LEGALISIERUNG
VON CANNABIS:
WIE SOLL DAS
ABLAUFEN?
SEITE 4
KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7
Verwirrung um
Ziele, Zahlen und
Corona-Prognosen
Gesundheitsminister Lauterbach setzt auf Warnungen
D
statt Erklärungen – und steht im Konflikt mit den Ländern
ie Verwunderung war aus der
Twitter-Nachricht deutlich he-
rauszulesen: „Wie stark heute
protestiert wird, wenn man das
nicht gerne gehörte, aber offen-
sichtliche, sagt: würde unsere Inzidenz deutlich
steigen hätten wir deutlich mehr Tote. Gibt
man Werte in RKI Modell ein zeigt sich das so-
fort“, schrieb Gesundheitsminister Karl Lauter-
bach (SPD) in nicht ganz korrekter Orthografie
am Donnerstag.
VON LUISA HOFMEIER UND RICARDA BREYTON
Vorausgegangen waren Irritationen über eine
Aussage seinerseits: Bei Lockerungen müsse
man mit 400 bis 500 Toten täglich rechnen –
das habe er „mal ausgerechnet“. Eine entspre-
chende WELT-Anfrage vom Mittwoch, die nach
der Grundlage dieser Rechnung gefragt hatte,
blieb auch am Donnerstag vom Gesundheitsmi-
nisterium unbeantwortet. Dass sich die Schät-
zung auf Modelle des Robert-Koch-Instituts
(RKI) bezieht, reichte Lauterbach nun per
Tweet nach.
Ein fehlendes Ausbuchstabieren der Pande-
miestrategie zieht sich durch die Kommunikati-
on der Regierung – und lässt Raum für Missver-
ständnisse bei der Frage, was das Ziel der Coro-
na-Maßnahmen ist. Insofern dürfte das, was der
Minister als „Protest“ bezeichnet, eher Unver-
ständnis für seine Prognosen sein, das nicht nur
mit einer komplexen Gesamtlage zu erklären
ist. Hinzu kommt eine Kommunikation, die aus
dem Ärmel geschüttelt wirkt und lieber auf
Warnungen als auf Erklärungen setzt.
,,
Ein weiteres Beispiel dafür stammt ebenfalls
aus dieser Woche. Nicht nur wegen einer zu be-
fürchteten Zahl der Toten sprach sich Lauter-
bach gegen Öffnungen aus. Auch würden Locke-
rungen die Omikron-Welle verlängern, sagte er.
Verlängern? Ging es nicht gerade bei den Coro-
WÜRDE UNSERE
INZIDENZ DEUTLICH
STEIGEN, HÄTTEN WIR
DEUTLICH MEHR TOTE
KARL LAUTERBACH (SPD)
Bundesgesundheitsminister
na-Beschränkungen immer darum, die Infekti-
onswelle zu drücken – und somit auf niedrige-
rem Niveau zu verlängern? So drückte es Lau-
terbach selbst noch Mitte Januar aus: Das Ziel
sei, „aus der sonst zu erwartenden steilen Wand
der Infektionszahlen möglichst einen Hügel zu
machen oder dass die Wand nicht so hoch ist.“
Eine Woche später sagte er: „Aber eine Locke-
rung wäre fatal. Wir würden Öl ins Feuer gießen
und die Welle beschleunigen.“
Wer verstehen will, ob sich Lauterbach wi-
derspricht oder schlichtweg unklar ausdrückt,
ist gezwungen zu mutmaßen. Naheliegend ist,
dass der Minister im Januar vor allem den ra-
santen Anstieg der Fälle meinte. Bei der aktuel-
len Warnung vor einer Verlängerung der Welle
dürfte sich Lauterbach hingegen auf ein Papier
des RKI von Anfang Februar mit verschiedenen
Szenarien für Omikron beziehen. Werden Kon-
takte bis zum 15. März reduziert, gehen die Mo-
dellierer von einer stark fallenden Kurve inner-
halb von vier Wochen aus. Werden die Maß-
nahmen allerdings schon einen Monat vorher
E
inen kostenlosen PCR-Test soll es nur Nur wer negativ schnellgetestet wurde, be-
noch nach einem positiven Schnelltest kommt zur Belohnung einen kostenlosen PCR-
geben. Das hat Angstminister Lauterbach Test. Das wäre dann ein echter Anreiz, vorsich-
verfügt. Aber setzt er damit nicht die falschen tig zu sein und sich nicht anzustecken. Grund-
Anreize? Werden jetzt nicht sehr
viele Menschen versuchen, einen
positiven Schnelltest zu bekom- ZIPPERT ZAPPT
men, damit sie der PCR-Test
nichts kostet? Preisbewusste Bür-
ger werden bewusst eine Anste-
ckung in Kauf nehmen, nur damit der Schnell- und hinterher den begehrten Genesenenstatus,
test positiv und der PCR-Test kostenlos wird. während die negativen Bürger wichtige Opera-
Das ist eigentlich unverantwortlich. Andersrum tionen absagen, Urlaubsreisen aufschieben und
wäre ein Gesundheitsschuh daraus geworden. für positive Kollegen mitarbeiten mussten.
FREITAG, 11. FEBRUAR 2022
wieder ausgesetzt, bleibt die Kurve demnach
wochenlang auf einem Plateau. Die Welle wird
verlängert.
Solche Erklärungen aber lieferte Lauterbach
am Donnerstag nicht. Stattdessen kann man in
dieser Woche den Eindruck bekommen, es gehe
darum, möglichst jeden Todesfall zu verhin-
dern. „Ich bin sehr darüber verwundert, dass
Herr Lauterbach nun die Begründung für die
Schutzmaßnahmen austauscht“, sagte etwa der
rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion,
Günter Krings (CDU).
Dabei galt bisher als Konsens, dass die Über-
lastung des Gesundheitssystems zentraler Maß-
stab ist. Daran orientierte sich Mitte Dezember
zunächst auch die Ampel-Regierung. Um den
Jahreswechsel verlagerte sich die Debatte auf
Brüssel prüft nun auch
die Gefährdung der kritischen Infrastruktur.
Anfang Januar argumentierte Lauterbach mehr-
fach mit der Verhinderung von Todesfällen.
Mitte Januar sprach Lauterbach gleich drei War-
nungen zugleich aus: viele Tote, Überlastung
eine soziale Taxonomie
von Normal- und von Intensivstationen. Über-
gelaufen sind die Krankenhäuser knapp vier
Wochen später nicht. „Ich rechne aktuell für die
kommenden Wochen nicht mehr mit einer
Überlastung des deutschen Gesundheitswe-
sens“, sagte der Vorstandschef der Deutschen
Die EU-Kommission plant nach dem grünen Label die nächste Finanzempfehlung. Die
Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß der
„Bild“-Zeitung. Die Kontaktbeschränkungen
hätten dazu beigetragen.
Eine Verbesserung der Kommunikations-
Behörde könnte kontrollieren, wie sozial Unternehmen sind. Das Konfliktpotenzial ist gewaltig
strategie mahnte vor knapp zwei Wochen auch
der Expertenrat an, seine Stellungnahme las
sich wie eine Rüge: „Ein Mangel an Überein-
stimmung von verfügbaren Informationen, ih-
rer Bewertungen und den resultierenden Emp-
fehlungen trägt zu Verunsicherung der Bevöl-
kerung bei“, hieß es da.
Ihr Übriges dürften die Meinungsverschie-
denheiten mit den Ländern in Sachen Corona-
Kurs tun. Sterbezahlen tauchen in deren Argu-
mentation nicht auf. Stattdessen wird auf die
Auslastung des Gesundheitssystems als ein ent-
scheidendes Kriterium verwiesen. Die Folge:
Unabhängig von Lauterbachs Mahnungen wer-
den bereits konkrete Öffnungsschritte verfolgt.
Schleswig-Holstein hob diese Woche die Zu-
gangsbeschränkungen für den Einzelhandel
weitestgehend auf. Drinnen wie draußen sind
künftig wieder Veranstaltungen mit mehreren
Tausend Besuchern möglich. Es sei wichtig ge-
wesen, vorsichtig zu bleiben, um zu schauen, ob
Omikron für die Krankenhäuser zu einem gro-
ßen Problem wird, hatte zuvor Ministerpräsi-
dent Daniel Günther (CDU) gesagt. Nun sei
klar, dass dies nicht der Fall ist. Jetzt müsse der
Schwerpunkt sein, schwere Krankheitsverläufe
bei verletzlichen Gruppen zu verhindern – und
nicht jede Infektion.
Ähnliches zeigt sich in Bayern, wo die Sperr-
stunde in der Gastronomie aufgehoben und die
Zahl der zugelassenen Besucher bei Sportveran-
staltungen erhöht wurden. Berlin, Brandenburg
und Hessen haben ebenfalls Erleichterungen
beschlossen oder planen sie. Selbst der baden-
württembergische Ministerpräsident Winfried
Kretschmann (Grüne), als Befürworter harter
Corona-Maßnahmen bekannt, hatte sich zuletzt
zu einer Rücknahme der Regelungen bekannt.
„In der Stufenlogik des Landes“ seien Locke-
rungen „längst vorgesehen“, schrieb er. Vor al-
lem die CDU, mit der Kretschmann regiert, hat-
te konkrete Öffnungsschritte in den Raum ge-
stellt. Ob die Länder ihren Öffnungskurs voran-
treiben oder Lauterbach mit seinen Warnungen
doch durchdringt, entscheidet sich am Mitt-
woch. Dann wollen Bund und Länder erneut be-
raten. Die FDP-Fraktion im Bundestag hat be-
reits angekündigt, die Maßnahmen bis zum 20.
März beenden zu wollen. Das würde zu den Mo-
dellierungen des RKI passen.
sätzlich muss man fragen, ob
nicht die gesamte Corona-Politik
verfehlt war. Für die positiv Ge-
testeten wurde alles getan, sie be-
kamen auf Wunsch eine aufwen-
dige Behandlung im Krankenhaus
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DIE WILDEN
TRUCKER VON
OTTAWA UND IHR
CORONA-PROTEST
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* D 2,00 E URO B Nr. 30
In Gefahr,
weil sie
Frauen sind
NATACHA PISARENKO/AP/DPA/PICTURE ALLIANCE
Fast jeden Tag versucht irgendwo in Deutschland ein Mann, seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten,
das lässt sich in der Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) ablesen. Die Politik will dagegen nun mehr unternehmen.
Aber es dauert. Im Bild: Proteste von Frauen in Buenos Aires nach einem Femizid im vergangenen Jahr. Seite 4
N
ach dem Streit um das Nachhaltig- treterin der deutschen evangelischen kirchli- Maschinenbauverband VDMA und der europäi-
keitslabel für Atom und Gas droht chen Anleger geleitet wird, empfiehlt in dem Pa- sche Arbeitgeberverband Business Europe ha-
der EU die nächste große Taxono- pier, das im November – vor dem ursprüngli- ben die Pläne bereits abgelehnt.
mie-Debatte. Die Europäische chen Veröffentlichungstermin – verfasst wurde, Unterstützung kommt dagegen von Gewerk-
Kommission prüft, große Teile der ein zweifaches Urteil: Stiften die Produkte und schaftsseite: „Die grüne muss unbedingt durch
europäischen Wirtschaft daraufhin zu untersu- Dienstleistungen der betreffenden Unterneh- eine soziale Taxonomie ergänzt werden“, sagt
chen, ob sie unter dem Strich gesellschaftlichen men an sich sozialen Nutzen, oder sind sie sozi- etwa Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des
Nutzen oder eher Schaden stiften. al schädlich? Und verhält sich das Unternehmen Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), zu
abgesehen vom eigentlichen Produkt sozialver- WELT. „Tarifbindung und Mitbestimmung müs-
VON TOBIAS KAISER träglich oder nicht? sen dabei zwingend eine zentrale Rolle spielen.
AUS BRÜSSEL Das Papier listet auch Beispiele: Unterneh- Nur dann kann die EU-Taxonomie privaten und
men könnten danach beurteilt werden, ob sie al- öffentlichen Investoren eine umwelt- und sozi-
Die sogenannte soziale Taxonomie soll ana- len Mitarbeitern auskömmliche Löhne zahlen alverträgliche Orientierung geben.“
log zur grünen Variante Anlegern signalisieren, oder in welchem Umfang sie Kinderbetreuung Auch das Europäische Parlament ist gespal-
welche Unternehmen dem Gemeinwesen die- und betriebliche Altersvorsorge anbieten. Be- ten. „Sozialpolitische Fragen sollten über die
nen und sich deshalb für die immer wichtiger wertet werden soll aber nicht nur der Umgang Sozialpolitik gelöst werden und nicht über Fi-
werdenden Anlagen nach sozialen Standards mit den Mitarbeitern und die Bedingungen für nanzmarktregulierung“, sagt etwa der CSU-Ab-
eignen. Die Klassifizierung bietet allerdings er- die Beschäftigten von Zulieferern, sondern auch geordnete Markus Ferber. „Neue Klassifizie-
hebliches Konfliktpotenzial; das zeigt ein inter- der Nutzen für die Kunden und die Gesamtge- rungssysteme schaffen nur neue Berichtspflich-
nes Papier, das WELT vorliegt. Ein von der sellschaft. Verbraucher- und Datenschutz sollen ten und Bürokratie, aber keine Verbesserung
Kommission eingesetztes Expertengremium eine Rolle spielen, genauso wie die Frage, ob das der Arbeitsbedingungen.“ Aus der Grünen-Frak-
gibt darin Empfehlungen, wie Unternehmen auf Unternehmen ein guter Steuerzahler ist oder tion und der Fraktion der sozialdemokratischen
ihren sozialen Nutzen hin bewertet werden aggressive Steuersparmodelle nutzt. S&D kommen hingegen Forderungen nach einer
sollten. Eigentlich sollte die Kommission die Die Reaktionen aus der Wirtschaft sind dem- sozialen Taxonomie. In der Kommission zögert
Empfehlungen schon Ende vergangenen Jahres entsprechend durchwachsen. „Die Ausweitung man derweil offenbar, das heiße Eisen anzupa-
veröffentlichen. Der Termin wurde allerdings der Taxonomie auf soziale Themen ist ein glat- cken. Die Kommission sei nicht verpflichtet, die
verschoben – vermutlich unter dem Eindruck tes Eis, auf das sich die Kommission nicht bege- Empfehlungen auch tatsächlich anzunehmen,
der sehr kontrovers geführten Debatte um die ben sollte“, sagte etwa Steffen Kampeter, der sagt Behördensprecher Ferrie. „Der Report
grüne Taxonomie. Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverban- nimmt keine künftigen Entscheidungen der
Erst im Laufe dieses Jahres werde es so weit des BDA, WELT. „Eine vernünftige Sozialpolitik Kommission im Bereich nachhaltige Finanzen
sein, sagte Kommissionssprecher Daniel Ferrie gehört auf die nationale Ebene; die EU sollte das vorweg. Es gibt keine Pläne der Kommission in
zu WELT. Die Expertenrunde, die von einer Ver- respektieren und sich zurückhalten.“ Auch der diesem Sinne.“
KOMMENTAR
Riskante Allmachtsfantasien
N
ach dem Streit um das Nachhaltigkeits- TOBIAS Beispiel illustriert die Absurdität des Vorha-
label für Atom und Gas prüft die Euro- KAISER bens. Die Unterteilung in grün und umwelt-
päische Kommission jetzt, Unternehmen schädlich, in sozial erwünscht und sozial schäd-
daraufhin abzuklopfen, ob sie sozialen Nutzen lich, ist so monströs, wie es sich anhört.
stiften oder nicht. So sollen Milliarden Euro von nehmen, die Höhe von Mieten oder Impfstoffliefe- Für eine soziale Marktwirtschaft kann nicht
sozial orientierten Anlegern zu für würdig erach- rungen in Entwicklungsländer – all diese Fragen der Finanzmarkt sorgen, das ist Aufgabe des
teten Unternehmen umgelenkt werden. Es ist sollen laut den bisher unveröffentlichten Empfeh- Staates. Der kann und muss eingreifen, wenn
ein Vorhaben, das Kommissionspräsidentin Ur- lungen eines Expertengremiums eine Rolle spielen. der Markt versagt, er kann Regeln für Mindest-
sula von der Leyen besser sein lassen sollte, Im Sozialen droht die Einordnung noch poli- löhne, Frauenförderung oder sozialen Wohn-
wenn sie Ärger vermeiden will. Schon der Klima- tischer zu werden als beim Klima, weil wissen- raum setzen. Die Finanzindustrie aber zum
Streit war toxisch und ist bis heute nicht ausge- schaftliche Kriterien fehlen. Je mehr CO2 ein Umwelt- und Sozialpolizisten zu machen und so
standen. Der Streit darum, welches Unterneh- Kraftwerk in die Luft pustet, desto schlechter über Geldströme Einfluss in Bereichen zu neh-
men sich sozial erwünscht verhält und welches für das Klima – das ist ein relativ einfacher Zu- men, für die Brüssel gar keine Zuständigkeit hat,
nicht, droht weitaus schärfer zu werden. sammenhang. Aber bei sozialen Themen ist es ist übergriffig. Solche Pläne zeugen von All-
Soziale Fragen sind moralisch aufgeladener als nicht so einfach. Deutsche Rüstungsunterneh- machtsfantasien der Brüsseler Verwaltung, die
die Entscheidung für oder gegen Atomkraft. Ge- men argumentieren beispielsweise, dass ihre hehre Ziele verfolgen mag, sich dafür aber die
rechte Löhne, Arbeitsbedingungen für Paketzustel- Panzer und Gewehre für Frieden sorgen – und falschen Mittel aussucht.
ler oder Pflegepersonal, Frauenförderung in Unter- deshalb das Nachhaltigkeitslabel verdienen. Das tobias.kaiser@welt.de
DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 A 2,90 & / B 3,20 & / CH 4,20 CHF / ISSN 0173-8437 30-6 ZKZ 7109
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2 AUF EINEN BLICK * DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022

PLATZ DER REPUBLIK

D
as ARD-Magazin „Panorama“ der Identitären Bewegung zuzurechnen
hatte Oberstleutnant Marcel ist. Was haben die Ermittlungen ergeben?
Bohnert (42) in einem Beitrag Der MAD hat meine Ampel auf „Grün“ ge-
NANDO SOMMERFELDT
vom Juli 2020 vorgeworfen, stellt. Damit ist die Frage, ob ich ein Extre-
im Netz mit Rechtsradikalen mist bin, eindeutig beantwortet. Mir wurde

Lauterbach ist zu sympathisieren. Er wurde aus dem Ver-

teidigungsministerium in die Corona-Hilfe
versetzt. Nach langen Ermittlungen ist er
bestätigt, dass der Extremismus-Verdacht
vollständig ausgeräumt ist. Beim kleinsten
Zweifel wäre ich „Orange“ kategorisiert

nur Mahner, nun rehabilitiert.

VON THORSTEN JUNGHOLT

worden, was weitere dienstliche Nachteile
zur Folge gehabt hätte.

nicht Macher WELT: Die Bundeswehr hat zwei Ermitt-

I
lungsverfahren gegen Sie abgeschlossen,
Herr Bohnert. Galt dabei das Prinzip der THEMA DES TAGES
ch war nie einer dieser scharfen Kritiker von Karl Unschuldsvermutung?
Lauterbach. Ich weiß, dass er viele Fans und min- MARCEL BOHNERT: Das ist eine sehr aka-

„Vorwurf der
destens genauso viele erbitterte Gegner hat. Ich demische Frage. Ich bin zu wenig Jurist, um
war einer von denen in der Mitte, welche die Per- das zu beurteilen. Ich kann nur sagen, das
sonalie Lauterbach als Gesundheitsminister durchaus Gefühl war ein anderes: Ich hätte mir sicher
gut und plausibel fanden. Endlich mal einer vom Fach. mehr Schutz vom Dienstherrn gewünscht.
Sicher, vielleicht zu oft bei „Markus Lanz“ und etwas Die Folgen der Vorwürfe spüre ich noch

Verfassungsfeindlichkeit
verschroben. Doch sogar meine Frau, von Beruf und heute, obwohl ich vollständig entlastet bin.
Berufung Krankenschwester, fand den Lauterbach gut. Das passt nicht so gut zum eigenen An-
Ganz anders als seinen Vorgänger. spruch der Bundeswehr in Sachen Fehler-
Meine persönliche Erwartung war klar definiert. Ich kultur und Fürsorge.

hat mich persönlich

hoffte, dass er durch das Amt vom Mahner zum Ma-
cher wird. Zum Krisenmanager, der mit dem notwen- Wie meinen Sie das?
digen Fachwissen den Corona-Problem-Standort Der Vorwurf des ARD-Magazins „Panora-
Deutschland auf Vordermann bringt. Als eine Art Ver- ma“, ich würde mit einem Rechtsradikalen

schwer getroffen“
mittler zwischen Gesundheitsexperten, Politikern und sympathisieren, wurde an einem Donners-
Bevölkerung. Meine Hoffnung ist auf das Schlimmste tag im Fernsehen gesendet. Mich erreichte
enttäuscht worden. Der Mann ist weiterhin voller die Sache am Montag zuvor, als ich früh ins
Angst und Sorge. Frei von jeder Zuversicht. Und ne- Ministerium kam. Noch bevor ich mein Bü-
benher macht er viele taktische Fehler. Ich weiß, dass ro betreten konnte, wurde ich zur Seite ge-
die obligatorischen 100 Tage Schonfrist, die man Poli- nommen, unter Zeugen wurde mir der Sach-
tikern nach ihrem Amtsantritt gibt, noch nicht vorü- verhalt eröffnet. Dann nahmen die Dinge ih- Der Bundeswehr-Offizier Marcel Bohnert stand nach einem ARD-Bericht zu
Unrecht unter Extremismus-Verdacht. Im Interview spricht er über mögliche
ber sind. Doch meine Geduld ist schon jetzt am Ende, ren Lauf: Das Ministerium hat sich öffent-
nach 65 Tagen. lich distanziert. Noch in derselben Woche

Lehren aus seinem Fall: für Journalisten, seinen Arbeitgeber – und sich selbst
Während nahezu alle in diesem Land, sogar die habe ich meinen Dienst in einer nachgeord-
meisten Virologen, inzwischen Zuversicht verbreiten, neten Dienststelle angetreten. Immerhin:
schlägt Karl Lauterbach weiterhin täglich Alarm. Dort hat man mich fair behandelt und sich
Jüngstes Beispiel sind die 500 Corona-Toten pro Tag, meine Version der Geschichte angehört.
die er für Deutschland prophezeit, wenn das Land die
Einschränkungen jetzt wieder aufhebt. Er habe das Dennoch hat das Verfahren 17 Monate ge-
mal ausgerechnet, sagt er dann dazu. Keine Ahnung, dauert. Warum? Warum haben Sie die Herzchen gesetzt? recherchiert, dann waren es vielleicht am können möglicherweise in extreme Lager
ob die Zahlen plausibel und sinnvoll sind. Fest steht: Das weiß ich nicht. Ich wurde nach der Ver- Warum vergibt man Herzchen bei Instag- Ende fünf. Ich sage, es können auch zehn driften.
Sie schüren Angst und Unsicherheit. Dass gleichzeitig setzung mehrfach von einem Wehrdiszipli- ram? Es gibt einen aktuellen Beitrag der gewesen sein, bei denen man im Nachhi-
selbst der Vorstandschef der Deutschen Kranken- naranwalt vernommen. Ich habe mich nicht „Tagesschau“ über die Zunahme von psy- nein kritische Fragen stellen kann. Social Neben dem MAD haben auch Ihr Diszipli-
hausgesellschaft Entwarnung für eine Überlastung des juristisch vertreten, sondern lediglich im chischen Belastungen bei Kindern und Ju- Media ist ein dynamisches Geschäft. Wenn narvorgesetzter und ein Wehrdisziplinar-
Gesundheitssystems gibt – interessiert ihn scheinbar Vorfeld beraten lassen. Ich dachte ja, die Sa- gendlichen. Der hat Zehntausende von Li- man da am Puls der Zeit bleiben will, sind anwalt ermittelt. Worum ging es dabei?
nicht. che würde sich schnell aufklären und ich kes. Genauso wie ein Beitrag darüber, dass Fehler nicht nur wahrscheinlich, sondern Da ging es vor allem um die Frage der politi-
Das alles könnte ich noch akzeptieren, wenn er könnte nach wenigen Tagen oder Wochen eine Dürre am Horn von Afrika das Leben unvermeidbar. schen Betätigung. „Panorama“ hatte ja im
parallel immerhin die Macher-Rolle einnehmen würde. wieder zurück ins Ministerium. Es kam an- vieler Millionen Menschen gefährdet. Wa- Nachgang zu dem Bericht noch festgestellt,
Doch das tut er nicht. Nehmen wir den aktuellen Ver- ders. Allein die Befragung durch den MAD rum? Doch nicht, weil die Leute diese Ent- Kennen Sie den Verfasser der Posts, die dass ich an einem Studienzentrum und bei ei-
such, der Impf-Kampagne neues Leben einzuhauchen. (Militärischer Abschirmdienst, die Red.), wicklungen begrüßen. In meinem Verständ- sie gelikt haben? ner Burschenschaft vorgetragen habe, die
Dieser Versuch wird so schlecht gemanagt, dass die der offenbar sehr umfassend ermittelt hat- nis bedeutet ein Like: wahrgenommen, ver- Ich habe diesen Menschen genau einmal in mindestens ins konservative Spektrum ge-
Deutschen das Impfen jetzt praktisch eingestellt ha- te, fand erst nach einigen Monaten statt. standen, danke für die Info, fertig. Ich habe meinem Leben getroffen. Er ist Kundus-Ve- rechnet werden können. Es stand die Frage
ben. Lauterbach fordert derweil lautstark die vierte vielleicht zwischen 30 und 50 Likes pro Tag teran mit Gefechtserfahrung, mit dem ich im Raum: War das dienstrechtlich in irgend-
Impfung und wundert sich, warum viele von denen, Ihr Vergehen bestand in zwei Herzchen, vergeben, über die Jahre waren es insge- deshalb bei Social Media vernetzt war. Das einer Art und Weise verboten? Die Ermittlun-
die schon von der ersten nicht überzeugt sind, lieber die Sie im sozialen Netzwerk Instagram samt Zehntausende. „Panorama“ hatte nun war’s. Ich habe gelernt: Auch Menschen, gen haben ergeben: Nein, war es nicht. Ich ha-
gleich im Lager der Verweigerer bleiben. Und dann an Posts vergeben haben, deren Verfasser zwei Likes gefunden. Es wurde noch weiter von denen man das nicht erwartet hätte, be in der Vergangenheit knapp 100 Vorträge
der Ärger mit dem Robert-Koch-Institut. Dessen Ak-
tivitäten verselbstständigen sich zusehends, und Lau-
terbach schaut machtlos zu.
Mein größtes Problem mit Karl Lauterbach ist je-
doch, dass er Unsicherheit verbreitet. Dabei wartet die
Bevölkerung, egal ob Impfskeptiker oder nicht, auf

zuversichtliche Töne. Auf jemanden, der Mut macht.
Wenn schon der Kanzler nicht sicht- und hörbar ist,
dann möchte man doch wenigstens, dass der Gesund-
heitsminister Optimismus und einen konkreten Fahr-
plan vermittelt. Wir brauchen Lauterbach nicht als
INNENPOLITIK
den in den Jahren 2017 und 2018 gerichtlich verboten. Nun Russland der Initiator des Säbelrasselns sei, sagte der Vor-
scheiterte der Satiriker vor dem Bundesverfassungsgericht. sitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred
Es nahm seine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entschei- Weber (CSU), dem Nachrichten-Sender WELT. „Weil es
dung an, wie es am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte. Sie Hunderttausende von russischen und belarussischen Sol-
AUTOBAHNBLOCKADEN habe „keine Aussicht auf Erfolg“. Böhmermann hatte das daten sind, die an der Grenze stehen – und nicht Nato-Sol-

Umweltministerin zeigt Verständnis

Arzt, Talkshow-Gast oder Epidemiologen. Wir brau- Gedicht am 31. März 2016 in seiner Sendung „Neo Magazin daten.“ Er forderte die Vorlage einer konkreten Liste von
chen Lauterbach endlich als Gesundheitsminister. Als Royale“ auf ZDF Neo verlesen. Darin wurden Erdogan in Sanktionen gegen Russland, damit Präsident Wladimir Putin
Macher. Mahner war er lange genug. drastischen Worten sexuelle Handlungen wie Pädophilie und „den Preis auch versteht“. Wie der Ukraine-Konflikt zum
Ihre unangemeldeten Sitzblockaden auf Autobahnen treiben Sodomie unterstellt. Dieser ging dagegen juristisch vor, was Katalysator wird für die geostrategischen Beziehungen der
Autofahrer zur Weißglut. Am Donnerstagmorgen gab es in großes Aufsehen erregte und die deutsch-türkischen Bezie- großen Mächte, erfahren Sie auf Seite 6.

IMPRESSUM
Berlin wieder Protestaktionen der kleinen Klimaschutz- hungen belastete. Strafrechtlich blieb die Sache für Böhmer-
Verleger AXEL SPRINGER (1985†) Initiative „Letzte Generation“, die Staus zur Folge hatten. mann folgenlos. Im zivilrechtlichen Verfahren in Hamburg
Die Aktivisten twitterten: „Hungersnöte in DE sind un- unterlag er allerdings. Der Bundesgerichtshof wies 2019 BAERBOCK IN ISRAEL

„Mache mir keine Illusionen“

Herausgeber: Stefan Aust
Chefredakteur: Dr. Ulf Poschardt
Stellvertreter des Chefredakteurs:
Oliver Michalsky
Chefredakteure in der Welt-Gruppe:
Dr. Jan Philipp Burgard,
Dagmar Rosenfeld, Jennifer Wilton
Haubrich Wissen: Dr. Pia Heinemann
Wirtschaft und Geld: Olaf Gersemann
Sport: Matthias Brügelmann Feuilleton:
Mladen Gladic Hamburg: Jörn Lauterbach
Alle: c/o Axel Springer SE, 10888 Berlin.
Anzeigen: Judith Umlauf, Axel Springer
SE, 10888 Berlin
ausweichlich, wenn wir nicht innehalten.“ Bundesumwelt- seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
ministerin Steffi Lemke (Grüne) findet die Aktionen offen- zurück, woraufhin er vor das Bundesverfassungsgericht zog.
bar in Ordnung. „Es ist absolut legitim, für seine Anliegen
zu demonstrieren und dabei auch Formen des zivilen Un- Zwei Monate nach ihrem Amtsantritt ist Außenministerin
PROBLEM NIMMT DURCH CORONA ZU
gehorsams zu nutzen“, zitierte der „Tagesspiegel“ die Grü- Annalena Baerbock (Grüne) zu einer Reise in den Nahen

Regierung: Einsamkeit bekämpfen

Stv. Chefredakteur: Robin Alexander
Geschäftsführender Redakteur:
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Redaktionsleiter Digital:
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Leitung Editionsteam:
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Artdirektion: Juliane Schwarzenberg
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Olaf Gersemann, Thomas Exner (Senior
Editor) Feuilleton: Dr. Mara Delius,
Andreas Rosenfelder Stil/Reise/Leben:
Adriano Sack Sport: Matthias Brügel-
Axel Springer SE vertreten durch den
Vorstand Dr. Mathias Döpfner (Vor-
sitzender), Jan Bayer, Dr. Stephanie
Caspar, Dr. Julian Deutz
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Tel.: 030 / 259 10. DIE WELT wird als
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schutz finden Sie unter www.welt.de/
nen-Politikerin. Lemke verwies demnach auf ihre eigene Osten aufgebrochen. Bei einem Treffen mit ihrem israe-
Vergangenheit und die friedliche Revolution in der DDR, gab lischen Amtskollegen Jair Lapid sicherte sie Israel die Soli-
jedoch zu, dass dies nicht ganz vergleichbar sei. Wichtig sei, darität Deutschlands zu und kündigte einen entschlossenen
dass bei solchen Aktionen niemand zu Schaden komme. Die Rund zehn Prozent der Bevölkerung in allen Generationen Kampf gegen Antisemitismus an. „Die Sicherheit Israels ist
Aussage löste umgehend Widerspruch vom Koalitionspart- fühlen sich in Deutschland Studien zufolge oft oder sehr oft und bleibt deutsche Staatsräson“, sagte sie. Zuvor hatte sie
ner aus. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einsam. Die Bundesregierung will nun Initiativen dagegen in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem der
schrieb auf Twitter: Ziviler Ungehorsam sei im deutschen unterstützen. „Die Corona-Pandemie führt dazu, dass sich von den Nationalsozialisten ermordeten Juden gedacht.
Recht weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgrund. mehr Menschen einsam fühlen“, sagte Bundesfamilienminis- Zum brachliegenden Friedensprozess mit den Palästinen-
„Unangemeldete Demos auf Autobahnen sind und bleiben terin Anne Spiegel (Grüne) zum Start des Kompetenznetz- sern sagte sie: „Ich mache mir keine Illusionen darüber.“
rechtswidrig. Protest ist ok, aber nur im Rahmen von Recht werks Einsamkeit. Inzwischen fühlten sich mehr als zwölf Wie Lapid seinen Eindruck von Baerbock im Gespräch mit
und Verfassung.“ Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte bei Prozent der Menschen über 80 einsam, sagte Spiegel. „Das WELT beschrieb, lesen Sie auf Seite 6.
„Markus Lanz“, sie halte nichts von den Autobahn-Blocka- ist mehr als doppelt so viel wie vor Beginn der Pandemie.“
den. Sie hatte kürzlich noch anders geklungen. Wie das The- Über das Kompetenznetzwerk sollen unter Federführung
TERROR IN FRANKREICH
ma die Grünen beschäftigt, lesen sie auf Seite 4. des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Möglich-

Angeklagter rechtfertigt Blutbad

mann Wissen: Dr. Pia Heinemann
Nachrichten/Gesellschaft: Thore Barfuss
Community/Social: Franziska Zimmerer
CvD Produktion: Patricia Plate
datenschutz. Sie können diese auch keiten der Vorbeugung und Bekämpfung von Einsamkeit
schriftlich unter Axel Springer SE,
erforscht, Strategien weiterentwickelt sowie Wissen ver-
NUN AUCH IM BUNDESTAG
Datenschutz, Axel Springer Straße 65,
10969 Berlin anfordern. Die Rechte für die breitet werden. Zudem soll die Gesellschaft für einsame

Foto: Michael Dilger Infografik:
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Chefökonomin: Dr. Dorothea Siems
Auslandskorrespondenten: Athen:
Carolina Drüten Brüssel: Dr. Tobias
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Genesenenstatus verkürzt
Menschen stärker sensibilisiert werden. Der Bund fördert Im Prozess um die islamistischen Terroranschläge 2015 in
das Projekt; zunächst stehen bis Jahresende dieses Jahres Paris hat der Hauptangeklagte das Blutbad als Verteidi-
mehr als eine Million Euro zur Verfügung. gungsaktion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) darge-
Quasi über Nacht und überraschend verkürzte das Robert- stellt. Wegen französischer Angriffe gegen Islamisten in

Kaiser, Dr. Christoph Schiltz Kapstadt:
Christian Putsch London: Stefanie
Bolzen Marrakesch: Alfred Hackens-
berger Moskau: Pavel Lokshin New York:
Hannes Stein Paris: Martina Meister
Tel Aviv: Christine Kensche Warschau:
Philip Fritz Washington: Dr. Daniel
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0173-8437. DIE WELT, USPS No. 0603-
AUSSENPOLITIK
Koch-Institut (RKI) im Januar den Genesenenstatus von Syrien mit zivilen Opfern habe die Miliz in Paris zugeschla-
sechs auf drei Monate – die Empörung war groß. Dass dies gen, sagte der einzige Überlebende des Terrorkommandos,
für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht galt, Salah Abdeslam, bei seiner ersten Befragung vor Gericht.
sorgte für noch mehr Ärger. Doch mit der Sonderregel ist Weil der IS nicht in Syrien militärisch mit Flugzeugen oder
UKRAINE-KONFLIKT
jetzt Schluss: Der kürzere Genesenenstatus soll ab der kom- Hubschraubern habe reagieren können, habe er Cafés und

Russen starten Manöver in Belarus

Friedrich Sturm
Ständige Mitarbeit: Prof. Michael
Stürmer Autoren: Henryk M. Broder,
Dr. Susanne Gaschke, Peter Huth,
Alan Posener, Hans Zippert
WELT kooperiert mit „El País“
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590. Es gilt die WELT-Preisliste Nr. 100,
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Amtliches Publikationsorgan aller
deutschen Wertpapierbörsen. Keine
menden Woche auch für die Abgeordneten gelten. Damit einen Konzertsaal in Paris angegriffen. Bei der Anschlags-
ändern sich die Regeln für den Zugang zu Plenar- und Aus- serie vom 13. November 2015 starben mehr als 130 Menschen.
schusssitzungen. Dafür wurde die Allgemeinverfügung ge- Mehr zum Auftreten Abdeslams lesen Sie auf Seite 5.
ändert – vorausgegangen war eine Verständigung von Bun- Inmitten schwerer Spannungen im Ukraine-Konflikt haben
destagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) mit den Fraktionen. Russland und Belarus am Donnerstag gemeinsame Militär-
manöver begonnen. Bei der Übung solle etwa „die Abwehr IRANS ATOMPROGRAMM

Entscheidende Phase der Gespräche

„La Repubblica“ (Italien), „Le Figaro“
(Frankreich), „Le Soir“ (Belgien),
„Tages-Anzeiger“ und „Tribune de
Gewähr für unveröffentlichte Kurs-
äußerer Aggression“ trainiert werden, erklärte das Verteidi-
STREIT UM ERDOGAN-GEDICHT
notierungen. Für unverlangt eingesandtes
Material keine Gewähr. gungsministerium in Moskau. Im Westen wird befürchtet,

Böhmermann scheitert in Karlsruhe

Genève“ (beide Schweiz)
Verantwortlich im Sinne des Pressege-
setzes: Seite 1/Auf einen Blick: Christian
Gaertner Deutschland: Claudia Kade
Ausland: Caroline Turzer Forum: Rainer
Sie erreichen die Redaktion unter:
DIE WELT, Brieffach 2410, 10888 Berlin
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Fax: 030 / 25 91 71 606
dass Russland einen Einmarsch in die Ukraine vorbereitet.
Das ukrainische Militär wollte als Antwort am Donnerstag Das Weiße Haus hat gemischte Signale zum Stand der Atom-
ebenfalls mit zehntägigen Manövern beginnen. Der britische gespräche mit dem Iran gegeben. Sprecherin Jen Psaki sagte,
18 von 24 Zeilen des Schmähgedichts von Jan Böhmermann Premier Boris Johnson sprach von der „größten Sicherheits- ein Deal sei „in Sicht“. Sie warnte aber zugleich, „dass, wenn
über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan wur- krise für Europa seit Jahrzehnten“. Es sei jedem klar, dass er nicht in den kommenden Wochen erreicht wird, Irans

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DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022 * AUF EINEN BLICK 3
cherchiert, ehe sie ihre Vorwürfe ausge- arbeitet werden konnten. Es wird geschätzt, dass der Rück- Vorsitzenden Lars Klingbeil kritisiert, nach den Olympi-
strahlt haben? stau bis Ende des Frühjahrs auf mehr als 200.000 Schweine schen Winterspielen in Peking auch der Fußball-WM in
Im Magazin des Bundeswehrverbandes anwachsen könnte. Wie auch in etlichen anderen Sektoren Katar fernzubleiben. Klingbeils Aussagen würden „politi-
schrieb jemand, dass es sich katastrophal waren vor dem Brexit viele Arbeitskräfte aus EU-Ländern in schen und persönlichen Agenden dienen“, die „Instrumenta-
auswirke, wenn ein gefestigtes Weltbild die der Branche tätig. Während der Pandemie sind viele in ihre lisierung der Fußball-WM aufgrund persönlicher oder politi-
Recherche ersetzt und aus Indizien ein Ur- Heimatländer zurückgekehrt. Nach dem Ende der Freizügig- scher Motive“ sei nicht hinnehmbar.
teil wird. Ich will das nicht kommentieren, keit ist es heute aufwendig und teuer, als EU-Bürger eine
sage aber: Andere Journalisten haben später Arbeitserlaubnis in Großbritannien zu bekommen.
festgestellt, dass die „Panorama“-Redakteu- DRITTE LIGA

Siebte Trainer-Entlassung
rinnen die Ansprüche, die sie an mich ge-
stellt haben, selbst nicht erfüllen konnten. AKTIEN GEFRAGT

Fonds verkaufen sich sehr gut

Sie sind in linksextremen Kreisen vernetzt,
eine der Journalistinnen hatte einen Like Nach dem Absturz ans Tabellenende hat sich Fußball-Drittligist
bei der NPD hinterlassen. Würzburger Kickers schon wieder von Trainer Danny Schwarz
Absatzrekord: Die Fondsbranche in Deutschland hat 2021 256 getrennt. Der bisherige Nachwuchsleiter Ralf Santelli soll die
Aus Recherchegründen? Milliarden Euro eingesammelt, so viel wie nie, wie der Bun- Unterfranken nun vor dem Fall in die vierte Liga bewahren. Der
Mag sein. Ich verweise im Gegenzug auf desverband Investment und Asset Management (BVI) mit- Zweitliga-Absteiger aus Würzburg ist seit elf Spielen sieglos.
meine Publikationsliste. Diese Texte fallen teilte. Das bislang beste Jahr hatte die Branche 2015 mit Zu- Schwarz hatte erst Mitte Oktober nach einem schlechten Sai-
nicht vom Himmel. Ich bin notwendiger- flüssen von 186,6 Milliarden Euro verzeichnet. Vor allem die sonstart Coach Torsten Ziegner abgelöst. Insgesamt ist es die
weise umfangreich vernetzt und hole mir in Inflationsrate von 3,1 Prozent und die Negativzinsen hätten siebte Trainer-Entlassung in der laufenden Drittliga-Saison.
sozialen Netzen Anregungen und Hinweise. Anleger dazu bewogen, ihr Geld in Fonds zu stecken, hieß es.

KULTUR UND GESELLSCHAFT

Es geht auch darum, in Filterblasen reinzu- Auch beim verwalteten Vermögen verzeichnete der Verband
schauen, ohne dass ich mir damit die Mei- mit gut 4,3 Billionen Euro eine neue Bestmarke. Binnen zehn
nungen zu eigen mache. Jahren sei das Vermögen um mehr als 140 Prozent gestiegen.
NORMAN JANKOWSKI/VIERFINGERFILM.DE

Sehen Sie Ihren Ruf geschädigt? DISNEY-SERIE

MEHR ALS 25 PROZENT
Start von „Obi-Wan Kenobi“ im Mai
Der Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit

Aktie von Delivery Hero stürzt ab

gehalten zu den Themenbereichen Afghanis-
tan und Innere Führung, an Universitäten,
Forschungsinstituten, der Bundeszentrale für
Politische Bildung, im Beirat Innere Führung
oder dem Darmstädter Signal, einem Arbeits-
kreis kritischer Soldaten. Mir geht es um den
Diskurs, ich scheue Andersdenkende nicht,
war ehrverletzend und hat mich persönlich
schwer getroffen. Ich bin der Meinung: Je-
der, der sich länger als eine halbe Stunde Für „Star Wars“-Fans hat das Warten bald ein Ende: Die mit
mit mir beschäftigt, erkennt sehr schnell, Nach Vorlage enttäuschender Jahreszahlen muss die Aktie Spannung erwartete Serie „Obi-Wan Kenobi“ soll ab dem 25.
dass ich mit beiden Beinen auf dem Boden des Lieferdienstes Delivery Hero herbe Verluste hinnehmen. Mai beim Streamingdienst Disney+ laufen. In der Ankündi-
der Verfassung stehe. Man müsste nur mal Der Kurs brach am Donnerstagvormittag um 25 Prozent ein. gung veröffentlichte der Unterhaltungsriese Disney auch ein
einen Teil meiner wissenschaftlichen Der Dax-Konzern steigerte seinen Umsatz zwar stark, macht Poster, das Hauptdarsteller Ewan McGregor (50) inmitten
Schriften lesen, meine Interviews, Gastbei- aber weiterhin Verlust. Analysten kritisierten, dass es mit einer Wüstenlandschaft erneut in der ikonischen Titelrolle
träge oder auch Posts in den Netzwerken. Auslaufen der Pandemie noch schwieriger für das Unterneh- des Jedi-Meisters zeigt. Die neue Serie ist zehn Jahre nach
Das ist nicht geschehen, deshalb hatte ich men werden dürfte, Gewinne zu erzielen, weil die Menschen den Ereignissen von „Star Wars: Episode III – Die Rache der
jetzt eine sehr unschöne Zeit. Und künftig wieder mehr auswärts essen und weniger Gerichte und Le- Sith“ angesiedelt, als Obi-Wan Kenobis junger Jedi-Schüler
muss ich damit leben, dass mich immer ein bensmittel nach Hause bestellen dürften. Delivery Hero Anakin Skywalker zur dunklen Seite der Macht wechselte
kritisches Grundrauschen begleiten wird. bietet Lieferdienste in rund 50 Ländern in Asien, Europa, und zu dem gefürchteten Darth Vader wird.
Das wird nicht mehr enden. Lateinamerika, dem Nahen Osten und Nordafrika an. Die
Lieferplattform hat ihren Hauptsitz in Berlin. 2020 wurde
Woran merken Sie das? Delivery Hero in den Deutschen Aktienindex aufgenommen. DREHBEGINN IM MAI

Ferrari-Film mit Penélope Cruz

solange sie sich auf dem Boden der freiheit-
lich-demokratischen Grundordnung bewe-
gen. Ich gehe auch dahin, wo es unbequem
ist, und passe meine Meinung auch nicht dem
jeweiligen Forum an. Physische Nähe bedingt
noch lange keine geistige Nähe.
Dennoch sagen Sie: Bei Burschenschaften
oder dem Studienzentrum würden Sie
nicht mehr auftreten.
Ja, weil ich dort nicht das Gefühl hatte, dass
es den Teilnehmenden um ein offenes Ge-
spräch ging. Aber das ist meine private Kon-
sequenz. Im Disziplinarverfahren wird klar
festgestellt: Die Auftritte waren in keiner
Weise verboten.
Marcel Bohnert
Haben die Journalisten bei „Panorama“
Unter meine Postings kriege ich immer wie-
der Anfeindungen oder Beleidigungen, wie
ich als „Nazi“ so was schreiben könnte. Fa- EUROPA
ke- und Trollprofile verbreiten haufenweise Für seinen lange geplanten Spielfilm über den legendären
Unwahrheiten und Diffamierungen. Und im Wer produziert die meisten Chips? Autobauer und Rennfahrer Enzo Ferrari (1898-1988) hat
realen Leben schaut der Nachbar, der sonst Regisseur Michael Mann (79, „Heat“, „Ali“) nun die Beset-
immer freundlich gegrüßt hat, verschämt Europäische Länder mit dem höchsten Exporthandelswert zung zusammen. Adam Driver (38, „House of Gucci“) über-
auf den Boden. Das wird nachhallen, damit für integrierte Schaltkreise in 2020 (in Mrd. US-Dollar) nimmt die Hauptrolle, Penélope Cruz (47, „Parallele Müt-
muss ich leben. Aber dieses „Panoramaga- ter“) spielt Ferraris Ehefrau Laura. Shailene Woodley soll
te“ kennt insgesamt nur Verlierer. Auch die Deutschland 12,8 dessen Geliebte Lina Lardi darstellen. Regisseur Mann will
Journalistinnen wurden ja übel angegangen Niederlande 11,5 ab Mai an Schauplätzen im italienischen Modena und in der
und sogar bedroht. Das ist in keiner Art und Irland
Region Emilia-Romagna drehen. Wichtiger Teil des Films
Weise akzeptabel. Der Podcast Medienwo- 8,2 soll das Jahr 1957 sein, als bei der legendären und berüchtig-
che hat mit Blick auf meinen Fall von einer Frankreich 6,5 ten Autorallye „Mille Miglia“ quer durch Italien ein Ferrari-
„entgleisten Debatte“ gesprochen. Das Belgien Rennwagen einen tödlichen Unfall baute.
trifft es. Ich fände es gut, wenn wir alle mal Anteil China, 1,7
Tschechien
kurz innehalten würden und uns für die Hongkong, Taiwan 1,5
Chancen und Gefahren von Social Media Vereinigtes am globalen 50% UNFALL IN FÜRTH

Lkw-Fahrer in Untersuchungshaft
aus Ihrer Sicht ausreichend gründlich re- sensibilisieren. Königreich Exporthandels- 1,4
wert
Italien 1,2

Quelle: UN, Statista

Der betrunkene Lastwagenfahrer aus der Türkei, der in
Fürth mehrere Autos und Häuser gerammt hat, muss in
Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter des Amtsge-
NACH US-INFLATIONSDATEN richts Fürth erließ einen Haftbefehl gegen den 50-Jährigen.

Dax kämpft sich ins Plus

nukleare Fortschritte es unmöglich machen“ würden, dass
die USA zum internationalen Atomabkommen zurückkeh-
ren. Iran hatte am Mittwoch eine neue Rakete präsentiert,
ihre Reichweite beträgt nach offiziellen Angaben 1450 Kilo-
meter. Vom Iran sind damit Israel und US-Stützpunkte im
Nahen Osten erreichbar. Nach Angaben aus Teheran wird
die Rakete komplett im eigenen Land hergestellt und kann
Abwehrsysteme überwinden. Mehr über die entscheidende
Phase der Verhandlungen mit Teheran lesen Sie auf Seite 6.
WISSEN
bundesamts (UBA) wurden die EU-Richtwerte für die Belas- Der Mann hatte am Dienstagabend bei seiner Trunkenheits-
tung mit Stickoxiden und Feinstaub selbst an Hauptver- fahrt eine Schneise der Verwüstung gezogen. Er beschädigte
kehrsstraßen in Großstädten fast überall eingehalten. Den- nach Polizeiangaben 34 Fahrzeuge und setzte ein Haus in
noch fordert das Amt drastische Maßnahmen, um die Luft- Der Dax hat am Donnerstag die nach neuen US-Inflations- Brand. Drei Menschen wurden verletzt. Ein Polizeisprecher
qualität in den kommenden Jahren weiter zu verbessern – es daten verbuchten Kursverluste am Ende wettgemacht. Mit schätzte den Sachschaden auf etwa 400.000 bis 500.000
fordert ein Verbot von Holzheizungen. Warum jetzt Pellet- plus 0,05 Prozent auf 15.490 Punkte ging der deutsche Leit- Euro. Der Mann, bei dem ein Atemalkoholtest zwei Promille
systeme und Kaminöfen ins Visier der grünen Agenda rü- index ins Ziel. Anders verhielt sich der MDax der mittel- ergab, wurde nach seiner Verwüstungsfahrt festgenommen.
cken, erfahren Sie auf Seite 9. großen Aktienwerte, der 0,75 Prozent auf 33.527 Zähler ein-
büßte. Auch der Eurostoxx verzeichnete leichte Verluste. In
den USA hat sich der Preisauftrieb im Januar stärker be- THAILAND
ZERRÜTTETE WÄHRUNG
Suche nach dreibeinigem Tiger
schleunigt als erwartet. Die Verbraucherpreise stiegen ge-

Türken sollen Gold in Lira tauschen

genüber dem Vorjahresmonat um 7,5 Prozent. Die unerwar-
tet hohe Inflation schürt Befürchtungen, dass die US-Noten-
bank Fed die Leitzinsen im Laufe dieses Jahres kräftig er- Die Behörden in Thailand sind auf der Suche nach einem
STERN PROXIMA CENTAURI Die türkische Lira hat im vergangenen Jahr rund 40 Prozent höht. Weitere Kurse finden Sie auf Seite 9. Tiger mit drei Beinen, der im abgelegenen Khao-Laem-Na-

Dritter Exoplanet entdeckt

ihres Wertes verloren. Doch Präsident Recep Tayyip Erdo- tionalpark an der Grenze zu Myanmar fotografiert wurde.

Wissenschaftler der europäischen Südsternwarte (Eso) ha-
ben mit dem Very Large Telescope (VLT) in Chile einen
weiteren Planeten des Sterns Proxima Centauri entdeckt. Er
SPORT
gan hat nur seine Wiederwahl im Blick und verweigert die Auf den Aufnahmen einer Kamerafalle ist zu sehen, wie die
nötigen Maßnahmen, um die Lira zu stabilisieren. Jetzt Raubkatze einen Wasserbüffel frisst. Die Tierschutzorgani-
scheint nur noch ein Schritt der Verzweiflung zu helfen: Die sation Freeland teilte mit, das Weibchen müsse gefunden
türkischen Bürger sollen ihr privates Gold, also etwa und an einen sicheren Ort gebracht werden, bevor es von
Schmuck, abgeben und in Lira tauschen. Es soll einge- RODELN Wilderern getötet wird. Der Indochinesische Tiger ist stark

Die perfekte Gold-Bilanz

besitzt nur ein Viertel der Erdmasse und ist damit einer der
leichtesten Exoplaneten, die je aufgespürt worden sind. Zwei
andere Planeten waren bisher schon als Begleiter von Pro-
xima Centauri bekannt, der mit einer Entfernung von vier
Lichtjahren der Stern im Universum ist, der unserer Sonne
am nächsten ist. Proxima d umrundet seinen Stern in einem
schmolzen werden und die Reserven der Türkei stabilisie- gefährdet. Wie das Tier sein Bein verlor, ist unklar, jedoch
ren. Warum schon ein ähnlicher Aufruf im Jahr 2018 nur zu wird angenommen, dass Wilderer verantwortlich sind.
großen Verlusten führte, lesen Sie auf Seite 9.
Mit der besten Bilanz der Geschichte haben die deutschen
Rodler die Winterspiele von Peking abgeschlossen und Natalie WETTER
BAUSTOFFE Geisenberger zur deutschen Rekord-Olympiasiegerin gekrönt. 4 4

Stärkster Preisanstieg seit 1949

Abstand von rund vier Millionen Kilometer – das ist weniger Die 34-Jährige ist nach dem Team-Triumph am Donnerstag 5 Kiel
als ein Zehntel der Distanz zwischen der Sonne und dem sechsmalige Rodel-Goldmedaillengewinnerin. Die Doppelsit- 6 5
-2
Rostock
Merkur – dem innersten Planeten unseres Sonnensystems. zer Tobias Wendl und Tobias Arlt siegten ebenfalls zum sechs- Hamburg 5
Bremen
Lieferengpässe, knappe Rohstoffe und eine erhöhte Nach- ten Mal bei Winterspielen. Einsitzer Johannes Ludwig feierte 0
6 6
frage haben das Bauen in Deutschland 2021 stark verteuert. mit dem Team-Gold seinen insgesamt dritten Olympiasieg. -3 -3
Berlin
PSYCHOLOGIE Erzeugerpreise für einzelne Baustoffe wie Holz und Stahl Einen ausführlichen Bericht lesen Sie auf Seite 13. Hannover
6
7 -5

Männer über 50 und ihre Krisen

seien im Jahresdurchschnitt so stark wie noch nie seit Be- -3 Münster 5
ginn der Erhebung im Jahr 1949 gestiegen, meldete das Sta- -3
5
tistische Bundesamt. So verteuerten sich Konstruktionsvoll- HAMBURGER SV -3 Kassel Leipzig
Düsseldorf 5

Seeler glaubt wieder an Aufstieg

Viele Männer im Alter über 50 kommen mit ihrer heutigen holz um 77,3 Prozent, Dachlatten um 65,1 und Bauholz um 6 -2
Köln 2 -2
-2 Dresden
gesellschaftlichen Rolle nicht klar. Heldenstatus quasi per 61,4 Prozent. „Selbst die Preise für Spanplatten, für die in 7
-2 Sonne
Geburtsrecht gibt es nicht mehr, und Bewunderung ist keines- der Regel das Abfallprodukt Sägespäne genutzt wird, stiegen Frankfurt
falls garantiert. Ältere Männer fühlen sich nicht selten bevor- um 23,0 Prozent“, so die Statistiker. Auch die Stahlpreise Uwe Seeler hat seinen HSV im Aufstiegskampf der 2. Fuß- 8 4
Saarbrücken -1
mundet, bei der Arbeit und in der Familie entmachtet, biswei- treiben die Kosten auf dem Bau in die Höhe: Betonstahl in ball-Bundesliga wieder voll auf der Rechnung. „Die Hoff- 6
Nürnberg 07:43 17:30
len partnerschaftlich unter Druck gesetzt. Die Schweizer Su- Stäben war im Jahresschnitt um 53,2 Prozent teurer, Beton- nung ist zurück, dass wir endlich, nach vier Jahren, den -1 5
Stuttgart -1 Mond
pervisorin Monika Meiler erklärt im Gespräch mit WELT, wie stahlmatten kosteten 52,8 Prozent mehr als 2020. Beton- Sprung in die Bundesliga schaffen. Die Chance ist vorhan-
7
betroffene Männer aus ihrer Identitätskrise herausfinden kön- stahl wird unter anderem im Rohbau zur Verstärkung von den“, sagte der 85 Jahre alte ehemalige Profi und Präsident 3 -2
Friedrichshafen München
nen und warum viele von ihnen insbesondere Probleme mit Bodenplatten, Decken oder Wänden eingesetzt. des Hamburger SV. Grund für seine Zuversicht ist der Top- 6
12:04 04:35
5
Annalena Baerbock haben. Das Interview lesen Sie auf Seite 8. start des HSV in die zweite Saisonhälfte mit dem jüngsten -2 0 Angaben für Kassel

Nasskalt mit Regen und Schnee

5:0-Erfolg bei Spitzenreiter Darmstadt 98 als Krönung. Der
SCHLACHTERMANGEL IN GROSSBRITANNIEN
WIRTSCHAFT UND GELD
„Bild“ sagte Seeler: „Ich habe mit so einem starken Auftritt

Zehntausende Schweine getötet

BUNDESUMWELTAMT
Holz-Heizungen bald verboten?
Die Luft in Deutschland war 2021 so sauber wie seit vielen
Jahren nicht mehr. Laut vorläufigen Zahlen des Umwelt-
nicht gerechnet. Das gebe ich gern zu.“
Heute: An den Küsten wechseln sich Sonne und Wolken ab. Sonst
ziehen dichte Wolken vorüber, und gebietsweise fällt Regen oder
Schnee. Später kommt die Sonne hervor. Die Temperaturen errei-
Wegen eines akuten Mangels an Schlachtern sind nach An- FUSSBALL-WM IN KATAR chen 0 bis 8 Grad. Der West- bis Nordwind weht zeitweise mäßig
bis frisch, in Böen frisch bis stark. Im Nordwesten und auf den
Botschafter kritisiert Klingbeil
gaben der Fleischbranche in Großbritannien Zehntausende Höhen können stürmische Böen auftreten.
Schweine gekeult worden. Der National Pig Association
Biowetter: Herz und Kreislauf werden besonders belastet. Patien-
zufolge sollen schon mindestens 35.000 gesunde Tiere getö- ten mit hohen Blutdruckwerten wird empfohlen, sich möglichst zu
tet worden sein, da sie wegen eines riesigen Rückstaus in Katars Deutschland-Botschafter Scheich Abdullah bin Mo- schonen. Bei Rheumakranken verschlimmern sich die Schmerzen in
den Schlachthöfen nicht wie geplant geschlachtet und ver- hammed bin Saud Al Thani hat die Ankündigung des SPD- den Gliedern und Gelenken.

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4 POLITIK
Die Grünen und der Glaube
an „zivilen Ungehorsam“
Ricarda Lang und Steffi Lemke zeigen Verständnis für
Autobahn-Sitzblockaden – und geraten ins Straucheln
I
m Matthäusevangelium heißt es:
„Eure Rede aber sei: Ja, ja, nein nein.
Was darüber ist, das ist vom Übel.“
Dass diese Prämisse aus der Bergpre-
digt in der Politik schwer durchzuhal-
ten, ist, zeigt sich in diesen Tagen vor
allem bei Spitzenpolitikerinnen der
Grünen. Denn bei der Frage, wie man
sich zu Straßenblockaden von Klimaak-
tivisten verhält, die derzeit fast täglich
auf Berliner Autobahnen den Verkehr
lahmlegen, herrscht in der Partei ein ba-
bylonisches Positionsgewimmel. Das
verwirrende Motto: zwei Schritte vor,
drei Schritte zurück.
VON CLAUS CHRISTIAN MALZAHN
So äußerte die frisch gekürte neue
Parteichefin der Grünen, Ricarda Lang,
vor wenigen Tagen noch Verständnis
für die Sitzblockaden von Klimaaktivis-
ten in Berlin. Es dürfe niemand gefähr-
det werden, ansonsten halte sie „zivilen
Ungehorsam dann für ein legitimes Mit-
tel des politischen Protests, wenn er
eben friedlich vonstattengeht“, so Lang
im Berliner „Tagesspiegel“. Man solle
sich fragen, warum junge Menschen zu
solchen Mitteln greifen.
Das klang nach großem Verständnis
für Rechtsbruch im Straßenverkehr –
und das von der Vorsitzenden einer Par-
tei, die sowohl im Bund wie im Land
Berlin Regierungsverantwortung trägt.
Am Mittwochabend ruderte Lang dann
in der Talkshow von Markus Lanz wie-
der zurück. Wie sie das gemeint habe,
wollte Lanz wissen. „Ich habe zum Aus-
druck gebracht, dass Protest Teil einer
Demokratie ist“, antwortete Lang. Sie
habe aber auch gesagt, dass dadurch
niemand gefährdet werden dürfe.
Das aber ist in der realen Welt kaum
möglich. Bei Blockaden im Straßenver-
kehr kommt es zwangsläufig zu Gefähr-
dungen. Krankenwagen und Ärzte kom-
men nicht durch, von Handwerkern,
Angestellten und Arbeitern, die Termi-
ne verpassen und möglicherweise des-
halb Aufträge oder gar Jobs verlieren,
ganz zu schweigen. Die Rechtslage ist
zudem eindeutig: Die Blockierer han-
deln rechtswidrig, entsprechende Taten
werden nach Paragraf 315b des Strafge-
setzbuches gesetzlich verfolgt. Im Er-
gebnis kommt es meist zu Geldstrafen;
allerdings sind in extremen Fällen auch
Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren Ge-
fängnis möglich.
Zwischen dem Interview mit dem
„Tagesspiegel“ und dem Auftritt bei
Lanz hatte Lang offenbar Gelegenheit,
sich über diese Rechtslage kundig zu
machen. Plötzlich klang sie ganz an-
ders. Es sei „komplett daneben“, wenn
Krankenwagen oder Feuerwehrautos an
der Weierfahrt gehindert würden, sagte
Lang nun. Lanz bohrte weiter nach, am
Ende distanzierte sich die neue Partei-
chefin erstens deutlich von den Blockie-
rern – und zweitens von ihren vorheri-
gen Aussagen: Sie halte davon nichts,
„ja, ich verurteile das“.
„Drogenkonsumierende sollten Gehör und Akzeptanz finden“
Der Drogenbeauftragte Blienert (SPD) sagt, wie die Cannabis-Legalisierung ablaufen soll. Das Strafrecht erklärt er in gesundheitlichen Fragen für „behindernd“
B
urkhard Blienert (SPD) ist Be-
auftragter der Bundesregierung
für Sucht- und Drogenfragen. Er
fordert: Bier und Wein sollten nur an
Volljährige verkauft werden.
VON FREDERIK SCHINDLER UND KAJA KLAPSA
WELT: Herr Blienert, wann können
wir in Deutschland legal kiffen?
BURKHARD BLIENERT: Wir wollen Can-
nabis an Erwachsene kontrolliert abge-
ben und einen soliden und handfesten
Vorschlag vorlegen. Wir brauchen dafür
einen breiten Austausch in der Gesell-
schaft, Politik und Wissenschaft. Des-
halb nenne ich jetzt keinen Zeitpunkt,
ab wann die Geschäfte öffnen.
Für Millionen Konsumenten ist das
eine wichtige Frage.
Die kontrollierte Abgabe kommt in die-
ser Legislaturperiode. Es gibt eine gro-
ße Bereitschaft bei den Koalitionspart-
nern. Wir sind bereits in die Vorberei-
tungen eingestiegen, nicht nur beim
Thema Cannabis. Wir brauchen eine
Neuausrichtung der Drogenpolitik in
Deutschland.
Die Abgabe von Cannabis soll in li-
zenzierten Geschäften erfolgen. Kann
Die amtierende Umweltministerin
Steffi Lemke (Grüne) hingegen war am
Mittwoch in der politischen Metamor-
phose von der Oppositions- zu Regie-
rungspolitikerin noch nicht so weit vo-
rangeschritten. „Es ist absolut legitim,
für seine Anliegen zu demonstrieren
und dabei auch Formen des zivilen Un-
gehorsams zu nutzen“ sagte Lemke auf
einer Konferenz in Berlin. Kaum war
der Satz in der Welt, bekam Lemke
Rechtsnachhilfe auf Twitter, und zwar
von Bundesjustizminister Marco
Buschmann (FDP) persönlich: „Ziviler
Ungehorsam ist im deutschen Recht
weder Rechtfertigungs- noch Entschul-
digungsgrund. Unangemeldete Demos
auf Autobahnen sind und bleiben
rechtswidrig. Protest ist ok, aber nur
im Rahmen von Recht und Verfas-
sung“, schrieb Lemkes Kabinettskolle-
ge weiter. Die Umweltministerin ant-
wortete subito: „Alle, die darauf war-
ten, dass es endlich einen saftigen Ko-
alitionskrach geben möge, enttäusche
ich jetzt mal“, schrieb Lemke. Sie stim-
me mit ihrem Kollegen Buschmann
überein, das sei in ihrem Statement
auch „klar formuliert“. Aber klar for-
muliert war es eben nicht. Zwar hatte
Lemke erklärt, dass bei solchen Pro-
testaktionen „keine Menschen zu
Schaden kommen dürfen und dass nie-
mand durch zivilen Ungehorsam auf ei-
ne Art und Weise tangiert wird, dass
Schaden eintreten könnte“. Bei den
Blockaden auf der Autobahn ist aber
genau das nicht gegeben.
Die Frage bleibt: Was sollten die Äu-
ßerungen von Lang und Lemke eigent-
lich bewirken? Wen wollten sie damit
beeindrucken? Das mit Autobahnblo-
ckaden gesellschaftlich Mehrheiten für
ambitionierte Klimaschutzpolitik ge-
wonnen werden, glaubt selbst Ricarda
Lang nicht. Auch Steffi Lemke dürfte es
besser wissen.
Doch der Glaube an den „zivilen Un-
gehorsam“ ist für manche Grüne so un-
verrückbar wie die feste Annahme von
Marias Jungfrauengeburt bei Katholi-
ken: mit den verstörenden Details hält
man sich lieber nicht auf. „Ziviler Un-
gehorsam“ gilt zumindest in der Par-
teilinken, der Lemke und Lang angehö-
ren, als eine Art grünes Naturrecht,
Strafbefehle nach Gerichtsverfahren
werden mitunter von manchen grünen
Veteranen stolz vorgezeigt wie Schmis-
se im Gesicht.
Interessant ist deshalb, wer in der
Führungsetage der Grünen sich ver-
schwiemelte Komplimente an die Blo-
ckierer verkniffen hat: Von führenden
Realos wie Robert Habeck, Annalena
Baerbock, Cem Özdemir oder Winfried
Kretschmann sind solche Bemerkungen
nicht bekannt. Das hat den großen Vor-
teil, dass sie ihre Aussagen, einmal ge-
sagt, nicht sofort wieder kassieren müs-
sen. Die Amerikaner haben dafür eine
treffende Formulierung: Eat your own
words. Lang und Lemke haben daran
noch zu kauen.
man sich diese wie Coffeeshops in
den Niederlanden vorstellen?
Das niederländische Modell ist kein
Vorbild für Deutschland. Dort kann
man Cannabis zwar in den Coffeeshops
legal kaufen, die ganze Belieferung
bleibt aber dem Schwarzmarkt überlas-
sen. Wir müssen die gesamte Lieferket-
te im Blick haben, das heißt regulieren
und kontrollieren, vom Anbau über den
Handel bis zum Verkauf. Wir müssen
wissen, woher das Cannabis kommt,
und sicherstellen, dass es den vorgege-
benen Qualitätsstandards entspricht.
Wer soll in den Verkaufsstellen die
Aufklärung der Kunden übernehmen?
Wir werden Fachpersonal mit großer
Kompetenz brauchen, die sich mit den
gesundheitlichen und sozialen Folgen
von Cannabis auskennen. Und mit de-
nen auch ein Gespräch möglich ist, in
denen sie gegebenenfalls auf Hilfsange-
bote verweisen, wenn ein problemati-
scher Konsum vorliegt.
Regelmäßiger Cannabiskonsum kann
insbesondere bei jungen Menschen zu
psychischen Störungen führen. Wa-
rum halten Sie eine Legalisierung
trotzdem für den richtigen Weg?
Weil die bisherige Politik nicht funktio-
WENN
DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022
S
FRAUEN
tatistiken bil-
den die Realität nie
genau ab. Und
Niedersachsens Innenminister
Boris Pistorius ist Sprecher der
SPD-geführten Innenressorts.
STERBEN,
doch geben sie Er hat im vergangenen Jahr
oft Hinweise, eine Verschärfung des Straf-
wohin man genauer schau- rechts gefordert. „Diese
en sollte: Ein Beispiel Taten dürfen wir nicht als
hierfür ist die Erfassung ‚Familientragödien‘ oder
von Zahlen zu Gewalt, ‚Beziehungsdramen‘
die sich gegen Frauen verharmlosen und wir
WEIL SIE
richtet: Hass, Schläge, müssen sie noch deut-
Verletzungen – immer licher mit den Mitteln
wieder auch Mord. des Rechtsstaates be-
kämpfen und ahn-
VON MANUEL den“, sagte Pistorius
BEWARDER zu WELT. „Frauen-
feindliche Beweg-
FRAUEN
Die Statistik des gründe einer Tat“
Bundeskriminalamts müssten „explizit als
(BKA) gibt an, dass strafverschärfende
fast jeden Tag irgend- Umstände“ im Strafge-
wo in Deutschland ein setzbuch ergänzt wer-
Mann versucht, seine den. In Paragraf 46 soll-
SIND
Partnerin oder die Ex zu ten neben rassistischen
töten. Alle drei Tage führt oder fremdenfeindlichen
das im Schnitt zum Tod ei- Beweggründen künftig auch
ner Frau. Und das sind ledig- frauenfeindliche als strafver-
lich die Taten, die von der Po- schärfende Umstände hinzu-
lizei auch gemeldet werden. Ne- gefügt werden. „Wir werden da-
ben der Gewalt im Zusammen- für sorgen, dass diese Beweggrün-
hang mit Partnerschaften werden de bei der Einordnung eines Tö-
Frauen immer wieder unter dem Vor- tungsdeliktes als Mord angemessen
wand eines vermeintlich gekränkten Fa- berücksichtigt werden“, sagte Pistorius.
milienstolzes ermordet. Es gibt Tote un- Mit Blick auf die Rechtsprechung könne
ter Prostituierten. Hinzu kommen zu- bislang das Mordmerkmal der niedrigen
dem sogenannte Incels, die sich oft im Beweggründe ausgeschlossen sein,
Internet radikalisieren. Sie rechtfertigen „wenn der vermeintliche Tatauslöser
Übergriffe mit sexueller Frustration. An- der Trennungswunsch der Frau ist“, so
griffe oder Tötungsdelikte geschehen al- Pistorius. „Aus meiner Sicht wird so das
so allzu oft aus allgemeinem Frauenhass. minderwertige und reaktionäre Frauen-
Jeden Tag
Auch, wenn diese Gewalt längst All- bild des Täters quasi entschuldigt.“ Das
tag ist – die Politik reagiert bisher nur sei „grundfalsch“. Pistorius kündigte an,
langsam auf diese sogenannten Femizi-
de. Ein Grund dafür: Man weiß noch versucht ein dass bei der nächsten Innenminister-
konferenz in diesem Frühjahr „notwen-
nicht, wie man das Phänomen über- Mann, seine dige weitere Maßnahmen zum Schutz
Partnerin
haupt umreißen sollte. So steht in der von Frauen und Kinder“ beschlossen
Koalitionsvereinbarung von SPD, Grü- werden.
zu töten.
nen und FDP, man wolle die Erfassung Die drei Regierungsparteien haben
der politisch motivierten Kriminalität die Verschärfung im Herbst in ihre Ko-
Die Politik
zum Beispiel in Hinblick auf frauen- alitionsvereinbarung aufgenommen.
und queerfeindliche Hasskriminalität Geschlechtsspezifische und homosexu-
verbessern. Man werde eine ressort-
übergreifende Strategie gegen Gewalt
will mehr ellenfeindliche Beweggründe sollen als
strafverschärfende Gründe gelten. Ei-
entwickeln. Was bereits vor der Wahl gegen Gewalt unternehmen, die sich nen Zeitplan gibt es jedoch noch nicht,
speziell gegen Frauen richtet. Doch das
geplant war und zum 1. Januar umge- wie das Justizministerium auf Anfrage
setzt wurde: Die Polizeiliche Kriminal- erklärte. „Die Umsetzung wird derzeit
dauert: Bisher sind solche Straftaten
statistik schlüsselt jetzt genauer jene geprüft“, erklärte eine Sprecherin.
Delikte auf, die „aufgrund von Vorurtei- Schnellen Handlungsbedarf in ande-
len bezüglich eines Geschlechts bezie-
hungsweise einer geschlechtlichen noch nicht rer Hinsicht sieht der Weiße Ring. Jörg
Ziercke, Bundesvorsitzender der Hilfs-
Identität begangen werden“. Das teilte
das BKA auf Anfrage mit. Der spezielle nisterien, der Justiz- und der
einmal temberg zeigen vor allem,
organisation, schrieb vor ein paar Tagen
einen Brief an Bundespräsident Frank-
Hass gilt hier als Motor der Tat. Gleichstellungsministerien genau wie viel noch zu tun ist: So Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf
definiert.
Drei Kategorien gibt es: Delikte, die in den Ländern reden in ih- stellen die Experten fest, Scholz (SPD) und weitere Politiker.
gezielt gegen Männer gerichtet sind. ren jeweiligen Konferenzen dass die bislang in der Sta- „Während die Zahl der Gewaltdelikte in
Einen
Dann Vorfälle, die sich etwa gegen Men- darüber. Dabei geht es um tistik mit Blick auf das Ge- Deutschland insgesamt seit Jahren
schen richten, deren geschlechtliche verschiedene Vorhaben, et- schlecht eingetragenen rückläufig ist, gelingt es Staat und Ge-
Identität vom biologischen Geschlecht
abweicht oder nicht deutlich bestimmt
wa um die bereits genannte
bessere Erfassung. Was aber Fortschritt lich niedrig“ seien. Man
Fallzahlen „außergewöhn- sellschaft nicht, diese Frauen vor ihren
gewalttätigen Männern zu beschützen“,
ist. Dazu kommen jene angezeigten noch komplett fehlt: eine ak- gibt es jetzt müsse in der Fläche besser schreibt der frühere BKA-Präsident. So
aber bei der ren und sensibilisieren.
Straftaten, die sich gezielt gegen Frauen zeptierte Definition, was über das Thema informie- würden verhängte Annäherungsverbote
beziehungsweise das weibliche Ge- man unter dem Begriff Femi- nach dem Gewaltschutzgesetz nieman-
Erfassung gebild erstellt werden.
schlecht richten. Die Ausdifferenzie- zide eigentlich genau ver- Perspektivisch solle ein La- den schützen, „wenn sie nicht kontrol-
rung ermögliche „unter anderem eine steht. liert werden“, schreibt Ziercke.
bessere Politikberatung“, erklärt das Die Innenministerkonfe- Das alles ist aus einem In Spanien zum Beispiel werde ein
BKA. Zudem biete es eine „differenzier- renz hat eine Bund-Länder- Grund besonders wichtig: Bedroher nach einer solchen Anord-
tere Datenbasis für die Weiterentwick- Arbeitsgruppe „Bekämpfung Wenn es um eine Strafe nung in Echtzeit elektronisch über-
lung polizeilicher Maßnahmen“. von geschlechtsspezifisch geht, zählt auch der Be- wacht. Sobald er sich seinem einstigen
In der Politik beschäftigen sich ver- gegen Frauen gerichteten weggrund des Täters. Ge- und womöglich künftigen Opfer nähere,
schiedene Fachbereiche mit der Gewalt, Straftaten“ installiert. Im schlechtsspezifische Moti- würden Polizei und Frau informiert.
die auf Frauen zielt, weil diese Frauen vergangenen Oktober veröf- ve sind bislang nicht straf- Ziercke schreibt: „In Deutschland stel-
sind – oder weil Frauen von einer be- fentlichte sie einen ersten verschärfend, andere wie len wir erst hinterher fest, dass es ein
stimmten Gewaltart besonders betroffen Sachstandsbericht. Die 30 etwa rassistische schon. Annäherungsverbot gab. Das darf so
sind. Die Ressortleitungen der Innenmi- Seiten des LKA Baden-Würt- Das soll sich ändern. nicht bleiben.“
niert. Cannabis ist verboten, und doch Sie sprechen von einer Neuausrich- möglichen, ihre Drogen analysieren zu Sollte man für psychoaktive Substan-
konsumieren es sehr viele Menschen – tung der Drogenpolitik. Bedeutet lassen. zen wie Alkohol, Tabak und andere
und nehmen dabei Risiken in Kauf, die dies, dass Sie auch den Besitz für den Drogen werben dürfen?
ich für unvertretbar halte. Stichwort Eigenkonsum weiterer Drogen straf- Jedes Jahr sterben in Deutschland Nein. Ich halte es für erforderlich, die
Verunreinigungen. Aber: Wir legalisie- frei machen wollen? mehr als 125.000 Menschen an tabak- Werbemöglichkeiten für Alkohol und
ren Cannabis nur für Erwachsene. Und Maßstab ist der Koalitionsvertrag, in bedingten Störungen und mehr als Tabak ganz deutlich zu beschränken.
wir legen den Fokus ganz klar auf Ge- dem wir eine kontrollierte Abgabe von 20.000 an alkoholbedingten Störun- Auch die Werbung für Glücksspiel halte
sundheits- und Jugendschutz. Präventi- Cannabis vereinbart haben. In gesund- gen. Fehlt ein Aufschrei der Politik? ich für unangebracht. Hier liegt die Ver-
on muss in Schule, Ausbildung und Uni heitlichen Fragen ist das Strafrecht kei- Bei Tabak und Alkohol haben wir gro- antwortung allerdings nicht beim Bund,
bundesweit etabliert werden. Es geht ne Therapie, sondern eher problema- ßen Nachholbedarf. Es ist ahistorisch, sondern den Ländern. Persönlich würde
dabei auch um die Kompetenz im Um- tisch und behindernd. Im Mittelpunkt Alkohol und Tabak zum kulturellen All- ich aber sagen: Diese Werbung sollte
gang mit Drogen. Im Moment sind viele sollte die Gesundheit stehen, nicht das gemeingut zu stilisieren. Das verharm- unterbunden werden.
Süchtige mit ihren Problemen auf sich Strafrecht. Drogenkonsumierende soll- lost die Probleme. Es ist vielen nicht
allein gestellt. Dieses Wegschauen ten nicht stigmatisiert werden, sondern klar, wie groß der gesellschaftliche Ist es sinnvoll, dass bereits 16-Jährige
möchte ich beenden. Gehör und Akzeptanz finden. Wir soll- Schaden durch Tabak und Alkohol ist. Bier und Wein kaufen dürfen?
ten das Thema aber nicht überreizen. Es Wir müssen von einem freien Wild- Nein, das ist nicht sinnvoll. Die Wissen-
stehen große Aufgaben vor uns, die zum wuchs sukzessive zu einem regulierten, schaft sagt uns, dass es nicht vernünftig
ersten Mal angepackt werden. kontrollierten Umgang mit Tabak und ist, Bier und Wein an Minderjährige zu
Der Drogen- Alkohol kommen. Die Verfügbarkeit ist verkaufen.
beauftragte Wie können drogenbedingte Todes- zu niedrigschwellig.
der Bundes- fälle nachhaltig reduziert werden? Hören Sie hier auf die Wissenschaft?
regierung, Wir brauchen niedrigschwellige und flä- Es gibt in Deutschland 340.000 Ziga- Für mich sprechen viele medizinische
Burkhard chendeckende Angebote, die die Konsu- rettenautomaten. Sollten die abge- Argumente dafür, das Erwerbsalter für
Blienert menten nicht stigmatisieren – bei Ärz- baut werden? Bier, Wein und Schaumwein auf 18 Jah-
(SPD) ten, Apotheken und in der Suchthilfe. Der Zugang wird immerhin durch eine Al- re zu erhöhen. Andere Länder haben
Mit den Ländern und Kommunen will terskontrolle eingeschränkt. Tatsächlich damit gute Erfahrungen gemacht. Was
MARLENE GAWRISCH / WELT
ich über den Ausbau und die Unterstüt- ist es für mich aber paradox, dass man aus- politisch möglich ist, werden wir se-
zung von Drogenkonsumräumen spre- gerechnet Tabak rund um die Uhr quasi hen. Was jedenfalls so gar nicht geht,
chen. Sie sind ein wichtiges Instrument, überall am Automaten kaufen kann. Auch ist das sogenannte begleitete Trinken.
um Notfälle zu verhindern. Zudem un- hierzu brauchen wir eine fundierte Debat- Heute kann ein 14-Jähriger im Beisein
terstütze ich Drug-Checking und setze te. Dazu gehört auch, neutrale Einheits- der Eltern in der Kneipe ein Bier be-
mich dafür ein, den Konsumenten zu er- verpackungen für Zigaretten zu prüfen. stellen.
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DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022 *
Gefahr der
Eskalation
in Libyen
Parlament ernennt
eigenen Premierminister
I S
n Libyen nehmen die Spannungen
zwischen den politischen Lagern
nach der geplatzten Wahl wieder zu.
Das Parlament mit Sitz im Osten des
Bürgerkriegslandes bestimmte am Don-
nerstag eigenmächtig einen Nachfolger
für Abdul Hamid Dbaiba als Chef der
Übergangsregierung, wie die libysche
Nachrichtenagentur Lana meldete. Den
Posten soll nach Willen des Parlaments
nun der frühere Innenminister Fathi
Baschagha übernehmen. Die Entschei-
dung birgt Potenzial für eine weitere
Eskalation: Denn der bislang amtieren-
de Ministerpräsident Dbaiba hat nicht
vor, den Posten zu räumen.
Dbaiba war im Zuge des Friedenspro-
zesses der Vereinten Nationen für das
Amt bestimmt worden. Sein Mandat lief
jedoch eigentlich mit dem Wahltermin
am 24. Dezember aus. Dbaiba wehrt sich
aber gegen einen vom Parlament be-
stimmten Nachfolger und will seine
Macht eigenen Angaben nach nur an ei-
ne legitim gewählte Regierung überge-
ben. Ein neuer Termin für die verscho-
bene Abstimmung steht aber noch nicht
fest. Lokale Medien berichteten zudem,
Dbaiba sei am Donnerstag einem Atten-
tat entgangen. Fotos in den sozialen
Medien sollen sein von Kugeln getroffe-
nes Auto zeigen. Eine offizielle Bestäti-
gung dafür gab es zunächst nicht.
Im libyschen Bürgerkrieg konkurrier-
ten lange Zeit eine international aner-
kannte Regierung mit Sitz im Westen
sowie eine Gegenregierung mit Sitz im
Osten. Ausländische Staaten befeuerten
,,
den Kampf um die Macht, der nach dem
Sturz des Langzeitherrschers Muam-
mar al-Gaddafi im Jahr 2011 ausgebro-
chen war. Die Übergangsregierung soll-
te schließlich beide Führungen ablösen
und das Land wieder einen. Es gelang
WIR SPRECHEN
FATHI BASCHAGHA
EINMÜTIG DAS
VERTRAUEN ALS
REGIERUNGSCHEF AUS
ABDALLAH BLIHEK,
Parlamentssprecher
ihr jedoch nicht, die tiefe Spaltung zwi-
schen den Lagern zu überwinden.
Auseinandersetzungen gab es im
Land auch über Ablauf und Kandidaten
für die Präsidentenwahl. Libyens Wahl-
kommission erklärte deshalb zwei Tage
vor der Abstimmung, dass der Termin
nicht zu halten sei. Die Wahl war mit
viel Hoffnung auf mehr Stabilität für Li-
byen verbunden. Bislang wurden die po-
litischen Konflikte noch nicht wieder
mit Gewalt ausgetragen. dpa
„Der Bevölkerung nicht nur Angst machen“
Dänemarks Rückkehr zur Normalität hat auch mit Vertrauen zu tun, legt die Studie von Politikwissenschaftler Michael Bang Petersen nahe
D
er Politikwissenschaftler Michael
Bang Petersen berät die dänische
Regierung in der Coronakrise
und leitet das HOPE-Projekt, das das
Pandemieverhalten der Bürger in acht
Ländern untersucht. Im Interview er-
klärt er, warum Dänemark den Weg zur
Normalität eingeschlagen hat – und wie
Regierungen Vertrauen wiederherstel-
len können, das sie verloren haben.
VON DOMINIK KALUS
WELT: Professor Petersen, wie haben
Sie die Reaktionen aus dem Ausland
auf den dänischen Freedom Day
wahrgenommen?
Michael Bang Petersen: Die waren zu
einem großen Teil ungläubig und irri-
tiert; vor allem, weil an dem Tag, als die
Entscheidung verkündet wurde, in Dä-
nemark eine weitere Rekord-Inzidenz
gemessen wurde. Ich kann die Verwir-
rung auch irgendwo verstehen: Die gan-
ze Pandemie haben wir immer auf die
Infektionsrate geschaut, und sie war ja
die längste Zeit auch ein guter Indikator
für die Schwere des Pandemiegesche-
hens. Aber das ist nun eben nicht mehr
der Fall.
F Ein Doppelspiel,
ür die deutsche Außenminis-
terin Annalena Baerbock
(Grüne) hatte der ukraini-
sche Präsident Wolodymyr
Selenskyj bei ihrem Staats-
besuch keine Zeit. Bedauerliche Termin-
kollision, hieß es zur Begründung. Baer-
bock musste sich mit dem ukrainischen
Außenminister Dmytro Kuleba begnü-
gen. Tatsächlich hatte Selenskyj offen-
bar einfach keine Lust auf die Politikerin
aus Berlin. Der Präsident habe die Be-
gegnung aus dem Kalender streichen
lassen, weil die Bundesregierung noch
immer nicht das Ende der Gaspipeline
Nord Stream 2 verkündet und Waffen-
lieferungen zugesagt habe, berichtete
ein CNN-Reporter auf Twitter. Das poli-
tische Signal war damit klar: Wer vom
ukrainischen Präsidenten empfangen
werden will, der muss vorher liefern.
VON CLAUS CHRISTIAN MALZAHN
Umso reibungsloser ging Anfang Fe-
bruar das Treffen zwischen Selenskyj
und dem türkischen Präsidenten Recep
Tayyip Erdogan über die Bühne. Seit
Langem ist Ankara um gute Beziehun-
gen zu Kiew bemüht. Während
Deutschland Helme in die Ukraine
schickt, liefert die Türkei Kampfdroh-
nen. Selenskyj und Erdogan nennen
sich „Freunde“. Bereits bei einem Tref-
fen mit Erdogan im April vergangenen
Jahres lobte Selenskyj: „Diese Partner-
schaft besteht nicht nur aus Worten.
Vielmehr wird sie durch reale Taten und
reale Siege gestützt.“ Auch Erdogan gibt
sich stets hochzufrieden, wenn er über
die Partnerschaft mit der Ukraine
spricht. Schon vor dem Staatsbesuch in
Kiew hatte der türkische Präsident im
Fernsehen Ende Januar eine Siegesmel-
dung bekannt gegeben. Er verkündete
die Verhaftung von Nuri Bozkir, der in
der Türkei wegen Mordes gesucht wur-
de. „Unser Geheimdienst hatte heraus-
gefunden, dass diese Person sich in der
Ukraine versteckt hielt“, sagte Erdogan.
„Wir haben mit Präsident Selenskyj da-
rüber gesprochen, dass die Person ge-
fasst und zurück in die Türkei gebracht
werden soll“, so Erdogan weiter im tür-
kischen Fernsehen. „Unser Geheim-
dienst und die gute Zusammenarbeit
mit unseren Partnern haben diese Ver-
haftung erst möglich gemacht.“ Haben
türkische und ukrainische Behörden al-
so einen Kriminalfall gelöst?
Nicht nur der türkische Oppositionel-
le Can Dündar bezweifelt das. Selenskyj
habe Erdogan „ein Geschenk gemacht“,
sagt Dündar WELT. Der Filmemacher
Dündar lebt im Berliner Exil, in der Tür-
kei wurde er in Abwesenheit und aus fa-
denscheinigen Gründen zu 27 Jahren Ge-
fängnis verurteilt. Dass Bozkir, der vor
zwei Jahren in die Ukraine flüchtete und
dort Asyl beantragt hat, nun trotz laufen-
den Verfahrens plötzlich als Gefangener
in der Türkei auftaucht, lässt nach An-
sicht von Dündar nur einen Schluss zu:
„Bozkir wurde vom türkischen Geheim-
dienst aus der Ukraine entführt, mögli-
cherweise mithilfe, mindestens aber mit
Billigung der ukrainischen Regierung.“
Offizielle Stellen in Kiew und Ankara
nehmen zu den Vorwürfen keine Stel-
lung – wie Bozkir genau in die Türkei ge-
bracht wurde, bleibt vorerst im Dunkeln.
Zuletzt hatte die Türkei im Oktober ei-
nen Auslieferungsantrag gestellt. Doch
darüber hatten ukrainische Gerichte
noch nicht final entschieden, erklärt
Bozkirs Anwalt, Roman Denysiuk, der
In Deutschland wird die dänische
Entscheidung lebhaft diskutiert.
Manche Beobachter sagen, der Free-
dom Day in Dänemark sei gar kein
mutiger Schritt, sondern eine Kapitu-
lation, weil die Situation eigentlich
außer Kontrolle sei.
Also was die Lage in den Krankenhäu-
sern betrifft, haben wir die komplette
Kontrolle. Klar gibt es trotzdem
Schwierigkeiten. Das Alltagsleben ist
gerade kompliziert, weil viele Menschen
in Quarantäne sind und nicht zur Arbeit
gehen können. In dem Sinne ist den
Menschen eindeutig bewusst, dass die
Pandemie nicht vorbei ist. Aber es ist
eben keine Pandemie mehr, die die Ge-
sellschaft im Kern gefährdet. Und damit
ist die gesetzlich festgelegte Vorausset-
zung für Maßnahmen nicht gegeben. Im
Übrigen finde ich den Ausdruck „Free-
dom Day“ zu aufgeladen. Die Öffnung
jetzt ist kein emotionaler Wendepunkt,
sondern einfach ein logischer Schritt.
Sie sind Leiter der HOPE-Studie, die
seit Beginn der Pandemie das Verhal-
ten und die Einstellung der Bürger in
acht Ländern erforscht. Was hat die
Untersuchung ergeben?
POLITIK 5
das nicht
durchzuhalten ist
Hauptangeklagter im Pariser
Terrorprozess vernommen
alah Abdeslam ist die am meisten
beachtete Person im Prozess um
die Pariser Attentate. Er ist mut-
maßlich der einzige Überlebende des
Terror-Kommandos, das am Abend des
13. November 2015 auf den Bistro-Ter-
rassen, im Stade de France und im Kon-
zerthaus Bataclan 130 Menschen getötet
und unzählige verletzt hat.
VON MARTINA MEISTER
PARIS
HANDOUT
Auch Abdeslam war an diesem Abend
in Paris, aber er legte seinen Spreng-
Nuri Bozkir wird des Mordes an dem Schriftsteller Necip Hablemitoglu verdächtigt stoffgürtel in einem Mülleimer ab. Un-
klar ist, ob dieser defekt war oder er ein
Lieferte die Ukraine
Möchtegern-Terrorist, dem in letzter
Sekunde der Mut abhandengekommen
war. Zum ersten Mal hat Abdeslam be-
hauptet, den Auslöser absichtlich nicht
betätigt zu haben. Sicher ist nur eins:
der Türkei einen
Noch in der Nacht ließ er sich von
einem Kumpel abholen und über die
Grenze nach Belgien fahren. Vier Mona-
te später wurde er im Brüsseler Bezirk
Whistleblower ans Messer?
Molenbeek-Saint Jean verhaftet.
Abdeslam, 32 Jahre, steht im weißen
Hemd hinter Panzerglas in der Anklage-
box, man ahnt noch die Bügelfalte im
Hemd. Er will ganz offensichtlich einen
Erdogan verkündet stolz die Verhaftung eines angeblichen Mörders, guten Eindruck machen. „Wir haben das
der in der Ukraine Asyl beantragt hatte. Insider sehen eine Entführung
Glück, sie befragen zu können“, sagt der
Vorsitzende Richter Jean-Louis Périès
eines Whistleblowers durch die Türkei – mit Billigung von Kiew
in Namen aller, die sich eine Antwort
erhoffen. Es geht darum, die Motive zu
verstehen und in die brutale Bestialität
der Taten einen Hauch von Rationalität
Deutschen Welle. Die Mordvorwürfe hält eine Drohung an andere Regimegegner Schwarzen Meer. Die Türkei, die ein In- hineinzubringen. In einer Art Vorrede
er für zweifelhaft. Dass sich Erdogan so los: „Wo auch immer ihr hingeht, ihr teresse an einer Machtbalance in der Re- beteuert Abdeslam seine Unschuld: „Ich
sehr für den Fall interessiert, hat nach werdet der türkischen Justiz nicht ent- gion hat, sah ihre Interessen bedroht und habe niemanden umgebracht, nieman-
seiner Ansicht andere Gründe. kommen und zur Rechenschaft gezo- suchte die Nähe zu Kiew. Für die Ukraine den verletzt.“
Nuri Bozkir hat in der Vergangenheit gen.“ Nuri Bozkir ist denn auch nicht wiederum ist der türkische Beistand an- Zu Prozessbeginn Anfang September
verdeckte Waffenlieferungen der Türkei der erste Fall, in dem der türkischen Re- gesichts der russischen Übermacht will- hatte er versichert, dass für ihn nur die
an syrische Dschihadisten organisiert gierung die Entführung von Oppositio- kommen, wenn nicht gar unverzichtbar. Scharia und das Gericht Gottes gelte.
und abgewickelt. Wie kaum ein anderer nellen vorgeworfen wird. In dem im Mai Da es unwahrscheinlich scheint, dass Weil er offensichtlich beiden gefallen
weiß er über die schmutzigen Deals des 2020 veröffentlichten Bericht einer Ar- Kiew in näherer Zukunft der Nato wird will, auch der französischen Justiz, ver-
türkischen Geheimdienstes MIT Be- beitsgruppe, die beim Menschenrechts- beitreten können, wächst die Bedeutung heddert sich der Angeklagte jetzt in Wi-
scheid. Im Auftrag der Türkei, so erga- rat der Vereinten Nationen angesiedelt von Allianzen mit einzelnen Partnern – dersprüche. Er schiebt Erinnerungslüc-
ben Recherchen der Deutschen Welle, ist, sprechen die Autoren von „systema- wie der Türkei. Deren Drohnen verschaf- ken vor, behauptet, einige der Attentä-
habe Bozkir in verschiedenen osteuro- tischen Entführungen“ und „erzwunge- fen den ukrainischen Kräften in den um- ter nicht gekannt zu haben, von den Plä-
päischen Ländern Waffen gekauft und ner Rückkehr“ von türkischen Erdogan- kämpften Gebieten der Ost-Ukraine ei- nen seines Bruders, Brahim Abdeslam,
dafür gesorgt, dass sie an islamistische Gegnern – im Auftrag und mit Hilfe des nen militärischen Vorteil. nichts gewusst zu haben. Einmal will er
Rebellengruppen in Syrien verteilt wur- türkischen Geheimdienstes. Von rund Erfahrene deutsche Außenpolitiker, der Terrormiliz Islamischer Staat (IS)
den. Es sei um Lieferungen im Wert von 100 Fällen weltweit ist die Rede. die mit dem Fall Bozkir vertraut sind, 48 Stunden vor den Attentaten die
mehreren Hundert Millionen Dollar Der MIT wird meist in Ländern aktiv, halten es deshalb für sehr plausibel, Treue geschworen haben, wenig später
und 50 Transporte insgesamt gegangen, in denen er auf Stillschweigen, Einver- dass man in Kiew ein Auge zugedrückt sei es nach dem 13. November während
berichtet der Sender. Als Bozkir begann, ständnis oder politische Schwäche der je- hat, als der MIT anrückte, um Bozkir der Flucht geschehen. Anders gesagt:
in die eigene Tasche zu wirtschaften, weiligen Regierungen rechnen kann. Die einzusacken. Was bedeutet in dieser Vor dem Gericht der Republik beteuert
fiel er in Ankara in Ungnade. Er setzte Praxis ist lange bekannt. Dokumentiert harten, kalten Phase von Macht- und er seine Unschuld, vor dem seiner ideo-
sich in die Ukraine ab. Bozkir begann, in sind Entführungen unter anderem aus Realpolitik schon das Asylverfahren ei- logischen Mittäter will er als Held da-
Interviews auszupacken, aus dem Waf- Malaysia, Pakistan, Kasachstan, dem Ko- nes ehemaligen Waffenhändlers? Für stehen. Ein Doppelspiel, das nicht mal
fenhändler wurde ein Whistleblower. sovo, Moldawien, Aserbaidschan, Gabun die Ukraine hatte Bozkir keinen Gegen- ein brillanter Schauspieler durchsteht.
Für Erdogan wurde Bozkir damit zum und Myanmar. Dass der MIT nun offen- wert; sein Aufenthalt wurde zur Belas- Auch wenn er selbst nie in Syrien war,
Staatsfeind. Auch der Journalist Dündar bar auch in der Ukraine leichtes Spiel tung. Die mutmaßliche Entführung und könne man ihm nicht den Status des IS-
wurde verfolgt, nachdem er 2015 ein Vi- hatte, hängt mit der geopolitischen Si- die damit einhergehenden Verstöße ge- Kämpfers absprechen. „Ich bin auf Sei-
deo über türkische Waffenlieferungen tuation und der aktuellen Krise zusam- gen Rechtsvorschriften seien für Selen- ten der IS-Kämpfer, ich liebe und be-
nach Syrien veröffentlicht hatte. Der men. Die Türkei ist – genau wie die skyj wohl nur Kollateralschäden im gro- wundere sie“, sagt Abdeslam. Dann lie-
Vorwurf: Verrat von Staatsgeheimnis- Ukraine und Russland – Anrainerstaat ßen Spiel der Mächte, heißt es in Berlin. fert er die ideologische Begründung: Die
sen. Die Regierung in Ankara will sich des Schwarzen Meeres. Wiederholt hat Für Erdogan ist die Verhaftung von westliche Welt würde den muslimi-
bei diesem heiklen Thema nicht in die Erdogan seine Besorgnis darüber kund- Bozkir dagegen ein innenpolitischer schen Staaten ihre Ideologie und ihre
Karten gucken lassen, wer an den Vor- getan, das Binnengewässer könne sich in Triumph. Und für die oppositionelle Werte aufzwingen. Frankreich habe Zi-
gängen rührt, wird schnell zum Verräter einen „russischen See“ verwandeln. türkische Exilgemeinde ein weiterer vilisten bombardiert, also habe man
gestempelt. Als Erdogan die Verhaftung Nach der Annexion der Krim 2014 ver- Grund zu großer Beunruhigung. auch Zivilisten als Zielscheibe genom-
Bozkirs bekannt gab, ließ er denn auch stärkte der Kreml seine Präsenz im MITARBEIT: CAROLINA DRÜTEN men. Ob er wirklich glaubte, dass er
Frankreichs Außenpolitik ändere, in-
dem er unschuldige Zivilisten ermorde,
fragt ihn Richter Périès? „Übertretung
gegen Übertretung“, lautet die Antwort.
Sein erster Anwalt verglich Abdes-
lams Geisteszustand mit dem eines
„leeren Aschenbechers“. Mit anderen
Worten: Er sei zu dumm, als dass er eine
große Rolle gespielt haben könne. In-
rem Handeln in der Pandemie stark Wäre ein Datum für die Rückkehr zur zwischen hat er sein Mandat niederge-
zweifeln? Normalität auch in Deutschland rich- legt. Nach Stunden des Verhörs werden
Unsere Forschungen haben ergeben, tig? die Aussagen von drei Frauen verlesen,
dass dafür drei Faktoren entscheidend Nur weil Dänemark wieder öffnet, damit man sich ein Bild von Abdeslams
sind: Empowerment, Transparenz, und heißt das nicht, dass alle diesem Bei- Persönlichkeitsstruktur machen kann.
eine maßvolle Abwägung der verschiede- spiel folgen sollen. Mir fällt es schwer, Erst die seiner langjährigen Freundin,
nen Faktoren einer Pandemie – die ja anderen Ländern Empfehlungen zu dann die der Schwester und schließlich
mehr ist als nur eine Gesundheitskrise. geben, weil die Umstände in jedem die der Mutter. Alle drei betonen, „keine
Michael Mit Empowerment meine ich, dass man Land anders sind. Ich kann aber Rat- Kraft zu haben“, um vor Gericht auszu-
UNIVERSITÄT AARHUS
Bang Petersen sich in der Kommunikation nicht nur auf schläge zum Pandemiemanagement in sagen. Die Mutter fügt hinzu, sie könne
die Bedrohung fokussiert, sondern auch Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Blick der Opfer nicht standhalten.
Hoffnung macht und konkrete Hand- Staat und Bürgern geben, und da wür- Alle drei beschreiben Abdeslam als
lungsanweisungen gibt. Eine Regierung de ich nochmal auf die zuvor genann- „respektvoll, hilfsbereit und witzig“.
sollte der Bevölkerung nicht nur Angst ten Punkte hinweisen. Egal, ob Däne- Ein „Partylöwe“ sei er gewesen, der
machen, sondern auch überlegen, wie mark oder USA oder Deutschland: tagsüber schlief und nachts rumhing,
Die Haupterkenntnis ist folgende: Wenn man sie stärken kann. Außerdem sollte Überall schätzen die Bürger transpa- sagt die Ex-Freundin. Er habe keinen
eine Regierung eine Pandemie erfolg- sie so transparent wie möglich sein und rente Kommunikation, die Werkzeuge Ramadan gemacht und auch nicht regel-
reich bekämpfen will, benötigt sie das auch Unsicherheiten oder Probleme wie zur Vertrauensbildung sind also die- mäßig gebetet und wenn, dann „immer
Vertrauen ihrer Bürger. Die Leute müs- mögliche Nebenwirkungen einer Imp- selben. Wenn das Vertrauen zwischen zur falschen Zeit“. Auch die psychiatri-
sen den Behörden trauen, damit sie sich fung klar benennen. Der dritte Faktor Regierung und Bürgern niedrig ist, schen Gutachter sind sich einig. Psy-
impfen lassen, sich an die Regeln halten wäre, alle Auswirkungen auf die Gesell- kann nur die Regierung den ersten chisch krank sei er nicht, er habe sich
und die Maßnahmen akzeptieren. Däne- schaft im Auge zu behalten; nicht nur die Schritt machen. Wir reden immer da- einem totalitären System verschrieben
mark ist da in einer privilegierten Positi- Infektionszahlen, sondern auch die öko- rüber, dass die Bürger den Behörden und dessen Rezepte und Analyse „wie
on, weil die Vertrauenswerte schon vor nomischen Konsequenzen der Be- vertrauen müssen, aber das gilt auch ein Papagei“ nachgeplappert. Obwohl er
der Pandemie sehr hoch waren. Trotz- schränkungen oder die Folgen eines umgekehrt: Die Regierung muss den seine Haut retten will, tut er das noch
dem ist es eine Herausforderung, das Lockdowns auf die Psyche der Men- Bürgern vertrauen, das ist die Grund- immer. „Früher oder später siegt der Is-
Vertrauen aufrechtzuerhalten. schen. Das alles muss in die Rechnung lage für alles. Es ist natürlich alles an- lam auf jeden Fall, da bin ich mir si-
einbezogen werden, um gesellschaftliche dere als einfach, Unsicherheiten zuzu- cher“, verkündet Abdeslam. Ansonsten
Wie kann eine Regierung wieder Ver- Ermüdung zu verhindern. Denn Ermü- geben und gleichzeitig Führungsstär- kein Anzeichen des Mitgefühls, kein
trauen aufbauen, wenn die Bürger an ih- dung nährt Misstrauen. ke zu beweisen. Wort der Entschuldigung.
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6 POLITIK * DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022

Erfolg des Atomabkommens

BEZIEHUNGSSTATUS
mit Iran zweifelhalft
Einigung rückt näher, aber viele Ziele wohl nicht erreicht

S der großen Vier: Es ist kompliziert

o geht perfekte Militär-PR: Lang- schen Wirtschaftskrise hat das Land ei-

sam gleitet das Seidentuch vom
Gefechtskopf der Rakete, wäh-
rend Videos von startenden und ein-
schlagenden Projektilen auf die Falten
des Stoffes projiziert werden. Posau-
nen, Pauken und E-Gitarren dröhnen,
die Kamera gleitet durch unterirdische
Gänge, in denen Offiziere der irani-
schen Revolutionsgarden zwischen
Flugkörpern auf Lafetten salutieren.
D
nen Vorrat an Uran angehäuft, der bei
höherer Anreicherung für mehr als eine
Atombombe reichen würde und hat zu-
dem schon größere Mengen auf 60 Pro-
zent angereichert – einen Grad, für den
es keine zivile Verwendung mehr gibt.
Seit Trumps Nachfolger Joe Biden im
ie derzeitige Weltord-
nung bestimmen vier
derzeit auch in der Ukraine-Krise zeigt.
Christoph B. Schiltz
Abstieg begriffener Hegemon Russland
so gut es geht im Zaum zu halten. Im Der Ukraine-Konflikt
Amt ist, verhandeln die sechs Mächte Großmächte: die Euro- Konflikt mit Washington versucht Mos- zeigt, wie die vier
Großmächte um
wieder mit Teheran. Demnächst könn- päische Union, die USA, kau mit aller Kraft, die eigene Weltgel-
ten sie eine Wiederherstellung des Ab- China und Russland. Jede tung unter Beweis zu stellen: von dem

Macht und Einfluss

Die neue ballistische Rakete der Garden
habe eine Reichweite von 1450 Kilome-
tern, heißt es in dem offiziellen Video.
Sie treffe ihre Ziele mit hoher Präzision,
und sie könne jeden Raketenschild des
Gegners überwinden.
VON DANIEL-DYLAN BÖHMER
Die Botschaft des offiziellen Videos
ist klar: Das einzige Land der Region
mit einem eigenen Raketenschild ist Is-
rael, und der Name der neuen Rakete
heißt „Khaybar-Zerstörer“. Khaybar war
der Name eines jüdischen Dorfes im
heutigen Saudi-Arabien, das Truppen
des Propheten Mohammed im Jahr 628
eroberten und zerstörten. Mit der Prä-
sentation der Rakete begleitet Teheran
die Endphase der Verhandlungen um je-
nes Projekt ein, das dem Nahen Osten
eigentlich dauerhaften Frieden bringen
kommens erreichen.
Bevor die Unterhändler am Dienstag
in Wien zur jüngsten Runde der Gesprä-
che zusammenkamen, setzten einige Be-
teiligte verheißungsvolle Signale. Nun
beginne „die letzte Phase“ der Verhand-
lungen, sagte der russische Chefver-
handler Michail Ulyanow, der iranische
Außenminister Hossein Amirabdollahi-
an äußerte die Hoffnung, „dass wir in
dieser Verhandlungsrunde ein endgülti-
ges Abkommen erreichen“, und ein
Sprecher des US-Außenministeriums er-
klärte, „ein Deal, der die Kerninteressen
aller Seiten berücksichtigt“, sei in Sicht.
„Ein Scheitern ist eigentlich für kei-
nen der Beteiligten mehr eine Option“,
sagt Adnan Tabatabai, Geschäftsführer
des Bonner Nahost-Thinktanks Carpo.
Seiner Kenntnis nach gehe es in den ak-
tuellen Gesprächen um die sogenannte
Sequenzierung, also um die genaue Ab-
buhlt um Macht und Einfluss. Doch ihre Einmarsch in Georgien, über die Anne-
Ziele können sie nicht alleine erreichen, xion der Krim bis hin zum Syrien-Krieg
konkurrieren. Doch
dafür braucht man Allianzen. Ein Über- – oder der Eskalation an der ukraini-
blick, wer mit wem gut kann. schen Grenze.
Die EU ist aus russischer Sicht ein
geopolitisches Anhängsel der USA ohne dieses Rennen
Subjektcharakter. Zugleich ist Europa können sie nicht
alleine bestreiten.
noch immer der Hauptabsatzmarkt für
Energieexporte, Russlands wichtigste
USA
Sie benötigen
Einnahmequelle. Die Europäer gilt es so
Eines hat Wladimir Putin mit seiner gut es geht zu entzweien und von Wa-
Allianzen. Das
Eskalation an den Grenzen zur Ukraine shington abzukoppeln, damit Russlands
allemal erreicht: In den USA wird seit Einflusssphäre über den postsowjeti-
einigen Wochen wieder mehr über
Russland gesprochen als über China.
schen Raum hinaus bis ins Herz der EU
reicht: ob mit geopolitischen Energie-
birgt auch
Ein Hauch von Kalter Krieg liegt in der Deals wie Nord Stream 2 oder mit lukra- Schwierigkeiten
EUROPÄISCHE UNION Luft. Russland ist als maßgeblicher tiven Investitionen, die verhältnismäßig
Auch wenn nicht alle EU-Länder die Nachfolgestaat der alten UdSSR gewis- russlandfreundliche Regierungen si-
Auffassung Washingtons teilen, dass ein sermaßen Amerikas traditionellster Ge- chern. Moskaus Strategie hat Erfolg.
russischer Angriff auf die Ukraine un- genspieler. Die einstigen Hoffnungen Die Beziehungen zu Russland sind eine
mittelbar bevorstehen könnte, so haben auf Reformen sind dahin – denn Präsi- wiederkehrende Streitfrage der euro-
sich die transatlantischen Beziehungen dent Joe Biden äußert sich deutlich päischen Politik.

,,
sollte: das Atomabkommen mit dem
Iran. In nächster Zukunft könnte es er-
folgreich wiederbelebt werden. Doch
von den Hoffnungen, die sich einst da-
mit verbanden, ist kaum noch etwas üb-
rig.
EIN SCHEITERN IST
folge der technischen Schritte, die für
eine Rückkehr zu den Bedingungen des
Abkommens notwendig sind, sagt Taba-
tabai, der gerade aus Teheran zurückge-
kehrt ist. „Dass ein Abschluss in greifba-
re Nähe gerückt ist, erkennt man unter
anderem daran, dass die politischen
Führungen in Washington und Teheran
ihre Öffentlichkeiten schon auf einen
Deal vorbereiten – vor allem, indem sie
ihren jeweiligen Hardlinern gegenüber
betonen, dass sie trotz der Annäherung
keine Konzessionen an den Gegner ge-
nach den quälenden Trump-Jahren seit Kreml-kritischer als sein Vorgänger Do- China war für Russland jahrzehnte-
Amtsantritt von US-Präsident Joe Bi- nald Trump. Längst ist China der größte lang erst gefährlicher Konkurrent auf
den deutlich verbessert. Gegenspieler der USA. Washington dem Weg zum Weltkommunismus,
„Zu nennen sind die neuen Formate sieht sich von Peking bedrängt, fürchtet dann ein lange ignorierter großer Nach-
der Zusammenarbeit in der Technolo- um den Verlust seiner Rolle als mäch- bar. Mit dem Machtantritt Putins hat
giepolitik oder bei der Sicherheit, beige- tigstes, wirtschaftlich erfolgreichstes sich das geändert. Spätestens seit 2014
legte bilaterale Handelsstreitigkeiten Land der Erde. Trump begann, trotz sei- ist China nun der alternative Partner.
sowie der wiederaufgenommene EU- ner Bewunderung für Xi Jinping, einen Doch Moskau und Peking ist bewusst,
US-Dialog über China“, sagte der Chef kritischen Kurs gegenüber Pekings dass ihren Ländern die geopolitische
des Auswärtigen Ausschusses im EU- Kommunisten. Biden setzt diese Politik, Autonomie am Ende mehr wert ist als
Parlament, David McAllister (CDU), zu rhetorisch gemäßigt, aber in der Sache Bündnisversprechen. Wenn Russland
WELT. Die Europäer sehen in den USA konsequenter, fort. Eine Aufhebung der Glück hat, sollten die Beziehungen der
den mit Abstand wichtigsten Verbünde- Strafzölle für chinesische Produkte et- beiden Länder nicht über eine strategi- sisch-russische Verhältnis hat sich in

EIGENTLICH FÜR
KEINEN DER
BETEILIGTEN MEHR
EINE OPTION
ADNAN TABATABAI, Thinktank Carpo
Das Abkommen, das Amerika, Russ-
land, Großbritannien, Frankreich, Chi-
na und Deutschland 2015 mit dem Iran
abschlossen, sollte zur Entspannung in
der Region beitragen, indem es den
Streit um das iranische Atomprogramm
beendete. Immer wieder waren in den
Jahren zuvor Hinweise aufgetaucht,
dass der Iran heimlich an Atomwaffen
gearbeitet hatte. Der Deal sah einerseits
die schrittweise Aufhebung der gravie-
renden Wirtschaftssanktionen gegen
den Iran vor und im Gegenzug Be-
schränkungen und eingehendere inter-
nationale Kontrollen für die nuklearen
Aktivitäten des Landes. Doch im Jahr
2018 stieg der neue US-Präsident Do-
nald Trump aus dem Deal aus, und seit
2019 hält sich auch Teheran nicht mehr
an die Vorgaben des Abkommens. Trotz
neuer Sanktionen und einer dramati-
macht haben.“ In diesen Kontext gehö-
re auch die Präsentation der ballisti-
schen Rakete am Dienstag. Dennoch ge-
he es bei der neuen Waffe nicht nur um
PR, sondern um sehr reale Konflikte,
und es sei durchaus fraglich, ob eine Ei-
nigung Entspannung bringen könne.
„Als Biden die Verhandlungen wieder
aufnahm, versprach er einen ‚stärkeren
und dauerhafteren‘ Deal. Den wird er al-
ler Voraussicht nach nicht erreichen“,
sagt Tabatabai. Die neue Administrati-
on wollte unter anderem erreichen,
dass der Vereinbarung über den bisheri-
gen Zeitrahmen von 15 Jahren hinaus
gilt, dass sie auch Irans Aktivitäten mit
Milizen in mehreren Ländern der Regi-
on begrenzt – und auch das ballistische
Raketenprogramm des Landes. All dies
waren auch Forderungen der westlichen
Verbündeten in der Region, namentlich
Israels und der Golfaraber. Nichts da-
von scheint in Wien noch zur Debatte
zu stehen. „Seine Kompromisslosigkeit
in Sachen Raketen dokumentiert Tehe-
ran jetzt auch mit der neuen Waffe“,
sagt Tabatabai. Aber auch der Iran habe
Abstriche machen müssen. So werde es
vermutlich nicht die geforderte Garan-
tie geben, dass ein Abkommen nicht von
einer zukünftigen US-Administration
wieder aufgekündigt werden könne.
ten, der die Sicherheit des Kontinents wa? Nicht in Sicht. sche Partnerschaft hinauskommen. Im den vergangenen Jahren in dem Maß
sichert. Das heißt nicht, dass es keine Joe Biden ist ein Transatlantiker und schlimmsten Fall droht Moskau zu Pe- verbessert, in dem sich das Verhältnis
Differenzen gibt, etwa über die zu ge- er respektiert die EU, sieht in ihr einen kings Juniorpartner degradiert zu wer- der beiden Staaten zu den USA ver-
ringen Verteidigungsausgaben wichti- Verbündeten, nicht zuletzt gegen China den. Pavel Lokshin schlechtert hat.
ger europäischer Partner wie Deutsch-
land und Italien, aber auch mit Blick auf
und Russland. Um eine Front gegen Pe-
king und Moskau aufzubauen, übt sich
Für Peking und Moskau ist Washing-
ton derjenige Machtfaktor, der der eige-
China: Während Washington in Peking Washington in Nachsicht, etwa gegen- nen territorialen Entfaltung im Weg
einen Aggressor sieht, der die multilate- über Deutschlands unzureichenden steht: Die Volksrepublik will sich Tai-
rale Ordnung massiv gefährdet, ist Chi- Verteidigungsausgaben. Gut möglich, wan einverleiben, Russland die Ukraine.
na für die EU ein „systemischer Wettbe- dass Biden der letzte US-Präsident ist, Letzten Endes zielen diese Territorial-
werber“, mit dem man gute Geschäfte der derart generös mit Berlin und Brüs- ansprüche darauf ab, eine neue Welt-
machen will und dabei gleichzeitig do- sel umgeht. Daniel Friedrich Sturm ordnung zu erschaffen – und die Ameri-
siert Kritik anbringt. Diese Marschrich- kaner aus dem Gebiet zu vertreiben, das
tung wird vor allem aus Paris und Berlin in Peking und Moskau als eigene Ein-
so vorgegeben. Mehrere EU-Länder wie flusssphäre wahrgenommen wird.
Ungarn und Kroatien, die sich am chi- Noch gibt es zwischen China und
nesischen Projekt eines globalen Infra- CHINA Russland keine formale Allianz. Aber
strukturnetzes (Belt-and-Road-Initiati- Glaubt man dem Internationalen schon jetzt führen ihre Armeen immer
ve) beteiligen, sind mittlerweile ent- Olympischen Komitee IOK, sind Olym- öfter gemeinsame Übungen durch. Und
täuscht, weil die versprochenen Investi- pische Spiele eine gänzlich unpolitische nachdem China Russland beisprang und
tionen aus Peking nicht fließen oder das Veranstaltung. Aber wie leer diese Be- einen Stopp der Nato-Erweiterung for-
Verhalten der Chinesen häufig als arro- hauptung ist, zeigte sich gleich zu Be- derte, ist damit zu rechnen, dass Russ-
gant empfunden wird. ginn der Olympischen Winterspiele in land sich dafür revanchieren wird: Mos-
Mit Russland wurden die politischen Peking. Die Volksrepublik nutzte den kau wird Pekings Aggression gegenüber
Beziehungen seit der Krim-Annexion Tag, um sich an Russland zu schmiegen. Taiwan normalisieren. Europa spielt für
2014 praktisch eingestellt, es gilt die Po- RUSSLAND Wladimir Putin war der erste Staats- China in diesem geopolitischen Quar-
litik des „selektiven Engagements“, die Putins Russland betrachtet die USA gast, den Xi Jinping nach rund zwei Jah- tett so gut wie keine Rolle. Denn die Eu-
sich vor allem auf den Dialog mit der Zi- auch 30 Jahre nach der Selbstauflösung ren empfing. Das Treffen der Staats- ropäische Union lässt sich hervorra-
vilgesellschaft und Wirtschaftsprojekte der Sowjetunion noch immer als den chefs endete mit einem Paukenschlag: gend spalten. Nach wie vor verfolgt je-
bezieht. Die EU-Staaten sind in Bezug großen geopolitischen Gegenspieler. Gemeinsam veröffentlichten sie eine der Mitgliedstaat seine eigenen Interes-
auf eine Annäherung an Russland ge- Washington gibt aus russischer Sicht im Erklärung, in der sie einen Stopp der sen. Eine europäische Außenpolitik gibt
spalten, was sich hinter den Kulissen Westen den Ton an und versucht als im Nato-Erweiterung forderten. Das chine- es nicht. Maximilian Kalkhof

„Annalena ist tough. Aber auch sehr freundlich und klug“

Die deutsche Außenministerin wird bei ihrem Antrittsbesuch in Tel Aviv wohlwollend empfangen. Trotz Kritik an Israel zeigt sich ihr Amtskollege Jair Lapid begeistert

R
egen prasselt auf das Vordach der
Gedenkstätte und die Stimme von
Annalena Baerbock bricht. „Als
Mutter zweier Töchter stockt mir der
Atem, wenn ich an die Millionen jüdische
Kinder denke, die ermordet wurden, ih-
ren Eltern entrissen, allein gelassen, vol-
ler Angst vor dem Ungewissen. Der Ge-
danke an den Schmerz jedes einzelnen
Kindes, jeder einzelnen Mutter, jedes
einzelnen Vaters ist kaum zu ertragen.“
Die Augen der Außenministerin wirken
glasig, als sie ihren Eintrag ins Gästebuch
von Yad Vashem vorliest.
VON CHRISTINE KENSCHE
AUS TEL AVIV
Auftrag gekommen: Den Israelis Konti-
nuität zu versichern. Und doch macht sie
etwas anders.
Baerbock wirkt authentischer, emotio-
naler als andere deutsche Politiker vor
ihr. Als Merkel allemal, dazu gehört nicht
viel. Vielleicht auch, weil sie nicht nur
neu im Amt ist, sondern auch neu in der
historisch aufgeladenen Umgebung. Zu-
vor war sie erst einmal in Israel, vor zehn
Jahren, auf einer kurzen Bildungsreise
organisiert vom American Jewish Com-
mittee. Auf der Pressekonferenz mit dem
israelischen Außenminister in Tel Aviv ist Besuch der neuen Kollegin, denn die ver-
sie noch immer bewegt von den Bildern spricht, nicht großartig von der Politik
der Toten, wie sie erzählt. Dennoch ge- der sehr israelfreundlichen Vorgängerre-
lingt ihr ein Witz. Während ihr Gegen- gierung abzuweichen. Baerbock wieder-
part Jair Lapid in perfektem Englisch holt dazu das berühmte Diktum der Ex-
spricht, verkündet sie kurz auf Englisch, Kanzlerin, dass die Sicherheit Israels
dass sie ihre Antworten auf Deutsch hal- deutsche Staatsräson sei. Dazu gehörten
ten werde – weil es in der Heimat sonst bisher umfangreiche Rüstungsexporte.
wieder nur Diskussionen über ihren star- Die Vorgängerregierung hatte Israel
ken Akzent geben werde. Der Saal kichert noch drei U-Boote der Klasse „Dakar“ für
und auch Lapid lacht ihr fröhlich zu. rund drei Milliarden Euro zugesichert.
Der israelische Außenminister hat Deutschland trägt einen Teil der Kosten.
reichlich Grund zur Freude über diesen Baerbock hatte sich als Grünen-Chefin in
der Vergangenheit kritisch zu den U-
Boot-Lieferungen geäußert und will Waf-
fenexporte grundsätzlich beschränken.
Sie will eine wertegeleitete Außenpolitik
PICTURE ALLIANCE / PHOTOTHEK/ FLORIAN GAERTNER
die neue Regierung „historische Gründe“
anführt, um eben keine Waffen an das
von Russland bedrohte Land zu liefern.
Diesen Spagat muss eine wertegeleitete
Außenpolitik offenbar aushalten können.
Ein anderes Kunststück absolviert Ba-
erbock bei diesem ersten Besuch bereits.
Sie versichert Israel zunächst einmal vol-
le Solidarität, um dann doch ungewöhn-
lich offen Kritik an dem Siedlungsbau in
den palästinensischen Gebieten zu üben:
Dieser sei „schädlich“ und nicht mit in-
ternationalem Recht vereinbar, sagt sie.
Von Merkel und Ex-Außenminister Maas
hatte man dazu öffentlich bei vergange-
nen Besuchen nichts mehr vernommen.
Beide hatten die Palästinensergebiete zu-
zehn Minuten nachdem ich sie traf –,
dass sie sich aufrichtig für Israels Sicher-
heit einsetzt und die deutsche Vergan-
genheit nicht verdrängt, ist es in Ord-
nung, wenn wir uns widersprechen. Für
mich ist das ein freundlicher Meinungs-
austausch, wir messen uns nicht im Arm-
drücken.“ In einem weiteren strittigen
Punkt haben die beiden schon einmal ei-
nen möglichen Lösungsansatz verein-
bart. In Deutschland hatte es zuletzt für
Irritation gesorgt, dass Israel sechs wich-
tige palästinensische Menschenrechts-
gruppen als Terrororganisationen einge-
stuft hatte. Denn auch deutsche Stiftun-
gen arbeiten mit diesen zusammen.
Deutschland ist der größte Geldgeber für

Baerbock ist zum Antrittsbesuch nach
Israel gereist. Der erste Programmpunkt
an diesem Morgen ist ein Besuch in der
Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem,
die den sechs Millionen von Deutschen
ermordeten Juden gedenkt. Es ist das
Standard-Programm für deutsche Au-
ßenminister. Treffen mit Vertretern der
Zivilgesellschaft, Besuch der Gedenkstät-
te mit Gästebuch-Eintrag und Kranznie-
derlegung, Treffen mit israelischen Poli-
tikern. Baerbock ist vor allem mit einem
betreiben und Rüstungsexporte in soge-
nannte Drittländer (außerhalb von EU
und Nato) per Gesetz verhindern. Ob das
bedeute, dass Deutschland künftig keine
U-Boote mehr an Israel liefern werde,
fragt eine lokale Journalistin. So will Ba-
erbock offenbar nicht verstanden wer-
den. „Israel muss sich in diesem Punkt
auf Deutschland verlassen können“, sagt
Baerbock. Mehrmals betont sie die „his-
torische Verantwortung“ aus der heraus
Israel für Deutschland eine Sonderstel-
Besuch in Yad Vashem: Für Baerbock ein eindrückliches Erlebnis lung habe. Anders als die Ukraine, bei der
letzt nicht besucht. Auch das ändert Ba-
erbock: Am Nachmittag reist sie zur Pa-
lästinensischen Autonomiebehörde nach
Ramallah ins Westjordanland weiter.
Trotz öffentlicher Kritik hinterlässt
Baerbock einen guten ersten Eindruck
bei ihrem Amtskollegen. „Annalena ist
tough. Aber auch sehr freundlich und
klug“ sagt Yair Lapid später im Gespräch
mit WELT. „Ich habe keine Probleme
mit ihrer Haltung. Ich denke, es kommt
auf den Ausgangspunkt an. In der Sekun-
de, in der ich sehe – und das passierte
die Palästinensergebiete. Baerbock und
Lapid wollen eine deutsch-israelische
Arbeitsgruppe einrichten, welche die Ar-
beit der palästinensischen Organisatio-
nen genauer überprüft. In Israel kriti-
siert man die deutschen Geldgeber gern
als naiv. Deutsche Partner palästinensi-
scher Organisationen bemängeln dage-
gen, dass Israel keine überzeugenden Be-
weise für die Terroranschuldigungen lie-
fere. Es scheint, als würden sich die bei-
den Länder in diesem Punkt pragma-
tisch annähern.

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DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022
I
LEITARTIKEL
n Demokratien sind Wahlkämpfe die Zeiten,
in denen sich die Gesellschaft mit Themen
beschäftigt, die ihr wichtig erscheinen und
die im Argen liegen. So gesehen muss man
zu dem Schluss kommen, dass in Frankreich
derzeit nichts von größerer Bedeutung ist
als Fragen nationaler Identität. Der nostal-
gische Blick auf vergangene Größe prägt die De-
batte im gemeinhin als rechts bezeichneten Lager.
Auf der linken Seite des Parteienspektrums
herrscht zwei Monate vor der Wahl eine Kakofo-
nie nebensächlicher Vorschläge, die mal das Tier-
wohl über alles stellen, mal von einem allgemei-
nen Grundeinkommen träumen, für dessen Ver-
wirklichung das Geld auf den Bäumen wachsen
müsste.
Der politische Diskurs in Frankreich ist mithin
in einem bemerkenswert schlechten Zustand,
geprägt von Extremen, im Ton aggressiv, entleert
von Ideen, die ein gedeihliches Voranschreiten
möglich machten. Eine Zahl vermag ein klares
Gefühl zu vermitteln, wie es um die französische
Demokratie bestellt ist: 45 Prozent der Wahl-
berechtigten erklären derzeit, dass sie ihre Stim-
me einer der extremen Parteien des rechten oder
linken Spektrums geben werden. Zudem wird eine
historisch geringe Wahlbeteiligung befürchtet. Es
ist deshalb gut, dass für den Moment alles danach
aussieht, dass Emmanuel Macron als erster amtie-
render Präsident seit Jacques Chirac wiederge-
wählt werden könnte. Denn er ist, wie das Ame-
rikaner gern formulieren, „der einzige Erwachsene
im Raum“.
Ausgesprochen schräg ist, dass derjenige, der
die höchsten Chancen hat, die Stichwahl am 24.
April zu gewinnen, seine Kandidatur noch nicht
erklärt hat. Denn nach einem komplizierten Kal-
kül des britischen Magazins „The Economist“
stehen Macrons Chancen mit 79 zu 100 am besten
von allen. Seine konservative Konkurrentin
Valérie Pécresse (Les Républicains) kommt nur
auf 13 Prozent, die Rechtspopulistin Marine Le
Pen auf sechs.
Die vergleichsweise hohe Wahrscheinlichkeit
seiner Wiederwahl wirkt umso überraschender, als
Macron mit seiner forschen, arroganten Art bei
vielen seiner Landsleute ein starkes Gefühl der
Ablehnung geweckt hat. Noch nie zuvor war ein
Präsident der Republik so verhasst wie Macron.
Die Ablehnung begann mit Protesten gegen not-
wendige Reformen, gipfelte in den Gewaltaus-
schreitungen der Gelbwesten und ist heute in der
Szene der Impfgegner spürbar, die Macron aus-
drücklich nerven und ärgern will. Dass er die Ge-
sundheitskrise jedoch vergleichsweise souverän
gemeistert und die Geldhähne aufgedreht hat,
verschaffte ihm wiederum bei 40 Prozent der
GASTKOMMENTAR
Wir müssen die Angstspirale durchbrechen
V
ersuchen wir uns an einem kleinen Gedan-
kenexperiment. Stellen wir uns vor, eine
Virusvariante träfe auf die deutsche Gesell-
schaft des endenden Jahres 2019. Experten rech-
neten uns vor, dieses leicht übertragbare Virus wür-
de innerhalb von vier Wochen dazu führen, dass
insgesamt 42 ungeimpfte, doppelt geimpfte oder
geboosterte Menschen in ganz Deutschland mit oder
wegen einer entsprechenden Infektion auf der In-
tensivstation landen werden. Pro Tag würden hieran
gemäß dieser Daten rechnerisch 1,93 Menschen mit
entsprechendem Immunisierungsstatus bundesweit
sterben. Ob der Tod infolge der vorherigen Infekti-
on eintritt oder diese nur einen Nebenbefund dar-
stellt, könne (und wolle) man nicht sagen. Das sei
im Sinne der öffentlichen Gesundheitsvorsorge auch
nicht relevant.
Wegen der drohenden gesundheitlichen Gefahr
müsse der Verfassungsstaat im gesamten Bundes-
gebiet harte grundrechtseinschränkende Maßnah-
men ergreifen, Menschen wegen einer eigentlich
freien, aber „falschen“ Entscheidung aus dem öf-
fentlichen Raum ausschließen und stigmatisieren,
das kulturelle Leben fast bis zur Unkenntlichkeit
zum Erliegen bringen und diejenigen, die individuel-
le Gründe gegen eine Impfung anführen, gegen
ihren erklärten Willen impfen. Das genaue Ziel die-
ser Maßnahmen sei nicht ganz klar, es sei aber not-
wendig, dass die Menschen durch einen Akt der
gesellschaftlichen Solidarität zeigten, dass man
durch sein Verhalten nicht für eine hypothetische
Überlastung des Gesundheitssystems sorge. Ich
vermute, es ist nicht überinterpretiert, dass die
bundesdeutsche Gesellschaft des endenden Jahres
2019 diese Experten zu hysterischen Freiheitsfein-
den und dystopischen Spinnern erklärt hätte.
Nun schreiben wir das Jahr 2022, und wir haben
laut RKI-Wochenbericht die gleichen Zahlen bei der
vorherrschenden Omikron-Variante. Unser Gemüts-
zustand ist aber ein komplett anderer. Gemessen an
den Maßstäben, die die freiheitliche Gesellschaft von
2019 ausmachten, scheint Deutschland innerhalb von
nur rund zwei Jahren voll von angsterfüllter Frei-
heitsabwendung geworden zu sein. Denn selbst ohne
die Zahlen des RKI-Wochenberichtes müssen wir
feststellen, dass die Grippewelle 2017/18 ohne Impf-
pflichterwägungen, ohne 2G, ohne Maskenpflicht pro
Tag mehr als doppelt so viele Todesopfer verursachte
als die aktuelle Corona-Welle – wie es WELT-Redak-
teur Olaf Gersemann jetzt bei Twitter vorrechnete.
Bedenken wir, dass unsere freiheitsliebende und
Freiheit verteidigende Verfassung noch immer diesel-
be wie 2019 ist, müssten die exekutiven Entschei-
dungsträger angesichts dieser Zahlen eigentlich so-
FORUM 7
KOMMENTAR
Bevölkerung Respekt. Umfragen zeigen, dass die
Franzosen keinem der Oppositionskandidaten
zutrauen, diese Krise besser zu meistern. Man
Sittsam und gläubig
könnte daraus schließen, dass die Franzosen das etwa über den polnischen Antisemitis-
Am Ende
Drama lieben, am Ende aber die Vernunft siegt. mus nicht vorkommen. Im Deutsch-
Macron hat Frankreich ganz sicher nicht sozial unterricht sollen mehr religiöse Werke
befriedet. Die Spaltung der Gesellschaft ist wäh- gelesen werden, zum Beispiel des pol-
rend seiner Amtszeit größer geworden. Zwar mag ALAN POSENER nischen Papstes Johannes Paul II. Beim
G
er trotz Krise und historischer Rezession das Le- Religionsunterricht entfällt die Option
bensniveau der Mittelschicht angehoben haben – fernzubleiben. Zwar wird als Alternati-
siegt die
nicht verziehen wird ihm, dass er die Reichen erade hat das Unterhaus des ve ein Ethikunterricht angeboten, doch
reicher und die Armen ärmer gemacht hat. Auf der polnischen Parlaments mit 233 der wird in vielen Schulen mangels
anderen Seite hat er in den Schulen für mehr zu 220 Stimmen ein Gesetz ausgebildeter Lehrkräfte von Religions-
Chancengleichheit gesorgt und auch das Aus- verabschiedet, das die Erziehung der lehrern abgehalten.
bildungssystem revolutioniert. Mehr als 500.000 Jugend in Polens Schulen zu unkritisch Im Fach Sexualkunde schließlich soll
Arbeitsplätze wurden vergangenes Jahr geschaf- nationalistischen, katholischen und auch die katholische Sexualmoral zum
Vernunft
fen, die Arbeitslosenquote liegt so niedrig wie seit sexuell verklemmten Erwachsenen Tragen kommen. Czarneks Berater,
vierzehn Jahren nicht. festschreiben soll. Gegen das „Lex Paweł Skrzydlewski, meinte, die Schule
Zum „Star-Performer der Pandemie-Ära“ hat Czarnek“, benannt nach Erziehungs- müsse „weibliche Tugenden“ festigen,
Paul Krugman Frankreich kürzlich erklärt. Der minister Przemysław Czarnek, hatten etwa Bescheidenheit, Mütterlichkeit,
amerikanische Wirtschaftsnobelpreisträger ur- nicht nur die Opposition, die Lehrerge- Sparsamkeit, Treue und Religiosität.
teilt, dass die europäische Lösung eindeutig die werkschaft und diverse NGOs pro- Auf der anderen Seite soll Schluss sein
bessere gewesen sei. Kurzarbeitergeld und Zu- testiert; auch Polens Oberhaus, der mit der Erziehung zu sexueller Tole-
schüsse fielen in Frankreich mit 240 Milliarden Senat, hatte dagegen votiert. Doch das ranz. „Wir müssen uns gegen die
Euro noch deutlich üppiger aus als in Deutsch- Unterhaus hat den Senat überstimmt. LGBT-Ideologie wehren und aufhören,
land. Gleichzeit ist das Defizit auf neun Prozent Wenn Präsident Andrzej Duda kein uns diese Idiotismen von Menschen-
der Wirtschaftsleistung gestiegen. Macrons Politik Veto einlegt und das Gesetz unter- rechten und Gleichheit anzuhören“, so
des „Koste-es-was-wolle“ wäre ohne das Geld vom schreibt, tritt es in Kraft. So weit übri- Czarnek. „Diese Menschen sind nor-
MARTINA MEISTER EU-Wiederaufbaufonds nicht möglich gewesen. gens so demokratisch. Anders als bei malen Menschen nicht gleich, und wir
Ein gutes Drittel des französischen Konjunkturpa- uns, wo die schulische Bildung Sache sollten mit dieser Diskussion endlich
kets wird aus Brüssel finanziert. Doch so um- der Länder ist, was eine derartige Aus- aufhören.“
stritten die Frage der gemeinsamen Verschuldung richtung der Schulen nach dem Willen Polens Jugend lebt aber nicht auf
sein mag, so überlebenswichtig war sie. Und der- der Zentralregierung verhindert, darf dem Mars. Sie guckt Netflix, benutzt
In zwei Monaten wählt zeit profitieren alle davon, auch Deutschland. die PiS-Partei in Polen ihre Mehrheit Instagram, liebt die westliche Popkul-
Frankreich. Es geht um
In einer eventuellen zweiten Amtszeit, die we- nutzen, um eine Jugend nach ihrem tur und darf in alle Länder der Eu-
niger von der Pandemie geprägt ist, müsste Ma- Ebenbild zu formen. ropäischen Union reisen. Sollte Duda
die Funktionstüchtigkeit
cron beweisen, dass er sich mit der starken Ver- Ein neues Fach, „polnische Zeit- das Gesetz in Kraft setzen, darf sich
schuldung nicht nur Zeit erkauft hat, sondern die geschichte“, soll „die Wahrheit über die herrschende Partei auf turbulente
der zweitgrößten Macht
Wirtschaft langfristig zu sanieren vermag. Frank- Polens neueste Geschichte“ erklären, Zeiten an Polens Schulen gefasst ma-
reich ist darüber hinaus eine erfolgreiche, aber so Czarnek. Im Opfer- und Heldennar- chen. Gut so.
forum@welt.de
Europas. Fast die Hälfte
alte Demokratie, die darauf achten muss, nicht rativ dürften verstörende Tatsachen
gebrechlich zu werden. Reformen des Wahlrechts
der Franzosen will
sind seit Jahrzehnten überfällig und wesentlich
dafür verantwortlich, dass sich Wählerinnen und KOMMENTAR
links- oder rechtsextrem
Wähler im bestehenden System nicht mehr wie-
dererkennen oder auch nur repräsentiert fühlen.
wählen. Wer in den
Olympia kann so schön sein
Gelingt Macron die Wiederwahl, gehörte es zu
seinen ersten Pflichten, mit der Reparatur des
Umfragen führt,
politischen Betriebs in Frankreich sofort zu be-
ginnen und auch die Dezentralisierung ernsthaft
ist überraschend
fortzusetzen. Er, der sich so gern als rettende Zudem lässt sich in den Olympia-
Kraft inszeniert, hätte bei sich zu Hause eine Auf- Mediatheken das ganze Inszenierungs-
gabe, die nicht länger warten kann. Es geht um gerümpel des handelsüblichen TV
nichts weniger als die Funktionstüchtigkeit der ignorieren. All die Studio-Moderatio-
zweitgrößten Macht Europas und Deutschlands MATTHIAS KAMANN nen mit ihrer Wichtigtuerei bleiben
D
wichtigstem Partner. uns genauso erspart wie die Binsen-
forum@welt.de weisheiten exorbitant überbezahlter
ie beiden Kommentatoren in „Experten“. Sogar das Überspringen
der öffentlich-rechtlichen Me- des nervtötenden Trailers zu Beginn
diathek wirkten wie zwei ehe- jeder Aufzeichnungen haben wir er-
malige Pistenteufel, die sich auf ihre lernt. So können wir uns ganz den
alten Tage im Zielraum beim Super-G Wettbewerben widmen und nichts als
der Männer einige Hefeweizen geneh- den Wettbewerben.
migten und drauflos schwatzten. „Wir Zum Glück geht dabei der ganze
taufen ihn Torero“, bemerkten sie zum Völkerverständigungskitsch unter, all
einen Rennläufer, „was macht der denn das Friedensgelaber, das „Signal-für-
da?“, entfuhr es ihnen zum nächsten. die-Welt“-Geschwafel à la Thomas
wurden, wieder auszugraben. Wir müssen die pa- „Da hat’s ihn nach innen gelegt“, stell- Bach und dessen Instrumentalisierung
ralysierende Angstspirale durchbrechen, die die ten sie fest, mussten aber alsbald „ah! durch die chinesischen Politiker. Es ist
bevormundenden politischen Anwandlungen erst was? ha, tiiiief“ schreien. Später wid- so paradox wie erfreulich: Schon lange
ermöglicht hat. Wer jetzt erklärt, wir müssten uns meten sie sich dem „Pepi“, der eigent- nicht mehr wurden diese Diktatoren so
WOLFGANG KUBICKI bereits heute vor einer neuen Variante fürchten, die lich wohl Josef heißt. Große Fernseh- sehr ignoriert wie jetzt. Und weil we-
es noch nicht gibt, muss sich vorwerfen lassen, seine unterhaltung war das, und Spannung gen Corona kaum Zuschauer vor Ort
selbstbezogenen Gängelungsüberlegungen über die bot der Rennverlauf auch. sind – bis auf einige mit Mund-Nasen-
Freiheit aller zu stellen. Und wir müssen die Maß- Überhaupt die Mediathek: Durchweg Bedeckungen –, brauchen wir nicht
fort wieder alles öffnen und den Grundrechten die nahmenpolitik der Corona-Krise alsbald einer par- in ihr sehen hiesige Normalsterbliche einmal in die längst zu Charaktermas-
verdiente, „alte“ Geltung verschaffen. Denn, so lamentarischen Überprüfung zuführen, um für künf- diese Olympischen Winterspiele. Sie ken geronnenen „Emotion“-Gesichter
schlimm jede Erkrankung und jeder Todesfall ist, tige Gefährdungen der Freiheit gewappnet zu sein. macht es möglich, Wettbewerbe der auf den Tribünen zu sehen, mit denen
absoluter Lebensschutz und Bewahrung vor jedweder Hierbei wird selbstverständlich auch die Rolle des eigenen Wahl zu betrachten – oder mal eine konfektionierte Fernsehregie
Infektion durfte von Verfassungswegen bislang nie Robert Koch-Institutes besondere Beachtung finden gezielt etwas auszuprobieren. Da gibt sonst alle internationalen Sportereig-
das Ziel staatlicher Eingriffe sein. müssen. Denn dem weitverbreiteten Eindruck, unter es ja einiges: Eiskunstlauf kann be- nisse rund um den Globus garniert.
Es ist beängstigend, dass sich manche trotzdem in Lothar Wieler habe die dem Gesundheitsminister geisterndes Kunstgewerbe sein, beim Ja, es ist ein Skandal, dass diese
diese zweifelhafte Richtung bewegt haben. Wer wie unterstellte Behörde vor allem der pseudowissen- Rennrodeln lässt sich die Geschwindig- Spiele in China stattfinden, und ja, das
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried schaftlichen Abschirmung der politischen Maß- keit auch vor dem Fernseher körperlich IOC ist unerträglich. Aber Hochleis-
Kretschmann gönnerhaft die widerwillige „Rück- nahmen gedient, kann nur mit energischer Auf- spüren, und wer nach zwei Stunden tungssport kann wunderbar sein, und
gabe“ der Freiheitsrechte von der Auferstehung Jesu klärung verantwortungsvoll begegnet werden. Curling-Meditation immer noch nicht dieses Mal ist das ganz besonders gut
Christi abhängig machen will, hat sich jedenfalls Ich glaube nicht daran, dass der Staat meine per- müde ist, sollte die Schlafstörungen zu erkennen.
bewusst dazu entschieden, sich unserer Rechts- sönlichen Dinge besser regeln kann als ich selbst. ärztlich begutachten lassen. forum@welt.de
ordnung und einer wissenschaftsbasierten Argu- Ich selbst habe mich aus freien Stücken impfen und
mentation intellektuell zu entziehen. Dieses Be- boostern lassen, weil ich für mich persönlich darin
kenntnis Kretschmanns macht ein weiteres großes einen Sinn gesehen habe. Für andere kann und LESERBRIEFE
Problem offenbar. Es ist nämlich mit Händen zu möchte ich dabei nicht sprechen – und ich möchte
greifen, dass sich das „Team Vorsicht“ so sehr in die auch nicht, dass der Staat dies tut. Vor diesem Hin-
Möglichkeit des politischen Alleinverfügungsmodus
verliebt hat, dass die Überlegung der Beendigung
tergrund habe ich das Wort von der „positiven Frei-
heitsbilanz“, die angeblich durch eine Impfpflicht
Ungerecht Arbeit getan und werden nun als Dank
dafür von der Politik vor die Alternati-
sämtlicher pandemiepolitischen Einschränkungen ermöglicht werde, nie als freiheitlich verstanden. Zu: „In der Pflege wird jede und ve gestellt, sich gegen ihren Willen
dort mittlerweile zu einer undenkbaren Frivolität Denn wer entscheidet für mich eigentlich, was mei- jeder gebraucht“ vom 8. Februar impfen zu lassen oder arbeitslos zu
geworden ist. ne persönliche positive Freiheitsbilanz ist? Die werden. ACHIM SAUERLAND, PER MAIL
Wenn der Wunsch nach Rückkehr zur vorpande- Mehrheit im Verfassungsstaat? Mit dieser Logik Den Sinn der einrichtungsbezogenen
mischen Freiheit als „Vulgärliberalismus“ gescholten könnten wir die individuellen Freiheits- und die Impfpflicht verstehe ich nicht. Natür-
wird, der unverantwortlich mit der aktuellen Situa-
tion umgehe, zeigt sich hieran die Zerstörung eines
Minderheitenrechte kübelweise über Bord werfen.
Das Ende der Pandemie ist nah, der Übergang zur
lich ist der Schutz von Menschen in
Pflegeheimen und in Kliniken von
Unglaubwürdig
über Jahrzehnte aufgebauten Freiheitskonsenses. Endemie wird erkennbar. Es wird immer klarer, wir größter Wichtigkeit. Durch die tägliche Zu: „Söders umstrittener Plan zur
Dieser bundesrepublikanische Freiheitskonsens werden mit dem Virus leben müssen. Zur Wahrheit Testung der Beschäftigten, was ei- Pfleger-Impfpflicht“ vom 9. Februar
hatte gewissermaßen ein Gefühl dafür entwickelt, gehört auch: Wir werden nicht mit Sicherheit ver- gentlich selbstverständlich sein sollte,
wie weit staatliche Eingriffe in die individuellen hindern können, dass Menschen aufgrund einer müsste das Problem doch gelöst sein. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident
Freiheitsrechte gehen dürfen. Angesichts der ge- Infektion schwer erkranken und sterben. Staatliche Zumal Herr Lauterbach betont, dass Söder, erst lassen Sie Herrn Laschet im
nannten Omikron-Zahlen und dem Unwillen einiger, Aufgabe ist es, im Rahmen der Daseinsvorsorge die die Tests sicher seien. Wohlgemerkt Wahlkampf über die Klinge springen
sich mit Öffnungsdiskussionen überhaupt zu be- Gesundheitsversorgung aller zu sichern und jedem Testung aller Beschäftigten, weil auch und stürzen die CDU in ein Desaster.
schäftigen, zeigt sich jetzt: Der Konsens wurde nicht die bestmögliche medizinische Versorgung zu ge- die Geimpften und die Geboosterten Jetzt die Abkehr von der allgemeinen
von jenen aufgekündigt, die sich eine schnellst- währleisten. Wer darüber hinaus jedoch den Ein- anstecken können. Die Maßnahme ist Impfpflicht. Glaubhafte Politik sieht
mögliche Rückkehr in die Freiheit wünschen. Son- druck vermittelt, der Staat hätte die zusätzliche in höchstem Maße ungerecht: Da haben anders aus. In unserem Grundgesetz
dern von jenen, denen schon vor der Pandemie der Aufgabe, sämtlichen Lebensrisiken mit entsprechen- Pflegekräfte in der zweijährigen Pande- spricht nichts gegen eine allgemeine
Sinn nach mehr und tieferen staatlichen Eingriffen den Grundrechtseingriffen zu begegnen, hat eine mie aufopferungsvoll und unter höchs- Impfpflicht.
stand. Die coronabedingte Spaltung der Gesellschaft freiheitsfeindliche Agenda. Der Mensch im freiheitli- tem Einsatz ihre schlecht bezahlte DIPL.-ING. BERT FLEGEL, STEINMAUERN
hängt zu einem beträchtlichen Teil an dieser Kon- chen Verfassungsstaat ist ein Bürger, nicht ein gän-
sensaufkündigung. gelungsbedürftiger Untertan. Deshalb müssen die
Es wird die große freiheitspolitische Aufgabe der Maßnahmen enden. Ihre Post an: DIE WELT, Brieffach 2410, 10888 Berlin, Fax: (030) 2591-71606, E-Mail: forum@welt.de
kommenden Zeit sein, die paternalistischen Pflöcke, Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen uns über jede
die in den vergangenen zwei Jahren vor allem unter T Wolfgang Kubicki (FDP) ist Vizepräsident Zuschrift, müssen uns aber das Recht der Kürzung vorbehalten. Aufgrund der sehr großen Zahl von
der Kanzlerschaft von Angela Merkel eingerammt des Deutschen Bundestages. Leserbriefen, die bei uns eingehen, sind wir leider nicht in der Lage, jede einzelne Zuschrift zu beantworten.
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8 WISSEN
Im All spielt der
Ukraine-Konflikt
noch keine Rolle
Auf der „ISS“ sind die USA
und Russland gute Partner
E
s begann im Januar 1994. US-Prä-
sident Bill Clinton hielt eine Re-
de zur Lage der Nation und zeig-
te sich begeistert von einer sich anbah-
nenden Kooperation, die das Ende des
Kalten Kriegs möglich machte: „Statt
im Weltraum Waffen zu bauen, helfen
russische Wissenschaftler uns beim Bau
einer Internationalen Raumstation.“
VON GUIDO MEYER
Europa, Japan und Kanada wurden
noch ins Boot geholt, und aus der ISS
wurde ein bis heute erfolgreiches Ge-
meinschaftsprojekt, das 1998 an den
Start ging. Die Russen haben das erste
Bauteil der ISS ins All geschossen und
wenig später auch die erste Besatzung.
Ohne Russen geht bis heute nichts
auf der ISS. „Die Entscheidung, die Rus-
sen bei der Station mit an Bord zu neh-
men, bedeutete, dass alle Partner ge-
genseitig auf sich angewiesen sein wür-
den“, sagt John Logsdon, der damals
Leiter des Space Policy Institute der
George Washington University war. Er
glaubt, dass sich dieses Konzept be-
währt habe – jedenfalls bisher. „Ich fin-
de es bemerkenswert, dass die ISS seit-
dem alle Aufs und Abs der US-russi-
schen Beziehungen überlebt hat.“ Es sei
eine Art Mauer um die ISS entstanden –
„keine physische Barriere, aber die Sta-
tion ist getrennt vom allgemeinen Ver-
hältnis zwischen USA und Russland“.
Ob die Vergiftung eines russischen
Regimekritikers, die Einmischung des
Kremls in die US-Präsidentschaftswah-
len oder die Annexion der Krim – die
Astronauten und Kosmonauten an Bord
der ISS schwebten stets über den Din-
gen. „Wenn Sie mit den Russen arbei-
ten, sich eine Vertrauensbasis bildet
und Sie einige Wodkas zusammen ge-
trunken haben – dann bleibt diese Ver-
bindung bestehen, unabhängig von der
Politik auf höchster Ebene“, erinnert
sich Scott Hubbard, ehemaliger Leiter
des Ames-Forschungszentrums der Na-
sa. Er hat seit den 70er-Jahren mit den
Sowjets zusammengearbeitet. „Die nor-
malen Wissenschaftler und Ingenieure
machen einfach mit dem weiter, dem sie
sich verschrieben haben.“
Das Dumme ist nur: Die grundsätzli-
che Entscheidung zur Zusammenarbeit
fallen nicht Wissenschaftler oder Kos-
monauten. „Weder die Entscheidungs-
träger bei der Nasa oder bei der russi-
schen Weltraumagentur noch bei den
anderen Partnern der Raumstation wol-
len, dass die Zusammenarbeit endet“,
glaubt Roger Launius, der die Raum-
fahrtbranche mit Launius Historical
Services berät. Die weitere Entwicklung
könne aber überlagert werden von grö-
ßeren, geopolitischen Fragen. „Wenn
die Nato mobil macht als Reaktion auf
das Verhalten der Russen in der Ukrai-
ne, werden die Karten neu gemischt“,
sagt der Weltraumhistoriker. „Dann
werden wir wohl keine Kooperation
mehr in der Raumfahrt erleben.“
Das fürchtet auch John Logsdon vom
Space Policy Institute. „Ob die Invasion
der Ukraine die unsichtbare Mauer um
die ISS einreißen würde, wenn die USA
Sanktionen verhängen, die Russland so
verärgern, dass sie drohen, sich aus der
Station zurückzuziehen – ja, das könnte
sehr wohl passieren.“ Die Russen könn-
ten etwa ihre zwei Kosmonauten von
der ISS abziehen. Es stünde ihnen frei,
jederzeit mit einer „Sojus“-Kapsel die
Rückreise zur Erde anzutreten.
„Das drastischste Szenario wäre die
Abkopplung der russischen Module von
der Station“, so Logsdon. Denn „Sarja“
und „Swesda“ heben mit ihren Trieb-
werken die Umlaufbahn der ISS von
Zeit zu Zeit an, da die oberen Schichten
der Atmosphäre die Station allmählich
abbremsen. „Die ISS könnte noch kurze
Zeit überleben“, sagt Logsdon. „Nach
ein paar Monaten wäre ihre Umlauf-
bahn der Raumstation so instabil, dass
sie in die Erdatmosphäre eintritt.“
Überhaupt wäre die Trennung der
russischen ISS-Bauteile von den westli-
chen ein Kamikaze-Kommando. Denn
auch „Sarja“ und „Swesda“ könnten
nicht unabhängig vom Rest der Station
funktionieren. Sie haben nur kleine, ei-
gene Solarpanele, die keine komplette
Stromversorgung für einen unabhängi-
gen Betrieb aufrechterhalten könnten.
Auch die beiden russischen Module be-
ziehen den Großteil ihrer Energie über
die riesigen Solarzellen-Ausleger der
ISS. So hofft Hubbard, dass all das nicht
passiert. „Die Trennung der Module
würde wohl auf die Zerstörung der ge-
samten Raumstation hinauslaufen.“
UNIVERSITÄT LEIPZIG
Bis zu acht Meter lang und zehn Tonnen schwer konnten Stellersche Seekühe werden. Vor rund 250
Jahren sind sie ausgestorben. Benannt wurden sie nach dem Forscher Georg Wilhelm Steller, der le-
bende Exemplare der riesigen Tiere 1741 in den Gewässern um Alaska beobachten konnte. Heute kön-
nen sich Wissenschaftler nur noch mit Fossilien dieser Tiere befassen. Forscher aus Deutschland
und den USA haben jetzt das Genom der Stellerschen Seekuh entschlüsselt. Sie haben das Erbgut der
D
in der Eiszeit verbreiteten Spezies aus fossilen Knochen von insgesamt zwölf verschiedenen Indivi-
er Mann hatte Heldensta-
tus und das per Geburts-
recht. Große Schöpfer
der Kultur, Entdecker,
Weise, Heiler, Ärzte und
Philosophen, alles Männer. Doch Be-
wunderung und Verehrung sind gewi-
chen. Gerade Männer jenseits der 50
kommen mit ihrer neuen gesellschaftli-
chen Rolle nicht klar. Sie fühlen sich be-
vormundet, in Job und Familie ent-
machtet und partnerschaftlich unter
enormen Druck gesetzt. Monika Meiler
verrät, wie er aus seiner Identitätskrise
herausfindet.
VON STEFAN FROMMANN
WELT: Die Rollenklarheit des Mannes
gerät aus den Fugen. Können Sie das
als Frau nachvollziehen?
MONIKA MEILER: Aber ja. Ich stelle eine
große Orientierungslosigkeit bei Män-
nern fest. Spannend ist: Wenn ein Mann
Beratung aufsucht, kann er sein Pro-
blem kaum erklären. Meist spricht er
dann von mangelnder Kommunikation,
dabei geht es eigentlich um Selbstfin-
dungsthemen, also um Identität, um
seine Werte, Visionen, all das ist durch-
einander geraten.
Wie fangen Sie solche Männer auf?
Ich bitte sie, der Frage nachzugehen: Wer
bin ich? Das ist so viel mehr als: Das ist
mein Name, mein Beruf, mein Alter, mei-
ne Familie. Ein Beispiel, das ich kürzlich
erlebt habe: Ein Mann, Manager, Mitte
50, rief mich an und sagte: Sie müssen mir
bitte helfen, meine Macht zurückzuge-
winnen. Die Verletzlichkeit, die da zu Ta-
ge kommt, macht auch mich als Frau rich-
tig traurig. Bei vielen fehlt es nur noch an
dem einen berühmten Tropfen, der das
Fass zum Überlaufen bringt und dafür
sorgt, dass der Mann sein ganzes Leben
in Frage stellt. Das geht bis zu: War es das
jetzt? Manche denken tatsächlich daran,
Suizid zu begehen.
Wie ging es mit dem Mann weiter?
Seine Macht konnten Sie ihm ja nicht
zurückgeben.
Ich habe ihn gefragt: Was, wenn wir an
der Macht, die Sie vermissen, etwas zu-
rückschrauben könnten? Wo wären wir
dann? Und er stellte fest: Wahrscheinlich
würde mehr Zeit für die Familie heraus-
springen. Ich habe ihm vorgeschlagen,
einmal ein Kinderheim zu besuchen. Er
wusste nicht, was er dort sollte, und ich
sagte: Einfach nur schauen und wahrneh-
men.
Mit welchem Ergebnis?
Er fand es unglaublich zu sehen, wie viele
andere Werte es im Leben noch gibt au-
ßer Arbeiten, außer Leistung, außer Funk-
tionieren, außer das Haus abzuzahlen,
den Kindern ein Studium zu ermöglichen
und die Familie immer gut ernährt zu
wissen. Er hat begonnen, seinen Fokus
wegzubringen von dieser Macht, die ihm
bis dahin so wichtig war.
DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022
Genom der Stellerschen Sehkuh
entschlüsselt
duen gewonnen und daraus das Genom rekonstruiert. Steller beschrieb die Haut der Seekühe als „ei-
ne so dicke Haut, die der Rinde von alten Eichen ähnlicher wäre, als einer Thierhaut.“ Diese borkige
Struktur der Oberhaut ist bei artverwandten Seekühen (Foto), die heutzutage ausschließlich in tro-
pischen Gewässern leben, nicht vorhanden. Im Eismeer hatte sie die Seekühe offenbar vor Kälte ge-
schützt. Forscher der Universitätsmedizin Leipzig konnten die Ursache für die borkige Haut durch
Inaktivierungen bestimmter Gene, die für die äußere Hornhautschicht zuständig sind, klären. N.L.
Viele Männer fühlen sich regelrecht
in die Genderneutralität getrieben.
weisen und Werte kann ein Mann nur be-
dingt von einer Frau lernen. Diese unter-
ich mir vor, ich würde ausbrechen und
Amok laufen. Homo sapiens
Erleben Sie das auch?
Ja. Vor allem die Babyboomer der 60er-
schiedlichen Eigenschaften zu erkennen,
ist aber wichtig für die Identitätsfindung. Bitte? Was haben Sie in dem Fall ge- und Neandertaler
in einer Höhle
Jahre haben es gerade alles andere als tan?
einfach. Sie konsumieren noch andere Ein kurzer Blick in die Politik: Anna- Ich musste schnell herausfinden, was das
Medien, nicht unbedingt die sozialen lena Baerbock polarisiert wie keine eigentliche Thema bei ihm war. Seine
Netzwerke, und bekommen dadurch zweite Politikerin in Deutschland. Vo- Frau war von heute auf morgen einfach Der moderne Mensch kam
schon früher nach Europa
nicht mit, dass die Rollenvielfalt dort ein ran liegt es, dass gerade ältere Män- ausgezogen. Zeitgleich ist sein Hund ge-
D
tägliches Thema ist. Gendern, LGBTQ ner Probleme mit ihr haben? storben, an dem er sehr hing. Das war zu
und so weiter. Wenn sie dann darüber Annalena Baerbock verkörpert dieses viel für ihn. Die starke Aggression, die
stolpern, erschrecken sie und kommen- neue Rollenkonzept. Sie ist mutig, sie sich in ihm aufbaute, war eine Mischung er moderne Mensch (Homo sa-
tieren das entsprechend hart und un- spricht Klartext, sie setzt sich durch, älte- aus Ohnmacht nach dem Tod des Hundes piens) soll in Europa schon vor
missverständlich. Das ist bei jüngeren re Männer erkennen all diese Tribute wie- und Enttäuschung, weil ihm seine Frau etwa 54.000 Jahren gelebt ha-
Männern ganz anders. der und finden, dass die eigentlich zu ih- nicht einmal die Chance gab, über die ben – etwa 10.000 Jahre früher als bis-
Probleme zu sprechen. her gedacht. Das zumindest folgert ein
internationales Forscherteam nach Aus-
Gibt es Frauen, die ihre Männer bei grabungen in einer Höhle im südfranzö-
Ihnen anmelden? sischen Rhone-Tal. Demnach bewohn-
„Kein Wunder,
Sogar einige. Wenn man allein betrachtet, ten damals im Lauf etlicher Jahrtausen-
welche Symbolik dahintersteckt: Die bei- de sowohl der Homo sapiens als auch
den sind längst nicht mehr auf Augenhö- Neandertaler die Höhle – allerdings ab-
he. Kommt so jemand zu mir in die Bera- wechselnd. Somit seien die Neanderta-
dass er sich als
tung, braucht es viel Aufbauarbeit. Kein ler nicht kurz nach dem Auftauchen des
Wunder, dass er sich als Loser fühlt. modernen Menschen ausgestorben, be-
LOSER fühlt“
tont das Team um Ludovic Slimak und
Druck verspüren Männer über 50 vor Clément Zanolli vom Centre National
allem auch in der Liebe. Sie sollen de la Recherche Scientifique (CNRS) im
sensibel und zugleich sexuell domi- Journal „Science Advances“. Stattdes-
nant sein. Geht das? sen lebten beide Menschenarten noch
Es ist nicht einfach, den Erwartungen ei- fast 15.000 Jahre in der gleichen Region.
ner modernen Frau gerecht zu werden. Bislang ging man davon aus, dass die
Der Mann muss im Haushalt helfen, er ersten modernen Menschen Europa vor
Wie der Mann seine Identitätskrise muss gut zuhören können, er soll roman- etwa 45.000 Jahren erreichten – darauf
überwindet und seine neue
tisch sein. Die Überforderung steht den deuten Funde aus Bulgarien und Italien
meisten Männern regel- hin. Vor etwa 40.000 Jahren, waren die
gesellschaftliche Rolle findet
recht ins Gesicht ge- Neandertaler aus der Region ver-
schrieben. Manche schwunden. Dass der moderne Mensch
kommen nicht mehr so nun wesentlich früher aufgetaucht sein
gerne nach Hause. soll, leiten die Forscher aus Ausgrabun-
Denn eigentlich möch- gen in der Grotte Mandrin unweit von
Zur Person ten sie sich von ihrem Montélimar ab. Dort legte das Team um
schweren Tag erholen, Slimak über eine Tiefe von drei Metern
Die Schweizerin Monika Meiler ist Supervisorin mit doch sie platzen direkt zwölf Fundschichten frei, die insgesamt
höherer Fachprüfung, sie coacht Männer, meist in die hohen Erwartun- weit über 100.000 Reste von Tieren und
Führungskräfte. Ihre Themen: Burnout, verkümmer- gen ihrer Frauen hinein. Steinwerkzeugen enthielten.
tes soziales Umfeld, Sinnfragen, Ehekrisen, Suizid- Ich habe erlebt, dass ei- In einer Schicht entdeckten die For-
gedanken. Ihre Erkenntnisse veröffentlichte sie in ne Frau ihrem Mann so- scher ein Zahnfragment, das sie anhand
ihrem Buch „Steh auf Männchen“. gar mit Sexentzug ge- der Form und Struktur dem Homo sa-
droht hat. piens zuordnen. Zudem, so betonen sie,
seien die dortigen Steine mit einer an-
UWE KLÖSSING
Was empfehlen Sie deren Technik bearbeitet worden als in
Männern, die in einer den benachbarten, älteren und jüngeren
Wünschen sich jüngere Männer eher nen gehören. Identitätskrise ste- Schichten, die typische Neandertaler-
eine Auflösung der stereotypen Ge- Wenn sie dann cken? Relikte enthielten. Die Steinspitzen und
schlechterrollen? vernichtende Es gibt Männer, die von -klingen aus der betreffenden Schicht
Absolut. Sie denken viel ganzheitlicher. Kommentare für sie finden, hat das viel heute auf morgen ihr Selbstbewusstsein weisen den Forschern zufolge eine auf-
Verstand, Körper, Geist und Gefühl bil- mit toxischer Männlichkeit zu tun. Ag- verlieren. Starke Männer, die sagen, sie fällige Präzision bei der Herstellung auf.
den eine Einheit. Und sie empfinden das gressionen, die in ihnen ruhen, platzen könnten auf einmal keine Meetings mehr Zudem ähneln sie demnach Funden aus
als gesunde Männlichkeit und sehen sich heraus. Ich frage mich nur, was wäre, im Beruf gestalten, weil sie Angst haben, der Levante, die mit dem Homo sapiens
überhaupt nicht als Softies. wenn sie eine stark übergewichtige, nicht den Faden zu verlieren. Mit ihnen rede in Verbindung stünden.
ganz so hübsche Frau wäre. ich über ihre Wertedefinition: Was ist Ih- Die Schicht sei etwa 54.000 Jahre alt,
Aber fehlt es jüngeren Männern nicht nen wirklich wichtig im Leben? Häufig schreibt das Team unter Verweis auf
an männlichen Vorbildern? Was würden Sie dann erwarten? erschrecke ich, wie schwer es Männern Datierungen per Radiokarbon- und Lu-
Ja. Häufig sind die Jungen nur mit der Dass es einen großen Unterschied ma- fällt, diese Frage zu beantworten. Es mineszenzmethode. Demnach nutzten
Mutter aufgewachsen. Jede zweite Ehe chen würde. Der Mann würde sie längst werden dann Werte genannt, die gar vorher Neandertaler die Höhle, dann
wird inzwischen geschieden. Für die Ent- nicht für so frech und gefährlich empfin- nicht die eigenen sind. Weil sie sich ihrer moderne Menschen. Später folgten wie-
wicklung eines Jungen erachte ich es aber den. Ich denke, Schönheit gibt noch ein- eigenen Werte nicht bewusst sind, sich der Neandertaler, bis vor etwa 44.000
als wichtig, dass er sich auch an gleichge- mal einen zusätzlichen Anstoß für Ag- fremd geworden sind und fremdbe- Jahren erneut der Homo sapiens dort
schlechtlichen Vorbildern orientieren gressionen. Der Umgang mit den Gefüh- stimmt durchs Leben gehen. Wenn ih- einzog. Die Forscher schließen, dass das
kann. Dies ist aktuell schwierig, denn in len ist ein anderer. Der Mann glaubt, zu nen das bewusst wird, sind sie verzwei- Aussterben der Neandertaler nicht Fol-
den meisten Kindergärten und Schulen schweigen würde ihn krank machen. Ich felt. Doch es gibt einen Weg aus dieser ge einer einmaligen Umwälzung gewe-
trifft der Junge vorwiegend weibliche Be- hatte sogar mal einen Fall, wo ein Mann Einbahnstraße – und auf diesen Weg be- sen sei, sondern Resultat eines länge-
zugspersonen an. Männliche Verhaltens- zu mir sagte: Wissen Sie, manchmal stelle gebe ich mich mit ihnen. ren, viel komplexeren Prozesses. dpa
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WIRTSCHAFT UND GELD
DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022 SEITE 9 *

BÖRSEN-WELT: INDIZES
DAX 15490,44 Dow Jones 35646,97 Euro in $ 1,1484 Gold $ / Feinunze 1840,00 Rohöl $ / Barrel 92,87 Bund-Future 164,83 Kanada Großbritannien Deutschland Russland
21746,91 +0,66 1545,21 +0,39 15490,44 +0,05 1546,79 +0,78

DAX
• ••••• • Europa

10.02. Kurs Veränderung 12 Monate Marktk. Div. Div. KGV Kurs

in €
Veränderung
Vortag in % Tief
12 Monate
Vergleich
Marktk.
Hoch Mrd. €
Div.
in €
Div.
Rend.
KGV
2021
•
4199,32 –0,11
•
• •
in € Vortag in % Tief Vergleich Hoch Mrd. € in € Rend. 2021
Adidas NA 242,90 W –0,8 231,6 336,3 46,66 3,00 1,24 31,34 Henkel Vz. 74,32 +1,6 WW 68,92 99,50 13,24 1,85 2,49 17,28 Frankreich
Airbus 118,28 +0,7 W 89,59 121,1 92,98 - 31,13 Infineon NA 34,17 0,0 W 29,79 43,85 44,62 0,22 0,64 40,19 USA 7101,55 –0,41
Allianz vNA 229,25 W –1,2 182,5 232,5 93,64 9,60 4,19 11,46 Linde PLC 272,50 +3,0 WW 201,8 309,4 139,67 3,35 1,23 35,62 35646,97 –0,34
BASF NA 68,56 W –0,1 57,06 72,88 62,97 3,30 4,81 19,59 Mercedes-Benz 69,75 W –1,1 53,83 76,92 74,62 1,13 1,62 8,72
Bayer NA 54,59 +2,4 WW 43,91 57,73 53,63 2,00 3,66 15,16 Merck 185,25 WW –1,6 126,6 231,5 23,94 1,40 0,76 34,95 Schweiz Japan
Beiersdorf 87,02 W –0,4 81,86 108,1 21,93 0,70 0,80 29,01 MTU Aero 192,60 +1,5 W 161,6 224,9 10,27 1,25 0,65 35,02 Brasilien 12313,16 –0,44 27696,08 +0,42
BMW St.
Brenntag NA
Continental
Covestro
92,77
77,58
92,37
54,48
+0,5 W
+1,7 WW
+0,6 W
W –0,6 68,87
63,14
82,36
49,30
100,4
87,40
118,6
63,24
55,90
11,99
18,47
10,53
1,90
1,35

1,30
-
2,05
1,74

2,39
11,18
23,51
12,32
13,13
Münch. R. vNA
Porsche Vz.
Puma
Qiagen
270,80
85,64
90,60
43,81
W –0,5
+1,0 W
W –0,8
W –1,1
215,3
59,74
80,32
37,38
282,3
102,0
115,4
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37,94
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9,99
9,80
2,21
0,16
-
3,62
2,58
0,18
13,31
6,49
45,30
21,91
112336,81 –0,31

• •
Deliv. Hero
Dt. Bank NA
Dt. Börse NA
Dt. Post NA
46,49
14,46
156,75
53,19
WWWWWWWWWWW –30,4
+0,4 W
W –1,1
W –1,2
44,74
8,79
130,1
40,68
142,0
14,64
163,4
61,38
11,67
29,89
29,78
65,91
3,00
-
-

1,35
1,91
2,54
72,31
24,88
18,34
RWE St.
SAP
Sartorius Vz.
Siem.Energy
37,25
109,30
439,10
19,30
+0,4 W
W –0,4
WW –2,2
W 0,0
28,39
100,5
378,0
17,81
38,14
129,7
631,6
33,63
25,19
134,28
16,44
14,02
0,85
1,85
0,71
-
2,28
1,69
0,16
20,69
27,33
68,08 •
Dt. Telekom 17,55 W –0,9 14,60 18,92 87,53 0,60 3,42 23,41 Siem.Health. 57,60 W –0,8 44,17 67,66 64,97 0,80 1,39 38,15 Argentinien Südafrika Indien China
E.ON NA 12,13 W –0,8 8,27 12,54 32,04 0,47 3,87 17,33 Siemens NA 144,68 +4,7 WWW 125,0 158,0 122,98 3,50 2,42 22,26 88334,50 +1,08 3055,41 +0,02 58926,03 +0,79 24878,24 +0,32
Fres. M.C.St. 59,06 WW –2,0 52,06 71,14 17,30 1,34 2,27 15,75 Symrise 102,25 +0,2 W 95,88 132,7 14,29 0,97 0,95 37,59

D
Fresenius 37,30 W –0,1 32,91 47,60 16,87 0,88 2,36 11,30 Vonovia NA 48,12 W –0,7 45,53 57,15 37,37 1,58 3,29 10,03
Heidelb.Cem. 67,04 +0,6 W 56,60 81,04 13,30 2,20 3,28 9,58 VW Vz. 187,28 0,0 W 159,7 252,2 38,62 4,86 2,60 7,66 Veränderungen sind zum Vortag und in Prozent. * = Preis vom Vortag oder letzt verfügbar.
HelloFresh 50,82 WWW –6,2 49,48 97,50 8,84 - 29,89 Zalando 65,08 W –1,4 62,58 105,9 17,05 - 68,51 Alle Angaben ohne Gewähr. Quelle

Rekordinflation
KAMPF der
ie Luft in Deutschland war Ein beschleunigter Ausstieg aus der der vom Abrieb der Reifen entsteht. Die-
2021 so sauber wie seit vie- Kohleverstromung bis 2030, deutlich ser Wert ist laut UBA-Statistik seit vie-

in den USA len Jahren nicht mehr.

Laut vorläufigen Zahlen
weniger Verkehr, die Verringerung der
Tierbestände in der Landwirtschaft
len Jahren konstant. Anders als Motoren
und Abgasbehandlung haben sich die

überrascht alle
Holz-Heizung
des Umweltbundesamts und mindestens die Halbierung der Reifen offenbar kaum verbessert. Dieser
(UBA) wurden die EU-Richtwerte für die „Verwendung fester Biomasse in priva- Emissionsfaktor bleibt auch bei Elektro-
Belastung mit Stickoxiden und Fein- ten Haushalten“. autos bestehen.
Zinswende zeichnet sich staub selbst an Hauptverkehrsstraßen in Was mit dem letzten Punkt gemeint Unter anderem deswegen sieht das
ab – nicht bei der EZB
Großstädten fast überall eingehalten. ist, machte Messner explizit deutlich: UBA weniger Verkehrsleistung als eine

D
„Wir stellen jetzt in städtischen Wohn-
gebieten eine Situation fest wie vor zehn
ie US-Inflation hat zu Jahresbe- Jahren im ländlichen Raum“, sagte der
Die Luftqualität in Deutschland hat sich „Das Umweltbundesamt rät, dass wir
zukünftig darauf verzichten sollten,
deutlich verbessert. Dennoch will das Holz zu verheizen“, sagte er. Besser sol-
künftig notwendige Maßnahme zur
Verbesserung der Luft an. Also einen
Umstieg vom Autofahren auf öffentli-

Umweltbundesamt ein Verbot für

ginn das höchste Niveau seit 40 Präsident des UBA, Dirk Messner, bei le Holz als Baumaterial genutzt werden che Verkehrsmittel oder das Fahrrad.
Jahren erreicht und befeuert der Vorstellung der Zahlen. Dennoch oder im Wald bleiben, wo es das Treib- Die Vorstellungen decken sich mit de-

Pelletsysteme und Kaminöfen

Spekulationen über drastische Zins-
schritte der Notenbank Fed. Waren und
Dienstleistungen kosteten im Januar 7,5
Prozent mehr als im Vorjahresmonat,
wie das Arbeitsministerium am Don-
nerstag in Washington mitteilte. Das ist
der höchste Wert seit Februar 1982.
Selbst Experten wurden von der Kraft
des neuen Inflationsschubs überrascht:
Sie hatten lediglich 7,3 Prozent auf dem
Zettel nach einem Anstieg von 7,0 Pro-
zent im Dezember. Aus der Corona-Kri-
se resultierende Materialengpässe und
rasant steigende Energiekosten treiben
die Inflation in immer luftigere Höhen.
Angesichts des starken Preisauftriebs
und des zugleich brummenden Arbeits-
markts steuert die Fed auf eine Zins-
wende zu. An den Finanzmärkten wird
für März mit einem ersten Schritt nach
oben gerechnet, dem bis zu fünf weitere
Anhebungen folgen könnten. Womög-
lich wird die Notenbank nächsten Mo-
nat sogar eine ungewöhnlich große Er-
höhung um einen halben Punkt vorneh-
men. Die Wahrscheinlichkeit dafür wur-
de an den Terminmärkten nach Veröf-
fentlichung der überraschend hohen In-
flationsrate nun auf 50 Prozent taxiert.
Vor den Zahlen hatte die Quote bei etwa
30 Prozent gelegen.
Eine Anhebung um einen halben
Punkt wäre für die US-Notenbank sehr
ungewöhnlich: In der Regel belässt sie
es bei einen Viertel Prozentpunkt. Zu-
letzt hatte sie im Mai 2000 die Brech-
stange ausgepackt und den Schlüssel-
zins um einen halben Prozentpunkt auf
6,5 Prozent angehoben. Derzeit liegt
der Schlüsselsatz noch in der Spanne
von null bis 0,25 Prozent.
Mit den Inflationszahlen steige die
Möglichkeit aggressiverer Zinserhöhun-
gen, sagte Naeem Aslam, Chef-Markt-
analyst des Brokerhauses AvaTrade. Er
rechne bis Juli mit einer Anhebung um
insgesamt einen ganzen Prozentpunkt.
Der Druck auf die Federal Reserve ent-
schlossen auf die Bremse zu treten, wer-
de immer größer, meint Ökonom Dirk
Chlench von der LBBW. Den Arbeitneh-
forderte er drastische Maßnahmen, um
die Luftqualität in den kommenden Jah-
ren weiter zu verbessern.
VON DANIEL ZWICK
Hintergrund sind die neuen Leitlini-
en der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) für gesunde Luft, die im Ver-
gleich zur bestehenden Regulierung in
der Europäischen Union (EU) deutlich
verringerte Richtwerte vorsehen, vor
allem für Stickstoffdioxid, Feinstaub
und Ozon. Ziel der WHO ist es, durch
weniger Luftschadstoffe die Zahl von
Erkrankungen und Todesfällen zu ver-
ringern. UBA-Chef Messner zitierte ei-
ne Statistik der EU, nach der in
Deutschland jährlich 53.800 Todesfälle
in Verbindung mit Luftverschmutzung
stehen sollen; europaweit seien es so-
gar 307.000.
Seine Schlussfolgerung: Die Luft
muss noch sauberer werden. Während
Deutschland die aktuell geltenden EU-
Werte einhält, ist es von den WHO-Zie-
len noch deutlich entfernt. Besonders
deutlich sind die Abweichungen beim
Feinstaub der kleinen Partikelgröße PM
2,5 und beim Ozon. An den Grenzwer-
ten der EU sei seit 20 Jahren nicht ge-
arbeitet worden, sagte Messner. „Die
Botschaft ist: wir sollten es tun.“
Mit „klassischen Maßnahmen zur
Luftreinhaltung“ allein in Deutschland
sei die erforderliche drastische Redu-
zierung der Emissionen aber nicht er-
reichbar, stellen Messner und seine Be-
amten fest. Damit meinen sie unter an-
derem Tempolimits, die Düngemittel-
verordnung und strengere Abgasnor-
men für Fahrzeuge. Stattdessen seien
„transformative Maßnahmen“ nötig:
Jetzt sollen die Bürger die marode türkische Währung retten
Die Regierung in Ankara fordert die Menschen auf, ihren Goldschmuck zur Stabilisierung der Lira abzuliefern
hausgas CO2 bindet. „Wir sollten uns
verabschieden von der Verbrennung
von Holz in unseren privaten Haushal-
ten“, sagte der UBA-Chef. Dass er dabei
in einen Konflikt mit der Bundesregie-
rung tritt, ist Messner klar.
Denn aktuell werden Holz-Pellethei-
Die Luft wird sauberer zungen als klimafreundliche Alternative
vom Staat gefördert und Millionen
Prozentualer Anteil der Messstationen mit Überschreitung des Grenzwer- Deutsche nutzen Kamin- oder Kachel-
tes für das Feinstaub*-Tagesmittel im jeweiligen Belastungsregime, in %
öfen zum Heizen. Das sei aus Klima-Ge-
60 ländlicher Hintergrund sichtspunkten allerdings ein „Nullsum-
50
städtischer Hintergrund
menspiel“, meinte Messner – weil das
städtisch verkehrsnah
gebundene CO2 beim Verbrennen ja
40
wieder in die Atmosphäre gelangt. Und
30 aus der Perspektive der Luftreinhaltung
20 sei die Förderung keine gute Maßnah-
me. Die Feinstaub-Belastung aus Holz-
10
Heizungen sei inzwischen nämlich hö-
0 her als die aus dem Auspuff von Pkw.
2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021
Den großen Fortschritt bei der Luft-
*PM10; Quelle: Umweltbundesamt 2022 reinhaltung hat Deutschland nach An-
sicht des Behördenchefs dem Diesel-
skandal und seinen Folgen zu verdan-
ken. Unter dem Druck drohender Fahr-
verbote und deutlich verschärfter Ab-
Stickstoffdioxid-Werte gehen zurück gas-Richtlinien haben die Automobil-
konzerne die Abgasreinigung ihrer Die-
Prozentualer Anteil der Messstationen mit Überschreitung des Grenzwer- sel-Fahrzeuge enorm verbessert. Zwar
tes für das NO2-Jahresmittel im jeweiligen Belastungsregime, in Prozent
hätten noch 56,6 Prozent der Stickstoff-
80 ländlicher Hintergrund dioxid-Belastung mit Diesel-Pkw zu tun.
70 städtischer Hintergrund „Die Belastungen haben aber radikal ab-
städtisch verkehrsnah
60
Hochrechnung städtisch
genommen“, sagte Messner. „Die Auto-
50 verkehrsnah unternehmen haben uns gezeigt, dass
40 die Reduzierung technisch möglich ist.“
30 Der Rückgang des Verkehrsaufkommens
20 aufgrund der Corona-Pandemie spiele
10 dagegen eine untergeordnete Rolle. Da
0 der Anteil an älteren Diesel-Fahrzeugen
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
weiter sinkt, gehen auch die NO2-Emis-
Quelle: Umweltbundesamt 2022 sionen zurück. Mit der Elektrifizierung
sinken die Luftschadstoffe aus dem Ver-
kehr zusätzlich – bis auf den Feinstaub,
nen der Deutschen Umwelthilfe, die
anlässlich der Luft-Bilanz einen „be-
schleunigten Ausbau von Radwegen
und verbesserte Angebote bei Bus und
Bahn sowie Vorgaben zur Minderung
von Feinstaub aus Kaminöfen“ forder-
te. „Vor allem aber müssen die gesetzli-
chen Grenzwerte an die neuen Richt-
werte der Weltgesundheitsorganisation
angepasst und drastisch herabgesetzt
werden“, kommentierte Geschäftsfüh-
rer Jürgen Resch die Zahlen. Er wies
auch darauf hin, dass für einige Mess-
stationen noch keine Werte vorliegen.
Laut UBA wird sich die Statistik da-
durch aber nicht mehr wesentlich än-
dern. Nur ein bis zwei Prozent der ver-
kehrsnahen Messstationen haben dem-
nach den Jahresmittelgrenzwert für
Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm
pro Kubikmeter Luft überschritten. Da-
zu zählen je eine Station in München
und Ludwigsburg. Die Grenzwerte für
Feinstaub wurden laut UBA 2021 bun-
desweit überall eingehalten.
Vage blieb Messner beim Thema
Ozon. Die Belastung der Luft in
Deutschland mit diesem Gas liegt
deutlich über den von der WHO gefor-
derten Werten. Nur lässt sich seine
Konzentration in der Luft kaum durch
technische Maßnahmen oder Verbote
beeinflussen. „Wir haben in Deutsch-
land wenig Möglichkeiten, die Werte
zu drücken“, sagte Ute Dauert, die das
Fachgebiet Luftqualität am Umwelt-
bundesamt leitet. „Die Ozon-Grundbe-
lastung liegt seit Jahren auf einem ho-
hen Level, vor allem getrieben durch
Emissionen von Methan.“ Würde der
Ausstoß dieses Gases international ver-
ringert, dann könnte auch die Ozonbe-
lastung in Deutschland sinken.

mern bleibe von ihren Lohnzuwächsen
in realer Rechnung nichts übrig.
Die EZB steht wegen des anhaltenden
Inflationsdrucks in der Eurozone eben-
falls unter Druck, bleibt aber gelassen.
Laut ihrem Vizechef Luis de Guindos
die Zentralbank die Zinsen erst dann
anheben, wenn sich die Inflation im Eu-
ro-Raum bei der Zielmarke von zwei
Prozent stabilisiert hat. „Wir sind durch
unsere Bedingungen in der Forward
Guidance geleitet und werden handeln,
falls und wann diese erfüllt sind,“ sagte
der Stellvertreter von Notenbank-Che-
fin Christine Lagarde. Der geldpoliti-
sche Ausblick der EZB – auch „Forward
Guidance“ genannt – nennt unter ande-
rem als Bedingung, dass zu sehen sein
muss, dass die Inflation das EZB-Ziel
von zwei Prozent erreicht und dann
erst einmal auch so bleibt. stm/rtr
Qualitätstest für Druckereien
D
ie Verträge mit den Gold-
schmelzen sind angeblich
schon unterschrieben. Jetzt
fehlt nur noch das Material. Doch das
will der türkische Finanzminister Nu-
reddin Nebati nun durch einen Appell
an seine Landsleute auftreiben. Sie sol-
len unter ihren Matratzen und in ihren
Schubladen nachschauen und ihren
Goldschmuck beim Staat abliefern. Man
wolle ihn dann zu Barren umschmelzen
und diese bei der Notenbank einlagern,
verspricht der Minister. So sollen deren
Reserven erhöht werden.
VON FRANK STOCKER
Noch wissen die Türken offiziell
nichts von ihrem Glück. Nebati gab die-
sen Plan während einer Konferenz mit
Investoren in London bekannt. Dort
versuchte er verzweifelt, das verloren
gegangene Vertrauen in die Währung
und den Finanzstandort Türkei wieder
herzustellen.
Die Lira hat im vergangenen Jahr
rund 40 Prozent ihres Wertes verloren,
zerrüttet einerseits von einer galoppie- len die Finanzierungskosten von Unter- ten“ eröffnen. Diese haben eine Lauf- Dollarbestände zur Stützung der Wäh-
renden Inflation und andererseits von nehmen mindern und dadurch die Ver- zeit von drei bis zwölf Monaten, an de- rung in Lira umzutauschen. Dem folg-
einer Politik der Notenbank, die man braucherpreise dämpfen“, ergänzt ren Ende ein etwaiger Verlust durch den ten nur wenige, vor allem aber haben je-
wohlwollend als unorthodox bezeich- Mayr. Das Problem dabei ist jedoch: Es Staat ausgeglichen wird, wenn sich der ne, die diesem Aufruf gefolgt sind, bis
nen kann, die letztlich aber selbstmör- gibt bisher keinerlei Beispiele in der Ge- Wechselkurs der Lira in dem Zeitraum heute rund zwei Drittel ihres Geldes
derisch ist. Denn sie bekämpft die Infla- schichte, wo dies so eingetroffen wäre. weiter verschlechtert haben sollte. verloren, denn so stark ist der Außen-
tion nicht durch Zinserhöhungen, die „Internationale Investoren blicken mit Das führte zu einer Stabilisierung der wert der Lira seither gefallen.
gemeinhin als einzig wirksames Mittel Kopfschütteln auf den Kurs der Noten- Währung, ist aber ein finanzpolitisches Doch wo Aufrufe nicht helfen, folgen
gelten, vielmehr senkt sie seit Septem- bank“, sagt daher Mayr. Vabanquespiel. „Im Falle einer ungüns- oft Zwangsmaßnahmen – und das er-
ber kontinuierlich die Zinsen. Denn wie sich zeigt, senken die nied- tigen Wechselkursentwicklung kämen scheint gerade in der Türkei nicht un-
Dies tut sie auf Geheiß von Staatschef rigen Zinsen die Inflation eben tatsäch- erhebliche Mehrbelastungen auf die wahrscheinlich. Schon seit Mitte Januar
Recep Tayyip Erdogan, der der Meinung lich nicht, sondern treiben sie in immer Staatsfinanzen zu“, sagt Heinisch. müssen Exporteure zwangsweise ein
ist, dass Inflation durch niedrige Zinsen luftigere Höhen. Im Dezember stieg die Daher sollen nun größere Goldreser- Viertel ihrer Deviseneinnahmen in Lira
zu bekämpfen sei. „Die Regierung ver- offizielle Inflationsrate – der viele oh- ven helfen, die zur Stützung der Wäh- umtauschen. Und für die Goldbesitzer
spricht sich von der Lockerung der nehin schon länger nicht mehr trauten – rung eingesetzt werden können und so gibt es ein historisches Vorbild: Das Ver-
Geldpolitik und der schwachen Lira ei- auf 36,1 Prozent, im Januar sogar auf diese Mehrbelastung verhindern. Dazu bot des Goldbesitzes.
nen positiven Konjunktureffekt durch 48,7 Prozent. dient der Aufruf der Regierung an die Auch in Deutschland wurde 1923 ein
eine Stimulierung der Exportnachfra- Den Verfall der Lira am Devisen- Bevölkerung, ihren Goldschmuck abzu- solches Verbot erlassen, in der Hochzeit
ge“, erklärt Johannes Mayr, Chefvolks- markt immerhin konnte die Regierung liefern. Finanzminister Nebati schätzt, der Hyperinflation der Weimarer Repu-
wirt bei der Vermögensverwaltung Eyb kurz vor Weihnachten stoppen – aber dass die Türken Gold im Wert von etwa blik. Es galt sowohl für Edelmetalle als
& Wallwitz diese Theorie. Das hat vor auch dies geschah mit einer zweifelhaf- 250 Milliarden Dollar horten. Zehn Pro- auch Devisen. Der Polizei wurde er-
allem auch einen politischen Hinter- ten Maßnahme. Denn sie verkündete ei- zent davon will er einsammeln. laubt, Menschen auf offener Straße zu
grund: Hohe Wachstumsraten machen ne Art Wechselkursabsicherung für die Doch ob die Türken dabei mitma- durchsuchen und auch bei Razzien in
Erdogans Wiederwahl im kommenden Einlagen heimischer Sparer bei türki- chen, darf bezweifelt werden. Denn Unternehmen oder Privatwohnungen
Jahr wahrscheinlicher. schen Banken. schon einmal, im Mai 2018, hatte es ei- auf die Jagd nach Gold, Dollar und an-
„Dazu kommt ein weiterer theoreti- Sie können dort nun sogenannte nen ähnlichen Aufruf gegeben. Damals deren Währungen zu gehen. Funde wur-
scher Gedanke: Niedrigere Zinsen sol- „fremdwährungsgeschützte Lirakon- forderte Erdogan die Türken auf, ihre den entschädigungslos konfisziert.

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10 WIRTSCHAFT UND GELD
Otto stellt sich
auf weniger
Wachstum ein
Möbel und Wohnaccessoires
werden seltener bestellt
D D
ie Goldgräberstimmung unter
den Onlinehändlern während
der Corona-Pandemie geht
langsam zu Ende. Nachdem schon der
Bundesverband E-Commerce und Ver-
sandhandel zuletzt von einer Normali-
sierung gesprochen hat, sendet nun
auch der größte deutsche Versandhänd-
ler Otto Group ein ähnliches Signal. Der
Konzern im Familieneigentum geht von
einer „gedämpften Konjunkturlage, ver-
bunden mit einem spürbaren Rückgang
der Konsumlaune“ für das neue Ge-
schäftsjahr aus. „Wir sehen jedoch
gleichzeitig die erwartete Normalisie-
rung im Vergleich zum ersten Jahr un-
ter Pandemie-Bedingungen“, sagte Se-
bastian Klauke, Konzernvorstand etwa
für E-Commerce.
VON BIRGER NICOLAI
Diese drei Gründe nennt Otto für die
zurückhaltende Aussicht: Die Kauflaune
der Deutschen werde durch die hohe In-
flationsrate beeinflusst. Hinzu komme
die Unsicherheit wegen der weiteren
Entwicklung der Corona-Pandemie.
Und schließlich belaste die kritische
geopolitische Situation die Aussicht auf
das Konsumgeschäft. All dies werde zu
einer abnehmenden Dynamik auch im
E-Commerce führen.
Bei dem wichtigen Konkurrenten Za-
lando sagte Co-Vorstandschef Robert
Grentz zuletzt: „Wir blicken zuversicht-
lich auf das kommende Jahr.“ Doch
auch bei Zalando sind die Zeiten vom
Anfang der Pandemie vorbei, als statio-
näre Geschäfte geschlossen waren und
der Onlinehändler Wachstumsraten
von mehr als 40 Prozent erlebte. Lang-
fristiges Ziel des Unternehmens ist es,
auf der Zalando-Plattform bis zum Jahr
2025 mehr als 30 Milliarden Euro Brut-
toumsatz zu erreichen.
Die Otto Group nennt für den eige-
nen Onlinehandel im neuen Geschäfts-
jahr eine Wachstumsprognose „im ho-
hen einstelligen Prozentbereich“ – ge-
genüber zweistelligen Wachstumsraten
in den Vorjahren. Weniger Geschäft er-
wartet Vorstand Klauke vor allem bei
Möbeln und Wohnaccessoires. In den
Monaten der Pandemie hatten sich die
Kunden ihr Zuhause oftmals neu einge-
richtet und Otto als größter Online-Mö-
belhändler in Deutschland hatte davon
besonders profitiert. Dagegen soll der
Verkauf von Bekleidung besser laufen.
„Im Onlinehandel war Mode nie ein
Profiteur der Pandemie und der ge-
schlossenen Läden“, sagte Klauke. Erst
wenn die Zeit der Partys zurückkomme
und die Menschen öfter ins Büro gin-
gen, werde der Modehandel aufblühen.
Im zurückliegenden Geschäftsjahr,
erreichte die Otto Group nur im On-
linehandel einen Umsatz von elf Milli-
arden Euro, das entspricht einem Plus
von zehn Prozent. Auf Deutschland ent-
fielen davon 7,6 Milliarden Euro. Die
Zahl der aktiven Onlinekunden stieg in
dem Jahr um ein Fünftel auf rund elf
Millionen. Nicht enthalten darin sind
Geschäftszahlen der Tochtergesell-
schaft About You.
Alleingänge der Länder spalten das Gesundheitswesen
Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gibt es kein bundesweit abgestimmtes Vorgehen mehr. Verbände sind irritiert und fordern Geschlossenheit
M
arkus Söder ist für seine poli-
tischen Alleingänge bekannt.
Doch das geplante Aussetzen
der Impfpflicht für Pflegekräfte in Bay-
ern wäre ein Novum. Bundesrat und
Bundestag haben diese bereits be-
schlossen. Und der bayerische Minis-
terpräsident hatte die Impfpflicht
selbst lange propagiert – nun konterka-
riert er seine eigene Entscheidung.
Große Teile der Union drängen sogar
auf eine bundesweite Aussetzung der
Teil-Impfpflicht, die ab Mitte März
greifen soll. Politiker mehrerer Partei-
en sprechen von der Untergrabung de-
mokratischer Prozesse.
VON JAN KLAUTH UND ANNE KUNZ
In den betroffenen Einrichtungen
des Gesundheitssystems sorgt der Zick-
zack-Kurs für Verwirrung und Frust,
wie eine Umfrage von WELT zeigt. So
kritisiert beispielsweise Korian, die mit
250 Einrichtungen größte deutsche
Heimkette, die unterschiedlichen Re-
geln. Der Betreiber fürchtet, dass es in
einigen Bundesländern zur Abwande-
D Solar-Offensive
ie Riege der grünen Fi-
nanzminister wächst.
Nach Baden-Württem-
berg, Bremen und Schles-
wig-Holstein stellt Berlin
mit Daniel Wesener den vierten. Der 46-
jährige gebürtige Hamburger kam Ende
der 1990er Jahre zum Geschichtsstudi-
um in die Hauptstadt, war Landesvor-
sitzender von Bündnis90/Die Grünen,
danach Mitglied im Abgeordnetenhaus.
Nun ist er in der rot-grün-roten Regie-
rung von Franziska Giffey (SPD) Fi-
nanzsenator. Die Zeiten, in denen die
Schuldensituation Berlins so desolat
war, dass die Losung „Sparen, bis es
quietscht“ ausgegeben wurde, sind 20
Jahre her. Mit den Folgen hat auch We-
sener noch zu kämpfen.
VON KARSTEN SEIBEL
WELT: Was ärgert Sie an Berlin?
DANIEL WESENER: Als ich aus Ham-
burg nach Berlin zog, war es tatsächlich
der Hundekot auf den Straßen in Prenz-
lauer Berg. Das war damals nicht nur ein
Klischee. Später war es der öffentliche
Personennahverkehr. Ich war wie viele
andere Menschen darauf angewiesen,
mit Bus und Bahn von A nach B zu kom-
men und das in einer halbwegs kalku-
lierbaren Zeit. Leider war der Fahrplan
oft eher Theorie. Heute ärgern mich als
Bürger unter anderem die Wartezeiten,
wenn ich jemanden in einer Behörde an
die Strippe bekommen will.
Da geht es Ihnen wie Millionen Berli-
nern. Sie als Finanzsenator könnten
daran etwas ändern.
Die rot-rot-grüne Regierung hat in den
vergangenen fünf Jahren das Personal
in den Bezirksverwaltungen bereits um
mehr als 15 Prozent aufgestockt.
Das war offenbar nicht genug.
Noch mehr Bürgerämter zu eröffnen
und immer mehr Personal einzustellen,
kann nicht die Lösung sein. Jetzt müs-
sen wir bei der Digitalisierung voran-
kommen, unseren Mitarbeitern eine
zeitgemäße Ausstattung und bessere
Arbeitsbedingungen bieten. Da hinkt
Berlin den selbst gesteckten Zielen hin-
terher, da müssen wir ran. Vor allem
brauchen wir die passenden Räumlich-
keiten. Es rächt sich, dass Berlin in der
Vergangenheit viele Liegenschaften ver-
kaufte und für Investitionen in vorhan-
dene Standorte nur wenig Geld zur Ver-
fügung stand. Das müssen wir jetzt teu-
er nachholen.
Berlin hat vieles zurückgekauft:
schon 2013 die Wasserbetriebe, im
Vorjahr 15.000 Wohnungen und das
Stromnetz. Was kauft die Stadt als
Nächstes?
Das klingt, als würde Berlin alles Mögli-
che wahllos zusammenkaufen. Dem ist
nicht so. Im Mittelpunkt steht immer ei-
ne gute Daseinsvorsorge und Grundver-
sorgung. Die kann die öffentliche Hand
sehr erfolgreich gewährleisten, auch oh-
ne draufzuzahlen. Die Berliner Wasser-
betriebe gehören mittlerweile zu den
Flaggschiffen unter den landeseigenen
Gesellschaften. Auch mit dem Stromnetz
werden wir schon bald Geld verdienen.
Was kauft Berlin also als Nächstes?
Mit Blick auf den urbanen Klimaschutz
und die Wärmewende drängt sich das
Thema Gas auf. Bis Ende November
muss sich das Land Berlin entscheiden,
ob es den bestehenden Gaskonzessions-
vertrag neu ausschreibt.
rung von Pflegekräften kommen könn-
te – weil diejenigen, die nicht geimpft
sind, dann eher in anderen Einrichtun-
gen Anstellungen finden würden. Für
die ohnehin angespannte Personalsi-
tuation in vielen Häusern wäre das eine
weitere Belastung.
Als Politiker wie Söder noch für die
Impfpflicht trommelten, war die Aus-
gangslage allerdings eine andere. Vor al-
lem durch Omikron hat sich die Situati-
on verändert. Denn selbst das Robert
Koch-Institut kann derzeit nicht genau
belegen, wie gut eine Impfung auch
Dritte vor einer Ansteckung mit Omi-
kron schützt und sie die Wahrschein-
lichkeit einer Übertragung reduziert.
Zudem ist Söder offenbar nicht der
einzige Zweifler unter den Minister-
präsidenten. Auch Sachsen will die
Impfpflicht im Gesundheitswesen nun
stoppen, wie am Dienstagabend be-
kannt wurde. Zunächst will der Frei-
staat die Bund-Länder-Runde Mitte
des Monats abwarten. Rund ein Drittel
der Pflegekräfte ist in Sachsen nicht
geimpft. Die sächsische Gesundheits-
ministerin Petra Köpping (SPD) sagte
DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022
auf dem
deutschen Acker
Regierung plant mehr
Anlagen auf Agrarflächen
ie Bundesregierung will die
Energiewende in Deutschland
mit deutlich mehr Solaranlagen
auf Agrarflächen vorantreiben. Die drei
jeweils grün geführten Bundesministe-
rien für Wirtschaft und Klimaschutz,
für Umwelt sowie für Landwirtschaft
haben sich dafür auf umfangreiche För-
dermöglichkeiten im Rahmen des Er-
neuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)
für sogenannte Agri-PV-Anlagen ver-
ständigt. Das geht aus einem neuen Eck-
„Rückkauf
punktepapier hervor. Bundeswirt-
schaftsminister Robert Habeck spricht
von bis zu 200 Gigawatt zusätzlicher
Photovoltaik-Leistung.
des Gasnetzes
VON CARSTEN DIERIG
MARTIN U. K. LENGEMANN/WELT
Der Ausbau der Solaranlagen soll ein
ist eine Option“
Beitrag zum Erreichen der Klimaziele
leisten. Die Ampel-Koalition aus SPD,
Grünen und FDP hat sich vorgenom-
men, dass hierzulande bis 2030 rund 80
Prozent des Stroms aus erneuerbaren
Energien stammen. Noch aber liegt der
Anteil mit aktuell gut 40 Prozent gera-
Berlins Finanzsenator Daniel Wesener hat große Pläne.
de halb so hoch. Agri-PV-Anlagen er-
möglichen zugleich eine landwirt-
So sollen etwa die Behörden durch Digitalisierung
schaftliche und energetische Nutzung
derselben Fläche. „Die Landwirtschaft
schneller werden und der Flughafen BER bis
kann damit einen Beitrag zur Versor-
gung mit erneuerbaren Energien leis-
2026 wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen ten und landwirtschaftliche Nutzflä-
chen trotzdem weiter bewirtschaften“,
sagt Bundeslandwirtschaftsminister
Cem Özdemir. Deswegen bleibe auch
eine Förderung mit Geldern der EU-
Agrarpolitik weiter möglich, zumindest
Vor zehn Jahren wollte die Stadt das geschichte des BER können wir leider Sondereffekten, die sich so nicht wie- wenn die landwirtschaftliche Nutzung
Gasnetz schon einmal dem Ener- nicht mehr ändern. Aber wir können da- derholen werden. nur um bis zu 15 Prozent durch die
gieunternehmen Gasag entziehen, um für sorgen, dass die Flughafengesell- Stromerzeugung beeinträchtigt wird.
es in Eigenregie zu betreiben. Damals schaft in der Zukunft finanziell deutlich Sie haben Ihre Kollegen im Senat zum Dennoch ist die Nutzung von Agrar-
scheiterte der Versuch vor Gericht. besser dasteht. Sparen aufgerufen. flächen für Solarmodule umstritten.
Bei der letzten Konzessionsvergabe ha- Wir wollen weiter in die Stadt investie- Immerhin könne fruchtbarer Ackerbo-
ben alle Beteiligten zu viel Zeit vor Ge- Das Ergebnis sind Milliarden-Schul- ren, aber wir müssen dabei auch stärker den verloren gehen, sagen Kritiker.
richt verbracht. Das sollte dieses Mal an- den, die nun zusätzlich von den Steu- priorisieren. Auch deswegen ist Solarstrom aus Anla-
ders laufen. Wir sind uns der Bedeutung erzahlern übernommen werden. gen auf Agrarflächen bislang weitge-
des Gasnetzes in einer Stadt wie Berlin Wenn wir wollen, dass die Flughafenge- Das sagte Finanzminister Christian hend von der EEG-Förderung ausge-
sehr bewusst. Es kann auch in Zukunft sellschaft dem Steuerzahler nicht län- Lindner (FDP) seinen Kollegen auch, schlossen. Kritik kommt nun vom Deut-
eine wichtige Rolle spielen, etwa als ger auf der Tasche liegt, führt an einer erhört wurde er bislang nicht. schen Bauernverband (DBV). „Der Vor-
Speichermedium für Wasserstoff. Der Entschuldung kein Weg vorbei. Ich habe Da habe ich den Vorteil, dass vieles be- schlag nimmt nicht genügend Rücksicht
Senat steht für Gespräche mit allen Be- den Eindruck, dass wir auf einem guten reits im Koalitionsvertrag verankert ist. auf die Belange der Landwirtschaft“,
teiligten bereit. Für uns ist der Rückkauf Weg sind. Bis 2026 kann die Sanierung Wir waren uns während der Verhandlun- sagt Udo Hemmerling, der stellvertre-
des Gasnetzes definitiv eine Option. so weit gelingen, dass der Flughafen gen alle einig, dass wir einen Fehler vor- tende Generalsekretär des DBV, gegen-
wirtschaftlich auf eigenen Beinen steht. heriger Regierungen nicht machen wol- über WELT. Zwar lehnt der Verband
Bleibt Verstaatlichung für den neuen len: zu viel zu versprechen. Das führt nur Agri-PV nicht grundsätzlich ab. In man-
rot-grün-roten Senat also nicht nur Befürchten Sie in den Osterferien zu Politikverdrossenheit. Diesmal sagen chen Bereichen könne das sogar sinn-
bei Wohnungen ein beliebtes Mittel? wieder Bilder von wütenden Passagie- wir ganz offen, was mehr Zeit braucht voll sein. Grundsätzlich aber gehen die
Verstaatlichung ist ein historisch be- ren in der Abflughalle? und hinten angestellt werden muss. Vorstellungen über die Ausbaupläne
lasteter Begriff, deshalb will ich klar- Ich bin sehr zuversichtlich, dass noch und die Auswahl von Standorten ausei-
stellen: Das unternehmerische Enga- rechtzeitig vor dem Osterreiseverkehr Das wird man in Geberländern wie nander im Vergleich zur Politik. Ein ge-
gement der öffentlichen Hand ist kein das Terminal 2 in Betrieb geht. Immer Bayern, Baden-Württemberg und nereller Ausschluss von Grünland und
Selbstzweck. Bei einer Rekommunali- vorausgesetzt, die Nachfrage ist bei der Hessen gerne hören, von dort wird Schutzgebieten zum Beispiel führe da-
sierung stellt sich immer die Frage, ob Pandemieentwicklung gegeben. immer noch Steuergeld in die Haupt- zu, dass vor allem die ertragreichsten
sie zweckmäßig und wirtschaftlich stadt umgeleitet. Wann wird Berlin Äcker mit Photovoltaik überbaut wer-
sinnvoll ist. Das Krisenjahr 2021 hat Berlin mit ei- selbst zum Geberland? den. Aus Sicht des Bauernverbands soll-
nem Minus von 150 Millionen Euro Berlin hat wirtschaftlich rasant aufge- te der weitere Ausbau von Solaranlagen
Wirtschaftlich ist der Flughafen BER abgeschlossen. Befürchtet worden holt. Mittlerweile liegen wir bei der besser auf Konversionsflächen vorange-
nicht, der vom Bund und den Ländern waren neue Schulden von fast vier Wirtschaftsleistung pro Kopf vor Nord- trieben werden, also auf Land, das ehe-
Brandenburg und Berlin gemeinsam Milliarden Euro. Ist die Stadt am En- rhein-Westfalen. Und vor der Pandemie mals wirtschaftlich, wohnungsbaulich
errichtet und betrieben wird. de sogar ein Krisengewinner? haben wir auch beim Schuldenabbau oder militärisch genutzt wurde, vor al-
Flughäfen kann man auch als öffentli- Die Pandemie ist natürlich auch am große Fortschritte gemacht. Dass ein lem aber auf Gebäuden. „Viele Landwir-
che Hand wirtschaftlich betreiben. Vo- Berliner Landeshaushalt nicht spurlos Stadtstaat wie Berlin zum Geberland te haben bereits Photovoltaik-Dachan-
raussetzung dafür ist aber, dass man vorbeigegangen. Ein Defizit ist ein De- wird, ist ein schönes Ziel, aber das wer- lagen auf ihren Scheunen und Ställen“,
zum Preis von einem Flughafen baut fizit. Dass es nicht ganz so hoch ausge- de ich als Finanzsenator wohl nicht beschreibt Hemmerling. Das sei auch
und nicht zum Preis von drei. Die Bau- fallen ist, liegt an einigen steuerlichen mehr erleben. ein guter Zuverdienst.
deshalb: „Wir sehen das Gesetz sehr die Grundimmunisierung und sehen die Aussetzung der vom Bundestag be- Rein rechtlich ändere sich für die
kritisch, gerade mit Blick auf die Ver- Bekämpfung des Virus als eine gesamt- schlossenen Impfpflicht für das Pfle- Krankenhäuser durch die Ankündigun-
sorgungssicherheit.“ gesellschaftliche Aufgabe. Daher befür- gepersonal gefordert. gen aus Sachsen und Bayern jedoch gar
Zu mehr Akzeptanz könne allerdings worten wir eine allgemeine Impf- Der Bundesverband privater Anbie- nichts – zumindest vorerst. „Wir sind
nur ein einheitliches Vorgehen auf Bun- pflicht“, heißt es bei Korian. ter sozialer Dienste wiederum will sich verpflichtet, bis zum 15. März die nicht
desebene führen, heißt es beim Betrei- Doch gerade im Gesundheitswesen zum Vorstoß des bayerischen Minis- geimpften Mitarbeiter den Gesund-
ber Korian auf Nachfrage. Bundesweit gehen die Meinungen weit auseinan- terpräsidenten nicht äußern. In der heitsämtern zu melden. Darauf sind wir
,,
richte sich das Unternehmen nach den der. Die Caritas Altenhilfe etwa, die 72 Vergangenheit hatte der Verband sich vorbereitet, und dies werden wir auch
Vorgaben der jeweiligen Behörden und Senioreneinrichtungen in drei Bun- für eine allgemeine Impfpflicht ausge- durchführen.“
Gesundheitsämter der Länder. „Diese desländern betreibt, hatte in der sprochen, dagegen aber eine einrich- Allerdings liegt die Impfquote des
Vorgaben definieren unser Vorgehen in WELT AM SONNTAG unlängst eine tungsbezogene Pflicht kritisiert. Ähn- Krankenhauspersonals hierzulande
den Einrichtungen.“ Ganz schwierig lich argumentiert die Evangelische deutlich über dem allgemeinen Bevöl-
werde es, wenn benachbarte Bundeslän- Heimstiftung: Man begrüße die Impf- kerungsdurchschnitt. Eine Erhebung im
der unterschiedliche Vorgaben zur pflicht für Pflegeeinrichtungen zwar, Auftrag des Robert Koch-Instituts wies
Impfpflicht haben – wie es nun in Sach- fordere aber eine allgemeine Impf- schon für den Befragungszeitraum No-
sen und Bayern der Fall sein könnte. pflicht, um kommenden Infektions- vember 2021 eine Quote von 96 Prozent
„Denn Abwanderungen der Pflegekräfte Wellen entgegenzuwirken. der Beschäftigten aus, die zumindest
von einem Bundesland in das nächste Auch bei der Deutschen Kranken- einmal geimpft waren.
WIR BRAUCHEN
kann sich die Branche nicht leisten“, hausgesellschaft (DGK) zeigt man sich Doch auch die DGK warnt vor Allein-
heißt es bei Korian. verärgert. „Allen Verantwortlichen gängen. „Keinesfalls“ dürfe die Impf-
SEHR SCHNELL
Nicht nur Mitarbeiter in den Pflege- muss klar sein, dass diese irritierende pflicht in einzelnen Bundesländern um-
einrichtungen könnten das Virus in eine öffentliche Debatte die aktuellen in- gesetzt werden und in anderen nicht. Von
Senioreneinrichtung tragen, sondern
auch deren Bewohner und Besucher. Ei-
KLARHEIT ÜBER DIE tensiven Bemühungen der Arbeitgeber
im Gesundheitswesen, noch unent-
der Bund-Länder-Konferenz am 16. Fe-
bruar erwarte man letztlich eine einheit-
ne Impfpflicht nur für Pflegemitarbei- LÄNDER HINWEG schlossene Beschäftigte durch Aufklä- liche Umsetzung. „Wir brauchen sehr
ter sei daher bei anhaltend hohen Inzi- rung für eine Impfung zu gewinnen, schnell Klarheit über alle Länder hinweg,
denzen nicht ausreichend, um vor In- DEUTSCHE extrem erschwert und konterkariert“, wie mit der einrichtungsbezogenen Impf-
fektionen zu schützen. „Wir brauchen KRANKENHAUSGESELLSCHAFT heißt es auf Nachfrage. pflicht im Vollzug umgegangen wird.“
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DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022 *
D Jetzt sollen die Briten
ie Bank of England mahnt
zur Zurückhaltung bei
Löhnen und Gewinn-
erwartungen. So soll eine
aggressive Zinspolitik ver-
mieden werden. „Je länger Unternehmen
versuchen, ihre realen Gewinnmargen zu
sichern und Angestellte versuchen, ihre
Reallöhne zu erhalten, um so wahr-
scheinlicher wird es, dass die Inflation im
Inland eine sich selbst erhaltende Eigen-
dynamik entwickelt“, sagte Chefvolks-
wirt Huw Pill. Pragmatische und realisti-
sche Erwartungen seien nötig, ein erheb-
licher Druck auf die Kaufkraft lasse sich
angesichts der hohen Inflation, unter an-
derem wegen deutlich gestiegener Ener-
giekosten, kaum vermeiden.
VON CLAUDIA WANNER
Ende vergangener Woche hatte sich
bereits Andrew Bailey, Gouverneur der
Zentralbank, mit der gleichen Forde-
rung an die Bevölkerung gewandt. „Wir
müssen Zurückhaltung bei den Lohn-
verhandlungen üben, sonst gerät die Sa-
che außer Kontrolle“, hatte er am Frei-
tag der BBC gesagt.
Die Notenbank hatte Anfang Februar
zum zweiten Mal in Folge die Leitzin-
sen angehoben, um 25 Basispunkte auf
0,5 Prozent. Zuvor hatten die Zentral-
banker lange gezögert, auch mit dem
Verweis, dass die Preissteigerung ein
vorübergehendes Phänomen sein könn-
te. Erst im Dezember haben sie ihre
Meinung revidiert. Sie rechnen nun bis
April mit einem Anstieg der Preissteige-
rung auf 7,25 Prozent, bevor sich die In-
flation wieder beruhigt. Die realen Ein-
kommen werden dadurch um zwei Pro-
zent schrumpfen, 2023 um weitere 0,5
Prozent – der deutlichste Druck auf die
Kaufkraft seit mehr als 30 Jahren.
Mit ihren Ermahnungen hoffen die No-
tenbanker eine Lohn-Preis-Spirale abzu-
wehren. Es ist der Versuch, Lohn- und
Preiserhöhungen zu drosseln, die aus den
Reaktionen von Haushalten und Unter-
nehmen resultieren und die Inflation an-
heizen. Doch als entscheidend, um diese
Spirale aufzuhalten, gelten die Rahmen-
bedingungen, die die Zentralbank setzt.
Nicht zuletzt gilt es als unwahrscheinlich,
dass ein nennenswerter Anteil von Ar-
beitnehmern und Unternehmern der Auf-
forderung zur Zurückhaltung folgt.
die Preise selbst drücken
Zentralbank will Arbeitnehmer mit mahnenden Worten angesichts einer
hohen Inflationsrate von Forderungen nach Lohnerhöhungen abhalten
Die Zentrale der Bank of England in der Londoner Threadneedle Street
„Es ist nicht Aufgabe des einzelnen
Angestellten, den Job für die Bank of
England zu machen“, sagte Paul Morti-
mer-Lee, stellvertretender Direktor
des National Institute of Social and
Economic Research (NIESR) in Lon-
don. Das sei ein Aufruf, der kaum be-
herzigt werden dürfte.
WIRTSCHAFT UND GELD 11
ne Bevölkerung auf, dafür zu zahlen?“,
sagte Sharon Graham, Vorsitzende der
Gewerkschaft Unite.
Wenig wahrscheinlich macht die Zu-
rückhaltung auch der Fokus, der seit
Wochen auf den rasch steigenden Le-
benshaltungskosten liegt. Vergangene
Woche wurde die Obergrenze für
Strom- und Gaskosten, die ein durch-
schnittlicher Haushalt im Jahr zahlt,
um 54 Prozent auf 1971 Pfund angeho-
ben. Die höheren Preise gelten ab April,
zeitgleich mit einer Steuererhöhung zur
Finanzierung von Krankenversorgung
und Pflege im Alter. Das Finanzministe-
rium stellt zwar einige Erleichterungen
zur Finanzierung der hohen Strom- und
Heizkosten für ärmere Haushalte be-
reit. Doch unter dem Strich werden vie-
le Familien mit 1000 Pfund (rund 1200
Euro) weniger im Jahr auskommen
müssen, so die Berechnungen des Wirt-
schaftsforschungsinstituts NIESR.
Nach den Schätzungen der Ökonomen
dürften im Frühjahr mehr als eine Milli-
on Haushalte in echter finanzieller Not
leben, sich also einfache Dinge des täg-
lichen Bedarfs wie Heizung und Nah-
rung nicht leisten können. Das ent-
spricht einem Anstieg um ein Drittel.
Doch nicht nur die steigenden Lebens-
haltungskosten machen die Lohnzurück-
haltung unwahrscheinlich. Hinzu kommt
der Mangel an Arbeitskräften, der die bri-
tische Wirtschaft seit Monaten umtreibt.
Die Gründe sind vielfältig. In zahlreichen
Branchen machen sich verschärfte Zu-
wanderungsregeln bemerkbar. Ein er-
heblicher Teil älterer Beschäftigter hat
sich seit der Covid-Pandemie aus dem
GETTY IMAGES/ ALLAN BAXTER
Erwerbsleben zurückgezogen. Viele jün-
gere Angestellte haben sich dafür ent-
schieden, zurück an die Uni zu gehen
oder eine Weiterbildung zu machen.
Mit ihren Zinsschritten liege die Zen-
tralbank um sechs bis neun Monate hin-
ter der Zeit zurück, sagte Mortimer-
Lee. Der Geldpolitische Ausschuss habe
zu lange gewartet. So sei eine Situation
entstanden, in der ein Funke einen In-
Die britische Regierung hat sich von Wachstumswirtschaft und wollen, dass flationsschub auslösen könne. Wie viele
dem Vorstoß der Bank of England dis- die Löhne steigen“, sagte ein Regie- Beobachter rechnet auch NIESR mit
tanziert. Premierminister Boris John- rungssprecher. Von Gewerkschaften vier weiteren Zinserhöhungen in die-
son hatte in der Vergangenheit immer kam erhebliche Kritik, unter anderem sem Jahr. „Das Risiko ist, dass wir noch
wieder betont, dass er auf kräftiges mit Hinweis auf Baileys Gouverneurs- deutlich höhere Zinsen brauchen, um
volkswirtschaftliches Wachstum und gehalt von zuletzt gut 575.000 Pfund die Inflation in den Griff zu bekom-
deutliche Produktivitätssteigerungen (rund 682.000 Euro). „Warum fordern men“, so Mortimer-Lee. Das könne für
setze. „Wir wollen ganz klar eine in jeder Krise reiche Männer die gemei- den Arbeitsmarkt sehr teuer werden.
„Ich habe einen Riesenrespekt vor Sportlern,
weil die einfach immer eine Meile mehr
gehen. Das ist ein Mindset, das es heute und
auch bei uns braucht.“
Daniel Grieder, CEO Hugo Boss
Das Stilmagazin in
am 12. und 13. Februar 2022
icon.magazin
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Streit um
Käpt’n Iglo: „Was
ist das Original?“
Prozess gegen Appel um die
bekannte Werbefigur
K
äpt’n Iglo droht in einem lang-
jährigen Rechtsstreit über die
Einzigartigkeit der bekannten
Werbefigur die zweite Niederlage vor
Gericht. Das Oberlandesgericht Mün-
chen deutete am Donnerstag bei der
Verhandlung an, dass die Klage des
Fischstäbchenherstellers gegen eine
ähnliche Figur des Cuxhavener Konkur-
renten Appel Feinkost abgewiesen wer-
den könnte. Iglo hatte bereits in der ers-
ten Instanz im Dezember 2020 vor dem
Münchner Landgericht verloren.
Iglo sieht Verwechslungsgefahr für
die Verbraucher, da Appel ebenfalls mit
einem bärtigen Herren vor maritimer
Kulisse für seine Fischprodukte wirbt.
Der Senat hält die Verwechslungsgefahr
aber nicht für übermäßig groß. Unter
anderem ist auf den Appel-Produkten
auch das Appel-Logo deutlich zu erken-
nen. Das machte der Vorsitzende Rich-
ter Andreas Müller deutlich. „Nach un-
serer vorläufigen Auffassung scheidet
eine Täuschung über die betriebliche
Herkunft aus.“
Auch wenn Verbraucher das Appel-
Logo bei Betrachtung der Reklame auf
dem kleinen Display ihres Mobiltele-
fons nicht sehen könnten, wäre das
nach Einschätzung des Senats kein
Schaden für Iglo
Käpt’n Iglo macht in Deutschland seit
1985 Reklame, in seinem Heimatland
Großbritannien als Captain Birdseye
bereits seit 1966. Ein Problem für die
Richter: Der Kapitän hat im Laufe der
Jahrzehnte viele Verwandlungen durch-
gemacht, und dem Senat war unklar,
welchen der zahlreichen Käpt’ns die
Konkurrenz verletzt haben soll. „Wir
haben ungefähr 500 Abbildungen von
Käpt’n Iglo in der Akte“ sagte der Vor-
sitzende Richter. „Eine Nachahmung
setzt voraus, dass man das Original
kennt. Wir wollen wissen: Was ist das
Original?“ dpa
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12 WIRTSCHAFT UND GELD * DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022

Wert auf kurzfristige Gewinne legen, sen-Anfänger mehr ist, brachte es auf

Psychogramm
und ein Fünftel der Nutzer ist nach ei-
Börsenerfolg ungleich verteilt gener Auskunft primär durch den Ner-
venkitzel motiviert. „In Europa neh-
Anzahl der Trade-Republic-Kunden men wir uns gern Amerika als Vorbild.
gut elf Prozent. Bei den Erfahrenen gab
es auch weniger Investoren mit Verlus-
ten. Auffällig auch: Wer nach dem
schnellen Euro gierte, erzielte nur zwei

der Neubörsianer
Median-Rendite: 7,1%
35.000 Aber wir wollen es anders machen, als Prozent Jahresrendite.
wir es beim amerikanischen Neobroker Immerhin schnitt die Generation
30.000
Robinhood gesehen haben, wo Anleger Smartphone-Trader nicht wesentlich
25.000 schon mal all ihr Geld verloren haben schlechter ab als der Durchschnitts-
20.000 und sich dann wieder von der Börse ab- deutsche. Nach den Berechnungen der

Seit der Pandemie haben viele Deutsche ihre

15.000 wenden“, sagt Christian Hecker, Mit- DZ Bank verdienten die Bundesbürger
10.000 gründer und Chef von Trade Republic. mit Aktien in den vergangenen beiden

ersten Aktien gekauft, vor allem bei 5000 „Unsere Kunden handeln nicht so oft Jahren durchschnittlich 8,4 Prozent.
hin und her, und sind insgesamt eher Fondsbesitzer erwirtschafteten rund
Neobrokern. Trade Republic hat erforscht,
0
langfristig orientiert.“ sechs Prozent. „Im Jahr 2020 sind viele,

D
wie die Generation der Handy-Anleger tickt
ie neue deutsche Aktien-
kultur ist da. Aber es gibt
Entwicklungsbedarf. Das
offenbart eine Studie, die
der Neobroker Trade Re-
public in Zusammenarbeit mit dem
Deutschen Institut für Wirtschaftsfor-
schung (DIW) vorgestellt hat. Die For-
scher haben auf Basis von Kundendaten
und -befragungen analysiert, wie die
neue Generation von Anlegern tickt.
VON DANIEL ECKERT UND HOLGER ZSCHÄPITZ
Neobroker wie Trade Republic ziehen
vor allem jüngere Menschen an, die ihre
Geldgeschäfte und Investments oft vom
Smartphone aus tätigen, weshalb sie
auch Handy-Investoren genannt wer-
den. Börsenhandel über das Smartpho-
ne bietet den Vorteil, dass jeder ohne
große Einstiegsbarrieren und kosten-
günstig mitmischen kann.
Eine Order kostet bei Trade Republic
einen Euro, rund ein Zehntel des vorhe-
rigen Marktniveaus. Kritiker warnen vor
der Gefahr, dass der Charakter einer se-
riösen Vermögensanlage am Handy ver-
loren gehen könnte. Wie der Blick nach
Amerika zeigt, kann das jederzeit griff-
bereite Gerät zu impulsivem Handeln
und zum hektischen Spekulieren verlei-
–100
ten. Hierzulande kommt dazu, dass die
junge Generation in der Schule wenig
über Wirtschaft, Börse und Finanzen
lernt. Umso spannender zu sehen, wie
die Kunden der Neobroker mit ihren
neuen Möglichkeiten zurechtkommen.
Die Forscher haben nicht weniger als
216.000 Kunden von Trade Republic un-
ter die Lupe genommen. Damit handelt
es sich nach Angaben des DIW um die
weltweit größte Anlegerstudie ihrer Art.
Wenig überraschend fühlen sich bei
dem Neobroker viele Jung- und Neu-
börsianer zu Hause. Knapp 70 Prozent
der Kunden sind jünger als 35 Jahre alt.
Fast jeder Zweite hat seine ersten Ak-
–50 0 50 100+
Dennoch scheinen die Neubörsianer vor allem auch junge Anleger, frisch ins
Erzielte Jahresrendite in Prozent
Quelle: DIW, Trade Republic einige Anfängerfehler zu machen. Das Geschäft mit Aktien und Fonds einge-
zeigen weitere Studienergebnisse. So stiegen“, sagt Michael Stappel, Öko-
haben immerhin rund 40 Prozent der nom bei der DZ Bank. Es sei absolut zu
Kunden im betrachteten Zeitraum kei- begrüßen, dass die privaten Haushalte
tienerfahrungen bei dem Neobroker ge- nen positiven Ertrag geschafft – und in Deutschland auf die niedrigen Zin-
macht. Bemerkenswert: Die jungen An- das, obwohl die vergangenen Börsenjah- sen mit mehr Geldanlage in Wertpapie-
leger investieren knapp 60 Prozent in re gut waren. Seit Anfang 2020 hat der re reagieren.
Einzelaktien und 26 Prozent in breit Industrieländer-Index MSCI World auf Bei dem einen oder anderen dürfte
streuende Indexfonds, sogenannte Euro-Basis 34 Prozent zugelegt, das ent- dennoch schon 2021 Enttäuschung ein-
ETFs. Anleger, die zum ersten Mal Geld spricht einer jährlichen Rendite von gesetzt haben. So hat das Deutsche Ak-
anlegen, greifen sonst häufiger auf In- knapp 15 Prozent. tieninstitut (DAI) zuletzt gemeldet,
dexfonds zurück. Der normale Kunde schaffte bei dem dass die Zahl der Aktionäre nach einem
Nach Selbsteinschätzung der Kun- Neobroker eine Rendite von 7,1 Prozent, starken Anstieg 2020 im zurückliegen-
den investieren 77 Prozent, weil sie im also weniger als ein Indexfonds auf den den Jahre wieder zurückgegangen ist.
Zeitalter des Nullzinses keine lukrative MSCI World abgeworfen hätte. Jedoch Ein genauer Blick in die DIW-Studie
Alternative zu Börsenpapieren sehen, ist das der Median-Wert, die einzelnen lässt erkennen, womit das zusammen-
72 Prozent investieren, „um einen Kunden brachten es auf sehr unter- hängen könnte. Die Junganleger bei
langfristigen Beitrag zur Altersvorsor- schiedliche Renditen. Erfahrung zahlte Trade Republic sind für ihre durch-
ge zu leisten“. Ein Drittel der Kunden sich offenbar aus, wer schon länger als schnittliche Rendite übermäßig hohe
erklärte allerdings, dass sie großen zwölf Monate investiert, also kein Bör- Risiken eingegangen.

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Nomura Asset Management Europe
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Deka-Na.Div Str CF € DE000DK0V521 129,81 125,12 +0,72 - Multiple Opp II R € LU0952573482 171,41 163,25 +0,91 +25,83 Asian Bonds* € DE0008484429 69,86 67,83 +0,04 +9,21
Deka-Nach Div RhEd € DE000DK0EF98 112,24 108,18 +0,40 +27,83 Multiple Opp R € LU0323578657 312,50 297,62 +0,90 +26,44 Real Protect* € DE0008484452 100,69 98,72 +0,07 +5,39
Deka-Sachwer. CF € DE000DK0EC83 111,65 108,40 +0,20 +13,44 Real Protect R* € DE000A1XDW13 97,61 95,70 +0,07 +4,22
Tel.: 069 / 7147-652 www.deka.de Deka-Sachwer. TF € DE000DK0EC91 105,99 105,99 +0,20 +12,27 Real Return* € DE0008484361 606,95 595,05 +0,63 +8,66
DBA ausgewogen € DE000DK2CFR7 126,11 121,26 +0,59 +6,11 DekaSpezial CF € DE0008474669 548,12 528,31 +1,27 +52,47 Gutmann Kapitalanlage
DBA dynamisch € DE000A2DJVV1 113,88 109,50 +0,76 +7,81 DekaTresor € DE0008474750 87,70 85,56 +0,02 +3,00 PRIME Val Growth T € AT0000803689 157,50 150,00 +0,64 +14,65
DBA konservativ € DE000DK2CFP1 105,51 103,44 +0,26 +0,14 Div.Strateg.CF A € DE000DK2CDS0 193,52 186,53 +0,74 +35,39 Prime Values Inc T € AT0000973029 141,16 137,04 +0,34 +5,42
DBA moderat € DE000DK2CFQ9 115,92 112,54 +0,44 +4,53 DivStrategieEur CF € DE000DK2J6T3 109,62 105,66 +0,51 +36,16
DBA offensiv € DE000DK2CFT3 236,50 225,24 +1,30 +37,48 Euro Potential CF € DE0009786277 198,84 191,65 -0,33 +55,75
DBA Zlstr offensiv € DE000A2DJVW9 123,13 120,72 +1,30 - EuropaBond CF € DE000DK091G0 117,37 113,95 +0,07 +3,67
Deka-BaAZSt off 23 € DE000A2N44K6 105,83 103,75 +0,65 - EuropaBond TF € DE0009771980 41,60 41,60 -0,05 +2,84 am.oddo-bhf.com
Deka-Nach.E.St CF A € LU2206794112 100,13 100,13 +0,04 - Frankf.Sparinrent € DE0008479981 53,31 52,78 -0,04 +5,65
Basis-Fonds I* € DE0008478090 136,71 136,71 +0,06 -1,17
Deka-Nachh ManSel € DE000DK1CJS9 118,94 114,64 +0,80 +11,79 Frankf.Sparinvest € DE0008480732 170,05 161,95 +0,07 +32,54
DC Value One I(t)* € DE000A0YAX64 244,25 244,25 +0,41 +52,10
Deka-NachhAkt CF € LU0703710904 265,41 255,82 +1,09 +56,36 GlobalChampions CF € DE000DK0ECU8 296,41 285,70 +0,99 +61,45 www.hal-privatbank.com
Deka-NachhRent CF A € LU0703711035 130,94 127,75 +0,05 +6,21 GlobalChampions TF € DE000DK0ECV6 259,82 259,82 +0,98 +58,01 DC Value One P(t)* € DE000A0YAX72 226,96 216,15 +0,41 +49,50
Deka-NachStrInv CF € DE000DK2EAD4 143,79 138,59 +0,37 +21,91 ERBA Invest OP € LU0327349527 30,89 29,42 -0,27 -2,38 FT EuroGovernm. M* € DE000A0NEBR5 52,76 51,22 +0,14 -2,78
Mainfr. Strategiekonz. € DE000DK2CE40 186,03 186,03 +0,39 +20,06
Deka-NachStrInv TF € DE000DK2EAE2 134,36 134,36 +0,37 +19,30 H&A Dynamik Plus B € LU0090344473 129,80 123,62 +1,53 +33,29 O.BHF € ShTe Bd FT* € DE0008478124 114,48 113,35 +0,11 -0,23
Mainfr. Wertkonz. ausg. € DE000DK1CHU9 100,24 100,24 -0,03 -1,31
Nachh Dynamisch CF € DE000DK0V6U7 110,99 105,70 +0,89 - H&A Rend. Pl. CI € LU0456037844 118,82 114,80 +0,82 +5,71 O.BHF AlgoGlob CRW* € DE0009772988 97,48 92,84 +1,55 +50,68
Multi Asset In.CFA € DE000DK2J662 93,18 90,47 +0,29 +7,52
Nachh Mlt Asset CF € DE000DK0V5F0 110,06 106,85 +0,29 - H&A SmCap.Eq EMU B € LU0100177426 177,09 168,66 +2,12 +53,31 Substanz-Fonds* € DE000A0NEBQ7 1318 1280 +0,71 +24,28
Multirent-Invest € DE0008479213 33,72 32,74 -0,03 +3,17
Nachh Mlt Asset TF € DE000DK0V5G8 105,93 105,93 +0,29 - MB Fd Max Value € LU0121803570 174,00 165,71 +1,94 +16,26 Vermögens-Fonds* € DE000A0MYEJ6 858,14 833,15 +0,61 +18,15
Multizins-INVEST € DE0009786061 28,63 27,80 +0,14 -1,39
Nachhltg Gl Champ CF € DE000DK0V554 131,31 126,56 +0,99 - MB Fund Flex Plus € LU0230369240 62,79 62,17 +0,26 +3,70
NachSeAkReEdTF € DE0009771907 49,44 49,44 +0,24 +28,23
NachSeAkREd CF € DE000DK0V7B5 100,38 96,75 +0,25 - MB Fund Max Global € LU0230368945 117,40 111,81 +1,26 +39,26
Naspa-Fonds € DE0008480807 42,47 41,43 +0,22 +8,31 ODDO BHF Luxemburg
Naspa-Ak.Gb NachCF € DE0009771956 86,20 83,49 +0,48 +28,13 MB Fund Max Pl € DE000A2N68L3 39,49 39,49 -2,01 -
RenditDeka € DE0008474537 25,18 24,45 -0,04 +6,94
Naspa-Ak.Gb NachTF € DE000DK0LNH7 122,86 122,86 +0,47 - MB Fund S Plus € LU0354946856 81,10 77,24 -0,05 -37,06 Grand Cru € LU0399641637 193,02 191,11 ±0,00 +21,29
RenditDeka TF € DE000DK2D640 31,61 31,61 -0,06 +6,51
Grand Cru (CHF) CH LU0580157419 139,29 137,91 ±0,00 +21,00
RentenStratGl TF € DE000DK2J6Q9 90,18 90,18 -0,01 +3,52
SMS Ars selecta € LU0118271369 58,31 56,07 ±0,00 +25,27
RentenStratGlob CF € DE000DK2J6P1 93,46 90,74 -0,02 +4,71
RentenStratGlob PB € DE000DK2J6R7 92,57 90,75 -0,02 +4,86
RheinEdition Glob. € DE0009786129 39,75 39,75 +0,91 +16,82
Rntfds RheinEdit € DE0008480666 30,51 29,44 -0,03 +5,58
Tel. +41 41 55 20 255, info@ethius-invest.ch, www.ethius-invest.ch Rntfds RheinEdit oA € DE0009771915 30,28 30,28 -0,03 +4,71 www.heemann.org
Technologie CF € DE0005152623 70,37 67,83 +2,08 +87,33
Technologie TF € DE0005152631 54,30 54,30 +2,09 +82,23 FU Bonds Monthly* € LU1960394903 101,27 98,32 +0,24 -
ETH Global Impact* € DE000A2QCXY8 107,82 107,82 +2,40 - FU Dachfonds* € LU1564460761 29,25 29,25 +0,86 +24,76 Tel.: 069 58998-6060
UmweltInvest CF € DE000DK0ECS2 220,15 212,19 +0,88 +76,57 www.union-investment.de
UmweltInvest TF € DE000DK0ECT0 190,78 190,78 +0,88 +72,81 FU Multi Asset P* € LU0368998240 261,13 261,13 +1,48 +30,70
Weltzins-Invest P € DE000A1CXYM9 22,64 21,98 +0,09 +2,78 PrivFd:Kontr.* € DE000A0RPAM5 134,84 134,84 +0,48 +8,38
PrivFd:Kontr.pro* € DE000A0RPAN3 175,54 175,54 +0,66 +25,82
Uni21.Jahrh.-net-* € DE0009757872 46,18 46,18 +1,79 +51,61
Deka International (Lux) UniDeutschl. XS* € DE0009750497 214,88 206,62 +2,63 +37,64
1822 Str.Cha.Pl. € LU0151488458 147,41 141,74 +1,42 +29,81 UniEuroAktien* € DE0009757740 93,58 89,12 +1,36 +42,82
ÖkoVision Classic € LU0061928585 252,67 240,64 +1,76 +38,71
Klima € LU0301152442 122,31 116,49 +1,51 +68,99 1822 Str.Chance € LU0151488029 95,85 92,61 +0,86 +22,22 UniEuropa-net-* € DE0009750232 90,33 90,33 +2,40 +44,96
1822 Str.Ert.Pl. € LU0151486320 46,41 45,28 +0,24 -3,24 www.hwb-fonds.com | info@hwb-fonds.com UniEuroRenta* € DE0008491069 65,48 63,57 +0,24 -1,98
Water For Life C € LU0332822492 228,17 217,30 +1,54 +32,78 Tel +49 651 1704 301 | +352 48 30 48 30
Öko Rock‘n‘Roll € LU0380798750 178,98 170,46 +0,63 +23,73 1822 Str.Wachstum € LU0151487302 52,05 50,53 +0,46 -3,62 UniEuroRentaHigh Y* € DE0009757831 35,57 34,53 +0,47 +8,64
Growing Mkts 2.0 € LU0800346016 272,64 259,66 +0,74 +72,88 1822-Struk. Ertrag € LU0224663640 41,66 40,84 +0,02 -5,31 HWB Alex.Str.Ptf R* € LU0322055855 80,41 76,58 +1,35 +8,39 UniFav.:Akt. -net-* € DE0008007519 130,93 130,93 +1,15 +50,02
Berol.Ca.Chance € LU0096429435 67,00 65,05 +0,81 +22,18 HWB Alex.Str.Ptf V* € LU0322055426 80,43 76,60 +1,35 +8,37 Unifavorit: Aktien* € DE0008477076 217,76 207,39 +1,15 +51,60
Union Investment Berol.Ca.Premium € LU0096429609 88,43 85,44 +1,35 +36,40 HWB DfdsV.V.Vici R* € LU0322916437 59,18 57,46 +0,90 +9,67 UniFonds* € DE0008491002 67,64 64,42 +1,80 +39,86
PrivatFonds: Nachh* € LU1900195949 55,63 55,63 +0,47 +9,30 Berol.Ca.Sicherh. € LU0096428973 43,56 42,50 +0,24 +0,64 HWB DfdsV.V.Vici V* € LU0322915462 59,18 57,46 +0,91 +9,65 UniFonds-net-* € DE0009750208 94,55 94,55 +1,78 +35,15
UniNachh AkEu A* € LU0090707612 69,49 66,18 +1,86 +49,33 Berol.Ca.Wachst. € LU0096429351 41,03 39,93 +0,50 -0,30 HWB Europe Pf.* € LU0119626884 4,55 4,33 +0,70 +2,87 UniGlobal* € DE0008491051 365,32 347,92 +1,40 +69,34
UniNachh AkEu netA* € LU0096427496 55,67 55,67 +1,85 +48,00 DekaEuAktSpezAV € LU1508335152 142,98 142,98 -0,10 +36,32 HWB Glb.Conv.Plus* € LU0219189544 92,10 89,42 +0,61 +0,14 UniGlobal-net-* € DE0009750273 209,48 209,48 +1,35 +66,47
UniNachh Akt Glob* € DE000A2N7V22 136,96 136,96 +1,63 - DekaEuAktSpezCF(A) € LU0835598458 209,05 201,49 -0,10 +35,94 HWB Inter.Pf.* € LU0119626454 4,76 4,53 +1,12 +8,74 UniNordamerika* € DE0009750075 517,52 492,88 +1,38 +68,85
UniNachh AktDeu nA* € DE000A2QFXN4 96,82 96,82 +1,70 - Deka-EuropaVal.TF € LU0100186849 58,40 58,40 +0,27 +32,87 HWB Pf. Plus R* € LU0277940762 103,72 98,78 +1,49 +20,34 UnionGeldmarktfds* € DE0009750133 47,47 47,47 ±0,00 -1,55
UniNachh AktDeut A* € DE0009750117 262,13 249,65 +1,70 +35,95 Deka-FlexZins CF € LU0249486092 962,58 957,79 +0,02 -0,13 HWB Pf. Plus V* € LU0173899633 103,73 98,79 +1,49 +20,40 UniRak* € DE0008491044 151,49 147,08 +1,24 +29,36
UniNachhaltig A Gl* € DE000A0M80G4 158,90 151,33 +1,63 +58,78 Deka-FlexZins PB € LU0475811682 964,54 964,54 +0,02 -0,16 HWB Vict.Str.Pf. R* € LU0277941570 1323 1260 +1,37 +12,08 UniRak Kons.-net-A* € DE000A1C81D8 122,58 122,58 +1,01 +13,64
UniRak Na.Kon. A* € LU1572731245 119,06 116,73 +0,86 +15,47 Deka-FlexZins TF € LU0268059614 959,39 959,39 +0,02 -0,22 HWB Vict.Str.Pf. V* € LU0141062942 1324 1261 +1,37 +12,08 UniRak Konserva A* € DE000A1C81C0 127,10 124,61 +1,01 +14,84
UniRak Nach.K-net-* € LU1572731591 116,34 116,34 +0,87 +14,26 DekaGlobAktLRCF(A) € LU0851806900 229,52 221,22 +0,49 +30,86 HWB Wdelan + R* € LU0277940929 50,94 49,46 +0,63 +3,76 UniRak -net-* € DE0005314462 79,09 79,09 +1,24 +28,01
UniRak Nachh.A net* € LU0718558728 95,10 95,10 +1,36 +29,60 Deka-Indust 4.0 CF € LU1508359509 195,64 188,57 +1,81 +47,70 HWB Wdelan + V* € LU0254656522 51,45 49,95 +0,62 +4,77 UniRenta* € DE0008491028 19,49 18,92 +0,21 +3,12
UniRak NachhaltigA* € LU0718558488 100,97 98,03 +1,36 +30,98 Deka-Indust 4.0 TF € LU1508360002 181,83 181,83 +1,82 +44,54 UniStrat: Ausgew.* € DE0005314116 73,69 71,54 +0,75 +19,40
UniZukunft Klima A* € DE000A2QFXR5 48,15 47,21 +0,96 - Deka-Mul Asset Ert € LU1508354294 97,68 96,71 +0,06 -0,81 UniStrat: Konserv.* € DE0005314108 74,84 72,66 +0,46 +8,20
UniZukunft Kli-neA* € DE000A2QFXS3 48,11 48,11 +0,97 - HMI Chance € LU0194947726 79,08 76,78 +0,67 +36,85 IPConcept (Luxembourg) S.A.
HMI Chance+ € LU0213544652 81,66 78,90 +0,71 +47,56 ME Fonds PERGAMONF € LU0179077945 959,52 913,83 +2,55 +42,45
HMI Ertrag+ € LU0194942768 37,57 36,83 +0,14 -3,74 ME Fonds Special V € LU0150613833 3575 3405 +1,60 +32,73 Union Investment Luxemburg
HMI Wachstum € LU0194946595 43,97 42,90 +0,26 -1,34 PrivFd:Konseq.pro* € LU0493584741 105,19 105,19 +0,24 -4,86
Köln Str.Chance € LU0101437480 69,52 68,16 +0,95 +20,61 UniAsia Pac.net* € LU0100938306 159,46 159,46 +1,94 +24,12
Köln Str.Ertrag € LU0101436672 44,61 43,74 +0,25 -0,85 UniAsia Pacific A* € LU0100937670 162,52 156,27 +1,94 +25,43
Alte Leipziger Trust Köln Str.Wachstum € LU0101437217 43,21 42,36 +0,47 -1,07 UniAusschü. net- A* € LU1390462262 52,46 52,46 +0,52 +17,66
€uro Short Term € DE0008471699 42,48 42,06 +0,17 -1,42 KölnStr.Chance+ € LU0117172097 63,00 61,76 +1,51 +31,77 UniAusschüttung A* € LU1390462189 53,32 51,77 +0,52 +18,73
Aktien Deutschland € DE0008471608 134,02 127,64 +0,11 +28,22 UnterStrat Eu CF € LU1876154029 196,71 189,60 -0,20 - UniDividAss net A* € LU0186860663 62,67 62,67 +0,74 +35,66
info@LBBW-AM.de www.LBBW-AM.de UniDividendenAss A* € LU0186860408 66,01 63,47 +0,73 +37,09
AL Trust €uro Relax € DE0008471798 54,82 53,22 +0,15 +8,30
AL Trust Stab. € DE000A0H0PF4 68,99 66,98 +0,37 +13,07 Div. Str. Eurol. R* € DE0009780411 41,88 39,89 +1,35 +2,04 UniDyn.Europa A* € LU0085167236 138,82 133,48 +2,40 +52,83
Deka Immobilien Investment UniDynamic Gl. A* € LU0089558679 107,10 102,98 +2,14 +79,25
AL Trust Wachst IT € DE000A2PWPE6 66,32 66,32 +0,77 - Multi Global R* € DE0009766881 110,83 107,60 +0,68 +9,38
AL Trust Wachstum € DE000A0H0PG2 88,91 85,49 +0,77 +22,61 Deka Immob Europa € DE0009809566 49,07 46,62 ±0,00 +8,36 RentaMax R* € DE0005326144 70,43 68,05 +0,29 +1,85 UniEMGlobal* € LU0115904467 107,99 102,85 +1,90 +16,64
Trust €uRen IT € DE000A2PWPA4 48,80 48,80 +0,49 - Deka Immob Global € DE0007483612 57,23 54,37 ±0,00 +4,75 Rohstoffe 1 R* € DE000A0NAUG6 43,17 41,11 +1,21 +31,55 UniEurKap Corp-A* € LU0168092178 36,77 36,05 +0,11 +1,07
Trust €uro Renten € DE0008471616 45,33 44,01 +0,48 -0,70 Deka-Immo Nordam $ DE000DK0LLA6 57,06 55,00 +0,04 +6,55 RS Flex R* € DE000A14XPW0 62,97 60,84 +1,21 +30,73 UniEurKap.Co.net A* € LU0168093226 36,69 36,69 +0,11 +0,16
Trust Akt Europa € DE0008471764 57,10 54,38 +0,15 +25,66 Deka-ImmoMetropol € DE000DK0TWX8 54,31 51,60 ±0,00 - UniEuropa* € LU0047060487 2859 2723 +2,40 +45,30
Trust Chance € DE000A0H0PH0 101,54 96,70 +1,14 +32,09 WestInv. InterSel. € DE0009801423 50,12 47,62 +0,02 +7,60 UniGlobal Div A* € LU1570401114 136,70 130,19 +1,02 +37,01
Trust Chance IT € DE000A2PWPC0 76,02 76,02 +1,14 - LRI Invest S.A. UniGlobal Div-netA* € LU1570401544 128,47 128,47 +1,02 +35,96
Trust Glb Inv IT € DE000A2PWPB2 77,40 77,40 +1,51 - ALTIS Bal Value* € LU0142612901 95,12 90,59 +0,96 +23,05 UniIndustrie 4.0A* € LU1772413420 80,28 77,19 +1,67 +68,72
Trust Glbl Invest € DE0008471715 123,66 117,77 +1,51 +38,49 Deka-Vermögensmanagement GmbH
ALTIS Global Res* € LU0188358195 172,21 164,01 +1,09 +25,12 UniOpti4* € LU0262776809 96,33 96,33 +0,02 -1,20
Trust Stab IT € DE000A2PWPD8 58,28 58,28 +0,38 - Deka-MM ausgew CF € DE000DK2J8Q5 118,28 114,56 +0,39 +12,47 M&W Privat C* € LU0275832706 156,43 150,41 -0,09 +44,44
Deka-MM defensiv CF € DE000DK2J8R3 117,62 114,19 +0,33 +12,96 UniSec. BioPha.* € LU0101441086 161,99 155,76 +1,05 +37,80
NW Global Strategy* € LU0303177777 102,86 97,96 +1,66 +28,70 UniSec. High Tech.* € LU0101441672 194,39 186,91 +2,71 +94,06
Deka-PfSel ausgew € DE000A2N44B5 112,51 109,23 +0,68 -
Deka-PfSel dynam € DE000A2N44D1 120,83 117,31 +0,96 - UniStruktur* € LU1529950914 111,03 107,80 +0,50 +10,81
Deka-PfSel moderat € DE000A2N44C3 103,89 101,85 +0,41 - UniVa. Global A* € LU0126315885 153,22 147,33 +0,64 +52,52
DekaStruk.5Chance € DE000DK1CJP5 194,09 190,28 +0,83 +25,13
DekaStruk.5Chance+ € DE000DK1CJQ3 316,68 310,47 +1,44 +35,34 Union Invest Real Estate
www.ampega.de DekaStruk.5Ertrag € DE000DK1CJL4 96,85 94,95 +0,02 -3,22 UniImmo:Dt.* € DE0009805507 98,64 93,94 +0,01 +7,43
terrAss Akt I AMI € DE0009847343 47,62 45,57 +1,45 +61,98 DekaStruk.5Ertrag+ € DE000DK1CJM2 99,97 98,01 +0,22 -1,77 Telefon (0251) 702 49 www.lvm.de UniImmo:Europa* € DE0009805515 56,76 54,06 ±0,00 +5,76
Zan.Gl.Cred AMI Ia* € DE000A1J3AJ9 109,89 109,89 +0,12 +12,02 DekaStruk.5Wachst. € DE000DK1CJN0 104,70 102,65 +0,48 -2,71
Euro-Kurzläufer* € IE0000641252 28,86 28,77 +0,03 +0,24 UniImmo:Global* € DE0009805556 51,52 49,07 ±0,00 +0,98
Zantke Eu.HY AMI Ia* € DE000A0YAX49 120,46 120,46 +0,32 +4,47 Hamb Stiftung D € DE000DK0LJ38 1005 984,83 +0,11 +9,15
Hamb Stiftung I € DE000A0YCK34 918,23 900,23 +0,11 +9,05 Europa-Aktien* € IE0000663926 30,73 29,19 +1,96 +35,82
Euro-Renten* € IE0000663256 36,56 35,46 +0,31 -0,14
Hamb Stiftung P € DE000A0YCK42 92,21 88,66 +0,11 +7,99 Universal Lux.
BNP Paribas Real Estate Hamb Stiftung T € DE000A0YCK26 118,34 113,79 +0,11 +7,99 Inter-Aktien* € IE0000664338 42,22 40,11 +1,88 +63,36
Inter-Renten* € IE0000663470 33,71 32,70 +0,28 -2,66 CondorBalance-UI* € LU0112268841 100,21 95,44 +0,48 +22,30
BNP Pa MacStone P € DE000A2DP6Y8 26,94 25,66 ±0,00 - Haspa TrendKonz P € LU0382196771 95,09 91,43 +0,02 +0,04
ProBasis* € IE00B13XV652 31,50 30,40 +0,80 +8,26 CondorChance-UI* € LU0112269146 99,50 94,76 +0,95 +48,98
INTER ImmoProfil € DE0009820068 60,92 58,02 ±0,00 +9,09 Haspa TrendKonz V € LU1709333386 101,09 97,20 +0,02 +1,24
ProFutur* € IE0000663694 36,44 35,16 +1,59 +27,01 CondorTrends-UI* € LU0112269492 106,85 101,76 +2,00 +43,27
LBBW Bal. CR 20 € LU0097711666 46,83 45,91 +0,28 +9,90
LBBW Bal. CR 40 € LU0097712045 54,51 53,44 +0,47 +16,53
LBBW Bal. CR 75 € LU0097712474 70,74 69,35 +0,83 +30,65 W&W Int. Asset Mgmt. Dublin
Naspa Str.Chan.Pl. € LU0202181771 128,98 126,45 +1,22 +29,64 SouthEast Asian Eq* € IE0002096034 137,78 +1,84 +18,43
Naspa Str.Chance € LU0104457105 62,11 60,89 +0,81 +21,92
Naspa Str.Ertrag € LU0104455588 47,00 46,08 +0,26 -1,86
PB Balanced € DE0008006263 59,40 56,57 +0,14 +7,24 Naspa Str.Wachstum € LU0104456800 45,57 44,68 +0,61 -3,00 Warburg Invest
PB Europa* € DE0009770289 58,19 55,42 +1,91 +29,15 www.meag.com privatanleger@meag.com
Priv BaPrem Chance € DE0005320022 163,00 153,77 +0,59 +37,37 DMüller Prem Akt € € DE000A111ZF1 93,64 90,04 +0,22 -10,69
PB Eurorent € DE0008006255 55,77 54,15 +0,26 +0,09 Dividende A* € DE000A1W18W8 62,71 59,72 +1,46 +27,41
PB Megatrend € DE0005317374 186,97 178,07 +0,41 +73,70 Priv BaPrem Ertrag € DE0005320030 50,85 48,89 +0,08 -0,29
EM Rent Nachh.* € DE000A1144X4 48,03 46,18 +0,24 +1,57
PB Triselect € DE0009770370 51,38 48,93 -0,24 +14,71 Sonstige
ERGO Vermög Ausgew* € DE000A2ARYT8 60,40 57,80 +0,93 +17,86
DWS ERGO Vermög Flexi* € DE000A2ARYP6 62,72 59,73 +1,08 +24,44 Leading Cities € DE0006791825 112,17 106,32 +0,01 +8,61
C&P Funds (Creutz & Partners) Offene Immobilienfonds
ERGO Vermög Robust* € DE000A2ARYR2 54,29 52,20 +0,66 +6,39
C&P Funds ClassiX* € LU0113798341 78,86 75,83 +1,34 +35,91 EuroBalance* € DE0009757450 64,13 61,66 +1,20 +21,03
grundb. europa IC: € DE000A0NDW81 41,69 39,70 ±0,00 +8,20
C&P Funds QuantiX* € LU0357633683 155,41 149,43 +1,58 +32,71 EuroCorpRent A* € DE000A1W1825 55,80 53,91 +0,39 +0,56
grundb. europa RC € DE0009807008 41,62 39,64 ±0,00 +6,60
EuroErtrag* € DE0009782730 72,82 70,36 +0,56 +9,91
grundb. Fok Deu RC € DE0009807081 56,24 53,56 +0,02 +7,30
EuroFlex* € DE0009757484 42,91 42,49 +0,07 -0,26 * Fondspreise etc. vom Vortag oder letzt verfügbar; Währung: € = Euro, $ = US-Dollar, ¥ = Yen, £ = Brit.
Commerz Real grundb. Fokus D IC: € DE0009807099 56,65 53,95 +0,02 +11,31
EuroInvest A* € DE0009754333 106,37 101,30 +1,88 +32,07 Pfund, CH = Schweizer Franken,PL = Polnische Zloty. Alle Angaben ohne Gewähr, keine Anlageberatung
grundb. global IC: € DE000A0NCT95 55,48 52,84 -0,04 +8,78
hausInvest € DE0009807016 45,39 43,23 ±0,00 +6,66 EuroKapital* € DE0009757468 55,90 53,24 +1,35 +30,02 und -empfehlung.
grundb. global RC € DE0009807057 55,04 52,42 -0,02 +7,32
EuroRent A* € DE0009757443 30,78 29,74 +0,24 +0,17
FairReturn A* € DE000A0RFJ25 56,95 55,29 +0,58 +2,59 Alle Fonds mit weiteren Informationen auf http://fonds.welt.de/
DAVIS FUNDS SICAV GlobalBalance DF* € DE0009782763 74,97 72,09 +0,85 +22,54
Global A* $ LU0067889476 52,57 49,55 +1,87 +37,63 GlobalChance DF* € DE0009782789 77,41 73,72 +0,42 +33,18
Value Fund A* $ LU0067888072 79,91 75,32 +1,40 +49,73 Nachhaltigkeit A* € DE0001619997 146,00 139,05 +1,50 +46,79
ProInvest* € DE0009754119 213,66 203,49 +1,75 +30,15
www.ethenea.com, Telefon 00352-276921-10 VermAnlage Komfort* € DE000A1JJJP7 63,45 61,30 +0,77 +6,86
VermAnlage Ret A* € DE000A1JJJR3 75,90 72,98 +0,84 +18,32
Ethna-AKTIV A € LU0136412771 139,51 135,45 +0,27 +10,06
Ethna-AKTIV T € LU0431139764 146,71 142,44 +0,27 +10,07 Funds Service+49 69 26095760 I fundsservice@infrontfinance.com
Ethna-DEFENSIV A € LU0279509904 137,01 133,67 +0,02 +7,85 Metzler Asset Management GmbH
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Aktfds RheinEdit I € DE000DK2J7N4 132,14 128,92 +0,48 +40,94 Ethna-DYNAMISCH A € LU0455734433 93,40 88,95 +0,75 +16,26 RWS-DYNAMIK A* € DE0009763334 37,24 35,47 +1,00 +21,27 besonderen Service für deren Anleger.
Aktfds RheinEdit P € DE0008480674 66,08 62,78 +0,48 +39,69 Ethna-DYNAMISCH T € LU0455735596 97,35 92,71 +0,75 +16,30 RWS-ERTRAG A* € DE0009763375 16,06 15,59 +0,45 +5,72

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DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022 SPORT UND OLYMPIA 13
WAS WICHTIG
WAR

SKILANGLAUF
Nur 11,9 Sekunden trennten Katha-
rina Hennig von Bronze und der
Sensation. Dennoch zeigte sich die
25-Jährige begeistert von der eige-
nen Leistung: „Ich freue mich riesig
über das Ergebnis, weil es das ist,
was ich kann.“ Es gewann Therese
Johaug (Norwegen) vor Kerttu Nis-
kanen und Krista Parmakoski (beide
Finnland).

SKI ALPIN
Beim Triumph des Österreichers Jo-
hannes Strolz in der alpinen Kombi-
nation schied mit Simon Jocher der
einzige deutsche Starter aus. Die
weiteren Medaillen holten Aleksan-
der Aamodt Kilde (Norwegen) und
James Crawford (Kanada).

SNOWBOARD
Martin Nörl war eine der größten
Gold-Hoffnungen des DSV, gewann
alle drei Weltcups in dieser Saison.
Doch als der Amerikaner Mick Dier-
dorff unmittelbar vor Nörl stürzte,

VCG VIA GETTY IMAGES/VCG

konnte dieser nicht mehr auswei-
chen und stürzte ebenfalls. Der
Pechvogel suchte die Schuld aber
bei sich selbst: „Ganz unverschuldet

W
war es nicht. Wenn ich vorne weg-
fahre, kann da keiner liegen.“
Eisprinzessin unter Verdacht: Kamila Valieva glänzte zunächst im olympischen Team-Wettbewerb. Danach überschlugen sich die Nachrichten
EISHOCKEY

WIRBEL um das
Das DEB-Team hat zum Auftakt eine
enn Kamila Valieva der 15-Jährigen das Medikament Trime- mit ihrer Mutter nach Deutschland, tour- 1:5-Niederlage (0:3, 1:1, 0:0) gegen
leise, leicht und mü- tazidin nachgewiesen. Vasily Konov, te gemeinsam mit Weiss durch vier Städ- Kanada kassiert. Im zweiten Grup-
helos über das Eis stellvertretender Generalproduzent des te. Ein Jahr später erneut. Weiss erzählt: penspiel schlug die USA Gastgeber
schwebt, springt, sich russischen Sportsenders „Match-TV“, „Du bekommst sie nicht vom Eis. Ihre China mit 7:0. Finnland gewann mit
dreht und die Musik erklärte ohne Angabe von Quellen, dass Mutter stand immer daneben und hat ge- 6:2 gegen die Slowakei, Schweden

interpretiert, staunen Laien wie Exper-
ten. Was die Russin mit ihren erst 15 Jah-
ren bei den Winterspielen in Peking, zu-
vor bei der EM in Tallinn und sogar als
Zwölfjährige bei Shows in Deutschland
auf das Eis zauberte, fasziniert. „Mit ih-
ren 15 Jahren hat sie bereits eine erstaun-
liche Reife“, sagt der frühere Eiskunstläu-
fer und ARD-Experte Daniel Weiss im
WELT-Gespräch. „Wir haben bei den ver-
gangenen Olympischen Spielen auswech-
selbare Sportlerinnen gesehen, die heute
keiner mehr erwähnt. Kamila ist anders.“
VON MELANIE HAACK UND ROUVEN CHLEBNA
Umso härter trifft es die Eiskunstlauf-
und Sportwelt, dass ausgerechnet dieses
junge Mädchen der erste prominente Do-
pingfall der Winterspiele von Peking sein
soll. Die Informationen und Hintergrün-
de sind allerdings undurchsichtig. Russi-
sche Medien berichten von einer positi-
ven Dopingprobe und Suspendierung.
Das Internationale Olympische Komitee
(IOC) spricht von „Spekulationen“.
„Wenn das wahr wird, ist so ein junges
Leben zerstört“, sagt Weiss. „Denn das ist
niemals Eigenmotivation, das kann ich
mir nicht verstellen. Dann bräuchte sie in
den nächsten Jahren einen Therapeuten.“
Auch, wenn sich dieser Wirbel am Ende
auflösen sollte und der Dopingverdacht
nicht stimmt, dürfte das für eine 15-Jähri-
ge alles andere als leicht sein.
Valieva hatte in Peking mit dem ersten
Vierfachsprung einer Frau in einem olym-
pischen Wettkampf verblüfft und die rus-
sischen Eiskunstläufer zu Gold im Team-
Wettbewerb vor den USA und Japan ge-
führt. Die für Dienstag geplante Sieger-
ehrung wurde allerdings verschoben, das
IOC sprach vielsagend von einem „recht-
Jahrhunderttalent
Die 15-jährige Russin Kamila Valieva steht bei
den Winterspielen im Mittelpunkt großer
Aufregung. Es geht um Doping. Was steckt
dahinter? Wer ist die junge Eiskunstläuferin?
Chen krönt sich zum Olympiasieger
Der dreimalige Weltmeister Nathan
Chen hat sich mit einer glänzenden
Kür zum Olympiasieger gekrönt. Mit
332,60 Punkten gewann der 22 Jah-
re alte Eiskunstläufer aus den USA
vor den Japanern Yuma Kagiyama
(310,05) und Shoma Uno (293,00).
Chen entthronte mit einer Kür, in
der er fünf Vierfach-Sprünge prä-
sentierte, Yuzuru Hanyu aus Japan.
Der Olympiasieger von 2014 und
2018 landete mit 283,21 Punkten nur
lichen Problem“. Nun scheint es eine Er-
klärung für den ungewöhnlichen Vorgang
zu geben. Zunächst hatte das Branchen-
portal „insidethegames“ berichtet, dass
es sich wohl um einen Dopingfall handle.
Wie „Reuters“ jetzt mit Verweis auf russi-
sche Medien schreibt, soll Valieva bereits
vor den Spielen positiv auf ein verbotenes
Medikament getestet worden sein. Der
die fragliche Probe vor zwei Monaten sagt, sie solle endlich mal runterkommen. bezwang Lettland mit 3:2.
entnommen worden sei. „Das Medika- Aber sie wollte nicht.“
ment Trimetazidin wurde in einer einzi- „Ich habe die Familie kennengelernt“,
gen Probe im Dezember gefunden. Eine sagt der 53-Jährige. Er glaubt: „Kamila ist MEDAILLEN
winzige Menge. Davor und danach war keine, die bewusst dopen würde. Das hat SPIEGEL
nichts in ihren Proben“, so Konov. Tri- sie auch gar nicht nötig, das macht kei-
metazidin oder TMZ kann den Blutfluss nen oder nur bedingt Sinn. Klar, man
zum Herzen bei körperlicher Anstren-
gung aufrecht erhalten. Es steht seit 2014
weiß nie – aber ich kann mir nicht vor-
stellen, dass die 15 Jahre alte Kamila ab- NATION
auf der internationalen Dopingliste. In sichtlich Doping betreibt.“ Für ihn ragt 1. Deutschland
2. Norwegen
6
5
3
3
0
4
Peking treten die russischen Athleten sie sportlich wegen ihrer erstaunlichen
ohne ihre Flagge und Nationalhymne an, Ausdruckstärke in jungen Jahren, wegen 3. Österreich 4 5 4
da das Land wegen früherer Dopingver- ihrer „natürlichen, perfekten Sprung- 4. USA 4 5 1
stöße mit Sanktionen belegt wurde. technik und einer irrsinnige Drehge- 5. Niederlande 4 3 1
Russland bestreitet weiterhin, ein staat- schwindigkeit“ heraus. „Und du kannst 6. Schweden 4 1 2
lich gefördertes Dopingprogramm zu be- weder den künstlerischen Eindruck, 7. China 3 3 0
treiben. noch das Gefühl für die Musik, noch die 8. Italien 2 4 2
Der Fall Valievas wird durch die Tatsa- Technik, noch den perfekten Kantenlauf 9. Russ. Ol. Kom. 2 3 6
auf dem enttäuschenden vierten che, dass sie erst 15 Jahre alt ist, noch oder dieses leichte über das Eisschweben 10. Slowenien 2 1 2
Rang. Hanyu konnte eine verpatzte komplizierter. Nach den Regularien der durch Doping erreichen“, sagt er. „Du 11. Frankreich 1 5 0
Kurzkür nicht mehr wettmachen. Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) müs- hast es oder du hast es nicht.“ Sie hat es 12. Kanada 1 4 7
Der 27 Jahre alte Ausnahmekönner sen Athleten, die Dopingverstöße bege- in einer Kombination, wie er es zuvor 13. Japan 1 2 4
hatte nach Rang acht in der Kurzkür hen, öffentlich genannt werden. Dies gilt noch nie gesehen hat. Der Fall erschüt- 14. Schweiz 1 0 3
viel riskiert. Doch nicht nur die Welt- jedoch nicht für Minderjährige. In diesem tert ihn. 15. Australien 1 0 1
premiere, als erster Läufer den vier- Fall muss die fakultative Veröffentlichung Doping kann aber auch im Eiskunstlauf Südkorea 1 0 1
fachen Axel sauber auf dem Eis zu „in einem angemessenen Verhältnis zu helfen. Zur Verkürzung der Regenerati- Tschechien 1 0 1
stehen, misslang. Als Hanyu danach den Fakten und Umständen des Falles onszeit zum Beispiel und zur Erhöhung 18. Neuseeland 1 0 0
auch noch beim vierfachen Salchow stehen“. Inzwischen bezog dann auch das der Trainingsleistung. Pharmakoologe Slowakei 1 0 0
stürzte, war das bittere Ende für ihn IOC Stellung, ohne Stellung zu beziehen. und Anti-Doping-Expere Fritz Sörgel sag- 20. Finnland 0 1 2
bei den Peking-Spielen besiegelt. „Wir werden nicht alle möglichen Speku- te BILD: „In Deutschland ist dieses Mittel (nach 45 von 109 Entscheidungen)
lationen kommentieren“, sagte Sprecher nicht mal mehr im Verkauf.“ Wie Weiss
Mark Adams. Er verwies darauf, dass das geht er nicht von Eigeninitiative aus, son-
IOC alle Dopingtests und die Entschei- dern „dass mit ihr experimentiert worden
dung über mögliche Sanktionen an die In- ist – und etwas schief ging. Ich tippe, dass WAS WICHTIG
Wirbel ist riesig. Die aktuellste Meldung ternationale Test-Agentur (Ita) und den die Russen ihre Leistung im Training ver- WIRD
aus Russland: Die Mannschaft darf das Internationalen Sportgerichtshof (Cas) bessern wollten. Dieses Mittel ist verbo-
Gold behalten, Valieva aber wird vom übertragen habe. ten. Das nimmt man nicht zufällig.“
Einzelwettbewerb ausgeschlossen. Ver- Es bleiben viele Fragen. Weiss kennt Weiss sagt: „Wenn sie missbraucht wurde SKILANGLAUF
bandssprecherin Olga Jermolina bestrei- Valieva und deren Familie durch seine für Doping, wenn ihr Trainer oder ihr Nach der starken Vorstellung von
tet Letzteres. „Kamila wurde nicht sus- Eisshows, die er organisiert und mode- Umfeld ihr etwas gegeben haben – dann Katharina Hennig bei den Damen
pendiert.“ riert. „Ein Freund aus Russland sagte mir: ist das für mich ganz klar Missbrauch von geht bei den Herren ein deutsches
Laut der russischen Zeitungen „RBC“ ‚Die müsst ihr nehmen, sie wird mal ein Schutzbefohlenen“, sagt Weiss: „Eine Quartett in die Loipe (ab 8.00 Uhr).
und „Kommersant“ wurde in den Proben Megastar.‘“ Valieva kam dann tatsächlich schwere Staftat.“ Teamchef Peter Schlickenrieder no-
minierte Lucas Bögl, Janosch Brug-
ger, Jonas Dobler und Alber Kuchler
für die 15 Kilometer.

Viertes Gold – deutsche Rodler räumen alles ab EISSCHNELLLAUF

Zwölf Athleten sind über die 10.000

Das Team triumphiert auch im letzten Wettbewerb – und siegt in der Mixed-Staffel. Natalie Geisenberger hält nun einen Rekord
Meter im Rennen (ab 9.00 Uhr).

S
ie warteten unten im Zielbereich.
Natalie Geisenberger, die die
deutsche Rodel-Staffel angeführt
hatte, und Johannes Ludwig, der auf sie
gefolgt war. Nun lag es an Tobias Wendl
und Tobias Arlt, mit ihrer Fahrt für den
Olympiasieg zu sorgen – und es gelang
ihnen am Donnerstagabend dann ein-
drucksvoll.
Mit der besten Bilanz der Geschichte
haben die deutschen Rodler die Winter-
spiele von Peking abgeschlossen und
Natalie Geisenberger zur deutschen Re-
kord-Olympiasiegerin gekrönt. Die 34-
Jährige ist nach dem Team-Triumph am
Donnerstag sechsmalige Rodel-Gold-
medaillengewinnerin. Die Doppelsitzer
Tobias Wendl und Tobias Arlt siegten
ebenfalls zum sechsten Mal bei Winter-
spielen. Einsitzer Johannes Ludwig fei-
erte mit dem Team-Gold seinen insge-
samt dritten Olympiasieg. Silber ging an
schen Herren in einem Interview mit
dem „ZDF“. Der Erfolg in der Staffel sei
das i-Tüpfelchen nach einer grandiosen
Vorstellung. „Es war klar, dass es ein
schwieriges Rennen wird. Die Österrei-
cher waren nah dran. Aber alle bei uns
haben es hervorragend gemacht. Die
Tobis (Tobias Wendl und Tobias Arlt, d.
R.) haben gezeigt, dass sie berechtigt
Olympiasieger geworden sind.“, so
Loch, der ankündigte, dass man sich am
Abend ein Bierchen gönnen werde. „Das
haben wir uns verdient – das Team, die
Techniker, Betreuer, Physiotherapeu-
ten, Doktoren.“
Die deutschen Rodler waren das Maß
der Dinge am Eiskanal von Yanqing
nördlich von Peking. Mit der maximalen
Gold-Bilanz sowie zwei Silbermedaillen
lieferte das Team von Cheftrainer Loch
eine nochmal bessere Leistung als bei
den Winterspielen von Sotschi 2014 ab.
Wendl/Arlt überholt. Das Männer-Duo Seit der Einführung des Team-Wett- Medaillen-Anwärter mit dem Bahnre-
sowie Geisenberger sind mit ihrem je- bewerbs 2014 gewann immer nur die kord von 3:04,354 Minuten vorgelegt.
weils sechsten Olympiasieg auch in der deutsche Staffel – immer mit Geisen- Österreich konterte, ehe das deutsche
Bestenliste der erfolgreichsten Sportler berger und dem Duo Wendl/Arlt. Bei Quartett die Bestzeit durch einen Fa-
bei Winterspielen nach vorn gerückt. der Premiere in Sotschi jubelte noch Fe- bellauf von Wendl/Arlt noch auf
Auf Platz eins rangiert die norwegische lix Loch mit. In Pyeongchang und nun 3:03,406 Minuten drückte und letztlich
Ski-Langläuferin Marit Björgen, die in in China war der Thüringer Ludwig der 0,080 Sekunden vor der Alpennation
ihrer Karriere achtmal Gold bei Olympi- bessere Einsitzer. lag. Der Jubel war verständlicherweise
schen Spielen gewann und insgesamt 15 Im National Sliding Center von Yan- groß.
Medaillen holte. qing hatte Lettland aus dem Kreis der Nobert Loch, der deutsche Coach,
war nach dem Rennen weniger vom
Edelmetall, als vielmehr von den Leis-
tungen seiner Schützlinge beeindruckt.
„Ich bin kein Medaillenzähler, ich bin
fokussiert auf den Höhepunkt, das ha-
ben wir hervorragend gemacht. Das
zählt für mich. Ich bin unheimlich stolz
auf die Truppe, dass alle komplett per-
formt haben“, sagte Loch. Obwohl viele
Oldies wie Geisenberger, Ludwig sowie
beide Doppel ihre Zukunft noch offen
lassen, weiß Loch, dass die nächste Ge-
DPA/ROBERT MICHAEL
Auch mit dabei: Patrick Beckert (Er-
furt), der sein Duell gegen den Japa-
ner Tsuchiya bestreitet. Als Favori-
ten gelten Nils van der Poel (Schwe-
den), Jorrit Bergsma (Niederlande)
und Ted-Jan Bloemen (Kanada).
BIATHLON
Vier deutsche Biathletinnen nehmen
im 7,5 km Sprint Angriff auf die Me-
daillen (ab 10 Uhr). Überraschungs-
Einzelsiegerin Denise Herrmann,
Vanessa Hinz, Franziska Preuß und
Vanessa Voigt gehen für den DSV an
den Start. „Ich hoffe natürlich, dass
sich das gut anfühlt und dass es sich
vielleicht ein bisschen leichter lau-
fen lässt“, so Herrmann.
SKELETON
Christopher Grotheer hat ebenfalls
Gold im Visier (ab 13.20 Uhr). Nach
zwei von vier Läufen führt der 29-
Jährige mit 0,70 Sekunden Vor-

Österreich, Bronze gewann Lettland.
Norbert Loch, der Bundestrainer,
zeigte sich im Anschluss erleichtert und
voller Freude. „Gestern war das schon
unglaublich“, sagte er in Anlehnung an
den Sieg vom Vortag durch die deut-
Geisenberger, die schon 2010 in Van-
couver Bronze gewann, ließ mit dem ab-
schließenden Team-Gold endgültig
Claudia Pechstein hinter sich. Die fünf-
malige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin
wurde in der ewigen Bilanz auch von
neration mit der silbernen Anna Berrei-
ter, Max Langenhan (Sechster) und vie-
len Talenten bereit ist. „Ich hoffe, dass
viele gesehen haben, was es bedeutet,
Nachwuchs und Kinder zum Sport zu
Gold-Jubel: Johannes Ludwig, Natalie Geisenberger, Tobias Wendl und Tobias Arlt holen“, so Loch. DW
sprung vor Landsmann Axel Jungk.
Erst danach folgt die internationale
Konkurrenz. Grotheer optimistisch:
„Ich muss nicht mal fehlerfrei fah-
ren, um eine Chance zu haben. Die-
ser Puffer tut richtig gut.“

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14 FEUILLETON DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022

se lautet nämlich: „Wer Mitglied sollte. Wenn das Possessivprono-

der Gesellschaft wird, erklärt men dem Maskulinverbot zum Op-

UNNATÜRLICHE
sich dadurch bereit, nach Maßga-
be der eigenen Möglichkeiten
Aufgaben in der Gesellschaft…“
Das Pronomen sein wird in der
Neufassung durch das Genus-un-
verdächtige eigen ersetzt.
Diese Revision ist gerade deshalb
so überraschend, weil sie aus einer
fer fällt, sollte ihm das Frageprono-
men wer doch ebenfalls zum Opfer
fallen und durch welche Person ersetzt
werden. Der Neuentwurf der Satzung
behält es seltsamerweise bei.
Der erklärte wissenschaftliche An-
spruch, Sprache in ihrem gewachsenen
Zustand als Forschungsgegenstand

Sprache
Gemeinschaft von Expertinnen und
Experten für die Grammatik des
Deutschen kommt. Erstens hat eigen
eine deutlich spezifischere Semantik
als sein. Durch eigen wird nämlich der
Besitz im Kontrast zum Nicht-Besitz
hervorgehoben. Man vergleiche „Wer
In der Deutschen Gesellschaft für hat seine Zähne noch nicht geputzt?“
mit der eher befremdlichen Frage
Sprachwissenschaft organisieren sich seit 43 Jahren „Wer hat die eigenen Zähne noch nicht
ernst zu nehmen, wird durch die hier
sichtbare genderlinguistisch entstellte
Metasprache konterkariert und damit
indirekt zur Disposition gestellt.
Die Mitglieder einer hochkarätigen
Gesellschaft für Sprachwissenschaft,
die diese genderreformierte Satzung
ausgearbeitet bzw. über sie abgestimmt
haben, sollten sich qua ihres Experten-
status mehr als alle anderen Spreche-

Linguisten. Nun wird auch dort an der Sprache

geputzt?“ Letztere Frage würde nahe- rinnen und Sprecher des Deutschen die-
legen, dass man gelegentlich auch die ser Probleme bewusst sein. Wie konnte

politisch herumgedoktert. Es droht das Ende einer

Zähne anderer Menschen putzt. es dennoch zu diesem Vorschlag für ei-
Zweitens stimmt sein in Numerus ne Satzungsänderung kommen?
Institution. Von Josef Bayer

D
ie Deutsche Ge-
sellschaft für
Sprachwissen-
schaft (DGfS) wur-
de 1978 gegründet
und hat sich über die
Jahrzehnte zu einer
bedeutenden wissen-
schaftlichen Instituti-
on entwickelt, die man
in etwa mit der Linguis-
tic Society of America
(LSA) vergleichen könnte.
Die DGfS bezeichnet sich
selbst als „eine Vereini-
gung von Perso-
nen und Ein-
rich-
tungen, die na-
türliche Sprachen wissen-
schaftlich erforschen“.
Es geht, wie gesagt, zentral um natür-
liche und damit historisch natürlich ge-
wachsene Sprachen, wie sie in der
menschlichen Kommunikation verwen-
det werden und nicht um künstliche, d.
h. von Menschen entworfene Sprachen
wie etwa Programmiersprachen, Plan-
sprachen, Sondersprachen etc. Die Lin-
guistik ist eine deskriptive und keine
präskriptive Disziplin. Ihr Forschungs-
gegenstand ist die Sprache, wie sie ist,
und nicht, wie sie sein sollte. Somit gibt
es eine recht klare Abgrenzung zur Sti-
listik, zu reglementierten Sprachen, zur
Sprachpädagogik etc.
Unter dieser Voraussetzung erstaunt
es, dass die durch und durch präskriptiv
konstruierte Gendersprache momentan
dabei ist, die DGfS, die wichtigste lin-
guistische Gesellschaft des Landes, zu
unterwandern.
Was ist geschehen? Die Satzung der
DGfS wurde wegen des Vorkommens
von angeblich geschlechterungerech-
ten Wörtern wie Kassenprüfer, Vorsit-
zender, Wahlberechtigter oder Spre-
cher (einer Sektion) als unange-
messen und reformbe-
dürftig eingestuft.
Daraufhin
und Genus mit dem Fragepronomen Der einzig denkbare Schluss ist, dass
wer überein, und dieses ist nun einmal es – wie bereits beim Online-Wörterbuch
formal maskulinisch und singularisch, des Duden geschehen – um die Durch-
obwohl es sich semantisch sowohl auf setzung einer außerlinguistischen Neu-
Pluralitäten als auch auf das weibliche zuschreibung geht, und sei es auf Kosten
Geschlecht beziehen kann. Das ist spä- der Sprache und der wissenschaftlichen
testens seit der Grammatikschreibung Erkenntnis über die Sprache.
des 17. Jahrhunderts bekannt. Peter Eisenberg, eines der prominen-
Eine Frage wie „Wer trägt das Klavier testen Mitglieder, Gründungsmitglied
gab es einen in den vierten Stock?“ richtet sich trotz und ehemaliger Vorsitzender der DGfS
ersten Änderungsent- singularischem Verb mit hoher Wahr- motiviert für den Fall der Verabschie-
wurf, der vor lauter Gender-Sternen scheinlichkeit an eine Mehrzahl von dung der neuen Satzung sein Ausschei-
kaum mehr lesbar war und daher zu- entspre- Menschen. Ebenso richtet sich die Fra- den aus der Gesellschaft damit, „dass
rückgewiesen wurde. chend wird in der Sat- ge „Wer hat seinen Lippenstift im Bade- die Gesellschaft für Sprachwissenschaft
Die danach erarbeitete Fassung folgt zung aus dem „Sprecher der Sekti- zimmer vergessen?“ trotz maskulinem ihren Gegenstand mit Füßen tritt. Die
der Strategie, alle Personenbezeich- on“ eine „Person, die für die Sektion Genus mit hoher Wahrscheinlichkeit an Gesellschaft wurde gegründet, um der
nung im Maskulinum durch Abstrakta spricht“ bzw. „die Sektionsleitung“; aus Frauen. Dass das Pronomen sein hier Sprachwissenschaft in allen ihren Aus-
oder im Plural durch das Partizip Prä- „Antragsteller(n) mit Wohnsitz in völlig unschuldig ist, zeigt sich u.a. da- prägungen Gehör und Einfluss zu ver-
sens zu ersetzen. Idealiter ist das perso- Deutschland“ werden „Mitglieder mit ran, dass sich die Frage nicht durch die schaffen. Das war von Beginn an der An-
nenbezogene Geschlecht gänzlich zu Wohnsitz in Deutschland“ usw. Gerade Vertauschung mit ihren reparieren lie- spruch. Er wurde in beeindruckender
verbergen. Neben der Verwendung von in Bezug auf linguistische Kreise, bei de- ße. „Wer hat ihren Lippenstift im Bad Weise erfüllt. Wir Macher der ersten
sexusneutralen Substantiven wie Person nen eine besonders hohe Sensibilität vergessen?“ ist zwar in Ordnung, be- Jahre stehen vor einem Rätsel. Wie
oder Mitglied geschieht es durch die für semantische Differenzierungen zu deutet aber, wie man bei kurzem Nach- konnte es passieren, dass diese Gesell-
Flucht ins Entpersonalisierte. erwarten wäre, verblüfft es, wenn aus denken bemerkt, etwas völlig anderes. schaft ihren Gegenstand in wissen-
Ein Beispiel aus dem bisherigen Sat- einem Sprecher eine Person mit Leitungs- Im Übrigen trägt sein nicht einmal schaftlich absolut unhaltbarer Weise
zungstext lautet: „Der Vorstand der Ge- funktion wird, oder wenn aus einem An- notwendigerweise ein Genusmerkmal. politisch zurichtet, statt ihn zu bearbei-
sellschaft besteht aus dem 1. Vorsitzen- tragsteller ein einfaches Mitglied wird. In vielen bairischen Dialekten sagt man ten, wie er ist? Was kann eine Disziplin
den, dem 2. Vorsitzenden, dem Sekretär Besonders hervorstechend in dem „in da Muatta seina Schtum“ („in der nach einem derartigen Akt noch für sich
und dem Kassierer.“ Die Neufassung Neuentwurf der Satzung ist die Ände- Stube der Mutter“) oder „da Anni sei geltend machen?“
bietet eine Mischung aus Entpersonali- rung des ursprünglichen Satzes „Wer Mo“ („Annis Mann“); sein scheint hier Jetzt könnte man einwenden, dass
sierung und Neutralisierung: „Der Vor- Mitglied der Gesellschaft wird, erklärt also so wie mein, dein, unser durchaus es „ja nur“ um einen Text geht, der,
stand der Gesellschaft besteht aus Mit- dadurch seine Bereitschaft, nach Maß- genusneutral gebraucht zu werden. wie mir der zweite Vorsitzende der
gliedern, die eine der folgenden Funk- gabe seiner Möglichkeiten Aufgaben in Man vergleiche damit auch das genus- DGfS versicherte, pro Jahr höchstens
tionen ausüben: a) 1. Vorsitz b) 2. Vorsitz der Gesellschaft zu übernehmen […].“ neutrale suo im italienischen „la madre 15 Mal aufgerufen wird. Genau aus
c) Sekretariat d) Finanzverwaltung.“ Was könnte sich hier einer sprachlichen e il suo lavoro“ (wörtlich „die Mutter letzterem Grund könnte man den Ein-
Eine aus sogenannten Leitfäden zur Diskriminierung schuldig gemacht ha- und die seine Arbeit“). wand natürlich auch umkehren und
gendersensiblen Sprache bekannte ben? Dass es sich wohl um das Posses- Schließlich wäre da noch die Frage, fragen, wieso der Wunsch einiger Kol-
Strategie ist die Verwendung von Person sivpronomen sein handeln muss, geht wieso eigentlich das Fragepronomen leginnen und Kollegen nach Umgestal-
mit einem folgenden Relativsatz. Dem- aus der Revision des Textes hervor. Die- wer noch weiterhin toleriert werden tung eines so selten konsultierten Tex-

FREITAG
ARD ARD
5.30 ¥ g Tagesschau 5.35 ¥ g Olym-
pische Winterspiele Peking 2022
9.35 ¥ g Olympische Winter-
spiele Peking 2022 Eisschnell-
lauf: 10000 m Herren / ca.
09.50 Biathlon: 7,5 km Sprint
Damen / ca. 11.50 Skispringen:
Herren, Qualifikation / ca. 13.15
Skeleton: Herren / ca. 14.15
Shorttrack: Damen und Her-
ren / ca. 14.55 Skeleton: Herren/
ca. 15.40 Curling: Round Robin
Herren / ca. 16.00 Eishockey:
Vorrunde Herren, Lettland –
Finnland / ca. 16.25 Höhepunkte
des 7. Olympiatages
18.00 ¥ g Wer weiß denn sowas?
18.50 ¥ g Quizduell-Olymp Show
19.45 ¥ g Sportschau
19.55 ¥ g Börse vor acht
20.00 ¥ g Tagesschau
20.15 ¥ g Der Ranger – Paradies
Heimat: Zusammenhalt
Drama (D 2022) Mit Philipp
Danne, Eva-Maria Grein von
Friedl, Liza Tzschirner
Regie: Thomas Jauch
21.45 ¥ Tagesthemen
22.25 ¥ g Polizeiruf 110: Das Ge-
spenst der Freiheit TV-Krimi
(D 2017) Mit Matthias Brandt
23.55 ¥ Einfach Liebe – Onlineda-
tes und Neuanfänge
Drama-Serie. Schöne neue
Welt / Sprachlos / Höhenflug
mit Tiefgang / Teil des Chaos
PHOENIX
14.45 die runde 15.30 phoenix plus
16.00 maybrit illner 17.05 corona nach-
gehakt 17.15 Hoffnung im Hochhaus-
ghetto – Marseilles Kampf gegen Dro-
gen und Gewalt 17.30 phoenix der tag
18.00 persönlich 18.30 Red Penguins –
Von Macht und Gier auf Eis Dokumen-
tarfilm (USA/D/RUS 2019) 19.40 Doku-
mentation 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥
Unsere Wälder 21.00 ¥ Unsere Wälder
21.45 ¥ Unsere Wälder 22.30 Wald-
gold – Europas Urwald in Gefahr 23.00
der tag 0.00 phoenix persönlich
STREAMING-TIPP
Inventing Anna (Dramaserie) In ihrer
zweiten Netflix-Produktion nach dem Su-
perhit „Bridgerton“ nimmt sich die Er-
folgsproduzentin Shonda Rhimes
(„Grey’s Anatomy“) des realen Falls der
Hochstaplerin Anna Sorokin (Julia Gar-
ner) an. Monatelang führte die junge Frau
als angebliche deutsche Erbin Anna Del-
vey die US-High-Society schlagzeilen-
trächtig an der Nase herum und unter-
schlug dabei ein Vermögen. Anna
Chlumsky spielt eine Reporterin, die dem
Phänomen auf den Grund geht. Netflix
ZDF
5.30 ¥ g ZDF-Morgenmagazin 9.00 g
heute Xpress 9.05 ¥ g Volle Kanne
10.30 ¥ g Notruf Hafenkante Gegen
die Zeit 11.15 ¥ g SOKO Wismar 12.00
g heute 12.10 g drehscheibe Magazin
13.00 ¥ g ARD-Mittagsmagazin
14.00 g heute – in Deutschland
14.15 ¥ g Stadt, Land, Lecker
Dokumentationsreihe
15.00 ¥ g heute Xpress
15.05 ¥ g Bares für Rares
16.00 ¥ g heute – in Europa
16.10 ¥ g Die Rosenheim-Cops
Eine Leiche zum Bier
17.00 ¥ g heute
17.10 ¥ hallo deutschland Magazin
17.45 ¥ g Leute heute Magazin
18.00 g SOKO Kitzbühel Allein
19.00 ¥ g heute/Wetter
19.25 ¥ g Bettys Diagnose
20.15 ¥ g Der Staatsanwalt
Krimi-Serie. Alles vom Leben.
Ein medizinischer Gutachter
wurde erdrosselt. Im Umfeld
des Opfers trifft Reuther auf
viele potenzielle Verdächtige.
21.15 ¥ g SOKO Leipzig Krimi-
Serie. Besondere Einsatzlage
22.00 ¥ g heute-journal
22.45 ¥ g heute-show
Nachrichtensatire
23.15 ¥ g ZDF Magazin Royale
23.45 ¥ g aspekte Reportagereihe
0.30 g heute journal update
0.45 ¥ g Mörderjagd Magazin
Ein teuflischer Plan
EUROSPORT 1 / SPORT 1
Eurosport: 20.15 Olympic Hockey
Night 21.45 Hambüchen & Friends –
Die Olympia-Show (Wh.) 22.45 Olym-
pia News (Wh.) 23.00 Olympische Win-
terspiele Peking 2022 (Wh.) 0.00 Ham-
büchen & Friends – Die Olympia-Show
(Wh.) 1.00 Olympische Winterspiele
Sport1: 15.30 Storage Wars (Wh.)
16.30 Die Drei vom Pfandhaus 18.30 Ski
& Berge 19.30 News 20.00 Die PS-Pro-
fis – Mehr Power aus dem Pott Doku-
Soap (Wh.) 22.00 Street Outlaws (Wh.)
0.00 Die Drei vom Pfandhaus (Wh.)
NDR
12.00 ¥ g Brisant 12.25 ¥ In aller Fr.
13.10 ¥ In aller Fr. – Die jungen Ärzte
14.00 ¥ g NDR Info 14.15 ¥ g Ge-
fragt – Gejagt 15.00 ¥ g Die Nordre-
portage 16.00 ¥ NDR Info 16.15 ¥ Die
Tierärzte 17.00 ¥ NDR Info 17.10 ¥
Leopard & Co. 18.00 Ländermagazine
18.15 ¥ g Die Nordreportage 18.45 ¥
DAS! 19.30 Ländermagazine 20.00 ¥
Tagess. 20.15 ¥ g die nordstory Re-
portagereihe 21.15 ¥ g Traumhäuser
21.45 NDR Info 22.00 ¥ g 3 nach 9
0.00 ¥ g Inas Nacht Talkshow
SAT.1
5.30 g Sat.1-Frühstücksfernsehen
Magazin 10.00 g Let the music play –
Das Hit Quiz 11.00 g Rolling – Das
Quiz mit der Münze 12.00 g Klinik am
Südring 13.00 g Auf Streife – Berlin
14.00 g Auf Streife Doku-Soap
15.00 g Auf Streife –
Die Spezialisten Doku-Soap
16.00 g Klinik am Südring The
American Way. In der Reihe
wird mit echten Medizinernder
Krankenhausalltag nachgestellt.
17.00 g Die Gemeinschaftspraxis
18.00 ¥ g K11 – Die neuen Fälle
Doku-Soap. Mission Kuschel-
tier / Falsche Schlange
19.00 g Let the music play – Das
Hit Quiz Show. Claudia, Jür-
gen, Tanja. Mod.: Amiaz Habtu
19.55 g Sat.1 Nachrichten
20.15 g CATCH! Kampf der Konti-
nente 2022 Show. Mit Oliver
Pocher, Hans Sarpei, Melissa
Khalaj, Luna Schweiger. Erst
Deutschland, dann Europa und
nun geht es darum, für einen
ganzen Kontinent zu gewinnen.
22.45 g Knallerkerle Show. Antoi-
ne Monot jr. schaut auf die
Welt, und zwar konsequent
aus der Sicht der Männer.
23.40 g Knallerfrauen Sketch-
Comedy mit Martina Hill
0.35 g Sechserpack Show
Sommer, Sonne, Sonnen-
schein / Mobbing & Jobbing
MDR
14.00 MDR um zwei 15.15 ¥ g Ge-
fragt – Gejagt 16.00 ¥ g MDR um vier
16.30 ¥ g MDR um vier 17.00 ¥ MDR
um vier 17.45 ¥ MDR aktuell 18.05 ¥
Wetter 18.10 ¥ g Brisant Classix
18.54 ¥ g Unser Sandmännchen
19.00 ¥ g MDR Regional 19.30 ¥ MDR
aktuell 19.50 ¥ g Elefant, Tiger & Co.
20.15 ¥ g Wiedersehen macht Freu-
de Show 21.45 ¥ g MDR aktuell 22.00
¥ Riverboat Berlin 0.10 ¥ ® Spur der
Steine Tragikomödie (DDR 1966) 2.20 ¥
Für Dich bei mir Romanze (D 2016)
WDR
12.45 ¥ g WDR aktuell 13.05 ¥ Giraf-
fe, Erdmännchen & Co. 13.55 ¥ g
Zoo-Babies 14.20 ¥ g Morden im
Norden 16.00 ¥ WDR aktuell 16.15
Hier und heute 18.00 ¥ WDR aktuell /
Lokalzeit 18.15 ¥ g Backstories mit
Theresa (1/2) 18.45 Aktuelle Stunde
19.30 Lokalzeit 20.00 Tagesschau 20.15
¥ g Der Himmel über NRW 21.00 ¥
g Unser Westen, unser Bestes 21.45
WDR aktuell 22.00 ¥ g Kölner Treff
23.35 ¥ g Jet zo laache Show 1.05 ¥
g Kölner Treff Talkshow (Wh.)
RTL 3SAT ARTE PRO SIEBEN KABEL 1
5.15 g Mordfälle USA – Täterinnen 12.10 ¥ g Außer sehen kann ich al- 12.15 Re: Reportagereihe (Wh.) 12.50 5.00 g Galileo 5.50 g The Middle 6.10 5.15 g Abenteuer Leben Spezial 5.40
auf der Spur 6.00 g Guten Morgen les – Marie geht ihren Weg 12.40 ¥ g Journal 13.00 g Stadt Land Kunst Ma- ¥ g Two and a Half Men (Wh.) 6.40 ¥ g Navy CIS: New Orleans 6.30 ¥ g
Deutschland 8.30 GZSZ Soap 9.00 g Gefühlswelten Dokumentationsreihe gazin 13.45 g „Stadt Land Kunst“-Ins- g Two and a Half Men 7.05 ¥ g The The Mentalist 7.20 ¥ g Elementary
Unter uns Soap 9.30 Alles was zählt 12.55 ¥ g sonntags Magazin. Was die pirationen Magazin. U. a.: Amorgos: „Im Big Bang Theory 7.30 ¥ g The Big 8.15 g Scorpion 9.15 ¥ g Navy CIS
10.00 g Der Blaulicht-Report Doku- Seele warm hält – Wohnen im Winter Rausch der Tiefe“ von Luc Besson Bang Theory 8.00 ¥ g The Big Bang 10.10 g Navy CIS: New Orleans 11.05
Soap 11.00 g Die Retourenprofis 13.20 ¥ g Expedition Europa Doku- 14.15 g Das Vorspiel Drama Theory 8.25 g Man with a Plan 8.50 g g Scorpion 12.00 ¥ g Castle Krimi-
Show (Wh.) 12.00 g Punkt 12 Magazin mentationsreihe. Die Geburt des Konti- (D/F 2019) Mit Nina Hoss Man with a Plan 9.15 g Last Man Stan- Serie 13.50 ¥ g Elementary Krimi-Serie
15.00 g Echt jetzt?! – nents / Die Verwandlung des Kontinents 16.10 g Chiles kleine Papagenos – ding 11.35 ¥ Scrubs – Die Anfänger 14.50 ¥ g The Mentalist
mit Ilka Bessin Show 14.50 g Wildnis Europa Geigen für die Versöhnung 13.45 ¥ g Two and a Half Men Sitcom Krimi-Serie. Sport ist Mord
15.45 g Die Retourenprofis Show Dokureihe. Der Bartgeier / 16.55 g Kanada – Eine Familie im 14.40 g The Middle Sitcom 15.50 g News
16.45 g RTL Aktuell Die Kegelrobbe / Der Wisent / Selbstversorger-Modus 15.35 ¥ g The Big Bang Theory 16.00 ¥ g Navy CIS Krimi-Serie
17.00 g Explosiv Stories Magazin Der Elch / Der Luchs 17.50 g Pferde im Sturm: Das wil- Sitcom. Vierer ohne Sheldon / 16.55 g Abenteuer Leben täglich
17.30 g Unter uns Soap 18.30 g nano Magazin de Herz Sardiniens Doku Die Wahrheit über den Fahr- Magazin
18.00 g Explosiv – Das Magazin 19.00 ¥ g heute 18.30 g Ungarns wilde Pferde stuhl / Nie mehr dumme Typen 17.55 g Mein Lokal, Dein Lokal –
Moderation: Leonie Koch 19.20 g Kulturzeit 19.20 Arte Journal 17.00 g taff U. a.: Wertstoffhof Der Profi kommt Reportage-
18.30 Exclusiv – Das Star-Magazin Moderation: Ariane Binder 19.40 g Re: Reportagereihe Hamburg vs. Oberhausen reihe. „Entaklemm’r“, Riederich
Moderation: Frauke Ludowig 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 g Mit Pulver und Blei 18.00 g Newstime 18.55 g Achtung Kontrolle!
18.45 g RTL Aktuell 20.15 ¥ g Der Mordanschlag (1/2) Drama (F 2020) Mit Rafi Pitts, 18.10 ¥ g Die Simpsons Reportagereihe. Ausgesperrt –
19.05 Alles was zählt Soap Politthriller (D 2018) Mit Petra Élodie Bouchez, Aurore Clé- Homer Junior / Silly Simpsony Pannenhelfer Berlin. Mit
19.40 Gute Zeiten, schlechte Zeiten Schmidt-Schaller, Jenny Schily ment. Regie: Laetitia Masson 19.05 g Galileo Magazin Stefan Kühn, Diana, Michael
20.15 g Murmel Mania Das große Regie: Miguel Alexandre 21.55 g Janis: Little Girl Blue Do- 20.15 ¥ g Er ist wieder da Komö- 20.15 ¥ g Criminal Minds
Finale. Mit Chris Tall. Die jewei- 21.45 ¥ g Cornwall – Das echte kumentarfilm (USA 2015) Mit die (D 2015) Mit Oliver Masuc- Krimi-Serie. Die Infektion
ligen Sieger der vergangenen Land der Rosamunde Pilcher Janis Joplin, Cat Power, Kar- ci, Fabian Busch, Christoph Ma- Die BAU untersucht eine Reihe
drei Shows stellen sich jetzt er- Dokumentation leen Bennett. Regie: Amy Berg ria Herbst. Regie: David von Morden, die in angeblich
neut der Herausforderung. 22.00 ¥ g ZIB 2 23.40 g Kiss: Rocks Vegas Konzert Wnendt. Rund 70 Jahre nach verfluchten Häusern in Lewis-
22.15 g Lachen, zittern, jubeln – 22.25 g Brimstone – Erlöse uns 1.10 g Tracks. U. a.: Dash Shaw seinem vermeintlichen Tod er- ton, Maine, stattfanden.
Die besten Spielshows von dem Bösen Mysterythril- 1.40 g Begegnung mit den wacht Adolf Hitler im quirligen 21.10 ¥ g Criminal Minds
Diese Sendung zeigt die lus- ler (NL/F/D/S/GB/B/USA 2016) Meeresvölkern Französisch- Berlin der Gegenwart. Krimi-Serie. Wahrheit oder
tigsten, spannendsten und 0.50 g 10vor10 Guayana: Die Kali’na – 22.25 ¥ g Unknown Identity Ac- Pflicht. Mit Joe Mantegna
vor allem verrücktesten 1.20 ¥ g extra 3 Magazin Die Geister des Deltas (Wh.) tionthriller (USA/D/F/GB 2011) 22.15 ¥ g Criminal Minds
Spielshows der Welt. Mit Liam Neeson, Diane Kruger Krimi-Serie. Unter die Haut
0.00 g RTL Nachtjournal 0.45 ¥ g Er ist wieder da Komö- 23.15 ¥ g Criminal Minds Krimi-
0.30 g Murmel Mania 1.50 g Lebenslang hinter die (D 2015) Mit Oliver Masuc- Serie. Die Kreise der Hölle
Show. Das große Finale (Wh.) Gittern Reportage ci. Regie: David Wnendt (Wh.) 0.10 ¥ g Hawaii Five-0 Block A
2.20 g Lachen, zittern, jubeln – 6.00 g Die Welt am Morgen 2.30 g Das Gefängnis HMP Dur- 2.35 Watch Me – das Kinomagazin 1.05 g Kabel Eins Late News
Die besten Spielshows (Wh.) 9.00 g WELT-Newsroom ham Dokumentationsreihe 2.45 g Spätnachrichten 1.10 ¥ g Criminal Minds (Wh.)
12.00 g Die Welt am Mittag 4.35 g Null Toleranz – Strafvoll-
14.00 g WELT-Newsroom zug in Maryland Doku
RBB 17.00 g Die Welt am Abend 5.15 g Megatransporte Dokurei- VOX BILD
20.05 g Lebenslang hinter he. Das ALMA-Teleskop
13.40 ¥ g Fuchs und Gans 14.30 ¥ g Gittern Reportage 5.05 g CSI: NY 5.45 g CSI: NY 6.30 g 5.30 g Flüge Extrem 7.00 g Viertel
Alles was Recht ist: Sein oder Nicht- 21.05 g Das Gefängnis HMP CSI: NY 7.20 g CSI: Vegas 9.10 g CSI: nach Acht 8.00 g Reif ist Live. Der
sein Komödie (D 2011) 16.00 rbb24 16.10 Durham Dokumentations- Miami 10.05 g CSI: Miami 11.55 g vox Fußball-Talk Mit Marcel Reif, Matthias
g In aller Fr. – Die jungen Ärzte 17.00 reihe. Drogen / Psycho / Gewalt nachrichten 12.00 g Shopping Queen Brügelmann 9.00 g Bild Live
g rbb24 17.05 g Gefragt – Gejagt 0.00 g Null Toleranz – (Wh.) 13.00 g Zwischen Tüll und Trä- 14.00 g Viertel nach Acht
17.53 ¥ g Unser Sandmännchen Strafvollzug in Maryland nen. U. a.: Hagen, „Kurvenschön“ 15.05 g Reif ist Live. Der Fußball-
18.00 g rbb24 18.15 g schön + gut Dokumentation 14.00 g Mein Kind, dein Kind – Talk Mit Marcel Reif,
18.45 g STUDIO 3 – Live aus Babels- 1.05 g Russlands Hochsicher- Wie erziehst du denn? Doku- Matthias Brügelmann
berg 19.30 g Abendschau 20.00 ¥ Ta- heits-Gefängnisse Doku. Zur- 20.05 In Englands Gartree Prison sit- Soap. Jessica Andrea vs. Pascal 16.05 g Footprints
gess. 20.15 g Smokie, Chris & zeit sitzen in russischen Hoch- zen 700 Männer ein. 85 Prozent der 15.00 g Shopping Queen Dokumentationsreihe
Friends – Die 30 schönsten Hits 21.45 sicherheitsgefängnissen 2000 Häftlinge verbüßen eine lebenslange Doku-Soap. Motto in Münster: Kraterlandschaft Lausitz /
g rbb24 22.00 g Riverboat Berlin Häftlinge, die zu einer lebens- Haftstrafe. Doch lebenslänglich heißt Rock it! Sei in deinem neuen Highway auf fünf Etagen
0.10 ¥ g MDR Sputnik präsentiert langen Strafe verurteilt sind. nicht zwingend für immer. Plisseerock der Hingucker!, 16.55 g Reif ist Live.
Tag 5: Barbara Der Fußball-Talk Mit Marcel
16.00 g Allererste Sahne – Wer Reif, Matthias Brügelmann
HR BR SWR backt am besten? Doku-Soap 17.55 g Flüge Extrem
17.00 g Zwischen Tüll und Tränen Dokumentationsreihe
13.40 g Familie Dr. Kleist 14.30 ¥ 11.50 In aller Freundschaft 12.35 ¥ 13.15 ¥ g Gefragt – Gejagt 14.00 ¥ 18.00 g First Dates Doku-Soap Notlandung auf dem Hudson
Mein Sohn, der Klugscheißer Komödie Hauptstadtrevier 13.25 ¥ Gefragt – Aktuell BW 14.10 Eisenbahn-Romantik 19.00 g Das perfekte Dinner River / Explosion in Las Vegas /
(D 2015) 16.00 hallo hessen 16.45 hes- Gejagt 14.10 ¥ Aktiv und gesund 14.40 15.10 ¥ g In aller Freundschaft – Die U. a.: Tag 5: Silke, Oldenburg Gestrandet in Alaska
senschau 17.00 hallo hessen 17.45 ¥ ¥ Leopard, Seebär & Co. 15.30 nah und jungen Ärzte 16.00 ¥ Aktuell BW 16.05 20.15 g Wo die Liebe hinfällt – 20.15 g 60 Days In – Undercover
hessenschau 17.55 hessenschau Sport fern 16.00 ¥ BR24 Rundschau 16.15 ¥ Kaffee oder Tee 17.00 Aktuell BW Jedes Paar ist anders Vanes- im Gefängnis Doku-Soap
18.00 Maintower 18.25 ¥ Brisant 18.45 Wir in Bayern 17.30 Regional 18.00 17.05 Kaffee oder Tee 18.00 Aktuell BW sa und David sind schwer ver- Jäger und Gejagte / Falsches
¥ Die Ratgeber 19.15 wetter 19.30 ¥ Abendschau 18.30 ¥ BR24 Rundschau 18.15 Mensch Heimat 18.45 ¥ Landes- liebt, daran ändern auch die 50 Spiel / Stagnation / Im Schuss-
hessenschau 20.00 ¥ Tagess. 20.15 19.00 Unser Land 19.30 ¥ Landgast- schau BW 19.30 ¥ SWR Aktuell BW Kilo nichts, die sie trennen. feld / Jäger und Gejagte /
Formentera – Insel-Paradies im Mit- häuser Alpenseen 20.00 ¥ Tagesschau 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 ¥ g Fas- 22.15 g Inferno Thriller (USA/H Falsches Spiel / Stagnation /
telmeer Doku 21.00 ¥ Rhodos – Helios 20.15 ¥ Schwaben weissblau, hurra zination Fastnacht – Die schönsten 2016) Mit Tom Hanks, Felicity Im Schussfeld / Jäger und
in Love Dokumentation 21.45 hessen- und helau 23.00 ¥ BR24 Rundschau Momente Show 21.45 ¥ Aktuell 22.00 ¥ Jones. Regie: Ron Howard Gejagte / Falsches Spiel
schau 22.00 ¥ 3 nach 9 0.00 ¥ H. J. He- 23.15 ¥ Frech und frei Show 0.00 Die g Nachtcafé 23.30 ¥ g Alfons und 0.50 g vox nachrichten 3.35 g 60 Days In – Undercover
ist live – „Noch’n Gedicht“ Show Unbesiegten Western (USA 1969) Gäste Show 0.15 g kabarett.com 1.10 g Medical Detectives im Gefängnis Doku-Soap

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 DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022 FEUILLETON 15

Freie Männer

D
Tätowiert und politisch unkorrekt: Die Trucker, die in Kanada gegen die Corona-Politik demonstrieren,
verkörpern alles, was das neue Bürgertum verachtet. Dabei kämpfen sie für ein elementares Recht
ie Brücke, die Detroit in demonstranten, die ihnen den Weg ver- wie tumbe Freiheitskämpfer – was es die sie sich berufen, ist weder ein ro-
Michigan mit der kanadi- stellen wollen, kurzerhand am Kragen. wiederum erleichtert, sie als Rechtspo- mantisches Ideal noch Alibi für raub-
schen Stadt Windsor in Andere wiederum errichten am Rande pulisten zu disqualifizieren, die aggres- tierhaften Egoismus, sondern klagt
Ontario verbindet, heißt der Protestzüge Hüpfburgen für Kinder. siv hupend die Ruhe der Bürger stören. etwas ziemlich Ärmliches, aber immer
Ambassador Bridge. Sie Doch unabhängig von ihrer Haltung zur Durch ihren Berufsalltag sind sie zu- weniger Selbstverständliches ein: das
ist die wichtigste Landverbindung zwi- Impfung und ihren politischen An- gleich so etwas wie böse Gegenbilder je- Recht, dass einem die ohnehin oft kar-
schen den Vereinigten Staaten und Ka- schauungen gelten sie dem woken, grü- nes Nomadentums, das die digitale Bo- gen Möglichkeiten des Selbsterhalts, die
nada. Ihr Name verweist auf die Bezie- nen und digitalen Bürgertum, das nicht heme für ihr pseudokosmopolitisches die bürgerliche Gesellschaft gewährt,
hung zwischen Diplomatie und Verkehr: nur in den Vereinigten Staaten und Ka- Leben in Anspruch nimmt: Sie sind tat- von denjenigen, die diese Rechte garan-
Er weist die Brücke als Botschafterin nada diejenigen Medien dominiert, die sächlich nur selten zu Hause, übernach- tieren sollen, nicht auch noch genom-
aus, die den ökonomischen und kom- vom linken und liberalen Meinungs- ten in abgewrackten Motels oder in ih- men werden.
munikativen Austausch zwischen den spektrum übrig geblieben sind, als Ver- ren Blechkabinen, existieren in einem Gerade weil sie keine neue Arbeiter-
Nachbarstaaten sicherstellt. körperung dessen, was dem Fortschritt auf Dauer gestellten Provisorium und klasse und auch nicht die Verdammten
im Wege steht. führen den akademisch versierten Free- dieser Erde verkörpern, sondern sich im
VON MAGNUS KLAUE

Am vergangenen Montag wurde diese

tes ausreichen
sollte, die Spaltung einer be-
deutenden Wissenschaftsgesellschaft
zu provozieren.
Auch hier liegt die Antwort schon
auf dem Tisch. Die Neubearbeitung
dieser Satzung ist natürlich nur der
Anfang. Ist sie erst einmal beschlossen,
so kann man darauf warten, dass in
tieren, Teil eines gene-
ralstabsmäßig inszenierten „Sprach-
kampfs“. Es geht in diesem Kampf um
Politik und Deutungshoheit, und kei-
nesfalls um irgendwelche Unzulänglich-
keiten der deutschen Sprache, die es zu
beseitigen gilt.
Neben Peter Eisenberg haben sich
prominente Vertreter und Vertreterin-
nen des Fachs, u.a. Manfred Bierwisch,
Rüdiger Harnisch, Wolfgang Klein,
Manfred Krifka, Christoph Schwarze,
Verkehrsverbindung von kanadischen Analoge Nomaden:
Lastwagenfahrern blockiert. Die Bloc- Trucker-Fahrer
kade war Teil der Proteste von Truc- protestieren im
kern, die seit Ende Januar gegen die von kanadischen
Premierminister Justin Trudeau erlas- Ottawa
sene Verpflichtung demonstrieren, bei
der Überquerung der amerikanisch-ka-
nadischen Grenze entweder einen gülti-
gen Impfnachweis vorzulegen oder sich
für 14 Tage in Quarantäne zu begeben,
was für die etwa zehn Prozent der zwi-
schen beiden Ländern pendelnden Fah-
rer, die nicht vollständig geimpft sind,
hohe Verdienstausfälle, wenn nicht Ar-
beitslosigkeit bedeutet. Seit der „Free-
dom Convoy“ der Trucker Ende Januar
bis zum Parlament in Ottawa vorstieß,
haben sich die Proteste zu Kundgebun-
gen gegen die Maßnahmenpolitik der

Windeseile alle Dokumente sowie die
von der DGfS herausgegebene „Zeit-
schrift für Sprachwissenschaft“, sofern
das dort nicht schon durchgesetzt ist,
nur noch radikal durchgegendert an die
Öffentlichkeit kommen.
Bis jetzt spricht zum Beispiel die
Ordnung der Kommission zur ethi-
schen Begutachtung von Forschungs-
projekten noch von Probanden. Das ist
auch angemessen, denn das Geschlecht
der Versuchspersonen ist bei den aller-
meisten linguistischen Experimenten
irrelevant. Das wird sich nach Annah-
me der neuen Satzung allerdings
schnell ändern.
Die Reform ist nämlich, um den Titel
eines Buches von Henning Lobin zu zi-
VON STEFAN HEINE
RÄTSEL UND SUDOKU
Heide Wegener, einige davon Grün-
dungsmitglieder der Gesellschaft, in
Brandbriefen an den Vorstand der DGfS
gewandt. Peter Suchsland, der nach Pe-
ter Eisenberg, von 1994 bis 1997 dreimal
zum ersten Vorsitzenden der DGfS ge-
wählt wurde, ist nach Bekanntwerden
der geplanten Satzungsänderung unter
Protest aus der Gesellschaft ausgetre-
ten. Eine Spaltung der DGfS kann nicht
mehr ausgeschlossen werden. Sie wäre
vermutlich das Ende einer 43 Jahre al-
ten und bisher weitgehend harmonisch
verlaufenen Erfolgsgeschichte.
T Josef Bayer ist Professor für Linguis-
tik an der Universität Konstanz. Am 13.
12. 2021 trat er aus der DGfS aus.
AP/NATHAN DENETTE
Regierung insgesamt ausgeweitet.
Längst nicht alle protestierenden
Trucker sind grundsätzlich gegen die
Impfung. Die Transparente, die sie mit
sich führen, richten sich gegen die Poli-
tik des Impfzwangs (mandatory vaccina-
tion) – gemäß der liberalen Überzeu-
gung, dass die Regierung aus Mandats-
trägern der Bevölkerung besteht und In ihrer Brachialität und analogen lancern, die im Co-Working-Space an Wissen um ihr objektives Abgeschrie-
daher dem Souverän, der sie ins Amt Rohheit scheinen die Trucker das Ge- ihren Laptops das Kreativleben abfei- bensein auf die Allgemeingültigkeit ein-
eingesetzt hat, nur in engen Grenzen genteil postmoderner wokeness gerade- ern, vor, wie illusorisch deren Vorstel- geborener Rechte berufen, vertreten sie
ihrerseits Mandate (Verpflichtungen) zu leiblich zu inkarnieren: hygienefern, lung von Freiheit ist. in ihrer brachialen Illiberalität den Li-
auferlegen kann. oft tätowiert, sprachlich wie körperlich Denn die Trucker sind in Wahrheit beralismus, den sie ernst nehmen, statt
In ihrem Auftreten scheinen die verwildert und mit Pin-up-Girls an der weder die anarchistischen Helden der ihn nur im Mund zu führen. Wenn sie
Trucker allerdings das Gegenteil jenes Windschutzscheibe, verständigen sie Landstraße, zu denen sie von manchen Brücken blockieren, tun sie es, um de-
Liberalismus zu verkörpern: Sie sind sich mittels eines Funkverkehrs, der so Libertären stilisiert werden, noch die ren altehrwürdige Funktion, die Auf-
weder politisch korrekt noch diploma- weit unter dem Niveau fortgeschritte- faschistischen Rohlinge, als die das woke rechterhaltung einer für alle offenen
tisch; manche von ihnen packen Gegen- ner Digitalisierung liegt, dass sie wirken Milieu sie diffamiert. Die Freiheit, auf Gesellschaft, wiederherzustellen.

Jede Ziffer von eins bis neun wird in jeder Spalte, jeder Zeile und
in jedem 3x3-Feld genau einmal eingetragen. Das obere Sudoku
ist von mittlerer Schwierigkeit, das Rätsel darunter etwas leichter.

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16 FEUILLETON DIE WELT FREITAG, 11. FEBRUAR 2022

DAS WAR DIE WOCHE Denis Ménochet als

berühmter Filmregisseur
VON FRÉDÉRIC SCHWILDEN und Fassbinder-Alter-Ego
Peter von Kant

Weltpolitik ist viel zu groß

für kleine Männer
DAS THEMA DIE FRECHHEIT

Nachdem in den vergangenen Wochen nicht
nur Magazine und Zeitungen unter dem
Hashtag #WoIstScholz nach unserem Kanzler
suchten, zeigte sich Olaf Scholz diese Woche
überraschend wieder in der Öffentlichkeit.
Wenn man als ehemaliger Papst etwas zum
Missbrauch in der katholischen Kirche sagen
möchte, ist das eigentlich ganz einfach: Man
bittet um Verzeihung, hört den Opfern zu,
klärt alles auf und bietet Hilfe an. Besonders,

C. BETHUEL / FOZ/CAROLE BETHUEL

Scholz machte seinen Antrittsbesuch bei US-
Präsident Joe Biden.
Scholz’ erste Amtshandlung auf dieser Reise
war es, den offiziellen Kanzler-Pullover Modell
„grauer Filzsack (I like America and America
likes me)“ an Bord des Airbus A340 Konrad
Adenauer vorzustellen.
Anschließend parlierte Scholz gut gelaunt und
auf Englisch charmanter und staatsmänni-
wenn man wie Benedikt XIV., in der Zeit als er
noch Erzbischof Ratzinger genannt wurde, im
Bistum München-Freising Fälle von Miss-
brauch vertuschte und einen Sexualstraftäter
weiter in der Seelsorge einsetzte. Das alles ist
in einem Gutachten der von der Kirche beauf-
tragten Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl
Spilker Wastl dokumentiert.
Aber Papst Benedikt leugnete zunächst, in Sit-

Die bitteren Tränen

scher als erwartet mit Biden. Dabei sagte er
komplett egales Zeug wie „alle Optionen auf
den Tisch“, als es um mögliche Reaktionen auf
die immer wahrscheinlicher werdende Invasi-
on Russlands in der Ukraine ging. Komplett
zungen zugegen gewesen zu sein, in denen es
um den Fall ging. Die Unwahrheit dieser Aus-
sage wurde durch Protokolle der Sitzungen be-
legt. Viele sprachen davon, Benedikt habe gelo-
gen. Benedikt wiederum ließ durch seinen Pri-

des Rainer Werner F.

egal deswegen, weil er ja zuvor schon Waffen- vatsekretär mit dem Entenhausen-Namen Ge-
lieferungen ausgeschlossen hatte. org Gänswein verlauten, es handele sich dabei
Die Sozialdemokraten daheim waren trotzdem um einen „Fehler“ und ein „Versehen“.
begeistert. So schrieb ein Autor des SPD-Par- Ganz klar, irren ist menschlich. Aber es gibt

François Ozon eröffnet die Berlinale mit „Peter von Kant“ – seiner Interpretation eines
teimagazins „Vorwärts“, dass Scholz „außerge- Momente, da darf man sich keine Fehler erlau-

W
wöhnlichen Mut bewiesen“ hätte. Denn, und ben. Und schon gar nicht, wenn es um Miss-

Fassbinder-Dramas, das vor 50 Jahren bei den Filmfestspielen Premiere feierte

jetzt aufpassen, er habe „nicht nur mit führen-
den Republikaner*innen“ gesprochen, sondern
sich gar einem „Live-Interview im US-Fernse-
hen gestellt“. Richtig ist: Das hat Angela Mer-
kel nie gemacht. Richtig ist aber auch, wenn
das „außergewöhnlicher Mut“ ist, hat Deutsch-
land ein Problem.
DER SKANDAL
Diskussionen um Öffnungen seien „fehl am
Platz“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl
Lauterbach diese Woche bei einer Pressekon-
ferenz. Es ging wie in den letzten zwei Jahren
in Karl Lauterbachs und unserem Leben um
die Covid-19-Pandemie.
In einer Demokratie sind Diskussionen zu kei-
ner Zeit fehl am Platz. Sie sind immer wichtig
und immer richtig. Sie sind sogar zwingend
notwendig. Genauso wie es in Zeiten, in denen
die Grundrechte der Menschen in Deutschland
so lange so stark eingeschränkt sind wie noch
nie in der Geschichte der Bundesrepublik,
grundsätzlich richtig und notwendig ist, zu de-
monstrieren. Egal, ob man den Demonstran-
ten nun zustimmt oder nicht.
Ich persönlich finde Demonstrationen un-
heimlich, weil ich viele Menschen, die zusam-
men das Gleiche tun, für potenziell gefährlich
halte. Trotzdem finde ich es richtig zu de-
monstrieren, weil ich weiß, dass die Demokra-
tie und die Grundrechte wichtiger sind als
meine persönlichen Neurosen. Aber auch Nan-
cy Faeser, immerhin deutsche Bundesinnenmi-
nisterin, empfahl den deutschen Bürgern vor
Kurzem, nicht zu demonstrieren. Wenn das
die neue Ampel-Linie von SPD-Ministern sein
sollte, ist das mehr als bedenklich.
„Der Firnis der Zivilisation ist dünn“, hat der
ehemalige SPD-Minister Egon Bahr einmal ge-
sagt. Ob der Firnis der Demokratie inzwischen
dicker ist, wird sich darin zeigen, wie die Coro-
na-Pandemie politisch beendet wird.
brauch geht und man für sich einmal bean-
sprucht hat, Stellvertreter Christi auf Erden zu
sein.
Aber Benedikt hat nicht nur geirrt. Jetzt insze-
niert er sich noch als Opfer einer Kampagne.
Natürlich nicht selbst, denn dazu ist er zu fei-
ge und vermutlich zu schwach. Aber er hat ja
Georg Gänswein. Und der ließ gerade in einer
italienischen Zeitung verlauten: „Es gibt eine
Strömung, die die Person und das Werk zerstö-
ren will.“ Was er nicht sagte: Die Strömung
heißt Eitelkeit.
DIE CRÈMETÖRTCHEN
Amazon-Chef Jeff Bezos war sich absolut si-
cher, dass Glaube Berge und sein Reichtum
Brücken versetzen könne. In Rotterdam wird
nämlich gerade seine neue Yacht gebaut, die
430 Millionen Dollar kosten und 40 Meter
hoch sein soll. Das Problem ist, zwischen
Werft und Meer liegt eine denkmalgeschützte
Brücke, unter der seine Yacht nicht hindurch-
passt. Bezos wiederum wollte die Brücke ab-
und wieder aufbauen lassen. Kein Problem,
wenn man sehr reich ist, dachte er. Unter öf-
fentlichem Druck hat die Stadt ihre Genehmi-
gung für die Demontage der Brücke jetzt zu-
rückgezogen. Ob die Brücke abgebaut werden
darf, soll nun der Stadtrat entscheiden.
Nicht nur für den Krieg in der Ukraine nahm
sich Wladimir Putin diese Woche Zeit, er
empfing auch den französischen Staatschef
Emmanuel Macron in Moskau. Das Treffen
wurde durch ein Foto dokumentiert, das Ma-
cron und Putin an einem Tisch sitzend zeigt,
der etwa viermal so lang ist, wie die beiden
Staatschefs. Sie sitzen da, weit voneinander
entfernt, verloren, in der Mitte ein kleines
Blumenbouquet, sie sehen aus wie Buben am
Kindertisch einer Protzhochzeit. Weltpolitik,
das sollte jetzt allen klar sein, ist viel zu groß
für kleine Männer.
ir müssen uns Carlo Chatri- Neuinterpretation, nennt Ozon, was er mit
an als einen wahren Huma- Fassbinders Menschenlaborversuch veranstaltet
nisten vorstellen. Leichtig- hat. Und wer sich vorher nochmal in das mit
keit und Schwung, hat er ge- Puppen vollgestellte Atelier der berühmten Mo-
sagt, sollte der Eröffnungs- dedesignerin Petra von Kant begeben hat, findet
film seiner ersten wirklichen Berlinale, also ei- an jeder Ecke des Kölner Homeoffice von Ozons
ner Berlinale in wirklichen Kinos vor wirklichen berühmtem Filmregisseur Peter von Kant ziem-
Menschen, in unseren trüben Alltag bringen. lich viel wieder. Die Puppen, die Schallplatten,
den Braun-Plattenspieler, den weißen Flokati,
VON ELMAR KREKELER das ganze Spielzeug der frühen Siebziger, das
maschinengewehrsalvenähnliche Getippe auf
Darüber haben wir uns doch sehr gefreut. Der der Schreibmaschine, selbst das megasymboli-
Alltag ist nämlich in der Tat trübe wie der Febru- sche Poussin-Gemälde vom König Midas, dem
arhimmel über jeder wirklichen Berlinale. Und alles zu Gold wird, was er liebt und begehrt und
ganz besonders trübe ist er am Potsdamer Platz. daran am Ende zugrunde geht, hängt da – dies-
Der ist inzwischen ein derart trüber Unort, dass mal züchtig im Rahmen und nicht überdimen-
man, kaum ist man draußen aus Bahn oder Bus, sioniert als gigantische Fototapete.
gleich den nächsten Lockdown herbeifantasiert Ozon hat die Geschichte kein Stück aus sei-
und irgendwo rein will. Man kommt aber nir- ner Zeit zu uns herangeholt, wir sind im Jahr
gends rein, weil es nichts mehr gibt. Nur ins Ki- 1972, die Autos sind noch schön, Romy Schnei-
no kann man. Dass es darin dann leicht sein soll der noch am Leben. Hat sie komplett übernom-
und schwungvoll, ist also eine zutiefst men- men, diese von Kitsch und Künstlichkeit und
schenfreundliche Ankündigung. den altklug lebensphilosophischen Sätzen eines
„Peter von Kant“ heißt der Eröffnungsfilm. 25-jährigen Junggenies volle Künstlerlegende.
François Ozon hat ihn gedreht. Und wer es in Das Drama einer Frau, die demütigt, zerstört,
Chatrians Reich des Schwungs und der Leichtig- was sie liebt. Die besitzen muss, wo sie lieben
keit geschafft hat, landet im Weltinnenraum der möchte. Und die dann gedemütigt, zerstört wird
Kinogeschichte – Abteilung Rainer Werner Fass- in der durchdrehenden Beziehung zu einem
binder. Also in einer Gegend, die man nicht un- Mädchen, das sie protegiert und dadurch abhän-
bedingt mit Schwung und Leichtigkeit in Ver- gig macht. Die Menschen brauchen einander, da-
bindung bringt. Zumindest als Deutscher nicht. rum kreisen die Kantschen Passionsfestspiele,
Ozon, ein erklärter Liebhaber Fassbinders, aber sie haben nicht gelernt, wie sie das leben
hat sich dessen Melodram „Die bitteren Tränen können, die Nähe, die Liebe. Um den Traum ei-
der Petra von Kant“ vorgenommen. 1972 wurde ner reinen Liebe geht es, darum, was das Sys-
die Kinoversion des bis heute meistgespielten tem, die Gesellschaft daraus macht, was ge-
Fassbinderschen Theaterstücks auf der Berlina- schieht, wenn sich Gefühl und Geschäft vermi-
le uraufgeführt – vom Mittzwanziger binnen schen, Abhängigkeiten entstehen.
zehn Tagen mit beinahe all seinen Musen Margit Ozon nutzt als Tür zu seinem cineastischen
Carstensen, Irm Hermann, Eva Mattes und Arthouse, was Margit Christensen nutzte, um
Hannah Schygulla abgedreht. die ihr fremde Rolle der Petra von Kant zu spie-
len. Irgendwann hat sie begriffen, dass Petra
niemand anderes ist als Rainer Werner. Dann
ging es. Ozon verwandelt den immer wieder
theatralisch hochdrehenden Text (der bei Ozon
nur gelegentlich und kalkuliert hochdreht) in
das einzige, was man vermutlich nach fünfzig
Jahren noch tun kann. Er dient ihm als Spielflä-
che für eine Hommage ans deutsche Kino und
feine Satiretänze aufs Deutschtum. Vor allem
aber als Grundlage für ein Fassbinder-Biopic, in
dem sich wie durch ein ästhetisches MeToo-
Hochleistungsmikroskop die Wundränder des
künstlerischen Arbeits- und Liebesprozesses be-
trachten lassen. Ozon erzählt in der Geschichte
von Peter und Amir, dem über den Umweg über
Australien aus dem Maghreb nach Deutschland
gekommenen Jungen, die Geschichte von Fass-
binder und Günther Kaufmann. Wie sich Denis
Ménochet als monströser und weinerlicher, zer-
brechlich-mächtiger, koksender, Gin mit und
ohne Tonic saufender von Kant Fassbinder an-
verwandelt, mit welcher Urgewalt und Scho-
nungslosigkeit, ist allein eine Flucht in diesen
sehr speziellen Innenraum wert.
Um ihn dreht sich alles. Er ist das wehe Zen-
trum dieser Welt. „Each Man Kills the Thing He
Loves“ ist der Cantus Firmus von Ozons Meh-
rakter. Jeanne Moreau hat das Lied gesungen in
Fassbinders letztem Film „Querelle“. Man hört
es zum ersten Mal, während sich Peter von Kant
im Spiegel ganz genau betrachtet, so genau, dass
man schon glaubt, er küsse gleich, was er sieht.
Am Ende singt Hannah Schygulla als Kants Mut-
ter ihrem tränenreich zusammengebrochenen
Rainer Werner von Kant „Schlaf, Kindlein,
Schlaf“. Helfen tut das nichts.
Hinterher steht man am Potsdamer Platz. So
richtig leicht ist einem nicht. Der Schwung ist
mäßig. Zurück aber, zurück will man auch wie-
der nicht. Vielen Dank, Carlo Chatrian.

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