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DES MORGENLANDES
Im Auftrag der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft
herausgegeben von Florian C. Reiter
Band 111
Board of Advisers:
Christian Bauer (Berlin)
Desmond Durkin-Meisterernst (Berlin)
Lutz Edzard (Erlangen/Oslo)
Jürgen Hanneder (Marburg)
Herrmann Jungraithmayr (Marburg)
Karénina Kollmar-Paulenz (Bern)
Jens Peter Laut (Göttingen)
Joachim Friedrich Quack (Heidelberg)
Florian C. Reiter (Berlin)
Michael Streck (Leipzig)
2017
Harrassowitz Verlag . Wiesbaden
Frank Weigelt
Einführung
in die arabische Grammatiktradition
2017
Harrassowitz Verlag . Wiesbaden
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.dnb.de abrufbar.
0. Einleitung ...................................................................................... 1
1. Die Entwicklung der klassischen arabischen Sprache ............. 11
1.1 Epochen des arabischen Schrifttums ................................... 12
1.2 Historische Gliederung des Arabischen............................... 34
1.3 Texte mit nichtklassischem Standard .................................. 39
1.4 ʿArabiyya, klassisches Arabisch und Fuṣḥā ......................... 41
2. Die Verbkonjugation in der arabischen Grammatiktradition 49
2.1 Grundlagen .............................................................................. 49
2.1.1 ṣarf und naḥw ................................................................. 55
2.1.2 Nominalsatz und Verbalsatz ........................................ 59
2.1.3 Die Kasus-/Modusendungen: ʾiʿrāb und bināʾ ............ 61
2.1.4 Die Wortarten................................................................. 66
2.1.5 Die Einteilung der Verbformen .................................... 67
2.2 Die Bildung der Verbformen ................................................. 70
2.3 Die Kasus-/ Modusendungen der Verbformen .................... 80
3. Hintergründe der arabischen Grammatiktradition ................. 85
3.1 Gesellschaftliche und religiöse Aspekte .............................. 85
3.2 Entwicklung der Grammatik ................................................. 92
3.2.1 Grammatik vor Sībawaih .............................................. 93
3.2.2 Sībawaih und das Kitāb ................................................. 95
3.2.3 Sībawaihs Nachfolger .................................................... 109
3.2.4 Die grammatischen Schulen von Baṣra und Kūfa ..... 111
3.3 Grundsätze der arabischen Grammatiker ........................... 115
3.3.1 ʿamal ‚syntaktische Einwirkung‘ .................................. 116
3.3.2 Der Analogieschluß: ḥukm /qiyās / ʾaṣl / ʿilla ................ 120
3.4 Äußere Einflüsse auf die Grammatikschreibung ................ 128
3.4.1 Fiqh („Islamisches Recht“) ............................................ 129
3.4.2 Koranauslegung (tafsīr) ................................................ 133
VI Inhalt
Textanhang.......................................................................................... 235
Zeittafel ............................................................................................... 247
Erläuterungen zur Landkarte ........................................................... 251
Literaturverzeichnis ........................................................................... 255
Register ................................................................................................ 281
Vorwort
1
2 Einleitung
teile aufgespalten wird. In den Kapiteln 2–4 war es dabei das Ziel,
die Analysemethode der arabischen Grammatiker graphisch zu
veranschaulichen. Die Verwendung der Symbole und die Stellen, an
denen die Wortbestandteile segmentiert werden, unterscheiden
sich hier von der in der Sprachwissenschaft allgemein üblichen
Vorgehensweise. Die Regeln hierzu sind am Anfang von Kapitel 2
zusammengestellt.
Im Kapitel 5 wird dagegen die in der westlichen Forschung übli-
che Segmentierung angewandt. Deren Regeln werden im Abschnitt
5.2.3 erklärt.
die „Bewegung“ geben, und sie werden daher als ḥaraka (pl. ḥa-
rakāt) bezeichnet. Bei Bedarf können sie mit den Zeichen ــَـ ـــُـ ــِـ
markiert werden. Folgt auf einen Buchstaben kein Vokal, wird er als
sākin ‚stillstehend‘ bezeichnet und mit dem sukūn-Zeichen ـــْـmar-
kiert. Dies sind aber alles nur Hilfszeichen, die nicht als Buchstaben
zählen, nach Belieben geschrieben oder weggelassen werden kön-
nen und keine den Buchstaben vergleichbare materielle Existenz
haben – „as if consonants were the bricks and vowels were the
mortar“, wie es Goldenberg formuliert. 5 4F
Umschrift Schrift-
Beispiel
DMG IPA 7 buchstäblich bild
6
ُ
ُﺳ ْﻮ ٌر suwr / sūr (‚Mauer‘) ū uː uw[Ø] ـ ْﻮ
ِﻓ ْـﻲ fiy / fī (‚in‘) ī iː iy[Ø] ِـ ْﻴـ
ْ َْ
َﻣﺎ maȧ / mā (‚was‘) ā aː aȧ[Ø] ـﺎ
5 Goldenberg, Vowel Length, 59; hier findet sich eine detaillierte Darstellung
des Themas mit Hinweisen auf entsprechende Stellen bei den arabischen
Grammatikern.
6 Phonemische Transkription nach den Regeln der Deutschen Morgenländi-
schen Gesellschaft. In englischsprachigen Arbeiten ist auch uu, ii, aa üblich.
7 Phonetische Widergabe des Lautes nach der Regeln der International
Phonetic Association.
8 Einleitung
ٌ ْ
mulk ‚ ُﻣﻠﻚBesitz‘. In diese Systematik wird auch das ʾalif einbezo-
gen, welches zur Darstellung des [aː] gebraucht wird. Analog zu uw
(sprich [uː]) und iy (sprich [iː]) wird auch das lange [aː] als Kurzvo-
kal + entsprechendem Konsonanten aufgefaßt, also a +ʾalif. Für ein
so verstandenes ʾalif gibt es kein allgemein verwendetes َْ Transkrip-
tionszeichen, so daß ich hierfür das ȧ einführe: aȧ ــﺎ, sprich [aː].
Um Verwirrung zu vermeiden, wird im Folgenden meist die her-
kömmliche Umschrift mit ū, ī, ā gebraucht. An einigen Stellen ist es
jedoch hilfreich, die Vorgehensweise der arabischen Grammatiker
genauer wiederzugeben, dort kommt die buchstäbliche Transkrip- ْ ََ
tion zur Anwendung. Ein Beispiel ist die Form katab-ū ‚ ﻛﺘ ُﺒﻮاsie
schrieben‘, von der es bei den Grammatikern heißt, sie ende auf
sukūn, d. h. vokallos. Das scheint zunächst nicht verständlich, denn
sie endet ja – auch für die Araber – hörbar auf [uː]. In der folgenden
Umschrift wird jedoch deutlich, was gemeint ist: katabu-w. Das [uː]
besteht hier aus einem Kurzvokal u und dem Konsonanten w. Auf
letzteren folgt kein Vokal.
In gleicher Weise behandeln die arabischen Grammatiker die
Diphthonge. Auch sie werden als eine Kombination aus Vokal und
vokallosem Konsonanten
َ َ angesehen. Die buchstäbliche Umschrift
ist hier ay ـ ْﻲund aw ـ ـ ْﻮ. Sie ist in englischsprachigen Publikationen
üblich. In der deutschsprachigen Forschung wird meist ai und au
verwendet, d. h. die Diphthonge werden wie die Langvokale als
eigenständige Einheiten und nicht als Vokal + Konsonant angese-
hen. Strenggenommen müßte man dann ai̯ und au̯ schreiben, um
den Status von i̯ und u̯ in diesen Verbindungen als Halbvokale zu
kennzeichnen.
In der Praxis wird selbst bei voll vokalisierten Texten wie dem
Koran das sukūn bei den Konsonanten, die Langvokale kennzeich-
nen, nicht mitgeschrieben. Man schreibt also ُﺳﻮ ٌر, ِﻓـﻲ, َﻣﺎ. ْ Beiُ َ der
Verbalendung
ْ -ū wird das sukūn jedoch mitgeschrieben: ﻮا ﺎﻟﻗ, ﻻ
( ُﺗ ْﻔ ِﺴ ُﺪواQ 2,11). Die Diphthonge
َ َ werden bei Vollvokalisierung stets
mit sukūn geschrieben: ﻓ ْﻮ ٌم, َﺑ ْ�ن.
____________________
3 Siehe Allen, The post-classical period. Zur Frage nach der Definition einer
„klassischen Epoche“ des Islam siehe Brunschvig / von Gruenebaum
(Hrsg.), Classicisme et déclin culturel dans l’histoire de l’Islam.
4 Ihm folgt Wagner, der die Einteilung in Grundzüge der klassischen Dich-
tung, 8–9, erläutert.
5 Genaueres ist den Handbüchern und Überblickswerken zu entnehmen:
Brockelmann, Geschichte der arabischen Litteratur (5 Bde., 2. Aufl. 1943–
1948), verzeichnet nahezu das gesamte arabische Schrifttum und ist das
unangefochtene Standardwerk. Gibb, Arabic Literature, gibt eine kompak-
te und gut lesbare Übersicht (2. Aufl. 1963, dt. Übers. 1968), ebenso Miquel,
La littérature arabe (1969). Einen aktuelleren Forschungsansatz vertritt Al-
len, An Introduction to Arabic Literature (2000), hierin auch eine nützliche
Zeittafel (S. X–XXI). Ausführlicher ist die mehrbändige Cambridge History
of Arabic Literature (1983–2006). Hinweise auf neuere Sekundärliteratur
enthält Cachia, Art. Arabic Literature. Die sehr bedeutende wissenschaftli-
che Literatur ist in diesen Werken nicht behandelt, gute Übersichtsartikel
zu fast allen Wissensgebieten bietet aber Rashed (Hrsg.), Encyclopedia of
the History of Arabic Science (1996). Zur Einführung siehe Endreß, Die wis-
senschaftliche Literatur (1987).
1.1 Epochen des arabischen Schrifttums 15
1055–1258: Seldschukenzeit
(Brockelmann: „Nachklassische Zeit“, Gibb:
„Silbernes Zeitalter“)
1258–1517: Mamlukenzeit
1517–1798: Osmanenzeit
(Brockelmann: „Der Niedergang der arabischen
Literatur“, Miquel: „La littérature du souvenir“,
Allen/Richards: „The Post-classical period“ (alles
bezogen auf die gesamte Zeit seit 1258))
1798–heute: Nahḍa (‚Wiedererwachen‘) und Moderne
Diese Einteilung kann auch als Richtschnur dienen, wenn man sich
daranmacht, die arabische Sprache nach ihrer linguistischen Ent-
wicklung zu gliedern. Es sind für die gesamte Zeit zwei Hauptab-
schnitte zu unterscheiden: klassisches Arabisch von der vorislami-
schen Zeit bis zur Nahḍa und Neuhocharabisch von der Nahḍa bis
heute. Im folgenden sollen zunächst die einzelnen Epochen kurz
skizziert werden; die Problematik der linguistischen Gliederung
wird dann im nächsten Kapitel vertieft. Um einen Eindruck davon
zu bekommen, wie entscheidend sich die Rolle des Arabischen
durch den Islam geändert hat, lohnt es sich, mit einem Blick auf die
Vorgeschichte zu beginnen:
6 Retsö, The Arabs in Antiquity, geht diesen Fragen auf der Grundlage der
antiken Quellen im Detail nach. Er stellt die Erkenntnisse in chronologi-
scher Reihenfolge dar. Eine kompaktere Darstellung bietet Hoyland, Ara-
bia and the Arabs. Er ordnet die Darstellung nach Regionen und Themen-
gebieten (Wirtschaft, Religion u. a.). Eine Einführung in die arabische
Sprachgeschichte einschließlich Bibliographie gibt Versteegh, The Arabic
Language, 26–84. Sehr aufschlußreich ist Kouloughli, L’arabe. Zemánek
bringt in Vývoj arabštiny (‚Geschichte der arabischen Sprache‘) eine semiti-
16 Entwicklung der klassischen arabischen Sprache
Auch gibt es Indizien dafür, daß in der Zeit unmittelbar vor dem
Islam die Bedeutung des Schreibens in arabischer Sprache zuge-
nommen haben muß, denn als der Koran niedergeschrieben wurde,
hatte sich schon eine feste Schreibkonvention entwickelt. Außer-
dem gibt es Rechtsdokumente auf Papyrus aus der Zeit um
645 n. Chr. (aus Aphrodito in Ägypten), die bereits ein eigenständi-
ges arabisches Rechtsformular aufweisen und auf eine bestehende
Schriftsprache hindeuten, wenn diese auch bis dahin nur in weni-
gen Lebensbereichen angewendet wurde. 11 Und nicht zuletzt der
Koran selbst setzt bei seinen ersten Hörern ein Bewußtsein für die
besondere Bedeutung des geschriebenen Wortes voraus, wie man
aus Versen wie den folgenden schließen kann: wa-l-qalami wa-mā
yasṭurūna ‚Beim Schreibrohr und was sie niederschreiben!‘ (Q 68, 1);
wa-ʾinna ʿalaikum la-ḥāfiẓīna / kirāman kātibīna ‚Und doch sind
Hüter über euch gesetzt / edle, mit dem Schreiben betraut‘
____________________
14 Siehe zur Einführung Wagner, Grundzüge, und die Beiträge von Jacobi in
GaP, Bd. 2. Eine ausgezeichnete Heranführung an die Lektüre ist Jones,
Early Arabic Poetry (2 Bde.); einen Überblick über die wichtigsten Genres
und Motive gibt Lichtenstädter, Altarabische Literatur.
15 Arabische wie westliche Grammatiker unterscheiden zwischen einer
westlichen und einer östlichen Dialektgruppe. Für erstere wird oft bei-
spielhaft der Dialekt des Ḥiǧāz genannt, den auch Muḥammad gesprochen
hat, für letztere der Dialekt der Banū Tamīm, denen viele Gewährsleute
angehörten, die Sībawaih in seinem Kitāb zitiert. Zu den phonetischen Un-
terschieden zwischen beiden Gruppen gehört z. B. daß im Westen intervo-
kalisches Hamza erweicht wurde, während es im Osten regulär ausgespro-
chen wurde (sāyil vs. sāʾīl ‚ ﺳﺎﺋﻞfragend‘). Die Bedeutung der verschiede-
nen Dialekte für die Entwicklung des Hocharabischen untersucht Rabin,
Ancient West-Arabian (1951).
16 Siehe die Zusammenfassung der verschiedenen Positionen bei Versteegh,
The Arabic Language, 52–58.
20 Entwicklung der klassischen arabischen Sprache
17 Siehe Retsö, Arabs and Arabic in the Time of the Prophet, und Kouloughli,
L’arabe, 56–69. Die Entwicklung des Hocharabischen zur lingua sacra dis-
kutiert Wansbrough, Quranic Studies, 85–118. Zur Darstellung des Arabi-
schen im Koran selbst siehe Wild, An Arabic Recitation.
18 Diese Meinung herrscht in der arabischen Welt bis heute vor, da sie von
den alten Gelehrten einhellig überliefert ist. Hiernach sollen die seßhaften
Araber bis zum 2. Jh. d. H. und die Beduinen bis zum 5. Jh. d. H. die Fuṣḥā
bewahrt haben. Es gibt jedoch auch arabische Forscher, die von der früh-
zeitigen Trennung von Hochsprache und Dialekten ausgehen, etwa ar-
Rāǧḥī, Lahaǧāt.
19 Hierzu Brustad, The Iconic Sībawayh, 148–155.
20 Eine Übersicht über die islamische Geschichte (6.– 11. Jh.) gibt Robinson
(Hg.), The Formation of the Islamic World; mit guter Bibliographie. Zum
Verlauf der Eroberungen siehe Donner, The Islamic Conquests.
1.1 Epochen des arabischen Schrifttums 21
Umayyaden an die Macht. Das Zentrum der Macht war nun für ein
knappes Jahrhundert Damaskus. Durch die stürmische Expansion
des Islams wurde die Gemeinschaft der Muslime, die zunächst nur
aus Arabern bestanden hatte, schon zur Zeit der ersten Kalifen um
viele Nichtaraber erweitert. Es gab in dieser Periode aber keinen
Zweifel, daß das im Aufbau begriffene muslimische Reich ein arabi-
sches sein und die politische Führung ausschließlich in der Hand
von Arabern liegen sollte. Doch auch für Nichtaraber gab es die
Möglichkeit der Integration in die neue Gesellschaft. Anders wäre
es gar nicht möglich gewesen, in den eroberten Gebieten, die ja
ursprünglich fast durchweg von Nichtarabern bewohnt waren, das
gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben aufrechtzuerhalten.
Man mußte sich hierzu als maulā (‚Klient, Schutzbefohlener‘, pl.
mawālī) einem arabischen Patron unterordnen. Von dieser Mög-
lichkeit machten sehr viele Gebrauch, so daß der Begriff maulā oft
als allgemeine Bezeichnung für die Nichtaraber in der umayyadi-
schen Gesellschaft gebraucht wird. Während die politische Führung
in dieser Periode unangefochten bei den Arabern lag, gewannen die
mawālī in fast allen anderen Bereichen rasch an Bedeutung. 21
Ein wichtiges Mittel, um sich an die herrschende Schicht anzu-
nähern, war die arabische Sprache. Wie schnell die Arabisierung der
Bevölkerung in den einzelnen Regionen verlief, ist eine interessan-
te, doch mangels ausreichender Quellen kaum zu klärende Frage.
Eine entscheidende Maßnahme war in diesem Zusammenhang die
Umstellung der gesamten Verwaltung auf die arabische Sprache
durch den Kalifen ʿAbd al-Malik (reg. 685–705) ab dem Jahr 698:
Das Arabische, für das es hundert Jahre zuvor knapp ein Alphabet
gegeben hatte, verdrängte nun die alten Kultursprachen Griechisch,
Koptisch, Latein und Persisch (genauer: Mittelpersisch = Pahlavi),
auch wenn die Umstellung langsamer ging als in den muslimischen
Quellen dargestellt. 22
Entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung der arabischen
Schriftsprache hatten in dieser Phase die Schreiber (kuttāb, sg
kātib), die an den verschiedenen Stellen der staatlichen Administra-
____________________
21 Siehe den interessanten Artikel Mawlā von Wensinck / Crone in EI2. Das
Wort maulā, Partizip passiv von WLY im IV. Stamm, bezeichnet sowohl
den Herren als auch den Klienten. Siehe Ullmann, Relativierung der Genus-
Verbi-Opposition auf der Ebene der Partizipien.
22 Siehe Sijpesteijn, Arabic Papyri and Islamic Egypt, 159–160. Eine spannen-
de Darstellung des Alltagslebens in dieser Zeit basierend auf Papyrusdo-
kumenten gibt Sijpesteijn, Shaping a Muslim State.
22 Entwicklung der klassischen arabischen Sprache
Seine Form ist die Reimprosa (saǧʿ), d. h. der Text ist nicht an ein
Metrum gebunden, reimt sich aber am Ende eines jeden Verses. Die
besondere sprachliche Form des Korans wird als ein wichtiger Teil
der göttlichen Offenbarung betrachtet. Sie wird in ihrer Unnach-
ahmlichkeit (ʾiʿǧāz) als ein Beweis für die Echtheit der Offenbarung
angesehen.
____________________
Polen entwickelte sich die Form des Arabischen, die bis heute im
Gebrauch ist. Wenn auch die grammatische Struktur und ein großer
Teil des Wortschatzes mit dem klassischen Arabisch übereinstim-
men, so gibt es doch in der Syntax und vor allem auf der inhaltli-
chen und stilistischen Ebene so große Unterschiede zu diesem, daß
man hier eine deutliche Trennungslinie ziehen muß. 33 Die Beson-
derheiten des Neuhocharabischen sind wesentlich dadurch bedingt,
daß sich sowohl in der Literatur als auch in der Gebrauchsprosa
innerhalb kurzer Zeit völlig neue Genres etablierten, für die eine
angemessene Ausdrucksweise erst gefunden werden mußte. Beson-
deren Einfluß hatte der Journalismus, der sich in der arabischen
Welt seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte. Bis heute hebt
sich die typische arabische Zeitungssprache wohl unter allen Gen-
res am stärksten vom klassischen Arabisch ab.
Die Sprachform, die sich während der Nahḍa entwickelte, ist noch
sehr spärlich erforscht (siehe die Literaturliste bei Newman, The
Arabic Literary Language). Die Arbeiten zum modernen Hochara-
____________________
34 Siehe z. B. das äußerst nützliche Using Arabic Synonyms von Parkinson, die
Grammatik Modern Written Arabic von Badawi / Carter / Gully und das
Oxford Dictionary Arabic–English (übersetzt aus dem Niederländischen
2014; Original von Hoogland / Versteegh / Woidich 2003).
1.2 Historische Gliederung des Arabischen 35
38 Beispiele für dieses und weitere Defizite der arabischen Lexika bei Ull-
mann, Theorie und Praxis der arabischen Lexikographie, 51–75. Eine gute
Einführung gibt Seidensticker, Die einheimische arabische Lexikographie.
1.2 Historische Gliederung des Arabischen 37
(WKAS) gemacht, von dem die Buchstaben kāf und lām abgeschlos-
sen sind, doch die Weiterführung des Projekts steht in Frage. Es ist
aber wegweisend für die dringend notwendige Neuorientierung in
der Lexikographie des klassischen Arabisch. 39
Den Defiziten der arabischen Lexika scheint jedoch allgemein
nicht die gebührende Beachtung geschenkt zu werden. Dies zeigt
der Beitrag „The Classical Arabic Lexicographical Tradition“ von
Solomon I. Sara im Oxford Handbook of Arabic Linguistics (2013). Er
enthält keinerlei Reflexion über die Methodik der Werke, sondern
vergleicht lediglich ihre verschiedenen Vorgehensweisen bei der
alphabetischen Anordnung der Wörter. Ramzy Baalbaki beschreibt
in seinem Buch The Arabic Lexicographical Tradition (2014) mit
außerhalb jeder Kritik stehender Sachkenntnis das gesamte Wör-
terbuchwesen der Araber, geht aber auf die oben erwähnten, für
den praktischen Gebrauch wichtigen methodischen Probleme nur
im „Epilogue“ auf den beiden letzten Seiten (S. 416–417) ein.
Die Forderung nach einer historisch differenzierten Beschrei-
bung des Arabischen hat vor allem einen praktischen Hintergrund:
Uns würde damit ein Werkzeug an die Hand gegeben, das es uns
erlaubt, Wörter und Konstruktionen ausgehend von ihrem histori-
schen und thematischen Kontext sicherer zu interpretieren und
besser zu übersetzen. Eine ordentliche Chronologie in Grammatik
und Wortschatz kann helfen, Texte zeitlich einzuordnen. So ließe
sich z.B. das Alter von Handschriften besser bestimmen und die
Zuordnung von Texten zu bestimmten Autoren überprüfen. Bisher
ist man in solchen Fällen auf die eigene Leseerfahrung oder, falls für
das betreffende Gebiet vorhanden, auf Spezialglossare angewiesen.
____________________
40 Mit Mittelarabisch ist keine zeitliche Einordnung gemeint, wie es etwa bei
den Begriffen Alt-, Mittel- und Neuhochdeutsch der Fall ist, denn „mittel-
arabische“ Texte gab es zu allen Zeiten parallel zum Standardarabischen.
Joshua Blau, Geoffrey Khan und andere vertreten die Meinung, daß sich
das Mittelarabische in bestimmten Kontexten selbst als Standard etabliert
hat. Von diesem kann es wiederum Abweichungen geben, so daß nach
Blau zu unterscheiden ist zwischen Standard Middle Arabic und Substan-
dard Middle Arabic. Siehe Blau, Handbook, 14–15, und Khan, Middle Arabic,
817.
40 Entwicklung der klassischen arabischen Sprache
1.4.1 ʿArabiyya
Der Begriff ʿArabiyya (bzw. ʿArabīya) dient als Titel der Beiträge von
Yasir Sulaiman in der Encyclopedia of Arabic Language and Lingui-
stics (2006) und von Fleisch / Wehr / Rabin / Marçais / Gibb in der
Encyclopaedia of Islam (2. Aufl.). Außerdem hat Johann Fück 1950
eine vielzitierte Monographie mit diesem Titel veröffentlicht. Einge-
führt wurde der Begriff von Karl Vollers, der damit diejenige Form
des Arabischen meinte, die die arabischen Grammatiker in ihren
Werken festhalten. 44 Spätere Forscher definierten den Begriff unter-
schiedlich.
In allen Beiträgen wird auf die diachronen Veränderungen in-
nerhalb der Sprache hingewiesen. Dennoch ist charakteristisch für
den Begriff ʿArabiyya, der ja nichts anderes darstellt als das arabi-
____________________
____________________
46 Fischer, Art. Arabiyya. Ganz ähnlich drückt sich Carter im Oxford Hand-
book of Arabic Linguistics (S. 4) aus: „It is remarkable that what today is for
some the form of Arabic – the ʕArabiyya, or the Fuṣħaa, popular known as
Standard of Modern Standard Arabic – is by and large identical to the form
of Arabic broadly described by the late 2nd-/ 8th-century grammarian
Sibawaih.”
44 Entwicklung der klassischen arabischen Sprache
arabischen Literatur vor. Die Frage, inwieweit die hier gültigen Re-
geln sich auf andere Sprachstufen übertragen lassen, wird nicht
erörtert, da eine diachrone Betrachtung ausdrücklich nicht ange-
strebt ist. Insofern ist hier der Begriff „klassisches Arabisch“ ange-
bracht.
1.4.3 Fuṣḥā
In den philologisch ausgerichteten Arbeiten zur Grammatik des
Arabischen steht bei westlichen Forschern am Anfang stets die
Frage nach dem Korpus: Auf welche konkrete Sprachform soll sich
die Beschreibung beziehen, welche Belege werden herangezogen?
Dabei kann durchaus angestrebt sein, nur die konstanten Elemente
zu beschreiben und die diachrone Variation, die ja verglichen mit
anderen Sprachen sehr gering ist, außen vor zu lassen, wie es Retsö
in dem o. g. Beitrag macht. Dennoch liegt in den meisten Arbeiten
das Bewußtsein zugrunde, daß sich die Sprache immer in einer
konkreten Form präsentiert, nicht als abstrakte Größe. Da sich aber
diese konkreten Formen durch die Jahrhunderte hindurch und
auch je nach Genre und Gebrauchsbereich der Sprache verändert
haben, folgt hieraus ein Evolutionsmodell, das die westlichen For-
scher für das Arabische wie für alle anderen Sprachen annehmen –
„une vision discontinuiste de l’arabe“, wie es Pierre Larcher formu-
liert. 49 Man geht davon aus, es mit verschiedenen Stufen oder For-
men des Arabischen zu tun zu haben, die sich im Laufe der Zeit
jeweils aus einem vorhergehenden Stadium entwickelt haben.
Der Begriff fuṣḥā stellt hierzu den Gegenentwurf dar. Die arabi-
schen Grammatiker betrachten das Arabische in all seinen Erschei-
nungsformen als Kontinuum. Es ist ihnen bewußt, daß es in vielen
Variationen auftreten kann, die sich irgendwo zwischen Hochspra-
che und Dialekt, zwischen vollkommener Regelhaftigkeit und weit-
gehender Mißachtung der Regeln bewegen, aber es handelt sich
doch um ein und dieselbe Sprache, an die als Maßstab nur ein ein-
ziges Regelsystem angelegt werden kann, nämlich die arabische
Grammatik schlechthin. Nur an dieser dürfen alle Äußerungen in
arabischer Sprache gemessen werden. Von diesem Standpunkt aus
ist es unmöglich, die Richtigkeit sprachlicher Phänomene von dem
Zusammenhang ihres Auftretens abhängig zu machen, etwa indem
____________________
49 Larcher, Al-lugha al-fuṣḥâ, 21. Der Artikel gibt Aufschluß über die histori-
sche Entwicklung des Begriffes fuṣḥā und seine Verknüpfung mit religiösen
Dogmen. Hierzu auch Ayoub, Art. Faṣīḥ.
46 Entwicklung der klassischen arabischen Sprache
sich einig, daß die Quraiš diejenigen Araber mit den klarsten
Zungen und der reinsten Redeweise sind. 51
In beiden Fällen wird das Adjektiv in der Elativform gebraucht, d. h.
man vergleicht zwischen verschiedenen Graden sprachlicher Rein-
heit. Das Wort fuṣḥā ist die feminine Form des Elativs; es ist wohl
verkürzt aus al-luġa al-fuṣḥā ‚die sehr reine / reinstmögliche Rede-
weise‘. Darin drückt sich ein entscheidendes Charakteristikum der
arabischen Sprachbetrachtung aus: fuṣḥā ist das höchststehende,
das eigentliche Arabisch, das Ideal an dem sich jede sprachliche
Äußerung zu messen hat. Wie nahe man dem Ideal kommt, ist eine
graduelle Frage. Es gibt Äußerungen, von denen man eindeutig
sagen kann, ob sie faṣīḥ sind oder nicht, doch auch Abstufungen
sind häufig, so daß z. B. eine bestimmte Form ʾafṣaḥ ‚reiner, richti-
ger‘ sein kann als eine andere.
Nur wenige arabische Wissenschaftler befürworten heute eine
Einteilung der Hocharabischen nach Epochen oder Stilebenen, da
dies der tief verwurzelten Vorstellung von der Einheit der Sprache
zu widersprechen scheint. Das Wort fuṣḥā ist auf das engste mit
dieser Sichtweise verbunden, so daß es als Fachterminus bei der
philologischen, historisch orientierten Beschreibung des Arabi-
schen ausscheidet. 52
51 Ibn Fāris, aṣ-Ṣāḥibī, 28. Luġa bedeutete nicht wie im modernen Hochara-
bisch allgemein ‚Sprache‘ sondern bezeichnete unterschiedliche Redewei-
sen, also Varianten innerhalb einer Sprache.
52 Larcher, Al-lugha al-fuṣḥâ, 30, bezeichnet den Begriff fuṣḥā als „idéolingui-
stique“, da er gleichermaßen von Ideologie wie von Linguistik bestimmt
sei. Einer der wenigen arabischen Wissenschaftler, der sich mit einer diffe-
renzierten Einteilung der fuṣḥā beschäftigt hat, ist al-Sayyid Badawī, Mu-
stawayāt al-ʿArabiyya fī Miṣr.
48 Entwicklung der klassischen arabischen Sprache
gen bis heute. Doch läßt, wenn man diesen Begriff so weit faßt und
ihn nicht historisch differenziert, die terminologische Schärfe zu
wünschen übrig. Wenn auch der Vergleich nicht in jeder Hinsicht
paßt, so ist es doch so ähnlich wie wenn man den ganzen Komplex
der französischen Sprache mit dem Fachbegriff Le français bezeich-
nete. Man hätte damit ein Feld abgesteckt, aber für die diachrone
Analyse kaum etwas gewonnen. Strebt man danach, die historische
Entwicklung der Sprache im Detail nachzuvollziehen, kann der
Begriff ʿArabiyya sogar ein Hindernis sein. Das in ihm mitschwin-
gende Dogma von der Unveränderlichkeit der Sprache steht einer
objektiven Untersuchung der Quellen der verschiedenen Epochen
und Textsorten im Weg. Eine treffende Verwendung wäre allenfalls
die nach der Definition von Vollers, nämlich zur Bezeichnung des
von den Grammatikern beschriebenen Idealbildes der Sprache.
Für die linguistische Abgrenzung der einzelnen Epochen sollte
man nach einer neutralen Terminologie suchen. Die arabische
Hochsprache in ihrer Gesamtheit könnte man mit Hocharabisch
(engl. Standard Arabic) bezeichnen. Soweit ich sehe, ist dieser Be-
griff auf keine bestimmte Zeit festgelegt und entspricht damit etwa
dem arabischen fuṣḥā. Man kann ihn dann bei Bedarf zeitlich ein-
grenzen, z. B. als klassisches Hocharabisch (engl. Classical Standard
Arabic) gegenüber Neuhocharabisch (engl. Modern Standard Arabic,
jenes wieder gliederbar in Early Modern Standard Arabic und Con-
temporary Modern Standard Arabic). Die ʿArabiyya in der weiteren
Definition kann man ohne Verlust einfach die arabische Sprache
nennen. Dieser Begriff ist ebenso offen wie der erstgenannte, ver-
schleiert diese Tatsache aber nicht.
Gegenstand der einheimischen arabischen Grammatiken, die im
folgenden Kapitel vorgestellt werden, ist nach dieser Einteilung die
Grammatik des Hocharabischen, d. h. die Regeln, von denen man
annimmt, daß sie für die arabische Schriftsprache durch alle Zeiten
hindurch gültig sind.
⒉
Die Verbkonjugation
in der arabischen Grammatiktradition
2.1 Grundlagen
Bei den in diesem Kapitel herangezogenen Grammatiken handelt es
sich zum größten Teil um Lehr- und Nachschlagewerke für den
praktischen Gebrauch, nicht um wissenschaftliche Betrachtungen.
Eine Ausnahme ist an-Naḥw al-wāfī von ʿAbbās Ḥasan, das nicht
zum vorrangigen Ziel hat, die Regeln didaktisch aufgearbeitet dar-
zustellen, sondern ausdrücklich für das Sprachstudium an Universi-
täten geschrieben ist. Als Grundlage des folgenden Abschnittes
dienen:
Nāfiʿ ʿAbdallah: al-Marǧaʿ fī n-naḥw al-ʿarabī, Beirut 2001.
Muṣṭafā Ġalāyīnī: Ǧāmiʿ ad-durūs al-ʿarabīya. mausūʿa fī ṯalāṯa
ʾaǧzāʾ, 39. Druck, Beirut 2001 (1. Aufl. Beirut 1912).
ʿAlī al-Ǧārim und Muṣṭafā ʾAmīn: an-Naḥw al-wāḍiḥ fī qawāʿid al-
luġa al-ʿarabīya, Kairo 1984 (1. Aufl. Kairo 1938).
ʿAbbās Ḥasan: an-Naḥw al-wāfī, maʿa rabāṭihi bi l-ʾasālīb ar-rafīʿa, wa
l-ḥayāt al-luġawīya al-mutaǧaddida, 4. Aufl., Kairo 1973–1975.
Fuʾād Niʿma: Mulaḫḫaṣ qawāʿid al-luġa al-ʿarabīya, 9. Aufl., Kairo
ohne Jahr (1. Aufl. Kairo 1973).
49
50 Die Verbkonjugation in der Grammatiktradition
1 Siehe: www.eva.mpg.de/lingua/resources/glossing-rules.phpt.
2.1 Grundlagen 51
____________________
form des Verbs, die nicht weiter gegliedert werden kann. Sie ist
zunächst nicht auf eine Person festgelegt. Nur wenn kein Suffix
hinzukommt, tritt als Default-Bedeutung die 3. m. Sg. ein.
Mit einem Hochpunkt (·) werden Elemente gekennzeichnet, die
dem Kern eines Wortes vor- oder nachgestellt sind, aber in der syn-
taktischen Analyse in aller Regel nicht erwähnt werden. Ein solches
Element nimmt nach arabischem Verständnis in der Syntax keine
Stelle ein (lā maḥalla lahu mina l-ʾiʿrāb):
(3) ya·ktub⸗u ʾAḥmad⸗u
3.M·schreiben. IPF⸗N/I ʾAḥmad⸗N/I
‚Aḥmad schreibt‘
(4) kataba·t Fāṭima·t⸗u
schreiben.PF·F Fāṭima·F⸗N/I
‚Fāṭima schrieb.‘
Auch dem Artikel al· wird keine eigenständige Rolle in der Syntax
eingeräumt. Ob ein Wort bestimmt oder unbestimmt ist, spielt für
die Satzanalyse keine Rolle:
(5) al·bait⸗u
DEF·Haus⸗N/I
‚das Haus‘
Alle mit Hochpunkt abgetrennten Prä- und Suffixe werden von den
Grammatikern als ḥarf ‚Buchstabe‘ klassifiziert. Sie werden als inte-
graler Bestandteil des Wortes angesehen und nicht an einem kon-
kreten syntaktischen Platz lokalisiert. Sie beeinflussen die Bedeu-
tung des Wortes in bestimmter Weise, aber haben keinen Einfluß
auf die Satzanalyse. Dies fällt besonders bei der Form ya·ktub⸗u ins
Auge, die nach europäischem Verständnis mit einem Personalpräfix
beginnt, das sich funktionell nicht von den Personalsuffixen unter-
scheidet, die in den Perfektformen verwendet werden (z. B. katab-
tu). Die Araber ordnen dagegen diese beiden Affixe in völlig ver-
schiedene Klassen ein. Die Präfixe der Imperfektformen werden
nicht als syntaktische Einheiten angesehen und daher in der gram-
matischen Analyse, die sich fast ausschließlich für die Syntax inter-
essiert, meist schlicht übergangen (siehe Kap. 2.2).
Ein Doppelstrich (⸗) kennzeichnet die je nach Satzkontext ver-
änderlichen Kasusendungen (bei Nomen) und Modusendungen
(bei den Imperfektformen des Verbs). Nach arabischer Terminolo-
gie nennt man diese Endungen ʾiʿrāb:
54 Die Verbkonjugation in der Grammatiktradition
(6) al·muʿallim⸗u
Lehrer⸗N/I
‚der Lehrer‘
(7) ta·ktub⸗u
2·schreiben.IPF⸗N/I
‚du (m.) schreibst‘
Diese korrekt zu bestimmen ist eines der Hauptanliegen der arabi-
schen Grammatiker. Es handelt sich dabei hauptsächlich um die
kurzvokalischen Wortendungen ⸗u, ⸗i und ⸗a, die in der arabischen
Konsonantenschrift nicht mitgeschrieben und nur bei Bedarf mit
den Vokalzeichen ــُـ, ـــِـund ــَـmarkiert werden.
Ein Bindestrich (-) kennzeichnet Elemente, die zwar zusam-
mengeschrieben sind, aber verschiedene syntaktische Rollen ein-
nehmen. Die Grammatiker behandeln sie bei der Satzanalyse wie
getrennte Wörter. Wichtigstes Beispiel sind die Personalsuffixe der
Verben, die nicht als Teil des Verbs, sondern als ein eigenständiges
Element aufgefaßt werden. Sie werden in ihrer ganz konkreten
Form als das Subjekt betrachtet: 5
(8) katab-tu
schreiben.PF-ich
‚ich schrieb‘
Auch die Objektsuffixe gehören hierzu:
(9) katab-tu-hu
schreiben.PF-ich-ihn
‚ich schrieb ihn‘
Ein weiteres Beispiel sind die Präpositionen bi- und li-:
(10) li-l·walad⸗i
für-DEF·Junge⸗GEN
‚für den Jungen‘
____________________
Wie eingangs erwähnt, richtet sich diese Glossierung nach den Ein-
teilungskriterien der arabischen Grammatiker. Das bedingt einige
Schwächen, die daher rühren, daß sich die Eigenart des arabischen
Schriftsystems nicht vollkommen auf die lateinische Schrift über-
tragen läßt, vor allem beim Verhältnis von Konsonanten und Voka-
len. Die kleinste Einheit, mit der in der die Grammatiker operieren,
ist der Buchstabe (ḥarf), d. h. der sichtbare Konsonant. Die Vokale
sind den Konsonanten nachgeordnet: man gibt normalerweise an,
welcher Vokal auf einen Konsonanten folgt (bzw. in der Schrift über
ihm steht), aber nicht, welcher ihm vorausgeht. Ein sprachliches
Segment kann daher nur mit einem Konsonanten beginnen. In der
Umschrift führt das an einigen Stellen zu ungünstigen Segmentie-
rungen, die aber um der Beibehaltung des Systems Willen in Kauf
genommen werden:
(11) kataba·t(i) t·tilmīḏa·t⸗u
schreiben.PF·F DEF·Schüler·F⸗N/I
‚die Schülerin schrieb‘
In beiden Fällen würden wir aus westlicher Perspektive das Suffix
-at als Bildeelement annehmen (katab·at und at·tilmīḏ·at⸗u). Für die
arabischen Grammatiker ist hingegen als Femininum-Kennzeichen
nur das buchstäblich sichtbare ·t von Interesse (genannt tāʾ at·
taʾnīṯ); das a wird dem davor stehenden Wort zugerechnet.
2.1.1.1 ṣarf
Die Wortveränderungen die in den Bereich des ṣarf fallen, werden
von den arabischen Grammatikern in zwei Bereiche eingeteilt:
a) Veränderungen der Wortgestalt, die zu einer Bedeutungsverän-
derung führen. Dazu zählen u. a. folgende Formen:
Bildung des Plurals (ǧamʿ):
ُ
(1) ٌ ِﻛ
ﺘﺎب > ﻛ ُﺘ ٌﺐ
kitāb kutub
Buch Buch.PL
‚Buch ‘ ‚Bücher‘
Ein Verbalsatz besteht immer aus einem Verb (fiʿl) und einem „Tä-
ter“ (fāʿil) bzw. in passiven Sätzen einem „Stellvertreter des Täters“
(nāʾib fāʿil), sowie aus eventuellen Ergänzungen. Das Verb steht
grundsätzlich an erster Stelle.
Ein Nominalsatz besteht hingegen aus einem Element, über das
eine Aussage gemacht werden soll (genannt mubtadaʾ ‚das Begin-
nende‘), und aus der Aussage (ḫabar ‚Aussage, Nachricht‘). Das
ḫabar kann ein Nomen sein, wie etwa das Adjektiv kabīrun in fol-
gendem Satz:
(3) ٌ اﻟﺒ ْي ُﺖ َﻛ
��ﺒ َ
‚das Haus ist groß‘
al·bait⸗u kabīr⸗u·n
DEF⸗Haus⸗N/I groß⸗N/I·IDEF
MUBTADAʾ ḪABAR
Das ḫabar kann aber auch ein ganzer Verbalsatz sein, wie im obigen
Satz (2). Man kann diesen noch um ein Objekt erweitern:
َ َ َ َ ُ َّ ُ
(4) اﻟﺮﺳﺎﻟﺔ
ِ اﳌﻌ ِﻠﻢ ﻛﺘﺐ
‚Der Lehrer schrieb den Brief‘
al·muʿallim⸗u kataba r·risāla·t⸗a
DEF· Lehrer⸗N/I schreiben.PF DEF·Brief·F⸗A/S
MUBTADAʾ ḪABAR
6
FIʿL (Verb) [FĀʿIL (Täter)] Objekt
Hier gilt das Wort al·muʿallim⸗u als mubtadaʾ und der Verbalsatz
kataba r·risāla·t⸗a als ḫabar. Letzterer wird wiederum eigenständig
nach den Regeln des Verbalsatzes analysiert. 7
____________________
6 Das fāʿil wird als im Verb impliziert angenommen, siehe Punkt 4.2.1. Das
Objekt heißt auf arabisch mafʿūl bihi.
7 Weitere Beispiele unter Punkt 2.2.1.
2.1 Grundlagen 61
____________________
ʾilā ṣ·ṣaff⸗i
in DEF·Klasse⸗GEN
____________________
اﻟﻮاو ٰ َ َُ ﱠ َ ُ َُ ﱠ َْ ُ َ َ َ ٌ ْ َ ٌ ُ ٌْ ُْ َْ
ِ ��ﻀﺎرع ﻣﺮﻓﻮع وﻋﻼﻣﺔ رﻓ ِﻌ ِﮫ اﻟﻀﻤﺔ اﳌﻘﺪرة ﻋ ِ ﻳﺪﻋﻮ ِﻓﻌﻞ ﻣ
ya·dʿuw: Verb im Imperfekt Indikativ. Zeichen des Indikativs
ist die u-Endung, die auf dem wāw angenommen wird.
Tatsächlich endet das wāw vokallos, also auf sukūn; die vollständige
Form wäre *ya·dʿuw⸗u. Der ʾiʿrāb taqdīrī betrifft nur den letzten
Buchstaben des Wortes.
c) ʾiʿrāb maḥallī („Bezeichnung des Falls durch die Stellung im
Satz“): Ein Wort ist unveränderlich (mabnī), wird aber von einem
Wort regiert, das eine bestimmte Kasus-/Modusendung fordert. In
diesem Fall bleibt das betreffende Wort unverändert, man sagt aber,
daß es an einer Stelle (maḥall) steht, an der eine bestimmte Kasus-/
Modusendung gefordert ist.
َ ﻣﻦ
أﻳﻦ ﺟﺌﺖ؟
min ʾaina ǧiʾ-ta
von wo kommen.PF-du
‚Woher kommst du?’
َ
ﻀﺎف إﻟ ْﻴ ِﮫ َ َ َ َْ َ
ٍ هﺎم ﻣ ْﺒ ﱞ�ي ﻋ ٰ�� اﻟﻔﺘ ِﺢ �� ﻣﺤ ِ ّﻞ ﺟ ّ ِﺮ ُﻣ ْ ُ ْ َ َْ
َ اﺳﺘ ْﻔ
ٍ ِ أﻳﻦ اﺳﻢ
ʾaina ist Fragewort (d. h. ein Nomen) mit unveränderlicher En-
dung ⸗a, das an einer Stelle steht, wo ein Genitiv gefordert ist,
weil es zweites Glied einer Constructus-Verbindung ist.
Der ʾiʿrāb maḥallī betrifft auch die Personalpronomen, denn sie sind
alle unveränderlich, stehen aber stets an einer Stelle im Satz, an der
ein bestimmter Fall gefordert ist:
َ ْ
اﻟﻨﻘﻮد أﺧﺬ ُت
ʾaḫaḏ-tu n·nuqūd⸗a
nehmen.PF-ich DEF·Geld.PL⸗A/S
‚ich habe das Geld genommen‘
66 Die Verbkonjugation in der Grammatiktradition
ْ َ َ ُ ُ َ ٌ ُﱠ ّ ٌ َْ ﱞ َ ٰ ﱡ
ِ اﻟﺴ�ﻮ ِن �� ﻣﺤ ِ ّﻞ َرﻓ ِﻊ
ﻓﺎﻋ ٍﻞ ��ت ﺿ ِﻤ�� ﻣﺘ ِﺼﻞ ﻣﺒ�ي ﻋ
-tu ist verbundenes Personalpronomen mit unveränderlicher
Endung ⸗u. Es steht an einer Subjekt-Stelle,
wo der Nominativ gefordert ist.
„Das Nomen: ein Wort, das in seinem Wesen auf etwas Greifba-
res (z. B.: Haus, Kupfer, Kamel, Palme, Spatz, Muḥammad, ...)
oder etwas nicht Greifbares (z. B.: Mut, Mannhaftigkeit, Ehre,
Großmut, [persönliche] Größe, …) hindeutet und in beiden Fäl-
len nicht zeitlich festgelegt ist.“
Dementsprechend gilt für das Verb:
ً َْ َُ ََ َ َ َ ِ اﻟ�ﻠ َ َ َ َ ُ
ﺒﺎﺷﺮة ِ ﺗﺪ ﱡل ِﺑﻨﻔ ِﺴهﺎ ُﻣ... ،(ﻤﺎت )ﻓ ِهﻢ( )ﺳﺎﻓ َﺮ( ) َرﺟﻊ ِ � ﱡﻞ � ِﻠﻤ ٍﺔ ِﻣﻦ
ُ ُ َ َ ُ َ َ ��ْ )ﻣ ْﻦ َﻏ
َﻣ ْﻌ ً�ى ُﻧ ْﺪ ِرﻛ ُﮫ: أ ﱠوﻟهﺎ. َﻋ�� أ ْﻣ َﺮْ� ِﻦ... (ﺣﺎﺟ ٍﺔ إ�� � ِﻠ َﻤ ٍﺔ أ ْﺧﺮ ٰى ِ ِ
ُ َ َ َ َ َ
أ ْو ﱠ، اﻟﻔ ْه ُﻢ:ﺎﻟﻌ ْﻘﻞ ) َو ْه َﻮ
َ
‹( ُوي َﺴ ﱠ�ى ›ا�حﺪث... ﺟﻮ ُع أ ْو ﱡ،اﻟﺴﻔ ُﺮ
ْ اﻟﺮ
ِ ِﺑ
َ
َ ٰ
.ﺼ َﻞ ِﻓ ْﻴ ِﮫ ذ ِﻟ َﻚ اﳌ ْﻌ ٰ�ى َ َز َﻣ ٌﻦ َﺣ: َوﺛﺎ� ُ�ﻤﺎ
ِ
„Jedes der Wörter er verstand, er reiste, er kehrte zurück usw. deu-
tet für sich selbst genommen, direkt (ohne daß es eines anderen
____________________
Wortes bedarf) … auf zwei Dinge: erstens auf einen Begriff (al-
maʿnā), den wir mit dem Verstand erfassen (also das Verstehen,
das Reisen, das Zurückkehren usw.) und dem man ‚das Gesche-
hen / den Bedeutungsinhalt‘ (ḥadaṯ) nennt; zweitens auf die Zeit
(zaman), in der sich dieser Begriff (al-maʿnā) ereignet.“ 12
Als ḥarf gilt alles, was weder als Nomen noch als Verb eingeordnet
werden kann. 13 Um alle Wörter in dieses System einordnen zu kön-
nen, wird für jede Wortart eine Reihe von Merkmalen genannt, die
sie jeweils vor den anderen auszeichnet. Ist mindestens eines dieser
Merkmale vorhanden, gehört das Wort der entsprechenden Wortart
an. Zu den Erkennungszeichen des Verbs gehören:
َ َْ
a) Es kann mit qad, sa- oder saufa َﺳﻮف، َﺳـ، ﻗﺪverbunden
werden.
b) Es kann ein nūn zur Bezeichnung des Modus
َُْﱠ ْ َ ُ ْ energicus (nūn at-
taukīd) annehmen: َﻳﻜﺘـﺒـﻦya·ktuba·nna, َﻳﻜﺘـﺒـﻦya·ktuba·n.
c) Es kann
ُ َ ein „Femininum-tāʾ
ََ َ “ (tāʾ at-taʾnīṯ, Punkt 2.2.2.1) anneh-
men: �حﻜ ِﺖ اﻟﻔﺘﺎةḍaḥaka·t(i) l·fatā·t⸗u ‚das Mädchen lachte‘.
Mit Hilfe solcher Abgrenzungen gelingt es, alle Wörter eindeutig in
eine der drei Klassen einzuordnen. Das Bestreben, die Phänomene
so exakt wie möglich zu klassifizieren, ist überaus häufig anzutref-
fen. Dies geschieht meist weniger durch abstrakte Definition der
Klassen, als durch Nennung von äußeren Merkmalen, die die Ele-
mente der einzelnen Klassen voneinander unterscheiden. Die ara-
bischen Grammatiker sind auch in dieser Hinsicht stark formali-
stisch ausgerichtet, so daß selbst ʿAbbās Ḥasan, dessen Grammatik
ausdrücklich für den wissenschaftlichen Gebrauch geschrieben ist,
nach dieser Methode vorgeht, anstatt tiefer nach dem Wesen der
einzelnen Klassen zu forschen. Das wird besonders bei der Be-
schreibung des Zeitsystems der Verben deutlich. 14
angefügt,
ْ ُ das nicht ausgesprochen
ْ ُ wird (ḏahabu-w
ذهﺒﻮا ‚sie gingen‘, iḏhabu-w اذهﺒﻮا ‚geht!‘).
1.2 Verbundenes Personalpronomen – Akkusativ
(ḍamīr naṣb muttaṣil), nur bei Verben und Verbalnomen:
َ
أﻳﺘﻚ raʾai-tu-ka (‚ich sah dich‘): raʾai- ist das Verb, -tu- das
ر
Personalpronomen zur Bezeichnung des Nominativs, -ka das
Personalpronomen zur Bezeichnung des Akkusativs.
1.3 Verbundenes Personalpronomen – Genitiv
(ḍamīr ǧarr muttaṣil), nur bei Nomen:
وﺳ ُه ْﻢ
ُ ُرؤruʾūs⸗u-hum
(‚ihre Köpfe‘): ruʾūs⸗u- ist das Nomen,
-hum ist das Pronomen.
____________________
Das Verb kataba beinhaltet an sich keine Person! Das Subjekt der
Handlung wird durch das folgende Nomen l·mudarris⸗u ausge-
drückt. Genauso ist es in der 3. Person f.:
ُ ُ ََ
(3) ﻛﺘ َب ِﺖ اﳌ َﺪ ّ ِر َﺳﺔ
kataba·t(i) l·mudarrisa·t⸗u
schreiben.PF·FEM DEF·Lehrer·F⸗N/I
‚die Lehrerin schrieb‘
Die Form kataba·t besteht aus dem Verb kataba· und dem ange-
hängten ·t (das (i) ist nur Bindevokal). Das ·t ist kein Personalpro-
nomen, sondern ein Femininum-Marker (tāʾ at-taʾnīṯ), der das Verb
an das feminine Subjekt anpaßt, welches anschließend genannt ist.
Es zählt lediglich als ḥarf ‚Buchstabe‘, nicht als ḍamīr ‚Pronomen‘.
Daher repräsentiert auch die Form kataba·t keine Person. Subjekt
der Handlung ist das folgende Nomen l·mudarrisa·t⸗u. Daß sich der
Femininum-Marker anders verhält als die verbundenen Personal-
pronomen, wird u. a. daran deutlich, daß er durchaus nicht immer
stehen muß, wenn sich das Verb auf die 3. Pers. f. bezieht. Jeder der
folgenden Sätze ist korrekt: 25
ُ
(4) ﻓﺎﻃ َﻤﺔ َ َ َ
ِ ﺳﺎﻓﺮ ِت اﻟﻴﻮم
sāfara·t(i) l·yaum⸗a Fāṭima·t⸗u
reisen.PF·F DEF· Tag⸗A/S Fāṭima·F⸗N/I
‚Fāṭima ist heute gereist‘
ُ
(5) ﻓﺎﻃ َﻤﺔ َ َ َ
ِ ﺳﺎﻓﺮ اﻟﻴﻮم
sāfara l·yaum⸗a Fāṭima·t⸗u
reisen.PF DEF· Tag⸗A/S Fāṭima·F⸗N/I
‚Fāṭima ist heute gereist‘
gesondert vom Verb betrachtet, sondern als Teil von diesem. Sie
werden zwar dem Subjekt des Satzes angepaßt (also ʾa·ktub⸗u ‚ich
schreibe‘, ta·ktub⸗u ‚du schreibst‘ usw.), doch das Element ʾ·, t·, y·
usw. ist nicht die buchstäbliche Repräsentation des Subjekts. Man
geht vielmehr davon aus, daß ein Personalpronomen, welches das
Subjekt der Handlung angibt, implizit im Verb enthalten ist. Es wird
also ein verborgenes Personalpronomen (ḍamīr mustatir) ange-
nommen:
(1) ُ
ﺗﻜﺘﺐ
ta·ktub⸗u
2·schreiben. IPF⸗N/I
‚du (m.) schreibst‘
Die stereotype grammatische Analyse lautet: taktubu ist ein Verb im
Imperfekt Indikativ; der Indikativ wird durch das ⸗u am Wortende
ausgedrückt; Subjekt ist ein verborgenes Personalpronomen, das auf
die 2. Pers. Sg. m. hindeutet.
Anders verhält es sich bei denjenigen Imperfektformen, die zu-
sätzlich zum Präfix (= Imperfektbuchstabe) noch ein Suffix haben.
In diesem Fall ist die Reihenfolge des Verbalsatzes (Verb – Subjekt)
eingehalten, und das Suffix kann als sichtbares Personalpronomen
(ḍamīr bāriz) gedeutet werden:
َ
(2) ﻳﻜﺘﺒﻮن
ya·ktubu-w⸗na
3 ·schreiben. IPF-sie⸗N/I
‚sie (m. pl.) schreiben‘
Die Analyse lautet: yaktubuwna (lies: yaktubūna) ist ein Verb im
Imperfekt Indikativ; der Indikativ wird durch das ⸗na am Wortende
ausgedrückt. Subjekt ist das verbundene Personalpronomen -w⸗.
Der Imperfektbuchstabe nimmt keine syntaktische Position ein,
daher wird er in der Satzanalyse normalerweise nicht erwähnt.
Der Imperativ kann nur in der 2. Pers. gebildet werden. Die weite-
ren Formen (2. Pers. Sg. f. , 2. Pers. Dual, 2. Pers. Pl. m., 2. Pers. Pl. f.)
werden durch Anhängen der verbundenen Personalpronomen wie
im Imperfekt gebildet. Ein „zusätzliches nūn“ wird nicht angehängt.
sen Fällen ist das Verb daher mabnī ʿalā s-sukūn ‚mit Vokallosigkeit
als fester Endung‘. ََ
Wird in der 3. Pers. Pl. m. ein wāw angehängt (z. B. katabu-w ﻛﺘ ُﺒ ْﻮا,
u und w ergeben zusammen das lange ū), so gleicht sich das
⸗a, auf das das Verb ursprünglich auslautet, an das wāw an und wird
zu ⸗u. Das Verb ist hier deshalb mabnī ʿalā ḍ-ḍamm ‚mit ⸗u als fester
Endung‘. Im Folgenden ein einfacher Beispielsatz und die typische
Beschreibung der Verbform:
ََ ُ ﱡ
ﻼب ﻛﺘ ُﺒ ْﻮا اﻟﻄ
aṭ·ṭullāb⸗u katabu-w
DEF· Student. PL⸗N/I schreiben. PF-sie
‚die Studenten schrieben‘
____________________
َ اﻟﻮ ْا ُو
�ٌ �ْ ﺿ ِﻤ َ َو.ﺎﻋﺔ
َ ََ َ َ ّ ُ ﱡ
ِ اﻟﺴ� ْﻮ ِن ِﻻ ِﺗﺼ ِﺎﻟ ِﮫ ِﺑﻮ ِاو ا�جﻤ ��ﻣﺎض َﻣ ْﺒ ﱞ�ي َﻋ ٌ ْ َُْ َ
ٍ ﻛﺘﺒﻮا ِﻓﻌﻞ
َ ْ َ ُ ﱡ
.ﺎﻋ ٍﻞ ِ اﻟﺴ� ْﻮ ِن �� ِﻣﺤ ِ ّﻞ َرﻓ ِﻊ ﻓ ��ُﻣ ﱠﺘ ِﺼ ٌﻞ َﻣ ْﺒ ﱞ�ي َﻋ
katabu-w: Verb im Perfekt mit unveränderlichem Endvokal ⸗u
aufgrund der Verbindung mit dem Plural-wāw. Das wāw ist ein
verbundenes Personalpronomen mit Vokallosigkeit als unverän-
derlicher Endung; es steht an der Stelle eines Nominativs zur An-
gabe des Subjekts.
b) naṣb „Konjunktiv/Subjunktiv“
Das ursprüngliche Zeichen des naṣb ist der Endvokal ⸗a (fatḥa). Es
tritt bei allen Imperfektformen der gesunden Verben auf, die keine
Suffixe haben:
َ ْأن َﺗ ْﺪ ُر
س ʾan ta·drus⸗a ‚daß du (m.) studierst‘
Bei den „fünf Verben“ ist das Zeichen des naṣb der Ausfall des nūn
am Wortende:
َ
ْأن ﺗ ْﺪ ُر ِ�� ْي ʾan ta·drusi-y ‚daß du (f.) studierst‘
2.3 Die Kasus-/ Modusendungen der Verbformen 83
Ist das Verb mit dem Pronomen -w ـﻮverbunden, so wird (genau wie
in der 3. Pers. Pl. m. Perf.) ein ʾalif angehängt, um die Form von an-
deren orthographisch zu unterscheiden (z. B. um eine Verwechslung
ْ
mit schwachen Verben zu vermeiden: yadʿuw ) َﻳﺪ ُﻋ ْﻮ:
ْأن َﻳ ْﺪ ُر ُﺳ ْﻮا ʾan ya·drusu-w ‚daß sie studieren‘
c) ǧazm „Apokopat“
Das ursprüngliche Zeichen des ǧazm ist die Vokallosigkeit am Wort-
ende (sukūn). Es kommt bei allen Imperfektformen der gesunden
Verben vor, die keine Suffixe haben, z. B.:
ْ ِﻟ َﻨ ْﺪ ُر
س li-na·drus⸗Ø ‚laß uns studieren‘
سْ ﻻ َﺗ ْﺪ ُر lā ta·drus⸗Ø ‚studiere nicht!‘
Bei den „fünf Verben“ ist das Zeichen des ǧazm ebenfalls der Ausfall
des nūn am Wortende, die Formen von Konjunktiv und Apokopat
sind hier also identisch:
َ
ْأن ﺗ ْﺪ ُر ِ�� ْي ʾan ta·drusi⸗y ‚daß du (f.) studierst ‘ (Konj.)
َ
ﻻ ﺗ ْﺪ ُر ِ�� ْي lā ta·drusi-y ‚studiere (f.) nicht‘ (Apk.)
ْأن َﻳﺪ ُر ُﺳ ْﻮا
ْ ʾan ya·drusu-w ‚daß sie (m. pl.) studieren ‘ (Konj.)
ِﻟ َﻴ ْﺪ ُر ُﺳ ْﻮا li-ya·drusu-w ‚sie (m. pl.) sollen studieren‘ (Apk.)
85
86 Hintergründe der Grammatiktradition
2 Er führte auch neue Münzen ein, siehe die Beispiele auf S. 23.
3 Carter, Art. Grammatical Tradition, 190.
4 Siehe zu diesem Aspekt Peters, Language and Revelation.
3.1 Gesellschaftliche und religiöse Aspekte 87
und durch die Rolle des Lateinischen als Kirchensprache war auch
im Abendland die grammatische Wissenschaft eng mit Schriftex-
egese und Theologie verknüpft. Es herrschte auch hier eine normie-
rende und ahistorische Herangehensweise vor. Das Bild änderte
sich erst seit dem 16. Jh., wo u. a. durch die beginnende Beschäfti-
gung mit den Volkssprachen der Horizont erweitert wurde.
fenheit des Korans und den Ursprung der Sprache: Zu den zentralen
Dogmen der Muʿtazila gehörte es, daß Gott vollkommen einheitlich,
unteilbar und unabgrenzbar sei, was durch den Begriff tauḥīd ‚Eins-
heit; Eins-Machen‘ ausgedrückt wurde. Demnach war es unvorstell-
bar, daß etwas Gott innewohnen könnte, was nicht Gott selbst ist.
So wurde etwa bestritten, daß Gott „Weisheit“ (ḥikma), „Leben“
(ḥayāt), „Allmacht“ (qudra) oder andere Wesenseigenschaften in-
newohnen können, denn das würde heißen, Gott in Teile zu zertei-
len. Diese Eigenschaften seien erst von Gott in der Zeit geschaffen
worden und daher nicht Teil des Ewigen. Dieselbe Argumentation
wurde auch bei der Frage angewandt, ob der Koran ewig, und damit
Teil Gottes, oder in der Zeit geschaffen sei. Für die Muʿtaziliten
konnte er aus den erwähnten Gründen nur als geschaffen angese-
hen werden. Andernfalls müßte er ja ein Teil von Gott sein, was
unmöglich war.
Hier schließt sich die Frage nach dem Ursprung der Sprache
an. 10 Die Muʿtaziliten sahen diese als Konvention zwischen den
Menschen an (iṣṭilāḥ oder tawāṭuʾ), die lediglich auf die Realität
hindeutet, aber nicht tatsächlich die Realität darstellt. Die Namen
der Dinge sind danach das Ergebnis der menschlichen Überein-
kunft und nur Zeichen. Man kann hier von einer nominalistischen
Sprachauffassung sprechen. In eben dieser menschlichen, auf Kon-
vention beruhenden Sprache ist nach muʿtazilitischer Ansicht auch
der Koran verfaßt, der als von Gott geschaffen und nicht als ewig
angesehen wurde. Dabei betonten die Muʿtaziliten aber in Überein-
stimmung mit dem allgemeinen Dogma, daß es sich nicht um ein
menschliches, sondern ein göttliches Werk handele, das Wunder-
charakter (ʾiʿǧāz) hat, was u. a. dadurch bewiesen wird, daß er nicht
nachahmbar sei.
Durchgesetzt hat sich im orthodoxen sunnitischen Islam
schließlich die Ansicht, daß die Sprache das Ergebnis göttlicher
Festsetzung (tauqīf) ist. Als Beleg hierfür wird Q 2,31 herangezogen:
„Und er lehrte Adam alle Namen.“ Man kann die Vertreter dieser
Sprachauffassung als Realisten bezeichnen, da sie die Meinung
vertreten, daß die Bezeichnungen mit der Realität identisch sind
und die Realität erst durch ihre Benennung von Gott konstituiert
wird. Dies wird vom Koran insofern gestützt, als er betont, daß es
das Wort ist, durch das Gott die Dinge erschafft, siehe z. B. Q 16, 40:
„Wenn wir eine Sache wollen, brauchen wir nur zu ihr zu sagen: sei!,
____________________
dann ist sie.“ Den Menschen bleibt hiernach lediglich, die Dinge bei
dem Namen zu nennen (tasmīya), den ihnen Gott gegeben hat,
denn die Beziehung zwischen der Bezeichnung und der Realität, die
sie bedeutet, ist von Gott festgesetzt. Dieser Grundsatz gilt in dieser
Sichtweise auch für den Text des Korans: Was im Koran steht, ist
die Realität selbst, daher können auch die Attribute Gottes dessen
Realität darstellen, auch wenn dieser transzendent ist, also über der
Schöpfung steht. Der Koran wird von der sunnitischen Orthodoxie
nicht als Teil der Schöpfung, sondern als ungeschaffen angesehen.
ʾAḥmad b. Fāris (gest. 395/1004) stellte die Vorstellung vom
tauqīf, der göttlichen Festsetzung der Sprache besonders deutlich
heraus. Für ihn sind alle Erscheinungen der arabischen Sprache
Ergebnis des tauqīf, wodurch die Möglichkeit jeder Entwicklung
ausgeschlossen wird. 11 Er sieht das Entstehen der Sprache (oder
genauer gesagt: das Mitteilen der Sprache an die Menschen) als Teil
des Offenbarungsgeschehens, innerhalb dessen Gott den Menschen
die Sprache in dem Maße bekanntmacht, wie es der Fortschritt der
Offenbarung erfordert. Da der Koran als die endgültige, letzte Of-
fenbarung betrachtet wird, muß auch seine Sprache, das Arabische,
die letzte und höchste Sprachstufe sein, die den Menschen zuteil
werden kann. 12
11 Ibn Fāris, aṣ-Ṣāḥibī, 13–15: bāb al-qaul ʿala luġat al-ʿarab – ʾa-tauqīf ʾam
iṣṭilāḥ? Siehe auch Fleisch, Art. Ibn Fāris, 764.
12 Auf muʿtazilitischer Seite ist auf das K. al-Ḫaṣāʾiṣ von Ibn Ǧinnī (gest.
392/1002) hinzuweisen, das ausführlich auf die Frage nach dem Ursprung
der Sprache eingeht. Eine Entscheidung, ob die Sprache auf Eingebung
oder Konvention zurückgehe, ist nach Ibn Ǧinnīs Meinung nicht zu tref-
fen. Einen Ausschnitt aus diesem Text erläutert Versteegh, The Arabic Lin-
guistic Tradition, 101–114.
3.2 Entwicklung der Grammatik 93
wurde und der darum bereits selbst mit dem Verfassen einer
Grammatik begonnen haben soll. So lautet denn auch einer der
ersten Sätze in al-ʾAnbārīs Biographie der Sprachgelehrten:
„Wisse […], daß der erste, der die grammatische Wissenschaft
begründete und die Grundlage für ihre Regeln gelegt und ihre
Definitionen festgesetzt hat, der Kalif ʿAlī b. Abī Ṭālib war. Von
diesem hat es ʾAbū l-ʾAswad […] ad-Duʾalī.“ 16
Indem die Anfänge der Grammatik einem direkten Nachfolger des
Propheten zugeschrieben werden, ist diese Wissenschaft gleichzei-
tig religiös und politisch autorisiert. Wenn auch von ʾAbū l-ʾAswad
ad-Duʾalī eine Tätigkeit als Grammatiker nicht durch unmittelbare
Quellen belegt ist, war er doch eine bekannte historische Persön-
lichkeit. Er wurde in vorislamischer Zeit geboren, trat zur Zeit des
Propheten zum Islam über und lebte als Verwaltungsbeamter, Rich-
ter und Gelehrter in Baṣra. 17 Ob er tatsächlich der Begründer der
Grammatiktradition war, ist nicht feststellbar; wahrscheinlich han-
delt es sich um eine Legende. Die muslimische Tradition schreibt
ihm die Erfindung einiger wichtiger Neuerungen in der arabischen
Schrift zu, nämlich ein erstes Vokalisierungssystem (in welchem die
Vokale durch Punkte dargestellt wurden), das hamza und das šad-
da. Es ist denkbar, daß es weitere Gründungsfiguren gab, deren
Tradition zu seinen Gunsten an den Rand gedrängt wurde, um die
politische und religiöse Legitimation durch den Kalifen ʿAlī b. ʾAbī
Ṭālib hervorzuheben und die Baṣraer Tradition zu stärken. 18
Mangels primärer Quellen ist es schwer festzustellen, wann in
der Zeit vor Sībawaih über die bloße Sammlung von sprachlichem
Material hinaus zum ersten Mal die Grammatik systematisiert wur-
de. Der erste Grammatiker, über den eine sichere Aussage möglich
ist, ist Sībawaihs Lehrer al-Ḫalīl b. ʾAḥmad al-Farāhīdī (gest. 170/
786). 19 Ein grammatisches Werk ist von ihm nicht überliefert, doch
geht auf ihn zumindest teilweise das erste arabische Wörterbuch
Kitāb al-ʿAin zurück. Ihm wird auch das bis heute gebräuchliche
Vokalisierungssystem zugeschrieben. Sībawaih zitiert ihn in seinem
Buch 608 mal sowohl mit von ihm gesammelten Beispielsätzen als
____________________
16 Al-ʾAnbārī, Nuzha, 3.
17 Siehe Bernards, Art. Abū l-Aswad ad-Duʾalī, und Talmon, Who Was the
First Grammarian?
18 So mit Versteegh, Arabic Grammar and Qurʾānic Exegesis, 160.
19 Zu al-Ḫalīls Lebensdaten gibt es verschiedene Angaben, siehe Sellheim,
Art. al-Khalīl b. ʾAḥmad.
3.2 Entwicklung der Grammatik 95
20 Siehe hierzu Reuschel, Al-Ḫalīl ibn Aḥmad, und Baalbaki, Legacy, 16–17.
21 Ibn Qutaiba, Maʿārif, 544.
96 Hintergründe der Grammatiktradition
____________________
32 Ausgaben: Broch (1859), ʿAbd al-Maqṣūd et al. (2001). Das Werk wurde sehr
populär und war Vorlage für Casparis Grammatica Arabica (1844).
33 Den voll vokalisierten Text mit Übersetzung ins Französische bietet Koul-
oughli, Risālat Kitāb Sībawaihi, und ders., Préambule.
34 Eine überarbeitete Fassung ist Carter, Sībawayhi’s Principles (2016).
35 Diese Liste und die folgenden Erläuterungen nach Carter, Sībawaih, 39–49.
Siehe auch Baalbaki, Legacy, 35–47 „Samāʿ (Attested Data)“.
102 Hintergründe der Grammatiktradition
____________________
Dichtung und des Korans nicht nur im Stil, sondern auch in der
Grammatik eine von der Umgangssprache verschiedene Hochspra-
che war, wird zum Charakter der Sprachbelege bei Sībawaih, die
dann konsequenterweise auch die Hochsprache, nicht die Alltags-
sprache wiederspiegeln müßten, kaum eindeutig Stellung bezogen.
Diese Kritik äußerte schon 1963 Joshua Blau:
„It is somewhat surprising that although modern research al-
most unanimously agrees about the differences between Classi-
cal Arabic and the individual Bedouin dialects before Islam,
scholars continue to accept stories that presuppose a common
spoken Bedouin language identical with Classical Arabic in the
first Islamic centuries (…) Even the most important recent pub-
lication on the development of Classical Arabic, J. Fück’s Arabīya
(1950), wholeheartedly accepts the thesis of a common Bedouin
language, for all practical purposes identical with Classical Ara-
bic.” 42
Auch Michael G. Carter setzt sich in seinem Buch Sībawaih mit
dieser wichtigen Frage nicht auseinander, sondern scheint sich der
Position der arabischen Grammatiker anzuschließen:
„Sībawayhi’s principle source was the natural language spoken
by the desert-dwelling nomads, conventionally known in the
west by the collective title ‘Bedouin’, usually simply called ‘Ar-
abs’ in grammatical works (an ethnic rather than linguistic des-
ignation).” 43
Die Formulierung „natural language“ ist der genaue Gegenbegriff zu
der oben beschriebenen Hoch- oder Kunstsprache. Er impliziert,
daß Sībawaih die beduinische Alltagssprache zum Maßstab nahm.
Allerdings nennt Carter im folgenden eine Reihe von Einschrän-
kungen, aus denen ersichtlich wird, daß Sībawaihs eigentlicher
Gegenstand eben doch nicht die Rede der Beduinen war, sondern
eine idealisierte fuṣḥā. Dies wird z. B. daran deutlich, daß er Belege
von Gewährsleuten als ‚sehr schlecht‘ (radīʿ ǧiddan) zurückweisen
konnte und die verschiedenen Dialekte nach ihrer relativen Rich-
tigkeit beurteilte. Sein Maßstab hierfür war das aus dem vielfältigen
Sprachmaterial abgeleitete und abstrahierte System der fuṣḥā.
____________________
Abb. 10: Handschrift des Kitāb aus dem Jahr 1212. In der Mitte die
Überschrift des 3. Kapitels: hāḏā bāb al-musnad wa-l-musnad ʾilaihi
Ms. Arabe 5280, Bibliothèque nationale, Paris, fol. 2v
3.2 Entwicklung der Grammatik 107
schlossen werden mußte, ergab sich erst bei der späteren Systema-
tisierung der Methode in Anlehnung an den fiqh. Carter kommt
daher zu folgendem Schluß:
„Sībawayhi’s role in all this is entirely posthumous: he collected
data with the simple aim of being as complete as possible, well
aware that the value of his inductive conclusions depended on
this. But he rejected no authentic data either, no matter how
anomalous, so the Kitāb often appears to be an anthology of in-
consistencies, with Sībawayhi making his own decisions about
which options to favour.” 62
Ungeachtet der Zweifel hinsichtlich der Entstehungsgeschichte
beider Schulen ist eine Beschäftigung mit ihren Unterschieden, wie
sie spätere Grammatiker überliefert haben, wichtig für das Ver-
ständnis der arabischen Grammatiktradition. An der Gegenüber-
stellung der unter den Etiketten „baṣrisch“ und „kūfisch“ überliefer-
ten Lehrmeinungen werden die Charakteristika der baṣrischen
Richtung, die sich schließlich durchgesetzt hat, besonders deutlich.
Differenzen gab es sowohl in der Terminologie als auch in zahlrei-
chen systematischen Fragen. 63 Der wichtigste Punkt war, wie bereits
genannt, die unterschiedliche Einstellung zum Korpus der Sprach-
belege. Während man in Baṣra allein Sībawaihs Kitāb und die darin
enthaltenen Zitate als Grundlage weiterer Forschungen nahm, ließ
man in Kūfa zu, daß kontinuierlich weiter Belege gesammelt und in
die Argumentation einbezogen wurden. Hieraus resultiert ein Un-
terschied in der Regelfindung: In baṣrischer Tradition stand das
Regelsystem völlig fest, da ja das für die Analyse zur Verfügung ste-
hende Sprachkorpus abgeschlossen war. Die Arbeit bestand nun
ausschließlich in der Verfeinerung des Systems. In kūfischer Tradi-
tion behielt man hingegen den Kontakt zur tatsächlich gebrauchten
(Hoch-)Sprache bei und zog immer wieder neue „gehörte“ Belege
heran (samāʿ). Dies machte die Arbeit viel offener, da ja immer
wieder neu auftretende Phänomene in das System eingegliedert
und die Grundregeln erforderlichenfalls angepaßt werden mußten.
Dazu, daß sich die Baṣraer Methode durchsetzte, können sowohl
der Einfluß der Logik, der sich in der Bagdader Zeit geltend machte,
als auch die Entwicklungen in fiqh und Theologie beigetragen ha-
____________________
62 Carter, Sībawayhi, 135. Siehe auch Baalbaki, Legacy, 250–263 „The Degen-
eration of Sībawayhi’s Approach“.
63 Siehe die Übersicht bei Carter, Development, 266–268.
3.3 Grundsätze der arabischen Grammatiker 115
____________________
66 Zur Terminologie siehe Rybalkin, Art. ʿamal und Baalbaki, Legacy, 83–98.
Beide wählen die Übersetzung ‚government‘, was deutsch ‚Rektion‘ ent-
spricht; Carter, Sībawaih, übersetzt mit ‚operation‘.
67 Siehe Levin, Sībawayhi, 256.
3.3 Grundsätze der arabischen Grammatiker 117
Verbs, wenn es transitiv ist, auf ein Objekt (mafʿūl bihi), im Falle
unseres Beispielsatzes auf aḍ·ḍaif-a. Auch dieses ist vom Verb ab-
hängig. Zeichen dieser Beziehung ist das -a (fatḥa) am Ende des
Objekts. Das Verb ist also verantwortlich dafür, welche Kasus-/
Modusendungen an fāʿil und mafʿūl bihi stehen, es wird als deren
‚Bewirker‘ (ʿāmil) betrachtet. Zwar ist den arabischen Grammati-
kern bewußt, daß die Endungen auf semantische Zusammenhänge
innerhalb des Satzes zurückgehen und daß jede der drei Nominal-
endungen (Nominativ, Genitiv, Akkusativ) für eine bestimmte Be-
deutung steht, 68 doch tritt dieses Bewußtsein in der ʿāmil-Theorie in
den Hintergrund. Die Bestimmung der Endungen erfolgt praktisch
nur durch mechanisches Zuordnen von ʿāmil und maʿmūl fīhi, nicht
durch die Vergegenwärtigung der semantischen Zusammenhänge.
Noch mehr als für die Nomen gilt das für die Imperfektformen,
denn während beim Nomen die einzelnen Endungen noch mit dem
inhaltlichen Zusammenhang erklärt werden, werden die Endungen
beim Verb einzig als Resultat des ʿamal angesehen. 69
Ein unumstößlicher Grundsatz ist, daß ein Verb immer ʿāmil ist,
da von ihm ja immer zumindest das fāʿil (und oft auch ein mafʿūl
bihi) abhängt. Ein Nomen ist dagegen stets maʿmūl fīhi ist und nie-
mals ʿāmil. Damit korrespondiert die Tatsache, daß Verben als ur-
sprünglich unveränderlich, Nomen als ursprünglich veränderlich
gelten. Oft stehen jedoch Nomen, die also maʿmūl fīhi sein müssen,
allein, ohne daß ein sichtbares ʿāmil (ʿāmil lafẓī) vorhanden ist, das
auf sie einwirken und deren Endung bestimmen könnte. In einem
solchen Fall wird von einem „ideellen“ ʿāmil ausgegangen (ʿāmil
maʿnawī). Dies ist im Nominalsatz der Fall, z. B:
(2) ٌ اﻟﻔﻴﻞ َﻛ
��ﺒ ُ
al·fīl-u kabīr-u·n
DEF·Elefant-N/I groß-N/I·IDEF
‚Der Elefant ist groß.‘
Das ʿāmil ist hier das „Prinzip des Nominalsatzes“, auf arabisch
ʾibtidāʾ, also die Tatsache, daß die beiden betreffenden Nomen im
Verhältnis von mubtadaʾ und ḫabar stehen. Der ibtidāʾ ist ein ʿāmil
maʿnawī. Beim Verbalsatz ist eine solche Annahme nicht erforder-
____________________
lich, da ja ein Verb ursprünglich nicht maʿmūl fīhi ist und kein ʿāmil
benötigt:
ً َ ََ َ ََ ُ ُﱠ
(3) ﺎﺣﺔ أ�ﻞ اﻟﻮﻟﺪ ﺗﻔ
ʾakala l·walad-u tuffāḥat-a·n
essen.PF DEF·Junge-N/I Apfel-A/S·IDEF
‚Der Junge aß einen Apfel.‘
Das Verb ʾakala ist unveränderlich und braucht kein ʿāmil. Man
sagt, es nimmt keinen Platz im System der Endungen ein: lā
maḥalla lahu min-i l-ʾiʿrāb. Anders sieht es im Imperfekt aus. Da die
Imperfektformen veränderlich sind, muß ein ʿāmil vorhanden sein,
das ihre Endungen auslöst:
(4) ﻘﻮم َزْ� ٌﺪ
ُ َﻳ
ya·qūm-u Zaid-u·n
3 ·stehen. IPF-N/I Zaid-N/I·IDEF
‚Zaid steht/ Zaid steht auf.‘
In diesem Falle gibt es zwei mögliche Erklärungen, warum die Im-
perfektform auf -u auslautet, also im Indikativ steht. Als erste Mög-
lichkeit wird angeführt, daß anstelle des Verbs im Imperfekt auch
ein Partizip stehen könnte:
(5) ﻗﺎﺋﻢ ز ٌ�ﺪ
ٌ
qāʾim-u·n Zaid-u·n
stehen.PT.AKT-N/I·IDEF Zaid-N/I·IDEF
‚Zaid steht/ Zaid steht auf.‘
70 Die Begriffe mauḍiʿ, mauqiʿ und manzila erklärt Carter, Sībawayhi, 76–82.
Siehe auch Baalbaki, Legacy, 112–132 „Group Membership“.
71 Al-Mubarrad, Muqtaḍab, I/218. Zu den beiden Arten des Hamza siehe die
Einleitung des vorliegenden Buches (S. 5).
3.3 Grundsätze der arabischen Grammatiker 121
nach sich. Da aber ʾinna eben doch kein Verb ist, sondern nur in
bestimmter Hinsicht wie ein solches behandelt wird, gilt nicht alles,
was für ein Verb gilt, auch für ʾinna:
„Denn ʾinna ist kein Verbum, sondern wird nur ähnlich den Ver-
bis konstruiert. Dies erhellt daraus, dass kein Verbalsubjekt dar-
in liegen kann und dass das Subjekt nach ʾinna nicht dem Prädi-
kat nachgestellt werden darf. Es wird nur ähnlich den Verbis
konstruiert, so wie auch die Zahlwörter von 10 bis 90 wie die
Participien den Acc. regieren, ohne Verba zu sein und ein Sub-
jekt zu enthalten.“ 72
Die Grundlage des Rangsystems sind die Wortklassen, deren es drei
gibt: ism (Nomen), fiʿl (Verb) und ḥarf (Partikel). 73 Da die Rangbe-
stimmung jeder sprachlichen Erscheinung die Voraussetzung für
ein jedes grammatische Urteil ist, wird großer Wert darauf gelegt,
jedes Wort zweifelsfrei einordnen zu können. Hierfür ist die Defini-
tion der Partikeln charakteristisch, die lautet: ḥarfun ǧāʾa bi-maʿnan
laisa bi-smin lā fiʿlin ‚ein Buchstabe, der eine Bedeutung trägt, aber
weder Nomen noch Verb ist‘. 74 Durch dieses Ausschlußverfahren ist
gewährleistet, daß jedes Wort in eine eindeutige Klasse fällt, von der
aus die weitere Beurteilung vorgenommen werden kann.
Eine weitere Art der Hierarchisierung, die vor allem die Begrün-
dung der Regeln betrifft, ist die Einordnung aller Wörter, Formen
und Konstruktionen nach ihrer jeweiligen „Schwere“ (ṯiqal). Abge-
leitete (farʿī) Formen gelten dabei als schwerer im Vergleich zu
ursprünglichen (ʾaṣlī). So ist der Plural schwerer als der Singular,
Wörter mit Artikel schwerer als solche ohne, das Verb schwerer als
das Nomen und der Verbalsatz schwerer als der Nominalsatz. Hier-
aus können die unterschiedlichen „Verhaltensweisen“ der einzelnen
Phänomene erklärt werden, z. B. warum indeterminierte Nomen
eine Nunation haben und determinierte nicht oder warum Nomen
eine Kasusendung bekommen und Verben nicht (siehe Kap. 4.1.2).
und das Urteil (ḥukm) ist also, daß es im rafʿ (Nominativ) steht
(…) So werden alle Analogieschlüsse in der Grammatik aufge-
baut.“ 75
76 Lumaʿ al-ʾadilla, 44. Siehe Troupeau, Art. qiyās. Die vier „Wurzeln“ des fiqh
sind Koran, Sunna, Konsens (ʾiǧmāʿ) und qiyās.
77 Siehe Baalbaki, Legacy, 98–112 „Aṣl (Origin)“ und Carter, Art. ʾuṣūl.
3.3 Grundsätze der arabischen Grammatiker 125
Verben als von ihnen abgeleitet. Ebenso gilt der Singular als ʾaṣl des
Plurals, die maskulinen Formen als ʾaṣl der femininen Formen
usw. 78 Die Zurückführung der Phänomene auf ihre „Ursprungsfor-
men“ war ein zentrales Anliegen der arabischen Gelehrten, denn sie
bildeten das Grundgerüst der grammatischen Argumentation.
Aufbauend auf dem Begriff ʾaṣl wurden in späteren Abhandlun-
gen unter dem Titel ʾuṣūl an-naḥw die Grundregeln der Grammatik
zusammengefaßt. So etwa im Buch Lumaʿ al-ʾadilla fī ʾuṣūl an-naḥw
‚Leuchtende Indizien der grammatischen Grundformen‘ von al-
ʾAnbārī, das folgendermaßen beginnt:
ُ ََ ﱠ �� أد ﱠﻟ ُﺔ ﱠ
اﻟﻨ ْﺤ ِﻮ اﻟ�ي ﺗﻔ ﱠﺮ َﻋ ْﺖ َﻋ ْ� َ�ﺎ ﻓﺮو ُﻋ ُﮫ ا ْﻋ َﻠ ْﻢ ﱠأن ُأﺻﻮ َل ﱠ
اﻟﻨ ْﺤ ِﻮ
ِ َ ِ
ََ ﱠ
اﻟﻔ ْﻘ ِﮫ اﻟ�ي ﺗﻔ ﱠﺮ َﻋ ْﺖ َﻋ ْ� َ�ﺎ
ُﱠ ْ ُأﺻﻮل ﱠ َ
ﻛ َﻤﺎ أن َﻣﻌ�ى، وﻓﺼﻮﻟﮫ ُ ُ ُ َ
ِ اﻟﻔﻘ ِﮫ ِأدﻟﺔ
ِ ِ
ُ َ َ
. ُﺟ ْﻤﻠ ُﺘ ُﮫ َوﺗ ْﻔﺼﻴﻠ ُﮫ
„Wisse, daß die grammatischen Grundregeln (ʾuṣūl an-naḥw) die
Grundfälle (ʾadilla) der Grammatik sind, von denen sich ihre
Zweige (furūʿ) und Abschnitte (fuṣūl) ableiten – so wie die ʾuṣūl
al-fiqh die Grundfälle (ʾadilla) des fiqh bedeuten, von denen des-
sen Gesamtheit und alle Einzelheiten abgeleitet werden.“ 79
ʾAdilla (sg. dalīl) ‚Hinweis, Indiz, Beweis‘ sind diejenigen konkreten
grammatischen Formen, auf denen die Festlegung der Grundfor-
men (ʾuṣūl) beruht, also gewissermaßen die Beweisformen für die
ʾuṣūl. Im fiqh sind die ʾadilla zweifelsfrei gültige Präzedenzentschei-
dungen, die aus dem Koran abgeleitet oder vom Propheten oder
einer anderen herausragenden Autorität entschieden wurden. Die
Gattung ʾUṣūl al-naḥw bezeichnet nicht etwa eine an Anfänger ge-
richtete praktische Einführung in die Grundlagen der Sprache, son-
dern Zusammenfassungen und Erläuterungen der durch Abstrakti-
on erschlossenen Grundregeln (ʾuṣūl), auf denen das gesamte Sy-
stem aufgebaut ist.
handelt es sich um die Ratio legis, den „Sinn“ hinter einem Gesetz
bzw. einer grammatischen Regel. Die Vorstellung, daß Regeln spezi-
fische Gründe haben müssen, ist schon bei Sībawaih vorhanden.
Aus diesem Ansatz entwickelten die nachfolgenden Grammatiker
einen eigenen Zweig der Grammatik: taʿalīl ‚das Begründen‘. Wäh-
rend Sībawaih bei seinen Begründungen wahrscheinlich noch den
beim Sprechen tatsächlich ablaufenden Denkprozeß im Auge hatte,
abstrahierten die späteren Grammatiker den taʿlīl immer mehr und
gebrauchten ihn, um die Kohärenz der Grammatik auf theoreti-
scher Ebene zu beweisen. Es wurden Werke verfaßt, die sich aus-
schließlich diesem Ziel widmeten, wie etwa das K. al-ʾĪḍāḥ fī ʿilal an-
naḥw ‚Erklärung der Begründungen in der Grammatik‘ von az-
Zaǧǧāǧī (gest. 337/949). Von ihm stammt die Unterteilung der Be-
gründungen in drei Kategorien: didaktische, systematische und
dialektisch-spekulative Begründung. Sie unterscheiden sich vor
allem durch den Grad ihrer Abstraktion: Während die didaktische
Begründung einen unmittelbaren Bezug zum praktischen Sprach-
gebrauch hat, führen die anderen zu den von den Grammatikern
angenommenen tieferliegenden Ebenen der Sprachstruktur. Sulei-
man hat vermutet, daß es u. a. didaktische Erwägungen waren, die
diese Gliederung des Stoffes, vom Einfachen zum Komplexen, be-
dingt haben. 81 Az-Zaǧǧāǧī nennt folgende Kategorien:
a) ʿilla taʿlīmīya – didaktische Begründung. Damit sind die prakti-
schen grammatischen Regeln gemeint, die für den korrekten
Sprachgebrauch nötig sind. Jedes Lernen von Sprache baut auf sol-
chen Regeln auf, seien sie explizit formuliert oder unbewußt er-
schlossen. Als Beispiel für das Erschließen der Regeln nennt az-
Zaǧǧāǧī den Fall, daß man durch Analogie die Bildung des Partizip
aktiv herleiten kann. Höre man folgende beiden Sätze:
____________________
limischen Religion. Wenn die Bedeutung des Wortes ʾislām mit der
„Unterwerfung unter den Willen Gottes“ erklärt werden kann, so
regelt der fiqh in jeder Hinsicht, wie diese Unterwerfung zu gestal-
ten ist. Er umfaßt daher nicht nur Problemstellungen, die in unse-
rem Verständnis der Juristerei zuzurechnen sind, sondern schlecht-
hin jegliches Handeln des Menschen gegenüber seinem Nächsten
und gegenüber Gott. Dies schließt sowohl juristische und ethische
Bestimmungen als auch alle Aspekte des Kultus ein. Mit anderen
Worten: Der fiqh behandelt alle Fragen, die entscheidend sind,
wenn es darum geht, ein „guter Muslim“ zu sein, und ist damit die
Grundlage der muslimischen Religionsgelehrsamkeit. Seine Wur-
zeln reichen bis in die Zeit der ersten Kalifen zurück. Die spekulati-
ve Theologie (kalām), die sich mit den Glaubensüberzeugungen
auseinandersetzt, sozusagen die muslimische Dogmatik, hat sich
erst später entwickelt und hat in der Orthodoxie nie eine dem fiqh
vergleichbare Rolle gespielt.
Der fiqh wurde etwa zur selben Zeit systematisiert wie die
Grammatik, und die Begründer der vier klassischen Rechtsschulen
(maḏāhib, sg. maḏhab) waren allesamt Zeitgenossen von Sībawaih.
Die Aktivität auf diesem Gebiet hat bedeutend zur Entwicklung der
grammatischen Wissenschaft beigetragen. Die enge Beziehung in
der Methodik beider Bereiche, die bereits oben angesprochen wur-
de, ist schon bei Sībawaih angelegt und wurde von späteren Gram-
matikern gefestigt. 83
Auf mehreren Ebenen sind sich Grammatik und fiqh sehr ähn-
lich: Zunächst geht es auf beiden Gebieten darum, das Verhältnis
zwischen dem normgebenden Textkorpus und den immer wieder
notwendigen Aktualisierungen zu bestimmen. Die Quellen für die
Norm des menschlichen Handels sind im Islam der Koran und die
Prophetenüberlieferung (ḥādīṯ). Beide Korpora waren schon früh
abgeschlossen, und es konnte per definitionem nichts mehr hinzu-
kommen, da mit Muḥammad die Offenbarung als beendet betrach-
tet wurde. Da sich aber im Laufe der Zeit immer neue Fragen des
„rechten Handelns“ ergaben, mußte ein System entwickelt werden,
mit Hilfe dessen man aus der vorhandenen Offenbarung für alle in
Zukunft auftretenden Fragen Lösungen ableiten konnte. Dieses
wurde im fiqh gefunden. Ganz ähnlich liegt die Sache bei der
____________________
83 Zum Überblick siehe Carter, Art. Grammar and law. Eine ausführliche
Darstellung bietet Carter, Sībawayhi’s Principles. Zur Einführung in den
Fiqh siehe Vikør, Between God and the Sultan.
3.4 Äußere Einflüsse auf die Grammatikschreibung 131
genannt (z. B. ǧamʿ sālim ‚gesunder Plural‘), eine Gruppe von Wör-
tern, die der gleichen Regel folgen, wird als „Schwestern“ (ʾaḫawāt)
bezeichnet, wie etwa kāna wa-ʾaḫawātuha und ʾinna wa-ʾaḫawātu-
ha. So erscheint die Sprache als eine Gesellschaft mit Mitgliedern
unterschiedlicher Status, denen je nach ihrem Rang spezifische
Rechte und Pflichten zukommen. Alle haben sich ihrem Rang ent-
sprechend zu verhalten und werden danach beurteilt, wie gut die-
ses Verhalten dem Erwarteten entspricht: ḥasan ‚schön‘, qabīḥ ‚häß-
lich‘ usw. Um die Richtigkeit von sprachlichen Äußerungen zu be-
schreiben, gebraucht Sībawaih denselben Satz von Begriffen wie die
Rechtsgelehrten bei der Beurteilung menschlicher Handlungen. Im
Kap. 7 des Kitāb faßt er zusammen:
„Kapitel über die richtige (mustaqīm) und die verkehrte (muḥāl)
Rede. Es gibt (1.) mustaqīm ḥasan ‚richtig und schön‘, (2.) muḥāl
‚verkehrt‘, (3.) mustaqīm kaḏb ‚richtig, aber gelogen‘, (4.) mu-
staqīm qabīḥ ‚richtig, aber häßlich‘ und (5.) muḥāḷ kaḏb ‚verkehrt
und gelogen‘.
(1.) Richtig und schön ist es, wenn man sagt: ‚Ich kam gestern zu
dir‘ und ‚Ich werde morgen kommen‘. (2.) Verkehrt ist es, wenn
der Anfang der Rede dem Ende widerspricht, wie ‚Ich kam mor-
gen zu dir‘ und ‚Ich werde gestern kommen‘. (3.) Richtig, aber ge-
logen ist: ‚Ich habe den Berg getragen‘ und ‚Ich habe das Meer
ausgetrunken‘ und dergleichen. (4.) Richtig, aber häßlich ist es,
wenn man die Wörter an die falsche Stelle setzt, wie: ‚Gesehen
den Zaid ich habe‘ und ‚Damit kommen wird Zaid zu dir‘ und
ähnliches. (5.) Verkehrt und gelogen ist: ‚Gestern werde ich das
Meer austrinken‘ “ 85
Bereits der Terminus für die Bezeichnung des Richtigen, mustaqīm,
hat eine ethisch-religiöse Implikation, man denke nur an den Satz
aus der Fātiḥa ‚Und führe uns den rechten Weg‘ (wa-hdīnā ṣ-ṣirāṭa l-
mustaqīma, Q 1,6). An der Wahl dieses Begriffes wird deutlich, daß
korrekter Sprachgebrauch nicht nur ein Zeichen der Bildung, son-
dern eine allgemeine ethische Forderung ist. Die Ethik wiederum ist
verwurzelt im Glauben, so daß letztlich korrekte Sprache auch als
Ausdruck des Glaubens angesehen werden kann. Besonders für
Männer in politischen und religiösen Führungspositionen, von
denen stets moralische und religiöse Vorbildlichkeit verlangt wur-
____________________
85 Siehe hierzu Ayoub, Mustaqīm, muḥāl, ḥasan, qabīḥ, und auch Carter,
Sībawayhi, 61–65 „The ethical criteria“.
3.4 Äußere Einflüsse auf die Grammatikschreibung 133
sich damit noch nicht erklären. Auch ist der Anteil der Termini, die
aus der Exegese abgeleitet werden können, recht klein, wie Carter
angemerkt hat. 91 Unbestreitbar ist aber, daß Exegese und Gramma-
tik miteinander verknüpft waren und zumindest in der frühen Pha-
se von denselben Personen betrieben wurden. Daß diese in beiden
Bereichen ähnliche Begriffe gebrauchten, erscheint nicht abwegig.
Versteegh weist noch darauf hin, daß in Kūfa die Verbindung
zwischen Grammatikern und Exegeten stärker gewesen sein muß
als in Baṣra. Während in Baṣra die Koranüberlieferer (qurrāʾ, sg.
qāriʾ) und -kommentatoren von den Grammatikern als in sprachli-
chen Fragen nicht urteilsfähig erachtet wurden, weil ihre Vorge-
hensweise nicht der Systematik der Grammatiker entsprach, gingen
in Kūfa Exegese und Grammatik Hand in Hand. Dies wird u. a. an al-
Farrāʾ (ca. 144–207/761–822) deutlich, der sowohl grammatische
Werke als auch einen großen Korankommentar (Maʿānī al-Qurʾān)
verfaßte. 92
Der erste, der den Einfluß der griechischen Tradition auf die arabi-
sche Grammatik untersucht hat, war Adalbert Merx mit seiner 1889
erschienenen Abhandlung Historia artis grammaticae apud Syros.
Rundgren (1976) und Versteegh (1977) griffen seine These auf und
modifizierten sie. 96 Versteegh nennt an weiteren Parallelen die
Übereinstimmung folgender Termini:
ʾiʿrāb vgl. griech. ἑλληνισμός ‚korrekter (griech.) Ausdruck‘
ṣarf vgl. griech. κλῖσις ‚Beugung, Abwandlung, Flexion‘
rafʿ vgl. griech. ὀρθὴ (πτῶσις) ‚aufrechter, normaler Fall;
Nominativ‘ 97
Alle diese Punkte beziehen sich auf Übereinstimmungen der arabi-
schen mit der griechischen oder syrischen Grammatiktradition.
Darüber hinaus ist auch ein gewisser Einfluß der griechischen Phi-
losophie schon in diesem frühen Stadium denkbar, denn diese bil-
dete ja den Hintergrund sämtlicher Gelehrsamkeit in vorislami-
scher Zeit und dürfte den arabischen Grammatikern in Teilen be-
kannt gewesen sein. Ein Hinweis darauf ist der von Anfang an sehr
verbreitete Gebrauch des Analogieschlusses (qiyās) in Grammatik
und fiqh, eine Argumentationstechnik, die eindeutig auf die aristo-
telische Logik zurückgeht. Auch hier ist wohl davon auszugehen,
daß die arabischen Gelehrten solches Wissen durch mündliche
Überlieferung erhalten haben. Zwar ist unter dem Namen von Ibn
al-Muqaffaʿ (gest. nach 139/756) schon sehr früh die Übersetzung
einer Paraphrase von Aristoteles‘ Organon überliefert, die Sībawaih
rein theoretisch gekannt haben könnte, doch ist die Zuschreibung
unsicher. 98
Unbestritten ist dagegen, daß sich die Grammatiker in einer spä-
teren Phase, als die griechischen Texte in Übersetzungen zugäng-
lich wurden, ausführlich mit der Logik auseinandersetzten. Ein
großer Anhänger der Logik war z. B. der oben genannte Ibn as-
Sarrāǧ, zu dessen Schülern auch der Philosoph al-Farābī (gest.
339/950) gehörte. 99 Ein erklärter Gegner der Logik war ʾAbū Saʿīd as-
____________________
gic and Grammar“, wo Sīrāfīs Vorbehalte gegen die Logik dargestellt wer-
den. Zum Verhältnis von Logik und Grammatik generell siehe Versteegh,
Grammar and Logic; Guillaume, La nouvelle approche de la grammaire au
IVe–Xe siècle: Ibn Ǧinnī; Carter, Art. Grammatical Tradition, 185–187 “The
Evolution of a General Theory”; Endreß, Grammatik und Logik (ausführli-
che Abhandlung einschließlich der Übersetzung von zwei Texten über den
Unterschied von Grammatik und Logik).
100 Der Text wurde überliefert von ʾAbū Ḥayyān at-Tauḥīdī (gest. 1023?) im K.
al-ʾImtāʿ wa-l-muʾānasa. Quellenangabe und Übersetzung bei Endreß,
Grammatik und Logik, 248–249.
3.4 Äußere Einflüsse auf die Grammatikschreibung 139
____________________
Abb. 13: Aus der ʾĀǧurrūmīya des Ibn ʾĀǧurrūm (1273–1323) (umseitig)
Über mubtadaʾ und ḫabar (vgl. Kap. 2.1.2); Handschrift ca. 18. Jh.
Ms. Vollers 0897-02, Universitätsbibliothek Leipzig, S.[7]
142 Hintergründe der Grammatiktradition
3.4 Äußere Einflüsse auf die Grammatikschreibung 143
chen Leben eine Rolle übernehmen wollte, mußte die Schrift- und
Hochsprache erlernen, egal ob er arabischer Abstammung oder
anderer Herkunft war. Mit dieser Aufgabe waren alle Grammatiker
konfrontiert, und sie dürfte maßgeblich die Richtung bestimmt
haben, in die sich die Grammatikschreibung entwickelt hat. Gerade
in den hohen gesellschaftlichen Kreisen war guter Grammatikun-
terricht gefragt, und er konnte den Gelehrten Ruhm und Einfluß
bringen, so daß es durchaus Motivation für eine didaktische Aus-
richtung der Grammatik gab.
Einen Schritt in diese Richtung kann man schon bei al-
Mubarrad (gest. 285/898) beobachten, der in seinem al-Muqtaḍab
(„Kurzgefaßt“) den Stoff aus Sībawaihs Kitāb in veränderter Reihen-
folge paraphrasiert, erläutert und in Unterrichtsform präsentiert.
Die didaktische Zielsetzung wird sowohl an der Form der Darstel-
lung als auch an inhaltlichen Details sichtbar: Wo Sībawaih noch
die Korrektheit des Sprachgebrauchs mit Worten beschrieb, die an
das persönliche Urteil appellieren (mustaqīm ḥasan ‚richtig und
schön‘, mustaqīm qabīḥ ‚richtig, aber häßlich‘ usw.), macht es al-
Mubarrad dem ratsuchenden Lernenden einfacher, indem er ein-
teilt in yaǧūz ‚erlaubt‘ und lā yaǧūz ‚nicht erlaubt‘. In anderen Fällen
konkretisiert er die Terminologie, z. B. indem er die Begriffe ǧumla
‚Satz‘ und fāʾida ‚sinnvolle Aussage, Information‘ einführt.
Der Stil des Muqtaḍab ist durchgehend an den eines Lehrge-
spräches angelehnt, und die gesamte Form des Werkes einschließ-
lich seiner gewissen Unübersichtlichkeit in der Anordnung läßt den
Schluß zu, daß es sich um eine Unterrichtsmitschrift handelt. Ne-
ben systematischen Erklärungen bringt al-Mubarrad auch Kapitel
mit Wiederholungen und kontrastiven Darstellungen, wie etwa
über ‚Beispiele zur Illustration der Modellstrukturen von Verben
und Nomen‘ (al-ʾamṯila allatī tumaṯṯal bihā ʾauzān al-ʾafʿāl wa-l-
ʾasmāʾ, Muqtaḍab III/338). Auch Prüfungsfragen mit Lösungen
kommen vor (wa-naqūl fi-masāʾil ṭiwāl yumtuḥin bihā al-mutaʿalli-
mūn, etwa: ‚Komplexere Beispiele, zu denen der Lernende geprüft
wird‘, Muqtaḍab I/160; IV/400). Folgendes scheint eine simulierte
Prüfungssituation zu sein, bei der es um das Einüben der Modell-
strukturen geht (Muqtaḍab I/207):
َ َ َ َ ) ا ْﺑﻦ ﻣ ْﻦ:ﻴﻞ َﻟ َﻚ
َ َﻓﺈذا ِﻗ.حﻴﺤﺔ َ َُ ََ
()ﺟ ْﻌﻔ ٌﺮ ﺿ َﺮ َب( ِﻣﺜﻞ ِ ِ ِ ِ �اﻟﻤﺎء ﱠ ِ وﻧ ْﺒﺪأ ﺑﺎﻷ ْﺳ
َ َ
ﻓ َﺤ ّ�ى ٰهﺬا ْأن ُﺗﻜ ّ ِﺮ َر.ﻼﺛﺔ َﺣ ْﺮ ًﻓﺎ ﱠ ُ ٰ َ ْ َ َ َ َﻓ َﻘ ْﺪ
ِ ِزد ﻋ�� ه ِﺬ ِﻩ ا�حﺮو ِف اﻟﺜ:ﻗﺎل ﻟﻚ
144 Hintergründe der Grammatiktradition
َ ُ َ َ ُ َ َ َ َ : َﻓ َﺘ ُﻘﻮ َل،اﻟﻼ َم
ﱠ
)ﺿ ْﺮَ� ٌﺐ( ﻓـﭑ ْﻋﻠ ْﻢ؛ ﻓ َﻴ�ﻮن َﻋ�� َو ْز ِن ) َﺟ ْﻌﻔ ٌﺮ( َوﺗ�ﻮن ﻗ ْﺪ
َ َ َ َ َو َﻛ ﱠﺮ ْر َت،واﻟﻌ َ�ن �� َﻣ ْﻮﺿﻌهﺎ َ ﺿ ْﻌ َﺖ
.اﻟﻼم َﺣ ّ�ى � ِح َﻖ ِﺑ َﻮ ْز ِن ﻓ ْﻌﻠ ٌﻞ ِ ِ
َ اﻟﻔﺎء َ َو
„Fangen wir mit den gesunden Nomen an. Wenn dir gesagt wird:
Bilde von ḌRB eine Form nach dem Muster Ǧaʿfarun, dann ist
gemeint: Füge zu diesen drei Buchstaben einen hinzu. Dafür
mußt du den dritten Radikal wiederholen, so daß du sagst
ḍarbabtun. Merk dir das. Dies ist dann nach dem Muster von
Ǧaʿfarun, wo du den ersten und zweiten Radikal an ihren nor-
malen Platz gesetzt und den dritten wiederholt hast, so daß es
dem Muster von Ǧaʿfarun folgt.“
Deutlich auf den praktischen Gebrauch ausgerichtet sind z. B. die
Kapitel über ‚Namen von Koransuren und Ländern‘ (tasmīyat as-
suwar wa-l-buldān, Muqtaḍab III/316) und über die Unterscheidung
von hamazat al-qaṭʿ und hamzat al-waṣl (bāb maʿrifat ʾalifāt al-qaṭʿ
wa-ʾalifāt al-waṣl, Muqtaḍab I/218). Letzteres Thema behandelt auch
Sībawaih im Kitāb (I/234), jedoch weniger zugespitzt formuliert. 104
Al-Mubarrad gibt in diesem Zusammenhang Hinweise und Beispie-
le, die Probleme des praktischen Sprachgebrauchs aufgreifen
(Muqtaḍab I/222-223):
ٌ اﻟﺬي ِﻓ ِﻴﮫ َﻛ ّ ْ َ َ ﻒ إذا ﱠاﺗ َ َ ََْ َ ْ ُ َ َ َﱠ
ﻼم ﺎﻻ ْﺳ ِﻢ
ِ ﺼﻠﺖ ِﺑ ِ وﻗﺪ ﺷ َﺮﺣﺖ ﻟﻚ أن
هﺬ ِﻩ اﻷ ِﻟ
َ َ َ َ ً َ ْ َ َ َ َ
أ ْﺳﺘ ْﺨ َﺮ ْﺟﺖ ِﻣ ْﻦ: ﺗﻘﻮ ُل. ِﻟ ُﺴ�ﻮ ِن ﻣﺎ َ� ْﻌ َﺪهﺎ،ﻗ ْﺒﻠ ُﮫ َﺳﻘﻄ ْﺖ إذ �ﺎﻧ ْﺖ زا ِﺋ َﺪة
َ َ َ َ َﱠ َ ّ ﻣﺎﻻ؟ إذا ُﻛ ْﻨ َﺖ ُﻣ ْﺴ َﺘ ْﻔه ًﻤﺎ؛
ً
هﺎم ﳌﺎ َدﺧﻠ ْﺖ َﺳﻘﻄ ْﺖ ْ ْ ﻒ
ِ اﻻﺳ ِﺘﻔِ ﻷن ِأﻟ ِ َزْ� ٍﺪ
ٌ ُ َ ْ َ ََ َ ُ َ ْ َ ْ َ ﱠ
.هﺎم َﻣ ْﻔﺘﻮﺣﺔ ْ ْ ﻒ
ِ اﻻﺳ ِﺘﻔ ِ ﻓ ِﻤﻦ ﺛﻢ ﻇهﺮت أ ِﻟ،أ ِﻟﻒ اﻟﻮﺻ ِﻞ
„Ich habe dir erklärt, daß dieses ʾalif, wenn es sekundär ist, aus-
fällt, falls es sich mit einem Nomen verbindet, vor dem schon
etwas steht. Du sagst: ‚Hast du Zaid um Geld gebeten (ʾa·staḫraǧ-
ta)?‘ Du hast also verstanden; denn die Fragepartikel ʾalif ver-
drängt das ʾalif al-waṣl, und daher erscheint die Fragepartikel
ʾalif mit a-Vokal.“ 105 192F
____________________
104 Zum Unterschied zwischen den beiden Arten des Hamza siehe S. 5.
105 Schlägt man das in der letzten Zeile als Konjunktion fungierende min
ṯamma ‚von dort, daher‘ in verschiedenen Wörterbüchern nach, erhält
man einen Eindruck davon, wie unzureichend der Wortschatz des klassi-
schen Hocharabisch erschlossen ist. Lane (Lexicon, I/351) vermerkt am
3.4 Äußere Einflüsse auf die Grammatikschreibung 145
Diese Beispiele aus dem Muqtaḍab zeigen, daß schon früh die
Grammatik für Lehrzwecke bearbeitet und dadurch in Stil und
Struktur beeinflußt wurde. Zudem ist daran zu erinnern, daß es al-
Mubarrad war, der die Inhalte von Sībawaihs Kitāb so zu vermitteln
verstand, daß sie zu allgemeiner Anerkennung gelangten. Dies ist
vielleicht gerade seiner praktischen Aufarbeitung des Stoffes zu
verdanken, wie sie im Muqtaḍab repräsentiert ist. Die zunehmende
didaktische Ausrichtung kann eine Erklärung dafür liefern, warum,
wie oben dargestellt, Sībawaihs weitgehend beschreibende Heran-
gehensweise bald abstrahiert und in ein ganz und gar normatives,
mechanisches System überführt wurde.
Einen Höhepunkt der Didaktisierung markieren zwei Werke, die
bis in das 20. Jh. hinein die wichtigsten Anfängerlehrwerke für den
einheimischen arabischen Grammatikunterricht waren: die ʾAlfīya
von Ibn Mālik (1204–1274) und die ʾĀǧurrūmīya (eigentlich: al-
Muqaddima ‚Vorwort‘) von Ibn ʾĀǧurrūm (1273–1323). Ersteres ist
ein rund 1000 Verse langes Gedicht über alle für die Praxis wichti-
gen Bereiche der arabischen Grammatik. Das zweite Werk ist eine
wenige Seiten umfassende Einführung in die Grundlagen des ʾiʿrāb,
also über die Bestimmung der Kasus-/Modusendungen. 106 Beide
Werke werden in religiösen Lehreinrichtungen bis heute gebraucht
und genießen dort kanonischen Charakter. Man studiert sie gründ-
lich, lernt sie auswendig und gibt sie in einem religiös anmutenden
Rezitationston wieder. Zahlreiche Aufnahmen, die im Internet auf
You Tube zu finden sind, legen hiervon Zeugnis ab. Die eingangs
َ
____________________
Ende seines Eintrags über das Wort ṯamma: „ ِﻣ ْﻦ ﺛ ﱠﻢis used by post-
classical writers as meaning Therefore; for that reason; on that
count.“ Das bedeutet, daß er es wahrscheinlich in den von ihm als „klas-
sisch“ betrachteten Wörterbüchern nicht gefunden hat. Auch in Wrights
Grammar, Brockelmanns Arabischer Syntax und Fischers Grammatik
kommt es nicht vor. Nun war aber min ṯamma schon sehr früh im Ge-
brauch: Neben der hier genannten Stelle kommt es sogar schon bei
Sībawaih vor (siehe Textanhang, S. 240, Z. 1; S. 242, Z. 10; S. 243, Z. 13 und
15), und Blanchère / Chouémi / Denizeau (Dictionnaire, 1232) verzeichnen
einen Beleg aus dem K. al-Buḫalāʾ von al-Ǧāḥiẓ (gest. 869). Obwohl also
Grammatiker und Lexikographen den Ausdruck mit Sicherheit gekannt
haben, nahmen sie ihn nicht auf, da er nur in Textsorten gebraucht wur-
de, die für die Feststellung des Sprachstandards nicht als maßgebend an-
gesehen wurden. Weitere Beispiele hierzu in Kap. 6.2.
106 Vollständiger Text in Brünnow/Fischer , Chrestomathy, 171–183; Überset-
zung und Kommentar bei Trumpp, Einleitung.
146 Hintergründe der Grammatiktradition
____________________
____________________
Das Kitāb des Sībawaih ist das erste uns erhaltene Werk über die
arabische Grammatik. Sieht man einmal von den Kūfaer Gelehrten
ab, deren Ansichten nach und nach verdrängt wurden, so hat
Sībawaihs Methode die arabische Grammatik bis in unsere Zeit
hinein unangefochten bestimmt. Als Beispiel soll hier das System
der Verbkonjugation vorgestellt werden, wie es im Kitāb dargestellt
wird. Gelegentlich wird der Kommentar von Sīrāfī hinzugezogen, da
daran deutlich wird, an welchen Stellen die nachfolgenden Gelehr-
ten Sībawaihs Methode und Terminologie ergänzt und beeinflußt
haben. Wie bei den im zweiten Kapitel berücksichtigten modernen
arabischen Grammatikern findet sich auch bei Sībawaih keine zu-
sammenfassende Abhandlung der Verbkonjugation, wie sie in den
europäischen Grammatiken üblich ist. Auch bei ihm fällt dieses
Thema zum größten Teil in den Bereich des naḥw, da es als ein
Zusammenwirken von Verb und Personalpronomen verstanden
wird. Zu untersuchen sind deshalb Sībawaihs Ausführungen zu den
Verben und den Personalpronomen. Außerdem sind grundsätzliche
Fragen der Syntax zu klären, besonders die Begründung der Kasus-/
Modusendungen (ʾiʿrāb).
Die Hauptunterschiede zwischen Sībawaih und den modernen
arabischen Grammatikern liegen im Bereich der Terminologie.
Viele Begriffe sind bei Sībawaih noch nicht fest etabliert, so daß oft
nicht zu bestimmen ist, ob ein Wort als Fachterminus oder in seiner
alltagssprachlichen Bedeutung gemeint ist. So ist z. B. der Begriff
bināʾ (wörtlich: ‚Bau‘) noch nicht ausschließlich auf die unveränder-
lichen Endungen festgelegt, sondern bezeichnet allgemein, daß
etwas in einer bestimmten Weise konstruiert ist. So im folgenden
Beispiel (Kitāb, I/1):
: َو ُﻣ ْﺨ ِ� ً�ا، ﺿ ِﺮ ْب ِ ُ َوأ ّﻣﺎ ﺑ
ْ ِا ْذ َه ْﺐ َوٱ ْﻗ ُﺘ ْﻞ َوٱ:ﻨﺎء ﻣﺎ َﻟ ْﻢ َﻳ َﻘ ْﻊ َﻓ ﱠﺈﻧ ُﮫ َﻗ ْﻮ ُﻟ َﻚ آﻣ ًﺮا
ِ
ْ �ﻀﺮ ُب ُو� ْﻘ َﺘ ُﻞ ُو
ُﻀ َﺮب ْ �َﻳ ْﻘ ُﺘ ُﻞ َو� ْﺬ َه ُﺐ َو
ِ
149
150 Die Verbkonjugation in Sībawaihs Kitāb
„Die Formen des fiʿl sind aus den Lauten des Wortes gebildet,
das die über die ʾasmāʾ [‚Nomen‘] ausgesagten Tatbestände aus-
drückt (z. B. ḏahabtu aus ḏ-h-b von ḏahāb).“ (Ulrike Mosel 1975) 2
Dahinter steht Sībawaihs Ansicht, daß die Nomen das Ursprüngli-
che (ʾaṣl) und die Verben von diesen abgeleitet (farʿ) sind. Sīrāfaī
geht in seinem Kommentar zu dieser Stelle genauer auf die Bezie-
hung von Verben und Nomen ein und gibt für die Annahme, daß
die Verben von den Nomen abgeleitet sind, drei Begründungen. Er
drückt sich dabei differenzierter aus als Sībawaih. Folgendes sind
seine Argumente:
1. Das Verb deutet auf zwei Dinge: auf die Bedeutung des maṣdar
(„Infinitiv“) und auf den zeitlichen Aspekt. Der maṣdar hingegen
deutet nur auf sich selbst und ist daher das Ursprünglichere.
2. Das Verb nimmt verschiedene Formen an, je nachdem, auf wel-
che Zeit es sich bezieht (Perfekt, Imperfekt, Imperativ). Der maṣdar
hingegen ist immer derselbe, egal, auf welche Zeitstufe er sich be-
zieht. Daraus folgt, daß die unterschiedlichen Verbformen alle aus
einem maṣdar abgeleitet sein müssen, der damit der Ursprung die-
ser Formen ist.
3. Damit ein Verb eine vollständige Aussage ergibt, bedarf es immer
eines Nomens als Subjekt. Ein Nomen hingegen trägt bereits in sich
selbst eine vollständige Aussage. Außerdem kann mit einem Nomi-
nalsatz ohne die Hilfe eines Verbs ein vollständiger Satz gebildet
werden. Als ursprünglich (ʾaṣl) wird angesehen, was selbständig ist
und keiner Ergänzung bedarf, daher gilt das Nomen als ursprüng-
lich, das Verb dagegen als abgeleitet (farʿ).
Das Nomen, aus dem das jeweilige Verb abgeleitet ist, bezeichnet
Sīrāfī als maṣdar. Nach Sīrāfī scheint das Verb direkt vom maṣdar-
Wort abgeleitet zu sein; nach Sībawaih hingegen ist nicht das
maṣdar-Wort selbst sondern sein Inhalt (maʿnā) Grundlage des
Verbs.
Die Grundbedeutung von maṣdar ist ‚Ausgangspunkt, Ursprung‘.
Die Übersetzung mit ‚Infinitiv‘, ist nicht ganz korrekt, denn der
Infinitiv bezeichnet in den europäischen Sprachen eine Verbalform
mit nominalem Charakter, also ein Nomen, das aus dem Verbsy-
____________________
2 Mosel, Die syntaktische Terminologie bei Sībawaih, 29. Hier findet sich eine
genauere Analyse der einzelnen im Satz verwendeten Begriffe.
152 Die Verbkonjugation in Sībawaihs Kitāb
stem abgeleitet ist. Für den arabischen maṣdar trifft nach der eben
referierten Auffassung das Gegenteil zu: Er ist das Nomen, das den
Ursprung des Verbs darstellt. 3
____________________
3 Dies gilt für den I. Stamm (Grundstamm). In den erweiterten Stämmen ist
der maṣdar aus dem Verbsystem abgeleitet.
4 Dieses wurde von späteren Grammatikern weitergeführt und besonders im
Bereich der Begründungen (taʿlīl) verwendet. Siehe z. B. az-Zaǧǧāǧī, K. al-
ʾIḍāḥ fī ʿilal an-naḥw, Übs. Versteegh, 177–178 „The Reason for the Heavi-
ness of the Verb and the Lightness of the Noun”.
4.1 Das Verb 153
ﺾ ْ َ ْ ُ َ ْ َ اﻟﻜ
َ َ ْ َ َ َْ ْ َ ﱠ
ٍ ﻼم أﺛﻘـﻞ ِﻣﻦ �ﻌ
ِ وٱﻋﻠﻢ أن �ﻌﺾ
„Wisse, daß einige Wörter schwerer (ʾaṯqal) sind als andere.“
ُ َ َ َْ َﱠ َ َ َ َْ ُ ْ َ
ٰ اﻷ
��و ِ ﻌﺎل أﺛـﻘ ُـﻞ ِﻣﻦ اﻷ ْﺳ
��ِ ﻤﺎء ِﻷن اﻷﺳﻤﺎء ﻓﺎﻷﻓ
„Und die Verben sind schwerer als die Nomen, da die Nomen die
ersten (d. h. die ursprünglicheren Wörter) sind.“
Sībawaih betrachtet also die Nomen, wie oben von Sīrāfī ausgeführt,
aufgrund ihrer Leichte als die ursprünglichsten Wörter. Von ihnen
seien die Verben abgeleitet. Aus der Leichte der Nomen folgt, daß
sie die stärkste Flexionsfähigkeit haben (Kitāb, I/5):
َ ََ َ ﱡ
و�� أﺷ ُﺪ ﺗ َﻤﻜ ًﻨﺎ
„Und sie [die Nomen] haben die höhere/ höchste Flexionskraft.“
Die Flexionsfähigkeit der Nomen drückt sich darin aus, daß sie
prinzipiell ihren Endvokal verändern und die Nunation annehmen
können, wie in bait⸗u·n ‚ein Haus‘. Die determinierte Form al·bait⸗u
‚das Haus‘ ist bereits weniger flexionsfähig, da sie durch den Zusatz
des Artikels al· schwerer und nicht mehr ursprünglich (ʾaṣl) ist. Ein
indeterminiertes Nomen hat also höhere Flexionsfähigkeit (ta-
makkun) und kann mehr Flexionskennzeichen annehmen als ein
determiniertes. Daher erhalten indeterminierte Nomen als ein wei-
teres Flexionsmerkmal die Nunation, also ein ·n am Wortende. De-
terminierte Nomen haben dieses nicht.
Auch beim Verb leitet sich die Begründung der Veränderlichkeit
(ʾiʿrāb) der Kasus- / Modusendungen aus dem Verhältnis von leich-
ten zu schweren Wörtern ab. Verben sind schwerer als Nomen und
gelten daher als ursprünglich endungslos. Einige Verbformen teilen
allerdings die Eigenschaften der Nomen und werden dadurch in
gewissem Grad flexionsfähig. Dies gilt in erster Linie für das Imper-
fekt.
َﻣ َﺮ ْر ُت ِﺑ َﺮ ُﺟ ٍﻞ ﺿﺎ ِر ٍب َز ً�ﺪا
‚Ich ging an einem Mann vorbei, der den Zaid schlug.‘
(2) marar-tu bi-raǧul⸗i·n
vorbeigehen.PF-ich an-Mann⸗GEN·IDEF
ya·ḍrib⸗u Zaid⸗a·n
3·schlagen.IPF⸗N/I Zaid⸗A/S·IDEF
ْ َﻣ َﺮ ْر ُت ﺑ َﺮ ُﺟﻞ َﻳ
ﻀ ِﺮ ُب َ ْز� ًﺪا ٍ ِ
‚Ich ging an einem Mann vorbei, der den Zaid schlug.‘
Außerdem kann das Imperfekt mit Partikeln stehen, nämlich für
das Futur sa· ﺳـund
َ saufa ﺳﻮفund, wie im genannten Beispiel, zur
Bekräftigung la· ﻟـ. Sībawaih vergleicht dies mit der Fähigkeit der
Nomen, den Artikel anzunehmen (Kitāb, I/2). Beim Perfekt sind
solche Partikeln nicht möglich.
Wir können also zusammenfassen: Die Imperfektform ist, da sie
eine Verbalform ist, schwerer als ein Nomen. Da sie jedoch einige
Eigenschaften mit dem Nomen teilt, ist sie leichter als andere Ver-
balformen und deshalb teilweise flexionsfähig. Sie kann eine rafʿ-
und eine naṣb-Endung bekommen (Nominativ/Indikativ und Akku-
sativ/ Subjunktiv), aber keine ǧarr-Endung (Genitiv), welche allein
dem Nomen vorbehalten ist. Im Unterschied zu den Nomen kann
die Imperfektform auch ganz ohne Endung stehen, nämlich im
Apokopat (arabisch: ǧazm). Die Vokallosigkeit wird als Ursprungs-
form (aṣl) des Verbs angesehen. 5
5 Zur Entwicklung der Modi des Imperfekts, besonders zum Apokopat siehe
Punkt 5.3.3. Die Theorie der Grammatiker deckt sich mit dem historischen
Befund: im Protosemitischen hatten nur die Nomen eine Kasus-/ Modus-
flexion, nicht aber die Verben.
156 Die Verbkonjugation in Sībawaihs Kitāb
____________________
____________________
____________________
____________________
12 In heutiger Terminologie nimmt man in diesem Fall ein ḍamīr mustatir als
Subjekt an, siehe Punkt 2.2.1.
164 Die Verbkonjugation in Sībawaihs Kitāb
ْ َﻷ ﱠن ٰذﻟ َﻚ،(اﻹﺿﻤﺎر اﻟﺬي �� َ)ﻓ َﻌ َﻠ ْﺖ
َ اﻹﺿ
ﻤﺎر ْ َو َﻛ ٰﺬﻟ َﻚ )� َ�( ﻻ َﺗ َﻘ ُﻊ َﻣ ْﻮﺿ َﻊ
ِ ِ ِ ِ ِ ِ
ٌ َ َ َُ ْ َ َْ
.ﻤﺎر اﻟﺬي ﻟﮫ ﻋﻼﻣﺔ ِ ِﺑﻤن ِ�ﻟ ِﺔ اﻹﺿ
„Ebenso steht hiya nicht an der Stelle des ʾiḍmār (= verborgene
Person), das sich in faʿala·t befindet, da dieses ʾiḍmār denselben
Rang hat wie ein sichtbares Pronomen (wörtlich: ... wie ein Pro-
nomen, das ein Zeichen hat).“
Das im Verb implizierte Subjekt (ʾiḍmār) hat in der 3. Pers. Sg. m.
und f. denselben Rang wie ein sichtbares Personalpronomen,
weshalb der Zusatz eines sichtbaren Personalpronomens nicht
erforderlich ist. Für diesen Fall stimmt die Bedeutung des Begriffes
ʾiḍmār mit dem heute verwendeten Ausdruck ḍamīr mustatir über-
ein.
Sīrāfī befaßt sich in seinem Kommentar mit der Frage, warum es
für die 3. Pers. Sg. kein verbundenes Personalpronomen gibt, wohl
aber für die 3. Pers. Du. und Pl. (Kommentar zu Kitāb, II/33). Er sieht
den Grund darin, daß es von vornherein klar ist, daß ein Verb in
jedem Fall ein fāʿil braucht. Da die 3. Pers. Du. und Pl. durch Pro-
nomen bezeichnet sind, ist deutlich, daß sich ein Verb, wenn es
ohne Pronomen steht, nur auf die 3. Pers. Sg. (sowohl m. als auch f.)
beziehen kann. Eine weitere Kennzeichnung sei also nicht erforder-
lich. In moderner Terminologie ausgedrückt: die 3. Pers. Sg. ist der
Default, d. h. die Standardannahme. Tritt ein Element hinzu, das
eine andere Person bezeichnet, so bezieht sich faʿala auf diese, z. B.
faʿal-tu ‚ich tat‘ oder faʿalu-w ‚sie taten‘.
„ʾanā (ich) und ʾanta (du) [...], keines dieser Wörter steht an der
Stelle eines der Zeichen, die wir erwähnt haben (nämlich die
verbundenen Personalpronomen) und auch nicht an der Stelle
des muḍmar, das kein Zeichen hat, weil sie mit diesem (nämlich
dem muḍmar, sei es mit, sei es ohne sichtbares Zeichen) aus-
kommen und sie deshalb jenes (nämlich die anfangs aufgezähl-
ten unverbundenen Personalpronomen) ausfallen lassen.“
Das Subjekt in der 3. Pers. Sg. Perf. kann zwar nicht durch ein Per-
sonalpronomen ausgedrückt werden, wohl aber durch ein Substan-
tiv:
َ َ
(1) ذ َه َﺐ اﻷ ُب
ḏahaba l·ʾab⸗u
gehen.PF DEF·Vater⸗N/I
‚Der Vater ging.‘
Die verbindliche Satzreihenfolge wann immer ein Verb im Spiel ist,
ist: Verb – Subjekt. Subjekt ist hier das dem Verb folgende Nomen
l·ʾab⸗u. 13 Es braucht kein ʾiḍmār im Verb angenommen zu werden,
da das Subjekt buchstäblich genannt ist. Ebenso ist es, wenn das
Subjekt im Plural steht:
َ َ
(2) ذ َه َﺐ ﻗ ْﻮ ُﻣ َﻚ
ḏahaba qaum⸗u-ka
gehen.PF Leute⸗N/I-dein
‚Deine Leute gingen.‘
Auch hier wird das Subjekt durch das dem Verb folgende Nomen
qaum⸗u-ka bestimmt. Es braucht nicht noch ein Personalpronomen
an das Verb angehängt zu werden (etwa: *ḏahabu-w qaum⸗u-ka).
Andernfalls bezögen sich ja zwei Subjekte auf das Verb (nämlich -w
und qaumuka), und das ist unmöglich. Das Verb wird also nicht
dem Numerus „angepaßt“. Eine Anpassung des Verbs findet nur an
das Geschlecht des Subjekts statt, wie im folgenden Beispiel:
____________________
13 Beachte hierzu die Definition von Nominalsatz (ǧumla ismīya) und Verbal-
satz (ǧumla fiʿlīya) bei den arabischen Grammatikern: als Nominalsatz gilt
jeder Satz, der mit einem Nomen beginnt, auch wenn dieses von einem
Verb gefolgt wird! Siehe Punkt 2.1.2
166 Die Verbkonjugation in Sībawaihs Kitāb
َ ُ
(3) ﺟﺎء ْت ِ�ﺴﺎؤك
َ
ǧāʾa·t nisāʾ⸗u-ka
kommen.PF·F Frauen⸗N/I-dein
‚Deine Frauen kamen.‘
Subjekt ist nisāʾuka ‚deine Frauen‘. Im Verb braucht kein ʾiḍmār
angenommen zu werden, da das Subjekt buchstäblich sichtbar ist.
Das ·t repräsentiert nicht das Subjekt, da es nicht als Pronomen gilt.
Sībawaih beschreibt dies wie folgt (Kitāb, I/201, Z. 18 und 21):
َ [ َأ ْو...] ﻤﺎر
)ﺟﺎء ْت ْ ﺣ َ�ن ُﻗ ْﻠ َﺖ َ)ذ َه َﺐ َﻗ ْﻮ ُﻣ َﻚ( َﻟ ْﻢ َﻳ ُﻜ ْﻦ �� َذ َه َﺐ
ٌ إﺿ ِ
َْ ﱠ َْ َْ َ ﱠ ْ َ َ ْ َ ُُ َ ﱠ ﱠ
.��ﻛ
ِ ﻧيﺚ واﻟﺘﺬِ إﻻ أ��ﻢ أدﺧﻠﻮا اﻟﺘﺎء ِﻟﻴﻔ ِﺼﻠﻮن ﺑ�ن اﻟﺘﺄ.(ِ�ﺴﺎؤك
„Wenn man sagt: ḏahaba qaum⸗u-ka (‚Deine Leute gingen.‘), ist
in ḏahaba kein ʾiḍmār enthalten, [...] oder bei ǧāʾa·t nisāʾ⸗u-ka
(‚Deine Frauen kamen.‘): Hier haben sie das ·t eingefügt, um zwi-
schen männlich und weiblich zu unterscheiden.“
Fängt man den Satz mit einem Nomen an, liegt der Fall anders,
denn es liegt ein Nominalsatz vor. Dessen ḫabar ist ein Verbalsatz,
der ganz regelrecht die Reihenfolge Verb – Subjekt aufweist.
Sībawaih bringt folgende Beispiele (Kitāb, I/201, Z. 16):
َ َ َ َ َ َ َ َ ُْ َ ْ َ
َو)أ َﺑﻮاك ﻗ ْﺪ ذ َهﺒﺎ(؛ ﻷ ﱠﻧ ُﮫ،( )ﻗ ْﻮ ُﻣ َﻚ ﻗﺎﻟﻮا ذاك: ﻗﻠﺖ،ﻓﺈذا َﺑ َﺪأت ِﺑ ِﺎﻻ ْﺳ ِﻢ
َ ﻀ َﻤﺮ َأ ْن َﻳ
ْ ُ ْ ﻤﺎر �� ْ َ ُ َ ْ ُ ُ ْ َ ُ ﱠ ٌ إﺿْ َﻗ ْﺪ َو َﻗ َﻊ ُهﻨﺎ
�� ِ ﻓﻼ ﺑﺪ ِﻟﻠﻤ،اﻟﻔﻌ ِﻞ وهﻮ إﺿﻤﺎرهﻢ ِ
ْ ُ َ ْ
.ِﺑ َﻤن ِ�ﻟ ِﺔ اﳌﻈ َه ِﺮ
„Wenn man mit einem Nomen anfängt, sagt man: qaum⸗u-ka
qālu-w ḏāka (‚Deine Leute haben dies gesagt.‘) und ʾabawā-ka
qad ḏahaba-ȧ (‚Deine Eltern sind gegangen.‘), da hier ein ʾiḍmār
(eine verborgene Person) im Verb steckt; und das muḍmar (die
verborgene Person) muß hier in Form eines muẓhar (sichtbaren
Pronomens) stehen.“
Das heißt, die mit dem Verb gemeinte Person (ʾiḍmār) kommt in
diesen Beispielen im (sichtbaren) verbundenen Personalpronomen
(muẓhar) zum Ausdruck, qālu-w und ḏahaba-ȧ:
4.2 Das Personalpronomen 167
َ ُ َ َ
(4) ﻗ ْﻮ ُﻣ َﻚ ﻗﺎﻟ ْﻮا ذاك
‚Deine Leute haben dies gesagt‘
qaum⸗u-ka qālu-w ḏāka
Leute⸗N/I-dein sagen.PF-sie dies
MUBTADAʾ ḪABAR
FIʿL (Verb)- FĀʿIL (Täter) Objekt
ْ َ َ َ َ
(5) أ َﺑﻮاك ﻗ ْﺪ ذ َه َﺒﺎ
‚Deine Eltern sind gegangen‘
ʾabawā-ka qad ḏahaba-ȧ
Eltern⸗N/I-dein QAD gehen. PF-sie (beide)
MUBTADAʾ ḪABAR
FIʿL (Verb)= FĀʿIL (Täter)
Man kann also bezüglich des ʾiḍmār (d. h. die im Verb angenomme-
ne Person) für die 3. Person die folgenden beiden Fälle unterschei-
den:
a) Verbalsatz (Verb + Nomen): Im Verb befindet sich kein ʾiḍmār, da
das Subjekt durch das folgende Nomen ausgedrückt wird:
َﻓ َﻌ َﻞ ﱠ
اﻟﺮ ُﺟ ُﻞ faʿala r·raǧul⸗u ‚der Mann tat‘
ُ اﻟﺮ
ﺟﺎل ّ ََ َ
ُﻓﻌ َﻞ َ َ ِ ﱡ faʿala r·riǧāl⸗u ‚die Männer taten‘
ﻓﻌﻠ ِﺖ اﻷم faʿala·t(i) l·ʾumm⸗u ‚die Mutter tat‘
b) Nominalsatz (Nomen + Verb): Das ḫabar des Nominalsatzes ist
der Verbalsatz faʿala. Da dem Verb kein Nomen folgt, muß das Sub-
jekt im Verb impliziert sein. Das Verb hat also ein ʾiḍmār, welches
durch kein Zeichen (ʿalāma) ausgedrückt wird:
َ
اﻟﺮ ُﺟ ُﻞ ﻓ َﻌ َﻞ
ﱠ ar·raǧul⸗u faʿala ‚der Mann tat‘
Steht das Subjekt im Plural, ist das ʾiḍmār nicht im Verb impliziert,
sondern wird durch das verbundene Personalpronomen -w ausge-
drückt:
ُ َ ُ
ﺟﺎل ﻓ َﻌﻠ ْﻮااﻟﺮ
ِ ar·riǧāl⸗u faʿalu-w ‚die Männer taten‘
⒌
Die Methode der westlichen Grammatiker
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____________________
____________________
____________________
5.2.3 Morphologie
Die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten der Sprache heißen
Morpheme. 11 Es gibt freie und gebundene Morpheme. Freie Mor-
pheme können allein stehen, z. B. die Präpositionen fī ‚in‘ und ʿalā
‚auf‘ oder die Personalpronomen ʾanā ‚ich‘ und hiya ‚sie (f. Sg.)‘. Die
allermeisten Morpheme im Arabischen sind aber gebunden, d. h. sie
können nur in Kombination mit anderen Morphemen stehen und
kommen nicht selbständig vor. Dies betrifft alle Nomen (z. B. ma-
lik⸗un ‚ein König‘) und Verben (z. B. katab⸗a ‚er schrieb‘). Das Wort
malik⸗un besteht aus zwei Morphemen: dem Kernmorphem malik⸗,
welches die lexikalische Bedeutung des Wortes trägt und den Kern
(oder Kopf) der Morphemgruppe bildet, und dem Flexionsmor-
phem ⸗un, welches die Merkmale ‚Nominativ‘ und ‚indeterminiert‘
ausdrückt. Man kann letzteres noch weiter unterteilen in ⸗u-n, denn
die Merkmale ‚Nominativ‘ und ‚indeterminiert‘ lassen sich eindeutig
dem ⸗u bzw. dem -n zuordnen:
malik⸗ ⸗u- -n 12
Kernmorphem Flexionsmorphem Flexionsmorphem
König NOM IDEF
Morphemgruppe (Wort)
Die Abtrennung der Morpheme wird in diesem Kapitel so vorge-
nommen, wie sie in der westlichen Sprachwissenschaft üblich ist –
im Gegensatz zu Kapitel 2–4, wo ein anderes System verwendet
wurde, um die Sichtweise der arabischen Grammatiker zu veran-
schaulichen. Im vorliegenden Kapitel bedeutet der Doppelstrich (⸗),
daß es sich um ein obligatorisches Morphem handelt und also hier
etwas stehen muß. Der einfache Strich (-) bedeutet, daß das Mor-
phem fakultativ ist und die Stelle (vom Kernmorphem aus betrach-
tet) auch leer bleiben kann. Mit einem Punkt (.) werden die Infor-
____________________
____________________
spiel für die Morphosyntax, fragt diese doch gerade danach, wie sich
die Form eines Wortes in Anpassung an den Satzkontext verändert.
Doch es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen ʾiʿrāb und Mor-
phologie. Bei den allermeisten Wörtern treten in der arabischen
Schrift die Kasus-/Modusendungen nicht in Erscheinung. Verände-
rungen der Endungen werden also optisch nicht als Veränderungen
des Wortes wahrgenommen. Die angehängten Kasusendungen, also
der ʾiʿrāb, werden im klassischen Hocharabisch zwar als unver-
zichtbarer Bestandteil des Wortes angesehen, aber es besteht nicht
die Vorstellung, daß man ein Wort beliebig „beugen“ kann, um es
damit für in einen bestimmten Kontext passend zu machen. Man
hat also nicht das Gefühl, daß sich durch die Kasus-/ Modusendun-
gen das Wort ändert, sondern vielmehr vervollständigt. Daher geht
man mit einer anderen Fragestellung an diese Endungen heran. Die
westliche Grammatik geht von dem syntaktischen Wort aus und
fragt analytisch: Warum hat raǧul⸗un die Endung ⸗un? Die Araber
gehen die Sache gerade von der anderen Seite an und fragen: Wel-
che Endung muß raǧul⸗ im vorliegenden Kontext haben? Die Vor-
stellung von aus dem Kontext gelösten, paradigmenartig aufzählba-
ren Formen raǧul⸗un, raǧul⸗an, raǧul⸗in gibt es bei ihnen nicht. Die
Bestimmung der Kasus-/ Modusendungen fällt allein in den Bereich
der Syntax. Eine abstrakte Formenlehre der Kasus-/ Modusendun-
gen gibt es bei den arabischen Grammatikern nicht, darum kann
man auch in diesem Fall nicht von Morphologie sprechen.
5.2.4 Syntax
Im Rahmen der Syntax wird untersucht, nach welchen Mustern die
oben erörterten Morphemgruppen (Wörter) in der Rede angeord-
net sind. Syntaktische Strukturen sind oft wesentlich schwieriger zu
beschreiben als morphologische, denn während die Zahl der mor-
phologischen Elemente relativ begrenzt ist, ist die Menge der
sprachlichen Äußerungen, die die Syntax zu untersuchen hat, nahe-
zu unendlich groß. Bei deren Beschreibung ist der Spielraum für
individuelle Interpretationen viel größer und das Aufstellen objek-
tiver Regeln schwieriger als bei der Morphologie. Das ist ein Grund
dafür, daß in den älteren Grammatiken die Syntax oft nur am Rande
erscheint. Diese Tradition hat sich bis in die heute gebräuchlichen
Lehrbücher des Arabischen gehalten, wo viele syntaktische Er-
scheinungen nur oberflächlich erklärt werden und kaum eine Me-
thodik zu Erschließung syntaktischer Strukturen vermittelt wird.
186 Methode der westlichen Grammatiker
____________________
____________________
Das ist eine gute Faustregel. Es wirkt allerdings, als ob der Bedeu-
tungsunterschied an der Konjunktion hängt und die Verbform die-
ser einfach folgt. In Wirklichkeit ist es aber umgekehrt, denn ʾan
und ʾanna ist ursprünglich eine Konjunktion, die nur verschiedene
Formen entwickelt hat. Der Bedeutungsunterschied liegt in der
Verbform. Wie gesagt, hat dies auf die Richtigkeit des Sprachge-
brauchs keine Auswirkungen, es werden jedoch bestimmte inner-
sprachliche und sprachgeschichtliche Zusammenhänge verdeckt. In
dieser Hinsicht ist die Herangehensweise im Lehrbuch des moder-
nen Arabisch wie in fast allen anderen Arabischlehrbüchern der der
arabischen Grammatiker sehr ähnlich. Auch letztere legen den
Schwerpunkt auf die Auslöser der Endungen (ʿāmil), nicht auf ihren
Bedeutungsgehalt. Dies ist aber bei ihnen nicht als didaktische Ver-
einfachung gedacht, sondern der ʿamal ist die Grundlage des Sy-
stems.
Schließlich soll noch auf einen Punkt hingewiesen werden, der
offensichtlich noch von keinem Lehrbuchautor erkannt oder jeden-
falls nicht als wichtig erachtet wurde: der grundlegende Unter-
schied zwischen den beiden Erscheinungsformen der Imperfekt-
formen, nämlich Indikativ und Subjunktiv einerseits und Apokopat
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Protosemitisch
Westsemitisch Ostsemitisch
(= Jungsemitisch) (= Altsemitisch)
Akkadisch
Südsemitisch Zentralsemitisch
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____________________
____________________
47 Das Verb taʿālā steht im VI. Stamm (Wurzel ʿLW). Man könnte es als se-
kundäres Zustandsverb bezeichnen.
5.3 Tempussystem und Modussystem 201
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50 Siehe den Aufsatz von Diem, katabtu ilayka „Ich schreibe Dir“.
51 In dieser Funktion wird gleichbedeutend der Apokopat benutzt.
204 Methode der westlichen Grammatiker
Bei Wünschen: 52
(10) raḥim⸗a-hu llāh⸗u
erbarmen.PF⸗3.M.SG-ihn Gott⸗NOM
‚Gott erbarme sich seiner.‘
(11) ǧaz⸗ā-ka llāh⸗u ḫair⸗a-n
vergelten.PF⸗3.M.SG-dir (m.) Gott⸗NOM Gutes⸗AKK-IDEF
‚Gott vergelte (es) dir mit Gutem.‘
Man sieht, daß es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, die Suffixkon-
jugation für verschiedene Arten der Nichtvergangenheit zu gebrau-
chen, und daß sie keineswegs ein reines Vergangenheitstempus ist.
Allerdings spielen diese mengenmäßig eine so geringe Rolle, daß für
das Sprachgefühl der Grammatiker die Vergangenheitsbedeutung
dominierend war. So bezeichnet Sībawaih die Suffixkonjugation als
al-māḍī ‚Vergangenheit‘ und stellt die oben genannten Anwendun-
gen als Sonderfälle dar. Im klassischen Arabisch sind die Fälle, in
denen diese Form nicht als Vergangenheitstempus gebraucht wird,
noch um einiges häufiger als im modernen Hocharabisch, wo sie auf
Formeln, Redensarten und Bedingungssätze beschränkt sind.
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____________________
____________________
Kurzform li-yaqum⸗ø
PKK ‚er soll aufstehen‘
perfektiv/punktuell (Jussiv)
(= Apokopat) volitivischer Modus
lā taqum⸗ø
(PKKV)
Präfixkonjugation
5.4 Forschungsüberblick
Die Orientalisten waren lange Zeit hindurch ganz von den Werken
der arabischen Grammatiker abhängig. Sie mischten die aus der
lateinisch-griechischen Schulgrammatik bekannte Terminologie
mit der Herangehensweise der arabischen Tradition, wohl ohne die
grundsätzliche Verschiedenheit beider Systeme voll erfaßt zu ha-
ben. Mittlerweile stehen die europäischen Forscher bei der Be-
schreibung der Morphologie des Arabischen weitgehend auf eige-
nen Beinen. Dennoch ist man in einem Punkt weiterhin von der
arabischen Tradition abhängig, ohne sich im Allgemeinen dessen
bewußt zu sein: Wenn auch, außer in Einzelfällen, nicht mehr die
grammatische Terminologie übernommen wird, so doch in gewisser
Weise die Sicht auf die Sprache. Denn auch in den meisten westli-
chen Grammatiken wird diese so statisch dargestellt, daß damit das
Bild der überzeitlichen ʿArabiyya zementiert wird, wie es die arabi-
schen Grammatiker vertreten. Unter Punkt 6.2 werden einige Bei-
spiele aufgeführt, die zeigen, daß hier stattdessen eine historische
Differenzierung angebracht ist. Allerdings ist einzuräumen, daß die
diachronen Unterschiede größtenteils im Bereich von Wortschatz
und Syntax liegen. Die Verbkonjugation des Hocharabischen, die
uns hier in erster Linie beschäftigt, hat sich durch die arabische
Sprachgeschichte hindurch nicht geändert. Sie stimmt zu allen
Zeiten mit dem überein, was schon Sībawaih beschrieben hat.
Im folgenden werden einige Grammatiken und Lehrbücher des
klassischen und modernen Hocharabisch vorgestellt und ihr Ver-
hältnis zur arabischen Grammatiktradition untersucht. Der Über-
blick beginnt im 19. Jahrhundert. 63
5.4.1 Grammatiken
Viele Orientalisten, die sich an die Beschreibung des Hocharabi-
schen machten, stützten sich auf die Werke der arabischen Gram-
matiker. Den nachhaltigsten Einfluß auf sie hatte das Kitāb al-
mufaṣṣal fī n-naḥw ‚das feingegliederte Buch über die Grammatik‘
von az-Zamaḫšarī (gest. 538/1144), denn es war in der arabischen
Welt eines der verbreitetsten Lehrwerke und dadurch für die euro-
päischen Gelehrten leicht zugänglich. Auf dieser Grundlage schrieb
____________________
5.4.2 Lehrbücher
Die Lehrbücher sind es, durch die der Blick der Studierenden auf
die arabische Grammatik maßgeblich bestimmt wird. Angesichts
der Fülle auf diesem Gebiet kann nur eine kleine Auswahl berück-
sichtigt werden, nämlich Arabic Through the Qurʾan von Alan Jones
(2005), das Lehrbuch des modernen Hocharabisch von Krahl/ Reu-
schel / Schulz (1997), die Neubearbeitung dieses Werkes mit dem
Titel Modernes Hocharabisch. Mit Einführung in Hauptdialekte (2011)
und das englischsprachige al-Kitāb al-Mufīd von Woidich / Heinen-
Nasr (2011).
____________________
Das Lehrbuch von Jones ist nicht nur wegen seines ausgezeich-
neten didaktischen Aufbaus hervorzuheben, sondern auch weil es
eines des wenigen Lehrbücher des klassischen Arabisch ist (viel-
leicht das einzige?), die sich auf ein konkretes Textkorpus beziehen.
So bekommt man einen reinen Eindruck von der Sprache des Ko-
rans, und lernt, diese als etwas Eigenes zu betrachten. Wie wichtig
das ist, sieht man besonders in den letzten Kapiteln des Buches, wo
es um Konditionalgefüge geht, von denen einige charakteristisch für
die Sprache des Korans sind.
Bei den beiden Werken aus der Leipziger Tradition ist zu be-
rücksichtigen, daß es hier um das moderne Hocharabisch geht,
nicht um das klassische Arabisch. Terminologisch hält sich die alte
Fassung, also das Lehrbuch des modernen Hocharabisch ganz an
Brockelmann. Es werden durchgehend lateinische Begriffe ge-
braucht, in Klammern um die (vermeintlich) entsprechenden ara-
bischen ergänzt. Dies entspricht der Darstellung in Brockelmanns
Arabischer Grammatik. Einen Hinweis auf die Verschiedenheit der
beiden grammatischen Systeme gibt es nicht. Damit wird tatsäch-
lich ein „Mißverständnis“ erzeugt, „das schwer wieder gutzumachen
ist“, wie es oben Fischer formulierte. Es wird nämlich der Eindruck
erweckt, die Beschreibung der Sprache auf arabisch funktioniere
genauso wie auf deutsch, nur eben mit arabischen Worten. Man
muß aber den Autoren zugute halten, daß es hier darum ging, den
Lernenden eine Hilfestellung zur Übersetzung der Termini zu ge-
ben, um für den Besuch eines Sprachkurses in einem arabischen
Land gerüstet zu sein. Bis zu einem bestimmten Grad erfüllen die
Angaben diesen Zweck. Den allermeisten Lernenden werden aber
die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Systemen
verborgen geblieben sein.
Schwerer wiegen die terminologischen Vermischungen in der
neuen Fassung des Werkes (2011). Was den methodischen Gesamt-
entwurf der Neubearbeitung betrifft, sind zunächst viele Pluspunkte
zu nennen, etwa die vielfältigen Übungen und die gelungene Inte-
gration der Dialekte in den Lehrplan. Auf terminologischer Ebene
werden wir allerdings z. T. bis zu Wright (1859) zurückgeworfen,
anstatt uns einer modernen, mit der aktuellen sprachwissenschaft-
lichen Literatur kompatiblen Grammatikterminologie zu nähern.
Einige der arabischen Begriffe, die in der alten Fassung nur in
Klammern erwähnt wurden, werden nun durchgehend anstelle der
lateinischen gebraucht, und zwar in arabischer Schrift, z. B. im Falle
218 Methode der westlichen Grammatiker
____________________
____________________
2 Edzard, Principles behind the New Revised Edition of Brünnow and Fisch-
er’s Arabische Chrestomathie, 71. In dem Beitrag „The Philological Ap-
proach to Arabic Grammar“ betont Edzard allerdings, daß die arabische
Tradition vorsichtig zu berücksichtigen sei (S. 181).
3 Daß ein dem Subjekt vorangestelltes Verb im Singular steht, kommt auch
in den romanischen Sprachen vor. Es heißt z. B. auf französisch trois per-
sonnes sont venues vs. il est venu trois personnes (‚drei Personen sind ge-
kommen‘ bzw. ‚es sind drei Personen gekommen‘); siehe Goldenberg, Se-
mitic Languages, 179, und Mensching / Remberger, Lack of Agreement in
Romance.
6.1 Brauchen wir die arabischen Grammatiker? 223
nen‘. Hieran lassen sich gut die in Kapitel 3.3 erörterten Ordnungs-
prinzipien der arabischen Grammatiker illustrieren, aber einem
tieferen Verständnis des Wörtchens rubba bringt uns das nicht nä-
her. Man kann es zwar mit den arabischen Grammatikern als ḥarf
ǧarr bezeichnen, also als eine Partikel, die den Genitiv nach sich
zieht, aber es ist keine Präposition im Sinne der europäischen
Grammatiken. 6 Über seine tatsächliche syntaktische Funktion kön-
nen uns die arabischen Grammatiker keine genügende Auskunft
geben.
System als dem Verständnis der konkreten Texte. Durch die nach
wie vor bestehende Abhängigkeit der europäischen Wissenschaftler
von den arabischen Grammatikern werden diese Defizite nur lang-
sam aufgedeckt. Vor allem eine Differenzierung des klassischen
Arabisch nach Epochen, Textgattungen und Stilebenen ist ein Desi-
deratum. Für die Morphologie ist dies kaum von Bedeutung, wohl
aber für Syntax und Sprachgebrauch.
Es gibt eine Reihe von Beiträgen, in denen ausgewählte Themen
unter Berücksichtigung von authentischen Texten der klassischen
arabischen Literatur untersucht werden. Den Anfang machte Hein-
rich Ewald in der Grammatica critica linguae arabicae (1831–33). Viel
Material findet man in den Werken von Hermann Reckendorf und
Heinrich Leberecht Fleischer. Erwartungsgemäß großes Interesse
hat die Sprache des Korans hervorgerufen, doch gibt es noch immer
keine Arbeit, die dessen Grammatik insgesamt behandelt. Die wich-
tigsten Punkte finden sich aber zusammengestellt und mit weiter-
führenden Literaturangaben versehen im Artikel „Grammar and the
Qurʾān“ von Rafael Talmon. An weiteren Arbeiten aus jüngerer Zeit
sind u. a. hervorzuheben Satzkomplex und Funktion: Syndese und
Asyndese im Althocharabischen von Michael Waltisberg (2009),
Tense and Text in Classical Arabic von Michal Marmorstein (2016)
und mehrere Studien von Werner Diem, z. B. Arabisch kayfa „wie“ als
Konjunktion (2011). Allen voran steht Manfred Ullmann, der in zahl-
losen Beiträgen und anhand tausender Textbeispiele grammatische
Phänomene durch verschiedene Epochen und Textgenres hindurch
untersucht hat und dabei zu Erkenntnissen gelangt ist, die weit
über das hinausgehen, was man den arabischen Grammatikern
entnehmen kann. Er schafft dabei Klarheit in Themen wie Arabi-
sche Komparativsätze (1985), Das arabische Nomen Generis (1989),
Sätze mit lau (1998), „Arabische Proportionalgefüge“ (2009) und
Arabische Koinzidenzgefüge (2014).
____________________
14 Zitate zu diesem Beispiel nach Ullmann, Arabisch ʿasā, S. 11, 19, 51. Die
Quelle des zweiten Zitates ist Kalīla wa-Dimnā, Ausg. Cheikho, 82,12 f.
230 Schlußbetrachtung
15 Übersetzung nach Ullmann, Beiträge, 32 und 217–218, dort auch die Erläu-
terung des Beispiels.
6.3 Fazit 231
6.3 Fazit
Das Resümee der Arbeit muß zweigeteilt ausfallen. Es schwankt
zwischen der Bewunderung für das einzigartige System der arabi-
____________________
____________________
Es sind hier die Kapitel 1–3 aus Sībawaihs Kitāb nach der Ausgabe
von Derenbourg wiedergegeben. Die Seitenzahlen der Ausgabe
stehen in eckigen Klammern. Die anderen Zahlen am Rand geben
die Seiten im vorliegenden Buch an, auf denen die entsprechenden
Themen behandelt werden. Stellen, die zitiert und besprochen
wurden, sind fett markiert. Die Einteilung der Absätze ist die glei-
che wie in der Übersetzung von Jahn. Eine voll vokalisierte Ausgabe
des Textes findet sich bei Kouloughli, Risālat Kitāb Sībawaih.
Kapitel 1
Über die Wortarten des Arabischen
َ ْ ُ
ﺑﺎب ِﻋﻠ ِﻢ ﻣﺎ اﻟ� ِﻠ ُﻢ ﻣﻦ اﻟﻌﺮ�ﻴﺔ هﺬا [1]
ً وﺣ ْﺮف ﺟﺎء ٌ َ ، وﻓ ْﻌ ٌﻞ،اﺳﻢ ٌ :ﻓﺎﻟ�ﻠﻢ َ
. ﻓﻌﻞ
ٍ ﺑﺎﺳﻢ وﻻ ٍ ﳌﻌ�ى ﻟيﺲ ِ ِ 66, 121
ْ َ ُ ٌ ُ ٌ ٌ ٌ ر: ﻓﺎﻻﺳﻢ ُ
اﻟﻔﻌﻞ ﻓﺄﻣﺜﻠﺔ أ ِﺧﺬت ﻣﻦ وأﻣﺎ. وﺣﺎﺋﻂ،وﻓﺮس ،ﺟﻞ 150, 157
ﻳﻘﻊ وﻣﺎ ْ ُو�ﻨ َي ْﺖ ﳌﺎ َﻣ�ىى وﳌﺎ ﻳﻜﻮ ُن وﻟﻢ،ﻟﻔﻆ أﺣﺪاث اﻷﺳﻤﺎء
ِ ِ ِ ِ ِ ِ
َ َُ َ َ َ َ َ ُ ﱠ ْ َ ٌ
ﻓﺄﻣﺎ ﺑﻨﺎء ﻣﺎ ﻣ�ىى ﻓﺬهﺐ وﺳ ِﻤﻊ وﻣﻜﺚ.هﻮ �ﺎﺋﻦ ﻟﻢ ﻳﻨﻘﻄﻊ
ُ َ ْ َ ً َ ُ َ
ْ اﻗﺘ ْﻞ َو ْ ﺑﻨﺎء ﻣﺎ ﻟﻢ ﱠ. وﺣﻤ َﺪ ُ
اﺿ ِﺮ ْب ِاذهﺐ و:ﻳﻘﻊ ﻓﺈﻧﮫ ﻗﻮﻟﻚ آﻣﺮا ُ وأﻣﺎ
ِ 149, 157
ُ وﻛﺬﻟﻚ.ﻀﺮ ُب َ ُ ُ
َ �ﻘﺘ ُﻞ ُو َ ﻳﻘﺘ ُﻞ ُ
ﺑﻨﺎء ﻣﺎ ﻟﻢ �و�ﻀﺮب و ِ و�ﺬه ُﺐ ً
: وﻣﺨ��ا
ْ َ ُ ُ َ ْ َ
ﻓهﺬﻩ اﻷﻣﺜﻠﺔ اﻟ�ي أ ِﺧﺬت ﻣﻦ ﻟﻔﻆ. �ﺎﺋﻦ إذا أﺧ َ� ْ�ت ٌ ﻨﻘﻄﻊ وهﻮ ْ َﻳ
ٌ ٌ
واﻷﺣﺪاث.ﺳتﺒ� ُن إن ﺷﺎء ﷲ ﻛﺜ��ة ﱠ أﺣﺪاث اﻷﺳﻤﺎء وﻟهﺎ أﺑنﻴﺔ
ً َْ ْ َ َْ ْ ُ ﱠ
ﺑﺎﺳﻢ وﻻ ٍ وأﻣﺎ ﻣﺎ ﺟﺎء ﳌﻌ�ى وﻟيﺲ.ﻧﺤﻮ اﻟﻀﺮ ِب وا�حﻤﺪ واﻟﻘﺘﻞ
ُ ، و واو اﻟﻘﺴﻢ وﻻم اﻹﺿﺎﻓﺔ،وﺳ ْﻮ َف
.وﻧﺤﻮهﺎ َ ، ُﺛ ﱠﻢ:ﻓﻨﺤﻮ ُ ﻓﻌﻞ
ِ ِ ِ ِ ٍ
235
236 Textanhang
Kapitel 2
Über die Endungen der Wörter im Arabischen
هﺬا ﺑﺎب ﻣﺠﺎري أواﺧﺮ اﻟ�ﻠﻢ ﻣﻦ اﻟﻌﺮ�ﻴﺔ
Benennung der Endungen
وا�جﺰم، واﻟﺮﻓﻊ ّ
وا�جﺮ اﻟﻨﺼﺐ ﻣﺠﺎر :ﻋ�� ﺛﻤﺎﻧﻴﺔ
ِ و�� ﺗﺠﺮي ﻋ��
62 ِ ُِ ِ ِ ٍ
واﻟﻮﻗﻒ .وهﺬﻩ اﳌﺠﺎري اﻟﺜﻤﺎﻧﻴﺔ َﻳ ْﺠ َﻤ ُﻌ ُه ﱠﻦ ِ واﻟﻜﺴﺮ
ِ
ّ
واﻟﻀﻢ
ِ واﻟﻔﺘﺢ
ِ
ﺿﺮب واﺣﺪٌ، ٌ ُ ُ
أﺿﺮب :ﻓﺎﻟﻨﺼﺐ واﻟﻔﺘﺢ �� اﻟﻠﻔﻆ ٍ اﻟﻠﻔﻆ أر�ﻌﺔِ ��
ُ
وا�جﺰم ﱡ
واﻟﻀﻢ، ُ
ﺿﺮب واﺣﺪ ،وﻛﺬﻟﻚ اﻟﺮﻓﻊ ٌ ٌ وا�جﺮ واﻟﻜﺴﺮ ﻓﻴﮫ ﱡ
ُ
واﻟﻮﻗﻒ.
61–64 Der ʾiʿrāb
ُ َ ُُ َْ َ ُ
][2 ﻣﺠﺎر ِﻷﻓ ُﺮق ﺑ�ن ﻣﺎ ﻳﺪﺧﻠﮫ ǁﺿﺮب ﻣﻦ
ٌ
ٍ وإﻧﻤﺎ ذﻛﺮت ﻟﻚ ﺛﻤﺎﻧﻴﺔ
اﻟﻌﺎﻣﻞ – وﻟيﺲ ٌ ُ ُ ُ
��يء ﻣ��ﺎ إﻻ وهﻮ ﺤﺪث ﻓﻴﮫ هﺬﻩ اﻷر�ﻌﺔ ﳌﺎ ﻳ ِ
ُ
ﺒ�ى ﻋﻠﻴﮫ ا�حﺮف ً و��ن ﻣﺎ ُﻳ ٰ ﻳﺰول ﻋﻨﮫ – َ
ﺑﻨﺎء ﻻ ﻳﺰول ﻋﻨﮫ ﻟﻐ��
ٌ أﺣﺪث ذﻟﻚ ﻓﻴﮫ ﻣﻦ اﻟﻌﻮاﻣﻞ ،اﻟ�ي ّ َ
ﺿﺮب ﻟ�ﻞ ﻋﺎﻣﻞ ﻣ��ﺎ ��يء
ُ
ﻣﻦ اﻟﻠﻔﻆ �� ا�حﺮف ،وذﻟﻚ ا�حﺮف ﺣﺮف اﻹﻋﺮاب .ﻓﺎﻟﺮﻓﻊ وا�جﺮ
ُ
154 واﻟﻨﺼﺐ وا�جﺰم �حﺮو ِف اﻹﻋﺮاب .وﺣﺮوف اﻹﻋﺮاب ﻟﻸﺳﻤﺎء
ّ
اﳌﺘﻤﻜﻨﺔ ،وﻟﻸﻓﻌﺎل اﳌﻀﺎ ِرﻋﺔ ﻷﺳﻤﺎء اﻟﻔﺎﻋﻠ�ن اﻟ�ي �� أواﺋﻠهﺎ
ُ
اﻟﺰواﺋﺪ اﻷر�ﻊ :اﻟهﻤﺰة ،واﻟﺘﺎء ،واﻟﻴﺎء ،واﻟﻨﻮن .وذﻟﻚ ﻗﻮﻟﻚ :
ﻔﻌﻞ هﻮَ ،وﻧ ُ أﻧﺖ أو ��َ ،و� ُ َ ُ َ َْ
ﻔﻌﻞ ﻧﺤﻦ .واﻟﻨﺼﺐ أﻓ َﻌ ُﻞ أﻧﺎ ،وﺗﻔﻌﻞ
ﺑﺰ�ﺪ ،واﻟﺮﻓﻊ :هﺬا ز ٌ�ﺪ. وا�جﺮ :ﻣﺮرت ٍ ّ �� اﻷﺳﻤﺎء :رأﻳﺖ َزْ� ًﺪا،
َ َ ﱡ
وﻟيﺲ �� اﻷﺳﻤﺎء َﺟ ْﺰ ٌم ،ﻟﺘ َﻤﻜ ِ��ﺎ وﻟ�حﺎق اﻟﺘﻨﻮ�ﻦ ،ﻓﺈذا ذ َه َﺐ
ذهﺎﺑﮫ وذهﺎب ا�حﺮﻛﺔ. اﻟﺘﻨﻮ�ﻦ ﻟﻢ َﻳﺠﻤﻌﻮا ﻋ�� اﻻﺳﻢ َ
Sībawaihs Kitāb, Kap. 1–3 237
ّ
ا�جﺮ اﳌﺴﻠﻤ َ�نَ ،وﻣ َﺮ ْر َت ﺑﺎﳌﺴﻠﻤ َ�ن .وﻣﻦ َﺛ ﱠﻢ ﺟﻌﻠﻮا َ
ﺗﺎء َ
ﻤﻊ �� ِ ُِ ا�ج ِ ِ ِ
َ َ َ ُ ﱠ رً
اﻹﻋﺮاب
ِ واﻟﻨﺼﺐ ﻣﻜﺴﻮ ة ،ﻷ��ﻢ ﺟﻌﻠﻮا اﻟﺘﺎء اﻟ�ي �� ﺣﺮف ِ
ُ ﱠ ْ َ
اﻟﻮاو
ِ اﻟﺘﺄﻧيﺚ ﻧﻈ��ة
ِ واﻟﺘﻨﻮ�ﻦ ﺑﻤن ِ� ِﻟﺔ اﻟﻨﻮ ِن ،ﻷ��ﺎ ��
ِ واﻟﻴﺎء
ِ �ﺎﻟﻮاو
ِ
اﻟﺘﺬﻛ�� ﻓﺄﺟﺮوهﺎ ﻣﺠﺮاهﺎ. ِ واﻟﻴﺎء ��
ِ
Die Dualendung des Imperfekts
َ ً َ َ َ
اﻷﻓﻌﺎل اﳌﻀﺎ ِرﻋﺔ ﻋﻼﻣﺔ ﻟﻠﻔﺎﻋﻠ ْ� ِن َ اﻋﻠﻢ ّأن اﻟﺘﺜنﻴﺔ إذا � ِحﻘ ِﺖ َو ْ
ﱠ َ ُ َ ُ أﻟﻒ وﻧﻮ ٌن ،وﻟﻢ ُﺗﻜ ْ ٌ َ�ح َﻘ ْ
ﻷﻧ َﻚ ﻟ ْﻢ ﺗ ِﺮ ْد ْأن اﻹﻋﺮاب
ِ ﺣﺮف اﻷﻟﻒ ﻦ �ﺎ � ِ
آﺧ َﺮ وﻟﻜ ﱠﻨ َﻚ إﻧﻤﺎ ْأ� َح ْﻘ َﺘﮫُ َْ َ ُ َ ُ
اﻟﺒﻨﺎء ﻓﺘﻀ ﱠﻢ إﻟﻴﮫ ﻳﻔﻌﻞ
َ َ ﺗﺜ� َي ﻳﻔﻌ ُﻞ هﺬا َ ْ َ ّ َُ
ِ
ُ ﻟﻠﻔﺎﻋﻠ ْ�ن ،وﻟﻢ ُﺗﻜ ْﻦ ُﻣ َﻨ ﱠﻮ َﻧ ًﺔ وﻻ ُ َ ً
ﻷﻧ ُﮫ ا�حﺮﻛﺔ ﱠ ﻳﻠﺰﻣهﺎ ِ ﻋﻼﻣﺔ هﺬا
ُ َ نَ نُ ُ ُ ُ
اﻹﻋﺮاب واﻟﺜﺎﻧﻴﺔ ِ ا�جﺰم واﻟﺴ�ﻮ ﻓﺘ�ﻮ اﻷو�� ﺣﺮف ﺪرﻛهﺎ ﻳ ِ
ِ َ ُ ْ ﱠ ُ َْ
اﻟﺘﺜنﻴﺔ
ِ اﻻﺳﻢ و�� ِ ﺣﺎل اﻟﻮاﺣﺪ ﻏ�� ِ ﻮ�ﻦ ﻓ�ﻠﻤﺎ �ﺎﻧﺖ ﺣﺎﻟهﺎ �� �ﺎﻟﺘﻨ ِ
إﻋﺮاﺑ ُﮫ �� اﻟﺮﻓﻊ ﺛﺒﺎت اﻟﻨﻮن ﻟﺘ�ﻮن ﻟﮫ �� َ ﺑﻤن�ﻟﺘ ِﮫ ﻓﺠﻌﻠﻮا ِ ﻟﻢ ﺗﻜﻦ
ُ ً
اﻹﻋﺮاب. ِ اﻟﺘﺜنﻴﺔ ﻋﻼﻣﺔ ﻟﻠﺮﻓﻊ ﻛﻤﺎ �ﺎن �� اﻟﻮاﺣﺪ إذ ُﻣ ِﻨ َﻊ ﺣﺮف
َ ً
ﻛﺤﺎﻟهﺎ �� اﻻﺳﻢ ،وﻟﻢ ﻳﺠﻌﻠﻮهﺎ ﺣﺮف ِ وﺟﻌﻠﻮا اﻟﻨﻮن ﻣﻜﺴﻮرة
َ ّ ً َُْ ُ
ﺤﺬﻓﻮا ﻣﺘﺤﺮﻛﺔ ﻻ ﺗﺜبﺖ �� ا�جﺰم وﻟﻢ ﻳ�ﻮﻧﻮا ِﻟﻴ ِ ِ اﻹﻋﺮاب إذ �ﺎﻧﺖ
َ
اﻷﻟﻒ ﻷ��ﺎ ﻋﻼﻣﺔ اﻹﺿﻤﺎر واﻟﺘﺜنﻴﺔ �� ﻗﻮل َﻣﻦ ﻗﺎل :أ�ﻠﻮ�ﻲ
َ ُْ ُ
و�ﻤن�ﻟﺔ اﻟﺘﺎء �� )ﻗﻠﺖ( و)ﻗﺎﻟﺖ( ﻓﺄﺛبﺘﻮهﺎ �� اﻟﺮﻓﻊ ِ اﻟ��اﻏﻴﺚ
وﺣﺬﻓﻮهﺎ �� ا�جﺰم ﻛﻤﺎ ﺣﺬﻓﻮا ا�حﺮﻛﺔ �� اﻟﻮاﺣﺪ.
ا�جﺮ �� ﱠ ُ
اﻟﻨﺼﺐ َ
واﻓﻖ ا�جﺰم �� ا�حﺬف ﻛﻤﺎ َ ُ
اﻟﻨﺼﺐ وواﻓﻖ
اﻷﺳﻤﺎء واﻷﺳﻤﺎء ﻟيﺲ ا�جﺮ �� ُ َ ﱠ
ِ اﻷﺳﻤﺎء ﻷن ا�جﺰم �� اﻷﻓﻌﺎل ﻧﻈ�� ِ ِ
Sībawaihs Kitāb, Kap. 1–3 241
ٌ
ﻧﺼيﺐ .وذﻟﻚ ا�جﺮ ٌ
ﻟﻠﻔﻌﻞ �� ِ
ِ ﻧﺼيﺐ ﻛﻤﺎ أﻧﮫ ﻟيﺲ ﻟهﺎ �� ا�جﺰم
و)ﻟﻢ َﻳﻔﻌﻼ( ْ
و)ﻟﻦ َﻳﻔﻌﻼ(. ﻗﻮﻟﻚُ ) :هﻤﺎ َﻳﻔﻌﻼن( ْ
ِ
Die Pluralendung des Imperfekts
ﻋﻼﻣﺔ ﻟ�جﻤﻊ َ�ح َﻘ ْ��ﺎ اﺋﺪﺗﺎن ﱠإﻻ أنّ
ٌ َ
اﻷﻓﻌﺎل ﺖ
َ َ ْ
وﻛﺬﻟﻚ إذا � ِحﻘ
ِ ز ِ َِ
ُ ُ ّ َ َ ٌ اﻷو�� ٌ
ا�جﻤﻊ �ﺎﻟﺘﺜنﻴﺔ وﻧﻮ��ﺎ ﻣﻀﻤﻮم ﻣﺎ ﻗﺒﻠهﺎ ﻟﺌﻼ ﻳ�ﻮن واو
ﻷ��ﻤﺎﻣﻔﺘﻮﺣﺔ ﺑﻤن�ﻟ��ﺎ �� اﻷﺳﻤﺎء ﻛﻤﺎ َﻓ َﻌ ْﻠ َﺖ ذﻟﻚ �� اﻟﺘﺜنﻴﺔ ٌّ
ِ ِِ
َ
وﻗﻌﺘﺎ �� اﻟﺘﺜنﻴﺔ ،وا�جﻤﻊ ههﻨﺎ ﻛﻤﺎ أ��ﻤﺎ �� اﻷﺳﻤﺎء ﻛﺬﻟﻚ ،وهﻮ
ُ ُ ُ ُ
ﻗﻮﻟﻚ) :هﻢ َﻳﻔﻌﻠﻮن( و)ﻟﻢ َﻳﻔﻌﻠﻮا( و)ﻟﻦ َﻳﻔﻌﻠﻮا(.
Kapitel 3
Über musnad und musnad ʾilaihi
ُ ُ ُ
ﺑﺎب اﳌ ْﺴ َﻨ ِﺪ واﳌ ْﺴ َﻨ ِﺪ إﻟﻴﮫ هﺬا
ّ ُ
واﺣﺪ ﻣ ُ��ﻤﺎ َﻋﻦ اﻵﺧﺮ وﻻ َﻳﺠ ُﺪ اﳌ َﺘ� ُ
vgl. S. 4 ﻠﻢ ِﻣ ُﻨﮫ ُﺑ �ﺪا. ِ ِ ِ ِ ُِ
ٌ وهﻤﺎ ﻣﺎ ﻻ َ� ٰ
ﻐ�ى ُ
َ ُ َ ﺳﻢ اﳌُ ْﺒ َﺘ َﺪأ واﳌَ ﱡ
اﻻ ُ َ
أﺧﻮك( ﷲﺒ�ي ﻋﻠﻴﮫ .وهﻮ ﻗﻮﻟﻚ )ﻋﺒﺪ ِ ﻓ ِﻤﻦ ذﻟﻚ ِ
ﻟﻠﻔ ْﻌ ِﻞ ِﻣ َﻦ َ ُﱠ ُ َْ َ ُ َ
ﷲ ﻓﻼ ﺑ ﺪ ِ و)هﺬا أﺧﻮك( .وﻣﺜﻞ ذﻟﻚ ﻳﺬهﺐ ﻋﺒﺪ ِ
Sībawaihs Kitāb, Kap. 1–3 245
____________________
1 Mit musnad und musnad ʾilaihi sind die beiden Elemente gemeint, die
mindestens erforderlich sind, um eine vollständige Satzaussage zu erhal-
ten, und zwar einerseits im Nominalsatz (ǧumla ismīya), andererseits im
Verbalsatz (ǧumla fiʿlīya). Es könnte daher musnad ‚Subjekt‘ und musnad
ʾilaihi ‚Prädikat‘ bedeuten. Eindeutig geht aber diese Zuordnung aus die-
sem Abschnitt nicht hervor. Siehe dazu Goldenberg, Subject and Predicate,
und Talmon, Musnad.
Zeittafel
247
1505 as-Suyūṭī al-Muzhir
Osmanen
1400
Mamluken
1367 Ibn ʿAqīl Šarḥ al-ʾAlfiyya
1359 Ibn Hišām Muġnī l-labīb
1300
1287 al-ʾAstarābāḏī Šarḥ al-Kāfiya
1274 Ibn Mālik al-ʾAlfiyya
1271 Ibn ʿUṣfur al-Mumtiʿ fī t-taṣrīf
1245 Ibn Yaʿīš Šarḥ al-Mufaṣṣal
1200
1196 Ibn Maḍāʾ ar-Radd ʿalā an-nuḥāt
1181 al-ʾAnbārī Seldschuken (Irak, Iran) Lumaʿ al-ʾadilla und Nuzhat al-ʾalibbāʾ
1002 al-Ḫaṣāʾiṣ
bġ b bġ bġ
Ibn Ǧinnī
Baṣra, Kūfa, Baġdād
Systematisierung:
900
800
Umayyaden
al-Hiǧra (622)
1505 as-Suyūṭī al-Muzhir
Osmanen
Mamluken
1400
1367 Ibn ʿAqīl Šarḥ al-ʾAlfiyya
1359 Ibn Hišām Muġnī l-labīb
1300
1287 al-ʾAstarābāḏī Šarḥ al-Kāfiya
1274 Ibn Mālik al-ʾAlfiyya
1271 Ibn ʿUṣfur al-Mumtiʿ fī t-taṣrīf
1245 Ibn Yaʿīš Šarḥ al-Mufaṣṣal
1200
Seldschuken (Irak, Iran)
1196 Ibn Maḍāʾ ar-Radd ʿalā an-nuḥāt
1181 al-ʾAnbārī Lumaʿ al-ʾadilla und Nuzhat al-ʾalibbāʾ
Ibn Fāris
Abbasiden
1000
1002 al-Ḫaṣāʾiṣ
bġ b bġ bġ
Ibn Ǧinnī
Baṣra, Kūfa, Baġdād
Systematisierung:
900
Umayyaden
al-Hiǧra (622)
Erläuterungen zur Landkarte auf Seite 10
Die Karte zeigt die arabische Halbinsel und die angrenzenden Re-
gionen zu Beginn der Abbasidenzeit, d. h. ab 750. Es sind hauptsäch-
lich die Orte verzeichnet, die im Buch genannt werden. Wie die
einzelnen Landschaften zu dieser Zeit genannt wurden und welches
Gebiet dann genau gemeint war, ist in vielen Fällen nicht eindeutig
zu klären. Die vorliegende Karte orientiert sich an den Karten A I 1
und B VII 3 des Tübinger Atlas des Vorderen Orients. 1
Die Grenze des Kalifenreiches ist gestrichelt. Es werden i. d. R.
die zeitgenössischen arabischen Namen gebraucht. Der Übersicht-
lichkeit halber sind die Artikel bei den Ländern und Landschaften
weggelassen: mit Artikel stehen normalerweise al-ʿIrāq, al-Ǧazīra,
an-Naǧd, al-Ḥiǧāz, an-Nafūd, al-Baḥrain, al-Yaman, al-Ḥabaš, ohne
Artikel nur Miṣr und Fāris. Mit al-Ḥiǧāz wird die nordwestliche
Region der arabischen Halbinsel einschließlich des Gebirges be-
zeichnet. Die gesamte Küstenlinie entlang des Roten Meeres (Baḥr
al-Qulzum) heißt at-Tihāma oder at-Tahāʾim. Die Region östlich des
Gebirges ist an-Naǧd, über dessen genaue Ausdehnung allerdings
die Angaben stark auseinandergehen.
Ob der Name Ǧazīrat al-ʿArab als Oberbegriff für die gesamte
arabische Halbinsel zu jener Zeit im allgemeinen Gebrauch war,
müßte näher untersucht werden. Üblich war wahrscheinlich bei
den alten Arabern die Unterscheidung des nördlichen Teils (aš-
Šām, wohl von šimāl ‚links‘, in der Antike Arabia deserta) vom südli-
chen (al-Yaman ‚rechts‘, in der Antike Arabia felix).
Drei Städte gehen auf Garnisonen (miṣr, pl. ʾamṣār) aus der Zeit
der Eroberungen zurück: al-Fusṭāṭ (22/643), al-Kūfa (17/638), al-
Baṣra (15/636). Al-Kūfa wurde neben der zuvor bedeutenden Stadt
____________________
1 Der Tübinger Atlas des Vorderen Orients (TAVO) beschreibt auf rund 300
Karten die geographischen, historischen, wirtschaftlichen und politischen
Verhältnisse des Vorderen Orients von der Urgeschichte bis in die heutige
Zeit. Zu den einzelnen Landschaften, Meeren und Städten siehe auch die
entsprechenden Einträge in der Encyclopedia of Islam.
251
252 Erläuterungen zur Landkarte
2 Das o in Kairo ist auf die in Ägypten übliche velarisierte Aussprache des ṛ
in al-Qāhiṛa zurückzuführen, wodurch das folgende a in Richtung o ge-
trübt wird.
254 Erläuterungen zur Landkarte
____________________
255
256 Literaturverzeichnis
1. Quellen
Die Sībawaih-Zitate im vorliegenden Buch richten sich nach der
Ausgabe von Derenbourg. So ist ein Vergleich mit der Übersetzung
von Jahn möglich, die ebenfalls auf Derenbourg basiert und dem-
entsprechend numeriert ist. Der Lexique-Index von Troupeau ent-
hält eine Konkordanz (S. 259–266), wo die Seitenzahlen der Ausga-
ben Derenbourg und Bulāq gegenübergestellt sind. In der Ausgabe
von Hārūn sind am Rand durchgehend die Seitenzahlen der Aus-
gabe Bulāq angegeben.
258 Literaturverzeichnis
Jahn, Gustav: Sîbawaihi’s Buch über die Grammatik. Nach der Aus-
gabe von H. Derenbourg und dem Commentar des Sîrâfî über-
setzt und erklärt und mit Auszügen aus Sîrâfî und anderen
____________________
1 Ich danke Jean Druel, der mir Teile eines in Arbeit befindlichen Artikels
zum Thema vorab zur Verfügung gestellt hat. Hierauf basieren die Anga-
ben zu den Handschriften.
Literaturverzeichnis 259
Weitere Quellen:
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260 Literaturverzeichnis
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Zafer Yousef bearbeitet und herausgegeben von Wolfdietrich
Fischer, Wiesbaden 2001; Teil I/2: Die konnektiven Wortarten des
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266 Literaturverzeichnis
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281
282 Register
5. Moderne Wissenschaftler
6. Koranstellen