
In der aktuellen Diskussion wird der Fachkräftemangel Arbeitszeitflexibilisierung, Verbesserung der gesundheit-
oft als Gefahr erkannt. Dabei wird zu selten betont, dass lichen Vorsorge, Ausbau des Kinderbetreuungs- und Pfle-
Deutschland selbst Mittel und Werkzeuge in der Hand hat, geangebots, stärkere Integration von Menschen mit Migra-
3
https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-25.pdf
4
https://www.iab-forum.de/wie-sich-eine-demografisch-bedingte-schrumpfung-des-arbeitsmarkts-noch-abwenden-laesst
5
https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-25.pdf
9
Deutschland braucht Fachkräfte
Fünf Handlungsfelder
sind dabei aus Sicht der
BA besonders zentral
Handlungsfeld 1:
Berufseinstieg erleichtern
Handlungsfeld 2:
Berufliche Weiterbildung stärken
Mit dem Instrument der beruflichen Weiterbildung kann auf die beson-
deren Anforderungen, die sich durch den strukturellen, demografischen
und ökologischen Wandel aktuell und künftig ergeben, in allen Branchen
flexibel reagiert werden. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung leistet
einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs und zur Prävention
von längerfristiger Arbeitslosigkeit. Dabei spielt vor allem die berufsabschluss-
bezogene Weiterbildung eine wichtige Rolle.
Handlungsfeld 4:
Erwerbsbiografien stärken
Handlungsfeld 5:
Zuwanderung erleichtern
11
Handlungsfeld 1
Berufseinstieg
erleichtern
Angebote, Orientierung
und Beratung
Junge Menschen sind die Fachkräfte von morgen. Auf
ihren Start kommt es an: Der Berufseinstieg bestimmt
maßgeblich, wie sich ihre Erwerbsbiografie entwickelt.
Eine gute Begleitung auf ihrem Weg in den Beruf ist da-
her von zentraler Bedeutung.
13
Berufseinstieg erleichtern
Deutschland
Quelle: Statistisches Bundesamt
Erwerbstätige Nicht-Erwerbstätige
15
Berufseinstieg erleichtern
Unterstützung für junge Menschen schen dazu bewegen, bei der beruflichen Orientierung die
auf dem Weg ins Erwerbsleben Augen offen zu halten und über den Tellerrand zu schauen:
Viele Ausbildungsangebote liegen außerhalb des bekann-
Ein Berufsabschluss ist die beste Voraussetzung für eine ten Blickfelds, sind aber mit entsprechender Unterstützung
erfolgreiche Erwerbsbiografie. Zudem bildet er die Grund- für die jungen Menschen einfach erschließbar.
lage für die Existenz- und Alterssicherung und die gesell-
schaftliche Teilhabe. Der Wirtschaftsstandort Deutschland Berufliche Orientierung und Beratung auf
kann es sich nicht leisten, auf ausbildungsfähige junge allen Kanälen
Menschen zu verzichten. Die verschiedenen Akteure des Die berufliche Beratung und Orientierung von jungen Men-
Arbeitsmarktes und Bildungswesens sind deshalb gefor- schen vor, während und nach der Ausbildung ist ein zent-
dert, gemeinsam und mit kreativen Ideen neue und indivi- raler Baustein für einen gelingenden Start in das Erwerbs-
duelle Ansprache, Beratung und Förderung auf den Weg leben. Agenturen für Arbeit, Jobcenter und die Träger der
zu bringen: Arbeitgeber, (Berufs-)Schulen, Verbände, Lan- Jugendhilfe arbeiten – z. B. in Jugendberufsagenturen –
des- und Bundespolitik sowie Jobcenter und die BA. eng und abgestimmt zusammen, um junge Menschen
bestmöglich beim Start in das Berufsleben zu unterstüt-
Berufswahl ist (auch) Bildungssache zen. Bildung und Schulen sind in Deutschland Ländersa-
Prägungen durch Erziehung, stereotype Vorstellungen des che. Die BA arbeitet deshalb im Rahmen ihrer Aktivitäten
Lebensumfeldes oder die soziale Situation des Elternhau- zur Berufsorientierung mit den Bundesländern über den
ses nehmen großen Einfluss auf die Vorstellungen, Ein- gesamten Berufswahlprozess an verschiedenen Stellen
stellungen und schließlich die Berufswahl junger Men- zusammen, z. B. bei der gemeinsamen Koordinierung der
schen. Das heißt auch: Die Grundlagen für den gelungenen Maßnahmen zur Berufsorientierung oder der Begleitung
Einstieg in das Berufsleben werden früh gelegt. Sie begin- in die Ausbildung.
nen mit der frühkindlichen Förderung in Kindertagesein-
richtungen und werden durch passgenaue Beratung und Da individuelle Begleitung und Beratung im Berufswahlpro-
Begleitung während der Schulzeit ausgebaut. Der Einsatz zess besonders wirkungsvoll sind, geht Berufsberatung an
gegen den Fachkräftemangel muss also bereits bei der die Orte, wo junge Menschen sich aufhalten: in der Schule,
frühkindlichen Bildung und Erziehung ansetzen. Nur so in Jugendzentren oder im öffentlichen Raum. Die BA ver-
lässt sich Chancengleichheit für alle jungen Menschen un- stärkt Angebote der Berufsorientierung an diesen Orten
abhängig vom Elternhaus herstellen. Die Verantwortung und bindet Erziehende und Lehrkräfte intensiv ein. Je früh-
für die schulische Bildung tragen in Deutschland vor allem zeitiger junge Menschen erreicht, handlungsorientiert und
die Bundesländer – die Angebote der BA zur Berufsorien- persönlich angesprochen werden, desto reibungsloser ge-
tierung oder -beratung setzen zu einem vergleichsweise lingt der Übergang von der Schule in Ausbildung und Stu-
späten Zeitpunkt ein. Wenn es gelingt, junge Menschen dium. Virtuelle Formate haben seit der Corona-Pandemie
schon während ihrer Schulzeit frühzeitig auf den Einstieg an Bedeutung gewonnen und ergänzen die klassischen
ins Berufsleben vorzubereiten, gängige Vorurteile über Be- Präsenzveranstaltungen und persönlichen Beratungsge-
rufsbilder abzubauen und Möglichkeiten zur eigenen Stär- spräche. Digitale Angebote wie planet-beruf.de, abi.de und
kenerkundung zu geben, kann für viele ein Fehlstart ver- Check-U unterstützen junge Menschen in allen Phasen
hindert werden. der Berufsorientierung und fördern die berufsbiografische
Kompetenz der Schülerinnen und Schüler.
Die Bundesländer und Schulträger können hier
einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie eine kli- Elternarbeit von zentraler Bedeutung
scheefreie Berufsorientierung als verbindlichen Prozess in Für junge Menschen ist der Übergang von der Schule in
allen Schularten und allen Ländern mit definierten Stan- die berufliche Ausbildung häufig ein großer Schritt, der mit
dards in die Curricula aufnehmen und bindend umsetzen. vielen Unsicherheiten verbunden ist. Eltern spielen in die-
Eine stärkere Verzahnung mit berufspraktischen Erfah- ser Phase eine wichtige Rolle. Damit sie ihre Kinder ver-
rungen kann die Berufswahl absichern und junge Men- lässlich unterstützen können, bietet die Berufsberatung
17
Berufseinstieg erleichtern
Ausbildung klarmachen
Die Ausbildungsberufe entwickeln sich stän-
dig fort: Im Handwerk, in der IT, in Hotellerie
und Gastronomie und in medizinischen Be-
rufen zum Beispiel stehen Veränderungen
auch im Zeichen von Nachhaltigkeit und Di-
gitalisierung. Mit BERUFENET und BERU-
FE.TV erhalten Interessierte online umfas-
sende Informationen zu Ausbildungsberufen
sowie zu aktuellen Entwicklungen in der Welt
der Berufe. Diese Entwicklungen und Bewe-
gungen fließen in jedes Beratungsgespräch
ein: Vermittlung in Zukunftsberufe geht über
den Ist-Zustand hinaus. Berufsberaterinnen
und Berufsberater bieten ein breites, qua-
litativ hochwertiges Dienstleistungsportfolio
an. Ihr Angebot richtet sich an alle Fachkräfte
von morgen: Schülerinnen und Schüler der
allgemeinbildenden Schulen ab der Vor-Vor-
entlassklasse, Schülerinnen und Schüler der
Gymnasien ab Klasse 9, Schülerinnen und
Schüler von weiterführenden beruflichen
Schulen, Auszubildende, Studierende sowie
Nichtschülerinnen und Nichtschüler.
6
DZHW Brief 05/22
7
Eckelt & Burkard, 2022
8
www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2022/pdf-dateien-2022/bildungsbericht-2022.pdf
19
Berufseinstieg erleichtern
Schwer erreichbare junge Menschen bildung (BaE) oder Initiative Zukunftsstarter zum Einsatz.
Noch immer verlassen zu viele junge Menschen die Schulen Hinzu kommt im Rechtskreis SGB II die Förderung schwer
ohne eine konkrete berufliche Anschlussperspektive. Ob- zu erreichender Jugendlicher.
wohl ihnen theoretisch zahlreiche (Aus-)Bildungsangebote
zur Verfügung stehen, verzichten sie auf einen Berufsab- Um angesichts des demografischen Wandels Fach-
schluss und treten lediglich als Geringqualifizierte in den kräfte zu sichern, sind Arbeitgeber gefordert, auch
Arbeitsmarkt ein. junge Menschen mit schwierigen Startbedingungen aus-
zubilden. Sie sollten ihre Anforderungen an Ausbildungs-
Durch eine gesetzliche Neuregelung (§ 31a SGB bewerberinnen und -bewerber regelmäßig überprüfen und
III) wurde die Grundlage für den Austausch von möglichst niederschwellige Unterstützungsmöglichkeiten
Schülerdaten zwischen Ländern bzw. Schulen und der BA anbieten. Die BA unterstützt Betriebe mit vielfältigen Leis-
geschaffen. Damit können auch Jugendliche und junge tungen, um Hemmnisse abzubauen und die Ausbildung
Erwachsene kontaktiert werden, die bislang mit den An- zum Erfolg zu führen. Um jungen Menschen mit schwieri-
geboten der Berufsberatung nur schwer erreicht werden gen Startbedingungen den Berufseinstieg zu erleichtern,
konnten. Sie müssen möglichst individuell angesprochen könnte zudem der Ausbau gestufter bzw. theoriereduzier-
und begleitet werden. In intensiver Zusammenarbeit zwi- ter betrieblicher Ausbildungen zielführend sein.
schen der BA und den Schulen sollen die betroffenen jun-
gen Menschen frühzeitig erreicht und unter Einbindung der Junge Menschen mit Behinderungen
Partner am Übergang Schule – Beruf mit niederschwelli- Auch junge Menschen mit Behinderungen können schwie-
gen Beratungs- und Förderangeboten unterstützt werden. rige Startbedingungen beim Übergang von der Schule in
den Beruf erleben. Für sie stehen der BA mit dem Schwer-
Junge Menschen mit schwierigen behinderten- und Rehabilitationsrecht besondere Förder-
Startbedingungen möglichkeiten zur Verfügung. Mit ihrem Aktionsplan Inklu-
Ein besonderes Augenmerk erfordern junge Menschen mit sion hat die BA sich zur UN-Behindertenrechtskonvention
schwierigen Startbedingungen. Das sind zum Beispiel und dem Prinzip der Inklusion bekannt. Die Beratung der
junge Menschen, deren Schul- bzw. Ausbildungsabschluss BA zielt darauf ab, auch jungen Menschen mit Behinde-
gefährdet ist oder die keine konkrete Anschlussperspekti- rungen Auswahl zu ermöglichen. Insbesondere die Zahl
ve haben. Großen Einfluss haben Faktoren der sozialen, der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem
regionalen und ethnischen Herkunft, die Bildungsvoraus- Förderbedarf und psychischen Erkrankungen ist in den
setzungen und nicht zuletzt das Geschlecht. Für einen er- letzten Jahren gestiegen. Diese jungen Menschen haben
folgreichen Übergang ist die individuelle Motivation beson- oft einen besonderen Unterstützungsbedarf, wenn sie von
ders wichtig, wobei strukturelle Ungleichheiten reproduziert der Schule in den Beruf wechseln. Es gilt auch diese jun-
werden. Die Ursachen für schwierige Startbedingungen sind gen Menschen bestmöglich über eine Berufsausbildung in
somit sehr vielschichtig und umfassen individuelle Voraus- den Arbeitsmarkt zu integrieren.
setzungen, das persönliche Umfeld oder den Sozialraum.
Junge Menschen mit Migrationshintergrund sind dabei eine Beraterinnen und Berater für berufliche Rehabilitation und
der am stärksten betroffenen Gruppen. Von ihnen beginnen Teilhabe in den Agenturen für Arbeit begleiten diese Ju-
weniger eine Ausbildung als jene ohne Migrationshinter- gendlichen durch Berufsorientierung, Berufsberatung und
grund. In dieser Personengruppe gibt es zudem mehr vor- Hilfe bei der Beantragung allgemeiner und rehabilitations-
zeitige Vertragslösungen, sodass auch anteilig weniger Aus- spezifischer Förderleistungen. Eltern und Lehrkräfte sind in
bildungen zum angestrebten Abschluss führen. diesen Prozess eng eingebunden. Im Sinne der Selbstbe-
stimmung stehen bei der Beratung die individuellen Wün-
Bei Unterstützungsbedarf kommen für junge Menschen sche und Bedarfe der jungen Menschen und die Möglich-
Angebote wie beispielsweise Berufsvorbereitende Bil- keiten ihrer beruflichen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
dungsmaßnahmen (BvB), die Einstiegsqualifizierung (EQ), im Fokus. Ist der Unterstützungsbedarf sehr hoch, ziehen
Assistierte Ausbildung (AsA), Außerbetriebliche Berufsaus- die Beraterinnen und Berater auch die Berufsausbildung in
21
Handlungsfeld 2
Berufliche Weiter-
bildung stärken
Beraten, unterstützen
und fördern
Mit dem Instrument der beruflichen Weiterbildung kann
auf die besonderen Anforderungen, die sich durch den
strukturellen, demografischen und ökologischen Wandel
aktuell und künftig ergeben, in allen Branchen flexibel
reagiert werden.
23
Berufliche Weiterbildung stärken
Das Arbeitslosigkeitsrisiko
hängt eng mit der Qualifika- 20,9
20,0 20,3 20,0 20,6
tion zusammen. Die qualifi- 19,7 19,9 19,8
18,7 18,3
kationsspezifische Arbeits- 17,7
losenquote bei Personen
ohne abgeschlossene Be-
rufsausbildung lag im Jahr
2022 bei 19,8 Prozent, bei
Personen mit abgeschlos-
sener Berufsausbildung bei
2,8 Prozent. 4,5 4,5 4,4 4,1 3,8 3,6 3,4 3,2
3,0 2,9 2,8
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
In %
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, IAB
Der digitale Wandel verändert die Arbeit und die Anfor- • Rückmeldung zu Kompetenzen und Fähig-
derungen an Qualifikationen und Kompetenzen im Beruf keiten,
radikal. Auch komplexere Tätigkeiten können zunehmend
automatisiert werden. So übernehmen immer mehr Robo- • Empfehlungen zur Weiterentwicklung und
ter, selbstlernende Computeralgorithmen sowie 3D-Druck zum Aufstieg im eigenen Beruf,
und Künstliche Intelligenz (KI) Aufgaben, die zuvor von
Menschen ausgeführt wurden. Die Arbeitsmarktforschung • Empfehlungen zu kurzfristig erlernbaren be-
berechnet dazu die Substituierbarkeitspotenziale für ein ruflichen Tätigkeiten,
Berufsfeld. Diese Potenziale geben einen Überblick, in
welchem Ausmaß berufliche Tätigkeiten durch Computer • Orientierungsunterstützung nach einer länge-
vollautomatisch erledigt werden können. Der Anteil der so- ren Pause, um den richtigen Bereich für den
zialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in Berufen mit Wiedereinstieg zu finden und
einem mittleren Substituierbarkeitspotenzial tätig waren,
lag im Jahr 2019 bei 41 Prozent. Etwa ein Drittel der Be- • Information zu geeigneten Weiterbildungs-
schäftigten arbeitet in Berufen mit einem hohen Substitu- angeboten.
ierbarkeitspotenzial.9
Zur Verfügung stehen psychologische Tests,
Vor allem Beschäftigte in Fachkraft- und Helferberufen Selbsteinschätzungsverfahren, Informations-
müssen darauf vorbereitet werden, dass ihre Tätigkeiten angebote und Suchmöglichkeiten. Das Tool
zunehmend automatisiert werden. Gezielte Beratung kann kann in Verbindung mit einem Beratungstermin
sie dabei unterstützen, ihre Kompetenzen und Kenntnisse in einer örtlichen Agentur für Arbeit oder unab-
an die neue Arbeitsrealität anzupassen oder sich für Be- hängig davon genutzt werden.
rufe und Tätigkeitsprofile weiterzubilden, die durch neue
Technologien entstehen. www.arbeitsagentur.de/k/newplan
9
https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-13.pdf
25
Berufliche Weiterbildung stärken
haltig integrieren: „Initia- für die Qualifizierung Beschäftigter. Mit diesem Instrument
können alle arbeitsmarktrelevanten Zielgruppen, Berufe
tive Zukunftsstarter“ und Branchen im Bereich der Arbeitslosen- und Beschäf-
tigtenqualifizierung erreicht werden. Unternehmen profi-
Die Nachqualifizierung junger Erwachsener tieren von einer nachhaltigen Fachkräftebasis und -siche-
ohne Berufsabschluss ist eine wichtige Stell- rung und von Beschäftigten, die ihre Fähigkeiten auf den
schraube, um den Bedarf an Fachkräften zu technologischen Wandel ausrichten. Arbeitnehmerinnen
sichern. Die Initiative „Zukunftsstarter“ ermög- und Arbeitnehmer erhöhen ihre Beschäftigungschancen
licht es jungen Erwachsenen im Alter zwischen bzw. sichern ihre Beschäftigungsfähigkeit und profitieren
25 und unter 35 Jahren ihren Berufsabschluss durch mehr Arbeitsplatzsicherheit und Aufstiegschancen.
nachzuholen.
Berufsabschlussbezogene Weiterbildung
Während der ersten Laufzeit der Initiative konn- Vor allem Geringqualifizierte ohne Berufsabschluss sind
ten von August 2016 bis Ende 2020 135.000 vom strukturellen Wandel und von der Verfügbarkeit neuer
junge Erwachsene bei einer abschlussorientier- Technologien betroffen, denn ihre Tätigkeiten lassen sich
ten Weiterbildung gefördert werden. Fast drei am ehesten ersetzen. Für diese Menschen ist der (nachge-
Fünftel von ihnen war sechs Monate nach Ende holte) Berufsabschluss besonders wichtig. Wirkungsana-
der Weiterbildung sozialversicherungspflichtig lysen des IAB zeigen, dass geförderte abschlussorientierte
beschäftigt. Weiterbildungen die Beschäftigungswahrscheinlichkeit der
Teilnehmenden teilweise deutlich erhöhen. Außerdem er-
Nachdem sich durch die Corona-Pandemie die höht die Teilnahme an solchen Weiterbildungen die Wahr-
Situation auf dem Ausbildungsmarkt verschärft scheinlichkeit, ausbildungsadäquat beschäftigt zu sein,
hat, hat der Verwaltungsrat der BA beschlos- ebenso wie das Einkommen der Teilnehmenden. Gut aus-
sen, die Initiative „Zukunftsstarter“ bis Ende gebildete Fachkräfte sind zudem deutlich seltener arbeits-
2025 fortzusetzen. los als Personen ohne qualifizierte Berufsausbildung.
Neben dem Ausbau betrieblicher Umschulun- Der besonderen Rolle berufsabschlussbezogener Wei-
gen und der verstärkten Nutzung alternativer, terbildung wurde mit der gesetzlichen Verankerung eines
abschlussorientierter Qualifizierungsformen Rechtsanspruchs auf Nachholen eines Berufsabschlusses
(z. B. berufsanschlussfähiger Teilqualifizierun- Rechnung getragen.
gen) sowie Teilzeitmaßnahmen soll in der Nach-
folgeinitiative insbesondere auf folgende Perso-
nenkreise ein besonderes Augenmerk gelegt
werden: schwerbehinderte Menschen, Reha-
bilitandinnen und Rehabilitanden, Geflüchtete.
27
Berufliche Weiterbildung stärken
29
Handlungsfeld 3
Potenziale im
Inland erschließen
Menschen finden, gewinnen
und an Jobs heranführen
Wenn das Angebot an Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt
zurückgeht, rückt automatisch das gesamte Erwerbsper-
sonenpotenzial des Landes in den Blick. Hier gibt es viele
Potenzialgruppen, die gezielt angesprochen und geför-
dert werden können: Frauen, ältere Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer, Menschen mit Behinderungen, Men-
schen in der Grundsicherung oder mit Migrationserfah-
rung.
31
Potenziale im Inland erschließen
Die Erwerbstätigenquote
betrug 2021 bei den Frauen 80,5
78,9 79,7 78,9 79,3
72,2 Prozent und bei den 77,9 78,0 78,1 78,0 78,4
Männern 79,3 Prozent.
72,1 72,8 71,9 72,2
70,8 71,5
69,5 69,9
68,1 69,0
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
Frauen Männer
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
26,0
24,9 24,5 21,8 18,4
in Teilzeit 2 1 3 … 15 … 27
Belgien Schweden Rumänien DE PT
Teilzeit Vollzeit
33
Potenziale im Inland erschließen
Nur in wenigen Ländern Europas ist die Erwerbsbetei- So lassen sich Frauen für den
ligung von Frauen so hoch wie in Deutschland. Die Er- Arbeitsmarkt gewinnen
werbstätigenquote betrug 2021 bei den Frauen 72,2 Pro- Das Fördern und Motivieren von Frauen sind Aufgaben,
zent und bei den Männern 79,3 Prozent. Diese positive die alle Akteurinnen und Akteure am Arbeitsmarkt anneh-
Bilanz offenbart aber bei genauerem Hinsehen ihre Schat- men müssen. Nur mit starkem Veränderungswillen lassen
tenseiten: Es fällt auf, dass die Erwerbsbeteiligung von sich die Weichen stellen: Die Vereinbarkeit von Familie
Männern, insbesondere in den mittleren Altersgruppen, die bzw. Pflege und Beruf muss leichter werden. Vollzeitnahe
der Frauen übersteigt. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen Beschäftigung muss für Frauen attraktiv und möglich wer-
ist umso geringer, je jünger ihre Kinder sind bzw. je mehr den. Verlässliche und bedarfsgerechte Kinderbetreuung
Kinder im Haushalt leben10. Frauen stehen erheblich häufi- muss allen Frauen zur Verfügung stehen. Hier sind vor
ger als Männer vor der Herausforderung, neben der Arbeit allem die Bundesländer gefordert. Berufsausbildung und
oder Arbeitsuche allein für die Kindererziehung verantwort- Weiterbildung müssen noch besser auch in Teilzeit mög-
lich zu sein. lich sein. Verlässliche, flexible Arbeitszeitmodelle können
Erleichterungen schaffen und die Rückkehr in den Beruf
Knapp die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig be- oder eine Erhöhung der Arbeitszeit begünstigen. Sie er-
schäftigten Frauen arbeitete 2022 in Teilzeit. Bei den lauben den Beschäftigten eine freiere Arbeitszeitgestal-
Männern waren es nur 12 Prozent. 60 Prozent aller aus- tung und entlasten sie bei der Erfüllung ihrer Familienauf-
schließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten waren weib- gaben. Dies gilt vor allem für Angebote zur Gleitzeitarbeit
lich. Vor allem Mütter haben eine geringere wöchentliche und zum Homeoffice. Auch Langzeitarbeitskonten und Ver-
Arbeitszeit als Männer und als Frauen ohne Kinder. Eine trauensarbeitszeit können Spielräume schaffen. Zusätzlich
Ausweitung der Arbeitszeit von Frauen in Minijobs und in sind Maßnahmen auf Unternehmensebene erfolgreich, wie
Teilzeitarbeitsverhältnissen könnte den Fachkräfteengpass etwa der Ausbau von Betriebskindergärten oder die Betei-
verringern. ligung von Arbeitgebern an Kinderbetreuungskosten.
10
Wanger 2020 https://doku.iab.de/forschungsbericht/2020/fb1620.pdf
35
Potenziale im Inland erschließen
Europa
76,9
72,3 71,8 43,8
2 1 3 ……… 27
Dänemark Schweden Deutschland Rumänien
In %, 2021
Quelle: eurostat
11
https://doku.iab.de/kurzber/2020/kb1820.pdf
37
Potenziale im Inland erschließen
Erwerbstätigenquote 2021
75,8 %
47,8 %
Insgesamt
Schwerbehinderte Menschen in Erwerbstätigkeit
1.269.000 (56,3 %)
2.253.000
Menschen
ohne Schwer-
behinderung
766.000 (34,0 %) 196.000 (8,7 %)
39
Potenziale im Inland erschließen
41
Potenziale im Inland erschließen
0,7 Mio.
Langzeitarbeitslose
November 2022
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
Gut ein Viertel der arbeitsuchenden, erwerbsfähigen Leis- Die Einführung eines monatlichen Weiterbildungsgeldes
tungsberechtigten verfügen bereits über eine schulische bei abschlussorientierter Weiterbildung sowie eines mo-
oder eine betriebliche Ausbildung, 5 Prozent sogar über natlichen Bürgergeldbonus für die Teilnahme an ausge-
einen akademischen Abschluss. Wenn diese Menschen wählten Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung können
gewonnen werden sollen, müssen eventuell fehlende oder neben den nun verstetigten Weiterbildungsprämien An-
nicht ausreichende berufliche Erfahrungen durch entspre- reize geben, den Zugang zu Qualifizierung insgesamt zu
chende Fördermöglichkeiten, wie zum Beispiel Anpas- erleichtern. Die finanziellen Anreize können sich positiv auf
sungsqualifizierungen oder Lohnkostenzuschüsse, aus- Motivation und Erfolg auswirken. Insbesondere kann das
geglichen werden. Weiterbildungsgeld dazu beitragen, dass mögliche entste-
hende Liquiditätsengpässe bei längerer Weiterbildung ab-
Zwei Drittel der Arbeitsuchenden im SGB II sind ohne ab- gemildert werden bzw. die Attraktivität abschlussbezoge-
geschlossene Ausbildung. Viele davon suchen bereits län- ner Weiterbildungen gegenüber Helferberufen erhöht wird.
ger Arbeit. Unterstützung und Förderung können dazu bei-
tragen, dass diese Menschen ihr Potenzial besser nutzen Auch das Teilhabechancengesetz unterstützt arbeitslose
und ihre Chancen auf einen (Wieder-)Einstieg ins Arbeits- Menschen dabei, nach langer Arbeitslosigkeit den Einstieg
leben erhöhen. Sie können zum Beispiel einen Schul- oder in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu erleichtern.
Berufsabschluss nachholen, sich Grundkompetenzen zur
Vorbereitung auf eine Qualifizierung aneignen, Teilqua- Die Erfahrungen in der Vermittlung von Menschen
lifikationen erwerben oder durch eine sogenannte Maß- in der Grundsicherung zeigen, dass ein Übergang
nahme bei einem Arbeitgeber praktische Erfahrungen in in bedarfsdeckende und nachhaltige Beschäftigung mög-
einem Betrieb sammeln. Auch ein Coaching kann helfen, lich ist. Dazu muss nicht nur die einzelne Person, sondern
ihre Beschäftigungsfähigkeit und ihre Kompetenzen auf- häufig auch ihr Umfeld in den Blick genommen und unter-
zubauen, zu verbessern oder zu stabilisieren. stützt werden (ganzheitlicher Ansatz). In vielen Fällen müs-
sen zunächst passende Rahmenbedingungen und Voraus-
Bürgergeld-Gesetz und Teilhabechancengesetz setzungen geschaffen werden, die über Qualifizierung und
verbessern Rahmenbedingungen Vermittlung hinausgehen. Notwendig sind zum Beispiel fle-
Mit dem Bürgergeld-Gesetz werden die dauerhafte Inte xible und ausreichende Kinderbetreuung, Sprachangebote
gration in Arbeit und die Verbesserung der Arbeitsmarkt- sowie flexible Arbeitszeitmodelle. Auch die Bereitschaft auf
chancen durch Qualifizierung – insbesondere für Gering- Arbeitgeberseite, diesen Menschen eine Chance zu ge-
qualifizierte – und Berufsausbildung stärker in den Fokus ben, ist ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Integration
gerückt. in den Arbeitsmarkt.
43
Potenziale im Inland erschließen
Zugewanderte Menschen bilden eine heterogene Gruppe. bene Humankapital, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung
Es gibt die bereits gut integrierten Menschen, die schon oder Migrationsnetzwerke. Aber auch die rechtlichen und
seit vielen Jahren oder Jahrzehnten in Deutschland leben institutionellen Zuzugsbedingungen und die Umstände des
und eine Erwerbstätigkeit ausüben. Andere wiederum sind Zuzugs spielen eine wichtige Rolle. So haben Geflüchtete
noch nicht auf dem Arbeitsmarkt integriert. im Durchschnitt schlechtere Integrationschancen, weil sie
schlechter als andere Gruppen von Zugewanderten auf die
Die Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Men- Arbeitsmarktintegration vorbereitet sind, Sprachkenntnisse
schen wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Bei- des Ziellandes fehlen bzw. sie ihr Humankapital nicht an
spiele sind das im Ausland oder in Deutschland erwor- die Anforderungen des Ziellandes anpassen konnten. Zu-
12
Methodische Hinweise und aktuelle Zahlen finden Sie im Migrationsmonitor
13
Vgl. Begleitevaluation der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete aus dem Jahr 2021
45
Potenziale im Inland erschließen
49
Handlungsfeld 4
Erwerbsbiografien
stärken
Rahmenbedingungen
verbessern, Spielräume
erweitern
Wer mehr Menschen in Arbeit bringen und zu flexiblerer,
längerer und neuer Arbeit motivieren möchte, muss auch
die Lebenssituationen der Menschen, ihre Familien- und
Haushaltskontexte in Blick nehmen.
51
Erwerbsbiografien stärken
40
20
0
FI SE NL DE EU-27 PL IT BG
In %, ausgewähte EU-Staaten
Quelle: eurostat
Nordrhein-
Westfalen
Kinder Berechtigte
53
Erwerbsbiografien stärken
14
Hipp, Sauermann, & Stuth, 2021
Familienpolitik ist auch Arbeitsmarktpolitik In vielen Städten und Kommunen bestehen bereits ver-
Eine wesentliche Rolle spielen solide gesellschaftliche, netzte Kooperationen mit lokalen familienpolitischen Akteu-
arbeitsmarkt- und familienpolitische Rahmenbedingun- ren wie Wohngeldstellen, Jugendämtern und Jobcentern,
gen, wie zum Beispiel gesicherte Kinderbetreuung oder um Familien vor Ort zu helfen, sich bei den verschiedenen
familienorientierte Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeiten und Stellen in ihrer Stadt, Kommune oder Region zurechtzu-
-orten. Je günstiger diese Einflussfaktoren gestaltet sind, finden und vor allem auch Kenntnis von den lokalen Fami-
desto eher gelingt es, bisher nicht (mehr) zur Verfügung lienleistungen und Unterstützungsangeboten für Familien
stehende Arbeits- und Fachkräfte aus Familien zu gewin- mit geringen und mittleren Einkommen zu erhalten (z. B.
nen. auch der Zugang zu KiTa-Plätzen oder anderen Kinderbe-
treuungsmöglichkeiten).
Eltern auf dem Weg (zurück) in die Erwerbstätigkeit zu
unterstützen, bedeutet aber auch, Kinderarmut in Deutsch- Damit wird es Eltern und Alleinerziehenden oft erst mög-
land zu bekämpfen, die Teilhabe von Kindern an Bildung lich, dem Arbeitsmarkt überhaupt (wieder) zur Verfügung
und gesellschaftlichem Leben zu fördern und die Weichen zu stehen. Die Familienkasse der BA hat sich zum Auftrag
für kommende Generationen zu stellen. Kinder, die den gemacht, bundesweit eine „Informationslotsin“ durch den
wirtschaftlichen und persönlichen Wert qualifizierter Er- „Dschungel“ der Leistungsangebote des Staates für Fami-
werbsarbeit am Beispiel ihrer Eltern erleben, streben dies lien zu sein und sieht sich perspektivisch als zentrale An-
üblicherweise auch für ihre eigene Zukunft an. laufstelle für Familien – vor Ort oder im Internet.
55
Erwerbsbiografien stärken
57
Handlungsfeld 5
Zuwanderung
erleichtern
Arbeits- und Fachkräfte
anwerben, vermitteln und
halten
Langfristiges Wirtschaftswachstum gibt es nur mit Zu-
wanderung. Deutschland benötigt mittel- bis langfristig
mehr Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften: aus
Ländern der Europäischen Union und aus Drittstaaten.
Gefragt sind Strategien und Instrumente, die schnell
greifen und langfristig wirksam sind.
59
Zuwanderung erleichtern
61
Zuwanderung erleichtern
Der deutsche Arbeitsmarkt ist auf Fach- Integrationspolitik. So hängt eine geringere Abwande-
kräfte aus dem Ausland angewiesen rungsbereitschaft vor allem davon ab, wie gut die Men-
schen in die deutsche Gesellschaft und den deutschen
Der Beitrag der ausländischen Arbeitnehmerinnen Arbeitsmarkt integriert sind – etwa durch die Anerkennung
und Arbeitnehmer zum Wachstum der sozialversiche- von Kompetenzen und Bildungsabschlüssen oder – bei
rungspflichtigen Beschäftigung ist nicht zu überse- Drittstaatsangehörigen – einem Bleiberecht nach der Aus-
hen: Im Jahr 2011 gingen nur 21 Prozent des Beschäf- bildung bzw. der Arbeitsaufnahme mit möglichem Familien-
tigungszuwachses auf Ausländer und Ausländerinnen nachzug16. Und eines zeigen uns die Erkenntnisse der letz-
zurück, 2022 waren es bereits 67 Prozent. ten Jahre deutlich: Damit die Arbeits- und Fachkräfte oder
auch Auszubildenden und Studierenden bleiben, reicht al-
Wenn deutlich mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland zuwan- leine eine Arbeitsstelle nicht aus. Sie müssen eine Chan-
dern statt abwandern, kann das den Rückgang des Arbeits- ce haben, sich hier zurecht zu finden und anzukommen.
kräfteangebots zumindest abschwächen. Allerdings ist die- Hier sind auch immer mehr Länder bereit, in Programme
se Entwicklung nicht selbstverständlich. Zum Vergleich: Im zu investieren, um so genannte „Kümmerer-Strukturen“
Jahr 2021 lag der Wanderungssaldo bei knapp 330.000 zu schaffen.
Personen. Bei einer konstanten Abwanderungsquote von
9,1 Prozent der in Deutschland lebenden Ausländerinnen Fachkräfteanwerbung beginnt im Ausland.
und Ausländer (das ist in etwa der langjährige Durchschnitt) Integration auch.
müsste die jährliche Zuwanderung von Personen mit aus- Die BA ist wichtige Ansprechpartnerin für ausländische
ländischer Staatsangehörigkeit bis 2035 von 1,14 Millio- Personen im In- und Ausland. Vor diesem Hintergrund
nen in 2021 auf 1,64 Millionen Personen ansteigen, um hat sie ihre Aktivitäten zur Information, Beratung und Ge-
diesen Saldo dauerhaft zu ermöglichen. Der Durchschnitt winnung von Fachkräften und Auszubildenden in der EU
im Zeitraum 2010-2019 liegt – selbst einschließlich der ho- und in Drittstaaten weiter ausgebaut. Sie bietet kompe
hen Fluchtmigration 2015/16 – mit 1,28 Millionen Perso- tente Beratung und Unterstützung bei der Arbeitsuche
nen deutlich darunter. Andererseits: Bei dauerhafter jähr- und im Anerkennungsprozess sowie Unterstützung bei der
licher Zuwanderung von 1,14 Millionen Personen müsste Sprachförderung als Vorbereitung der Arbeitsaufnahme in
für einen konstanten Saldo von 330.000 Personen die Ab- Deutschland. Im gesamten Zuwanderungs- und Anerken-
wanderungsbereitschaft der in Deutschland lebenden aus- nungsprozess arbeitet die BA eng und vertrauensvoll mit
ländischen Bevölkerung deutlich sinken, auf gut 5,5 Prozent externen Partnern zusammen, um Deutschland als Ein-
Fortzugsquote pro Jahr – so niedrig wie noch nie15. wanderungsland attraktiver zu gestalten (z. B. im Netzwerk
„Faire Mobilität“, „Faire Integration“, dem EURES-Netz-
Erfolgsformel: Mehr Zuwanderung, werk sowie „Make it in Germany“).
weniger Abwanderung
Arbeitskräfte aus dem Ausland können eine Lösung für In Europa ist die BA Teil des EURES-Netzwerks – einer
das deutsche Beschäftigungsproblem sein, wenn zwei etablierten Struktur für Informations-, Beratungs- und Ver-
Ziele erreicht werden: hohe Zuzugszahlen und sinkende mittlungsdienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger der
Abwanderungsbereitschaft der Menschen, die bereits in EU. Darüber hinaus ist sie verlässliche Partnerin für die
Deutschland arbeiten und leben. Arbeitsmarktzulassung und Ansprechpartnerin für Arbeit-
geber, die sie zur Sensibilisierung für ausländisches Er-
Höhere Zuzugszahlen lassen sich durch die generelle werbspersonenpotenzial berät. Sie bietet aktive Unterstüt-
Steigerung der Attraktivität und Erleichterung von Zuwan- zung bei der Rekrutierung, bei der Erschließung und beim
derung realisieren. Migrationspolitik ist aber immer auch Aufbau funktionsfähiger Strukturen.
15
https://www.iab-forum.de/wie-sich-eine-demografisch-bedingte-schrumpfung-des-arbeitsmarkts-noch-abwenden-laesst
16
Fuchs, Johann; Söhnlein, Doris; Weber, Brigitte (2021): Projektion des Erwerbspersonenpotenzials bis 2060: Demografische Entwicklung lässt das
Arbeitskräfteangebot stark schrumpfen. IAB-Kurzbericht, 25/2021.
Fuchs J. und E. Weber (2021): Migrationspolitik wird bei der Integration gewonnen. Fachkräftemangel. In: Makronom H.02.11.2021, o.Sz
63
Zuwanderung erleichtern
Der Schwerpunkt dieser Vereinbarungen liegt auf der Ver- bei der Anerkennung ihres Berufs- oder Schulabschlusses
mittlung von Pflegefachkräften, aber auch zu dualen Aus- unterstützt. Darüber hinaus erhalten sie Hilfe bei der Zu-
bildungsberufen der Gastronomie und Hotellerie sowie der sammenstellung notwendiger Unterlagen für den Visums-
Industrie wurden Absprachen getroffen. Mit Georgien und antrag. Alle Kosten werden möglichst über die künftigen
Moldau bestehen zudem seit 2020 und 2021 Vermittlungs- Arbeitgeber oder aus Projektmitteln gedeckt.
absprachen zur Vermittlung von Saisonarbeitskräften in
der Landwirtschaft. Nach der Einreise nach Deutschland ist in der Regel wei-
tere Unterstützung notwendig. Neu eingereiste Fachkräfte
Über Vermittlungsabsprachen kann sichergestellt werden, und Auszubildende erhalten Hilfe bei der Wohnungssuche,
dass die Standards der fairen Migration eingehalten wer- bei Behördengängen, bei der Integration in die neue Re-
den, da klar und transparent definiert wird, wer welche gion und oftmals auch bei der Organisation des Familien-
Kosten (für Spracherwerb, Visum, Reise, etc.) trägt und nachzugs. Personen, die noch keine volle Gleichwertigkeit
der Prozess für die Fachkraft ganzheitlich begleitet wird. ihres Berufsabschlusses dokumentieren können, werden
Sie schaffen außerdem einen strategisch-prozessualen mit Organisation und Finanzierung einer Anpassungsmaß-
Rahmen für die Auslandsrekrutierung, an dem sich Arbeit- nahme bis zur vollen Anerkennung begleitet.
geber orientieren können.
Arbeitsmarktzulassungen für Arbeitskräfte aus
Rekrutierungsprojekte dem Ausland
Trotz anhaltender pandemiebedingter Einschränkungen In den Jahren vor der Corona-Krise erteilte die BA jährlich
und ähnlicher Bedarfe auf den europäischen Arbeitsmärk- im Schnitt in ca. 280.000 Fällen Drittstaatsangehörigen
ten konnten auch im Jahr 2022 Rekrutierungsprojekte, ins- ihre Zustimmung für eine Arbeitsmarktzulassung. Im Jahr
besondere in den Bereichen Erziehung, Physiotherapie, 2020 ging die Zahl der Anfragen pandemiebedingt deutlich
Hotel- und Gaststättengewerbe, Handwerk/Technik sowie zurück. Im Jahr 2022 konnte mit über 283.000 das Vorkri-
Pflege, durchgeführt werden. Bewerberinnen und Bewerber senniveau wieder erreicht werden.
stammten dabei zu einem großen Anteil aus Südeuropa
(Spanien und Italien). Auch die Informations- und Bera- Der Großteil der Zustimmungen wurde zuletzt für Fach-
tungsaktivitäten in Deutschlands Grenzregionen haben sich kräfte aus medizinischen Gesundheitsberufen (55.600
als feste Strukturen der Fachkräftesicherung etabliert. im Jahr 2022), aus dem Lebensmittel- und Gastgewerbe
(47.700 im Jahr 2022) sowie im Bereich Verkehr und Lo-
Sprachqualifizierung und Vorbereitung auf die gistik (34.900 im Jahr 2022) erteilt. Die meisten Zustim-
Einreise nach Deutschland mungen wurden für Arbeits- und Fachkräfte aus Indien,
Eine umfassende Vorbereitung auf die Einreise nach dem Kosovo, Bosnien und Herzegowina, der Türkei und
Deutschland ist essenziell für die Integration in das beruf- Serbien erteilt.
liche und soziale Umfeld. Vor der Einreise werden Fach-
kräfte und Ausbildungsinteressierte daher zu allen Aspek- Attraktiv werden, attraktiv bleiben:
ten des Lebens und Arbeitens in Deutschland beraten. Bleibewahrscheinlichkeit erhöhen
Personen, die über Programme und Vorhaben der BA be- Wenn Deutschland dauerhaft auf Fachkräfte aus dem Aus-
gleitet werden, absolvieren zunächst einen Deutschkurs land setzen will, dürfen sich seine Bemühungen nicht auf
im Herkunftsland, der in der Regel mit einem Sprachzerti- das Marketing und die Rekrutierung in Drittstaaten kon-
fikat des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens zentrieren. Menschen aus dem Ausland müssen auch in
(GER) abschließt. Je nach Ausgestaltung eines Vorha- Deutschland bleiben wollen und können. Das ist nicht bei
bens werden die Fachkräfte und Auszubildenden entwe- allen Menschen der Fall. Jährlich verlassen rund eine Mil-
der zu Beginn oder während des Deutschsprachkurses an lion Menschen Deutschland.17 Über die Gründe und Zusam-
einen Arbeitgeber in Deutschland vermittelt. Während des menhänge der Abwanderung von ausländischen Arbeits-
Sprachkurses werden die Bewerberinnen und Bewerber bzw. Fachkräften ist bislang jedoch wenig bekannt.
17
Statistisches Bundesamt
Als häufigste Gründe für die Abwanderung werden beruf- • Mehrsprachigkeit: Die BA setzt in ihren Services auf
liche Gründe wie Arbeitslosigkeit, fehlende passende Be- Mehrsprachigkeit. Internationalität muss Kulturmerkmal
schäftigung oder fehlende Anerkennung der beruflichen des Serviceversprechens sein. Dazu zählen zum Bei-
Qualifikation genannt, aber auch aufenthaltsrechtliche spiel mehrsprachige Inhalte auf arbeitsagentur.de, aber
Gründe und fehlende soziale Integration. auch eine für potenzielle Kunden und Kundinnen im
Ausland optimierte Registrierungsmöglichkeit und mehr-
Eine höhere Bleibewahrscheinlichkeit haben Personen, sprachige Stellenangebote. Ein Projekt zur Entwicklung
die in ihre Sprachkenntnisse investieren sowie Personen eines mehrsprachigen Webauftritts der BA ist bereits in
mit Kindern und Partner und Partnerinnen in Deutschland. Vorbereitung.
Damit wird deutlich, dass Themen wie die Investition in Bil-
dung und Sprache ebenso wie der Familiennachzug stär- • Volle Kostenübernahme: Weltweit hat sich das „Em-
ker in den Blick genommen werden müssen. ployer Pays“-Prinzip etabliert. Das heißt: Arbeitgeber
übernehmen die Kosten beispielsweise für Anwerbung,
Erwerbsmigration besser nutzen: Qualifizierung, Transfer und Verwaltungsverfahren. Dies
Das braucht es noch ist der Goldstandard fairer Migration. Zielländer, welche
Mit dem Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung diesen Standards folgen, haben einen Wettbewerbsvor-
des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) wer- teil. Dies sollten inländische Unternehmen berücksich-
den bereits einige wichtige Punkte adressiert und Verbesse- tigen, wenn sie im Wettbewerb um ausländische Fach-
rungen im Zuwanderungs- und Anerkennungsprozess an- kräfte bestehen wollen.
gestoßen. Darüber hinaus sind aus Sicht der BA folgende
Schritte notwendig, um die Fachkräfteeinwanderung noch • Familiennachzug erleichtern: Die Hürden für nachzie-
einfacher, schneller und nachhaltiger zu gestalten: hende Familien sind noch zu hoch. Sowohl die Fachkraft
aus dem Ausland als auch ihre Familienangehörigen
• Vereinfachung des Zuwanderungsrechts: Ein Zu- benötigen eine berufliche und eine gesellschaftliche
wanderungsrecht, das bei nicht reglementierten Beru- Perspektive. Dazu sind sie auf Hilfe durch die Beratungs-
fen einen allgemein geöffneten Weg der Fachkräfte- institutionen vor Ort (freie Wohlfahrtsverbände, kommu-
einwanderung ohne formale Anerkennung, sondern auf nale Verbände, Ehrenamtsverbände etc.) angewiesen
Basis von Berufserfahrung und Nachweis eines zuge-
sagten und konkreten Arbeitsplatzes vorsieht, erleich-
tert die Anerkennungsverfahren. Auf EU-Ebene ist eine
67
Ausblick
69
Zusammenfassung und Ausblick
Handlungsfeld 1:
Berufseinstieg erleichtern
• Alle jungen Menschen bereits beim Start in das Erwerbsleben Junge Menschen, Unter-
unterstützen, damit sie einen qualifizierten Berufsabschluss nehmen, Kammern, Innun-
erlangen gen und Verbände, Bundes-
ministerien, Bundesländer,
• Klischeefreie Berufsorientierung als verbindlichen Prozess in
Kommunen (u. a. Jugend-
allen Schularten und allen Ländern mit definierten Standards
amt, Jugendhilfe), Jobcen-
in die Curricula aufnehmen
ter, Schulen, Berufsschulen,
• Zahl der Berufspraktika für Schülerinnen und Schüler aller Bildungsanbieter, Behinder-
Schularten und für junge Menschen, die die Schule bereits tenhilfe, Jugendmigrations-
verlassen haben, erhöhen dienste
Handlungsfeld 2:
Berufliche Weiterbildung stärken
• Alle Akteure und Akteurinnen in Weiterbildung und Qualifizie- Arbeitsuchende und Be-
rung bündeln ihre Kräfte und lernen besser von- und miteinan- schäftigte, Unternehmen,
der (z. B. in „Vernetzten Bildungsräumen“) Kammern, Innungen und
Verbände, Sozialpartner,
• Gesamtprozess der Beschäftigtenqualifizierung für die ver-
Bildungsanbieter, Berufs-
schiedenen Adressatengruppen (Unternehmen und Beschäf
schulen, Kommunen, Job-
tigte) noch transparenter gestalten (z. B. hinsichtlich Vielfalt
center, Bundesministerien,
des Förderspektrums)
Bundesländer
• Gemeinsam den Bekanntheitsgrad der Förderleistungen
steigern
Handlungsfeld 4:
Erwerbsbiografien stärken
• Bei Beratung und Unterstützung der Kundinnen und Kunden Eltern, Unternehmen, Kam-
Haushaltskontext und Familie berücksichtigen mern, Innungen, Verbände,
Sozialpartner, Bundesminis-
• Ausbau der Kinderbetreuungsangebote
terien, Bundesländer, Kom-
• Durch flexible Arbeitszeitmodelle in den Unternehmen sozial- munen, Medien
versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit attraktiv halten
71
Zusammenfassung und Ausblick
Handlungsfeld 5:
Zuwanderung erleichtern