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Übungsbuch IFRS
Carsten Theile
Übungsbuch IFRS
Aufgaben und Lösungen zur
internationalen Rechnungslegung
3., überarbeitete Auflage
Unter Mitarbeit von
WP/StB Dr. Kai Udo Pawelzik
M. Sc. Melanie Stahnke
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
Kontakt:
Hochschule Bochum
Postfach 100741
44707 Bochum
Email: carsten.theile@hs-bochum.de
1. Auflage unter Mitarbeit von Michael Becker, Nina Glaesmann, WP/StB Dr. Kai Udo Pawelzik,
Daniel von Pigage, Willi Pretzer
2. Auflage unter Mitarbeit von WP/StB Dr. Kai Udo Pawelzik und M. Sc. Melanie Stahnke
1. Auflage 2007
2., vollständig überarbeitete Auflage 2010
3., überarbeitete Auflage 2011
Alle Rechte vorbehalten
© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Lektorat: Andreas Funk | Walburga Himmel
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berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der
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benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in the Netherlands
ISBN 978-3-8349-2837-5
Vorwort
Vorwort
Zu unserer großen Freude ist die 2. Auflage des „Übungsbuch IFRS“ auf breites Inte-
resse gestoßen, so dass sie nach nur einem Jahr vergriffen und eine Neuauflage erfor-
derlich geworden ist.
Für die jetzt vorliegende 3. Auflage wurden alle Aufgaben und Lösungen gründlich
durchgesehen und aktualisiert (z. B. im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom
10.3.2010 zur Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit); wir haben kleinere Fehler
beseitigt und hier und da Formulierungen geändert. Hinzugekommen ist eine Aufgabe
zur Offenlegung von Geschäftsführungsvergütungen (Kapitel 4.3): Hier wird das
spannende Feld des Zusammenhangs von HGB-Normen und IFRS beleuchtet.
Das Buch kommt nicht nur in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen von Uni-
versitäten und Fachhochschulen zum Einsatz, sondern auch im Selbststudium, in di-
versen Fortbildungsprogrammen und zur Prüfungsvorbereitung auf das Wirtschafts-
prüferexamen. Die Durcharbeitung der jetzt 54 Übungsaufgaben unterschiedlicher
Komplexität fördert den sicheren Umgang mit den IFRS. Die Aufgaben greifen Frage-
stellungen der Praxis in didaktischer Aufbereitung auf. Die zu den Aufgaben angege-
benen Lösungen ermöglichen eine unmittelbare Selbstlernkontrolle. Das Kapitel 5 ent-
hält weitere 15 Aufgaben, allerdings ohne Lösungen. Diese Aufgaben sind gedacht für
einen Einsatz im seminaristischen Unterricht. Dozenten haben die Möglichkeit, sich
die Lösungen für diese Aufgaben im Internet unter www.gabler.de direkt beim Buch
herunterzuladen.
Meine Mitarbeiterin, Frau MSc Melanie Stahnke sowie Herr WP/StB Dr. Kai Udo Pa-
welzik haben mich wieder bei der Überarbeitung der Aufgaben unterstützt. Viele An-
regungen kamen erneut auch von Studierenden der Hochschule Bochum und aus der
Unternehmenspraxis. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien Michael Becker, StB
Jens Bemmlotte, Babette Drewniok, Gerd Gehlen, Simone Hartmann, Patrick Helsper
und Niels Henckel genannt. Ihnen allen ein herzliches Dankeschön!
Trotz aller Sorgfalt: Fehler sind nicht auszuschließen und gehen allein zu meinen Las-
ten. Über kritische Hinweise und Verbesserungsvorschläge freue ich mich und hoffe,
dass das Buch den mit IFRS-Fragestellungen konfrontierten Studierenden und Prakti-
kern von hohem Nutzen sein wird.
V
Vorwort
„Bedienungsanleitung“
Schwierigkeitsgrade
Alle Aufgaben sind mit einem Schwierigkeitsgrad versehen, der mögliche Unter- oder
Überforderungen und damit Frustrationserlebnisse vermeiden soll:
Setzt ganz geringe IFRS-Kenntnisse für das Thema voraus. Schon im
Grundstudium geeignet.
Fordert sichere IFRS-Kenntnisse für das Thema. Häufig auch Bezug zur
Steuerbilanz (latente Steuern). Zum Teil Examensniveau.
Wer generell einen Überblick über die gesamte Breite der IFRS-Rechnungslegung
sucht, wird mit einem Einstieg bei „Sachanlagen“ oder „Vorräte“ möglicherweise gut
bedient sein. Die Themen sind handfest, die Abweichungen zum HGB schnell ein-
leuchtend.
Wer dagegen bestimmte Themen im HGB-Abschluss beherrscht und nun deren Abbil-
dung im IFRS-Abschluss erfahren möchte, steigt genau bei diesen Themen ein. Da
empfehlen sich von vornherein die höheren Schwierigkeitsgrade.
Es ist hilfreich, die Standards zur Hand zu haben. Außerdem lässt sich das Übungs-
buch gut mit gängigen, aktuellen Lehr- und Handbüchern oder Kommentaren kombi-
nieren. Auch auf für die jeweiligen Themen besonders gut geeignete Literatur wird in
Literaturempfehlungen gelegentlich hingewiesen.
VI
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort....................................................................................................................................... V
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... XI
Tabellenverzeichnis ...............................................................................................................XIII
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................XIX
1 Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung ........................................... 1
1.1 Aufstellung und Offenlegung von IFRS versus HGB-Abschlüssen................ 1
1.1.1 Abschlusserstellung nach HGB oder IFRS – Die „Gesellschaft für
Abschlusserstellung GfA“ ........................................................................ 1
1.1.2 Mutter-Tochter-Beziehung – Hauzu GmbH........................................... 6
1.1.3 Teilkonzernabschlüsse und Nichtveröffentlichung von
Abschlüssen konzernverbundener Unternehmen –
Knackfrisch GmbH..................................................................................... 9
1.2 Freischaltung und Anwendung von Standards ............................................... 13
1.2.1 Normsetzungsprozess – Lobby AG....................................................... 13
1.2.2 Vorzeitige Anwendung der vom IASB verabschiedeten
Standards in der EU – Konglomerat AG............................................... 16
2 IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II ............................... 19
2.1 Immaterielle Vermögenswerte............................................................................ 19
2.1.1 Aktivierungspflichten, Aktivierungsverbote und
Abgrenzungsfragen – Science Fiction GmbH ...................................... 19
2.1.2 Selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte: Ansatz und
Bewertung – „Goaly“............................................................................... 27
2.2 Sachanlagen und Anlageimmobilien ................................................................. 34
2.2.1 Anschaffungskosten einer maschinellen Anlage – Metall AG .......... 34
2.2.2 Einzelfragen der Anschaffungs- und
Herstellungskostenermittlung – B. Schaff GmbH ............................... 37
2.2.3 Planmäßige Abschreibungen einer maschinellen Anlage –
Metall AG (2)............................................................................................. 43
2.2.4 Qualifizierte Vermögenswerte: Aktivierung von
Fremdkapitalkosten – BauGut AG......................................................... 48
2.2.5 Komponentenansatz – Tagebau AG ...................................................... 51
VII
Inhaltsverzeichnis
VIII
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
X
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
XI
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
XIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2-29: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Lösung Verlustfall ................. 106
Tabelle 2-31: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Aufgabenblatt...... 114
Tabelle 2-32: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Lösung.................. 116
Tabelle 2-33: Angaben aus den Pensionsgutachten (in T€) ..................................... 125
Tabelle 2-39: Family & Friends AG, Eigenkapital nach HGB (in T€)..................... 135
Tabelle 2-40: One-Man-Show GmbH, Eigenkapital nach HGB (in T€) ................. 136
Tabelle 2-41: Sohnemann GmbH & Co. KG, Eigenkapital nach HGB (in T€) ...... 136
XIV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2-53: Entwicklung der latenten Steuern (in T€), Aufgabenblatt ............... 163
Tabelle 2-57: Entwicklung der latenten Steuern (in T€), Lösung ........................... 166
Tabelle 3-1: Bilanz des Theo Gromberg e:K. zum 31.12.x1 (in T€) ....................... 169
Tabelle 3-3: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x3 (in Mio. €), Lösung... 178
Tabelle 3-4: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €),
Aufgabenblatt ......................................................................................... 179
Tabelle 3-5: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €), Lösung... 181
XV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3-9: Hochrechnung der Gegenleistung Dolce Vita AG (in Mio. €) ......... 184
Tabelle 3-11: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Aufgabenblatt für Aufgabe b) .............................................................. 190
Tabelle 3-12: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Aufgabenblatt für Aufgabe c)............................................................... 190
Tabelle 3-13: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Lösungsblatt Neubewertungmethode ................................................ 192
Tabelle 3-14: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Lösungsblatt Reverse Acquisition ....................................................... 193
Tabelle 3-18: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Aufgabenblatt ................ 198
Tabelle 3-19: Ermittlung des Steuervorteils bei „No Wrinkles“ ............................. 201
Tabelle 3-22: Fair Value-Ermittlung einer Verbindlichkeit (in T€) ......................... 205
Tabelle 3-23: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Lösung............................. 206
Tabelle 3-25: Bilanz zum 31.12.x1 Abroad Ltd., Aufgabenblatt Umrechnung ..... 209
Tabelle 3-27: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€),
Aufgabenblatt ......................................................................................... 210
XVI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3-31: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€), Lösung...... 214
Tabelle 3-33: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€) ..................... 218
Tabelle 4-1: Bilanz der Balanced Scorecard AG zum 31.12.x1 (in T€).................. 222
Tabelle 4-7: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr x1 (in T€) .... 232
Tabelle 4-8: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 01 (in T€)..... 235
Tabelle 4-10: Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x1 (in T€), Lösung......... 239
Tabelle 4-12: Bilanz der Praxisnah GmbH (in T€) .................................................... 242
Tabelle 4-14: Bilanz der Praxisnah GmbH zum 31.12x2 (in T€), Lösung .............. 245
Tabelle 4-15: Gewinn- und Verlustrechnung 01.01.x2 - 31.12.x2 (in T€) ............... 246
Tabelle 5-1: Bilanz des Klaus Korn e.K. (in T€), Aufgabenblatt............................ 271
Tabelle 5-2: Bilanz der Digestif GmbH (in T€), Aufgabenblatt............................. 272
Tabelle 5-3: Daten des Segments „Alternative Antriebe“ (in T€) ......................... 273
XVII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 5-5: Zeitliche Abfolge der Erwerbsschritte zum Kauf der Damast
GmbH....................................................................................................... 276
Tabelle 5-6: Konzernbilanz der Cash & Curry AG zum 31.12.x2 (in T€) ............ 277
Tabelle 5-7: Konzernbilanz der ORTEM N.V. zum 01.12.x2 (in T€), Fair Value. 278
Tabelle 5-9: Konzern-Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x2 (in T€) ....... 279
Tabelle 5-11: Konzernkapitalflussrechnung für das Geschäftsjahr x2 (in T€) ...... 281
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abs Absatz
a.E. am Ende
AG Aktiengesellschaft
AK Anschaffungskosten
AktG Aktiengesetz
Anh. Anhang
AO Abgabenordnung
Art Artikel
AStG Außensteuergesetz
AU Assoziierte Unternehmen
Aufl. Auflage
BB Betriebs-Berater (Zeitschrift)
BFH Bundesfinanzhof
BG Bilanzgewinn
BGBl Bundesgesetzblatt
BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
BiRiLiG Bilanzrichtliniengesetz
XIX
Abkürzungsverzeichnis
BörsG Börsengesetz
BStBl Bundessteuerblatt
CCM Completed-Contract-Methode
Corp. Corporation
div. diverse
DK Durchschnittskurs
ED Exposure Draft
EG Europäische Gemeinschaft
EK Eigenkapital
EStG Einkommensteuergesetz
EStR Einkommensteuerrichtlinien
EU Europäische Union
XX
Abkürzungsverzeichnis
F. Framework
f folgende
ff fortfolgende
FK Fremdkapital
GF Geschäftsführer
HB Handelsbilanz
Hrsg. Herausgeber
HFA Hauptfachausschuss
HGB Handelsgesetzbuch
HK Historische Kosten/Kurse
Hrsg. Herausgeber
HV Hauptversammlung, Hauptverwaltung
XXI
Abkürzungsverzeichnis
IE Illustrative example
IG Guidance on implementing
JÜ Jahresüberschuss
KA Konzernabschluss
KB Konzernbilanz
KG Kommanditgesellschaft
KStG Körperschaftssteuergesetz
lfd. laufende
LG Landesgericht
lt. Laut
Ltd. Limited
LW Landeswährung
XXII
Abkürzungsverzeichnis
MDAX Mid-Cap-DAX
MU Mutterunternehmen
OLG Oberlandesgericht
PoC Percentage-of-Copletion-Methode
RL Rücklage
Rz. Randziffer
SDAX Small-Cap-DAX
SE Societas Europaea
sog. sogenannte(r)
StK Stichtagskurs
Tab. Tabelle
TU Tochterunternehmen
Tz. Textziffer
UB Unterschiedsbetrag
XXIII
Abkürzungsverzeichnis
USt Umsatzsteuer
VG Vermögensgegenstand
vgl. vergleiche
VM Vorstandsmitglied
VW Vermögenswert
WpHG Wertpapierhandelsgesetz
ZW Zeitwert
XXIV
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
1 Rechtliche Rahmenbedingungen
der IFRS-Anwendung
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die „Gesellschaft für Abschlusserstellung GfA“ hilft als externer Dienstleister bei der
Abschlusserstellung von Einzelunternehmen und Konzernen. Bei folgenden Unter-
nehmen und Sachverhalten könnten sich Aufträge für die GfA ergeben:
(1) Die Rakdorf AG, Gelsenkirchen, ist ein im MDAX notierter Handelskonzern mit
rund 150 Tochtergesellschaften.
(2) Kürzlich hat die im DAX notierte Leverkusen AG die Aktien- und Stimmrechts-
mehrheit an der Pillen AG, Mutterunternehmen von rund 180 Tochtergesell-
schaften, erworben. Es werden noch 20 % der Aktien der Pillen AG am regulier-
ten Markt in Frankfurt gehandelt.
(3) Die Aktien der Biotec AG werden am Start Up Market der Hanseatischen Wert-
papierbörse gehandelt. Die Biotec AG besitzt 100 % der Anteile der Forschung
GmbH. Die Bilanzsummen beider Gesellschaften zusammen erreichen schon seit
Jahren kaum 15 Mio. €, und die Umsätze liegen im Bereich von 20 Mio. € p.a.
(4) Die Richard Busch GmbH, Pforzheim, finanziert sich und ihre rund 300 Tochter-
gesellschaften im In- und Ausland im Wesentlichen über Industrieanleihen, die
an jeder deutschen Börse im regulierten Markt notiert sind.
(5) Die im SDAX notierte Spiele AG, Nürnberg, hat keine Tochtergesellschaften.
(7) Die Personal GmbH, Bonn, ist mit ihren Tochtergesellschaften auf dem europäi-
schen Personalvermittlungsmarkt tätig. Sie finanziert sich über Gesellschafter-
darlehen und Bankkredite.
(8) Die bislang nicht börsennotierte Back AG, Bielefeld, hat kurz vor ihrem Ab-
schlussstichtag die Zulassung ihrer Aktien zum Handel am regulierten Markt in
Düsseldorf beantragt. Die Back AG hat acht Tochtergesellschaften.
Aufgabenstellung
Prüfen Sie, ob und nach welchen Rechtsregeln (HGB oder IFRS) jeweils ein Konzern-
abschluss aufzustellen ist. Versuchen Sie anschließend, Ihre Ergebnisse für die acht
Fälle in einem Prüfschema zusammenzufassen.
Lösung
(1) Die Rakdorf AG hat gem. § 315a Abs. 1 HGB nach den Vorschriften des Ersten Ti-
tels – das sind die §§ 290 bis 293 HGB – einen Konzernabschluss aufzustellen: Sie ist
laut Sachverhalt oberstes Mutterunternehmen, und die Inanspruchnahme einer grö-
ßenabhängigen Befreiung (§ 293 HGB) kommt nicht in Betracht (s. Lösung zu (3)). Au-
ßerdem ist eine weitere in § 315a Abs. 1 HGB genannte Voraussetzung zu prüfen: Ist
die Rakdorf AG ein Unternehmen i.S.v. Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002
(sog. IAS-Verordnung) und somit verpflichtet, die gem. der Verordnung übernomme-
nen internationalen Rechnungslegungsstandards (= EU-rechtlich übernommene IFRS)
anzuwenden? Entscheidend für die Rakdorf AG ist also der Aussagegehalt von Artikel
4 der IAS-Verordnung.
2
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
Der erste Punkt ist regelmäßig unproblematisch; entscheidend ist der Sitz der Gesell-
schaft in einem EU-Mitgliedstaat. Das ist bei der Rakdorf AG mit ihrem Sitz in
Deutschland erfüllt.
Exkurs zur rechtlichen Bedeutung von EU-Verordnungen: EU-Verordnungen, also auch die
IAS-Verordnung, gelten in jedem Mitgliedstaat unmittelbar. Sie bedürfen, im Gegen-
satz zu EU- bzw. EG-Richtlinien, keines nationalen Umsetzungsaktes. Daher ist der In-
halt der IAS-Verordnung nicht in deutsches Recht zu übernehmen gewesen. Stattdes-
sen verweist § 315a Abs. 1 HGB auf die Verordnung und stellt so die Verbindung zwi-
schen HGB und europäischem Recht her.
(2) Die Pflicht zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses der Leverkusen AG ist
klar. Aber auch die Pillen AG ist Mutterunternehmen, und ihre Aktien werden an ei-
ner Börse gem. Art. 4 der IAS-Verordnung gehandelt (siehe Lösung zu (1)). Daher wä-
re der Konzernabschluss der Pillen AG nach IFRS aufzustellen. Auf der anderen Seite
ist die Pillen AG nicht oberstes Mutterunternehmen, denn sie ist ihrerseits Tochterun-
ternehmen der Leverkusen AG. Somit handelt es sich bei dem Konzernabschluss der
Pillen AG um einen sog. Teilkonzernabschluss. Fraglich ist, ob auf die Aufstellung des
Teilkonzernabschlusses der Pillen AG verzichtet werden kann, wenn die Leverkusen
AG einen sog. befreienden Konzernabschluss nach § 291 HGB aufstellt. Es kann jedoch
die Befreiung zur Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses von der Pillen AG nicht in
Anspruch genommen werden, sofern sie durch von ihr ausgegebene Wertpapiere ei-
nen organisierten Markt in Anspruch nimmt. Das ist der Fall, da noch immer 20 % der
Aktien gehandelt werden. Daher muss die Pillen AG über ihren Konsolidierungskreis
einen Konzernabschluss nach IFRS aufstellen.
(3) Der Start Up Market ist ein Börsensegment der Hanseatischen Wertpapierbörse
Hamburg. Voraussetzung zur Aufnahme eines Unternehmens in dieses Börsenseg-
ment ist u.a., dass dessen Wertpapiere zum regulierten Markt zugelassen sind. Damit
erfüllt die Biotec AG beide Kriterien zur IFRS-Anwendung auf ihren Konzernab-
schluss: Sie ist Mutterunternehmen nach § 290 HGB und unterliegt mit ihren Aktien
dem Art. 4 der IAS-Verordnung (siehe Lösung zu (1)). Allerdings unterschreitet der
Konzern die Größenkriterien des § 293 Abs. 1 HGB, der von der Pflicht zur Aufstel-
lung eines Konzernabschlusses und –lageberichts befreit. Indes kann die Biotec AG als
3
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
kapitalmarktorientiertes Unternehmen i.S.d. § 264d HGB die größenabhängige Befrei-
ung wegen § 293 Abs. 5 HGB nicht in Anspruch nehmen.
(4) Wertpapiere gem. der für Art. 4 der IAS-Verordnung maßgeblichen Wertpapier-
dienstleistungsrichtlinie sind nicht nur Aktien, sondern auch Schuldtitel wie Indust-
rieanleihen, Schuldverschreibungen, Genussscheine usw. Für Geschäftsjahre, die nach
dem 31.12.2006 beginnen, ist die Richard Busch GmbH daher gezwungen, ihren Kon-
zernabschluss nach IFRS aufzustellen (Art. 57 Satz 1 EGHGB).
(5) Ähnlich wie beim MDAX (siehe Lösung zu (1)) gehört auch beim SDAX die Zulas-
sung des Wertpapiers zum regulierten Markt zu den Aufnahmevoraussetzungen an
der Börse. Allerdings stellt die Spiele AG mangels Tochterunternehmen keinen Kon-
zern dar und ist daher auch nicht konzernrechnungslegungspflichtig; sie fällt nicht un-
ter Art. 4 der IAS-Verordnung. Die Spiele AG muss lediglich einen Jahresabschluss
(nach HGB) aufstellen, beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einreichen
(§ 325 Abs. 1 HGB) und im elektronischen Bundesanzeiger bekannt machen (§ 325
Abs. 2 HGB). Sie hat den Jahresabschluss allerdings um eine Kapitalflussrechnung
und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern (§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB). - Statt der Be-
kanntmachung des Jahresabschlusses (nach HGB) darf auch ein IFRS-Einzelabschluss
im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht werden (§ 325 Abs. 2a HGB). Es
bleibt also der Spiele AG (wie im Übrigen jedem anderem offenlegungspflichtigem
Unternehmen) überlassen, zu Bekanntmachungszwecken im elektronischen Bundes-
anzeiger die zusätzliche Arbeit eines IFRS-Einzelabschlusses auf sich zu nehmen. Das
enthebt jedoch nicht von der Pflicht der Einreichung des HGB-Jahresabschlusses nach
§ 325 Abs. 1 HGB.
(6) Die Osteuropa AG ist zwar börsennotiertes Mutterunternehmen mit Sitz in der EU,
ihre Aktien werden aber nicht auf einem geregelten Markt innerhalb der EU gehan-
delt, sondern nur im Freiverkehr. Der Aktienhandel im Freiverkehr verpflichtet nicht
zur IFRS-Anwendung. Daher kann die Osteuropa AG zunächst prüfen, ob sie die grö-
ßenabhängige Aufstellungsbefreiung nach § 293 HGB in Anspruch nehmen kann.
Überschreitet der Konzern die Größenkriterien, muss ein Konzernabschluss aufgestellt
werden. Dann besteht für die Osteuropa AG das Wahlrecht, den Konzernabschluss
nach HGB oder IFRS aufzustellen (§ 315a Abs. 3 HGB). – Unabhängig davon sind frei-
lich ggf. bestehende Börsenzulassungsvoraussetzungen an der Moskauer Börse ge-
sondert zu prüfen und zu befolgen.
(7) Die Personal GmbH ist ein Mutterunternehmen, welches den Kapitalmarkt über-
haupt nicht in Anspruch nimmt. Es ergeben sich die gleichen Konsequenzen wie bei
(6).
(8) Noch ist die Back AG nicht börsennotiert. Sie hat aber die Zulassung zum Aktien-
handel beantragt. Ist der Antrag vor dem 31.12.x1 gestellt worden, so muss die Back
AG zum 31.12.x1 den Konzernabschluss nach IFRS aufstellen (§ 315a Abs. 2 HGB). Der
§ 315a Abs. 2 HGB geht über die Vorgaben der IAS-Verordnung hinaus: Es handelt
sich um eine rein nationale Verbreiterung des Anwendungsbereichs der IFRS. Daher
4
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
stellt die Zulassung zum Wertpapierhandel nur auf inländische (und nicht auch auf
EU-) Kapitalmärkte ab.
5
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
1.1.2 Mutter-Tochter-Beziehung – Hauzu GmbH
Rechtsquellen: §§ 290, 296, 315a HGB; IAS 1
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Sie beschäftigen sich derzeit mit der Bonitätsanalyse der Hauzu GmbH, Hamburg, ei-
nem Hersteller und Vermarkter von Boxsportartikeln. Im Anhang des Jahresabschlus-
ses der Hauzu GmbH zum 31.12.x1 lesen Sie folgenden Hinweis (gem. § 285 Nr. 14
HGB): „Unsere Gesellschaft ist Tochterunternehmen der Panther AG, Herzogenaurach.
Der Konzernabschluss der Panther AG ist im elektronischen Bundesanzeiger veröf-
fentlicht.“
Aufgabenstellung
a) Können Sie aus dem obigen Hinweis zweifelsfrei entnehmen, dass die Panther
AG Mehrheitsgesellschafter der Hauzu GmbH ist? Begründen Sie Ihre Meinung!
b) Sie beschaffen sich den Konzernabschluss der Panther AG. Woran erkennen Sie,
ob es sich um einen HGB oder IFRS-Konzernabschluss handelt?
c) Nehmen Sie an, die Aktien der Panther AG werden nicht an einem geregelten
Markt in der EU gehandelt, sondern sind in Tokio notiert. Nach welchen Rech-
nungslegungsvorschriften kann oder muss der Konzernabschluss aus EU-
rechtlicher Perspektive aufgestellt werden?
d) Beim Blick in den Konzernanhang der Panther AG stellen Sie fest, dass die Hauzu
GmbH nicht konsolidiert worden ist, der Abschlussprüfer aber gleichwohl ein
uneingeschränktes Testat abgegeben hat. Hat der Abschlussprüfer einen Fehler
gemacht? Ist für Ihre Antwort von Belang, ob es sich um einen HGB- oder IFRS-
Konzernabschluss handelt? Begründen Sie Ihre Meinung!
Lösung
6
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
Einfluss ausüben zu können (§ 290 Abs. 1 HGB). Konkretisiert wird diese General-
norm durch die vier Control-Kriterien des § 290 Abs. 2 HGB:
Eine Übereinstimmungserklärung für die Normen des HGB ist in einem HGB-
Abschluss nicht erforderlich. Es entspricht allerdings mittlerweile üblicher Praxis, dass
die Geschäftsführung auch bei einem HGB-Abschluss am Anfang des Anhangs erklärt,
dass es sich um einen HGB-Abschluss handelt. Die Geschäftsführung kapitalmarktori-
entierter Inlandsemittenten hat bei der Unterzeichnung des Abschlusses außerdem
ausdrücklich zu erklären, dass nach bestem Wissen der Jahresabschluss ein den tat-
sächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragsla-
ge der Kapitalgesellschaft vermittelt (§ 264 Abs. 2 Satz 3 HGB). Dieser sog. „Bilanzeid“
7
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
ist auch für den Lagebericht, den Konzernabschluss und –lagebericht sowie für den
Halbjahresfinanzbericht der kapitalmarktorientierten Inlandsemittenten erforderlich.
Ein Verzicht auf die Einbeziehung aufgrund hoher Kosten oder Verzögerungen analog
§ 296 Abs. 1 Nr. 2 HGB kann auch nach IFRS wegen des allgemeinen Kosten-Nutzen-
Prinzips (F.44) ausnahmsweise gerechtfertigt werden (vgl. Baetge/Hayn/Ströher in Baet-
ge u. a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., Losebl., IAS 27 Rz. 153 ff.).
8
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
1.1.3 Teilkonzernabschlüsse und Nichtveröffentlichung
von Abschlüssen konzernverbundener Unternehmen
– Knackfrisch GmbH
Rechtsquellen: §§ 264, 264b, 290, 291, 315a HGB
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Aufgabenstellung
d) Müssen die (Teil-) Konzernabschlüsse zu c) nach HGB oder IFRS aufgestellt wer-
den?
e) Ihre Versuche, die Jahresabschlüsse der Knackfrisch GmbH & Co. KG, der See-
fisch GmbH & Co. KG sowie der Futter GmbH über das Unternehmensregister
zu erhalten, bleiben erfolglos. Warum?
9
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
Lösung
Knackfrisch GmbH
Bock (Komplementärin) Wurst
(Kommanditist) (Kommanditist)
0%
Knackfrisch
GmbH & Co. KG
80 %
60 %
Beherrschungsvertrag 75 %
100 %
Energydrink
GmbH
Für diese Auffassung und damit die Annahme von vier (Teil-)Konzernen spricht,
dass die Knackfrisch GmbH Kapitalgesellschaft ist und ihr gem. § 290 Abs. 2 Nr. 2
HGB als Gesellschafter der KG nicht nur das Organbestellungsrecht zusteht, son-
dern sie sogar selbst Organ (nämlich Geschäftsführerin) der GmbH & Co. KG ist.
Das ist ein viel stärkeres Recht als nur das Bestellungsrecht (zu Einzelheiten siehe
ADS, 6. Aufl., § 290 HGB, Rz 123). Nach dieser Ansicht hat die Knackfrisch
GmbH den Gesamtkonzernabschluss aufzustellen.
10
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
Nach a.A. (Förschle/Deubert, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010,
§ 264b, Rz 29ff.) ist die Knackfrisch GmbH dagegen u.a. mangels wirtschaftlichen
Eigeninteresses, insbesondere bei fehlender oder geringer Kapitalbeteiligung und
Beschränkung auf die Geschäftsführungsfunktion, kein Mutterunternehmen.
Die Streitfrage spielte vor In-Kraft-Treten des KapCoRiLiG (§ 264a-c HGB) in 2000 eine
größere Rolle, weil bis dahin haftungsbeschränkte Personengesellschaften (also GmbH
& Co. KG’s) nicht explizit offenlegungspflichtig waren und versucht wurde, die Offen-
legungspflicht indirekt über den Konzernabschluss der Komplementär-GmbH zu be-
gründen.
In der Praxis wird häufig nur der (Teil)-Konzernabschluss der GmbH & Co. KG aufge-
stellt und offen gelegt. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe:
Abgesehen von der Diskussion um die oberste Konzernspitze sind die Schlachthof AG
und die Futter GmbH Muttergesellschaften von Teilkonzernen.
Sollte die Knackfrisch GmbH den Gesamtkonzern aufstellen, wäre für den Teilkonzern
der Knackfrisch GmbH & Co. KG zu prüfen, ob sie aufgrund der Größenkriterien
(§ 293 HGB) von der Aufstellungspflicht ihres Teilkonzernabschlusses befreit sein
könnte. Darüber hinaus und weit realistischer besteht für ihren Teilkonzern eine Be-
freiungsmöglichkeit nach § 291 HGB, sofern die dort genannten Bedingungen erfüllt
sind. Die vorgenannten Prüfschritte sind auch für den Teilkonzern der Futter GmbH
einschlägig.
11
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
d) Konzernabschluss nach HGB oder IFRS
Die Schlachthof AG hat ihren Konzernabschluss gem. § 315a Abs. 1 HGB nach IFRS
zu erstellen (siehe ausführlich Aufgabe 1.1.1 (1)). Die Knackfrisch GmbH bzw. GmbH
& Co. KG hat diesbezüglich ein Wahlrecht zwischen HGB und IFRS (§ 315a Abs. 3
HGB, siehe Aufgabe 1.1.1 (7)). Den Gesamtkonzernabschluss der Knackfrisch GmbH
bzw. GmbH & Co. KG nach HGB zu erstellen erscheint jedoch wenig sinnvoll, weil die
Schlachthof AG dann zusätzlich zu ihrem Teilkonzernabschluss nach IFRS noch ent-
sprechende (Vor-) Konsolidierungsmaßnahmen nach HGB durchführen müsste.
Die Befreiungsvorschrift des § 264b HGB gilt auch für den Jahresabschluss des Mut-
terunternehmens selbst, das den befreienden (Teil)-Konzernabschluss aufstellt, also
auch für den Jahresabschluss der Knackfrisch GmbH & Co. KG (Pawelzik/Theile, DStR
2000, 2146 f., jüngst bestätigt durch Beschluss LG Bonn v. 30.09.2009 – 30T 848/09).
Die Futter GmbH ist von der Verpflichtung, ihren Jahresabschluss und Lagebericht
nach den Vorschriften für Kapitalgesellschaften aufzustellen, prüfen zu lassen und of-
fen zu legen, unter den Bedingungen des § 264 Abs. 3 HGB befreit. Zu diesen Bedin-
gungen gehören zusätzlich zu den bereits genannten Formalien (b), (c) und (d), die
auch nach § 264b HGB gefordert werden, neben der Zustimmung zur Inanspruch-
nahme der Befreiung durch die Gesellschafter der Tochter-GmbH insbesondere das
Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags nach § 302 AktG
(dieser gilt analog auch bei GmbH) mit der Konzernmutter. Diese Voraussetzung ist
beim (Teil)-Konzernabschluss der Schlachthof AG erfüllt.
Hier stellt die Futter GmbH nur einen Jahresabschluss nach den Vorschriften für alle
Kaufleute auf (§§ 242-256 HGB), also keinen Anhang und außerdem keinen Lagebe-
richt.
Variante: Wäre die Schlachthof AG jedoch (abweichend vom Sachverhalt) nicht bör-
sennotiert und würde sie wegen § 291 HGB auch keinen Teilkonzernabschluss aufstel-
len, hätten die (Teil)-Konzernabschlüsse der Knackfrisch GmbH bzw. GmbH & Co. KG
keine Befreiungswirkung, da kein Beherrschungsvertrag zwischen der Schlachthof AG
12
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.2
und der obersten Konzernmutter besteht (anders aber bei ununterbrochener Kette von
Beherrschungsverträgen bis zur Konzernmutter, vgl. Förschle/ Deubert, in Beck’scher Bi-
lanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 264, Rz. 135).
Die vorgenannten Befreiungsvorschriften des § 264 Abs. 3 HGB bzw. § 264b HGB gel-
ten auch dann, wenn es sich um einen ggf. freiwilligen IFRS- (statt HGB)-Konzern-
abschluss handelt (klarstellend IDW RS HFA 7, Tz. 10).
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Als neuer Mitarbeiter der Lobby AG werden Sie vom Vorstand gebeten, die Möglich-
keiten der Mitwirkung auf die Rechtsetzung der Rechnungslegung nach IFRS zu eru-
ieren.
Aufgabenstellung
a) Wer ist als standard-setting-body für die IFRS verantwortlich? Beschreiben Sie
kurz das Gremium.
b) Skizzieren Sie kurz die Schritte vom Rechnungslegungsproblem bis zum verab-
schiedeten Standard.
c) Beschreiben Sie das weitere Verfahren, bis die verabschiedeten Standards für EU-
Unternehmen rechtlich relevant sind.
13
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
Lösung
Mit dem SAC wird dann beraten, ob das Problem auf die Agenda gesetzt werden soll.
Bejahendenfalls wird üblicherweise eine Projektgruppe eingesetzt, deren Ergebnisse
in einem Diskussionspapier zusammengefasst werden. Dieses Diskussionspapier
wird mit dem Zweck, öffentliche Stellungnahmen zu erhalten, auf der Homepage des
IASB (www.iasb.org) publiziert.
14
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.2
c) Übernahme der Standards in EU-Recht (Freischaltung, „endorsement“)
Die sog. IAS-Verordnung sieht die verpflichtende Anwendung der IFRS für den Kon-
zernabschluss börsennotierter Muttergesellschaften ab 2005 vor (siehe Aufgabe 1.1.1).
Allerdings sind von den betroffenen EU-Unternehmen nicht automatisch alle vom
IASB herausgegebenen Standards und Interpretationen anzuwenden. Art. 3 der IAS-
Verordnung enthält einen Anwendungsvorbehalt: Nur jene Standards und
Interpretationen, die von der EU-Kommission freigeschaltet und als
Kommissionsverordnung in allen Amtssprachen im Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften veröffentlicht worden sind, sind für die betroffenen Unternehmen
relevant („endorsed IFRS“). Dieses Verfahren dient dazu, den von einem privaten
Standardsetter verfassten Rechnungslegungsnormen die notwendige
verfassungsrechtliche Legitimation zu verschaffen (vgl. Bohl in Beck’sches IFRS-
Handbuch, 3. Aufl. 2009, § 1 Rz. 26). Freigeschaltete „EU“-IFRS haben innerhalb der
Europäischen Union Gesetzeskraft; es handelt sich um Rechnungslegungsnormen, also
um Gemeinschaftsrecht.
Die Freischaltung der IFRS steht gem. Art. 3 Abs. 2 der IAS-Verordnung unter dem
Vorbehalt, dass die einzelnen Standards und Interpretationen
Das Verfahren zur Übernahme der IFRS in europäisches Recht ist vom sog. „Rege-
lungsverfahren“ durch Änderung der IAS-Verordnung im März 2008 auf das sog.
„Regelungsverfahren mit Kontrolle“ umgestellt worden. Durch das neue Verfahren
werden die Rechte des europäischen Parlaments erheblich gestärkt: Das Parlament
hat zumindest theoretisch die Möglichkeit, die Übernahme von Standards in europäi-
sches Recht zu verhindern.
Neben dem Parlament und der EU-Kommission sind weitere Verfahrensbeteiligte die
privatwirtschaftliche European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die
Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen (Standards Advice Review
Grpup, SARG) sowie das aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehende Accounting
Regulatory Committee (ARC).
15
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
Literaturempfehlungen: Hinz, Rechnungslegung nach IFRS, 2005, S. 7-45; Pellens u.a.,
Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl. 2008, S. 89-100; Brücks in Thiele/von
Keitz/Brücks (Hrsg.), Internationales Bilanzrecht, Losebl., Rz. 51-100.
Lernziele: Erkennen, unter welchen Bedingungen die Anwendung von Standards nach
Auffassung der EU-Kommission zulässig ist, obwohl es sich noch nicht um EU-Recht
handelt; Erkennen, dass dieses Problem letztlich noch nicht geklärt ist
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Im November 2009 hat das IASB den Standard IFRS 9 Financial Instruments veröffent-
licht. Der Standard ersetzt Teile des bisherigen IAS 39 und ist anzuwenden für Be-
richtsperioden, die am oder nach dem 01.01.2013 (!) beginnen; eine frühere Anwen-
dung ist zulässig (IFRS 9.8.1.1).
Die Konglomerat AG, Düsseldorf, ist von dem neuen Standard begeistert und möchte
ihn schon für den Abschluss 2009 anwenden. Bis zur Abschlusserstellung der Kong-
lomerat AG am 28. Januar 2010 ist noch keine Entscheidung zur Übernahme des
IFRS 9 in europäisches Recht getroffen worden.
Aufgabenstellung
a) Nehmen Sie den Fall zum Anlass und erörtern Sie abstrakt (d.h. unabhängig von
IFRS 9), ob und ggf. unter welchen Bedingungen ein Unternehmen mit Sitz in der
EU einen zwar schon vom IASB verabschiedeten, aber noch nicht im Amtsblatt
der EU veröffentlichten Standard anwenden darf.
b) Ist auf die vorzeitige Anwendung von Standards im Anhang des Abschlusses
hinzuweisen?
Lösung
16
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.2
nicht in europäisches Recht übernommene Standards und Interpretationen sind daher
grundsätzlich noch nicht relevant (s. auch Aufgabe 1.2.1 c).
inhaltlich mit den bereits freigegebenen Standards kohärent ist (diesen also nicht
widerspricht) und
Mit ihrer Auffassung will die EU-Kommission allerdings ausdrücklich nicht einer
möglichen Entscheidung des EuGH vorgreifen.
Folgt man der Auffassung der EU-Kommission, so könnte die Konglomerat AG den
IFRS 9 auf die beiden oben genannten Bedingungen prüfen. Wären diese erfüllt, könn-
ten mögliche Lücken des bisherigen IAS 39 im Sinne von IFRS 9 ausgefüllt werden. Ei-
ne alleinige und unmittelbare vorzeitige Anwendung des IFRS 9 statt IAS 39 ist jedoch
auch nach dieser Auffassung unzulässig.
Im Fall der Anwendung eines von der EU-Kommission noch nicht genehmigten Stan-
dards kann an eine Ergänzung der Übereinstimmungserklärung (siehe Lösung zu
1.1.2 b)) gedacht werden, die inhaltlich etwa Folgendes ausdrückt: „Obwohl IFRS xy
von der EU-Kommission noch nicht genehmigt worden ist, haben wir den Standard
inhaltlich als Auslegungshilfe angewandt, da er aus unserer Sicht mit den übrigen von
der EU-Kommission genehmigten Standards in Übereinstimmung steht und den An-
forderungen des IAS 8.10 genügt.“ Die Anforderungen des IAS 8.10 können dabei
noch sprachlich ausgeführt werden.
17
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
2 IFRS im Einzelabschluss und
Erstellung der Handelsbilanz II
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Science Fiction GmbH mit Sitz in Lemhaus überlegt, in der Rechnungslegung auf
IFRS umzustellen. Um die Umstellungswirkungen abschätzen zu können, sollen eini-
ge – insbesondere als immateriell vermutete - Sachverhalte auf ihren Bilanzansatz
nach IFRS geprüft werden.
Aufgabenstellung
b) Was sind immaterielle Vermögenswerte i.S.d. IAS 38 und mit welchen Kriterien
sollen sie von anderen Vermögenswerten abgegrenzt werden?
e) Prüfen Sie die folgenden Sachverhalte der Science Fiction GmbH auf Aktivierung
in einem IFRS-Abschluss. Wenden Sie dabei Ihre Ergebnisse aus a-d) an.
19
(4) Mit der jüngst als Tochtergesellschaft gegründeten Kinderbuch GmbH, die
sich an regionalen Kinderbuchverlagen beteiligen soll, erhofft sich die Scien-
ce Fiction GmbH ein neues Standbein zu schaffen. Für eine Marktstudie, de-
ren Ergebnisse auf ein viel versprechendes Geschäftsmodell hindeuten,
wurden 500 T€ und für die Gründung der GmbH (Rechtsberatung usw.)
22 T€ ausgegeben.
g) Bei der Science Fiction GmbH hat man gehört, dass sich mit Verabschiedung des
BilMoG auch nach HGB erweiterte Möglichkeiten zur Bilanzierung immaterieller
Vermögenswerte ergeben. Würden sich Ihre Lösungen zu e) ändern, wenn nach
BilMoG bilanziert wird?
Lösung
20
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
In einem Standard allerdings wird die Vermögenswertdefinition aus dem Framework
noch einmal wiederholt, und zwar im IAS 38 (IAS 38.8; F.49a). Hiernach ist ein Vermö-
genswert (asset) eine Ressource,
Diese Definition gilt insoweit nicht nur für immaterielle, sondern für sämtliche Ver-
mögenswerte und wird wegen ihrer zentralen Bedeutung im Folgenden erläutert:
Der Begriff der Verfügungsmacht (control, F.57) entspricht dem des wirtschaftlichen
Eigentums im deutschen Bilanzrechtsverständnis. Verfügungsmacht ist gegeben, wenn
sich das Unternehmen den künftigen wirtschaftlichen Nutzen aus der zugrunde lie-
genden Ressource verschaffen und den Zugriff Dritter auf diesen Nutzen verhindern
kann (IAS 38.13). Juristische Kriterien wie etwa Verfügungsrechte und zivilrechtliches
Eigentum können hier zwar wertvolle Hinweise geben, allein ausschlaggebend ist aber
die wirtschaftliche Betrachtungsweise. Dementsprechend sind unter Eigentumsvor-
behalt gelieferte Gegenstände – wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – ge-
nauso beim Empfänger zu bilanzieren wie als Finanzierungsleasing klassifizierte
Sachverhalte beim Leasingnehmer (weiterführend zum Begriff der Verfügungsmacht
im IFRS-Verständnis vgl. Matena, Bilanzielle Vermögenszurechnung nach IFRS, Düs-
seldorf 2004, S. 60 ff.).
Das Abstellen auf Ergebnisse von Ereignissen der Vergangenheit verdeutlicht, dass
die bloße Absicht, Gegenstände zu erwerben, noch keinen Vermögenswert erzeugt
(F.58). Insoweit werden schwebende Geschäfte, solange die Ausgeglichenheitsvermu-
tung greift, nicht bilanziert. Eine Ausnahme besteht für derivative Finanzinstrumente,
die bereits bei Vertragsunterzeichnung zu erfassen sind.
Der künftige wirtschaftliche Nutzen schließlich ist das zentrale Element der Definiti-
on. Mit ihm soll das Potenzial zum Ausdruck kommen, das die Ressource direkt oder
indirekt zum Zufluss von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten beizutra-
gen vermag (F.53). Hierin kommt die anglo-amerikanische Betrachtungsweise zum
Ausdruck, wonach es beim Bilanzinhalt auf der Aktivseite weniger auf die derzeitigen
Eigenschaften eines Sachverhalts, sondern auf dessen künftige Auswirkungen an-
kommt.
21
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
b) Abgrenzung immaterieller Vermögenswerte zu anderen Vermögenswerten
Da IAS 38 nur die Abbildung immaterieller Sachverhalte zum Gegenstand hat, bemüht
sich der Standard um eine Legaldefinition (IAS 38.8) und Beschreibung dessen, was
einen immateriellen Vermögenswert (intangible asset) ausmacht:
Vermögenswert (asset)
22
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
Immaterielle Vermögenswerte, die für den Verkauf im normalen Geschäftsgang
vorgesehen sind. Hier sind IAS 2 (Vorräte, z.B. die Massenherstellung von Soft-
ware) und im Falle von Auftragsfertigung und bei Dienstleistungen IAS 11 (Ferti-
gungsaufträge, z. B. die Ausführung einer kundenspezifischen Entwicklungsleis-
tung) einschlägig.
Im Ergebnis zielt IAS 38 daher auf die Abbildung langfristiger immaterieller Vermö-
genswerte (immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens).
es wahrscheinlich ist, dass ein mit dem Posten verknüpfter künftiger wirtschaftli-
cher Nutzen dem Unternehmen zufließen wird und
dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. der Wert des Postens ver-
lässlich ermittelt werden können (F.83).
23
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
mögenswerten Nutzenzuflüsse i. S. v. Cashflows generieren kann (IAS 38.60). Im Er-
gebnis dürften daher keine Unterschiede im Vergleich zu den Aktivierungsvorausset-
zungen des Frameworks vorliegen (so auch Küting/ Pilhofer/ Kirchhof, WPg 2002, 73
(75)). Im Übrigen muss ein Vermögenswert nicht unmittelbar Cashflows erzeugen. Er-
sparte Auszahlungen gelten auch als Nutzenzuflüsse (F.53).
Durch den Erwerb der Verwertungsrechte liegen diese in der Verfügungsmacht der
Science-Fiction-GmbH. Der Erwerb ist vollzogen (Ereignis der Vergangenheit), und ein
künftiger Nutzenzufluss wird erwartet, weil die Investition sonst nicht getätigt wor-
den wäre. Somit liegt ein Vermögenswert und damit abstrakte Bilanzierungsfähig-
keit vor.
Das Verwertungsrecht (Lizenz) ist identifizierbar. Wegen des Einzelerwerbs ist es se-
parierbar, und es ist sogar mit einem Recht verbunden. Physische Substanz oder ein
monetärer Wert sind nicht erkennbar, so dass es sich um einen immateriellen Vermö-
genswert handelt.
Für das Masterband sowie dessen Abzüge liegen ebenfalls die Kriterien für immate-
rielle (Lösung zu b)) Vermögenswerte (Lösung zu a)) vor. Das Masterband soll lang-
fristig genutzt werden und liegt deshalb im Anwendungsbereich des IAS 38. Die Ab-
24
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
züge hingegen sind für den Verkauf im normalen Geschäftsgang vorgesehen; auf diese
ist daher IAS 2 anzuwenden. Im Ergebnis sind die bis Geschäftsjahresende nicht ver-
kauften 5.000 Stück des Hörspiels als fertige Erzeugnisse innerhalb der Vorräte (kurz-
fristige Vermögenswerte) auszuweisen.
Abweichend zur Lösung zu (1) handelt es sich bei dem Masterband um einen selbst-
geschaffenen immateriellen Vermögenswert. An dessen Aktivierung sind höhere An-
forderungen zu stellen (siehe im Einzelnen Aufgabe 2.1.2). Aus den Angaben zu den
Verwertungsmöglichkeiten ergibt sich, dass der künftige Nutzenzufluss unterstellt
werden kann. Das Masterband ist zu 600 T€ einzubuchen.
(3) Schulungskosten
Klar ist: Die Schulung stellt ein Ereignis der Vergangenheit dar, aus dem künftiger
Nutzen erwartet wird. Weder handelt es sich um eine finanzielle noch materielle Res-
source. Sowohl die Kosten als sogar der Nutzen sind klar bestimmbar.
Fraglich ist jedoch, ob die Science-Fiction-GmbH die Verfügungsmacht über die Res-
source hat. Man könnte diese Frage bejahen, da die Mitarbeiter in ungekündigtem Ar-
beitsverhältnis zur Science-Fiction-GmbH stehen, und aus der Arbeitsplatzbeschrei-
bung geht gewöhnlich der Aufgabenbereich der Mitarbeiter hervor.
Der IASB sieht das jedoch anders: Da Mitarbeiter kündigen könnten, habe der Arbeit-
geber keine Verfügungsmacht über das erworbene Know-How der Mitarbeiter, so dass
die Vermögenswertdefinition gar nicht vorliegt. Lediglich in dem Fall, dass die Leis-
tungen der Mitarbeiter durch Rechtsansprüche gesichert seien und die übrigen Akti-
vierungsvoraussetzungen gegeben sind, besteht Aktivierungspflicht (IAS 38.15). Nur
durch Absicherung durch Rechtsansprüche, das muss man dem IASB zugestehen,
liegt nämlich Identifizierbarkeit vor, denn die Schulungskosten sind eindeutig nicht
separierbar, so dass, selbst wenn Verfügungsmacht (abweichend von der IASB-
Auffassung) vorläge, eine Aktivierung hieran scheitern würde.
Nach IAS 38.69a unterbleibt explizit sowohl der Ansatz der Gründungskosten als auch
der Aufwendungen für die Marktstudie.
25
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten („Anschaffungskostenmo-
dell“) und der
Neubewertungsmethode.
Die Anwendung der Neubewertungsmethode hat zur Folge, dass der immaterielle
Vermögenswert zum Fair Value angesetzt werden muss mit erfolgsneutraler Gegenbu-
chung im Eigenkapital (Neubewertungsrücklage) und passiven latenten Steuern. Al-
lerdings darf die Neubewertungsmethode nur angewendet werden, sofern für den zu
bewertenden Vermögenswert ein aktiver Markt vorhanden ist, was bei immateriellen
Vermögenswerten extrem selten und etwa beim Emissionsrechtehandel in der EU zu
beobachten ist (zum Begriff des aktiven Marktes siehe Theile in PiR 2007, 1 (5ff.)).
Die Bewertung zu fortgeführten Kosten weist keine Besonderheiten auf. Zu prüfen ist
jedoch, ob der immaterielle Vermögenswert eine unbegrenzte Nutzungsdauer auf-
weist. In diesem Fall kommt eine planmäßige Abschreibung nicht in Betracht. Statt-
dessen ist jährlich ein Wertminderungstest gem. IAS 36 durchzuführen (IAS 38.108).
Als Beispiel für die Durchführung eines Wertminderungstests siehe die folgende Auf-
gabe 2.1.2.
Im Fall (2) allerdings könnte analog zu den IFRS das Masterband als selbsterstellter
immaterieller Vermögensgegenstand aktiviert werden, was vor Verabschiedung des
BilMoG unzulässig war. Anders als IAS 38 sieht § 248 Abs. 2 S. 1 HGB jedoch ein Akti-
vierungswahlrecht vor. Eine Aktivierung selbsterstellter immaterieller Vermögensge-
genstände kann also auch nach BilMoG unterbleiben.
Fall (3) und (4) führen nicht zu Abweichungen zu den IFRS. Nach BilMoG – und auch
schon nach HGB a.F. – dürfen Schulungskosten für Mitarbeiter nicht aktiviert werden.
Durch die Streichung des § 269 HGB a.F. können nun auch die Aufwendungen für die
Marktstudie nicht mehr, wie früher möglich, als Bilanzierungshilfe „Aufwendung für
die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes“ angesetzt werden.
Fazit: In den Fällen (1), (3) und (4) erfolgt die Bilanzierung zwingend analog zu den
IFRS und im Fall (2) wahlweise.
26
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
zur Aktivierung von Vermögenswerten; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss
und Jahresabschlussananlyse, 21. Aufl. 2009, S. 175-190; Heyd/ Lutz-Ingold, Immateriel-
le Vermögenswerte und Goodwill nach IFRS, 2005, S. 1-50; Pellens u.a., Internationale
Rechnungslegung, 7. Aufl. 2008, S. 279-307.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Panther AG, ein Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach, hat sich sehr über den
Einsatz des „Flatterfußballs“ eines ihrer Wettbewerber bei der letzten Fußball WM in
x0 geärgert. Zur WM x8 möchte man einen eigenen, neuen Fußball ins Rennen schi-
cken. Anfang x4 beginnt man mit dessen Entwicklung (Projektname: „Goaly“); fol-
gende Aufwendungen sind dabei im Zeitablauf angefallen:
27
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
gesichts der hohen Ungewissheit, ob Goaly den Zuschlag erhält – seit mehr als 30 Jah-
ren hat zu jeder WM der Wettbewerber den Zuschlag erhalten -, stellt das Manage-
ment der Panther AG im Januar x5 zwei Absatzszenarien auf. Dabei betragen die vor-
ab vom Vorstand geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Entscheidung der
FIFA pro Goaly 0,3 und 0,7 gegen Goaly. Wegen erforderlicher Umstellungsarbeiten in
der Produktion kann mit Herstellung und Absatz von Goaly erst im Januar x6 begon-
nen werden, wobei sich die Schätzwerte der nachfolgend angegebenen Zahlungsströ-
me der Einfachheit halber jeweils auf das Jahresende beziehen:
x6 x7 x8
FIFA entscheidet sich für Goaly:
Absatz in Stück 2.000.000 8.000.000 5.000.000
Preis in €/Stück 40 50 30
Produktionsauszahlungen in €/Stück 40 35 30
FIFA entscheidet sich gegen Goaly:
Absatz in Stück 1.000.000 3.000.000 300.000
Preis in €/Stück 38 42 33
Produktionsauszahlungen in €/Stück 40 37 33
Aufgabenstellung
a) Begründen Sie: Wann beginnt die Entwicklungsphase i.S.v. IAS 38 für Goaly?
b) Begründen Sie, warum im Abschluss per 31.12.x4 Entwicklungskosten dem
Grunde nach zu aktivieren sind. Setzen Sie im Zweifel plausible Annahmen.
d) Im November x5 entscheidet sich die FIFA gegen Goaly. Beeinflusst diese Ent-
scheidung den Bilanzansatz per 31.12.x5? Zeigen Sie etwaige Konsequenzen auf!
28
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
f) Diskutieren Sie, ob Ihre Entscheidung zu c) auch anders hätte ausfallen können.
Berücksichtigen Sie dabei insbesondere, dass bisher immer der Wettbewerber den
Zuschlag erhalten hat.
Lösung
Gem. IAS 38.8 ist Forschung die eigenständige und planmäßige Suche mit der Aus-
sicht, zu neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen zu gelangen. Hier-
zu gehören gem. IAS 38.56 die angewandte Forschung und die Suche nach Produktal-
ternativen, also die Nr. 1 und 2 aus Tab. 2-1.
Entwicklung ist nach IAS 38.8 die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von
anderem Wissen auf einen Plan oder Entwurf für die Produktion von neuen oder be-
trächtlich verbesserten Materialien, Vorrichtungen, Produkten, Verfahren, Systemen
oder Dienstleistungen. Zur Entwicklung gehören gem. IAS 38.59 die Nr. 4-9 aus Tab.
2-1. Fraglich ist, ob der Test verschiedener Materialien (Nr. 3 aus Tab. 2-1) noch der
Forschungs- oder schon der Entwicklungsphase zuzuordnen ist. Hier besteht Beurtei-
lungsspielraum; wir haben den Test verschiedener Materialien bereits der Entwick-
lungsphase zugeordnet (IAS 38.59d). Damit wird das Aktivierungspotential erhöht
und im Fall einer Aktivierung das Jahresergebnis weiter verbessert.
Die Entwicklungsphase für Goaly beginnt somit mit Nr. 3 am 20.03.x4. Der Zeitraum
davor ist der Forschungsphase zuzuordnen.
29
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Absicht, den immateriellen Vermögenswert fertig zu stellen, zu nutzen oder zu
verkaufen
Die Absicht auf zukünftigen Nutzen ist daran zu erkennen, dass mit der Entwick-
lung begonnen worden ist und Ausgaben getätigt wurden. Ausgaben werden aus
kaufmännischer Sicht nur dann getätigt, wenn damit zu rechnen ist, dass ein
künftiger Nutzen erwirtschaftet wird. Daher ist dieses Kriterium praktisch sinn-
los: Es kann eine gewollte (auch unterjährige) Aktivierung nicht verhindern.
Da die Panther AG ein Sportartikelhersteller ist, gehört der Verkauf von Fußbäl-
len zu ihrem normalen Geschäftsbereich. An der Fähigkeit, Goaly vermarkten zu
können, ist nicht zu zweifeln.
Zur Prüfung dieses Kriteriums sind gem. IAS 38.60 die Grundsätze aus IAS 36 zu
verwenden. Es ist demnach über ein DCF-Verfahren der erzielbare Betrag aus
der Vermarktung von Goaly zu berechnen. Hierzu sind die künftigen finanziellen
Zu- und Abflüsse zu ermitteln und mit den angegebenen 14 % p.a. zu diskontie-
ren. Aus der Prognoseplanung des Managements ergeben sich in Abhängigkeit
der beiden Szenarien folgende Barwerte per 31.12.x5:
Hier ist nur das 2. Jahr näher zu betrachten, da im 1. und 3. Jahr der Netto-
Zahlungsstrom gleich null ist.
Hier sind die beiden ersten Jahre relevant, da im 3. Jahr der Netto-Zahlungsstrom
null beträgt und auch hier den Nutzen nicht verändert.
Entscheidend ist vor allem, dass die finanziellen Ressourcen ausreichend sind.
Dies kann üblicherweise über Finanzpläne dargelegt werden. Da die Entwick-
30
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
lungskosten für Goaly bereits im Jahr x4 geleistet worden sind, ist die Vorausset-
zung somit erfüllt.
Sodann ist zu prüfen, ob der erwartete künftige Nutzenzufluss über den zu aktivieren-
den Entwicklungskosten liegt. Welcher Nutzen fließt der Panther AG aus Goaly zu?
Hierzu sind die Absatzszenarien heranzuziehen, wobei der Unsicherheit über die bei-
den möglichen Zukunftslagen über die Bildung eines Erwartungswertes begegnet
werden kann, da (subjektive) Wahrscheinlichkeiten vorliegen (IAS 36.A7 ff.).
92.336 0,3 27.701 T €
9.788 0,7 6.852 T €
Erwartungswert 34.553 T € per 31.12.x5
Der Erwartungswert muss noch um eine Periode auf den 31.12.x4 abgezinst werden;
das ergibt 30.310 T€. Diesen Wert dürfen die per 31.12.x4 zu aktivierenden Entwick-
lungskosten nicht übersteigen.
31
2
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
Die Entwicklungskosten dürfen jedoch in der Steuerbilanz gem. § 5 Abs. 2 EStG nicht
aktiviert werden. Damit ist das Vermögen im IFRS-Abschluss um 23.750 T€ größer als
das Vermögen in der Steuerbilanz. Es sind gem. IAS 12 passive latente Steuern anzu-
setzen. Da die Differenz zwischen der Handels- und der Steuerbilanz erfolgswirksam
entstanden ist, sind auch die passiven latenten Steuern i.H.v. 23.750 T€ x 0,3 = 7.125 T€
erfolgswirksam zu buchen.
Konto T€ Konto T€
Bei diesem Szenario beträgt der Barwert/Nutzungswert per 31.12.x5 nur 9.788 T€
(siehe Lösung zu b)). Da jedoch Entwicklungskosten i.H.v. 23.750 T€ aktiviert worden
sind, ist eine außerplanmäßige Abschreibung auf den Nutzungswert vorzunehmen.
Konto T€ Konto T€
Da hierdurch die Differenz der Handelsbilanz zur Steuerbilanz gemindert wird, sind
passive latente Steuern i.H.v. 13.962 T€ x 0,3 = 4.188 T€ aufzulösen:
Konto T€ Konto T€
32
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
e) Planmäßige Abschreibungen von Entwicklungskosten
Immaterielle Vermögenswerte mit begrenzter Nutzungsdauer werden planmäßig über
ihre Nutzungsdauer abgeschrieben. Die Abschreibung beginnt, sobald der Vermö-
genswert subjektiv genutzt werden kann (IAS 38.97). Das ist ab Januar x6 der Fall. Im
Jahr x5 erfolgt demnach noch keine planmäßige Abschreibung, sondern ein Test auf
Werthaltigkeit (s. Lösung zu d)).
Der Absatz ist vorgesehen für die Jahre x6-x8, die Nutzungsdauer beträgt 3 Jahre. Die
lineare Abschreibung beträgt jährlich 3.263 T€ (= 9.788 T€ / 3).
Konto T€ Konto T€
Die verbliebenen passiven latenten Steuern i.H.v. 2.937 T€ (= 7.125 T€ - 4.188 T€) wer-
den über die drei Jahre aufgelöst. Es ergibt sich ein jährlicher Betrag von 979 T€.
Konto T€ Konto T€
33
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Die Entscheidung der FIFA hängt nicht nur von objektiven Gesichtspunkten
(Flugeigenschaften des Goaly), sondern ist in hohem Maße von persönlichen Be-
ziehungen und Loyalitäten zu FIFA-Entscheidungsträgern, der Erwartung der
Öffentlichkeit, die an den Ball des Wettbewerbers gewohnt ist, usw. ab.
Die Entscheidung der FIFA ist angesichts der Intransparenz der FIFA Entscheidungs-
prozesse zumindest für die jahrzehntelang nicht zum Zuge gekommene Panther AG durch-
aus vergleichbar mit der behördlichen Zulassung pharmazeutischer Produkte, bei de-
nen eine Aktivierung von Entwicklungskosten regelmäßig erst mit Zulassung erfolgt
(vgl. z.B. Merck KGaA, Geschäftsbericht 2008, S. 85). Daher sprechen im vorliegenden
Fall viele Gesichtspunkte dafür, die bloße Aussicht auf eine positive FIFA Entschei-
dung nicht zu berücksichtigen und stattdessen nur das schlechtere Szenario zugrunde
zu legen. Dies entspricht einem wohlverstandenen Vorsichtsprinzip, dass explizit
auch in den IFRS bei der Ermessensausübung gilt (F.37). Dieses kommt im Übrigen
auch bei der Rückstellungsbildung zum Tragen: Wenn ein erhebliches Risiko besteht,
kann die Schätzung des „bestmöglichen Werts“ (IAS 37.36f.) darin bestehen, statt des
wahrscheinlichsten Werts (oder Erwartungswerts) den höchsten Wert als Rückstellung
anzusetzen (Pawelzik/Theile, in: Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 2351).
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
34
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Die Transportkosten beliefen sich auf 35.000 € (Netto), außerdem wurde eine Trans-
portversicherung über 2 % des Netto-Kaufpreises vor Skonto abgeschlossen.
Aufgabenstellung
a) HGB und
b) IFRS
Lösung
a) HGB
Nach HGB sind Anschaffungskosten Aufwendungen, die erforderlich sind, um einen
Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu ver-
setzen. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen dem Vermögensgegenstand ein-
zeln zugeordnet werden können. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen;
hierunter fallen Rabatte, Boni, Skonti und die erstattungsfähige Umsatzsteuer (§ 255
Abs. 1 HGB).
Der Kaufpreis abzüglich der Umsatzsteuer beträgt 2.500.000 €, der um den Skontobe-
trag von 25.000 € (1 % vom Nettokaufpreis) gemindert wird.
Die Transportkosten i.H.v. 35.000 € und die Transportversicherung über 50.000 € ge-
hören zu den externen Anschaffungsnebenkosten und sind dem Vermögensgegens-
tand einzeln zurechenbar.
35
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bei den Aufstellungs- und Fundamentierungskosten, die als Kosten der Versetzung
in den betriebsbereiten Zustand auch zu den Anschaffungsnebenkosten gehören, wer-
den aufgrund der direkten Zurechenbarkeit nur die Materialeinzelkosten 20.000 €, Fer-
tigungseinzelkosten 25.000 € und die Sondereinzelkosten 5.000 € aktiviert. Für die all-
gemeinen Verwaltungskosten gilt ein Aktivierungsverbot, da es sich nicht um Einzel-
kosten handelt. Es ergeben sich folgende Anschaffungskosten:
b) IFRS
Sachanlagen sind gemäß IAS 16.15 bei erstmaligem Ansatz mit ihren Anschaffungs-
oder Herstellungskosten zu bewerten.
Laut IAS 16.16 umfassen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Sachanla-
ge
Die Anschaffungskosten der Fertigungsanlage ermitteln sich nach IAS 16.16 ff., dem-
nach werden Skonto und Umsatzsteuer vom Kaufpreis abgesetzt (IAS 16.16a).
Die Ausgaben in Zusammenhang mit dem Transport sowie die Material-, Fertigungs-
und Sondereinzelkosten, die bei der Aufstellung und Installation der Anlage anfallen,
können der Fertigungsanlage direkt zugerechnet werden (IAS 16.16b) und sind folg-
lich in die Anschaffungskosten einzubeziehen. Dagegen bleiben die Verwaltungskos-
ten i.H.v. 20.000 € gemäß IAS 16.19d explizit außer Ansatz. Es ergeben sich somit keine
Unterschiede zur HGB-Lösung unter a).
36
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
2.2.2 Einzelfragen der Anschaffungs- und
Herstellungskostenermittlung – B. Schaff GmbH
Rechtsquellen: IAS 16, IAS 20, IAS 23, IAS 37
Lernziele: Welche Regelungen beziehen sich auf die Anschaffungs- und Herstellungs-
kostenermittlung; Diskussion von Wahlrechten und Ermessensspielräumen.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Da die B. Schaff GmbH derzeit kräftig expandiert und erhebliche Investitionen durch-
führt, möchte man sich über deren bilanzielle Abbildung in einem möglichen IFRS-
Abschluss im Klaren werden. Als Praktikant der B. Schaff GmbH sind Sie in diese
Vorüberlegungen einbezogen.
Aufgabenstellung
Ermitteln Sie für die folgenden Sachverhalte die Anschaffungs- und Herstellungskos-
ten für einen Abschluss in x2 nach IFRS. Sollten Wahlrechte oder Ermessensspielräu-
me vorliegen, so diskutieren Sie die Vor- und Nachteile der einen wie der anderen Al-
ternative. Entscheiden Sie sich dann für jene Vorgehensweise, die das Bilanzbild für x2
im Hinblick auf Jahresergebnis und/oder Eigenkapital verbessert. Verdeutlichen Sie
Ihre Ausführungen durch Angabe der IFRS-Buchungssätze. Skizzieren Sie zur Abrun-
dung kurz die jeweiligen HGB- und steuerrechtlichen Regelungen. Kann es zum An-
satz latenter Steuern kommen?
a) Ende x2 wird eine schlüsselfertig für 5 Mio. € angeschaffte und bis zum Bilanz-
stichtag bezahlte Containerabfertigungsanlage in Betrieb genommen. Das Logis-
tik-Programm der EU fördert solche Investitionen mit 20 % der Investitionssum-
me. Rechtsanspruch auf die Förderung besteht, wenn die einzige Bedingung - die
Inbetriebnahme der Anlage – erfüllt ist. Daher hat die Geschäftsführung schon im
Sommer in Brüssel entsprechende Fördermittel beantragt und später auch die In-
betriebnahme der Anlage angezeigt. Jedoch liegt weder bei Bilanzaufstellung der
Bewilligungsbescheid vor, noch ist das Fördergeld bereits geflossen.
37
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
c) Im angemieteten New Yorker Vertriebsbüro der B. Schaff GmbH wurden Einbau-
ten i.H.v. 500 T€ selbst vorgenommen. Nach Ablauf des Mietvertrages – in 10 Jah-
ren – müssen die Einbauten gem. Mietvertrag wieder entfernt werden. Den Bar-
wert der künftigen Ausbaukosten schätzt man auf 200 T€. Die B. Schaff GmbH
stellt ihre Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren auf.
d) Auf dem Bremer Werksgelände befindet sich eine Gleisanlage für interne Trans-
porte in Schmalspur. Von der deutschen Bahn konnten einige gebrauchte und voll
funktionsfähige Güterwaggons in Normalspur zum Preis von 1 Mio. € erworben
werden. Bis zum Bilanzstichtag sind die Waggons mit eigenem Personal bereits
auf Schmalspur umgebaut worden. Insgesamt fielen dabei Einzelkosten von
600 T€ und angemessene Gemeinkosten von 300 T€ an.
Lösung
a) Investitionszuschuss
Die beantragten Fördermittel sind als Zuwendungen der öffentlichen Hand Gegen-
stand des IAS 20. Erfassungspflichtig ist die Zuwendung genau dann, wenn angemes-
sene Sicherheit dafür besteht, dass
38
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Bei der Bildung eines Passivpostens ist dieser über die Nutzungsdauer des Vermö-
genswerts erfolgswirksam aufzulösen. Daher haben beide Alternativen die gleichen
Erfolgswirkungen. Wird ein gesonderter Passivposten gebildet, dann erhöht sich je-
doch die Bilanzsumme und es mindert sich die Eigenkapitalquote. Besteht Interesse
an einer hohen Eigenkapitalquote, ist der Zuschuss demnach von den Anschaffungs-
kosten abzusetzen. Dieses Interesse ist lt. Aufgabenstellung hier zu unterstellen. Dann
ist zu buchen:
Konto T€ Konto T€
Bei einer Bilanzierung nach HGB sind ebenfalls die beiden oben genannten Möglich-
keiten zulässig. Außerdem darf, anders als nach IAS 20, der Zuschuss sofort erfolgs-
wirksam erfasst werden. Steuerrechtlich kommt die passive Abgrenzung jedoch nicht
in Betracht (R 6.5 EStR 2008). Wird der Zuschuss von den Anschaffungskosten abge-
setzt, besteht insoweit Übereinstimmung zwischen den drei Rechenwerken.
In x1 wird gebucht:
Konto T€ Konto T€
Zinsaufwand 30 an Bank 30
39
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bei Zugang der Stanzmaschine in x2 ist zu buchen:
Konto T€ Konto T€
Zinsaufwand 30 an Bank 30
an Zinsaufwand 30
Nach dem Gesetzeswortlaut können nach HGB (und in der Steuerbilanz) nur bei Her-
stellungsvorgängen unter bestimmten Voraussetzungen Fremdkapitalkosten aktiviert
werden (§ 255 Abs. 3 HGB). Im IFRS-Abschluss und in der Steuerbilanz ergeben sich
dann unterschiedliche Bilanzwerte für die Stanzmaschine, so dass der Ansatz (passi-
ver) latenter Steuern zu prüfen ist. Entgegen dem Gesetzeswortlaut wird im Schrift-
tum die Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in die Anschaffungskosten jedoch auch
z.T. für zulässig gehalten (hierzu und im Ergebnis ablehnend Baetge/Kirsch/Thiele, Bi-
lanzen, 10. Aufl. 2009, S. 193).
c) Abbauverpflichtungen
Für die Mietereinbauten besteht eine vertragliche Abbauverpflichtung, die in Höhe
des besten Schätzwertes als Rückstellung (IAS 37) passiviert werden muss, und zwar
bereits dann, wenn sie entstanden ist. Aufgrund der Laufzeit ist die Rückstellung zum
Barwert anzusetzen. Es entspräche aber nicht dem Periodisierungsprinzip, wenn das
Jahr der Entstehung der Verpflichtung in voller Höhe mit Aufwand belastet werden
würde. Daher sind als Rückstellung passivierte Entsorgungsverpflichtungen für Sach-
anlagen den Anschaffungs- und Herstellungskosten der Anlagen hinzuzurechnen
(IAS 16.16c). Die Rückstellung wird insoweit erfolgsneutral gebildet. Die Aufwands-
wirkung entfaltet sich durch die Abschreibung des aktivierten Vermögenswerts.
Dieser Regelung kann auch nicht die Aktivierungskonzeption in den IFRS – künftige
Nutzenzuflüsse – entgegengehalten werden. Immerhin ist eine Investition in eine ab-
baupflichtige Anlage nur dann lohnend, wenn sie nicht nur die Anschaffungs- und
Herstellungskosten, sondern auch die Abbaukosten einspielt. Rationales Handeln un-
terstellt, muss der künftige Nutzenzufluss daher höher sein als die Investitionssumme
zuzüglich der geschätzten Abbauausgaben.
Da die B. Schaff GmbH die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkosten-
verfahren aufstellt und die Mietereinbauten selbst durchgeführt hat, ist wie folgt zu
buchen:
40
2.2
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
Konto T€ Konto T€
Nach HGB und Steuerrecht ist die Abbauverpflichtung stattdessen ratierlich und auf-
wandswirksam anzusammeln (Ansammlungsrückstellung), wodurch sich eine mit
IFRS durchaus vergleichbare Aufwandswirkung ergibt. Allerdings ergeben sich Unter-
schiede in der Bewertung und damit auch im jährlich zu verteilenden Aufwand:
Nach IFRS und nach HGB idF BilMoG sind die zu schätzenden Wertverhältnisse
des Erfüllungstages relevant, wohingegen für die Steuerbilanz erwartete Preis-
und Kostensteigerungen nicht berücksichtigt werden dürfen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a
Buchst. f) EStG).
In allen drei Rechenwerken ist die Rückstellung abzuzinsen. Nach IAS 37.45 ist
ein laufzeitadäquater Stichtagszins zu verwenden, nach § 253 Abs. 2 HGB der von
der Deutschen Bundesbank zur Verfügung gestellte laufzeitadäquate Durch-
schnittszins und nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e) EStG ein Zins von 5,5 %.
In der Praxis ist die Rückstellung in der Steuerbilanz daher regelmäßig niedriger als
nach IFRS bzw. HGB, so dass es insoweit zu aktiven latenten Steuern kommen kann.
d) Anschaffungsnebenkosten
Fraglich ist, ob und ggf. in welchem Umfang die für den Umbau angefallenen Kosten
zusätzlich zum Anschaffungspreis der Güterwaggons als Bestandteil der Anschaf-
fungskosten zu aktivieren sind.
Gem. IAS 16.16b sind alle direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen, um den Vermö-
genswert in den vom Management beabsichtigten betriebsbereiten Zustand zu versetzen,
als Bestandteil der Anschaffungskosten anzusehen (Anschaffungsnebenkosten). Bei
den Güterwaggons kommt es also nicht auf die objektive Nutzbarkeit an – die läge ja
vor, da die Waggons auf Normalspur fahren würden -, sondern einzig auf die subjek-
tive Nutzbarkeit: Erst nach Umbau ist der vom Management beabsichtigte betriebsbe-
reite Zustand erreicht. Daher sind die Umbaukosten dem Grunde nach zu aktivieren.
Unstrittig müssen die Einzelkosten (600 T€) aktiviert werden. Darüber hinaus sind
auch variable Gemeinkosten, die einer Zeit- oder Mengenschlüsselung zugänglich sind,
grundsätzlich zu aktivieren, wohingegen die Zurechnung fixer Gemeinkosten in der
Literatur überwiegend abgelehnt wird. Dagegen könnte man jedoch vorbringen, dass
in den IFRS Anschaffungs- und Herstellungskosten nach denselben Grundsätzen er-
mittelt werden sollen. Die Umbaukosten fallen intern an; wäre ein ganzer Güterwag-
gon selbst hergestellt worden, so wären nach h.M. die fixen Gemeinkosten zu aktivieren.
41
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Mit welcher Begründung sollte etwas anderes gelten, wenn nur ein Teil des Waggons
selbst erstellt wird?
In der Aufgabenstellung ist offen gelassen worden, ob es sich um variable oder fixe
Gemeinkosten handelt. Hier soll, vorbehaltlich möglicher anderer Auffassungen, eine
Vollzurechnung der Gemeinkosten vorgenommen werden. Es ergibt sich folgende Bu-
chung:
Konto T€ Konto T€
Nach § 255 HGB sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden,
um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zu-
stand zu versetzten, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden
können. Es gilt auch hier der Begriff der subjektiven Betriebsbereitschaft, so dass die
600 T€ Einzelkosten aktiviert werden müssen. Seit der Neufassung des § 255 Abs. 2
HGB sind auch die – variablen oder fixen - Gemeinkosten zu aktivieren. Es besteht
daher Übereinstimmung zwischen HGB und IFRS.
Einzubeziehen sind nach IAS 16.16b alle „direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen, um
den Vermögenswert zu dem Standort … zu bringen“. Soweit also die Beschaffungskosten
als direkt zurechenbar zu qualifizieren sind, wären sie hiernach einbeziehungspflich-
tig. Auf der anderen Seite gehören Verwaltungs- und andere Gemeinkosten (also z.B.
Beschaffungskosten) explizit nicht zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten (IAS
16.19d).
Zunächst ist zu klären: Was sind direkt zurechenbare Kosten i.S.v. IAS 16? Der Stan-
dard definiert diesen Passus nicht und enthält sich auch darüber hinaus – ähnlich wie
auch das HGB – eines tieferen Exkurses in die Kostenrechnung. Versteht man unter
direkt zurechenbaren Kosten ausschließlich Einzelkosten nach herkömmlichem Ver-
ständnis (Kosten werden zu Einzelkosten, wenn Sie einem Kostenträger über die Maß-
einheit Zeit oder Menge unmittelbar zugeordnet werden können), käme eine Aktivie-
rung wohl nicht in Betracht. Auf der anderen Seite behandelt IAS 16 die Anschaffungs-
und Herstellungsvorgänge gemeinsam, und bei Herstellungsvorgängen wird explizit
auf die Grundsätze des IAS 2 (für Vorräte) verwiesen (IAS 16.22; und zwar auch dann,
42
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
wenn Einzelanlagen nicht zugleich für den externen Verkauf vorgesehen sind, siehe
z.B. Tanski, Sachanlagen nach IFRS, 2005, S. 17). Dieser Standard erlaubt aber die Akti-
vierung von nicht produktionsbezogenen Gemeinkosten (IAS 2.15: „kann es sachge-
recht sein“).
Erkennbar soll in der Frage der Kostenzuordnung nach den IFRS kein Unterschied
zwischen Anschaffungs- und Herstellungsvorgängen gemacht werden. Folgt man die-
ser Auffassung, sind die über die Prozesskostenrechnung verursachungsgerecht ver-
teilten Gemeinkosten als direkt zurechenbar anzusehen. Auf der anderen Seite setzt
die Aufschlüsselung dieser herkömmlichen Gemeinkosten jedoch ein entsprechend
eingerichtetes internes Rechnungswesen voraus. Zudem werden die Beschaffungskos-
ten häufig nicht wesentlich sein. Damit lässt sich in dieser Detailfrage von einem fak-
tischen Wahlrecht sprechen (zu Einzelheiten und – anders als hier – zur Begründung
eines Aktivierungsverbots vor allem Hoffmann, PiR 2007, 27 ff.).
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die in Aufgabe 2.2.1 angeschaffte Fertigungsanlage wird im Juni montiert und sofort
bei Erlangung des betriebsbereiten Zustands am 01.07.x9 in den Fertigungsprozess der
Metall AG integriert. Zur Erinnerung: Die Anschaffungskosten beliefen sich auf
2.610.000 €, und zwar sowohl nach HGB als auch nach IFRS. Laut steuerlicher AfA-
Tabelle liegt die Nutzungsdauer der Fertigungsanlage bei 8 Jahren. Dies entspricht
auch der tatsächlich erwarteten Nutzungsdauer bei der Metall AG. Die Maschine soll
gleichmäßig genutzt werden; erwartet wird ein stetiger Wertverzehr.
Aufgabenstellung
43
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-5: Ermittlung latenter Steuern (in €), Aufgabenblatt
Restbuchwert Mehrvermögen Passive St.Aufwand(+)
Jahr
Steuerbilanz IFRS Bilanz IFRS Bilanz lat. St. St.Ertrag(-)
x9
x10
x11
x12
x13
x14
x15
x16
x17
Lösung
a) Erstellung Abschreibungspläne
Bei Sachanlagen, deren Nutzung im Unternehmen zeitlich begrenzt ist, werden die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht im Jahr der Anschaffung/Herstellung
komplett als Aufwand gebucht, sondern anteilig durch planmäßige Abschreibungen
(§ 253 Abs. 3 HGB) auf die Jahre der voraussichtlichen Nutzung verteilt. Damit wird
der Werteverzehr/Wertverlust des Vermögensgegenstandes den positiven Effekten aus
der Nutzung gegenübergestellt.
Das Handelsrecht gibt keine Abschreibungsmethode vor. Demnach kommen u.a. Me-
thoden wie degressive, lineare, progressive oder Leistungsabschreibung in Betracht.
Außerdem sind auch Mischformen der oben genannten Methoden, z.B. degressiv-
lineare Abschreibung, zulässig. Die Abschreibungsmethode ist nach den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung willkürfrei zu bestimmen. Daher ist die Methode zu
wählen, die den tatsächlichen Verlauf des Wertverzehrs widerspiegelt und nicht im
Widerspruch zum Gebot der periodengerechten Aufwandsverteilung nach § 252 Abs.
1 Nr. 5 HGB steht (Kozikowski/Roscher/Schramm in Beck’scher Bilanzkommentar, 7. Aufl.
2010, § 253 HGB, Rz. 239).
Die Wahl der Abschreibungsmethode als mögliches Instrument der Bilanzpolitik wird
insoweit eingeschränkt. Sie ist von der Schätzung des Kaufmanns über die künftige
Nutzenabgabe der Sachanlage und damit von einer Ermessensentscheidung abhän-
gig. Gemäß Aufgabenstellung wird eine über die Jahre gleichmäßige Nutzung erwar-
tet, so dass lediglich die lineare Abschreibung in Betracht kommt.
44
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
rechtlichen Beschränkungen zu schätzen ist. Im vorliegenden Fall wird eine Nut-
zungsdauer von 8 Jahren erwartet. Die Abschreibung beginnt, sobald der Vermögens-
gegenstand bestimmungsgemäß genutzt werden kann. Somit muss hier der 01.07.x9
als Abschreibungsbeginn herangezogen werden.
Fraglich ist jedoch, ob die Bestimmung der Methode in der Handelsbilanz auch jene
für die Steuerbilanz determiniert. In der Vergangenheit war das wegen der umgekehr-
ten Maßgeblichkeit der Fall. Wegen der Abschaffung der umgekehrten Maßgeblich-
keit durch die Neufassung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG im Zuge des BilMoG 2009 kann die
Abschreibungsmethode in der Steuerbilanz jedoch unabhängig von der in der Han-
delsbilanz angewandten Methode gewählt werden (BMF-Schreiben v. 12.3.2010,
IV C 6 - S 2133/09/10001, Tz. 16; hierzu Theile, Totenglocken für das Maßgeblichkeits-
prinzip, DStR 2009, 2384). Erforderlich ist dann, ein besonderes steuerliches Verzeich-
nis für das Wirtschaftsgut zu führen (§ 5 Abs. 1 S. 2, 3 EStG).
45
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Der Zustand der Betriebsbereitschaft wird am 01.07.x9 erreicht. Somit darf für das Jahr
x9 lediglich der Werteverzehr für 6 Monate als Aufwand erfasst werden.
Die „reine“ degressive Methode führt nie zu einer vollständigen Abschreibung auf
den Wert „0“. Um die vollständige Abschreibung zu erreichen, muss daher von der
geometrisch-degressiven zur linearen Abschreibung gewechselt werden. Der Wechsel
wird in dem Jahr vollzogen, in dem die lineare Abschreibung erstmals einen höheren
Betrag als die geometrisch-degressive aufweist. Bei der Berechnung der linearen Ab-
schreibung ist dabei jeweils der Restbuchwert zu Beginn des Jahres und die verblei-
bende Nutzungsdauer zu berücksichtigen. Das führt zu folgendem Abschreibungs-
plan:
Erst ab x14 führt die lineare Abschreibung zu höheren Werten als die degressive. In
diesem Jahr ist die Abschreibungsmethode umzustellen.
46
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
b) Erstellung des Abschreibungsplans nach IFRS
Für die Folgebewertung von Sachanlagen sieht IAS 16 ein Wahlrecht zwischen dem
Anschaffungskosten- und Neubewertungsmodell vor. Im Rahmen des Anschaffungs-
kostenmodells erfolgt die Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungs- bzw. Her-
stellungskosten. Auf das Neubewertungsmodell wird an dieser Stelle nicht eingegan-
gen (siehe Aufgabe 5.2.2 c)).
Nutzungsdauern,
hier also durch die Abschreibungsmethoden. In jeder Periode ergibt sich in der HGB-
/IFRS-Bilanz ein Mehrvermögen im Vergleich zur Steuerbilanz. Dieses wird handels-
rechtlich und im IFRS-Abschluss bereits mit 30 % versteuert, so dass nach § 274 HGB/
IAS 12 passive latente Steuern zu bilden sind. Ab dem Jahr x12 mindert sich das
Mehrvermögen, so dass die tatsächliche Steuerwirkung eintritt. Die passiven Steuerla-
tenzen sind allmählich aufzulösen, es werden (latente) Steuererträge gebucht.
47
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-8: Ansatz latenter Steuern (in €), Lösung
Restbuchwert Mehrvermögen Passive St.Aufwand(+)
Jahr
Steuerbilanz HGB/IFRS HGB/IFRS Lat.St. St.Ertrag(-)
x9 2.283.750 2.446.875 163.125 48.938 48.938
x10 1.712.812 2.120.625 407.813 122.344 73.406
x11 1.284.609 1.794.375 509.766 152.930 30.586
x12 963.457 1.468.125 504.668 151.400 -1.529
x13 722.593 1.141.875 419.282 125.785 -25.616
x14 516.138 815.625 299.487 89.846 -35.939
x15 309.683 489.375 179.692 53.908 -35.939
x16 103.228 163.125 59.897 17.969 -35.939
x17 0 0 0 0 -17.969
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die BauGut AG, ein Immobilienunternehmen aus dem Rheinland, beauftragt einen
Generalunternehmer (mit dem man schon seit vielen Jahren vertrauensvoll zusam-
menarbeitet) für einen Festpreis von 1,9 Mio. € mit dem Bau eines neuen Bürogebäu-
des zur Selbstnutzung durch die BauGut AG. Der erste Spatenstich ist für Februar x3
geplant, und der Bau wird in etwa eineinhalb Jahre in Anspruch nehmen. Bereits vor-
her, im Oktober x2, nimmt die BauGut AG zur Finanzierung des Vorhabens einen Kre-
dit i.H.v. 2 Mio. € auf, rückzahlbar nach 2 Jahren, mit einer Verzinsung von 4 % p.a.
Das Management entschied sich für eine frühe Kreditaufnahme, da bereits im Oktober
x2 Zahlungen für die Baugenehmigung und Architekturleistungen i.H.v. 100.000 € fäl-
lig werden und man außerdem am Bilanzstichtag Liquidität zeigen will. Bei Baube-
48
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
ginn im Februar x3 sind die 1,9 Mio. € an den Generalunternehmer zu zahlen. In der
Zwischenzeit wird das Geld vom Treasury der BauGut angelegt und mit 3 % p.a. ver-
zinst.
Aufgabenstellung
a) Definieren Sie den Begriff „qualifizierter Vermögenswert“ und geben Sie an, ab
wann welche Fremdkapitalkosten für diese Vermögenswerte zu aktivieren sind.
Liegt im vorliegenden Sachverhalt ein qualifizierter Vermögenswert vor?
b) Der Bau des Bürogebäudes beginnt wie geplant im Februar x3, so dass die Zah-
lung von 1,9 Mio. € an den Generalunternehmer erfolgt. Auch der Fertigstel-
lungszeitpunkt wurde von der Projektplanung sehr zutreffend vorausgesagt:
Nach 19 Monaten, im August x4, wird der letzte Deckenstrahler montiert; das
Gebäude ist bezugsfähig. Sind in den Jahren x2 bis x4 Fremdkapitalkosten zu ak-
tivieren? Falls ja, in welcher Höhe?
Lösung
Ein qualifying asset oder qualifizierter Vermögenswert ist gem. IAS 23.5 ein Vermö-
genswert, für den ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist, um ihn in seinen beab-
sichtigten gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zustand zu versetzen. Typischerweise
können unter diese Definition z.B. Gebäude und sonstige Sachanlagen fallen, die gem.
IAS 16 bilanziert werden. Auf die Aktivierung von Fremdkapitalkosten bei der Her-
stellung von Vorräten in Massenfertigung (z.B. Käse, Wein, 12jähriger Whisky) kann
aus Vereinfachungsgründen explizit verzichtet werden.
Was ein beträchtlicher Zeitraum ist, wird durch den Standard allerdings nicht defi-
niert. Auch in der Literatur geht man davon aus, dass eine Standardisierung weder
gewollt noch praktikabel sei (vgl. Tanski, Sachanlagen nach IFRS, 2005, S. 40). Ein be-
trächtlicher Zeitraum ist also unternehmensindividuell festzulegen.
49
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
len allerdings nicht nur Zinsen von speziell für diesen Vermögenswert aufgenomme-
nen Krediten, sondern z.B. auch im Zusammenhang mit der Fremdkapitalaufnahme
stehende Nebenkosten wie Vermittlungs- oder Ratingkosten sowie gewogene Durch-
schnittskosten für allgemeines Fremdkapital, das nicht speziell aufgenommen worden
ist. Anlageerträge aus einer möglichen Zwischenanlage der aufgenommenen Mittel
sind von den aktivierungsfähigen Fremdkapitalkosten abzuziehen.
Die Aktivierung von Fremdkapitalkosten endet, wenn der Vermögenswert in den für
den Gebrauch oder Verkauf bestimmten Zustand versetzt wurde (IAS 23.22).
Im vorliegenden Fall ist bei einer Bauphase von 19 Monaten von einem beträchtlichen
Zeitraum auszugehen; es handelt sich bei dem Bürogebäude um einen qualifizierten
Vermögenswert. Demnach sind aktivierungsfähige Fremdkapitalkosten anzusetzen.
Das Darlehen läuft insgesamt zwei Jahre, bis einschließlich September x4. Bereits einen
Monat zuvor, im August x4, wurde das Gebäude jedoch bereits in seinen betriebsbe-
reiten Zustand versetzt. Zu diesem Zeitpunkt endet auch die Aktivierungsfähigkeit
50
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
der Fremdkapitalkosten. Der Zinsaufwand ist nur noch anteilig bis einschließlich Au-
gust zu berücksichtigen.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Der frischgebackene Dipl.-Kfm. Timo Tiefschürf ist in x1 neuer Mitarbeiter der Tage-
bau AG, ein auf die Förderung von Braunkohle spezialisiertes Unternehmen. An seinem
51
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
zweiten Arbeitstag kommt es zu einem Gespräch mit seinem Abteilungsleiter Dr.
Drechsler.
„Sie wissen ja, Herr Tiefschürf, dass wir Sie vor allem wegen Ihrer profunden IFRS-
Kenntnisse eingestellt haben. Schließlich sollen Sie unsere Überlegungen, künftig evtl.
nach IFRS zu bilanzieren, auf eine fundierte Grundlage stellen. Hier stellt sich nun fol-
gendes Problem: Wir haben zu Jahresbeginn (Januar) einen neuen Schaufelradbagger
für 20.000 T€ angeschafft. Die Nutzungsdauer des Baggers beträgt bei gleichmäßiger
Beanspruchung tatsächlich 20 Jahre unter der Voraussetzung, dass wir alle vier Jahre
eine umfangreiche Generalüberholung durchführen. Außerdem sind erfahrungsge-
mäß die stark beanspruchten Kettenzüge und andere mechanischen Teile nach etwa
der Hälfte der Nutzungsdauer auszutauschen. Auf Basis derzeitiger Preisverhältnisse
– gehen Sie aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass diese auch künftig konstant
bleiben - würde eine Generalüberholung etwa 400 T€ und die Ersatzmaßnahme ca.
3.000 T€ kosten. Können Sie mir bis morgen Mittag in einer Tischvorlage die IFRS-
Bilanzierung dieses Sachverhalts im Vergleich zum HGB skizzieren? Auf latente Steu-
ern brauchen Sie nicht einzugehen.“
Timo Tiefschürf, der im Hinblick auf seine IFRS-Kenntnisse bei der Einstellung wohl
etwas geflunkert hat, ist mit der Aufgabe völlig überfordert. Helfen Sie ihm!
Aufgabenstellung
a) Gibt es Unterschiede im Hinblick auf die Kriterien der Abgrenzung von Sachan-
lagen zueinander im HGB- und IFRS-Abschluss?
Lösung
52
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Funktionszusammenhang, siehe Kozikowski/Roscher/Schramm in Beck’scher Bilanz-
Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 253 HGB, Rz. 413). Danach ist es zulässig, Großanlagen,
die aus einer Vielzahl einzelner Vermögensgegenstände bestehen (z.B. Abfüllanlage),
als einen Vermögensgegenstand zu bewerten.
Wie tief Sachanlagen nach IAS 16 zerlegt werden sollen, wird der kaufmännischen
Beurteilungsfähigkeit überlassen (IAS 16.9). Ausdrücklich gehören nicht nur physi-
sche Ersatzmaßnahmen, sondern auch Ausgaben für künftige Generalüberholungen
zum Komponentenansatz (IAS 16.14).
53
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Konto € Konto €
Schaufelradbagger 20.000 an Verbindlichkeit 20.000
Die Komponente „Generalüberholung“ wird in den nächsten vier Jahren linear abge-
schrieben. Die Aufwandswirkung dieser Komponente entspricht damit der Aufwands-
rückstellung nach § 249 Abs. 2 HGB a.F., die jedoch nach BilMoG nicht mehr möglich
ist. Wenn nach vier Jahren – im Januar x5 - die Generalüberholung durchgeführt wird,
sind die dafür anfallenden Aufwendungen, hier annahmegemäß 400 T€, zu aktivieren
und erneut bis zur nächsten erwarteten Generalüberholung abzuschreiben; dann wie-
derholt sich der Vorgang alle vier Jahre. Dass es sich aus Sicht der IFRS tatsächlich um
eine Komponente eines Vermögenswert handelt, ist offensichtlich: Erst nach durchge-
führter Generalüberholung fließt dem Unternehmen erwarteter Nutzen zu; bei Erwerb
des Baggers ist dieser erwartete Nutzenzufluss praktisch vom Hersteller erworben
worden.
Die mechanischen Teile müssen über 10 Jahre linear abgeschrieben werden. Auch hier
gilt: Werden die Teile im Januar x11 ersetzt, sind die dafür anfallenden Aufwendungen
von annahmegemäß 3.000 T€ zu aktivieren.
54
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Für die Folgejahre ergeben sich somit folgende Bilanzansätze:
55
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Damit ergibt sich folgender Abschreibungs- und Erhaltungsaufwand:
Tabelle 2-11: Berechnung Buchwerte und Abschreibungen (in €), HGB, Lösung
Bilanzansatz Aufwendungen
Abschr. Bag- Ersatz General-
Bagger Gesamt ger Mech. Teile überhol Gesamt
Nach Auffassung des IDW (s. Antwort zu a)) besteht jedoch auch ein Wahlrecht zur
Nutzung des Komponentenansatzes.
Die Kosten für den Ersatz einer Teilkomponente (hier die mechanischen Teile) wären
hiernach nicht mehr als Erhaltungsaufwand, sondern als nachträgliche Anschaffungs-
oder Herstellungskosten zu erfassen und komponentenweise abzuschreiben. Eine Se-
parierung von regelmäßigen Großreparaturen oder Inspektionen ist jedoch wegen feh-
lender physischer Substanz ausdrücklich nicht möglich.
56
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Nach dem Komponentenansatz im HGB-Abschluss ergäbe sich folgender Verlauf:
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Sie sollen als neuer Mitarbeiter der auf Immobiliengeschäfte spezialisierten Hostel AG,
Frankfurt, für die zutreffende bilanzielle Abbildung folgender Sachverhalte im IFRS-
Abschluss x1 sorgen:
(1) Kürzlich hat die Hostel AG vom Land Hessen 8.000 Wohnungen erworben. Im
Kaufvertrag wurde festgelegt, dass die Hostel AG die Immobilien über einen Zeitraum
von 8 Jahren nicht weiterverkaufen darf.
57
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(2) Die Hostel AG ist Eigentümerin des Hotels „Alpenblick“ in Zell am See. Das Hotel
ist an einen Betreiber verpachtet, der das operative Geschäft selbständig durchführt.
Der zu zahlende Pachtzins ist abhängig von der Hotelauslastung.
(3) Für den Fußballverein Kickers Offenbach hat die Hostel AG bereits begonnen, ein
neues Stadion als Ersatz für das marode Stadion am Bieberer Berg zu bauen. Die ge-
schätzten Baukosten betragen 35 Mio. €. Nach Fertigstellung in x3 wird das Stadion
von der Hostel AG betrieben und langfristig an den Verein zu festen Konditionen
vermietet, wobei freilich beidseitig gekündigt werden kann. Auf Basis der Mietver-
tragskonditionen beträgt der Fair Value des neuen Stadions bei Fertigstellung
40 Mio. €.
(4) Die Firma errichtet derzeit für sich ein neues Verwaltungsgebäude am Frankfurter
Flughafen. Eine Etage des im Bankenviertel gelegenen und gut erhaltenen alten
Gebäudes - Buchwert 1 Mio. € - soll dann noch weiter selbst genutzt, die vier anderen
Etagen dagegen an die Knechtbank vermietet werden. Von einer technisch möglichen
Veräußerung der vier Etagen wurde abgesehen, weil die jährlich erwarteten
Nettokaltmieten von 400 T€ über einen Planungshorizont von 12 Jahren gut in die
Unternehmensplanung passen. Der Barwert künftiger Mieteinnahmen wird derzeit
mit einem risikoadjustierten Zinssatz von 8 % p.a. kalkuliert.
Aufgabenstellung
a) Skizzieren Sie kurz den Regelungsgegenstand von IAS 40 einschließlich der dort
genannten Bilanzierungsmethoden. Was könnte der Grund für die Einführung
eines Bewertungswahlrechts gewesen sein?
b) Nach welchen Standards sind die Immobilien jeweils zu bilanzieren? Zeigen Sie
in den Sachverhalten (3) und (4) auch die möglichen zahlenmäßigen Konsequen-
zen.
c) Was ist der Unterschied zwischen dem Bewertungswahlrecht nach IAS 40 und
dem Bewertungswahlrecht nach IAS 16?
Lösung
58
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Für Anlageimmobilien besteht ein Bewertungswahlrecht (IAS 40.30): Es kann einheit-
lich für alle Anlageimmobilien gewählt werden zwischen der
erfolgswirksamen Fair Value Bewertung nach IAS 40 (fair value model) und einer
Bei der erfolgswirksamen Fair Value Bewertung ist in jedem Jahr die Immobilie zum
Fair Value anzusetzen. Die jeweilige Gegenbuchung vollzieht sich in der Gewinn- und
Verlustrechnung, hat also unmittelbare Konsequenzen für das Jahresergebnis. Dafür
entfällt (bei Gebäuden) die planmäßige Abschreibung.
Bei Wahl der Bilanzierung der Anlageimmobilien zu fortgeführten Kosten ist gleich-
wohl der Fair Value der Immobilien zu ermitteln. Er ist dann im Anhang anzugeben
(IAS 40.79e).
Mit IAS 40 kommt die Absicht des IASB zum Ausdruck, den erstmals bei Finanzin-
strumenten eingeschlagenen Weg einer erfolgswirksamen Zeitwertbilanzierung fort-
zusetzen und auf andere Vermögenswerte auszudehnen (IAS 40.B47). Wegen erhebli-
cher Vorbehalte der Bilanzierungspraxis gegen eine ausschließlich erfolgswirksame
Zeitwertbilanzierung hat sich der IASB für die Einführung des oben genannten Wahl-
rechts entschieden.
(2) Die Hostel AG erzielt aus der Verpachtung des Hotels „Alpenblick“ Pachteinnah-
men. Das deutet auf eine Anlageimmobilie hin. Auf der anderen Seite ist der Pachtzins
von der Auslastung des Hotels abhängig. Damit nimmt die Hostel AG im Hinblick auf
die zu erzielenden Cashflows keine passive Vermieterrolle ein, sondern trägt das
Betreiberrisiko ganz so, als hätte sie einen angestellten Manager, der das Hotelgeschäft
führt (IAS 40.12 f.). Daher ist das Alpenblick keine Anlageimmobilie, sondern unter-
liegt als eigentümergenutzte Immobilie den Regelungen des IAS 16.
(3) Das neue Stadion unterliegt als Anlageimmobilie in Bau den Bestimmungen des
IAS 40 (IAS 40.8e). Auch die Bewertung von Anlageimmobilien in Bau hängt von der
Ausübung des Bewertungswahlrechts seitens des Unternehmens ab:
1. Die Hostel AG wendet für Anlageimmobilien das fair value model an:
Die Fair Value Bewertung gilt auch für das im Bau befindliche Stadion. Dabei hat der
Fair Value die Anlageimmobilie in ihrem gegenwärtigen Zustand zu reflektieren
(Stichtagswert), die noch künftigen Investitionen bis zur Fertigstellung bleiben unbe-
rücksichtigt (Theile in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 1445). Insoweit
59
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
dürfte sich der Fair Value von Anlageimmobilien in Bau regelmäßig (nur) als aktueller
Tauschpreis bestimmen lassen; die Verwendung von Cashflow-Prognosen bei einem
Gegenstand, der noch nicht fertig gestellt ist, scheidet u.E. aus. Sollte eine Fair Value
Schätzung während der Bauphase nicht möglich sein, sind bis zur Fertigstellung die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen (IAS 40.53 ff).
Bei Fertigstellung ist das neue Stadion zum Fair Value von 40 Mio € anzusetzen. Bei
vorheriger Bewertung zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten i.H.v. 35 Mio. € ist
die Differenz von 5 Mio. € als Ertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen
(IAS 40.65). Sollte selbst bei Fertigstellung der Fair Value einer Anlageimmobilie nicht
hinreichend sicher geschätzt werden können, bleibt es für diese eine Immobilie bei der
Bewertung nach der cost method (IAS 40.53), obgleich sämtliche anderen Anlageimmo-
bilien zum Fair Value bewertet werden.
Gemäß Baufortschritt sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Stadion
zu erfassen. Allerdings sind, falls möglich, auch für in Bau befindliche Immobilien die
Fair Values – sofern ermittelbar – analog zu den sonstigen Anlageimmobilien im An-
hang anzugeben. Die bis zur Fertigstellung aktivierten 35 Mio. € sind gem. IAS 16
planmäßig fortzuführen. Im Anhang muss die Hostel AG dann den Fair Value von 40
Mio. € angeben.
(4) Das neu zu errichtende Verwaltungsgebäude ist eine Anlage im Bau, die später
selbst genutzt werden soll. Es handelt sich daher um eine Immobilie im Anwendungs-
bereich des IAS 16.
Das alte Verwaltungsgebäude wird künftig gemischt genutzt, nämlich selbst (IAS 16)
und als Anlageimmobilie (IAS 40). Gemischt genutzte Immobilien sind nach dem Kri-
terium der Einzelveräußerbarkeit aufzuteilen in Anlageimmobilien und andere. Da
die Einzelveräußerbarkeit möglich ist, werden 4/5 des bisherigen Buchwerts, also 800
T€, den Anlageimmobilien zugeordnet. Wendet die Hostel AG das cost model an, wird
der Buchwert fortgeführt. Allerdings ist für die Anhangangabe der Fair Value zu er-
mitteln. Priorität besitzen hier aktuelle Tauschwerte vergleichbarer Immobilien, über
die jedoch keine Angaben vorliegen. Daher kommt als Näherungslösung die Verwen-
dung der DCF-Methode in Betracht. Nach den vorliegenden Angaben ist über die 400
T€ der Rentenbarwert unter Verwendung eines Zinssatzes von 8 % und bei einem
Zeithorizont von 12 Jahren zu ermitteln (= Faktor 7,5361); das ergibt gerundet 3 Mio. €.
Wendet die Hostel AG das fair value model an, sind die vier Etagen mit 3 Mio. € zu ak-
tivieren. Die Differenz zum bisherigen Buchwert beträgt 2,2 Mio. € und ist, anders als
beim Sachverhalt (3), erfolgsneutral in eine Neubewertungsrücklage einzustellen. Bei
späterem Abgang der Immobilie (Ausbuchung) ist die Neubewertungsrücklage er-
folgsneutral in die Gewinnrücklage umzubuchen (IAS 40.62bii, Umbuchungspflicht
im Gegensatz zum Wortlaut des analog anzuwendenden IAS 16.41, vgl. Theile in Heu-
ser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 1188 iVm Rz. 1464).
60
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
c) Unterschied zwischen den Bewertungswahlrechten des IAS 16 und des IAS 40
Die Neubewertungsmethode nach IAS 16 führt zur erfolgsneutralen Gegenbuchung
im Eigenkapital (Neubewertungsrücklage), während das fair value model nach IAS 40
erfolgswirksame Gegenbuchungen in der Gewinn- und Verlustrechnung vorsieht.
Bei außerplanmäßigen Abschreibungen ist bei Verwendung der Neubewertungsme-
thode nach IAS 16 die Wertminderung zunächst mit einer ggf. vorhandenen Neube-
wertungsrücklage zu verrechnen. Somit wird die Wertminderung nur dann erfolgs-
wirksam, wenn sie auch bei Verwendung des cost models nach IAS 16 erfolgswirksam
geworden wäre.
Beim fair value model des IAS 40 ist grundsätzlich zu jedem Abschlussstichtag der Fair
Value zu bestimmen. Dafür entfallen planmäßige Abschreibungen. Demgegenüber
braucht bei der Neubewertung nach IAS 16 der Fair Value nicht jedes Jahr neu ermit-
telt zu werden; eine Überprüfung in regelmäßigen Abständen (z.B. alle 3 bis 5 Jahre)
ist ausreichend. In der Zwischenzeit dienen planmäßige Abschreibungen auf den
Neubewertungsbetrag einer Annäherung an den jeweiligen Fair Value. Die planmäßi-
gen Abschreibungen werden jedoch (anders als der ursprüngliche Neubewertungsbe-
trag) erfolgswirksam erfasst, belasten also das Jahresergebnis und das Ergebnis je Aktie.
Das erklärt auch die geringe Verbreitung dieser Methode in der Praxis. Die Neubewer-
tungsrücklage ist in Höhe der jeweiligen zu den fortgeführten Anschaffungskosten er-
höhten Abschreibung anteilig realisiert und in die Gewinnrücklage umzubuchen.
61
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.3 Leasing
2.3.1 Klassifizierung von Leasingverhältnissen – Hanseatic
AG
Rechtsquellen: § 39 AO; BMF-Schreiben 19.04.1971, IV B/2 - S 2170 - 31/71; BMF-
Schreiben vom 22.12.1975 - IV B 2 - S 2170 - 161/75; IAS 17; SFAS 13
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die in Hamburg ansässige Linienreederei Hanseatic AG hat sich auf die Container-
schifffahrt zwischen Europa und Ostasien spezialisiert. Um vom steigenden Han-
delsaufkommen beider Regionen stärker zu profitieren, beabsichtigt der Vorstand der
Hanseatic AG ein zusätzliches Containerschiff auf der Linienverbindung „Shang-
hai/Rotterdam“ einzusetzen. Man beschließt das Schiff zu leasen und einigt sich mit
der Euro Lease AG, Düsseldorf, auf einen Leasingvertrag mit folgenden Konditionen:
Nach Ablauf der Grundmietzeit muss die Hanseatic AG das Containerschiff an die Eu-
ro Lease AG zurückgeben. Zum Rückgabezeitpunkt hat man sich auf einen vertraglich
fixierten Restwert von 12.500 T€ geeinigt. Die Euro Lease AG soll das Containerschiff
zu dann marktüblichen Bedingungen veräußern, wobei der realisierte Veräußerungs-
preis gegebenenfalls von der Hanseatic AG bis zur Höhe des fixierten Restwerts auf-
zustocken ist (Mindererlösbeteiligung). Ein etwaiger Mehrerlös soll demgegenüber zu
25 % der Euro Lease AG und zu 75 % der Hanseatic AG zufallen.
62
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Aufgabenstellung
a) Hat die Hanseatic AG das Schiff in ihrer Steuerbilanz anzusetzen? Die steuerliche
AfA-Tabelle gibt für Containerschiffe dieses Typs eine betriebsgewöhnliche Nut-
zungsdauer von 18 Jahren an.
c) Nehmen Sie an, auch die Euro Lease AG (Leasinggeber) bilanziert nach IFRS. Zu
welcher Zuordnung kommt diese Gesellschaft? Auch hier sind unbestimmte
Rechtsbegriffe durch die Vorgaben von SFAS 13 auszufüllen. Gehen Sie bei Ihren
Überlegungen davon aus, dass keine Initialkosten (initial direct costs) zur Anbah-
nung des Leasinggeschäfts angefallen sind und dass auch die Euro Lease AG eine
25-jährige wirtschaftliche Nutzungsdauer für das Schiff unterstellt. Schließlich
wird ebenfalls ein Verkaufserlös zwischen 12.000 T€ und 16.000 T€ erwartet, wo-
bei der Erwartungswert 14.000 T€ beträgt (siehe Tabelle 2-10).
Lösung
63
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen
kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 AO). Dieser andere ist
dann zwar nicht „zivilrechtlicher“, jedoch „wirtschaftlicher“ Eigentümer. Das abstrak-
te Kriterium „wirtschaftliche Einwirkung“ bedeutet dabei schlicht: Wer trägt Sub-
stanzrisiken und -chancen, wer trägt (dauerhaft) Aufwendungen und Erträge aus der
Nutzung des Wirtschaftsguts? An dieser steuerrechtlichen Abgrenzung des wirtschaft-
lichen Eigentums orientiert sich auch das Handelsrecht, und zwar unverändert auch
nach BilMoG (vgl. statt vieler Noodt in Haufe HGB-Kommentar, 2009, § 246 HGB, Rz.
36f.). Maßgeblich für die bilanzielle Objektzurechnung ist daher sowohl in der Han-
dels- als auch in der Steuerbilanz einzig das wirtschaftliche Eigentum.
Zur weiteren Objektivierung der Zuordnung dienen nach wie vor die bereits in den
frühen siebziger Jahren von der Finanzverwaltung im Anschluss an BFH-Urteile erlas-
senen Abgrenzungskriterien, die in den sog. Leasingerlassen enthalten sind. Bei Mobi-
lien-Leasingverträgen erfolgt die Zurechnung des Wirtschaftsguts zum Leasingneh-
mer stets dann, wenn die unkündbare Grundmietzeit weniger als 40 % oder mehr als
90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer umfasst (erster Prüfschritt gem. BMF-
Schreiben 19.04.1971). Liegt die unkündbare Grundmietzeit jedoch innerhalb dieses In-
tervalls, kommt es – soweit keine Verlängerungs- oder Kaufoption vorgesehen ist – auf
die weiteren Kriterien des sog. Teilamortisationserlasses für Mobilien (BMF-
Schreiben vom 22.12.1975) an.
Da die vereinbarte unkündbare Grundmietzeit (15 Jahre) 83,33 % der steuerlichen be-
triebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (18 Jahre) umfasst und keine Optionsrechte ver-
einbart wurden, ist eine eindeutige Aussage über die bilanzielle Zurechnung nach
BMF-Schreiben 19.04.1971 nicht möglich. Daher ist in einem zweiten Schritt nach dem
Teilamortisationserlass zu prüfen, welcher Vertragspartei im Wesentlichen Chancen
und Risiken aus der Abschlussverwertung des Leasingobjekts zugeordnet werden
können. Zu bilanzieren hat, wer an einem gestiegenen Restwert partizipiert (Wertstei-
gerungschance) und das Risiko eines verminderten Restwerts (Wertminderungs-
risiko) trägt. Der Umstand, dass sich der Leasingnehmer während der unkündbaren
Grundmietzeit den Ertrag aus der Nutzung des Leasingobjekts sichert, reicht für eine
Objektzurechnung zum Leasingnehmer allein nicht aus. Um in eine mit dem juristi-
schen Eigentümer vergleichbare Position zu gelangen, müssen dem Leasingnehmer
folglich auch wesentliche Chancen und Risiken aus einem sich ändernden Substanz-
wert zuzurechnen sein. Nur dann wäre der Leasinggeber nach Auffassung der Fi-
nanzverwaltung dauerhaft von Ertrag und Substanz des Leasingobjekts ausgeschlos-
sen.
64
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Von den im Erlass aufgeführten Vertragsmodellen sind im vorliegenden Fall die Re-
geln zum Teilamortisationsvertrag mit Mehrerlösbeteiligung zu beachten. Hiernach
scheidet eine Objektzurechnung zum Leasingnehmer dann aus, wenn der Leasing-
geber zu mindestens einem Viertel an einem gestiegenen Restwert beteiligt ist. Die ihm
in diesen Fällen zustehende Wertsteigerungschance ist dann gerade noch so gehaltvoll,
dass eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Leasingnehmer negiert
wird; auf die Signifikanz des Restwerts kommt es im Übrigen nicht an.
Laut Sachverhalt partizipiert die Euro Lease AG zu einem Viertel an einem etwaigen
Mehrerlös. Daher hat sie das Containerschiff sowohl in ihrer Handels- als auch in ihrer
Steuerbilanz aufzunehmen. Die Hanseatic AG erwirbt dagegen kein wirtschaftliches
Eigentum am Containerschiff..
Nach IAS 17, also dem Standard, der die Bilanzierung von Leasingverhältnissen regelt,
gilt diejenige Vertragspartei als wirtschaftlicher Eigentümer, der im Wesentlichen die
an einem Vermögenswert haftenden Chancen und Risiken zugemessen werden kön-
nen (Generalnorm des IAS 17). Als Chancen, die einem Vermögenswert anhaften,
nennt IAS 17 beispielhaft den erwartungsgemäß gewinnbringenden Einsatz im Wert-
schöpfungsprozess oder auch die Möglichkeit der Partizipation an Wertsteigerungen
oder Liquidationserlösen. Als zugehörige Risiken werden die Verlustmöglichkeiten
aufgrund ungenutzter Kapazitäten oder technischer Überholung ebenso genannt wie
Renditeabweichungen aufgrund veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen.
65
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Vertragslaufzeit umfasst den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungs-
dauer (economic life test),
der Barwert der Mindestleasingzahlungen entspricht in etwa dem Fair Value des
Leasinggegenstands bei Vertragsabschluss (recovery of investment test).
Ist die Annahme der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums nach diesen Krite-
rien auch bei weiterer Reflexion über den Chancen- und Risikentransfer nicht zu wi-
derlegen, so bezeichnet der Standard solche Verträge als Finanzierungs-
Leasingverträge. Wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingobjekts ist dann der Lea-
singnehmer. Trifft hingegen keine der Orientierungshilfen auf den zu beurteilenden
Vertrag zu und verbleiben damit wesentliche Chancen oder Risiken beim Leasing-
geber, so werden solche Vereinbarungen als Operating-Leasingverhältnisse bezeich-
net. Der Leasingnehmer wird nicht wirtschaftlicher Eigentümer.
Für die Zwecke der Klassifizierung des zwischen der Hanseatic AG und der Euro Lea-
se AG geschlossenen Leasingverhältnisses sind, da weder Eigentumsübergang noch
Optionsrechte vereinbart wurden, lediglich der Laufzeittest (IAS 17.10c) und der Bar-
werttest (IAS 17.10d) durchzuführen. Ergänzend ist zu prüfen, ob Gewinne oder Ver-
luste, die aus Schwankungen des Fair Value des Restwerts entstehen, der Hanseatic
AG zuzurechnen sind, oder ob diese Chancen und Risiken aus der Abschlussverwer-
tung bei der Euro Lease AG verbleiben (IAS 17.11b).
Der Laufzeittest ist als alleiniger Prüfschritt nicht ausreichend. Ein Finanzierungs-
Leasingverhältnis kann schließlich auch dann vermutet werden, wenn zu Beginn des
66
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Leasingverhältnisses der Barwert der Mindestleasingzahlungen im Wesentlichen
dem Fair Value des Leasingobjekts entspricht. Diese den deutschen Leasingerlassen
unbekannte Beurteilungshilfe wird als Barwerttest bezeichnet. Ist dieser Test erfüllt, so
ist es dem Leasinggeber offensichtlich gelungen, sein Investitionsrisiko auf den Lea-
singnehmer zu übertragen. Da der Leasingnehmer ein solch gewichtiges Risiko wohl
nur dann bereit ist zu übernehmen, wenn ihm zugleich auch wesentliche Chancen am
Objekt zugerechnet werden, liegt die Vermutung des Transfers wirtschaftlichen Eigen-
tums auf den Leasingnehmer nahe.
Zur Ermittlung des Barwerts der Mindestleasingzahlungen ist zunächst die Größe
„Mindestleasingzahlungen“ zu bestimmen. Gemäß IAS 17.4 werden unter den Min-
destleasingzahlungen alle Zahlungen subsumiert, die mit hinreichender Sicherheit
vom Leasingnehmer an den Leasinggeber geleistet werden oder zu denen der Lea-
singnehmer herangezogen werden kann. Mit Blick auf die zwischen der Hanseatic AG
und der Euro Lease AG geschlossene Leasingvereinbarungen gelten zunächst die ver-
traglich fixierten Leasingraten (3.850 T€ p.a.) als Mindestleasingzahlungen. Außerdem
ist auch die vereinbarte Mindererlösbeteiligung der Hanseatic AG zu berücksichtigen.
Es handelt sich nämlich um eine Restwertgarantie der Hanseatic AG. Derart garantier-
te Beträge sind zu ihrem vollen Wert (hier: 12.500 T€) — auf die Wahrscheinlichkeit
der Inanspruchnahme kommt es nicht an — Bestandteil der Mindestleasingzahlungen
(IAS 17.4).
§ 15 ·
¨ 3.850 T € q 1 12.500 T € ¸ 1 ngRw 1 42.000 T € adK
¨ q 1 ¸ q 15 q 15
© ¹
mit:
q = 1 + i, mit i als der dem Leasingverhältnis zugrunde liegende Zinssatz
ngRW = nicht garantierter Restwert
adK = anfängliche direkte Kosten des Leasinggebers
Da die Gleichung neben der gesuchten Größe „q“ zwei weitere Unbekannte enthält, ist
sie vor dem Informationshintergrund der Hanseatic AG nicht eindeutig lösbar. Bei der
Hanseatic AG liegen weder Informationen über die bei der Euro Lease AG angefalle-
nen anfänglichen direkten Kosten (z.B. Provisionen, Rechts- und Beratungskosten)
noch über den nicht garantierten Restwert vor. Zwar ist der garantierte Restwert be-
67
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
kannt, doch über den von der Euro Lease AG tatsächlich kalkulierten Restwert kann
nur spekuliert werden. Da nach herrschender Meinung das Schätzen der fehlenden
Parameter unzulässig ist, muss zur Barwertberechnung auf den in der Aufgabenstel-
lung angegebenen Grenzfremdkapitalzinssatz (hier: 7 %) zurückgegriffen werden.
Damit liefert der Barwerttest über die von der Hanseatic AG zu leistenden Mindestlea-
singzahlungen das folgende Ergebnis:
§ 15 ·
¨ 3.850 T € 1,07 1 12 .500 T € ¸ 1
¨ 0 ,07 ¸ 1,07 15
© ¹ 94 ,28 %
42 .000 T €
Ist es damit nun der Euro Lease AG annähernd gelungen, das mit der Anschaffung des
Containerschiffs verbundene Investitionsrisiko auf die Hanseatic AG abzuwälzen?
Nach IAS 17.10d soll das der Fall sein, wenn zu Beginn des Leasingverhältnisses der
Barwert der Mindestleasingzahlungen „im Wesentlichen mindestens“ dem Fair Value
des Leasingguts entspricht. Wendet man zur Interpretation des unscharfen „im We-
sentlichen mindestens“ die entsprechende US-GAAP-Vorschrift an, so ist bei Über-
schreiten eines Grenzwerts von 90 % der Barwerttest erfüllt (SFAS 13.7d). Entgegen
dem Ergebnis aus dem Laufzeittest deutet der Barwerttest folglich auf ein Finanzie-
rungs-Leasingverhältnis und damit auf eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigen-
tums auf die Hanseatic AG hin.
Die bisherige Prüfung lässt noch eine angemessene Würdigung der Risiken- und
Chancenverteilung des tatsächlichen Restwerts vermissen, die von der Generalnorm
des IAS 17 gefordert wird. Das Wertminderungsrisiko des Restwerts liegt aufgrund
der vereinbarten Restwertgarantie bei der Hanseatic AG. Ob dieser Umstand auch
wirtschaftlich ins Gewicht fällt, ist für die bilanzielle Zurechnung des Containerschiffs
irrelevant. Wie schon bei der Lösung zu a) kommt es auch nach IAS 17 für die endgül-
tige Klassifizierungsentscheidung daher einzig auf die Verteilung der Wertsteige-
rungschance an.
Anders als im Teilamortisationserlass für Mobilien enthält IAS 17.11b allerdings kei-
nen Hinweis, welche Mindestchance beim Leasinggeber verbleiben muss, um eine Ob-
jektzurechnung zum Leasingnehmer zu verhindern. Die verbleibende Wertsteige-
rungschance muss jedoch wirtschaftlich signifikant sein. Diese Relevanz kann der
Wertsteigerungschance beigemessen werden, wenn der hinreichend sicher zu realisie-
rende Mehrerlös des Leasinggebers mindestens 10 % des beizulegenden Zeitwertes
des Leasingobjekts zu Beginn des Leasingverhältnisses beträgt.
Hierzu ist anzumerken, dass sich das gesamte durch den Markt bewertete Chancen-
und Risikopotenzial eines Vermögenswertes zu Beginn des Leasingverhältnisses in
seinem beizulegenden Zeitwert widerspiegelt. Um zu prüfen, ob im Wesentlichen alle
Chancen und Risiken auf den Leasingnehmer übergegangen sind, ist es folglich sach-
gerecht, die beim Leasinggeber tatsächlich verbleibenden Chancen und Risiken eben
in Relation zum beizulegenden Zeitwert zu Beginn des Leasingverhältnisses zu beur-
68
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
teilen. Unterstellt man vor diesem Hintergrund, dass zum Ende der unkündbaren
Grundmietzeit für das Containerschiff noch ein Verkaufserlös von 16.000 T€ (best case)
realisiert werden kann, so würde die Euro Lease AG hieran mit 875 T€ ((16.000 T€ -
12.500 T€) x 0,25) beteiligt sein. Da diese Wertsteigerungschance in Relation zum beizu-
legenden Zeitwert des Containerschiffs zu Beginn des Leasingverhältnisses (42.000 T€)
gerade einmal 2,08 % ausmacht, fällt sie wirtschaftlich nicht ins Gewicht. Ökonomisch
betrachtet verbleiben der Euro Lease AG damit keine nennenswerten Chancen und Ri-
siken.
Der Laufzeittest deutet auch aus Sicht der Euro Lease AG zunächst auf ein Operating-
Leasingverhältnis hin, da die gleichen Ausgangsdaten wie in der Lösung zu b) ver-
wendet werden.
Zur Durchführung des Barwerttests jedoch ist auf den dem Leasingverhältnis
zugrunde liegenden Zinsfuß und nicht auf den Grenzfremdkapitalzinssatz abzustel-
len. Unter Berücksichtigung des intern erwarteten Restwerts (14.000 T€) ist dieser wie
folgt zu berechnen:
§ 15 ·
¨ 3.850 T € q 1 12.500 T € ¸ 1 1.500 T € 1 42.000 T €
¨ q 1 ¸ q 15 q 15
© ¹
Aufgelöst nach i beträgt der dem Leasingverhältnis zugrunde liegende Zinssatz damit
6,3856 %. Der anschließende Barwerttest berücksichtigt dann nicht den erwarteten,
sondern nur den (geringeren) garantierten Restwert und liefert aus Sicht der Euro Lea-
se AG dann folgendes Ergebnis:
§ 15 ·
¨ 3.850 T € 1,063856 1 12 .500 T € ¸ 1
¨ 0 ,063856 ¸ 15
© ¹ 1,063856 98 ,59 %
42 .000 T €
Das auch aus der Perspektive der Euro Lease AG auf ein Finanzierungs-
Leasingverhältnis hindeutende Ergebnis des Barwerttests wird durch Analyse der
verbliebenen Wertsteigerungschance bestätigt. Wie bereits unter b) gezeigt, verbleibt
der Euro Lease AG bestenfalls ein Mehrerlös von 875 T€, der mit einem Anteil von
2,08 % am beizulegenden Zeitwert des Containerschiffs wirtschaftlich unbedeutend
69
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
ist. Folglich hat die Euro Lease AG das wirtschaftliche Eigentum am Containerschiff
verloren.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Neben diesen fest vereinbarten Zahlungen beinhaltet der Leasingvertrag auch ein zu-
sätzliches, ab dem dritten Nutzungsjahr und ggf. auch im Verlängerungszeitraum zu
zahlendes auslastungsabhängiges Entgelt, das wie folgt gestaffelt ist:
70
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Tabelle 2-15: Staffelung der auslastungsabhängigen Entgelte ab dem 3. Nutzungsjahr
Staffel/ nachzuweisender Aus- Zusätzliches Entgelt in % der jährlich nach-
lastungsgrad der Boing 331/3 schüssigen, auslastungsunabhängigen Raten
1 80 % und < 85 % 2,00 %
2 85 % und < 90 % 2,50 %
3 90 % und < 95 % 3,25 %
4 95 % und 100 % 3,75 %
Der Kontrakt sieht ferner vor, dass Kosten für notwendige Wartungs- und Ersatzmaß-
nahmen, wie sie etwa für den Austausch der Triebwerke anfallen, von der European
Flightlease AG getragen werden.
Beide Parteien schätzen den beizulegenden Zeitwert der gebrauchten Boing zu Beginn
des Leasingverhältnisses auf 86 Mio. €. Zum Ende der vierjährigen Grundmietzeit
wird er nach bestem Wissen und mit den Prüfern abgestimmt auf 57 Mio. € geschätzt.
Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe des IAS 17 soll auf jeder Vertrags-
seite nach IAS 8.12 i.V.m. SFAS 13 erfolgen. Laufzeit- und Barwerttest zeigen demnach
auf beiden Seiten ein Finanzierungs-Leasing an, wenn die Laufzeit des Leasingver-
hältnisses zumindest 75 % der wirtschaftlichen Nutzungsdauer der Boing 331/3 umfasst
bzw. der Barwert der Mindestleasingzahlungen nicht kleiner als 90 % des beizulegen-
den Zeitwerts der Verkehrsmaschine zu Beginn des Leasingverhältnisses ist.
Aufgabenstellung
a) Klassifizieren Sie den Leasingvertrag aus Sicht der European Flightlease AG. Be-
achten Sie dabei, dass die Gesellschaft zum Ende der sechsjährigen Maximallauf-
zeit einen nicht garantierten Flugzeugrestwert von 45 Mio. € schätzt. Ferner wer-
den die im Verlängerungszeitraum als marktüblich geltenden Leasingraten für
ein vergleichbares Leasingobjekt mit 11 Mio. € p.a. angenommen. Indes konnte
diese Vorstellung aufgrund der guten Verhandlungsposition der Fly Away Airli-
ne nicht durchgesetzt werden. Es wird ein Erreichen der dritten Auslastungsstaf-
fel ab dem dritten Vertragsjahr als faktisch sicher geschätzt. Für Anbahnung und
Abschluss des Leasinggeschäfts sind auf Seiten der European Flightlease AG
schließlich noch Rechtsberatungs-, Informations- und Suchkosten in Höhe von
300 T€ angefallen.
71
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Nutzungsjahr ein Erreichen nur der zweiten Auslastungsstaffel sicher ist. Der
Grenzfremdkapitalzinssatz der Fly Away Airline beträgt 5,0 %.
e) Nehmen Sie an, die Fly Away Airline macht ab x6 von ihrem Recht auf Ausübung
der Verlängerungsoption Gebrauch. Wie ist dieses Ereignis aus Sicht der Europe-
an Flightlease AG bilanziell zu würdigen?
f) Prüfen Sie, ob bei einer Optionsausübung die Fly Away Airline den Leasingver-
trag neu zu klassifizieren hätte. Welche bilanziellen Folgen hätte die Optionsaus-
übung bei der Fly Away Airline?
Lösung:
72
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Setzt die European Flightlease AG zum Zwecke dieser Prüfung die aus ihrer Sicht als
hinreichend sicher geltenden Leasingraten des Verlängerungszeitraums (8.776.250 € =
8.500.000 € x 1,0325 (vgl. Tabelle 2-11) ins Verhältnis zu den als marktüblich angenom-
menen Leasingraten (11.000.000 €), so liegen die im Verlängerungszeitraum empfan-
genen Raten 20,2 % unter dem geschätzten Marktniveau. Da dieser Verhältniswert so-
gar den oberen Grenzwert der beschriebenen Bandbreite übertrifft, ist der Option ein
Zwang zur Ausübung beizumessen; aus Sicht der Flightlease wird die Fly Away Air-
line von der Verlängerungsoption Gebrauch machen. Die Laufzeit des Leasingverhält-
nisses wird daher auf sechs Jahre beziffert.
Setzt man die so bestimmte Laufzeit des Leasingverhältnisses nun ins Verhältnis zur
wirtschaftlichen Restnutzungsdauer der gebrauchten Boing 331/3 (12 Jahre), so wird
der Grenzwert von 75 % klar unterschritten. Der Laufzeittest deutet folglich auf ein
Operating-Leasingverhältnis hin.
Der nicht garantierte Restwert nach sechs Jahren (45.000.000 €) wird hingegen nicht zu
den Mindestleasingzahlungen gerechnet, da sein Zufluss nicht faktisch sicher, sondern
nur geschätzt ist.
Bevor der Barwerttest durchgeführt werden kann, muss mit den so abgegrenzten
Mindestleasingzahlungen zunächst der Effektivzins des Leasingverhältnisses ermit-
telt werden. Dazu setzt man die mit dem gesuchten Zinssatz diskontierten Mindest-
leasingzahlungen mit dem Fair Value des Flugzeugs (86.000 T€) zuzüglich der anfäng-
lichen direkten Kosten (300 T€) gleich:
7.000 T € 11.200 T € 11.564 T € 11.564 T € 8.776 T € 53.776 T €
1
2
3
4
5
86.300 T €
q q q q q q6
73
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Um das Auflösen nach „q“ („q“ ist hier definiert als der um eins erhöhte Effektivzins-
satz des Leasingverhältnisses) zu erleichtern, kann auf die Excel-Funktion „Zielwert-
suche“ (IKV) zurückgegriffen werden. Als Lösung liefert die Funktion einen Wert von
4,1787 %. Auf dieser Basis errechnet sich der Barwert der Mindestleasingzahlungen
wie folgt:
7.000 T € 11.200 T € 11.564 T € 11.564 T € 8.776 T € 8.776 T €
1
2
3
4
5
51.100 T €
1,041787 1,041787 1,041787 1,041787 1,041787 1,041787 6
Setzt man den so bestimmten Barwert der Mindestleasingzahlungen (51.100 T€) ins
Verhältnis zum beizulegenden Zeitwert der Boing 331/3 (86.000 T€), so bleibt auch die-
ser Quotient (59,42 %) deutlich unter dem Grenzwert von 90 %. Folglich deutet auch
der Barwerttest auf ein Operating-Leasingverhältnis hin.
Während der letztgenannte Punkt hier gegenstandslos ist (beide Parteien transformie-
ren qualitative Grenzwerte/Kriterien in Anlehnung an SFAS 13), sind unterschiedliche,
aber jeweils als hinreichend sicher geltende Erwartungen zu berücksichtigen. Dies gilt
zunächst für den Parameter „Laufzeit des Leasingverhältnisses“. Neben der unkünd-
baren Grundmietzeit (4 Jahre) hat nämlich auch die Fly Away Airline zu prüfen, ob
der optionale Verlängerungszeitraum in die Laufzeit des Leasingverhältnisses einzu-
beziehen ist. Wie schon unter a) werden für die Zwecke dieser Prüfung die hinrei-
74
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
chend sicher zu zahlenden Raten des Verlängerungszeitraums ins Verhältnis zu den
dann geltenden, marktüblichen Leasingraten gesetzt. Anders als unter a) aber wird
von der Fly Away Airline erwartet, dass nur die zweite Auslastungsstaffel erreicht
wird, so dass sich die Anschlussraten auf 8.712.500 € (= 8.500.000 € x 1,025) belaufen
würden. Die marktübliche Vergleichsmiete wird ferner nur auf 9.300.000 € geschätzt.
Da die als hinreichend sicher geltenden Zahlungen das geschätzte Marktniveau nur
um 6,3 % unterschreiten und damit ein Verhältniswert erreicht wird, der nicht einmal
den unteren Schwellenwert der unter a) beschriebenen Bandbreite erreicht, kann von
einem ökonomischen Ausübungszwang der Option nicht gesprochen werden. Die
Laufzeit des Leasingverhältnisses ist daher aus Sicht des Leasingnehmers auf die un-
kündbare Grundmietzeit beschränkt. Im Ergebnis deutet der Laufzeittest (4 Jahre / 12
Jahre = 33 %) hier allerdings auch auf ein Operating-Leasingverhältnis hin.
Auch der Parameter „Mindestleasingzahlungen“ wird hier anders, und zwar wegen
der Erwartung des Erreichens nur der zweiten Auslastungsstaffel niedriger bemessen.
Infolgedessen betragen die Mindestleasingzahlungen aus Sicht der Fly Away Airline
7.000.000 € im ersten Jahr, 11.200.000 € im zweiten Jahr sowie 11.480.000 € im dritten
und vierten Jahr (Summe: 41.160.000 €). Die Zahlungen des Verlängerungszeitraums
werden nicht Teil der Mindestleasingzahlungen, da die fortgesetzte Ausübung des
Nutzungsrechts in dieser Zeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzu-
stellen war.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Anwendung des zur Barwertberechnung heran-
zuziehenden Zinssatzes. Hier müssen die Mitarbeiter der Fly Away Airline auf den
Grenzfremdkapitalzinssatz (5,0 %) abstellen. Die Anwendung des dem Leasingver-
hältnis zugrunde liegenden Zinssatzes kommt nicht in Frage, weil keine Kenntnisse
über
75
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Boing 331/3 bei einer Beurteilung des Vertrags als Operating-Leasingverhältnis. Trotz
unterschiedlicher Erwartungen kommen beide Parteien hier zu einer gleichgerichteten
Klassifizierung des Leasingvertrags.
Die Vorgabe des IAS 17.50 wird durch SIC 15 weiter konkretisiert. Hiernach sind die
periodengerecht zu verteilenden Mieterträge noch um den Betrag gewährter Anreize
zu mindern. Als Anreize, die einen Leasingnehmer zum Abschluss eines Leasingver-
trags motivieren sollen, gelten unter anderem mietfreie oder mietreduzierte Perioden.
Die um gewährte Anreize geminderten Mieterträge werden in SIC 15 als Nettogegen-
leistung für die Nutzungsüberlassung bezeichnet. Gewährt der Leasinggeber mietfreie
oder mietreduzierte Perioden als Anreiz, so entsprechen die tatsächlichen Zahlungen
aus dem Leasingverhältnis der Nettogegenleistung für die Nutzungsüberlassung.
Demnach entspricht die zu verteilende Nettogegenleistung für die überlassene
Boing 331/3 insgesamt einem Betrag von 58.880.500 € (= 7.000.000 € + 11.200.000 € + 2 x
11.564.000 € + 2 x 8.776.250 €). Bei linearer Verteilung erfasst die European Flightlease
AG damit zunächst einen jährlichen Leasingertrag respektive Umsatzerlös in Höhe
von 9.813.417 € (= 58.880.250 € / 6 Jahre).
76
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Klarstellend wird in IAS 17.51 noch darauf aufmerksam gemacht, dass die Verteilung
der Nettogegenleistung weder von der Höhe noch vom Zugangszeitpunkt der tatsäch-
lichen Zahlungen abhängt. Weicht daher die lineare Allokation von den vereinbarten
Zahlungsmodalitäten ab, so sind entsprechende aktivische (prepaid expenses) oder pas-
sivische (deferred income) Abgrenzungen vorzunehmen. Die bilanzierten Abgren-
zungsposten sind dann in der Weise über die Vertragslaufzeit aufzulösen, dass sie sich
bis zum Ende der Laufzeit des Leasingverhältnisses auf Null reduziert haben. Die Auf-
lösung erfolgt dabei nach Maßgabe der Verteilung der Leasingerträge und damit re-
gelmäßig linear. Das mit der Fly Away Airline geschlossene Leasingverhältnis ist in
den Büchern der European Flightlease AG somit wie folgt abzubilden:
(2) Wird abweichend von (1) im dritten Vertragsjahr (x4) tatsächlich die vierte Auslas-
tungsstaffel erreicht, ist der sich einstellende Mehrertrag von 56.000 € (= 11.200.000 € x
1,0375 – 11.200.000 € x 1,0325) als bedingte Mietzahlung (contingent rent) zu erfassen.
77
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Zum 31.12.x4 wäre dann wie folgt zu buchen:
Konto € Konto €
(3) Unterstellt man hingegen, dass der tatsächliche Auslastungsgrad der Boing 331/3 in
x4 lediglich innerhalb der zweiten Staffel liegt, so ist der sich einstellende Minderer-
trag (11.200.000 € x 1,025 - 11.200.000 € x 1,0325 = - 84.000 €) ebenfalls als bedingte Miet-
zahlung, nun aber aufwandswirksam, abzubilden.
Konto € Konto €
(4) Neben den Regeln zur periodengerechten Erfassung von Leasingerträgen enthält
IAS 17 auch Vorgaben zu erläuternden Anhangangaben, denen die European Flight-
lease AG erstmals zum 31.12.x1 nachkommen muss. So hat sie gemäß IAS 17.56 (a) zu-
nächst den Gesamtbetrag der zum Bilanzstichtag noch nicht vereinnahmten Min-
destleasingzahlungen aus unkündbaren Operating-Leasingverhältnissen an-
zugeben. Zudem ist diese Summe nach Fälligkeiten zu rastern. Jeweils
zusammenzufassen sind solche Mindestleasingzahlungen, die aus der Stichtagsper-
spektive
nach einem und höchstens fünf Jahren zur Zahlung fällig werden und
78
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
werte der nach Fälligkeiten gruppierten Mindestleasingzahlungen wird – und dies ist
aus der Sicht externer Bilanzadressaten zu bedauern – nicht gefordert.
Dem Angabeerfordernis des IAS 17.56 (a) kommt die European Flightlease AG in ihren
Abschlüssen x1 bis 2011 jeweils wie folgt nach:
Ab x4 hat die European Flightlease AG gemäß IAS 17.56b gegebenenfalls auch über er-
folgswirksam erfasste bedingte Mietzahlungen zu informieren, wenn der tatsächliche
Auslastungsgrad der Boing 331/3 von der dritten Staffel abweicht.
Neben den Angabepflichten des IAS 17.56 muss die European Flightlease AG auch
den Angabeerfordernissen des IAS 16 nachkommen (IAS 17.57).
79
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
d) Abbildung eines Operating-Leasingverhältnisses beim Leasingnehmer
Auch aus Sicht der Fly Away Airline stellt die mit der European Flightlease geschlos-
sene Leasingvereinbarung ein grundsätzlich nicht zu bilanzierendes schwebendes
Dauerschuldverhältnis dar. Solange der Kontrakt daher nicht als belastend (onerous)
im Sinne von IAS 37 zu qualifizieren ist, werden der Fly Away Airline im Wesentlichen
die Regeln zur periodengerechten Erfassung des Mietaufwands und der Angabepflich-
ten nach IAS 17 vorgegeben.
Gemäß IAS 17.33 sind die von der Fly Away Airline aufzuwendenden Leasingzahlun-
gen regelmäßig linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses zu verteilen. Spie-
gelbildlich zur Definition der Leasingerträge sind unter den Leasingzahlungen alle
Leistungen zu subsumieren, die der Leasingnehmer unter wirtschaftlicher Betrach-
tungsweise für das während der Laufzeit des Leasingverhältnisses eingeräumte Nut-
zungsrecht hinreichend sicher entrichten muss.
Da die Fly Away Airline, wie unter b) ausgeführt, nur zu einer vierjährigen Laufzeit
des Leasingverhältnisses gelangt und sie zudem nur ein Erreichen der zweiten Auslas-
tungsstaffel unterstellt, weichen die erwarteten, periodengerecht zu verteilenden Lea-
singzahlungen (41.160.000 € = 7.000.000 € + 11.200.000 € + 2 x 11.480.00 €) von den
gleichsam zu verteilenden Leasingerträgen der European Flightlease AG (58.880.500 €)
ab. Bei linearer Verteilung erfasst die Fly Away Airline damit einen jährlichen Miet-
aufwand in Höhe von 10.290.000 € (= 41.160.000 € / 4 Jahre). Im Zeitraum vom 01.01.x2
bis zum 31.12.x5 ist das Leasingverhältnis dann wie folgt darzustellen:
80
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Während der Laufzeit des Leasingverhältnisses gibt die Fly Away Airline die jährlich
aufwandswirksam erfassten Mindestleasingzahlungen in Höhe von 10.290.000 € im
Anhang an (IAS 17.35c). In den Jahren x4 und x5 sind zusätzlich, falls tatsächlich eine
andere als die zweite Auslastungsstaffel erreicht wird, Angaben über die jeweils er-
folgswirksam verbuchten bedingten Mietzahlungen zu machen (siehe analog Lösung
zu c(2) und c(3). Die Angabepflichten des IFRS 7 sind nur dann zu beachten, wenn
Leasingraten bereits fällig, aber noch nicht bezahlt worden sind.
Gemäß IAS 17.35a sind die nach ihren jeweiligen Fälligkeiten gegliederten künftigen
Mindestleasingzahlungen aus unkündbaren Operating-Leasingverhältnissen an-
zugeben. Dabei sind solche Mindestleasingzahlungen zu gruppieren, die aus der Per-
spektive des jeweiligen Abschlussstichtags
nach einem und höchstens fünf Jahren zur Zahlung fällig werden und
In den Jahren x1 bis x4 berichtet die Fly Away Airline jeweils wie folgt:
Tabelle 2-19: Noch nicht als Aufwand erfasste Mindestleasingzahlungen aus Operating-
Leasingverhältnissen (in €)
Jahr bis 1 Jahr 1 bis 5 Jahre über 5 Jahre Summe
x1 7.000.000 34.160.000 - 41.160.000
x2 11.200.000 22.960.000 - 34.160.000
x3 11.480.000 11.480.000 - 22.960.000
x4 11.480.000 - - 11.480.000
81
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Schließlich verlangt auch IAS 17.35d eine allgemeine Beschreibung der wesentlichen
Leasingvereinbarungen. Anzugeben ist, auf welcher Grundlage bedingte Mietzahlun-
gen festgelegt sind, ob Verlängerungs- oder Kaufoptionen und Preisanpassungsklau-
seln bestehen und – falls ja – wie diese allgemein ausgestaltet sind. Ebenso soll über
Beschränkungen berichtet werden, die der Fly Away Airline infolge einer geschlosse-
nen Leasingvereinbarung auferlegt sind. Außerdem ist darzulegen, welche Vermö-
genswerte die Fly Away Airline im Rahmen von Operating-Leasingverhältnissen nutzt
und für welche Zeiträume die Leasingvereinbarungen durchschnittlich geschlossen
sind.
Macht die Fly Away Airline von ihrem vertraglich zugesicherten Recht auf Mietver-
längerung Gebrauch, so nimmt dieses Ereignis aus Sicht der European Flieghtlease AG
weder Einfluss auf die unter a) beschriebene Klassifizierung noch auf die unter c) dar-
gestellte Abbildung der Leasingvereinbarung, da die European Flightlease AG bereits
im Klassifizierungszeitpunkt von einer Optionsausübung der Fly Away Airline ausge-
gangen ist. Da sich die relevanten Klassifizierungs- und Bilanzierungsparameter infol-
ge der Optionsausübung nicht ändern, werden auch keine buchhalterische Anpassun-
gen erforderlich.
Fraglich ist, ob das Ereignis „Optionsausübung“ wirtschaftlich als change in the provisi-
ons of the lease im Sinne von IAS 17.13 zu würdigen ist. Die Ausübung einer bereits zu
Vertragsbeginn vereinbarten, aber unberücksichtigten Verlängerungsoption ist formal
keine Vertragsänderung. Wirtschaftlich ist sie jedoch einer nachträglich vereinbarten
Vertragsverlängerung gleichzustellen. Dann sollten sich auch dieselben Konsequenzen
des IAS 17.13 daran anschließen (zu Einzelheiten s. Kümpel/Becker, PiR 2006, 243 (244)).
Danach ist zu prüfen, ob infolge der Optionsausübung wirtschaftlich von einer neuen
Leasingvereinbarung (new agreement) auszugehen ist. Zu diesem Zweck muss die Fly
Away Airline retrospektiv analysieren, ob der Leasingvertrag zu Beginn des Leasing-
verhältnisses anders klassifiziert worden wäre, wenn die Optionsausübung bereits in
diesem Zeitpunkt mit der geforderten Sicherheit festgestellt worden wäre. Alle ande-
ren Einflussgrößen, wie etwa der Grenzfremdkapitalzinssatz, der beizulegende Zeit-
wert der Boing 331/3 oder die Einschätzung der realisierbaren Auslastungsstaffel, sind
unverändert beizubehalten.
82
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
ter Beurteilungsparameter, zu klassifizieren. Wird im Rahmen des retrospektiven
Prüfschritts aber kein von der Erstklassifizierung abweichendes Ergebnis ermittelt, so
liegt auch kein neues Leasingverhältnis vor. Das Erstklassifizierungsergebnis ist dann
beizubehalten. Lediglich die Parameter, die der buchhalterischen Abbildung des Lea-
singvertrags zugrunde liegen sind zu aktualisieren und das Altverhältnis ist auf dieser
angepassten Basis fortzuführen.
Den Vorgaben in IAS 17.13 folgend, führt die Fly Away Airline zunächst den Laufzeit-
test durch. Dieser signalisiert auch weiterhin ein Operating-Leasingverhältnis (6 Jahre
/ 12 Jahre = 50 %). Auch der Barwerttest deutet aus retrospektiver Sicht nicht auf eine
Übertragung wirtschaftlichen Eigentums auf die Fly Away Airline hin. So ist der Bar-
wert der Mindestleasingzahlungen jetzt wie folgt zu berechnen:
7.000 T € 11.200 T € 11.480 T € 11.480 T € 8.713 T € 8.713 T €
1
2
3
4
5
49.515 T €
1,05 1,05 1,05 1,05 1,05 1,05 6
Buchhalterisch ist das Altverhältnis daher unter den geänderten Bedingungen fortzu-
führen. Hierzu sind die gesamten, noch ausstehenden Leasingzahlungen von
17.425.000 € (= 2 x 8.712.500 €) linear über den Verlängerungszeitraum zu verteilen. In
den Jahren x6 und x7 weist die Fly Away Airline daher Mietaufwendungen in Höhe
von 8.712.500 € aus. Sofern in diesem Zeitraum eine andere als die zweite Auslas-
tungsstaffel erreicht wird, ist der sich einstellende Mehr- oder Minderaufwand als be-
dingte Mietzahlung darzustellen.
Zum 31.12.x5 aktualisieren die Mitarbeiter der Fly Away Airline schließlich die gemäß
IAS 17.35 vorgegebenen Pflichtangaben. Speziell mit Blick auf das Angabeerfordernis
des IAS 17.35a stellen sich die aktualisierten Erläuterungen wie folgt dar:
Tabelle 2-20: Noch nicht als Aufwand erfasste Mindestleasingzahlungen aus Operating-
Leasingverhältnissen (in €)
Jahr bis 1 Jahr 1 bis 5 Jahre über 5 Jahre Summe
x5 8.712.500 8.712.500 - 17.425.000
x6 8.712.500 - - 8.712.500
83
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.4 Vorräte und Fertigungsaufträge
2.4.1 Herstellungskosten von Vorräten – „Klopfer“
Rechtsquellen: IAS 2
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die in Stuttgart ansässige Bohrhammer GmbH, Tochterunternehmen der nach IFRS bi-
lanzierenden Robert Busch GmbH, fertigt diverse Heimwerkermaschinen, die über
Baumärkte vertrieben werden. Als Praktikant der Firma erhalten Sie die Aufgabe, für
Konzernzwecke die Herstellungskosten der Bohrmaschine „Klopfer“ am Jahresende
x1 zu ermitteln. Folgende Daten zweier Szenarien liegen Ihnen vor:
Aufgabenstellung
a) Welche der oben genannten Kostenbestandteile sind dem Grunde nach in die
Herstellungskostenermittlung nach IAS 2 einzubeziehen?
b) Ermitteln Sie die Herstellungskosten pro Stück für die Szenarien A und B.
c) Ändern sich Ihre Ergebnisse zu b), wenn Sie unter sonst gleichen Bedingungen
die Herstellungskosten nach HGB ermitteln?
84
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Lösung
Damit sind dem Grunde nach bis auf Zeile 8 – die außerplanmäßigen Abschreibungen
– alle genannten Kosten zu aktivieren. Das gilt explizit auch für die Abschreibungen
auf aktivierte Entwicklungskosten der Bohrmaschine „Klopfer“ (IAS 38.99).
85
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-22: Kalkulation der Herstellungskosten (in €)
Nr. Bezeichnung Szenario A Szenario B
7 planmäßige Abschreibung auf Fertigungsanla- 400.000 € 400.000 €
gen
9 planmäßige Abschreibung auf „Klopfer“- 200.000 € 200.000 €
Entwicklungskosten
Fixkosten pro Stück, kalkuliert auf Basis der 600.000 € 600.000 €
Normalbeschäftigung : 100.000 Stück : 100.000 Stück
= 6 €/Stück = 6 €/Stück
6 produktionsnahe variable Verwaltungs- 220.000 € 170.000 €
gemeinkosten
Variable Gemeinkosten pro Stück, kalkuliert 220.000 € 170.000 €
auf Basis der Istbeschäftigung : 100.000 Stück : 70.000 Stück
= 2,2 €/Stück = 2,43 €/Stück
4 Materialeinzelkosten pro Stück 4€ 4€
5 Fertigungseinzelkosten pro Stück 3€ 3€
Herstellungskosten pro Stück 15,2 € 15,43 €
86
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
2.4.2 Vorratsbewertung und Verbrauchsfolgeverfahren –
Rennrodel AG
Rechtsquellen: §§ 240, 253, 255, 256 HGB; § 6 I Nr. 2 EStG, IAS 2
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Erst bei der Inventur am Jahresende wird festgestellt, dass noch 3.500 Stück des Mo-
dells „Swiss-Blitz“ auf Lager liegen. Unterjährig ist die tatsächliche Lagerbewegung
nicht nachgehalten worden.
Die Rennrodel AG stellt den Jahresabschluss nach HGB auf. Der Vorstand weist den
Leiter Rechnungswesen an, für das erste Geschäftsjahr ein hohes Jahresergebnis aus-
zuweisen. Der Gewerbesteuersatz beträgt 16 %, der kombinierte Ertragsteuersatz
(Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag) vereinfacht 30 %.
87
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Aufgabenstellung
a) Sind Vorräte nach HGB und IFRS grundsätzlich einzeln zu bewerten? Unter wel-
chen Bedingungen kann von der Einzelbewertung abgewichen werden?
d) Welche Information wird benötigt, damit die unter b) und c) ermittelten Werte
auch tatsächlich angesetzt werden können (für die weitere Bearbeitung des Falles
wird angenommen, dass die ermittelten Werte angesetzt werden können)?
e) Mit welcher Begründung sind ggf. in der Handelsbilanz latente Steuern anzuset-
zen? Der Betrag ist ggf. zu ermitteln.
f) (1) Was würde sich in den bisherigen Lösungen ggf. ändern, wenn es sich bei der
Gesellschaft um eine „Rennrodel KG“ handelte? Sind diese Änderungen zwin-
gend oder dürfte die KG auch die bisherige Vorgehensweise dem Grunde nach fort-
führen?
(2) Vorausgesetzt, die „Rennrodel KG“ würde die bisherige Vorgehensweise dem
Grunde nach fortführen: Was würde sich in der Höhe ändern? Die neuen Wertan-
sätze sind ggf. zu berechnen! Ist die Vorgehensweise der „Rennrodel KG“ zu
empfehlen?
Lösung
In den IFRS fehlt ein übergeordneter Einzelbewertungsgrundsatz. Für Vorräte ist al-
lerdings die Einzelbewertung grundsätzlich vorgesehen, sofern die Einzelzuordnung
der Anschaffungs- und Herstellungskosten möglich ist (IAS 2.23). Bei gleichartigen
88
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
und damit austauschbaren Vorräten kann aber auch die Durchschnittsmethode oder
die Fifo-Fiktion verwendet werden (IAS 2.25). Sofern sie der tatsächlichen Verbrauchs-
folge entsprechen, sind auch andere Methoden zulässig. Im Ergebnis ist so auch eine
der Lifo-Verbrauchsfiktion entsprechende Bewertung möglich.
Bei der Lifo-Methode wird unterstellt, dass die zuletzt angeschafften Vermögensge-
genstände zuerst verbraucht bzw. verkauft werden. Bei steigenden Preisen hat die Li-
fo-Methode den Effekt, dass die niedrigen Wertansätze, die zu Beginn des Geschäfts-
jahres herrschten, weiter fortgeführt werden können.
Im Gegensatz zur Lifo-Methode liegt der Fifo-Methode zu Grunde, dass die zuerst
angeschafften Vermögensgegenstände zuerst verbraucht bzw. veräußert werden. Der
Bestand zum Bilanzstichtag setzt sich somit aus den zuletzt angeschafften Vermö-
gensgegenständen zusammen. In der Situation steigender Preise kommt es zu einem
höheren Vermögensausweis des Endbestandes.
89
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Die jeweiligen Wertansätze berechnen sich wie folgt:
Laut Anweisung des Vorstandes soll ein hohes Jahresergebnis ausgewiesen werden.
Demnach ist in diesem Fall die Fifo-Methode anzuwenden, da hier – verglichen mit
der Lifo- und Durchschnittsmethode – der Handelswarenaufwand am geringsten ist
und so ein höheres Jahresergebnis ausgewiesen wird.
90
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Die Lifo-Methode führt in diesem Beispielfall zu einem Aufwand in Höhe von
3.475.000 € (siehe Lösung zu b)). Unter dem Gesichtspunkt einer niedrigen steuerli-
chen Bemessungsgrundlage wäre demnach der Einsatz der Lifo-Methode vorteilhaft.
Die mögliche Anwendung der Lifo-Methode in der Steuerbilanz setzt wegen der Neu-
fassung des § 5 Abs. 1 EStG durch BilMoG nicht mehr voraus, dass auch in der Han-
delsbilanz nach Lifo bilanziert wird (vgl. BMF-Schreiben v. 12.3.2010, IV C 6 –
S 2133/09/10001, Tz. 17).
Steuerrechtlich besteht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG bei einer dauerhaften Wertminde-
rung ein Abschreibungswahlrecht auf den niedrigeren Teilwert zum Bilanzstichtag,
das gem. § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 EStG unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt wer-
den kann (vgl. Ellrott/Roscher in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 253 Rz.
532). Bei nicht dauerhafter Wertminderung ist nur handelsrechtlich außerplanmäßig
abzuschreiben. Die Frage der Dauerhaftigkeit einer Wertminderung in der Steuerbi-
lanz wird in BMF v. 25.02.2000, BStBl. I 372 konkretisiert.
der Teilwert höher ist als 357 €/Stück = 1.250.000 € / 3.500 Stück oder
falls der Teilwert niedriger ist als 357 €/Stück, darf die Wertminderung nicht dau-
erhaft sein.
91
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
lichen Vor-Steuer-Ergebnis steht. Durch die Bilanzierung latenter Steuern nach § 274
HGB wird diese Diskrepanz beseitigt: Sollte ein handelsrechtliches und erst später zu
versteuerndes Mehrvermögen existieren, sind passive latente Steuern anzusetzen. Im
umgekehrten Fall können aktive latente Steuern angesetzt werden (Wahlrecht).
Konto € Konto €
Für den vorliegenden Sachverhalt kommt es im Hinblick auf die „Swiss-Blitz“ nicht zu
anderen Bewertungsergebnissen in der Handelsbilanz, wenn die Rechtsform der Per-
sonengesellschaft unterstellt wird. Auch hinsichtlich der Steuerbilanz kommt es bei
der Personengesellschaft nicht zu anderen Ergebnissen; das Steuerrecht ist an dieser
Stelle der Ermittlung der Bemessungsgrundlage rechtsformneutral.
Die Vorschrift des § 274 HGB zu latenten Steuern ist demgegenüber zwingend nur von
Kapitalgesellschaften zu beachten. Dies schließt jedoch eine freiwillige und sinngemä-
ße Anwendung des § 274 HGB durch Personengesellschaften nicht aus. Da eine Renn-
rodel KG nur der Gewerbesteuer unterliegen würde, käme zur Berechnung der Steu-
erlatenz nur der Gewerbesteuersatz zur Anwendung. Beim Ansatz von latenten Steu-
ern würde die Steuerlatenz im Vergleich zur Kapitalgesellschaft auf
Da aber ein hohes Jahresergebnis ausgewiesen werden soll, macht die Rennrodel KG
von der sinngemäßen Anwendung des § 274 HGB keinen Gebrauch und verzichtet
auf den Ansatz passiver latenter Steuern.
Bei der Bewertung der Vorräte nach IFRS gilt ebenfalls das strenge Niederstwertprin-
zip. Das IFRS-Niederstwertprinzip stellt bei der Vergleichswertfindung auf den sog.
92
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Nettoveräußerungswert ab, der allerdings – im Gegensatz zum beizulegenden Wert
nach HGB – ausschließlich absatzmarktorientiert zu ermitteln ist. Der Nettoveräuße-
rungswert ist der geschätzte, im normalen Geschäftsgang erzielbare Verkaufserlös ab-
züglich der geschätzten Kosten bis zum Abgang des Vermögenswertes aus dem Un-
ternehmen. Falls der Nettoveräußerungswert höher ist als die Anschaffungskosten des
Endbestandes, können die Wertansätze für die „Swiss-Blitz“ nach HGB für die Erstel-
lung der Handelsbilanz II übernommen werden.
(1) Auch nach IFRS sind passive latente Steuern anzusetzen. Unterschiede bezüglich
der Höhe der Steuerlatenz existieren hier nicht. So sind in der Handelsbilanz II der
Rennrodel AG passive latente Steuern gem. e) in Höhe von 39.000 € anzusetzen.
(2) Bei der Erstellung der Handelsbilanz II muss die Rennrodel KG nach IFRS An-
satz- und Bewertungsanpassungen vornehmen. Da nach IFRS ein Ansatzgebot für la-
tente Steuern besteht, müssen die passiven latenten Steuern gem. e) in Höhe von
20.800 € angesetzt werden. Freilich müssten auch bei Einbeziehung der Rennrodel KG
in einen Konzernabschluss nach HGB wegen § 298 Abs. 1 HGB passive latente Steuern
angesetzt werden.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Bridge GmbH bekommt am 01.01.x1 den Auftrag, eine Talbrücke zu bauen. Der
Gesamterlös des Fertigungsauftrages, der zum Ende des Jahres x3 erfüllt werden soll
(Gefahrenübergang), beläuft sich laut Vertrag auf 500 Mio. €. Die sowohl nach HGB als
auch nach IFRS geschätzten Gesamtkosten des Auftrages betragen 380 Mio. €.
Diese verteilen sich ebenfalls nach HGB und IFRS voraussichtlich wie folgt:
93
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
im Jahr x1 – 10 %,
im Jahr x2 – 75 % und
im Jahr x3 – 15 %
Der Bereich Controlling der Bridge GmbH verfügt über eine mitlaufende Auftragskal-
kulation.
Aufgabenstellung:
b) Wie ist der vorliegende Sachverhalt nach HGB zu bilanzieren? Zeigen Sie, soweit
möglich, unter Angabe der Buchungssätze die betroffenen Bilanz- und GuV-
Posten (GuV nach Gesamtkostenverfahren).
c) Prüfen Sie, ob die Bridge GmbH bei der Erstellung eines IFRS-Abschlusses die
Percentage-of-Completion-Methode anwenden kann.
Lösung
94
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Daher ist die (Teil-)Gewinnrealisierung bei langfristiger Fertigung grundsätzlich nicht
erlaubt. Der Gesamtgewinn wird in dem Jahr ausgewiesen, in dem der Umsatzerlös
anfällt. Die in den Vorjahren angefallenen Herstellungskosten werden im Rahmen der
langfristigen Fertigung unter den unfertigen Erzeugnissen des Umlaufvermögens ak-
tiviert. Abweichend davon wird in der deutschen Literatur in Mindermeinung vertre-
ten, dass es unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 252 Abs. 2 HGB auch im HGB-
Abschluss zu einer (Teil-)Gewinnrealisierung kommen kann (siehe zu den unter-
schiedlichen Auffassungen Ellrodt/Brendt in Beck’scher Bilanzkommentar, 7. Aufl. 2010,
§ 255 HGB, Rz. 457 ff.).
Gemäß des Realisationsprinzips ergeben sich für den HGB-Abschluss folgende Bu-
chungssätze, die zu einem Gewinn von 120 Mio. € in x3 führen:
Jahr x1:
Jahr x2:
Jahr x3:
95
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
nymen Massenmarkt darstellt, liegt eindeutig ein Fertigungsauftrag vor. Unter öko-
nomischer Perspektive trägt die Bridge GmbH kein Abnahmerisiko für die Brücke.
Die Anwendung der PoC-Methode setzt ferner voraus, dass das Ergebnis eines Ferti-
gungsauftrages verlässlich zu schätzen ist. Im vorliegenden Sachverhalt handelt es
sich um einen Festpreisvertrag; somit müssen laut IAS 11.23 folgende Kriterien zur
verlässlichen Schätzung des Ergebnisses des Fertigungsauftrages erfüllt werden:
es ist wahrscheinlich, dass der wirtschaftliche Nutzen aus dem Vertrag dem Un-
ternehmen zufließt (= dass der Auftraggeber zahlt; entsprechende Bonität des
Auftraggebers wird hier unterstellt, da ansonsten ein Auftrag kaum angenom-
men werden würde);
sowohl die bis zur Fertigstellung des Auftrages noch anfallenden Kosten als
auch der Grad der erreichten Fertigstellung können am Bilanzstichtag verläss-
lich bewertet werden (Festlegung einer Methode zur Messung des Leistungsfort-
schritts und deren tatsächliche Anwendung, wird in d) gezeigt); und
die dem Vertrag zurechenbaren Kosten können eindeutig bestimmt werden (Fest-
stellung der periodisch angefallenen Herstellungskosten setzt mitlaufende Auf-
tragskalkulation, die lt. Aufgabenstellung vorhanden ist, voraus).
Gemäß dem Wortlaut des IAS 11.30 kann der Fertigstellungsgrad eines Auftrags an-
hand verschiedener Verfahren bestimmt werden. Dabei ist das Verfahren anzuwen-
den, mit dem die erbrachte Leistung verlässlich bewertet werden kann. In Betracht
kommen vor allem folgende Verfahren:
das Verhältnis der bis zum Stichtag angefallenen Leistung eines wesentlichen In-
putfaktors (z.B. Arbeitsstunden) zur am Stichtag geschätzten gesamten Leistung
dieses Inputfaktors (efforts-expended-method); oder
Aufgrund der vorliegenden Daten kommen sowohl die cost-to-cost-method als auch die
physical-observation-method in Betracht.
96
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Berechnungen und Bilanzierung anhand der cost-to-cost-method ergeben sich wie folgt:
Auffällig ist: Zeile 7 stimmt mit Zeile 4 überein, da der Fertigstellungsgrad (Zeile 5)
über das Verhältnis der Auftragskosten pro Periode (Zeile 4) durch Gesamtkosten
(Zeile 2) ermittelt worden ist. Dieser Gleichklang ist aber nur bei der cost-to-cost-method zu
beobachten, wie weiter unten die Berechnung nach der physical-observation-method zeigt.
Bei der Buchung nach IFRS ist abweichend zum HGB nicht etwa eine Bestandserhö-
hung (beim Gesamtkostenverfahren) oder Aufwandsminderung (beim Umsatzkosten-
verfahren), sondern gleich der Umsatz zu erfassen. Das „unfertige Erzeugnis“ wird
entsprechend als solches nicht ausgewiesen, sondern es entsteht eine Forderung, die
z.B. als Forderung aus Auftragsfertigung oder, wie hier, als Forderung aus PoC be-
zeichnet werden kann. IAS 11.42a spricht umständlich von „Fertigungsaufträge mit
aktivischem Saldo gegenüber Kunden“.
Während der Bauphase wird die positive Differenz der Vermögenswerte zur Steuerbi-
lanz (Forderung aus PoC – unfertiges Erzeugnis = 32 Mio. € in der ersten Periode und
analog 63 Mio. € in der zweiten Periode) bereits latent mit 30 % versteuert.
Wird die Abrechnung gegenüber dem Kunden erstellt – die Leistung also übergeben -,
ist die Forderung aus PoC auf Forderung aus Lieferung und Leistung umzubuchen. In
der Abrechungsperiode erfolgt die Versteuerung, so dass die Steuerlatenz aufzulösen
ist. Im Einzelnen:
97
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Jahr x1:
Jahr x2:
Jahr x3:
98
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Tabelle 2-26: Physical-observation-method in (Mio. €)
Jahr x1 x2 x3
1 Gesamter Auftragserlös 500 500 500
2 Gesamte Auftragskosten 380 380 380
3 Gesamtergebnis 120 120 120
4 Auftragskosten pro Periode 100 200 80
5 physikalische Leistung pro Periode 10 % 75 % 15 %
6 Ertrag pro Periode (1 x 5) 50 375 75
7 Aufwand pro Periode (2 x 5) 38 285 57
8 Ergebnis pro Periode (6 - 7) 12 90 18
Zeile 4 der obigen Tabelle enthält die entstandenen Auftragskosten pro Periode. In der
GuV werden jedoch nur die nach der physical-observation-method ermittelten Aufwen-
dungen (Zeile 7) erfasst. Entsprechendes gilt für den Ertrag (Zeile 6). Es ergeben sich
folgende Buchungssätze:
Jahr x1:
In der Steuerbilanz werden unfertige Erzeugnisse i.H.v. 100 Mio. € aktiviert, denen in
der IFRS-Bilanz Forderungen aus PoC von 112 Mio. € gegenüber stehen. Das Mehr-
vermögen von 12 Mio. € in der IFRS-Bilanz führt zu einem Ansatz passiver latenter
Steuern i.H.v. 3,6 Mio. € (= 12 Mio. € x 0,3).
Jahr x2:
99
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Per Saldo erhöhen sich die Forderungen aus PoC im Jahr x2 um 290 Mio. € (= 375 - 85),
während die Steuerbilanz lediglich einen Vermögensmehrwert bei den unfertigen Er-
zeugnissen i.H.v. 200 Mio. € verzeichnet. Somit ergeben sich bezogen auf die Differenz
von 90 Mio. € zusätzliche passive latente Steuern von 27 Mio. €.
Jahr x3:
an diverser Aufwand 23
Im Jahr x3 ergibt sich im IFRS-Abschluss nur noch ein Gewinn von 18 Mio. €, während
in der Steuerbilanz die vollen 120 Mio. € anfallen und die Bemessungsgrundlage der
Ertragsteuern erhöhen. Die Differenz von 102 Mio. € ist im IFRS-Abschluss bereits (la-
tent) versteuert worden. Diese Steuerlatenz ist nun aufzulösen.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Maulwurf GmbH erhält im Jahr x1 einen Fertigungsauftrag zum Bau eines
U-Bahn-Abschnitts zwischen der Hochschule Bochum und dem Kemnader Stausee.
Auftraggeber ist die Projekt Ruhr GbR. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 300
Mio. €. Für die Bauzeit werden 4 Jahre veranschlagt.
100
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Noch im Jahr x1 beginnt die Maulwurf GmbH mit dem Bau. Dabei fallen bis zum En-
de des Jahres Auftragskosten i.H.v. 30 Mio. € an. Das Projektcontrolling hält eine zu-
verlässige Schätzung der gesamten Kosten bis zur Fertigstellung noch nicht für mög-
lich, es wird aber auch nicht mit einem Verlust aus dem Auftrag gerechnet.
Im Jahr x2 leistet die Projekt Ruhr GbR eine Abschlagszahlung i.H.v. 100 Mio. €. Der
Baufortschritt in der Periode verursacht Auftragskosten von 90 Mio. €, und das Pro-
jektcontrolling schätzt die Gesamtkosten des Auftrags auf 290 Mio. €.
In x3 entscheidet sich die Projekt Ruhr GbR kurzfristig für den Einbau eines zusätzli-
chen Fahrstuhls in einer der U-Bahn-Stationen. Aufgrund der Vertragsänderung steigt
das Auftragsvolumen um 3 Mio. auf 303 Mio. €, während sich die geschätzten Ge-
samtkosten um 2 Mio. auf 292 Mio. € erhöhen. In dieser Periode fallen Auftragskosten
von 120 Mio. € an.
Nach der Fertigstellung im Jahr x4 erfolgen die Endabnahme und Abrechnung des
Projektes. Vertragsgemäß waren noch 203 Mio. € zu zahlen; die Zahlung geht bis Jah-
resende bei der Maulwurf GmbH ein. Es stellt sich jedoch heraus, dass die tatsächlich
angefallenen Gesamtkosten die geschätzten Gesamtkosten um 4 Mio. € übersteigen.
Die Auftragskosten der Periode belaufen sich somit auf 56 Mio. €, und insgesamt sind
Auftragskosten i.H.v. 296 Mio. € angefallen.
Aufgabenstellung
101
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-27: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Aufgabenblatt
x1 x2 x3 x4
1 Ursprünglich vereinbarte Auftragserlöse
1a Abweichung
2 Gesamterlöse (1 + 1a)
3 Ursprünglich geschätzte Auftragskosten
3a Abweichung
3b Abweichung Schlussfeststellung
4 geschätzte Gesamtkosten (3 + 3a + 3b)
5 Geschätzter Gesamterfolg (2 - 4)
6 Auftragskosten der Periode (= Aufwand)
7 Auftragskosten kumuliert (= Aufwand)
8 Fertigstellungsgrad kumuliert in % (7 / 4)
9 Erträge kumuliert (2 x 8)
10 Ertrag der Periode
11 Erfolg der Periode (10 - 6)
12 Erfolg kumuliert
Lösung
102
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Buchung x1:
Abweichend von Aufgabe 2.4.3 „Bridge GmbH“ können an dieser Stelle die Perioden-
erlöse nicht anhand des Fertigstellungsgrades der jeweiligen Periode ermittelt werden,
da in der ersten Periode die Auftragserlöse aufgrund des nicht bestimmbaren Fertig-
stellungsgrades nur in Höhe der angefallenen Kosten ausgewiesen wurden. Daher ist
auf die kumulierten Werte abzustellen, von denen die jeweiligen Vorperioden abgezo-
gen werden müssen. So ist auch in den Folgeperioden vorzugehen.
Darüber hinaus ist im Jahr x3 die Abschlagszahlung über 100 Mio. € zu berücksichti-
gen, die gem. IAS 11.43 mit den Forderungen aus PoC verrechnet wird (vgl. IDW RS
HFA 2, Tz. 17).
Buchung x3:
Es kommt zu einem aktiven Saldo auf dem Konto „Forderungen aus PoC“ von 24
Mio. € (30 Mio. € aus x5 + 94 Mio. € - 100 Mio. € aus x2).
Sobald sich die Grundlage der ursprünglichen Schätzung ändert, sind gem. IAS 11.34
Anpassungen vorzunehmen. Dann muss auf Basis der veränderten Daten neu kalku-
liert werden. Die Vertragsänderung in x3 erfüllt diesen Abweichungstatbestand (IAS
11.13), so dass bei den Berechnungen ab x3 geschätzte Gesamtkosten von 292 Mio. €
103
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
sowie Gesamterlöse von 303 Mio. € zu berücksichtigen sind. Der Fertigstellungsgrad
in x3 beträgt 82,2 % (= kumulierte Auftragskosten 240 Mio. € / geschätzte Gesamtkos-
ten 292 Mio. €). Der kumulierte Erlös beträgt 249 Mio. € (= 303 Mio. € x 82,2 %), von
dem die Erlöse der Vorperioden (124 Mio. €) abzuziehen sind, um die Umsatzerlöse
aus x3 zu ermitteln:
Buchung x3:
Bei den Abschlussarbeiten in x4 wird festgestellt, dass sich die tatsächlichen Kosten
auf insgesamt 296 Mio. € belaufen und daher nur ein Gesamtgewinn von 7 Mio. € er-
zielt wird (= 303 Mio. € - 296 Mio. €). Es handelt sich um eine Schätzungsänderung,
die in der letzten Periode wie folgt „automatisch“ berücksichtigt wird: Der in den
Vorperioden bereits erfasste kumulierte Erfolg von 9 Mio. € muss durch einen Verlust
von 2 Mio. € in x4 gemindert werden. Weil der Auftrag abgewickelt ist (100 %), und al-
le Daten fest stehen (es muss nicht mehr mit geschätzten Werten gerechnet werden),
sind von den Gesamterlösen die der Vorperioden abzuziehen, um die Umsatzerlöse in
x4 zu ermitteln; dasselbe gilt analog für die Aufwendungen. Schließlich wird in x4 nach
Erstellung der Abrechnung der verbliebene Rechnungsbetrag (203 Mio. €) beglichen.
Buchung x4:
104
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Die einzelnen Berechnungsschritte werden in nachfolgender Tabelle zusammengefasst.
105
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Buchung x3:
Da der Gesamtverlust i.H.v. 5 Mio. € bereits im Vorjahr realisiert worden ist, werden in
x4 Auftragserlöse in Höhe der in der Periode angefallenen Kosten berücksichtigt.
Buchung x4:
Konto € Konto €
106
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
2.5 Finanzielle Vermögenswerte und
Verbindlichkeiten
2.5.1 Bewertungskonzeption finanzieller Vermögenswerte
– Heuschrecke AG
Rechtsquelle: IAS 39
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Aufgabenstellung
b) Kategorisieren Sie die folgenden Sachverhalte. Sollte Ihnen eine eindeutige Zu-
ordnung nicht möglich sein, nennen Sie die noch fehlenden Informationen. Zei-
gen Sie, falls möglich, die materiellen Bewertungsfolgen für den 31.12.x1 auf und
geben Sie die Buchungssätze an.
(1) Im Oktober x1 hat die Heuschrecke AG 20.000 Aktien der Rote Erde AG, ei-
nem börsennotierten Fußballclub der 1. Liga, für 2 €/Stück erworben. In der
Hoffnung auf eine positive sportliche Entwicklung des Clubs will man die
Aktien am Saisonende im Mai x2 veräußern. Nach einer völlig verkorksten
Hinrunde steht Rote Erde jedoch auf dem 17. Tabellenplatz, und die Aktie
notiert am Jahresende mit 1,20 €/Stück.
(2) Im Frühjahr x1 ist eine Beteiligung von 5 % an der Windrad GmbH für
300 T€ erworben worden, die langfristig gehalten werden soll.
(3) Für 500 T€ hat sich die Heuschrecke AG im Sommer x1 an der Neuemission
einer 10-jährigen börsennotierten Industrieanleihe der Ferro AG beteiligt, die
zu einem Kurs von 100 % platziert worden ist. Man kann und will die Anlei-
he bis zur Endfälligkeit halten. Weil der Marktzinssatz gestiegen ist, beträgt
der Kurswert der Anleihen am Bilanzstichtag nur noch 470 T€.
107
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
c) Wie sind die Aktien der Rote Erde AG im Abschluss x2 zu kategorisieren und zu
bewerten, wenn die Heuschrecke AG die Aktien nicht verkauft hat und der Kurs
am Bilanzstichtag 2,20 €/Aktie beträgt? Geben Sie den Buchungssatz an!
d) In x2 sind die Marktzinssätze wieder gesunken, der Kurs der Industrieanleihe der
Ferro AG hat sich entsprechend erholt. Daraufhin veräußert die Heuschrecke AG
die Anleihen. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Kategorisierung
finanzieller Vermögenswerte bei der Heuschrecke AG in den kommenden Jah-
ren? Ist für ihre Antwort wichtig, ob die Heuschrecke AG zum Verkaufszeitpunkt
weitere Anleihen gehalten hat?
Lösung
Für die Zuordnung in eine der vier Kategorien bestehen Wahlrechte und Ermessens-
spielräume. Sollten sich nach der Einbuchung eines finanziellen Vermögenswertes für
diesen marktinduzierte Fair Value-Schwankungen ergeben, könnten diese vom Mana-
gement mit Wirkung auf Jahresergebnis und/ oder Eigenkapital ausgenutzt bzw. ver-
mieden werden, falls die Zuordnungsentscheidung erst nach der Einbuchung zulässig
wäre. Daher muss die Zuordnung bei Einbuchung vorgenommen werden. Technisch
geschieht dies durch Dokumentation in der Buchführung, also durch entsprechende
Kontierung.
108
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
Bis zum Bilanzstichtag ist ein Bewertungsverlust von 0,80 €/Aktie, in der Summe also
16 T€ aufgelaufen. Dieser ist erfolgswirksam als Aufwand zu erfassen:
Konto T€ Konto T€
(2) Einen dem § 271 Abs. 1 HGB analogen Beteiligungsbegriff – die Herstellung einer
dauernden Verbindung – kennen die IFRS nicht. Allerdings sollen die Anteile an der
Windrad GmbH langfristig gehalten werden, so dass Spekulationsabsicht nicht be-
steht. Somit kommt die Zuordnung zum Handelsbestand (held for trading) nicht in Be-
tracht. Zu prüfen wäre jedoch, ob eine Zuordnung zur Kategorie at Fair Value through
profit or loss freiwillig über die sog. Fair Value Option möglich ist. Die Anwendung der
Fair Value Option ist jedoch an Bedingungen geknüpft:
Es wird im Hinblick auf Bewertung und/ oder das Jahresergebnis ein accounting
mismatch beseitigt oder erheblich verringert,
es handelt sich um ein strukturiertes Produkt, bei dem – ohne freiwillige Fair Va-
lue-Bewertung – das Derivat hätte abgespalten werden müssen (IAS 39.11A).
Der letzte Fall kann hier sicher ausgeschlossen werden, und über die ersten beiden
Punkte liegen keine Informationen vor. Daher wird die Anwendung der Fair Value
Option und damit die Zuordnung in die Kategorie at Fair Value through profit or loss
hier nicht weiter verfolgt.
Nach diesem Prüfschritt hat das Management der Heuschrecke AG ein weiteres Wahl-
recht: Jeder finanzielle Vermögenswert – mit Ausnahme des Handelsbestands held-for-
trading – kann freiwillig der Kategorie available-for-sale zugeordnet werden. Die Zu-
ordnungsentscheidung auf Basis dieses Wahlrechts kann einzeln getroffen werden.
Was aber ist, wenn die Heuschrecke AG von diesem Wahlrecht kein Gebrauch macht?
Dann bleiben zwei weitere Kategorien.
Die Kategorien held-to-maturity sowie loans and receivables setzen für das Finanzinstru-
ment jeweils feste oder bestimmbare Zahlungen voraus. Der aus gehaltenen Eigenka-
pitaltiteln möglicherweise fließende Zahlungsstrom ist aber im Vorhinein niemals fest
oder auch nur bestimmbar. Daher scheidet auch eine Zuordnung in eine dieser beiden
Kategorien aus, so dass dann doch nur noch available-for-sale verbleibt. Die Kategorie
nimmt nämlich nicht nur auf Basis des oben genannten Wahlrechts finanzielle Vermö-
genswerte auf, sondern auch alle jene, die in keine der anderen Kategorien zugeordnet
werden können; es handelt sich bei dieser Kategorie letztlich um eine Restkategorie.
Daher müssen die Anteile der Windrad GmbH hier zugeordnet werden.
109
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Eigenkapitaltitel der Kategorie available-for-sale sind zum Fair Value zu bewerten; im
Unterschied aber zu at Fair Value through profit or loss erfolgt die Gegenbuchung nicht
in der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern in einer Neubewertungsrücklage un-
mittelbar im Eigenkapital. Freilich setzt dies voraus, dass der Fair Value bestimmbar
ist. Sollten Eigenkapitaltitel nicht auf einem aktiven Markt gehandelt werden – das
trifft auf Anteile an einer GmbH zu – und der Fair Value auch sonst nicht ermittelt
werden können, so bleibt es (ausnahmsweise) auch innerhalb dieser Kategorie bei ei-
ner Bewertung zu Anschaffungskosten (IAS 39.46c). Die Fair Value-Ermittlung für
(nicht notierte) Anteile setzt letztlich eine Unternehmensbewertung voraus. Dazu sind
eine Vielzahl von Informationen erforderlich (Prognoserechnungen, Zinssätze, ggf.
Vergleichswerte), über deren Existenz die Aufgabenstellung nichts aussagt. Daher
werden die Anteile an der Windrad GmbH unverändert mit 300 T€ angesetzt.
(3) Bezüglich der Industrieanleihe der Ferro AG besteht seitens der Heuschrecke AG
offensichtlich keine kurzfristige Spekulationsabsicht, so dass eine erfolgswirksame
Fair Value-Bewertung nur möglich wäre, wenn die Bedingungen der Fair Value Opti-
on vorlägen. Im Übrigen wäre, ohne Erfüllung von Bedingungen, auch die Zuordnung
zu available-for-sale möglich. Es kann insoweit auf die Lösung zu (2) verwiesen werden.
Was gilt aber, wenn von diesen Wahlrechten kein Gebrauch gemacht wird?
Industrieanleihen weisen feste (bei festen Zinsen) oder bestimmbare (bei variablen
Zinsen) Zahlungen auf. Die Zuordnung in loans and receivables ist jedoch nur für finan-
zielle Vermögenswerte zulässig, die nicht auf einem aktiven Markt gehandelt werden.
Die Industrieanleihe ist aber börsennotiert und wird daher auf einem aktiven Markt
gehandelt. Damit bleibt nur die Kategorie held-to-maturity, soweit die Heuschrecke AG
die Anleihe bis zur Endfälligkeit halten kann und will. Kann diese Fähigkeit und Ab-
sicht nicht dargelegt werden (oder wird sie bewusst nicht dargelegt), käme letztlich
wieder die Restkategorie available-for-sale zum Zuge. Im vorliegenden Fall sind aber
Haltefähigkeit und –absicht gegeben und sollen auch als entsprechend dargelegt gel-
ten; die Anleihe wird also der Kategorie held-to-maturity zugeordnet. Die Folge ist, dass
Fair Value-Schwankungen unbeachtlich bleiben, da man solche Schwankungen bis
zum Rückzahlungszeitpunkt „aussitzen“ will. Der Kursrückgang kommt bilanziell
nicht zum Ausdruck, die Anleihe bleibt mit 500 T€ aktiviert.
110
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
Der Kurs der Aktie ist gegenüber dem letzten Bilanzstichtag um 1 € gestiegen und
liegt jetzt mit 2,20 € auch über dem Kurs des Erwerbs der Aktie. Die Aktien sind mit
2,20 €/Stück und damit höher als die ursprünglichen Anschaffungskosten zu bewerten.
Konto T€ Konto T€
Zu beurteilen ist demnach, ob die Industrieanleihe der Ferro AG ein wesentlicher Teil
des Bestands der Kategorie war. Insoweit es die einzigen Anleihen waren, sind sie
selbstverständlich wesentlich gewesen. Unwesentlichkeit kann bei einem Wertbestand
von ca. 10 % bis 15 % angenommen werden.
Die oben skizzierten Rechtsfolgen werden nicht ausgelöst, wenn die Veräußerung nahe
am Endfälligkeitstag lag oder der Grund der Veräußerung außerhalb der Kontrolle der
Heuschrecke AG lag (z.B. Bonitätsverschlechterung bei der Ferro AG). Beide Voraus-
setzungen lagen laut Sachverhalt nicht vor.
Hinweis: Im November 2009 hat das IASB den Standard IFRS 9 Financial Instruments
veröffentlicht (s. Aufgabe 1.2.2). Der Standard ersetzt Teile des bisherigen IAS 39 und
ist anzuwenden für Berichtsperioden, die am oder nach dem 01.01.2013 (!) beginnen;
eine frühere Anwendung ist zulässig (IFRS 9.8.1.1). Im Juni 2011 ist die IASB-
Entscheidung zur Verabschiedung weiterer Standards bzw. Ergänzungen an IFRS 9
vorgesehen, und zwar zum Hedge-Accounting, Impairment und zur Saldierung von
Finanzinstrumenten. Damit soll insgesamt das Thema Finanzinstrumente in den IFRS
neu geregelt werden. Die EU-Kommission wird sich erst nach Abschluss des Gesamt-
projekts mit der Übernahme der Neuregelungen in europäisches Recht beschäftigen.
111
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.5.2 Einbuchung finanzieller Vermögenswerte zum Fair
Value – Naturholz GmbH
Rechtsquelle: IAS 18, IAS 39
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
(1) Die Büroräume des Tabakverbandes in Berlin wurden mit hochwertigen engli-
schen Ledersesseln neu ausgestattet. Der Rechnungsbetrag von 100 T€ ist erst in 2
Jahren zahlbar.
(2) Die Teakholz KG, ein Lieferant der Naturholz GmbH, ist vorübergehend in Li-
quiditätsschwierigkeiten geraten. Daraufhin reicht die Naturholz GmbH ein auf 2
Jahre befristetes, zinsloses Darlehen über 100 T€ aus.
Aufgabenstellung
Buchen Sie die beiden Geschäftsvorfälle im IFRS-Abschluss der Naturholz GmbH ein
und skizzieren Sie die Folgebewertung.
Lösung
(1) Der Ertrag aus einer Lieferung ist mit dem Fair Value der Gegenleistung anzuset-
zen (IAS 18.11). Da der Rechnungsbetrag von 100 T€ erst in zwei Jahren gezahlt wird,
ist die Gegenleistung zum Umsatzzeitpunkt das Barpreisäquivalent; die 100 T€ sind
demnach über zwei Jahre mit 6 % p.a. zu diskontieren. Ohne das vereinbarte Zah-
lungsziel hätte der Tabakverband bei Lieferung 89 T€ zahlen müssen. Der Umsatz ist
wie folgt einzubuchen:
Konto T€ Konto T€
112
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
In den beiden Folgeperioden ist die Forderung zugunsten Zinsertrag um 6 % p.a. auf-
zuzinsen; bei Fälligkeit ergibt sich dann ein Betrag von 100 T€. Auf diese Weise wird
das Sachleistungsgeschäft vom Finanzierungsgeschäft getrennt.
(2) Die Darlehensvergabe unterliegt als Finanztransaktion dem IAS 39. Auch hier gilt,
dass die Forderung zum Fair Value anzusetzen ist. Der Marktpreis der Forderung be-
trägt bei Darlehensvergabe aber nicht 100 T€, weil jeder andere Kreditgeber den Kredit
nicht zinslos, sondern mit 6 % p.a. verzinst ausgereicht hätte. Folglich darf die Forde-
rung nur zu ihrem Barwert von 89 T€ angesetzt werden, obwohl 100 T€ ausgezahlt
worden sind. Die Differenz (11 T€) stellt entweder Aufwand dar, oder sie ist als Ver-
mögenswert zu aktivieren, falls die Naturholz GmbH eine aktivierungsfähige Gegen-
leistung erhalten hat (IAS 39.AG64). Das ist hier nicht der Fall; das zinslose Darlehen
wurde in der Hoffnung ausgereicht, das Überleben der Teakholz KG zu sichern. Damit
entsteht der Naturholz GmbH ein sog. one-day-loss.
Konto T€ Konto T€
Darlehensforderung 89
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Schlaufuchs AG erwägt zum 31.12.x0 die Emission einer Anleihe mit einem Nenn-
wert von 100 Mio. € und einer Laufzeit von fünf Jahren. Die Anleihe soll mit einem
Kupon von 4 % p.a. ausgestattet werden. Der Finanzleiter der Schlaufuchs AG ist sich
jedoch nicht sicher, mit welchem Ausgabekurs er die Anleihe platzieren soll.
113
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Aufgabenstellung
c) Nehmen Sie an, die Rendite vergleichbarer Anleihen sei 6 % p.a. Legen Sie auf
Basis dieser Information den Ausgabekurs fest. Entsteht ein Disagio?
d) Buchen Sie den Emissionserlös und die Anleihe bei der Schlaufuchs AG ein und
zeigen Sie die bilanziellen Konsequenzen auch für die Folgejahre. Gehen Sie da-
von aus, dass keine Nebenkosten bei der Anleiheemission entstehen. Tragen Sie
die Werte in nachfolgender Tabelle ein.
Tabelle 2-31: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Aufgabenblatt
Jahr Buchwert Jahresbeginn Zinsaufwand Zinszahlung Buchwert Jahresende
(A) (B) = (A) x 0,06 (C) (D) = (A) + (B) - (C)
x1
x2
x3
x4
x5
Lösung
114
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
Abbildung 2-1: Auszahlungsstrom Anleihe: Zinsen und Rückzahlung
104,0
Jahr
0 1 2 3 4 5
Emissionserlös noch
nicht festgelegt
Laufzeit.
Der Investor trägt das Risiko, dass der Emittent seinen Zahlungsverpflichtungen nicht
nachkommt. Daher sind Rendite und Risiko positiv korreliert. Ein Investor wird zum
Kauf eines riskanten Wertpapiers nur bereit sein, wenn dieses eine höhere Rendite
verspricht als eine vergleichsweise sichere Investition. Umgekehrt gilt: Hat ein Inves-
tor die Wahl zwischen mehreren Investitionen vergleichbaren Risikos, dann werden
sich in aktiven Märkten auch die Renditen dieser Investitionen gleichen.
115
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Ausgabepreis. Dieser beträgt 91,58 Mio. €. Das Disagio von 8,42 Mio. € entspricht der
Zinsdifferenz von 2 % über 5 Jahre.
In der Terminologie des IAS 39 werden die 6 % als Effektivzins bezeichnet. Es handelt
sich hierbei um den internen Zinsfuss, also jener Zins, bei dem der Kapitalwert einer
Investition den Wert „0“ annimmt.
In den Folgeperioden ermittelt sich der Zinsaufwand durch Aufzinsung des alten
Buchwerts mit der Marktrendite von 6 % p.a. Da aber jährlich nur 4 Mio. € Zinsen ge-
zahlt werden, erhöht sich der Buchwert der Anleiheverbindlichkeit in jedem Jahr, bis
er den Betrag von 100 Mio. € erreicht hat. Die bilanziellen Konsequenzen fasst die
nachfolgende Tabelle zusammen.
Tabelle 2-32: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Lösung
Jahr Buchwert Jahresbeginn Zinsaufwand Zinszahlung Buchwert Jahresende
(A) (B) = (A) x 0,06 (C) (D) = (A) + (B) - (C)
2008 91,58 5,49 4 93,07
2009 93,07 5,58 4 94,65
2010 94,65 5,68 4 96,33
2011 96,33 5,78 4 98,11
2012 98,11 5,89 4 100
116
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
2.6 Rückstellungen
2.6.1 Ansatz sonstiger Rückstellungen – Alleskönner
Konzern
Rechtsquelle: IAS 37
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Der Leiter Finanz- und Rechnungswesen des stark diversifizierten Alleskönner Kon-
zerns ist sich unsicher, ob bestimmte Sachverhalte zum 31.12.x1 nach IAS 37 als Rück-
stellung zu passivieren sind.
Aufgabenstellung
a) Skizzieren Sie kurz die Ansatzvoraussetzungen für Rückstellungen i.S.v. IAS 37.
b) Prüfen Sie, ob der Alleskönner Konzern für die folgenden Sachverhalte im IFRS-
Abschluss x1 Rückstellungen ansetzen muss.
(3) Aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung hätte die Alleskönner Bau GmbH
am 31.12.x1 noch auf dem Betriebsgelände lagernde Gefahrenstoffe, die
schon den Platz versperren, längst entsorgen müssen.
(5) Die Alleskönner Maschbau GmbH wickelt auf einer Fertigungsanlage Auf-
träge ab, die so knapp kalkuliert sind, dass die Abschreibung der Anlage
nicht verdient werden kann und aus den Aufträgen entsprechende Verluste
entstehen.
117
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Lösung
Begriffsnotwendig kann eine Verpflichtung nur gegenüber Dritten bestehen; die ge-
naue Kenntnis der Partei ist nicht erforderlich, so dass auch öffentlich-rechtliche Ver-
pflichtungen gegenüber der Allgemeinheit ausreichend sind (IAS 37.20). Der Ansatz
von Aufwandsrückstellungen für Innenverpflichtungen kommt nicht in Betracht.
Subjektiv – oder bei einer Vielzahl gleichartiger Verpflichtungen durch Statistiken un-
terlegt – müssen mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme sprechen. Die For-
derung nach zuverlässiger Bewertbarkeit schließlich entspricht dem allgemeinen An-
satzkriterium für Schulden gem. dem Framework.
(3) Gefahrenstoffe: Die Beseitigung der Gefahrenstoffe schafft hier kein künftiges
Nutzenpotential. Die Existenz der Stoffe ist durch den Betrieb in der Vergangenheit
118
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
bedingt; zugleich liegt eine behördliche Auflage und damit eine Außenverpflichtung
vor. Fraglich könnte sein, ob die Rückstellungsbildung aber deshalb unterbleiben
muss, weil das Aufräumen des Betriebsgeländes zugleich aufgrund betrieblicher Not-
wendigkeit (z.B. aus Platzgründen) erforderlich ist und daher auch eine Innenver-
pflichtung vorliegt. Wird eine Innenverpflichtung jedoch von einer Außenverpflich-
tung überlagert, hat die Außenverpflichtung Vorrang und ist nach IAS 37 zu passivie-
ren. Dass dies auch anders gesehen werden kann, zeigt das (zu recht umstrittene)
BFH-Urteil vom 08.11.2000 (BStBl. 2001, S. 566), mit dem steuerlich eine Rückstellungs-
bildung abgelehnt wurde.
(4) Kulanz: Sog. faktische Verpflichtungen (constructive obligation, IAS 37.10) liegen
vor, wenn das Unternehmen in der Vergangenheit (IAS 37.17b) durch Ankündigungen
oder Handlungen bei Dritten auch ohne rechtliche Verpflichtung die berechtigte Erwar-
tung geweckt hat, bestimmte Leistungen zu erbringen. Beispiele sind – wie hier -
Kulanzleistungen, aber auch Umstrukturierungen oder freiwillige Umweltschutz-
maßnahmen.
(5) Verlustaufträge: Gemäß IAS 37.69 ist vor Rückstellungsbildung, hier für drohende
Verluste aus schwebenden Geschäften, zunächst zu prüfen, ob ein Wertminderungs-
aufwand für Vermögenswerte, die mit dem Vertrag verbunden sind, gem. IAS 36 zu
erfassen ist. Daher ist die Fertigungsanlage vorrangig außerplanmäßig abzuwerten.
Erst wenn der Buchwert der Anlage nach außerplanmäßiger Abschreibung „null“ er-
reicht hat und immer noch ein Verlust droht, ist eine Rückstellung zu bilden.
119
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.6.2 Restrukturierungsrückstellungen – Hire and Fire AG
Rechtsquelle: IAS 19, IAS 37
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Aufgabenstellung
c) Prüfen Sie, ob für die genannten Bestandteile der Sanierungsmaßnahme der Hire
and Fire AG Restrukturierungsrückstellungen gebildet werden können. Sind ne-
ben IAS 37 auch andere Standards zu beachten?
120
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
d) Nehmen Sie an, die Schließung der Vertriebsbüros (3) sei nicht Bestandteil einer
Restrukturierungsmaßnahme. Welches Ereignis wäre dann Voraussetzung für
den Ansatz von Rückstellungen für Verpflichtungsüberhänge?
Lösung
b) Besondere Ansatzvoraussetzungen
Restrukturierungsrückstellungen sind grundsätzlich ein Anwendungsfall der fakti-
schen Verpflichtungen. Die Vermögensbelastung der Hire and Fire AG wird von die-
ser selbst herbeigeführt, es besteht schließlich keine rechtliche oder vertragliche Ver-
pflichtung, eine Sanierungsmaßnahme durchzuführen (siehe auch Lösung Aufgabe
2.6.1 b4). Zur Verhinderung von Gestaltungsmissbrauch (Ergebnisglättungen) und zur
Objektivierung der Unentziehbarkeit der beschlossenen Maßnahmen sieht IAS 37.72
als Ansatzvoraussetzung einen detaillierter Restrukturierungsplan vor.
Vor allem muss gegenüber den Betroffenen klar gemacht worden sein, dass die Maß-
nahme auch durchgeführt werden wird: Die bloße Pressemitteilung, dass innerhalb
von drei Jahren sehr wahrscheinlich 1.000 Mitarbeiter entlassen werden müssen, ohne
aber einzelne Standorte zu nennen, rechtfertigt keine Rückstellung. Zum einen ist den
Mitarbeitern nicht klar, dass gerade sie betroffen sein könnten. Zum anderen macht
der lange Zeitraum von drei Jahren Planänderungen wahrscheinlich.
Andererseits ist nicht erforderlich, dass jeder potentiell betroffene Mitarbeiter indivi-
duell informiert wird. Die Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter vor dem Stichtag
ist ausreichend (IAS 37.73).
121
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(2) Rückstellungsfähig sind nur solche Aufwendungen, die nicht mit der Fortsetzung
der Unternehmenstätigkeit im Zusammenhang stehen (IAS 37.80). Damit können
Kosten der künftigen Geschäftstätigkeit (Umschulungen) nicht zurückgestellt werden.
Auf der anderen Seite sind jedoch Gehälter jener Mitarbeiter oder die Aufwendungen
für Beratungsunternehmen, die die Restrukturierung durchführen, rückstellungsfähig.
(4) Die noch nicht gezahlten Beratungskosten für die Fa. McConsulting sind als sog.
accruals – im Übrigen unabhängig vom Restrukturierungsplan, da bereits unentziehbar
entstanden – passivierungspflichtig. Accruals (abgegrenzte Schulden) unterscheiden
sich von den provisions (Rückstellungen) vor allem dahingehend, dass die Restunsi-
cherheiten hinsichtlich der Schätzung der Fälligkeit und Höhe so gering sind, dass ihr
Ausweis unter Verbindlichkeiten sachgerecht ist (IAS 37.11).
122
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
2.6.3 Pauschalrückstellungen und Rückstellungsbewertung
– Weiße Ware AG
Rechtsquelle: IAS 37
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Weiße Ware AG, Hersteller von Waschmaschinen und Kühlschränken, hat für
mögliche Garantiefälle bei einigen größeren Absatzgeschäften im IFRS-Abschluss x1
bereits Einzelrückstellungen gebildet. Daneben weist der Vertriebsleiter darauf hin,
dass die Bearbeitung von anderen kleineren Garantiefällen ca. 10 % der Arbeitszeit in
Anspruch nehme, die Entwicklungsabteilung zu einem gewissen Anteil mit der Feh-
lersuche betraut sei und die Warenannahme und der Versand ebenfalls durch Rücklie-
ferungen in Anspruch genommen werden. In alten HGB-Zeiten sei hierfür eine Pau-
schalgarantierückstellung gebildet worden, die sich nach den Verhältnissen am
31.12.x1 auf 2 Mio. € belaufen würde. Der Leiter Finanz- und Rechnungswesen hat
demgegenüber gehört, dass Pauschalgarantierückstellungen nach IFRS nicht gebildet
werden dürften.
Aufgabenstellung
Welche der beiden Meinungen ist zutreffend? Kann oder muss auch im IFRS-
Abschluss eine Rückstellung i.H.v. 2 Mio. € angesetzt werden?
Lösung
Zur Bewertung von Verpflichtungen sieht IAS 37.37 den an einen Dritten zu zahlen-
den Ablösebetrag als bestmögliche Schätzung an. Ein Dritter würde die Leistung nur
unter Aufwendung von Einzel- und verpflichtungsbezogenen Gemeinkosten abwi-
ckeln können. Daher ist zur Bewertung von Sachleistungsverpflichtungen der Vollkos-
tenansatz des IAS 2, also die Berücksichtigung von Einzel– und Gemeinkosten, ein-
schlägig. Die vom Vertriebsleiter genannten anteiligen Aufwendungen der Vertriebs-
abteilung, Warenannahme und Entwicklungsabteilung sind daher Basis der
Rückstellungsbildung, so dass diese in Höhe von 2 Mio. € anzusetzen ist.
123
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.6.4 Pensionsverpflichtungen – Witwen und Waisen AG
Rechtsquelle: IAS 19
Lernziele: Verständnis für die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IAS 19;
Würdigung von Pensionsgutachten; Entstehung und Abbildung sog. versicherungs-
mathematischer Gewinne und Verluste; Auswirkung auf Ergebnis und Eigenkapital;
Bilanzpolitik
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Im Jahr x2 liegen die tatsächlichen Pensionszahlungen (240 T€) unter den am 31.12.x1
für x2 erwarteten Zahlungen (270 T€), da ein pensionsberechtigter Mitarbeiter überra-
schend am 01.01.x2 gestorben ist und die jährliche Pension von 30 T€ in x2 nicht mehr
gezahlt wurde. Auf den Mitarbeiter entfiel am 31.12.x1 eine Pensionsverpflichtung von
210 T€.
Bisher hat die Witwen und Waisen AG zur Abbildung von Pensionsverpflichtungen
die sog. Korridor-Methode angewendet. Der Leiter Finanz- und Rechnungswesen
fragt sich, wie er aus den Gutachten die für die Bilanzierung zum 31.12.x2 relevanten
Daten ableiten soll und wie die Pensionsrückstellung und der Pensionsaufwand aus-
zuweisen sind. Außerdem möchte er wissen, welche Bilanzierungsalternativen neben
der Korridor-Methode bestehen und welche Vor- und Nachteile diese haben.
124
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
Tabelle 2-33: Angaben aus den Pensionsgutachten (in T€)
Gutachten zum
Angaben
31.12.x1 31.12.x2
Pensionsverpflichtung 31.12.x1/ x2 (Ist) 3.000 3.300
für das Folgejahr geschätzte Dienstzeitkosten 200 250
für das Folgejahr geschätzte Zinskosten 120 116
für das Folgejahr geschätzte Pensionszahlungen - 270 - 300
Pensionsverpflichtung 31.12.x2/ x3 (erwartet) 3.050 3.366
Planvermögen 31.12.x1/ x2 (Ist) 1.000 900
für das Folgejahr geschätzte Erträge 100 80
für das Folgejahr geschätzte Zahlungen - 50 - 70
Planvermögen 31.12.x2/ x3 (erwartet) 1.050 910
Dienstzeitkosten (geschätzt im Vorjahrsgutachten) 200 250
Zinskosten (geschätzt im Vorjahrsgutachten) 120 116
Amortisation versicherungsmathematischer Verluste 20 58
Abzg. Erträge aus Planvermögen (geschätzt im Vorjahrsgut-
- 100 - 80
achten)
Pensionsaufwendungen x2/ x3 240 344
Pensionsverpflichtung 31.12.x1 bzw. x2 (Ist) 3.000 3.300
Planvermögen 31.12.x1 bzw. x2 (Ist) - 1.000 - 900
Finanzierungsstatus 31.12.x1/ x2 2.000 2.400
versicherungsmathematische Verluste 31.12.x1/ x2 -500 - 850
Nettorückstellung 31.12.x1 bzw. x2 1.500 1.550
Aufgabenstellung
125
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
c) Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen den einzelnen Komponenten (Pensi-
onsverpflichtung, Planvermögen, Aufwendungen, Erträge, versicherungsmathe-
matische Verluste und der Netto-Pensionsrückstellung lt. Bilanz) des Gutachtens,
soweit sie bei Anwendung der Korridormethode im Abschluss x2 von Bedeutung
sind. Verwenden Sie hierzu das folgende Schema (sog. Pensionenspiegel) und
tragen Sie die relevanten Daten aus den Gutachten ein. Beachten Sie, dass das
Planvermögen mit der Pensionsverpflichtung saldiert und daher abgezogen wird
(negatives Vorzeichen). Die Tilgung versicherungsmathematischer Verluste ist
bereits eingetragen. Wieso beläuft sich deren Wert auf 20 T€?
A B C D
126
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
f) Stellen Sie die Entwicklung der Pensionsverpflichtung bei erfolgsneutraler Ver-
rechnung der versicherungsmathematischen Verluste unter Verwendung des
nachfolgend abgebildeten Pensionenspiegels dar.
A B C
Lösung
127
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bewertungsparameter: Nach IAS 19 sind künftig erwartete Nominalbeträge (inklusive
Gehalts- und Rententrends sowie Karrieretrends) mit einem aktuellen Diskontierungs-
satz für erstrangige, festverzinsliche Industrieanleihen abzuzinsen (IAS 19.78).
Gemäß § 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Rückstellungen mit ihrem Erfüllungsbetrag zu be-
werten, d.h. künftige Gehalts- und Rententrends sind zu erfassen. Das gilt nach Auf-
fassung des IDW auch für den Karrieretrend (vgl. IDW RS HFA 30, Rz. 54). Nach § 253
Abs. 2 S. 1f. HGB sind Pensionsrückstellungen entweder (a) mit dem durchschnittli-
chen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre oder (b) mit dem durch-
schnittlichen Marktzinssatz abzuzinsen, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit
von 15 Jahren ergibt. Beide Zinssätze werden von der Deutschen Bundesbank veröf-
fentlicht. Die zuvor nach HGB übliche Übernahme steuerlich zulässiger Werte (§ 6a
EStG, d.h. ohne Gehalts- oder Rententrend und bei Fixierung des Zinssatzes mit 6 %)
ist handelsrechtlich nun nicht mehr zulässig.
Als Unterschied zu IFRS bleibt der Zinssatz: IAS 19 fordert einen Stichtagszins, HGB
einen Durchschnittszins.
128
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
b) Notwendigkeit der Angaben für das Folgejahr im Pensionsgutachten, versiche-
rungsmathematische Gewinne und Verluste
Kennzeichnend für die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IAS 19 ist das
Rechnen mit geplanten Aufwendungen (und mit geplanten Erträgen beim Planver-
mögen). Am Jahresanfang wird also abgeschätzt,
wie sich die Sterblichkeit, die Fluktuation, der Gehalts- und Rententrend, etc.
entwickeln,
Aus diesen geplanten Werten ergibt sich der in der GuV abzubildende Aufwand (Er-
trag) des Geschäftsjahres bereits zu Jahresbeginn, so dass Ergebnisüberraschungen
ausbleiben. Zugleich ist am Jahresende auf Basis des neuen Mengengerüsts und unter
Berücksichtigung der tatsächlichen Wertentwicklung für Gehälter, Renten, Zinsen etc.
und unter Anwendung des Anwartschaftsbarwertverfahrens der Verpflichtungsum-
fang (Defined Benefit Obligation, DBO) als Ist-Größe zu bestimmen. Auch der Fair Value
des Planvermögens ist am Jahresende als Ist-Größe festzustellen. Die Differenz zwi-
schen den jeweiligen geplanten Veränderungen und den tatsächlichen Veränderungen
beim Verpflichtungsumfang und Planvermögen wird als versicherungsmathemati-
scher Gewinn oder Verlust bezeichnet. Außerdem gehören auch die Auswirkungen
von Änderungen versicherungsmathematischer Annahmen zu den versicherungsma-
thematischen Gewinnen und Verlusten (IAS 19.7), beispielsweise eine gegenüber der
Vorperiode geringer geschätzte Fluktuationswahrscheinlichkeit oder ein geringer ge-
schätzter Diskontierungssatz. Der sog. nachzuverrechnende Dienstzeitaufwand, der
aus Planänderungen (Leistungsumfang) entsteht, gehört jedoch nicht dazu.
c) Pensionenspiegel Korridormethode
Bei Anwendung der Korridormethode ergibt sich folgender, anschließend erläuterter
Pensionenspiegel:
129
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-36: Pensionenspiegel Korridormethode x2 (in T€), Lösung
A B C D
Die Abweichung zwischen erwarteter (270 T€) und tatsächlicher (240 T€) Pensionszah-
lung i.H.v. 30 T€ zählt ebenfalls zu den versicherungsmathematischen Gewinnen und
130
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
Verlusten (hier: Gewinne). Sie ist in der Spalte C einzutragen, da die Entwicklung der
Nettorückstellung (Spalte D) die tatsächlichen Zahlungen von 190 T€ (Zeile 7, inklusi-
ve der Zahlungen aus dem Planvermögen) aufnehmen muss.
131
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
eine sofortige Amortisation der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste
vorzunehmen (IAS 19.93)
In der Praxis ist es sehr beliebt, Zinsaufwand und ggf. Fondserträge gesondert unter
Zinsaufwand oder -ertrag auszuweisen, da dann – im Fall des üblichen Aufwands-
überhangs - ein höherer operativer Gewinn (EBIT) gezeigt wird. Die übrigen Kompo-
nenten des Altersversorgungsaufwandes sind im Personalaufwand auszuweisen bzw.
bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens den Funktionsbereichen zuzuordnen.
132
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
Die erfolgsneutrale Verrechnung der versicherungsmathematischen Gewinne und Ver-
luste im Eigenkapital ist als Wahlrecht eingeführt worden, um einen Anreiz für den
vollständigen Ausweis von Verpflichtungen in der Bilanz zu schaffen. Dabei ist ein
sog. recycling, d.h. die nachträgliche GuV-Abbildung von zuvor erfolgsneutral behan-
delten Beträgen, anders als nach der im Übrigen analogen Vorgehensweise nach US-
GAAP, nicht vorgesehen. Die Verrechnung ist damit endgültig, soweit sich Gewinne
oder Verluste in Zukunft nicht (innerhalb des Eigenkapitals) umkehren.
A B C
133
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
würde sich in einer solchen Situation eine Umstellung auf die erfolgsneutrale Verrech-
nung mit dem Eigenkapital das Jahresergebnis (leicht) erhöhen.
Die häufige Anwendung des neuen Wahlrechts bei börsennotierten Konzernen ab 2005
zeigt jedoch, dass zumindest diese die Ergebnisverbesserung (inklusive der wichtigen
Kennziffer Ergebnis je Aktie) offenbar höher gewichten als die gesunkene Eigenkapi-
talquote. Zwar verbleibt die stärkere Betonung der erfolgsneutralen Verrechnung in
der Gesamtergebnisrechnung. Fraglich ist jedoch, ob diese Darstellung tatsächlich von
den Jahresabschlussadressaten wahrgenommen wird. Immerhin ist die bilanzielle Un-
terdeckung bei der Korridormethode im Anhang anzugeben, ohne offensichtlich er-
kennbare Auswirkungen auf die Beurteilung der Unternehmen.
134
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
Literaturempfehlungen: Baetge/Haenelt, Pensionsrückstellungen im IFRS-Abschluss,
DB 2006, 2413-2419; Pawelzik, Pensionenspiegel für Pensionsrückstellungen nach IAS
19, DB 2005, 733-740; Theile, Pensionsverpflichtungen: Erfolgsneutrale Verrechnung
versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste – Vor- und Nachteile eines neuen
Wahlrechts, PiR 2006, 17-21; Theile, Gesamtergebnis je Aktie: Eine Kennzahl zur Schaf-
fung von Vergleichbarkeit zwischen IFRS-Abschlüssen? – Eine empirisch gestützte
Analyse, PiR 2006, 97-104.
2.7 Eigenkapital
2.7.1 Anwendung der Abgrenzungskriterien für
Eigenkapital – Treuhand GmbH
Rechtsquelle: IAS 32
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
(1) Die nicht börsennotierte Family & Friends AG, deren Aktien sich auf eine Viel-
zahl von Aktionären verteilen, weise nach HGB folgendes Eigenkapital aus:
Tabelle 2-39: Family & Friends AG, Eigenkapital nach HGB (in T€)
31.12.01
Grundkapital 50.000
Kapitalrücklage 10.000
satzungsmäßige Rücklage 5.000
andere Gewinnrücklagen 45.000
Bilanzgewinn 3.000
Eigenkapital insgesamt 113.000
135
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(2) Die dem Gesellschafter Müller allein gehörende One-Man-Show GmbH zeigt
nach HGB folgende Eigenkapitalbestandteile:
(3) An der Sohnemann GmbH & Co. KG sind drei natürliche Personen als Komman-
ditisten beteiligt, die auch die Anteile an der GmbH halten. Die Komplementär-
GmbH ist nicht am Kapital der KG beteiligt. Die Sohnemann GmbH & Co. KG
zeigt folgende Eigenkapitalposten im HGB-Abschluss:
Tabelle 2-41: Sohnemann GmbH & Co. KG, Eigenkapital nach HGB (in T€)
31.12.01
Kommanditeinlagen 25.000
Kapitalrücklage 10.000
Gewinnrücklage 1.000
Eigenkapital insgesamt 36.000
Der Satzung entnimmt die Treuhand GmbH, dass alle Kommanditisten das
Recht haben, ihre Kommanditbeteiligung zu kündigen und dann gegen Abfin-
dung aus der KG auszuscheiden. Die Abfindung bemisst sich auf 60% des durch
einen vom IDW bestimmten Wirtschaftsprüfer zu ermittelnden Verkehrswert der
Anteile.
Aufgabenstellung
c) Zeigen Sie für die Sohnemann GmbH & Co. KG: Unter welchen Voraussetzungen
ist bei Personengesellschaften ein Eigenkapitalausweis möglich? Welche wichtige
Anhangangabe ist in diesem Fall zu machen?
136
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
Lösung
Diese Eigenkapitaldefinition hat zwar eine ökonomische Dimension, weil sie auf Aus-
zahlungen aus Sicht des Unternehmens (IAS 32.2) abstellt. Sie ist jedoch deutlich for-
maler als die Eigenkapitalabgrenzung nach HGB, weil es nach IFRS auf die Fälligkeit
und insbesondere auf die Wahrscheinlichkeit der Auszahlung nicht ankommt. Die le-
diglich am Bilanzstichtag bestehende Möglichkeit der Auszahlung reicht aus, um Ei-
genkapital zu verneinen. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Kapital vom Emitten-
ten von vornherein nur befristet zur Verfügung gestellt wird oder der Kapitalgeber ei-
ne Kündigungsmöglichkeit hat. Eine Ausnahme (und damit Eigenkapital) besteht
lediglich für solche Verpflichtungen, die erst bei Liquidation der Gesellschaft zu erfül-
len sind (IAS 32.25b).
(2) Auch bei der GmbH entsteht formal eine Ausschüttungsforderung erst mit Aus-
schüttungsbeschluss (§ 29 Abs. 1 GmbHG); bis zu diesem liegt somit auch bei einer
GmbH für den ausgewiesenen Jahresüberschuss nach IAS 32 Eigenkapital vor. Dies
gilt selbst dann, wenn – wie bei der One-Man-Show GmbH - ein Mehrheits- oder Al-
leingesellschafter letztlich jederzeit die Auskehrung des Jahresüberschusses oder auch
der Gewinnrücklagen beschließen kann.
137
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(3) Nach dem für die Sohnemann GmbH & Co. KG einschlägigen Regelstatut der
Personengesellschaft kann jeder Gesellschafter seine Beteiligung kündigen (§ 723 BGB
i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB (OHG) bzw. § 161 Abs. 2 HGB (KG)). Die Kündigung - glei-
ches gilt bei Tod des Gesellschafters - führt zur Auflösung der Gesellschaft, wobei sich
der Abfindungsanspruch nach h. M. gegen die Gesellschaft richtet, also von der Ge-
sellschaft zu erfüllen ist. IAS 32.18b besagt nun, dass Fremdkapital vorliegt, wenn Ge-
sellschafter von Personengesellschaften ihre Anteile gegen Abfindung zurückgeben
können. Es liegt also von vornherein ein individueller Rückforderungsanspruch vor,
der nicht mehr eines Gesellschafterbeschlusses bedarf.
138
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
des Buchwerts der Anteile oder (c) der Änderung der Fair Values der Anteile
richten, wobei mit (a) und (b) IFRS Größen gemeint sind (IAS 32.AG14E). Mit die-
ser umständlichen Formulierung sind insbesondere die Abfindungsvereinbarun-
gen selbst angesprochen: Eine Abfindung zum vollen Verkehrswert wird dem-
nach nicht gefordert. Eine „im wesentlichen“ (< 10%) auf IFRS Buchwerten basie-
rende Abfindungsklausel erfüllt die Voraussetzung per se (RIC 3.32). Aber auch
alle gängigen Abfindungsregelungen, also Verkehrswertabfindungen, Abfindung
in Höhe eines Anteils am Verkehrswert, HGB-Buchwertklauseln oder Abfindun-
gen nach dem Stuttgarter Verfahren erfüllen dann die Anforderung des IAS
32.16Ae, wenn die Abfindung einen wesentlichen Teil (deutlich > als 50%) des
Verkehrswerts der Anteile abdeckt (im Ergebnis RIC 3.27, 3.38). Soweit Abfin-
dungen unangemessen niedrig sind und die Abfindungsklausel daher der ge-
richtlichen Anpassung an ein angemessenes Entgelt unterliegen, wäre die korri-
gierte Abfindung maßgebend, unabhängig davon, ob die Anpassung gerichtlich
geltend gemacht oder durchgesetzt wird (RIC 3.29).
Mit ihrer Abfindungsklausel erfüllt die Sohnemann GmbH & Co. KG daher die obige
Bedingung, so dass das Kommanditkapital als Eigenkapital ausgewiesen werden
kann. Bei Anwendung der Ausnahmeregelung sind jedoch Einzelheiten der Abfin-
dungsklausel und die Abfindungshöhe im Anhang anzugeben (IAS 1.136A).
Lernziele: Eigenkapitalausweis von Mezzanine Kapital; Vergleich von IFRS und HGB
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Family & Friends AG erhält von der Equity Provider GmbH folgende Finanzie-
rungsangebote, die nach deren Angaben gemäß IFRS jeweils zu Eigenkapital führen
sollen:
139
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(1) Genussscheinkapital mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einer Verzinsung von
10 % p.a. Der hohe Zinssatz ist dadurch bedingt, dass der Kapitalgeber gegen-
über allen anderen Gläubigern eine Rangrücktrittserklärung abgegeben hat, wo-
nach eine Rückzahlung nur nach Befriedigung dieser Gläubiger und aus einem
verbleibenden Liquidationsüberschuss erfolgen darf.
(3) Genussscheinkapital, bei dem sowohl die Zahlung laufender Vergütungen als
auch die Rückzahlung vom Ermessen der Family & Friends AG abhängen.
Aufgabenstellung
Lösung
140
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
(2) Bei der hier vorliegenden ewigen Rente bezieht der Inhaber jährliche Zinsen, hat
jedoch keinen Rückzahlungsanspruch in Bezug auf das Stammrecht. Die Zinszahlungen
stehen in Zeitpunkt und Höhe fest (bzw. sind bei variablem Zinssatz bestimmbar) und
das Unternehmen kann sich dieser Zahlungsverpflichtung nicht entziehen. Auf das
Stammrecht kommt es insofern nicht an; der Wert der Verbindlichkeit ergibt sich viel-
mehr aus der Kapitalisierung der Zinszahlungen (IAS 32.AG6). Unerheblich ist, dass
die laufende Vergütung im vorliegenden Fall zum Teil fix und zum Teil ergebnisab-
hängig ist, da sich die Gesellschaft bei Entstehen des Ergebnisses einer Auszahlung
nicht entziehen kann. Es liegt Fremdkapital vor.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Nominalwert 2.000 T€
Ausgabe am 01.01.x1 zu 100 %
Rückzahlung am 31.12.x4 zu 100 %
Kupon: 2 % p.a.
Marktzinsen für vergleichbare Anleihen ohne Optionsrecht: 5 % p.a.
Optionsrecht: Die Inhaber der Anleihe haben das Recht, jederzeit bis zum
31.12.x4 pro 1 T€ Anleihe 5 Aktien der Sweet Equity AG zu einem bereits festge-
legten Preis zu erwerben.
141
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Aufgabenstellung
a) Teilen Sie den Emissionserlös von 2.000 T€ in einen Eigen- und einen Fremdkapi-
talanteil auf und führen Sie die Bilanzierung bis zur Rückzahlung der Optionsan-
leihe am 31.12.x4 fort. Verwenden Sie hierzu folgendes Schema und runden Sie
auf eine Nachkommastelle.
x1 x2 x3 x4
Emissionserlös
- Eigenkapitalanteil (Agio)
= Verbindlichkeit 01.01.
Zinsaufwand für „reine“ Anleihen
(5 % auf Barwert der Verbindlichkeit 01.01.)
Zinszahlungen (nominal 2 % auf 2.000)
Zwischensumme
Rückzahlung 31.12.04
Verbindlichkeit 31.12.
Lösung
a) Bilanzierung Optionsanleihe
Enthalten Finanzinstrumente Eigen- und Fremdkapitalelemente (compound instru-
ment), ist eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen (IAS 32.28). Der Eigenkapital-
anteil ergibt sich dabei als Restgröße, indem der Wert der Verbindlichkeit vom erhal-
tenen Erlös abgezogen wird. Optionsanleihen etwa gewähren zusätzlich zur Anleihe
ein Optionsrecht auf den Bezug von Aktien (call). Dabei weisen sie eine unter dem
Marktzins reiner Anleihen (hier 5 %) liegende Nominalverzinsung (hier: 2 %) auf, wo-
bei der Barwert der Zinsdifferenz den Preis für das Optionsrecht des Inhabers der An-
leihe darstellt. Der Verbindlichkeitenanteil ergibt sich aus dem Barwert der künftigen
Zinszahlungen (40 T€ p. a.) und Tilgungsleistungen (2.000 T€ am 31.12.x4), diskontiert
mit dem (höheren) Marktzins vergleichbarer Anleihen (5 %). Dieser Barwert beträgt im
Beispiel 1.787,2 T€, so dass die Differenz zum Emissionserlös (2.000 T€), d.h. ein Betrag
von 212,8 T€, als Agio ins Eigenkapital (Kapitalrücklage) einzustellen ist (IAS 32.32).
In den Folgejahren ermittelt sich die jeweilige Verbindlichkeit am Jahresende durch
jährliche Aufzinsung des Anfangsbetrages (beginnend mit 1.787,2 T€) mit 5 % und un-
ter Abzug der tatsächlich ausgezahlten Zinsen von 40 T€ p. a.
142
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Tabelle 2-43: Bilanzierung Optionsanleihe (in T€), Lösung
x1 x2 x3 x4
Emissionserlös 2.000,0
- Eigenkapitalanteil (Agio) - 212,8
= Verbindlichkeit 01.01. 1.787,2 1.836,6 1.888,4 1.942,9
Zinsaufwand für „reine“ Anleihen
(5 % auf Barwert der Verbindlichkeit 01.01.) 89,4 91,8 94,4 97,1
Zinszahlungen (nominal 2 % auf 2.000 T€) - 40,0 - 40,0 - 40,0 - 40,0
Zwischensumme 2.000,0
Rückzahlung 31.12.x4 - 2.000,0
Verbindlichkeit 31.12. 1.836,6 1.888,4 1.942,9 0,0
b) Optionsausübung
Bei einer eventuellen Optionsausübung erfolgt die Zahlung des Basispreises, der, auf-
geteilt in Nominalkapital (Grundkapital = Gezeichnetes Kapital) und Agio (Kapital-
rücklage), ins Eigenkapital eingestellt wird.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
143
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
zung als Nutzungswert. Beiden Werten hat der Vorstand in der nachfolgenden Tabelle
den aktuellen Buchwert der Geschäftsfelder gegenübergestellt, der zufällig für alle Ge-
schäftsfelder jeweils 100 Mio. € beträgt.
Aufgabenstellung
b) In welchen der sechs Fälle sehen Sie vor dem Hintergrund der Vermögenswert-
konzeption der IFRS Anlass, vor Durchführung der jeweiligen Entscheidung nach
a) eine außerplanmäßige Abschreibung des Buchwerts vorzunehmen? Ggf. auf
welchen Betrag?
c) Sehen Sie Parallelen Ihrer Ergebnisse zu a) und b) mit der Konzeption außer-
planmäßiger Abschreibungen nach IAS 36?
Lösung
144
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
b) Außerplanmäßige Abschreibungen
Vermögenswerte reflektieren künftige Nutzenzuflüsse. Ist der erwartete künftige Nut-
zenzufluss niedriger als der Buchwert, liegt insoweit kein Vermögen vor. In solchen
Fällen sollte daher eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden. Das
betrifft die Geschäftsfelder E und F. Dabei ist es sinnvoll, auf den Betrag abzuschrei-
ben, der bei rationalem Handeln gem. a) tatsächlich erwartet wird, also im Fall E auf
90 Mio. € und im Fall F auf 50 Mio. €.
Daher lässt sich IAS 36 tatsächlich von der Überlegung aus a), die aus Unternehmens-
bewertungen bekannt ist, leiten: Welche Alternative verspricht das höchste Nutzenpo-
tenzial eines Vermögenswertes, seine sofortige Veräußerung oder seine Weiternut-
zung? Eine Abschreibungsnotwendigkeit (siehe auch Lösung zu b)) ergibt sich nur,
wenn beide Alternativen zu Werten unterhalb des Buchwerts führen. Dabei wird unter-
stellt, dass die jeweils beste Verwendungsmöglichkeit gewählt wird, so dass auf den
höheren der beiden Werte abzuschreiben ist, unabhängig davon, wie sich das Mana-
gement in Bezug auf die Verwendung des Vermögenswertes tatsächlich entscheidet.
145
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.8.2 Entsorgungsverpflichtung und Anschaffungskosten –
Formstahl AG
Rechtsquellen: IAS 16, IAS 37
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Aufgabenstellung
b) Welche Informationen benötigen Sie noch, um ggf. die Höhe der Rückstellung
ermitteln zu können?
Lösung
146
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
b) Bewertung
Die Rückstellung ist in voller Höhe des besten Schätzwertes zum Erfüllungsbetrag an-
zusetzen (IAS 37.48 f.). Damit sind künftige Preis- und Kostenänderungen zu erfas-
sen; es kann sich hierbei um Kostensteigerungen, aber auch um Kostensenkungen
handeln. Auch das Mengengerüst der künftigen Abbaumaßnahmen kann sich verän-
dern, etwa durch absehbaren technischen Fortschritt. Nicht zulässig ist es allerdings,
von noch nicht bekannten Technologien auszugehen.
Ferner besteht nach IAS 37.45 eine generelle Abzinsungspflicht für Rückstellungen,
sofern der Effekt einer Abzinsung wesentlich ist. Parameter zur Beurteilung der We-
sentlichkeit sind die Fristigkeit, die absolute Höhe der Verpflichtung und der Zins-
satz. Zur Abzinsung soll ein der Fristigkeit entsprechender Marktzinssatz verwendet
werden (IAS 37.47).
fristenkongruenter Marktzinssatz
Schwierigkeitsgrad:
147
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Sachverhalt
Die Formstahl AG – siehe Aufgabe 2.8.2 – schätzt den in 10 Jahren für die Entsorgung
des Hammerwerks aufzubringenden Betrag, also unter Berücksichtigung künftiger
Lohnsteigerungen und absehbaren technischen Fortschritts, auf 2.000 T€. Der Markt-
zins betrage konstant für alle Perioden 4 %.
Aufgabenstellung
a) Buchen Sie das Hammerwerk (bezahlt) und die Entsorgungsrückstellung per En-
de x2 ein.
b) Das Hammerwerk wird ab x3 linear über 10 Jahre abgeschrieben. Zeigen Sie die
Entwicklung der Buchwerte des Hammerwerks und die der Rückstellung für x3
bis x5 auf; verwenden Sie folgende Tabelle:
Tabelle 2-45: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung x3 bis x5 (in T€),
Aufgabenblatt
Jahr Abschreibung Hammerwerk Zinsaufwand Rückstellung
x3
x4
x5
d) Zeigen Sie auf Basis der Informationen zu c) die Weiterentwicklung der Buchwer-
te des Hammerwerks und der Rückstellung für die Jahre x6 und x7.
148
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Lösung
Konto T€ Konto T€
Rückstellung 1.351
Tabelle 2-47: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung x3 bis x5 (in T€),
Lösung
Jahr Abschreibung Hammerwerk Zinsaufwand Rückstellung
x3 1.135 10.216 54 1.405
x4 1.135 9.081 56 1.461
x5 1.135 7.946 58 1.519
149
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bei einer Erhöhung des Buchwertes des Vermögenswertes hat „das Unternehmen … zu
bedenken, ob dies ein Anhaltspunkt (für eine Wertminderung) sein könnte“ (IFRIC 1.5c). In
der Tat: Die Formstahl AG hat bei Inbetriebnahme des Hammerwerks dessen Profita-
bilität auf Basis der damals vorhandenen Informationen u.a. über die Höhe der Ent-
sorgungsverpflichtung abgeschätzt; die starke Erhöhung der Verpflichtung konnte
nicht antizipiert werden. War noch reichlich „Luft“ zwischen Buchwert des Hammer-
werks und seinem erzielbaren Betrag gem. IAS 36 – das kann eine Sensitivitätsanalyse
zeigen -, besteht kein Anlass für die Durchführung eines Impairment-Tests. Allerdings
ist zu beachten, dass infolge der Zinssteigerung auch der Diskontierungssatz für den
Nutzungswert des Hammerwerks sinken könnte. Eine Zinssteigerung ist bereits für
sich genommen ein Indikator für eine Wertminderung (IAS 36.12c).
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Marvin Merlin, Leiter Rechnungswesen der im Spielesektor tätigen Glaskugel AG, hat
den IFRS-Abschluss x1 per Ende Januar x2 schon fast fertig. Einzig folgende Sachver-
halte machen ihm Sorgen:
150
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
(1) Laut Inventur waren am Bilanzstichtag 10.000 Spielekonsolen einer auslaufenden
Modellreihe auf Lager, deren Herstellungskosten 200 €/Stück betrugen. Aus einer Be-
sprechung mit dem Vertriebsleiter kurz vor Jahresultimo weiß Merlin, dass man zu-
nächst 5.000 Stück noch für einen Preis von 150 €/Stück und nach einer weiteren Preis-
senkung noch einmal 3.000 Stück zu je 100 € bis Ende Januar abzusetzen glaubte; der
Rest, so war die Einschätzung, sei wohl unverkäuflich und müsse verschrottet werden.
Aus dem nun Ende Januar vorliegenden Controllingbericht geht hervor, dass tatsäch-
lich 5.000 Stück zum geschätzten Preis abgesetzt werden konnten. Die nachfolgende
Preissenkung fiel jedoch stärker aus als erwartet. Um noch weitere 3.000 Stück abzu-
setzen, musste der Preis auf 70 €/Stück gesenkt werden. Der Rest ist bereits verschrot-
tet worden.
(2) Gegenüber der japanischen Ynos Corp. besteht zum Bilanzstichtag eine Forderung
von 5 Mio. €; vom im November x1 gestellten Insolvenzantrag der Ynos Corp. hat
Merlin erst am 21. Januar x2 erfahren. Einen Tag später hat die Play GmbH, gegenüber
der am Bilanzstichtag eine Forderung von 2 Mio. € bestand, ebenfalls Insolvenzantrag
gestellt. Gemildert wurden diese rabenschwarzen Nachrichten nur durch die TV-Show
„Wer wird reich?“, in der P. Geier Mitte Januar 1 Mio. € gewonnen hatte. Das freute
Merlin besonders, weil Geier ebenfalls im Januar Insolvenzantrag gestellt und die
Glaskugel AG noch eine Forderung von 600 T€ gegenüber Geier hatte. Die Buchhal-
tung hat gemeldet, dass Geier seine Schuld bereits beglichen hat.
(3) Die im Sommer x1 zum Kurs von 28 € über die Börse erworbenen 100.000 Stück
Pacman-Aktien sind der Kategorie available-for-sale zugeordnet worden. Am Bilanz-
stichtag betrug der Kurs 30 € und nun, Ende Januar, 25 €.
(5) Die Glaskugel AG ist wegen Patentrechtsverletzung verklagt worden. Merlin hat
dafür bereits nach bester Schätzung eine Rückstellung i.H.v. 2 Mio. € gebildet. Das am
16. Januar x2 ergangene rechtskräftige Urteil lautete jedoch überraschend auf 3 Mio. €.
Aufgabenstellung
151
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(1) Tag der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung?
b) Prüfen Sie, ob und ggf. wie die oben genannten Sachverhalte im IFRS-Abschluss
abzubilden sind.
Lösung
solche, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind (nicht zu berücksichti-
gende oder wertbegründende Ereignisse).
Der Wertaufhellungszeitraum reicht bis zum Tag der Freigabe des Abschlusses zur
Veröffentlichung (IAS 10.3). Im Abschluss ist sowohl dieses Datum als auch an-
zugeben, wer für die Freigabe autorisiert ist (IAS 10.17). Der Sinn der Datumsangabe
liegt für den Abschlussadressaten darin, zu erfahren, dass der Abschluss Ereignisse nach
diesem Datum nicht mehr enthalten kann (IAS 10.18). Falls die Möglichkeit besteht, den
Abschluss „nach der Veröffentlichung“ (gemeint ist: Tag der Freigabe des Abschlusses
zur Veröffentlichung) noch zu ändern, soll nach IAS 10.17 auch diese Tatsache angege-
ben werden. Die Vorschrift läuft indes zumindest für deutsche Unternehmen ins Leere
und ist insoweit gegenstandslos, weil jede spätere Änderung durch den Aufsichtsrat
oder die Gesellschafterversammlung (bei der GmbH) zu einer erneuten Festsetzung
des Tages der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung führen würde.
152
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Demgegenüber kommt der Zeitpunkt der Weiterleitung des Abschlusses an den Auf-
sichtsrat (§ 170 Abs. 1 AktG) als Freigabedatum nicht in Betracht, da ansonsten das
praktische Problem entstünde, dass die – geforderte – Datumsangabe nicht Teil des
testierten Anhangs sein kann, da der Abschlussprüfer vor entsprechender Weiterlei-
tung testiert haben muss (§ 171 Abs. 2 AktG).
Unter dem erzielbaren Nettoveräußerungserlös am Bilanzstichtag ist daher die per Bi-
lanzstichtag erwartete künftige Preistendenz zu verstehen. Dies gilt im Beispiel auch für
die Verschrottungen. Diese sind nicht etwa ein erst im neuen Jahr zu berücksichtigen-
des neues Ereignis, sondern der Extremfall des erwarteten Nettoveräußerungswertes,
und zwar ein Erlös von 0 Euro/Stück.
Somit sind 5.000 Stück zu 150 €/Stück und 2.000 Stück zu 0 € zu bewerten. In Bezug
auf die Ende Januar zu 70 €/Stück verkauften Konsolen kommt nur ein Ansatz zu 70
€/Stück in Betracht, da der getätigte Verkauf einen Nachweis über den Nettoveräuße-
rungswert am Bilanzstichtag erbringt (IAS 10.9bii).
(2) Bei den Forderungen ist zu beachten, dass nicht die Insolvenzanträge zu beurteilen
sind, sondern die Zahlungsfähigkeit der Kunden. Insolvenzanträge geben jedoch ei-
nen Hinweis auf die Zahlungsfähigkeit am Bilanzstichtag. Klar ist, dass die Forderung
gegenüber der Ynos Corp. abzuschreiben ist (IAS 39.63). Das Gleiche gilt typischer-
weise auch bei der Forderung gegenüber der Play GmbH, weil der nach dem Bilanz-
stichtag gestellte Insolvenzantrag lediglich die schon am Bilanzstichtag vorgelegene
(unerkannte) Zahlungsunfähigkeit bestätigt (IAS 10.9bi).
153
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Allgemein lässt sich aus dem Zahlungseingang einer Forderung bis zum Bilanzaufstel-
lungstag ableiten, dass die Forderung im Ergebnis nicht risikobehaftet war. Das gilt
auch bei der Forderung gegenüber P. Geier, obwohl dieser am Bilanzstichtag objektiv
zahlungsunfähig gewesen war: Der Zahlungseingang ist als wertaufhellendes Ereignis
zu würdigen. Eine Abschreibung unterbleibt.
(3) In den Kategorien available-for-sale sind finanzielle Vermögenswerte zum Fair Value
zu bewerten. Sofern Marktwerte auf liquiden Märkten existieren, reflektiert der
Marktpreis am Bilanzstichtag sämtliche wertaufhellende Erkenntnisse zu diesem Tag.
Kursveränderungen nach dem Bilanzstichtag gelten gem. IAS 10.11 als wertbegrün-
dendes Ereignis, das nicht zu berücksichtigen ist. Gleiches gilt im Übrigen, wenn Be-
wertungsmodelle zur Fair Value Ermittlung herangezogen werden müssen. In die
Modelle sollen als Parameter Marktpreise einfließen; es muss sich dann um Marktprei-
se am Bilanzstichtag handeln. Die Pacman-Aktien sind daher mit 30 €/Stück anzuset-
zen.
(4) IAS 10.22d nennt die Zerstörung einer Maschine durch ein Feuer nach dem Bilanz-
stichtag explizit ein wertbegründendes Ereignis. Die h.M. neigt dazu, diesen Hinweis
auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Es kann jedoch auch gefragt werden:
Ist angesichts der gesellschaftspolitischen Diskussion das vereinbarte Verbot von Ge-
walt verherrlichenden Computerspielen tatsächlich ein so überraschendes, nicht ab-
sehbares Ereignis wie ein Brand? Immerhin hängt der Wert der aktivierten Entwick-
lungskosten für „Destroy the Aliens“ insgesamt von zukünftigen Zahlungsflüssen ab,
so dass sich durch die genannten Ereignisse lediglich eine mögliche, aber zunächst
nicht in Erwägung gezogene Zukunftslage realisiert.
(5) Das Urteil zur Patentrechtsverletzung ist ein wertaufhellendes Ereignis, weil es le-
diglich feststellt, was rechtens ist, aber nicht selbst Recht schafft, so dass die Rückstel-
lung mit 3 Mio. € anzusetzen ist. Dasselbe gilt im Übrigen, wenn Merlin vor dem Ur-
teil der Meinung gewesen wäre, überhaupt keine Rückstellung ansetzen zu müssen
(IAS 10.9a).
154
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
2.8.5 Anlageimmobilien: Bewertungsmethoden und deren
Wechsel – Terra AG
Rechtsquellen: IAS 8, IAS 16, IAS 40
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Andreas Passer hat nach erfolgreichem Studium seinen ersten Job in der Konzernbi-
lanzierung der Terra AG angetreten. Seine erste Aufgabe besteht darin, sich um die bi-
lanzielle Abbildung von Sachanlagen zu kümmern, die bisher zu (fortgeführten) histo-
rischen Kosten bewertet worden sind. Hierzu erhält er die Bilanzen der vergangenen
zwei Jahre sowie die vorläufige Bilanz für x3.
Darüber hinaus weist ihn sein Vorgesetzter darauf hin, dass in den Sachanlagen
Grundstücke (Grund und Boden) enthalten sind, die ausschließlich zum Zweck der
Wertsteigerung gehalten werden. Die Grundstücke sind mit ihren (auch steuerlichen)
historischen Anschaffungskosten von 12.000 T€ angesetzt. Da in den letzten Jahren die
155
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Immobilienpreise deutlich gestiegen sind, soll der Bilanzansatz der Grundstücke im
Konzernabschluss x3 auf Basis der beizulegenden Zeitwerte erfolgen. Aus der
Controlling-Abteilung liegen Passer folgende Fair Values vor: 13.000 T€ für x1, 15.000
T€ für x2 und 19.000 T€ für x3.
Aufgabenstellung
b) Halten Sie den bisherigen Ausweis der Grundstücke in der Bilanz für zutreffend?
Welche Anhangangabe ist angesichts der bislang vorgenommenen Bewertung der
Grundstücke erforderlich?
d) Helfen Sie Andreas Passer und erstellen Sie nach der Vorgabe des Vorgesetzten
die Abschlussbilanz zum 31.12.x3. Sind die Zahlen der Vorperiode anzupassen?
Beachten Sie den Ansatz latenter Steuern (Steuersatz 30 %). Geben Sie die Bu-
chungssätze an!
Lösung
gehalten und dienen sie nicht zur Herstellung oder Lieferung von Gütern (IAS 40.5),
dann handelt es sich um als Finanzinvestition gehaltene Immobilien im Anwendungs-
bereich des IAS 40, die hier kurz als Anlageimmobilien bezeichnet werden. Das trifft
auf die genannten Grundstücke der Terra AG zu.
156
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
b) Ausweis von Anlageimmobilien
IAS 1.54 enthält eine Aufzählung an Posten, die mindestens gesondert in der Bilanz
darzustellen sind. Dazu gehören auch die Anlageimmobilien (IAS 1.54b). Die Praxis
geht zunehmend dazu über, diese „Mindestaufgliederung“ streng zu befolgen, ob-
gleich auch sie unter dem Vorbehalt der Wesentlichkeit steht (IAS 1.31). Im Beispiel
ist der Anteil der Anlageimmobilien kleiner als 10 % der gesamten Sachanlagen, was
durchaus noch als unwesentlich gelten kann. Im Übrigen sind die Anlageimmobilien
bisher zu historischen Kosten bewertet worden und unterscheiden sich daher in der
Bewertung nicht von den anderen Sachanlagen. Im Anhang allerdings ist eine Auf-
gliederung unumgänglich, schon allein, um die Fair Values der Anlageimmobilien
pflichtgemäß angeben zu können (IAS 40.79e).
Die Änderung einer angewandten Bilanzierungsmethode ist nur zulässig und zu-
gleich zwingend, wenn sie
von einem Standard (IFRS/ IAS) oder einer Interpretation (IFRIC/ SIC) verlangt
wird oder
Die Änderung wird im vorliegenden Fall von einem Standard nicht verlangt. Mit der
Vermittlung entscheidungsnützlicherer Informationen lässt sich jedoch die Änderung
vom Anschaffungskosten- zum Fair Value-Modell begründen, zumal der IASB selbst
das Fair Value model präferiert (IAS 40.BCB44 ff.).
157
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
ursprünglich in x2 vorgelegten Abschluss. Da ferner eine frühere Periode nicht darge-
stellt wird, sind die kumulierten Änderungen aus früheren Perioden in der Eröff-
nungsbilanz zum 01.01.x2 erfolgsneutral zu erfassen. Auf diese Weise werden die Ef-
fekte der Jahre x2 und x3 periodengerecht isoliert und können erfolgswirksam abge-
bildet werden.
Konto T€ Konto T€
31.12.x2:
Konto T€ Konto T€
31.12.x3:
Konto T€ Konto T€
158
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Die Anlageimmobilien haben sich per 31.12.x2 um 3.000 T€ im Vergleich zu den ur-
sprünglichen historischen Kosten auf 15.000 T€ erhöht. Diesem Anstieg der Aktiva
steht ein Anstieg um 700 T€ bei den Gewinnrücklagen, um 1.400 T€ beim Jahresergeb-
nis und um 900 T€ bei den passiven latenten Steuern gegenüber. Die gesamten passi-
ven latenten Steuern betragen demnach 17.900 T€ (= 17.000 T€ + 900 T€).
Damit ergibt sich zum 31.12.x3 folgende Abschlussbilanz der Terra AG:
Tabelle 2-50: Bilanz der Terra AG x3 mit Vorperiode und Anlageimmobilien (in T€)
31.12.x3 31.12.x2
Aktiva
Sachanlagen 138.000 131.500
Anlageimmobilien 19.000 15.000
latente Steuern 11.800 12.300
kurzfristige Vermögenswerte 15.000 17.200
Summe 183.800 176.000
Passiva
Eigenkapital
gezeichnetes Kapital 5.000 5.000
Gewinnrücklagen 16.600 14.700
Jahresergebnis 26.800 26.400
latente Steuern 18.600 17.900
kurzfristige Schulden 116.800 112.000
Summe 183.800 176.000
159
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
weit entspricht dies dem Fair Value Modell aus IAS 40. Im Unterschied aber zu diesem
ist nach der Neubewertungsmethode des IAS 16 die Fair Value-Änderung nicht er-
folgswirksam, sondern erfolgsneutral (unmittelbar im Eigenkapital) in einer Neube-
wertungsrücklage zu erfassen. Außerdem sind planmäßige Abschreibungen (hier
nicht relevant) auf die Neubewertungsbeträge erforderlich. Latente Steuern auf den
Neubewertungsbetrag sind ebenfalls erfolgsneutral zu erfassen.
Konto T€ Konto T€
Ein gesonderter Ausweis der neubewerteten Sachanlagen auf Bilanzebene ist nicht er-
forderlich, wird aber gem. IAS 1.59 angeregt. Die Aufteilung ist jedoch im Anhang un-
verzichtbar.
160
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Tabelle 2-51: Bilanz der Terra AG x3 mit Vorperiode, Neubewertungsmethode (in T€)
31.12.x3 31.12.x2
Aktiva
Sachanlagen 157.000 143.500
latente Steuern 11.800 12.300
kurzfristige Vermögenswerte 15.000 17.200
Summe 183.800 173.000
Passiva
Eigenkapital
gezeichnetes Kapital 5.000 5.000
Gewinnrücklagen 14.500 14.000
Neubewertungsrücklage 4.900
Jahresergebnis 24.000 25.000
latente Steuern 18.600 17.000
kurzfristige Schulden 116.800 112.000
Summe 183.800 173.000
Bei der Neubewertungsmethode selbstgenutzer Grundstücke (e) und dem Fair Value-
Modell der Anlageimmobilien (d) sind die Bilanzsummen und auch die Aufteilung
von Schulden und Eigenkapital identisch. Allerdings werden die Posten innerhalb des
Eigenkapitals unterschiedlich angesprochen. Auffällig ist bei (e) der neue Posten Neu-
bewertungsrücklage, und das Jahresergebnis bleibt gegenüber dem Ausgangsfall un-
verändert. Ferner ist aufgrund des Verbots der rückwirkenden Neubewertung bei (e)
der Bilanzeffekt in x3 besonders hoch und die Vergleichbarkeit gegenüber der Vorpe-
riode eingeschränkt.
Lernziele: Verständnis für die Systematik latenter Steuern nach IFRS; Bilanzierung ak-
tiver und passiver latenter Steuern auf temporäre Differenzen; Berücksichtigung von
Steuersatzänderungen; Erstellung einer steuerlichen Überleitungsrechnung
Schwierigkeitsgrad:
161
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Sachverhalt:
Bei der Steuerspar GmbH bestehen am 31.12.x1 und 31.12.x2 folgende Abweichungen
zwischen dem IFRS-Abschluss und der Steuerbilanz:
Im Laufe des Jahres x2 tritt (mit Wirkung zum 01.01.x2) eine Steuersatzsenkung von
40 % auf 30 % in Kraft. Der Leiter der Steuerabteilung möchte wissen, wie die latenten
Steuern zum 31.12.x2 zu bilanzieren sind.
Aufgabenstellung
a) Tragen Sie die temporären Differenzen zwischen den beiden Bilanzen in folgen-
des Tableau ein. Welche „Faustformel“ zur Bestimmung latenter Steuern kennen
Sie?
b) Was ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung der Steuersatzsen-
kung in x2 zur Berechnung latenter Steuern zu beachten? Variante: Wie wäre für
den Abschluss x1 zu verfahren, wenn die Steuersatzsenkung (mit Wirkung zum
01.01.x2) bereits in x1 bekannt geworden wäre?
162
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
c) Wie entwickeln sich die aktiven und passiven latenten Steuern in x2? Verwenden
Sie folgendes Schema:
163
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-55: Zusammensetzung des ausgewiesenen Steueraufwands (in T€),
Aufgabenblatt
x2
Tatsächlicher Steueraufwand
Latenter Steueraufwand (+ )/ -ertrag (-) aus Veränderung der temporären
Differenzen
Latenter Steueraufwand (+)/ -ertrag (-) aus Steuersatzänderung
Ausgewiesener Steueraufwand
Lösung
a) Temporäre Differenzen
Für die praktische Anwendung kann folgende Faustformel genutzt werden:
Die sichtbare und gleichsam ästhetische Folge der Abgrenzung latenter Steuern be-
steht darin, dass der Steueraufwand in ein erklärbares Verhältnis zum IFRS Vor-
Steuer-Ergebnis gebracht wird.
164
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
bzw. bereits umgesetzt ist, in Deutschland z.B. bei einer Einigung im Vermittlungsaus-
schuss (vgl. IASB update Februar 2005, S. 4). Regelmäßig wird daher nur der aktuelle
Steuersatz zum Bilanzstichtag in Betracht kommen.
Sollte sich der Steuersatz im Vergleich zur Vorperiode verändert haben, so ist eine
Neuberechnung der latenten Steuern erforderlich. Bei zuvor erfolgswirksam gebilde-
ten latenten Steuern ist auch die Änderung erfolgswirksam zu erfassen, ansonsten er-
folgsneutral (IAS 12.60a). Für die auf das Sachanlagevermögen entfallenden (erfolgs-
neutralen) latenten Steuern gilt jedoch abweichend folgendes: Obwohl sie bei der Erst-
konsolidierung erfolgsneutral gebildet wurden, werden die Effekte auf Steuersatz-
änderungen erfolgswirksam erfasst, weil auch die Gesamtauflösung der Steuerlatenz
ergebniswirksam erfolgt.
Rückstellungen nach IAS 37 können über den steuerlichen Werten liegen, insbe-
sondere bei Drohverlustrückstellungen, falls diese, wie jedenfalls in Deutsch-
land, steuerlich nicht anerkannt werden (§ 5 Abs. 4a EStG). Es liegt gegenüber der
Steuerbilanz IFRS-Mindervermögen vor. Die erst künftig tatsächlich zu erwarten-
de Steuerentlastung wird durch Aktivierung latenter Steuern i.H.v. 200 T€ vor-
weggenommen.
In der Tabelle sind die Buchwerte der latenten Steuern zunächst per 31.12.x1 (40 %)
angegeben. Die Veränderung der latenten Steuern aufgrund der Steuersatzsenkung
beträgt 10 % (40 % - 30 %) des Anfangsbestands der temporären Differenzen oder auch
25 % des Betrags der latenten Steuern selbst. Bei der laufenden Veränderung (Men-
geneffekt) wird der in x2 gültige Steuersatz von 30 % auf die Veränderung der tempo-
rären Differenzen angewendet. In der Summe ergibt sich so der Stand latenter Steuern
auf temporäre Differenzen per 31.12.x2, jetzt bewertet mit 30 %.
165
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-57: Entwicklung der latenten Steuern (in T€), Lösung
d) Überleitungsrechnung
Die in IAS 12.81c vorgeschriebene Überleitungsrechnung hat große Bedeutung für
das Verständnis latenter Steuern durch den Bilanzleser. Würden sämtliche temporären
Differenzen versteuert und gäbe es darüber hinaus keine weiteren Abweichungen
zwischen IFRS- und Steuerbilanz, dann ergäbe sich der ausgewiesene Steueraufwand,
der sich aus tatsächlichen und latenten Steuern zusammensetzt, unmittelbar aus der
Multiplikation des IFRS-Vor-Steuer-Ergebnisses mit dem Steuersatz. Da diese Voraus-
setzungen aber nicht vorliegen, soll eine Überleitungsrechnung von einem solcherma-
ßen erwarteten zum ausgewiesenen Steueraufwand informieren (IAS 12.84). Der an-
zuwendende Steuersatz zur Ermittlung des erwarteten Steueraufwands ist typischer-
weise der Steuersatz des Mutterunternehmens (sog. „home based rate approach“), bei
starken Auslandsaktivitäten auch ein Mischsteuersatz (IAS 12.85). Mit diesem Steuer-
satz werden i. d. R. auch die latenten Steuern bewertet. Der aus dem Vor-Steuer-
Ergebnis durch Multiplikation mit dem Steuersatz ermittelte „erwartete“ oder „theore-
tische“ Steueraufwand ist überzuleiten zum ausgewiesenen Steueraufwand. In der
Praxis ist dabei eine nominelle Überleitung üblich:
166
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Tabelle 2-58: Überleitungsrechnung (in T€), Lösung
x2
Steuerbilanzergebnis 9.300
Veränderung temporärer Differenz im Anlagevermögen 1.000
Veränderung temporärer Differenz bei Drohverlust-Rückstellung - 300
IFRS-Ergebnis vor Steuern 10.000
Steuersatz 30 %
Erwarteter Steueraufwand 3.000
Ertrag (-) aus Steuersatzänderung - 450
Effekt aus nicht abzugsfähigen Aufwendungen 60
Ausgewiesener Steueraufwand 2.610
Die Überleitung vom Steuerbilanzergebnis zum IFRS-Ergebnis vor Steuern ist nicht
vorgeschrieben, sondern dient hier der Illustration. In Bezug auf das Anlagevermögen
entsteht nach IFRS ein höheres Ergebnis, da das IFRS-Mehrvermögen um 1.000 T€ zu-
nimmt (siehe Lösung zu a)). Da sich die steuerlich nicht anerkannten Drohverlustrück-
stellungen um 300 T€ erhöhen, liegt das IFRS-Ergebnis andererseits unter dem Steuer-
bilanzergebnis. Das IFRS-Ergebnis vor Steuern beträgt somit 10.000 T€, so dass bei ei-
nem Steuersatz von 30 % ein Steueraufwand von 3.000 T€ erwartet wird.
e) Ausgewiesener Steueraufwand
Der tatsächliche Steueraufwand beträgt 30 % des steuerlichen Gewinns von 9.500 T€, al-
so 2.850 T€. Der steuerliche Gewinn setzt sich aus dem Steuerbilanzgewinn (9.300 T€)
und den steuerlich nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben (200 T€) zusammen. An la-
tenten Steuern sind ein Ertrag von 450 T€ aus der Steuersatzänderung und ein Auf-
wand von 210 T€ aus der Mengenänderung zu erfassen, siehe Lösung zu c).
167
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-59: Zusammensetzung des ausgewiesenen Steueraufwands (in T€), Lösung
x2
Tatsächlicher Steueraufwand 2.850
Latenter Steueraufwand (+) aus Veränderung der lfd. Abweichungen 210
Latenter Steuerertrag (-) aus Steuersatzänderung - 450
Ausgewiesener Steueraufwand 2.610
168
IFRS im Konzernabschluss
3.1
3 IFRS im Konzernabschluss
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Truckstop corp., ein Logistikkonzern aus den USA, will nun endlich auch in
Deutschland Fuß fassen. Man hat daher ein Auge auf die Spedition Theo Gromberg
e.K. aus Herne geworfen. Gromberg will sich aus dem Fuhrparkgeschäft zurückziehen
und der Musikbranche zuwenden. Sein Unternehmen ist von der Größe her für die
Truckstop corp. interessant: 1979 unter schwierigen Bedingungen gegründet, verfügt
es jetzt über 100 Sattelschlepper und 3 Standorte mit Lager- und Umschlagstationen.
Um einen ersten Eindruck zu vermitteln, hat Theo Gromberg der Truckstop corp. seine
letzte Schlussbilanz per 31.12.x1 zur Verfügung gestellt:
Tabelle 3-1: Bilanz des Theo Gromberg e:K. zum 31.12.x1 (in T€)
Aktiva Passiva
Immobilien 12.000 Eigenkapital 8.000
Fuhrpark 10.000 Schulden 17.000
Kurzfristiges Vermögen 3.000
Summe 25.000 Summe 25.000
169
Weil die Truckstop corp. bei einem Erwerb des Unternehmens ihre bisherigen
Logistikmöglichkeiten in Deutschland stark verbilligen könnte, schätzt sie einen
Barwert künftiger Netto-Cashflows von 33.000 T€.
Aufgabenstellung
d) Wieso kommen die Preise unter c) nicht durch den Substanzwert zum Ausdruck?
Lösung
a) Bilanzielles Nettovermögen
Das bilanzielle Nettovermögen ist ein anderes Wort für das Eigenkapital und beträgt
8.000 T€.
b) Substanzwert
Der Substanzwert des Unternehmens, gerechnet zu Marktpreisen, ist die Summe der
Einzeltauschwerte der einzelnen Vermögensposten und Schulden. Über den bisheri-
gen Buchwert von 12.000 T€ hinaus würden bei einem Substanzwert die Immobilien
mit 18.000 T€ angesetzt werden; ansonsten ergäbe sich keine Änderung. Der Sub-
stanzwert beträgt daher 8.000 T€ bisheriges Nettovermögen zuzüglich stille Reserven
bei den Immobilien von 6.000 T€, also 14.000 T€.
c) Möglicher Unternehmenstauschpreis
Theo Gromberg würde zum Substanzwert nicht verkaufen, da das Unternehmen künf-
tige barwertige Cashflows von 24.000 T€ erzielen wird. In diesem Bereich lägen seine
Verkaufspreisvorstellungen.
170
IFRS im Konzernabschluss
3.1
Die Truckstop corp. rechnet mit einem künftigen Zufluss aus dem Unternehmen in
Höhe von 33.000 T€. Damit sich die Investition für sie rechnet, müsste der Kaufpreis
entsprechend niedriger sein. Immerhin gibt es aufgrund der unterschiedlichen An-
nahmen über die Verwendung des Unternehmens einen Einigungsbereich.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Truckstop corp. hat sich mit Theo Gromberg auf den Kauf seines Unternehmens
(siehe Aufgabe 3.1.1) für eine Gegenleistung von 27.000 T€, die bar entrichtet wird, ge-
einigt.
Aufgabenstellung
a) Wie würden Sie den Unternehmenserwerb im Abschluss der Truckstop corp. ab-
bilden? Geben Sie den Buchungssatz an!
b) Wie sähe Ihr Buchungssatz aus, wenn die Spedition des Theo Gromberg ein Un-
ternehmen in der Rechtsform der GmbH wäre (und die Truckstop corp. einen
Einzelabschluss aufstellt)?
d) Wie lässt sich der Informationsgehalt zu b) verbessern, wenn die Truckstop corp.
einen anderen Abschluss, nämlich den Konzernabschluss aufstellt? Geben Sie den
Buchungssatz an!
171
IFRS im Konzernabschluss
3
Lösung
Konto T€ Konto T€
Goodwill 13.000
Immobilien 18.000
Fuhrpark 10.000
an Schulden 17.000
Konto T€ Konto T€
172
IFRS im Konzernabschluss
3.1
c) Vergleich des Informationsgehalts
Offensichtlich ist: im Fall a) erkennt man die Zusammensetzung des erworbenen Ver-
mögens und der übernommenen Schulden, während im Fall b) nur eine Vermögenspo-
sition ausgewiesen wird. Der Abschlussleser erkennt jedoch nicht, was sich hinter die-
ser Position verbirgt.
d) Konzernabschluss
Wenn die Truckstop corp. ausgehend von ihrem Einzelabschluss einen sog. Konzernab-
schluss erstellt, dann werden sämtliche Vermögenswerte und Schulden beider Unternehmen
in einem Abschluss dargestellt. Der Konzernabschluss fingiert praktisch den Einzelab-
schluss des Konzerns: Rechtlich verbergen sich zwar mehrere Unternehmen dahinter,
wirtschaftlich werden sie jedoch als ein Unternehmen dargestellt. Also kann es im
Konzernabschluss keine Beteiligung geben, die ein Abhängigkeitsverhältnis aus-
drückt. Daher wird die im Einzelabschluss ausgewiesene Beteilung durch das tatsäch-
lich dahinter stehende Vermögen und die Schulden ersetzt. So wird in der Abbildung
aus einem share deal ein asset deal gemacht. Man fingiert den Einzelerwerb der Vermö-
genswerte und Schulden:
Konto T€ Konto T€
Goodwill 13.000
Immobilien 18.000
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Im Rahmen der Due Diligence über das Unternehmen Theo Gromberg e.K., die die
Truckstop corp. kurz vor dem Unternehmenserwerb durchgeführt hat (s. Aufgabe
3.1.1) , ergeben sich noch zwei bisher nicht beachtete Informationen:
173
IFRS im Konzernabschluss
3
(1) Theo Gromberg e.K. hat in Deutschland einen sehr guten Ruf. Auch andere Spe-
ditionen und Logistikunternehmen interessierten sich bereits für das Unterneh-
men, nicht zuletzt um den Namen „Theo Gromberg“ für sich nutzen zu können.
Die Unternehmensbewerter ermitteln für die Marke „Theo Gromberg“ einen Wert
von 2.000 T€. Die Truckstop corp. will aber im Rahmen ihrer Konzernstrategie die
Marke „Theo Gromberg“ nicht weiterführen.
(2) Die Truckstop corp. hatte bereits vor Jahren versucht, sich in Deutschland zu
etablieren. Dazu hatte man auch Lagerhallen erworben, die im gleichen Gewer-
begebiet liegen wie das Hauptlager mit Umschlagstation von Theo Gromberg. Es
handelt sich sogar um direkt angrenzende Flächen, so dass sich für die Truckstop
im Rahmen der Expansionsstrategie weitere Synergien und Kostenersparnisse
ergeben. Der subjektive Wert dieses Grundstücks liegt für die Truckstop 1.500 T€
über dem vom Immobiliengutachter ermittelten Marktwert von 18.000 T€.
Aufgabenstellung
Erläutern Sie den Unterschied zwischen einem subjektiven und objektiven Marktwert
und erklären Sie den Begriff des Fair Value. Beeinflussen die zusätzlichen Informatio-
nen Ihre Lösung zu Aufgabe 3.1.2 a)?
Lösung
Kennzeichnend für einen objektiven Marktwert ist die Abstraktion von subjektiven
Wertvorstellungen einzelner Marktakteure. Ein in der Wüste Gobi umherirrender, de-
hydrierter Mensch wird für eine Flasche Wasser vielleicht ein Königreich bieten; abs-
trahiert man aber von seiner persönlichen Situation, ist eine Flasche Wasser kein Kö-
nigreich wert.
(1) Ein hypothetischer Erwerber würde für die Marke „Theo Gromberg“ 2.000 T€ be-
zahlen. Subjektiv hat die Marke für die Truckstop corp. aber keinen Wert, da sie den
Betrieb nicht unter der Firma Gromberg fortführen, sondern sich lediglich die Infra-
struktur und bestehende Verträge des Unternehmens zu Nutze machen will. Die sub-
jektive (Nicht-)Wertigkeit des Vermögenswertes ist jedoch irrelevant, anzusetzen sind
die objektiven Fair Values, die ein hypothetischer Erwerber zahlen würde. Konkret
bedeutet dies die Ansatzpflicht für die Marke „Theo Gromberg“ i.H.v. 2.000 T€ (IFRS
174
IFRS im Konzernabschluss
3.2
3.B43); um diesen Betrag wird der Goodwill gemindert. Das Ansatzverbot für Marken
des IAS 38.63 greift hier nicht, da es sich durch den Unternehmenserwerb um einen
entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögenswert handelt. Da Truckstop die Mar-
ke nicht nutzen will, käme nach dem Unternehmenserwerb eine außerplanmäßige
aufwandswirksame Abschreibung (impairment) in Betracht.
(2) Es ist unstrittig, dass die Immobilien des Gromberg für die Truckstop corp. einen
Wert von 19.500 T€ (subjektiver Wert) haben. Allerdings ist auch hier das Prinzip des
hypothetischen Erwerbers zu beachten: Dieser würde lediglich den (objektiven) Fair
Value i.H.v. 18.000 T€ als Gegenleistung bezahlen. Der darüber hinausgehende Wert
für die Truckstop von 1.500 T€, der sich – nur für die Truckstop und nicht für andere
Unternehmen - durch zusätzliche Kostenersparnisse und Synergien ergibt, spiegelt
sich im Goodwill wider.
Konto T€ Konto T€
Goodwill 11.000
Immobilien 18.000
3.2 Kapitalkonsolidierung
3.2.1 Erstkonsolidierung – Zucker AG
Rechtsquellen: IFRS 3, IAS 38
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
175
IFRS im Konzernabschluss
3
aktuell auf 50 Mio. € geschätzt wird. Außerdem beträgt der Fair Value der Sachanla-
gen der Rübe GmbH 100 Mio. €, und in den Vorräten schlummern stille Reserven von
10 Mio. €.
Aufgabenstellung
a) Erstellen Sie die Handelsbilanz III der Rübe GmbH. Warum sind auf die Fair Va-
lue-Anpassungen latente Steuern zu bilden? Gehen Sie von einem aktuellen und
künftigen durchschnittlichen Ertragsteuersatz von 30 % aus.
b) Berechnen Sie den Goodwill des Mehrheitenanteils. Sind dabei auch latente Steu-
ern zu berücksichtigen?
c) Nehmen Sie die Erstkonsolidierung der Rübe GmbH nach der Neubewertungs-
methode vor und erstellen Sie die Konzernbilanz des Zucker AG-Konzerns zum
31.12.x3. Erläutern Sie Ihre Vorgehensweise.
Nutzen Sie für die Bearbeitung das nachfolgende Arbeitsblatt, das die aggregierten
Einzelbilanzen der beiden Gesellschaften nach IFRS bereits enthält.
Tabelle 3-2: Zucker AG Konzernbilanz zum 31.12.x3 (in Mio. €), Aufgabenblatt
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
immat. VW 15
Sachanlagen 180 80
Beteiligung 200
kurzfr. VW 60 40
Summe 455 120
gezeichnetes 100 60
Kapital
Rücklagen 105 24
Minderheiten
latente Steuern
kurzfr. Verb. 250 36
Summe 455 120
176
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Lösung
177
IFRS im Konzernabschluss
3
c) Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x3
In der Konsolidierungsspalte ist der Beteiligungsbuchwert (200 Mio. €) gegen das an-
teilige Eigenkapital (112 Mio. €) aufzurechnen und der sich ergebende Goodwill
(88 Mio. €) anzusetzen (Buchung 1). Ferner ist der Anteil anderer Gesellschafter (Min-
derheiten, in der Terminologie von IFRS 3: „non-controlling interests“) aus den Eigen-
kapitalposten der Rübe GmbH herauszuziehen und gesondert innerhalb des Eigenka-
pitals des Konzerns auszuweisen (Buchung 2).
Tabelle 3-3: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x3 (in Mio. €), Lösung
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 1) 88 88
immat. VW 15 50 65 65
Sachanlagen 180 80 100 280 280
Beteiligung 200 200 1) 200
kurzfr. VW 60 40 50 110 110
Summe 455 120 200 655 543
gezeichnetes 100 60 60 160 1) 48 100
Kapital 2) 12
105 24 80 185 1) 64 105
Rücklagen
2) 16
Minderheiten 2) 28 28
latente Steuern 24 24 24
kurzfr. Verb. 250 36 36 286 286
Summe 455 120 200 655 543
Schwierigkeitsgrad:
178
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Sachverhalt
Die Aufnahme der Rübe GmbH in den Zucker-Konzern (siehe Aufgabe 3.2.1) hat keine
besonderen Schwierigkeiten bereitet. Das Geschäftsjahr x4 war für beide Gesellschaf-
ten sogar so normal, dass sie exakt dieselben HB IIen erstellt haben wie ein Jahr zuvor.
Organisatorisch wird die HB III der Rübe GmbH bei der Konzernmutter geführt. Die
Aufstellung der HB III bereitet jedoch Probleme, weil die Zucker AG nicht weiß, wie
mit folgenden Informationen umzugehen ist:
Das Forschungsprojekt hat die Rübe GmbH planmäßig weiter geführt und hier-
für 10 Mio. € aufwandswirksam in der HB II erfasst.
Die Vorräte, deren Bilanzwert sich vier Mal umgeschlagen hat, werden nach der
Fifo-Methode bewertet.
Aufgabenstellung
Nehmen Sie die Folgekonsolidierung der Rübe GmbH vor und erstellen die Konzern-
bilanz des Zucker AG-Konzerns zum 31.12.x4. Nutzen Sie das nachfolgende Arbeits-
blatt, das die aggregierten Einzelbilanzen der beiden Gesellschaften nach IFRS bereits
enthält. Wie ist mit dem Goodwill umzugehen? Erläutern Sie Ihre Vorgehensweise.
Tabelle 3-4: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €), Aufgabenblatt
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
immat. VW 15
Sachanlagen 180 80
Beteiligung 200
kurzfr. VW 60 40
Summe 455 120
gezeichnetes 100 60
Kapital
Rücklagen 105 24
Minderheiten
latente Steuern
kurzfr. Verb. 250 36
Summe 455 120
179
IFRS im Konzernabschluss
3
Lösung
Die Hauptaufgabe der Erstellung der Konzernbilanz ein Jahr später liegt in der erneu-
ten Erstellung der HB III; die nachfolgende Konsolidierung ist lediglich ein techni-
scher Vorgang.
Hinweis: Weil auf Bilanzebene die Zeile „Jahresergebnis“ oder „Bilanzgewinn“ nicht
ausgewiesen ist, wird das Jahresergebnis, so weit auf die Gesellschafter des Mutterun-
ternehmens entfallend, innerhalb der Rücklagen ausgewiesen. Diese Ausweisart findet
sich in der Praxis häufig.
Für das Forschungsprojekt hat die Rübe GmbH weitere 10 Mio. € aufgewandt. Dieser
Betrag ist bereits in der HB II aufwandswirksam gebucht worden. Auch aus Konzern-
sicht dürfen die 10 Mio. € nicht aktiviert werden, obwohl das ursprüngliche For-
schungsprojekt im Zusammenhang mit dem Unternehmenserwerb aktiviert worden
ist, da es – was hier der Fall ist – die Forschungsphase noch nicht verlassen hat (IAS
38.43a).
Die aufgedeckten stillen Reserven bei den Sachanlagen sind über 2 Jahre abzuschrei-
ben, was in x4 zu einem bislang noch nicht erfassten Aufwand von 10 Mio. € führt.
Im Bereich der Vorräte haben sich aufgrund der Fifo-Bewertung die stillen Reserven
bereits umgeschlagen, so dass hier ebenfalls 10 Mio. € aufwandswirksam in der HB III
zu erfassen sind.
Dem Aufwand von zusammen 20 Mio. € steht die Auflösung der passiven latenten
Steuern in Höhe von 6 Mio. € (= 20 Mio. € y 30 %) gegenüber, so dass sich per Saldo
eine Aufwandswirkung von 14 Mio. € in der HB III ergibt. Davon entfallen auf die
Mehrheitsgesellschafter 80 %, also 11,2 Mio. €, um die das Konzerneigenkapital sinkt
(siehe Zeile „KB“, Spalte „Rücklagen“ im Vergleich zum Vorjahr). Entsprechend
nimmt auch der Minderheitenanteil gegenüber der Vorperiode um 2,8 Mio. € ab.
Der Goodwill wird nach IFRS 3 nicht planmäßig abgeschrieben. Er ist stattdessen jähr-
lich auf Wertminderung zu prüfen (IAS 36.10b).
180
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Tabelle 3-5: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €), Lösung
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 1) 88 88
immat. VW 15 50 65 65
Sachanlagen 180 80 90 270 270
Beteiligung 200 200 1) 200
kurzfr. VW 60 40 40 100 100
Summe 455 120 180 635 523
gezeichnetes 100 60 60 160 1) 48 100
Kapital 2) 12
105 24 66 171 1) 64 93,8
Rücklagen
2) 13,2
Minderheiten 2) 25,2 25,2
latente Steuern 18 18 18
kurzfr. Verb. 250 36 36 286 286
Summe 455 120 180 635 523
Lernziele: Technik der Erstkonsolidierung nach der Full Goodwill Methode im Ver-
gleich zur Neubewertungsmethode; Minderheitenanteil und -ausweis
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die mit Eigenkapitaltiteln börsennotierte Dolce Vita AG – einem Hersteller von Süß-
waren und Desserts aller Art – zeigt am 31.12.x1 folgendes hochaggregierte Bilanzbild:
Noch am 31.12.x1, im obigen Bilanzbild noch nicht berücksichtigt, erwirbt die Dolce
Vita AG 60 % der Kapitalanteile (= Stimmrechte) der Gelato AG – einem Hersteller von
Premium-Speiseeis – für eine Gegenleistung von 20 Mio. € (bar). Für die Gelato AG
liegen zum Erwerbszeitpunkt folgende Daten vor:
181
IFRS im Konzernabschluss
3
Buchwert in Mio € Fair Value in Mio €
Diverse Aktiva 45 52
Diverse Schulden 30 30
Eigenkapital 15 22
Aufgabenstellung
a) Führen Sie die Erstkonsolidierung der Gelato AG bei der Dolce Vita AG auf den
31.12.x1 nach der Neubewertungsmethode durch.
b) Erläutern Sie zunächst die Unterschiede der Full Goodwill Methode im Vergleich
zur Neubewertungsmethode. Welche Veränderungen würden Sie für die Kon-
zernbilanz zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill Methode grundsätzlich erwar-
ten?
c) Führen Sie die Erstkonsolidierung nach der Full Goodwill Methode durch.
d) Ist die Full Goodwill Methode auch im HGB-Konzernabschluss zulässig?
Latente Steuern sind zu vernachlässigen. Nutzen Sie für die Bearbeitung die nachfol-
genden Arbeitsblätter, die die aggregierten Einzelbilanzen der beiden Gesellschaften
bereits enthalten.
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
Beteiligungen 20
Diverse Aktiva 50 45
Summe 70 45
Eigenkapital 30 15
Minderheiten
Div. Schulden 40 30
Summe 70 45
182
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Tabelle 3-7: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill Methode
(in Mio. €), Aufgabenblatt
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
Beteiligungen 20
Diverse Aktiva 50 45
Summe 70 45
Eigenkapital 30 15
Minderheiten
Div. Schulden 40 30
Summe 70 45
Lösung
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 1) 6,8 6,8
Beteiligungen 20 20 1) 20 -
Diverse Aktiva 50 45 52 102 102
Summe 70 45 52 122 108,8
Eigenkapital 30 15 22 52 1) 13,2 30
2) 8,8
Minderheiten 2) 8,8 8,8
Div. Schulden 40 30 30 70 70
Summe 70 45 52 122 28,8 28,8 108,8
183
IFRS im Konzernabschluss
3
ten anteiligen Nettovermögen bei der Neubewertungsmethode). Der Minderheitenan-
teil am Konzerneigenkapital fällt beim positiven Goodwill entsprechend höher aus.
Mit dieser Methode wird im Ergebnis der Unternehmensgesamtwert des erworbenen
Unternehmens im Konzernabschluss abgebildet.
Für den vorliegenden Fall sind für die Konzernbilanz ein höherer Goodwill auf der
Aktivseite, ein höherer Minderheiten-Anteil im Konzerneigenkapital auf der Passivsei-
te und somit insgesamt eine höhere Bilanzsumme zu erwarten.
Sofern Börsenkurse für das erworbene Unternehmen vorhanden sind, sind diese als
Fair Value des erworbenen Unternehmens zu Grunde zu legen (IFRS 3.B44). Soweit
beim Mehrheits-Anteilserwerb keine Kontrollprämie oder Synergien bezahlt wurden,
kann in Abwesenheit von Börsenkursen auch der Wert der Gegenleistung proportional
auf die Minderheiten hochgerechnet werden. Sollten vorgenannte Möglichkeiten aus-
scheiden, ist ein Unternehmensgesamtwert beispielsweise unter Verwendung von
DCF-Verfahren zu ermitteln und entsprechend anteilig den Minderheiten zuzurech-
nen.
Konto T€ Konto T€
Goodwill 6,8
184
IFRS im Konzernabschluss
3.2
2) Kapitalkonsolidierung Minderheiten
Konto T€ Konto T€
Goodwill 4,5
Insgesamt ergibt sich im Vergleich zur Neubewertungsmethode ein um 4,5 Mio. € hö-
herer Goodwill auf der Aktivseite und in gleicher Höhe höheres Konzerneigenkapital
(im Posten Minderheiten) auf der Passivseite.
Tabelle 3-10: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill Methode
(in Mio. €), Lösungsblatt
MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 11,3
- Dolce Vita 1) 6,8
- Minderheiten 2) 4,5
Beteiligungen 20 20 1) 20 -
Diverse Aktiva 50 45 52 102 102
Summe 70 45 52 122 113,3
Eigenkapital 30 15 22 52 1) 13,2 30
2) 8,8
Minderheiten 2) 13,3 13,3
Div. Schulden 40 30 30 70 70
Summe 70 45 52 122 113,3
185
IFRS im Konzernabschluss
3
3.3 Spezialfälle und übergreifende Aufgaben
3.3.1 Gegenleistungen des Erwerbs – Alleskauf AG
Rechtsquellen: IFRS 3
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Sie arbeiten als Praktikant im Rechnungswesen der Alleskauf AG, einem börsennotier-
ten Mutterunternehmen eines Mischkonzerns in Süddeutschland. Man munkelt, dass
der Konzern in Kürze weitere Unternehmen übernehmen will. Ihr Chef, der in interna-
tionaler Rechnungslegung immer noch nicht sicher ist, kommt direkt an Ihrem zwei-
ten Arbeitstag zu Ihnen und beauftragt Sie, sich einige Sachverhalte im Rahmen von
Unternehmenszusammenschlüssen anzusehen und ihm über die jeweilige Bilanzie-
rung zu berichten:
(1) Alleskauf erwirbt am 31.10.x1 alle Anteile von TUC für eine Gegenleistung von
800 T€ in bar. Außerdem wird vereinbart, dass Alleskauf in x4 eine Zahlung i.H.v.
70 % des operativen Ergebnisses der TUC aus den Jahren x2 und x3 leistet.
Zum Erwerbszeitpunkt wird ein operatives Ergebnis der TUC von je 80 T€ in den
Jahren x2 und x3 geschätzt. Tatsächlich erwirtschaftet TUC jedoch in x2 nur ein
operatives Ergebnis von 60 T€, woraufhin die Schätzung für x3 ebenfalls auf
60 T€ angepasst wird. In x3 erzielt TUC aber 70 T€.
(2) Alleskauf erwirbt TUD für eine Gegenleistung in bar i.H.v. 1.200 T€. Alleskauf
will nach dem Erwerb das Management von TUD gegen eine Abfindungszahlung
von 60 T€ ersetzen. Macht es für die Bilanzierung des Unternehmenserwerbs ei-
nen Unterschied, ob
(2.1) die Abfindungszahlung mit dem Management nach dem Erwerb verein-
bart wurde; oder
(2.2) die Altgesellschafter bereits vor Jahren mit dem Management eine Verein-
barung über die Zahlung von 60 T€ für den Fall einer Unternehmensübernahme
mit Managementwechsel vereinbart haben?
Aufgabenstellung
Beurteilen Sie, wie die Sachverhalte in den jeweiligen Jahren bilanziell abzubilden
sind. Zeigen Sie die Auswirkungen auf die Gegenleistung der Unternehmenserwerbe,
geben Sie die Buchungssätze an und begründen Sie Ihre Ergebnisse.
186
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Lösung
(1) Earn-Out-Klausel
Alleskauf schätzt ein kumuliertes operatives Ergebnis von 160 T€ für TUC, woraus
sich eine Zahlungsverpflichtung von 112 T€ ergäbe. Die 112 T€ erhöhen die Gegenleis-
tung und sind in x1 als Verbindlichkeit zu passivieren:
Konto T€ Konto T€
an Verbindlichkeit 112
In x2 ist tatsächlich nur ein operatives Ergebnis von 60 T€ erzielt und daraufhin die
Schätzung für x3 ebenfalls angepasst worden. Erwartet werden nun 120 T€ operatives
Ergebnis, also eine zusätzliche Zahlung von 84 T€ (= 120 0,7). Die Verbindlichkeit ist
nun ergebniswirksam um 28 T€ auf 84 T€ zu korrigieren:
Konto T€ Konto T€
Verbindlichkeit 28 an Ertrag 28
Konto T€ Konto T€
Aufwand 7 an Verbindlichkeit 7
Auffällig ist: Der Beteiligungsbuchwert bleibt bei allen weiteren Schätzungen der Ver-
bindlichkeit konstant. Durch die erfolgswirksame Anpassung der Verbindlichkeit in
den Folgeperioden lässt sich Bilanzpolitik betreiben: Eine zu hoch geschätzte bedingte
Zahlungsverpflichtung führt in künftigen Perioden zu Erträgen.
187
IFRS im Konzernabschluss
3
(2) Abfindungszahlungen (Exit Fee)
(2.1) Leistungsgerechte Entgelte, die nach dem Erwerb an Mitarbeiter gezahlt werden,
sind als Aufwand zu erfassen. Nicht leistungsgerechte Entgelte jedoch zählen zur Ge-
genleistung des Unternehmenserwerbs (IFRS 3.52b).
Da die Zahlung erst nach dem Erwerb vereinbart wurde, handelt es sich um eine klassi-
sche Abfindungszahlung, so dass trotz Nichtleistung ein leistungsgerechtes Entgelt
vorliegt. Die Leistung des bisherigen Managements liegt tatsächlich im Ausscheiden
(IFRS 3.IE60). Die Abfindungszahlung ist als Aufwand nach dem Erwerbszeitpunk zu
erfassen.
Erwerb:
Konto T€ Konto T€
Abfindungszahlung:
Konto T€ Konto T€
Aufwand 60 an Bank 60
Konto T€ Konto T€
Verbindlichkeiten 60
188
IFRS im Konzernabschluss
3.3
3.3.2 Reverse Acquisition – Klein AG
Rechtsquellen: IFRS 3
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Der Vorstand der Klein AG, ein an der Düsseldorfer Börse notiertes Handelsunter-
nehmen mit einer Marktkapitalisierung von 20 Mio. €, erwägt den Erwerb der eben-
falls im Handel tätigen, aber nicht börsennotierten Groß AG zum 31.12.x1. Unstrittig
beträgt der faire Marktwert der Groß AG 60 Mio. €. Unschlüssig ist sich der Vorstand
der Klein AG jedoch über die Finanzierung des Unternehmenserwerbs. In Erwägung
gezogen wird
(1) ein durch Aufnahme neuer Schulden bei der Hausbank finanzierter Barkauf oder
(2) die Ausgabe neuer Aktien, also die Durchführung einer Kapitalerhöhung mit Hin-
gabe der neuen Aktien an die Altaktionäre der Groß AG.
In der Bilanz der Klein AG schlummern einzeln identifizierbare stille Reserven von 2
Mio. €, und in der der Groß AG von 7 Mio. €.
Aufgabenstellung
a) Nimmt die Art der Finanzierung Einfluss auf die Position der Gesellschafter des
Konzerns nach dem Unternehmenszusammenschluss? Gibt es einen Unterschied
zwischen dem rechtlichen und dem wirtschaftlichen Erwerber?
b) Nehmen Sie an, der Unternehmenserwerb erfolgt nach Variante (1). Führen Sie
die Erstkonsolidierung durch!
c) Nehmen Sie nun an, der Unternehmenserwerb erfolgt nach Variante (2). Führen
Sie die Erstkonsolidierung durch!
Nutzen Sie für die Bearbeitung die nachfolgenden Aufgabenblätter, die die aggregier-
ten Bilanzen der Klein AG und Groß AG vor dem Unternehmenserwerb bereits enthal-
ten. Latente Steuern sind zu vernachlässigen.
189
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-11: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Aufgabenblatt
für Aufgabe b)
Klein Klein Konsolidie-
(HB II) (HB II) Groß Groß Summen- rung
KB
vor nach (HB II) (HB III) bilanz
Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill
Beteiligung
div. Aktiva 10 55
Summe 10 55
gezeichnetes 5 6
Kapital
Kapital-RL 2
Gewinn-RL 3 34
div. Schulden 15
Summe 10 55
Tabelle 3-12: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Aufgabenblatt
für Aufgabe c)
Klein Klein Konsolidierung
(HB II) (HB III) Groß Summen-
KB
vor nach (HB II) bilanz Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill
Beteiligung
div. Aktiva 10 55
Summe 10 55
gezeichnetes 5 6
Kapital
Kapital-RL 2
Gewinn-RL 3 34
div. Schulden 15
Summe 10 55
190
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Lösung
IFRS 3 möchte diese ökonomische Perspektive durch die Bilanzierung zum Ausdruck
bringen und steht dabei vor dem Problem, dass nicht die Gesellschaftergruppen, son-
dern eine juristische Person, also ein Unternehmen, den Konzernabschluss aufstellt.
Aus der Perspektive der Gesellschaft, hier der Klein AG, ist diese in beiden Fällen
zwar der (juristische) Erwerber der Anteile der Groß AG. Bezieht man die Gesellschaf-
terebene mit ein, ist die Klein AG aber nur im Fall (1) zugleich auch der wirtschaftliche
Erwerber. Bei der Konsolidierung werden dann die Buchwerte der Klein AG fortge-
führt, während bei der Groß AG die stillen Reserven und ein Goodwill aufgedeckt
werden.
Im Fall (2) dagegen ist die Groß AG der wirtschaftliche Erwerber. Dann führt umge-
kehrt zu (1) die Groß AG ihre Buchwerte fort, und bei der Klein AG werden stille Re-
serven und ein Goodwill aufgedeckt. Diese Art der Konsolidierung ist bei der hier im
Fall (2) vorliegender reverse acquisition, dem umgekehrten Unternehmenserwerb, vor-
zunehmen. Es bleibt aber dabei, dass die Klein AG in beiden Fällen den Konzernab-
schluss aufstellt.
191
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-13: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Lösungsblatt
Neubewertungmethode
Klein Klein Konsolidie-
(HB II) (HB II) Groß Groß Summen- rung
KB
vor nach (HB II) (HB III) bilanz
Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill 1) 13 13
Beteiligung 60 60 1) 60 -
div. Aktiva 10 10 55 62 72 72
Summe 10 70 55 62 132 85
gezeichnetes 5 5 6 6 11 1) 6 5
Kapital
Kapital-RL 2 2 2 2
Gewinn-RL 3 3 34 41 44 1) 41 3
div. Schulden 60 15 15 75 75
Summe 10 70 55 62 132 85
Der Marktwert der Klein AG beträgt 20 Mio. € und der der Groß AG 60 Mio. €. Daher
ist eine Kapitalerhöhung im Verhältnis des Nennkapitals von 1:3 durchzuführen. Bei
bislang 5 Mio. gezeichnetem Kapital erhöht sich dieses um 15 Mio. € auf 20 Mio. Bei
der Klein AG ist zu buchen:
Kapitalrücklage 45
Sodann ist die Klein AG zum Marktwert anzusetzen, es sind also stille Reserven (vor
dem Unternehmenserwerb) von 2 Mio. € und der Goodwill von 8 Mio. € anzusetzen,
ebenfalls mit Gegenbuchung in der Kapitalrücklage:
192
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Konto Mio. € Konto Mio. €
Goodwill 8
Bei der Konsolidierung ist schließlich zu beachten, dass das gezeichnete Kapital der
Klein AG - nach Kapitalerhöhung - als rechtliche Erwerberin und Aufstellerin des
Konzernabschlusses in die Konzernbilanz übernommen wird (IFRS 3.B22d). Die Ge-
winnrücklagen allerdings sind von der Groß AG fortzuführen (IFRS 3.B22c). Es ist also
zunächst der Beteiligungsbuchwert bei der Klein AG mit dem gezeichneten Kapital
der Groß AG, den Gewinnrücklagen der Klein AG und im Übrigen gegen die Kapital-
rücklage zu verrechnen. Daraus ergibt sich folgende Buchung:
Kapitalrücklage (saldo) 51
Tabelle 3-14: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Lösungsblatt
Reverse Acquisition
Klein Klein Konsolidierung
(HB II) (HB III) Groß Summen-
KB
vor nach (HB II) bilanz Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill 8 8 8
Beteiligung 60 60 1) 60 -
div. Aktiva 10 12 55 67 67
Summe 10 80 55 135 75
gezeichnetes 5 20 6 26 1) 6 20
Kapital
Kapital-RL 2 57 57 1) 51 6
Gewinn-RL 3 3 34 37 1) 3 34
div. Schulden 15 15 15
Summe 10 80 55 135 75
193
IFRS im Konzernabschluss
3
Anmerkung: Bei „normalen“ Unternehmenserwerben kommen reverse acquisitions i.d.R.
nicht vor. Dennoch haben sie praktische Relevanz, wenn z.B. ein größeres, nicht bör-
sennotiertes Unternehmen durch einen Unternehmenszusammenschluss mit einem
kleineren, börsennotierten Unternehmen einen indirekten – und auch kostengünstige-
ren – Börsengang durch Anteilstausch, wie oben beschrieben, anstrebt.
Lernziele: Kennen lernen von verschiedenen Methoden der Fair Value-Ermittlung bei
der Erstkonsolidierung, insbesondere für immaterielle Vermögenswerte
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Big Mother AG hat am 01.01.x1 100 % der Anteile an der Brandnew GmbH zu ei-
nen Kaufpreis von 120 Mio. € erworben. Die Brandnew GmbH produziert und ver-
treibt Kosmetikartikel für den Einzelhandel. Die nach konzerneinheitlichen Richtlinien
aufgestellte Bilanz der Brandnew GmbH (Handelsbilanz II) weist zum 01.01.x1 fol-
gende Vermögenswerte und Schulden aus:
Bezeichnung 01.01.x1
Software 15.000
Sachanlagen 50.000
Vorräte 60.000
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 35.000
Sonstige Vermögenswerte 10.000
Vermögenswerte insgesamt 170.000
Rückstellungen 15.000
Bankverbindlichkeiten 40.000
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 40.000
Sonstige Verbindlichkeiten 25.000
Verbindlichkeiten insgesamt 120.000
Eigenkapital 50.000
194
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Die Konsolidierungsabteilung ist damit beauftragt, für die Erstkonsolidierung die sog.
Handelsbilanz III aufzustellen. Aus der durchgeführten Due Diligence und den Kauf-
preisverhandlungen liegen folgende Informationen vor:
(1) Verkaufsrenner bei Brandnew ist zurzeit die Creme „No Wrinkles“, für die ein
Markenrecht besteht. Man nimmt an, dass die Creme in den nächsten 5 Jahren einen
Umsatz von konstant 50 Mio. € p.a. generiert und dann eingestellt wird. Der Leiter
Rechnungswesen meint, man könne den Wert einer Marke durch die Methode der Li-
zenzpreisanalogie bestimmen, wobei hier fremdübliche Lizenzgebühren von 5 % p.a.
vom Umsatz sowie ein Diskontierungssatz von 10 % p.a. jeweils nach Steuern zu un-
terstellen seien; außerdem murmelt er noch etwas von einem zu beachtenden Steuer-
vorteil.
(2) Mit einigen Einzelhandelsketten hat Brandnew Fest- und Rahmenverträge bis ins
Jahr x3 geschlossen. Man geht davon aus, dass die Profitabilität des vertraglich gesi-
cherten Auftragsbestands dem Unternehmensdurchschnitt entspricht. Mithin werden
sich die einzelnen Aufwandsbestandteile in jedem Jahr proportional zum Umsatz aus
den Fest- und Rahmenverträgen verhalten. Aus der Planungsabteilung liegen folgende
budgetierten Werte für die Gesamterfolgsrechnung vor:
x1 x2 x3
Umsatz 100.000 105.000 113.000
Materialaufwand - 40.000 - 42.000 - 45.200
Personalaufwand - 20.000 - 21.000 - 22.600
sonstige betriebliche Aufwendungen - 10.000 - 10.500 - 11.300
Abschreibung Sachanlagen - 7.000 - 7.000 - 7.000
Abschreibung Marke (aus (1))
Ein Controllingmitarbeiter wirft ein, während seines Studiums an der FH Erfurt etwas
von der Residualwertmethode gehört zu haben, mit der der Vorteil aus einem Auf-
tragsbestand gut zu bewerten wäre. Dazu sei ein Tableau zu verwenden, in das er
schon einige Daten eingetragen habe, insbesondere das (leicht unter dem Stand vom
01.01.x1) erwartete Nettoumlaufvermögen, den Anteil des vertraglich gesicherten Um-
satzes am erwarteten Gesamtumsatz, die Zeitwerte des gebundenen Kapitals und ei-
nige Zinssätze. Außerdem sei auch hier auf den Steuervorteil zu achten.
Der Leiter Rechnungswesen wundert sich beim Blick auf das Tableau nicht über die
Verwendung unterschiedlicher Zinssätze zur Berechnung der Kosten der Kapitalbin-
dung; ihm ist natürlich bekannt, dass sich die Höhe der Zinssätze aus dem jeweiligen
Risikoprofil des entsprechenden Zahlungsstroms ergibt und im Übrigen der Diskon-
tierungssatz von 7 % nach Steuern die gewichteten Kapitalkosten (WACC) des Ge-
195
IFRS im Konzernabschluss
3
samtunternehmens reflektiert. Auf der anderen Seite ist ihm jedoch unklar, wieso in
dem Tableau der Fair Value eines Mitarbeiterstamms auftaucht.
Nachrichtlich
x1 x2 x3
Zeitwert Zinssatz Zinsen
Nettoumlaufvermögen gesamt 12.000 13.000 14.000
geplanter Gesamtumsatz 100.000 105.000 113.000
davon vertraglich gesichert in % 80 % 60 % 25 %
vertraglich abgesichert in T€ 80.000 63.000 28.250
Materialaufwand
Personalaufwand
sonst. betr. Aufwendungen
Abschreibung Sachanlagen
Abschreibung Marke
1. EBIT
Verzinsung Sachanlagen 70.000 10,0 % - 7.000
Verzinsung Marke 15,0 %
Verzinsung Mitarbeiterstamm 20.000 15,0 % - 3.000
Verzinsung Nettoumlaufverm. s.o. 6,0 %
2. kalkulatorische Verzinsung
1. + 2. = Ergebnis nach Zinsen
Unternehmenssteuern (33 %)
Überschüsse nach Steuern
Diskontierungssatz 7,0 % 7,0 % 7,0 %
Barwert
Summe Barwerte
(3) Die Brandnew GmbH hat ein Projekt „Eternally no Wrinkles“ in der Forschungspi-
peline. Eine Aktivierung kam bisher nicht in Betracht, weil das Entwicklungsstadium
noch nicht erreicht wurde. Die Big Mother AG hat diesem Projekt jedoch einen Kauf-
preisanteil von 5 Mio. € beigemessen, außerdem 7 Mio. € für bisher nicht aktivierte
Entwicklungsprojekte, die sie als aussichtsreicher beurteilt als die alte Geschäftsfüh-
rung der Brandnew GmbH.
(4) Der Wert von Werbemaßnahmen für neu eingeführte Produkte, die die Brandnew
GmbH im vergangenen Jahr durchgeführt hat, wird auf 10 Mio. € geschätzt.
(5) Die Brandnew GmbH hat einen unstrittig als Operating Lease einzustufenden Lea-
singvertrag über eine Maschine abgeschlossen, der noch drei Jahre läuft und jährliche
nachschüssige Leasingraten von 3 Mio. € erfordert. Die Leasingraten sind besonders
196
IFRS im Konzernabschluss
3.3
günstig, da der Vertrag zu Zeiten sehr niedriger Zinsen abgeschlossen wurde. Nach
heutigen Marktverhältnissen wären Leasingraten von 4 Mio. € p.a. zu zahlen, wobei
ein Leasinggeber mit 6 % p.a. kalkulieren würde.
(6) Lt. eingeholten Gutachterwerten beträgt der Fair Value des Sachanlagevermögens
70 Mio. €.
(7) Die Brandnew GmbH ist mit einer Produkthaftpflichtklage in den USA konfron-
tiert, da Hunde der Rasse Mops, die von ihren Besitzerinnen mit „No Wrinkles“ einge-
rieben wurden, vereinzelt Rötungen des Fells aufwiesen. Die Brandnew GmbH hatte
in den Packungsbeilagen nicht darauf hingewiesen, dass die Creme für Tiere ungeeig-
net ist. Eine Rückstellung wurde bisher nicht gebildet, weil man die Klage für abwegig
hielt und ein mögliches Risiko durch die Produkthaftpflicht gedeckt sieht. Bei den
Kaufpreisverhandlungen hatte die Big Mother AG vorgeschlagen, in Abhängigkeit
vom Prozessausgang eine spätere Kaufpreiskorrektur vorzunehmen. Dies hatte der
Verkäufer abgelehnt. Um die Sache abzuschließen, einigte man sich stattdessen auf ei-
nen Kaufpreisabschlag von 3 Mio. €. Die Big Mother AG schätzt die Bandbreite des Ri-
sikos der Klage bei Gleichverteilung auf zwischen 0 Mio. € und 5 Mio. €.
(8) Die Big Mother AG sieht in einem Teilbereich der Brandnew GmbH Restrukturie-
rungsbedarf und hat für Personalabfindungen einen Betrag von 8 Mio. € vom Kauf-
preis abgezogen. Eine Unterrichtung der Mitarbeiter ist bis zum 01.01.x1 weder durch
die Brandnew GmbH noch durch die Big Mother AG erfolgt.
(9) Von den Bankverbindlichkeiten der Brandnew GmbH (40 Mio. €) sind 20 Mio. € va-
riabel verzinslich und 20 Mio. € mit 8 % festverzinslich. Der festverzinsliche Kredit
läuft noch 3 Jahre. Der aktuelle Marktzins für vergleichbare Festkredite beträgt 5 %.
Aufgabenstellung
a) Prüfen Sie die vorstehenden Sachverhalte auf ihren Ansatz in der HB III.
b) Skizzieren Sie allgemein, wie Vermögenswerte und Schulden bei einem Unter-
nehmenserwerb vom Erwerber zu bewerten sind. Welches Problem stellt sich ins-
besondere bei immateriellen Vermögenswerten, und wieso wird in diesem Zu-
sammenhang bei der Bewertung der Sachverhalte (1) und (2) von einem Steuer-
vorteil gesprochen? Erläutern Sie Begriff und Anwendungsbereich des Tax
Amortisation Benefit. Was spricht für seine Berücksichtigung, und was könnte sich
auch dagegen vorbringen lassen?
197
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-18: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Aufgabenblatt
Bezeichnung 01.01.x1
Nettovermögen (= Eigenkapital) lt. HB II 50.000
(1) Marke „No Wrinkles“
(2) Auftragsbestand
(3) Forschungs- und Entwicklungsprojekte
(4) Werbemaßnahmen
(5) Leasingvertrag
(6) Sachanlagen
(7) Prozessrisiko
(8) Restrukturierungsrückstellung
(9) Bankverbindlichkeiten
Fair Value Anpassungen brutto
(10) latente Steuern
Fair Value Anpassungen netto
Fair Value des Nettovermögens (= Eigenkapital) lt. HB III
d) Ermitteln Sie den Goodwill. Was können die Ursachen für den Kaufpreis von 120
Mio. € gewesen sein?
e) Wie wäre zu bilanzieren, wenn die Big Mother AG nur einen Kaufpreis von 65
Mio. € für die Brandnew GmbH gezahlt hätte?
f) Wie wäre die Marke „No Wrinkles“ (Sachverhalt (1)) zu bewerten, wenn die Big
Mother AG ein eigenes Konkurrenzprodukt zu „No Wrinkles“ besitzt und plante,
die Marke „No Wrinkles“ einzustellen?
Lösung
198
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Bei immateriellen Vermögenswerten ist zwar noch die Vermögenswerteigen-
schaft, insbesondere die Kriterien der Identifizierbarkeit und Kontrolle zu prüfen;
auf den künftigen Nutzenzufluss kommt es aber nicht mehr an, weil dieser im
gezahlten Unternehmenskaufpreis bereits zum Ausdruck gekommen sei (IAS
38.33 f.).
In beiden Fällen könnte ein Ansatz im Konzernabschluss nur noch dann scheitern,
wenn eine zuverlässige Fair Value-Bewertung nicht möglich wäre; bei der Brandnew
GmbH ist die zuverlässige Bewertung aber in allen Punkten möglich.
b) Steuervorteil
Bei einem Unternehmenserwerb sind die erworbenen Vermögenswerte (und Schul-
den) einzeln zu bewerten und zum Fair Value in der Bilanz des Erwerbers anzusetzen.
Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen share deal oder um einen asset deal
handelt.
Der Fair Value ist der objektive Einzeltauschwert/ Marktpreis eines Vermögenswertes
bzw. einer Schuld unter Abstraktion der subjektiven Verhältnisse des tatsächlichen
Erwerbers (s. Aufgabe 3.1.3). Der Marktpreis reflektiert dabei alle am Markt bewerte-
ten objektiven Nutzenvorteile/ Nachteile aus dem bewerteten Posten. Gerade bei im-
materiellen Vermögenswerten, zumal wenn sie im Wege eines Unternehmenserwerbs
als einer unter vielen Bestandteilen des Vermögens zugegangen sind, sind jedoch
Marktpreise oft nicht erhältlich. Dann ist eine Bewertungsmethode zu verwenden, um
einen Marktpreis zu schätzen. Häufig wird bei der Bewertung immaterieller Vermö-
genswerte auf kapitalwertorientierte DCF-Verfahren zurückgegriffen. Bei diesen Ver-
fahren wird aus den erwarteten künftigen finanziellen Überschüssen aus der Nutzung
des immateriellen Vermögenswertes ein Barwert berechnet, der den Wert des Postens
199
IFRS im Konzernabschluss
3
darstellen soll. In künftigen Perioden wird jedoch durch planmäßige und/oder außer-
planmäßige Abschreibungen des Postens noch ein Steuervorteil erzielt, der in dem
Barwert noch nicht enthalten ist. Dieser Vorteil (Tax Amortisation Benefit) ist unabhän-
gig davon, ob sich der konkret zu bilanzierende Unternehmenserwerb im Wege des
share deal oder des asset deal vollzieht, zu erfassen. Die Begründung lautet, dass sich
der Fair Value aus Sicht eines hypothetischen Erwerbers ergibt, der den Gegenstand
durch Einzelerwerb (Marktpreis!) erlangt und diesen daher abschreiben kann. Der
künftige Steuervorteil ist daher ebenfalls zum Barwert zu berechnen und dem Vermö-
genswert hinzuzuaddieren (IDW RS HFA 16, Rz. 38; zur Berechnungsmethode siehe
Lösung zu c).
Die Bewertung über DCF-Verfahren soll letztlich den Marktpreis des immateriellen
Vermögenswertes simulieren. Gegen die Berücksichtigung des Steuervorteils lässt sich
dann vor allem vorbringen, dass unklar ist, ob ein Einzelerwerber den Steuervorteil
tatsächlich (in voller Höhe) vergüten würde. So könnte unsicher sein, dass tatsächlich
ein zu versteuerndes Ergebnis erzielt wird, gegen das die künftige Abschreibung ver-
rechnet wird. Auch die Verwendung unterschiedlicher Steuerarten und -sätze würde
die Werthöhe des Vermögenswertes beeinflussen.
Bei der Ermittlung des Steuervorteils entsteht ein Zirkularitätsproblem, weil die Ab-
schreibung auf den Fair Value erfolgt, dieser aber wiederum den Barwert des ab-
schreibungsbedingten Steuervorteils enthält. Dieser kann jedoch durch Iteration er-
mittelt werden:
200
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Tabelle 3-19: Ermittlung des Steuervorteils bei „No Wrinkles“
Jahr 1 2 3 4 5 Barwert
Schritt 1 AfA p.a. (1/5) 1.900 1.900 1.900 1.900 1.900 9.500
Steuerersparnis AfA (33 %) 627 627 627 627 627 2.383
Schritt 2 AfA auf Wert (9.500 + 2.383) 2.377 2.377 2.377 2.377 2.377 11.883
Steuerersparnis AfA (33 %) 784 784 784 784 784 2.980
Schritt 3 AfA auf Wert (9.500 + 2.980) 2.496 2.496 2.496 2.496 2.496 12.480
Steuerersparnis AfA (33 %) 824 824 824 824 824 3.130
Schritt 4 AfA auf Wert (9.500 + 3.130) 2.526 2.526 2.526 2.526 2.526 12.630
Steuerersparnis AfA (33 %) 834 834 834 834 834 3.168
Schritt 5 AfA auf Wert (9.500 + 3.168) 2.534 2.534 2.534 2.534 2.534 12.668
Steuerersparnis AfA (33 %) 836 836 836 836 836 3.177
Schritt 6 AfA auf Wert (9.500 + 3.177) 2.535 2.535 2.535 2.535 2.535 12.677
Steuerersparnis AfA (33 %) 837 837 837 837 837 3.179
Schritt 7 Wert (9.500 + 3.179) 12.679
Der endgültige Fair Value der Marke „No Wrinkles“ beträgt somit gerundet 12.680 T€.
Hierauf sind passive latente Steuern von 33 % = 4.184 T€ anzusetzen (siehe auch am
Ende, (10)), und zwar nicht abgezinst (IFRS 3.24), so dass die latenten Steuern von ih-
rem tatsächlichen Barwert von 3.179 T€ abweichen.
Statt durch Iteration kann der Steuervorteil auch durch Berechnung eines sog. Step-
up-Faktors ermittelt werden. Für dessen Ermittlung wird der gesamte Steuervorteil
(100 %) auf die Perioden seiner Nutzung verteilt (hier 5 Jahre), was einen Faktor von
0,2 (20 %) ergibt. Dieser ist zum Barwert zu berechnen, also mit dem Rentenbarwert-
faktor für 10 % und 5 Jahre (3,8) zu multiplizieren; das ergibt eine Summe der barwer-
tigen Abschreibungssätze von 0,76. Der Anteil der Steuerersparnis ergibt sich durch
Multiplikation der 0,76 mit dem Steuersatz von 0,33; das sind 0,2508. Der Step-up-
Faktor beträgt dann 1/(1 - 0,2508) = 1,3348. Wird der Barwert der Cashflows des Ver-
mögenswertes (9.500 T€) mit dem Step-up-Faktor (1,3348) multipliziert, ergibt sich e-
benfalls der Fair Falue der Marke „No Wrinkles“ von 12.680 T€.
Bei der Residualwertmethode wird der Barwert der ausschließlich durch den zu be-
wertenden immateriellen Vermögenswert generierten Cashflows ermittelt. Da imma-
terielle Vermögenswerte i.d.R. erst im Verbund mit anderen Vermögenswerten Cash-
flows generieren, werden bei der Ermittlung der relevanten Einzahlungsüberschüsse
201
IFRS im Konzernabschluss
3
fiktive Auszahlungen für diese unterstützenden Vermögenswerte abgezogen. Diese
umfassen den Werteverzehr und eine angemessene Verzinsung. Hiermit werden
zugleich Mehrfacherfassungen identischer Cashflows vermieden. So ist bei der Bewer-
tung von (vertraglichen) Kundenbeziehungen u.ä. ein fiktives Nutzungsentgelt für
Marken abzuziehen, bezogen auf den zuvor ermittelten Zeitwert der Marke „No
Wrinkles“.
nachrichtlich
x1 x2 x3
Zeitwert Zinssatz Zinsen
Nettoumlaufvermögen 12.000 13.000 14.000
geplanter Gesamtumsatz 100.000 105.000 113.000
davon vertraglich gesichert in % 80 % 60 % 25 %
vertraglich abgesichert in T€ 80.000 63.000 28.250
Materialaufwand -32.000 -25.200 -11.300
Personalaufwand -16.000 -12.600 -5.650
sonst. betr. Aufwendungen -8.000 -6.300 -2.825
Abschreibung Sachanlagen 70.000 -5.600 -4.200 -1.750
Abschreibung Marke 12.680 -2.029 -1.522 -634
1. EBIT 16.371 13.178 6.091
Verzinsung Sachanlagen 70.000 10,0 % -7.000 -5.600 -4.200 -1.750
Verzinsung Marke 12.680 15,0 % -1.902 -1.522 -1.141 -475
Verzinsung Mitarbeiterstamm 20.000 15,0 % -3.000 -2.400 -1.800 -750
Verzinsung Nettoumlaufverm. s.o. 6,0 % -576 -468 -210
2. kalkulatorische Verzinsung -10.098 -7.609 -3.185
1. + 2. = Ergebnis nach Zinsen 6.274 5.569 2.906
Unternehmenssteuern (33 %) -2.070 -1.838 -959
Überschüsse nach Steuern 4.204 3.731 1.947
Diskontierungssatz 7,0 % 7,0 % 7,0 %
Barwert 3.929 3.259 1.589
Summe Barwerte 8.777
Fiktive Nutzungsentgelte dürfen aber nur insoweit abgezogen werden, wie sie noch
nicht bei der Planung berücksichtigt worden sind, z.B. bereits als Abschreibung oder
Personalaufwand. Da die operativen Kosten bereits Personalaufwendungen, Abschrei-
bungen etc. beinhalten, sind für die Kapitalbindung aus der Nutzung der betreffenden
Vermögenswerte somit nur noch die Zinsanteile zu erfassen. Auch der Wert des er-
worbenen Mitarbeiterstamms ist hierbei zu verzinsen, obwohl er nicht als immateriel-
ler Vermögenswert aktiviert werden darf. Der Wert ergibt sich aus ersparten Rekrutie-
rungs- und Ausbildungskosten.
202
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Bei der Festlegung von Zinssätzen auf das investierte Kapital ist auf die Kapitalkos-
ten abzustellen, die bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts des unterstüt-
zenden Vermögenswerts herangezogen wurde (z.B. Marke) oder heranzuziehen wäre.
Die Höhe richtet sich insbesondere nach dem Risikoprofil des entsprechenden Zah-
lungsstroms. Bei Sachanlagen und dem Nettoumlaufvermögen wurde im Beispiel ein
Fremdkapitalzins verwendet. Bei den Zahlungsüberschüssen und dem Diskontie-
rungssatz sind Unternehmenssteuern zu erfassen. Der Diskontierungssatz von 7 %
nach Steuern reflektiert die gewichteten Kapitalkosten nach Steuern (WACC) des Ge-
samtunternehmens. Das ergibt zunächst die Barwertsumme von 8.777 T€.
Hinzu kommt der Wert des abschreibungsbedingten Steuervorteils. Dieser lässt sich
hier elegant über den Step-up-Faktor ermitteln. Die Abschreibung des Steuervorteils
erfolgt hier wie bei einer Leistungsabschreibung gewichtet über 3 Jahre (Zeile 2), wo-
nach anschließend die Summe der Barwerte (Zinssatz 7 %) mit 0,8944 ermittelt wird.
Die nachfolgende Tabelle stellt die weiteren Berechnungsschritte dar; es ergibt sich ein
Fair Value des vertraglich gesicherten Auftragsbestands von 12.452 T€.
Es erfolgte eine unmittelbare Fair Value-Schätzung; die Projekte sind in Höhe von zu-
sammen 12 Mio. € anzusetzen.
203
IFRS im Konzernabschluss
3
Im vorliegenden Fall ist der Vertrag günstig, der Barwert des jährlichen Vorteils von
1 Mio. € (3 Jahre, 6 % p.a. = 2.673 T€) ist als immaterieller Vermögenswert anzusetzen.
Da in den Marktkonditionen der Vergleichsleasingverträge bereits alle steuerlichen
Überlegungen der Marktteilnehmer eingeflossen sind, unterbleibt hier eine zusätzliche
Erfassung eines Steuervorteils.
(6) Sachanlagen
Diese werden in Höhe des Gutachterwerts (70 Mio. €) angesetzt, womit im Vergleich
zum bisherigen Ansatz bei der Brandnew stille Reserven in Höhe von 20 Mio. € auf-
gedeckt werden. Gutachterwerte zur Fair Value-Findung stellen methodisch Markt-
preise, marktorientierte Vergleichsverfahren (z.B. Grundstücksrichtwertsammlung)
oder Ertragswertverfahren als Ausprägung der DCF-Methode dar. In der Praxis wird
der Wert beweglicher Sachanlagen auch nach der Wiederbeschaffungspreismethode
ermittelt.
(7) Prozessrisiko
Fraglich ist, ob dieses mit dem Kaufpreisabschlag (3 Mio. €) oder mit dem Erwar-
tungswert von 2,5 Mio. € (bei angenommener Gleichverteilung des Prozessrisikos) an-
gesetzt wird. Der Erwartungswert ist jedoch nur ein Schätzwert und stellte die Grund-
lage dar für den auf Verhandlungswege erzielten Preis von 3 Mio. €, der als Fair Value
zu passivieren ist. Insoweit wird (durchaus angreifbar) unterstellt, dass jeder Erwerber
(der hypothetische Erwerber!) diesen Verhandlungserfolg erzielt hätte.
Hierfür darf eine Rückstellung explizit nicht angesetzt werden (siehe Lösung zu a)).
Das Ansatzverbot kann jedoch kritisch gesehen werden, da der Aufwand im Ergebnis
nicht vom Erwerber, sondern via Kaufpreisabschlag vom Veräußerer getragen wurde.
(9) Finanzschulden
204
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Tabelle 3-22: Fair Value-Ermittlung einer Verbindlichkeit (in T€)
x1 x2 x3
vereinbarter Festzins 8% 8% 8%
künftiger Zahlungsstrom 1.600 1.600 21.600
Barwert (5 % p.a.) 1.524 1.451 18.659
Summe Barwert 21.634
- bisheriger Buchwert - 20.000
Anpassung 1.634
(10) Mehrvermögen
Die Sachverhalte (1) bis (9) führen per Saldo zu einem Mehrvermögen von 55.171 T€;
dem dadurch verkörperten (künftigen) Nutzenzufluss steht jedoch nur eine geringere
steuerliche Abschreibungsgrundlage (tax base) gegenüber, so dass die künftige höhere
Steuerbelastung durch passive latente Steuern zurückzustellen ist (IAS 12.16). Dies gilt
auch, wenn die temporären Differenzen erfolgsneutral entstehen wie bei der Erstkon-
solidierung. Daher sind auf die 55.171 T€ passive latente Steuern anzusetzen
(18.206 T€), so dass sich nach Steuern eine Erhöhung des Nettovermögens von
36.965 T€ und ein Nettogesamtvermögen von 86.965 T€ ergibt:
205
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-23: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Lösung
Bezeichnung 01.01.x1
Nettovermögen (= Eigenkapital) lt. HB II 50.000
(1) Marke „No Wrinkles“ 12.680
(2) Auftragsbestand 12.452
(3) Forschungs- und Entwicklungsprojekte 12.000
(4) Werbemaßnahmen 0
(5) Leasingvertrag 2.673
(6) Sachanlagen 20.000
(7) Prozessrisiko - 3.000
(8) Restrukturierungsrückstellung 0
(9) Bankverbindlichkeiten - 1.634
Fair Value Anpassungen brutto 55.171
(10) latente Steuern - 18.206
Fair Value Anpassungen netto 36.965
Fair Value des Nettovermögens (= Eigenkapital) lt. HB III 86.965
Bezeichnung 01.01.x1
Gegenleistung (Kaufpreis) 120.000
- Fair Value des Nettovermögens (= Eigenkapital) lt. HB III - 86.965
= Goodwill 33.035
206
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Ganz allgemein ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass der Fair Value des Nettovermö-
gens der Brandnew GmbH einen Substanzwert darstellt, der sich aus der Summe der
Einzeltauschwerte der einzelnen Vermögenswerte und Schulden zusammensetzt. Das
Ganze mag aber mehr sein als die Summe seiner Teile. Künftige Cashflow-Zuflüsse,
die letztlich für die Höhe des Kaufpreises maßgeblich sind, entstehen möglicherwei-
se erst durch das Zusammenspiel aller Unternehmenspotenziale. Daher sind Unter-
nehmenskaufpreise oft viel höher als die Unternehmenssubstanzwerte, auch wenn der
zum Fair Value, also zum aktuellen Marktpreis der Einzelteile, bewertet wird.
Die Marke ist auch dann in Höhe von 12.680 T€ anzusetzen, wenn geplant ist, sie nicht
zu verwerten, da beim Ansatz und bei der Bewertung die Sicht eines hypothetischen
Erwerbers und nicht die des konkreten Erwerbers maßgebend ist. Würden also andere
Erwerber für eine Marke, ein Patent u.ä. einen Preis bezahlen, sind diese Vermögens-
werte auch dann von dem Erwerber zu bewerten. Ein entsprechender Kaufpreisanteil
ginge damit nicht in den Goodwill ein, sondern wäre separat anzusetzen und, bei
nachfolgender Nichtverwendung, außerplanmäßig erfolgswirksam abzuschreiben.
207
IFRS im Konzernabschluss
3
3.3.4 Erstkonsolidierung und Währungsumrechnung –
Abroad Ltd.
Rechtsquellen: IFRS 3, IAS 21, IAS 12, IAS 27, IAS 1
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Abroad Ltd. ist aus Sicht der Produktion-GmbH eine selbständige ausländische
Teileinheit, die ihr Berichtswesen in £ (britische Pfund) führt.
Zum Erwerbszeitpunkt betrug das Eigenkapital der Abroad Ltd. auf Basis der
HB III 1.300 T£. Zu diesem Zeitpunkt galt ein Währungskurs von 1 £ = 1,20 €.
Aufgabenstellung
a) Rechnen Sie den Jahresabschluss der Abroad Ltd. anhand der beigefügten Tabelle
3-25 in die Berichtswährung des Mutterunternehmens (€) um. Geben Sie dabei
jeweils die Kursarten (HK = historischer Kurs, DK = Durchschnittskurs, StK =
Stichtagskurs) an. Partizipieren die Minderheitsgesellschafter an einer Wäh-
rungsumrechnungsdifferenz?
208
IFRS im Konzernabschluss
3.3
d) Erstellen Sie auf Grundlage der ermittelten Daten den Eigenkapitalspiegel des
Konzerns für das Jahr x1, wobei in einer Zwischenzeile das „Konzerngesamter-
gebnis“ zum Ausdruck kommen soll. Das Eigenkapital der Produktion-GmbH
setzt sich zum 01.01.x1 wie folgt zusammen:
gezeichnetes Kapital: 1.000 T€
Kapitalrücklage: 300 T€
Gewinnrücklage: 400 T€
Bilanzgewinn: 1.800 T€
In der zweiten Jahreshälfte x1 nimmt die Produktion-GmbH eine Ausschüttung
von 1.500 T€ vor.
209
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-26: Goodwillumrechnung zum Stichtagskurs, Aufgabenblatt
T£ Kurs T€
EK im Erstkonsolidierungszeitpunkt 01.07.x1
- Fremdanteile (20 %)
= konsolidierungspflichtiges EK
AK der Abroad-Ltd.
Aktiver UB = Goodwill zum 01.07.x1
Buchwert des Goodwills zum 31.12.x1
Währungsumrechnungsdifferenz
Tabelle 3-27: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€), Aufgabenblatt
Goodwill 0
langfr. Vermögen 11.000
Beteiligung 9.000
kurzfr. Vermögen 0
Gesamt 20.000
EK [01.07.x1] 3.500
Ausschüttungen - 1.500
Jahresüberschuss 1.785
Umrechnungsdiff. 0
Minderheiten- an- 0
teile
EK [31.12.x1] 3.785
Schulden 16.215
latente Steuern
Gesamt 20.000
210
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Lösung
Kurs-
Posten HB III in T£ Kurs HB III in T€
art
Anlagevermögen 1.500,0 1,4 StK 2.100,0
Umlaufvermögen 2.800,0 1,4 StK 3.920,0
Eigenkapital (zum 01.07.x1) 1.300,0 1,2 HK 1560,0
Ausschüttung (am 30.11.x1) - 438,0 1,25 HK - 547,5
Jahresüberschuss 500,0 1,28 DK 640,0
Währungsumrechnungsdifferenz 0,0 254,3
Eigenkapital 31.12.x1 1.362,0 1,4 StK 1906,8
Schulden 2.938,0 1,4 StK 4113,2
Summe 4.300,0 4.300,0 6.020,0 6.020,0
GuV
Erträge 2.000,0 1,28 DK 2.560,0
Aufwendungen 1.500,0 1,28 DK 1.920,0
Jahresüberschuss 500,0 1,28 DK 640,0
Die Vermögenswerte und Schulden sind mit dem Stichtagskurs umzurechnen. Für
die Aufwendungen und Erträge sind die Umrechnungskurse zum Entstehungszeit-
211
IFRS im Konzernabschluss
3
punkt heranzuziehen, oder, als Vereinfachung (IAS 21.40), der Durchschnittskurs einer
Periode, soweit die Wechselkurse nicht stark schwanken.
Die Währungsdifferenz im Eigenkapital lässt sich abstimmen, indem jeweils der „his-
torische Kurs“ bzw. „Durchschnittskurs“ vom „Stichtagskurs“ abgezogen und mit
dem Wert der Eigenkapitalposten in der Landeswährung multipliziert wird. Außer-
dem partizipieren die Minderheiten gem. IAS 12.41 in Höhe ihre Anteilsquote (20 %)
an den kumulierten Umrechnungsdifferenzen (254,3 T€), also in Höhe von 50,9 T€.
Der Goodwill ist wie andere Vermögenswerte und Schulden der Abroad Ltd. zu be-
handeln und daher in Folgeperioden ebenfalls zum Stichtagskurs umzurechnen (IAS
21.47). Da der Wechselkurs sich um 0,2 € verändert hat, beträgt der am 31.12.x1 umge-
rechnete Goodwill 9.044 T€. Dieser Betrag ist im Konzernabschluss anzusetzen, und
die Umrechnungsdifferenz von 1.292 T€ erfolgsneutral zu erfassen. Zu beachten ist,
212
IFRS im Konzernabschluss
3.3
dass an dieser Währungsumrechnungsdifferenz die Minderheiten wegen der Neube-
wertungsmethode nicht partizipieren.
Im Übrigen sind hier gem. IAS 12.15a auf den Goodwill keine latente Steuern anzuset-
zen.
213
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-31: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€), Lösung
Konto T€ Konto T€
214
IFRS im Konzernabschluss
3.3
2) Gemäß IFRS 3.40 wird jeder Minderheitenanteil an dem erworbenen Unternehmen
zu dem den Minderheitsgesellschaftern zuzuordnenden Anteil an den beizulegenden
Zeitwerten zum Erwerbszeitpunkt bemessen (Neubewertungsmethode).
Konto T€ Konto T€
3) Da sich die aus der Umrechnung der Bilanz der Abroad Ltd. resultierende Wäh-
rungsumrechnungsdifferenz (254,3 T€) im Eigenkapital niederschlägt, partizipieren
auch die Minderheiten daran (IAS 21.41).
Konto T€ Konto T€
4) Aufgrund der Aufwertung der funktionalen Währung der Abroad Ltd. zum
31.12.x1 ist der Goodwill aus der Konzernsicht zum Bilanzstichtag im Wert gestiegen.
Dementsprechend wird die sich daraus ergebende Währungsumrechnungsdifferenz
dem Goodwill zugeordnet.
Konto T€ Konto T€
5) Die vorgenommene Ausschüttung der Abroad Ltd. mindert ihr Eigenkapital. Die
Buchung korrigiert einerseits die Doppelerfassung bei der Mutter und mindert ande-
rerseits die Minderheitenanteile.
Konto T€ Konto T€
Minderheitenanteile 109,5
Konto T€ Konto T€
215
IFRS im Konzernabschluss
3
d) Eigenkapitalspiegel des Konzerns
Gemäß IAS 1.10(c) umfasst der Abschluss auch einen Eigenkapitalspiegel. Dieser listet
jede einzelne Eigenkapitalkategorie mit ihren Anfangsbilanzwerten im Spaltenformat
auf und wird zu ihren Schlussbilanzwerten übergeleitet (IAS 1.101). Gemäß IAS 1.106
i.d.F. spätestens ab 1.7.2009 enthält der Eigenkapitalspiegel auch die Entwicklung der
einzelnen Eigenkapitalkomponenten. Damit ist im Ergebnis die Ermittlung des Ge-
samtergebnisses (erfolgswirksames Ergebnis lt. GuV und erfolgsneutrales Ergebnis,
sog, „other comprehensive income“) auch im Eigenkapitalspiegel vorzunehmen. Im vor-
liegenden Fall ist einziger Bestandteil des übrigen Konzernergebnisses die Verände-
rung der Währungsumrechnungsdifferenz.
Nach dem Wortlaut des IAS 21.39(c) sind alle sich aus der Umrechnung ergebenden
Währungsdifferenzen als separater Bestandteil des Eigenkapitals anzusetzen.
übriges
Konzern- 1.495,4 - 1.495,4 50,9 1.546,3
ergebnis
Konzern-
gesamt- 1.495,4 1.859,0 3.354,4 178,9 3.533,3
ergebnis
Veränderung
Konsolidie- 312,0 312,0
rungskreis
Auffällig ist: Der Unternehmenserwerb am 01.07.x1 führt nur in der Spalte Minderhei-
ten zu einer Eigenkapitalveränderung. Die Minderheiten haben in Höhe Ihres Anteils
an der Abroad Ltd. quasi eine Sacheinlage in den Konzern geleistet. Im Hinblick auf
den Mehrheitenanteil ist der Unternehmenserwerb hingegen eigenkapitalneutral. Ei-
genkapitalveränderungen ergeben sich erst nach dem Unternehmenserwerb, etwa bei
den Währungsumrechnungsdifferenzen oder beim Ergebnisbeitrag.
216
IFRS im Konzernabschluss
3.3
e) Ansatzpflicht latenter Steuern auf Währungsumrechnungsdifferenzen
Im Umkehrschluss zur Antwort c) sind latente Steuern anzusetzen, wenn die Produk-
tion-GmbH Ausschüttungen bzw. eine Veräußerung der Abroad Ltd. beabsichtigt.
Dies führt zu passiven latenten Steuern, weil jetzt schon der Steueraufwand gebucht
wird, der erst bei Ausschüttung bzw. Veräußerung der Beteiligung anfallen würde.
Diese latente Steuer ist wie eine Rückstellung für zukünftig anfallende Steuern zu be-
urteilen und erfasst die sich erst nach Verlagerung von Eigenkapital auf höhere Kon-
zernstufen beim Dividendenempfänger ergebenden Steuerfolgen bereits im Zeitpunkt
der Ergebnisentstehung.
Sowohl Ausschüttungen von der Abroad Ltd. an die Produktion-GmbH als auch ge-
winne aus einer Veräußerung der Abroad Ltd. durch die Produktion-GmbH sind zwar
nach § 8b I und II KStG grundsätzlich steuerfrei, allerdings können jeweils 5 % dieser
Erträge nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 8b III, V KStG). Damit unter-
liegen im Ergebnis 5 % der Erträge der Besteuerung bei der Muttergesellschaft. Bei ei-
nem Steuersatz von 30 % ergibt sich schlussfolgernd ein Faktor für die Berechnung la-
tenter Steuern von 5 % * 30 % = 1,5%
Im Beispiel wird die Abroad Ltd. an die Konzernmutter, d.h. die oberste Konzernstufe
ausschütten. Hieraus folgt, dass nur der Anteil der Konzernmutter (80 %) zu erfassen
ist, da die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbelastung der Minderheiten nicht im
Konzern abgebildet wird (anders aber, wenn z.B. von der 3. Konzernstufe auf die 2.
ausgeschüttet wird, dann: 100 % Erfassung).
Von dieser Belastung ist zum einen der anteilige Jahresüberschuss (512 T€ = 80 % von
640 T€) und zum anderen die anteilige Währungsumrechnungsdifferenz (203,4 T€ =
80 % von 254,3 T€) betroffen:
Die latente Steuer für den Jahresüberschuss ist ergebniswirksam zu buchen, während
die latenten Steuern auf die Währungsumrechnungsdifferenz erfolgsneutral erfasst
werden. Die Buchungen 1-6 erfolgen analog zu c):
217
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-33: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€)
Abro- Konsolidierungen
Prod.-
Posten ad- Gesamt KB
GmbH Soll Haben
Ltd.
langfristiges
11.000,0 2.100,0 13.100,0 13.100,0
Vermögen
Beteiligung 9.000,0 0,0 9.000,0 1) 9.000,0 0,0
1) 7.752,0
Goodwill 0,0 0,0 0,0 9.044,0
4) 1.292,0
kurzfristiges
0,0 3.920,0 3.920,0 3.920,0
Vermögen
Summe 20.000,0 6.020,0 26.020,0 26.064,0
1) 1.248,0
EK [01.07.x1] 3.500,0 1.560,0 5.060,0 3.500,0
2) 312,0
Ausschüttungen - 1.500,0 - 547,5 -2.047,5 5) 547,5 -1.500,0
5) 438,0
Jahresüber-
1.785,0 640,0 2.425,0 6) 128,0 1.851,3
schuss
7) 7,7
Umrechnungs- 3) 50,9
0,0 254,3 254,3 4) 1.292,0 1.492,3
differenz 8) 3,1
2) 312,0
Minderheiten-
0,0 0,0 0,0 5) 109,5 3) 50,9 381,4
anteile
6) 128,0
EK [31.12.x1] 3.785,0 1.906,8 5.691,8 5.725,0
Schulden 16.215,0 4.113,2 20.328,2 20.328,2
7) 7,7
Latente Steuern 10,8
8) 3,1
Summe 20.000,0 6.020,0 26.020,0 11.348,3 11.348,3 26.064,0
Daraus ergibt sich folgender Eigenkapitalspiegel, in dem die latenten Steuern auf
Währungsumrechnungsdifferenzen angegeben sind, um die sonst erforderliche An-
hangangabe zu vermeiden:
218
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Tabelle 3-34: Eigenkapitalspiegel des Produktion-Konzerns (in T€)
Währungs-
gez. umrech- Summe Minder- Konzern
KapRL GewRL BG
Kapital nungs- diffe- EK heiten EK
renz
übriges
Konzern- 1.495,4 - 1.495,4 50,9 1.546,3
ergebnis
Latente Steu-
-3,1 -3,1 -3,1
ern
Konzern-
gesamt- 1.492,3 1.851,3 3.343,6 178,9 3.522,5
ergebnis
Veränderung
Konsoli- 312,0 312,0
dierungskreis
219
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
4 Berichtsinstrumente im IFRS-
Abschluss
Lernziele: Gliederung und Gestaltung einer Bilanz nach IAS 1, Ausnutzung von Aus-
weiswahlrechten
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Die Balanced Scorecard AG, ein produzierendes Unternehmen, weist zum 31.12.x1 die
in Tabelle 4-1 abgebildete Bilanz aus (hier ohne erforderliche Vorjahreszahlen).
Aufgabenstellung
Der Leiter des Finanz- und Rechnungswesen ist sich nicht sicher, ob er alles richtig
gemacht hat. Helfen Sie ihm!
a) Schreibt IAS 1 die Gliederung der Bilanz nach Fristigkeit oder nach Liquidität der
Posten vor? Welches Gliederungsformat ist für die Balances Scorecard AG ein-
schlägig?
(2) Die Sachanlagen beinhalten Grundstücke und Gebäude (2.500 T€), Maschi-
nen (4.000 T€) sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung (3.500 T€).
221
(4) In den Sachanlagen ist eine Maschine in Höhe von 600 T€ enthalten, die in-
nerhalb der nächsten 12 Monate veräußert werden soll. Ist der Verbleib der
Maschine bis zu ihrem Abgang in den Sachanlagen zutreffen?
c) Die Balanced Scorecard will ihre Bilanzsumme gering halten, um die Eigenkapi-
talquote zu erhöhen. Welche Saldierungsmöglichkeiten bestehen generell?
Tabelle 4-1: Bilanz der Balanced Scorecard AG zum 31.12.x1 (in T€)
Aktiva Passiva
Immaterielle Vermögenswerte 15.000 Grundkapital 8.000
Sachanlagen 10.000 Kapitalrücklage 4.500
Finanzanlagen 3.000 Gewinnrücklagen 12.500
Sonstige langfristige Erfolgsneutrale Eigenkapital-
1.000 1.500
Vermögenswerte veränderungen
Latente Steuern 2.500 Eigenkapital 26.500
Pensionen und ähnliche
5.000
Langfristige Vermögenswerte 31.500 Verpflichtungen
Langfr. Finanzverbindlichkeiten 3.000
Vorräte 14.000 Latente Steuern 4.500
Forderungen aus LuL 17.000 Langfristige Schulden 12.500
Sonstige Vermögenswerte 5.000 Kurzfristige Rückstellungen 12.000
Flüssige Mittel 2.500 Kurzfr. Finanzverbindlichkeiten 2.000
Kurzfristige Vermögenswerte 38.500 Verbindlichkeiten aus LuL 13.000
Sonst. kurzfr. Verbindlichkeiten 4.000
Kurzfristige Schulden 31.000
Schulden insgesamt 43.500
Summe Aktiva 70.000 Summe Passiva 70.000
222
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
Lösung:
Damit ist für operative Posten der Geschäftszyklus zu bestimmen. Der Geschäftszyk-
lus eines Unternehmens ist der Zeitraum zwischen dem Erwerb von Vermögenswer-
ten, die in einen Prozess eingehen, und deren Umwandlung in Zahlungsmittel oder
Zahlungsmitteläquivalente (IAS 1.68). Lieferforderungen, die sich innerhalb des nor-
malen Geschäftszyklus realisieren, sind in der Bilanz immer als kurzfristig auszuwei-
sen – selbst wenn sich Teilbeträge erst nach Ablauf von 12 Monaten realisieren. Das
nachvollziehbare Informationsbedürfnis, welche Teilbeträge sich voraussichtlich erst
nach Ablauf von 12 Monaten realisieren, ist durch eine entsprechende Anhangangabe
zu befriedigen (IAS 61). Somit wäre die langfristige Lieferforderung in den kurzfristi-
gen Bereich umzugliedern (unter Angabe der nach 12 Monaten liegenden Fälligkeit im
Anhang), soweit die 14 Monate innerhalb des normalen Geschäftszyklusses liegen.
Bei latenten Steuern kommt nur ein Ausweis als langfristiger Vermögenswert bzw.
Schuld in Betracht (IAS 1.56). Das gilt auch für jene (Teil-)Beträge, die sich voraussicht-
lich im folgenden Geschäftsjahr umkehren. Der Bilanzausweis ist also zutreffend.
Auch für diesen Fristigkeits-Mischposten ist im Anhang der Betrag zu nennen, der
sich nach Ablauf von 12 Monaten realisiert (IAS 1.61).
Hinweis: Nach ED/2009/2 „Income Tax“, dessen Verabschiedung für 2010 erwartet
wird, ist eine Unterteilung latenter Steuern in kurz- und langfristig vorzunehmen.
223
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
(2) Mindestausweis auf Bilanzebene und Aufgliederung im Anhang
Es ist die Anwendung des IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte
und aufgegebene Geschäftsbereiche) zu prüfen. Fällt die Maschine unter IFRS 5, ist sie als
kurzfristiger „held-for-sale“ Vermögenswert auszuweisen. Voraussetzung für die An-
wendung von IFRS 5 ist u.a., dass mit der Suche nach einem Käufer aktiv begonnen
wurde und dass der Verkauf voraussichtlich innerhalb der nächsten 12 Monate umge-
setzt werden kann (IFRS 5.8). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, bleibt es trotz
Veräußerungsabsicht beim Ausweis als langfristiges Sachanlagevermögen (RIC 1.26).
224
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
c) Saldierung
Vorbehaltlich von Spezialregelungen besteht ein grundsätzliches Saldierungsverbot
(IAS 1.32). Ausnahmen für die Bilanz:
Z.T. wird ein offenes Absetzen erhaltener Anzahlungen von Vorräten befürwortet
(Küting/Reuter, KoR 2006, 1 (3ff.) m.w.N.).
Lernziele: Umgang mit den Begriffen Gesamtergebnisrechnung und Gewinn- und Ver-
lustrechnung
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Sie erstellen gerade den IFRS-Abschluss der confusion plc, Manchester, als der CFO in
ihr Büro hereinplatzt und mit einem Text des IAS 1.10 aufgeregt vor ihrer Nase wedelt:
„In der Auflistung der Abschlussbestandteile wird die Gewinn- und Verlustrechnung
nicht mehr aufgeführt. Stattdessen ist hier von einer „Gesamtergebnisrechnung“ die
225
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Rede. Was ist denn damit gemeint? Brauchen wir etwa keine Gewinn- und Verlust-
rechnung mehr?“
Aufgabenstellung
Lösung
die sog. „verlängerte GuV“, die neben der bisherigen GuV auch die nur im Ei-
genkapital erfassten Aufwendungen und Erträge enthält, als auch für
Es besteht daher die Wahl, entweder ein umfangreiches „single Statement“ oder je-
weils kürzere „two statements“ zu veröffentlichen. Letzteres ist in der Praxis üblich.
226
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
die Veränderung der Neubewertungsrücklage bei Verwendung der Neubewer-
tungsmethode (Wahlrecht) beim Sachanlagevermögen und ggf. bei den immate-
riellen Vermögenswerten
der Anteil am other comprehensive income jener Unternehmen, die nach der Equi-
ty-Methode bewertet werden (IAS 1.82h) und
Zusätzlich erscheint noch das Jahresergebnis lt. GuV, so dass sich in der Summe das
Gesamtergebnis ergibt. Es zeigt die Eigenkapitalveränderungen an, die sich nicht
durch Transaktionen mit den Gesellschaftern (Einlagen, Kapitalerhöhungen, Dividen-
denausschüttungen) ergeben haben.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Die Streetroll GmbH, Lauf a. d. Pegnitz, produziert und vertreibt den Luxusrollschuh
Rolly. Das Geschäft ist erfolgreich; die Auslastung der Produktionsanlagen befindet
sich seit Jahren auf dem Niveau der Normalbeschäftigung. Die Streetroll GmbH ist
stolz darauf, sowohl für steuerrechtliche Zwecke als auch für IFRS ein einheitliches
Buchführungssystem eingerichtet zu haben, aus dem jeweils die ertragsteuerliche Be-
messungsgrundlage als auch der IFRS-Abschluss abgeleitet werden können. Aus der
Buchführung für das Geschäftsjahr x1 ergeben sich folgende Daten:
227
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Die Aufgliederung der Aufwendungen ergibt sich aus folgender Tabelle:
Aufgabenstellung
b) Prüfen Sie, ob nach IAS 1 die IFRS-Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Ge-
samtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren zulässig ist.
c) Erstellen Sie nach den zulässigen Verfahren die IFRS-Gewinn- und Verlustrech-
nung(en). Prüfen Sie, ob sich der Steueraufwand durch den Ansatz latenter Steu-
ern verändert.
Lösung
a) Ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage
Bei der Ermittlung der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage sind die Gesamtauf-
wendungen den Gesamterträgen gegenüberzustellen. Zu den Gesamterträgen gehört
neben den Umsatzerlösen auch die Höhe der aktivierten fertigen Erzeugnisse (Be-
standserhöhung). Diese sind zu Herstellungskosten zu bewerten. Steuerrechtlich an-
satzpflichtig sind die Einzel- und Gemeinkosten des Herstellungsbereichs, soweit sie
auf die noch auf Lager befindlichen Bestände entfallen. Ein Ansatzwahlrecht besteht
für allgemeine Verwaltungskosten, und Ansatzverbote für Entwicklungs- und Ver-
228
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
triebskosten. Eine Abschreibung auf Entwicklungskosten kann es steuerlich nicht ge-
geben haben, da die Entwicklungskosten in der Steuerbilanz nicht aktiviert waren
(§ 5 Abs. 2 EStG). Wegen der Zielsetzung der geringen steuerlichen Bemessungsgrund-
lage werden anteilige Aufwendungen der allgemeinen Verwaltung nicht aktiviert.
Nun sind die Herstellungskosten der auf Lager genommenen 4.000 Stück zu ermitteln.
Da die Streetroll GmbH auf Normalbeschäftigungsniveau produziert, kann zur Kalku-
lation der Gemeinkosten die einfache Divisionskalkulation verwendet werden. Es er-
geben sich folgende Herstellungskosten:
b) GuV-Formate im IFRS-Abschluss
Für die Darstellung der operativen Aufwendungen einer IFRS-Gewinn- und Verlust-
rechnung lässt IAS 1.99 die Aufwandsartengliederung und die Gliederung nach
Funktionsbereichen zu. Die Aufwandsartengliederung ist das Gesamtkostenverfah-
ren, die Gliederung nach Funktionsbereichen das Umsatzkostenverfahren (IAS
1.102f.). Der Standard überlässt die Bestimmung des Verfahrens unter dem Vorbehalt
der verlässlichen und relevanten Informationsvermittlung dem Management.
229
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
c) IFRS-GuV und Bestandbewertung
Bei der Ermittlung der Bestände nach IFRS sind, im Gegensatz zu den unter a) steuer-
rechtlich ermittelten, auch die Abschreibung für Entwicklungskosten mit einzubezie-
hen. Für allgemeine Verwaltungskosten besteht ein Ansatzverbot. Hieraus ergibt sich
eine Bestandserhöhung von 257 T€ (= 1.285 T€ x (4.000 Stück / 20.000 Stück)).
Die aktivierten Bestände in der IFRS-Bilanz (257 T€) übersteigen diejenigen in der
Steuerbilanz (211 T€) um 46 T€. Die Differenz ist erfolgswirksam entstanden und kehrt
sich zwingend in künftigen Perioden um. Daher sind passive latente Steuern i.H.v.
13,8 T€ (= 46 T€ x 0,3) anzusetzen. Auf der anderen Seite sind auf die in der IFRS-Bilanz
aktivierten Entwicklungskosten vormals passive latente Steuern angesetzt worden.
Diese sind im Zuge der Abschreibung der aktivierten Entwicklungskosten anteilig er-
tragswirksam aufzulösen. Im Geschäftsjahr x1 sind das 69 T€ (= 0,3 x 230 T€). Per Saldo
ergibt sich daher in x1 ein latenter Steuerertrag von 55,2 T€ (= 69 T€ - 13,8 T€). Dieser
wird auf GuV-Ebene mit dem tatsächlichen Steueraufwand (579,3 T€) zusammenge-
fasst, so dass in der Gewinn- und Verlustrechnung nach IFRS ein Steueraufwand von
524,1 T€ auszuweisen ist.
Durch den Ansatz latenter Steuern kann das Ergebnis vor Steuern so interpretiert
werden, als wäre es steuerliche Bemessungsgrundlage, denn 524,1 T€ Steueraufwand
sind genau das IFRS-vor-Steuer-Ergebnis multipliziert mit dem Steuersatz von 0,3.
Beim Umsatzkostenverfahren ist die Bestandserhöhung (257 T€) von den Kosten des
Herstellungsbereichs (1.285 T€) abzuziehen, so dass sich die Herstellungskosten der
230
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
zur Erzielung der Umsatzerlöse angefallenen Aufwendungen (1.028 T€) ergeben, die
auch als Umsatzkosten bezeichnet werden. Die IFRS-Gewinn- und Verlustrechnung
nach dem Umsatzkostenverfahren kann wie folgt aufgestellt werden:
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Die börsennotierte Profitlich AG hat für das Geschäftsjahr x1 folgende vorläufige Kon-
zern-GuV aufgestellt (ohne obligatorische Vorjahreszahlen):
231
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-7: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr x1 (in T€)
Bezeichnung Betrag
Umsatzerlöse 500.000
Materialaufwand - 200.000
Personalaufwand - 100.000
Abschreibungen - 15.000
sonstige betriebliche Aufwendungen - 150.000
sonstige betriebliche Erträge 10.000
Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) 45.000
Finanzergebnis - 5.000
Ergebnis vor Steuern 40.000
Ertragsteuern - 13.200
Jahresüberschuss 26.800
(2) Beim Finanzergebnis handelt es sich um einen Saldo aus Erträgen aus at equity
bilanzierten, assoziierten Unternehmen (3.000 T€) und sonstigen Zinsaufwendungen
(- 8.000 T€).
(4) Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen enthalten die Zuführung einer Rück-
stellung für eine außerordentliche Schadenersatzklage in den USA (15.000 T€).
Aufgabenstellung
a) Definieren Sie die Begriffe EBIT und EBITDA. Ist der Ausweis eines EBIT oder ei-
nes EBITDA in einer IFRS-GuV überhaupt erlaubt?
232
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
b) Prüfen Sie die vier Sachverhalte darauf hin, ob eine EBIT-Steigerung möglich ist.
Falls Ihnen Angaben fehlen, setzen Sie plausible Annahmen. Erstellen Sie die
neue GuV! Zur Erleichterung: mögliche Effekte aus latenten Steuern bleiben un-
beachtlich.
Lösung:
a) Begriff EBIT und EBITDA sowie Zulässigkeit des Ausweises in der IFRS-GuV
In der Finanzmarktkommunikation kommt den Ergebnisgrößen EBIT und EBITDA
überragende Bedeutung zu. Die Begriffe
EBIT = Earnings Before Interest and Tax, Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern
(häufig auch Betriebsergebnis oder operatives Ergebnis genannt) sowie
Der IASB hat darauf verzichtet, ein Betriebsergebnis (EBIT) zu definieren (IAS 1.BC55);
daher wird dessen Angabe von IAS 1 auch nicht verlangt. Gleichwohl ist es nicht un-
tersagt, ein Betriebsergebnis anzugeben, und das entspricht auch üblicher Praxis. Bei
Anwendung des Gesamtkostenverfahrens kann auch ein EBITDA ausgewiesen wer-
den. Falls diese Zeilen angegeben werden, muss jedoch sichergestellt werden, dass in-
nerhalb des Betriebsergebnisses sämtliche Aufwendungen und Erträge erfasst werden,
die nach allgemeiner Auffassung als operativ zu bezeichnen sind (IAS 1.BC56).
233
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
verfahren) bzw. innerhalb der Funktionsbereiche (Umsatzkostenverfahren) ausgewie-
sen werden.
Im Beispiel würde der Saldo von - 600 T€ aus Zinskosten (- 800 T€) und Erträgen aus
Planvermögen (200 T€) zweckmäßigerweise von Personalaufwand in Finanzergebnis
umgegliedert werden. Darüber hinaus lässt sich die Amortisation versicherungsma-
thematischer Verluste vermeiden, wenn von dem Wahlrecht zur erfolgsneutralen Ver-
rechnung (siehe Aufgabe 2.6.4 e)) Gebrauch gemacht wird. Damit steigt nicht nur das
EBIT um 100 T€, sondern sogar das Jahresergebnis und damit auch das Ergebnis je
Aktie.
(2) In der Aufgabe wird das Ergebnis aus at equity bewerteten Beteiligungen in An-
lehnung an die Beispiele in IAS 1.IG im Finanzergebnis ausgewiesen. Alternativ ist ei-
ne Zurechnung zum EBIT zulässig, wenn das equity-Ergebnis als Maßstab für die ope-
rative Unternehmensleistung des Mutterunternehmens betrachtet wird, was hier un-
terstellt werden soll. Bei diesem Ausweis steigt das EBIT um 3.000 T€.
(3) Im Jahr des Anfalls der Entwicklungskosten kann das EBIT durch Ausnutzen der
faktisch bestehenden Aktivierungsspielräume (siehe Aufgabe 2.1.2) erhöht werden.
Wegen der Aktivierung von 10.000 T€, die hier unterstellt wird (andere aktivierte Ei-
genleistungen), schlägt die Maßnahme bis zum Jahresergebnis durch. Dabei wird an-
genommen, dass für das Entwicklungsprojekt in x1 noch keine Abschreibungen ange-
fallen sind.
(4) Der Ausweis eines außerordentlichen Ergebnisses zur Aufnahme der Rückstel-
lungszuführung ist unter dieser Bezeichnung sowohl in der GuV als auch im Anhang
untersagt (IAS 1.87). Gleichwohl ist der Ausweis eines „Sonderergebnisses“ wegen
der Zulässigkeit von Postenerweiterungen (IAS 1.85) erlaubt. Das Gebot, innerhalb des
operativen Ergebnisses alle dort allgemein erwarteten Erträge und Aufwendungen
einzubeziehen (siehe a)), lässt sich pragmatisch durch Ausweis mehrerer „Zwischen-
EBITs“ („Operatives Ergebnis vor / nach Sondermaßnahmen) lösen. Somit könnte ein
um 15.000 T€ höheres EBIT vor Sondermaßnahmen ausgewiesen werden.
234
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
Die GuV sieht dann wie folgt aus:
Tabelle 4-8: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 01 (in T€)
Bezeichnung Betrag
Umsatzerlöse 500.000
andere aktivierte Eigenleistungen + 10.000
Materialaufwand - 200.000
Personalaufwand - 99.300
Abschreibungen - 15.000
sonstige betriebliche Aufwendungen - 135.000
sonstige betriebliche Erträge 10.000
Ergebnis aus at equity bewerteten Beteiligungen 3.000
EBIT vor Sondermaßnahmen 73.700
Rückstellungszuführung - 15.000
EBIT nach Sondermaßnahmen 58.700
Finanzergebnis - 8.600
Ergebnis vor Steuern 50.100
Ertragsteuern - 13.200
Jahresüberschuss 36.900
c) EBIT-/EBITDA-Wirkung in Folgeperioden
Im Sachverhalt (3) führen die aktivierten Entwicklungskosten wegen der Abschrei-
bungen in den Folgejahren zu Ergebnisbelastungen und zur EBIT-Senkung. Anderer-
seits fällt das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) durch die
Aktivierung dauerhaft höher aus, da der Abschreibungsaufwand unterhalb des EBIT-
DA ausgewiesen wird.
235
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
4.2 Eigenkapitalspiegel und Kapitalflussrechnung
4.2.1 Eigenkapitalspiegel – Augstone-Konzern
Rechtsquellen: IAS 1; IAS 12; IAS 21
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
(1) Es wurde ein Konzernjahresüberschuss in Höhe von 730 T€ erzielt, davon entfallen
700 T€ auf die Anteilseigner der Konzernmutter und 30 T€ auf die Minderheiten.
(2) Für das Vorjahr wurden in x1 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 350 T€ vor-
genommen, davon 340 T€ an Anteilseigner der Konzernmutter und 10 T€ aus Tochter-
gesellschaften an Minderheiten.
(6) Am 01.08.x1 erwirbt der Konzern 80 % der Anteile an der Picture News plc. Der auf
die Minderheiten entfallende Anteil am zum Fair Value bewerteten Nettovermögen
beträgt 400 T€.
236
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Aufgabenstellung
c) Erstellen und erläutern Sie anhand der Angaben des Sachverhalts den Eigenkapi-
talspiegel des Augstone Konzerns für das Geschäftsjahr x1.
kumuliertes übriges
Konzerneigenkapital
Konzernergebnis
Gewinnrücklagen
Konzernmutter
Wäh-
Fremdanteile
Wert-
gez. Kapital
rung- Rücklagen
papiere
sum- für
available-
Anteil
rech- Pensionen
for-sale
nung
Stand 01.01.x1 5.000 2.000 - 300 - 200 100 6.600 200 6.800
Währungs-
umrechnung
vers.-math.
Verluste
Wertpapiere
available-for-sale
latente Steuern
übriges Kon-
zernergebnis
Jahresüberschuss
Konzern-
gesamtergebnis
Dividenden
Änderung Kon-
solidierungskreis
Stand 31.12.x1
237
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Lösung
Dieses klare Konzept (sog. Kongruenz-Prinzip, wonach die Summe der Periodenge-
winne dem Totalgewinn entspricht) wird durchbrochen, wenn Aufwendungen und
Erträge außerhalb der GuV, also erfolgsneutral erfasst werden. Erfolgsneutral meint da-
bei, dass manche Sachverhalte unmittelbar im Eigenkapital gegengebucht werden.
Das ist in den IFRS häufig der Fall, s. Aufgabe 4.1.2., und über die einzelnen Sachver-
halte – die Bestandteile des übrigen Ergebnisses (sog. other comprehensive income) – ist
in der Gesamtergebnisrechnung und, siehe nachfolgend b), auch im Eigenkapital-
spiegel zu informieren.
Mit Wirkung für Geschäftsjahre ab 1.7.2009 (frühere Anwendung erlaubt, IAS 1.139A)
ist IAS 1.106 jedoch um einen Buchstaben d) ergänzt worden. Danach ist das Gesamt-
ergebnis wieder aufzuteilen in das Ergebnis lt. GuV und jede Komponente des sonstigen
Ergebnisses, wobei die Änderung für jede Komponente des sonstigen Ergebnisses se-
parat darzustellen ist. Dies bedeutet letztlich eine Wiederholung der Inhalte der Ge-
samtergebnisrechnung, wobei im Eigenkapitalspiegel zusätzlich die kumulierten Wer-
te der Eigenkapitalkomponenten zu erkennen sind.
c) Eigenkapitalspiegel
Das Beispiel berücksichtigt den Rechtsstand 1.7.2009 (s. Lösung zu b)). Außer der Ver-
änderung der Komponenten des erfolgsneutralen (übrigen) Konzernergebnisses (other
comprehensive income) enthält der Eigenkapitalspiegel in den Spalten auch die kumulier-
ten Werte, und zwar zerlegt in die drei Komponenten (each reserve, IAS 1.106d).
238
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Tabelle 4-10: Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x1 (in T€), Lösung
kumuliertes übriges
Konzerneigenkapital
Konzernergebnis
Gewinnrücklagen
Konzernmutter
Wäh-
Fremdanteile
Wert-
gez. Kapital
rung- Rücklagen
papiere
sum- für
available-
Anteil
rech- Pensionen
for-sale
nung
Stand 01.01.x1 5.000 2.000 - 300 - 200 100 6.600 200 6.800
Währungs- 200 200 50 250
umrechnung
vers.-math. - 70 - 70 - 70
Verluste
Wertpapiere - 100 - 100 - 100
available-for-sale
latente Steuern 21 30 51 51
übriges Kon- 0 0 200 - 49 -70 81 50 131
zernergebnis
Jahresüberschuss 700 700 30 730
Konzern- 0 700 200 - 49 - 70 781 80 861
gesamtergebnis
Dividenden - 340 - 340 - 10 - 350
Änderung Kon- 0 400 400
solidierungskreis
Stand 31.12.x1 5.000 2.360 - 100 - 249 30 7.041 670 7.711
239
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Begründung lautet, dass die erfolgsneutrale Verrechnung mit dem Eigenkapital inso-
weit endgültig ist, während bei allen anderen Komponenten des other comprehensive in-
come ein recycling oder eine erfolgsneutrale Umbuchung in die Gewinnrücklagen (bei
der Neubewertungsrücklage gem. IAS 16) erfolgen. Da sich der kumulierte Betrag der
verrechneten Beträge dann nicht mehr aus dem Eigenkapitalspiegel ergäbe, aber ge-
nannt werden muss, wäre eine separate Anhangangabe erforderlich (IAS 19.120Ai). In
der Praxis wird aber auch oft eine (wie in unserem Beispiel) separate Eigenkapitalka-
tegorie geführt (VW, TUI, BMW, Merck und Adidas-Salomon in 2007). Dafür spricht
die saubere Trennung von erfolgswirksam und erfolgsneutral entstandenen Eigenka-
pitalbeträgen. Letztlich sind beide Varianten zulässig: Sachlich lässt sich u.E. auch eine
separate Eigenkapitalkategorie als Teil der „retained earnings“ i.S.v. IAS 19.93D inter-
pretieren.
Bei der Änderung des Konsolidierungskreises (+ 400 T€) handelt es sich um den auf
Minderheiten entfallenden Anteil am zum Fair Value bewerteten Eigenkapital erwor-
bener Tochterunternehmen. Die Erhöhung des Eigenkapitals beruht auf der Vollkon-
solidierung, wonach das Nettovermögen der Tochtergesellschaften vollständig in die
Konzernbilanz übernommen wird, auch wenn der Konzern mit weniger als 100 % be-
teiligt ist. Im Konzernabschluss wird daher mehr Vermögen angesetzt, als der Kon-
zernmutter (direkt oder indirekt) gehört; die Minderheiten leisten bei Erstkonsolidie-
rung in Höhe ihres Anteils an den net assets praktisch eine (Sach-) Einlage in den Kon-
zern.
d) Gesamtergebnisrechnung
Die Gesamtergebnisrechnung kann zusammen mit der GuV als ein statement oder, wie
hier, als separates statement aufgestellt werden (s. Aufgabe 4.1.2).
Die Gesamtergebnisrechnung nimmt nach IAS 1.84 i.V.m. 1.82 noch einmal das Jahres-
ergebnis der GuV auf, listet dann die in der Periode erfolgsneutral erfassten Beträge
und endet mit der Summe Gesamtergebnis. Dieses ist betragsmäßig auf die Gesell-
schafter des Mutterunternehmens und auf die Minderheiten aufzuteilen.
240
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Tabelle 4-11: Gesamtergebnisrechnung für das Geschäftsjahr x1 (in T€), Lösung
Bezeichnung Betrag
Währungsumrechnungsdifferenz 250
versicherungsmathematische Verluste - 70
Wertpapiere available-for-sale - 100
latente Steuern 51
übriges Konzernergebnis 131
Jahresüberschuss 730
Konzerngesamtergebnis 861
- davon auf Konzernmutter entfallend 781
- davon auf Minderheiten entfallend 80
Schwierigkeitsgrad:
241
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-12: Bilanz der Praxisnah GmbH (in T€)
Bilanz der Praxisnah GmbH zum 31.12.x1
langfristiges Vermögen Eigenkapital
Sachanlagen 500 gezeichnetes Kapital + Rücklagen 215
Bilanzgewinn 15
kurzfristiges Vermögen langfristige Schulden
RHB 220 Pensionsrückstellungen 200
Forderungen aus LuL 160 kurzfristige Schulden
sonstige Vermögenswerte 20 Bankverbindlichkeiten 450
Kasse 50 Verbindlichkeiten aus LuL 70
Summe Aktiva 950 Summe Passiva 950
(3) Zugang RHB 400 T€, davon bezahlt 350 T€, Verbrauch RHB 460 T€
Aufgabenstellung
a) Entwickeln Sie unter Berücksichtigung der Geschäftsvorfälle (1) bis (11) des Jah-
res x2 die Schlussbilanz per 31.12.x2 und die Gewinn- und Verlustrechnung für
x2. Stellen Sie der Schlussbilanz die Vergleichswerte der Vorperiode gegenüber
und geben Sie eine Veränderungsspalte an.
242
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
b) Erstellen Sie eine Kapitalflussrechnung für x2. Der Mittelfluss aus operativer Tä-
tigkeit soll indirekt dargestellt werden und möglichst hoch sein. Verwenden Sie
folgendes Schema:
Tabelle 4-13: Kapitalflussrechnung der Praxisnah GmbH für x2 (in T€), Aufgabenblatt
Posten Betrag
Jahresüberschuss
+ Abschreibung Sachanlagen
+ Zuführung langfristiger Rückstellungen
- Gewinn a. d. Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens
+ Zinsaufwand
Cash Flow
+ Abnahme Vorräte
- Zunahme Forderungen aus LuL
- Abnahme Verbindlichkeiten aus LuL
Veränderung Nettoumlaufvermögen
Mittelfluss aus operativer Tätigkeit
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlage-
vermögens
- Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen
Mittelfluss aus Investitionstätigkeit
- Auszahlungen an Gesellschafter
+ Einzahlungen aus Darlehensaufnahme
- Zinsauszahlungen
Mittelfluss aus Finanzierungstätigkeit
Veränderung Finanzmittelfonds
Finanzmittelfonds Periodenanfang
Finanzmittelfonds Periodenende
c) Wie würden Sie einen negativen Mittelfluss aus operativer Tätigkeit in einer Ka-
pitalflussrechnung interpretieren?
243
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Lösung
Der Buchwert der RHB verändert sich von 220 T€ zuzüglich (3) 400 T€ abzüglich 460
T€ auf 160 T€. Von den Zugängen sind nur 350 T€ bezahlt worden, so dass die Ver-
bindlichkeiten aus LuL um 50 T€ ansteigen. Zugleich sind die Altverbindlichkeiten
von 70 T€ gezahlt worden (4), so dass der Endbestand der Verbindlichkeiten aus LuL
50 T€ beträgt.
In der Gewinn- und Verlustrechnung ist der Personalaufwand von 300 T€ zu erfassen,
der sich in der Bilanz durch einen Kassenrückgang von 280 T€ und einen Zugang bei
den Pensionsverpflichtungen von 20 T€ niederschlägt (5).
Die Umsatzerlöse von 880 T€ sind in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen.
Einzahlungen von Kunden hat es in Höhe von 750 T€ gegeben, unabhängig davon in
welchem Jahr die zugehörigen Umsätze erfolgten, weil sich der Endbestand der For-
derungen aus LuL um 130 T€ auf 290 T€ erhöht hat (6).
Die Bankverbindlichkeiten erhöhen sich wegen der noch nicht gezahlten Zinsen um 8
T€ um 458 T€. Außerdem ist bei den langfristigen Schulden wegen der Darlehensauf-
nahme von 75 T€, die den Kassenbestand erhöht, eine neue Zeile einzufügen.
Zins- und Steueraufwand sind in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen (7, 9).
Die Ausschüttung an die Gesellschafter i.H.v. 15 T€ führt zu einer erfolgsneutralen Bi-
lanzverkürzung (10). Vom Jahresüberschuss i.H.v. 9 T€ werden 3 T€ den Rücklagen
zugeführt und der Rest als Bilanzgewinn ausgewiesen. Die folgende Darstellung der
Bilanz enthält bereits die für die Kapitalflussrechnung nötige Veränderungsspalte.
244
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Tabelle 4-14: Bilanz der Praxisnah GmbH zum 31.12x2 (in T€), Lösung
Bilanz x1 x2 Veränderung
langfristiges Vermögen
Sachanlagen 500 479 - 21
kurzfristiges Vermögen
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 220 160 - 60
Forderungen aus LuL 160 290 + 130
sonstige Vermögenswerte 20 29 +9
Kasse 50 69 + 19
Summe 950 1.027 + 77
245
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-15: Gewinn- und Verlustrechnung 01.01.x2 - 31.12.x2 (in T€)
Posten Betrag
Umsatzerlöse 880
sonstige betriebliche Erträge 4
Materialaufwand - 460
Personalaufwand - 300
Abschreibungen - 80
Zinsaufwand - 30
Steuern vom Einkommen und Ertrag -5
Jahresüberschuss 9
b) Kapitalflussrechnung für x2
Bei Erstellung einer Kapitalflussrechnung müssen die Ein- und Auszahlungen des
vergangenen Geschäftsjahres einer der drei Bereiche
operative Tätigkeit,
Investitionstätigkeit und
Finanzierungstätigkeit
zugeordnet werden. Die Summe der Zahlungsströme aus diesen drei Bereichen ergibt
die Veränderung der liquiden Mittel („Finanzmittelfonds“) . Der Finanzmittelfonds
kann neben dem Kassenbestand auch andere Elemente enthalten, beispielsweise je-
derzeit liquidierbare Wertpapiere ohne Kursrisiken. Bei der Praxisnah GmbH besteht
der Finanzmittelfonds jedoch nur aus dem Kassenbestand.
Bei den Mittelflüssen aus operativer Tätigkeit besteht ein Wahlrecht, sie indirekt oder
direkt darzustellen. Üblicherweise werden die Mittelflüsse aus operativer Tätigkeit in-
direkt dargestellt, also ausgehend vom Jahresergebnis entwickelt. Das Jahresergebnis
wird demnach als positive (Jahresüberschuss) oder negative (Jahresfehlbetrag) Verän-
derung der liquiden Mittel interpretiert. Da aber in der Gewinn- und Verlustrechnung
keine Ein- und Auszahlungen, sondern Aufwendungen und Erträge erfasst werden, ist
bei indirekter Darstellung der Zahlungsströme aus operativer Tätigkeit eine Korrektur
erforderlich. Beispielsweise haben die im Geschäftsjahr verrechneten Abschreibungen
zwar das Jahresergebnis gemindert, nicht aber die liquiden Mittel. Also sind für Zwe-
cke der Kapitalflussrechnung die Abschreibungen wieder hinzuzuaddieren.
246
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
nen. Infolge dessen sind die Erträge aus der Veräußerung von Anlagevermögen aus
dem operativen Bereich zu entfernen.
Tabelle 4-16: Kapitalflussrechnung der Praxisnah GmbH für x2 (in T€), Lösung
Posten Betrag
Jahresüberschuss 9
+ Abschreibung Sachanlagen 80
+ Zuführung Rückstellungen 20
- Gewinn a. d. Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens -4
+ Zinsaufwand 30
Cash Flow 135
+ Abnahme Vorräte 60
- Zunahme FLL - 130
- Abnahme VLL - 20
Veränderung Nettoumlaufvermögen - 90
Mittelfluss aus operativer Tätigkeit 45
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagever- 1
mögens
- Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen - 65
Mittelfluss aus Investitionstätigkeit - 64
- Auszahlungen an Gesellschafter - 15
+ Einzahlungen aus Darlehensaufnahme + 75
- Zinsauszahlungen - 22
Mittelfluss aus Finanzierungstätigkeit 38
Veränderung Finanzmittelfonds 19
Finanzmittelfonds Periodenanfang 50
Finanzmittelfonds Periodenende 69
Bei indirekter Darstellung des Mittelflusses aus operativer Tätigkeit wird mit einem
GuV-Ergebnis, häufig mit dem Jahresergebnis, begonnen. Allerdings fordert IAS 7
auch die Angabe der Ertragsteuerzahlungen. Startet man die Kapitalflussrechnung
mit dem Jahresergebnis, müssen die Ertragsteuerzahlungen im Anhang angegeben
247
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
werden. Die Alternative wäre die Wahl des Startpunktes Vor-Steuer-Ergebnis (hier: 14
T€), wovon nachfolgend die Steuerzahlungen (hier: - 5 T€) abgezogen werden könn-
ten.
Aus der Veräußerung des Anlagevermögens ergibt sich ein Gewinn (sonstiger be-
trieblicher Ertrag) von 4 T€. Dieser muss aus dem operativen Bereich entfernt werden,
unabhängig davon, ob sich Zahlungsflüsse ereignet haben oder nicht, denn der Zah-
lungsfluss aus dem Abgang von Sachanlagen (soweit sie – Sonderfall IAS 16.68A –
nicht üblicherweise vorher vermietet waren) ist der Investitionstätigkeit zuzuordnen.
Es handelt sich hierbei also um eine Umgliederung. Der tatsächliche Zahlungsfluss
von 1 T€ wird bei der Investitionstätigkeit erfasst. Wegen der Umgliederung erfolgt
keine Korrektur der Erhöhung der sonstigen Vermögenswerte.
Die Zwischenzeile „Cash Flow“ wird oft freiwillig in der Praxis angegeben. Auch die
Zwischenzeile „Veränderung des Nettoumlaufvermögens“ ist eine freiwillige Anga-
be, die ebenfalls häufig anzutreffen ist. Sie enthält die Veränderung jener kurzfristigen
Bilanzposten, die dem operativen Bereich zuzuordnen sind. Die Ratio lässt sich be-
sonders gut an den Veränderungen der Forderungen aus Lieferungen und Leistun-
gen erklären: Deren Gegenposten sind die Umsatzerlöse, die bei indirekter Darstel-
lung des Mittelflusses aus operativer Tätigkeit über den Startpunkt Jahresergebnis be-
reits vollumfänglich in die Kapitalflussrechnung eingegangen sind. Von dem Umsatz
von 880 T€ waren aber nur 750 T€ zahlungswirksam, so dass die Erhöhung der Forde-
rungen aus Lieferungen und Leistungen von 130 T€ wieder abgezogen werden müssen.
Es ist aber darauf zu achten, dass nicht jede Veränderung des Umlaufvermögens bzw.
der kurzfristigen Verbindlichkeiten hier abzubilden ist, und zwar dann nicht, wenn
diese Veränderungen der Investitions- bzw. Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind.
Das trifft im Beispiel auf die Forderung aus Anlagenabgängen (Erhöhung sonstige
Vermögenswerte um 9 T€, und die Erhöhung der Bankverbindlichkeiten wegen abge-
grenzter Zinsen i.H.v. 8 T€ zu.
248
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Die weiteren Zahlungsströme sind direkt zu erfassen, also die Ausschüttung des Bi-
lanzgewinns des Vorjahres (15 T€), die Aufnahme des langfristigen Darlehens (75 T€)
und die Zinsauszahlungen (- 22 T€).
Die Summe der Mittelflüsse aus operativer Tätigkeit, aus Investitionstätigkeit und Fi-
nanzierungstätigkeit ergibt die Veränderung des Finanzmittelfonds der betrachteten
Periode (19 T€), die sich zusammen mit dem Anfangsbestand (50 T€) zum Endbestand
(69 T€) verdichtet. Sollte sich der Finanzmittelfonds nicht nur aus dem Kassenbestand
zusammensetzen, ist eine Überleitungsrechnung auf die einzelnen Bilanzposten erfor-
derlich.
Bei jungen Unternehmen hingegen kann ein negativer Mittelfluss aus operativer Tä-
tigkeit kurzfristig zu vertreten sein.
4.3 Anhang
Vorbemerkung: Die in den Berichtsinstrumenten Bilanz, Gesamtergebnisrechnung, Ei-
genkapitalspiegel und Kapitalflussrechnung aufgeführten Zahlen können sinnvoll nur
mit ergänzenden Anhangangaben interpretiert werden. Dem Anhang kommt daher
eine große Bedeutung zu, übrigens auch in HGB-Abschlüssen. Der Anhang von IFRS-
Konzernabschlüssen hat häufig einen Umfang von 60 oder 80 Seiten und mehr. Gele-
gentlich wird auch die Frage aufgeworfen, wie diese Informationsflut von Analysten
noch verarbeitet werden kann.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass im Rahmen dieses Übungsbuchs nur punktuell
auf Anhangangaben eingegangen werden kann. Das ist in manchen Aufgaben außer-
halb dieses Kapitels schon geschehen, um den Sinnzusammenhang der Aufgaben
nicht auseinanderzureißen:
249
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-17: Aufgaben mit Anhangangaben
Aufgabennummer Inhalt der Anhangangabe
1.1.2 b) Übereinstimmungserklärung
1.2.2 b) (Vorzeitige) Anwendung neuer Standards
2.3.2 c) und d) Angaben über Operating-Leasingverhältnisse in den Abschlüssen
von Leasinggebern und Leasingnehmern
2.6.4 c) Pensionenspiegel: Entwicklung von Pensionsverpflichtungen
und Planvermögen
2.8.4 a) Datum der Freigabe des Abschlusses
2.8.6 d) Latente Steuern, steuerliche Überleitungsrechnung
4.1.1 b) Aufgliederung von Bilanzposten im Anhang
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Mit Zornesröte im Gesicht eröffnet Dr. Ückeberger, Leiter Finanzen der Silence GmbH,
seine Abteilungsbesprechung und poltert los: „Gestern habe ich auf einem Seminar ei-
nes Bochumer Hochschulprofessors erfahren, dass wir in unserem Konzernabschluss
nach HGB unseren Anteilsbesitz offen legen müssen und keine gesonderte Liste mehr
erstellen dürfen. Außerdem müssen wir über das Honorar des Abschlussprüfers eben-
so berichten wie über nahe stehende Unternehmen und Personen und auch über laten-
te Steuern, selbst wenn wir gar keine ansetzen! Und das alles, obwohl wir den Kapi-
talmarkt gar nicht in Anspruch nehmen! Meine Damen und Herren, ich bin es leid:
Wir stellen jetzt auf IFRS um, dann haben wir mit dem ganzen Blödsinn nichts mehr
zu tun und müssen nicht einmal mehr einen Lagebericht erstellen!“
Aufgabenstellung:
Hat Dr. Ückeberger Recht? Fallen die von ihm genannten Anhang-Berichtspflichten
und der Lagebericht in einem IFRS-Konzernabschluss weg?
250
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Lösung:
Die Silence GmbH kann ihren Konzernabschluss gem. § 315a Abs. 3 Satz 1 HGB nach
IFRS aufstellen. Sie muss dann aber wegen Satz 2 auch die Standards und Vorschriften
des § 315a Abs. 1 HGB vollständig befolgen. Dazu gehören neben den europarechtlich
freigeschalteten IFRS (s. Aufgabe 1.2.1 c)) u.a. folgende nationale Normen:
Aufstellung des Anteilsbesitzes (§ 313 Abs. 2 HGB). In der Tat ist mit dem Bil-
MoG die Möglichkeit einer gesonderten Aufstellung des Anteilsbesitzes (§ 313
Abs. 4 HGB a.F.) weggefallen, so dass die Angabe innerhalb des Anhangs ge-
macht werden muss, und zwar sowohl im Rahmen eines HGB- als auch im Rah-
men eines IFRS-Abschlusses. Ebenfalls kann hier wie da die Schutzklausel zur
Unterlassung von Angaben über den Anteilsbesitz in Anspruch genommen wer-
den, soweit ansonsten ein erheblicher Nachteil entstehen könnte (§ 313 Abs. 3
HGB).
Honorar des Abschlussprüfers (§ 314 Abs. 1 Nr. 9 HGB). Im Zuge des BilMoG
haben nun auch nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen die Angabe zu
machen, im Übrigen gleichgültig, ob es sich um einen HGB oder IFRS-Abschluss
handelt.
Nahe stehende Unternehmen und Personen (§ 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB). Die An-
gabepflicht ist neu für den HGB-Konzernabschluss (und auch im HGB-
Jahresabschluss erforderlich, § 285 Nr. 21 HGB). Sie wurde veranlasst durch die
sog. Abänderungsrichtlinie der EU (Richtlinie 2006/46/EG), für die wiederum
IAS 24 Pate stand. Zwar müsste die Silence GmbH § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB in ih-
rem IFRS-Abschluss nicht beachten, hätte aber mit IAS 24 zu tun. Im Detail erge-
ben sich zwischen diesen beiden Normen Unterschiede, s. Aufgabe 4.3.3.
Latente Steuern (§ 314 Abs. 1 Nr. 21 HGB). Ausweislich der Begründung zum
BilMoG soll tatsächlich über latente Steuern unabhängig vom Bilanzansatz be-
richtet werden (s. Theile, Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 3. Aufl. 2011, § 314
Rz. 13). Die Vorschrift ist in einem IFRS-Konzernabschluss nicht einschlägig.
Stattdessen gilt hier der IAS 12, der erstens die Ansatzpflicht auch für aktive la-
tente Steuern im Einzelabschluss (anders als § 274 HGB) vorsieht und zweitens
wesentlich umfangreichere Anhangangaben verlangt, u.a. die steuerliche Überlei-
tungsrechnung (s. Aufgabe 2.8.6 d)).
Lagebericht (§ 315 HGB). Nach dem Regelwerk der IFRS ist ein Lagebericht nicht
vorgesehen. Trotzdem kann ein deutsches Unternehmen auf den Lagebericht
auch dann nicht verzichten, wenn es einen IFRS-Konzernabschluss aufstellt: We-
gen § 315a Abs. 1 HGB sind auch die Bestimmungen des „Neunten Titels“ zu be-
achten, also des § 315 HGB über den Lagebericht.
Fazit: Dr. Ückeberger hat Unrecht. In Bezug auf die von IFRS-Anwendern zu beach-
tenden HGB-Angaben fordert das Gesetz nicht mehr und nicht weniger als es auch
von HGB-Anwendern fordert. Hinzu kommen bei einem Umstieg auf IFRS noch die
251
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
(erheblichen) Angabepflichten, die die IFRS selbst vorsehen und die weit über die An-
gabepflichten eines HGB-Konzernabschlusses hinausgehen.
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Aufgabenstellung
d) Nehmen Sie an, sowohl eine große GmbH als auch eine börsennotierte AG sind
jeweils Mutterunternehmen und stellen Ihren Konzernabschluss nach IFRS auf.
Welche Angabepflichten zu den Bezügen des Geschäftsführungsorgans ergeben
sich? Sind die HGB-Pflichten weiterhin relevant?
252
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Lösung:
Verblei- Keine Anga- Da es nur einen Ge- Sollte durch die Hauptver-
bende ben zu den schäftsführer gibt, sammlung das Unterlassen der
Angabe- Gesamtbezü- wären die Gesamt- Angabe individualisierter Vor-
pflichten gen bezüge dieses Ge- standsbezüge beschlossen wer-
schäftsführers er- den, verbleibt dennoch die
sichtlich, so dass ei- Pflicht zur Offenlegung der Ge-
ne Veröffentlichung samtbezüge der Organe.
unterbleiben kann.
253
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
b) Angaben im HGB Konzernabschluss
Grundsätzliche Angabepflichten:
Die Veröffentlichung der Gesamtbezüge jeweils für jede Personengruppe der Organe
(z.B. Vorstand, Aufsichtsrat) gilt analog zum Jahresabschluss (dort gem. § 285 Nr. 9 a)
S. 1 HGB) gem. § 314 Abs. 1 Nr. 6 a) S. 1 HGB auch für den Konzernabschluss.
Erleichterungen:
Verbleibende Angabepflichten:
Hierzu und zu den Hintergründen der Schutzklausel ein Auszug aus einem Schreiben
des BMJ vom 6.3.1995 III A 3 - 3507/1 - 13 (D) - 1 II - 32 - 2014/94 (DB 1995, S. 639):
254
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
auch, wenn mehrere Mitglieder vorhanden sind. Grundsätzlich kann nicht nach der
Zahl der Organmitglieder differenziert werden; da die Ermittlung der Durchschnitts-
bezüge letztlich auf einem Rechenvorgang beruht, ist die Zahl unerheblich. Entschei-
dend ist, ob die Bezüge der einzelnen Mitglieder tatsächlich wesentlich voneinander
abweichen.“
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 26.6.1997 (19 W 2/97 AktE, DB 1997, S.
1609) die Auffassung des BMJ bestätigt: Die Schutzklausel ist auch dann anwendbar,
wenn sich Individualbezüge näherungsweise über eine Durchschnittsberechnung fest-
stellen lassen.
255
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Im vorliegenden Fall gibt es In jedem Fall ist in einem deut-
nur einen Alleingeschäftsfüh- schen Abschluss nach den Or-
rer, so dass es zwischen HGB ganen Vorstand und Aufsichts-
und IFRS Angaben keine Ab- rat bei der Angabe der Gesamt-
weichungen geben sollte. bezüge zu unterscheiden – eine
Zusammenfassung unter „Mit-
glieder des Managements in
Schlüsselpositionen“ ist nicht
ausreichend. Grundsätzlich
sollten sich die zu veröffentli-
chenden Sachverhalte nach
HGB und IFRS entsprechen.
Erleichterungen Nach IFRS gibt es keine Er- Nach IFRS gibt es keine Er-
leichterungen für die Angabe- leichterungen bzgl. obiger An-
pflichten aus IAS 24. gabepflichten.
256
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Verbleibende Da die HGB-Erleichterung Auf die Einzelaufstellung der
Angabepflichten nach der hier vertretenen Auf- Vorstandsvergütung kann bei
fassung für die Angaben nach entsprechendem HV-Beschluss
IAS 24 nicht greift, ist in einem verzichtet werden.
IFRS Abschluss – anders als im
Die Angabe der Vergütung für
HGB Abschluss – auch bei ei-
Mitglieder des Managements in
nem Alleingeschäftsführer
Schlüsselpositionen ist gem. der
über die Gesamtbezüge zu be-
HGB-Gruppierung (im Regel-
richten.
fall zumindest Vorstand und
Aufsichtsrat) jeweils insgesamt
vorzunehmen.
Lernziele: Abgrenzung von nahe stehenden Unternehmen und Personen zum Bericht
erstattenden Unternehmen; Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt:
Die im Plüschtiergeschäft tätige HugMe GmbH (H-GmbH), Giengen an der Benz, hält
100 % der Anteile an der Soft Toy plc (ST plc), Manchester (England),
80 % der Anteile an der Pluszowe Sp. z o.o (P-ZOO), Krakau (Polen) und
Die H-GmbH, eine große Kapitalgesellschaft, stellt aufgrund ihrer internationalen Ge-
schäftstätigkeit ihren Konzernabschluss unter Vollkonsolidierung der ST plc und der
P-ZOO nach IFRS auf. Die Forschung AG, aus einem Spin-Off des Fachbereichs Textil-
design der Fachhochschule Hof hervorgegangen und erst vor zwei Jahren erworben,
ist noch im Aufbau begriffen und wird wegen Unwesentlichkeit bislang nicht in den
Konzernabschluss einbezogen.
An der H-GmbH sind die vier Kinder des Firmengründers Alfons, Berta, Carolin und
Dennis (ABCD) zu gleichen Teilen beteiligt. Außerdem hält C noch die 20 % der Antei-
le an der P-ZOO. An der Geschäftsführung der H-GmbH sind jedoch nur A und B be-
teiligt, weil C und D ferner als Vorstandsmitglieder und Alleingesellschafter der
Schaumstoff AG (S-AG), Hamburg, zeitlich voll eingebunden sind.
257
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
D lebt seit drei Jahren unehelich in häuslicher Gemeinschaft mit Edina zusammen, die
die von ihr neu gegründete Marketingagentur „No limits“ alleine betreibt.
Mit der Ogel S/A, Billund, generiert die H-GmbH schon seit Jahren rund 40 % ihrer
Umsätze. Rahmenverträge, Entwicklungskooperationen oder ähnliches bestehen je-
doch nicht.
Aufgabenstellung
a) Erstellen Sie ein Schaubild über die Beziehungen der im Sachverhalt genannten
Unternehmen und Personen zueinander.
b) Was ist der Sinn über Angaben zu nahe stehenden Unternehmen und Personen
im Abschluss eines Unternehmens?
g) Welche der Geschäftsvorfälle (1) bis (7) lösen bei der H-GmbH Berichtspflicht
nach § 285 Nr. 21 HGB aus, und welche lösen die Berichtspflicht im IFRS-
Konzernabschluss aus?
258
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
(4) Der von der H-GmbH benötigte Schaumstoff wird ausschließlich von der S-
AG zu besonders günstigen Konditionen geliefert, die die S-AG im Übrigen
auch anderen guten Kunden einräumt.
(5) D hat der H-GmbH ein nur mit 1,5 % verzinsliches langfristiges Darlehen
gewährt.
(6) Die H-GmbH und C bürgen unentgeltlich für Bankschulden der P-ZOO.
h) Beurteilen Sie kritisch, wie die Anhangangabepflichten über nahe stehende Un-
ternehmen und Personen von Abschlusserstellern und –prüfern aufgenommen
(akzeptiert) werden.
Lösung:
Abbildung 4-1: HugMe GmbH Konzern und nahe stehende Unternehmen und Personen
Familienangehörige
A B C D zusammenlebend
E
25% 25% 25% 25%
+GF +GF
100%
50% 50%
+VM +VM
S-AG
259
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
achtet, weil die Befürchtung besteht, dass nahe stehende Unternehmen und Personen
Geschäfte tätigen, die fremde Dritte nicht eingehen bzw. in anderer Höhe abwickeln
würden.
Leitlinie für das Nahestehen ist nach IAS 24 der mindestens maßgebliche Einfluss,
den ein anderer auf das Bericht erstattende Unternehmen oder der umgekehrt vom
Bericht erstattenden Unternehmen auf einen anderen direkt oder indirekt ausgeübt
werden kann. Gegenüber Unternehmen liegt etwa die (widerlegbare) Vermutung des
maßgeblichen Einflusses bei einer Stimmrechtsquote von 20 % und mehr, was auch
der deutschen Assoziierungsschwelle entspricht (§ 311 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Damit sind die Unternehmen eines Konzernverbundes, hier also die H-GmbH, ST
plc, P-ZOO und die Forschung AG, untereinander nahe stehende Unternehmen. Die
Gesellschafter ABCD halten je 25 % der Anteile an der H-GmbH und sind daher nahe
stehende Personen.
C und D führen offensichtlich die S-AG gemeinsam, üben also bereits mehr als nur
den maßgeblichen Einfluss auf die S-AG aus. Dann ist in Bezug zur H-GmbH auch die
S-AG ein nahe stehendes Unternehmen, weil auf beide Gesellschaften von denselben
ein bzw. zwei Personen C und D ein mindestens maßgeblicher Einfluss ausgeübt wird.
Schließlich lebt D mit E zusammen, zwar ohne Trauschein, aber in häuslicher Gemein-
schaft. Zu den sog. nahen Familienangehörigen einer nahe stehenden natürlichen
Person zählen nach IAS 24.9 auch die Lebenspartner und deren Kinder sowie nahe
Angehörige, von denen angenommen werden kann, dass sie die natürliche Person in
ihren Geschäftsbeziehungen zum bericht erstattenden Unternehmen beeinflussen
können. Insoweit zählen auch E und deren Firma „no limits“ zu den nahe stehenden
Unternehmen und Personen der H-GmbH.
Zwar ist die Ogel S/A ein wesentlicher Geschäftspartner der H-GmbH und diese in-
soweit wirtschaftlich möglicherweise von ihr abhängig. Dadurch wird nach IAS 24.11d
260
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
die Ogel S/A jedoch noch nicht notwendigerweise zu einem nahe stehenden Unter-
nehmen. Es müsste hierfür der Positivbeweis erbracht werden, dass die Ogel S/A
maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftspolitik der H-GmbH ausüben könnte, was of-
fensichtlich nicht der Fall ist.
Daher sind bis auf die Ogel S/A alle im Sachverhalt genannten natürlichen und juristi-
schen Personen als nahe stehend zur H-GmbH zu qualifizieren.
Die Geschäftsbeziehungen zwischen der H-GmbH und der P-ZOO sind angabe-
pflichtig. Die P-ZOO wird zwar in den Konzernabschluss einbezogen, steht aber
nicht in 100%igem Anteilsbesitz. Das die weiteren Anteile von C gehalten wer-
den, immerhin eine nahe stehenden Person der H-GmbH, führt angesichts der
klaren Forderung nach 100%igem Anteilsbesitz nicht zu einer anderen Beurtei-
lung.
Nach welchen Rechtsregeln – IFRS oder HGB – der Konzernabschluss der H-GmbH
aufgestellt wird, ist für die Inanspruchnahme der Ausnahmevorschrift für den HGB-
Jahresabschluss unbeachtlich.
Nach dem Wortlaut des § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB werden im HGB-Konzernabschluss
von der Berichtspflicht explizit dagegen nur Geschäfte ausgenommen mit und zwi-
schen mittel- oder unmittelbar in 100 %-igem Anteilsbesitz stehenden in einen Konzernab-
schluss einbezogenen Unternehmen. Nur im Falle von 100 %-igen Konzerngesellschaften
entfiele damit die Angabepflicht. Nach dem Wortlaut der Vorschrift wäre im Konzern-
abschluss über die Geschäftsbeziehungen der H-GmbH zur P-ZOO zu berichten (sie
261
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
steht nur in 80%igen Anteilsbesitz!), obwohl diese Geschäfte bekanntlich konsolidiert
werden. Die Norm macht daher nur Sinn, wenn sie gegen ihren Wortlaut analog IFRS
ausgelegt wird (zu weiteren Unklarheiten des § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB vgl. Heu-
ser/Leippe/Theile in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 4659).
Der Begriff Geschäft ist in einem weiten, funktionalen Sinn zu verstehen. Es muss sich
nicht notwendigerweise um Rechtsgeschäfte handeln. Betroffen sind sämtliche Maß-
nahmen, die eine unentgeltliche oder entgeltliche Übertragung oder Nutzung von
Vermögensgegenständen oder Schulden zum Gegenstand haben, mithin alle Transak-
tionen rechtlicher oder wirtschaftlicher Art, die sich auf die Finanzlage eines Unter-
nehmens auswirken können. Dazu gehören Käufe/Verkäufe, Nutzungsüberlassungen,
Finanzierungen, Bürgschaften, Produktionsverlagerungen, Stilllegungen von Betriebs-
teilen, Vereinbarungen beim Ein- oder Verkauf usw. (vgl. BT-Drucks. 16/10067, S. 72).
262
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
einzustufen sein, wenn sie von dieser ihrerseits in nutzbringende Produkte und Ver-
fahren umgesetzt werden können.
(3) HGB-Jahresabschluss: Es mag aus Sicht eines jungen Unternehmens der Marke-
tingbranche marktüblich sein, gelegentlich und möglicherweise auch dauerhaft un-
entgeltlich Leistungen zu erbringen. Die Marktüblichkeit ist aber immer aus Sicht des
Bericht erstattenden Unternehmens, hier also der H-GmbH, zu beurteilen. Dessen
dauerhafter unentgeltlicher Leistungsbezug dürfte als marktunüblich zu qualifizie-
ren sein, so dass – vorbehaltlich der Wesentlichkeit – eine Angabepflicht zu bejahen ist.
(4) HGB-Jahresabschluss: Zwar erfolgt die Belieferung durch die S-AG zu besonders
guten Konditionen, was Hinweis auf die Marktunüblichkeit sein kann. Da aber auch
anderen guten Kunden diese Konditionen eingeräumt werden, wäre hier zu prüfen,
ob die H-GmbH die Konditionen wegen ihrer Bonität und Marktstellung erhält (dann:
marktüblich), oder nur deshalb, weil die S-AG ein nahe stehendes Unternehmen ist
(dann: marktunüblich). Die H-GmbH benötigte also Informationen über die wirt-
schaftliche Situation anderer Kunden der S-AG, um den Drittvergleich objektiv nach-
prüfbar darstellen zu können. Sie ist insoweit von der Informationsbereitstellung der
S-AG abhängig.
(6) HGB-Jahresabschluss: Wenn die Unentgeltlichkeit der Bürgschaft nicht durch an-
dere (Vermögens)Vorteile kompensiert wird, liegen nicht marktübliche Bedingungen
vor. Der Sachverhalt könnte aber steuerschädlich sein (§ 1 AStG), und im Fall ihrer
Wesentlichkeit wäre die Anhangangabe insoweit die auf dem Silbertablett überbrachte
Einladung an die steuerliche Außenprüfung. – Nicht Angabepflichtig ist freilich die
Bürgschaft von C an die P-ZOO: Es handelt sich nicht um ein Geschäft des Bericht er-
stattenden Unternehmens, der H-GmbH.
263
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
bereits nach § 285 Nr. 9a HGB, die nach Auffassung des IDW als lex specialis selbst
dann anzusehen ist, wenn die H-GmbH von der Schutzklausel des § 286 Abs. 4 HGB
Gebrauch macht (vgl. IDW ERS HFA 33, Rz. 28). Letzteres ist auch bei zwei Gesell-
schaftern möglich (OLG Düsseldorf v. 26.6.1997 – 19 W 2/97, DB 1997, 1609). Daher be-
richtet die H-GmbH weder nach § 285 Nr. 9a noch nach § 285 Nr. 21 HGB über den
vorliegenden Sachverhalt.
Ein Abschlussprüfer wird zwar nicht bei der Evaluierung eheähnlicher Lebensgemein-
schaften Detektiv spielen, sondern sich im Wesentlichen auf die Vollständigkeitserklä-
rung berufen können. Wenn sich dann in einer späteren Periode jedoch herausstellt,
dass offensichtlich nicht ganz koschere Geschäfte unangegeben getätigt worden sind,
bleibt aber in der öffentlichen Wahrnehmung möglicherweise auch für ihn ein
„Geschmäckle“.
264
Aufgaben ohne Lösungen
5.1
5 Aufgaben ohne Lösungen
5.1 Trainingsaufgaben
5.1.1 Berichtsinstrumente
Schwierigkeitsgrad:
Aufgabenstellung
5.1.2 Wesentlichkeit
Schwierigkeitsgrad:
Aufgabenstellung
b) Der Posten Anlageimmobilien macht nur 0,5 % der Bilanzsumme aus und
braucht deshalb auf der Bilanzebene nicht gesondert ausgewiesen zu werden.
265
5.1.3 Finanzinstrumente
Schwierigkeitsgrad:
Aufgabenstellung
5.1.4 Wertminderungen
Schwierigkeitsgrad:
Aufgabenstellung
a) Eine Sachanlage ist außerplanmäßig abzuschreiben, wenn ihr Fair Value unter ih-
ren Buchwert sinkt.
266
Aufgaben ohne Lösungen
5.1
5.1.5 Latente Steuern
Schwierigkeitsgrad:
Aufgabenstellung
a) Die Steuerabgrenzung nach HGB folgt dem Timing-, und jene nach IFRS dem
Temporary-Konzept.
5.1.6 Anhang
Schwierigkeitsgrad:
Aufgabenstellung
267
Aufgaben ohne Lösungen
5
5.2 Trainingsfälle
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die schon länger nach IFRS bilanzierende Großanlagenbau AG hat für ihre zahlrei-
chen Fertigungsaufträge noch nie die Percentage-of-Completion-Methode angewen-
det. Das soll für den Abschluss x4 geändert werden. Der Leiter Rechnungswesen hat
von IAS 8 gehört und weist seine Mitarbeiter an, die Methode bis x1 rückwirkend an-
zuwenden.
Aufgabenstellung
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Die Fidibus GmbH ist schon seit langem Tochterunternehmen eines nach IFRS bilan-
zierenden Konzerns. Weil die Abweichungen zwischen dem HGB-Abschluss (HB I)
und der für Konzernzwecke zu erstellenden Handelsbilanz II (HB II) nach IFRS nur
sehr gering sind, hat sich der Leiter Rechnungswesen dazu entschlossen, die HB II je-
weils durch Überleitungsbuchungen zu erstellen.
Die Fidibus GmbH besitzt u.a. 2 baugleiche Maschinen (A und B) für die Produktion
von diversen Zauberartikeln. Die Maschinen sind am 02.01.x1 zu je 6.000 T€ erworben
268
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
worden und haben eine Nutzungsdauer von 6 Jahren. Sie werden linear abgeschrie-
ben; zum 31.12.x3 beträgt der Buchwert auf Basis der fortgeführten Anschaffungskos-
ten somit je 3.000 T€, und zwar sowohl in der HB I nach HGB/ Steuerrecht als auch in
der HB II nach IFRS.
Kurz vor Abgabe der jeweiligen Handelsbilanzen II an die Konzernspitze gibt diese
bekannt, dass zur Stärkung des Eigenkapitalausweises zum 31.12.x3 auf maschinelle
Anlagen erstmals die Neubewertungsmethode angewendet werden soll.
Aufgabenstellung
c) Nehmen Sie an, am 31.12.x3 würde eine neue Maschine desselben Typs 7.200 T€
kosten. Wie hoch ist der Fair Value der im Bestand befindlichen Maschinen?
d) Wenden Sie nun die Neubewertungsmethode auf die zwei Maschinen an. Neh-
men Sie dabei die Korrektur der kumulierten Abschreibungen nach IAS 16.35b
vor. Ermitteln Sie die latenten Steuern und geben Sie die Buchungssätze an.
f) Auch Maschine B sollte in x4 planmäßig genutzt werden. Allerdings lief die Ma-
schine zu lange im Kapazitätsmaximum. Am Jahresende erlitt sie daher einen
physischen Totalschaden. Zeigen Sie für diesen Sachverhalt die Buchungen.
Sachverhalt
269
Aufgaben ohne Lösungen
5
multifunktionalen 12-Stationen Kraftmaschine. Die Investition soll dabei über ein Lea-
singkonstrukt finanziert werden. Dieses sieht in der unkündbaren Grundmietzeit von
5 Jahren jährlich nachschüssig zu leistende Leasingraten in Höhe von 12.000 € vor.
Nach Ablauf der Grundmietzeit soll die Kraftmaschine an den Leasinggeber zurück-
fallen, wobei dieser das Recht hat, die Maschine zu einem Preis von 30.000 € der Bi-
zeps AG anzudienen. Auf die Fixierung einer das Andienungsrecht ergänzenden
Kaufoption wurde verzichtet, da das Management je nach ökonomischer Performance
des Erfurter Studios erwägt, in eine dann verbesserte Kraftmaschine neueren Typs zu
investieren. Der Beginn der Laufzeit des Leasingverhältnisses ist auf den 01.01.x1 da-
tiert.
Aufgabenstellung
a) Klassifizieren Sie das Leasingverhältnis aus Sicht der Bizeps AG. Gehen Sie bei
Ihren Überlegungen davon aus, dass die Bizeps AG bei ihrer Hausbank auch ein
fristenkongruentes Darlehen zum Erwerb einer typ- und ausstattungsgleichen
Kraftmaschine zu 7 % aufnehmen könnte. Unterstellen Sie, dass gemäß der inter-
nen Bilanzierungsrichtlinie der Bizeps AG der Laufzeittest ab einem Wert von
75 % und der Barwerttest ab einem Wert von 90 % als erfüllt gilt. Die Anschaf-
fungskosten der ökonomisch 8 Jahre nutzbaren Kraftmaschine werden im Lea-
singvertrag auf 72.000 € taxiert. Chancen aus der Anschlussverwertung der
Kraftmaschine, die formal beim Leasinggeber liegen, fallen wirtschaftlich nicht
ins Gewicht.
b) Wie ist das Leasingverhältnis während der Vertragslaufzeit in den Büchern der
Bizeps AG abzubilden? Latente Steuern sollen außer Acht bleiben.
Sachverhalt
270
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
onsportfolio sinnvoll ergänzen können. Dabei stieß es auf das Unternehmen des Ein-
zelkaufmanns Klaus Korn, der aus Alltagsgründen seine Schnapsbrennerei verkaufen
will. Die Digestif GmbH hat im Rahmen einer Due Diligence festgestellt, dass das
Sachanlagevermögen des Klaus Korn aufgrund degressiver und steuerlicher Sonder-
abschreibungen um 80 T€ unter den Zeitwerten liegt. Der Marktwert der Vorräte liegt
um 30 T€ über dem bilanziellen Ausweis, und der Betrieb verfügt über einen nicht bi-
lanzierten Auftragsbestand, dessen Wert von rund 20 T€ sich im nächsten Geschäfts-
jahr realisieren wird.
Außerdem kann Klaus Korn die Geschäftsführung der Digestif GmbH von seinem
sensationell gut ausgebildeten und eingespielten Personal überzeugen, so dass man
sich auf einem Barzahlungspreis von 310 T€ für das Unternehmen des Klaus Korn ei-
nigt.
Nachfolgend sind die stark verkleinerten Bilanzen des Klaus Korn e.K. und der Di-
gestif GmbH unmittelbar vor dem Unternehmenserwerb angegeben. Stören Sie sich
nicht an der ggf. von IFRS abweichenden Gliederung.
Tabelle 5-1: Bilanz des Klaus Korn e.K. (in T€), Aufgabenblatt
Aktiva Passiva
HK ZW HK ZW
Anlagevermögen Eigenkapital 130
Sachanlagen 320 Rückstellungen 100
Umlaufvermögen Verbindlichkeiten 440
Vorräte 190
Forderungen aLL 50
sonstige VG 110
Summe 670 Summe 670
271
Aufgaben ohne Lösungen
5
Tabelle 5-2: Bilanz der Digestif GmbH (in T€), Aufgabenblatt
Aktiva Passiva
Erwerb Erwerb
vorher nachher vorher nachher
Anlagevermögen gez. Kapital 50
Goodwill Kapitalrücklagen 80
Sachanlagen 670 Gewinnrücklagen 700
Finanzanlage 110 Bilanzgewinn 30
Umlaufvermögen Rückstellungen 460
Vorräte 550 Verbindlichkeiten 920
Forderungen aLL 430
sonstige VG 480
Summe 2.240 Summe 2.240
Aufgabenstellung
a) Setzen Sie in der Bilanz des Klaus Korn die einzeln identifizierbaren Vermögens-
werte und Schulden zu Zeitwerten an. Wie hoch ist das zu Zeitwerten bewertete
Eigenkapital?
b) Stellen Sie die Bilanz der Digestif GmbH nach Erwerb des Unternehmens des
Klaus Korn auf.
c) Nehmen Sie an, bei dem erworbenen Unternehmen handelt es sich um die Klaus
Korn GmbH. Wie könnte in einem Abschluss der Digestif GmbH derselbe Infor-
mationsgehalt wie unter b) erzielt werden?
Sachverhalt
Der bisher aus den Segmenten „Reifen“ und „Motorelektronik“ bestehende Konzern K
erwirbt Anfang x1 das Unternehmen T, das Komponenten für alternative Fahrzeugan-
triebe produziert. T bildet im Konzern das dritte Segment „alternative Antriebe“ und
272
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
ist in die Sparten „Hybrid“ und „Wasserstoff“ aufgeteilt. Bei der Erstkonsolidierung
entstand ein Goodwill von 700 T€, wovon 500 T€ dem Segment „alternative Antriebe“
insgesamt zugeordnet worden sind, weil man eine Einzelaufteilung auf die beiden
Sparten „Hybrid“ und „Wasserstoff“ nicht für möglich hält. Allerdings glaubt man
wegen Einkaufsvorteilen auch an Synergieeffekte im Segment „Motorelektronik“, so
dass auch diesem Bereich ein Goodwill von 200 T€ zugewiesen wurde.
Nettoveräußerungspreis - - - 200 - -
Legende:
CGUH = Sparte „Hybrid“ HV = Hauptverwaltung
CGUW = Sparte „Wasserstoff“ GoF = Goodwill
Da der Goodwill keiner der beiden CGU zugeordnet worden ist, ist nicht nur die
CGUH, sondern zusätzlich das Segment „alternative Antriebe“ einem Wertminde-
rungstest zu unterziehen. Dem Segment ist als gemeinschaftlicher Vermögenswert sei-
ne Hauptverwaltung (HV) zuzurechnen, wobei eine vernünftige und stetige Auftei-
lung ihres Buchwertes auf die beiden CGUH und CGUW nicht möglich sei. Für die HV
kann ein Nettoveräußerungspreis ermittelt werden. Im Übrigen verursacht die HV
ausschließlich Ausgaben, deren Barwert in der Zeile Nutzungswert eingetragen wurde.
273
Aufgaben ohne Lösungen
5
Aufgabenstellung
a) Zu welchem Ergebnis führt der Impairment-Test der CGUH? Beschreiben Sie, wie
eine evtl. Wertminderung auf die Vermögenswerte der CGUH zu verteilen ist.
274
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
5.2.6 Einflussnahme auf andere Unternehmen – Spielzeug
GmbH
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Alois Schubert hält 60 % und seine Frau Rosi 40 % der Anteile der in Nürnberg ansäs-
sigen Spielzeug GmbH, die seit x2 ihren Konzernabschluss nach IFRS aufstellt. Im Jahr
x4 hat die GmbH u.a. folgende Geschäfte getätigt:
(1) Das Verwaltungsgebäude ist im Februar an die nur für diesen Zweck neu ge-
gründete Burglease GmbH veräußert und zurückgemietet worden; der Leasing-
vertrag ist klar ein Operating-Leasing. Einzige Gesellschafterin der Burglease ist
Rosi Schubert. Über den Leasingvertrag hinaus bestehen keinerlei Vereinbarun-
gen zwischen der Burglease GmbH und der Spielzeug GmbH.
(2) Erwerb von 41 % der stimmberechtigten Stammaktien der Toi AG im März. Schon
seit x1 besitzt nur die Spielzeug GmbH Wandelanleihen der Toi AG, die im Fall
der Wandlung zu weiteren 10 % stimmberechtigten Stammaktien führen würden.
Die Ausübung des Wandlungsrechts ist bis Juli x5 möglich, aber von der Spiel-
zeug GmbH nicht geplant. Die Toi AG ihrerseits hat im Juli 18 % der Anteile an
der Dragon plc. erworben und stellt aufgrund einer Vereinbarung mit den übri-
gen Anteilseignern einen der vier Boardmitglieder.
(3) Mit notariellem Kaufvertrag vom 12.09. ist der Betrieb des Holzschnitzers Xaver
Hinterhuber aus Furth im Wald, der sich auf sein Altenteil zurückzieht, erworben
worden.
Aufgabenstellung
Charakterisieren Sie die Beziehungen der in den drei Fällen genannten Unternehmen
zur Spielzeug GmbH aus IFRS-Perspektive. Liegen Unternehmenszusammenschlüsse
vor? Als was bzw. wie sind die genannten Unternehmen im Konzernabschluss der
Spielzeug GmbH abzubilden? Skizzieren Sie die sich ergebenden Berichtspflichten.
275
Aufgaben ohne Lösungen
5
5.2.7 Erwerbszeitpunkt und Gegenleistung – Slowly AG
Schwierigkeitsgrad:
Sachverhalt
Der Vorstand der an der Frankfurter Börse notierten und im Streubesitz befindlichen
Slowly AG, Mutterunternehmen eines Textilkonzerns, wird sich im Januar x1 mit den
Gesellschaftern der Damast GmbH einig, das Unternehmen zu übernehmen. Die Da-
mast GmbH ist zwar bedeutend kleiner als der Slowly-Konzern, dafür aber hoch profi-
tabel und mit einigen Luxusmarken weltweit bekannt; einzig die Nähgarnsparte ist
nicht rentabel. Die Slowly AG verspricht sich vom Erwerb eine nachhaltige Steigerung
ihres Unternehmenswertes. Der Erwerbsvorgang vollzieht sich in folgenden Schritten:
Tabelle 5-5: Zeitliche Abfolge der Erwerbsschritte zum Kauf der Damast GmbH
€-Kurs
x1 Ereignis Slowly
Aktie
24.01. Der Slowly-Vorstand beginnt mit Damast GmbH-Gesellschaftern 21
die Kaufverhandlungen; grundsätzliche Einigung
16.03. Aufsichtsrat der Slowly AG stimmt dem Erwerb zu 24
14.05. Abends: In einer langen Nachtsitzung vereinbaren der Vorstand 23
der Slowly AG und die Gesellschafter der Damast GmbH, dass die
Slowly AG sämtliche Anteile der GmbH gegen Hingabe von 10 %
der Aktien der Slowly AG (= 5 Mio. Stück) erwirbt; rechtswirksam
wird der Kauf erst bei (nicht bezweifelter) kartellrechtlicher Ge-
nehmigung, wobei unverzüglich an diesem Tag auch die Anteile
übertragen werden sollen; vom 15.05. bis zur kartellrechtlichen
Genehmigung des Erwerbs führen die Altgesellschafter die lau-
fenden, operativen Geschäfte der GmbH weiter; erst ab dem 01.06.
können, dann aber zusammen mit dem Vorstand der Slowly AG,
auch wieder strategische Maßnahmen ergriffen werden, vor allem
einige Restrukturierungen bei der GmbH, so etwa die Veräuße-
rung der unrentablen Nähgarnsparte
15.05. Morgens: Ad-hoc-Mitteilung über den Erwerb 35
16.05. Notarieller Kaufvertrag; Veröffentlichung Quartalsabschluss 31.03. 34
23.05. Beantragung der kartellrechtlichen Genehmigung des Erwerbs 36
01.06. Vorbereitung von Restrukturierungsmaßnahmen 38
04.09. Kartellrechtliche Genehmigung wird erteilt, GmbH-Anteile und 31
Aktien werden übertragen
276
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
jenem Kurs liegt, der zum Erwerbszeitpunkt i.S.v. IFRS 3 festgestellt worden ist. Der
Vorstand der Slowly AG hält eine solche Schwankung für unwahrscheinlich. Tatsäch-
lich beträgt der Börsenkurs am Jahresende 33 €. Schließlich wurde vereinbart, dass die
bis zum Erwerbszeitpunkt i.S.v. IFRS 3 aufgelaufenen Ergebnisse der GmbH den Alt-
gesellschaftern zukommen sollen.
Aufgabenstellung
d) Nehmen Sie an, die kartellrechtliche Genehmigung wird nicht erteilt. Welche
Maßnahmen sind dann in welchem Abschluss der Slowly AG zu ergreifen?
Sachverhalt:
Der Handelskonzern Cash & Curry AG weist zum 31.12.x2 folgende Konzernbilanz
aus:
Tabelle 5-6: Konzernbilanz der Cash & Curry AG zum 31.12.x2 (in T€)
31.12.x2 31.12.x1
Goodwill 1.000 0
Sachanlagen 3.800 1.500
Vorräte 5.000 4.500
Flüssige Mittel 700 1.000
Summe Aktiva 10.500 7.000
Eigenkapital Konzernmutter 3.200 2.700
Eigenkapital Minderheiten 800 300
Kaufpreisverbindlichkeit 300 0
Verbindlichkeiten aLuL 6.200 4.000
Summe Passiva 10.500 7.000
277
Aufgaben ohne Lösungen
5
Am 01.12.x2 wurden 60 % der Anteile am niederländischen Handelsunternehmen
ORTEM N.V. zum Preis von 1.600 T€ erworben. Die Konsolidierung zur Aufstellung
der o.a. Bilanz erfolgte nach der Neubewertungsmethode. Der Konsolidierung wurden
folgende Fair Values des ORTEM-Konzerns zugrundegelegt:
Tabelle 5-7: Konzernbilanz der ORTEM N.V. zum 01.12.x2 (in T€), Fair Value
Aktiva Passiva
Sachanlagen 2.000 Eigenkapital Konzernmutter 600
Vorräte 1.200 Eigenkapital Minderheiten 400
flüssige Mittel 50 Verbindlichkeiten aus LuL 2.250
Summe 3.250 Summe 3.250
Bis zum 31.12.x2 wurde ein Teilbetrag des Kaufpreises von 1.300 T€ in bar bezahlt; der
Rest (300 T€) ist als Kaufpreisverbindlichkeit passiviert.
Goodwill Sachanlagen
1. Bruttowerte
01.01.x2 0 5.000
Zugänge 0 500
Änderung Konsolidierungskreis 1.000 2.000
Währungsumrechnung 600
31.12.x2 1.000 8.100
2. Kumulierte Abschreibungen
01.01.x2 0 - 3.500
Zuführung - 600
Währungsumrechnung 0 - 200
31.12.x2 0 - 4.300
3. Nettobuchwerte
01.01.x2 0 1.500
31.12.x2 1.000 3.800
278
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
Tabelle 5-9: Konzern-Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x2 (in T€)
Konzernmutter
Gewinnrückla-
umrechnungs-
Fremdanteile
eigenkapital
gezeichnetes
Währungs-
Anteil der
Konzern-
differenz
Kapitel
gen
Stand 01.01.x2 1.000 2.000 - 300 2.700 300 3.000
Währungsumrechnung 200 200 50 250
Jahresüberschuss 600 600 75 675
Konzerngesamtergebnis 0 600 200 800 125 925
Dividenden - 300 - 300 - 25 - 325
Veränderung Konsolidierungskreis 0 400 400
Stand 31.12.x2 1.000 2.300 -100 3.200 800 4.000
Aufgabe:
b) Stellen Sie die Konzernkapitalflussrechung der Cash & Curry AG für das Jahr x2
auf.
Einige Werte sind bereits eingetragen: Entnehmen Sie die fehlenden Angaben aus
der Bilanz der ORTEM N.V. zum Erstkonsolidierungszeitpunkt sowie aus dem
Anlagen- und dem Eigenkapitalspiegel die Währungsumrechnungsdifferenzen in
Bezug auf die Sachanlagen und das Eigenkapital. Beachten Sie dabei, dass die
Währungseffekte mit negativem Vorzeichen einzutragen sind, da Währungsgewinne
abgezogen werden.
279
Aufgaben ohne Lösungen
5
Tabelle 5-10: Veränderungsbilanz (in T€), Aufgabenblatt
D
C
B
F
Konzernbilanz
Konzernbilanz
erfolgsneutral
Veränderung
veränderung
umrechnung
Erweiterung
Konsolidie-
Währungs-
rungskreis
01.12.x2
31.12.x2
31.12.x1
Rest-
Goodwill 1.000 0 1.000
Sachanlagen 3.800 1.500 2.300 - 2.000
Vorräte 5.000 4.500 500 - 50
Flüssige Mittel 700 1.000 - 300 - 10
Summe Aktiva 10.500 7.000 3.500 - 460
Eigenkapital Konzernmutter 3.200 2.700 500
Eigenkapital Minderheiten 800 300 500
Kaufpreisverbindlichkeit 300 0 300 0
Verbindlichkeiten aus LuL 6.200 4.000 2.200 - 210
Summe Passiva 10.500 7.000 3.500
280
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
Tragen Sie nun alle relevanten Werte in die Konzern-Kapitalflussrechnung ein:
x2
Jahresüberschuss
Abschreibungen auf Anlagevermögen
Brutto-Cashflow
Zunahme (-)/ Abnahme (+) der Vorräte
Abnahme (-)/ Zunahme (+) der Verbindlichkeiten aus LuL
Veränderung des Nettoumlaufvermögens
Mittelzufluss aus operativer Tätigkeit
Investitionen in Sachanlagen
Akquisitionen (Erwerb der ORTEM N.V.)
Mittelabfluss aus investiver Tätigkeit
Ausschüttungen
Mittelabfluss aus Finanzierungstätigkeit
Veränderung der flüssigen Mittel
Veränderung der flüssigen Mittel durch Wechselkursänderungen
Flüssige Mittel am 31.12.x1 1.000
Flüssige Mittel am 31.12.x2 700
Sachverhalt
Der nach IFRS bilanzierende Süßwarenhersteller Willi AG erwirbt zum 01.01.x1 eine
15 %ige Beteiligung des Honigspezialisten Maja AG zu Anschaffungskosten von
150 T€. Im Zuge einer engen Zusammenarbeit wird ferner vereinbart, dass die Maja
AG unter eigenem Namen verschiedene Sorten von Honig aus der Produktion der
Willi AG anbieten soll. Außerdem wechselt wichtiges Führungspersonal aus dem
Controllingbereich der Willi AG zur Maja AG, um deren Ertragskraft zu steigern.
Schließlich vereinbart man die Bündelung der Forschungsaktivitäten.
281
Aufgaben ohne Lösungen
5
In den Folgejahren entwickelt sich das Eigenkapital der Maja AG wie folgt:
x1 x2 x3 x4
Aufgabenstellung
a) Begründen Sie, warum es sich bei der Maja AG aus Sicht der Willi AG um ein as-
soziiertes Unternehmen handelt.
c) Muss die Willi AG einen jährlichen Impairment-Test für die Beteiligung an der
Maja AG durchführen?
282
Stichwortverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Abschreibung Ansammlungsrückstellung 41
283
Completed-Contract-Methode 94 Definition 29
Eigenkapital Berrechnung 50
284
Stichwortverzeichnis
285
Stichwortverzeichnis
Impairment-Test 32 Aufstellungspflicht 5
Schulungskosten 25 Einbeziehungswahlrecht 8
Offenlegungsbefreiung 12 Zweckgesellschaft 7
286
Stichwortverzeichnis
287
Stichwortverzeichnis
versicherungsmathematische Schulungskosten 25
Gewinne/ Verluste 129, 131
Schwebende Geschäfte 21
Percentage-of-Completion-Methode
share deal 172
94
Spekulationsabsicht 110
Anwendungsvoraussetzungen 95
Stichtagsprinzip 152
cost-to-cost-method 96
Substanzwert 170, 207
efforts-expended-method 96
Tax Amortisation Benefit 200
physical-observation-method 96
Teilamortisationserlass für Mobilien
qualifizierter Vermögenswert 39, 49
64
recovery of investment test 66
Teilkonzernabschluss 3, 11
recycling 133, 240
Befreiung 11
Restrukturierung 121
transfer of ownership test 65
reverse acquisition 191
Übereinstimmungserklärung 7
Rückstellungen
Umsatzkostenverfahren 231
Abzinsungspflicht 147
Unternehmenserwerb 174
Anpassungsverpflichtung 118
Forschungsprojekt 180
Ansammlungsrückstellung 147
Unternehmensfortführung 154
Ansatzvoraussetzungen 118
Unternehmenszusammenschluss
Aufwandsrückstellungen 118
asset deal 172
Drohverluste 122
Earn-Out-Klausel 187
Kulanzleistungen 119
Einzelerwerbsfiktion 198
Restrukturierung 121
Eventualschulden 199
Sachanlagen
Exit Fee 188
Anschaffungs- und
Fair Value Bewertung 200
Herstellungskosten- 36
Forschungsprojekt 177
component approach 53
Goodwill 172, 178
Generalüberholung 54
Handelsbilanz III 177
Neubewertungsmethode 159
Konrollprämie 184
Saldierung 225
non-controlling interests 178
Schätzungsänderung 104
288
Stichwortverzeichnis
Verbrauchsfolgeverfahren Währungsumrechnung
289