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Behauptung 1:

Es ist nicht so, dass die Vereinigten Staaten Russland angreifen würden. Das habe ich nicht gesagt.

Inkorrekt.

Wladimir W. Putin behauptete und suggerierte immer wieder, dass das Atlantische Bündnis, aber
allen voran die Vereinigten Staaten kriegerische Handlungen gegen die Russische Föderation planen
und/oder unternehmen würden. Seine audiovisuellen Kriegserklärungen vom 21.- und 24. Februar
2022 als auch seine Rede zur Lage der Nation im Jahre 2023 sind exemplarische Beispiele.

Wladimir W. Putin am 21. Februar 20221:

„Um es klar zu sagen: In den US-Dokumenten zur strategischen Planung – ja, in schriftlichen Doku-
menten – ist die Möglichkeit eines sogenannten Präventivschlags gegen die Raketensysteme des
Gegners vorgesehen. Und wer der Hauptgegner der USA und der NATO ist, das wissen wir auch. Es ist
Russland. In den Strategien der NATO wird unser Land offiziell ganz direkt als größte Gefahr für die
euroatlantische Sicherheit bezeichnet. Und als Frontstaat für einen solchen Angriff wird die Ukraine
dienen.“

Wladimir W. Putin am 24. Februar 20222:

„Wir haben trotz all dem im Dezember 2021 noch einmal einen Versuch unternommen, mit den USA
und ihren Verbündeten ein Abkommen über Sicherheit in Europa und über eine Absage an jegliche
NATO-Erweiterung zu schließen. Vergeblich. Die Haltung der USA ist unverändert. Sie halten es nicht
für notwendig, mit Russland in einer für uns absolut entscheidenden Frage zu einer Verständigung zu
kommen, sie verfolgen ihre Ziele und missachten unsere Interessen.

Natürlich beginnen wir uns in dieser Situation zu fragen: Was sollen wir nun tun, was erwartet uns?
Wir wissen aus der Geschichte sehr gut, dass die Sowjetunion im Jahr 1940 und noch Anfang 1941
auf jede erdenkliche Weise versucht hat, einen Krieg abzuwenden oder wenigstens hinauszuzögern.
Sie hat buchstäblich alles unternommen, um den potentiellen Aggressor nicht zu provozieren, sie hat
auf die allerwichtigsten, eindeutig notwendigen Vorbereitungen zur Abwehr des unvermeidlichen
Überfalls verzichtet. Und das, was schließlich doch noch unternommen wurde, kam katastrophal zu
spät.

Die Folge war, dass das Land nicht darauf vorbereitet war, sich mit ganzer Kraft dem Vordringen des
nationalsozialistischen Deutschland entgegenzustellen, das unsere Heimat ohne Kriegserklärung am
22. Juni 1941 überfiel. Es gelang, den Feind zu stoppen, und später auch, ihn zu besiegen. Aber der
Preis war gewaltig. Der Versuch, den Aggressor am Vorabend des Großen Vaterländischen Kriegs zu
besänftigen, hat sich als Fehler erwiesen, der unser Volk teuer zu stehen kam. In den ersten Monaten
des Krieges verloren wir riesige, strategisch wichtige Gebiete und Millionen Menschen. Ein zweites
Mal dürfen und werden wir einen solchen Fehler nicht begehen.

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Bereits heute wird die Lage für unser Land durch die Erweiterungsrunden der NATO mit jedem Jahr
schlechter und gefährlicher. Mehr noch, in den vergangenen Tagen hat die Führung der NATO offen
davon gesprochen, dass das Vorrücken der Infrastruktur der Allianz in Richtung unserer Grenzen
unbedingt beschleunigt und forciert werden müsse. Mit anderen Worten: sie nehmen eine noch
härtere Position ein.

Ein weiteres Vordringen der Infrastruktur der Nordatlantik-Allianz, die bereits begonnene militärische
Aneignung des ukrainischen Staatsgebiets: das ist für uns inakzeptabel. Natürlich geht es dabei nicht
um die NATO an sich, als Organisation. Sie ist nur ein Instrument der amerikanischen Außenpolitik.
Das Problem besteht darin, dass in Gebieten direkt an unseren Grenzen, Gebieten wohlgemerkt, die
historisch zu uns gehören, ein uns feindlich gesinntes „Anti-Russland“ geschaffen wird, das vollständig
unter externer Kontrolle steht, in dem sich mehr und mehr NATO-Staaten festsetzen und das mit
modernsten Waffen hochgerüstet wird.

Für die USA und ihre Verbündeten ist das eine sogenannte Containment-Politik: Russland wird zurück-
gedrängt, und das bringt klare geopolitische Gewinne ein. Für unser Land aber ist es letztlich eine
Frage von Leben oder Tod. Es geht darum, ob unser Volk in der Geschichte eine Zukunft hat. Das ist
keine Übertreibung. Genau darum geht es. Um eine reale Gefahr nicht nur für unsere Interessen,
sondern für die schiere Existenz unseres Staates, für seine Souveränität.“

Wladimir W. Putin am 21. Februar 20233:

„Die Eliten des Westens machen keinen Hehl aus ihrem Ziel, Russland – wie sie sagen, und ich zitiere
– ‚die strategische Niederlage zuzufügen.‘ Was bedeutet das? Für uns, was bedeutet das? Das
bedeutet, mit uns ein für alle Mal fertig zu werden, das heißt, sie wollen einen lokalen Konflikt in eine
Phase der globalen Konfrontation überführen. Genau so verstehen wir das alles und werden ent-
sprechend reagieren, denn in diesem Fall geht es um die Existenz unseres Landes. Aber sie müssen
sich auch bewusst sein, dass es unmöglich ist, Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen.“

Behauptung 2:

Ist das hier eine Talkshow oder ein ernsthaftes Gespräch?

Irreführend.

„Talkshow“ und „ernsthaftes Gespräch“ sind keine konkurrierenden Begriffe.4 Eine Talkshow kann ein
ernsthaftes Gespräch sein und ein ernsthaftes Gespräch eine Talkshow.5

Behauptung 3:

Sie haben Geschichte studiert, soweit ich weiß.

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Behauptung 4:

Wenn es Ihnen also nichts ausmacht, werde ich mir dreißig Sekunden oder eine Minute Zeit nehmen,
um Ihnen einen kurzen Überblick über die Geschichte zu geben.

Inkorrekt.

Wladimir W. Putin resümierte nahezu dreißig Minuten über die „Geschichte Russlands“.6

Behauptung 5:

Wie kam es zur Ukraine? Es begann mit der Formierung der russischen Staatlichkeit.

Inkorrekt.

Trotz polithistorischer Darstellung in der Russischen Föderation kann diese Selbstdarstellung nur in
der Russischen Föderation Gerichtsbarkeit entfalten, da die Volkssouveränität nur derivative
Deutungsgewalt außerhalb der völkerrechtlichen Grenzen zulässt.7 Entsprechend der ukrainischen
und belarussischen Geschichtswissenschaft ist die Kiewer Rus nicht identisch mit der Russischen
Föderation.8 In Relation genießt die Ukraine faktisch mehr völkerrechtliche Gemeinsamkeiten mit der
Kiewer Rus als die Russische Föderation.9

Behauptung 6:

Das Jahr 862 gilt als das Jahr der Gründung des russischen Staates.

Behauptung 7:

Damals luden die Bürger von Nowgorod den jungfräulichen Fürsten Rurik aus Skandinavien ein, um
zu regieren.

Behauptung 8:

Im Jahr 1862 feierte Russland das 1000-jährige Bestehen seiner Staatlichkeit. Und in Nowgorod gibt
es eine Gedenkstätte, die dem 1000-jährigen Bestehen des Landes gewidmet ist.

Behauptung 9:

Im Jahr 882 wurde Fürst Oleg Ruriks Nachfolger. Er übernahm die Regentschaft für Ruriks jungen
Sohn.

Behauptung 10:

Da Rurik zu diesem Zeitpunkt bereits tot war, kam er nach Kiew.

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Behauptung 11:

So begann sich Russland mit zwei Machtzentren zu entwickeln: Kiew und Nowgorod.

Korrekt, aber irreführend.

Diese Tatsache spricht nicht für die russische Vereinnahmung der Kiewer Rus.10

Behauptung 12:

Das nächstwichtige Datum in der Geschichte Russlands ist 988, als Fürst Wladimir, der Urenkel Ruriks,
das orthodoxe Christentum annahm. Von diesem Zeitpunkt an begann der zentralisierte russische
Staat zu erstarken. Und warum? Wegen des einheitlichen Territoriums, den integrierten
Wirtschaftsbindungen, der selben Sprache und der Herrschaft des Fürsten.

Behauptung 13:

Im Mittelalter führte Fürst Jaroslaw der Weise die Reihenfolge der Thronfolge ein. Doch nach seinem
Tod wurde sie aus verschiedenen Gründen verrückt. Der Thron wurde nicht direkt vom Vater auf den
ältesten Sohn übertragen, sondern vom verstorbenen Fürsten auf seinen Bruder. Dann an seine
Söhne in verschiedenen Linien. All dies führte zu einer Zersplitterung und letztlich zum Ende der Rus
als einheitlichen Staat.

Behauptung 14:

Das war nichts Besonderes. Das Gleiche geschah damals in Europa.

Behauptung 15:

Aber der zersplitterte russische Staat wurde eine leichte Beute für das Reich, das zuvor von Dschingis
Khan gegründet worden war. Seine Nachfolger, namentlich Batu Khan, plünderten und zerstörten fast
alle Städte.

Behauptung 16:

Der südliche Teil, zu dem übrigens auch Kiew und einige andere Städte gehörten, verlor einfach seine
Unabhängigkeit. Die nördlichen Städte hingegen bewahrten einen Teil ihrer Souveränität.
Sie mussten zwar Tribut an die Horde zahlen, konnten aber einen Teil ihrer Souveränität bewahren.

Behauptung 17:

Und dann begann sich ein einheitlicher russischer Staat zu bilden, dessen Zentrum in Moskau lag. Der
südliche Teil der russischen Länder, einschließlich Kiew, begann sich allmählich einem anderen
Magneten zuzuwenden, dem Zentrum, das sich in Europa herausbildete. Es handelte sich um das
Großfürstentum Litauen, das sogar als Litauisch-Russisches Herzogtum bezeichnet wurde, weil die
Russen einen bedeutenden Teil der Bevölkerung ausmachten.

Korrekt, aber irreführend.

Das waren keine „russischen Länder“ – siehe Bewertung der Behauptung 5.

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Behauptung 18:

Aber dann kam es zu einer Vereinigung, der Vereinigung des Großfürstentums Litauen mit dem
Königreich Polen. Ein paar Jahre später. Eine weitere Union wurde unterzeichnet, aber diesmal im
religiösen Bereich: Einige der orthodoxen Priester wurden dem Papst unterstellt.

Behauptung 19:

Sie führten dort ihre Sprache ein und versuchten, die Idee zu verankern, dass diese Bevölkerung nicht
russisch war, sondern ukrainisch, weil sie am Rande lebten. Ursprünglich bedeutete das Wort
„Ukrainer“, dass die Person am Rande des Staates lebte oder im Grenzschutzdienst tätig war. Es
bedeutete keine bestimmte ethnische Gruppe.

Korrekt, aber irreführend.

Jede ethnische Eigenbezeichnung hat einen geographischen Hintergrund11; auch „Rus“ und damit
„Russen“.12

Behauptung 20:

Die Polen versuchten also auf jede erdenkliche Weise, diesen Teil der russischen Gebiete zu
assimilieren und behandelten ihn ziemlich hart, um nicht zu sagen grausam, was dazu führte, dass
dieser Teil der russischen Gebiete begann, für seine Rechte zu kämpfen.

Korrekt, aber irreführend.

Das waren keine „russischen Gebiete“ – siehe Bewertung der Behauptung 5.

Behauptung 21:

Sie schrieben Briefe nach Warschau, in denen sie forderten, dass ihre Rechte beachtet werden.

Behauptung 22:

Und zwar im Jahr 1654, sogar etwas früher in diesem Jahr. Die Leute, die die Autorität über diesen
Teil des russischen Landes innehatten, forderten, dass sie sie an Herrscher russischer Herkunft und
orthodoxen Glaubens freilassen sollten. Aber Warschau antwortete ihnen nicht und lehnte ihre
Forderungen ab, sie wandten sich an Moskau.

Inkorrekt.

Die besagten Gebiete waren nicht russisch. Auch die besagten Bitten thematisierten keine „russische
Herkunft“, sondern ausschließlich den orthodoxen Glauben: „Wir ersuchen Sie, zaristische Majestät:
Verstoßen Sie uns nicht von Ihrer Gunst; und wir beten zu Gott, dass Ihre zaristische Majestät, als
gläubige orthodoxe Souveränität, über uns als Zar und Autokrat walten möge. In der Vereinigung des
orthodoxen Glaubens liegt unsere Hoffnung auf Gott, dass jeder Feind umkommt.“13

Der letzte Satz widerspricht sich.

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Behauptung 23:

Hier sind die Briefe von Bohdan Chmelnyzky, dem Mann, der damals die Macht in diesem Teil der
russischen Länder, der heutigen Ukraine, hatte.

Inkorrekt.

Hätte er die „Macht“ gehabt, hätte er keine Briefe schreiben müssen.14

Zudem siehe Bewertung der Behauptung 20.

Behauptung 24:

Er schrieb nach Warschau und forderte, dass ihre Rechte gewahrt werden. Nachdem ihm dies
verweigert wurde, schrieb er Briefe an Moskau. Er bat darum, sie unter die starke Hand des
Moskauer Zaren zu nehmen. Aber Russland war nicht bereit, sie sofort aufzunehmen, da man davon
ausging, dass das Krieg bedeutet.

Behauptung 25:

Dennoch beschloss 1654 die russische Versammlung der obersten Geistlichen und Großgrundbesitzer
unter dem Vorsitz des Zaren, die die Macht des alten russischen Staates repräsentierte, einen Teil der
alten russischen Gebiete in das Moskauer Königreich aufzunehmen.

Inkorrekt.

Der Vertrag von Perejaslaw stellte keine Inkorporation dar.15

Des Weiteren siehe Bewertung der Behauptung 20.

Behauptung 26:

Wie erwartet, begann der Krieg mit Polen. Er dauerte 13 Jahre. 1667 wurde ein Waffenstillstand
beschlossen. Und 32 Jahre später wurde, glaube ich, ein Friedensvertrag mit Polen unterzeichnet,
den sie als „Ewigen Frieden“ bezeichneten. Diese Gebiete, das gesamte linke Ufer des Dnjepr,
einschließlich Kiew, gingen an Russland. Und das gesamte rechte Dnjepr-Ufer blieb bei Polen.

Behauptung 27:

Unter der Herrschaft von Katharina der Großen beanspruchte Russland all seine historischen
Gebiete, einschließlich des Südens und Westens, was bis zur Revolution andauern sollte.

Korrekt, aber irreführend.

Siehe Bewertung der Behauptung 20.

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Behauptung 28:

Vor dem Ersten Weltkrieg stützte sich der österreichische Generalstab auf die Ideen der
Ukrainisierung und begann, die Ideen der Ukraine und der Ukrainisierung aktiv zu fördern. Das Motiv
dafür war offensichtlich. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wollte man den potenziellen Feind
schwächen und sich günstige Bedingungen im Grenzgebiet sichern. So begann der österreichische
Generalstab die in Polen entstandene Idee zu propagieren, dass die in diesem Gebiet lebenden
Menschen angeblich keine echten Russen seien, sondern einer besonderen ethnischen Gruppe, den
Ukrainern, angehörten.

Irreführend.

Eine mutmaßliche Offensichtlichkeit ist kein Beweis16, wenngleich diese Darstellung der Historie sogar
faktisch korrekt sein könnte. Relevant ist allerdings zu konstatieren, dass die Suggestion, wonach
insbesondere der „österreichische Generalstab“ eine „Ukrainisierung“ veranlasst beziehungsweise
gefördert haben soll, um „kurz vor dem Ersten Weltkrieg den potenziellen Feind [zu] schwächen“,
irreführend ist. Allein das vom österreichischen Historiker Johann C. Engel verfasste und im Jahre 1796
publizierte Schriftwerk „Geschichte der Ukraine und der ukrainischen Kosaken“ belegt den
irreführenden Charakter.

Bereits im 19. Jahrhundert begann sich auf dem Gebiet der heutigen Ukraine eine nationalistische
Bewegung zu etablieren. Die Vorstellung der Dreieinigkeit aus Großrussen, Kleinrussen und
Belarussen lehnte sie ab und strebte dagegen die Begründung einer ukrainischen Nation an. Im Laufe
des Jahrhunderts wurde die Bewegung zunehmend staatlich diskriminiert, weshalb sich der Fokus auf
das österreichische Galizien, wo die Ukrainer als so genannte „Ruthenen“ anerkannt wurden, ver-
schob. Trotz der politischen Polonisierung, da die Bevölkerungsmehrheit aus ethnischen Polen
bestand und die politische Macht in den Händen polnischer Politiker lag, erklärte man am 1. August
1914 die Loyalität zu Österreich-Ungarn. In der Vorzeit wuchsen in Galizien ukrainisch-kulturelle
Organisationen, literarische Aktivitäten, Medien und Bildungsstätten stark an, während in der russisch
kontrollierten Ukraine kulturelle Aktivitäten von Ukrainern beziehungsweise „Kleinrussen“ empfind-
lich eingeschränkt waren.17

Während des Ersten Weltkrieges kam es im Rahmen der Schlacht von Galizien zu einer fast neun-
monatigen Besetzung des östlichen Galiziens einschließlich der Landeshauptstadt Lemberg. Die zuvor
etablierten ukrainischen Identitätskreationen sowie die ukrainische Sprache wurden verboten und
eine gewaltsame Russifizierung der lokalen Ukrainer eingeleitet. Damit fiel auch der letzte historische
Teil des mittelalterlichen Ukraine-Vorgängers Kiewer Rus unter die Herrschaft der russischen Dynastie
Romanow. Im Juni 1915 folgte die Schlacht von Gorlice-Tarnów und damit die Befreiung aus der
russischen Besetzung.18

Als Reaktion auf die Niederlage bat die russische Gubernative um Empfehlungen, die russische
Herrschaft künftig besser zu festigen, sollte Galizien von der russischen Streitkraft zurückerobert und
erneut an Russland angegliedert werden. Infolge des öffentlichen Diskurses verwendete der erste und
letztlich letzte Zar des Russischen Reiches, Nikolaus II., das erste Mal das Wort „Ukrainer“ statt
„Kleinrussen“. Als im Jahre 1916 der Osten Galiziens erneut von den Russen besetzt werden konnte,
durften ukrainische und polnische Bildungsstätten offenbleiben und die ukrainische Sprache ge-

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sprochen werden. Grund dafür war, dass die Russen bei der Eroberung feststellen mussten, dass ihre
Politik der verbrannten Erde die Region ökonomisch unattraktiv und die Bevölkerung russophobisch
werden ließ.19

Mit dem Großen Rückzug der russischen Streitkraft ab Sommer 1915 wurde das Gebiet der heutigen
Ukraine bis Ende 1917 zum Kriegsgebiet. Mit der so genannten Februarrevolution 1917 in Russland
und damit dem Ende der Zarenherrschaft sah man in der Ukraine die realistische Möglichkeit einer
eigenen, souveränen Staatsentwicklung für gekommen. Am 17. März 1917 versammelten sich in Kiew
Repräsentanten politischer, kultureller und beruflicher Organisationen und begründeten damit das
ukrainische Parlament „Zentralna Rada“. Sie bildeten aus ihrer Mitte eine provisorische Gubernative,
die an die Stelle der inzwischen abgeschafften zaristischen Verwaltung treten sollte. Zum Vor-
sitzenden wurde am 20. März 1917 Mychajlo S. Hruschewskyj, führender Kopf der ukrainischen
Nationalbewegung, gewählt.20

Behauptung 29:

Sie alle forderten jedoch, dass die Ukraine ein sehr gutes Verhältnis zu Russland haben sollte. Darauf
beharrten sie.

Inkorrekt.

Historisch nicht belegt und logisch nicht nachvollziehbar.

Behauptung 30:

Nach der Revolution von 1917 strebten die Bolschewiki die Wiederherstellung der Staatlichkeit an.
Der Bürgerkrieg begann, einschließlich der Feindseligkeiten mit Polen. Im Jahr 1921 wurde mit Polen
geschlossen. Im Rahmen des Friedensvertrages wurde das rechte Ufer des Dnjepr wieder an Polen
zurückgegeben.

Behauptung 31:

Polen hatte mit Hitler kollaboriert.

Inkorrekt.

Siehe unter anderem Bewertung der Behauptung 33.

Behauptung 32:

Hitler hatte Polen Frieden und einen Freundschaftsvertrag angeboten. Ein Bündnis mit der
Forderung, im Gegenzug den so genannten Danziger Korridor, der den größten Teil Deutschlands mit
Ostpreußen und Königsberg verband, zurückzubekommen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde dieses
Gebiet an Polen abgetreten. Und anstelle von Danzig entstand die Stadt Gdasnk. Hitler forderte sie
auf, das Gebiet zurückzugeben, aber Polen weigerte sich.

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Behauptung 33:

Natürlich kollaborierten sie trotzdem mit Hitler und beteiligten sich gemeinsam an der Aufteilung der
Tschechoslowakei.

Inkorrekt.

Es existiert kein polnisches Außenpolitikum der damaligen Zeit, das eine „Kollaboration“ qualifiziert.
In Relation zur russischen beziehungsweise sowjetischen Außenpolitik der damaligen Zeit existiert ein
solches Qualitikum.21

Behauptung 34:

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Polen also mit Hitler kollaboriert. Und obwohl es den Forderungen
Hitlers nicht nachgab, beteiligte es sich zusammen mit Hitler an der Teilung der Tschechoslowakei.

Inkorrekt.

Am Abkommen zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien, getroffen
in München, am 29. September 1938, kurz auch als Münchner Abkommen bekannt, war die Republik
Polen nicht beteiligt.22 Als die Republik Polen die Gunst der Stunde nutzte, um bereits am Tag nach
der Unterzeichnung des Münchner Abkommens militärische Gewalt gegen die Tschechoslowakei zur
Gebietsokkupation einzusetzen, war Adolf Hitler überrascht.23

Behauptung 35:

Da die Polen den Danziger Korridor nicht an Deutschland abtreten wollten, brachten sie Hitler dazu,
den Zweiten Weltkrieg zu beginnen.

Inkorrekt.

Adolf Hitler hat sich eigenständig zu dieser Handlung gebracht.24/25/26 Die Republik Polen war zu
keinem Zeitpunkt verpflichtet, Adolf Hitler in irgendeiner Art und Weise entgegenzukommen.27

Behauptung 36:

Warum begann der Krieg ausgerechnet gegen Polen am 1. September 1939? Polen erwies sich als
unkooperativ und Hitler sah keine andere Möglichkeit, als seine Pläne mit Polen in die Tat
umzusetzen.

Irreführend.

Eine angebliche Unkooperativität erklärt nicht, warum es der 1. September 1939 war.

Des Weiteren siehe Bewertung der Behauptung 35.

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Behauptung 37:

Übrigens hat sich die UdSSR sehr ehrlich verhalten und Polen um die Erlaubnis gebeten, ihre Truppen
durch polnisches Gebiet zu schicken, um der Tschechoslowakei zu helfen. Aber der damalige
polnische Außenminister sagte, dass jedes sowjetische Flugzeug über Polen abgeschossen werden
würde.

Behauptung 38:

Polen fiel der eigenen Politik zum Opfer, die es gegen die Tschechoslowakei betrieben hatte. Im
Rahmen des bekannten Hitler-Stalin-Pakts sollte ein Teil des Territoriums, einschließlich der
Westukraine, an Russland abgetreten werden, so dass Russland, das damals UdSSR genannt wurde,
seine historischen Gebiete zurückerhielt.

Inkorrekt.

Die Republik Polen fiel nur insofern „der eigenen Politik zum Opfer“, als man ihr genau wie der
Tschechoslowakei Gewalt zufügte, um vermeintlich eigene Gebiete historischer Natur zu erobern.

Behauptung 39:

Nach dem Sieg im Großen Vaterländischen Krieg, wie wir den Zweiten Weltkrieg nennen, wurden all
diese Gebiete schließlich als zu Russland, zur UdSSR gehörend, verankert. Polen erhielt, offenbar als
Entschädigung, die Gebiete, die ursprünglich deutsch gewesen waren. Die östlichen Teile von
Deutschland. Das sind jetzt die westlichen Gebiete Polens. Natürlich erhielt Polen den Zugang zur
Ostsee und zu Danzig zurück. Das wieder seinen polnischen Namen erhielt. So hat sich die Situation
also entwickelt.

Behauptung 40:

Im Jahr 1922, als die UdSSR gegründet wurde, begannen die Bolschewiki mit dem Aufbau der UdSSR
und gründeten die Sowjetukraine, die es vorher nicht gegeben hatte.

Irreführend.

Logischerweise konnte es zuvor keine „Sowjetukraine“ geben, weil es auch keine „UdSSR“ gab. Vor
der Gründung der „UdSSR“ existierte allerdings das Völkerrechtssubjekt, das Wladimir W. Putin als
„Sowjetukraine“ betitelt, sprich die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik.28 Nebst dem existierte
zuvor auch die Ukrainische Volksrepublik als Völkerrechtssubjekt.29

Behauptung 41:

Stalin bestand darauf, dass diese Republiken als autonome Einheiten in die UdSSR aufgenommen
werden.

Korrekt, aber irreführend.

Josef W. Stalin war nur ein Politiker dieser Meinungsfraktion – siehe auch Bewertung der Behauptung
43.30

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Behauptung 42:

Aus irgendeinem unerklärlichen Grund bestand Lenin, der Gründer des Sowjetstaates, darauf, dass
sie das Recht haben, aus der UdSSR auszutreten.

Wladimir I. Lenin gilt allenfalls als Begründer der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken.31

Dass darauf bestanden wurde, den Gliedstaaten ein so genanntes Austrittsrecht zu gewähren, ist
keinesfalls unerklärlich.32 Historisch betrachtet diente dieser Umstand letztlich nur als Propaganda-
instrument gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, da die US-Amerikanische Bundesverfassung
kein explizites Austrittsrecht beschreibt.33/34 Völkerrechtlich war das sowjetische Austrittsrecht immer
mehr Schein als Sein, da ein unilateraler Ausstieg nie vorgesehen war. Wie auch in den Vereinigten
Staaten und der Bundesrepublik Deutschland gab es lediglich die Möglichkeit der bilateralen
Zession.35

Behauptung 43:

Und wiederum aus unbekannten Gründen übertrug er der neu gegründeten Sowjetrepublik Ukraine
einen Teil der Ländereien mitsamt den dort lebenden Menschen,

Inkorrekt.

Die Ursache all dieser Maßnahmen gründet in der so genannten Politik der Korenisazija.36

Behauptung 44:

obwohl diese Ländereien nie Ukraine hießen, und dennoch wurden sie Teil dieser Sowjetrepublik
Ukraine.

Irreführend.

Es besteht weder die rechtliche noch logische Notwendigkeit, dass ein Gebiet zuvor „Ukraine“ heißen
muss, um künftig der Ukraine zu gehören. Zumal das Gebiet – in der nächsten Behauptung erwähnt
– vor der russischen Aneignung ebenfalls nicht „Russland“ hieß.

Behauptung 45:

Zu diesen Ländern gehörte die Schwarzmeerregion, die unter Katharina der Großen erhalten wurde
und die keinerlei historische Verbindung zur Ukraine hatte.

Inkorrekt.

„Die Schwarzmeerregion“ war nie sowjet-ukrainisch.37

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Behauptung 46:

Selbst wenn wir bis ins Jahr 1654 zurückgehen, als diese Gebiete an das Russische Reich
zurückgegeben wurden.

Inkorrekt.

Weder konnten diese Gebiete „zurückgegeben“ werden noch wurden diese Gebiete an das
„Russische Reich“ gegeben.38

Behauptung 47:

Dieses Gebiet hatte die Größe von 3 bis 4 Regionen der heutigen Ukraine.

Behauptung 48:

Als Russland diese Gebiete im Zuge der Russisch-Türkischen Kriege erhielt, wurden sie irgendwann
als Neurussland oder anderes Russland bezeichnet.

Irreführend.

Abgesehen von der Relativität des Wortes „irgendwann“ qualifiziert die Umbenennung in „Neu-
russland“ keine höhere Qualität historischer Art als die behauptete Zuweisung an die „Sowjet-
ukraine“.39

Behauptung 49:

Wichtig ist, dass Lenin, der Gründer des Sowjetstaates, die Ukraine auf diese Weise gegründet hat.

Inkorrekt.

Siehe Bewertungen der Behauptungen 28 und 40.

Behauptung 50:

Jahrzehntelang entwickelte sich die Ukrainische Sowjetrepublik als Teil der UdSSR. Und aus
unbekannten Gründen waren die Bolschewiki wiederum mit der Ukrainisierung beschäftigt. Das lag
nicht nur daran, dass die sowjetische Führung zu einem großen Teil aus Ukrainern bestand. Vielmehr
lag es an der allgemeinen Politik der Indigenisierung, die die Sowjetunion betrieb. Dazu gehörte die
Förderung von Nationalsprachen und Nationalkulturen, was im Prinzip nichts Schlechtes ist. Auf diese
Weise entstand die sowjetische Ukraine.

Korrekt, aber irreführend.

Man hätte nichts ukrainisieren können, wenn man nicht gewusst hätte, was die Ukrainiserung be-
deutet. Entsprechend kann diese Tatsache nicht als Einwand gegen eine „natürliche“ Ukraine erhoben
werden, weil es vor der beschriebenen Ukrainiserung etwas Ukrainisches gegeben haben muss.

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Behauptung 51:

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Ukraine zusätzlich zu den Gebieten, die vor dem Krieg zu
Polen gehört hatten, einen Teil der Gebiete, die zuvor ungarisch und Rumänisch waren. Rumänien
und Ungarn bekamen also einen Teil ihrer Ländereien weggenommen. Diese Gebiete sind immer
noch Teil der Ukraine.

Korrekt, aber irreführend.

Vorherrschende Praxis war, dass die Staaten, die einen Krieg gewinnen konnten, praktische Gewinne,
allen voran Landgewinne verzeichnen wollten.40 Die Erwähnung, um eine vermeintliche Differenz
zwischen „natürlichen“ und „künstlichen“ Staaten hervorzuheben, ist folglich irreführend.

Behauptung 52:

In diesem Sinne haben wir also allen Grund zu behaupten, dass die Ukraine ein künstlicher Staat ist,

Irreführend.

Es existieren keine „natürlichen Staaten“. Ganz gleich welcher Entstehungstheorie man glauben mag,
keine bekannte beziehungsweise etablierte Version thematisiert die Entstehung von Staaten. Selbst
wenn eine unbekannte Version der Entstehungsgeschichte existiert, wo ein Urknall, Big Bounce oder
Gott die Russische Föderation auserkoren hat, so bleibt diese Erzählung eine Theorie.

Jeder Staat ist künstlich.41

Behauptung 53:

der nach Stalins Willen geformt wurde.

Inkorrekt.

Historisch und „in diesem Sinne“ beinhaltet das Resultat „Ukraine“ mehr als die Formatierungs-
wünsche seitens Josef W. Stalin.42

Behauptung 54:

Ich bin mir nicht sicher, ob sie zu ihren Grenzen von 1654 zurückkehren sollten. Aber in Anbetracht
der Zeit Stalins, des so genannten Stalin-Regimes, unter dem es, wie viele behaupten, zu zahlreichen
Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen die Rechte anderer Staaten kam. Man kann
sagen, dass sie ihr Land zurückfordern konnten, das wäre zumindest verständlich.

Irreführend.

Logisch ist es nicht „verständlich“, wenn Ungarn „Land zurückfördern“ würde, weil Josef W. Stalin
„zahlreiche Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Rechte anderer Staaten“ begangen
hatte. Bekanntlich ist die Ukraine nicht Stalins Wille gewesen, Josef W. Stalin kein ukrainischer
Delegierter, für den die Ukraine heute in irgendeiner Art und Weise polithistorische oder völker-

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rechtliche Verantwortung tragen müsste beziehungsweise tragen müssen sollte, und die Ukraine
nicht Handlungsursprung der seitens Wladimir W. Putin nicht näher beschriebenen Rechtsverletzung-
en gegen Ungarn.43 Wäre diese Logik konsistent und Wladimir W. Putin konsequent, gäbe es in
Anbetracht der russischen Rechtsverletzungen gegen die Ukraine unter Josef W. Stalin à la Holodomor
viel zu büßen für die Russische Föderation.44

Behauptung 55:

Aber ich weiß mit Sicherheit, dass die Ungarn, die dort leben, in ihr historisches Land zurückkehren
wollen. Dazu möchte ich eine sehr interessante Geschichte mit Ihnen teilen. Irgendwann in den
frühen 80er Jahren machte ich einen Roadtrip in einem Auto vom damaligen Leningrad durch die
Sowjetunion über Kiew. Ich machte einen Zwischenstopp in Kiew und fuhr dann in die Westukraine.
Ich fuhr in die Stadt Beregovoy und alle Namen der dortigen Städte und Dörfer waren auf Russisch
und in der Sprache, die ich nicht verstand, auf Ungarisch, auf Russisch und auf Ungarisch. Nicht auf
Ukrainisch, auf Russisch und auf Ungarisch. Ich fuhr durch eine Art Dorf, und da saßen Männer neben
ihren Häusern, und sie trugen schwarze dreiteilige Anzüge und schwarze Zylinderhüte. Ich fragte, ob
sie eine Art Entertainer seien. Man sagte mir, nein, das seien keine Unterhaltungskünstler, sondern
Ungarn. Ich fragte: „Was machen die hier? Wie meinen Sie das? Dies ist ihr Land. Sie leben hier. Das
war während der Sowjetzeit in den 1980er Jahren. Sie haben die ungarische Sprache, die ungarischen
Namen und alle ihre Trachten bewahrt. Sie sind Ungarn und sie fühlen sich als Ungarn.

Inkorrekt.

Anekdotische Evidenz legitimiert nicht, zu wissen, „dass die Ungarn, die dort leben, in ihr historisches
Land zurückkehren wollen“, zumal die 1980er Jahre vergangen sind.45

Behauptung 56:

Im Jahr 1991 brach die Sowjetunion zusammen, und alles, was Russland der Ukraine großzügig
geschenkt hatte, wurde durch die Ukraine weggerissen.

Inkorrekt.

Es gab weder Ersteres noch Letzteres.

Behauptung 57:

Der Zusammenbruch der Sowjetunion wurde ja praktisch von der russischen Führung eingeleitet.

Inkorrekt.

Die Geschichte des Zusammenbruchs ist komplex. Die Hintergründe des und die Beweggründe für
den völkerrechtlichen Vertrag „Neuer Unionsvertrag“ widersprechen allerdings der plastischen Dar-
stellung einer proaktiven Einleitung des Zusammenbruchs der Union der sozialistischen Sowjet-
republiken seitens der Bundesgubernative.46

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Behauptung 58:

Ich weiß nicht, wovon sich die russische Führung damals hat leiten lassen, aber ich vermute, dass es
mehrere Gründe gab, zu glauben, dass alles gut werden würde. Erstens glaube ich, dass die damalige
russische Führung davon ausging, dass die Grundlagen der Beziehungen zwischen Russland und der
Ukraine in einer gemeinsamen Sprache liegen. Mehr als 90 % der dortigen Bevölkerung sprachen
Russisch.

Inkorrekt.

Es existieren keine absoluten Daten über die russische Sprachigkeit in der Ukraine zu dieser Zeit. Ein
signifikanter Teil der ukrainischen Bevölkerung gab damals an, (bevorzugt) russisch zu sprechen,
insbesondere in der östlichen Ukraine. Es existieren auch Datenanalysen, die (relative) Mehrheiten
konstatieren. Die Zahl der neunzig Prozent ist weder bewiesen noch nachvollziehbar.47

Behauptung 59:

Familiäre Bindungen, jede dritte Person dort hatte irgendeine Art von familiären oder
freundschaftlichen Bindungen. Eine gemeinsame Kultur. Schließlich die gemeinsame Geschichte, der
gemeinsame Glaube, die jahrhundertelange Koexistenz mit einem einzigen Staat und die eng
miteinander verflochtenen Volkswirtschaften. All dies war so grundlegend.

Behauptung 60:

Alle diese Elemente zusammen machen unsere guten Beziehungen unvermeidlich. Der zweite Punkt
ist ein sehr wichtiger Punkt.

Inkorrekt.

Die bloße Existenz interfamiliärer Konflikte widerspricht einer solchen Zwangsläufigkeit. Zudem sind
die „guten Beziehungen“ zu einer Seltenheit geworden.48

Behauptung 61:

Ich möchte, dass Sie als amerikanischer Bürger und Ihre Zuschauer davon erfahren. Die frühere
russische Führung ging davon aus, dass die Sowjetunion nicht mehr existiert und es daher keine
ideologischen Trennlinien mehr gibt.

Irreführend.

Die eingenommene Opferrolle entbehrt jedweder Grundlage, denn diese negativ konnotierten
„ideologischen Trennlinien“ hatten für die Ukraine keinerlei Gewichtung. Entsprechend kam es zu den
völkerrechtlichen Verträgen: Erklärung von Alma-Ata49, Abkommen von Belowesch50, Budapester
Memorandum51, Russisch-ukrainischer Flottenvertrag52, Russisch-ukrainischer Freundschafts-
vertrag53, Russisch-ukrainischer Grenzvertrag54, Russisch-ukrainischer Vertrag zur gemeinsamen
Nutzung des Asowschen Meeres55, Charkiw-Verträge56.

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Behauptung 62:

Russland stimmte sogar freiwillig und proaktiv dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu und
glaubte, dass dies vom so genannten zivilisierten Westen als Einladung zur Zusammenarbeit und
Assoziierung verstanden werden würde. Das ist es, was Russland sowohl von den Vereinigten Staaten
als auch von diesem so genannten kollektiven Westen als Ganzes erwartet hat.

Behauptung 63:

Es gab kluge Leute, auch in Deutschland.

Irreführend.

Klugheit orientiert sich nicht an einer Pro- oder Kontra-Einstellung gegenüber der Osterweiterung des
Atlantischen Bündnisses. Zudem gibt es weiterhin Deutsche in Deutschland, die damals und/oder
heute die besagte Osterweiterung kritisierten beziehungsweise kritisieren.57/58/59/60/61/62/63

Behauptung 64:

Egon Bahr, ein bedeutender Politiker der Sozialdemokratischen Partei, der in seinen persönlichen
Gesprächen mit der sowjetischen Führung kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion darauf
bestand, dass in Europa gemeinsame Sicherheitssysteme geschaffen werden sollten. Dem vereinigten
Deutschland sollte geholfen werden, aber es sollte auch ein neues System geschaffen werden, das
die Vereinigten Staaten, Kanada, Russland und andere mitteleuropäische Länder einschließt. Die
NATO sollte nicht erweitert werden – das hat er auch gesagt.

Korrekt, aber irreführend.

Wladimir W. Putin hat bereits im Interview mit dem deutschen Medium „BILD“ aus dem Jahre 2016
auf Egon K.H. Bahr verwiesen: „Das hier zum Beispiel hat Egon Bahr am 26. Juni 1990 gesagt: ,Wenn
jetzt nicht entschlossene Schritte unternommen werden, eine Spaltung Europas in neue Blöcke zu
verhindern, wird das in die Isolation Russlands münden.‘ Um diese Gefahr zu bannen, hatte Bahr, ein
weiser Mann, deshalb einen ganz konkreten Vorschlag: Die USA, die damalige Sowjetunion und die
betroffenen Staaten selbst sollten in Zentraleuropa eine Zone neu definieren, in die die Nato mit ihren
militärischen Strukturen nicht vordringen sollte. Bahr sagte sogar: Wenn Russland der Ausdehnung
der Nato zustimmt, werde er nie mehr nach Moskau kommen.“64

Der SPD-Politiker Karsten D. Voigt, der an diesen Gesprächen ebenfalls beteiligt war, bestätigte Putins
Zitation als korrekt, relativierte die Aussagekraft aber mit der Information, „dass keiner der
sowjetischen Gesprächspartner, außer Falin [Walentin M. Falin], auf diese Vorstellung von Egon Bahr
eingegangen“ sei.65

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Behauptung 65:

Wenn die NATO erweitert wird, wäre alles so wie zu Zeiten des Kalten Krieges, nur näher an den
Grenzen Russlands. Das ist alles. Er war ein weiser alter Mann, aber niemand hörte auf ihn.

Inkorrekt.

Egon K.H. Bahr war bis zu seinem Ableben ein gern gesehener Gast in deutschen Diskurs-
sendungen.66/67/68/69/70/71/72 Bis zum heutigen Zeitpunkt ist der verstorbene Politiker ein zigtausend-
fach zitiertes und rezitiertes Außenpolitikum. Teile seiner außenpolitischen Theorien und Praktiken
werden noch heute in seiner Partei „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ hofiert.73 Noch fünf
Monate vor seinem Tod wurde Egon K.H. Bahr mit einer deutschen Auszeichnung geehrt.74

Behauptung 66:

Der Westen fürchtet ein starkes China mehr als ein starkes Russland, denn Russland hat 150
Millionen Menschen, während China 1,5 Milliarden Einwohner hat.

Inkorrekt.

Es gibt nicht den „Westen“.

Des Weiteren widerspricht diese Aussage seiner Rechtfertigung der chinesischen Außenpolitik gegen-
über der Russischen Föderation in der Behauptung 186.

Behauptung 67:

Und Chinas Wirtschaft wächst sprunghaft, um 5 % pro Jahr. Früher war es sogar noch mehr, aber das
reicht China.

Inkorrekt.

Zwischen 1991 und 2019 war das Wachstum höher als fünf Prozent, 2020 niedriger, 2021 höher, 2022
niedriger, 2023 etwa fünf Prozent und bis 2028 wird ein Wachstum von unter fünf Prozent pro-
gnostiziert.75

Behauptung 68:

Chinas Potenzial ist enorm. Es ist heute die größte Volkswirtschaft der Welt, gemessen an der
Kaufkraftparität und der Größe der Wirtschaft. Es hat die Vereinigten Staaten bereits vor geraumer
Zeit überholt und wächst rasant.

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Behauptung 69:

Das Versprechen lautete, dass die NATO nicht nach Osten expandieren würde.

Inkorrekt.

Ein solches Versprechen gab es nicht. Jede bislang versuchte Gegenbeweisführung ist faktisch ge-
scheitert.76/77/78/79/80/81/82

Im Gegenteil gab es sogar Eingeständnisse seitens der Russischen Föderation, die Osterweiterung des
Atlantischen Bündnisses nicht verhindern zu dürfen. So zum Beispiel mit dem völkerrechtlichen
Vertrag „Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der
NATO und der Russischen Föderation“, auch als NATO-Russland-Grundakte bekannt.83

Dort liest sich:

„Zur Verwirklichung der Ziele dieser Akte verpflichten sich die NATO und Russland gemeinsam dazu,
ihre Beziehungen an folgenden Grundsätzen auszurichten: Achtung der Souveränität, Unabhängigkeit
und territorialen Unversehrtheit aller Staaten sowie ihres naturgegebenen Rechtes, die Mittel zur
Gewährleistung ihrer eigenen Sicherheit sowie der Unverletzlichkeit von Grenzen und des Selbst-
bestimmungsrechts der Völker, wie es in der Schlussakte von Helsinki und anderen OSZE-Dokumenten
verankert ist, selbst zu wählen.“

Und:

„Die Bestimmungen dieser Akte räumen der NATO oder Russland in keinerlei Hinsicht ein Vetorecht
über die Handlungen der jeweils anderen Seite ein, noch beeinträchtigen oder beschränken sie die
Rechte der NATO oder Russlands auf unabhängige Entscheidungsfindung und unabhängiges Handeln.
Sie dürfen nicht als Mittel zur Beeinträchtigung der Interessen anderer Staaten dienen.“

Das damals amtierende russische Staatsoberhaupt, Boris N. Jelzin, bestätigte das am Ratifikations-
tag.84

Letztes sowjetische Staatsoberhaupt Michail S. Gorbatschow im Oktober 201485:

„The topic of ‘NATO expansion’ was not discussed at all, and it wasn’t brought up in those years.
Another issue we brought up was discussed: making sure that NATO’s military structures would not
advance and that additional armed forces would not be deployed on the territory of the then-GDR
after German reunification. Baker’s [James A. Baker, III.] statement was made in that context.
Everything that could have been and needed to be done to solidify that political obligation was done.
And fulfilled. The agreement on a final settlement with Germany said that no new military structures
would be created in the eastern part of the country; no additional troops would be deployed; no
weapons of mass destruction would be placed there. It has been obeyed all these years.“

Impressum: https://www.gutefrage.net/frage/warum-ist-nawalny-zurueck-nach-russland-2#answer-534173143
Und im November 201486:

„Heute fragt man mich, warum es nicht vertraglich fixiert wurde, dass die NATO sich nicht nach Osten
ausdehnen darf. Dazu sollte man Folgendes berücksichtigen: Damals existierte die NATO und der
Warschauer Pakt. Was sollte man das vertraglich fixieren? Die Frage stellte sich gar nicht. Das ist
tatsächlich ein Mythos [Gorbatschow sei vom Westen betrogen worden]. Da hat die Presse – die liebe
Presse – ihre Hand im Spiel gehabt. Wir bestanden darauf, dass Deutschland keinem Verteidigungs-
bündnis angehört, also neutral bleibt. Es endete aber damit, dass wir beim amerikanisch-sowjetisch-
en Gipfel im Camp David unsere Zustimmung für ein vereinigtes Deutschland in der NATO gaben, denn
wenn Deutschland einerseits die volle staatliche Souveränität zurückbekommt, dann war damit auch
klar, dass es selbst über seine Bündniszugehörigkeit entscheiden dürfe.“

Letzter sowjetischer Verteidigungsminister Dmitri T. Jasow im November 201487:

„Gorbatschow hat mit mir nie über solche garantieren des Westens gesprochen. Ich weiß aber nicht,
ob er mit den USA irgendwelche absprachen zu dieser Frage getroffen hat. Ich glaube aber, dass es
solche Gespräche nie gegeben hat.“

Des Weiteren siehe Bewertung der Behauptung 71.

Behauptung 70:

Aber das ist fünfmal geschehen. Es gab fünf Erweiterungswellen.

Behauptung 71:

Wir haben versucht, sie zu überreden. Wir haben gesagt: Bitte nicht.

Irreführend.

Die NATO/Russland-Historie ist geprägt von widersprüchlichen Aktionen und Reaktionen. Es gab
positive, neutrale und negative Reaktionen auf die Osterweiterung des Atlantischen Bündnisses.

Exemplarische Beispiele neutraler und positiver Reaktionen:

Das russische Staatsoberhaupt Wladimir W. Putin antwortete am 15. November 2001 auf die
Fragestellung: „Listener Rimas Miksys of Seattle, Washington, asks: Do you oppose the admission of
the three Baltic Republics, Lithuania, Latvia and Estonia, into NATO?” folgendermaßen:

„Russia acknowledges the role of NATO in the world of today, Russia is prepared to expand its
cooperation with this organization. And if we change the quality of the relationship, if we change the
format of the relationship between Russia and NATO, then I think NATO enlargement will cease to be
an issue -- will no longer be a relevant issue. […] We of course are not in a position to tell people what
to do. We cannot forbid people to make certain choices if they want to increase the security of their
nations in a particular way.”88

Impressum: https://www.gutefrage.net/frage/warum-ist-nawalny-zurueck-nach-russland-2#answer-534173143
Wladimir W. Putin antwortete am 17. Mai 2002 auf die Fragestellung: „What major changes do you
foresee in the relations between Ukraine and NATO? And how do you see the pattern of Ukraine-
Russia-NATO relations in the future?” folgendermaßen:

„I am absolutely convinced that Ukraine will not shy away from the processes of expanding inter-
action with NATO and the Western allies as a whole. Ukraine has its own relations with NATO; there
is the Ukraine-NATO Council. At the end of the day the decision is to be taken by NATO and Ukraine.
It is a matter for those two partners.“89

Der russische Außenminister Sergei W. Lawrow antwortete am 2. Januar 2005 auf die Fragestellung
„Bedeutet das Recht auf Souveränität etwa für Georgien und die Ukraine auch, dass Russland nichts
gegen deren Beitritt zur EU und zur Nato hätte?“ folgendermaßen:

„Das ist deren Wahl. Wir achten das Recht jedes Staates – unsere Nachbarn eingeschlossen –, sich
seine Partner selbst zu wählen, selbst zu entscheiden, welcher Organisation sie beitreten wollen. Wir
gehen davon aus, dass sie für sich überlegen, wie sie ihre Politik und Wirtschaft entwickeln und auf
welche Partner und Verbündete sie setzen.“90

Wladimir W. Putin äußerte 2013 Ähnliches:

„Let me reiterate: today, Ukraine is an independent state, and we respect that fact. Naturally,
selecting priorities and selecting allies is the national, sovereign right of the Ukrainian people
and the legitimate Ukrainian government.”91

Behauptung 72:

Wir sind jetzt genauso bürgerlich wie ihr.

Irreführend.

Meint „bürgerlich“ die als klassisch „westlich“ empfundene Gesellschaftsordnung einer Harmonisie-
rung der eigentlich konkurrierenden Parameter des Kapitalismus und des Sozialstaates einerseits und
des Christentums und des scientokratischen Atheismus anderseits, war die Russische Föderation nie
bürgerlich.

Grundsätzlich ist der Begriff der Bürgerlichkeit nicht politologisch kodifiziert.92

Behauptung 73:

Wir sind eine Marktwirtschaft

Korrekt, aber irreführend.

Die Osterweiterung des Atlantischen Bündnisses wäre bei gleicher Historie, aber Nicht-Marktwirt-
schaft in der Russischen Föderation ebenfalls gekommen.

Impressum: https://www.gutefrage.net/frage/warum-ist-nawalny-zurueck-nach-russland-2#answer-534173143
Behauptung 74:

und es gibt keine Macht der Kommunistischen Partei.

Korrekt, aber irreführend.

Die Osterweiterung des Atlantischen Bündnisses wäre bei gleicher Historie, aber einer herrschenden
Kommunistischen Partei der Russischen Föderation in der Russischen Föderation ebenfalls ge-
kommen.

Behauptung 75:

Lasst uns verhandeln.

Irreführend.

Es wurde regelmäßig verhandelt – sie unter anderem Bewertung der Behauptung 69.

Behauptung 76:

Es gab einen Moment, in dem eine gewisse Kluft zwischen uns zu wachsen begann. Davor kam Jelzin
in die Vereinigten Staaten. Erinnern Sie sich, er sprach im Kongress und sagte die Worte: „Gott segne
Amerika!“

Behauptung 77:

Zunächst wurde Jelzin wurde mit Lob überschüttet. Als es zu Jugoslawien kam, erhob er seine
Stimme, um die Serben zu unterstützen. Und wir konnten auch nicht anders, als unsere Stimme für
die Serben zu erheben und sie zu verteidigen. Ich verstehe, dass dort komplexe Prozesse im Gange
waren. Aber Russland konnte nicht anders, denn die Serben sind auch ein besonderes und uns
nahestehendes Volk, mit orthodoxer Kultur und so weiter. Es ist ein Volk, das seit Generationen so
viel gelitten hat. Nun, wie auch immer.

Inkorrekt.

Selbstverständlich konnte die russische Gubernative anders, denn auch eine „nahestehende Kultur“
rechtfertigt keine Verbrechen à la Belagerung von Sarajevo93 oder Massaker von Srebrenica94.

Hinzu kommt, dass die Russische Föderation die militärischen Handlungen des Atlantischen Bündniss-
es zu würdigen wusste als sie der UN/O-Resolution „1244“ zustimmte und damit allen voran dem
Atlantischen Bündnis die Prägung und Kontrolle der so genannten Kosovo-Truppe überließ.95 Das
Abkommen von Kumanova, das die Kosovo-Truppe begründete, wurde zeitgenössisch als russische
„post festum“-Legitimation für die NATO-Operation „Operation Allied Force“ betrachtet.96

Behauptung 78:

Was haben die Vereinigten Staaten getan? Unter Verletzung des Völkerrechts und der UN-Charta
begannen sie mit der Bombardierung Belgrads.

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Behauptung 79:

Es waren die Vereinigten Staaten, die den Geist aus der Flasche gelassen haben.

Inkorrekt.

Exakt zwanzig Jahre zuvor gab es die aus niederen Motiven initiierte, aber gleichermaßen völker-
rechtswidrige sowjetische Intervention in der Demokratischen Republik Afghanistan. Nebst dem gab
es noch früher völkerrechtswidrige Interventionen anderer Staaten.97

Als die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken im Dezember 1979 in Afghanistan einmarschiert-
e98, erzürnte es die restliche Welt. Die islamische Welt sah die sowjetische Intervention als „eine
Besetzung eines souveränen islamischen Landes durch gottlose Kommunisten“ an und suspendierte
Afghanistans Mitgliedschaft (Islamische Weltliga) 99, die Vereinigten Staaten sahen die „möglicher-
weise größte Bedrohung des Weltfriedens seit dem Zweiten Weltkrieg“100, die Demokratische Volks-
republik Korea (Nordkorea) verurteilte diese Aktion101, die Volksrepublik China verurteilte die Inter-
vention als „Moskaus Drang nach ‚weltweiter Hegemonie‘“ 102 und insgesamt 108 Staaten forderten
im Rahmen einer UNO-Resolution den sofortigen Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan.103
Selbst aus dem Warschauer Pakt (Ostblock) kam Kritik.104

Der sowjetischen Gubernative interessierte der internationale Aufschrei recht wenig, und sie
stabilisierte mit der Ermordung des afghanischen Staatsoberhauptes Hafizullah Amin das sowjetische
Satellitensystem in Afghanistan105, das zuvor und weiterhin von den so genannten Mudschahedin
(islamische Widerstandskämpfer gegen das „kommunistische“ System der Sowjetunion) bekämpft
wurde106. Die sowjetische Intervention beendete die Entspannungspolitik seitens der Vereinigten
Staaten und provozierte einen erneuten Stellvertreterkrieg im Kalten Krieg.107

Behauptung 80:

Und was wurde gesagt, als Russland protestierte und seinen Unmut zum Ausdruck brachte? Die UN-
Charta und das Völkerrecht seien überholt.

Inkorrekt.

Am 31. März 1998 verabschiedete der UN/O-Sicherheitsrat die Resolution „1160“.108

Dort liest sich:

„unter Verurteilung der Anwendung übermäßiger Gewalt durch die serbischen Polizeikräfte gegen
Zivilpersonen und friedliche Demonstranten im Kosovo und ebenso aller Terrorakte der Kosovo-
Befreiungsarmee oder jeder anderen Gruppe oder Einzelperson sowie jeder Unterstützung terror-
istischer Tätigkeiten im Kosovo aus dem Ausland, namentlich durch die Bereitstellung von finanziellen
Mitteln, Waffen und Ausbildung.“

Impressum: https://www.gutefrage.net/frage/warum-ist-nawalny-zurueck-nach-russland-2#answer-534173143
Am 23. September 1998 verabschiedete der UN/O-Sicherheitsrat die Resolution „1199“.109

Dort liest sich:

„in ernster Sorge über die jüngsten heftigen Kämpfe im Kosovo und insbesondere über die exzessive
und wahllose Gewaltanwendung seitens der serbischen Sicherheitskräfte und der jugoslawischen
Armee, die zu zahlreichen Opfern unter der Zivilbevölkerung geführt haben und nach Schätzung des
Generalsekretärs die Ursache für die Vertreibung von mehr als 230.000 Menschen waren, […] tiefer
Sorge über den Flüchtlingsstrom in das nördliche Albanien, nach Bosnien und Herzegowina sowie in
andere europäische Staaten im Gefolge der Gewaltanwendung im Kosovo sowie über die zu-
nehmende Zahl von Binnenvertriebenen im Kosovo und in anderen Teilen der Bundesrepublik
Jugoslawien, von denen nach Schätzung des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten
Nationen bis zu 50.000 Menschen ohne Unterkunft und andere Mittel zur Deckung ihrer Grund-
bedürfnisse sind, […] sowie in tiefer Sorge über Berichte über zunehmende Verstöße gegen
Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht sowie in Bekräftigung der Notwendigkeit, sicher-
zustellen, daß die Rechte aller Einwohner des Kosovo geachtet werden […] verlangt, daß die Bundes-
republik Jugoslawien über die in Resolution 1160 (1998) geforderten Maßnahmen hinaus sofort
folgende konkrete Schritte zur Herbeiführung einer politischen Lösung der Situation im Kosovo
unternimmt, wie sie in der Erklärung der Kontaktgruppe vom 12. Juni 1998 niedergelegt sind: […]
Einstellung aller Handlungen der Sicherheitskräfte, die die Zivilbevölkerung schädigen, sowie
Anordnung des Rückzugs der Sicherheitseinheiten, die zur Unterdrückung der Zivilbevölkerung ein-
gesetzt werden.“

An beiden Resolutionen waren Mitgliedsstaaten des Atlantischen Bündnisses, allen voran die
Vereinigten Staaten beteiligt. Anderseits die Russische Föderation. Die Lage im so genannten Kosovo
war demnach kein Märchen, sondern eine bilateral anerkannte Krisensituation. Die Resolutionen
erwiesen sich größtenteils als erfolglos, weshalb das Atlantische Bündnis beim UN/O-Sicherheitsrat
die Genehmigung beantragen wollte, militärisch eingreifen zu dürfen. Das wurde seitens der
Russischen Föderation und der Volksrepublik China abgelehnt. Trotzdem argumentierte das
Atlantische Bündnis mit einer „humanitären Notlage“ und startete die Operation. Diese Argumen-
tation gründete auf einer völkerrechtlichen Minderheitenmeinung, wonach eine so genannte
Humanitäre Intervention die Regel des Artikel 2 Absatz 4 UN-C bestätigen kann.110

Folglich ist die Behauptung, auch angesichts der Bewertung der Behauptung 79, inkorrekt. Die „UN-
Charta“ wurde zwar umgedeutet, aber nicht präzedent und auch nicht dem „Völkerrecht“ gegenüber
missachtend.

Behauptung 81:

Heute beruft sich jeder auf das Völkerrecht,

Irreführend.

Wladimir W. Putins Argumentation besagt, dass, gleichermaßen wie im Kosovokrieg, die Russische
Föderation eine Humanitäre Intervention führe, um einen Genozid zu beenden.

Impressum: https://www.gutefrage.net/frage/warum-ist-nawalny-zurueck-nach-russland-2#answer-534173143
Zunächst: Genozid beziehungsweise Völkermord ist ein völkerstrafrechtlicher Terminus, der die
Absicht beschreibt, eine identitäre Gruppe teilweise oder vollständig zu zerstören. In Artikel I der
UNO-Völkermordkonvention wird Völkermord als Völkerrechtsverbrechen klassifiziert, in Artikel II
völkerrechtlich definiert und in Artikel III (völker)strafrechtlich normiert.111

Putins Argumentation ist nicht neu. Russische Politiker, allen voran das Staatsoberhaupt, behaupten
seit nahezu einem Jahrzehnt, aber spätestens seit dem so genannten Russischen Frühling samt der
Annexion der Krim, dass die Ukraine „russische“ Menschen in der Ostukraine vernichten würde – die
ukrainische Gubernative unterdrücke und töte russischstämmige- und russischsprachige Ukrainer, die
zudem nach Autonomie streben, und drohe mit Vernichtung.112
Konkret werden die so genannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk samt der umliegenden
Gebiete geographisiert, wie auch Wladimir W. Putin in seinen audiovisuellen Kriegserklärungen vom
21. und 23/24. Februar 2022 nochmals bekräftigt – siehe auch Bewertung der Behauptung 1:

„Vor Beginn der Kampfhandlungen lebten mehr als siebeneinhalb Millionen Menschen in den Volks-
republiken Donezk und Lugansk sowie in den Regionen Saporischschja und Cherson. Viele von ihnen
waren gezwungen, Flüchtlinge zu werden und ihr Zuhause zu verlassen. Diejenigen, die geblieben
sind – etwa fünf Millionen Menschen – sind nun ständigen Artillerie- und Raketenangriffen von neo-
nazistischen Kämpfern ausgesetzt. Sie greifen Krankenhäuser und Schulen an und verüben Terror-
anschläge gegen Zivilisten.“

„In diesem Zusammenhang habe ich gemäß Artikel 51 Absatz 7 der UN-Charta, mit Genehmigung des
Föderationsrates und in Übereinstimmung mit den von der Föderationsversammlung ratifizierten
Freundschafts- und Beistandsverträgen mit der Donezker Volksrepublik und der Luhansker Volks-
republik beschlossen, eine besondere Militäroperation durchzuführen. […] Das Ziel der russischen
Spezialoperationen ist es, die Menschen zu schützen, die acht Jahre lang vom Kiewer Regime miss-
handelt und ermordet wurden. Zu diesem Zweck werden wir versuchen, die Ukraine zu entmilitarisie-
ren und zu entnazifizieren und diejenigen vor Gericht zu bringen, die zahlreiche blutige Verbrechen
gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich russischer Bürger, begangen haben.“

Die besagten „Volksrepubliken“ sind das Resultat russischer und russisch-gesteuerter Geheimdienst-
operationen – in etwa zeitgleich mit der Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim. Diese ganze
imperialistische Operation seitens der Russischen Föderation war letztlich eine Reaktion auf die so
genannte Revolution der Würde (Pro-EU-Proteste in der Ukraine). Paramilitärische Kämpfer und
reguläre Armeeeinheiten der Russischen Föderation intervenierten im ostukrainischen Donezbecken,
eroberten die Gebiete und etablierten völkerrechtswidrige Gebilde. Mit der militärischen Anti-Terror-
Operation der ukrainischen Gubernative gegen diese rechtswidrigen Unternehmungen in der Ost-
ukraine mündete die Situation im so genannten Krieg von Donbas.113

Seit diesem Zeitpunkt wurden die so genannten Volksrepubliken von russlandtreuen Separatisten
offiziell verwaltet und faktisch kontrolliert. Immer wieder kam es zu Waffengewalt zwischen der
ukrainischen Streitkraft und den Streitkräften der russischen de facto-Protektorate und damit auch
zu schätzungsweise 14.000 Todesopfern. Es folgte das Waffenstillstandsabkommen „Minsk II“, das
drei Tage später bereits gebrochen war – siehe auch Bewertung der Behauptung 122.

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Bis Kriegsbeginn waren die Gebiete russisch-separatistisch kontrolliert und seit September 2022 sind
sie aus russischer Perspektive sogar offizielles Hoheitsgebiet der Russischen Föderation. Folglich lässt
allein der Umstand, dass besagte Gebiete immer unter nicht-ukrainischer Kontrolle standen, an der
Völkermord-These zweifeln.

Insgesamt existieren keinerlei Beweise für die Völkermord-Behauptung. Die sicherheitsorientierte


Organisation „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ nannte die Behauptung
eine „verwerfliche Lüge“114, die völkermordspezifizierte Organisation „International Association of
Genocide Scholars“ stellte fest, dass es „absolut keine Beweise dafür“ gebe115, die UNO-Menschen-
rechtskommission konnte in ihrer Analyse keine Verbrechen in dieser Hinsicht konstatieren116, die
Menschenrechtsorganisation „Raoul Wallenberg Centre for Human Rights“ musste sogar genoziale
Absichten auf russischer Seite konstatieren117 und das UNO-Hauptrechtsprechungsorgan
„Internationaler Gerichtshof“ lehnte in seinem Urteil „Ukraine v. Russian Federation (2022)“ und den
dazugehörigen Sondervoten nicht nur den angeblichen Völkermord als ius ad bellum ab, sondern auch
den angeblichen Völkermord an sich.118

Gänzlich anders war die Faktenlage bei den so genannten Jugoslawienkriegen, die den Kosovokrieg
inkludieren. Hier gab es allen voran das Massaker von Srebrenica – wie bereits in der Bewertung der
Behauptung 77 erwähnt –, das gemäß dem Ad-hoc-Strafgerichtshof der Vereinten Nationen
„Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien“ ein Völkermord war.119 Kurz vor dem
Einsatz des Atlantischen Bündnisses kam es zum so genannten Massaker von Račak, das zwar bislang
als Völkermord nicht bewiesen werden konnte, aber entsprechend der kontextualen Umstände an
einen Völkermord erinnert hat.120

Die Fakten hinter den vorgetragenen Beweggründen sind somit ungleich. Gleich bleibt die rechtliche
Wertung der Völkerrechtswidrigkeit, die beide „humanitäre“ Interventionen aber in ihrer Motivation
und Konsequenz nicht gleichsetzt.

Behauptung 82:

aber damals hieß es, alles sei veraltet. Alles müsse geändert werden.

Inkorrekt.

Siehe zunächst Bewertung der Behauptung 80.

Zum fünfzigjährigen Bestehen erarbeitete das Atlantische Bündnis im April 1999 ein „strategisches
Konzept“ für das 21. Jahrhundert.121 Dort liest sich beispielsweise:

Punkt 15:

„Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen trägt die primäre Verantwortung für die Wahrung des
Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und leistet in dieser Eigenschaft einen entscheiden-
den Beitrag zur Sicherheit und Stabilität im euro-atlantischen Raum.“

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Punkt 31:

„Im Zuge ihrer Politik der Friedenserhaltung, der Kriegsverhütung und der Stärkung von Sicherheit
und Stabilität und wie in den grundlegenden Sicherheitsaufgaben dargelegt, wird die NATO in
Zusammenarbeit mit anderen Organisationen darum bemüht sein, Konflikte zu verhüten oder, sollte
eine Krise auftreten, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu deren wirksamer Bewältigung bei-
tragen, einschließlich durch die Möglichkeit der Durchführung von nicht unter Artikel 5 fallenden
Krisenreaktionseinsätzen. Die Bereitschaft des Bündnisses, solche Einsätze durchzuführen, unter-
stützt das übergeordnete Ziel der Stärkung und Erweiterung von Stabilität und beinhaltet oft die
Beteiligung der Partner der NATO. Die NATO erinnert an ihr 1994 in Brüssel gemachtes Angebot, von
Fall zu Fall in Übereinstimmung mit ihren eigenen Verfahren friedenswahrende und andere
Operationen unter der Autorität des VN-Sicherheitsrats oder der Verantwortung der OSZE zu unter-
stützen, unter anderem auch durch die Bereitstellung von Ressourcen und Fachwissen der Allianz. In
diesem Zusammenhang erinnert das Bündnis an seine späteren Beschlüsse in bezug auf Krisen-
reaktionseinsätze auf dem Balkan. Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit von Bündnissolidarität
und -zusammenhalt bleibt die Beteiligung an einer solchen Operation oder einem solchen Einsatz den
Beschlüssen der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen Verfassungen vorbehalten.“

Der damalige stellvertretende Generalsekretär des Atlantischen Bündnisses, Klaus-Peter Klaiber,


resümierte es folgendermaßen:

„Es waren alle Bündnispartner der Meinung, daß selbstverständlich ein solches Mandat gesucht
werden solle, so es möglich ist. Aber in diesem konkreten Fall – und das bringt dann auch das
strategische Konzept, das verabschiedet wurde, zum Ausdruck – wurde deutlich, daß man natürlich
auch gezwungen ist, auf aktuelle Krisensituationen zu reagieren und möglicherweise dann
Handlungsbedarf ist, wenn ein Sicherheitsratsmandat nicht erreicht wird. […] Die Kriterien für das
konkrete Eingreifen waren, daß ein Sicherheitsratsmandat nicht erreichbar war, daß gleichzeitig aber
die humanitäre Katastrophe sich in einem Maße verschlechtert hat, daß man nicht mehr anders
handeln konnte, wenn nicht die ganze Wertegemeinschaft, für die sich die Allianz verpflichtet sieht,
zum Fenster hinausgeworfen würde, und das konnte nicht akzeptiert werden.“122

Behauptung 83:

In der Tat müssen einige Dinge geändert werden, da sich die Machtverhältnisse verändert haben. Das
stimmt, aber nicht auf diese Art und Weise.

Inkorrekt.

Gemusst wird gar nichts.

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Behauptung 84:

Jelzin wurde sofort in den Dreck gezogen, ihm wurde Alkoholismus vorgeworfen, er habe nichts
verstanden, er habe nichts gewusst. Er hat alles verstanden, das versichere ich Ihnen.

Irreführend.

Boris N. Jelzin hatte ein offenkundiges Problem mit bewusstseintrübenden Substanzen.123

Behauptung 85:

Nun, ich wurde im Jahr 2000 Präsident.

Behauptung 86:

Bei einem Treffen hier im Kreml mit dem scheidenden Präsidenten Bill Clinton, gleich hier im
Nebenzimmer, sagte ich zu ihm, ich fragte ihn: Bill, glauben Sie, dass, wenn Russland einen Antrag auf
Beitritt zur NATO stellen würde, dies geschehen würde?“ Plötzlich sagte er: „Wissen Sie, das ist
interessant. I think so.“ Aber am Abend, als wir uns zum Essen trafen, sagte er: Wissen Sie, ich habe
mit meinem Team gesprochen, nein, es ist jetzt nicht möglich. Sie können ihn fragen. Ich denke, er
wird unser Interview sehen, er wird es bestätigen. Ich hätte so etwas nicht gesagt, wenn es nicht
passiert wäre. Okay, nun, jetzt ist es unmöglich.

Irreführend.

Ob das so vorgefallen ist, können nur die damals anwesenden Personen beurteilen. Tatsache ist aller-
dings, dass kein Staat, der bisweilen mit einer der neun Beitrittsrunden dem Atlantischen Bündnis
beigetreten ist, kurzerhand Mitglied werden konnte. Es gab immer mehrjährige Prozesse der Ver-
handlung und Entwicklung. Dieser Prozess wurde auch bei der Russischen Föderation mit der so
genannten NATO-Russland-Grundakte berücksichtigt.124

Behauptung 87:

Wenn er Ja gesagt hätte, hätte der Prozess der Annäherung begonnen, und schließlich wäre es
vielleicht dazu gekommen, wenn wir einen aufrichtigen Wunsch auf Seiten unserer Partner gesehen
hätten.

Irreführend.

Den „Prozess der Annäherung“ gab es seit spätestens Mai 1997.125

NATO-Russland-Grundakte vom 27. Mai 1997:

„Die NATO und Russland betrachten einander nicht als Gegner. Sie verfolgen gemeinsam das Ziel, die
Spuren der früheren Konfrontation und Konkurrenz zu beseitigen und das gegenseitige Vertrauen und
die Zusammenarbeit zu stärken. Diese Akte bekräftigt die Entschlossenheit der NATO und Russlands,
ihrer gemeinsamen Verpflichtung zum Bau eines stabilen, friedlichen und ungeteilten, geeinten und
freien Europas zum Nutzen aller seiner Völker konkreten Ausdruck zu verleihen. Die Übernahme

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dieser Verpflichtung auf höchster politischer Ebene stellt den Beginn grundlegend neuer Beziehungen
zwischen der NATO und Russland dar. Beide Seiten beabsichtigen, auf der Grundlage gemeinsamen
Interesses, der Gegenseitigkeit und der Transparenz eine starke, stabile und dauerhafte Partnerschaft
zu entwickeln. […] Das gemeinsame Ziel der NATO und Russlands ist es, so viele Gelegenheiten wie
möglich für gemeinsames Handeln aufzuzeigen und zu verfolgen. Sie gehen davon aus, dass sich im
Zuge des weiteren Ausbaus der Beziehungen weitere Möglichkeiten für gemeinsames Handeln er-
geben werden.“

Das damalige russische Staatsoberhaupt Dmitri A. Medwedew erklärte am 20. November 2010126:

„The period of distance in our relations and claims against each other is over now. We view the future
with optimism and will work on developing relations between Russia and NATO in all areas [as they
progress toward] a full-fledged partnership.“

Wladimir W. Putin am 17. April 2000 über einen Beitritt der Russischen Föderation in das Atlantische
Bündnis127:

„I do not rule out such a possibility in the case that Russia’s interests will be reckoned with, if it will
be an equal partner. Russia is a part of European culture, and I do not consider my own country in
isolation from Europe. Therefore, it is with difficulty that I imagine NATO as an enemy.“

Behauptung 88:

Aber das ist nicht geschehen.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 87.

Behauptung 89:

In der NATO werden die Probleme wie folgt gelöst: Die US-Führung übt Druck aus und alle NATO-
Mitglieder stimmen gehorsam ab. Auch wenn ihnen etwas nicht gefällt.

Inkorrekt.

Die Tatsache der öffentlich ausgetragenen Uneinigkeit während des Kosovokrieges, des Dritten
Golfkrieges sowie bei der militärischen Unterstützung der Ukraine widerspricht dieser klassisch
antiamerikanischen Darstellung. Selbst bei der Anti-Terror-Operation „Operation Enduring Freedom“,
die bekanntlich in Afghanistan mündete und an der selbst die Russische Föderation zugunsten des
Atlantischen Bündnisses teilnahm, gab es öffentlich ausgetragene Uneinigkeit.128/129/130

Zudem ist die Bündnis-Finanzierung immer wieder Gegenstand US-Amerikanisch-europäischer


Differenzen.131/132/133

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Behauptung 90:

Bei den Ereignissen im Nahen Osten, im Irak, haben wir zum Beispiel die Beziehungen zu den
Vereinigten Staaten auf eine sehr sanfte und vorsichtige Weise aufgebaut. Ich habe wiederholt darauf
hingewiesen, dass die Vereinigten Staaten keinen Separatismus oder Terrorismus im Nordkaukasus
unterstützen sollten. Aber sie tun es trotzdem weiter. Die Vereinigten Staaten und ihre Satelliten
haben terroristische Gruppen im Kaukasus politisch, mit Informationen, finanziell und sogar
militärisch unterstützt.

Irreführend.

Es gibt keinerlei bekannte Beweise für die US-Amerikanische Unterstützung von terroristischen
Gruppierungen im Nordkaukasus.

Behauptung 91:

Der dritte Punkt, der sehr wichtig ist, ist der Moment, als das US-Raketenabwehrsystem am Anfang
geschaffen wurde. Wir haben die Vereinigten Staaten lange Zeit davon abgehalten, dies zu tun. Ich
hatte ein sehr ernstes Gespräch mit Präsident Bush und seinem Team, nachdem ich von Bushs Vater
Bush senior eingeladen worden war, seinen Platz am Meer zu besuchen. Ich schlage vor, dass die
Vereinigten Staaten, Russland und Europa gemeinsam das Raketenabwehrsystem schaffen, von dem
wir glauben, dass es, wenn es geschaffen wird, einseitig unsere Sicherheit bedroht. Und das, obwohl
die Vereinigten Staaten offiziell erklärt haben, dass das System gegen die Bedrohung durch iranische
Raketen entwickelt wurde. Das war die Rechtfertigung für die Errichtung des Raketenabwehrsystems.
Ich habe vorgeschlagen, zusammenzuarbeiten: Russland, die Vereinigten Staaten und Europa. Sie
sagten, das sei sehr interessant. Sie fragten mich: „Ist das Ihr Ernst?“ Ich sagte: „Auf jeden Fall“.

Behauptung 92:

Wir haben Hyperschallsysteme mit interkontinentaler Reichweite entwickelt, und wir entwickeln sie
weiter. Wir sind jetzt allen voraus, den Vereinigten Staaten und den anderen Ländern.

Irreführend.

Die Möglichkeit besteht zwar, bewiesen ist sie jedoch keineswegs.

Behauptung 93:

Nun zur NATO-Osterweiterung: Uns wurde versprochen, dass es keine NATO im Osten gibt – keinen
Zentimeter.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 69.

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Behauptung 94:

Und was dann? Sie sagten: Nun, es ist nicht auf dem Papier verankert, also werden wir expandieren.

Inkorrekt.

Weder gab es ein solches Versprechen noch die Ausrede der fehlenden Materialität – siehe auch
Bewertung der Behauptung 69.

Behauptung 95:

Es gab fünf Erweiterungswellen – die baltischen Staaten, ganz Osteuropa, und so weiter.

Inkorrekt.

„Ganz Osteuropa“ ist nicht Mitglied.134

Behauptung 96:

Die NATO ist in die Ukraine gekommen. 2008 erklärte man auf dem Gipfel in Bukarest, dass die Türen
für einen NATO-Beitritt der Ukraine und Georgiens offen seien. Deutschland und Frankreich schienen
dagegen zu sein, ebenso wie einige andere europäische Länder. Aber dann, wie sich später
herausstellte, übte Präsident Bush – er ist so ein harter Kerl, ein harter Politiker, wie man mir später
sagte – Druck auf sie aus, sie mussten zustimmen. Das ist doch lächerlich. Das ist wie im
Kindergarten. Wo sind die Garantien? Was für ein Kindergarten ist das? Was sind das für Leute?

Inkorrekt.

Insbesondere die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik und das Königreich Spanien
haben den Beitritt der Ukraine erfolgreich behindert. Trotz Druck seitens der Vereinigten Staaten
konnte erfolgreich die Aufnahme in den so genannten Aktionsplan für die Mitgliedschaft, der erst den
langwierigen Prozess der Aufnahme einleitet, verhindert werden. Das zeigt nochmals die Inkorrekt-
heit der Darstellung in der Behauptung 89.135

Behauptung 97:

Sie haben also begonnen, das Territorium der Ukraine zu erschließen.

Inkorrekt.

Weder wurde das Territorium der Ukraine faktisch erschlossen noch hätte man es offiziell erschließen
können.136

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Behauptung 98:

Obwohl in der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine steht, dass die Ukraine ein neutraler Staat ist.

Inkorrekt.

In der ukrainischen Unabhängigkeitserklärung liest sich ausschließlich Folgendes137:

„AKTE der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine

Angesichts der tödlichen Gefahr für die Ukraine im Zusammenhang mit dem Staatsstreich in der
UdSSR am 19. August 1991,

- in Fortsetzung der tausendjährigen Tradition der staatlichen Entwicklung in der Ukraine,


- ausgehend vom Recht einer Nation auf Selbstbestimmung gemäß der Charta der Vereinten
Nationen und anderer internationaler Rechtsdokumente, und
- die Erklärung der staatlichen Souveränität der Ukraine umsetzend, [verkündet] die
Werchowna Rada der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik feierlich die

ERKLÄRUNG DER UNABHÄNGIGKEIT DER UKRAINE und der Schaffung eines unabhängigen
ukrainischen Staates – der UKRAINE.

Das Territorium der Ukraine ist unteilbar und unantastbar.


Von heute an gelten auf dem Territorium der Ukraine ausschließlich die Verfassung und die Gesetze
der Ukraine.

Dieses Gesetz tritt im Moment seiner Genehmigung in Kraft.


Werchowna Rada der Ukraine, 24. August 1991.“

Behauptung 99:

Und im Jahr 2008 wurden ihr plötzlich die Türen oder Tore zur NATO geöffnet.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 96.

Behauptung 100:

Alle Präsidenten, die in der Ukraine an die Macht gekommen sind, haben sich auf die Wähler
verlassen, die auf die eine oder andere Weise eine gute Einstellung zu Russland hatten. Das ist der
Südosten der Ukraine. Das ist eine große Zahl von Menschen. Und es war sehr schwierig, diese
Wählerschaft, die eine positive Einstellung zu Russland hatte, zu überzeugen.

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Behauptung 101:

Viktor Janukowitsch kam an die Macht. Als er das erste Mal nach Präsident Kutschma gewann,
organisierten sie eine dritte Runde, die in der Verfassung der Ukraine nicht vorgesehen ist. Das ist ein
Staatsstreich.

Inkorrekt.

Es gab keine „dritte Runde“.

Am 21. November 20004 fand die Stichwahl zwischen Wiktor A. Juschtschenko und Wiktor F.
Janukowytsch statt.138 Erneut taten Vorwürfe der Wahlmanipulation in Vorschein. Nachdem das
Medium „Nadia“ über diese Vorwürfe berichtete, sei um 7.30 Uhr der Strom seiner Sendeeinrichtung-
en abgeschaltet worden, wie später die ukrainische Nachrichtenagentur „Media-Kontext“ berichtet-
e.139 Anhänger von Wiktor A. Juschtschenko berichteten, dass sie von der Polizei angehalten und
aufgefordert worden seien, orange Bekleidung abzunehmen, die Wahlfarbe Juschtschenkos.
Mitarbeiter seien von ihren Vorgesetzten mit dem Verlust des Arbeitsplatzes bedroht worden, sollten
sie nicht Wiktor F. Janukowytsch wählen. Auch hätten diese Busse organisiert, um ihren Mitarbeitern
die mehrfache Abstimmung in verschiedenen Wahllokalen zu ermöglichen, entsprechend der Wahl-
fälschungsmethode „Karussell“.140 Das Wahllokal 73 sei wegen einer behaupteten Bombendrohung
für die Wahlbeobachter gesperrt worden, im Wahllokal 114 sei beobachtet worden, dass die Tinte
der dort in den Wahlkabinen ausliegenden Kugelschreiber nach einiger Zeit verschwinde und aus dem
Wahllokal 109 wurden die Wählerlisten und Wahlzettel gestohlen.141 Insgesamt seien in ver-
schiedenen Wahllokalen Stimmzettel gestohlen worden, in anderen seien bereits für insbesondere
Wiktor F. Janukowytsch ausgefüllte Stimmzettel aufgetaucht. In ostukrainischen Wahllokalen hätten
Sicherheitsmitarbeiter Journalisten und Wahlbeobachter aus den Wahllokalen gedrängt. Mitarbeiter
von Juschtschenkos Wahlkampfteam haben von Angriffen berichtet, von Körperverletzungen und
Vandalismus gegen ihre Fahrzeuge. Ein Bus sei gewaltsam angehalten und die Scheiben zerschlagen
worden. Auf die Wohnung eines Wahlkampfleiters sei ein Brandanschlag verübt worden. Nach
Schließung der Wahllokale sei es zu Anschlägen auf die Wahlurnen gekommen, die vielfach in Brand
gesetzt worden seien. Und vieles mehr.142

Insgesamt meldete man dem Kontrollorgan „Zentrale Wahlkommission der Ukraine“ über elftausend
Verstöße zuungunsten Wiktor A. Juschtschenkos und etwa fünfhundert Verstöße zuungunsten Wiktor
F. Janukowytschs. Internationale Wahlbeobachter bestätigten „massiven Wahlbetrug“.143

Tags darauf entbrannten landesweit dutzende zigtausendfach-Mann-starke Demonstrationen gegen


bewiesenen, mutmaßlichen und vermeintlichen Walbetrug und teilweise auch für Wiktor A.
Juschtschenkos.144 Vom 22. November bis zum 3. Dezember 2004 hielten die Demonstrationen an.
An diesem Tag erklärte das ukrainische Höchstgericht „Oberster Gericht der Ukraine“ die Stichwahl
vom 21. November 2004 aufgrund systematischer Wahlfälschung für ungültig.145 Zugleich kam die
Empfehlung, die Stichwahl am 26. Dezember zu wiederholen. Am Vortag unterstützte Wladimir W.
Putin die Forderung der Wahlwiederholung, wenngleich die Version, die vollständige Präsident-
schaftswahl zu wiederholen.146

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Behauptung 102:

Stellen Sie sich vor, jemandem in den Vereinigten Staaten würde das Ergebnis nicht gefallen.

Irreführend.

Bekanntlich muss man sich das nicht vorstellen. Auch in den Vereinigten Staaten gab es judikative
Prüfungen der Wahlmanipulationsvorwürfe.147

Behauptung 103:

Nach Präsident Kutschma hat Viktor Janukowitsch die Wahlen gewonnen.

Inkorrekt.

Am 26. Dezember 2004 fand unter Anwesenheit von nahezu zwölftausend internationalen Wahl-
beobachtern die Wiederholung der Stichwahl statt.148 Am Abend des 10. Januar 2005 erklärte die
Zentrale Wahlkommission offiziell Wiktor A. Juschtschenko zum Sieger der Wiederholungswahl.149

Behauptung 104:

Seine Gegner haben diesen Sieg jedoch nicht anerkannt.

Inkorrekt.

Man konnte etwas, das es nicht gab, nicht anerkennen.

Behauptung 105:

Die USA unterstützten die Opposition und die dritte Runde wurde angesetzt.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 101.

Behauptung 106:

Aber was ist das? Das ist ein Staatsstreich.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 101.

Behauptung 107:

Viktor Juschtschenko, der als pro-westlicher Politiker galt, kam an die Macht, aber gut, wir haben
auch zu ihm Beziehungen aufgebaut. Er kam mit Besuchen nach Moskau. Wir haben Kiew besucht.
Ich habe ihn auch besucht, wir haben uns in einem informellen Rahmen getroffen. Wenn er pro-
westlich ist, dann ist das eben so. Das ist in Ordnung. Die Situation hätte sich in der unabhängigen

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Ukraine selbst entwickeln müssen, als Ergebnis der Führung durch Kutschma. Die Dinge
verschlechterten sich und Viktor Janukowitsch kam an die Macht.

Behauptung 108:

Allerdings kam die Frage der Assoziierung mit der EU auf. Wir haben uns schon immer dazu
hingezogen gefühlt. Aber als wir uns den Assoziierungsvertrag durchgelesen haben, hat sich das für
uns als Problem herausgestellt, weil wir die Freihandelszone und die offenen Zollgrenzen mit der
Ukraine hatten, die im Rahmen dieser Assoziierung ihre Grenzen für Europa öffnen musste, was zu
einer Überflutung unseres Marktes geführt hätte. Wir haben abgelehnt und warnten, dass wir unsere
Grenzen mit der Ukraine, also die Zollgrenzen, schließen würden. Janukowitsch begann zu
berechnen, wie viel die Ukraine gewinnen und wie viel sie verlieren würde und forderte mehr
Bedenkzeit ein.

Behauptung 109:

In dem Moment, in dem er das sagte, begann die Opposition, destruktive Schritte zu unternehmen,
die vom Westen unterstützt wurden. Alles lief auf den Maidan und einen Putsch in der Ukraine
hinaus.

Inkorrekt.

Die so genannte Revolution der Würde war viel grundsätzlicherer Natur, da selbst José M. D. Barroso,
damals Präsident der Europäischen Kommission150, Catherine M. Ashton, damals Außenbeauftragte
der Europäischen Union151 und auch Angela D. Merkel, damals Bundesregierungsoberhaupt der
Bundesrepublik Deutschland152, dem so genannten Assoziierungsabkommen zwischen der
Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine anderseits kritisch gegen-
überstanden. Aufgrund rechtsstaatlicher Defizite sah man die Ukraine noch nicht bereit. Einer am 2.
Dezember 2013 stattgefundenen Umfrage zufolge nannten nur 27,9 Prozent die Ablehnung des
Abkommens als Grund für die Teilnahme am Protest, obwohl Mehrfachauswahl möglich war.153

Folglich ist es widersinnig, die so genannte Revolution der Würde auf das Assoziierungsabkommen zu
reduzieren, weil damit der Vorwurf, der „Westen“ habe diese nach Janukowitschs Entscheidung unter-
stützt, jeglicher Grundlage entbehrt, da unter anderem relevante Teile des als klassisch „Westen“
empfundenen Begriffes, namentlich die Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland,
noch vor Janukowitschs Entscheidung das besagte Assoziierungsabkommen ablehnten.

Behauptung 110:

Die USA sagten uns: „Beruhigt Janukowitsch und wir werden die Opposition beruhigen. Lasst die
Situation sich entfalten.“ Wir waren einverstanden. Wie von den Amerikanern gefordert, hat
Janukowitsch weder die Streitkräfte noch die Polizei eingesetzt. Dennoch hat die bewaffnete
Opposition in Kiew einen Staatsstreich begangen.

Inkorrekt.

Die Gewalt war bilateral, mutmaßlich trilateral.154

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Behauptung 111:

2014 begannen sie den Krieg im Donbass mit dem Einsatz ihrer Luftwaffe und Artillerie gegen die
Zivilbevölkerung. Damit fing alles an. Es gibt ein Video von Kampfjets, die Donezk von oben angreifen.
Sie starteten eine groß angelegte Militäroperation. Dann eine weitere. Als sie scheiterten, begannen
sie, die nächste vorzubereiten.

Inkorrekt.

Kontextuale Gegendarstellung:

15. August 2013: Während der Verhandlungen mit der Europäischen Union verschärft die Russische
Föderation die Zollvorschriften, um die Ukraine unter Druck zu setzen.155 Die ukrainischen Exporte
werden bis Dezember um schätzungsweise 1,4 Milliarden US-Dollar sinken.156

19. bis zum 22. September 2013: Auf der jährlich stattfindenden Konferenz „Yalta European Strategy“
droht der delegierte Vertreter der Russischen Föderation, Sergei J. Glasjew, der auch heute noch einer
der relevantesten Berater des russischen Staatsoberhauptes ist, mit der russischen Aberkennung der
ukrainischen Staatlichkeit und mit einer militärischen Intervention zum Schutze prorussischer Region-
en in der Ukraine, sollte die Ukraine das Assoziierungsabkommen unterzeichnen. 157

Herbst 2013: Wie später bekannt wird, beginnt man mit der Herstellung der russischen Ehren-
auszeichnung „Medaille für die Rückholung der Krim“.158

17. Dezember 2013: Nachdem die Russische Föderation das Assoziierungsabkommen erfolgreich mit-
verhindern konnte, unterzeichnen das ukrainische und russische Staatsoberhaupt den so genannten
Russisch-ukrainischen Aktionsplan, der der Ukraine umfangreiche Kredite und Kostenreduktion für
russisches Erdgas bieten sollte.159

20. Februar 2014: Das so genannte Massaker auf dem Euromaidan. Im Laufe des Tages werden 48
Menschen sterben beziehungsweise lebensgefährlich verletzt160 – verursacht von Scharfschützen,
deren Herkunft bis zum heutigen Zeitpunkt nicht zweifelsfrei geklärt ist.161

An diesem Tag ist auch Sergei O. Besseda, damals Leiter des so genannten Fünften Dienstes des
russischen Geheimdienstes „Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation“ in der
ukrainischen Hauptstadt. Der Fünfte Dienst hat die Aufgabe, geheimdienstliche Operationen auf dem
Territorium der ehemaligen Sowjetunion durchzuführen.162 Bessedas öffentlich bekannter Auftrag ist,
die Sicherheit der russischen Botschaft und anderweitig russischer Exterritorialitäten zu überprüfen.
Er hat Kontakt mit dem ukrainischen Inlandsgeheimdienst „Sicherheitsdienst der Ukraine“ und
versucht vergeblich, den noch amtierenden Wiktor F. Janukowytsch zu treffen.163 Später gerät seine
Anwesenheit ins Visier der staatsanwaltlichen Ermittlungen.164

Am 11. März 2022 berichteten die russischen Journalisten, dass Besseda und sein Stellvertreter
Anatoli Boljuch wegen Wladimir W. Putins Unzufriedenheit über Geheimdienstfehler bezüglich der

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Vorbereitung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine unter Hausarrest gestellt wurden.165 Am
8. April soll er in das Untersuchungsgefängnis „Lefortowo“ verlegt worden.166

23. Februar 2014: Wladimir W. Putin stimmt den Sekretär des Verfassungsorgans „Sicherheitsrat der
Russischen Föderation“, Nikolai P. Patruschew, den russischen Verteidigungsminister, Sergei K.
Schoigu, und den damaligen Leiter der Präsidialverwaltung, Sergei B. Iwanow, auf die Annexion der
Krim ein. Das wird er aber erst im März 2015 zugeben.167 In der Zwischenzeit leugnet Putin immer
wieder die bloße Existenz russischer Truppen im Sinne der Okkupation auf der Halbinsel
Krim.168/169/170

27. Februar bis 3. März 2014: Im August 2016 sind abgehörte Telephongespräche ans Licht ge-
kommen, die Sergei J. Glasjew mit russischstämmigen Separatisten zwischen dem 27. Februar und 3.
März 2014 geführt haben muss. Glasjew erteilt verschiedenen pro-russischen Parteien in der Ukraine
direkte Anweisungen, Unruhen im Donezbecken, Charkiw, Saporischschja und Odessa anzuzetteln.
Verschiedene pro-russische Akteure sollen lokale Verwaltungsbüros einnehmen und separatistische
Forderungen formulieren. Er verspricht Unterstützung aus Russland, einschließlich das „Senden
unserer Jungs“. Nicht zuletzt fordert Glasjew seine Gesprächspartner auf, auch unter natürlichen
Umständen verstorbene pro-russische Ukrainer propagandistisch zu instrumentalisieren. 171

September 2013 bis November 2014: Zwei Monate später, am 26. Oktober 2016, kamen gehackte
Mails aus der Büro-Mail-Verbindung von Wladislaw J. Surkow, zum angegebenen Zeitpunkt Berater
des russischen Staatsoberhauptes gewesen, ans Tageslicht. Zum Beispiel geht am 13. Mai 2014 eine
Liste ein, die Kandidaten für die „Regierung der Volksrepublik Donezk“ vorschlägt, unter anderem
Denis W. Puschilin, Alexander W. Sachartschenko und Igor W. Girkin, die später tatsächlich die Stellen
in der „Regierung der Volksrepublik Donezk“ bekommen werden. Oder am 25. August 2014, als eine
Nachricht von Vitali Leibin, Redakteur des Mediums „Russischer Reporter“, eingeht, in dem eine
Botschaft der „Bürger von Donbas“ an die ukrainische Regierung thematisiert wird, die nach einiger
Zeit mit kleinen Änderungen von mehreren russischen Medien, allen voran Russia Today, publiziert
wurde.172

18. März 2014: Die ukrainische Halbinsel Krim wird nach einem Referendum, das selbst der so
genannte Menschenrechtsrat beim russischen Präsidenten als offenkundige Fälschung deklarieren
wird173, völkerrechtswidrig annektiert.174

21.- beziehungsweise 25. März 2014: Teilnehmer der Annexion der Krim werden mit der militärischen
Auszeichnung „Medaille für die Rückholung der Krim“ geehrt. Auf der Rückseite der Medaille ist
Folgendes zu lesen: „Für die Rückholung der Krim 20.02.14 - 03.18.14“. Anbetracht der Tatsache, dass
russische Beamte immer wieder betonten, dass die Annexion der Krim eine Reaktion auf das
Referendum über den Status der Krim vom 16. März 2014 gewesen sei, die russische Okkupation der
Halbinsel offiziell erst am 22. Februar 2014 begann und Wiktor F. Janukowytsch am 20. Februar noch
ukrainisches Staatsoberhaupt war, löst die Bedeutung dieser eingravierten Information mediale
Diskurse aus. Viele Internetnutzer kontextualisieren das Massaker auf dem Euromaidan. Am selben
Tag verschwinden die zeremoniellen Aufnahmen von der Internetseite des russischen Verteidigungs-
ministeriums.175

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7. April 2014: Die so genannte Volksrepublik Donezk wird rechtswidrig gegründet.176

14. April 2014: Die Ukraine startet ihre Anti-Terror-Operation.177

Am 19. November 2014 stellt sich Igor W. Girkin, mutmaßlich Mitarbeiter des russischen Militär-
geheimdienstes „Hauptverwaltung für Aufklärung“178, einer Befragung durch das russische Medium
„Sawtra“, die von anderen Medien nur zensiert übernommen und übersetzt wird. Girkin sagt aus, die
höchstpersönliche Verantwortung für den Beginn des Krieges von Donbas zu tragen:

„I was the one who pulled the trigger of this war. If our unit hadn't crossed the border, everything
would have fizzled out — like in [the Ukrainian city of] Kharkiv, like in Odessa. There would have been
several dozen killed, burned, detained. And that would have been the end of it. But the flywheel of
the war, which is continuing to this day, was spun by our unit. We mixed up all the cards on the table.
At first, nobody wanted to fight. The first two weeks went on under the auspices of the sides trying
to convince each other [to engage].“179

Am 21. Juli 2023 wurde Igor W. Girkin festgesetzt und am 25. Januar 2024 zu einer vierjährigen
Straflagerfreiheitsstrafe verurteilt.180

Behauptung 112:

Damals haben sich übrigens die Vertreter der drei europäischen Länder Deutschland, Polen und
Frankreich zusammengeschlossen, sie waren die Garanten für das unterzeichnete Abkommen
zwischen der Regierung Janukowitsch und der Opposition. Sie unterzeichneten es als Garanten.

Behauptung 113:

Trotzdem verübte die Opposition einen Staatsstreich,

Inkorrekt.

Wäre die parlamentarische Absetzung von Wiktor F. Janukowytsch ohne völkische Grundlage
gewesen, könnte man indertat von einem so genannten Staatsstreich sprechen181, zumal
Janukowytsch auch nach der Absetzung rein juristisch Staatsoberhaupt war.182 Aber diese Absetzung
war dem Umstand der Revolution der Würde geschuldet, folglich hunderttausenden Demonstranten,
die sich mit diplomatischen Schlichtungsversuchen nicht zufriedengeben wollten – siehe dazu
Bewertung der Behauptung 114. Folglich greift das Antonym „Revolution“.183

Behauptung 114:

und alle diese Länder gaben vor, sich nicht daran zu erinnern, dass sie Garanten für die friedliche
Einigung waren. Sie haben es einfach sofort in den Schnee geworfen. Und niemand erinnert sich
daran.

Inkorrekt.

Das ist schlicht und ergreifend inkorrekt.

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Die so genannte Vereinbarung über die Beilegung der Krise in der Ukraine, die am 21. Februar 2014
unterzeichnet wurde, war bereits am Folgetag mit der Flucht Wiktor F. Janukowytschs unilateral ge-
brochen.184 Nebst der Tatsache, dass die damaligen Maidan-Demonstranten dieses Abkommen
mehrheitlich nicht unterstützen wollten185, hat auch die Russische Föderation, vertreten durch
Wladimir P. Lukin, nicht unterschrieben.186

Beim informellen Treffen „Weimarer Dreieck“ zwischen den Außenministern der Bundesrepublik
Deutschland, Französischen Republik und Republik Polen am 31. März 2014 wurde eine Erklärung
beschlossen, in der die neue ukrainische Gubernative dazu aufgerufen wurde, die Vereinbarung
politisch umzusetzen.187

Behauptung 115:

Die CIA hat ihren Job gemacht, um den Putsch zu vollenden. Ich glaube, einer der stellvertretenden
Staatssekretäre sagte, dass sie eine große Summe Geld gekostet haben. Fast 5 Milliarden.

Inkorrekt.

Victoria J. Nuland, die nicht für den US-Amerikanischen Auslandsgeheimdienst „Central Intelligence
Agency“ tätig, sondern Unterabteilungsleiterin im US-Amerikanischen Außenministerium war, hat so
Etwas nie behauptet.

Am 13. Dezember 2013 referierte Victoria J. Nuland auf der Pressekonferenz der Stiftung „U.S.-
Ukraine Foundation“, dass seit 1991 etwa fünf Milliarden US-Dollar in ukrainische Projekte für
„Wohlstand, Sicherheit und Demokratie“ investiert worden ist.188 Konkret sagte sie: „Since Ukraine’s
independence in 1991, the United States has supported Ukrainians as they build democratic skills and
institutions, as they promote civic participation and good governance, all of which are preconditions
for Ukraine to achieve its European aspirations. We’ve invested over $5 billion to assist Ukraine in
these and other goals that will ensure a secure and prosperous and democratic Ukraine.“ 189 Das
wiederholte sie am 22. April 2014 auf Nachfrage des US-Amerikanischen Mediums „Cable News
Network“, betonte aber zugleich: „But we certainly didn’t spend any money supporting the Maidan.
That was a spontaneous movement, which is a far cry from what we are concerned Russia is up to
now in eastern Ukraine.“190

Die fünf Milliarden, genauer gesagt 5,1 Milliarden US-Dollar, flossen – wie bereits dem Wortlaut zu
entnehmen ist – zwischen 1991 und 2014. Damit ist die bewusste Kontextualisierung von „fünf
Milliarden“ mit der Revolution der Würde faktisch inkorrekt. 2011, folglich während der Präsident-
schaft Wiktor F. Janukowytschs, gab’s 195,6 Millionen US-Dollar für die Ukraine, für 2014 waren nur
86,1 Millionen US-Dollar angesetzt. Die größte Summe entstammt der vom US-Amerikanischen
Außenministerium beaufsichtigten Behörde „United States Agency for International Development“,
kurz auch als USAID bekannt. Hiervon gingen etwa 2,4 Milliarden US-Dollar an ukrainische Programme
zur Förderung von Grenzsicherheit, Bekämpfung von Menschenhandel sowie Drogenbekämpfung.
1,1 Milliarden US-Dollar waren dem allgemeinen Wirtschaftswachstum gewidmet und 300 Millionen
der humanitären Hilfe. Alles in einem Geld, das weder vollumfänglich im Jahre 2014 ausgezahlt wurde
noch der Finanzierung von Demonstranten galt.191

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USAID war auch zwanzig Jahre in der Russischen Föderation tätig.192 2011 unterstütze sie die russische
Nichtregierungsorganisation „Golos“, die sich in diesem Jahr der Beobachtung der Bundes-
parlamentswahl annahm. Golos meldete, vielerorts das Karussell – siehe Bewertung der Behauptung
101 – gesichtet zu haben. Die von Golos zuvor programmierte Internetseite zum Melden von Wahl-
rechtsverstößen, „www.kartanarusheniy.org“, war zwar während der Wahl immer wieder DDoS-
Angriffen ausgesetzt, konnte aber dennoch von akkreditierten Wahlbeobachtern erfahren, dass sie
zum Beispiel erst nach Beginn der Abstimmung in die Wahllokale gelassen oder auf direkte Anweisung
übergeordneter Wahlkommissionen aus Wahllokalen verwiesen worden seien.193 Korrespondenten
der Organisation berichteten zudem von Fällen, in denen die Abschlusssitzung der Stimmkommission
des Stimmbezirks nicht abgehalten und die Stimmauszählung nicht bekannt gegeben wurde.194

Mit dem im Juli 2012 ratifizierten Gesetz über „ausländische Agenten“ in Russland 195 wurde Golos
mehrfach bestraft.196/197/199/200/201/202/203 USAID wurde des Landes verwiesen.204 Im gleichen Jahr
begann die Russische Föderation Studien zufolge russlandfreundliche, aber allen voran anti-
europäische- beziehungsweise „westliche“ Projekte in Georgien, der Republik Moldau und ins-
besondere in der Ukraine mit jährlich 130 Millionen Euro zu fördern.205

Letztlich ist noch zu konstatieren, dass fünf Milliarden US-Dollar höchstwahrscheinlich nicht gereicht
hätten, um erfolgreich einen Putsch zu meistern. Der Dritte Golfkrieg, dessen putschiger Charakter
nichtmal ein offenes Geheimnis war, kostete allein in der Planung über fünfzig Milliarden US-Dollar
und letzten Endes schätzungsweise etwa vierhundert Millionen US-Dollar täglich.206 Der großflächige
Angriff auf die Ukraine, dessen putschiger Charakter ebenfalls kein offenes Geheimnis ist, soll bislang
über zweihundert Milliarden US-Dollar gekostet haben.207 Es erscheint zumindest absurd, glauben zu
können, dass ein US-Amerikanischer Geheimdienst mit fünf Milliarden US-Dollar innerhalb weniger
Monate mehr erreichen konnte als die Vereinigten Staaten beziehungsweise die Russische Föderation
mit schätzungsweise hunderten Milliarden US-Dollar innerhalb mehrerer Jahre. Und dann noch ohne
sich handfest erwischt haben zu lassen.

Behauptung 116:

Ohne die blutigen Entwicklungen auf dem Maidan wären wir nie auf die Idee gekommen, auch nur
den Finger zu rühren. Denn wir waren damit einverstanden, dass nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion unsere Grenzen entlang der Grenzen der ehemaligen Unionsrepubliken verlaufen
sollten.

Irreführend.

Siehe Bewertung der Behauptung 111.

Behauptung 117:

Wir haben dem zugestimmt,

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Behauptung 118:

aber wir haben nie der NATO-Erweiterung zugestimmt,

Inkorrekt.

Siehe unter anderem die Bewertungen der Behauptungen 69 und 71.

Behauptung 119:

und wir haben auch nie zugestimmt, dass die Ukraine in die NATO aufgenommen wird.

Inkorrekt.

Siehe unter anderem die Bewertungen der Behauptungen 69 und insbesondere 71.

Behauptung 120:

Wir haben nicht zugestimmt, dass die NATO dort Stützpunkte einrichtet, ohne mit uns darüber zu
sprechen.

Irreführend.

Ex existierten keine Stützpunkte des Atlantischen Bündnisses in der Ukraine.

Behauptung 121:

Jahrzehntelang haben wir immer wieder gesagt: Tut dies nicht, tut das nicht.

Irreführend.

Siehe unter anderem die Bewertungen der Behauptungen 69 und 71.

Behauptung 122:

Aber nein, die derzeitige ukrainische Führung, der Außenminister, alle anderen Beamten und der
Präsident selbst sagten, dass sie nichts von den Minsker Vereinbarungen halten. Sie wollten sie nicht
umsetzen.

Inkorrekt.

Die „derzeitige ukrainische Führung“, folglich das Exekutivkabinett rund um das Regierungsoberhaupt
Denys A. Schmyhal und das Staatsoberhaupt Wolodymyr O. Selenskyj, ist seit 2020 beziehungsweise
2019 im Amt.208 Das so genannte Protokoll von Minsk, auch bekannt als Minsk I, das im September
2014 in Kraft trat, wurde bis Februar 2015 immer wieder verletzt und schließlich bedingt der pro-
russischen Schlacht um den Flughafen Donezk zweifelsfrei gebrochen.209 Im Februar 2015 folgte das
Minsker Abkommen, auch bekannt als Minsk II. Am 17. Februar 2015 wurde diese Aktualisierung und

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Spezifizierung von Minsk I mit der UN/O-Resolution 2202 völkerrechtlich bindend210 und am selben
Tag mit dem pro-russischen Kampf um Debalzewe grob verletzt.211

In den Folgejahren kam es immer wieder zu Verletzungen leichter und schwerer Art, mehrheitlich
durch die pro-russische Fraktion. Von 2018 bis 2020 (30. März 2018, 1. Juli 2018, 29. August 2018, 29.
Dezember 2018, 8. März 2019, 21. Juli 2019, 1. Januar 2020, 27. Juli 2020) wurden im Durchschnitt
alle drei Monate neue Waffenstillstandsvereinbarungen durch die trilaterale Verhandlungsgruppe
bestehend aus der Russischen Föderation, der Ukraine und der Organisation „Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“, kurz auch als OSZE bekannt, getroffen.212 Im Juli 2019 bot
Wolodymyr O. Selenskyj erfolglos ein erneutes Treffen in der belarussischen Hauptstadt Minsk an.213
Im Dezember desselben Jahres kam es zu einer bilateralen, sprich russisch-ukrainischen Bekräftigung
der Minsk-Ziele in der französischen Hauptstadt Paris und zu einer neuen Waffenstillstands-
vereinbarung samt Geiselaustausch.214 Auch diese Waffenstillstandsvereinbarung wurde gebrochen.
Am 21. Februar 2022 erklärte Wladimir W. Putin die „Minsker Abkommen“ für hinfällig und legte diese
mit den so genannten Freundschafts- und Hilfsabkommen gegenüber der Volksrepublik Donezk und
der Volksrepublik Lugansk vom 22. Februar 2022 ad acta.215

Behauptung 123:

Vor einem Jahr oder anderthalb Jahren haben die ehemaligen Staats- und Regierungschefs von
Deutschland und Frankreich ganz offen gesagt, dass sie zwar die Minsker Vereinbarungen
unterzeichnet haben, aber nie die Absicht hatten, sie umzusetzen, sondern uns einfach an der Nase
herumgeführt haben.

Inkorrekt.

Am 7. Dezember 2022 äußerte Angela D. Merkel auf die Frage „Stellen Sie sich die Frage, ob die Jahre
relativer Ruhe auch Jahre der Versäumnisse waren und Sie nicht nur Krisenmanagerin, sondern zum
Teil Verursacherin von Krisen?“ Folgendes: „Die 2008 diskutierte Einleitung eines Nato-Beitritts der
Ukraine und Georgiens hielt ich für falsch. Weder brachten die Länder die nötigen Voraussetzungen
dafür mit, noch war zu Ende gedacht, welche Folgen ein solcher Beschluss gehabt hätte, sowohl mit
Blick auf Russlands Handeln gegen Georgien und die Ukraine als auch auf die Nato und ihre
Beistandsregeln. Und das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben. Sie
hat diese Zeit hat auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht. Die Ukraine von 2014/15
ist nicht die Ukraine von heute. Wie man am Kampf um Debalzewe (Eisenbahnerstadt im Donbass,
Oblast Donezk, d. Red.) Anfang 2015 gesehen hat, hätte Putin sie damals leicht überrennen können.
Und ich bezweifle sehr, dass die Nato-Staaten damals so viel hätten tun können wie heute, um der
Ukraine zu helfen.“216
Am 28. Dezember desselben Jahres äußerte der im Jahre 2015 ebenfalls beteiligte (französische
Staatsoberhaupt) François G. G. H. Holla auf die Frage „In einem Interview mit der deutschen Zeitung
‚Die Zeit‘ sagte Angela Merkel über die Minsker Protokolle: ‚Es war offensichtlich, dass zwar der
Konflikt eingefroren wird, aber das Problem nicht gelöst wurde. Es gab der Ukraine nur wertvolle Zeit.‘
Glauben Sie auch, dass die Verhandlungen in Minsk dazu bestimmt waren, den russischen Fortschritt
in der Ukraine zu verzögern?“ Folgendes: „Angela Merkel hat recht in diesem Punkt. Die Minsker
Vereinbarungen stoppten die russische Offensive für eine Weile.“217

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Zunächst: Offenkundig ist, dass Angela D. Merkel ihre Reputation stärken wollte. Bereits der
voreingenommenen Wortwahl der Fragestellung ist entnehmbar, welche Beweggründe das Medium
hatte, das ehemalige deutsche Bundesregierungsoberhaupt auf diese Thematik anzusprechen.
Nachdem die Russische Föderation der Ukraine in Gänze den Krieg erklärt hatte, wurde die Meinung,
dass Merkels russische Außenpolitik ein Fehlschlag war, immer etablierter medialisiert.218 Die
deutsche Entscheidung, im Jahre 2008 den Beitritt der Ukraine in das Atlantische Bündnis zu
verhindern beziehungsweise zu verzögern, war wieder Gegenstand des medialen Diskurses.219 Die
Abkommen von Minsk wurden mit dem Münchner Abkommen aus dem Jahre 1938 verglichen220 und
die deutsch(-französische) Außenpolitik unter Angela D. Merkel mit der so genannten Appeasement-
Politik der 1930er Jahre.221 Für die ehemals tagespolitisch relevanteste Politikerin war es folglich nur
folgerichtig, zu versuchen, die vielfach kritisierte Außenpolitik mit einer Schutzbehauptung zu recht-
fertigen.

Aus keiner der zitierten Antworten geht hervor, dass die Russische Föderation an der „Nase herum-
geführt“ wurde. Das wäre seitens der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik
gar nicht möglich gewesen. Beide Staaten hatten ausschließlich die Wächterfunktion inne.222 Nur die
Russische Föderation und die Ukraine hätten jeweils an der Nase der anderen Fraktion spielen können
oder gemeinsam an den Nasen Deutschlands und Frankreichs. Angesichts der unzähligen Vertrags-
verletzungen sind beide Möglichkeiten zumindest logisch nachvollziehbar.

Zudem kann man der Wortwahl der Fragestellung an François G. G. H. Holla entnehmen, dass Merkels
Äußerung elementar verkürzt und entstellt wurde. Während Merkel die faktische Konsequenz der
Abkommen von Minsk als Intention, diese damals überhaupt eingegangen zu sein, verkauft, verkürzt
die Fragestellung Merkels Wortwahl auf die Konstatierung, dass die Abkommen von Minsk der
Ukraine „wertvolle Zeit“ geschenkt haben. Und selbstverständlich war die faktische Konsequenz der
Abkommen von Minsk, dass die Ukraine Zeit hatte, aufzurüsten. Eine ukrainische Aufrüstung war auch
nie Gegenstand der Minsk-Abkommen. Entsprechend gab es auch Aufrüstung seitens der Russischen
Föderation.

Behauptung 124:

Ich glaubte damals wirklich, dass die Wunden allmählich heilen würden, wenn es uns gelänge, die
Bewohner des Donbass davon zu überzeugen, in die ukrainische Staatlichkeit zurückzukehren. Wenn
sich dieser Teil des Territoriums wieder in ein gemeinsames soziales Umfeld integriert, wenn die
Renten und Sozialleistungen wieder gezahlt werden, dann würden sich alle Teile allmählich
zusammenfügen. Aber das wollte niemand.

Inkorrekt.

Das lässt die faktische Historie der selbstproklamierten Volksrepubliken in der östlichen Ukraine, und
allen voran die russische zunächst de facto-Anerkennung und seit Februar 2017 de jure-Anerkennung
von Ausweisdokumenten dieser Volksrepubliken, nicht zu.223 Im April 2019 dekretierte Wladimir W.
Putin die Methode der so genannten Passportisierung für die besagten Gebiete.224

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Auch seine Aussage in der Behauptung 207, wonach jede ukrainische Gubernative seit 2014 als
„unrechtmäßig“ erachtet wird, belegt, dass dieser Glaube nicht geglaubt wurde.

Behauptung 125:

Alle wollten das Problem nur mit militärischer Gewalt lösen. Aber das konnten wir nicht zulassen.

Inkorrekt.

Die militärische Gewalt begann mit den russischen Unternehmungen – siehe Bewertung der
Behauptung 111.

Behauptung 126:

Die Situation spitzte sich zu, als die ukrainische Seite verkündete: Nein, wir werden nichts tun. Sie
begannen auch, sich auf militärische Aktionen vorzubereiten.

Inkorrekt.

Der Beginn der ukrainischen Anti-Terror-Operation am 14. April 2014 war eine Reaktion auf die
rechtswidrige Gründung der russischen Subjekte „Volksrepublik Donezk“ und „Volksrepublik Lugansk“
am 7. April 2014.

Jeder Staat hätte gleichermaßen beziehungsweise ähnlich reagiert – so auch die Russische Föderation
mit dem Ersten Tschetschenienkrieg.225

Behauptung 127:

Sie waren es, die den Krieg im Jahr 2014 begonnen haben.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 111.

Behauptung 128:

Wir haben unsere Ziele noch nicht erreicht, denn eines davon ist die Entnazifizierung. Das heißt, das
Verbot aller Arten von Neonazi-Bewegungen.

Irreführend.

Zunächst: Es wäre höchstens alibihaft, eine so genannte Entnazifizierung damit zu begründen, „alle
Arten von Neonazi-Bewegungen“ verboten zu haben. Die Gedanken sind bekanntlich frei.

Die Ukraine leidet unter keinem nennenswert höheren Nationalsozialismus- beziehungsweise


„Neonazi“-Problem als alle anderen Staaten der Welt. Das bestätigen auch kontextual relevante und
staatenunabhängige Instanzen, allen voran die polnische Gedenkstätte „Staatliches Museum

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Auschwitz-Birkenau“226, die US-Amerikanische Gedenkstätte „United States Holocaust Memorial
Museum“227, die deutsche Gedenkstätte „KZ-Gedenkstätte Dachau“228, der Staat Israel229 und 309
internationale Geschichtswissenschaftler in einer gemeinsamen Stellungnahme 230 kurz nach Kriegs-
beginn.

Nebst dem dient der Vorwurf der nationalsozialistischen Terrorherrschaft offenkundig als
Moralisierung. Allein dieses Interview, der nahezu dreißigminütige Monolog über die vermeintlich
historisch bedingte Zwangsläufigkeit einer nationalistischen Verbundenheit zwischen der Russischen
Föderation und der Ukraine auf die Eingangsthematisierung der Beweggründe seitens Wladimir W.
Putin, die Ukraine angegriffen zu haben, zudem die Behauptungen 54, 55, 56, 59, 60, 201, 203, 226,
227, 228 und 229 zeigen, dass der Krieg gegen Ukraine geführt wird, um dem anscheinenden Glauben
an eine völkische Einheit zwischen Russen und Ukrainern praktische Geltung zu verschaffen.231 Seine
Ausführungen zur Ukraine beziehungsweise zur russisch-ukrainischen Beziehung belegen diese
Mutmaßung232:

Am 19. September 2013 auf der Veranstaltung „Waldai“ Folgendes:

„Wir haben gemeinsame Traditionen, eine gemeinsame Mentalität, eine gemeinsame Geschichte und
Kultur. Wir haben sehr ähnliche Sprachen. In dieser Hinsicht, ich wiederhole es, sind wir ein Volk.
[…] Die Ukraine ist ein Teil unserer großen russischen oder russisch-ukrainischen Welt.“

Am 19. Juni 2019 bei der Befragung durch William O. Stone:

„Ich bin der Meinung, dass Russen und Ukrainer ein Volk sind ... genau genommen eine Nation. […]
Man sollte irgendeine Art von Eingliederung versuchen.“

Am 12. Juli 2021 mit der Abhandlung „Zur historischen Einheit von Russen und Ukrainern“:

„Als ich kürzlich in Direct Line nach den russisch-ukrainischen Beziehungen gefragt wurde, sagte
ich, dass Russen und Ukrainer ein Volk sind – ein einziges Ganzes. Diese Worte wurden nicht von kurz-
fristigen Erwägungen getrieben oder vom aktuellen politischen Kontext veranlasst. Es ist das, was ich
bei zahlreichen Gelegenheiten gesagt habe und woran ich fest glaube.

Und wir werden niemals zulassen, dass unsere historischen Gebiete und Menschen, die uns nahe
stehen, gegen Russland eingesetzt werden. Und denen, die einen solchen Versuch unternehmen,
möchte ich sagen, dass sie auf diese Weise ihr eigenes Land zerstören werden.

Ich bin zuversichtlich, dass eine wahre Souveränität der Ukraine nur in Partnerschaft mit Russland
möglich ist. Unsere spirituellen, menschlichen und zivilisatorischen Bindungen, die sich über Jahr-
hunderte gebildet haben und ihren Ursprung in denselben Quellen haben, wurden durch gemein-
same Prüfungen, Errungenschaften und Siege gefestigt. […] Gemeinsam waren und sind wir schon
immer um ein Vielfaches stärker und erfolgreicher. Denn wir sind ein Volk.“

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Am 21. Februar 2022 – siehe Bewertung der Behauptung 1:

„Ich betone nochmals: Die Ukraine ist für uns nicht einfach ein Nachbarland. Sie ist integraler Bestand-
teil unserer eigenen Geschichte, unserer Kultur, unseres geistigen Raums. Es geht um unsere Leute,
um Menschen, die uns nahestehen, unter ihnen sind nicht nur Kollegen, Freunde, Menschen, mit
denen wir gemeinsam gedient haben, sondern auch Verwandte, wir sind mit ihnen über Bluts- und
Familienbande verwoben.“

Am 3. März 2022 im Rahmen einer Fernsehansprache:

„Ich werde niemals meine Überzeugung aufgeben, dass Russen und Ukrainer ein Volk sind.“

Am 25. Dezember 2022 auf eine Frage in einer Fernsehdiskussion:

„Eigentlich geht es hier um die Politik unserer geopolitischen Gegner, die darauf abzielt, Russland, das
historische Russland, auseinanderzureißen. Mein Ziel ist etwas anderes – das russische Volk zu
vereinen. […] Wir handeln in die richtige Richtung, wir schützen unsere nationalen Interessen, die
Interessen unserer Bürger, unseres Volkes.“

Behauptung 129:

Die Truppen sollten aus Kiew abgezogen werden. In Ordnung. Als wir das getan hatten,

Inkorrekt.

Ob das konkret gefordert wurde, ist unbekannt. Wahrscheinlich ist es schon. Bekannt ist, dass die
russische Militärführung den Abzug als „vertrauensbildende Maßnahme“ bezeichnet hat,233 nachdem
der russische Verhandlungsführer, Wladimir R. Medinski, die ukrainische Verhandlungskoopertion als
„konstruktiven Schritt“ bezeichnete, wofür er im Übrigen von russischen Politikern rund um Ramsan
A. Kadyrow kritisiert wurde.234 Betrachtet man den faktischen Verlauf der Schlacht um Kiew erweckt
der Eindruck, die russischen Soldaten nur abgezogen zu haben, um weitere Verluste zu vermeiden.235
Inkorrekt ist die Behauptung, weil nur nördlich stationierte Einheiten der gegen die ukrainische
Hauptstadt stationierten Soldaten abgezogen wurden. Bis Anfang April fanden weiterhin Kämpfe um
Kiew statt.236

Behauptung 130:

warfen die ukrainischen Unterhändler sofort alle in Istanbul getroffenen Vereinbarungen in den
Papierkorb und bereiteten sich mit Hilfe der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten in Europa auf
eine langanhaltende bewaffnete Konfrontation vor. So hat sich die Situation entwickelt, und so sieht
sie auch jetzt aus.

Inkorrekt.

Der Teilabzug fand am 29. Februar 2022 statt. Am 1. April kamen die ersten Aufnahmen des Massakers
von Butcha ans Licht.237 Am 2. April erklärte Wolodymyr O. Selenskyj, dass es „schwierig“ sei, die

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Waffenstillstandsverhandlungen weiterzuführen. Zugleich betonte er, weiteren Verhandlungen keine
Absage erteilt zu haben.238

Behauptung 131:

Genau darüber möchte ich jetzt sprechen. Es ist ein sehr wichtiges Thema. Entnazifizierung.
Nachdem die Ukraine ihre Unabhängigkeit erlangt hatte, begann sie, wie einige westliche Analysten
sagen, nach ihrer Identität zu suchen. Und es fiel ihr nichts Besseres ein, als diese Identität auf
einigen falschen Helden aufzubauen, die mit Hitler kollaborierten.

Korrekt, aber irreführend.

Korrekt ist, dass in der Ukraine teilweise Personen geehrt werden, die zeitweise mit den deutschen
Nationalsozialisten kollaborierten. Irreführend ist allerdings die suggerierte Induktion einer Relevanz
des Nationalsozialismus bei der Ehrung eines Unabhängigkeitskämpfers als Unabhängigkeitskämpfer.
Ebenfalls irreführend ist die ebenfalls suggerierte Induktion einer allgemein ukrainischen Identitäts-
findung in den „falschen Helden“.239/240/241

Im Grunde lässt sich die derivative Wirkung und/oder Suggestion dieser Behauptung als inkorrekt
klassifizieren.

Irreführend ist zudem de Konsequenz der Behauptung 23 – siehe dazu die Bewertung der Behauptung
148.

Behauptung 132:

Ich habe bereits gesagt, dass die Theoretiker der Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine im
frühen 19. Jahrhundert davon ausgingen, dass eine unabhängige Ukraine sehr gute Beziehungen zu
Russland haben sollte.

Korrekt, aber irreführend.

Die Wiederholung dieser inkorrekten Information lässt allenfalls den Wahrheitseffekt bei Moderator
Tucker S. M. Carlson und gutgläubigen Rezipienten funken.242

Behauptung 133:

Aufgrund der historischen Entwicklung waren diese Gebiete jedoch Teil des polnisch-litauischen
Commonwealth. Polen, wo die Ukrainer verfolgt und ziemlich brutal behandelt wurden und
grausamem Verhalten ausgesetzt waren. Es gab auch Versuche, ihre Identität zu zerstören. All dies
blieb in der Erinnerung der Menschen.

Korrekt, aber irreführend.

Die Erinnerung mag beibehalten worden sein, die Konsequenz dieser Behauptung ist allerdings aus-
gesprochen zuungunsten Putins. Er beschreibt in der Behauptung 136 korrekterweise die Tötung von
polnischen, russischen und jüdischen Menschen und erklärt in dieser Behauptung [133] die ehemalig-

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e Unrechtschafft der polnischen Krone zur Ursache. Das erklärt aber nicht die Tötung von russischen
Meschen, weshalb die Fragestellung aufkommt, ob diese Logik seitens Putin beibehalten werden soll,
denn dann erinnert es an die „russische“ Unrechtschafft, die die Meschen aus „diesen Gebieten“
ebenfalls erlebt haben müssen. Negiert man die Zwangsläufigkeit von Letzterem, stellt sich wiederum
die Frage, warum auch russische Meschen getötet wurden. Entweder weil sich diese Menschen aus
„diesen Gebieten“ schon zu Zeiten der Unrechtschafft der polnischen Krone nicht als Russen
identifiziert haben. Dann ist das all die Behauptungen umfassende Narrativ des eigentlichen Russen,
aber „künstlich“ konstruierten Ukrainers widerlegt. Oder weil es nie um eine Art ideologische
Racheaktion aufgrund einer Erinnerung ging, sondern schlicht und ergreifend um die Nationalisierung
der Ukraine. Dann ist die ganze Thematisierung von Stepan A. Bandera im Kontext einer „notwendig-
en Entnazifizierung“ der Ukraine, wie die Behauptungen 131 und 137 zeigen, unlogisch, weil Bandera
und Konsorten nicht aus nationalsozialistischen Beweggründen gemordet hätten, die Ukrainer
folglich weder aus nicht-nationalsozialistischen noch aus nationalsozialistischen Gründen einem
Nationalsozialisten huldigen könnten.

Behauptung 134:

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, kollaborierte ein Teil dieser extrem nationalistischen Elite mit
Hitler, weil sie glaubten, er würde ihnen die Freiheit bringen.

Korrekt, aber irreführend.

Dass bestätigt die Bewertung der Behauptung 133.

Behauptung 135:

Die deutschen Truppen, ja sogar die SS-Truppen, ließen Hitlers Kollaborateure die schmutzigste
Arbeit bei der Ausrottung der polnischen und jüdischen Bevölkerung verrichten.

Behauptung 136:

So kam es zu diesem brutalen Massaker an der polnischen und jüdischen Bevölkerung, aber auch an
der russischen Bevölkerung. Angeführt wurde es von den bekannten Personen Bandera und
Schuchewytsch.

Korrekt, aber irreführend.

Die Behauptung lässt offen, welches „Massaker“ gemeint ist. Diese Offenheit und die Definition des
Begriffes „Massaker“ lässt sogar die Schlussfolgerung des Holocausts zu.

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Behauptung 137:

Es waren diese Leute, die zu Nationalhelden gemacht wurden. Das ist das Problem.

Inkorrekt.

Die Bewertung der Behauptung 133 und die darauffolgende Bestätigung mit der Behauptung 134
bezeugt, dass das vermeintliche „Problem“ mit dem Nationalsozialismus in der Ukraine keinesfalls in
der Ehrung von Stepan A. Bandera liegen kann. Die Ehrung von Stepan A. Bandera qualifiziert der
Ukraine kein nationalsozialistisches Problem, weil Bandera kein Nationalsozialist war. Zudem ist die
Ehrung ebenfalls in der Ukraine umstritten und immer wieder medialisiertes Politikum.243

Wäre Stepan A. Bandera Nationalsozialist gewesen, könnte man der Ukraine ebenfalls kein national-
sozialistisches Problem bescheinigen, weil man in der Regel nicht die Gewalttaten von Bandera
gutheißt, sondern ausschließlich seine Forderung nach der Nationalisierung der Ukraine.244

Der Nationalsozialismus ist eine Ideologie.245 Eine Ideologie ist ein so genanntes geschlossenes Welt-
bild.246 Um es an einem plastischen Beispiel mit der Ideologie „Antisemitismus“ darzustellen: Ein
Terrorist, der ein Flugzeug mit neunzig Prozent jüdischer Besatzung explodieren lässt, hat nur dann
antisemitisch gehandelt, wenn er das getan hat, weil er die besagten Juden wegen ihres Jüdisch-seins
töten wollte. Er hat aber nicht antisemitisch gehandelt, wenn er ein Flugzeug mit [zufällig] neunzig
Prozent jüdischer Besatzung explodieren lässt, weil er ganz allgemein Menschen töten wollte.247

Behauptung 138:

Man sagt uns ständig, dass es Nationalismus und Neonazismus auch in anderen Ländern gibt. Ja,
aber das sind Keimlinge. Und andere Länder kämpfen gegen sie.

Irreführend.

Zunächst: Nationalismus gibt es überall, da „Nationalismus“ nicht der so genannte Chauvinismus


ist.248/249/250

Beides trifft gleichermaßen auf die Ukraine zu.251

Behauptung 139:

Aber in der Ukraine ist das nicht der Fall.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 138.

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Behauptung 140:

Diese Leute sind in der Ukraine zu Nationalhelden gemacht worden. Es wurden Denkmäler für diese
Menschen errichtet. Sie werden auf Flaggen abgebildet. Ihre Namen werden von Menschenmassen
gerufen, die mit Fackeln durch die Straßen gehen,

Irreführend.

Siehe Bewertungen der Behauptungen 131 bis 139.

Behauptung 141:

wie es in Nazideutschland der Fall war.

Inkorrekt.

In „Nazideutschland“ gab es keine Fackelmärsche für ukrainische Nationalisten.

Behauptung 142:

Das waren Menschen, die Polen, Juden und Russen ausgelöscht haben.

Irreführend.

Ob die besagten Personen explizit getötet haben, ist faktisch unbewiesen, aber durchaus wahr-
scheinlich.

Irreführend ist die Behauptung, weil im Zweiten Weltkrieg Millionen von Menschen „Polen, Juden
und Russen ausgelöscht haben“, darunter auch Russen.

Behauptung 143:

Wenn sie sich selbst als ein separates Volk betrachten, haben sie das Recht dazu. Aber nicht auf der
Grundlage des Nazismus, der Nazi-Ideologie.

Inkorrekt.

Die Welt besteht aus originären Völkerrechtssubjekten, sprich Staaten. Jeder Staat hat gemäß seiner
Souveränität – im Falle der Ukraine die Volkssouveränität – das originäre Recht zu tun oder zu lassen,
was er will (Souveränitätsprinzip). Völkerrechtliche Verträge, allen voran die so genannte Charta der
Vereinten Nationen, beschränken dieses Recht zwar, aber nicht so weitgehend, dass eine Ideologie
verboten ist. Wenn ein völkerrechtlicher Vertrag, an den die Ukraine gebunden wäre, eine solche
Ideologie verbieten würde, könnte sie gemäß ihrer faktischen Effektivität innenpolitischer Natur
(Effektivitätsprinzip) diesen Vertrag auflösen.252

Nebst dem pflegt die Ukraine kein solches Ziel.

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Behauptung 144:

Der Präsident der Ukraine hat Kanada besucht. Die Geschichte ist gut bekannt, wird aber in den
westlichen Ländern totgeschwiegen.

Inkorrekt.

Nichts wird totgeschwiegen.

Exemplarische Beispiele mutmaßlich „westlicher“ Staaten: Bundesrepublik Deutschland253,


Vereinigte Staaten254, Republik Polen255, Französische Republik256, Republik Österreich257,
Schweizerische Eidgenossenschaft258, Vereinigtes Königreich259, Republik Kroatien260, Republik
Nordmazedonien261, Königreich Spanien262, Italienische Republik263, Kanada264.

Überall Berichterstattung.

Behauptung 145:

Das kanadische Parlament stellte den Mann vor, der, wie der Parlamentspräsident sagte, während
des Zweiten Weltkriegs gegen die Russen gekämpft hat.

Behauptung 146:

Nun, wer hat während des Zweiten Weltkriegs gegen die Russen gekämpft? Hitler und seine
Komplizen.

Korrekt, aber irreführend.

Es gab nicht nur „Komplizen“ von Adolf Hitler beziehungsweise „Nazideutschland“, die gegen
„Russen“ gekämpft haben, zumal die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken höchstpersönlich
„Komplize“ von Adolf Hitler beziehungsweise „Nazideutschland“ war.265 Das änderte sich erst mit
Vertragsbruch.266

Behauptung 147:

Und es stellte sich heraus, dass dieser Mann in den SS-Truppen diente,

Behauptung 148:

er persönlich tötete Russen, Polen und Juden.

Inkorrekt.

Es ist nichtmal ansatzweise bekannt, ob Jaroslaw Hunka jemanden getötet hat. Hingegen bekannt ist,
dass der eingangs – siehe unter anderem Behauptung 23 – seitens Wladimir W. Putin begeistert
erwähnte Bohdan M. Chmelnyzkyj und seine Streitkraft im Rahmen des Chmelnyzkyj-Aufstandes

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schätzungsweise zwanzig tausend Juden ermordet haben. Der jüdischen Überlieferung zufolge galt er
als „der böse Chmel“.267

Behauptung 149:

Die US-Truppen bestanden aus ukrainischen Nationalisten, die diese Drecksarbeit erledigten. Der
Präsident der Ukraine stand zusammen mit dem gesamten kanadischen Parlament auf und
applaudierten diesem Mann. Wie kann man sich das vorstellen? Der Präsident der Ukraine selbst ist
übrigens ein Jude.

Irreführend.

Die Motivation war nicht, einem ehemaligen SS-Soldaten zu huldigen, sondern einem Kämpfer gegen
die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken.268

Angesichts populärer Nationalsozialismus-Vorwürfe wäre es äußerst idiotisch und insbesondere


unlogisch gewesen, vorsätzlich ein ehemaliges Mitglied einer der berühmt-berüchtigtsten national-
sozialistischen Organisationen einzuladen und so öffentlichen zu würdigen.

Behauptung 150:

Hitler ist seit so vielen Jahren tot, seit 80 Jahren. Aber seine Ideologie lebt weiter. Die Leute, die die
Juden, Russen oder Polen ausgerottet haben, leben weiter.

Behauptung 151:

Und der Präsident, der jetzige Präsident der heutigen Ukraine, applaudiert ihm im kanadischen
Parlament, gibt Standing Ovations.

Korrekt, aber irreführend.

Siehe Bewertung der Behauptung 149.

Behauptung 152:

Können wir sagen, dass wir diese Ideologie vollständig ausgerottet haben?

Irreführend.

Eine Ideologie lässt sich nicht „vollständig ausrotten“.

Behauptung 153:

Ist es irgendeinem Staat erlaubt, den Nazismus zu fördern? Nein, das ist er nicht, oder?

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 143.

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Behauptung 154:

Aber nachdem wir unsere Truppen aus Kiew abgezogen haben, hat die andere Seite, wie ich bereits
sagte, alle diese Vereinbarungen über Bord geworfen und den Anweisungen der westlichen Länder,
der europäischen Länder und der Vereinigten Staaten gehorcht, Russland bis zum bitteren Ende zu
bekämpfen.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 130.

Behauptung 155:

Darüber hinaus hat der ukrainische Präsident ein Gesetz erlassen, das Verhandlungen mit Russland
verbietet. Er hat ein Dekret unterzeichnet, das jedem verbietet, mit Russland zu verhandeln. Aber
wie sollen wir denn verhandeln, wenn er sich selbst und allen anderen dies verbietet?

Inkorrekt.

Das ukrainische Staatsoberhaupt Wolodymyr O. Selenskyj hat kein Dekret erlassen, das Verhandlung-
en mit der Russischen Föderation verbietet. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainisch-
en Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson reagierte das ukrainische Verfassungsorgan
„Nationaler Sicherheit- und Verteidigungsrat der Ukraine“ mit einem Beschluss, der unter anderem
„Verhandlungen mit dem Präsidenten der Russischen Föderation V. Putin“ für „unmöglich“ erklärt.
Selenskyj dekretierte diesen Beschluss am 30. September 2022. Folglich sind Verhandlungen
weiterhin möglich.269

Ende Januar 2023 relativierte er dieses Dekret.270

Behauptung 156:

Ich habe mit ihm vor der speziellen Militäroperation gesprochen.

Behauptung 157:

Bestimmte Kontakte werden aber aufrechterhalten. Ich wiederhole: Wir haben Kontakte über
verschiedene Verbindungen.

Behauptung 158:

Zumindest ist es das, worüber sie reden. Und sie versuchen, ihre eigene Bevölkerung mit einer
imaginären russischen Bedrohung einzuschüchtern. Das ist eine offensichtliche Tatsache. Sie
versuchen, die russische Bedrohung zu schüren.

Inkorrekt.

Die „russische Bedrohung“ wird russisch geschürt. Eine Auswahl exemplarischer Aussagen aus dem
öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Russischen Föderation:

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Mai 2022271:

„Wir könnten Großbritannien auch auf den Meeresgrund stürzen mit Russlands unbemanntem Unter-
wasserfahrzeug ,Poseidon‘. Die Explosion dieses thermonuklearen Torpedos vor der britischen Küste
würde eine 500 Meter hohe, radioaktiv verseuchte Tsunamiwelle auslösen, die über die britischen
Inseln hinwegrollt.“

August 2022272:

„Schaut euch an, wie wirkungslos die Entnazifizierung Deutschlands und Europas war. Die sowjetische
Besetzung Deutschlands und Osteuropas ist nichtmal dreißig Jahre. Und jetzt haben wir, was wir
haben. Die Schlussfolgerung, die darauf gezogen werden kann, ist, dass die nächste Entnazifizierung
viel systematischer, tief gehender und ideologischer sein muss.“

Dezember 2022273:

„Wenn das Thema des ukrainischen Nationalsozialismus vorbei ist, wird es das Thema des euro-
päischen Nationalsozialismus und seiner klügsten Vertreter geben. Beginnend mit dem Baltikum und
endend mit dem deutschen Nationalsozialismus, der immer noch in voller Blüte steht. Wir kommen
nach Den Haag. Wir werden nach Paris zurückkommen, wie im 19. Jahrhundert. Und wir werden nach
Berlin zurückkehren, wie im 20. Jahrhundert! Wenn die russischen Soldaten die europäischen
Bastarde noch im 21. Jahrhundert daran erinnern müssen, uns mit Respekt zu behandeln! Wir werden
euch verfolgen!“

Januar 2023274:

„Ich denke, es ist an der Zeit, eine klare, entschlossene Botschaft zu senden, dass wir Deutschland als
Konfliktpartei betrachten und dass deutsche Panzer, die [in der Ukraine] erscheinen, definitiv dazu
führen werden, dass wir deutsches Territorium, Militärbasen und andere Standorte als legitime Ziele
betrachten. Pistorius wird als Kretin in die Geschichte eingehen, der dafür sorgte, dass Deutschland
als Zone der direkten Zerstörung endete. Scholz auch! Und Baerbock! Und das Deutsche Volk wird
wissen, welche neuen Nazi-Führer sie aufgezogen und an die Macht gebracht haben. Sind wir der
Angreifer? Seit acht Jahren habt ihr Bastarde das ukrainische Nazi-Regime genährt! Seit acht Jahren
tötet ihr die Menschen im Donbas! Seit acht Jahren lügen sie durch den Mund ihrer ‚Mutter’ Merkel!
Seit acht Jahren lügt ihr! Ihr europäischen Pharisäer, ihr Nazi-Drecksäcke!“

Januar 2023275:

„Das ist ein patriotischer Krieg. Wir sind im Krieg gegen den kompletten Nato-Block, gegen 50 satan-
istische Staaten. Sie wollen uns zerstören.“

Februar 2023276:

„Der Name dieses Drecksacks ist Pistorius [Boris L. Pistorius]. Der Name des Nazis ist Pistorius. Der
Kadaver von Pistorius sollte in die Kanone eines Leopard-Panzers gerammt werden. Verstehen Sie, es
stellt sich heraus, dass wir die Orks sind und sie die verdammten Krieger des Lichts! Sie sind für die

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Demokratie! Und die ganze hinterhältige westliche Welt – Tiere – sagt, dass die Russen unglaublich
grausam sind. Sie werden uns dazu bringen, spezielle Aufklärungsgespräche mit unseren Kriegern zu
führen, um Nazi-Abschaum in Gefangenschaft zu nehmen, anstatt sie auf der Stelle zu erledigen.
Wartet nicht auf diese Drecksäcke, um die Wahrheit im Leben zu sehen! Erwartet nicht die Wahrheit
von diesem Abschaum der Welt. Erwartet nicht, dass sie einem russischen Krieger ein Wort der
Empathie oder des Mit-gefühls sagen! Nein! Sie werden Elchlippen essen!“

Februar 2024277:

„Wir können Berlin von Kaliningrad aus zerstören. […] Ich werde schreiben: ‚Ich bin zufrieden mit den
Ruinen des Reichstags‘. Das ist meine Herangehensweise.“

Behauptung 159:

Nur in einem Fall, wenn Polen Russland angreift. Und warum? Weil wir kein Interesse an Polen,
Lettland oder sonst wo haben. Warum sollten wir das tun? Wir haben einfach kein Interesse. Das ist
nur Drohgebärde.

Irreführend.

Das „Drohgebärde“ wird russisch geschürt.

Russisches Landesregierungsoberhaupt Ramsan A. Kadyrow am 25. Mai 2022278:

„Das Thema Ukraine ist schon abgeschlossen. Ich bin mehr an Polen interessiert. Sollte es einen
Befehl geben, werden wir zeigen, dass wir in sechs Sekunden bereit sind."

Russischer Bundesparlamentsausschussvorsitzender Oleg V. Morozov am 13. Mai 2022279:

„Mit den Aussagen über Russland ermutigt uns Polen, es nach der Ukraine an die erste Stelle der
Warteschlange für die Entnazifizierung zu stellen.“

Russisches Staatsoberhaupt Wladimir W. Putin am 4. Dezember 2023280:

Ich glaube nicht, dass das Glück in die Häuser derjenigen kommt, die so eine Politik verfolgen. Wenn
sie so eine Politik gegenüber Menschen betreiben, die in diesem oder jenem Land leben wollten, dort
arbeiteten, diesem Land Vorteile verschafften und jetzt wie Schweine behandelt werden, dann
werden sie am Ende selbst solche Schweinerei erleben, innerhalb ihrer Länder.

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Behauptung 160

Die meisten Söldner kommen aus Polen, an zweiter Stelle stehen Söldner aus den Vereinigten
Staaten und an dritter Stelle Söldner aus Georgien.

Irreführend.

Wie viele Söldner in der Ukraine tätigen, ist faktisch fremd. Die meisten, die als „Söldner“ gelten, sind
keine Söldner, sondern in die hoheitlichen Strukturen integrierte Freiwillige.281

Behauptung 161:

Nun, wenn jemand den Wunsch hat, reguläre Truppen zu schicken, würde das die Menschheit
sicherlich an den Rand eines sehr ernsten globalen Konflikts bringen. Das ist offensichtlich.

Irreführend.

Offensichtlich ist das offenkundig nicht – zumindest nicht für hauseigene Propagandisten, siehe die
Bewertungen der Behauptungen 158 und 159.

Behauptung 162:

Man sagt immer, dass man in solchen Fällen nach den potenziellen Profiteuren suchen sollte. Aber in
diesem Fall sollten wir nicht nur danach schauen, sondern auch, wer über die Fähigkeit verfügt, auf
den Grund der Ostsee zu sinken und diese Explosion durchzuführen.

Behauptung 163:

Im Propagandakrieg ist es sehr schwierig, die Vereinigten Staaten zu besiegen, weil die Vereinigten
Staaten alle Medien der Welt und viele europäische Medien kontrollieren.

Inkorrekt.

Abgesehen von der Widersinnigkeit dieser Formulierung „alle Medien der Welt und viele europäische
Medien“ wird diese Behauptung angesichts der Existenz russischer Medien noch widersinniger.

Das einzige Medium, dass die „Vereinigten Staaten“ kontrollieren, schimpft sich: White House Press
Secretary.282

Behauptung 164:

Die eigentlichen Nutznießer der größten europäischen Medien sind amerikanische Finanzinstitute.

Inkorrekt.

Selbst wenn das zutreffen würde, wäre das kein Beweis für die widersinnige Behauptung. Zumal die
Behauptung 167 zeigt, dass das Attribut „amerikanisch“ nicht zwangsläufig bedeutet, im Sinne der
US-Amerikanischen Bundesgubernative zu praktizieren.

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Behauptung 165:

Wir könnten unsere Informationsquellen ins Rampenlicht stellen, aber wir würden keine Ergebnisse
erzielen.

Inkorrekt.

Das Tucker/Putin konnte bis zum heutigen Zeitpunkt folgende Interaktionen verzeichnen:

- auf dem Sozialen Netzwerk „X“/„Twitter“/„Xitter“ über 203 Millionen Aufrufe, über 1 Million-
en Gefällt-mir-Angaben, über 38.000 Zitationen, über 273.000 Wiederveröffentlichungen und
über 286.000 Lesezeichen.283
- auf der Video-Plattform „YouTube“ über 17,4 Millionen Aufrufe, nahezu 1 Millionen Gefällt-
mir-Angaben und 291.006 Kommentare.284
- Mehrere Übersetzungen in verschiedene Sprachen mit jeweils vergleichbaren Interaktion-
en.285/286/287
- Internationale Berichterstattung, unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland288, den
Vereinigten Staaten289, der Russischen Föderation290, der Republik Estland291, dem Königreich
Spanien292, der Französischen Republik293, der Republik Lettland294, der Republik Polen295, der
Ukraine296, der Vereinigten Arabischen Emirate297, der Islamischen Republik Iran298 und der
Volksrepublik China299.

Es lässt sich zumindest mutmaßen, dass das audiovisuelle Interview Reichweiten generieren konnte,
die, zwar auch oder insbesondere bedingt des Internetzeitalters, eine Qualität genießen, die sich mit
der Reichweite Prominenter à la Michael J. Jackson oder Elizabeth II. vergleichen lässt.300

Fakt ist, dass eine in diesem Kontext stattgefundene Beweisführung seitens Wladimir W. Putin
beziehungsweise der Russischen Föderation hinsichtlich der angeblich US-Amerikanischen Ver-
antwortlichkeit beim NordStream-Anschlag ein Propagandagewinn sondergleichen gewesen wäre.
Die weltpolitische Schlagkraft wäre zweifelsohne.

Behauptung 166:

Es ist der ganzen Welt klar, was damals passiert ist.

Inkorrekt.

Wenn es der „ganzen Welt“ klar wäre, gäbe es Klarheit auf der „ganzen Welt“. Da es diese nicht gibt,
ist diese Behauptung offenkundiger Kokolores.

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Behauptung 167:

Selbst amerikanische Analysten sprechen direkt darüber.

Korrekt, aber irreführend.

Angesichts – international betrachtet – überdurchschnittlicher Meinungsäußerungsfreiheit in den


Vereinigten Staaten, die seitjeher den politischen Diskurs ebenda zeichnet301, ist es nicht ver-
wunderlich, dass US-Amerikanische Analysten zu dieser Thematik analysieren und gegebenenfalls
referieren. Zudem entfaltet diese Information keine höhere Nennenswertigkeit als die Information
über Analysen ausländischer Analysten, da nicht die Staatsangehörigkeit bestimmt, ob eine Analyse
zutrifft oder nicht.

Behauptung 168:

Das verwirrt mich auch, aber die heutige deutsche Führung lässt sich eher von den Interessen des
kollektiven Westens als von ihren nationalen Interessen leiten. Anders lässt sich die Logik ihres
Handelns oder Nichthandelns nur schwer erklären.

Inkorrekt.

Anders lässt sich die Logik des Handelns, namentlich „REPowerEU“, erklären.302

Behauptung 169:

Es geht nicht nur um Nord Stream I, das in die Luft geflogen ist,

Inkorrekt.

Das war die Fragestellung.

Aufgrund von jährlich stattfindenden Wartungsarbeiten wurde NordStream I am 11. bis zum 20. Juli
2022 stillgelegt. Das russische Unternehmen „Gazprom“ gab an, den weiteren Betrieb der Leitung in
Zukunft nicht mehr garantieren zu können, da eine Turbine der Verdichterstation „Portowaja“ defekt
sei.303 Die Turbine wurde daraufhin in Kanada gewartet und infolge der Sanktionen nicht direkt in die
Russische Föderation, sondern über die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Bundesregierungs-
oberhaupt Olaf Scholz nahm sie höchstpersönlich in Empfang. Seit dem 18. Juli 2022 lagert die
Turbine hierzulande, da die russische Gubernative die Einfuhr verweigert.304

Nach der Wartung wurde der Gasfluss zunächst gedrosselt, in den darauffolgenden Tagen weiter
abgesenkt und am 30. August schließlich vollständig eingestellt. Das Unternehmen gab erst neuerlich-
e Wartungsarbeiten, später einen angeblichen Ölaustritt in der Verdichterstation an, der gemäß
Turbinenhersteller kein Grund für eine Betriebseinstellung sei.305 Letztlich kündigte die russische
Gubernative an, die Stilllegung von NordStream I nach Europa auf unbestimmte Zeit fortzusetzen.
Dmitri S. Peskow, präsidialer Pressesprecher der Russischen Föderation, gab bekannt, dass die Gas-
lieferung erst wieder aufgenommen wird, wenn die Sanktionen gegen die Russische Föderation auf-
gehoben sind.306

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Behauptung 170:

oder Nord Stream II, das beschädigt wurde. Ein Rohr ist nämlich sicher und gesund. Gas kann durch
es nach Europa geliefert werden. Aber Deutschland will nicht. Wir sind bereit.

Behauptung 171:

Es gibt noch eine andere Route durch Polen, die Yamal Europe, die ebenfalls einen großen Durchfluss
ermöglicht. Polen hat sie geschlossen.

Inkorrekt.

Im Winter 2021 ist die Gasversorgung Deutschlands durch die Erdgasleitung „Jamal–Europa“ be-
ziehungsweise das russische Unternehmen „Gazprom“ immer weiter runter gefahren. Statt üblicher-
weise 110 Millionen Kubikmetern sind teilweise unter 30 Millionen Kubikmeter geflossen. Gazprom
hat Deutschlands größten Erdgasspeicher „Rehden“ immer weiter geleert, statt ihn für den Winter zu
befüllen. Mitte Dezember war er zu nicht einmal sechs Prozent voll. Schließlich wurde am 21.
Dezember die Erdgasleitung zugedreht.307

Nachdem man wieder bereit war, durch diese Erdgasleitung zu liefern,308 änderte sich an der Rück-
läufigkeit der Lieferung nichts. Am 29. März 2022 lag die gelieferte Menge bei Null.309 Am 26. April
hat Gazprom angekündigt, der Republik Polen ab dem 27. April kein Gas mehr über die Jamal-Pipeline
zu liefern.310 Am 12. Mai gab das Unternehmen bekannt, dass von der russischen Gubernative
verboten worden sei, Gas über die besagte Pipeline zu liefern.311

Behauptung 172:

Es erhält Geld aus den paneuropäischen Fonds und Deutschland ist der Hauptgeldgeber dieser
paneuropäischen Fonds.

Korrekt, aber irreführend.

Die Republik Polen ist zwar Nettoempfänger innerhalb der Europäischen Union und die Bundes-
republik Deutschland der größte Nettozahler, aber sowohl die Kontextualisierung mit der Gasleitung
als auch die Relativität der Beitragsattribute beider Staaten ist irreführend.

Zunächst ist zu konstatieren, dass jeder Mitgliedsstaat zahlt und empfängt. Entsprechend lässt sich
nur von Netto-Differenzen sprechen.312 Im Jahre 2014 wurde der letzt abgeschlossene Finanzhaushalt
beziehungsweise Finanzrahmen der Europäischen Union beschlossen. Deutschland zahlte in diesen
sieben Jahren durchschnittlich 13,5 Milliarden Euro und gilt daher als Nettozahler;313 die Republik
Polen zahlte durchschnittlich 3,8 Milliarden Euro und erhielt 14,88 Milliarden Euro.314 Die Grundlage
liefert die Wirtschaftskraft der Mitgliedsstaaten – wäre die Russische Föderation Mitglied der
Europäischen Union, wäre sie ebenfalls ein Nettoempfänger.

Dass die Differenz allerdings so hoch ist, liegt an den für die soziale und ökonomische Entwicklung der
Europäischen Union normierten Bedingungen. Die Zahlungen sind folglich zweckgebunden. Über 31

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Prozent der etwa 238 Milliarden Euro, die die Republik Polen seit ihrem Beitritt zur Europäischen
Union im Mai 2004 erhalten hat, gab´s zum Beispiel nur, um die polnische Landwirtschat zu fördern.315
Aufgrund des in der Europäischen Union vorherrschenden Binnenmarktes war eine im Sinne dieser
buchhalterischen Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben inoffizielle Konsequenz die
Kostenreduktion von landwirtschaftlichen Erträgen in der Europäischen Union. Auch die deutsche
Landwirtschaft wird mit solchen Zahlungen gefördert.316

Die Bundesrepublik Deutschland profitiert von der Nettozahlung an die Europäische Union. Daher ist
es irreführend, ein geldgieriges Polen einerseits und ein geldverschwenderisches Deutschland
anderseits zu zeichnen. Deutschland kann unter anderem nur deshalb so erfolgreich in die meisten
Staaten der Europäischen Union – allein sechzehn der siebenundzwanzig Mitgliedsstaaten bewerten
die Bundesrepublik Deutschland als relevantesten Handelspartner – exportieren, weil unter anderem
mit deutschem Geld Wohlstand in den besagten Staaten generiert werden konnte. Studien zufolge
steigert die deutsch-europäische Exportökonomie das deutsche Pro-Kopf-Einkommen jährlich um
über 1.000 Euro – der EU-weite Durchschnitt liegt bei 840 Euro.317

Abgesehen von der Ökonomie profitiert Deutschland auch anderweitig.318

Behauptung 173:

Gewissermaßen wird Polen von Deutschland gefüttert, schließt aber den Durchfluss nach
Deutschland.

Inkorrekt.

Siehe Bewertungen der Behauptungen 171 und 172.

Behauptung 174:

Ich verstehe die Ukraine nicht, an die die Deutschen Waffen liefern und Geld geben. Deutschland ist
nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Sponsor von Finanzhilfen für die Ukraine.

Behauptung 175:

Es gibt zwei Gasrouten durch die Ukraine. Sie haben einfach so eine Route geschlossen. Die Ukrainer.

Irreführend.

Es wurde keine Gasroute „einfach so“ geschlossen. Nachdem russische Truppe im März 2022 die
ukrainische Stadt Nowopskow in der später annektierten Region Luhansk besetzt haben, konnte die
ukrainische Organisation „Gas Transmission System Operator of Ukraine“ die dort ansässige
Verdichterstation nicht mehr versicherungsgemäß beaufsichtigen und musste sie im Mai desselben
Jahres schließen. Das parallele Angebot, die Gasmenge künftig über die Station „Sudscha“ zu
empfangen und weiterzuleiten, wurde von Gazprom abgelehnt.319

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Behauptung 176:

Öffnen Sie die zweite Route. Und holen Sie bitte Gas aus Russland. Sie öffnen sie nicht. Warum sagen
die Deutschen nicht: Seht her, Jungs, wir geben euch Geld und Waffen. Macht das Ventil auf. Bitte
lasst das Gas aus Russland für uns durch. Wir kaufen in Europa Flüssiggas zu exorbitanten Preisen,
was unsere Wettbewerbsfähigkeit und unsere Wirtschaft im Allgemeinen auf den Nullpunkt bringt.
Sie wollen also, dass wir Ihnen Geld geben? Lasst uns ein anständiges Leben führen, um Geld für
unsere Wirtschaft zu verdienen, denn von dort kommt das Geld, das wir euch geben.

Irreführend.

Die „Deutschen“ sagen das nicht, weil keine Notwendigkeit besteht. Die vorherrschende Abhängigkeit
wurde erfolgreich abgebaut.320 Zudem lässt die Ukraine weiterhin russisches Gas durch die Ukraine
für allen voran mitteleuropäische Staaten passieren. Erst 2025 soll dieser Transit beendet werden.321

Behauptung 177:

Der Dollar ist der Eckpfeiler der Macht der Vereinigten Staaten.

Behauptung 178:

Ich denke, jeder versteht sehr gut, dass, egal wie viele Dollars gedruckt werden, sie schnell über die
ganze Welt verteilt werden.

Irreführend.

Ich denke, niemand versteht wirklich, was Wladimir damit sagen wollte.

Behauptung 179:

Die Inflation in den Vereinigten Staaten ist minimal. Sie liegt bei 3 oder 3,4 %, was meiner Meinung
nach für die USA völlig akzeptabel ist.

Behauptung 180:

Bis 2022 wurden etwa 80 % der russischen Außenhandelstransaktionen in US-Dollar und Euro
abgewickelt. Etwa 50 % unserer Transaktionen mit Drittländern wurden in US-Dollar abgewickelt.
Nun, derzeit sind es nur noch 13 %. Übrigens machten unsere Transaktionen in Yuan etwa 3 % aus.
Heute werden 34 % unserer Transaktionen in Rubel abgewickelt und ungefähr genauso viel. Etwas
mehr als 34 % in Yuan.

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Behauptung 181:

Außerdem denken andere Länder, einschließlich der Ölproduzenten, darüber nach und akzeptieren
bereits Zahlungen für Öl in Yuan.

Korrekt, aber irreführend.

Dass darüber nachgedacht wird, ist zweifelsohne nennenswert. Nennenswert ist aber auch der
Hinweis, dass es sich um explizite Verträge handelt und einige Staaten, die seitens der Russischen
Föderation aufgefordert waren, mit der chinesischen Währung „Yuan“ zu zahlen, zum Beispiel die
Republik Indien, ablehnend reagierten.322

Die Suggestion einer erfolgreichen Petroyuan-Veränderung ist irreführend.323

Behauptung 182:

Wir sind Nachbarn von China. Nachbarn kann man sich nicht aussuchen, genauso wenig wie man sich
enge Verwandte aussuchen kann. Wir haben eine 1000 km lange gemeinsame Grenze mit ihnen. Das
ist der erste Punkt. Zweitens: Wir haben eine jahrhundertelange Geschichte der Koexistenz. Wir sind
daran gewöhnt.

Behauptung 183:

Drittens: Chinas außenpolitische Philosophie ist nicht aggressiv.

Inkorrekt.

Bereits der Wortlaut der außenpolitischen Maxime der Volksrepublik China ist aggressiv. Die
alltagsgebräuchliche Definition von „aggressiv“ trifft zwar letztlich auch zu, aber im Sinne der Außen-
politik ist die völkerrechtliche Definition der so genannten Aggression gemeint, die sich vornehmlich
dem so genannten Verbrechen der Aggression entnehmen lässt.

Artikel 8 Absatz 1 RS324:

„Im Sinne dieses Statuts bedeutet ‚Verbrechen der Aggression‘ die Planung, Vorbereitung, Einleitung
oder Ausführung einer Angriffshandlung, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine
offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, durch eine Person, die
tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder
zu lenken.“

Der gubernativ geprüften und genehmigten Internetvertretung „China Internet Information Center“
ist Folgendes zu entnehmen325:

„China verfolgt unbeirrt eine unabhängige und selbständige Außenpolitik des Friedens. Das Grundziel
dieser Politik ist, Chinas Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität zu gewährleisten, ein
gutes internationales Umfeld für Chinas Reform, Öffnung und Modernisierung zu schaffen, den
Weltfrieden zu wahren und eine gemeinsame Entwicklung zu fördern. Der Inhalt dieser Außenpolitik

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umfasst die folgenden sechs Punkte: […] 4. China ist bereit, auf der Grundlage der Fünf Prinzipien der
Friedlichen Koexistenz, des gegenseitigen Respekts der Souveränität und der territorialen Integrität,
der gegenseitigen Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, des gegenseitigen Nichtangriffs, des
gegenseitigen Nutzens und der friedlichen Koexistenz freundschaftliche und kooperative Beziehung-
en mit allen Ländern herzustellen und zu entwickeln.“

Die zentralste Konsequenz der zitierten Außenpolitik Chinas, die von der „Souveränität und
territorialen Integrität“ geleitet wird, ist die Nichtaufnahme diplomatischer Beziehungen zu Staaten,
die die Republik China anerkennen.

Die Republik China ist ein hauptsächlich auf der westpazifischen Insel „Taiwan“ ansässiger Staat, der
Gegenstand des so genannten Taiwan-Konfliktes ist.326 Sie existiert seit dem 1. Januar 1912.
Anfänglich herrschend über das heutige Hoheitsgebiet der Volksrepublik China und der damals
vorübergehend japanischen Insel Taiwan, verlor sie den Chinesischen Bürgerkrieg, der 1927 mit dem
Aufstand der Kommunistischen Partei Chinas begann und 1949 mit ihrem Sieg endete, und floh als
Gubernative rund um das Staatsoberhaupt Chiang Kai-shek mit über 1,5 Millionen Flüchtlingen auf
die 1945 bedingt der Kairoer Erklärung chinesisch gewordenen Insel Taiwan.327 Die Insel Taiwan, die
vor 1895 dem Kaiserreich China gehörte, aber mit dem Vertrag von Shimonoseki an das Japanische
Kaiserreich übergeben wurde,328 war zwischen 1895 und 1945 beziehungsweise 1952 japanisches
Hoheitsgebiet und wurde kraft Kairoer Erklärung, ein alliiertes Kommuniqué, die sämtliche durch
Japan gewonnene chinesische Gebiete wieder an die Republik China zurückfallen sah, unter
chinesische Kontrolle gestellt.329 Der Vertrag von Shimonoseki war seit 1937 ab initio ungültig, weil
Japan mit dem Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg die vertraglich kodifizierte Friedenspflicht
verletzten wollte.330

Während die politische Elite, Streitkraft und die besagten Flüchtlinge auf der faktisch wieder
chinesisch gewordenen Insel Taiwan die Republik China mit der neuen Hauptstadt Taipeh etablierten,
gründete die auf dem Festland der Republik China siegreiche Kommunistische Partei Chinas rund um
Mao Zedong am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China. Folglich entstand nebst der über Taiwan
herrschenden Republik China die Volksrepublik China auf dem eigentlichen Festland der Republik
China. Mit der alliierten Neuordnung der Welt, dem Beginn des Zeitalters der Organisation der
Vereinten Nationen, fungierte die Republik China als völkerrechtliche Vertretung des chinesischen
Volkes. In der Zwischenzeit wuchs das ökonomische Interesse an der Volksrepublik China. Allerdings
versuchte die Volksrepublik China bereits seit 1950 einen Alleinvertretungsanspruch für das
„chinesische Volk“ in den Vereinten Nationen durchzusetzen. Die einzig relevante Unterstützung
fanden sie in der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken.

Erst mit dem ökonomischen Aufschwung schien sich die so genannte Ein-China-Politik der Volks-
republik China zu rechnen. Alle Staaten, die diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China
aufnehmen wollten, mussten offiziell anerkennen, dass die „Regierung der Volksrepublik China die
alleinige rechtmäßige Regierung von ganz China […] und Taiwan unveräußerlicher Bestandteil des
Territoriums der Volksrepublik China“ sei. Aus besagten Gründen, sprich Opportunitätsgründen,
erwies sich diese Strategie als außenpolitischer Erfolg und mündete in der UNO-Resolution „2758“.
76 Staaten votierten für und 35 Staaten gegen einen Austausch der Repräsentanz in der Organisation

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der Vereinten Nationen. Die Vereinigten Staaten, die gegen diese Resolution waren, scheiterten zuvor
mit dem Antrag, beiden Staaten eine völkerrechtliche Vertretung in den Vereinten Nationen
zuzubilligen. Die Volksrepublik China ist seit dem 25. Oktober 1971 „einzig rechtmäßiger Vertreter
des chinesischen Volkes“ innerhalb der Organisation der Vereinten Nationen.331

Diese offizialisierte Mehrheitsmeinung innerhalb der Organisation der Vereinten Nationen, die bis
zum heutigen Zeitpunkt aus Gründen des Fortbestands der Fünf Prinzipien beziehungsweise Ein-
China-Politik sowie bedingt der ständigen Mitgliedschaft der Volksrepublik China und des damit
einhergehenden Vetorechts fortbesteht, ließ die Republik China zu einem so genannten De-facto-
Regime werden.332

Mit der Zeit wurde auch die Republik China ökonomisch so attraktiv, dass sich eigentlich beziehungs-
weise ehemals ausschließlich der Volksrepublik China zugewandte Staaten ihr öffneten. Um weiterhin
mit der Volksrepublik China operieren zu können, ging man dazu über, Sprachregelungen zu finden,
die zwar von einem China sprechen, aber für beide Seiten annehmbar sind.333 Das förderte Selbst-
bewusstsein in der Republik China, das unter anderem in eine Zeit der diplomatischen Annäherung
mit der Volksrepublik China münden konnte. Nichtsdestotrotz hielt man an der Ein-China-Politik fest
und verabschiedete im März 2005 das so genannte Anti-Abspaltungsgesetz, das in Artikel 8 die
Drohung zum Inhalt hat, militärische Gewalt einzusetzen, „wenn sich alle unsere Bemühungen für
eine friedliche Wiedervereinigung als aussichtslos erweisen“.334 Das seit 2013 amtierende Staats-
oberhaupt Xi Jinping strebt eine „friedliche Wiedervereinigung“ noch in seiner Amtszeit an. 335 Mit
der Neujahrsansprache zum Jahr 2019, in der er „kein Versprechen“ abgeben wollte, „auf die An-
wendung von Gewalt zu verzichten“,336 drangen wiederholt Kampfflugzeuge der chinesischen Streit-
kraft in die taiwanesische Hoheit ein.337 Mit der Militärübung von 2022 verkündete die chinesische
Gubernative eine Dauerpräsenz vor der Insel Taiwan.338

Damit begeht die Vertretung des Völkerrechtssubjektes „Volksrepublik China“, die Gubernative rund
um das Staatsoberhaut, mindestens die Planung und Vorbereitung einer Aggression. Damit ist die
Außenpolitik des besagten Staates aggressiv.

Die Volksrepublik China behauptet zwar regelmäßig, das Recht zu haben, die „abtrünnige Provinz“
einzunehmen, doch das ist nachweislich inkorrekt. Die Republik China ist gleichermaßen ein Völker-
rechtssubjekt wie die Volksrepublik China, genießt aber aus Opportunitätsgründen keine Mitglied-
schaft in der Organisation der Vereinten Nation und gilt daher als De-facto-Regime,339 was allerdings
nichts an der Staatsqualität der Republik China ändert. Das liegt grundsätzlich an den Termini
„Staat“340 und „De-facto-Regime“341, die nicht miteinander konkurrieren.

Ein De-facto-Regime bezeichnet einen Staat, der international überwiegend nicht anerkannt wird. Ein
Staat ist per definitionem ein Gebilde gemäß der völkerrechtlich etablierten Drei-Elemente-Lehre. Die
so genannte Drei-Elemente-Lehre definiert ein Gebilde als Staat, wenn es ein Staatsgebiet, ein
Staatsvolk und eine Staatsgewalt besitzt. Folglich ist ein Staat ein Gebilde, das territorial begrenzt,
ansässig bevölkert ist und souverän beherrscht wird. Das trifft auf die Republik China zu.342

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Die besagte Anerkennung, die bei negativem Status zu dem relativierend wirkenden Wort, aber
definitorisch ergänzenden Begriff „De-facto-Regime“ führt, ist irrelevant für die Fragestellung, ob ein
Staat ein Staat ist beziehungsweise völkerrechtliche Qualität besitzt. Die Anerkennung ist ein
ausschließlich deklaratorischer, aber kein konstitutiver Vorgang.343 Auch als von der Organisation der
Vereinten Nationen betrachtetes De-facto-Regime genießt die Republik China als Staat den völker-
gewohnheitsrechtlichen Schutz durch das Allgemeine Gewaltverbot, das auch völkervertragsrechtlich
in Artikel 2 Absatz 4 und 6 sowie Artikel 51 UN-C für Nichtmitgliedstaaten des Vereins „Organisation
der Vereinten Nationen“ kodifiziert ist.344

Behauptung 184:

Die Idee ist, immer nach Kompromissen zu suchen.

Inkorrekt.

Die Außenpolitik, einen zunächst gestifteten Konflikt kompromissvoll lösen zu wollen, als eine „Suche
nach Kompromissen“ darzustellen, ist irreführend.

„immer“ ist – auch angesichts der Bewertung der Behauptung 183 – inkorrekt.

Behauptung 185:

Und das können wir sehen. Und das ist der nächste Punkt, der wie folgt lautet.

Inkorrekt.

„Wir“ gewiss nicht.

Behauptung 186:

Die Zusammenarbeit mit China nimmt immer weiter zu, das Tempo, in dem Chinas Zusammenarbeit
mit Europa wächst, ist höher und größer als das Wachstum der chinesisch-russischen
Zusammenarbeit.

Behauptung 187:

Die Sanktionen sind gemäß der Charta der Vereinten Nationen unrechtmäßig.

Inkorrekt.

Bei den gegen die Russische Föderation erlassenen Sanktionen handelt es sich um zielgerichtete
Wirtschaftssanktionen. Ziel dieser Wirtschaftssanktionen ist es, das politische Kalkül der russischen
Gubernative durch die zusätzliche Belastung politischer Kosten zu verändern. Solche Sanktionen
werden für gewöhnlich vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen abgehandelt. Das ist aber
kontextual nicht möglich, da die Russische Föderation trotz Befangenheit die Mitgliedschaft ständiger
Art und damit ein Vetorecht besitzt.

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Entsprechend sind nationale Wirtschaftssanktionen gefragt. Innerhalb der Europäischen Union
unterliegt diese rechtliche Kompetenz der so genannten Unionsebene, da der Außenhandel betroffen
ist. Artikel 215 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, kurz als AEUV bekannt,
kodifiziert eine ausschließliche Kompetenz der Union zur Verhängung restriktiver Maßnahmen in
Form von Wirtschafts- oder Finanzsanktionen.345 Da aber auch die so genannte Gemeinsame Außen-
und Sicherheitspolitik betroffen ist, bedarf es gemäß Artikel 29 EU-V eines einstimmigen Beschlusses
des Europäischen Rates, so dass jeder Mitgliedsstaat ein Vetorecht innehat.346

Da Sanktionen regelmäßig einen schwerwiegenden Eingriff in die internationale Wirtschaftsordnung


darstellen, sind sie rechtlich nicht ohne weiteres zulässig. Wirtschaftssanktionen betreffen allen voran
das so genannte Welthandelsrecht, weil Waren und Dienstleistungen aus den Zielstaaten vom
Marktzugang absolut oder relativ diskriminiert werden.347 Das Welthandelsrecht und auch bilaterale
Verträge, wie zum Beispiel das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Russischen
Föderation, enthalten jedoch Ausnahmeklauseln, insbesondere für kriegerische Situationen, siehe
Artikel XXI lit. b) iii GATT348 und Artikel 99 Nummer 1d PKA-EU-R349. Wirtschaftssanktionen verstoßen
ebenfalls nicht gegen das Gewaltverbot gemäß Artikel 2 Absatz 4 UN-C, das nur militärische Gewalt
subsumiert.350 Selbst wenn man anderer Auffassung wäre, sprich einer Minderheitsmeinung folgen
würde, stünde das Recht auf kollektive Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 UN-C entgegen, das
Wirtschaftssanktionen und mehr erlaubt.351

Wirtschaftssanktionen müssen bei der Ausgestaltung die menschenrechtlichen Grenzen beachten,


damit auch einer Rechtsschutzklage weichen (können), sind aber keinesfalls völkerrechtswidrig,
weder per se noch in diesem Fall.352

Behauptung 188:

Wir haben uns gemeinsam Präsident XI Jinping das Ziel gesetzt, in diesem Jahr ein Handelsvolumen
von 200 Milliarden Dollar zu erreichen. Dieses Ziel haben wir bereits übertroffen. Nach unseren
Angaben beläuft sich unser bilateraler Handel mit China bereits auf 230 Milliarden. Und die
chinesische Statistik besagt, dass es 240 Milliarden Dollar sind.

Behauptung 189:

Die BRIC-Länder entwickeln im Großen und Ganzen sehr schnell.

Korrekt, aber irreführend.

Korrekt ist die Behauptung, weil sich das informelle Bündnis „BRICS“ grundsätzlich positiv entwickeln
konnte. Irreführend wird sie nicht durch die relative Begrifflichkeit „sehr schnell“, sondern bedingt
der historischen Tatsache, dass die Entwicklung der Mitgliedsstaaten keineswegs dem informellen
Bündnis zu verdanken ist. Historisch betrachtet ist die Entwicklung der besagten Staaten den Staaten
des so genannten Westens zuzuschreiben.353/354/355/356/357/358/359

Des Weiteren ist die Entwicklung vornehmlich quantitativer Natur.360

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Behauptung 190:

Wenn ich mich recht erinnere, lag der Anteil der G7-Länder an der Weltwirtschaft 1992 bei 47 %,
während er 2022 nur noch bei etwas über 30 % lag. Die BRIC-Länder hatten 1992 nur einen Anteil
von 16 %, aber jetzt ist ihr Anteil größer als der der G7.

Inkorrekt.

Wladimir W. Putin nutzt die Methode der relativen Kaufkraftparität, um einen vermeintlichen Vorrang
seitens BRICS darzustellen. Die Methode der Kaufkraftparität formatiert die verschiedenen Parameter
der nationalen Bruttoinlandsprodukte in eine einheitliche Währung. Ziel ist die Vergleichbarkeit der
eigentlich unterschiedlich umgesetzten Bruttoinlandsprodukte, Ursache die Möglichkeit der
Relativität und Problem dabei die Absolutheit des geleisteten Bruttoweltproduktes.361

Die erwähnten Zahlen, die teilweise von den faktischen abweichen, präsentieren somit nicht die Welt-
wirtschaft.

Behauptung 191:

Das hat nichts mit den Ereignissen in der Ukraine zu tun. Das liegt an den globalen Trends der
Weltwirtschaft.

Irreführend.

Volkswirtschaftliche Entwicklungen können grundsätzlich nur im Voraus geschätzt (Prädiktion)362 und


im Nachhinein interpretiert werden (Retrodiktion)363.

Behauptung 192:

Chinas Wirtschaft ist die erste Wirtschaft der Welt geworden, die die Kaufkraftparität in Bezug auf
das Volumen überschritten hat. Das haben die USA schon lange hinter sich gelassen. An zweiter Stelle
stehen die USA, dann die 1,5 Milliarden Menschen in Indien, dann Japan und an fünfter Stelle
Russland.

Korrekt, aber irreführend.

Siehe Bewertung der Behauptung 196.

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Behauptung 193:

Russland war im vergangenen Jahr trotz aller Sanktionen und Beschränkungen die erste
Wirtschaftsmacht in Europa.

Inkorrekt.

Europas größte Volkswirtschaft gemäß Bruttoinlandsprodukt: Bundesrepublik Deutschland.364

Europas größte Volkswirtschaft gemäß Bruttoinlandsprodukt pro K.: Großherzogtum Luxemburg.365

Europas größte Volkswirtschaft gemäß Bruttonationaleinkommen pro K.: Fürstentum Lichtenstein.366

Europas größte Volkswirtschaft gemäß Wettbewerbsfähigkeit: Königreich Dänemark.367

Europas größte Volkswirtschaft gemäß Staatshaushalt: Bundesrepublik Deutschland.368

Behauptung 194:

Sanktionen in allen Bereichen, überall.

Inkorrekt.

„Alle Bereiche“ sind keineswegs sanktioniert.369/370/371

Behauptung 195:

Die meisten Sanktionen in der Welt, die angewandt werden, richten sich gegen Russland.

Behauptung 196:

Und wir sind in dieser Zeit zur ersten Wirtschaftsmacht in Europa geworden.

Inkorrekt.

Zunächst: siehe Bewertung der Behauptung 193.

Was Wladimir W. Putin meinen könnte, zeigt eine Meldung aus dem Spätsommer des vergangenen
Jahres. Interessanterweise haben nur relativ unbekannte und „alternativ“372 anmutende Medien im
deutschsprachigen Raum berichtet: Russland sei trotz Sanktionen die größte Volkswirtschaft Europas
geworden. Das berichtete zum Beispiel die „Zeitung der Volksarmee“ „Vietnam“373, das schweizer-
ische Medium „Die Weltwoche“374, das Medium „Agenzia Nova“375. Verwiesen wird auf eine Tabelle
der UNO-Organisation „Weltbank“. Diese listet die Russische Föderation indertat auf dem fünften
Platz. Mit einer relativ geringen Differenz belegt die Bundesrepublik Deutschland den sechsten
Platz.376

Verschwiegen wird allerdings die triviale Tatsache, dass diese Tabelle weder Daten des Jahres 2023
präsentiert noch diese Daten die Implikation der „größten Volkswirtschaft Europas“ zulassen. Auch

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ist anzumerken, dass diese Daten, die zum 1. Juli 2023 publiziert wurden, von gleichermaßen
kategorisierten Daten abweichen377 und dass die Prognose für das Jahr 2024 die Bundesrepublik
Deutschland mit einer größeren Differenz wieder auf dem fünften Platz beziffert.378

Behauptung 197:

Jeder Staat regelt sich selbst. Jemand kann von den Wahlen auf Landesebene ausgeschlossen
werden. Es handelt sich um ein zweistufiges Wahlsystem. Zweitens gibt es zwei Parteien, die die
Wahlen dominieren: die Republikaner und die Demokraten. Und innerhalb dieses Parteiensystems
gibt es die Zentren, die Entscheidungen treffen, die Entscheidungen vorbereiten.

Behauptung 198:

Sehen Sie sich an, wie sich Indonesien entwickelt. 600 Millionen Menschen. Wo können wir davon
wegkommen? Nirgendwo. Wir müssen einfach davon ausgehen, dass Indonesien beitreten wird. Es
ist bereits im Club der führenden Volkswirtschaften der Welt.

Behauptung 199:

Und außerdem erklärten die ukrainischen Führer, die vollständig unter der Kontrolle der USA
standen, plötzlich, dass sie die Minsker Vereinbarungen nicht einhalten würden.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 122.

Behauptung 200:

Parallel dazu wurde dieses Gebiet von den militärischen Strukturen der NATO unter dem Deckmantel
verschiedener Personalausbildungs- und Umschulungszentren genutzt. Sie begannen im
Wesentlichen, dort Stützpunkte zu errichten.

Inkorrekt.

Die Ausbildungsoperation „Operation Fearless Guardian“ hatte keine Stützpunkte zur Folge und war
ausschließlich eine Reaktion auf die russische Aggression.379

Behauptung 201:

Die Ukraine verkündete, dass die Russen eine Nicht-Titular-Nationalität seien,

Irreführend.

Eine solchartige Verkündung gab es nicht. Dass in der Ukraine lebende Russen nicht der Titular der
Ukraine sind, ist selbstredend. Die Ukraine ist eine so genannte Titularnation.380

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Behauptung 202:

und verabschiedete gleichzeitig Gesetze, die die Rechte von Nicht-Titular-Nationalitäten in der
Ukraine einschränken.

Inkorrekt.

Solche Gesetze sind weder „gleichzeitig“ noch irgendwann verabschiedet worden.381/382/383

Behauptung 203:

Nachdem die Ukraine alle südöstlichen Gebiete als Geschenk des russischen Volkes erhalten hatte,
verkündete sie plötzlich, dass die Russen in diesem Gebiet eine nichttituläre Nationalität seien.

Inkorrekt.

Die „südöstlichen Gebiete“ waren kein „Geschenk des russischen Volkes“, „alle“ schon gar nicht. Dass
Russen nicht der Titular der Nation „Ukraine“ sind und sein können, ist logisch bedingt.

Behauptung 204:

Sein Vater kämpfte während des Zweiten Weltkriegs gegen die faschistischen Nazis.

Inkorrekt.

Sein Vater ist 1947 geboren.384

Behauptung 205:

Er kam mit der Erwartung des ukrainischen Volkes an die Macht, die Ukraine zum Frieden zu führen.
Darüber hat er gesprochen. Dank dessen hat er die Wahlen mit überwältigender Mehrheit
gewonnen.

Behauptung 206:

Der von den USA angeführte Westen unterstützt Neonazis in der Ukraine und wird sie immer
unterstützen, weil sie sich mit Russland anlegen.

Inkorrekt.

Die angeblichen „Neonazis“, exemplarisch allen voran die berühmt-berüchtigte Brigade „Asow“,
werden sogar von den Vereinigten Staaten und von als klassisch „westlich“ betrachteten Staaten wie
Kanada385 sanktioniert. So im Mai 2015 im Rahmen der Ausbildungsoperation „Operation Fearless
Guardian“386, nochmals im Jahre 2018 bekräftigt387 und Anfang 2022 von der Rüstungsunterstützung
ausgeschlossen388.

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Behauptung 207:

Er betrachtet sich selbst als Staatsoberhaupt. Er hat die Wahlen gewonnen. Obwohl wir in Russland
glauben, dass der Staatsstreich die Ursache für alles ist, was nach 2014 passiert ist und in diesem
Sinne die Regierung auch heute noch unrechtmäßig ist, betrachtet er sich als Präsident und wird von
den Vereinigten Staaten, ganz Europa und praktisch der ganzen Welt in dieser Eigenschaft anerkannt.

Behauptung 208:

Außerdem ist der Leiter der Verhandlungsgruppe, Herr Arakhami, immer noch Fraktionsvorsitzender
der Regierungspartei, der Partei des Präsidenten in der Rada. Er ist immer noch Vorsitzender der
Präsidentenfraktion in der Rada, dem Parlament des Landes. Er sitzt immer noch dort.

Behauptung 209:

Aber dann erklärte er öffentlich vor der ganzen Welt, dass wir bereit waren, dieses Dokument zu
unterzeichnen,

Inkorrekt.

Am Abend des 2. April 2022 – folglich nach Bekanntwerden des Massakers von Butcha, womit die
Bewertung der Behauptung 130 Bestätigung findet – erklärte der ukrainische Verhandlungsführer,
Dawyd H. Arachamija, dass die Entwürfe der Waffenstillstandsdokumente bereits so weit
fortgeschritten seien, dass ein „direktes Gespräch der beiden Staatschefs“ möglich sei. Weiter: „Daher
ist unsere Aufgabe zurzeit, die endgültige Fassung der Dokumente und noch offener Fragen
auszuarbeiten, um ein eventuelles Treffen der Präsidenten zu ermöglichen.“

Tags darauf widersprach allerdings der russische Verhandlungsführer: „Ich teile leider nicht den
Optimismus von Arachamija. Der Vertragsentwurf ist noch nicht für ein Gipfeltreffen bereit.“ 389 Am 7.
April bestätigte der russische Außenminister, Sergei W. Lawrow, diese Einordnung und bezeichnete
die Idee, die ukrainische Halbinsel „Krim“ bei einem persönlichen Gespräch zwischen „den beiden
Staatschefs“ auszuhandeln, als „inakzeptabel“.390

Behauptung 210:

aber Herr Johnson, der damalige Premierminister, kam und riet uns davon ab und sagte, es sei
besser, Russland zu bekämpfen. Sie würden uns alles geben, was wir bräuchten, um das
zurückzugeben, was wir bei den Auseinandersetzungen mit Russland verloren hätten.

Inkorrekt.

Diese Behauptung ist weder belegt noch bewiesen. Das ehemalige britische Regierungsoberhaupt
Alexander B. d. P. Johnson dementiert, so etwas getan zu haben.391

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Behauptung 211:

Der Präsident der Ukraine ein Dekret erlassen, das Verhandlungen mit Russland verbietet.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 155.

Behauptung 212:

Fürst Wladimir wurde 988 nach dem Vorbild seiner Großmutter, Prinzessin Olga, getauft. Dann taufte
er seine Truppe. Und dann taufte er nach und nach die gesamte Rus. Es war ein langwieriger Prozess
von den Heiden zu den Christen. Es hat viele Jahre gedauert, aber am Ende hat sich diese
Orthodoxie, das östliche Christentum, tief im Bewusstsein des russischen Volkes verwurzelt. Als
Russland sich ausdehnte und dann andere Nationen aufnahm, die sich zum Islam, zum Buddhismus
und zum Judentum bekannten, war Russland immer sehr loyal gegenüber den Menschen, die sich zu
anderen Religionen bekannten.

Inkorrekt.

Exemplarische Gegendarstellung anhand des Antisemitismus:

- Häretiker-Handhabung im Großfürstentum Moskau392


- Iwans Christianisierung von Juden393
- Elisabeths Vertreibung von Juden394
- Gesellschaftspolitische Judenfrage395
- Jüdisches Statut von 1804396
- Christianisierende Kerzensteuer397
- 1880er Pogrome398
- Maigesetze399
- Drittel-System400
- Protokolle der Weisen von Zion401
- Formale Gleichberechtigung402
- Pogrom von Kischinjow403
- Argentinien-Projekt404
- Uganda-Programm405
- Wurzellose Kosmopoliten406
- Weißkittelverschwörung407
- Schwarze Jahre408
- Schwarzbuch409
- Nordkaukasus410

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Behauptung 213:

Wir greifen niemanden an.

Inkorrekt.

Exemplarische Gegendarstellung anhand der Angriffskriege der namentlichen Russischen Föderation:

- Georgien-Südossetien-Krieg411
- Ukraine-Krieg412

Behauptung 214:

Wann haben die Entwicklungen in der Ukraine begonnen? Seit dem Staatsstreich und dem Beginn
der Feindseligkeiten im Donbas. Da haben sie begonnen. Und wir haben unser Volk, uns selbst, unser
Heimatland und unsere Zukunft geschützt.

Inkorrekt.

Siehe Bewertung der Behauptung 111.

Behauptung 215:

Die westliche Gesellschaft ist ja eher pragmatisch. Die Russen denken mehr an das Ewige, an
moralische Werte. Ich weiß nicht, vielleicht werden Sie mir nicht zustimmen, aber die westliche
Kultur ist eben doch pragmatischer. Ich sage nicht, dass das schlecht ist. Es macht es möglich, dass
die goldene Milliarde von heute gute Erfolge in der Produktion, sogar in der Wissenschaft usw.
erzielt. Daran ist nichts auszusetzen. Ich will damit nur sagen, dass wir irgendwie gleich aussehen.

Irreführend.

Es existiert weder die „westliche“ noch die „russische“ Gesellschaft.

Die Begriffe „pragmatisch“ und „moralisch“ konkurrieren nicht miteinander, weshalb eine Gegenüber-
darstellung sinnfrei ist.413

Behauptung 216:

Einige Nationen und Länder stiegen auf, wurden stärker und zahlreicher und verließen dann die
internationale Bühne und verloren den Status, an den sie sich gewöhnt hatten. Ich brauche wohl
keine Beispiele zu nennen, aber wir könnten mit Dschingis Khan und seinen Erobererhorden, der
Goldenen Horde, beginnen und mit dem Römischen Reich enden. Es scheint, dass es in der
Geschichte der Menschheit nie etwas Vergleichbares wie das Römische Reich gegeben hat. Dennoch
wuchs das Potenzial der Barbaren allmählich, ebenso wie ihre Bevölkerungszahl. Im Allgemeinen
wurden die Barbaren immer stärker und begannen, sich wirtschaftlich zu entwickeln, wie wir heute
sagen würden. Dies führte schließlich zum Zusammenbruch des Römischen Reichs und des von den
Römern errichteten Regimes. Es dauerte jedoch fünf Jahrhunderte, bis das Römische Reich zerfiel.
Der Unterschied zu dem, was jetzt geschieht, besteht darin, dass alle Veränderungsprozesse in einem
viel schnelleren Tempo ablaufen als zu Zeiten der Römer.

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Behauptung 217:

Es gibt Berichte, dass Elon Musk in den USA den Chip bereits in das menschliche Gehirn implantieren
ließ.

Behauptung 218:

Einst spürte die Menschheit eine existenzielle Bedrohung durch Atomwaffen. Alle Nuklearnationen
begannen, sich miteinander zu arrangieren, da sie erkannten, dass der fahrlässige Einsatz von
Atomwaffen die Menschheit in den Untergang treiben könnte. Es ist unmöglich, die Forschung im
Bereich der Genetik oder der künstlichen Intelligenz heute zu stoppen, so wie es damals unmöglich
war, den Einsatz von Schießpulver zu verhindern. Aber sobald wir erkennen, dass die Bedrohung von
einer ungezügelten und unkontrollierten Entwicklung der KI oder der Genetik oder irgendeines
anderen Bereichs ausgeht, wird es an der Zeit sein, ein internationales Abkommen über die
Regulierung dieser Dinge zu schließen.

Behauptung 219:

Er hat geheime, vertrauliche Informationen erhalten, und er hat es heimlich getan. Vielleicht hat er
das aus Unachtsamkeit oder aus eigener Initiative getan. In Anbetracht der schieren Tatsache, dass
dies als Spionage zu qualifizieren ist. Die Tatsache, dass er auf frischer Tat ertappt wurde, als er diese
Informationen erhielt, ist bewiesen. Wäre es eine weit hergeholte Ausrede gewesen, eine Erfindung,
etwas, das nicht bewiesen ist, wäre es eine andere Geschichte gewesen. Aber er wurde auf frischer
Tat ertappt, als er heimlich vertrauliche Informationen erhielt.

Irreführend.

Der Spionage-Vorwurf ist nicht bewiesen.414

Behauptung 220:

Ich möchte Ihnen eine Geschichte über eine Person erzählen, die eine Strafe in einem verbündeten
Land der USA verbüßt. Wissen Sie, was er während der Ereignisse im Kaukasus getan hat? Ich möchte
das nicht sagen, aber ich werde es trotzdem tun. Er hat unsere gefangenen Soldaten auf die Straße
gelegt und ist dann mit seinem Auto über ihre Köpfe gefahren. Was ist das für ein Mensch? Kann man
ihn überhaupt als Mensch bezeichnen? Aber es gab einen Patrioten, der ihn in einer der
europäischen Hauptstädte beseitigte. Ob er das aus eigenem Antrieb getan hat oder nicht. Das ist
eine andere Frage.

Irreführend.

Die Vorwürfe gegen Selimchan S. Changoschwili sind weder belegt noch bewiesen.415

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Behauptung 221:

Aber letzten Endes macht es keinen Sinn, ihn in Russland im Gefängnis zu halten.

Inkorrekt.

Insbesondere in Krisenzeiten sind Druckmittel sinnhaft. Wladimir W. Putin bekräftigte das mit seiner
Kontextualisierung des so genannten Tiergartenmörders in der vorangegangenen Behauptung.
Bereits im Juli 2022 wurde versucht, die damals festgesetzte US-Amerikanische Sportlerin Brittney
Yevette Griner als Druckmittel zu instrumentalisieren, um Wadim N. Krassikow, den besagten Tier-
gartenmörder, aus deutscher Haft freizubekommen.416

Behauptung 222:

Die Ukraine ist offensichtlich ein Satellitenstaat der USA. Das ist offensichtlich.

Inkorrekt.

Offensichtlich ist das nicht.

Der Begriff „Satellitenstaat“ bezeichnet einen Staat, der von einem politisch mächtigeren Staat
faktisch kontrolliert wird.417 Während die Vereinigten Staaten die Ukraine mit dutzenden Milliarden
darin unterstützen,418 einen mit überwiegender Mehrheit gewollten Verteidigungskrieg führen zu
können419/420/421 und die Ukraine auch als Mitglied des Atlantischen Bündnisses keiner faktischen
Kontrolle der Vereinigten Staaten unterstünde, wie zum Beispiel die Bewertungen der Behauptungen
89 und 96 zeigen, sieht es bei der russisch-ukrainischen Beziehung schon verdächtiger aus. Als in den
späten 1990er Jahren osteuropäische Staaten, darunter die Ukraine, Interesse am Atlantischen
Bündnis entwickelt haben, musste zunächst das Selbstbestimmungsrecht der besagten Staaten den
„sicherheitspolitischen Interessen“ der Russischen Föderation weichen. Es kam zur NATO-Russland-
Grundakte und damit zu russischen Bedingungen für die Aufnahme von osteuropäischen Staaten in
das Atlantische Bündnis.422 Als auch endlich die Ukraine dem Bündnis beitreten wollte, entschieden
europäische Mitgliedsstaaten, dass das aufgrund russischer Stimmungsschwankungen nicht möglich
sei – siehe dazu Bewertung der Behauptung 96. Zwischenzeitlich kam es teilweise auf Druck Russlands
zu verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen zwischen der Russische Föderation und der Ukraine,
die vor allem der russischen Streitkraft und Ökonomie dienlich waren.423/424/425 Nachdem die
ukrainische Generative, ebenfalls auf Druck Russlands – siehe dazu die Behauptung 108 –, das
Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union ablehnen musste, kam es zu massenhaften
Demonstrationen, die zufälligerweise in der russischen Okkupation ukrainischer Hoheitsgebiete
mündeten. Nachdem die Abkommen von Minsk, die dem ukrainischen Selbstbestimmungsrecht
zuwider waren, nicht helfen konnten, kam es zum großflächigen Angriff auf die Ukraine und zur
Annexion ukrainischer Hoheitsgebiete. Versuchte Friedensverhandlungen sahen ebenfalls ein massiv
eingeschränktes Selbstbestimmungsrecht für die Ukraine vor.426

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Behauptung 223:

72 Milliarden US-Dollar wurden bereitgestellt. Deutschland steht an zweiter Stelle, dann kommen
andere europäische Länder. Dutzende von Milliarden US-Dollar fließen in die Ukraine. Es gibt einen
riesigen Zustrom von Waffen.

Behauptung 224:

Die NATO hat Optionen, die besetzen Gebiete als Teil Russlands anzuerkennen.

Inkorrekt.

Zwar kann das Effektivitätsprinzip eine völkerrechtswidrige Annexion legalisieren, aber nur durch
völkerrechtliche Elemente à la völkervertragliche Zession, unilateralen Verzicht (Völkervertragsrecht)
und Ersitzung (Völkergewohnheitsrecht). Keinesfalls durch Meinung des Atlantischen Bündnisses.427

Behauptung 225:

Bis jetzt gab es das Geschrei und den Aufschrei, dass man Russland eine strategische Niederlage auf
dem Schlachtfeld zufügen würde. Aber jetzt scheint man zu erkennen, dass das schwer zu erreichen
ist, wenn überhaupt möglich. Meiner Meinung nach ist es per Definition unmöglich.

Inkorrekt.

Zunächst: Per definitionem ist es möglich, der Russischen Föderation eine „strategische Niederlage
auf dem Schlachtfeld zu[zu]fügen“.

Eine solche gab es auch bereits.428

Behauptung 226:

Die Beziehungen zwischen den beiden Völkern werden trotzdem irgendwann wieder aufglühen. Es
wird viel Zeit brauchen, aber sie werden heilen. Ich werde Ihnen sehr ungewöhnliche Beispiele
nennen. Es gibt eine Kampfbegegnung auf dem Schlachtfeld. Hier ist ein konkretes Beispiel:
Ukrainische Soldaten wurden eingekesselt. Dies ist ein Beispiel aus dem echten Leben. Unsere
Soldaten schrien ihnen zu, dass es keine Chance gebe, sie sich ergeben und rauskommen sollen,
damit sie am Leben bleiben. Plötzlich schrien die ukrainischen Soldaten von auf Russisch – perfektes
Russisch –, dass Russen nicht aufgeben. Sie sind alle umgekommen. Sie identifizieren sich immer
noch als Russen.

Inkorrekt.

Diese Erzählung ist weder belegt noch bewiesen. Abgesehen davon wäre ein solches Geschehnis kein
Beweis für eine allgemeine Identifikation innerhalb der Ukraine beziehungsweise innerhalb der
ukrainischen Streitkraft.

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Behauptung 227:

Was hier geschieht, ist eine Art Bürgerkrieg.

Inkorrekt.

Ein Bürgerkrieg ist ein kriegerischer Konfliktiv zwischen inländischen Parteien auf dem Territorium
eines Staates.429 Auch wenn der russische Angriffskrieg bislang vorwiegend auf dem Territorium der
Ukraine stattfindet – aufgrund bedingter Waffenlieferungen –,430 handelt es sich bei uniformierten
Staatsangehörigen der Russischen Föderation nicht um Bürger der Ukraine.431

Behauptung 228:

Jeder im Westen denkt, dass das russische Volk durch die Feindseligkeiten für immer gespalten war,
und nun wird es wieder vereinigt.

Inkorrekt.

Das ukrainische Volk wird auch durch Wiederholung nicht russischer.

Behauptung 229:

Die Einheit ist immer noch da. Warum zerschlagen die ukrainischen Behörden die ukrainisch-
orthodoxe Kirche? Weil sie nicht nur das Territorium zusammenführt. Sie vereint auch unsere Seelen.
Niemand wird in der Lage sein, die Seele zu trennen. Sollen wir hier enden, oder gibt es noch etwas
anderes?

Inkorrekt.

Derzeit existieren in der Ukraine zwei orthodoxe Kirchen: Ukrainisch-Orthodoxe Kirche und
Orthodoxe Kirche der Ukraine. Wladimir W. Putin thematisiert in seiner Behauptung die Erstere, da
sie organisatorisch und ideologisch der in der Russischen Föderation vorherrschenden Russisch-
Orthodoxen Kirche nahesteht.432 Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche könnte in der Ukraine verboten
werden, weil sie zu Kriegsbeginn Teil der Russisch-Orthodoxen Kirche war und damit der Leitung ihres
Oberhauptes, Patriarch Kyrill I., unterstand,433 der wiederum nennenswerter Unterstützer des
russischen Angriffskrieges ist und von Wladimir W. Putin sowieso.434 Da die Ukrainisch-Orthodoxe
Kirche allerdings uneins mit den Positionen des Moskauer Patriarch zum russischen Angriffskrieg sei
und diesen auch verurteile, erklärte sie am 27. Mai 2022 ihre „völlige Selbstständigkeit und Un-
abhängigkeit“.435

Im Mai 2016 bekannten sich etwa dreizehn Prozent der Ukrainer zu dieser Kirche;436 im Januar 2023
waren es nur noch vier Prozent.437 Das putinistische Reich dürfte also auch im geistlichen Sinne
russisch geprägt sein.

Impressum: https://www.gutefrage.net/frage/warum-ist-nawalny-zurueck-nach-russland-2#answer-534173143
Tucker: Ich danke Ihnen, Herr Präsident.

Meine Wenigkeit dankt:

Um Vorwürfe à la Übersetzungsfehler beziehungsweise Übersetzungsmanipulationen zu vermeiden,


sind die Behauptungen wortwörtlich zweier Quellen entnommen, die in der Vergangenheit mit
„Putin-freundlichen“ Inhalten glänzen konnten: Telekom-Presse und Russia Today.
(Mittlerweile ist die Übersetzung von Russia Today qualitativer.)

Da beide Übersetzungen dem berühmt-berüchtigten Google-Übersetzer keine Konkurrenz sind,


ist die Wortwahl zur Sicherheit mit dem offiziellen Transkript der russischen Gubernative,
das auf Englisch verfügbar ist, überfliegend verglichen worden.

Die Mehrheit der 437 hyperverlinkten Quellen ist seitenabhängig. Mit der Zeit werden folglich
einige dieser Verlinkungen maximal optische Qualitäten vorweisen können – Stichwort: 404.

Da die hier ausgeführten Sachverhalte bekannt sind beziehungsweise bekannt sein sollten,
ist diese Reaktion relativ grob gehalten. Bei Fragen nicht zagen.

Z wie Zelens'kyj

Impressum: https://www.gutefrage.net/frage/warum-ist-nawalny-zurueck-nach-russland-2#answer-534173143

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