Sie sind auf Seite 1von 110

MACHBARKEITSSTUDIE

Innovations-
cluster
„Digitale
Schiene“
Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie
zum „Innovationscluster Digitale
Schiene – ein Beitrag zum Struktur­
wandel in den vom Braunkohle­
ausstieg betroffenen Regionen“
MACHBARKEITSSTUDIE

Innovationscluster
„Digitale Schiene“
Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie zum
„Innovationscluster Digitale Schiene – ein Beitrag
zum Strukturwandel in den vom Braunkohleausstieg
­betroffenen Regionen“
Inhalt

1. Management Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.1. Ausgangssituation und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
2.2. Prozess, Gremien und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16

3. Arbeitspaket 1: Analyse und Beschreibung wichtiger techno-


logischer Trends und eines Zielbildes „Digitale Schiene 2030“ . . . . . . 19
3.1. Technologische Trends und Digitaltrends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
3.2. Trendbasierte Anwendungen des Bahnsektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
3.3. Technischer Zielzustand des Bahnsektors 2030 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24
3.3.1. Technischer Zielzustand im Element Beförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24
3.3.2. Technischer Zielzustand im Element Schienenfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . .25
3.3.3. Technischer Zielzustand im Element Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26
3.4. Chancen-Risiken-Analyse des technischen Zielzustandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27
3.5. Zielbild „Digitale Schiene 2030“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29
3.6. Handlungsempfehlungen zur Umsetzung des Zielbildes „Digitale Schiene 2030“ 35

4. Arbeitspaket 2: Bestandsaufnahme und Potenzialanalyse zum


Bahnsektor und den Wechselwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.1. Ziele und Überblick des methodischen Vorgehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37
4.2. Bestandsaufnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38
4.2.1. Bedeutung und aktueller Status der Kohlewirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .38
4.2.2. Analyse der revierbezogenen Regionalstandorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .40
4.2.3. Bestandserhebung Bahnsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43
4.2.4. ­
Bestandsaufnahme der Wissenseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47
4.3. Potenzialanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50
4.3.1. Regionsübergreifende Chancen und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50
4.3.2. ­
Regionale Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse . . . . . . . . . . . . . .51
4.3.3. Spezifische Zukunftsanwendungen mit Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55
4.4. Fazit der Bestandsaufnahme und Potenzialanalyse zum Bahnsektor . . . . . . . . . . . .56
5. Arbeitspaket 3: Clusterkonzept „Digitale Schiene“ und
­
Umsetzungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
5.1. Ziele und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .58
5.2. Theoretische Grundlagen des Clusterverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59
5.2.1. Definition der Clusterbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59
5.2.2. Merkmale und Potenziale der Zusammenarbeit in Clustern . . . . . . . . . . . .60
5.2.3. Indikatoren für den Erfolg von Clustern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .61
5.2.4. Aufgaben von Clustermanagementorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63
5.3. Mögliche Handlungsfelder und -optionen für ein Innovationscluster in
den Braunkohleregionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65
5.3.1. Lausitzer Revier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .66
5.3.2. Mitteldeutsches Revier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .71
5.3.3. Rheinisches Revier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .75
5.4. Handlungsempfehlungen für den Aufbau der Clustermanagement-
organisationen in den Braunkohleregionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79
5.4.1. Organisationsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79
5.4.2. Relevante Akteurinnen und Akteure für ein Innovationscluster
in den Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .82
5.4.3. Mögliche Startprojekte für ein Innovationscluster in den Regionen . . . . .84
5.4.4. Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84

6. Schlussbetrachtung
­ und Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . 88
6.1. Unternehmen aktiv einbinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .89
6.2. Anknüpfungspunkte und Synergien nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .90
6.3. Kooperation als zentraler Erfolgsfaktor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .91
6.4. Strategie gemeinsam entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .92

7. Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Anlage 1: Übersicht über Förderprogramme zur projektbezogenen Förderung . . . . . . .94
Anlage 2: Steckbriefe ausgewählter Förderprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .99
6

Abkürzungs­
verzeichnis

AP Arbeitspaket

B2B Business-to-Business

BCG Boston Consulting Group

BIM Building Information Modeling

BMDV Bundesministerium für Digitales und Verkehr

BTU Brandenburgische-Technische Universität Cottbus-Senftenberg

DAK Digitale Automatische Kupplung

DZSF Deutsches Zentrum für Schienenverkehrsforschung

e. V. eingetragener Verein

ECEI European Cluster Excellence Initiative

EIU Eisenbahninfrastrukturunternehmen

EPH Energeticky a prumyslovy Holding

EVU Eisenbahnverkehrsunternehmen

FRMCS Future Railway Mobile Communication System

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung


7

GSM-R Global System for Mobile Communications – Railway

HTWK Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig

IFS Institut für Schienenfahrzeuge und Transportsysteme

IKT Informations- und Kommunikationstechnik

IoT Internet der Dinge (aus dem Englischen: Internet of Things)

KI Künstliche Intelligenz

KVB Kölner Verkehrs-Betriebe

LEAG Lausitz Energie Bergbau AG

LZB Linienzugbeeinflussung

Mibrag Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH

MINT Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik

PBA Projektbegleitender Ausschuss

PZB Punktförmige Zugbeeinflussung

RWTH Aachen Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

TETIS Testzentrum für Eisenbahntechnik


8

Abbildungs­
verzeichnis

Abbildung 1: Verortung der Braunkohleregionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15

Abbildung 2: Zusammenfassung der Arbeitsphasen, Methoden und Ziele . . . . . . . . 17

Abbildung 3: Herleitung des Zielbildes „Digitale Schiene 2030“. . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Abbildung 4: Digitaltrends mit Einfluss auf den Bahnsektor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Abbildung 5: Technologische Trends mit Einfluss auf die nachhaltige


­Entwicklung des Bahnsektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Abbildung 6: Konzeptioneller Rahmen des Bahnsektors. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Abbildung 7: Handlungsempfehlungen zur Umsetzung des Zielbildes „Digi-


tale Schiene 2030“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Abbildung 8: Übersicht über die Tagebaue in den drei Braunkohleregionen. . . . . . . 39

Abbildung 9: Überblick über die Regionalstandorte im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Abbildung 10: Tätigkeitsfelder der Unternehmen der Bestandserhebung


(WZ-Klassifikation) nach Regionen (Fragestellung: In welchen
der folgenden Bereichen ist Ihr Unternehmen in der Kohlere-
gion tätig? Mehrfachnennungen möglich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Abbildung 11: Hemmnisse für Innovationstätigkeit in der Gesamtwirtschaft


(2018) und im Bahnsektor (2019) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Abbildung 12: Beurteilung der aktuellen und zukünftigen Relevanz ausge-


wählter Zukunftsanwendungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55

Abbildung 13: Clusterentwicklung, Clusterpolitik & Cluster Management. . . . . . . . . . 60

Abbildung 14: Übersicht der Handlungsfelder für ein Innovationscluster in


den Regionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
9

Tabellen­
verzeichnis

Tabelle 1: Digitale und nicht digitale technologische Anwendungen im


Bahnsektor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Tabelle 2: Zusammenfassung der Chancen-Risiken-Analyse des


technischen Zielzustands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Tabelle 3: Zusammengefasste Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-


Analyse für das Lausitzer Revier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Tabelle 4: Zusammengefasste Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-


Analyse für das Mitteldeutsche Revier. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Tabelle 5: Zusammengefasste Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-


Analyse für das Rheinische Revier. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Tabelle 6: Übersicht über Förderprogramme zur projekt­bezogenen


Förderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
10

1. Management
Summary

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat


die atene KOM GmbH, die Boston Consulting Group (BCG) und
die DIW Econ GmbH mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie
zum Innovationscluster „Digitale Schiene“ beauftragt.

Ziel der Machbarkeitsstudie war es, Potenziale sich aus Expertinnen und Experten der Industrie,
und Anknüpfungspunkte für ein Innovations- Gewerkschaften, Wissenschaft und Verbänden,
cluster „Digitale Schiene“ in den vom Braun- Akteurinnen und Akteuren aus den Braunkohle-
kohleausstieg betroffenen Regionen (Lausitzer regionen, Vertreterinnen und Vertretern der für
Revier, Mitteldeutsches Revier und Rheinisches die Braunkohleregionen zuständigen Landesmi-
Revier) aufzuzeigen und Vorschläge für den Auf- nisterien in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-An-
bau und die Organisation eines Clusters je Region halt, Nordrhein-Westfalen sowie aus Vertreterin-
zu unterbreiten. Die Durchführung der Machbar- nen und Vertretern des Deutschen Zentrums für
keitsstudie erfolgte in drei aufeinander folgenden Schienenverkehrsforschung (DZSF) zusammen.
Arbeitspaketen (AP), deren wesentliche Ergebnisse Darüber hinaus wurden die Ziele und Ergebnisse
und die sich daraus ableitenden Handlungsemp- der Studie kontinuierlich mit regionalen Vertre-
fehlungen nachfolgend kurz dargestellt werden. terinnen und Vertretern im Rahmen einer Auf-
taktveranstaltung, Regionalworkshops und einer
Die Erarbeitung der Machbarkeitsstudie erfolgte Abschlussveranstaltung gespiegelt.
unter starker Einbeziehung der Regionen, um
eine bedarfsgerechte und umsetzungsnahe Kon- Im ersten AP des Projekts Innovationscluster „Di-
zeption für ein Innovationscluster in den Regio- gitale Schiene“ war ein Vorschlag für ein Zielbild
nen sicherzustellen. Hierzu wurde ein Projektbe- „Digitale Schiene 2030“ zu entwickeln, das den
gleitender Ausschuss (PBA) als Steuerungs- und angestrebten Zustand für den Bahnsektor im Jahr
Beratungsgremium eingerichtet. Der PBA setzte 2030 und den damit korrespondierenden techni-
11

schen Zielzustand beschreibt.1 Das Zielbild zeich- Ziel des zweiten AP war es, auf Grundlage einer
net eine Vision des Bahnsektors als moderne und Potenzialanalyse und Bestandsaufnahme zum
zukunftsorientierte Branche und wichtigen Mo- Bahnsektor in den drei Regionen auszuloten, ob
bilitätspartner, als Partner für die regionale und die Voraussetzungen für ein regionales Innova-
nationale Wirtschaftsentwicklung sowie als Ga- tionscluster gegeben sind, welche dies sind und
rant für moderne und attraktive Ausbildungs- welche Chancen und Risiken mit einem Inno-
und Beschäftigungschancen. Für eine zügige vationscluster verbunden sind. Die Potenzial-
Umsetzung des Zielbildes wurden vier Hand- analyse hat gezeigt, dass die Erreichung beider
lungsempfehlungen abgeleitet, die sich sowohl Zieldimensionen des Innovationsclusters grund-
an den Bund und öffentliche Institutionen als sätzlich möglich ist. Die Standortbedingungen
auch an private Akteurinnen und Akteure rich- für ein Innovationscluster „Digitale Schiene“
ten. Zur Erreichung des Zielbildes sollten v. a. wurden dabei in allen drei Regionen als gut bis
zentrale technologische Lösungen konsequent sehr gut bewertet. Neben der Kohärenz zwischen
vorangetrieben werden, darunter die Moderni- den Tätigkeitsfeldern des Innovationsclusters
sierung der Leit- und Sicherungstechnik, die zu- „Digitale Schiene“ und den Leitbildern und Stra-
nehmende Automatisierung der Fahrzeuge sowie tegien der Regionen und Bundesländer, verfü-
das automatisierte Verkehrsmanagement des Ge- gen die Standorte über gute Bedingungen für den
samtnetzes. Um Ressourcen des Bundes, der Län- Aufbau eines Innovationsclusters „Digitale Schie-
der und der Akteurinnen und Akteure des Bahn- ne“. In allen drei Regionen bestehen außerdem
sektors gezielt einsetzen zu können, sollte die zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Zukunfts-
finanzielle Förderung für den Schienenverkehr anwendungen der Digitalen Schiene, welche Po-
am Zielbild ausgerichtet werden. Darüber hinaus tenzial für eine lokale Umsetzung bis 2030 haben.
bedarf es der Schaffung befähigender Rahmen-
bedingungen, welche eine Grundlage für die er- Ziel des dritten AP war es, ausgehend von den
folgreiche Umsetzung des Zielbildes darstellen. vorangegangenen Ergebnissen der Machbar-
Dazu gehören die zielgerichtete Forschung, Ent- keitsstudie sowie theoretischen und empirischen
wicklung und Erprobung von Technologien und Annahmen für ein erfolgreiches Clusterma­
deren Anwendungen, die Anpassung der regula- nagement, regionalspezifische Clusterkonzepte
torischen Rahmenbedingungen sowie die Stär- für ein Innovationscluster „Digitale Schiene“
kung gezielter Aus- und Weiterbildungsmaß- im Lausitzer Revier, im Mitteldeutschen Revier
nahmen. Zudem sollte eine Koordinierungsstelle und im Rheinischen Revier mit konkreten Um-
etabliert werden, die inhaltliche Impulse zur setzungsmaßnahmen zu entwickeln. Dafür wur-
Verstetigung und Vertiefung des Zielbildes setzt den auf Grundlage der Bestandsaufnahme und
und den zielgerichteten Austausch zwischen den Potenzialanalyse zum Bahnsektor in den Regio-
Stake­holdern institutionalisiert. nen Handlungsfelder definiert und mögliche
Umsetzungsmaßnahmen erarbeitet. Revierüber-
greifend wurde ein Bedarf in den Handlungsfel-
dern zur Stärkung von Kooperationen und der

1 Das Zielbild „Digitale Schiene 2030“ beschreibt den angestrebten Zielzustand für den Bahnsektor der Zukunft und die dahin-
terliegenden Technologien. Dabei handelt es sich bezogen auf das Jahr 2030 weniger um ein fixes Datum als um einen groben
Orientierungsrahmen.
12

­ ernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft, zur


V den Handlungsfeldern eine Vielzahl an Anknüp-
Förderung von Forschung und Entwicklung, zur fungspunkten an bestehende Akteurinnen und
Erhöhung der Sichtbarkeit und Wahrnehmung Akteure und Strukturen gibt. Damit ist die Chan-
des Bahnsektors sowie zur Fachkräftesicherung ce einer Nutzung von Synergien, aber auch das
und -qualifizierung identifiziert. Mit den erarbei- Risiko eines Aufbaus konkurrierender Doppel-
teten Maßnahmen kann ein Innovationscluster strukturen verbunden. Für den Erfolg eines In-
zukünftig zur Umsetzung dieser Handlungsfelder novationsclusters in den Regionen ist der Schul-
in den Regionen beitragen. Sie erstrecken sich terschluss mit den bereits agierenden Initiativen
von der Vernetzung der relevanten Akteurinnen wesentlich. Dabei sind zu adressierende Bedarfe
und Akteure in Veranstaltungen und Arbeits- und mögliche Alleinstellungsmerkmale für ein
gruppen, über die Förderung von Forschung und Innovationscluster zu ermitteln, an denen sich
Entwicklung durch Fördermittelrecherche und das Portfolio der Clusterinitiativen orientieren
-akquise bis hin zur zielgerichteten politischen sollte, um einen Mehrwert und Zusatznutzen zu
Interessenvertretung. Grundsätzlich zeigen die generieren.
Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, dass es in
13

2. Einleitung

2.1. Ausgangssituation und zu entwickeln und zu sichern, um den Menschen


und der Wirtschaft auch nach dem Braun­
Zielsetzung kohleausstieg weiterhin eine positive Lebens-
und Wirtschaftsperspektive bieten zu können.
Mit der Energiewende hat sich die Bundesrepu-
blik Deutschland das Ziel gesetzt, die dauerhafte Dem Verkehrsträger Schiene kommt in diesem
Versorgung von Wirtschaft und Gesellschaft mit Kontext zunehmend die gesamtgesellschaftli-
erneuerbaren und regenerativen Energien sicher- che Aufgabe zu, eine wirtschaftliche, nachhaltige
zustellen. Die daraus folgende Abkehr von fossi- und sichere Alternative zum Straßen- sowie zum
len Brennstoffen und der damit verbundene ge- Luftverkehr zu bieten und damit zur Erreichung
plante Ausstieg aus der Braunkohleförderung bis der Klimaschutzziele beizutragen. Die Digitali-
zum Jahr 2038 stellt die davon betroffenen Regio- sierung verschiedener Bereiche des Bahnsektors
nen und die dort lebenden Menschen vor große spielt für das Erreichen dieser Ziele eine zentrale
Herausforderungen. Die Einstellung der Braun- Rolle. Gleichzeitig verfügen die vom Braunkoh-
kohleförderung führt zu einer deutlichen Zäsur leausstieg betroffenen Regionen mit Bautzen,
in der weiteren ökonomischen Entwicklung, die Görlitz, Niesky, Cottbus, Leipzig, Halle, Wegberg
gewachsene Wirtschaftsnetzwerke verändert und der Städteregion Aachen über traditionsrei-
und auflöst, zu beruflichen Neuorientierungen che und wichtige Standorte des Bahnsektors und
zwingt, die regionale Kaufkraft und das erweiter- damit auch über zentrale Kompetenzen in die-
te Wirtschaftsumfeld schwächt und dadurch zu sem Wirtschafts- und Innovationsbereich. Der
Verunsicherungen hinsichtlich beruflicher und Bahnsektor bietet dadurch bedeutsame Potenzia-
privater Perspektiven führen kann. Dies wirkt le für das Gelingen des Strukturwandels vor Ort.
sich insgesamt belastend auf das örtliche Ge- Die Unternehmen im Bahnsektor müssen da-
meinwesen und die Lebensqualität aus und birgt für ihrerseits Anstrengungen unternehmen und
das Risiko zunehmender Abwanderung. Chancen ergreifen, um die wachsende Nachfrage
nach modernen Produkten und Dienstleistungen
Aufgrund der tiefgreifenden Herausforderungen befriedigen zu können. Institutionalisierte Ko-
haben der Bund und die vom Braunkohleaus- operationen im Rahmen von Clusterinitiativen
stieg betroffenen Länder beschlossen, den bevor- bieten die Möglichkeit, das Potenzial für die Be-
stehenden Strukturwandel in den betroffenen wältigung des Strukturwandels zu heben, vor-
Regionen aktiv zu unterstützen. Ziel ist es, zu- handene Synergien zu nutzen und die Innovati-
kunftsfähige Strukturen in Wirtschaft, Techno- onskraft des Bahnsektors zu stärken.
logie, Verkehr, Infrastruktur und Daseinsvorsorge
14

Hier setzt die Machbarkeitsstudie für ein Inno- Infrastruktur sowie wirtschaftliche Strukturen in
vationscluster „Digitale Schiene“ an. Im Rahmen den Regionen genutzt werden. Die Machbarkeits-
der Studie werden Potenziale und Anknüpfungs- studie berücksichtigt vorhandene Strukturen vor
punkte für ein Innovationscluster je Regionen Ort und zeigt auf, welche Maßnahmen darauf
erarbeitet und Vorschläge für einen möglichen aufbauend erforderlich sind, um neue und an-
Aufbau sowie die Ausrichtung einer Clusterma- gepasste Ansätze nachhaltig zu etablieren. Ziel ist
nagementorganisation unterbreitet. Damit er- es, die Ressourcen und Potenziale in den Regio-
öffnet die Studie neue Perspektiven und leistet nen sowie die zur Verfügung stehenden Mittel zu
einen Beitrag zum Gelingen des Strukturwan- nutzen, um den digitalen Wandel im Bahnsektor
dels. Die Digitalisierung des Bahnsektors und zu ermöglichen sowie die Regionen im Struktur-
der Strukturwandel in den Braunkohleregionen wandel zu unterstützen.
werden dabei bewusst verzahnt: Die Einbindung
der Regionen in die Digitalisierungsprozesse des In der vorliegenden Studie werden die drei
Bahnsektors und den Aufbau neuer Wirtschafts- Braunkohleregionen Lausitzer Revier, Rheini-
bereiche, Spezialfelder und Profile in diesem Sek- sches Revier und Mitteldeutsches Revier (im Fol-
tor, kann deren Innovationskraft und Wettbe- genden Regionen) näher untersucht. Abbildung 1
werbsfähigkeit stärken. Dabei können Synergien zeigt die Verortung der Regionen im Raum sowie
von Kohle- und Bahnsektor freigesetzt und vor- die jeweils zugehörigen Kreise.
handene Ressourcen, wie Arbeitskraft, Expertise,
15

Lausitzer
Revier
Mitteldeutsches
Revier
Rheinisches
Revier

Mitteldeutsches Revier
Landkreis Anhalt-Bitterfeld
Rheinisches Revier Landkreis Mansfeld-Südharz Lausitzer Revier
Kreis Heinsberg Saalekreis Landkreis Dahme-Spreewald
Kreisfreie Stadt Mönchengladbach Kreisfreie Stadt Halle Landkreis Elbe-Elster
Rhein-Kreis Neuss Kreisfreie Stadt Leipzig Landkreis Oberspreewald-Lausitz
Kreis Städteregion Aachen Landkreis Nordsachsen Landkreis Spree-Neiße
Kreis Düren Burgenlandkreis Kreisfreis Stadt Cottbus
Rhein-Erft-Kreis Landkreis Leipzig Landkreis Bautzen
Kreis Euskirchen Landkreis Altenburger Land Landkreis Görlitz

Abbildung 1: Verortung der Braunkohleregionen


Quelle: DIW Econ
16

2.2. Prozess, Gremien und Da die Umsetzung und Implementierung eines


Innovationsclusters aus den Regionen heraus
Methodik erfolgen muss, wurden die zentralen Akteurin-
nen und Akteure aus den drei Braunkohleregio-
Die Erarbeitung der Machbarkeitsstudie erfolg- nen aber auch Vertreterinnen und Vertreter der
te von Beginn an unter starker Einbeziehung der Länder und der (Bahn-)Industrie von Beginn an
zentralen Akteurinnen und Akteure aus den eng in die Erstellung der Machbarkeitsstudie ein-
Regionen, um eine bedarfsgerechte Ausrichtung bezogen. Hierzu wurde ein Projektbegleitender
eines Innovationsclusters sicherzustellen und Ausschuss (PBA) als Steuerungs- und Beratungs-
in diesem Rahmen bereits einen Anstoß für den gremium eingerichtet. Der PBA setzte sich aus
Aufbau eines Clusters zu geben. Die spätere Um- Expertinnen und Experten aus Industrie, Ge-
setzung der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie werkschaft, Wissenschaft und Verbänden, Akteu-
obliegt den Akteurinnen und Akteuren aus dem rinnen und Akteuren aus den Braunkohleregio-
Bahnsektor zusammen mit den betroffenen nen, Vertreterinnen und Vertretern, der für die
Ländern und Regionen. Braunkohleregionen zuständigen Landesminis-
terien in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Die Machbarkeitsstudie umfasste drei aufeinan- Nordrhein-Westfalen sowie aus Vertreterinnen
der aufbauende Arbeitspakete (AP) (vgl. Abbil- und Vertretern des DZSF zusammen. Die Mit-
dung 2). Das erste AP galt der Analyse und Be- glieder des PBA wurden so gewählt, dass sie die
schreibung wichtiger technologischer Trends Strukturen des in den Regionen zu bildenden In-
und der Entwicklung eines Zielbildes „Digita- novationsclusters widerspiegeln, um so eine pra-
le Schiene 2030“ mit dem Ziel, einen Vorschlag xisnahe und bedarfsgerechte Ausrichtung sicher-
für ein Zielbild „Digitale Schiene 2030“ zu ent- zustellen. Innerhalb der Projektlaufzeit haben
wickeln, das den angestrebten Zustand für den vier ganztägige projektbegleitende Sitzungen in
Bahnsektor im Jahr 2030 und den damit kor- den Regionen stattgefunden. Der PBA nahm im
respondierenden technischen Zielzustand be- Rahmen der Machbarkeitsstudie eine beraten-
schreibt. Im zweiten AP stand eine regionale de Funktion zu den Ergebnissen der einzelnen
Bestandsaufnahme und Potenzialanalyse zum AP ein. Er gab Empfehlungen und stellte Infor-
Bahnsektor und den Wechselwirkungen mit an- mations- und Abstimmungsprozesse zwischen
deren Regionen im Vordergrund, um die regiona- den Projektbeteiligten sicher. Dabei fungierten
len Voraussetzungen für ein Innovationscluster die Mitglieder des PBA als Multiplikatorinnen
„Digitale Schiene“ auszuloten. Aufbauend auf und Multiplikatoren in die Regionen und hal-
den Ergebnissen der ersten beiden AP wurden fen dabei, Kooperationen anzubahnen, Bedar-
in AP 3 Konzepte für ein Innovationscluster fe der Akteursgruppen zu ermitteln, Aktivitäten
„Digitale Schiene“ je Region erarbeitet. zu kommunizieren und Informationen aus den
Regionen sowie in die Regionen zu übermitteln.
Zwischenergebnisse wurden diskutiert, ergänzt
und die nächsten Projektschritte besprochen.
17

Arbeitspakete Methoden Ziele

1. Analyse und Be- Desk-Research & Litera- Potenziale und Anknüp-


schreibung techno-
 turanalyse fungspunkte für ein In-
logischer Trends und novationscluster in den
Zielbild „Digitale Statistische Auswertung Regionen
Schiene 2030“ ­ergänzender Datenquel-
len Vorschläge für den Auf-
2. Bestandsaufnahme bau und die Organisation
Enge und Potenzialanalyse
 Flächendeckende Online- der Cluster
Begleitung
­ zum Bahnsektor Befragung
durch
 PBA Neue Perspektiven für die
3. Erarbeitung von Ausgewählte Experten-­ vom Braunkohleausstieg
Konzepten für die Interviews betroffenen Regionen
Innovationscluster
„Digitale Schiene“ Regionalworkshops Beitrag zum Gelingen des
und Umsetzungs- Strukturwandels
maßnahmen

Abbildung 2: Zusammenfassung der Arbeitsphasen, Methoden und Ziele


Quelle: atene KOM

Die Machbarkeitsstudie fußt auf einem Mul- nen und Akteuren im Rahmen einer Online-Be-
ti-Methoden-Ansatz, der die Informationen aus fragung bei Unternehmen, Wissenseinrichtungen
den verschiedenen Arbeitsschritten zusammen- und Ausbildungsbildungseinrichten, Expertenin-
führt. Quantitative und qualitative Verfahren terviews und Regionalworkshops wesentlich.
wurden so ergänzt, dass die quantitativen Ergeb-
nisse mittels qualitativer Verfahren plausibilisiert Im Rahmen der Online-Umfrage erfolgte eine
und verifiziert wurden. Aus der Zusammenschau flächendeckende Befragung von Akteurinnen
ergaben sich letztlich relevante Aussagen zur und Akteuren aus Wirtschaft und Forschung,
Machbarkeit eines Innovationsclusters „Digitale deren Ergebnisse Berücksichtigung in der Be-
Schiene“ in den Regionen. Abbildung 2 gibt einen standsaufnahme und Potenzialanalyse der drei
Überblick über die der Studie zugrundeliegenden Regionen gefunden haben. Dabei wurden ziel-
Methoden. Zum Einsatz kamen Desk-Research gruppenorientiert drei separate Befragungen
und Literaturanalyse sowie statistische Auswer- konzipiert: für Unternehmen im Bahnsektor; für
tungen ergänzender Datenquellen. Neben der Wissenseinrichtungen und für Aus- und Weiter-
qualitativen und quantitativen Auswertung vor- bildungseinrichtungen, die Ausbildungsangebote
handener Fachliteratur und Datenquellen, war im Bahnsektor anbieten. Die Grundgesamtheit
die enge Einbindung von regionalen Akteurin- aller potenziellen Befragungsteilnehmenden
18

wurde mittels einer ausführlichen Desk-Research boten sie Aufschluss über die lokalen wirtschaft-
ermittelt und in einem umfangreichen Verteiler lichen Voraussetzungen und Standortpotenzia-
zusammengeführt. Zusätzlich zur Desk-Research le sowie die Chancen und Risiken der Regional-
wurden im Nachgang der ersten Sitzung des PBA entwicklung. Die Gespräche boten eine wichtige
und einer Projekt-Auftaktveranstaltung die Teil- Grundlage für die Ableitung einer fachkundigen
nehmenden der jeweiligen Gremien mit Bitte um Einschätzung zum Potenzial eines Innovations-
Ergänzung des Verteilers kontaktiert. clusters „Digitale Schiene“ innerhalb der Regionen.

Die Ergebnisse zum Zielbild „Digitale Schiene Die Teilschritte der Machbarkeitsstudie wurden
2030“ (AP 1) sowie der Bestandsaufnahme zum im Rahmen von sechs Regionalworkshops mit
Bahnsektor (AP 2) wurden im Rahmen von aus- Vertreterinnen und Vertretern der jeweiligen Re-
gewählten Experteninterviews mit regionalen gion gespiegelt, um die Ergebnisse zu verifizieren,
Akteurinnen und Akteuren validiert und ergänzt. zu plausibilisieren und zu ergänzen und Impulse
Dabei wurde auf eine breite Auswahl der Ge- für die Ausgestaltung eines Innovationsclusters
sprächspartnerinnen und -partner aus den The- „Digitale Schiene“ je Region zu sammeln. Dabei
menbereichen Regionalentwicklung, Politik und wurde ebenfalls auf eine breite Auswahl der Teil-
Verwaltung, Innovation und Forschung, Unter- nehmenden aus den Bereichen Regionalentwick-
nehmen des Bahnsektors sowie der Kohlewirt- lung, Mobilität, Politik und Verwaltung, Innovati-
schaft geachtet. Die Auswahl dieser Gesprächs- on und Forschung sowie Unternehmen geachtet.
partnerinnen und Gesprächspartner fand auf Insgesamt fanden in jeder Region zwei Work-
Grundlage einer im Vorfeld entwickelten Katego- shop-Runden statt. Aufgrund der Beschränkun-
risierung und in enger Absprache mit dem Auf- gen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pan-
traggeber und anderen beteiligten Akteurinnen demie wurden fünf der sechs vorgesehenen
und Akteuren statt. Schwerpunkte der Interviews Workshops virtuell durchgeführt. Durch den in-
bildeten die Analyse regionaler Hindernisse und teraktiven Charakter der Workshops konnten die
Chancen sowie die Bewertung der lokalen An- Teilnehmenden ihr Wissen, ihre Regionalkennt-
knüpfungspunkte für spezifische Zukunftsan- nisse und ihre Erfahrungen im Themenkomplex
wendungen der Digitalen Schiene. Durch die „Digitale Schiene“ zielführend für die Weiterent-
Expertengespräche konnten wertvolle Informati- wicklung der Machbarkeitsstudie einsetzen. Dar-
onen zum Bahnsektor allgemein, seiner Innova- über hinaus war es den Teilnehmenden möglich,
tionstätigkeit und seiner Relevanz in den einzel- Input und Feedback zu den Ergebnissen sowie
nen Regionen gewonnen werden. Darüber hinaus den identifizierten Potenzialen zu geben.
19

3. Arbeitspaket 1:
Analyse und Beschreibung wichtiger
technologischer Trends und eines Ziel-
bildes „Digitale Schiene 2030“

Im ersten AP der Machbarkeitsstudie wurde zu- Zielbild „Digitale Schiene 2030“


nächst ein Zielbild der Digitalisierung des deut-
schen Bahnsektors entwickelt. Für die Entwick- Chancen-Risiken-Analyse
lung des Zielbildes erfolgte im Rahmen einer
Trendanalyse eine qualifizierte und differenzierte
rd e r u n g
Erfassung der relevanten Technologie- und B e fö
Digitaltrends im Bahnsektor auf nationaler und
internationaler Ebene. Die Identifikation und
Erfassung der Trends erfolgte auf Basis einer Technischer
Literaturanalyse verschiedener Indizes und Zielzustand 2030
Studien, wie dem BCG Bionic Digital Acceleration S chien en
r
u ktu

Index, Studien zur Industrie 4.0 und dem


tr

fa

Digital.Trend.Radar des DB Konzerns. Dabei wur-


as

hr
r

f ze
den primär solche Trends aufgenommen, deren In e
ug
Implementierung und Anwendung bis 2030 im
Bahnsektor realistisch erscheint. Die Inhalte der
Trendanalyse wurden anschließend auf Basis von
32 Interviews mit Expertinnen und Experten aus Anwendungen
Forschung und Industrie validiert.

Bestehende Vorhaben

Digitaltrends Technologische Trends

Abbildung 3: Herleitung des Zielbildes „Digitale Schiene 2030“


Quelle: Boston Consulting Group
20

Basierend auf den Analyseergebnissen wurde len, wurden Trends herausgearbeitet, die aktuelle
entlang eines konzeptionellen Rahmens zur Be- Entwicklungen in Gesellschaft und Industrie be-
schreibung des Bahnsektors der Vorschlag eines einflussen. Diese Trends sind auch für den Bahn-
technischen Zielzustands herausgearbeitet. Die- sektor von großer Bedeutung und gestalten die
ser wurde anschließend auf mögliche Chancen zukünftige Wertschöpfung in diesem Sektor
und Risiken hinsichtlich Innovations- und Wett- maßgeblich und nachhaltig. Dabei manifestieren
bewerbsfähigkeit sowie Beschäftigungssicherung sich die Trends in konkreten Anwendungen und
für die jeweiligen Akteurinnen und Akteure ana- entfalten im Zusammenspiel ihre größte Wir-
lysiert. Der technische Zielzustand und die Er- kung.
kenntnisse aus der Chancen-Risiken-Analyse Im Rahmen dieser Studie wurden sechs Digital-
bilden die Grundlage für das Zielbild „Digitale trends mit Einfluss auf den Bahnsektor identi-
Schiene 2030“. Dieses Zielbild soll den Unterneh- fiziert (Internet der Dinge, Big Data und künstli-
men des Bahnsektors eine Orientierung für die che Intelligenz, erweiterte und virtuelle Realität,
Entwicklung von Zukunftsstrategien geben, um standortbezogene Dienste, digitale Plattformen,
die Innovationsfähigkeit und Beschäftigungsre- mobile Hochleistungsnetzwerke) sowie drei
levanz des Bahnsektors zu stärken und dadurch grundlegende Anforderungen an die Digitali-
zur Verwirklichung der Zieldimensionen der sierung definiert (Datenverlässlichkeit, -sicher-
Machbarkeitsstudie beizutragen. heit und -schutz, vgl. Abbildung 4). Die Anfor-
derungen spielen besonders bei der Sicherung
3.1. Technologische Trends von Systemen und Daten eine zentrale Rolle, die
maßgeblich für den reibungslosen Verkehr, so-
und Digitaltrends wie unerlässlich beim Schutz sensibler Personen-
und Transaktionsdaten sind.
Wie wird sich der Bahnsektor bis 2030 entwickeln?
Welche technologischen Trends und Digital-
trends sind bis 2030 relevant? Um dies festzustel-

Digitaltrends
Internet Big Data und Erweiterte Standort- Digitale 5G
der Dinge Künstliche und virtuelle bezogene ­Plattformen
Intelligenz
­ Realität Dienste

Anforderungen Datenverlässlichkeit Datensicherheit Datenschutz

Abbildung 4: Digitaltrends mit Einfluss auf den Bahnsektor


Quelle: Boston Consulting Group
21

Neben den Digitaltrends sind ergänzend diejeni- 3.2. Trendbasierte Anwendungen


gen technologischen Trends für den Bahnsektor
der Zukunft wichtig, die das Erreichen der Nach-
des Bahnsektors
haltigkeitsziele der Bundesregierung ermögli-
chen. Im Rahmen dieser Studie wurden dabei Um im Rahmen dieser Studie strukturiert für
drei technologische Trends identifiziert, die hier- alle Akteurinnen und Akteure des Bahnsektors
für besonders relevant erscheinen: Alternative und deren Aktivitäten entlang der Wertschöp-
Kraftstoffe und Antriebstechnologien, Innovative fungsketten im Bahnsektor trendbasierte An-
Materialien und Techniken, sowie Fortschrittliche wendungen abzuleiten, wurde zunächst ein
Fahrzeuggestaltung (vgl. Abbildung 5). Ähnlich wie konzeptioneller Rahmen des Bahnsektors ent-
bei den Digitaltrends wirken diese Trends nicht wickelt. Hierfür wurde der Bahnsektor in die drei
nur auf den Bahnsektor, sondern entfalten ihre Elemente Beförderung, Schienenfahrzeuge und
Wirkung in einer Vielzahl von Industrien. Infrastruktur unterteilt. Diese gliedern sich wie-
derum in Teilelemente, welche die Wertschöp-
Zusätzlich zu den Technologie- und Digitaltrends fungsketten des Bahnsektors im Prozess der
prägen auch die Vorhaben und Zukunftskonzepte Leistungserbringung abbilden. Dazu zählen Per-
der Bundesregierung sowie die Akteurinnen und sonenbeförderung, Gütertransport, Entwicklung
Akteure des Bahnsektors die Vorstellungen zum und Fertigung, Fahrzeugbetrieb, Instandhaltung,
technischen Zielzustand im Jahr 2030. Zu den Entwurf und Planung, Bau, Betrieb und Steue-
Vorhaben, die bis 2030 ihre Wirkung entfalten, rung sowie Instandhaltung (vgl. Abbildung 6).
zählen dabei insbesondere die vom BMDV vor-
gestellten Masterpläne Schienenverkehr (2020)
und Schienengüterverkehr (2017) sowie das Bun-
desforschungsprogramm Schiene (2019), die For-
schungs- und Finanzierungsmaßnahmen auf eu-
ropäischer Ebene sowie das Programm „Digitale
Schiene Deutschland“ der Deutschen Bahn AG
und des BMDV.

Technologische
Trends
Alternative Kraftstoffe Innovative Materialien ­Fortschrittliche
und Antriebstechnologien und Techniken ­Fahrzeuggestaltung
­

Abbildung 5: Technologietrends mit Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung des Bahnsektors
Quelle: Boston Consulting Group
22

wird die Analyse möglicher Anknüpfungs-


punkte zum Aufbau eines Innovations­
Pe förde

ort
be
rso ru

clusters in den Regionen durch die hier

nsp
ne ng

tra
n-

verwendete, wertschöpfungskettenbasierte

ter
Abbildung erleichtert.

ö rd e r un g
B ef
Insta
ndhalt lung Auf Basis des konzeptionellen Rahmens
ung Entwick ung
r tig und als leitendes Element des technischen
S c h ie n e nf a

und Fe
ktur

Zielzustands wurden, ausgehend von den


d
eb un
Betri ung
tru

eingangs dargestellten Digital- und Techno-


r
Steue Fah
as

rz
fr
In eu rze logietrends, 41 Anwendungen sowie deren
ge ug
bet
rie Zusammenspiel recherchiert und analysiert.
b
Inst

Die Anwendungen materialisieren sich dabei


Planu rf und

and
u

in den Digitaltrends oder technologischen


Ba

halt
ng
u

Trends für den Bahnsektor.


Entw

u
ng

Diese Erkenntnisse wurden in Gesprächen


mit Expertinnen und Experten aus Indust-
Abbildung 6: Konzeptioneller Rahmen des Bahnsektors rie und Wissenschaft ergänzt sowie validiert
Quelle: Boston Consulting Group und dann zu einem Zielzustand für die ein-
zelnen Elemente des konzeptionellen Rah-
Die schematische Aufteilung des Bahnsektors mens des Bahnsektors zusammengeführt
erlaubt zum einen, sämtliche Akteurinnen und (vgl. Kapitel 3.3.).
Akteure systematisch zu erfassen. Zum anderen

Tabelle 1: Digitale und nicht digitale technologische Anwendungen im Bahnsektor

Beförderung
1. Digitale Plattform zur Abdeckung der Kundenreise mit verschiedenen Fortbewegungsmitteln
2. Personalisierte Ansprache der Kundin oder des Kunden
3. Eingebetteter Bezahlvorgang
4. Digitaler Bahnhof
5. Durchgängige Konnektivität
6. Digitale Plattform für Planung und Management von Gütertransporten
7. Digitale Überwachung von Position und Zustand der Fracht mittels Sensorik und Telematik
8. Intermodaler Gütertransport durch automatisierte und digital verzahnte Verkehrszentren
9. Distributed-Ledger-Technologie zur dezentralen Haltung sensibler Daten (z. B. Blockchain)
23

Schienenfahrzeuge
10. Nutzung von Verbundwerkstoffen (Gewichtsreduzierung)
11. Virtuelle Realität zur Optimierung der Entwicklung von Schienenfahrzeugen
12. Vernetzte Maschinen und zunehmende Automatisierung in der Fertigung
13. Vorhersage des Mobilitätsverhaltens von Reisenden und Gütern für die Planung des Fahrzeugeinsatzes
14. Automatisierte Erstellung und Anpassung der Einsatzplanung
15. Zunehmende Automatisierung der Beförderung
16. Echtzeitortung
17. Multisensoriklösungen zur Hinderniserkennung
18. Digitale Automatische Kupplung (DAK)
19. Intelligenter Güterzug
20. Innovativer Güterwagen
21. Antrieb des Schienenfahrzeugs mittels Verbrennungsmotor mit alternativen Kraftstoffen
22. Batterieelektrischer Antrieb des Schienenfahrzeugs
23. Antrieb des Schienenfahrzeugs mit Wasserstoffbrennstoffzelle
24. Bimodale und hybridisierte Antriebe des Schienenfahrzeugs
25. Predictive Maintenance Fahrzeuge: Wayside Monitoring
26. Predictive Maintenance der Fahrzeuge: Condition Monitoring
27. Nutzung erweiterter Realität zur Anleitung des Personals bei Instandhaltung und Fertigung
28. Roboter zur Instandhaltung von Zügen
29. 3D-Druck zur Herstellung von Ersatzteilen für Fahrzeuge und Infrastruktur

Infrastruktur
30. Building Information Modeling zur Planung von Bauvorhaben und zur Verfolgung des Baufortschritts
31. Nutzung digitaler Zwillinge
32. Datenbasierte Projektmanagementlösungen für den Bau von Infrastruktur
33. Zunehmende Automatisierung des Infrastrukturbaus
34. Zunehmend automatisierte Fahrplanentwicklung und Dispositionsgestaltung
35. European Train Control System (ETCS)
36. Digitales Stellwerk (DSTW)
37. Implementierung von FRMCS
38. Faseroptische Sensoren zur Erkennung von Gegenständen und Personen im Gleis
39. Predictive Maintenance der Infrastruktur: Continuous Track Monitoring
40. Predictive Maintenance der Infrastruktur: Infrastrukturdiagnose
41. Aufdecken von Problemen an der Infrastruktur durch Drohnenaufnahmen und KI-basierte Bildanalyse
24

3.3. Technischer Zielzustand des tik, welche an Triebfahrzeugen und Wagen zum
Einsatz kommen, werden Echtzeitdaten gesam-
Bahnsektors 2030 melt. Standortbezogene Dienste unterstützen zu-
sätzlich die Ortung von Wagen, Zügen und ande-
Der technische Zielzustand des Bahnsektors ren Verkehrsmitteln. In den Plattformen wertet
bildet den angestrebten technischen Entwick- künstliche Intelligenz die gesammelten Daten-
lungsstand der Aktivitäten innerhalb des Bahn- mengen (Big Data) aus, erstellt Prognosen (z. B. zu
sektors für 2030 ab, welcher letztlich das Zielbild Ankunftszeiten) und ermittelt Handlungsbedar-
„Digitale Schiene 2030“ prägt. Dieser Entwick- fe. Ob in Buchungsprozessen, bei der Nachver-
lungsstand kann durch gezielte Digitalisierung folgung der Reise oder bei der Inanspruchnahme
verschiedener Bereiche des Bahnsektors und von Dienstleistungen im Bahnhof – die Analyse
durch die Etablierung fortschrittlicher, darin an- großer Datenmengen zur stetigen Verbesserung
gewandter Technologien in den nächsten Jahren dieser Dienstleistungen wird in den nächsten
erreicht werden. Der technische Zielzustand des Jahren eine entscheidende Rolle spielen. Auch
gesamten Bahnsektors setzt sich dabei aus den der Datenschutz ist von großer Bedeutung, wenn
Zielzuständen in den einzelnen Elementen des eine Vielzahl von Akteurinnen und Akteuren,
konzeptionellen Rahmens (Beförderung, Schie- Nutzerinnen und Nutzer auf Plattformen zu-
nenfahrzeuge und Infrastruktur (vgl. Abbildung 6)) greift und dort ihre Daten teilt.
zusammen.
Anwendung finden diese Trends in der Perso-
3.3.1. Technischer Zielzustand im Element nenbeförderung beispielsweise in einer digita-
Beförderung len Plattform zur Abdeckung der Kundenreise
mit verschiedenen Fortbewegungsmitteln, einer
Verschiedene Digitaltrends werden in den nächs- personalisierten Ansprache der Kundin oder des
ten Jahren maßgeblich zum Wandel in der Per- Kunden oder in Form eines digitalen Bahnhofs.
sonenbeförderung und im Gütertransport bei- Bei letzterem handelt es sich um ein übergrei-
tragen. Digitale Plattformen verzahnen bspw. den fendes Konzept, das die gesamte Bandbreite der
Gütertransport auf der Schiene mit den weiteren Funktionen eines Bahnhofs wie Kundenservice
Akteurinnen und Akteuren in der Logistikkette und Einkauf digitalisiert. Im Gütertransport dient
und ermöglichen es, Informationen zum Ange- eine digitale Plattform der Planung und dem
bot von Gütertransporten digital bereitzustellen. Management von Gütertransporten. Eng mit der
In der Personenbeförderung werden Informa- digitalen Plattform zur Buchung der Fracht ver-
tionen und Angebote für die Nutzerin und den bunden ist die Anwendung der anschließenden
Nutzer digital zusammengeführt, um auf einer digitalen Überwachung der Fracht mittels Sen-
Plattform möglichst viele mit der Reise in Ver- sorik und Telematik. Innerhalb der Logistikkette
bindung stehende Aktivitäten durchführen zu wird ein intermodaler Gütertransport durch au-
können. Die Plattformen beziehen ihre Daten u. a. tomatisierte und digital verzahnte Verkehrszent-
im Rahmen des Internets der Dinge (IoT). Unter ren ermöglicht.
Einsatz diverser Sensortechnologien und Telema-
25

3.3.2. Technischer Zielzustand im Element Fahrzeugfahrt zu ermöglichen. Zudem ermög-


Schienenfahrzeuge licht es die Vernetzung relevanter Objekte mit
der Planung zum Einsatz der Fahrzeuge. Wichtig
sind hier sowohl standortbezogene Dienste für
Virtuelle Realität, zunehmende Fließfertigung, die Echtzeitübertragung der Fahrzeugstandorte
vernetzte Maschinen und kollaborative Roboter als auch Sensorik zur Erkennung von Störungen
setzen in den nächsten Jahren neue Potenziale am Fahrzeug.
für Effizienzgewinne in der Fertigung von Schie-
nenfahrzeugen frei. Die digitalisierte Entwick- Bei der Weiterentwicklung der Einsatzplanung
lung von Fahrzeugen erlaubt eine effektivere Ab- bilden zwei digitale Anwendungen die Grundla-
stimmung zwischen Herstellern, Auftraggebern ge für die beschriebenen Fortschritte. Ausgangs-
sowie Instandhaltungsbetrieben. Die zunehmen- punkt für die automatische Planung des Einsat-
de Automatisierung der Fertigung und Qualitäts- zes der Schienenfahrzeuge wird die Vorhersage
prüfung reduziert die Zeit bis zur Fertigstellung des Mobilitätsverhaltens von Reisenden und Gü-
eines Fahrzeugs und senkt das Risiko von Ver- tern sein. Bei Antrieb und Fahrt von Schienen-
arbeitungsfehlern. In der Folge erhöht sich durch fahrzeugen bilden zudem mehrere von Digital-
diese Anwendungen die Zuverlässigkeit der trends und von nicht-digitalen technologischen
Schienenfahrzeuge und dadurch deren Verfüg- Trends abgeleitete Anwendungen die Grundlage
barkeit für den Verkehrsbetrieb. Es sind also die für Entwicklungen im Teilelement Fahrzeugfahrt.
Digitaltrends Internet der Dinge und erweiterte Zentraler Baustein wird das zunehmend automa-
und virtuelle Realität sowie Big Data und künstli- tische Fahrzeug sein, welches in verschiedenen
che Intelligenz, die die Grundlage für die Digitali- Automatisierungsstufen im Regional- und Fern-
sierung in der Fertigung bilden. verkehr zum Einsatz kommen kann und die Be-
förderung zunehmend automatisiert.
Im Jahr 2030 wird sich auch der Fahrzeugbetrieb
teilweise grundlegend verändert haben. Zum ei- Im Teilelement Instandhaltung der Schienen-
nen trägt dazu eine zunehmende Digitalisierung, fahrzeuge ist das zentrale Thema die voraus-
Automatisierung und Vernetzung der Eisenbahn- schauende Instandhaltung („Predictive Main-
verkehrsunternehmen (EVU)-seitigen Einsatz- tenance“), welche die Instandhaltung von
planung mit weiteren relevanten Systemen bei. Personen- und Güterzügen optimiert. Es werden
Große EVU werden eine optimierte Vorhersage Daten über den Zustand der Wagen, Räder und
der Verkehrsströme im Regelbetrieb nutzen, um Bremsen sowie des Antriebssystems gesammelt
dann die Planung des Einsatzes der Schienen- und ausgewertet, um Fehler, wie z. B. asymme-
fahrzeuge entsprechend anzupassen. Verschiede- trische Beladung, Getriebeschaden oder Flach-
ne Digitaltrends liegen dem digitalisierten Fahr- stellen und anderen Verschleiß, zu erkennen und
zeugbetrieb im Jahr 2030 zugrunde. Das Internet möglicherweise zu verhindern. Der Instandhal-
der Dinge spielt dabei eine zentrale Rolle, da zu- tungsprozess wird außerdem durch digitale Tech-
künftig noch mehr Komponenten in Systemen nologien, wie erweiterte Realität, mobile Roboter
vernetzt sein werden als heute, wie z. B. weitere oder den 3D-Druck von Ersatzteilen, unterstützt.
Komponenten des Triebfahrzeugs, der Wagen
oder der Infrastruktur, um eine reibungslose
26

3.3.3. Technischer Zielzustand im Element Durch die kontinuierliche Ergänzung des mithilfe
Infrastruktur der BIM-Methodik erstellten Bauwerksdaten-
modells um erhobene Daten des tatsächlichen
Zustands eines Bauwerks entsteht im Laufe der
Die Digitalisierung der Planung im Infrastruktur- Zeit ein digitales Abbild dieser Infrastruktur. Die
bereich im Jahr 2030 ist v. a. durch die Verwen- wohl innovativste Entwicklung in diesem Teilele-
dung leistungsfähiger Simulationsmodelle cha- ment des Bahnsektors bis 2030 ist die zunehmen-
rakterisiert. Durch die Erstellung eines digitalen de Automatisierung des Infrastrukturbaus durch
Modells eines geplanten Infrastrukturelements Roboter. Neueste Entwicklungen fokussieren sich
wird es möglich sein, verschiedene Baualterna- auf „Cloud-Roboter“, welche den Speicherplatz,
tiven bezüglich ihres Effekts beispielsweise auf die Rechenleistung und die Anwendungssoftware
den Bahnbetrieb und die Umwelt auszutesten. einer Cloud und ihrer zentralen Server nutzen.
Außerdem wird die Kommunikation zwischen Dadurch erhöht sich die verfügbare Rechenleis-
am Bau beteiligten Akteurinnen und Akteuren tung, und die Roboter können immer komplexere
wie Netzbetreibern, Planungsbüros und beteilig- Aufgaben übernehmen.
ten Bauunternehmen stark erleichtert. Drei An-
wendungen tragen maßgeblich zur praktischen Kernpunkt in Bezug auf die Betriebssteuerung
Implementierung dieser Digitaltrends in der Pla- ist der Umstieg von der Linienzugbeeinflussung
nung von Bauvorhaben bei. Dazu zählen Building (LZB) und der punktförmigen Zugbeeinflussung
Information Modeling (BIM), digitale Projekt- (PZB) auf das Zugbeeinflussungssystem ETCS,
managementlösungen und die Nutzung digitaler welcher nach europäischen Vorgaben bis 2030
Zwillinge. auf Level 2 bzw. Level 3 – falls verfügbar –
in einem Teil des Netzes abgeschlossen sein soll.
Unter BIM versteht man ein Verfahren zur Bau- ETCS Level 2 ähnelt in seiner Funktion der auf
werksdatenmodellierung, die in der Planung, im Schnellfahrtstrecken und bei dichter Zugfol-
Bau2 und in der Bewirtschaftung3 größerer und ge bereits heute im Einsatz befindlichen LZB,
kleinerer Infrastrukturelemente bereits heute jedoch erfolgt die Datenübertragung hier per
Anwendung findet. Ziel ist die zentrale digita- Funk (GSM-R bzw. zukünftig FRMCS) anstelle
le Erfassung aller relevanten Informationen zu eines Linienleiters zwischen den Gleisen. ETCS
einem Bauwerk in einer Datenbank – von Kun- Level 3, bei dem auf die ortsfeste Gleisfreimel-
denanforderungen über Maße bis hin zu Infor- dung verzichtet und die Zugintegritätsprüfung
mationen zur Statik. Es besteht außerdem die durch fahrzeugseitige Sensorik abgebildet wird,
Möglichkeit, die BIM-Methodik mit digitalen sollte, sobald verfügbar, ETCS Level 2 ablösen.
Projektmanagementlösungen zu verknüpfen, Digitale Stellwerke werden voraussichtlich im
welche u. a. Daten zur Verfügbarkeit und zum Jahr 2030 in einem großen Teil der Netzbezir-
Einsatz von Baumaschinen und Personal be- ke mechanische, elektromechanische und elek-
inhalten. Auch die Nutzung digitaler Zwillinge tronische Stellwerke ersetzt haben. Durch die
basiert auf der Anwendung der BIM-Methodik. Trennung von Stromversorgung und Daten-

2 Dann Building Assembly Modeling (BAM) genannt.

3 Dann Building Owner Operator Model (BOOM) genannt.


27

kommunikation können Weichen und andere für den Bahnsektor der Zukunft auch relevant,
Bahnanlagen aus größerer Entfernung und von dass er seine Position als attraktiver Verkehrs­
flexiblen Standorten aus gesteuert werden. träger weiter stärken kann und der technische
Zielzustand dabei bis 2030 auch realistisch um-
Ähnlich der Instandhaltung der Schienenfahr- setzbar ist. Zudem sollte durch die technischen
zeuge liegt auch bei der Instandhaltung der Inf- Entwicklungen der nächsten Jahre auch die
rastruktur ein Fokus auf der vorausschauenden Innovationsleistung und Wettbewerbsfähigkeit
Instandhaltung („Predictive Maintenance“). Diese der Unternehmen des Bahnsektors in Deutsch-
umfasst das Continuous Track Monitoring und land gesteigert und gleichzeitig Beschäftigung
eine digitalisierte Infrastrukturdiagnose. Zum gesichert bzw. ausgebaut werden.
Aufdecken von Problemen an der Infrastruktur,
v. a. solcher, die schwer zugänglich ist, werden In der Analyse wurden die Chancen und Risiken
verstärkt Drohnen in Kombination mit KI-ba- für diejenigen Akteurinnen und Akteure des
sierter Bildanalyse eingesetzt. Bahnsektors untersucht, die für die Realisierung
des technischen Zielzustands in den einzelnen
3.4. Chancen-Risiken- Teilelementen des Bahnsektors zentral sind oder
maßgeblich von ihr beeinflusst werden. Das Er-
Analyse des technischen gebnis dieser Prüfung bietet den Akteurinnen
Zielzustandes und Akteuren des Bahnsektors Orientierung
für einzuschlagende Strategien und Handlungs-
Zusätzlich zu der technisch orientierten Trans- ansätze.
formation des Bahnsektors bis ins Jahr 2030 muss
dessen Zukunft auch gesellschaftlichen und wirt-
schaftlichen Anforderungen genügen. So ist es

Tabelle 2: Zusammenfassung der Chancen-Risiken-Analyse des technischen Zielzustands

Beförderung
Teilelemente Chancen Risiken

Personen­ Komfortableres und stressfreieres Reiseerleb- Verfehlte Bindung der Reisenden an die
beförderung nis; Umsatz- und Innovationspotentiale; zu- Schiene; temporäre Einschränkungen bei
kunftssichere Perspektiven für Beschäftigte Aus- und Umbauarbeiten; Verletzung von
Datenschutzbestimmungen

Gütertransport Tiefere und zuverlässigere Integration in Fehlen regulatorischer bzw. ordnungspoliti-


intermodale Lieferketten; pünktlichere und scher Rahmenbedingungen; abschreckende
effizientere Abwicklung von Aufträgen; Zeit- Wirkung durch anfängliche Pannen und
und Kosteneinsparungen Lieferengpässe; Eingriffe in den laufenden
Betrieb; Steigerung von Wettbewerbsinten­
sität und Preiskampf; keine Amortisierung
hoher Investitionskosten
28

Schienenfahrzeuge
Teilelemente Chancen Risiken
Konzeption und Höhere Informationsdurchgängigkeit; ver- Lange Zulassungsverfahren; Vielzahl unter-
Entwicklung stärktes Angebot verschiedener Kundenser- schiedlicher Anforderungen an die Bauweise
vices; standardisierte Module ermöglichen von Fahrzeugen; fehlende Investitionen in
Skaleneffekte; Umsatzpotentiale Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechno-
logien; standortabhängiger Mangel an Nach-
wuchskräften; Nachteile für Hersteller kon-
ventioneller Komponenten

Fahrzeugbetrieb Größere Attraktivität und Zuverlässigkeit Keine Amortisierung hoher Investitions-


der Schienenfahrzeuge; Taktverdichtung, kosten; Arbeitsplatzverluste durch Digita-
gesteigertes Kundeninteresse; angenehmerer lisierung; Fehlen regulatorischer bzw. ord-
Aufenthalt in Bahnhöfen; Kostensenkungs- nungspolitischer Rahmenbedingungen für
potenziale automatisiertes Fahren; ungenügende Nach-
frage; Vertrauensverlust der Kundinnen und
Kunden in neue Technologien bei anfängli-
chen Problemen

Instandhaltung Erhöhte Verfügbarkeit der Fahrzeuge; bessere Sicherheitsrisiken bei Unzuverlässigkeit der
Planbarkeit von Instandhaltungsmaßnahmen; in der Predictive Maintenance verwendeten
vorbeugende Instandhaltung möglich; großes Sensorik
Potential von erweiterter Realität, Robotik
und 3D-Druck; feinere Anpassung von Grenz-
werten und Regeln bei Aussortierung

Infrastruktur
Teilelemente Chancen Risiken

Umstellung von analogen auf die digitalisierte


Anwendung der BIM-Methodik im Rahmen
Nutzung von Bauakten und Dokumentatio-
der Ermittlung optimaler Bauvorhaben; Inno-
Entwurf und nen; hoher Personalbedarf in spezifischen
vation im Entwurf von Bauwerken; Beschleu-
­Planung Branchen; hoher Zeitaufwand bei erstmaliger
nigung der Anträge für Bauprojekte durch die
Erstellung eines digitalen Modells mittels der
Simulation der Auswirkungen
BIM-Methode

Ineffizienzen durch Inkompatibilität der


Beschleunigung des Kapazitätsausbau auf der
digitalen Modelle und Projektmanagement-
Schiene; vernetzten Baumaschinen und Bau-
Bau systeme oder mangelnde Bereitschaft zum
stellen; datenbasierten Projektmanagement-
Datenaustausch zwischen den Akteurinnen
lösungen
und Akteuren

Sicherheitsrisiken bei Unzuverlässigkeit ver-


wendeter Sensorik; unzureichende Daten-
Effizientere Nutzung sowie höhere Verfüg-
verlässlichkeit und -sicherheit; anfälliger für
barkeit, Zuverlässigkeit und Auslastung der
Cyberattacken; fehlende technische Verfüg-
Betrieb und Infrastruktur; Erhöhung der Verkehrsleistung
barkeit der Komponenten; geringere Ver-
­Steuerung auf der vorhandenen Schiene ohne den Bau
fügbarkeit der Infrastruktur während der
zusätzlicher Gleise möglich. Automatisierung
Migrationsphase durch den Parallelbetrieb
der Fahrplanerstellung in Echtzeit
mehrerer Systeme (PZB/LZB/ETCS sowie
GSM-R/FRMCS)

Bessere Antizipation von Wartungsbedar-


Sicherheitsrisiken bei Unzuverlässigkeit der
fen durch digitale Zwillinge; großes Potential
Instandhaltung in der Predictive Maintenance verwendeten
durch Auswertung der gesammelten Infra-
Sensorik
strukturdiagnosedaten
29

3.5. Zielbild anstelle des Autos oder Flugzeugs. Beim Güter­


transport profitieren Frachtkundinnen und
„Digitale Schiene 2030“ Frachtkunden von günstigeren Preisen und einer
nahtlosen Einbindung des Schienengüterver-
Mit den Ergebnissen der Chancen-Risiken-Ana- kehrs in intermodale Logistikketten. Ihnen wer-
lyse war es im nächsten Schritt möglich, konkre- den auch im Vergleich zur Straße attraktive und
te und greifbare Ziele zu definieren und zu einem schnellere Verbindungen angeboten, die nahtlos
Zielbild „Digitale Schiene 2030“ zusammenzufü- an den Transport mit anderen Verkehrsträgern
gen. Das Zielbild formuliert dabei den angestreb- anknüpfen. Zudem ermöglicht die Digitalisie-
ten Zustand für den Bahnsektor im Jahr 2030 und rung Leistungen wie die Verfolgung von Gütern
berücksichtigt sowohl technische als auch ge- in Echtzeit. So wird die Schiene zunehmend
sellschaftliche Aspekte. Auf diese Weise dient das attraktiver für den Güterverkehr und entlastet
Zielbild „Digitale Schiene 2030“ als Richtschnur, die Straße.
auf welche die Aktivitäten der involvierten Ak-
teurinnen und Akteure des Bahnsektors ausge- Nachfolgend werden die fünf Bereiche des Ziel-
richtet werden können. Zudem kann das Zielbild bildes kurz dargestellt.
den Bahnsektor gegenüber den Bürgerinnen und
Bürgern als klimafreundlichen Wirtschaftsmotor
positionieren.
I.
Im Zielbild erkennt man, dass sich die Landschaft Kundinnen und Kunden des Personen-
des deutschen Schienenverkehrs und des Bahn- und Güterverkehrs entscheiden sich zu-
sektors bis zum Jahr 2030 teilweise grundlegend nehmend für die Schiene als Mobilitäts-
verändert haben wird. Technische Innovation option
und Digitalisierung bringen zahlreiche positi-
ve Auswirkungen mit sich: Die Kundinnen und Fahrgäste erfreut das reibungslose und digital
Kunden des Personen- und Güterverkehrs ent- begleitete Reiseerlebnis
scheiden sich zunehmend für die Schiene als Mo-
bilitätsoption ihrer Wahl, sodass sich der Verkehr Im Mittelpunkt steht ein verkehrsträgerübergrei-
in Deutschland verstärkt von der Straße auf die fendes Mobilitätsangebot. Hierbei können Kun-
Schiene verlagert. Bei der Personenbeförderung den und Kundinnen verschiedene Verkehrsmittel
sind die Fahrgäste von einem reibungslosen und mit nur einem Bezahlvorgang buchen, um un-
digital begleiteten Reiseerlebnis begeistert. Sie kompliziert von Tür zu Tür zu gelangen. Zudem
profitieren von häufigeren und schnelleren Ver- arbeiten EVU, Infrastrukturunternehmen und
bindungen und weniger Verspätungen. Bei der innovative Start-ups zusammen, um Reisenden
Buchung, am Bahnhof und im Zug werden sie eine komfortable Erfahrung beim Ein-, Um- und
von digitalen Leistungen begleitet. So können sie Aussteigen am „digitalen Bahnhof“ zu bieten. In-
auch Reisen mit mehreren Verkehrsmitteln im telligente Systeme im Bahnhof und den Zügen
selben Vorgang buchen, um unkompliziert von steuern z. B. die Fahrgäste, um überfüllte Bahn-
Tür zu Tür zu reisen. Urlauberinnen und Urlau- steige zu verhindern, erlauben eine noch präzise-
ber, Pendlerinnen und Pendler sowie Geschäfts- re digitale Verfolgung der Fahrt sowie proaktive
reisende wählen daher immer häufiger den Zug Hilfestellung bei Fahrplanänderungen. Im Zug
30

erfreuen sich Passagiere an einer hochverfüg- renz und nehmen ihnen organisatorische Arbeit
baren Internet- und Mobilfunkverbindung, die ab. Die EVU und weitere Akteurinnen und Akteu-
durch den Ausbau der Kommunikationstechno- re führen ihre Systeme zusammen, um die rei-
logie und -infrastruktur entlang der Bahnstre- bungslose Buchungsabwicklung, Routenplanung
cken ermöglicht wird. Zudem erhalten sie Zugriff und Frachtverfolgung entlang der gesamten
auf umfangreiche Dienstleistungen der EVU und Logistikkette zu ermöglichen.
weiteren Anbietern. Durch vielfältige Innovatio-
nen wird die Reise mit der Eisenbahn somit zu-
nehmend zu einem angenehmen Erlebnis.
II.
Frachtkunden profitieren von günstigeren Prei- Der Bahnbetrieb bringt Reisende und
sen und einer nahtlosen Einbindung des Schie- Güter klimafreundlich und mit höherer
nengüterverkehrs in intermodale Logistikketten Taktung, Zuverlässigkeit und Pünktlich-
keit ans Ziel
Im Jahr 2030 wird der Schienengüterverkehr auf
eine Dekade des Wachstums zurückblicken und Schienenfahrzeuge fahren klimafreundlich
seinen Marktanteil v. a. gegenüber dem Stra-
ßenverkehr deutlich gesteigert haben. Durch Die Schiene hat im Jahr 2030 ihre Stellung als
eine verbesserte Einbindung der Schienengü- klimafreundliche Verkehrsträgerin weiter aus-
tertransporte in globale Transportketten ist die gebaut und zieht damit immer mehr umwelt-
Schiene von zunehmender Bedeutung für den bewusste Kundinnen und Kunden an. Eisen-
intermodalen Güterverkehr. An der Schnittstel- bahninfrastrukturunternehmen (EIU) tragen zur
le zwischen Schiene, Straße und Wasser tragen zunehmenden Elektrifizierung des Schienennet-
Betreibende von intermodalen Güterverkehrs- zes bei. Auf nicht elektrifizierten Strecken verkeh-
zentren zu reibungsfreieren und kosteneffizien- ren vermehrt Züge mit batterieelektrischem An-
teren Umschlägen bei. Durch Automatisierung in trieb, Wasserstoffbrennstoffzellen-Antrieb oder
den Logistikzentren können Güter unkompliziert auch hybridisierten Antriebsvarianten. Alterna-
vom LKW auf Züge geladen werden. Intelligente tive Antriebssysteme erbringen dabei sowohl auf
Güterzüge beschleunigen durch automatisches kurzen und langen Strecken als auch bei Rangier-
Kuppeln das Rangieren im Verkehrszentrum so- arbeiten die geforderte Leistung. Anwohnerinnen
wie die Sicherheitsprüfungen, z. B. der Zuginte- und Anwohner können sich über eine reduzierte
grität. Die Summe dieser Entwicklungen macht Abgas- und Lärmbelastung freuen. So steuert die
die Schiene im Vergleich zur Straße wettbewerbs- Schiene im Jahr 2030 nicht nur einer umwelt-
fähiger und für Frachtkunden attraktiver. Für schonenden, sondern bereits einer CO2-neutralen
diese bedeutet die Digitalisierung und Automa- Zukunft mit Hochgeschwindigkeit entgegen.
tisierung des Schienengüterverkehrs eine erhöh-
te Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit der Trans- Züge fahren zunehmend automatisiert, pünkt-
porte sowie mehr Komfort und Flexibilität für lich und zuverlässig trotz höherer Zugtaktung
Buchung und Nachverfolgung der Güter. Diese
Leistungen bieten Kundinnen und Kunden eine Die Fahrt auf der Schiene ist durch eine zuneh-
Bandbreite an Transportoptionen, mehr Transpa- mende Automatisierung geprägt, welche die Zu-
31

verlässigkeit und Pünktlichkeit des Betriebs stei- Dazu werden Datensignale immer öfter von digi-
gert und eine erhöhte Zugtaktung ermöglicht. talen Stellwerken an Weichen und andere Stell-
Im Jahr 2030 kommen vermehrt automatisier- elemente gesandt und trotz beliebig erweiterba-
te Züge in geschlossenen Nahverkehrssystemen rer Stellentfernung, schneller und störungsfreier
ohne Triebfahrzeugführende zum Einsatz. Im Be- übertragen. Zudem löst ein zuverlässiges Zug-
reich der Eisenbahnen des Bundes werden Trieb- beeinflussungssystem, das ETCS in Level 2 oder
fahrzeugführende zunehmend von Automatisie- 3, die traditionellen Lichtsignale an der Strecke
rungstechnik und Assistenzsystemen unterstützt zunehmend ab. Es übermittelt dabei Signalinfor-
und entlastet. Dabei ermöglichen moderne Syste- mationen direkt an das Display im Führerstand
me eine punktgenaue Zugortung in Echtzeit, so- des Zuges. Bei Bedarf kann das System in die Ge-
dass Züge in engeren Abständen und daher mit schwindigkeiten von Zügen eingreifen und er-
höherer Taktung fahren können. Darüber hin- möglicht so die Sicherheit und die zuverlässige
aus unterstützt die fahrzeugseitige Technik zur Umsetzung engerer Zugabstände selbst bei ho-
Hinderniserkennung die Geschwindigkeitsan- hen Fahrgeschwindigkeiten. Der Zug wiederum
passung durch die Triebfahrzeugführenden v. a. meldet in engen Abständen Auskünfte über seine
bei niedrigen und mittleren Geschwindigkeiten. Position, Geschwindigkeit und Vollständigkeit an
Durch die Kombination der Technologien mit die Zentrale, sodass der Betrieb präzise und na­
der modernen Leit- und Sicherungstechnik wird hezu in Echtzeit gesteuert werden kann. Durch
ein effizienter, zuverlässiger und pünktlicher diesen zunehmend kontinuierlichen Informati-
Zugbetrieb gewährleistet. Zudem können Fahr- onsaustausch können EIU bspw. die voraussicht-
zeuge durch ein automatisiertes Fahren im Ran- liche Reihenfolge der Zugeinfahrten in Bahnhöfe
gierbetrieb schneller bereitgestellt werden. frühzeitig simulieren und die Geschwindigkeiten
der Züge anpassen. Es kommt zu weniger und
Der Bahnbetrieb wird bei höherer Zugtaktung geringeren Verspätungen und mehr Energieein-
­reibungsfrei gesteuert sparungen.

Bis zum Jahr 2030 soll der „Deutschlandtakt“ im Fahrpläne werden automatisiert erstellt und
Personenverkehr auf der Schiene im Fahrplan ­angepasst
der Infrastrukturbetreiber in größerem Umfang
bereits etabliert sein. Reisende können deutsche Im Jahr 2030 nutzen EIU Algorithmen, um Fahr-
Großstädte im halbstündigen Takt erreichen, pläne automatisiert zu erstellen und Änderun-
d. h., sie profitieren von häufigeren und schnelle- gen flexibel einzubauen, was eine höhere Tak-
ren Verbindungen sowie besseren Anschlüssen. tung ermöglicht. Darüber hinaus können EIU
Um die Zuverlässigkeit des Verkehrs zu gewähr- mithilfe der automatisierten Systeme schnel-
leisten, treiben EIU die Umrüstung auf digitale ler auf Störungen reagieren und Ausweichrou-
Stellwerke und das European Train Control Sys- ten berechnen, die den Verkehr minimal be-
tem (ETCS) Level 2 bzw. bei Verfügbarkeit Level 3 einträchtigen. So können sie das Schienennetz
weiter voran. Züge und Betriebszentralen kom- optimiert auslasten und die Zuverlässigkeit des
munizieren somit zunehmend schneller und stö- Betriebs in der Personenbeförderung und im
rungsfreier miteinander, auch in Knotenpunkten. Gütertransport erhöhen.
32

III.
Schienenfahrzeuge werden kurzfristig entspre- Die digitalisierte Fertigung und Instand-
chend der tatsächlichen Nachfrage eingesetzt haltung der Schienenfahrzeuge erhöhen
und disponiert die Kapazität auf der Schiene und erlau-
ben einen zuverlässigen Zugbetrieb
Die Fahrzeugeinsatz- und Personalplanung
wird im Jahr 2030 automatisiert erstellt und an Schienenfahrzeuge werden datenbasiert und
die aktuelle Nachfrage und unvorhergesehene nutzerzentriert konzipiert, schneller gefertigt
Störungen angepasst. Große EVU nutzen eine und weisen eine erhöhte Zuverlässigkeit auf
intelligente Vorhersage der Verkehrsströme auf
Basis historischer Daten und Echtzeitdaten, um Bei der Entwicklung neuer Fahrzeugmodelle set-
das Angebot der Beförderung für Kundinnen zen Fahrzeughersteller die von den Fahrzeugbe-
und Kunden zu optimieren. Hierbei leiten die stellern definierten Anforderungen um. Zudem
EVU die Planung des Einsatzes der Schienen- nutzen sie Erkenntnisse aus den Daten, die wäh-
fahrzeuge zielgenau ab: Der optimale Umlauf rend der Fahrt und Instandhaltung der Fahrzeu-
der Fahrzeuge, ihre Länge und auch der benö- ge gesammelt werden. Die Nutzung virtueller
tigte Personaleinsatz werden automatisch be- Realität optimiert die Entwicklung der Fahrzeuge
rechnet und jederzeit situativ und auslastungs- und erleichtert die Abstimmung mit den Fahr-
abhängig angepasst. So passen sie mit wenig zeugbestellern. Im Jahr 2030 werden Fahrzeuge
Vorlaufzeit die Planung der Wagenzahl der verstärkt in Serie gefertigt. Eine modulare Bau-
Güterzüge an, um abhängig von der Nachfra- weise erlaubt die weiterhin zunehmende Fließ-
ge kosteneffizient zu fahren. EIU und EVU ver- fertigung verschiedener Komponenten, wodurch
knüpfen ihre Systeme, sodass bei Störungen in Effizienzgewinne realisiert werden. Miteinander
den Fahrzeugen oder an der Infrastruktur ohne vernetzte Maschinen und digitale Prüftechnik er-
Zeitverlust gehandelt werden kann. Auf Ba- lauben eine präzisere Qualitätskontrolle während
sis der Informationen der EIU berechnen EVU des Fertigungsprozesses. So ermöglichen Fahr-
die Ersatzpläne automatisiert und leiten ent- zeughersteller eine beschleunigte Zulassung und
sprechende Maßnahmen, wie den Einsatz von Inbetriebnahme der Fahrzeuge und bieten ihren
Ersatzfahrzeugen, digital ein. In ihrer Zusam- Fahrzeugbestellern eine höhere Qualität und Zu-
menarbeit ermöglichen die Akteurinnen und verlässigkeit der Produkte. Gleichzeitig schaffen
Akteure so eine erhöhte Zuverlässigkeit des sie bessere Arbeitsbedingungen für ihre Beschäf-
Betriebs für den Personen- und Güterverkehr. tigten, die bei schweren Tätigkeiten zunehmend
von Maschinen und Robotern unterstützt wer-
den. Fahrzeughersteller leisten zudem einen di-
rekten Beitrag zur Energieeffizienz und Attrakti-
vität der Beförderung auf der Schiene, indem sie
leichtere und leisere Züge entwerfen und so auch
Anwohnende vor Lärmemissionen schützen.
33

Schienenfahrzeuge werden vorausschauend ten Akteurinnen und Akteuren, wie den EIU und
instandgehalten und fallen seltener aus Trägern öffentlicher Belange, abzustimmen. Bau-
genehmigungsverfahren können beschleunigt
Daten aus der Herstellung und der Fahrt von werden, da relevante Bauplandaten transparent
Schienenfahrzeugen fließen in der digitalisierten und konsolidiert verfügbar sind. Zudem können
Instandhaltung in den Wartungshallen der EVU, Bauunternehmen in Zusammenarbeit mit den
bei den Fahrzeugherstellern und in unabhängi- EIU den Effekt eines geplanten Bauwerks auf
gen Werkstätten zusammen. Daten aus den Fahr- umliegende Infrastrukturelemente und die Um-
zeugen werden zur Überprüfung der Funktionen welt simulieren, um möglichen technischen Kon-
direkt an die Hersteller übermittelt. Der Zustand flikten frühzeitig vorzubeugen. So legt schon die
der Fahrzeuge wird kontinuierlich überwacht, Planung den Grundstein für zielgerichtete Bau-
wodurch bereits während der Fahrt eine Diag- vorhaben, die im Zeitplan abgeschlossen werden
nose der Instandhaltungsbedarfe vorgenommen und möglichst geringe negative Auswirkungen
und digital eingesehen werden kann, z. B. zum auf den Bahnbetrieb haben.
Verschleiß der Radsätze ganzer Wagenflotten.
So erkennen sie Instandhaltungsbedarfe nicht Bauprojekte werden verlässlich im Zeitplan
nur schnell, sondern können sie sogar antizipie- durchgeführt
ren und die Ressourcenplanung optimieren. EVU
können Kundinnen und Kunden so eine zuver- Obwohl die Infrastruktur immer weiter ausge-
lässigere und pünktlichere Fahrt bieten. baut wird, werden Anwohnende sowie Reisende
immer weniger davon gestört, da sich Baupro-
jekte im Jahr 2030 organisierter und schneller
durchführen lassen. Während des Baus setzen
IV. Bauunternehmen auf BIM-Anwendungen der
Bauprojekte werden nach der BIM-Me- Infrastrukturplanung auf und nutzen den im
thode geplant und verlässlich im Zeit- Modell hinterlegten Bauablauf. Daten über den
plan durchgeführt aktuellen Zustand des Bauwerks werden von ver-
netzten Baumaschinen, Drohnen und Sensoren
Infrastrukturbauplanung wird nach der BIM- gesammelt, in der Softwareanwendung zusam-
Methode durchgeführt mengeführt und kontinuierlich aktualisiert. Die-
se digitale Übersicht des Baufortschritts fördert
Die Digitalisierung der Infrastrukturbauplanung die transparente Kommunikation und Koordina-
ist v. a. durch die Verwendung digitaler Abbilder tion zwischen den am Bau beteiligten Akteurin-
der Infrastruktur charakterisiert. Bauingenieu- nen und Akteuren. Im Bauprozess entsteht ein
rinnen und -ingenieure sowie Bauunternehmen digitaler Zwilling des tatsächlichen Bauwerks, der
planen Infrastrukturvorhaben mittels der BIM- fortan für den Betrieb und die Instandhaltung
Methodik, um frühzeitig Konflikte bspw. auf- genutzt werden kann. Bauunternehmen optimie-
grund von Kollisionen zu erkennen, um Bauplä- ren ihren Zeitplan und Ressourceneinsatz durch
ne zu visualisieren, Baualternativen miteinander innovative Softwarelösungen zur Koordination
zu vergleichen und Pläne effizienter, mit relevan- ihrer Baumaschinenflotte und des Personalein-
34

V.
satzes. Zudem kommen erste automatisierte und Unternehmen und Beschäftigte
intelligente Baumaschinen zum Einsatz, die ein- ­profitieren vom Zielbild
zelne Bauarbeiten eigenständig durchführen. So
werden Beschäftigte der Bauunternehmen in Gesteigerte Innovationskraft und Umsätze für
ihren Tätigkeiten unterstützt, und Bauprojekte ­zukunftsorientierte Unternehmen
schreiten effizient voran. Anwohnende profitie-
ren bei kürzeren Bauzeiten von einer kürzer an- Das Zielbild „Digitale Schiene 2030“ bietet Poten-
haltenden Lärmbelastung. Kundinnen und Kun- ziale für Unternehmen und ermöglicht es ihnen,
den im Personen- und Güterverkehr profitieren ihre Innovationsleistung und ihren Umsatz zu
im Rahmen der höheren Terminsicherheit im steigern. Dadurch sichern Unternehmen gleich-
Bauprozess wiederum von minimierten Störun- zeitig zukunftsfeste Arbeitsplätze, die allerdings
gen der Fahrpläne. eine teilweise Verschiebung der Kompetenzpro-
file der Beschäftigten erfordern. Digitalisierung
Infrastruktur wird vorausschauend instand- und technische Innovationen bieten den zu-
gehalten und ist weniger störungsanfällig kunftsorientierten Unternehmen der Eisenbahn-
industrie die Chance, betriebsinterne Prozesse zu
Informationen aus den digitalen Modellen der optimieren und ihren Kundinnen und Kunden
Planung, dem Bau und dem Betrieb der Infra- verbesserte und neue Angebote bereitzustellen.
struktur fließen in die digitalisierte Instandhal- So können sie ihre Umsätze steigern und in neue
tung der EIU ein. Daten zum Zustand von Infra- Märkte verschiedener Produkte und Dienstleis-
strukturelementen, wie Brücken, Oberleitungen tungen eintreten.
und Weichen werden fortlaufend von Sensoren
und Drohnen gesammelt und ausgewertet. So er- EVU steigern ihre Innovationsfähigkeit und ihre
kennen Instandhaltungsbeschäftigte Wartungs- Attraktivität für Kundinnen und Kunden, insbe-
und Reparaturbedarfe nicht nur schnell, sondern sondere durch die Auswertung erhobener Daten
können sie sogar antizipieren und die Infra- und daraus folgenden Optimierungen. EIU er-
struktur entsprechend warten. Dadurch werden weitern durch den Ausbau und die Digitalisie-
Störungen im Netz reduziert und die Lebens- rung der Infrastruktur ihren Markt. Zum einen
dauer der Infrastruktur optimiert. EIU sparen generiert die erhöhte Kapazität auf der Schiene
hohe Instandhaltungskosten und gewährleisten das Potenzial neuer Trasseneinnahmen, zum
eine gesteigerte Kapazität des Eisenbahnnetzes anderen tragen EIU durch moderne Leit- und
und das bei zunehmender Auslastung. Instand- Sicherungstechnik, eine automatisierte Ver­
haltungsbeschäftigte profitieren von erhöhter kehrssteuerung sowie eine vorausschauende
Arbeitssicherheit, da sie bei gefährlichen In- Instandhaltung zu einem zuverlässigen Betrieb
standhaltungsarbeiten, z. B. im Gleis oder an den bei. Besonders durch die Weiterentwicklung
Oberleitungen, von technologischen Helfern, wie modernster Leit- und Sicherungstechnik, Auto-
Drohnen unterstützt werden. So wird ein rei- matisierungstechnologien, wie intelligenten
bungsloser Betrieb in einem immer stärker aus- Zugortungssystemen sowie alternativer Antriebs-
gebauten Netz ermöglicht. systeme lassen sich bei weiterhin steigender
Nachfrage hohe Umsatzpotenziale ausschöpfen.
35

Kleinere Unternehmen und auch Werkstätten IoT-Systemen, Softwarelösungen, Datenanaly-


können beispielsweise mit verstärkter Spezia- semodellen sowie Fachkräften, die im Umgang
lisierung auf bestimmte Angebote und die In- mit digitalen Anwendungen verschiedenster
standhaltung komplexer Fahrzeugkomponenten Art (Softwarelösungen, Robotern, Drohnen, er-
reagieren. Für Ingenieurbüros und Bauunterneh- weiterte Realität, etc.) versiert sind. Gleichzei-
men sorgen der Ausbau und die Modernisierung tig erfordert die Digitalisierung auch eine hö-
der Infrastruktur für eine positive Auftragslage. here Anpassungsfähigkeit der Beschäftigten an
Für Forschungseinrichtungen bietet das Zielbild wechselnde Tätigkeiten. Beschäftigte nehmen
die Chance, Finanzierung für eine Vielzahl von daher verstärkt an Weiterbildungsmaßnah-
Projekten zu erhalten, beispielsweise zur Erfor- men teil, um Zusatzqualifikationen zu erlangen.
schung neuer Technologien der Zugortung und Durch abwechslungsreiche Bildungsangebote,
Hinderniserkennung. Prüf-, Test- und Zertifizie- attraktive Arbeitsbedingungen, sowie ein gene-
rungsunternehmen müssen ihre Expertise und relles Wachstum der Industrie wird diese zuneh-
Prüfprozesse den neuen technischen Anforde- mend attraktiver für Beschäftigte, Auszubilden-
rungen, die durch die Erreichung des Zielbildes de, Studierende und auch Lehrende.
entstehen, dynamisch anpassen. Zudem erfordert
das Zielbild, dass Aus- und Weiterbildungsein- 3.6. Handlungsempfehlungen
richtungen sowie Hochschuleinrichtungen ihre
Angebote anpassen und innovative Konzepte für zur Umsetzung des Zielbildes
die Ausbildung im Bahnsektor entwickeln. „Digitale Schiene 2030“

Zukunftsfeste Beschäftigung im Bahnsektor Das Zielbild und seine positiven Auswirkungen


bei zunehmender Kompetenzverlagerung auf die Innovationskraft und Umsätze der Unter-
nehmen sowie auf die Zukunftsfestigkeit der Ar-
Durch den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur, beitsplätze kommen erst durch die vereinten An-
die Auf- und Umrüstung der Schienenfahrzeuge strengungen unterschiedlicher Akteure zustande.
sowie die Entwicklung von kundenorientierten Für die Umsetzung des Zielbilds „Digitale Schiene
Anwendungen bestehen und entstehen Arbeits- 2030“ wurden daher vier konkrete Handlungs-
plätze, die über 2030 hinaus Relevanz haben empfehlungen abgeleitet (vgl. Abbildung 7).
werden – so sichern Unternehmen zukunftssi-
chere Arbeitsplätze für Beschäftigte im Bahn-
sektor. Mit der Digitalisierung ergibt sich eine
Verschiebung der nachgefragten Kompetenz-
profile der Beschäftigten sowie ein Entstehen
neuer Arbeitsplätze im Bereich der Entwicklung
digitaler Technologien. Es besteht ein höherer
Bedarf an Fachkräften für die Entwicklung von
36

Zentrale technologische Lösungen des Zielbilds


A konsequent vorantreiben

B Finanzielle Förderung für den Schienenverkehr


am Zielbild ausrichten
Digitale
Schiene
C Befähigende Rahmenbedingungen zur
Realisierung des Zielbilds schaffen 2030
D Koordinierungsstelle für die Vertiefung des Ziel-
bilds und den Steakholder-Austausch etablieren

Abbildung 7: Handlungsempfehlungen zur Umsetzung des Zielbildes „Digitale Schiene 2030“


Quelle: Boston Consulting Group

Zur Erreichung des Zielbildes sollten v. a. zentrale zielgerichtete Förderung des Zielbildes analy-
technologische Lösungen konsequent vorange- siert werden.
trieben werden, darunter die Modernisierung der
Leit- und Sicherungstechnik, die zunehmende Darüber hinaus bedarf es der Schaffung befä-
Automatisierung der Fahrzeuge sowie das auto- higender Rahmenbedingungen, welche eine
matisierte Verkehrsmanagement des Gesamt- Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung des
netzes. Diese Themen werden bereits heute im Zielbildes darstellen. Dazu gehören die zielge-
Rahmen diverser Programme unterstützt und richtete Forschung, Entwicklung und Erprobung
gefördert, die bis 2030 konsequent weitergeführt, von Technologien und deren Anwendungen, die
miteinander verknüpft und an einigen Stellen Anpassung der regulatorischen Rahmenbedin-
durch zusätzliche Finanzierung verstärkt oder gungen sowie die Stärkung gezielter Aus- und
ergänzt werden sollten. Weiterbildungsmaßnahmen.

Um Ressourcen des Bundes, der Länder und der Zudem sollte eine Koordinierungsstelle etabliert
Akteurinnen und Akteure des Bahnsektors ge- werden, die inhaltliche Impulse zur Verstetigung
zielt einsetzen zu können, sollte die finanzielle und Vertiefung des Zielbildes setzt und den ziel-
Förderung für den Schienenverkehr am Zielbild gerichteten Austausch zwischen den Stakehol-
ausgerichtet werden. Beispielsweise kann der dern institutionalisiert. Zielführende Kommuni-
Bund durch gezieltes Einsetzen der Haushalts- kationsarbeit, das Setzen inhaltlicher Impulse für
mittel für die Bundesschienenwege (z. B. Bau- die Umsetzung einzelner Aspekte, die Operatio-
kostenzuschüsse zur Investition in die Schie- nalisierung politischer Impulse, das Einrichten
nenwege) sowie durch Sonderinvestitionen zur einer Vernetzungsplattform sowie eine konsis-
Erreichung des Zielbildes beitragen. Zukünftige tente Öffentlichkeitsarbeit sollten in den Aufga-
Mittel des Bundes und der Länder sowie auch benbereich einer solchen Koordinierungsstelle
die Investitionen der Unternehmen im deut- eingeplant werden. Diese Aufgabe könnte beim
schen Bahnsektor sollten mit Hinblick auf ihre Zukunftsbündnis Schiene angesiedelt werden.
37

4. Arbeitspaket 2:
Bestandsaufnahme und Potenzialanalyse
zum Bahnsektor und den Wechselwirkungen

4.1. Ziele und Überblick des Zum Bahnsektor wurden im Sinne der Studie
die folgenden Akteurinnen und Akteure hinzu-
methodischen Vorgehens
gerechnet:

Im Zuge des zweiten AP wurden ausgehend von • Eisenbahnverkehrsunternehmen und -infra-


einer Stärken-Chancen-Analyse für jede Braun- strukturunternehmen
kohleregion die regionalen Voraussetzungen für
ein Innovationscluster „Digitale Schiene“ ausge- • Unternehmen mit Kohle-/Werk-/Anschluss-
lotet. Hierbei wurden folgende zwei Zieldimensi- bahnsystemen in den jeweiligen Braunkohle-
onen der Machbarkeitsstudie berücksichtigt: die regionen
Förderung der Innovativität und Digitalisierung
des Bahnsektors einerseits und der Beitrag zum • Werkstätten und Eisenbahn(gleis)bau-
Strukturwandel und der Regionalentwicklung unternehmen
in den Regionen andererseits. Die Schnittmenge
beider Ziele ergibt den Rahmen für die sinnvolle • Bahnindustrieunternehmen (Fahrzeugher-
Ausgestaltung eines Innovationsclusters „Digitale steller, Systemanbieter, Komponenten- und
Schiene“ in den Regionen. Subsystemhersteller, Signaltechnikhersteller,
Ingenieur- und Servicedienstleister, Infrastruk-
Mehrere Beobachtungsdimensionen und Metho- turunternehmen)
den waren für die Bestandsaufnahme und Potenzi-
alanalyse zum Bahnsektor relevant. In einem ersten • Ingenieurbüros mit Bezug zum Eisenbahnwesen
Schritt wurde eine ortskonkrete Bestandserhebung
der relevanten Akteurinnen und Akteure im Bahn- • Forschungs- und Hochschuleinrichtungen mit
sektor durchgeführt. Die Bestandsaufnahme in den Bezug zum Eisenbahnwesen
Regionen erfasste dabei, welche Rolle die Kohle-
wirtschaft in den Regionen spielt, welche Charakte- • Berufsaus- und Weiterbildungseinrichtungen
ristika die Regionen auszeichnen, welche Rolle der mit Bezug zum Eisenbahnwesen
Bahnsektor derzeit spielt und wie er ausgestaltet ist.
38

• Prüf-, Test- und Zertifizierungseinrichtungen die zweidimensionale Zielsetzung des Clusters


mit Bezug zum Eisenbahnwesen auch tatsächlich erreichen zu können.

• Aufgabenträger Schienenpersonennahverkehr 4.2. Bestandsaufnahme


und Verkehrsverbünde

• Eisenbahn-Bundesamt, Landesbehörden und Der erste Teil der Bestandsaufnahme und Po-
regionale Standorte von anderen Bundesbehör- tenzialanalyse befasste sich mit der Frage nach
den mit Bezug zum Eisenbahnwesen der Bedeutung der Kohlewirtschaft für die drei
Braunkohleregionen Lausitzer Revier, Rheini-
Für die Bestandserhebung der im Vorfeld ge- sches Revier und Mitteldeutsches Revier sowie
nannten Akteurinnen und Akteure wurden zen­ der Frage, welche Charakteristika die einzelnen
trale Bewertungskriterien und Informationen Regionen auszeichnen. Dafür wurden die re-
herausgearbeitet, die je nach Akteursgruppe vierbezogenen Regionalstandorte miteinander
(Unternehmen, Wissenschafts-, Forschungs- verglichen, um deren spezifische Stärken und
und Ausbildungseinrichtung) angepasst wur- Schwächen zu identifizieren. Dieser Vergleich
den. Für die Bestandserhebung im Bereich der beruht auf ausführlichen, auf Kreisebene dif-
Unternehmen wurden dabei z. B. die zentralen ferenzierten Status-Quo-Profilen der drei Re-
Unternehmensdaten (z. B. Beschäftigungsstruk- gionen. Anschließend wurde der Frage nachge-
tur, Produkt- bzw. Dienstleistungsangebot und gangen, welche Rolle der Bahnsektor derzeit in
F&E-Aktivitäten) berücksichtigt. den Regionen spielt, was ihn auszeichnet und
wie die Regionen als Standort bewertet werden.
In einem zweiten Schritt wurden die Potenzia- Abgeschlossen wurde die Bestandsaufnahme
le für die Entwicklung des Innovationsclusters mit der Identifikation spezifischer Innovations-
„Digitale Schiene“ analysiert. Insbesondere wur- hemmnisse.
de danach gefragt, welche Chancen und Risi-
ken sich aus einem Innovationscluster „Digitale 4.2.1. Bedeutung und aktueller Status der
Schiene“ für die beiden Zieldimensionen – Di- Kohlewirtschaft
gitalisierung des Bahnsektors und Regionalent-
wicklung – ergeben, welche Stärken, Schwächen, Die drei Regionen sind die bedeutendsten deut-
Chancen und Risiken sich aus der Analyse der schen Braunkohlestandorte und fördern nahe-
drei Regionen ableiten lassen und welche Zu- zu den gesamten Anteil der in Deutschland ab-
kunftsanwendungen ein besonderes Potenzial gebauten Braunkohle. Gleichzeitig wird anhand
für das regionale Innovationscluster „Digitale der Bestandsaufnahme deutlich, dass die geför-
Schiene“ aufweisen. Die Gesamtschau der Er- derte Menge an Braunkohle im Zeitverlauf be-
gebnisse zeigte, welche Potenziale im Themen- reits signifikant abgenommen hat. Wurden An-
feld „Digitale Schiene“ in den Regionen liegen. fang der 1990er Jahre noch ca. 357 Mio. Tonnen
Ersichtlich wurde auch, ob und welche Voraus- Braunkohle gefördert, sind es 2019 nur noch
setzungen für ein regionales Innovationscluster 131 Mio. Tonnen. Dies entspricht einem Rück-
gegeben sind und welche Risiken in der Gestal- gang um 63 %.
tung des Clusters beachtet werden müssen, um
39

Der Betrieb der Braunkohletagebaue und -kraft- weiten Teilen modernisiert wurde (DIW, Wup-
werke konzentriert sich in Deutschland auf zwei pertal Institut, Ecologic Institut 2018, DIW, IZES,
Unternehmen. Die Strukturen im Rheinischen IWH, Öko-In­stitut 2019). Eine relativ geringe
Revier werden von der RWE AG betrieben, jene Anzahl von in der Wertschöpfungskette vorge-
in den ostdeutschen Bundesländern vom tsche- lagerten Tage­baue versorgt diese Kraftwerke mit
chischen Energiekonzern Energeticky a pru- Braunkohle (vgl. Abbildung 8).
myslovy Holding (EPH) und seinen Tochterge-
sellschaften, insbesondere der Lausitz Energie
Bergbau AG (LEAG), der Mitteldeutschen Braun-
kohlengesellschaft mbH (Mibrag) und der Saale
Energie GmbH. Lediglich im Mitteldeutschen
Revier betreiben zusätzlich die Unternehmen
Uniper und EnBW zwei Braunkohlekraftwerke.
Der Kraftwerkspark in den ostdeutschen Bun-
desländern ist grundsätzlich neuer und effizien-
ter, da dieser im Zuge der Deutschen Einheit in

Jänschwalde
Cottbus
Mönchen-
gladbach
Garzweiler
Welzow
Hambach Nochten
Inden Halle Reichwalde
Aachen Amsdorf
Leipzig

Görlitz
Profen Vereinigtes
Schleenhain

Abbildung 8: Übersicht über die Tagebaue in den drei Braunkohleregionen


Quelle: DIW Econ
40

Im Zuge der rückläufigen Fördermenge hat die der Kohlewirtschaft oder durch neue Perspekti-
Bedeutung der Kohlewirtschaft für die regionale ven in anderen Branchen.
Beschäftigung drastisch abgenommen. So wa-
ren nach Angaben der Kohlenwirtschaft e. V. im 4.2.2. Analyse der revierbezogenen
Mai 2020 in ganz Deutschland noch 19.849 Per- Regionalstandorte
sonen direkt in der Kohlewirtschaft beschäftigt,
davon ca. 9.500 im Rheinischen Revier, 8.000 in Die Kernfrage dieses Analyseschritts lautete:
der Lausitz und 2.300 in Mitteldeutschland.4 Die Welche Charakteristika zeichnen die Regionen
Kohlewirtschaft hat zwar für einzelne Regionen aus? Im Zentrum standen die Siedlungs- und In-
und Kreise einen großen Stellenwert, insgesamt frastruktur, die Bevölkerungsentwicklung, die
ist die Bedeutung, selbst unter Berücksichti- Fachkräftesituation, die Wirtschaftskraft und
gung der indirekten und induzierten Beschäf- das Innovationsgeschehen. Dabei zeigte sich,
tigungseffekte, allerdings eher gering. Dennoch dass es relevante Unterschiede zwischen den
bestehen nach Ansicht von Expertinnen und Regionen gibt:
Experten weiterhin Abhängigkeiten, die in den
berechneten Effekten nicht enthalten sind, sei • Das Rheinische Revier ist die Region mit der
es für Industrien, die Nebenprodukte des Braun- höchsten Bevölkerungsdichte, einer sehr guten
kohlesektors als wichtigen Inputfaktor nutzen Infrastruktur und einer hohen Innovations-
(z. B. Gipsindustrie) oder weil die ansässigen In- kraft.
dustrien von der verlässlichen Energieversor-
gung abhängig sind. Der Strukturwandel stellt • Das Mitteldeutsche Revier zeichnet sich durch
also mittelbar betroffene Unternehmen, die die Wachstumsstädte Halle und Leipzig einer-
ansässige energieintensive Industrie sowie die seits und die strukturschwachen Regionen in
Identität der Regionen vor große Herausforde- den ländlicheren Räumen andererseits aus. Die
rungen. Da aus dem Kohleausstieg ein Struktur- Wirtschaftsstruktur ist sehr diversifiziert.
wandel „mit Ansage“ folgt, ermöglicht der kla-
re Stilllegungspfad aber auch eine Planung und • Das Lausitzer Revier ist eher dünn besiedelt. Der
Lenkung der regionalen und arbeitsmarktrele- demografische Wandel und die eindimensionale
vanten Entwicklungen. Mit Blick auf das hohe Wirtschaftsstruktur sind eine Herausforderung.
Durchschnittsalter der Belegschaft erscheint ein
sozialverträglicher Beschäftigungsabbau durch Siedlungsstruktur
frühen Renteneintritt wahrscheinlicher als die
berufliche Neuorientierung eines Großteils der Das Lausitzer Revier ist eher dünn besiedelt. Mit
in der Kohlewirtschaft Beschäftigten. Anders Cottbus gibt es nur eine kreisfreie Stadt, die Krei-
sieht dies für die Auszubildenden aus, die gera- se und Städte sind daneben vollständig als länd-
de erst in den Arbeitsmarkt eintreten. Hier müs- lich charakterisiert. Die beiden anderen Regionen
sen in den Regionen Beschäftigungsperspekti- weisen gänzlich andere Ausgangsbedingungen
ven gefunden und geschaffen werden, entweder auf: Das Mitteldeutsche Revier verfügt mit Leipzig
durch eine Neuausrichtung der Unternehmen und Halle über zwei Oberzentren, wobei Leipzig

4 Statistik der Kohlenwirtschaft e. V., 2020: Beschäftigte der Braunkohlenindustrie in Deutschland:


https://kohlenstatistik.de/wp-content/uploads/2020/04/B-05-20.pdf
41

mit seiner außerordentlichen Wachstumsdyna- Umlands und die Stadt Cottbus, die sich im zu-
mik Strahlkraft für die gesamte Region hat und rückliegenden Fünfjahreszeitraum positiv entwi-
als Motor für die Regionalentwicklung fungiert. ckelt haben. Im Mitteldeutschen Revier hat sich
Gleichzeitig gibt es innerhalb des Mitteldeutschen die zuvor negative Bevölkerungsentwicklung der
Reviers große Unterschiede: Die Region umfasst letzten Jahre abgeschwächt, stabilisiert und war
sowohl zentrale städtische Kreise als auch fünf in 2019 sogar minimal positiv. Vor allem die Stadt
periphere Kreise. Auch das Rheinische Revier ver- Leipzig, die als Schwarmstadt überregional viele
fügt mit der Städteregion Aachen und Mönchen- junge Menschen anzieht, erlebt seit vielen Jahren
gladbach über zwei Oberzentren, wobei die Sied- einen starken Anstieg des Wanderungssaldos. Im
lungsstruktur ausnahmslos durch sehr zentral und Rheinischen Revier hat sich die Bevölkerung im
städtisch eingestufte Kreise gekennzeichnet ist. zurückliegenden Fünfjahreszeitraum ähnlich
positiv entwickelt wie in Deutschland insgesamt.
Infrastruktur
Fachkräfte/Arbeitsmarkt
Die infrastrukturelle Erschließung des Lausit-
zer Reviers ist entsprechend der ländlichen Prä- Die Fachkräftesituation in den drei Revieren ist
gung ausbaufähig. Trotz einer guten Anbindung eng mit der demografischen Entwicklung ver-
an nahegelegene Oberzentren ist die Anbindung knüpft. Aufgrund der fortgesetzten Abwande-
in der Fläche von großen Entfernungen zu wich- rung jüngerer Bevölkerungsgruppen haben Un-
tigen Verkehrsachsen und Knotenpunkten aller ternehmen in den ländlich geprägten Teilen der
drei Verkehrsträger (Straße, Schiene, Luftfahrt) beiden ostdeutschen Reviere gravierende Pro-
gekennzeichnet. Das Mitteldeutsche Revier weist bleme, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden.
große Unterschiede in der infrastrukturellen An- Die fehlende wahrgenommene Attraktivität des
bindung zwischen den zentralen und peripheren ländlichen Raums und die periphere Lage stel-
Kreisen auf. Hervorzuheben ist die gute überre- len besonders für die Unternehmen im Lausitzer
gionale und internationale Anbindung der Ober- Revier eine Herausforderung dar, während sich
zentren Leipzig und Halle. Das dicht besiedelte die Situation im Mitteldeutschen Revier ent-
Rheinische Revier verfügt über eine überdurch- sprechend der diversen Siedlungsstruktur unter-
schnittlich gute Verkehrsinfrastruktur, was sich schiedlich gestaltet. Hier fällt aufgrund der Ori-
in einer guten Anbindung an wichtige Verkehrs- entierung hin zu Dienstleistungen und Logistik
knotenpunkte wie Flughäfen, Bahnhöfe und be- die Beschäftigung im MINT-Bereich (Mathema-
sonders Autobahnen zeigt. tik, Informatik, Naturwissenschaften und Tech-
nik) im Reviervergleich am geringsten aus. Das
Demografie Rheinische Revier hingegen, das verschiedene in-
dustrielle Schwerpunkte und ein Netzwerk tech-
Das Lausitzer Revier weist in nahezu allen Teilre- nischer Forschung rund um die Rheinisch-West-
gionen eine negative Entwicklungsdynamik der fälische Technische Hochschule Aachen (RWTH
Bevölkerung auf. Ausnahmen bilden lediglich der Aachen) aufweist, hat ein besonders hohes Be-
Landkreis Dahme-Spreewald als Teil des Berliner schäftigungspotenzial im MINT-Bereich.
42

Wirtschaftskraft und -struktur geringste Forschungsstärke im privatwirtschaft-


lichen Bereich gekennzeichnet. Mit der Branden-
Die Wirtschaftskraft liegt in allen drei Regionen burgischen-Technischen Universität Cottbus-
unterhalb des Bundesschnitts. In den beiden ost- Senftenberg (BTU) weist das Revier einen Akteur
deutschen Regionen lag das BIP pro Kopf 2017 auf, der dem Transfer von Forschungsergebnissen
bei 72 % (Lausitzer Revier) und 75 % (Mittel- in die regionale Wirtschaft eine hervorgehobene
deutsches Revier) des gesamtdeutschen Werts, Bedeutung beimisst. Auch im Mitteldeutschen
während das Rheinische Revier 87 % des BIP Revier ist die privatwirtschaftliche Forschung
pro Kopf des Bundes erreichte. Die Analyse der eher schwach aufgestellt, hier zeigt Leipzig beim
Wirtschaftsstruktur zeigt starke regionale Unter- Gründungsgeschehen jedoch eine besonders
schiede. Das Lausitzer Revier ist im Vergleich der hohe Dynamik. In der öffentlichen Forschungs-
drei Regionen am stärksten industriell geprägt. landschaft kommt im Mitteldeutschen Revier
Das Mitteldeutsche Revier ist durch eine diverse der Universität Leipzig eine große Bedeutung
Wirtschaftsstruktur gekennzeichnet und weist zu, allerdings gibt es im Revier keine technische
im Regionsvergleich den höchsten Anteil von Universität. Das Rheinische Revier weist mit der
mittleren und großen Unternehmen auf, ist im RWTH Aachen, der größten technischen Uni-
Vergleich der Regionen aber am wenigsten in- versität in Deutschland, einen starken Leucht-
dustriell geprägt. Im Rheinischen Revier sind 1,1 % turm für die Regionalentwicklung auf und ist
der Beschäftigten direkt in der Kohlewirtschaft gemessen an der Patentintensität im deutsch-
tätig – der höchste Wert aller drei Regionen. Im landweiten Vergleich überdurchschnittlich
verarbeitenden Gewerbe haben sich im Rheini- innovationsstark.
schen Revier insbesondere Industrien angesie-
delt, die von einer verlässlichen und günstigen Abbildung 9 fasst den Vergleich der Regional-
Energieversorgung profitieren. In allen drei standorte in Bezug auf die oben diskutierten Di-
Regionen hat der Bereich Verkehr und Logistik mensionen anhand quantitativer Indikatoren zu-
eine überdurchschnittlich große Bedeutung und sammen. Die Übersicht zeigt, dass die Regionen
zeigte eine positive Entwicklungsdynamik. in den meisten Dimensionen unter dem deut-
schen Durchschnitt liegen und untermauert so-
Innovationsgeschehen/-potenzial mit, dass es sich um strukturschwache Regionen
handelt. Gleichzeitig zeigen sich teilweise große
Entsprechend der unterschiedlichen Ausstattung Unterschiede zwischen den Regionen. Diese Un-
der Regionen mit Oberzentren sowie Hochschul- terschiede gilt es zu berücksichtigen und nutzbar
und Forschungsstandorten unterscheidet sich zu machen, damit ein Innovationscluster „Digi-
das lokale Innovationsgeschehen in den Regio- tale Schiene“ in den jeweiligen Regionen einen
nen sehr deutlich. Dabei ist das Lausitzer Revier effektiven Beitrag zur Bewältigung des regiona-
mit seiner vorwiegend ländlichen Prägung und len Strukturwandels sowie der Innovativität des
dem einzigen Oberzentrum Cottbus durch die Bahnsektors leisten kann.
43

Bevölkerungsdichte
Bevölkerungsdichte
Siedlungsstruktur
Siedlungsstruktur 2019
2019
(Einwohner je
(Einwohner je km2
km² ))
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500

2014-
2014-
Demografie Bevölkerungsentwicklung
Bevölkerungsentwicklung 2019
2019
-2 % -1 % 0% 1% 2% 3% 4% 5% 6% 7%

Anteil Haushalte
Anteil Haushalte mit
mit
Infrastruktur
Infrastruktur Breitbandversorgung
­Breitbandversorgung 2020
2020
70 % 80 % 90 % 100 % 110 % mit mind. 50 Mbit/s

Bruttoinlandsprodukt
Bruttoinlandsprodukt
Wirtschaftskraft
Wirtschaftskraft 2017
2017
(Euro je
25.000 € 30.000 € 35.000 € 40.000 € 45.000 € 50.000 € 55.000 € (Euro je Einwohner)
Einwohner)

Wirtschaftsstruktur
Wirtschaftsstruktur Spezialisierung Bahnsektor
Spezialisierung Bahnsektor 2020
2020
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0

Patentanmeldungen
Patentanmeldungen
Innovationskraft
Innovationskraft 2012
2012
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 pro 10.000
pro 10.000 Beschäftigte
Beschäftigte

Arbeitsmarkt- und
Arbeitsmarkt- und Anteil Beschäftigte
Anteil Beschäftigte in
in
2020
2020
Fachkräftesituation
Fachkräftesituation 20 % 21 % 22 % 23 % 24 % 25 % 26 % 27 % 28 % MINT-Berufen
MINT-Berufen

Deutschland

Lausitzer Revier
Lausitzer Revier Rheinisches Revier
Rheinisches Revier Mitteldeutsches Revier
Mitteldeutsches Revier

Abbildung 9: Überblick über die Regionalstandorte im Vergleich


Quelle: DIW Econ

4.2.3. Bestandserhebung Bahnsektor

Welche Rolle spielt der Bahnsektor derzeit in den Die Bestandserhebung im Bahnsektor wurde
Regionen, was zeichnet ihn aus und wie werden nach den zentralen Akteurinnen und Akteuren
die Regionen als Standort bewertet? Wo liegen regionaler Innovationssysteme gegliedert. Unter
spezifische Innovationshemmnisse? Diesen Fra- einem Innovationssystem wurde die Gesamtheit
gen wurde in einer Bestandserhebung des Bahn- an Organisationen und Institutionen sowie deren
sektors nachgegangen. Beziehungen zueinander verstanden, die an der
44

Erschaffung, Verbreitung und Anwendung neuen ein detailliertes, kreisscharfes Bild der Zahl der
Wissens beteiligt sind. Die wichtigsten Akteurin- Beschäftigten im erfassten Teilbereich des Bahn-
nen und Akteure und die jeweils relevanten Fra- sektors in den drei Regionen. Im Gegensatz zur
gestellungen waren: bloßen Zahl der Unternehmen tragen Daten zur
Beschäftigung der unterschiedlichen Größe der
• Unternehmen: Welche Unternehmen gehö- Unternehmen Rechnung, wodurch deren regio-
ren zum Bahnsektor? Welche Teilbereiche des nalwirtschaftliche Bedeutung präziser eingeord-
Bahnsektors decken sie ab? Wie groß, wie ex- net werden kann. Dabei ist allerdings zu berück-
portstark, wie innovativ und wie digital sind sie? sichtigen, dass der Bahnsektor mit Daten der
Welche Bezüge gibt es zu den Innovationsfel- Bundesagentur für Arbeit nicht vollständig abge-
dern im Bahnsektor? Welche Unternehmen bildet werden kann, da nur solche Unternehmen
außerhalb des Bahnsektors könnten relevant erfasst werden, deren Wirtschaftszweig eindeutig
für ein Innovationscluster sein? dem Bahnsektor zugeordnet werden kann. Da-
durch entfallen beispielsweise Unternehmen in
• Wissenseinrichtungen mit Bezug zum Bahn- der Reparatur und Instandhaltung oder Kompo-
sektor: Welche Einrichtungen mit Bezügen zum nentenherstellung.
Bahnsektor gibt es in den Braunkohleregionen?
Welche Forschungsthemen werden bearbeitet? Bestandsaufnahme der Unternehmen

• Kooperation und Vernetzung: Welche Koope- Zunächst wurde die Größe und Bedeutung des
rationsbeziehungen zwischen Unternehmen Bahnsektors in den Regionen anhand von Daten
und Wissenseinrichtungen gibt es vor Ort? Wel- zur Beschäftigung untersucht. Hier kann fest-
che konkreten Projekte mit Bezug zu Innovatio- gestellt werden, dass der Bahnsektor in den Re-
nen im Bahnsektor werden aktuell geplant oder gionen von größerer Relevanz, als im deutschen
bereits umgesetzt? Schnitt und damit strukturbestimmend ist. Fast
jede/r elfte Beschäftigte im Bahnsektor deutsch-
• Strategien: Welche bestehenden Strategien und landweit ist in einer der Regionen tätig. Der
Leitbilder verfolgen die relevanten politischen Großteil der Unternehmen rechnet jedoch für die
Akteurinnen und Akteuren in der Region und Zukunft mit stagnierenden Beschäftigtenzahlen
wie passen diese zu einem potenziellen Innova- – insbesondere bei den Hochqualifizierten, die
tionscluster „Digitale Schiene“? momentan 22 % der Beschäftigten ausmachen.
Neben der Beschäftigtensituation allgemein
Kernstück der Bestandserhebung war eine On- ist vor allem auch die Ausbildungssituation im
line-Befragung von Unternehmen, Wissensein- Bahnsektor für die Regionalentwicklung von Be-
richtungen und Ausbildungseinrichtungen, als deutung. Ungefähr 4 % der Beschäftigten, der im
jeweils relevante potenzielle Akteurinnen und Rahmen der Bestandserhebung befragten Unter-
Akteure eines Innovationsclusters in den drei nehmen im Bahnsektor sind Auszubildende. Im
Regionen. Zusätzlich flossen Informationen aus Vergleich zur Gesamtwirtschaft entspricht dies
einer Sonderauswertung der Bundesagentur für in den Regionen einem leicht bis deutlich unter-
Arbeit in die Analysen ein. Die Beschäftigungs- durchschnittlichen Anteil an Auszubildenden.
statistik der Bundesagentur für Arbeit gibt dabei
45

Rund zwei Drittel der in den Regionen tätigen hohe Forschungs- und Innovationstätigkeit auf.
Unternehmen des Bahnsektors sind kleine und Zum einen liegt der Anteil der Unternehmen, die
mittlere Unternehmen. Von diesen haben nahezu kontinuierliche Forschung und Entwicklung be-
zwei Drittel auch ihre Hauptniederlassung in der treiben, mit 39 % über dem Durchschnitt (Ge-
jeweiligen Region. Fast die Hälfte der Unterneh- samtwirtschaft: 11 %). Zum anderen sind 84 %
men hat einen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich der Unternehmen Innovatoren, das heißt, sie ha-
der Infrastruktur. Daneben haben auch Repara- ben innerhalb der letzten drei Jahre laut eigenen
tur und Instandhaltung von Schienenfahrzeu- Angaben mindestens eine Produkt- oder Prozess-
gen und der Schieneninfrastruktur für knapp die innovation eingeführt. Über alle Branchen hin-
Hälfte der Unternehmen eine Relevanz. Ebenso weg lag die Innovatorenquote 2018 bei knapp 61 %.5
sind Dienstleistungen mit Bezug zum Eisenbahn- Die Innovatorenquote der befragten Unterneh-
wesen, wie die Planung von Bahnanlagen und men des Bahnsektors aus dem Jahr 2020 ist damit
Ingenieurdienstleistungen, von Bedeutung. Ab- sehr hoch und liegt im gesamtwirtschaftlichen
bildung 10 gibt einen Überblick über die Tätig- Vergleich an erster Stelle, noch vor der Elekt-
keitsfelder der untersuchten Unternehmen. ro- und Pharmaindustrie. Die Unternehmen des
Bahnsektors in den Regionen schätzen auch den
Um die Potenziale für ein Innovationscluster in Digitalisierungsgrad ihres Leistungsangebots mit
den Regionen zu bewerten, wurde erfasst, inwie- Abstand positiver ein, als die Gesamtwirtschaft.
fern in den Unternehmen im Bahnsektor kon- Über zwei Drittel haben dort in den letzten drei
tinuierlich Forschung und Entwicklung betrie- Jahren Digitalisierungsvorhaben durchgeführt,
ben wird. Der Bahnsektor weist hier im Vergleich vor allem zur Digitalisierung unternehmensin-
zur Gesamtwirtschaft eine überdurchschnittlich terner Prozesse.

5 Vgl. ZEW. Dokumentation zur Innovationserhebung 2019. Mannheim: ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung,
2020.
46

Lausitzer Mitteldeut- Rheinisches Alle


­Revier sches Revier Revier Reviere

Verkehr und Logistik 47% 29% 33% 37%

Personen- und Güterbeförderung 35% 12% 22% 23%

Betrieb von Verkehrswegen 24% 18% 22% 21%

Betrieb von Bahnhöfen und Güterumschlagplätzen 12% 12% 11% 12%

Sonstige Verkehr Logistik 0% 12% 22% 9%

Herstellung von Gütern mit Bezug zum Eisenbahnwesen 41% 12% 56% 33%

Fahrzeug- und Waggonherstellung 18% 0% 11% 9%

Entwicklung Systeme 24% 0% 22% 14%

Komponenten- & Subsystemherstellung 24% 6% 22% 16%

Signaltechnikherstellung 12% 0% 22% 9%

Komponenten Infrastruktur 18% 12% 11% 14%

Maschinenbau 0% 0% 0% 0%

Sonstige Herstellung Güter 6% 0% 11% 5%

Reparatur und Instandhaltung 59% 41% 44% 49%

Bau von Bahnverkehrsstrecken 18% 35% 22% 26%

Dienstleistungen im Bezug zum Eisenbahnwesen 29% 47% 67% 44%

Waggon- und Lokvermietung 12% 0% 0% 5%

Prüfung, Testung, Zertifizierung 12% 12% 11% 12%

Planung Bahnanlagen 6% 29% 33% 21%

Ingenieurdienstleistungen 6% 35% 33% 23%

Sonstige Dienstleistungen 6% 24% 33% 19%

n=43

Abbildung 10: Tätigkeitsfelder der Unternehmen der Bestandserhebung (WZ-Klassifikation) nach Regionen (Fragestellung: In welchen
der folgenden Bereichen ist Ihr Unternehmen in der Kohleregion tätig? Mehrfachnennungen möglich)
Quelle: DIW Econ
47

4.2.4. Bestandsaufnahme der Wissens­ und treibt die interdisziplinäre Ausbildung von
einrichtungen Ingenieuren im Bahnsektor mit Blick auf Soft-
ware-Kompetenzen voran.

Die Forschungslandschaft mit Bezug zum Bahn- Wissenseinrichtungen sind nicht nur relevante
sektor ist in den Regionen sehr unterschiedlich Treiber für die Forschung, sondern bilden auch
aufgestellt. Regionsübergreifend findet sich aber die Fachkräfte von morgen aus – ein wichtiger
mit der RWTH Aachen, der BTU Cottbus, der Anknüpfungspunkt für das Innovationscluster
TU Dresden sowie vielen sehr anwendungs- und „Digitale Schiene“. Im Rahmen der Online-Be-
lehreorientierten Fachhochschulen im Bahnsek- fragung wurden die Lehre betreibenden Wis­
tor eine hohe bahnspezifische Forschungs- und senseinrichtungen nach der Entwicklung der
Lehrkompetenz in den Regionen, die bereits gut Zahl der Studierenden mit Bahn- bzw. Digitali-
mit der Wirtschaft vor Ort vernetzt ist. Zudem sierungsbezug in den letzten fünf Jahren befragt.
bietet die Forschungslandschaft im Mitteldeut- Keine der befragten Einrichtungen gibt an, dass
schen Revier hervorragende Querverbindungen, die Studierendenanzahl in diesen beiden Berei-
gerade im Bereich Informations- und Kommu- chen in ihrer Lehreinrichtung in den letzten fünf
nikationstechnik (IKT). Im Vergleich der Regio- Jahren gesunken ist, 64 % der befragten Lehrein-
nen ist das Rheinische Revier die forschungs- richtungen mit Studiengängen mit Bahn und
stärkste Region. Mit der RWTH Aachen findet Digitalisierungsbezug konnten einen Anstieg der
sich eine der für den Bereich des Eisenbahnwe- Studierendenzahlen verzeichnen, während 36 %
sens relevanten Universitäten im Rheinischen angegeben haben, dass die Studierendenzahl
Revier. Bezüge zur Digitalen Schiene finden sich konstant geblieben ist.
zahlreich. Einen besonderen Schwerpunkt bildet
dabei unter anderem die Forschung zur verbes- Die Kooperationstätigkeit der Wissenseinrich-
serten Personenbeförderung. Im Lausitzer Re- tungen und damit der Wissenstransfer zwischen
vier gibt es zwar weniger Wissenseinrichtungen, Hochschul- und Forschungseinrichtungen in
diese haben aber eine wichtige Funktion für die die Wirtschaft ist über alle Regionen stark ausge-
Ausbildung der Fachkräfte im Bahnsektor, ge- prägt. Die befragten Wissenseinrichtungen gaben
rade, weil die Fachhochschulen einen Schwer- im Durchschnitt zu 89 % an, dass ihr Arbeits- und
punkt auf die Lehre legen. Thematische Schwer- Forschungsbereich zwischen 2017 und 2019 Ko-
punkte sind unter anderem Innovationen im operationen durchgeführt hat.
Bereich der Infrastruktur bzw. des Infrastruk-
turbaus, der Verkehrssystemtechnik und des Bestandsaufnahme der Ausbildungs-
Schienengütertransports. Im Mitteldeutschen einrichtungen
Revier findet sich die Hochschule Anhalt, die
einen direkten Bezug zum Bahnsektor aufweist Neben den Forschungs- und Wissenseinrich-
sowie die Hochschule für Technik, Wirtschaft tungen sind Ausbildungseinrichtungen ein rele-
und Kultur Leipzig (HTWK), mit ebenfalls direk- vanter Bestandteil der Fachkräftegewinnung im
ten, wenn auch weniger starken Bezügen zum Bahnsektor. Insgesamt wird ersichtlich, dass sich
Bahnsektor. Sie hat sich auf die Themen Digi- die Ausbildungseinrichtungen kaum mit bahn-
talisierung der Fahrzeuginstandhaltung sowie spezifischen Themen auseinandersetzen, sondern
Umrüstung von Diesellokomotiven spezialisiert lediglich ihren „Teil“ der Ausbildung gemäß den
48

Ausbildungsberufen verantworten. Eine engere Ideen und Konzepte sowie das Vorhandensein
Verknüpfung mit den ausbildenden Betrieben im von passenden Wissenseinrichtungen werden
Bahnsektor sowie die Qualifizierung der Ausbil- als die wesentlichen Standortvorteile gesehen.
dung mit Blick auf die „Digitale Schiene“ könnte Vergleichsweise schwächer werden die Potenzia-
die Funktion der Ausbildungseinrichtungen für le durch passende Fachkräfte und eine entspre-
die Bereitstellung qualifizierter Fachkräfte we- chende digitale Infrastruktur bewertet.
sentlich stärken. Regionsspezifische Unterschiede
konnten weder aus der Online-Befragung noch Innovationshemmnisse im Bahnsektor
im Zuge der Interviews valide abgeleitet werden.
Ein Innovationscluster „Digitale Schiene“ zielt
Bewertung der Standorte aus Sicht des nicht nur darauf ab, einen Beitrag zur Bewälti-
Bahnsektors gung des Strukturwandels zu leisten, sondern
soll auch die Innovationstätigkeit des Bahnsek-
Sowohl die Unternehmen, als auch die Wissens- tors insgesamt und in den Regionen fördern. Um
einrichtungen in den Regionen wurden im Rah- den potenziellen Beitrag eines Innovationsclus-
men der Online-Befragung zu der Einschätzung ters beurteilen zu können, wurden deshalb be-
ihres Standorts befragt. Im Gesamtregionsdurch- stehende Innovationshemmnisse des Bahnsek-
schnitt hoben die befragten Unternehmen des tors näher beleuchtet, die einen Ansatzpunkt für
Bahnsektors die Aspekte Verkehrsanbindung, ein Innovationscluster „Digitale Schiene“ bieten
Nähe zur Kundschaft/Konkurrenz und zulie- können. Diesbezüglich wurde, wie auch in der
fernden Unternehmen und die Nähe zu Wissens- Gesamtwirtschaft, vor allem der vorherrschende
einrichtungen als Standortvorteile hervor. Am Fachkräftemangel identifiziert. Zudem wächst im
schlechtesten bewertet wurden die Regionen von Bahnsektor der Bedarf an interdisziplinär aus-
den Unternehmen insgesamt in den Bereichen gebildeten Fachkräften mit Qualifizierung in den
der Verfügbarkeit und Kosten von Gewerbeflä- Bereichen Ingenieurwesen und IT. Das Angebot
chen und der Verfügbarkeit von Arbeitskräften. an interdisziplinär ausgerichteten Studiengän-
Die Wissenseinrichtungen bewerteten die Ver- gen bleibt jedoch aktuell noch hinter dem Be-
kehrsanbindung und die Qualität der digitalen darf zurück.6 Darüber hinaus zeigen sich mehre-
Infrastruktur als größte Herausforderung. Als re Hemmnisse, die im Bahnsektor eine deutliche
stärkste Aspekte sehen die Wissens- und For- Einschränkung der Innovativität darstellen.
schungseinrichtungen im Allgemeinen die Nähe Dazu gehören vor allem regulative/administra-
zu anderen Wissenseinrichtungen und die Nähe tive Faktoren, wie lange Verwaltungs- und Ge-
zu Aus- und Weiterbildungseinrichtungen. nehmigungsverfahren und hohe Standards und
Normen, die die Innovationstätigkeit der Unter-
Die Standortvoraussetzung zur Ansiedlung eines nehmen erschweren. Demnach ist der Bahnsek-
Innovationsclusters „Digitale Schiene“ in den tor hochgradig reguliert, was für Innovationen
drei Regionen wurden von den Unternehmen einen aufwendigen Prüf- und Zertifizierungspro-
und Wissenseinrichtungen insgesamt mit gut be- zess bedeutet. Außerdem wurden interne Wider-
wertet. Vor allem das Vorhandensein passender stände und systembedingte Renditehemmnisse
Unternehmen, das Vorhandensein innovativer wie z. B. die hohe Langlebigkeit der Wirtschafts-

6 Vgl. Eisenbahn-Bundesamt, 2019: Betrachtung zur Softwareentwicklung im Eisenbahnbereich: Schlussbericht. EBA Forschungsbericht.
49

güter genannt. Schienenfahrzeuge werden bei- lebigkeit der Wirtschaftsgüter im Bahnsektor


spielsweise bis zu 45 Jahren genutzt, der Lebens- angepasst wird. Besonders relevant für die „Di-
zyklus einer Software-Anwendung ist jedoch gitale Schiene“ ist außerdem, dass Systeminno-
deutlich kürzer. Hier setzt vor allem die Digita- vationen eine Zusammenarbeit infrastruktur-
lisierung im Bahnsektor ein Umdenken voraus, und betriebsseitiger Akteurinnen und Akteure
sodass die Software-Entwicklung an die Lang- voraussetzen.

61 %
Mangel an geeignetem Fachpersonal
34 %

39 %
Lange Verwaltungsverfahren
18 %

36 %
Zu hohe Innovationskosten
34 %

33 %
Mangelnde Finanzierung
22 %

33 %
Standards und Normen
17 %

27 %
Fehlende Kundenakzeptanz
21 %

27 %
Interne Widerstände
16 %

15 %
Öffentliche Meinung
8%

12 %
Zu hohes wirtschaftliches Risiko
31 %

Fehlende Technische Informationen 12 %


bzw. Marktinformationen 16 %

0%
Fehlender Zugang zu Schutzrechten
9%

0% 20 % 40 % 60 %

Bahnsektor in den Regionen Gesamtwirtschaft

Abbildung 11: Hemmnisse für Innovationstätigkeit in der Gesamtwirtschaft (2018) und im Bahnsektor (2019)7
Quelle: DIW Econ

7 Basierend auf einer Online-Bestandserhebung und Daten aus ZEW, 2020: Dokumentation zur Innovationserhebung 2019. Mannheim:
ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.
50

4.3. Potenzialanalyse und untersuchte die Chancen und Risiken in Be-


zug auf die Förderung der Innovativität und Di-
gitalisierung des Bahnsektors einerseits und dem
Ein Innovationscluster „Digitale Schiene“ soll ei- Beitrag zum Strukturwandel und der Regional-
nerseits zur Innovativität und Digitalisierung im entwicklung in den Regionen andererseits.
Bahnsektor beitragen und andererseits die Re-
gionen bei der Bewältigung des Strukturwandels Die Chancen, die ein Innovationscluster „Digita-
unterstützen. Im Rahmen einer Potenzialanalyse le Schiene“ für die Innovativität des Bahnsektors
wurden daher die Chancen und Risiken der Etab- bietet, sind grundsätzlich vielfältig. Zu nennen
lierung eines Innovationsclusters „Digitale Schie- sind vor allem die Zusammenarbeit von Wissen-
ne“ in den drei Regionen mit Blick auf diese bei- schaft und Wirtschaft, gemeinsame Maßnahmen
den Zieldimensionen betrachtet. Der Blick wurde gegen den Fachkräftemangel, das Teilen von in-
dabei sowohl auf eine regionsübergreifende, als novationshemmenden betriebswirtschaftlichen
auch eine regionsspezifische Betrachtung der Risiken, die gemeinsame Fördermittelakquise so-
Chancen und Risiken eines Innovationsclusters wie die systematische Vernetzung mit anderen
für die Innovativität im Bahnsektor einerseits Branchen, v. a. der Digitalwirtschaft. Es gibt aber
und die Chancen und Risiken für die Regional- auch Risiken, die sich mit Blick auf die Reichwei-
entwicklung andererseits gerichtet. Ein beson- te der Innovationsförderung von Regionalclus-
deres Augenmerk galt darüber hinaus der Identi- tern ergeben. Hierzu zählt, dass Systeminnova-
fikation derjenigen Zukunftsanwendungen aus tionen nicht auf regionaler Ebene gelöst werden.
dem Zielbildprozess, die besonderes Potenzial für Hier bedarf es der bundes-, wenn nicht sogar der
einen Beitrag der Regionen zur Innovativität des europäischen Ebene als räumlichen Bezugsrah-
Bahnsektors sowie zur Regionalentwicklung der men. Auch ist der Einfluss auf regulative Hemm-
Regionen bieten. nisse begrenzt.

4.3.1. Regionsübergreifende Chancen und Was die Chancen eines Innovationsclusters „Di-
Risiken gitale Schiene“ bezüglich der Regionalentwick-
lung angeht, kann mit regional verankerten Clus-
Ausgehend von den im Rahmen der Bestandsauf- tern die Beschäftigung im Bahnsektor gesichert
nahmen diskutierten spezifischen Innovations- bzw. gesteigert werden, was insbesondere Pers-
hemmnissen im Bahnsektor wurde im Rahmen pektiven für Hochqualifizierte bietet. Ein Innova-
einer regionsübergreifenden Potenzialanalyse er- tionscluster ermöglicht die Chance, dass ein Pool
örtert, wie ein regionales Innovationscluster „Di- spezialisierter Arbeitskräfte vor Ort entsteht, der
gitale Schiene“ zur Verbesserung der Innovativi- die Suche nach Fachkräften vereinfacht und die
tät und Digitalisierung des Bahnsektors beitragen Ausbildungskosten für Unternehmen senkt. Zu-
könnte und welche Risiken sich aus der Ansied- dem werden andere Branchen (v. a. IT) gestärkt,
lung einer Clustermanagementorganisation in in denen ebenfalls Beschäftigungs- und Wert-
den Regionen ergeben. Ziel war es, sowohl Risi- schöpfungsimpulse zu erwarten sind. Als Risiken
ken als auch Chancen zu identifizieren, die wich- für die Regionalentwicklung sind die potenziel-
tige Hinweise für die Ausgestaltung des Clusters len Beschäftigungseinsparungen beim Einsatz
bieten. Die Potenzialanalyse bildete dabei die bei- digitaler Zukunftsanwendungen im Bahnsek-
den Zieldimensionen der Machbarkeitsstudie ab tor (z. B. Automatisierung der Fertigung), die per
51

Definition vorhandene Strukturschwäche der Das dünn besiedelte Lausitzer Revier punktet mit
Regionen sowie eine fehlende regionale Schwer- dem größten Angebot an unbebauten Flächen.
punktsetzung auf den Bahnsektor zu nennen. Durch die lange Tradition in der Fahrzeugherstel-
lung sind viele Unternehmen vor Ort, die als rele-
4.3.2. Regionale Stärken-Schwächen-­ vante Partner für die Markteinführung von Inno-
Chancen-Risiken-Analyse vationen fungieren können. Chancen bietet die
kooperationsbereite und bereits bahnsektoraffine
Im Anschluss an die Analyse der regionsübergrei- LEAG, die Lage am Rande transnationaler Ver-
fenden Chancen und Risiken wurden die Stärken, kehrskorridore sowie die Ansiedlung von Test-
Schwächen, Chancen und Risiken für ein regio- feldern (Offenes digitales Testfeld) bzw. die Über-
nales Innovationscluster „Digitale Schiene“ im legung eines Testzentrums für Eisenbahntechnik
Lausitzer Revier, im Mitteldeutschen Revier und (TETIS), welche relevante Potenziale für die
im Rheinischen Revier untersucht, um konkrete Regionalentwicklung bieten. Ohne solche Test-
Ansatzpunkte für eine Schwerpunktsetzung des infrastrukturen besteht das Risiko, dass sich die
Innovationsclusters „Digitale Schiene“ herauszu- Region im Standortwettbewerb nicht behaupten
arbeiten. kann. In Tabelle 3 findet sich ein Überblick über
die Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analy-
se des Lausitzer Reviers.
52

Tabelle 3: Zusammengefasste Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse für das Lausitzer Revier


Quelle: DIW Econ

Innovativität / Digitalisierung
Regionalstandort / -entwicklung
Bahnsektor

Stärken • Verfügbarkeit nutzbarer Flächen • Relevanz und Tradition des Bahnsektors


• Geografisch vorteilhafte Lage • Praxisnahe Hochschullandschaft mit
• Zahlreiche innovative Projekte/Cluster ­indirektem Bezug zum Bahnsektor
­außerhalb des Bahnsektors • Lage an transnationalen Verkehrskorridoren
• Raum für Erprobung von Technologien • Infrastrukturreserven im System Bahn
und Pilotprojekten

Schwächen • Defizite der digitalen Infrastruktur • Relativer Mangel an bahnspezifischer


• Teilweise schlechte Anbindung ­Forschung vor Ort
• Monostrukturierte Wirtschaft • Vielfach Zweigniederlassungen vor Ort
• Abwanderung der Nachwuchskräfte • Geringe Schlagkraft der ansässigen
­Bahnunternehmen

Chancen • Neue Wertschöpfung durch Synergien • Bessere Vernetzung vorhandener Partner


mit anderen Branchen/Clustern aus Wissenschaft und Wirtschaft
• Bahnindustrie als Identitätsstifter • Innovationsschübe durch neue Testinfra­
• Perspektive für Fachkräfte u. a. aus strukturen und dadurch entstehende
­Kohleindustrie, für junge Leute ­Innovationsökosysteme
• Strukturförderung als monetärer • LEAG als bahnaffiner und innovations­
­„Ermöglicher“ bereiter Akteur
• Verbesserte Nutzung der Potenziale
­vorhandener Verkehrskorridore

Risiken • Unstimmigkeiten bei Ausrichtung der • Geringe Sichtbarkeit der relevanten


­Bundesländer ­Lehrstühle der BTU/ Schließung Eisenbahn-
• Unzureichende Pull-Faktoren bei Nicht-­ lehrstuhl
Realisierung der Testinfrastrukturen • Wenige Innovationstreibende/Entschei-
dungstragende nicht vor Ort
• Konkurrenz zu bahnspezifischen Innova­
tionsökosystemen außerhalb des Reviers

Im Mitteldeutschen Revier haben sich um die den innovationsfördernden Branchenaustausch,


Oberzentren Halle und Leipzig zahlreiche Unter- gerade mit Blick auf die Digitalisierung. Risiken
nehmen und Wissenseinrichtungen aus verschie- ergeben sich vorrangig aus der potenziellen Kon-
densten Industrien und Branchen angesiedelt. kurrenz zu bestehenden Clustern, die sich nicht
Die diversifizierte Wirtschaftsstruktur, zahlrei- gänzlich an den vom Strukturstärkungsgesetz vor-
che Clusterinitiativen mit und ohne Bezug zum gegebenen Grenzen des Mitteldeutschen Reviers
Bahnsektor, die Einrichtung des Offenen Digita- orientieren. In Tabelle 4 findet sich ein Überblick
len Testfelds von Halle bis in das Lausitzer Revier über die Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-
und die hohe IKT-Kompetenz im Forschungs- Analyse des Mitteldeutschen Reviers.
bereich bieten ideale Anknüpfungspunkte für
53

Tabelle 4: Zusammengefasste Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse für das Mitteldeutsche Revier


Quelle: DIW Econ

Innovativität / Digitalisierung
Regionalstandort / -entwicklung
Bahnsektor

Stärken • Leipzig/Halle mit überregionaler Strahlkraft • Überdurchschnittliche Bedeutung des


für Bevölkerung und Unternehmen Bahnsektors
• Diversifizierte Wirtschaftsstruktur • Viele höher qualifizierte Jobs im Bahnsektor
• Zahlreiche, gut funktionierende Cluster­ • Regionale Innovationsökosysteme im
initiativen ­Bahnsektor (TRAINS, Projekt A-Tram)

Schwächen • Erhebliche regionale Disparitäten innerhalb • Kaum Innovationen/Digitalisierung von


der Teilräume des Reviers Produkten in ansässigen Unternehmen
• Zunehmender Fachkräftemangel • Relativer Mangel an bahnspezifischer
(u. a. durch Abwanderung gut ausgebildeter ­Forschung
Studierender) • Lokale Wahrnehmung des Bahnsektors als
Wirtschaftskraft teilweise unzureichend

Chancen • Stärkung vorhandener Branchen (Logistik, • Stärkung Digitalisierung Bahnsektor


Automobilbranche, chemische Industrie) durch starke Kompetenz im IKT-Bereich
• Beschäftigungspotenziale im IKT-Bereich • Spill-Over von funktionierenden Inno-
• Kongruenz mit strategischer Ausrichtung vationsökosystemen/Clustern anderer
der Region/der beteiligten Bundesländer ­Branchen
• Schaffung „guter“ Arbeitsplätze für Absol- • Gute Standortvoraussetzungen für Anwer-
venten der ansässigen Universitäten ben von IT-Fachkräften für den Bahnsektor
• Anbindung von ländlichen Regionen • Sichtbarmachung des Bahnsektors
• Impulse durch das Offene Digitale Testfeld

Risiken • Keine direkte Wirkung auf vom Struktur- • Relativer Mangel an Innovationstreibern
wandel stark betroffene Regionen ­innerhalb Reviergrenzen
• Länderübergreifende Umsetzung von • Innovationen im Tätigkeitsschwerpunkt
­Projekten/strategische Ausrichtung des ­Infra­struktur besonders komplex und
Clusters erschwert durch Lage in drei schwierig in der Umsetzung
­Ländern • Starke Abhängigkeit des Bahnsektors von
• Mangelnde Akzeptanz der Bevölkerung der Deutschen Bahn als Akteur mit geringe-
durch fehlende direkte Wirkung in der rer Innovationsgeschwindigkeit (aber auch
­Personenbeförderung Chance, da flächendeckende Umsetzung)
• Gefahr der Konkurrenz zwischen Clustern • Schwächung der Innovativität des Bahn­
• Wenige, nur verborgene direkte Anknüp- sektors durch potenzielle Konkurrenz zu
fungspunkte mit Kohlewirtschaft funktionierenden Clustern

Das Rheinische Revier ist im Bereich des Bahn- cluster „Digitale Schiene“. Aufgrund der städti-
sektors mit Abstand die Forschungsstärkste unter schen Prägung der Region wird das Potenzial für
den drei Regionen. Auch erreicht die Region die die Regionalentwicklung vor allem in der Ver-
beste Standortbewertung für ein Innovations- besserung der Personenbeförderung gesehen, um
54

nicht zusätzliche Konkurrenzen mit dem Schie- levanz eines Innovationsclusters „Digitale Schie-
nengüterverkehr zu erzeugen. Zusätzlich ergeben ne“ gesehen, da die Bahnindustrie im Revier
sich Potenziale mit Blick auf die intermodale selbst unterdurchschnittlich vertreten ist. In
Mobilitätsforschung und die Synergien mit der Tabelle 5 findet sich ein Überblick über die Stär-
ebenfalls forschungsstarken IT-Branche vor Ort. ken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse des
Risiken werden primär in der Beschäftigungsre- Rheinischen Reviers.

Tabelle 5: Zusammengefasste Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse für das Rheinische Revier


Quelle: DIW Econ

Innovativität / Digitalisierung
Regionalstandort / -entwicklung
Bahnsektor

Stärken • Gute geografische Lage am Dreiländereck • Gute geografische Lage am Dreiländereck


und inmitten von Oberzentren und inmitten von Oberzentren
• Gut koordinierte Strukturpolitik und • Gut koordinierte Strukturpolitik und
­Förderkulisse ­Förderkulisse
• Generell hohe Forschungskompetenz • Generell hohe Forschungskompetenz
(z. B. im Bereich IT) (z. B. im Bereich IT)

Schwächen • Geringe Flächenverfügbarkeit • Geringe Beschäftigungsrelevanz des


• Stark ausgelastete Verkehrsinfrastruktur in ­Bahnsektors
Ballungsräumen • Viele wichtige Unternehmen nicht direkt
• Disparitäten innerhalb des Reviers im, sondern nur nahe am Revier

Chancen • Verbesserung der Kapazität der vorhan­ • Noch engere Verzahnung von Wissenschaft
denen Bahninfrastruktur und bessere und Wirtschaft
An­bindung von Wohn- und Arbeitsstätten • Erprobungsraum für Mobilitätsbedürfnisse
• Stärkung Bahnsektor durch Synergien mit in städtischen und ländlichen Räumen
anderen Branchen und Disziplinen • Fokus auf intermodalen Verkehr
• Einbindung der im Bahnsektor aktiven • Innovationsfreudige Atmosphäre im Revier
­Unternehmen im Umland („Innovation Valley Rheinland“)
• Beitrag zur Fachkräftesicherung im
­Bahnsektor
• Sichtbarkeit Revier erhöhen

Risiken • Widerstand beim Ausbau von Schienen-­ • Unterschiedliche Sicherheitsanforderungen


infra­struktur durch ansässige Bevölkerung gefährden branchenübergreifende Koope-
• Bahnsektor kein Schwerpunkt der regional- rationen
ökonomischen Strategie • Konkurrenz zu anderen Branchen
• Eingeschränkte Strahlkraft der Bahn­
industrie im Revier im Vergleich zu ­
anderen Branchen
55

4.3.3. Spezifische Zukunftsanwendungen sonderes Potenzial bieten, zur Innovativität des


mit Potenzial Bahnsektor sowie zur Regionalentwicklung bei-
zutragen (vgl. Abbildung 12). Die ausgewählten
Technologien eröffnen insbesondere Chancen
In AP 1 wurden digitale und nicht-digitale tech- für Forschung und Entwicklung oder für die
nologische Anwendungen im Bahnsektor zur Er- Schaffung der Zulassungs- und Marktreife. Zu-
reichung des entworfenen Zielbildes „Digitale sätzlich wurde die potenzielle Beschäftigungswir-
Schiene 2030“ ermittelt (vgl. Kapitel 3.2). Darauf kung als weiteres Auswahlkriterium berücksich-
aufbauend wurde in AP 2 untersucht, welche die- tigt. Außerdem zeigte die tiefergehende Analyse
ser Zukunftsanwendungen besonders relevant der ausgewählten Anwendungstechnologien, ob
für ein Innovationscluster „Digitale Schiene“ in es bereits spezifische Anknüpfungspunkte für die
den Regionen sein könnten. Dafür wurden die- Technologien in den Regionen gibt, aus denen
jenigen Anwendungstechnologien identifiziert sich Standortvorteile ableiten lassen.
und ggf. geclustert, die für die Regionen ein be-

Relevanz für
wirtschaftliche
Aktuelle Relevanz Zukünftige Relevanz ­Entwicklung
Akteursgruppe ­
Unternehmen Wissens­ Unternehmen Wissens­ Wissens­
einrichtungen einrichtungen einrichtungen

Automatisierung im Schienenverkehr
Autonome Steuerung 27% 39% 45% 61% 39%
Multisensoriklösungen 15% 44% 30% 61% 50%
DAK 12% 39% 33% 39% 50%
Intermodaler Gütertransport 12% 44% 36% 28% 67%
Distributed-Ledger-Technologie 6% 17% 18% 44% 17%
Predictive Maintenance Züge 15% 56% 42% 44% 67%

Alternative Antriebe von Schienenfahrzeugen


Alternative Kraftstoffe 27% 33% 52% 44% 67%
Alternative Antriebe 27% 39% 48% 50% 72%

Digitalisierung der Bahninfrastruktur


Erstellung digitaler Zwillinge 24% 50% 42% 44% 44%
Digitales Stellwerk 18% 22% 24% 28% 44%
Predictive Maintenance Infrastruktur 21% 28% 58% 44% 56%
Drohnenaufn. & KI-Bildanalyse 27% 22% 48% 39% 44%

Fahrzeugbau
Innovationen im Fahrzeugbau 9% 44% 30% 39% 56%

Übergeordnete Anwendungen
Cyber Security 30% 28% 48% 39% 33%

Anzahl Antworten 33 18 33 18 18

Abbildung 12: Beurteilung der aktuellen und zukünftigen Relevanz ausgewählter Zukunftsanwendungen
Quelle: DIW Econ
56

In allen Regionen konnten zahlreiche relevante Das Rheinische Revier ist die forschungsstärks-
Anknüpfungspunkte für die ausgewählten Tech- te Region im Bereich des Bahnsektors. Auch er-
nologien identifiziert werden, die in einem reicht es die beste Standortbewertung für ein
Innovationscluster „Digitale Schiene“ nutzbar Innovationscluster „Digitale Schiene“ aus Sicht
gemacht werden können. Die regionalen An- der Unternehmen und Wissenseinrichtungen.
knüpfungspunkte erstrecken sich dabei über Aufgrund der städtischen Prägung der Region
verschiedene Bereiche des Bahnsektors, von der wird das Potenzial für die Regionalentwicklung
Automatisierung des Schienenverkehrs über In- vor allem in der Verbesserung der Personen-
novationen im Fahrzeugbau, alternative Antrie- beförderung gesehen. Gleichzeitig ist aber die
be und Kraftstoffe bis hin zur Digitalisierung der Beschäftigungsrelevanz des Bahnsektors un-
Bahninfrastruktur. Dies schließt aber nicht aus, terdurchschnittlich. Insofern wird eine regional-
dass sich in den Regionen zukünftig nicht auch wirtschaftliche Wirkung eher indirekt über die
neue regionale Anknüpfungspunkte für weitere Attraktivierung des Standortes und die Stärkung
technologische Anwendungen ergeben können. der mit dem Bahnsektor kooperierenden Bran-
Innovationen im Bereich der Infrastruktur (wie chen gesehen (insbesondere IKT-, Logistik- und
z. B. das Digitale Stellwerk) erfordern jedoch Automobilbranche).
häufig eine Implementierung in einem größeren
systemischen Kontext, der eine Kooperation auf Im Mitteldeutschen Revier haben sich um die
überregionaler Ebene erfordert. Daher kann ein Oberzentren Halle und Leipzig zahlreiche Unter-
regionales Innovationscluster bei manchen infra- nehmen und Wissenseinrichtungen aus verschie-
strukturellen Technologien voraussichtlich keine densten Industrien und Branchen angesiedelt.
eigenständige Innovation oder Implementierung Die diversifizierte Wirtschaftsstruktur, zahlrei-
betreiben. che Clusterinitiativen mit und ohne Bezug zum
Bahnsektor und die hohe IKT-Kompetenz im
4.4. Fazit der Bestandsaufnahme Forschungsbereich bieten ideale Anknüpfungs-
punkte für den innovationsfördernden Aus-
und Potenzialanalyse zum tausch über Branchengrenzen hinweg. Die bereits
Bahnsektor funktionierende, heterogene Clusterlandschaft
birgt dort sowohl Chancen als auch Risiken. Es
Die Standortbedingungen für ein Innovations- wird essentiell sein, keine Doppelstrukturen vor
cluster „Digitale Schiene“ werden in allen drei Ort zu schaffen. Des Weiteren ist offen, wie hoch
Regionen von den ansässigen Unternehmen und ein Innovationscluster „Digitale Schiene“ regio-
Wissenseinrichtungen als gut bis sehr gut be- nalpolitisch priorisiert wird.
wertet. Neben der Kohärenz zwischen den Tä-
tigkeitsfeldern des Innovationsclusters und den Das Lausitzer Revier punktet mit seinem großen
Leitbildern und Strategien der Regionen und und günstigen Angebot an Gewerbeflächen.
Bundesländer, verfügen die Standorte über gute Durch die lange Tradition in der Fahrzeugherstel-
Bedingungen für den Aufbau eines Clusters. In lung sind viele Unternehmen vor Ort, die als rele-
allen drei Regionen gibt es außerdem zahlreiche vante Partner für die Markteinführung von Inno-
Anknüpfungspunkte für die Zukunftsanwendun- vationen fungieren können. Chancen bietet die
gen der Digitalen Schiene mit Potenzial für eine in die Zukunft ausgerichtete, kooperationsbereite
lokale Umsetzung bis 2030. und bereits bahnsektoraffine LEAG sowie die An-
57

siedlung von Testfeldern in der Region (Offenes Bahnsektors maßgeblich gefördert werden. Zu-
digitales Testfeld des DZSF und Überlegungen dem kann entweder direkt, über eine beschäf-
zum Aufbau von TETIS). Während die bahnspezi- tigungsstabilisierende bis hin zur beschäfti-
fische Forschungstätigkeit im Vergleich mit den gungsschaffenden Wirkung im Bahnsektor oder
anderen Regionen im Lausitzer Revier weniger indirekt über die Attraktivierung des Regional-
ausgeprägt ist, bestehen wichtige Forschungspo- standorts ein Beitrag zur Förderung der Regio-
tenziale in einer Zusammenarbeit mit der nahe nalentwicklung und zur Bewältigung des Struk-
gelegenen TU Dresden. turwandels geleistet werden. Insofern ist eine
relevante Schnittmenge der Ziele Innovations-
Ziel der Etablierung eines Innovationsclusters förderung und Regionalentwicklung in den
„Digitale Schiene“ in den Regionen ist es, einer- Regionen vorhanden.
seits die Innovativität und Digitalisierung des
Bahnsektors zu fördern und andererseits einen Ein Innovationscluster „Digitale Schiene“ ist je-
Beitrag zum Strukturwandel in den Regionen doch kein „Allheilmittel“, weder für Innovatio-
zu leisten. Die Potenzialanalyse hat gezeigt, dass nen im Bahnsektor, noch für die Regionalent-
beide Ziele erreicht werden können und arbeitet wicklung. Insofern ist es wesentlich, dass das
Pfade heraus, wie Innovativität im Bahnsektor Innovationscluster regional getragen und an
und die Regionalentwicklung der Regionen ge- die Gegebenheiten vor Ort angepasst wird. Di-
meinsam realisiert werden können. gitalisierungsvorhaben im Bahnsektor können
nur dauerhaft Wertschöpfung und lokale Be-
Innerhalb einer Clustermanagementorganisa- schäftigung generieren, wenn endogene Poten-
tion können systematische Innovationshemm- ziale sinnvoll genutzt werden. Die in der Stär-
nisse des Bahnsektors, wie der Fachkräfteman- ken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse
gel, die Anwendungsorientierung der Forschung skizzierten Potenziale und Bedarfe gilt es daher
oder der sozio-technische Lock-In der Branche in der Konzipierung des Innovationsclusters „Di-
reduziert werden. Durch die Zusammenarbeit gitale Schiene“ zu berücksichtigen. Generell sig-
von Wissenschaft und Wirtschaft, gemeinsame nalisierten alle drei Regionen in den Workshops
Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, das ein (mehr oder weniger stark ausgeprägtes) Inter-
Teilen von innovationshemmenden betriebswirt- esse an der Etablierung eines Innovationsclusters
schaftlichen Risiken, die gemeinsame Fördermit- „Digitale Schiene“, wenn sich daraus positive Re-
telakquise sowie die systematische Vernetzung gionaleffekte erwarten lassen und entsprechende
mit anderen Branchen, v. a. der Digitalwirtschaft, Fördermittel zur Verfügung stehen.
kann die Digitalisierung und Innovativität des
58

5. Arbeitspaket 3:
Clusterkonzept „Digitale Schiene“ und
Umsetzungsmaßnahmen

5.1. Ziele und Überblick digitale Standards für den deutschen und euro-
päischen Bahnverkehr zu entwickeln. Ebenfalls
wurden Zukunftsthemen, wie bspw. das ETCS,
In AP 3 wurden auf Basis der Analyse und Be- das Digitale Stellwerk, die Digitale Automatische
schreibung wichtiger technologischer Trends Kupplung (DAK), das automatisierte Rangieren
und des Zielbildes „Digitale Schiene 2030“ (AP 1) sowie die Entwicklung von Logistik-Plattformen
sowie der Ergebnisse der Bestandsaufnahme und für den Schienengüterverkehr als Anknüpfungs-
Potenzialanalyse zum Bahnsektor in den Braun- punkte in den Clusterkonzepten geprüft. Darüber
kohleregionen (AP 2) regionsspezifische Cluster- hinaus wurde auch herausgearbeitet, welche Aus-
konzepte mit konkreten Umsetzungsmaßnah- wirkungen sich aus dem Zielbild „Digitale Schie-
men für das Lausitzer Revier, das Mitteldeutsche ne 2030“ für die Berufsbilder, für die Aus- und
Revier und das Rheinische Revier entwickelt. Weiterbildung der bereits im Bahnsektor tätigen
Beschäftigten und für die zu gewinnenden Fach-
Die Konzepte sollen das System Schiene syste- kräfte ergeben. Die Ergebnisse von AP 3 wurden
matisch voranbringen. Dafür wurden, ausgehend vor ihrer Finalisierung in Regionalworkshops
von theoretischen und empirischen Annahmen mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren
zum erfolgreichen Clustermanagement, Hand- in den jeweiligen Braunkohleregionen diskutiert
lungsempfehlungen für den erfolgreichen Auf- und ergänzt. Mit Blick auf die Umsetzung der
bau und die Verstetigung eines Innovations- Clusterkonzepte wurden schließlich Vorschlä-
clusters in den Regionen abgeleitet. In einem ge für die Struktur und Organisation, Beteiligte
nächsten Schritt wurden auf Grundlage der Er- sowie die Finanzierung für ein Innovationsclus-
gebnisse der ersten beiden AP strategische Hand- ter in den Braunkohleregion – einschließlich der
lungs- und Innovationsfelder mit ihren Voraus- Fördermöglichkeiten für Forschung und Ent-
setzungen und Erfolgsfaktoren und möglichen wicklung – formuliert. Aus der Zusammenschau
Handlungsoptionen definiert. Ziel war es, die ergaben sich relevante Aussagen zur Machbarkeit
vorhandenen lokalen Digitalisierungsansätze in eines Innovationsclusters „Digitale Schiene“ in
innovations- und umsetzungsstarke Strukturen den Regionen und Handlungsempfehlungen für
zu überführen, die es ermöglichen, einheitliche deren Umsetzung.
59

5.2. Theoretische Grundlagen des vaten und öffentlichen Akteurinnen und Akteu-
ren entwickelt und umgesetzt. Im Mittelpunkt
Clusterverständnisses der Clusterinitiativen stehen die Unternehmen
und ihre Bedürfnisse.
5.2.1. Definition der Clusterbegriffe
Clustermanagement umfasst die Steuerung und
Zahlreiche Begrifflichkeiten und Termini prägen Koordinierung der Clusterinitiative und die Um-
die Cluster-Thematik. Manche Begriffe werden setzung der von ihr entwickelten Maßnahmen.
synonym verwendet und bei einigen existieren Das Clustermanagement richtet sein Handeln an
unterschiedliche Erklärungsversuche. Daher den spezifischen Bedarfen der Clusterakteure aus.
werden nachfolgend die in der Machbarkeits- In der Regel wird das Clustermanagement von
studie verwendeten Begriffe definiert, um ein einer eigenständigen Organisationseinheit über-
gemeinsames Verständnis über die verwendeten nommen, die als Clustermanagementorganisa-
Termini zu schaffen. tion bezeichnet wird. In vielen Clusterinitiativen
übernimmt das Clustermanagement ein für die-
Die Machbarkeitsstudie folgt dem Begriffsver- se Aufgabe eingetragener Verein (e. V.) oder eine
ständnis von Michael E. Porter, wonach der Be- dafür gegründete Gesellschaft mit beschränkter
griff Cluster eine räumliche Konzentration von Haftung (GmbH). Im Rahmen der Machbarkeits-
Unternehmen, spezialisierten Zulieferern und studie werden die Begriffe Clustermanagement
Dienstleistern, Hochschulen, Bildungs- und For- und Clustermanagementorganisation/en (CMO)
schungseinrichtungen sowie unterstützenden weitestgehend synonym verwendet.
Institutionen (wie z. B. Kammern und Verbän-
de) entlang einer Wertschöpfungskette bezeich- Clusterpolitik ist ein Instrument der regionalen
net, die gemeinsame Interessen verfolgen, auch Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung, das
wenn sie zum Teil miteinander im Wettbewerb die Entstehung und Entwicklung funktionsfähi-
stehen. Innovationscluster zeichnen sich da- ger Cluster durch die Herausbildung von Clus-
bei im Speziellen durch eine enge Verflechtung terinitiativen unterstützt. Durch eine intensive
von Wissenschaft und Wirtschaft aus und kön- Kooperation der Akteurinnen und Akteure im
nen als regionale, institutionalisierte und län- Cluster sollen die Vorteile der räumlichen Nähe
gerfristige Zusammenarbeit in Forschung und (wie insbesondere ein größeres Angebot an Fach-
Entwicklung zwischen verschiedenen Unter- kräften, intensive Arbeitsteilung, Diffusion von
nehmen, Wissenschaft und Forschungseinrich- markt- und technologiebezogenem Wissen) ge-
tungen über den gesamten Wertschöpfungspro- nutzt werden.
zess verstanden werden.
Clusterakteure sind im Sinne der Studie alle an
Der Begriff Clusterinitiative bezeichnet das Zu- einem Cluster bzw. Clusterverbund Beteiligte.
sammenwirken verschiedener Akteurinnen und Das sind u. a. produzierende Unternehmen,
Akteure zum Zweck der Entwicklung und Um- Dienstleistungsunternehmen, Forschungsein-
setzung clusterspezifischer Maßnahmen. Die richtungen, Wissenstransfer- und Bildungsinsti-
Aktivitäten einer Clusterinitiative werden in der tutionen, Wirtschaftskammern sowie Regional-
Regel in gemeinsamer Verantwortung von pri- und Unternehmensverbände.
60

5.2.2. Merkmale und Potenziale der Zusam­ len Vorteilen in Form von Kosteneinsparungen
menarbeit in Clustern und/oder Ertragssteigerungen infolge der räum-
lichen Nähe zueinander und dadurch begünstig-
ter kurzer Kommunikationswege zwischen den
Mit dem Aufbau eines Clusters werden positive Akteurinnen und Akteuren sowie eines bevor-
Effekte auf die Wettbewerbs- und Innovations- zugten Zugriffs auf lokal spezialisierte Arbeits-
fähigkeit von Regionen und Branchen assoziiert. märkte, Zulieferverflechtungen und Infrastruk-
Einige empirische Studien weisen darauf hin, tursynergien. Die Transaktionskosten innerhalb
dass Unternehmen in Clustern profitabler sind eines Clusters können auch durch gemeinsames
sowie eine höhere Produktivität (Wertschöpfung Marketing, gemeinsame Akquise, gemeinsame
je Beschäftigte) und eine bessere Innovations- Investitionen sowie den Bau und die Nutzung
leistung aufweisen als Unternehmen, die keinem von Infrastrukturen reduziert werden. Zudem
Cluster angeschlossen sind. Zudem konnten in sind mit Clustern nicht-finanzielle Vorteile in
Clustern höhere Gründungs- und Überlebens- Form lokaler Wissensgenerierung, Wissenstrans-
raten von Unternehmen nachgewiesen werden. fer und Wissensakkumulation verbunden.
Demnach führt die Clusterbildung zu finanziel-

EU

National Clusterpolitik


Regional Weiterentwicklung von


­Clusterpotenzialen
­

Universitäten

Unternehmen Clustermanagement-
Regionale Akteure organisation (CMO)
Forschung
Gezielte Förderung von Cluster-
Arbeitskräfte potenzialen durch Institutionali-
sierung des Clusters in einer CMO

Clustermanagement
(Geschäftsstelle der CMO)

Clusterprofil


Abbildung 13: Clusterentwicklung, Clusterpolitik und ­Clustermanagement


Quelle: atene KOM
61

Die Initiierung, der Aufbau und die Entwicklung folgreicher Cluster zu schaffen, hat die European
von Clustern (im Folgenden: Clusterentwicklung) Cluster Excellence Initiative (ECEI) das European
erfolgt im Zusammenspiel unterschiedlicher Ak- Cluster Excellence Label entwickelt. Nachfolgend
teurinnen und Akteure. Neben der Clusterpoli- werden die wesentlichen Qualitätsindikatoren
tik sind dabei die regionale Basis und das Clus- zusammengefasst, die den Leitfaden zum erfolg-
termanagement wesentlich (vgl. Abbildung 13). reichen Aufbau eines Innovationsclusters in den
Durch die Professionalisierung des Clusters in Regionen bieten.
einer CMO sowie den Ausbau bedarfsgerechter
Clusterstrukturen können die positiven Effekte Größe und Angebot
von Clustern verstärkt werden, da der Wissens-
austausch zwischen Wissenschaft und Wirt- Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Größe eines
schaft aktiv befördert und begleitet werden kann. Clusters in Relation zur Branche und regionalen
Grundsätzlich haben CMO hierbei eine positive Ausprägung. Das Überschreiten der sogenannten
Wirkung, indem sie die Interessen und Bedar- kritischen Masse an Unternehmen und unter-
fe der Mitglieder identifizieren und auf dieser stützenden Akteurinnen und Akteuren vor Ort
Grundlage passgenaue Dienstleistungen anbie- ist erforderlich, um bspw. die Finanzierung des
ten. Damit Cluster langfristig Bestand haben, ist Clusters über Mitgliedsbeiträge zu sichern. Die
der Aufbau nachhaltiger und anpassungsfähiger Zahl der Mitglieder kann zudem für die Außen-
Organisationsstrukturen und Prozessabläufen wirkung bedeutsam sein, um den Interessen des
– wie ein stabiles Netzwerk – wesentlich. CMO Clusters nach außen Sichtbarkeit, Relevanz und
übernehmen dabei eine koordinierende Rolle in Nachdruck zu verleihen. Auch für die Innovati-
der operativen Umsetzung gemeinsamer Projek- ons- und Wettbewerbsfähigkeit eines Clusters ist
te, unterstützen die Zusammenarbeit aller Ak- die Bindung relevanter Akteurinnen und Akteure
teurinnen und Akteure in einem Cluster und bie- an das Cluster entscheidend. Daher sollte durch
ten ihnen ein umfangreiches, bedarfsorientiertes den Aufbau eines attraktiven Service- und Be-
Serviceportfolio an. Sie schaffen damit einen in- ratungsportfolios und die aktive Einbindung der
stitutionalisierten Rahmen für die langfristige (potenziellen) Mitglieder in die Clusterarbeit und
Kooperation in einem Cluster und fungieren als -themen das Interesse am Innovationscluster si-
strategische, systematische und innovationsori- chergestellt werden.
entierte Netzwerke, die in die Struktur- und In-
novationspolitik der Region eingebunden sind. Steuerung und Kooperation

5.2.3. Indikatoren für den Erfolg von Für die Funktionsfähigkeit einer CMO sind aus-
­Clustern reichende Personalressourcen mit entsprechen-
der Qualifikation wesentlich, um eine enge Be-
CMO müssen einer Vielzahl von Anforderungen treuung der Clusteraktivitäten zu garantieren.
standhalten, damit eine erfolgreiche Zusammen-
arbeit für Clusterbeteiligte, den Industriesektor Neben der personellen Ausstattung des Clus-
und die Entwicklung der Regionen möglich ist. termanagements ist die Zusammenarbeit zwi-
Um ein gemeinsames Verständnis über die An- schen Clustermanagement und Clusterakteuren
forderungen an erfolgreiches Clustermanage- ein Erfolgsfaktor für gutes Clustermanagement.
ment und einen Leitfaden für den Aufbau er- Clustermitgliedern sollte die Möglichkeit gege-
62

ben werden, sich an gemeinsamen Aktivitäten Strategie, Ziele und Dienstleistungen


zu beteiligen. Dazu gehören bspw. regelmäßige
Abstimmungstreffen, reguläre und kontextbe- Die Formulierung von Zielen und die Entwick-
zogene Arbeitsgruppen, Abstimmungstermine lung einer Clusterstrategie spielen eine zentrale
und Projekttreffen. Innerhalb des Clusters soll- Rolle für den Erfolg und die Entwicklung des
te grundsätzlich eine Mindestanzahl an Arbeits- Clusters. Nur wenn klare Ziele vorliegen, kann
gruppen angeboten werden. Diese ist wiederum mit der Strategieentwicklung und weiteren Clus-
von der Clustergröße abhängig. teraktivitäten begonnen werden, die Wettbe-
werbsvorteile für Mitglieder generieren. Die For-
Um Flexibilität und eine zielgerichtete Mobilisie- mulierung gemeinsamer Ziele schafft zugleich
rung von Ressourcen und Kundenorientierung eine Schnittmenge der oftmals heterogenen
zu ermöglichen, sind die Abläufe innerhalb einer Interessen der Clusterakteure und trägt damit
CMO projektorientiert und auf flachen Hierar- zur Identifikation mit dem Cluster bei. Zur Ent-
chieebenen zu organisieren. wicklung einer Clusterstrategie empfiehlt sich
eine Analyse der Herausforderungen und Bedar-
Finanzierung fe des Clusters, z. B. mittels einer Identifizierung
von Industrie- und Marktherausforderungen
Um Dienstleistungen bereitstellen und Wett- oder eines Benchmarkings der neuen Wertschöp-
bewerbsvorteile für ihre Mitglieder erzielen zu fungskettenaktivitäten sowie der wichtigsten Er-
können, benötigen CMO eine solide und nach- folgsfaktoren für den Wettbewerb. Dabei ist eine
haltige Finanzierung aus öffentlichen und/oder Beteiligung der Clustertakteure an der Strategie-
privaten Finanzierungsquellen (vgl. 5.4.4.). Für die entwicklung unabdingbar, um ihre Interessen
meisten Cluster ist die Förderung durch die öf- und Bedarfe hinreichend abbilden zu können.
fentliche Hand vor allem während der Anfangs- Auf dieser Basis erfolgt die Formulierung der
phase elementar, um notwendige Investitionen eigentlichen Strategie (Vision, Ziel, Leistungs-
in den Aufbau von Organisationsstruktur und spektrum, etc.), die wiederum im Rahmen eines
Leistungsangebot tätigen zu können. Da die CMO Aktionsplans eine Konkretisierung und Operati-
als nachhaltiger Zusammenschluss geplant ist, onalisierung erfährt. Die Strategie der CMO sollte
muss die Finanzierung des Clusters auch mittel- Analysen, Optionen sowie die geplante Unter-
und langfristig über die Gründungs- und Etablie- stützung von Akteurinnen und Akteuren offen-
rungsphase hinaus gesichert werden. Ein Teil des legen. Sie sollte auch einen Aktions- und Arbeits-
Budgets einer CMO sollte deshalb durch private plan mit messbaren Zielen und zugeordnetem
Quellen finanziert sein. Der Anteil öffentlicher Budget beinhalten, der mit der Strategie und den
Fördermittel sollte im Zeitverlauf grundsätzlich dokumentierten strategischen Herausforderungen
sukzessive reduziert werden. Je nach Struktur übereinstimmt.
und Zielsetzung des Clusters wird für die ersten
Jahre eine Mischfinanzierung aus öffentlichen Ergebnisse und Sichtbarkeit
Fördermitteln und privatwirtschaftlichen Ein-
nahmequellen empfohlen. Die Sichtbarkeit eines Clusters trägt dazu bei, die
Relevanz der Branche für die Region hervorzu-
heben und die Attraktivität des Standortes für
Unternehmen und Fachkräfte zu erhöhen. Durch
63

eine zielgerichtete Kommunikation kann die Öf- interdisziplinäre Vernetzung von unterschiedli-
fentlichkeit gezielt auf bestimmte clusterrelevan- chen Bereichen wie Wirtschaft, Wissenschaft, Po-
te Themen aufmerksam gemacht und sensibili- litik und Verwaltung unterscheiden. Vernetzung
siert werden. Zudem wird ein gemeinsames und findet dabei regional, national aber auch inter-
geschlossenes Auftreten nach außen vermittelt. national statt. Allgemein agieren CMO als Ver-
Dies kann sich positiv auf die Fachkräftegewin- mittler und wirken als Bindeglied zwischen den
nung und -sicherung, die Stärkung der regiona- unterschiedlichen Clusterakteuren. Sie moderie-
len Identität und die Erzeugung von Pull-Fak- ren die Zusammenarbeit, bahnen nationale so-
toren für Investoren auswirken. Darüber hinaus wie internationale Kooperationen an, vermitteln
kann positiv Einfluss auf regulatorische Rahmen- Kontakte und fördern den Austausch der Cluster-
bedingungen, Subventionen und öffentliche Inf- akteure untereinander.
rastrukturmaßnahmen genommen werden.
Veranstaltungsmanagement
Die Kommunikationsmaßnahmen sollten regel-
mäßig aktualisiert werden und einen Überblick Eng verbunden mit der Vernetzung ist das Ver-
über Clusterdetails, die Arbeit, den Industriesek- anstaltungsmanagement. Durch die Konzeption,
tor allgemein und wichtige Kontaktstellen be- Planung und Durchführung unterschiedlicher
inhalten. Die Kommunikation sollte insgesamt Veranstaltungsarten – wie Messen, wissenschaft-
interdisziplinär sowie branchen- und cluster- liche Konferenzen, Fachtagungen, Kongresse,
übergreifend erfolgen. So kann ein konstruktiver Symposien und Workshops – bringt das Clus-
und kritischer Austausch zwischen Wirtschaft, termanagement unterschiedliche Akteurinnen
Wissenschaft und Politik gefördert werden. und Akteure zusammen. Veranstaltungen dienen
sowohl der allgemeinen Vernetzung und Kon-
5.2.4. Aufgaben von Clustermanagementor­ taktanbahnung als auch der zielgerichteten Ver-
ganisationen netzung zu einzelnen Themen oder spezifischen
Vorhaben. Darüber hinaus sind Veranstaltungen
Das Aufgabenspektrum einer CMO ist vielsei- relevant, um die Reichweite eines Clusters zu er-
tig und richtet sich nach den Bedarfen der Ak- höhen. Mit kostenpflichtigen Veranstaltungsan-
teurinnen und Akteure im Cluster. Grundsätz- geboten kann eine Einnahmequelle erschlossen
lich unterstützen CMO die Zusammenarbeit der werden, die zur nachhaltigen Finanzierung des
Clusterakteure sowie die Weiterentwicklung des Clusters beiträgt.
Clusters durch die Bereitstellung der folgenden
Dienstleistungen und Beratungsangebote: Interne und externe Kommunikation

Vernetzung Zur Förderung und Weiterentwicklung des Clus-


ters sollte die CMO umfassende Kommunikati-
Eines der wesentlichen Aufgabenfelder einer onsmaßnahmen ergreifen. Hierbei wird zwischen
CMO ist die Vernetzung. Hierbei lassen sich die der Kommunikation innerhalb des Clusters und
Vernetzung innerhalb des Clusters bzw. der Clus- der externen Kommunikation, also der Kommu-
terakteure, die Vernetzung in der jeweiligen nikation mit einer breiten Öffentlichkeit sowie
Branche oder über Branchengrenzen hinaus, die weiteren relevanten Branchen, unterschieden.
Vernetzung mit Politik und Verwaltung oder die Die Kommunikationsmaßnahmen eines Clus-
64

ters umfassen in der Regel einen Internetauftritt, Hinweisen zu neuen Förderprogrammen (z. B. im
Newsletter, Informationskampagnen, Teilnahme Rahmen eines Newsletters), Erstellung und Pflege
an Fachmessen, Pressemitteilungen, aktive (mit einer Förderdatenbank, Recherche und Anspra-
Präsentation) Teilnahme an Konferenzen und che von passenden Partnern und Programmen,
anderen „wichtigen” Veranstaltungen. oder der Einrichtung einer Kontaktstelle zur vor-
habenbezogenen Fördermittelberatung. Darüber
Unterstützung von Forschung & Entwicklung hinaus können CMO in enger Abstimmung mit
(F&E) den beteiligten Akteurinnen und Akteuren auch
operative Hilfestellung bei der Antragstellung,
Eines der wesentlichen Aufgabenfelder einer dem Projektmanagement des geförderten Pro-
CMO ist die Förderung von F&E. Hierzu zählen jektes und der Abrechnung bzw. dem Mittelabruf
sowohl die generelle Stärkung der Innovations- der Zuwendung leisten.
fähigkeit des Clusters durch Austausch und Wis-
senstransfer als auch die zielgerichtete F&E-För- Förderung von Aus- und Weiterbildung
derung durch die Entwicklung entsprechender
Forschungsvorhaben und -initiativen. Für das CMO sind wichtige Akteure im Feld der Aus- und
Clustermanagement ist es wesentlich, den ak- Weiterbildung und können dem Fachkräfteman-
tuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung gel entgegenwirken. So bieten CMO allein oder in
zu kennen und neue Technologien und Trends Kooperation mit Hochschulen, öffentlichen und
frühzeitig zu identifizieren und zu nutzen. Daher privaten Bildungsanbietern, Industrie- und Han-
sollten CMO zentrale Treiber von Innovations- delskammern, Handwerkskammern und Ver-
prozessen sein, indem sie Innovations- und Pro- bänden Schulungen an und leiten Ausbildungs-
jektpartnerschaften initiieren, F&E-Tätigkeiten programme. Nicht selten sind CMO auch an der
unterstützen und die Entwicklung und Umset- praxisnahen Ausrichtung von Studiengängen
zung von Pilot-/ Leuchtturmvorhaben vorantrei- beteiligt oder organisieren für Nachwuchskräf-
ben. Wesentlich ist hierbei die Vernetzung von te Führungen in Unternehmen. Zudem unter-
Wirtschaft und Wissenschaft, um auf Basis der stützen CMO mit ihrem cluster- und branchen-
Einschätzungen führender Unternehmen und übergreifenden Netzwerk Unternehmen bei der
Forschungsinstitute zu analysieren, was in den Fachkräfteakquise. Zu ihrem Aufgabenspektrum
kommenden Jahren erforderlich sein wird. Hier- zählen in der Praxis bspw. die Organisation von
für ist bspw. die Initiierung eines Vortrags- und Ausbildungs- und Jobmessen und die Vermitt-
Diskussionsprogramms denkbar. lung von Praktika, Ausbildungsangeboten und
praxisbezogenen Studiengängen durch entspre-
Fördermittelrecherche und -akquise chende Jobportale.

Eng verbunden mit der Förderung von F&E ist Unterstützung von Start-ups
die Fördermittelrecherche und -akquise. Hier-
bei können CMO in vielfältiger Weise unterstüt- Eine Förderung von Gründungsinitiativen trägt
zen, bspw. mit Dienstleistungsangeboten wie sowohl zu Innovationen als auch zum Wachs-
Recherche und Monitoring relevanter Förder- tum des Clusters durch etwaige Neuansied-
programme auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, lung bei. Dadurch wirkt sich die Förderung von
Übersichten zu relevanten Förderprogrammen, Start-ups auch positiv auf das Erreichen einer
65

kritischen Masse an Unternehmen und unter- Clusterakteure positiv auf regulatorische Rah-
stützenden Akteurinnen und Akteuren inner- menbedingungen, Subventionen und öffentli-
halb des Clusters aus. CMO können Start-ups in che Infrastrukturmaßnahmen Einfluss nehmen.
vielfältiger Weise unterstützen, z. B. durch För- Vom Clustermanagement sind dafür Strategien,
dermittelberatung, Gründungs- und Ansied- zur Verbesserung des clusterspezifischen Wirt-
lungsberatung, Kontaktherstellung zu Patentan- schaftsumfeldes (z. B. Kontaktaufnahme zu Ent-
wälten, Bereitstellung von Infrastruktur (Labore, scheidungsträgern, Positionspapiere, Referenten-
Co-Working-Bereiche), Managementseminare, entwürfe) zu entwickeln und umzusetzen.
Mentorenprogramme und der Vermittlung von
Entwicklungspartnerschaften (zwischenbetriebli- 5.3. Mögliche Handlungsfelder
che Synergien).
und -optionen für ein
Internationalisierung ­Innovationscluster in den
Braunkohleregionen
Vor dem Hintergrund der voranschreitenden
Globalisierung von Innovations- und Wertschöp-
fungsketten kommt der Internationalisierung Ausgehend von den oben diskutierten theore-
von Clustern eine besondere Bedeutung zu. Sie tischen Annahmen zum Clustermanagement,
wird durch die Suche nach passenden Partnern wurden regionale Clusterkonzepte für die drei
im Ausland, der Entwicklung von Internationa- Braunkohleregionen entwickelt. Hierfür wur-
lisierungsstrategien oder der Organisation von den zunächst regionsspezifische Clusterziele bzw.
Auslands-/Delegationsreisen durch die CMO Handlungsfelder zur Ausrichtung des Cluster-
unterstützt und vorangetrieben. Durch den en- managements in den jeweiligen Regionen defi-
gen Kontakt mit Akteurinnen und Akteuren vor niert. Dies erfolgte auf Grundlage der identifi-
Ort verfügen CMO über Wissen von Bedarfen aus zierten technologischen und digitalen Trends im
den jeweiligen regionalen, nationalen und inter- Bahnsektor und des Zielbildes „Digitale Schiene
nationalen Branchen. 2030“, der Bestandsaufnahme und Potenzialana-
lyse zum Bahnsektor in den Braunkohleregionen
Politische Interessenvertretung sowie der Ergebnisse der regionalen Workshops.
Anschließend wurden konkrete Umsetzungs-
Eine wichtige Funktion von CMO ist die politi- maßnahmen bzw. Handlungsoptionen für die je-
sche Interessenvertretung ihrer Mitglieder, d.h. weiligen Clusterziele entwickelt, die sich an den
die Vermittlung zwischen der übergeordneten Aufgaben von CMO orientieren (vgl. 5.2.4.). Ab-
politischen Ebene und der Ebene der Cluster- bildung 14 gibt einen Überblick über die identifi-
akteure. Dies ist insbesondere für KMU von Be- zierten Handlungsfelder in den Regionen.
deutung, da sie, anders als Großunternehmen,
häufig nicht über die notwendigen Ressourcen
einer eigenständigen politischen Flankierung
ihrer Interessen verfügen. Die CMO kann Anpas-
sungsbedarfe an relevante Entscheiderinnen und
Entscheider übermitteln und so im Sinne der
66

Lausitzer Revier Mitteldeutsches Revier Rheinisches Revier

• Stärkung von Kooperationen • Stärkung von Koopera­ • Vernetzung von Wirtschaft


• Förderung von Forschung tionen/Vernetzung und Wissenschaft
& Entwicklung • Förderung von Forschung • Förderung von Forschung
• Positionierung als Logistik- & Entwicklung & Entwicklung
standort • Abbau regionaler • Erhöhung der Sichtbarkeit
• Erhöhung der Sichtbarkeit ­Disparitäten des Bahnsektors
des Bahnsektors • Erhöhung der Sichtbarkeit • Fachkräftesicherung und
• Fachkräftesicherung und des Bahnsektors -qualifizierung
-qualifizierung • Fachkräftesicherung und
-qualifizierung

Abbildung 14: Übersicht der Handlungsfelder für ein Innovationscluster in den Regionen
Quelle: atene KOM

Nachfolgend werden die wesentlichen Ergebnisse Handlungsfeld 1: Stärkung von regionalen und
zu den Handlungsfeldern sowie die Erwartungen überregionalen Kooperationen
an ein zukünftiges Innovationscluster zusam-
mengefasst, die in den Regionalworkshops er- Im ersten Handlungsfeld wurde festgestellt, dass
mittelt wurden. Mit Blick auf die Indikatoren für es in der Region einen Bedarf an Initiativen gibt,
gutes Clustermanagement verorten sich die Um- die Unternehmen im Bahnsektor (insbesonde-
setzungsmaßnahmen dabei v. a. in den Bereichen re KMU) gezielt vernetzen oder mit Wissensein-
Vernetzung, Veranstaltungsmanagement, inter- richtungen, wie der BTU und der TU Dresden,
ne und externe Kommunikation, Unterstützung in Kontakt bringen. Ein wesentlicher Bedarf be-
von Forschung und Entwicklung, Fördermittel- steht darin, die Vernetzung von Wissenschaft und
recherche und -akquise, Förderung von Aus- und Wirtschaft voranzutreiben, um die Innovations-
Weiterbildung, Unterstützung von Start-ups, In- fähigkeit zu stärken und mit bereits vorhandenen
ternationalisierung sowie politische Interessen- Innovationsaktivitäten durch eine praxisnahe
vertretung. Ausrichtung von F&E Wertschöpfung zu gene-
rieren. Ein Potenzial liegt auch in der Vernet-
5.3.1. Lausitzer Revier zung mit Innovationsökosystemen außerhalb des
Bahnsektors bzw. der branchenübergreifenden
Für das Lausitzer Revier wurden die Stärkung Vernetzung. So bestehen in der Region in den Be-
von regionalen und überregionalen Koopera- reichen der alternativen Antriebe und Kraftstoffe
tionen, die Förderung von Forschung und Ent- sowie Multisensoriklösungen zur Hinderniser-
wicklung, die Positionierung der Lausitz als Lo- kennung Anknüpfungspunkte zur Automobil-
gistikstandort, die Erhöhung der Sichtbarkeit des und Energietechnikbranche, die ein Innovations-
Bahnsektors sowie die Fachkräftesicherung und cluster „Digitale Schiene“ für die Bahnindustrie
-qualifizierung als prioritäre Handlungsfelder nutzbar machen könnte. Ein Schwerpunkt ist
definiert: darüber hinaus in der länderübergreifenden
67

Vernetzung zu sehen, um die Interessen der vom für die Erprobung und Markteinführung von Zu-
Strukturwandel betroffenen Beteiligten der säch- kunftsanwendungen liegt, wie der autonomen
sischen und brandenburgischen Lausitz stärker Steuerung von Schienenfahrzeugen oder der Tes-
zu bündeln. tung und Zertifizierung von Multisensoriklösun-
gen zur Hinderniserkennung. Zudem bestehen
Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops ist wichtige Forschungspotenziale in einer Zusam-
es im Handlungsfeld zur Stärkung von regiona- menarbeit mit der nahe gelegenen TU Dresden.
len und überregionalen Kooperationen wesent-
lich, den Maßnahmen eine Bedarfsanalyse der Die Unternehmen des Bahnsektors in der Re-
Clustermitglieder voranzustellen. So seien be- gion sind vor allem im Tätigkeitsbereich Repara-
reits eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten vor- tur und Instandhaltung von Bahnanlagen oder
handen. Als Ziel von Kooperationsbeziehungen Fahrzeugen verortet. Die Einrichtung von Test-
wurden insbesondere das gegenseitige Kennen- feldern im Lausitzer Revier bietet auch die Chan-
lernen, der Wissensaustausch sowie die Zusam- ce, dass sich die vor Ort ansässigen Unternehmen
menarbeit bei der Projektentwicklung genannt. zukünftig bereits auf dem Weg zur Serienreife in
Hervorgehoben wurden hier innovative Ansätze die Wertschöpfungskette von innovativen Pro-
der Vernetzung wie etwa die Schaffung von Co- dukten und Anwendungen im Bereich der Auto-
Creation-Angeboten oder die Kooperation mit matisierung und Digitalisierung des Bahnsektors
Start-ups. Hinsichtlich möglicher Handlungsop- einbringen. Das Clustermanagement kann in
tionen sei es wesentlich, diese auch internatio- vielfältiger Weise zur Förderung von F&E beitra-
nal auszurichten, um die Potenziale der Lage am gen. Dazu zählt vor allem die niedrigschwellige
Dreiländereck – Deutschland, Polen, Tschechi- Bereitstellung von Informationen zu aktuellen
en – auszuschöpfen. Eine besondere Bedeutung Entwicklungen und Technologietrends im Bahn-
komme der Bündelung der Länderinteressen von sektor sowie zu Fördermitteln zur Finanzierung
Sachsen und Brandenburg zu, um den Weg für von Forschungs- und Projektvorhaben. Die För-
eine gemeinsame Handlungsweise zu ebnen und derung von F&E korrespondiert daher in hohem
Synergien bei der Bewältigung von Herausfor- Maße mit den Maßnahmen zur Stärkung der
derungen zu nutzen (Koordination lokaler Pro- regionalen und überregionalen Kooperationen.
blematiken). Konsens bestand auch darin, dass So kann durch eine gezielte Vernetzung der Ak-
das Clustermanagement ein Augenmerk auf die teurinnen und Akteure aus Wirtschaft und Wis-
Kontaktaufnahme zur Legislative richten müsse, senschaft mittels unterschiedlicher Veranstal-
um politische Vertreterinnen und Vertreter in die tungsformate und Plattformen der Weg für die
Vorhaben des Innovationsclusters einzubinden Innovations- und Projektpartnerschaften und
und somit Rückhalt für eine Stärkung des Bahn- Reallabore zur praxisnahen Erprobung geebnet
sektors zu schaffen. werden. Die für das Lausitzer Revier wesentli-
che Umsetzung von Testinfrastrukturen wie z. B.
Handlungsfeld 2: Förderung von Forschung TETIS ist aufgrund der Belange der Bürgerinnen
und Entwicklung (F&E) und Bürgern oftmals nicht unumstritten. Eine
wesentliche Aufgabe des Innovationsclusters
Im zweiten Handlungsfeld haben die Ergebnisse liegt daher auch darin, durch öffentlichkeitswirk-
der Machbarkeitsstudie gezeigt, dass ein großes same Maßnahmen wie Bürgerdialoge, Zeitungs-
Potenzial in der Nutzbarmachung freier Flächen beiträge und Online-Angebote, Transparenz über
68

entsprechende Vorhaben und ihre Potenziale für Handlungsfeld 3: Positionierung der Lausitz
die Regionalentwicklung zu schaffen. als Logistikstandort

Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops ist Im dritten Handlungsfeld ist auf Grundlage der
es im Handlungsfeld zur Förderung von F&E we- Ergebnisse der Machbarkeitsstudie ein großes
sentlich, Kontakt zu Fördermittelgebern anzu- Potenzial darin zu sehen, die verfügbaren Flä-
streben und vorhandene Fördermöglichkeiten chen und vorhandene Infrastrukturreserven im
bekannter zu machen. Ein Cluster könne dabei System Bahn zukünftig besser zu nutzen. Ein
unterstützen, Mittel aus Nachhaltigkeits- und In- Innovationscluster könnte dazu durch die poli-
novationsfonds zu akquirieren. Die Erwartungen tische Interessenvertretung zugunsten des inf-
an ein Innovationscluster im Bereich F&E kon- rastrukturellen Ausbaus und die zielgerichtete
zentrieren sich außerdem auf die Vermittlung Unterstützung vorhandener Ausbau- und Er-
von Projekt- und Innovationspartnerschaften für tüchtigungsprojekte beitragen. Darüber hin-
KMU, vor allem zur Umsetzung und Erprobung aus wurde festgehalten, dass für Unternehmen
von Technologien. Als Dienstleistung einer CMO ohne eigenen Gleisanschluss der intermodale
wurden in diesem Bereich auch ein regelmäßiges Güterverkehr sowie kleinräumige und flexib-
Monitoring von Technologietrends für die Clus- le Verlademöglichkeiten in Umschlagterminals
termitglieder genannt. Zentral sei weiterhin, die des kombinierten Verkehrs (KV-Terminals) eine
Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden stärker wesentliche Bedingung für einen wirtschaftli-
in den Blick zu nehmen, um die Schiene zu einer chen Gütertransport auf der Schiene darstellen.
attraktiven Mobilitätsoption zu machen. Darüber Um die bestehenden und geplanten Terminals
hinaus sei eine länderübergreifende Konsultation wirtschaftlich betreiben und die Kosten auf der
zu den Masterplänen wesentlich, um die Maß- „letzten Meile“ senken zu können, ist wiederum
nahmen und Interessen zwischen Sachsen und eine Bündelung der KV-Nachfrage erforderlich,
Brandenburg besser aufeinander abzustimmen die das Innovationscluster durch eine Kontakt-
und Synergien zu nutzen. Mit Blick auf die Ak- anbahnung zu branchenbezogenen Netzwer-
zeptanz für Infrastrukturprojekte (wie z. B. TETIS) ken aus dem Bereich Logistik unterstützen kann.
sei es notwendig, mehr Transparenz zu schaffen Über die bereits genannten Maßnahmen hinaus
und dadurch Nähe zu Bürgerinnen und Bürgern wird es wesentlich sein, die Standortvorteile der
aufzubauen. Eine besondere Bedeutung komme Lausitz in enger Abstimmung mit lokalen Be-
dabei der zielgerichteten Öffentlichkeitsarbeit hörden und den in der Region bereits ansässigen
zu, um die Meilensteine und Erfolge des Bahn- Regionalentwicklungs- und Wirtschaftsförder-
sektors bekannter zu machen und die Wahr- gesellschaften durch ein zielgerichtetes Stand­
nehmung als innovativen Sektor in der Bevöl- ortmarketing bekannter zu machen, um die
kerung zu stärken. Die Corona-Pandemie habe Neuansiedlungen von Unternehmen aus der
in diesem Zusammenhang die Bedeutung und Logistikbranche zu fördern.
das Potenzial einer kontinuierlichen Öffentlich-
keitsarbeit mittels virtueller Formate wie Social Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops ist
Media aufgezeigt. es im Handlungsfeld zur Positionierung der Lau-
sitz als Logistikstandort wesentlich, vorhandene
Industrieverkehrswege zu öffentlicher Verkehrs-
infrastruktur umzuwidmen. Grundsätzlich wur-
69

de der Bereich Logistik als Querschnittsaufgabe die Schiene und der forcierte Kontakt mit der
der Wirtschaftsförderung gesehen. So falle DB Netz AG, um die Bedeutung des Güterverkehrs
etwa die Vermarktung von Logistikflächen in gegenüber dem Personenverkehr zu stärken. Da-
den Aufgabenbereich des Standortmarketings. bei seien nicht-bundeseigene Verkehrsunterneh-
Ein Innovationscluster sollte aus Sicht der Teil- men ebenfalls zu berücksichtigen. Ein weiterer
nehmenden durch die Bündelung der Interes- Schwerpunkt liege nach Ansicht der Teilnehmen-
sen von regionalen Akteurinnen und Akteuren den in der Digitalisierung des Logistiksektors.
mit Logistikbezug die politische Interessenver- Insbesondere aus der Plattformökonomie könn-
tretung für den Schieneninfrastrukturausbau in ten potenzielle Handlungsfelder eines Clusters
der Region leisten. Hierunter falle insbesondere abgeleitet werden. Konkretes Potenzial wurde in
auch die Durchführung von Strukturstärkungs- der Entwicklung von Plattformen für Unterneh-
maßnahmen im Bahnsektor. Mit der Schließung men zur Business-to-Business-Vernetzung (B2B),
und der Verlegung von Werkstandorten sei das etwa im Hinblick auf innovative Umschlagekon-
Risiko verbunden, dass Infrastruktur über Jahre zepte (Smart Cargo) gesehen.
hinweg nicht mehr in Anspruch genommen wer-
de. Ungenutzte Flächen liefern allerdings enor- Handlungsfeld 4: Erhöhung der Sichtbarkeit
mes Nutzungspotenzial für neue Vorhaben, z. B. des Bahnsektors
durch ihre gute Anbindung an die urbane Infra-
struktur. Zudem handele es sich bei der Wieder- Im vierten Handlungsfeld wurde der Bedarf an
nutzbarmachung um ein besonders umweltscho- einer geeigneten Kommunikationsstrategie iden-
nendes und nachhaltiges Vorhaben. Mit Blick auf tifiziert, um die Interessen des Clusters nach au-
die Stärkung des Gütertransports auf der Schiene ßen sichtbar zu machen, Mitglieder zu gewinnen
betonten die Teilnehmenden aber auch die Not- und dadurch die Voraussetzungen für den Er-
wendigkeit, die Bahnanbindung durch Gleisan- folg des Innovationsclusters zu schaffen. Hierbei
schlüsse bei Neubauten mitzudenken. Zudem ist es wichtig, klare Ziele der Kommunikations-
sei eine Einbindung des Verkehrsträgers Schiene strategie zu formulieren, Kernbotschaften und
in intermodale Logistikketten erforderlich. Bei Kommunikationsinhalte zu erarbeiten, Ziel- und
logistiknahen Prozessen finde aktuell mit der Dialoggruppen zu identifizieren und daraus ad-
Verknüpfung von unterschiedlichen Verkehrs- ressatengerechte Kommunikationsmaßnahmen
trägern über Hubs ein Paradigmenwechsel statt. abzuleiten. Zu den Maßnahmen zählen die Er-
Zum Thema der Verlagerung des Güterverkehrs stellung einer Website für das Cluster sowie die
auf die Schiene wurde die Vermarktung der Po- Organisation und Durchführung unterschied-
tenziale der Schiene gegenüber den Kundinnen licher Veranstaltungsformate (öffentliche und
und Kunden, die Begleitung dieser bei der Ver- Fachveranstaltungen). Gerade in der Anfangspha-
lagerung auf die Schiene sowie die Vermittlung se ist es für das Clustermanagement förderlich,
zwischen Logistikunternehmen und Unterneh- regionale „Leuchttürme“, d. h. Unternehmen mit
men bei der Wahl der Schiene als Mobilitäts­ großer Strahlkraft, einzubeziehen. Im Lausitzer
option angesprochen. Weiter wurde der Aufbau Revier ist insbesondere auf die bahnaffine und
von Demonstrationslogistikketten zur Schiene innovationsbereite LEAG zu verweisen, die vom
als risikoarme Transportmöglichkeit angestrebt. Clustermanagement mitbedacht werden sollte.
Wesentlich sei darüber hinaus auch die Beglei-
tung von Kommunen bei der Verlagerung auf
70

Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops ist Bahn erforderlich sei und ob hierfür das geplante
im Handlungsfeld zur Erhöhung der Sichtbarkeit Testfeld TETIS infrage komme.
des Bahnsektors wesentlich, die Bahnbranche
sowohl gegenüber der Politik als auch in der Öf- Handlungsfeld 5: Fachkräftesicherung und
fentlichkeit sichtbarer zu machen. Daneben sol- -qualifizierung
le der Bahnstandort Lausitz auch innerhalb der
Bahnbranche überregional bekannter gemacht Im fünften Handlungsfeld haben die Ergebnis-
werden. Erforderlich seien daher sowohl öffent- se der Machbarkeitsstudie Fachkräfteengpässe
liche Veranstaltungen in der Region als auch identifiziert. Vor allem KMU haben Probleme bei
Fachveranstaltungen für die Branche. Die Stei- der Besetzung offener Stellen durch gut ausge-
gerung der Sichtbarkeit sei vor allem auch vor bildete Mitarbeitende. Dies wird vor allem da-
dem Hintergrund der Fachkräftesicherung und rauf zurückgeführt, dass viele junge Menschen
-qualifizierung wichtig. Hier ist nach Meinung die Region verlassen, um ihre Ausbildung oder
der Teilnehmenden die frühzeitige Einwirkung ihr Studium an einem anderen Ort zu beginnen.
in Bildungsprozesse notwendig, z. B. mittels der Durch neue, zukunftsfähige Beschäftigungspers-
Fortbildung von Pädagoginnen und Pädagogen pektiven und passende Aus- und Weiterbildungs-
oder praktischen Ausflügen in den Bahnsektor. angebote könnte diesem Trend zukünftig stärker
Bei der Bahn als Verkehrsträgerin sehen die Teil- entgegengewirkt werden. Aufgrund vorhandener
nehmenden ein Imageproblem. Insgesamt sei die Überschneidungen von Bahn- und Kohlesektor
Bahn als Mobilitätsform zu stärken und mit Blick liegen Anknüpfungspunkte für das Clusterma-
auf Erfolge und Fortschritte des Bahnsektors ge- nagement vor allem in einer Neuausrichtung der
zielt zu vermarkten. Die Marketinginstrumente bestehenden Unternehmen der Kohlewirtschaft.
seien dabei nach Zielgruppe und Zeitrahmen zu Besonders hervorzuheben ist laut Expertinnen
priorisieren. Eine mögliche Maßnahme zur Stär- und Experten die Kompetenzüberschneidung
kung der Sichtbarkeit sowie zum „Branding“ der in der Wartung und Instandhaltung schwerer
Bahn als innovativer und nachhaltiger Verkehrs- Maschinen.
trägerin könne in einer Kommunikationsstrate-
gie mit dem Fokus auf Neuerungen bzw. Verbes- Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops
serungen im öffentlichen Personennahverkehr kommt im Handlungsfeld zur Fachkräftesiche-
(ÖPNV) bzw. im Schienenpersonennahverkehr rung und -qualifizierung sowohl der Bewusst-
(SPNV) liegen. Die Wahrnehmung der Bahn sei seinsbildung für Berufsbilder im Bahnsektor als
dabei eng an Angebotsverbesserungen geknüpft, auch der Forcierung neuer Ausbildungs- und
welche den ÖPNV insbesondere auf der „letz- Studienmodelle (z. B. duales Studium) eine be-
ten Meile“ zu einer echten Alternative zum Indi- sondere Bedeutung zu. Grundsätzlich sei es we-
vidualverkehr machen. Ein Innovationscluster, sentlich, keine Doppelstrukturen aufzubauen
welches die Bedarfe der potenziellen Nutzerin- und an bestehende Strukturen bei Aus- und Wei-
nen und Nutzer auf politischer Ebene adressiert, terbildung anzudocken (Bestandsanalyse). Um
könnte einen Baustein für einen Kulturwan- der vorhandenen Abwanderung entgegenzuwir-
del zum ÖPNV darstellen. Kontrovers diskutiert ken, müsse die Nachwuchsgewinnung bereits in
wurde dabei die Frage, inwiefern hierfür analog den Schulen beginnen. Denkbar sei ein Konzept
zum Neubau des Tesla-Werks in Grünheide ein für die Zusammenarbeit des Clusters mit Schu-
Leuchtturmprojekt als „Game-Changer“ für die len, das Maßnahmen wie Schülerwettbewerbe
71

oder Schulerlebnistage enthält und in der Region unternehmen in der Region zu verringern. Gro-
ausgerollt werden könnte. Dabei wurde auf be- ße Potenziale liegen dabei in der branchen- und
stehende Initiativen wie das Mitmachlab des BTC clusterübergreifenden Vernetzung, wobei inner-
Havelland verwiesen. Ein Potenzial zur Fachkräf- halb der Region zahlreiche mögliche Anknüp-
tesicherung liege nicht nur in der Erhöhung der fungspunkte und Querverbindungen bestehen,
Sichtbarkeit der Bahn als innovativer Sektor, son- die sich ein Innovationscluster „Digitale Schiene“
dern auch darin, Perspektiven für Kohlebeschäf- zunutze machen kann. Dies sind insbesondere
tigte zu bieten (z. B. Übernahme durch sichere die Logistikbranche, die Automobilbranche, die
Beschäftigung im Bahnsektor). Als Herausforde- chemische Industrie und die IKT-Branche. Auf-
rung wurde eine ausreichende Grundfinanzie- grund der bundesländerübergreifenden Lage der
rung von Bildung und Studium wahrgenommen. Region sollte das Clustermanagement zudem ein
Darüber hinaus seien von der Politik geeignete besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der
Rahmenbedingungen für Beschäftigte aus dem länderübergreifenden Kooperation und eine ver-
Kohlesektor zu schaffen, die freiwerdende Fach- besserte Abstimmung zu gemeinsamen Vorhaben
kräfte sichern und auffangen. Kritisch angemerkt legen. Dabei ist eine strukturelle Einbindung der
wurde ebenfalls, dass ansässige Unternehmer Länder in das Cluster, z. B. durch ihre Beteiligung
bei der Sicherung von Nachwuchskräften eben- im Rahmen von Gremien wie dem Beirat und ei-
falls in der Pflicht stünden, die Attraktivität der ner paritätischen Besetzung der Organe des Clus-
Arbeitsplätze durch leistungsgerechte Gehäl- ters denkbar.
ter, Qualifizierungsangebote und ggf. die Mög-
lichkeit zum mobilen Arbeiten zu erhöhen. Hier Aus Sicht der Teilnehmenden des regionalen
könne ein Cluster etwa durch ein Bewerberemp- Workshops ist es im Handlungsfeld zur Stärkung
fehlungsmanagement Unternehmen bei der Be- von regionalen und überregionalen Kooperatio-
setzung offener Stellen und Ausbildungsplätze nen wesentlich, die Ideen der Wissenschaft durch
unterstützen. eine Vernetzung zwischen Forschung und Wirt-
schaft in die Praxis zu bringen und gemeinsame
5.3.2. Mitteldeutsches Revier Lösungen zu erarbeiten. Denkbar seien vor allem
ein Ideenaustausch zwischen Bahnbranche und
Für das Mitteldeutsches Revier wurden die Stär- Hochschulen durch Praktika und Hospitationen
kung von regionalen und überregionalen Ko- sowie eine Vernetzung des Clusters mit techni-
operationen, die Förderung von F&E, der Abbau schen Universitäten (TUs) und Forschungswerk-
regionaler Disparitäten, die Erhöhung der Sicht- stätten an Hochschulen. Insgesamt seien mit
barkeit des Bahnsektors sowie die Fachkräftesi- Blick auf die Stärkung regionaler und überregio-
cherung als prioritäre Handlungsfelder definiert. naler Kooperation durch das Cluster bereits vor-
handene Forschungsverbünde und größere Netz-
Handlungsfeld 1: Stärkung von regionalen und werke zu beachten, auf die das Cluster zugehen
überregionalen Kooperationen sollte. Angemerkt wurde die Ausrichtung des be-
stehenden Clusters Rail.S auf Unternehmen aus
Im ersten Handlungsfeld wurde der Bedarf an dem Bereich Maschinenbau. Ein Austausch zwi-
einer Vernetzung von KMU und ihrer Unter- schen Rail.S und den im Mitteldeutschen Revier
stützung bei der Umsetzung von F&E-Vorhaben ansässigen Verkehrsverbünden bestünde dage-
identifiziert, um die Abhängigkeit von Groß- gen nicht. Positiv hervorgehoben wurde der Aus-
72

tausch mit der Metropolregion Mitteldeutsch- te das Clustermanagement hierbei insbesondere


land im Rahmen der AG Verkehr und Mobilität. durch eine niedrigschwellige Bereitstellung von
Allerdings suche die AG aktuell eine Neuausrich- Information und die Fördermittelrecherche und
tung für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie. -akquise unterstützen.
Ein Bedarf an mehr Kooperation auf regionaler
Ebene bestünde vor dem Hintergrund der an- Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops ist
gestrebten Mobilitätswende auch bei der Ein- im Handlungsfeld zur Förderung von F&E ein
führung von digitalen Anwendungen wie bei- wechselseitiger Austausch von Wirtschaft und
spielsweise Mobilitäts-Apps. Ein wesentliches Wissenschaft bspw. durch Co-Working Labs oder
Handlungsfeld liege darüber hinaus in der Ver- Hospitationen von Praktikerinnen und Prakti-
mittlung zwischen Kundenseite und Unterneh- kern in Forschungsinstitutionen wichtig, um die
men, da potenziellen Kundinnen und Kunden Grundlage für wissenschaftlich fundierte aber
die innovativen Lösungen und Dienstleistungen auch praxisnahe innovative Lösungen zu schaf-
des Bahnsektors häufig nicht bekannt seien. Das fen. Das Cluster könnte aus Sicht der Teilneh-
Cluster könne dabei als eine Anlaufstelle für po- menden z. B. in Veranstaltungen aktiv um In-
tenzielle Kundinnen und Kunden fungieren, die teressierte solcher Partnerschaften werben. Die
bei der Vermittlung qualifizierter Partnerinnen F&E-Förderung sei dabei grundsätzlich interdis-
und Partner (z. B. bei der Suche nach Logistiklö- ziplinär zu denken. Ein besonderes Augenmerk
sungen und Dienstleistern) unterstützt. sollte auf KMU gelegt werden, die sich bei der
Umsetzung entsprechender Vorhaben mit einer
Handlungsfeld 2: Förderung von Forschung Vielzahl von Herausforderungen und Hürden
und Entwicklung (F&E) (personelle und finanzielle Ressourcen) konfron-
tiert sehen. Da in der Region eine Vielzahl von
Im zweiten Handlungsfeld haben die Ergebnisse KMU ansässig sind, sei eine Übersicht von vor-
der Machbarkeitsstudie gezeigt, dass die Region handenen und an Partnerschaften interessierten
mit den Universitäten Leipzig und Halle zwar KMU (z. B. im Rahmen eines Kompetenzatlas)
grundsätzlich über eine forschungsstarke Hoch- sinnvoll. Die Unterstützung von KMU sollte aus
schullandschaft mit einem guten Kooperations- Sicht der Teilnehmenden auch die operative und
klima zur Wirtschaft verfügt, an den genannten konkrete Hilfestellung durch das Cluster bei der
Einrichtungen allerdings kaum bahnspezifische Antragstellung und der Akquise von Fördermit-
Forschung betrieben wird. Sowohl im Vergleich teln umfassen. Wesentlich sei es darüber hinaus,
mit dem Bund als auch zwischen den Regionen KMU in Innovationspartnerschaften einzube-
weist das Mitteldeutsche Revier eine unterdurch- ziehen. Der Bedarf an einem stärkeren Techno-
schnittliche Innovationskraft auf. Hierbei ist ins- logietransfer durch branchenübergreifende Zu-
besondere ein Mangel an privat finanzierter For- sammenarbeit und Vernetzung wurde ebenfalls
schung wahrnehmbar. Dies wird insbesondere hervorgehoben. Auch wird eine stärkere Ausrich-
auf die eher kleinteilige Unternehmensstruktur tung an Themen mit Relevanz für den Güterver-
mit wenigen Großunternehmen zurückgeführt. kehr empfohlen. Einig waren sich die Teilneh-
Ein großes Potenzial des Innovationsclusters menden in dem Punkt, dass das Cluster Projekte
liegt daher in der zielgerichteten Förderung von ganzheitlich – von Konzeption bis zur Umset-
F&E. Neben der Vernetzung der relevanten Ak- zung - verstehen und angehen sollte.
teurinnen und Akteure in Arbeitsgruppen könn-
73

Handlungsfeld 3: Abbau der regionalen stimmt sein. Für den Abbau von regionalen Dis-
­Disparitäten paritäten im Mitteldeutschen Revier sollten Mo-
bilitätslösungen im ländlichen Raum konsequent
Im dritten Handlungsfeld wurde die Verbesse- als Form der Daseinsvorsorge verstanden wer-
rung der Anbindung ländlicher Regionen durch den. Eine besondere Bedeutung mit Blick auf die
den Ausbau der Personenbeförderung in Rand- Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln
gebieten ebenso als Chance identifiziert, wie die komme dabei der sogenannten „letzten Meile“
Stärkung der Innovationsfähigkeit durch Aufbau zu. Durch Streckenreaktivierungen und Zubrin-
eines Innovations-Hubs. Ländliche Regionen kön- gerverkehre könne die Attraktivität des SPNV im
nen durch eine gute Anbindung an Städte ver- ländlichen Raum gesteigert werden. Als Heraus-
stärkt von Spill-Over-Effekten, u. a. aufgrund des forderung wird von den Workshop-Teilnehmen-
Erreichens von Grenzen der Aufnahmefähigkeit den wahrgenommen, dass sich die Reaktivierung
besonders beliebter Städte (u. a. Wohnungsmärk- bracher Bahnstrecken/Bahnhöfe schwierig und
te) und von Ausweichbewegungen in entspann- mit einem Umsetzungszeitraum von ca. 15 Jah-
tere (Umland-)Regionen, profitieren. Für den ren auch langwierig gestaltet. Ursächlich dafür
Ausbau sollten zusätzlich zur Bahn auch weitere sei ein fehlender Bestandsschutz, wodurch neue
Verkehrsmittel betrachtet und Übergangspunk- Planfeststellungsverfahren notwendig würden.
te geschaffen werden. Das Clustermanagement Zudem verfügen bestehende Gewerbegebie-
kann hier durch eine Vernetzung der relevanten te vielfach nicht über einen Gleisanschluss. Der
Akteurinnen und Akteure der Deutschen Bahn, Ausbau öffentlicher Eisenbahninfrastruktur/der
der örtlichen Nahverkehrsbetriebe, der Politik Anschluss an den ÖPNV sei auch insgesamt ein
und Verwaltung unterstützen. langwieriger, teilweise über Dekaden dauernder
Prozess. Aus Sicht der Teilnehmenden müsse die
Aus Sicht der Teilnehmenden des regionalen Bahn bei der Förderung des ländlichen Raums
Workshops sind die Strukturen für den Abbau grundsätzlich mitbedacht werden. Dafür sei die
der Disparitäten bereits vorhanden. Daher sei das Schaffung von Infrastruktur wesentlich. Der
Handlungsfeld nicht grundsätzlich ein Cluster- ländliche Raum biete aber auch mit Bezug auf
thema. Das Cluster könnte allerdings vorhande- die Bahn viel Innovationspotenzial, z. B. mit Blick
ne Strukturen und Maßnahmen, z. B. in der Zu- auf die Umsetzung von Pilotprojekten und die
sammenarbeit mit der Metropolregion und der Ansiedlung von Reallaboren, die stärker in den
Umsetzung gemeinsamer Projekte, ergänzen Fokus genommen werden sollten. Die Digitalisie-
und unterstützen. Zukünftig könne v. a. ein en- rung biete hier die Chance dafür, Bahnstrecken
ger Austausch zwischen Landkreisen und Wirt- im ländlichen Raum zukünftig deutlich kosten-
schaftsförderungen dabei helfen, Ansiedlung zu günstiger zu betreiben. Derzeit sei der Personal-
fördern und die zielgerichtete Flächenentwick- aufwand gegenüber Städten deutlich größer.
lung voranzutreiben. Für ausgewiesene Gewerbe- Eine besondere Bedeutung für die Anbindung
flächen müsse man dabei die Anbindung an die der ländlichen Räume, etwa durch das Rollout
Eisenbahninfrastruktur bedenken (Beispiel Intel vorhandener Lösungen in die Breite, maßen die
– Magdeburg). Erforderlich sei es auch, die Bedar- Teilnehmenden der politischen Interessenver-
fe von Unternehmen bei der Mobilitätsplanung tretung des ÖPNV/SPNV bei. Insbesondere müsse
einzubeziehen. So müssten die Fahrpläne mit den ein Cluster durch die Vernetzung aller relevanten
Schichtzeiten der relevanten Unternehmen abge- Akteurinnen und Akteure, namentlich der DB,
74

der Nahverkehrsbetriebe sowie der Verantwort- Schiene relevant ist und welche Möglichkeiten
lichen aus Politik und Verwaltung, die Interessen des Güterverkehrs für KMU bestehen. Die Teil-
für Investitionen in die Schiene im ländlichen nehmenden verwiesen darauf, dass die Logistik
Raum bündeln. für Stückgut im Gütertransport für viele Unter-
nehmen, insbesondere KMU, eine Hürde darstel-
Handlungsfeld 4: Erhöhung der Sichtbarkeit le. Denkbar wären Veranstaltungen, die darüber
des Bahnsektors informieren, wann sich die Bahn als Logistik-
lösung lohne und wann kombinierter Verkehr
Im vierten Handlungsfeld haben die Ergebnisse sinnvoll wäre. Das Ziel sollte dabei sein, Sicht-
der Machbarkeitsstudie gezeigt, dass eine verbes- barkeit für Übergabepunkte zu schaffen, um die
serte Sichtbarkeit der Branche durch das Innova- Akzeptanz der Schiene für den Gütertransport
tionscluster den Weg für branchenübergreifende zu stärken und möglichst viele Transporte auf
Kooperationen ebnen, zur Fachkräftesicherung die Schiene zu verlagern bzw. die Kombination
beitragen, identitätsstiftend wirken und damit von Straße und Schienenverkehr zu fördern. Die
mittel- und langfristig auch zur Stärkung der Teilnehmenden betonten darüber hinaus, dass
Wirtschaftskraft und der Regionalentwicklung für die Erhöhung der Sichtbarkeit wichtige Mul-
beitragen kann. Vom Clustermanagement ist da- tiplikatorinnen und Multiplikatoren – vor allem
für eine geeignete Kommunikationsstrategie zu politische Entscheidungsträgerinnen und Ent-
erarbeiten, die auf die Wahrnehmung der Bahn scheidungsträger – vor Ort eingebunden werden
als attraktiven Arbeitgeber und regionale Innova- müssten. Hierfür sei ein koordiniertes Vorgehen
tions- und Wirtschaftskraft zielt. zwischen den Landkreisen erforderlich. Mögli-
che Aktivitäten eines Innovationsclusters werden
Aus Sicht der Teilnehmenden ist es im Hand- vor allem im Versand eines regelmäßigen News-
lungsfeld zur Erhöhung der Sichtbarkeit des letters sowie weiteren Formen der Presse- und Öf-
Bahnsektors wesentlich, dieses als Querschnitts- fentlichkeitsarbeit, etwa der Erstellung und Pflege
thema/-aufgabe mit handlungsfeldübergreifen- einer Website, gesehen.
der Relevanz zu verstehen (Sichtbarkeit der Bahn
als Innovationsfaktor, als Mobilitätsform, als Ar- Handlungsfeld 5: Fachkräftesicherung und
beitgeber, Strukturmaßnahmen/Fachkräfteman- -qualifizierung
gel in der Bahnbranche). Neben einer Beteiligung
der Bürger sei vor allem auch die Sichtbarkeit Im fünften Handlungsfeld liegt eine wesentliche
des Bahnsektors bei Unternehmen zu erhöhen. Herausforderung der Region in der relativ hohen
Ein wichtiger Anknüpfungspunkt sei dabei die Abwanderungsquote von Absolventinnen und
Kontaktherstellung mit der Logistikbranche, z. B. Absolventen der Universitäten und Ausbildungs-
durch Veranstaltungen. Grundsätzlich sollten die institutionen. Vom Clustermanagement ist da-
Schnittstellen von Straße und Schiene sichtbarer her ein besonderes Augenmerk auf die Zielgrup-
gemacht werden, um die Bahn als Transportmit- pe der jungen Menschen zu legen. Als Potenziale
tel für Güter bei Unternehmen, insbesondere bei wurden vor allem die frühzeitige Nachwuchsge-
KMU, zu stärken. Bislang würde Logistik vielfach winnung in Schulen und die Schaffung praxisna-
noch zu sehr auf der Straße gedacht. Hilfreich sei her Aus- und Weiterbildungsangebote im Bereich
dafür eine Bestandsaufnahme, die erörtert, für der Zukunftsanwendungen und Digitalisierung
welche Unternehmen der Güterverkehr auf der des Bahnsektors identifiziert.
75

Aus Sicht der Teilnehmenden ist es im Hand- menden grundsätzlich darin einig waren, dass
lungsfeld zur Fachkräftesicherung wesentlich, im Mitteldeutschen Revier über alle Bereiche
ein attraktives Ökosystem für qualifizierte Fach- ein erheblicher Fachkräftemangel herrscht, wird
kräfte zu schaffen, in dem Wissen zwischen Ex- der Bedarf in Ausbildungsberufen größer einge-
pertinnen und Experten, Hochschulen und Un- schätzt als der für Hochschulabsolventinnen und
ternehmen geteilt und weiterentwickelt wird. -absolventen. Von Vorteil könnte für die Fach-
Dafür seien Kooperationen mit Forschungsbe- kräftesicherung auch der Aufbau einer Arbeitge-
reichen aufzubauen, die auch das Potenzial ha- bermarke sein. Als Instrumente dafür seien Ver-
ben, Ausgründungen zu fördern. Maßgeblich anstaltungen in Schulen oder die Teilnahme an
sei darüber hinaus, ein Angebot an Dual-Career sogenannten Rückkehrermessen denkbar. Da be-
Möglichkeiten zu schaffen. Die Bahn biete hier reits Strukturen zur Fachkräftesicherung vorhan-
ein großes Potenzial, da sie viele interdisziplinä- den seien, könnte das Cluster dazu dienen, Schul-
re Arbeitsfelder und unterschiedliche Gewerke patenschaften von Unternehmen zu bündeln
verbindet. Zur Schaffung eines attraktiven Öko- (Girls-/Boys-Day vermitteln, Schülerpraktika)
systems mit „Community Charakter“ könne z. B. und kontinuierlich zu pflegen. Darüber hinaus
auch ein Stammtisch beitragen. Als Potenzial könnten Bildungsmaßnahmen und Stipendien
wird von den Teilnehmenden darüber hinaus die für Studierende dazu beitragen, Fachkräfte zu
Gründung einer Stiftungsfakultät genannt. Fer- binden. Genauso biete die Integration von Mig-
ner könnten auch Werkstudententätigkeiten in rantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt
Unternehmen dafür sensibilisieren, was einen eine Chance. Mit Blick auf die Umschulung von
Arbeitgeber für Absolventinnen und Absolventen Beschäftigten aus dem Kohlesektor sei es ent-
attraktiv macht. Konkrete Handlungsoptionen scheidend, Angebote zur Ausbildung und/oder
eines Innovationsclusters, welche der Unterstüt- Übernahme zu schaffen. Die Maßnahmen sollten
zung der Unternehmen dienen, könnten im Auf- dabei vom Clustermanagement gemeinsam und
bau eines Bewerberportals oder der Veranstaltun- in Zusammenarbeit mit Schlüsselakteuren der
gen von Schülerwettbewerben zur frühzeitigen Kohleindustrie wie z. B. der MIBRAG entwickelt
Nachwuchsgewinnung liegen. Ziel müsse es sein, werden.
die gesamte Branche bei Schulabgängerinnen
und Schulabgängern und Absolventinnen und 5.3.3. Rheinisches Revier
Absolventen bekannter zu machen sowie die Fas-
zination für die Eisenbahn aufzugreifen bzw. zu Für das Rheinische Revier wurden die Vernet-
wecken. Die Aufgabe einer CMO in Bezug auf die zung von Wirtschaft und Wissenschaft, die För-
Fachkräftegewinnung und -sicherung wird im derung von F&E, die Erhöhung der Sichtbarkeit
Abdecken der gesamten Wertschöpfungsket- des Bahnsektors sowie die Fachkräftesicherung
te von Aus- und Weiterbildung gesehen. Hierzu als prioritäre Handlungsfelder definiert:
zähle explizit auch die Qualifizierung von Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeitern, die aus wegfal- Handlungsfeld 1: Vernetzung von Wirtschaft
lenden Branchen wie der Braunkohlewirtschaft und Wissenschaft
stammen, für den Bahnsektor. In Arbeitsgruppen
des Clusters könnten praxisnahe Angebote zur Für das erste Handlungsfeld haben die Ergeb-
Aus- und Weiterbildung von Beschäftigten kon- nisse gezeigt, dass es im Rheinischen Revier be-
zipiert werden. Denn auch wenn sich die Teilneh- reits nennenswerte Kooperationen, vor allem
76

zwischen der RWTH Aachen und innovierenden lichen Bedarfe der Unternehmen abzubilden. Po-
Großunternehmen gibt. Insgesamt ist der Anteil tenziale einer branchenübergreifenden Vernet-
der Unternehmen, die Kooperationen eingehen, zung lägen insbesondere in der Entwicklung von
im Rheinischen Revier allerdings vergleichswei- Use Cases im Rahmen von „Digi-Hackathons“
se unterdurchschnittlich. Daraus ergeben sich und der Übertragung von Best Practice Beispie-
bislang ungenutzte Potenziale und Anknüp- len aus dem IKT-Sektor in den Bahnsektor („Con-
fungspunkte für das Innovationscluster „Digitale nectivity“). Innerhalb der Wirtschaft herrsche
Schiene“. Ein wesentliches Handlungsfeld für das darüber hinaus oft eine unzureichende Kenntnis
Clustermanagement liegt daher darin, die Zu- über die Wissenschafts- und Förderlandschaft.
sammenarbeit und den Wissenstransfer der rele- Es fehle im Speziellen oftmals das Wissen um die
vanten Akteurinnen und Akteure in der Region bestehenden Institutionen, Beratungs- und För-
vor allem branchenübergreifend zu stärken. Die derstellen, Ansprechpartnerinnen und -partner
Vernetzung der Akteurinnen und Akteure schafft und ihre Kompetenzen sowie ein Gefühl dafür,
die Grundlage für die Bildung von Arbeitsgrup- was die Wissenschaft leisten könne. Besonders
pen, die wiederum in konkreten Forschungsan- KMU seien oft aus Unkenntnis über unterneh-
sätzen und -projekten zu neuen Technologien merische Chancen nicht an Förderung interes-
und Produkten münden und damit den Weg für siert. Eine Aufgabe des Clusters sollte daher darin
innovative Produkte und Dienstleistungen ebnen bestehen, Bedarfe der KMU in der Bahnbranche
kann. Da viele Schlüsselakteurinnen und Schlüs- aufzuzeigen und den Weg zu Förderungen zu eb-
selakteure bzw. wichtige Unternehmen nicht di- nen. Einigkeit bestand dazu, dass mehr Transpa-
rekt innerhalb, aber nahe der Region liegen, ist renz hergestellt werden muss, um gegenseitige
vom Clustermanagement dabei auch ein Fokus Vorurteile abzubauen. Daneben wurde angemerkt,
auf die Vernetzung über die regionalen Grenzen dass interdisziplinäre Vernetzungsarbeit auch in-
hinaus zu richten. nerhalb der Wirtschaft erforderlich sei, da sich
Unternehmen mit komplementären Wertschöp-
Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops fungspotenzialen oft nicht gegenseitig kennen.
ist im Handlungsfeld zur Vernetzung von Wirt-
schaft und Wissenschaft sowohl die branchen- Handlungsfeld 2: Förderung von Forschung
übergreifende Vernetzung unter Einbindung der und Entwicklung (F&E)
Politik als auch die brancheninterne Vernetzung
von Stakeholdern unterschiedlicher Bereiche des Im zweiten Handlungsfeld haben die Ergebnis-
Bahnsektors wesentlich. Mit Blick auf die bran- se der Machbarkeitsstudie gezeigt, dass die For-
cheninterne Vernetzung bestünde Bedarf, den schungslandschaft in der Region grundsätzlich
Personen- und Güterverkehr stärker zusammen herausragend ist. Potenziale für die Regionalent-
zu denken. Hierfür seien vom Clustermanage- wicklung wurden insbesondere im Bereich der
ment Plattformen zu schaffen, die alle relevanten Förderung von anwendungsorientierten F&E-
Stakeholder einbinden und interdisziplinäres Ar- Vorhaben, wie z. B. der automatischen Steue-
beiten ermöglichen. Die Teilnehmenden regten rung des Schienenverkehrs, identifiziert. Ein
insbesondere auch eine Einbindung des Verbands wesentliches Handlungsfeld für das Cluster-
Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. als Fach- management liegt daher in der Förderung von
verband an. Generell sei bei der Vernetzung das F&E-Vorhaben zur Erprobung und Zulassung
Kundenbedürfnis mitzudenken, um die tatsäch- praxisnaher Zukunftsanwendungen. Im Rheini-
77

schen Revier gibt es für das Clustermanagement Einigkeit darüber, dass sich das Land für die För-
bereits eine Reihe von Anknüpfungspunkten zu derung von Clusterinitiativen im Bahnsektor ver-
relevanten Akteurinnen und Akteuren und Res- antwortlich fühlen sollte. Mit Blick auf die Finan-
sourcen (CERMCity, railGATE). Mit Blick auf die zierung von CMO wurde zur Sprache gebracht,
Zukunftsanwendungen im Bahnsektor, die ver- dass die Landesförderung regelmäßig nur 50 %
stärkt interdisziplinäre Forschungsansätze von der Kosten umfasst. Hier sei eine Verbesserung
IKT- und Bahnbranche voraussetzen, wurde auch und Vereinfachung der Förderrahmenbedingun-
ein großes Potenzial in der Förderung von bran- gen, etwa durch ein speziell für Cluster reser-
chenübergreifenden F&E-Vorhaben identifiziert. viertes Fördervolumen, erforderlich. Insgesamt
Das Clustermanagement könnte bspw. durch die müsse politische Interessenvertretung geleistet
Organisation von Arbeitsgruppen und Projekt- werden, um Förderungen agiler und bedarfs-
werkstätten dabei unterstützen, branchenüber- gerechter zu gestalten. Hemmnisse stellen auch
greifende Forschungs-, Entwicklungs- und Fer- Kompetenzüberschneidungen zwischen einigen
tigungsprozesse zu initiieren und voranzutreiben. Ministerien und/oder Bundesländern dar. Hin-
sichtlich einer etwaigen Bundesförderung wurde
Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops ist auf das Strukturstärkungsgesetz sowie eine Aus-
ein Potenzial des Innovationsclusters im Hand- schreibung des Bundesministeriums für Wirt-
lungsfeld zur Förderung von F&E darin zu sehen, schaft und Klimaschutz (BMWK) für Cluster im
relevante Partnerinnen und Partner und ihre Bereich der Fahrzeugtechnik verwiesen. Mit Blick
Interessen zusammenzubringen und F&E-Vor- auf weitere bestehende Förderverfahren wurde
haben durch eine zielgerichtete Einbindung von eine Entbürokratisierung der Förderbedingun-
Expertinnen und Experten und die Übernahme gen angeregt. Die CMO könnte zudem in der Ad-
des Projektmanagements proaktiv voranzutrei- ministration unterstützen. Eine weitere Aufgabe
ben. Dabei seien im Rahmen eines zielgerichte- eines Clusters, im Kontext von F&E, wurde im
ten Projekt-, Prozess- und Programmmanage- Anschieben von Projekten mittels der Durchfüh-
ments Best Practice Ansätze zu nutzen und die rung von Projektwerkstätten sowie in clusterspe-
bisherigen Herausforderungen der Umsetzung zifischen Veranstaltungen wie etwa Jahrestagun-
von F&E-Vorhaben zu identifizieren. Das Innova- gen gesehen.
tionscluster könnte aus Sicht der Teilnehmenden
darüber hinaus dazu beitragen, ein bahnspezi- Handlungsfeld 3: Erhöhung der Sichtbarkeit
fisches Forschungsprogramm zu initiieren. Mit und Wahrnehmung des Bahnsektors
Blick auf Fördermittelrecherche und -akquise
besteht aus Sicht der Teilnehmenden ein Bedarf Im dritten Handlungsfeld haben die Ergebnisse
in der zielgerichteten Beratung und Sensibilisie- gezeigt, dass die Bahnindustrie gegenüber ande-
rung für die Möglichkeiten einer Förderung (ins- ren Branchen in der Region bislang nur über eine
besondere für KMU) und ein Matching mit den eingeschränkte Strahlkraft verfügt. Nicht zuletzt
passenden Förderprogrammen. Vom Clusterma- aufgrund der Konkurrenz um Fachkräfte mit an-
nagement seien dafür auch Schnittstellen/Dreh- deren Branchen wird es für das Clustermanage-
scheiben zwischen Fördermittelgebenden und ment wesentlich sein, die Bahn als bedeutenden
Antragsstellenden zu schaffen. Die Förderpolitik Industriezweig zu stärken. Aufgrund der gerin-
des Landes Nordrhein Westfalen sei im Bereich gen Flächenverfügbarkeit in der Region sowie
der Schiene kaum sichtbar. Gleichzeitig herrschte der stark ausgelasteten Verkehrsinfrastruktur in
78

Ballungsräumen liegt ein besonderer Bedarf auch der Bahnsektor in der Region sowohl mit ande-
darin, die öffentliche wie auch politische Wahr- ren Branchen vor Ort als auch mit großen Städ-
nehmung des Bahnsektors als Mobilitätsform der ten und Oberzentren im Umland um Fachkräfte.
Zukunft zu stärken. Zudem trifft der Ausbau des Der Aufbau eines Innovationsclusters „Digitale
Schienenverkehrs aufgrund der damit assoziier- Schiene“ hat das Potenzial, die Sichtbarkeit des
ten Lärmemissionen in der Bevölkerung oftmals Bahnsektors, aber auch der Region insgesamt zu
auf Widerstand. Vom Clustermanagement sind erhöhen. Mittel- und langfristig können die Zu-
daher Maßnahmen zu ergreifen, um die Akzep- kunftsanwendungen der „Digitalen Schiene“ wie-
tanz für den notwendigen Ausbau des Schienen- derum neue Beschäftigungsperspektiven schaf-
verkehrs zu schaffen. fen und dazu beitragen, Absolventinnen und
Absolventen auch nach ihrem Abschluss in der
Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops ist Region zu halten. Nicht zuletzt kann ein koordi-
es im Handlungsfeld zur Erhöhung der Sichtbar- niertes Vorgehen bei der Fachkräftegewinnung
keit und Wahrnehmung des Bahnsektors wesent- einen positiven Beitrag zur Fachkräftesicherung
lich, bereits vorhandene Initiativen, wie z. B. den leisten. Ein Potenzial zur Verbesserung der Fach-
„Tag der Schiene“ zu nutzen, um aufzuklären und kräftesituation in der Region ist also auch darin
Akzeptanz zu schaffen. Ein weiteres Potenzial zu sehen, bereits bestehende Initiativen zukünf-
liegt darin, das komplexe System Bahn für Au- tig stärker zu bündeln und gezielt auszubauen.
ßenstehende zu dechiffrieren. Mit Blick auf ver-
änderte Verhaltensweisen in der Mediennutzung Aus Sicht der Teilnehmenden des Workshops
wurde angeregt, neue Kommunikationsplattfor- sind im Handlungsfeld zur Fachkräftesicherung
men zu nutzen. Das Ziel müsse darin liegen, dass v. a. Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung
der Bahnsektor mit Dynamik und Innovation der Arbeitsbedingungen im Bahnsektor (Benefits
assoziiert wird. Hierbei sollte auch die Reichwei- für Mitarbeitende) zu ergreifen. Dabei sei insbe-
te von Influencerinnen und Influencern genutzt sondere der Blickwinkel auf Ausbildungsberufe
werden. Dabei müsse die Branche stärker auf nicht zu vernachlässigen, da Facharbeiterinnen
Frauen zugehen. Die Erhöhung der Sichtbarkeit und Facharbeiter benötigt würden. Das Cluster-
des Bahnsektors gegenüber Kundinnen und Kun- management könnte aus Sicht der Teilnehmen-
den stellt aus Sicht der Teilnehmenden eine we- den außerdem durch Imagekampagnen, die das
sentliche Voraussetzung zur Erschließung neuer sinnstiftende Arbeiten im Bahnsektor sichtbar
Wertschöpfungspotenziale dar. In diesem Sinne machen, zur Fachkräftesicherung beitragen. An-
sei es notwendig, potenzielle neue Kundinnen knüpfungspunkte seien in der Stärkung der Bahn
und Kunden der Bahn zu identifizieren und ge- als nachhaltige Mobilitätsform der Zukunft zu
zielt anzusprechen. sehen, die die Werteorientierung der potenziel-
len Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der
Handlungsfeld 4: Fachkräftesicherung jungen Generation anspricht (z. B. Klimaschutz).
Außerdem müsse das Thema Recruiting professio-
Im vierten Handlungsfeld haben die Ergebnisse nalisiert und neu gedacht werden. Das Problem im
der Machbarkeitsstudie gezeigt, dass eine wesent- Bahnsektor liege nicht primär darin, dass zu we-
liche Herausforderung in der relativ hohen Ab- nige Studienanfängerinnen und -anfänger tech-
wanderung von Absolventinnen und Absolven- nische Studiengänge wählen, sondern eher in der
ten der Universitäten liegt. Zudem konkurriert geringen Attraktivität der Schiene (im Vergleich
79

zum Automobilsektor) für Studentinnen und Stu- 5.4. Handlungsempfehlungen


denten technischer Fächer. Auch in bestehenden
Ausbildungsberufen, wie z. B. Logistik, spiele die
für den Aufbau der
Schiene derzeit allenfalls eine untergeordnete Rol- Clustermanagement­
le. Im Übrigen sei zu bedenken, dass die Deutsche organisationen in den
Bahn inzwischen fast so viele Informatikerinnen
und Informatiker wie Ingenieurinnen und Inge­
Braunkohleregionen
nieure suche, sodass zur Bekämpfung des Fach-
5.4.1. Organisationsform
kräftemangels insbesondere Weiterbildungen im
Bereich IT priorisiert werden müssten. Potenziale
für die Fachkräftegewinnung lägen darin, neue Für die potenzielle Gründung der Innovations-
Zielgruppen bspw. aus anderen entfernten Bran- cluster „Digitale Schiene“ ist aufgrund der recht-
chen zu rekrutieren und Berufswege im Bahnsek- lichen und organisatorischen Vorteile gegenüber
tor frühzeitig (bereits während der Schullaufbahn) anderen Gesellschaftsformen in den jeweiligen
sichtbar zu machen. Eher durchwachsen fallen die Regionen die Organisation der jeweiligen CMO
Erfahrungen der Teilnehmenden mit bestehenden als Verein empfehlenswert. In erste Linie ist da-
Formaten wie einem Tag der offenen Tür oder bei auf den vergleichsweise geringen Gründungs-
dem Girls- und Boys-Day aus. Es sei zu klären, an aufwand zu verweisen und auch darauf, dass ein
welchem Punkt bzw. in welchem Alter Jugend- Verein, anders als eine Kapitalgesellschaft, kein
liche „abgeholt“ werden könnten. Als erfolgsver- Grundkapital benötigt. Da für ein Innovations-
sprechender werden hier beispielsweise Exkursio- cluster „Digitale Schiene“ die Zielsetzung gerade
nen auf Bahnbaustellen für Studierende erachtet. auch in einer Stärkung der wirtschaftlichen Dy-
Kontrovers diskutiert wurde die Frage, ob es sinn- namik des Bahnsektors auf Basis einer Stärkung
voll sei, gezielt auf Influencerinnen und Influencer der Kooperationsbeziehungen aller relevan-
zu setzen. Einigkeit bestand jedoch darin, dass die ten Akteurinnen und Akteure in den deutschen
Kommunikation der Zielgruppe angepasst werden Braunkohlerevieren liegt, ist in den jeweiligen
müsse. So kommunizieren etwa Akteurinnen und Regionen die Organisation als wirtschaftlicher
Akteure des Bahnsektors bereits erfolgreich über Verein sinnvoll. Für die Zukunft kann optional
die Social Media Plattform LinkedIn mit der die Umwandlung in einen gemeinnützigen Ver-
Peer-Group. Im Bereich der Fachkräftegewinnung ein bei gleichzeitiger Ausgliederung der wirt-
und -sicherung könne ein Cluster durch die Er- schaftlichen Aktivitäten in eine Service-GmbH
stellung von Bedarfsanalysen einen Mehrwert zur Diskussion gestellt werden. Voraussetzung
stiften. Ferner stellten die Teilnehmenden fest, hierfür ist eine positive Entwicklung des Clus-
dass die branchenübergreifende Einsatzfähig- ters, bei welcher regelmäßig und nachhaltig
keit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Einnahmen aus Dienstleistungen wie beispiels-
durch die immer höhere Spezifizierung von Aus- weise einem kostenpflichtigen Newsletter oder
schreibungen erschwert werde. Von einem Cluster der Unterstützung der Clustermitglieder bei der
könnten hier Impulse für eine erleichterte Job- Bewirtschaftung von Fördermitteln entstehen.
Rotation über Branchengrenzen ausgehen. Als Auf diese Weise könnte das Cluster von den wirt-
Best-Practice-Beispiel wurde die branchenüber- schaftlichen Freiheiten einer Kapitalgesellschaft
greifende Kooperation von RWE mit den Kölner profitieren, ohne auf die Vorteile eines Vereins
Verkehrs-Betrieben (KVB) genannt. zu verzichten. Im Falle einer Ausgliederung der
80

wirtschaftlichen Tätigkeit in einer Service-GmbH Arbeitsdirektorinnen bzw. Arbeitsdirektoren der


ist allerdings der erhöhte administrative Auf- ansässigen Großunternehmen, Vertreterinnen
wand mitzudenken. und Vertreter der Kammern, der Regionaldirek-
tionen der Bundesagentur für Arbeit sowie die
Grundsätzlich eröffnet bereits die Vereinsmit- Leiterinnen oder Leiter von Berufsschulen und
gliedschaft einem breiten Kreis an Stakehol- Weiterbildungsstätten an. Denkbar ist auch die
dern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik Einrichtung eines Jugendforums, um die Interes-
die Möglichkeit der Mitsprache und aktiven Be- sen der jüngeren Generation besser nachvollzie-
teiligung an der Ausrichtung der CMO. Darüber hen und angemessen berücksichtigen zu können.
hinaus ist es möglich, unterschiedliche Akteurs- An einer AG „Logistik“ könnten die Betreiber von
gruppen und Stakeholder, wie Unternehmens- KV-Terminals, Vertreterinnen und Vertreter der
vertreterinnen und Unternehmensvertreter, DB Netz AG, Vertreterinnen und Vertreter von
Repräsentantinnen und Repräsentanten der Unternehmen mit hohem Güterumschlag auf
bahnaffinen Hochschul- und Forschungsinstitute der Schiene (z. B. LEAG oder BASF Schwarzheide),
und politische Verantwortliche auf Landes- und Verkehrs- und Raumplanungsbüros sowie Spe-
Kommunalebene, über unterschiedliche Gremi- diteure beteiligt sein. Auch bei der Auswahl der
en, wie Beirat, Kuratorium oder Präsidium, auch Clustermanagerin bzw. des Clustermanagers so-
in die Lenkung des Vereins einzubinden. wie der Clusterreferentinnen und/oder Cluster-
referenten sollte eine Affinität zu den genann-
Nachfolgend werden die wesentlichen Emp- ten Handlungsfeldern besonders berücksichtigt
fehlungen bezüglich der Organisationsform der werden.
Clustervereine in den Regionen zusammenge-
fasst, die v. a. auf mögliche Arbeitsgruppen, die Vor dem Hintergrund, dass sich das Lausitzer
Gremienstruktur und die Ansiedlung der Ge- Revier zu etwa gleichen Teilen auf die Länder
schäftsstelle eingehen. Brandenburg und Sachsen aufteilt, sind mit der
Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung,
Lausitzer Revier die ihre Außenstelle in Weißwasser/Oberlausitz
hat, sowie der Strukturentwicklungsgesellschaft
Wie aus den Handlungsfeldern für das Lausitzer Wirtschaftsregion Lausitz, deren Sitz in Cottbus
Revier hervorgeht, können potenzielle Schwer- liegt, zwei landeseigene Gesellschaften mit Fra-
punkte in der Ausrichtung einer CMO insbe- gen der Regionalentwicklung und Wirtschafts-
sondere in der Positionierung der Lausitz als förderung in der Lausitz befasst. Sie sollten an-
(Schienen-)Logistikstandort, auf dem Feld der gemessen in die Organisationsstruktur eines
Fachkräftesicherung und -qualifizierung so- Clustervereins eingebunden werden. Denkbar ist
wie in der Erhöhung der Sichtbarkeit der Lau- dabei bspw. die Ernennung geborener Mitglieder
sitz identifiziert werden. Diese Handlungsfelder oder Beiräte aus dem Kreis von Unternehmerin-
könnten sich in der Organisationsstruktur des nen und Unternehmern beider Länder. Um Syn-
Clusters durch entsprechende, in der Satzung ergien mit bereits bestehendem Expertenwissen
verankerte Arbeitsgruppen „Logistik“, „Fachkräf- zu heben und den Aufbau von Doppelstruktu-
te“ und „Standortmarketing“ widerspiegeln. Als ren zu vermeiden, sollte auch die Einbindung des
Mitglieder einer AG Fachkräfte bieten sich etwa Bahntechnikclusters Rail.S in beratender Funkti-
die Personalleiterinnen bzw. Personalleiter oder on in Erwägung gezogen werden. Die Geschäfts-
81

stelle sollte idealerweise im Grenzgebiet der bei- könnte in einer Andockung des Clusters an die
den Länder angesiedelt sein. Besonders bietet Metropolregion Mitteldeutschland mit Sitz in
sich hier der länderübergreifende Industriepark Leipzig liegen, in welcher sich strukturbestim-
Schwarze Pumpe an, der sich zu nahezu gleich mende Unternehmen, Städte und Landkreise,
großen Teilen in Sachsen und Brandenburg be- Kammern und Verbände sowie Hochschulen und
findet und zahlreiche strukturbestimmende Forschungseinrichtungen aus Sachsen, Sachsen-
Großunternehmen der Region, wie z. B. die LEAG, Anhalt und Thüringen engagieren. Bereits heute
vereinigt. Denkbar ist darüber hinaus auch eine werden mehrere Handlungsfelder mit einer ho-
Ansiedlung in örtlicher Nähe zum Bahntechnik- hen thematischen Relevanz für ein Innovations-
cluster Rail.S, um Synergien besser nutzen zu cluster im Rahmen von Arbeits- und Projekt-
können. gruppen der Metropolregion Mitteldeutschland
bearbeitet. Zu nennen sind hier insbesondere die
Mitteldeutsches Revier AG Landes- und Regionalentwicklung, die AG
Wirtschaft und Standortentwicklung sowie die
Da am Mitteldeutschen Revier mit Sachsen, AG Verkehr und Mobilität mit der Projektgrup-
Sachsen-Anhalt und Thüringen drei Bundeslän- pe Elektromobilität. Nachdem die Stärkung der
der beteiligt sind, kommt bei der Ausrichtung des regionalen und überregionalen Kooperation und
Innovationsclusters der politischen Koordination Vernetzung der Akteurinnen und Akteure des
eine besondere Relevanz zu. Dementsprechend Bahnsektors sowie eine Erhöhung seiner Sicht-
sollten alle drei Bundesländer angemessen in die barkeit und Wahrnehmung als Bedarfe in der
Gremienstruktur eingebunden werden. Hierfür Region identifiziert wurden, liegt eine enge Zu-
empfiehlt sich insbesondere der Beirat als bera- sammenarbeit mit den vorhandenen Strukturen
tendes Gremium des Vereins, welchem beispiels- auch auf organisatorischer Ebene nahe. In die-
weise Vertreterinnen und Vertreter der jeweili- sem Kontext ist die Möglichkeit der Kooperation
gen Landesministerien angehören können, die mit dem sächsischen Bahntechnikcluster Rail.S
entweder mit den Themen Strukturwandel und zu prüfen.
Kohleausstieg befasst sind oder alternativ Auf-
gaben im Bereich des Schienenverkehrs verant- Rheinisches Revier
worten. Hierunter fallen gemäß der derzeitigen
Ressortaufteilung etwa das Sächsische Staats- Als einziges der drei großen deutschen Braun-
ministerium für Regionalentwicklung oder das kohlereviere liegt das Rheinische Revier mit
Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Nordrhein-Westfalen vollständig in einem Bun-
Landes Sachsen-Anhalt. desland. Dies erleichtert die politische Koordina-
tion bei der strategischen Ausrichtung des Inno-
Da der Geschäftsstelle der CMO die zentrale Rol- vationsclusters, da keine länderübergreifenden
le einer Anlauf- und Beratungsstelle für alle am Abstimmungsprozesse erforderlich sind, die Lan-
Cluster beteiligten Akteurinnen und Akteure so- despolitik kann vergleichsweise unkompliziert in
wie für die interessierte Öffentlichkeit zukommt, die Gremienstruktur des Clusters eingebunden
sollte die Wahl des Standorts der Geschäftsstelle werden.
des Innovationsclusters der länderübergreifen-
den Lage der Region Rechnung tragen. Eine für Gemäß den im Rahmen der vorliegenden Mach-
alle beteiligten Bundesländer akzeptable Lösung barkeitsstudie identifizierten Handlungsoptio-
82

nen werden thematische Schwerpunkte eines In- 5.4.2. Relevante Akteurinnen und ­Akteure
novationsclusters im Rheinischen Revier in den für ein Innovationscluster in den
Feldern „Erhöhung der Sichtbarkeit des Bahn- ­Regionen
sektors“, „Fachkräftesicherung“, „Förderung von
Forschung und Entwicklung“ sowie „Vernetzung
von Wirtschaft und Wissenschaft“ gesehen. Be- Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie haben
sonders den beiden letztgenannten Handlungs- gezeigt, dass revierübergreifend bereits Innova-
feldern kommt nach Ansicht der Teilnehmen- tionsökosysteme mit Bezug zum Bahnsektor vor-
den des regionalen Workshops eine besondere handen sind. Zudem wurde festgestellt, dass die
Bedeutung zu. Es erscheint daher naheliegend, Aktivitäten der Regionalentwicklungsagentu-
dass sich die Akteurinnen und Akteure aus den ren und Wirtschaftsfördergesellschaften in den
wesentlichen Forschungsinstitutionen sowie der Revieren in hohem Maße mit den potenziellen
forschungsnahen Industrie auch in der Gremien- Aufgaben der Innovationscluster korrespondie-
struktur der CMO widerspiegeln sollten. Einen ren. Darin liegt sowohl die Chance zur Nutzung
Leuchtturm der Schienenverkehrsforschung in von Synergien, als auch das Risiko eines Aufbaus
Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus bildet von konkurrierenden Doppelstrukturen in Be-
die RWTH Aachen, eine der führenden techni- zug auf das Innovationsgeschehen sowie die Re-
schen Universitäten der Bundesrepublik. An ver- gionalentwicklung und Wirtschaftsförderung.
schiedenen Instituten der RWTH Aachen, wie Die Gründung eines eigenen, von bestehenden
etwa dem Institut für Schienenfahrzeuge und Institutionen losgelösten, Innovationsclusters
Transportsysteme, erfolgt eine Auseinanderset- ist dabei nur eine der Optionen, um die „Digitale
zung mit den Bedarfen und Herausforderungen Schiene“ systematisch voranzubringen. Um Dop-
des Bahnsektors. Es erscheint daher naheliegend, pelstrukturen zu vermeiden und Synergien zu
die Geschäftsstelle eines Innovationsclusters „Di- nutzen ist bei der Entscheidung für oder gegen
gitale Schiene“ für das Rheinische Revier eben- die Gründung eines Innovationsclusters grund-
falls bei der RWTH Aachen anzusiedeln. Auch bei sätzlich auch die Möglichkeit eines Anschlusses
der Auswahl des Personals der CMO sollte der an bestehende Strukturen und Akteurinnen und
Affinität der Region zu Forschung und Wissen- Akteure mitzudenken. Nachfolgend werden die
schaft Rechnung getragen werden. Die Cluster- wesentlichen Anknüpfungspunkte für ein mögli-
managerin bzw. der Clustermanager sollte da- ches Innovationscluster in den Regionen zusam-
her nach Möglichkeit über fundiertes, in einem mengefasst, die auf bereits vorhandene bahnspe-
technisch-naturwissenschaftlichen Studiengang zifische Ökosysteme fokussieren.
erworbenes, technisches Verständnis verfügen,
mit den Methoden wissenschaftlichen Arbeitens Lausitzer Revier
sowie der regionalen Forschungslandschaft ver-
traut sein und idealerweise bereits über ein be- Auf brandenburgischer Seite ist mit dem BTC
lastbares Netzwerk an den Universitäten und Havelland nur rund 100 Kilometer vom Revier
Hochschulen der Region verfügen. bereits eine Einrichtung vorhanden, die moderne
und vielseitige Forschung und Entwicklung im
83

Bahnsektor betreibt und als Treiber für Innova- richten. Dies bietet für das Innovationscluster
tionen fungiert. Auf sächsischer Seite besteht mit Anknüpfungspunkte im Handlungsfeld der Fach-
Rail.S und SET4FUTURE ebenfalls ein Zusam- kräftesicherung und -qualifizierung. Im sächsi-
menschluss, der sich ähnlichen Themen wie ein schen Teil des Mitteldeutschen Reviers ist mit
etwaiges Innovationscluster „Digitale Schiene“ Rail.S und SET4FUTURE ein Zusammenschluss
widmet. Dadurch besteht das Risiko, dass kon- angesiedelt, der sich ähnlichen Themen wie ein
kurrierende Doppelstrukturen in Bezug auf das etwaiges Innovationscluster „Digitale Schiene“
Innovationsgeschehen aufgebaut werden. Es ist widmet. Es ist denkbar, Rail.S bzw. SET4FUTURE
denkbar das BTC Havelland und Rail.S bzw. SET- im erweiterten Netzwerk des Innovationsclusters
4FUTURE in ein erweitertes Netzwerk des Inno- zu integrieren, um die räumliche Nähe zu diesen
vationsclusters zu integrieren, um die räumliche Einrichtungen und Synergien zu nutzen. Wesent-
Nähe zu diesen Einrichtungen und Synergien zu lich ist, durch eine frühzeitige Einbindung dieser
nutzen. Wesentlich ist hierbei durch eine früh- Akteurinnen und Akteure Transparenz über et-
zeitige Einbindung dieser Akteurinnen und waige Zielkonflikte und gemeinsame Interessen
Akteure Transparenz über etwaige Zielkonflikte zu schaffen und Möglichkeiten der gewinnbrin-
und gemeinsame Interessen zu schaffen und genden Zusammenarbeit zu eruieren. Denkbar
Möglichkeiten der gewinnbringenden Zusam- ist bspw. die Durchführung einer Klausurtagung
menarbeit zu eruieren. Denkbar ist hierfür oder eines Workshops – gegebenenfalls auch ge-
bspw. die Durchführung einer Klausurtagung meinsam mit dem Lausitzer Revier.
oder eines Workshops.
Rheinisches Revier
Mitteldeutsches Revier
Im forschungsstarken Rheinischen Revier liegt
Die bereits funktionierende, vielfältige Clus- eine große Chance eines Innovationsclusters da-
terlandschaft im Mitteldeutschen Revier bie- rin, den Forschungsprozess im Bahnsektor an-
tet sowohl Chancen als auch Risiken. Um keine wendungsorientierter auszurichten. Dabei ist
Doppelstrukturen vor Ort zu generieren und Sy- insbesondere ein Schulterschluss zum Research
nergien zu nutzen, wird es essenziell sein, den Center Railway zu suchen, das bereits als bahn-
Schulterschluss zu bestehenden Innovationsöko- spezifisches Innovationsökosystem agiert. Aber
systemen im Bahnsektor und auch branchen- auch darüber hinaus gibt es im Rheinischen Re-
übergreifend zu nutzen. Namentlich sind hier- vier verschiedene Kooperationen, Initiativen
bei insbesondere das Bahntechnologie-Bündnis und Projekte, die sich bereits mit innovativen
TRAINS und Rail.S zu nennen. Das Bahntechno- Themen des Bahnsektors befassen und Anknüp-
logie-Bündnis TRAINS hat gemeinsam mit der fungspunkte für das Innovationscluster bieten,
Hochschule Anhalt einen Studiengang mit di- wie z. B. die Galileo Test- und Entwicklungsum-
rektem Bahnbezug initiiert. Ziel ist es, den Fach- gebung für den Schienenverkehr railGate, das
kräftebedarf in der Region Anhalt langfristig Prüf- und Validationscenter Wegberg-Wildenrath
eigenständig zu decken und die Region auch im und das Projekt BrainTrain JuLiA, das bereits den
Bereich Forschung auf den Bahnsektor auszu- selbstfahrenden Zugverkehr erforscht.
84

5.4.3. Mögliche Startprojekte für ein workshops und der Sitzungen des PBA Vorhaben
Innova­tionscluster in den Regionen in den Bereichen der Logistik 4.0 und der Inter-
modalen Logistik angeregt. Denkbar sei bspw. der
Aufbau eines Test-Logistikzentrums für kleine
In einem Cluster werden Projekte gemeinsam Transporteinheiten. Grundsätzlich bestünde zum
von den Clusterakteuren, insbesondere Indust- Transport kleinerer Einheiten ein Bedarf an Um-
rie- und Wissenschaftspartnern entwickelt und schlagplätzen. Dafür könne ggf. die Schaffung
umgesetzt. Die Machbarkeitsstudie kann daher von kleinen Umschlagspunkten bzw. lokalen
im Vorfeld nur bedingt Handlungsempfehlungen Güterbahnhöfen als Alternative zu großen Ter-
für die Umsetzung konkreter Projekte in den je- minals sinnvoll sein.
weiligen Innovationsclustern geben. Im Rahmen
der Regionalworkshops und den Sitzungen des Rheinisches Revier
PBA wurden die folgenden ersten Projektideen
diskutiert, die von einem Innovationscluster „Di- Als Startpunkt zur Förderung der anwendungs-
gitale Schiene“ in den Regionen aufgegriffen und orientierten Forschung wurden v. a. Projekte im
weiterverfolgt werden könnten: Bereich der Automatisierung des Schienenver-
kehrs, wie z. B. Testfelder zum Vernetzen Fahren
Lausitzer Revier im Straßenverkehr oder Projekte zur Digitalen
Automatischen Kupplung (DAK) angeregt. Als
Als mögliche erste Projektideen für ein Innovati- potenzielles Startprojekt für ein Innovations-
onscluster „Digitale Schiene“ im Lausitzer Revier cluster wurde ferner die Weiterverfolgung des
wurden im Rahmen der Regionalworkshops und Aachener Rail Shuttle (autonomer Schienen-
der Sitzungen des PBA ein Scouting bzw. eine Be- bus) genannt, der am Lehrstuhl und Institut für
darfsanalyse mit den zentralen Akteuren, wie der Schienenfahrzeuge und Transportsysteme (IFS)
LEAG und der Alstom S. A. angeregt. Auch sei am der RWTH Aachen diskutiert wird. Dabei läge die
Logistikstandort Schwarze Pumpe die Weiter- Rolle des Clustermanagement v. a. in der Kom-
entwicklung des schienengebundenen Güter- munikation mit Betreibern und der Schaffung
umschlags als Projekt denkbar. Grundsätzlich sei von Transparenz über feststehende und geplante
zur Erhöhung der Innovationsgeschwindigkeit Standards. Anzudenken seien darüber hinaus
im deutschen Bahnsektor eine aktive Werbung v. a. Projekte, die Fragestellungen zur regionalen
für TETIS anzudenken, was ein Projekt von über- Wertschöpfung im Bereich Wasserstoffzug be-
regionaler Bedeutung sei. Es bestünde zudem ein treffen.
großes Potenzial darin, vorhandene Akteurinnen
und Akteure in der Region (insbesondere im Be- 5.4.4. Finanzierung
reich Smart Cargo) zu vernetzen, um den Weg für
eine Ansiedlung der Zulieferindustrie zu ebnen. Die Erschließung von geeigneten Finanzierungs-
quellen und die damit einhergehende Sicherstel-
Mitteldeutsches Revier lung einer nachhaltigen Finanzierung des Clus-
termanagements ist ein wesentlicher Faktor für
Als mögliche erste Projektideen für ein Innova- den Aufbau, den Erfolg und den Bestand eines
tionscluster „Digitale Schiene“ im Mitteldeut- Innovationsclusters. Grundsätzlich wird dabei
schen Revier wurden im Rahmen der Regional- zwischen öffentlichen und privaten Finanzie-
85

rungsquellen unterschieden. Öffentliche Finan- • Aufbau und Umsetzung von Transformations-


zierungsquellen bieten einerseits institutionel- Hubs zur Unterstützung von Transformations-
le Förderung mit dem Ziel, das Cluster bzw. die prozessen in Wertschöpfungsketten der Auto-
CMO an sich zu unterstützen. Andererseits gibt mobilindustrie (geschlossen)
es auch projektbezogene Förderungen, die sich
auf zeitlich und inhaltlich abgegrenzte Einzelvor- Auch auf Länderebene gibt und gab es verschie-
haben zur Weiterentwicklung und strategischen dene Fördermöglichkeiten für den Aufbau und
Ausrichtung des Clusters beziehen. die Weiterentwicklung von CMO:

Die Erschließung von öffentlichen Finanzie- Lausitzer Revier:


rungsquellen zur institutionellen Förderung des
Clusters stellt besonders in der Gründungsphase • Brandenburg – GRW-Netzwerke / Innovations-
von Clustern eine wichtige Form der Anschubfi- cluster (bis 31.12.2023 gültig)
nanzierung dar. Diese kann aus Zuschüssen von
regionalen und lokalen Wirtschaftsförderinstitu- • Brandenburg – Wissens- und Technologietrans-
tionen, aber auch aus staatlichen Förderprogram- fer und Clustermanagement (geschlossen)
men für den Aufbau und die Weiterentwicklung
von Clustern sowie zur Umsetzung innovativer • Sachsen – Wettbewerbsaufruf zur Förderung
clusterbezogene Projekte bestehen. Die Förder- von Innovationsclustern (geschlossen)
quote von Programmen für den Aufbau und die
Weiterentwicklung von Clustern (institutionel- Mitteldeutsches Revier:
le Förderung) kann, je nach Zuwendungsemp-
fänger, konkretem Förderprogramm und Pro- • Thüringen – „Verbesserung der regionalen Wirt-
jektphase bis zu 100 % der förderfähigen Kosten schaftsstruktur“ (GRW) (bis 31.12.2023 gültig)
betragen. Relevante institutionelle Förderpro-
gramme auf EU- und Bundesebene sind: • Sachsen-Anhalt – GRW Infrastrukturförderung
Innovationscluster
• Regionale Innovationscluster zur Transformati-
on der Fahrzeugindustrie (bis 30.06.2024 gültig) • Sachsen – Programm zur Förderung von Clus-
tern und Netzwerken der Wirtschaft
• Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand -
ZIM (bis 31.12.2024 gültig; Befristeter Antrags- Rheinisches Revier:
stopp seit Oktober 2021)
• Nordrhein-Westfalen – Förderung im For-
• RUBIN - Regionale unternehmerische Bündnis- schungs-, Entwicklung- und Innovationsbe-
se für Innovation (geschlossen) reich (FEI-Richtlinie) (bis 31.12.2023 gültig)

• Transformationsstrategien für Regionen der • Nordrhein-Westfalen – Projektaufruf


Fahrzeug- und Zulieferindustrie (geschlossen) Regio.NRW (geschlossen)

• InvestEU (2021–2027) Neben den institutionellen Förderprogrammen


stehen auf Bundes- und Landesebene zahlreiche
86

projektbezogene Förderprogramme zur Verfü- • Förderrichtlinie für internationale Wasserstoff-


gung, die clusterbezogene Projekte, wie die Um- projekte im Rahmen der Nationalen Wasser-
setzung von F&E-Vorhaben fördern. Dem Bericht stoffstrategie und des Konjunkturprogramms:
ist eine ausführliche Übersicht der projektbe- Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern,
zogenen Förderprogramme für den Bahnsektor Zukunftsfähigkeit stärken (bis 30.06.2024 gültig)
angehängt (vgl. Anlage 1), die entsprechend des
Zielbildes „Digitale Schiene 2030“ nach den Be- Im Anhang zu diesem Bericht finden sich exemp-
reichen Fahrzeuge, Infrastruktur und Beförde- larische Steckbriefe zu ausgewählten Förderpro-
rung differenziert und auch technologieüber- grammen, die sich für die institutionelle wie auch
greifende Förderprogramme umfasst. Zu den die projektbezogene Förderung der Innovations-
Förderprogrammen zählen beispielsweise: cluster in den Regionen eignen (vgl. Anlage 2).

• REGION.innovativ (bis 31.12.2024 gültig) Neben öffentlichen Mitteln ist zur Finanzierung
der Innovationscluster die Erschließung priva-
• Forschung, Entwicklung und Innovation im ter Einnahmequellen wesentlich, da Förderpro-
Rahmen des Nationalen Innovationspro- gramme in der Regel zeitlich befristet sind und
gramms Wasserstoff- und Brennstoffzellen- eine 100 %-(Grund-)Finanzierung von Clustern
technologie: Phase II (Schwerpunkt Nachhaltige in der Förderpraxis, insbesondere bei Landesför-
Mobilität) (bis 30.06.2024 gültig) derprogrammen, eher die Ausnahme darstellt. Zu
den privaten Finanzierungsquellen eines Clusters
• Bundesprogramm Zukunft Schienengüter- zählen insbesondere Mitgliedsbeiträge, Einnah-
verkehr zur Förderung von Innovationen (bis men aus kostenpflichtigen Dienstleistungsange-
31.12.2024 gültig) boten (z. B. Veranstaltungen), Sponsorings durch
KMU und Großunternehmen sowie Erträge aus
• Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen Provisionen/Einnahmen aus der Vermittlung
zur Entwicklung regenerativer Kraftstoffe (bis von Aufträgen, Einnahmen aus der Akquisition
30.06.2024 gültig) öffentlicher Projekte und gemeinsamer Paten-
te oder Lizenzen (Forschungsintensive Cluster).
• Förderrichtlinie „Digitalisierung der Fahrzeug- Eine wesentliche Säule der privaten (Grund-)Fi-
hersteller und Zulieferindustrie“ im Förderrah- nanzierung ist insbesondere das Erheben von
men „Zukunftsinvestitionen Fahrzeughersteller Mitgliedsbeiträgen, die in der Regel jährlich von
und Zulieferindustrie“ (bis 30.06.2024 gültig) den Clustermitgliedern zu entrichten sind.

• mFUND - Digitalisierung und datenbasierte Inno- Grundsätzlich gilt: Je höher der Mehrwert bzw.
vationen für Mobilität 4.0 und Daseinsvorsorge Zusatznutzen, der sich durch eine Clustermit-
in den Braunkohlerevieren (bis 30.06.2024 gültig) gliedschaft ergibt, desto höher ist die Bereit-
schaft der Unternehmen, Clusteraktivitäten zu
• T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von finanzieren. Erfahrungswerte zeigen darüber hi-
Regionen (bis 30.06.2024 gültig) naus, dass sich mit steigenden Mitgliedszahlen
auch das Kooperations- und Innovationspoten-
• KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und zial und damit die Bereitschaft der Clustermit-
Ressourcen (bis 30.06.2024 gültig) glieder, sich finanziell am Cluster zu beteiligen,
87

erhöht. Durch die Erhebung von Mitgliedsbei- Durch die Einnahmen aus öffentlichen und pri-
trägen ist die notwendige Erbringung von Eigen- vaten Finanzierungsquellen wird der Betrieb der
anteilen sowie eine sukzessive Reduzierung der Geschäftsstelle des Clustermanagements sicher-
öffentlichen Finanzierung möglich. Dabei ist eine gestellt. Die Kosten für die Geschäftsstelle set-
Staffelung der Beiträge für die unterschiedlichen zen sich aus Personal- (Leitung, Mitarbeiterinnen
Mitgliedsgruppen eines Clusters, z. B. nach Un- und Mitarbeiter, Assistenz) sowie Gemein- und
ternehmensgröße, sinnvoll, um die Hürden für Raumkosten zusammen.
eine Mitgliedschaft insbesondere für KMUs oder
Start-Ups zu senken.
88

6. Schluss­
betrachtung
und Handlungsempfehlungen

Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie haben ge- langwieriger Prozess, bei dem die Finanzierung
zeigt, dass die Standortbedingungen für ein In- im Vorfeld nachhaltig gesichert werden muss.
novationscluster „Digitale Schiene“ in allen drei Insbesondere für die Aufbauphase eines Innova-
Regionen als gut bis sehr gut zu bewerten sind. tionsclusters wird eine direkte Unterstützung ge-
Dazu trägt vor allem die Kohärenz der regionalen fordert, die ausreichend Mittel für Projekte zur
Leitbilder und Strategien zu den Tätigkeitsfeldern Verfügung stellt. Obwohl eine Vielzahl an För-
eines Innovationsclusters „Digitale Schiene“ bei. derrichtlinien und Förderprogrammen auf Bun-
Zudem verfügen die Regionen aufgrund zahl- des- und Landesebene zur Verfügung steht, ist
reicher Anknüpfungspunkte zu den Zukunfts- es für Unternehmen in der Praxis schwierig, Zu-
anwendungen der „Digitalen Schiene“ über gute gang zu Förderung zu finden. Dies ist vor allem
Ausgangsbedingungen für den Aufbau eines In- den Hürden der Antragsstellung geschuldet. So
novationsclusters. Grundsätzlich besteht bei den bilden die Ziele der jeweiligen Förderrichtlinien
Unternehmen in den Regionen auch Interesse an vielfach nicht den Praxisbedarf der Unterneh-
einer stärkeren Vernetzung innerhalb der Bran- men im Bahnsektor ab. Um die Innovationskraft
che. Auch branchenübergreifend wurde in den des Bahnsektors signifikant zu stärken, muss er
Regionen die generelle Bereitschaft zur Koope- in der Förderpraxis auf Augenhöhe mit anderen
ration mit einem Innovationscluster „Digitale Branchen gebracht werden. Dafür wäre ein ge-
Schiene“ geäußert. Dabei haben auch die an der sondertes Förderprogramm für Innovationen im
Machbarkeitsstudie beteiligten Regional- und Bahnsektor analog zum Luftfahrtforschungspro-
Landesvertreterinnen und -vertreter ein mehr gramm „LuFo“ wünschenswert.
oder weniger stark ausgeprägtes Interesse an der
Initiierung eines Innovationsclusters „Digitale Darüber hinaus stellt die bereits funktionieren-
Schiene“ signalisiert. de, diverse Clusterlandschaft in den Revieren
eine Herausforderung dar, da das Risiko besteht,
Als größte Herausforderung wurde wiederkeh- konkurrierende Doppelstrukturen vor Ort zu ge-
rend die Finanzierung eines Innovationsclus- nerieren. Für den Erfolg der Innovationscluster
ters benannt. Die Gründung von Clustern ist ein wird es essenziell sein, im Schulterschluss mit
89

den bereits agierenden Initiativen Bedarfe zu er- esse an einem Innovationscluster „Digitale Schie-
mitteln und auf dieser Grundlage thematische ne“, wenn sich daraus positive Regionaleffekte
Alleinstellungsmerkmale zu erarbeiten, um einen erwarten lassen und entsprechende Fördermittel
Mehrwert für das regionale Innovationsgesche- zur Verfügung stehen. Dadurch sind die wesent­
hen und das Gelingen des Strukturwandels zu lichen Weichen für die erfolgreiche Gründung
schaffen. Dieser Zusatznutzen wird wiederum eines Innovationsclusters „Digitale Schiene“
auch entscheidend sein, um den Zuspruch von gestellt.
Industriepartnern für das Innovationscluster zu
gewinnen. So hat die Clusterpraxis gezeigt, dass Im Gründungsprozess kommt Akteurinnen und
der Mehrwert bzw. Zusatznutzen, der sich durch Akteuren aus Industrie und Wirtschaft eine tra-
eine Clustermitgliedschaft ergibt, über die Bereit- gende Rolle zu. Um die Umsetzung der Innova-
schaft der Unternehmen entscheidet, Cluster- tionscluster voranzutreiben, sind die relevanten
aktivitäten zu finanzieren und sich aktiv in die Unternehmen aktiv von den Initiatoren in den
Clusterarbeit einzubringen. Prozess der Clustergründung einzubinden. Dafür
wird es ggf. auch notwendig sein, Unternehmen
Für die Initiierung und den Aufbau eines Innova- in Einzelgesprächen über die Potenziale eines
tionsclusters „Digitale Schiene“ in den Regionen, Innovationsclusters zu informieren und sie zur
die Einbindung von regionalen Akteurinnen und Teilnahme zu gewinnen. Vorrangig sollte dies
Akteuren, die Berücksichtigung vorhandener In- durch die regionalen Vertreterinnen und Vertre-
novations- und Entwicklungsstrukturen und die ter aus dem Kreis der Strukturentwicklung und
interregionale Zusammenarbeit ergeben sich aus Wirtschaftsförderung erfolgen, da diese mit den
der Machbarkeitsstudie folgende zentrale Emp- Rahmenbedingungen in der Region vertraut und
fehlungen: entsprechend mit den Unternehmen vernetzt
sind. Gleichzeitig beziehen sie eine neutralere Po-
6.1. Unternehmen aktiv sition und können den Prozess besser moderativ
begleiten, als dies durch eine Federführung von
einbinden Unternehmen möglich wäre.

Ziel der Machbarkeitsstudie war es, Potenziale Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden die
und Anknüpfungspunkte für ein Innovations- für ein Innovationscluster in den Regionen re-
cluster „Digitale Schiene“ zu identifizieren und levanten Unternehmen mit Schlüsselfunktion
den Regionen Vorschläge für den Aufbau eines im Bahnsektor identifiziert und angesprochen.
Clusters an die Hand zu geben. Die tatsächliche Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie und
Umsetzung kann jedoch nur durch Engagement Wirtschaft waren im Rahmen des Beteiligungs-
vor Ort erfolgen. Für die erfolgreiche Clusterbil- prozesses gegenüber institutionellen Akteurs-
dung bedarf es dabei zunächst einer Gruppe von gruppen allerdings vergleichsweise unterreprä-
Initiatoren in den Regionen, die den Prozess aktiv sentiert. Es gelang nur teilweise, Unternehmen
vorantreiben. Aufgrund ihrer aktiven Einbindung für eine Teilnahme an den Regionalworkshops
in die Machbarkeitsstudie sind dafür in hohem zu gewinnen. Zudem handelte es sich bei den
Maße die Mitglieder des PBA und die Teilneh- Teilnehmenden überwiegend um Großunter-
menden der Regionalworkshops prädestiniert. nehmen. Mögliche Ursachen sind darin zu sehen,
Grundsätzlich signalisierten die Beteiligten Inter- dass die Innovationscluster in ihrem frühen Ent-
90

wicklungsstadium noch nicht hinreichend Nut- Blick GmbH und die JITpro GmbH. Im Rheini-
zen und Mehrwert für Unternehmen generieren schen Revier und dessen unmittelbarem Umland
und insbesondere KMU nicht die personellen sind insbesondere die Talbot Service GmbH, die
Ressourcen für eine aktive Initiierung der Inno- Hegenscheidt GmbH, die Scheidt & Bachmann
vationscluster vorhalten können. Das Erreichen GmbH, das Prüf- und Validationcenter Wegberg-
einer kritischen Masse an unterstützenden Ak- Wildenrath der Siemens Mobility GmbH, der
teurinnen und Akteuren, insbesondere Unter- Zweckverband Nahverkehr Rheinland und die
nehmen, ist für den Erfolg von Clusterinitiativen Rurtalbahn GmbH als Schlüsselunternehmen mit
jedoch maßgeblich (vgl. Kapitel 5.2.3.). Daher wird überregionaler Strahlkraft in der Bahnbranche
es für das Gelingen der Innovationscluster in den zu nennen, die sich als Leuchttürme eignen und
Revieren entscheidend sein, Leuchtturmunter- entsprechend in den Prozess der Clustergrün-
nehmen zu gewinnen, die ihrerseits eine Strahl- dung eingebunden werden sollten.
kraft auf andere Unternehmen (insbesondere
KMU) erzeugen. 6.2. Anknüpfungspunkte und
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden Un- Synergien nutzen
ternehmen identifiziert, die sich als Leuchttürme,
respektive zentrale Player der Clustergründung Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie haben
eignen. Die beispielhafte Auswahl erfolgte hierbei gezeigt, dass in den Regionen bereits Innovati-
auf Grund der besonders hohen Sichtbarkeit und onsökosysteme mit Bezug zum Bahnsektor vor-
Bedeutung der Unternehmen in der Branche. Im handen sind. Zudem wurde festgestellt, dass die
Lausitzer Revier sind die Alstom S. A. (bis 2021 Aktivitäten der Regionalentwicklungsagentu-
Bombardier Transportation), das DB Fahrzeug- ren und Wirtschaftsfördergesellschaften in den
instandhaltungswerk in Cottbus, die ELH Wag- Regionen in hohem Maße mit den potenziellen
gonbau Niesky GmbH, die Heicon Service und Aufgaben eines Innovationsclusters korrespon-
Heicon Verkehrstechnik GmbH und die TransTec dieren. Darin liegt sowohl die Chance zur Nut-
F&E Vetschau GmbH zu nennen. Neben den be- zung von Synergien als auch das Risiko eines
schriebenen Unternehmen wurden im Rahmen Aufbaus konkurrierender Doppelstrukturen in
der Experteninterviews auch die Rail Compo- Bezug auf das Innovationsgeschehen sowie die
nents and Systems GmbH und die TÜV Süd Rail Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung.
GmbH als relevante Unternehmen des Bahn- Die Gründung eines eigenen, von bestehenden
sektors im Lausitzer Revier benannt. Im Mittel- Institutionen losgelösten, Innovationsclusters ist
deutschen Revier sind die Deutsche Bahn AG nur eine der Optionen, um die „Digitale Schie-
mit ihren Standorten in Leipzig und Halle (Saale) ne“ systematisch voranzubringen. Um Doppel-
und die Goldschmidt Holding GmbH zu nennen. strukturen zu vermeiden und Synergien zu nut-
Von den Befragten der Experteninterviews und zen, ist bei der Clustergründung grundsätzlich
in der Online-Befragung wurden weitere, etwas die Möglichkeit eines Anschlusses an bestehen-
kleinere Unternehmen benannt, darunter die de Strukturen und Akteurinnen und Akteure zu
Schraubenwerk Zerbst GmbH, die Kirow Ardelt prüfen. Für das Innovationscluster im Lausitzer
GmbH, die CDM Smith Consult GmbH, die GP Revier wurde dabei von den Teilnehmenden des
Verkehrswegebau GmbH, die Leipziger Verkehrs- PBA und der Regionalworkshops ein Anschluss
betriebe (LVB), die RailMaint GmbH, die Heiter- an das Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik,
91

Rail.BB und/oder das mitteldeutsche Bahntech- ven Forschungsschwäche eher offen gegenüber-
nikcluster Rail.S angeregt. Für das Mitteldeut- stehen, haben die Ergebnisse der Regionalwork-
sche Revier sind, neben dem Bahntechnikcluster shops gezeigt, dass sich das Rheinische Revier
Rail.S, Anknüpfungspunkte an die Metropolre- weniger Synergien aus einem überregionalen
gion Mitteldeutschland zu suchen. Dabei bietet Zusammenschluss verspricht. Vor diesem Hin-
insbesondere die Arbeitsgruppe Verkehr und Mo- tergrund kommt die Machbarkeitsstudie zu dem
bilität der Metropolregion inhaltliche Synergien Schluss, dass ein Dachcluster als eigenständige
zu den Handlungsfeldern eines Innovationsclus- und übergeordnete Institutionen nicht bei allen
ters. Für das Innovationscluster im Rheinischen regionalen Akteurinnen und Akteure auf die not-
Revier wurden die Zukunftsagentur Rheinisches wendige Akzeptanz stößt.
Revier GmbH und die RWTH Aachen als wesent-
liche Anknüpfungspunkte identifiziert. Zudem Ungeachtet dessen ist eine enge Kooperation der
wurde angeregt, das Innovationscluster nicht an regionalen Cluster sinnvoll. Einerseits haben aus-
den Reviergrenzen auszurichten, sondern über reichend große/länderübergreifende Cluster-
die Grenzen des Rheinischen Reviers hinaus ein initiativen, vergleichbar mit Großunternehmen,
Bahncluster für das Land Nordrhein-Westfalen Möglichkeiten der Einflussnahme auf Rahmen-
zu schaffen. bedingungen, von denen die regionalen Clus-
ter in den Braunkohleregionen gleichermaßen
6.3. Kooperation als profitieren können. Dazu zählen z. B. Einkauf-
gemeinschaften oder eine gesteigerte Wahrneh-
zentraler Erfolgsfaktor mung durch politische Stakeholder. Andererseits
ist eine enge Kooperation zu Themen des Bahn-
Die vom Projekt ursprünglich indizierte Ver- sektors mit länderübergreifender Relevanz, wie
bindung der drei Innovationsclusters in einem etwa dem ETCS, sinnvoll. So sehen auch die im
Dachcluster wurde im Rahmen der Machbar- Rahmen der Experteninterviews Befragten ein
keitsstudie eher kritisch bewertet, da sich die Re- wesentliches Risiko darin, dass ein rein regional
viere zueinander in einem Standortwettbewerb verankertes Innovationscluster nicht die Schlag-
befinden, der bspw. eine Konkurrenz um Inno- kraft besitzt, um diejenigen Systeminnovationen
vationen, Neuansiedlungen von Unternehmen anzustoßen, die es gerade für die Digitalisierung
oder Fachkräfte bedingt. Mit Blick auf die in der der Schiene umzusetzen gilt. Wichtige techni-
Potenzialanalyse skizzierten Chancen und Ri- sche Voraussetzungen für die Digitalisierung der
siken (vgl. Kapitel 4.3.), ist es dabei wesentlich, Schiene, wie die flächendeckende Einführung
die unterschiedlichen Rahmenbedingungen von ETCS, können ohnehin nicht in einem allein
für ein Innovationscluster zu berücksichtigen. regional verankerten Cluster geschaffen werden.
So haben die im Rahmen der Machbarkeitsstu- Hier bedarf es mindestens der deutschen, wenn
die durchgeführten Regionalworkshops gezeigt, nicht eher der europäischen Ebene als räumli-
dass die Potenziale und die damit einhergehen- chen Bezugsrahmen, um direkten Einfluss auf die
de Bereitschaft zum Zusammenschluss in einem Umsetzung notwendiger Schlüsselinnovationen
Dachcluster von den Braunkohleregionen sehr zu nehmen. Damit die regionalen Innovations-
unterschiedlich bewertet werden. Während die cluster einen Beitrag zur Innovativität im Bahn-
Akteurinnen und Akteure im Lausitzer Revier sektor leisten können, sind von den jeweiligen
einem Verbund u. a. zur Ergänzung der relati- CMO folglich Strukturen zu schaffen, die einen
92

regelmäßigen Austausch zwischen den Braun- • Wenn Gründung erfolgt oder in Aussicht: Grün-
kohleregionen und auch darüber hinaus ermög- dungsveranstaltung oder Follow-up-Workshop
lichen. Denkbar sind dafür bspw. die Initiierung
und Durchführung regelmäßiger regionsüber- • Rücksprache mit Fördermittelgebern und Er-
greifender Arbeitsgruppen, von Jahrestagungen arbeitung eines Förderantrags
und übergreifenden Netzwerktreffen.
• Auftaktveranstaltung
6.4. Strategie gemeinsam
• Nachbesprechung zum Auftakt und Beginn der
entwickeln Clusterarbeit

Die Clustergründung ist ein langwieriger Pro- Zu Beginn ist ein Auftakt-Workshop anzudenken,
zess. Im ersten Schritt gilt es, die beteiligten Ak- der vor allem die Untermauerung und Festigung
teurinnen und Akteure anzusprechen und über des Gründungsprozesses, die Bedarfsabfrage bei
die Gründungsinitiative zu informieren sowie sie den potenziellen Clustermitgliedern, die grund-
vom Potenzial und von den Vorteilen des Inno- sätzliche Schwerpunktsetzung und räumliche
vationsclusters zu überzeugen. Es sollten alle re- Verortung des Clusters sowie die Festlegung der
levanten Akteurinnen und Akteure in den Grün- nächsten Schritte zum Ziel hat. Über den Auftakt-
dungsprozess einbezogen und Möglichkeiten zur Workshop sollte bei den Beteiligten der Wunsch
Mitgestaltung gegeben werden. Im Allgemeinen zur Zusammenarbeit erzeugt werden, es ist daher
sind zur Clustergründung die folgenden Schritte wichtig, neben generellen Zielen und Ideen eine
zu berücksichtigen: positive Grundstimmung und Motivation zu er-
zeugen. Neben einer Zusammenfassung der posi-
• Gespräche mit Unternehmen und Organisa- tiven Ergebnisse dieser Machbarkeitsstudie kann
tionen zu ihrem grundsätzlichen Interesse an das zum Beispiel über motivierende thematische
einer Clustergründung und den thematischen Gastvorträge und Keynotes erreicht werden. Da-
Schwerpunkten für eignen sich z. B. Beiträge von Clusterexper-
tinnen und -experten als Best Practice Beispiel
• Auftakt-Workshop für erfolgreiche Clusterarbeit. Alternativ können
beteiligte Unternehmen von ihrer Arbeit in be-
• Nachgespräche mit einzelnen Vertreterinnen stehenden Clusterinitiativen berichten und so
und Vertretern den Mehrwert veranschaulichen. Auch eloquen-
te Rednerinnen und Redner aus dem Bahnsektor
• Bilanz, ob ausreichend Clusterinteressierte vor- kommen hierfür in Frage. Wichtig ist außerdem,
handen sind und ob die Bereitschaft zur Mitfi- einen interaktiven Teil zu planen, in dem sich die
nanzierung besteht Teilnehmenden in die Entwicklung und Planung
einbringen können. Eine Nachbereitung und Do-
• Wenn ausreichende Anzahl an Mitgliedern und kumentation sowie die Information der relevan-
Beiträgen nicht in Aussicht: Abbruch der Vor- ten Akteurinnen und Akteure über die nächsten
bereitung Schritte und Ergebnisse ist ebenfalls wichtig, um
die Motivation zu erhalten.
93

Im darauffolgenden Prozess geht es darum die kontinuierlich in Gesprächen mit potenziellen


Clustergründung zu konkretisieren. Dabei sind Clustermitgliedern nachfassen und bei der Er-
sowohl strategische Fragen, wie die Formulierung schließung von Fördermitteln zur Finanzierung
der Zielsetzungen, als auch operative Fragen, wie des Clusters unterstützen. Zum anderen ist ein
die Wahl einer geeigneten Organisationsform Bottom-up-Prozess zur gemeinsamen Strategie-
und Finanzierung des Innovationsclusters, zu entwicklung mit den relevanten Akteurinnen
klären. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie und Akteuren zielführend, um ein an den tat-
haben gezeigt, dass insbesondere zwei Faktoren sächlichen Bedarfen der Branche und den Regio-
zum Gelingen eines Innovationsclusters in den nen ausgerichtetes Innovationscluster sicherzu-
Regionen beitragen können. Zum einen ist eine stellen. Ein bedarfsgerechtes Clustermanagement
proaktive Rolle der Initiatorinnen und Initiato- stellt wiederum auch die Basis für eine positive
ren förderlich, die den Prozess aktiv vorantreiben Mitgliederentwicklung und einen nachhaltigen
und das Interesse an einem Innovationscluster Bestand des Innovationsclusters dar.
94

7. Anlagen

Anlage 1: Übersicht über Förder­programme zur ­projekt­bezogenen


Förderung

Tabelle 6 gibt einen Überblick über projektbe- sonenverkehr, Güterverkehr und Bahnbetrieb
zogene Förderprogramme. Neben technologie- differenziert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
übergreifenden Förderprogrammen unterschei- sich die Förderprogramme nicht trennscharf den
det die Übersicht entsprechend des Zielbildes jeweiligen Bereichen zuordnen lassen, da diese
„Digitale Schiene 2030“ die Bereiche Fahrzeuge, mitunter einen übergreifenden Förderschwer-
Infrastruktur und Beförderung. Im Bereich der punkt haben. Die Förderprogramme sind in
Beförderung werden zudem die Teilbereiche Per- alphabetischer Reihenfolge aufgeführt.

Tabelle 6: Übersicht über Förderprogramme zur projektbezogenen Förderung

Technologieübergreifende Förderprogramme
Titel Schwerpunkt Stichtage/Laufzeit Fördermittelgeber

Bundesmodellvorhaben Beitrag zum Strukturwandel, 31.12.2027 Bundesministerium für


Unternehmen Revier u. a. Gewinnung von Fachkräf- Wirtschaft und Klima-
ten, Aufbau von Clustern schutz (BMWK)

Digitales Europa (2021–2027) Stärkung von digitalen Schlüs- 2027 Europäische Kommission
seltechnologien

HyMAT: Vom Material zur Schaffung der Voraussetzun- 15.12.2027 Bundesministerium für
Innovation – Hybride Mate- gen für die Entwicklung wett- Bildung und Forschung
rialien – Neue Möglichkeiten, bewerbsfähiger Produkte in (BMBF)
Neue Marktpotenziale wichtigen Industriezweigen

Industrielle Gemeinschafts- Ausgleich der strukturbeding- 31.12.2022 Bundesministerium für


forschung (IGF) ten Nachteile von KMU auf Wirtschaft und Klima-
dem Gebiet der Forschung schutz (BMWK)

InvestEU Errichtung nachhaltiger Infra- 2022-2027 Europäische Kommission


struktur, Forschung, Innova-
tion und Digitalisierung
95

Technologieübergreifende Förderprogramme
Titel Schwerpunkt Stichtage/Laufzeit Fördermittelgeber

INNO-KOM: Förderung ge- Stärkung der Innovationskraft 31.12.2022 Bundesministerium für


meinnütziger externer Indus- der deutschen Wirtschaft über Wirtschaft und Klima-
trieforschungseinrichtungen – Industrieforschung schutz (BMWK)
Innovationskompetenz

KMU-innovativ: Elektronik Stärkung des Innovationspo- 30.06.2024 Bundesministerium für


und autonomes Fahren/High tenzials von KMU im Bereich Bildung und Forschung
Performance Computing der Spitzenforschung (BMBF)

Modernitätsfonds (mFUND) Datenbasierte Innovationen 30.06.2024 Bundesministerium für


in den Bereichen Mobilität, Digitales und Verkehr
Logistik und Infrastruktur (BMDV)

Förderprogramm „Entwick- Vorwettbewerbliche For- 30.06.2024 Bundesministerium für


lung digitaler Technologien“ schungs-, Entwicklungs- Wirtschaft und Klima-
(2022 bis 2026) und Innovationsprojekte schutz (BMWK)
mit Leuchtturmcharakter

Förderung nach dem Inves- Bewältigung des Strukturwan- keine besonde- Staatskanzlei des Landes
titionsgesetz Kohleregionen dels und der Sicherung der ren Fristen Brandenburg
(Brandenburg) Beschäftigung

Förderung nach dem Inves- Bewältigung des Strukturwan- keine besonde- Sächsisches Staatsminis-
titionsgesetz Kohleregionen dels und der Sicherung der ren Fristen terium für Regionalent-
(Sachsen) Beschäftigung wicklung (SMR)

Regionale unternehmerische Stärkung der Innovations- 01.02.2022 (ab- Bundesministerium für


Bündnisse für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit gelaufen) Bildung und Forschung
(RUBIN) von KMU (BMBF)

Technologietransferprogramm Branchen- und material- 01.10.2030 Bundesministerium für


übergreifender Transfer von Wirtschaft und Klima-
Wissen und Technologien in schutz (BMWK)
marktnahen Industrieberei-
chen

Zentrales Innovationspro- Innovationskraft und Wettbe- 31.12.2024 Bundesministerium für


gramm Mittelstand (ZIM) werbsfähigkeit mittelständi- Wirtschaft und Klima-
scher Unternehmen schutz (BMWK)

Zukunft Region Entwicklung und Implemen- 31.12.2025 Bundesministerium für


tierung regionalpolitischer Wirtschaft und Klima-
Ansätze und Ideen schutz (BMWK)
96

Förderprogramme im Bereich Beförderung


Titel Schwerpunkt Stichtage/Laufzeit Fördermittelgeber

Personenverkehr

Förderung von innovativen Verdichtung und Verbesse- 31.12.2024 (der- Ministerium für Infra-
Mobilitätsangeboten im Land rung von Verkehrsangeboten zeit kein Aufruf struktur und Landespla-
Brandenburg im ÖPNV aktiv) nung des Landes Bran-
denburg (MIL)

Fördermittel im öffentlichen Verbesserung der Bedingun- zwei Kalender- Sächsische Staatsminis-


Personennahverkehr gen im schienen- und straßen- jahre vor ge- terium für Wirtschaft, Ar-
gebundenen ÖPNV planter Realisie- beit und Verkehr (SMWA)
rung jeweils bis
15. November

Güterverkehr

Bundesprogramm Zukunft Innovationsvorhaben in den 31.12.2024 Bundesministerium für


Schienengüterverkehr zur Bereichen Digitalisierung, Au- Digitales und Verkehr
Förderung von Innovationen tomatisierung und innovative (BMDV)
Schienenfahrzeugtechnik

Förderrichtlinie Innovative Entwicklung oder Anpassung 30.06.2024 Bundesministerium für


Hafentechnologien (IHATEC) innovativer Technologien in Digitales und Verkehr
den deutschen See- und Bin- (BMDV)
nenhäfen

Förderung von Investitionen Errichtung, Reaktivierung, Jährlich bis 28. Ministerium für Infra-
zur Stärkung des regionalen Ausbau und Ersatz von Februar oder 31. struktur und Digitales
Schienengüterverkehrs privaten Gleisanschlüssen August Sachsen-Anhalt (MID)
in Sachsen-Anhalt

Förderung nach SGFFG Eisenbahninfrastruktur für Jährlich bis zum Eisenbahn-Bundesamt


den öffentlichen Schienengü- 31.10. (EBA)
terfernverkehr

Bahnbetrieb

Fördermittel für Schmalspur- Unterstützung der Schmal- Keine besonde- Sächsische Staatsminis-
bahnen spurbahnen im Freistaat ren Fristen terium für Wirtschaft, Ar-
Sachsen beit und Verkehr (SMWA)

Forschungsprogramm Stadt- Typische Verkehrsprobleme Die Forschungs- Bundesministerium für


verkehr (FOPS) in Städten und Gemeinden aufträge werden Digitales und Verkehr
einzeln ausge- (BMDV)
schrieben
97

Förderprogramme im Bereich Schienenfahrzeuge


Titel Schwerpunkt Stichtage/Laufzeit Fördermittelgeber

Investitionskredit Nachhaltige Investitionen in nachhaltige Laufzeit: mind. 4 Kreditanstalt für Wieder-


Mobilität und klimafreundliche Mobi- Jahre aufbau (KfW)
lität

Klimaschutzoffensive für den CO2-arme Schienenfahrzeuge Laufzeit mind. 2 Kreditanstalt für Wieder-
Mittelstand Jahre aufbau (KfW)

Nationales Innovationspro- Förderung von Mobilität mit Skizzenein- Bundesministerium für


gramm Wasserstoff- und Wasserstoff- und Brennstoff- reichung bis Digitales und Verkehr
Brennstoffzellentechnologie zellen 30.09.2022 (BMDV)
(NIP)

Neue Fahrzeug- und System- Forschungs- und Entwick- 30.06.2024 Bundesministerium für
technologien – Förderung von lungsprojekte im Bereich der Wirtschaft und Klima-
Forschungs- und Entwick- Fahrzeug- und Systemtechno- schutz (BMWK)
lungsprojekten logien

Förderung von Schienenfahr- Marktaktivierung und Markt- 31.08.2022 Bundesministerium für


zeugen mit alternativen An- hochlauf von Schienenfahr- Digitales und Verkehr
trieben zeugen mit klimafreundlichen, (BMDV)
alternativen Antrieben

Richtlinie zur Förderung von Förderung der Ausrüstung 31.12.2025 Bundesministerium für
Schienenfahrzeugen im „Digi- von Schienenfahrzeugen mit Digitales und Verkehr
talen Knoten Stuttgart“ ERTMS und ATO (BMDV)

Zukunftsinvestitionen Fahr- Unterstützung der Transfor- 30.06.2024 Bundesministerium für


zeughersteller und Zuliefer- mationsprozesse der Fahr- Wirtschaft und Klima-
industrie - Digitalisierung der zeughersteller und Zuliefer- schutz (BMWK)
Fahrzeughersteller und Zulie- industrie
ferindustrie

Zukunftsinvestitionen Fahr- Investitionen in die Produkti- Keine besonde- Bundesministerium für


zeughersteller und Zuliefer- on in den Wertschöpfungsket- ren Fristen Wirtschaft und Klima-
industrie - Investitionspro- ten aller Arten bodengebun- schutz (BMWK)
gramm zur Modernisierung dener Fahrzeuge mit ziviler
der Produktion in der Fahr- Nutzung
zeughersteller- und Zuliefer-
industrie

Zukunftsinvestitionen Fahr- Steigerung der Innovations- 30.06.2024 Bundesministerium für


zeughersteller und Zuliefer- kraft von Unternehmen der Wirtschaft und Klima-
industrie - Neue, innovative gewerblichen Wirtschaft schutz (BMWK)
Produkte als Schlüssel für
Fahrzeuge und Mobilität der
Zukunft
98

Förderprogramme im Bereich Infrastruktur


Titel Schwerpunkt Stichtage/Laufzeit Fördermittelgeber

Bundesministerium für
Verlagerung von Anteilen des
Anschlussförderrichtlinie 31.12.2024 Digitales und Verkehr
Güterverkehrs auf die Schiene
(BMDV)

Ministerium für Infra-


Neu- und Umbau von Bahn-
Bahnhofsprogramm 31.12.2025 struktur und Digitales
steiganlagen
Sachsen-Anhalt (MID)

Richtlinie:
Aufbau technischer Infra- Bundesministerium für
30.06.2024; ak-
Digitale Testfelder in Häfen struktur für die Erprobung von Digitales und Verkehr
tueller Aufruf:
Innovationen der Logistik 4.0 (BMDV)
15.06.2022

Förderung von Investitionen Planungen und Investitions- Ministerium für Infra-


für den Öffentlichen Perso- maßnahmen zur Verbesse- struktur und Landespla-
31.12.2024
nennahverkehr im Land Bran- rung und Fortentwicklung des nung des Landes Bran-
denburg ÖPNV denburg (MIL)

31.12.2024 (An-
Logistikzentren einschließlich Ministerium für Infra-
meldungen bis
Förderung der Schienengüter- Häfen und Standorten mit An- struktur und Landespla-
30.06. des Vor-
infrastruktur lagen des Kombinierten Ver- nung des Landes Bran-
jahres des Maß-
kehrs denburg (MIL)
nahmenbeginns)

Förderung von Umschlagan- Bundesministerium für


Verlagerung von Gütertrans-
lagen des Kombinierten Ver- 30.09.2022 Digitales und Verkehr
porten auf die Schiene
kehrs (BMDV)

Förderung von Verkehrsinf-


Sächsische Staatsminis-
Förderung der Verkehrsinfra- rastruktur und zur Verbesse-
31.12.2023 terium für Wirtschaft, Ar-
struktur aus Mitteln des EFRE rung des schienengebundenen
beit und Verkehr (SMWA)
ÖPNV

Investitionen in nachhaltige
Keine Laufzeit- Kreditanstalt für Wieder-
IKK - Nachhaltige Mobilität und klimafreundliche Mobi-
begrenzung aufbau (KfW)
lität

Ministerium für Umwelt,


NE-Infrastrukturförderung Verbesserung des Mobilitäts- Jährlich bis zum Naturschutz und Verkehr
NRW und Transportsystems 31.10. Nordrhein-Westfalen (VM
NRW)
99

Anlage 2: Steckbriefe ausgewählter Förderprogramme

Mobilitätsfonds (mFUND)
Fördermittelgeber/-topf

Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)


Projektträger

TÜV Rheinland Consulting GmbH und VDI VDE Innovation + Technik GmbH
Geförderte Maßnahmen (Förderlinie 1)

• Mikroprojekte zur Erforschung und schnellen Entwicklung konkreter datenbasierter Lösungsansätze in der Mobili-
tät (Kategorie A)
• Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Machbarkeits- und Vorstudien mit einem ausgeprägten Bezug zu Mobili-
tätsdaten, die thematisch in den Geschäftsbereich des BMDV passen (Kategorie B)
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

k. A. • Kategorie A: 50.000 Euro Bis zu 24 Monate


• Kategorie B: 200.000 Euro
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

Unternehmen, Hochschulen, For- 25 – 100 % (je nach Art des Vorhabens • Laufzeit Richtlinie:
schungseinrichtungen, Einrichtungen des und Rechtsform) 30.06.2024
Bundes und der Länder, Gebietskörper- • Zweiter Aufruf Förder-
schaften, Stiftungen und Vereine sowie linie 1: 01.04.2022 –
rechtlich unselbstständige Bundesbe- 31.12.2022
hörden und -einrichtungen mit F&E-Auf-
gaben
Besondere Teilnahmebedingungen

Die Vorhaben sollen einen hohen Innovationsgrad aufweisen und mit einem hohen technischen und/oder wirtschaft-
lichen Risiko einhergehen. Der Nachweis der fachlichen Qualifikation und ausreichende Kapazitäten zur Durchführung
des Vorhabens ist erforderlich. Das Vorhaben darf nicht begonnen worden sein.
Sonstige Anmerkungen

Zweistufiges Verfahren (Skizze im Umfang von max. 9 S., Vollantrag)

Links/weitere Informationen

https://www.bmvi.de/DE/Themen/Digitales/mFund/Ueberblick/ueberblick.html
100

Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)


Fördermittelgeber/-topf

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)


Projektträger

• F&E-Einzelprojekte: EURONORM GmbH


• (Internationale) F&E-Kooperationsprojekte: AiF Projekt GmbH
• (Internationale) Innovationsnetzwerke: VDI/VDE Innovation + Technik GmbH
Geförderte Maßnahmen

Gegenstand der Förderung sind durchzuführende F&E-Aktivitäten und F&E-unterstützenden Leistungen zur Markt-
einführung für innovative Produkte, Verfahren oder technische Dienstleistungen ohne Einschränkung auf bestimmte
Technologien und Branchen. Gefördert werden Einzelprojekte, Kooperationsprojekte mit Forschungseinrichtungen
oder anderen Unternehmen sowie Innovationsnetzwerke.
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

Rund 5,5 Mrd. Euro • Durchführbarkeitsstudien: max. Max. 4 Jahre


200.000 Euro
• F&E Einzelprojekt: max. 550.000 Euro
• F&E Kooperationen:
je Teilprojekt max. 450.000 Euro
­(Unternehmen) bzw. 220.000 Euro (FE)
• Gesamt: max. 2,3 Mio. Euro
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

KMU aller Rechtsformen (> 250 Be- • Durchführbarkeitsstudien: max. 80% Laufzeit Richtlinie zu-
schäftigte; Jahresumsatz max. 50 Mio. • F&E Einzelprojekte: max. 45 % nächst bis 31.12.2024.
Euro oder Jahresbilanzsumme von max. Derzeit besteht ein An-
• F&E Kooperationsprojekte: max. 55%,
43 Mio. Euro) und nicht-gewinnorien- tragsstop. Die Wiederer-
Forschungseinrichtungen zu 100% ge-
tierte Forschungseinrichtungen (FE) in öffnung wird im Sommer
fördert
Deutschland, wenn sie Kooperations- 2022 angestrebt.
partner antragstellender Unternehmen • Innovationsnetzwerke:
sind und deren Teilprojekt gefördert wird • National: Phase 1 (12 Monate 90%),
(öffentliche FE, private nicht-gewinnori- Phase 2 (3 Jahre: 70% - 50% - 30%)
entierte FE) • International: Phase 1 (18 Monate
95%), Phase 2 (3 Jahre: 80 % - 60% -
40 %)
Besondere Teilnahmebedingungen

F&E-Projekte werden gefördert, wenn sie ohne Förderung nicht/nur mit deutlichem Zeitverzug realisiert werden
könnten, ein erhebliches technisches Risiko haben und auf hohem Innovationsniveau die Wettbewerbsfähigkeit der
Unternehmen erhöhen und neue Marktchancen eröffnen/Arbeitsplätze schaffen bzw. sichern.
Sonstige Anmerkungen

Einstufiges Verfahren

Links/weitere Informationen

https://www.zim.de/ZIM/Navigation/DE/Home/home.html
101

Anschlussförderrichtlinie
Fördermittelgeber/-topf

Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)


Projektträger

Eisenbahn-Bundesamt (EBA)
Geförderte Maßnahmen

Errichtung, Reaktivierung, Ausbau und Ersatz von Gleisanschlüssen und multifunktionalen Anlagen sowie Zuführungs-
und Industriestammgleisen
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

Rund 200 Mio. Euro Die Fördersumme ergibt sich grundsätz- k. A.


lich aus der Verlagerungsmenge und
den jeweiligen Fördersätzen. Die Förder-
sätze betragen bis zu 10 €/Tonne oder
40 €/1.000 Tonnenkilometer pro Jahr, bei
leichten Gütern bis zu 300 €/Güterwagen
oder 120 €/100 Güterwagenkilometer
pro Jahr.
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

Unternehmen in Privatrechtsform • 50-80 % (nach Art des Vorhabens): Laufzeit Richtlinie:


Gleisanschlüsse (einschl. Anschluss- 31.12.2025
weiche): max. 50 % Förderquote
• Zuführungs- und Industriestamm­
gleise: max. 50 % Förderquote, wenn
mind. ein privater Gleisanschluss
betrieben wird/werden soll
• Multifunktionale Anlagen, max. 80 %
Förderquote nur bei Ausschreibung
des Betriebes
Besondere Teilnahmebedingungen

Wesentliche Bedingung ist die Verpflichtung, innerhalb des Förderzeitraums bei Ersatz mindestens das bisherige bzw.
bei Neu-, Ausbau und Reaktivierung das neue zusätzliche Frachtvolumen über den geförderten Anschluss auf der
Schiene zu transportieren. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist nachzuweisen, dass die beantragten
Investitionen ohne eine öffentliche Förderung nicht wirtschaftlich realisierbar sind.
Sonstige Anmerkungen

Einstufiges Verfahren

Links/weitere Informationen

https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Finanzierung/Gleisanschluesse/gleisanschluesse_node.html
102

Förderprogramm für innovative Hafentechnologien (IHATEC II)


Fördermittelgeber/-topf

Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)


Projektträger

TÜV Rheinland Consulting GmbH


Geförderte Maßnahmen

• Optimierung der Lagerhaltung; Innovative und informationstechnische Konzepte und Systeme zur Steuerung und
Abwicklung der Waren- und Fahrgastströme im Hafen
• Informationstechnische horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke sowie vertikale Integration und
vernetzte Produktionssysteme (Industrie 4.0)
• Verbesserung der IT-Sicherheit; Automatisierungsprozesse und Mensch-Technik-Interaktion
• Technische Innovationen zur Steigerung der Energieeffizienz im Hafen und Verringerung der Umweltbelastung
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

k. A. Keine Begrenzung in der Richtlinie ge- Maximal 4 Jahre


nannt
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

Unternehmen, Einrichtungen für • 25 – 80 % (je nach Art des Vorhabens Laufzeit Richtlinie:
Forschung und Wissensverbreitung, und Rechtsform). 30.06.2024
außeruniversitäre Einrichtungen und • Individuell bis zu 100 % (bei Hoch-
Ingenieurbüros schulen und wissenschaftlichen
Einrichtungen)
Besondere Teilnahmebedingungen

• Die Vorhaben müssen mit einem technisch-wirtschaftlichen Risiko verbunden sein mit der Folge, dass sie aus
wirtschaftlichen Gründen ohne Gewährung der Zuwendung nicht durchgeführt würden
• Die Förderung darf zu keiner Wettbewerbsverzerrung führen
• Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns
Sonstige Anmerkungen

Einstufiges Verfahren

Links/weitere Informationen

https://www.innovativehafentechnologien.de/
103

InvestEU
Fördermittelgeber/-topf

Europäische Kommission
Projektträger

Die dem Fonds „InvestEU“ zugrunde liegende EU-Garantie wird indirekt von der Kommission durchgeführt, die sich
dabei auf Durchführungspartner mit Kontakt, wenn zutreffend, zu den Finanzintermediären und zu den Endempfän-
gern stützt. Bevorzugter Durchführungspartner ist die EIB-Gruppe. Antragsberechtigt als Durchführungspartner sind
nationale Förderbanken und internationale Finanzierungsinstitutionen. Projektträger können öffentliche oder private
Einrichtungen sein.
Geförderte Maßnahmen

Die Förderung erfolgt in Form von Bürgschaft, Darlehen oder Garantie. Durch den Fonds werden vier Politikbereiche
unterstützt: nachhaltige Infrastruktur; Forschung, Innovation und Digitalisierung; kleine und mittlere Unternehmen
sowie soziale Investitionen und Kompetenzen.
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

• Rund 38 Mrd. Euro Der Fonds InvestEU wird von Finanzpart- k. A.


• Nachhaltige Infrastruktur: 11,5 Mrd. nern umgesetzt, die in Projekte inves-
Euro tieren, für die die EU-Garantie gewährt
wird.
• Forschung, Innovation und
Digitalisierung: 11,25 Mrd. Euro
• KMU: 11,25 Mrd. Euro
• Soziale Investitionen und
Kompetenzen: 4 Mrd. EUR
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

Antragsberechtigt sind privatrechtliche Siehe Projektbudget Förderperiode 2021-2027


Unternehmen, öffentliche Einrichtun-
gen und andere Wirtschaftsakteure aus
einem EU-Mitgliedstaat oder einem för-
derfähigen Drittland.
Besondere Teilnahmebedingungen

Durchführungspartner wenden sich mit Ihren Projekten an den unabhängigen Investitionsausschuss für InvestEU,
der die geplanten Investitionen und Finanzierungen bewertet und genehmigt. Investoren registrieren sich über das
­InvestEU-Portal. Für andere Teilnehmer erfolgt die Förderung über die teilnehmenden Finanzinstitute und deren
­Produkte.
Sonstige Anmerkungen

Die Kommission kann diese Beträge in jedem Politikbereich um bis zu 15 % an sich wandelnde politische Prioritäten
und die Marktnachfrage anpassen.
Links/weitere Informationen

https://investeu.europa.eu/about-investeu_de
104

Förderung von innovativen Mobilitätsangeboten im Land Brandenburg


Fördermittelgeber/-topf

Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg (MIL Brandenburg)
Projektträger

Landesamt für Bauen und Verkehr (LBV) Brandenburg


Geförderte Maßnahmen

• Bahnkörper, Brücken, Durchlässe, Gleisanlage, Leit-, Steuerungs- und Sicherungstechnik


• Finanzierung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz
• Anlagen für den Güterumschlag
• Aktiver Schallschutz
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

k. A. Höhe der Zuwendung wird durch MIL k. A.


festgesetzt
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

Kommunale Gebietskörperschaften so- Bis 80 % (nach Art des Vorhabens) • Laufzeit Richtlinie:
wie öffentliche und private Betreiber von 31.12.2024
Schieneninfrastruktur • Anmeldungen sind bis
30. Juni des Vorjahres
vor Beginn der Maß-
nahme einzureichen
Besondere Teilnahmebedingungen

• Zweckbindung: 5 bis 33 Jahre (nach Art der gebauten Anlagen)


• Antragstellende sollen Eigentümer von Bahnflächen sein
• Diskriminierungsfreier Zugang muss gewährleistet werden
• Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns
Sonstige Anmerkungen

Zweistufiges Verfahren (Anmeldung und Antragstellung)

Links/weitere Informationen

https://lbv.brandenburg.de/781.htm
105

NE-Infrastrukturförderung (NRW)
Eisenbahninfrastrukturförderung für öffentliche nicht bundeseigene Eisenbahnen des Güterverkehrs
(NE-Infrastrukturförderung NRW)

Fördermittelgeber/-topf

Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (VM NRW)
Projektträger

NRW.Bank
Geförderte Maßnahmen

• Ersatz, Erneuerung, Ausbau und Neubau von Schienenwegen, die überwiegend dem Schienengüterverkehr dienen
• Kofinanzierung der SGFFG-Maßnahmen
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

k. A. Keine Höchstgrenze bei Kofinanzierung k. A.


der SGFFG-Maßnahmen; bei anderen In-
vestitionen wird die Zuwendung je Tonne
erwarteten Schienengüterverkehrsauf-
kommens berechnet
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

Öffentliche nicht bundeseigene Eisen- 30 - 75 % (nach Art des Vorhabens) • Laufzeit Richtlinie bis
bahninfrastrukturunternehmen sowie 30.06.2024
kommunale Eigenbetriebe • Antragstellung bis zum
31.10. des jeweiligen
Jahres
Besondere Teilnahmebedingungen

• Schienengüterverkehrsaufkommen in Tonnen pro Jahr des der Antragstellung vorausgegangenen Kalenderjahres


muss angegeben werden
• Fundierte Prognose für die Zukunft ist zu erstellen
• Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns
Sonstige Anmerkungen

Einstufiges Verfahren

Links/weitere Informationen

https://www.nrwbank.de/de/foerderung/foerderprodukte/15918/eisenbahninfrastrukturfoerderung-fuer-oeffentli-
che-nicht-bundeseigene-eisenbahnen-des-gueterverkehrs-ne-infrastrukturfoerderung-nrw.html
106

Gewährung von Fördermitteln im öffentlichen Personennahverkehr (Sachsen)


Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr über die Gewährung von
­Fördermitteln im öffentlichen Personennahverkehr

Fördermittelgeber/-topf

Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA)


Projektträger

Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASUV)


Geförderte Maßnahmen

• Planung, Bau oder Ausbau von Infrastruktur


• Bau von Verkehrsstationen und Bahnhöfen
• Bau von Betriebshöfen und Werkstätten für Fahrzeuge
• Beschaffung von Fahrzeugen
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

k. A. Keine Begrenzung in der Richtlinie ge- k. A.


nannt (außer für Beschaffung von Omni-
bussen)
Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

• Nahverkehrsunternehmen und Schie- 40-75 %, (nach Art des Vorhabens); in be- Neue Fördervorhaben
neninfrastrukturunternehmen, deren gründeten Einzelfällen bis zu 90 % müssen zwei Kalender-
Schienenwege von Nahverkehrsunter- jahre vor geplanter Rea-
nehmen genutzt werden; lisierung jeweils bis 15.
• kommunalen Gebietskörperschaften November eines Jahres-
und deren Zusammenschlüsse angemeldet werden

Besondere Teilnahmebedingungen

• Beachtung der Zielsetzungen des Nahverkehrsplanes


• Beachtung der Barrierefreiheit
• Rollendes Material ist nur zuwendungsfähig, wenn es im Freistaat Sachsen eingesetzt wird.
• Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns
Sonstige Anmerkungen

Zweistufiges Verfahren (Anmeldung und Antragstellung)

Links/weitere Informationen

https://www.lasuv.sachsen.de/personen-und-gueterverkehr-4023.html#a-43455
107

Förderung von Investitionen zur Stärkung des regionalen Schienengüterverkehrs


(Sachsen-Anhalt)
Fördermittelgeber/-topf

Ministerium für Infrastruktur und Digitales Sachsen-Anhalt (MID)


Projektträger

Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt
Geförderte Maßnahmen

• Neubau, Ausbau, Reaktivierung und Ersatz von Gleisanlagen und Gleisanschlüssen;


• Kofinanzierung von Maßnahmen nach der Anschlussförderrichtlinie des Bundes
• Neubau von Anlagen für Be- und Entladung von Güterwaggons
• Planungsleistungen der Leistungsphasen 5, 6 und 9 der §§ 43 und 46 HOAI
Verfügbare Mittel Projektbudget Projektlaufzeit

3 Mio. Euro 300.000 Euro k. A.

Antragsberechtigte Fördersätze Fristen

Unternehmen in privater Rechtsform 30-50 % (nach Art des Vorhabens) Antragseinreichung


bis 28. Februar oder
31. August eines Jahres
Besondere Teilnahmebedingungen

• Projekt dient unmittelbar der Verbesserung der Sicherheit, Abwicklung, Wirtschaftlichkeit und Attraktivität des
Schienengüterverkehrs
• Gleisanschluss oder die Gleisanlage ist eine Schienenanlage, die sich im Eigentum des Zuwendungsempfängers
befindet
• Verbot des vorzeitigen Maßnahmenbeginns
Sonstige Anmerkungen

Einstufiges Verfahren

Links/weitere Informationen

https://lvwa.sachsen-anhalt.de/das-lvwa/wirtschaft-bauwesen-verkehr/verkehrswesen/foerderung-von-investitio-
nen-zur-staerkung-des-regionalen-schienengueterverkehrs-in-sachsen-anhalt/
108

Impressum

Herausgeber
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Invalidenstraße 44
10115 Berlin

Stand
August 2022

Redaktion
atene KOM GmbH
Boston Consulting Group
DIW Econ GmbH

Druck
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Hausdruckerei

Gestaltung
atene KOM GmbH
Invalidenstraße 91
10115 Berlin

Bildnachweis
Soweit nicht anderweitig angegeben, liegen die Bildrechte
bei der atene KOM GmbH, der Boston Consulting Group
oder der DIW Econ GmbH.

Diese Publikation wird von der Bundes­regierung im


­Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit h ­ erausgegeben.
Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht
zum Verkauf bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch
von Wahlwerbern oder Wahlhelfern während eines Wahl­
kampfes zum Zwecke der Wahlwerbung ­verwendet werden.
Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunal­
wahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament.
www.bmdv.bund.de
facebook.com/Bundesverkehrsministerium
twitter.com/BMDV_bund
bmdv.bund.de/youtube
instagram.com/BMDV_bund
linkedin.com/company/BMDV-bund

Das könnte Ihnen auch gefallen