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In der Fremde

Aus der Héimat hínter den Blítzen rót a

Da kómmen die Wólken hér, b

Aber Váter und Mútter sind lánge tót, a

Es kénnt mich dort kéiner méhr. b

Wie báld, wie báld kommt die stílle Zéit, c

Da rúhe ich áuch, und úeber mír d

Ráuschet die schóene Wáldeinsamkéit c

Und kéiner mehr kénnt mich auch híer. d

Vagantenstrophe:

- vier- oder achtzeilig


- beliebt wegen Nähe zum Volkslied
- wegen durchgehender männlicher Kadenz liegt Chevy-Chase-Strophe vor, auch
bekannt als „Grenadierliederstrophe“ (besonders in Soldatenliedern beliebt)

Kontext bei Eichendorff

„Viel Lärm um nichts“ (Novelle, 1832)

mit Erstaunen glaubte Romano, als er genau hinblickte, den wahnsinnigen Harfner
wiederzuerkennen, der dort über seiner Harfe eingeschlafen war. – In einer Fensternische aber
saß eine junge schöne Frau, mit einer Gitarre im Arm, in die vom Gewitter beleuchtete
Gegend hinausschauend. Sie hörten sie im Eintreten eben noch singen:

»Aus der Heimat hinter den Blitzen rot


Da kommen die Wolken her,
Aber Vater und Mutter sind lange tot,
Es kennt mich dort keiner mehr.
Wie bald, wie bald kommt die stille Zeit,
Da ruhe ich auch, und über mir
Rauschet die schöne Waldeinsamkeit
Und keiner mehr kennt mich auch hier.«
Eventuell lässt sich sagen, dass gerade das Problem der Heimatfremde in diesem Gedicht
Eichendorff zur Verwendung einer soldatisch-patriotischen Form bewogen hat.

Schumann

- In Erstausgabe durch anderes Lied ersetzt (Der Frohe Wandersmann, später


restituiert)

Aus der Heimath hinter den Blitzen roth


Da kommen die Wolken her.
Aber Vater und Mutter sind lange todt,
Es kennt mich dort Keiner mehr.
Wie bald, ach, wie bald kommt die stille Zeit,
Da ruhe ich auch,
Da ruhe ich auch
Und über mir rauscht die schöne Waldeinsamkeit,
Die schöne Waldeinsamkeit,
Und Keiner kennt mich mehr hier,
Und Keiner kennt mich mehr hier.

Bei Betrachtung der Gedichtvorlage läge es nahe, den Text in 4+4 Zeilen zu unterteilen. Dies
macht Schumann hier nicht, er unterteilt in 4+3(5)+1(2)
Musikalisch ließe sich evtl. eine Reprisenbarform argumentieren (Stollen 1 (T.2-5), Stollen 2
(T.6-9), Abgesang (T.10-21), veränderter Stollen (T.22-25))

Die Grundtonart des Liedes ist fis-Moll.


Die Akkordbrechungen im Klavier könnten auf den Kontext des Gitarrenspiels (s.o.) und sie
vermittelt eine gewisse Rastlosigkeit.

Die Melodieführung ist im Allgemeinen und besonders in den beiden Stollen sehr erzählend
und weniger lyrisch, erst nachdem durch das Wort „mich“ das lyrische Ich in den Vordergrund
tritt, wird von der kleinschrittigen Melodieführung Abstand genommen.

Der erste Stollen verwendet hierbei die Tonika und Dominante. Bei „Vater und Mutter sind
lange todt“ wird die Harmonie in der Begleitung durch zwei chromatisch geführte
verminderte Akkorde ersetzt, wohl um den Text auszudeuten. Im ersten Stollen lag in der
rechten Hand auch immer die Singstimme nachgezeichnet, an dieser Stelle allerdings nicht,
eventuell um die Einsamkeit (Verlassenheit von vater und Mutter) auszudrücken.

Im Mittelteil bewegen wir uns zunächst von fis-Moll zur Parallele A-Dur (über ein unerfülltes
Ansteuern von E-Dur). Textlich sollte es hier um die stille Zeit gehen, und die Ruhe, die bald
kommt. Musikalisch wird das allerdings untergraben. Es wird nämlich nicht der Text
ausgedeutet, sondern das Sehnen und Verlangen nach diesem Zustand ausgedrückt. Allerdings
ist zu fragen, ob man sich dieser Ruhe so sicher sein kann, da der Schluss des Abschnitts in
eine Mi-Kadenz mündet, die alles andere als überzeugt klingt. Diese Mi-Kadenz führt nun
auch endgültig in die Tonart h-Moll. Mit der Wiederholung der Waldeinsamkeit finden wir
nun auch nach fis-Moll zurück. Zum Ende wird die Unbekanntheit des Protagonisten durch
den Neapolitaner ausgedrückt.
Melodisch ist der Schluss aus der zweiten Hälfte der Stollen gewonnen, die auch textlich eine
Verwandtschaft aufweisen. Im B-Teil schleicht sich allerdings eine sehr penetrante Quinte ein
(die umso augenfälliger wird, da sie die Singstimme übersteigt), die sich bei der
Wiederholung von „Keiner kennt mich mehr hier“ am Ende des Liedes befindet.

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