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Carsten Theile

Übungsbuch IFRS
Carsten Theile
Übungsbuch IFRS
Aufgaben und Lösungen zur
internationalen Rechnungslegung
3., überarbeitete Auflage
Unter Mitarbeit von
WP/StB Dr. Kai Udo Pawelzik
M. Sc. Melanie Stahnke
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Prof. Dr. Carsten Theile lehrt Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensrechnung


und Internationale Rechnungslegung an der Hochschule Bochum. Er ist außerdem Mitglied der Prüfungs-
kommission für das Wirtschaftsprüferexamen und wissenschaftlicher Leiter der LucaNet Academy.

Kontakt:
Hochschule Bochum
Postfach 100741
44707 Bochum
Email: carsten.theile@hs-bochum.de

1. Auflage unter Mitarbeit von Michael Becker, Nina Glaesmann, WP/StB Dr. Kai Udo Pawelzik,
Daniel von Pigage, Willi Pretzer

2. Auflage unter Mitarbeit von WP/StB Dr. Kai Udo Pawelzik und M. Sc. Melanie Stahnke

1. Auflage 2007
2., vollständig überarbeitete Auflage 2010
3., überarbeitete Auflage 2011
Alle Rechte vorbehalten
© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Lektorat: Andreas Funk | Walburga Himmel
Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien.
Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.
www.gabler.de
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berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der
Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann
benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in the Netherlands

ISBN 978-3-8349-2837-5
Vorwort

Vorwort

Zu unserer großen Freude ist die 2. Auflage des „Übungsbuch IFRS“ auf breites Inte-
resse gestoßen, so dass sie nach nur einem Jahr vergriffen und eine Neuauflage erfor-
derlich geworden ist.
Für die jetzt vorliegende 3. Auflage wurden alle Aufgaben und Lösungen gründlich
durchgesehen und aktualisiert (z. B. im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom
10.3.2010 zur Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit); wir haben kleinere Fehler
beseitigt und hier und da Formulierungen geändert. Hinzugekommen ist eine Aufgabe
zur Offenlegung von Geschäftsführungsvergütungen (Kapitel 4.3): Hier wird das
spannende Feld des Zusammenhangs von HGB-Normen und IFRS beleuchtet.
Das Buch kommt nicht nur in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen von Uni-
versitäten und Fachhochschulen zum Einsatz, sondern auch im Selbststudium, in di-
versen Fortbildungsprogrammen und zur Prüfungsvorbereitung auf das Wirtschafts-
prüferexamen. Die Durcharbeitung der jetzt 54 Übungsaufgaben unterschiedlicher
Komplexität fördert den sicheren Umgang mit den IFRS. Die Aufgaben greifen Frage-
stellungen der Praxis in didaktischer Aufbereitung auf. Die zu den Aufgaben angege-
benen Lösungen ermöglichen eine unmittelbare Selbstlernkontrolle. Das Kapitel 5 ent-
hält weitere 15 Aufgaben, allerdings ohne Lösungen. Diese Aufgaben sind gedacht für
einen Einsatz im seminaristischen Unterricht. Dozenten haben die Möglichkeit, sich
die Lösungen für diese Aufgaben im Internet unter www.gabler.de direkt beim Buch
herunterzuladen.
Meine Mitarbeiterin, Frau MSc Melanie Stahnke sowie Herr WP/StB Dr. Kai Udo Pa-
welzik haben mich wieder bei der Überarbeitung der Aufgaben unterstützt. Viele An-
regungen kamen erneut auch von Studierenden der Hochschule Bochum und aus der
Unternehmenspraxis. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien Michael Becker, StB
Jens Bemmlotte, Babette Drewniok, Gerd Gehlen, Simone Hartmann, Patrick Helsper
und Niels Henckel genannt. Ihnen allen ein herzliches Dankeschön!
Trotz aller Sorgfalt: Fehler sind nicht auszuschließen und gehen allein zu meinen Las-
ten. Über kritische Hinweise und Verbesserungsvorschläge freue ich mich und hoffe,
dass das Buch den mit IFRS-Fragestellungen konfrontierten Studierenden und Prakti-
kern von hohem Nutzen sein wird.

Bochum, im Mai 2011 Carsten Theile

V
Vorwort

„Bedienungsanleitung“

Schwierigkeitsgrade

Alle Aufgaben sind mit einem Schwierigkeitsgrad versehen, der mögliche Unter- oder
Überforderungen und damit Frustrationserlebnisse vermeiden soll:

 Setzt ganz geringe IFRS-Kenntnisse für das Thema voraus. Schon im
Grundstudium geeignet.

 Ideal als Einstieg im Hauptstudium.

 Fordert sichere IFRS-Kenntnisse für das Thema. Häufig auch Bezug zur
Steuerbilanz (latente Steuern). Zum Teil Examensniveau.

 I.d.R. mehrdimensionale Themen, Examensniveau.

 Immer mehrdimensional, extrem komplex. WP-Niveau.

Der Selbstlerneinstieg: Womit beginnen?

Wer generell einen Überblick über die gesamte Breite der IFRS-Rechnungslegung
sucht, wird mit einem Einstieg bei „Sachanlagen“ oder „Vorräte“ möglicherweise gut
bedient sein. Die Themen sind handfest, die Abweichungen zum HGB schnell ein-
leuchtend.

Wer dagegen bestimmte Themen im HGB-Abschluss beherrscht und nun deren Abbil-
dung im IFRS-Abschluss erfahren möchte, steigt genau bei diesen Themen ein. Da
empfehlen sich von vornherein die höheren Schwierigkeitsgrade.

Was braucht man noch?

Es ist hilfreich, die Standards zur Hand zu haben. Außerdem lässt sich das Übungs-
buch gut mit gängigen, aktuellen Lehr- und Handbüchern oder Kommentaren kombi-
nieren. Auch auf für die jeweiligen Themen besonders gut geeignete Literatur wird in
Literaturempfehlungen gelegentlich hingewiesen.

VI
Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort....................................................................................................................................... V
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... XI
Tabellenverzeichnis ...............................................................................................................XIII
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................XIX
1 Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung ........................................... 1
1.1 Aufstellung und Offenlegung von IFRS versus HGB-Abschlüssen................ 1
1.1.1 Abschlusserstellung nach HGB oder IFRS – Die „Gesellschaft für
Abschlusserstellung GfA“ ........................................................................ 1
1.1.2 Mutter-Tochter-Beziehung – Hauzu GmbH........................................... 6
1.1.3 Teilkonzernabschlüsse und Nichtveröffentlichung von
Abschlüssen konzernverbundener Unternehmen –
Knackfrisch GmbH..................................................................................... 9
1.2 Freischaltung und Anwendung von Standards ............................................... 13
1.2.1 Normsetzungsprozess – Lobby AG....................................................... 13
1.2.2 Vorzeitige Anwendung der vom IASB verabschiedeten
Standards in der EU – Konglomerat AG............................................... 16
2 IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II ............................... 19
2.1 Immaterielle Vermögenswerte............................................................................ 19
2.1.1 Aktivierungspflichten, Aktivierungsverbote und
Abgrenzungsfragen – Science Fiction GmbH ...................................... 19
2.1.2 Selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte: Ansatz und
Bewertung – „Goaly“............................................................................... 27
2.2 Sachanlagen und Anlageimmobilien ................................................................. 34
2.2.1 Anschaffungskosten einer maschinellen Anlage – Metall AG .......... 34
2.2.2 Einzelfragen der Anschaffungs- und
Herstellungskostenermittlung – B. Schaff GmbH ............................... 37
2.2.3 Planmäßige Abschreibungen einer maschinellen Anlage –
Metall AG (2)............................................................................................. 43
2.2.4 Qualifizierte Vermögenswerte: Aktivierung von
Fremdkapitalkosten – BauGut AG......................................................... 48
2.2.5 Komponentenansatz – Tagebau AG ...................................................... 51

VII
Inhaltsverzeichnis

2.2.6 Anlageimmobilien: Abgrenzung zu Sachanlagen und Vorräten –


Hostel AG .................................................................................................. 57
2.3 Leasing.................................................................................................................... 62
2.3.1 Klassifizierung von Leasingverhältnissen – Hanseatic AG ............... 62
2.3.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen – Fly Away Airlines ............ 70
2.4 Vorräte und Fertigungsaufträge ......................................................................... 84
2.4.1 Herstellungskosten von Vorräten – „Klopfer“..................................... 84
2.4.2 Vorratsbewertung und Verbrauchsfolgeverfahren –
Rennrodel AG ........................................................................................... 87
2.4.3 Fertigungsaufträge: Verfahren zur Ermittlung des
Fertigstellungsgrades – Bridge GmbH.................................................. 93
2.4.4 Erfassen von Auftragsänderungen und Verlusten bei
Auftragsfertigung – Maulwurf GmbH ............................................... 100
2.5 Finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten .................................... 107
2.5.1 Bewertungskonzeption finanzieller Vermögenswerte –
Heuschrecke AG..................................................................................... 107
2.5.2 Einbuchung finanzieller Vermögenswerte zum Fair Value –
Naturholz GmbH ................................................................................... 112
2.5.3 Anleiheemission: Einführung in die Effektivzinsmethode –
Schlaufuchs AG ...................................................................................... 113
2.6 Rückstellungen.................................................................................................... 117
2.6.1 Ansatz sonstiger Rückstellungen – Alleskönner Konzern ............... 117
2.6.2 Restrukturierungsrückstellungen – Hire and Fire AG ..................... 120
2.6.3 Pauschalrückstellungen und Rückstellungsbewertung –
Weiße Ware AG....................................................................................... 123
2.6.4 Pensionsverpflichtungen – Witwen und Waisen AG........................ 124
2.7 Eigenkapital ......................................................................................................... 135
2.7.1 Anwendung der Abgrenzungskriterien für Eigenkapital –
Treuhand GmbH .................................................................................... 135
2.7.2 Mezzanine Kapital – Equity Provider GmbH .................................... 139
2.7.3 Optionsanleihe – Sweet Equity AG ..................................................... 141
2.8 Übergreifende Themen ...................................................................................... 143
2.8.1 Wertminderungen – Mischmasch Konzern........................................ 143
2.8.2 Entsorgungsverpflichtung und Anschaffungskosten –
Formstahl AG.......................................................................................... 146

VIII
Inhaltsverzeichnis

2.8.3 Bewertungsänderungen – Formstahl AG (2)...................................... 147


2.8.4 Stichtagsprinzip, Wertaufhellung und Wertbegründung –
Glaskugel AG.......................................................................................... 150
2.8.5 Anlageimmobilien: Bewertungsmethoden und deren Wechsel –
Terra AG .................................................................................................. 155
2.8.6 Latente Steuern – Steuerspar GmbH ................................................... 161
3 IFRS im Konzernabschluss.......................................................................................... 169
3.1 Einführung in die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen. 169
3.1.1 Einzel- und Gesamtbewertung – Theo Gromberg e.K...................... 169
3.1.2 Unternehmenserwerb – Truckstop corp. (1)....................................... 171
3.1.3 Objektive und subjekte Werte im Rahmen eines
Unternehmenserwerbs - Truckstop corp. (2)...................................... 173
3.2 Kapitalkonsolidierung ....................................................................................... 175
3.2.1 Erstkonsolidierung – Zucker AG ......................................................... 175
3.2.2 Folgekonsolidierung – Zucker AG (2)................................................. 178
3.2.3 Full Goodwill Methode – Dolce Vita AG............................................ 181
3.3 Spezialfälle und übergreifende Aufgaben....................................................... 186
3.3.1 Gegenleistungen des Erwerbs – Alleskauf AG .................................. 186
3.3.2 Reverse Acquisition – Klein AG ........................................................... 189
3.3.3 Fair Value-Ermittlung bei Erstkonsolidierung –
Brandnew GmbH ................................................................................... 194
3.3.4 Erstkonsolidierung und Währungsumrechnung – Abroad Ltd...... 208
4 Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss................................................................... 221
4.1 Bilanz und Gesamtergebnisrechnung.............................................................. 221
4.1.1 Bilanzgliederung – Balanced Scorecard AG....................................... 221
4.1.2 Formate der Gesamtergebnisrechnung – confusion plc ................... 225
4.1.3 GuV: Vom Gesamtkosten- zum Umsatzkostenverfahren –
„Rolly“ ..................................................................................................... 227
4.1.4 Kennzahlen in der GuV – Profitlich AG ............................................. 231
4.2 Eigenkapitalspiegel und Kapitalflussrechnung ............................................. 236
4.2.1 Eigenkapitalspiegel – Augstone-Konzern .......................................... 236
4.2.2 Grundkonzeption einer Kapitalflussrechnung – Praxisnah
GmbH....................................................................................................... 241
4.3 Anhang ................................................................................................................. 249

IX
Inhaltsverzeichnis

4.3.1 HGB-Angaben im IFRS-Abschluss – Silence GmbH......................... 250


4.3.2 Angabe der Gesamtbezüge von Organmitgliedern – Peter
Grünschnabel .......................................................................................... 252
4.3.3 Nahe stehende Unternehmen und Personen – HugMe GmbH....... 257
5 Aufgaben ohne Lösungen ........................................................................................... 265
5.1 Trainingsaufgaben .............................................................................................. 265
5.1.1 Berichtsinstrumente ............................................................................... 265
5.1.2 Wesentlichkeit......................................................................................... 265
5.1.3 Finanzinstrumente ................................................................................. 266
5.1.4 Wertminderungen .................................................................................. 266
5.1.5 Latente Steuern ....................................................................................... 267
5.1.6 Anhang .................................................................................................... 267
5.2 Trainingsfälle ....................................................................................................... 268
5.2.1 Methodenänderung und Fehlerkorrektur – Großanlagenbau AG . 268
5.2.2 Neubewertung im Sachanlagevermögen – Fidibus GmbH ............. 268
5.2.3 Bilanzierung von Leasingverhältnissen – Bizeps AG ....................... 269
5.2.4 Abbildung des Erwerbs der Vermögenswerte und Schulden
eines Einzelkaufmanns – Klaus Korn e.K........................................... 270
5.2.5 Wertminderungen – Bluefuel Corp. .................................................... 272
5.2.6 Einflussnahme auf andere Unternehmen – Spielzeug GmbH ........ 275
5.2.7 Erwerbszeitpunkt und Gegenleistung – Slowly AG ......................... 276
5.2.8 Konzernkapitalflussrechnung – Cash & Curry AG .......................... 277
5.2.9 Equity-Methode – Maja AG .................................................................. 281
Stichwortverzeichnis ............................................................................................................. 283

X
Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1-1: Prüfschema: Aufstellung Konzernabschluss


nach HGB oder IFRS .................................................................................. 5

Abbildung 1-2: Der Knackfrisch GmbH-Konzern .......................................................... 10

Abbildung 2-1: Auszahlungsstrom Anleihe: Zinsen und Rückzahlung ................... 115

Abbildung 4-1: HugMe GmbH Konzern


und nahe stehende Unternehmen und Personen .............................. 259

XI
Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2-1: F+E-Aufwendungen für Goaly im Zeitablauf ...................................... 27

Tabelle 2-2: Planung für Goaly-Produktion und -Verkauf...................................... 28

Tabelle 2-3: Summe der Entwicklungsausgaben für Goaly (T€) ............................ 31

Tabelle 2-4: Anschaffungskosten der Fertigungsanlage nach HGB....................... 36

Tabelle 2-5: Ermittlung latenter Steuern (in €), Aufgabenblatt............................... 44

Tabelle 2-6: Abschreibungsplan HGB-Bilanz (in €).................................................. 45

Tabelle 2-7: Abschreibungsplan Steuerbilanz (in €) ................................................. 46

Tabelle 2-8: Ansatz latenter Steuern (in €), Lösung.................................................. 48

Tabelle 2-9: Berrechnung aktivierungspflichte FK-Kosten (in €), Lösung ............ 51

Tabelle 2-10: Berechnung Buchwerte und Abschreibungen (in €),


Komponentenansatz (IFRS), Lösung..................................................... 55

Tabelle 2-11: Berechnung Buchwerte und Abschreibungen (in €), HGB,


Lösung ....................................................................................................... 56

Tabelle 2-12: Berechnung Buchwerte und Abschreibungen (in €),


Komponentenansatz (HGB), Lösung .................................................... 57

Tabelle 2-13: Konditionen des Leasingvertrages über das Containerschiff............ 62

Tabelle 2-14: Erwartungswert für den Veräußerungserlös nach 15 Jahren............. 63

Tabelle 2-15: Staffelung der auslastungsabhängigen Entgelte ab dem


3. Nutzungsjahr ........................................................................................ 71

Tabelle 2-16: Abgrenzung von Mieterträgen beim Leasinggeber (in €) .................. 77

Tabelle 2-17: Noch nicht vereinnahmte Mindestleasingzahlungen aus


Operating-Leasingverhältnissen (in €).................................................. 79

Tabelle 2-18: Abgrenzung von Mietaufwendungen beim Leasingnehmer (in €) .. 80

Tabelle 2-19: Noch nicht als Aufwand erfasste Mindestleasingzahlungen aus


Operating-Leasingverhältnissen (in €).................................................. 81

Tabelle 2-20: Noch nicht als Aufwand erfasste Mindestleasingzahlungen aus


Operating-Leasingverhältnissen (in €).................................................. 83

XIII
Tabellenverzeichnis

Tabelle 2-21: Vorgaben zur Herstellungskostenermittlung der Bohrmaschine


„Klopfer“ ................................................................................................... 84

Tabelle 2-22: Kalkulation der Herstellungskosten (in €) ........................................... 86

Tabelle 2-23: Anschaffungsmengen und Bezugspreise der „Swiss-Blitz“ .............. 87

Tabelle 2-24: Bewertung der Swiss-Blitz im Vergleich............................................... 90

Tabelle 2-25: Cost-to-cost-method (in Mio. €) ............................................................. 97

Tabelle 2-26: Physical-observation-method in (Mio. €).............................................. 99

Tabelle 2-27: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Aufgabenblatt......................... 102

Tabelle 2-28: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Lösung..................................... 105

Tabelle 2-29: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Lösung Verlustfall ................. 106

Tabelle 2-30: Kategorien finanzieller Vermögenswerte und ihre


Folgebewertung...................................................................................... 108

Tabelle 2-31: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Aufgabenblatt...... 114

Tabelle 2-32: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Lösung.................. 116

Tabelle 2-33: Angaben aus den Pensionsgutachten (in T€) ..................................... 125

Tabelle 2-34: Pensionenspiegel Korridormethode x2 (in T€), Aufgabenblatt....... 126

Tabelle 2-35: Pensionenspiegel erfolgsneutrale Verrechnung x2 (in T€),


Aufgabenblatt ......................................................................................... 127

Tabelle 2-36: Pensionenspiegel Korridormethode x2 (in T€), Lösung ................... 130

Tabelle 2-37: Varianten zur Bilanzierung versicherungsmath. Gewinne und


Verluste .................................................................................................... 132

Tabelle 2-38: Pensionenspiegel erfolgsneutrale Verrechnung x2 (in T€),


Lösung ..................................................................................................... 133

Tabelle 2-39: Family & Friends AG, Eigenkapital nach HGB (in T€)..................... 135

Tabelle 2-40: One-Man-Show GmbH, Eigenkapital nach HGB (in T€) ................. 136

Tabelle 2-41: Sohnemann GmbH & Co. KG, Eigenkapital nach HGB (in T€) ...... 136

Tabelle 2-42: Bilanzierung Optionsanleihe, Aufgabenblatt (in T€) ........................ 142

Tabelle 2-43: Bilanzierung Optionsanleihe (in T€), Lösung .................................... 143

Tabelle 2-44: Buchwerte, Nettoveräußerungspreise und Nutzungswerte der


Geschäftsfelder (in Mio. €) .................................................................... 144

XIV
Tabellenverzeichnis

Tabelle 2-45: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung x3 bis


x5 (in T€), Aufgabenblatt....................................................................... 148

Tabelle 2-46: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung in x6


und x7 (in T€), Aufgabenblatt............................................................... 148

Tabelle 2-47: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung 2008


bis 2010 (in T€), Lösung......................................................................... 149

Tabelle 2-48: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung in x6


und x7 (in T€), Lösung........................................................................... 150

Tabelle 2-49: Bilanzen der Terra AG (in T€)............................................................... 155

Tabelle 2-50: Bilanz der Terra AG x3 mit Vorperiode und Anlageimmobilien


(in T€) ....................................................................................................... 159

Tabelle 2-51: Bilanz der Terra AG x3 mit Vorperiode, Neubewertungsmethode


(in T€) ....................................................................................................... 161

Tabelle 2-52: Temporäre Differenzen (in T€), Aufgabenblatt.................................. 162

Tabelle 2-53: Entwicklung der latenten Steuern (in T€), Aufgabenblatt ............... 163

Tabelle 2-54: Überleitungsrechnung (in T€), Aufgabenblatt................................... 163

Tabelle 2-55: Zusammensetzung des ausgewiesenen Steueraufwands (in T€),


Aufgabenblatt ......................................................................................... 164

Tabelle 2-56: Temporäre Differenzen (in T€), Lösung.............................................. 164

Tabelle 2-57: Entwicklung der latenten Steuern (in T€), Lösung ........................... 166

Tabelle 2-58: Überleitungsrechnung (in T€), Lösung ............................................... 167

Tabelle 2-59: Zusammensetzung des ausgewiesenen Steueraufwands (in T€),


Lösung ..................................................................................................... 168

Tabelle 3-1: Bilanz des Theo Gromberg e:K. zum 31.12.x1 (in T€) ....................... 169

Tabelle 3-2: Zucker AG Konzernbilanz zum 31.12.x3 (in Mio. €),


Aufgabenblatt ......................................................................................... 176

Tabelle 3-3: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x3 (in Mio. €), Lösung... 178

Tabelle 3-4: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €),
Aufgabenblatt ......................................................................................... 179

Tabelle 3-5: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €), Lösung... 181

Tabelle 3-6: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der


Neubewertungsmethode (in Mio €), Aufgabenblatt ......................... 182

XV
Tabellenverzeichnis

Tabelle 3-7: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill


Methode (in Mio. €), Aufgabenblatt .................................................... 183

Tabelle 3-8: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der


Neubewertungsmethode (in Mio. €), Lösungsblatt .......................... 183

Tabelle 3-9: Hochrechnung der Gegenleistung Dolce Vita AG (in Mio. €) ......... 184

Tabelle 3-10: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill


Methode (in Mio. €), Lösungsblatt....................................................... 185

Tabelle 3-11: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Aufgabenblatt für Aufgabe b) .............................................................. 190

Tabelle 3-12: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Aufgabenblatt für Aufgabe c)............................................................... 190

Tabelle 3-13: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Lösungsblatt Neubewertungmethode ................................................ 192

Tabelle 3-14: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €),
Lösungsblatt Reverse Acquisition ....................................................... 193

Tabelle 3-15: Brandnew GmbH, Handelsbilanz II (in T€) ....................................... 194

Tabelle 3-16: Budgetierte Gesamt-GuV der Brandnew GmbH............................... 195

Tabelle 3-17: Bewertung Auftragsbestand nach Residualwertmethode,


Aufgabenblatt ......................................................................................... 196

Tabelle 3-18: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Aufgabenblatt ................ 198

Tabelle 3-19: Ermittlung des Steuervorteils bei „No Wrinkles“ ............................. 201

Tabelle 3-20: Bewertung Auftragsbestand nach Residualwertmethode,


Lösung ..................................................................................................... 202

Tabelle 3-21: Ermittlung Step-up-Faktor.................................................................... 203

Tabelle 3-22: Fair Value-Ermittlung einer Verbindlichkeit (in T€) ......................... 205

Tabelle 3-23: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Lösung............................. 206

Tabelle 3-24: Ermittlung des Goodwill (in T€) .......................................................... 206

Tabelle 3-25: Bilanz zum 31.12.x1 Abroad Ltd., Aufgabenblatt Umrechnung ..... 209

Tabelle 3-26: Goodwillumrechnung zum Stichtagskurs, Aufgabenblatt .............. 210

Tabelle 3-27: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€),
Aufgabenblatt ......................................................................................... 210

Tabelle 3-28: Bilanz zum 31.12.x1 Abroad Ltd., Lösung.......................................... 211

XVI
Tabellenverzeichnis

Tabelle 3-29: Abstimmung der Währungsdifferenz................................................. 212

Tabelle 3-30: Goodwillumrechnung zum Stichtagskurs, Lösung .......................... 213

Tabelle 3-31: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€), Lösung...... 214

Tabelle 3-32: Eigenkapitalspiegel des Produktion-Konzerns (in T€)..................... 216

Tabelle 3-33: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€) ..................... 218

Tabelle 3-34: Eigenkapitalspiegel des Produktion-Konzerns (in T€)..................... 219

Tabelle 4-1: Bilanz der Balanced Scorecard AG zum 31.12.x1 (in T€).................. 222

Tabelle 4-2: Aufwendungen der Streetroll-GmbH (in T€)..................................... 228

Tabelle 4-3: Aufwendungen im Herstellungsbereich (in T€)................................ 229

Tabelle 4-4: Ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage und Steueraufwand (in


T€) ............................................................................................................. 229

Tabelle 4-5: IFRS-GuV nach Gesamtkostenverfahren (in T€) ............................... 230

Tabelle 4-6: IFRS-GuV nach Umsatzkostenverfahren (in T€) ............................... 231

Tabelle 4-7: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr x1 (in T€) .... 232

Tabelle 4-8: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 01 (in T€)..... 235

Tabelle 4-9: Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x1 (in T€),


Aufgabenblatt ......................................................................................... 237

Tabelle 4-10: Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x1 (in T€), Lösung......... 239

Tabelle 4-11: Gesamtergebnisrechnung für das Geschäftsjahr x1 (in T€),


Lösung ..................................................................................................... 241

Tabelle 4-12: Bilanz der Praxisnah GmbH (in T€) .................................................... 242

Tabelle 4-13: Kapitalflussrechnung der Praxisnah GmbH für x2 (in T€),


Aufgabenblatt ......................................................................................... 243

Tabelle 4-14: Bilanz der Praxisnah GmbH zum 31.12x2 (in T€), Lösung .............. 245

Tabelle 4-15: Gewinn- und Verlustrechnung 01.01.x2 - 31.12.x2 (in T€) ............... 246

Tabelle 4-16: Kapitalflussrechnung der Praxisnah GmbH für x2 (in T€),


Lösung ..................................................................................................... 247

Tabelle 4-17: Aufgaben mit Anhangangaben ............................................................ 250

Tabelle 5-1: Bilanz des Klaus Korn e.K. (in T€), Aufgabenblatt............................ 271

Tabelle 5-2: Bilanz der Digestif GmbH (in T€), Aufgabenblatt............................. 272

Tabelle 5-3: Daten des Segments „Alternative Antriebe“ (in T€) ......................... 273

XVII
Tabellenverzeichnis

Tabelle 5-4: Wertminderung (in T€), Arbeitsblatt................................................... 274

Tabelle 5-5: Zeitliche Abfolge der Erwerbsschritte zum Kauf der Damast
GmbH....................................................................................................... 276

Tabelle 5-6: Konzernbilanz der Cash & Curry AG zum 31.12.x2 (in T€) ............ 277

Tabelle 5-7: Konzernbilanz der ORTEM N.V. zum 01.12.x2 (in T€), Fair Value. 278

Tabelle 5-8: Konzern-Anlagespiegel für das Geschäftsjahr x2 (in T€)................. 278

Tabelle 5-9: Konzern-Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x2 (in T€) ....... 279

Tabelle 5-10: Veränderungsbilanz (in T€), Aufgabenblatt....................................... 280

Tabelle 5-11: Konzernkapitalflussrechnung für das Geschäftsjahr x2 (in T€) ...... 281

Tabelle 5-12: Eigenkapitalentwicklung der Maja AG (in T€) .................................. 282

XVIII
Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a.A. anderer Auffassung

Abs Absatz

ADS Adler/ Düring/ Schmaltz (Kommentar)

a.E. am Ende

a.F. alte Fassung

AfA Absetzung für Abnutzung

AG Aktiengesellschaft

AK Anschaffungskosten

AktG Aktiengesetz

Anh. Anhang

AO Abgabenordnung

ARC Accounting Regulatory Committee

Art Artikel

AStG Außensteuergesetz

AU Assoziierte Unternehmen

Aufl. Auflage

BB Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BC Basis for Conclusions

BFH Bundesfinanzhof

BG Bilanzgewinn

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl Bundesgesetzblatt

BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz

BiRiLiG Bilanzrichtliniengesetz

BMF Bundesministerium der Finanzen

XIX
Abkürzungsverzeichnis

BörsG Börsengesetz

BStBl Bundessteuerblatt

CCM Completed-Contract-Methode

CFO Chief Financial Officer

CGU cash generating unit

c.p. ceteris paribus

Corp. Corporation

DAX Deutscher Aktienindex

DB Der Betrieb (Zeitschrift)

DBO Defined Benefit Obligation

DCF Discounted Cashflow

div. diverse

DK Durchschnittskurs

DRS Deutsche Rechnungslegungs Standards

DRSC Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee

DSR Deutscher Standardisierungsrat

DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

EBIT Earnings before Interest and Taxes

EBITDA Earnings before Interest, Taxes Depreciation and Amortisation

EBT Earning before Taxes

ED Exposure Draft

EFRAG European Financial Reporting Advisory Group

EG Europäische Gemeinschaft

EGHGB Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch

EK Eigenkapital

e.K. eingetragener Kaufmann

EStG Einkommensteuergesetz

EStR Einkommensteuerrichtlinien

EU Europäische Union

XX
Abkürzungsverzeichnis

EuGH Europäischer Gerichtshof

EWR Europäischer Wirtschaftsraum

EZB Europäische Zentralbank

F. Framework

f folgende

ff fortfolgende

FASB Financial Accounting Standards Board

FiFo First in – First out

FK Fremdkapital

FLL Forderungen aus Lieferung und Leistung

GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GF Geschäftsführer

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GoB Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung

GoF Geschäfts- oder Firmenwert, Goodwill

GuV Gewinn- und Verlustrechnung

FASB Financial Accounting Standards Board

HB Handelsbilanz

Hrsg. Herausgeber

HFA Hauptfachausschuss

HGB Handelsgesetzbuch

HK Historische Kosten/Kurse

h.M. herrschende Meinung

Hrsg. Herausgeber

HV Hauptversammlung, Hauptverwaltung

IAS International Accounting Standards

IASB International Accounting Standards Board

IASC International Accounting Standards Committee

XXI
Abkürzungsverzeichnis

i.d.F. in der Fassung

i.d.R. in der Regel

IDW Institut der Wirtschaftsprüfer

IDW ERS Entwurf IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung

IDW RH IDW Rechnungslegungshinweis

IDW RS IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung

IFRIC International Financial Reporting Interpretations Committee

IFRS International Financial Reporting Standards

IE Illustrative example

IG Guidance on implementing

i.S.d. im Sinne des

i.S.v. im Sinne von

i.V.m. in Verbindung mit

JÜ Jahresüberschuss

KA Konzernabschluss

KapCoRiLiG Kapitalgesellschaften- und Co. Richtliniengesetz

KB Konzernbilanz

Kft. Korlátolt felelsség társaság (ungarische GmbH)

KG Kommanditgesellschaft

KoR Zeitschrift für kapitalmarktorientierte Rechnungslegung

KStG Körperschaftssteuergesetz

i.d.R. in der Regel

lfd. laufende

LiFo Last in – First out

LG Landesgericht

lt. Laut

Ltd. Limited

LW Landeswährung

LuL Lieferung und Leistung

XXII
Abkürzungsverzeichnis

MDAX Mid-Cap-DAX

m.E. meines Erachtens

MU Mutterunternehmen

m.w.N. mit weiteren Nachweisen

N.V. naamloze vennootschap (niederländische Aktiengesellschaft)

OHG offene Handelsgesellschaft

OLG Oberlandesgericht

PiR Praxis der internationalen Rechnungslegung (Zeitschrift)

plc public limited company

PoC Percentage-of-Copletion-Methode

RHB Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

RIC Rechnungslegungs Interpretations Committee

RL Rücklage

Rz. Randziffer

S.A. Société Anonyme

SAC Standards Advisory Council

SARG Standards Advice Review Group

SDAX Small-Cap-DAX

SE Societas Europaea

SIC Standing Interpretations Committee

SFAS Statement of Financial Accounting Standards

sog. sogenannte(r)

Sp. z o.o Spóka z ograniczon odpowiedzialnoci (polnische Gesellschaft)

StK Stichtagskurs

Tab. Tabelle

TU Tochterunternehmen

Tz. Textziffer

UB Unterschiedsbetrag

u.E. unseres Erachtens

XXIII
Abkürzungsverzeichnis

US-GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles

USt Umsatzsteuer

VG Vermögensgegenstand

vgl. vergleiche

VLL Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung

VM Vorstandsmitglied

VW Vermögenswert

WACC Weighted Average Cost of Capital

WPg Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

WpHG Wertpapierhandelsgesetz

ZW Zeitwert

XXIV
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
1 Rechtliche Rahmenbedingungen
der IFRS-Anwendung

1.1 Aufstellung und Offenlegung von IFRS versus


HGB-Abschlüssen
1.1.1 Abschlusserstellung nach HGB oder IFRS – Die
„Gesellschaft für Abschlusserstellung GfA“
Rechtsquellen: §§ 290, 291, 293, 315a HGB; IAS-Verordnung

Lernziele: Erkennen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung


für Konzerne im HGB gelegt sind; Zusammenhang zwischen nationalem Recht und
IAS-Verordnung; Rechtsicherheit bekommen in der Frage, welche Unternehmen nach
welchem Rechtskreis (HGB oder IFRS) ihren Konzernabschluss zu erstellen haben

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die „Gesellschaft für Abschlusserstellung GfA“ hilft als externer Dienstleister bei der
Abschlusserstellung von Einzelunternehmen und Konzernen. Bei folgenden Unter-
nehmen und Sachverhalten könnten sich Aufträge für die GfA ergeben:

(1) Die Rakdorf AG, Gelsenkirchen, ist ein im MDAX notierter Handelskonzern mit
rund 150 Tochtergesellschaften.

(2) Kürzlich hat die im DAX notierte Leverkusen AG die Aktien- und Stimmrechts-
mehrheit an der Pillen AG, Mutterunternehmen von rund 180 Tochtergesell-
schaften, erworben. Es werden noch 20 % der Aktien der Pillen AG am regulier-
ten Markt in Frankfurt gehandelt.

(3) Die Aktien der Biotec AG werden am Start Up Market der Hanseatischen Wert-
papierbörse gehandelt. Die Biotec AG besitzt 100 % der Anteile der Forschung
GmbH. Die Bilanzsummen beider Gesellschaften zusammen erreichen schon seit
Jahren kaum 15 Mio. €, und die Umsätze liegen im Bereich von 20 Mio. € p.a.

(4) Die Richard Busch GmbH, Pforzheim, finanziert sich und ihre rund 300 Tochter-
gesellschaften im In- und Ausland im Wesentlichen über Industrieanleihen, die
an jeder deutschen Börse im regulierten Markt notiert sind.

(5) Die im SDAX notierte Spiele AG, Nürnberg, hat keine Tochtergesellschaften.

C. Theile, Übungsbuch IFRS, DOI 10.1007/978-3-8349-6833-3_1,


© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
(6) Die Ostexport AG, Frankfurt/Oder, hat mehrere Vertriebstochtergesellschaften in
Osteuropa. Ihre Aktien werden an der Moskauer Börse und in Deutschland im
Freiverkehr gehandelt.

(7) Die Personal GmbH, Bonn, ist mit ihren Tochtergesellschaften auf dem europäi-
schen Personalvermittlungsmarkt tätig. Sie finanziert sich über Gesellschafter-
darlehen und Bankkredite.

(8) Die bislang nicht börsennotierte Back AG, Bielefeld, hat kurz vor ihrem Ab-
schlussstichtag die Zulassung ihrer Aktien zum Handel am regulierten Markt in
Düsseldorf beantragt. Die Back AG hat acht Tochtergesellschaften.

Aufgabenstellung

Prüfen Sie, ob und nach welchen Rechtsregeln (HGB oder IFRS) jeweils ein Konzern-
abschluss aufzustellen ist. Versuchen Sie anschließend, Ihre Ergebnisse für die acht
Fälle in einem Prüfschema zusammenzufassen.

Lösung

Vorbemerkung: Grundvoraussetzung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses einer


Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die Möglichkeit, auf (mindestens) ein
anderes Unternehmen beherrschenden Einfluss ausüben zu können (Mutter-Tochter-
Beziehung nach § 290 Abs. 1 HGB). Sofern in den Fällen von Tochterunternehmen bzw.
-gesellschaften die Rede ist, wird eine solche Beziehung unterstellt. Auf den Sitz oder
die Rechtsform von Tochterunternehmen kommt es nicht an.

(1) Die Rakdorf AG hat gem. § 315a Abs. 1 HGB nach den Vorschriften des Ersten Ti-
tels – das sind die §§ 290 bis 293 HGB – einen Konzernabschluss aufzustellen: Sie ist
laut Sachverhalt oberstes Mutterunternehmen, und die Inanspruchnahme einer grö-
ßenabhängigen Befreiung (§ 293 HGB) kommt nicht in Betracht (s. Lösung zu (3)). Au-
ßerdem ist eine weitere in § 315a Abs. 1 HGB genannte Voraussetzung zu prüfen: Ist
die Rakdorf AG ein Unternehmen i.S.v. Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002
(sog. IAS-Verordnung) und somit verpflichtet, die gem. der Verordnung übernomme-
nen internationalen Rechnungslegungsstandards (= EU-rechtlich übernommene IFRS)
anzuwenden? Entscheidend für die Rakdorf AG ist also der Aussagegehalt von Artikel
4 der IAS-Verordnung.

Art. 4 der IAS-Verordnung nennt zwei Voraussetzungen für die Pflichtanwendung


der EU-rechtlich übernommenen IFRS auf einen aufzustellenden Konzernabschluss
für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen:

„ Die Gesellschaft unterliegt dem Recht eines Mitgliedstaates und

„ am jeweiligen Bilanzstichtag sind ihre Wertpapiere (Eigenkapital- und/oder


Schuldtitel) in einem beliebigen Mitgliedstaat zum Handel in einem geregelten
Markt (im Sinne der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) zugelassen.

2
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
Der erste Punkt ist regelmäßig unproblematisch; entscheidend ist der Sitz der Gesell-
schaft in einem EU-Mitgliedstaat. Das ist bei der Rakdorf AG mit ihrem Sitz in
Deutschland erfüllt.

Geregelter Markt im Sinne der EG-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ist in Deutsch-


land der organisierte Markt i.S. des § 2 Abs. 5 WpHG: Ein Markt, der von staatlich an-
erkannten Stellen geregelt und überwacht wird, regelmäßig stattfindet und für das
Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich ist. Zum organisierten Markt zählt an
den deutschen Börsen der regulierte Markt (§ 32 BörsG). Der MDAX wiederum ist ein
Auswahlindex der Deutschen Börse AG. Zu den Voraussetzungen, um in diesen (pri-
vatrechtlichen) Auswahlindex aufgenommen zu werden, gehört u.a. die Teilnahme am
organisierten Markt. Damit erfüllt die Rakdorf AG die Voraussetzungen von Art. 4 der
IAS-Verordnung und muss ihren Konzernabschluss nach den EU-rechtlich übernom-
menen IFRS aufstellen.

Exkurs zur rechtlichen Bedeutung von EU-Verordnungen: EU-Verordnungen, also auch die
IAS-Verordnung, gelten in jedem Mitgliedstaat unmittelbar. Sie bedürfen, im Gegen-
satz zu EU- bzw. EG-Richtlinien, keines nationalen Umsetzungsaktes. Daher ist der In-
halt der IAS-Verordnung nicht in deutsches Recht zu übernehmen gewesen. Stattdes-
sen verweist § 315a Abs. 1 HGB auf die Verordnung und stellt so die Verbindung zwi-
schen HGB und europäischem Recht her.

(2) Die Pflicht zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses der Leverkusen AG ist
klar. Aber auch die Pillen AG ist Mutterunternehmen, und ihre Aktien werden an ei-
ner Börse gem. Art. 4 der IAS-Verordnung gehandelt (siehe Lösung zu (1)). Daher wä-
re der Konzernabschluss der Pillen AG nach IFRS aufzustellen. Auf der anderen Seite
ist die Pillen AG nicht oberstes Mutterunternehmen, denn sie ist ihrerseits Tochterun-
ternehmen der Leverkusen AG. Somit handelt es sich bei dem Konzernabschluss der
Pillen AG um einen sog. Teilkonzernabschluss. Fraglich ist, ob auf die Aufstellung des
Teilkonzernabschlusses der Pillen AG verzichtet werden kann, wenn die Leverkusen
AG einen sog. befreienden Konzernabschluss nach § 291 HGB aufstellt. Es kann jedoch
die Befreiung zur Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses von der Pillen AG nicht in
Anspruch genommen werden, sofern sie durch von ihr ausgegebene Wertpapiere ei-
nen organisierten Markt in Anspruch nimmt. Das ist der Fall, da noch immer 20 % der
Aktien gehandelt werden. Daher muss die Pillen AG über ihren Konsolidierungskreis
einen Konzernabschluss nach IFRS aufstellen.

(3) Der Start Up Market ist ein Börsensegment der Hanseatischen Wertpapierbörse
Hamburg. Voraussetzung zur Aufnahme eines Unternehmens in dieses Börsenseg-
ment ist u.a., dass dessen Wertpapiere zum regulierten Markt zugelassen sind. Damit
erfüllt die Biotec AG beide Kriterien zur IFRS-Anwendung auf ihren Konzernab-
schluss: Sie ist Mutterunternehmen nach § 290 HGB und unterliegt mit ihren Aktien
dem Art. 4 der IAS-Verordnung (siehe Lösung zu (1)). Allerdings unterschreitet der
Konzern die Größenkriterien des § 293 Abs. 1 HGB, der von der Pflicht zur Aufstel-
lung eines Konzernabschlusses und –lageberichts befreit. Indes kann die Biotec AG als

3
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
kapitalmarktorientiertes Unternehmen i.S.d. § 264d HGB die größenabhängige Befrei-
ung wegen § 293 Abs. 5 HGB nicht in Anspruch nehmen.

(4) Wertpapiere gem. der für Art. 4 der IAS-Verordnung maßgeblichen Wertpapier-
dienstleistungsrichtlinie sind nicht nur Aktien, sondern auch Schuldtitel wie Indust-
rieanleihen, Schuldverschreibungen, Genussscheine usw. Für Geschäftsjahre, die nach
dem 31.12.2006 beginnen, ist die Richard Busch GmbH daher gezwungen, ihren Kon-
zernabschluss nach IFRS aufzustellen (Art. 57 Satz 1 EGHGB).

(5) Ähnlich wie beim MDAX (siehe Lösung zu (1)) gehört auch beim SDAX die Zulas-
sung des Wertpapiers zum regulierten Markt zu den Aufnahmevoraussetzungen an
der Börse. Allerdings stellt die Spiele AG mangels Tochterunternehmen keinen Kon-
zern dar und ist daher auch nicht konzernrechnungslegungspflichtig; sie fällt nicht un-
ter Art. 4 der IAS-Verordnung. Die Spiele AG muss lediglich einen Jahresabschluss
(nach HGB) aufstellen, beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einreichen
(§ 325 Abs. 1 HGB) und im elektronischen Bundesanzeiger bekannt machen (§ 325
Abs. 2 HGB). Sie hat den Jahresabschluss allerdings um eine Kapitalflussrechnung
und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern (§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB). - Statt der Be-
kanntmachung des Jahresabschlusses (nach HGB) darf auch ein IFRS-Einzelabschluss
im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht werden (§ 325 Abs. 2a HGB). Es
bleibt also der Spiele AG (wie im Übrigen jedem anderem offenlegungspflichtigem
Unternehmen) überlassen, zu Bekanntmachungszwecken im elektronischen Bundes-
anzeiger die zusätzliche Arbeit eines IFRS-Einzelabschlusses auf sich zu nehmen. Das
enthebt jedoch nicht von der Pflicht der Einreichung des HGB-Jahresabschlusses nach
§ 325 Abs. 1 HGB.

(6) Die Osteuropa AG ist zwar börsennotiertes Mutterunternehmen mit Sitz in der EU,
ihre Aktien werden aber nicht auf einem geregelten Markt innerhalb der EU gehan-
delt, sondern nur im Freiverkehr. Der Aktienhandel im Freiverkehr verpflichtet nicht
zur IFRS-Anwendung. Daher kann die Osteuropa AG zunächst prüfen, ob sie die grö-
ßenabhängige Aufstellungsbefreiung nach § 293 HGB in Anspruch nehmen kann.
Überschreitet der Konzern die Größenkriterien, muss ein Konzernabschluss aufgestellt
werden. Dann besteht für die Osteuropa AG das Wahlrecht, den Konzernabschluss
nach HGB oder IFRS aufzustellen (§ 315a Abs. 3 HGB). – Unabhängig davon sind frei-
lich ggf. bestehende Börsenzulassungsvoraussetzungen an der Moskauer Börse ge-
sondert zu prüfen und zu befolgen.

(7) Die Personal GmbH ist ein Mutterunternehmen, welches den Kapitalmarkt über-
haupt nicht in Anspruch nimmt. Es ergeben sich die gleichen Konsequenzen wie bei
(6).

(8) Noch ist die Back AG nicht börsennotiert. Sie hat aber die Zulassung zum Aktien-
handel beantragt. Ist der Antrag vor dem 31.12.x1 gestellt worden, so muss die Back
AG zum 31.12.x1 den Konzernabschluss nach IFRS aufstellen (§ 315a Abs. 2 HGB). Der
§ 315a Abs. 2 HGB geht über die Vorgaben der IAS-Verordnung hinaus: Es handelt
sich um eine rein nationale Verbreiterung des Anwendungsbereichs der IFRS. Daher

4
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
stellt die Zulassung zum Wertpapierhandel nur auf inländische (und nicht auch auf
EU-) Kapitalmärkte ab.

Folgende Übersicht fasst die Aufstellungspflichten des Konzernabschlusses und das


Zusammenspiel von HGB und IFRS geeignet zusammen:

Abbildung 1-1: Prüfschema: Aufstellung Konzernabschluss nach HGB oder IFRS

(leicht modifiziert entnommen aus Theile in Heuser/Theile (Hrsg.), IFRS-Handbuch, 4.


Aufl., Köln 2009, Rz. 123)

Literaturempfehlung: Theile in Heuser/Theile (Hrsg.), IFRS-Handbuch, 4. Aufl., Köln


2009, Rz. 100-123.

5
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
1.1.2 Mutter-Tochter-Beziehung – Hauzu GmbH
Rechtsquellen: §§ 290, 296, 315a HGB; IAS 1

Lernziele: Mutter-Tochter-Kriterien; Identifikation von IFRS-Abschlüssen; Zusammen-


hang von Einbeziehungspflichten und Rechnungslegungsnormen im Konzernab-
schluss

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Sie beschäftigen sich derzeit mit der Bonitätsanalyse der Hauzu GmbH, Hamburg, ei-
nem Hersteller und Vermarkter von Boxsportartikeln. Im Anhang des Jahresabschlus-
ses der Hauzu GmbH zum 31.12.x1 lesen Sie folgenden Hinweis (gem. § 285 Nr. 14
HGB): „Unsere Gesellschaft ist Tochterunternehmen der Panther AG, Herzogenaurach.
Der Konzernabschluss der Panther AG ist im elektronischen Bundesanzeiger veröf-
fentlicht.“

Aufgabenstellung

a) Können Sie aus dem obigen Hinweis zweifelsfrei entnehmen, dass die Panther
AG Mehrheitsgesellschafter der Hauzu GmbH ist? Begründen Sie Ihre Meinung!

b) Sie beschaffen sich den Konzernabschluss der Panther AG. Woran erkennen Sie,
ob es sich um einen HGB oder IFRS-Konzernabschluss handelt?

c) Nehmen Sie an, die Aktien der Panther AG werden nicht an einem geregelten
Markt in der EU gehandelt, sondern sind in Tokio notiert. Nach welchen Rech-
nungslegungsvorschriften kann oder muss der Konzernabschluss aus EU-
rechtlicher Perspektive aufgestellt werden?

d) Beim Blick in den Konzernanhang der Panther AG stellen Sie fest, dass die Hauzu
GmbH nicht konsolidiert worden ist, der Abschlussprüfer aber gleichwohl ein
uneingeschränktes Testat abgegeben hat. Hat der Abschlussprüfer einen Fehler
gemacht? Ist für Ihre Antwort von Belang, ob es sich um einen HGB- oder IFRS-
Konzernabschluss handelt? Begründen Sie Ihre Meinung!

Lösung

a) Kriterien für Mehrheitsgesellschafterstellung


Da die Hauzu GmbH Tochterunternehmen der Panther AG ist, muss eine Mutter-
Tochter-Beziehung gem. § 290 HGB vorliegen. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch,
dass die Panther AG auch Mehrheitsgesellschafter ist. Konstituierendes Merkmal für
eine Mutter-Tochter-Beziehung ist vielmehr die Möglichkeit (des Mutterunterneh-
mens), auf ein anderes Unternehmen unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden

6
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
Einfluss ausüben zu können (§ 290 Abs. 1 HGB). Konkretisiert wird diese General-
norm durch die vier Control-Kriterien des § 290 Abs. 2 HGB:

Stimmrechtsmehrheit (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Soweit auf jeden Gesellschaftsanteil


auch eine Stimme entfällt, liegt bei einer Mehrheitsgesellschafterstellung auch Stimm-
rechtsmehrheit und damit ein Mutter-Tochter-Verhältnis vor.

Organbestellungsrecht und gleichzeitiger Gesellschafterstellung (§ 290 Abs. 2 Nr. 2


HGB). Hier ist eine Mehrheitsgesellschafterstellung nicht erforderlich, da das Organ-
bestellungsrecht auch vertraglich vereinbart werden kann.

Beherrschungsvertrag (§ 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB). Der Abschluss eines Beherrschungs-


vertrages setzt mindestens Stimmrechtsmehrheit und damit Mehrheitsgesellschafter-
stellung, nach wohl noch h.M. sogar die Zustimmung aller Gesellschafter voraus (vgl.
Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., 2009, Anh § 13 Rz. 49 ff.).

Mehrheit von Risiken und Chancen gegenüber Zweckgesellschaften (§ 290 Abs. 2


Nr. 4 HGB). Eine Zweckgesellschaft liegt vor, wenn der Geschäftsbetrieb zur Errei-
chung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens
dient. Zur Beurteilung der Risiken/Chancen-Verteilung sind nicht nur Beteiligungs-
rechte, sondern auch schuldrechtliche Abreden relevant; schlussendlich kommt es auf
die wirtschaftliche Perspektive an. Eine Zweckgesellschaft kann auch dann zu konso-
lidieren sein, wenn kein Beteiligungsverhältnis vorliegt.

Insgesamt kann daher bei Vorliegen eines Mutter-Tochter-Verhältnisses gem. § 290


HGB nicht zweifelsfrei darauf geschlossen werden, dass das Mutterunternehmen auch
Mehrheitsgesellschafter des Tochterunternehmens ist. Gleichwohl ist in der Praxis der
Fall der Mehrheitsbeteiligung dominant.

b) Identifikation von HGB- und IFRS-Abschlüssen


In einem IFRS-Abschluss hat die Geschäftsführung eines Unternehmens – das ist das
für die Abschlusserstellung verantwortliche Organ – gem. IAS 1.16 im Anhang aus-
drücklich und uneingeschränkt zu erklären, dass der Abschluss mit den IFRS in Ein-
klang steht (sog. Übereinstimmungserklärung). Die Erklärung ist zweckmäßigerweise
am Anfang des Anhangs zu platzieren (IAS 1.114). Im Übrigen hat auch der Ab-
schlussprüfer in seinem Bestätigungsvermerk u.a. die angewandten Rechnungsle-
gungsgrundsätze (HGB oder IFRS) anzugeben (§ 322 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Eine Übereinstimmungserklärung für die Normen des HGB ist in einem HGB-
Abschluss nicht erforderlich. Es entspricht allerdings mittlerweile üblicher Praxis, dass
die Geschäftsführung auch bei einem HGB-Abschluss am Anfang des Anhangs erklärt,
dass es sich um einen HGB-Abschluss handelt. Die Geschäftsführung kapitalmarktori-
entierter Inlandsemittenten hat bei der Unterzeichnung des Abschlusses außerdem
ausdrücklich zu erklären, dass nach bestem Wissen der Jahresabschluss ein den tat-
sächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragsla-
ge der Kapitalgesellschaft vermittelt (§ 264 Abs. 2 Satz 3 HGB). Dieser sog. „Bilanzeid“

7
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
ist auch für den Lagebericht, den Konzernabschluss und –lagebericht sowie für den
Halbjahresfinanzbericht der kapitalmarktorientierten Inlandsemittenten erforderlich.

c) IFRS-Anwendung im Konzern bei Nichteuropäischer Börsennotierung


Die Pflichtanwendung der IFRS im Konzernabschluss bezieht sich für Unternehmen
mit Sitz in Deutschland nur auf solche Gesellschaften, deren Wertpapiere (Aktien oder
Schuldtitel) zum Handel an einem geregelten Markt eines Börsenplatzes innerhalb der
EU zugelassen sind (§ 315a Abs. 1 HGB) oder die den Handel auf einem entsprechen-
den inländischen (deutschen) Markt beantragt haben (§ 315a Abs. 2 HGB). Beides trifft
auf die Panther AG nicht zu. Einschlägig ist vielmehr § 315a Abs. 3 HGB, wonach die
Panther AG das Wahlrecht hat, den Konzernabschluss entweder nach HGB oder IFRS
aufzustellen. Davon unberührt bleibt die Erfüllung etwaiger Zulassungsvoraussetzun-
gen der Tokioter Börse. Siehe auch die Lösung zu Aufgabe 1.1.1 (6).

d) Einbeziehungswahlrechte nach HGB und IFRS


In einem HGB-Konzernabschluss könnte die Panther AG von einem der Einbezie-
hungswahlrechte des § 296 HGB Gebrauch gemacht haben.

Die IFRS enthalten dagegen keine expliziten Einbeziehungswahlrechte. Aufgrund des


allgemeinen Wesentlichkeitsprinzips brauchen aber Tochterunternehmen von unter-
geordneter Bedeutung nicht konsolidiert zu werden. In der Praxis werden zur Beurtei-
lung der Wesentlichkeit häufig die Kriterien Bilanzsumme, Umsatz und Ergebnis he-
rangezogen. Erreicht beispielsweise die Summe der nichtkonsolidierten Gesellschaften
einen kumulierten Konzernumsatz von nur 1 %, dann gelten sie als unwesentlich,
wenn zugleich auch die Vermögens- und Ergebniswirkungen einen ähnlich geringen
Effekt haben.

Ein Verzicht auf die Einbeziehung aufgrund hoher Kosten oder Verzögerungen analog
§ 296 Abs. 1 Nr. 2 HGB kann auch nach IFRS wegen des allgemeinen Kosten-Nutzen-
Prinzips (F.44) ausnahmsweise gerechtfertigt werden (vgl. Baetge/Hayn/Ströher in Baet-
ge u. a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., Losebl., IAS 27 Rz. 153 ff.).

Literaturempfehlungen: Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 8. Aufl. 2009, S. 93 ff.;


Busse von Colbe u.a., Konzernabschlüsse, 9. Aufl. 2009, S. 60 ff.; Küting/Weber, Der Kon-
zernabschluss, 11. Aufl. 2008, S. 91 ff.

8
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
1.1.3 Teilkonzernabschlüsse und Nichtveröffentlichung
von Abschlüssen konzernverbundener Unternehmen
– Knackfrisch GmbH
Rechtsquellen: §§ 264, 264b, 290, 291, 315a HGB

Lernziele: Darstellung von Konzernverflechtungen; Aufstellungspflicht und Aufstel-


lungsbefreiungen für Teilkonzernabschlüsse; Befreiung von der Offenlegung von Jah-
resabschlüssen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Knackfrisch GmbH, Frankfurt, ist einzige Komplementärin der Knackfrisch


GmbH & Co. KG und an dieser kapitalmäßig nicht beteiligt. Kommanditisten der
GmbH & Co. KG sowie Gesellschafter der Knackfrisch GmbH sind die Familien Bock
und Wurst. Die Knackfrisch GmbH & Co. KG hält 80 % der Stimmrechte und Kapital-
anteile der Seefisch GmbH & Co. KG, Bremen, sowie 60 % der Stimmrechte und Kapi-
talanteile der Schlachthof AG, München, deren Aktien an der Regionalbörse München
im amtlichen Handel (geregelter Markt) notiert sind. Die Schlachthof AG ihrerseits ist
zu 75 % der Kapital- und Stimmanteile an der Bullen S.A., Sao Paulo, beteiligt und hat
mit der Futter GmbH, Regensburg, einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsver-
trag geschlossen. Die Futter GmbH schließlich ist Alleineigentümerin der Energydrink
GmbH, Berlin.

Aufgabenstellung

a) Stellen Sie ein Schaubild der Konzernverflechtungen auf.


b) Wie viele (Teil-)Konzerne können Sie identifizieren?
c) Aus der Unternehmensgruppe werden für das Geschäftsjahr x1 tatsächlich nur
zwei Konzernabschlüsse publiziert. Um welche (Teil-)Konzernabschlüsse muss es
sich dabei handeln? Begründen Sie Ihre Meinung!

d) Müssen die (Teil-) Konzernabschlüsse zu c) nach HGB oder IFRS aufgestellt wer-
den?

e) Ihre Versuche, die Jahresabschlüsse der Knackfrisch GmbH & Co. KG, der See-
fisch GmbH & Co. KG sowie der Futter GmbH über das Unternehmensregister
zu erhalten, bleiben erfolglos. Warum?

9
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
Lösung

a) Schaubild der Konzernverflechtungen

Abbildung 1-2: Der Knackfrisch GmbH-Konzern

Knackfrisch GmbH
Bock (Komplementärin) Wurst
(Kommanditist) (Kommanditist)
0%

Knackfrisch
GmbH & Co. KG

80 %
60 %

Seefisch GmbH & Co KG Schlachthof AG

Beherrschungsvertrag 75 %

Futter GmbH Bullen S.A.

100 %

Energydrink
GmbH

b) Anzahl der (Teil-)Konzerne


Es handelt sich um drei, möglicherweise auch vier (Teil-)Konzerne. Die Unklarheit re-
sultiert daraus, weil strittig ist, ob die Knackfrisch GmbH Mutterunternehmen ist.

„ Für diese Auffassung und damit die Annahme von vier (Teil-)Konzernen spricht,
dass die Knackfrisch GmbH Kapitalgesellschaft ist und ihr gem. § 290 Abs. 2 Nr. 2
HGB als Gesellschafter der KG nicht nur das Organbestellungsrecht zusteht, son-
dern sie sogar selbst Organ (nämlich Geschäftsführerin) der GmbH & Co. KG ist.
Das ist ein viel stärkeres Recht als nur das Bestellungsrecht (zu Einzelheiten siehe
ADS, 6. Aufl., § 290 HGB, Rz 123). Nach dieser Ansicht hat die Knackfrisch
GmbH den Gesamtkonzernabschluss aufzustellen.

10
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.1
„ Nach a.A. (Förschle/Deubert, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010,
§ 264b, Rz 29ff.) ist die Knackfrisch GmbH dagegen u.a. mangels wirtschaftlichen
Eigeninteresses, insbesondere bei fehlender oder geringer Kapitalbeteiligung und
Beschränkung auf die Geschäftsführungsfunktion, kein Mutterunternehmen.

Die Streitfrage spielte vor In-Kraft-Treten des KapCoRiLiG (§ 264a-c HGB) in 2000 eine
größere Rolle, weil bis dahin haftungsbeschränkte Personengesellschaften (also GmbH
& Co. KG’s) nicht explizit offenlegungspflichtig waren und versucht wurde, die Offen-
legungspflicht indirekt über den Konzernabschluss der Komplementär-GmbH zu be-
gründen.

In der Praxis wird häufig nur der (Teil)-Konzernabschluss der GmbH & Co. KG aufge-
stellt und offen gelegt. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe:

„ Die Komplementär-GmbH spielt wirtschaftlich keine Rolle und ihr Konzernab-


schluss bietet daher keinen zusätzlichen Informationsgewinn.

„ Bei Bestehen eines Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages i.S.v. § 302


AktG mit der GmbH & Co KG als Konzermutter befreit nur deren Konzernab-
schluss nach § 264 Abs. 3 HGB von der Offenlegung der Jahresabschlüsse der ent-
sprechenden Tochter-GmbHs (siehe Lösung zu d).

„ Außerdem ist oft gewünscht, das Kommanditkapital als „richtiges“ Eigenkapital


zu zeigen. Würde dagegen die Knackfrisch GmbH den Konzernabschluss aufstel-
len, wäre das Kommanditkapital der GmbH & Co. KG als „Anteile anderer Ge-
sellschafter“ („Minderheiten“) auszuweisen.

Abgesehen von der Diskussion um die oberste Konzernspitze sind die Schlachthof AG
und die Futter GmbH Muttergesellschaften von Teilkonzernen.

c) Befreiung von der Aufstellungspflicht für Teilkonzernabschlüsse


Aufzustellen sind im vorliegenden Fall die Konzernabschlüsse der Schlachthof AG
und, je nach Rechtsauffassung (siehe Lösung zu b), entweder der der Knackfrisch
GmbH oder der der Knackfrisch GmbH & Co. KG. Da die Schlachthof AG eine in der
EU börsennotierte Aktiengesellschaft ist, kommt für sie keine Befreiungsvorschrift in
Frage (siehe Aufgabe 1.1.1), und die Knackfrisch GmbH bzw. GmbH & Co. KG ist o-
berstes Mutterunternehmen.

Sollte die Knackfrisch GmbH den Gesamtkonzern aufstellen, wäre für den Teilkonzern
der Knackfrisch GmbH & Co. KG zu prüfen, ob sie aufgrund der Größenkriterien
(§ 293 HGB) von der Aufstellungspflicht ihres Teilkonzernabschlusses befreit sein
könnte. Darüber hinaus und weit realistischer besteht für ihren Teilkonzern eine Be-
freiungsmöglichkeit nach § 291 HGB, sofern die dort genannten Bedingungen erfüllt
sind. Die vorgenannten Prüfschritte sind auch für den Teilkonzern der Futter GmbH
einschlägig.

11
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
d) Konzernabschluss nach HGB oder IFRS
Die Schlachthof AG hat ihren Konzernabschluss gem. § 315a Abs. 1 HGB nach IFRS
zu erstellen (siehe ausführlich Aufgabe 1.1.1 (1)). Die Knackfrisch GmbH bzw. GmbH
& Co. KG hat diesbezüglich ein Wahlrecht zwischen HGB und IFRS (§ 315a Abs. 3
HGB, siehe Aufgabe 1.1.1 (7)). Den Gesamtkonzernabschluss der Knackfrisch GmbH
bzw. GmbH & Co. KG nach HGB zu erstellen erscheint jedoch wenig sinnvoll, weil die
Schlachthof AG dann zusätzlich zu ihrem Teilkonzernabschluss nach IFRS noch ent-
sprechende (Vor-) Konsolidierungsmaßnahmen nach HGB durchführen müsste.

e) Nichtveröffentlichung von Jahresabschlüssen


Die Seefisch GmbH & Co. KG braucht ihren Jahresabschluss und Lagebericht dann
nicht gemäß 264a HGB aufzustellen, prüfen zu lassen und offen zu legen, wenn die
Bedingungen des § 264b HGB kumulativ erfüllt sind. Dies sind die Einbeziehung in
einen (a) EU-konformen Konzernabschluss (b) nach den Vorschriften der Vollkonsoli-
dierung, (c) die Nennung der Befreiung im Anhang des Konzernabschlusses und (d) die
Einreichung des befreienden Konzernabschlusses zum Unternehmensregister der zu
befreienden Gesellschaft. Die Seefisch GmbH & Co. KG ist Tochterunternehmen eines
nach § 290 HGB zur Aufstellung des Konzernabschlusses verpflichteten Mutterunter-
nehmens (b), so dass auch die Befreiungsvoraussetzungen insgesamt problemlos her-
beigeführt werden können.

Die Befreiungsvorschrift des § 264b HGB gilt auch für den Jahresabschluss des Mut-
terunternehmens selbst, das den befreienden (Teil)-Konzernabschluss aufstellt, also
auch für den Jahresabschluss der Knackfrisch GmbH & Co. KG (Pawelzik/Theile, DStR
2000, 2146 f., jüngst bestätigt durch Beschluss LG Bonn v. 30.09.2009 – 30T 848/09).

Die Futter GmbH ist von der Verpflichtung, ihren Jahresabschluss und Lagebericht
nach den Vorschriften für Kapitalgesellschaften aufzustellen, prüfen zu lassen und of-
fen zu legen, unter den Bedingungen des § 264 Abs. 3 HGB befreit. Zu diesen Bedin-
gungen gehören zusätzlich zu den bereits genannten Formalien (b), (c) und (d), die
auch nach § 264b HGB gefordert werden, neben der Zustimmung zur Inanspruch-
nahme der Befreiung durch die Gesellschafter der Tochter-GmbH insbesondere das
Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags nach § 302 AktG
(dieser gilt analog auch bei GmbH) mit der Konzernmutter. Diese Voraussetzung ist
beim (Teil)-Konzernabschluss der Schlachthof AG erfüllt.

Hier stellt die Futter GmbH nur einen Jahresabschluss nach den Vorschriften für alle
Kaufleute auf (§§ 242-256 HGB), also keinen Anhang und außerdem keinen Lagebe-
richt.

Variante: Wäre die Schlachthof AG jedoch (abweichend vom Sachverhalt) nicht bör-
sennotiert und würde sie wegen § 291 HGB auch keinen Teilkonzernabschluss aufstel-
len, hätten die (Teil)-Konzernabschlüsse der Knackfrisch GmbH bzw. GmbH & Co. KG
keine Befreiungswirkung, da kein Beherrschungsvertrag zwischen der Schlachthof AG

12
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.2
und der obersten Konzernmutter besteht (anders aber bei ununterbrochener Kette von
Beherrschungsverträgen bis zur Konzernmutter, vgl. Förschle/ Deubert, in Beck’scher Bi-
lanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 264, Rz. 135).

Die vorgenannten Befreiungsvorschriften des § 264 Abs. 3 HGB bzw. § 264b HGB gel-
ten auch dann, wenn es sich um einen ggf. freiwilligen IFRS- (statt HGB)-Konzern-
abschluss handelt (klarstellend IDW RS HFA 7, Tz. 10).

1.2 Freischaltung und Anwendung von Standards


1.2.1 Normsetzungsprozess – Lobby AG
Rechtsquellen: IASC Foundation Constitution, Preface to IFRS, IAS-Verordnung

Lernziele: Zustandekommen von Rechnungslegungsstandards; Überblick über die be-


teiligten Organisationen; Erkennen des Unterschieds zwischen verabschiedeten und in
der EU rechtlich relevanten Standards

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Als neuer Mitarbeiter der Lobby AG werden Sie vom Vorstand gebeten, die Möglich-
keiten der Mitwirkung auf die Rechtsetzung der Rechnungslegung nach IFRS zu eru-
ieren.

Aufgabenstellung

Beantworten Sie unter dem Aspekt der Mitwirkungsmöglichkeiten privater Unter-


nehmen folgende Fragen und benennen Sie dabei auch die jeweils beteiligten Gre-
mien:

a) Wer ist als standard-setting-body für die IFRS verantwortlich? Beschreiben Sie
kurz das Gremium.

b) Skizzieren Sie kurz die Schritte vom Rechnungslegungsproblem bis zum verab-
schiedeten Standard.

c) Beschreiben Sie das weitere Verfahren, bis die verabschiedeten Standards für EU-
Unternehmen rechtlich relevant sind.

13
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
Lösung

a) Wer ist für IFRS verantwortlich?


Der International Accounting Standards Board (IASB) ist der standard-setting-body
der IASC Foundation. Ihm obliegt die Verabschiedung von Standardentwürfen (Expo-
sure Drafts), Standards (IAS bzw. IFRS), Interpretationen (SIC bzw. IFRIC) und ande-
ren Verlautbarungen. Der Board besteht aus zwölf hauptamtlichen und zwei neben-
amtlichen Mitgliedern, die sämtlich von den Treuhändern der IASC Foundation für
eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt werden; eine einmalige Wiederwahl ist mög-
lich. Die Treuhänder benennen aus den hauptamtlichen Mitgliedern den Chairman,
der zugleich Direktor der IASC Foundation ist. Um eine ausgewogene Erfahrung und
Sichtweise zu gewährleisten, sollen mindestens fünf Board-Mitglieder als Wirtschafts-
prüfer, mindestens jeweils drei als Ersteller und Nutzer (Finanzanalysten) von Ab-
schlüssen und mindestens einer als Wissenschaftler gearbeitet haben.

b) Entstehung von Standards (due process)


Die Anregung, sich mit bestimmten Bilanzierungsfragen auseinander zu setzen, kann
von nationalen Interessengruppen und Standardsettern sowie dem Standards Advi-
sory Council (SAC) an den IASB herangetragen werden. Das SAC ist ein aus Reprä-
sentanten verschiedener Interessengruppen und Organisationen bestehendes Bera-
tungsgremium des IASB und der Treuhänder der IASC Foundation. Es soll sich aus
mindestens 30 Mitgliedern zusammensetzen.

Mit dem SAC wird dann beraten, ob das Problem auf die Agenda gesetzt werden soll.
Bejahendenfalls wird üblicherweise eine Projektgruppe eingesetzt, deren Ergebnisse
in einem Diskussionspapier zusammengefasst werden. Dieses Diskussionspapier
wird mit dem Zweck, öffentliche Stellungnahmen zu erhalten, auf der Homepage des
IASB (www.iasb.org) publiziert.

Nach Auswertung der Stellungnahmen wird ggf. ein Standardentwurf (Exposure


Draft; „ED“) mit 9/14-Mehrheit im Board verabschiedet und inklusive der Begründun-
gen (basis for conclusions) und ggf. abweichender Stellungnahmen von Board-
Mitgliedern (dissenting opinions) ebenfalls der Öffentlichkeit zur Kommentierung zur
Verfügung gestellt. Die Kommentierungsfrist beträgt i.d.R. drei Monate. Im Zuge der
Auswertung der Stellungnahmen kann auch über die Notwendigkeit öffentlicher An-
hörungen oder Durchführung von Feldstudien beraten werden; ggf. werden solche
Maßnahmen durchgeführt. Schließlich erfordert auch die Verabschiedung eines end-
gültigen Standards ebenfalls eine 9/14 –Mehrheit beim IASB.

Zwischen der Verabschiedung eines Standards und dessen erstmaliger Anwendungs-


pflicht soll ein Zeitraum von mindestens einem Jahr liegen (Pressemitteilung des IASB
vom 24.07.2006).

14
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.2
c) Übernahme der Standards in EU-Recht (Freischaltung, „endorsement“)
Die sog. IAS-Verordnung sieht die verpflichtende Anwendung der IFRS für den Kon-
zernabschluss börsennotierter Muttergesellschaften ab 2005 vor (siehe Aufgabe 1.1.1).

Allerdings sind von den betroffenen EU-Unternehmen nicht automatisch alle vom
IASB herausgegebenen Standards und Interpretationen anzuwenden. Art. 3 der IAS-
Verordnung enthält einen Anwendungsvorbehalt: Nur jene Standards und
Interpretationen, die von der EU-Kommission freigeschaltet und als
Kommissionsverordnung in allen Amtssprachen im Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften veröffentlicht worden sind, sind für die betroffenen Unternehmen
relevant („endorsed IFRS“). Dieses Verfahren dient dazu, den von einem privaten
Standardsetter verfassten Rechnungslegungsnormen die notwendige
verfassungsrechtliche Legitimation zu verschaffen (vgl. Bohl in Beck’sches IFRS-
Handbuch, 3. Aufl. 2009, § 1 Rz. 26). Freigeschaltete „EU“-IFRS haben innerhalb der
Europäischen Union Gesetzeskraft; es handelt sich um Rechnungslegungsnormen, also
um Gemeinschaftsrecht.

Die Freischaltung der IFRS steht gem. Art. 3 Abs. 2 der IAS-Verordnung unter dem
Vorbehalt, dass die einzelnen Standards und Interpretationen

„ dem Prinzip der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen-


den Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft bzw. des
Konzerns nicht zuwiderlaufen sowie dem europäischen öffentlichen Interesse
entsprechen und

„ den Kriterien der Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleich-


barkeit genügen, die Finanzinformationen erfüllen müssen, um wirtschaftliche
Entscheidungen und die Bewertung der Leistung einer Unternehmensleitung zu
ermöglichen.

Es handelt sich bei den genannten Kriterien um in hohem Maße auslegungsbedürftige


Begriffe, die sich im Übrigen auch in den Standards bzw. im Framework selbst finden.

Das Verfahren zur Übernahme der IFRS in europäisches Recht ist vom sog. „Rege-
lungsverfahren“ durch Änderung der IAS-Verordnung im März 2008 auf das sog.
„Regelungsverfahren mit Kontrolle“ umgestellt worden. Durch das neue Verfahren
werden die Rechte des europäischen Parlaments erheblich gestärkt: Das Parlament
hat zumindest theoretisch die Möglichkeit, die Übernahme von Standards in europäi-
sches Recht zu verhindern.

Neben dem Parlament und der EU-Kommission sind weitere Verfahrensbeteiligte die
privatwirtschaftliche European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die
Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen (Standards Advice Review
Grpup, SARG) sowie das aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehende Accounting
Regulatory Committee (ARC).

15
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1
Literaturempfehlungen: Hinz, Rechnungslegung nach IFRS, 2005, S. 7-45; Pellens u.a.,
Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl. 2008, S. 89-100; Brücks in Thiele/von
Keitz/Brücks (Hrsg.), Internationales Bilanzrecht, Losebl., Rz. 51-100.

1.2.2 Vorzeitige Anwendung der vom IASB verabschiedeten


Standards in der EU – Konglomerat AG
Rechtsquellen: Kommentar der EU-Kommission zur IAS-Verordnung, Brüssel 2003

Lernziele: Erkennen, unter welchen Bedingungen die Anwendung von Standards nach
Auffassung der EU-Kommission zulässig ist, obwohl es sich noch nicht um EU-Recht
handelt; Erkennen, dass dieses Problem letztlich noch nicht geklärt ist

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Im November 2009 hat das IASB den Standard IFRS 9 Financial Instruments veröffent-
licht. Der Standard ersetzt Teile des bisherigen IAS 39 und ist anzuwenden für Be-
richtsperioden, die am oder nach dem 01.01.2013 (!) beginnen; eine frühere Anwen-
dung ist zulässig (IFRS 9.8.1.1).

Die Konglomerat AG, Düsseldorf, ist von dem neuen Standard begeistert und möchte
ihn schon für den Abschluss 2009 anwenden. Bis zur Abschlusserstellung der Kong-
lomerat AG am 28. Januar 2010 ist noch keine Entscheidung zur Übernahme des
IFRS 9 in europäisches Recht getroffen worden.

Aufgabenstellung

a) Nehmen Sie den Fall zum Anlass und erörtern Sie abstrakt (d.h. unabhängig von
IFRS 9), ob und ggf. unter welchen Bedingungen ein Unternehmen mit Sitz in der
EU einen zwar schon vom IASB verabschiedeten, aber noch nicht im Amtsblatt
der EU veröffentlichten Standard anwenden darf.

b) Ist auf die vorzeitige Anwendung von Standards im Anhang des Abschlusses
hinzuweisen?

Lösung

a) Anwendung von IFRS vor Freischaltung durch die EU-Kommission?


Es ist ein Gebot des Rechtsstaates, dass Rechtsnormen von der Legislative oder, falls
eine entsprechende Ermächtigung vorliegt, von der Exekutive verabschiedet werden
und erst dann Rechtswirkung entfalten. Vom IASB schon verabschiedete, aber noch

16
Rechtliche Rahmenbedingungen der IFRS-Anwendung
1.2
nicht in europäisches Recht übernommene Standards und Interpretationen sind daher
grundsätzlich noch nicht relevant (s. auch Aufgabe 1.2.1 c).

Die EU-Kommission vertritt jedoch in einer 2003 veröffentlichten Kommentierung der


IAS-Verordnung die Auffassung, dass ein noch nicht in EU-Recht übernommener
Standard dann als Auslegungshilfe (guidance) von den Unternehmen angewandt wer-
den darf, wenn er

„ inhaltlich mit den bereits freigegebenen Standards kohärent ist (diesen also nicht
widerspricht) und

„ den Bedingungen des IAS 8.10 genügt.

Mit ihrer Auffassung will die EU-Kommission allerdings ausdrücklich nicht einer
möglichen Entscheidung des EuGH vorgreifen.

Folgt man der Auffassung der EU-Kommission, so könnte die Konglomerat AG den
IFRS 9 auf die beiden oben genannten Bedingungen prüfen. Wären diese erfüllt, könn-
ten mögliche Lücken des bisherigen IAS 39 im Sinne von IFRS 9 ausgefüllt werden. Ei-
ne alleinige und unmittelbare vorzeitige Anwendung des IFRS 9 statt IAS 39 ist jedoch
auch nach dieser Auffassung unzulässig.

b) Hinweis auf vorzeitige Anwendung von Standards im Anhang


IAS 8.30f. fordert eine Angabe über die Nichtanwendung schon veröffentlichter, aber
noch nicht pflichtgemäß anzuwendender Standards und Interpretationen. Die Angabe
kann sich aus EU-Perspektive nur auf solche Standards und Interpretationen beziehen,
die von der EU-Kommission bereits genehmigt worden sind, aber erst später in Kraft
treten. Vor einer Genehmigung durch die EU-Kommission sind vom IASB verabschie-
dete Standards und Interpretationen allenfalls als Auslegungshilfe heranzuziehen
(siehe Lösung zu a)).

Im Fall der Anwendung eines von der EU-Kommission noch nicht genehmigten Stan-
dards kann an eine Ergänzung der Übereinstimmungserklärung (siehe Lösung zu
1.1.2 b)) gedacht werden, die inhaltlich etwa Folgendes ausdrückt: „Obwohl IFRS xy
von der EU-Kommission noch nicht genehmigt worden ist, haben wir den Standard
inhaltlich als Auslegungshilfe angewandt, da er aus unserer Sicht mit den übrigen von
der EU-Kommission genehmigten Standards in Übereinstimmung steht und den An-
forderungen des IAS 8.10 genügt.“ Die Anforderungen des IAS 8.10 können dabei
noch sprachlich ausgeführt werden.

Literaturempfehlungen: Theile in Heuser/Theile (Hrsg.), IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009,


Rz. 62-70.

17
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
2 IFRS im Einzelabschluss und
Erstellung der Handelsbilanz II

2.1 Immaterielle Vermögenswerte


2.1.1 Aktivierungspflichten, Aktivierungsverbote und
Abgrenzungsfragen – Science Fiction GmbH
Rechtsquellen: Framework, IAS 38

Lernziele: Umgang mit Standards und ihrer Systematik; Abgrenzung immaterieller


von anderen Vermögenswerten; Aktivierungsvoraussetzungen für (immaterielle)
Vermögenswerte

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Science Fiction GmbH mit Sitz in Lemhaus überlegt, in der Rechnungslegung auf
IFRS umzustellen. Um die Umstellungswirkungen abschätzen zu können, sollen eini-
ge – insbesondere als immateriell vermutete - Sachverhalte auf ihren Bilanzansatz
nach IFRS geprüft werden.

Aufgabenstellung

a) Welche Begriffsmerkmale kennzeichnen einen Vermögenswert? Erläutern Sie die


Merkmale!

b) Was sind immaterielle Vermögenswerte i.S.d. IAS 38 und mit welchen Kriterien
sollen sie von anderen Vermögenswerten abgegrenzt werden?

c) Grenzen Sie den Anwendungsbereich des IAS 38 zu anderen Standards ab.


d) Was sind die Aktivierungsvoraussetzungen für Vermögenswerte im Anwen-
dungsbereich des IAS 38 im Vergleich zu denen des Framework? Gibt es für im-
materielle Vermögenswerte spezielle Aktivierungsvoraussetzungen?

e) Prüfen Sie die folgenden Sachverhalte der Science Fiction GmbH auf Aktivierung
in einem IFRS-Abschluss. Wenden Sie dabei Ihre Ergebnisse aus a-d) an.

19

C. Theile, Übungsbuch IFRS, DOI 10.1007/978-3-8349-6833-3_2,


© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(1) Die Verwertungsrechte an Star Wash Filmen, Episode 1-3, sind für 85 Mio. €
erworben worden. Man erhofft sich weitere 20 Jahre Nutzenzuflüsse aus der
Verwertung dieses Highlights der Filmgeschichte.

(2) Der Orson-Belles-Hörspiel-Klassiker „Krieg der Welpen“, dessen Rechte bei


der Science-Fiction-GmbH liegen, ist für 600 T€ digital aufbereitet worden.
Noch im Geschäftsjahr hat die Science-Fiction-GmbH von dem Masterband
30.000 DVDs für Stückkosten von 6 € (davon 4 € Abschreibung Masterband)
gefertigt, von denen 25.000 Stück für je 9 € an den Handel veräußert worden
sind. Man erwartet in den nächsten Jahren insgesamt einen Absatz von
200.000 Stück zu in etwa gleichen Konditionen.

(3) Die Mitarbeiter im Rechnungswesen nehmen an einer Fortbildung zur Kon-


zernrechnungslegung eines bekannten Saarbrücker Professors teil. Die Kos-
ten belaufen sich auf 12.000 €. Die Maßnahme soll dazu beitragen, den Kon-
zernabschluss künftig selbst zu erstellen. Erhoffte Kostenersparnis durch
den Wegfall der externen Erstellungshonorare: 30.000 € p.a.

(4) Mit der jüngst als Tochtergesellschaft gegründeten Kinderbuch GmbH, die
sich an regionalen Kinderbuchverlagen beteiligen soll, erhofft sich die Scien-
ce Fiction GmbH ein neues Standbein zu schaffen. Für eine Marktstudie, de-
ren Ergebnisse auf ein viel versprechendes Geschäftsmodell hindeuten,
wurden 500 T€ und für die Gründung der GmbH (Rechtsberatung usw.)
22 T€ ausgegeben.

f) Zeigen Sie, welche Überlegungen für die Folgebewertung von immateriellen


Vermögenswerten nach IAS 38 anzustellen sind.

g) Bei der Science Fiction GmbH hat man gehört, dass sich mit Verabschiedung des
BilMoG auch nach HGB erweiterte Möglichkeiten zur Bilanzierung immaterieller
Vermögenswerte ergeben. Würden sich Ihre Lösungen zu e) ändern, wenn nach
BilMoG bilanziert wird?

Lösung

a) Definitionsmerkmale für Vermögenswerte


Aussagen über den Bilanzinhalt, also die Aktivierungs- und Passivierungsbedingun-
gen, finden sich im Framework, dem Rahmenkonzept. Das ist seltsam, denn das Fra-
mework ist gar kein Standard, geht auch keinem Standard vor und ist formal nicht Be-
standteil der EU-IFRS. Mögliche rechtliche Probleme, die sich hieraus ergeben können,
sollen hier jedoch nicht erörtert werden. Die Praxis der Abschlussersteller und –prüfer
geht pragmatisch vor: Man hält sich schlicht an das, was im Framework steht.

20
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
In einem Standard allerdings wird die Vermögenswertdefinition aus dem Framework
noch einmal wiederholt, und zwar im IAS 38 (IAS 38.8; F.49a). Hiernach ist ein Vermö-
genswert (asset) eine Ressource,

„ die in der Verfügungsmacht (Beherrschung) des Unternehmens steht,

„ die ein Ergebnis von Ereignissen der Vergangenheit darstellt und

„ aus der ein künftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss erwartet wird.

Diese Definition gilt insoweit nicht nur für immaterielle, sondern für sämtliche Ver-
mögenswerte und wird wegen ihrer zentralen Bedeutung im Folgenden erläutert:

Der Begriff der Verfügungsmacht (control, F.57) entspricht dem des wirtschaftlichen
Eigentums im deutschen Bilanzrechtsverständnis. Verfügungsmacht ist gegeben, wenn
sich das Unternehmen den künftigen wirtschaftlichen Nutzen aus der zugrunde lie-
genden Ressource verschaffen und den Zugriff Dritter auf diesen Nutzen verhindern
kann (IAS 38.13). Juristische Kriterien wie etwa Verfügungsrechte und zivilrechtliches
Eigentum können hier zwar wertvolle Hinweise geben, allein ausschlaggebend ist aber
die wirtschaftliche Betrachtungsweise. Dementsprechend sind unter Eigentumsvor-
behalt gelieferte Gegenstände – wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – ge-
nauso beim Empfänger zu bilanzieren wie als Finanzierungsleasing klassifizierte
Sachverhalte beim Leasingnehmer (weiterführend zum Begriff der Verfügungsmacht
im IFRS-Verständnis vgl. Matena, Bilanzielle Vermögenszurechnung nach IFRS, Düs-
seldorf 2004, S. 60 ff.).

Das Abstellen auf Ergebnisse von Ereignissen der Vergangenheit verdeutlicht, dass
die bloße Absicht, Gegenstände zu erwerben, noch keinen Vermögenswert erzeugt
(F.58). Insoweit werden schwebende Geschäfte, solange die Ausgeglichenheitsvermu-
tung greift, nicht bilanziert. Eine Ausnahme besteht für derivative Finanzinstrumente,
die bereits bei Vertragsunterzeichnung zu erfassen sind.

Der künftige wirtschaftliche Nutzen schließlich ist das zentrale Element der Definiti-
on. Mit ihm soll das Potenzial zum Ausdruck kommen, das die Ressource direkt oder
indirekt zum Zufluss von Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten beizutra-
gen vermag (F.53). Hierin kommt die anglo-amerikanische Betrachtungsweise zum
Ausdruck, wonach es beim Bilanzinhalt auf der Aktivseite weniger auf die derzeitigen
Eigenschaften eines Sachverhalts, sondern auf dessen künftige Auswirkungen an-
kommt.

Die drei Merkmale konstituieren die abstrakte Bilanzierungsfähigkeit. Um zu einem


tatsächlichen Bilanzansatz zu kommen, muss auch die sog. konkrete Bilanzierungsfä-
higkeit des Frameworks vorliegen. Außerdem muss geprüft werden, ob ggf. weitere
spezielle Ansatzvoraussetzungen in den einzelnen Standards gefordert werden oder ob
diese Aktivierungsverbote enthalten. Diesen Fragen wenden wir uns unter d) und e) zu.

21
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
b) Abgrenzung immaterieller Vermögenswerte zu anderen Vermögenswerten
Da IAS 38 nur die Abbildung immaterieller Sachverhalte zum Gegenstand hat, bemüht
sich der Standard um eine Legaldefinition (IAS 38.8) und Beschreibung dessen, was
einen immateriellen Vermögenswert (intangible asset) ausmacht:

„ ein identifizierbarer (identifiable = Abgrenzung zum Goodwill),

„ nicht monetärer (non-monetary = Abgrenzung zu finanziellen Werten wie Zah-


lungsmittel, Forderungen, Ausleihungen u.Ä., s. IAS 21.16),

„ Vermögenswert (asset)

„ ohne physische Substanz (without physical substance = Abgrenzung zu materiel-


len Werten).

Zentrales Abgrenzungsmerkmal zu anderen Vermögenswerten ist die Identifizierbar-


keit als Abgrenzung zum Goodwill (IAS 38.11). Ohne Identifizierbarkeit wäre ein im
Übrigen die Kriterien erfüllender Sachverhalt Bestandteil des Goodwills. Für einen
selbst geschaffenen (=originären) Goodwill gilt jedoch ein Ansatzverbot (IAS 38.48),
während der derivative, aus einem Unternehmenszusammenschluss entstandene
Goodwill aktiviert werden muss (IFRS 3.10)

Identifizierbarkeit liegt vor, wenn der Vermögenswert

„ separierbar ist (= abtrennbar vom Unternehmen) und daher veräußert, vermietet,


lizenziert, übertragen oder getauscht werden kann, entweder einzeln oder zu-
sammen mit einem Vertrag, Vermögenswert oder einer Schuld oder

„ mit einem Recht (Vertrag oder Gesetz) verbunden ist.

Bei einem Einzelerwerb eines immateriellen Vermögenswertes liegt Separierbarkeit


wegen des Einzelerwerbs immer vor. Bei einem Unternehmenserwerb sind jedoch Fäl-
le denkbar, in denen das erworbene Unternehmen zwar über Rechte verfügt, diese
aber nicht einzeln verwertet werden können (IAS 38.BC10). Auch selbst erstellte imma-
terielle Vermögenswerte (z.B. der eigene Internet-Auftritt) können mit einem Recht
verbunden sein, ohne dass Separierbarkeit vorliegt.

Die übrigen Kriterien sind unproblematisch. Ist der immaterielle Vermögenswert


(Computersoftware) mit einem physischen Trägermedium verbunden (DVD), kommt
es auf letzteres nicht an.

c) Anwendungsbereich des IAS 38 und Abgrenzung zu anderen Standards


IAS 38 ist zwar mit „immaterielle Vermögenswerte“ überschrieben, aber schon in sei-
ner Zielsetzung heißt es, Gegenstand „ist die Regelung der Bilanzierung immaterieller
Vermögenswerte, die nicht in anderen Standards konkret behandelt werden.“ (IAS 38.1).
Welche anderen Standards auch immaterielle Vermögenswerte zum Gegenstand ha-
ben, wird in IAS 38.2 f. genannt. In der Praxis bedeutsam sind vor allem:

22
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
„ Immaterielle Vermögenswerte, die für den Verkauf im normalen Geschäftsgang
vorgesehen sind. Hier sind IAS 2 (Vorräte, z.B. die Massenherstellung von Soft-
ware) und im Falle von Auftragsfertigung und bei Dienstleistungen IAS 11 (Ferti-
gungsaufträge, z. B. die Ausführung einer kundenspezifischen Entwicklungsleis-
tung) einschlägig.

„ Die Bilanzierung eines im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses ent-


standenen Goodwills richtet sich nach IFRS 3.

„ Werden Geschäftsbereiche aufgegeben, Veräußerungsgruppen gebildet oder sol-


len bisher nach IAS 38 bilanzierte immaterielle Vermögenswerte veräußert wer-
den und sind die Bedingungen des IFRS 5 erfüllt – das ist im Wesentlichen die
konkretisierte Veräußerungsabsicht -, so richtet sich die Bilanzierung dieser
Vermögenswerte nach IFRS 5.

„ Es bestehen branchenspezifische Ausnahmen: Immaterielle Vermögenswerte


aus Versicherungsverträgen eines Versicherers unterliegen dem IFRS 4, wohinge-
gen sich die Angabepflichten wiederum nach IAS 38 richten. Ferner ist die Bilan-
zierung von Abbau- und Schürfrechten sowie die Behandlung von Ausgaben zur
Erschließung, Förderung oder Abbau nicht regenerativer Urprodukte (Öl, Gas,
Mineralien usw.) aus dem Anwendungsbereich des IAS 38 ausgenommen und
durch IFRS 6 geregelt. Bei diesen branchenspezifischen Ausnahmen ist jedoch zu
beachten, dass andere (= nicht branchenspezifische) immaterielle Vermögenswer-
te nach wie vor in den Anwendungsbereich des IAS 38 fallen, also etwa die Soft-
ware eines Versicherungsunternehmens oder eines Gasförderunternehmens.

„ Die weiteren, in IAS 38.2 f. genannten Ausnahmen haben klarstellenden Charak-


ter (z. B. Finanzinstrumente nach IAS 39, latente Steuern nach IAS 12).

Im Ergebnis zielt IAS 38 daher auf die Abbildung langfristiger immaterieller Vermö-
genswerte (immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens).

d) Aktivierungsvoraussetzungen für immaterielle Vermögenswerte


Konkret ist aus der Sicht des Frameworks ein Vermögenswert ansatzpflichtig, wenn

„ es wahrscheinlich ist, dass ein mit dem Posten verknüpfter künftiger wirtschaftli-
cher Nutzen dem Unternehmen zufließen wird und

„ dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. der Wert des Postens ver-
lässlich ermittelt werden können (F.83).

Auch diese Framework-Ansatzkriterien werden in IAS 38.21 noch einmal wiederholt,


allerdings mit einem im Detail anderen Zungenschlag: Während der künftige Nut-
zenzufluss lt. F.83 mit dem Posten „associated“ sein muss, soll er nach IAS 38.21a dem
Posten „attributable“ sein. Dies deutet einerseits auf eine restriktivere Aktivierungs-
voraussetzung als bei materiellen Gütern hin; andererseits unterbleibt eine Aktivie-
rung nicht, wenn der immaterielle Vermögenswert nur zusammen mit anderen Ver-

23
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
mögenswerten Nutzenzuflüsse i. S. v. Cashflows generieren kann (IAS 38.60). Im Er-
gebnis dürften daher keine Unterschiede im Vergleich zu den Aktivierungsvorausset-
zungen des Frameworks vorliegen (so auch Küting/ Pilhofer/ Kirchhof, WPg 2002, 73
(75)). Im Übrigen muss ein Vermögenswert nicht unmittelbar Cashflows erzeugen. Er-
sparte Auszahlungen gelten auch als Nutzenzuflüsse (F.53).

Erforderlich ist die verlässliche Kostenermittlung. Bei Einzelanschaffungen gibt es ei-


nen Kaufpreis, bei Herstellungsvorgängen muss eine interne Kostenrechnung die Da-
ten liefern, und bei Erwerbsvorgängen, bei denen ein Kaufpreis für eine Vielzahl von
Vermögenswerten gezahlt worden ist (z.B. bei einem Unternehmenserwerb), muss ein
Einzelwert geschätzt werden. Das allerdings kann aufwändig sein (s. Aufgabe 3.3.1).

Die Aktivierungsvoraussetzungen machen insbesondere für immaterielle Vermö-


genswerte klar: Auch selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte sind grund-
sätzlich ansatzpflichtig. Allerdings werden hier erhöhte Anforderungen an die Kon-
kretisierung des künftigen Nutzenzuflusses gestellt, damit keine „Luftnummern“ ak-
tiviert werden. Diese erhöhten Anforderungen sind ausführlich Gegenstand der
Aufgabe 2.1.2.

e) Prüfung der Aktivierung immaterieller Vermögenswerte


(1) Verwertungsrechte an Star Wash Filmen

Durch den Erwerb der Verwertungsrechte liegen diese in der Verfügungsmacht der
Science-Fiction-GmbH. Der Erwerb ist vollzogen (Ereignis der Vergangenheit), und ein
künftiger Nutzenzufluss wird erwartet, weil die Investition sonst nicht getätigt wor-
den wäre. Somit liegt ein Vermögenswert und damit abstrakte Bilanzierungsfähig-
keit vor.

Das Verwertungsrecht (Lizenz) ist identifizierbar. Wegen des Einzelerwerbs ist es se-
parierbar, und es ist sogar mit einem Recht verbunden. Physische Substanz oder ein
monetärer Wert sind nicht erkennbar, so dass es sich um einen immateriellen Vermö-
genswert handelt.

Die Science-Fiction-GmbH beabsichtigt eine 20-jährige Nutzung des Verwertungs-


rechts. Somit liegt ein langfristiger immaterieller Vermögenswert vor, der in den
Anwendungsbereich des IAS 38 fällt.

Es gibt keinen substantiellen Hinweis auf eine Fehlinvestition. Die Erwerbskosten


(85 Mio. €) waren eindeutig ermittelbar. Somit liegen auch die Voraussetzungen der
konkreten Bilanzierungsfähigkeit vor. Das Verwertungsrecht ist im langfristigen
immateriellen Vermögen der Science-Fiction-GmbH auszuweisen.

(2) Hörspiel Krieg der Welpen – Masterband und Abzüge

Für das Masterband sowie dessen Abzüge liegen ebenfalls die Kriterien für immate-
rielle (Lösung zu b)) Vermögenswerte (Lösung zu a)) vor. Das Masterband soll lang-
fristig genutzt werden und liegt deshalb im Anwendungsbereich des IAS 38. Die Ab-

24
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
züge hingegen sind für den Verkauf im normalen Geschäftsgang vorgesehen; auf diese
ist daher IAS 2 anzuwenden. Im Ergebnis sind die bis Geschäftsjahresende nicht ver-
kauften 5.000 Stück des Hörspiels als fertige Erzeugnisse innerhalb der Vorräte (kurz-
fristige Vermögenswerte) auszuweisen.

Abweichend zur Lösung zu (1) handelt es sich bei dem Masterband um einen selbst-
geschaffenen immateriellen Vermögenswert. An dessen Aktivierung sind höhere An-
forderungen zu stellen (siehe im Einzelnen Aufgabe 2.1.2). Aus den Angaben zu den
Verwertungsmöglichkeiten ergibt sich, dass der künftige Nutzenzufluss unterstellt
werden kann. Das Masterband ist zu 600 T€ einzubuchen.

(3) Schulungskosten

Klar ist: Die Schulung stellt ein Ereignis der Vergangenheit dar, aus dem künftiger
Nutzen erwartet wird. Weder handelt es sich um eine finanzielle noch materielle Res-
source. Sowohl die Kosten als sogar der Nutzen sind klar bestimmbar.

Fraglich ist jedoch, ob die Science-Fiction-GmbH die Verfügungsmacht über die Res-
source hat. Man könnte diese Frage bejahen, da die Mitarbeiter in ungekündigtem Ar-
beitsverhältnis zur Science-Fiction-GmbH stehen, und aus der Arbeitsplatzbeschrei-
bung geht gewöhnlich der Aufgabenbereich der Mitarbeiter hervor.

Der IASB sieht das jedoch anders: Da Mitarbeiter kündigen könnten, habe der Arbeit-
geber keine Verfügungsmacht über das erworbene Know-How der Mitarbeiter, so dass
die Vermögenswertdefinition gar nicht vorliegt. Lediglich in dem Fall, dass die Leis-
tungen der Mitarbeiter durch Rechtsansprüche gesichert seien und die übrigen Akti-
vierungsvoraussetzungen gegeben sind, besteht Aktivierungspflicht (IAS 38.15). Nur
durch Absicherung durch Rechtsansprüche, das muss man dem IASB zugestehen,
liegt nämlich Identifizierbarkeit vor, denn die Schulungskosten sind eindeutig nicht
separierbar, so dass, selbst wenn Verfügungsmacht (abweichend von der IASB-
Auffassung) vorläge, eine Aktivierung hieran scheitern würde.

Eine Absicherung durch Rechtsansprüche könnte erfolgen, wenn die Mitarbeiter im


Fall ihrer Kündigung in den beispielsweise nächsten drei Jahren die Schulungskosten
zurückerstatten müssten (was allerdins arbeitsrechtlich hoch problematisch ist). In
diesem Sonderfall wären die Schulungskosten ggf. zu aktivieren, und zwar m.E. unge-
achtet des noch einmal vom IASB formulierten Aktivierungsverbots für Ausgaben im
Rahmen von Aus- und Weiterbildungsaktivitäten (IAS 38.69b).

(4) Gründungskosten und Marktstudie

Nach IAS 38.69a unterbleibt explizit sowohl der Ansatz der Gründungskosten als auch
der Aufwendungen für die Marktstudie.

f) Folgebewertung immaterieller Vermögenswerte

Für die Folgebewertung langfristiger immaterieller Vermögenswerte eröffnet IAS 38.72


das Wahlrecht zwischen

25
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
„ fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten („Anschaffungskostenmo-
dell“) und der

„ Neubewertungsmethode.

Die Anwendung der Neubewertungsmethode hat zur Folge, dass der immaterielle
Vermögenswert zum Fair Value angesetzt werden muss mit erfolgsneutraler Gegenbu-
chung im Eigenkapital (Neubewertungsrücklage) und passiven latenten Steuern. Al-
lerdings darf die Neubewertungsmethode nur angewendet werden, sofern für den zu
bewertenden Vermögenswert ein aktiver Markt vorhanden ist, was bei immateriellen
Vermögenswerten extrem selten und etwa beim Emissionsrechtehandel in der EU zu
beobachten ist (zum Begriff des aktiven Marktes siehe Theile in PiR 2007, 1 (5ff.)).

Die Bewertung zu fortgeführten Kosten weist keine Besonderheiten auf. Zu prüfen ist
jedoch, ob der immaterielle Vermögenswert eine unbegrenzte Nutzungsdauer auf-
weist. In diesem Fall kommt eine planmäßige Abschreibung nicht in Betracht. Statt-
dessen ist jährlich ein Wertminderungstest gem. IAS 36 durchzuführen (IAS 38.108).
Als Beispiel für die Durchführung eines Wertminderungstests siehe die folgende Auf-
gabe 2.1.2.

g) Prüfung der Aktivierung immaterieller Sachverhalte nach BilMoG


Bei Fall (1) – dem Erwerb der Verwertungsrechte an den Star Wash Filmen – gäbe es
keine abweichende Bilanzierung nach BilMoG. Allerdings wäre auch bereits vor Ver-
abschiedung der HGB-Bilanzrechtsreform entsprechend zu bilanzieren gewesen, da
das Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 HGB a.F. lediglich auf selbsterstellte immate-
rielle Vermögensgegenstände bezogen ist, hier aber ein Erwerb vorliegt.

Im Fall (2) allerdings könnte analog zu den IFRS das Masterband als selbsterstellter
immaterieller Vermögensgegenstand aktiviert werden, was vor Verabschiedung des
BilMoG unzulässig war. Anders als IAS 38 sieht § 248 Abs. 2 S. 1 HGB jedoch ein Akti-
vierungswahlrecht vor. Eine Aktivierung selbsterstellter immaterieller Vermögensge-
genstände kann also auch nach BilMoG unterbleiben.

Fall (3) und (4) führen nicht zu Abweichungen zu den IFRS. Nach BilMoG – und auch
schon nach HGB a.F. – dürfen Schulungskosten für Mitarbeiter nicht aktiviert werden.
Durch die Streichung des § 269 HGB a.F. können nun auch die Aufwendungen für die
Marktstudie nicht mehr, wie früher möglich, als Bilanzierungshilfe „Aufwendung für
die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes“ angesetzt werden.

Fazit: In den Fällen (1), (3) und (4) erfolgt die Bilanzierung zwingend analog zu den
IFRS und im Fall (2) wahlweise.

Literaturempfehlungen: Achleitner/Behr/Schäfer, Internationale Rechnungslegung, 4.


Aufl. 2009, S. 91-110; Bieg u.a., Handbuch der Rechnungslegung nach IFRS, 2006, S. 77-82

26
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
zur Aktivierung von Vermögenswerten; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss
und Jahresabschlussananlyse, 21. Aufl. 2009, S. 175-190; Heyd/ Lutz-Ingold, Immateriel-
le Vermögenswerte und Goodwill nach IFRS, 2005, S. 1-50; Pellens u.a., Internationale
Rechnungslegung, 7. Aufl. 2008, S. 279-307.

2.1.2 Selbsterstellte immaterielle Vermögenswerte: Ansatz


und Bewertung – „Goaly“
Rechtsquellen: IAS 38, IAS 36

Lernziele: Trennung zwischen Forschungs- und Entwicklungsphase; Prüfung der An-


satzkriterien für Entwicklungskosten; Beachtung von Prognoserechnungen; außer-
planmäßige und planmäßige Abschreibungen; Unterschied zur Steuerbilanz (latente
Steuern)

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Panther AG, ein Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach, hat sich sehr über den
Einsatz des „Flatterfußballs“ eines ihrer Wettbewerber bei der letzten Fußball WM in
x0 geärgert. Zur WM x8 möchte man einen eigenen, neuen Fußball ins Rennen schi-
cken. Anfang x4 beginnt man mit dessen Entwicklung (Projektname: „Goaly“); fol-
gende Aufwendungen sind dabei im Zeitablauf angefallen:

Tabelle 2-1: F+E-Aufwendungen für Goaly im Zeitablauf


Nr. Sachverhalt Datum T€
1 Angewandte Forschung 10.01.x4 2.350
2 Suche nach Produktalternativen 25.01.x4 620
3 Test verschiedener Materialien 20.03.x4 2.250
4 Entwurf und Konstruktion eines Prototypen 06.04.x4 6.700
5 Entwurf von Werkzeugen und 12.06.x4 1.500
Fertigungsanlagen
6 Revision des Prototypen 15.07.x4 5.600
7 Anpassung des Produktionsverfahrens 25.08.x4 3.100
8 Test des Prototypen 24.10.x4 4.550
9 Ausgaben für Patentierung 10.11.x4 50
Summe 26.720

Die Arbeiten am Konzernabschluss des Geschäftsjahres x4 sind am 18.02.x5 beendet.


Die FIFA entscheidet im November x5, welchen Ball sie zur WM x8 einsetzen will. An-

27
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
gesichts der hohen Ungewissheit, ob Goaly den Zuschlag erhält – seit mehr als 30 Jah-
ren hat zu jeder WM der Wettbewerber den Zuschlag erhalten -, stellt das Manage-
ment der Panther AG im Januar x5 zwei Absatzszenarien auf. Dabei betragen die vor-
ab vom Vorstand geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Entscheidung der
FIFA pro Goaly 0,3 und 0,7 gegen Goaly. Wegen erforderlicher Umstellungsarbeiten in
der Produktion kann mit Herstellung und Absatz von Goaly erst im Januar x6 begon-
nen werden, wobei sich die Schätzwerte der nachfolgend angegebenen Zahlungsströ-
me der Einfachheit halber jeweils auf das Jahresende beziehen:

Tabelle 2-2: Planung für Goaly-Produktion und -Verkauf

x6 x7 x8
FIFA entscheidet sich für Goaly:
Absatz in Stück 2.000.000 8.000.000 5.000.000
Preis in €/Stück 40 50 30
Produktionsauszahlungen in €/Stück 40 35 30
FIFA entscheidet sich gegen Goaly:
Absatz in Stück 1.000.000 3.000.000 300.000
Preis in €/Stück 38 42 33
Produktionsauszahlungen in €/Stück 40 37 33

Das Management der Panther AG kalkuliert mit durchschnittlichen Kapitalkosten von


14 %.

Aufgabenstellung

a) Begründen Sie: Wann beginnt die Entwicklungsphase i.S.v. IAS 38 für Goaly?
b) Begründen Sie, warum im Abschluss per 31.12.x4 Entwicklungskosten dem
Grunde nach zu aktivieren sind. Setzen Sie im Zweifel plausible Annahmen.

c) In welcher Höhe sind die Entwicklungskosten per 31.12.x4 im IFRS-Abschluss zu


aktivieren? Setzen Sie ggf. latente Steuern an (Steuersatz 30 %).

d) Im November x5 entscheidet sich die FIFA gegen Goaly. Beeinflusst diese Ent-
scheidung den Bilanzansatz per 31.12.x5? Zeigen Sie etwaige Konsequenzen auf!

e) Ermitteln Sie die planmäßigen linearen Abschreibungen über die aktivierten


Entwicklungskosten für die Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.x4 beginnen, bis
zum Ende der planmäßigen Abschreibungen. Zeigen Sie dabei jeweils die Auflö-
sung der latenten Steuern!

28
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
f) Diskutieren Sie, ob Ihre Entscheidung zu c) auch anders hätte ausfallen können.
Berücksichtigen Sie dabei insbesondere, dass bisher immer der Wettbewerber den
Zuschlag erhalten hat.

Lösung

a) Beginn der Entwicklungsphase


Im Hinblick auf die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögenswerte ist
zwischen der Forschungs- und der Entwicklungsphase zu unterscheiden, weil Kosten
der Forschungsphase per se nicht aktiviert werden dürfen. Kosten der Entwicklungs-
phase müssen hingegen aktiviert werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Gem. IAS 38.8 ist Forschung die eigenständige und planmäßige Suche mit der Aus-
sicht, zu neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen zu gelangen. Hier-
zu gehören gem. IAS 38.56 die angewandte Forschung und die Suche nach Produktal-
ternativen, also die Nr. 1 und 2 aus Tab. 2-1.

Entwicklung ist nach IAS 38.8 die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von
anderem Wissen auf einen Plan oder Entwurf für die Produktion von neuen oder be-
trächtlich verbesserten Materialien, Vorrichtungen, Produkten, Verfahren, Systemen
oder Dienstleistungen. Zur Entwicklung gehören gem. IAS 38.59 die Nr. 4-9 aus Tab.
2-1. Fraglich ist, ob der Test verschiedener Materialien (Nr. 3 aus Tab. 2-1) noch der
Forschungs- oder schon der Entwicklungsphase zuzuordnen ist. Hier besteht Beurtei-
lungsspielraum; wir haben den Test verschiedener Materialien bereits der Entwick-
lungsphase zugeordnet (IAS 38.59d). Damit wird das Aktivierungspotential erhöht
und im Fall einer Aktivierung das Jahresergebnis weiter verbessert.

Die Entwicklungsphase für Goaly beginnt somit mit Nr. 3 am 20.03.x4. Der Zeitraum
davor ist der Forschungsphase zuzuordnen.

b) Ansatzvoraussetzungen für die Entwicklungskosten


Für die Aktivierung von Entwicklungskosten müssen sechs Voraussetzungen kumula-
tiv erfüllt sein (IAS 38.57). Der entsprechende Nachweis hierzu ist im Zuge der Ab-
schlusserstellung zu führen, bei Zwischenabschlüssen also auch unterjährig. Im Bei-
spiel erfolgt die Prüfung auf den 31.12.x4, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Entwick-
lung bereits abgeschlossen ist. Einige der Kriterien erübrigen sich daher, werden aber
trotzdem erläutert:

„ technische Möglichkeit zur Fertigstellung des immateriellen Vermögenswertes


Als Sportartikelhersteller liegt die Entwicklung eines Fußballs im gleichen Ge-
schäftsbereich wie andere Entwicklungen der Panther AG. Demnach kann davon
ausgegangen werden, dass die technischen Möglichkeiten zur Fertigstellung be-
reits zu Beginn der Entwicklung von Goaly vorhanden sind. Aus Sicht des Bilanz-
stichtages 31.12.x4 ist die Entwicklung unzweifelhaft erfolgreich abgeschlossen.

29
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
„ Absicht, den immateriellen Vermögenswert fertig zu stellen, zu nutzen oder zu
verkaufen

Die Absicht auf zukünftigen Nutzen ist daran zu erkennen, dass mit der Entwick-
lung begonnen worden ist und Ausgaben getätigt wurden. Ausgaben werden aus
kaufmännischer Sicht nur dann getätigt, wenn damit zu rechnen ist, dass ein
künftiger Nutzen erwirtschaftet wird. Daher ist dieses Kriterium praktisch sinn-
los: Es kann eine gewollte (auch unterjährige) Aktivierung nicht verhindern.

„ Fähigkeit, den immateriellen Vermögenswert zu nutzen oder zu verkaufen

Da die Panther AG ein Sportartikelhersteller ist, gehört der Verkauf von Fußbäl-
len zu ihrem normalen Geschäftsbereich. An der Fähigkeit, Goaly vermarkten zu
können, ist nicht zu zweifeln.

„ Zufluss künftiger finanzieller Mittel/ Nutzen

Zur Prüfung dieses Kriteriums sind gem. IAS 38.60 die Grundsätze aus IAS 36 zu
verwenden. Es ist demnach über ein DCF-Verfahren der erzielbare Betrag aus
der Vermarktung von Goaly zu berechnen. Hierzu sind die künftigen finanziellen
Zu- und Abflüsse zu ermitteln und mit den angegebenen 14 % p.a. zu diskontie-
ren. Aus der Prognoseplanung des Managements ergeben sich in Abhängigkeit
der beiden Szenarien folgende Barwerte per 31.12.x5:

Entscheidung der FIFA für Goaly:


8.000 ˜( 50  35)
92.336 T €
1,14 2

Hier ist nur das 2. Jahr näher zu betrachten, da im 1. und 3. Jahr der Netto-
Zahlungsstrom gleich null ist.

Entscheidung der FIFA gegen Goaly:


1.000 ˜( 38  40) 3.000 ˜( 42  37 )
 9.788 T €
1,14 1 1,14 2

Hier sind die beiden ersten Jahre relevant, da im 3. Jahr der Netto-Zahlungsstrom
null beträgt und auch hier den Nutzen nicht verändert.

In beiden Szenarien wird offensichtlich ein künftiger Nutzenzufluss erwartet, so


dass diese Voraussetzung dem Grunde nach erfüllt ist (zum Ansatz der Höhe nach
siehe Lösung zu c)).

„ Verfügbarkeit ausreichender technischer, finanzieller und sonstiger Ressourcen,


um die Entwicklung abzuschließen und zur Einsatzbereitschaft zu bringen.

Entscheidend ist vor allem, dass die finanziellen Ressourcen ausreichend sind.
Dies kann üblicherweise über Finanzpläne dargelegt werden. Da die Entwick-

30
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
lungskosten für Goaly bereits im Jahr x4 geleistet worden sind, ist die Vorausset-
zung somit erfüllt.

„ Zuverlässige Bestimmung der Ausgaben während der Entwicklungsphase

Die Ausgaben in der Entwicklungsphase lassen sich, wie in der Aufgabenstellung


angegeben, eindeutig bestimmen. Im Übrigen gehört dieses Kriterium bereits zu
den allgemeinen Ansatzvoraussetzungen des Frameworks (F.83, siehe Aufgabe
2.1.1 d)).

c) Höhe der zu aktivierenden Entwicklungskosten: Bilanzansatz per 31.12.x4


Zu addieren sind zunächst alle Entwicklungsausgaben (Ziffer 3-9):

Tabelle 2-3: Summe der Entwicklungsausgaben für Goaly (T€)

Nr. Sachverhalt Betrag


3 Test verschiedener Materialien 2.250
4 Entwurf und Konstruktion eines Prototypen 6.700
5 Entwurf von Werkzeugen und Fertigungsanlagen 1.500
6 Revision des Prototypen 5.600
7 Anpassung des Produktionsverfahrens 3.100
8 Test des Prototypen 4.550
9 Ausgaben für Patentierung 50
Summe 23.750

Sodann ist zu prüfen, ob der erwartete künftige Nutzenzufluss über den zu aktivieren-
den Entwicklungskosten liegt. Welcher Nutzen fließt der Panther AG aus Goaly zu?
Hierzu sind die Absatzszenarien heranzuziehen, wobei der Unsicherheit über die bei-
den möglichen Zukunftslagen über die Bildung eines Erwartungswertes begegnet
werden kann, da (subjektive) Wahrscheinlichkeiten vorliegen (IAS 36.A7 ff.).
92.336 ˜ 0,3 27.701 T €
9.788 ˜ 0,7 6.852 T €
Erwartungswert 34.553 T € per 31.12.x5

Der Erwartungswert muss noch um eine Periode auf den 31.12.x4 abgezinst werden;
das ergibt 30.310 T€. Diesen Wert dürfen die per 31.12.x4 zu aktivierenden Entwick-
lungskosten nicht übersteigen.

Da der Erwartungswert (30.310 T€) die Entwicklungskosten (23.750 T€) übersteigt,


müssen diese in voller Höhe aktiviert werden. Die Gegenbuchung erfolgt im Gesamt-
kostenverfahren an „andere aktivierte Eigenleistungen“. Beim Umsatzkostenverfahren
wäre entsprechend der zuvor erfasste Primäraufwand zu entfernen.

31
2
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II

Die Entwicklungskosten dürfen jedoch in der Steuerbilanz gem. § 5 Abs. 2 EStG nicht
aktiviert werden. Damit ist das Vermögen im IFRS-Abschluss um 23.750 T€ größer als
das Vermögen in der Steuerbilanz. Es sind gem. IAS 12 passive latente Steuern anzu-
setzen. Da die Differenz zwischen der Handels- und der Steuerbilanz erfolgswirksam
entstanden ist, sind auch die passiven latenten Steuern i.H.v. 23.750 T€ x 0,3 = 7.125 T€
erfolgswirksam zu buchen.

Konto T€ Konto T€

immat. Vermögenswert 23.750 an andere aktivierte 23.750


Eigenleistungen

Steueraufwand (latent) 7.125 an passive latente Steuern 7.125

d) Bilanzansatz per 31.12.x5


Die Entscheidung der FIFA gegen Goaly führt zu einer anderen Absatzprognose, so
dass der Vermögenswert wertgemindert sein könnte. Es liegt ein für die Durchführung
eines Impairment-Tests, also des Werthaltigkeitstests, auslösendes Ereignis gem.
IAS 36.12 vor. Im Übrigen hätte auch ohne FIFA-Entscheidung ein Impairment-Test
durchgeführt werden müssen, weil immaterielle Vermögenswerte, die (noch) nicht
genutzt werden (s. Lösung zu e)) und deshalb noch nicht planmäßig abgeschrieben
werden, jährlich auf Werthaltigkeit zu testen sind (IAS 36.10). Für die Zahlungsströme
ist aber nun ausschließlich die Absatzprognose der FIFA-Entscheidung gegen Goaly
relevant.

Bei diesem Szenario beträgt der Barwert/Nutzungswert per 31.12.x5 nur 9.788 T€
(siehe Lösung zu b)). Da jedoch Entwicklungskosten i.H.v. 23.750 T€ aktiviert worden
sind, ist eine außerplanmäßige Abschreibung auf den Nutzungswert vorzunehmen.

Konto T€ Konto T€

außerpl. Abschreibung 13.962 an immat. Vermögenswert 13.962

Da hierdurch die Differenz der Handelsbilanz zur Steuerbilanz gemindert wird, sind
passive latente Steuern i.H.v. 13.962 T€ x 0,3 = 4.188 T€ aufzulösen:

Konto T€ Konto T€

passive latente Steuern 4.188 an Steuerertrag (latent) 4.188

32
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.1
e) Planmäßige Abschreibungen von Entwicklungskosten
Immaterielle Vermögenswerte mit begrenzter Nutzungsdauer werden planmäßig über
ihre Nutzungsdauer abgeschrieben. Die Abschreibung beginnt, sobald der Vermö-
genswert subjektiv genutzt werden kann (IAS 38.97). Das ist ab Januar x6 der Fall. Im
Jahr x5 erfolgt demnach noch keine planmäßige Abschreibung, sondern ein Test auf
Werthaltigkeit (s. Lösung zu d)).

Der Absatz ist vorgesehen für die Jahre x6-x8, die Nutzungsdauer beträgt 3 Jahre. Die
lineare Abschreibung beträgt jährlich 3.263 T€ (= 9.788 T€ / 3).

Die Vornahme linearer Abschreibungen kann im Beispiel kritisch gesehen werden.


Nach IAS 38.97 hat auch bei immateriellen Vermögenswerten die Abschreibungsme-
thode dem erwarteten Verbrauch des zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens zu ent-
sprechen. Man mag sich auf den Standpunkt stellen, der „erwartete Verbrauch“ sei in
den Perioden des höchsten Nutzenzuflusses am höchsten. Das wäre im Beispiel das
Jahr x7. Wäre insoweit das Jahr x8 wegen des Nettozuflusses von 0 € gar nicht mehr
nutzenstiftend und insoweit einer planmäßigen Abschreibung nicht zugänglich? IAS
38.98 hält ganz viele starke Argumente für eine lineare, ggf. degressive Abschreibung
bereit. Die progressive Abschreibung (x6 wenig, x8 viel) wird jedenfalls so gut wie
ausgeschlossen.

In der Praxis werden immaterielle Vermögenswerte fast ausschließlich linear abge-


schrieben. Bestimmt man diese Methode, ergeben sich im Fall in den Jahren x6 bis x8
jeweils folgende Abschreibungen:

Konto T€ Konto T€

Abschreibung 3.263 an immat. Vermögenswert 3.263

Die verbliebenen passiven latenten Steuern i.H.v. 2.937 T€ (= 7.125 T€ - 4.188 T€) wer-
den über die drei Jahre aufgelöst. Es ergibt sich ein jährlicher Betrag von 979 T€.

Konto T€ Konto T€

passive latente Steuer 979 an Steuerertrag (latent) 979

f) Diskussion der Entscheidung zu c)

Gegen die Verwendung des Erwartungswerts sprechen im vorliegenden Fall folgende


Gesichtspunkte:

„ Es liegt keine kontinuierliche, sondern eine diskontinuierliche Wahrscheinlich-


keitsverteilung vor („alles oder (fast) nichts“).

33
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
„ Die Entscheidung der FIFA hängt nicht nur von objektiven Gesichtspunkten
(Flugeigenschaften des Goaly), sondern ist in hohem Maße von persönlichen Be-
ziehungen und Loyalitäten zu FIFA-Entscheidungsträgern, der Erwartung der
Öffentlichkeit, die an den Ball des Wettbewerbers gewohnt ist, usw. ab.

„ Diese „weichen“, für den Produkterfolg des „Goaly“ wichtigen Voraussetzungen


für den Zuschlag müssen von der Panther AG erst noch geschaffen werden;
zugleich ist zu erwarten, dass der Wettbewerber auch nicht schläft, technisch
„nachlegt“ und ebenfalls Lobbyarbeit betreibt.

Die Entscheidung der FIFA ist angesichts der Intransparenz der FIFA Entscheidungs-
prozesse zumindest für die jahrzehntelang nicht zum Zuge gekommene Panther AG durch-
aus vergleichbar mit der behördlichen Zulassung pharmazeutischer Produkte, bei de-
nen eine Aktivierung von Entwicklungskosten regelmäßig erst mit Zulassung erfolgt
(vgl. z.B. Merck KGaA, Geschäftsbericht 2008, S. 85). Daher sprechen im vorliegenden
Fall viele Gesichtspunkte dafür, die bloße Aussicht auf eine positive FIFA Entschei-
dung nicht zu berücksichtigen und stattdessen nur das schlechtere Szenario zugrunde
zu legen. Dies entspricht einem wohlverstandenen Vorsichtsprinzip, dass explizit
auch in den IFRS bei der Ermessensausübung gilt (F.37). Dieses kommt im Übrigen
auch bei der Rückstellungsbildung zum Tragen: Wenn ein erhebliches Risiko besteht,
kann die Schätzung des „bestmöglichen Werts“ (IAS 37.36f.) darin bestehen, statt des
wahrscheinlichsten Werts (oder Erwartungswerts) den höchsten Wert als Rückstellung
anzusetzen (Pawelzik/Theile, in: Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 2351).

2.2 Sachanlagen und Anlageimmobilien


2.2.1 Anschaffungskosten einer maschinellen Anlage –
Metall AG
Rechtsquellen: IAS 16, § 255 HGB

Lernziele: Feststellung der möglichen Übereinstimmung in den Anschaffungskosten


nach IFRS und HGB

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die vorsteuerabzugsberechtigte Metall AG hat Anfang x9 eine Fertigungsanlage be-


stellt, die am 03.05.x9 zum Preis von 2.975.000 € (inkl. 19 % USt) geliefert worden ist.
Bei einer Schlusszahlung innerhalb von 30 Tagen wurde mit dem Verkäufer ein Skonto
i.H.v. 1 % vom Nettobetrag vereinbart. Die Metall AG nutzt diese Gelegenheit und
zahlt den restlichen Kaufpreis innerhalb der vereinbarten Frist.

34
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Die Transportkosten beliefen sich auf 35.000 € (Netto), außerdem wurde eine Trans-
portversicherung über 2 % des Netto-Kaufpreises vor Skonto abgeschlossen.

Um die Anlage in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, musste zunächst ein


entsprechendes Fundament errichtet werden. Dies und auch die Aufstellung und In-
stallation der Anlage erfolgten durch eigene Mitarbeiter. Hierbei fielen folgende Kos-
ten an: Materialeinzelkosten 20.000 €, Fertigungseinzelkosten 25.000 €, Sondereinzel-
kosten 5.000 € sowie allgemeine Verwaltungskosten von 20.000 €.

Aufgabenstellung

Ermitteln Sie die Anschaffungskosten nach

a) HGB und
b) IFRS

Lösung

a) HGB
Nach HGB sind Anschaffungskosten Aufwendungen, die erforderlich sind, um einen
Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu ver-
setzen. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen dem Vermögensgegenstand ein-
zeln zugeordnet werden können. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen;
hierunter fallen Rabatte, Boni, Skonti und die erstattungsfähige Umsatzsteuer (§ 255
Abs. 1 HGB).

Die Umsatzsteuer darf nicht in die Anschaffungskosten miteinbezogen werden, soweit


sie, wie hier, im Rahmen des Vorsteuerabzuges gem. § 15 UStG geltend gemacht wer-
den kann. Es handelt sich bei der Vorsteuer um einen Anspruch gegenüber dem Fi-
nanzamt, so dass ein Anschaffungsaufwand des Erwerbers entfällt.

Der Kaufpreis abzüglich der Umsatzsteuer beträgt 2.500.000 €, der um den Skontobe-
trag von 25.000 € (1 % vom Nettokaufpreis) gemindert wird.

Anschaffungsnebenkosten werden gem. § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB ausdrücklich zu den


Anschaffungskosten hinzugerechnet. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die
in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes oder
mit der Herstellung eines betriebsbereiten Zustands anfallen. Dabei müssen die akti-
vierungsfähigen Anschaffungsnebenkosten dem angeschafften Vermögensgegenstand
als Einzelkosten zurechenbar sein. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss das Verbot
der Aktivierung von Anschaffungsgemeinkosten.

Die Transportkosten i.H.v. 35.000 € und die Transportversicherung über 50.000 € ge-
hören zu den externen Anschaffungsnebenkosten und sind dem Vermögensgegens-
tand einzeln zurechenbar.

35
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bei den Aufstellungs- und Fundamentierungskosten, die als Kosten der Versetzung
in den betriebsbereiten Zustand auch zu den Anschaffungsnebenkosten gehören, wer-
den aufgrund der direkten Zurechenbarkeit nur die Materialeinzelkosten 20.000 €, Fer-
tigungseinzelkosten 25.000 € und die Sondereinzelkosten 5.000 € aktiviert. Für die all-
gemeinen Verwaltungskosten gilt ein Aktivierungsverbot, da es sich nicht um Einzel-
kosten handelt. Es ergeben sich folgende Anschaffungskosten:

Tabelle 2-4: Anschaffungskosten der Fertigungsanlage nach HGB


Bezeichnung €
Kaufpreis der Fertigungsanlage 2.975.000
Umsatzsteuer 19 % - 475.000
Skonto 1 % vom Nettobetrag - 25.000
Transportkosten + 35.000
Transportversicherung + 50.000
Materialeinzelkosten + 20.000
Fertigungseinzelkosten + 25.000
Sondereinzelkosten + 5.000
Anschaffungskosten 2.610.000

b) IFRS
Sachanlagen sind gemäß IAS 16.15 bei erstmaligem Ansatz mit ihren Anschaffungs-
oder Herstellungskosten zu bewerten.

Laut IAS 16.16 umfassen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Sachanla-
ge

„ den Kaufpreis einschließlich Einfuhrzölle und nicht erstattungsfähiger Umsatz-


steuern nach Abzug von Rabatten, Boni und Skonti,

„ alle direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen, um den Vermögenswert zu dem


Standort und in den erforderlichen, vom Management beabsichtigten betriebsbe-
reiten Zustand zu bringen und

„ als Rückstellung passivierte Entsorgungsverpflichtungen.

Die Anschaffungskosten der Fertigungsanlage ermitteln sich nach IAS 16.16 ff., dem-
nach werden Skonto und Umsatzsteuer vom Kaufpreis abgesetzt (IAS 16.16a).

Die Ausgaben in Zusammenhang mit dem Transport sowie die Material-, Fertigungs-
und Sondereinzelkosten, die bei der Aufstellung und Installation der Anlage anfallen,
können der Fertigungsanlage direkt zugerechnet werden (IAS 16.16b) und sind folg-
lich in die Anschaffungskosten einzubeziehen. Dagegen bleiben die Verwaltungskos-
ten i.H.v. 20.000 € gemäß IAS 16.19d explizit außer Ansatz. Es ergeben sich somit keine
Unterschiede zur HGB-Lösung unter a).

36
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
2.2.2 Einzelfragen der Anschaffungs- und
Herstellungskostenermittlung – B. Schaff GmbH
Rechtsquellen: IAS 16, IAS 20, IAS 23, IAS 37

Lernziele: Welche Regelungen beziehen sich auf die Anschaffungs- und Herstellungs-
kostenermittlung; Diskussion von Wahlrechten und Ermessensspielräumen.

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die mittelständische B. Schaff GmbH, Bremen, produziert Maschinenteile für den


Schiffbau und gehört zu den drei Weltmarktführern in diesem Bereich. Um sich besser
mit den Wettbewerbern aus Korea und Japan vergleichen zu können, erwägt die Ge-
schäftsführung die Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS.

Da die B. Schaff GmbH derzeit kräftig expandiert und erhebliche Investitionen durch-
führt, möchte man sich über deren bilanzielle Abbildung in einem möglichen IFRS-
Abschluss im Klaren werden. Als Praktikant der B. Schaff GmbH sind Sie in diese
Vorüberlegungen einbezogen.

Aufgabenstellung

Ermitteln Sie für die folgenden Sachverhalte die Anschaffungs- und Herstellungskos-
ten für einen Abschluss in x2 nach IFRS. Sollten Wahlrechte oder Ermessensspielräu-
me vorliegen, so diskutieren Sie die Vor- und Nachteile der einen wie der anderen Al-
ternative. Entscheiden Sie sich dann für jene Vorgehensweise, die das Bilanzbild für x2
im Hinblick auf Jahresergebnis und/oder Eigenkapital verbessert. Verdeutlichen Sie
Ihre Ausführungen durch Angabe der IFRS-Buchungssätze. Skizzieren Sie zur Abrun-
dung kurz die jeweiligen HGB- und steuerrechtlichen Regelungen. Kann es zum An-
satz latenter Steuern kommen?

a) Ende x2 wird eine schlüsselfertig für 5 Mio. € angeschaffte und bis zum Bilanz-
stichtag bezahlte Containerabfertigungsanlage in Betrieb genommen. Das Logis-
tik-Programm der EU fördert solche Investitionen mit 20 % der Investitionssum-
me. Rechtsanspruch auf die Förderung besteht, wenn die einzige Bedingung - die
Inbetriebnahme der Anlage – erfüllt ist. Daher hat die Geschäftsführung schon im
Sommer in Brüssel entsprechende Fördermittel beantragt und später auch die In-
betriebnahme der Anlage angezeigt. Jedoch liegt weder bei Bilanzaufstellung der
Bewilligungsbescheid vor, noch ist das Fördergeld bereits geflossen.

b) Schon in x1 wurde eine Stanzmaschine zum Anschaffungspreis von 2 Mio. € be-


stellt und zur Hälfte des Preises vorfinanziert. Bis zur Lieferung der Maschine ein
Jahr später – der Restkaufpreis wurde sofort bezahlt – sind Zinskosten aus der
Vorfinanzierung in Höhe von 60 T€ angefallen, die sich auch zahlungswirksam
jeweils hälftig auf x1 und x2 aufteilen.

37
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
c) Im angemieteten New Yorker Vertriebsbüro der B. Schaff GmbH wurden Einbau-
ten i.H.v. 500 T€ selbst vorgenommen. Nach Ablauf des Mietvertrages – in 10 Jah-
ren – müssen die Einbauten gem. Mietvertrag wieder entfernt werden. Den Bar-
wert der künftigen Ausbaukosten schätzt man auf 200 T€. Die B. Schaff GmbH
stellt ihre Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren auf.

d) Auf dem Bremer Werksgelände befindet sich eine Gleisanlage für interne Trans-
porte in Schmalspur. Von der deutschen Bahn konnten einige gebrauchte und voll
funktionsfähige Güterwaggons in Normalspur zum Preis von 1 Mio. € erworben
werden. Bis zum Bilanzstichtag sind die Waggons mit eigenem Personal bereits
auf Schmalspur umgebaut worden. Insgesamt fielen dabei Einzelkosten von
600 T€ und angemessene Gemeinkosten von 300 T€ an.

e) In x2 hat die B. Schaff GmbH in der Beschaffungsabteilung die Prozesskosten-


rechnung eingeführt, um Transparenz in diesem Gemeinkostenblock zu schaffen.
Seither ist es möglich, für jeden Beschaffungsvorgang die jeweiligen internen
Kosten bestimmen zu können. Sind diese Kosten als Anschaffungsnebenkosten
zu aktivieren (keine Angabe von Buchungssätzen)?

Lösung

a) Investitionszuschuss
Die beantragten Fördermittel sind als Zuwendungen der öffentlichen Hand Gegen-
stand des IAS 20. Erfassungspflichtig ist die Zuwendung genau dann, wenn angemes-
sene Sicherheit dafür besteht, dass

„ das Unternehmen die mit der Zuwendung verbundenen Bedingungen erfüllen


wird und

„ die Zuwendungen gewährt werden (IAS 20.7).

Die Bedingung, nämlich die Inbetriebnahme der Containerabfertigungsanlage, ist be-


reits erfüllt. Da überdies ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht, kann nicht
daran gezweifelt werden, dass die Zuwendung auch gewährt wird: Die B. Schaff
GmbH ist schließlich für die Verzögerung im Brüsseler Verwaltungsapparat nicht ver-
antwortlich.

Zur bilanziellen Abbildung von Zuwendungen, die – wie hier - zu Investitionszwe-


cken (Anschaffung, Herstellung) gewährt werden und deren Zweckbindung mit der
Durchführung erfüllt wird, bestehen folgende Möglichkeiten: Die Zuwendungen dür-
fen

„ entweder von den Anschaffungskosten abgesetzt oder

„ in einen besonderen Passivposten eingestellt werden (IAS 20.24).

38
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Bei der Bildung eines Passivpostens ist dieser über die Nutzungsdauer des Vermö-
genswerts erfolgswirksam aufzulösen. Daher haben beide Alternativen die gleichen
Erfolgswirkungen. Wird ein gesonderter Passivposten gebildet, dann erhöht sich je-
doch die Bilanzsumme und es mindert sich die Eigenkapitalquote. Besteht Interesse
an einer hohen Eigenkapitalquote, ist der Zuschuss demnach von den Anschaffungs-
kosten abzusetzen. Dieses Interesse ist lt. Aufgabenstellung hier zu unterstellen. Dann
ist zu buchen:

Konto T€ Konto T€

Containerabfertigungsanlage 5.000 an Bank 5.000

sonstige Forderung 1.000 an Containerabfertigungsanlage 1.000

Bei einer Bilanzierung nach HGB sind ebenfalls die beiden oben genannten Möglich-
keiten zulässig. Außerdem darf, anders als nach IAS 20, der Zuschuss sofort erfolgs-
wirksam erfasst werden. Steuerrechtlich kommt die passive Abgrenzung jedoch nicht
in Betracht (R 6.5 EStR 2008). Wird der Zuschuss von den Anschaffungskosten abge-
setzt, besteht insoweit Übereinstimmung zwischen den drei Rechenwerken.

b) Zinskosten bei Anschaffungsvorgängen


Für die Abbildung von Fremdkapitalkosten besteht der Grundsatz, sie als Aufwand
zu erfassen (IAS 23.1). Abweichend hiervon sind Fremdkapitalkosten, die direkt dem
Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswertes
zuzuordnen sind, als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieses Vermö-
genswertes zu aktivieren. Qualifizierte Vermögenswerte sind solche, die einen länge-
ren (beträchtlichen) Zeitraum der Anschaffung oder Herstellung beanspruchen (IAS
23.5). Das kann bei einem Zeitraum zwischen Bestellung und Lieferung von rund ei-
nem Jahr – wie im vorliegenden Fall - bejaht werden. Die Aktivierung beginnt, sobald
Ausgaben für den Vermögenswert und Aufwendungen für die Fremdfinanzierung an-
fallen und mit den erforderlichen Aktivitäten zur Anschaffung oder Herstellung des
Vermögenswerts begonnen worden ist (IAS 23.17 ff.), hier also bereits im Jahr x1.

In x1 wird gebucht:

Konto T€ Konto T€

geleistete Anzahlung 1.000 an Bank 1.000

Zinsaufwand 30 an Bank 30

geleistete Anzahlung 30 an Zinsaufwand 30

39
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bei Zugang der Stanzmaschine in x2 ist zu buchen:

Konto T€ Konto T€

Zinsaufwand 30 an Bank 30

Stanzmaschine 2.060 an Bank 1.000

an geleistete Anzahlung 1.030

an Zinsaufwand 30

Nach dem Gesetzeswortlaut können nach HGB (und in der Steuerbilanz) nur bei Her-
stellungsvorgängen unter bestimmten Voraussetzungen Fremdkapitalkosten aktiviert
werden (§ 255 Abs. 3 HGB). Im IFRS-Abschluss und in der Steuerbilanz ergeben sich
dann unterschiedliche Bilanzwerte für die Stanzmaschine, so dass der Ansatz (passi-
ver) latenter Steuern zu prüfen ist. Entgegen dem Gesetzeswortlaut wird im Schrift-
tum die Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in die Anschaffungskosten jedoch auch
z.T. für zulässig gehalten (hierzu und im Ergebnis ablehnend Baetge/Kirsch/Thiele, Bi-
lanzen, 10. Aufl. 2009, S. 193).

c) Abbauverpflichtungen
Für die Mietereinbauten besteht eine vertragliche Abbauverpflichtung, die in Höhe
des besten Schätzwertes als Rückstellung (IAS 37) passiviert werden muss, und zwar
bereits dann, wenn sie entstanden ist. Aufgrund der Laufzeit ist die Rückstellung zum
Barwert anzusetzen. Es entspräche aber nicht dem Periodisierungsprinzip, wenn das
Jahr der Entstehung der Verpflichtung in voller Höhe mit Aufwand belastet werden
würde. Daher sind als Rückstellung passivierte Entsorgungsverpflichtungen für Sach-
anlagen den Anschaffungs- und Herstellungskosten der Anlagen hinzuzurechnen
(IAS 16.16c). Die Rückstellung wird insoweit erfolgsneutral gebildet. Die Aufwands-
wirkung entfaltet sich durch die Abschreibung des aktivierten Vermögenswerts.

Dieser Regelung kann auch nicht die Aktivierungskonzeption in den IFRS – künftige
Nutzenzuflüsse – entgegengehalten werden. Immerhin ist eine Investition in eine ab-
baupflichtige Anlage nur dann lohnend, wenn sie nicht nur die Anschaffungs- und
Herstellungskosten, sondern auch die Abbaukosten einspielt. Rationales Handeln un-
terstellt, muss der künftige Nutzenzufluss daher höher sein als die Investitionssumme
zuzüglich der geschätzten Abbauausgaben.

Da die B. Schaff GmbH die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkosten-
verfahren aufstellt und die Mietereinbauten selbst durchgeführt hat, ist wie folgt zu
buchen:

40
2.2
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II

Konto T€ Konto T€

diverse Aufwendungen 500 an diverse Aktiva/Passiva 500

andere Anlagen 700 an andere aktivierte Eigenleistung 500

an sonstige Rückstellung 200

Nach HGB und Steuerrecht ist die Abbauverpflichtung stattdessen ratierlich und auf-
wandswirksam anzusammeln (Ansammlungsrückstellung), wodurch sich eine mit
IFRS durchaus vergleichbare Aufwandswirkung ergibt. Allerdings ergeben sich Unter-
schiede in der Bewertung und damit auch im jährlich zu verteilenden Aufwand:

„ Nach IFRS und nach HGB idF BilMoG sind die zu schätzenden Wertverhältnisse
des Erfüllungstages relevant, wohingegen für die Steuerbilanz erwartete Preis-
und Kostensteigerungen nicht berücksichtigt werden dürfen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a
Buchst. f) EStG).

„ In allen drei Rechenwerken ist die Rückstellung abzuzinsen. Nach IAS 37.45 ist
ein laufzeitadäquater Stichtagszins zu verwenden, nach § 253 Abs. 2 HGB der von
der Deutschen Bundesbank zur Verfügung gestellte laufzeitadäquate Durch-
schnittszins und nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e) EStG ein Zins von 5,5 %.

In der Praxis ist die Rückstellung in der Steuerbilanz daher regelmäßig niedriger als
nach IFRS bzw. HGB, so dass es insoweit zu aktiven latenten Steuern kommen kann.

d) Anschaffungsnebenkosten
Fraglich ist, ob und ggf. in welchem Umfang die für den Umbau angefallenen Kosten
zusätzlich zum Anschaffungspreis der Güterwaggons als Bestandteil der Anschaf-
fungskosten zu aktivieren sind.

Gem. IAS 16.16b sind alle direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen, um den Vermö-
genswert in den vom Management beabsichtigten betriebsbereiten Zustand zu versetzen,
als Bestandteil der Anschaffungskosten anzusehen (Anschaffungsnebenkosten). Bei
den Güterwaggons kommt es also nicht auf die objektive Nutzbarkeit an – die läge ja
vor, da die Waggons auf Normalspur fahren würden -, sondern einzig auf die subjek-
tive Nutzbarkeit: Erst nach Umbau ist der vom Management beabsichtigte betriebsbe-
reite Zustand erreicht. Daher sind die Umbaukosten dem Grunde nach zu aktivieren.

Unstrittig müssen die Einzelkosten (600 T€) aktiviert werden. Darüber hinaus sind
auch variable Gemeinkosten, die einer Zeit- oder Mengenschlüsselung zugänglich sind,
grundsätzlich zu aktivieren, wohingegen die Zurechnung fixer Gemeinkosten in der
Literatur überwiegend abgelehnt wird. Dagegen könnte man jedoch vorbringen, dass
in den IFRS Anschaffungs- und Herstellungskosten nach denselben Grundsätzen er-
mittelt werden sollen. Die Umbaukosten fallen intern an; wäre ein ganzer Güterwag-
gon selbst hergestellt worden, so wären nach h.M. die fixen Gemeinkosten zu aktivieren.

41
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Mit welcher Begründung sollte etwas anderes gelten, wenn nur ein Teil des Waggons
selbst erstellt wird?

In der Aufgabenstellung ist offen gelassen worden, ob es sich um variable oder fixe
Gemeinkosten handelt. Hier soll, vorbehaltlich möglicher anderer Auffassungen, eine
Vollzurechnung der Gemeinkosten vorgenommen werden. Es ergibt sich folgende Bu-
chung:

Konto T€ Konto T€

Güterwaggons 1.000 an Bank 1.000

diverser Aufwand 900 an diverse Aktiva/Passiva 900

Güterwaggons 900 an andere aktivierte Eigenleistung 900

Nach § 255 HGB sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden,
um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zu-
stand zu versetzten, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden
können. Es gilt auch hier der Begriff der subjektiven Betriebsbereitschaft, so dass die
600 T€ Einzelkosten aktiviert werden müssen. Seit der Neufassung des § 255 Abs. 2
HGB sind auch die – variablen oder fixen - Gemeinkosten zu aktivieren. Es besteht
daher Übereinstimmung zwischen HGB und IFRS.

e) Aktivierung interner Beschaffungskosten


Durch die Prozesskostenrechnung kann jeder Beschaffungsvorgang verursachungsge-
recht mit seinen internen Beschaffungskosten (Verwaltungskosten) belastet werden.
Fraglich ist, ob diese Kosten in die Anschaffungskosten nach IFRS einzubeziehen sind.

Einzubeziehen sind nach IAS 16.16b alle „direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen, um
den Vermögenswert zu dem Standort … zu bringen“. Soweit also die Beschaffungskosten
als direkt zurechenbar zu qualifizieren sind, wären sie hiernach einbeziehungspflich-
tig. Auf der anderen Seite gehören Verwaltungs- und andere Gemeinkosten (also z.B.
Beschaffungskosten) explizit nicht zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten (IAS
16.19d).

Zunächst ist zu klären: Was sind direkt zurechenbare Kosten i.S.v. IAS 16? Der Stan-
dard definiert diesen Passus nicht und enthält sich auch darüber hinaus – ähnlich wie
auch das HGB – eines tieferen Exkurses in die Kostenrechnung. Versteht man unter
direkt zurechenbaren Kosten ausschließlich Einzelkosten nach herkömmlichem Ver-
ständnis (Kosten werden zu Einzelkosten, wenn Sie einem Kostenträger über die Maß-
einheit Zeit oder Menge unmittelbar zugeordnet werden können), käme eine Aktivie-
rung wohl nicht in Betracht. Auf der anderen Seite behandelt IAS 16 die Anschaffungs-
und Herstellungsvorgänge gemeinsam, und bei Herstellungsvorgängen wird explizit
auf die Grundsätze des IAS 2 (für Vorräte) verwiesen (IAS 16.22; und zwar auch dann,

42
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
wenn Einzelanlagen nicht zugleich für den externen Verkauf vorgesehen sind, siehe
z.B. Tanski, Sachanlagen nach IFRS, 2005, S. 17). Dieser Standard erlaubt aber die Akti-
vierung von nicht produktionsbezogenen Gemeinkosten (IAS 2.15: „kann es sachge-
recht sein“).

Erkennbar soll in der Frage der Kostenzuordnung nach den IFRS kein Unterschied
zwischen Anschaffungs- und Herstellungsvorgängen gemacht werden. Folgt man die-
ser Auffassung, sind die über die Prozesskostenrechnung verursachungsgerecht ver-
teilten Gemeinkosten als direkt zurechenbar anzusehen. Auf der anderen Seite setzt
die Aufschlüsselung dieser herkömmlichen Gemeinkosten jedoch ein entsprechend
eingerichtetes internes Rechnungswesen voraus. Zudem werden die Beschaffungskos-
ten häufig nicht wesentlich sein. Damit lässt sich in dieser Detailfrage von einem fak-
tischen Wahlrecht sprechen (zu Einzelheiten und – anders als hier – zur Begründung
eines Aktivierungsverbots vor allem Hoffmann, PiR 2007, 27 ff.).

2.2.3 Planmäßige Abschreibungen einer maschinellen


Anlage – Metall AG (2)
Rechtsquellen: IAS 16, § 253 I, II HGB; §§ 5 I, 7 II, III EStG

Lernziele: Erstellung von Abschreibungsplänen; Unterschied zwischen degressiver


und linearer Abschreibung; latente Steuern auf Abschreibungsdifferenzen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die in Aufgabe 2.2.1 angeschaffte Fertigungsanlage wird im Juni montiert und sofort
bei Erlangung des betriebsbereiten Zustands am 01.07.x9 in den Fertigungsprozess der
Metall AG integriert. Zur Erinnerung: Die Anschaffungskosten beliefen sich auf
2.610.000 €, und zwar sowohl nach HGB als auch nach IFRS. Laut steuerlicher AfA-
Tabelle liegt die Nutzungsdauer der Fertigungsanlage bei 8 Jahren. Dies entspricht
auch der tatsächlich erwarteten Nutzungsdauer bei der Metall AG. Die Maschine soll
gleichmäßig genutzt werden; erwartet wird ein stetiger Wertverzehr.

Aufgabenstellung

a) Erstellen Sie die Abschreibungspläne nach HGB und Steuerbilanz (steuerliches


Ziel: zunächst niedrige Jahresergebnisse).

b) Erstellen Sie einen Abschreibungsplan nach IFRS.


c) Ermitteln Sie die latenten Steuern bei einem Steuersatz von 30 % und tragen Sie
die Werte in die folgende Tabelle ein.

43
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-5: Ermittlung latenter Steuern (in €), Aufgabenblatt
Restbuchwert Mehrvermögen Passive St.Aufwand(+)
Jahr
Steuerbilanz IFRS Bilanz IFRS Bilanz lat. St. St.Ertrag(-)
x9
x10
x11
x12
x13
x14
x15
x16
x17

Lösung

a) Erstellung Abschreibungspläne
Bei Sachanlagen, deren Nutzung im Unternehmen zeitlich begrenzt ist, werden die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht im Jahr der Anschaffung/Herstellung
komplett als Aufwand gebucht, sondern anteilig durch planmäßige Abschreibungen
(§ 253 Abs. 3 HGB) auf die Jahre der voraussichtlichen Nutzung verteilt. Damit wird
der Werteverzehr/Wertverlust des Vermögensgegenstandes den positiven Effekten aus
der Nutzung gegenübergestellt.

Das Handelsrecht gibt keine Abschreibungsmethode vor. Demnach kommen u.a. Me-
thoden wie degressive, lineare, progressive oder Leistungsabschreibung in Betracht.
Außerdem sind auch Mischformen der oben genannten Methoden, z.B. degressiv-
lineare Abschreibung, zulässig. Die Abschreibungsmethode ist nach den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung willkürfrei zu bestimmen. Daher ist die Methode zu
wählen, die den tatsächlichen Verlauf des Wertverzehrs widerspiegelt und nicht im
Widerspruch zum Gebot der periodengerechten Aufwandsverteilung nach § 252 Abs.
1 Nr. 5 HGB steht (Kozikowski/Roscher/Schramm in Beck’scher Bilanzkommentar, 7. Aufl.
2010, § 253 HGB, Rz. 239).

Die Wahl der Abschreibungsmethode als mögliches Instrument der Bilanzpolitik wird
insoweit eingeschränkt. Sie ist von der Schätzung des Kaufmanns über die künftige
Nutzenabgabe der Sachanlage und damit von einer Ermessensentscheidung abhän-
gig. Gemäß Aufgabenstellung wird eine über die Jahre gleichmäßige Nutzung erwar-
tet, so dass lediglich die lineare Abschreibung in Betracht kommt.

Die Abschreibung muss über die voraussichtliche Nutzungsdauer erfolgen, welche


unter Berücksichtigung von physischem Verschleiß, technischer Veralterung und

44
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
rechtlichen Beschränkungen zu schätzen ist. Im vorliegenden Fall wird eine Nut-
zungsdauer von 8 Jahren erwartet. Die Abschreibung beginnt, sobald der Vermögens-
gegenstand bestimmungsgemäß genutzt werden kann. Somit muss hier der 01.07.x9
als Abschreibungsbeginn herangezogen werden.

Tabelle 2-6: Abschreibungsplan HGB-Bilanz (in €)


Buchwert Abschreibung Buchwert
Jahr
zu Jahresbeginn zum Jahresende
x9 2.610.000 163.125 2.446.875
x10 2.446.875 326.250 2.120.625
x11 2.120.625 326.250 1.794.375
x12 1.794.375 326.250 1.468.125
x13 1.468.125 326.250 1.141.875
x14 1.141.875 326.250 815.625
x15 815.625 326.250 489.375
x16 489.375 326.250 163.125
x17 163.125 163.125 0

Steuerrechtlich sind grundsätzlich lineare, degressive oder degressiv-lineare Ab-


schreibungen und – bei Nachweis der Nutzenabgabe – auch die Leistungsabschrei-
bung zulässig. Aus § 7 Abs. 2 EStG ergeben sich gesetzliche Höchstgrenzen für die ge-
ometrisch-degressive Abschreibung. Demnach darf der Abschreibungssatz für beweg-
liche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31. Dezember 2008 und
vor dem 1. Januar 2011 angeschafft oder hergestellt worden sind, höchstens 25 % des
Buchwertes zu Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres betragen, maximal aber das
Zweieinhalbfache des linearen Abschreibungssatzes. Es sei hier davon ausgegangen,
dass x9 in diesen Zeitraum fällt. Da laut Aufgabenstellung steuerlich zunächst niedri-
ge Jahresergebnisse erzielt werden sollen, ist im vorliegenden Fall die degressive Me-
thode (Abschreibungssatz i.H.v. 25 %) mit späterem Übergang zur linearen Methode
optimal.

Fraglich ist jedoch, ob die Bestimmung der Methode in der Handelsbilanz auch jene
für die Steuerbilanz determiniert. In der Vergangenheit war das wegen der umgekehr-
ten Maßgeblichkeit der Fall. Wegen der Abschaffung der umgekehrten Maßgeblich-
keit durch die Neufassung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG im Zuge des BilMoG 2009 kann die
Abschreibungsmethode in der Steuerbilanz jedoch unabhängig von der in der Han-
delsbilanz angewandten Methode gewählt werden (BMF-Schreiben v. 12.3.2010,
IV C 6 - S 2133/09/10001, Tz. 16; hierzu Theile, Totenglocken für das Maßgeblichkeits-
prinzip, DStR 2009, 2384). Erforderlich ist dann, ein besonderes steuerliches Verzeich-
nis für das Wirtschaftsgut zu führen (§ 5 Abs. 1 S. 2, 3 EStG).

45
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Der Zustand der Betriebsbereitschaft wird am 01.07.x9 erreicht. Somit darf für das Jahr
x9 lediglich der Werteverzehr für 6 Monate als Aufwand erfasst werden.

Der Abschreibungsbetrag ergibt sich für das Jahr x9 wie folgt:


6
2.610.000 € ˜ 0,25 ˜ 326.250 €
12

Der vergleichbare lineare Satz beträgt:


2.610.000 € 6
˜ 163.125 € Æ das Zweieinhalbfache: 407.812,5 €
8 ( ND) 12

Es werden 326.250 € in x9 abgeschrieben.

Die „reine“ degressive Methode führt nie zu einer vollständigen Abschreibung auf
den Wert „0“. Um die vollständige Abschreibung zu erreichen, muss daher von der
geometrisch-degressiven zur linearen Abschreibung gewechselt werden. Der Wechsel
wird in dem Jahr vollzogen, in dem die lineare Abschreibung erstmals einen höheren
Betrag als die geometrisch-degressive aufweist. Bei der Berechnung der linearen Ab-
schreibung ist dabei jeweils der Restbuchwert zu Beginn des Jahres und die verblei-
bende Nutzungsdauer zu berücksichtigen. Das führt zu folgendem Abschreibungs-
plan:

Tabelle 2-7: Abschreibungsplan Steuerbilanz (in €)


Buchwert zu Abschreibung Verwendete Buchwert zu
Jahr Jahresbeginn Abschreibung Jahresende
degressiv linear
x9 2.610.000 326.250 163.125 degressiv 2.283.750
x10 2.283.750 570.938 304.500 degressiv 1.712.812
x11 1.712.812 428.203 263.510 degressiv 1.284.609
x12 1.284.609 321.152 233.565 degressiv 963.457
x13 963.457 240.864 214.102 degressiv 722.593
x14 722.593 180.648 206.455 linear 516.138
x15 516.138 129.035 206.455 linear 309.683
x16 309.683 77.421 206.455 linear 103.228
x17 103.228 25.807 103.228 linear 0

Erst ab x14 führt die lineare Abschreibung zu höheren Werten als die degressive. In
diesem Jahr ist die Abschreibungsmethode umzustellen.

46
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
b) Erstellung des Abschreibungsplans nach IFRS
Für die Folgebewertung von Sachanlagen sieht IAS 16 ein Wahlrecht zwischen dem
Anschaffungskosten- und Neubewertungsmodell vor. Im Rahmen des Anschaffungs-
kostenmodells erfolgt die Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungs- bzw. Her-
stellungskosten. Auf das Neubewertungsmodell wird an dieser Stelle nicht eingegan-
gen (siehe Aufgabe 5.2.2 c)).

Gemäß IAS 16.60 hat die vom Unternehmen zu bestimmende Abschreibungsmethode


– wie nach HGB – dem erwarteten Verlauf der künftigen Nutzenabgabe zu entspre-
chen. Folgerichtig gibt der Standard keine Methode vor, sondern nennt in IAS 16.62
nur einige Beispiele, etwa die lineare, die geometrisch-degressive oder die leistungs-
abhängige Abschreibung.

Wegen der gleichmäßigen Nutzenabgabe ist die lineare Abschreibung zu bestimmen.


Es ergeben sich daher keine Abweichungen zum Handelsrecht (vgl. HGB-
Abschreibungsplan unter a)).

c) Ansatz latenter Steuern


Ergeben sich Bewertungsdifferenzen von Vermögenswerten und Schulden in einem
IFRS-Abschluss (oder einem HGB-Abschluss) zu entsprechenden steuerlichen Wertan-
sätzen (tax base, Steuerwert), kommt grundsätzlich der Ansatz latenter Steuern in Be-
tracht. Bewertungsdifferenzen im Anlagevermögen entstehen generell durch unter-
schiedliche

„ Anschaffungs- und Herstellungskosten,

„ Abschreibungsmethoden und/ oder

„ Nutzungsdauern,

hier also durch die Abschreibungsmethoden. In jeder Periode ergibt sich in der HGB-
/IFRS-Bilanz ein Mehrvermögen im Vergleich zur Steuerbilanz. Dieses wird handels-
rechtlich und im IFRS-Abschluss bereits mit 30 % versteuert, so dass nach § 274 HGB/
IAS 12 passive latente Steuern zu bilden sind. Ab dem Jahr x12 mindert sich das
Mehrvermögen, so dass die tatsächliche Steuerwirkung eintritt. Die passiven Steuerla-
tenzen sind allmählich aufzulösen, es werden (latente) Steuererträge gebucht.

47
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-8: Ansatz latenter Steuern (in €), Lösung
Restbuchwert Mehrvermögen Passive St.Aufwand(+)
Jahr
Steuerbilanz HGB/IFRS HGB/IFRS Lat.St. St.Ertrag(-)
x9 2.283.750 2.446.875 163.125 48.938 48.938
x10 1.712.812 2.120.625 407.813 122.344 73.406
x11 1.284.609 1.794.375 509.766 152.930 30.586
x12 963.457 1.468.125 504.668 151.400 -1.529
x13 722.593 1.141.875 419.282 125.785 -25.616
x14 516.138 815.625 299.487 89.846 -35.939
x15 309.683 489.375 179.692 53.908 -35.939
x16 103.228 163.125 59.897 17.969 -35.939
x17 0 0 0 0 -17.969

Literaturempfehlungen: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 10. Aufl. 2009, S. 248 - 268 und S.


292-294; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21.
Aufl., Stuttgart 2009, S. 154 - 160; Tanski, Sachanlagen nach IFRS, München 2005, S. 55-
85.

2.2.4 Qualifizierte Vermögenswerte: Aktivierung von


Fremdkapitalkosten – BauGut AG
Rechtsquellen: IAS 16, IAS 23

Lernziele: Bewertung von qualifizierten Vermögenswerten, Aktivierung von Zinskos-


ten

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die BauGut AG, ein Immobilienunternehmen aus dem Rheinland, beauftragt einen
Generalunternehmer (mit dem man schon seit vielen Jahren vertrauensvoll zusam-
menarbeitet) für einen Festpreis von 1,9 Mio. € mit dem Bau eines neuen Bürogebäu-
des zur Selbstnutzung durch die BauGut AG. Der erste Spatenstich ist für Februar x3
geplant, und der Bau wird in etwa eineinhalb Jahre in Anspruch nehmen. Bereits vor-
her, im Oktober x2, nimmt die BauGut AG zur Finanzierung des Vorhabens einen Kre-
dit i.H.v. 2 Mio. € auf, rückzahlbar nach 2 Jahren, mit einer Verzinsung von 4 % p.a.
Das Management entschied sich für eine frühe Kreditaufnahme, da bereits im Oktober
x2 Zahlungen für die Baugenehmigung und Architekturleistungen i.H.v. 100.000 € fäl-
lig werden und man außerdem am Bilanzstichtag Liquidität zeigen will. Bei Baube-

48
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
ginn im Februar x3 sind die 1,9 Mio. € an den Generalunternehmer zu zahlen. In der
Zwischenzeit wird das Geld vom Treasury der BauGut angelegt und mit 3 % p.a. ver-
zinst.

Aufgabenstellung

a) Definieren Sie den Begriff „qualifizierter Vermögenswert“ und geben Sie an, ab
wann welche Fremdkapitalkosten für diese Vermögenswerte zu aktivieren sind.
Liegt im vorliegenden Sachverhalt ein qualifizierter Vermögenswert vor?

b) Der Bau des Bürogebäudes beginnt wie geplant im Februar x3, so dass die Zah-
lung von 1,9 Mio. € an den Generalunternehmer erfolgt. Auch der Fertigstel-
lungszeitpunkt wurde von der Projektplanung sehr zutreffend vorausgesagt:
Nach 19 Monaten, im August x4, wird der letzte Deckenstrahler montiert; das
Gebäude ist bezugsfähig. Sind in den Jahren x2 bis x4 Fremdkapitalkosten zu ak-
tivieren? Falls ja, in welcher Höhe?

c) Im April x3 erwirbt die BauGut AG je einen neuen Kompaktlader und –bagger


für insgesamt 200.000 €. Hierfür wurde ebenfalls ein Kredit in voller Höhe aufge-
nommen, rückzahlbar in einem Jahr, verzinst mit 3,75 % p.a. Lader und Bagger
sollen (zunächst) im Rahmen des Baus des Verwaltungsgebäudes genutzt wer-
den. Müssen oder können die Fremdkapitalkosten für den Kredit aktiviert wer-
den?

Lösung

a) Qualifizierte Vermögenswerte und Aktivierungsvoraussetzungen von Fremd-


kapitalkosten

Ein qualifying asset oder qualifizierter Vermögenswert ist gem. IAS 23.5 ein Vermö-
genswert, für den ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist, um ihn in seinen beab-
sichtigten gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zustand zu versetzen. Typischerweise
können unter diese Definition z.B. Gebäude und sonstige Sachanlagen fallen, die gem.
IAS 16 bilanziert werden. Auf die Aktivierung von Fremdkapitalkosten bei der Her-
stellung von Vorräten in Massenfertigung (z.B. Käse, Wein, 12jähriger Whisky) kann
aus Vereinfachungsgründen explizit verzichtet werden.

Was ein beträchtlicher Zeitraum ist, wird durch den Standard allerdings nicht defi-
niert. Auch in der Literatur geht man davon aus, dass eine Standardisierung weder
gewollt noch praktikabel sei (vgl. Tanski, Sachanlagen nach IFRS, 2005, S. 40). Ein be-
trächtlicher Zeitraum ist also unternehmensindividuell festzulegen.

Grundsätzlich besteht für qualifizierte Vermögenswerte ein Aktivierungsgebot für


Fremdkapitalkosten. Für die Aktivierung kommen nur solche Fremdkapitalkosten in
Betracht, die vermieden worden wären, wenn der qualifizierte Vermögenswert nicht
angeschafft oder hergestellt worden wäre (IAS 23.10). Zu den Fremdkapitalkosten zäh-

49
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
len allerdings nicht nur Zinsen von speziell für diesen Vermögenswert aufgenomme-
nen Krediten, sondern z.B. auch im Zusammenhang mit der Fremdkapitalaufnahme
stehende Nebenkosten wie Vermittlungs- oder Ratingkosten sowie gewogene Durch-
schnittskosten für allgemeines Fremdkapital, das nicht speziell aufgenommen worden
ist. Anlageerträge aus einer möglichen Zwischenanlage der aufgenommenen Mittel
sind von den aktivierungsfähigen Fremdkapitalkosten abzuziehen.

Fremdkapitalkosten sind ab dem Zeitpunkt zu aktivieren, ab dem kumulativ folgende


Bedingungen erfüllt sind (IAS 23.17):

„ Es sind Ausgaben zur Anschaffung oder Herstellung des qualifizierten Vermö-


genswertes angefallen;

„ Fremdkapitalkosten sind angefallen; und

„ die erforderlichen Arbeiten, um den Vermögenswert in seinen für den Gebrauch


oder Verkauf bestimmten Zustand zu versetzen, haben begonnen.

Die Aktivierung von Fremdkapitalkosten endet, wenn der Vermögenswert in den für
den Gebrauch oder Verkauf bestimmten Zustand versetzt wurde (IAS 23.22).

Handelt es sich nicht um einen qualifizierten Vermögenswert, sind Fremdkapitalkos-


ten in der Periode ihres Entstehens als Aufwand zu erfassen.

Im vorliegenden Fall ist bei einer Bauphase von 19 Monaten von einem beträchtlichen
Zeitraum auszugehen; es handelt sich bei dem Bürogebäude um einen qualifizierten
Vermögenswert. Demnach sind aktivierungsfähige Fremdkapitalkosten anzusetzen.

b) Berechnung der aktivierungspflichtigen Fremdkapitalkosten


In x2 wurde noch nicht mit dem eigentlichen Bau begonnen. Allerdings

„ sind Ausgaben zur Herstellung des qualifizierten Vermögenswertes angefallen


(die Baugenehmigung und der Architekt müssen bezahlt werden);

„ sind Fremdkapitalkosten angefallen (Zinsaufwand für die Monate Oktober bis


Dezember); und

„ wurde mit den Aktivitäten begonnen, um den Vermögenswert in seinen betriebs-


fähigen Zustand zu versetzen (ohne Baugenehmigung und Architekt kein Bau).

Grundsätzlich ist der angefallene Zinsaufwand also als Fremdkapitalkosten zu akti-


vieren. Allerdings werden die zunächst nicht benötigten 1,9 Mio € bis zum Baubeginn
im Februar x3 angelegt. Die entsprechenden Zinserträge sind von den Fremdkapital-
kosten abzuziehen. Das betrifft die Monate Oktober bis Dezember in x2 und Januar in x3.

Das Darlehen läuft insgesamt zwei Jahre, bis einschließlich September x4. Bereits einen
Monat zuvor, im August x4, wurde das Gebäude jedoch bereits in seinen betriebsbe-
reiten Zustand versetzt. Zu diesem Zeitpunkt endet auch die Aktivierungsfähigkeit

50
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
der Fremdkapitalkosten. Der Zinsaufwand ist nur noch anteilig bis einschließlich Au-
gust zu berücksichtigen.

Für die Jahre x2-x4 ergeben sich folgende Berechnungen:

Tabelle 2-9: Berrechnung aktivierungspflichte FK-Kosten (in €), Lösung


Jahr x2 Berechnung Betrag
Zinsaufwand 2 Mio € * 4 % * 3/12 = 20.000 €
./. Zinsertrag 1,9 Mio. € * 3% * 3/12 = 14.250 €
aktivierungspflichtige FK-Kosten 5.750 €
Jahr x3
Zinsaufwand 2 Mio. € * 4 % = 80.000 €
./. Zinsertrag 1,9 Mio € * 3 % * 1/12 = 4.750 €
aktivierungspflichtige FK-Kosten 75.250 €
Jahr x4
Zinsaufwand 2 Mio € * 4 % * 8/12 = 53.333 €
aktivierungspflichtige FK-Kosten 53.333 €
gesamte aktivierungspflichtige FK-Kosten 131.333 €

c) Abgrenzung zu nicht aktivierungsfähigen Fremdkapitalkosten


Auch wenn Bagger und Lader (zunächst) für den Bau des Bürogebäudes genutzt wer-
den, handelt es sich um eigenständige Vermögenswerte, die unabhängig vom Büroge-
bäude angesetzt werden. Die anfallenden Fremdkapitalkosten können demnach nicht
zu dem Bürogebäude hinzugerechnet werden. Ferner sind Bagger und Lader selbst
keine qualifizierten Vermögenswerte, da sie sich bereits bei Anschaffung in einem be-
triebsbereiten Zustand befinden. Die Fremdkapitalkosten sind in voller Höhe ergeb-
niswirksam zu erfassen.

2.2.5 Komponentenansatz – Tagebau AG


Rechtsquellen: IAS 16, IDW RH HFA 1.016

Lernziele: Aufteilung von Sachanlagen: einheitlicher Nutzungs- und Funktionszu-


sammenhang versus Komponentenansatz; Generalüberholungen; Ersatzmaßnahmen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Der frischgebackene Dipl.-Kfm. Timo Tiefschürf ist in x1 neuer Mitarbeiter der Tage-
bau AG, ein auf die Förderung von Braunkohle spezialisiertes Unternehmen. An seinem

51
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
zweiten Arbeitstag kommt es zu einem Gespräch mit seinem Abteilungsleiter Dr.
Drechsler.

„Sie wissen ja, Herr Tiefschürf, dass wir Sie vor allem wegen Ihrer profunden IFRS-
Kenntnisse eingestellt haben. Schließlich sollen Sie unsere Überlegungen, künftig evtl.
nach IFRS zu bilanzieren, auf eine fundierte Grundlage stellen. Hier stellt sich nun fol-
gendes Problem: Wir haben zu Jahresbeginn (Januar) einen neuen Schaufelradbagger
für 20.000 T€ angeschafft. Die Nutzungsdauer des Baggers beträgt bei gleichmäßiger
Beanspruchung tatsächlich 20 Jahre unter der Voraussetzung, dass wir alle vier Jahre
eine umfangreiche Generalüberholung durchführen. Außerdem sind erfahrungsge-
mäß die stark beanspruchten Kettenzüge und andere mechanischen Teile nach etwa
der Hälfte der Nutzungsdauer auszutauschen. Auf Basis derzeitiger Preisverhältnisse
– gehen Sie aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass diese auch künftig konstant
bleiben - würde eine Generalüberholung etwa 400 T€ und die Ersatzmaßnahme ca.
3.000 T€ kosten. Können Sie mir bis morgen Mittag in einer Tischvorlage die IFRS-
Bilanzierung dieses Sachverhalts im Vergleich zum HGB skizzieren? Auf latente Steu-
ern brauchen Sie nicht einzugehen.“

Timo Tiefschürf, der im Hinblick auf seine IFRS-Kenntnisse bei der Einstellung wohl
etwas geflunkert hat, ist mit der Aufgabe völlig überfordert. Helfen Sie ihm!

Aufgabenstellung

a) Gibt es Unterschiede im Hinblick auf die Kriterien der Abgrenzung von Sachan-
lagen zueinander im HGB- und IFRS-Abschluss?

b) Zeigen Sie, wie der Sachverhalt im IFRS-Abschluss abzubilden ist. Verdeutlichen


Sie Ihre Lösung bei der Einbuchung durch die Angabe von Buchungssätzen. Be-
rechnen Sie die Buchwerte und Aufwendungen in den Folgeperioden.

c) Skizzieren Sie, wie der Sachverhalt im HGB-Abschluss abgebildet wird. Gibt es


bilanzpolitische Wahlrechte?

Lösung

a) Abgrenzung von Sachanlagen: HGB im Vergleich zu IFRS


Der Einzelbewertungsgrundsatz fordert im HGB-Abschluss die Einzelbewertung von
Vermögensgegenständen und Schulden (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Daher müssen Ver-
mögensgegenstände und damit auch Sachanlagen einzeln identifiziert werden, sofern
nicht Durchbrechungen dieses Grundsatzes ausdrücklich zulässig (z.B. Vorräte, § 256
HGB) oder pragmatisch zwingend sind (z.B. Pauschalwertberichtigungen bei Forde-
rungen).

Sachanlagen untereinander sind in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des


BFH handelsrechtlich nach ihrer Funktion abzugrenzen (einheitlicher Nutzungs- und

52
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Funktionszusammenhang, siehe Kozikowski/Roscher/Schramm in Beck’scher Bilanz-
Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 253 HGB, Rz. 413). Danach ist es zulässig, Großanlagen,
die aus einer Vielzahl einzelner Vermögensgegenstände bestehen (z.B. Abfüllanlage),
als einen Vermögensgegenstand zu bewerten.

Die IFRS enthalten demgegenüber keinen ausdrücklichen und standardübergreifen-


den Einzelbewertungsgrundsatz. Gleichwohl ist nach h.M. von Einzelbewertung aus-
zugehen, sofern in den Standards keine Ausnahmen explizit vorgesehen sind.

Einen gewissermaßen auf die Spitze getriebenen Einzelbewertungsgrundsatz enthält


IAS 16: Sachanlagen und Sachgesamtheiten sollen

„ nach den Nutzungsdauern und/oder

„ nach der Art der Abnutzung

ihrer jeweiligen Teile und Komponenten voneinander abgegrenzt werden (component


approach, Komponentenansatz). Damit soll offensichtlich eine präzisere, den tatsächli-
chen Verhältnissen besser entsprechende Aufwandsverteilung erreicht werden. Inso-
weit spielt in den IFRS das Kriterium des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszu-
sammenhangs keine praxisrelevante Rolle.

Wie tief Sachanlagen nach IAS 16 zerlegt werden sollen, wird der kaufmännischen
Beurteilungsfähigkeit überlassen (IAS 16.9). Ausdrücklich gehören nicht nur physi-
sche Ersatzmaßnahmen, sondern auch Ausgaben für künftige Generalüberholungen
zum Komponentenansatz (IAS 16.14).

Der Komponentenansatz in den IFRS und die Abschaffung der Aufwandsrückstellun-


gen nach § 249 Abs. 2 HGB a.F. durch BilMoG haben das IDW veranlasst die Frage
aufzuwerfen, ob auch nach HGB eine Abschreibung abnutzbarer Sachanlagen kompo-
nentenweise vorgenommen werden dürfe (IDW RH HFA 1.016). Das IDW bejaht die
Frage und sieht weder einen Verstoß gegen den Einzelbewertungsgrundsatz noch ge-
gen das Konzept des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs. Be-
schränkt auf physische Ersatzmaßnahmen wird der Komponentenansatz handels-
rechtlich als Wahlrecht zugelassen (s. Antwort zu c)).

b) Bilanzierung nach IFRS


Bei Zugang des Schaufelradbaggers ist zu prüfen, ob dieser wesentliche Komponenten
enthält, die sich im Hinblick auf Nutzungsdauern und/oder Art der Abnutzung unter-
scheiden. Die Art der Abnutzung ist für alle Teile gleich, da gleichmäßige Beanspru-
chung erwartet wird. Infolge dessen sind auch alle Teile linear abzuschreiben. Aller-
dings unterscheiden sich die Nutzungsdauern der Generalüberholung und der me-
chanischen Teile vom Rest des Baggers, der hier „Karosse“ genannt werden soll. Damit
ist der Schaufelradbagger bei Zugang buchhalterisch wie folgt zu zerlegen:

53
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Konto € Konto €
Schaufelradbagger 20.000 an Verbindlichkeit 20.000

Generalüberholung 400 an Schaufelradbagger 400

Mechanische Teile 3.000 an Schaufelradbagger 3.000

Karosse 16.600 an Schaufelradbagger 16.600

Die Zerlegung ermöglicht es nun, die drei Elemente „Generalüberholung“, „Mechani-


sche Teile“ und „Karosse“ jeweils gesondert abzuschreiben. Am Ende jeden Jahres
werden diese drei Elemente wieder zum „Schaufelradbagger“ verdichtet. Es ist leicht
zu sehen, dass der Buchungsstoff in der Anlagenbuchhaltung im Vergleich zur her-
kömmlichen HGB-Auffassung stark zunimmt.

Die Komponente „Generalüberholung“ wird in den nächsten vier Jahren linear abge-
schrieben. Die Aufwandswirkung dieser Komponente entspricht damit der Aufwands-
rückstellung nach § 249 Abs. 2 HGB a.F., die jedoch nach BilMoG nicht mehr möglich
ist. Wenn nach vier Jahren – im Januar x5 - die Generalüberholung durchgeführt wird,
sind die dafür anfallenden Aufwendungen, hier annahmegemäß 400 T€, zu aktivieren
und erneut bis zur nächsten erwarteten Generalüberholung abzuschreiben; dann wie-
derholt sich der Vorgang alle vier Jahre. Dass es sich aus Sicht der IFRS tatsächlich um
eine Komponente eines Vermögenswert handelt, ist offensichtlich: Erst nach durchge-
führter Generalüberholung fließt dem Unternehmen erwarteter Nutzen zu; bei Erwerb
des Baggers ist dieser erwartete Nutzenzufluss praktisch vom Hersteller erworben
worden.

Die mechanischen Teile müssen über 10 Jahre linear abgeschrieben werden. Auch hier
gilt: Werden die Teile im Januar x11 ersetzt, sind die dafür anfallenden Aufwendungen
von annahmegemäß 3.000 T€ zu aktivieren.

Schließlich ist die Karosse über 20 Jahre linear abzuschreiben.

54
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Für die Folgejahre ergeben sich somit folgende Bilanzansätze:

Tabelle 2-10: Berechnung Buchwerte und Abschreibungen (in €), Komponentenansatz


(IFRS), Lösung
Bilanzansatz Abschreibungen
Mech. General- Mech. General-
Karosse Teile überhol Gesamt Karosse Teile überhol Gesamt
Januar x1 16.600 3.000 400 20.000
31.12.x1 15.770 2.700 300 18.770 830 300 100 1.230
31.12.x2 14.940 2.400 200 17.540 830 300 100 1.230
31.12.x3 14.110 2.100 100 16.310 830 300 100 1.230
31.12.x4 13.280 1.800 0 15.080 830 300 100 1.230
31.12.x5 12.450 1.500 300 14.250 830 300 100 1.230
… … … … … … … … …
31.12.x10 8.300 0 200 8.500 830 300 100 1.230
31.12.x11 7470 2.700 100 10.270 830 300 100 1.230
… … … … … … … … …
31.12.x20 0 0 0 0 830 300 100 1.230
24.600

c) Bilanzierung nach HGB


Herkömmliche Auffassung: Der Schaufelradbagger ist über seine Nutzungsdauer
planmäßig und aufgrund der gleichmäßige Beanspruchung linear abzuschreiben. So-
wohl die späteren Generalüberholungen als auch der Ersatz der mechanischen Teile
stellen Erhaltungsaufwand dar. Eine Aufwandsglättung ist in diesem Fall nicht mög-
lich: Jedes Geschäftsjahr einer Generalüberholung (exemplarisch: x5) wird mit 400 T€
und das Jahr x11 zum Ersatz der mechanischen Teile mit 3.000 T€ belastet.

55
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Damit ergibt sich folgender Abschreibungs- und Erhaltungsaufwand:

Tabelle 2-11: Berechnung Buchwerte und Abschreibungen (in €), HGB, Lösung

Bilanzansatz Aufwendungen
Abschr. Bag- Ersatz General-
Bagger Gesamt ger Mech. Teile überhol Gesamt

Januar x1 20.000 20.000


31.12.x1 19.000 19.000 1.000 1.000
31.12.x2 18.000 18.000 1.000 1.000
31.12.x3 17.000 17.000 1.000 1.000
31.12.x4 16.000 16.000 1.000 1.000
31.12.x5 15.000 15.000 1.000 400 1.400
… … … … … … …
31.12.x10 10.000 10.000 1.000 3.000 4.000
31.12.x11 9.000 9.000 1.000 1.000
… … … … … … …
31.12.x20 0 0 1.000 1.000
24.600

Nach Auffassung des IDW (s. Antwort zu a)) besteht jedoch auch ein Wahlrecht zur
Nutzung des Komponentenansatzes.

Die Kosten für den Ersatz einer Teilkomponente (hier die mechanischen Teile) wären
hiernach nicht mehr als Erhaltungsaufwand, sondern als nachträgliche Anschaffungs-
oder Herstellungskosten zu erfassen und komponentenweise abzuschreiben. Eine Se-
parierung von regelmäßigen Großreparaturen oder Inspektionen ist jedoch wegen feh-
lender physischer Substanz ausdrücklich nicht möglich.

56
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Nach dem Komponentenansatz im HGB-Abschluss ergäbe sich folgender Verlauf:

Tabelle 2-12: Berechnung Buchwerte und Abschreibungen (in €), Komponentenansatz


(HGB), Lösung
Bilanzansatz Aufwendungen
Mech. Abschr.Ka Abschr. General-
Karosse Teile Gesamt rosse Mech. T. überhol Gesamt
Januar x1 17.000 3.000 20.000
31.12.x1 16.150 2.700 18.850 850 300 1.150
31.12.x2 15.300 2.400 17.700 850 300 1.150
31.12.x3 14.450 2.100 16.550 850 300 1.150
31.12.x4 13.600 1.800 15.400 850 300 1.150
31.12.x5 12.750 1.500 14.250 850 300 400 1.550
… … … … … … … …
31.12.x10 8.500 0 8.500 850 300 1.150
31.12.x11 7.650 2.700 10.350 850 300 1.150
… … … … … … … …
31.12.x20 0 0 0 850 300 1.150
24.600

2.2.6 Anlageimmobilien: Abgrenzung zu Sachanlagen und


Vorräten – Hostel AG
Rechtsquellen: IAS 2, IAS 16, IAS 40

Lernziele: Begriff der Anlageimmobilie; Abgrenzung zu eigentümergenutzten Immo-


bilien; Bilanzierung bei Nutzungsänderungen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Sie sollen als neuer Mitarbeiter der auf Immobiliengeschäfte spezialisierten Hostel AG,
Frankfurt, für die zutreffende bilanzielle Abbildung folgender Sachverhalte im IFRS-
Abschluss x1 sorgen:

(1) Kürzlich hat die Hostel AG vom Land Hessen 8.000 Wohnungen erworben. Im
Kaufvertrag wurde festgelegt, dass die Hostel AG die Immobilien über einen Zeitraum
von 8 Jahren nicht weiterverkaufen darf.

57
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(2) Die Hostel AG ist Eigentümerin des Hotels „Alpenblick“ in Zell am See. Das Hotel
ist an einen Betreiber verpachtet, der das operative Geschäft selbständig durchführt.
Der zu zahlende Pachtzins ist abhängig von der Hotelauslastung.

(3) Für den Fußballverein Kickers Offenbach hat die Hostel AG bereits begonnen, ein
neues Stadion als Ersatz für das marode Stadion am Bieberer Berg zu bauen. Die ge-
schätzten Baukosten betragen 35 Mio. €. Nach Fertigstellung in x3 wird das Stadion
von der Hostel AG betrieben und langfristig an den Verein zu festen Konditionen
vermietet, wobei freilich beidseitig gekündigt werden kann. Auf Basis der Mietver-
tragskonditionen beträgt der Fair Value des neuen Stadions bei Fertigstellung
40 Mio. €.

(4) Die Firma errichtet derzeit für sich ein neues Verwaltungsgebäude am Frankfurter
Flughafen. Eine Etage des im Bankenviertel gelegenen und gut erhaltenen alten
Gebäudes - Buchwert 1 Mio. € - soll dann noch weiter selbst genutzt, die vier anderen
Etagen dagegen an die Knechtbank vermietet werden. Von einer technisch möglichen
Veräußerung der vier Etagen wurde abgesehen, weil die jährlich erwarteten
Nettokaltmieten von 400 T€ über einen Planungshorizont von 12 Jahren gut in die
Unternehmensplanung passen. Der Barwert künftiger Mieteinnahmen wird derzeit
mit einem risikoadjustierten Zinssatz von 8 % p.a. kalkuliert.

Aufgabenstellung

a) Skizzieren Sie kurz den Regelungsgegenstand von IAS 40 einschließlich der dort
genannten Bilanzierungsmethoden. Was könnte der Grund für die Einführung
eines Bewertungswahlrechts gewesen sein?

b) Nach welchen Standards sind die Immobilien jeweils zu bilanzieren? Zeigen Sie
in den Sachverhalten (3) und (4) auch die möglichen zahlenmäßigen Konsequen-
zen.

c) Was ist der Unterschied zwischen dem Bewertungswahlrecht nach IAS 40 und
dem Bewertungswahlrecht nach IAS 16?

Lösung

a) Regelungsgegenstand und Bilanzierungsmethoden des IAS 40


Immobilien (Grund und Boden, Gebäude oder Gebäudeteile), die zum Zweck der Er-
zielung von Miet- und Pachteinnahmen oder zur Wertsteigerung gehalten werden, un-
terliegen als „als Finanzinvestition gehaltene Immobilien“ (investment property) dem
Regelungsgegenstand des IAS 40; wir verwenden hier die auch in der Praxis häufig
benutzte Bezeichnung Anlageimmobilien.

58
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
Für Anlageimmobilien besteht ein Bewertungswahlrecht (IAS 40.30): Es kann einheit-
lich für alle Anlageimmobilien gewählt werden zwischen der

„ erfolgswirksamen Fair Value Bewertung nach IAS 40 (fair value model) und einer

„ Bilanzierung zu fortgeführten Kosten nach IAS 16 (cost model).

Bei der erfolgswirksamen Fair Value Bewertung ist in jedem Jahr die Immobilie zum
Fair Value anzusetzen. Die jeweilige Gegenbuchung vollzieht sich in der Gewinn- und
Verlustrechnung, hat also unmittelbare Konsequenzen für das Jahresergebnis. Dafür
entfällt (bei Gebäuden) die planmäßige Abschreibung.

Bei Wahl der Bilanzierung der Anlageimmobilien zu fortgeführten Kosten ist gleich-
wohl der Fair Value der Immobilien zu ermitteln. Er ist dann im Anhang anzugeben
(IAS 40.79e).

Mit IAS 40 kommt die Absicht des IASB zum Ausdruck, den erstmals bei Finanzin-
strumenten eingeschlagenen Weg einer erfolgswirksamen Zeitwertbilanzierung fort-
zusetzen und auf andere Vermögenswerte auszudehnen (IAS 40.B47). Wegen erhebli-
cher Vorbehalte der Bilanzierungspraxis gegen eine ausschließlich erfolgswirksame
Zeitwertbilanzierung hat sich der IASB für die Einführung des oben genannten Wahl-
rechts entschieden.

b) Klassifikation von Immobilien


(1) Die Wohnimmobilien liegen im wirtschaftlichen Eigentum der Hostel AG. Weder
sind die Immobilien zum Verkauf im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit vorge-
sehen, noch werden sie für eigene Verwaltungszwecke genutzt. Es handelt sich um
Anlageimmobilien i.S.v. IAS 40.

(2) Die Hostel AG erzielt aus der Verpachtung des Hotels „Alpenblick“ Pachteinnah-
men. Das deutet auf eine Anlageimmobilie hin. Auf der anderen Seite ist der Pachtzins
von der Auslastung des Hotels abhängig. Damit nimmt die Hostel AG im Hinblick auf
die zu erzielenden Cashflows keine passive Vermieterrolle ein, sondern trägt das
Betreiberrisiko ganz so, als hätte sie einen angestellten Manager, der das Hotelgeschäft
führt (IAS 40.12 f.). Daher ist das Alpenblick keine Anlageimmobilie, sondern unter-
liegt als eigentümergenutzte Immobilie den Regelungen des IAS 16.

(3) Das neue Stadion unterliegt als Anlageimmobilie in Bau den Bestimmungen des
IAS 40 (IAS 40.8e). Auch die Bewertung von Anlageimmobilien in Bau hängt von der
Ausübung des Bewertungswahlrechts seitens des Unternehmens ab:

1. Die Hostel AG wendet für Anlageimmobilien das fair value model an:

Die Fair Value Bewertung gilt auch für das im Bau befindliche Stadion. Dabei hat der
Fair Value die Anlageimmobilie in ihrem gegenwärtigen Zustand zu reflektieren
(Stichtagswert), die noch künftigen Investitionen bis zur Fertigstellung bleiben unbe-
rücksichtigt (Theile in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 1445). Insoweit

59
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
dürfte sich der Fair Value von Anlageimmobilien in Bau regelmäßig (nur) als aktueller
Tauschpreis bestimmen lassen; die Verwendung von Cashflow-Prognosen bei einem
Gegenstand, der noch nicht fertig gestellt ist, scheidet u.E. aus. Sollte eine Fair Value
Schätzung während der Bauphase nicht möglich sein, sind bis zur Fertigstellung die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen (IAS 40.53 ff).

Bei Fertigstellung ist das neue Stadion zum Fair Value von 40 Mio € anzusetzen. Bei
vorheriger Bewertung zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten i.H.v. 35 Mio. € ist
die Differenz von 5 Mio. € als Ertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen
(IAS 40.65). Sollte selbst bei Fertigstellung der Fair Value einer Anlageimmobilie nicht
hinreichend sicher geschätzt werden können, bleibt es für diese eine Immobilie bei der
Bewertung nach der cost method (IAS 40.53), obgleich sämtliche anderen Anlageimmo-
bilien zum Fair Value bewertet werden.

2. Die Hostel AG wendet für Anlageimmobilien das cost model an:

Gemäß Baufortschritt sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Stadion
zu erfassen. Allerdings sind, falls möglich, auch für in Bau befindliche Immobilien die
Fair Values – sofern ermittelbar – analog zu den sonstigen Anlageimmobilien im An-
hang anzugeben. Die bis zur Fertigstellung aktivierten 35 Mio. € sind gem. IAS 16
planmäßig fortzuführen. Im Anhang muss die Hostel AG dann den Fair Value von 40
Mio. € angeben.

(4) Das neu zu errichtende Verwaltungsgebäude ist eine Anlage im Bau, die später
selbst genutzt werden soll. Es handelt sich daher um eine Immobilie im Anwendungs-
bereich des IAS 16.

Das alte Verwaltungsgebäude wird künftig gemischt genutzt, nämlich selbst (IAS 16)
und als Anlageimmobilie (IAS 40). Gemischt genutzte Immobilien sind nach dem Kri-
terium der Einzelveräußerbarkeit aufzuteilen in Anlageimmobilien und andere. Da
die Einzelveräußerbarkeit möglich ist, werden 4/5 des bisherigen Buchwerts, also 800
T€, den Anlageimmobilien zugeordnet. Wendet die Hostel AG das cost model an, wird
der Buchwert fortgeführt. Allerdings ist für die Anhangangabe der Fair Value zu er-
mitteln. Priorität besitzen hier aktuelle Tauschwerte vergleichbarer Immobilien, über
die jedoch keine Angaben vorliegen. Daher kommt als Näherungslösung die Verwen-
dung der DCF-Methode in Betracht. Nach den vorliegenden Angaben ist über die 400
T€ der Rentenbarwert unter Verwendung eines Zinssatzes von 8 % und bei einem
Zeithorizont von 12 Jahren zu ermitteln (= Faktor 7,5361); das ergibt gerundet 3 Mio. €.

Wendet die Hostel AG das fair value model an, sind die vier Etagen mit 3 Mio. € zu ak-
tivieren. Die Differenz zum bisherigen Buchwert beträgt 2,2 Mio. € und ist, anders als
beim Sachverhalt (3), erfolgsneutral in eine Neubewertungsrücklage einzustellen. Bei
späterem Abgang der Immobilie (Ausbuchung) ist die Neubewertungsrücklage er-
folgsneutral in die Gewinnrücklage umzubuchen (IAS 40.62bii, Umbuchungspflicht
im Gegensatz zum Wortlaut des analog anzuwendenden IAS 16.41, vgl. Theile in Heu-
ser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 1188 iVm Rz. 1464).

60
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.2
c) Unterschied zwischen den Bewertungswahlrechten des IAS 16 und des IAS 40
Die Neubewertungsmethode nach IAS 16 führt zur erfolgsneutralen Gegenbuchung
im Eigenkapital (Neubewertungsrücklage), während das fair value model nach IAS 40
erfolgswirksame Gegenbuchungen in der Gewinn- und Verlustrechnung vorsieht.
Bei außerplanmäßigen Abschreibungen ist bei Verwendung der Neubewertungsme-
thode nach IAS 16 die Wertminderung zunächst mit einer ggf. vorhandenen Neube-
wertungsrücklage zu verrechnen. Somit wird die Wertminderung nur dann erfolgs-
wirksam, wenn sie auch bei Verwendung des cost models nach IAS 16 erfolgswirksam
geworden wäre.

Die Neubewertungsmethode nach IAS 16 kann auf Gruppen des Sachanlagevermö-


gens angewendet werden. Dagegen ist die Wahl zwischen cost model und fair value mo-
del für alle Anlageimmobilien einheitlich zu bestimmen.

Beim fair value model des IAS 40 ist grundsätzlich zu jedem Abschlussstichtag der Fair
Value zu bestimmen. Dafür entfallen planmäßige Abschreibungen. Demgegenüber
braucht bei der Neubewertung nach IAS 16 der Fair Value nicht jedes Jahr neu ermit-
telt zu werden; eine Überprüfung in regelmäßigen Abständen (z.B. alle 3 bis 5 Jahre)
ist ausreichend. In der Zwischenzeit dienen planmäßige Abschreibungen auf den
Neubewertungsbetrag einer Annäherung an den jeweiligen Fair Value. Die planmäßi-
gen Abschreibungen werden jedoch (anders als der ursprüngliche Neubewertungsbe-
trag) erfolgswirksam erfasst, belasten also das Jahresergebnis und das Ergebnis je Aktie.
Das erklärt auch die geringe Verbreitung dieser Methode in der Praxis. Die Neubewer-
tungsrücklage ist in Höhe der jeweiligen zu den fortgeführten Anschaffungskosten er-
höhten Abschreibung anteilig realisiert und in die Gewinnrücklage umzubuchen.

Literaturempfehlungen: Böckem/Schurbohm-Ebneth, Klassifizierung von Immobilien, in


Weber/ Baumunk (Hrsg.), IFRS Immobilien, München 2005, S. 5-22; Pellens u.a., Inter-
nationale Rechnungslegung, 7. Aufl., Stuttgart 2008, S. 335 - 361; Theile in Heu-
ser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl., Köln 2009, Rz. 1400-1473.

61
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.3 Leasing
2.3.1 Klassifizierung von Leasingverhältnissen – Hanseatic
AG
Rechtsquellen: § 39 AO; BMF-Schreiben 19.04.1971, IV B/2 - S 2170 - 31/71; BMF-
Schreiben vom 22.12.1975 - IV B 2 - S 2170 - 161/75; IAS 17; SFAS 13

Lernziele: Bilanzielle Zurechnungskonzeptionen von HGB/ Steuerrecht einerseits und


IFRS andererseits; Erkennen von konzeptionellen Unterschieden; Erkennen von bi-
lanzpolitisch nutzbaren Ermessensspielräumen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die in Hamburg ansässige Linienreederei Hanseatic AG hat sich auf die Container-
schifffahrt zwischen Europa und Ostasien spezialisiert. Um vom steigenden Han-
delsaufkommen beider Regionen stärker zu profitieren, beabsichtigt der Vorstand der
Hanseatic AG ein zusätzliches Containerschiff auf der Linienverbindung „Shang-
hai/Rotterdam“ einzusetzen. Man beschließt das Schiff zu leasen und einigt sich mit
der Euro Lease AG, Düsseldorf, auf einen Leasingvertrag mit folgenden Konditionen:

Tabelle 2-13: Konditionen des Leasingvertrages über das Containerschiff


Parameter Ausprägungen
Anschaffungskosten/ Fair Value 42.000 T€
Grundmietzeit 15 Jahre
Verlängerungsoptionen keine
Kaufoption/ Andienungsrecht nicht vorgesehen
Leasingsrate p.a. (nachschüssig) 3.850 T€

Nach Ablauf der Grundmietzeit muss die Hanseatic AG das Containerschiff an die Eu-
ro Lease AG zurückgeben. Zum Rückgabezeitpunkt hat man sich auf einen vertraglich
fixierten Restwert von 12.500 T€ geeinigt. Die Euro Lease AG soll das Containerschiff
zu dann marktüblichen Bedingungen veräußern, wobei der realisierte Veräußerungs-
preis gegebenenfalls von der Hanseatic AG bis zur Höhe des fixierten Restwerts auf-
zustocken ist (Mindererlösbeteiligung). Ein etwaiger Mehrerlös soll demgegenüber zu
25 % der Euro Lease AG und zu 75 % der Hanseatic AG zufallen.

62
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Aufgabenstellung

a) Hat die Hanseatic AG das Schiff in ihrer Steuerbilanz anzusetzen? Die steuerliche
AfA-Tabelle gibt für Containerschiffe dieses Typs eine betriebsgewöhnliche Nut-
zungsdauer von 18 Jahren an.

b) Hat die Hanseatic AG das Schiff in ihrem IFRS-Abschluss anzusetzen? Unterstel-


len Sie, dass die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Containerschiffs 25 Jahre be-
trägt und der Grenzfremdkapitalzinssatz der Hanseatic AG auf 7 % lautet. Ferner
wird der realisierbare Erlös aus der Veräußerung des Containerschiffs in einer
Bandbreite von 12.000 T€ bis 16.000 T€ erwartet (Bandbreite möglicher Restwer-
te). Zur Auslegung unbestimmter IFRS-Vorgaben ziehen Sie die Regelungen des
SFAS 13 heran.

c) Nehmen Sie an, auch die Euro Lease AG (Leasinggeber) bilanziert nach IFRS. Zu
welcher Zuordnung kommt diese Gesellschaft? Auch hier sind unbestimmte
Rechtsbegriffe durch die Vorgaben von SFAS 13 auszufüllen. Gehen Sie bei Ihren
Überlegungen davon aus, dass keine Initialkosten (initial direct costs) zur Anbah-
nung des Leasinggeschäfts angefallen sind und dass auch die Euro Lease AG eine
25-jährige wirtschaftliche Nutzungsdauer für das Schiff unterstellt. Schließlich
wird ebenfalls ein Verkaufserlös zwischen 12.000 T€ und 16.000 T€ erwartet, wo-
bei der Erwartungswert 14.000 T€ beträgt (siehe Tabelle 2-10).

Tabelle 2-14: Erwartungswert für den Veräußerungserlös nach 15 Jahren


Erwarteter Veräußerungserlös/ Eintrittswahr- Gewichteter Erlös/
erwarteter Restwert scheinlichkeit Erwartungswert
12.000 T€ 0,05 600 T€
13.000 T€ 0,30 3.900 T€
14.000 T€ 0,35 4.900 T€
15.000 T€ 0,20 3.000 T€
16.000 T€ 0,10 1.600 T€
Summe 1,00 14.000 T€

Lösung

a) Bilanzielle Zurechnung des Containerschiffs in der Steuerbilanz


Steuerrechtlich (§ 39 Abs. 1 AO) sind Wirtschaftsgüter – z.B. ein Containerschiff – dem
Eigentümer (gemeint ist der „zivilrechtliche“ Eigentümer) zuzurechnen – aber nur
dann, sofern dieser die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut ausübt. Übt
nämlich ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirt-
schaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche

63
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen
kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 AO). Dieser andere ist
dann zwar nicht „zivilrechtlicher“, jedoch „wirtschaftlicher“ Eigentümer. Das abstrak-
te Kriterium „wirtschaftliche Einwirkung“ bedeutet dabei schlicht: Wer trägt Sub-
stanzrisiken und -chancen, wer trägt (dauerhaft) Aufwendungen und Erträge aus der
Nutzung des Wirtschaftsguts? An dieser steuerrechtlichen Abgrenzung des wirtschaft-
lichen Eigentums orientiert sich auch das Handelsrecht, und zwar unverändert auch
nach BilMoG (vgl. statt vieler Noodt in Haufe HGB-Kommentar, 2009, § 246 HGB, Rz.
36f.). Maßgeblich für die bilanzielle Objektzurechnung ist daher sowohl in der Han-
dels- als auch in der Steuerbilanz einzig das wirtschaftliche Eigentum.

Zur weiteren Objektivierung der Zuordnung dienen nach wie vor die bereits in den
frühen siebziger Jahren von der Finanzverwaltung im Anschluss an BFH-Urteile erlas-
senen Abgrenzungskriterien, die in den sog. Leasingerlassen enthalten sind. Bei Mobi-
lien-Leasingverträgen erfolgt die Zurechnung des Wirtschaftsguts zum Leasingneh-
mer stets dann, wenn die unkündbare Grundmietzeit weniger als 40 % oder mehr als
90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer umfasst (erster Prüfschritt gem. BMF-
Schreiben 19.04.1971). Liegt die unkündbare Grundmietzeit jedoch innerhalb dieses In-
tervalls, kommt es – soweit keine Verlängerungs- oder Kaufoption vorgesehen ist – auf
die weiteren Kriterien des sog. Teilamortisationserlasses für Mobilien (BMF-
Schreiben vom 22.12.1975) an.

Da die vereinbarte unkündbare Grundmietzeit (15 Jahre) 83,33 % der steuerlichen be-
triebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (18 Jahre) umfasst und keine Optionsrechte ver-
einbart wurden, ist eine eindeutige Aussage über die bilanzielle Zurechnung nach
BMF-Schreiben 19.04.1971 nicht möglich. Daher ist in einem zweiten Schritt nach dem
Teilamortisationserlass zu prüfen, welcher Vertragspartei im Wesentlichen Chancen
und Risiken aus der Abschlussverwertung des Leasingobjekts zugeordnet werden
können. Zu bilanzieren hat, wer an einem gestiegenen Restwert partizipiert (Wertstei-
gerungschance) und das Risiko eines verminderten Restwerts (Wertminderungs-
risiko) trägt. Der Umstand, dass sich der Leasingnehmer während der unkündbaren
Grundmietzeit den Ertrag aus der Nutzung des Leasingobjekts sichert, reicht für eine
Objektzurechnung zum Leasingnehmer allein nicht aus. Um in eine mit dem juristi-
schen Eigentümer vergleichbare Position zu gelangen, müssen dem Leasingnehmer
folglich auch wesentliche Chancen und Risiken aus einem sich ändernden Substanz-
wert zuzurechnen sein. Nur dann wäre der Leasinggeber nach Auffassung der Fi-
nanzverwaltung dauerhaft von Ertrag und Substanz des Leasingobjekts ausgeschlos-
sen.

Für die Zwecke dieser Prüfung werden im Teilamortisationserlass drei Vertragsgestal-


tungen unterschieden. Ihnen gemeinsam ist, dass das Wertminderungsrisiko stets
vollumfänglich beim Leasingnehmer liegt. Einzig zu prüfen ist folglich, wem zum En-
de der unkündbaren Grundmietzeit die Wertsteigerungschance zuzuordnen ist. Diese
Partei ist wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingobjekts, und ihr ist das Leasingobjekt
bilanziell zuzurechnen.

64
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Von den im Erlass aufgeführten Vertragsmodellen sind im vorliegenden Fall die Re-
geln zum Teilamortisationsvertrag mit Mehrerlösbeteiligung zu beachten. Hiernach
scheidet eine Objektzurechnung zum Leasingnehmer dann aus, wenn der Leasing-
geber zu mindestens einem Viertel an einem gestiegenen Restwert beteiligt ist. Die ihm
in diesen Fällen zustehende Wertsteigerungschance ist dann gerade noch so gehaltvoll,
dass eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Leasingnehmer negiert
wird; auf die Signifikanz des Restwerts kommt es im Übrigen nicht an.

Laut Sachverhalt partizipiert die Euro Lease AG zu einem Viertel an einem etwaigen
Mehrerlös. Daher hat sie das Containerschiff sowohl in ihrer Handels- als auch in ihrer
Steuerbilanz aufzunehmen. Die Hanseatic AG erwirbt dagegen kein wirtschaftliches
Eigentum am Containerschiff..

b) Objektzuordnung im IFRS-Abschluss des Leasingnehmers?


Auch nach IFRS ist das wirtschaftliche Eigentum entscheidend für den Bilanzansatz
(control, F.49a und F.57; siehe auch Lösung zu 2.1.1 a)). Nach welchen Kriterien aber
der wirtschaftliche Eigentümer zu identifizieren ist, weicht von den steuerrechtlichen
Vorgaben ab. Folglich können bilanzielle Zurechnungsentscheidungen unterschiedlich
ausfallen.

Nach IAS 17, also dem Standard, der die Bilanzierung von Leasingverhältnissen regelt,
gilt diejenige Vertragspartei als wirtschaftlicher Eigentümer, der im Wesentlichen die
an einem Vermögenswert haftenden Chancen und Risiken zugemessen werden kön-
nen (Generalnorm des IAS 17). Als Chancen, die einem Vermögenswert anhaften,
nennt IAS 17 beispielhaft den erwartungsgemäß gewinnbringenden Einsatz im Wert-
schöpfungsprozess oder auch die Möglichkeit der Partizipation an Wertsteigerungen
oder Liquidationserlösen. Als zugehörige Risiken werden die Verlustmöglichkeiten
aufgrund ungenutzter Kapazitäten oder technischer Überholung ebenso genannt wie
Renditeabweichungen aufgrund veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen.

Würde die Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers ausschließlich auf einem


so allgemeingültigen Niveau erfolgen, so wäre dies für Zuordnungsentscheidungen
wohl wenig hilfreich. Aus diesem Grund werden dem Anwender in IAS 17.10 f. ver-
schiedene Beurteilungshilfen an die Hand gegeben, mittels derer die Identifizierung
des wirtschaftlichen Eigentümers erleichtert werden soll. Trifft mindestens eine der
dort exemplarisch gelisteten Hilfen auf den zu beurteilenden Leasingvertrag zu, so ist
dies bereits ein gewichtiges Indiz für die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums
auf den Leasingnehmer. Wichtige Indizien sind:

„ Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums am Ende der Vertragslaufzeit (trans-


fer of ownership test),

„ für den Leasingnehmer günstige Kaufoption/Mietverlängerungsoption (bargain


purchase option test),

65
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
„ Vertragslaufzeit umfasst den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungs-
dauer (economic life test),

„ der Barwert der Mindestleasingzahlungen entspricht in etwa dem Fair Value des
Leasinggegenstands bei Vertragsabschluss (recovery of investment test).

Ist die Annahme der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums nach diesen Krite-
rien auch bei weiterer Reflexion über den Chancen- und Risikentransfer nicht zu wi-
derlegen, so bezeichnet der Standard solche Verträge als Finanzierungs-
Leasingverträge. Wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingobjekts ist dann der Lea-
singnehmer. Trifft hingegen keine der Orientierungshilfen auf den zu beurteilenden
Vertrag zu und verbleiben damit wesentliche Chancen oder Risiken beim Leasing-
geber, so werden solche Vereinbarungen als Operating-Leasingverhältnisse bezeich-
net. Der Leasingnehmer wird nicht wirtschaftlicher Eigentümer.

Für die Zwecke der Klassifizierung des zwischen der Hanseatic AG und der Euro Lea-
se AG geschlossenen Leasingverhältnisses sind, da weder Eigentumsübergang noch
Optionsrechte vereinbart wurden, lediglich der Laufzeittest (IAS 17.10c) und der Bar-
werttest (IAS 17.10d) durchzuführen. Ergänzend ist zu prüfen, ob Gewinne oder Ver-
luste, die aus Schwankungen des Fair Value des Restwerts entstehen, der Hanseatic
AG zuzurechnen sind, oder ob diese Chancen und Risiken aus der Abschlussverwer-
tung bei der Euro Lease AG verbleiben (IAS 17.11b).

Nach Maßgabe des Laufzeittests kann ein Finanzierungs-Leasingverhältnis dann an-


genommen werden, wenn die Laufzeit des Leasingverhältnisses den überwiegenden
Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Leasingobjekts umfasst. Sichert sich der
Leasingnehmer die Verfügungsmacht über das Nutzenpotenzial für einen solchen
Zeitraum, so ist ein eventuell vorgesehener Herausgabeanspruch des Leasinggebers
für diesen nahezu wertlos. Wesentliche Chancen und Risiken liegen dann beim Lea-
singnehmer, der als wirtschaftlicher Eigentümer das Leasingobjekt zu bilanzieren hat.

Zur Durchführung des Laufzeittests sind sowohl die „wirtschaftliche Nutzungsdauer“


als auch die „Laufzeit des Leasingverhältnisses“ festzulegen. Als Laufzeit des Lea-
singverhältnisses gilt gemäß IAS 17.4 derjenige Zeitraum, innerhalb dessen der Lea-
singnehmer das Leasingobjekt mit hinreichender Sicherheit nutzen wird. Die Festle-
gung ist hier unproblematisch: Da weder optionale Verlängerungszeiträume noch
Sonderkündigungsrechte vertraglich vorgesehen sind, entspricht die Laufzeit des Lea-
singverhältnisses der unkündbaren Grundmietzeit von 15 Jahren. Damit umfasst sie
gerade einmal 60 % der (nicht nach Steuerrecht, sondern nach IFRS zu ermittelnden)
25-jährigen wirtschaftlichen Nutzungsdauer. Unter Rückgriff auf den US-GAAP-
Grenzwert von 75 % (SFAS 13.7c) signalisiert der Laufzeittest einen Verbleib wesentli-
cher Chancen und Risiken aus der Anschlussverwertung des Containerschiffs beim
Leasinggeber und damit ein Operating-Leasingverhältnis.

Der Laufzeittest ist als alleiniger Prüfschritt nicht ausreichend. Ein Finanzierungs-
Leasingverhältnis kann schließlich auch dann vermutet werden, wenn zu Beginn des

66
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Leasingverhältnisses der Barwert der Mindestleasingzahlungen im Wesentlichen
dem Fair Value des Leasingobjekts entspricht. Diese den deutschen Leasingerlassen
unbekannte Beurteilungshilfe wird als Barwerttest bezeichnet. Ist dieser Test erfüllt, so
ist es dem Leasinggeber offensichtlich gelungen, sein Investitionsrisiko auf den Lea-
singnehmer zu übertragen. Da der Leasingnehmer ein solch gewichtiges Risiko wohl
nur dann bereit ist zu übernehmen, wenn ihm zugleich auch wesentliche Chancen am
Objekt zugerechnet werden, liegt die Vermutung des Transfers wirtschaftlichen Eigen-
tums auf den Leasingnehmer nahe.

Zur Ermittlung des Barwerts der Mindestleasingzahlungen ist zunächst die Größe
„Mindestleasingzahlungen“ zu bestimmen. Gemäß IAS 17.4 werden unter den Min-
destleasingzahlungen alle Zahlungen subsumiert, die mit hinreichender Sicherheit
vom Leasingnehmer an den Leasinggeber geleistet werden oder zu denen der Lea-
singnehmer herangezogen werden kann. Mit Blick auf die zwischen der Hanseatic AG
und der Euro Lease AG geschlossene Leasingvereinbarungen gelten zunächst die ver-
traglich fixierten Leasingraten (3.850 T€ p.a.) als Mindestleasingzahlungen. Außerdem
ist auch die vereinbarte Mindererlösbeteiligung der Hanseatic AG zu berücksichtigen.
Es handelt sich nämlich um eine Restwertgarantie der Hanseatic AG. Derart garantier-
te Beträge sind zu ihrem vollen Wert (hier: 12.500 T€) — auf die Wahrscheinlichkeit
der Inanspruchnahme kommt es nicht an — Bestandteil der Mindestleasingzahlungen
(IAS 17.4).

Zur Bestimmung des Barwerts der Mindestleasingzahlungen verlangt IAS 17 sowohl


vom Leasinggeber als auch vom Leasingnehmer grundsätzlich die Anwendung des
dem Leasingverhältnis zugrunde liegenden Zinssatzes. Dieser ist in IAS 17.4 definiert
als der Zinssatz, bei dem zu Beginn des Leasingverhältnisses die Summe der Barwerte
der Mindestleasingzahlungen aus Sicht des Leasinggebers und des nicht garantierten
Restwerts gleich der Summe von Fair Value des Leasingobjekts und anfänglicher di-
rekter Kosten des Leasinggebers ist. Damit wäre von der Hanseatic AG die folgende
finanzmathematische Äquivalenzgleichung nach „q“ aufzulösen:

§ 15 ·
¨ 3.850 T € ˜ q  1  12.500 T € ¸ ˜ 1  ngRw ˜ 1 42.000 T €  adK
¨ q 1 ¸ q 15 q 15
© ¹

mit:
q = 1 + i, mit i als der dem Leasingverhältnis zugrunde liegende Zinssatz
ngRW = nicht garantierter Restwert
adK = anfängliche direkte Kosten des Leasinggebers

Da die Gleichung neben der gesuchten Größe „q“ zwei weitere Unbekannte enthält, ist
sie vor dem Informationshintergrund der Hanseatic AG nicht eindeutig lösbar. Bei der
Hanseatic AG liegen weder Informationen über die bei der Euro Lease AG angefalle-
nen anfänglichen direkten Kosten (z.B. Provisionen, Rechts- und Beratungskosten)
noch über den nicht garantierten Restwert vor. Zwar ist der garantierte Restwert be-

67
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
kannt, doch über den von der Euro Lease AG tatsächlich kalkulierten Restwert kann
nur spekuliert werden. Da nach herrschender Meinung das Schätzen der fehlenden
Parameter unzulässig ist, muss zur Barwertberechnung auf den in der Aufgabenstel-
lung angegebenen Grenzfremdkapitalzinssatz (hier: 7 %) zurückgegriffen werden.
Damit liefert der Barwerttest über die von der Hanseatic AG zu leistenden Mindestlea-
singzahlungen das folgende Ergebnis:

§ 15 ·
¨ 3.850 T € ˜ 1,07  1  12 .500 T € ¸ ˜ 1
¨ 0 ,07 ¸ 1,07 15
© ¹ 94 ,28 %
42 .000 T €

Ist es damit nun der Euro Lease AG annähernd gelungen, das mit der Anschaffung des
Containerschiffs verbundene Investitionsrisiko auf die Hanseatic AG abzuwälzen?
Nach IAS 17.10d soll das der Fall sein, wenn zu Beginn des Leasingverhältnisses der
Barwert der Mindestleasingzahlungen „im Wesentlichen mindestens“ dem Fair Value
des Leasingguts entspricht. Wendet man zur Interpretation des unscharfen „im We-
sentlichen mindestens“ die entsprechende US-GAAP-Vorschrift an, so ist bei Über-
schreiten eines Grenzwerts von 90 % der Barwerttest erfüllt (SFAS 13.7d). Entgegen
dem Ergebnis aus dem Laufzeittest deutet der Barwerttest folglich auf ein Finanzie-
rungs-Leasingverhältnis und damit auf eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigen-
tums auf die Hanseatic AG hin.

Die bisherige Prüfung lässt noch eine angemessene Würdigung der Risiken- und
Chancenverteilung des tatsächlichen Restwerts vermissen, die von der Generalnorm
des IAS 17 gefordert wird. Das Wertminderungsrisiko des Restwerts liegt aufgrund
der vereinbarten Restwertgarantie bei der Hanseatic AG. Ob dieser Umstand auch
wirtschaftlich ins Gewicht fällt, ist für die bilanzielle Zurechnung des Containerschiffs
irrelevant. Wie schon bei der Lösung zu a) kommt es auch nach IAS 17 für die endgül-
tige Klassifizierungsentscheidung daher einzig auf die Verteilung der Wertsteige-
rungschance an.

Anders als im Teilamortisationserlass für Mobilien enthält IAS 17.11b allerdings kei-
nen Hinweis, welche Mindestchance beim Leasinggeber verbleiben muss, um eine Ob-
jektzurechnung zum Leasingnehmer zu verhindern. Die verbleibende Wertsteige-
rungschance muss jedoch wirtschaftlich signifikant sein. Diese Relevanz kann der
Wertsteigerungschance beigemessen werden, wenn der hinreichend sicher zu realisie-
rende Mehrerlös des Leasinggebers mindestens 10 % des beizulegenden Zeitwertes
des Leasingobjekts zu Beginn des Leasingverhältnisses beträgt.

Hierzu ist anzumerken, dass sich das gesamte durch den Markt bewertete Chancen-
und Risikopotenzial eines Vermögenswertes zu Beginn des Leasingverhältnisses in
seinem beizulegenden Zeitwert widerspiegelt. Um zu prüfen, ob im Wesentlichen alle
Chancen und Risiken auf den Leasingnehmer übergegangen sind, ist es folglich sach-
gerecht, die beim Leasinggeber tatsächlich verbleibenden Chancen und Risiken eben
in Relation zum beizulegenden Zeitwert zu Beginn des Leasingverhältnisses zu beur-

68
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
teilen. Unterstellt man vor diesem Hintergrund, dass zum Ende der unkündbaren
Grundmietzeit für das Containerschiff noch ein Verkaufserlös von 16.000 T€ (best case)
realisiert werden kann, so würde die Euro Lease AG hieran mit 875 T€ ((16.000 T€ -
12.500 T€) x 0,25) beteiligt sein. Da diese Wertsteigerungschance in Relation zum beizu-
legenden Zeitwert des Containerschiffs zu Beginn des Leasingverhältnisses (42.000 T€)
gerade einmal 2,08 % ausmacht, fällt sie wirtschaftlich nicht ins Gewicht. Ökonomisch
betrachtet verbleiben der Euro Lease AG damit keine nennenswerten Chancen und Ri-
siken.

Der Leasingvertrag ist demnach als Finanzierungs-Leasingverhältnis zu beurteilen,


und die Hanseatic AG hat das Containerschiff als wirtschaftlicher Eigentümer zu bi-
lanzieren.

c) Objektzuordnung im IFRS-Abschluss des Leasinggebers


Analog zum Vorgehen der Hanseatic AG hat auch die Euro Lease AG die Leasingver-
einbarung als Finanzierungs-Leasingverhältnis oder als Operating-Leasingverhältnis
zu klassifizieren.

Der Laufzeittest deutet auch aus Sicht der Euro Lease AG zunächst auf ein Operating-
Leasingverhältnis hin, da die gleichen Ausgangsdaten wie in der Lösung zu b) ver-
wendet werden.

Zur Durchführung des Barwerttests jedoch ist auf den dem Leasingverhältnis
zugrunde liegenden Zinsfuß und nicht auf den Grenzfremdkapitalzinssatz abzustel-
len. Unter Berücksichtigung des intern erwarteten Restwerts (14.000 T€) ist dieser wie
folgt zu berechnen:

§ 15 ·
¨ 3.850 T € ˜ q  1  12.500 T € ¸ ˜ 1  1.500 T € ˜ 1 42.000 T €
¨ q 1 ¸ q 15 q 15
© ¹
Aufgelöst nach i beträgt der dem Leasingverhältnis zugrunde liegende Zinssatz damit
6,3856 %. Der anschließende Barwerttest berücksichtigt dann nicht den erwarteten,
sondern nur den (geringeren) garantierten Restwert und liefert aus Sicht der Euro Lea-
se AG dann folgendes Ergebnis:

§ 15 ·
¨ 3.850 T € ˜ 1,063856  1  12 .500 T € ¸ ˜ 1
¨ 0 ,063856 ¸ 15
© ¹ 1,063856 98 ,59 %
42 .000 T €

Das auch aus der Perspektive der Euro Lease AG auf ein Finanzierungs-
Leasingverhältnis hindeutende Ergebnis des Barwerttests wird durch Analyse der
verbliebenen Wertsteigerungschance bestätigt. Wie bereits unter b) gezeigt, verbleibt
der Euro Lease AG bestenfalls ein Mehrerlös von 875 T€, der mit einem Anteil von
2,08 % am beizulegenden Zeitwert des Containerschiffs wirtschaftlich unbedeutend

69
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
ist. Folglich hat die Euro Lease AG das wirtschaftliche Eigentum am Containerschiff
verloren.

Literaturempfehlungen: Achleitner/Behr/Schäfer, Internationale Rechnungslegung, 4.


Aufl. 2009, S. 183-201; ADS: Rechnungslegung nach internationalen Standards, Losebl.,
Abschnitt 12: Leasingverhältnisse (IAS 17) 2003; Kümpel/Becker, Leasing nach IFRS,
2006; Hastedt/Mellwig, Leasing — Rechtliche und ökonomische Grundlagen, 1998.

2.3.2 Bilanzierung von Leasingverhältnissen – Fly Away


Airlines
Rechtsquellen: IAS 17, SIC 15, SFAS 13

Lernziele: Erkennen des Einflusses optionaler Zeiträume, anfänglicher direkter Kosten


und bedingter Leasingzahlungen auf die Klassifizierung und Berichterstattung von
Leasingverträgen; Erkennen von bilanzpolitisch nutzbaren Ermessensspielräumen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die European Flightlease AG, ein auf Flugzeugleasing-Transaktionen spezialisiertes


Unternehmen mit Sitz in Frankfurt a. M., erhält aus einem Anfang x1 beendeten Lea-
singverhältnis eine für den Langstreckenverkehr geeignete Boing 331/3 zurück. Die ren-
tierliche Anschlussverwertung gestaltet sich als schwierig; erst nach langen Verhand-
lungen ist Ende x1 mit der Fly Away Airline, München, ein neuer Leasingpartner ge-
funden, der das Flugzeug ab dem 1.1..x2 auf der Transatlantikstrecke „Frankfurt/ New
York“ einsetzen möchte.

Der im Dezember x1 von beiden Parteien unterschriebene Leasingvertrag mit Wirkung


ab x2 sieht neben einer unkündbaren Grundmietzeit von vier Jahren auch eine durch
die Fly Away Airline ausübbare Verlängerungsoption von zwei Jahren vor. Als
Gegenleistung für die Überlassung des wirtschaftlich noch 12 Jahre nutzbaren
Flugzeugs sind jährlich nachschüssige Leasingraten von 7 Mio. € im ersten und
11,2 Mio. € vom zweiten bis zum vierten Nutzungsjahr, dem Ende der unkündbaren
Grundmietzeit, vereinbart. Falls die Verlängerungsoption wahrgenommen werden
würde, müsste die Fly Away Airline jährlich 8,5 Mio. € nachschüssig an die European
Flightlease AG überweisen.

Neben diesen fest vereinbarten Zahlungen beinhaltet der Leasingvertrag auch ein zu-
sätzliches, ab dem dritten Nutzungsjahr und ggf. auch im Verlängerungszeitraum zu
zahlendes auslastungsabhängiges Entgelt, das wie folgt gestaffelt ist:

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IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Tabelle 2-15: Staffelung der auslastungsabhängigen Entgelte ab dem 3. Nutzungsjahr
Staffel/ nachzuweisender Aus- Zusätzliches Entgelt in % der jährlich nach-
lastungsgrad der Boing 331/3 schüssigen, auslastungsunabhängigen Raten
1  80 % und < 85 % 2,00 %
2  85 % und < 90 % 2,50 %
3  90 % und < 95 % 3,25 %
4 95 % und  100 % 3,75 %

Der Kontrakt sieht ferner vor, dass Kosten für notwendige Wartungs- und Ersatzmaß-
nahmen, wie sie etwa für den Austausch der Triebwerke anfallen, von der European
Flightlease AG getragen werden.

Beide Parteien schätzen den beizulegenden Zeitwert der gebrauchten Boing zu Beginn
des Leasingverhältnisses auf 86 Mio. €. Zum Ende der vierjährigen Grundmietzeit
wird er nach bestem Wissen und mit den Prüfern abgestimmt auf 57 Mio. € geschätzt.

Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe des IAS 17 soll auf jeder Vertrags-
seite nach IAS 8.12 i.V.m. SFAS 13 erfolgen. Laufzeit- und Barwerttest zeigen demnach
auf beiden Seiten ein Finanzierungs-Leasing an, wenn die Laufzeit des Leasingver-
hältnisses zumindest 75 % der wirtschaftlichen Nutzungsdauer der Boing 331/3 umfasst
bzw. der Barwert der Mindestleasingzahlungen nicht kleiner als 90 % des beizulegen-
den Zeitwerts der Verkehrsmaschine zu Beginn des Leasingverhältnisses ist.

Aufgabenstellung

a) Klassifizieren Sie den Leasingvertrag aus Sicht der European Flightlease AG. Be-
achten Sie dabei, dass die Gesellschaft zum Ende der sechsjährigen Maximallauf-
zeit einen nicht garantierten Flugzeugrestwert von 45 Mio. € schätzt. Ferner wer-
den die im Verlängerungszeitraum als marktüblich geltenden Leasingraten für
ein vergleichbares Leasingobjekt mit 11 Mio. € p.a. angenommen. Indes konnte
diese Vorstellung aufgrund der guten Verhandlungsposition der Fly Away Airli-
ne nicht durchgesetzt werden. Es wird ein Erreichen der dritten Auslastungsstaf-
fel ab dem dritten Vertragsjahr als faktisch sicher geschätzt. Für Anbahnung und
Abschluss des Leasinggeschäfts sind auf Seiten der European Flightlease AG
schließlich noch Rechtsberatungs-, Informations- und Suchkosten in Höhe von
300 T€ angefallen.

b) Zu welchem Klassifizierungsergebnis kommt die Fly Away Airline? Die Ent-


scheidungsträger gehen hier davon aus, dass die im Verlängerungszeitraum als
marktüblich geltenden Leasingraten für ein Flugzeug gleichen Typs und Alters
9,3 Mio. € p.a. betragen; diesen Wert konnte man aufgrund der guten Verhand-
lungsposition unterschreiten. Außerdem ist man überzeugt, dass ab dem dritten

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IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Nutzungsjahr ein Erreichen nur der zweiten Auslastungsstaffel sicher ist. Der
Grenzfremdkapitalzinssatz der Fly Away Airline beträgt 5,0 %.

c) Wie ist Ihr Klassifizierungsergebnis im IFRS-Abschluss der European Flightlease


AG während der Laufzeit des Leasingverhältnisses abzubilden? Differenzieren
Sie dabei:

(1) Die Erwartungen gem. a) stellen sich tatsächlich ein.


(2) Abweichend wird im Jahr x4 die vierte Auslastungsstaffel erreicht.
(3) Abweichend wird im Jahr x4 nur die zweite Auslastungsstaffel erreicht.
(4) Skizzieren Sie für den Fall (1) auch die erforderlichen Anhangangaben.

d) Wie ist das Leasingverhältnis während der Laufzeit des Leasingverhältnisses im


IFRS-Abschluss der Fly Away Airline abzubilden? Gehen Sie auch auf notwendi-
ge Angaben im Anhang ein.

e) Nehmen Sie an, die Fly Away Airline macht ab x6 von ihrem Recht auf Ausübung
der Verlängerungsoption Gebrauch. Wie ist dieses Ereignis aus Sicht der Europe-
an Flightlease AG bilanziell zu würdigen?

f) Prüfen Sie, ob bei einer Optionsausübung die Fly Away Airline den Leasingver-
trag neu zu klassifizieren hätte. Welche bilanziellen Folgen hätte die Optionsaus-
übung bei der Fly Away Airline?

Lösung:

a) Klassifizierung des Leasingvertrages bei der European Flightlease AG


Zunächst wird ein Laufzeittest (IAS 17.10c) durchgeführt. Als Laufzeit des Leasing-
verhältnisses gilt derjenige Zeitraum, indem der Leasingnehmer das Leasingobjekt
hinreichend sicher nutzen wird. Neben der unkündbaren Grundmietzeit sind folglich
auch optionale Zeiträume dann zu berücksichtigen, wenn der Verlängerungsoption
ein wirtschaftlicher Ausübungszwang immanent ist. Ein solcher Ausübungszwang ist
beispielsweise dann zu vermuten, sofern die hinreichend sicher zu zahlenden Raten
des Verlängerungszeitraums deutlich unter dem geschätzten, dann geltenden Markt-
niveau liegen. Unklar ist jedoch, wie der Begriff „deutlich unter“ in diesem Zusam-
menhang auszulegen ist. Für gewöhnlich wird der ökonomische Ausübungszwang
spätestens dann bejaht, wenn die hinreichend sicheren Raten des Verlängerungszeit-
raums mindestens 20 % unter dem vermuteten Marktniveau dieses Zeitraums liegen.
Allerdings finden sich in der Literatur auch deutlich niedrigere Schwellenwerte: So
wird bereits ein Unterschreiten der Leasingraten im Verlängerungszeitraum um min-
destens 10 % der dann voraussichtlich geltenden marktüblichen Raten als ökonomisch
lohnend angenommen (vgl. Vogel, Immobilienleasingverhältnisse (IAS 17), in: Weber/
Baumunk, IFRS Immobilien, 2005, Tz. 640). Hier besteht Auslegungsspielraum.

72
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Setzt die European Flightlease AG zum Zwecke dieser Prüfung die aus ihrer Sicht als
hinreichend sicher geltenden Leasingraten des Verlängerungszeitraums (8.776.250 € =
8.500.000 € x 1,0325 (vgl. Tabelle 2-11) ins Verhältnis zu den als marktüblich angenom-
menen Leasingraten (11.000.000 €), so liegen die im Verlängerungszeitraum empfan-
genen Raten 20,2 % unter dem geschätzten Marktniveau. Da dieser Verhältniswert so-
gar den oberen Grenzwert der beschriebenen Bandbreite übertrifft, ist der Option ein
Zwang zur Ausübung beizumessen; aus Sicht der Flightlease wird die Fly Away Air-
line von der Verlängerungsoption Gebrauch machen. Die Laufzeit des Leasingverhält-
nisses wird daher auf sechs Jahre beziffert.

Setzt man die so bestimmte Laufzeit des Leasingverhältnisses nun ins Verhältnis zur
wirtschaftlichen Restnutzungsdauer der gebrauchten Boing 331/3 (12 Jahre), so wird
der Grenzwert von 75 % klar unterschritten. Der Laufzeittest deutet folglich auf ein
Operating-Leasingverhältnis hin.

Um das Ergebnis zu verifizieren (oder zu falsifizieren), wird nun der Barwerttest


durchgeführt. Zu ermitteln sind daher die Mindestleasingzahlungen. Darunter fallen
hier zunächst die in jeder Periode zu zahlenden, auslastungsunabhängigen Raten.

Fraglich ist, wie die auslastungsabhängigen Zahlungen zu würdigen sind. Zahlun-


gen, denen es an der erforderlichen Zuflusswahrscheinlichkeit mangelt, weil sie letzt-
lich von einem anderen Faktor als allein dem Zeitfaktor (hier: nachzuweisende Auslas-
tung der Boing 331/3) abhängen, werden in IAS 17.4 als bedingte Mietzahlungen be-
zeichnet. Bedingte Mietzahlungen werden dann nicht Teil von Mindest-
leasingzahlungen, wenn der Eintritt der mit ihnen verbundenen Bedingung nicht mit
der erforderlichen Sicherheit festzustellen ist. Umgekehrt gilt: Ist der Eintritt der Be-
dingung als sicher anzusehen, sind die Zahlungen nach h. M. zu berücksichtigen. Da
die European Flightlease AG keine Zweifel am Erreichen der dritten Auslas-
tungsstaffel hat, sind die ab dem dritten Jahr zu leistenden auslastungsunabhängigen
Raten um den Faktor 1,0325 zu erhöhen. Die Mindestleasingzahlungen beziffern sich
demnach auf insgesamt 58.880.500 € (1. Jahr: 7.000.000 €; 2. Jahr: 11.200.000 €; 3. Jahr:
11.564.000 €; 4. Jahr: 11.564.000 €; 5. Jahr: 8.776.250; 6. Jahr: 8.776.250 €).

Der nicht garantierte Restwert nach sechs Jahren (45.000.000 €) wird hingegen nicht zu
den Mindestleasingzahlungen gerechnet, da sein Zufluss nicht faktisch sicher, sondern
nur geschätzt ist.

Bevor der Barwerttest durchgeführt werden kann, muss mit den so abgegrenzten
Mindestleasingzahlungen zunächst der Effektivzins des Leasingverhältnisses ermit-
telt werden. Dazu setzt man die mit dem gesuchten Zinssatz diskontierten Mindest-
leasingzahlungen mit dem Fair Value des Flugzeugs (86.000 T€) zuzüglich der anfäng-
lichen direkten Kosten (300 T€) gleich:
7.000 T € 11.200 T € 11.564 T € 11.564 T € 8.776 T € 53.776 T €
1
 2
 3
 4
 5
 86.300 T €
q q q q q q6

73
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Um das Auflösen nach „q“ („q“ ist hier definiert als der um eins erhöhte Effektivzins-
satz des Leasingverhältnisses) zu erleichtern, kann auf die Excel-Funktion „Zielwert-
suche“ (IKV) zurückgegriffen werden. Als Lösung liefert die Funktion einen Wert von
4,1787 %. Auf dieser Basis errechnet sich der Barwert der Mindestleasingzahlungen
wie folgt:
7.000 T € 11.200 T € 11.564 T € 11.564 T € 8.776 T € 8.776 T €
1
 2
 3
 4
 5
 51.100 T €
1,041787 1,041787 1,041787 1,041787 1,041787 1,041787 6

Setzt man den so bestimmten Barwert der Mindestleasingzahlungen (51.100 T€) ins
Verhältnis zum beizulegenden Zeitwert der Boing 331/3 (86.000 T€), so bleibt auch die-
ser Quotient (59,42 %) deutlich unter dem Grenzwert von 90 %. Folglich deutet auch
der Barwerttest auf ein Operating-Leasingverhältnis hin.

An den im Rahmen von Laufzeit- und Barwerttest gewonnenen Ergebnissen ändert


auch eine Prüfung der Verteilung von Chancen und Risiken aus der Anschlussverwer-
tung der Boing 331/3 nichts mehr. Da die Verkehrsmaschine schlicht an die European
Flightlease AG zurückfällt, trägt diese sämtliche Chancen und Risiken aus der An-
schlussverwertung. Aufgrund der anzunehmenden Signifikanz des Flugzeugrestwerts
[45 Mio. € / 86 Mio. € = 52,3 % (als Signifikanzgrenze kann ein Schwellenwert von 10 %
angenommen werden)], muss davon ausgegangen werden, dass die bei der European
Flightlease AG verbleibenden Chancen und Risiken aus der Anschlussverwertung
auch wirtschaftlich noch ins Gewicht fallen. Die Leasingvereinbarung ist aus Sicht der
European Flightlease AG demnach als Operating-Leasingverhältnis zu klassifizieren.
Die European Flightlease AG hat die Boing 331/3 daher als juristischer und wirtschaft-
licher Eigentümer in ihrem Anlagevermögen zu bilanzieren.

b) Klassifizierung des Vertrags aus Sicht der Fly Away Airline


Auch der Leasingnehmer muss den Vertrag nach IAS 17 beurteilen, um zu einer Ent-
scheidung über den Bilanzansatz des Leasinggegenstandes zu kommen. Als Kriterien
kommen hier ebenfalls der Laufzeittest, der Barwerttest und die Beurteilung der Ver-
teilung von Chancen und Risiken aus der Anschlussverwertung der Boing 331/3 zum
Tragen. Aus der analogen Vorgehensweise kann aber nicht geschlossen werden, dass
sich die beiden Klassifizierungsergebnisse entsprechen. Ursächlich hierfür ist eine
zumeist asymmetrische Informationsverteilung, aus der letztlich unterschiedliche Er-
wartungen über künftige Ereignisse und Handlungen entstehen. Außerdem sind die
Ausprägungen der von IAS 17 vorgegebenen Kriterien auslegungsbedürftig.

Während der letztgenannte Punkt hier gegenstandslos ist (beide Parteien transformie-
ren qualitative Grenzwerte/Kriterien in Anlehnung an SFAS 13), sind unterschiedliche,
aber jeweils als hinreichend sicher geltende Erwartungen zu berücksichtigen. Dies gilt
zunächst für den Parameter „Laufzeit des Leasingverhältnisses“. Neben der unkünd-
baren Grundmietzeit (4 Jahre) hat nämlich auch die Fly Away Airline zu prüfen, ob
der optionale Verlängerungszeitraum in die Laufzeit des Leasingverhältnisses einzu-
beziehen ist. Wie schon unter a) werden für die Zwecke dieser Prüfung die hinrei-

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IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
chend sicher zu zahlenden Raten des Verlängerungszeitraums ins Verhältnis zu den
dann geltenden, marktüblichen Leasingraten gesetzt. Anders als unter a) aber wird
von der Fly Away Airline erwartet, dass nur die zweite Auslastungsstaffel erreicht
wird, so dass sich die Anschlussraten auf 8.712.500 € (= 8.500.000 € x 1,025) belaufen
würden. Die marktübliche Vergleichsmiete wird ferner nur auf 9.300.000 € geschätzt.
Da die als hinreichend sicher geltenden Zahlungen das geschätzte Marktniveau nur
um 6,3 % unterschreiten und damit ein Verhältniswert erreicht wird, der nicht einmal
den unteren Schwellenwert der unter a) beschriebenen Bandbreite erreicht, kann von
einem ökonomischen Ausübungszwang der Option nicht gesprochen werden. Die
Laufzeit des Leasingverhältnisses ist daher aus Sicht des Leasingnehmers auf die un-
kündbare Grundmietzeit beschränkt. Im Ergebnis deutet der Laufzeittest (4 Jahre / 12
Jahre = 33 %) hier allerdings auch auf ein Operating-Leasingverhältnis hin.

Auch der Parameter „Mindestleasingzahlungen“ wird hier anders, und zwar wegen
der Erwartung des Erreichens nur der zweiten Auslastungsstaffel niedriger bemessen.
Infolgedessen betragen die Mindestleasingzahlungen aus Sicht der Fly Away Airline
7.000.000 € im ersten Jahr, 11.200.000 € im zweiten Jahr sowie 11.480.000 € im dritten
und vierten Jahr (Summe: 41.160.000 €). Die Zahlungen des Verlängerungszeitraums
werden nicht Teil der Mindestleasingzahlungen, da die fortgesetzte Ausübung des
Nutzungsrechts in dieser Zeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzu-
stellen war.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Anwendung des zur Barwertberechnung heran-
zuziehenden Zinssatzes. Hier müssen die Mitarbeiter der Fly Away Airline auf den
Grenzfremdkapitalzinssatz (5,0 %) abstellen. Die Anwendung des dem Leasingver-
hältnis zugrunde liegenden Zinssatzes kommt nicht in Frage, weil keine Kenntnisse
über

„ den von der European Flightlease AG kalkulierten Restwert,

„ die von der European Flightlease AG kalkulierten Mindestleasingzahlungen und

„ die angefallenen Initialkosten (initial direct costs) vorliegen.

Der Barwerttest führt demnach zu folgendem Ergebnis:


7.000 T € 11.200 T € 11.480 T € 11.480 T €
  
1,051 1,05 2 1,05 3 1,05 4
42 ,1 %
86.000T €

Damit signalisiert auch der Barwerttest ein Operating-Leasingverhältnis.

Da angesichts der zum wahrscheinlichen Vertragsende verbleibenden wirtschaftlichen


Restnutzungsdauer des Flugzeugs (8 Jahre) auch die Fly Away Airline zu dem Ergeb-
nis gelangt, dass der Restwert der Verkehrsmaschine wesentlich ist (57 Mio. € /
86 Mio. € = 66,3 %) und allein die European Flightlease AG hieran partizipiert, bleibt es
auch nach Würdigung der Chancen und Risiken aus der Anschlussverwertung der

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IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Boing 331/3 bei einer Beurteilung des Vertrags als Operating-Leasingverhältnis. Trotz
unterschiedlicher Erwartungen kommen beide Parteien hier zu einer gleichgerichteten
Klassifizierung des Leasingvertrags.

c) Abbildung eines Operating-Leasingverhältnisses beim Leasinggeber


(1) Nach dem unter a) ermittelten Klassifizierungsergebnis bleibt die European Flight-
lease AG zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Boing 331/3. Folglich bi-
lanziert sie die Verkehrsmaschine auch weiterhin und weist sie unter ihrem Sachanla-
gevermögen aus. Bilanzierung und Bewertung richten sich nach den Vorschriften von
IAS 16. Besondere Bilanzierungs- und Bewertungsregeln für im Rahmen von Opera-
ting-Leasingverhältnissen verleaste Vermögenswerte existieren innerhalb des IFRS-
Normensystems nicht (IAS 17.49). Nach Maßgabe des Komponentenansatzes (s. Auf-
gabe 2.2.5) werden daher die wesentlichen Komponenten der Maschine (z.B. Flug-
zeugrumpf und Triebwerke) gesondert bewertet und über ihre jeweilige Nutzungs-
dauer planmäßig abgeschrieben. Etwaige Wertminderungen werden gemäß IAS 36
identifiziert und erfasst.

Eine Aktivierung der künftig zu erhaltenen Leasingzahlungen kommt nicht in Be-


tracht, da dass Leasinggeschäft als schwebendes Dauerschuldverhältnis dem bislang
auch international anerkannten Grundsatz der Nicht-Bilanzierung schwebender Ge-
schäfte unterworfen ist. Allerdings werden in IAS 17.50 ff. Regeln zur periodengerech-
ten Erfassung der mit dem Leasingverhältnis verbundenen Zahlungen vorgegeben. So
bestimmt IAS 17.50, dass die erzielbaren Leasingerträge regelmäßig linear über die
Laufzeit des Leasingverhältnisses zu verteilen sind. Obgleich der Standard den Begriff
„Leasingerträge“ nicht definiert, so ist dennoch davon auszugehen, dass hierunter alle
hinreichend sicheren Zahlungen zu subsumieren sind, die ein Leasinggeber unter
wirtschaftlicher Betrachtungsweise für das während der Laufzeit des Leasingverhält-
nisses eingeräumte Nutzungsrecht empfängt.

Die Vorgabe des IAS 17.50 wird durch SIC 15 weiter konkretisiert. Hiernach sind die
periodengerecht zu verteilenden Mieterträge noch um den Betrag gewährter Anreize
zu mindern. Als Anreize, die einen Leasingnehmer zum Abschluss eines Leasingver-
trags motivieren sollen, gelten unter anderem mietfreie oder mietreduzierte Perioden.
Die um gewährte Anreize geminderten Mieterträge werden in SIC 15 als Nettogegen-
leistung für die Nutzungsüberlassung bezeichnet. Gewährt der Leasinggeber mietfreie
oder mietreduzierte Perioden als Anreiz, so entsprechen die tatsächlichen Zahlungen
aus dem Leasingverhältnis der Nettogegenleistung für die Nutzungsüberlassung.
Demnach entspricht die zu verteilende Nettogegenleistung für die überlassene
Boing 331/3 insgesamt einem Betrag von 58.880.500 € (= 7.000.000 € + 11.200.000 € + 2 x
11.564.000 € + 2 x 8.776.250 €). Bei linearer Verteilung erfasst die European Flightlease
AG damit zunächst einen jährlichen Leasingertrag respektive Umsatzerlös in Höhe
von 9.813.417 € (= 58.880.250 € / 6 Jahre).

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IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Klarstellend wird in IAS 17.51 noch darauf aufmerksam gemacht, dass die Verteilung
der Nettogegenleistung weder von der Höhe noch vom Zugangszeitpunkt der tatsäch-
lichen Zahlungen abhängt. Weicht daher die lineare Allokation von den vereinbarten
Zahlungsmodalitäten ab, so sind entsprechende aktivische (prepaid expenses) oder pas-
sivische (deferred income) Abgrenzungen vorzunehmen. Die bilanzierten Abgren-
zungsposten sind dann in der Weise über die Vertragslaufzeit aufzulösen, dass sie sich
bis zum Ende der Laufzeit des Leasingverhältnisses auf Null reduziert haben. Die Auf-
lösung erfolgt dabei nach Maßgabe der Verteilung der Leasingerträge und damit re-
gelmäßig linear. Das mit der Fly Away Airline geschlossene Leasingverhältnis ist in
den Büchern der European Flightlease AG somit wie folgt abzubilden:

Tabelle 2-16: Abgrenzung von Mieterträgen beim Leasinggeber (in €)

aktivische Veränderung passivische Veränderung


Zufluss li-
Mietertrag/ Abgrenzung des aktivischen Abgrenzung des passivischen
Jahr quider Mit-
Umsatzerlös (prepaid ex- Abgrenzungs- (deferred in- Abgrenzungs-
tel
penses) postens come) postens

x2 7.000.000 9.813.417 2.813.417 2.813.417 - -

x3 11.200.000 9.813.417 1.426.833 - 1.386.583 - -

x4 11.564.000 9.813.417 - - 1.426.833 323.750 323.750

x5 11.564.000 9.813.417 - - 2.074.333 1.750.583

x6 8.776.250. 9.813.417 - - 1.037.167 - 1.037.167

x7 8.776.250 9.813.417 - - - - 1.037.167

Summe 58.880.500 58.880.500

Entstehen dem Leasinggeber im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen oder


dem Abschluss eines Operating-Leasingverhältnisses anfängliche direkte Kosten (ini-
tial direct costs), so sind diese beim Buchwert des Leasinggegenstandes zu aktivieren
und in gleicher Weise wie die Leasingerträge – also linear – über die Laufzeit des Lea-
singverhältnisses aufwandswirksam zu verteilen (IAS 17.52). Der Buchwert der Boing
331/3 erhöht sich demnach um 300.000 € zu Beginn des Leasingvertrages und mindert
sich in den folgenden sechs Jahren um je 50.000 € aufwandswirksam.

(2) Wird abweichend von (1) im dritten Vertragsjahr (x4) tatsächlich die vierte Auslas-
tungsstaffel erreicht, ist der sich einstellende Mehrertrag von 56.000 € (= 11.200.000 € x
1,0375 – 11.200.000 € x 1,0325) als bedingte Mietzahlung (contingent rent) zu erfassen.

77
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Zum 31.12.x4 wäre dann wie folgt zu buchen:

Konto € Konto €

liquide Mittel 11.620.000 an Umsatzerlöse 9.813.417

an aktiver Abgrenzungsposten 1.426.833

an passiver Abgrenzungsposten 323.750

an bedingte Mietzahlungen 56.000

(3) Unterstellt man hingegen, dass der tatsächliche Auslastungsgrad der Boing 331/3 in
x4 lediglich innerhalb der zweiten Staffel liegt, so ist der sich einstellende Minderer-
trag (11.200.000 € x 1,025 - 11.200.000 € x 1,0325 = - 84.000 €) ebenfalls als bedingte Miet-
zahlung, nun aber aufwandswirksam, abzubilden.

In diesem Fall würde die Buchung zum 31.12.x4 lauten:

Konto € Konto €

liquide Mittel 11.480.000

bedingte Mietzahlungen 84.000 an Umsatzerlöse 9.813.417

an aktiver Abgrenzungsposten 1.426.833

an passiver Abgrenzungsposten 323.750

(4) Neben den Regeln zur periodengerechten Erfassung von Leasingerträgen enthält
IAS 17 auch Vorgaben zu erläuternden Anhangangaben, denen die European Flight-
lease AG erstmals zum 31.12.x1 nachkommen muss. So hat sie gemäß IAS 17.56 (a) zu-
nächst den Gesamtbetrag der zum Bilanzstichtag noch nicht vereinnahmten Min-
destleasingzahlungen aus unkündbaren Operating-Leasingverhältnissen an-
zugeben. Zudem ist diese Summe nach Fälligkeiten zu rastern. Jeweils
zusammenzufassen sind solche Mindestleasingzahlungen, die aus der Stichtagsper-
spektive

„ innerhalb eines Jahres zur Zahlung fällig werden,

„ nach einem und höchstens fünf Jahren zur Zahlung fällig werden und

„ erst in mehr als fünf Jahren zur Zahlung fällig werden.

Hervorzuheben ist, dass der Leasinggeber über Mindestleasingzahlungen und nicht


ausschließlich über Leasingerträge zu informieren hat. Vom Leasingnehmer oder Drit-
ten garantierte Restwerte sind daher ebenfalls einzubeziehen. Eine Angabe der Bar-

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IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
werte der nach Fälligkeiten gruppierten Mindestleasingzahlungen wird – und dies ist
aus der Sicht externer Bilanzadressaten zu bedauern – nicht gefordert.

Dem Angabeerfordernis des IAS 17.56 (a) kommt die European Flightlease AG in ihren
Abschlüssen x1 bis 2011 jeweils wie folgt nach:

Tabelle 2-17: Noch nicht vereinnahmte Mindestleasingzahlungen aus Operating-


Leasingverhältnissen (in €)
Jahr bis 1 Jahr 1 bis 5 Jahre über 5 Jahre Summe
x1 7.000.000 43.104.250 8.776.250 58.880.500
x2 11.200.000 40.680.500 - 51.880.500
x3 11.564.000 29.116.500 - 40.680.500
x4 11.564.000 17.552.500 - 29.116.500
x5 8.776.250 8.776.250 - 17.552.500
x6 8.776.250 - - 8.776.250

Ab x4 hat die European Flightlease AG gemäß IAS 17.56b gegebenenfalls auch über er-
folgswirksam erfasste bedingte Mietzahlungen zu informieren, wenn der tatsächliche
Auslastungsgrad der Boing 331/3 von der dritten Staffel abweicht.

Außerdem informiert die European Flightlease AG auch über zentrale Konditionen


der geschlossenen Operating-Leasingverhältnisse (IAS 17.56c). Zu den Mindestinhal-
ten des hier zu formulierenden Textes gehören

„ Erläuterungen zu den verleasten Leasingobjekten,

„ Erläuterungen über die Bandbreite der vereinbarten Vertragslaufzeiten,

„ Angaben über etwaige Kauf- und Mietverlängerungsoptionen sowie

„ Angaben über die Grundlagen, auf denen bedingte Mietzahlungen vereinbart


sind.

Neben den Angabepflichten des IAS 17.56 muss die European Flightlease AG auch
den Angabeerfordernissen des IAS 16 nachkommen (IAS 17.57).

Schließlich können ergänzende Angaben gemäß IFRS 7 „Finanzinstrumente: Anga-


ben“ in Betracht kommen (IAS 17.56). Da Operating-Leasingverhältnisse aber grund-
sätzlich kein Finanzinstrument im Sinne von IAS 32.11 darstellen, gelten die Angabe-
pflichten zu Finanzinstrumenten nur dann, wenn Leasingraten bereits fällig, aber noch
nicht vereinnahmt worden sind. Auf die dann bilanzierte Leasingforderung sind die
Regeln des IFRS 7 anzuwenden.

79
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
d) Abbildung eines Operating-Leasingverhältnisses beim Leasingnehmer
Auch aus Sicht der Fly Away Airline stellt die mit der European Flightlease geschlos-
sene Leasingvereinbarung ein grundsätzlich nicht zu bilanzierendes schwebendes
Dauerschuldverhältnis dar. Solange der Kontrakt daher nicht als belastend (onerous)
im Sinne von IAS 37 zu qualifizieren ist, werden der Fly Away Airline im Wesentlichen
die Regeln zur periodengerechten Erfassung des Mietaufwands und der Angabepflich-
ten nach IAS 17 vorgegeben.

Gemäß IAS 17.33 sind die von der Fly Away Airline aufzuwendenden Leasingzahlun-
gen regelmäßig linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses zu verteilen. Spie-
gelbildlich zur Definition der Leasingerträge sind unter den Leasingzahlungen alle
Leistungen zu subsumieren, die der Leasingnehmer unter wirtschaftlicher Betrach-
tungsweise für das während der Laufzeit des Leasingverhältnisses eingeräumte Nut-
zungsrecht hinreichend sicher entrichten muss.

Da die Fly Away Airline, wie unter b) ausgeführt, nur zu einer vierjährigen Laufzeit
des Leasingverhältnisses gelangt und sie zudem nur ein Erreichen der zweiten Auslas-
tungsstaffel unterstellt, weichen die erwarteten, periodengerecht zu verteilenden Lea-
singzahlungen (41.160.000 € = 7.000.000 € + 11.200.000 € + 2 x 11.480.00 €) von den
gleichsam zu verteilenden Leasingerträgen der European Flightlease AG (58.880.500 €)
ab. Bei linearer Verteilung erfasst die Fly Away Airline damit einen jährlichen Miet-
aufwand in Höhe von 10.290.000 € (= 41.160.000 € / 4 Jahre). Im Zeitraum vom 01.01.x2
bis zum 31.12.x5 ist das Leasingverhältnis dann wie folgt darzustellen:

Tabelle 2-18: Abgrenzung von Mietaufwendungen beim Leasingnehmer (in €)


passivische Veränderung des pas-
Abfluss Miet-
Jahr Abgrenzung sivischen
liquider Mittel aufwand
(deferred income) Abgrenzungspostens
x2 7.000.000 10.290.000 3.290.000 3.290.000
x3 11.200.000 10.290.000 2.380.000 - 910.000
x4 11.480.000 10.290.000 1.190.000 - 1.190.000
x5 11.480.000 10.290.000 - - 1.190.000
Summe 41.160.000 41.160.000

80
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
Während der Laufzeit des Leasingverhältnisses gibt die Fly Away Airline die jährlich
aufwandswirksam erfassten Mindestleasingzahlungen in Höhe von 10.290.000 € im
Anhang an (IAS 17.35c). In den Jahren x4 und x5 sind zusätzlich, falls tatsächlich eine
andere als die zweite Auslastungsstaffel erreicht wird, Angaben über die jeweils er-
folgswirksam verbuchten bedingten Mietzahlungen zu machen (siehe analog Lösung
zu c(2) und c(3). Die Angabepflichten des IFRS 7 sind nur dann zu beachten, wenn
Leasingraten bereits fällig, aber noch nicht bezahlt worden sind.

Gemäß IAS 17.35a sind die nach ihren jeweiligen Fälligkeiten gegliederten künftigen
Mindestleasingzahlungen aus unkündbaren Operating-Leasingverhältnissen an-
zugeben. Dabei sind solche Mindestleasingzahlungen zu gruppieren, die aus der Per-
spektive des jeweiligen Abschlussstichtags

„ innerhalb eines Jahres zur Zahlung fällig werden,

„ nach einem und höchstens fünf Jahren zur Zahlung fällig werden und

„ erst in mehr als fünf Jahren zur Zahlung fällig werden.

Eine Angabe des zu den jeweiligen Fälligkeitsgruppen gehörenden Barwertes wird


nicht gefordert. Speziell Ratingagenturen beziehen aber bei der Durchführung ihrer
(Bonitäts-)Analysen die Verpflichtungen aus Operating-Leasingverhältnissen in die
Berechnung der Verschuldung des Unternehmens mit ein und machen somit keinen
Unterschied, ob das Unternehmen seine Leasingvereinbarungen als Finanzierungs-
oder Operating-Leasingverhältnis klassifiziert. Während aber der Gegenwartswert der
künftigen Zahlungsmittelabflüsse aus Finanzierungs-Leasingverhältnissen dem Ab-
schluss entnommen werden kann, muss die Kapitalisierung der Verpflichtungen aus
Operating-Leasingvereinbarungen auf Basis pauschaler Annahmen über den Diskon-
tierungssatz und die zeitliche Verteilung der Auszahlungen nachgeholt werden. Aus
der fehlenden Verpflichtung zur gestaffelten Angabe der Barwerte erwachsen der Fly
Away Airline mit Blick auf die Außendarstellung daher möglicherweise Nachteile, die
freilich durch freiwillige Angaben über den Barwert und den verwendeten Diskontie-
rungsfaktor geheilt werden können.

In den Jahren x1 bis x4 berichtet die Fly Away Airline jeweils wie folgt:

Tabelle 2-19: Noch nicht als Aufwand erfasste Mindestleasingzahlungen aus Operating-
Leasingverhältnissen (in €)
Jahr bis 1 Jahr 1 bis 5 Jahre über 5 Jahre Summe
x1 7.000.000 34.160.000 - 41.160.000
x2 11.200.000 22.960.000 - 34.160.000
x3 11.480.000 11.480.000 - 22.960.000
x4 11.480.000 - - 11.480.000

81
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Schließlich verlangt auch IAS 17.35d eine allgemeine Beschreibung der wesentlichen
Leasingvereinbarungen. Anzugeben ist, auf welcher Grundlage bedingte Mietzahlun-
gen festgelegt sind, ob Verlängerungs- oder Kaufoptionen und Preisanpassungsklau-
seln bestehen und – falls ja – wie diese allgemein ausgestaltet sind. Ebenso soll über
Beschränkungen berichtet werden, die der Fly Away Airline infolge einer geschlosse-
nen Leasingvereinbarung auferlegt sind. Außerdem ist darzulegen, welche Vermö-
genswerte die Fly Away Airline im Rahmen von Operating-Leasingverhältnissen nutzt
und für welche Zeiträume die Leasingvereinbarungen durchschnittlich geschlossen
sind.

e) Bilanzielle Auswirkung der Ausübung einer Verlängerungsoption beim Lea-


singgeber

Macht die Fly Away Airline von ihrem vertraglich zugesicherten Recht auf Mietver-
längerung Gebrauch, so nimmt dieses Ereignis aus Sicht der European Flieghtlease AG
weder Einfluss auf die unter a) beschriebene Klassifizierung noch auf die unter c) dar-
gestellte Abbildung der Leasingvereinbarung, da die European Flightlease AG bereits
im Klassifizierungszeitpunkt von einer Optionsausübung der Fly Away Airline ausge-
gangen ist. Da sich die relevanten Klassifizierungs- und Bilanzierungsparameter infol-
ge der Optionsausübung nicht ändern, werden auch keine buchhalterische Anpassun-
gen erforderlich.

f) Neuklassifizierung des Leasingvertrags und bilanzielle Auswirkung der Aus-


übung einer Verlängerungsoption beim Leasingnehmer

Fraglich ist, ob das Ereignis „Optionsausübung“ wirtschaftlich als change in the provisi-
ons of the lease im Sinne von IAS 17.13 zu würdigen ist. Die Ausübung einer bereits zu
Vertragsbeginn vereinbarten, aber unberücksichtigten Verlängerungsoption ist formal
keine Vertragsänderung. Wirtschaftlich ist sie jedoch einer nachträglich vereinbarten
Vertragsverlängerung gleichzustellen. Dann sollten sich auch dieselben Konsequenzen
des IAS 17.13 daran anschließen (zu Einzelheiten s. Kümpel/Becker, PiR 2006, 243 (244)).

Danach ist zu prüfen, ob infolge der Optionsausübung wirtschaftlich von einer neuen
Leasingvereinbarung (new agreement) auszugehen ist. Zu diesem Zweck muss die Fly
Away Airline retrospektiv analysieren, ob der Leasingvertrag zu Beginn des Leasing-
verhältnisses anders klassifiziert worden wäre, wenn die Optionsausübung bereits in
diesem Zeitpunkt mit der geforderten Sicherheit festgestellt worden wäre. Alle ande-
ren Einflussgrößen, wie etwa der Grenzfremdkapitalzinssatz, der beizulegende Zeit-
wert der Boing 331/3 oder die Einschätzung der realisierbaren Auslastungsstaffel, sind
unverändert beizubehalten.

Wird im Verlauf dieser retrospektiven Prüfung ein im Vergleich zur Erstklassifizie-


rung abweichendes Ergebnis festgestellt, so ist die geänderte Vereinbarung als ein neues
Leasingverhältnis zu beurteilen. Die Altvereinbarung gilt dann als (vorzeitig) beendet
und die Neuvereinbarung ist gemäß IAS 17.7 ff. prospektiv, d.h. auf Basis aktualisier-

82
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.3
ter Beurteilungsparameter, zu klassifizieren. Wird im Rahmen des retrospektiven
Prüfschritts aber kein von der Erstklassifizierung abweichendes Ergebnis ermittelt, so
liegt auch kein neues Leasingverhältnis vor. Das Erstklassifizierungsergebnis ist dann
beizubehalten. Lediglich die Parameter, die der buchhalterischen Abbildung des Lea-
singvertrags zugrunde liegen sind zu aktualisieren und das Altverhältnis ist auf dieser
angepassten Basis fortzuführen.

Den Vorgaben in IAS 17.13 folgend, führt die Fly Away Airline zunächst den Laufzeit-
test durch. Dieser signalisiert auch weiterhin ein Operating-Leasingverhältnis (6 Jahre
/ 12 Jahre = 50 %). Auch der Barwerttest deutet aus retrospektiver Sicht nicht auf eine
Übertragung wirtschaftlichen Eigentums auf die Fly Away Airline hin. So ist der Bar-
wert der Mindestleasingzahlungen jetzt wie folgt zu berechnen:
7.000 T € 11.200 T € 11.480 T € 11.480 T € 8.713 T € 8.713 T €
1
 2
 3
 4
 5
 49.515 T €
1,05 1,05 1,05 1,05 1,05 1,05 6

Da der in dieser Weise berechnete Barwert der Mindestleasingzahlungen gerade ein-


mal 57,6 % des beizulegenden Zeitwerts der Boing 331/3 zu Vertragsbeginn
(86.000.000 €) abdeckt, ist die Leasingvereinbarung auch weiterhin als ein Operating-
Leasingverhältnis zu klassifizieren. Demnach wurde durch die Optionsausübung
wirtschaftlich kein neues Leasingverhältnis begründet. Das Ergebnis der Erstklassifi-
zierung ist beizubehalten.

Buchhalterisch ist das Altverhältnis daher unter den geänderten Bedingungen fortzu-
führen. Hierzu sind die gesamten, noch ausstehenden Leasingzahlungen von
17.425.000 € (= 2 x 8.712.500 €) linear über den Verlängerungszeitraum zu verteilen. In
den Jahren x6 und x7 weist die Fly Away Airline daher Mietaufwendungen in Höhe
von 8.712.500 € aus. Sofern in diesem Zeitraum eine andere als die zweite Auslas-
tungsstaffel erreicht wird, ist der sich einstellende Mehr- oder Minderaufwand als be-
dingte Mietzahlung darzustellen.

Zum 31.12.x5 aktualisieren die Mitarbeiter der Fly Away Airline schließlich die gemäß
IAS 17.35 vorgegebenen Pflichtangaben. Speziell mit Blick auf das Angabeerfordernis
des IAS 17.35a stellen sich die aktualisierten Erläuterungen wie folgt dar:

Tabelle 2-20: Noch nicht als Aufwand erfasste Mindestleasingzahlungen aus Operating-
Leasingverhältnissen (in €)
Jahr bis 1 Jahr 1 bis 5 Jahre über 5 Jahre Summe
x5 8.712.500 8.712.500 - 17.425.000
x6 8.712.500 - - 8.712.500

83
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.4 Vorräte und Fertigungsaufträge
2.4.1 Herstellungskosten von Vorräten – „Klopfer“
Rechtsquellen: IAS 2

Lernziele: Umfang der Herstellungskosten; Verbot der Aktivierung von Leerkosten

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die in Stuttgart ansässige Bohrhammer GmbH, Tochterunternehmen der nach IFRS bi-
lanzierenden Robert Busch GmbH, fertigt diverse Heimwerkermaschinen, die über
Baumärkte vertrieben werden. Als Praktikant der Firma erhalten Sie die Aufgabe, für
Konzernzwecke die Herstellungskosten der Bohrmaschine „Klopfer“ am Jahresende
x1 zu ermitteln. Folgende Daten zweier Szenarien liegen Ihnen vor:

Tabelle 2-21: Vorgaben zur Herstellungskostenermittlung der Bohrmaschine „Klopfer“


Nr. Bezeichnung Szenario A Szenario B
1 normale Produktionskapazität pro Periode 100.000 Stück 100.000 Stück
2 produzierte Menge in x1 100.000 Stück 70.000 Stück
3 abgesetzte Menge in x1 90.000 Stück 60.000 Stück
4 Materialeinzelkosten pro Stück 4€ 4€
5 Fertigungseinzelkosten pro Stück 3€ 3€
6 produktionsnahe variable Verwaltungs- 220.000 € 170.000 €
gemeinkosten
7 planmäßige Abschreibung auf Fertigungsanla- 400.000 € 400.000 €
gen
8 außerplanmäßige Abschreibung auf Ferti- 150.000 € 150.000 €
gungsanlagen
9 planmäßige Abschreibung auf „Klopfer“- 200.000 € 200.000 €
Entwicklungskosten

Aufgabenstellung

a) Welche der oben genannten Kostenbestandteile sind dem Grunde nach in die
Herstellungskostenermittlung nach IAS 2 einzubeziehen?

b) Ermitteln Sie die Herstellungskosten pro Stück für die Szenarien A und B.
c) Ändern sich Ihre Ergebnisse zu b), wenn Sie unter sonst gleichen Bedingungen
die Herstellungskosten nach HGB ermitteln?

84
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Lösung

a) Bestandteile der Herstellungskosten nach IAS 2


Zu den Herstellungskosten fertiger und unfertiger Erzeugnisse gehören nach IAS 2 al-
le in der Produktion anfallenden Einzel- und Gemeinkosten (Vollkostenansatz) unter
Berücksichtigung ihrer Angemessenheit. Eine Aktivierung ist insoweit auf den Zeit-
raum der Herstellung beschränkt, Leerkosten oder überhöhte Kosten sowie außer-
planmäßige Abschreibungen z.B. auf Fertigungsanlagen dürfen nicht aktiviert werden.
Für Verwaltungskosten, die keinen Produktionsbezug aufweisen, besteht generell ein
Aktivierungsverbot.

Damit sind dem Grunde nach bis auf Zeile 8 – die außerplanmäßigen Abschreibungen
– alle genannten Kosten zu aktivieren. Das gilt explizit auch für die Abschreibungen
auf aktivierte Entwicklungskosten der Bohrmaschine „Klopfer“ (IAS 38.99).

b) Herstellungskosten Szenario A und B


Im Szenario A entspricht die produzierte Menge auch der normalen Produktionska-
pazität. Daher können sowohl die variablen Gemeinkosten als auch Fixkosten addiert
und durch die Istbeschäftigung = Normalbeschäftigung dividiert werden.

Beim Szenario B besteht eine Unterauslastung der normalen Produktionskapazität


von immerhin 30 %. Da Leerkosten nicht aktiviert werden dürfen, kann die Kalkulati-
on der Fixkosten nur auf Basis der Normalbeschäftigung erfolgen. Damit wird die
Leerkostenaktivierung verhindert. Die variablen Gemeinkosten werden dagegen mit
der Istbeschäftigung kalkuliert.

85
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-22: Kalkulation der Herstellungskosten (in €)
Nr. Bezeichnung Szenario A Szenario B
7 planmäßige Abschreibung auf Fertigungsanla- 400.000 € 400.000 €
gen
9 planmäßige Abschreibung auf „Klopfer“- 200.000 € 200.000 €
Entwicklungskosten
Fixkosten pro Stück, kalkuliert auf Basis der 600.000 € 600.000 €
Normalbeschäftigung : 100.000 Stück : 100.000 Stück
= 6 €/Stück = 6 €/Stück
6 produktionsnahe variable Verwaltungs- 220.000 € 170.000 €
gemeinkosten
Variable Gemeinkosten pro Stück, kalkuliert 220.000 € 170.000 €
auf Basis der Istbeschäftigung : 100.000 Stück : 70.000 Stück
= 2,2 €/Stück = 2,43 €/Stück
4 Materialeinzelkosten pro Stück 4€ 4€
5 Fertigungseinzelkosten pro Stück 3€ 3€
Herstellungskosten pro Stück 15,2 € 15,43 €

c) Abweichungen nach HGB


Unter zwei Bedingungen entsprechen sich die Herstellungskosten nach IFRS und HGB:
„ die Entwicklungskosten für „Klopfer“ wurden gem. § 248 Abs. 2 HGB aktiviert,
und
„ die produktionsnahen Verwaltungskosten entsprechen den Verwaltungsgemein-
kosten, die unmittelbar dem Material- oder Fertigungsbereich zurechenbar sind.
Die Terminologie hinsichtlich der zurechnungspflichtigen Gemeinkosten ist nach IFRS
und HGB unterschiedlich. Inhaltlich dürfte es grundsätzlich keine Abweichungen ge-
ben. Werden nach IFRS und HGB unterschiedliche Abschreibungsmethoden gewählt,
kann es jedoch zu unterschiedlichen Werten kommen. Unterschiede zwischen den
beiden Rechnungslegungssystemen gibt es nur noch hinsichtlich der Kosten der sozia-
len Einrichtungen, freiwilligen sozialen Leistungen und betrieblichen Altersvorsorge
sowie den allgemeinen Verwaltungskosten ( Material- und Fertigungsbereich). Für
diese Kosten besteht nach IFRS ein Aktivierungsgebot, sofern die Kosten produktions-
nah entstanden sind. Nach HGB besteht ein Aktivierungswahlrecht für angemessene
Teile dieser Kosten, d.h. es muss einen Herstellungsbezug geben. Zur Aktivierung von
Fremdkapitalkosten vgl. Aufgabe 2.2.4.

Literaturempfehlung: Kümpel, Vorratsbewertung und Auftragsfertigung nach IFRS,


2005, S. 25-56.

86
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
2.4.2 Vorratsbewertung und Verbrauchsfolgeverfahren –
Rennrodel AG
Rechtsquellen: §§ 240, 253, 255, 256 HGB; § 6 I Nr. 2 EStG, IAS 2

Lernziele: Unterschiede zwischen HGB, Steuerbilanz und IFRS bei Verbrauchsfolgefik-


tionen; Auswirkung auf latente Steuern; Niederstwertbestimmungen; Konsequenz bei
unterschiedlichen Rechtsformen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die im Januar x1 gegründete Rennrodel AG beschäftigt sich ausschließlich mit dem


Handel von Wintersportartikeln. Es findet demnach keine Be- oder Verarbeitung der
Produkte statt. Im Geschäftsjahr x1 sind folgende Stücke des erfolgreichen Rennschlit-
tens „Swiss-Blitz“ angekauft worden:

Tabelle 2-23: Anschaffungsmengen und Bezugspreise der „Swiss-Blitz“


Anschaffungsmenge €/Stück €
"Swiss-Blitz"

Januar 2.500 360 900.000


März 2.000 350 700.000
April 1.200 330 396.000
Juni 500 330 165.000
September 1.000 340 340.000
Oktober 1.500 360 540.000
November 1.800 380 684.000
Dezember 2.500 400 1.000.000
Summe 13.000 4.725.000

Erst bei der Inventur am Jahresende wird festgestellt, dass noch 3.500 Stück des Mo-
dells „Swiss-Blitz“ auf Lager liegen. Unterjährig ist die tatsächliche Lagerbewegung
nicht nachgehalten worden.

Die Rennrodel AG stellt den Jahresabschluss nach HGB auf. Der Vorstand weist den
Leiter Rechnungswesen an, für das erste Geschäftsjahr ein hohes Jahresergebnis aus-
zuweisen. Der Gewerbesteuersatz beträgt 16 %, der kombinierte Ertragsteuersatz
(Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag) vereinfacht 30 %.

87
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Aufgabenstellung

a) Sind Vorräte nach HGB und IFRS grundsätzlich einzeln zu bewerten? Unter wel-
chen Bedingungen kann von der Einzelbewertung abgewichen werden?

b) Ermitteln Sie die Anschaffungskosten des Endbestandes und den Handelswaren-


aufwand für die „Swiss-Blitz“ nach HGB.

c) Wie hoch sind die Anschaffungskosten des Endbestandes der Rennschlitten in


der Steuerbilanz?

d) Welche Information wird benötigt, damit die unter b) und c) ermittelten Werte
auch tatsächlich angesetzt werden können (für die weitere Bearbeitung des Falles
wird angenommen, dass die ermittelten Werte angesetzt werden können)?

e) Mit welcher Begründung sind ggf. in der Handelsbilanz latente Steuern anzuset-
zen? Der Betrag ist ggf. zu ermitteln.

f) (1) Was würde sich in den bisherigen Lösungen ggf. ändern, wenn es sich bei der
Gesellschaft um eine „Rennrodel KG“ handelte? Sind diese Änderungen zwin-
gend oder dürfte die KG auch die bisherige Vorgehensweise dem Grunde nach fort-
führen?

(2) Vorausgesetzt, die „Rennrodel KG“ würde die bisherige Vorgehensweise dem
Grunde nach fortführen: Was würde sich in der Höhe ändern? Die neuen Wertan-
sätze sind ggf. zu berechnen! Ist die Vorgehensweise der „Rennrodel KG“ zu
empfehlen?

g) Angenommen, die Gesellschaft werde in einen Konzernabschluss nach IFRS ein-


bezogen. Können die HGB-Wertansätze der (1) Rennrodel AG bzw. der (2) Renn-
rodel KG bei Erstellung der Handelsbilanz II nach IFRS beibehalten werden?

Lösung

a) Einzelbewertung von Vorräten


Nach HGB besteht der Einzelbewertungsgrundsatz als kodifizierter GoB (§ 252 Abs. 1
Nr. 3 HGB). Für eine Vielzahl gleichartiger Vermögensgegenstände, wie sie im Vor-
ratsvermögen typisch sind, ist eine Einzelbewertung jedoch häufig unpraktisch oder
sogar unmöglich (Tanklager). Daher ist der gewogene Durchschnittswert sowohl bei
der Inventur (§ 240 Abs. 4 HGB) als auch im Jahresabschluss (§ 256 Satz 2 HGB) zuläs-
sig. Darüber hinaus ist für das Vorratsvermögen als Verbrauchsfolgfiktion auch die Li-
fo- (=Last in first out) und Fifo- (=First in first out) Methode möglich (§ 256 S. 1 HGB).

In den IFRS fehlt ein übergeordneter Einzelbewertungsgrundsatz. Für Vorräte ist al-
lerdings die Einzelbewertung grundsätzlich vorgesehen, sofern die Einzelzuordnung
der Anschaffungs- und Herstellungskosten möglich ist (IAS 2.23). Bei gleichartigen

88
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
und damit austauschbaren Vorräten kann aber auch die Durchschnittsmethode oder
die Fifo-Fiktion verwendet werden (IAS 2.25). Sofern sie der tatsächlichen Verbrauchs-
folge entsprechen, sind auch andere Methoden zulässig. Im Ergebnis ist so auch eine
der Lifo-Verbrauchsfiktion entsprechende Bewertung möglich.

b) Ermittlung der Anschaffungskosten nach HGB


Da es sich um die Bewertung gleicher Produkte handelt, kann der Lagerbestand der
„Swiss-Blitz“ am Ende des Geschäftsjahres zu einer Gruppe gleichartiger Vermögens-
gegenstände zusammengefasst werden. Die Gruppenbildung ist auch eine Vorausset-
zung für die Anwendung der Verbrauchsfolgeverfahren nach § 256 HGB.

Außerdem muss das Verbrauchsfolgeverfahren nach § 256 HGB den Grundsätzen


ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Sollte danach die tatsächliche
Verbrauchsfolge leicht ermittelbar und insoweit die Zurechnung von Anschaffungs-
und Herstellungskosten nach der Einzelbewertung möglich sein, kommt die Anwen-
dung einer Verbrauchsfolgefiktion nicht in Betracht. GoB-konform dient eine
Verbrauchsfolgefiktion einzig dem Vereinfachungszweck. Ein Verstoß gegen die GoB
liegt daher vor, wenn die Verbrauchsfolge nicht der Vereinfachung dient, sondern ge-
zielt eingesetzt wird, um niedrige Wertansätze zu verwirklichen. Dagegen kommt es
nach h.M. nicht darauf an, ob die Verbrauchsfolge völlig den betrieblichen Verhältnis-
sen widerspricht, wie beispielsweise die Anwendung der Lifo-Methode bei der Bewer-
tung von verderblichen Waren (siehe im Einzelnen: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7.
Aufl. 2010, § 256 HGB Rz. 28, 41). Im Übrigen aber besteht ein Wahlrecht für die An-
wendung der Verbrauchsfolgeverfahren in der Handelsbilanz.

Bei der Lifo-Methode wird unterstellt, dass die zuletzt angeschafften Vermögensge-
genstände zuerst verbraucht bzw. verkauft werden. Bei steigenden Preisen hat die Li-
fo-Methode den Effekt, dass die niedrigen Wertansätze, die zu Beginn des Geschäfts-
jahres herrschten, weiter fortgeführt werden können.

Im Gegensatz zur Lifo-Methode liegt der Fifo-Methode zu Grunde, dass die zuerst
angeschafften Vermögensgegenstände zuerst verbraucht bzw. veräußert werden. Der
Bestand zum Bilanzstichtag setzt sich somit aus den zuletzt angeschafften Vermö-
gensgegenständen zusammen. In der Situation steigender Preise kommt es zu einem
höheren Vermögensausweis des Endbestandes.

Alternativ zur Lifo- bzw. Fifo-Methode kann auch die Durchschnittsmethode


angewandt werden. Hierbei wird der Endbestand zu einem Durchschnittspreis bewer-
tet.

89
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Die jeweiligen Wertansätze berechnen sich wie folgt:

Tabelle 2-24: Bewertung der Swiss-Blitz im Vergleich


Lifo Fifo gewogener
Durchschnitt

2.500 Stück x 360 €/Stück


Januar = 900.000 € 900.000 €
1.000 Stück x 350 €/Stück
März = 350.000 € 700.000 €
April 396.000 €
Juni 165.000 €
September 340.000 €
Oktober 540.000 €
1.000 Stück x 380 €/Stück =
November 380.000 € 684.000 €
2.500 Stück x 400 €/Stück =
Dezember 1.000.000 € 1.000.000 €
(4.725.000 €
/ 13.000 Stück)
AK des Endbe- x 3.500 Stück
standes 1.250.000 € 1.380.000 € = 1.272.115 €
Gesamt-AK 4.725.000 € 4.725.000 € 4.725.000 €
Handelswaren-
aufwand 3.475.000 € 3.345.000 € 3.452.885 €

Laut Anweisung des Vorstandes soll ein hohes Jahresergebnis ausgewiesen werden.
Demnach ist in diesem Fall die Fifo-Methode anzuwenden, da hier – verglichen mit
der Lifo- und Durchschnittsmethode – der Handelswarenaufwand am geringsten ist
und so ein höheres Jahresergebnis ausgewiesen wird.

c) Ermittlung der Anschaffungskosten des Endbestandes in der Steuerbilanz


Steuerrechtlich sind ausschließlich die Durchschnittsmethode und als Verbrauchfolge-
fiktion die Lifo-Methode zulässig (R 6.9 Abs. 1 EStR). Dies schließt aber nicht aus, dass
Vorratsbestände in der Steuerbilanz auch auf Grundlage der Fifo-Methode bewertet
werden können, wenn eine entsprechende tatsächliche Lagerbewegung nachgewiesen
wird; in diesem Fall wäre man wieder bei der Einzelbewertung. Laut Sachverhalt ist
jedoch die Lagerbewegung unterjährig nicht nachgehalten worden. Daher sind für die
Steuerbilanz nur die Durchschnittsmethode oder die Lifo-Fiktion zulässig.

90
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Die Lifo-Methode führt in diesem Beispielfall zu einem Aufwand in Höhe von
3.475.000 € (siehe Lösung zu b)). Unter dem Gesichtspunkt einer niedrigen steuerli-
chen Bemessungsgrundlage wäre demnach der Einsatz der Lifo-Methode vorteilhaft.
Die mögliche Anwendung der Lifo-Methode in der Steuerbilanz setzt wegen der Neu-
fassung des § 5 Abs. 1 EStG durch BilMoG nicht mehr voraus, dass auch in der Han-
delsbilanz nach Lifo bilanziert wird (vgl. BMF-Schreiben v. 12.3.2010, IV C 6 –
S 2133/09/10001, Tz. 17).

d) Beachtung des Niederstwertprinzips


Bei der Bewertung des Umlaufvermögens gilt handelsrechtlich das strenge Nie-
derstwertprinzip. Danach müssen die Anschaffungskosten der Vermögensgegenstän-
de mit dem beizulegenden Wert am Bilanzstichtag verglichen werden. Falls der bei-
zulegende Wert unter den Anschaffungskosten liegt, muss außerplanmäßig auf den
niedrigeren beizulegenden Wert abgeschrieben werden, und zwar unabhängig von
der Dauer der Wertminderung. Maßgeblich für die Bestimmung des beizulegenden
Wertes können Börsen- oder Marktpreise sein. Dabei ist der Börsen- oder Marktpreis
noch um die bei der Veräußerung bzw. Beschaffung anfallenden Aufwendungen zu
vermindern. Falls kein Börsen- oder Marktpreis bestimmbar ist, sind Wiederbeschaf-
fungskosten, Reproduktionswerte oder der Verkaufspreis maßgeblich.

Steuerrechtlich besteht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG bei einer dauerhaften Wertminde-
rung ein Abschreibungswahlrecht auf den niedrigeren Teilwert zum Bilanzstichtag,
das gem. § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 EStG unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt wer-
den kann (vgl. Ellrott/Roscher in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 253 Rz.
532). Bei nicht dauerhafter Wertminderung ist nur handelsrechtlich außerplanmäßig
abzuschreiben. Die Frage der Dauerhaftigkeit einer Wertminderung in der Steuerbi-
lanz wird in BMF v. 25.02.2000, BStBl. I 372 konkretisiert.

Um die in b) ermittelten Anschaffungskosten tatsächlich ansetzen zu können, muss


unterstellt werden, dass der beizulegende Wert höher ist als

1.380.000 € / 3.500 Stück = 394 €/Stück

Für die Steuerbilanz c) ist zu unterstellen, dass entweder

„ der Teilwert höher ist als 357 €/Stück = 1.250.000 € / 3.500 Stück oder

„ falls der Teilwert niedriger ist als 357 €/Stück, darf die Wertminderung nicht dau-
erhaft sein.

e) Ansatz latenter Steuern


In der Handelsbilanz wird ein Aufwand in Höhe von 3.345.000 € ausgewiesen, wohin-
gegen der Aufwand in der Steuerbilanz 3.475.000 € beträgt. Diese Abweichung hat zur
Konsequenz, dass der auf Basis der Steuerbilanz errechnete und in die Handelsbilanz
übernommene Steueraufwand in keinem erklärbaren Verhältnis zum handelsrecht-

91
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
lichen Vor-Steuer-Ergebnis steht. Durch die Bilanzierung latenter Steuern nach § 274
HGB wird diese Diskrepanz beseitigt: Sollte ein handelsrechtliches und erst später zu
versteuerndes Mehrvermögen existieren, sind passive latente Steuern anzusetzen. Im
umgekehrten Fall können aktive latente Steuern angesetzt werden (Wahlrecht).

Im vorliegenden Fall besteht ein Mehrvermögen in der handelsrechtlichen Bilanz. Die


Differenz kehrt sich bei Verkauf der 3.500 „Swiss-Blitz“ um. Daher sind die Vorausset-
zungen für den Ansatz passiver latenter Steuern nach § 274 Abs. 1 HGB erfüllt. Die
Höhe der Steuerlatenz beträgt:

(1.380.000 € - 1.250.000 €) x 0,3 (kombinierter Ertragssteuersatz) = 39.000 €

In der Handelsbilanz ist zusätzlich zu buchen:

Konto € Konto €

Steueraufwand (latent) 39.000 an passive latente Steuern 39.000

f) Rechtsformbedingte Änderung der Wertansätze

Für den vorliegenden Sachverhalt kommt es im Hinblick auf die „Swiss-Blitz“ nicht zu
anderen Bewertungsergebnissen in der Handelsbilanz, wenn die Rechtsform der Per-
sonengesellschaft unterstellt wird. Auch hinsichtlich der Steuerbilanz kommt es bei
der Personengesellschaft nicht zu anderen Ergebnissen; das Steuerrecht ist an dieser
Stelle der Ermittlung der Bemessungsgrundlage rechtsformneutral.

Die Vorschrift des § 274 HGB zu latenten Steuern ist demgegenüber zwingend nur von
Kapitalgesellschaften zu beachten. Dies schließt jedoch eine freiwillige und sinngemä-
ße Anwendung des § 274 HGB durch Personengesellschaften nicht aus. Da eine Renn-
rodel KG nur der Gewerbesteuer unterliegen würde, käme zur Berechnung der Steu-
erlatenz nur der Gewerbesteuersatz zur Anwendung. Beim Ansatz von latenten Steu-
ern würde die Steuerlatenz im Vergleich zur Kapitalgesellschaft auf

(1.380.000 € - 1.250.000 €) x 0,16 (Gewerbesteuersatz) = 20.800 € sinken.

Da aber ein hohes Jahresergebnis ausgewiesen werden soll, macht die Rennrodel KG
von der sinngemäßen Anwendung des § 274 HGB keinen Gebrauch und verzichtet
auf den Ansatz passiver latenter Steuern.

g) Wertansätze in der HB II nach IFRS


Da nach IAS 2 die Fifo-Methode zulässig ist, können die nach HGB ermittelten An-
schaffungskosten des Endbestandes der Schlitten übernommen werden. Es kommt
nicht darauf an, wie in der Steuerbilanz bewertet worden ist.

Bei der Bewertung der Vorräte nach IFRS gilt ebenfalls das strenge Niederstwertprin-
zip. Das IFRS-Niederstwertprinzip stellt bei der Vergleichswertfindung auf den sog.

92
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Nettoveräußerungswert ab, der allerdings – im Gegensatz zum beizulegenden Wert
nach HGB – ausschließlich absatzmarktorientiert zu ermitteln ist. Der Nettoveräuße-
rungswert ist der geschätzte, im normalen Geschäftsgang erzielbare Verkaufserlös ab-
züglich der geschätzten Kosten bis zum Abgang des Vermögenswertes aus dem Un-
ternehmen. Falls der Nettoveräußerungswert höher ist als die Anschaffungskosten des
Endbestandes, können die Wertansätze für die „Swiss-Blitz“ nach HGB für die Erstel-
lung der Handelsbilanz II übernommen werden.

(1) Auch nach IFRS sind passive latente Steuern anzusetzen. Unterschiede bezüglich
der Höhe der Steuerlatenz existieren hier nicht. So sind in der Handelsbilanz II der
Rennrodel AG passive latente Steuern gem. e) in Höhe von 39.000 € anzusetzen.

(2) Bei der Erstellung der Handelsbilanz II muss die Rennrodel KG nach IFRS An-
satz- und Bewertungsanpassungen vornehmen. Da nach IFRS ein Ansatzgebot für la-
tente Steuern besteht, müssen die passiven latenten Steuern gem. e) in Höhe von
20.800 € angesetzt werden. Freilich müssten auch bei Einbeziehung der Rennrodel KG
in einen Konzernabschluss nach HGB wegen § 298 Abs. 1 HGB passive latente Steuern
angesetzt werden.

2.4.3 Fertigungsaufträge: Verfahren zur Ermittlung des


Fertigstellungsgrades – Bridge GmbH
Rechtsquellen: IAS 11, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB

Lernziele: Bilanzierung von langfristigen Fertigungsaufträgen nach HGB und IFRS;


Prüfung der Ansatzkriterien für die Anwendung der Percentage-of-Completion-
Methode; Verfahren zur Bestimmung des Fertigstellungsgrades nach IFRS

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Bridge GmbH bekommt am 01.01.x1 den Auftrag, eine Talbrücke zu bauen. Der
Gesamterlös des Fertigungsauftrages, der zum Ende des Jahres x3 erfüllt werden soll
(Gefahrenübergang), beläuft sich laut Vertrag auf 500 Mio. €. Die sowohl nach HGB als
auch nach IFRS geschätzten Gesamtkosten des Auftrages betragen 380 Mio. €.

Diese verteilen sich ebenfalls nach HGB und IFRS voraussichtlich wie folgt:

„ im Jahr x1 – 100 Mio. €


„ im Jahr x2 – 200 Mio. €
„ im Jahr x3 – 80 Mio. €
Die Verteilung der gesamten physikalischen Leistung (gemessen in qm³ umbauter
Raum) wird folgendermaßen geschätzt:

93
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
„ im Jahr x1 – 10 %,
„ im Jahr x2 – 75 % und
„ im Jahr x3 – 15 %
Der Bereich Controlling der Bridge GmbH verfügt über eine mitlaufende Auftragskal-
kulation.

Aufgabenstellung:

a) Erläutern Sie kurz die Begriffe „Completed-Contract-Methode“(CCM) und „Per-


centage-of-Completion-Methode“ (PoC).

b) Wie ist der vorliegende Sachverhalt nach HGB zu bilanzieren? Zeigen Sie, soweit
möglich, unter Angabe der Buchungssätze die betroffenen Bilanz- und GuV-
Posten (GuV nach Gesamtkostenverfahren).

c) Prüfen Sie, ob die Bridge GmbH bei der Erstellung eines IFRS-Abschlusses die
Percentage-of-Completion-Methode anwenden kann.

d) Welche Verfahren zur Bestimmung des Fertigstellungsgrades kommen im vorlie-


genden Fall im IFRS-Abschluss der Bridge GmbH in Betracht? Bilanzieren Sie den
Sachverhalt nach den jeweils zulässigen Verfahren unter Berücksichtigung von la-
tenten Steuern (Steuersatz 30 %).

Lösung

a) Begriffe CCM und PoC


Mit der Completed-Contract-Methode wird der Umstand bezeichnet, dass erst bei
Gefahrenübergang – wenn die Vertragsbedingungen seitens des Lieferanten erfüllt
und er die Sache übergeben hat – der Erfolg (Gewinn) aus dem Vertrag erfasst wird.
Die Methode entspricht dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip.

Die Percentage-of-Completion-Methode ist dagegen ein Verfahren, wonach bei peri-


odenübergreifender Fertigung schon während der Bauzeit Gewinne erfasst werden,
und zwar gemäß einem zu messenden Leistungsfortschritt. Die Methode führt dem-
nach zur Teilgewinnrealisierung in den Fertigungsperioden.

b) Bilanzierung des Fertigungsauftrags nach HGB


Das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verankerte Realisationsprinzip ist ein zentraler Bilanzie-
rungsgrundsatz im deutschen HGB: Ein Gewinn ist erst dann zu erfassen, wenn die
Lieferung oder Leistung erbracht worden ist. Zum Realisationszeitpunkt werden Um-
sätze und die zur Leistungserbringung erforderlichen Aufwendungen gegenüberge-
stellt.

94
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Daher ist die (Teil-)Gewinnrealisierung bei langfristiger Fertigung grundsätzlich nicht
erlaubt. Der Gesamtgewinn wird in dem Jahr ausgewiesen, in dem der Umsatzerlös
anfällt. Die in den Vorjahren angefallenen Herstellungskosten werden im Rahmen der
langfristigen Fertigung unter den unfertigen Erzeugnissen des Umlaufvermögens ak-
tiviert. Abweichend davon wird in der deutschen Literatur in Mindermeinung vertre-
ten, dass es unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 252 Abs. 2 HGB auch im HGB-
Abschluss zu einer (Teil-)Gewinnrealisierung kommen kann (siehe zu den unter-
schiedlichen Auffassungen Ellrodt/Brendt in Beck’scher Bilanzkommentar, 7. Aufl. 2010,
§ 255 HGB, Rz. 457 ff.).

Gemäß des Realisationsprinzips ergeben sich für den HGB-Abschluss folgende Bu-
chungssätze, die zu einem Gewinn von 120 Mio. € in x3 führen:

Jahr x1:

Konto Mio. € Konto Mio. €

div. Aufwand 100 an diverse Aktiva/Passiva 100

Unfertige Erzeugnisse 100 an Bestandserhöhung 100

Jahr x2:

Konto Mio. € Konto Mio. €

div. Aufwand 200 an diverse Aktiva/ Passiva 200

Unfertige Erzeugnisse 200 an Bestandserhöhung 200

Jahr x3:

Konto Mio. € Konto Mio. €

div. Aufwand 80 an diverse Aktiva/ Passiva 80

Bestandsminderung 300 an Unfertige Erzeugnisse 300

Forderungen aus L.L. 500 an Umsatzerlöse 500

c) Anwendungsvoraussetzungen der PoC-Methode


Für die Anwendung der PoC-Methode im IFRS-Abschluss ist zunächst zu klären, ob
ein Fertigungsauftrag im Sinne von IAS 11 vorliegt. Als Hauptmerkmal des Ferti-
gungsauftrages nennt der IASB die kundenspezifische Einzelfertigung (IAS 11.3). Da
der Bau einer Talbrücke weder eine standardisierte Fertigung noch eine für den ano-

95
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
nymen Massenmarkt darstellt, liegt eindeutig ein Fertigungsauftrag vor. Unter öko-
nomischer Perspektive trägt die Bridge GmbH kein Abnahmerisiko für die Brücke.

Die Anwendung der PoC-Methode setzt ferner voraus, dass das Ergebnis eines Ferti-
gungsauftrages verlässlich zu schätzen ist. Im vorliegenden Sachverhalt handelt es
sich um einen Festpreisvertrag; somit müssen laut IAS 11.23 folgende Kriterien zur
verlässlichen Schätzung des Ergebnisses des Fertigungsauftrages erfüllt werden:

„ Zuverlässige Bestimmung der gesamten Auftragserlöse (hier: 500 Mio. €);

„ es ist wahrscheinlich, dass der wirtschaftliche Nutzen aus dem Vertrag dem Un-
ternehmen zufließt (= dass der Auftraggeber zahlt; entsprechende Bonität des
Auftraggebers wird hier unterstellt, da ansonsten ein Auftrag kaum angenom-
men werden würde);

„ sowohl die bis zur Fertigstellung des Auftrages noch anfallenden Kosten als
auch der Grad der erreichten Fertigstellung können am Bilanzstichtag verläss-
lich bewertet werden (Festlegung einer Methode zur Messung des Leistungsfort-
schritts und deren tatsächliche Anwendung, wird in d) gezeigt); und

„ die dem Vertrag zurechenbaren Kosten können eindeutig bestimmt werden (Fest-
stellung der periodisch angefallenen Herstellungskosten setzt mitlaufende Auf-
tragskalkulation, die lt. Aufgabenstellung vorhanden ist, voraus).

d) Verfahren zur Bestimmung des Fertigstellungsgrades und Bilanzierung nach


IFRS

Gemäß dem Wortlaut des IAS 11.30 kann der Fertigstellungsgrad eines Auftrags an-
hand verschiedener Verfahren bestimmt werden. Dabei ist das Verfahren anzuwen-
den, mit dem die erbrachte Leistung verlässlich bewertet werden kann. In Betracht
kommen vor allem folgende Verfahren:

„ das Verhältnis der bis zum Stichtag angefallenen Auftragskosten zu den am


Stichtag geschätzten gesamten Auftragskosten (cost-to-cost-method);

„ das Verhältnis der bis zum Stichtag angefallenen Leistung eines wesentlichen In-
putfaktors (z.B. Arbeitsstunden) zur am Stichtag geschätzten gesamten Leistung
dieses Inputfaktors (efforts-expended-method); oder

„ die Vollendung eines physischen Teils des Vertragswerkes im Verhältnis zur


physischen Gesamtleistung (physical-observation-method).

Aufgrund der vorliegenden Daten kommen sowohl die cost-to-cost-method als auch die
physical-observation-method in Betracht.

96
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Berechnungen und Bilanzierung anhand der cost-to-cost-method ergeben sich wie folgt:

Tabelle 2-25: Cost-to-cost-method (in Mio. €)


Jahr x1 x2 x3
1 Gesamter Auftragserlös 500 500 500
2 Gesamte Auftragskosten 380 380 380
3 Gesamtergebnis 120 120 120
4 Auftragskosten pro Periode 100 200 80
5 Fertigstellungsgrad pro Periode (4 / 2) 26,3 % 52,6 % 21,1 %
6 Ertrag pro Periode (1 x 5) 132 263 105
7 Aufwand pro Periode (2 x 5) 100 200 80
8 Ergebnis pro Periode (6 - 7) 32 63 25

Auffällig ist: Zeile 7 stimmt mit Zeile 4 überein, da der Fertigstellungsgrad (Zeile 5)
über das Verhältnis der Auftragskosten pro Periode (Zeile 4) durch Gesamtkosten
(Zeile 2) ermittelt worden ist. Dieser Gleichklang ist aber nur bei der cost-to-cost-method zu
beobachten, wie weiter unten die Berechnung nach der physical-observation-method zeigt.

Bei der Buchung nach IFRS ist abweichend zum HGB nicht etwa eine Bestandserhö-
hung (beim Gesamtkostenverfahren) oder Aufwandsminderung (beim Umsatzkosten-
verfahren), sondern gleich der Umsatz zu erfassen. Das „unfertige Erzeugnis“ wird
entsprechend als solches nicht ausgewiesen, sondern es entsteht eine Forderung, die
z.B. als Forderung aus Auftragsfertigung oder, wie hier, als Forderung aus PoC be-
zeichnet werden kann. IAS 11.42a spricht umständlich von „Fertigungsaufträge mit
aktivischem Saldo gegenüber Kunden“.

Während der Bauphase wird die positive Differenz der Vermögenswerte zur Steuerbi-
lanz (Forderung aus PoC – unfertiges Erzeugnis = 32 Mio. € in der ersten Periode und
analog 63 Mio. € in der zweiten Periode) bereits latent mit 30 % versteuert.

Wird die Abrechnung gegenüber dem Kunden erstellt – die Leistung also übergeben -,
ist die Forderung aus PoC auf Forderung aus Lieferung und Leistung umzubuchen. In
der Abrechungsperiode erfolgt die Versteuerung, so dass die Steuerlatenz aufzulösen
ist. Im Einzelnen:

97
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Jahr x1:

Konto Mio. € Konto Mio. €

div. Aufwand 100 an diverse Aktiva/Passiva 100

Forderungen aus PoC 132 an Umsatzerlöse 132

Steueraufwand (latent) 10 an passive latente Steuern 10

Jahr x2:

Konto Mio. € Konto Mio. €

div. Aufwand 200 an diverse Aktiva/Passiva 200

Forderungen aus PoC 263 an Umsatzerlöse 263

Steueraufwand (latent) 19 an passive latente Steuern 19

Jahr x3:

Konto Mio. € Konto Mio. €

div. Aufwand 80 an diverse Aktiva/Passiva 80

Forderungen aus PoC 105 an Umsatzerlöse 105

Forderungen aus L.L. 500 an Forderungen aus PoC 500

passive latente Steuern 29 an Steuerertrag (latent) 29

Wird nach der physical-observation-method vorgegangen, sind die tatsächlich ange-


fallenen Kosten bilanziell abzugrenzen, weil nur die nach dieser Methode errechneten
Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind. Das IDW emp-
fiehlt, den Abgrenzungsposten mit den Forderungen (oder Verbindlichkeiten) aus Fer-
tigungsaufträgen zu verrechnen (IDW RS HFA 2, Tz 9). Die Kalkulation zeigt hier die
nachfolgenden Werte:

98
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Tabelle 2-26: Physical-observation-method in (Mio. €)
Jahr x1 x2 x3
1 Gesamter Auftragserlös 500 500 500
2 Gesamte Auftragskosten 380 380 380
3 Gesamtergebnis 120 120 120
4 Auftragskosten pro Periode 100 200 80
5 physikalische Leistung pro Periode 10 % 75 % 15 %
6 Ertrag pro Periode (1 x 5) 50 375 75
7 Aufwand pro Periode (2 x 5) 38 285 57
8 Ergebnis pro Periode (6 - 7) 12 90 18

Zeile 4 der obigen Tabelle enthält die entstandenen Auftragskosten pro Periode. In der
GuV werden jedoch nur die nach der physical-observation-method ermittelten Aufwen-
dungen (Zeile 7) erfasst. Entsprechendes gilt für den Ertrag (Zeile 6). Es ergeben sich
folgende Buchungssätze:

Jahr x1:

Konto Mio. € Konto Mio. €

diverser Aufwand 100 an diverse Aktiva/ Passiva 100


Forderungen aus PoC 112 an Umsatzerlöse 50
an diverser Aufwand 62

Steueraufwand (latent) 3,6 an passive latente Steuern 3,6

In der Steuerbilanz werden unfertige Erzeugnisse i.H.v. 100 Mio. € aktiviert, denen in
der IFRS-Bilanz Forderungen aus PoC von 112 Mio. € gegenüber stehen. Das Mehr-
vermögen von 12 Mio. € in der IFRS-Bilanz führt zu einem Ansatz passiver latenter
Steuern i.H.v. 3,6 Mio. € (= 12 Mio. € x 0,3).

Jahr x2:

Konto Mio. € Konto Mio. €

diverser Aufwand 285 an diverse Aktiva/ Passiva 200

an Forderungen aus PoC 85

Forderungen aus PoC 375 an Umsatzerlöse 375

Steueraufwand (latent) 27 an passive latente Steuern 27

99
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Per Saldo erhöhen sich die Forderungen aus PoC im Jahr x2 um 290 Mio. € (= 375 - 85),
während die Steuerbilanz lediglich einen Vermögensmehrwert bei den unfertigen Er-
zeugnissen i.H.v. 200 Mio. € verzeichnet. Somit ergeben sich bezogen auf die Differenz
von 90 Mio. € zusätzliche passive latente Steuern von 27 Mio. €.

Jahr x3:

Konto Mio. € Konto Mio. €

diverser Aufwand 80 an diverse Aktiva/ Passiva 80

Forderungen aus PoC 98 an Umsatzerlöse 75

an diverser Aufwand 23

Forderungen aus LuL 500 an Forderungen aus PoC 500

passive latente Steuern 30,6 an Steuerertrag (latent) 30,6

Im Jahr x3 ergibt sich im IFRS-Abschluss nur noch ein Gewinn von 18 Mio. €, während
in der Steuerbilanz die vollen 120 Mio. € anfallen und die Bemessungsgrundlage der
Ertragsteuern erhöhen. Die Differenz von 102 Mio. € ist im IFRS-Abschluss bereits (la-
tent) versteuert worden. Diese Steuerlatenz ist nun aufzulösen.

Literaturempfehlungen: Kirsch, Einführung in die internationale Rechnungslegung


nach IFRS, 5. Aufl. 2008, S. 87-99; Pellens u.a., Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl.,
2008, S. 385-400; Ruhnke, Rechnungslegung nach IFRS und HGB, 2.Aufl., 2008.

2.4.4 Erfassen von Auftragsänderungen und Verlusten bei


Auftragsfertigung – Maulwurf GmbH
Rechtsquelle: IAS 11

Lernziele: Anwendung der Percentage-of-Completion-Methode; Bestimmung des Fer-


tigstellungsgrades; Berücksichtigung von Auftragsänderungen und Verlusten

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Maulwurf GmbH erhält im Jahr x1 einen Fertigungsauftrag zum Bau eines
U-Bahn-Abschnitts zwischen der Hochschule Bochum und dem Kemnader Stausee.
Auftraggeber ist die Projekt Ruhr GbR. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 300
Mio. €. Für die Bauzeit werden 4 Jahre veranschlagt.

100
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Noch im Jahr x1 beginnt die Maulwurf GmbH mit dem Bau. Dabei fallen bis zum En-
de des Jahres Auftragskosten i.H.v. 30 Mio. € an. Das Projektcontrolling hält eine zu-
verlässige Schätzung der gesamten Kosten bis zur Fertigstellung noch nicht für mög-
lich, es wird aber auch nicht mit einem Verlust aus dem Auftrag gerechnet.

Im Jahr x2 leistet die Projekt Ruhr GbR eine Abschlagszahlung i.H.v. 100 Mio. €. Der
Baufortschritt in der Periode verursacht Auftragskosten von 90 Mio. €, und das Pro-
jektcontrolling schätzt die Gesamtkosten des Auftrags auf 290 Mio. €.

In x3 entscheidet sich die Projekt Ruhr GbR kurzfristig für den Einbau eines zusätzli-
chen Fahrstuhls in einer der U-Bahn-Stationen. Aufgrund der Vertragsänderung steigt
das Auftragsvolumen um 3 Mio. auf 303 Mio. €, während sich die geschätzten Ge-
samtkosten um 2 Mio. auf 292 Mio. € erhöhen. In dieser Periode fallen Auftragskosten
von 120 Mio. € an.

Nach der Fertigstellung im Jahr x4 erfolgen die Endabnahme und Abrechnung des
Projektes. Vertragsgemäß waren noch 203 Mio. € zu zahlen; die Zahlung geht bis Jah-
resende bei der Maulwurf GmbH ein. Es stellt sich jedoch heraus, dass die tatsächlich
angefallenen Gesamtkosten die geschätzten Gesamtkosten um 4 Mio. € übersteigen.
Die Auftragskosten der Periode belaufen sich somit auf 56 Mio. €, und insgesamt sind
Auftragskosten i.H.v. 296 Mio. € angefallen.

Aufgabenstellung

a) Bilanzieren Sie den vorliegenden Sachverhalt unter Anwendung der cost-to-cost-


method für alle vier Perioden. Führen Sie Ihre Berechungen in der nachfolgenden
Maske durch und geben Sie anschließend die Buchungssätze an. Verwenden Sie
die Kontobezeichnungen „Forderungen aus PoC“ und „Umsatzerlöse“; im Übri-
gen beschränken Sie sich auf die Benennung „diverse Aufwendungen“ und „di-
verse Aktiva/Passiva“.

101
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-27: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Aufgabenblatt
x1 x2 x3 x4
1 Ursprünglich vereinbarte Auftragserlöse
1a Abweichung
2 Gesamterlöse (1 + 1a)
3 Ursprünglich geschätzte Auftragskosten
3a Abweichung
3b Abweichung Schlussfeststellung
4 geschätzte Gesamtkosten (3 + 3a + 3b)
5 Geschätzter Gesamterfolg (2 - 4)
6 Auftragskosten der Periode (= Aufwand)
7 Auftragskosten kumuliert (= Aufwand)
8 Fertigstellungsgrad kumuliert in % (7 / 4)
9 Erträge kumuliert (2 x 8)
10 Ertrag der Periode
11 Erfolg der Periode (10 - 6)
12 Erfolg kumuliert

b) Abweichung: In x3 sind steigende Materialpreise und Lohnerhöhungen für x4


absehbar. Daher rechnet man in x3 mit einem Gesamtverlust für den
U-Bahn Bau von 5 Mio. €. Dieser Wert wird tatsächlich auch erzielt. Welche Ver-
änderungen an Ihren Berechnungen und Buchungen zu a) löst diese Information
für die Jahre x3 und x4 aus?

Lösung

a) Bilanzierung unter Anwendung der cost-to-cost-method


Da im Jahr x1 keine zuverlässige Schätzung der gesamten Auftragskosten und somit
auch keine Ermittlung des Fertigstellungsgrades möglich ist, dürfen Umsatzerlöse nur
in Höhe der tatsächlich in der Periode angefallenen und als Aufwand erfassten Auf-
tragskosten realisiert werden (IAS 11.32). In diesem Fall handelt es sich um einen Be-
trag von 30 Mio. €.

102
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Buchung x1:

Konto Mio. € Konto Mio. €

Forderungen aus PoC 30 an Umsatzerlöse 30

div. Aufwand 30 an diverse Aktiva/ Passiva 30

Erstmals können in x2 die Gesamtkosten (290 Mio. €) zuverlässig geschätzt werden.


Daher kann auch der Gesamterfolg (10 Mio. €) geschätzt und die PoC-Methode ange-
wendet werden. In x6 sind weitere 90 Mio. € Auftragskosten als Aufwand verrechnet
worden. Der kumulierte Fertigstellungsgrad ergibt sich aus dem Verhältnis der tat-
sächlich angefallenen kumulierten Auftragskosten (120 Mio. €) zu den geschätzten Ge-
samtkosten (290 Mio. €) mit 41,4 %. Mit dem Fertigstellungsgrad von 41,4 % werden
auch die kumulierten Erlöse bestimmt; das sind 124 Mio. € (= 300 Mio. € x 41,4 %). Von
diesem kumulierten Erlös ist der Erlös der Vorperiode (30 Mio. €) abzuziehen, so dass
sich in x2 ein Umsatzerlös von 94 Mio. € und damit ein Erfolg von 4 Mio. € ergibt.

Abweichend von Aufgabe 2.4.3 „Bridge GmbH“ können an dieser Stelle die Perioden-
erlöse nicht anhand des Fertigstellungsgrades der jeweiligen Periode ermittelt werden,
da in der ersten Periode die Auftragserlöse aufgrund des nicht bestimmbaren Fertig-
stellungsgrades nur in Höhe der angefallenen Kosten ausgewiesen wurden. Daher ist
auf die kumulierten Werte abzustellen, von denen die jeweiligen Vorperioden abgezo-
gen werden müssen. So ist auch in den Folgeperioden vorzugehen.

Darüber hinaus ist im Jahr x3 die Abschlagszahlung über 100 Mio. € zu berücksichti-
gen, die gem. IAS 11.43 mit den Forderungen aus PoC verrechnet wird (vgl. IDW RS
HFA 2, Tz. 17).

Buchung x3:

Konto Mio. € Konto Mio. €

Forderungen aus PoC 94 an Umsatzerlöse 94

div. Aufwand 90 an diverse Aktiva/ Passiva 90

Kasse (Abschlag) 100 an Forderungen aus PoC 100

Es kommt zu einem aktiven Saldo auf dem Konto „Forderungen aus PoC“ von 24
Mio. € (30 Mio. € aus x5 + 94 Mio. € - 100 Mio. € aus x2).

Sobald sich die Grundlage der ursprünglichen Schätzung ändert, sind gem. IAS 11.34
Anpassungen vorzunehmen. Dann muss auf Basis der veränderten Daten neu kalku-
liert werden. Die Vertragsänderung in x3 erfüllt diesen Abweichungstatbestand (IAS
11.13), so dass bei den Berechnungen ab x3 geschätzte Gesamtkosten von 292 Mio. €

103
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
sowie Gesamterlöse von 303 Mio. € zu berücksichtigen sind. Der Fertigstellungsgrad
in x3 beträgt 82,2 % (= kumulierte Auftragskosten 240 Mio. € / geschätzte Gesamtkos-
ten 292 Mio. €). Der kumulierte Erlös beträgt 249 Mio. € (= 303 Mio. € x 82,2 %), von
dem die Erlöse der Vorperioden (124 Mio. €) abzuziehen sind, um die Umsatzerlöse
aus x3 zu ermitteln:

Buchung x3:

Konto Mio. € Konto Mio. €

Forderungen aus PoC 125 an Umsatzerlöse 125

diverser Aufwand 120 an diverse Aktiva/ Passiva 120

Bei den Abschlussarbeiten in x4 wird festgestellt, dass sich die tatsächlichen Kosten
auf insgesamt 296 Mio. € belaufen und daher nur ein Gesamtgewinn von 7 Mio. € er-
zielt wird (= 303 Mio. € - 296 Mio. €). Es handelt sich um eine Schätzungsänderung,
die in der letzten Periode wie folgt „automatisch“ berücksichtigt wird: Der in den
Vorperioden bereits erfasste kumulierte Erfolg von 9 Mio. € muss durch einen Verlust
von 2 Mio. € in x4 gemindert werden. Weil der Auftrag abgewickelt ist (100 %), und al-
le Daten fest stehen (es muss nicht mehr mit geschätzten Werten gerechnet werden),
sind von den Gesamterlösen die der Vorperioden abzuziehen, um die Umsatzerlöse in
x4 zu ermitteln; dasselbe gilt analog für die Aufwendungen. Schließlich wird in x4 nach
Erstellung der Abrechnung der verbliebene Rechnungsbetrag (203 Mio. €) beglichen.

Buchung x4:

Konto Mio € Konto Mio €

Forderungen aus PoC 54 an Umsatzerlöse 54

diverser Aufwand 56 an diverse Aktiva/ Passiva 56

Forderungen aus LuL 203 an Forderungen aus PoC 203

Kasse 203 an Forderungen aus LuL 203

104
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.4
Die einzelnen Berechnungsschritte werden in nachfolgender Tabelle zusammengefasst.

Tabelle 2-28: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Lösung


x1 x2 x3 x4
1 Ursprünglich vereinbarte Auftragserlöse 300 300 300 300
1a Abweichung - - +3 +3
2 Gesamterlöse (1 + 1a) 300 300 303 303
3 Ursprünglich geschätzte Auftragskosten - 290 290 290
3a Abweichung Vertragsänderung - +2 +2
3b Abweichung Schlussfeststellung +4
4 geschätzte Gesamtkosten (3 + 3a + 3b) - 290 292 296
5 Geschätzter Gesamterfolg (2 - 4) - 10 11 7
6 Auftragskosten der Periode (= Aufwand) 30 90 120 56
7 Auftragskosten kumuliert (= Aufwand) 30 120 240 296
8 Fertigstellungsgrad kumuliert (7 / 4) - 41,4 % 82,2 % 100,0 %
9 Erträge kumuliert (2 x 8) 30 124 249 303
10 Ertrag der Periode 30 94 125 54
11 Erfolg der Periode (10 - 6) 0 4 5 -2
12 Erfolg kumuliert 0 4 9 7

b) Berücksichtigung von erwarteten Verlusten


In den ersten beiden Jahren ergeben sich im Vergleich zur Teilaufgabe a) keine Verän-
derungen. Erst im Jahr x3 kommt es zu einer Differenz, denn gem. IAS 11.36 sind er-
wartete Verluste sofort als Aufwand zu erfassen. Man kann dies dadurch erreichen,
dass die Erlöse um den Verlust niedriger ausgewiesen werden. Außerdem sind die in
den Vorperioden bereits erfassten Gewinne (4 Mio. €) zurückzudrehen. Im Einzelnen:

Ab x3 werden als Gesamterlöse (nach Vertragsänderung) 303 Mio. € und Gesamtkos-


ten (nach Vertragsänderung und erwarteter Kostensteigerung) von 308 Mio. € ge-
schätzt. Per x3 ist ein kumulierter Aufwand von 240 Mio. € angefallen. Um den Verlust
von 5 Mio. € zu erfassen, dürfen die kumulierten Erlöse nur 235 Mio. € betragen. Zieht
man von diesem Wert die Vorperioden ab (124 Mio. €), werden in x3 nur Umsatzerlöse
i.H.v. 111 Mio. € erfasst. Die Differenz beträgt 9 Mio. € (Korrektur der Gewinne aus
Vorperioden zuzüglich Verlustberücksichtigung). Der Fertigstellungsgrad (Zeile 8 in
Tab. 2-29) ist für die Erlöskalkulation in x3 unbeachtlich.

105
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Buchung x3:

Konto Mio. € Konto Mio. €

Forderungen aus PoC 111 an Umsatzerlöse 111

diverser Aufwand 120 an diverse Aktiva/ Passiva 120

Da der Gesamtverlust i.H.v. 5 Mio. € bereits im Vorjahr realisiert worden ist, werden in
x4 Auftragserlöse in Höhe der in der Periode angefallenen Kosten berücksichtigt.

Buchung x4:

Konto € Konto €

div. Aufwand 68 an diverse Aktiva/ Passiva 68

Forderungen aus PoC 68 an Umsatzerlöse 68

Tabelle 2-29: Kalkulation U-Bahn-Bau (in Mio. €), Lösung Verlustfall


x1 x2 x3 x4
1 Ursprünglich vereinbarte Auftragserlöse 300 300,0 300 300
1a Abweichung - - +3 +3
2 Gesamterlöse (1 + 1a) 300 300 303 303
3 Ursprünglich geschätzte Auftragskosten - 290 290 290
3a Abweichung wegen Vertragsänderung - - +2 +2
3b Abweichung wegen Kostensteigerung - - + 16 + 16
4 geschätzte Gesamtkosten (3 + 3a + 3b) - 290 308 308
5 Geschätzter Gesamterfolg (2 - 4) - 10 -5 -5
6 Auftragskosten der Periode (= Aufwand) 30 90 120 68
7 Auftragskosten kumuliert (= Aufwand) 30 120 240 308
8 Fertigstellungsgrad kumuliert (7 / 4) - 41,4 77,9 % 100,0 %
9 Erlöse kumuliert (2 x 8) 30 124 235* 303
10 Erlös der Periode 30 94 111 68
11 Erfolg der Periode (10 - 6) 0 4 -9 0
12 Erfolg kumuliert 0 4 -5 -5
* Auftragskosten kumuliert (240) - Verlust (5)

106
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
2.5 Finanzielle Vermögenswerte und
Verbindlichkeiten
2.5.1 Bewertungskonzeption finanzieller Vermögenswerte
– Heuschrecke AG
Rechtsquelle: IAS 39

Lernziele: Überblick zur Bewertung finanzieller Vermögenswerte; Notwendigkeit und


Konsequenzen der Kategorisierung

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Heuschrecke AG hat einige finanzielle Vermögenswerte im Bestand, über deren


zutreffende Abbildung im IFRS-Abschluss x1 Unsicherheit besteht.

Aufgabenstellung

a) Welche Kategorien finanzieller Vermögenswerte werden im IFRS-Abschluss gem.


IAS 39 unterschieden? Warum muss ein Unternehmen seine finanziellen Vermö-
genswerte kategorisieren? Wie geschieht das technisch?

b) Kategorisieren Sie die folgenden Sachverhalte. Sollte Ihnen eine eindeutige Zu-
ordnung nicht möglich sein, nennen Sie die noch fehlenden Informationen. Zei-
gen Sie, falls möglich, die materiellen Bewertungsfolgen für den 31.12.x1 auf und
geben Sie die Buchungssätze an.

(1) Im Oktober x1 hat die Heuschrecke AG 20.000 Aktien der Rote Erde AG, ei-
nem börsennotierten Fußballclub der 1. Liga, für 2 €/Stück erworben. In der
Hoffnung auf eine positive sportliche Entwicklung des Clubs will man die
Aktien am Saisonende im Mai x2 veräußern. Nach einer völlig verkorksten
Hinrunde steht Rote Erde jedoch auf dem 17. Tabellenplatz, und die Aktie
notiert am Jahresende mit 1,20 €/Stück.

(2) Im Frühjahr x1 ist eine Beteiligung von 5 % an der Windrad GmbH für
300 T€ erworben worden, die langfristig gehalten werden soll.

(3) Für 500 T€ hat sich die Heuschrecke AG im Sommer x1 an der Neuemission
einer 10-jährigen börsennotierten Industrieanleihe der Ferro AG beteiligt, die
zu einem Kurs von 100 % platziert worden ist. Man kann und will die Anlei-
he bis zur Endfälligkeit halten. Weil der Marktzinssatz gestiegen ist, beträgt
der Kurswert der Anleihen am Bilanzstichtag nur noch 470 T€.

107
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
c) Wie sind die Aktien der Rote Erde AG im Abschluss x2 zu kategorisieren und zu
bewerten, wenn die Heuschrecke AG die Aktien nicht verkauft hat und der Kurs
am Bilanzstichtag 2,20 €/Aktie beträgt? Geben Sie den Buchungssatz an!

d) In x2 sind die Marktzinssätze wieder gesunken, der Kurs der Industrieanleihe der
Ferro AG hat sich entsprechend erholt. Daraufhin veräußert die Heuschrecke AG
die Anleihen. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Kategorisierung
finanzieller Vermögenswerte bei der Heuschrecke AG in den kommenden Jah-
ren? Ist für ihre Antwort wichtig, ob die Heuschrecke AG zum Verkaufszeitpunkt
weitere Anleihen gehalten hat?

Lösung

a) Notwendigkeit der Kategorisierung und ihre technische Umsetzung


IAS 39 unterscheidet vier Kategorien finanzieller Vermögenswerte, die drei unter-
schiedliche Bewertungsfolgen auslösen:

Tabelle 2-30: Kategorien finanzieller Vermögenswerte und ihre Folgebewertung


Nr. Kategorie Folgebewertung
1 at Fair Value through profit or loss Fair Value, erfolgswirksam
(held for trading und Fair Value Option)
2 held-to-maturity fortgeführte Anschaffungskosten
3 loans and receivables fortgeführte Anschaffungskosten
4 available-for-sale Fair Value, erfolgsneutral

Für die Zuordnung in eine der vier Kategorien bestehen Wahlrechte und Ermessens-
spielräume. Sollten sich nach der Einbuchung eines finanziellen Vermögenswertes für
diesen marktinduzierte Fair Value-Schwankungen ergeben, könnten diese vom Mana-
gement mit Wirkung auf Jahresergebnis und/ oder Eigenkapital ausgenutzt bzw. ver-
mieden werden, falls die Zuordnungsentscheidung erst nach der Einbuchung zulässig
wäre. Daher muss die Zuordnung bei Einbuchung vorgenommen werden. Technisch
geschieht dies durch Dokumentation in der Buchführung, also durch entsprechende
Kontierung.

b) Kategorisierung und materielle Bilanzierungsfolgen


(1) Die Aktien der Roten Erde AG sollen nur kurzfristig gehalten werden: Es besteht
Spekulationsabsicht. Daher sind sie als Handelsbestand (held for trading)) der Katego-
rie at Fair Value through profit or loss zuzuordnen. Die Absicht – also ein Ermessen – ent-
scheidet über die Zuordnung; ein Wahlrecht besteht diesbezüglich nicht.

108
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
Bis zum Bilanzstichtag ist ein Bewertungsverlust von 0,80 €/Aktie, in der Summe also
16 T€ aufgelaufen. Dieser ist erfolgswirksam als Aufwand zu erfassen:

Konto T€ Konto T€

Bewertungsaufwand Wertpapiere 16 an Wertpapiere held for trading 16

(2) Einen dem § 271 Abs. 1 HGB analogen Beteiligungsbegriff – die Herstellung einer
dauernden Verbindung – kennen die IFRS nicht. Allerdings sollen die Anteile an der
Windrad GmbH langfristig gehalten werden, so dass Spekulationsabsicht nicht be-
steht. Somit kommt die Zuordnung zum Handelsbestand (held for trading) nicht in Be-
tracht. Zu prüfen wäre jedoch, ob eine Zuordnung zur Kategorie at Fair Value through
profit or loss freiwillig über die sog. Fair Value Option möglich ist. Die Anwendung der
Fair Value Option ist jedoch an Bedingungen geknüpft:

„ Es wird im Hinblick auf Bewertung und/ oder das Jahresergebnis ein accounting
mismatch beseitigt oder erheblich verringert,

„ bei den Finanzinstrumenten handelt es sich um ein Portfolio, dessen Manage-


ment und Performance-Messung auf Fair Value-Basis gemäß einer dokumentier-
ten Risikomanagement- und Anlagestrategie durchgeführt wird (IAS 39.9) oder

„ es handelt sich um ein strukturiertes Produkt, bei dem – ohne freiwillige Fair Va-
lue-Bewertung – das Derivat hätte abgespalten werden müssen (IAS 39.11A).

Der letzte Fall kann hier sicher ausgeschlossen werden, und über die ersten beiden
Punkte liegen keine Informationen vor. Daher wird die Anwendung der Fair Value
Option und damit die Zuordnung in die Kategorie at Fair Value through profit or loss
hier nicht weiter verfolgt.

Nach diesem Prüfschritt hat das Management der Heuschrecke AG ein weiteres Wahl-
recht: Jeder finanzielle Vermögenswert – mit Ausnahme des Handelsbestands held-for-
trading – kann freiwillig der Kategorie available-for-sale zugeordnet werden. Die Zu-
ordnungsentscheidung auf Basis dieses Wahlrechts kann einzeln getroffen werden.
Was aber ist, wenn die Heuschrecke AG von diesem Wahlrecht kein Gebrauch macht?
Dann bleiben zwei weitere Kategorien.

Die Kategorien held-to-maturity sowie loans and receivables setzen für das Finanzinstru-
ment jeweils feste oder bestimmbare Zahlungen voraus. Der aus gehaltenen Eigenka-
pitaltiteln möglicherweise fließende Zahlungsstrom ist aber im Vorhinein niemals fest
oder auch nur bestimmbar. Daher scheidet auch eine Zuordnung in eine dieser beiden
Kategorien aus, so dass dann doch nur noch available-for-sale verbleibt. Die Kategorie
nimmt nämlich nicht nur auf Basis des oben genannten Wahlrechts finanzielle Vermö-
genswerte auf, sondern auch alle jene, die in keine der anderen Kategorien zugeordnet
werden können; es handelt sich bei dieser Kategorie letztlich um eine Restkategorie.
Daher müssen die Anteile der Windrad GmbH hier zugeordnet werden.

109
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Eigenkapitaltitel der Kategorie available-for-sale sind zum Fair Value zu bewerten; im
Unterschied aber zu at Fair Value through profit or loss erfolgt die Gegenbuchung nicht
in der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern in einer Neubewertungsrücklage un-
mittelbar im Eigenkapital. Freilich setzt dies voraus, dass der Fair Value bestimmbar
ist. Sollten Eigenkapitaltitel nicht auf einem aktiven Markt gehandelt werden – das
trifft auf Anteile an einer GmbH zu – und der Fair Value auch sonst nicht ermittelt
werden können, so bleibt es (ausnahmsweise) auch innerhalb dieser Kategorie bei ei-
ner Bewertung zu Anschaffungskosten (IAS 39.46c). Die Fair Value-Ermittlung für
(nicht notierte) Anteile setzt letztlich eine Unternehmensbewertung voraus. Dazu sind
eine Vielzahl von Informationen erforderlich (Prognoserechnungen, Zinssätze, ggf.
Vergleichswerte), über deren Existenz die Aufgabenstellung nichts aussagt. Daher
werden die Anteile an der Windrad GmbH unverändert mit 300 T€ angesetzt.

(3) Bezüglich der Industrieanleihe der Ferro AG besteht seitens der Heuschrecke AG
offensichtlich keine kurzfristige Spekulationsabsicht, so dass eine erfolgswirksame
Fair Value-Bewertung nur möglich wäre, wenn die Bedingungen der Fair Value Opti-
on vorlägen. Im Übrigen wäre, ohne Erfüllung von Bedingungen, auch die Zuordnung
zu available-for-sale möglich. Es kann insoweit auf die Lösung zu (2) verwiesen werden.
Was gilt aber, wenn von diesen Wahlrechten kein Gebrauch gemacht wird?

Industrieanleihen weisen feste (bei festen Zinsen) oder bestimmbare (bei variablen
Zinsen) Zahlungen auf. Die Zuordnung in loans and receivables ist jedoch nur für finan-
zielle Vermögenswerte zulässig, die nicht auf einem aktiven Markt gehandelt werden.
Die Industrieanleihe ist aber börsennotiert und wird daher auf einem aktiven Markt
gehandelt. Damit bleibt nur die Kategorie held-to-maturity, soweit die Heuschrecke AG
die Anleihe bis zur Endfälligkeit halten kann und will. Kann diese Fähigkeit und Ab-
sicht nicht dargelegt werden (oder wird sie bewusst nicht dargelegt), käme letztlich
wieder die Restkategorie available-for-sale zum Zuge. Im vorliegenden Fall sind aber
Haltefähigkeit und –absicht gegeben und sollen auch als entsprechend dargelegt gel-
ten; die Anleihe wird also der Kategorie held-to-maturity zugeordnet. Die Folge ist, dass
Fair Value-Schwankungen unbeachtlich bleiben, da man solche Schwankungen bis
zum Rückzahlungszeitpunkt „aussitzen“ will. Der Kursrückgang kommt bilanziell
nicht zum Ausdruck, die Anleihe bleibt mit 500 T€ aktiviert.

c) Kategorisierung und Bilanzierung bei widerlegter Spekulationsabsicht


Die Aktien der Rote Erde AG sind entgegen der ursprünglichen Planung nicht veräu-
ßert worden. Damit hat die Heuschrecke AG die Spekulationsabsicht widerlegt. Den-
noch bleiben die Aktien in der Kategorie held for trading, und sie werden weiterhin er-
folgswirksam zum Fair Value bewertet; ein Herauslösen von Eigenkapitaltiteln aus
dieser Kategorie ist nur unter außergewöhnlichen Umständen möglich (IAS 39.50B).
Ein außergewöhnlicher Umstand wäre ein ungewöhnliches Ereignis, dass sich voraus-
sichtlich in naher Zukunft nicht wiederholen wird. Die Finanzkrise 2008/2009 zählt
hierzu, nicht aber ein Kursrückgang wegen eines schlechten Tabellenplatzes.

110
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
Der Kurs der Aktie ist gegenüber dem letzten Bilanzstichtag um 1 € gestiegen und
liegt jetzt mit 2,20 € auch über dem Kurs des Erwerbs der Aktie. Die Aktien sind mit
2,20 €/Stück und damit höher als die ursprünglichen Anschaffungskosten zu bewerten.

Konto T€ Konto T€

Wertpapiere held for trading 20 an Bewertungsertrag Wertpapiere 20

d) Sanktionen bei vorzeitiger Veräußerung aus held-to-maturity


Wertpapiere können nur dann in held-to-maturity eingruppiert werden, wenn Absicht
und Fähigkeit besteht, diese bis zur Endfälligkeit zu halten. Bei einer vorzeitigen Ver-
äußerung hat die Heuschrecke AG diese Absicht/ Fähigkeit widerlegt. Sollte ein we-
sentlicher Teil des Bestandes der Kategorie veräußert worden sein, dann

„ muss der Restbestand der Kategorie in available-for-sale umgruppiert werden und

„ in den kommenden zwei Geschäftsjahren dürfen keine finanziellen Vermögens-


werte in die Kategorie held-to-maturity eingruppiert werden; die Kategorie bleibt
während dieser Zeit geschlossen.

Zu beurteilen ist demnach, ob die Industrieanleihe der Ferro AG ein wesentlicher Teil
des Bestands der Kategorie war. Insoweit es die einzigen Anleihen waren, sind sie
selbstverständlich wesentlich gewesen. Unwesentlichkeit kann bei einem Wertbestand
von ca. 10 % bis 15 % angenommen werden.

Die oben skizzierten Rechtsfolgen werden nicht ausgelöst, wenn die Veräußerung nahe
am Endfälligkeitstag lag oder der Grund der Veräußerung außerhalb der Kontrolle der
Heuschrecke AG lag (z.B. Bonitätsverschlechterung bei der Ferro AG). Beide Voraus-
setzungen lagen laut Sachverhalt nicht vor.

Hinweis: Im November 2009 hat das IASB den Standard IFRS 9 Financial Instruments
veröffentlicht (s. Aufgabe 1.2.2). Der Standard ersetzt Teile des bisherigen IAS 39 und
ist anzuwenden für Berichtsperioden, die am oder nach dem 01.01.2013 (!) beginnen;
eine frühere Anwendung ist zulässig (IFRS 9.8.1.1). Im Juni 2011 ist die IASB-
Entscheidung zur Verabschiedung weiterer Standards bzw. Ergänzungen an IFRS 9
vorgesehen, und zwar zum Hedge-Accounting, Impairment und zur Saldierung von
Finanzinstrumenten. Damit soll insgesamt das Thema Finanzinstrumente in den IFRS
neu geregelt werden. Die EU-Kommission wird sich erst nach Abschluss des Gesamt-
projekts mit der Übernahme der Neuregelungen in europäisches Recht beschäftigen.

Literaturempfehlung: Theile in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz 1820-


1849.

111
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.5.2 Einbuchung finanzieller Vermögenswerte zum Fair
Value – Naturholz GmbH
Rechtsquelle: IAS 18, IAS 39

Lernziele: Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Einbuchung von Forderungen auf


Basis einer Sachleistung und einer Geldleistung

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Im Geschäftsjahr x1 hat die Naturholz GmbH, ein Spezialist für Naturholz-Büromöbel,


u.a. zwei Geschäfte getätigt, deren Abbildung im IFRS-Abschluss Kopfschmerzen be-
reitet.

(1) Die Büroräume des Tabakverbandes in Berlin wurden mit hochwertigen engli-
schen Ledersesseln neu ausgestattet. Der Rechnungsbetrag von 100 T€ ist erst in 2
Jahren zahlbar.

(2) Die Teakholz KG, ein Lieferant der Naturholz GmbH, ist vorübergehend in Li-
quiditätsschwierigkeiten geraten. Daraufhin reicht die Naturholz GmbH ein auf 2
Jahre befristetes, zinsloses Darlehen über 100 T€ aus.

Geschäftspartnern dieser Bonität würde die Naturholz GmbH üblicherweise Kredit-


konditionen von 6 % p.a. anbieten.

Aufgabenstellung

Buchen Sie die beiden Geschäftsvorfälle im IFRS-Abschluss der Naturholz GmbH ein
und skizzieren Sie die Folgebewertung.

Lösung

(1) Der Ertrag aus einer Lieferung ist mit dem Fair Value der Gegenleistung anzuset-
zen (IAS 18.11). Da der Rechnungsbetrag von 100 T€ erst in zwei Jahren gezahlt wird,
ist die Gegenleistung zum Umsatzzeitpunkt das Barpreisäquivalent; die 100 T€ sind
demnach über zwei Jahre mit 6 % p.a. zu diskontieren. Ohne das vereinbarte Zah-
lungsziel hätte der Tabakverband bei Lieferung 89 T€ zahlen müssen. Der Umsatz ist
wie folgt einzubuchen:

Konto T€ Konto T€

Forderungen aLL 89 an Umsatzerlöse 89

112
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
In den beiden Folgeperioden ist die Forderung zugunsten Zinsertrag um 6 % p.a. auf-
zuzinsen; bei Fälligkeit ergibt sich dann ein Betrag von 100 T€. Auf diese Weise wird
das Sachleistungsgeschäft vom Finanzierungsgeschäft getrennt.

(2) Die Darlehensvergabe unterliegt als Finanztransaktion dem IAS 39. Auch hier gilt,
dass die Forderung zum Fair Value anzusetzen ist. Der Marktpreis der Forderung be-
trägt bei Darlehensvergabe aber nicht 100 T€, weil jeder andere Kreditgeber den Kredit
nicht zinslos, sondern mit 6 % p.a. verzinst ausgereicht hätte. Folglich darf die Forde-
rung nur zu ihrem Barwert von 89 T€ angesetzt werden, obwohl 100 T€ ausgezahlt
worden sind. Die Differenz (11 T€) stellt entweder Aufwand dar, oder sie ist als Ver-
mögenswert zu aktivieren, falls die Naturholz GmbH eine aktivierungsfähige Gegen-
leistung erhalten hat (IAS 39.AG64). Das ist hier nicht der Fall; das zinslose Darlehen
wurde in der Hoffnung ausgereicht, das Überleben der Teakholz KG zu sichern. Damit
entsteht der Naturholz GmbH ein sog. one-day-loss.

Konto T€ Konto T€

Darlehensforderung 89

Aufwand 11 an Bank 100


In den beiden Folgeperioden wird die Darlehensforderung jeweils mit 6 % p.a. er-
tragswirksam aufgezinst, so dass nach zwei Jahren der Rückzahlungsbetrag von 100
T€ erreicht ist.

2.5.3 Anleiheemission: Einführung in die


Effektivzinsmethode – Schlaufuchs AG
Rechtsquelle: IAS 39

Lernziele: Erstmaliges Erfassen einer finanziellen Verbindlichkeit und Bewertung nach


der Effektivzinsmethode; Folgebewertung finanzieller Verbindlichkeiten

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Schlaufuchs AG erwägt zum 31.12.x0 die Emission einer Anleihe mit einem Nenn-
wert von 100 Mio. € und einer Laufzeit von fünf Jahren. Die Anleihe soll mit einem
Kupon von 4 % p.a. ausgestattet werden. Der Finanzleiter der Schlaufuchs AG ist sich
jedoch nicht sicher, mit welchem Ausgabekurs er die Anleihe platzieren soll.

113
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Aufgabenstellung

a) Stellen Sie den Auszahlungsstrom der Anleihe grafisch dar.


b) Welche Überlegungen stellt ein Käufer einer Anleihe im Hinblick auf Rendite und
Risiko an?

c) Nehmen Sie an, die Rendite vergleichbarer Anleihen sei 6 % p.a. Legen Sie auf
Basis dieser Information den Ausgabekurs fest. Entsteht ein Disagio?

d) Buchen Sie den Emissionserlös und die Anleihe bei der Schlaufuchs AG ein und
zeigen Sie die bilanziellen Konsequenzen auch für die Folgejahre. Gehen Sie da-
von aus, dass keine Nebenkosten bei der Anleiheemission entstehen. Tragen Sie
die Werte in nachfolgender Tabelle ein.

Tabelle 2-31: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Aufgabenblatt
Jahr Buchwert Jahresbeginn Zinsaufwand Zinszahlung Buchwert Jahresende
(A) (B) = (A) x 0,06 (C) (D) = (A) + (B) - (C)
x1
x2
x3
x4
x5

Lösung

a) Auszahlungsstrom der Anleihe


Auf den Nominalwert der Anleihe (100 Mio. €) sind jedes Jahr 4 % Zinsen zu entrich-
ten, also 4 Mio. €. Nach fünf Jahren ist die Anleihe zurückzuzahlen. Das ergibt folgen-
den Auszahlungsstrom:

114
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.5
Abbildung 2-1: Auszahlungsstrom Anleihe: Zinsen und Rückzahlung

104,0

4,0 4,0 4,0 4,0

Jahr
0 1 2 3 4 5
Emissionserlös noch
nicht festgelegt

b) Zusammenhang von Rendite und Risiko


Die Rendite eines Wertpapiers (in einer Währung, die auch der Konsumwährung ent-
spricht) setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

„ Differenz von Ausgabe- und Rücknahmepreis,

„ periodische Zinszahlungen und

„ Laufzeit.

Der Investor trägt das Risiko, dass der Emittent seinen Zahlungsverpflichtungen nicht
nachkommt. Daher sind Rendite und Risiko positiv korreliert. Ein Investor wird zum
Kauf eines riskanten Wertpapiers nur bereit sein, wenn dieses eine höhere Rendite
verspricht als eine vergleichsweise sichere Investition. Umgekehrt gilt: Hat ein Inves-
tor die Wahl zwischen mehreren Investitionen vergleichbaren Risikos, dann werden
sich in aktiven Märkten auch die Renditen dieser Investitionen gleichen.

c) Festlegung des Ausgabekurses


Die Marktrendite vergleichbarer Anleihen – also auch 5-jährige Laufzeit, gleiche Risi-
kostufe (Rating) – liegt bei 6 % p.a. Die Schlaufuchs AG wird ihre Anleihe nur dann
platzieren können, wenn sie ebenfalls eine Rendite von 6 % p.a. abwirft. Da der Nomi-
nalzins bei der 5jährigen Laufzeit mit 4 % p.a. bereits festgelegt worden ist, bleibt als
„Stellschraube“ für die Rendite nur die Differenz von Ausgabe- und Rücknahmepreis.
Um diese Differenz zu ermitteln, muss der künftige Zahlungsstrom der Anleihe mit
der Marktrendite diskontiert werden. Dann erhält man den Barwert und damit den

115
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Ausgabepreis. Dieser beträgt 91,58 Mio. €. Das Disagio von 8,42 Mio. € entspricht der
Zinsdifferenz von 2 % über 5 Jahre.

In der Terminologie des IAS 39 werden die 6 % als Effektivzins bezeichnet. Es handelt
sich hierbei um den internen Zinsfuss, also jener Zins, bei dem der Kapitalwert einer
Investition den Wert „0“ annimmt.

d) Bilanzielle Abbildung der Anleiheemission


Die Anleihe ist mit dem erhaltenen Betrag einzubuchen. Das Disagio darf weder akti-
viert, noch sofort aufwandswirksam erfasst werden.

Konto Mio. € Konto Mio. €

Bank 91,58 an Anleiheverbindlichkeit 91,58

In den Folgeperioden ermittelt sich der Zinsaufwand durch Aufzinsung des alten
Buchwerts mit der Marktrendite von 6 % p.a. Da aber jährlich nur 4 Mio. € Zinsen ge-
zahlt werden, erhöht sich der Buchwert der Anleiheverbindlichkeit in jedem Jahr, bis
er den Betrag von 100 Mio. € erreicht hat. Die bilanziellen Konsequenzen fasst die
nachfolgende Tabelle zusammen.

Tabelle 2-32: Entwicklung Buchwert der Anleihe (in Mio. €), Lösung
Jahr Buchwert Jahresbeginn Zinsaufwand Zinszahlung Buchwert Jahresende
(A) (B) = (A) x 0,06 (C) (D) = (A) + (B) - (C)
2008 91,58 5,49 4 93,07
2009 93,07 5,58 4 94,65
2010 94,65 5,68 4 96,33
2011 96,33 5,78 4 98,11
2012 98,11 5,89 4 100

Literaturempfehlung: Hachmeister, Verbindlichkeiten nach IFRS, 2006, S. 24-32.

116
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
2.6 Rückstellungen
2.6.1 Ansatz sonstiger Rückstellungen – Alleskönner
Konzern
Rechtsquelle: IAS 37

Lernziele: Beurteilung der Ansatzkriterien für Rückstellungen nach IAS 37

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Der Leiter Finanz- und Rechnungswesen des stark diversifizierten Alleskönner Kon-
zerns ist sich unsicher, ob bestimmte Sachverhalte zum 31.12.x1 nach IAS 37 als Rück-
stellung zu passivieren sind.

Aufgabenstellung

a) Skizzieren Sie kurz die Ansatzvoraussetzungen für Rückstellungen i.S.v. IAS 37.
b) Prüfen Sie, ob der Alleskönner Konzern für die folgenden Sachverhalte im IFRS-
Abschluss x1 Rückstellungen ansetzen muss.

(1) Die nächste gesetzlich verpflichtende Generalüberholung der Flugzeuge der


Alleskönner Airline ist in drei Jahren.

(2) Damit flüssige Giftstoffe des ägyptischen Chemiewerks der Alleskönner


Egypt nicht in den Nil gelangen, muss bis x4 ein Klärwerk errichtet werden;
andernfalls wird die behördliche Betriebsgenehmigung entzogen.

(3) Aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung hätte die Alleskönner Bau GmbH
am 31.12.x1 noch auf dem Betriebsgelände lagernde Gefahrenstoffe, die
schon den Platz versperren, längst entsorgen müssen.

(4) Außerhalb der vertraglich vereinbarten Garantiefrist erbringt die Alleskön-


ner Sales AG nur gegenüber wichtigen Kunden im Schadensfall Nachbesse-
rungen, um diese Kunden nicht zu vergraulen; gegenüber unwichtigen
Kunden verhält man sich aus Kostengründen nicht so kulant. Die wichtigen
Kunden wissen aus Erfahrung, dass die Alleskönner Sales AG Nachbesse-
rungen, wenn auch ggf. nur nach Verhandlungen, durchführen wird.

(5) Die Alleskönner Maschbau GmbH wickelt auf einer Fertigungsanlage Auf-
träge ab, die so knapp kalkuliert sind, dass die Abschreibung der Anlage
nicht verdient werden kann und aus den Aufträgen entsprechende Verluste
entstehen.

117
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Lösung

a) Ansatzvoraussetzungen für Rückstellungen


Eine Rückstellung ist nach IAS 37.14 unter den folgenden Voraussetzungen zu passi-
vieren:

„ Es besteht eine gegenwärtige Verpflichtung aus einem vergangenen Ereignis,

„ die Inanspruchnahme ist wahrscheinlich und

„ der Betrag kann zuverlässig bestimmt werden.

Das Kriterium der Gegenwärtigkeit und des Vergangenheitsbezugs wird dahingehend


konkretisiert, dass sich das Unternehmen der Erfüllung nach realistischer Einschät-
zung nicht entziehen kann (IAS 37.17). Dies ist nach IAS 37.19 dann der Fall, wenn die
Verpflichtung unabhängig von der künftigen Geschäftstätigkeit besteht.

Begriffsnotwendig kann eine Verpflichtung nur gegenüber Dritten bestehen; die ge-
naue Kenntnis der Partei ist nicht erforderlich, so dass auch öffentlich-rechtliche Ver-
pflichtungen gegenüber der Allgemeinheit ausreichend sind (IAS 37.20). Der Ansatz
von Aufwandsrückstellungen für Innenverpflichtungen kommt nicht in Betracht.

Subjektiv – oder bei einer Vielzahl gleichartiger Verpflichtungen durch Statistiken un-
terlegt – müssen mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme sprechen. Die For-
derung nach zuverlässiger Bewertbarkeit schließlich entspricht dem allgemeinen An-
satzkriterium für Schulden gem. dem Framework.

b) Rückstellungsbildung bei diversen Sachverhalten


(1) Generalüberholung: Das vergangene Ereignis ist hier die Nutzung der Flugzeuge.
Es besteht aber keine von der künftigen Geschäftstätigkeit unabhängige Verpflichtung
zur Generalüberholung. Die Alleskönner Airline kann sich etwa durch Verkauf der
Flugzeuge der Verpflichtung entziehen. Eine Rückstellung ist somit nicht anzusetzen.
Dennoch kommt es zur Periodisierung der Kosten einer Generalüberholung, und zwar
durch deren Aktivierung und anschließender Abschreibung nach dem Komponenten-
ansatz (s. Aufgabe 2.2.5).

(2) Klärwerk: Behördliche Auflagen, durch bestimmte Maßnahmen künftige Schäden


zu verhindern (sog. Anpassungsverpflichtung), lösen ebenfalls keine Rückstellungs-
bildung aus, da sich das Unternehmen etwa durch Änderung oder Einstellung der
Produktion der Erfüllung der Verpflichtung noch entziehen kann (IAS 37.19). Soweit
ein künftiges Nutzenpotential geschaffen wird, ist eine Rückstellung grundsätzlich
unzulässig (keine Rückstellungen für künftige Investitionen oder künftigen Erhaltungs-
aufwand, da es an der Unentziehbarkeit mangelt).

(3) Gefahrenstoffe: Die Beseitigung der Gefahrenstoffe schafft hier kein künftiges
Nutzenpotential. Die Existenz der Stoffe ist durch den Betrieb in der Vergangenheit

118
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
bedingt; zugleich liegt eine behördliche Auflage und damit eine Außenverpflichtung
vor. Fraglich könnte sein, ob die Rückstellungsbildung aber deshalb unterbleiben
muss, weil das Aufräumen des Betriebsgeländes zugleich aufgrund betrieblicher Not-
wendigkeit (z.B. aus Platzgründen) erforderlich ist und daher auch eine Innenver-
pflichtung vorliegt. Wird eine Innenverpflichtung jedoch von einer Außenverpflich-
tung überlagert, hat die Außenverpflichtung Vorrang und ist nach IAS 37 zu passivie-
ren. Dass dies auch anders gesehen werden kann, zeigt das (zu recht umstrittene)
BFH-Urteil vom 08.11.2000 (BStBl. 2001, S. 566), mit dem steuerlich eine Rückstellungs-
bildung abgelehnt wurde.

(4) Kulanz: Sog. faktische Verpflichtungen (constructive obligation, IAS 37.10) liegen
vor, wenn das Unternehmen in der Vergangenheit (IAS 37.17b) durch Ankündigungen
oder Handlungen bei Dritten auch ohne rechtliche Verpflichtung die berechtigte Erwar-
tung geweckt hat, bestimmte Leistungen zu erbringen. Beispiele sind – wie hier -
Kulanzleistungen, aber auch Umstrukturierungen oder freiwillige Umweltschutz-
maßnahmen.

Dabei verträgt sich das Unentziehbarkeitskriterium „eigentlich“ nicht mit faktischen


Verpflichtungen. Da eine Erfüllung rechtlich nicht durchgesetzt werden kann, könnte
sich das Unternehmen durch Nichthandeln jederzeit der Kulanzleistung entziehen, so
dass eine Rückstellungsbildung unterbleiben müsste. Zur Rettung und Konkretisie-
rung des Unentziehbarkeitskriteriums verlangt IAS 37.20 bei faktischen Verpflichtun-
gen, dass diese „den davon betroffenen Parteien vor dem Bilanzstichtag ausreichend
ausführlich mitgeteilt wurden“. Dies liegt bereits vor, wenn das Unternehmen unzwei-
felhaft ein entsprechendes und in der Öffentlichkeit bekanntes Image hat, dass es sei-
nen faktischen Verpflichtungen nachkommt. M.E. reicht eine Verpflichtung gegenüber
einem Teil der Kundschaft (z.B. wichtige Großkunden) aus, wenn diese sich auf das
kulante Handeln der Alleskönner Sales AG verlassen können.

(5) Verlustaufträge: Gemäß IAS 37.69 ist vor Rückstellungsbildung, hier für drohende
Verluste aus schwebenden Geschäften, zunächst zu prüfen, ob ein Wertminderungs-
aufwand für Vermögenswerte, die mit dem Vertrag verbunden sind, gem. IAS 36 zu
erfassen ist. Daher ist die Fertigungsanlage vorrangig außerplanmäßig abzuwerten.
Erst wenn der Buchwert der Anlage nach außerplanmäßiger Abschreibung „null“ er-
reicht hat und immer noch ein Verlust droht, ist eine Rückstellung zu bilden.

Literaturempfehlungen: Ballwieser, IFRS-Rechnungslegung, 2. Aufl. 2009, S. 71-75;


Hachmeister, Verbindlichkeiten nach IFRS, 2006, S. 110-125.

119
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.6.2 Restrukturierungsrückstellungen – Hire and Fire AG
Rechtsquelle: IAS 19, IAS 37

Lernziele: Besondere Ansatzvoraussetzungen für Restrukturierungsrückstellungen;


Vertiefung des Unentziehbarkeitskriteriums; Zusammenwirken von IAS 37/ IAS 19

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Das Zeitarbeitsunternehmen Hire and Fire AG ist in wirtschaftliche Schwierigkeiten


geraten. In der Vorstandssitzung am 04.12.x1 wird ein detaillierter Sanierungsplan er-
arbeitet und beschlossen, den der Aufsichtsrat am 11.12.x1 billigt. Der Plan berücksich-
tigt folgende Bestandteile:

(1) Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, wird den Mitarbeitern auf ei-


ner Betriebsversammlung am 21.12.x1 ein Abfindungsangebot gemacht. Hire and
Fire rechnet mit Abfindungszahlungen von 6.000 T€, die nach Annahme des An-
gebots voraussichtlich im 2. Quartal x2 gezahlt werden.

(2) Verschiedene Mitarbeiter sollen auf Ingenieurberufe umgeschult werden. Die


Maßnahmen sollen im Februar x2 beginnen und werden voraussichtlich 2.000 T€
verursachen.

(3) Fünf Vertriebsbüros in kleineren Städten sollen ab April x2 geschlossen werden.


Die Mietverträge können nicht vorzeitig gekündigt werden; sie laufen teilweise
noch bis zum Jahr x3 und verursachen ab April Auszahlungen i.H.v. 1.200 T€. Die
Büros können wahrscheinlich trotz intensiver Bemühungen nicht untervermietet
werden.

(4) Die Beratungsgesellschaft McConsulting hat das Sanierungskonzept erarbeitet.


Für die Beratungsleistung stehen bis Buchungsschluss 10.01.x2 die Rechnungen
z.T. noch aus, man erwartet weitere 700 T€ Belastung.

Aufgabenstellung

a) Skizzieren Sie den Begriff Restrukturierung i.S.v. IAS 37.


b) Welche besonderen Ansatzvoraussetzungen für Belastungen aus Restrukturie-
rungsmaßnehmen bestehen? Warum sind diese im Kontext des IAS 37 erforder-
lich?

c) Prüfen Sie, ob für die genannten Bestandteile der Sanierungsmaßnahme der Hire
and Fire AG Restrukturierungsrückstellungen gebildet werden können. Sind ne-
ben IAS 37 auch andere Standards zu beachten?

120
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
d) Nehmen Sie an, die Schließung der Vertriebsbüros (3) sei nicht Bestandteil einer
Restrukturierungsmaßnahme. Welches Ereignis wäre dann Voraussetzung für
den Ansatz von Rückstellungen für Verpflichtungsüberhänge?

Lösung

a) Begriff der Restrukturierung


Eine Restrukturierung ist eine wesentliche Änderung des Umfangs oder der Art und
Weise der Durchführung des Geschäftsbetriebs. Hierzu gehören vor allem die Schlie-
ßung, Verlagerung oder Veräußerung von (Teil-)Betrieben, aber auch interne Struktur-
änderungen wie die Auflösung einer Managementebene und grundsätzliche Umorga-
nisationen (IAS 37.70). Unter Restrukturierung fällt aber auch die Reduzierung der
Unternehmensgröße (IAS 37.10 a.E. Buchstabe (a)), z.B. die Schließung von 25% aller
Läden bei einer Einzelhandelskette oder der Abbau von Mitarbeitern über alle Funkti-
onsbereiche, wie es in der Finanzkrise ab Ende 2008 häufig zu beobachten war.

b) Besondere Ansatzvoraussetzungen
Restrukturierungsrückstellungen sind grundsätzlich ein Anwendungsfall der fakti-
schen Verpflichtungen. Die Vermögensbelastung der Hire and Fire AG wird von die-
ser selbst herbeigeführt, es besteht schließlich keine rechtliche oder vertragliche Ver-
pflichtung, eine Sanierungsmaßnahme durchzuführen (siehe auch Lösung Aufgabe
2.6.1 b4). Zur Verhinderung von Gestaltungsmissbrauch (Ergebnisglättungen) und zur
Objektivierung der Unentziehbarkeit der beschlossenen Maßnahmen sieht IAS 37.72
als Ansatzvoraussetzung einen detaillierter Restrukturierungsplan vor.

Vor allem muss gegenüber den Betroffenen klar gemacht worden sein, dass die Maß-
nahme auch durchgeführt werden wird: Die bloße Pressemitteilung, dass innerhalb
von drei Jahren sehr wahrscheinlich 1.000 Mitarbeiter entlassen werden müssen, ohne
aber einzelne Standorte zu nennen, rechtfertigt keine Rückstellung. Zum einen ist den
Mitarbeitern nicht klar, dass gerade sie betroffen sein könnten. Zum anderen macht
der lange Zeitraum von drei Jahren Planänderungen wahrscheinlich.

Andererseits ist nicht erforderlich, dass jeder potentiell betroffene Mitarbeiter indivi-
duell informiert wird. Die Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter vor dem Stichtag
ist ausreichend (IAS 37.73).

c) Bestandteile der Restrukturierungsrückstellung


(1) Die Abfindungszahlungen sind zum 31.12.x1 zurückzustellen, da die Maßnahme
rechtzeitig bekannt gemacht worden ist; auf die erst nach dem Stichtag erfolgte An-
nahme (= rechtliche Entstehung) kommt es nicht an. Die Abfindungszahlungen sind
allerdings nicht Gegenstand des IAS 37, sondern müssen nach IAS 19 beurteilt wer-
den. Der für Abfindungszahlungen einschlägige IAS 19.134 gibt weitere wertvolle
Hinweise zur Ausgestaltung von Restrukturierungsplänen.

121
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(2) Rückstellungsfähig sind nur solche Aufwendungen, die nicht mit der Fortsetzung
der Unternehmenstätigkeit im Zusammenhang stehen (IAS 37.80). Damit können
Kosten der künftigen Geschäftstätigkeit (Umschulungen) nicht zurückgestellt werden.
Auf der anderen Seite sind jedoch Gehälter jener Mitarbeiter oder die Aufwendungen
für Beratungsunternehmen, die die Restrukturierung durchführen, rückstellungsfähig.

(3) Als besondere Verpflichtungsgruppe hebt der Standard „belastende Verträge“ –


onerous contracts – hervor, also drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Ein
belastender Vertrag liegt vor, wenn die unvermeidbaren Kosten zur Erfüllung der ver-
traglichen Verpflichtungen („Leistung“) höher sind als der erwartete wirtschaftliche
Nutzen („Gegenleistung“), also ein Verpflichtungsüberhang besteht (IAS 37.68). Die
Mieten für die künftig leer stehenden Büros sind daher zurückzustellen.

(4) Die noch nicht gezahlten Beratungskosten für die Fa. McConsulting sind als sog.
accruals – im Übrigen unabhängig vom Restrukturierungsplan, da bereits unentziehbar
entstanden – passivierungspflichtig. Accruals (abgegrenzte Schulden) unterscheiden
sich von den provisions (Rückstellungen) vor allem dahingehend, dass die Restunsi-
cherheiten hinsichtlich der Schätzung der Fälligkeit und Höhe so gering sind, dass ihr
Ausweis unter Verbindlichkeiten sachgerecht ist (IAS 37.11).

d) Drohverlustrückstellung für leer stehende Büros


Da kein Restrukturierungsplan i.S.v. IAS 37.72 vorliegt und die Büros noch bis Ende
März x2 genutzt werden, besteht keine Möglichkeit, schon im Abschluss x1 eine Droh-
verlustrückstellung zu bilden. Der Plan zur Aufgabe der Büros ist noch zu wenig kon-
kretisiert. Sollten die Büros dann tatsächlich freigezogen worden sein – also am
01.04.x2 – wäre zu diesem Zeitpunkt eine Drohverlustrückstellung für die dann noch
folgenden Mieten zu bilden. Dieser Zeitpunkt ist m.E. auch dann einschlägig, wenn
die Verträge nicht auslaufen, sondern gekündigt worden sind. Der (frühere) Kündi-
gungszeitpunkt kann nicht das rückstellungsauslösende Ereignis sein, solange noch
ungewiss ist, ob bis zum Ende der Nutzungsmöglichkeit genutzt wird oder nicht.

Literaturempfehlungen: Theile, Sozialplanverpflichtungen und Restrukturierungen –


Konzeptionelle Mängel beim Passivierungsgebot für faktische Verpflichtungen, PiR
2007, S. 297 – 303.

122
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
2.6.3 Pauschalrückstellungen und Rückstellungsbewertung
– Weiße Ware AG
Rechtsquelle: IAS 37

Lernziele: Zulässigkeit von Pauschalrückstellungen; Vollkostenansatz

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Weiße Ware AG, Hersteller von Waschmaschinen und Kühlschränken, hat für
mögliche Garantiefälle bei einigen größeren Absatzgeschäften im IFRS-Abschluss x1
bereits Einzelrückstellungen gebildet. Daneben weist der Vertriebsleiter darauf hin,
dass die Bearbeitung von anderen kleineren Garantiefällen ca. 10 % der Arbeitszeit in
Anspruch nehme, die Entwicklungsabteilung zu einem gewissen Anteil mit der Feh-
lersuche betraut sei und die Warenannahme und der Versand ebenfalls durch Rücklie-
ferungen in Anspruch genommen werden. In alten HGB-Zeiten sei hierfür eine Pau-
schalgarantierückstellung gebildet worden, die sich nach den Verhältnissen am
31.12.x1 auf 2 Mio. € belaufen würde. Der Leiter Finanz- und Rechnungswesen hat
demgegenüber gehört, dass Pauschalgarantierückstellungen nach IFRS nicht gebildet
werden dürften.

Aufgabenstellung

Welche der beiden Meinungen ist zutreffend? Kann oder muss auch im IFRS-
Abschluss eine Rückstellung i.H.v. 2 Mio. € angesetzt werden?

Lösung

Pauschalrückstellungen oder Sammelbewertungen sind zunächst als Anwendung ei-


nes Schätzmaßstabs zulässig, wenn eine Bewertung erst für eine Vielzahl von Bewer-
tungsvorgängen sinnvoll möglich ist, insbesondere bei Garantieleistungen. Für die
Schadensfälle kann ein Erwartungswert gebildet werden (IAS 37.39).

Zur Bewertung von Verpflichtungen sieht IAS 37.37 den an einen Dritten zu zahlen-
den Ablösebetrag als bestmögliche Schätzung an. Ein Dritter würde die Leistung nur
unter Aufwendung von Einzel- und verpflichtungsbezogenen Gemeinkosten abwi-
ckeln können. Daher ist zur Bewertung von Sachleistungsverpflichtungen der Vollkos-
tenansatz des IAS 2, also die Berücksichtigung von Einzel– und Gemeinkosten, ein-
schlägig. Die vom Vertriebsleiter genannten anteiligen Aufwendungen der Vertriebs-
abteilung, Warenannahme und Entwicklungsabteilung sind daher Basis der
Rückstellungsbildung, so dass diese in Höhe von 2 Mio. € anzusetzen ist.

123
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.6.4 Pensionsverpflichtungen – Witwen und Waisen AG
Rechtsquelle: IAS 19

Lernziele: Verständnis für die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IAS 19;
Würdigung von Pensionsgutachten; Entstehung und Abbildung sog. versicherungs-
mathematischer Gewinne und Verluste; Auswirkung auf Ergebnis und Eigenkapital;
Bilanzpolitik

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Die Witwen und Waisen AG muss in ihrem Abschluss x2 Pensionsverpflichtungen


nach IAS 19 bilanzieren. Dazu hat sie sowohl zum 31.12.x1 als auch zum 31.12.x2 ver-
sicherungsmathematische Gutachten eingeholt (s. Tabelle 2-33)

Im Jahr x2 liegen die tatsächlichen Pensionszahlungen (240 T€) unter den am 31.12.x1
für x2 erwarteten Zahlungen (270 T€), da ein pensionsberechtigter Mitarbeiter überra-
schend am 01.01.x2 gestorben ist und die jährliche Pension von 30 T€ in x2 nicht mehr
gezahlt wurde. Auf den Mitarbeiter entfiel am 31.12.x1 eine Pensionsverpflichtung von
210 T€.

Bisher hat die Witwen und Waisen AG zur Abbildung von Pensionsverpflichtungen
die sog. Korridor-Methode angewendet. Der Leiter Finanz- und Rechnungswesen
fragt sich, wie er aus den Gutachten die für die Bilanzierung zum 31.12.x2 relevanten
Daten ableiten soll und wie die Pensionsrückstellung und der Pensionsaufwand aus-
zuweisen sind. Außerdem möchte er wissen, welche Bilanzierungsalternativen neben
der Korridor-Methode bestehen und welche Vor- und Nachteile diese haben.

124
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
Tabelle 2-33: Angaben aus den Pensionsgutachten (in T€)

Gutachten zum
Angaben
31.12.x1 31.12.x2
Pensionsverpflichtung 31.12.x1/ x2 (Ist) 3.000 3.300
für das Folgejahr geschätzte Dienstzeitkosten 200 250
für das Folgejahr geschätzte Zinskosten 120 116
für das Folgejahr geschätzte Pensionszahlungen - 270 - 300
Pensionsverpflichtung 31.12.x2/ x3 (erwartet) 3.050 3.366
Planvermögen 31.12.x1/ x2 (Ist) 1.000 900
für das Folgejahr geschätzte Erträge 100 80
für das Folgejahr geschätzte Zahlungen - 50 - 70
Planvermögen 31.12.x2/ x3 (erwartet) 1.050 910
Dienstzeitkosten (geschätzt im Vorjahrsgutachten) 200 250
Zinskosten (geschätzt im Vorjahrsgutachten) 120 116
Amortisation versicherungsmathematischer Verluste 20 58
Abzg. Erträge aus Planvermögen (geschätzt im Vorjahrsgut-
- 100 - 80
achten)
Pensionsaufwendungen x2/ x3 240 344
Pensionsverpflichtung 31.12.x1 bzw. x2 (Ist) 3.000 3.300
Planvermögen 31.12.x1 bzw. x2 (Ist) - 1.000 - 900
Finanzierungsstatus 31.12.x1/ x2 2.000 2.400
versicherungsmathematische Verluste 31.12.x1/ x2 -500 - 850
Nettorückstellung 31.12.x1 bzw. x2 1.500 1.550

Tatsächliche Pensionszahlungen x1/ x2 260 240


Tatsächliche Erträge aus Planvermögen x1/ x2 60 -50
Tatsächliche Zahlungen aus Planvermögen x1/ x2 35 50

Aufgabenstellung

a) Skizzieren Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Bilanzierung von Pen-


sionsverpflichtungen nach IFRS und HGB.

b) Warum werden in Pensionsgutachten nach IAS 19 (wie in Tabelle 2-33) immer


auch die Werte des Folgejahres genannt? Erläutern Sie in diesem Zusammenhang
den Begriff der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste.

125
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
c) Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen den einzelnen Komponenten (Pensi-
onsverpflichtung, Planvermögen, Aufwendungen, Erträge, versicherungsmathe-
matische Verluste und der Netto-Pensionsrückstellung lt. Bilanz) des Gutachtens,
soweit sie bei Anwendung der Korridormethode im Abschluss x2 von Bedeutung
sind. Verwenden Sie hierzu das folgende Schema (sog. Pensionenspiegel) und
tragen Sie die relevanten Daten aus den Gutachten ein. Beachten Sie, dass das
Planvermögen mit der Pensionsverpflichtung saldiert und daher abgezogen wird
(negatives Vorzeichen). Die Tilgung versicherungsmathematischer Verluste ist
bereits eingetragen. Wieso beläuft sich deren Wert auf 20 T€?

Tabelle 2-34: Pensionenspiegel Korridormethode x2 (in T€), Aufgabenblatt

A B C D

Pensions- abzgl. versiche- Netto-


verpflich- Plan- rungsmath. Rückstel-
tung vermö- Gewinne (+)/ lung lt.
(DBO) gen Verluste (-) Bilanz
1 Tatsächliche Werte 01.01.x2
2 Dienstzeitkosten
3 Zinskosten
4 Tilgung versicherungsmath.
Verluste 20 20
5 Erträge
6 Pensionsaufwendungen
lt. GuV
7 Zahlungen
8 Erwartete Werte 31.12.x2
9 Erhöhung versicherungs-
math. Verluste
10 Tatsächliche Werte 31.12.x2

d) Wie sind Pensionsrückstellungen in der Bilanz und der Pensionsaufwand in der


GuV auszuweisen?

e) Welche Bilanzierungsalternativen bestehen für versicherungsmathematische Ge-


winne und Verluste?

126
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
f) Stellen Sie die Entwicklung der Pensionsverpflichtung bei erfolgsneutraler Ver-
rechnung der versicherungsmathematischen Verluste unter Verwendung des
nachfolgend abgebildeten Pensionenspiegels dar.

Tabelle 2-35: Pensionenspiegel erfolgsneutrale Verrechnung x2 (in T€), Aufgabenblatt

A B C

Pensions- abzgl. tatsächliche


verpflich- Plan- Netto-
tung vermögen Rückstellung
lt. Bilanz
1 Stand 01.01.x1
2 Dienstzeitkosten
3 Zinskosten
4 Erträge
5 Pensionsaufwendungen lt. GuV
6 Erfolgsneutrale
Verrechnung mit dem Eigenkapital
7 Erfasste Aufwendungen insgesamt
8 Zahlungen
9 Stand 31.12.x2

g) Beurteilen Sie die Korridor-Methode im Vergleich zur erfolgsneutralen Verrech-


nung im Hinblick auf bilanzpolitische Zielsetzungen im IFRS-Abschluss.

h) Welche Parallelen zwischen der Korridormethode und der erfolgsneutralen Ver-


rechnung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste einerseits und der
Bilanzierung bestimmter Kategorien von Finanzinstrumenten andererseits erken-
nen Sie?

Lösung

a) Abbildung von Pensionsverpflichtungen: IFRS und HGB im Vergleich


Ansatz: Nach IAS 19 sind für alle Pensionsverpflichtungen Rückstellungen zu bilden.
Dagegen besteht nach HGB auch i.d.F. BilMoG ein Ansatzwahlrecht für unmittelbare
Altzusagen (Zusagen bis 31.12.1986 zzgl. deren nachfolgenden Erhöhungen) sowie für
alle mittelbaren, etwa über Unterstützungskassen abgewickelten Verpflichtungen
(Art. 28 Abs. 1 EGHGB).

127
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bewertungsparameter: Nach IAS 19 sind künftig erwartete Nominalbeträge (inklusive
Gehalts- und Rententrends sowie Karrieretrends) mit einem aktuellen Diskontierungs-
satz für erstrangige, festverzinsliche Industrieanleihen abzuzinsen (IAS 19.78).

Gemäß § 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Rückstellungen mit ihrem Erfüllungsbetrag zu be-
werten, d.h. künftige Gehalts- und Rententrends sind zu erfassen. Das gilt nach Auf-
fassung des IDW auch für den Karrieretrend (vgl. IDW RS HFA 30, Rz. 54). Nach § 253
Abs. 2 S. 1f. HGB sind Pensionsrückstellungen entweder (a) mit dem durchschnittli-
chen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre oder (b) mit dem durch-
schnittlichen Marktzinssatz abzuzinsen, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit
von 15 Jahren ergibt. Beide Zinssätze werden von der Deutschen Bundesbank veröf-
fentlicht. Die zuvor nach HGB übliche Übernahme steuerlich zulässiger Werte (§ 6a
EStG, d.h. ohne Gehalts- oder Rententrend und bei Fixierung des Zinssatzes mit 6 %)
ist handelsrechtlich nun nicht mehr zulässig.

Als Unterschied zu IFRS bleibt der Zinssatz: IAS 19 fordert einen Stichtagszins, HGB
einen Durchschnittszins.

Bewertungsmethode: Nach IAS 19 ist allein das Anwartschaftsbarwertverfahren (pro-


jected unit credit method) zulässig (IAS 19.64). Nach HGB ist kein Verfahren vorge-
schrieben. Zulässig sind das Anwartschaftsverfahren oder das Teilwertverfahren (vgl.
Theile, Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 3. Aufl. 2011, § 253 Tz. 19; IDW RS HFA 30,
Rz. 61).

Vollständigkeit des Schuldausweises: Nach IAS 19 ist es zulässig, Parameterände-


rungen und Schätzfehler überwiegend nicht in der Bilanz abzubilden, und zwar dann,
wenn die sog. „Korridor-Methode“ angewendet wird. Dagegen wird nach HGB eine
einmal errechnete Rückstellung (vorbehaltlich der Saldierungspflicht mit insolvenzge-
sichertem Vermögen, s. nachfolgend) auch in der Bilanz angesetzt.

Saldierung mit Vermögenswerten: Nach IAS 19 sind Pensionsverpflichtungen zwin-


gend mit den zu ihrer Deckung vorhandenen Vermögenswerten (Planvermögen oder
plan assets) zu saldieren, und zwar dann, wenn die plan assets insolvenzgesichert sind,
z.B. bei der Verpfändung von Rückdeckungsversicherungen an die Pensionsberechtig-
ten. Da die Saldierung zu einer Bilanzverkürzung und damit zu besseren Bilanzrelati-
onen führt, besteht in der Praxis ein nachvollziehbares Interesse daran, möglichst viele
Vermögenswerte als Planvermögen i. S. v. IAS 19.7 zu klassifizieren. Dieses Saldie-
rungsgebot gilt unter praktische gleichen Voraussetzungen nun auch nach HGB (§ 246
Abs. 2 S. 2 HGB). Zudem bestimmt § 253 Abs. 1 S. 3 HGB, dass sog. wertpapiergebun-
dene Zusagen, bei denen sich der Umfang von Altersversorgungsleistungen nach dem
beizulegenden Zeitwert bestimmter Wertpapiere richtet, die Rückstellung mit diesem
beizulegenden Zeitwert zu bewerten ist.

128
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
b) Notwendigkeit der Angaben für das Folgejahr im Pensionsgutachten, versiche-
rungsmathematische Gewinne und Verluste

Kennzeichnend für die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IAS 19 ist das
Rechnen mit geplanten Aufwendungen (und mit geplanten Erträgen beim Planver-
mögen). Am Jahresanfang wird also abgeschätzt,

„ wie sich die Sterblichkeit, die Fluktuation, der Gehalts- und Rententrend, etc.
entwickeln,

„ wie hoch die Pensionszahlungen sein werden,

„ wie hoch der Diskontierungsfaktor ist und

„ welche Erträge das Planvermögen voraussichtlich erzielen wird.

Aus diesen geplanten Werten ergibt sich der in der GuV abzubildende Aufwand (Er-
trag) des Geschäftsjahres bereits zu Jahresbeginn, so dass Ergebnisüberraschungen
ausbleiben. Zugleich ist am Jahresende auf Basis des neuen Mengengerüsts und unter
Berücksichtigung der tatsächlichen Wertentwicklung für Gehälter, Renten, Zinsen etc.
und unter Anwendung des Anwartschaftsbarwertverfahrens der Verpflichtungsum-
fang (Defined Benefit Obligation, DBO) als Ist-Größe zu bestimmen. Auch der Fair Value
des Planvermögens ist am Jahresende als Ist-Größe festzustellen. Die Differenz zwi-
schen den jeweiligen geplanten Veränderungen und den tatsächlichen Veränderungen
beim Verpflichtungsumfang und Planvermögen wird als versicherungsmathemati-
scher Gewinn oder Verlust bezeichnet. Außerdem gehören auch die Auswirkungen
von Änderungen versicherungsmathematischer Annahmen zu den versicherungsma-
thematischen Gewinnen und Verlusten (IAS 19.7), beispielsweise eine gegenüber der
Vorperiode geringer geschätzte Fluktuationswahrscheinlichkeit oder ein geringer ge-
schätzter Diskontierungssatz. Der sog. nachzuverrechnende Dienstzeitaufwand, der
aus Planänderungen (Leistungsumfang) entsteht, gehört jedoch nicht dazu.

c) Pensionenspiegel Korridormethode
Bei Anwendung der Korridormethode ergibt sich folgender, anschließend erläuterter
Pensionenspiegel:

129
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-36: Pensionenspiegel Korridormethode x2 (in T€), Lösung

A B C D

Pensions- abzgl. Versiche- Netto-


verpflich- Plan- rungsmath. Rückstel-
tung vermö- Gewinne (+)/ lung lt.
(DBO) gen Verluste (-) Bilanz
1 Tatsächliche Werte 01.01.x2 3.000 - 1.000 -500 1.500
2 Dienstzeitkosten 200 200
3 Zinskosten 120 120
4 Tilgung versicherungsmath.
Verluste 20 20
5 Erträge - 100 - 100
6 Pensionsaufwendungen
lt. GuV 320 - 100 20 240
7 Zahlungen - 270 50 30 - 190
8 Erwartete Werte 31.12.x2 3.050 - 1.050 - 450 1.550
9 Erhöhung versicherungs-
math. Verluste 250 150 - 400 0
10 Tatsächliche Werte 31.12.x2 3.300 -900 - 850 1.550

In Spalte A ist die Entwicklung der tatsächlichen Pensionsverpflichtung dargestellt.


Die Spalte B enthält die Entwicklung des zur Deckung der Verpflichtung dienenden
Planvermögens, Spalte C die Entwicklung versicherungsmathematischer Gewinne
und Verluste, und Spalte D die Entwicklung der tatsächlich bilanzierten Verpflichtung.

Der Pensionsaufwand (Zeile 6, laufender Dienstzeitaufwand, Zinsaufwand, saldiert


mit den Erträgen aus Planvermögen) bemisst sich nach den am Jahresanfang erwarte-
ten Werten. Hinzu kommt die Tilgung versicherungsmathematischer Verluste, die
weiter unten erläutert wird. Auffällig ist: Auch in Bezug auf das Planvermögen wer-
den in der GuV die erwarteten Erträge (100 T€) und nicht die tatsächlichen Erträge er-
fasst. Erwartete Erträge umfassen dabei nicht nur laufende Zins- oder Dividendener-
träge, sondern auch erwartete Aktienkurssteigerungen, selbst wenn sich diese Erwar-
tungen nicht erfüllen. Im Beispiel sind tatsächlich Verluste von 50 T€ erzielt worden,
was durch den versicherungsmathematischen Verlust (150 T€) beim Planvermögen
zum Ausdruck kommt, da in diesem auch der fälschlich geschätzte Ertrag zurückge-
dreht werden muss.

Die Abweichung zwischen erwarteter (270 T€) und tatsächlicher (240 T€) Pensionszah-
lung i.H.v. 30 T€ zählt ebenfalls zu den versicherungsmathematischen Gewinnen und

130
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
Verlusten (hier: Gewinne). Sie ist in der Spalte C einzutragen, da die Entwicklung der
Nettorückstellung (Spalte D) die tatsächlichen Zahlungen von 190 T€ (Zeile 7, inklusi-
ve der Zahlungen aus dem Planvermögen) aufnehmen muss.

Zwischen der tatsächlichen Nettoverpflichtung (Pensionsverpflichtung von 3.300 T€


abzüglich 900 T€ Planvermögen, Zeile 10) und der bilanzierten Netto-Rückstellung
(1.550 T€) bestehen kumulierte versicherungsmathematische Verluste, die bilanziell
überhaupt nicht erfasst und in einer Nebenrechnung vorgetragen werden. Es handelt
sich um die Erwartungsabweichungen, deren Veränderungen im Geschäftsjahr Zeile 9
widerspiegelt – aufgeteilt auf Pensionsverpflichtung und Planvermögen.

Zu den Erwartungsabweichungen gehört auch der todesbedingte Wegfall der Ver-


pflichtung. Daher ist eine ertragswirksame Auflösung der 210 T€ (anders als nach
HGB) insoweit ausgeschlossen. Die daraus resultierenden Beträge zählen zu den ver-
sicherungsmathematischen Gewinnen und werden mit den übrigen versicherungsma-
thematischen Verlusten saldiert.

Nach der Korridormethode sind die kumulierten versicherungsmathematischen Ge-


winne und Verluste in einer Nebenrechnung außerhalb der Bilanz festzuhalten und
gem. IAS 19.92 daraufhin zu prüfen, ob sie weiter in der Nebenrechnung vorgetragen
oder erfolgswirksam zu erfassen sind. Eine erfolgswirksame Erfassung (Amortisation)
der versicherungsmathematischen Gewinne bzw. (hier) Verluste erfolgt für den Teil
des Saldos, der den höheren der beiden Beträge – 10 % des Verpflichtungsumfangs
(DBO) oder 10 % des Planvermögens zum Ende der Vorperiode – übersteigt (sog. 10 %-
Korridor). Im Beispiel bezieht sich der höhere der Beträge auf die am 01.01.x2 beste-
hende Pensionsverpflichtung (3.000 T€) und nicht auf das Planvermögen (1.000 T€), so
dass der Korridor 300 T€ (= 10 % von 3.000 T€) beträgt. Nur die übersteigenden Beträ-
ge von 200 T€ (= 500 T€ - 300 T€) sind (mindestens) über die erwartete Restlebensar-
beitszeit der vom Plan erfassten Arbeitnehmer linear zu verteilen. Da eine Amortisati-
on von 20 T€ erfasst worden ist, beträgt die Restlebensarbeitszeit im Beispiel 10 Jahre.

Zusammengefasst (in T€):


Nicht amortisierte vers.-math. Verluste 01.01.x2 500
- Korridor 10 % von 3.000 - 300
= Überschuss 200
Tilgung in Jahren 10
Tilgung im lfd. Jahr 20
Da sich die Referenzwerte für die Amortisation auf den Vorjahresendstand (01.01.) be-
ziehen, spielt die im laufenden Jahr erfolgte Erhöhung der versicherungsmathemati-
schen Verluste um 400 T€ (Zeile 9) für die notwendige Amortisation keine Rolle. Die
Erwartungsänderungen wirken sich vielmehr erst im Folgejahr aus. Hieraus folgt, dass
Schwankungen (hier Verluste) nur teilweise und zeitlich verzögert ergebniswirksam
werden können. Bei reinen Rentnerbeständen ist allerdings mangels Restdienstzeit

131
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
eine sofortige Amortisation der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste
vorzunehmen (IAS 19.93)

d) Ausweis in Bilanz und GuV


IAS 19 enthält weder Regelungen über den Bilanzausweis (IAS 19.118) noch über den
Ausweis der Komponenten des Altersversorgungsaufwandes (IAS 19.119). Es ent-
spricht üblicher Praxis, beim Unternehmen verbleibende Verpflichtungen als „Pensi-
onsrückstellungen“ bzw. „Pensionsverpflichtungen“ auszuweisen (langfristige Schul-
den; auch die Auszahlungsbeträge des kommenden Geschäftsjahres sind als langfris-
tig auszuweisen).

In der Praxis ist es sehr beliebt, Zinsaufwand und ggf. Fondserträge gesondert unter
Zinsaufwand oder -ertrag auszuweisen, da dann – im Fall des üblichen Aufwands-
überhangs - ein höherer operativer Gewinn (EBIT) gezeigt wird. Die übrigen Kompo-
nenten des Altersversorgungsaufwandes sind im Personalaufwand auszuweisen bzw.
bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens den Funktionsbereichen zuzuordnen.

e) Bilanzierungsalternativen für versicherungsmathematische Gewinne und Ver-


luste

Seit 2005 stehen zur Bilanzierung von versicherungsmathematischen Gewinnen und


Verlusten drei Alternativen zur Verfügung:

Tabelle 2-37: Varianten zur Bilanzierung versicherungsmath. Gewinne und Verluste


erfolgsneutrale
Bezeichnung Korridormethode „Mehrverrechnung“
Verrechnung

Vorschrift IAS 19.92 f. IAS 19.93, 19.95 IAS 19.93A


Anwendung in Regelfall bis 2004 Ausnahme häufige Anwen-
der Praxis dung ab 2005
Schuldenaus- Teilweise teilweise bis vollständig
weis in Bilanz vollständig
GuV-Effekt Erfolgswirksam erfolgswirksam erfolgsneutral
Durchführung Mindestaufwandsver- höhere, ggf. vollstän- vollständige Ver-
rechnung dige Aufwandsver- rechnung mit Ge-
rechnung winnrücklagen
gleichermaßen für Gewinne und Verluste
(In Anlehnung an Pawelzik, in: Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl., Köln 2009, Rz.
2435.

132
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.6
Die erfolgsneutrale Verrechnung der versicherungsmathematischen Gewinne und Ver-
luste im Eigenkapital ist als Wahlrecht eingeführt worden, um einen Anreiz für den
vollständigen Ausweis von Verpflichtungen in der Bilanz zu schaffen. Dabei ist ein
sog. recycling, d.h. die nachträgliche GuV-Abbildung von zuvor erfolgsneutral behan-
delten Beträgen, anders als nach der im Übrigen analogen Vorgehensweise nach US-
GAAP, nicht vorgesehen. Die Verrechnung ist damit endgültig, soweit sich Gewinne
oder Verluste in Zukunft nicht (innerhalb des Eigenkapitals) umkehren.

f) Pensionenspiegel bei erfolgsneutraler Verrechnung


Der Pensionenspiegel gestaltet sich bei erfolgsneutraler Verrechnung versicherungs-
mathematischer Gewinne und Verluste wie folgt:

Tabelle 2-38: Pensionenspiegel erfolgsneutrale Verrechnung x2 (in T€), Lösung

A B C

Pensions- abzgl. tatsächliche


verpflich- Plan- Netto-
tung vermögen Rückstellung
1 Stand 01.01.x2 3.000 - 1.000 2.000
2 Dienstzeitkosten 200 200
3 Zinskosten 120 120
4 Erwartete Erträge - 100 - 100
5 Pensionsaufwendungen lt. GuV 320 - 100 220
6 Erfolgsneutrale
Verrechnung mit dem Eigenkapital 220 150 370
7 Erfasste Aufwendungen insgesamt 540 50 590
8 Zahlungen - 240 50 - 190
9 Stand 31.12.x2 3.300 - 900 2.400

In der Spalte A „Pensionsverpflichtung“ sind die tatsächlichen Pensionszahlungen


(240 T€) eingetragen (statt 270 T€ erwartete Zahlungen bei der Korridormethode, siehe
Lösung zu c)). Die Differenz von 30 T€ (Erwartungsanpassung) geht jedoch auch in die
verrechneten versicherungsmathematischen Verluste ein (- 400 T€ + 30 T€ bei Korri-
dormethode = - 370 T€ bei erfolgsneutraler Verrechnung (Zeile 6)). Der Betrag von
370 T€ findet sich dann auch in der Gesamtergebnisrechnung wieder.

g) Bilanzpolitik: Korridor-Methode vs. erfolgsneutrale Verrechnung


Wenn die kumulierten versicherungsmathematischen Verluste so hoch sind, dass sie
außerhalb des Korridors liegen, müssen sie amortisiert werden. Bei häufig langer zeit-
licher Streckung handelt es sich dabei freilich nur um geringe Beträge. Gleichwohl

133
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
würde sich in einer solchen Situation eine Umstellung auf die erfolgsneutrale Verrech-
nung mit dem Eigenkapital das Jahresergebnis (leicht) erhöhen.

Gegenläufig zu dem aus Unternehmenssicht positiven Effekt beim Jahresergebnis


entwickeln sich die Bilanzrelationen. Die vollständige Erfassung der bislang aufgelau-
fenen Verluste bezieht schließlich auch jene Verluste mit ein, die noch innerhalb des
Korridors liegen. Daher kann das Eigenkapital empfindlich sinken und der Schulden-
ausweis wird höher. Da die Bilanzsumme bis auf aktive latente Steuern unverändert
bleibt, verringert sich die Eigenkapitalquote.

Die häufige Anwendung des neuen Wahlrechts bei börsennotierten Konzernen ab 2005
zeigt jedoch, dass zumindest diese die Ergebnisverbesserung (inklusive der wichtigen
Kennziffer Ergebnis je Aktie) offenbar höher gewichten als die gesunkene Eigenkapi-
talquote. Zwar verbleibt die stärkere Betonung der erfolgsneutralen Verrechnung in
der Gesamtergebnisrechnung. Fraglich ist jedoch, ob diese Darstellung tatsächlich von
den Jahresabschlussadressaten wahrgenommen wird. Immerhin ist die bilanzielle Un-
terdeckung bei der Korridormethode im Anhang anzugeben, ohne offensichtlich er-
kennbare Auswirkungen auf die Beurteilung der Unternehmen.

h) Ähnlichkeiten mit der Bilanzierung von Finanzinstrumenten


Die Korridormethode ähnelt der Bilanzierung von held-to-maturity-Finanzinstru-
menten (z.B. Anleihen). In beiden Fällen werden als vorübergehend angesehene Wert-
schwankungen (z.B. aus Zinssatzänderungen) nicht in der Bilanz abgebildet, sondern
„ausgesessen“ (siehe Aufgabe 2.5.1, Lösung zu b)). Die Annahme, dass sich versiche-
rungsmathematische Gewinne und Verluste umkehren, ist allerdings nicht gerechtfer-
tigt in Bezug auf biometrische Abweichungen (insb. Sterblichkeit), weil nicht davon
ausgegangen werden kann, dass die Lebenserwartung wieder abnimmt.

Die erfolgsneutrale Verrechnung versicherungsmathematischer Gewinne und Ver-


luste lässt sich mit dem Ansatz von available-for-sale-Wertpapieren vergleichen. Dort
werden Marktwerte auch in der Bilanz abgebildet, deren Veränderung (außerhalb der
Fortführung der Effektivzinsmethode) aber erfolgsneutral gebucht. Allerdings beste-
hen zwei Abweichungen:

„ Beim Verkauf von available-for-sale Wertpapieren kommt es zu einer Umbu-


chung (recycling) zuvor erfolgsneutraler Bewertungen in die GuV. Demgegen-
über ist ein recycling in Bezug auf die zuvor erfolgsneutral behandelten versiche-
rungsmathematischen Gewinne und Verluste endgültig (IAS 19.93D).

„ Dauerhaften Wertminderungen von available-for-sale Wertpapieren sind er-


folgswirksam zu behandeln (IAS 39.67), während etwa Marktwertschwankungen
bei Planvermögen immer erfolgsneutral verrechnet werden.

134
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
Literaturempfehlungen: Baetge/Haenelt, Pensionsrückstellungen im IFRS-Abschluss,
DB 2006, 2413-2419; Pawelzik, Pensionenspiegel für Pensionsrückstellungen nach IAS
19, DB 2005, 733-740; Theile, Pensionsverpflichtungen: Erfolgsneutrale Verrechnung
versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste – Vor- und Nachteile eines neuen
Wahlrechts, PiR 2006, 17-21; Theile, Gesamtergebnis je Aktie: Eine Kennzahl zur Schaf-
fung von Vergleichbarkeit zwischen IFRS-Abschlüssen? – Eine empirisch gestützte
Analyse, PiR 2006, 97-104.

2.7 Eigenkapital
2.7.1 Anwendung der Abgrenzungskriterien für
Eigenkapital – Treuhand GmbH
Rechtsquelle: IAS 32

Lernziele: Eigenkapitalkriterien nach IFRS; Probleme der Eigenkapitalabgrenzung für


Personengesellschaften

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Treuhand Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH, Chemnitz, soll für drei unter-


schiedliche Unternehmen prüfen, ob die bisher nach HGB ausgewiesenen Eigenkapi-
talbestandteile auch bei einer Umstellung auf IFRS Eigenkapital bleiben.

(1) Die nicht börsennotierte Family & Friends AG, deren Aktien sich auf eine Viel-
zahl von Aktionären verteilen, weise nach HGB folgendes Eigenkapital aus:

Tabelle 2-39: Family & Friends AG, Eigenkapital nach HGB (in T€)
31.12.01
Grundkapital 50.000
Kapitalrücklage 10.000
satzungsmäßige Rücklage 5.000
andere Gewinnrücklagen 45.000
Bilanzgewinn 3.000
Eigenkapital insgesamt 113.000

135
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(2) Die dem Gesellschafter Müller allein gehörende One-Man-Show GmbH zeigt
nach HGB folgende Eigenkapitalbestandteile:

Tabelle 2-40: One-Man-Show GmbH, Eigenkapital nach HGB (in T€)


31.12.01
gezeichnetes Kapital 25.000
Gewinnrücklagen 10.000
Jahresüberschuss 1.000
Eigenkapital insgesamt 36.000

(3) An der Sohnemann GmbH & Co. KG sind drei natürliche Personen als Komman-
ditisten beteiligt, die auch die Anteile an der GmbH halten. Die Komplementär-
GmbH ist nicht am Kapital der KG beteiligt. Die Sohnemann GmbH & Co. KG
zeigt folgende Eigenkapitalposten im HGB-Abschluss:

Tabelle 2-41: Sohnemann GmbH & Co. KG, Eigenkapital nach HGB (in T€)
31.12.01
Kommanditeinlagen 25.000
Kapitalrücklage 10.000
Gewinnrücklage 1.000
Eigenkapital insgesamt 36.000

Der Satzung entnimmt die Treuhand GmbH, dass alle Kommanditisten das
Recht haben, ihre Kommanditbeteiligung zu kündigen und dann gegen Abfin-
dung aus der KG auszuscheiden. Die Abfindung bemisst sich auf 60% des durch
einen vom IDW bestimmten Wirtschaftsprüfer zu ermittelnden Verkehrswert der
Anteile.

Aufgabenstellung

a) Erläutern Sie die Abgrenzungskriterien für Eigenkapital nach IAS 32.


b) Prüfen Sie für die drei Fälle, welche HGB-Eigenkapitalbestandteile auch im IFRS-
Abschluss Eigenkapital wären.

c) Zeigen Sie für die Sohnemann GmbH & Co. KG: Unter welchen Voraussetzungen
ist bei Personengesellschaften ein Eigenkapitalausweis möglich? Welche wichtige
Anhangangabe ist in diesem Fall zu machen?

136
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
Lösung

a) Abgrenzungskriterien für Eigenkapital nach IAS 32


Rein formal ist Eigenkapital als Restgröße definiert (Vermögenswerte abzüglich
Schulden, F.49c). Diese Abgrenzung ist aber wenig hilfreich, weil zunächst etwa bei
„Einlagen“ in das Unternehmen bzw. bei vom Unternehmen „emittierten“ Finanzin-
strumenten geklärt werden muss, ob es sich um eine Schuld oder um Eigenkapital
handelt.

Die für IFRS-Abschlüsse einschlägige Eigenkapitalabgrenzung richtet sich, etwas ver-


einfacht formuliert, nach der Frage: „Ist das Unternehmen am Bilanzstichtag auf Basis
eines individuellen Anspruchs vertraglich zur Auszahlung verpflichtet oder nicht?“
(IAS 32.16 f.). Falls ja, liegt Fremdkapital, ansonsten Eigenkapital vor.

Diese Eigenkapitaldefinition hat zwar eine ökonomische Dimension, weil sie auf Aus-
zahlungen aus Sicht des Unternehmens (IAS 32.2) abstellt. Sie ist jedoch deutlich for-
maler als die Eigenkapitalabgrenzung nach HGB, weil es nach IFRS auf die Fälligkeit
und insbesondere auf die Wahrscheinlichkeit der Auszahlung nicht ankommt. Die le-
diglich am Bilanzstichtag bestehende Möglichkeit der Auszahlung reicht aus, um Ei-
genkapital zu verneinen. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Kapital vom Emitten-
ten von vornherein nur befristet zur Verfügung gestellt wird oder der Kapitalgeber ei-
ne Kündigungsmöglichkeit hat. Eine Ausnahme (und damit Eigenkapital) besteht
lediglich für solche Verpflichtungen, die erst bei Liquidation der Gesellschaft zu erfül-
len sind (IAS 32.25b).

b) Eigenkapital bei unterschiedlichen Rechtsformen


(1) Bei einer AG bestehen vielfältige Kapitalerhaltungs- und -verwendungsvor-
schriften (§ 150 AktG zur gesetzlichen Rücklage, §§ 58, 174 AktG zur Ergebnisverwen-
dung). Im Ergebnis können diese Vorschriften freilich nicht verhindern, dass insbe-
sondere bislang thesaurierte Gewinne an die Aktionäre ausgekehrt werden. Man kann
sagen: Bei der Family & Friends AG haben die Aktionäre einen kollektiven Anspruch
auf das Eigenkapital, und ein Teil dieses Anspruchs, nämlich auf den Bilanzgewinn, ist
ausdrücklich zur Beschlussfassung (§ 174 Abs. 1 AktG) vorgesehen. Indes erstarkt die-
ser kollektive Anspruch tatsächlich erst mit dem Ausschüttungsbeschluss auf der
Hauptversammlung zu einem individuellen Forderungsrecht. Bis dahin liegt daher
insgesamt, auch für den Bilanzgewinn, nach IFRS-Kriterien Eigenkapital vor (IAS
32.17).

(2) Auch bei der GmbH entsteht formal eine Ausschüttungsforderung erst mit Aus-
schüttungsbeschluss (§ 29 Abs. 1 GmbHG); bis zu diesem liegt somit auch bei einer
GmbH für den ausgewiesenen Jahresüberschuss nach IAS 32 Eigenkapital vor. Dies
gilt selbst dann, wenn – wie bei der One-Man-Show GmbH - ein Mehrheits- oder Al-
leingesellschafter letztlich jederzeit die Auskehrung des Jahresüberschusses oder auch
der Gewinnrücklagen beschließen kann.

137
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(3) Nach dem für die Sohnemann GmbH & Co. KG einschlägigen Regelstatut der
Personengesellschaft kann jeder Gesellschafter seine Beteiligung kündigen (§ 723 BGB
i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB (OHG) bzw. § 161 Abs. 2 HGB (KG)). Die Kündigung - glei-
ches gilt bei Tod des Gesellschafters - führt zur Auflösung der Gesellschaft, wobei sich
der Abfindungsanspruch nach h. M. gegen die Gesellschaft richtet, also von der Ge-
sellschaft zu erfüllen ist. IAS 32.18b besagt nun, dass Fremdkapital vorliegt, wenn Ge-
sellschafter von Personengesellschaften ihre Anteile gegen Abfindung zurückgeben
können. Es liegt also von vornherein ein individueller Rückforderungsanspruch vor,
der nicht mehr eines Gesellschafterbeschlusses bedarf.

Danach wäre das gesamte HGB-Eigenkapital Fremdkapital.

c) Eigenkapitalausweis bei Personengesellschaften: Ausnahmeregelung


Allerdings enthält IAS 32.16Aff. ab 1.1.2009 eine Ausnahmeregelung, wonach (bei
weiterhin als Verbindlichkeit klassifiziertes Kapital) ein Eigenkapitalausweis möglich
ist (sog. „gewillkürtes Eigenkapital“). Hierzu müssen die nachfolgenden Bedingungen
kumuliert erfüllt sein:

„ Es müssen gleichrangige Residualansprüche aller Anteilseigner vorliegen. Jede


bevorzugte Rückzahlung, etwa die Vorabvergütung eines fixen Betrages an einen
Gesellschafter A (vor ansonsten quotaler Verteilung) verhindert den Eigenkapi-
talausweis von dessen Kapitalanteilen (IAS 32.AG14C). Haben andere Gesell-
schafter, z.B. B und C, dagegen keine Vorzugsrechte, gilt folgendes: Nur die An-
teile von B und C sind letztrangig. Daher können diese als Eigenkapital ausgewie-
sen werden. Der „infizierte“ Anteil des A fällt dagegen aus der Gruppe der
letztmaligen Ansprüche heraus (!), so dass insoweit nicht geprüft werden muss,
ob alle letztrangigen Ansprüche gleichartig ausgestaltet sind (RIC 3.13).

„ Die Anteile müssen in Bezug auf finanzielle Ausstattungsmerkmale gleichartig


sein (IAS 32.16Ac). So muss die Abfindungsklausel bei allen Kommanditisten
identisch sein. Fremdübliche Entgelte, z.B. die Haftungsprämie für einen Vollhaf-
ter oder gewinnabhängige Tätigkeitsvergütungen führen nicht zu einem Vorrang,
weil diese Funktionen von der Anteilseignerstellung getrennt betrachtet werden
(IAS 32.AG14G und .H; RIC 3.9f.).

„ Außer der Abfindungsverpflichtung dürfen die Anteile keine weitere vertragli-


che Auszahlungsverpflichtung i.S.v. IAS 32 verbriefen (IAS 32.16Ad). Die Zuwei-
sung der Gewinnanteile oder auch das Entnahmerecht der Verzinsung von Kapi-
talkonten führt dann nicht zu Fremdkapital, soweit bei der Feststellung des Jah-
resabschlusses eine ad-hoc-Gewinnthesaurierung beschlossen wird (zu
Einzelheiten vgl. RIC 3.21 ff)

„ Schließlich müssen die Ansprüche im weitesten Sinne gewinnabhängig sein (IAS


32.16Ae). Damit ist gemeint, dass die an die Anteilseigner fließenden Cashflows
sich im Wesentlichen nach (a) dem Gewinn und Verlust oder (b) der Änderung

138
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
des Buchwerts der Anteile oder (c) der Änderung der Fair Values der Anteile
richten, wobei mit (a) und (b) IFRS Größen gemeint sind (IAS 32.AG14E). Mit die-
ser umständlichen Formulierung sind insbesondere die Abfindungsvereinbarun-
gen selbst angesprochen: Eine Abfindung zum vollen Verkehrswert wird dem-
nach nicht gefordert. Eine „im wesentlichen“ (< 10%) auf IFRS Buchwerten basie-
rende Abfindungsklausel erfüllt die Voraussetzung per se (RIC 3.32). Aber auch
alle gängigen Abfindungsregelungen, also Verkehrswertabfindungen, Abfindung
in Höhe eines Anteils am Verkehrswert, HGB-Buchwertklauseln oder Abfindun-
gen nach dem Stuttgarter Verfahren erfüllen dann die Anforderung des IAS
32.16Ae, wenn die Abfindung einen wesentlichen Teil (deutlich > als 50%) des
Verkehrswerts der Anteile abdeckt (im Ergebnis RIC 3.27, 3.38). Soweit Abfin-
dungen unangemessen niedrig sind und die Abfindungsklausel daher der ge-
richtlichen Anpassung an ein angemessenes Entgelt unterliegen, wäre die korri-
gierte Abfindung maßgebend, unabhängig davon, ob die Anpassung gerichtlich
geltend gemacht oder durchgesetzt wird (RIC 3.29).

Mit ihrer Abfindungsklausel erfüllt die Sohnemann GmbH & Co. KG daher die obige
Bedingung, so dass das Kommanditkapital als Eigenkapital ausgewiesen werden
kann. Bei Anwendung der Ausnahmeregelung sind jedoch Einzelheiten der Abfin-
dungsklausel und die Abfindungshöhe im Anhang anzugeben (IAS 1.136A).

Literaturempfehlungen: RIC 3 „Auslegungsfragen zu den Amendments to IAS 32 Fi-


nancial Instruments: Presentation and IAS 1 Presentation of Financial Statements“,
Löw/Antonakopoulos, KoR 2008, 261ff., Lüdenbach, in Haufe IFRS Kommentar, 7. Aufl.
2009, § 20 Rz. 34, Pawelzik/Heuser, in Heuser/Theile, IFRS Handbuch 4. Aufl. 2009, Rz.
2022ff.

2.7.2 Mezzanine Kapital – Equity Provider GmbH


Rechtsquelle: IAS 32

Lernziele: Eigenkapitalausweis von Mezzanine Kapital; Vergleich von IFRS und HGB

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Family & Friends AG erhält von der Equity Provider GmbH folgende Finanzie-
rungsangebote, die nach deren Angaben gemäß IFRS jeweils zu Eigenkapital führen
sollen:

139
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(1) Genussscheinkapital mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einer Verzinsung von
10 % p.a. Der hohe Zinssatz ist dadurch bedingt, dass der Kapitalgeber gegen-
über allen anderen Gläubigern eine Rangrücktrittserklärung abgegeben hat, wo-
nach eine Rückzahlung nur nach Befriedigung dieser Gläubiger und aus einem
verbleibenden Liquidationsüberschuss erfolgen darf.

(2) Genussscheinkapital, das neben einer 4 %igen Festverzinsung eine ergebnisab-


hängige Vergütung in Höhe von 10 % des Jahresüberschusses vorsieht. Eine
Rückzahlung durch die Family & Friends AG ist nicht vereinbart; der Kapitalge-
ber hat stattdessen gegenüber den Aktionären die Option, von diesen die Rück-
zahlung zu verlangen (Put option).

(3) Genussscheinkapital, bei dem sowohl die Zahlung laufender Vergütungen als
auch die Rückzahlung vom Ermessen der Family & Friends AG abhängen.

Aufgabenstellung

a) Erläutern Sie kurz den Begriff Mezzanine Kapital.


b) Welche Kriterien sind zu prüfen, um Mezzanine Kapital im HGB-Abschluss ggf.
als Eigenkapital ausweisen zu können?

c) Führen die von der Equity Provider GmbH angebotenen Genussscheinfinanzie-


rungen tatsächlich zu Eigenkapital im IFRS-Abschluss?

Lösung

a) Begriff Mezzanine Kapital


Als Mezzanine Kapital bezeichnet man eine Unternehmensfinanzierung durch i.d.R.
nachrangige und nicht dinglich gesicherte Darlehen, die daher Merkmale von (HGB)
Eigen- und Fremdkapital aufweist. In der Praxis bestehen eine Vielzahl von Gestal-
tungen über typische oder atypische stille Beteiligungen, Genusscheine, Wandel- und
Optionsanleihen.

b) Kriterien für Eigenkapitalausweis von Mezzanine Kapital im HGB-Abschluss


Nach HGB ist Mezzanine Kapital als Eigenkapital auszuweisen, wenn es durch er-
folgsabhängige Vergütung, Verlustteilnahme, Nachrangigkeit im Insolvenzfall und ei-
ne gewisse Langfristigkeit eine Haftungsqualität erreicht, die derjenigen des sonstigen
Eigenkapitals mindestens entspricht.

c) Genussscheinkapital: Eigenkapital im IFRS-Abschluss?


(1) Wegen der befristeten Laufzeit liegt nach IAS 32 Fremdkapital vor. Die (lange)
Dauer der Kapitalüberlassung, aber auch die vereinbarte Nachrangigkeit ist unerheb-
lich.

140
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.7
(2) Bei der hier vorliegenden ewigen Rente bezieht der Inhaber jährliche Zinsen, hat
jedoch keinen Rückzahlungsanspruch in Bezug auf das Stammrecht. Die Zinszahlungen
stehen in Zeitpunkt und Höhe fest (bzw. sind bei variablem Zinssatz bestimmbar) und
das Unternehmen kann sich dieser Zahlungsverpflichtung nicht entziehen. Auf das
Stammrecht kommt es insofern nicht an; der Wert der Verbindlichkeit ergibt sich viel-
mehr aus der Kapitalisierung der Zinszahlungen (IAS 32.AG6). Unerheblich ist, dass
die laufende Vergütung im vorliegenden Fall zum Teil fix und zum Teil ergebnisab-
hängig ist, da sich die Gesellschaft bei Entstehen des Ergebnisses einer Auszahlung
nicht entziehen kann. Es liegt Fremdkapital vor.

(3) Da § 314 BGB für jedes Dauerschuldverhältnis ein außerordentliches Kündigungs-


recht vorsieht, kann auch bei dieser Alternative kein Eigenkapital ausgewiesen wer-
den. Teilweise wird dieses Ergebnis unter Hinweis auf IAS 32.25a i.V.m. IAS 32.AG28
abgelehnt. Diese Ausnahmeregelung erlaubt den Eigenkapitalausweis, wenn die Aus-
zahlungsverpflichtung „nicht genuin“ ist. Hiermit ist jedoch nicht jede außerordentli-
che Kündigungsmöglichkeit gemeint, sondern abnormale Fälle, etwa die Verpflich-
tung der Gesellschaft zur Erstattung des Kaufpreises von Aktien aufgrund vorsätzli-
cher sittenwidriger Schädigung der Aktionäre.

Literaturempfehlung: Lüdenbach in Haufe IFRS-Kommentar, 7. Aufl. 2009, § 20 Rz. 16ff..

2.7.3 Optionsanleihe – Sweet Equity AG


Rechtsquelle: IAS 32

Lernziele: Bilanzierung sog. zusammengesetzter Finanzinstrumente (compound instru-


ments); Aufteilung in Eigen- und Fremdkapital

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Sweet Equity AG emittiert eine Optionsanleihe mit folgenden Konditionen:

„ Nominalwert 2.000 T€
„ Ausgabe am 01.01.x1 zu 100 %
„ Rückzahlung am 31.12.x4 zu 100 %
„ Kupon: 2 % p.a.
„ Marktzinsen für vergleichbare Anleihen ohne Optionsrecht: 5 % p.a.
„ Optionsrecht: Die Inhaber der Anleihe haben das Recht, jederzeit bis zum
31.12.x4 pro 1 T€ Anleihe 5 Aktien der Sweet Equity AG zu einem bereits festge-
legten Preis zu erwerben.

141
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Aufgabenstellung

a) Teilen Sie den Emissionserlös von 2.000 T€ in einen Eigen- und einen Fremdkapi-
talanteil auf und führen Sie die Bilanzierung bis zur Rückzahlung der Optionsan-
leihe am 31.12.x4 fort. Verwenden Sie hierzu folgendes Schema und runden Sie
auf eine Nachkommastelle.

Tabelle 2-42: Bilanzierung Optionsanleihe, Aufgabenblatt (in T€)

x1 x2 x3 x4
Emissionserlös
- Eigenkapitalanteil (Agio)
= Verbindlichkeit 01.01.
Zinsaufwand für „reine“ Anleihen
(5 % auf Barwert der Verbindlichkeit 01.01.)
Zinszahlungen (nominal 2 % auf 2.000)
Zwischensumme
Rückzahlung 31.12.04
Verbindlichkeit 31.12.

b) Beschreiben Sie, wie bei Ausübung der Option zu buchen ist.

Lösung

a) Bilanzierung Optionsanleihe
Enthalten Finanzinstrumente Eigen- und Fremdkapitalelemente (compound instru-
ment), ist eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen (IAS 32.28). Der Eigenkapital-
anteil ergibt sich dabei als Restgröße, indem der Wert der Verbindlichkeit vom erhal-
tenen Erlös abgezogen wird. Optionsanleihen etwa gewähren zusätzlich zur Anleihe
ein Optionsrecht auf den Bezug von Aktien (call). Dabei weisen sie eine unter dem
Marktzins reiner Anleihen (hier 5 %) liegende Nominalverzinsung (hier: 2 %) auf, wo-
bei der Barwert der Zinsdifferenz den Preis für das Optionsrecht des Inhabers der An-
leihe darstellt. Der Verbindlichkeitenanteil ergibt sich aus dem Barwert der künftigen
Zinszahlungen (40 T€ p. a.) und Tilgungsleistungen (2.000 T€ am 31.12.x4), diskontiert
mit dem (höheren) Marktzins vergleichbarer Anleihen (5 %). Dieser Barwert beträgt im
Beispiel 1.787,2 T€, so dass die Differenz zum Emissionserlös (2.000 T€), d.h. ein Betrag
von 212,8 T€, als Agio ins Eigenkapital (Kapitalrücklage) einzustellen ist (IAS 32.32).
In den Folgejahren ermittelt sich die jeweilige Verbindlichkeit am Jahresende durch
jährliche Aufzinsung des Anfangsbetrages (beginnend mit 1.787,2 T€) mit 5 % und un-
ter Abzug der tatsächlich ausgezahlten Zinsen von 40 T€ p. a.

142
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Tabelle 2-43: Bilanzierung Optionsanleihe (in T€), Lösung
x1 x2 x3 x4

Emissionserlös 2.000,0
- Eigenkapitalanteil (Agio) - 212,8
= Verbindlichkeit 01.01. 1.787,2 1.836,6 1.888,4 1.942,9
Zinsaufwand für „reine“ Anleihen
(5 % auf Barwert der Verbindlichkeit 01.01.) 89,4 91,8 94,4 97,1
Zinszahlungen (nominal 2 % auf 2.000 T€) - 40,0 - 40,0 - 40,0 - 40,0
Zwischensumme 2.000,0
Rückzahlung 31.12.x4 - 2.000,0
Verbindlichkeit 31.12. 1.836,6 1.888,4 1.942,9 0,0

b) Optionsausübung
Bei einer eventuellen Optionsausübung erfolgt die Zahlung des Basispreises, der, auf-
geteilt in Nominalkapital (Grundkapital = Gezeichnetes Kapital) und Agio (Kapital-
rücklage), ins Eigenkapital eingestellt wird.

2.8 Übergreifende Themen


2.8.1 Wertminderungen – Mischmasch Konzern
Rechtsquelle: IAS 36

Lernziele: Betriebswirtschaftliche Logik der Wertminderungsprüfung nach IAS 36

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Der Mischmasch Konzern ist in sechs unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig, die


völlig unabhängig voneinander agieren. Die Anteilseigner der Mischmasch AG glau-
ben jedoch, dass eine Bereinigung des Konzernportfolios und die Konzentration auf
wesentliche Kernkompetenzen die Ertragslage insgesamt verbessern würden. Der
Vorstand hat daraufhin analysiert, welche Cashflows bei sofortiger Veräußerung der
Geschäftsfelder und welche bei deren Weiternutzung, ermittelt zum Barwert, erzielbar
wären. Den bei sofortiger Veräußerung erzielbaren Betrag bezeichnet der Vorstand als
Nettoveräußerungspreis, und den Barwert künftiger Cashflows aus fortgesetzter Nut-

143
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
zung als Nutzungswert. Beiden Werten hat der Vorstand in der nachfolgenden Tabelle
den aktuellen Buchwert der Geschäftsfelder gegenübergestellt, der zufällig für alle Ge-
schäftsfelder jeweils 100 Mio. € beträgt.

Tabelle 2-44: Buchwerte, Nettoveräußerungspreise und Nutzungswerte der Geschäftsfel-


der (in Mio. €)
Geschäftsfeld Buchwert Nettoveräußerungspreis Nutzungswert
A 100 150 180
B 100 130 110
C 100 120 80
D 100 70 160
E 100 60 90
F 100 50 30

Aufgabenstellung

a) Welche Entscheidung über Veräußerung oder Weiterbetrieb je Geschäftsfeld


würden Sie auf Basis der vorhandenen Informationen treffen?

b) In welchen der sechs Fälle sehen Sie vor dem Hintergrund der Vermögenswert-
konzeption der IFRS Anlass, vor Durchführung der jeweiligen Entscheidung nach
a) eine außerplanmäßige Abschreibung des Buchwerts vorzunehmen? Ggf. auf
welchen Betrag?

c) Sehen Sie Parallelen Ihrer Ergebnisse zu a) und b) mit der Konzeption außer-
planmäßiger Abschreibungen nach IAS 36?

Lösung

a) Veräußerung oder Weiterbetrieb der Geschäftsfelder


Da die Geschäftsfelder voneinander unabhängig sind, kann jedes für sich beurteilt
werden. Es ist dann nach dem jeweils höchsten Cashflow-Beitrag zu entscheiden.
Hierfür können die Szenarien (1) sofortiger Verkauf (Nettoveräußerungspreis) und (2)
Weiternutzung (Nutzungswert) herangezogen werden. Auf dieser Basis sind daher die
Geschäftsfelder A, D und E weiter zu nutzen, während sich bei B, C und F die soforti-
ge Veräußerung anbietet.

144
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
b) Außerplanmäßige Abschreibungen
Vermögenswerte reflektieren künftige Nutzenzuflüsse. Ist der erwartete künftige Nut-
zenzufluss niedriger als der Buchwert, liegt insoweit kein Vermögen vor. In solchen
Fällen sollte daher eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden. Das
betrifft die Geschäftsfelder E und F. Dabei ist es sinnvoll, auf den Betrag abzuschrei-
ben, der bei rationalem Handeln gem. a) tatsächlich erwartet wird, also im Fall E auf
90 Mio. € und im Fall F auf 50 Mio. €.

c) Konzeption außerplanmäßiger Abschreibungen nach IAS 36


Die Erfassung einer außerplanmäßigen Abschreibung (Wertminderung nach IAS 36)
ist immer dann erforderlich, wenn der Vergleichswert – der erzielbare Betrag (recove-
rable amount) – unter dem Buchwert liegt. Der erzielbare Betrag ist in IAS 36.6 definiert
als der höhere Wert aus einem Vergleich des

„ Nettoveräußerungspreises (Fair Value less costs to sell) mit dem

„ Nutzungswert (value in use)

des betrachteten Vermögenswertes oder der betrachteten Gruppe von Vermögenswer-


ten, die unabhängig von anderen Vermögenswerten Cashflows erzielen kann (sog. cash
generating unit). Beim Nutzungswert handelt es sich um den Barwert der zukünftigen
Cashflows aus der fortgesetzten Nutzung inklusive anschließender Veräußerung. Der
Nettoveräußerungspreis ist hingegen der Wert, der bei einem (sofortigen) Verkauf des
Vermögenswertes unter Marktbedingungen nach Abzug der Veräußerungskosten er-
zielt werden könnte.

Daher lässt sich IAS 36 tatsächlich von der Überlegung aus a), die aus Unternehmens-
bewertungen bekannt ist, leiten: Welche Alternative verspricht das höchste Nutzenpo-
tenzial eines Vermögenswertes, seine sofortige Veräußerung oder seine Weiternut-
zung? Eine Abschreibungsnotwendigkeit (siehe auch Lösung zu b)) ergibt sich nur,
wenn beide Alternativen zu Werten unterhalb des Buchwerts führen. Dabei wird unter-
stellt, dass die jeweils beste Verwendungsmöglichkeit gewählt wird, so dass auf den
höheren der beiden Werte abzuschreiben ist, unabhängig davon, wie sich das Mana-
gement in Bezug auf die Verwendung des Vermögenswertes tatsächlich entscheidet.

Literaturempfehlung: Pellens u.a., Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl. 2008, S.


255-277.

145
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
2.8.2 Entsorgungsverpflichtung und Anschaffungskosten –
Formstahl AG
Rechtsquellen: IAS 16, IAS 37

Lernziele: Bewertung von Rückstellungen; Entsorgungsverpflichtung als Bestandteil


der Anschaffungskosten

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Um der schwierigen Arbeitsmarktlage in Gelsenkirchen zu begegnen, entschließt sich


die Gemeinde im Jahr x1, den Betrieb des von der Formstahl AG beantragten Ham-
merwerks zu genehmigen – trotz der nicht unerheblichen Lärmemissionen. Immerhin
können so Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden. Allerdings hat die zustän-
dige Behörde die Betriebsgenehmigung nur für 10 Jahre erteilt, und nach Ablauf dieser
Zeit ist die Anlage abzubauen. Die Formstahl AG hat mit dieser Auflage kein Problem:
Die Nutzungsdauer des erst Ende x2 betriebsbereiten Hammerwerks – der Anschaf-
fungspreis belief sich auf 10.000 T€ – ist ohnehin auf 10 Jahre beschränkt. Im Hinblick
auf den IFRS-Abschluss x2 fragt sich der Finanzvorstand jedoch, wie mit der auf aktu-
eller Preisbasis geschätzten Entsorgungsverpflichtung von 2.000 T€ umzugehen ist.

Aufgabenstellung

a) Prüfen Sie, ob für die Entsorgungsverpflichtung in x2 eine Rückstellung anzuset-


zen ist. Hängt die Existenz der Verpflichtung davon ab, ob die Anlage tatsächlich
10 Jahre genutzt wird?

b) Welche Informationen benötigen Sie noch, um ggf. die Höhe der Rückstellung
ermitteln zu können?

c) Wie lösen die IFRS das Verrechnungsproblem für den Rückstellungsaufwand?

Lösung

a) Ansatzpflicht einer Rückstellung?


Am Abschlussstichtag x2 besteht eine rechtliche Verpflichtung, das Hammerwerk ab-
zubauen. Dieser Verpflichtung kann sich die Formstahl AG durch künftiges Handeln
nicht entziehen. An der Inanspruchnahme kann nicht gezweifelt werden, und eine
Bewertung ist ebenfalls möglich. Daher besteht für die Rückstellung eine Ansatz-
pflicht. Die Entsorgungsverpflichtung baut sich im Übrigen nicht durch die Nutzung
des Hammerwerks auf. Für die Existenz der Verpflichtung ist es völlig unerheblich, ob
das Hammerwerk beispielsweise 2 Jahre oder 10 Jahre betrieben wird.

146
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
b) Bewertung
Die Rückstellung ist in voller Höhe des besten Schätzwertes zum Erfüllungsbetrag an-
zusetzen (IAS 37.48 f.). Damit sind künftige Preis- und Kostenänderungen zu erfas-
sen; es kann sich hierbei um Kostensteigerungen, aber auch um Kostensenkungen
handeln. Auch das Mengengerüst der künftigen Abbaumaßnahmen kann sich verän-
dern, etwa durch absehbaren technischen Fortschritt. Nicht zulässig ist es allerdings,
von noch nicht bekannten Technologien auszugehen.

Ferner besteht nach IAS 37.45 eine generelle Abzinsungspflicht für Rückstellungen,
sofern der Effekt einer Abzinsung wesentlich ist. Parameter zur Beurteilung der We-
sentlichkeit sind die Fristigkeit, die absolute Höhe der Verpflichtung und der Zins-
satz. Zur Abzinsung soll ein der Fristigkeit entsprechender Marktzinssatz verwendet
werden (IAS 37.47).

Damit sind zusammengefasst noch folgende Informationen erforderlich:

„ Wirkung des absehbaren technischen Fortschritts auf das Mengengerüst,

„ Preis- bzw. Kostenentwicklung und

„ fristenkongruenter Marktzinssatz

c) Verrechnung des Rückstellungsaufwands


Einerseits ist die Rückstellung in voller Höhe anzusetzen, andererseits wäre eine Auf-
wandsbuchung im Jahr des Rückstellungsansatzes eine heftige Verzerrung des nach-
haltig aus dem Betrieb des Hammerwerks erhofften Ergebnisses. Daher ist die Ver-
pflichtung zum Passivierungszeitpunkt in gleicher Höhe als Bestandteil der Anschaf-
fungs- und Herstellungskosten des Hammerwerks zu aktivieren (IAS 16.16c). Sie ist
also erfolgsneutral zu buchen. Bei der Abschreibung des Hammerwerks tritt dann die
Erfolgswirkung ein. Über diese höheren Abschreibungsbeträge stellt sich so prinzipiell
dieselbe Erfolgswirkung ein wie bei der bilanziellen Behandlung einer Ansammlungs-
rückstellung nach HGB.

2.8.3 Bewertungsänderungen – Formstahl AG (2)


Rechtsquellen: IAS 16, IAS 36, IAS 37, IFRIC 1

Lernziele: Planmäßige Abschreibung von Sachanlagen; Folgebewertung von Rückstel-


lungen; Bewertungsänderungen von Entsorgungsverpflichtungen; außerplanmäßige
Abschreibungen

Schwierigkeitsgrad: 

147
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Sachverhalt

Die Formstahl AG – siehe Aufgabe 2.8.2 – schätzt den in 10 Jahren für die Entsorgung
des Hammerwerks aufzubringenden Betrag, also unter Berücksichtigung künftiger
Lohnsteigerungen und absehbaren technischen Fortschritts, auf 2.000 T€. Der Markt-
zins betrage konstant für alle Perioden 4 %.

Aufgabenstellung

a) Buchen Sie das Hammerwerk (bezahlt) und die Entsorgungsrückstellung per En-
de x2 ein.

b) Das Hammerwerk wird ab x3 linear über 10 Jahre abgeschrieben. Zeigen Sie die
Entwicklung der Buchwerte des Hammerwerks und die der Rückstellung für x3
bis x5 auf; verwenden Sie folgende Tabelle:

Tabelle 2-45: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung x3 bis x5 (in T€),
Aufgabenblatt
Jahr Abschreibung Hammerwerk Zinsaufwand Rückstellung
x3
x4
x5

c) Aufgrund der boomenden Konjunktur haben die Gewerkschaften im Dezember


x5 erhebliche Lohnforderungen durchsetzen können. Das Controlling der Form-
stahl AG schätzt daher den Entsorgungsbetrag auf 2.800 T€ in x12. Zugleich sind
aufgrund von Maßnahmen der EZB zur Konjunkturdämpfung die Zinsen auf 6 %
gestiegen. Wie wirken diese Informationen auf die Buchwerte des Hammerwerks
und der Rückstellung im Abschluss x5 der Formstahl AG? Sehen Sie darüber hin-
aus Anlass, eine Wertminderungsprüfung für das Hammerwerk vorzunehmen?

d) Zeigen Sie auf Basis der Informationen zu c) die Weiterentwicklung der Buchwer-
te des Hammerwerks und der Rückstellung für die Jahre x6 und x7.

Tabelle 2-46: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung in x6 und x7 (in


T€), Aufgabenblatt
Jahr Abschreibung Hammerwerk Zinsaufwand Rückstellung
x6
x7

148
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Lösung

a) Einbuchung Hammerwerk und Entsorgungsverpflichtung


Die Anschaffungskosten des Hammerwerks belaufen sich auf 10.000 T€ zuzüglich der
passivierten Entsorgungsverpflichtung. Die Verpflichtung ist zum Barwert von
1.351 T€ zu passivieren, weil bei einem Zeitraum von 10 Jahren bis zum Erfüllungs-
zeitpunkt ein Diskontierungssatz von 4 % zu einem wesentlichen Zinseffekt führt:

Konto T€ Konto T€

Hammerwerk 11.351 an Bank 10.000

Rückstellung 1.351

b) Folgebewertung ohne Parameteränderung


Die jährliche Abschreibung des Hammerwerks beträgt 1.135 T€ (= 11.351 T€ / 10 Jahre).
Außerdem ist die Rückstellung jedes Jahr um 4 % aufzuzinsen, damit in 10 Jahren der
Erfüllungsbetrag von 2.000 T€ erreicht ist. Aufgrund des Zinseszinseffektes ergeben
sich jährlich steigende Zinsaufwendungen.

Tabelle 2-47: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung x3 bis x5 (in T€),
Lösung
Jahr Abschreibung Hammerwerk Zinsaufwand Rückstellung
x3 1.135 10.216 54 1.405
x4 1.135 9.081 56 1.461
x5 1.135 7.946 58 1.519

c) Wirkung einer Parameteränderung


Im Zeitablauf können sich aufgrund neu zugegangener Informationen die Schätzun-
gen über den Erfüllungsbetrag der Verpflichtung verändern. Das ist hier der Fall: Die
Schätzung beläuft sich per Ende x5 auf 2.800 T€ im Jahr x12. Zeitgleich hat sich der
fristenkongruente Marktzins geändert, so dass der Barwert gegenläufig zur Erhöhung
des Erfüllungsbetrags sinkt. Diskontiert man die 2.800 T€ über 7 Jahre mit 6 %, ergibt
sich ein Barwert von 1.862 T€. Die Rückstellung ist daher per 31.12.x5 um 343 T€
(= 1.862 T€ - 1.519 T€) zu erhöhen. IFRIC 1.4 f. bestimmt nun, dass die Effekte sowohl
aus Neuschätzungen des Erfüllungsbetrags als auch aus Veränderungen des Zinssat-
zes erfolgsneutral zu erfassen sind. Also ist in gleicher Höhe der Buchwert des Ham-
merwerks anzupassen; dieser beträgt am 31.12.x5 demnach 8.289 T€ (= 7.946 T€ +
343 T€).

149
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Bei einer Erhöhung des Buchwertes des Vermögenswertes hat „das Unternehmen … zu
bedenken, ob dies ein Anhaltspunkt (für eine Wertminderung) sein könnte“ (IFRIC 1.5c). In
der Tat: Die Formstahl AG hat bei Inbetriebnahme des Hammerwerks dessen Profita-
bilität auf Basis der damals vorhandenen Informationen u.a. über die Höhe der Ent-
sorgungsverpflichtung abgeschätzt; die starke Erhöhung der Verpflichtung konnte
nicht antizipiert werden. War noch reichlich „Luft“ zwischen Buchwert des Hammer-
werks und seinem erzielbaren Betrag gem. IAS 36 – das kann eine Sensitivitätsanalyse
zeigen -, besteht kein Anlass für die Durchführung eines Impairment-Tests. Allerdings
ist zu beachten, dass infolge der Zinssteigerung auch der Diskontierungssatz für den
Nutzungswert des Hammerwerks sinken könnte. Eine Zinssteigerung ist bereits für
sich genommen ein Indikator für eine Wertminderung (IAS 36.12c).

d) Folgebewertung nach Parameteränderung


Ab x6 beträgt die Abschreibung des Hammerwerks 1.184 T€ (= 8.289 T€ / 7 Jahre). Fer-
ner ist die Rückstellung, ausgehend von 1.862 T€ per 31.12.x5, jedes Jahr um 6 % auf-
zuzinsen:

Tabelle 2-48: Entwicklung Buchwerte Hammerwerk und Rückstellung in x6 und x7


(in T€), Lösung
Jahr Abschreibung Hammerwerk Zinsaufwand Rückstellung
x6 1.184 7.105 112 1.974
x7 1.184 5.921 118 2.092

2.8.4 Stichtagsprinzip, Wertaufhellung und


Wertbegründung – Glaskugel AG
Rechtsquelle: IAS 10, IAS 2, IAS 1

Lernziele: Stichtagsprinzip; Wertaufhellungszeitraum; Abgrenzung von Wertaufhel-


lung und Wertbegründung; Beurteilung einzelner Sachverhalte

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Marvin Merlin, Leiter Rechnungswesen der im Spielesektor tätigen Glaskugel AG, hat
den IFRS-Abschluss x1 per Ende Januar x2 schon fast fertig. Einzig folgende Sachver-
halte machen ihm Sorgen:

150
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
(1) Laut Inventur waren am Bilanzstichtag 10.000 Spielekonsolen einer auslaufenden
Modellreihe auf Lager, deren Herstellungskosten 200 €/Stück betrugen. Aus einer Be-
sprechung mit dem Vertriebsleiter kurz vor Jahresultimo weiß Merlin, dass man zu-
nächst 5.000 Stück noch für einen Preis von 150 €/Stück und nach einer weiteren Preis-
senkung noch einmal 3.000 Stück zu je 100 € bis Ende Januar abzusetzen glaubte; der
Rest, so war die Einschätzung, sei wohl unverkäuflich und müsse verschrottet werden.
Aus dem nun Ende Januar vorliegenden Controllingbericht geht hervor, dass tatsäch-
lich 5.000 Stück zum geschätzten Preis abgesetzt werden konnten. Die nachfolgende
Preissenkung fiel jedoch stärker aus als erwartet. Um noch weitere 3.000 Stück abzu-
setzen, musste der Preis auf 70 €/Stück gesenkt werden. Der Rest ist bereits verschrot-
tet worden.

(2) Gegenüber der japanischen Ynos Corp. besteht zum Bilanzstichtag eine Forderung
von 5 Mio. €; vom im November x1 gestellten Insolvenzantrag der Ynos Corp. hat
Merlin erst am 21. Januar x2 erfahren. Einen Tag später hat die Play GmbH, gegenüber
der am Bilanzstichtag eine Forderung von 2 Mio. € bestand, ebenfalls Insolvenzantrag
gestellt. Gemildert wurden diese rabenschwarzen Nachrichten nur durch die TV-Show
„Wer wird reich?“, in der P. Geier Mitte Januar 1 Mio. € gewonnen hatte. Das freute
Merlin besonders, weil Geier ebenfalls im Januar Insolvenzantrag gestellt und die
Glaskugel AG noch eine Forderung von 600 T€ gegenüber Geier hatte. Die Buchhal-
tung hat gemeldet, dass Geier seine Schuld bereits beglichen hat.

(3) Die im Sommer x1 zum Kurs von 28 € über die Börse erworbenen 100.000 Stück
Pacman-Aktien sind der Kategorie available-for-sale zugeordnet worden. Am Bilanz-
stichtag betrug der Kurs 30 € und nun, Ende Januar, 25 €.

(4) Am Jahresende betrugen die aufgelaufenen und aktivierten Entwicklungskosten


für das nicht zimperliche Computerspiel „Destroy the Aliens“ 8 Mio. €. Man erwartete,
mit der Produktion und Vermarktung im März x2 beginnen zu können. In einer kon-
zertierten Aktion im Januar x2 haben allerdings die Regierungschefs der wichtigsten
Industrienationen der Welt ein Verbot von Gewalt zeigenden Computerspielen verein-
bart. Die Glaskugel AG sieht daraufhin die Vermarktung nur noch auf dunklen Kanä-
len als möglich an und schätzt den erzielbaren Betrag von „Destroy the Aliens“ auf 4
Mio. €.

(5) Die Glaskugel AG ist wegen Patentrechtsverletzung verklagt worden. Merlin hat
dafür bereits nach bester Schätzung eine Rückstellung i.H.v. 2 Mio. € gebildet. Das am
16. Januar x2 ergangene rechtskräftige Urteil lautete jedoch überraschend auf 3 Mio. €.

Aufgabenstellung

a) Erläutern Sie den Zusammenhang von Stichtagsprinzip, wertaufhellenden und


wertbegründenden Ereignissen. Welches Ereignis markiert das Ende des Wert-
aufhellungszeitraums:

151
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
(1) Tag der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung?

(2) Weiterleitung des Abschlusses an den Aufsichtsrat (§ 170 Abs. 1 AktG)?

(3) Datum des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers?

b) Prüfen Sie, ob und ggf. wie die oben genannten Sachverhalte im IFRS-Abschluss
abzubilden sind.

c) Beschreiben Sie, ob und ggf. welche Bilanzierungskonsequenzen sich im IFRS-


Abschluss ergeben, wenn durch ein besonderes Ereignis nach dem Bilanzstichtag
– aber vor Abschlusserstellung – die Annahme der Unternehmensfortführung
nicht mehr aufrecht zu erhalten ist.

Lösung

a) Stichtagsprinzip, Wertaufhellung, Wertbegründung


Eine Abschlusserstellung braucht Zeit; die Bilanz zum 31.12. wird (auch beim „fast
close“) eben nicht am 31.12., sondern später erstellt. Es stellt sich dann die Frage, ob
und wie Informationen, die nach dem Stichtag zugehen, noch bei der Abschlusserstel-
lung berücksichtigt werden sollen. Dabei unterscheidet IAS 10.3 zwei Arten von Er-
eignissen und Informationen:

„ solche, die am Bilanzstichtag bereits begründet waren (berücksichtigungspflichtige


oder wertaufhellende Ereignisse) und

„ solche, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind (nicht zu berücksichti-
gende oder wertbegründende Ereignisse).

Wertaufhellende Ereignisse nehmen Einfluss auf Ansatz und Bewertung im abgelau-


fenen Geschäftsjahr, während wertbegründende Ereignisse für die neue Berichtsperi-
ode zählen und im vergangenen Abschluss allenfalls – bei Wesentlichkeit – Angabe-
pflichten (im Anhang) auslösen (IAS 10.21 f.), die freilich auch vom Lagebericht nach
§§ 289, 315 HGB gefordert werden.

Der Wertaufhellungszeitraum reicht bis zum Tag der Freigabe des Abschlusses zur
Veröffentlichung (IAS 10.3). Im Abschluss ist sowohl dieses Datum als auch an-
zugeben, wer für die Freigabe autorisiert ist (IAS 10.17). Der Sinn der Datumsangabe
liegt für den Abschlussadressaten darin, zu erfahren, dass der Abschluss Ereignisse nach
diesem Datum nicht mehr enthalten kann (IAS 10.18). Falls die Möglichkeit besteht, den
Abschluss „nach der Veröffentlichung“ (gemeint ist: Tag der Freigabe des Abschlusses
zur Veröffentlichung) noch zu ändern, soll nach IAS 10.17 auch diese Tatsache angege-
ben werden. Die Vorschrift läuft indes zumindest für deutsche Unternehmen ins Leere
und ist insoweit gegenstandslos, weil jede spätere Änderung durch den Aufsichtsrat
oder die Gesellschafterversammlung (bei der GmbH) zu einer erneuten Festsetzung
des Tages der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung führen würde.

152
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Demgegenüber kommt der Zeitpunkt der Weiterleitung des Abschlusses an den Auf-
sichtsrat (§ 170 Abs. 1 AktG) als Freigabedatum nicht in Betracht, da ansonsten das
praktische Problem entstünde, dass die – geforderte – Datumsangabe nicht Teil des
testierten Anhangs sein kann, da der Abschlussprüfer vor entsprechender Weiterlei-
tung testiert haben muss (§ 171 Abs. 2 AktG).

Da der Abschluss nach Erteilung des Bestätigungsvermerks grundsätzlich nicht mehr


geändert werden kann – eine nachfolgende Änderung würde eine Nachtragsprüfung
auslösen, die auch zur entsprechenden Änderung des Bestätigungsvermerks führt–,
markiert spätestens das Datum der Erteilung des Bestätigungsvermerks gem. § 322
Abs. 5 HGB das Ende des Wertaufhellungszeitraums. Im Regelfall wird wenige Tage
vor oder sogar am Tag der Erteilung des Bestätigungsvermerks von der Geschäftsfüh-
rung durch Datum und Unterschrift dokumentiert, dass der Aufstellungsvorgang
beendet ist. Insoweit sichergestellt ist, dass bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks
keine Änderung mehr vorgenommen worden ist, ist diese Angabe maßgeblich.

b) Beurteilung wertaufhellender vs. wertbegründender Ereignisse


(1) Für Vorräte wie die Spielekonsolen gilt das strenge Niederstwertprinzip: Der nied-
rigere Wert aus einem Vergleich der Anschaffungs- und Herstellungskosten mit dem
Nettoveräußerungswert ist anzusetzen (IAS 2.9). Dabei ist der Nettoveräußerungswert
der künftige, aus der Verwertung der Vorräte erzielbare Betrag (IAS 2.30). Da die Vorrä-
te während einer gewissen Zeitspanne nach dem Stichtag veräußert werden, müssen
bereits aus logischen Gründen auch nach dem Stichtag eintretende Entwicklungen be-
rücksichtigt werden, andernfalls würde nicht zum künftig höchstens erzielbaren Betrag
bewertet.

Unter dem erzielbaren Nettoveräußerungserlös am Bilanzstichtag ist daher die per Bi-
lanzstichtag erwartete künftige Preistendenz zu verstehen. Dies gilt im Beispiel auch für
die Verschrottungen. Diese sind nicht etwa ein erst im neuen Jahr zu berücksichtigen-
des neues Ereignis, sondern der Extremfall des erwarteten Nettoveräußerungswertes,
und zwar ein Erlös von 0 Euro/Stück.

Somit sind 5.000 Stück zu 150 €/Stück und 2.000 Stück zu 0 € zu bewerten. In Bezug
auf die Ende Januar zu 70 €/Stück verkauften Konsolen kommt nur ein Ansatz zu 70
€/Stück in Betracht, da der getätigte Verkauf einen Nachweis über den Nettoveräuße-
rungswert am Bilanzstichtag erbringt (IAS 10.9bii).

(2) Bei den Forderungen ist zu beachten, dass nicht die Insolvenzanträge zu beurteilen
sind, sondern die Zahlungsfähigkeit der Kunden. Insolvenzanträge geben jedoch ei-
nen Hinweis auf die Zahlungsfähigkeit am Bilanzstichtag. Klar ist, dass die Forderung
gegenüber der Ynos Corp. abzuschreiben ist (IAS 39.63). Das Gleiche gilt typischer-
weise auch bei der Forderung gegenüber der Play GmbH, weil der nach dem Bilanz-
stichtag gestellte Insolvenzantrag lediglich die schon am Bilanzstichtag vorgelegene
(unerkannte) Zahlungsunfähigkeit bestätigt (IAS 10.9bi).

153
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Allgemein lässt sich aus dem Zahlungseingang einer Forderung bis zum Bilanzaufstel-
lungstag ableiten, dass die Forderung im Ergebnis nicht risikobehaftet war. Das gilt
auch bei der Forderung gegenüber P. Geier, obwohl dieser am Bilanzstichtag objektiv
zahlungsunfähig gewesen war: Der Zahlungseingang ist als wertaufhellendes Ereignis
zu würdigen. Eine Abschreibung unterbleibt.

(3) In den Kategorien available-for-sale sind finanzielle Vermögenswerte zum Fair Value
zu bewerten. Sofern Marktwerte auf liquiden Märkten existieren, reflektiert der
Marktpreis am Bilanzstichtag sämtliche wertaufhellende Erkenntnisse zu diesem Tag.
Kursveränderungen nach dem Bilanzstichtag gelten gem. IAS 10.11 als wertbegrün-
dendes Ereignis, das nicht zu berücksichtigen ist. Gleiches gilt im Übrigen, wenn Be-
wertungsmodelle zur Fair Value Ermittlung herangezogen werden müssen. In die
Modelle sollen als Parameter Marktpreise einfließen; es muss sich dann um Marktprei-
se am Bilanzstichtag handeln. Die Pacman-Aktien sind daher mit 30 €/Stück anzuset-
zen.

(4) IAS 10.22d nennt die Zerstörung einer Maschine durch ein Feuer nach dem Bilanz-
stichtag explizit ein wertbegründendes Ereignis. Die h.M. neigt dazu, diesen Hinweis
auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Es kann jedoch auch gefragt werden:
Ist angesichts der gesellschaftspolitischen Diskussion das vereinbarte Verbot von Ge-
walt verherrlichenden Computerspielen tatsächlich ein so überraschendes, nicht ab-
sehbares Ereignis wie ein Brand? Immerhin hängt der Wert der aktivierten Entwick-
lungskosten für „Destroy the Aliens“ insgesamt von zukünftigen Zahlungsflüssen ab,
so dass sich durch die genannten Ereignisse lediglich eine mögliche, aber zunächst
nicht in Erwägung gezogene Zukunftslage realisiert.

(5) Das Urteil zur Patentrechtsverletzung ist ein wertaufhellendes Ereignis, weil es le-
diglich feststellt, was rechtens ist, aber nicht selbst Recht schafft, so dass die Rückstel-
lung mit 3 Mio. € anzusetzen ist. Dasselbe gilt im Übrigen, wenn Merlin vor dem Ur-
teil der Meinung gewesen wäre, überhaupt keine Rückstellung ansetzen zu müssen
(IAS 10.9a).

c) Widerlegung der Annahme der Unternehmensfortführung


Die Going-Concern-Annahme zählt wie das Periodisierungsprinzip zu den tragenden
Säulen (auch) der IFRS-Bilanzierung (IAS 1.23 f.). Mit der Annahme lässt sich bei-
spielsweise die planmäßige Abschreibung oder die Nichtpassivierung latent vorhan-
dener Abfindungsansprüche für Mitarbeiter begründen. Wird die Prämisse aufgege-
ben, ist zu Liquidationswerten zu bilanzieren. Das gilt auch dann, wenn die Prämisse
aufgrund von Ereignissen nach dem Stichtag aufgegeben werden muss (IAS 10.14).

Literaturempfehlung: ADS International, Abschnitt 2.

154
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
2.8.5 Anlageimmobilien: Bewertungsmethoden und deren
Wechsel – Terra AG
Rechtsquellen: IAS 8, IAS 16, IAS 40

Lernziele: Anwendung von IAS 8 auf Darstellungs- und Methodenänderungen, rück-


wirkende Änderung von Bilanzierungsmethoden, Wirkung auf Eigenkapital und Jah-
resergebnis

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Andreas Passer hat nach erfolgreichem Studium seinen ersten Job in der Konzernbi-
lanzierung der Terra AG angetreten. Seine erste Aufgabe besteht darin, sich um die bi-
lanzielle Abbildung von Sachanlagen zu kümmern, die bisher zu (fortgeführten) histo-
rischen Kosten bewertet worden sind. Hierzu erhält er die Bilanzen der vergangenen
zwei Jahre sowie die vorläufige Bilanz für x3.

Tabelle 2-49: Bilanzen der Terra AG (in T€)


vorläufig
31.12.x3 31.12.x2 31.12.x1
Aktiva
Sachanlagen 150.000 143.500 140.000
Latente Steuern 11.800 12.300 12.100
Kurzfristige Vermögenswerte 15.000 17.200 18.100
Summe 176.800 173.000 170.200
Passiva
Eigenkapital
Gezeichnetes Kapital 5.000 5.000 5.000
Gewinnrücklagen 14.500 14.000 14.200
Jahresergebnis 24.000 25.000 20.000
Latente Steuern 16.500 17.000 16.000
Kurzfristige Schulden 116.800 112.000 115.000
Summe 176.800 173.000 170.200

Darüber hinaus weist ihn sein Vorgesetzter darauf hin, dass in den Sachanlagen
Grundstücke (Grund und Boden) enthalten sind, die ausschließlich zum Zweck der
Wertsteigerung gehalten werden. Die Grundstücke sind mit ihren (auch steuerlichen)
historischen Anschaffungskosten von 12.000 T€ angesetzt. Da in den letzten Jahren die

155
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Immobilienpreise deutlich gestiegen sind, soll der Bilanzansatz der Grundstücke im
Konzernabschluss x3 auf Basis der beizulegenden Zeitwerte erfolgen. Aus der
Controlling-Abteilung liegen Passer folgende Fair Values vor: 13.000 T€ für x1, 15.000
T€ für x2 und 19.000 T€ für x3.

Aufgabenstellung

a) Um welche Vermögenswerte handelt es sich bei den oben genannten Grundstü-


cken? Nach welchem Standard sind sie zu bilanzieren?

b) Halten Sie den bisherigen Ausweis der Grundstücke in der Bilanz für zutreffend?
Welche Anhangangabe ist angesichts der bislang vorgenommenen Bewertung der
Grundstücke erforderlich?

c) Welche Bilanzierungsmethoden sind für die Grundstücke zulässig? Unter wel-


chen Bedingungen darf die Bilanzierungsmethode geändert werden?

d) Helfen Sie Andreas Passer und erstellen Sie nach der Vorgabe des Vorgesetzten
die Abschlussbilanz zum 31.12.x3. Sind die Zahlen der Vorperiode anzupassen?
Beachten Sie den Ansatz latenter Steuern (Steuersatz 30 %). Geben Sie die Bu-
chungssätze an!

e) Könnte das Jahresergebnis und/oder das Eigenkapital auch gesteigert werden,


wenn die Grundstücke mit dem Verwaltungsgebäude der Terra AG bebaut wä-
ren? Nehmen Sie unter dieser Voraussetzung eine Bilanzierungsänderung vor.

f) Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse zu d) und e) im Hinblick auf die Bilanzwirkun-


gen.

Lösung

a) Klassifizierung der Grundstücke


Zur Abbildung von Immobilien, die langfristig gehalten werden, kommen grundsätz-
lich zwei Standards in Betracht: IAS 16 (Sachanlagen) und IAS 40 (als Finanzinvestiti-
on gehaltene Immobilien). Entscheidend für die Klassifizierung nach einem der beiden
Standards ist die Verwendung der Immobilien. Werden sie

„ zur Erzielung von Mieteinnahmen und/oder

„ zum Zweck der Wertsteigerung

gehalten und dienen sie nicht zur Herstellung oder Lieferung von Gütern (IAS 40.5),
dann handelt es sich um als Finanzinvestition gehaltene Immobilien im Anwendungs-
bereich des IAS 40, die hier kurz als Anlageimmobilien bezeichnet werden. Das trifft
auf die genannten Grundstücke der Terra AG zu.

156
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
b) Ausweis von Anlageimmobilien
IAS 1.54 enthält eine Aufzählung an Posten, die mindestens gesondert in der Bilanz
darzustellen sind. Dazu gehören auch die Anlageimmobilien (IAS 1.54b). Die Praxis
geht zunehmend dazu über, diese „Mindestaufgliederung“ streng zu befolgen, ob-
gleich auch sie unter dem Vorbehalt der Wesentlichkeit steht (IAS 1.31). Im Beispiel
ist der Anteil der Anlageimmobilien kleiner als 10 % der gesamten Sachanlagen, was
durchaus noch als unwesentlich gelten kann. Im Übrigen sind die Anlageimmobilien
bisher zu historischen Kosten bewertet worden und unterscheiden sich daher in der
Bewertung nicht von den anderen Sachanlagen. Im Anhang allerdings ist eine Auf-
gliederung unumgänglich, schon allein, um die Fair Values der Anlageimmobilien
pflichtgemäß angeben zu können (IAS 40.79e).

c) Bilanzierungsmethoden und deren Änderung


Die Bewertung von Anlageimmobilien kann entweder nach dem Anschaffungskos-
tenmodell oder nach dem Modell des beizulegenden Zeitwertes vorgenommen wer-
den (IAS 40.30). Beim Anschaffungskostenmodell werden Anlageimmobilen zu fort-
geführten Anschaffungskosten analog IAS 16 bewertet. Beim Modell des beizulegen-
den Zeitwertes werden die Anlageimmobilien zum Fair Value angesetzt, wobei Fair
Value-Änderungen gegenüber der Vorperiode erfolgswirksam in der GuV erfasst
werden; dafür unterbleibt (bei Gebäuden) die planmäßige Abschreibung. Die erstma-
lig angewandte Bilanzierungsmethode – hier das Anschaffungskostenmodell - ist in
den Folgeperioden stetig beizubehalten.

Die Änderung einer angewandten Bilanzierungsmethode ist nur zulässig und zu-
gleich zwingend, wenn sie

„ von einem Standard (IFRS/ IAS) oder einer Interpretation (IFRIC/ SIC) verlangt
wird oder

„ zu nach wie vor zuverlässigen, aber entscheidungsnützlicheren Informationen


über die Auswirkungen von Geschäftsvorfällen auf die Vermögens-, Finanz- oder
Ertragslage im Abschluss führt (IAS 8.14).

Die Änderung wird im vorliegenden Fall von einem Standard nicht verlangt. Mit der
Vermittlung entscheidungsnützlicherer Informationen lässt sich jedoch die Änderung
vom Anschaffungskosten- zum Fair Value-Modell begründen, zumal der IASB selbst
das Fair Value model präferiert (IAS 40.BCB44 ff.).

d) Durchführung der Methodenänderung


Passer muss die Bilanzierungsmethode der Anlageimmobilien gem. der Vorgabe des
Vorgesetzten vom Anschaffungskostenmodell zum Fair Value-Modell ändern. Dies hat
rückwirkend zu erfolgen (IAS 8.19b), und zwar so, als sei die neue Methode schon
immer angewandt worden (IAS 8.22). Damit ist das im Abschluss x3 angegebene Ver-
gleichsvorjahr x2 anzupassen, es entspricht (nach der Änderung) also nicht mehr dem

157
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
ursprünglich in x2 vorgelegten Abschluss. Da ferner eine frühere Periode nicht darge-
stellt wird, sind die kumulierten Änderungen aus früheren Perioden in der Eröff-
nungsbilanz zum 01.01.x2 erfolgsneutral zu erfassen. Auf diese Weise werden die Ef-
fekte der Jahre x2 und x3 periodengerecht isoliert und können erfolgswirksam abge-
bildet werden.

Per 31.12.x1 (= 01.01.x2) betrugen die historischen Anschaffungskosten der Anlageim-


mobilien 12.000 T€, ihr Fair Value jedoch 13.000 T€. Die historischen Anschaffungskos-
ten sind auch in der Steuerbilanz angesetzt worden. Die im IFRS-Abschluss vorzu-
nehmende Aufwertung auf den Fair Value wird in der Steuerbilanz nicht nachvollzo-
gen, so dass sich ein Mehrvermögen der IFRS- gegenüber der Steuerbilanz ergibt.
Darauf ist eine latente Steuerabgrenzung vorzunehmen. Ferner sind die Anlageimmo-
bilien gesondert auszuweisen, weil sie künftig mehr als 10 % des übrigen Sachanlage-
vermögens ausmachen und vor allem erfolgswirksam zum Fair Value bewertet wer-
den. Damit lautet der Buchungssatz zum 01.01.x2 wie folgt:

Konto T€ Konto T€

Anlageimmobilien 12.000 an Sachanlagen 12.000

Anlageimmobilien 1.000 an Gewinnrücklagen 700

an passive latente Steuern 300

In den Jahren x2 und x3 werden die Fair Value-Änderungen der Anlageimmobilien


gem. IAS 40.35 ergebniswirksam in der GuV erfasst, wohingegen es in der Steuerbi-
lanz bei einem Ansatz von 12.000 T€ bleibt. Die zugehörigen latenten Steuern sind jetzt
erfolgswirksam zu buchen:

31.12.x2:

Konto T€ Konto T€

Anlageimmobilien 2.000 an Ertrag 2.000

Steueraufwand 600 an Passive latente Steuern 600

31.12.x3:

Konto T€ Konto T€

Anlageimmobilien 4.000 an Ertrag 4.000

Steueraufwand 1.200 an passive latente Steuern 1.200

158
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Die Anlageimmobilien haben sich per 31.12.x2 um 3.000 T€ im Vergleich zu den ur-
sprünglichen historischen Kosten auf 15.000 T€ erhöht. Diesem Anstieg der Aktiva
steht ein Anstieg um 700 T€ bei den Gewinnrücklagen, um 1.400 T€ beim Jahresergeb-
nis und um 900 T€ bei den passiven latenten Steuern gegenüber. Die gesamten passi-
ven latenten Steuern betragen demnach 17.900 T€ (= 17.000 T€ + 900 T€).

In x3 ist eine weitere Steigerung der Anlageimmobilien um 4.000 T€ auf 19.000 T€ zu


beobachten, die sich im Jahresergebnis (+ 2.800 T€) und bei den passiven latenten
Steuern (+ 1.200 T€) niederschlägt. Die passiven latenten Steuern betragen demnach
18.600 T€ (= 16.500 T€ + 900 T€ + 1.200 T€). Der Anstieg des Jahresergebnisses aus der
Vorperiode x2 musste in die Gewinnrücklagen umgebucht werden, so dass sich deren
Stand auf 16.600 T€ (= 14.500 T€ + 700 T€ + 1.400 T€) beläuft.

Damit ergibt sich zum 31.12.x3 folgende Abschlussbilanz der Terra AG:

Tabelle 2-50: Bilanz der Terra AG x3 mit Vorperiode und Anlageimmobilien (in T€)
31.12.x3 31.12.x2
Aktiva
Sachanlagen 138.000 131.500
Anlageimmobilien 19.000 15.000
latente Steuern 11.800 12.300
kurzfristige Vermögenswerte 15.000 17.200
Summe 183.800 176.000
Passiva
Eigenkapital
gezeichnetes Kapital 5.000 5.000
Gewinnrücklagen 16.600 14.700
Jahresergebnis 26.800 26.400
latente Steuern 18.600 17.900
kurzfristige Schulden 116.800 112.000
Summe 183.800 176.000

e) Bilanzierungsänderung bei selbstgenutzten Grundstücken


Werden die Grundstücke von der Terra AG selbst genutzt, liegen sie im Anwendungs-
bereich des IAS 16 (siehe Lösung zu a)). Der Standard lässt alternativ zum Anschaf-
fungskostenmodell (fortgeführte historische Kosten) eine Bewertung nach dem sog.
Neubewertungsmodell bzw. der Neubewertungsmethode zu (IAS 16.29). Wird diese
Methode auf Sachanlagen angewendet, sind diese zum Fair Value anzusetzen. Inso-

159
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
weit entspricht dies dem Fair Value Modell aus IAS 40. Im Unterschied aber zu diesem
ist nach der Neubewertungsmethode des IAS 16 die Fair Value-Änderung nicht er-
folgswirksam, sondern erfolgsneutral (unmittelbar im Eigenkapital) in einer Neube-
wertungsrücklage zu erfassen. Außerdem sind planmäßige Abschreibungen (hier
nicht relevant) auf die Neubewertungsbeträge erforderlich. Latente Steuern auf den
Neubewertungsbetrag sind ebenfalls erfolgsneutral zu erfassen.

Die Änderung der Bilanzierungsmethode vom Anschaffungskostenmodell zur Neu-


bewertungsmethode ist unter den bei c) genannten Voraussetzungen möglich. Aller-
dings ist explizit die rückwirkende Neubewertung untersagt (IAS 8.17). Damit werden
die Zeitwertdifferenzen nur im Berichtsjahr x3 erfasst. Der Buchungssatz zum 31.12.x3
lautet:

Konto T€ Konto T€

Sachanlagen 7.000 an Neubewertungsrücklage 4.900

an passive latente Steuern 2.100

Ein gesonderter Ausweis der neubewerteten Sachanlagen auf Bilanzebene ist nicht er-
forderlich, wird aber gem. IAS 1.59 angeregt. Die Aufteilung ist jedoch im Anhang un-
verzichtbar.

160
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Tabelle 2-51: Bilanz der Terra AG x3 mit Vorperiode, Neubewertungsmethode (in T€)
31.12.x3 31.12.x2
Aktiva
Sachanlagen 157.000 143.500
latente Steuern 11.800 12.300
kurzfristige Vermögenswerte 15.000 17.200
Summe 183.800 173.000
Passiva
Eigenkapital
gezeichnetes Kapital 5.000 5.000
Gewinnrücklagen 14.500 14.000
Neubewertungsrücklage 4.900
Jahresergebnis 24.000 25.000
latente Steuern 18.600 17.000
kurzfristige Schulden 116.800 112.000
Summe 183.800 173.000

f) Vergleich der Wirkungen von Bilanzänderungen

Bei der Neubewertungsmethode selbstgenutzer Grundstücke (e) und dem Fair Value-
Modell der Anlageimmobilien (d) sind die Bilanzsummen und auch die Aufteilung
von Schulden und Eigenkapital identisch. Allerdings werden die Posten innerhalb des
Eigenkapitals unterschiedlich angesprochen. Auffällig ist bei (e) der neue Posten Neu-
bewertungsrücklage, und das Jahresergebnis bleibt gegenüber dem Ausgangsfall un-
verändert. Ferner ist aufgrund des Verbots der rückwirkenden Neubewertung bei (e)
der Bilanzeffekt in x3 besonders hoch und die Vergleichbarkeit gegenüber der Vorpe-
riode eingeschränkt.

2.8.6 Latente Steuern – Steuerspar GmbH


Rechtsquelle: IAS 12

Lernziele: Verständnis für die Systematik latenter Steuern nach IFRS; Bilanzierung ak-
tiver und passiver latenter Steuern auf temporäre Differenzen; Berücksichtigung von
Steuersatzänderungen; Erstellung einer steuerlichen Überleitungsrechnung

Schwierigkeitsgrad: 

161
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Sachverhalt:

Bei der Steuerspar GmbH bestehen am 31.12.x1 und 31.12.x2 folgende Abweichungen
zwischen dem IFRS-Abschluss und der Steuerbilanz:

„ Der Buchwert des Sachanlagevermögens ist in der IFRS-Bilanz um 5.000 T€


(31.12.x1) bzw. 6.000 T€ (31.12.x2) höher als in der Steuerbilanz, da steuerlich de-
gressiv und kürzer abgeschrieben wird. Ein Teil der Buchwertabweichung (25 %)
ist erfolgsneutral bei der Erstkonsolidierung einer Tochtergesellschaft entstanden.

„ Drohverlustrückstellungen in Höhe von 500 T€ (31.12.x1) bzw. 800 T€ (31.12.x2)


werden steuerlich nicht anerkannt.

„ Die Pensionsrückstellungen werden steuerlich mit 6 % und nach einer Parame-


teränderung im IFRS-Abschluss mit 4 % abgezinst. Dies hat im IFRS Abschluss zu
versicherungsmathematischen Verlusten i.H.v. 1.500 T€ (31.12.x1) bzw. 1.600 T€
(31.12.x2) geführt, die erfolgsneutral mit dem Eigenkapital verrechnet werden.

Im Laufe des Jahres x2 tritt (mit Wirkung zum 01.01.x2) eine Steuersatzsenkung von
40 % auf 30 % in Kraft. Der Leiter der Steuerabteilung möchte wissen, wie die latenten
Steuern zum 31.12.x2 zu bilanzieren sind.

Aufgabenstellung

a) Tragen Sie die temporären Differenzen zwischen den beiden Bilanzen in folgen-
des Tableau ein. Welche „Faustformel“ zur Bestimmung latenter Steuern kennen
Sie?

Tabelle 2-52: Temporäre Differenzen (in T€), Aufgabenblatt


IFRS Mehrvermögen (+)
IFRS Mindervermögen (-)
31.12.x1 Veränderung 31.12.x2
Sachanlagen
Drohverlustrückstellung
Pensionsrückstellungen
Summe

b) Was ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung der Steuersatzsen-
kung in x2 zur Berechnung latenter Steuern zu beachten? Variante: Wie wäre für
den Abschluss x1 zu verfahren, wenn die Steuersatzsenkung (mit Wirkung zum
01.01.x2) bereits in x1 bekannt geworden wäre?

162
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
c) Wie entwickeln sich die aktiven und passiven latenten Steuern in x2? Verwenden
Sie folgendes Schema:

Tabelle 2-53: Entwicklung der latenten Steuern (in T€), Aufgabenblatt

Latente Veränderung Latente


Steuern Steuersatz Mengeneffekt Steuern
31.12.x1 erfolgs- erfolgs- erfolgs- erfolgs- 31.12.x2
40 % wirksam neutral wirksam neutral 30 %

aktiv (+) Aufwand (-) Aufwand (-) aktiv (+)


passiv (-) Ertrag (+) Ertrag (+) passiv (-)
Sachanlagen
Drohverlust-
rückstellung
Pensionsrück-
stellungen
Total (Saldo)

d) Wie wirkt sich die Steuersatzsenkung in x2 bei der steuerlichen Überleitungs-


rechnung gemäß IAS 12.81c aus? Ermitteln Sie zunächst (ausgehend vom Steuer-
bilanzergebnis) das IFRS-Ergebnis vor Steuern und leiten Sie zum ausgewiesenen
Steueraufwand über. Berücksichtigen Sie außerdem, dass Bewirtungsaufwen-
dungen von 200 T€ steuerlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.

Tabelle 2-54: Überleitungsrechnung (in T€), Aufgabenblatt


x2
Steuerbilanzergebnis 9.300
Veränderung temporärer Differenz im Anlagevermögen
Veränderung temporärer Differenz bei Drohverlust-Rückstellung
IFRS-Ergebnis vor Steuern
Steuersatz 30 %
Erwarteter Steueraufwand
Aufwand (+)/ Ertrag (-) aus Steuersatzänderung
Effekt aus nicht abzugsfähigen Ausgaben
Ausgewiesener Steueraufwand

e) Wie setzt sich der in d) ermittelte ausgewiesene Steueraufwand zusammen? Ver-


wenden Sie nachfolgende Tabelle.

163
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-55: Zusammensetzung des ausgewiesenen Steueraufwands (in T€),
Aufgabenblatt
x2
Tatsächlicher Steueraufwand
Latenter Steueraufwand (+ )/ -ertrag (-) aus Veränderung der temporären
Differenzen
Latenter Steueraufwand (+)/ -ertrag (-) aus Steuersatzänderung
Ausgewiesener Steueraufwand

Lösung

a) Temporäre Differenzen
Für die praktische Anwendung kann folgende Faustformel genutzt werden:

„ Mindervermögen (Mindereigenkapital) in der IFRS-Bilanz gegenüber der Steu-


erbilanz, das noch nicht zur steuerlichen Entlastung (Ersparnis) in der Vergan-
genheit führte, bewirkt eine aktive Steuerabgrenzung.

„ Mehrvermögen (Mehreigenkapital) in der IFRS-Bilanz gegenüber der Steuerbi-


lanz, das noch nicht der Besteuerung unterlag, führt zur passiven Abgrenzung.

Die sichtbare und gleichsam ästhetische Folge der Abgrenzung latenter Steuern be-
steht darin, dass der Steueraufwand in ein erklärbares Verhältnis zum IFRS Vor-
Steuer-Ergebnis gebracht wird.

Tabelle 2-56: Temporäre Differenzen (in T€), Lösung


IFRS Mehrvermögen (+)
IFRS Mindervermögen (-)
31.12.x1 Veränderung 31.12.x2
Sachanlagen 5.000 1.000 6.000
Drohverlustrückstellung - 500 - 300 - 800
Pensionsrückstellungen - 1.500 - 100 - 1.600
Summe 3.000 600 3.600

b) Wirkung der Steuersatzsenkung


Für die Bewertung latenter Steuern verlangt IAS 12.47 den Steuersatz heranzuziehen,
der „zum Zeitpunkt der erwarteten Umkehrung der Differenz gültig ist“. Zugleich setzt IAS
12.48 diesen Erwartungen jedoch enge Grenzen, denn zukünftige Steuersätze dürfen
nur dann berücksichtigt werden, wenn eine Steuersatzänderung hinreichend sicher

164
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
bzw. bereits umgesetzt ist, in Deutschland z.B. bei einer Einigung im Vermittlungsaus-
schuss (vgl. IASB update Februar 2005, S. 4). Regelmäßig wird daher nur der aktuelle
Steuersatz zum Bilanzstichtag in Betracht kommen.

Sollte sich der Steuersatz im Vergleich zur Vorperiode verändert haben, so ist eine
Neuberechnung der latenten Steuern erforderlich. Bei zuvor erfolgswirksam gebilde-
ten latenten Steuern ist auch die Änderung erfolgswirksam zu erfassen, ansonsten er-
folgsneutral (IAS 12.60a). Für die auf das Sachanlagevermögen entfallenden (erfolgs-
neutralen) latenten Steuern gilt jedoch abweichend folgendes: Obwohl sie bei der Erst-
konsolidierung erfolgsneutral gebildet wurden, werden die Effekte auf Steuersatz-
änderungen erfolgswirksam erfasst, weil auch die Gesamtauflösung der Steuerlatenz
ergebniswirksam erfolgt.

Lt. Aufgabenstellung tritt die Steuersatzsenkung erst in x2 (rückwirkend zum 01.01.x2)


in Kraft. Danach wäre die Steuersatzsenkung erst zum 31.12.x2 zu erfassen.

Variante: Falls die Steuersenkung in x1 beschlossen würde (ebenfalls mit Wirkung


zum 01.01.x2), wären latente Steuern bereits zum 31.12.x1 mit dem geänderten Steuer-
satz (30 %) zu bewerten, obwohl die laufende Steuerbelastung in x1 noch 40 % beträgt.

c) Entwicklung latenter Steuern


„ Die geringere Abschreibung von Sachanlagen in der IFRS Bilanz im Vergleich
zur Steuerbilanz hat zu IFRS-Mehrvermögen geführt, dem passive latente Steuern
gegenüberstehen. Das gilt auch im Hinblick auf die aufgedeckten stillen Reserven
aus dem Unternehmenszusammenschluss.

„ Rückstellungen nach IAS 37 können über den steuerlichen Werten liegen, insbe-
sondere bei Drohverlustrückstellungen, falls diese, wie jedenfalls in Deutsch-
land, steuerlich nicht anerkannt werden (§ 5 Abs. 4a EStG). Es liegt gegenüber der
Steuerbilanz IFRS-Mindervermögen vor. Die erst künftig tatsächlich zu erwarten-
de Steuerentlastung wird durch Aktivierung latenter Steuern i.H.v. 200 T€ vor-
weggenommen.

„ Die latenten Steuern auf Pensionsrückstellungen betreffen die erfolgsneutrale


Verrechnung versicherungsmathematischer Verluste. Die erst spätere steuerliche
Entlastung (IFRS-Mindervermögen) wird durch erfolgsneutrale Bildung aktiver
latenter Steuern von 600 T€ vorweggenommen.

In der Tabelle sind die Buchwerte der latenten Steuern zunächst per 31.12.x1 (40 %)
angegeben. Die Veränderung der latenten Steuern aufgrund der Steuersatzsenkung
beträgt 10 % (40 % - 30 %) des Anfangsbestands der temporären Differenzen oder auch
25 % des Betrags der latenten Steuern selbst. Bei der laufenden Veränderung (Men-
geneffekt) wird der in x2 gültige Steuersatz von 30 % auf die Veränderung der tempo-
rären Differenzen angewendet. In der Summe ergibt sich so der Stand latenter Steuern
auf temporäre Differenzen per 31.12.x2, jetzt bewertet mit 30 %.

165
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-57: Entwicklung der latenten Steuern (in T€), Lösung

Latente Veränderung Latente


Steuern Steuersatz Mengeneffekt Steuern
31.12.x1 erfolgs- erfolgs- erfolgs- erfolgs- 31.12.x2
40 % wirksam neutral wirksam neutral 30 %
aktiv (+) Aufwand (-) Aufwand (-) aktiv (+)
passiv (-) Ertrag (+) Ertrag (+) passiv (-)
Sachanlagen -2.000 500 - 300 - 1.800
Drohverlust-
200 - 50 90 240
rückstellung
Pensionsrück-
600 - 150 30 480
stellungen
Total (Saldo) - 1.200 450 - 150 - 210 30 - 1.080

d) Überleitungsrechnung
Die in IAS 12.81c vorgeschriebene Überleitungsrechnung hat große Bedeutung für
das Verständnis latenter Steuern durch den Bilanzleser. Würden sämtliche temporären
Differenzen versteuert und gäbe es darüber hinaus keine weiteren Abweichungen
zwischen IFRS- und Steuerbilanz, dann ergäbe sich der ausgewiesene Steueraufwand,
der sich aus tatsächlichen und latenten Steuern zusammensetzt, unmittelbar aus der
Multiplikation des IFRS-Vor-Steuer-Ergebnisses mit dem Steuersatz. Da diese Voraus-
setzungen aber nicht vorliegen, soll eine Überleitungsrechnung von einem solcherma-
ßen erwarteten zum ausgewiesenen Steueraufwand informieren (IAS 12.84). Der an-
zuwendende Steuersatz zur Ermittlung des erwarteten Steueraufwands ist typischer-
weise der Steuersatz des Mutterunternehmens (sog. „home based rate approach“), bei
starken Auslandsaktivitäten auch ein Mischsteuersatz (IAS 12.85). Mit diesem Steuer-
satz werden i. d. R. auch die latenten Steuern bewertet. Der aus dem Vor-Steuer-
Ergebnis durch Multiplikation mit dem Steuersatz ermittelte „erwartete“ oder „theore-
tische“ Steueraufwand ist überzuleiten zum ausgewiesenen Steueraufwand. In der
Praxis ist dabei eine nominelle Überleitung üblich:

166
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2.8
Tabelle 2-58: Überleitungsrechnung (in T€), Lösung
x2
Steuerbilanzergebnis 9.300
Veränderung temporärer Differenz im Anlagevermögen 1.000
Veränderung temporärer Differenz bei Drohverlust-Rückstellung - 300
IFRS-Ergebnis vor Steuern 10.000
Steuersatz 30 %
Erwarteter Steueraufwand 3.000
Ertrag (-) aus Steuersatzänderung - 450
Effekt aus nicht abzugsfähigen Aufwendungen 60
Ausgewiesener Steueraufwand 2.610

Die Überleitung vom Steuerbilanzergebnis zum IFRS-Ergebnis vor Steuern ist nicht
vorgeschrieben, sondern dient hier der Illustration. In Bezug auf das Anlagevermögen
entsteht nach IFRS ein höheres Ergebnis, da das IFRS-Mehrvermögen um 1.000 T€ zu-
nimmt (siehe Lösung zu a)). Da sich die steuerlich nicht anerkannten Drohverlustrück-
stellungen um 300 T€ erhöhen, liegt das IFRS-Ergebnis andererseits unter dem Steuer-
bilanzergebnis. Das IFRS-Ergebnis vor Steuern beträgt somit 10.000 T€, so dass bei ei-
nem Steuersatz von 30 % ein Steueraufwand von 3.000 T€ erwartet wird.

Steuersatzänderungen führen zu einer erfolgswirksamen Neuberechnung des Be-


standes der erfolgswirksam entstandenen latenten Steuern und der aus Erstkonsolidie-
rung erfolgsneutral entstandenen latenten Steuern (siehe Lösung zu b)). Somit ist bei
der Überleitung ein Ertrag von 450 T€ zu berücksichtigen. Demgegenüber ist die Steu-
ersatzänderung in Bezug auf die erfolgsneutral verrechneten versicherungsmathemati-
schen Verluste, die nicht bei der Erstkonsolidisierung entstanden sind, erfolgsneutral
zu behandeln und daher bei der Überleitungsrechnung nicht zu erfassen.

Nicht abzugsfähige Ausgaben führen zu einer Erhöhung des tatsächlichen gegenüber


dem erwarteten Steueraufwand (60 T€ = 30 % von 200 T€), da das IFRS-Ergebnis eine
Abzugsfähigkeit impliziert.

e) Ausgewiesener Steueraufwand
Der tatsächliche Steueraufwand beträgt 30 % des steuerlichen Gewinns von 9.500 T€, al-
so 2.850 T€. Der steuerliche Gewinn setzt sich aus dem Steuerbilanzgewinn (9.300 T€)
und den steuerlich nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben (200 T€) zusammen. An la-
tenten Steuern sind ein Ertrag von 450 T€ aus der Steuersatzänderung und ein Auf-
wand von 210 T€ aus der Mengenänderung zu erfassen, siehe Lösung zu c).

167
IFRS im Einzelabschluss und Erstellung der Handelsbilanz II
2
Tabelle 2-59: Zusammensetzung des ausgewiesenen Steueraufwands (in T€), Lösung
x2
Tatsächlicher Steueraufwand 2.850
Latenter Steueraufwand (+) aus Veränderung der lfd. Abweichungen 210
Latenter Steuerertrag (-) aus Steuersatzänderung - 450
Ausgewiesener Steueraufwand 2.610

Literaturempfehlung: Pawelzik in Heuser/Theile, IFRS Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz.


2600 – 2699

168
IFRS im Konzernabschluss
3.1
3 IFRS im Konzernabschluss

3.1 Einführung in die Bilanzierung von


Unternehmenszusammenschlüssen
3.1.1 Einzel- und Gesamtbewertung – Theo Gromberg e.K.
Rechtsquellen: -

Lernziele: Verständnis für den Zusammenhang von Substanz- und Unternehmenswert


wecken; Schlussfolgerungen ziehen für die bilanzielle Abbildung von Einzel- und Ge-
samtwerten

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Truckstop corp., ein Logistikkonzern aus den USA, will nun endlich auch in
Deutschland Fuß fassen. Man hat daher ein Auge auf die Spedition Theo Gromberg
e.K. aus Herne geworfen. Gromberg will sich aus dem Fuhrparkgeschäft zurückziehen
und der Musikbranche zuwenden. Sein Unternehmen ist von der Größe her für die
Truckstop corp. interessant: 1979 unter schwierigen Bedingungen gegründet, verfügt
es jetzt über 100 Sattelschlepper und 3 Standorte mit Lager- und Umschlagstationen.
Um einen ersten Eindruck zu vermitteln, hat Theo Gromberg der Truckstop corp. seine
letzte Schlussbilanz per 31.12.x1 zur Verfügung gestellt:

Tabelle 3-1: Bilanz des Theo Gromberg e:K. zum 31.12.x1 (in T€)

Aktiva Passiva
Immobilien 12.000 Eigenkapital 8.000
Fuhrpark 10.000 Schulden 17.000
Kurzfristiges Vermögen 3.000
Summe 25.000 Summe 25.000

Außerdem sind folgende Informationen bekannt:

„ Immobiliengutachter haben die Marktwerte der Lager- und Umschlagstationen


auf 18.000 T€ geschätzt.

169

C. Theile, Übungsbuch IFRS, DOI 10.1007/978-3-8349-6833-3_3,


© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
IFRS im Konzernabschluss
3
„ Sachverständige schätzen, dass der Wert des Fuhrparks seinem Buchwert ent-
spricht. Das gilbt auch für das übrige Vermögen und die Schulden.

„ Theo Gromberg kann am Markt überdurchschnittlich hohe Preise erzielen, weil


er nicht nur Transport-, sondern im Verbund auch Lagerleistungen erbringen
kann. Er veranschlagt daher als Barwert künftiger Netto-Cashflows aus der Ge-
schäftstätigkeit (sämtliche künftige Einzahlungen abzüglich sämtlicher künftiger
Auszahlungen bis zum Planungshorizont, gerechnet zum Barwert) einen Betrag
von 24.000 T€.

„ Weil die Truckstop corp. bei einem Erwerb des Unternehmens ihre bisherigen
Logistikmöglichkeiten in Deutschland stark verbilligen könnte, schätzt sie einen
Barwert künftiger Netto-Cashflows von 33.000 T€.

Aufgabenstellung

a) Wie hoch ist das bilanzielle Nettovermögen des Unternehmens?


b) Wie hoch ist der Substanzwert des Unternehmens (gerechnet zu Marktpreisen)?
c) Was könnte aus Sicht von Theo Gromberg ein angemessener Verkaufspreis, und
was aus Sicht der Truckstop corp. ein angemessener Kaufpreis sein?

d) Wieso kommen die Preise unter c) nicht durch den Substanzwert zum Ausdruck?

Lösung

a) Bilanzielles Nettovermögen
Das bilanzielle Nettovermögen ist ein anderes Wort für das Eigenkapital und beträgt
8.000 T€.

b) Substanzwert
Der Substanzwert des Unternehmens, gerechnet zu Marktpreisen, ist die Summe der
Einzeltauschwerte der einzelnen Vermögensposten und Schulden. Über den bisheri-
gen Buchwert von 12.000 T€ hinaus würden bei einem Substanzwert die Immobilien
mit 18.000 T€ angesetzt werden; ansonsten ergäbe sich keine Änderung. Der Sub-
stanzwert beträgt daher 8.000 T€ bisheriges Nettovermögen zuzüglich stille Reserven
bei den Immobilien von 6.000 T€, also 14.000 T€.

c) Möglicher Unternehmenstauschpreis
Theo Gromberg würde zum Substanzwert nicht verkaufen, da das Unternehmen künf-
tige barwertige Cashflows von 24.000 T€ erzielen wird. In diesem Bereich lägen seine
Verkaufspreisvorstellungen.

170
IFRS im Konzernabschluss
3.1
Die Truckstop corp. rechnet mit einem künftigen Zufluss aus dem Unternehmen in
Höhe von 33.000 T€. Damit sich die Investition für sie rechnet, müsste der Kaufpreis
entsprechend niedriger sein. Immerhin gibt es aufgrund der unterschiedlichen An-
nahmen über die Verwendung des Unternehmens einen Einigungsbereich.

d) Substanzwert und Unternehmenswert


Bei der Substanzwertermittlung werden die Vermögensgegenstände (Vermögenswer-
te) und Schulden einzeln zu Marktpreisen bewertet. Erst aber das Zusammenspiel der
Fahrzeuge mit den Lager- und Umschlagstationen macht einen möglichen Unterneh-
menswert aus, nämlich den aus Sicht von Theo Gromberg. Für die Truckstop corp.
kommt hinzu, dass diese günstiger als bisher in Deutschland anbieten könnte. Auch
dieser Vorteil kommt in den Einzeltauschwerten nicht zum Ausdruck, weil er sich nur
im Verbund – durch sog. Synergieeffekte - erzielen lässt.

3.1.2 Unternehmenserwerb – Truckstop corp. (1)


Rechtsquellen: -

Lernziele: Bilanzielle Abbildung eines Unternehmenserwerbs; asset deal versus share


deal

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Truckstop corp. hat sich mit Theo Gromberg auf den Kauf seines Unternehmens
(siehe Aufgabe 3.1.1) für eine Gegenleistung von 27.000 T€, die bar entrichtet wird, ge-
einigt.

Aufgabenstellung

a) Wie würden Sie den Unternehmenserwerb im Abschluss der Truckstop corp. ab-
bilden? Geben Sie den Buchungssatz an!

b) Wie sähe Ihr Buchungssatz aus, wenn die Spedition des Theo Gromberg ein Un-
ternehmen in der Rechtsform der GmbH wäre (und die Truckstop corp. einen
Einzelabschluss aufstellt)?

c) Vergleichen Sie den Informationsgehalt der beiden Einbuchungssätze in den Ab-


schlüssen der Truckstop corp.

d) Wie lässt sich der Informationsgehalt zu b) verbessern, wenn die Truckstop corp.
einen anderen Abschluss, nämlich den Konzernabschluss aufstellt? Geben Sie den
Buchungssatz an!

171
IFRS im Konzernabschluss
3
Lösung

a) Einbuchung des Unternehmenserwerbs


Die Truckstop corp. zahlt 27.000 T€ als Gegenleistung für den Erwerb aller Vermö-
genswerte und Übernahme der Schulden des Unternehmens des Theo Gromberg. Man
nennt ein solches Geschäft asset deal. Wegen des Einzelbewertungsgrundsatzes müs-
sen die 27.000 T€ auf die einzelnen Vermögenswerte und Schulden des erworbenen
Unternehmens heruntergebrochen werden, da schließlich keine Unternehmensanteile,
sondern eben eine Nettovermögensmasse erworben worden ist. Bei einem tatsächli-
chen Einzelerwerb, beispielsweise der Immobilien, wäre für diese nicht mehr als
18.000 T€ bezahlt worden. Eine Aufteilung der über dem Substanzwert liegenden tat-
sächlich höheren Gegenleistung auf die Immobilien und den Fuhrpark erscheint aber
nicht sachgerecht, weil diese Aufteilung erstens willkürlich und zweitens die Einzel-
vermögenswerte zu hoch ausweisen würde. Daher wird die Differenz zwischen Ge-
genleistung für den Unternehmenserwerb (27.000 T€) und Nettosubstanzwert zu
Marktpreisen (14.000 T€) als erworbener Geschäfts- oder Firmenwert bzw. Goodwill
ausgewiesen (13.000 T€):

Konto T€ Konto T€

Goodwill 13.000

Immobilien 18.000

Fuhrpark 10.000

Kurzfristiges Vermögen 3.000 an Bank 27.000

an Schulden 17.000

b) Abbildung des Erwerbs einer GmbH im Einzelabschluss des Erwerbers


Kaufgegenstand einer GmbH sind Anteile. Ein solches Geschäft wird als share deal
bezeichnet Folglich sind im Einzelabschluss des Erwerbers auch nur die GmbH-Anteile,
z.B. als Beteiligung (Anteile an verbundenen Unternehmen), auszuweisen. Es kommt
weder zum Einzelansatz von Vermögenswerten und Schulden noch zum Ansatz eines
Goodwill. Die Bilanz der GmbH wird auch unverändert fortgeführt. Es hat sich ledig-
lich ein Gesellschafterwechsel ereignet. Truckstop bucht:

Konto T€ Konto T€

Beteiligung 27.000 an Bank 27.000

172
IFRS im Konzernabschluss
3.1
c) Vergleich des Informationsgehalts
Offensichtlich ist: im Fall a) erkennt man die Zusammensetzung des erworbenen Ver-
mögens und der übernommenen Schulden, während im Fall b) nur eine Vermögenspo-
sition ausgewiesen wird. Der Abschlussleser erkennt jedoch nicht, was sich hinter die-
ser Position verbirgt.

d) Konzernabschluss
Wenn die Truckstop corp. ausgehend von ihrem Einzelabschluss einen sog. Konzernab-
schluss erstellt, dann werden sämtliche Vermögenswerte und Schulden beider Unternehmen
in einem Abschluss dargestellt. Der Konzernabschluss fingiert praktisch den Einzelab-
schluss des Konzerns: Rechtlich verbergen sich zwar mehrere Unternehmen dahinter,
wirtschaftlich werden sie jedoch als ein Unternehmen dargestellt. Also kann es im
Konzernabschluss keine Beteiligung geben, die ein Abhängigkeitsverhältnis aus-
drückt. Daher wird die im Einzelabschluss ausgewiesene Beteilung durch das tatsäch-
lich dahinter stehende Vermögen und die Schulden ersetzt. So wird in der Abbildung
aus einem share deal ein asset deal gemacht. Man fingiert den Einzelerwerb der Vermö-
genswerte und Schulden:

Konto T€ Konto T€

Goodwill 13.000

Immobilien 18.000

Fuhrpark 10.000 an Beteiligung 27.000

Kurzfristiges Vermögen 3.000 an Schulden 17.000

3.1.3 Objektive und subjekte Werte im Rahmen eines


Unternehmenserwerbs - Truckstop corp. (2)
Rechtsquellen: IFRS 3

Lernziele: Bewertung der übernommenen Vermögenswerte und Schulden; erkennen


des Unterschiedes von subjektiven und objektiven Werten; Begriff des Fair Value; Beg-
riff des hypothetischen Erwerbers

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Im Rahmen der Due Diligence über das Unternehmen Theo Gromberg e.K., die die
Truckstop corp. kurz vor dem Unternehmenserwerb durchgeführt hat (s. Aufgabe
3.1.1) , ergeben sich noch zwei bisher nicht beachtete Informationen:

173
IFRS im Konzernabschluss
3
(1) Theo Gromberg e.K. hat in Deutschland einen sehr guten Ruf. Auch andere Spe-
ditionen und Logistikunternehmen interessierten sich bereits für das Unterneh-
men, nicht zuletzt um den Namen „Theo Gromberg“ für sich nutzen zu können.
Die Unternehmensbewerter ermitteln für die Marke „Theo Gromberg“ einen Wert
von 2.000 T€. Die Truckstop corp. will aber im Rahmen ihrer Konzernstrategie die
Marke „Theo Gromberg“ nicht weiterführen.

(2) Die Truckstop corp. hatte bereits vor Jahren versucht, sich in Deutschland zu
etablieren. Dazu hatte man auch Lagerhallen erworben, die im gleichen Gewer-
begebiet liegen wie das Hauptlager mit Umschlagstation von Theo Gromberg. Es
handelt sich sogar um direkt angrenzende Flächen, so dass sich für die Truckstop
im Rahmen der Expansionsstrategie weitere Synergien und Kostenersparnisse
ergeben. Der subjektive Wert dieses Grundstücks liegt für die Truckstop 1.500 T€
über dem vom Immobiliengutachter ermittelten Marktwert von 18.000 T€.

Aufgabenstellung

Erläutern Sie den Unterschied zwischen einem subjektiven und objektiven Marktwert
und erklären Sie den Begriff des Fair Value. Beeinflussen die zusätzlichen Informatio-
nen Ihre Lösung zu Aufgabe 3.1.2 a)?

Lösung

Kennzeichnend für einen objektiven Marktwert ist die Abstraktion von subjektiven
Wertvorstellungen einzelner Marktakteure. Ein in der Wüste Gobi umherirrender, de-
hydrierter Mensch wird für eine Flasche Wasser vielleicht ein Königreich bieten; abs-
trahiert man aber von seiner persönlichen Situation, ist eine Flasche Wasser kein Kö-
nigreich wert.

Der Fair Value (deutsche Übersetzung: beizulegender Zeitwert) in der IFRS-


Rechnungslegung ist als objektiver Marktwert definiert. Zur Wertfindung wird eine
hypothetische Transaktion hypothetischer Marktteilnehmer unterstellt (ausführlich
Theile in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 450 ff.).

Bei einem Unternehmenserwerb sind die übernommenen Vermögenswerte und Schul-


den zum Fair Value anzusetzen (IFRS 3.18), also aus Sicht eines hypothetischen Erwer-
bers. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die beiden Zusatzinformationen zu be-
handeln.

(1) Ein hypothetischer Erwerber würde für die Marke „Theo Gromberg“ 2.000 T€ be-
zahlen. Subjektiv hat die Marke für die Truckstop corp. aber keinen Wert, da sie den
Betrieb nicht unter der Firma Gromberg fortführen, sondern sich lediglich die Infra-
struktur und bestehende Verträge des Unternehmens zu Nutze machen will. Die sub-
jektive (Nicht-)Wertigkeit des Vermögenswertes ist jedoch irrelevant, anzusetzen sind
die objektiven Fair Values, die ein hypothetischer Erwerber zahlen würde. Konkret
bedeutet dies die Ansatzpflicht für die Marke „Theo Gromberg“ i.H.v. 2.000 T€ (IFRS

174
IFRS im Konzernabschluss
3.2
3.B43); um diesen Betrag wird der Goodwill gemindert. Das Ansatzverbot für Marken
des IAS 38.63 greift hier nicht, da es sich durch den Unternehmenserwerb um einen
entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögenswert handelt. Da Truckstop die Mar-
ke nicht nutzen will, käme nach dem Unternehmenserwerb eine außerplanmäßige
aufwandswirksame Abschreibung (impairment) in Betracht.

(2) Es ist unstrittig, dass die Immobilien des Gromberg für die Truckstop corp. einen
Wert von 19.500 T€ (subjektiver Wert) haben. Allerdings ist auch hier das Prinzip des
hypothetischen Erwerbers zu beachten: Dieser würde lediglich den (objektiven) Fair
Value i.H.v. 18.000 T€ als Gegenleistung bezahlen. Der darüber hinausgehende Wert
für die Truckstop von 1.500 T€, der sich – nur für die Truckstop und nicht für andere
Unternehmen - durch zusätzliche Kostenersparnisse und Synergien ergibt, spiegelt
sich im Goodwill wider.

Zu buchen wäre daher:

Konto T€ Konto T€

Goodwill 11.000

Marke „Theo Gromberg“ 2.000

Immobilien 18.000

Fuhrpark 10.000 an Bank 27.000

Kurzfristiges Vermögen 3.000 an Schulden 17.000

3.2 Kapitalkonsolidierung
3.2.1 Erstkonsolidierung – Zucker AG
Rechtsquellen: IFRS 3, IAS 38

Lernziele: Technik der Erstkonsolidierung nach der Neubewertungsmethode; Aufde-


ckung stiller Reserven; latente Steuern auf Neubewertungsbeträge; Minderheitenanteil
und -ausweis

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die im Lebensmittelsektor tätige Zucker AG erwirbt am 31.12.x3 mit 80 % der Anteile


die Kapital- und Stimmrechtsmehrheit am Süßmittelhersteller Rübe GmbH. Obwohl
das bilanzielle Eigenkapital der Rübe GmbH nach IFRS nur 84 Mio. € betrug, hat man
für die Anteile 200 Mio. € bezahlt. Die Rübe GmbH hat in x1 ein vielversprechendes
Forschungsprojekt zur Verbesserung der Zuckerproduktion angestoßen, dessen Wert

175
IFRS im Konzernabschluss
3
aktuell auf 50 Mio. € geschätzt wird. Außerdem beträgt der Fair Value der Sachanla-
gen der Rübe GmbH 100 Mio. €, und in den Vorräten schlummern stille Reserven von
10 Mio. €.

Aufgabenstellung

a) Erstellen Sie die Handelsbilanz III der Rübe GmbH. Warum sind auf die Fair Va-
lue-Anpassungen latente Steuern zu bilden? Gehen Sie von einem aktuellen und
künftigen durchschnittlichen Ertragsteuersatz von 30 % aus.

b) Berechnen Sie den Goodwill des Mehrheitenanteils. Sind dabei auch latente Steu-
ern zu berücksichtigen?

c) Nehmen Sie die Erstkonsolidierung der Rübe GmbH nach der Neubewertungs-
methode vor und erstellen Sie die Konzernbilanz des Zucker AG-Konzerns zum
31.12.x3. Erläutern Sie Ihre Vorgehensweise.

Nutzen Sie für die Bearbeitung das nachfolgende Arbeitsblatt, das die aggregierten
Einzelbilanzen der beiden Gesellschaften nach IFRS bereits enthält.

Tabelle 3-2: Zucker AG Konzernbilanz zum 31.12.x3 (in Mio. €), Aufgabenblatt

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
immat. VW 15
Sachanlagen 180 80
Beteiligung 200
kurzfr. VW 60 40
Summe 455 120
gezeichnetes 100 60
Kapital
Rücklagen 105 24

Minderheiten
latente Steuern
kurzfr. Verb. 250 36
Summe 455 120

176
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Lösung

a) Erstellung der Handelsbilanz III


Bei der Erstkonsolidierung sind alle Vermögenswerte und Schulden des erworbenen
Unternehmens im Hinblick auf Ansatz und Bewertung einzeln aus Sicht eines hypo-
thetischen Erwerbers zu beurteilen (s. Aufgabe 3.1.3). Was würde für den jeweils ein-
zelnen Vermögenswert hingegeben, was würde für die jeweils einzelne Schuld entge-
gen genommen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Posten vorher angesetzt
worden waren oder nicht? Auf diese Weise sollen alle im Konzernabschluss anzuset-
zenden Posten (von einigen Ausnahmen abgesehen) zum Fair Value bewertet werden.
Technisch geschieht das in der sog. Handelsbilanz III. Hier sind gegenüber der HB II
anzusetzen:

„ Forschungsprojekt 50 Mio. €: Geht ein Forschungsprojekt als immaterieller Ver-


mögenswert im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses zu, wird das
sonst bestehende Aktivierungsverbot für Forschungsprojekte durchbrochen (IFRS
3.13 und IAS 38.34).

„ Sachanlagen + 20 Mio. €, Aufdeckung stiller Reserven

„ Vorräte + 10 Mio. €, Aufdeckung stiller Reserven

Gegenüber der HB II ergibt sich ein Brutto-Mehrvermögen von 80 Mio. €. Diesem


(künftigen) Nutzenzufluss steht jedoch nur eine geringere steuerliche Abschreibungs-
grundlage (tax base) gegenüber, so dass die künftige höhere Steuerbelastung durch
passive latente Steuern zurückzustellen ist (IAS 12.16). Dies gilt auch, wenn die tem-
porären Differenzen erfolgsneutral entstehen wie bei der Erstkonsolidierung. Daher
sind auf die 80 Mio. € passive latente Steuern (Steuersatz 30 %) in Höhe von 24 Mio. €
anzusetzen, so dass das Nettovermögen gegenüber der HB II um 56 Mio. € steigt. Die
HB III ist in Tabelle 3-3 wiedergegeben.

b) Goodwill mit latenten Steuern?


Der Goodwill ergibt sich bei der Neubewertungsmethode als Differenz zwischen
Kaufpreis (200 Mio. €) und anteiligem Eigenkapital von 112 Mio. € (= 60 + 24 + 56 = 140
Mio. € x 80 %), beträgt also 88 Mio. €. Es wird kein passiver Steuerabgrenzungsposten
gebildet (IAS 12.15a, 12.21A, 12.66), soweit die Kapitalkonsolidierung im Zusammen-
hang mit einem share deal zur Aktivierung eines Goodwill führt, der steuerlich nicht
abgeschrieben werden kann (was in Deutschland bei Kapitalgesellschaften wie der
Rübe GmbH der Fall ist). Dieses Verbot vermeidet ansonsten notwendige rechnerische
Iterationen (angesetzte passive latente Steuern würden ihrerseits den Goodwill wieder
erhöhen), ist aber konzeptionell angreifbar: Werden nämlich spezielle immaterielle
Vermögenswerte aktiviert, sind auf diese passive Steuerabgrenzungen vorzunehmen,
die ebenfalls den Goodwill erhöhen.

177
IFRS im Konzernabschluss
3
c) Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x3
In der Konsolidierungsspalte ist der Beteiligungsbuchwert (200 Mio. €) gegen das an-
teilige Eigenkapital (112 Mio. €) aufzurechnen und der sich ergebende Goodwill
(88 Mio. €) anzusetzen (Buchung 1). Ferner ist der Anteil anderer Gesellschafter (Min-
derheiten, in der Terminologie von IFRS 3: „non-controlling interests“) aus den Eigen-
kapitalposten der Rübe GmbH herauszuziehen und gesondert innerhalb des Eigenka-
pitals des Konzerns auszuweisen (Buchung 2).

Tabelle 3-3: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x3 (in Mio. €), Lösung

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 1) 88 88
immat. VW 15 50 65 65
Sachanlagen 180 80 100 280 280
Beteiligung 200 200 1) 200
kurzfr. VW 60 40 50 110 110
Summe 455 120 200 655 543
gezeichnetes 100 60 60 160 1) 48 100
Kapital 2) 12
105 24 80 185 1) 64 105
Rücklagen
2) 16
Minderheiten 2) 28 28
latente Steuern 24 24 24
kurzfr. Verb. 250 36 36 286 286
Summe 455 120 200 655 543

3.2.2 Folgekonsolidierung – Zucker AG (2)


Rechtsquellen: IFRS 3, IAS 38

Lernziele: Technik der Folgekonsolidierung nach der Neubewertungsmethode; Folge-


bewertung stiller Reserven; Auflösung latenter Steuern auf Neubewertungsbeträge;
Minderheitenanteil und -ausweis

Schwierigkeitsgrad: 

178
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Sachverhalt

Die Aufnahme der Rübe GmbH in den Zucker-Konzern (siehe Aufgabe 3.2.1) hat keine
besonderen Schwierigkeiten bereitet. Das Geschäftsjahr x4 war für beide Gesellschaf-
ten sogar so normal, dass sie exakt dieselben HB IIen erstellt haben wie ein Jahr zuvor.
Organisatorisch wird die HB III der Rübe GmbH bei der Konzernmutter geführt. Die
Aufstellung der HB III bereitet jedoch Probleme, weil die Zucker AG nicht weiß, wie
mit folgenden Informationen umzugehen ist:

„ Das Forschungsprojekt hat die Rübe GmbH planmäßig weiter geführt und hier-
für 10 Mio. € aufwandswirksam in der HB II erfasst.

„ Die Sachanlagen, die bei der Erstkonsolidierung zu Fair Value-Anpassungen ge-


führt haben, unterliegen einer Nutzungsdauer von 2 Jahren.

„ Die Vorräte, deren Bilanzwert sich vier Mal umgeschlagen hat, werden nach der
Fifo-Methode bewertet.

Aufgabenstellung

Nehmen Sie die Folgekonsolidierung der Rübe GmbH vor und erstellen die Konzern-
bilanz des Zucker AG-Konzerns zum 31.12.x4. Nutzen Sie das nachfolgende Arbeits-
blatt, das die aggregierten Einzelbilanzen der beiden Gesellschaften nach IFRS bereits
enthält. Wie ist mit dem Goodwill umzugehen? Erläutern Sie Ihre Vorgehensweise.

Tabelle 3-4: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €), Aufgabenblatt

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
immat. VW 15
Sachanlagen 180 80
Beteiligung 200
kurzfr. VW 60 40
Summe 455 120
gezeichnetes 100 60
Kapital
Rücklagen 105 24

Minderheiten
latente Steuern
kurzfr. Verb. 250 36
Summe 455 120

179
IFRS im Konzernabschluss
3
Lösung

Die Hauptaufgabe der Erstellung der Konzernbilanz ein Jahr später liegt in der erneu-
ten Erstellung der HB III; die nachfolgende Konsolidierung ist lediglich ein techni-
scher Vorgang.

Hinweis: Weil auf Bilanzebene die Zeile „Jahresergebnis“ oder „Bilanzgewinn“ nicht
ausgewiesen ist, wird das Jahresergebnis, so weit auf die Gesellschafter des Mutterun-
ternehmens entfallend, innerhalb der Rücklagen ausgewiesen. Diese Ausweisart findet
sich in der Praxis häufig.

Für das Forschungsprojekt hat die Rübe GmbH weitere 10 Mio. € aufgewandt. Dieser
Betrag ist bereits in der HB II aufwandswirksam gebucht worden. Auch aus Konzern-
sicht dürfen die 10 Mio. € nicht aktiviert werden, obwohl das ursprüngliche For-
schungsprojekt im Zusammenhang mit dem Unternehmenserwerb aktiviert worden
ist, da es – was hier der Fall ist – die Forschungsphase noch nicht verlassen hat (IAS
38.43a).

Die aufgedeckten stillen Reserven bei den Sachanlagen sind über 2 Jahre abzuschrei-
ben, was in x4 zu einem bislang noch nicht erfassten Aufwand von 10 Mio. € führt.

Im Bereich der Vorräte haben sich aufgrund der Fifo-Bewertung die stillen Reserven
bereits umgeschlagen, so dass hier ebenfalls 10 Mio. € aufwandswirksam in der HB III
zu erfassen sind.

Dem Aufwand von zusammen 20 Mio. € steht die Auflösung der passiven latenten
Steuern in Höhe von 6 Mio. € (= 20 Mio. € y 30 %) gegenüber, so dass sich per Saldo
eine Aufwandswirkung von 14 Mio. € in der HB III ergibt. Davon entfallen auf die
Mehrheitsgesellschafter 80 %, also 11,2 Mio. €, um die das Konzerneigenkapital sinkt
(siehe Zeile „KB“, Spalte „Rücklagen“ im Vergleich zum Vorjahr). Entsprechend
nimmt auch der Minderheitenanteil gegenüber der Vorperiode um 2,8 Mio. € ab.

Der Goodwill wird nach IFRS 3 nicht planmäßig abgeschrieben. Er ist stattdessen jähr-
lich auf Wertminderung zu prüfen (IAS 36.10b).

180
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Tabelle 3-5: Konzernbilanz der Zucker AG zum 31.12.x4 (in Mio. €), Lösung

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 1) 88 88
immat. VW 15 50 65 65
Sachanlagen 180 80 90 270 270
Beteiligung 200 200 1) 200
kurzfr. VW 60 40 40 100 100
Summe 455 120 180 635 523
gezeichnetes 100 60 60 160 1) 48 100
Kapital 2) 12
105 24 66 171 1) 64 93,8
Rücklagen
2) 13,2
Minderheiten 2) 25,2 25,2
latente Steuern 18 18 18
kurzfr. Verb. 250 36 36 286 286
Summe 455 120 180 635 523

3.2.3 Full Goodwill Methode – Dolce Vita AG


Rechtsquellen: IFRS 3

Lernziele: Technik der Erstkonsolidierung nach der Full Goodwill Methode im Ver-
gleich zur Neubewertungsmethode; Minderheitenanteil und -ausweis

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die mit Eigenkapitaltiteln börsennotierte Dolce Vita AG – einem Hersteller von Süß-
waren und Desserts aller Art – zeigt am 31.12.x1 folgendes hochaggregierte Bilanzbild:

Vorläufige Bilanz Dolce Vita AG 31.12.x1 in Mio. €


Diverse Aktiva 70 Eigenkapital 30
Diverse Schulden 40

Noch am 31.12.x1, im obigen Bilanzbild noch nicht berücksichtigt, erwirbt die Dolce
Vita AG 60 % der Kapitalanteile (= Stimmrechte) der Gelato AG – einem Hersteller von
Premium-Speiseeis – für eine Gegenleistung von 20 Mio. € (bar). Für die Gelato AG
liegen zum Erwerbszeitpunkt folgende Daten vor:

181
IFRS im Konzernabschluss
3
Buchwert in Mio € Fair Value in Mio €
Diverse Aktiva 45 52
Diverse Schulden 30 30
Eigenkapital 15 22

Aufgabenstellung

a) Führen Sie die Erstkonsolidierung der Gelato AG bei der Dolce Vita AG auf den
31.12.x1 nach der Neubewertungsmethode durch.

b) Erläutern Sie zunächst die Unterschiede der Full Goodwill Methode im Vergleich
zur Neubewertungsmethode. Welche Veränderungen würden Sie für die Kon-
zernbilanz zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill Methode grundsätzlich erwar-
ten?

c) Führen Sie die Erstkonsolidierung nach der Full Goodwill Methode durch.
d) Ist die Full Goodwill Methode auch im HGB-Konzernabschluss zulässig?
Latente Steuern sind zu vernachlässigen. Nutzen Sie für die Bearbeitung die nachfol-
genden Arbeitsblätter, die die aggregierten Einzelbilanzen der beiden Gesellschaften
bereits enthalten.

Tabelle 3-6: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Neubewertungsmethode


(in Mio €), Aufgabenblatt

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
Beteiligungen 20
Diverse Aktiva 50 45
Summe 70 45
Eigenkapital 30 15

Minderheiten
Div. Schulden 40 30
Summe 70 45

182
IFRS im Konzernabschluss
3.2
Tabelle 3-7: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill Methode
(in Mio. €), Aufgabenblatt

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill
Beteiligungen 20
Diverse Aktiva 50 45
Summe 70 45
Eigenkapital 30 15
Minderheiten
Div. Schulden 40 30
Summe 70 45

Lösung

a) Erstkonsolidierung nach der Neubewertungsmethode


Bei einer Gegenleistung von 20 Mio. € und einem anteiligen neubewerteten Reinver-
mögen von 13,2 Mio € (= 22 Mio € y 60 % Anteilsbesitz) ergibt sich ein Goodwill von
6,8 Mio. €.

Tabelle 3-8: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Neubewertungsmethode


(in Mio. €), Lösungsblatt

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 1) 6,8 6,8
Beteiligungen 20 20 1) 20 -
Diverse Aktiva 50 45 52 102 102
Summe 70 45 52 122 108,8
Eigenkapital 30 15 22 52 1) 13,2 30
2) 8,8
Minderheiten 2) 8,8 8,8
Div. Schulden 40 30 30 70 70
Summe 70 45 52 122 28,8 28,8 108,8

b) Full Goodwill Methode versus Neubewertungsmethode


Gemäß IFRS 3.19 können Minderheiten-Anteile auch mit ihrem Fair Value bewertet
werden, d,h, einschließlich eines anteiligen Goodwills (im Vergleich zum neubewerte-

183
IFRS im Konzernabschluss
3
ten anteiligen Nettovermögen bei der Neubewertungsmethode). Der Minderheitenan-
teil am Konzerneigenkapital fällt beim positiven Goodwill entsprechend höher aus.
Mit dieser Methode wird im Ergebnis der Unternehmensgesamtwert des erworbenen
Unternehmens im Konzernabschluss abgebildet.

Für den vorliegenden Fall sind für die Konzernbilanz ein höherer Goodwill auf der
Aktivseite, ein höherer Minderheiten-Anteil im Konzerneigenkapital auf der Passivsei-
te und somit insgesamt eine höhere Bilanzsumme zu erwarten.

Sofern Börsenkurse für das erworbene Unternehmen vorhanden sind, sind diese als
Fair Value des erworbenen Unternehmens zu Grunde zu legen (IFRS 3.B44). Soweit
beim Mehrheits-Anteilserwerb keine Kontrollprämie oder Synergien bezahlt wurden,
kann in Abwesenheit von Börsenkursen auch der Wert der Gegenleistung proportional
auf die Minderheiten hochgerechnet werden. Sollten vorgenannte Möglichkeiten aus-
scheiden, ist ein Unternehmensgesamtwert beispielsweise unter Verwendung von
DCF-Verfahren zu ermitteln und entsprechend anteilig den Minderheiten zuzurech-
nen.

c) Erstkonsolidierung nach der Full Goodwill Methode


Beim Erwerb der Kontroll-Mehrheit durch die Dolce Vita AG sei keine Kontrollprämie
gezahlt wurden. Auch Synergien spielten bei der Gegenleistung keine Rolle. Der Fair
Value der Minderheiten-Anteile lässt sich dann durch Hochrechnung der Gegenleis-
tung der Dolce Vita (Dreisatz!) wie folgt ermitteln:

Tabelle 3-9: Hochrechnung der Gegenleistung Dolce Vita AG (in Mio. €)

Dolce Vita Minderheiten


Full Goodwill Methode Total 100 %
(60 %) (40 %)
Gegenleistung für 60 % von Gelato 20 0
Fair Value 40 % Minderheitenanteile 0 13,3
Summe 33,3 20 13,3
Neubewertetes Nettovermögen Gelato 22 13,2 8,8
Goodwill Gesamt 11,3 6,8 4,5

Bei der Konsolidierung ist wie folgt zu buchen:

1) Kapitalkonsolidierung Dolce Vita AG

Konto T€ Konto T€

Goodwill 6,8

Eigenkapital 13,2 an Beteiligungen 20

184
IFRS im Konzernabschluss
3.2
2) Kapitalkonsolidierung Minderheiten

Konto T€ Konto T€

Goodwill 4,5

Eigenkapital 8,8 an Minderheiten 13,3

Insgesamt ergibt sich im Vergleich zur Neubewertungsmethode ein um 4,5 Mio. € hö-
herer Goodwill auf der Aktivseite und in gleicher Höhe höheres Konzerneigenkapital
(im Posten Minderheiten) auf der Passivseite.

Sollten in künftigen Perioden außerplanmäßige Abschreibungen am Goodwill vorge-


nommen werden müssen, werden die Minderheiten daran entsprechend ihres Anteils
am Goodwill beteiligt.

Tabelle 3-10: Erstkonsolidierung zum 31.12.x1 nach der Full Goodwill Methode
(in Mio. €), Lösungsblatt

MU TU TU Summen- Konsolidierung
KB
(HB II) (HB II) (HB III) bilanz Soll Haben
Goodwill 11,3
- Dolce Vita 1) 6,8
- Minderheiten 2) 4,5
Beteiligungen 20 20 1) 20 -
Diverse Aktiva 50 45 52 102 102
Summe 70 45 52 122 113,3
Eigenkapital 30 15 22 52 1) 13,2 30
2) 8,8
Minderheiten 2) 13,3 13,3
Div. Schulden 40 30 30 70 70
Summe 70 45 52 122 113,3

d) Full Goodwill Methode im HGB Konzernabschluss


Im HGB Konzernabschluss ist eine Bewertung des Minderheitenanteils lediglich mit
dessen proportionalem Anteil an den einzelnen Vermögensgegenständen und Schul-
den möglich (Neubewertungsmethode). Eine darüber hinausgehende Bewertung des
Minderheitenanteils zum Fair Value ist im HGB Abschluss nicht zulässig.

185
IFRS im Konzernabschluss
3
3.3 Spezialfälle und übergreifende Aufgaben
3.3.1 Gegenleistungen des Erwerbs – Alleskauf AG
Rechtsquellen: IFRS 3

Lernziele: Bestimmung der Gegenleistung (Kaufpreis) für den Unternehmenserwerb


durch Earn-out-Klauseln und Abfindungen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Sie arbeiten als Praktikant im Rechnungswesen der Alleskauf AG, einem börsennotier-
ten Mutterunternehmen eines Mischkonzerns in Süddeutschland. Man munkelt, dass
der Konzern in Kürze weitere Unternehmen übernehmen will. Ihr Chef, der in interna-
tionaler Rechnungslegung immer noch nicht sicher ist, kommt direkt an Ihrem zwei-
ten Arbeitstag zu Ihnen und beauftragt Sie, sich einige Sachverhalte im Rahmen von
Unternehmenszusammenschlüssen anzusehen und ihm über die jeweilige Bilanzie-
rung zu berichten:

(1) Alleskauf erwirbt am 31.10.x1 alle Anteile von TUC für eine Gegenleistung von
800 T€ in bar. Außerdem wird vereinbart, dass Alleskauf in x4 eine Zahlung i.H.v.
70 % des operativen Ergebnisses der TUC aus den Jahren x2 und x3 leistet.

Zum Erwerbszeitpunkt wird ein operatives Ergebnis der TUC von je 80 T€ in den
Jahren x2 und x3 geschätzt. Tatsächlich erwirtschaftet TUC jedoch in x2 nur ein
operatives Ergebnis von 60 T€, woraufhin die Schätzung für x3 ebenfalls auf
60 T€ angepasst wird. In x3 erzielt TUC aber 70 T€.

(2) Alleskauf erwirbt TUD für eine Gegenleistung in bar i.H.v. 1.200 T€. Alleskauf
will nach dem Erwerb das Management von TUD gegen eine Abfindungszahlung
von 60 T€ ersetzen. Macht es für die Bilanzierung des Unternehmenserwerbs ei-
nen Unterschied, ob

(2.1) die Abfindungszahlung mit dem Management nach dem Erwerb verein-
bart wurde; oder

(2.2) die Altgesellschafter bereits vor Jahren mit dem Management eine Verein-
barung über die Zahlung von 60 T€ für den Fall einer Unternehmensübernahme
mit Managementwechsel vereinbart haben?

Aufgabenstellung

Beurteilen Sie, wie die Sachverhalte in den jeweiligen Jahren bilanziell abzubilden
sind. Zeigen Sie die Auswirkungen auf die Gegenleistung der Unternehmenserwerbe,
geben Sie die Buchungssätze an und begründen Sie Ihre Ergebnisse.

186
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Lösung

(1) Earn-Out-Klausel

Im vorliegenden Sachverhalt ist eine bedingte Kaufpreiszahlung vereinbart worden,


eine sog. Earn-Out-Klausel, wie sie häufig bei Unternehmenserwerben zu beobachten
ist. Bedingte Kaufpreiszahlungen sind als finanzielle Verbindlichkeit zum Fair Value
zu bewerten (IFRS 3.58bi) und in die Berechnung der Gegenleistung des Unterneh-
menserwerbs einzubeziehen. In den Folgejahren wird die erfasste Gegenleistung nicht
angepasst, die Verbindlichkeit ist jedoch erfolgswirksam zu korrigieren, sofern sich
der Fair Value ändert.

Alleskauf schätzt ein kumuliertes operatives Ergebnis von 160 T€ für TUC, woraus
sich eine Zahlungsverpflichtung von 112 T€ ergäbe. Die 112 T€ erhöhen die Gegenleis-
tung und sind in x1 als Verbindlichkeit zu passivieren:

Konto T€ Konto T€

Beteiligung 912 an Bank 800


(=800+0,7y160)

an Verbindlichkeit 112

In x2 ist tatsächlich nur ein operatives Ergebnis von 60 T€ erzielt und daraufhin die
Schätzung für x3 ebenfalls angepasst worden. Erwartet werden nun 120 T€ operatives
Ergebnis, also eine zusätzliche Zahlung von 84 T€ (= 120 0,7). Die Verbindlichkeit ist
nun ergebniswirksam um 28 T€ auf 84 T€ zu korrigieren:

Konto T€ Konto T€

Verbindlichkeit 28 an Ertrag 28

In x3 wird schlussendlich ein operatives Ergebnis von 70 T€ erzielt, kumuliert also


130 T€. Die Zahlungsverpflichtung beträgt demnach 91 T€:

Konto T€ Konto T€

Aufwand 7 an Verbindlichkeit 7

Auffällig ist: Der Beteiligungsbuchwert bleibt bei allen weiteren Schätzungen der Ver-
bindlichkeit konstant. Durch die erfolgswirksame Anpassung der Verbindlichkeit in
den Folgeperioden lässt sich Bilanzpolitik betreiben: Eine zu hoch geschätzte bedingte
Zahlungsverpflichtung führt in künftigen Perioden zu Erträgen.

187
IFRS im Konzernabschluss
3
(2) Abfindungszahlungen (Exit Fee)

(2.1) Leistungsgerechte Entgelte, die nach dem Erwerb an Mitarbeiter gezahlt werden,
sind als Aufwand zu erfassen. Nicht leistungsgerechte Entgelte jedoch zählen zur Ge-
genleistung des Unternehmenserwerbs (IFRS 3.52b).

Da die Zahlung erst nach dem Erwerb vereinbart wurde, handelt es sich um eine klassi-
sche Abfindungszahlung, so dass trotz Nichtleistung ein leistungsgerechtes Entgelt
vorliegt. Die Leistung des bisherigen Managements liegt tatsächlich im Ausscheiden
(IFRS 3.IE60). Die Abfindungszahlung ist als Aufwand nach dem Erwerbszeitpunk zu
erfassen.

Erwerb:

Konto T€ Konto T€

Beteiligung 1.200 an Bank 1.200

Abfindungszahlung:

Konto T€ Konto T€

Aufwand 60 an Bank 60

(2.2) Es handelt sich um eine von TUD vertraglich zugesicherte Zahlungsverpflich-


tung, die vom Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig ist. Die Schuld gegen-
über dem Management entsteht bei Eintritt des Ereignisses, also des Unternehmens-
erwerbs. Honoriert wird daher die vergangene Leistung des Managements, das so gut
gearbeitet hat, dass es zum Unternehmenserwerb gekommen ist (IFRS 3.IE58 f.). Der
Alleskönner Konzern wird nicht mit Aufwand belastet, so dass sie Zahlung nach dem
Erwerb den Beteiligungsbuchwert (und nach der Konsolidierung den Goodwill) er-
höht:

Konto T€ Konto T€

Beteiligung 1.260 an Bank 1.200

Verbindlichkeiten 60

188
IFRS im Konzernabschluss
3.3
3.3.2 Reverse Acquisition – Klein AG
Rechtsquellen: IFRS 3

Lernziele: Technik der Erstkonsolidierung; Aufdeckung stiller Reserven; Bilanzierung


und Erstkonsolidierung bei reverse acquisitions; Unterschied zwischen dem rechtlichen
und dem wirtschaftlichen Erwerber

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Der Vorstand der Klein AG, ein an der Düsseldorfer Börse notiertes Handelsunter-
nehmen mit einer Marktkapitalisierung von 20 Mio. €, erwägt den Erwerb der eben-
falls im Handel tätigen, aber nicht börsennotierten Groß AG zum 31.12.x1. Unstrittig
beträgt der faire Marktwert der Groß AG 60 Mio. €. Unschlüssig ist sich der Vorstand
der Klein AG jedoch über die Finanzierung des Unternehmenserwerbs. In Erwägung
gezogen wird

(1) ein durch Aufnahme neuer Schulden bei der Hausbank finanzierter Barkauf oder

(2) die Ausgabe neuer Aktien, also die Durchführung einer Kapitalerhöhung mit Hin-
gabe der neuen Aktien an die Altaktionäre der Groß AG.

In der Bilanz der Klein AG schlummern einzeln identifizierbare stille Reserven von 2
Mio. €, und in der der Groß AG von 7 Mio. €.

Aufgabenstellung

a) Nimmt die Art der Finanzierung Einfluss auf die Position der Gesellschafter des
Konzerns nach dem Unternehmenszusammenschluss? Gibt es einen Unterschied
zwischen dem rechtlichen und dem wirtschaftlichen Erwerber?

b) Nehmen Sie an, der Unternehmenserwerb erfolgt nach Variante (1). Führen Sie
die Erstkonsolidierung durch!

c) Nehmen Sie nun an, der Unternehmenserwerb erfolgt nach Variante (2). Führen
Sie die Erstkonsolidierung durch!

Nutzen Sie für die Bearbeitung die nachfolgenden Aufgabenblätter, die die aggregier-
ten Bilanzen der Klein AG und Groß AG vor dem Unternehmenserwerb bereits enthal-
ten. Latente Steuern sind zu vernachlässigen.

189
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-11: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Aufgabenblatt
für Aufgabe b)
Klein Klein Konsolidie-
(HB II) (HB II) Groß Groß Summen- rung
KB
vor nach (HB II) (HB III) bilanz
Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill
Beteiligung
div. Aktiva 10 55
Summe 10 55
gezeichnetes 5 6
Kapital
Kapital-RL 2
Gewinn-RL 3 34
div. Schulden 15
Summe 10 55

Tabelle 3-12: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Aufgabenblatt
für Aufgabe c)
Klein Klein Konsolidierung
(HB II) (HB III) Groß Summen-
KB
vor nach (HB II) bilanz Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill
Beteiligung
div. Aktiva 10 55
Summe 10 55
gezeichnetes 5 6
Kapital
Kapital-RL 2
Gewinn-RL 3 34
div. Schulden 15
Summe 10 55

190
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Lösung

a) Position der Gesellschafter nach dem Zusammenschluss


Im Fall (1) verkaufen alle Altgesellschafter der Groß AG ihre Anteile, so dass am Kon-
zern ausschließlich die bisherigen Gesellschafter der Klein AG beteiligt sind. Im Fall
(2) dagegen tauschen die Altgesellschafter der Groß AG ihre Anteile gegen solche der
Klein AG. Daher werden sie – im vorliegenden Beispiel mit 75 % - Mehrheitsgesell-
schafter der Klein AG. Die ökonomische Perspektive aus Gesellschaftersicht ist also
durchaus unterschiedlich: Während im Fall (1) die Altgesellschafter der Groß AG aus-
scheiden, übernehmen sie im Fall (2) die Kontrolle über den Konzern. Umgekehrt be-
halten nur im Fall (1) die Altgesellschafter der Klein AG die Kontrolle über den Kon-
zern. Gesellschaftsrechtlich ist Fall (2) nur unter Ausschluss des Bezugsrechts der neu-
en Anteile durch die Altgesellschafter der Klein AG möglich.

IFRS 3 möchte diese ökonomische Perspektive durch die Bilanzierung zum Ausdruck
bringen und steht dabei vor dem Problem, dass nicht die Gesellschaftergruppen, son-
dern eine juristische Person, also ein Unternehmen, den Konzernabschluss aufstellt.
Aus der Perspektive der Gesellschaft, hier der Klein AG, ist diese in beiden Fällen
zwar der (juristische) Erwerber der Anteile der Groß AG. Bezieht man die Gesellschaf-
terebene mit ein, ist die Klein AG aber nur im Fall (1) zugleich auch der wirtschaftliche
Erwerber. Bei der Konsolidierung werden dann die Buchwerte der Klein AG fortge-
führt, während bei der Groß AG die stillen Reserven und ein Goodwill aufgedeckt
werden.

Im Fall (2) dagegen ist die Groß AG der wirtschaftliche Erwerber. Dann führt umge-
kehrt zu (1) die Groß AG ihre Buchwerte fort, und bei der Klein AG werden stille Re-
serven und ein Goodwill aufgedeckt. Diese Art der Konsolidierung ist bei der hier im
Fall (2) vorliegender reverse acquisition, dem umgekehrten Unternehmenserwerb, vor-
zunehmen. Es bleibt aber dabei, dass die Klein AG in beiden Fällen den Konzernab-
schluss aufstellt.

b) Erstkonsolidierung nach Barkauf


Die Klein AG bucht die Beteiligung (60 Mio. €) und in gleicher Höhe die Schulden ein.
Bei der Groß AG werden die stillen Reserven von 7 Mio. € in der HB III angesetzt und
das Eigenkapital entsprechend erhöht. Aus der Kapitalkonsolidierung ergibt sich dann
ein Goodwill von 13 Mio. €:

191
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-13: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Lösungsblatt
Neubewertungmethode
Klein Klein Konsolidie-
(HB II) (HB II) Groß Groß Summen- rung
KB
vor nach (HB II) (HB III) bilanz
Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill 1) 13 13
Beteiligung 60 60 1) 60 -
div. Aktiva 10 10 55 62 72 72
Summe 10 70 55 62 132 85
gezeichnetes 5 5 6 6 11 1) 6 5
Kapital
Kapital-RL 2 2 2 2
Gewinn-RL 3 3 34 41 44 1) 41 3
div. Schulden 60 15 15 75 75
Summe 10 70 55 62 132 85

c) Erstkonsolidierung nach Anteilstausch


Bei einer reverse acquisition stellt der rechtliche Erwerber (die Klein AG) den Kon-
zernabschluss zwar auf, gilt aber wirtschaftlich als erworbenes Unternehmen. Also ist
für die Klein AG einerseits die Kapitalerhöhung einzubuchen und andererseits unter
Aufdeckung stiller Reserven eine HB III zu erstellen. Die technische Reihenfolge der
beiden Buchungen beginnt hier mit dem juristischen Schritt der Kapitalerhöhung.

Der Marktwert der Klein AG beträgt 20 Mio. € und der der Groß AG 60 Mio. €. Daher
ist eine Kapitalerhöhung im Verhältnis des Nennkapitals von 1:3 durchzuführen. Bei
bislang 5 Mio. gezeichnetem Kapital erhöht sich dieses um 15 Mio. € auf 20 Mio. Bei
der Klein AG ist zu buchen:

Konto Mio. € Konto Mio. €

Beteiligung 60 an Gezeichnetes Kapital 15

Kapitalrücklage 45

Sodann ist die Klein AG zum Marktwert anzusetzen, es sind also stille Reserven (vor
dem Unternehmenserwerb) von 2 Mio. € und der Goodwill von 8 Mio. € anzusetzen,
ebenfalls mit Gegenbuchung in der Kapitalrücklage:

192
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Konto Mio. € Konto Mio. €

Goodwill 8

Diverse Aktiva 2 an Kapitalrücklage 10

Bei der Konsolidierung ist schließlich zu beachten, dass das gezeichnete Kapital der
Klein AG - nach Kapitalerhöhung - als rechtliche Erwerberin und Aufstellerin des
Konzernabschlusses in die Konzernbilanz übernommen wird (IFRS 3.B22d). Die Ge-
winnrücklagen allerdings sind von der Groß AG fortzuführen (IFRS 3.B22c). Es ist also
zunächst der Beteiligungsbuchwert bei der Klein AG mit dem gezeichneten Kapital
der Groß AG, den Gewinnrücklagen der Klein AG und im Übrigen gegen die Kapital-
rücklage zu verrechnen. Daraus ergibt sich folgende Buchung:

Konto Mio. € Konto Mio. €

Gezeichnetes Kapital (Groß) 6

Kapitalrücklage (saldo) 51

Gewinnrücklagen (Klein) 3 an Beteiligung 60

Zusammengefasst ergibt sich für die Konzernbilanz folgendes Bild:

Tabelle 3-14: Bilanz des Klein-Groß-Konzerns zum 31.12.x1 (in Mio. €), Lösungsblatt
Reverse Acquisition
Klein Klein Konsolidierung
(HB II) (HB III) Groß Summen-
KB
vor nach (HB II) bilanz Soll Haben
Erwerb Erwerb
Goodwill 8 8 8
Beteiligung 60 60 1) 60 -
div. Aktiva 10 12 55 67 67
Summe 10 80 55 135 75
gezeichnetes 5 20 6 26 1) 6 20
Kapital
Kapital-RL 2 57 57 1) 51 6
Gewinn-RL 3 3 34 37 1) 3 34
div. Schulden 15 15 15
Summe 10 80 55 135 75

193
IFRS im Konzernabschluss
3
Anmerkung: Bei „normalen“ Unternehmenserwerben kommen reverse acquisitions i.d.R.
nicht vor. Dennoch haben sie praktische Relevanz, wenn z.B. ein größeres, nicht bör-
sennotiertes Unternehmen durch einen Unternehmenszusammenschluss mit einem
kleineren, börsennotierten Unternehmen einen indirekten – und auch kostengünstige-
ren – Börsengang durch Anteilstausch, wie oben beschrieben, anstrebt.

3.3.3 Fair Value-Ermittlung bei Erstkonsolidierung –


Brandnew GmbH
Rechtsquellen: IFRS 3, IAS 38

Lernziele: Kennen lernen von verschiedenen Methoden der Fair Value-Ermittlung bei
der Erstkonsolidierung, insbesondere für immaterielle Vermögenswerte

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Big Mother AG hat am 01.01.x1 100 % der Anteile an der Brandnew GmbH zu ei-
nen Kaufpreis von 120 Mio. € erworben. Die Brandnew GmbH produziert und ver-
treibt Kosmetikartikel für den Einzelhandel. Die nach konzerneinheitlichen Richtlinien
aufgestellte Bilanz der Brandnew GmbH (Handelsbilanz II) weist zum 01.01.x1 fol-
gende Vermögenswerte und Schulden aus:

Tabelle 3-15: Brandnew GmbH, Handelsbilanz II (in T€)

Bezeichnung 01.01.x1
Software 15.000
Sachanlagen 50.000
Vorräte 60.000
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 35.000
Sonstige Vermögenswerte 10.000
Vermögenswerte insgesamt 170.000
Rückstellungen 15.000
Bankverbindlichkeiten 40.000
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 40.000
Sonstige Verbindlichkeiten 25.000
Verbindlichkeiten insgesamt 120.000
Eigenkapital 50.000

194
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Die Konsolidierungsabteilung ist damit beauftragt, für die Erstkonsolidierung die sog.
Handelsbilanz III aufzustellen. Aus der durchgeführten Due Diligence und den Kauf-
preisverhandlungen liegen folgende Informationen vor:

(1) Verkaufsrenner bei Brandnew ist zurzeit die Creme „No Wrinkles“, für die ein
Markenrecht besteht. Man nimmt an, dass die Creme in den nächsten 5 Jahren einen
Umsatz von konstant 50 Mio. € p.a. generiert und dann eingestellt wird. Der Leiter
Rechnungswesen meint, man könne den Wert einer Marke durch die Methode der Li-
zenzpreisanalogie bestimmen, wobei hier fremdübliche Lizenzgebühren von 5 % p.a.
vom Umsatz sowie ein Diskontierungssatz von 10 % p.a. jeweils nach Steuern zu un-
terstellen seien; außerdem murmelt er noch etwas von einem zu beachtenden Steuer-
vorteil.

(2) Mit einigen Einzelhandelsketten hat Brandnew Fest- und Rahmenverträge bis ins
Jahr x3 geschlossen. Man geht davon aus, dass die Profitabilität des vertraglich gesi-
cherten Auftragsbestands dem Unternehmensdurchschnitt entspricht. Mithin werden
sich die einzelnen Aufwandsbestandteile in jedem Jahr proportional zum Umsatz aus
den Fest- und Rahmenverträgen verhalten. Aus der Planungsabteilung liegen folgende
budgetierten Werte für die Gesamterfolgsrechnung vor:

Tabelle 3-16: Budgetierte Gesamt-GuV der Brandnew GmbH

x1 x2 x3
Umsatz 100.000 105.000 113.000
Materialaufwand - 40.000 - 42.000 - 45.200
Personalaufwand - 20.000 - 21.000 - 22.600
sonstige betriebliche Aufwendungen - 10.000 - 10.500 - 11.300
Abschreibung Sachanlagen - 7.000 - 7.000 - 7.000
Abschreibung Marke (aus (1))

Ein Controllingmitarbeiter wirft ein, während seines Studiums an der FH Erfurt etwas
von der Residualwertmethode gehört zu haben, mit der der Vorteil aus einem Auf-
tragsbestand gut zu bewerten wäre. Dazu sei ein Tableau zu verwenden, in das er
schon einige Daten eingetragen habe, insbesondere das (leicht unter dem Stand vom
01.01.x1) erwartete Nettoumlaufvermögen, den Anteil des vertraglich gesicherten Um-
satzes am erwarteten Gesamtumsatz, die Zeitwerte des gebundenen Kapitals und ei-
nige Zinssätze. Außerdem sei auch hier auf den Steuervorteil zu achten.

Der Leiter Rechnungswesen wundert sich beim Blick auf das Tableau nicht über die
Verwendung unterschiedlicher Zinssätze zur Berechnung der Kosten der Kapitalbin-
dung; ihm ist natürlich bekannt, dass sich die Höhe der Zinssätze aus dem jeweiligen
Risikoprofil des entsprechenden Zahlungsstroms ergibt und im Übrigen der Diskon-
tierungssatz von 7 % nach Steuern die gewichteten Kapitalkosten (WACC) des Ge-

195
IFRS im Konzernabschluss
3
samtunternehmens reflektiert. Auf der anderen Seite ist ihm jedoch unklar, wieso in
dem Tableau der Fair Value eines Mitarbeiterstamms auftaucht.

Tabelle 3-17: Bewertung Auftragsbestand nach Residualwertmethode, Aufgabenblatt

Nachrichtlich
x1 x2 x3
Zeitwert Zinssatz Zinsen
Nettoumlaufvermögen gesamt 12.000 13.000 14.000
geplanter Gesamtumsatz 100.000 105.000 113.000
davon vertraglich gesichert in % 80 % 60 % 25 %
vertraglich abgesichert in T€ 80.000 63.000 28.250
Materialaufwand
Personalaufwand
sonst. betr. Aufwendungen
Abschreibung Sachanlagen
Abschreibung Marke
1. EBIT
Verzinsung Sachanlagen 70.000 10,0 % - 7.000
Verzinsung Marke 15,0 %
Verzinsung Mitarbeiterstamm 20.000 15,0 % - 3.000
Verzinsung Nettoumlaufverm. s.o. 6,0 %
2. kalkulatorische Verzinsung
1. + 2. = Ergebnis nach Zinsen
Unternehmenssteuern (33 %)
Überschüsse nach Steuern
Diskontierungssatz 7,0 % 7,0 % 7,0 %
Barwert
Summe Barwerte

(3) Die Brandnew GmbH hat ein Projekt „Eternally no Wrinkles“ in der Forschungspi-
peline. Eine Aktivierung kam bisher nicht in Betracht, weil das Entwicklungsstadium
noch nicht erreicht wurde. Die Big Mother AG hat diesem Projekt jedoch einen Kauf-
preisanteil von 5 Mio. € beigemessen, außerdem 7 Mio. € für bisher nicht aktivierte
Entwicklungsprojekte, die sie als aussichtsreicher beurteilt als die alte Geschäftsfüh-
rung der Brandnew GmbH.

(4) Der Wert von Werbemaßnahmen für neu eingeführte Produkte, die die Brandnew
GmbH im vergangenen Jahr durchgeführt hat, wird auf 10 Mio. € geschätzt.

(5) Die Brandnew GmbH hat einen unstrittig als Operating Lease einzustufenden Lea-
singvertrag über eine Maschine abgeschlossen, der noch drei Jahre läuft und jährliche
nachschüssige Leasingraten von 3 Mio. € erfordert. Die Leasingraten sind besonders

196
IFRS im Konzernabschluss
3.3
günstig, da der Vertrag zu Zeiten sehr niedriger Zinsen abgeschlossen wurde. Nach
heutigen Marktverhältnissen wären Leasingraten von 4 Mio. € p.a. zu zahlen, wobei
ein Leasinggeber mit 6 % p.a. kalkulieren würde.

(6) Lt. eingeholten Gutachterwerten beträgt der Fair Value des Sachanlagevermögens
70 Mio. €.

(7) Die Brandnew GmbH ist mit einer Produkthaftpflichtklage in den USA konfron-
tiert, da Hunde der Rasse Mops, die von ihren Besitzerinnen mit „No Wrinkles“ einge-
rieben wurden, vereinzelt Rötungen des Fells aufwiesen. Die Brandnew GmbH hatte
in den Packungsbeilagen nicht darauf hingewiesen, dass die Creme für Tiere ungeeig-
net ist. Eine Rückstellung wurde bisher nicht gebildet, weil man die Klage für abwegig
hielt und ein mögliches Risiko durch die Produkthaftpflicht gedeckt sieht. Bei den
Kaufpreisverhandlungen hatte die Big Mother AG vorgeschlagen, in Abhängigkeit
vom Prozessausgang eine spätere Kaufpreiskorrektur vorzunehmen. Dies hatte der
Verkäufer abgelehnt. Um die Sache abzuschließen, einigte man sich stattdessen auf ei-
nen Kaufpreisabschlag von 3 Mio. €. Die Big Mother AG schätzt die Bandbreite des Ri-
sikos der Klage bei Gleichverteilung auf zwischen 0 Mio. € und 5 Mio. €.

(8) Die Big Mother AG sieht in einem Teilbereich der Brandnew GmbH Restrukturie-
rungsbedarf und hat für Personalabfindungen einen Betrag von 8 Mio. € vom Kauf-
preis abgezogen. Eine Unterrichtung der Mitarbeiter ist bis zum 01.01.x1 weder durch
die Brandnew GmbH noch durch die Big Mother AG erfolgt.

(9) Von den Bankverbindlichkeiten der Brandnew GmbH (40 Mio. €) sind 20 Mio. € va-
riabel verzinslich und 20 Mio. € mit 8 % festverzinslich. Der festverzinsliche Kredit
läuft noch 3 Jahre. Der aktuelle Marktzins für vergleichbare Festkredite beträgt 5 %.

(10) Der Ertragsteuersatz beträgt 33 %.

Aufgabenstellung

a) Prüfen Sie die vorstehenden Sachverhalte auf ihren Ansatz in der HB III.
b) Skizzieren Sie allgemein, wie Vermögenswerte und Schulden bei einem Unter-
nehmenserwerb vom Erwerber zu bewerten sind. Welches Problem stellt sich ins-
besondere bei immateriellen Vermögenswerten, und wieso wird in diesem Zu-
sammenhang bei der Bewertung der Sachverhalte (1) und (2) von einem Steuer-
vorteil gesprochen? Erläutern Sie Begriff und Anwendungsbereich des Tax
Amortisation Benefit. Was spricht für seine Berücksichtigung, und was könnte sich
auch dagegen vorbringen lassen?

c) Bewerten Sie die anzusetzenden Posten (inklusive des Steuervorteils). Verwenden


Sie für die Überleitung von der HB II zur HB III das folgende Schema. Warum
sind latente Steuern anzusetzen?

197
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-18: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Aufgabenblatt

Bezeichnung 01.01.x1
Nettovermögen (= Eigenkapital) lt. HB II 50.000
(1) Marke „No Wrinkles“
(2) Auftragsbestand
(3) Forschungs- und Entwicklungsprojekte
(4) Werbemaßnahmen
(5) Leasingvertrag
(6) Sachanlagen
(7) Prozessrisiko
(8) Restrukturierungsrückstellung
(9) Bankverbindlichkeiten
Fair Value Anpassungen brutto
(10) latente Steuern
Fair Value Anpassungen netto
Fair Value des Nettovermögens (= Eigenkapital) lt. HB III

d) Ermitteln Sie den Goodwill. Was können die Ursachen für den Kaufpreis von 120
Mio. € gewesen sein?

e) Wie wäre zu bilanzieren, wenn die Big Mother AG nur einen Kaufpreis von 65
Mio. € für die Brandnew GmbH gezahlt hätte?

f) Wie wäre die Marke „No Wrinkles“ (Sachverhalt (1)) zu bewerten, wenn die Big
Mother AG ein eigenes Konkurrenzprodukt zu „No Wrinkles“ besitzt und plante,
die Marke „No Wrinkles“ einzustellen?

Lösung

a) Ansatz in der HB III


Aufgrund der Einzelerwerbsfiktion ist aus Sicht (eines hypothetischen) Erwerbers zu
beurteilen, ob beim erworbenen Unternehmen Vermögenswerte und Schulden vorlie-
gen, die nach IFRS 3 anzusetzen sind, unabhängig davon, ob sie beim erworbenen Un-
ternehmen selbst bilanziert worden sind. Regelmäßig wird zu beobachten sein, dass
das Mengengerüst der in der HB III anzusetzenden Posten gegenüber der HB II an-
steigt. Dies hängt mit erleichterten Ansatzkriterien bei immateriellen Vermögenswer-
ten und Eventualschulden zusammen, wenn diese bei einem Unternehmenserwerb
zugehen:

198
IFRS im Konzernabschluss
3.3
„ Bei immateriellen Vermögenswerten ist zwar noch die Vermögenswerteigen-
schaft, insbesondere die Kriterien der Identifizierbarkeit und Kontrolle zu prüfen;
auf den künftigen Nutzenzufluss kommt es aber nicht mehr an, weil dieser im
gezahlten Unternehmenskaufpreis bereits zum Ausdruck gekommen sei (IAS
38.33 f.).

„ Umgekehrt muss bei Eventualschulden das Schuldkriterium der künftigen Au-


ßenverpflichtung vorliegen, aber auch hier kommt es auf die Wahrscheinlichkeit
des künftigen Nutzenabflusses nicht mehr an, weil der Erwerber insoweit einen
Kaufpreisabschlag gemacht hat (IFRS 3.23).

In beiden Fällen könnte ein Ansatz im Konzernabschluss nur noch dann scheitern,
wenn eine zuverlässige Fair Value-Bewertung nicht möglich wäre; bei der Brandnew
GmbH ist die zuverlässige Bewertung aber in allen Punkten möglich.

Das bedeutet: Die rechtlich/vertraglich abgesicherten immateriellen Sachverhalte Mar-


kenrecht (1), Auftragsbestand (2) und der Leasingvertragsvorteil (5) sind identifizier-
bar und daher anzusetzen. Die Forschungs- und Entwicklungsprojekte (3) sind offen-
sichtlich separierbar; die Big Mother AG hätte sie auch einzeln erwerben können. Da-
gegen kann ein Aktivposten für die Werbemaßnahmen (4) nicht angesetzt werden.
Zwar ist der künftige Vorteil bestimmbar, aber er ist weder rechtlich abgesichert noch
separierbar (einzel- oder gruppenverwertbar). Beim Potential des Mitarbeiterstamms
(2) mangelt es an der Kontrolle, die Mitarbeiter können auch kündigen (IAS 38.15 und
IFRS 3.B37). Das als Eventualschuld bislang nicht passivierte Prozessrisiko (7) ist als
Rückstellung anzusetzen, wohingegen für die Restrukturierung (8) ein Passivierungs-
verbot besteht (im Ergebnis IFRS 3.11). Die Sachverhalte Anlagevermögen (6) und
Bankverbindlichkeiten (9) schließlich lösen nur Bewertungsänderungen aus.

b) Steuervorteil
Bei einem Unternehmenserwerb sind die erworbenen Vermögenswerte (und Schul-
den) einzeln zu bewerten und zum Fair Value in der Bilanz des Erwerbers anzusetzen.
Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen share deal oder um einen asset deal
handelt.

Der Fair Value ist der objektive Einzeltauschwert/ Marktpreis eines Vermögenswertes
bzw. einer Schuld unter Abstraktion der subjektiven Verhältnisse des tatsächlichen
Erwerbers (s. Aufgabe 3.1.3). Der Marktpreis reflektiert dabei alle am Markt bewerte-
ten objektiven Nutzenvorteile/ Nachteile aus dem bewerteten Posten. Gerade bei im-
materiellen Vermögenswerten, zumal wenn sie im Wege eines Unternehmenserwerbs
als einer unter vielen Bestandteilen des Vermögens zugegangen sind, sind jedoch
Marktpreise oft nicht erhältlich. Dann ist eine Bewertungsmethode zu verwenden, um
einen Marktpreis zu schätzen. Häufig wird bei der Bewertung immaterieller Vermö-
genswerte auf kapitalwertorientierte DCF-Verfahren zurückgegriffen. Bei diesen Ver-
fahren wird aus den erwarteten künftigen finanziellen Überschüssen aus der Nutzung
des immateriellen Vermögenswertes ein Barwert berechnet, der den Wert des Postens

199
IFRS im Konzernabschluss
3
darstellen soll. In künftigen Perioden wird jedoch durch planmäßige und/oder außer-
planmäßige Abschreibungen des Postens noch ein Steuervorteil erzielt, der in dem
Barwert noch nicht enthalten ist. Dieser Vorteil (Tax Amortisation Benefit) ist unabhän-
gig davon, ob sich der konkret zu bilanzierende Unternehmenserwerb im Wege des
share deal oder des asset deal vollzieht, zu erfassen. Die Begründung lautet, dass sich
der Fair Value aus Sicht eines hypothetischen Erwerbers ergibt, der den Gegenstand
durch Einzelerwerb (Marktpreis!) erlangt und diesen daher abschreiben kann. Der
künftige Steuervorteil ist daher ebenfalls zum Barwert zu berechnen und dem Vermö-
genswert hinzuzuaddieren (IDW RS HFA 16, Rz. 38; zur Berechnungsmethode siehe
Lösung zu c).

Die Bewertung über DCF-Verfahren soll letztlich den Marktpreis des immateriellen
Vermögenswertes simulieren. Gegen die Berücksichtigung des Steuervorteils lässt sich
dann vor allem vorbringen, dass unklar ist, ob ein Einzelerwerber den Steuervorteil
tatsächlich (in voller Höhe) vergüten würde. So könnte unsicher sein, dass tatsächlich
ein zu versteuerndes Ergebnis erzielt wird, gegen das die künftige Abschreibung ver-
rechnet wird. Auch die Verwendung unterschiedlicher Steuerarten und -sätze würde
die Werthöhe des Vermögenswertes beeinflussen.

c) Fair Value Bewertung in der HB III


(1) Markenwert No Wrinkles

Nach der Methode der kapitalwertorientierten Lizenzpreisanalogie ergibt sich pro


Jahr eine Lizenzgebühr von 2.500 T€ (= 5 % von 50.000 T€). Diese ist mit dem angege-
benen Zinssatz von 10 % p.a. über 5 Jahre zum Barwert zu berechnen. Das ergibt einen
Betrag von gerundet 9.500 T€, der jedoch den künftigen Steuervorteil noch nicht enthält.

Bei der Ermittlung des Steuervorteils entsteht ein Zirkularitätsproblem, weil die Ab-
schreibung auf den Fair Value erfolgt, dieser aber wiederum den Barwert des ab-
schreibungsbedingten Steuervorteils enthält. Dieser kann jedoch durch Iteration er-
mittelt werden:

200
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Tabelle 3-19: Ermittlung des Steuervorteils bei „No Wrinkles“

Jahr 1 2 3 4 5 Barwert

Schritt 1 AfA p.a. (1/5) 1.900 1.900 1.900 1.900 1.900 9.500
Steuerersparnis AfA (33 %) 627 627 627 627 627 2.383
Schritt 2 AfA auf Wert (9.500 + 2.383) 2.377 2.377 2.377 2.377 2.377 11.883
Steuerersparnis AfA (33 %) 784 784 784 784 784 2.980
Schritt 3 AfA auf Wert (9.500 + 2.980) 2.496 2.496 2.496 2.496 2.496 12.480
Steuerersparnis AfA (33 %) 824 824 824 824 824 3.130
Schritt 4 AfA auf Wert (9.500 + 3.130) 2.526 2.526 2.526 2.526 2.526 12.630
Steuerersparnis AfA (33 %) 834 834 834 834 834 3.168
Schritt 5 AfA auf Wert (9.500 + 3.168) 2.534 2.534 2.534 2.534 2.534 12.668
Steuerersparnis AfA (33 %) 836 836 836 836 836 3.177
Schritt 6 AfA auf Wert (9.500 + 3.177) 2.535 2.535 2.535 2.535 2.535 12.677
Steuerersparnis AfA (33 %) 837 837 837 837 837 3.179
Schritt 7 Wert (9.500 + 3.179) 12.679

Der endgültige Fair Value der Marke „No Wrinkles“ beträgt somit gerundet 12.680 T€.
Hierauf sind passive latente Steuern von 33 % = 4.184 T€ anzusetzen (siehe auch am
Ende, (10)), und zwar nicht abgezinst (IFRS 3.24), so dass die latenten Steuern von ih-
rem tatsächlichen Barwert von 3.179 T€ abweichen.

Statt durch Iteration kann der Steuervorteil auch durch Berechnung eines sog. Step-
up-Faktors ermittelt werden. Für dessen Ermittlung wird der gesamte Steuervorteil
(100 %) auf die Perioden seiner Nutzung verteilt (hier 5 Jahre), was einen Faktor von
0,2 (20 %) ergibt. Dieser ist zum Barwert zu berechnen, also mit dem Rentenbarwert-
faktor für 10 % und 5 Jahre (3,8) zu multiplizieren; das ergibt eine Summe der barwer-
tigen Abschreibungssätze von 0,76. Der Anteil der Steuerersparnis ergibt sich durch
Multiplikation der 0,76 mit dem Steuersatz von 0,33; das sind 0,2508. Der Step-up-
Faktor beträgt dann 1/(1 - 0,2508) = 1,3348. Wird der Barwert der Cashflows des Ver-
mögenswertes (9.500 T€) mit dem Step-up-Faktor (1,3348) multipliziert, ergibt sich e-
benfalls der Fair Falue der Marke „No Wrinkles“ von 12.680 T€.

(2) Vertraglich gesicherter Auftragsbestand

Bei der Residualwertmethode wird der Barwert der ausschließlich durch den zu be-
wertenden immateriellen Vermögenswert generierten Cashflows ermittelt. Da imma-
terielle Vermögenswerte i.d.R. erst im Verbund mit anderen Vermögenswerten Cash-
flows generieren, werden bei der Ermittlung der relevanten Einzahlungsüberschüsse

201
IFRS im Konzernabschluss
3
fiktive Auszahlungen für diese unterstützenden Vermögenswerte abgezogen. Diese
umfassen den Werteverzehr und eine angemessene Verzinsung. Hiermit werden
zugleich Mehrfacherfassungen identischer Cashflows vermieden. So ist bei der Bewer-
tung von (vertraglichen) Kundenbeziehungen u.ä. ein fiktives Nutzungsentgelt für
Marken abzuziehen, bezogen auf den zuvor ermittelten Zeitwert der Marke „No
Wrinkles“.

Tabelle 3-20: Bewertung Auftragsbestand nach Residualwertmethode, Lösung

nachrichtlich
x1 x2 x3
Zeitwert Zinssatz Zinsen
Nettoumlaufvermögen 12.000 13.000 14.000
geplanter Gesamtumsatz 100.000 105.000 113.000
davon vertraglich gesichert in % 80 % 60 % 25 %
vertraglich abgesichert in T€ 80.000 63.000 28.250
Materialaufwand -32.000 -25.200 -11.300
Personalaufwand -16.000 -12.600 -5.650
sonst. betr. Aufwendungen -8.000 -6.300 -2.825
Abschreibung Sachanlagen 70.000 -5.600 -4.200 -1.750
Abschreibung Marke 12.680 -2.029 -1.522 -634
1. EBIT 16.371 13.178 6.091
Verzinsung Sachanlagen 70.000 10,0 % -7.000 -5.600 -4.200 -1.750
Verzinsung Marke 12.680 15,0 % -1.902 -1.522 -1.141 -475
Verzinsung Mitarbeiterstamm 20.000 15,0 % -3.000 -2.400 -1.800 -750
Verzinsung Nettoumlaufverm. s.o. 6,0 % -576 -468 -210
2. kalkulatorische Verzinsung -10.098 -7.609 -3.185
1. + 2. = Ergebnis nach Zinsen 6.274 5.569 2.906
Unternehmenssteuern (33 %) -2.070 -1.838 -959
Überschüsse nach Steuern 4.204 3.731 1.947
Diskontierungssatz 7,0 % 7,0 % 7,0 %
Barwert 3.929 3.259 1.589
Summe Barwerte 8.777

Fiktive Nutzungsentgelte dürfen aber nur insoweit abgezogen werden, wie sie noch
nicht bei der Planung berücksichtigt worden sind, z.B. bereits als Abschreibung oder
Personalaufwand. Da die operativen Kosten bereits Personalaufwendungen, Abschrei-
bungen etc. beinhalten, sind für die Kapitalbindung aus der Nutzung der betreffenden
Vermögenswerte somit nur noch die Zinsanteile zu erfassen. Auch der Wert des er-
worbenen Mitarbeiterstamms ist hierbei zu verzinsen, obwohl er nicht als immateriel-
ler Vermögenswert aktiviert werden darf. Der Wert ergibt sich aus ersparten Rekrutie-
rungs- und Ausbildungskosten.

202
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Bei der Festlegung von Zinssätzen auf das investierte Kapital ist auf die Kapitalkos-
ten abzustellen, die bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts des unterstüt-
zenden Vermögenswerts herangezogen wurde (z.B. Marke) oder heranzuziehen wäre.
Die Höhe richtet sich insbesondere nach dem Risikoprofil des entsprechenden Zah-
lungsstroms. Bei Sachanlagen und dem Nettoumlaufvermögen wurde im Beispiel ein
Fremdkapitalzins verwendet. Bei den Zahlungsüberschüssen und dem Diskontie-
rungssatz sind Unternehmenssteuern zu erfassen. Der Diskontierungssatz von 7 %
nach Steuern reflektiert die gewichteten Kapitalkosten nach Steuern (WACC) des Ge-
samtunternehmens. Das ergibt zunächst die Barwertsumme von 8.777 T€.

Hinzu kommt der Wert des abschreibungsbedingten Steuervorteils. Dieser lässt sich
hier elegant über den Step-up-Faktor ermitteln. Die Abschreibung des Steuervorteils
erfolgt hier wie bei einer Leistungsabschreibung gewichtet über 3 Jahre (Zeile 2), wo-
nach anschließend die Summe der Barwerte (Zinssatz 7 %) mit 0,8944 ermittelt wird.
Die nachfolgende Tabelle stellt die weiteren Berechnungsschritte dar; es ergibt sich ein
Fair Value des vertraglich gesicherten Auftragsbestands von 12.452 T€.

Tabelle 3-21: Ermittlung Step-up-Faktor


x1 x2 x3
1 Anteil vertraglich gesichert 80 60 25 165
2 Abschreibung 0,4848 0,3636 0,1515 1,0000
3 Barwerte 0,4531 0,3176 0,1237 0,8944
4 Anteil Steuerersparnis = Barwert y Steuersatz 0,33 0,2952
5 Step-up-Faktor = 1/(1-Anteil Steuerersparnis) 1,4188
6 Fair Value = Barwert 8.777 T€ y Step-up-Faktor 12.452

(3) Forschungs- und Entwicklungsprojekte

Es erfolgte eine unmittelbare Fair Value-Schätzung; die Projekte sind in Höhe von zu-
sammen 12 Mio. € anzusetzen.

(4) Werbemaßnahmen: keine Aktivierung (siehe Lösung zu a)).

(5) Vertragliche immaterielle Vermögenswerte

Arbeitsverträge, Mietverträge, Leasingverträge u. ä. werden in den Illustrative


Examples des IFRS 3 als immaterielle Vermögenswerte genannt. Dabei dreht es sich im
Ergebnis nicht um die Bewertung der Mitarbeiter, Mietrechte etc., sondern darum, ob
die tatsächlich vereinbarten Konditionen von den im Erwerbszeitpunkt geltenden
Marktkonditionen abweichen. Ist eine vereinbarte Miet- oder Leasingrate verglichen
mit aktuellen Konditionen günstig, erfolgt die Aktivierung des Barwertvorteils als
immaterieller Vermögenswert; liegt dagegen ein ungünstiger Vertrag vor, wird bei
drohenden Verlusten schon nach den allgemeinen Vorschriften eine Drohverlustrück-
stellung gebildet.

203
IFRS im Konzernabschluss
3
Im vorliegenden Fall ist der Vertrag günstig, der Barwert des jährlichen Vorteils von
1 Mio. € (3 Jahre, 6 % p.a. = 2.673 T€) ist als immaterieller Vermögenswert anzusetzen.
Da in den Marktkonditionen der Vergleichsleasingverträge bereits alle steuerlichen
Überlegungen der Marktteilnehmer eingeflossen sind, unterbleibt hier eine zusätzliche
Erfassung eines Steuervorteils.

(6) Sachanlagen

Diese werden in Höhe des Gutachterwerts (70 Mio. €) angesetzt, womit im Vergleich
zum bisherigen Ansatz bei der Brandnew stille Reserven in Höhe von 20 Mio. € auf-
gedeckt werden. Gutachterwerte zur Fair Value-Findung stellen methodisch Markt-
preise, marktorientierte Vergleichsverfahren (z.B. Grundstücksrichtwertsammlung)
oder Ertragswertverfahren als Ausprägung der DCF-Methode dar. In der Praxis wird
der Wert beweglicher Sachanlagen auch nach der Wiederbeschaffungspreismethode
ermittelt.

(7) Prozessrisiko

Fraglich ist, ob dieses mit dem Kaufpreisabschlag (3 Mio. €) oder mit dem Erwar-
tungswert von 2,5 Mio. € (bei angenommener Gleichverteilung des Prozessrisikos) an-
gesetzt wird. Der Erwartungswert ist jedoch nur ein Schätzwert und stellte die Grund-
lage dar für den auf Verhandlungswege erzielten Preis von 3 Mio. €, der als Fair Value
zu passivieren ist. Insoweit wird (durchaus angreifbar) unterstellt, dass jeder Erwerber
(der hypothetische Erwerber!) diesen Verhandlungserfolg erzielt hätte.

(8) Geplante Restrukturierungsmaßnahmen

Hierfür darf eine Rückstellung explizit nicht angesetzt werden (siehe Lösung zu a)).
Das Ansatzverbot kann jedoch kritisch gesehen werden, da der Aufwand im Ergebnis
nicht vom Erwerber, sondern via Kaufpreisabschlag vom Veräußerer getragen wurde.

(9) Finanzschulden

Bewertungsänderungen können sich bei übernommenen Finanzschulden ergeben. Sie


werden bei gekauften Unternehmen zu fortgeführten Anschaffungskosten angesetzt.
Sind aber die Zinsen von festverzinslichen emittierten Anleihen oder langfristigen
Bankkrediten seit Ersteinbuchung gestiegen (gesunken), so liegt der Fair Value der
Schuld nach der Neubewertung infolge des Unternehmenszusammenschlusses unter
(über) dem bisherigen Buchwert. Im vorliegenden Fall wird eine stille Last von
1.634 T€ aufgedeckt und die Schuld mit 21.634 T€ angesetzt:

204
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Tabelle 3-22: Fair Value-Ermittlung einer Verbindlichkeit (in T€)

x1 x2 x3
vereinbarter Festzins 8% 8% 8%
künftiger Zahlungsstrom 1.600 1.600 21.600
Barwert (5 % p.a.) 1.524 1.451 18.659
Summe Barwert 21.634
- bisheriger Buchwert - 20.000
Anpassung 1.634

(10) Mehrvermögen

Die Sachverhalte (1) bis (9) führen per Saldo zu einem Mehrvermögen von 55.171 T€;
dem dadurch verkörperten (künftigen) Nutzenzufluss steht jedoch nur eine geringere
steuerliche Abschreibungsgrundlage (tax base) gegenüber, so dass die künftige höhere
Steuerbelastung durch passive latente Steuern zurückzustellen ist (IAS 12.16). Dies gilt
auch, wenn die temporären Differenzen erfolgsneutral entstehen wie bei der Erstkon-
solidierung. Daher sind auf die 55.171 T€ passive latente Steuern anzusetzen
(18.206 T€), so dass sich nach Steuern eine Erhöhung des Nettovermögens von
36.965 T€ und ein Nettogesamtvermögen von 86.965 T€ ergibt:

205
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-23: Überleitung von HB II zur HB III (in T€), Lösung

Bezeichnung 01.01.x1
Nettovermögen (= Eigenkapital) lt. HB II 50.000
(1) Marke „No Wrinkles“ 12.680
(2) Auftragsbestand 12.452
(3) Forschungs- und Entwicklungsprojekte 12.000
(4) Werbemaßnahmen 0
(5) Leasingvertrag 2.673
(6) Sachanlagen 20.000
(7) Prozessrisiko - 3.000
(8) Restrukturierungsrückstellung 0
(9) Bankverbindlichkeiten - 1.634
Fair Value Anpassungen brutto 55.171
(10) latente Steuern - 18.206
Fair Value Anpassungen netto 36.965
Fair Value des Nettovermögens (= Eigenkapital) lt. HB III 86.965

d) Goodwill und mögliche Gründe


Der Goodwill ermittelt sich als Residualgröße gemäß nachstehendem Tableau:

Tabelle 3-24: Ermittlung des Goodwill (in T€)

Bezeichnung 01.01.x1
Gegenleistung (Kaufpreis) 120.000
- Fair Value des Nettovermögens (= Eigenkapital) lt. HB III - 86.965
= Goodwill 33.035

Im vorliegenden Fall kommen im Goodwill mögliche, aber nicht aktivierbare künftige


Vorteile wie der auf einen Wert von 20.000 T€ geschätzte Mitarbeiterstamm (Sachver-
halt (2)) oder die Werbemaßnahmen von 10.000 T€ (Sachverhalt (4)) zum Ausdruck.
Außerdem sind die nicht passivierten Restrukturierungsmaßnahmen (Sachverhalt (8))
zu beachten, da für diese ja ein Kaufpreisabschlag vereinbart worden ist. Ohne den
Abschlag oder bei entsprechender Passivierung wäre der Goodwill um 8 Mio. € höher.

206
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Ganz allgemein ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass der Fair Value des Nettovermö-
gens der Brandnew GmbH einen Substanzwert darstellt, der sich aus der Summe der
Einzeltauschwerte der einzelnen Vermögenswerte und Schulden zusammensetzt. Das
Ganze mag aber mehr sein als die Summe seiner Teile. Künftige Cashflow-Zuflüsse,
die letztlich für die Höhe des Kaufpreises maßgeblich sind, entstehen möglicherwei-
se erst durch das Zusammenspiel aller Unternehmenspotenziale. Daher sind Unter-
nehmenskaufpreise oft viel höher als die Unternehmenssubstanzwerte, auch wenn der
zum Fair Value, also zum aktuellen Marktpreis der Einzelteile, bewertet wird.

e) Kaufpreis nur 65 Mio. €


Bei einem Kaufpreis von nur 65 Mio. € entstünde bei der Kapitalkonsolidierung rech-
nerisch ein passiver Unterschiedsbetrag von rund 22 Mio. €. Eine solche Situation ist
nach IFRS 3.36a Anlass für den Erwerber, nochmals Ansatz und Bewertung in der
HB III des erworbenen Unternehmens zu prüfen mit dem Ziel, mögliche Bewertungs-
fehler aufzudecken und den Fair Value des Nettovermögens zu verringern. Nach die-
ser Prüfung und ggf. Korrektur ist nämlich ein dann noch verbliebener Unterschieds-
betrag ein „(gain on) bargain purchase“ (IFRS 3.34). Damit kann ein Erwerbsvorgang
sofort erfolgswirksam werden.

f) Bewertung von „No Wrinkles“ bei geplanter Aufgabe der Marke

Die Marke ist auch dann in Höhe von 12.680 T€ anzusetzen, wenn geplant ist, sie nicht
zu verwerten, da beim Ansatz und bei der Bewertung die Sicht eines hypothetischen
Erwerbers und nicht die des konkreten Erwerbers maßgebend ist. Würden also andere
Erwerber für eine Marke, ein Patent u.ä. einen Preis bezahlen, sind diese Vermögens-
werte auch dann von dem Erwerber zu bewerten. Ein entsprechender Kaufpreisanteil
ginge damit nicht in den Goodwill ein, sondern wäre separat anzusetzen und, bei
nachfolgender Nichtverwendung, außerplanmäßig erfolgswirksam abzuschreiben.

Literaturempfehlungen: Ballwieser/Beyer/Zelger (Hrsg.), Unternehmenskauf nach IFRS


und US-GAAP, 2. Auflage 2008; IDW RS HFA 16, Bewertungen bei der Abbildung von
Unternehmenserwerben und bei Werthaltigkeitsprüfungen nach IFRS 3 Kasperzak/
Nestler, Zur Berücksichtigung des TAX Amortisation Benefit bei der Fair Value-
Ermittlung immaterieller Vermögenswerte nach IFRS 3, DB 2007, 473-478; Kasperzak/
Nestler, Bewertung von immateriellem Vermögen, 2010; Leibfried/ Fassnacht, Unter-
nehmenserwerb und Kaufpreisallokation, KoR 2007, 48-57; Theile/Pawelzik, Erfolgs-
wirksamkeit des Anschaffungsvorgangs nach ED 3 beim Unternehmenserwerb im
Konzern, WPg 2003, 316-324; Theile/Pawelzik in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl.
2009, Rz. 3280-3365.

207
IFRS im Konzernabschluss
3
3.3.4 Erstkonsolidierung und Währungsumrechnung –
Abroad Ltd.
Rechtsquellen: IFRS 3, IAS 21, IAS 12, IAS 27, IAS 1

Lernziele: Ermittlung der Währungsumrechnungsdifferenz; Erstkonsolidierung einer


selbständigen ausländischen Tochtergesellschaft; Berücksichtigung von latenten Steu-
ern; Erstellung eines Eigenkapitalspiegels

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Produktion-GmbH mit Hauptsitz in Deutschland erwirbt zum 01.07.x1 80 % der


Anteile an der Abroad Ltd. Die Anschaffungskosten betragen 9.000 T€.

Die Abroad Ltd. ist aus Sicht der Produktion-GmbH eine selbständige ausländische
Teileinheit, die ihr Berichtswesen in £ (britische Pfund) führt.

Außerdem sind folgende Daten bekannt:

„ Zum Erwerbszeitpunkt betrug das Eigenkapital der Abroad Ltd. auf Basis der
HB III 1.300 T£. Zu diesem Zeitpunkt galt ein Währungskurs von 1 £ = 1,20 €.

„ Am 30.11.x1 nimmt die Abroad Ltd. eine Ausschüttung an ihre Gesellschafter in


Höhe von 438 T£ vor. Der Kurs betrug zum Auszahlungszeitpunkt 1 £ = 1,25 €.

„ Zum Bilanzstichtag 31.12.x1 beträgt der Währungskurs 1 £ = 1,40 €.

„ In x1 beträgt der Jahresdurchschnittskurs 1 £ = 1,28 €

Aufgabenstellung

a) Rechnen Sie den Jahresabschluss der Abroad Ltd. anhand der beigefügten Tabelle
3-25 in die Berichtswährung des Mutterunternehmens (€) um. Geben Sie dabei
jeweils die Kursarten (HK = historischer Kurs, DK = Durchschnittskurs, StK =
Stichtagskurs) an. Partizipieren die Minderheitsgesellschafter an einer Wäh-
rungsumrechnungsdifferenz?

b) Ermitteln Sie die Währungsumrechnungsdifferenz des Goodwills zum 31.12.x1.


Bei der Bilanzierung des Goodwills gehen Sie davon aus, dass keine Wertminde-
rung vorliegt. Nutzen Sie als Hilfestellung die Tabelle 3-26.

c) Welche Voraussetzungen müssen nach vollständiger Erstellung der HB III erfüllt


sein, damit es zu einem Ansatzverbot etwaiger (weiterer) latenter Steuern kommt?
Gehen Sie im Folgenden davon aus, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Füh-
ren Sie die Konsolidierung nach der Neubewertungsmethode zum 31.12.x1
durch. Nutzen Sie als Hilfestellung die Tabelle 3-33.

208
IFRS im Konzernabschluss
3.3
d) Erstellen Sie auf Grundlage der ermittelten Daten den Eigenkapitalspiegel des
Konzerns für das Jahr x1, wobei in einer Zwischenzeile das „Konzerngesamter-
gebnis“ zum Ausdruck kommen soll. Das Eigenkapital der Produktion-GmbH
setzt sich zum 01.01.x1 wie folgt zusammen:
„ gezeichnetes Kapital: 1.000 T€
„ Kapitalrücklage: 300 T€
„ Gewinnrücklage: 400 T€
„ Bilanzgewinn: 1.800 T€
In der zweiten Jahreshälfte x1 nimmt die Produktion-GmbH eine Ausschüttung
von 1.500 T€ vor.

e) Welche Voraussetzungen müssen nach vollständiger Erstellung der HB III erfüllt


sein, damit es zur Ansatzpflicht etwaiger (weiterer) latenter Steuern kommt? Ge-
hen Sie im Folgenden davon aus, dass diese Voraussetzungen vorliegen; der
Steuersatz der Produktion GmbH betrage 30 %. Führen Sie die Konsolidierung
zum 31.12.x1 durch und erstellen Sie auch hierfür den Konzern-
Eigenkapitalspiegel.

Tabelle 3-25: Bilanz zum 31.12.x1 Abroad Ltd., Aufgabenblatt Umrechnung


Kurs
Posten HB III in T£ Kursart HB III in T€
in €
langfristiges Vermögen 1.500
kurzfristiges Vermögen 2.800
Eigenkapital (zum 01.07.x1) 1.300
Ausschüttung (am 30.11.x1) - 438
Jahresüberschuss 500
Währungsumrechnungsdifferenz
Eigenkapital 31.12.x1 1.362
Schulden 2.938
Summe 4.300 4.300
GuV
Erträge 2.000
Aufwendungen 1.500
Jahresüberschuss 500

209
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-26: Goodwillumrechnung zum Stichtagskurs, Aufgabenblatt
T£ Kurs T€
EK im Erstkonsolidierungszeitpunkt 01.07.x1
- Fremdanteile (20 %)
= konsolidierungspflichtiges EK
AK der Abroad-Ltd.
Aktiver UB = Goodwill zum 01.07.x1
Buchwert des Goodwills zum 31.12.x1
Währungsumrechnungsdifferenz

Tabelle 3-27: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€), Aufgabenblatt

Prod.- Abroad- Konsolidierung


Posten Summe KB
GmbH Ltd. Soll Haben

Goodwill 0
langfr. Vermögen 11.000
Beteiligung 9.000
kurzfr. Vermögen 0
Gesamt 20.000
EK [01.07.x1] 3.500
Ausschüttungen - 1.500
Jahresüberschuss 1.785
Umrechnungsdiff. 0
Minderheiten- an- 0
teile
EK [31.12.x1] 3.785
Schulden 16.215
latente Steuern
Gesamt 20.000

210
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Lösung

a) Umrechnung der Abroad Ltd.


Für die Währungsumrechnung sowohl im Einzelabschluss als auch im Konzernab-
schluss ist IAS 21 anzuwenden. Für die Aufstellung des Konzernabschlusses ist eine
Währungsumrechnung der Handelsbilanz III des Tochterunternehmens in die Be-
richtswährung erforderlich. Als Berichtswährung gilt nach IAS 21.51 regelmäßig die
Währung im Sitzland des Mutterunternehmens. In dem gegebenen Fall ist die Be-
richtswährung der Euro (€). Für die Umrechnung sieht IAS 21 nach dem Konzept der
funktionalen Währung die Zeitbezugsmethode oder die Stichtagskursmethode vor.
Maßgebend für das Konzept der funktionalen Währung ist die Unterscheidung von
Konzerneinheiten in selbstständige und unselbständige Unternehmen. Während für
die unselbständigen Tochterunternehmen die Zeitbezugsmethode angewendet wird,
ist für die selbständigen Unternehmen die modifizierte Stichtagskursmethode vorge-
schrieben. Da es sich bei der Abroad Ltd. um eine selbständige ausländische Teilein-
heit handelt, wird bei der Umrechnung die modifizierte Stichtagskursmethode ange-
wendet.

Tabelle 3-28: Bilanz zum 31.12.x1 Abroad Ltd., Lösung

Kurs-
Posten HB III in T£ Kurs HB III in T€
art
Anlagevermögen 1.500,0 1,4 StK 2.100,0
Umlaufvermögen 2.800,0 1,4 StK 3.920,0
Eigenkapital (zum 01.07.x1) 1.300,0 1,2 HK 1560,0
Ausschüttung (am 30.11.x1) - 438,0 1,25 HK - 547,5
Jahresüberschuss 500,0 1,28 DK 640,0
Währungsumrechnungsdifferenz 0,0 254,3
Eigenkapital 31.12.x1 1.362,0 1,4 StK 1906,8
Schulden 2.938,0 1,4 StK 4113,2
Summe 4.300,0 4.300,0 6.020,0 6.020,0
GuV
Erträge 2.000,0 1,28 DK 2.560,0
Aufwendungen 1.500,0 1,28 DK 1.920,0
Jahresüberschuss 500,0 1,28 DK 640,0

Folgende Kurse werden zur Umrechnung herangezogen (IAS 21.39):

Die Vermögenswerte und Schulden sind mit dem Stichtagskurs umzurechnen. Für
die Aufwendungen und Erträge sind die Umrechnungskurse zum Entstehungszeit-

211
IFRS im Konzernabschluss
3
punkt heranzuziehen, oder, als Vereinfachung (IAS 21.40), der Durchschnittskurs einer
Periode, soweit die Wechselkurse nicht stark schwanken.

Das Eigenkapital am Bilanzstichtag ist ebenfalls zum Stichtagskurs umzurechnen. Da


aber unterjährige Veränderungen der Eigenkapitalposten mit dem jeweiligen Transak-
tionskurs umzurechnen sind, ergeben sich Umrechnungsdifferenzen, die gesondert
innerhalb des Eigenkapitals auszuweisen sind (IAS 21.41). Im Beispiel entstehen Um-
rechnungsdifferenzen, weil die Umrechnungskurse für das Eigenkapital bei Erwerb
der Abroad Ltd., bei Ausschüttung und bei Ermittlung des Jahresergebnisses vom
Stichtagskurs 31.12.x1 abweichen.

Die Währungsdifferenz im Eigenkapital lässt sich abstimmen, indem jeweils der „his-
torische Kurs“ bzw. „Durchschnittskurs“ vom „Stichtagskurs“ abgezogen und mit
dem Wert der Eigenkapitalposten in der Landeswährung multipliziert wird. Außer-
dem partizipieren die Minderheiten gem. IAS 12.41 in Höhe ihre Anteilsquote (20 %)
an den kumulierten Umrechnungsdifferenzen (254,3 T€), also in Höhe von 50,9 T€.

Tabelle 3-29: Abstimmung der Währungsdifferenz


in T£ y (StK-HK) in T€
EK 1.7.x1 1.300 (1,4 – 1,20) = 0,20 260,0
Ausschüttung 30.11.x1 - 438 (1,4 – 1,25) = 0,15 - 65,7
Jahresüberschuss 500 (1,4 – 1,28) = 0,12 60,0
Währungsdifferenz gesamt 254,3
davon Fremdanteile 50,9
dem EK des Konzerns unmittelbar
203,4
zuzurechnende Währungsdifferenz

b) Währungsumrechnungsdifferenz des Goodwill


Das Eigenkapital der HB III wird zum Zeitpunkt des Erwerbs mit dem „historischen
Kurs“ umgerechnet. Nach Abzug der Fremdanteile (Minderheiten) ergibt sich das
umgerechnete konsolidierungspflichtige Kapital von 1.248 T€. Aus der Gegenüberstel-
lung des konsolidierungspflichtigen Kapitals mit den Anschaffungskosten für die An-
teile der Abroad Ltd. resultiert zum 01.07.x1 ein aktivischer Unterschiedsbetrag
(Goodwill) in Höhe von 6.460 T£ oder 7.752 T€.

Der Goodwill ist wie andere Vermögenswerte und Schulden der Abroad Ltd. zu be-
handeln und daher in Folgeperioden ebenfalls zum Stichtagskurs umzurechnen (IAS
21.47). Da der Wechselkurs sich um 0,2 € verändert hat, beträgt der am 31.12.x1 umge-
rechnete Goodwill 9.044 T€. Dieser Betrag ist im Konzernabschluss anzusetzen, und
die Umrechnungsdifferenz von 1.292 T€ erfolgsneutral zu erfassen. Zu beachten ist,

212
IFRS im Konzernabschluss
3.3
dass an dieser Währungsumrechnungsdifferenz die Minderheiten wegen der Neube-
wertungsmethode nicht partizipieren.

Tabelle 3-30: Goodwillumrechnung zum Stichtagskurs, Lösung


T£ Kurs in € T€
EK im Erstkonsolidierungszeitpunkt 01.07.x1 1.300 1,20 1.560
Fremdanteile (20 %) - 260 1,20 - 312
= konsolidierungspflichtiges EK 1.040 1.248
AK der Abroad-Ltd. 7.500 1,20 9.000
Aktiver UB = Goodwill zum 01.07.x1 6.460 1,20 7.752
Buchwert des Goodwill zum 31.12.x1 6.460 1,40 9.044
Währungsumrechnungsdifferenz 1.2921
1 Währungsumrechnungsdifferenz = Goodwill in LW x ( StK - HK)

c) Ansatzverbot latenter Steuern auf Währungsdifferenzen


Die Steuerabgrenzung ist schon bei der Abroad Ltd. in der HB III vorgenommen wor-
den. Fraglich ist, ob auf die zusätzliche Währungsumrechnungsdifferenz latente Steu-
ern zu berechnen sind. Immerhin handelt es sich um Mehrvermögen in der IFRS-
Bilanz. Allerdings kann die Währungsumrechnungsdifferenz nur die Sicht des An-
teilseigners betreffen, also die der Produktions GmbH, denn aus der Perspektive der
Abroad Ltd. ist die Währungsumrechnungsdifferenz gegenstandslos. Es handelt sich
um sog. outside(basis)-Differenzen, die ausschließlich die Steuerbelastung des An-
teilseigners betreffen. IAS 12.38 verlangt hier grundsätzlich den Ansatz latenter Steu-
ern, es sei denn, die Latenzen würden sich in absehbarer Zeit nicht umkehren (Fall
des Ansatzverbots latenter Steuern für quasi-permanente Differenzen, IAS 12.39). Vor-
aussetzung für den Nichtansatz latenter Steuern auf Währungsdifferenzen ist dem-
nach, dass die Produktion-GmbH in Zukunft weder weitere Ausschüttungen noch eine
Veräußerung der Abroad Ltd. vorsieht, weil dann auch keine steuerlichen Ergebnisse
bei der Produktion-GmbH zu verzeichnen sind.

Im Übrigen sind hier gem. IAS 12.15a auf den Goodwill keine latente Steuern anzuset-
zen.

Nachfolgend ist das Konsolidierungsarbeitsblatt abgebildet. Die Buchungen werden


anschließend erläutert.

213
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-31: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€), Lösung

Prod.- Abroad Konsolidierungen


Posten Gesamt KB
GmbH -Ltd. Soll Haben
langfristiges
11.000,0 2.100,0 13.100,0 13.100,0
Vermögen
Beteiligung 9.000,0 0,0 9.000,0 1) 9.000,0 0,0
1) 7.752,0
Goodwill 0,0 0,0 0,0 9.044,0
4) 1.292,0
kurzfristiges
0,0 3.920,0 3.920,0 3.920,0
Vermögen
Summe 20.000,0 6.020,0 26.020,0 26.064,0
1) 1.248,0
EK [01.07.x1] 3.500,0 1.560,0 5.060,0 3.500,0
2) 312,0
Ausschüttun- -
- 1.500,0 - 547,5 5) 547,5 - 1.500,0
gen 2.047,5
Jahresüber- 5) 438,0
1.785,0 640,0 2.425 1.859,0
schuss 6) 128,0
Umrech-
0,0 254,3 254,3 3) 50,9 4) 1.292,0 1.495,4
nungsdifferenz
2) 312,0
Minderheiten-
0,0 0,0 0,0 5) 109,5 3) 50,9 381,4
anteile
6) 128,0
EK [31.12.x1] 3.785,0 1.906,8 5.691,8 5.735,8
Schulden 16.215,0 4.113,2 20.328,2 20.328,2
Summe 20.000,0 6.020,0 26.020,0 11.330,4 11.330,4 26.064,0

1) Im ersten Buchungssatz erfolgt die Verrechnung der Beteiligung der Produktion-


GmbH mit dem anteiligen Eigenkapital der Abroad Ltd. zum 01.07.x1. Der Unter-
schiedsbetrag in der Höhe von 7.752 T€ wird als Goodwill erfasst.

Konto T€ Konto T€

Eigenkapital 01.01.x1 1.248

Goodwill 7.752 an Beteiligung 9.000

214
IFRS im Konzernabschluss
3.3
2) Gemäß IFRS 3.40 wird jeder Minderheitenanteil an dem erworbenen Unternehmen
zu dem den Minderheitsgesellschaftern zuzuordnenden Anteil an den beizulegenden
Zeitwerten zum Erwerbszeitpunkt bemessen (Neubewertungsmethode).

Konto T€ Konto T€

Eigenkapital 01.01.x1 312 an Minderheitenanteile 312

3) Da sich die aus der Umrechnung der Bilanz der Abroad Ltd. resultierende Wäh-
rungsumrechnungsdifferenz (254,3 T€) im Eigenkapital niederschlägt, partizipieren
auch die Minderheiten daran (IAS 21.41).

Konto T€ Konto T€

Umrechnungsdifferenz 50,9 an Minderheitenanteile 50,9

4) Aufgrund der Aufwertung der funktionalen Währung der Abroad Ltd. zum
31.12.x1 ist der Goodwill aus der Konzernsicht zum Bilanzstichtag im Wert gestiegen.
Dementsprechend wird die sich daraus ergebende Währungsumrechnungsdifferenz
dem Goodwill zugeordnet.

Konto T€ Konto T€

Goodwill 1.292 an Umrechnungsdifferenz 1.292

5) Die vorgenommene Ausschüttung der Abroad Ltd. mindert ihr Eigenkapital. Die
Buchung korrigiert einerseits die Doppelerfassung bei der Mutter und mindert ande-
rerseits die Minderheitenanteile.

Konto T€ Konto T€

Jahresüberschuss 438,0 an Ausschüttungen 547,5

Minderheitenanteile 109,5

6) Minderheiten partizipieren am Jahresüberschuss (640 T€) der Abroad Ltd.

Konto T€ Konto T€

Jahresüberschuss 128 an Minderheitenanteile 128

215
IFRS im Konzernabschluss
3
d) Eigenkapitalspiegel des Konzerns
Gemäß IAS 1.10(c) umfasst der Abschluss auch einen Eigenkapitalspiegel. Dieser listet
jede einzelne Eigenkapitalkategorie mit ihren Anfangsbilanzwerten im Spaltenformat
auf und wird zu ihren Schlussbilanzwerten übergeleitet (IAS 1.101). Gemäß IAS 1.106
i.d.F. spätestens ab 1.7.2009 enthält der Eigenkapitalspiegel auch die Entwicklung der
einzelnen Eigenkapitalkomponenten. Damit ist im Ergebnis die Ermittlung des Ge-
samtergebnisses (erfolgswirksames Ergebnis lt. GuV und erfolgsneutrales Ergebnis,
sog, „other comprehensive income“) auch im Eigenkapitalspiegel vorzunehmen. Im vor-
liegenden Fall ist einziger Bestandteil des übrigen Konzernergebnisses die Verände-
rung der Währungsumrechnungsdifferenz.

Nach dem Wortlaut des IAS 21.39(c) sind alle sich aus der Umrechnung ergebenden
Währungsdifferenzen als separater Bestandteil des Eigenkapitals anzusetzen.

Tabelle 3-32: Eigenkapitalspiegel des Produktion-Konzerns (in T€)


Währungs-
gez. umrech- Summe Minder- Konzern
KapRL GewRL BG
Kapital nungs- dif- EK heiten EK
ferenz

01.01.x1 1.000,0 300,0 400,0 - 1.800,0 3.500,0 - 3.500,0

JÜ - 1.859,0 1.859,0 128,0 1.987,0

übriges
Konzern- 1.495,4 - 1.495,4 50,9 1.546,3
ergebnis

Konzern-
gesamt- 1.495,4 1.859,0 3.354,4 178,9 3.533,3
ergebnis

Dividenden - 1.500,0 - 1.500,0 - 109,5 - 1.609,5

Veränderung
Konsolidie- 312,0 312,0
rungskreis

31.12.x1 1.000,0 300,0 400,0 1.495,4 2.159,0 5.354,4 381,4 5.735,8

Auffällig ist: Der Unternehmenserwerb am 01.07.x1 führt nur in der Spalte Minderhei-
ten zu einer Eigenkapitalveränderung. Die Minderheiten haben in Höhe Ihres Anteils
an der Abroad Ltd. quasi eine Sacheinlage in den Konzern geleistet. Im Hinblick auf
den Mehrheitenanteil ist der Unternehmenserwerb hingegen eigenkapitalneutral. Ei-
genkapitalveränderungen ergeben sich erst nach dem Unternehmenserwerb, etwa bei
den Währungsumrechnungsdifferenzen oder beim Ergebnisbeitrag.

216
IFRS im Konzernabschluss
3.3
e) Ansatzpflicht latenter Steuern auf Währungsumrechnungsdifferenzen
Im Umkehrschluss zur Antwort c) sind latente Steuern anzusetzen, wenn die Produk-
tion-GmbH Ausschüttungen bzw. eine Veräußerung der Abroad Ltd. beabsichtigt.
Dies führt zu passiven latenten Steuern, weil jetzt schon der Steueraufwand gebucht
wird, der erst bei Ausschüttung bzw. Veräußerung der Beteiligung anfallen würde.
Diese latente Steuer ist wie eine Rückstellung für zukünftig anfallende Steuern zu be-
urteilen und erfasst die sich erst nach Verlagerung von Eigenkapital auf höhere Kon-
zernstufen beim Dividendenempfänger ergebenden Steuerfolgen bereits im Zeitpunkt
der Ergebnisentstehung.

Sowohl Ausschüttungen von der Abroad Ltd. an die Produktion-GmbH als auch ge-
winne aus einer Veräußerung der Abroad Ltd. durch die Produktion-GmbH sind zwar
nach § 8b I und II KStG grundsätzlich steuerfrei, allerdings können jeweils 5 % dieser
Erträge nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 8b III, V KStG). Damit unter-
liegen im Ergebnis 5 % der Erträge der Besteuerung bei der Muttergesellschaft. Bei ei-
nem Steuersatz von 30 % ergibt sich schlussfolgernd ein Faktor für die Berechnung la-
tenter Steuern von 5 % * 30 % = 1,5%

Im Beispiel wird die Abroad Ltd. an die Konzernmutter, d.h. die oberste Konzernstufe
ausschütten. Hieraus folgt, dass nur der Anteil der Konzernmutter (80 %) zu erfassen
ist, da die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbelastung der Minderheiten nicht im
Konzern abgebildet wird (anders aber, wenn z.B. von der 3. Konzernstufe auf die 2.
ausgeschüttet wird, dann: 100 % Erfassung).

Von dieser Belastung ist zum einen der anteilige Jahresüberschuss (512 T€ = 80 % von
640 T€) und zum anderen die anteilige Währungsumrechnungsdifferenz (203,4 T€ =
80 % von 254,3 T€) betroffen:

„ Jahresüberschuss 512 T€ x 1,5% = 7,7 T€ passive latente Steuern (Buchung 7)

„ Währungsumrechnungsdifferenz 203,4 T€ x 1,5% = 3,1 T€ passive latente Steuern


(Buchung 8). Auf die Umrechnungsdifferenz des Goodwills sind keine latente
Steuern anzusetzen.

Die latente Steuer für den Jahresüberschuss ist ergebniswirksam zu buchen, während
die latenten Steuern auf die Währungsumrechnungsdifferenz erfolgsneutral erfasst
werden. Die Buchungen 1-6 erfolgen analog zu c):

217
IFRS im Konzernabschluss
3
Tabelle 3-33: Konsolidierung der Abroad Ltd. zum 31.12.x1 (in T€)

Abro- Konsolidierungen
Prod.-
Posten ad- Gesamt KB
GmbH Soll Haben
Ltd.
langfristiges
11.000,0 2.100,0 13.100,0 13.100,0
Vermögen
Beteiligung 9.000,0 0,0 9.000,0 1) 9.000,0 0,0
1) 7.752,0
Goodwill 0,0 0,0 0,0 9.044,0
4) 1.292,0
kurzfristiges
0,0 3.920,0 3.920,0 3.920,0
Vermögen
Summe 20.000,0 6.020,0 26.020,0 26.064,0
1) 1.248,0
EK [01.07.x1] 3.500,0 1.560,0 5.060,0 3.500,0
2) 312,0
Ausschüttungen - 1.500,0 - 547,5 -2.047,5 5) 547,5 -1.500,0
5) 438,0
Jahresüber-
1.785,0 640,0 2.425,0 6) 128,0 1.851,3
schuss
7) 7,7
Umrechnungs- 3) 50,9
0,0 254,3 254,3 4) 1.292,0 1.492,3
differenz 8) 3,1
2) 312,0
Minderheiten-
0,0 0,0 0,0 5) 109,5 3) 50,9 381,4
anteile
6) 128,0
EK [31.12.x1] 3.785,0 1.906,8 5.691,8 5.725,0
Schulden 16.215,0 4.113,2 20.328,2 20.328,2
7) 7,7
Latente Steuern 10,8
8) 3,1
Summe 20.000,0 6.020,0 26.020,0 11.348,3 11.348,3 26.064,0

Daraus ergibt sich folgender Eigenkapitalspiegel, in dem die latenten Steuern auf
Währungsumrechnungsdifferenzen angegeben sind, um die sonst erforderliche An-
hangangabe zu vermeiden:

218
IFRS im Konzernabschluss
3.3
Tabelle 3-34: Eigenkapitalspiegel des Produktion-Konzerns (in T€)
Währungs-
gez. umrech- Summe Minder- Konzern
KapRL GewRL BG
Kapital nungs- diffe- EK heiten EK
renz

01.01.x1 1.000,0 300,0 400,0 - 1.800,0 3.500,0 - 3.500,0

JÜ - 1.851,3 1.851,3 128,0 1.979,3

übriges
Konzern- 1.495,4 - 1.495,4 50,9 1.546,3
ergebnis

Latente Steu-
-3,1 -3,1 -3,1
ern

Konzern-
gesamt- 1.492,3 1.851,3 3.343,6 178,9 3.522,5
ergebnis

Dividenden -1.500,0 - 1.500,0 - 109,5 - 1.609,5

Veränderung
Konsoli- 312,0 312,0
dierungskreis

31.12.x1 1.000,0 300,0 400,0 1.492,3 2.151,3 5.343,6 381,4 5.725,0

219
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
4 Berichtsinstrumente im IFRS-
Abschluss

4.1 Bilanz und Gesamtergebnisrechnung


4.1.1 Bilanzgliederung – Balanced Scorecard AG
Rechtsquelle: IAS 1

Lernziele: Gliederung und Gestaltung einer Bilanz nach IAS 1, Ausnutzung von Aus-
weiswahlrechten

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Die Balanced Scorecard AG, ein produzierendes Unternehmen, weist zum 31.12.x1 die
in Tabelle 4-1 abgebildete Bilanz aus (hier ohne erforderliche Vorjahreszahlen).

Aufgabenstellung

Der Leiter des Finanz- und Rechnungswesen ist sich nicht sicher, ob er alles richtig
gemacht hat. Helfen Sie ihm!

a) Schreibt IAS 1 die Gliederung der Bilanz nach Fristigkeit oder nach Liquidität der
Posten vor? Welches Gliederungsformat ist für die Balances Scorecard AG ein-
schlägig?

b) Bearbeiten Sie folgende Sachverhalte:


(1) Die sonstigen langfristigen Vermögenswerte enthalten Forderungen aus Lie-
ferungen und Leistungen in Höhe von 1.000 T€, die ein Zahlungsziel von 14
Monaten aufweisen. Außerdem sind latente Steuerforderungen und Ver-
bindlichkeiten jeweils als langfristig ausgewiesen, obwohl Teilbeträge inner-
halb eines Jahres fällig werden.

(2) Die Sachanlagen beinhalten Grundstücke und Gebäude (2.500 T€), Maschi-
nen (4.000 T€) sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung (3.500 T€).

In den Finanzanlagen sind at equity bilanzierte assoziierte Unternehmen mit


einem Buchwert von 300 T€ enthalten.

221

C. Theile, Übungsbuch IFRS, DOI 10.1007/978-3-8349-6833-3_4,


© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Die Vorräte setzen sich aus Rohstoffen (5.000 T€) und Fertigerzeugnissen
(9.000 T€) zusammen, und innerhalb der sonstigen Vermögenswerte sind Er-
tragsteuerforderungen von 500 T€ ausgewiesen.

Müssen diese Posten auf Bilanzebene gesondert aufgegliedert werden?

(3) Innerhalb der Finanzanlagen wurden die Bewertungskategorien des IAS 39


zusammengefasst: loans and receivables, held-to maturity, available-for-sale, held
for trading. Müssen diese in der Bilanz nicht gesondert ausgewiesen werden?

(4) In den Sachanlagen ist eine Maschine in Höhe von 600 T€ enthalten, die in-
nerhalb der nächsten 12 Monate veräußert werden soll. Ist der Verbleib der
Maschine bis zu ihrem Abgang in den Sachanlagen zutreffen?

c) Die Balanced Scorecard will ihre Bilanzsumme gering halten, um die Eigenkapi-
talquote zu erhöhen. Welche Saldierungsmöglichkeiten bestehen generell?

Tabelle 4-1: Bilanz der Balanced Scorecard AG zum 31.12.x1 (in T€)
Aktiva Passiva
Immaterielle Vermögenswerte 15.000 Grundkapital 8.000
Sachanlagen 10.000 Kapitalrücklage 4.500
Finanzanlagen 3.000 Gewinnrücklagen 12.500
Sonstige langfristige Erfolgsneutrale Eigenkapital-
1.000 1.500
Vermögenswerte veränderungen
Latente Steuern 2.500 Eigenkapital 26.500
Pensionen und ähnliche
5.000
Langfristige Vermögenswerte 31.500 Verpflichtungen
Langfr. Finanzverbindlichkeiten 3.000
Vorräte 14.000 Latente Steuern 4.500
Forderungen aus LuL 17.000 Langfristige Schulden 12.500
Sonstige Vermögenswerte 5.000 Kurzfristige Rückstellungen 12.000
Flüssige Mittel 2.500 Kurzfr. Finanzverbindlichkeiten 2.000
Kurzfristige Vermögenswerte 38.500 Verbindlichkeiten aus LuL 13.000
Sonst. kurzfr. Verbindlichkeiten 4.000
Kurzfristige Schulden 31.000
Schulden insgesamt 43.500
Summe Aktiva 70.000 Summe Passiva 70.000

222
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
Lösung:

a) Bilanzgliederung nach Fristigkeit oder Liquidität


IAS 1.62 sieht für Industrie- und Handelsunternehmen sowohl für Vermögenswerte
als auch für Schulden eine Unterteilung in kurz- und langfristige Posten vor, also die
Gliederung nach Fristigkeit. Demgegenüber empfiehlt IAS 1.63 für Kreditinstitute eine
Gliederung der Vermögenswerte und Schulden grob nach ihrer Liquiditätsnähe.
Mischkonzerne können auch beide Formate kombinieren (IAS 1.64).

Die Balanced Scorecard AG gliedert als Produktionsunternehmen zutreffend nach


Fristigkeit.

b) Einzelfragen zur Gliederung


(1) Konkretisierung der Fristigkeit

IAS 1.66/1.69 definiert kurzfristige Vermögenswerte und Schulden. Im Umkehrschluss


sind alle nicht kurzfristigen Posten als langfristig zu klassifizieren. Kriterien für Kurz-
fristigkeit sind im Wesentlichen:

„ Realisation operativer Posten (Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferun-


gen und Leistungen, Vorräte usw.) innerhalb des normalen Geschäftszyklus und

„ Realisation sonstiger Posten innerhalb der nächsten 12 Monate.

Damit ist für operative Posten der Geschäftszyklus zu bestimmen. Der Geschäftszyk-
lus eines Unternehmens ist der Zeitraum zwischen dem Erwerb von Vermögenswer-
ten, die in einen Prozess eingehen, und deren Umwandlung in Zahlungsmittel oder
Zahlungsmitteläquivalente (IAS 1.68). Lieferforderungen, die sich innerhalb des nor-
malen Geschäftszyklus realisieren, sind in der Bilanz immer als kurzfristig auszuwei-
sen – selbst wenn sich Teilbeträge erst nach Ablauf von 12 Monaten realisieren. Das
nachvollziehbare Informationsbedürfnis, welche Teilbeträge sich voraussichtlich erst
nach Ablauf von 12 Monaten realisieren, ist durch eine entsprechende Anhangangabe
zu befriedigen (IAS 61). Somit wäre die langfristige Lieferforderung in den kurzfristi-
gen Bereich umzugliedern (unter Angabe der nach 12 Monaten liegenden Fälligkeit im
Anhang), soweit die 14 Monate innerhalb des normalen Geschäftszyklusses liegen.

Bei latenten Steuern kommt nur ein Ausweis als langfristiger Vermögenswert bzw.
Schuld in Betracht (IAS 1.56). Das gilt auch für jene (Teil-)Beträge, die sich voraussicht-
lich im folgenden Geschäftsjahr umkehren. Der Bilanzausweis ist also zutreffend.
Auch für diesen Fristigkeits-Mischposten ist im Anhang der Betrag zu nennen, der
sich nach Ablauf von 12 Monaten realisiert (IAS 1.61).

Hinweis: Nach ED/2009/2 „Income Tax“, dessen Verabschiedung für 2010 erwartet
wird, ist eine Unterteilung latenter Steuern in kurz- und langfristig vorzunehmen.

223
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
(2) Mindestausweis auf Bilanzebene und Aufgliederung im Anhang

Grundsätzlich sind alle wesentlichen Posten gesondert auf Bilanzebene darzustellen.


Unwesentliche Beträge ähnlicher Natur und Funktion dürfen jedoch zusammengefasst
werden (IAS 1.29f.) Allerdings können Posten, die wegen Unwesentlichkeit in der Bi-
lanz nicht gesondert darzustellen sind, so wesentlich sein, um im Anhang dargestellt
werden zu müssen (IAS 1.30).

Um Ermessensentscheidungen über die Bilanzposten einzuschränken und im Interesse


der Vergleichbarkeit von Abschlüssen gibt IAS 1.54 jene Posten vor, die mindestens
auf Bilanzebene zu nennen sind. Dabei ist die Reihenfolge nicht festgelegt, und auch
Bezeichnungen können angepasst werden. Gelegentlich erfolgt in der Bilanz eine stär-
kere Aggregierung, und es werden auch solche Posten, die nach dem Wortlaut des
IAS 1.54 „eigentlich“ auf der Bilanzebene zu nennen sind, erst im Anhang aufgeglie-
dert. Dies gilt z.B. in Bezug auf assoziierte Unternehmen (IAS 1.54e), Ertragsteuerfor-
derungen (IAS 1.54n) und Vorräte (IAS 1.54b). Diese Vorgehensweise lässt sich nur mit
dem allgemeinen Wesentlichkeitsgrundsatz rechtfertigen. Allerdings ist insbesondere
bei börsennotierten Gesellschaften zunehmend zu beobachten, dass die explizit in I-
AS 1.54 genannten Posten unabhängig von ihrer materiellen Größe in der Bilanz ge-
zeigt werden, möglicherweise um Diskussionen mit der Prüfstelle für Rechnungsle-
gung zu vermeiden.

Im vorliegenden Fall können die Sachanlagen und Vorräte im Anhang aufgegliedert


werden, wohingegen nach dem Wortlaut des IAS 1.54 die at equity bewerteten assozi-
ierten Unternehmen und die Ertragsteuerforderungen auf Bilanzebene gesondert aus-
gewiesen werden müssen.

(3) Zuordnung von Finanzinstrumenten

Der Bilanzausweis von Finanzinstrumenten (Finanzanlagen, Forderungen etc.) ist völ-


lig unabhängig von den Bewertungskategorien des IAS 39. Da sich in einem Bilanz-
posten (insbesondere „Finanzanlagen“) folglich ganz unterschiedliche Kategorien des
IAS 39 verbergen können, sieht IFRS 7 eine Überleitung bzw. Aufgliederung ausdrück-
lich vor (IFRS 7.8 für Vermögenswerte und IFRS 7.25 für Verbindlichkeiten). Dies er-
folgt zweckmäßigerweise im Anhang.

(4) Veräußerungsabsicht über Sachanlagen

Es ist die Anwendung des IFRS 5 (Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte
und aufgegebene Geschäftsbereiche) zu prüfen. Fällt die Maschine unter IFRS 5, ist sie als
kurzfristiger „held-for-sale“ Vermögenswert auszuweisen. Voraussetzung für die An-
wendung von IFRS 5 ist u.a., dass mit der Suche nach einem Käufer aktiv begonnen
wurde und dass der Verkauf voraussichtlich innerhalb der nächsten 12 Monate umge-
setzt werden kann (IFRS 5.8). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, bleibt es trotz
Veräußerungsabsicht beim Ausweis als langfristiges Sachanlagevermögen (RIC 1.26).

224
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
c) Saldierung
Vorbehaltlich von Spezialregelungen besteht ein grundsätzliches Saldierungsverbot
(IAS 1.32). Ausnahmen für die Bilanz:

„ Finanzielle Vermögenswerte und Schulden sind zu saldieren, wenn ein Rechts-


anspruch auf Aufrechnung besteht und ein Ausgleich auf Nettobasis beabsichtigt
ist. Der Rechtsanspruch richtet sich in Deutschland nach der sog. Aufrechnungs-
lage des § 387 BGB (Gegenseitigkeit, d.h. gleiche Partei; die eigene Forderung
muss fällig und die eigene Verbindlichkeit entstanden sein).

„ Gleiches gilt für tatsächliche und latente Steueransprüche und -forderungen.


Gegenseitigkeit ist in Bezug auf dieselbe Steuerbehörde gegeben; da latente Steu-
ern naturgemäß künftige Steueransprüche und -verbindlichkeiten abbilden, ist
die Voraussetzung des „einklagbaren Rechts auf Aufrechnung“ als Fiktion zu
verstehen, d.h. latente Steuern sind zu saldieren, wenn sie zu saldieren wären,
falls es sich um laufende Steuern handelte (IAS 12.74a).

„ Die Saldierung von Pensionsverpflichtungen mit Planvermögen ist zwingend


(IAS 19.54d), wenn das Vermögen insolvenzrechtlich den Berechtigten zur Verfü-
gung steht, d.h. nicht in die Insolvenzmasse fällt (IAS 19.7), z.B. bei Verpfändung
von Rückdeckungsversicherungen. Dieses Saldierungsgebot besteht nun auch
nach HGB (§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB).

„ Investitionszuschüsse können aktivisch von den Anschaffungs- und Herstel-


lungskosten des Vermögenswerts abgesetzt werden (Wahlrecht, IAS 20.24).

„ Z.T. wird ein offenes Absetzen erhaltener Anzahlungen von Vorräten befürwortet
(Küting/Reuter, KoR 2006, 1 (3ff.) m.w.N.).

4.1.2 Formate der Gesamtergebnisrechnung


– confusion plc
Rechtsquellen: IAS 1

Lernziele: Umgang mit den Begriffen Gesamtergebnisrechnung und Gewinn- und Ver-
lustrechnung

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Sie erstellen gerade den IFRS-Abschluss der confusion plc, Manchester, als der CFO in
ihr Büro hereinplatzt und mit einem Text des IAS 1.10 aufgeregt vor ihrer Nase wedelt:
„In der Auflistung der Abschlussbestandteile wird die Gewinn- und Verlustrechnung
nicht mehr aufgeführt. Stattdessen ist hier von einer „Gesamtergebnisrechnung“ die

225
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Rede. Was ist denn damit gemeint? Brauchen wir etwa keine Gewinn- und Verlust-
rechnung mehr?“

Aufgabenstellung

a) Erläutern Sie den Zusammenhang von Gesamtergebnisrechnung und Gewinn-


und Verlustrechnung (GuV).

b) Was sind die Pflichtbestandteile der „kleinen“ Gesamtergebnisrechnung?

Lösung

a) Zusammenhang Gesamtergebnisrechnung und GuV


Tatsächlich fordert IAS 1.10 die Veröffentlichung einer „Gesamtergebnisrechnung“ als
Abschluss-Berichtsinstrument. Dabei ist IAS 1.81 in seiner Wahl der Bezeichnung der
Berichtsinstrumente leicht verwirrend: Die Bezeichnung „Gesamtergebnisrechnung“
(Statement of Comprehensive Income) findet Verwendung für

„ die sog. „verlängerte GuV“, die neben der bisherigen GuV auch die nur im Ei-
genkapital erfassten Aufwendungen und Erträge enthält, als auch für

„ die „kleine Gesamtergebnisrechnung“, die ausschließlich die nur im Eigenkapital


erfassten Aufwendungen und Erträge enthält. Dann ist zusätzlich noch die bishe-
rige GuV zu veröffentlichen, und zwar unmittelbar vor der „kleinen“ Gesamter-
gebnisrechnung. Auch die Bezeichnung GuV kann dabei verwendet werden.

Es besteht daher die Wahl, entweder ein umfangreiches „single Statement“ oder je-
weils kürzere „two statements“ zu veröffentlichen. Letzteres ist in der Praxis üblich.

b) Pflichtbestandteile der „kleinen“ Gesamtergebnisrechnung


Mit der verpflichtenden Darstellung der nur im Eigenkapital erfassten Aufwendungen
und Erträge in einem besonderen Statement will der IASB diese Aufwendungen und
Erträge, die sich zusammen mit dem Jahresergebnis der GuV zum Gesamtergebnis
verdichten, stärker in den Blickpunkt der Abschlussadressaten rücken. Ohne GuV, also
in der „kleinen“ Gesamtergebnisrechnung, gehören zu diesen Aufwendungen und Er-
trägen abschließend:

„ die Veränderungen der Umrechnungsdifferenzen aus der Währungsumrechnung


nach der modifizierten Stichtagskursmethode

„ bei Finanzinstrumenten Wertänderungen von finanziellen Vermögenswerten der


Kategorie available-for-sale

„ bei Sicherungsbeziehungen (Hedging) die Wertdifferenzen bei Cashflow-Hedges

226
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
„ die Veränderung der Neubewertungsrücklage bei Verwendung der Neubewer-
tungsmethode (Wahlrecht) beim Sachanlagevermögen und ggf. bei den immate-
riellen Vermögenswerten

„ die Veränderung der sog. versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste im


Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen und Planvermögen, wenn das
Wahlrecht hierzu entsprechend ausgeübt wird

„ der Anteil am other comprehensive income jener Unternehmen, die nach der Equi-
ty-Methode bewertet werden (IAS 1.82h) und

„ ggf. Steuerlatenzen auf vorgenannte Posten.

Zusätzlich erscheint noch das Jahresergebnis lt. GuV, so dass sich in der Summe das
Gesamtergebnis ergibt. Es zeigt die Eigenkapitalveränderungen an, die sich nicht
durch Transaktionen mit den Gesellschaftern (Einlagen, Kapitalerhöhungen, Dividen-
denausschüttungen) ergeben haben.

4.1.3 GuV: Vom Gesamtkosten- zum


Umsatzkostenverfahren – „Rolly“
Rechtsquellen: IAS 1, IAS 2

Lernziele: Aufzeigen von Unterschieden in der Bestimmung der Herstellungskosten


nach IFRS und Steuerrecht; Darstellungsformate der Gewinn- und Verlustrechnung
nach IFRS

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Die Streetroll GmbH, Lauf a. d. Pegnitz, produziert und vertreibt den Luxusrollschuh
Rolly. Das Geschäft ist erfolgreich; die Auslastung der Produktionsanlagen befindet
sich seit Jahren auf dem Niveau der Normalbeschäftigung. Die Streetroll GmbH ist
stolz darauf, sowohl für steuerrechtliche Zwecke als auch für IFRS ein einheitliches
Buchführungssystem eingerichtet zu haben, aus dem jeweils die ertragsteuerliche Be-
messungsgrundlage als auch der IFRS-Abschluss abgeleitet werden können. Aus der
Buchführung für das Geschäftsjahr x1 ergeben sich folgende Daten:

„ Produktionsmenge Rolly: 20.000 Stück (Anfangsbestand: 0 Stück)

„ Verkaufte Menge Rolly: 16.000 Stück zu je 190 €

227
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Die Aufgliederung der Aufwendungen ergibt sich aus folgender Tabelle:

Tabelle 4-2: Aufwendungen der Streetroll-GmbH (in T€)


Allgemeine
Aufwendungen x1 Insgesamt Herstellung Vertrieb
Verwaltung
Einzelkosten:
Materialaufwand 280,0 280,0
Fertigungslöhne 450,0 450,0
Gemeinkosten:
Personalaufwand 350,0 170,0 130,0 50,0
Abschreibungen auf Sachanlagen 225,0 155,0 45,0 25,0
Abschreibungen auf Entwick- 230,0 230,0
lungskosten
Zinsaufwand 15,0
Summe 1.550,0 1285,0 175,0 75,0

Aufgabenstellung

a) Ermitteln Sie die Höhe der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage und die


Steuerlast bei einem kombinierten Ertragsteuersatz von 30 %. Gehen Sie davon
aus, dass die Streetroll GmbH Interesse an einer niedrigen Steuerbelastung hat.

b) Prüfen Sie, ob nach IAS 1 die IFRS-Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Ge-
samtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren zulässig ist.

c) Erstellen Sie nach den zulässigen Verfahren die IFRS-Gewinn- und Verlustrech-
nung(en). Prüfen Sie, ob sich der Steueraufwand durch den Ansatz latenter Steu-
ern verändert.

d) Welche Freiheitsgrade bestehen nach IAS 1 in der Untergliederung der operati-


ven Aufwendungen einer Gewinn- und Verlustrechnung?

Lösung

a) Ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage
Bei der Ermittlung der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage sind die Gesamtauf-
wendungen den Gesamterträgen gegenüberzustellen. Zu den Gesamterträgen gehört
neben den Umsatzerlösen auch die Höhe der aktivierten fertigen Erzeugnisse (Be-
standserhöhung). Diese sind zu Herstellungskosten zu bewerten. Steuerrechtlich an-
satzpflichtig sind die Einzel- und Gemeinkosten des Herstellungsbereichs, soweit sie
auf die noch auf Lager befindlichen Bestände entfallen. Ein Ansatzwahlrecht besteht
für allgemeine Verwaltungskosten, und Ansatzverbote für Entwicklungs- und Ver-

228
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
triebskosten. Eine Abschreibung auf Entwicklungskosten kann es steuerlich nicht ge-
geben haben, da die Entwicklungskosten in der Steuerbilanz nicht aktiviert waren
(§ 5 Abs. 2 EStG). Wegen der Zielsetzung der geringen steuerlichen Bemessungsgrund-
lage werden anteilige Aufwendungen der allgemeinen Verwaltung nicht aktiviert.

Im aktivierungspflichtigen Herstellungsbereich sind an Aufwendungen angefallen:

Tabelle 4-3: Aufwendungen im Herstellungsbereich (in T€)


Bezeichnung Betrag
Materialaufwand 280,0
+ Fertigungslöhne 450,0
+ Personalaufwand 170,0
+ Abschreibungen Sachanlagen 155,0
Summe 1.055,0

Nun sind die Herstellungskosten der auf Lager genommenen 4.000 Stück zu ermitteln.
Da die Streetroll GmbH auf Normalbeschäftigungsniveau produziert, kann zur Kalku-
lation der Gemeinkosten die einfache Divisionskalkulation verwendet werden. Es er-
geben sich folgende Herstellungskosten:

1.055 T€ y (4.000 Stück / 20.000 Stück) = 211 T€.


Die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage und der daraus abgeleitete Steuerauf-
wand betragen:

Tabelle 4-4: Ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage und Steueraufwand (in T€)


Betrag
Umsatzerlöse 3.040,0
+ Bestandserhöhung 211,0
- Gesamtaufwand (ohne Abschreibung auf Entwicklungskosten) 1.320,0
= Ergebnis vor Steuer 1.931,0
Steueraufwand (Steuersatz 30 %) 579,3

b) GuV-Formate im IFRS-Abschluss
Für die Darstellung der operativen Aufwendungen einer IFRS-Gewinn- und Verlust-
rechnung lässt IAS 1.99 die Aufwandsartengliederung und die Gliederung nach
Funktionsbereichen zu. Die Aufwandsartengliederung ist das Gesamtkostenverfah-
ren, die Gliederung nach Funktionsbereichen das Umsatzkostenverfahren (IAS
1.102f.). Der Standard überlässt die Bestimmung des Verfahrens unter dem Vorbehalt
der verlässlichen und relevanten Informationsvermittlung dem Management.

229
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
c) IFRS-GuV und Bestandbewertung
Bei der Ermittlung der Bestände nach IFRS sind, im Gegensatz zu den unter a) steuer-
rechtlich ermittelten, auch die Abschreibung für Entwicklungskosten mit einzubezie-
hen. Für allgemeine Verwaltungskosten besteht ein Ansatzverbot. Hieraus ergibt sich
eine Bestandserhöhung von 257 T€ (= 1.285 T€ x (4.000 Stück / 20.000 Stück)).

Die aktivierten Bestände in der IFRS-Bilanz (257 T€) übersteigen diejenigen in der
Steuerbilanz (211 T€) um 46 T€. Die Differenz ist erfolgswirksam entstanden und kehrt
sich zwingend in künftigen Perioden um. Daher sind passive latente Steuern i.H.v.
13,8 T€ (= 46 T€ x 0,3) anzusetzen. Auf der anderen Seite sind auf die in der IFRS-Bilanz
aktivierten Entwicklungskosten vormals passive latente Steuern angesetzt worden.
Diese sind im Zuge der Abschreibung der aktivierten Entwicklungskosten anteilig er-
tragswirksam aufzulösen. Im Geschäftsjahr x1 sind das 69 T€ (= 0,3 x 230 T€). Per Saldo
ergibt sich daher in x1 ein latenter Steuerertrag von 55,2 T€ (= 69 T€ - 13,8 T€). Dieser
wird auf GuV-Ebene mit dem tatsächlichen Steueraufwand (579,3 T€) zusammenge-
fasst, so dass in der Gewinn- und Verlustrechnung nach IFRS ein Steueraufwand von
524,1 T€ auszuweisen ist.

Die IFRS-Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren ergibt


sich wie folgt:

Tabelle 4-5: IFRS-GuV nach Gesamtkostenverfahren (in T€)


Betrag
Umsatzerlöse 3.040,0
+ Bestandsveränderung 257,0
- Materialaufwand 280,0
- Personalaufwand 800,0
- Abschreibungen 455,0
- Zinsen und ähnliche Aufwendungen 15,0
= Ergebnis vor Steuern 1.747,0

- Steuern vom Einkommen und Ertrag 524,1


= Jahresüberschuss 1.222,9

Durch den Ansatz latenter Steuern kann das Ergebnis vor Steuern so interpretiert
werden, als wäre es steuerliche Bemessungsgrundlage, denn 524,1 T€ Steueraufwand
sind genau das IFRS-vor-Steuer-Ergebnis multipliziert mit dem Steuersatz von 0,3.

Beim Umsatzkostenverfahren ist die Bestandserhöhung (257 T€) von den Kosten des
Herstellungsbereichs (1.285 T€) abzuziehen, so dass sich die Herstellungskosten der

230
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
zur Erzielung der Umsatzerlöse angefallenen Aufwendungen (1.028 T€) ergeben, die
auch als Umsatzkosten bezeichnet werden. Die IFRS-Gewinn- und Verlustrechnung
nach dem Umsatzkostenverfahren kann wie folgt aufgestellt werden:

Tabelle 4-6: IFRS-GuV nach Umsatzkostenverfahren (in T€)


Betrag
Umsatzerlöse 3.040,0
- Umsatzkosten 1.028,0
= Bruttoergebnis vom Umsatz 2.012,0
- Vertriebskosten 75,0
- allgemeine Verwaltungskosten 175,0
- Zinsen und ähnliche Aufwendungen 15,0
= Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 1.747,0
- Steuern vom Einkommen und Ertrag 524,1
= Jahresüberschuss 1.222,9

d) Ausweis operativer Aufwendungen


IAS 1.102f. gibt Posten vor, die mindestens in einer Gewinn- und Verlustrechnung ent-
halten sein müssen. Dazu gehören jedoch nicht die operativen Aufwendungen. Auf der
anderen Seite sind wesentliche Ertrags- und Aufwandsposten gem. IAS 1.97 gesondert
anzugeben. Im vorliegenden Fall sind bei der Gliederung nach dem Gesamtkostenver-
fahren alle operativen Aufwendungen als wesentlich anzusehen. Bei der Gliederung
nach dem Umsatzkostenverfahren könnte nach den vorliegenden Zahlen überlegt
werden, die Kosten der allgemeinen Verwaltung und die Vertriebskosten zusammen
in einer Zeile „Verwaltungs- und Vertriebskosten“ auszuweisen. Die dargestellten
Formate in Lösung c) entsprechen jedoch gängiger Praxis.

4.1.4 Kennzahlen in der GuV – Profitlich AG


Rechtsquelle: IAS 1

Lernziele: Gestaltungsmöglichkeiten einer GuV nach IAS 1; Ausweis von Zwischen-


summen

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Die börsennotierte Profitlich AG hat für das Geschäftsjahr x1 folgende vorläufige Kon-
zern-GuV aufgestellt (ohne obligatorische Vorjahreszahlen):

231
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-7: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr x1 (in T€)

Bezeichnung Betrag
Umsatzerlöse 500.000
Materialaufwand - 200.000
Personalaufwand - 100.000
Abschreibungen - 15.000
sonstige betriebliche Aufwendungen - 150.000
sonstige betriebliche Erträge 10.000
Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) 45.000
Finanzergebnis - 5.000
Ergebnis vor Steuern 40.000
Ertragsteuern - 13.200
Jahresüberschuss 26.800

Der Finanzvorstand der Profitlich AG steht furchtbar unter Druck: Finanzanalysten


erwarten eine EBIT-Umsatzrendite von 11 %. Wird dieser Wert nicht erreicht, droht
der Aktie ein Kurssturz. Daher hat er seine Mitarbeiter angehalten, noch einmal alle bi-
lanzpolitischen Möglichkeiten einer EBIT-, notfalls auch einer EBITDA-Erhöhung zu
prüfen. Dabei haben die Mitarbeiter folgende Informationen zusammengetragen:

(1) Der Personalaufwand enthält auch die Zuführung zu Pensionsrückstellungen, und


zwar Dienstzeitaufwand in Höhe von 2.500 T€, Zinskosten von 800 T€, Erträge aus
Planvermögen von 200 T€ und Amortisation versicherungsmathematischer Verluste
von 100 T€.

(2) Beim Finanzergebnis handelt es sich um einen Saldo aus Erträgen aus at equity
bilanzierten, assoziierten Unternehmen (3.000 T€) und sonstigen Zinsaufwendungen
(- 8.000 T€).

(3) In x1 sind Entwicklungskosten i.H.v. 10.000 T€ angefallen, bei denen Ermessens-


spielräume bestehen, diese zu aktivieren. Bisher sind Entwicklungskosten nicht akti-
viert worden.

(4) Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen enthalten die Zuführung einer Rück-
stellung für eine außerordentliche Schadenersatzklage in den USA (15.000 T€).

Aufgabenstellung

a) Definieren Sie die Begriffe EBIT und EBITDA. Ist der Ausweis eines EBIT oder ei-
nes EBITDA in einer IFRS-GuV überhaupt erlaubt?

232
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
b) Prüfen Sie die vier Sachverhalte darauf hin, ob eine EBIT-Steigerung möglich ist.
Falls Ihnen Angaben fehlen, setzen Sie plausible Annahmen. Erstellen Sie die
neue GuV! Zur Erleichterung: mögliche Effekte aus latenten Steuern bleiben un-
beachtlich.

c) Bei welchen Ihrer Vorschläge ergeben sich in Folgeperioden EBIT-Rückgänge?


Wirken diese Maßnahmen auch auf das EBITDA?

Lösung:

a) Begriff EBIT und EBITDA sowie Zulässigkeit des Ausweises in der IFRS-GuV
In der Finanzmarktkommunikation kommt den Ergebnisgrößen EBIT und EBITDA
überragende Bedeutung zu. Die Begriffe

„ EBIT = Earnings Before Interest and Tax, Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern
(häufig auch Betriebsergebnis oder operatives Ergebnis genannt) sowie

„ EBITDA = Earnings Before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation, Ergeb-


nis vor Abschreibungen, Zinsen und Ertragsteuern

sind indes nicht verbindlich definiert. Vor allem bestehen Abgrenzungsunterschiede


beim Zinsbegriff: Gehören hierzu neben den klassischen Zinsaufwendungen und Er-
trägen auch die Dividenden- und Beteiligungsergebnisse, Abschreibungen auf Finanz-
instrumente, Fair Value-Schwankungen aus Wertpapieren? Solange solche Abgren-
zungsfragen nicht geklärt sind, ist eine gewisse Vorsicht in der Verwendung dieser Er-
gebniskennzahlen zumindest beim Vergleich von Unternehmen untereinander
angebracht.

Der IASB hat darauf verzichtet, ein Betriebsergebnis (EBIT) zu definieren (IAS 1.BC55);
daher wird dessen Angabe von IAS 1 auch nicht verlangt. Gleichwohl ist es nicht un-
tersagt, ein Betriebsergebnis anzugeben, und das entspricht auch üblicher Praxis. Bei
Anwendung des Gesamtkostenverfahrens kann auch ein EBITDA ausgewiesen wer-
den. Falls diese Zeilen angegeben werden, muss jedoch sichergestellt werden, dass in-
nerhalb des Betriebsergebnisses sämtliche Aufwendungen und Erträge erfasst werden,
die nach allgemeiner Auffassung als operativ zu bezeichnen sind (IAS 1.BC56).

b) Bilanzpolitik und EBIT-Steigerung


(1) Nach IAS 19.119 werden explizit keine Vorgaben gemacht, wo der aus der Alters-
versorgung resultierender Aufwand (laufender Dienstzeitaufwand, Zinsaufwand,
Verzinsung des Planvermögens usw.) auszuweisen ist. Daher kann die Aufzinsung
der Pensionsverpflichtung unter Zinsaufwand (nach Berücksichtigung etwaiger Er-
träge aus Planvermögen) im übrigen Finanzergebnis und die Summe der übrigen
Komponenten des Altersversorgungsaufwandes als Personalaufwand (Gesamtkosten-

233
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
verfahren) bzw. innerhalb der Funktionsbereiche (Umsatzkostenverfahren) ausgewie-
sen werden.

Im Beispiel würde der Saldo von - 600 T€ aus Zinskosten (- 800 T€) und Erträgen aus
Planvermögen (200 T€) zweckmäßigerweise von Personalaufwand in Finanzergebnis
umgegliedert werden. Darüber hinaus lässt sich die Amortisation versicherungsma-
thematischer Verluste vermeiden, wenn von dem Wahlrecht zur erfolgsneutralen Ver-
rechnung (siehe Aufgabe 2.6.4 e)) Gebrauch gemacht wird. Damit steigt nicht nur das
EBIT um 100 T€, sondern sogar das Jahresergebnis und damit auch das Ergebnis je
Aktie.

(2) In der Aufgabe wird das Ergebnis aus at equity bewerteten Beteiligungen in An-
lehnung an die Beispiele in IAS 1.IG im Finanzergebnis ausgewiesen. Alternativ ist ei-
ne Zurechnung zum EBIT zulässig, wenn das equity-Ergebnis als Maßstab für die ope-
rative Unternehmensleistung des Mutterunternehmens betrachtet wird, was hier un-
terstellt werden soll. Bei diesem Ausweis steigt das EBIT um 3.000 T€.

(3) Im Jahr des Anfalls der Entwicklungskosten kann das EBIT durch Ausnutzen der
faktisch bestehenden Aktivierungsspielräume (siehe Aufgabe 2.1.2) erhöht werden.
Wegen der Aktivierung von 10.000 T€, die hier unterstellt wird (andere aktivierte Ei-
genleistungen), schlägt die Maßnahme bis zum Jahresergebnis durch. Dabei wird an-
genommen, dass für das Entwicklungsprojekt in x1 noch keine Abschreibungen ange-
fallen sind.

(4) Der Ausweis eines außerordentlichen Ergebnisses zur Aufnahme der Rückstel-
lungszuführung ist unter dieser Bezeichnung sowohl in der GuV als auch im Anhang
untersagt (IAS 1.87). Gleichwohl ist der Ausweis eines „Sonderergebnisses“ wegen
der Zulässigkeit von Postenerweiterungen (IAS 1.85) erlaubt. Das Gebot, innerhalb des
operativen Ergebnisses alle dort allgemein erwarteten Erträge und Aufwendungen
einzubeziehen (siehe a)), lässt sich pragmatisch durch Ausweis mehrerer „Zwischen-
EBITs“ („Operatives Ergebnis vor / nach Sondermaßnahmen) lösen. Somit könnte ein
um 15.000 T€ höheres EBIT vor Sondermaßnahmen ausgewiesen werden.

Nach Durchführung dieser Maßnahmen beträgt die EBIT-Umsatzrendite 11,74 %


(58.700 T€ / 500.000 T€).

234
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.1
Die GuV sieht dann wie folgt aus:

Tabelle 4-8: Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 01 (in T€)

Bezeichnung Betrag
Umsatzerlöse 500.000
andere aktivierte Eigenleistungen + 10.000
Materialaufwand - 200.000
Personalaufwand - 99.300
Abschreibungen - 15.000
sonstige betriebliche Aufwendungen - 135.000
sonstige betriebliche Erträge 10.000
Ergebnis aus at equity bewerteten Beteiligungen 3.000
EBIT vor Sondermaßnahmen 73.700
Rückstellungszuführung - 15.000
EBIT nach Sondermaßnahmen 58.700
Finanzergebnis - 8.600
Ergebnis vor Steuern 50.100
Ertragsteuern - 13.200
Jahresüberschuss 36.900

c) EBIT-/EBITDA-Wirkung in Folgeperioden
Im Sachverhalt (3) führen die aktivierten Entwicklungskosten wegen der Abschrei-
bungen in den Folgejahren zu Ergebnisbelastungen und zur EBIT-Senkung. Anderer-
seits fällt das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) durch die
Aktivierung dauerhaft höher aus, da der Abschreibungsaufwand unterhalb des EBIT-
DA ausgewiesen wird.

235
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
4.2 Eigenkapitalspiegel und Kapitalflussrechnung
4.2.1 Eigenkapitalspiegel – Augstone-Konzern
Rechtsquellen: IAS 1; IAS 12; IAS 21

Lernziele: Erkennen von Sachverhalten des übrigen Konzernergebnisses inklusive der


Wirkung der Steuerabgrenzung darauf; Aufstellung eines Eigenkapitalspiegels

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Der im Medienbereich tätige Augstone-Konzern, Buxtehude, blickt auf ein erfolgrei-


ches Geschäftsjahr x1 zurück, in dem sich u.a. folgendes ereignet hat:

(1) Es wurde ein Konzernjahresüberschuss in Höhe von 730 T€ erzielt, davon entfallen
700 T€ auf die Anteilseigner der Konzernmutter und 30 T€ auf die Minderheiten.

(2) Für das Vorjahr wurden in x1 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 350 T€ vor-
genommen, davon 340 T€ an Anteilseigner der Konzernmutter und 10 T€ aus Tochter-
gesellschaften an Minderheiten.

(3) Die Währungsumrechnungsdifferenz aus einer US-Tochtergesellschaft hat sich we-


gen gestiegener US-Dollarkurse um + 250 T€ verändert (davon entfallen 200 T€ auf die
Konzernmutter und 50 T€ auf Minderheiten). Der Konzern plant weder Ausschüttun-
gen noch Verkäufe der betroffenen Auslandstochtergesellschaften.

(4) In x1 sind versicherungsmathematische Verluste in Höhe von brutto 70 T€ und net-


to, nach 30 % latenten Steuern, 49 T€ angefallen, die gemäß IAS 19 erfolgsneutral mit
dem Eigenkapital verrechnet werden. Der Betrag entfällt ausschließlich auf die Kon-
zernmutter.

(5) Die erfolgsneutral behandelte Differenz zwischen Marktwert und fortgeführten


Anschaffungskosten bei Wertpapieren (Anleihen) der Kategorie available-for-sale hat
sich in x1 um 100 T€ verringert; latente Steuern sind in Höhe von 30 % zu berücksich-
tigen. Der Betrag entfällt ausschließlich auf die Konzernmutter.

(6) Am 01.08.x1 erwirbt der Konzern 80 % der Anteile an der Picture News plc. Der auf
die Minderheiten entfallende Anteil am zum Fair Value bewerteten Nettovermögen
beträgt 400 T€.

236
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Aufgabenstellung

a) Was ist der Informationszweck eines Eigenkapitalspiegels?


b) Darf oder muss das Konzerngesamtergebnis (s. Aufgabe 4.1.2) auch im Eigenka-
pitalspiegel in seinen Komponenten dargestellt werden?

c) Erstellen und erläutern Sie anhand der Angaben des Sachverhalts den Eigenkapi-
talspiegel des Augstone Konzerns für das Geschäftsjahr x1.

Tabelle 4-9: Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x1 (in T€), Aufgabenblatt

kumuliertes übriges

Konzerneigenkapital
Konzernergebnis
Gewinnrücklagen

Konzernmutter
Wäh-

Fremdanteile
Wert-
gez. Kapital

rung- Rücklagen
papiere
sum- für
available-

Anteil
rech- Pensionen
for-sale
nung

Stand 01.01.x1 5.000 2.000 - 300 - 200 100 6.600 200 6.800
Währungs-
umrechnung
vers.-math.
Verluste
Wertpapiere
available-for-sale
latente Steuern
übriges Kon-
zernergebnis
Jahresüberschuss
Konzern-
gesamtergebnis
Dividenden
Änderung Kon-
solidierungskreis
Stand 31.12.x1

237
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Lösung

a) Informationszweck des Eigenkapitalspiegels


Änderungen des Eigenkapitals (Reinvermögens) ergeben sich grundsätzlich aus zwei
Quellen:

„ Aus erfolgsneutralen Transaktionen mit den Anteilseignern (Kapitaleinzahlungen


und Ausschüttungen/Rückzahlungen) und

„ aus dem Periodenergebnis (Unternehmenserfolg).

Dieses klare Konzept (sog. Kongruenz-Prinzip, wonach die Summe der Periodenge-
winne dem Totalgewinn entspricht) wird durchbrochen, wenn Aufwendungen und
Erträge außerhalb der GuV, also erfolgsneutral erfasst werden. Erfolgsneutral meint da-
bei, dass manche Sachverhalte unmittelbar im Eigenkapital gegengebucht werden.
Das ist in den IFRS häufig der Fall, s. Aufgabe 4.1.2., und über die einzelnen Sachver-
halte – die Bestandteile des übrigen Ergebnisses (sog. other comprehensive income) – ist
in der Gesamtergebnisrechnung und, siehe nachfolgend b), auch im Eigenkapital-
spiegel zu informieren.

Der Eigenkapitalspiegel erklärt daher sämtliche Eigenkapitalveränderungen, wohin-


gegen die Gesamtergebnisrechnung nur das Jahresergebnis und die übrigen erfolgs-
neutral erfassten Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres listet..

b) Darstellung der Komponenten des Gesamtergebnisses im Eigenkapitalspiegel?


Nach dem Rechtsstand 1.1.2009 war die Darstellung der einzelnen Komponenten des
Konzerngesamtergebnisses im Eigenkapitalspiegel untersagt und nur in der Gesamt-
ergebnisrechnung zulässig (IAS 1.106 i.d.F. 1.1.2009). Im Eigenkapitalspiegel tauchte
nur das nicht aufgegliederte Gesamtergebnis auf.

Mit Wirkung für Geschäftsjahre ab 1.7.2009 (frühere Anwendung erlaubt, IAS 1.139A)
ist IAS 1.106 jedoch um einen Buchstaben d) ergänzt worden. Danach ist das Gesamt-
ergebnis wieder aufzuteilen in das Ergebnis lt. GuV und jede Komponente des sonstigen
Ergebnisses, wobei die Änderung für jede Komponente des sonstigen Ergebnisses se-
parat darzustellen ist. Dies bedeutet letztlich eine Wiederholung der Inhalte der Ge-
samtergebnisrechnung, wobei im Eigenkapitalspiegel zusätzlich die kumulierten Wer-
te der Eigenkapitalkomponenten zu erkennen sind.

c) Eigenkapitalspiegel
Das Beispiel berücksichtigt den Rechtsstand 1.7.2009 (s. Lösung zu b)). Außer der Ver-
änderung der Komponenten des erfolgsneutralen (übrigen) Konzernergebnisses (other
comprehensive income) enthält der Eigenkapitalspiegel in den Spalten auch die kumulier-
ten Werte, und zwar zerlegt in die drei Komponenten (each reserve, IAS 1.106d).

238
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Tabelle 4-10: Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x1 (in T€), Lösung

kumuliertes übriges

Konzerneigenkapital
Konzernergebnis

Gewinnrücklagen

Konzernmutter
Wäh-

Fremdanteile
Wert-
gez. Kapital
rung- Rücklagen
papiere
sum- für
available-

Anteil
rech- Pensionen
for-sale
nung

Stand 01.01.x1 5.000 2.000 - 300 - 200 100 6.600 200 6.800
Währungs- 200 200 50 250
umrechnung
vers.-math. - 70 - 70 - 70
Verluste
Wertpapiere - 100 - 100 - 100
available-for-sale
latente Steuern 21 30 51 51
übriges Kon- 0 0 200 - 49 -70 81 50 131
zernergebnis
Jahresüberschuss 700 700 30 730
Konzern- 0 700 200 - 49 - 70 781 80 861
gesamtergebnis
Dividenden - 340 - 340 - 10 - 350
Änderung Kon- 0 400 400
solidierungskreis
Stand 31.12.x1 5.000 2.360 - 100 - 249 30 7.041 670 7.711

Die Zeilenuntergliederung des übrigen Konzerngesamtergebnisses nach seinen Kom-


ponenten ist dann notwendig, falls der Gesamtbetrag (Konzernmutter und Minder-
heiten) am jeweiligen übrigen Konzernergebnis ausgewiesen werden soll (z.B. 250 T€
aus der Währungsumrechnung). Außerdem wird dadurch der Anteil der Minderhei-
ten an den einzelnen Komponenten gezeigt. Die Angabe ist indes nicht zwingend (IAS
1.106d fordert nicht den gesonderten Ausweis der Einzelnen Komponenten des Ge-
samtergebnisses im Hinblick auf die Minderheiten); eine Zeile „übriges Konzerner-
gebnis“ wäre insoweit ausreichend.

In Bezug auf die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste sieht IAS


19.93D eine direkte Verrechnung mit den retained earnings (Gewinnrücklagen) vor. Die

239
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Begründung lautet, dass die erfolgsneutrale Verrechnung mit dem Eigenkapital inso-
weit endgültig ist, während bei allen anderen Komponenten des other comprehensive in-
come ein recycling oder eine erfolgsneutrale Umbuchung in die Gewinnrücklagen (bei
der Neubewertungsrücklage gem. IAS 16) erfolgen. Da sich der kumulierte Betrag der
verrechneten Beträge dann nicht mehr aus dem Eigenkapitalspiegel ergäbe, aber ge-
nannt werden muss, wäre eine separate Anhangangabe erforderlich (IAS 19.120Ai). In
der Praxis wird aber auch oft eine (wie in unserem Beispiel) separate Eigenkapitalka-
tegorie geführt (VW, TUI, BMW, Merck und Adidas-Salomon in 2007). Dafür spricht
die saubere Trennung von erfolgswirksam und erfolgsneutral entstandenen Eigenka-
pitalbeträgen. Letztlich sind beide Varianten zulässig: Sachlich lässt sich u.E. auch eine
separate Eigenkapitalkategorie als Teil der „retained earnings“ i.S.v. IAS 19.93D inter-
pretieren.

Gegebenenfalls anfallende latente Steuern auf das übrige Konzernergebnis werden im


Beispiel in der Entwicklung brutto ausgewiesen, während die jeweiligen Anfangs- und
Endbestände Nettowerte sind. Bei den Währungsumrechnungsdifferenzen fallen im
Beispiel keine latenten Steuern an, da die Konzernmutter keine Ausschüttungen aus
den Auslandstöchtern plant (siehe Aufgabe 3.3.4). Alternativ können die Komponen-
ten des übrigen Konzernergebnisses in ihrer Entwicklung auch netto ausgewiesen und
die erfolgsneutral erfassten latenten Steuern im Anhang genannt werden.

Bei der Änderung des Konsolidierungskreises (+ 400 T€) handelt es sich um den auf
Minderheiten entfallenden Anteil am zum Fair Value bewerteten Eigenkapital erwor-
bener Tochterunternehmen. Die Erhöhung des Eigenkapitals beruht auf der Vollkon-
solidierung, wonach das Nettovermögen der Tochtergesellschaften vollständig in die
Konzernbilanz übernommen wird, auch wenn der Konzern mit weniger als 100 % be-
teiligt ist. Im Konzernabschluss wird daher mehr Vermögen angesetzt, als der Kon-
zernmutter (direkt oder indirekt) gehört; die Minderheiten leisten bei Erstkonsolidie-
rung in Höhe ihres Anteils an den net assets praktisch eine (Sach-) Einlage in den Kon-
zern.

d) Gesamtergebnisrechnung
Die Gesamtergebnisrechnung kann zusammen mit der GuV als ein statement oder, wie
hier, als separates statement aufgestellt werden (s. Aufgabe 4.1.2).

Die Gesamtergebnisrechnung nimmt nach IAS 1.84 i.V.m. 1.82 noch einmal das Jahres-
ergebnis der GuV auf, listet dann die in der Periode erfolgsneutral erfassten Beträge
und endet mit der Summe Gesamtergebnis. Dieses ist betragsmäßig auf die Gesell-
schafter des Mutterunternehmens und auf die Minderheiten aufzuteilen.

240
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Tabelle 4-11: Gesamtergebnisrechnung für das Geschäftsjahr x1 (in T€), Lösung

Bezeichnung Betrag
Währungsumrechnungsdifferenz 250
versicherungsmathematische Verluste - 70
Wertpapiere available-for-sale - 100
latente Steuern 51
übriges Konzernergebnis 131
Jahresüberschuss 730
Konzerngesamtergebnis 861
- davon auf Konzernmutter entfallend 781
- davon auf Minderheiten entfallend 80

4.2.2 Grundkonzeption einer Kapitalflussrechnung –


Praxisnah GmbH
Rechtsquellen: IAS 7

Lernziele: Vermittlung eines Verständnisses für die Grundstruktur einer Kapitalfluss-


rechnung; Korrekturmechanismus bei indirekter Darstellung des Mittelflusses aus o-
perativer Tätigkeit

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt: Die Praxisnah GmbH, ein produzierendes Unternehmen, hat zum


31.12.x1 folgende IFRS-Bilanz erstellt:

241
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-12: Bilanz der Praxisnah GmbH (in T€)
Bilanz der Praxisnah GmbH zum 31.12.x1
langfristiges Vermögen Eigenkapital
Sachanlagen 500 gezeichnetes Kapital + Rücklagen 215
Bilanzgewinn 15
kurzfristiges Vermögen langfristige Schulden
RHB 220 Pensionsrückstellungen 200
Forderungen aus LuL 160 kurzfristige Schulden
sonstige Vermögenswerte 20 Bankverbindlichkeiten 450
Kasse 50 Verbindlichkeiten aus LuL 70
Summe Aktiva 950 Summe Passiva 950

Im Geschäftsjahr x2 haben sich folgende Geschäftsvorfälle ereignet:

(1) Abschreibungen Sachanlagen 80 T€, Investitionen 65 T€ bezahlt

(2) Verkauf Sachanlagen für 10 T€, Buchwert 6 T€, bisheriger Zufluss 1 T€

(3) Zugang RHB 400 T€, davon bezahlt 350 T€, Verbrauch RHB 460 T€

(4) Lieferantenschulden per 31.12.x1 bezahlt

(5) Personalaufwand 300 T€, davon Zuführung Pensionsrückstellung 20 T€, Rest


ausgezahlt

(6) Umsatzerlöse 880 T€, Endbestand Forderungen aus LuL 290 T€

(7) Zinsaufwand für Bankverbindlichkeiten 30 T€, davon bezahlt 22 T€

(8) Langfristige Darlehensaufnahme 75 T€, keine Tilgung von Bankverbindlichkeiten


und Darlehen in x2

(9) Steueraufwand gezahlt 5 T€

(10) Ausschüttung Bilanzgewinn Vorjahr 15 T€

(11) Zuführung von 1/3 des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklage

Aufgabenstellung

a) Entwickeln Sie unter Berücksichtigung der Geschäftsvorfälle (1) bis (11) des Jah-
res x2 die Schlussbilanz per 31.12.x2 und die Gewinn- und Verlustrechnung für
x2. Stellen Sie der Schlussbilanz die Vergleichswerte der Vorperiode gegenüber
und geben Sie eine Veränderungsspalte an.

242
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
b) Erstellen Sie eine Kapitalflussrechnung für x2. Der Mittelfluss aus operativer Tä-
tigkeit soll indirekt dargestellt werden und möglichst hoch sein. Verwenden Sie
folgendes Schema:

Tabelle 4-13: Kapitalflussrechnung der Praxisnah GmbH für x2 (in T€), Aufgabenblatt
Posten Betrag
Jahresüberschuss
+ Abschreibung Sachanlagen
+ Zuführung langfristiger Rückstellungen
- Gewinn a. d. Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens
+ Zinsaufwand
Cash Flow
+ Abnahme Vorräte
- Zunahme Forderungen aus LuL
- Abnahme Verbindlichkeiten aus LuL
Veränderung Nettoumlaufvermögen
Mittelfluss aus operativer Tätigkeit
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlage-
vermögens
- Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen
Mittelfluss aus Investitionstätigkeit
- Auszahlungen an Gesellschafter
+ Einzahlungen aus Darlehensaufnahme
- Zinsauszahlungen
Mittelfluss aus Finanzierungstätigkeit
Veränderung Finanzmittelfonds
Finanzmittelfonds Periodenanfang
Finanzmittelfonds Periodenende

c) Wie würden Sie einen negativen Mittelfluss aus operativer Tätigkeit in einer Ka-
pitalflussrechnung interpretieren?

243
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Lösung

a) Bilanz + GuV für x2


Der Buchwert der Sachanlagen verändert sich von 500 T€ abzüglich (1) Abschreibun-
gen 80 T€ zuzüglich Investitionen 65 T€ abzüglich (2) Veräußerungen 6 T€ auf 479 T€.
Die Veräußerungserlöse belaufen sich auf 10 T€, so dass ein sonstiger betrieblicher Er-
trag von 4 T€ zu buchen ist. Da die Veräußerungen erst i.H.v. 1 T€ bezahlt worden
sind, erhöhen sich die sonstigen Vermögenswerte um 9 T€ auf 29 T€.

Der Buchwert der RHB verändert sich von 220 T€ zuzüglich (3) 400 T€ abzüglich 460
T€ auf 160 T€. Von den Zugängen sind nur 350 T€ bezahlt worden, so dass die Ver-
bindlichkeiten aus LuL um 50 T€ ansteigen. Zugleich sind die Altverbindlichkeiten
von 70 T€ gezahlt worden (4), so dass der Endbestand der Verbindlichkeiten aus LuL
50 T€ beträgt.

In der Gewinn- und Verlustrechnung ist der Personalaufwand von 300 T€ zu erfassen,
der sich in der Bilanz durch einen Kassenrückgang von 280 T€ und einen Zugang bei
den Pensionsverpflichtungen von 20 T€ niederschlägt (5).

Die Umsatzerlöse von 880 T€ sind in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen.
Einzahlungen von Kunden hat es in Höhe von 750 T€ gegeben, unabhängig davon in
welchem Jahr die zugehörigen Umsätze erfolgten, weil sich der Endbestand der For-
derungen aus LuL um 130 T€ auf 290 T€ erhöht hat (6).

Die Bankverbindlichkeiten erhöhen sich wegen der noch nicht gezahlten Zinsen um 8
T€ um 458 T€. Außerdem ist bei den langfristigen Schulden wegen der Darlehensauf-
nahme von 75 T€, die den Kassenbestand erhöht, eine neue Zeile einzufügen.

Zins- und Steueraufwand sind in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen (7, 9).
Die Ausschüttung an die Gesellschafter i.H.v. 15 T€ führt zu einer erfolgsneutralen Bi-
lanzverkürzung (10). Vom Jahresüberschuss i.H.v. 9 T€ werden 3 T€ den Rücklagen
zugeführt und der Rest als Bilanzgewinn ausgewiesen. Die folgende Darstellung der
Bilanz enthält bereits die für die Kapitalflussrechnung nötige Veränderungsspalte.

244
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
Tabelle 4-14: Bilanz der Praxisnah GmbH zum 31.12x2 (in T€), Lösung
Bilanz x1 x2 Veränderung
langfristiges Vermögen
Sachanlagen 500 479 - 21
kurzfristiges Vermögen
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 220 160 - 60
Forderungen aus LuL 160 290 + 130
sonstige Vermögenswerte 20 29 +9
Kasse 50 69 + 19
Summe 950 1.027 + 77

gezeichnetes Kapital/ Rücklagen 215 218 +3


Bilanzgewinn 15 6 -9
langfristige Schulden
Darlehen 75 + 75
Pensionsrückstellungen 200 220 + 20
kurzfristige Schulden
Bankverbindlichkeiten 450 458 +8
Verbindlichkeiten aus LuL 70 50 - 20
Summe 950 1.027 + 77

245
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-15: Gewinn- und Verlustrechnung 01.01.x2 - 31.12.x2 (in T€)
Posten Betrag
Umsatzerlöse 880
sonstige betriebliche Erträge 4
Materialaufwand - 460
Personalaufwand - 300
Abschreibungen - 80
Zinsaufwand - 30
Steuern vom Einkommen und Ertrag -5
Jahresüberschuss 9

b) Kapitalflussrechnung für x2
Bei Erstellung einer Kapitalflussrechnung müssen die Ein- und Auszahlungen des
vergangenen Geschäftsjahres einer der drei Bereiche

„ operative Tätigkeit,

„ Investitionstätigkeit und

„ Finanzierungstätigkeit

zugeordnet werden. Die Summe der Zahlungsströme aus diesen drei Bereichen ergibt
die Veränderung der liquiden Mittel („Finanzmittelfonds“) . Der Finanzmittelfonds
kann neben dem Kassenbestand auch andere Elemente enthalten, beispielsweise je-
derzeit liquidierbare Wertpapiere ohne Kursrisiken. Bei der Praxisnah GmbH besteht
der Finanzmittelfonds jedoch nur aus dem Kassenbestand.

Bei den Mittelflüssen aus operativer Tätigkeit besteht ein Wahlrecht, sie indirekt oder
direkt darzustellen. Üblicherweise werden die Mittelflüsse aus operativer Tätigkeit in-
direkt dargestellt, also ausgehend vom Jahresergebnis entwickelt. Das Jahresergebnis
wird demnach als positive (Jahresüberschuss) oder negative (Jahresfehlbetrag) Verän-
derung der liquiden Mittel interpretiert. Da aber in der Gewinn- und Verlustrechnung
keine Ein- und Auszahlungen, sondern Aufwendungen und Erträge erfasst werden, ist
bei indirekter Darstellung der Zahlungsströme aus operativer Tätigkeit eine Korrektur
erforderlich. Beispielsweise haben die im Geschäftsjahr verrechneten Abschreibungen
zwar das Jahresergebnis gemindert, nicht aber die liquiden Mittel. Also sind für Zwe-
cke der Kapitalflussrechnung die Abschreibungen wieder hinzuzuaddieren.

Ein zweiter Korrekturmechanismus besteht aus Umgliederungen. So sind Zahlungszu-


flüsse aus der Veräußerung von Anlagevermögen dem Investitionsbereich zuzuord-

246
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.2
nen. Infolge dessen sind die Erträge aus der Veräußerung von Anlagevermögen aus
dem operativen Bereich zu entfernen.

Die Mittelflüsse aus Investitions- und Finanzierungstätigkeit sind direkt darzustellen.

Die Kapitalflussrechnung bei indirekter Darstellung der Mittelflüsse aus operativer


Tätigkeit ergibt sich wie folgt und wird nachfolgend erläutert:

Tabelle 4-16: Kapitalflussrechnung der Praxisnah GmbH für x2 (in T€), Lösung
Posten Betrag
Jahresüberschuss 9
+ Abschreibung Sachanlagen 80
+ Zuführung Rückstellungen 20
- Gewinn a. d. Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens -4
+ Zinsaufwand 30
Cash Flow 135
+ Abnahme Vorräte 60
- Zunahme FLL - 130
- Abnahme VLL - 20
Veränderung Nettoumlaufvermögen - 90
Mittelfluss aus operativer Tätigkeit 45
Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagever- 1
mögens
- Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen - 65
Mittelfluss aus Investitionstätigkeit - 64
- Auszahlungen an Gesellschafter - 15
+ Einzahlungen aus Darlehensaufnahme + 75
- Zinsauszahlungen - 22
Mittelfluss aus Finanzierungstätigkeit 38
Veränderung Finanzmittelfonds 19
Finanzmittelfonds Periodenanfang 50
Finanzmittelfonds Periodenende 69

Bei indirekter Darstellung des Mittelflusses aus operativer Tätigkeit wird mit einem
GuV-Ergebnis, häufig mit dem Jahresergebnis, begonnen. Allerdings fordert IAS 7
auch die Angabe der Ertragsteuerzahlungen. Startet man die Kapitalflussrechnung
mit dem Jahresergebnis, müssen die Ertragsteuerzahlungen im Anhang angegeben

247
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
werden. Die Alternative wäre die Wahl des Startpunktes Vor-Steuer-Ergebnis (hier: 14
T€), wovon nachfolgend die Steuerzahlungen (hier: - 5 T€) abgezogen werden könn-
ten.

Abschreibungen sowie die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen haben


zwar das Jahresergebnis gemindert, waren aber nicht liquiditätswirksam. Also müssen
sie wieder hinzuaddiert werden. Eine Umgliederung zu anderen Bereichen erfolgt
nicht.

Aus der Veräußerung des Anlagevermögens ergibt sich ein Gewinn (sonstiger be-
trieblicher Ertrag) von 4 T€. Dieser muss aus dem operativen Bereich entfernt werden,
unabhängig davon, ob sich Zahlungsflüsse ereignet haben oder nicht, denn der Zah-
lungsfluss aus dem Abgang von Sachanlagen (soweit sie – Sonderfall IAS 16.68A –
nicht üblicherweise vorher vermietet waren) ist der Investitionstätigkeit zuzuordnen.
Es handelt sich hierbei also um eine Umgliederung. Der tatsächliche Zahlungsfluss
von 1 T€ wird bei der Investitionstätigkeit erfasst. Wegen der Umgliederung erfolgt
keine Korrektur der Erhöhung der sonstigen Vermögenswerte.

In Kapitalflussrechnungen nach IAS 7 besteht ein Wahlrecht, gezahlte (und erhaltene)


Zinsen der operativen Tätigkeit, der Investitionstätigkeit oder der Finanzierungstätig-
keit zuzuordnen. In der Praxis ist zunehmend die Tendenz festzustellen, einen negati-
ven Zinssaldo der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen. Das erhöht optisch den Mittel-
fluss aus operativer Tätigkeit. Dieser Praxis folgt auch die Praxisnah GmbH. Dann ist
der Zinsaufwand aus dem operativen Bereich zu entfernen und durch die Zinsauszah-
lung im Finanzierungsbereich zu ersetzen. Auch hierbei erfolgt keine Korrektur der
Erhöhung der Bankverbindlichkeiten um 8 T€.

Die Zwischenzeile „Cash Flow“ wird oft freiwillig in der Praxis angegeben. Auch die
Zwischenzeile „Veränderung des Nettoumlaufvermögens“ ist eine freiwillige Anga-
be, die ebenfalls häufig anzutreffen ist. Sie enthält die Veränderung jener kurzfristigen
Bilanzposten, die dem operativen Bereich zuzuordnen sind. Die Ratio lässt sich be-
sonders gut an den Veränderungen der Forderungen aus Lieferungen und Leistun-
gen erklären: Deren Gegenposten sind die Umsatzerlöse, die bei indirekter Darstel-
lung des Mittelflusses aus operativer Tätigkeit über den Startpunkt Jahresergebnis be-
reits vollumfänglich in die Kapitalflussrechnung eingegangen sind. Von dem Umsatz
von 880 T€ waren aber nur 750 T€ zahlungswirksam, so dass die Erhöhung der Forde-
rungen aus Lieferungen und Leistungen von 130 T€ wieder abgezogen werden müssen.

Es ist aber darauf zu achten, dass nicht jede Veränderung des Umlaufvermögens bzw.
der kurzfristigen Verbindlichkeiten hier abzubilden ist, und zwar dann nicht, wenn
diese Veränderungen der Investitions- bzw. Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind.
Das trifft im Beispiel auf die Forderung aus Anlagenabgängen (Erhöhung sonstige
Vermögenswerte um 9 T€, und die Erhöhung der Bankverbindlichkeiten wegen abge-
grenzter Zinsen i.H.v. 8 T€ zu.

248
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Die weiteren Zahlungsströme sind direkt zu erfassen, also die Ausschüttung des Bi-
lanzgewinns des Vorjahres (15 T€), die Aufnahme des langfristigen Darlehens (75 T€)
und die Zinsauszahlungen (- 22 T€).

Die Summe der Mittelflüsse aus operativer Tätigkeit, aus Investitionstätigkeit und Fi-
nanzierungstätigkeit ergibt die Veränderung des Finanzmittelfonds der betrachteten
Periode (19 T€), die sich zusammen mit dem Anfangsbestand (50 T€) zum Endbestand
(69 T€) verdichtet. Sollte sich der Finanzmittelfonds nicht nur aus dem Kassenbestand
zusammensetzen, ist eine Überleitungsrechnung auf die einzelnen Bilanzposten erfor-
derlich.

c) Negativer Mittelfluss aus operativer Tätigkeit


Ein negativer Mittelfluss aus operativer Tätigkeit ist bei Unternehmen, die schon län-
ger am Markt bestehen, extrem bedenklich: Ein Unternehmen, das durch sein Kernge-
schäft an Liquidität verliert, wird auf Dauer nicht überleben.

Bei jungen Unternehmen hingegen kann ein negativer Mittelfluss aus operativer Tä-
tigkeit kurzfristig zu vertreten sein.

Literaturempfehlung: Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschluss-


analyse, 21. Aufl. 2009, S. 769-853

4.3 Anhang
Vorbemerkung: Die in den Berichtsinstrumenten Bilanz, Gesamtergebnisrechnung, Ei-
genkapitalspiegel und Kapitalflussrechnung aufgeführten Zahlen können sinnvoll nur
mit ergänzenden Anhangangaben interpretiert werden. Dem Anhang kommt daher
eine große Bedeutung zu, übrigens auch in HGB-Abschlüssen. Der Anhang von IFRS-
Konzernabschlüssen hat häufig einen Umfang von 60 oder 80 Seiten und mehr. Gele-
gentlich wird auch die Frage aufgeworfen, wie diese Informationsflut von Analysten
noch verarbeitet werden kann.

Vor diesem Hintergrund ist klar, dass im Rahmen dieses Übungsbuchs nur punktuell
auf Anhangangaben eingegangen werden kann. Das ist in manchen Aufgaben außer-
halb dieses Kapitels schon geschehen, um den Sinnzusammenhang der Aufgaben
nicht auseinanderzureißen:

249
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Tabelle 4-17: Aufgaben mit Anhangangaben
Aufgabennummer Inhalt der Anhangangabe
1.1.2 b) Übereinstimmungserklärung
1.2.2 b) (Vorzeitige) Anwendung neuer Standards
2.3.2 c) und d) Angaben über Operating-Leasingverhältnisse in den Abschlüssen
von Leasinggebern und Leasingnehmern
2.6.4 c) Pensionenspiegel: Entwicklung von Pensionsverpflichtungen
und Planvermögen
2.8.4 a) Datum der Freigabe des Abschlusses
2.8.6 d) Latente Steuern, steuerliche Überleitungsrechnung
4.1.1 b) Aufgliederung von Bilanzposten im Anhang

In den nachfolgenden Aufgaben werden weitere Spezialthemen des Anhangs erörtert.

4.3.1 HGB-Angaben im IFRS-Abschluss – Silence GmbH


Rechtsquelle: § 315a HGB

Lernziele: Beachtung von HGB-Anhangangaben auch im IFRS-Abschluss; Zusammen-


hang von HGB und IFRS-Anhangangaben

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Mit Zornesröte im Gesicht eröffnet Dr. Ückeberger, Leiter Finanzen der Silence GmbH,
seine Abteilungsbesprechung und poltert los: „Gestern habe ich auf einem Seminar ei-
nes Bochumer Hochschulprofessors erfahren, dass wir in unserem Konzernabschluss
nach HGB unseren Anteilsbesitz offen legen müssen und keine gesonderte Liste mehr
erstellen dürfen. Außerdem müssen wir über das Honorar des Abschlussprüfers eben-
so berichten wie über nahe stehende Unternehmen und Personen und auch über laten-
te Steuern, selbst wenn wir gar keine ansetzen! Und das alles, obwohl wir den Kapi-
talmarkt gar nicht in Anspruch nehmen! Meine Damen und Herren, ich bin es leid:
Wir stellen jetzt auf IFRS um, dann haben wir mit dem ganzen Blödsinn nichts mehr
zu tun und müssen nicht einmal mehr einen Lagebericht erstellen!“

Aufgabenstellung:

Hat Dr. Ückeberger Recht? Fallen die von ihm genannten Anhang-Berichtspflichten
und der Lagebericht in einem IFRS-Konzernabschluss weg?

250
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Lösung:

Die Silence GmbH kann ihren Konzernabschluss gem. § 315a Abs. 3 Satz 1 HGB nach
IFRS aufstellen. Sie muss dann aber wegen Satz 2 auch die Standards und Vorschriften
des § 315a Abs. 1 HGB vollständig befolgen. Dazu gehören neben den europarechtlich
freigeschalteten IFRS (s. Aufgabe 1.2.1 c)) u.a. folgende nationale Normen:

„ Aufstellung des Anteilsbesitzes (§ 313 Abs. 2 HGB). In der Tat ist mit dem Bil-
MoG die Möglichkeit einer gesonderten Aufstellung des Anteilsbesitzes (§ 313
Abs. 4 HGB a.F.) weggefallen, so dass die Angabe innerhalb des Anhangs ge-
macht werden muss, und zwar sowohl im Rahmen eines HGB- als auch im Rah-
men eines IFRS-Abschlusses. Ebenfalls kann hier wie da die Schutzklausel zur
Unterlassung von Angaben über den Anteilsbesitz in Anspruch genommen wer-
den, soweit ansonsten ein erheblicher Nachteil entstehen könnte (§ 313 Abs. 3
HGB).

„ Honorar des Abschlussprüfers (§ 314 Abs. 1 Nr. 9 HGB). Im Zuge des BilMoG
haben nun auch nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen die Angabe zu
machen, im Übrigen gleichgültig, ob es sich um einen HGB oder IFRS-Abschluss
handelt.

„ Nahe stehende Unternehmen und Personen (§ 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB). Die An-
gabepflicht ist neu für den HGB-Konzernabschluss (und auch im HGB-
Jahresabschluss erforderlich, § 285 Nr. 21 HGB). Sie wurde veranlasst durch die
sog. Abänderungsrichtlinie der EU (Richtlinie 2006/46/EG), für die wiederum
IAS 24 Pate stand. Zwar müsste die Silence GmbH § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB in ih-
rem IFRS-Abschluss nicht beachten, hätte aber mit IAS 24 zu tun. Im Detail erge-
ben sich zwischen diesen beiden Normen Unterschiede, s. Aufgabe 4.3.3.

„ Latente Steuern (§ 314 Abs. 1 Nr. 21 HGB). Ausweislich der Begründung zum
BilMoG soll tatsächlich über latente Steuern unabhängig vom Bilanzansatz be-
richtet werden (s. Theile, Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 3. Aufl. 2011, § 314
Rz. 13). Die Vorschrift ist in einem IFRS-Konzernabschluss nicht einschlägig.
Stattdessen gilt hier der IAS 12, der erstens die Ansatzpflicht auch für aktive la-
tente Steuern im Einzelabschluss (anders als § 274 HGB) vorsieht und zweitens
wesentlich umfangreichere Anhangangaben verlangt, u.a. die steuerliche Überlei-
tungsrechnung (s. Aufgabe 2.8.6 d)).

„ Lagebericht (§ 315 HGB). Nach dem Regelwerk der IFRS ist ein Lagebericht nicht
vorgesehen. Trotzdem kann ein deutsches Unternehmen auf den Lagebericht
auch dann nicht verzichten, wenn es einen IFRS-Konzernabschluss aufstellt: We-
gen § 315a Abs. 1 HGB sind auch die Bestimmungen des „Neunten Titels“ zu be-
achten, also des § 315 HGB über den Lagebericht.

Fazit: Dr. Ückeberger hat Unrecht. In Bezug auf die von IFRS-Anwendern zu beach-
tenden HGB-Angaben fordert das Gesetz nicht mehr und nicht weniger als es auch
von HGB-Anwendern fordert. Hinzu kommen bei einem Umstieg auf IFRS noch die

251
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
(erheblichen) Angabepflichten, die die IFRS selbst vorsehen und die weit über die An-
gabepflichten eines HGB-Konzernabschlusses hinausgehen.

4.3.2 Angabe der Gesamtbezüge von Organmitgliedern –


Peter Grünschnabel
Rechtsquelle: IAS 24, § 285 Nr. 9 HGB, § 286 Abs. 4 und 5 HGB, § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB

Lernziele: Übersicht zu Veröffentlichungspflichten der Gesamtbezüge von Organmit-


gliedern. Zusammenspiel von HGB- und IFRS-Regelungen.

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Peter Grünschnabel studiert seit wenigen Semestern Wirtschaftswissenschaften. Auf


ein Schwerpunktfach konnte er sich noch nicht festlegen, allerdings weiß er bereits,
dass er hoch hinaus möchte: Sein Ziel ist es, einmal einen Vorstands- oder Aufsichts-
ratsposten zu besetzen. Ein solcher Posten würde seinem Ansehen und sicherlich auch
seinem Konto gut tun. Wie viel er jedoch wirklich verdienen könnte, ist ihm nicht ganz
klar. Um sich einen Überblick zu verschaffen, besorgt sich Grünschnabel diverse Ab-
schlüsse von kleinen Kapitalgesellschaften bis hin zu Konzernabschlüssen börsenno-
tierter Mutterunternehmen. Nachdem er einige Abschlüsse durchgeblättert hat, muss
er feststellen, dass die gesuchten Informationen nicht immer vorhanden sind. Grün-
schnabel fragt sich, woran das liegt.

Aufgabenstellung

a) Stellen Sie die Angabepflichten in einem HGB Jahresabschluss zu den Bezügen


des aktuellen Geschäftsführungsorgans in einer kleinen GmbH (Alleingeschäfts-
führer), einer großen GmbH (Alleingeschäftsführer) und einer börsennotierten
AG (mehrere Vorstände) gegenüber. Vorschüsse und Kredite sind zu vernachläs-
sigen.

b) Würden sich zu a) Abweichungen ergeben, wenn es sich um den HGB Konzern-


abschluss einer GmbH mit einem Alleingeschäftsführer handelte?

c) Wären obige Lösungen anzupassen, wenn es sich nicht um einen Alleingeschäfts-


führer, sondern um zwei bzw. drei Geschäftsführer bei einer nicht börsennotier-
ten Gesellschaft handelte?

d) Nehmen Sie an, sowohl eine große GmbH als auch eine börsennotierte AG sind
jeweils Mutterunternehmen und stellen Ihren Konzernabschluss nach IFRS auf.
Welche Angabepflichten zu den Bezügen des Geschäftsführungsorgans ergeben
sich? Sind die HGB-Pflichten weiterhin relevant?

252
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Lösung:

a) Angaben im HGB Jahresabschluss


Jahresab- Kleine GmbH
Große GmbH (Al-
schluss (Alleinge- Börsennotierte AG
leingeschäftsführer)
schäftsführer)

Grund- § 285 Nr. 9 a) S. 1 HGB: § 285 Nr. 9 a) S. 1 HGB:


sätzliche
Für Mitglieder des Geschäftsfüh- wie links; zusätzlich:
Angabe-
rungsorgans, eines Aufsichtsrats, ei-
pflichten § 285 Nr. 9 a) S. 5 HGB:
nes Beirats oder einer ähnlichen Ein-
richtung jeweils für jede Personen- Unter Namensnennung die Be-
gruppe insgesamt die für die züge jedes einzelnen Vor-
Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten standsmitglieds, aufgeteilt
Gesamtbezüge. nach erfolgsunabhängigen und
erfolgsbezogenen Komponen-
ten sowie Komponenten mit
langfristiger Anreizwirkung.

Erleichte- § 288 Abs. 1 § 286 Abs. 4 HGB: § 286 Abs. 5 HGB:


rungen HGB:
Für nicht börsenno- Die Aufschlüsselung für die
Kleine Kapi- tierte Gesellschaften einzelnen Vorstandsmitglieder
talgesellschaf- können die Angaben kann unterbleiben, wenn die
ten brauchen über die Gesamtbe- Hauptversammlung dies mit ¾-
die Angaben züge gem. § 285 Nr. Mehrheit des vertretenen
nach § 285 Nr. 9 a) unterbleiben, Grundkapitals beschließt.
9 a) HGB wenn sich anhand
nicht zu ma- dieser Angaben die
chen. Bezüge eines Mit-
glieds der dort auf-
geführten Organe
feststellen lassen.

Verblei- Keine Anga- Da es nur einen Ge- Sollte durch die Hauptver-
bende ben zu den schäftsführer gibt, sammlung das Unterlassen der
Angabe- Gesamtbezü- wären die Gesamt- Angabe individualisierter Vor-
pflichten gen bezüge dieses Ge- standsbezüge beschlossen wer-
schäftsführers er- den, verbleibt dennoch die
sichtlich, so dass ei- Pflicht zur Offenlegung der Ge-
ne Veröffentlichung samtbezüge der Organe.
unterbleiben kann.

253
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
b) Angaben im HGB Konzernabschluss
Grundsätzliche Angabepflichten:

Die Veröffentlichung der Gesamtbezüge jeweils für jede Personengruppe der Organe
(z.B. Vorstand, Aufsichtsrat) gilt analog zum Jahresabschluss (dort gem. § 285 Nr. 9 a)
S. 1 HGB) gem. § 314 Abs. 1 Nr. 6 a) S. 1 HGB auch für den Konzernabschluss.

Erleichterungen:

Für den Konzernabschluss gibt es keine gesetzlich vorgegebenen, größenabhängigen


Erleichterungen. Nach h.M. (vgl. nur Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010, §
314 Rz. 52 mwN) kann § 286 Abs. 4 HGB jedoch tatsächlich auch analog für Konzern-
abschlüsse angewendet werden. Demnach brauchen nicht börsennotierte Gesellschaf-
ten die Gesamtbezüge gem. § 314 Abs. 1 Nr. 6 a) S. 1 HGB nicht zu veröffentlichen,
wenn sich dadurch die Bezüge eines Mitglieds der Organe feststellen lassen.

Verbleibende Angabepflichten:

Da es nur einen Geschäftsführer gibt, wären die Gesamtbezüge dieses Geschäftsfüh-


rers ersichtlich, so dass auch im Konzernabschluss eine Veröffentlichung unterbleiben
kann.

c) Mehrere Geschäftsführer in einer nicht börsennotierten Gesellschaft


Prinzipiell ist die Ausnahmeregelung des § 286 Abs. 4 HGB nicht auf einen Alleinge-
schäftsführer/-vorstand beschränkt. Vielmehr gilt die Erleichterung immer, wenn sich
die Gesamtbezüge eines Einzelnen – auch schätzungsweise – ermitteln lassen.

Hierzu und zu den Hintergründen der Schutzklausel ein Auszug aus einem Schreiben
des BMJ vom 6.3.1995 III A 3 - 3507/1 - 13 (D) - 1 II - 32 - 2014/94 (DB 1995, S. 639):

„Dieses schutzwürdige Interesse der Organmitglieder ist nicht nur beeinträchtigt,


wenn der genaue Betrag ermittelbar ist, sondern schon dann, wenn die Größenord-
nung der Bezüge eines Mitglieds auf diese Weise geschätzt werden kann. […] Die
Größenordnung der einem Organmitglied gezahlten Beträge kann schon dann festge-
stellt werden, wenn die Zahl der jeweiligen Organmitglieder bekannt ist, indem näm-
lich der Betrag der Gesamtbezüge durch die Zahl der Organmitglieder geteilt wird,
wobei u.U. ein üblicher Zuschlag für den Vorsitzenden eines Organs zu berücksichti-
gen ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn zwischen den einzelnen Organmitgliedern Un-
terschiede von solchem Gewicht bestehen (z.B. aufgrund von Dienstzeit oder Funkti-
on), daß die einzelnen Bezüge wesentlich von dem durch den Rechenvorgang gefun-
denen Durchschnittsbetrag abweichen, und wenn die Abweichungen nicht ebenfalls
ermittelbar sind. Im Zweifel ist dem bezweckten Datenschutz der Vorrang einzuräu-
men. Dies bedeutet, daß sich fast im Regelfall aus der Angabe der Gesamtbezüge
die Durchschnittsbezüge der einzelnen Mitglieder feststellen lassen, da die Zahl
der Organmitglieder bekannt ist. Die Erleichterung des § 286 Abs. 4 HGB gilt also im
Ergebnis nicht nur, wenn das Organ aus lediglich einem Mitglied besteht, sondern

254
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
auch, wenn mehrere Mitglieder vorhanden sind. Grundsätzlich kann nicht nach der
Zahl der Organmitglieder differenziert werden; da die Ermittlung der Durchschnitts-
bezüge letztlich auf einem Rechenvorgang beruht, ist die Zahl unerheblich. Entschei-
dend ist, ob die Bezüge der einzelnen Mitglieder tatsächlich wesentlich voneinander
abweichen.“
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 26.6.1997 (19 W 2/97 AktE, DB 1997, S.
1609) die Auffassung des BMJ bestätigt: Die Schutzklausel ist auch dann anwendbar,
wenn sich Individualbezüge näherungsweise über eine Durchschnittsberechnung fest-
stellen lassen.

d) Angaben im IFRS Abschluss


IFRS Abschluss Große GmbH
Börsennotierte AG
(Alleingeschäftsführer)
Grundsätzliche IAS 24.16:
Angabepflichten Das Unternehmen hat die Vergütung für Mitglieder des Mana-
gements in Schlüsselpositionen insgesamt und für jede der fol-
genden Kategorien anzugeben:
- kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer;
- Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses;
- Andere langfristig fällige Leistungen;
- Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnis-
ses; und
- Anteilsbasierte Vergütungen.
(Ggf. auch weitere Leistungen, die unter die Definition in IAS 24.9
fallen, z.B. Unterbringung.)
Gem. § 315a Abs. 2 i.V.m. Abs. Gem. § 315a Abs. 1 HGB ist ein
1 HGB ist ein Mutterunter- Mutterunternehmen, dass einen
nehmen, dass einen Konzern- Konzernabschluss nach IFRS
abschluss nach IFRS aufstellt, aufstellt, jedoch auch verpflich-
jedoch auch verpflichtet, u.a. § tet, u.a. § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB
314 Abs. 1 Nr. 6 HGB anzu- anzuwenden:
wenden: Zum einen sind die Gesamtbe-
Für Mitglieder des Geschäfts- züge der in Organen jeweils tä-
führungsorgans, eines Auf- tigen Personengruppen insge-
sichtsrats, eines Beirats oder samt anzugeben (§ 314 Abs. 1 Nr.
einer ähnlichen Einrichtung 6 S. 1 HGB). Zum anderen sind
jeweils für jede Personengrup- für börsennotierte Mutterunter-
pe insgesamt die für die Wahr- nehmen unter Namensnennung
nehmung ihrer Aufgaben im die Bezüge der einzelnen Vor-
Geschäftsjahr gewährten Ge- standsmitglieder anzu-geben (§
samtbezüge. 314 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 HGB).

255
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
Im vorliegenden Fall gibt es In jedem Fall ist in einem deut-
nur einen Alleingeschäftsfüh- schen Abschluss nach den Or-
rer, so dass es zwischen HGB ganen Vorstand und Aufsichts-
und IFRS Angaben keine Ab- rat bei der Angabe der Gesamt-
weichungen geben sollte. bezüge zu unterscheiden – eine
Zusammenfassung unter „Mit-
glieder des Managements in
Schlüsselpositionen“ ist nicht
ausreichend. Grundsätzlich
sollten sich die zu veröffentli-
chenden Sachverhalte nach
HGB und IFRS entsprechen.

Die Einzelauflistung der Vor-


standsbezüge geht über die An-
gabepflichten nach IFRS hinaus,
ist allerdings durch § 315a Abs.
1 HGB in einem IFRS Konzern-
abschluss dennoch aufzufüh-
ren.

Erleichterungen Nach IFRS gibt es keine Er- Nach IFRS gibt es keine Er-
leichterungen für die Angabe- leichterungen bzgl. obiger An-
pflichten aus IAS 24. gabepflichten.

Die Erleichterung nach § 286 Auch die Erleichterung nach §


Abs. 4 HGB (s.o.) greift m.E. 286 Abs. 4 HGB greift nicht, da
auch hier für die Angabe nach es sich um ein börsennotiertes
§ 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB. Frag- Unternehmen handelt.
lich ist jedoch, ob sie auch in
Die von der IFRS Rechnungsle-
Bezug auf die originären IAS
gung unabhängige Aufschlüs-
24-Angabepflichten in An-
selung für die einzelnen Vor-
spruch genommen werden
standsmitglieder gem. HGB
könnte. Es ist kaum vorzustel-
kann unterbleiben, wenn die
len, dass nationales Recht ein-
Hauptversammlung dies mit ¾-
schränkend auf europäisch
Mehrheit des vertretenen
übernommene IFRS wirken
Grundkapitals beschließt (§ 314
kann. Überdies ist die GmbH
Abs. 2 S. 2 HGB i.V.m. § 286
nicht gezwungen, einen IFRS-
Abs. 5 HGB).
Konzernabschluss aufzustel-
len.

256
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
Verbleibende Da die HGB-Erleichterung Auf die Einzelaufstellung der
Angabepflichten nach der hier vertretenen Auf- Vorstandsvergütung kann bei
fassung für die Angaben nach entsprechendem HV-Beschluss
IAS 24 nicht greift, ist in einem verzichtet werden.
IFRS Abschluss – anders als im
Die Angabe der Vergütung für
HGB Abschluss – auch bei ei-
Mitglieder des Managements in
nem Alleingeschäftsführer
Schlüsselpositionen ist gem. der
über die Gesamtbezüge zu be-
HGB-Gruppierung (im Regel-
richten.
fall zumindest Vorstand und
Aufsichtsrat) jeweils insgesamt
vorzunehmen.

4.3.3 Nahe stehende Unternehmen und Personen – HugMe


GmbH
Rechtsquelle: IAS 24, § 285 Nr. 21 HGB, § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB

Lernziele: Abgrenzung von nahe stehenden Unternehmen und Personen zum Bericht
erstattenden Unternehmen; Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Die im Plüschtiergeschäft tätige HugMe GmbH (H-GmbH), Giengen an der Benz, hält

„ 100 % der Anteile an der Soft Toy plc (ST plc), Manchester (England),

„ 80 % der Anteile an der Pluszowe Sp. z o.o (P-ZOO), Krakau (Polen) und

„ 100 % der Anteile an der Forschung AG, Hof (Saale).

Die H-GmbH, eine große Kapitalgesellschaft, stellt aufgrund ihrer internationalen Ge-
schäftstätigkeit ihren Konzernabschluss unter Vollkonsolidierung der ST plc und der
P-ZOO nach IFRS auf. Die Forschung AG, aus einem Spin-Off des Fachbereichs Textil-
design der Fachhochschule Hof hervorgegangen und erst vor zwei Jahren erworben,
ist noch im Aufbau begriffen und wird wegen Unwesentlichkeit bislang nicht in den
Konzernabschluss einbezogen.

An der H-GmbH sind die vier Kinder des Firmengründers Alfons, Berta, Carolin und
Dennis (ABCD) zu gleichen Teilen beteiligt. Außerdem hält C noch die 20 % der Antei-
le an der P-ZOO. An der Geschäftsführung der H-GmbH sind jedoch nur A und B be-
teiligt, weil C und D ferner als Vorstandsmitglieder und Alleingesellschafter der
Schaumstoff AG (S-AG), Hamburg, zeitlich voll eingebunden sind.

257
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
D lebt seit drei Jahren unehelich in häuslicher Gemeinschaft mit Edina zusammen, die
die von ihr neu gegründete Marketingagentur „No limits“ alleine betreibt.

Mit der Ogel S/A, Billund, generiert die H-GmbH schon seit Jahren rund 40 % ihrer
Umsätze. Rahmenverträge, Entwicklungskooperationen oder ähnliches bestehen je-
doch nicht.

Aufgabenstellung

a) Erstellen Sie ein Schaubild über die Beziehungen der im Sachverhalt genannten
Unternehmen und Personen zueinander.

b) Was ist der Sinn über Angaben zu nahe stehenden Unternehmen und Personen
im Abschluss eines Unternehmens?

c) Welche der im Sachverhalt genannten Unternehmen und Personen sind in Bezug


zur H-GmbH für ihren Jahresabschluss nach HGB als nahe stehend zu qualifizie-
ren?

d) Gibt es innerhalb des Unternehmens- bzw. Personenkreises zu c) Ausnahmen von


der Berichtspflicht?

e) Welche der im Sachverhalt genannten Unternehmen und Personen sind in Bezug


zur H-GmbH für ihren Konzernabschluss nach IFRS als nahe stehend zu qualifi-
zieren? Gäbe es von dieser Abgrenzung Abweichungen, wenn ein HGB-
Konzernabschluss aufgestellt werden würde?

f) Ist in HGB-Abschlüssen nach den vorgenannten Abgrenzungen über alle Ge-


schäftsbeziehungen zwischen und mit nahe stehenden Unternehmen und Perso-
nen zu berichten, oder bestehen Einschränkungen? Wie ist das im Vergleich zu
IFRS-Abschlüssen?

g) Welche der Geschäftsvorfälle (1) bis (7) lösen bei der H-GmbH Berichtspflicht
nach § 285 Nr. 21 HGB aus, und welche lösen die Berichtspflicht im IFRS-
Konzernabschluss aus?

(1) Es gibt einen regen Lieferungs- und Leistungsverkehr zwischen H-GmbH,


ST plc und P-ZOO, der schon wegen der steuerlichen Verrechnungspreis-
problematik zu marktüblichen Konditionen abgewickelt wird.

(2) Die Forschung AG erbringt Forschungs- und Entwicklungsleistungen unter


Aufwandsersatz ausschließlich gegenüber der H-GmbH.

(3) „No limits“ hat, um einen Referenzkunden zu gewinnen, eine Imagekam-


pagne für die H-GmbH entworfen und erbringt laufend Personalberatungs-
leistungen, beides unentgeltlich.

258
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
(4) Der von der H-GmbH benötigte Schaumstoff wird ausschließlich von der S-
AG zu besonders günstigen Konditionen geliefert, die die S-AG im Übrigen
auch anderen guten Kunden einräumt.

(5) D hat der H-GmbH ein nur mit 1,5 % verzinsliches langfristiges Darlehen
gewährt.

(6) Die H-GmbH und C bürgen unentgeltlich für Bankschulden der P-ZOO.

(7) In Abstimmung mit den Geschwistern erhalten A und B ein im Personalauf-


wand erfasstes Geschäftsführergehalt von je 1,5 Mio. €. Angemessen wären
je 600 T€. Durch die unangemessene Vergütung wird das Jahresergebnis an-
nähernd aufgezehrt.

h) Beurteilen Sie kritisch, wie die Anhangangabepflichten über nahe stehende Un-
ternehmen und Personen von Abschlusserstellern und –prüfern aufgenommen
(akzeptiert) werden.

Lösung:

a) Schaubild der Konzernverflechtung, nahe stehende Unternehmen und Personen

Abbildung 4-1: HugMe GmbH Konzern und nahe stehende Unternehmen und Personen

Familienangehörige

A B C D zusammenlebend
E
25% 25% 25% 25%
+GF +GF
100%
50% 50%
+VM +VM

S-AG

Ogel S/A Handels-


H-GmbH Konzern- No limits
beziehungen abschluss
100% 100% 80% 20%

Forschung AG ST plc P-ZOO

b) Sinn über Angaben zu nahe stehenden Unternehmen und Personen,


Anhangangaben über Geschäfte mit nahe stehenden Unternehmen und Personen
werden in der internationalen Rechnungslegung und auch im HGB für notwendig er-

259
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
achtet, weil die Befürchtung besteht, dass nahe stehende Unternehmen und Personen
Geschäfte tätigen, die fremde Dritte nicht eingehen bzw. in anderer Höhe abwickeln
würden.

c) Abgrenzung im Jahresabschluss nach HGB


Angaben über Geschäfte mit nahe stehenden Unternehmen und Personen werden
nach § 285 Nr. 21 HGB im Jahresabschluss gefordert. Die Norm ist durch Art. 43 Abs. 1
Nr. 7b der 4. EG-Richtlinie (in der Fassung der Abänderungsrichtlinie) veranlasst und
durch das BilMoG eingefügt worden. Nach dem Richtlinientext ist der Begriff „nahe
stehende Unternehmen und Personen“ im Sinne der in europäisches Recht übernom-
menen internationalen Rechnungslegungsstandards zu verstehen, also nach dem
IAS 24 in der jeweils in der EU gültigen Fassung. Der nationale Gesetzgeber hat es lei-
der versäumt, diesen Zusammenhang in § 285 Nr. 21 HGB aufzunehmen. Unabhängig
davon ist nun, soweit ersichtlich, erstmals für eine nationale Norm ein Rückgriff auf
die internationalen Rechnungslegungsstandards erforderlich (vgl. Heuser/Leippe/Theile
in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 4756). Abgrenzungskriterien nach
nationalem Recht (z.B. nahe stehende Personen nach § 1 AStG, verbundene Unter-
nehmen nach § 312 AktG) sind insoweit unbeachtlich.

Leitlinie für das Nahestehen ist nach IAS 24 der mindestens maßgebliche Einfluss,
den ein anderer auf das Bericht erstattende Unternehmen oder der umgekehrt vom
Bericht erstattenden Unternehmen auf einen anderen direkt oder indirekt ausgeübt
werden kann. Gegenüber Unternehmen liegt etwa die (widerlegbare) Vermutung des
maßgeblichen Einflusses bei einer Stimmrechtsquote von 20 % und mehr, was auch
der deutschen Assoziierungsschwelle entspricht (§ 311 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Damit sind die Unternehmen eines Konzernverbundes, hier also die H-GmbH, ST
plc, P-ZOO und die Forschung AG, untereinander nahe stehende Unternehmen. Die
Gesellschafter ABCD halten je 25 % der Anteile an der H-GmbH und sind daher nahe
stehende Personen.

C und D führen offensichtlich die S-AG gemeinsam, üben also bereits mehr als nur
den maßgeblichen Einfluss auf die S-AG aus. Dann ist in Bezug zur H-GmbH auch die
S-AG ein nahe stehendes Unternehmen, weil auf beide Gesellschaften von denselben
ein bzw. zwei Personen C und D ein mindestens maßgeblicher Einfluss ausgeübt wird.

Schließlich lebt D mit E zusammen, zwar ohne Trauschein, aber in häuslicher Gemein-
schaft. Zu den sog. nahen Familienangehörigen einer nahe stehenden natürlichen
Person zählen nach IAS 24.9 auch die Lebenspartner und deren Kinder sowie nahe
Angehörige, von denen angenommen werden kann, dass sie die natürliche Person in
ihren Geschäftsbeziehungen zum bericht erstattenden Unternehmen beeinflussen
können. Insoweit zählen auch E und deren Firma „no limits“ zu den nahe stehenden
Unternehmen und Personen der H-GmbH.

Zwar ist die Ogel S/A ein wesentlicher Geschäftspartner der H-GmbH und diese in-
soweit wirtschaftlich möglicherweise von ihr abhängig. Dadurch wird nach IAS 24.11d

260
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
die Ogel S/A jedoch noch nicht notwendigerweise zu einem nahe stehenden Unter-
nehmen. Es müsste hierfür der Positivbeweis erbracht werden, dass die Ogel S/A
maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftspolitik der H-GmbH ausüben könnte, was of-
fensichtlich nicht der Fall ist.

Daher sind bis auf die Ogel S/A alle im Sachverhalt genannten natürlichen und juristi-
schen Personen als nahe stehend zur H-GmbH zu qualifizieren.

d) Ausnahmen von der Berichtspflicht


Von der Berichtspflicht sind aber gem. § 285 Nr. 21 HGB die Geschäfte mit und zwi-
schen mittel- oder unmittelbar in hundertprozentigem Anteilsbesitz stehenden, in ei-
nen Konzernabschluss eingezogenen Unternehmen ausgenommen. Im vorliegenden
Fall stehen die ST plc und die Forschung AG in 100%igem Anteilsbesitz der H-GmbH,
aber nur die ST plc wird davon in den Konzernabschluss einbezogen. Damit sind auf-
grund der Ausnahmevorschrift die Geschäftsbeziehungen zwischen der H-GmbH und
der ST plc nicht angabepflichtig. Umgekehrt gilt:

„ Die Geschäftsbeziehungen zwischen der H-GmbH und der P-ZOO sind angabe-
pflichtig. Die P-ZOO wird zwar in den Konzernabschluss einbezogen, steht aber
nicht in 100%igem Anteilsbesitz. Das die weiteren Anteile von C gehalten wer-
den, immerhin eine nahe stehenden Person der H-GmbH, führt angesichts der
klaren Forderung nach 100%igem Anteilsbesitz nicht zu einer anderen Beurtei-
lung.

„ Außerdem sind die Geschäftsbeziehungen zur Forschung AG angabepflichtig. Sie


steht zwar in 100%igem Anteilsbesitz, wird aber nicht in den Konzernabschluss
einbezogen.

Nach welchen Rechtsregeln – IFRS oder HGB – der Konzernabschluss der H-GmbH
aufgestellt wird, ist für die Inanspruchnahme der Ausnahmevorschrift für den HGB-
Jahresabschluss unbeachtlich.

e) Abgrenzung der nahe stehenden im Konzernabschluss


Die Abgrenzung unterscheidet sich im IFRS- und HGB-Konzernabschluss nicht von
jener nach c). Allerdings sind im Konzernabschluss die Geschäftsbeziehungen zwi-
schen voll- und quotal konsolidierten Unternehmen nicht mehr enthalten, so dass
sachlogisch über die Beziehungen der H-GmbH, ST-plc und P-ZOO untereinander
nicht zu berichten ist.

Nach dem Wortlaut des § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB werden im HGB-Konzernabschluss
von der Berichtspflicht explizit dagegen nur Geschäfte ausgenommen mit und zwi-
schen mittel- oder unmittelbar in 100 %-igem Anteilsbesitz stehenden in einen Konzernab-
schluss einbezogenen Unternehmen. Nur im Falle von 100 %-igen Konzerngesellschaften
entfiele damit die Angabepflicht. Nach dem Wortlaut der Vorschrift wäre im Konzern-
abschluss über die Geschäftsbeziehungen der H-GmbH zur P-ZOO zu berichten (sie

261
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
steht nur in 80%igen Anteilsbesitz!), obwohl diese Geschäfte bekanntlich konsolidiert
werden. Die Norm macht daher nur Sinn, wenn sie gegen ihren Wortlaut analog IFRS
ausgelegt wird (zu weiteren Unklarheiten des § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB vgl. Heu-
ser/Leippe/Theile in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl. 2009, Rz. 4659).

f) Umfang der Berichtspflicht

Anzugeben sind für den abgegrenzten Unternehmens- und Personenkreis in HGB-


Abschlüssen zumindest die nicht zu marktüblichen Bedingungen zustande gekom-
menen Geschäfte, und auch nur dann, soweit sie wesentlich sind. Werden insoweit al-
le Geschäfte zu marktüblichen Bedingungen getätigt, entsteht keine Berichtspflicht, un-
abhängig von der Wesentlichkeit. Liegen sowohl zu marktüblichen als auch zu nicht
marktüblichen Bedingungen zustande gekommene wesentliche Geschäfte vor, können
auch alle Geschäfte angegeben werden. Die Beurteilung der Marktüblichkeit setzt ei-
nen Drittvergleich voraus.

Der Begriff Geschäft ist in einem weiten, funktionalen Sinn zu verstehen. Es muss sich
nicht notwendigerweise um Rechtsgeschäfte handeln. Betroffen sind sämtliche Maß-
nahmen, die eine unentgeltliche oder entgeltliche Übertragung oder Nutzung von
Vermögensgegenständen oder Schulden zum Gegenstand haben, mithin alle Transak-
tionen rechtlicher oder wirtschaftlicher Art, die sich auf die Finanzlage eines Unter-
nehmens auswirken können. Dazu gehören Käufe/Verkäufe, Nutzungsüberlassungen,
Finanzierungen, Bürgschaften, Produktionsverlagerungen, Stilllegungen von Betriebs-
teilen, Vereinbarungen beim Ein- oder Verkauf usw. (vgl. BT-Drucks. 16/10067, S. 72).

Eine Beschränkung der Angabepflicht auf marktunübliche Geschäfte besteht nach I-


AS 24 nicht. Hier sind grundsätzlich alle Geschäfte anzugeben. Ohne explizite Nen-
nung gilt der allgemeine Wesentlichkeitsgrundsatz freilich auch im IFRS-Abschluss.

g) Berichtspflicht der Geschäftsvorfälle


(1) HGB-Jahresabschluss: Im persönlichen Anwendungsbereich lägen nur die Ge-
schäftsbeziehungen zwischen H-GmbH und P-ZOO. Sie sind aber zu marktüblichen
Bedingungen zustande gekommen, so dass keine Angabepflicht besteht.

IFRS-Konzernabschluss: Weil alle Geschäftsvorfälle konsolidiert werden, kann nicht


berichtet werden.

(2) HGB-Jahresabschluss: Die Marktüblichkeit von nur unter Aufwandsersatz er-


brachter Forschungs- und Entwicklungsleistungen mag infrage zu stellen sein, so dass
ggf. eine Anhangangabe entstehen könnte. Auf der anderen Seite ist die Wesentlichkeit
aus Sicht der H-GmbH zu beurteilen. Es könnte ein Indiz für die Unwesentlichkeit
sein, dass die Forschung AG noch im Aufbau begriffen und deshalb auch nicht in den
Konzernabschluss einbezogen wird. Hier kommt (überraschend) hinzu: Würde die
Forschung AG (weil sie wesentlich geworden ist) einbezogen werden, entfiele wegen
des 100%igen Anteilsbesitzes die Berichtspflicht. Betrachtet man indes die bezogenen
Leistungen als solche, werden sie aus Sicht der H-GmbH wohl dann als wesentlich

262
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4.3
einzustufen sein, wenn sie von dieser ihrerseits in nutzbringende Produkte und Ver-
fahren umgesetzt werden können.

IFRS-Konzernabschluss: Die Forschung AG wird nicht konsolidiert, so dass dem


Grunde nach Berichtspflicht besteht, und zwar unabhängig von der Marktüblichkeit.
Aber die Überlegungen zur Wesentlichkeit gelten auch hier.

(3) HGB-Jahresabschluss: Es mag aus Sicht eines jungen Unternehmens der Marke-
tingbranche marktüblich sein, gelegentlich und möglicherweise auch dauerhaft un-
entgeltlich Leistungen zu erbringen. Die Marktüblichkeit ist aber immer aus Sicht des
Bericht erstattenden Unternehmens, hier also der H-GmbH, zu beurteilen. Dessen
dauerhafter unentgeltlicher Leistungsbezug dürfte als marktunüblich zu qualifizie-
ren sein, so dass – vorbehaltlich der Wesentlichkeit – eine Angabepflicht zu bejahen ist.

IFRS-Konzernabschluss: Angabepflicht unabhängig von der Marktunüblichkeit.

(4) HGB-Jahresabschluss: Zwar erfolgt die Belieferung durch die S-AG zu besonders
guten Konditionen, was Hinweis auf die Marktunüblichkeit sein kann. Da aber auch
anderen guten Kunden diese Konditionen eingeräumt werden, wäre hier zu prüfen,
ob die H-GmbH die Konditionen wegen ihrer Bonität und Marktstellung erhält (dann:
marktüblich), oder nur deshalb, weil die S-AG ein nahe stehendes Unternehmen ist
(dann: marktunüblich). Die H-GmbH benötigte also Informationen über die wirt-
schaftliche Situation anderer Kunden der S-AG, um den Drittvergleich objektiv nach-
prüfbar darstellen zu können. Sie ist insoweit von der Informationsbereitstellung der
S-AG abhängig.

IFRS-Konzernabschluss: Angabepflicht unabhängig von der Marktunüblichkeit

(5) HGB-Jahresabschluss: Auch beim Gesellschafterdarlehen ist zu fragen, zu welchen


Konditionen sich die H-GmbH durch fremde Dritte üblicherweise finanzieren kann.
Liegt der Zinssatz (deutlich) höher als 1,5 %, ist von Marktunüblichkeit der Gesell-
schafterfinanzierung auszugehen.

IFRS-Konzernabschluss: Angabepflicht unabhängig von der Marktunüblichkeit

(6) HGB-Jahresabschluss: Wenn die Unentgeltlichkeit der Bürgschaft nicht durch an-
dere (Vermögens)Vorteile kompensiert wird, liegen nicht marktübliche Bedingungen
vor. Der Sachverhalt könnte aber steuerschädlich sein (§ 1 AStG), und im Fall ihrer
Wesentlichkeit wäre die Anhangangabe insoweit die auf dem Silbertablett überbrachte
Einladung an die steuerliche Außenprüfung. – Nicht Angabepflichtig ist freilich die
Bürgschaft von C an die P-ZOO: Es handelt sich nicht um ein Geschäft des Bericht er-
stattenden Unternehmens, der H-GmbH.

IFRS-Konzernabschluss: Keine Angabepflicht der Bürgschaft, da konsolidiert.

(7) HGB-Jahresabschluss: Unstrittig liegt hier eine marktunübliche Geschäftsfüh-


rungsvergütung vor, die aufgrund ihrer Auswirkung auf das Jahresergebnis auch als
wesentlich einzustufen ist. Indes besteht die Angabepflicht über die Organvergütung

263
Berichtsinstrumente im IFRS-Abschluss
4
bereits nach § 285 Nr. 9a HGB, die nach Auffassung des IDW als lex specialis selbst
dann anzusehen ist, wenn die H-GmbH von der Schutzklausel des § 286 Abs. 4 HGB
Gebrauch macht (vgl. IDW ERS HFA 33, Rz. 28). Letzteres ist auch bei zwei Gesell-
schaftern möglich (OLG Düsseldorf v. 26.6.1997 – 19 W 2/97, DB 1997, 1609). Daher be-
richtet die H-GmbH weder nach § 285 Nr. 9a noch nach § 285 Nr. 21 HGB über den
vorliegenden Sachverhalt.

IFRS-Konzernabschluss: Im Konzernabschluss ist über die Geschäftsführungsvergü-


tung auf Basis des § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB zu berichten, der auch für den IFRS-
Konzernabschluss einschlägig ist (§ 315a Abs. 1 HGB). Entgegen dem Wortlaut des
§ 286 Abs. 4 HGB ist diese Schutzklausel auch im Konzernabschluss einschlägig (vgl.
statt vieler Ellrott in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 314 HGB Rz. 52).
Folglich besteht keine Angabepflicht aus § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB. Dessen ungeachtet
bleiben aber die Angabepflichten aus IAS 24.16, die die Angabe sämtlicher Bezüge der
Personen in Schlüsselfunktionen des Managements fordert, allerdings in Summe und
nicht individualisiert. Die Angaben bleiben daher hinter jenen des § 314 Abs. 1 Nr. 6
HGB zurück und können außerdem in der Abgrenzung des Managements differieren.

h) Kritische Beurteilung über die Akzeptanz der Normen


Die Begeisterung von Abschlusserstellern – aber auch Abschlussprüfern – über die
neue HGB-Anhangangabe dürfte sich in Grenzen halten. Eine Fülle an Informationen
ist erforderlich, deren Auswertung in hohem Maße ermessensbehaftet ist. Zudem be-
steht die Gefahr steuerschädlicher Angaben. Ob die Angabepflicht deshalb nur ein
„Papiertiger“ bleibt (so Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 2009,
§ 285 HGB Rz. 139), wird sich erst noch zeigen müssen.

Ein Abschlussprüfer wird zwar nicht bei der Evaluierung eheähnlicher Lebensgemein-
schaften Detektiv spielen, sondern sich im Wesentlichen auf die Vollständigkeitserklä-
rung berufen können. Wenn sich dann in einer späteren Periode jedoch herausstellt,
dass offensichtlich nicht ganz koschere Geschäfte unangegeben getätigt worden sind,
bleibt aber in der öffentlichen Wahrnehmung möglicherweise auch für ihn ein
„Geschmäckle“.

Literaturempfehlung: Heuser/Leippe/Theile in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, 4. Aufl.


2009, Rz. 4750-4792; Niehus, Berichterstattung über Geschäfte mit nahe stehenden Per-
sonen nach dem BilMoG und dem Deutschen Corporate Governance Kodex, DB 2008,
2493; Petersen/Zwirner/Busch, Berichterstattungspflichten im Zusammenhang mit na-
türlichen Personen: nahe stehende Personen und Abhängigkeitsbericht, BB 2009, 1854.

264
Aufgaben ohne Lösungen
5.1
5 Aufgaben ohne Lösungen

5.1 Trainingsaufgaben
5.1.1 Berichtsinstrumente
Schwierigkeitsgrad: 

Aufgabenstellung

Beurteilen Sie folgende Aussagen:

a) Bestandteil jedes IFRS-Abschlusses ist ein Eigenkapitalspiegel.


b) Jeder IFRS-Abschluss hat eine Segmentberichterstattung zu enthalten.
c) Jede nach IFRS Bericht erstattende Aktiengesellschaft hat ein Ergebnis je Aktie
auszuweisen.

d) Die Segmentberichterstattung muss vor dem Anhang ausgewiesen werden.

5.1.2 Wesentlichkeit
Schwierigkeitsgrad: 

Aufgabenstellung

Beurteilen Sie folgende Aussagen:

a) Geringwertige Wirtschaftsgüter dürfen im IFRS-Abschluss sofort abgeschrieben


werden.

b) Der Posten Anlageimmobilien macht nur 0,5 % der Bilanzsumme aus und
braucht deshalb auf der Bilanzebene nicht gesondert ausgewiesen zu werden.

c) In einer Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren müs-


sen die planmäßigen Abschreibungen auf Sachanlagen stets gesondert ausgewie-
sen werden.

265

C. Theile, Übungsbuch IFRS, DOI 10.1007/978-3-8349-6833-3_5,


© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Aufgaben ohne Lösungen
5
d) Kleinere Tochtergesellschaften, die kumuliert 1 % des Konzernumsatzes vor Kon-
solidierungsmaßnahmen auf sich vereinen, brauchen nicht konsolidiert zu wer-
den.

5.1.3 Finanzinstrumente
Schwierigkeitsgrad: 

Aufgabenstellung

Beurteilen Sie folgende Aussagen:

a) Pauschalwertberichtigungen zu Forderungen sind im IFRS-Abschluss unzulässig.


b) Die Einbuchung von Kassageschäften muss einheitlich für alle Finanzinstrumente
entweder zum Handelstag oder zum Erfüllungstag erfolgen.

c) Die Einbuchung von Finanzinstrumenten erfolgt immer zum Transaktionswert.


d) Beim echten Factoring müssen Forderungen ausgebucht werden.

5.1.4 Wertminderungen
Schwierigkeitsgrad: 

Aufgabenstellung

Beurteilen Sie folgende Aussagen:

a) Eine Sachanlage ist außerplanmäßig abzuschreiben, wenn ihr Fair Value unter ih-
ren Buchwert sinkt.

b) Vorräte fallen in den Anwendungsbereich des IAS 36.


c) Der Impairment-Test für den Goodwill ist grundsätzlich jährlich durchzuführen.
d) In der Entwicklungsphase befindliche, aktivierte Entwicklungsprojekte müssen
auf Wertminderungen geprüft werden.

266
Aufgaben ohne Lösungen
5.1
5.1.5 Latente Steuern
Schwierigkeitsgrad: 

Aufgabenstellung

Beurteilen Sie folgende Aussagen:

a) Die Steuerabgrenzung nach HGB folgt dem Timing-, und jene nach IFRS dem
Temporary-Konzept.

b) Auf im Eigenkapital erfasste Währungsumrechnungsdifferenzen sind im HGB-


Konzernabschluss genauso wie im IFRS-Konzernabschluss lantente Steuern an-
zusetzen.

c) Im IFRS-Konzernabschluss darf für die Steuerabgrenzung ein Mischsteuersatz


verwendet werden.

d) Auf einen Goodwill aus der Kapitalkonsolidierung sind im IFRS—


Konzernabschluss unabhängig vom share deal oder asset deal keine latenten
Steuern zu berechnen.

5.1.6 Anhang
Schwierigkeitsgrad: 

Aufgabenstellung

Beurteilen Sie folgende Aussagen:

a) Mit der Übereinstimmungserklärung wird bestätigt, dass der Abschluss allen


vom IASB veröffentlichten Standards und Interpretationen entspricht.

b) Die Übereinstimmungserklärung ist vom Abschlussprüfer abzugeben.


c) IFRS Erstanwender ist ein Unternehmen, dessen Abschluss erstmals eine Über-
einstimmungserklärung enthält.

d) Standardentwürfe dürfen bereits angewendet werden, wenn in der Überein-


stimmungserklärung explizit darauf hingewiesen wird.

267
Aufgaben ohne Lösungen
5
5.2 Trainingsfälle

5.2.1 Methodenänderung und Fehlerkorrektur –


Großanlagenbau AG

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die schon länger nach IFRS bilanzierende Großanlagenbau AG hat für ihre zahlrei-
chen Fertigungsaufträge noch nie die Percentage-of-Completion-Methode angewen-
det. Das soll für den Abschluss x4 geändert werden. Der Leiter Rechnungswesen hat
von IAS 8 gehört und weist seine Mitarbeiter an, die Methode bis x1 rückwirkend an-
zuwenden.

Aufgabenstellung

a) Wie kann die rückwirkende Anwendung des IAS 11 begründet werden?


b) Wie ist zu verfahren, wenn die Großanlagenbau AG für x4 erstmals einen IFRS-
Abschluss erstellt?

5.2.2 Neubewertung im Sachanlagevermögen – Fidibus


GmbH

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Fidibus GmbH ist schon seit langem Tochterunternehmen eines nach IFRS bilan-
zierenden Konzerns. Weil die Abweichungen zwischen dem HGB-Abschluss (HB I)
und der für Konzernzwecke zu erstellenden Handelsbilanz II (HB II) nach IFRS nur
sehr gering sind, hat sich der Leiter Rechnungswesen dazu entschlossen, die HB II je-
weils durch Überleitungsbuchungen zu erstellen.

Die Fidibus GmbH besitzt u.a. 2 baugleiche Maschinen (A und B) für die Produktion
von diversen Zauberartikeln. Die Maschinen sind am 02.01.x1 zu je 6.000 T€ erworben

268
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
worden und haben eine Nutzungsdauer von 6 Jahren. Sie werden linear abgeschrie-
ben; zum 31.12.x3 beträgt der Buchwert auf Basis der fortgeführten Anschaffungskos-
ten somit je 3.000 T€, und zwar sowohl in der HB I nach HGB/ Steuerrecht als auch in
der HB II nach IFRS.

Kurz vor Abgabe der jeweiligen Handelsbilanzen II an die Konzernspitze gibt diese
bekannt, dass zur Stärkung des Eigenkapitalausweises zum 31.12.x3 auf maschinelle
Anlagen erstmals die Neubewertungsmethode angewendet werden soll.

Der gegenwärtige und künftige Ertragsteuersatz der Fidibus GmbH beträgt 30 %.

Aufgabenstellung

a) Skizzieren Sie kurz die Neubewertungsmethode.


b) Ist bei erstmaliger Wahl der Neubewertungsmethode auch das Vergleichsvorjahr
anzupassen?

c) Nehmen Sie an, am 31.12.x3 würde eine neue Maschine desselben Typs 7.200 T€
kosten. Wie hoch ist der Fair Value der im Bestand befindlichen Maschinen?

d) Wenden Sie nun die Neubewertungsmethode auf die zwei Maschinen an. Neh-
men Sie dabei die Korrektur der kumulierten Abschreibungen nach IAS 16.35b
vor. Ermitteln Sie die latenten Steuern und geben Sie die Buchungssätze an.

e) Im Geschäftsjahr x4 wird Maschine A planmäßig genutzt. Wie wird dabei in der


Handelsbilanz I gebucht? Zeigen Sie dann die Folgebewertung der Maschine A
für die Handelsbilanz II und geben Sie die Überleitungsbuchungssätze an.

f) Auch Maschine B sollte in x4 planmäßig genutzt werden. Allerdings lief die Ma-
schine zu lange im Kapazitätsmaximum. Am Jahresende erlitt sie daher einen
physischen Totalschaden. Zeigen Sie für diesen Sachverhalt die Buchungen.

g) Im Geschäftsjahr x5 wird durch die Markteinführung einer neuen, technisch we-


sentlich verbesserten Maschine der Fair Value der noch vorhandenen Maschine A
zum 31.12.x5 mit 850 T€ angegeben. Nehmen Sie alle notwendigen Buchungen
für die Handelsbilanz II vor und erläutern Sie diese.

5.2.3 Bilanzierung von Leasingverhältnissen – Bizeps AG


Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Bizeps AG betreibt im Bundesgebiet eine Anzahl exklusiver Fitnessstudios. Für


das rentable Studio in Erfurt plant das Management den Einsatz einer zusätzlichen

269
Aufgaben ohne Lösungen
5
multifunktionalen 12-Stationen Kraftmaschine. Die Investition soll dabei über ein Lea-
singkonstrukt finanziert werden. Dieses sieht in der unkündbaren Grundmietzeit von
5 Jahren jährlich nachschüssig zu leistende Leasingraten in Höhe von 12.000 € vor.
Nach Ablauf der Grundmietzeit soll die Kraftmaschine an den Leasinggeber zurück-
fallen, wobei dieser das Recht hat, die Maschine zu einem Preis von 30.000 € der Bi-
zeps AG anzudienen. Auf die Fixierung einer das Andienungsrecht ergänzenden
Kaufoption wurde verzichtet, da das Management je nach ökonomischer Performance
des Erfurter Studios erwägt, in eine dann verbesserte Kraftmaschine neueren Typs zu
investieren. Der Beginn der Laufzeit des Leasingverhältnisses ist auf den 01.01.x1 da-
tiert.

Aufgabenstellung

a) Klassifizieren Sie das Leasingverhältnis aus Sicht der Bizeps AG. Gehen Sie bei
Ihren Überlegungen davon aus, dass die Bizeps AG bei ihrer Hausbank auch ein
fristenkongruentes Darlehen zum Erwerb einer typ- und ausstattungsgleichen
Kraftmaschine zu 7 % aufnehmen könnte. Unterstellen Sie, dass gemäß der inter-
nen Bilanzierungsrichtlinie der Bizeps AG der Laufzeittest ab einem Wert von
75 % und der Barwerttest ab einem Wert von 90 % als erfüllt gilt. Die Anschaf-
fungskosten der ökonomisch 8 Jahre nutzbaren Kraftmaschine werden im Lea-
singvertrag auf 72.000 € taxiert. Chancen aus der Anschlussverwertung der
Kraftmaschine, die formal beim Leasinggeber liegen, fallen wirtschaftlich nicht
ins Gewicht.

b) Wie ist das Leasingverhältnis während der Vertragslaufzeit in den Büchern der
Bizeps AG abzubilden? Latente Steuern sollen außer Acht bleiben.

c) Wie könnten erläuternde Angaben zum 31.12.x1 im Anhang formuliert werden,


wenn sie den zugehörigen Anforderungen des IAS 17 entsprechen sollen? Erar-
beiten Sie für die Bizeps AG exemplarisch einen Vorschlag. Unterstellen Sie, dass
neben dem oben beschriebenen Vertragsverhältnis keine weiteren Leasingverträ-
ge geschlossen wurden.

5.2.4 Abbildung des Erwerbs der Vermögenswerte und


Schulden eines Einzelkaufmanns – Klaus Korn e.K.
Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Die Digestif GmbH produziert und vertreibt hochwertige Edelbrände. Um Größende-


gressionseffekte schneller erreichen zu können, ist die Geschäftsführung schon seit
Monaten auf der Suche nach anderen Unternehmen, die das Produkt- und Produkti-

270
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
onsportfolio sinnvoll ergänzen können. Dabei stieß es auf das Unternehmen des Ein-
zelkaufmanns Klaus Korn, der aus Alltagsgründen seine Schnapsbrennerei verkaufen
will. Die Digestif GmbH hat im Rahmen einer Due Diligence festgestellt, dass das
Sachanlagevermögen des Klaus Korn aufgrund degressiver und steuerlicher Sonder-
abschreibungen um 80 T€ unter den Zeitwerten liegt. Der Marktwert der Vorräte liegt
um 30 T€ über dem bilanziellen Ausweis, und der Betrieb verfügt über einen nicht bi-
lanzierten Auftragsbestand, dessen Wert von rund 20 T€ sich im nächsten Geschäfts-
jahr realisieren wird.

Außerdem kann Klaus Korn die Geschäftsführung der Digestif GmbH von seinem
sensationell gut ausgebildeten und eingespielten Personal überzeugen, so dass man
sich auf einem Barzahlungspreis von 310 T€ für das Unternehmen des Klaus Korn ei-
nigt.

Nachfolgend sind die stark verkleinerten Bilanzen des Klaus Korn e.K. und der Di-
gestif GmbH unmittelbar vor dem Unternehmenserwerb angegeben. Stören Sie sich
nicht an der ggf. von IFRS abweichenden Gliederung.

Tabelle 5-1: Bilanz des Klaus Korn e.K. (in T€), Aufgabenblatt
Aktiva Passiva
HK ZW HK ZW
Anlagevermögen Eigenkapital 130
Sachanlagen 320 Rückstellungen 100
Umlaufvermögen Verbindlichkeiten 440
Vorräte 190
Forderungen aLL 50
sonstige VG 110
Summe 670 Summe 670

271
Aufgaben ohne Lösungen
5
Tabelle 5-2: Bilanz der Digestif GmbH (in T€), Aufgabenblatt
Aktiva Passiva
Erwerb Erwerb
vorher nachher vorher nachher
Anlagevermögen gez. Kapital 50
Goodwill Kapitalrücklagen 80
Sachanlagen 670 Gewinnrücklagen 700
Finanzanlage 110 Bilanzgewinn 30
Umlaufvermögen Rückstellungen 460
Vorräte 550 Verbindlichkeiten 920
Forderungen aLL 430
sonstige VG 480
Summe 2.240 Summe 2.240

Aufgabenstellung

a) Setzen Sie in der Bilanz des Klaus Korn die einzeln identifizierbaren Vermögens-
werte und Schulden zu Zeitwerten an. Wie hoch ist das zu Zeitwerten bewertete
Eigenkapital?

b) Stellen Sie die Bilanz der Digestif GmbH nach Erwerb des Unternehmens des
Klaus Korn auf.

Nutzen Sie zur Hilfestellung die im Sachverhalt vorgefertigte Bilanz.

c) Nehmen Sie an, bei dem erworbenen Unternehmen handelt es sich um die Klaus
Korn GmbH. Wie könnte in einem Abschluss der Digestif GmbH derselbe Infor-
mationsgehalt wie unter b) erzielt werden?

5.2.5 Wertminderungen – Bluefuel Corp.


Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Der bisher aus den Segmenten „Reifen“ und „Motorelektronik“ bestehende Konzern K
erwirbt Anfang x1 das Unternehmen T, das Komponenten für alternative Fahrzeugan-
triebe produziert. T bildet im Konzern das dritte Segment „alternative Antriebe“ und

272
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
ist in die Sparten „Hybrid“ und „Wasserstoff“ aufgeteilt. Bei der Erstkonsolidierung
entstand ein Goodwill von 700 T€, wovon 500 T€ dem Segment „alternative Antriebe“
insgesamt zugeordnet worden sind, weil man eine Einzelaufteilung auf die beiden
Sparten „Hybrid“ und „Wasserstoff“ nicht für möglich hält. Allerdings glaubt man
wegen Einkaufsvorteilen auch an Synergieeffekte im Segment „Motorelektronik“, so
dass auch diesem Bereich ein Goodwill von 200 T€ zugewiesen wurde.

Im Geschäftsjahr x1 erfährt das Management von K, dass die in der Dieseltechnologie


tätige „Bluefuel Corp.“ sensationelle Entwicklungserfolge erzielt hat, wonach der
Verbrauch von Dieselmotoren um 1/3 und die CO2-Emissionen sogar um 80 % redu-
ziert werden können. Das Management von K befürchtet daraufhin, dass der Techno-
logievorsprung des Bereichs „Hybrid“ dezimiert ist und sieht sich aufgrund dieses
Wertminderungsindikators veranlasst, die CGU „Hybrid“ (CGUH) auf eine eventuelle
Wertminderung hin zu überprüfen. Demgegenüber sieht man die Position der lang-
fristig ausgerichteten Wasserstoffsparte als nicht gefährdet an.

Die relevanten Daten sind wie folgt:

Tabelle 5-3: Daten des Segments „Alternative Antriebe“ (in T€)

Segment „Alternative Antriebe“

Ausgangsdaten zum 31.12.x1 CGUH CGUW Zwischensumme HV GoF Total

Buchwert lt. Bilanz 650 500 1.150 220 500 1.870

Nettoveräußerungspreis - - - 200 - -

Nutzungswert 600 650 1.250 - 100 - 1.150

Legende:
CGUH = Sparte „Hybrid“ HV = Hauptverwaltung
CGUW = Sparte „Wasserstoff“ GoF = Goodwill

Da der Goodwill keiner der beiden CGU zugeordnet worden ist, ist nicht nur die
CGUH, sondern zusätzlich das Segment „alternative Antriebe“ einem Wertminde-
rungstest zu unterziehen. Dem Segment ist als gemeinschaftlicher Vermögenswert sei-
ne Hauptverwaltung (HV) zuzurechnen, wobei eine vernünftige und stetige Auftei-
lung ihres Buchwertes auf die beiden CGUH und CGUW nicht möglich sei. Für die HV
kann ein Nettoveräußerungspreis ermittelt werden. Im Übrigen verursacht die HV
ausschließlich Ausgaben, deren Barwert in der Zeile Nutzungswert eingetragen wurde.

273
Aufgaben ohne Lösungen
5
Aufgabenstellung

a) Zu welchem Ergebnis führt der Impairment-Test der CGUH? Beschreiben Sie, wie
eine evtl. Wertminderung auf die Vermögenswerte der CGUH zu verteilen ist.

b) Führen Sie den Impairment-Test des Segments „alternative Antriebe“ (AA)


durch. Nutzen Sie dabei die nachfolgende Tabelle. Wie ist zu erklären, dass beide
CGU noch einen Wertminderungsaufwand tragen, obwohl CGUH bereits auf
Wertminderung getestet worden ist und der Nutzungswert von CGUW über dem
Buchwert liegt?

Tabelle 5-4: Wertminderung (in T€), Arbeitsblatt


31.12.x1 CGUH CGUW HV GoF Alt. Antriebe
Buchwerte nach Wertminderung
CGUH
Nutzungswert Segment AA gesamt
Wertminderung von Segment AA
davon vorab Goodwill
davon nach Relation der Buchwerte
Buchwerte nach Wertminderung
CGUH
vorab Goodwill
Zwischensumme
Relation der Buchwerte
Rest nach Relation der Buchwerte
Zwischensumme
Relation der Buchwerte
Umschichtung
Buchwerte nach Wertminderung

274
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
5.2.6 Einflussnahme auf andere Unternehmen – Spielzeug
GmbH

Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Alois Schubert hält 60 % und seine Frau Rosi 40 % der Anteile der in Nürnberg ansäs-
sigen Spielzeug GmbH, die seit x2 ihren Konzernabschluss nach IFRS aufstellt. Im Jahr
x4 hat die GmbH u.a. folgende Geschäfte getätigt:

(1) Das Verwaltungsgebäude ist im Februar an die nur für diesen Zweck neu ge-
gründete Burglease GmbH veräußert und zurückgemietet worden; der Leasing-
vertrag ist klar ein Operating-Leasing. Einzige Gesellschafterin der Burglease ist
Rosi Schubert. Über den Leasingvertrag hinaus bestehen keinerlei Vereinbarun-
gen zwischen der Burglease GmbH und der Spielzeug GmbH.

(2) Erwerb von 41 % der stimmberechtigten Stammaktien der Toi AG im März. Schon
seit x1 besitzt nur die Spielzeug GmbH Wandelanleihen der Toi AG, die im Fall
der Wandlung zu weiteren 10 % stimmberechtigten Stammaktien führen würden.
Die Ausübung des Wandlungsrechts ist bis Juli x5 möglich, aber von der Spiel-
zeug GmbH nicht geplant. Die Toi AG ihrerseits hat im Juli 18 % der Anteile an
der Dragon plc. erworben und stellt aufgrund einer Vereinbarung mit den übri-
gen Anteilseignern einen der vier Boardmitglieder.

(3) Mit notariellem Kaufvertrag vom 12.09. ist der Betrieb des Holzschnitzers Xaver
Hinterhuber aus Furth im Wald, der sich auf sein Altenteil zurückzieht, erworben
worden.

Aufgabenstellung

Charakterisieren Sie die Beziehungen der in den drei Fällen genannten Unternehmen
zur Spielzeug GmbH aus IFRS-Perspektive. Liegen Unternehmenszusammenschlüsse
vor? Als was bzw. wie sind die genannten Unternehmen im Konzernabschluss der
Spielzeug GmbH abzubilden? Skizzieren Sie die sich ergebenden Berichtspflichten.

275
Aufgaben ohne Lösungen
5
5.2.7 Erwerbszeitpunkt und Gegenleistung – Slowly AG
Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Der Vorstand der an der Frankfurter Börse notierten und im Streubesitz befindlichen
Slowly AG, Mutterunternehmen eines Textilkonzerns, wird sich im Januar x1 mit den
Gesellschaftern der Damast GmbH einig, das Unternehmen zu übernehmen. Die Da-
mast GmbH ist zwar bedeutend kleiner als der Slowly-Konzern, dafür aber hoch profi-
tabel und mit einigen Luxusmarken weltweit bekannt; einzig die Nähgarnsparte ist
nicht rentabel. Die Slowly AG verspricht sich vom Erwerb eine nachhaltige Steigerung
ihres Unternehmenswertes. Der Erwerbsvorgang vollzieht sich in folgenden Schritten:

Tabelle 5-5: Zeitliche Abfolge der Erwerbsschritte zum Kauf der Damast GmbH
€-Kurs
x1 Ereignis Slowly
Aktie
24.01. Der Slowly-Vorstand beginnt mit Damast GmbH-Gesellschaftern 21
die Kaufverhandlungen; grundsätzliche Einigung
16.03. Aufsichtsrat der Slowly AG stimmt dem Erwerb zu 24
14.05. Abends: In einer langen Nachtsitzung vereinbaren der Vorstand 23
der Slowly AG und die Gesellschafter der Damast GmbH, dass die
Slowly AG sämtliche Anteile der GmbH gegen Hingabe von 10 %
der Aktien der Slowly AG (= 5 Mio. Stück) erwirbt; rechtswirksam
wird der Kauf erst bei (nicht bezweifelter) kartellrechtlicher Ge-
nehmigung, wobei unverzüglich an diesem Tag auch die Anteile
übertragen werden sollen; vom 15.05. bis zur kartellrechtlichen
Genehmigung des Erwerbs führen die Altgesellschafter die lau-
fenden, operativen Geschäfte der GmbH weiter; erst ab dem 01.06.
können, dann aber zusammen mit dem Vorstand der Slowly AG,
auch wieder strategische Maßnahmen ergriffen werden, vor allem
einige Restrukturierungen bei der GmbH, so etwa die Veräuße-
rung der unrentablen Nähgarnsparte
15.05. Morgens: Ad-hoc-Mitteilung über den Erwerb 35
16.05. Notarieller Kaufvertrag; Veröffentlichung Quartalsabschluss 31.03. 34
23.05. Beantragung der kartellrechtlichen Genehmigung des Erwerbs 36
01.06. Vorbereitung von Restrukturierungsmaßnahmen 38
04.09. Kartellrechtliche Genehmigung wird erteilt, GmbH-Anteile und 31
Aktien werden übertragen

Außerdem wurde am 14.05. vereinbart, dass zusätzlich 1 % Slowly-Aktien zu überge-


ben sind, falls der Kurswert der Aktie am letzten Börsentag x1 um mehr als 10 % unter

276
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
jenem Kurs liegt, der zum Erwerbszeitpunkt i.S.v. IFRS 3 festgestellt worden ist. Der
Vorstand der Slowly AG hält eine solche Schwankung für unwahrscheinlich. Tatsäch-
lich beträgt der Börsenkurs am Jahresende 33 €. Schließlich wurde vereinbart, dass die
bis zum Erwerbszeitpunkt i.S.v. IFRS 3 aufgelaufenen Ergebnisse der GmbH den Alt-
gesellschaftern zukommen sollen.

Aufgabenstellung

a) Ermitteln Sie das Datum des Unternehmenszusammenschlusses. Welche Bedeu-


tung kommt dem Datum im Hinblick auf Konsolidierungsvorgänge zu?

b) Wie hoch ist die Gegenleistung des Unternehmenserwerbs?


c) Ist über den Unternehmenserwerb zum Quartalsabschluss (31.03.) oder Halbjah-
resabschluss (30.06.) der Slowly AG zu berichten, und wenn ja, wie?

d) Nehmen Sie an, die kartellrechtliche Genehmigung wird nicht erteilt. Welche
Maßnahmen sind dann in welchem Abschluss der Slowly AG zu ergreifen?

5.2.8 Konzernkapitalflussrechnung – Cash & Curry AG


Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt:

Der Handelskonzern Cash & Curry AG weist zum 31.12.x2 folgende Konzernbilanz
aus:

Tabelle 5-6: Konzernbilanz der Cash & Curry AG zum 31.12.x2 (in T€)

31.12.x2 31.12.x1
Goodwill 1.000 0
Sachanlagen 3.800 1.500
Vorräte 5.000 4.500
Flüssige Mittel 700 1.000
Summe Aktiva 10.500 7.000
Eigenkapital Konzernmutter 3.200 2.700
Eigenkapital Minderheiten 800 300
Kaufpreisverbindlichkeit 300 0
Verbindlichkeiten aLuL 6.200 4.000
Summe Passiva 10.500 7.000

277
Aufgaben ohne Lösungen
5
Am 01.12.x2 wurden 60 % der Anteile am niederländischen Handelsunternehmen
ORTEM N.V. zum Preis von 1.600 T€ erworben. Die Konsolidierung zur Aufstellung
der o.a. Bilanz erfolgte nach der Neubewertungsmethode. Der Konsolidierung wurden
folgende Fair Values des ORTEM-Konzerns zugrundegelegt:

Tabelle 5-7: Konzernbilanz der ORTEM N.V. zum 01.12.x2 (in T€), Fair Value

Aktiva Passiva
Sachanlagen 2.000 Eigenkapital Konzernmutter 600
Vorräte 1.200 Eigenkapital Minderheiten 400
flüssige Mittel 50 Verbindlichkeiten aus LuL 2.250
Summe 3.250 Summe 3.250

Bis zum 31.12.x2 wurde ein Teilbetrag des Kaufpreises von 1.300 T€ in bar bezahlt; der
Rest (300 T€) ist als Kaufpreisverbindlichkeit passiviert.

Nachfolgend sind der Konzern-Anlagespiegel und der Konzern-Eigenkapitalspiegel


der Cash & Curry AG aufgeführt:

Tabelle 5-8: Konzern-Anlagespiegel für das Geschäftsjahr x2 (in T€)

Goodwill Sachanlagen

1. Bruttowerte
01.01.x2 0 5.000
Zugänge 0 500
Änderung Konsolidierungskreis 1.000 2.000
Währungsumrechnung 600
31.12.x2 1.000 8.100
2. Kumulierte Abschreibungen
01.01.x2 0 - 3.500
Zuführung - 600
Währungsumrechnung 0 - 200
31.12.x2 0 - 4.300
3. Nettobuchwerte
01.01.x2 0 1.500
31.12.x2 1.000 3.800

278
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
Tabelle 5-9: Konzern-Eigenkapitalspiegel für das Geschäftsjahr x2 (in T€)

Konzernmutter
Gewinnrückla-

umrechnungs-

Fremdanteile

eigenkapital
gezeichnetes

Währungs-

Anteil der

Konzern-
differenz
Kapitel

gen
Stand 01.01.x2 1.000 2.000 - 300 2.700 300 3.000
Währungsumrechnung 200 200 50 250
Jahresüberschuss 600 600 75 675
Konzerngesamtergebnis 0 600 200 800 125 925
Dividenden - 300 - 300 - 25 - 325
Veränderung Konsolidierungskreis 0 400 400
Stand 31.12.x2 1.000 2.300 -100 3.200 800 4.000

Aufgabe:

a) Welche Besonderheiten bestehen in Bezug auf eine Konzernkapitalflussrech-


nung?

b) Stellen Sie die Konzernkapitalflussrechung der Cash & Curry AG für das Jahr x2
auf.

Benutzen Sie zur Ermittlung der Veränderung des Nettoumlaufvermögens das


nachfolgende Schema einer Veränderungsbilanz. Bis einschließlich der Spalte C
gleicht dieses Schema dem in der Lösung zu Aufgabe 4.2.2 a) verwendeten. Diese
vorläufigen Veränderungen sind um die Veränderungen aus der Erweiterung des
Konsolidierungskreises (Erwerb der ORTEM N.V. in Spalte D) sowie um die er-
folgsneutralen Währungsumrechnungsdifferenzen (Spalte E) zu bereinigen.

Einige Werte sind bereits eingetragen: Entnehmen Sie die fehlenden Angaben aus
der Bilanz der ORTEM N.V. zum Erstkonsolidierungszeitpunkt sowie aus dem
Anlagen- und dem Eigenkapitalspiegel die Währungsumrechnungsdifferenzen in
Bezug auf die Sachanlagen und das Eigenkapital. Beachten Sie dabei, dass die
Währungseffekte mit negativem Vorzeichen einzutragen sind, da Währungsgewinne
abgezogen werden.

279
Aufgaben ohne Lösungen
5
Tabelle 5-10: Veränderungsbilanz (in T€), Aufgabenblatt

D
C
B

F
Konzernbilanz

Konzernbilanz

erfolgsneutral
Veränderung

veränderung
umrechnung
Erweiterung
Konsolidie-

Währungs-
rungskreis
01.12.x2
31.12.x2

31.12.x1

Rest-
Goodwill 1.000 0 1.000
Sachanlagen 3.800 1.500 2.300 - 2.000
Vorräte 5.000 4.500 500 - 50
Flüssige Mittel 700 1.000 - 300 - 10
Summe Aktiva 10.500 7.000 3.500 - 460
Eigenkapital Konzernmutter 3.200 2.700 500
Eigenkapital Minderheiten 800 300 500
Kaufpreisverbindlichkeit 300 0 300 0
Verbindlichkeiten aus LuL 6.200 4.000 2.200 - 210
Summe Passiva 10.500 7.000 3.500

280
Aufgaben ohne Lösungen
5.2
Tragen Sie nun alle relevanten Werte in die Konzern-Kapitalflussrechnung ein:

Tabelle 5-11: Konzernkapitalflussrechnung für das Geschäftsjahr x2 (in T€)

x2
Jahresüberschuss
Abschreibungen auf Anlagevermögen
Brutto-Cashflow
Zunahme (-)/ Abnahme (+) der Vorräte
Abnahme (-)/ Zunahme (+) der Verbindlichkeiten aus LuL
Veränderung des Nettoumlaufvermögens
Mittelzufluss aus operativer Tätigkeit
Investitionen in Sachanlagen
Akquisitionen (Erwerb der ORTEM N.V.)
Mittelabfluss aus investiver Tätigkeit
Ausschüttungen
Mittelabfluss aus Finanzierungstätigkeit
Veränderung der flüssigen Mittel
Veränderung der flüssigen Mittel durch Wechselkursänderungen
Flüssige Mittel am 31.12.x1 1.000
Flüssige Mittel am 31.12.x2 700

5.2.9 Equity-Methode – Maja AG


Schwierigkeitsgrad: 

Sachverhalt

Der nach IFRS bilanzierende Süßwarenhersteller Willi AG erwirbt zum 01.01.x1 eine
15 %ige Beteiligung des Honigspezialisten Maja AG zu Anschaffungskosten von
150 T€. Im Zuge einer engen Zusammenarbeit wird ferner vereinbart, dass die Maja
AG unter eigenem Namen verschiedene Sorten von Honig aus der Produktion der
Willi AG anbieten soll. Außerdem wechselt wichtiges Führungspersonal aus dem
Controllingbereich der Willi AG zur Maja AG, um deren Ertragskraft zu steigern.
Schließlich vereinbart man die Bündelung der Forschungsaktivitäten.

281
Aufgaben ohne Lösungen
5
In den Folgejahren entwickelt sich das Eigenkapital der Maja AG wie folgt:

Tabelle 5-12: Eigenkapitalentwicklung der Maja AG (in T€)

x1 x2 x3 x4

EK Jahresanfang 400 700 560 1.333

Ausschüttung - 100 - 200

Jahresergebnis 300 - 40 773 300

EK Jahresende 700 560 1.333 1.433

Aufgabenstellung

a) Begründen Sie, warum es sich bei der Maja AG aus Sicht der Willi AG um ein as-
soziiertes Unternehmen handelt.

b) Wie ist die Beteiligung im IFRS-Konzernabschluss der Willi AG in den Jahren x1


bis x4 auf Basis der vorliegenden Informationen zu bilanzieren?

c) Muss die Willi AG einen jährlichen Impairment-Test für die Beteiligung an der
Maja AG durchführen?

282
Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Abschreibung Ansammlungsrückstellung 41

Abschreibungsbeginn 45 Anschaffungs- und


Herstellungskosten 36, 147
Abschreibungsmethode 44
Anschaffungskosten
Abschreibungsplan 47
Abbauverpflichtung 40
Außerplanmäßig 145
Anschaffungsnebenkosten 41
Entwicklungskosten 33
Entsorgungsverpflichtung 146
Immaterielle Vermögenswerte 33
Fremdkapitalkosten 39
Latente Steuern 47
Investitionszuschuss 38
Methoden 46
nach HGB 35
Nutzungsdauer 44
Vorräte 89
Sachanlagen 44
asset deal 172
Steuerrechtlich 45
assoziierte Unternehmen 234
Abschreibungsmethoden 46
at Fair Value through profit or loss
Abstrakte Bilanzierungsfähigkeit 21
108
accruals 122
Auftragsfertigung
Agio 142
Fertigstellungsgrad 96
Aktiver Markt 26
kundenspezifische Einzelfertigung
Anhang 249, 267 95
Aufstellung des Anteilsbesitzes 251 Verlustberücksichtigung 105
Gesamtbezüge von Vertragsänderung 103
Organmitgliedern 252
außerordentliches Ergebnis 234
Honorar des Abschlussprüfers 251
Außerplanmäßige Abschreibung 145
Latente Steuern 251
available-for-sale 154
Nahe stehende Unternehmen und
bargain purchase option test 65
Personen 251, 257
Barpreisäquivalent 112
Anlageimmobilien 58, 156

283

C. Theile, Übungsbuch IFRS, DOI 10.1007/978-3-8349-6833-3,


© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Stichwortverzeichnis

Barwerttest 67, 73, 75 Genussscheinkapital 140

Beherrschungsvertrag 12 individueller Anspruch 137

Bestätigungsvermerk 153 kollektiver Anspruch 137

Bilanzeid 7 Eigenkapitalquote 134

Bilanzgliederung Eigenkapitalspiegel 216, 238

Gliederung nach Fristigkeit 223 Einzelbewertung 88

Gliederung nach Liquidität 223 Einzelbewertungsgrundsatz 52, 172

held-for-sale 224 elektronischer Bundesanzeiger 4

Bilanzierungsmethoden Entsorgungsverpflichtung 149

Änderungsvoraussetzung 157 Entwicklungskosten 29

Methodenwechsel 157 Abschreibung 33

Cash Flow 248 Ansatzvoraussetzungen 29

Completed-Contract-Methode 94 Definition 29

cost-to-cost-method 102 Entwicklungsphase 29

DCF-Verfahren 30, 199 Ergebnis je Aktie 134, 234

Lizenzpreisanalogie 200 Erstkonsolidierung 177

Residualwertmethode 201 EU-Kommission 17

Disagio 116 EU-Verordnungen 3

Due Diligence 195 Fair Value Definition 174

due process 14 Faktische Verpflichtungen 119

EBIT 233 fast close 152

EBITDA 233 Femdkapitalkosten

economic life test 66 Aktivierungsvoraussetzungen 49

Eigenkapital Berrechnung 50

Abgrenzungskriterien 137 qualifying asset 49

bei AG 137 Fertigungsauftrag

bei GmbH 137 Bilanzierung 94

bei GmbH & Co. KG 138 Completed-Contract-Methode 94

bei Personengesellschaften 138 Fertigstellungsgrad 96

284
Stichwortverzeichnis

kundenspezifische Einzelfertigung zusammengesetzte 142


95
Finanzpläne 30
Percentage-of-Completion-Methode
Folgekonsolidierung 180
94
Freigabe des Abschlusses 152
Verlustberücksichtigung 105
Freiverkehr 4
Vertagsänderung 103
Fremdkapitalkosten 39
Finanzergebnis 234
Geregelter Markt 3
Finanzierungs-Leasingvertrag 66
Gesamtergebnisrechnung 240
Finanzinstrumente
Bestandteile 226
Anleiheemission 116
Versicherungsmathematische
at Fair Value through profit or loss
Gewinne und Verluste 133
108
Gesamtkostenverfahren 230
Ausgabekurs 115
Geschäfts- oder Firmenwert 172
Auszahlungsstrom 114
Geschäftszyklus 223
available-for-sale 109
Gewichteten Kapitalkosten (WACC)
compound instrument 142
203
Effektivzinsmethode 113
Gewinn und Verlustrechnung
Fair Value Option 109
Gesamtkostenverfahren 229
held for trading 108
Umsatzkosten 231
held-to-maturity 109
Umsatzkostenverfahren 229
Industrieanleihe 110
Goodwill 172
Kategorisierung 108
Latente Steuern 177
loans and receivables 109
Währungsumrechnung 212
one-day-loss 113
Gründungskosten 25
Optionsanleihe 142
held for trading 108
Risiko- Rendite- Zusammenhang
held-to-maturity 109
115
Herstellungskosten 85, 228
Spekulationsabsicht 110
Divisionskalkulation 229
Überleitung nach IFRS 7 224
Entwicklungskosten 230
vorzeitige Veräußerung 111
Latente Steuern 230

285
Stichwortverzeichnis

IASB 14 Erstkonsolidierung 177

IAS-Verordnung 2 Folgekonsolidierung 180

IFRS Full Goodwill Methode 183

due process 14 Handelsbilanz III 177

Standard-Endorsement 15 Neubewertungsmethode 178

vorzeitige Anwendung 16 reverse acquisition 191

Immaterielle Vermögenswerte 22 Komponentenansatz 53, 118

Aktivierungsvoraussetzungen 23 Kongruenz-Prinzip 238

Entwicklungsphase 29 Konsolidierungskreisänderung 240

Folgebewertung 25 Konzernabschluss 173

Identifizierbarkeit 22 asset deal 172

Impairment-Test 32 Aufstellungspflicht 5

nach HGB 26 Control-Konzept 7

Schulungskosten 25 Einbeziehungswahlrecht 8

Impairment 175 Einzelewerbsfiktion 198

Impairment-Test 32 Eventualschulden 199

Insolvenz Fair Value Bewertung 200

Wertaufhellung 153 Goodwill 172

Interner Zinsfuss 116 share deal 172

investment property 58 Unternehmenserwerb 174

Jahresabschluss Währungsumrechnung 211

Offenlegungsbefreiung 12 Zweckgesellschaft 7

Kapitalflussrechnung 246 Lagebericht 152, 251

Finanzmittelfonds 246, 249 Latente Steuern

indirekte Darstellung 247 Ausweis 223

Investitions- und outside(basis)-Differenzen 213


Finanzierungstätigkeit 247
Steuersatz 166
Operative Tätigkeit 246
Steuersatzsenkung 164
Kapitalkonsolidierung 177
temporäre Differenzen 164

286
Stichwortverzeichnis

Überleitungsrechnung 166 Fair Value 202

Währungsumrechnung 213 Nachtragsprüfung 153

Laufzeittest 66 nahe stehende Unternehmen und


Personen
Leasing
Familienangehörige 260
Anhangangaben Leasinggeber 78
Geschäftsdefinition 262
Anhangangaben Leasingnehmer 81
marktübliche Bedingungen 262
bargain purchase option test 65
maßgeblicher Einfluss 260
Barwerttest 67, 73, 75
Sinn der Angabe 259
economic life test 66
steuerliche Außenprüfung 263
Ertragserfassung Leasinggeber 76
wesentliche Geschäftspartner 260
Finanzierungs-Leasingvertrag 66
Wesentlichkeit 262
Laufzeittest 66, 72
Nettoveräußerungspreis 145
Leasingerlass 64
Neubewertungsmethode 26, 159
Mindestleasingzahlung 67, 73
Nutzungswert 145
Operating-Leasingverhältnis 66
Operating-Leasingverhältnis 66, 73
Operating-Leasingverhältnisse 73
Optionsanleihe 141
Ratingagenturen 81
other comprehensive income 238
recovery of investment test 66
Pensionsverpflichtungen
Teilamortisationserlass für Mobilien
64 Anwartschaftsbarwertverfahren 128

transfer of ownership test 65 Ausweis 132

Leasingerlass 64 Bewertungsparameter 128

Leasingvertrag erfolgsneutrale Verrechnung 132

Neuklassifizierung 82 Korridormethode 131, 132

Liquidationswerte 154 nachzuverrechnender


Dienstzeitaufwand 129
Maßgeblichkeit, umgekehrte 45
Pensionenspiegel 129
Mezzanine Kapital 140
Pensionsaufwand 130
Mindestleasingzahlung 73
Pensionszahlung 130
Mitarbeiterstamm
Planvermögen 128

287
Stichwortverzeichnis

versicherungsmathematische Schulungskosten 25
Gewinne/ Verluste 129, 131
Schwebende Geschäfte 21
Percentage-of-Completion-Methode
share deal 172
94
Spekulationsabsicht 110
Anwendungsvoraussetzungen 95
Stichtagsprinzip 152
cost-to-cost-method 96
Substanzwert 170, 207
efforts-expended-method 96
Tax Amortisation Benefit 200
physical-observation-method 96
Teilamortisationserlass für Mobilien
qualifizierter Vermögenswert 39, 49
64
recovery of investment test 66
Teilkonzernabschluss 3, 11
recycling 133, 240
Befreiung 11
Restrukturierung 121
transfer of ownership test 65
reverse acquisition 191
Übereinstimmungserklärung 7
Rückstellungen
Umsatzkostenverfahren 231
Abzinsungspflicht 147
Unternehmenserwerb 174
Anpassungsverpflichtung 118
Forschungsprojekt 180
Ansammlungsrückstellung 147
Unternehmensfortführung 154
Ansatzvoraussetzungen 118
Unternehmenszusammenschluss
Aufwandsrückstellungen 118
asset deal 172
Drohverluste 122
Earn-Out-Klausel 187
Kulanzleistungen 119
Einzelerwerbsfiktion 198
Restrukturierung 121
Eventualschulden 199
Sachanlagen
Exit Fee 188
Anschaffungs- und
Fair Value Bewertung 200
Herstellungskosten- 36
Forschungsprojekt 177
component approach 53
Goodwill 172, 178
Generalüberholung 54
Handelsbilanz III 177
Neubewertungsmethode 159
Konrollprämie 184
Saldierung 225
non-controlling interests 178
Schätzungsänderung 104

288
Stichwortverzeichnis

reverse acquisition 191 Verbrauchsfolgeverfahren 89

share deal 172 Vorsichtsprinzip 34

Verbrauchsfolgeverfahren Währungsumrechnung

Durchschnittsmethode 89 Funktionale Währung 211

FiFo-Methode 89 latente Steuern 213

LiFo-Methode 89 Stichtagskursmethode 211

Verfügungsmacht 21 Wertaufhellung 152

Vermögenswert Wertbegründung 152

Definitionsmerkmale 20 Wertminderung 145, 150

Verfügungsmacht 25 Indikator 150

Vorräte Wesentlichkeit 8, 157, 262

Anschaffungskosten 89 wirtschaftliches Eigentum 65

Bewertung 88 nach Steuerrecht 64

Latente Steuern 91 Zuwendungen der öffentlichen Hand


38
Nettoveräußerungswert 153
Zweckgesellschaft 7
Niederstwertprinzip 91

289

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