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3.

533 Der Hexenhammer Hexenhammer

Heinrich Kramer (Institoris)

Der Hexenhammer
Malleus Maleficarum

Hexen
3.534 Vorwort Hexenhammer, 7

Vorwort

Publikationen entstehen nicht im luftleeren Raum. Die


vorliegende Neuübersetzung des Malleus Malefica-
rum verdankt sich den Kontakten zwischen einem der
Herausgeber, Wolfgang Behringer (München/York),
und dem Deutschen Taschenbuch Verlag in München.
Die Neuherausgabe des Dokumentenbandes »Hexen
und Hexenprozesse in Deutschland« bot Anlaß zu
einer Anfrage beim Verlag, ob man die alte Hexen-
hammer-Übersetzung des Indologen J.W. Richard
Schmidt nicht durch eine brauchbarere ersetzen könn-
te. Dieser Vorschlag wurde nicht nur begrüßt, son-
dern mit der Bitte verbunden, dies möglichst zügig
ins Werk zu setzen. Um den damit entstandenen Zug-
zwang ins Positive zu wenden, erfolgte die Kontakt-
aufnahme mit Günter Jerouschek (Jena), einem durch
mehrere Publikationen ausgewiesenen Spezialisten
für den Hexenhammer, für die Planung der gemeinsa-
men Neuausgabe.
Für die Neuübersetzung dazugewonnen und im
Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemein-
schaft (DFG) geförderten Projekts (Leitung Günter
Jerouschek) beschäftigt wurde Werner Tschacher (Aa-
chen), ausgewiesen durch seine Dissertation über den
Formicarius des Johannes Nider. Eine Rohüberset-

Hexen
3.535 Vorwort Hexenhammer, 7

zung wurde von den Übersetzern drei arbeitsaufwen-


digen Korrekturdurchgängen anhand des lateinischen
Originals unterworfen, die auf Arbeitstagungen in
Jena, Erfurt und München diskutiert wurden. Große
Teile der Übersetzung wurden zusätzlich durch Prof.
Dr. Othon Scholer (Luxemburg) überprüft. Für seine
Bereitschaft zur Mitwirkung waren wir um so dank-
barer, als der unerwartete Tod von Prof. Dr. Dr. Win-
fried Trusen (Würzburg), der seine Mitarbeit bereits
zugesagt hatte, für unser Team einen schweren Ver-
lust bedeutet hat. Danken möchten wir auch Sonja
Kinzler (München) für die Erstellung des Registers.
Besonders nützlich bei der Kommentierung der Über-
setzung waren die Vorarbeiten von Prof. Dr. Heide
Dienst (Wien), Dr. André Schnyder (Bern) und Prof.
Dr. Sönke Lorenz (Tübingen).

Wolfgang Behringer (York)


Günter Jerouschek (Jena)

Hexen
3.536 Die Bewertung des Hexenhammers Hexenhammer, 9

»Das unheilvollste Buch der


Weltliteratur«?
Zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte
des Malleus Maleficarum und zu den
Anfängen der Hexenverfolgung

Die Bewertung des Hexenhammers

Der Malleus Maleficarum oder Hexenhammer hat wie


kaum ein anderes Buch seine Leser fasziniert und ab-
gestoßen. Sein Ruf verdankt sich dem Umstand, daß
er für die Schrecken der beispiellosen und mehrere
Jahrhunderte dauernden europäischen Hexenverfol-
gungen verantwortlich gemacht wird. Im Hexenham-
mer wurden aus der älteren Literatur systematisch Ar-
gumente zusammengetragen, welche die Menschen-
jagd legitimieren und rechtliche Hinderungsgründe
aus dem Weg räumen sollten. Für Befürworter der
Hexenverfolgung stellte er die grundlegende Autorität
dar. Und unter denen, die an die Möglichkeit von He-
xerei glaubten, hat er leidenschaftliche Anhänger ge-
funden. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde er von
seinem englischen Herausgeber Montague Summers
als »eines der wichtigsten, weisesten und bedeutsam-
sten Bücher der Welt« gepriesen.1
Auf der anderen Seite hat der Hexenhammer von

Hexen
3.537 Die Bewertung des Hexenhammers Hexenhammer, 10

Anfang an Abscheu ausgelöst. Bereits im 16. Jahr-


hundert erschien er vielen als blutrünstig und inhu-
man, als wirr und verlogen. Selbst nüchterne Wissen-
schaftler ließen sich zu emotionalen Reaktionen hin-
reißen. Der Aufklärer Christian Thomasius
(1655–1728), einer der großen Kämpfer gegen den
Hexenwahn, hat den Hexenhammer als confusissima
disputatio bezeichnet.2 Der Historiker Sigmund
Riezler (1843–1927), Autor einer wichtigen Abhand-
lung zur Geschichte der Hexenverfolgung, nannte es
»das verrückteste und dennoch das unheilvollste Buch
der Weltliteratur«. 3 Und Joseph Hansen
(1862–1943), der wichtigste Protagonist der älteren
Hexenforschung, erblickte darin ein »unglaubliches
Monstrum voll geistiger Sumpfluft«, in dem sich »ein
kaltblütiger und geschwätziger Cynismus, ein erbärm-
licher und nichtswürdiger Hang zur Menschenquäle-
rei, der beim Leser immer wieder den Grimm und die
äußerste Erbitterung über die Väter dieser eklen Aus-
geburt religiösen Wahns wachruft«, 4 Bahn brachen.
Derartige Bewertungen ließen sich endlos fortsetzen.
Noch in jüngster Zeit wurde der Hexenhammer als
»krudes« und »bresthaftes Machwerk« tituliert.5
Der Leser der deutschen Übersetzung des Malleus
Maleficarum kann sich unschwer selbst ein Bild ma-
chen, inwieweit diese Klassifikationen zutreffen. In
allem Ernst wird hier über Schadenszauber, Hexen-

Hexen
3.538 Die Bewertung des Hexenhammers Hexenhammer, 11

flug, Teufelsbuhlschaft und Tierverwandlung disku-


tiert. Seiten über Seiten werden damit zugebracht, zu
diskutieren, warum die Taten der Hexen schlimmer
seien als die schlimmsten Verbrechen und die ärgsten
Sünden, schlimmer sogar als die Werke des Teufels
selbst. Und von ihren – wie wir heute sagen würden:
irrationalen – Prämissen aus ist die Beweisführung
nach allen Regeln der scholastischen Argumentations-
technik nicht einmal unschlüssig. Sie ist gelegentlich
sogar interessant, etwa wo der Autor über die Unzu-
verlässigkeit der menschlichen Wahrnehmung räso-
niert. Gerade weil es hier um ein Verbrechen geht, das
in der europäischen Kultur seit wenigstens zweihun-
dert Jahren als nicht existent, als Wahndelikt erachtet
wird, ist es besonders lehrreich zu sehen, mit welchen
Argumenten eine außerordentliche Gefahr konstruiert
wird, um außerordentliche Gegenmaßnahmen zu pro-
pagieren. Diese Argumentationsfigur kennen wir
heute noch, sie taucht immer wieder einmal im politi-
schen Diskurs auf. Die Lektüre des Hexenhammers
führt die Gefährlichkeit solch scheinbar schlüssiger
Argumente vor Augen. Angeklagte wurden wegen
eines imaginären Verbrechens hingerichtet, das sie
unter der Folter gestehen mußten, und sie waren jeder
Verteidigungsmöglichkeit beraubt, wie dies Friedrich
Spee (1591–1635) aufgezeigt hat.6 Die Hexenpro-
zesse waren eine der schlimmsten von Menschenhand

Hexen
3.539 Die Bewertung des Hexenhammers Hexenhammer, 11

angerichteten Katastrophen der europäischen Ge-


schichte. Der fromme Wunsch, daß man aus der Ge-
schichte lernen kann – hier ist er berechtigt.

Hexen
3.540 Historische Einordnung Hexenhammer, 12

Historische Einordnung

Auch aus heutiger Perspektive wird man sagen kön-


nen, daß der Hexenhammer das zentrale Buch in der
Geschichte der europäischen Hexenverfolgung gewe-
sen ist. Mit etwa dreißig Auflagen zwischen 1486 und
1669 hatte er eine lange und intensive Wirkungsge-
schichte. Fast alle Befürworter von Hexenverfolgun-
gen beriefen sich auf ihn, fast alle Gegner polemisier-
ten gegen dieses Buch. Dennoch sieht die heutige For-
schung die Rolle des Hexenhammers differenzierter.
In inhaltlicher Hinsicht enthält der Hexenhammer,
wie schon in seiner Apologia betont wird,7 kaum
Neues, er hat überkommene Lehrmeinungen zusam-
mengesucht und neu angeordnet, allerdings in sehr
spezifischer Weise. Seine Argumentation befleißigt
sich der Prinzipien der scholastischen Methode, wie
sie sich in der mittelalterlichen Wissenschaft durchge-
setzt hatte und besonders im Dominikanerorden8 ge-
pflegt worden ist. Wenn dieser Disputationsstil auch
heute befremdlich erscheinen mag, so unterscheidet er
sich doch nicht grundlegend von dem anderer theolo-
gischer Traktate der damaligen Zeit.9 In dämonologi-
scher Hinsicht basiert die Argumentation des Hexen-
hammers auf dem Kirchenvater Augustinus
(354–430) und dem dominikanischen Ordenstheolo-

Hexen
3.541 Historische Einordnung Hexenhammer, 12

gen Thomas von Aquin (ca. 1224–1274), welche –


allerdings in eher marginalen Passagen ihrer Werke –
das Fundament gelegt hatten für die Theorie vom Dä-
monenpakt. Auf dieser Literatur basierten zahlreiche
dämonologische Traktate von italienischen, französi-
schen und spanischen Autoren des 15. Jahrhun-
derts.10
Auch die Auswirkungen des Hexenhammers sind
relativiert worden. In mehreren Regionalstudien ist
deutlich geworden, daß er bei der Entwicklung der
Hexenverfolgungen eine geringere Rolle gespielt hat,
als früher vermutet. In dem Dreiländereck um den
Genfer See, wo der neue Hexenbegriff in den Jahr-
zehnten um 1400 entstanden war, bildete die Publika-
tion des Hexenhammers keine Zäsur. Wie bereits von
Hansen herausgearbeitet, wurde dort die Fusion von
Ketzerprozeß und Zauberprozeß vollzogen und die
Hexerei als die bedrohlichste Erz-Ketzerei gewisser-
maßen erfunden. Im weiteren Hintergrund stand dabei
die Auseinandersetzung der Papstkirche mit der duali-
stischen Bewegung der Katharer, von der sich der Be-
griff »Ketzer« überhaupt ableitete.11 Die Hexen wur-
den oft mit dem Namen einer anderen real existieren-
den religiösen Gruppierung belegt, der von Rom
ebenfalls verketzerten Waldenser (Vaudois).12 Be-
grifflich spielten bei der Kreation des neuen Hexen-
stereotyps auch antijüdische Vorstellungen (Sabbat,

Hexen
3.542 Historische Einordnung Hexenhammer, 13

Synagoge, Ritualmord) eine Rolle.13 Inhaltlich be-


stand das neue Erz-Verbrechen aus Bestandteilen, die
man diesen Ketzersekten angedichtet hatte (Teufels-
anbetung, nächtliche Orgien, das Opfern von Kin-
dern), aus Relikten nichtchristlicher Mythologien
(magischer Flug, Tierverwandlung) sowie aus jenem
Schadenszauber, der in traditionellen Gesellschaften
so gefürchtet ist. Das Kernland der frühen Hexenver-
folgungen bildeten die Gebiete rund um den Genfer
See: das alte Herzogtum Savoyen, das Piemont, der
Dauphiné und die angrenzenden Schweizer Kantone
Wallis, Waadtland und Bern. Bereits seit den 1430er
Jahren wurden dort Traktate geschrieben, die den He-
xensabbat stärker betonten als der Hexenhammer. Zu-
sammengefaßt wurden die Erkenntisse dieser frühen
Hexenverfolgungen in dem um 1437 verfaßten For-
micarius des Baseler Konzilstheologen Johannes
Nider (ca. 1385–1438).14 Dieser Traktat zählt im
Hexenhammer zu den am häufigsten zitierten Schrif-
ten.
Der Hexenhammer hat die Hexenverfolgungen
also, entgegen früheren Vermutungen, nicht ins Leben
gerufen. Vielmehr waren sie bereits zwei bis drei Ge-
nerationen vorher im Prinzip möglich. Sie blieben zu-
nächst auf bestimmte Regionen beschränkt, wenn
auch mit expansiver Tendenz. In diesen Regionen
kam es immer wieder zu Hexenprozessen, teils vor In-

Hexen
3.543 Historische Einordnung Hexenhammer, 13

quisitionsgerichten, teils vor weltlichen Richtern. Ins-


gesamt kann man erkennen, daß diese Prozesse nicht
gleichmäßig, sondern mit gewissen Konjunkturen
stattfanden. Der Hexenhammer fügt sich ein in eine
der Prozeßwellen der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun-
derts.15 Verfolgungen gab es damals bereits in Nord-
spanien, Südfrankreich, Oberitalien, Burgund sowie
im Elsaß und im Herzogtum Lothringen. In Zentraleu-
ropa wurde die neue Hexenvorstellung noch abge-
lehnt, wie man dem Hexenhammer selbst unschwer
entnehmen kann. Die Bedeutung des Malleus Malefi-
carum lag damit zunächst einmal darin, daß er diese
Gebiete mit der neuen, elaborierten Hexenvorstellung
vertraut machte. Der Hexenhammer war vor allem für
die deutschen Länder von unmittelbarer Bedeutung.
Darüber hinaus gehörte er jedoch zu den ersten Dä-
monologien, die im damals neuen Medium des Buch-
drucks erschienen. Die medientheoretischen Diskus-
sionen der letzten Jahre haben herausgearbeitet, in
welcher Weise die Verfügbarmachung einer Schrift
im Druck deren Rezeption erleichtert hat. Wenn auch
bestimmte Obsessionen des Hexenhammers – etwa
über weibliche und männliche Impotenz oder gestoh-
lene Penisse – in den späteren Hexenprozessen keine
große Bedeutung erlangten, so ermöglichte die Ver-
fügbarkeit in den Bibliotheken doch eine erstaunliche
Langzeitwirkung. Durch die Verwendung der mittel-

Hexen
3.544 Historische Einordnung Hexenhammer, 14

alterlichen Universalsprache Latein war der Malleus


Maleficarum von den Gelehrten – den Theologen und
Juristen – in ganz Europa rezipierbar.16
Eine Zäsur für die Rezeption des Hexenhammers
bedeutete das Fundamentalereignis der Reformation,
die den Machtanspruch der Papstkirche grundsätzlich
in Frage stellte, zugleich aber auch das Wirken des
Teufels nachhaltig zu bestätigen schien. In protestan-
tischen Gebieten – etwa im lutherischen Kursachsen
oder in Württemberg, in der calvinistischen Stadtre-
publik Genf oder in der Kurpfalz – wurde der Hexen-
hammer als vorreformatorisches, »papistisches«
Machwerk entweder rundheraus abgelehnt oder jeden-
falls nur ungern als Autorität herangezogen.17 Die
evangelischen Freikirchen, die von den großen Kon-
fessionen ihrerseits verketzert wurden und keinen aus-
geprägten Teufelsglauben besaßen, standen der Kon-
zeption des Hexenhammers feindlich gegenüber. Dies
hatte vor allem dort Auswirkungen, wo diese Grup-
pierungen einen erheblichen Anteil an der Bevölke-
rung stellten, wie etwa in Böhmen, auf dem Balkan
oder in den Niederlanden.18
Doch auch in altgläubig gebliebenen Gebieten ver-
änderte sich die Lage grundlegend. Seit etwa 1520
gab es arbeitsfähige Inquisitionsgerichte nur noch in
Italien und auf der iberischen Halbinsel. Die weltli-
chen Juristen in den sich herausbildenden Territorial-

Hexen
3.545 Historische Einordnung Hexenhammer, 15

staaten jedoch, etwa in Frankreich, aber auch in Bay-


ern oder Tirol, waren bei der Rezeption des Hexen-
hammers zurückhaltend, da man seine radikalen Kon-
sequenzen scheute.19 Die Gesetzgebung des Heiligen
Römischen Reiches deutscher Nation, die 1532 in der
Constitutio Criminalis Carolina kulminierte, über-
ging in ihrer Strafbestimmung (Art. 109) den Hexen-
hammer und konzentrierte sich auf das alte Delikt des
Schadenszaubers. Aber sogar in der katholischen
Vormacht Spanien, wo man am ehesten eine geneigte
Aufnahme hätte erwarten können, wurde der Hexen-
hammer gerade von der Behörde abgelehnt, die für
Zauberfragen zuständig war, nämlich von der Spani-
schen Inquisition. Ihre oberste Leitung, die Supremà,
stellte 1536 in einer Direktive klar, daß der Hexen-
hammer keine maßgebliche Autorität darstelle, und
unterdrückte seither die von der Bevölkerung ge-
wünschten Strafaktionen gegen Hexen als schweren
Glaubensirrtum. Und die Inquisitionsbehörden Portu-
gals und Italiens waren zu demselben Ergebnis ge-
langt. Über die Auswirkung dieser Richtungsentschei-
dung besteht heute kein Zweifel mehr. Sowohl in Ita-
lien als auch in den iberischen Ländern und ihren Ko-
lonien in Lateinamerika wurden vom 16. bis zum 18.
Jahrhundert weit weniger Hexen hingerichtet, als frü-
her angenommen.20 Die portugiesische Inquisition,
die auch für die portugiesischen Kolonialgebiete in

Hexen
3.546 Historische Einordnung Hexenhammer, 15

Amerika (Brasilien), Afrika und Asien zuständig war,


verhängte in den etwa dreihundert Jahren ihres Beste-
hens ganze fünf Todesurteile wegen Hexerei.21

Hexen
3.547 Unmittelbare Rezeption Hexenhammer, 16

Unmittelbare Rezeption

Nach dieser Relativierung der Bedeutung des Hexen-


hammers scheint nun allerdings mit der konkreten Re-
zeptionsforschung das Pendel nach der anderen Rich-
tung auszuschlagen.22 Walter Rummel hat in seiner
Analyse der ersten Hexenverfolgungen im Hochstift
Trier, also dem weltlichen Herrschaftsgebiet des Erz-
bischofs und Kurfürsten, herausgearbeitet, daß die
Publikation des Hexenhammers eine Zäsur bedeutet
hat und im Saar-Mosel-Raum in den 1490er Jahren
nicht nur ein deutlicher Anstieg der Verfolgungsakti-
vität zu verzeichnen war, sondern sich in einer lokalen
Chronik sogar nachweisen läßt, daß speziell die Lek-
türe des Malleus Maleficarum wie eine Erlösung auf
jene Theologen gewirkt hat, die mit ihren Bauern
Hexen verfolgen wollten, aber nach der überkomme-
nen Theologie und Kanonistik keine Handhabe dafür
besaßen. Der Hexenhammer war das Werkzeug, mit
dem hier die Dämme des Herkommens eingerissen
werden konnten.23
Der spektakuläre Fund macht darauf aufmerksam,
daß die Rezeptionsgeschichte des Hexenhammers
immer noch in den Anfängen steckt. Die 29 Auflagen
des Malleus Maleficarum, die bereits Hansen ausge-
macht hat24 und die durch die gründlichen Forschun-

Hexen
3.548 Unmittelbare Rezeption Hexenhammer, 16

gen André Schnyders im wesentlichen bestätigt wor-


den sind,25 wo sind sie alle geblieben? Dreizehn die-
ser Auflagen sind allein bis 1523 erschienen, großzü-
gig gerechnet wohl 10000 Exemplare. Sie reichten
aus, um sämtliche Kloster-, Fürsten-, Rats- und Uni-
versitätsbibliotheken der lateinischen Christenheit
und darüber hinaus die Sammlungen zahlreicher Ge-
lehrter zu bestücken. Dies sagt natürlich noch nichts
über die Art der Rezeption. Doch offenbar gab es
nicht nur ablehnende Reaktionen, wie das ständige
Lamento im Hexenhammer über die Gegner der He-
xenverfolgungen vermuten läßt. Vielmehr kann man
sehen, daß gewichtige Prediger nicht nur aus dem Do-
minikanerorden, sondern auch der wortgewaltige
Straßburger Domprediger Geiler von Kaysersberg
(1445–1510)26 oder humanistisch angehauchte Theo-
logen wie der Abt aus dem Benediktinerorden Johan-
nes Trithemius (1462–1516), der um 1508 Kaiser
Maximilian und den Kurfürsten Johannes von Bran-
denburg in dieser Frage beriet, auf den Kurs des He-
xenhammers einschwenkten.27 Um 1511 fügte Chri-
stoph Tengler in das populäre Rechtshandbuch seines
Vaters, den »Layenspiegel«, ein Hexenkapitel explizit
auf der Basis des Malleus ein.28 Und einflußreiche
dominikanische Theologen wie Silvester Prierias
(1460–1523), ein früher Gegner Luthers,29 und des-
sen Schüler Bartholomaeus de Spina (1480–1546),

Hexen
3.549 Unmittelbare Rezeption Hexenhammer, 17

der an der Vorbereitung des Konzils von Trient mit-


wirkte, beriefen sich in ihren Hexentraktaten auf den
Hexenhammer.30 Bis in die erste Hälfte des 17. Jahr-
hunderts hinein dürfte der Hexenhammer die verbrei-
tetste systematische Dämonologie überhaupt gewesen
sein, und danach dürfte er nur durch die 26 Auflagen
der Disquisitionum magicarum libri sex des Jesuiten
Martin Delrio (1551–1608) in den Schatten gestellt
worden sein, die seit 1600 in rascher Folge erschie-
nen. Diese Publikation beruhte jedoch – bei allen Ab-
weichungen en détail – auf dem theoretischen Funda-
ment des Hexenhammers.31
Wenn der Hexenhammer nur auf Ablehnung ge-
stossen wäre, dann hätte er kaum so viele Käufer ge-
funden. Und daß er Befürworter gefunden hat, ist
nicht einmal völlig unverständlich. Denn aufgrund
des geschickten Taktierens des Verfassers stellte es
sich in der Öffentlichkeit so dar, als genösse der He-
xenhammer die Unterstützung des Papsttums, des
Kaisers sowie der angesehenen Theologischen Fakul-
tät der Universität Köln: denn deren Urkunden, die
den Hexenhammer scheinbar bestätigten, waren seit
April 1487 allen Ausgaben des Buches vorange-
stellt.32 In zahlreichen der erhaltenen Exemplare des
Malleus Maleficarum finden sich intensive Benut-
zungsspuren. Nicht nur das hier für die Neuüberset-
zung verwendete Exemplar der Erstausgabe aus dem

Hexen
3.550 Unmittelbare Rezeption Hexenhammer, 17

Bestand der Niedersächsischen Universitäts- und


Staatsbibliothek Göttingen wurde über Jahrzehnte
hinweg immer wieder von anderen Benutzern mit
Randbemerkungen versehen, die etwas von der Inten-
sität der Auseinandersetzung mit diesem Werk über
einen längeren Zeitraum erahnen lassen. Die systema-
tische Erforschung der Eigentumsvermerke, Widmun-
gen, Notizen und Randglossen in den erhaltenen Aus-
gaben des Hexenhammers wäre der Mühe wert. Wenn
nun die Lektüre des Hexenhammers nicht nur heftige
Ablehnung hervorrief, sondern intensive Auseinander-
setzung, starke Zustimmung und sogar regelrechte
Bekehrungserlebnisse auslöste, so zeigt dies, daß der
Hexenhammer den Nerv seiner Zeit traf.

Hexen
3.551 Der Nerv der Zeit Hexenhammer, 18

Der Nerv der Zeit

Die zentrale Aussage des Hexenhammers besteht


darin, daß die Hexen die Schäden, die ihnen zur Last
gelegt wurden, auch tatsächlich verübten. Das Auf-
sehenerregende an dieser Botschaft war, daß sie das
Empfinden großer Teile der Bevölkerung widerspie-
gelte, aber in krassem Widerspruch zur theologischen
Tradition stand, in der seit Augustinus die Ansicht
vorherrschte, daß Magie keinerlei direkte Wirksam-
keit besitze und ihre Anhänger lediglich zu bestrafen
seien, weil sie ihr Vertrauen nicht in Gott, sondern in
Dämonen setzten. So hatte Regino von Prüm, Verfas-
ser einer einflußreichen Rechtssammlung zu Beginn
des 10. Jahrhunderts in einem Kapitel, das mit dem
Wort »Bischöfe« (episcopi) beginnt und seit der Auf-
nahme in das kanonische Recht als Canon Episcopi
bezeichnet wird, einen vielleicht gerade in seiner mo-
selromanischen Heimat populären Glauben an die
nächtlichen Ausfahrten der Seelen mit gewissen heid-
nischen Göttinnen, Fortuna oder Holda, als heidni-
schen Irrtum bezeichnet und mit schweren geistlichen
Strafen belegt.33 Diese Bestimmung, die von Bur-
chard von Worms und Ivo von Chartres rezipiert
wurde und mit Gratians (ca. 1100 – ca. 1179) Decre-
tum in das kanonische Recht Eingang fand,34 diente

Hexen
3.552 Der Nerv der Zeit Hexenhammer, 19

im Spätmittelalter zur Zurückweisung der realen


Möglichkeit magischer Flüge. Der Hexenhammer hin-
gegen behauptete, diese Bestimmungen träfen in der
neueren Zeit nicht mehr zu, denn es sei eine neue
Sekte von Zauberern aufgekommen, die mit der Er-
laubnis Gottes und der Hilfe der Dämonen tatsächlich
in der Lage seien, durch die Lüfte zu fliegen und alle
nur denkbaren Schäden zu verüben.35
Bereits in der Bulle Summis desiderantes, die
Papst Innozenz VIII. am 5. Dezember 1484 auf An-
frage des Inquisitors Heinrich Kramer (ca.
1430–1505) in dessen vorformulierten Worten erlas-
sen hat,36 ist davon die Rede, daß in den fünf deut-
schen Erzbistümern durch die Taten der Hexen große
Schäden verursacht würden, an Mensch, Tier und
Feldfrüchten, daß schmerzhafte Krankheiten aufträten
und die Frauen, die Männer und die Erde unfruchtbar
würden. Im Text des Malleus Maleficarum wird gro-
ßer Raum darauf verwandt, mit immer neuen Beispie-
len die Realität des Schadenszaubers, etwa durch Un-
wetter, Mißernten oder Krankheiten, unter Beweis zu
stellen. Und in der Apologia des Hexenhammers wird
die Vision einer Endzeit entwickelt, in welcher die
Welt gleichsam aus den Fugen geraten sei, wie es in
der Offenbarung des Johannes, also dem Buch der
Apokalypse, vorhergesagt war.
Die Akzentuierung des Schadenszaubers im He-

Hexen
3.553 Der Nerv der Zeit Hexenhammer, 20

xenhammer traf den Nerv der Zeit, weil gerade seit


dem Ende der 1470er Jahre eine tatsächliche Häufung
von Ernteschäden, Krankheiten und möglicherweise
eine Verminderung der Fruchtbarkeit bei Mensch und
Tier vorlag. In diesen Jahren setzte nämlich eine neue
Welle der Klimaverschlechterung ein, welche in den
vergangenen Jahrzehnten im Zusammenhang mit der
sogenannten Kleinen Eiszeit in die Literatur einge-
gangen ist. Viele der klimatischen Erscheinungen,
aber auch ihrer Folgen für die Landwirtschaft wurden
von den Menschen als »unnatürlich« betrachtet. Das
Hexereiparadigma eröffnete nicht nur eine Erklärung
für Krankheiten und Ernteschäden, sondern auch die
Möglichkeit zu konkreten Gegenaktionen.37 Speziell
in Oberdeutschland verzeichnen die Chroniken für
1480 eine ungewöhnliche Preissteigerung, 1481 war
ein besonders niederschlagsreiches Jahr, was zu
einem Rückgang der Wein- und Getreideernte führte,
die Teuerung nahm weiter zu, was Mangelernährung
und Hunger zur Folge hatte. 1482 traten dann unge-
wöhnliche Krankheiten auf. In der drastischen Spra-
che einer Memminger Chronik heißt es: »Es war in
diesem Jahr ein Sterbend hier und flohe des Volcks
viel hinauß. So wuchsen den Leuten Würmb im
Kopff, daran ihrer viele stürben ...38.« Zwischen
1482 und 1484 grassierten in ganz Oberdeutschland
Epidemien, darunter auch die Schwarze Rest, der in

Hexen
3.554 Der Nerv der Zeit Hexenhammer, 20

vielen Städten – etwa Reichsstädten wie Kempten


oder Kaufbeuren – bis zu einem Drittel der Bevölke-
rung zum Opfer fiel. Im Hexenhammer wird auf diese
Pestepidemie in drastischer Weise angespielt.39

Hexen
3.555 Frauenfeindlichkeit im Titel Hexenhammer, 20

Frauenfeindlichkeit im Titel

Die vielleicht auffälligste Besonderheit des Hexen-


hammers gegenüber seinen Vorläufern ist die Zuspit-
zung auf Frauen. Diese kommt bereits im Titel zum
Ausdruck. Wenngleich im Text häufig noch männli-
che Schadenszauberer erwähnt werden (malefici), wie
es auch der Hauptströmung der theologischen Traditi-
on entsprach, so bezieht sich doch die Mehrzahl der
Beispiele auf das weibliche Geschlecht (maleficae).
Anhand umfangreicher Exkurse, die freilich fast
durchweg eine Ausbeute aus älterer frauenfeindlicher
Literatur darstellen,40 arbeitet der Autor des Hexen-
hammers die besondere Anfälligkeit des weiblichen
Geschlechts für die Anfechtungen des Teufels heraus.
Und er tut dies mit einer derartigen Intensität und mit
so vielen Wiederholungen, daß man darin ein beson-
deres Anliegen des Autors erkennen muß. Es ist kein
Zufall, sondern Programm, wenn im Titel des Werkes
allein die weibliche Form (maleficarum) verwendet
wird. Speziell auf die Frauen zielt dieser Hammer
(malleus).
Dies wird um so deutlicher, wenn man den Titel in
sein literarisches Genre einordnet, eine Literatur, die
sich der Bekämpfung von Gegnern der Papstkirche
widmete und die man nach ihrem Signalwort als

Hexen
3.556 Frauenfeindlichkeit im Titel Hexenhammer, 21

Malleus-Literatur bezeichnen könnte. Die älteren


Hämmer wandten sich durchweg gegen Männer – zu-
nächst waren sie sogar selbst welche. Der Titel »Ket-
zerhammer« – Malleus Haereticorum – wurde bereits
dem Kirchenvater Hieronymus (ca. 348–420) beige-
legt. Im Hoch- und Spätmittelalter wurde er besonders
eifrigen Ketzerinquisitoren verliehen, etwa Robert le
Bougre, einem Konvertiten, der mit besonderer Grau-
samkeit gegen die durch Mission vom Balkan gekom-
mene dualistische Religion der Katharer in Südfrank-
reich vorging. Der Verfasser des berühmten Inquisiti-
onshandbuches Practica Inquisitionis haeretice pra-
vitatis, der – mit Umberto Ecos »Der Name der
Rose« zu neuer Berühmtheit gelangte – dominikani-
sche Inquisitor Bernardo Gui, bezeichnete damit sei-
nen Amtsvorgänger Bernhard von Caux. Von der Per-
son bestimmter Inquisitoren wurde der Begriff im 15.
Jahrhundert auf Bücher übertragen. So hat um 1420
der Inquisitor Johannes von Frankfurt einem seiner
Bücher den Titel Malleus Judaeorum gegeben. Auch
bezogen auf die Sekte der Zauberer gab es Vorläufer,
etwa das Flagellum maleficorum (»Geißel der Zaube-
rer«) des Petrus Mamoris oder das Flagellum haereti-
contm fascinariorum (»Geißel der zauberischen Ket-
zer«) des Dominikaners Nikolaus Jacquier. Die Zu-
spitzung auf das weibliche Geschlecht war eine Zutat
des Hexenhammers,41 der eines der frauenfeindlich-

Hexen
3.557 Frauenfeindlichkeit im Titel Hexenhammer, 22

sten Bücher der Weltliteratur darstellt. Krasses Bei-


spiel dafür ist die Herleitung des Begriffes femina im
Sinne eines scholastischen Begriffsrealismus, demzu-
folge bereits die Etymologie Aussagen über den Ge-
genstand zulasse, von fides (lat. Glaube) und
minus.42 Die Anthropologie der Frau deutete demzu-
folge auf eine größere Sündenanfälligkeit hin, ein an-
geborener Defekt quasi, unreparierbar, der die Frau
zum natürlichen Einfallstor der Dämonen in die
menschliche, männliche Gesellschaft werden läßt.
Auch wenn der Autor des Hexenhammers mit derarti-
gen Ansichten unter den Theologen des Spätmittelal-
ters keineswegs allein steht und nachgewiesen worden
ist, woher ein Großteil seiner Zitate stammt,43 so
kann man dies doch keinesfalls als Entschuldigung
akzeptieren, ganz abgesehen davon, daß keiner der
theologischen Vorläufer den Schritt von einem Diszi-
plinierungs- zu einem potentiellen Tötungsprogramm
vollzieht. So hat es seit dem Zeitalter der Aufklärung
nicht an Stimmen gefehlt, die hervorstechende Frau-
enfeindschaft des Hexenhammers ihrerseits zu patho-
logisieren und entweder mit einer individuellen Dis-
position des Autors oder gar mit seiner Mitgliedschaft
in einer zölibatären Ordensgemeinschaft in Verbin-
dung zu bringen. Mag letzteres auch problematisch
sein, so werden wir doch sehen, daß der Gedanke an
eine psychische Sonderlichkeit des Autors nicht erst

Hexen
3.558 Frauenfeindlichkeit im Titel Hexenhammer, 22

in späterer Zeit, sondern bereits unter den zeitgenössi-


schen Gegnern aufgekommen ist, wie sich am Bei-
spiel der Innsbrucker Hexenverfolgung zeigen läßt.44

Hexen
3.559 Drucker, Druckort und Datum Hexenhammer, 22

Drucker, Druckort und Datum der Erstausgabe

Zu den Denkwürdigkeiten des Hexenhammers gehört


es, daß Druckort, Druckdatum sowie der Verfasser
bis in die jüngste Zeit umstritten waren und zum Teil
immer noch sind.45 Dies hängt mit der Geschichte
des Buchdrucks zusammen, der in der Mitte des 15.
Jahrhunderts von Johannes Gutenberg (ca.
1395–1468) erfunden worden ist. Mitte der 1480er
Jahre druckte jene zweite Generation von Druckern,
die ihre Kunst noch bei Gutenberg selbst oder seinen
ersten Gehilfen erlernt hatte. Heute selbstverständli-
che Merkmale eines Buches wie die Bindung der ge-
druckten Blätter oder das Titelblatt waren noch nicht
allgemein verbreitet. Per Titelblatt identifizierbar ist
erst die vierte Auflage des Mallem Maleficarum, die
im März 1494 von dem namhaften Nürnberger Druk-
ker und Verleger Anton Koberger (ca. 1440–1513)
verfertigt worden ist.46 Sein Verlagshaus gegenüber
dem Nürnberger Dominikanerkloster gehörte mit sei-
ner Druckqualität und seinen Verkaufsagenturen in
zahlreichen europäischen Städten – z.B. Straßburg,
Lyon, Paris, Basel, Mailand, Wien, Budapest, Bres-
lau und Krakau – zu den leistungsfähigsten Unterneh-
men des ausgehenden 15. Jahrhunderts, was die weite
Verbreitung seiner Hexenhammer-Drucke von 1494

Hexen
3.560 Drucker, Druckort und Datum Hexenhammer, 23

und 1496 erklärt.47


Der Erstdruck enthält dagegen noch nicht einmal
den Kolophon, der in der Inkunabelzeit am Ende des
Werkes Aufschluß gab über Verfasser, Drucker,
Druckort und Druckjahr. Lange hielt man im Gefolge
Hansens48 Johann Prüss (1447–1510) in Straßburg
für den Drucker der Erstausgabe. Durch den systema-
tischen Vergleich der Drucktypen konnte der Hexen-
hammer jedoch mittlerweile eindeutig Peter Drach
(ca. 1450–1504) in der Reichsstadt Speyer zugeord-
net werden.49 Der Ratsherr unterhielt eine Qualitäts-
druckerei mit eigenem Vertriebssystem, das zwar an
das Kobergers nicht heranreichte, aber immerhin vom
Elsaß bis Böhmen reichte und in Köln, Leipzig,
Augsburg oder Brünn Bücherlager umfaßte.50 Drach
besorgte nicht nur die erste, sondern auch die zweite
und dritte Auflage des Hexenhammers, die auf
1490/91 und 1494 datiert werden. In diesem Jahr
scheint das Werk seinen Durchbruch auf dem Buch-
markt erreicht zu haben, denn jetzt druckten es der
schon erwähnte Koberger und der Kölner Drucker Jo-
hannes Koelhoff nach, mit ihren in ganz Europa ver-
kauften Weltchroniken vermutlich die berühmtesten
Drucker Deutschlands.51
Ungeklärt blieb bisher das Datum des Malleus-
Erstdrucks. Seit Hansen ist es durch den Termin der
gefälschten Approbation des Hexenhammers durch

Hexen
3.561 Drucker, Druckort und Datum Hexenhammer, 24

die Universität Köln spätestens auf den 19. Mai 1487


datiert worden. Inzwischen wurde jedoch ein anderes
Hilfsmittel zur Datierung gefunden. Ausgerechnet von
Peter Drach haben sich für die Jahre 1480–1503
Fragmente eines Rechnungsbuches erhalten,52 das
seine Abrechnungen mit Kunden, Buchführern oder
Vertriebsagenten enthält. Deren Bestellisten geben
immer wieder indirekt Auskunft über das aktuelle
Verlagsprogramm.53 Darin finden sich in der Karwo-
che 1487 (8.-14. April) Lieferungen von einem
»Tractat von den Zauberine«54 – ganz fraglos der
Hexenhammer. Diese Lieferungen gingen zu einem
Stückpreis von 12 Albus (Weißpfennigen) in die
Reichsstädte Augsburg, Nürnberg und Speyer. Daß
der Drucker keinen exakten Titel nennt, ist nicht ver-
wunderlich, denn das tut er auch sonst nicht, dies
waren Notizen über die Zahl der verkauften Exempla-
re. Daß er einen deutschen Titel nennt, kann auch
nicht erstaunen, denn Latein beherrschte Drach nur
unzulänglich. Die Fahnenkorrekturen an seinen knapp
200 bekannten Druckwerken aus etwa über zwanzig
Jahren, darunter vielen theologischen und liturgischen
Werken sowie Werken über das weltliche und das
Kirchenrecht, wurden von externen Lektoren, Mitglie-
dern des Mainzer Klerus oder Angehörigen der Hei-
delberger Universität vorgenommen.55 Erst Mitte des
Jahres 1487 schwenkte Drach auf den exakten Titel

Hexen
3.562 Drucker, Druckort und Datum Hexenhammer, 25

Malleus maleficarum um – wir werden noch sehen


warum.
Interessant ist nun, wie weit die Belege zu einem
Buch über Zauberei oder Zauberinnen zurückreichen.
Dies ist nicht ganz einfach zu rekonstruieren, da die
Überreste dieser wichtigen Quelle als Einzelblätter
aus alten Bucheinbänden gerettet worden sind.56
Ganz klar geht aus dem Rechnungsbuch hervor, daß
in den 1470er und frühen 1480er Jahren kein derarti-
ges Werk im Handel war, einschließlich des Novem-
ber 1486. Im Dezember ändert sich jedoch das Bild.
Laut Rechnungsbuch empfing Drachs Angestellter
Mathis am Tag »nebst noch Lucie«, also am 14. De-
zember, zwölf Tractat wider die Zauberern. Aller-
dings fehlt auf diesem Blatt die Jahreszahl. Die wahr-
scheinliche Datierung ergibt sich jedoch aus den an-
schließenden Einträgen, mit denen über die Zeiträume
zwischen Lucia und Dreikönig (6. Januar) 1487 abge-
rechnet wird. Hier wird deutlich, daß nur Lucia des
Vorjahres gemeint gewesen sein kann. Am Freitag
nach Dreikönig (12. Januar 1487) brach der Handels-
diener Mathis wieder nach Neustadt an der Wein-
straße auf, diesmal mit sechs Tractat wider die Zau-
bernisse im Gepäck.57 Mitte Dezember 1486 wäre
damit der frühestmögliche quellenmäßig erschließ-
bare Fertigstellungstermin des Hexenhammer-Erst-
drucks, rückwirkend erschlossen aus einem völlig ein-

Hexen
3.563 Drucker, Druckort und Datum Hexenhammer, 25

deutig datierbaren Beleg für Januar 1487. In der


Sache macht dies keinen großen Unterschied, da
wegen der zahlreichen Feiertage zwischen Weihnach-
ten und Dreikönig ohnehin nicht viel gedruckt worden
sein kann, jedenfalls kaum genug, um ein derart um-
fangreiches und komplexes Werk fertigzustellen. In
beiden Fällen würde eine Fertigstellung des Druck-
werks spätestens Mitte Dezember 1486 nahegelegt –
unter dem Vorbehalt freilich, daß Drach nicht noch
ein anderes, bislang nicht identifiziertes Werk über
Zauberei oder Zauberer im Programm gehabt hat. Ein
solches ist aber weder im Rechnungsbuch, noch in der
zeitgenössisch zitierten Literatur, noch in Biblio-
theksbeständen in Sicht.58
Der mit hoher Wahrscheinlichkeit in Betracht kom-
mende frühere Drucktermin bedeutet aber, daß die
bibliographische Frühgeschichte des Hexenhammers
umzuschreiben ist. Denn die Vorverlegung des Publi-
kationstermins auf Dezember 1486 hat weitere Kon-
sequenzen. Die Edition eines so umfangreichen Bu-
ches erforderte Vorarbeiten – Bereitstellung des Pa-
piers und der Lettern, Anfeuchten des Papiers und
Anrühren der Farbe, Einstellung des Satzes, Einfär-
ben, Druck der Probeabzüge, Korrekturlesen, Verän-
derung des Satzes etc. Zusammen mit dem manuellen
Druck, dem Trocknen und Legen der Seiten etc. dürfte
der gesamte Produktionsvorgang mehrere Wochen in

Hexen
3.564 Drucker, Druckort und Datum Hexenhammer, 26

Anspruch genommen haben. Die Buchforschung rech-


net für die Inkunabelzeit bei einer leistungsfähigen
Druckerei nach 1475 mit einer Tagesleistung von ma-
ximal 900 Folioseiten pro Tag.59 Bei 128 Folioseiten
konnten also rein rechnerisch sieben Exemplare des
Malleus täglich produziert werden, bei der Feiertag-
sdichte der Zeit und rechnerischen 5 Arbeitstagen pro
Woche also 35 Ausgaben pro Woche oder ca. 150 im
Monat. Rechnet man nur zwei Monate Druckzeit, also
eine Erstauflage von nur 300 Exemplaren, dann
müßte das Manuskript spätestens Mitte Oktober 1486
in Speyer abgeliefert worden sein, bei höherer Aufla-
ge entsprechend früher.60
Paßt dies mit den biographischen Daten zusam-
men? Notizen zum Leben des Autors findet man im
Jahr der Abfassung des Hexenhammers kaum. Im Fe-
bruar wurde der Inquisitor Kramer aus Innsbruck ver-
trieben. Daß wir in den nächsten Monaten nichts von
ihm hören, ist nachvollziehbar: er muß sich in einer
Bibliothek vergraben und konzentriert an seinem
Buch geschrieben haben. Erst Anfang November
1486 wird Kramer wieder aktenkundig, und es ist
höchst interessant, zu sehen wo: nämlich in Burgund
am Hof des neu gewählten jungen Königs und künfti-
gen Kaisers. Belegt ist dies in einer zu Brüssel ausge-
stellten Urkunde Maximilians I. (1459–1519) vom 6.
November 1486 zur Förderung der Hexeninquisition

Hexen
3.565 Drucker, Druckort und Datum Hexenhammer, 27

und zum Schutz der beiden in der Papstbulle genann-


ten Inquisitoren. Wir können davon ausgehen, daß
Kramer diese Privilegierung selbst betrieben hat, denn
er war es, der damit durch die Lande zog und sie bei
passender Gelegenheit vorwies, beispielsweise zur
Erlangung des Kölner Notariatsinstruments und ver-
mutlich wenig später in Mainz, wo er dieses drucken
ließ. Daß Kramer sich für die Ausstellung der könig-
lichen Urkunde selbst nach Brüssel bemühen mußte,
darf man annehmen. Die Anreise war kein Problem,
eingespielte Reisewege führten von Speyer in drei bis
vier Tagen in die Hauptstadt der Niederlande, deren
Regent Maximilian durch seine Ehe mit Maria von
Burgund (1457–1482) geworden war. Für das Datum
der Urkunde gab es bisher keine plausible Erklärung.
Nach unseren Überlegungen zum Drucktermin fügen
sich jedoch die Mosaiksteine zu einem sinnvollen
Bild: Mit einiger Wahrscheinlichkeit markiert die
Brüsseler Urkunde den Termin der Fertigstellung des
Hexenhammers im Manuskript. Der Autor müsste
sich im Oktober 1486 in Speyer davon getrennt haben
und nach Brüssel gereist sein.61

Hexen
3.566 Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks Hexenhammer, 27

Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks

Der Erstdruck des Hexenhammers wurde, wie wir


ausweislich des Rechnungsbuches des Druckers jetzt
annehmen dürfen, seit Dezember 1486 über die Buch-
führer und Agenten Drachs verkauft, offenbar vor-
nehmlich nach Oberdeutschland und ins Rheinland.
Vielleicht stieß das Werk auf Widerstand. Jedenfalls
entschloß sich der Autor nachträglich, das Prestige
und damit die Akzeptanz des Werkes durch Beigabe
der päpstlichen Bulle Summis desiderantes affectibus
und ein Gutachten der angesehenen Kölner theologi-
schen Fakultät zu erhöhen, genauer gesagt die auf den
19. Mai 1487 datierte Approbatio durch Mitglieder
der Theologischen Fakultät der Universität Köln und
dem zugehörigen Notariatsinstrument. Die Druckty-
pen dieser Beigabe konnten der Offizin des Peter
Schöffer (ca. 1425–1503) in Mainz zugeordnet wer-
den, einem direkten Schüler Gutenbergs, der oft als
Drucker von Ablaßbullen und anderer privilegierter
Texte fungierte. Schöffers Werkstatt übernahm öfter
Auftragsdrucke für den ausgelasteteren Kollegen aus
Speyer, der in den 1480er Jahren im Zenit seiner Pro-
duktivität stand.62 Die vermutlich Ende Mai 1487
gedruckten Dokumente wurden nachträglich der Erst-
auflage des Hexenhammers beigegeben. Seit der

Hexen
3.567 Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks Hexenhammer, 28

zweiten Auflage bilden sie einen festen Bestandteil


aller Ausgaben des Hexenhammers.63 Da die Blatt-
zählung des Hexenhammers in der vorliegenden
Übersetzung und Kommentierung der allerersten Aus-
gabe, der editio princeps princeps, folgt, beginnt die
Zählung zweimal bei Blatt 1 (folio 1): bei dem drei
Blätter bzw. sechs Seiten umfassenden Zusatz Schöf-
fers (fol. I recto-III verso), der vermutlich seit Juni
1487 dem ursprünglichen Druck des Hexenhammers
vorgebunden wurde. Daß er zu diesem Zweck herge-
stellt worden ist, geht aus dem letzten Satz hervor.
Nach dem Abdruck des Kölner Notariatsinstruments
verweist der Mainzer Druck auf das auf der nächsten
Seite beginnende Inhaltsverzeichnis des Werkes, die
Tabula.64
Der 129 Blätter umfassende Erstdruck des Hexen-
hammers (fol. 1 recto-129 verso) aus der Speyrer Of-
fizin Drach beginnt auf der Vorderseite von Blatt 1
mit der Apologia (fol. 1 recto). Bereits aus rein for-
malen Gründen drängt sich hier die nächste Frage auf:
Wo ist das gerade angekündigte Inhaltsverzeichnis
geblieben? Ist es wahrscheinlich, daß Schöffer über
den Aufbau des Werkes nicht informiert war und er
den Anschlußhinweis aufs geratewohl hat setzen las-
sen? Dies ist bei dem Mainzer Präzisionsdrucker
kaum glaubhaft. Es gibt eine plausiblere Erklärung,
nämlich daß der Hinweis Schöffers zum Zeitpunkt des

Hexen
3.568 Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks Hexenhammer, 29

Druckes richtig war und die Apologia auctoris, die


Rechtfertigung des Autors noch nicht vorlag! Dann
müßte sie nach Erhalt der Mainzer Drucke – als letz-
ter Teil des Gesamtwerkes – Ende Mai oder Anfang
Juni 1487 verfaßt worden sein. Dafür, daß auch die-
ser vorgeschaltete Text eine nachträgliche Beigabe
zum Malleus war, spricht einiges: So ist die Rücksei-
te des Blattes auffallenderweise leer (fol. 1 verso),
während der Hexenhammer sonst in einer Art horror
vacui fast absatzlos durchgedruckt worden ist, was
zwar papiersparend war, aber nicht eben leserfreund-
lich. Selbst zwischen den drei Teilen des Werkes wird
kein Zentimeter Raum vergeudet, geschweige denn
eine neue Seite begonnen oder gar eine ganze Seite
freigelassen, um auf der nächsten Vorderseite begin-
nen zu können. Auffällig ist auch, daß die Rechtferti-
gung des Autors wie die Drucke aus der Offizin
Schöffers einspaltig gesetzt sind, während die übrigen
128 Blätter bzw. 256 Seiten zweispaltig sind. Die
Apologia übernimmt damit optisch eine Brückenfunk-
tion zwischen den Mainzer Drucken und dem
Malleus, was voraussetzt, daß alle anderen Teile
zuvor gedruckt waren. Und es gibt noch einen ge-
wichtigen Grund zu der Annahme, daß die Apologia
auctoris in Malleum maleficarum um Ostern 1487
herum verfaßt worden sein muß: Das Auftauchen die-
ses Begriffes in den Rechnungsbüchern Peter Drachs

Hexen
3.569 Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks Hexenhammer, 29

zu diesem Zeitpunkt. Auch ohne Titelblatt verdeut-


lichte diese Kopfzeile seither unmißverständlich, wie
der Titel des Buches lauten sollte.
Auf der Vorderseite von Blatt 2 beginnt der eigent-
liche Text des Malleus mit der angekündigten Tabula.
Die Tabula ist wie der übrige Text zweispaltig, also
anscheinend mit diesem zusammen gedruckt worden.
Bulle, Approbatio und Apologia sind darin nicht auf-
geführt, was ebenfalls für einen frühen Druck zu spre-
chen scheint. Dennoch weist auch die Inhaltsangabe
Besonderheiten auf, die eine Interpretation erfordern.
Zunächst einmal fällt auf, daß die Inhaltsangabe nicht
mit den Worten beginnt, die Schöffer am Ende seines
Drucks angekündigt hat, während dies im frühen
Buchdruck üblich war, um dem Buchbinder die Ar-
beit zu erleichtern. Auch trägt die Tabula keine Über-
schrift, so daß zunächst unklar bleibt, womit man es
hier zu tun hatte. Stattdessen folgt ein Hinweis auf die
Bulle des Papstes Innozenz VIII. von 1484, die dem
Hexenhammer erst ab April 1487 beigebunden wor-
den sein kann. Danach folgt eine narrative Erklärung
für den dreiteiligen Aufbau des Malleus. Erst in Zeile
10 beginnt die eigentliche Inhaltsübersicht. Für einen
späten Druck dieser Übersicht spricht, daß sie eini-
germaßen stimmig ist. So werden für den Teil I 18
Kapitel aufgeführt (I, 1–18), obwohl aus dem Text
hervorgeht, daß zunächst nur sechzehn geplant waren.

Hexen
3.570 Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks Hexenhammer, 30

Kapitel 17 wird schon in der Überschrift als Erweite-


rung von Kap. 14 bezeichnet, während Kapitel 18 die
Eingangsfrage noch einmal aufgreift. Bei Teil II hat
der Autor allerdings den Überblick verloren. Er
spricht von 16 Kapiteln unter zwei Fragen. Tatsäch-
lich führten jedoch umfangreiche Erweiterungen des
ursprünglich geplanten Aufbaus dazu, daß bereits zur
ersten Frage 16 Kapitel entstanden (II/1, 1–16), der
ganze Teil in zwei »Hälften« geteilt wurde und für die
zweite Frage noch einmal 9 Fragen (II/2, 1–9) aufge-
worfen wurden, insgesamt also 25 – statt 16 – beant-
wortet werden. Noch wirrer ist die Gliederung von
Teil III. Dieser wird durch den Autor in drei Drittel
mit jeweils eigener Binnenzählung unterteilt, von
denen das erste 5, das zweite 12 und das dritte 20
Fragen [= Kapitel] behandelt, was insgesamt 37 Ka-
pitel erwarten läßt. Tatsächlich wird der ersten Frage
im Text aber noch eine Frage vorgeschaltet, die nir-
gends mitgezählt wird. Im Text selbst sind die Kapi-
tel mißlicherweise von 1–35 durchnumeriert, weil der
Autor bei der Zählung mehrmals durcheinandergera-
ten ist. Um dies zu kaschieren, zählt der Autor in der
Tabula zunächst die ersten beiden Drittel, zum Teil
abweichend von der Numerierung im Text (III/1+2,
1–17), und dann gesondert das letzte Drittel (III/3,
1–20), um auf die korrekten 37 Kapitel (= Fragen) zu
gelangen.

Hexen
3.571 Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks Hexenhammer, 30

Daß ein derartiges Chaos mit unterschiedlichen, je-


weils in sich falschen Gliederungssystemen jeden
Herausgeber vor Probleme stellen muß, erweist sich
von der Erstausgabe an bis heute. Das größte Rätsel
gibt der Autor jedoch mit seiner Behauptung auf, er
werde sein Thema »in 48 Fragen erörtern«65, wenn er
doch seinen Stoff offensichtlich in 18+25+37=80 Ka-
pitel untergliedert, die eine ungezählte Frage zu Be-
ginn von Teil III auch hier nicht mitgerechnet. Selbst
wenn man annehmen wollte, daß er bei den 25 Kapi-
teln des Teil II, abweichend von seinem sonstigen
Verfahren (Frage=Kapitel) tatsächlich nur von »zwei
Fragen« spricht, käme man immer noch auf 57 Kapi-
tel. Alle Gedankenspiele, etwa das einer möglicher-
weise geplanten symmetrischen Gliederung von drei
gleichen Teilen zu jeweils 16 Fragen, helfen zur Er-
klärung nicht viel weiter. Schon die mißratene Gliede-
rung wirft ein bezeichnendes Licht auf die Arbeits-
weise des Autors und unterstreicht den Eindruck eines
mit hastiger Feder unter enormem Zeitdruck geschrie-
benen Werkes.
Der zweispaltig gedruckte Text des Malleus erfor-
dert beim präzisen Zitat eine Unterscheidung der bei-
den Spalten (links a, rechts b) auf jeder Seite, der
Vorderseite (recto) und der Rückseite (verso) jedes
Blattes (also z.B. für die Vorderseite fol. 2ra und fol.
2rb, Rückseite fol. 2va und fol. 2vb). Im Original ver-

Hexen
3.572 Die äußere Form des Hexenhammer-Erstdrucks Hexenhammer, 31

teilen sich die Zusätze aus der Offizin Schöffers


(Bulle und Kölner Notariatsinstrument) sowie der
Erstdruck des Malleus aus der Druckerei Drachs, die
Apologia und die drei Teile des Hexenhammers fol-
gendermaßen:

Übersicht über die Teile des Hexenhammers

Offizin Druck Blatt Blattzahl Seitenzahl

Schöffer Bulle fol. Ir-Iv (1 Blatt = 2 Seiten)


Approbatio fol. IIa-IIIb (2 Blätter = 4 Seiten)
Drach Apologia fol. 1r (1 Blatt recto = 1Seite)
fol. 1v (leer 1Seite)
Tabula fol. 2ra-3va (2 Blätter = 4 Seiten)
Teil I: fol. 4ra-43rb (40 Blätter = 80 Seiten)
Teil II: fol. 43rb-92va (50 Blätter = 100 Seiten)
Teil III: fol. 92va-129vb (38 Blätter = 76 Seiten)

Hexen
3.573 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 31

Das Verfasserproblem

Nicht weniger schwierig als die Frage des Druckda-


tums bzw. der Druckdaten der einzelnen Teile ist die
Autorenfrage zu beantworten. Konkret geht es darum,
ob allein der Schlettstädter Dominikaner Heinrich
Kramer, der sich seit 1479 latinisiert auch Institoris
(lat. Genitiv von Institor = Kaufmann, Krämer), doch
auch immer noch einfach Frater Henricus (Bruder
Heinrich) nannte, als Autor zu betrachten ist oder ob
auch der Prior des Kölner Dominikanerklosters Jakob
Sprenger (1437–1495), der 1487 zum Provinzial der
dominikanischen Ordensprovinz Teutonia erwählt
wurde, nennenswerten Anteil an der Abfassung des
Malleus oder der Apologia gehabt haben kann. Wäre
dies nicht der Fall, müßte man davon ausgehen, daß
Kramer/Institoris den Namen des angeseheneren Or-
densbruders ausnutzte, um das Renommee des Hexen-
hammers zu erhöhen. In diesem Fall wäre es aller-
dings befremdlich, daß Sprenger sich nicht öffentlich
gegen den Mißbrauch seines Namens verwahrt hat.
Von der Titulatur des Buches her läßt sich die
Frage nicht lösen. Den frühen Ausgaben des Hexen-
hammers fehlt der Buchtitel, in der Nürnberger Aus-
gabe von 1494 wird zwar der Drucker, aber nicht der
Autor im Kolophon genannt. Interessanterweise

Hexen
3.574 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 32

spricht der Drucker-Verleger Koberger in seinen


Drucken nur von einem Autor im Singular, dem sich
der Titel verdanke, nicht von »den Autoren«. Dabei
dürfte Koberger den Autor persönlich gekannt haben.
Seine Ausgaben des Hexenhammers weisen gegen-
über den Speyrer Drucken einige Verbesserungen auf,
etwa im Inhaltsverzeichnis des dritten Teils. Zu den-
ken ist hier an Kramer, der seit 1491 versuchte, den
Nürnberger Rat von seiner Dämonologie zu überzeu-
gen, mehrmals im dortigen Dominikanerkloster – ge-
genüber Kobergers Druckerei – abstieg und wenig-
stens einen weiteren Titel bei Koberger drucken
ließ.66
Erstmals irr der Nürnberger Ausgabe des Druckers
Friedrich Peypus (1485–1534) von 1519 werden
Heinrich Institoris und Jacob Sprenger gleichberech-
tigt als Autoren genannt, zu einem Zeitpunkt, da
beide längst tot waren. In den venezianischen Ausga-
ben seit 1574 wird Sprenger als alleiniger Autor auf-
geführt. Von dort wanderte diese Fehlangabe in den
Frankfurter Nachdruck des Druckers Heinrich Basse
von 1580, der zwei Jahre später allerdings Heinrich
Institoris als Mitautor wieder hinzunimmt. Alle fran-
zösischen Ausgaben seit 1582 beschränken sich auf
die Angabe, der Malleus Maleficarum sei aus vielen
Autoren zusammengestellt, vielleicht durch Fehlinter-
pretation des Passus in der Apologia bedingt. Würde

Hexen
3.575 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 33

man alle Druckausgaben des Hexenhammers zum


Maßstab nehmen, so könnte man der Ansicht zunei-
gen, Jacob Sprenger sei der alleinige Autor des Wer-
kes gewesen. Dies gilt um so mehr, als er als alleini-
ger Verfasser der Apologia des Hexenhammers er-
scheint. Und überdies wird er in der päpstlichen Bulle
Summis desiderantes affectibus zusammen mit Kra-
mer/Institoris als päpstlicher Inquisitor für das He-
xenwesen in Deutschland genannt. Allerdings gibt es
keine einzige Hexeninquisition und nicht einmal ir-
gendein anderes Inquisitionsverfahren mit tödlichem
Ausgang, mit dem Sprenger in Verbindung gebracht
werden könnte, obwohl er bereits mit Urkunde vom
19. Juni 1481 zum Inquisitor für die Diözesen Mainz,
Köln und Trier bestellt worden war.67
Anders verhält es sich bei Kramer. Die Hexenver-
folgung in der Reichsstadt Ravensburg, die im He-
xenhammer erwähnt wird, ist von ihm geleitet wor-
den. Die 1484 erlassene Bulle Summis desiderantes
affectibus, in der Kramers Ravensburger Gehilfe Jo-
hann Gremper als Notarius namentlich erwähnt wird,
hat die Form eines Reskripts, bei welchem die päpst-
liche Kanzlei den Text einer Eingabe übernimmt, das
heißt, sie ist von Kramer selbst formuliert worden.68
Die Innsbrucker Hexenverfolgung, von der ein Groß-
teil der Beispiele im Hexenhammer herrührt, wurde
allein von Kramer ins Werk gesetzt. Als Notarius

Hexen
3.576 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 33

diente hier nicht mehr Gremper, der in Altdorf/Wein-


garten eine Festanstellung gefunden hatte, sondern ein
Johann Kanter aus Utrecht. Zahlreiche Quellen be-
richten von dem unmenschlichen Verfahren, das am
Widerstand des zuständigen Bischofs von Brixen,
Georg II. Golser (ca. 1420–1489, reg. 1464–1489)
scheiterte. Bischof Georg befahl den Abbruch der Un-
tersuchung und die Freilassung der inhaftierten Frau-
en. Überdies erteilte er dem Inquisitor einen kaum
verklausulierten Landesverweis.69 Kramer hat sich
dagegen mit der Unterbreitung seiner Version des
Sachverhalts zur Wehr gesetzt, die sich im Diözesan-
archiv Brixen erhalten hat. Sie gilt seit ihrer Auffin-
dung durch den Brixener Augustinerchorherrn Hart-
mann Ammann (1856–1930) angesichts teilweise
wortgleicher Formulierungen als Vorarbeit zum He-
xenhammer.70 In der deutschsprachigen Forschung
wird Kramer mittlerweile fast allgemein als Autor des
Hexenhammers betrachtet,71 obwohl im Hexenham-
mer selbst häufig von zwei Autoren die Rede ist. In
der internationalen Literatur – von der amerikani-
schen abgesehen – wird dagegen seit dem 16. Jahr-
hundert Sprenger wenigstens als gleichberechtigter
Verfasser betrachtet.
Wenn man annimmt, daß dies nicht stimmt, so
müßte man von einer bewußten Irreführung der Öf-
fentlichkeit durch Kramer ausgehen, wogegen sich

Hexen
3.577 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 34

beispielsweise Wilson und Schnyder aussprechen.72


Aber ist diese Annahme wirklich so abwegig? Auch
bei den Passagen über die Inquisitionsverfahren in
Ravensburg und Innsbruck, die nachweislich von
Kramer allein durchgeführt worden sind, ist im He-
xenhammer von »wir« die Rede. Und es gibt zahlrei-
che weitere Stellen im Hexenhammer, die historiogra-
phisch falsifizierbar sind, so daß man um die Annah-
me einer zielgerichteten Täuschung des Lesers durch
den Autor kaum umhin kommt. Sie erscheint geradezu
als charakteristisches Stilmittel.73 So erweckt Kramer
den Eindruck, der Brixener Bischof habe seine Inqui-
sition gutgeheißen und gefördert – aber genau das Ge-
genteil war der Fall. Er gibt vor, die Innsbrucker Ver-
folgung sei ein großer Erfolg gewesen – aber sie war
ein Fiasko. Er behauptet, die verdächtigten Tiroler
Hexen hätten den Pakt mit dem Teufel gestanden:
doch nichts davon findet sich in den erhaltenen Aus-
sagen der beschuldigten Frauen. Der Textvergleich of-
fenbart, daß ihre konkreten Aussagen im Hexenham-
mer systematisch entstellt wiedergegeben worden
sind. Kramer stellt seine Privatmeinung, daß die in-
haftierten Frauen einen Teufelspakt geschlossen hät-
ten, als durch den Prozeß erwiesene Tatsache hin.74
Bereits der Brixener Bischof Georg vermerkte kritisch
dieses grundlegende Defizit an Rechtlichkeit in den
Prozeßberichten des Inquisitors Kramer, sein unsinni-

Hexen
3.578 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 35

ges Gebaren, Unbewiesenes als erwiesen hinzustellen,


also Beweismittel zu fälschen.75 Daß dasselbe auch
auf andere Inquisitionsprozesse des Bruders Heinrich
von Schlettstadt zutrifft, ist bereits mehrmals nachge-
wiesen worden.76
Hinzu kommen weitere Mißhelligkeiten, in die
Kramer verwickelt war, etwa die Geschichte eines
Diebstahlsvorwurfs mit anschließender Verleum-
dungsklage gegen zwei seiner Schlettstädter Mitbrü-
der während des Romaufenthalts 1475, seine zeitwei-
se Inhaftierung wegen der Angriffe gegen Kaiser
Friedrich III. (1415–1493, reg. 1440–1493) im Jahr
1473 oder der Haftbefehl gegen »frater Henricus In-
stitoris« in Augsburg wegen des Verdachts der Unter-
schlagung von Ablaßgeldern 1482.77 In der Literatur
breit diskutiert worden ist die Frage des Kölner Nota-
riatsinstrumentes vom Mai 1487, das so viele formale
und inhaltliche Unstimmigkeiten aufweist, daß es
schlichtweg als Fälschung zu bezeichnen ist.78 Aus-
gerechnet der in Köln residierende angebliche Mitau-
tor Sprenger fehlte bei der Beurkundung. Von der
Theologischen Fakultät nahmen nur einzelne Mitglie-
der an der Prozedur teil, von denen zwei notariell be-
glaubigte Zeugen – Thomas de Scotia und Johann von
Vörde – später gegen ihre Vereinnahmung protestier-
ten und zu Protokoll gaben, sie seien nicht dabei ge-
wesen. Und die Anwesenden bescheinigten lediglich,

Hexen
3.579 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 35

daß die päpstliche Bulle und das kaiserliche Privileg


echt seien und approbierten den Hexenhammer nur in-
soweit, als er den Lehren der Kirche nicht widerspre-
che. Selbst diese Gutachter hielten fest, daß der He-
xenhammer nicht für einen größeren Leserkreis geeig-
net sei, sondern nur für besonders verständige Leser,
die mit einer so schwierigen Materie umgehen könn-
ten.79
Daß Kramer der Autor des Hexenhammers war, ist
unter Zeitgenossen unbestritten. Er selbst hat sich
wiederholt zu seiner Autorschaft bekannt und die Eta-
blierung seines Buches in jeder nur erdenklichen
Weise unterstützt. Die Kölner Approbation hatte
Heinrich Kramer ebenso geschickt arrangiert wie
zuvor die königliche Privilegierung oder den Erlaß
der päpstlichen Bulle, alles durchsichtige Inszenierun-
gen, um mit dem Vehikel der klingenden Namen das
Anliegen der Hexenverfolgungen zu befördern. In sei-
nem Gutachten für den Nürnberger Rat erwähnt »Bru-
der Heinrich Kramer Prediger Ordens« im Oktober
1491 mehrmals »sein« Buch über die Unholden,80
und in einem 1501 veröffentlichten Buch gegen die
Ketzerei der Böhmischen Brüder bezeichnet sich Kra-
mer erneut als den Verfasser des Malleus.81
Völlig anders ist dies bei Jacob Sprenger. Wie
Kramer ist auch er häufig als Autor hervorgetreten,
doch eignet seinen Werken eine völlig andere Ambiti-

Hexen
3.580 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 36

on. Nicht das Aufspüren und die Tötung der Abtrün-


nigen ist sein Ziel, sondern die Integration der Gläu-
bigen und die Befestigung des Glaubens, etwa in sei-
nen Werken zur Förderung der Marienfrömmigkeit
und der Rosenkranzbruderschaften, deren Einführung
in Deutschland Sprengers Werk war. Sprenger war
weit mehr noch als Kramer eine Person des öffentli-
chen Lebens. Doch in keiner seiner Schriften oder
Handlungen läßt er irgendeine Neigung zur Hexenver-
folgung erkennen oder auch nur ein besonderes Inte-
resse an dieser Frage. Dies paßt zu der Tatsache, daß
Sprenger mit keiner Hexeninquisition und mit keinem
Exempel im Hexenhammer in Verbindung gebracht
werden kann.82 Wenn Heinrich Kramer also der al-
leinige Autor war, wie geriet Sprenger dann in den
Genuß bzw. den Ruch der Zuschreibung? Urheber
dieser Version war offenbar Johannes Trithemius, der
1495 in seinem Catalogus illustrium virorum auf das
Verwirrspiel um die Verfasserschaft hereinfiel und
Sprenger in dessen Todesjahr als maßgeblichen Ver-
fasser des Hexenhammers bezeichnete.83 Von Trithe-
mius verbreitete sich, unterstützt durch die Namens-
nennung in der Apologia, die Auffassung von der
Verfasserschaft Sprengers so rasch, daß sie nach
zwanzig Jahren Eingang sogar in die Veröffentlichun-
gen von Ordensmitgliedern gefunden hat.84 Spren-
gers Nachfolger als Prior des Kölner Dominikaner-

Hexen
3.581 Das Verfasserproblem Hexenhammer, 37

klosters, sein ehemaliger Vertrauter Servatius Fan-


ckel, hat sich allerdings bereits 1496 schärfstens
gegen die Zuschreibung des Trithemius verwahrt und
in einem Brief festgehalten, daß Sprenger nach dessen
eigenem Bekunden zum Text des Malleus nichts bei-
getragen und nicht einmal von dessen Abfassung
Kenntnis gehabt habe.85 Nach alledem dürfte der
prominente Ordensobere nach der Ostermesse 1487
ziemlich befremdet gewesen sein, daß sein Name
durch die Nennung in Bulle, Notariatsinstrument und
Apologia zunehmend mit diesem Machwerk in Ver-
bindung gebracht wurde.

Hexen
3.582 Das Verhältnis Jacob Sprengers zu Heinrich Kramer Hexenhammer, 37

Das Verhältnis Jacob Sprengers zu Heinrich


Kramer

Diese Konstellation legt es nahe, das Verhältnis zwi-


schen diesen beiden Dominikanern näher zu betrach-
ten. Das Ergebnis ist überraschend. Seit dem Zeit-
punkt, als Kramer in Innsbruck mit der päpstlichen
Bulle, in der auch Sprenger erwähnt wird, seine skan-
dalöse Hexenverfolgung durchführte, finden sich
deutliche Anzeichen für ein schweres Zerwürfnis zwi-
schen Kramer und Sprenger. Möglicherweise speiste
sich der Gegensatz der beiden Exponenten aus dem
Richtungsstreit innerhalb der deutschen Provinz des
Dominikanerordens, der Teutonia. Während die
Mehrheit der Konvente mit Sprenger dem observanten
Flügel zuneigte, sträubte sich eine Minderheit – die
Konventualen – vehement gegen Reformen. Auf dem
Provinzialkapitel von 1484 in Colmar kam es zum
Bruch. Wohl nicht zufällig tagten die Konventualen
in Kramers traditionsreichem Kloster in Schlettstadt
weiter.86
Der Gegensatz zwischen Sprenger und Kramer/In-
stitoris nahm noch vor jeder möglichen Zusammenar-
beit am Hexenhammer höchst persönliche Dimensio-
nen an. Deutlich sichtbar wird dieses Zerwürfnis da-
durch, daß der Kölner Prior mit allen ihm zu Gebote

Hexen
3.583 Das Verhältnis Jacob Sprengers zu Heinrich Kramer Hexenhammer, 38

stehenden Mitteln begann, gegen seinen Schlettstädter


Kollegen, der sich zum Wander-Inquisitor entwickelt
hatte, vorzugehen. Sprenger erwirkte bereits im
Herbst 1485 als Vikar der Provinz Teutonia, deren
Leiter Jacob Stubach gerade als Vikar der vakanten
Position des Ordensgenerals fungierte, eine Abmah-
nung gegen Kramer. Womöglich war die literarische
Einspannung Sprengers in die Verfolgungskampagne
gegen die Hexen im Frühjahr 1487 bereits eine Ra-
cheaktion Kramers, die dann den Bruch besiegelte.
Am Tag seiner Wahl zum Nachfolger Stubachs als
Provinzial erhielt Sprenger am 19. November 1487
vom neuen Ordensgeneral Joaquino Turriani die Er-
mächtigung, »adversus m[agister] Henricum Institoris
inquisitorem« – also gegen Kramer – vorzugehen.
Diese Koinzidenz hat den Anschein eines Junktims:
Sprenger übernahm die Leitung der Teutonia unter
der Bedingung, Kramer in die Ordensdisziplin neh-
men zu können.87
Wegen der zahlreichen Skandale, die der »Magister
Henricus Institoris« in der Provinz Teutonia verur-
sacht habe (»propter multa scandala, que perpetravit
in provincia«), wurde er nun von seinem neuen Vor-
gesetzten Sprenger mit allen nur möglichen Strafen
und Verweisen (»omnes et singulas penas et censu-
ras«) belegt. Allen nichtreformierten Konventen –
also z.B. Augsburg und Speyer, aber auch seinem

Hexen
3.584 Das Verhältnis Jacob Sprengers zu Heinrich Kramer Hexenhammer, 39

Heimatkloster – wurde untersagt, ihn weiter bei sich


aufzunehmen.88 Der schroffe Bruch, den der Ordens-
provinzial Sprenger mit dem Verfasser des Hexen-
hammers vollzog, veranlaßte Kramer 1488 zum
Rückzug in die Erzdiözese Salzburg, wo er sich of-
fenbar willkommen wußte.89 1490 versuchte Spren-
ger, direkt in das Leben des Schlettstädter Konvents
einzugreifen, indem er eine Reform an Haupt und
Gliedern anordnete.90 1493 erwirkte Sprenger gar ein
Mandat des Ordensgenerals gegen Kramer, welches
diesem bei Strafe der Exkommunikation befahl, seine
Predigerstelle in Salzburg aufzugeben, da diese dem
Ordensbruder Nikolaus Gundelfinger übertragen wor-
den sei. Dieser Befehl wurde im Januar 1494 wieder-
holt, wobei auffällt, daß Kramer jetzt nicht mehr mit
den Ehrentiteln Magister und Inquisitor, sondern nur
noch gehorsamgebietend als »frater Henricus« be-
zeichnet wird.91
Aus diesen Angaben kann man ersehen, daß Spren-
ger von 1485 bis zu seinem Lebensende (6. Dezember
1495) seinem Ordensbruder das Leben schwer zu ma-
chen versuchte, wo er nur konnte. Aus heutiger Sicht
ist es schwer, tiefer in die psychologische Dimension
des Zerwürfnisses einzudringen. Doch wird deutlich,
daß Sprenger so wenig mit den Aktivitäten Kramers
einverstanden war, daß er alles innerhalb des Ordens
Mögliche tat, um diesen Inquisitor auszuschalten.

Hexen
3.585 Das Verhältnis Jacob Sprengers zu Heinrich Kramer Hexenhammer, 39

Daß er nicht öffentlich gegen ihn vorging, dürfte mit


der Ordensdisziplin zu tun gehabt haben, vielleicht
auch mit den Beziehungen Kramers zur Kurie, und
schließlich mit seiner Erwähnung in der päpstlichen
Bulle Summis desiderantes affectibus. Bereits in
diese hat Sprenger möglicherweise ohne eigenes
Zutun Eingang gefunden. Die Involvierung Sprengers
in das Projekt einer großen Hexenverfolgung von sei-
ten Kramers war Teil eines Machtkampfes innerhalb
des Dominikanerordens, dessen Einzelheiten wir beim
derzeitigen Stand der Forschung noch nicht hinläng-
lich durchschauen können.
Daß der Orden kein Interesse daran hatte, die
schweren Zerwürfnisse in der Teutonia publik werden
zu lassen, ist leicht einsehbar. Was heute davon noch
rekonstruierbar ist, genügt jedoch als Hinweis auf den
außerordentlichen Charakter der Auseinandersetzun-
gen, durch die Kramer wirksam von weiteren Hexen-
verfolgungen abgehalten worden ist, auch unter
Sprengers Nachfolger im Provinzialat, dem Wiener
Dominikaner Ulrich Zehentner. Vielleicht erklärt dies
auch Kramers Ausweichen – oder seine Abschie-
bung – nach Venedig und dann nach Böhmen, wo er
1505 unbeachtet verstarb.92 Im Gegensatz zu dem
irrlichternden, überall Streit vom Zaun brechenden
Wander-Inquisitor Heinrich Kramer personifizierte
Sprenger den soliden, auf Ausgleich bedachten und

Hexen
3.586 Das Verhältnis Jacob Sprengers zu Heinrich Kramer Hexenhammer, 40

für höchste Aufgaben qualifizierten Ordensführer,


dessen konstruktive Projekte zur Förderung der Ma-
rienfrömmigkeit und der Rosenkranzbruderschaften
einen anderen Geist atmen als die haßerfüllten Ver-
nichtungsphantasien seines Gegenspielers. Nach sei-
nem langen Kölner Priorat fungierte Sprenger nach ei-
nigen Monaten als Generalvikar des gesamten Ordens
bis an sein Lebensende als Oberer der deutschen Or-
densprovinz.93

Hexen
3.587 Frühe Quellen zur Person Heinrich Kramers Hexenhammer, 40

Frühe Quellen zur Person Heinrich Kramers

Wie Peter Segl in seinem biographischen Beitrag zu-


sammengefaßt hat,94 wurde der spätere Hexeninqui-
sitor um 1430 im elsässischen Schlettstadt geboren,
damals einer Freien Reichsstadt des Heiligen Römi-
schen Reiches deutscher Nation (heute Séléstat in
Frankreich). Über Kindheit und Jugend Heinrich Kra-
mers ist nichts bekannt. Man nimmt an, daß die
Grundlage seiner späteren Gelehrsamkeit in der be-
rühmten städtischen Lateinschule gelegt worden
ist.95 Vermutlich trat er um 1445 als Novize in das
große, um 1282 gegründete, angesehene Kloster der
Dominikaner in Schlettstadt ein und absolvierte dort
das philosophische Grundstudium.96
Seitdem bezeichnete er sich als »Bruder Heinrich
aus Schlettstadt«, als der er in den ersten urkundli-
chen Erwähnungen – und gelegentlich bis an sein Le-
bensende – auftrat. Ob es richtig ist, daß er bereits
1458 in Straßburg als Beichtvater bei der Hinrichtung
des Waldenserbischofs Friedrich Reiser mitwirkte,
wie er in seinem Tractatus contra errores behaupten
sollte, entzieht sich der Nachprüfbarkeit.97 Um 1460
muß er von Schlettstadt nach Rom gereist sein, wie
aus dem Exempel im Malleus über einen besessenen
Priester aus Böhmen hervorgeht.98 Im Jahr 1473 tru-

Hexen
3.588 Frühe Quellen zur Person Heinrich Kramers Hexenhammer, 41

gen öffentliche Angriffe auf den regierenden Kaiser


Friedrich III. dem Predigermönch eine Gefängnisstra-
fe ein, von der ihn dann am 15. Juni 1474 das in Rom
tagende Generalkapitel des Ordens entband. In der
entsprechenden Urkunde, in der er als frater Henricus
de Sletstat bezeichnet wird, werden erstmals seine
engen Beziehungen zur Ordensleitung und zur Kurie
sichtbar. Denn am gleichen Tag wurde dem Mittvier-
ziger die Befugnis zur Inquisition erteilt, außerdem
das Recht, sich selbst einen Konvent und den Beicht-
vater auszusuchen und alle Vorrechte eines Magisters
der Theologie in Anspruch zu nehmen.99 Unklar
bleibt, inwieweit Kramer in den nächsten Jahren von
dieser Befugnis zur Inquisition Gebrauch gemacht
hat. Seine Mitwirkung an Hexenprozessen in Heidel-
berg im Jahr 1475, die in der Chronik des Mathias
Widman (?-1476) von Kemnath überliefert sind,
bleibt spekulativ und gilt wegen häufiger Romaufent-
halte in den folgenden fünf Jahren als unwahrschein-
lich.100

Hexen
3.589 Bruder Heinrich bei der Judenverfolgung in Trient Hexenhammer, 42

Bruder Heinrich bei der Judenverfolgung in


Trient

Allerdings blieb Kramer nicht ständig in der Heiligen


Stadt. Auf dem Rückweg nach Schlettstadt wohnte er
1475 in Trient einem Inquisitionsverfahren bei, mit
dem man ihn bisher nicht in Verbindung gebracht hat,
das sich jedoch in das Bild seiner Persönlichkeit fügt.
Gemeint ist der Ritualmordprozeß gegen die Judenge-
meinde der Bischofsststadt Trient nach dem plötzli-
chen Tod eines zweijährigen Jungen namens Simon,
Sohn des Gerbers Johann Unferdorben. Geführt
wurde der Prozeß vom Stadtrat bzw. dessen Richter,
dem Podestà Johannes de Salis aus Brescia, nachdem
die Bürgerschaft durch antisemitische Hetzpredigten
des Franziskaners Bernardin de Feltre aufgeheizt wor-
den war. Der Prozeß wurde unterstützt vom Stadt-
herrn, dem regierenden Fürstbischof Johannes IV.
Hinderbach (1418–1486, reg. 1465–1486) von Tri-
ent. Schwierigkeiten bereitete dabei, daß der päpstli-
che Kommissar Giovan Battista dei Giudici, Bischof
von Ventimiglia, nach seinem Studium der Indizien
und Zeugenaussagen nicht von der Rechtmäßigkeit
der Vorwürfe überzeugt war und den sofortigen Ab-
bruch des Prozesses forderte. Gegen diesen Vertreter
der Kurie mußte ein wirksames Gegenargument ge-

Hexen
3.590 Bruder Heinrich bei der Judenverfolgung in Trient Hexenhammer, 42

funden werden. Der Bischof beauftragte daher den


»Bruder Heinrich aus Schlettstadt«, zur Legitimation
seiner Judenverfolgung Vergleichsbefunde über frü-
here Ritualmordprozesse zu beschaffen. Wenig später
hören wir von den Orten in Oberdeutschland, die spä-
ter im Hexenhammer eine Rolle spielen sollten. Am
3. Oktober 1475 traf Heinrich Kramer in Ravensburg
ein,101 wo er mit Hilfe dreier kaiserlicher Notare aus
Konstanz Material über einen lokalen Ritualmordpro-
zeß zusammentrug. Unverkennbar knüpfte Kramer
bereits jetzt besondere Beziehungen zu Funktionären
der Diözese Konstanz, die während der Amtszeit des
Bischofs Otto Truchsess von Waldburg-Sonnenberg
(amt. 1475–1490) den Schwerpunkt seiner Hexenin-
quisition bilden sollte. Von Ravensburg bewegte sich
Kramer durch die Diözese in die Reichsstadt Pfullen-
dorf und die vorderösterreichischen Städte Endingen
und Freiburg im Breisgau, von wo ein Abstecher nach
Schlettstadt nahelag. Auch Heidelberg befand sich
keine Tagesreise entfernt. Mit den gesammelten Zeug-
nissen kehrte Bruder Heinrich nach Trient zurück,
und womöglich waren seine Befunde für den weiteren
Prozeßverlauf entscheidend.102 Als im Januar 1476
die Hinrichtungen begannen, war der Dominikaner
immer noch da, um Juden der Trienter Gemeinde vor
ihrer Hinrichtung zur Annahme des christlichen Glau-
bens zu bewegen und die Taufen durchzuführen.103

Hexen
3.591 Bruder Heinrich bei der Judenverfolgung in Trient Hexenhammer, 43

Der Trienter Ritualmordprozeß, zu dessen Legiti-


mation und Durchführung Bruder Heinrich aus
Schlettstadt entscheidend beigetragen hat, zog eine
lange und unrühmliche Tradition nach sich. Bischof
Johannes baute den kleinen »Märtyrer« Simon mit
Hilfe der dominikanischen Publizistik zu einem Heili-
gen auf, der Wunder wirkte, Wallfahrten und die Er-
richtung von Tochterkultstätten nach sich zog. Natur-
gemäß handelte es sich um einen antisemitischen
Kult, doch wurde der »Hl. Simon von Trient« auch in
Fällen von Besessenheit, Schadensfällen mit Bezug
zu Kindern – also Hexerei – und allen möglichen an-
deren Anliegen angerufen. In seiner Ikonografie
wurde der kindliche Heilige früh dem Bild des Jesus-
kindes anverwandelt. Der Kult des »Hl. Simon« ver-
breitete sich rasch im Alpenraum und genoß erhebli-
che Popularität. Er wurde durch die römische Kurie
erst nach beinahe 500 Jahren angesichts des Holo-
caust eingestellt.
Kramers Trienter Engagement ist auch im Hinblick
auf die Hexenfrage von Interesse, denn den Juden
wurden Verbrechen angelastet, die denen der Hexen
ähnelten. Angeblich verunehrten sie den Leib Christi
in der Hostie, verspotteten die Mutter Gottes, töteten
in Ritualmorden kleine Kinder, um mit ihnen Zaube-
rei zu betreiben, wobei die Mystik des Blutes wie bei
der Eucharistiefeier eine besondere Rolle spielte.104

Hexen
3.592 Bruder Heinrich bei der Judenverfolgung in Trient Hexenhammer, 43

Überhaupt harrt die Gleichsetzung von Juden und


Hexen durch die spätmittelalterliche Inquisition noch
der weiteren Erforschung. Wie erst Carlo Ginzburg
wieder hervorgehoben hat, wurden die angeblichen
Versammlungen der Hexen früh mit denen der Juden
verglichen und daher in lateinischen Traktaten – und
später in allen europäischen Sprachen – mit den Be-
griffen »Synagoge« oder »Sabbat« bezeichnet.105 Im
ausgehenden 15. Jahrhundert entwickelte die Inquisi-
tion auf der iberischen Halbinsel sogar ein besonderes
Interesse für jüdische Konvertiten zum christlichen
Glauben, den »conversos«, die an ihren alten Ritualen
festhielten. Ihre Verfolgung bildete gerade in den
1480er Jahren einen Schwerpunkt der spanischen In-
quisition und trug zu deren Verfestigung zu einer per-
manenten Behörde bei.106 Heinrich Kramer entwik-
kelte im Herbst 1485 während seiner Innsbrucker He-
xeninquisition ein erhebliches Interesse an der getauf-
ten Jüdin Ennel Notterin. Ihr Fall taucht in stark ent-
stellter Form im Hexenhammer auf. Obwohl es dafür
in den Prozeßakten keinen Anhaltspunkt gibt, wird
sie bei Heinrich Kramer zur Lehrmeisterin der Tiroler
Hexen.107 Der Einfluß der Dominikaner oder viel-
leicht sogar Kramers bei den Judenvertreibungen aus
den Reichsstädten im Elsaß – etwa aus Schlettstadt
1479 – ist noch nicht erforscht und könnte Überra-
schungen bergen.108

Hexen
3.593 Heinrich Kramer und die Hexeninquisition in Hexenhammer, 44

Heinrich Kramer und die Hexeninquisition in


Schlettstadt

Bei seinem nächsten Auftritt in Rom wurde »Heinrico


Institoris« am 3. März 1478 zum inquisitor per
totam Alemaniam superiorem ernannt,109 also zum
päpstlichen Inquisitor für ganz Oberdeutschland, wor-
unter man das gesamte deutschsprachige Gebiet zwi-
schen Böhmen und Frankreich inklusive Vorderöster-
reich, die deutschsprachige Schweiz und das Elsaß
verstand. In diesem Zusammenhang verdient ein indi-
rektes Zeugnis Beachtung, das wir wenig später für
Kramers Heimatstadt Schlettstadt durch eine Hexerei-
beschuldigung gegen die fünfzigjährige Eis Schwäbin
(ca. 1428–1490) in der Reichsstadt Nördlingen erfah-
ren. Sie hatte neun Jahre in dem Dorf Kestenholz bei
Schlettstadt gelebt, bevor sie eine Anstellung als eine
von vier städtischen Hebammen in Nördlingen erhielt.
Obwohl der Magistrat von Schlettstadt in seinem
Schreiben vom Juni 1478 die Namen der beiden in
Kestenholz hingerichteten Frauen verschwieg, wußte
die Schwäbin sofort, um wen es sich handelte. Über
die Beschuldigungen – Els Schwäbin sollte als Heb-
amme eine Totgeburt ausgegraben haben, die von den
drei Frauen in einem Kessel gesotten und zum »Don-
nerwetter« machen benutzt worden sein sollte – ord-

Hexen
3.594 Heinrich Kramer und die Hexeninquisition in Hexenhammer, 45

nete der Nördlinger Stadtrat eine ernsthafte Befragung


der Schwäbin an. Eine Rückfrage in Schlettstadt
ergab, daß es sich bei den verbrannten Frauen tatsäch-
lich um die Genannten gehandelt hatte und daß auch
die Mutter des vor elf Jahren totgeborenen Kindes ihr
Unglück auf Unholden zurückführte. Die jetzt in
Nördlingen lebende Hebamme wurde von ihr aller-
dings nicht beschuldigt, da sie nicht bei der Geburt
dabeigewesen war. Els Schwäbin wurde daher freige-
lassen und konnte weiter als Stadthebamme arbei-
ten.110 Der indirekte Bericht über den Schlettstädter
Hexenprozess ist vor allem deshalb interessant, weil
inhaltliche Übereinstimmungen mit Berichten über
die Hexen-Hebammen im Hexenhammer erkennbar
sind.
Freilich stellt der Schlettstädter Prozeß nur einen
kleinen Ausschnitt dar aus einem großen Panorama
von Hexenverfolgungen im Elsaß und den Herzogtü-
mern Lothringen und Luxemburg in den 1470er und
1480er Jahren. Nach ersten Zaubereiprozessen unter
dem aus Koblenz stammenden dominikanischen In-
quisitor Heinrich Kalteisen (ca. 1390–1465) führte
dort dessen französischer Kollege François Leclerc in
der Propstei Longwy 1473 eine Hexenverfolgung mit
Dutzenden von Opfern durch.111 Den nächsten Hö-
hepunkt erreichten die Verfolgungen um 1481 in der
Gegend um die Reichsstadt Metz. Verursacht wurden

Hexen
3.595 Heinrich Kramer und die Hexeninquisition in Hexenhammer, 45

sie durch Serien schwerer Unwetter, welche die Be-


völkerung in Aufruhr versetzten. In Metz selbst wur-
den sieben Frauen als Hexen verbrannt, in Diedenho-
fen/Thionville drei Frauen und drei Männer, je drei
Frauen in Devant-les-Ponts und Chatel-Saint-Ger-
main, eine in Vigny sowie ein Mann in Vantoux. Fast
alle Akten zu diesen Prozessen fehlen, überliefert sind
sie in der reichen Metzer Chronistik112 sowie in Lu-
xemburger Rechnungsbüchern, die Hinrichtungen in
Monnerich verzeichnen.113 Neue Prozesse fanden in
Lothringen 1485 statt, und nach schweren Unwetter-
schäden erreichten die Verfolgungen 1488 einen
neuen Höhepunkt. In Metz wurden 35 Personen
wegen Hexerei hingerichtet, und es ist unklar, ob in
dieser Zahl die Verbrennungen in den Orten Rouze-
rièulles, Vantoux, Marange etc. bereits enthalten
sind.114 Inwieweit Heinrich Kramer in diese Vorgän-
ge verwickelt war, ist mangels Quellen – wenigstens
bisher – nicht nachweisbar. Es steht nicht einmal für
den Schlettstädter Prozeß mit Sicherheit fest.

Hexen
3.596 Die Inquisition gegen fromme Frauen in Augsburg Hexenhammer, 46

Die Inquisition gegen fromme Frauen in


Augsburg

Die drei bedeutendsten oberdeutschen Städte waren


im ausgehenden 15. Jahrhundert Straßburg, Nürnberg
und Augsburg, und es dürfte kein Zufall sein, wenn
wir gerade hier auf die ersten Aktivitäten des Bruder
Heinrich als Inquisitor stoßen. Seinen Aufenthalt
konnte er hier im großen Augsburger Dominikaner-
konvent Sankt Magdalena nehmen,115 den er vermut-
lich bereits von seinen früheren Italienreisen her
kannte und in dem er später noch häufig gastieren
sollte, möglicherweise auch bei der Abfassung des
Hexenhammers. Gegenstand seiner ersten Inquisition
waren allerdings nicht Hexen, sondern vielmehr Frau-
en, die sich durch häufige Inanspruchnahme der Kom-
munion auszeichneten. Was in anderen Fällen als Zei-
chen heiligmäßigen Lebens betrachtet wurde, erschien
dem Inquisitor höchst suspekt – auch im Hexenham-
mer sollte er ja Äußerungen von besonderer Fröm-
migkeit als Täuschungsmanöver der Hexen bezeich-
nen.116 Während seines Aufenthalts in der Reichs-
stadt Augsburg im Sommer 1480 erhielt Kramer
Kenntnis von einer Gruppe frommer Frauen, denen
der Stiftspfarrer von St. Moritz, Johannes Müller
bzw. Molitoris (?-1482), bereits seit zehn Jahren täg-

Hexen
3.597 Die Inquisition gegen fromme Frauen in Augsburg Hexenhammer, 47

lich – und manchmal sogar mehrmals am Tag – die


Hostie reichte. Der Inquisitor klassifizierte dieses
Verhalten als periculosus error und betrachtete die
Gruppe als eine Art häretische Sekte, gegen die er von
Amts wegen einschreiten konnte.
Der Augsburger Bischof Johann II. von Werden-
berg (reg. 1469–1486) unterstützte Kramers Inquisiti-
on, doch Pfarrer Müller verteidigte seine Anhängerin-
nen mit dem Hinweis auf die heiliggesprochenen
theologischen Autoritäten Thomas von Aquin und
Bonaventura, die häufige Kommunion gestattet und
als Zeichen für besondere Glaubensfestigkeit bezeich-
net hätten. Krämer behauptete dagegen wahrheitswid-
rig, die Erlaubnis der täglichen Kommunion beziehe
sich bei Thomas und Bonaventura allein auf Priester.
Außerdem verwies er auf die Juden, welche den
Genuß des Leibes und Blutes Christi im geistigen
Sinn ebenfalls nicht begriffen.117
Nach Ansicht Kramers geschah die tägliche Kom-
munion nicht aus Frömmigkeit, sondern ex levitate
mulierum, aus der Leichtsinnigkeit der Frauen, also
aus einer quasi angeborenen Defizienz des weiblichen
Geschlechts. Bei ihrer Befragung am 13. September
1480 erwiesen sich die Frauen jedoch keineswegs als
unbesonnen, sondern als ausgesprochen klug und bi-
belfest. Sie argumentierten insbesondere mit Joh.
6,53. Der direkte Rekurs auf die Heilige Schrift, der

Hexen
3.598 Die Inquisition gegen fromme Frauen in Augsburg Hexenhammer, 47

ja nicht erst seit Luther, sondern auch bei den vorre-


formatorischen religiösen Reformbewegungen üblich
war, wurde von Bruder Heinrich freilich im Gegenzug
als weiteres Indiz für Ketzerei eingestuft und als hus-
sitisches Gedankengut denunziert.118
Obwohl sogar Kramer zugeben mußte, daß keine
Grundlage für eine Verurteilung wegen Ketzerei gege-
ben war, unterstellte er »häretische Fundamente«, um
einen förmlichen Freispruch verweigern zu können.
Segl hat dazu auf die Passage des Hexenhammers hin-
gewiesen, in welcher dem Richter in Glaubensfragen
geraten wird, grundsätzlich Freisprüche zu vermeiden,
da dies einer späteren Wiederaufnahme des Prozesses
entgegenstehen könne.119 Es ist nicht uninteressant
zu sehen, daß Kramers Gegner in Augsburg, der Pfar-
rer Müller/Molitoris, der so andere Vorstellungen von
Frömmigkeit besaß, das süddeutsche Mitgliedsregi-
ster der Rosenkranzbruderschaft Jacob Sprengers
führte, was bereits zu diesem frühen Zeitpunkt auf
einen Konflikt zwischen Kramer und Sprenger hin-
deuten könnte.120

Hexen
3.599 Die Hexeninquisition in der Diözese Basel Hexenhammer, 48

Die Hexeninquisition in der Diözese Basel

Die Schweiz gehörte wie Lothringen zu den Gebieten,


in denen sich Hexenprozesse während der widrigen
Zeitläufte der frühen 1480er Jahre zu häufen began-
nen. Im Süden war die Inquisition am Werk. Schwer-
punkt ihrer Aktivitäten war die Diözese Lausanne, wo
der dominikanische Inquisitor Thomas Gogat derart
umfangreiche Aktivitäten entfaltete, daß er teilweise
Unter-Inquisitoren mit der praktischen Durchführung
beauftragen mußte, beispielsweise 1481 in einem Pro-
zeß gegen vier Männer in Neuenburg/ Neufchatel.121
Offenbar weltliche Gerichte inquirierten 1482 in Frei-
burg, Murten, Bern und Luzern, wo wiederum Wet-
terzauber eine zentrale Rolle spielte und wo es zu
mehreren Hinrichtungen kam. Unklar sind die Ge-
richtsverhältnisse bei zwei Hexenverbrennungen im
gleichen Jahr im Gebiet des Klosters St. Gallen sowie
im Mai 1482 in Liestal bei Basel.122
In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß
»Heinricus Institoris« im September 1482 seine Be-
rechtigung zur Inquisition durch den Bischof Kaspar
zu Rhein (amt. 1479–1502) in der Diözese Basel ver-
öffentlichen ließ. Basel war – wie Lausanne – ein
Suffraganbistum von Besançon und der größte Teil
seiner Landkapitel lag in der französischsprachigen

Hexen
3.600 Die Hexeninquisition in der Diözese Basel Hexenhammer, 48

Schweiz. Allerdings – und dies machte es für Kramer


besonders interessant – lagen fünf der elf Dekanate im
Elsaß. Normalerweise eröffnete die Publikation der
päpstlichen Bulle den Auftritt des Inquisitors. Mögli-
cherweise hat sich Kramer vor seinen Auftritten in
Oberschwaben hier zum ersten Mal an einer systema-
tischen Hexeninquisition versucht. Alle Beispiele, die
Kramer im Hexenhammer aus der Diözese Basel an-
führt, sollten unter diesem Aspekt betrachtet werden,
etwa das mehrfach angeführte Exempel seiner Inquisi-
tion gegen eine Hexe aus Breisach123, die Hexenver-
brennung in dem Dorf Bühl bei Gebweiler/ Guebwil-
ler,124 die Hexenverbrennung an einem ungenannten
Ort an der Grenze von Elsaß und Lothringen, aber in
der Diözese Basel, die Verbrennung einer Hebamme
in Thann im Elsaß125 oder der Verweis auf die Er-
fahrungen aus dem Prozeß in Oberwil bei Basel.126

Hexen
3.601 Die Hexeninquisition in der Diözese Straßburg Hexenhammer, 49

Die Hexeninquisition in der Diözese Straßburg

Bereits die Belege aus der Diözese Basel deuten dar-


auf hin, daß Kramers Aktivitäten nicht weiter in die
Schweiz hinein, sondern vielmehr in seine nähere
Heimat, das Elsaß, zielten, was kaum verwundert, da
er als Nachfolger des umstrittenen Theobald Hess
1482 zum Prior seines Heimatkonvents in Schlett-
stadt gewählt wurde.127 Im Oktober des folgenden
Jahres erreichte er bei der Kurie, daß sein Kloster
durch einen speziellen Ablaß finanziell begünstigt
wurde, da es aufgrund seiner Verpflichtungen als In-
quisitor besondere Belastungen zu tragen habe.128
Außerdem äußerte er gegenüber der Kurie den bizar-
ren Plan, eine spezielle Bruderschaft gegen Hexen ins
Leben zu rufen, die unter der Leitung beständig predi-
gender Inquisitoren stehen sollte, was wohl konkret
bedeutet hätte: unter seiner Leitung. Kramer trug die-
ses Projekt während seines nächsten Romaufenthalts
mündlich dem Papst vor, und Sixtus IV. billigte es.
Jürgen Petersohn interpretiert die Aktion so, daß der
Inquisitor ein neues Betätigungsfeld für die in
Deutschland weitgehend bedeutungslos gewordene In-
quisition eröffnen wollte.129
Aus der Diözese Straßburg finden sich mehrere
Beispiele im Hexenhammer, die auf eigene Erfahrun-

Hexen
3.602 Die Hexeninquisition in der Diözese Straßburg Hexenhammer, 50

gen Kramers hindeuten. Konkret geht es um Hexen-


prozesse in der Schlettstadt benachbarten Adelsherr-
schaft Rappoltstein/ Ribeaupierre, dem Sitz des Gra-
fen Wilhelm von Rappoltstein, dem österreichischen
Landvogt im Elsaß in den Jahren 1476–1481 und
1486–1487,130 und in Kintzheim oder Hochkönigs-
burg bei Schlettstadt, dem Sitz Oswalds von Thierste-
in (?-1488), des Landvogts in den Jahren dazwischen.
Welche politische Bedeutung gerade diese Prozesse
haben konnten, kann man daran ermessen, daß genau
diese beiden hohen Adeligen in engem Verhältnis zu
Erzherzog Sigmund von Tirol als dem Herren Vorder-
österreichs standen.131 Nähergekommen sind wir
einer Identifizierung des ominösen Großen im bislang
nicht lokalisierbaren »territorium Westranensis« in
der Diözese Straßburg, von dem der Autor des He-
xenhammers über einen Impotenzzauberer zu berich-
ten weiß,132 sowie weiterer Städte im Elsaß mit He-
xenverbrennungen, deren Namen verschwiegen wer-
den, vielleicht weil auch hier die Dokumentation zu-
rechtgebogen ist oder weil sich Kramer mit diesen
Städten nicht anlegen wollte.133 Eindeutig zu identi-
fizieren sind neben Straßburg der bischöfliche Resi-
denzort Zabern/Saverne im Unterelsaß,134 Reichsho-
fen bei Hagenau/Haguenau135 sowie diese Reichs-
stadt Hagenau selbst, wo 1482/83 eine Inquisition
stattgefunden haben muß.136

Hexen
3.603 Die Hexeninquisition in der Diözese Straßburg Hexenhammer, 50

Daß seiner Heimatdiözese die besondere Aufmerk-


samkeit des Inquisitors gegolten hat, darf man schon
deshalb annehmen, weil er den Straßburger Bischof
Albrecht von Bayern (reg. 1478–1506) als einzigen
Bischof in einem eigenen Abschnitt der päpstlichen
Bulle 1484 ausdrücklich zur Unterstützung der He-
xeninquisition ermahnen ließ. Dies deutet freilich dar-
auf hin, daß gerade dieser Bischof – sehr zum Ärger
des Inquisitors – wie viele andere Zeitgenossen daran
kein besonderes Interesse gezeigt haben dürfte.137

Hexen
3.604 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 51

Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz

Der größte Erfolg scheint dem Hexenverfolger nach


den Angaben des Hexenhammers in der Diözese Kon-
stanz zur Amtszeit des Bischofs Otto Truchsess von
Waldburg-Sonnenberg (amt. 1475–1491) beschieden
gewesen zu sein. Kramer verkündet stolz, in dieser
Diözese seien in den vergangenen fünf Jahren, also im
Zeitraum von 1481–1485 nicht weniger als 48 Frauen
als Hexen verbrannt worden.138 Weil im Hexenham-
mer selbst weit weniger Verbrennungen einzeln auf-
geführt werden, hat Eric Wilson diese Zahl in Zweifel
gezogen und die These aufgestellt, darin seien die 41
Verbrennungen des Inquisitors von Como enthalten.
In der Diözese Konstanz seien folglich sieben Frauen
als Hexen hingerichtet worden.139 Dieses Argument
will allerdings nicht nur wegen des Aufbaus der Text-
passage nicht recht einleuchten. Wenn Kramer subsu-
miert hätte, dann sicher Hexenprozesse aus dem
nahen Umland oder Prozesse, die in der Diözese Kon-
stanz – sie reichte immerhin weit in die Schweiz hin-
ein – von weltlichen Gerichten geführt worden sind.
Für die Glaubhaftigkeit der Zahl sprechen schon die
vielen Einzelheiten, die Kramer aus der Region zu be-
richten weiß. Ein gutes Beispiel dafür ist die im He-
xenhammer erwähnte Inquisition in der Reichsstadt

Hexen
3.605 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 52

Ravensburg. Hier lassen sich nicht nur die Namen der


verbrannten Frauen rekonstruieren, Agnes Baderin
und Anna Mindelheimerin. Der kuriose Name des
Bürgermeisters (»gelre«) ist eine Verballhornung sei-
nes aktenkundigen Namens Konrad Geldrich von Sig-
marshofen (ca. 1430–1500). Und die im Hexenham-
mer erwähnte Ortsbezeichnung (»kupen«) – dort soll
ein Wetterzauber verübt worden sein – ist in der loka-
len Topographie als »Kuppelnau« bis heute ein Be-
griff. Früher war dort der Festplatz der Stadt, heute
steht dort unter anderem das Stadtarchiv.140 Außer-
dem zeigt ein neuer Quellenfund, wie lückenhaft un-
sere Kenntnisse über die Vorgänge in der Diözese
Konstanz noch sind. In einem Brief vom Sommer
1484 berichtet der Inquisitor von einem Kollegen,
»der do fil hat der hegxen im brysgouw lossen vorzi-
ten brennen«, also im Breisgau in der Diözese Kon-
stanz.141
Nicht weniger als 22 eigene Exempel im Hexen-
hammer beziehen sich auf Orte dieser Diözese, weit
mehr als auf die anderen acht erwähnten Diözesen
Basel, Brixen, Freising, Mainz, Regensburg, Speyer,
Straßburg und Worms. Hexenverbrennungen führt
Kramer überhaupt nur aus drei dieser neun Diözesen
an, nämlich aus Basel, Straßburg und Konstanz.
Wann in der Diözese Konstanz die Hexeninquisition
begann, ist unklar, weil die Quellen vor dem Beginn

Hexen
3.606 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 52

des Aktenzeitalters spärlich fließen und die Nachrich-


ten in Chroniken oder Amtsrechnungen – wenn über-
haupt – nur über lokale Hinrichtungen berichten. An
einer Hexenverbrennung nach einem Hagelwetter in
der vorderösterreichischen Stadt Waldshut nahm
1479 Johann Gremper teil, den Kramer fünf Jahre
später in die päpstliche Hexenbulle aufnehmen
ließ.142 Möglicherweise ist dies dieselbe Waldshuter
Hexenverbrennung, über die Kramer im Hexenham-
mer berichtet,143 vielleicht stand bereite diese Inqui-
sition unter seiner Leitung, doch vielleicht gab es dort
auch noch einen weiteren Prozeß. Die Quellenlage
läßt eine präzisere Beurteilung nicht zu. Unbestimmt
bleiben einige Hexenverbrennungen, die der Inquisi-
tor pauschal »im Gebiet des Schwarzwaldes« lokali-
siert.144 Unglaubwürdig sind sie deswegen nicht,
denn die Hochgerichtsbarkeit war im deutschen Süd-
westen zersplittert, und die Quellenlage ist gerade für
diese Kleinterritorien unübersichtlich. Auch die He-
xenverbrennung, die der Hexenhammer schlicht und
einfach »Schwaben« zurechnet, dürfte auf die Kon-
stanzer Diözese entfallen.145 Wann sich die Hinrich-
tung des erwähnten Zauberers in der Herrschaft Ho-
henzollern zugetragen haben soll, ist nicht ersicht-
lich.146 Einige Exempel aus der Diözese – etwa bei
Lindau oder in Meersburg – geben zwar Exempel für
Fälle von Verhexung, erwähnen jedoch keine Ver-

Hexen
3.607 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 53

brennung. Kramer spricht aber ausdrücklich davon,


daß der Eindruck, die Diözese Konstanz stecke so
voller Hexen, dadurch entstanden sei, weil gerade hier
die Inquisition am gründlichsten gearbeitet habe.147
Bei einigen Hexenverbrennungen ist unklar, ob an
dem Verfahren ein Inquisitor beteiligt gewesen ist. In
Konstanz wurde 1483 laut dem Ratsbuch eine Ursel
Hanerin wegen Hexerei verbrannt, von einer Anna
Iselin ist der Urfehdeschwur vor dem Stadtgericht
überliefert.148 Daß sich Kramer in der Stadt Kon-
stanz aufgehalten hat, kann mit einem neuen Quellen-
fund nachgewiesen werden,149 doch taucht er in den
städtischen Quellen nicht auf. Daß dies nicht unbe-
dingt etwas beweist, wird anhand des Ravensburger
Beispiels ersichtlich. In der Reichsherrschaft Bohlin-
gen der Grafen von Sulz wurden im selben Jahr zwei
Frauen aus dem Dorf Iznang südlich von Radolfzell
am Bodensee verbrannt, eine dritte freigelassen. Wie
kompliziert die Gerichtsverhältnisse waren, kann man
daran sehen, daß der Prozeß in Stockach stattfand,
dem Hauptort der vorderösterreichischen Landgraf-
schaft Nellenburg.150
Mit der Hexeninquisition in der oberschwäbischen
Reichsstadt Ravensburg gewinnen wir im Jahr der
päpstlichen Hexenbulle erstmals sicheren Boden für
das Auftreten des Inquisitors. Wichtigste Quelle dafür
ist ein von dem Stuttgarter Archivar Karl Otto Müller

Hexen
3.608 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 54

edierter Brief des Bürgermeisters Konrad Geldrich


vom 17. Dezember 1484, der eine Anfrage Erzherzog
Sigmunds von Österreich wegen der Ravensburger
Hexeninquisition beantwortete. Diese im Tiroler Lan-
desarchiv in Innsbruck erhaltene Quelle enthält eine
Beschreibung, wie »ain doctor predigerordens« – in
Frage kommt nur Kramer, da sich Sprenger in Köln
aufhielt151 – in ihre Stadt gekommen sei, um eine In-
quisition gegen die »hechsen und unholden« abzuhal-
ten. Vor dem Stadtrat habe er sich mit einer päpstli-
chen Bulle ausgewiesen, und diese sei in Abschriften
und Kopien an den Kirchtüren öffentlich angeschla-
gen worden.152 Daraufhin habe der Inquisitor mehre-
re Tage von den Kanzeln dergestalt gepredigt: Wer
der oder die wären, die irgendwelche Hexen oder Un-
holden wüßten oder von jemand gehört hätten, die je-
mand wüßten oder in Argwohn hätten, oder die einen
schlechten Leumund hätten, oder wo jemand Schaden
an Menschen oder Vieh geschehen sei und man auf je-
manden einen Verdacht hätte, die sollten zu Gehor-
sam des obengenannten Gebots – nämlich der päpstli-
chen Bulle – zu ihm, dem Inquisitor, kommen und
ihm solche der Hexerei wegen verdächtigen oder übel
beleumundeten Personen angeben mit allen Einzelhei-
ten, was man von ihr wisse, gesehen oder von anderen
Leuten gehört habe. Daraufhin sei ein großer Zulauf
von Leuten entstanden, und es seien zahlreiche Frauen

Hexen
3.609 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 54

und Männer zu dem Inquisitor gegangen. Dieser habe


ihre Aussagen zu Protokoll genommen und habe sie
dann darauf vereidigt. Aufgrund dieses Beweismate-
rials nahm der Ravensburger Stadtrat im Oktober
1484 Verhaftungen vor. Von etlichen im Stadtgefäng-
nis eingekerkerten Frauen hätten allerdings nur zwei
gestanden, daß sie sich dem Teufel ergeben, auch daß
sie Hagel und Unwetter gemacht hätten, Vieh und
Leute gelähmt und versehrt hätten und »vil ander der-
glich zobri gespenstes vil iar und zit getriben«. Diese
beiden Frauen habe man mit dem Feuer richten las-
sen.153 Es handelt sich um die im Hexenhammer
mehrfach erwähnten Fälle der Agnes Baderin und der
Anna Mindelheimerin.154
Worüber sich der Hexenhammer ausschweigt, ist,
daß es bei diesen beiden Verbrennungen geblieben
ist. Die Urfehdebriefe im Stadtarchiv Ravensburg, die
sich über die Jahre 1484 bis 1489 verteilen, nämlich
über die gesamte Amtszeit des Bürgermeisters Geld-
rich, zeigen, daß andere verhaftete Frauen freigelassen
werden mußten und zahlreiche angesehene Bürger für
sie gebürgt haben.155 Diese Urfehdebriefe enthalten
durchweg keinen Hinweis auf die Tätigkeit des Inqui-
sitors. In der auf wertvollem Pergament niederge-
schriebenen Urfehde der Els Frowendienst, der Ehe-
frau des Schlossers Hans Frowendienst, am 23. Okto-
ber 1484 ist – wie in allen späteren Ravensburger Ur-

Hexen
3.610 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 55

fehden – nur von der städtischen Obrigkeit die Rede,


nämlich von »Bürgermeister und Rat zu Ravens-
burg«. In deren Gefängnis hatte die Frau gesessen,
und diese waren letztlich für ihre Inhaftierung und
ihre Freilassung verantwortlich.156 Auch im Falle
einer Verurteilung hätten wir vermutlich im Endurteil
nur von der städtischen Obrigkeit gelesen. Wenn je-
doch die Tätigkeit des Inquisitors, von der wir in die-
sem Fall mit Sicherheit wissen, aus den juristischen
Dokumenten nicht ersichtlich wird, dann muß dies zu
einer Neubewertung auch anderer Quellenfunde füh-
ren, etwa in Bezug auf die Hexenprozesse in Stockach
oder Konstanz. Bei jedem Hexenprozeß der Region
müssen wir in den frühen 1480er Jahren damit rech-
nen, daß im Hintergrund der Inquisitor Heinrich Kra-
mer/Institoris gewirkt haben könnte.
Wie Wilson ganz richtig hervorhebt, wird der Ra-
vensburger Hexenverbrennung im Hexenhammer
überproportional viel Raum gewidmet.157 Dies be-
deutet jedoch nicht, daß es keine weiteren Prozesse
gegeben hat. Welche Territorien in der Diözese Kon-
stanz von Hexeninquisitionen Kramers betroffen
waren, bedarf noch der Klärung. Gute Kandidaten
dafür sind die ausgedehnten Gebiete der Verwandten
des Konstanzer Bischofs, der drei Linien der Truch-
sessen von Waldburg,158 die bis 1486 überdies Inha-
ber der Landvogtei Oberschwaben und damit neben

Hexen
3.611 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 56

den Habsburgern, Wittelsbachern, Badenern und


Württembergern zu den mächtigsten Fürsten im deut-
schen Südwesten zählten. Der Bruder des Konstanzer
Bischofs, Johann der Jüngere von Waldburg-Wolf-
egg, Graf von Sonnenberg (?-1510),159 rief im No-
vember 1484 den Inquisitor, der sich wohl nicht zu-
fällig gerade in Konstanz aufhielt, zu sich auf die
Waldburg, dem gemeinsamen Besitz aller truchsessi-
schen Linien. Dort hielt sich der Graf allerdings beim
Eintreffen Kramers bereits nicht mehr auf. Daher reis-
te »Bruder Heinrich, unwirdiger doctor und suocher
der unglöbigen in hochen tüschen landen«, wie er sich
in seinem Brief nennt, weiter nach Schloß Wolfegg.
Gut möglich, daß er in der Grafschaft eine Hexenin-
quisition durchgeführt hat, zumal er einen weiteren
Hexenspezialisten dorthin beordern ließ, den in der
Reichsstadt Überlingen am Bodensee ansässigen
Landkomtur des Johanniterordens, der zuvor im
Breisgau an vielen Hexenverbrennungen mitgewirkt
habe.160 Nach Sönke Lorenz handelte es sich dabei
um Rudolf von Baden, dessen Verfolgung offenbar
die Ordenskommende Heitersheim betroffen hatte.161
Zu dieser Hexeninquisition gehört wohl die im
Malleus erwähnte Hexenverbrennung in der Nähe von
Freiburg im Breisgau, in Richtung auf Breisach zu,
doch auf dem Boden der Diözese Konstanz. Dort lag
das Gericht Gündlingen des Johanniterordens.162

Hexen
3.612 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 57

Ein Urfehdebrief vom 29. September 1484 aus dem


Gericht Unterthingau im Fürststift Kempten, in dem
sich unter Fürstabt Johann von Riedheim (amt.
1481–1507) ein Mann erfolgreich gegen eine Hexe-
reibeschuldigung zur Wehr setzte, könnte auch hier
auf weitere Prozesse hindeuten.163 Interessant ist in
diesem Zusammenhang der Hinweis auf eine nicht
genau datierbare Hexenverbrennung in Immenstadt im
Allgäu, dem Hauptort der Grafschaft Rothenfels bzw.
ihres Inhabers Hugo XIII. von Montfort-Tettnang zu
Rothenfels (?-1491).164 Nicht einverstanden sein
konnte Kramer dagegen mit dem Verlauf eines He-
xenprozesses des Grafen Heinrich von Fürstenberg
(?-1499), der die hexereiverdächtige Anna Henni aus
Rötenbach im Schwarzwald am 14. März 1485 nach
einem eigentlich nicht mehr zeitgemäßen Gottesurteil
freiließ. Auf diesen Fall kommt der Inquisitor in sei-
nem Hexenhammer gleich mehrfach zu sprechen.165
Merkwürdig ist die päpstliche Belobigung eines
Abtes Johannes von Weingarten für seine Beihilfe zur
Hexenverfolgung vom 18. Juni 1485.166 Einen sol-
chen Abt gab es nämlich nicht, denn der Amtsinhaber
der benediktinischen Reichsabtei Weingarten hieß
Kaspar Schiegg (amt. 1477–1491). Kramer muß sich
bei seinem Gesuch an die Kurie vertan haben, und die
monastischen Würdenträger in Deutschland scheinen
in der päpstlichen Kanzlei nicht bekannt gewesen zu

Hexen
3.613 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 57

sein. Gemeint gewesen sein kann lediglich der aus


Ravensburg stammende Abt Johann Gässler (amt.
1483–1495) von der benachbarten prämonstratensi-
schen Reichsabtei Weissenau, der in diesen Jahren in
seiner Funktion als päpstlicher Visitator auch das
Kloster Weingarten besuchte. Weissenau verfügte al-
lerdings nicht über die Hochgerichtsbarkeit, diese lag
vielmehr bei der Landvogtei Oberschwaben, also wie-
derum bei den Truchsessen von Waldburg.167 Wenn
am selben 18. Juni 1485 auch Erzherzog Sigmund zur
Unterstützung der Hexenverfolgung aufgerufen wird,
so wird man dabei noch nicht an Tirol denken, son-
dern vielmehr an Ravensburg selbst, das sich 1484
unter den Schutz des Herzogs begeben hatte, oder an
»Vorderösterreich«, das sich vom Allgäu bis in das
Elsaß erstreckte und ebenfalls dem Erzherzog unter-
stand.168 Die päpstliche Aufforderung an den neuen
Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg
(1442–1504, reg. 1484–1504) vom selben Tag, die
Inquisitoren zu unterstützen, wird man eher als Hin-
weis darauf lesen können, daß dies bisher nicht ge-
schehen war.169 Als Metropolitan der Bischöfe von
Straßburg, Konstanz, Augsburg und Speyer war der
Mainzer Erzbischof für den Inquisitor von eminenter
Bedeutung. Allerdings gibt es keinerlei Anzeichen
dafür, daß sich der reichspolitisch so engagierte
Mainzer Kurfürst dadurch hat beeindrucken lassen.

Hexen
3.614 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 58

Alles in allem zeigt sich, daß man im Allgäu und


Oberschwaben von einer regelrechten Verfolgungs-
welle sprechen muß, die verständlich werden läßt,
warum man noch im frühen 16. Jahrhundert in ganz
Süddeutschland von dort die Scharfrichter für Hexen-
prozesse bezog, etwa die Reichsstadt Memmingen bei
ihrem ersten Hexenprozeß. Im Allgäu betraf dies spe-
ziell die Henker der Städte Saulgau und Waldsee,
beide im Pfandbesitz der Truchsessen von Wald-
burg.170 Vielleicht waren sie es, die auch in Ravens-
burg tätig gewesen waren. Ähnliches gilt für den
Schwarzwald, wo in der Ritterherrschaft Diersburg,
einem badischen Lehen südlich von Offenburg im
Schwarzwald, der Ritter Hans Röder am 29. August
1486 zwei Frauen zum Feuertod verurteilen ließ,
deren Geständnisse Anklänge an einige Passagen im
Hexenhammer aufweisen, etwa beim Milchzau-
ber.171 In Oberdeutschland hatten die Scharfrichter
während der Wirkungszeit Heinrich Kramers ihr ge-
heimes Wissen bei der Folterung von als Hexen ver-
dächtigten Menschen erwerben können, insbesondere
was die Überwindung der Zauberkunst der Ver-
schwiegenheit – das maleficium taciturnitatis – anbe-
traf, die auch im Hexenhammer eine so große Rolle
spielte. Der Gebrauch von Weihwasser, geweihtem
Salz, geweihtem Wachs oder geweihten Kerzen, das
Aufheben der Hexen vom Boden und die Rasur aller

Hexen
3.615 Die Hexeninquisitionen in der Diözese Konstanz Hexenhammer, 58

Körperhaare, alles wird im Hexenhammer zwar er-


wähnt,172 die Scharfrichter kannten die Anwendung
jedoch aus der Praxis. Dies machte sie zu gefragten
Spezialisten, denn Hexenprozesse waren offenbar die
schwierigsten aller Strafprozesse, da hier in sehr di-
rekter Form die Mächte des Guten gegen die des
Bösen zu kämpfen schienen.

Hexen
3.616 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 59

Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese


Brixen

Den unmittelbaren Anlaß zur Abfassung des Hexen-


hammers gab, wie wir heute wissen, das Scheitern
einer großangelegten Hexeninquisition in der Tiroler
Hauptstadt Innsbruck im Herbst 1485. Da diese sen-
sationelle Episode inzwischen breit dokumentiert
ist,173 sollen hier nur die Grundzüge zur Darstellung
gelangen, zumal in der Kommentierung auf Details
eingegangen wird. Vorangestellt sei hier, daß der Ti-
roler Landesherr, Erzherzog Sigmund »der Münzrei-
che« von Österreich, zu den mächtigeren europäi-
schen Fürsten seiner Zeit gehörte. Sein Herrschaftsge-
biet begann nördlich von Trient und erstreckte sich
über Tirol und Oberschwaben bis in das Elsaß.174
Bereits vor dem Regierungsantritt des späteren Kai-
sers Maximilian I. stieg der Innsbrucker Hof zu einem
kulturellen Zentrum auf.175 Kirchlich gehörte Tirol
zum Bistum Brixen, das mit Nikolaus von Kues
(1401–1464) einen prominenten Philosophen zum Bi-
schof gehabt hatte.176 Dessen Nachfolger Bischof
Georg II. Golser (?-1489) hatte zu den letztlich er-
folgreichen Opponenten des Cusanus im Domkapitel
gehört, dessen Skepsis gegenüber dem religiösen Fa-
natismus der Inquisitoren er jedoch teilte.177

Hexen
3.617 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 60

Dem Ansinnen »Heinrici Institoris«, die Bulle


Summis desiderantes affectibus zu publizieren, die
der Inquisitor während seines Romaufenthalts erwirkt
hatte, konnte sich Golser allerdings nicht widersetzen,
wie er in mehreren Briefen festhielt. Ihre Veröffentli-
chung im Bistum Brixen erfolgte am 23. Juli
1485.178 Sie bildete den förmlichen Auftakt der In-
quisition im Bistum Brixen, auf den die Predigten
Kramers von den Kanzeln der Hauptkirchen folgten.
Vom 9. August bis zum 14. September führte der In-
quisitor die Zeugenvernehmungen durch, die das Ma-
terial für die Hexenverfolgung liefern sollten. Ver-
dächtig waren demnach ca. 50 Personen.179 Auf An-
frage Herzog Sigmunds, wie nun weiter verfahren
werden sollte, antwortete Bischof Georg am 21. Sep-
tember 1485, von Amts wegen sei er verpflichtet ge-
wesen, einem päpstlichen Beauftragten Hilfe zu lei-
sten. In einem Schreiben an den Inquisitor legte der
Bischof am gleichen Tag vielsagend nahe, sich bei der
Untersuchung an das Recht zu halten und einige Räte
des Herzogs hinzuzuziehen.
Kramer ließ nun sieben Frauen verhaften und be-
gann mit dem Verhör der Verdächtigten und der Zeu-
gen, das sich vom 4. Oktober bis zum 21. Oktober
1485 erstreckte. Als Notar diente ihm nicht mehr der
in der Hexenbulle erwähnte Gremper, der nach der
Ravensburger Verfolgung in Altdorf/Weingarten eine

Hexen
3.618 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 60

Planstelle als Kaplan erhalten hatte, sondern der


päpstliche Notar Johann Kanter aus der Diözese Ut-
recht. Den ca. 30 Verhören wohnten stets auch einige
Dominikanerfratres bei, deren Herkunftsbezeichnun-
gen teils auf die Orte von Kramers früheren Inquisi-
tionen verweisen. Genannt werden die Brüder Wolf-
gang von Basel, der Kaplan des Inquisitors; des wei-
teren Wilhelm Beringer, Heinrich Hoffmann, Wolf-
gang von Basel, Caspar von Freiburg, Magister Jo-
hann von Rösbach, der Franziskaner Johann Rosen-
bart, der frühere Kaplan des Tiroler Erzherzogs sowie
ein Peter Caal Schirmeister.180 Bereits am vierten
Prozeßtag, dem 7. Oktober 1485, ersuchte der Erzher-
zog den Bischof von Brixen dringend, einen rechtsge-
lehrten Kommissar als Vertreter zu dem Hexenprozeß
zu entsenden. Der Bischof folgte diesem Ersuchen mit
der Abordnung des Lizentiaten Sigmund Saumer, der
als Pfarrer in Axams fungierte. In dessen Instruktion
läßt der Bischof durchblicken, daß er mit der Prozeß-
führung nicht einverstanden sei und nicht an das den
Frauen vorgeworfene Verbrechen glaube. In der Folge
nahm Saumer und gelegentlich auch ein namentlich
nicht genannter herzoglicher Beobachter an den Ver-
hören teil. Die Zeugenverhöre fanden »in hospicio
Rümler«, also im Gasthaus Rümler in Innsbruck
statt.181
Die Berichte des Prozeßbeobachters führten Ende

Hexen
3.619 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 61

Oktober zum Einschreiten des Bischofs. Am Morgen


des 29. Oktober 1485 trat ein eigenartig zusammen-
gesetzter Gerichtshof im großen Saal des Innsbrucker
Ratshauses zusammen. Auf der einen Seite standen
Vertreter des Bischofs, neben Saumer der General-
kommissar in spiritualibus der Diözese Brixen und
Pfarrer von Matrei am Brenner Christian Turner, so-
dann Magister Paulus Wann (ca. 1423–1489), Dom-
herr zu Passau,182 sowie der Innsbrucker Notar Bar-
tholomäus Hagen. Auf der anderen Seite standen der
Inquisitor mit dreien seiner Ordensbrüder und seinem
Notarius Kanter. Der Inquisitor vertrat die Anklage
und ließ seine Hauptangeklagte Helena Scheuberin
vorführen, die Hauptverdächtige, die für den Tod des
Ritters Jörg Spieß verantwortlich gemacht wurde. Als
Kramer anfing, Details ihres Sexuallebens auszufor-
schen, intervenierte Turner in seiner Funktion als bi-
schöflicher Kommissar. Die Fortsetzung der Verneh-
mung führte zu weiteren Protesten der bischöflichen
Fraktion und schließlich zur Unterbrechung der Ver-
handlung. Bei deren Fortsetzung um 11 Uhr hatte die
bischöfliche Partei mit dem Arzt und Juristen Dr. Jo-
hann Merwais von Wendingen einen tüchtigen Vertei-
diger besorgt, dem – nach Protesten Kramers – im
Eilverfahren alle sieben Angeklagten ihre Vollmacht
erteilten. Nun kippte das Verfahren. Merwais erhob
gegen die Prozeßführung des Inquisitors wegen for-

Hexen
3.620 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 62

maler Mängel eine in fünf Punkten präzisierte Nulli-


tätsbeschwerde. Daraufhin kam es zu einem scharfen
Wortwechsel zwischen dem Inquisitor und dem An-
walt, in dessen Verlauf dieser Kramer als »suspekt«
bezeichnete und den Bischof von Freising, Sixtus von
Tannberg (1473–1495), oder dessen Generalvikar als
Schiedsrichter vorschlug. Weiter erteilte er seinen
Klienten Weisung, auf Fragen des Inquisitors künftig
das Zeugnis zu verweigern. Zuletzt plädierte Merwais
in einer mutigen Attacke dafür, alle Angeklagten frei-
zulassen und statt dessen den Inquisitor selbst in Ge-
wahrsam nehmen zu lassen.183
Am Montag, dem 31. Oktober trat dieses denkwür-
dige Gremium – vermehrt um einige weitere Geistli-
che – im Hause des Innsbrucker Bürgers Conrad
Gunther zu einer zweiten Sitzung zusammen. Sofort
kam es wieder zu einer scharfen Auseinandersetzung
zwischen Inquisitor und Anwalt, der seine Nullitäts-
beschwerde wiederholte. Derzufolge sei die Anklage
in sich zusammengefallen und der Unschuldsbeweis
nicht anzutreten. Im Anschluß an diese letzte Kontro-
verse verkündete der Vertreter des Bischofs, Christian
Turner, das Endurteil: Er folgte dem Plädoyer des An-
walts und erklärte den Prozeß für nichtig, da er nicht
nach Recht und Gesetz geführt worden sei. Die Frau-
en sollten freigelassen werden, allerdings wegen der
bestehenden Verdachtsmomente zur Stellung von

Hexen
3.621 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 62

Bürgen verpflichtet werden. Der Anwalt erklärte sich


damit einverstanden, Turner setzte daraufhin das Ur-
teil in Kraft und erklärte den Prozeß für abgeschlos-
sen. In einem nächsten Schritt erklärte er kraft seiner
bischöflichen Vollmacht die Ermächtigung des Inqui-
sitors in der Diözese Brixen für erloschen und ver-
langte die Rückgabe der Urkunde vom 23. Juli. Dage-
gen sträubte sich Kramer, der wegen der ihm drohen-
den Kostenlast besorgt war. Seine Absicht, zur Ko-
stendeckung das Vermögen der Angeklagten heranzu-
ziehen, wurde abgelehnt. Offenbar hatte neben dem
Bischof auch der Landesfürst im Hintergrund Regie
geführt. Er beschied noch am selben Tag das ganze
Gericht an seinen Hof und räumte mit der Kosten-
übernahme das letzte Hindernis zum Abschluß des
Verfahrens aus dem Weg.184
Zum Erstaunen des Bischofs führte die demütigen-
de Demission Kramers – am 2. November 1485 wur-
den alle Frauen gegen Urfehdeschwur freigelassen –
nicht zu seinem Verschwinden aus der Diözese. Viel-
mehr arbeitete er an einer Gegendarstellung, welche
den Bischof zu einer Wiederaufnahme der Hexenver-
folgung bewegen sollte.185 Dafür bestand jedoch kei-
nerlei Aussicht. Bischof Georg forderte vielmehr den
Inquisitor mit Schreiben vom 14. November 1485
förmlich und mit deutlichen Worten zum Verlassen
seiner Diözese auf und informierte auch den Stadt-

Hexen
3.622 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 63

pfarrer von Innsbruck davon.186 Kramer arbeitete je-


doch weiter in Innsbruck an seiner Version der Inns-
brucker Inquisition. Seinen Plan zur Wiederaufnahme
der Verfolgung trug er schließlich dem Bischof in Ge-
genwart des Domkapitels in Brixen vor. Auf diesen
Vorgang bezieht sich das berühmte Schreiben des Bi-
schöfe vom 14. Februar 1486 an den ansonsten unbe-
kannten Chorherrn Nikolaus:
»Lieber Brueder Niclas, ... Mich verdrewst des
münchs gar vast im bistumb ... Ich find in des babstes
Bullen, daß er bey vil bäbsten ist vor inquisitor gewe-
sen, er bedunckt mich aber propter senium gantz chin-
disch sein worden, als ich in hie zu Brichsen gehört
hab cum capitulo. Ich hab im geraten, das er solt in
sein closter ziehen und da beleiben. Ipse realiter mihi
delirare videtur, er wolt vielleicht noch geren in der
frawn sachen handeln, ich lass in aber darzue nit
chömmen, so er vor als vast erriert hat in seinem pro-
cess ...«
Der Bischof, soviel erhellt aus diesen bemerkens-
werten Zeilen, hielt den gefährlichen Fanatiker
schlicht für verrückt (»realiter mihi delirare videtur«)
und wollte ihn nur so schnell wie möglich loswer-
den.187 Niklas mußte dem Inquisitor ein unter dem
gleichen Datum verfaßtes Schreiben des Bischofs mit
einer ultimativen Aufforderung zum Verlassen der Di-
özese überbringen und ihm überdies mündlich ver-

Hexen
3.623 Die gescheiterte Verfolgung in der Diözese Brixen Hexenhammer, 63

deutlichen, daß seine Anwesenheit unerwünscht war.


In seinem bemerkenswerten Schreiben an Kramer/In-
stitoris erwähnt der Bischof überdies, daß bei einer
Verzögerung seiner Abreise niemand mehr seinen
Schutz gegen Angriffe von Freunden und Verwandten
der verdächtigten Frauen garantieren könne. Er solle
in sein Kloster ziehen und aufhören, andere zu belä-
stigen.188 Erst jetzt verließ der Inquisitor die Diöze-
se Brixen.

Hexen
3.624 Die Umstände der Abfassung des Hexenhammers Hexenhammer, 64

Die Umstände der Abfassung des


Hexenhammers

Die gescheiterte Innsbrucker Hexeninquisition bildete


den zeitgeschichtlichen Hintergrund und unmittelba-
ren Anlaß zur Abfassung des Malleus Maleficarum.
Daß dieses Werk in der Hauptsache 1486 geschrieben
worden sein muß, geht aus mehreren Stellen des Bu-
ches hervor. So heißt es über die Hexenverfolgungen
des Inquisitors von Como im Jahr 1485, diese hätten
»im jüngst vergangenen Jahr stattgefunden«. 189 Die
Hexenverfolgung in Ravensburg im Herbst 1484 wird
dagegen mit: »vor kaum drei Jahren« etwas weniger
präzise datiert.190 Diese Angaben im Text passen zu-
sammen mit dem, was sich über die Person des Au-
tors rekonstruieren läßt. Wie erwähnt, war Kramer
nach der Freilassung der verdächtigten Frauen Anfang
November 1485 in Innsbruck mit seiner Stellungnah-
me an den Bischof von Brixen befaßt. Diese wurde
zur Vorarbeit des Hexenhammers.
Möglicherweise hat Kramer die systematische Aus-
arbeitung des Buches überhaupt erst nach seiner Ab-
reise aus Tirol im Februar 1487 begonnen. Wo genau
er begonnen hat, den Hexenhammer zu schreiben, ist
bisher unbekannt. Karl Otto Müller hat aus der höchst
zweifelhaften Interpretation einer Stelle des Hexen-

Hexen
3.625 Die Umstände der Abfassung des Hexenhammers Hexenhammer, 65

hammers geschlossen, er habe sich nach Salzburg be-


geben.191 Für die Salzburg-Hypothese spricht, daß
es, wenn schon keinen regulären Dominikanerkon-
vent, so doch eine Niederlassung des Klosters Frie-
sach in der Steiermark in der Salzburger Webergasse
gab. Seit der Berufung des Magisters Konrad von
Friesach 1469 leiteten die Dominikaner das höhere
Studium des Salzburger Domklerus und stellten gele-
gentlich den Domprediger. Studienleiter im Jahr 1486
war der Doktor der Theologie Bruder Niklas
Swartz.192 Der Salzburger Erzbischof Johann III.
Beckenschlager (amt. 1482–1489) könnte Kramer
seine Bibliothek zur Verfügung gestellt haben.193
Größeren Rückhalt in Salzburg scheint er jedoch erst
unter dessen Nachfolger, Bischof Friedrich IV. von
Schauenberg (amt. 1489–1494), erfahren zu haben,
als er zum Domprediger ernannt wurde und sich häu-
fig in Salzburg aufhielt.194
Ebenso plausibel erscheint es, daß sich der Inquisi-
tor, wenn nicht unmittelbar von Innsbruck aus, dann
von Salzburg – vielleicht über Landshut, wo es ein
Dominikanerkloster gab und von wo er zwei Exempel
in den Malleus einfügte195 – nach Augsburg begab.
Für die Augsburg-Hypothese sprechen mehrere Argu-
mente: Im dortigen Konvent St. Magdalena hat Kra-
mer sich häufig aufgehalten, mehrfach in den 1480er
Jahren und Anfang der 1490er Jahre, als er an ande-

Hexen
3.626 Die Umstände der Abfassung des Hexenhammers Hexenhammer, 66

ren Veröffentlichungen arbeitete.196 In Augsburg


gab es ein dominikanisches Generalstudium mit be-
deutender Bibliothek, also geeignete Arbeitsmöglich-
keiten. Bereits 1480 hatte Kramer dort mehrere Mo-
nate verbracht und – vom Prior unterstützt – seine In-
quisition gegen die frommen Frauen durchgeführt. Im
März 1481 residierten hier neben dem Prior P. Domi-
nicus Mayr 13 Patres, vier Profeßfratres, fünf Gast-
fratres – Kramer war zu diesem Zeitpunkt nicht dar-
unter – und sieben Laieabrüder, während elf Konvent-
smitglieder abwesend waren.197 Mit Dr. Lukas
Braun amtierte hier 1486 ein gelehrter Prior, den Kra-
mer von seinen früheren Aufenthalten kannte. Für
einen Aufenthalt Kramers im Sommer 1486 könnte
auch sprechen, daß im Juli 1486 der ehemalige
Schlettstädter Konventuale Leonhard Modler zum
Leiter des Studiums ernannt worden war. In Augsburg
könnte binnen weniger Monate der größte Teil des
Hexenhammers geschrieben worden sein.198
Die genannten beiden Hypothesen sind plausibel,
aber nicht zwingend. Ebensogut wäre es möglich, daß
sich Kramer zum Schreiben in sein Heimatkloster
Schlettstadt zurückgezogen hat, das wie der Rat über
eine Bibliothek verfügte.199 Zum Abschluß gebracht
wurde der Malleus Maleficarum mit ziemlicher Si-
cherheit in Speyer, wo dem Autor ein weiteres Domi-
nikanerkloster, das zur oberdeutschen Kongregation

Hexen
3.627 Die Umstände der Abfassung des Hexenhammers Hexenhammer, 67

der Konventualen gehörte, als Domizil dienen konnte.


Man darf es wohl als auffällig bezeichnen, daß Kra-
mer die observanten Klöster der Provinz Teutonia
mied und statt dessen zwischen 1485 und 1495 – so-
weit bekannt – die Kongregationen in Salzburg,
Augsburg und Speyer als Wirkungsstätten auswählte,
wo er sich dem Einfluß des Ordensprovinzials Spren-
ger besser entziehen konnte. Möglicherweise hat zur
Wahl dieser Stadt beigetragen, daß hier mit Jakob
Wimpfeling (1450–1528) ein anderer Schlettstädter
als Stadtprediger wirkte.200 Der Aufenthalt Kramers
in der Reichsstadt am Rhein, in welcher Bischof Lud-
wig von Helmstadt (amt. 1478–1504) nur noch gerin-
ge Rechte besaß,201 dürfte die zahlreichen Exempel
aus Speyer und Umgebung erklären, die meist aus der
jüngsten Vergangenheit stammen, wie der Autor
selbst hervorhebt.202 Auch ihre Stellung im Text
spricht für eine späte Einfügung, stehen sie doch häu-
fig in den irregulären, spät eingefügten Teilen des
Textes. Schließlich gibt es auch ein quantitatives Ar-
gument: Die Speyrer Exempel machen immerhin mehr
als 10% aller aus eigener Erfahrung zitierten Beispie-
le im Hexenhammer aus.203
Speyer besaß zwar nie die Bedeutung der oberdeut-
schen Metropolen Augsburg, Nürnberg oder Straß-
burg, gehörte aber mit ca, 8000 Einwohnern zu den
mittelgroßen Städten des Heiligen Römischen Rei-

Hexen
3.628 Die Umstände der Abfassung des Hexenhammers Hexenhammer, 68

ches deutscher Nation. Wegen ihrer zentralen Lage,


ihrem berühmten Rheinübergang und dem gewaltigen
Kaiserdom spielte die Reichsstadt zudem eine erhebli-
che politische Rolle.204 Der für den 21. September
1486 nach Speyer einberufene Städtetag hatte wegen
der erwarteten Beschlüsse zur Steuerbewilligung für
den bevorstehenden Reichstag eine solche Bedeutung,
daß Kaiser Friedrich III. seine persönliche Anwesen-
heit ankündigte. Am 8. Dezember traf er von Köln her
kommend in Speyer ein, wo er bis zum Februar
blieb.205 Freilich konnte der Dominikanerbruder
Heinrich aus der Anwesenheit des Kaisers, den er frü-
her schwer beleidigt hatte, kein Kapital schlagen. Er
wird diesem sogar wegen der früheren Konfrontation
bewußt ausgewichen sein. Jedenfalls verließ er vor
der Ankunft des Kaisers Speyer und wandte sich an
dessen Sohn Maximilian in Brüssel, um sich seine
Privilegien als Inquisitor bestätigen zu lassen.206
Für einen Aufenthalt Kramers in Speyer im Herbst
1486 spricht natürlich auch, daß er dort mit dem
Drucker verhandeln und die Drucklegung des Malleus
vorbereiten konnte. Wenn es stimmt, daß Bruder
Heinrich das Manuskript des Hexenhammers späte-
stens im Oktober 1486 in der Druckerei abliefern
mußte, dann blieben letztlich nur so wenige Wochen
für Abfassung und Redaktion übrig, daß es nicht er-
staunt, daß Kramer, der selbst über die Beschwernisse

Hexen
3.629 Die Umstände der Abfassung des Hexenhammers Hexenhammer, 68

seines Alters klagt, den Überblick verlor, als er bis


zum letzten möglichen Moment noch an seinem Text
herumbastelte. Die Frage, wie er es überhaupt von Fe-
bruar bis Oktober 1486 schaffen konnte, ein so um-
fangreiches Buch zu schreiben, läßt sich nur damit be-
antworten, daß ganze Passagen in den ersten beiden
Teilen aus eigenen Predigten übernommen werden
konnten, die Notizen von Zitaten und Exempeln, die
er für diese Predigten angefertigt hatte, wohl auch ei-
genen Exzerpten aus Schriften der Ordenstheologen
Thomas von Aquin, Antonin von Florenz und Johan-
nes Nider. Passagen des dritten Teils konnte er den
Inquisitionshandbüchern entnehmen, die auch schon
in seine Innsbrucker Vorarbeiten für den Hexenham-
mer Eingang gefunden hatten.
Warum es Heinrich Kramer derart pressierte, daß
er zahllose logische und formale Fehler in Kauf zu
nehmen bereit war, können wir nur vermuten. Sicher
wollte er das Innsbrucker Fiasko so rasch wie mög-
lich wettmachen, und ebenso gewiß war ihm jetzt die
Hexenverfolgung ein dringliches persönliches Anlie-
gen. Vielleicht glaubte er auch, auf den im Februar
1486 auf dem Reichstag von Frankfurt gewählten
neuen – und noch jungen – König Maximilian I. Ein-
fluß nehmen zu müssen. Mit seiner Privilegierung im
November 1486 schien ein solches Kalkül ja tatsäch-
lich aufzugehen.207 Hinzu kommt jedoch ein anderes

Hexen
3.630 Die Umstände der Abfassung des Hexenhammers Hexenhammer, 69

und vermutlich das wichtigste Motiv: Bruder Heinrich


wähnte wohl tatsächlich das Ende der Welt nahe, wie
in der Apologia angedeutet,208 und glaubte an die
Notwendigkeit, in einer Art »letzten Schlacht« der
fünften Kolonne Satans entgegentreten zu müssen.
Auch dies kann als Indiz gelten, daß die Apologia
kein Werk Jacob Sprengers war, von dem keine ähnli-
chen Befürchtungen bekannt sind. Kramer dagegen
führte das Buch der Apokalypse, die Offenbarung Jo-
hannis, die das Wüten des Teufels in der Endzeit vor-
hersagt, an mehreren Stellen des Hexenhammers
an.209 Und noch in seiner letzten Veröffentlichung,
dem »Glaubensschild gegen die ketzerischen Walden-
ser«, wird die apokalyptische Angst als Motiv greif-
bar,210 auch hier mit direktem Hinweis auf die Ket-
zerei der Hexen, die mit Zulassung Gottes erst in
jüngster Zeit entstanden sei und ein untrügliches Zei-
chen für den Anbruch der Endzeit darstelle.211

Hexen
3.631 Inhalt des Werkes Hexenhammer, 70

Inhalt des Werkes

Von den drei Teilen des Hexenhammers haben die


beiden ersten zum Ziel, die theologische Möglichkeit
des Hexenverbrechens aus den kirchlichen Autoritäten
nachzuweisen und die reale Existenz des Hexenver-
brechens mit Hilfe historischer und zeitgenössischer
Beispiele glaubhaft zu machen. Ziel ist es nicht nur,
Zweifler zu überzeugen, sondern Zweifel an der Exi-
stenz der Hexerei selbst als eine Art Ketzerei darzu-
stellen, da damit auch die Autoritäten der Kirchenvä-
ter und letztlich der Kirche in Frage gestellt würden.
In den Mittelpunkt der Betrachtung wird allerdings
nicht der Abfall von Gott gestellt, wie dies bei ande-
ren Ketzereien der Fall war, sondern der Schadens-
zauber, das maleficium. Nach der Argumentation des
Hexenhammers impliziert jeder Schadenszauber, im
weiteren Sinne überhaupt jede Form der Magie, wenn
nicht des Aberglaubens, die Apostasie, den Abfall
von Gott, der die Hexerei überhaupt erst dem Zugriff
der kirchlichen Ketzergesetzgebung erschließt. Dabei
vertritt der Hexenhammer die Auffassung, daß nicht
allein die kirchlichen Gerichte für dieses Delikt zu-
ständig seien, sondern auch die weltlichen Gerichte.
Teil I des Hexenhammers befaßt sich in der Haupt-
sache mit der Definition des Hexenverbrechens. In er-

Hexen
3.632 Inhalt des Werkes Hexenhammer, 70

ster Linie geht es um den Nachweis, daß die Verbre-


chen der Hexen real seien, da offenbar viele Zeitge-
nossen davon nicht überzeugt waren, wie in der
päpstlichen Bulle, in der Apologia und im Malleus
wiederholt betont wird. Der Hexenhammer nennt auf
der Basis von Augustinus und Thomas von Aquin die
Zulassung Gottes (Permissio Dei), die Mitwirkung
des Teufels und den Willen des Menschen als die drei
entscheidenden Voraussetzungen für die Wirksamkeit
der Hexerei. Wenn diese drei Bedingungen zusam-
menträfen, dann seien auch reale Schäden als Folge
der Hexerei möglich. Allerdings meinen die Hexen
nur, daß sie diese Schäden selbst verursachen. In
Wirklichkeit ist es jedoch der Teufel, der ihre magi-
schen Operationen als Zeichen nimmt, daß er tätig
werden solle. Grundlage dieses Tätigwerdens ist ein
Vertrag zwischen Hexe und Teufel (Teufelspakt).
Dieser kann entweder ausdrücklich erfolgen (pactum
expressum) oder aber stillschweigend (pactum taci-
tum). Bei Kramer ist dies regelmäßig bereits dann der
Fall, wenn jemand mit einem magischen Hilfsmittel
etwas bewirken will: Da er wisse, daß er das nicht
kann, gehe er stillschweigend von einer Unterstützung
durch einen Dämon aus. In der Folge werden ein-
zelne, theologisch umstrittene Taten der Hexen disku-
tiert: Der Geschlechtsverkehr zwischen Menschen und
Dämonen (Teufelsbuhlschaft),212 die Verwandlung

Hexen
3.633 Inhalt des Werkes Hexenhammer, 71

von Menschen in Tiere (Tierverwandlung), die Opfe-


rung von Kindern an den Teufel und ihre Verarbei-
tung zu Hexensalben.
Teil II des Hexenhammers ist unterteilt in zwei
Teile bzw. »Hauptfragen«, deren Unterpunkte, die
Kapitel, in der Numerierung jeweils von vorne begin-
nen. Dies hat zur Unübersichtlichkeit dieses Werkes
nicht wenig beigetragen. Die erste Hauptfrage (II/1)
lautet, wie man sich gegen Hexerei schützen kann.
Hier geht es dem Autor um den Nachweis, daß nur
kirchliche Mittel zur Abwehr erlaubt seien, magische
Gegenmittel – wie etwa Amulette, Talismane, Zauber-
zettel, Zaubersprüche etc. – jedoch einen Teufelspakt
implizieren. Besonders exemplifiziert wird diese Fest-
stellung an den Beispielen des Impotenz- und Un-
fruchtbarkeitszaubers, dem Wettermachen und dem
Milchdiebstahl. Jenseits der Systematik enthält dieser
Teil auch eine Abhandlung über den Hexenflug. Die
zweite Hauptfrage (II/2) befaßt sich mit den Arten,
wie man Verhexungen heilen oder beheben kann. Er-
neut geht es darum, daß nur kirchliche Heilmittel zu-
lässig seien. Besser sei es deshalb, auch die schlimm-
sten Krankheiten geduldig zu ertragen, als durch ma-
gische Gegenmittel auch noch das Seelenheil zu ver-
spielen. Erneut geht es dabei um Teufelsbuhlschaft,
Impotenz- und Unfruchtbarkeitszauber, Liebeszauber,
Besessenheit und Wetterzauber. Gegenstand dieser

Hexen
3.634 Inhalt des Werkes Hexenhammer, 71

beiden Kapitel ist auch eine Spezifizierung der Male-


fizien, die von Zauberern und Hexen verübt werden.
Obwohl ausdrücklich auch Männer mit dieser Ketze-
rei in Verbindung gebracht werden, erfolgt gerade in
diesem Teil die Zuspitzung der Zielrichtung auf die
Frauen, die durch ihre physischen und psychischen
Defekte besonders anfällig für die Versuchung des
Teufels seien.
Kernstück der Theologie des Hexenhammers bildet
die auf Augustinus zurückgehende und durch Thomas
von Aquin ausgebaute Zeichentheorie, eine erkennt-
nistheoretisch interessante Konstruktion, die besagt,
daß die Handlungen der Menschen oder die Erschei-
nungen in der Natur nie das sind, was sie scheinen,
sondern Zeichen für himmlische oder dämonische
Aussagen, die allerdings nicht eindeutig verständlich
sind, sondern der Deutung erst noch bedürfen. Interes-
sant ist diese Gedankenkonstruktion nicht zuletzt des-
halb, weil sie aus theologischen Gründen jeder Form
des Aberglaubens oder der Magie eine direkte materi-
elle Wirksamkeit abspricht, es sei denn, durch einen
Kommunikationsvertrag mit einem Dämon. Im Ge-
gensatz zum modernen Rationalismus, der auch die
Existenz von Dämonen bestreitet und damit die Wirk-
samkeit jeder Magie, geht es Kramer gerade darum,
die Allgegenwart der Dämonen und die außerordentli-
che Gefährlichkeit der Hexen nachzuweisen.

Hexen
3.635 Inhalt des Werkes Hexenhammer, 72

Weil dem einige Bestimmungen des kanonischen


Rechts entgegenstanden, vor allem der bereits er-
wähnte Canon Episcopi im Decretum Gratiani, fin-
den wir überraschenderweise, daß der Inquisitor argu-
mentativ häufig auf seine eigene Erfahrung insistiert,
die experientia, der er vertraut, obwohl er sie nach
seiner eigenen Zeichentheorie auch hätte ablehnen
können. Schnyder hat in seiner Untersuchung ca. 250
Exempel herauspräpariert, also ausführlichere Erzäh-
lungen, welche in besonderem Maße die reale Macht
des Teufels und damit auch der Hexen beweisen sol-
len.213 Von diesen Exempeln stammen immerhin 75
(also ca. 30%) aus zeitgenössischer Erfahrung, also
aus Geschichten, die Kramer von vertrauenswürdigen
Leuten gehört haben oder auf die er bei seiner Tätig-
keit als Inquisitor gestoßen sein will.
Im Teil III des Buches wird die rechtspraktische
Umsetzung des »Hexenwahns« geleistet. Kramer ge-
riert sich hier als gemeinrechtlicher Prozessualist, und
sein erklärtes Ziel ist es, den weltlichen Richter vor
Ort im Führen von Hexenprozessen zu unterweisen.
Bei dem Unternehmen, die Hexerei der Ketzerei zu
subsumieren, kam ihm seine Erfahrung als Ketzerin-
quisitor zugute. Und wenn man – völlig zutreffend –
den späteren weltlichen Hexenprozeß als säkularisier-
ten Ketzerprozeß bezeichnet, so hat Kramer dafür die
entscheidenden Vorarbeiten geleistet. Dieser dritte

Hexen
3.636 Inhalt des Werkes Hexenhammer, 73

Teil des Malleus steht ganz im Zeichen des Indizien-


und Beweisrechts. Wie im Ketzerprozeß wird für die
Prozeßleitung die Inquisitionsmaxime in Ansprach
genommen, die eine Strafverfolgung von Amts wegen
ermöglichte. Ist heute eine solche Strafverfolgung von
Amts wegen eine Selbstverständlichkeit, so war sie
das im Mittelalter nicht. Hier bedurfte es grundsätz-
lich eines Klägers, der eine Straftat durch Anklage
(accusatio) vor Gericht zu bringen und das Verfahren
zu betreiben hatte. Die hierin liegende Ungerechtig-
keit hatte bereits Papst Innozenz III. erkannt und auf
dem vierten Laterankonzil 1215 die Nachforschung
(inquisitio) von Amts wegen in das Kirchenrecht ein-
geführt. Hier sollte das Gerücht (fama) die Funktion
der Klage übernehmen, und dementsprechend spielte
das Gerücht auch in Kramers prozessrechtlichen Aus-
führungen eine maßgebliche Rolle. Im regulären Ver-
fahren ging der Kläger ein hohes Risiko ein, da die
Beweislast gegenüber dem beklagten Täter bei ihm
lag. Im Falle des Scheiterns in einem streng formali-
sierten Beweisverfahren drohten ihm selbst Strafen,
schlimmstenfalls die, welche der Beklagte im Fall der
Überführung zu erwarten gehabt hätte. Da gerade in
Zaubereiprozessen der Beweis kaum zu führen war,
schreckte dieses Verfahren solche Kläger ab. Kramer
plädierte deswegen dafür, die schon im Ketzerprozeß
bewährte Praxis, Kläger zu bloßen Denunzianten oder

Hexen
3.637 Inhalt des Werkes Hexenhammer, 73

Zeugen herabzustufen, auch im Hexenprozeß anzu-


wenden. Die Minderung des Klägerrisikos steigerte
die Anzeigefreudigkeit drastisch, da jetzt anonym und
risikolos mißliebige Mitmenschen angezeigt und mit
einem Ketzerprozeß überzogen werden konnten.

Hexen
3.638 Kramers Vorbilder bei der Hexeninquisition Hexenhammer, 73

Kramers Vorbilder bei der Hexeninquisition

Auffallend ist, daß Kramer von den reichhaltigen Er-


fahrungen seines Ordens in der Hexenfrage nur sehr
selektiv Gebrauch macht. Die wohl berühmteste Ver-
folgung um die Mitte des 15. Jahrhunderts, den Pro-
zeß wegen »Vauderie« in Arras in den Jahren
1459/60, zieht er überhaupt nie als Beispiel heran,
obwohl sie zahlreiche gelehrte Traktate ausgelöst
hatte. Überhaupt rekurriert Kramer niemals auf die
Tätigkeit der Inquisition in Frankreich. Dasselbe trifft
auf die französischsprachige Schweiz zu, wo der zeit-
genössische dominikanische Inquisitor von Lausanne,
Thomas Gogat, umfangreiche Aktivitäten entwickelte.
Die Hexenverfolgungen in der deutschsprachigen
Schweiz reflektiert Kramer lediglich über seinen Or-
densbruder Johannes Nider, entweder wegen dessen
Berühmtheit oder weil ihm dessen Werk bei seinen
Aufenthalten im Baseler Dominikanerkloster, dem
Nider einmal vorgestanden hatte, nahegebracht wor-
den war. Nider war überdies – wie Kramer – Kuria-
list. Mehrfach setzt sich Kramer mit den Ansichten
spanischer Inquisitoren auseinander,214 und dies aus
einem aktuellen Anlaß: In Spanien hatte sich kurz vor
dem Abschluß der Reconquista die Inquisition zu
einer behördenartigen Institution verfestigt, die im

Hexen
3.639 Kramers Vorbilder bei der Hexeninquisition Hexenhammer, 74

Auftrag der staatlichen Behörden systematisch nach


Glaubensfeinden – konvertierten Muslimen (moris-
cos) und Juden (conversos), die heimlich weiter ihrem
alten Glauben anhingen oder den neuen Glauben nur
unvollständig ausübten – suchte. Ähnliche Aussichten
bestanden jedoch nördlich der Alpen keinesfalls, wes-
wegen dem Inquisitor das Spiel mit solchen Gedan-
ken wohl nicht zweckdienlich erschien.
Unter den lebenden Gewährsmännern hebt Kramer
nur einen einzigen hervor, nämlich den Inquisitor von
Como, der ihm von seinen Erfahrungen berichtet
habe.215 Der Name dieses Inquisitors wird nicht ge-
nannt, doch hat ihn Hansen nach den Inquisitorenver-
zeichnissen des Predigerordens als Laurentius von St.
Agatha (ca. 1440-nach 1498) identifiziert, der in den
fraglichen Jahren für die Diözese Como zuständig
war. Dieser Bruder Lorenzo aus dem Dominikaner-
konvent von Vercelli war 1483 zum Inquisitor der
Lombardei mit besonderer Zuständigkeit für die Di-
özesen Vercelli, Novara und Como ernannt wor-
den.216 Kramer kann ihn in dieser Funktion also
nicht bereits 1479 in Rom kennengelernt haben. Sich-
er ist er dort jedoch auf einen der anderen italieni-
schen Inquisitoren aus seinem Orden getroffen, die in
den 1470er Jahren in Norditalien tätig gewesen sind,
etwa Nicolai de Bugella, einen früheren Inquisitor
von Como, oder den Turiner Dominikaner Michele de

Hexen
3.640 Kramers Vorbilder bei der Hexeninquisition Hexenhammer, 74

Valenti, der im Val Canavese länger Verfolgungen


durchführte. Von ihrer Tätigkeit berichtet Kramer je-
doch sowenig wie von den französischen Inquisitoren.
Wo und wann sich Kramer mit Laurentius von St.
Agatha über die aktuellen Fragen ausgetauscht hat,
wird nicht gesagt. Da sich die Berichte auf das Jahr
1485 beziehen, läßt sich die Zahl der Möglichkeiten
eingrenzen. Wenn der Inquisitor von Como nicht we-
niger als 41 Hexen in der Grafschaft Bormio, dem
obersten Teil des Valtellina, in einem Jahr verbrannt
hat und etliche Verdächtigte von dort in die angren-
zende Grafschaft Tirol geflohen sind, so bietet sich
Bozen mit seinem Dominikanerkloster oder Trient,
das Kramer von seinen früheren Aufenthalten kannte,
als Ort der Begegnung an. Die hohen Gebirgspässe
aus dem Veltlin nach Tirol, Jaufen und Umbrail, sind
nur in den Sommermonaten überquerbar. Die Rede ist
also vom Spätsommer 1485 – denn im folgenden Jahr
vermuten wir Kramer bereits in Augsburg, Schlett-
stadt und Speyer.

Hexen
3.641 Juristische Relevanz des Malleus Hexenhammer, 75

Juristische Relevanz des Malleus

Basierend auf dem Directoriutn Inquisitorum, einem


von Nikolaus Eymericus verfaßten Handbuch für Ket-
zerrichter, schöpfte Kramer alle zu Gebote stehenden
Erleichterungen zur Überführung der vermeintlichen
Hexen aus. Manche seiner Vorschläge hören sich mo-
derat an, etwa wenn er empfiehlt, von der Folter zu-
rückhaltenden Gebrauch zu machen.217 Die Annah-
me, er hätte sich hierbei von rechtlichen Erwägungen
leiten lassen, wäre freilich verfehlt. Im Gegenteil
wollte er damit die Möglichkeit ausschalten, durch
eine ohne Geständnis überstandene Folter die Mög-
lichkeit zur Verurteilung zu verspielen. Deshalb setz-
te er mehr auf die zermürbende Untersuchungshaft,
ausgeklügelte Fragetechniken und die Zulassung von
Zeugen, die im regulären Verfahren nicht gehört wer-
den durften. Modern klingt sein Eintreten für die rich-
terliche Überzeugung als Verurteilungsgrundlage,
was er freilich im »Nürnberger Hexenhammer« deutli-
cher zum Ausdruck brachte als im Malleus. Unbe-
dingt zu vermeiden waren Freisprüche in Anerken-
nung der Unschuld, da dann infolge des Rechtsgrund-
satzes ne bis in idem – in derselben Rechtssache wird
nicht zweimal entschieden – eine Wiederaufnahme
des Verfahrens ausgeschlossen gewesen wäre. Auch

Hexen
3.642 Juristische Relevanz des Malleus Hexenhammer, 76

mit dem zeitgenössischen Rechtsverständnis unver-


träglich war die Empfehlung, bei wiederholter Folter
einfach von Fortsetzung zu sprechen, um die rechtli-
chen Torturkautelen zu umgehen.
Das von Kramer im dritten Teil des Malleus aus-
formulierte Indizienrecht war von einer nicht zu unter-
schätzenden rezeptionsgeschichtlichen Bedeutung:
Zwar konnte gezeigt werden, daß die Praktiker der In-
quisitionsbehörden in Italien und Spanien auch die
prozeßrechtlichen Teile des Hexenhammers ablehn-
ten218, doch blieb der Einfluß des Hexenhammers im
Reich so virulent, daß sich zahlreiche Schriftsteller
des ausgehenden 16. und des 17. Jahrhunderts auf den
Malleus stützten oder sich damit auseinandersetzten.
Für Apologeten der Hexenverfolgung wie den Trierer
Weihbischof Peter Binsfeld (1545–1598) in seinem
Tractatus de confessionibus maleficorum et saga-
rum stellte er die zentrale Autorität dar, ebenso für
die Universität Ingolstadt in einem Gutachten für
ihren Landesherrn 1590.219 Dabei muß allerdings
zwischen der theoretischen Grundlegung und der ex-
emplarischen Beweisführung unterschieden werden.
In Martin Delrios (1551–1608) Disquisitiones Magi-
cae, der wichtigsten europäischen Dämonologie des
17. Jahrhunderts, stammten nur noch fünf von 265
Exempeln aus dem Hexenhammer, in den Vorder-
grund gerückt wurden aktuelle Erfahrungsberichte aus

Hexen
3.643 Juristische Relevanz des Malleus Hexenhammer, 76

den Jahresberichten des Jesuitenordens nicht nur aus


Europa, sondern aus der ganzen Welt, z.B. aus Japan
oder Peru.220
Ebenso mußten sich die Prozeßkritiker mit dem
Malleus auseinandersetzen. Der wichtigste Kritiker
des 16. Jahrhunderts, Johann Weyer (1515–1588),
weist bereits in der Vorrede seines bahnbrechenden
Werkes De Praestigiis Daemonum darauf hin, daß es
sich gegen den Hexenhammer richte, der so viele Un-
schuldige auf den Scheiterhaufen gebracht habe. Auf
den Arzt Weyer geht der Versuch zurück, die Ge-
ständnisse vermeintlicher Hexen – medizinisch – mit
deren Unzurechnungsfähigkeit oder – theologisch –
mit Täuschungen der Dämonen zu erklären und damit
eine inhaltliche Auflösung der Hexenvorstellung zu
erreichen.221 Ebenso mußte sich der wichtigste Kriti-
ker des 17. Jahrhunderts, der Jesuit Friedrich von
Spee in seiner Cautio Criminalis mit dem Hexenham-
mer auseinandersetzen. Wegen der weiten Verbrei-
tung des Hexenglaubens und seine autoritative Absi-
cherung durch namhafte katholische Theologen mach-
te Spee erst gar nicht mehr den Versuch einer inhaltli-
chen Kritik des Hexenglaubens, den er selbst vermut-
lich nicht teilte.222 Statt dessen verlegte er sich voll-
kommen auf eine strafprozeßrechtliche Argumentati-
on, wobei er die unmenschliche Folter als die Seele
des Hexenprozesses herausarbeitete und durch das In-

Hexen
3.644 Juristische Relevanz des Malleus Hexenhammer, 77

sistieren auf eine strikte Einhaltung der prozeßrechtli-


chen Normen die Axt an die Wurzel des Ausnahme-
prozesses zu legen versuchte. Speziell über den im
Hexenhammer empfohlenen Trick, wegen des juristi-
schen Verbots einer Folterwiederholung von »Fortset-
zung« zu sprechen, meint Spee: »Was soll ich dazu
sagen? Ist es denn möglich, daß Geistliche und Prie-
ster derart leichtfertig in so ernster Sache reden? Ich
halte das für eine recht ungeistliche Grausamkeit und
fange an, zu fürchten, nein, es ist mir schon früher oft
der angstvolle Gedanke gekommen, daß jene erwähn-
ten Inquisitoren diese ganze Unzahl von Hexen erst
mit ihrem unbesonnenen, doch ich sollte sagen, wirk-
lich sehr ausgeklügelten und weislich verteilten Fol-
tern nach Deutschland hereingebracht haben.«223
Die medizinische und theologische Argumentation
mündete somit ein in die juristische Diskussion, die
bereits im frühen 16. Jahrhundert unter dem Eindruck
der Hexenverfolgungen eine eigene Dynamik entwik-
kelt hatte. So dürfte Artikel 44 der Constitutio Crimi-
nalis Carolina, der Peinlichen Gerichtsordnung Kai-
ser Karls V. von 1532, wo die rechtserhebliche Ver-
dachtsschwelle zur Einleitung von Hexenprozessen
formuliert wird, auf Kramers prozeßrechtlichen Trak-
tatteil rekurrieren. Andererseits fällt auf, daß in der
materiellen Strafbestimmung gegen Zauberei, dem
Artikel 109, die theologischen und prozeßrechtlichen

Hexen
3.645 Juristische Relevanz des Malleus Hexenhammer, 77

Vorstellungen des Hexenhammers offenbar bewußt


ignoriert werden. Einen Teufelspakt kennt die hier
dem römischen Recht verpflichtete Carolina nicht.
Nur nachgewiesener Schadenszauber – der gemäß der
Zeichentheorie der thomistischen Theologen gar nicht
wirksam sein konnte – war reichsrechtlich die Grund-
lage einer Verurteilung wegen Hexerei. Bereits Weyer
hatte 1565 in einem berühmten Briefwechsel mit Jo-
hannes Brenz (1499–1570) darauf hingewiesen, daß
wegen dieses Widerspruchs eigentlich überhaupt nie-
mand wegen Hexerei hingerichtet werden dürfte.
Brenz freilich mochte diese Konsequenz nicht ziehen.
Zwar bekannte sich auch der Reformator Württem-
bergs zur fiktionalen Deutung der Zauberei, insistierte
aber auf Strafwürdigkeit wegen des – untauglichen –
Versuchs der Hexen, Schaden mit teuflischer Hilfe zu
verüben.224

Hexen
3.646 Zur Psychologie Heinrich Kramers Hexenhammer, 78

Zur Psychologie Heinrich Kramers

In seinem Briefwechsel mit Wilhelm Fliess themati-


sierte Sigmund Freud (1856–1939) im Jahre 1897 die
Beziehung zwischen Teufel und Hexe und sprach von
der Begeisterung, mit der er im Malleus Maleficarum
lese. Dabei entwickelte der Begründer der Psychoana-
lyse die berühmte Parallele des Verhältnisses zwi-
schen Inquisitor und Hexe bzw. Exorzist und Beses-
sener zu der zeitgenössischen Figuration Analytiker
und Klientin.225 Freud glaubte, Inquisitor und Hexe
wiederholten, ohne es zu wissen, unter der Folter eine
in früher Kindheit erfahrene Traumatisierung, er
aktiv, sie passiv. Das Verständnis, das Freud für die
folternden Inquisitoren entwickelte, dürfte sich aber
auch der Verärgerung über seine widerspenstigen da-
maligen Patienten verdanken.226 Andere Akzente
setzten Arbeiten des Zürcher reformierten Theologen
und Freud-Schülers Oskar Pfister (1873–1956), der
bereits 1913 das erste Lehrbuch der Psychoanalyse
verfaßt hatte. Er korrespondierte mit Freud, der Pfi-
sters Ansichten oft mit unverhohlener Skepsis begeg-
nete,227 seit 1909 über die Hexen, und in seinem Al-
terswerk schlug er ein Thema an, das gleichzeitig aus
ganz anderer Perspektive die Ethnologen und Menta-
litätshistoriker beschäftigen sollte: Die Angst. Ver-

Hexen
3.647 Zur Psychologie Heinrich Kramers Hexenhammer, 79

ständlicherweise waren nicht alle seiner Kollegen


über seine Deutung des Christentums (»Die altprote-
stantische Orthodoxie als kollektive Zwangsneurose«)
und dessen Verantwortung für die Hexenverfolgungen
erfreut.228
Nicht nur die psychologische Interpretation der
großen Reformatoren, sondern auch diejenige des In-
quisitors Kramer stößt in der Literatur auf große Vor-
behalte. Dabei bietet sich gerade die Person dieses
Verfolgungsspezialisten, über den wir relativ viele
Quellen besitzen, für einen solchen Versuch an. Wäh-
rend Gegner der Hexenverfolgungen wie Andrea Al-
ciati, Agrippa von Nettesheim, Johann Weyer oder
Friedrich Spee Mitleid mit den Opfern empfinden
konnten, plädierte der Inquisitor für eine rücksichts-
lose Ausrottung der Glaubensfeinde. Und Bruder
Heinrich konstruiert ein reiches Spektrum an Feinden:
Durch Publikationen oder Inquisitionen verfolgte er
Waldenser, Hussiten, Böhmische Brüder, Taboriten,
Juden, Hexen, die Beschützer der Hexen, überfromme
Frauen, Vertreter eucharistischer Irrlehren, Vertreter
eines kaiserlichen Primats in der Christenheit und An-
hänger der Konzilsbewegung innerhalb der katholi-
schen Kirche. Aber was verband alle diese Gruppen?
Jürgen Petersohn hat in seinen »Aufschlüssen zur Per-
sönlichkeitsstruktur« des Inquisitors gezeigt, daß der
Kampf um den reinen Glauben auch sprachlich im

Hexen
3.648 Zur Psychologie Heinrich Kramers Hexenhammer, 79

Zentrum seiner Bemühungen stand. War die Fides der


eine »Schlüsselbegriff seiner Vorstellungen und des
Handelns«,229 so bildete die auf Innozenz III. zu-
rückgehende kirchenrechtliche Devise ne crimina re-
maneant impunita – Verbrechen dürfen nicht unge-
straft bleiben – das immer wieder zitierte Leitmotiv
für seinen unaufhaltsamen Verfolgungsdrang.
Auch wenn Kramer vornehmlich als Hexenverfol-
ger in die Geschichte eingegangen ist, waren die
Hexen für ihn doch nur ein Sonderfall von Glaubens-
feinden. Die krause Etymologie von femina verdeut-
licht allerdings, daß sich der Glaube anhand physi-
scher Merkmale auszudrücken vermochte und mit sei-
nem Glaubenskampf sexistische und – im Fall der
Juden – rassistische Motive verknüpft waren. Hexerei
war bei Kramer wie die Erbsünde erblich und wurde
durch den initialen Pakt geradezu zu einem Familien-
stigma, das bedeutet auch: einer körperlichen Quali-
tät. Garant des Glaubens war natürlich nicht die – von
Irrtümern verseuchte – Gemeinschaft der Gläubigen,
auch nicht die Gemeinschaft der Glaubenshirten im
Konzil und schon gar nicht der Kaiser des »Heiligen
Römischen Reiches«. Es war auch nicht so sehr die
Heilige Schrift oder das Kanonische Recht, die ja –
wie im Falle der Hexen – offenbar mißverständlich
oder veraltet sein konnten. Allein der Papst verbürgte
als Stellvertreter Gottes die pars sanior beim Kampf

Hexen
3.649 Zur Psychologie Heinrich Kramers Hexenhammer, 80

um die Reinheit des Glaubens.


Verunreinigung bedeutet, wie die Anthropologin
Mary Douglas herausgearbeitet hat, in vielen traditio-
nellen Denksystemen eine Gefahr, der mit relativ gro-
ßem Aufwand begegnet werden muß.230 In den Stu-
dien zur Charakterstruktur der »autoritären Persön-
lichkeit« haben Sozialwissenschaftler und Sozialpsy-
chologen der »Frankfurter Schule« seit den 1930er
Jahren versucht, korrespondierende Persönlichkeits-
merkmale anzugeben, um zum Beispiel herauszufin-
den, wodurch Gewaltbereitschaft gegenüber Minder-
heiten disponiert wird. Auch hier bildet die tiefliegen-
de Angst vor Verunreinigung oder Unsauberkeit, pro-
totypisch verkörpert im Kampf um die Exkremente,
das entscheidende Movens für den erbitterten Krieg
gegen das vermeintlich Böse. Immerhin finden sich
auch bei Kramer Anhaltspunkte für eine solche »anale
Fixierung«, doch muß dieser Forschungsansatz, der
die Verfolgermentalität wissenschaftlich ergründen
will, nach wie vor als eines der großen Desiderate der
Hexenforschung gelten. Dies gilt auch für den Bereich
des Sexuellen, die für diesen Inquisitor geradezu ob-
sessive Bedeutung angenommen hat. Der naheliegen-
de Gedanke, diese Obsession mit dem Zölibat des
Autors in Verbindung zu bringen, war natürlich von
jeher verlockend. Die Anzahl der Kapitel, in denen
sich der Autor dem Liebeszauber, von dem – wie er

Hexen
3.650 Zur Psychologie Heinrich Kramers Hexenhammer, 81

schreibt – sogar Äbte betroffen sein konnten, Impo-


tenz, Pollution, weggehexten männlichen Gliedern
oder dem Geschlechtsverkehr zwischen Menschen
und Dämonen widmet, spricht für sich. In Teil I des
Buches sind es fünf von 18 Kapiteln, in Teil II sieben
von 24.231 Einen Höhepunkt fast im Wortsinn bildet
seine Wiedergabe einer – literarisch tradierten – Teu-
felsbuhlschaft unter freiem Himmel, wobei die Voy-
eure zunächst nur die nackte Frau mit ihren charakte-
ristischen Bewegungen wahrnahmen und erst nach
dem Ende des Aktes den Dämon in Gestalt eines
schwarzen Rauches.232
Freilich kann es nicht darum gehen, Kramer zum
bloßen Psychopathen zu stempeln. Die idealtypische
Konstellation, die seiner Ansicht nach einen Hexen-
prozeß indizieren sollte, war, daß bei einem Konflikt
einer der Akteure dem anderen ein Unheil androhte
oder nachwünschte, das diesem früher oder später tat-
sächlich wiederfuhr. Das Drohen und Verwünschen
gehörte aber zu den gängigen Konfliktbewältigungs-
mechanismen, wenn ein Wunsch abgeschlagen oder
sonst eine Erwartungshaltung enttäuscht wurde. Die
Ausbildung psychosomatischer Symptome im Sinne
einer konversionshysterischen Symptomatik ist aber
nach tiefenpsychologischen Erkentnissen in solchen
Fällen ohne weiteres plausibel.233 Wie wir aus For-
schungen zum »Todeszauber« in Gesellschaften der

Hexen
3.651 Zur Psychologie Heinrich Kramers Hexenhammer, 81

»Dritten Welt« wissen, kann die Wirkung durchaus


real sein, wenn das Opfer an die Kraft der Verwün-
schung glaubt. Mit Rücksicht darauf gewinnt der
»Hexenwahn« ein reales Fundament, auch wenn die
Projektion auf die Hexe irreal bleibt. Wie sehr Krä-
mer übrigens selbst im magischen Denken verhaftet
war, zeigt sich beim Einsatz apotropäischer Magie
zum Schutz vor vermeintlichen Hexen. Hier ringt
Kramer mit der Möglichkeit, selbst kirchenrechtlich
anstößige Praktiken gutzuheißen.

Hexen
3.652 Anstieg der Hexenverfolgungen Hexenhammer, 82

Anstieg der Hexenverfolgungen zu Lebzeiten


des Inquisitors

Daß Kramer während der Niederschrift des Hexen-


hammers noch Zeit zu praktischer Inquisitionstätig-
keit fand, ist unwahrscheinlich. Nach der Publikation
wandte sich Kramer 1488 nach Ediger an der Mosel,
wo er sich in einer Urkunde als Inquisitor für die fünf
deutschen Erzbistümer vorstellte und – im Einklang
mit den im Hexenhammer genannten Vorbeugemit-
teln – die Errichtung eines Kreuzweges zur Abwehr
der Hexengefahr betrieb.234 Inwiefern er mit den
Lothringer Verfolgungen, der Verfolgung in der Di-
özese Metz oder den wenig später ausbrechenden He-
xenverfolgungen im Erzbistum Trier befaßt gewesen
sein könnte, ist nicht geklärt. Auffallend ist, daß der
Henker Diebold Hartmann im Jahr 1494 über die zu-
rückliegenden Kurtrierer Verfolgungen mit mehr als
30 Opfern Details berichtet, die ganz im Einklang mit
dem Hexenhammer stehen: Die Frauen sollen bei
ihrer Gefangennahme vom Boden aufgehoben, ent-
haart, neu eingekleidet und mit Weihwasser und ge-
weihtem Salz behandelt werden.235 Als Kramer vom
Magistrat der Reichsstadt Nürnberg um ein Gutachten
in der Hexenfrage gebeten wurde, konnte der Inquisi-
tor auf jüngste Erfolge hinweisen. Jetzt ist nicht mehr

Hexen
3.653 Anstieg der Hexenverfolgungen Hexenhammer, 82

nur – wie noch 1486 – von 48 verbrannten Hexen die


Rede. »Bruoder Heinrich Kramer prediger Ordens,
doctor der heiligen Geschrifft und Bäpstlicher Com-
misssarius und Inquisitor«, als der er sich in seinem
Brief aus Augsburg vom 2. Oktober 1491 vorstellte,
rühmte sich jetzt, daß durch seinen Einsatz »bereits
mehr als 200 Hexen aufgespürt und hingerichtet wor-
den« seien.236 Genaue Angaben bleibt Kramer schul-
dig. Selbst bei dem angeführten Hexenprozeß in Kö-
nigstein im Elsaß scheint es sich um ein Verfahren
vor einem weltlichen Richter gehandelt zu haben.237
Ob mit oder ohne den Inquisitor: Unverkennbar ist,
daß die Hexenverfolgungen in Kramers Zuständig-
keitsbereich zu seinen Lebzeiten weiter anstiegen,
sicher begünstigt durch die Wiederkehr großer Not
Anfang der 1490er Jahre. Nach dem strengen Winter
von 1491, in dem der Rhein bei Speyer zehn Wochen
lang zugefroren war, folgten Teuerung und Pest.238
Im Südwesten fanden 1491 Hexenprozesse in Verin-
gen und Pforzheim statt, 1493 in Konstanz und 1495
in Stein am Rhein.239 In Konstanz wurde 1495 eine
Frau und im württembergischen Brackenheim wurden
1497 mehrere »Unholde« verbrannt.240 1493 wurde
in der Reichsstadt Lindau eine Frau wegen Hexerei
hingerichtet. Hexenprozesse wurden jetzt auch im
Südosten geführt, überliefert sind sie vor allem aus
Regensburg und dem bayrischen Rentamt Burghau-

Hexen
3.654 Anstieg der Hexenverfolgungen Hexenhammer, 83

sen.241 Die endemischen Hexenprozesse in der


Schweiz hielten an. 1493 wurden Hexen in Zürich
und in Freiburg/Fribourg verbrannt, wo sich eine
Erstausgabe des Hexenhammers in den Beständen der
Kantonalbibliothek findet.242 In Kramers Heimat-
stadt Schlettstadt verstarb 1499 die der Hexerei ver-
dächtigte Margaret Weinburnin in Haft.243 Vom
Oberrhein breitete sich das neue Verfolgungsmuster
rheinabwärts über Trier in den Bereich der Erzdiözese
Köln aus, wo nach 1499 umfangreiche Verfolgungen
begannen. Binnen dreier Jahre hören wir von Hexen-
verbrennungen in Rheinberg, Angermund und Ratin-
gen, Viersen und Gladbach, Ahrweiler und Greven-
broich, Erkelenz und Brauweiler. Von dort aus wan-
derten die Hexenprozesse entlang der Handelsstraße
weiter in die Niederlande.244 Verbrennungen von
Zauberinnen in Osnabrück und Braunschweig 1501
zeigen, daß jetzt auch in Norddeutschland eine härtere
Gangart begann.245
Umfangreiche Verfolgungen ereigneten sich auch
vor weltlichen Gerichten in den Dolomiten, im Val di
Fiemme/Fleimstal (Cavalese) bei Trient, in Völs am
Schlern in Südtirol. Und in den italienischen Alpentä-
lern setzten päpstliche Inquisitoren ihre Aktivitäten
fort, in der Lombardei etwa der Dominikaner Angelus
von Verona, im Val Camonica bei Brescia zuerst der
Dominikaner, einflußreiche Summist und Malleus-

Hexen
3.655 Anstieg der Hexenverfolgungen Hexenhammer, 84

Parteigänger Silvester Prierias (1456–1523) und spä-


ter sein Ordensbruder Georg von Casale. Umfang-
reich waren die Verfolgungen des dominikanischen
Inquisitors Bernardo Rategno (ca. 1450–1510) in der
Diözese Como, dem Nachfolger des von Kramer oft
zitierten Laurentius von St. Agatha. Bernardos Be-
richte über seine Inquisitionstätigkeit wurden später
häufig dem Hexenhammer beigegeben. Ursache für
seinen schriftstellerischen Fleiß war wie im Falle Kra-
mers der Rechtfertigungsdruck, unter den der Inquisi-
tor von Como seit 1505 geriet.246 Das Todesjahr
Kramers markiert damit – wohl eher zufällig – einen
frühen Umschwung in der Politik der römischen
Kurie gegenüber den Hexenverfolgungen. Bereits der
Hexenhammer hatte davon abgeraten, Appellationen
an den Heiligen Stuhl zuzulassen, da Kramer die
Skepsis der römischen Juristen wohl kannte. Mit den
neuen Skandalen der Inquisition von Como hatten die
Hexenverfolgungen in Italien jedoch offenbar früh
ihren Höhepunkt überschritten.247
Das gesamte Ausmaß der Hexenverfolgungen zwi-
schen 1490 und 1520, also der Generation nach der
Publikation des Hexenhammers, ist bis heute noch
nicht systematisch erforscht. Dies liegt vor allem
daran, daß die Fülle der Quellen und die Masse der
Hexenprozesse in den Jahrzehnten um 1600 den Blick
auf die frühere Epoche verstellt hat. Nicht erst seit

Hexen
3.656 Anstieg der Hexenverfolgungen Hexenhammer, 84

heute stellt man sich übrigens die Frage, welches


Ausmaß die Verfolgungen im Anschluß an die Publi-
kation des Hexenhammers gehabt haben könnten. Der
bayrische Jurist Dr. Kaspar Lagus (1533–1606) äu-
ßerte dazu am Ende des 16. Jahrhunderts die Ansicht,
es seien damals wohl 3000 Menschen in Ober-
deutschland verbrannt worden.248 Auch wenn völlig
unklar ist, worauf diese – vermutlich überhöhte –
Schätzung beruht, so zeigt sie doch, daß sich die vor-
reformatorische Verfolgswelle ins Gedächtnis einge-
graben hatte.

Hexen
3.657 Frühe Kritik am Hexenhammer Hexenhammer, 85

Frühe Kritik am Hexenhammer

Daß der Verfolgungswahn des Hexenhammers nicht


nur leidenschaftliche Befürworter, sondern ebenso er-
bitterte Gegner gefunden hat, kann man nicht nur an
den zahlreichen Bemerkungen im Hexenhammer
selbst erkennen. Dieses Buch ist ja gerade geschrie-
ben worden, um diese Gegner zu bekämpfen. Die
Verketzerung der Verteidiger wegen Hexerei verdäch-
tigter Personen hat zweifellos das Meinungsklima be-
einflußt, gehörte doch der Autor selbst jener vom
Papst privilegierten Personengruppe an, die Glau-
bensfeinde verfolgen konnten. Um so höher muß man
es einschätzen, wenn zeitgenössische Intellektuelle öf-
fentlich gegen die Inquisitoren auftraten. Dazu gehör-
ten neben den engagierten Innsbrucker und Brixener
Juristen und Theologen oder dem bereits erwähnten
Passauer Domprediger Wann etwa der Konstanzer Ju-
rist Ulrich Molitor, der in einem fiktiven Gespräch
darlegt, daß Hexenflug, Tierverwandlung und Wetter-
zauber unmöglich seien.249 Der Mailänder Franzis-
kaner Samuel de Cassinis bestritt schlicht und einfach
jede Möglichkeit des Hexenfluges.250 Auf einer ganz
anderen Ebene argumentierten die berühmtesten Hu-
manisten des Zeitalters. Erasmus von Rotterdam
(1466–1536) machte sich in seinem »Lob der Tor-

Hexen
3.658 Frühe Kritik am Hexenhammer Hexenhammer, 85

heit« seitenlang über die Figur des Inquisitors und


seinen Habitus lustig und spielte dabei auch auf die
Hexenverfolgungen an.251 Der Starjurist der Epoche,
Andrea Alciati (1492–1550), nahm konkret die He-
xenverfolgungen in den oberitalienischen Alpentälern
zum Anlaß für Gutachten, in denen er in kaum zu
überbietender Schärfe von nova holocausta
spricht.252
Der Humanist Heinrich Cornelius Agrippa von
Nettesheim (1486–1535), der das Vorgehen der In-
quisitoren bereits von seinem Aufenthalt im Herzog-
tum Mailand kannte, verteidigte 1519 als Syndikus
der Reichsstadt Metz eine verdächtigte Frau. Seine
Verteidigung mündete in eine Anklage gegen den do-
minikanischen Inquisitor Nikolaus Savini, der als
wichtigste Indizien unbewiesene Verdächtigungen
und die Tatsache, daß bereits ihre Mutter als Hexe
verbrannt worden war, vorbrachte: »Als ich diesen
Punkt als nicht zur Sache gehörig und deshalb als un-
zutreffend juristisch widerlegte, da führte er, um nicht
vor der Öffentlichkeit ohne Argumente dazustehen, ei-
nige Geheimnisse des Hexenhammers und dessen
theologische Grundauffassungen zum Beweis seiner
Behauptungen ins Feld, nämlich daß Hexen nach der
Geburt ihre Kinder dem Teufel weihen und daß diese
Kinder ohnehin zumeist dem Umgang mit einem In-
kubus entstammen, wodurch das Böse wie eine Erb-

Hexen
3.659 Frühe Kritik am Hexenhammer Hexenhammer, 86

krankheit eingewurzelt ist. Da rief ich: ›Ist das deine


Theologie, schändlicher Mönch? Schleppst du mit
solchen Phantastereien unschuldige Frauen zur Folter-
bank und erklärst du mit solchen Winkelzügen Men-
schen zu Ketzern?‹«253 Schüler Agrippas wurde
jener schon erwähnte Johann Weyer, der mit seinem
De praestigiis daemonum im Geiste von Erasmus ein
grundlegendes Werk zur Verteidigung der als Hexen
verdächtigten Personen schreiben sollte.254
Es ist nicht unwichtig zu sehen, daß alle Verbitte-
rung, die man heute bei der Lektüre des Hexenham-
mers empfinden kann, bereits den Zeitgenossen nicht
fremd war. Als »grausamen Heuchler« und »blutgieri-
gen Mönch« bezeichnete Agrippa den Inquisitor, der
»ein armes Bauernweib mit windigen und völlig un-
gerechtfertigten Beschuldigungen auf seine Folter-
bank gezerrt hatte, nicht so sehr in der Absicht, sie zu
verhören, als vielmehr, sie abzuschlachten«. 255 Die
päpstliche Hexeninquisition nördlich der Alpen ende-
te damit so unrühmlich, wie sie begonnen hatte. Und
es ist bezeichnend, daß etwa gleichzeitig um das Jahr
1520 die Neudrucke des Hexenhammers für beinahe
zwei Generationen aussetzten.
Die Saat des Hexenhammers, der ohnehin die He-
xenverfolgung den weltlichen Gerichten überlassen
wollte, sollte dennoch – wenn auch mit einiger zeitli-
cher Verzögerung – aufgehen, womit der ›verstaubte‹

Hexen
3.660 Frühe Kritik am Hexenhammer Hexenhammer, 86

Malleus Maleficarum wieder aus den Bibliotheksre-


galen herausgeholt wurde. Dieses verhängnisvolle
Datum kann kaum besser illustriert werden als durch
die zeitgenössische Marginalie zur Bulle des unserer
Übersetzung zugrundeliegenden lateinischen Exem-
plars: »Anno Domini 1484 hette das Teuffelswerck
der Zauberer und hexen zu heftig vberhandt genomen
wie hernacher anno 1562 auch ist beschehen.«256
Und die Neudrucke des Hexenhammers seit 1574
markieren ebenso genau den Neubeginn der Hexen-
verfolgungen wie deren Ende hundert Jahre später das
nachlassende Interesse daran. Das Produkt des Domi-
nikaners Heinrich Kramer, geschrieben aus einem ak-
tuellen Anlaß heraus, erweist sich als Indikator für
das Interesse weiter Teile der europäischen Bevölke-
rung an der Hexenverfolgung. Und dies gilt in anderer
Weise sogar für unsere Gegenwart.

Hexen
3.661 Das Hexenhammer-Gedenkjahr 1987 Hexenhammer, 87

Das Hexenhammer-Gedenkjahr 1987

Die steigende Bedeutung des Hexenhammers in der


europäischen Erinnerungskultur kann man am Verlauf
seines 500. Anniversariums beobachten. Während im
17., 18. und 19. Jahrhundert unter kontrovers theolo-
gischen und später kulturkämpferischen Gesichts-
punkten die päpstliche Bulle Summis desiderantes
affectibus im Mittelpunkt des Interesses stand, so
hatte sich das Gewicht im 20. Jahrhundert völlig zum
Hexenhammer hin verschoben. Als Ursachen dafür
wird man die gestiegene Sensibilität für Menschen-
rechte sehen können, die erstarkende Frauenbewegung
sowie die Erfahrungen dieses Jahrhunderts mit natio-
nalsozialistischen und stalinistischen Schauprozessen,
deren forensische Dynamik – etwa bei den ausgeklü-
gelten Verhörmethoden oder den »freiwilligen« Ge-
ständnissen auch absurdester Vorwürfe – Ähnlichkei-
ten mit den Hexenprozessen der päpstlichen Inquisi-
toren aufweisen. Die seit den 1960er Jahren erneut
ansteigende Beschäftigung mit dem Hexenthema kul-
minierte im vermeintlichen Hexenhammer-Gedenk-
jahr. Erstmals wurde damals der Hexenhammer selbst
zum Gegenstand einer Tagung, die unter dem Titel
»Der Hexenhammer. Entstehung und Umfeld des
Malleus Maleficarum« im Mai 1987 von Spezialisten

Hexen
3.662 Das Hexenhammer-Gedenkjahr 1987 Hexenhammer, 88

in Bayreuth abgehalten wurde.257


Doch auch eine breitere Öffentlichkeit interessierte
sich für das Thema. So fanden in Österreich und
Deutschland zwei große Ausstellungen statt, die sich
der Unterstützung der jeweiligen Landesregierungen
erfreuen konnten und denen doch unterschiedliche
Konzeptionen zugrunde lagen. Die Ausstellung »He-
xenwelten. Magie und Imagination vom 16.-20. Jahr-
hundert« in der Stadtgalerie Saarbrücken wurde in der
Walpurgisnacht um Mitternacht mit dem »Hexen-
tanz« einer feministischen Rockgruppe eröffnet.258
Die steiermärkische Landesausstellung »Hexen und
Zauberer« auf der Riegersburg wurde dagegen am
Nachmittag des 1. Mai mit einem Gottesdienst des
Landesbischofs eröffnet. Im mittelfristigen Vergleich
stellte sich heraus, daß diese Ausstellung mit über
350000 Besuchern bei weitem auf die größte Reso-
nanz stieß. Der umfangreiche Katalog war bei Aus-
stellungsende vergriffen.259
Die Terminierung dieser Ausstellungen kann man
als Spätfolge der Schmidtschen Malleus-Übersetzung
betrachten, die diesen Text einer im Lateinischen
nicht bewanderten Öffentlichkeit überhaupt erst zu-
gänglich gemacht hat. Die genannten Hexenausstel-
lungen begründeten ihrerseits neue Traditionen. Der-
artige Events erfreuen sich seitdem großer Beliebtheit.
Jede europäische Nation scheint ihre eigene große He-

Hexen
3.663 Das Hexenhammer-Gedenkjahr 1987 Hexenhammer, 88

xenausstellung zu benötigen, wie etwa 1989 in Brüs-


sel, 1993 in Paris, 1994 in Pisa oder 2000 in Luxem-
burg. Während der Ausstellungsvorbereitung kam es
jeweils zu einer intensiven Beschäftigung mit dem
Thema. Im Hexenhammer-Gedenkjahr wurde eine Fil-
mographie zum Hexenthema zusammengestellt, be-
ginnend mit einem Kurzfilm der Edison-Company aus
dem Jahr 1909 mit dem Titel »In the Days of Witch-
craft«.260 Die intensive Beschäftigung mit dem He-
xenhammer hat nicht nur zwei lateinische Faksimile-
drucke hervorgebracht,261 sondern auch die Frage
einer Neuübersetzung auf die Tagesordnung gesetzt.

Hexen
3.664 Übersetzungsgeschichte des Hexenhammers Hexenhammer, 89

Übersetzungsgeschichte des Hexenhammers

Zur Zeit der Hexenverfolgungen hat es keine Überset-


zung des Malleus Maleficarum ins Deutsche oder
eine andere zeitgenössische Volkssprache gegeben,
von einer auszugsweisen Übersetzung ins Polnische
abgesehen.262 Theologen und Juristen, die Zielgrup-
pen des Malleus, waren ohnehin des Lateinischen
mächtig, und die Verleger konnten sich offenbar für
ein rechtstheologisches Fachbuch, als das es von den
Kölner Zensoren eingestuft worden war, darüber hin-
aus keinen gewinnversprechenden Käuferkreis vor-
stellen. Für das Vorhaben Kramers, auch weltliche
Gerichte für die Hexenverfolgung zu engagieren, war
das mißlich, und um so willkommener dürfte ihm die
Auftragsarbeit für den Nürnberger Rat gewesen sein,
in der er seine Vorschläge zur Hexenverfolgung einer
bedeutenden reichsstädtischen Obrigkeit nahebringen
konnte. Das Ergebnis war der sogenannte »Nürnber-
ger Hexenhammer« von 1491, eine deutschsprachige
Prozeßinstruktion in Hexensachen, die auf die Be-
dürfnisse der weltlichen Gerichtsbarkeit zugeschnitten
war und handschriftlich – wahrscheinlich aus der
Feder Heinrich Kramers – überliefert ist. Die Reichs-
stadt Nürnberg machte allerdings keinen Gebrauch
davon.263

Hexen
3.665 Übersetzungsgeschichte des Hexenhammers Hexenhammer, 90

Neues Interesse am Text des Hexenhammers regte


sich in der Periode der europäischen Aufklärung.
Eberhard David Hauber (1695–1765) bot in seiner
Bibliotheca Magica übersetzte Passagen aus dem He-
xenhammer und seiner Beigaben.264 Der pietistische
Volksaufklärer Johann Moritz Schwager
(1738–1804) publizierte zum dreihundertjährigen Ju-
biläum der Hexenbulle 1784 gar ein ganzes Buch
unter dem Titel Versuch einer Geschichte der Hexen-
prozesse, das im wesentlichen aus einer kommentier-
ten freien Übersetzung des Hexenhammers bestand.
Gewidmet war dieses Werk Kaiser Joseph II.
(1741–1790, reg. 1765–1790), »dem Sieger über
Aberglauben und Gewissenstyranney«265, der die
Zauberei als Straftatbestand abgeschafft hatte.
Die Bedeutung, die dem Malleus in der Historio-
graphie des ausgehenden 19. Jahrhunderts zugemes-
sen wurde, hat den in Sachsen geborenen Indologen
J.W. Richard Schmidt (1866-ca. 1936)266 zu einer
Übertragung des gesamten Textes ins Deutsche ange-
spornt. Bereits »als ganz junger Student« habe er zu
seiner eigenen Belehrung begonnen, »das kulturge-
schichtlich so überaus wichtige Werk« zu übersetzen,
danach habe es zwanzig Jahre lang in einer Ecke sei-
nes Schreibtisches geruht.267 Glaubt man diesen An-
gaben, dann dürfte die Übersetzung ca. 1886 angefer-
tigt worden sein. Ihren historischen Hintergrund bil-

Hexen
3.666 Übersetzungsgeschichte des Hexenhammers Hexenhammer, 90

dete somit der Konflikt des preußisch-deutschen Na-


tionalstaates mit der römischen Kurie, der sich am
Erlaß des päpstlichen Unfehlbarkeitsdogmas entzün-
det und in den sogenannten »Kulturkampf« gemündet
hatte. Dieser spiegelt sich auch in der Edition von
Georg Wilhelm Soldans (1803–1869) Geschichte der
Hexenprozesse bzw. vermehrt in deren 1880 publi-
zierten erweiterten Ausgabe von Heinrich Heppe
(1820–1879)268, die eine konfessionell geprägte Po-
lemik über die Schuld der Kirchen an den Hexenver-
folgungen auslöste.269
Die Schmidtsche Übersetzung wurde erstmals
1906 »im Verlag von H. Barstorf« in Berlin gedruckt.
In den 1920er Jahren und erneut während der Zeit der
NS-Diktatur 1937 wurde sie mehrmals nachgedruckt,
teilweise in gekürzten »Volksausgaben«. Unschwer
ist zu erkennen, daß der nationalsozialistische »Kir-
chenkampf« diesen Neuauflagen Vorschub geleistet
hat.270 Eine in diesem Kontext geplante Neuheraus-
gabe des Hexenhammers durch eine Gruppe von
hauptamtlichen Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes
(SD) im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) befand
sich noch 1942 im Planungsstadium und scheiterte an
der offenkundigen Unfähigkeit der Bearbeiter.271
1969 wurde die Schmidtsche Übersetzung in das Pro-
gramm der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in
Darmstadt aufgenommen.272 Zwischen 1982 und

Hexen
3.667 Übersetzungsgeschichte des Hexenhammers Hexenhammer, 91

1999 erlebte sie schließlich als Taschenbuchausgabe


im Deutschen Taschenbuch Verlag nicht weniger als
vierzehn weitere Auflagen.273 Diese Schmidtsche
Übersetzung ist wegen ihres unlesbaren Stils, der
zahlreichen Auslassungen und ihrer teilweise bis zur
Lächerlichkeit sinnentstellenden Fehler von Anfang
an heftig angegriffen worden.274 Allerdings sind
Übersetzungen des Hexenhammers wegen der kom-
plexen Anlage des Werkes und seiner eigenartigen
Terminologie keine einfache Angelegenheit. Die
Übersetzungen ins Englische durch die obskure Figur
des »Reverend« Alphonseus Joseph Mary August
Montague Summers (ca. 1870–1930), der schlicht an
die reale Macht der Dämonen und die Bösartigkeit der
Hexen glaubte,275 ins Französische276 und ins Ita-
lienische277 kämpfen mit denselben Schwierigkeiten
und sind nicht weniger unzuträglich als die Schmidt-
sche Übersetzung ins Deutsche, die durch die vorlie-
gende Neuübersetzung endlich ersetzt wird.

Hexen
3.668 Fragen der Neuübersetzung und der Kommentierung Hexenhammer, 92

Fragen der Neuübersetzung und der


Kommentierung

Mit dem Plan der Neuübersetzung stellte sich die


Frage, auf welcher Grundlage diese stattfinden konn-
te. Das Manuskript des Malleus muß als verloren gel-
ten. Da sein Erstdruck zu Lebzeiten des Autors er-
folgte, möglicherweise sogar von diesem lektoriert,
wurde diese Ausgabe zugrunde gelegt. Die editio
princeps (Speyer 1486) liegt in zwei in wissenschaft-
lichen Bibliotheken leicht zugänglichen Faksimile-
Ausgaben vor. Diese unterscheiden sich dadurch, daß
in der einen Ausgabe die Bulle und das Kölner Nota-
riatsinstrument bereits in das Gesamtwerk miteinbe-
zogen ist,278 in der anderen jedoch nicht. Bei dieser
Ausgabe dürfte es sich um die frühere Version der
Erstausgabe, also die früheste Ausgabe, des Hexen-
hammers (editio princeps princeps) überhaupt han-
deln.279 Beide Ausgaben unterscheiden sich nicht im
Text, sondern nur in der ohnehin nachträglich vorge-
nommenen Paginierung der Blätter. Dieser Neuüber-
setzung des Hexenhammers wurde die editio princeps
princeps zugrunde gelegt. Jedes Blatt enthält dabei
vier Spalten, zwei auf der Vorderseite (recto, a und b)
und zwei auf der Rückseite (verso, a und b). Kom-
mentierung und Querverweise beziehen sich auf diese

Hexen
3.669 Fragen der Neuübersetzung und der Kommentierung Hexenhammer, 92

Anordnung. Die konzeptionellen, sprachlichen und


drucktechnischen Probleme der Erstausgabe sind
schon öfter beschrieben worden. Auf die Notwendig-
keit einer historisch-kritischen Edition des lateini-
schen Textes auf der Basis aller verfügbaren Drucke
ist hingewiesen worden,280 eine solche aufwendige
Edition liegt aber außerhalb der derzeitigen Möglich-
keiten. Die von der jüngeren Forschung, insbesondere
der Kommentierung von Schnyder, vorgeschlagenen
Textkorrekturen wurden nach Bedarf berücksichtigt,
sie wurden teils ihrerseits korrigiert und finden sich
an den entsprechenden Stellen ausgewiesen.
Die neue Übersetzung des Malleus Maleficarum
hat den Anspruch weitgehender Nähe zum lateini-
schen Text der Erstausgabe. Die früheren Übersetzun-
gen ins Deutsche (Schmidt 1906), Englische (Sum-
mers 1928), Französische (Danet 1973) und Italieni-
sche (Buia 1977) wurden zum Vergleich herangezo-
gen, doch verfolgte die Neuübersetzung das Ziel, die
Fehler dieser Übersetzungen zu korrigieren bzw. zu
vermeiden und den Text in einer sowohl verständli-
chen wie auch inhaltlich korrekten Weise zu präsen-
tieren. In einem ersten Arbeitsschritt wurde dazu eine
Rohübersetzung aus dem Lateinischen angefertigt.
Diese Übersetzung wurde in einem zweiten Schritt
drei kompletten Korrekturdurchgängen unterworfen,
zu denen zusätzlich Prof. Dr. Othon Scholer (Luxem-

Hexen
3.670 Fragen der Neuübersetzung und der Kommentierung Hexenhammer, 93

burg) dankenswerterweise seine langjährige Erfah-


rung eingebracht hat.
In einem dritten Schritt erfolgte die Gratwanderung
einer stilistischen Überarbeitung, um eine für breitere
Leserkreise verständliche und trotzdem wissenschaft-
lichen Ansprüchen genügende Übertragung ins Deut-
sche zu erstellen.
Die sprachliche Korrektur und Glättung des Textes
betrifft die behutsame Bereinigung syntaktisch pro-
blematischer Passagen, vor allem bei den »anakolut-
hischen Satzungetümen«. 281 Sinngleiche Wiederho-
lungen wurden ebenso kommentarlos gestrichen wie
die Unzahl von im Mittellatein üblichen Konjunktio-
nen oder sprachlichen Füllseln (wie: Item, denn, aber,
gleichsam, auch, nämlich, gewissermassen, gewisse,
irgendeine, jene), die für die deutsche Übersetzung
fast durchweg redundant sind. Im Deutschen unge-
bräuchliche Konjunktivformen wurden indikativisch
übersetzt, Konsekutivsequenzen aufgelöst. Ergänzun-
gen zur Verdeutlichung des Sinns waren notwendig
bei der Auslassung einzelner Worte, die den Eigen-
heiten der mittellateinischen Sprache, dem scholasti-
schen Argumentationsduktus und den juristischen
Verklausulierungen der Zeit, aber auch der korrum-
pierten Textfassung an sich geschuldet sind. Solche
Ergänzungen werden stets durch [eckige] Klammern
kenntlich gemacht. Dies ist besonders bei den Perso-

Hexen
3.671 Fragen der Neuübersetzung und der Kommentierung Hexenhammer, 94

nalpronomina der Fall, deren mißverständliche Ver-


wendung durch den Autor im Original ständig Fehl-
bezüge hervorruft und den Sinn ganzer Abschnitte
verdunkelt. Das Subjekt mußte oft aus dem näheren
oder weiteren Kontext der betreffenden Textpassage
rekonstruiert und konjiziert werden. Plötzliche Genus-
wechsel sind mitunter auf die Einarbeitung von Vor-
lagen zurückzuführen, etwa Eymerichs Directorium
Inquisitorum in Teil III des Werkes. Diese Textstel-
len sind in den Anmerkungen ausgewiesen.
In bezug auf die Begrifflichkeit sind die Herausge-
ber zu folgenden Kompromißlösungen gelangt: Ei-
gennamen wurden grundsätzlich im lateinischen Ori-
ginal belassen und in einer Fußnote übersetzt. Wie
bei Eigennamen in Textausgaben üblich, wurden
diese gegenüber der Inkunabel mit großen Anfangs-
buchstaben geschrieben. Nach heutigem Verständnis
seltenere lateinische Spezialbegriffe wurden im Origi-
nal belassen und in der Fußnote übersetzt. Alle latei-
nischen Begriffe in der Übersetzung sind kursiv ge-
setzt. Zentrale Begriffe des Hexenhammers, die immer
wieder vorkommen, wurden übersetzt. Problematisiert
wurde gegenüber früheren Übersetzungen vor allem
die Übersetzung von maleficus (= Zauberer) bzw.
malefica (= Hexe), da der geschlechtsspezifische As-
pekt sowohl für den Autor als auch für die Zeitgenos-
sen und zudem in der heutigen Diskussion eine Rolle

Hexen
3.672 Fragen der Neuübersetzung und der Kommentierung Hexenhammer, 94

spielt. Da der Dativ und Ablativ Plural maleficis in


der femininen und der maskulinen Form identisch
sind, wurde hier – wenn sich aus dem Zusammenhang
nicht eindeutig etwas anderes ergibt – pauschal mit
»Zauberer und Hexen« übersetzt. Der deutsche Be-
griff »Hexer«, der im 15. Jahrhundert überhaupt nicht
belegbar ist, wurde vermieden. Der häufige Begriff
carnalis, der stets einen sexuellen Bezug aufweist,
wurde mit Blick auf den zeitgenössischen Sprachge-
brauch stets mit dem altertümelnden Adjektiv
»fleischlich« übersetzt. Dagegen wurde das häufig
verwendete Adjektiv catholicus durchweg mit »recht-
gläubig« übersetzt, da der Begriff »katholisch« seit
dem 16. Jahrhundert eine Konfessionsbezeichnung
geworden ist.
Die Ordnung des Textes, der sowohl im lateini-
schen Original als auch in den bisherigen Übersetzun-
gen konfus und unübersichtlich erscheint, wurde mit
folgenden Hilfsmitteln nachgebessert: Behutsam und
trotzdem erkennbar wurde an einzelnen Passagen die
fehlende Textlogik in den Anmerkungen ausgewiesen,
um eine gewisse Übersichtlichkeit für den Leser zu
gewährleisten. Ebenso wurden Differenzen zwischen
der Gliederung und der tatsächlichen Textstruktur
sichtbar gemacht. Zur Erleichterung für den Leser
wurden jedem Abschnitt der Gliederung in eckigen
Klammern die Nummer des Gliederungspunktes vor-

Hexen
3.673 Fragen der Neuübersetzung und der Kommentierung Hexenhammer, 95

angestellt, die der Autor oft gar nicht oder falsch an-
gibt. Rück- oder Querverweise des Autors werden in
den Anmerkungen durch Angabe der Seitenzahl präzi-
siert. Die Sinnabschnitte werden nach noch zu Leb-
zeiten des Autors gedruckten Ausgaben des Werkes
(meist: Nürnberg, Koberger 1494) gegliedert, da die
Speyrer Erstausgabe keine oder sogar irreführende
Untergliederungen aufweist.
In der Kommentierung wurde der philologische, hi-
storische und juristische Sachverstand der Übersetzer
bzw. Herausgeber bemüht. Unter Heranziehung der
bisherigen Literatur, die in einem gesonderten Litera-
turverzeichnis angegeben ist, wurde versucht, die Be-
legstellen Heinrich Krämers zu verifizieren. Dabei
wurde im Text die andeutungsweise Zitierweise des
Autors belassen, in der Fußnote der präzise Fundort
nach der heute üblichen Zitierweise, etwa bei den Bi-
belstellen, angegeben. Da der Inquisitor nicht selten
mit eigenen Erfahrungen argumentiert, wurde ver-
sucht, den zeitgenössischen Exempeln nachzugehen
und deren Schauplätze, Akteure, wenn möglich sogar
die zugrundeliegenden Inquisitionsverfahren zu re-
konstruieren. Die Quellengrundlage dafür wurde in
einem gesonderten Quellenverzeichnis zusammenge-
stellt. Der Verifizierung der Exempel lag auch die
Absicht zugrunde, dem heutigen Leser zu verdeutli-
chen, daß die Welt des Hexenhammers zwar zeitlich

Hexen
3.674 Fragen der Neuübersetzung und der Kommentierung Hexenhammer, 95

fern, doch räumlich nahe liegt: In Rom und Como,


Innsbruck und Salzburg, Basel und Bern, Konstanz
und Speyer, Bremen und Köln, Straßburg oder
Worms liegen die Schauplätze dieses Buches.282

Hexen
3.675 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 96

Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung

Die Herausgeber sind der Überzeugung, daß es sich


beim Malleus Maleficarum um einen Basistext zum
Verständnis der europäischen Geschichte handelt.
Durch dieses Buch ist unendlich viel Leid über die
Menschen, vor allem über Frauen, gebracht worden.
Der Autor dieses Buches aber war beileibe kein Igno-
rant, sondern ein gelehrter und weltläufiger Mann mit
besten Beziehungen zum damaligen Zentrum der
Christenheit. Er wußte genau, was er wollte und zieht
in seinem Text alle Register des Wissens seiner Zeit,
um in einer raffinierten Argumentation zur Verfol-
gung von Menschen aufzurufen. Und wovon hier die
Rede ist, das ist in mehrfacher Hinsicht unsere eigene
Geschichte. Die Befassung damit ist eine notwendige
»Vergangenheitsbewältigung«, zumal der Hexenglau-
be auch heute noch lebendig ist oder eigenartige Spät-
blüten treibt.283 An einer Auseinandersetzung führt
kein Weg vorbei, auch nicht das wohlverstandene Un-
terfangen, die Hexenverfolgung in kulturrelativisti-
scher Manier als Ausgeburt einer vormodernen und
schon von daher fremden, wenn nicht unzugänglichen
Zivilisation zu begreifen. Die Hexenverfolgung steht
in der uns zugewachsenen kulturellen Tradition, und
bei besser beleumundeten Zeitzeugen wie Erasmus

Hexen
3.676 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 97

oder Montaigne, bei Descartes oder Francis Bacon


verfiele niemand auf die Idee, sie hieraus zu verban-
nen: »... nur ist die Zeit, in die ihr zukunftsträchtiges
Wirken fällt, die nämliche, die auch die Hexenverfol-
gungen ihre schauerlichsten Blüten treiben ließ. Mehr
noch, können wir nicht einmal sicher sein, in den
Protagonisten des ›Fortschritts‹ zugleich auch die
Antagonisten der Hexenverfolgungen vor uns zu
haben, wie etwa das Beispiel Jean Bodins nachdrück-
lich unterstreicht: Der Jurist sah sich in nichts gehin-
dert, gleichzeitig zu einem führenden Staatstheoreti-
ker der frühen Neuzeit wie zu einem der einflußreich-
sten literarischen Vorkämpfer der Hexenverfolgungen
zu avancieren. Um Mißverständnisse erst gar nicht
aufkommen zu lassen: Die Verfolger zählten gutteils
zur zeitgenössischen bürokratischen Führungsschicht,
und sie würden durch nichts mehr verkannt, als in
ihnen sinistre Sykophanten und atavistische Gralshü-
ter des Mittelalters zu wähnen.«284
Der Gegenstand des Hexenhammers mag uns heute
absurd vorkommen, er ist es aber nicht. Denn der He-
xenglaube spielt zwar in Europa oder Nordamerika
nur noch eine untergeordnete Rolle, doch in weiten
Teilen Afrikas, Asiens oder Südamerikas gehört für
den überwiegenden Teil der Bevölkerung Hexerei zur
lebensweltlichen Realität.285 Da die europäische Ko-
lonialgesetzgebung keine Hexenprozesse vorsah, for-

Hexen
3.677 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 97

mierten sich seit Ende des vorigen Jahrhunderts im


südlichen Afrika Antihexereibewegungen, bei denen
Prediger – nicht anders als der Inquisitor Heinrich
Kramer im Herbst 1484 in Ravensburg – ihr Kom-
men in einem Dorf ankündigten und dadurch enorme
Spannungen auslösten, dann durch öffentliche Predig-
ten die lokale Bevölkerung in große Erregung versetz-
ten, die zu Denunziationen, Selbstbezichtigungen und
zur Verbrennung der Zaubergegenstände – und
manchmal auch der Hexer und Hexen – führten. Da-
nach zog der Prediger weiter, und die lokale Obrigkeit
konnte von der Kolonialverwaltung nicht zur Rechen-
schaft gezogen werden, da nicht sie den Pogrom ver-
anstaltet hatte. Mit der Unabhängigkeit der afrikani-
schen Staaten gewannen diese nativistischen Bewe-
gungen noch an Kraft. Und auch heute noch werden
im südlichen und westlichen Afrika in einem Ausmaß
vermeintliche Hexen verfolgt und getötet, das durch-
aus mit dem im frühneuzeitlichen Europa vergleichbar
ist.286
Doch auch in den öffentlichen Diskussionen in den
USA oder in Europa klingen Motive an, die an die
Argumente im Hexenhammer erinnern. Immer wieder
treten gesellschaftliche Gruppen auf, die Verschwö-
rungstheorien huldigen oder glauben, ein Verbrechen
entdeckt zu haben, das so schrecklich ist, daß Polizei
und Justiz besondere Instrumente an die Hand gege-

Hexen
3.678 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

ben werden müssen und das normale Prozeßrecht


außer Kraft gesetzt werden soll. Ein Ausnahmerecht
für ein Ausnahmeverbrechen, genau das war es, was
der Inquisitor mit seinem Hexenhammer etablieren
wollte. Sogar regelrechte Sondergerichte für Hexensa-
chen sind bezeugt.287 Immer wieder gibt es auch
Versuche, bestimmten Teilen der Gesellschaft die
Rolle des Sündenbocks für allgemeine Mißstände auf-
zubürden, wie Kramer das mit den Frauen versucht
hat. Der Hexenhammer liegt uns näher, als die zeitli-
che Distanz suggeriert und die Mühe, sich mit dem
befremdlichen Text des Malleus Maleficarum ausein-
anderzusetzen, lohnt sich also aus vielerlei Gründen.
Die öffentliche Diskussion – die sich nicht zuletzt
in einer steigenden Zahl von Websites im Internet ma-
nifestiert – krankte jedoch bisher an der unzuverlässi-
gen Textgrundlage. Hier soll die vorliegende Neu-
übersetzung mit ihrer Kommentierung Abhilfe schaf-
fen. Die Herausgeber sind sich bewußt, daß jede
Übersetzung auch eine Interpretation bedeutet und
Übersetzung wie Kommentierung unvollkommen
bleiben müssen. Das heißt allerdings nicht, daß man
sie nicht verbessern kann oder soll. Kritik und Ver-
besserungsvorschläge sind willkommen und werden
nach Möglichkeit bei künftigen Auflagen Berücksich-
tigung finden.

Hexen
3.679 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

Wolfgang Behringer
University of York
wmb1@york.ac.uk
Günter Jerouschek
Universität Jena

Hexen
3.680 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

Fußnoten

1 Montague Summers, Malleus Malefkarum, London


1948, XL.
2 Thomasius 1712/1986, 174.
3 Riezler 1896, 102f.
4 Hansen 1900, 474f.
5 Jerouschek 1992, XVI. – Jerouschek 1993, 208.
6 Friedrich Spee, Cautio Criminalis, Rinteln 1631. –
München 1982, neu: München 2000 – van Oorschot.
7 Malleus, Apologia, fol. 1f.
8 Dominikanerorden, offizielle Bezeichnung Ordo
Fratrum Praedicatorum (OP, zu deutsch Predigeror-
den). Gegründet durch den Hl. Dominikus (ca.
1170–1221), 1216 durch Papst Honorius III. aner-
kannt und zum Leben nach der Augustinusregel ver-
pflichtet. Der Orden mit dem Armutsgelübde war eine
gezielte Gründung zur Bekämpfung der Ketzer. Dies
geschah zunächst durch theologisches Studium und
Predigt. Seit 1232 waren Dominikaner im päpstlichen
Auftrag als Inquisitoren tätig. Erkennbar waren die
Dominikaner an ihrer Ordenstracht, dem weißen
Habit, Skapulier und Kapuze sowie dem schwarzen

Hexen
3.681 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

Mantel.
9 Schnyder 1993.
10 Hansen 1900; Hansen 1901; Harmening 1979.
11 Borst 1953.
12 Audisio 1989/1996.
13 Cohn 1975.
14 Paravicini/Ostorero 1999; Tschacher (1998).
15 Blauert 1989, 17–97.
16 Clark 1998.
17 Midelfort 1972. – Monter 1976. – Schmidt 1997.
18 Gijswijit-Hofstra/Frijhoff 1991.
19 Rapp 1891; Riezler 1896; Behringer 1987.
20 Henningsen/Tedeschi 1986. – Haliczer 1987.
21 Bethencourt 1990, 403–424.
22 Jerouschek 1993, 202ff., 207ff.
23 Rummel 1990, 91–117.
24 Hansen 1898, 119–168.
25 Schnyder 1993, 2–23.

Hexen
3.682 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

26 Geiler 1517.
27 Trithemius 1508/1555. – Vgl. Hansen 1901. –
Anderer Ansicht ist Arnold 1971.
28 Tengler 1511, fol. 190–195. – Hansen 1901,
296–306.
29 Prierias 1520. – Hansen 1901, 317–323.
30 Spina 1525. – Hansen 1901, 326–337.
31 Delrio 1599/1600. – Dazu: Fischer 1975, Nagel
1995, besprochen von Jerouschek 1999, S. 514f.
32 Vgl. fol. I-III.
33 Canon Episcopi, überliefert bei: Regino von Prüm,
Libri duo de synodalibus causis. – Behringer 1995,
60f. (Quelle 36). – Steinruck 1996; – Jerouschek
1999, 515ff. – Tschacher 1999.
34 Gratianus, Decretum 2, 26,5,12.
35 Der Hexenhammer argumentiert daher fortwährend
gegen diese Bestimmung des Canon Episcopi an:
Malleus, fol. 4va, 6ra, 30vb (mit langem Zitat), 49ra,
51ra (mit langem Zitat), 52vb, 67ra.
36 Pitz 1988.
37 Behringer 1995,1–27; Behringer 1999.

Hexen
3.683 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

38 Christoph Schorer, Memminger Chronick, Mem-


mingen 1660, 42ff. – Behringer 1988/1995, 106.
39 Malleus, fol. 38rb.
40 Crohns 1903.
41 Hansen 1901, 361.
42 Malleus, fol. 21 vb.
43 Crohns 1903. – Frank (1988) 71–102.
44 Ammann 1890; Dienst 1987.
45 Le Marteau des Sorcière, übers. v. Amand Danet,
Paris 1973, Vorwort 17f. – Schnyder (1993) 2–23
und 451–455.
46 Schnyder 1993, 2.
47 Hase 1885; Rücker 1988.
48 Hansen 1900, 473f. – Noch Wilson (1990) 133f.
wiederholt diese überholte Meinung.
49 Gemeint ist Peter Drach »der Mittlere«: Auch sein
Vater und einer seiner Söhne hießen Peter: Harthau-
sen 1977, 7–29.
50 Goff 1963, 137–141. – Harthausen 1977, 17f. –
Vorderstemann 1981. – Alter 1983, 450f., 457f.

Hexen
3.684 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

51 Schnyder 1993, 2.
52 Insgesamt 86 Blätter dieses Rechnungsbuches
wurden 1957 von der Bibliothekarin Renate Wenck
aus drei Einbanddeckeln in der Staatlichen Bibliothek
in Dillingen gelöst und danach von dem Buchwissen-
schaftler Friedrich Geldner interpretiert.
53 Geldner 1962, 885–978.
54 Bei der Lesart »X Tractat wider die Zauberein«,
Geldner 1964, Sp. 141, für den 9.4.1487 dürfte es
sich um einen Schreib- oder Lesefehler handeln, da
Drach dieser Begriff nicht geläufig ist.
55 Harthausen 1977, 10, 14ff., 17.
56 Vgl. Anm. 52.
57 Geldner 1962, 137.
58 Geldner 1962, 905, 953.
59 Hoffmann 1980, 555–563. – Werfel 1997.
60 Eine viel längere Druckdauer ist nicht zuletzt des-
halb unwahrscheinlich, weil Drach 1486 eines der
aufwendigsten Bücher der Inkunabelzeit nachdruckte,
die Peregrinatio in terram sanctam, der aufwendig
illustrierte Bericht des Mainzer Domherrn Bernhard
von Breydenbach über seine Reise ins Heilige Land.

Hexen
3.685 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

61 Zu dieser im Wortlaut nicht erhaltenen, aber wohl


authentischen Urkunde: Hansen 1901, 386. – Schny-
der 1993, 54. – Erwähnt wird diese Urkunde nur im
sogenannten Kölner Notariatsinstrument vom April
1487, fol. III recto.
62 Harthausen 1977, 23.
63 Jerouschek 1992, XVf.
64 »Sequitur tabula subsequentis operis seu tracta-
tus«.
65 Malleus, fol. 2ra: »...questiones quadragintaocto
discutiende«.
66 Tractatus varii cum sermonibus plurimis contra
quattuor errores novissime exortos adversus divinis-
simum eucharistie sacramentum, Nürnberg 1496.
67 Hansen 1901, 500. – Schnyder 1993.
68 Pitz 1988, 53ff. – Dasselbe dürfte auch für die
nicht im Wortlaut überlieferte Urkunde aus der kai-
serlichen Kanzlei zutreffen.
69 Sinnacher 1828, 623f. – Ammann 1890, 1–87.
70 Ammann 1911, 461–504.
71 Hansen 1901, 404–407. – Segl 1988.

Hexen
3.686 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

72 Wilson 1990, 130. – Schnyder 1993, 419f.


73 Müller 1910, 414f.
74 Dienst 1987, 80–116.
75 »...in practica sua apparuit fatuitas, quia multa
presupposuit, que non fuerunt probata.« Brief Bischof
Georgs von Brixen an den Domherrn Nikolaus, 8. Fe-
bruar 1486: Ammann 1890, 86.
76 Koeniger 1909; Koeniger 1923; Segl 1988.
77 Die Dokumente zusammengestellt bei: Schnyder
1993, 36ff.
78 Zuletzt Jerouschek 1992, XVI.
79 Hansen 1898, 135ff.; Paulus 1907; Hansen 1907;
Paulus 1908; Jerouschek 1992a.
80 Endres 1988, 195. – Jerouschek 1991.
81 Segl 1988, 117f.
82 Hansen (1901; Segl (1988); Schnyder (1993)
74–95. – Wilsons Vermutung, Sprenger habe den He-
xenhammer lektoriert und die Beispiele aus Niders
»Formicarius« eingefügt, sind eine haltlose Spekulati-
on. Spätestens seit seinem Aufenthalt in Basel dürfte
Kramer mit dem Formicarius vertraut gewesen sein.
Seit 1475 waren Drucke des Formicarius ohnehin

Hexen
3.687 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

weit verbreitet. Vgl. Tschacher (1998).


83 Johannes Trithemius, Catalogus illustrium vi-
rorum, 1495, fol. 68r. – Segl 1988, 117. – Schnyder
1993, 61. – Trithemius täaschte sich auch bei der Er-
findung des Buchdrucks, die er nicht Gutenberg, son-
dern dessen Konkurrenten Fust zuerkannte.
84 Albertus Castellanus, Brevis et compendiosa Cro-
nica ordinis Predicatorum, 1516, fol. 178 verso. – In
der ersten Auflage von 1506 hatte dieser Hinweis
noch gefehlt. Schnyder 1993, 84.
85 Klose 1972, 197–205.
86 Greschat 1976, 30–53; Pollet 1983, 17–55. –
Prior des Klosters war nach der lokalen Überlieferung
1482–1486 Heinrich Kramer: Adam 1967, 264f.
87 Edition des Dokuments: Hansen 1901, 371.
88 Hansen 1901, 372f. – Schnyder (1993) 26–73.
89 Hansen 1901, 386ff.
90 Hansen 1901, 373. – Allerdings wurde diese Re-
form durch einen Eingriff der Ordensleitung vereitelt.
Erst unter dem entschieden observanten Ordensgene-
ral Vincenzio Bandelli wurde im Mai 1505 der Pro-
vinzial Petrus Siber mit der Reform des Schlettstädter
Konvents beauftragt, vielleicht nicht zufällig im To-

Hexen
3.688 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

desjahr des Heinrich Institoris. – Vgl. Adam 1967,


267; Greschat 1976, 30–53; Pollet 1983, 17–55.
91 Hansen 1901, 374. – P. Nikolaus Gundelfinger
wird 1501 als Prior des Augsburger Dominikanerklo-
sters genannt: Siemer 1936, 309. – Vielleicht ist er
identisch mit dem Frater Nikolaus, der bereits 1481
dem Augsburger Konvent angehörte.
92 Hansen 1901, 391–395.
93 Kölner Priorat 1472–1487, Provinzialat der Teu-
ronia 1487–1495: Hansen 1901; Schnyder 1993.
94 Segl 1988, 103–126.
95 Rapp 1983, 215–234.
96 Pollet 1983, 17–55.
97 Gebele 1952, 113–130.
98 Malleus, fol. 64 rb (Teil II,I,10). – Hansen (1901)
381. – Segl (1988) 104.
99 Hansen 1901, 366. – Segl 1988, 104.
100 Hansen 1901, 231–235. – Schmidt 2000.
101 Dreher 1972, 275.
102 Hsia 1992, 76f., 103f.

Hexen
3.689 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

103 Ebd. 103f.


104 Rubin 1991.
105 Ginzburg 1989/1990.
106 Henningsen/Tedeschi 1986; Haliczer 1987.
107 Ammann 1890, 13. – Dienst 1987, 96f. –
Malleus, fol. 68vb.
108 Battenberg 1990, 164.
109 Wibel 1913, 121–125.
110 Wulz 1937, 42–45.
111 Atten 1995, 405–416.
112 Journal de Jehan Aubrion, Bourgeois de Metz
(1464–1512), hgg. v. Lorédan Larchey, Metz
1852,121ff. – Dumont 1848, Bd. 2, 25ff. – Hansen
(1901) 581f. – Gilbert 1907, 33–36. – Biesel 1997,
135f.
113 Atten 1995, 414.
114 Journal de Jehan Aubrion, bourgeois de Metz
(1464–1512), hgg. v. Lorédan Larchey, Metz 1852,
200ff. – Hansen 1901, 586f.
115 Koeniger 1923. – Siemer 1936 erwähnt diesen
Aufenthalt nicht.

Hexen
3.690 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

116 Malleus, fol. 78rb.


117 Koeniger 1923. – Segl 1988, 110f.
118 SBM, Clm 1721, 209. – Segl 1988, 112.
119 Segl 1988, 113.
120 Schnyder 1993, 38.
121 Hansen 1901,499f.
122 Hansen 1901, 582f. – Hoffmann-Krayer 1899,
22–40, 81–122, 189–224, 291–329.
123 Malleus, fol. 48vb.
124 Malleus, fol. 50vb.
125 Malleus, fol. 69va.
126 Malleus, fol. 50va.
127 Adam 1967, 255–269.
128 Hansen 1901, 21–24. – Segl 1988, 107.
129 Petersohn 1988, 120–160.
130 Malleus, fol. 56ra. – Brieger 1906. – Jordan
1991, 110ff. – Baum 1987, 393, 413, 426, 450.
131 Malleus, fol. 109rb. – Zur Person: Baum 1987,
366, 413f., 422, 450, 457, 484f., 488, 491.

Hexen
3.691 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

132 Malleus fol. 48ra, 48vb. – Vgl. S. 369.


133 Malleus, fol. 62rb.
134 Malleus, fol. 69ra.
135 Malleus, fol. 57vb, 78va.
136 Malleus fol. 50rb, 107vb.
137 Innozenz VIII., Bulle Summis desiderantes affec-
tibus, vgl. unten S. 101.
138 Malleus, fol. 54vb. – Dazu: Hansen 1901, 406.
139 Wilson 1990, 202.
140 Malleus fol. 73 va. – Konrad III. Geldrich, ein
reicher Kauf mann, der 1481 den Adelssitz Sigmars-
hofen kaufen konnte, war seit 1463 mehrfach Stadt-
amman und in den Jahren 1467–1470, 1477/78 und
1484–1490 Bürgermeister. – Dreher 1966, 191ff.
141 Fürstlich Waldburg-Wolfeggsches Archiv in
Wolfegg, Criminalia 161.
142 Schleichen 1994, 222.
143 Malleus, fol. 52rb.
144 Malleus, fol. 67va.
145 Malleus, fol. 71ra-rb, 78va-vb, 90rb.

Hexen
3.692 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

146 Malleus, fol. 74va. – Bumiller 1994, 259–277.


147 Malleus, fol. 78va.
148 Laer 1988, 13–28.
149 Fürstlich Archiv Waldburg-Wolfegg, Criminalia
161.
150 Zimmermann 1994, 316–324.
151 Schnyder 1993, 47.
152 Um die Hexenbulle vom 5. Dezember 1484 kann
es sich zwei Monate zuvor kaum gehandelt haben,
vermutlich ist die Rede von der Ernennung zum In-
quisitor.
153 Müller 1910, 399–401.
154 Malleus, fol. 47rb, 47va, 72va, 73va.
155 Hafner 1887, 414. – Müller 1910, 397–417.
156 Stadtarchiv Ravensburg, Urkunde 1.116, Urfehde
Els Frowendienst.
157 Wilson 1990, 205.
158 Die Truchsessen von Waldburg (bei Ravensburg)
teilten sich 1429 in drei Linien: die »jakobische«
Waldburg-Trauchburg (bei Isny), die »eberhardische«
Waldburg-Wolfegg mit der Gft. Sonnenberg und

Hexen
3.693 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

Scheer sowie die »georgische« mit Waldburg-Zeil


(bei Leutkirch). Durch die Erbeinigung von 1463
blieben diese Linien eng verbunden. – Hauptinhaber
der Landvogtei war in den 1480er Jahren Johann der
Ältere von Waldburg-Trauchburg (reg. 1460–1505).
159 Zur Person: Vochezer 1900; Dreher 1972, 306f.;
Baum 1987, 424, 464–470, 472.
160 Brief Heinrich Kramers an den Grafen Johann
von Sonnenberg, Truchsessen von Waldburg. Wolf-
egg, am Cäcilientag (22. November) 1484: Fürstlich
Waldburg-Wolfeggsches Archiv, Schloß Wolfegg,
Criminalia 161.
161 Lorenz 2001 – Dies eröffnet insofern interessante
Perspektiven, als Mitglieder des markgräflichen Hau-
ses Baden damals auch die Bischöfe in den Diözesen
Trier (1456–1503) und Metz (1459–1484) stellten.
162 Malleus, fol. 67 rb. – Vgl. Schneider 1950. –
Rodel 1966.
163 Behringer 1987, 432.
164 Behringer 1987, 433. – Vanotti 1845; Kastner
1957. – Zur Person: Baum 1987, 199, 268, 284, 332.
165 Riezler 1896, 78–79. – Derartige Gottesurteile
waren bereits seit dem 4. Laterankonzil von 1215 ver-
boten. Kramer scheint sich allerdings mehr an der

Hexen
3.694 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

Freilassung gestört zu haben.


166 Hansen 1901, 29, nach: Vatikanisches Geheim-
archiv, Armar. 39, fol. 204 verso.
167 Hess 1781, 184–207; Hafner 1887, 414.
168 Baum 1993.
169 Hansen 1901, 27f.
170 Behringer 1987, 84f.
171 Nach Hansen 1901, 584–585, hieß der Ort Tiers-
berg und die dort verbrannten Frauen Kunhin und
Hussin. Die Kunhin war die Köchin des Ritters Hans
Röder, dessen Kind gestorben war. – Vgl. Eckstein
(1927) 635–636. – Wilson (1990) 203 nennt als die
Namen der verbrannten Hexen Stalkerin und Ruschel-
lerin. – Er vermengt den Diersburger Prozeß offenbar
mit einem Luzerner Hexenprozeß gegen die Stallerin
und die Ruschellerin im selben Jahr. Vgl. Hansen
(1901) 586. – Zu den Luzerner Prozessen vgl. Hoff-
mann-Krayer (1899) 81–88. – Zum politischen Status
von Diersburg: Köbler (1995) 127.
172 Malleus, fol. 43vb-44vb, 49va, 79va-80va,
87vb-90vb, 108ra-108va.
173 Ammann (1890). – Rapp (1891). – Riezler
(1896). – Hansen (1900). – Ziegeler (1983)

Hexen
3.695 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

82–110. – Baum (1987). – Dienst (1987). – Wilson


(1996).
174 Baum 1987.
175 Assion 1982, 37–75.
176 Baum 1983.
177 Rapp 1874. – Rapp 1891.
178 Im Wortlaut abgedruckt bei: Ammann 1890,
78–79.
179 Ammann (1890) 9–25.
180 Ammann 1890, 32.
181 Ammann 1890, 36.
182 Bereits am 21. Okt. 1485 hatte Wann über die
unsägliche Prozeßführung Kramers an den Abt des
Benediktinerklosters Tegernsee, Konrad Airim-
schmalz, berichtet. Schon zu diesem Zeitpunkt spricht
Wann von »zu Unrecht verdächtigten Frauen«: Red-
lich 1931, 58–61; Werlin 1961, 64ff. – Wann kün-
digte sogar Predigten zur Wiederherstellung des
päpstlichen Ansehens an, das durch den Inquisitor be-
schädigt worden sei: Behringer 1987, 80.
183 »...ut in custodiam recipiat.« Ammann 1890, 69.

Hexen
3.696 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

184 Ammann (1890) 65–72.


185 Dieses Gutachten bildete die Grundlage für die
Ausarbeitung des Hexenhammers: Ammann (1911)
461–504.
186 Sinnacher (1828) 630f. – Wortlaut: Ammann
1890, 84f.
187 Ammann (1890) 85f. – Schnyder (1993) 53f.
188 »Venerabilis doctor. Miror valde, quod manetis
in diocesi mea et in loco ita vicino curie, in qua erro-
res sunt commissi et perventum ad dissensiones ne
dicam scandalum ... Verendum est, ne mariti mulie-
rum vel amici possent paternitatem vestram offende-
re ... Certe paternitas vestra declinare deberet ad suum
monasterium sicut prius persuasi. Non deberetis aliis
esse molestus ... Ita etiam putabam vos diu recessisse.
Ex Brixina in die cinerum 86. Gregorius episcopus.«:
Sinnacher (1828) 623f. – Ammann (1890) 87.
189 Malleus, fol 32 va.
190 Malleus, fol. 50rb.
191 Müller 1910, 109.
192 Der kleine Brüderkonvent in der Webergasse 80
bestand von 1412–1554: Spies 1938,16f.

Hexen
3.697 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

193 Wilson 1990, 98.


194 Hansen (1901) 388f.
195 Malleus, fol. 51 va.
196 Im Jahr 1492 war Kramer in Augsburg in einen
Streit um eine angeblich wundertätige Hostie verwik-
kelt. Im Sommer 1493 veröffentlichte er darüber den
»Tractatus novus de miraculoso eucaristie sacra-
mento«. Zwei Jahre später vollendete Kramer/Instito-
ris dazu – immer noch in Augsburg – eine weitere
Schrift mit 36 Predigten zur Eucharistie, die 1496 in
Nürnberg bei Anton Koberger gedruckt wurde. Auch
darin kommt er auf die Hexen – »malefici (unhol-
den)« – zu sprechen, von denen kaum ein Dorf frei sei
und deren Gefährlichkeit dennoch von einigen Predi-
gern bestritten werde. Vgl. Hansen 1901, 389ff.; Segl
1988, 115f. – Im Jahr 1493 bestätigte Kramer im
Auftrag des Ordensgenerals den Prior des Augsburger
Dominikanerklosters: Registrum litterarum Joachimi
Turriani 1487–1500, ed. Benedikt Reichert, Leipzig
1914.
197 Zur Bibliothek: Siemer 1936, 75f. – Siemer mut-
maßt, daß die Profeßfratres und die Gastfratres ihr
Studium absolvierten. Ihnen standen fünf Lektoren
gegenüber. Vgl. Konventsliste von 1481. Bis 1488
vermehrte sich die Zahl der Lektoren an der »Augs-

Hexen
3.698 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

burger Klosterhochschule« auf sieben: Siemer 1936,


43f., nach SBM, Clm 3661. – Bekanntestes Kon-
ventsmitglied wurde später P. Johannes Faber OP
(1470–1530), einer der vehementesten Gegner Lu-
thers: Dillis 1956, 93.
198 Braun amtierte als Prior in den Jahren
1472–1478 und 1483–1486. In der Konventsliste von
1481 wird er als »Vikar der schwäbischen Nation«
nach dem Prior P. Dominicus Mayr genannt. In dieser
Funktion gehörte er auch der aus drei doctores beste-
henden Theologischen Fakultät der bayrischen Uni-
versität Ingolstadt an: Siemer 1936, 42f., 308f. – Ein
spezieller Bekannter Kramers war sicher P. Leonhard
Modler. Dieser Lektor der Augsburger Ordenshoch-
schule war bereits 1476 Lektor im Konvent von
Schlettstadt gewesen, 1480 Magister in Toulouse,
1484 Generalprediger in »Alamanien«, danach Lektor
in Friesach (Kärnten) und Konventsprediger in
Bozen, bevor er nach Augsburg kam. Hier wurde er
im Juli 1486 als Leiter der Studien eingesetzt: Siemer
1936, 44.
199 Adam 1962; Adam 1967, 255–269.
200 Stadtprediger in den Jahren 1483–1497: Herding
1970, 10–42.
201 Zu den politischen Verhältnissen: Alter 1982,

Hexen
3.699 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

369–570.
202 Malleus, fol. 44 va.
203 Malleus, fol. 42vb, 44va, 44vb, 58rb, 78va,
105va, 126va.
204 Die politisch starke Figur war zwischen 1472
und 1496 der gelehrte Ratsadvokat Dr. Thomas Dorn-
berg (?-1496), der 1468 an der Universität Heidel-
berg promoviert hatte. Bürgermeister war 1486 Mel-
chior Weiss, Ratsherr unter anderem Peter Drach der
Jüngere. Alter 1982, 438ff.
205 Alter 1982, 440.
206 Vgl. unten: Kölner Notariatsinstrument vom
April 1487, fol. 3 recto. – Hansen 1901, 386. –
Schnyder 1993, 54.
207 Vgl. unten: Kölner Notariatsinstrument vom Mai
1487, fol. 3 recto.
208 Malleus, fol. 1 ra, mit Bezug auf Apoc. 12,12.
209 Malleus, fol. 22 vb, fol. 35 ra.
210 Heinrich Institoris, Sancte Romane ecclesiae fidei
defensionis Clippeum adversus Waldensium et Pi-
ckardorum heresim [...], Olmütz 1501, fol. 88 recto,
auch hier mit Bezug auf Apoc. 12,12. – Dazu: Segl
1988, 124f. – Im selben Jahr wurden von ihm auch

Hexen
3.700 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

Sermones apostolice XX, Olomucz 1501, aufgelegt.


211 »heresis maleficarum«: Institoris 1501, fol. 88
r. – Zu den Irrlehren der Waldenser und der Böhmi-
schen Brüder zählte auch, daß sie die Hexenprozesse
für Unrecht hielten: Ebd., fol. 7 verso, 36. Irrlehre. –
In diesem Zusammenhang – und danach noch öfter –
erwähnt der Autor »seinen« Malleus Maleficarum,
wie Segl zurecht bemerkt, ein weiterer Hinweis auf
Kramers alleinige Autorschaft. – Schon Riezler 1896,
101f., hat hervorgehoben, daß sich Kramer bei seiner
Auseinandersetzung mit den Böhmischen Brüdern
ähnlicher Techniken der bewußten Verdrehung der
Tatsachen bedient wie im Hexenhammer.
212 Bei Männern die sogenannten succubi, die Da-
runterliegenden, bei Frauen dagegen die incubi, die
man sich auf den Frauen liegend vorstellte. Vgl.
Malleus, Teil I, Fragen 3–4; Teil II/1, Frage 4, Teil
II/2, Frage 1.
213 Schnyder 1993, 353–408.
214 Segl 1991, 369–382.
215 Malleus fol. 32va, 48vb, 54vb, 108rb.
216 Hansen 1901, 502.
217 Wilson 1990, 91, meint hingegen, Kramer habe
der vollkommen willkürlichen Anwendung der Folter

Hexen
3.701 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

das Wort geredet.


218 Leutenbauer 1972, 61–73.
219 Behringer 1988/1995, 214.
220 Fischer 1975, 232–335 (Exempelkatalog Delrio).
221 Johann Weyer, De Praestigiis Daemonum, 1563,
Vorrede.
222 Jerouschek 1996.
223 Spee 1631/1982, 108f. – Behringer 1988/1995,
385.
224 Briefwechsel Weyer-Brenz: Behringer
1988/1995, 334–337 (Dokument Nr. 199 a-c). – Zu
Fiktionalisten und Realisten unter den Hexereidämo-
nologen: Jerouschek 1992, XVII.
225 Freud 1986, 237, 240 (Briefe vom Januar 1897).
226 Jerouschek 2000, S. 80.
227 Jerouschek 1992b,XXV.
228 Pfister 1944, 402ff.
229 Petersohn 1988, 155.
230 Douglas 1966/1985.
231 Malleus, Teil I, Kapitel 3–4 und 7–9. – Teil II/1,

Hexen
3.702 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

Kapitel 4, 6–7; II/2, Kapitel 1–4.


232 Malleus, fol. 55vb-56ra.
233 Jerouschek 1995, S.706; 2000,XXXX.
234 Wolpert 1995, 19–34.
235 Hansen 1901, 593f.
236 StA Nürnberg, D-Akten Nr. 251, fol. 10v. – En-
dres 1988, 207.
237 StA Nürnberg, D-Akten Nr. 251, fol. 11r. – En-
dres 1988, 204.
238 Alter 1983, 444.
239 Midelfort 1972, 201.
240 Raith 1994, 198.
241 Behringer 1987, 432f.
242 Monter 1976, 24f.
243 Adam 1967, 177.
244 Hansen 1901, 596. – de Blécourt/de Waardt
1990, 182–240.
245 Hansen 1901, 597.
246 Rategno 1508/1584. – Teilabdruck in: Hansen
(1901) 279–284.

Hexen
3.703 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

247 Monter 1985.


248 Behringer 1988/1995, 111 (Quelle 67).
249 Molitor 1489. – Dieser Traktat wurde häufig
nachgedruckt und auch dem Hexenhammer beigebun-
den.
250 Cassinis 1505. – Abgedruckt in: Hansen 1901,
262–272.
251 Erasmus von Rotterdam 1508.
252 Alciati 1515. – Abgedruckt in: Hansen 1901,
310–312.
253 Agrippa von Nettesheim 1993, 238.
254 Weyer 1563.
255 Agrippa von Nettesheim 1993, 238.
256 Fol. I recto.
257 Segl 1988.
258 van Dülmen 1987.
259 Valentinitsch 1987.
260 Giesen 1987, 253–281.
261 Schnyder 1991; Jerouschek 1992a.

Hexen
3.704 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

262 Mlot na czarownicepostepek zwierzchowny w


czarach, Warschau 1614.
263 Jerouschek 1992a.
264 Hauber 1738, Bd. 1, 1–52.
265 Schwager 1784, 56–228.
266 Geboren in Aschersleben, Jugend als Sohn eines
Lehrers in Eisleben. – Promotion 1890, Studium der
Indologie. Dissertation »Vier Erzählungen aus der
Sukasaptati. Sanskrit und Deutsch«, Halle 1890. –
Antrittsvorlesung in Halle 1898. – Nach: Herrmann
A.L. Degener, Wer ist's?, Leipzig 1905 – 1911 ao.
Professur in Münster/Westfalen, 1919 umgewandelt
in eine ordentliche Professur. Kürschners Gelehrten-
Lexikon führt ihn bis zur Ausgabe von 1935, Sp.
1218, als lebend, in der Ausgabe von 1940 fehlt er.
267 Der Hexenhammer. Aus dem Lat. v. J.W.R.
Schmidt, Berlin 1906, Vorwort.
268 Soldan-Heppe 1880, VIII-X, Vorwort von Henri-
ette Heppe, geb. Soldan. – Vgl. dazu das Vorwort zur
dritten Auflage (1911) von Max Bauer.
269 Haustein 1988.
270 Der Hexenhammer. Aus dem Lat. v. J.W.R.
Schmidt, Berlin/Leipzig 1923. – Wien/Leipzig

Hexen
3.705 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

1937/38.
271 Verantwortlich dafür war ein Rudolf Richter
(1905–?), der nach abgebrochenem Lehramtsstudium
und einem Zwischenspiel als Rundfunkjournalist in
Heinrich Himmlers SS eingetreten war und es dort
zum »Hauptsturmführer« gebracht hatte. Zu diesem
Kapitel vgl. jetzt: Lorenz/Bauer/Behringer/Schmidt
1999. – Darin speziell: Behringer 1999, 120f.
272 Der Hexenhammer. Aus dem Lat. v. J.W.R.
Schmidt, Darmstadt 1969. – Langjähriger Geschäfts-
führer der Buchgesellschaft war der dienstsuspendier-
te NS-Historiker Ernst Anrich (1906–1979).
273 Der Hexenhammer. Aus dem Lat. v. J.W.R.
Schmidt, München 1982.
274 Zuerst: Zeller 1906; Paulus 1908; Müller
1910. – Zuletzt: Segl 1988; Jerouschek 1991; Jerou-
schek 1992; Schnyder 1993. – Schlagendstes Beispiel
für den blühenden Unsinn der Schmidtschen Überset-
zung ist die Verwandlung eines Erholungsspazier-
gangs des Inquisitors mit zwei jungen Adeligen (»so-
latii causa«, fol. 78 va) in eine Suche »nach Salat«
(Schmidtsche Übersetzung, Teil 2, 190).
275 Malleus maleficarum, English by Montague
Summers, London 1928. – London 1948. – Internet-
Edition 1998.

Hexen
3.706 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

276 Le Marteau des Sorcière, übers, v. Amand Danet,


Paris 1973.
277 Il Martello delle Streghe. Introduzione da A. Ver-
diglione. Traduzione di F. Buia, 1977.
278 Schnyder (1991).
279 Jerouschek (1992).
280 Schnyder 1993, III.
281 Schnyder 1993, 233.
282 Für ihre Auskünfte gedankt sei an dieser Stelle
den Archivaren der Diözesanarchive in Augsburg,
Basel, Brixen, Como, Konstanz, München/Freising,
Salzburg, Speyer, Straßburg und Trient; der Staatsar-
chive (Kantons- bzw. Landes-, Staats- oder Départe-
mental-Archive) in Basel und Luzern, Innsbruck und
Salzburg, Nürnberg und Speyer, Nancy und Straß-
burg; sowie der Stadtarchive von Augsburg, Basel,
Innsbruck, Ravensburg, Speyer und Schlettstadt/Sélé-
stat; schließlich der Privatarchive der Fürsten von
Waldburg-Wolfegg. Außerdem gilt der Dank den Bi-
bliothekaren der Universitäts-, der Staats- und Stadt-
bibliothek Augsburg. – Besonderer Dank sei Prof. Dr.
Sönke Lorenz (Tübingen) und Dr. Andreas Schmau-
der (Stadtarchiv Ravensburg) gesagt, die im Zusam-
menhang mit der Neuherausgabe des Hexenhammers

Hexen
3.707 Grund für die Herausgabe der Neuübersetzung Hexenhammer, 98

eine Befragung von 80 Archiven im Bodenseeraum


mitgetragen haben. – Für die Bereitschaft zur Diskus-
sion einzelner Fragen gilt unser Dank außerdem Prof.
Dr. Heide Dienst (Wien), Prof. Dr. Erik Midelfort
(Charlottesville/Virginia), Dr. Martine Ostorero
(Rom/Lausanne), Prof. Dr. Christian Pfister (Bern),
Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden), Harald Sipek
(Mainz) sowie für die Angaben zur polnischen Über-
setzung des Hexenhammers Wanda Wyporska (War-
schau/Oxford).
283 Schöck 1978.
284 Jerouschek 1992, S. 13.
285 Behringer 1998, 12–31.
286 Behringer 1998, 70–74.
287 Jerouschek 1992, 179.

Hexen
3.708 Der Hexenhammer Hexenhammer, 99

Der Hexenhammer

Hexen
3.709 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 102

Die Bulle »Summis desiderantes affectibus«


vom 5. Dez. 14841

[Ir]

Inhalt der apostolischen Bulle2 gegen die Ketzerei


der Hexen, mit der Approbation und Unterschrift der
Doktoren der hohen Universität zu Köln für den nach-
stehenden Traktat. Sie beginnt in Gottes Namen
»Bischof Innocentius3, Knecht der Knechte Got-
tes, zur künftigen Beherzigung dieser Sache4. In un-
serem sehnlichsten Wunsche5 – wie es ja die zur
Ausübung des Hirtenamtes gehörende Sorgfalt erfor-
dert –, daß der christliche Glaube vor allem in unse-
ren Zeiten überall vermehrt werden und blühen und
jegliche ketzerische Verworfenheit aus dem Lande der
Gläubigen weit [über die Grenzen] hinaus verjagt
werde möge, verkünden wir gerne und gestatten wir
von neuem die Maßnahmen, dank welcher dieser
unser frommer Wunsch den ersehnten Erfolg zeitigen
möge. Nachdem alle Irrtümer dank der Ausübung un-
seres Amtes wie durch die Hacke eines umsichtigen
Arbeiters6 gänzlich ausgerottet worden sind, soll der
Eifer und die Ehrerbietung diesem Glauben gegenüber
sich den Herzen der Gläubigen noch tiefer einprägen.
Jüngst ist uns nicht ohne außerordentliche Betrüb-

Hexen
3.710 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 103

nis zu Gehör gelangt7, daß in vielen Gegenden Ober-


deutschlands8 und ebenfalls in den Kirchenprovinzen,
Städten, Ländern, Orten und Diözesen von Mainz9,
Köln10, Trier11, Salzburg12 und Bremen13 ziemlich
viele Personen beiderlei Geschlechts, ihr eigenes
[Seelen]heil mißachtend und vom christlichen Glau-
ben abweichend, mit Inkubus- und Sukkubus-Dämo-
nen Unzucht treiben und durch ihre Zaubersprüche,
[Zauber]gesänge und Beschwörungen und durch an-
dere gottlose, abergläubische und wahrsagerische Fre-
vel, Verbrechen und Vergehen14 die Geburten der
Frauen und die Brut der Tiere, die Feldfrüchte, Wein-
trauben, Baumfrüchte, und noch dazu Männer, Frau-
en, Lasttiere, Kleinvieh, Haustiere sowie verschiedene
andere Tiere, auch die Weinberge, Obstgärten, Wie-
sen, Weiden, Getreide und andere Früchte der Erde
verderben, ersticken und zugrunde richten. Auch brin-
gen sie es fertig, Männer, Frauen, Zugtiere, Lasttiere,
Kleinvieh, Haustiere und [sonstige] Tiere mit furcht-
baren sowohl innerlichen wie äußerlichen Schmerzen
und Plagen heimzusuchen und zu quälen, ferner Män-
ner an der Zeugung, Frauen an der Empfängnis, Män-
ner bei den Ehefrauen und Frauen bei den Männern an
den ehelichen Pflichten zu hindern. Überdies scheuen
sie sich nicht, den Glauben, den sie durch den Emp-
fang der heiligen Taufe angenommen haben, mit got-
teslästerlichem Reden zu verleugnen und zahlreiche

Hexen
3.711 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 104

andere Ruchlosigkeiten, Ausschreitungen und Verbre-


chen, auf Anstiftung des Feindes des Menschenge-
schlechtes [des Teufels], zu begehen und zum Verder-
ben ihrer Seele, zur Beleidigung der göttlichen Maje-
stät wie auch zum schädlichen Beispiel und Ärgernis
vieler Menschen zu vollbringen15.
Und das, obwohl die geliebten Söhne Henrici In-
stitoris16 in den zuvor genannten Teilen Ober-
deutschlands, in welche auch Kirchenprovinzen, Städ-
te, Länder, Diözesen und andere solche Örtlichkeiten
einbezogen sind, wie auch Jacobus Sprenger17 aus
dem Orden der Predigerbrüder für gewisse Landstri-
che längs des Rheins, die als Professoren der Theolo-
gie durch apostolische Briefe18 zu Inquisitoren der
ketzerischen Verworfenheit19 berufen worden waren
und [dies] immer noch sind. Jedoch scheuen in jenen
Gegenden etliche Kleriker und Laien, die mehr verste-
hen wollen als nötig ist20, nicht davor zurück, hart-
näckig21 zu versichern, daß in diesen Bestallungs-
briefen die genannten Kirchenprovinzen, Städte, Di-
özesen, Länder und andere Orte und die dortigen Per-
sonen wie auch Ausschreitungen nicht namentlich und
speziell bestimmt worden sind, daß jene ganz und gar
nicht in diesen Landstrichen vorkommen und daß es
einmal deswegen den genannten Inquisitoren nicht er-
laubt sei, in den erwähnten Provinzen, Städten, Di-
özesen, Ländern und Gegenden ihr Amt auszuüben,

Hexen
3.712 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 105

und dann, daß sie zur Bestrafung, Inhaftierung und


Zurechtweisung dieser Personen wegen der vorge-
nannten Ausschreitungen und Verbrechen nicht zuge-
lassen werden müssen. Deswegen bleiben in den oben
genannten Kirchenprovinzen, Städten, Ländern und
Orten derartige Ausschreitungen und Verbrechen,
nicht ohne den offenkundigen Verlust solcher Seelen
und zum Schaden für deren ewiges Heil, unbestraft.
Daher wollen wir jegliche Hindernisse, durch wel-
che die Amtshandlungen dieser Inquisitoren irgend-
wie behindert werden könnten, aus dem Weg räumen.
Und damit nicht die Pest der ketzerischen Verworfen-
heit und anderer derartiger Ausschreitungen [Iv] ihr
Gift zum Verderben Unschuldiger verbreitet, [wollen
wir] durch die geeigneten Mittel, wie es unserem
Amte zukommt, Vorkehrung treffen – wobei uns vor
allem der Glaubenseifer antreibt –, damit es nicht
dazu kommt, daß den vorgenannten Kirchenprovin-
zen, Städten, Diözesen, Ländern und Orten in diesen
Teilen Oberdeutschlands das nötige Inquisitorenamt
fehlt. Und wir bestimmen, daß die Ausübung des In-
quisitorenamtes jenen Inquisitoren dort erlaubt sei.
Auch setzen wir hierdurch kraft apostolischer Voll-
macht fest, daß sie zur Zurechtweisung, Inhaftierung
und Bestrafung derselben Personen wegen der ge-
nannten Ausschreitungen und Verbrechen allemal und
unter allen Umständen Zugang erhalten müssen, wie

Hexen
3.713 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 105

wenn in den zuvor erwähnten Briefen die Kirchenpro-


vinzen, Städte, Bistümer, Länder und Orte wie auch
Personen und Ausschreitungen namentlich und eigens
ausgesprochen worden wären. Und indem wir um grö-
ßerer Sorgfalt willen die zuvor erwähnten Briefe und
die Bestallung auf diese Kirchenprovinzen, Städte,
Diözesen, Länder und Orte wie auch auf derlei Perso-
nen und Verbrechen erstrecken, erlauben wir den ge-
nannten Inquisitoren, daß sie gemeinsam oder ein
jeder für sich unter Zuziehung des geliebten Sohnes
Johann Gremper22, eines Klerikers in der Diözese
Konstanz und jetzt Magister artium, oder eines ande-
ren beliebigen öffentlichen Notars, der von ihnen bei-
den oder einem von ihnen auf Zeit beauftragt worden
ist, in den genannten Kirchenprovinzen, Städten, Di-
özesen, Ländern und Orten gegen alle Personen, wel-
chen Standes und Ranges auch immer, das Inquisito-
renamt in dieser Weise auszuüben und die Personen,
die sie der erwähnten Vergehen schuldig finden, zu-
rechtzuweisen, zu inhaftieren [und] an Leib und Ver-
mögen zu bestrafen, wie sie es verdienen.
Auch gewähren wir ihnen von neuem mit derselben
Autorität die volle und freie Erlaubnis, in den einzel-
nen Pfarrkirchen dieser Provinzen dem gläubigen
Volk das Wort Gottes, so oft es ihnen dienlich ist und
gut dünkt, zu verkünden und zu predigen und alles
und jedes, was dazu nützlich und geboten ist, zu tun.

Hexen
3.714 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 106

Nichtsdestoweniger tragen wir unserem ehrwürdi-


gen Bruder, dem Bischof von Straßburg23, durch ein
apostolisches Schreiben auf, persönlich oder durch
einen anderen oder etliche andere, wo, wann und wie
oft er es für günstig erachtet und wann immer er sei-
tens der [beiden] Inquisitoren oder eines von ihnen in
[kirchen]rechtlich gültiger Form dazu aufgefordert
wird, öffentlich zu verkünden und zu verbieten, daß
sie von irgend jemandem hierüber entgegen dem In-
halt der vorher erwähnten Briefe und des jetzigen, mit
welcher Autorität auch immer, beeinträchtigt und
sonst irgendwie behindert werden. Diejenigen aber,
die belästigen, behindern, irgendwie Einspruch erhe-
ben und sich auflehnen, soll er, welcher Würde, wel-
chen Standes, Ranges, welcher Vornehmheit, adligen
Geburt und welcher hohen Stellung oder Herkunft sie
auch sein mögen und mit welchen Privilegien der Ex-
emtion sie auch versehen sein mögen, durch Urteile,
Ahndungen und Strafen der Exkommunikation, der
Suspension und des Interdikts, wie auch durch andere
furchterregende Mittel, über die er selbst befinden
mag, unter Hintanstellung jeder Appellation unter-
drücken. Er soll auch mit unserer Autorität durch von
ihm zu leitende Prozeßverfahren, so oft es nötig ist,
die Strafen und Bußen wieder und wieder verschärfen,
indem er nötigenfalls die Hilfe des weltlichen Armes
anruft.

Hexen
3.715 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 107

[Die Bulle soll Gültigkeit besitzen] Ungeachtet


alles Früheren und aller entgegengesetzten apostoli-
schen Rechtsbestimmungen und Verordnungen. Oder
[ungeachtet,] wenn einigen zusammen oder einzelnen
vom apostolischen Stuhl zugestanden worden ist, daß
gegen sie kein Interdikt, keine Suspension oder Ex-
kommunikation verhängt werden kann, sofern über
die Befreiung nicht ausführliche und ausdrückliche
Angabe gemacht wird. Desgleichen wenn eine andere
allgemeine oder spezielle Befreiung durch den ge-
nannten Stuhl, welchen Inhalts auch immer, besteht,
wodurch den jetzigen Bestimmungen nicht ausdrück-
lich und in Gänze etwas entgegengesetzt wird, was
die Vollziehung dieser [hier vorliegenden] Gunstbe-
zeugung24 verhindert oder wie auch immer verzögert.
Und was von dem ganzen Inhalt dieser Nachlassung
zu halten sei, findet Erwähnung in einem gesonderten
apostolischen Schreiben.
Es soll also überhaupt keinem Menschen erlaubt
sein, diese Urkunde unserer Bekanntgabe, Erweite-
rung, Bewilligung und [unseres] Mandates zu entkräf-
ten oder sich ihm leichtfertig entgegenzustellen. Wenn
jemand dies zu unternehmen sich anmaßen würde,
soll er wissen, daß er den Unwillen des allmächtigen
Gottes und seiner seligen Apostel Petrus und Paulus
auf sich ziehen wird.
Gegeben zu Rom zu St. Peter, im Jahr der Mensch-

Hexen
3.716 Die Bulle »Summis desiderantes affectibus« Hexenhammer, 107

werdung des Herrn 1484, am 5. Dezember, im ersten


Jahr unseres Pontifikats.«

Hexen
3.717 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 108

Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument


vom 19. Mai 1487

[fol. IIr]

Es folgt für den nachstehenden Traktat25 die Appro-


bation mit den Unterschriften der Doktoren der hohen
Universität zu Köln gemäß der Form einer öffentli-
chen [Notariats]urkunde26.
»Im Namen unseres Herrn Jesu Christi, Amen!
Wissen sollen alle, die das vorliegende öffentliche
[Notariats]instrument lesen, sehen und hören werden,
daß im Jahre der Geburt eben dieses unseres Herrn
1487, in der fünften Indiktion, am Samstag, den 19.
Mai, ungefähr um fünf Uhr nachmittags, im dritten
Pontifikatsjahr des in Christo heiligsten Vaters und
Herrn, unseres Herrn Innocentius VIII.27, durch die
göttliche Vorsehung Papst, in meiner Gegenwart als
öffentlicher Notar, und der darunter unterschreiben-
den, dazu eigens gerufenen und gebetenen Zeugen der
persönlich bestellte ehrwürdige und gottesfürchtige
Bruder, der Inquisitor Henricus Institoris28, Profes-
sor der heiligen Theologie aus dem Dominikaneror-
den und Inquisitor29 der ketzerischen Verworfenheit
vom Heiligen Apostolischen Stuhl zusammen mit
dem ehrwürdigen und gottesfürchtigen Bruder Jaco-

Hexen
3.718 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 109

bus Sprenger30, ebenfalls Professor der heiligen


Theologie und Prior des Kölner Dominikanerkon-
vents als sein Amtsgenosse [Inquisitor] speziell beru-
fen, für sich und den erwähnten Amtsgenossen vor-
trug und sagte, daß der höchste Pontifex, nämlich
Herr Innocentius, der zuvor erwähnte Papst, durch
eine ausgefertigte Bulle beiden Inquisitoren, Henricus
und Jacobus, den oben erwähnten Professoren der
heiligen Theologie aus dem Dominikanerorden, die
Befugnis übertragen hat, aus apostolischer Autorität
heraus über alle und jede Ketzereien zu inquirieren,
vornehmlich auch über die in jetziger Zeit in voller
Kraft auftretende Ketzerei der Hexen, und zwar auf
dem Gebiet der fünf Metropolitankirchen, nämlich
Mainz, Köln, Trier, Salzburg und Bremen, gegen sol-
che mit aller Befugnis bis zur letzten Ausrottung vor-
zugehen nach dem Inhalt der apostolischen Bulle, die
er31 richtig, vollständig, unbeschädigt und nicht feh-
lerhaft, sondern durchaus frei von allem Argwohn in
seinen Händen hielt. Der Inhalt dieser Bulle beginnt
so: ›Innocentius, Bischof, Knecht der Knechte Got-
tes. Zur künftigen Beherzigung des Sachverhaltes. In
unserem sehnlichsten Wunsche, wie es die zur Aus-
übung des Hirtenamtes gehörende Sorgfalt erfordert,
damit der christliche Glaube, vornehmlich in unseren
Zeiten, überall vermehrt werde und blühen möge
usw.‹ Er endet aber so: ›Gegeben zu Rom zu St.

Hexen
3.719 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 109

Peter, im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1484,


am 5. Dezember, im ersten Jahr unseres Pontifikats.‹
Und weil einige Seelsorger und Prediger des göttli-
chen Wortes öffentlich in ihren Predigten an das Volk
zu behaupten und zu versichern sich nicht scheuten,
daß es keine Hexen gebe und daß sie auch nichts zum
Schaden der Geschöpfe durch welcherlei Machen-
schaften auch immer bewirken könnten und aus die-
sen unvorsichtigen Predigten manchmal dem weltli-
chen Arm zur Bestrafung derartiger Hexen die Befug-
nis beschnitten wurde und dies zur größten Ausbrei-
tung der Hexen und zur Stärkung dieser Ketzerei [ge-
führt hat], deshalb haben die zuvor genannten Inquisi-
toren in dem Willen, mit allen ihren Kräften allen Ge-
fahren und Angriffen entgegenzutreten, weniger mit
Begeisterung als vielmehr unter großen Mühen einen
Traktat zusammengestellt. In diesem waren sie nicht
nur bestrebt, die Ignoranz derartiger Prediger zurück-
zuweisen, um den christlichen Glauben zu bewahren,
sondern auch zwecks Vertilgung der Hexen die ge-
bührenden Regeln, wie man sie zu verurteilen und wie
man sie zu bestrafen habe, gemäß Inhalt der erwähn-
ten Bulle und den Vorschriften der heiligen Kanones.
Da es aber der Vernunft entspricht, daß die Dinge, die
zum gemeinen Nutzen geschehen, auch durch die all-
gemeine Billigung der Doktoren gestärkt werden,
haben sie, damit nicht die zuvor erwähnten wunderli-

Hexen
3.720 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 110

chen Seelsorger und die der Heiligen Schrift unkundi-


gen Prediger meinten, der zuvor erwähnte Traktat, so
zusammengestellt, wie vorangehend erläutert, wäre zu
wenig durch Bestimmungen und Urteile von Gelehr-
ten gestützt, ihn der Hohen Universität zu Köln oder
[besser] einigen der dortigen Professoren der Heiligen
Schrift zur Diskussion und vergleichenden Untersu-
chung übergeben, damit, wenn sie etwas Anfechtbares
und von der christlichen Wahrheit Abweichendes
darin fänden, es durch ihren Zeigefinger32 so wider-
legt würde, daß damit dennoch die Übereinstimmun-
gen mit der christlichen Wahrheit gebilligt würden.
Das ist auch in der unten stehenden Weise gemacht
worden.
[IIv] Zuerst hat sich der ausgezeichnete Herr Lam-
bertus de Monte33 mit eigener Hand unterschrieben,
wie folgt: »Ich, Lambertus de Monte, geringer Pro-
fessor der heiligen Theologie, auf Zeit Dekan der Fa-
kultät der Heiligen Schrift derselben Universität zu
Köln, bekenne mit dieser meiner Hand, daß der von
mir genau betrachtete und sorgfältig verglichene34
Traktat in drei Teilen bezüglich seiner ersten zwei
Teile, wenigstens nach meinem bescheidenen Urteil,
nichts enthält, was den Ansichten der Philosophen,
soweit sie nicht irren, entgegen sei oder der Wahrheit
des heiligen christlichen und apostolischen Glaubens
oder den Entscheidungen der von der heiligen Kirche

Hexen
3.721 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 111

anerkannten oder zugelassenen Gelehrten widerspre-


chen. Auch der dritte Teil ist, was die Bestrafung
jener Ketzer, von denen er handelt, anlangt, jedenfalls
für billigenswert zu halten, sofern er den heiligen Ka-
nones nicht entgegensteht. Ferner ist es glaubhaft, daß
die Erfahrungen, die in diesem Traktat erzählt wer-
den, wegen des Rufes so großer, hervorragender Män-
ner, die auch Inquisitoren sind, wahr sind. Dennoch
scheint es ratsam, diesen Traktat [nur] gelehrten eifri-
gen Männern zu übergeben, die aus ihm gesunde,
mannigfache und reife Maßregeln zur Vernichtung der
Hexen entnehmen können, ebenso auch den Kirchen-
führern, wenigstens den gottesfürchtigen und gewis-
senhaften, auf deren Belehrung hin die Herzen der
Untergebenen zum Haß auf die pestbringende Ketze-
rei entflammt werden können, zum Schutze der Guten
wie gleichermaßen auch zur Unentschuldbarkeit und
Bestrafung der Bösen, damit mit seiner [Gottes] Hilfe
so die Barmherzigkeit an den Guten und die Gerech-
tigkeit an den Schlechten heller als das Licht sich vor
aller Augen zeige und in allen Dingen Gott verherr-
licht werde, dem Lob und Ruhm gebührt.«
Dann unterschrieb in demselben Sinne wie der vo-
rige der ehrwürdige Magister Jacobus de Stralen35,
ebenfalls mit eigener Hand. »Ich, Jacobus de Stralen,
geringster Professor der heiligen Theologie, denke
nach Begutachtung des erwähnten Traktats, in allem

Hexen
3.722 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 112

übereinstimmend mit dem, was von unserem ehrwür-


digen Magister Lambertus de Monte oben angeführt
wurde und ich bezeuge es mit dieser Schrift meiner ei-
genen Hand zum Lob Gottes.«
Gleichermaßen unterschrieb der hervorragende Ma-
gister Andreas de Ochsenfurt36, ebenfalls mit eige-
ner Hand, wie folgt: Ȇbereinstimmend scheint mir,
Andreas de Ochsenfurt, jüngstem Professor der heili-
gen Theologie, über den Inhalt des vorgelegten Trak-
tats zu urteilen zu sein, so weit es sich auf den ersten
Blick zeigt, was ich mit der Schrift meiner eigenen
Hand bekräftige, um das Ziel, das in demselben
[Traktat] ausgedrückt ist, zu fördern.«
Entsprechend unterschrieb auch der hervorragende
Magister Thomas de Scocia37, gleichfalls mit eigener
Hand, so wie folgt:
»Ich, Thomas de Scocia, Doktor der heiligen Theo-
logie, wenn auch unwürdiger, denke übereinstimmend
mit allen unseren ehrwürdigen vorstehenden Magi-
stern über den Inhalt des von mit geprüften Traktats,
was ich mit meiner eigenen Hand bezeuge.«
Weiterhin wurde auch eine zweite Unterschrift
gegen die genannten unbedachten Prediger38 in dieser
Weise behandelt: Zuerst wurden vier Artikel aufge-
stellt, wie folgt:
»Erstens: die unterzeichneten Magister der heiligen
Theologie empfehlen die mit der Autorität des Heili-

Hexen
3.723 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 113

gen Stuhles und gemäß der Form der Kanones bestell-


ten Inquisitoren der ketzerischen Verworfenheit und
ermahnen sie, sie möchten geruhen, ihr Amt mit Eifer
zu verwalten. Zweitens, daß es nicht dem christlichen
Glauben entgegensteht, daß Schadenszauber mit gött-
licher Erlaubnis geschehen können infolge der Mit-
wirkung des Teufels durch die Zauberer und Hexen,
sondern es steht im Einklang mit der genannten Heili-
gen Schrift. Vielmehr ist es nötig, gemäß den Lehr-
meinungen der heiligen Doktoren zuzugeben, daß sie
bisweilen geschehen können. Drittens ist es irrig zu
predigen, daß Schadenszauber nicht geschehen kön-
nen, weil die so Predigenden, für ihr Teil, die Tätig-
keit der frommen Inquisitoren zum Schaden des Heils
der Seelen hindern. Die Geheimnisse jedoch, die die
Inquisitoren bisweilen hören, dürfen nicht allen offen-
bart werden. Zuletzt möge es allen Fürsten und Recht-
gläubigen zur Ermunterung gereichen, den frommen
Wünschen der Inquisitoren zur Verteidigung des hei-
ligen christlichen Glaubens beizustehen.«
Sodann aber haben sich die oben und unten unter-
schreibenden Gelehrten der genannten theologischen
Fakultät mit eigenen Händen unterschrieben, wie ich,
Arnoldus, der weiter unten unterzeichnende Notar,
[es] nach dem Bericht des ehrenwerten Johannes
Vorda de Mechlinia39, des von der hohen Universität
zu Köln vereidigten Pedells40, der mir dies berichte-

Hexen
3.724 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 114

te, gehört habe und ich es, wie es sich aus den oben
und unten stehenden Unterschriften ergeben hat, gese-
hen habe, wie folgt:
[IIIr] »Ich Lambertus de Monte, geringer Profes-
sor der heiligen Theologie denke so, wie oben ge-
schrieben steht, dies mit meiner eigenen Hand als
Dekan auf Zeit bezeugend. Ich, Jacobus de Stralen,
geringster Professor der heiligen Theologie, denke so,
wie oben geschrieben steht, was ich mit meiner eige-
nen Hand bezeuge. Ich Udalricus Kridwiß de Eßlin-
gen41, letzter Professor der heiligen Theologie,
meine, dies so beurteilen zu müssen mit der Unter-
schrift meiner eigenen Hand. Und ich Conradus de
Campis42, geringster Professor der heiligen Theolo-
gie, stimme demselben Urteil wie oben mit meinen äl-
teren [Kollegen] überein. Ich Cornelius de Breda43,
der geringste Professor, denke so, wie dies oben ge-
schrieben steht, was ich mit meiner eigenen Hand be-
zeuge. Ich, Thomas de Scocia44, Professor der heili-
gen Theologie, wenn auch unwürdiger, urteile über-
einstimmend mit den schon genannten ehrwürdigen
Professoren mit dem Zeugnis meiner eigenen Hand.
Ich, Theodericus de Bunwell45, geringster Professor
der heiligen Theologie, denke so, wie dies zuvor von
meinen Magistern geschrieben wurde, was ich mit
meiner eigenen Hand bezeuge.
In der Bejahung der oben aufgeführten Artikel bin

Hexen
3.725 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 115

ich, Andreas de Ochsenfurt, Professor der Fakultät


der heiligen und Theologie und geringster aus dem
Kollegium der Theologen der Universität zu Köln, in
Übereinstimmung mit unseren ehrwürdigen Magi-
stern, meinen Lehrern.
Letztens aber hatte schließlich – und hielt – der
schon genannte ehrwürdige und gottesfürchtige Bru-
der, der Inquisitor Henricus Institoris46 in seinen
Händen eine andere Pergamenturkunde vom allergnä-
digsten Römischen König47 mit seinem roten runden
Siegel, dessen Abdruck in eine Kapsel mit blauem
Wachs gedrückt unten am Pergament herabhing, ge-
siegelt, heil und unversehrt, nicht beschädigt, nicht
mit durchkreuzten Strichen ungültig gemacht, noch in
irgendeinem Teil verdächtig, sondern durchaus frei
von jedem Fehler und Verdacht. So daß zur leichteren
Ausführung dieses Glaubensgeschäftes eben dieser
allergnädigste Herr, der zuvor genannte Römische
König, dieselbe oben erwähnte apostolische Bulle als
christlicher Fürst schützen und verteidigen wollte und
will und die Inquisitoren selbst in seinen umfassenden
Schutz nimmt, indem er allen und jedem dem Römi-
schen Reiche Untergebenen aufgibt und vorschreibt,
daß sie bei der Ausführung solcher Glaubensangele-
genheiten den Inquisitoren selbst jede Begünstigung
und Unterstützung leisten und auch anderes tun, so
wie in demselben Brief ausführlicher enthalten ist.

Hexen
3.726 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 116

Anfang und Ende dieses königlichen Briefes werden


hier unten angemerkt in dieser Weise: »Maximilia-
nus, von göttlicher Gnade König der Römer, immer
kaiserliche Majestät, Erzherzog von Österreich, Her-
zog von Burgund, Lothringen, Brabant, Limburg, Lu-
xemburg und Geldern, Graf von Flandern usw.« Am
Ende aber: »Gegeben in unserer Stadt Brüssel, unter
unserem Siegel am 6. November im Jahre des Herrn
1486 im ersten Jahr unserer Regierung.«
Betreffs und bezüglich jedes dieser erwähnten
Dinge bat der schon erwähnte ehrwürdige und gottes-
fürchtige Bruder, der Inquisitor Heinricus48, für sich
und seinen vorher genannten Amtskollegen, daß von
mir, dem oben und unten unterzeichneten öffentlichen
Notar ein öffentliches Instrument oder mehrere öffent-
liche Instrumente in geeigneterer Form gemacht und
ausgefertigt werden. Verhandelt worden sind diese
Sachen in Köln in der Wohnung des ehrwürdigen Ma-
gisters Lambertus de Monte, welche innerhalb des
Freiheitsbezirkes49 der heiligen Kirche St. Andreas
in Köln50 [liegt], im Geschäfts- und Studierzimmer
desselben Magisters Lambertus, im Jahr des Herrn,
Indiktion, Monat, Tag, Stunde und Pontifikat wie
oben, in Gegenwart der Vorgenannten, dem Magister
Lambertus und dem Pedell Johannes und auch den
ehrbaren Männern, Nicolaus Cuper de Venroide51,
beeidigter Notar der ehrwürdigen Kurie [IIIv] zu

Hexen
3.727 Approbatio: Das Kölner Notariatsinstrument Hexenhammer, 116

Köln, und Cristianus Wintzen de Ennßkirchen52,


Kleriker in der Diözese Köln, die als glaubwürdige
Zeugen für das oben Berichtete gebeten und ersucht
worden waren.
Und weil ich, Arnoldus Kolich de Enßkirchen53,
vereidigter Kleriker in Köln, bei allem und jedem des
Vorhergehenden, während es so, wie es vorgegangen
war, geschah und verhandelt wurde, zusammen mit
den vorgenannten Zeugen anwesend gewesen bin und
es so habe geschehen sehen und, wie vorher erwähnt
ist, aus dem Bericht des Pedells gehört habe, habe ich
deshalb das vorliegende öffentliche Instrument mit
meiner eigenen Hand geschrieben und eine Kopie an-
gefertigt, danach vollendet, unterschrieben, vorgele-
sen und in diese öffentliche Form gebracht. Und ich
habe mit meinem ordentlichen und üblichen Siegel
und Namen gesiegelt, weil ich gebeten und ersucht
worden bin. Zur Glaubwürdigkeit und Bezeugung
aller und jeder der vorerwähnten Dinge.«
Es folgt das Inhaltsverzeichnis des nachfolgenden
Werkes oder Traktats54.

Hexen
3.728 Apologia: »Die Verteidigung des Autors für den Hexenhammer, 117

Apologia: »Die Verteidigung des Autors55 für


den Hexenhammer«56

[1r]

Unter den Katastrophen des seinem Ende entgegenei-


lenden Zeitalters, von denen wir, oh, Schmerz!, so-
wohl lesen als sie auch allenthalben erleben, ist es
vor allem der alte aufgehende Stern57, der, durch die
unabänderliche Verdammnis seines Sturzes entfesselt,
nicht aufhört, seit den Anfängen die Kirche, welche
der neue aufgehende Stern58, der Mensch Christus
Jesus, durch Besprengung mit seinem Blut fruchtbar
machte, durch mannigfaltige Ansteckung mit Irrlehren
zu verpesten. Doch versucht er dies vor allem in einer
Zeit, da der Abend der Welt sich zum Ende neigt59
und die Übel der Menschen überhandnehmen, und er
sich voller Wut bewußt ist, daß er [der Teufel], wie
Johannes in der Apokalypse60 bezeugt, nur noch
wenig Zeit hat. Deshalb hat er auch eine ungewohnte
ketzerische Verworfenheit im Acker des Herrn empor-
wachsen lassen: die Ketzerei, sage ich, der Hexen, be-
zeichnet durch das Geschlecht [der Frauen), wo man
sie [die Ketzerei] vorzugsweise grassieren sieht. Zahl-
los sind die geplanten Anschläge, doch wird vor
allem – es ist schrecklich auszudenken, es ist ein un-

Hexen
3.729 Apologia: »Die Verteidigung des Autors für den Hexenhammer, 118

säglicher Greuel in den Augen Gottes, es ist Gegen-


stand des Abscheus für alle Christenmenschen – fol-
gendes im einzelnen ausgeführt. Sie [die Hexen] un-
terwerfen sich nämlich durch einen Vertrag mit dem
Teufel und ein Bündnis mit der Hölle61, der schreck-
lichsten Knechtschaft, um ihre verworfenen Begierden
zu erfüllen. Darüber hinaus [gibt es] Dinge, die von
ihnen mit Zulassung Gottes und mit Hilfe der Dämo-
nen in den täglichen Trübsalen den Menschen, Haus-
tieren und Erdfrüchten, angetan werden.
Angesichts dieser Übel erwägen wir Inquisitoren,
Jacobus Sprenger62, gemeinsam mit dem sehr Ge-
schätzten63 vom apostolischen Stuhl zur Ausrottung
dieser so schädlichen Ketzerei bestellt – obgleich
unter den Professoren der göttlichen Verkündigung,
die im Dominikanerorden kämpfen, die geringsten –,
fromm und doch traurig gestimmt, was für ein Mittel
oder was für ein Trost den armen Sterblichen als heil-
sames Gegengift gereicht werden muß. Wir sind dabei
zu der Meinung gelangt, es sei angemessen, vor allen
anderen Mitteln dieses unser Werk auf unsere Schul-
tern zu nehmen, in dem festen Vertrauen auf die ho-
nigfließende Freigiebigkeit dessen, der allen im Über-
fluß gibt und der eine [glühende] Kohle mit der Feu-
erzange vom Altar nimmt, und die Lippen der Unvoll-
kommenen mit ihr berührt und reinigt64, um alles
zum erwünschten Ende zu bringen.

Hexen
3.730 Apologia: »Die Verteidigung des Autors für den Hexenhammer, 119

Da aber in den Werken der Menschen nichts so


ganz zum Nutzen und erlaubt geschieht, dem nicht
zugleich einige Verderblichkeit zukommt, dringt un-
sere geringe Begabung nicht zu den Gipfeln der
Wahrheit durch, wenn sie [die geringe Begabung]
nicht durch die [kritische] Feile der Verkehrtheit eines
anderen gründlichst abgeschabt wird. Wenn daher je-
mand meint, uns wegen der Neuigkeit des Werkes der
Lüge zeihen zu müssen, so gehen wir getrost in die-
sen Streit hinein. Er soll aber wissen, daß dieses
Werk neu und zugleich alt ist; gleichzeitig kurz und
weitläufig. Alt ist es sicherlich dem Stoff und dem
Gewicht nach, neu hingegen ist es der Zusammenstel-
lung der Bezüge und ihrer Aufhäufung nach. Kurz [ist
es] wegen der gerafften Zusammenfassung vieler Au-
toren, lang jedoch wegen der ungeheuren Menge des
Stoffes und der unermeßlichen Bosheit der Hexen.
Wir sagen dies nicht, um die Schriften der übrigen
Autoren hochmütig zu verkleinern und unser Werk
ruhmsüchtig und eitel zu erhöhen, weil aus unserem
Geist wenig und praktisch keine Sachen hinzugefügt
wurden. Deswegen soll es nicht als unser Werk, son-
dern mehr als das derjenigen eingeschätzt werden, aus
deren Schriften fast alles und jedes verwoben wurde.
Aus eben diesem Grunde haben wir weder Gedichte
machen noch sublime Theorien aufstellen wollen,
sondern wir gehen, nach Art der Exzerpteschreiber, zu

Hexen
3.731 Apologia: »Die Verteidigung des Autors für den Hexenhammer, 119

Ehren der höchsten Trinität und der unzertrennlichen


Einheit, über die drei Hauptteile, Anfang, Fortgang
und Ende, hinweg daran und nennen den Traktat
Malleus Maleficarum65. Die recollectio66 des Wer-
kes obliegt dem socius67, die Ausführung aber
denen, welchen das strengste Gericht zukommt, weil
sie zur Bestrafung der Bösen, aber zum Ruhm der
Guten von Gott eingesetzt sind, dem alle Ehre und
aller Ruhm sei in alle Ewigkeit. Amen.

Hexen
3.732 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 121

Das Inhaltsverzeichnis

[2ra]

Zur Bulle Innozenz' VIII. gegen die Ketzerei der


Hexen, die jüngst erlassen wurde, sollen also acht-
undvierzig Fragen68 erörtert werden. Drei [Fragen]
müssen hauptsächlich [drei Punkte] klären: erstens
den Ursprung [der Hexerei], zweitens den Fortgang,
drittens das letztendliche Mittel; [d.h.] der Ursprung,
besonders hinsichtlich Verbreitung, der Fortgang, be-
sonders hinsichtlich der Ausführung der Taten, das
letztendliche Mittel, besonders hinsichtlich der Ver-
nichtung jener Ketzerei.

[I.]

[I, fol. 4va] Der erste Teil [des Werkes] über die drei
Dinge, die bei der Ausübung von Schadenszauber zu-
sammenkommen, d.h. Dämon, Zauberer und göttliche
Zulassung69, enthält der Reihe nach achtzehn Fragen,
von denen vier über die Macht des Dämons, die übri-
gen über ihre [der Zauberer] Werke [handeln].
[I/1, fol. 4va] Die erste ist aber auch die Eingang-
sfrage des ganzen Werkes: Ob die Behauptung, daß
es Hexen gibt, als so rechtgläubig einzuschätzen ist,

Hexen
3.733 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 122

daß die Verteidigung des Gegenteils vollständig ket-


zerisch wäre?70
[I/2, fol. 7rb] Die zweite: Ob es rechtgläubig ist zu
behaupten, daß zur Ausübung von Schadenszauber
immer der Dämon mit dem Zauberer zusammenwir-
ken muß oder ob das eine ohne Zutun des anderen
eine solche Wirkung herbeiführen kann?71
[I/3, fol. 11ra] Die dritte: Ob es rechtgläubig ist zu
behaupten, daß derartige Wirkungen durch Inkubus-
und Sukkubus-Dämonen so bewerkstelligt werden,
daß auch wirkliche Menschen zwecks Vermehrung
und Entstehung der Zauberer durch solche Dämonen
geschaffen werden?72
[I/4, fol. 13vb] Vierte Frage: Ob es rechtgläubig
ist zu behaupten, daß der Akt der Inkubus- und Suk-
kubus-Dämonen nur den niederen [Arten der] Geister
eigen ist?73
[I/5, fol. 15rb] Die fünfte: Ob wirklich für recht-
gläubig gehalten werden kann, daß die Entstehung
und Ausbreitung der Taten der Zauberer aus den Ein-
flüssen der Himmelskörper resultiere, ohne Beihilfe
der Dämonen; oder aus Separatsubstanzen, wie sie die
Beweger der Himmelssphären sind; oder auch aus der
Bosheit der Menschen, wenn zu [magischen] Sprü-
chen und Worten Kraft der Sterne hinzutritt?74
[I/6, fol. 20rb] Die sechste bezüglich der Zauberer,
die mit den Dämonen Verbindung aufnehmen:

Hexen
3.734 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 123

Warum man in stärkerem Maße Frauen als Männer


von dieser Ketzerei angesteckt findet? Ferner wird
durch die fünf folgenden Fragen auch geklärt, welche
Art von Frauen vor allen übrigen [Frauen] darin ver-
strickt sind75.
[I/7, fol. 23va] Die siebte: Ob die Hexen mit Hilfe
der Dämonen die Gefühle der Menschen zu Haß oder
unbändiger Liebe aufreizen können? Und über die
Form, einen derartigen Stoff in Predigten an das Volk
öffentlich bekanntzumachen.76
[I/8, fol. 26va] Die achte: Ob sie die Zeugungs-
kraft [2rb] oder den Geschlechtsakt verhindern oder
behexen können, mit der beiläufigen Frage: Warum
zuweilen der Akt bezüglich einer einzigen bestimmten
und nicht bezüglich einer anderen Person verhindert
wird?77
[I/9, fol. 28rb] Die neunte: Ob sie gewöhnlich
durch ein Trugbild die männlichen Glieder entfernen,
als ob sie aus den Körpern gerissen seien, mit be-
stimmten anderen damit verbundenen Schwierigkei-
ten?78
[I/10, fol. 30ra] Die zehnte: Ob sie Menschen in
Tiergestalten verwandeln könnten, mit einer anderen
beiläufigen Schwierigkeit?79
[I/11, fol. 32rb] Die elfte: Über die hexenden Heb-
ammen, die die Leibesfrucht in der Gebärmutter und
außerhalb auf verschiedene Arten vernichten.80

Hexen
3.735 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 124

[I/12, fol. 32va] Die zwölfte81: Über die göttliche


Zulassung, die zum Dämon und zur Hexe hinzukom-
men muß. Ob [die Ansicht,] den Hexenwerken die
göttliche Zulassung zuzusprechen, so rechtgläubig ist,
daß das Gegenteil davon, d.h. jene [Behauptung] zu-
rückzuweisen, durch und durch ketzerisch wäre.82
[I/13, fol. 34vb] Die dreizehnte, auch inbegriffene:
Über die zwei göttlichen Zulassungen, bezüglich des
[Sünden]falls des Teufels und der ersten Eltern, de-
rentwegen sämtliche Taten der Zauberer billigerweise
zugelassen werden.83
[I/14, fol. 36ra] Die vierzehnte: Ob, trotz dem
eben Gesagten, die Sünden der Zauberer schwerwie-
gender seien als die Sünden der bösen Engel und der
ersten Eltern? All dies ist auch Predigtstoff. Mit der
Erklärung, daß sie die schwerwiegendsten Strafen
auch jetzt schon [im irdischen Dasein] verdienen,
mehr als alle Verbrecher dieser Welt.84
[I/15, fol. 38ra] Die fünfzehnte: Ob wegen der
Sünden der Zauberer oft Schuldlose durch Zauberei
geschädigt werden?85
[I/16, fol. 39rb] Die sechzehnte: Ob die Ketzerei
der Hexen alle anderen Arten des Aberglaubens über-
treffe?86
[I/17, fol. 40va] Die siebzehnte [Frage] ist die Er-
klärung der vierzehnten, indem sie die Schwere des
Verbrechens bei den Zauberern und Hexen mit allen

Hexen
3.736 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 125

möglichen Sünden der Dämonen vergleicht.87


[I/18, fol. 41rb] Die achtzehnte: Gegen fünf Argu-
mente der Ungebildeten, daß Gott dem Teufel und den
Zauberern wie Hexen eine so große Macht nicht ein-
räume. Und in dieser Thematik wird das Ende mit sei-
nem Anfang verbunden, indem die letzte Frage an die
erste anschließt.88

[II.]

[II, fol. 43vb] Der zweite Teil des Werkes enthält


sechzehn Kapitel unter zwei Fragen, von denen eine
am Anfang und die andere am Ende gestellt wird. Die
erste über vorbeugende Mittel, die zweite über Mittel,
die Schadenszauber zu beseitigen. Die dazwischen
liegenden Kapitel beschäftigen sich mit der Vorge-
hensweise der Zauberer, während sie Schadenszauber
beibringen89.

[II/1]

[II/1, fol. 43vb] Die erste Frage: Ob jemand durch


gute Engel eine solche Gunst erhalten kann [2va], daß
er von Zauberern wie Hexen und von Dämonen nicht
durch Zauberei geschädigt werden kann?90
[II/1,1, fol. 46vb] Das erste Kapitel: Von verschie-
denen Mitteln, mit denen die Dämonen zum Wachs-

Hexen
3.737 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 126

tum jener Ruchlosigkeit unschuldige91 und ehrbare


Mädchen ködern.92
[II/1,2, fol. 48rb] Das zweite Kapitel: Über die
Form ihres gotteslästerlichen Gelübdes; mit einer Er-
klärung der dem Teufel zu leistenden Huldigung.93
[II/1,3, fol. 51rb] Das dritte: Über die Weise, wie
sie von einem Ort zum anderen körperlich befördert
werden.94
[II/1,4, fol. 53rb] Das vierte: Über die Weise, wie
sie sich den Inkubus-Dämonen unterwerfen. Darin
wird auch erörtert, wie sie [die Hexen] von diesen
[den Dämonen] vermehrt werden; und ob der Inkubus
sich immer mit Aussonderung von Samen der Hexe
bemächtigt; und ob mehr zu der einen oder anderen
Zeit oder in ähnlicher Weise bezüglich des Ortes; und
ob sie sichtbar jene Schweinereien mit größerer oder
kleinerer fleischlicher Freude treiben; und ob sich die
Inkubi bloß über Frauen, die aus den Schweinereien
[der Hexen] hervorgegangen sind, hermachen.95
[II/1,5, fol. 56rb] Das fünfte: Über das allgemeine
Vorgehen, wie sie mit den Sakramenten der Kirche
ihre Schadenszauber ausüben. Und über die sechs
Arten, mit denen sie allen körperlichen Geschöpfen,
mit Ausnahme der Himmelskörper, wirkliche Krank-
heiten, wenngleich nicht wirkliche Genesungen, durch
natürliche Kraft zufügen können.96
[II/1,6, fol. 57va] Das sechste: Über die Weise,

Hexen
3.738 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 127

wie sie die Zeugungskraft hemmen.97


[II/1,7, fol. 58ra] Das siebte: Über die Weise, wie
sie die männlichen Geschlechtsteile entfernen; weil
das, was im ersten Teil bezüglich der Macht des Be-
wirkens behandelt worden ist, nunmehr für die Arten
der Durchführung erklärt wird, weshalb der Stoff je-
weils nicht derselbe ist.98
[II/1,8, fol. 59vb] Das achte: Über die Weise, wie
sie Menschen in Tiergestalten verwandeln.99
[II/1,9, fol. 61ra] Das neunte: Über die Weise, wie
Dämonen ohne Verletzung in den Körpern existieren,
wenn sie ihre trügerischen Verwandlungen bewerk-
stelligen.100
[II/1,10, fol. 63rb] Das zehnte: Über die Weise,
wie die Dämonen durch die Handlungen der Hexen
den Menschen leibhaftig innewohnen.101
[II/1,11, fol. 65vb] Das elfte: Über die Weise, wie
sie jede Art von Krankheit zufügen können. Dies wird
gleichwohl im allgemeinen behandelt.102
[II/1,12, fol. 67va] Im speziellen aber im folgen-
den zwölften Kapitel, wie sie schwere Krankheiten
zufügen.103
[II/1,13, fol. 71rb] Das dreizehnte: Über die
Weise, wie die hexenden Hebammen vor allen ande-
ren den Kindern noch größere Schäden antun, indem
sie diese töten oder den Dämonen opfern.104
[II/1,14, fol. 71rb] Das vierzehnte: Über die

Hexen
3.739 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 128

Weise [2vb], wie sie [die Hexen] dem Vieh verschie-


dene Schäden antun.105
[II/1,15, fol. 72vb] Das fünfzehnte: Über die
Weise, wie sie Hagelschläge und Stürme zusammen-
brauen und Blitze herab schleudern.106
[II/1,16, fol. 74ra] Das sechzehnte: Über die drei
Arten, wie man schadenszauberische Männer ermittelt
und nicht Frauen. Und erstens über die zauberischen
Bogenschützen. Zweitens über die Beschwörer, die
durch gotteslästerliche Gesänge Angriffswaffen zu be-
schwören wissen, so daß sie in keiner Weise schaden
können, und dies [allein] durch Worte. Drittens, über
diejenigen, die [dies] durch kleine Zettel [vermö-
gen].107

[II/2]

Von den Mitteln aber, die Schadenszauber abwenden:


davon handelt der zweite Hauptteil dieses zweiten
Teils.
[II/2, fol. 76va] Zuerst wird die [zweite] Frage ge-
stellt: Ob es erlaubt sei, Schadenszauber durch andere
Schadenszauber oder durch unerlaubte Mittel rück-
gängig zu machen? Und sie hat neun Kapitel.108
[II/2,1, fol. 79vb] Das erste [Kapitel]: Über das
kirchliche Mittel gegen Inkubus- und Sukkubus-Dä-
monen.109

Hexen
3.740 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 129

[II/2,2, fol. 81rb] Das zweite: Über Mittel gegen


die behexte Zeugungskraft.110
[II/2,3, fol. 82va] Das dritte: Über Mittel für mit
unbändiger Liebe oder unbändigem Haß Behexte.111
[II/2,4, fol. 83va] Das vierte: Über Mittel, wenn
durch Blendwerk die männlichen Glieder entfernt
werden und wenn Menschen in Tiergestalten verwan-
delt werden.112
[II/2,5, fol. 84vb] Das fünfte: Über Mittel für
durch Schadenszauber Besessene.113
[II/2,6, fol. 85vb] Das sechste: Über Mittel für
jegliche Krankheiten, die durch Zauberer und Hexen
zugefügt worden sind; und zwar durch erlaubte Exor-
zismen.114
[II/2,7, fol. 90ra] Das siebte: Über Mittel gegen
Hagel und Blitze, wie auch bei verhextem Vieh.115
[II/2,8, fol. 91vb] Das achte: Über geheime Mittel
gegen verborgene Anfechtungen seitens der Dämo-
nen.116
[II/2,9, fol. 92va] Das neunte: Über Mittel für
jene, die sich den Dämonen mit Rücksicht auf irgend-
einen zeitlichen Vorteil in Gänze dargebracht hätten.

Hexen
3.741 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 129

[III]

[III, fol. 92va] Der dritte Teil des Werkes über die
letztendlichen Mittel, nicht so sehr gegen die Werke,
sondern gegen die Personen der Hexen, über ihre Ver-
nichtung, enthält drei Hauptteile, und zwar [1.] die
Form, einen Gerichtsprozeß zu eröffnen, [2.] die
Form der Fortsetzung und die Form zu urteilen, zu
bestrafen und [3.] die mit der Bestrafung verbundenen
Fragen. Die erste Frage enthält fünf Fragen. Die zwei-
te zwölf117. Die dritte [3ra] zwanzig.
[III/0, fol. 92va] Und die erste ist zugleich die
Eingangsfrage für alle folgenden: Ob die Hexen und
ihre Gönner, Beherberger und Verteidiger in dem
Maße dem kirchlichen wie dem weltlichen Gerichts-
prozeß unterworfen sind, daß die Inquisitoren der ket-
zerischen Verworfenheit von deren Inquisition entla-
stet werden könnten? Zunächst über die Form, einen
Prozeß zu eröffnen.118

Hexen
3.742 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 130

[III/1]

[III/1,1, fol. 97va] Die erste Frage: Welche sei die


angemessene Form für den Richter, einen Glaubens-
prozeß gegen die Hexen zu beginnen?119
[III/1,2, fol. 98vb] Zweite Frage: Über die Anzahl
der Zeugen.120
[III/1,3, fol. 99rb] Dritte Frage: Wievielmal sie
verhört werden könnten?121
[III/1,4, fol. 99va] Die vierte: Über die Beschaf-
fenheit der Zeugen.122
[III/1,5] Die fünfte: Ob Todfeinde zur Zeugenaus-
sage zugelassen werden?123

[III/2]

[III/2,6, fol. 100ra] Über den zweiten Teil: Wie ein


solcher Prozeß fortzusetzen sei? Es ist die sechste
Frage. Und erstens, wie die Zeugen vorzuladen und zu
befragen sind? Zweitens, wie für den ersten Akt den
Hexen allgemeine Fragen vorgelegt werden? Drittens,
wie die Einzelverhöre [vorgenommen werden]?124
[III/2,7, fol. 101ra] In der siebten Frage werden
verschiedene Zweifel bezüglich leugnender Antworten
der Hexen dargelegt; wann eingekerkert werden kann;
auch wann sie für eine offenkundig in der Ketzerei der

Hexen
3.743 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 132

Hexen Ertappte zu halten sei. Dies ist auch der zweite


Akt.125
[III/2,8, fol. 102ra] Achte Frage: Auf welche
Weise [die Beschuldigte] zu verhaften und einzuker-
kern sei? Dies wird der dritte Akt sein.126
[III/2,9, fol. 102va] Neunte Frage: Ob die Namen
der Aussagenden ihr [der Hexe] nach der Verhaftung
bekanntzugeben seien. Der vierte Akt.127
[III/2,10, fol. 103rb] Zehnte: Auf welche Weise
eine Verteidigung mitsamt der Bestellung von Anwäl-
ten zuzulassen ist? Der fünfte Akt.128
[III/2,11, fol. 103va] Elfte: Was der Anwalt tun
soll, wenn ihm die Namen der Zeugen nicht bekannt
gegeben werden? Der sechste Akt.129
[III/2,12, fol. 104va] Die zwölfte [Frage], die wei-
tere Erklärungen dazu bringt, auf welche Weise Tod-
feindschaft zwischen der Beschuldigten und den Zeu-
gen zu ermitteln sei? Und dies ist der siebte Akt des
Richters.130
[III/2,13, fol. 105va] Die dreizehnte: Was der
Richter machen soll, wenn der Beschuldigte ihn ab-
lehnen will? Der achte Akt.131
[III/2,14, fol. 106ra] Die vierzehnte: Worauf der
Richter vor Kerker und Folter zu achten hat. Und daß
es wegen des Schweigezaubers132 nicht leicht sein
mag, die Hexe den Folterungen auszusetzen. Der
neunte Akt.133

Hexen
3.744 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 133

[III/2,15, fol. 107ra] Die fünfzehnte: Über die


Form, die Beschuldigte zum [peinlichen] Verhör zu
verurteilen. Und wie sie am ersten Tag zu befragen
ist?134134 [3rb]
[III/2,16, fol. 108va] Die sechzehnte: Wie die
[peinlichen] Befragungen fortzuführen sind. Und über
die Zeichen135, an denen eine Hexe erkannt wird.
Und wie sie zu scheren sind. Und über die verschiede-
nen Vorsichtsmaßnahmen gegen den Schweigezauber.
Und dies ist der elfte Akt des Richters.136
[III/2,17] Die siebzehnte137: Über die Dauer und
die zweite Form zu befragen. Und über die außerge-
wöhnlichen Vorsichtsmaßregeln, die vom Richter zu
beachten sind.

[III/3]

[III/3,1, fol. 109va]138 Über die Urteilsformen,


zwanzig an der Zahl, handelt die erste Frage: Ob sie
zur Prüfung und zum [Gottes]urteil des glühenden Ei-
sens, wenn sie jenes beantragen, verurteilt werden
könnten?139
[III/3,2, fol. 109va] Die zweite: Über die Dinge,
die der Richter allgemein beachten muß, sowohl in
bezug auf Zwischenurteile wie auf Endurteile.140
[III/3,3, fol. 110rb] Die dritte: Auf wie viele Arten
der Richter einen Beschuldigten für verdächtig halten

Hexen
3.745 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 134

und mit Hilfe dieser Verdächtigungen ein Urteil fällen


kann.141
[III/3,4, fol. 111ra] Die vierte: Aufweiche Weise
über eine beschuldigte Person, die aber völlig un-
schuldig ist, ein Urteil zu fällen ist?142
[III/3,5, fol. 113rb] Die fünfte: Wie über eine Be-
schuldigte und allgemein übel Beleumundete [ein Ur-
teil] zu fällen ist?143
[III/3,6, fol. 114rb] Die sechste: Wie über eine
übel beleumundete Beschuldigte, [und zwar] über
eine den [peinlichen] Fragen und den Foltern auszu-
setzende [Person das Urteil zu fällen ist]?144
[III/3,7, fol. 114va] Die siebte: Wie über eine
jener Ketzerei leicht Verdächtige [das Urteil zu fällen
ist]?145
[III/3,8, fol. 115va] Die achte: Wie über eine
schwer Verdächtige [das Urteil zu fällen ist]?146
[III/3,9, fol. 116rb] Die neunte: Wie über eine
dringend Verdächtige zu urteilen ist?147
[III/3,10, fol. 117vb] Die zehnte: Wie über die zu-
gleich und gemeinsam Diffamierte und Verdächtige
[das Urteil] zu fällen ist?148
[III/3,11, fol. 118va] Die elfte: Wie über eine der
Ketzerei Geständige, aber nicht Rückfällige und Buß-
fertige, [das Urteil zu fällen ist]?149
[III/3,12, fol. 119va] Die zwölfte: Wie über eine
der Ketzerei Geständige und Bußfertige, aber wahr-

Hexen
3.746 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

scheinlich Rückfällige [das Urteil zu fällen ist]?150


[III/3,13, fol. 120vb] Die dreizehnte: Wie über
eine Geständige und Unbußfertige, aber nicht eigent-
lich Rückfällige, [das Urteil zu fällen ist]?151
[III/3,14, fol. 121rb] Die vierzehnte: Wie über
eine der Ketzerei Geständige und Unbußfertige, wie
auch mit Sicherheit Rückfällige [das Urteil zu fällen
ist]?152
[III/3,15, fol. 121vb] Die fünfzehnte: Wie über
eine, die nicht gesteht, aber durch rechtmäßige Zeu-
gen und anderes gerichtlich der Ketzerei überführt
worden ist, [das Urteil zu fällen ist]?153
[III/3,16, fol. 123ra] Die sechzehnte: Wie über
eine, die überführt wurde, aber flüchtig und böswillig
säumig ist, [das Urteil zu fällen ist]?154
[III/3,17, fol. 124va] Die siebzehnte [3va]: Wie
über eine, die von einer anderen eingeäscherten Hexe
beschuldigt wurde, aber nicht geständig ist, [das Ur-
teil zu fällen ist]?155
[III/3,18, fol. 126ra] Die achtzehnte: Wie über
eine, die beschuldigt wurde, Schadenszauber nicht zu-
gefügt, sondern beseitigt zu haben, [das Urteil zu fäl-
len ist]?156
[III/3,19, fol. 127vb] Die neunzehnte: Wie gegen
zauberische Bogenschützen, über die Besprecher von
Waffen und alle möglichen Schwarzkünstler [das Ur-
teil zu fällen ist]?

Hexen
3.747 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

[III/3,20, fol. 127vb] Die zwanzigste: Über die he-


xenden Hebammen, die alle anderen bei Schadenszau-
bern übertreffen. Es ist zu schließen mit dem Rechts-
mittel der Appellation, wenn die Beschuldigte irgend-
wie zu einer solchen Zuflucht sucht. Was der kirchli-
che oder weltliche Richter [dann] zu tun habe.157

Hexen
3.748 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

Fußnoten

1 Kestner-Museum Hannover Inv. Nr. E 193. Grund-


lage der Übersetzung ist der Inkunabel-Druck aus der
Offizin des Mainzer Druckers Peter Schöffer.
2 Bullarum privilegiorum ac diplomatum Romanorum
pontificum amplissima collectio, Bd. 3 (1740), 191a-
192b. – Hansen (1901) Nr. 36. Vgl. zu dieser Bulle
Schnyder (1993) 45f. und Pitz (1988) 28f., 53–56. Es
handelt sich bei der Bulle um ein vom Antragsteller
begehrtes und bereits vorformuliertes Reskript des
Papstes. Es spiegelt den Versuch des Petenten wider,
mit Hilfe päpstlicher Verfügungsgewalt den in der
Narratio angeführten Einwänden von Opponenten
entgegenzutreten.
3 Papst Innozenz VIII., Giovanni Battista Cibo
(1432–1492, amt. 1484–1492).
4 Ad futuram rei memoriam. Vgl. zu dieser Formel
Pitz (1988).
5 Summis desiderantes affectibus. Die Anfangsworte
dienen zur Bezeichnung der Bulle.
6 Operatoris. Schnyder (1991) 45, Anm. 71 verbes-
sert ohne Angabe des Grundes und grammatische
Notwendigkeit zu operationis (= des Arbeitens).

Hexen
3.749 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

7 audivimus: Im folgenden wird in dem päpstlichen


Reskript der Wortlaut des Antragstellers wiedergege-
ben. Diefenbach 1886, S. 223; Pitz 1988.
8 Alemanie superioris. Papst Sixtus IV. ernannte
Kramer am 3. März 1478 zum Inquisitor für Ober-
deutschland (Alamania superior). Text bei Schnyder
(1993) 36f.
9 Erzbistum Mainz. Ihm unterstanden die Bistümer
Verden, Hildesheim, Halberstadt, Paderborn, Worms,
Speyer, Würzburg, Straßburg, Eichstätt, Augsburg,
Konstanz und Chur. Zur Zeit des Hexenhammers am-
tierte als Mainzer Erzbischof, Kurfürst und Reichs-
erzkanzler Berthold von Henneberg (1442–1504, reg.
1484–1504). An ihn richtete Papst Innozenz VIII. am
18. Juni 1485 ein Schreiben zur Unterstützung der
beiden Inquisitoren Heinrich Institoris und Jacob
Sprenger. Hansen (1901) 27–28.
10 Erzbistum Köln. Erzbischof war Hermann IV. von
Hessen (1450–1508, amt. 1480–1508). Ihm unter-
standen die Bistümer Minden, Osnabrück, Münster,
Utrecht, Lüttich und Cambrai.
11 Erzbistum Trier. Erzbischof war Johann II. von
Baden (1434–1503, amt. 1456–1503). Ihm unterstan-
den die Bistümer Metz, Toul und Verdun.

Hexen
3.750 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

12 Erzbistum Salzburg. Erzbischof war Johann Bek-


kenschlager (ca. 1435–1489, amt. 1482–1489), zu
dem Kramer gute Beziehungen hatte. Müller (1910)
409. Dem Erzbischof von Salzburg unterstanden die
Bistümer Regensburg, Freising, Passau, Chiemsee,
Wien, Wiener Neustadt, Seckau, Gurk, Lavant und
Brixen.
13 Erzbistum Bremen. Erzbischof war Heinrich II.
Graf von Schwarzburg (amt. 1463–1496). Ihm unter-
standen die Bistümer Hamburg, Lübeck, Ratzeburg
und Schwerin.
14 Original: aliisque nephandis supersticiis et sorti-
legiis excessibus criminibus et delictis. Die Überset-
zung stützt sich auf die sprachlich korrektere Version
in der Ausgabe Bullarum privilegiorum ac diploma-
tum Romanorum pontificum ampliccima collectio,
Bd. 3 (1740), S. 191 a: aliisque nefandis superstitio-
sis, etc. sortilegis excessibus, criminibus, etc. delic-
tis, wonach alle Wörter vor excessibus als Adjektive
aufzufassen sind.
15 Die edierte Erstausgabe enthält dazu folgende spä-
tere handschriftliche Randbemerkung: Anno Domini
1484 hette das Teuffelswerck der Zauberer und
Hexen zu hefttig uberhandt genommen, wie herna-
cher Anno 1562 auch ist beschehen.

Hexen
3.751 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

16 Es muß Henricus heißen. Heinrich Kramer, lat.


Institoris (1430–1505) wurde mit Urkunde vom 3.
März 1478 durch Papst Sixtus IV. (Francesco della
Rovere, 1414–1484, amt. 1471–1484) zum päpstli-
chen Inquisitor von Oberdeutschland bestellt. Wibel
(1913) 124. – Die lateinische Namensform »Instito-
ris« ist erstmals 1479 nachweisbar: Petersohn (1988)
148. Zum deutschen Namen Kramer vgl. Jerouschek
(1992) XII.
17 Der in Basel geborene Dominikaner Jacob Spren-
ger (um 1437–1495), seit 1472 Prior der Kölner Do-
minikaner, wurde mit Urkunde vom 19. Juni 1481
zum Inquisitor für die Diözesen Mainz, Köln und
Trier bestellt. Hansen (1901) 500.
18 Bulle Sixtus' IV. vom 13. März 1478 mit der Er-
nennung des Institoris zum Inquisitor für Ober-
deutschland abgedruckt bei Wibel (1913), 124 und
Schnyder (1993), 36f.; Sprenger wurde am 19. Juni
1481 zum Inquisitor für die Kirchenprovinzen Mainz,
Trier und Köln ernannt, vgl. Schnyder (1993), 82.
19 Handschriftliche Marginalie im Original: Enim
tunc fuerint Haereticae pravitatis Inquisitores.
20 Rom 12,3.
21 Noch in einem Brief an Sixtus IV. hatte Krämer
am 29. Februar 1484 die unzulängliche Formulierung

Hexen
3.752 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

der Bestimmungen über die Bekämpfung des Hexen-


wesens bemängelt. Petersohn (1988).
22 Johann Gremper aus Laufenburg in der Diözese
Basel, vom Kaiser ernannter Notar. In verschiedenen
Quellen nachgewiesen 1468–1491. Nach Studium in
Heidelberg und Basel 1472 Magister Artium. Er
nahm 1479 an einer Hexenverbrennung in Waldshut
teil. 1485 war er Kaplan in Ravensburg. Er erhielt
1491 mit Hilfe des Abtes von Weingarten eine Pfarr-
pfründe in Altdorf (heute: Weingarten/Kr. Ravens-
burg). – Schuler 2 (1987) 152f., Schleichert (1994)
222. – Kramer schloß ihn offenbar in seinen Antrag
namentlich ein, weil er vor Ort in Ravensburg im Ok-
tober 1484 sein Gehilfe bei der Inquisition war.
23 Bistum Straßburg, Teil des Erzbistums Mainz.
Nachdem Straßburg Reichsstadt geworden war, resi-
dierte der Bischof meist in Zabern (Saverne) im Un-
terelsaß. Köbler (1995) 609–611. Bischof war Al-
brecht von Bayern, Pfalzgraf von Mosbach (reg.
1478–1506). Der direkte Appell an diesen Bischof
weist darauf hin, daß Kramer in seiner Heimatdiözese
eine Inquisition plante, möglicherweise auch, daß die-
ser Bischof dem Widerstand entgegensetzte.
24 Gratia. Der Papst bezeichnet hier seine Bulle aus-
drücklich als Gnadenbezeugung oder Gunsterweisung
für die Adressaten.

Hexen
3.753 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

25 Also für den Malleus Maleficarutn.


26 Druck: Publici instrumenti. In diesem Fall eine
ohne richterlichen Auftrag errichtete Urkunde eines
Notars, die öffentlichen Glauben genießt und zur Pro-
tokollierung kirchlicher Rechtshandlungen dient. Sie
sollte hier die Gültigkeit der päpstlichen Bulle öffent-
lich beglaubigen, vor allem aber dem Text des Hexen-
hammers eine »Unbedenklichkeitsbescheinigung«
verschaffen. Nach Hansen (1898) 135–140 und Han-
sen (1907) 393 weicht das folgende Notariatsinstru-
ment im Aufbau, in der fehlenden Präzision der Wort-
wahl und der ungewöhnlichen Form der Beglaubi-
gung durch den Notar stark von der üblichen Form
solcher Instrumente ab.
27 Innozenz VIII. Vgl. fol. Ir.
28 Heinrich Kramer. Vgl. fol. Ir.
29 Die handschriftliche Glosse aus den 1560er Jahren
übersetzt: Ketzer Meister.
30 Jacob Sprenger. Vgl. fol. Ir.
31 Heinrich Kramer. Der Kölner Professor Sprenger
war bei dieser Beglaubigung eigenartigerweise nicht
anwesend. Möglicherweise fand sie ohne sein Wissen
statt. Vgl. Einleitung.

Hexen
3.754 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

32 Druck: iudice; Schnyder (1993) 55, Anm. 119,


verbessert zu ›Urteil‹ (iudicio). Sinnvoller ist es aber,
indice zu setzen, was nur einen gekippten Buchstaben
bedeuten würde.
33 Lambertus von s'Heerenberg: 1450 in Köln imma-
trikuliert brachte er es bis zum Professor der Artes
und der Theologie an der Universität Köln, Dekan der
Artes-Fakultät 1458, 1475, 1486, d.h. zur Zeit der
Abfassung des Hexenhammers, und 1496 Dekan der
theologischen Fakultät und 1478 Rektor der Universi-
tät. Er starb 1499. Lambertus de Monte war der ein-
flußreichste Thomist und Aristoteliker der Kölner
Universität. Von der Irrtumsfreiheit des Aristoteles
überzeugt, forderte er sogar dessen Heiligsprechung.
Er hinterließ Kommentare zur ›Physik‹ und zu ›De
anima‹ des Aristoteles sowie eine ›Quaestio de salva-
tione Aristotelis‹. – Hartzheim (1747) 214f., Hansen
(1898) 135, 147, Anm. 72, 151, Anm. 81, Meuthen 1
(1988) 148, 182, Gattermann (1994) 329–331, Nr.
640–644.
34 Druck: Collationatum. Gemeint ist vermutlich die
Überprüfung der Zitate aus der Heiligen Schrift und
anderen Autoritäten.
35 Jacob von Straelen: Jacobus Straelen de Noetlinck
immatrikulierte sich 1440 an der Kölner Universität,
zur Zeit der Abfassung des Hexenhammers Professor

Hexen
3.755 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

der Theologie an der Universität Köln, Dekan in den


Jahren 1459, 1471, 1479, 1485 und 1494, Rektor
1474 und 1487,1479, 1482 und 1487 Vizekanzler
der Universität. Er schrieb einen Kommentar zur
Apokalypse des Johannes und starb 1499. – Hartz-
heim (1747) 154, Hansen (1898) 147f., Anm. 73,
Meuthen 1 (1988) 93.
36 Andreas Schermer aus Ochsenfurt: immatrikuliert
1468, Professor der Theologie 1486, 1493 Dekan der
theologischen Fakultät, 1504 Rektor der Universität.
Er starb 1508. – Hansen (1898) 148, Anm. 74, Han-
sen (1907) 400, Anm. 42.
37 Thomas de Scotia oder Thomas Lyel, kam 1461
von Paris nach Köln, Professor der Artes und der
Theologie an der Kölner Universität, stammte aus
Schottland. 1491, 1498 und 1516 Dekan der theolo-
gischen Fakultät, Rektor in den Jahren 1489, 1502
und 1509. Seit 1500 war er Inhaber einer von der
Stadt Köln getragenen Professur. 1512 eröffnete er
die Verhandlung gegen Reuchlin. Er gehörte zu den
einflußreichsten Kölner Lehrern und starb 1518. Von
ihm ist in der Handschrift 247 der Kölner Diözesan-
und Dombibliothek eine ›collatio synodalis ad clerum
Coloniensem‹ von 1470 überliefert. – Hartzheim
(1747) 308, Hansen (1898) 148, Anm. 75, Meuthen
1 (1988) 198, Gattermann 1 (1993) 700, Nr. 1183.

Hexen
3.756 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

38 Jene nämlich, die die Existenz der Hexen leugnen.


Vgl. Bulle, fol. Ir, sowie Approbatio, fol. IIr.-Vgl.
dazu auch die Einleitung.
39 Johann Vörde von Mechelen: immatrikuliert in der
Artesfakultät 1452, 1465 zum Universitätspedell ge-
wählt, außerdem als öffentlicher Notar 1479 und
1490 nachweisbar, 1492 wegen einer schweren
Krankheit pensioniert. Er starb am 2. Februar 1493. –
Nach einer Überlieferung des 18. Jahrhunderts haben
Thomas de Scotia, wohl 1491 im verlorenen Deka-
natsbuch der Kölner theologischen Fakultät, und Jo-
hannes de Vorda bestritten, jemals das Notariatsin-
strument unterschrieben zu haben. – Hansen (1898)
153, Paulus (1907) 373, Hansen (1907) 398.
40 Sekretär des Rektors oder der Dekane, meist aka-
demisch gebildeter Notar, der Kanzlei-, Protokoll-
und Verwaltungsaufgaben ausführte. – Meuthen 1
(1988)70.
41 Ulrich Kreidweiß von Esslingen, aus dem Esslin-
ger ratsherrlichen Geschlecht Kreid(en)weis Borst
(1977) 219: immatrikuliert 1453, Professor der Theo-
logie an der Universität Köln, Doktorwürde und
Dekan der theologischen Fakultät 1476. Zudem
Dekan in den Jahren 1487, 1495 und 1499, 1482 und
1495 Rektor, 1498 Vizekanzler der Universität. Von

Hexen
3.757 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

1473 bis 1476 hatte er als Neffe des erzbischöflich-


trierischen Kanzlers Johann Kreidweiß in Trier ge-
wirkt. Später hatte er als Rat des Kölner Erzbischofs
Hermann großen politischen Einfluß auf die städti-
sche Politik in Köln. Zusammen mit Thomas Lyel (de
Scotia) unterzeichnete er 1495 ein Gutachten der
theologischen Fakultät über die Lehre der Unbefleck-
ten Empfängnis, in dem der Dominikaner Wigand
Wirt aus Frankfurt zur Rücknahme seiner diesbezüg-
lichen Streitschrift gezwungen wurde. Er starb
1501. – Hansen (1898) 148, Anm. 76, Hansen
(1907) 400, Anm. 42. Meuthen 1 (1988) 169, 194.
42 Konrad Vorn von Kampen: immatrikuliert 1464,
1471 Dekan der Artisten, 1477 Doktor der Theologie,
1477 und 1489 Dekan der theologischen Fakultät,
1473 und 1485 Rektor. Er starb 1496. – Hansen
(1898) 148, Anm. 77.
43 Cornelius Pays de Breda: immatrikuliert 1443,
1468 Dekan der Artisten, 1478 Doktor der Theologie,
1478, 1490, 1497 Dekan der theologischen Fakultät,
1472 und 1493 Rektor, 1491 Vizekanzler der Univer-
sität. – Hansen (1898) 149, Anm. 78.
44 Vgl. oben und Anm. 37.
45 Theodericus von Bummel. Zu Bummel verbessert
in der Kölner Ausgabe des Malleus Maleficarum von

Hexen
3.758 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

1494. Theodericus de Balveren (de Bummel): imma-


trikuliert 1442, 1472 und 1479 Dekan der Artisten,
1490 als Doktor der Theologie erwähnt. – Hansen
(1898) 149, Anm. 79.
46 Heinrich Kramer.
47 Maximilian von Österreich (1459–1518), Sohn
Kaiser Friedrichs III, seit 1486 römischer König Ma-
ximilian I. und Thronfolger, 1508 Erwählter Römi-
scher Kaiser. – Das Original ist verschollen und sein
Wortlaut nicht überliefert. Vgl. Schnyder (1993) 54,
Anm. 112.
48 Heinrich Kramer.
49 Immunität. Der Immunitätsbezirk ist befreit von
öffentlichen Abgaben. Öffentliche Beamte haben dort
keine Machtbefugnis (Introitusverbot). Der Immuni-
tätsherr oder sein Vertreter übt u.a. mittels seiner
Banngewalt die Gerichtsgewalt im Immunitätsbezirk
aus. Lexikon des Mittelalters 5, 390–393.
50 Der Theologieprofessor Lambertus de Monte war
Kanoniker dieser Kirche. Dort befand sich auch seine
Wohnung. – Hansen (1907) 395, Anm. 31.
51 Hansen (1898) 144 identifiziert den Ort mit Ven-
rath.

Hexen
3.759 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

52 Christian Wintzen aus Euskirchen.


53 Arnold Kolich aus Euskirchen. Nachweisbar in
den Akten der Kölner Universität unter dem 30. Au-
gust 1494 als Kleriker der Diözese Köln und mit kai-
serlicher Autorität versehener öffentlicher Notar der
Kölner Kurie. Kolich schrieb an diesem Tag das pri-
vate Testament des oben erwähnten Theologieprofes-
sors Lambertus de Monte nieder. Er beglaubigte zwi-
schen 1486 und 1494 weitere Urkunden des Lamber-
tus in seiner Eigenschaft als Kanoniker von St. An-
dreas in Köln. – Hansen (1907) 394f.
54 Hier endet der Druck der offiziellen Dokumente
aus der Offizin Schöffers. Die restlichen drei Viertel
dieses Blattes bleiben leer. Der jetzt folgende Druck
aus der Offizin Drachs begann jedoch keineswegs mit
dem angekündigten Inhaltsverzeichnis, sondern mit
der »Apologia«. Vgl. Einleitung, S. 28.
55 Heinrich Kramer.
56 Druck: Apologia auctoris in malleum malefica-
rum. Grundlage der Übersetzung ist der Erstdruck aus
der Offizin des Speyerer Druckers Peter Drach. – Be-
nutzt wurde das Exemplar der Staats- und Universi-
tätsbibliothek Göttingen Sign. 4° J. crim. II, 2520
Inc.

Hexen
3.760 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

57 Original: vetus oriens. Gemeint ist Lucifer (vgl. Is


14, 12) als aufsteigender Morgenstern.
58 Original: novus oriens. Gemeint ist Christus (vgl.
z.B. den Preisgesang des Zacharias in Lk 1,78) als
aufgehende Sonne.
59 Vgl. fol. 8vb.
60 Apoc 12,12: »Wehe der Erde und dem Meer!
Denn der Teufel ist zu euch herabgekommen, und er
hat einen großen Zorn, da er weiß, daß er [nur noch]
eine kurze Frist hat.«
61 Ex pacto enim cum Inferno et federe cum morte.
Vgl. für das »Bündnis mit dem (ewigen) Tod« auch Is
28, 14.
62 Jacob Sprenger. Vgl. fol. Ir. Der Glossator der In-
kunabel vermerkt an dieser Stelle: »Jacobus Sprenger-
us inquisitor & Henricus Institoris«.
63 Möglicherweise Fehler des Setzers: zu ergänzen
wäre Heinrich Kramer bzw. Henricus Institoris. Vgl.
zur Autorenfrage die Einleitung.
64 Is 6,6–9.
65 »Hammer der Hexen«.
66 Eigentlich: das Wiedersammeln. Danet (1990)
112 übersetzt mit composition, also Zusammenset-

Hexen
3.761 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

zung, Verfertigung.
67 Hansen (1901) 406 interpretiert den Passus so,
daß Sprenger die Apologia verfaßt habe, hier aber auf
Kramer als Autor hinweist. Die Herausgeber dieses
Bandes folgen dieser Ansicht jedoch nicht, sondern
vertreten die Meinung, daß Kramer versuchte, den
Namen Sprengers zu seinen Zwecken zu mißbrau-
chen. Zu diesem Problem vgl. die Einleitung, S.
31–37.
68 Fehlangabe Kramers. Der erste Teil enthält nach
dem Inhaltsverzeichnis 18, der zweite Teil 25 und der
dritte Teil mit der Eingangsfrage 43, insgesamt also
86 Fragen. Selbst wenn man alle Kapitel des zweiten
Teils unter die beiden Hauptfragen subsumiert, blei-
ben immer noch 63 Fragen übrig.
69 Demon, maleficus et divina permissio: Dies ist
das theologische Fundament des Hexenhammers.
70 Im Text heißt es: Erste Frage der Reihenfolge
nach: Ob die Behauptung, daß es Zauberer gibt, so
sehr rechtgläubig ist, daß die hartnäckige Verteidi-
gung des Gegenteils vollständig ketzerisch wäre?
71 Seite 158: Zweite Frage: Ob es rechtgläubig ist, zu
behaupten, daß zur Ausübung von Schadenszauber
immer der Dämon mit dem Zauberer kooperieren muß
oder ob der eine ohne Zutun des anderen, der Dämon

Hexen
3.762 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

ohne den Zauberer oder umgekehrt, eine solche Wir-


kung herbeiführen kann?
72 S. 177: Dritte Frage des ersten Teils.
73 S. 192: Vierte Frage: Von welchen Dämonen sol-
ches verübt wird?
74 S. 200: Es stellt sich also die Frage über die Ein-
flüsse der Himmelskörper, in der drei andere Irrtümer
widerlegt werden. Und es ist die fünfte der Reihenfol-
ge nach.
75 S. 224: Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen
selbst, die sich den Dämonen unterwerfen. Und dies
ist die sechste Frage [der Reihe nach] und das zweite
[Einteilungs]glied.
76 S. 240: [Siebte] Frage: Ob die Hexen die Gefühle
der Menschen zu Liebe und Haß umwandeln können?
Und es ist die siebte der Reihenfolge nach.
77 S. 256: Achte Frage: Ob die Hexen die Zeugungs-
kraft oder den Geschlechtsakt hemmen können, was
als Schadenszauber in der Bulle enthalten ist?
78 S. 265: Neunte Frage: Ob die Hexen durch ein
Blendwerk [die Vorstellung] bewirken [können], daß
die männlichen Glieder vollständig aus den Körpern
herausgerissen seien?

Hexen
3.763 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

79 S. 274: Zehnte Frage: Ob sich die Hexen an den


Menschen zu schaffen machen und diese mit Blend-
werk in Tiergestalten verwandeln?
80 S. 286: Elfte Frage: Daß die hexenden Hebammen
die Empfängnis in der Gebärmutter auf verschiedene
Arten verhindern, eine Fehlgeburt bewirken und,
wenn sie es nicht tun, die Neugeborenen den Dämo-
nen darbringen.
81 Die Frage I/12 wurde im Erstdruck des Malleus im
Text vergessen. Bei der vorliegenden Ausgabe wurde
sie nach dem Inhaltsverzeichnis im Text ergänzt (fol.
32va).
82 S. 289: Die zwölfte: Über die göttliche Zulassung,
die zum Dämon und zur Hexe hinzukommen muß. Ob
[die Ansicht] den Hexenwerken die göttliche Zulas-
sung zuzusprechen, so rechtgläubig ist, daß das Ge-
genteil, d.h. jene [Behauptung] zurückzuweisen,
durch und durch ketzerisch wäre.
83 S. 299: Es wird die Frage vorgetragen über die
zwei göttlichen Zulassungen, die Gott billigerweise
zuließ, nämlich, daß der Teufel, der Urheber alles
Bösen, sündigte und in ähnlicher Weise die ersten El-
tern zu Fall kamen, weswegen die Taten der Zauberer
mit Fug zugelassen werden. Und es ist die dreizehnte
[Frage] in der Reihenfolge des ersten Teils.

Hexen
3.764 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

84 S. 306: Es wird erklärt, daß die Sünden der Zaube-


rer schwerwiegender sind als die Sünden der bösen
Engel und der ersten Eltern, weshalb, wie die Un-
schuldigen wegen der Schuld der Eltern, so auch jetzt
viele Unschuldige wegen der Sünden der Zauberer
verdammt und durch Zauberei geschädigt werden. Die
vierzehnte Frage ist auch insgesamt Predigtstoff.
85 S. 316: Anhand der fünfzehnten Frage wird er-
klärt, daß wegen der Sünden der Hexen oft Unschul-
dige durch Zauberei geschädigt werden, wenn auch
bisweilen wegen eigener Sünden.
86 S. 323: Die sechzehnte [Frage]: Es wird im spezi-
ellen die erwähnte Wahrheit erklärt, indem die Hexen-
werke mit anderen Arten des Aberglaubens verglichen
werden.
87 S. 330: Die siebzehnte [Frage]: Sie ist die Erklä-
rung der vierzehnten, indem sie die Schwere des Ver-
brechens mit jeglichen Sünden der Dämonen ver-
gleicht.
88 S. 334: Es folgt die Weise, gegen die fünf Argu-
mente der Ungebildeten zu predigen, mit denen sie
hier und da zu beweisen scheinen, daß Gott dem Teu-
fel und den Zauberern wie Hexen keine so große
Macht über die Ausführung derartigen Schadenszau-
bers beläßt.

Hexen
3.765 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

89 Tatsächlich aber zerfällt der 2. Teil (S. 345–597)


entsprechend den zwei Fragen in zwei Hälften (II/1)
und (II/2), von denen die erste 16 und die zweite 9
Kapitel enthält. Insgesamt hat der 2. Teil also 25 Ka-
pitel. Im Text selbst (fol. 43rb) ist schließlich sogar
von 18 Kapiteln für Teil II/1 die Rede. Tatsächlich
wird das 16. Kapitel der Einleitung (fol. 2rb) und im
Text (fol. 74ra) in drei Kapitel aufgeteilt, die dann al-
lerdings kaum auffindbar sind (fol. 74–76v).
90 S. 348: Ob jemand durch die guten Engel so unter-
stützt werden kann, daß er von den Zauberern und
Hexen auf keine der unten angeführten Art behext
werden kann?
91 Text: innoxios. Wahrscheinlich Druckfehler, rich-
tig: innoxias.
92 Seite 363: Von den verschiedenen Mitteln, mit
denen die Dämonen durch die Hexen Unschuldige zur
Vermehrung jener Ruchlosigkeit an sich ziehen und
verlocken. Kapitel 1.
93 S. 371: Es folgt über die Form des gotteslästerli-
chen Gelübdes, Kapitel 2.
94 S. 384: Über die Weise, wie sie von Ort zu Ort be-
fördert werden. Kapitel 3.

Hexen
3.766 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

95 S. 396: Es folgt über die Weise, wie sie sich den


Inkubus-Dämonen unterwerfen. Kapitel 4.
96 S. 411: Über das allgemeine Vorgehen, wie die
Hexen mit den Sakramenten der Kirche ihre Scha-
denszauber ausführen. Und über die Art und Weise,
wie sie gewöhnlich die Zeugungskraft hemmen oder
auch andere Gebrechen an allen Geschöpfen, die
Himmelskörper ausgenommen, [bewirken]. Kapitel 5.
97 S. 417: Über die Weise, wie sie die Zeugungskraft
hemmen. Kapitel 6.
98 S. 420: Über die Weise, wie sie die männlichen
Glieder entfernen. Kapitel 7.
99 S. 428: Über die Weise, wie sie Menschen in Tier-
gestalten verwandeln. Kapitel 8.
100 S. 433: Wie die Dämonen ohne Verletzung in
den Körpern und Köpfen existieren, wenn sie die trü-
gerischen Verwandlungen vornehmen. Kapitel 9.
101 S. 443: Über die Weise, wie die Dämonen den
Menschen bisweilen durch die Handlungen der Hexen
leibhaftig innewohnen. Kapitel 10.
102 S. 455: Über die Weise, wie sie jede Art von
Krankheit zufügen können; und zwar im allgemeinen
über die schweren [Krankheiten]. Kapitel 11.

Hexen
3.767 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

103 S. 464: Über die Weise, wie sie gewöhnlich an-


dere, ähnliche Krankheiten, speziell den Menschen
zufügen. Kapitel 12.
104 S. 472: Über die Weise, wie die hexenden Heb-
ammen noch größere Schäden tun, indem sie Kinder
töten oder unter Verfluchungen den Dämonen opfern.
Kapitel 13.
105 S. 483: Über die Weise, wie die Hexen dem Vieh
verschiedene Schäden antun. Kapitel 14.
106 S. 489: Über die Weise, wie sie Hagelschläge
und Stürme zusammenbrauen und Blitze auf Men-
schen und Vieh schleudern. Kapitel 15.
107 S. 496: [II/1,16–18] Über die drei Arten, wie
man schadenszauberische Männer ermittelt und nicht
Frauen, in drei Kapiteln, und zwar zuerst von den
zauberischen Bogenschützen.
108 S. 510: Es folgt die zweite Hauptfrage dieses
zweiten Teiles, über die Arten, Schadenszauber auf-
zuheben und zu heilen, unter Vorwegnahme eines
Problems.
109 S. 528: Kirchliches Mittel gegen Inkubus- und
Sukkubus-Dämonen. Kapitel 1.
110 S. 537: Mittel für jene, die an der Zeugungskraft
behext werden. Kapitel 2.

Hexen
3.768 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

111 S. 542: Mittel für mit ungezügelter Liebe oder


Haß Behexte. Kapitel 3.
112 S. 549: Mittel für Menschen, denen durch Blend-
werk die männlichen Glieder weggenommen werden
oder die in Tiergestalt verwandelt werden. Kapitel 4.
113 S. 553: Mittel für durch Schadenszauber Beses-
sene. Kapitel 5.
114 S. 562: Erlaubte Exorzismen gegen angehexte
Krankheiten. Und über die Weise, Behexte zu exorzi-
sieren. Kapitel 6.
115 S. 584: Mittel gegen Hagelwetter und Verhexung
des Viehs. Kapitel 7.
116 S. 592: Geheime Mittel gegen verborgene An-
fechtungen seitens der Dämonen. Kapitel 8.
117 Falsche Angabe Kramers. Es sind 17 Fragen.
Insgesamt gliedert sich der dritte Teil des Malleus (S.
599–835) – anders als der zweite Teil – durch die
durchlaufend numerierten Fragen. Allerdings ist diese
Numerierung im Text durcheinandergeraten.
118 S. 601: [III/0] Es folgt der dritte Teil des ganzen
Werkes über die Arten der Ausrottung oder zumindest
der Bestrafung durch die [dazu] bestimmte Justiz vor
dem kirchlichen oder weltlichen Gericht. Und er wird

Hexen
3.769 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

fünfunddreißig Fragen enthalten; die allgemeine und


einleitende jedoch wird vorausgeschickt. [III/0] Ob
die Hexen und ihre Begünstiger, Beherberger und
Verteidiger dem geistlichen Gericht der Bischöfe oder
dem weltlichen [Gericht] unterstellt werden, so daß
die Ketzerinquisitoren von ihrer Inquisition endastet
werden können?
119 S. 627: Erste Frage. Über die Form, den Prozeß
zu beginnen.
120 S. 633: Zweite Frage. Über die Anzahl der Zeu-
gen.
121 S. 636: Dritte Frage.
122 S. 637: Vierte Frage. Über die Beschaffenheit der
Zeugen.
123 S. 638: Fünfte Frage. Ob Todfeinde zur Zeugen-
aussage zugelassen werden?
124 S. 640: Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzuset-
zen ist? Sechste Frage. Wie die Zeugen in Gegenwart
von vier anderen Personen zu verhören sind und wie
die Beschuldigte zweifach zu befragen ist.
125 S. 647: Siebte Frage, in welcher verschiedene
Zweifel bezüglich der erwähnten Befragung und der
leugnenden Antworten erklärt werden. Ob die Be-
schuldigte einzukerkern und wann sie für eine offen-

Hexen
3.770 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

kundig in der Ketzerei der Hexen Ertappte zu halten


sei? Und das ist der zweite Akt [des Richters].
126 S. 650: Achte und mit der vorhergehenden ver-
knüpfte Frage. Ob [die Beschuldigte] einzukerkern
ist, und von der Weise des Verhaftens. Und es ist der
dritte Akt des Richters.
127 S. 653: Neunte Frage. Was nach der Verhaftung
zu tun ist? und ob die Namen der Aussagenden ihr
[der Verhafteten] bekanntzugeben sind? Und es ist der
vierte Akt.
128 S. 657: Zehnte Frage. Wie die Verteidigung samt
der Bestellung eines Anwalts zu gewähren ist? Und es
ist der fünfte Akt.
129 S. 660: Elfte Frage. Was der Anwalt tun soll,
wenn ihm die Namen der Zeugen nicht bekanntgege-
ben werden? Sechster Akt.
130 S. 665: Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte
Frage, die noch weitere Erklärungen dazu bringt, wie
eine Todfeindschaft zu erforschen sei. Siebter Akt.
131 S. 669: Vierzehnte Frage [Fehlzählung!]. Von
dem, was der Richter vor den vorzulegenden Fragen
in der Kerker- und Folterkammer zu beachten hat.
Und es ist der neunte Akt.

Hexen
3.771 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

132 Maleficium taciturnitatis.


133 S. 673: Fünfzehnte Frage [Fehlzählung!]. Über
die Weise, die Beschuldigte zu den [peinlichen] Fra-
gen zu verurteilen, und wie sie am ersten Tag [pein-
lich] zu verhören ist, und ob man ihr die Erhaltung
des Lebens versprechen kann? Zehnter Akt.
134 S. 678: Fünfzehnte Frage. Über die Fortsetzung
der Folter und die Vorsichtsmaßnahmen und Zeichen,
an denen der Richter die Hexe erkennen kann. Und
wie er sich vor ihrem Schadenszauber schützen soll.
Und wie sie zu scheren sind und wo sie ihre Zau-
ber[mittel] verborgen haben? Mit verschiedenen Er-
läuterungen, dem Schweigezauber zu begegnen. Und
es ist der elfte Akt.
135 De signis.
136 S. 686: Sechzehnte Frage. Von der Zeit und fol-
genden Form des Verhörs. Zwölfter Akt. Über die ab-
schließenden Vorsichtsmaßregeln, die vom Richter
beachtet werden müssen.
137 Diese Frage wird im Text übergangen, sie fehlt
einfach. Daher kann der Autor im Text bei der näch-
sten Frage (III/3,1) mit 17 weiterzählen.
138 S. 691: Es folgt der dritte Teil dieses letzten Tei-
les. Wie dieser Glaubensprozeß durch den endgülti-

Hexen
3.772 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

gen Urteilsspruch mit dem gebührenden Ende zu be-


schließen ist.
139 S. 691: Siebzehnte Frage. Über die gewöhnliche
Reinigung und besonders über die Prüfung des glü-
henden Eisens, welche die Hexen beantragen.
140 S. 696: Achtzehnte Frage. Von dem endgültigen
Urteilsspruch an sich und wie er zu fällen ist.
141 S. 700: Neunzehnte Frage. Auf wie viele Arten
Verdacht geschöpft wird, um einen Urteilsspruch fäl-
len zu können?
142 S. 710: Zwanzigste Frage. Über die erste Form,
das Urteil zu fällen.
143 S. 712: Einundzwanzigste Frage. Über die zweite
Form, über eine Beschuldigte, und zwar eine nur übel
beleumundete, das Urteil zu fällen.
144 S. 716: Zweiundzwanzigste Frage. Über die drit-
te Form, das Urteil zu fällen, [und zwar] über eine
übel beleumundete und den [peinlichen] Fragen aus-
zusetzende [Person].
145 S. 721: Dreiundzwanzigste Frage. Über die vierte
Form, über eine Beschuldigte, und zwar leicht Ver-
dächtige, das Urteil zu fällen.
146 S. 724: Vierundzwanzigste Frage. Über die fünf-

Hexen
3.773 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

te Form, ein Urteil zu fällen, und zwar über eine


schwer Verdächtige.
147 S. 728: Fünfundzwanzigste Frage. Über die sech-
ste Form, über eine Beschuldigte, und zwar dringend
Verdächtige, das Urteil zu fällen.
148 S. 736: Sechsundzwanzigste Frage. Über die
Form, das Urteil über eine Beschuldigte zu fällen, die
verdächtig und übel beleumundet ist.
149 S. 741: Siebenundzwanzigste Frage. Über die
Form, das Urteil über eine zu fällen, welche die Ket-
zerei gestanden hat, aber bußfertig ist.
150 S. 745: Achtundzwanzigste Frage. Über die
Form, über eine [Beschuldigte] das Urteil zu fällen,
die gestanden hat, aber, wenn auch bußfertig, doch
rückfällig ist.
151 S. 751: Neunundzwanzigste Frage. Über die
Form, über eine [Beschuldigte] das Urteil zu fällen,
die die Ketzerei gestanden hat, aber unbußfertig, je-
doch nichtA1 rückfällig ist.
152 S. 754: Dreißigste Frage. Über [die Form, das
Urteil zu fällen über] eine, die die Ketzerei gestanden
hat und rückfällig und unbußfertig ist.
153 S. 756: Einunddreißigste Frage. Über [die Form,
das Urteil zu fällen über] einen, der überführt und er-

Hexen
3.774 Das Inhaltsverzeichnis Hexenhammer, 135

tappt ist, jedoch alles leugnet.


154 S. 763: Zweiunddreißigste Frage. Über [die
Form, das Urteil zu fällen über] einen Überführten,
der aber flüchtig oder böswillig säumig ist.
155 S. 770: Dreiunddreißigste Frage. Über eine von
einer anderen, eingeäscherten oder einzuäschernden
Hexe beschuldigte Person. Wie [über sie] das Urteil
zu fällen ist?
156 S. 778: Vierunddreißigste Frage. Über die Form,
das Urteil gegen eine Hexe, welche Schadenszauber
aufhebt, außerdem auch über hexende Hebammen und
zauberische Bogenschützen zu fällen. [Kapitel III/
3,18 und III/3,19 werden in dieser Frage zusammen-
gefaßt!]
157 S. 787: Fünfunddreißigste Frage dieses letzten
Teils. Über die Formen, alle Hexen abzuurteilen, die
in mißbräuchlicher Weise oder auch berechtigt appel-
lieren.
A1 S. 754: Dreißigste Frage. Über [die Form, das Ur-
teil zu fällen über] eine, die die Ketzerei gestanden
hat und rückfällig und unbußfertig ist.

Hexen
3.775 Der Hexenhammer: Erster Teil Hexenhammer, 137

Der Hexenhammer

Erster Teil

Hexen
3.776 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 139

[4ra]

[I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach: Ob die


Behauptung, daß es Zauberer1 gibt, so sehr2
rechtgläubig ist, daß die hartnäckige
Verteidigung des Gegenteils vollständig
ketzerisch wäre?

Es wird argumentiert, daß es nicht rechtgläubig sei,


[irgend] etwas [derartiges] zu behaupten, 26 q. 53:
»Wer glaubt, daß es geschehen kann, daß irgendein
Wesen in einen besseren oder schlechteren Zustand
verwandelt oder in eine andere Gestalt oder in ein an-
deres Erscheinungsbild umgestaltet wird, außer vom
Schöpfer aller Dinge, ist schlechter als ein Heide oder
Ungläubiger.« Wenn berichtet wird, daß solche Dinge
von Zauberern und Hexen4 vollbracht werden, so sagt
man deshalb, es sei nicht rechtgläubig, sondern ketze-
risch, solches zu behaupten.
Ferner [sagt man], es gebe keinerlei schadenszau-
berische Wirkung in der Welt. Als Beweis führt man
an, daß, wenn es so wäre, es durch das Werk der Dä-
monen geschehe. Aber die Behauptung, daß die Dä-
monen körperliche Verwandlungen entweder verhin-
dern oder bewirken könnten, dürfe man nicht als
rechtgläubig ansehen, weil sie ja sonst die ganze Welt

Hexen
3.777 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 140

zerstören könnten.
Ferner [sagt man], jede körperliche Veränderung,
die zum Beispiel zu Krankheiten oder Heilungen
führt, sei auf eine örtliche Bewegung zurückführbar.
Das ergibt sich aus Phys. 75. An erster Stelle gehöre
dazu die Bewegung des Himmels. Aber die Dämonen
können die Bewegung des Himmels nicht verändern
(Dionysius in einem Brief an Polycarp)6, weil dies
Gott allein zusteht. Demnach scheint es so, daß sie
keine Veränderung, zumindest keine wirkliche, an den
Körpern verursachen können. Und deshalb sei es not-
wendig, solche Verwandlungen auf irgendeine verbor-
gene Ursache zurückzuführen.
Ferner [sagt man], so wie das Werk Gottes größer
als das Werk des Teufels sei, sei auch seine Macht
größer. Aber wenn es Schadenszauber auf Erden
gäbe, dann wäre unter allen Umständen das Werk des
Teufels gegen die Schöpfung Gottes gerichtet. Wie es
unerlaubt sei zu behaupten, daß die abergläubisch an-
genommene Macht des Teufels das Werk Gottes über-
treffe, so sei es [auch] unerlaubt zu glauben, daß die
Geschöpfe und Werke Gottes in Gestalt der Men-
schen und Haustiere durch die Werke des Teufels ent-
stellt werden können.
Ferner [sagt man], das, was einer körperlichen
Kraft unterworfen sei, besitze nicht die Kraft, auf
Körper einzuwirken. Aber die Dämonen sind den

Hexen
3.778 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 141

Kräften der Gestirne unterworfen, was daraus ersicht-


lich ist, daß Besprecher bei der Anrufung der Dämo-
nen bestimmte Konstellationen beobachten. Demnach
haben sie nicht die Kraft, in irgendeiner Weise auf
Körper einzuwirken. Noch viel weniger [können dies]
folglich die Hexen.
Desgleichen [4rb] handeln die Dämonen nur durch
[ihre] Kunst. Aber eine Kunst kann keine wirkliche
Gestalt verleihen. Daher heißt es in c. de mineris7:
»Die Autoren alchimistischer Werke mögen wissen,
daß Gestalten nicht verwandelt werden können.«
Daher können auch die Dämonen, die mit Kunstgrif-
fen arbeiten, wirkliche Eigenschaften einer Genesung
oder Erkrankung nicht herbeiführen. Wenn sie aber
wirklich eintreten, haben sie irgendeine andere, ver-
borgene Ursache, ohne das Zutun von Dämonen und
Zauberern. Dagegen [steht] aber in decret. 33 q. 18:
»Wenn durch wahrsagerische oder schadenszauberi-
sche Künste manchmal mit der geheimen Zulassung
von Gottes gerechtem Urteil und unter Beihilfe des
Teufels etc.« Gesprochen wird von der Verhinderung
des ehelichen Beischlafs durch Schadenszauber, wozu
drei [Dinge] nötig seien: nämlich die Hexe, der Teufel
und die Zulassung Gottes. Ferner kann das Stärkere
auf das weniger Starke einwirken. Aber die Kraft des
Dämons ist stärker als die körperliche Kraft, Iob 409:
»Es gibt keine Macht auf Erden, die mit ihm vergli-

Hexen
3.779 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 141

chen werden kann. Er ist geschaffen, daß er nieman-


den fürchte.«
Antwort: Hier sind drei ketzerische Irrtümer zu be-
kämpfen, nach deren Widerlegung die Wahrheit of-
fensichtlich sein wird. Denn einige haben nach der
Lehre des heiligen Thomas in 4 dist. 3410, wo er die
Verhinderung [des Zeugungsakts] durch Schadens-
zauber behandelt, zu behaupten versucht, daß es kei-
nen Schadenszauber auf Erden gebe, außer in der
Vorstellungskraft der Menschen, die dem Zauberwerk
natürliche Erfolge mit verborgenen Ursachen zu-
schreiben. Andere, die zugeben, daß es Zauberer gibt,
behaupten, daß die zauberischen [Erfolge] sich bloß
in der Einbildung und in der Phantasie einstellen.
Dritte sagen, schadenszauberische Handlungen seien
überhaupt ein Produkt der Phantasie und der Einbil-
dung, mag der Dämon sich auch mit der Hexe in
Wirklichkeit zusammentun.
Ihre Irrtümer werden wie folgt bezeichnet und wi-
derlegt. Die ersteren werden von den Gelehrten kate-
gorisch zu Ketzern erklärt, besonders vom heiligen
Thomas im erwähnten 4 dist., art. 311 und in der
gesamten Frage, wo er sagt, daß diese Meinung voll-
ständig gegen die Autoritäten der Heiligen sei und aus
der Wurzel des Unglaubens hervorgehe. Denn die Au-
torität der Heiligen Schrift besagt, daß die Dämonen
Macht über die körperlichen Dinge und über die Ein-

Hexen
3.780 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 142

bildungskraft der Menschen haben, wenn es von Gott


zugelassen wird, wie aus vielen Stellen der Heiligen
Schrift ersichtlich ist. Deswegen glauben jene, die
sagen, daß es auf Erden keinen Schadenszauber gebe,
außer in der menschlichen Einbildung, auch nicht
[4va], daß es Dämonen gebe, außer in der Vorstel-
lung des gemeinen Volkes, so daß der Mensch die
Schrecken, die er sich selbst bereitet, nach seinem
Gutdünken dem Dämon aufbürde. Und da auch aus
einer starken Phantasie heraus Gestalten so in der
Wahrnehmung erscheinen, wie sie der Mensch sich
vorstellt, dürfen wir sagen, daß man dann auch
glaubt, Dämonen zu sehen oder gar Zauberer. Doch
der wahre Glaube weist dies zurück; nach ihm glau-
ben wir, daß die Engel von Himmel gestürzt sind und
daß es Dämonen gibt, so räumen wir auch ein, daß sie
aus dem Scharfsinn ihrer Natur heraus vieles vermö-
gen, was wir nicht können. Und jene, die sie dazu be-
wegen, solches zu tun, nennt man Zauberer. Soviel
dazu [bei Thomas]. Weil aber Unglaube bei einem
Getauften Ketzerei genannt wird, deshalb werden sol-
che der Ketzerei bezichtigt.
Die anderen beiden Irrtümer, die die Dämonen und
ihre natürliche Macht nicht leugnen, untereinander
aber bezüglich der schadenszauberischen Wirkung
und der Hexe selbst uneins sind, insofern der eine
[Irrtum] zugesteht, daß die Hexe wirklich zur Ausfüh-

Hexen
3.781 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 142

rung beiträgt, nicht aber zu einer wirklichen, sondern


zu einer eingebildeten. Der andere [Irrtum] aber gibt
im Gegenteil zu, daß eine reale Wirkung in der Schä-
digung vorliegt, [behauptet] aber, daß die Hexe nur in
der Phantasie mitwirke. Die Grundlage des Irrtums
[rührt her] aus zwei Stellen des Kanons in 26 q. 5
Episcopi12. Dort werden erstens die Frauen getadelt,
die glauben, daß sie mit Diana oder Herodias zu
nächtlichen Stunden ausreiten. Man sehe dort den
Kanon ein. Und weil solche Dinge oft nur in der
Phantasie und Einbildung geschehen, deshalb meinen
jene Irrenden, daß dies auch für alle übrigen Wirkun-
gen gelte.
Zweitens heißt es dort, daß, wer glaubt oder versi-
chert, daß es geschehen kann, daß irgendeine Kreatur
entweder zum Besseren oder zum Schlechteren ver-
wandelt oder in eine andere Gestalt oder in ein ande-
res Abbild umgewandelt werde, außer durch Gott,
dem Schöpfer aller Dinge [allein], ist ungläubig und
schlechter als ein Heide. Weil es also dort heißt:
»oder zum Schlechteren verwandelt zu werden«,
sagen sie, jene Wirkung im Behexten sei nicht real,
sondern bloß ein Phantasiegebilde.
Aber daß diese Irrtümer nach Ketzerei schmecken
und gegen das rechte Verständnis des Kanons versto-
ßen, wird erstens sowohl durch das göttliche Recht
als auch durch das kirchliche und weltliche bezeugt.

Hexen
3.782 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 143

Und dies im allgemeinen und erst recht im besonderen


durch die deutliche Erklärung der Worte des Kanons,
mag dies auch in der folgenden Frage eingehender
hergeleitet werden [4vb]. Denn das göttliche Recht
schreibt an nicht wenigen Stellen vor, daß Hexen
nicht allein zu meiden, sondern auch zu töten seien.
Solche Strafen würde es nicht verhängt haben, wenn
sie sich nicht wirklich und zu realen Wirkungen und
Schäden mit den Dämonen zusammengetan hätten.
Körperlicher Tod wird nämlich nicht zugefügt ohne
eine leibliche schwere Sünde, im Unterschied zum
Tod der Seele, der von einer wahnhaften Illusion oder
auch einer Versuchung seinen Ausgang nehmen kann.
Dies ist die Meinung des heiligen Thomas in 2 Dist.
713 [in der Frage]: Ob sich der Hilfe der Dämonen zu
bedienen, ein Übel sei? Denn in Deuteronomium
1814 wird befohlen, daß alle Zauberer und Bespre-
cher zu töten sind. Auch in Leviticus 1915 wird ge-
sagt: Gegen die Seele, die sich zu Magiern und ario-
li16 geneigt hat und mit ihnen gebuhlt hat, richte ich
meinen Blick und vertilge sie aus der Mitte meines
Volkes. Und abermals [Leviticus] 2017: Ein Mann
oder eine Frau, in denen ein orakelnder18 oder pro-
phetischer Geist war, soll sterben. Sie sollen gestei-
nigt werden. Und phitones19 werden solche genannt,
in denen der Dämon wundersame Wirkungen hervor-
bringt.

Hexen
3.783 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 144

Überdies verhalten sich die Dinge so, daß wegen


dieser Sünde der kranke Ochozias starb, 4 Reg. 1,
und [auch] Saul 1 Paralipomenon 1020. Die Kom-
mentatoren der göttlichen Worte, was haben sie in
ihren Schriften über 2 dist. 7 und 8 anderes angege-
ben über die Macht der Dämonen und die magischen
Künste? Man möge die Schriften jedes beliebigen
Doktors über das zweite Buch der Sentenzen21 nach-
lesen, und man wird keine Widersprüche finden, daß
Magier und Zauberer durch die Kraft der Dämonen
mit Zulassung Gottes wundersame Wirkungen, die
nicht der Phantasie [entsprungen sind], herbeiführen
können. Ich verschweige die verschiedenen anderen
Stellen, in denen der heilige Thomas eingehend von
derlei Werken handelt, wie in der summa contra
gentiles, Buch 3, Kap. 1 und 222, im ersten Teil,
quaestio 114, ar. 423 Und in 2,2, quaestio 82 und
8324. Man möge auch die Postillatoren25 und Glos-
senschreiber nachsehen über die Magier des Pharao,
Exodus 726. Man möge auch die Aussagen des Au-
gustinus nachsehen, 18 De civitate dei, Kap. 1727
und in de doctrina christiana 228. Ebenso die ande-
rer Gelehrter, denen allen zu widersprechen absurd
ist. Und es kann nicht vom Laster der Ketzerei ent-
schuldigen, vielmehr wird jeder nach dem [kanoni-
schen] Recht Ketzer genannt, der bei der Auslegung
der Heiligen Schrift irrt, 24 quaestio 1 haeresis29.

Hexen
3.784 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 145

Und wer auch immer anders denkt über Glaubensdin-


ge, als es die römische Kirche gelten läßt, eben dort
und quaestio Hec est fides.
Daß sie schließlich [5ra] gegen das rechte Ver-
ständnis des Kanons verstoßen, sieht sich durch das
kirchliche Gesetz aufgezeigt. Denn auch die doctores
des kanonischen Rechts über c. Si per sortiarias et
maleficas artes 34, q. 130 und extra de frigidis et
maleficiatis31 – sie sagen nichts anderes über die
schadenszauberische Hinderung beim ehelichen Bei-
schlaf, als daß sie die geschlossene und zu schließen-
de Ehe zum Scheitern bringt. Sie sagen nämlich wie
auch Thomas in 432, wie oben, daß, wenn der Scha-
denszauber vor der fleischlichen Vereinigung über die
Ehe kommt, er dann, wenn er von Dauer ist, die ge-
schlossene Ehe hemmt und scheidet. Eine solche Mei-
nung würde man über eine eingebildete oder phanta-
stische Wirkung nicht unterbreiten, wie sich von
selbst versteht. Man mag bei Hostiensis in der um-
fänglichen summa33 nachsehen wie auch bei Gotfri-
dus34 und Raymundus35, von denen man wirklich
nirgendwo liest, daß sie [in der Frage] eine Schwie-
rigkeit gesehen hätten, ob eine solche Wirkung für
eingebildet und nicht wirklich gehalten werden könne.
Statt dessen setzten sie dies als etwas Selbstverständ-
liches voraus. Und [über die Frage], wie [die Hinde-
rung] als dauerhaft oder zeitweilig beurteilt werden

Hexen
3.785 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 145

könne, erklären sie, wenn sie über drei Jahre dauere,


[sei sie dauerhaft]. Und sie hatten keinen Zweifel, ob
sie von der Hexe in der Einbildung und illusionär zu-
gefügt werde, sondern [gingen davon aus], daß eine
solche Schwäche durch die Kraft des Dämons wegen
des mit ihm geschlossenen Paktes wahrhaft und in
Wirklichkeit bewirkt werden könne oder auch durch
den Dämon selbst ohne die Hexe, mag das auch sehr
selten innerhalb der Kirche geschehen, wo doch das
Ehesakrament eingemietet ist36. Statt dessen gesche-
he das unter den Ungläubigen, d.h. weil [der Dämon]
erkennt, daß er sie mit Recht besitzt, wie Petrus de
Palude in seinem [Sentenzenkommentar] 437 von
einem Bräutigam berichtet, der sich mit einem Phan-
tom verlobt und nichtsdestoweniger mit einem jungen
Mädchen eine Heirat geschlossen habe, das er aber
wegen des Teufels, der sich regelmäßig in einem an-
genommenen Körper dazwischen gelegt hatte, nicht
erkennen konnte. In der Kirche jedoch versucht der
Teufel, solches eher durch die Hexen wegen der Aus-
sichten auf das Verderben der Seelen zu bewirken.
Und wie er dies tun kann und womit, wird unten dar-
gelegt werden, wo die sieben Arten, den Menschen
durch entsprechende Handlungen zu schaden, behan-
delt werden38. Auch aus den anderen Fragen, die
Theologen und Kanonisten über diese Materie auf-
werfen, ergibt sich dasselbe, indem sie erörtern, wie

Hexen
3.786 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 146

solches behoben werden könne und ob es erlaubt sei,


es mit einem anderen Schadenszauber zu beheben und
was zu tun sei, wenn die Hexe, durch die der Scha-
denszauber [5rb] verursacht worden ist, tot sei. Die-
sen Fall erwähnt Gotfridus in seiner summa39, was
in den Fragen des dritten Teils40 erklärt wird.
Warum schließlich hätten die Kanonisten so sorg-
fältig verschiedene Strafen angeführt, indem sie zwi-
schen heimlicher und offenbarer Sünde der Zauberer
oder vielmehr der Weissager unterschieden (da der
schädliche Aberglauben verschiedene Formen auf-
weist), so etwa, daß, wenn sie offenkundig sei, die
Eucharistie verweigert werde, wenn heimlich, Buße
von 40 Tagen [auferlegt werde], de consideratione
di. 2 pro dilectione41. Desgleichen soll er, wenn er
ein Kleriker ist, abgesetzt und in ein Kloster einge-
wiesen werden. Wenn er ein Laie ist, soll er exkom-
muniziert werden, 26 q. 5. non oportet42. Gleich-
falls, daß solche für übel beleumundet zu erklären
sind und daß außerdem die, die sie aufsuchen, nicht
einmal zur Anklage zugelassen werden dürfen, 2 q. 8
quisquis nec43.
Dasselbe wird auch durch das weltliche Recht auf-
gezeigt. Denn Azo, Summa über 9 lib. Cod. Rubr.
de maleficis post l. Corneliam de siccariis et homi-
cidis44 sagt: »Man muß wissen, daß alle jene, die das
Volk Zauberer nennt und auch jene, die sich auf die

Hexen
3.787 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 147

Kunst des Weissagens verstehen, die Todesstrafe er-


leiden«, wie [es steht in] l. nemo, C. de maleficis45.
Ebenso geben die Strafe an: l. culpa46, l. nullus47.
Diese Gesetze nämlich benutzen diese Worte: »Nie-
mandem ist erlaubt weiszusagen, andernfalls wird das
Richtschwert die Todesstrafe an ihm vollziehen«, und
es folgt: »Es gibt auch andere, die mit der magischen
Kunst dem Leben der Unbescholtenen nachstellen und
die Herzen der Frauen auf die fleischliche Lust len-
ken. Und diese werden den wilden Tieren vorgewor-
fen«, wie C.l. multi [besagt]48. Es bestimmen auch
die Gesetze, daß zu ihrer Anklage jedermann zugelas-
sen wird, wie auch der Kanon sagt, c. in favorem
fidei lib. 6 de haeresi49. Daher steht eben dort dar-
unter: Zu solcher Anklage wird jedermann zugelassen,
wie bei einer Majestätsbeleidigung. Denn sie verlet-
zen ja gewissermaßen die göttliche Majestät selbst.
Desgleichen steht darunter, daß sie den [peinlichen]
Befragungen im Verhör unterworfen werden. Und
jeder, gleich welche Würde er trägt, wird der Befra-
gung unterworfen, und wer überführt wird oder seine
Tat offenbart, der wird dem »Pferdchen«50 überge-
ben. Indem die Seiten (des Körpers) von Krallen
durchpflügt werden, erleidet er die Strafen, die seiner
Tat würdig sind, wie in demselben Cod. lege si ex.
etc. [steht]51.
Man bemerke, daß sie einst durch eine solche zwei-

Hexen
3.788 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 148

fache [5va] Strafe bestraft wurden: [durch] die Todes-


strafe und die Kralle zur Zerfleischung des Leibes
oder indem man sie den wilden Tieren zum Fressen
vorwarf. Jetzt aber werden sie, vielleicht wegen des
weiblichen Geschlechts, verbrannt. Gleichfalls verbie-
ten sie [die weltlichen Gesetze] den Kontakt. Daher
wird hinzugefügt: Aber es soll nicht zugelassen wer-
den, daß solche an die Schwelle eines anderen treten.
Sonst sollen die Güter [des anderen] verbrannt wer-
den52. Noch soll jemand sie aufnehmen oder zu Rate
ziehen. Sonst werden sie auf eine Insel geschafft und
alle [ihre] Güter konfisziert. Hier wird die Strafe des
Exils mitsamt dem Verlust aller Güter festgesetzt für
diejenigen, die solche zu Rate ziehen oder aufneh-
men53. Wo die Prediger solche Strafen den Völkern
und Herrschern der Erde öffentlich bekanntmachen,
rütteln sie mehr gegen die Hexen auf als durch sonsti-
ge Ausführungen aus den Schriften. Außerdem billi-
gen die Gesetze auch diejenigen, die deren Schadens-
zauber Widerstand leisten. Daher wie oben l.
eorum54: Andere aber, die bewirken, daß die Werke
der Menschen nicht von Winden oder Hagelschlag
vernichtet werden, verdienen nicht Strafe, sondern Be-
lohnung. Wie es aber erlaubt sei, solche Dinge zu ver-
hindern, wird, wie gesagt, unten aufgezeigt55. Aber
all dieses zu leugnen oder in anmaßender Weise jenen
[Gesetzen] zu widersprechen – wie kann dies frei von

Hexen
3.789 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 148

der Besorgnis ketzerischer Verkehrtheit sein? Möge


ein jeder beurteilen, sofern ihn nicht vielleicht die Un-
kenntnis entschuldigt. Aber welche Art von Nichtwis-
sen entschuldigt, wird sofort weiter unten deutlich
werden.
Alles in allem ist daraus zu schließen, daß die Be-
hauptung rechtgläubig und nur zu wahr ist, daß es
Zauberer gibt, die mit Hilfe der Dämonen wegen des
mit ihnen geschlossenen Paktes tatsächliche Wirkun-
gen mit der Zulassung Gottes erzielen können, ohne
auszuschließen, daß sie auch imstande sind, vorge-
spiegelte und phantastische Wirkungen durch Trug-
bilder zu bewerkstelligen. Aber weil sich die vorlie-
gende Untersuchung auf die schadenszauberischen
Wirkungen erstreckt, die sich von den anderen sehr
unterscheiden, deswegen gehört dies nicht zur Sache,
weil solche Leute besser Wahrsager und Besprecher
genannt werden als Zauberer.
Weil sie schließlich die Grundlage ihres Irrtums
aus den Worten des Kanons gewinnen, besonders die
beiden letzten Irrtümer, ganz zu schweigen vom er-
sten, der sich selbst verurteilt, da er ja gegen die
Wahrheit der Schrift verstößt, muß man zum rechten
Verständnis des Kanons gelangen. Und zuerst gegen
[5vb] den ersten Irrtum desjenigen, der sagt, das ver-
mittelnde Bindeglied sei ein Truggebilde, aber der äu-
ßerste Bestandteil wirklich. Hier ist zu bemerken, daß

Hexen
3.790 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 149

es vierzehn Hauptformen dieses Aberglaubens gibt,


die wiederzugeben der Kürze halber nicht angebracht
ist, auch weil sie genau angeführt werden von Isidor,
8 ethi.56 und vom heiligen Thomas, 2,2. q. 9257.
Ferner auch, weil sie weiter unten, wo die Schwere
dieser Ketzerei behandelt wird, eigens erwähnt wer-
den. Und zwar in der letzten Frage dieses ersten
Teils58.
Die Gattung, von der solche Frauen erfaßt werden,
heißt die Gattung der phitones59, in denen der
Dämon entweder spricht oder Wundertaten vollbringt.
In der Reihenfolge ist sie auch oft die erste. Die Gat-
tung aber, unter die die Zauberer fallen, nennt man die
Gattung der Zauberer. Und weil sie untereinander sehr
verschieden sind, ist es nicht nötig, daß der, der einer
zugehörig ist, auch unter die anderen gefaßt wird, wie
denn der Kanon60 nur jene Frauen anführt und nicht
die Zauberer und Hexen, so versteht den Kanon
falsch, wer derartige eingebildete Folgen aus dessen
Hauptabschnitten auf die ganze Art des Aberglaubens
und alle seine Gattungen übertragen will, daß so, wie
jene Frauen nur in der Vorstellung [hinweg getragen
werden], dann auch alle Hexen hinweg getragen wer-
den. Und noch mehr fälscht den Kanon, wer aus
jenem nachweisen wollte, daß sie sich nur in der Ein-
bildung auf die schadenszauberische Bewirkung von
Übel und Krankheit verstehen.

Hexen
3.791 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 150

Überdies werden die, die in solcher Weise irren,


noch mehr getadelt werden müssen, wenn sie den äu-
ßersten Bestandteil als wirklich zugeben, nämlich
einen wirkenden Dämon und die wirkliche Erregung
einer Krankheit [und] sagen, daß das vermittelnde
Bindeglied des Werkzeuges, nämlich die Person der
Hexe, [nur] in der Phantasie hinzukommt, wo doch
das Mittel an der Natur der Erscheinungen teilhat. Es
gilt auch nichts, wenn gesagt werden sollte, daß auch
die Phantasie etwas Wirkliches sei, weil nämlich die
Phantasie als solche nichts erreichen noch beim Werk
des Dämons hinzutreten kann, außer durch einen mit
dem Dämon eingegangenen Pakt. In diesem Pakt hat
sich die Hexe ganz preisgegeben und sich an den Teu-
fel ernstlich und in Wirklichkeit und nicht nur in der
Phantasie und eingebildetermaßen gebunden. So ist es
auch nötig, daß sie mit dem Teufel wahrhaft und kör-
perlich zusammenwirkt. Denn auch dazu sind alle
Werke der Zauberer da, wo immer sie durch ihr Han-
deln Schadenszauber vollbringen, entweder durch Be-
rührung61 oder durch einen Blick oder durch einen
Spruch oder irgendein Zaubermittel, das unter die
Schwelle eines Hauses gelegt wird62, wie in der fol-
genden Frage verdeutlicht wird.
Außerdem, wenn jemand die Worte [6ra] des Ka-
nons sorgfältig durchliest, wird er viererlei bemerken,
was die Prediger und Priester in den ihnen anvertrau-

Hexen
3.792 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 151

ten Gemeinden mit allem Nachdruck dem Volk predi-


gen sollen, nämlich daß niemand glaube, daß es außer
dem einen Gott noch irgendein [anderes] höchstes und
göttliches Wesen gebe. Zweitens, daß mit der Diana
oder Herodias zu reiten heißt, mit dem Teufel auszu-
fahren, der sich [nur] als solche vorspiegelt und nennt.
Drittens, daß ein solcher Ritt dann in der Einbildung
geschieht, wenn der Teufel die ihm durch Ungläubig-
keit unterworfenen Sinneskräfte so beherrscht, daß
man meint, die Dinge, die allein geistig geschehen, er-
eigneten sich körperlich. Viertens, daß sie einem sol-
chen Herrn in allem zu gehorchen haben. Daher ist es
absurd, diese Worte auf die schadenszauberischen
Handlungen auszudehnen, da es verschiedene Arten
[von Handlungen] sind. Ob aber die Zauberer auch
örtlich hinweg getragen werden können, nach ihrer
Form des Aberglaubens, oder allein in der Einbildung
wie die phitones63, wird in den Kapiteln des zweiten
Teils, im Kapitel drei64 behandelt: daß [sie es] auf
beide Arten [können]. Und so wird der zweite Irrtum
mitsamt dem ersten ausgeräumt, was die Grundlage
und das rechte Verständnis des Kanons65 anlangt.
Auch der dritte [Irrtum], der aus dem Wortlaut des
Kanons66 das schadenszauberische Wirken für einge-
bildet erklärt, wird durch die Worte des Kanons aus-
geräumt. Denn wenn es in ihm heißt, daß, wer glaubt,
daß irgendeine Kreatur entweder in einen besseren

Hexen
3.793 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 151

oder in einen schlechteren Zustand oder in eine andere


Gestalt oder ein Abbild verwandelt werden kann,
außer durch den Schöpfer aller Dinge selbst etc.,
schlechter sei als ein Heide, dann sind diese drei
Punkte67, wenn sie unverstellt betrachtet werden,
gegen das Zeugnis der Schrift und die Festlegung der
doctores. Denn daß von den Hexen irgendwelche Ge-
schöpfe gemacht werden können, wie etwa wirkliche,
[aber] unvollkommene Tiere, ist im folgenden Kanon
Nec mirum68, nach dem angeführten Kanon Episco-
pi, zu lesen. Was Augustinus69 von den Magiern
des Pharao erklärt, die Stäbe in Schlangen verwan-
deln, mag man in der Glosse zu Exodus 770 nachle-
sen: »Der Pharao rief Weise«. Man möge auch die an-
dere Glosse des Strabo71 nachlesen: daß die Dämo-
nen in der Welt umherschweifen, wenn die Zauberer
durch Ausrufung durch sie etwas zu verrichten wün-
schen und daß sie verschiedene Samen sammeln. Und
aus deren Verwendung72 können verschiedene Ge-
stalten entstehen. Man möge auch bei Albertus de
animalibus73 und beim heiligen Thomas, pars 1, q.
114, ar. 474 nachlesen. Ihre Aussagen werden der
Kürze halber weggelassen. Allein [6rb] das bleibt
noch übrig, daß dort »gemacht werden« als »geschaf-
fen werden« zu verstehen ist.
Zweitens auch, daß »könne in einen besseren oder
schlechteren Zustand verwandelt werden« verstanden

Hexen
3.794 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 152

werden soll als allein von Gott verhängt zur Besse-


rung oder auch zur Bestrafung. Öfter wird dieses aber
durch die Dienstbarkeit der Dämonen vollzogen. Und
wie vom ersten gesagt wird: »der Herr selbst schlägt
und heilt« und »ich bin es, der tötet und der lebendig
macht«75, so heißt es vom zweiten »Sendung durch
böse Engel«, wie es oben erwähnt worden ist. Im
zuvor erwähnten Kanon nec mirum76 möge man die
Worte des Augustinus nachschauen, wo gesagt wird,
daß die Zauberer und desgleichen ihre Werke den
Menschen bisweilen nicht nur Krankheiten, sondern
auch den Tod bringen.
Drittens ist es auch förderlich, [den Kanon Episco-
pi] recht zu verstehen, da die heutigen Zauberer öfter
durch das Werk der Dämonen in Wölfe oder andere
wilde Tiere verwandelt werden. Aber der Kanon
spricht von wirklicher Umwandlung und wesensmäßi-
ger und nicht von trügerischer, die öfter vorkommt.
Von dieser berichtet auch Augustinus 18 de ci. dei
cap. 1777 vieles, wie von der äußerst berüchtigten
Zauberin Kirke78 und von den Gefährten des Diome-
des79 und vom Vater des Praestantius. Diese Materie
wird in den Kapiteln des zweiten Teils dargelegt. Und
ob die Zauberer immer dabei oder abwesend sind und
ob der Teufel in dieser Form erscheint oder der
Mensch für sich selbst, solches möge in Kapitel 6 und
7 nachgeschaut werden.

Hexen
3.795 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 153

Aber weil der zweite Teil der Frage sagt, das Ge-
genteil davon hartnäckig zu behaupten sei ketzerisch,
fragt sich, ob solche gleichsam in der ketzerischen
Verworfenheit manifest ertappt oder nur gleichsam
der Ketzerei heftig verdächtig befunden werden müs-
sen. Und es ist offenbar ersteres der Fall. Denn Bern-
hardus in der Glossa ordinaria in cap. ad abolend-
am § presenti und vers. deprehensi extra de
here80. »Durch die vorliegende Bestimmung setzen
wir fest, daß wer auch immer offensichtlich bei der
Ketzerei ertappt wird« etc. Er erklärt, daß auf dreier-
lei Weise jemand als offensichtlich ertappt befunden
wird: durch die Offenkundigkeit der Tat zum Bei-
spiel, weil er öffentlich die Ketzerei predigt, durch
den rechtmäßigen Beweis durch Zeugen oder durch
sein Geständnis. Und weil solche öffentlich predigen
oder unbesonnen sich allem zuvor Gesagten widerset-
zen, indem sie behaupten, es gebe keine Hexen oder
sie könnten den Menschen keineswegs Schaden zufü-
gen, sind daher von dieser Bestimmung die gleichsam
bei solcher Verworfenheit manifest Ertappten erfaßt.
Gleichlautenden Sinnes ist desselben [6va] Bernhar-
dus Glosse c. excommunicamus secundo über das
Wort deprehensi publice. Darauf bezieht sich auch c.
super quibusdam extra de verbi signi81. Der Leser
möge eben dort im Kanon nachschauen, und er wird
die Wahrheit erkennen.

Hexen
3.796 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 154

Aber dagegen [könnte jemand einwenden], daß dies


allzu hart scheint: nämlich wegen der angefügten
Strafbestimmung, die in c. ad abolendam § presenti
extra de here.82 verzeichnet wird, wo dem Kleriker
die Degradierung auferlegt wird und der Laie zur Be-
strafung dem Ermessen der weltlichen Gewalt mit der
gebührenden Strenge zu überlassen ist; ferner auch
wegen der Unkenntnis und der Vielzahl derer, die
schuldhaft in einem solchen Irrtum [befangen] er-
scheint. Und wegen einer solchen Menge muß die
Strenge der Justiz gebührend gemäßigt werden, di. 40
ut coastitweretur83. Antwort: Da es unsere Absicht
ist, die Prediger solcherlei Dinge mehr vom Laster der
Ketzerei zu entschuldigen als zu beschuldigen, so wie
es gesagt wird extra de presump. c. litteras § quo
circa mandamus84 und wir nicht wollen, daß selbst
wegen eines noch so schwerwiegenden Verdachtes
jener eines so schweren Verbrechens schuldig gespro-
chen wird etc. eben dort Glosse über ver. condem-
nari, kann gegen einen so schwerwiegend Verdächti-
gen vorgegangen werden, aber er darf deswegen nicht
verurteilt werden, außer wenn, wie ebenda erklärt
wird, ein dringender Verdacht vorhanden ist. Allein
weil wir den, Verdacht nicht ausschließen können und
dies wegen ihrer anstößigen Behauptungen gegen die
Wahrheit des Glaubens – und zudem gibt es drei For-
men des Verdachts: leicht, heftig und dringend, von

Hexen
3.797 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 154

denen im c. accusatus und c. cum contumacia li. 6


de here.85 und kommentiert beim Archidiaconus86
und bei Johannes Andreae über c. accusatus et
verbo vehemens et de presump. c. litteras87 über
den dringenden Verdacht auch im canon di. 34 quor-
undam88 gesprochen wird deswegen ist zu untersu-
chen, welchem Verdacht ein solcher Prediger unter-
liegt. Und da die Lehrer [, die solche Behauptungen
aufstellen,] sich bekanntlich bei solchen Irrtümern
nicht gleich verhalten, insofern einige aus bloßer Un-
kenntnis des göttlichen Rechts, andere, die obwohl
genügend unterrichtet, noch schwanken und unschlüs-
sig sind und sich nicht vollständig dazu bekennen
wollen, und da der Irrtum im Geiste noch keinen Ket-
zer macht, wenn nicht die Verstocktheit des Willens
hinzukommt, so ist es auch angemessen zu sagen, daß
sie nicht im selben Maße dem Verdacht der Ketzerei
unterfallen. Allein wenn sie meinen, sie könnten auf-
grund der Unkenntnis [6vb] davonkommen, so mögen
sie wenigstens bedenken, wie schwer sündigt, wer
sich aus solcher Unkenntnis vergeht. Denn wie viel-
fältig auch die Unkenntnis sei, kann sie, wie sie auch
immer beschaffen sein mag, bei den Seelsorgern nicht
unvermeidbare Unkenntnis oder nach den Philoso-
phen teilweise Unkenntnis genannt werden, die von
Juristen und Theologen ignorantia facti genannt
wird. Sondern die Unkenntnis wird bei ihnen als eine

Hexen
3.798 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 155

allgemeine eingeschätzt, die die Unkenntnis des gött-


lichen Gesetzes ist, weil sie das betrifft, was jeder
vom Recht gemäß dem göttlichen Gesetz wissen muß:
dist. 43 Papst Nikolaus89: »Die Ausstreuung des
himmlischen Samens ist uns auferlegt. Wehe, wenn
wir ihn nicht ausstreuen, wehe wenn wir schweigen.«
Sie sind nämlich gehalten, Kenntnis zu haben von der
Heiligen Schrift, dist. 36 per totum. Und dazu zur
Unterrichtung der Seelen der Untergebenen dasselbe
dist. c. 2 § ecce et § si quis vult90, mag auch nach
Raimundus91, Hostiensis92 und Thomas93 nicht
verlangt werden, daß sie eine überragende Kenntnis
haben, aber doch eine angemessene, d.h. genügende,
um ihr Amt auszuüben94.
Doch ist ihnen zum Trost, wenn sie nur die frühe-
ren Schäden durch spätere Verdienste wieder gut ma-
chen, bei ihnen zu beachten, daß diese Unwissenheit
im Recht, mag sie bisweilen anmaßend, unbedarft und
leichtfertig genannt werden, doch anmaßend, d.h. wil-
lentlich, in zweifacher Weise willentlich heißt: weil
bisweilen absichtlich, bisweilen unabsichtlich. Erste-
res entschuldigt nämlich keineswegs, sondern ver-
dammt. Darüber [sagt] der Psalmist95: »Er wollte
nicht einsehen, daß er gut handeln sollte.« Das zweite
mindert das Willentliche und so auch die Sünde, weil
es geschieht, wenn jemand gehalten ist, etwas zu wis-
sen, aber nicht weiß, daß er gehalten ist, wie es auch

Hexen
3.799 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 156

bei Paulus war, 1 Timoth. 196: »Mir ist Barmherzig-


keit widerfahren, weil ich es unwissentlich tat im Un-
glauben.« Warum es jedoch trotzdem indirekt anma-
ßend heißt? Weil der Betreffende wegen anderer Be-
schäftigungen das zu lernen unterläßt, was er zu wis-
sen gehalten ist, und sich nicht bemühen will, dies
fleißig zur Kenntnis zu nehmen, und dieses nicht vom
Ganzen entschuldigt, sondern nur von einem Teil.
Und auch nach Ambrosius über jenes [Wort], Rom.
297: »Weißt du denn nicht, daß die Güte Gottes dich
zur Buße führt?« Der sagt: Du sündigst sehr schwer,
wenn du über Gebühr unwissend bist, d.h. sehr ge-
fährlich. Deswegen, und besonders gar in der Be-
drängnis, wollen wir alle Unwissenheit verjagen, um
den Seelen in den Gefahren zu Hilfe zu kommen, und
das strengste Gericht, das uns nach strenger Abrech-
nung über das uns anvertraute Pfund bevorsteht,
immer vor Augen haben, damit nicht [7ra] auch in
uns die Unwissenheit sich als unbedarft und leichtfer-
tig erweise – metaphorisch [die Unwissenheit] eines
unbedarften oder unbedachten Menschen, der nicht
einmal sieht, was ihm vor Augen steht. Es sagt näm-
lich Cancellarius in den Flores regularium mora-
lium98 in der zweiten Regel, daß strafbare Unwissen-
heit im göttlichen Recht den nicht trifft, der das tut,
was in ihm ist, und zwar deshalb, weil der Heilige
Geist bereit ist, einen solchen Menschen unmittelbar

Hexen
3.800 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 156

in dem zum Heile Notwendigen, das seine Kräfte


übersteigt, zu unterweisen.
Bezüglich des ersten Arguments wird die Antwort
aufgrund des rechten Verständnisses des Kanons
deutlich. Bezüglich des zweiten sagt Petrus de Tha-
rantasia99: »Infolge seines großen Neides, mit dem
er gegen die Menschen ankämpft, würde [der Teufel]
schlechterdings alles vernichten, wenn es von Gott
zugelassen würde.« Daß Gott ihm aber einiges erlaubt
und einiges nicht, das bereitet dem Teufel selbst grö-
ßere Schmach und Mißfallen, weil Gott ihn zu Hand-
lungen gegen seinen Willen und zur Offenbarung sei-
nes Ruhmes benutzt.
Bezüglich des dritten wird gesagt, daß der Erkran-
kung oder einem anderen schadenszauberischen Er-
folg immer irgendeine örtliche Erregung vorausgeht,
insofern der Dämon vermittels der Hexe aktive Be-
standteile einsammelt, die verletzen können und sie
den passiven Bestandteilen hinzufügt, um Schmerz zu
erzeugen oder einen Schaden oder irgendeine ganz
schwerwiegende Tat. Und wenn gefragt wird, ob jene
örtliche Bewegung der Dinge durch den Dämon auf
die Himmelsbewegung zurückgeführt wird, so ist mit
nein zu antworten. Denn die Dinge werden nicht von
einer natürlichen Kraft bewegt, sondern von einem
natürlichem Gehorsam, durch den sie der Kraft des
Dämons unterworfen sind, der das, was er über die

Hexen
3.801 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 157

körperlichen Dinge vermag, kraft seiner Natur besitzt.


Es ist nicht möglich, sage ich, daß er den materiellen
Dingen ohne Mitwirkung einer anderen natürlichen
Sache irgendeine Form, sei es eine substantielle oder
akzidentielle, verleihen könnte. Aber weil er mit Zu-
lassung Gottes die Dinge örtlich bewegen und durch
Vereinigung von Dingen Schmerz oder irgendeine Ei-
genschaft hervorbringen kann, daher unterliegt die
schadenszauberische Ausführung nicht der Bewegung
des Himmels, so wenig wie der Dämon, mögen ihm
auch jene Dinge und Hilfemittel unterliegen.
Zum vierten ist zu sagen: Das Werk Gottes kann
durch das Werk des Teufels geschädigt werden, so
wie wir jetzt von der schadenszauberischen Wirk-
macht reden. Aber weil dies nicht möglich ist, es sei
denn mit Zulassung Gottes, darum folgt keineswegs
daraus, daß der Teufel stärker sei als Gott; schließlich
auch [deswegen], weil er die Werke Gottes nicht
durch Gewalt schädigt, da er sie so auch zerstören
könnte.
Zum fünften: Es ist schlicht bekannt [7rb], daß die
Himmelskörper nicht die Macht haben, auf die Dämo-
nen einzuwirken, da nichts etwas über seine Kraft
hinaus vermag. Sondern sie [die Dämonen] kommen
auf Anruf von Magiern bei bestimmten [Gestirn]kon-
stellationen. Das scheinen sie aus zwei Gründen zu
tun: Erstens, weil sie wissen, daß die Kraft der [Ge-

Hexen
3.802 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 158

stirn]konstellation an der Wirksamkeit beteiligt ist,


die die Magier herbei wünschen. Zweitens tun sie es,
um die Menschen zu verleiten, in den Sternen etwas
Göttliches zu verehren. Aus dieser Verehrung ging
auch vor Zeiten der abgöttische Ritus hervor.
Zum letzten bezüglich der Tragweite des Argu-
ments über das alchimistische Gold ist nach Thomas
in 2 di. 7100 in der Lösung eines Argumentes, wo er
über die Kraft der Dämonen beim ihrem Tätigwerden
erklärt, zu sagen: mögen auch bestimmte substantielle
Formen durch eine Kunst herbeigeführt werden kön-
nen, durch die Kraft des natürlichen Agens, wie
manchmal der Anschein des Feuers durch eine Kunst
ins Holz gebracht wird, so kann dies doch nicht allge-
mein geschehen, darum, weil die Kunst nicht immer
aktive Eigenschaften mit passiven vereinigen kann.
Sie kann jedoch etwas Ähnliches machen. Und so ma-
chen die Alchimisten etwas dem Golde Ähnliches,
was die äußeren Eigenschaften des Goldes besitzt,
aber sie machen kein wahres Gold; weil die substan-
zielle Form des Goldes nicht durch die Hitze des Feu-
ers kommt, dessen die Alchimisten sich bedienen,
sondern durch die Hitze der Sonne an einem Ort, wo
die Mineralkraft wirkt; und deshalb hat solches Gold
nicht die Wirkung, die dem Wesen entspricht. Und
ähnlich ist es auch mit ihren anderen Verrichtun-
gen101.

Hexen
3.803 [I,1] Erste Frage der Reihenfolge nach Hexenhammer, 158

Zur Hauptsache. Die Dämonen handeln bei den


schadenszauberischen Wirkungen durch die Kunst
und können deshalb ohne Hilfe eines anderen Agens
keine substantielle oder akzidentielle Form schaffen,
und weil wir nicht sagen, der Schadenszauber könne
ohne Hilfe eines anderen Agens geschehen102, des-
halb können sie [die Dämonen] auch mit solcher Hilfe
wahre Eigenschaften der Krankheit oder eines anderen
Leidens bewirken. Aber wie diese Hilfemittel oder der
Einsatz von Werkzeugen zum Erfolg eines Schadens-
zaubers mitzuwirken haben oder nicht, wird nachfol-
gend erklärt.

Hexen
3.804 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 159

[I,2] Zweite Frage: Ob es rechtgläubig ist, zu


behaupten, daß zur Ausübung von
Schadenszauber immer der Dämon mit dem
Zauberer zu kooperieren habe oder daß der eine
ohne Zutun des anderen, wie der Dämon ohne
den Zauberer oder umgekehrt, eine solche
Wirkung herbeiführen könne?

Und zuerst wird nachgewiesen, daß der Dämon ohne


den Zauberer [solches bewirken kann], Augustinus in
li. 83 q.103: Alle Dinge, die sichtbar geschehen, kön-
nen auch durch die unteren Mächte der Luft gesche-
hen, wie man glaubt. Aber alle [7va] Schäden des
Körpers sind nicht unsichtbar, sondern vielmehr
wahrnehmbar. Daher können sie auch von Dämonen
bewirkt werden.
Außerdem bewirkte nach der Bibel die Schäden,
die Iob104 trafen, als Feuer vom Himmel fiel und die
Sklavenschar samt der Viehherden mit einem Schlage
dahinraffte, und ein Windstoß, der das Haus umstürz-
te, die Kinder tötete, ein Dämon allein, ohne Zutun
von Zauberern, bloß mit Zulassung Gottes. Also [ist
es] entsprechend auch in anderen Dingen [so], die den
Zauberern und Hexen zugeschrieben werden. Offen-
sichtlich ist dies auch bei den sieben Männern der
Jungfrau Sara, die der Dämon tötete105.

Hexen
3.805 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 159

Ferner, was auch immer eine niedere Kraft ohne die


Mitwirkung einer höheren Kraft vermag, das vermag
auch eine höhere ohne die Mitwirkung einer niederen.
Nun kann aber eine niedere Kraft Hagel erregen und
Krankheiten ohne Unterstützung einer höheren Kraft
bringen. Es sagt nämlich Albertus de proprietati-
bus rerum106, daß auf bestimmte Art und Weise
verfaulter Salbei, wenn man ihn, wie dort [angege-
ben], in eine Quelle wirft, wundersame Stürme her-
vorruft. [Auch könnte man behaupten], daß der
Dämon sich des Schadenszaubers nicht bedient, weil
er ihn benötigte, sondern um eines Verderbens [einer
Hexe] willen nach ihm trachtet. Doch ist nach Aristo-
teles 3 Ethicorum107 Bosheit freiwillig, was er da-
durch beweist, daß keiner willentlich unrecht handelt,
ohne zu wollen, daß es unrecht sei; und keiner wil-
lentlich Unzucht treibt, ohne zu wollen, daß es un-
keusch sei. Die Gesetzgeber strafen die Bösen, da sie
willentlich Böses tun. Wenn aber ein Dämon mit
Hilfe einer Hexe etwas vollbringt, so handelt er wie
mit einem Werkzeug, und da das Werkzeug abhängt
vom Willen des handelnden Gebieters und nicht nach
eigenem Willen handelt, wenn es mitwirkt, so wird
man ihm auch die Tat nicht zurechnen und sie folglich
auch nicht bestrafen dürfen.
Aber dagegen [spricht], daß [der Dämon] ohne
Zauberer und Hexen auf Erden nichts bewirken kann.

Hexen
3.806 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 160

Zuerst über die Zeugung: Jede Bewegung erfolgt


durch Berührung. Und weil keinerlei Kontakt des Dä-
mons zu den Körpern besteht, da er nichts mit ihnen
gemein hat, deshalb braucht er ein Werkzeug, dem er
die Kraft, durch Berührung zu schädigen, einflößt.
Daß demnach auch ohne das Werk der Dämonen Zau-
bereien geschehen können, wird bewiesen durch den
Text und die Glosse zu Gal. 3108: »Oh, ihr törichten
Galater, wer hat euch verblendet, daß ihr auf die
Wahrheit nicht hört?« Glosse: »Manche haben ste-
chende Augen, die durch den bloßen Blick andere und
am meisten Kinder vergiften.« Dazu gehört auch Avi-
cenna [7vb] 6 naturalium li. 3109, im letzten Kapi-
tel, der so spricht: »Oft wirkt eine Seele in einem
fremden Körper wie in einem eigenen, wie es bei dem
Werk des bösen Blicks und des Urteilsvermögens des
[dieses] Verübenden ist.« Und dieselbe Meinung legt
auch Algazel, li. 5, Physicorum c. 9110 vor.
Es meint auch Avicenna – auch wenn dies nicht
verbindlich ist –, daß die Vorstellungskraft ohne
Blickkontakt fremde Körper verwandeln könne, wo er
[den Begriff] Vorstellungskraft allzu weit ausdehnt.
Und wir fassen hier die Vorstellungskraft nicht in
dem Sinne, wie sie sich von anderen sinnlichen, inne-
ren Kräften unterscheidet, wie gemeiner Sinn und Ein-
bildung und Ermessen, sondern insofern sie alle jene
inneren Kräfte umfaßt. Aber es ist wohl wahr, daß

Hexen
3.807 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 161

eine solche Vorstellungskraft einen mit ihr verbunde-


nen Körper, d.h. den Körper, in dem sie wohnt, ver-
wandeln kann, zum Beispiel in dem Falle, wo ein
Mensch über einen Balken gehen kann, der mitten auf
dem Wege liegt. Wenn er aber über ein tiefes Gewäs-
ser gelegt worden ist, wird er nicht wagen, darüber zu
gehen, weil sich in seiner Seele das eingeprägte Vor-
stellungbild des Fallens sehr lebhaft ausmalen wird,
welchem [Vorstellungsbild] sein Leib und die Kraft
der Glieder gehorchen; aber sie gehorchen nicht der
gegenteiligen Vorstellung, nämlich geradewegs über
ihn [den Balken] zu gehen. Darin also stimmt diese
Veränderung mit dem bösen Blick überein, insofern
zunächst der eigene Körper verwandelt wird und nicht
ein fremder. Von dieser Veränderung sprechen wir
noch.
Wenn ferner gesagt wird, daß eine solche Verände-
rung von einem lebendigen Körper verursacht wird,
indem die Seele auf den anderen lebenden Körper ver-
mittelnd wirkt, so [spricht] dagegen, daß in Gegen-
wart des Mörders das Blut aus den Wunden des Getö-
teten fließt111, also [können] die Körper auch ohne
die Kraft der Seele wundersame Wirkungen vollbrin-
gen. Ebenso wird ein lebendiger Mensch, während er
an der Leiche des getöteten Menschen vorübergeht,
auch wenn er ihn nicht bemerkt, doch von Schrecken
ergriffen. Und, wie natürliche Dinge verborgene Kräf-

Hexen
3.808 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 161

te haben, deren Ursache von einem Menschen nicht


benannt werden kann, so zieht auch ein Magnet112
das Eisen an, und vieles andere, was Augustinus an-
führt in De civi. dei 21113. Frauen können sich, um
an fremden Körpern Veränderungen hervorzubringen,
ohne Hilfe der Dämonen bestimmter Mittel bedienen.
Und da diese Dinge unseren Verstand übersteigen,
dürfen wir sie doch deshalb nicht [einfach] den Dä-
monen zuschreiben, indem wir sie gleichzeitig [8ra]
quasi mit aller Macht den Zauberern und Hexen ab-
sprechen oder wegnehmen.
Auch benutzen die Zauberer verschiedene Bilder
und Mittel, die sie bisweilen unter die Schwelle der
Haustüre legen oder an bestimmte Orte, wo Haustiere
zusammenkommen oder auch Menschen, die dann be-
hext werden und manchmal sterben. Aber daß sol-
cherart Wirkungen durch jene Bilder hervorgebracht
werden können, weil sie bestimmte Einflüsse von
Himmelskörpern aufgenommen haben, wird [so] be-
wiesen: Wie natürliche Dinge den Himmelskörpern
unterworfen sind, so auch die künstlichen Dinge.
Aber natürliche Körper können verborgene Kräfte
aufnehmen, also auch die künstlichen. Daraus wird
ersichtlich, daß ihre [der Zauberer] Werke durch sol-
che Einflüsse bewirkt werden können und nicht durch
die Dämonen.
Und, wenn wahre Wunder durch die Kraft der

Hexen
3.809 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 162

Natur, die in demjenigen, der handelt, liegt, wie auch


wundersame und staunenswerte Werke aus der Kraft
der Natur geschehen können, so wird [dies so] bewie-
sen. Gregor sagt in 2 Dial.114: »Die Heiligen tun
Wunder, das eine Mal durch Gebet, das andere Mal
durch [ihr] Vermögen.« Ein Beispiel wird für beides
gegeben: Petrus115 erweckte durch Beten die tote
Tabitha. Den Ananias und die Saphira, welche logen,
überlieferte er dem Tode durch Verfluchen, ohne
Gebet. Also wird der Mensch durch die Kraft seiner
Seele die körperliche Materie bei einem anderen ver-
wandeln können oder von [dem Zustand] der Gesund-
heit in [den der] Krankheit und umgekehrt verwandeln
können.
Ferner ist der menschliche Körper edler als die an-
deren, niedriger stehenden Körper. Aber durch die
Aufnahme [von Eindrücken] seitens der menschlichen
Seele wird der menschliche Körper zu Wärme und
Kälte hin gewandelt, wie es sich bei Zornigen und
Furchtsamen zeigt. Mehr noch, diese Verwandlung
führt zuweilen bis zu Krankheit und Tod. Um so mehr
kann daher [die Seele] durch ihre Kraft die Körperma-
terie verwandeln.
Aber dagegen steht: Die Substanz des Geistes kann
nicht irgendeine Gestalt einprägen, außer durch die
Beihilfe eines anderen Agens, wie oben angeführt
worden ist. Daher auch Augustinus116 in dem zuvor

Hexen
3.810 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 163

genannten Buch: »Man darf nicht meinen, daß dieser


Stoff der sichtbaren Dinge den gefallenen Engeln auf
Befehl dient, sondern Gott allein.« Um so weniger
kann daher der Mensch [allein] aus seiner natürlichen
Macht heraus schadenszauberische Wirkungen voll-
bringen.
Die Antwort lautet: Weil es nicht an solchen fehlt,
die irren, indem sie in dieser Materie die Hexen ent-
schuldigen und entweder bloß die Dämonen [8rb] an-
klagen oder ihre Taten bestimmten natürlichen Ver-
wandlungen zuschreiben, so wird ihre Verkehrtheit
zuerst durch eine Beschreibung der Zauberer aufge-
zeigt. Darüber Isidor, Ethi. c. 9117: »Malefici118
heißen sie wegen der Ungeheuerlichkeit ihrer üblen
Taten, nämlich wegen der bösen Tat, die sie über alle
andere Verbrecher [stellt].« Daher fügt er hinzu:
»Diese verwirren die Elemente, allerdings mit Hilfe
der Dämonen, um Hagelschlag und Stürme zu erre-
gen.« Ebenso sagt er: »Sie verstören den Geist der
Menschen«, verstehe, zu Wahnsinn, Haß und unbän-
diger Liebe. Desgleichen fügt er hinzu: »Und ohne
einen Tropfen Gift, bloß durch die Stärke ihres Zau-
berspruchs verderben sie die Seelen.« Eben darauf
[bezieht sich] 26 q. 5 nec mirum119. Und es sind
die Worte des Augustinus in De civ. dei120, wo er-
klärt wird, wen man Magier und Zauberer nennt. Ma-
gier sind die, die gemeinhin Zauberer genannt werden,

Hexen
3.811 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 164

und wegen der Größe ihrer Verbrechen werden sie so


genannt. Diese sind es, die mit Zulassung Gottes die
Elemente aufwühlen, die Gemüter der glaubens-
schwächeren Menschen verstören und ohne einen
Tropfen Gift, nur durch die Stärke ihres Zauber-
spruchs die Menschen vernichten. Daher sagt Luca-
nus121: »Die Seele geht nicht besudelt vom Trunk
des ätzenden Giftes, [sondern] durch Zaubergesang
überwältigt zugrunde.« Denn nachdem sie die Dämo-
nen angerufen haben, wagen sie es [die magische
Wirkung so lange] zu schüren, bis sie durch ihre
bösen Künste ihre Feinde vernichten. Daraus ist er-
sichtlich, daß bei derartigen Werken die Dämonen
immer mit den Zauberern und Hexen zusammenzu-
kommen haben.
Zweitens: daß wir nämlich viererlei Wirkungen von
Heimsuchungen unterscheiden können: dienstbare,
schädliche, schadenszauberische und natürliche. Und
dienstbare heißen solche, die durch die Dienstbarkeit
guter Engel verursacht werden, wie auch schädliche
durch diejenige böser Engel. Moses traf nämlich
Ägypten mit den zehn Plagen mit Hilfe guter [Engel],
wo die Zauberer es lediglich auf neun122 [Plagen]
durch böse Geister brachten123 und die dreitägige
Pest wegen Davids Sünde, um der Zählung des Vol-
kes willen124, und wegen der zweiundsiebzigtausend
Menschen, die in einer Nacht durch das Heer des Si-

Hexen
3.812 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 164

nacherib niedergestreckt wurden125, dies alles ge-


schah durch die Engel des Herrn, d.h. durch gute, die
den Herrn verehren und ihn anerkennen. Schädliche
Wirkungen aber, die in der Schrift als durch schlechte
Engel geschickt bezeichnet werden, sind die, durch
welche das Volk in der Wüste [8va] oft getroffen
wurde126. Und schadenszauberische Wirkungen wer-
den sie genannt, wenn ein Dämon durch Zauberer und
durch Magier wirkt. Wie auch natürliche, die aus den
Einflüssen der Himmelskörper, und zwar in diesem
[unserem] Jammertal in Gestalt von Sterblichkeit, Un-
fruchtbarkeit der Äcker, Hagelschlag und ähnlichem
verursacht werden. Und zwischen diesen Wirkungen
besteht ein großer Unterschied. Wenn also Iob durch
einen Dämon von einer schädlichen Plage heimge-
sucht wurde und nicht von einer schadenszauberi-
schen, so gehört das nicht zur Sache. Wenn jemand
aber kleinlich darauf beharren würde, wie denn über-
haupt diese Materie kleinliche Kritik erfährt durch die
Verteidiger der Hexen, die immer an der Worthülse
im Nebel stochern und niemals zum Kern der Wahr-
heit gelangen [, so soll er sich fragen]: Warum ist
denn Iob nicht durch eine schadenszauberische Hand-
lung, etwa durch eine schädliche durch einen Dämon,
heimgesucht worden? Diesen kann man ebenso klein-
lich antworten, daß Job vom Teufel allein heimge-
sucht wurde, ohne Vermittlung eines Zauberers oder

Hexen
3.813 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 165

einer Hexe, weil diese Art des Aberglaubens [damals]


noch nicht aufgekommen war. Oder wenn sie aufge-
kommen war, wollte es dennoch die göttliche Vorse-
hung, daß die Macht des Dämons, damit man sich
besser gegen seine Nachstellungen schützen könne,
zum Ruhme Gottes der Welt bekannt würde, da er
nichts bewirken kann ohne Zulassung Gottes.
Was nun die Zeit anbelangt, in der die erste Art des
Aberglaubens aufgekommen war – ich verstehe unter
der ersten Art die Anrufung der Dämonen [und] nicht
den eigentlichen Götzendienst – sagt Vincentius in
spe. hyst.127 mit Anführung vieler Gelehrter, daß
der erste Urheber der magischen und astrologischen
Kunst Zoroaster128 war, angeblich ein Sohn des
Cham, des Sohns Noahs. Dieser war nach Augusti-
nus De ci. dei129 der einzige, der bei der Geburt
lachte, und dies nicht ohne das Zutun des Teufels. Als
dieser König war, wurde er von Ninus besiegt, dem
Sohn des Bel, der Ninive erbaut hatte und unter dem
überdies zur Zeit Abrahams das Reich der Assyrer be-
gann.
Dieser Ninus allerdings ließ aus unbändiger Liebe
zum Vater dem toten Vater ein[e] Bild[säule] errich-
ten, dergestalt, daß die Missetäter, die zu dieser Zu-
flucht nahmen, frei von jeder gebührenden Strafe
waren. Und seither begannen die Menschen Bilder
wie Götter anzubeten, aber dies erst nach dem ersten

Hexen
3.814 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 166

Zeitalter, weil es zu jener Zeit noch keinen Götzen-


dienst gab, wegen der noch frischen Erinnerung an die
Schöpfung der Welt, wie der heilige Thomas [8vb]
sagt in 2. 2. q. 95 ar. 4130. Es begann [aber] auch
mit Nimrod, der die Menschen zwang, das Feuer an-
zubeten; und so begann im zweiten Zeitalter die Göt-
zenanbetung. Diese ist die erste Art des Aberglaubens
wie die Weissagung die zweite ist und die Beobach-
tung [von Zeichen] die dritte. Die Riten der Zauberer
werden zurückgeführt auf die zweite Art des Aber-
glaubens, nämlich die Weissagung, die durch aus-
drückliche Anrufung der Dämonen geschieht. Hiervon
aber gibt es drei Arten, nämlich die schwarze Magie,
die planetarii131 oder vielmehr Astrologen und die
Traumdeutung.
Dies führe ich hier an, damit der fromme Leser er-
kenne, daß jene schädlichen Künste nicht plötzlich,
sondern im Laufe der Zeit aufgekommen sind und daß
es nicht widersinnig sei, zu behaupten, es habe zu
Jobs Zeiten keine Hexen gegeben. Wie nämlich mit
dem Voranschreiten der Zeiten, wie es Gregor in mo-
ralibus132 sagt, die Kenntnis von den Heiligen an-
wuchs, so auch die schädlichen Künste der Dämonen.
Und wie die Erde schon erfüllt war von der Kenntnis
des Herrn, Isyaie 11133, so neigt sich die Welt jetzt
in der Abendzeit ihrem Ende zu, wobei die Bosheit
der Menschen wächst und die Liebe gefriert und jegli-

Hexen
3.815 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 166

che Unbill der Zauberer im Überfluß vorhanden


ist134. Aber da Zoroaster selbst eifrig auf jene Taten
und sogar nur auf die Beobachtung der Sterne aus
war, wurde er vom Teufel durch herabfallendes Feuer
getötet. Dazu siehe oben.
Über die Zeit aber, in der sich, wie man liest, die
Zauberer mit den Dämonen zum Einschleppen des
Schadenszaubers zusammengetan haben, wurde schon
oben [etwas] angeführt. Man findet es in Exo. 7135
in Bezug auf die Zauberer Pharaos, die bei den Plagen
über Ägypten, unter dem Beistand der Dämonen, wie
Moses durch den Dienst guter Engel, viele [Wun-
der]zeichen zustande brachten.
Daher wird die rechtgläubige Wahrheit gefolgert,
daß nämlich zur schadenszauberischen Erfolgsbewir-
kung, wenn auch nicht zum schädlichen Erfolg,
immer ein Zauberer mit einem Dämon zusammen-
kommen muß.
Deswegen ist die Antwort auf die Argumente offen-
sichtlich. Denn bezüglich des ersteren wird nicht ge-
leugnet, daß die schädlichen Wirkungen, die sichtbar
an Menschen, Haustieren und Feldfrüchten erkennbar
werden, infolge der Einflüsse der Himmelskörper, oft
aber auch durch Dämonen mit Zulassung Gottes ver-
übt werden. Es sagt nämlich Augustinus 3 de ci.136:
»Den Dämonen sind Feuer und Luft Untertan, soweit
es ihnen von Gott gestattet wird.« Es ist auch klar aus

Hexen
3.816 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 167

der Glosse137 über jenes [Wort von den] Einwirkun-


gen durch böse Engel: »Gott straft durch böse Engel.«
Daraus ergibt sich die Antwort auf das zweite [Argu-
ment] über Job und aus den [Bemerkungen], die über
den Anfang [9ra] der Magie gemacht wurden.
Bezüglich des dritten [Punktes], den in den Brun-
nen geworfenen Salbei, ist zu sagen, daß wohl eine
Schadensfolge ohne Hilfe eines Dämons, aber nicht
ohne den Einfluß eines Himmelskörpers eintreten
kann. Wir sprechen aber von der schadenszauberi-
schen Wirkung. Daher tut dies hier nichts zur Sache.
Bezüglich des vierten [Punktes] ist zu sagen, daß es
wahr ist, daß die Dämonen sich der Zauberer nur zu
deren Verderben bedienen. Und wenn eingewandt
wird, daß sie nicht zu bestrafen seien, wenn sie sich
nur als Werkzeuge herbeilassen, die nicht nach eige-
nem Willen bewegt werden, sondern nach dem des
hauptsächlichen Agens [dem Teufel], so ist darauf zu
antworten, daß sie beseelte und frei handelnde Werk-
zeuge sind. Mögen sie auch nach dem Eingehen des
ausdrücklichen Dämonenpaktes138 nicht mehr ihre
Freiheit besitzen, wie wir ihren Geständnissen ent-
nommen haben – und zwar spreche ich von den ver-
brannten Frauen139 –, und gezwungen sein, bei den
meisten Zaubereien mitzuwirken, wenn sie die Schlä-
ge der Dämonen vermeiden wollen, so bleiben sie
[doch] durch das erste Versprechen, mit dem sie sich

Hexen
3.817 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 168

freiwillig den Dämonen unterworfen haben, gebun-


den.
Bezüglich der anderen Argumente, mit denen be-
wiesen werden soll, daß schadenszauberische Wir-
kungen ohne das Werk der Dämonen durch alte Wei-
ber ausgeübt werden können, muß man sagen, daß
von einem Teil auf das Ganze zu schließen der Ver-
nunft widerspricht. Und weil in der ganzen Heiligen
Schrift offenbar solches nicht zu finden ist, außer
dort, wo von der Zauberei oder vom bösen Blick der
alten Frauen die Rede ist, so kann man hieraus nicht
schließen, daß es sich immer so ereignen müsse.
Überdies ist es auch wegen der Glosse140 zweifel-
haft, ob ohne das Werk der Dämonen ein solcher
böser Blick geschehen kann. Und zwar deswegen,
weil dort ersichtlich wird, daß der böse Blick dreifach
verstanden wird: erstens als Sinnestäuschung, die
durch magische Kunst erfolgt und so auch mit Hilfe
der Dämonen erfolgen kann, falls sie nicht durch Got-
tes unmittelbare Vermittlung und durch die Dienst-
barkeit der heiligen Engel gehindert werden. Zweitens
als Mißgunst, wie dort der Apostel sagt: »Wer hat
euch verblendet, d.h. so mit Haß geschlagen?« Drit-
tens, indem durch solchen Haß eine Veränderung zum
Schlechten geschieht in irgendeines [Menschen] Kör-
per durch die Augen des anderen, der ihn ansieht. Und
über diese Zauberei sprechen die Gelehrten überein-

Hexen
3.818 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 168

stimmend, demgemäß auch Avicenna und Algacel,


wie es in der Beweisführung hergeleitet wird, gespro-
chen haben141. Denn auch der heilige Thomas er-
klärt diesen bösen Blick p[ars] p[rima] q. 97142 auf
diese Art: Durch die starke Vorstellungskraft der
Seele [9rb], sagt er, verwandeln sich die Geister des
[mit ihr] verbundenen Körpers. Diese Verwandlung
der Geister erfolgt am meisten durch die Augen, in
welche feinere Geister hineingelangen [können]. Die
Augen nämlich infizieren die unmittelbar angrenzende
Luft bis zu einem bestimmten Abstand. Auf diese
Weise bekommen Spiegel, wenn sie neu und blank
sind, eine Trübung durch die Spiegelung einer men-
struierenden Frau, wie Aristoteles sagt im Buch de
somno et vigil.143 Wenn daher irgendeine Seele hef-
tig zur Bosheit angereizt wurde, wie dies am meisten
den alten Weibern widerfährt, so wird dies nach der
genannten Art und Weise bewirkt. Ihr Blick ist giftig
und schädlich und am meisten für Knaben, die einen
zarten Leib haben und leicht empfänglich für Ein-
drücke sind. Er fügt jedoch hinzu, daß es auch mög-
lich sei, daß durch göttliche Zulassung oder aus ir-
gendeinem verborgenen Ereignis die Bosheit der Dä-
monen, mit denen die wahrsagenden alten Frauen
einen Pakt haben, hierbei mitwirke.
Aber zum weiteren Verständnis der Lösung werden
einige Zweifelsfragen aufgeworfen, nach deren Klä-

Hexen
3.819 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 169

rung die Wahrheit noch deutlicher wird. Es scheint


nämlich erstens dem oben Gesagten zu widerspre-
chen, daß geistige Substanzen Körper in irgendeine
natürliche Form nicht umwandeln können, außer
durch Mitwirkung eines anderen Agens. Also wird
dies noch viel weniger eine noch so starke Vorstel-
lung in der Seele bewirken können. Außerdem gibt es
einen Artikel, der an den meisten Universitäten, be-
sonders in Paris144, verurteilt worden ist, daß ein Be-
schwörer ein Kamel durch einen bloßen Blick in eine
Grube wirft, [was er deshalb könne] weil, wie höhere
Verständniskräfte niedrigere beeinflussen, eine geisti-
ge Seele eine andere beeinflußt, und zwar auch die
empfindende Seele145. Gleichfalls dazu paßt der ver-
urteilte Artikel, [der besagt,] daß die äußerliche Mate-
rie einer geistigen Substanz gehorcht, wenn man es
einfach versteht und bezüglich jeder Art einer Ver-
wandlung; weil er [der Stoff] nur Gott, wie vorher
deutlich wurde, gehorcht.
Nachdem diese Dinge veranschaulicht worden sind,
wird erläutert, auf welche Weise die Zauberei des
bösen Blicks, von der wir sprechen, möglich sei und
wie nicht. Es ist nämlich einem Menschen nicht mög-
lich, daß er durch die natürliche Kraft seiner Seele
durch die Augen eine solche Kraft aussendet, die nicht
durch die vermittelnde Verwandlung des eigenen Kör-
pers oder [9va] eines Bindegliedes dem Körper eines

Hexen
3.820 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 170

Menschen, den er anblickt, eine Schädigung zufügen


könnte, vor allem, da wir sehen, daß nach einer weiter
verbreiteten Meinung [die Augen] als innere Empfän-
ger gar kein Sender nach außen sind. Es ist auch dem
Menschen nicht möglich, durch die natürliche Kraft
seiner Seele nach seinem Willen eine Verwandlung zu
bewerkstelligen, indem er es sich in seinen Augen
vorstellt, die durch die vermittelnde Verwandlung
eines Mediums, nämlich der Luft, den Körper des
Menschen, den er anblickt, in irgendeine Beschaffen-
heit nach Belieben verwandeln könnte. Und weil nach
diesen beiden vorgenannten Arten ein Mensch einen
anderen nicht bezaubern kann, da keinem Menschen
durch die natürliche Kraft seiner Seele eine solche
Gewalt innewohnen kann, deshalb ist es sehr wirk-
lichkeitsfremd, beweisen zu wollen, daß schadenszau-
berische Wirkungen aus irgendeiner natürlichen Kraft
hervorgebracht werden könnten, um die Werke der
Zauberer zu entkräften, die durch die Kraft der Dämo-
nen geschähen. Auch wird ja die Zauberei des bösen
Blicks in ihren zwei Formen verworfen, wie auch die
beiden [oben] genannten Artikel.
Wie es aber doch möglich sei, soll hier noch deutli-
cher ausgeführt werden, wenn es auch oben erwähnt
wurde. Es kann nämlich geschehen, daß ein Mann
oder eine Frau, wenn sie den Körper irgendeines Kna-
ben ansehen, ihn vermittels des Blickes und der Ein-

Hexen
3.821 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 170

bildung oder irgendeiner fühlbaren Empfindung be-


wegen. Und weil eine fühlbare Empfindung mit einer
körperlichen Veränderung [verknüpft] ist und die
Augen sehr feinfühlig sind, weshalb sie Eindrücke
leicht aufnehmen, deshalb kommt es manchmal vor,
daß durch irgendeine innere Erregung die Augen in
boshaft beeinflußte Eigenschaft verändert werden,
wozu am meisten eine bestimmte Einbildung mit-
wirkt, deren Eindruck sich schnell in den Augen aus-
drückt, sowohl wegen ihrer Zartheit und wegen der
Nachbarschaft der Wurzel der Einzelsinne mit dem
Organ der Einbildung. Wenn aber die Augen in ir-
gendeine böse Beschaffenheit verwandelt sind, dann
kann es geschehen, daß sie die ihnen benachbarte Luft
und jener Teil andere [Teile] und so fort bis zu der
Luft, die den Augen des Knaben, den man ansieht, be-
nachbart ist, in eine schlechte Befindlichkeit verwan-
deln. Und jene benachbarte Luft wird bisweilen die
Augen dieses Knaben in den disponierten Stoff, zu
dem sie paßt, mehr als in den nicht disponierten, in
eine andere, schlechte Beschaffenheit verwandeln
können und durch die Vermittlung der Augen dieses
Jungen andere innere Teile. Daher wird er weder fähig
sein, eine Speise zu verdauen [9vb], noch an den
Gliedern zu erstarken und zu wachsen. Diese Erfah-
rung ist handgreiflich, weil wir sehen, daß ein Augen-
kranker manchmal durch seinen Blick die Augen

Hexen
3.822 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 171

desjenigen schädigen kann, der ihn ansieht, was der-


gestalt geschieht, daß die mit einer bösen Eigenschaft
behafteten Augen die dazwischen liegende Luft infi-
zieren und die infizierte Luft die auf die kranken
Augen gerichteten Augen infiziert, so daß in gerader
Linie jene Infektion übertragen wird, in Richtung der
Augen des Betrachtenden, wobei die Einbildung des-
sen, der betrachtet und sich vorstellt, er werde durch
die kranken Augen geschädigt, viel dazu beiträgt. Es
könnten noch mehr handgreifliche Beispiele angeführt
werden, doch werden sie der Kürze halber weggelas-
sen.
Hiermit stimmt eine Glosse überein über jenen
Psalm146: »Die, welche dich fürchten, werden mich
sehen,« welche besagt: große Kraft liegt in den
Augen, was in den natürlichen Dingen deutlich wird.
Der Blick auf ein Tier hilft bei Gelbsucht; ein Wolf,
der [uns] zuerst sieht, raubt [uns] die Stimme147.
Oder so: der Basilisk148 tötet, wenn er zuerst wahr-
nimmt, wenn er zuerst gesehen wird, wird er getötet.
Der Grund, weshalb der Basilisk durch den Blick
einen Menschen tötet, ist allein, daß infolge des An-
blicks und der Vorstellung in seinem Körper ein Gift-
stoff erregt wird, durch welche zuerst die Augen infi-
ziert werden, dann die benachbarte Luft und so immer
wieder ein anderer Teil der Luft, bis zu der dem Men-
schen benachbarten Luft. Wenn der Mensch diese

Hexen
3.823 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 172

Luft einatmet, wird er vergiftet und stirbt. Wird aber


der Basilisk zuerst vom Menschen gesehen und will
der Mensch ihn töten, so befestigt er an sich ringsum
Spiegel, von denen der Basilisk, wenn er hineinblickt,
durch die Spiegelung die Luft infiziert wird und so
fort, bis sie zum Basilisken gelangt und er getötet
wird. Aber ein Zweifel: Warum stirbt der Mensch als
Töter des wilden Tieres nicht? Und hier ist es nötig,
eine verborgene Ursache anzunehmen. Diese Dinge
wurden ohne Vorurteil und ohne verstiegene Rechtha-
berei gesprochen, einzig an die Worte der Heiligen
uns haltend können wir die rechtgläubige Wahrheit
erschließen, daß, was schadenszauberische Wirkun-
gen betrifft, von denen wir gegenwärtig reden, die
Zauberer immer mit den Dämonen zusammenkommen
[müssen] und der eine ohne den anderen nichts aus-
richten kann.
Zu den Argumenten: Betreffs des ersten ist die Ant-
wort über die Zauberei des bösen Blicks klar. Über
das zweite wird gesagt nach Vincentius in spec. nat.
c. 13149, daß die Wunde vom Geiste des Mörders
durch starke Vorstellung infiziert wird. Jene Wunde
[also], zieht die infizierte Luft an. Geht der Mörder
vorbei [10ra], so fließt das Blut heraus150, weil in
der Anwesenheit des Mörders die in der Wunde ein-
geschlossene Luft, wie sie vom Mörder aus eindrang,
so nun in seiner Gegenwart bewegt wird, daß wegen

Hexen
3.824 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 172

dieser Bewegung das Blut ausfließt. Einige führen


noch andere Gründe an, wonach dieser Blutfluß des-
sen Klage aus dem Erdreich über den anwesenden
Mörder sei, und zwar wegen der Verfluchung des er-
sten Mörders, Kain. Zu jener Sache ist bezüglich des
Schauders zu sagen, daß ein Mensch, der an der Lei-
che eines getöteten Menschen vorübergeht, von
Schauder geschüttelt wird, wenn er jenen auch nicht
bemerkt. Dies geschieht durch den Geist, der eine,
wenn auch noch so kleine Infektion empfängt und
diese der Seele mitteilt. Aber dies läßt nichts gegen
die Machenschaften der Zauberer schließen, da all
dies, wie gesagt wurde, auf natürliche Weise gesche-
hen kann.
Zum dritten, wie oben151 gesagt wurde, werden
die Gebräuche der Zauberer auf die zweite Art des
Aberglaubens, die man Weissagung nennt, zurückge-
führt. Aber sich abergläubischer Dinge bei bestimm-
ten [Zeichen]beobachtungen zu bedienen, wird auf die
dritte Art zurückgeführt. Deshalb paßt das Argument
nicht hierher. Endlich auch, weil sie nicht auf jede be-
liebige Weissagung zurückgeführt werden, sondern
auf die, welche durch ausdrückliche Anrufung der Dä-
monen geschieht. Und da dies auch auf mannigfache
Art geschehen kann, so durch Nigromantie152, Geo-
mantie153, Hydromantie154 etc. – man möge 2. 2. q.
95 ar. 5155 nachschauen –, hat auch diese Weissa-

Hexen
3.825 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 173

gung der Zauberer, wenn sie Schadenszauber beab-


sichtigen, wie sie einen sehr hohen Rang unter den
schändlichen Vergehen einnimmt, so auch ein anderes
Urteil zu gewärtigen. Wenn daher damit argumentiert
wird, daß, weil wir die verborgenen Dinge nicht er-
kennen können und auch die Zauberer geheimen Din-
gen obliegen, es ihnen selbstverständlich erlaubt
wäre, wenn sie nach natürlichen Dingen strebten, um
aus natürlicher Kraft natürliche Wirkungen hervorge-
hen zu lassen, oder auch zugegeben, daß, wenn sie
sich abergläubisch mit natürlichen Dingen abgeben
würden, nämlich derlei Dingen bestimmte Zauberzei-
chen oder irgendwelche unbekannten Namen einzurit-
zen und wenn sie jene gebrauchen würden, um Ge-
sundheit oder Freundschaft oder irgendeinen anderen
Nutzen zu erlangen, und nicht um irgendeinen Scha-
den zuzufügen, dann könnten diese [Handlungen],
wenn [auch] ohne ausdrückliche, so doch nicht ohne
stillschweigende Pakte geschehen; und [dann] werden
sie als unerlaubt beurteilt.
Weil jedoch diese [Handlungen] und ihnen ähnli-
che [10rb] auf die dritte Art des Aberglaubens, näm-
lich auf die [Zeichen]-beobachtung eitler Dinge, wie
gesagt wurde, zurückgeführt werden, deshalb trägt
dies nichts zum Hauptthema über die Ketzerei der
Zauberer bei. Auch die Lösung, daß dieser dritten Art
vier Formen zugeschrieben werden, weil der Betref-

Hexen
3.826 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 174

fende sich der Rituale bedient, um ein Wissen zu er-


langen oder Mutmaßungen zu gewinnen über Glück
und Unglück oder zur Entkräftigung von Eiden156
oder zur Verwandlung von Körpern in einen besseren
Zustand, weshalb auch der heilige Thomas in jenem
Titel, wo er fragt, ob die Rituale, ausgerichtet auf die
Verwandlung der Körper, erlaubt seien, q. 96 in der
erwähnten Summa ar. 2157 bemerkenswerterweise
hinzugefügt, »nämlich zur Gesundheit«. Die Rituale
der Zauberer also, da sie hier, wie gesagt, keinen
Platz haben, sondern zur zweiten Art des Aberglau-
bens gehören, [tragen] deswegen nichts zur Hauptsa-
che [bei].
Danach wird auch auf das vierte Argument geant-
wortet, daß Bilder zweifach, nigromantisch und astro-
nomisch, in diesen Zeichenbeobachtungen auftreten
können. Und zwischen ihnen besteht folgender Unter-
schied: Bei den nigromantischen finden immer aus-
drückliche Anrufungen der Dämonen statt, wegen der
ausdrücklich mit ihnen eingegangen Pakte158. Man
möge die Lösung des zweiten Arguments der genann-
ten Frage nachsehen. Bei den astronomischen aber
handelt es sich um stillschweigende Pakte und daher
nicht um eine Anrufung, außer vielleicht einer still-
schweigenden, nämlich wegen der Zeichenhaftigkeit
von Figuren und Zauberzeichen, die ihnen zugeschrie-
ben wird. Und die nigromantischen Bilder werden

Hexen
3.827 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 174

wiederum entweder unter bestimmten Konstellationen


gemacht, um bestimmte Einflüsse und Eindrücke der
Himmelskörper aufzunehmen, auch werden sie mit
bestimmten Figuren und Zauberzeichen versehen, wie
an einem Ring, Stein oder einem anderen wertvollen
Stoff, oder sie werden einfach hergestellt, ohne Beob-
achtung der Konstellationen, [aber] unterschiedslos
aus jedwedem, auch gewöhnlichem Stoff, um Scha-
denszauber zu verüben, [je nachdem] wo und wann
sie an irgendwelchen Stellen hinterlegt werden. Und
von diesen Wirkungen mit ihren Gebilden ist hier die
Rede und nicht von anderen. Darum gehört das Argu-
ment nicht zur Sache.
Wieso endlich die erwähnten abergläubischen Bil-
der keine Wirksamkeit haben, insofern sie nur künst-
liche Dinge sind, mögen auch die an ihnen betrachte-
ten Stoffe eine Wirkung haben können, und wenn sie
eine natürliche Kraft durch den Eindruck der Him-
melskörper hätten, darüber mag man, wenn es beliebt,
eben dort den Doktor159 nachlesen. [10va] Er sagt
jedoch, es sei immer unerlaubt, sich der Bilder zu be-
dienen160. Die Gebilde der Hexen aber werden ohne
natürliche Eignung zur Wirkung fabriziert. Sie hinter-
legen sie nur auf Befehl der Dämonen und verwenden
sie, damit diese handgreiflich zur Ausführung herbei-
eilen. [Dies geschieht] zur größeren Schmach für den
Schöpfer, damit er, mehr zum Zorn gereizt, mehr noch

Hexen
3.828 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 175

das Böse zur Rache solcher Schandtaten zuläßt.


Daher richten sie es ein, daß solches auch an den hei-
ligen Zeiten des Jahres geschieht.
Zum fünften [Argument] ist zu sagen, daß Grego-
rius dort die Macht der Gnade, nicht der Natur, mein-
te. Daher fügt er eben dort an: »Diese Söhne sind in
Gottes Macht, wie Johannes161 sagt. Was Wunder,
wenn sie durch [seine] Macht Wunder tun?«
Zum letzten [Argument] ist zu sagen, daß die Ver-
gleichbarkeit nicht verschlägt, weil die Verrichtung
der Seele am eigenen Körper eine andere ist als an
einem fremden Körper. Denn weil die Seele mit dem
eigenen Leib vereinigt wird, so wie eine Form und der
sinnliche Antrieb die körperliche Verrichtung irgend-
eines Organs ist, deshalb kann auch auf einen Ein-
druck der menschlichen Seele hin der sinnliche An-
trieb unter körperlicher Verwandlung zu Kälte und
Hitze, ja auch bis hin zum Tode erregt werden. Aber
zur Verwandlung der äußeren Körper genügt nicht der
Eindruck der menschlichen Seele, außer mittels der
Verwandlung des eigenen Körpers, wie vom bösen
Blick gesagt wurde. Darum vollbringen die Zauberer
die schadenszauberischen Handlungen auch aus kei-
ner natürlichen Kraft heraus, sondern nur durch die
Hilfe der Dämonen. Und die Dämonen selbst [voll-
bringen es] nur mittels eines anderen Gegenstandes,
wie Dornen, Knochen, Haare, Holz, Eisen und derar-

Hexen
3.829 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 176

tiges, wenn sie diese je [in die Körper] hineinbringen


oder irgendeine Gerätschaft hinterlegen, wie nachfol-
gend klar werden wird.
Nun ist, um von der geistigen Grundaussage der
apostolischen Bulle162 auszugehen, mehr auf den
Ursprung der Zauberer und die Vermehrung ihrer
Werke einzugehen, und zwar zuerst auf die Zauberer
selbst, zweitens auf ihre Werke. Hier ist anzumerken,
daß zu einer derartigen Ausführung drei Dinge zu-
sammen wirken müssen: nämlich der Dämon, die
Hexe und die göttliche Zulassung163, 23 q. 1 si per
sortiarias164 [wie] auch Augustinus165 sagen, daß
infolge der unheilvollen Verbrüderung von Menschen
und Dämonen diese abergläubische Lügenhaftigkeit
aufgekommen ist, womit sich der Ursprung und die
Zunahme dieser Ketzerei aus dieser verderblichen Ge-
meinschaft ergeben hat [10vb], was auch aus anderen
Dingen ersichtlich wird.
Denn wohlgemerkt unterscheidet sich diese Ketze-
rei der Zauberer von den anderen Ketzereien nicht al-
lein darin, daß sie nicht nur durch ausdrückliche, son-
dern auch durch freiwillig geschlossene Pakte auf jede
Schmähung und Schändung des Schöpfers und seiner
Geschöpfe wie verrückt aus ist. Alle anderen einfa-
chen Ketzereien jedoch [verwenden] keinerlei still-
schweigenden oder ausdrücklichen mit den Dämonen
geschlossenen Pakt, wenn sie auch nicht ohne die An-

Hexen
3.830 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 176

stiftung des Säers aller Mißgunst den Irrlehren wegen


der Schwierigkeit der zu glaubenden Dinge anhängen.
Vielmehr unterscheidet sie sich auch von jeder schäd-
lichen und abergläubischen Kunst darin, daß diese
Ketzerei der Zauberer166 von allen Arten der Weissa-
gungen den höchsten Grad der Bosheit besitzt, so daß
sie auch, wie schon gesagt, den Namen von »Schlech-
tes tun«167 oder »schlecht über den Glauben den-
ken«168 erhält. Wohl zu merken ist auch, daß sie
unter anderem vier Dinge zur Stärkung ihrer Treulo-
sigkeit zu tun haben: nämlich den christlichen Glau-
ben ganz oder zum Teil mit gotteslästerlicher Zunge
abzuleugnen, sich selbst mit Leib und Seele [dem
Teufel] zu weihen, die noch ungetauften Kinder dem
Bösen selbst darzubringen [und] teuflische Schänd-
lichkeiten durch fleischliche Handlungen mit Inkubi
und Sukkubi zu treiben.
Ach, wenn doch alles fern von jeder Wahrheit und
erdichtet genannt werden könnte und wenigstens die
Kirche vor einem so großen Schaden der Ansteckung
gefeit bliebe! Doch steht dem leider sowohl die Be-
stimmung des apostolischen Stuhles durch die Bulle
als auch die Erfahrung als Lehrmeisterin der Dinge
entgegen, die uns nach deren [der Hexen] eigenen Ge-
ständnissen und den begangenen Schandtaten so sich-
er überzeugt hat, daß wir ohne Gefährdung des eige-
nen Heils nicht mehr von deren Inquisitionen abste-

Hexen
3.831 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 177

hen können.
Deswegen muß von ihrem Ursprung und ihre ver-
derbliche Vermehrung gehandelt werden. Und weil es
eine beschwerliche Materie ist, müssen von den Ver-
fassern die Einzelheiten mit größter Sorgfalt so ge-
prüft werden, daß [nur] das anerkannt werden darf,
was mit der Vernunft vereinbar und den Überlieferun-
gen der Schrift nicht zuwider befunden wird. Und
weil unter allen Handlungen, die zu ihrer Vermehrung
dienen, zwei besonders mitwirken, nämlich die mit
den Inkubi und Sukkubi und die schändliche Überant-
wortung der Kinder, werden wir sie besonders behan-
deln, und zwar so, daß zuerst die Dämonen, zweitens
die Zauberer und Hexen und drittens die göttliche Zu-
lassung [11ra] zur Sprache kommen sollen. Und weil
die Dämonen durch Verstand und Willen handeln und
mehr unter der einen als unter der anderen Konstella-
tion, auf daß der Samen zur Zeugung des Nachwuch-
ses gedeihe, werden die von den Dämonen beachteten
Konstellationen untersucht werden müssen. Haupt-
sächlich wird dreierlei untersucht: erstens ob diese
Ketzerei durch die Verbindung zu den Inkubus- und
Sukkubus-Dämonen im Erbgang verbreitet werden
kann. Zweitens, ob nicht durch die Verbindung zu den
Himmelskörpern, die auch Ursachen menschlicher
Handlungen sind, ihre Werke bestärkt werden könn-
ten. Drittens, ob nicht durch schändliche Opferungen,

Hexen
3.832 [I,2] Zweite Frage Hexenhammer, 177

indem den Dämonen Kinder entboten werden, diese


Ketzerei vermehrt wird. Doch werden, weil es der
Fortführung der [Untersuchung] über die Werke der
Zauberer dient, die Einflüsse der Himmelskörper zwi-
schen der zweiten und dritten die zweite Hauptfrage
behandelt werden. Bezüglich des ersten [Punktes] gibt
es drei Probleme: ein allgemeines über jene Inkubus-
Dämonen, ein anderes, spezielles, von welchen Dä-
monen derartige Taten ausgeführt werden, ein drittes,
ganz spezielles, bezüglich derjenigen Hexen, die sich
den Dämonen unterwerfen.

Hexen
3.833 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 178

[I,3] Dritte Frage des ersten Teils: Ob es


rechtgläubig sei zu behaupten, daß derartige
Wirkungen durch Inkubus- und
Sukkubus-Dämonen so bewerkstelligt werden,
daß auch wirkliche Menschen bei der
Vermehrung und Entstehung der Zauberer durch
solche Dämonen geschaffen werden169.

Zum ersten ist es offenbar nicht rechtgläubig, zu be-


haupten, daß durch Inkubi und Sukkubi Menschen
gezeugt werden könnten. Die Zeugung der Menschen
ist von Gott vor dem Sündenfall damit eingerichtet
worden, daß er dem Mann zum Beistand eine Frau
aus seiner Rippe bildete und ihnen sagte: »Seid
fruchtbar und mehret euch«, Gen. 1170. Und wieder-
um sagte Adam [vom Geiste] erfüllt: »Es werden zwei
sein in einem Fleisch«, Gen. 3171 Ähnlich wurde es
auch nach dem Sündenfall im Gesetz der Natur zu
Noah gesagt: »Seid fruchtbar und mehret euch«, Gen.
9172. Auch zur Zeit des neuen Gesetzes173 wurde
diese Verbindung von Christus bestätigt, Matth.
19174: »Habt ihr nicht gelesen, daß der Schöpfer der
Menschen sie am Anfang als Mann und Frau geschaf-
fen hat?« Darum dürfen andere Arten, Menschen zu
zeugen, nicht anerkannt werden.
Wenn es heißt, daß Dämonen nicht nach natürli-

Hexen
3.834 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 179

chen Prinzipien vorgehen, sondern wie künstliche bei


den natürlichen Zeugungen von Menschen mitwirken
[11rb], indem sie den Samen empfangen und wieder
übertragen, so [ist] dagegen [zu sagen], daß der Teu-
fel dies entweder in jedem Stande, nämlich im eheli-
chen und außerhalb, oder nur in einem könnte. Im er-
steren Fall ist es nicht [möglich], weil dann das Werk
des Teufels stärker wäre als das Werk Gottes, der
jeden Stand geschaffen und festgefügt hat, nämlich
den der Enthaltsamen und den der Eheleute. Auf die
zweite Art auch nicht, weil man in der Schrift nir-
gendwo etwas findet, daß durch den einen Stand und
nicht durch den anderen eine derartige Zeugung von
Menschen zustande käme.
Außerdem ist das Zeugen von Menschen eine Ver-
richtung des lebendigen Körpers. Aber die Dämonen
geben mittels angenommener Körper kein Leben, weil
jene [Zeugung], die eben nur der Form nach von der
Seele fließt, eine körperliche Aktualisierung ist, wel-
cher nach der Potentialität eines physischen Organs
[sein] Leben besitzt, 2 de anima175. Daher können
sie durch derartige angenommene Körper die Lebens-
vorgänge nicht vollbringen.
Wenn gesagt werden sollte, daß sie Körper anneh-
men, nicht um Leben zu schenken, sondern um natür-
lichen Samen bei sich aufzubewahren und zu übertra-
gen, [so ist] dagegen [zu sagen]: Wie in den Werken

Hexen
3.835 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 179

der guten und schlechten Engel nichts überflüssig ist,


so auch nichts in den Werken der Natur. Aber wenn
ein Dämon durch natürliche Kraft, die jede Kraft des
Körpers übersteigt, unsichtbar Samen sammeln und
dann gebrauchen könnte, so wird als Grund ange-
führt, daß er dies nicht unsichtbar tun könnte, oder
wenn er es kann, dann wird das andere überflüssig
sein. Der Grund wird [noch] untermauert. Denn im
Buch de causis176 wird gesagt, daß die Kraft eines
Geistwesens unbegrenzt nach unten ist, aber begrenzt
nach oben hin. Aber alles Körperliche steht unter den
Geistwesen. Daher kann er diese durch die Unbe-
grenztheit seiner Macht nach Belieben verändern.
Aber die Geistwesen sind Engel, gute wie böse, also
können sie, ohne daß sie Körper annehmen, einen
Austausch bei den Samen vornehmen.
Außerdem würde [der Umstand,] den Samen von
dem einen zu empfangen und auf den anderen zu
übertragen, durch eine lokale Bewegung erfolgen.
Aber die Dämonen können die Körper nicht örtlich
bewegen. Es wird [wie folgt] bewiesen: Die Seele ist
eine geistige Substanz wie auch der Dämon. Aber die
Seele kann den Körper nicht örtlich bewegen, wenn er
nicht von ihr belebt ist. Daher zeigt sich ein Glied,
wenn es abstirbt, unbeweglich. Daher können also
auch die Dämonen einen Körper nicht örtlich bewe-
gen, außer wenn er von ihnen belebt ist. [11va] Es ist

Hexen
3.836 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 180

aber [bereits] gesagt und damit an sich bekannt, daß


die Dämonen einen Körper nicht beleben können.
Also werden sie auch den Samen nicht örtlich von Ort
zu Ort bewegen können. Ferner erfolgt jede Handlung
durch Berührung, wie es in 1 de generatione177
heißt. Es scheint aber nicht, daß es irgendeine Berüh-
rung des Dämons mit Körpern geben könnte, da er
nichts mit ihnen gemein hat. Da nun Samen Einflößen
und örtlich Bewegen eine bestimmte Handlung ist, so
können Dämonen das offenbar nicht tun. Ferner kön-
nen die Dämonen Körper nicht bewegen, die ihnen in
der Ordnung der Natur näher stehen, wie es die Him-
melskörper sind, also auch nicht andere, die weiter
entfernt stehen. Das wird bewiesen, weil, da Bewe-
gendes und Bewegtes zusammengehören, 2
Phys.178, folgen würde, daß die Dämonen, wenn sie
die Himmelskörper bewegen würden, im Himmel
wären, was weder bei uns noch bei den Platonikern
als Wahrheit gilt.
Aber dagegen [spricht] Augustinus 3 de
Trini.179: »Die Dämonen sammeln Samen, die sie
zu körperlichen Wirkungen anwenden.« Das kann
aber ohne eine örtliche Bewegung nicht geschehen.
Also können die Dämonen die von den einen genom-
menen Samen auf andere übertragen. Ebenso die
Glosse des Strabo zu Exod. 7180: »Pharao rief die
Weisen etc.« Sie besagt, daß die Dämonen auf der

Hexen
3.837 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 180

Welt herumstreunen und verschiedene Samen sam-


meln. Und aus ihrer Anwendung können verschiedene
Formen hervorgehen. Man sehe auch die Glosse eben
dort über jene Worte »Pharao rief«; ebenso Gen.
6181 über jenes [Wort] »die Söhne Gottes sahen die
Töchter der Menschen etc.« Die Glosse sagt zweier-
lei: Erstens, daß unter den Söhnen Gottes die Söhne
Seths verstanden werden und unter den Töchtern der
Menschen die Töchter Kains. Zweitens sagt sie, daß
es nicht unglaublich sei, daß nicht von Menschen,
sondern von Dämonen, die mit Frauen unzüchtig sind,
derartige Menschen, d.h. Riesen, erzeugt werden, von
denen in der Schrift gesprochen wird: »Riesen, aber
waren auf Erden«, weil sich nach der Sintflut nicht
nur männliche, sondern auch weibliche Körper von
unglaublicher Schönheit fanden.
Antwort: Weil es tunlich ist, hinsichtlich der Macht
und der Werke des Teufels bezüglich der schadens-
zauberischen Wirkungen vieles der Kürze halber un-
erwähnt zu lassen, wird es dem frommen Leser als per
se bekannt überlassen. [11vb] Oder, wenn er es erfah-
ren will, so wird er wenigstens in den Schriften des
Doktors über 2 senten. dis. 5182 das Einzelne bis
ins Kleinste genau erklärt finden. Denn er wird sehen,
daß die Dämonen alle ihre Taten durch Vernunft und
Willen ausführen, ebenso, daß diese natürlichen
Gaben nicht unverändert sind. Aber nach Dionysius 4

Hexen
3.838 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 181

ca. de divinis nominibus183 bleiben sie unversehrt


und edelst bestehen, wiewohl es ihnen nicht möglich
ist, sie zum Vorteil der Tugend zu benutzen. Er wird
auch finden, daß sie, was die Vernunft anlangt, durch
dreifache Schärfe des Wissens Kraft haben, nämlich
durch den Scharfsinn ihrer Natur, die Erfahrung der
Zeiten und die Eingebung seitens höherer Geister184.
Er wird auch finden, worin und wie sie die Eigen-
schaften und die natürlichen, infolge der Einflüsse der
Himmelskörper vorherrschenden Vorstellungen der
Menschen erkennen, woraus sie auch schließen, daß
einige mehr zur Ausübung von Zaubereien veranlagt
sind als die anderen, denen sie auch vor allen anderen
zusetzen, solche Dinge auszuführen.
Was aber seinen Willen anbetrifft, so wird man fin-
den, daß er [der Teufel] unverrückbar am Bösen haf-
tet, immer zu sündigen: [durch die Sünden] des Hoch-
mutes, der Eifersucht und der höchsten Unzufrieden-
heit, weil Gott ihn [den Teufel] zu seinem eigenen
Ruhm gegen dessen Willen benutzt. Er wird erken-
nen, wie er aus diesen beiden, nämlich Einsicht und
Willen, wundersame Dinge bewirkt, so daß keine
Macht auf Erden ist, die mit ihm verglichen werden
kann, Iob 41185: »Es gibt keine Macht auf Erden, die
mit ihm verglichen werden kann. Er ist geschaffen,
daß er niemanden fürchte«, wozu die Glosse186
[hinzu setzt]: »Und mag er auch niemanden fürchten,

Hexen
3.839 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 182

den Verdiensten der Heiligen ist er dennoch unterwor-


fen.« Er wird auch finden, wie er [der Teufel] unsere
Herzensanliegen erkennt; wie er auch die Körper ver-
wandeln kann durch die Unterstützung eines anderen
Agens, substanziell und akzidentiell; wie er die Kör-
per örtlich bewegen kann, die äußeren und inneren
Sinne zu verwandeln vermag, so daß sie auf etwas
Bestimmtes sinnen müssen; wie er den Verstand und
den Willen des Menschen verändert, wenn auch nur
indirekt. Wenn auch all dies unserer gegenwärtigen
Betrachtung dienlich wäre, so wollen wir doch daraus
nur ihre Eigenschaften zusammenfassen, um bei der
Erörterung der Frage voranzukommen.
Ihnen von den Theologen aber beigemessene Ei-
genschaften sind, daß es unreine Geister sind, wenn
auch nicht unrein von Natur, weil [12ra] ihnen nach
Dionysius187, entsprechend ihrer geistigen Sünden,
wie Stolz, Eifersucht und Zorn, grundlose Wut, unsin-
nige Begierde, schrankenlose Phantasie innewohnt.
Darum sind sie Feinde des Menschengeschlechts, ver-
nünftig im Geiste, doch ohne Auseinandersetzung
[nur intuitiv] verstehend, in Nichtsnutzigkeit spitzfin-
dig, begierig zu schaden, immer auf neuen Trug be-
dacht. Sie verändern die Sinne, verunreinigen die Be-
gierden, stören die Wachenden, lassen die Schlafen-
den durch Träume nicht zur Ruhe kommen, bringen
Krankheiten bei, entfesseln Stürme, verwandeln sich

Hexen
3.840 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 182

in Engel des Lichts, [und] führen [doch] immer die


Hölle mit sich. Seitens der Zauberer verschaffen sie
sich die göttliche Verehrung, magische Künste ge-
schehen durch sie, über die Guten begehren sie zu
herrschen und bedrängen sie fortwährend nach Kräf-
ten, den Auserwählten dienen sie zur Prüfung, sie lau-
ern immer auf das Ende des Menschen. Und mögen
sie auch tausend Arten und Künste zu schädigen
haben, 16 q. 2188, wie er [der Teufel] ja vom Beginn
seines Falles an versucht, die Einheit der Kirche zu
spalten, die Nächstenliebe zu kränken, die Süße der
Werke der Heiligen mit der Galle des Neides zu ver-
giften und auf jede Weise das menschliche Geschlecht
zu vernichten und Verwirrung zu stiften. Seine Macht
ruht [letztlich] doch in den Lenden und im Nabel, Job
im Vorletzten189, weil die Menschen durch die Un-
mäßigkeit des Fleisches oft beherrscht werden. Denn
der Sitz der Wollust ist bei den Männern in den Len-
den, weil von hier der Samen ausgesondert wird, wie
bei den Frauen vom Nabel aus190.
Dies wurde zum Verständnis der Frage nach den
Inkubus- und Sukkubus-Dämonen vorweggenommen.
Danach ist die Behauptung, durch Inkubus- und Suk-
kubus-Dämonen könnten manchmal Menschen ge-
zeugt werden, so sehr rechtgläubig, daß die Behaup-
tung des Gegenteils nicht bloß den Aussprüchen der
Heiligen widerspricht, sondern auch der Überliefe-

Hexen
3.841 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 183

rung der Heiligen Schrift. Denn Augustinus191 wirft


dort jene Frage nicht bezüglich der Zauberer auf, son-
dern bezüglich der Werke der Dämonen und der Fa-
beln der Dichter, und er hat [die Beantwortung] im
Zweifel gelassen, wenn er sie auch später nach der
Heiligen Schrift festlegt. Er sagt nämlich in Buch 3
de civ. dei ca. 2192: »Ob Venus infolge des Bei-
schlafes mit Anchises den Äneas hat gebären können,
wollen wir offen lassen. Denn diese Frage wird fast so
in der Schrift aufgeworfen, wo gefragt wird, ob die
pflichtvergessenen Engel mit den Töchtern der Men-
schen [12rb] fleischlichen Umgang gehabt haben,
worauf damals die Erde von Riesen, d.h. übermäßig
großen und starken Männern, erfüllt wurde. Aber in
Buch 5, ca. 23193 entscheidet er die Frage mit diesen
Worten: »Es ist eine oft gehörte Geschichte, und viele
behaupten, es selbst erlebt oder von solchen, die es
erfahren haben und über deren Glaubwürdigkeit kein
Zweifel besteht, gehört zu haben, daß Waldmenschen
und Faune, die die Leute Inkubi nennen, sich den
Frauen unzüchtig erzeigt und mit ihnen den Beischlaf
angestrebt und ausgeübt hätten; und daß bestimmte
Dämonen, welche die Gallier dusii nennen, eifrig
diese Schandtat versucht und öfter ausgeübt hätten.
Und die Leute, die dies behaupten sind so glaubwür-
dig, daß es zu leugnen dreist wäre.« Soweit jener [Au-
gustinus].

Hexen
3.842 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 184

Danach entscheidet er [Augustinus] ebenda die


zweite Frage, daß nämlich jenes [Wort in] Gen.194
»sahen die Gottessöhne, d.h. Seths, die Töchter der
Menschen«, d.h. Kains, nicht nur [auf die] Inkubi [be-
zogen] verstanden wird, weil es nicht glaubhaft195
sei, daß es Inkubi sind. Darauf [bezieht sich] ebenda
eine Glosse, die wie zuvor ausgeführt besagt: »Es ist
nicht unglaublich, daß nicht etwa von Menschen, son-
dern von Engeln oder gewissen Dämonen, die mit
Frauen Unzucht treiben, derartige Menschen, d.h.
Riesen gezeugt worden sind, wovon in der Schrift die
Rede ist: Riesen aber waren auf Erden, die auch nach
der Sintflut« etc. wie oben. Eben darauf bezieht sich
eine Glosse zu Isaias 13196, wo der Prophet die
Verwüstung der Stadt Babylon vorhersagt hatte und
daß Ungeheuer in ihr wohnen würden. Es heißt dort:
»Es werden sich dort Strauße niederlassen, und
Bocksgeister197 springen umher.« Verstehe dort Dä-
monen an Stelle der Bocksgeister. Die Glosse sagt
daher: Bocksgeister sind struppige Waldmenschen,
und sie sind incubones oder Satyre198, bestimmte
Arten der Dämonen. Und zu Isaias 34199 über jene
[Stelle], wo er die Verwüstung des Landes der Idu-
mäer prophezeit, die die Juden verfolgten: »Es wird«,
sagt sie, »ein Hort der Drachen und eine Weide der
Strauße sein, und Dämonen werden einander begeg-
nen.« Die Interlinear-Glosse200: »d.h. die Ungeheu-

Hexen
3.843 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 185

er den Dämonen [begegnen] einander gegenseitig.«


Und die Glosse des seligen Gregor ebenda: »Dieje-
nigen, die unter anderem Namen als Waldmenschen
dargestellt werden, nicht die, welche die Griechen
pani, die Römer aber Inkubi nennen.« Auf dasselbe
bezieht sich der selige Isidor li. 8 im letzten Kapi-
tel201: Feldgeister, die griechisch paniti, lateinisch
Inkubi genannt werden. Inkubi werden sie daher von
incubando202, d.h. »Unzucht treiben«, genannt.
Denn oft erweisen sie sich auch als unzüchtig mit den
Frauen [12va] und führen mit ihnen den Beischlaf
aus. Diese Dämonen nennen die Gallier dusii, weil sie
beständig dieser Schweinerei obliegen. Den sie aber
gewöhnlich Inkubus nennen, den nennen die Römer
faunus ficarius203. Mit Bezug auf ihn sagt
Horaz204:

Faun, Liebkoser der scheuen Nymphen,


Durch meine Feldmarken und die sonnigen Felder
magst du sanft einher schreiten!

Ferner jenes [Wort] des Apostels, 1 Cor. 11205:


»Eine Frau muß den Schleier über ihrem Haupt
haben, wegen der Engel.« Viele Rechtgläubige legen
das, was folgt, mit »wegen der Engel, d.h. der Inkubi«
aus. Auf dasselbe bezieht sich Beda in den historiis
angelorum206. Ebenso Guilhelmus im Buch de

Hexen
3.844 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 185

universo im letzten Teil, tract. 6207, vielfach. Fer-


ner bestimmt dies der heilige Doktor im ersten Teil,
q. 15208 und in der zweiten Schrift dis. 8209 und
quodlibet 7 q. 10210 wie auch in super Esaiam ca-
pitulis 13 und 34211. Daher ist solches zu leugnen,
sagt Thomas, unverständig. Denn das, was vielen
[richtig] dünkt, kann doch nicht gänzlich falsch sein,
nach dem Philosophen in de somno und vigilia212
am Ende und in 2 ethic.213 Ich schweige von den
vielen und authentischen Erzählungen sowohl der
Rechtgläubigen wie auch der Heiden, die offen ausge-
sprochen haben, daß es Inkubi gibt.
Der Grund aber, warum sich die Dämonen zu Inku-
bi oder Sukkubi machen, ist nicht die Verlockung, da
Geister nicht Fleisch und Knochen haben, sondern vor
allem, daß sie durch das Laster der Wollust die Natur
der Menschen beiderseits, nämlich körperlich wie see-
lisch erregen, damit sich die Menschen so allen La-
stern um so willfähriger ausliefern. Es besteht kein
Zweifel, daß sie auch wissen, daß unter bestimmten
Konstellationen die Samen kräftiger werden. Die
Menschen, die unter diesen [Konstellationen] empfan-
gen werden, sind für immer durch Boshaftigkeit ver-
dorben.
Nachdem also durch den Höchsten [Gott] viele La-
ster der Wollust angeführt worden sind, von denen er
sein Volk rein haben wollte und in welche die Un-

Hexen
3.845 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 186

gläubigen verstrickt waren, sagt er Levit. 18214: »Ihr


sollt euch durch nichts dergleichen verunreinigen.
Denn durch all das haben sich die Heiden verunrei-
nigt, die ich vor eurem Angesicht [züchtigen will].
Von diesen ist das Land verunreinigt, und ich will
ihre Missetaten verfolgen.« Die Glosse215 sagt über
das Wort »Heiden«: Dämonen, sagt sie, die der
Menge wegen Heiden des Weltalls genannt werden,
alle, die sich an jeglicher Sünde freuen, besonders
aber an Hurerei und Götzendienst, weil mit diesen so-
wohl der Körper als auch die Seele [12vb] befleckt
wird und der ganze Mensch, der »Erde«216 heißt.
Denn welche Sünde der Mensch auch immer begeht,
so geschieht diese [auch] außerhalb des Körpers. Wer
aber hurt, der sündigt [sogar] gegen seinen Körper.
Wenn jemand die Geschichten über Inkubi und Suk-
kubi anschauen mag, soll er wie oben Beda in den hi-
storiis angelorum nachlesen und Guilhelmus und
endlich noch Thomas von Brabant in dem Buch,
das de apibus betitelt ist.

Zu den Argumenten.
Zuerst wird bezüglich der natürlichen Vermehrung,
die Gott Mann und Frau gegeben hat, gesagt, daß
wie – mit Zulassung Gottes – das Sakrament der Ehe
durch das Werk des Teufels durch Zaubereien geschä-
digt werden kann, wie oben aufgezeigt, so auch und

Hexen
3.846 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 187

um so stärker bei jedem beliebigen anderen fleischli-


chen Akt zwischen Mann und Frau.
Wenn aber gefragt wird, warum es den Teufel mehr
beim fleischlichen Akt erlaubt wird, Schadenszauber
zu betreiben, als bei anderen menschlichen Akten, so
wird gesagt, daß dafür von den doctores mehrere
Gründe angeführt werden. Darüber mehr unten in dem
Teil217, wo über die göttliche Zulassung diskutiert
wird. Für jetzt genügt der Grund, der früher angeführt
worden ist, nämlich daß die Macht des Dämons in
den Lenden der Menschen liegt; weil unter allen
Kämpfen die Streitigkeiten am heftigsten sind, wo ein
andauernder Kampf und selten ein Sieg ist. Es gilt
auch nicht, daß dann das Werk des Teufels stärker sei
als das Werk Gottes, wenn er die von Gott eingesetz-
ten Ehehandlungen schädigen könne: weil er sie nicht
aus [eigener] Macht verletzt, sondern im Gegenteil
nichts vergiften kann, wenn es nicht von Gott zuge-
lassen wird. Dies demonstriert eher seine Ohnmacht.
Zum zweiten ist es wahr, daß Menschen zu zeugen
eine Verrichtung des lebenden Körpers ist. Aber wenn
gesagt wird, daß die Dämonen kein Leben geben kön-
nen, weil jenes förmlich aus der Seele fließt, so ist
dies auch wahr, aber [nur] deshalb, weil es stofflich
vom Samen abgesondert wird und der Dämon als In-
kubus ihn mit Zulassung Gottes durch einen Ge-
schlechtsakt beigeben kann, und zwar nicht als von

Hexen
3.847 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 187

ihm selbst abgesondert, sondern durch den dazu ge-


nommenen Samen eines Menschen, wie der heilige
Doktor sagt im ersten Teil, qu. 51 ar. 3218. Denn
derselbe Dämon, der ja bei dem Mann ein Sukkubus
ist, wird bei der Frau ein Inkubus, wie sie auch ande-
ren Samen bei der Zeugung anderer Dinge [als Zutat]
verwenden [13ra], wie Augustinus 3 de Trini.219,
sagt.
Wenn man daher fragt, wessen Sohn der so Gebo-
rene sei, ist es klar, daß er nicht der Sohn eines Dä-
mons ist, sondern jenes Mannes, dessen Samen emp-
fangen worden ist. Wenn man fest darauf besteht, daß
weder in den Werken der Engel noch in denen der
Natur etwas überflüssig ist, dann wird das zugegeben.
Und wenn eingewandt wird, daß ein Dämon unsicht-
bar Samen sowohl aufnehmen als auch abgeben kann,
so ist es wahr. Doch bewirkt er dies lieber sichtbar als
Sukkubus und Inkubus, um durch eine solche Schänd-
lichkeit Leib und Seele bei beiden Menschen zu besu-
deln, bei Frau und Mann, wie in der gesamten Frage
hergeleitet wird.
Die Dämonen könnten viele Dinge unsichtbar [aus-
führen], aber dies wird ihnen nicht erlaubt, auch wenn
sie wollten. Es wird ihnen jedoch sichtbar erlaubt,
entweder zur Prüfung der Guten oder zur Zurechtwei-
sung der Schlechten. Endlich könnte es geschehen,
daß anstelle des einen Dämons ein anderer von ihm

Hexen
3.848 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 188

den Samen empfinge und sich anstelle des anderen


Dämon zum Inkubus machte, und zwar aus einem
dreifachen Grund: Zum Beispiel, weil ein zu einer
Frau geschickter Dämon den Samen von einem ande-
ren Dämon empfangen könnte, der zu einem Mann
geschickt wurde; so hätte ein jeder für sich gemäß
dem Auftrag, den er vom Fürsten der Dämonen220
erhalten hat, Schadenszauber zu bewirken, da ja
einem jeden [Menschen] ein [eigener] Engel zugeteilt
wird oder auch [einer] aus der Abteilung der bösen
[Engel] wegen der Abscheulichkeit der Handlung, vor
der ein einzelner Dämon zurückschreckt – denn in der
folgenden Frage wird es ersichtlich werden, daß be-
stimmte Dämonen durch die Vortrefflichkeit ihrer
Natur davor zurückschrecken, bestimmte Handlungen
und Schändlichkeiten auszuführen –, oder, daß er un-
sichtbar anstelle des Samens des Mannes seinen
Samen, d.h. den er als Inkubus empfing, sich dazwi-
schenschiebend der Frau einführt. Dieses Dazwi-
schenschieben ist nicht gegen seine Natur oder Kraft,
da er sich auch im angenommenen Körper unsichtbar
und unfühlbar dazwischenschieben kann, wie es sich
oben bezüglich des Jünglings, der sich mit einem
Phantom221 verlobt hatte, gezeigt hat.
Zum dritten: Wenn gesagt wird, die Kraft eines En-
gels bezogen auf die niederen222 [Wesenheiten] sei
unbegrenzt, so deswegen, weil dessen Kraft von den

Hexen
3.849 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 189

niedrigeren [Kräften] nicht erfaßt werden kann. Sie


übersteigt diese [die Kraft der Niedrigeren] vielmehr
immer, so daß sie nicht nur auf eine einzige Handlung
beschränkt bleibt, und zwar deshalb, weil die höch-
sten Wesen die größten allgemeinen Kräfte haben. So
kann man, weil sie [die Kraft des Engels] unbegrenzt
nach unten hin223 ist [13rb], nicht sagen, daß sie
jene ohne Unterschied in jede Handlung fortführen
könnte, weil dann unbegrenzt nach unten auch [unbe-
grenzt] nach oben bedeuten würde. Weil schließlich
zwischen dem Aktiven und Passiven eine Beziehung
bestehen muß und keine Beziehung zwischen einer
rein geistigen und [einer rein] körperlichen Substanz
bestehen kann, wären deshalb auch die Dämonen zu
keiner Handlung fähig, außer durch die Vermittlung
eines anderen, aktiven Prinzips. Daher ist es [so], daß
sie sich der Samen der Dinge bedienen, um Wirkun-
gen hervorzubringen, nach Augustinus 3 de
trini.224 Deswegen geht dieses Argument zurück auf
das vorhergehende und wird durch jenes nicht ver-
stärkt, außer wenn jemand eine Erklärung der Be-
hauptung haben wollte, daß Verstandeskräfte unbe-
grenzte Fähigkeiten nach unten, nicht aber nach oben
haben225. Und sie [die Kraft] würde ihm aus der
Ordnung der körperlichen Dinge und der Himmels-
körper verliehen, die an sich viele und unendliche
Folgewirkungen beeinflussen könnten. Dies geschieht

Hexen
3.850 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 189

aber wegen der Schwäche der niedrigeren [Kräfte]


nicht.
Unsere Schlußfolgerung lautet: Mögen die Dämo-
nen auch, ohne Körper[gestalten] anzunehmen226,
einen Austausch der Samen vollbringen können, so
beweist dies nichts gegen das, was hier von den Inku-
bi und Sukkubi behauptet wird: daß sie ihre Handlun-
gen nur in angenommenen Körpern ausführen kön-
nen, nach dem, was oben gesagt worden ist.
Zum vierten, daß Dämonen die Körper nicht örtlich
bewegen können, also auch den Samen nicht etc.; und
zwar wird es dort durch eine Ähnlichkeit mit der
Seele bewiesen. Darüber ist zu sagen, daß es eines ist,
von der eigentlichen geistigen Substanz eines Engels
oder Dämons und ein anderes, von der eigentlichen
Seele zu sprechen. Denn daß die Seele einen Körper
nicht örtlich bewegen kann, wenn er nicht von ihr be-
lebt ist oder durch die Berührung des von ihr beseel-
ten Körpers mit einem anderen nicht belebten Körper
[bewegt wird], ist deshalb [so], weil sie den untersten
Rang in der Ordnung der geistigen Substanzen ein-
nimmt. Daher kommt es auch, daß auch jener Körper,
der durch Berührung bewegen soll, verhältnismäßig
sein muß. Nicht so ist es hingegen bei den Dämonen,
deren Kraft die körperliche Kraft durchaus übertrifft.
Zum fünften ist zu sagen, daß die Berührung des
Dämons mit dem Körper des Samens oder irgendeines

Hexen
3.851 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 190

anderen [Körpers] kein körperlicher, sondern ein ver-


geistigter Kontakt ist. Und er geschieht nach dem
Verhältnis, das dem Bewegenden wie dem Bewegten
entspricht, so daß jener Körper, der bewegt wird,
nicht das Maß [13va] der Kraft des Dämons über-
steigt, wie es die Himmelskörper und auch die ganze
Welt oder die Elemente der Welt tun. Und warum
jene [seine Kräfte] übersteigen, können wir mit dem
heiligen Thomas in questionibus de malo q. 10 de
damonibus227 beantworten: Dies erfolgt entweder
wegen der Beschaffenheit der Natur oder wegen der
Verdammung der Schuld. Es besteht nämlich eine
Ordnung der Dinge, gleichsam nach ihrer eigenen
Natur, so auch nach ihrer Bewegung; und wie die hö-
heren Himmelskörper von höheren geistigen Substan-
zen, wie es die guten Engel sind, bewegt werden, so
können die niederen Körper von niederen geistigen
Substanzen wie den Dämonen bewegt werden. Und
wenn ihnen dies kraft der natürlichen Beschaffenheit
zukommt – womit nach der philosophischen Ansicht
die Dämonen nicht zu jenen höheren Engeln gehörten,
sondern zu den von Gott dieser irdischen Ordnung
vorgesetzten, oder auch wenn ihnen dies nach Ansicht
der Theologen zur Strafe für die Sünde zukommt –,
dann können sie, von den himmlischen Sitzen gleich-
sam zur Strafe in diese Luftschicht verstoßen, weder
diese selbst noch die Erde bewegen.

Hexen
3.852 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 191

Dieses wurde wegen zweier Argumente228 ange-


fügt, die stillschweigend entkräftet werden, daß sie
nämlich auch die Gestirne bewegen könnten, wenn sie
die Körper örtlich bewegen könnten, weil sie ihnen
näher sind, wie auch das letzte Argument vorgibt.
Nach der ersteren Ansicht gilt dies nämlich nicht, weil
jene Körper das Maß ihrer Kraft überschreiten, nach
der zweiten wiederum könnten sie sie wegen der Stra-
fe für die Sünde nicht bewegen. Es gehört auch zum
Argument, wenn jemand einwenden sollte, es sei die-
selbe Bewegung des Ganzen oder [auch nur] eines
Teils, wie der Erde und der Scholle, in 3 Phisico229.
Wenn also die Dämonen einen Teil der Erde bewegen
könnten, so könnten sie auch die [ganze] Erde bewe-
gen. Das gilt nicht, wie bei der Betrachtung des Un-
terschieds einleuchtet. Aber Samen von Dingen zu
sammeln und ihn zu bestimmten Verrichtungen zu ge-
brauchen, übersteigt selbstverständlich nicht ihre na-
türliche Kraft, wenn Gott es zuläßt.
Insgesamt kann geschlossen werden, daß, unbe-
schadet einiger Stimmen, die Dämonen in den ange-
nommenen Körpern keinesfalls zeugen können und
daß mit den Söhnen Gottes die Söhne Seths und nicht
die Engel, Inkubi, wie auch mit den Töchtern der
Menschen, [13vb] die vom dem Stamm Kains ab-
stammen, gemeint sind. Weil jedoch von vielen, wie
gezeigt, das Gegenteil behauptet wird, und das, was

Hexen
3.853 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 191

vielen zutreffend scheint, nicht gänzlich falsch sein


kann, nach dem Philosophen in 7 eth.230 und am
Ende in de somno et vigilia231, auch weil in den
modernen Zeiten Taten und Worte von Hexen bezeugt
werden, die wahrhaftig und wirklich solches ausüb-
ten, so sagen wir dreierlei: Erstens, daß durch solche
Dämonen die schmutzigsten fleischlichen Handlungen
nicht der Lust wegen verübt werden, sondern zur Be-
fleckung von Seele und Leib derer, die darauf und
darunter liegen. Zweitens, daß eine vollkommene
Empfängnis und Zeugung von den Frauen dadurch
ausgeführt werden kann, daß sie den menschlichen
Samen an den gehörigen Ort des Frauenleibes an die
dort schon vorher vorhandene entsprechende Materie
bringen können, wie sie in ähnlicher Weise auch den
Samen anderer Dinge sammeln können, um irgend-
welche Taten auszuführen. Drittens, daß den Dämo-
nen bei einer solchen Zeugung nur die lokale Bewe-
gung überantwortet ist, aber nicht die Zeugung selbst,
deren Ursprung nicht in der Kraft des Dämons oder
des von ihm angenommenen Körpers liegt, sondern in
der Kraft jenes [Menschen], dessen Samen es war.
Daher ist es auch nicht das Erzeugnis des Dämons,
sondern das Kind eines Menschen.
Und somit erklärt sich auch die Antwort auf die Ar-
gumente, wenn jemand behaupten wollte, daß die Dä-
monen aus zwei [Gründen] nicht zeugen könnten: er-

Hexen
3.854 [I,3] Dritte Frage des ersten Teils Hexenhammer, 192

stens, weil die Zeugung durch die Formkraft vollzo-


gen werde, die in dem aus einem lebenden Körper ab-
gesonderten Samen liege. Und weil nun der vom
Dämon angenommene Körper kein solcher sei, des-
halb etc. Die Antwort ist klar, weil ein Dämon durch
die Kraft des Samens die Form an den gehörigen Ort
legt etc. Zweitens, wenn gesagt werden sollte, daß der
Samen nur so lange Zeugungskraft habe, wie die
Wärme der Seele in ihm festgehalten werde, welche
aber dennoch entweichen müsse, weil [der Samen]
über ein große Strecke herbeigebracht werde, so lautet
die Antwort, daß die Dämonen ihn irgendwo aufbe-
wahren können zur Konservierung des Samens, so
daß die Lebenswärme nicht erkalten kann. Oder auch,
daß er nicht so leicht erkalten kann, weil sie sich
wegen der Herrschaft des Bewegenden über das Be-
wegte blitzschnell bewegen können.

Hexen
3.855 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 193

[I,4] Vierte Frage: Von welchen Dämonen


solches verübt wird232

[14ra] Ob es rechtgläubig sei, zu behaupten, daß die


Wirkmacht der Inkubus- und Sukkubus-Dämonen
allen unreinen Geistern ohne Unterschied und glei-
chermaßen zukomme? Und es scheint [wirklich] so,
weil die Behauptung des Gegenteils eine regelrechte
Ordnung unter ihnen befürworten würde. Es wird be-
wiesen: Wie zur Grundlage des Guten Maß und Ord-
nung gehört, Augustinus im Buch de natura
boni233, so gehört zur Grundlage des Bösen Unord-
nung. Aber bei den guten Engeln ist nichts ohne Ord-
nung, also kann bei den bösen nichts geordnet sein.
Deshalb haben sie ohne Unterschied solche Handlun-
gen vorzunehmen. Daher auch jenes [Wort]: »Wo
keine Ordnung, sondern ewiges Entsetzen im Land
herrscht, nämlich des Elends und der Finsternis«, Iob
10234.
Außerdem, wenn nicht alle ohne Unterschied diese
Handlungen vollbringen, so geschieht das entweder
wegen ihrer Natur oder wegen der Schuld oder der
Strafe. Nicht wegen der Natur, weil nach der Sünde
alle ohne Unterschied, wie in der vorigen Frage be-
merkt, ihrer Natur nach unreine Geister sind, wenn
auch nicht unrein bezüglich der Minderung ihrer na-

Hexen
3.856 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 193

türlichen Eigenschaften. In der Nichtsnutzigkeit spitz-


findig, begierig zu schaden, schwellend vor Stolz, etc.
Also kommt nur ihre Schuld und Strafe in Betracht.
Dann [heißt es] so: Je größer die Schuld ist, desto
härter ist [auch] die Strafe, aber die höheren Engel
haben schlimmer gesündigt, darum müssen sich zur
Strafe mehr mit diesem Schmutz abgeben. Wenn dies
nicht so ist, wird ein anderer Grund angegeben wer-
den, warum sie nicht [alle] unterschiedslos jene Hand-
lungen verüben.
Ferner: wo keine Unterordnung ist und [kein] Ge-
horsam, dort handeln alle gleich; aber bei den Dämo-
nen gibt es weder Unterwürfigkeit noch Gehorsam. Es
wird bewiesen: weil jene Eigenschaften nicht ohne
Eintracht beibehalten werden können, es aber bei den
Dämonen keine Eintracht gibt, Prover. 13235:
»Unter den Hochmütigen ist immer Streit.«
Ferner: wie gleichermaßen alle wegen der Schuld
nach dem Tag des Gerichts in die Hölle gestoßen wer-
den, so werden sie auch vor jener Zeit in der dunsti-
gen Luft um ihrer Tätigkeit willen festgehalten. Man
liest nicht, daß Ungleichheit bezüglich der Versto-
ßung besteht, also auch keine Ungleichheit bezüglich
der Obliegenheit und der Versuchung.
Aber dagegen [spricht] Glosse zu 1 Cor. 15236:
Solange die Welt besteht, sind Engel Engeln, Men-
schen Menschen, Dämonen Dämonen vorgesetzt.

Hexen
3.857 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 194

Desgleichen wird in Iob 40237 von den Schuppen


[14rb] Leviathans gesprochen, womit die Glieder des
Teufels bezeichnet werden, daß eine an der anderen
hängt: also herrscht unter ihnen Verschiedenheit so-
wohl der Ordnung wie des Tuns.
Nebenbei bemerkt ist fraglich, ob die Dämonen an
der Ausführung ihrer Schandtaten bisweilen von
guten Engeln gehindert werden oder nicht? Und man
muß das bejahen, weil den Mächten, die Engel ge-
nannt werden, die [ihnen] entgegengesetzten Kräfte
Untertan sind, wie Gregor238 sagt und Augustinus
3 de trini.239: Der [rationale] Geist, der vom Leben
Abtrünnige und Sünder, wird gelenkt durch den ver-
nünftigen, frommen und gerechten Geist des Lebens;
und wie jene Geschöpfe, die vollkommener und Gott
näher sind, auf andere Einfluß haben, deswegen, weil
die ganze Ordnung des Vorrangs zunächst und ur-
sprünglich von Gott kommt und die Geschöpfe je
nach ihrer Nähe [daran] teilhaben. So haben auch die
guten Engel, die Gott am nächsten sind, wegen des
Genusses an ihm, dessen die Dämonen entbehren, den
Vorzug vor den Dämonen selbst, und diese werden
von jenen regiert.
Wenn man behauptet, die Dämonen begingen
durch die vorgenannten Mittel viele böse Taten; sie
würden also entweder nicht gehindert, weil sie den
guten Engeln, die sie hindern könnten, nicht untertan

Hexen
3.858 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 195

sind; oder, falls sie ihnen untertan sind, dann gereicht


das, was durch Untergebene schlecht verrichtet wird,
den Beaufsichtigenden offenbar zur Nachlässigkeit:
bei den guten Engeln liegt also offenbar eine Nachläs-
sigkeit vor. Darauf wird geantwortet, daß die heiligen
Engel Diener der göttlichen Wahrheit sind. Wie also
die göttliche Wahrheit erlaubt, daß wegen des Guten,
das sie aus ihnen [den Bösen] hervorlockt, irgend
etwas Böses durch böse Engel oder Menschen ge-
schieht, so hindern auch die guten Engel nicht völlig
die bösen Engel oder Menschen [daran] zu schaden.
Antwort: es ist rechtgläubig zu behaupten, unter
den Dämonen herrsche eine gewisse Ordnung der in-
neren und äußeren Handlungen, ja sogar mit einem
bestimmten Vorrang. Daher werden auch bestimmte
Unflätigkeiten von niederen [Geistern] ausgeführt,
von denen die höheren wegen des Vorzugs ihrer Natur
ausgenommen sind. Und dies wird zuerst im allgemei-
nen erklärt aus der dreifachen Übereinstimmung, wo-
nach dieses mit deren Natur, der göttlichen Weisheit
und der eigenen Mangelhaftigkeit übereinstimmt.
Zuerst also im besonderen von der Natur her. Denn
es steht fest, daß von Beginn der Schöpfung an immer
einige von Natur aus erhabener als die anderen gewe-
sen sind, da sie in der Art [14va] voneinander ver-
schieden sind. Und es gibt nach allgemeiner Meinung
nicht zwei Engel von ein und derselben Art. Damit

Hexen
3.859 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 195

stimmen auch die Aussagen der Philosophen überein,


und auch Dionysius stellt im 10. ca. celestis ierar-
chie240 fest, in ein und derselben Ordnung seien
erste, mittlere und letzte – dem man auch notwendi-
gerweise beipflichten muß – sowohl wegen ihrer Un-
stofflichkeit als auch wegen [ihrer] Unkörperlichkeit.
Wer will, möge die Worte des Doktors nachlesen, in
2 di. 2241. Und weil die Sünde die Natur nicht auf-
hebt und die Dämonen nach dem Sturz die natürlichen
Gaben nicht verloren haben, wie oben bemerkt wurde,
und die Verrichtungen der Dinge ihren natürlichen
Beschaffenheiten folgen, sind sie daher, wie in der
Natur, so auch in den Verrichtungen verschieden und
vielfältig. Dies stimmt auch überein mit der göttlichen
Weisheit, daß ihre Dinge geordnet seien. Ro. 13242:
»Die Dinge, die von Gott sind, sind geordnet.« Und
weil die Dämonen von Gott abgesandt worden sind,
um die Menschen heimzusuchen und die Verdammten
zu strafen, deshalb sind sie in ihren Prüfungen der
Menschen, äußerlich verschieden und mannigfaltig.
Es stimmt auch mit ihrer eigenen Bosheit überein.
Denn weil sie dem Menschengeschlecht feind sind,
glauben sie den Menschen, wenn sie in geordneter
Weise gegen sie vorgehen, um so mehr schaden zu
können, und das tun sie ja auch. Daher steht fest, daß
sie nicht [alle] gleichermaßen jene ruchlosesten
Schweinereien begehen, was durch folgende Begrün-

Hexen
3.860 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 196

dung nur noch weiter bewiesen wird: Da nämlich, wie


gesagt, die Handlung aus der Natur der Sache folgt,
ordnen sich dementsprechend auch die Handlungswei-
sen aller derjenigen unter, deren Naturen einander un-
tergeordnet sind, wie es bei den körperlichen Dingen
offensichtlich ist. Weil nämlich die niederen Körper
der natürlichen Ordnung nach unter den Himmelskör-
pern stehen, so sind auch ihre Handlungen und Bewe-
gungen den Handlungen und Bewegungen der Him-
melskörper untergeordnet. Und weil, wie gesagt, die
Dämonen untereinander der natürlichen Ordnung nach
verschieden sind, sind sie es auch in ihren natürlichen
Verrichtungen, den inneren wie den äußeren, beson-
ders in der Ausführung solcher Schweinereien.
Daher wird geschlossen, daß solche Schandtaten
meistens im Widerspruch zur Erhabenheit der Engels-
natur verübt werden, da sie auch bei den menschli-
chen Verrichtungen zu den niedrigsten und scheuß-
lichsten an sich erachtet werden, soweit sie sich nicht
auf die natürliche [eheliche] Pflicht und die Fortpflan-
zung ausrichten.
Endlich, da einige [der Engel], wie man glaubt, aus
jeder [Engels]ordnung abgestürzt sind, so ist es nicht
unvereinbar zu behaupten, daß jene Dämonen, die
von der unteren Schar, und zum anderen [14vb] jene,
die als Untergeordnete in ihr sind, von den anderen zu
diesen Schandtaten abgestellt werden und sich darauf

Hexen
3.861 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 197

einlassen.
Auch das ist zu merken, daß, auch wenn die [Heili-
ge] Schrift von Inkubi und Sukkubi, welche die Frau-
en belästigen, spricht, man doch von den widernatür-
lichen Lastern, was für welche es auch seien, nirgends
liest, sie [die Dämonen] hätten sich bei der Ausfüh-
rung bereitwillig zu Inkubi und Sukkubi gemacht.
[Das gilt] weder für die sodomitischen [Sünden] noch
für irgendein anderes Laster außerhalb des [dazu] be-
stimmten Gefäßes [der Vagina243]. Darin wird am
deutlichsten die Ungeheuerlichkeit jener Sünden auf-
gezeigt, da [sogar] alle Dämonen, welchen Ranges
auch immer, jene auszuführen zurückscheuen und
[sie] für erbärmlich halten. Dies scheint auch die
Glosse zu Ezechiel 19244 zu vertreten, wo gesagt
wird: »Ich werde dich in die Hand der Palästiner
geben, d.h. der Dämonen, [und] sogar die erröten über
deinen frevelhaften Lebensweg«, wobei sie [darunter]
das Laster wider die Natur versteht. Und dem Hinseh-
enden ist klar, daß man bezüglich der Dämonen die
Autorität [der Glosse zur Bibel] so verstehen muß.
Denn keine Sünde hat Gott so häufig durch den
schrecklichen Tod vieler gerächt.
Es sagen auch einige, und es wird wirklich ge-
glaubt, daß keiner von einem solchem Laster, nach-
dem er die Zeit des sterblichen Lebens Christi, die
sich auf 33 Jahre beläuft, mit diesen Verbrechen zu-

Hexen
3.862 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 197

gebracht hat, erlöst werden konnte, außer durch die


besondere Gnade des Erlösers. Das ist dadurch offen-
bar, daß man oft Achtzig- oder Hundertjährige in die-
ses Verbrechen verstrickt findet, denen die Lebenszeit
Christi [aber] eine Lehrzeit züchtigen Lebens war.
Und auch wenn jemand diesen verachtet, wird er sich
deshalb kaum jemals ohne größte Schwierigkeit die-
ses Verbrechens enthalten.
Daß aber unter ihnen auch eine Ordnung bezüglich
der äußeren Verpflichtungen zu Anfechtungen beste-
he, das zeigen ihre Namen. Denn mag auch ein und
derselbe Name, nämlich diabolus245, in der Schrift
vieles zum Ausdruck bringen, und zwar wegen ver-
schiedener Besonderheiten, so wird doch in der
Schrift überliefert, daß diesen unsauberen Werken
und [bestimmten] anderen Lastern [nur] einer vorste-
he. Es ist nämlich in Schrift und Rede üblich, jeden
beliebigen unreinen Geist diabolus zu nennen, von
dya, d.h. duo246 und bolus247, d.h. morsellus248,
weil er zweierlei tötet, nämlich Leib und Seele. Und
auch wenn es nach der Etymologie249 griechisch mit
»der im Gefängnis eingeschlossene Teufel« übersetzt
wird, stimmt das auch damit überein, denn es wird
ihm nicht erlaubt zu schaden, so viel er möchte. Oder
diabolus gleich [15ra] defluens250, weil er herabge-
sunken, d.h. gestürzt ist, der Art nach und dem Orte
nach. Man nennt ihn auch Dämon, d.h. blutrünstig

Hexen
3.863 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 198

oder blutbefleckt, von den Sünden nämlich, nach


denen er dürstet und für die er durch ein dreifaches
Wissen sorgt, wodurch er stark ist: nämlich durch den
Scharfsinn der Natur, die Erfahrung des Alters und
die Eingebung der guten Geister251. Er wird auch
Belial genannt, was übersetzt wird mit »ohne Joch«
oder »ohne Herrn«, weil er nach Kräften gegen den
ankämpft, dem er untertan sein müßte. Er wird auch
Beelzebub genannt, welches übersetzt wird mit »Herr
der Fliegen«, d.h. der sündigen Seelen, die ihren wah-
ren Bräutigam Christus verlassen haben. Ebenso heißt
er Satanas, d.h. »Feind«. Daher 1 Petrus 2252: »Euer
Feind, der Teufel geht um« etc. Auch Behemoth, d.h.
Bestie, weil er die Menschen zu wilden Tieren macht.
Der eigentliche Dämon aber der Hurerei und der Fürst
jener Schändlichkeit heißt Asmodeus, was übersetzt
wird als »Errichtung des Gerichts«, weil wegen eines
derartigen Lasters über Sodom und noch vier andere
Städte ein furchtbares Strafgericht erging. Gleichfalls
wird auch der Dämon des Hochmutes Leviathan ge-
nannt, was übersetzt wird mit »Zugabe«, weil Luzifer
die ersten Eltern dem Hochmut aussetzte und ihnen
die Verleihung der Göttlichkeit versprach. Über ihn
[spricht] auch der Herr durch Esaia253: »ich werde
heimsuchen durch Leviathan, die alte gewundene
Schlange.« Und der Dämon des Geizes und der
Reichtümer wird Mammon genannt, von dem auch

Hexen
3.864 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 199

Christus im Evangelium gesprochen hat, Mat. 6254:


»Ihr könnt nicht Gott dienen« etc.
Zu den Argumenten: Zum ersten, daß das Gute
ohne das Schlechte gefunden werden kann, aber das
Schlechte niemals ohne das Gute, ist gegründet auf
die Schöpfung, die in sich gut ist. Und deshalb sind
die Dämonen, insofern sie eine gute Natur haben, ge-
ordnet in ihrer Natur und in ihren Verrichtungen.
Zu jenem [Wort bei] Iob 10255 kann gesagt wer-
den, daß die Dämonen, die zur Prüfung bestellt sind,
nicht in der Hölle, sondern in der dunstigen Luft sind.
Daher haben sie hier untereinander eine Ordnung, die
sie dann in der Hölle nicht haben werden. Oder man
kann auch sagen, daß auch schon bezüglich der [Er-
langung der] Seligkeit alle Ordnung in ihnen aufhört,
wenn sie unwiderruflich aus einer solchen Ordnung
gefallen sind. Ebenfalls kann gesagt werden, daß sie
auch in der Hölle eine Machtordnung untereinander
haben und eine solche in der Zufügung von Strafen,
insofern [15rb] einige zur Bedrängnis der Seelen be-
stimmt sind, und andere nicht. Aber diese Ordnung
wird mehr von Gott sein als von ihnen selbst, wie
auch ihre [eigenen] Qualen.
Wenn drittens256 gesagt wird, daß die höheren
Dämonen, weil sie schlimmer gefehlt haben, härter
bestraft werden und sie auch die bewußten schändli-
chen Handlungen in höherem Ausmaß vollziehen

Hexen
3.865 [I,4] Vierte Frage Hexenhammer, 199

müssen, so wird geantwortet, daß das Maß der Schuld


durch die Strafe bestimmt wird und nicht durch einen
Akt oder einen Vollzug der Natur. Daher gehen sie
den bewußten Schändlichkeiten aus dem Wege, weil
ihre Natur vorzüglicher ist und nicht etwa wegen ihrer
Schuld oder Strafe. Und mögen sie alle unreine und
auf Schädigung begierige Geister sein, so doch einer
mehr als der andere, je nachdem, ob eine vorzügli-
chere Natur verdunkelt ist.
Zum vierten257 wird gesagt, daß unter den Dämo-
nen Eintracht in der Bosheit, nicht in der Freundschaft
herrscht, weswegen sie die Menschen hassen und
nach Kräften Gottes Gerechtigkeit bekämpfen. Denn
eine solche Eintracht findet man unter den Gottlosen,
so daß sie sich denen zur Vollbringung der eigenen
Schlechtigkeit anschließen und sich denen unterwer-
fen, die sie für mächtiger halten.
Zum fünften258: mag allen gleichermaßen die Ein-
weisung in den Kerker schon in der Luft und danach
in der Hölle zuerkannt sein, so sind doch deswegen
ihre natürlichen Gaben in ihnen nicht gleichmäßig
und zu gleichen Strafen und gleichen Diensten zuge-
teilt. Vielmehr, je vortrefflicher sie nach der Natur
und je tüchtiger sie in der Diensterfüllung sind, einer
um so schwereren Marter sind sie auch unterworfen.
Daher Sap. 6259: »Die Mächtigen werden mächtig
Martern erleiden.«

Hexen
3.866 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 200

[I,5] Es stellt sich also die Frage über die


Einflüsse der Himmelskörper, in der drei andere
Irrtümer widerlegt werden. Und es ist die fünfte
der Reihenfolge nach.

Aber zur weiteren Erklärung des Vorhergehenden ist


auch jedweden vorgebrachten Einwänden zu begeg-
nen. Es wird bei den Werken der Zauberer nach fün-
ferlei Ursachen gefragt, wobei vier von ihnen zurück-
gewiesen werden, wonach sie keinen Einfluß haben
können. Die fünfte aber wird erschlossen, nämlich die
auf Erkenntnis beruhende Kraft, aus der sie zu fließen
haben, die zwar ihrer Natur nach gut sein mag, dem
Willen nach jedoch schlecht ist. Vier Ursachen aber
werden zurückgewiesen gegen jene, die entweder [die
Existenz der] Hexen oder ihre Werke leugnen; und
zwar sind es die Einflüsse der Himmelskörper, das
die Triebkräfte Bewegende jener Körper und Bahnen,
die wachsende Bosheit der Menschen und die Wirk-
samkeit von [Zauber]bildern, Zauberzeichen und Zau-
berformeln.
[15va] Ob es in jeder Hinsicht für rechtgläubig be-
funden werden kann, daß der Ursprung und die Ver-
mehrung der Werke der Zauberer aus den Einflüssen
der Himmelskörper oder der überhand nehmenden
Schlechtigkeit der Menschen und nicht aus den

Hexen
3.867 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 201

Schändlichkeiten der Inkubus- und Sukkubus-Dämo-


nen hervorgegangen ist. Scheinbar [geschieht dies]
aus der eigenen Bosheit. Denn Augustinus sagt in li.
83260, daß der Grund für die Verworfenheit des
Menschen auf seinen Willen zurückgeht, mag dieser
nun mit oder ohne Verführung verderbt worden sein.
Aber der Zauberer wird verdorben durch die Sünde,
also ist die Ursache jener [Verderbtheit] nicht der
Teufel, sondern der menschliche Wille. Von demsel-
ben [Problem] spricht er [Augustinus] in de li.
ar.261, daß jeder der Grund seiner Bosheit ist, was
auch einsichtig bewiesen wird. Die Sünde des Men-
schen geht aus dem freien Willen hervor, aber der
Teufel kann den freien Willen nicht steuern, denn das
würde der Freiheit widersprechen. Also kann der Teu-
fel nicht die Ursache [jener Sünde] sein, und auch
nicht die jeder anderen Sünde. Außerdem heißt es in
li. de ecclesiasticis dogmatibus262: »Nicht alle un-
sere schlechten Gedanken werden vom Teufel hervor-
gerufen, sondern sie erheben sich oftmals aus einer
Regung unseres Willens.«
Endlich wird bewiesen, daß sie [die Werke der
Zauberer] durch die Einflüsse der Himmelskörper ent-
stehen können, nicht durch die Dämonen. Wie jede
Vielfalt zurückgeht auf ein einziges Prinzip, so alles
Vielgestaltige auf etwas einfaches. Aber die Handlun-
gen der Menschen sind verschieden und vielgestaltig,

Hexen
3.868 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 201

sowohl hinsichtlich der Laster wie [auch] der Tugen-


den. Also werden sie offenbar auf einförmig bewegte
oder bewegende Prinzipien zurückgeführt. Aber dies
kann nur aus einförmigen Bewegungen der Himmels-
körper gefolgert werden. Also sind jene Körper die
Ursachen solcher Handlungen.
Ferner: Wenn die Himmelskörper nicht die Ursa-
chen der Handlungen der Menschen, was Tugenden
und Laster anlangt, wären, so würden die Astrologen
nicht so häufig die Wahrheit über den Ausgang von
Kriegen und anderen menschlichen Unternehmungen
voraussagen. Sie [die Himmelskörper] sind also in ir-
gendeiner Hinsicht die Ursache.
Außerdem werden die Himmelskörper nach allen
Theologen und Philosophen von geistigen Substanzen
bewegt. Aber jene Geister sind erhabener als unsere
Seelen wie auch die Himmelskörper [erhabener sind]
als unsere Körper. Daher haben beide gleichermaßen
auf die Seele und den Körper des Menschen zur Ver-
ursachung irgendwelcher menschlicher Handlungen
einzuwirken.
Ferner können die Himmelskörper die Dämonen an
sich zur Hervorrufung von Schadenszauber beeinflus-
sen, [15vb] also um so mehr die Menschen selbst.
Die Annahme wird durch drei Dinge bewiesen. Denn
gewisse Menschen, die man Mondsüchtige nennt,
werden von den Dämonen zu der einen Zeit mehr ge-

Hexen
3.869 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 202

plagt als zu einer anderen, was sie nicht tun würden –


sondern vielmehr würden sie sie zu jeder Zeit belästi-
gen –, wenn nicht die Dämonen selbst bei bestimmten
Monderscheinungen zu derlei Verursachung angeregt
würden. Auch wird es durch die Nigromantiker be-
wiesen, die bestimmte Konstellationen [der Gestirne]
zur Beschwörung der Dämonen beobachten, was sie
nicht täten, wenn sie nicht wüßten, daß jene Dämonen
den Himmelskörpern unterworfen sind.
Es wird auch dadurch bewiesen, daß die Dämonen
nach Augustinus in 10 de civ. dei263 durch niedere
Körper ferngehalten werden, wie Kräuter, Steine,
Tiere und bestimmte Laute und Stimmen und Zeichen.
Da aber die Himmelskörper mächtiger sind als die
niederen Körper, sind diese [die Dämonen] mehr den
Bewegungen der Himmelskörper [unterworfen]. Und
[noch mehr] sind die Zauberer [diesen] unterworfen,
so daß ihre Werke durch die Einflüsse jener Körper
und nicht durch den Beistand der bösen Geister ge-
schehen. Das Argument wird verstärkt durch 1
Regum c. 16264, wo Saul, der vom Dämon gequält
wurde, Erleichterung fand, so oft David vor ihm die
Harfe spielte, wodurch dann der böse Geist zurück-
wich.
Aber dagegen: Es ist unmöglich, eine Wirkung
ohne ihre Ursache herbeizuführen. Aber die Werke
der Zauberer sind so beschaffen, daß sie nicht ohne

Hexen
3.870 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 203

das Werk der Dämonen geschehen können. Dies ist


aus der Beschreibung der Werke der Zauberer ersicht-
lich, aus Isidor li. 8 ethimol.265: »Übeltäter266 hei-
ßen sie wegen der Ungeheuerlichkeit ihrer üblen
Taten. Diese erschüttern nämlich die Elemente, ver-
wirren die Geister der Menschen und vernichten ohne
einen Tropfen Gift, bloß durch die Macht der Zauber-
sprüche die Seelen« etc. Derartige Taten aber können
nicht durch die Einflüsse der Himmelskörper unter
Vermittlung eines Menschen verursacht werden.
Außerdem der Philosoph in ethi.267: »Es ist
schwierig zu sagen, was der Ursprung der Vorgänge
in der Seele sei.« Und er zeigt, daß es etwas von
außen Kommendes sein müsse. Alles nämlich, das
von Neuem beginnt, hat irgendeine Ursache. Es be-
ginnt nämlich ein Mensch zu handeln, weil er es will.
Er beginnt aber zu wollen, weil er vorher überlegt.
Wenn er aber vorher aufgrund eines [16ra] vorherge-
henden Plans überlegt, so muß man entweder ins Un-
endliche vorgehen oder irgendeinen äußeren Ursprung
setzen, der den Menschen erstmalig zum Überlegen
bringt, es sei denn, man würde sagen, dies geschehe
durch das Schicksal. Daraus würde folgen, daß alle
menschlichen Handlungen schicksalhaft seien, was
absurd ist. Er sagt also, daß der Ursprung bei den
Guten für das Gute Gott sei, der nicht die Ursache zur
Sünde ist. In den bösen Taten aber, wenn ein Mensch

Hexen
3.871 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 203

anfängt, handeln zu wollen und zum Sündigen hin-


neigt, muß die Ursache dessen eine äußere sein. Und
es kann keine andere sein als der Teufel, besonders
bei den Zauberern und Hexen, wie oben aufgezeigt
wurde, weil ein Himmelskörper nicht auf solche
Handlungen einwirken kann. Also ist die Wahrheit
deutlich.
Außerdem, wessen Macht das Bewegende unter-
worfen ist, dessen Macht ist auch die Bewegung un-
terworfen, weil diese vom Bewegenden ausgelöst
wird. Das Bewegende des Willens ist etwas durch den
Sinn oder den Verstand Erfaßtes, die beide der Macht
des Teufels unterliegen. Denn Augustinus sagt in li.
83 q. 2268. »Dieses Übel, welches vom Teufel her-
rührt, schleicht sich ein durch alle Sinnesöffnungen,
stellt sich dar in Figuren, paßt sich den Farben an,
haftet den Tönen an, liegt verborgen im Zorn und in
trügerischer Rede, birgt sich in Gerüchen, fließt in
den Geschmack ein und vernebelt alle Bahnen des
Verstandes.« Also liegt es offenbar in der Macht des
Teufels, den Willen zu bewegen, der unmittelbar die
Ursache der Sünde ist.
Ferner: Alles, was noch unbestimmt ist, bedarf
eines Bestimmenden, um in eine Handlung zu mün-
den. Aber der freie Willen des Menschen neigt zu bei-
dem, nämlich zum Guten wie zum Bösen. Dazu also,
daß er zur Ausführung der Sünde schreite, ist es

Hexen
3.872 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 204

nötig, daß er von etwas zum Bösen bestimmt werde.


Am meisten aber scheint dies durch den Teufel zu er-
folgen, besonders in den Werken der Zauberer, da
sein Wille zum Bösen bestimmt ist. Daher scheint es,
daß der böse Wille des Teufels die Ursache des bösen
Willens ist, besonders bei den Zauberern und Hexen.
Und diese Ursache kann noch dadurch verstärkt wer-
den, daß, wie ein guter Engel zum Guten neigt, so ein
böser Engel zum Bösen. Nun führt jener die Men-
schen zum Guten, also dieser zum Bösen.
Es ist nämlich, sagt Dionysius269, das Gesetz der
Gottheit unverrückbar gefügt, auf daß das Niedrigste
von den Höchsten vollbracht werde.
Antwort: Weil die Frage nach dem Ursprung der
Werke der Zauberer auf [16rb] den Einfluß der Ge-
stirne des Himmels gegründet wird, so wird durch Zu-
rückweisung der drei Irrlehren, die dies annehmen
wollen, nämlich der [Irrlehren] der planetarii270, der
genetaliaci271 und der Schicksalsdeuter, gezeigt, daß
dies nicht möglich ist. Zum ersten: Wenn man fragt,
ob durch den Eindruck der Sterne auf die Menschen
das Laster der Zauberer verursacht werde, dann muß
man mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der Sitten
und in Achtung der Glaubenswahrheit differenzieren,
nämlich, daß man es zweifach verstehen kann, daß die
Sitten der Menschen von den Sternen verursacht wer-
den: entweder notwendig und hinreichend oder regel-

Hexen
3.873 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 205

los und zufällig. Wenn man sagen sollte, auf die erste
Art, dann ist es nicht nur falsch, sondern vielmehr
sogar ketzerisch, weil es der christlichen Religion so
sehr widerstreitet, daß auch die Wahrheit des Glau-
bens bei einer solchen Irrlehre nicht gerettet werden
kann. Grund: Wenn man nämlich [die Behauptung]
aufstellt, daß alles notwendigerweise von den Sternen
ausgehe, dann hebt man dadurch das Verdienst und
konsequenterweise auch die Schuld auf. Man hebt so-
wohl die Gnade als auch konsequenterweise die Ver-
herrlichung auf. Weil das Ansehen der Sittlichkeit
durch diese Irrlehren Schaden erleidet, da die Schuld
des Sünders auf die Sterne verlagert wird, so wird die
Erlaubnis zum Schadenszauber ohne Mißbilligung
zugestanden. Und der Mensch wird zur Verehrung
und zur Anbetung der Sterne geneigt.
Wenn man dagegen sagen sollte, die Sitten der
Menschen würden von den Stellungen der Sterne nur
in lediglich disponierender Weise und beiläufig ver-
ändert, so kann das die Wahrheit sein, weil es weder
der Vernunft noch dem Glauben widerstreitet. Denn
es liegt auf der Hand, daß eine veränderte Körperbe-
schaffenheit viel zur Veränderung der Affekte und der
Sittlichkeit der Seele tut, wie denn die Seele die Kom-
plexionen272 nachahmt, wie in den sex princi-
piis273 gesagt wird. Daher sind die Choleriker jäh-
zornig, die Sanguiniker gutmütig, die Melancholiker

Hexen
3.874 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 205

eifersüchtig, und die Phlegmatiker sind träge. Das ist


aber nicht notwendigerweise so. Die Seele beherrscht
ihren Körper, und zwar am stärksten, wenn sie von
der Gnade unterstützt wird. Viele Choleriker sehen
wir nämlich freundlich und viele Melancholiker gütig.
Wenn also die Kraft der Himmelskörper auf die Mi-
schung und Qualität der Konstitution wirkt, so kommt
es dahin, daß sie folglich in gewisser Weise auf die
Qualität der Sitten einwirkt, freilich [nur] sehr aus der
Ferne. Denn mehr [16va] tut zur Qualität der [Kör-
per]säfte die Kraft der niederen Natur als die Kraft
eines Sterns.
Daher empfiehlt Augustinus 5 de ci. dei274 bei
der Lösung einer Frage über zwei Brüder, die gleich-
zeitig krank waren und geheilt wurden – als man frag-
te, woher dies käme –, mehr die Erklärung des Hippo-
krates als die des Astronomen. Hippokrates nämlich
antwortete, dies sei so wegen der Ähnlichkeit der
Konstitution. Der Astronom dagegen, es sei wegen
der Übereinstimmung mit der [Gestirns]konstellation
so. Besser antwortete sicherlich der Arzt, weil er
einen spezifischeren und näherliegenden Grund an-
gibt. So muß man also sagen, daß die Eindrücke der
Gestirne die Bosheit der Zauberer [nur] disponieren,
weil ja irgendein Einfluß in deren Körpern mehr zu
solchen Schandtaten als zu anderen lasterhaften oder
auch tugendhaften Werken vorherrscht. Aber diese

Hexen
3.875 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 206

Disposition darf man nicht notwendig, nächstliegend


und hinreichend nennen, sondern fernliegend und
möglicherweise.
Es gilt nichts, wenn jemand [uns] etwa das Argu-
ment des Philosophen entgegenhalten wollte, li. de
proprietatibus elementorum275, wo er sagt, daß
bei der Konjunktion von Jupiter und Saturn Reiche
verödet und Länder verheert wurden, [und argumen-
tiert,] daß, weil solche [Vorgänge] vom freien Willen
der Menschen abhingen, die Einflüsse der Gestirne
also auch über den freien Willen eine Wirkung haben
würden. Es wird nämlich geantwortet, daß der Philo-
soph durch diesen Ausspruch keinen Hinweis darauf
geben will, daß jene Menschen nicht dem Einfluß
jener Konstellation, die zur Zwietracht führt, hatten
widerstehen können, sondern weil sie es nicht woll-
ten. Denn, wie Ptolomeus in almagesti276 sagt: Der
Weise wird über die Gestirne herrschen. Wie sehr
auch die Konjunktion von Jupiter und Saturn durch
den melancholischen und bösen Einfluß des Saturn
und den sehr guten Einfluß des Jupiters die Menschen
zu Streit und Zwietracht bringen kann, so können
doch die Menschen dieser Neigung nach der Freiheit
des Willens widerstehen, und zwar sehr leicht mit
Hilfe von Gottes Gnade.
Nichts bedeutet es auch ferner, wenn jemand den
Ausspruch des Damascenus li. 2 ca. 6277 entgegen-

Hexen
3.876 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 207

halten wollte, wo er sagt: »Kometen und bestimmte


Zeichen werden oft [als Ankündigung] für den Tod
von Königen hingestellt.« Es wird nämlich geantwor-
tet, daß, ob man nun der Meinung des Damascenus,
die, wie im vorher genannten Buch erklärt wird, eine
dem Philosophenweg entgegenstehende Meinung war,
folgt oder auch nicht, hieraus nichts hinsichtlich der
Notwendigkeit menschlicher Handlungen geschlossen
werden kann. Denn Damascenus meint, daß ein
Komet weder auf natürliche Weise [16vb] geschaffen
wird, noch zu den Sternen gehört, die am Firmament
stehen. Daher ist weder seine Bedeutung noch sein
Einfluß natürlich. Er sagt, daß die Kometen nicht zu
denen [den Wesenheiten] gehören, die am Anfang als
Sterne geschaffen wurden, sondern sie werden durch
göttlichen Befehl nach deren Zeit angebracht und wie-
der abgenommen. Soweit Damascenus. Gott verkün-
det aber durch ein solches Zeichen eher den Tod eines
Königs als den anderer, weil er eine öffentliche Per-
son ist, dann auch, weil daraus eine Zerrüttung des
Reiches erwachsen kann. Um dessen Schutz mühen
sich in der Sorge um das Gemeinwohls mehr die
Engel. Mit ihrem Beistand auch werden sie [die Ko-
meten] geschaffen und aufgelöst.
Aber die Meinung der Philosophen, daß ein Kome-
tenstern ein heißer und trockener Körper sei, entstan-
den im oberen Teil der Luft, nahe beim Feuer, aus

Hexen
3.877 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 207

dessen heißem und trockenem Dampf vereint die


Dampfkugel wie ein Sternkörper erscheint, wider-
spricht dem nicht. Die Teile des Dampfes, die sich um
die Kugel verbreiten und ihr an seinen Enden weit
ausgedehnt anhaften, sind gleichsam dessen Haare,
und nach dieser Lage zeigt er an und verursacht, nicht
etwa per se, sondern [nur] akzidentiell eine Sterblich-
keit, die von heißen und trockenen Krankheiten her-
rührt. Und weil, wie meistens, reiche Leute sich von
heißen und trockenen Dingen ernähren, deshalb ster-
ben zu jener Zeit viele Reiche, unter denen der Tod
der Könige und Fürsten besonders denkwürdig ist.
Und diese Behauptung ist auch von der Position des
Damascenus nicht verschieden, wenn man recht über-
legt, außer bezüglich der Hilfe und Mitwirkung des
Engels, die auch die Philosophen nicht ausschließen
können. Vielmehr haben die Dämpfe, wo sie sich nie-
mals in ihrer Trockenheit und Hitze zur Schaffung des
Kometen einstellen würden, nach den genannten Ur-
sachen durch das Werk der Engel noch oft zusammen-
zukommen, so auch der Stern, der den Tod des heili-
gen Doktors Thomas ankündigte, der keineswegs aus
den höher gelegenen Sternen am Firmament hervor-
trat, sondern unter Beihilfe eines Engels aus irgendei-
ner vorliegenden Masse geformt und nach getaner
Schuldigkeit wieder aufgelöst wurde. Daraus ersehen
wir, daß nach keiner dieser Meinungen die Gestirne

Hexen
3.878 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 208

überhaupt irgendeine Herrschaft über den freien Wil-


len ausüben und folglich auch nicht über die Bosheit
und die Sittsamkeit der Menschen.
Ferner beachte man, daß die Urteile der Astrono-
men, die des öfteren wahre Dinge vorhersagen, zu-
meist eine Provinz oder [17ra] das Volk eines einzi-
gen Landes betreffen. Der Grund ist, daß sie ihre Pro-
gnosen den Sternen entnehmen, die größeren Einfluß
ausüben, d.h. einen wahrscheinlicheren, nicht notwen-
digen, auf die Handlungen sowohl der Natur als auch
des Willens und die Handlungen der Menschen eines
Volkes oder einer Provinz, mehr als auf die Handlun-
gen einer einzelnen Person. Weil der Einfluß der Ster-
ne auf ein ganzes Volk größer ist als auf einen einzel-
nen Menschen und weil der größere Teil eines Volkes
den natürlichen Affekten des Körpers mehr folgt als
ein einzelner Mensch, deshalb etc. Aber dies ist nur
nebenbei bemerkt.
Der zweite Weg, durch den unsere vorher genannte
rechtgläubige Behauptung erklärt wird, liegt in der
Widerlegung der Irrtümer der genetaliaci278 und der
die Göttin Fortuna verehrenden Astrologen. Von die-
sen Isidor 8 ethi. ca. 9279: Genetaliaci280 heißen
sie wegen der Beobachtung der Geburtssterne. Allge-
mein werden sie Astrologen genannt. Fortuna aber
soll, wie er eben dort ca. 2 sagt, den Namen von den
fortuitis281 haben, gleichsam eine Göttin, die mit den

Hexen
3.879 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 209

Angelegenheiten der Menschen durch Wechselfälle


und Zufälligkeiten ihr Spiel treibt. Deshalb nennt man
sie auch blind, weil sie hier und dort jeden beliebigen
ereilt, ohne jede Prüfung des Verdienstes, und Gute
wie Böse heimsucht. Soweit Isidor. Aber wie es Göt-
zendienst ist, an eine solche Göttin zu glauben, und
daß die Schäden an den Körpern und den Geschöpfen,
die von den Werken der Zauberer zugefügt werden,
nicht von den Zauberern und Hexen selbst, sondern
von der Göttin Fortuna herrühren, so weicht es auch
in vergleichbarer Weise vom Glauben, ja auch von
der gemeinsamen Überlieferung der Philosophen ab
zu behaupten, die Hexen selbst seien geboren, damit
solches durch sie in der Welt verübt werden könne.
Wem es gefällt, der möge den heiligen Doktor einse-
hen, li. 3 summe fidei contra gentiles q. 87282 und
folgende, und er wird mehr finden.
Dies eine möge um derentwillen, die vielleicht
nicht so viele Bücher haben, nicht unerwähnt bleiben,
daß nämlich, wie dort bemerkt wird, im Menschen
dreierlei sei, was von drei himmlischen Ursachen ge-
leitet wird: Willensakt, Verstandesakt und körperli-
cher Akt, wovon der erste nur von Gott und unmittel-
bar [17rb], der zweite von einem Engel und der dritte
von einem Himmelskörper geleitet wird. Denn das
Wählen und Wollen wird in den guten Werken unmit-
telbar von Gott geleitet, wie die Schrift sagt Prov.

Hexen
3.880 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 209

21283: »Das Herz des Königs – ergänze: weil es of-


fenbar mit größerer Macht widerstehen kann, um so
weniger können es andere –, weil es in der Hand des
Herrn ist, lenkt er [es] auch, wohin er will.« Und der
Apostel284: »Gott ist es, der in uns das Wollen und
das Vollbringen nach dem guten Willen bewirkt.«
Aber die geistige Erkenntnis des Menschen wird
von Gott durch Vermittlung der Engel geregelt. Was
aber mit den Körpern zusammenhängt, mögen sie [die
Vorgänge] nun innere oder äußere sein, und dem
Menschen zum Gebrauche dient, wird durch Gott
unter Vermittlung eines Engels und der Himmelskör-
per zugeteilt. Es sagt nämlich der selige Dionysius 4
de divi. nominibus285, daß die Himmelskörper die
Ursachen der Dinge sind, die in dieser Welt gesche-
hen, jedoch ohne den Zwang der Notwendigkeit. Und
da der Mensch hinsichtlich des Körpers den Him-
melskörpern, hinsichtlich des Verstandes aber den
Engeln, hinsichtlich des Willens jedoch Gott unterge-
ordnet ist, so kann es geschehen, daß der Mensch,
unter Mißachtung der Eingebung Gottes zum Guten
und der Erleuchtung eines guten Engels, durch einen
körperlichen Affekt dahin geführt wird, wozu ihn die
Einflüsse der Gestirne geneigt sein lassen, so daß
damit sowohl der Wille als auch der Verstand in Bos-
heit und Irrtümer verwickelt werden.
Es ist aber nicht möglich, in Irrtümer wie die der

Hexen
3.881 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 210

Zauberer durch die Einflüsse der Gestirne verstrickt


zu werden, mag jemand infolge derselben auch ge-
neigt werden können, Blutvergießen, Diebstahl, Räu-
berei oder auch die häßlichsten Ausschweifungen zu
begehen, wie auch zu anderen natürlichen Dingen.
Wie auch Guilhelmus in de universo286 sagt, was
durch Erfahrung bestätigt wird: wenn eine Hure einen
Olivenbaum zu pflanzen bestrebt ist, wird er nicht
fruchtbar; wird dieser aber durch eine Keusche ge-
pflanzt, wird er fruchtbar. Und ebenso bewirken ein
Arzt beim Heilen, ein Bauer beim Pflanzen und ein
Ritter beim Erobern etwas infolge des Einflusses
eines Himmelskörpers, was andere, die auch diese
Fertigkeiten haben, nicht bewirken können.
Der dritte Weg ergibt sich aus der Widerlegung der
zufälligen Wirkungen. Hier ist zu bemerken, daß die
Existenz des Schicksals nur auf eine [einzige] recht-
gläubige Weise vertreten wird. Es anders zu lehren,
ist gänzlich ketzerisch. Wenn man nämlich meinte,
das Schicksal sei nach der Ansicht gewisser [17va]
Heiden und auch Astrologen, die glaubten, daß kraft
der Stellung der Gestirne unbeirrbar die Verschieden-
heit der Sitten verursacht werde, dann würde jemand
notwendigerweise ein Zauberer oder ein sittlich Vor-
trefflicher, weil ihn dazu die Kraft zwänge, die in der
Stellung der Sterne läge, unter welcher ein solcher
empfangen oder geboren wäre. Und diese Kraft be-

Hexen
3.882 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 211

nannten sie mit dem Namen des Schicksals. Aber weil


diese Meinung nicht nur falsch, sondern sogar ketze-
risch und gänzlich zu verdammen ist wegen der Un-
verträglichkeit, die notwendig daraus folgen würde,
wie oben bei der Widerlegung des ersten Irrtums be-
merkt wurde: weil nämlich das Verhältnis von Ver-
dienst und Verwirkung, ja auch von Gnade und Ver-
herrlichung aufgehoben würde und Gott der Urheber
unserer Übel wäre und anderes mehr, wird dement-
sprechend das Schicksal gänzlich zurückgewiesen,
weil es nichts ist, wie dies auch Gregor in Omel.
Epiph.287 annimmt und sagt: »Fern sei von den Her-
zen der Gläubigen, daß sie sagen, daß es ein Schick-
sal gibt.« Und mag diese Meinung scheinbar dieselbe
sein wie die erste, der planetarii288, und dies wegen
derselben Unverträglichkeit, die sich auf beiden Sei-
ten zeigt, so sind sie dennoch verschieden, da die
Kraft der Sterne und der allgemeine Einfluß der sie-
ben Planeten sich unterscheiden.
Wenn man auch meint, das Schicksal sei eine Dis-
position oder Anordnung der sekundären Ursachen
zur Bewirkung der göttlich vorhergesehenen Wirkun-
gen, so ist auf diese Weise das Schicksal wirklich
etwas, insofern die Vorsehung Gottes ihre Wirkungen
durch vermittelnde Ursachen vollbringt: Bei Dingen
nämlich, die sekundären Ursachen unterworfen sind.
Dies gilt nicht bei anderen Dingen, wie der Erschaf-

Hexen
3.883 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 211

fung der Seelen, der Verherrlichung und der Häufung


der Gnade, mögen auch die Engel mitwirken können
zur Einflößung der Gnade, indem sie den Verstand
und die Fähigkeit des Willens erleuchten und dispo-
nieren. Und so wird eine gewisse Vorgabe bezüglich
der Wirkungen als ein und dasselbe bezeichnet: Vor-
hersehung und auch Schicksal. Wenn man es nämlich
nach seiner Herkunft von Gott beurteilt, so heißt es
Vorsehung, wenn aber danach, was die von Gott zur
Hervorbringung bestimmter Wirkungen verfügten
vermittelnden Ursachen anbelangt, dann hat es die
Beschaffenheit des Schicksals. Und auf diese Weise,
sagt Boethius, wenn er vom Schicksal spricht, 4 de
consol.289: »Schicksal ist die den beweglichen Din-
gen anhaftende Disposition, durch welche die Vorse-
hung alles ihren [17vb] Ordnungen einfügt.«
Dennoch sträubten sich die heiligen doctores, die-
sen Namen derentwegen zu gebrauchen, die denselben
[Namen] auf die Kraft der Konstellation der Gestirne
umbogen. Daher sagt Augustinus 5 de civi. dei290:
»Wenn irgend jemand deshalb die menschlichen
Dinge vom Schicksal abhängig machen wollte, weil
er Gottes eigenen Willen oder Macht Schicksal nennt,
dann möge er sein Urteil für sich behalten und seine
Rede korrigieren.«
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich eine still-
schweigende Antwort auf die Frage, ob alles dem

Hexen
3.884 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 212

Schicksal unterworfen sei und ob auch die Werke der


Zauberer jenem unterworfen seien. Wenn nämlich
Schicksal das Walten der sekundären Ursachen zum
Vollbringen der göttlich vorhergesehenen Wirkungen
genannt wird, d.h. wenn Gott durch sekundäre Ursa-
chen angeordnet hat, solche Wirkungen zu vollbrin-
gen, so sind sie insofern dem Schicksal unterworfen,
d.h. den sekundären Ursachen, die so von Gott ange-
ordnet sind, wie es die Einflüsse der Himmelskörper
sind. Das aber, was unmittelbar durch Gott geschieht,
wie etwa die Schöpfung, die Verherrlichung der gei-
stigen Substanzen und derartiges, ist [dem Schicksal]
nicht unterworfen. Und das ist es, was Boethius291
sagt, wie oben, daß das, was der höchsten Gottheit
am nächsten steht, über die Veränderlichkeit der
Schicksalsordnung hinaus reicht. Daher sind die
Werke der Zauberer, weil sie nicht den sekundären
Ursachen unterworfen sind, da [ihre Werke] sich ja
gegen den gewöhnlichen Lauf und die Ordnung der
Natur ereignen, nicht dem Schicksal, sondern, was
ihren Ursprung anlangt, notwendig anderen Gründen
unterworfen.
Konsequenterweise könnten derartige Werke der
Zauberer von Separatsubstanzen292, wie dies die Be-
weger der Sphären oder der Himmelskörper sind,
nicht herrühren oder verursacht werden, wie Avi-
cenna293 und seine Anhänger aus folgendem Grund

Hexen
3.885 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 213

meinten: Weil nämlich jene gesonderten Substanzen


von höherer Macht sind als unsere Seelen und von der
Seele selbst, wenn sie bisweilen in ihrer Vorstellung
befangen war, der eigene Körper, bisweilen auch ein
fremder und äußerlicher, auf irgendeine bloße innere
Wahrnehmung von etwas Äußerlichem hin verwan-
delt wird. Zum Beispiel: Jemand, der über einen in
der Höhe hingelegten Balken geht, fallt leicht hinun-
ter, weil er sich aus Furcht den Fall vorstellt. Er
würde aber nicht fallen, wenn jener Balken auf die
Erde gelegt wäre, wo er den Fall nicht fürchten könn-
te. Ebenfalls erglüht auf die bloße Wahrnehmung
[18ra] der Seele hin der Körper, wie bei den Lüster-
nen oder den Zornigen, oder aber er erstarrt, wie bei
den Furchtsamen. Er [der Körper] kann zu irgendeiner
Krankheit hin, wie Fieber oder Aussatz, erregt wer-
den, auch infolge starker Vorstellung und Wahrneh-
mung von solchen Krankheiten. Und wie am eigenen
Körper, so kann auch am fremden Körper eine Verän-
derung, zur Gesundung oder Erkrankung hin, eintre-
ten. Und darin stellt er auch den Grund für den bösen
Blick fest, worüber weiter oben gehandelt wurde. Und
weil nach dieser Feststellung die Handlungen der
Hexen auf die Beweger der Sphären, wenn auch nicht
gerade auf die Himmelskörper selbst, zurückgeführt
werden müßten, so wollen wir außer dem, was dort
festgestellt ist, noch sagen, daß solches unmöglich so

Hexen
3.886 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 213

geschehen kann, weil die Beweger der Sphären geisti-


ge Substanzen sind und sowohl der Natur nach als
auch dem Willen nach gut [sind], was sich aus ihren
Werken zum Guten des ganzen Universums ergibt.
Jene Kreatur aber, mit deren Hilfe die magischen
Werke geschehen, kann, selbst wenn sie ihrer Natur
nach gut wäre, ihrem Willen nach nicht gut sein.
Daher kann nicht dieselbe Einschätzung für beide
Substanzen gelten.
Daß sie dem Willen nach nicht gut sein kann, wird
bewiesen. Denn einem in diesen Dingen, die gegen
die Tugend sind, Unterstützung zu gewähren, gehört
nicht zu einem gut veranlagten Verstand. Solches ge-
schieht aber in den Werken der Zauberer. Wie im
zweiten Teil des Werkes erklärt wird, geschehen sehr
viele Mordtaten, Hurereien, Tötungen von Kindern
und von Vieh, wie [auch] anderer Schadenszauber
verübt wird. Daher werden auch diejenigen, die sich
solcher Künste bedienen, Zauberer294 von malefa-
ciendo295 her genannt. Eine geistige Natur, mit deren
Hilfe derartige Künste der Hexen hervorgebracht wer-
den, ist bezüglich der Tugend nicht gut veranlagt,
mag sie auch der Natur nach gut sein, weil sie es zu
sein hat, und alle Dinge danach streben, wie jedem,
der hinschaut, klar ist. Ebenso gehört es nicht zu
einem gut disponierten Verstand, mit Verbrechern
vertraut zu sein und ihnen Unterstützung zu gewäh-

Hexen
3.887 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 214

ren, nicht [aber] den Rechtschaffenen. Deren Zauber-


werken bedienen sich aber verbrecherische Menschen,
seit sie an ihren Früchten erkannt werden. Mit Hilfe
aber der Substanzen, welche die Sphären bewegen,
neigt jede Kreatur von Natur aus zum Guten, mag sie
auch oft durch eine beiläufige Sache verdorben wer-
den. Also können jene Substanzen nicht [18rb] der
Urgrund der Hexen sein.
Außerdem ist es [das Zeichen] eines wohl veranlag-
ten Verstandes, die Menschen [zu den Gütern] zu-
rückzuführen, die dem Menschen eigen sind, nämlich
den Gütern der Vernunft. Ihn also davon abzulenken
und zu anderen, nichtigen Gütern hinzuführen, gehört
zu einem eines ungut veranlagten Verstand. Durch
dessen Künste aber erlangen die Menschen keinen
Fortschritt in den Gaben der Vernunft, die in Wissen
und Tugend bestehen, sondern in ganz niederen
[Gaben], welche aus Betrügereien, Räubereien und
tausend anderen Schädigungen bestehen. Also rührt
der Ursprung [der Zauberei] nicht von den Separat-
substanzen her, sondern von irgend einer anderen,
nicht gut veranlagten Kraft.
Ferner ist derjenige hinsichtlich des Verstandes
nicht gut veranlagt, der durch die Begehung von Ver-
brechen dazu gebracht wird, einem anderen Hilfe zu
leisten. Dieses aber geschieht in den Künsten der Zau-
berer. Denn wie sich bei deren [dieser Künste] Aus-

Hexen
3.888 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 214

führung zeigen wird, verleugnen sie den Glauben und


töten unschuldige Kinder. Die Separatsubstanzen
nämlich, die die Beweger der Sphären sind, leisten
wegen ihrer Gutheit bei diesem Schadenszauber keine
Hilfe. Also ist zu schließen, daß derartige Künste, wie
sie nicht durch Himmelskörper, so auch nicht durch
deren Beweger entstehen können. Und da sie notwen-
digerweise aus irgendeiner Kraft entstehen müssen,
die einer Kreatur innewohnt, und die auch hinsichtlich
des Willens nicht gut sein kann, wenn sie auch hin-
sichtlich der Natur gut ist, und solcherart Geschöpfe
die Dämonen selbst sind, so bleibt nur übrig, daß
durch ihre Kraft Derartiges entsteht. Es könnte dem
allenfalls noch die abgeschmackte Meinung entgegen-
stehen, daß es infolge der menschlichen Bosheit zu-
sammen mit den beschwörenden Worten der Hexen
und den an bestimmten Orten niedergelegten Zeichen
durch die Kraft der Sterne geschähe, beispielsweise,
wenn ein Zauberer sagen würde, während er irgendein
Gebilde hinstellt: »Ich mache dich blind oder lahm«,
und dies würde eintreten. Dann würde es deshalb ge-
schehen, weil ein solcher von seiner Geburt an durch
die Kraft der Sterne gegenüber den übrigen Menschen
eine solche Befähigung erhielte. Wie oft auch andere
solche Worte vorbringen würden und in der Fertigkeit
sie vorzubringen unterrichtet wären, so würden sie
dennoch in solchen Werken nicht erfolgreich sein

Hexen
3.889 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 215

können. Auf diese einzelnen Behauptungen wird man


folgenden Antworten geben: erstens, daß durch die
Bosheit der Menschen solche Wirkungen nicht be-
wirkt werden können, zweitens, ebensowenig durch
Worte welcher Menschen [18va] auch immer, unter
Mitwirkung welcher Konstellation auch immer, und
auch nicht mit Blick auf irgendwelche Gebilde.
Und erstens, daß aus keiner noch so großen
menschlichen Bosheit solche Werke der Zauberer ent-
stehen können, das wird folgendermaßen erklärt.
Denn möge die Bosheit des Menschen eine gewohn-
heitsmäßige sein, wie man sich durch wiederholtes
Tun eine Gewohnheit aneignet, die zur Begehung von
Sünden geneigt macht, so geschieht dies weder aus
Unwissenheit noch aus Schwachheit. Daher glaubt
man, er sündige aus Bosheit; oder es sei nur eine mo-
mentane Bosheit, die man selbst die Wahl des
Schlechten nennt, welche auch als die Sünde wider
den Heiligen Geistes definiert wird: [Doch] niemals
kann sie an dem Zauberer selbst so viel bewirken, daß
sich solche Werke, wie es die Verwandlungen der
Elemente und Verletzungen an den Körpern sind,
gleich, ob Menschen oder Vieh, ohne Beistand ir-
gendeiner höheren Kraft ereignen können. Das wird
erstens von der Ursache her erklärt, zweitens von der
schadenszauberischen Wirkung her. Denn das, was
ein Mensch ohne Bosheit nicht zu tun vermag, näm-

Hexen
3.890 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 216

lich durch seine ungeminderten natürlichen Kräfte,


vermag er noch weniger durch die bereits geminderten
natürlichen Kräfte. Das ist offensichtlich, da schon
die tätige Kraft gleichfalls geschwächt ist. Aber ein
Mensch wird durch welche auch immer aus Bosheit
begangenen Sünden an seinen guten natürlichen Kräf-
ten geschwächt.
Das wird durch Autorität und Überlegung bewie-
sen. Denn Dionysius 4 de divinis nominibus296
sagt: »Das Böse ist ein Mangel der natürlichen Anla-
ge.« Und er spricht vom Bösen der Schuld. Daher tut
auch niemand wissentlich das Böse, weil er, wenn er
es tut, es infolge eines Mangels tut. Die Begründung
[ist] so: Wie sich die Wohltat der Gnade zum von
Natur aus Bösen verhält, so verhält sich das Böse der
Schuld zum Guten der Natur. Aber durch die Gnade
wird das Böse der Natur gemindert wie ein Zündstoff,
der in der Neigung zur Schuld besteht. Also wird
durch die Schuld das Gute der Natur um so mehr ge-
mindert. Dem steht nicht entgegen, wenn man vom
bösen Blick reden würde, der bisweilen durch Anse-
hen oder Blick irgendeiner bösen alten Frau verübt
wird, die einen Knaben ansieht, wodurch der Knabe
verändert und verzaubert wird, weil, wie oben festge-
stellt wurde297, dies an dem Knaben nur wegen der
feinfühligen Körperverfassung erfolgen kann. Hier
aber reden wir von den Veränderungen der Körper

Hexen
3.891 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 216

jedweder beliebigen Menschen oder des Viehs, wie


auch von [den Umwandlungen] der Elemente zu
Hagel. Wenn [18vb] das jemand gründlicher verste-
hen will, so möge er den heiligen Doktor einsehen in
den questionibus de malo298: ob die Sünde das
ganze Gute der Natur zunichte machen könne.
Schließlich wird eine Erklärung von den schadens-
zauberischen Wirkungen her gegeben. Denn von den
Wirkungen gelangt man zur Erkenntnis der Ursache.
Wie daher jene Wirkungen, was uns anbelangt, außer-
halb der Ordnung der geschaffenen, uns bekannten
Natur durch die Kraft einer uns unbekannten Kreatur
geschehen – auch wenn sie nicht eigentlich Wunder
sind wie jene, die außerhalb der natürlichen Schöp-
fungsordnung geschehen, die nach [seiner] Macht der-
jenige tut, welcher über der ganzen natürlichen
Schöpfungsordnung steht, der gepriesene Gott, wo-
nach diese Würdigung gesprochen wird: »Du bist es,
der du allein große Wunder tust.«299 –, so werden
auch die schadenszauberischen Handlungen wunder-
sam genannt, insofern sie durch eine uns unbekannte
Ursache und außerhalb der uns bekannten natürlichen
Schöpfungsordnung bewirkt werden. Daraus ergibt
sich, daß sich die körperliche Kraft des Menschen
nicht auf die Bewirkung derartiger Taten erstrecken
kann, die immer darin besteht, daß sie als Ursache mit
ihrer natürlichen Wirkung naturgemäß, ohne Erklä-

Hexen
3.892 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 217

rung als Wunder, bekannt sei. Und daß die schadens-


zauberischen Handlungen in gewisser Hinsicht Wun-
der genannt werden können, insofern sie die menschli-
che Erkenntnisfähigkeit übersteigen, das leuchtet aus
ihnen selbst ein, da sie nicht natürlich geschehen. Es
erhellt auch aus allen doctores, besonders Augusti-
nus in li. 83 q.300, wo er sagt, daß durch magische
Künste Wunder geschehen, meistenteils ähnlich den
Wundern, die durch die Knechte Gottes geschehen.
Und wiederum in demselben [Buch] sagt er: »Die
Magier tun Wunder durch private Kontrakte, gute
Christen durch öffentliche Rechtlichkeit, schlechte
Christen durch [bloße] Zeichen der öffentlichen Ge-
rechtigkeit«, was alles so erklärt wird: Die göttliche
Gerechtigkeit ist im ganzen Universum wie das öf-
fentliche Gesetz in einer Stadt. Die Tugend aber jeder
beliebigen Kreatur verhält sich im Universum wie die
Tugend irgendeiner Privatperson in einer Stadt. Daher
sagt man: Gute Christen, soweit sie durch die göttli-
che Gerechtigkeit Wunder tun, tun die Wunder durch
öffentliche Rechtlichkeit. Der Magier aber, weil er
durch einen mit einem Dämon eingegangenen Pakt
handelt, handelt, wie man sagt, durch einen privaten
Kontrakt, weil er durch den Dämon handelt, welcher
durch seine natürliche Kraft etwas außerhalb der uns
bekannten natürlichen [19ra] Schöpfungsordnung tun
kann, durch die Kraft einer uns unbekannten Kreatur.

Hexen
3.893 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 218

Und es wird ein Wunder sein, was uns anbelangt,


aber nicht schlechthin, weil er nicht außerhalb der
Ordnung der ganzen geschaffenen Natur und durch
alle Kräfte der uns unbekannten Geschöpfe handeln
kann. So nämlich soll allein Gott Wunder tun, nach
[dem Worte]: »Du bist Gott, der du allein große
Wunder tust.«301 Aber böse Christen tun es [allein]
durch den äußeren Anschein öffentlicher Rechtlich-
keit, wie durch das Anrufen des Namens Christi oder
durch das Verrichten einiger Sakramente. Wem es ge-
fällt, der möge den heiligen Thomas einsehen in
prima parte q. 111 ar. 4302. Er kann auch das wei-
ter unten im zweiten Teil des Werkes, Kapitel 6303
Ausgeführte heranziehen. Konsequenterweise [voll-
bringen die Zauberer ihre Werke] nicht durch das
Rufen und das Sprechen [von Zauberformeln], unter
Hinzuziehung der Kraft der Gestirne.
Endlich, daß [sie es] ebensowenig durch die Worte
irgendwelcher Menschen, unter Mitwirkung einer
Konstellation mit Blick auf irgendwelche Bilder [tun].
Denn da der Geist des Menschen so angelegt ist, daß
sein Erkennen von den Dingen herrührt, so daß einer,
der [nur] den Geist gebraucht, notwendigerweise
Wahngebilde304 erblicken muß, so entspricht es
nicht seiner Beschaffenheit, daß er aus seiner Auffas-
sung oder seinem inneren Gedankengang heraus, wo
er allein jenen in Worte fassen würde, Dinge außer-

Hexen
3.894 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 218

halb seiner zu begründen hätte; oder so, daß die gei-


stige Auffassung in Worte gefaßt die Körper verän-
dern würde. Solche Menschen nämlich, die solche
Kraft besäßen, wären mit uns nicht einer Gattung,
sondern hießen nur dem Namen nach Menschen.
Wenn ferner gesagt werden sollte, daß sie jenes
durch Worte bewirken, von Geburt an unter Mitwir-
kung der Kraft der Sterne, und es von daher rühre,
daß sie im Gegensatz zu den übrigen Menschen durch
Sprüche etwas erreichen, während doch andere durch
dieselben Sprüche keine Veränderung bewirken kön-
nen, weil die Kraft der Sterne ihnen von Geburt an
nicht gedient hat: so ist aus dem Vorhergehenden305
klar, daß jenes aufgrund der Widerlegung der drei Irr-
tümer falsch ist: [derjenigen] der planetarii306, der
genetaliaci307 und derer, die eine Schicksalsfügung
unterstellen.
Ferner drücken die Worte einen Gedanken aus, und
weder die Himmelskörper noch ihre Beweger können
den Verstand beeinflussen, es sei denn, sie wollten
per se ohne Bewegung durch die Himmelskörper den
Verstand erleuchten, und dies würde allein für gute
Werke geschehen, weil [19rb] zur Ausführung
schlechter [Werke] der Verstand nicht erleuchtet, son-
dern umnachtet wird, was nicht das Amt guter Gei-
ster, sondern schlechter ist. Damit ist es offensicht-
lich, daß, wenn ihre Worte etwas bewirken, dies nicht

Hexen
3.895 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 219

durch die Kraft eines Himmelskörpers, sondern unter


dem Beistand einer geistigen Kraft geschieht, die,
wenn sie auch der Natur nach gut wäre, doch nicht
dem Willen nach gut sein kann, insofern sie immer
auf Böses bedacht ist. Und eine solche wird der
Dämon sein, wie oben308 gezeigt wurde.
Daß sie solches nicht mit Hilfe von Gebilden errei-
chen können, als ob die Himmelskörper über sie
selbst irgendeine Macht hätten, [ist klar], weil derarti-
ge Gebilde, wenn sie auch noch so sehr mit eingra-
vierten Zeichen und Figuren versehen sind, nur Werke
eines kunstfertigen Menschen sind. Himmelskörper
aber verursachen natürliche Wirkungen, wie es die
Werke der Zauberer nicht sind, die schadenszauberi-
sche genannt werden, da sie zum Schaden der Ge-
schöpfe außerhalb der gewöhnlichen Ordnung der
Natur entspringen. Daher [tragen] sie nichts zu [un-
serm] Thema [bei].
Außerdem ist oben gezeigt worden, daß die Gebil-
de zweifach sind: astrologisch und magisch. Sie sind
auch zur Erlangung eines persönlichen Gutes, aber
nicht zum Verderben bestimmt. Die Gebilde aber der
Zauberer sind durchaus von der zweiten Art, da sie
immer zur Schädigung der Geschöpfe und auf Befehl
der Dämonen an irgendeinem Ort verborgen werden,
damit die darüber Wandelnden oder darauf Schlafen-
den geschädigt werden, wie die Hexen selbst geste-

Hexen
3.896 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 219

hen. Daher bewirken sie alles, was sie verursachen,


durch die Dämonen und nicht durch die Einflüsse der
Himmelskörper.
Zu den Argumenten. Zum ersten ist der Ausspruch
des Augustinus [so] zu verstehen, daß die Ursache
der Verderbtheit des Menschen auf den Willen des
Menschen zurückgeht, wie auf eine Ursache, die eine
Wirkung zustande kommen läßt, was man recht ei-
gentlich eine Ursache nennt. Es wird gesagt, daß diese
die eigentliche Ursache ist, nicht aber so, daß sie die
Ursache ist, die die Wirkung zuläßt, disponiert, ge-
neigt macht oder vorschreibt. Auf diese Weise, näm-
lich geneigt machend, vorbereitend und vorschrei-
bend, wird der Teufel als die Ursache der Sünde und
der Verderbtheit bezeichnet; Gott aber allein als zu-
lassend, der das Böse um des Guten willen zuläßt,
nach Augustinus in ench.309: »Der Teufel aber dis-
poniert durch inneres Anraten, er überredet innerlich
und reizt heftiger äußerlich. Er befiehlt aber denen
[19va], die sich ihm gänzlich ergeben haben, wie die
Zauberer, die innerlich anzuspornen nicht nötig ist,
wohl aber äußerlich etc.«
Dadurch auch zum zweiten: Daß jeder einzelne di-
rekt die Ursache seiner Bosheit ist. Zum Beweis er-
gibt sich dieselbe Antwort: wenn es auch dem freien
Willen widerstreitet, wie durch Befehl bewegt zu wer-
den, so steht es aber nicht entgegen, wenn es wie

Hexen
3.897 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 220

durch Disposition geschieht.


Zum dritten: Die Bewegungen zur Tugend oder zu
den Lastern können von den Einflüssen der Himmels-
körper dispositiv verursacht werden. Und diese Bewe-
gung wird als eine bestimmte natürliche Hinneigung
zu den menschlichen Tugenden und Lastern aufge-
faßt. Die Werke aber der Zauberer, weil sie die ge-
wöhnliche Ordnung der Natur überschreiten, können
jenen Einflüssen nicht unterworfen sein.
Zum vierten: Klar ist es auch, weil die Ursachen
der menschlichen Handlungen die Himmelskörper
sind. Aber die Werke [der Zauberer] hat man als nicht
menschlich befunden.
Zum fünften, daß die Beweger der Sphären auf die
Seelen Einfluß ausüben könnten; wenn man meint un-
mittelbar, so beeinflussen sie durch Erleuchtung zum
Guten und nicht zu Zaubereien, wie oben angeführt;
wenn man aber meint mittelbar, dann beeinflussen sie
gemäß dem Einfluß der Himmelskörper indirekt und
dispositiv.
Zum sechsten, daß die Dämonen mit bestimmten
Mondzunahmen die Menschen quälen, geschieht aus
zwei [Gründen]. Erstens deshalb, weil sie dadurch ein
Geschöpf Gottes entehren, nämlich den Mond, wie
Hieronymus310 und Chrysostomus311 sagen;
zweitens deshalb, weil sie nicht ohne die Vermittlung
der natürlichen Kräfte handeln können, wie oben ge-

Hexen
3.898 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 221

sagt wurde. Darum berücksichtigen sie die Eignungen


von Körpern, um Wirkungen auszulösen. Und weil
das Gehirn der feuchteste aller Körperteile ist, wie
Aristoteles312 und [mit ihm] alle Naturforscher
sagen, deshalb ist es am stärksten der Tätigkeit des
Mondes unterworfen, der durch seine Beschaffenheit
die Fähigkeit hat, Flüssigkeiten zu bewegen. Im Ge-
hirn aber werden die Seelenkräfte zustande gebracht.
Und darum stören die Dämonen je nach dem Zuneh-
men des Mondes die Phantasie des Menschen, wenn
sie sehen, daß das Gehirn dazu disponiert ist.
Zum anderen [Punkt], daß die Dämonen kommen,
wenn sie unter bestimmten [Gestirn]konstellationen
angerufen werden, [ist zu sagen], daß sie es aus zwei
Gründen tun: erstens, um die Menschen zu diesem Irr-
tum zu verleiten, damit sie glauben, daß eine Gottheit
in den Sternen sei. Zweitens, weil sie bedenken, daß
unter [19vb] irgendwelchen Konstellationen die kör-
perliche Materie mehr zu den Auswirkungen dispo-
niert ist, zu deren Herbeiführung sie angerufen wer-
den. Drittens, wie Augustinus 36 de civi. dei313
sagt, werden die Dämonen durch verschiedene Arten
von Steinen, Kräutern, Hölzern, Tieren, Sprüchen und
Musikinstrumenten angelockt, nicht wie die Tiere
durch Speise, sondern wie Geister durch Zeichen, in-
sofern es ihnen als Zeichen göttlicher Ehrerbietung
dargebracht wird, wonach sie selbst sehr trachten. Je-

Hexen
3.899 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 221

doch weil oft entgegengehalten wird, die Dämonen


könnten durch Kräuter und Harmonien von der Belä-
stigung der Menschen abgehalten werden, wofür das
Argument über Saul mit der Harmonie der Harfe an-
geführt wird314: deshalb trachten sie auch [den
Standpunkt] zu verteidigen, daß man ohne Hilfe der
Dämonen schadenszauberische Handlungen durch be-
stimmte Kräuter und verborgene Ursachen vollbrin-
gen könnte, bloß durch den Einfluß der Himmelskör-
per, die auf solche körperlichen Dinge zur Vollbrin-
gung schadenszauberischer Wirkungen mehr Einfluß
haben können als auf die Dämonen selbst. Deshalb
ist, um darauf einzugehen, zu beachten, daß Kräuter
oder Harmonien durch ihre natürliche Kraft die An-
fechtung nicht gänzlich ausschließen können, womit
der Teufel den Menschen quälen kann, wenn es ihm
von Gott oder guten Engeln erlaubt wird. Sie können
aber die Anfechtung mindern, und so klein könnte die
Anfechtung sein, daß sie sie gänzlich verhindern
könnten. Aber dies würden sie tun, indem sie nicht
gegen den Dämon selbst vorgehen, der ja ein Geist für
sich ist, gegen den ein jedweder Körper auf natürliche
Weise nicht tätig werden kann, sondern indem sie auf
den vom Dämon Gepeinigten selbst einwirken. Denn
jede Ursache von beschränkter Kraft kann auf eine
disponierte Materie eine stärkere Wirkung ausüben
als auf eine nicht disponierte, womit auch jenes

Hexen
3.900 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 222

[Wort] des Philosophen, 2 de anima315 überein-


stimmt: »Die Handlungen des Aktiven geschehen an
dem vorher disponierten Passiven.« Der Dämon aber
ist ein Agens von beschränkter Kraft. Daher kann der
Teufel eine stärkere Anfechtung in einem Menschen
bewirken, der hierzu disponiert ist oder dazu, wozu
der Teufel ihn zu verführen beabsichtigt, als in einem
Menschen von entgegengesetzter Disposition. Zum
Beispiel kann der Teufel einen disponierten Menschen
heftiger durch ein melancholisches Leiden anfechten
als einen Menschen von entgegengesetzter [20ra]
Disposition.
Es ist aber sicher, daß Kräuter und Harmonien die
Disposition des Körpers und folglich die Bewegung
des Gefühls sehr verändern können. Das ist offen-
sichtlich von den Kräutern, von denen einige [Le-
bens]freude, andere Traurigkeit herbeiführen, und so
von anderem. Dies ist auch offensichtlich für die Har-
monien durch den Philosophen, 8 Pol.316, wo er
dafür hält, daß die verschiedenen Harmonien ver-
schiedene Leidenschaften im Menschen hervorrufen
müssen. Dasselbe berichtet auch Boethius317 in sei-
ner Musica; und der Autor de ortu scientiarum318,
wo er vom Nutzen der Musik spricht, die die Kraft
zum Heilen oder zur Erleichterung verschiedener
Krankheiten habe. Und so kann es sich erklären, daß
unter den gleichen Umständen die Anfechtung schwä-

Hexen
3.901 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 223

cher wird.
Ich sehe aber nicht, wieso Kräuter und Harmonien
im Menschen eine Disposition hervorrufen sollten,
um derentwillen ein Mensch vom Dämon auf keine
Weise angefochten werden könnte, wenn es ihm nur
erlaubt würde, weil der Teufel nur durch einen örtli-
chen Anschub Wallungen und durch eine unbändige
Bewegung die Geister selbst erregen und den Men-
schen stark heimsuchen kann. Kräuter aber oder Har-
monien können durch ihre natürliche Kraft keine Dis-
position im Menschen bewirken, durch welche der
Dämon abgehalten wird, die genannte Erregung aus-
zuführen. Dennoch geschieht es bisweilen, daß es
dem Dämon nicht gestattet wird, den Menschen anzu-
fechten, außer mit einer so geringfügigen Anfechtung,
daß sie durch eine starke Disposition in entgegenge-
setzter Richtung gänzlich aufgehoben wird; und dann
könnten Kräuter oder Harmonien den Körper des
Menschen so in entgegengesetzter Richtung disponie-
ren, daß die Anfechtung vollständig beseitigt würde.
Zum Beispiel: Der Teufel kann manchmal einen Men-
schen mit einer Heimsuchung durch Trauer so gelinde
quälen, daß durch Kräuter oder Harmonien, welche
die Zerstreuung und Aufheiterung der Geister zu ver-
ursachen vermögen – dies sind Bewegungen, die der
Trauer entgegenstehen – die Trauer vollständig besei-
tigt werden könnte.

Hexen
3.902 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 223

Daß aber Augustinus li. 2 de doc. christi.319 die


Ligaturen320 und anderes verdammt, worüber er dort
weitläufig schreibt, indem er diese zu den magischen
Künsten rechnet, dies bezieht sich darauf, daß sie
nichts durch ihre natürliche Kraft vermögen. Dies er-
hellt aus dem, was er sagt: »Zu dieser Art gehören
alle Ligaturen wie auch die Mittel, die die Lehre der
Ärzte verdammt.« Dadurch wird hinreichend deutlich,
daß er jene, was die Verwendung anlangt, verdammt,
[20rb] diesbezüglich sie aus deren natürlicher Kraft
heraus keinerlei Wirkung haben. Insoweit aber 1
Regum ca. 16321, wo steht, daß der von einem
Dämon geplagte Saul Erleichterung empfand, wenn
David die Harfe vor ihm rührte und daß der böse
Geist zurückwich etc. Man muß wissen, daß es wohl
wahr ist, daß durch die Wirkung der Harfe infolge der
natürlichen Kraft der Harmonie die Schwermut Sauls
ein wenig besänftigt wurde, insofern jene Harmonie
sein Verlangen durch das Hören gewissermaßen ver-
süßte. Durch diese Süße hing er weniger dieser An-
fechtung nach. Wenn aber der böse Geist von ihm
wich, wenn David die Harfe spielte, so geschah dies
wegen der Kraft des Kreuzes, was deutlich genug in
der Glosse322 gesagt wird, wo es so heißt: »David
war gelehrt in den musischen Gesängen, verständig
bei den verschiedenen Tönen und verhalten in der
Harmonie. Es bedeutet dies das Einssein des Wesens,

Hexen
3.903 [I,5] Es stellt sich also die Frage über die Einflüsse Hexenhammer, 223

das auf verschiedene Weise täglich widerhallt. David


zügelte mit der Harfe den bösen Geist, nicht weil die
Kraft in der Harfe so groß war, sondern im Zeichen
des Kreuzes. An dem Holz des Kreuzes hing mit an-
gespannten Saiten, d.h. Sehnen, der Erlöser, was
schon damals die Dämonen verjagte.

Hexen
3.904 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 224

[I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen


selbst, die sich den Dämonen unterwerfen. Und
dies ist die sechste Frage [der Reihe nach] und
der zweite Abschnitt323

Bezüglich des dritten und davon abhängenden Pro-


blems324 der Hexen selbst, die sich Dämonen unter-
werfen, kann etliches hinsichtlich der Vorgehensweise
bei solchen Schandtaten Probleme bereiten:
Erstens seitens des Dämon und des von ihm ange-
nommenen Körpers, aus welchem Element er gebildet
sei; zweitens seitens des Aktes, ob [er] immer mit der
Einflößung des von einem anderen empfangenen Sa-
mens [erfolgt]; drittens seitens der Zeit und des Ortes,
ob er [es] mehr zu der einen als zu der anderen Zeit
ausführe; viertens, ob er sich für die Umstehenden
sichtbar verhalte.
[Dann] seitens der Frauen, ob bloß jene, die aus
solcherart Schandtaten gezeugt werden, von den Dä-
monen [20va] aufgesucht werden; zweitens, ob jene,
die von den Hebammen nach der Geburt den Dämo-
nen geweiht werden, [aufgesucht werden]; drittens, ob
bei solchen der Geschlechtstrieb selbst anfälliger sei.
Da auf dies alles jetzt nicht zu antworten ist, weil
wir uns zuerst dem Allgemeinen widmen und im
zweiten Teil des Werkes jene Einzelheiten anhand

Hexen
3.905 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 225

ihrer Taten erklärt werden, wie es aus dem vierten Ka-


pitel erhellt325, wo die einzelnen Arten Erwähnung
finden, deshalb wollen wir uns der zweiten Haupt-
frage zuwenden, und zwar zunächst, warum sich diese
Form der Ruchlosigkeit bei dem so schwachen Ge-
schlecht [der Frauen] öfter findet als bei Männern.
Und die erste allgemeine Frage wird die nach den all-
gemeinen Eigenschaften der Frauen sein; die zweite
spezielle, welche Frauen häufiger als abergläubisch
oder als Hexen befunden werden; die dritte, spezielle,
was die Hebammen anlangt, welche alle anderen an
Boshaftigkeit übertreffen.
Bezüglich der ersten [Frage], warum sich in dem so
schwachen Geschlecht der Frauen mehr Hexen finden
als unter den Männern. Und es bringt nichts, Argu-
mente für das Gegenteil herzuleiten, da, abgesehen
von den glaubwürdigen Aussagen vor Gericht, die Er-
fahrung selbst dieses glaubhaft macht. Wir wollen,
ohne das Geschlecht zu verachten, in dem Gott stets
Großes schuf, um Starkes zuschanden zu machen326,
davon sprechen, daß über dieses von Verschiedenen
verschiedene Gründe angeführt werden, die dennoch
in der Hauptsache durchweg übereinstimmen. Daher
ist auch zur Unterweisung der Frauen diese Materie
sehr wohl zu predigen, und sie begehren es auch zu
hören, wie die Erfahrung oft gelehrt hat, wenn es nur
angemessen vorgebracht wird.

Hexen
3.906 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 226

Manche Gelehrten geben als Grund an, daß es von


Natur aus dreierlei [Dinge] gibt, die weder im Guten
noch im Schlechten die Mitte einzuhalten wissen: die
Zunge, der Kirchenmann und die Frau. Aber wo sie
die Grenzen ihrer Befindlichkeit überschreiten, dort
erlangen sie eine Art Gipfel und höchsten Grad im
Guten oder auch im Schlechten. Im Guten, wenn sie
von einem guten Geist regiert werden, sind sie daher
auch die Besten. In der Bosheit aber, wenn sie vom
bösen Geist regiert werden, kommt daher auch das
Schlechteste heraus.
[Erstens] Von der Zunge ist es nämlich offensicht-
lich, da mit ihrer Hilfe viele [20vb] Reiche dem
christlichen Glauben unterworfen wurden, weshalb
auch der Heilige Geist den Aposteln Christi in feuri-
gen Zungen erschienen ist327. Auch an anderen wei-
sen Predigern zeigt sich täglich die Zunge der Hunde,
die die Wunden und Geschwüre des ermattenden La-
zarus leckten328, gemäß jenem [Wort]: »Die Zunge
deiner Hunde, die aus den Feinden die Seelen rei-
ßen.«329 Daher wurde auch der Führer und Vater des
Predigerordens in Gestalt eines bellenden Hünd-
chens330 und mit einer brennenden Fackel im Maul
dargestellt, wie er auch bis heute durch sein Bellen
die ketzerischen Wölfe von den Herden der Schafe
Christi vertreibt.
Es geht auch aus der täglichen Erfahrung hervor,

Hexen
3.907 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 226

weil durch das Wort eines einzigen klugen Mannes


bisweilen die Vernichtung unendlich vieler Menschen
verhindert wird, weshalb Salomon nicht zu Unrecht
mehrerlei zu ihrem [der Zunge] Lob Prover. 10331
gedichtet hat: »Auf den Lippen des Einsichtigen fin-
det man Weisheit.« Und ferner: »Gediegenes Silber
[ist] die Zunge des Gerechten, das Herz des Gottlosen
ist nichts wert.« Ferner: »Die Lippen des Gerechten
unterweisen sehr viele, die aber töricht sind im Her-
zen sollen sterben aus Herzenseinfalt.«332 Der Grund
dafür wird eben dort 16333 hinzugefügt, weil es
[Aufgabe] des Menschen ist, seine Seele vorzuberei-
ten und Gottes, die Zunge zu leiten.
Über die bösen Zunge aber wirst du finden Eccl.
28334: »Die dritte Zunge erregte viele und zerstreute
jene von Volk zu Volk, vernichtete befestigte Städte
und machte die Häuser der Großen dem Erdboden
gleich.« Als dritte Zunge bezeichnet man diejenige,
welche zwischen zwei gegensätzlichen Parteien unbe-
dacht und ehrlos redet.
Zweitens, nämlich von den Geistlichen – verstehe
Kleriker und Mönche wie Nonnen – [sagt] Chryso-
stomos335 über jenes [Wort]: »›Er warf hinaus die
Verkäufer und Käufer aus dem Tempel.‹ Wie alles
Gute, so kommt auch alles Schlechte von der Priester-
schaft.« Hieronymus im Brief an Nepotianus336:
»Einen geistlichen Wucherer, einen, der vom Armen

Hexen
3.908 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 227

zum Reichen, vom Unbekannten zum Berühmten


[wurde], den fliehe wie die Pest!« Und der selige
Bernhard, Homilie 23 super Canti.337, indem er
von den Klerikern sagt: »Wenn ein offenkundiger
Ketzer sich erhöhe, werde er ausgestoßen und ver-
schmachte. Wenn ein ungestümer Feind [dies tut], so
würden sich vielleicht vor ihm die Guten verbergen.
Jetzt aber, wie werden sie ihn vertreiben oder sich
verbergen? Alle sind Freunde und doch Feinde
[21ra], alle sind Hausgenossen und keine Friedferti-
gen, alle sind unsere Nächsten, und alle suchen [nur]
das Ihrige.« Und anderswo: Unsere Prälaten sind zu
Pilatussen, unsere Hirten zu Schafscherern gewor-
den.« Und er spricht auch von den Vorgesetzten der
Mönche, die den Untergebenen schwere Lasten auf-
bürden, ohne daß sie [selbst] auch nur den kleinen
Finger rühren würden338. Gregorius spricht in
pasto.339: »Niemand schadet in der Kirche mehr, als
derjenige, der, auch wenn er verkehrt handelt, den
Namen oder den Rang der Heiligkeit hat. Denn diesen
Schuldigen anzuklagen, wagt keiner, und zum [bösen]
Beispiel wird [dazu noch] die Schuld erheblich ver-
größert, wenn der Sünder aus Ehrfurcht vor seinem
Rang noch verehrt wird.« Von den Mönchen spricht
auch Augustinus an Vincentius, den Donatisten340:
»Schlicht gestehe ich Eurer Großmut vor meinem
Herrn, unserem Gott, der Zeuge ist über meine Seele,

Hexen
3.909 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 228

daß ich, seit ich anfing, Gott zu dienen, schwerlich


Schlechtere, [aber] auch keine Besseren angetroffen
habe als die, welche in den Klöstern sündigten oder
fromm lebten.«
[Drittens] Die Bosheit aber der Frauen wird erör-
tert in Eccl. 25341: Es ist kein schlimmeres Haupt als
das Haupt der Schlange. Und es ist kein Zorn [schlim-
mer] als der Zorn der Frau. Mit dem Löwen und dem
Drachen zu verweilen wird [einem] lieber sein als mit
einer liederlichen Frau zu wohnen.« Und unter ande-
rem, was eben dort über die liederliche Frau folgt und
vorangeht, heißt es am Schluß: »Klein ist jede Bos-
heit gegen die Bosheit der Frau.« Daher [sagt] Chry-
sostomos über Math. 19342: »Es ist nicht zuträglich
zu heiraten. Was anders ist die Frau als die Feindin
der Freundschaft, eine unentrinnbare Strafe, ein not-
wendiges Übel, eine natürliche Heimsuchung, ein
wünschenswerter Verlust, eine häusliche Gefahr, ein
ergötzlicher Schaden, ein Fehler der Natur, mit schö-
ner Farbe bemalt? Wenn also jene wegzuschicken
eine Sünde ist, da man sie behalten muß, [dann] ist es
schon wahrhaft eine notwendige Folter, so daß wir
entweder, weil wir sie wegschicken, Ehebruch treiben
oder tägliche Kämpfe bestehen.« Tullius endlich sagt
in 2 Rethorica343: »Männer werden zu einer einzel-
nen Übeltat344 von je einer Leidenschaft angetrieben,
d.h. [es kann für sie] mehrere [leidenschaftliche Ursa-

Hexen
3.910 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 228

chen geben], Frauen zu allen Übeltaten345 von einer


einzigen Begierde: denn das Fundament aller zum
Weib gehörigen Laster ist die Habsucht.« Und Sene-
ca346 sagt in seinen Tragödien: »Entweder liebt oder
haßt die Frau, es gibt nichts drittes.« Eine Frau zu be-
weinen, ist ein Fehler. [21rb] Zwei Arten von Tränen
werden in den Augen der Frau [bereit] gehalten, die
des wahren Schmerzes und die der Hinterlist. Sinnt
eine Frau allein, dann sinnt sie auf Böses.
Von den guten Frauen aber geht so großes Lob,
daß man liest, sie hätten Männer beglückt und Völ-
ker, Länder und Städte gerettet. Das ist bekannt von
Judith347, Debora348 und Esther349. Daher [sagt]
der Apostel, 1 Cor. 7350: »Wenn eine Frau einen
Mann hat, und dieser willigt ein, mit ihr zu wohnen,
soll sie den Mann nicht wegschicken. Geheiligt ist
nämlich der ungläubige Mann durch die gläubige
Frau.« Daher heißt es in Eccl. 26351: »Glücklich ist
der Mann einer guten Frau, denn die Zahl seiner Jahre
verdoppelt sich.« Viel Rühmliches führt er dort fast
durch das ganze Kapitel hindurch von der Herrlich-
keit der guten [Frauen] aus. Und Prover. ulti.352
von der tapferen Frau.
All dieses geht auch aus dem Neuen Testament zu
den Frauen hervor, wie zu den Jungfrauen und ande-
ren heiligen Frauen, die gottlose Völker und Reiche
vom Götzendienst zur christlichen Religion geführt

Hexen
3.911 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 229

haben. Wenn jemand Vincentius, in spec. histo. li.


26 ca. 9353 nachlesen will, möge er über das Reich
Ungarn, das durch die allerchristlichste Gisela354
[christianisiert wurde], und über das Reich der Fran-
ken, das durch die Jungfrau Chlothilde355 [christiani-
siert wurde], die mit Chlodwig356 verlobt war, nach-
lesen, und er wird Erstaunliches finden357. Was
immer man daher an Tadelswertem liest, kann man
von der Begehrlichkeit des Fleisches her verstehen, so
daß unter Frau immer die Fleischeslust verstanden
wird, nach jenem [Wort]: »Ich fand die Frau bitterer
als den Tod«358, und eine gute Frau hat die Begierde
des Fleisches besiegt.
Es gibt auch andere, die Gründe angeben, weshalb
mehr Frauen als Männer für abergläubisch befunden
werden. Und sie sagen, daß es drei Gründe gebe: Der
erste, weil sie leichtgläubig sind; und weil der Dämon
hauptsächlich den Glauben zu verderben sucht, tritt er
auch eher an diese heran. Daher auch Eccl. 19359.
»Wer schnell glaubt, ist leicht im Herzen und wird er-
niedrigt werden.« Der zweite Grund ist, weil sie von
Natur aus wegen der Unstetheit der körperlichen Ver-
fassung zur Aufnahme von Eingebungen durch das
Eindringen von Separatsubstanzen leichter zu beein-
flussen sind. Infolge dieser Verfassung sind viele,
wenn sie sie gut gebrauchten, gut; wenn schlecht, um
so schlechter. Der dritte Grund ist der, weil sie eine

Hexen
3.912 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 230

schlüpfrige Zunge haben, und sie das, was sie durch


schlechte Kunst wissen, ihren Genossinnen kaum ver-
heimlichen können und sich heimlich, da sie schwach
sind, leicht durch Schadenszauber zu rächen suchen.
[21va] Daher auch Eccl. 25360 wie oben: »Mit
einem Löwen und einem Drachen zu verweilen, wird
einem mehr gefallen als mit einer nichtsnutzigen Frau
zu wohnen. Gering ist alle Bosheit gegen die Bosheit
der Frau«. Ebenso kann auch angefügt werden: da
jene unstet sind, können sie deswegen schneller die
Kinder den Dämonen weihen, wie sie es auch tun.
Es gibt auch Dritte, die andere Gründe anführen,
welche die Prediger mit Vorsicht anführen und be-
sprechen sollen: wenn auch die [Heilige] Schrift im
Alten Testament von den Frauen meistens Schlechtes
berichtet, und zwar wegen der ersten sündigenden
Frau, nämlich Eva und ihrer Nachahmerinnen, so sagt
[doch] Hieronymus361 nachher wegen der Verände-
rung des Namens im Neuen Testament, nämlich Eva
in Ave: »Alles, was der Fluch Evas Böses gebracht
hat, hat der Segen Marias hinweg genommen.« Daher
ist über diese sehr viel und immer Lobenswertes zu
predigen. Aber weil noch in den jetzigen Zeiten diese
Ruchlosigkeit [der Hexen] mehr bei den Frauen als
bei den Männern gefunden wird, wie die Erfahrung
selbst lehrt, können wir bei genauerer Prüfung über
das Vorhergehende hinaus sagen, daß, da sie in allen

Hexen
3.913 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 231

Kräften, der Seele wie des Körpers, mangelhaft362


sind, es kein Wunder ist, wenn sie gegen die, mit
denen sie wetteifern, mehr Schadenszauber geschehen
lassen. Was nämlich den Verstand betrifft oder das
Verstehen des Geistigen, scheinen sie von einer ande-
ren Art zu sein als die Männer, worauf die Autorität
und der Verstand mit den verschiedenen Beispielen
der Heiligen Schrift hindeuten. Terentius363 sagt:
»Die Frauen sind leichtfertig im Urteil, fast wie die
Knaben.« Und Lactantius, 3 Institutiones364, sagt,
niemals habe eine Frau die Philosophie verstanden,
außer Themis365. Und in Prover. 11366, gleichsam
die Frau beschreibend, heißt es: »Eine schöne und
zuchtlose Frau ist [nichts anderes] als der goldene
Ring in der Nase einer Sau.« Der Grund ist ein natür-
licher: weil sie sündhafter auftritt als der Mann, wie
es aus den vielen [fleischlichen] Unflätereien ersicht-
lich ist. Diese Mängel367 werden auch gekennzeich-
net bei der Schaffung der ersten Frau, da sie aus einer
krummen Rippe geformt wurde, d.h. aus einer Brust-
rippe, die gekrümmt und gleichsam dem Mann entge-
gen geneigt ist. Von diesem Mangel rührt auch, daß
die Frau immer täuscht, da sie ein unvollkommenes
Lebewesen368 ist. Cato369 [schreibt]: »Durch Trä-
nen [sinnt die Frau] auf listige Tücken.« [21vb] und
jenes [Wort]: »Während eine Frau weint, strebt sie
danach, den Mann zu hintergehen.« Dies ist offenkun-

Hexen
3.914 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 232

dig bei der Frau des Samson, die in ihn drang, ihr das
Rätsel zu sagen, das er den Gefährten aufgegeben
hatte, es ihnen erzählte und ihn so betrog370. Ihr von
Natur aus geringer Glauben wird [schon] bei der er-
sten Frau offenbar, da sie der Schlange auf ihre Frage,
warum sie nicht von jedem Baum des Paradieses
essen würden, sagte: »Von jedem [essen wir], nur
nicht etc., damit wir nicht etwa sterben.«371, wobei
sie zeigt, daß sie zweifle und an die Worte Gottes
nicht glaube, was alles auch die Etymologie des Na-
mens demonstriert: es heißt nämlich femina [Frau]
von fe372 und minus, weil sie immer geringeren
Glauben hat und wahrt, und zwar von Natur aus be-
züglich des [der geringeren] Glaubens [stärke], mag
auch infolge der Gnade und der Natur der Glaube in
der seligsten Jungfrau niemals gewankt haben, da er
doch in allen Männern zur Zeit des Leidens Christi
gewankt hatte373.
Schlecht also ist die Frau von Natur aus, da sie
schneller am Glauben zweifelt, auch schneller den
Glauben ableugnet, Das ist die Grundlage für die
Hexen374.
Was endlich die andere Kraft der Seele, nämlich
den Willen, anbetrifft, so verzehrt sie sich aus [ihrer]
Natur heraus vor Leidenschaft, wenn sie vor Zorn und
Unduldsamkeit haßt, den sie vorher geliebt hat. Und
wie die Flut des Meeres immer brandet und wogt, so

Hexen
3.915 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 232

ist eine solche [Frau] völlig unduldsam. Auf diesen


Grund spielt die Autorität [der Schrift] verschiedent-
lich an, Eccl. 25375: »Es gibt keinen [schlimmeren]
Zorn als den Zorn der Frau.« Und Seneca, in den
Tragödien 8376: »Keine Gewalt des Feuers, kein
Brausen des Windes noch die furchterregende Gewalt
des geschleuderten Geschosses ist so zu fürchten, wie
wenn die verlassene Ehefrau vor Verbitterung glüht
und haßt.« Es ist offenkundig bei der Frau, die Joseph
falsch beschuldigte und einkerkern ließ, weil er ihr
nicht in das Verbrechen des Ehebruchs einwilligen
wollte, Gen. 30377. Und wahrlich, der wichtigste
Grund für die Ausbreitung der Hexen ist der schmerz-
liche Zank zwischen verheirateten und nicht verheira-
teten [Frauen] und Männern, ja selbst auch unter den
heiligen Frauen. Was dann [erst] unter den übrigen?
Du siehst nämlich in der Genesis, wie groß die Un-
duldsamkeit und der Neid der Sara gegen Hagar war,
nachdem sie empfangen hatte, Gen. 21378; wie groß
[der Neid] der Rachel gegen Lea wegen der Söhne,
die Rachel nicht hatte379; wie groß [der Neid] der
Hanna gegen Peninna, die fruchtbar war, während sie
selbst unfruchtbar blieb, 1 Regum 1380; wie groß
[der Neid] der Mirjam381 gegen [22ra] Moses,
Nume. 12382. Daher murrte sie und verunglimpfte
Moses, weswegen sie auch mit Aussatz geschlagen
wurde; wie groß [der Neid] der Martha gegen Magda-

Hexen
3.916 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 233

lena, die untätig sitzen blieb, während Martha aufwar-


tete, Lukas 10383. Daher auch Eccl. 37384: »Be-
sprich dich mit der Frau darüber, worüber sie sich er-
eifert«, wie wenn er sagen würde, man kann mit ihr
nicht übereinkommen, weil immer Rivalität, d.h.
Neid, in einer bösen Frau ist. Wenn sie so untereinan-
der hetzen, wieviel mehr gegenüber den Männern!
Darum erzählt auch Valerius385: Foroneus, König
der Griechen, sprach an dem Tag, an dem er starb, zu
seinem Bruder Leontius: »Am höchsten Glück würde
mir nichts fehlen, wenn mir [nur] immer die Frau ge-
fehlt hätte.« Zu ihm [sagte] Leontius: »Und auf wel-
che Weise steht die Frau dem Glück im Weg?« Und
jener [sprach]: Alle verheirateten Männer wissen
das.« Und der Philosoph Sokrates386, gefragt, ob
man eine Frau nehmen müsse, antwortete: »Wenn du
sie nicht nimmst, wird dich die Einsamkeit des Grü-
belns ereilen. Darin liegt der Untergang387 des Ge-
schlechts und ein fremder Erbe. Wenn du aber eine
[Frau] nimmst, dann hast du ewige Aufregung, Kla-
gen, Streitereien, Vorwürfe wegen der Mitgift, der fin-
stere Ernst der Verwandten388, die geschwätzige
Zunge der Schwiegermutter, den Erben aus einer
fremden Ehe, unsicheres Schicksal der Kinder.« Das
sagte er aus Erfahrung. Denn wie Hieronymus sagt,
Adv. Jovinianus389, hatte dieser Sokrates zwei Ehe-
frauen, die er mit ungeheurer Geduld ertrug. Dennoch

Hexen
3.917 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 234

konnte er sich von deren Keifen, Schreien und Vor-


würfen nicht befreien. Eines Tages also, als sie gegen
ihn schimpften und er deshalb aus dem Haus ging, um
ihre Belästigung los zu werden, und sich vor dem
Haus niedersetzte, gossen jene Frauen schmutziges
Wasser auf ihn, worüber er sich nicht weiter aufregte,
weil [er] als Philosoph sprach: »Ich wußte, daß auf
den Donner Regen folgen würde.« Und von einem
[Mann], dessen Frau im Fluß ertrunken war, liest
man, daß er auf der Suche nach ihrem Leichnam, um
ihn aus dem Wasser zu ziehen, am Fluß gegen den
Strom entlang ging. Und als man ihn nach dem Grund
fragte, warum er stromaufwärts suche, wo doch
schwere Sachen abwärts und nicht aufwärts schwäm-
men, antwortete er: »Diese Frau war bei Lebzeiten
immer meinen Worten, Taten und Befehlen entgegen.
Deshalb suche ich in der entgegengesetzten Weise, da
sie vielleicht auch als Tote ihren Widerspruch gegen
das Normale beibehält«390.
Und wie sie [die Frauen] aus dem ersten Mangel,
dem des Verstandes, [22rb] leichter zur Ableugnung
des Glaubens neigen [als Männer], so suchen, ersin-
nen und verüben sie infolge des zweiten, nämlich der
außergewöhnlichen Affekte und Leidenschaften, auf
vielfache Weise Rache – sei es durch Schadenszau-
ber, sei es durch andere Mittel. Daher ist es kein
Wunder, daß es eine so große Menge von Hexen in

Hexen
3.918 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 234

diesem [weiblichen] Geschlecht gibt.


Betreffend den Mangel an Erinnerungsvermögen
haben sie von Natur aus das Laster, nicht geführt wer-
den zu wollen, sondern ohne irgendein Pflichtgefühl
ihren Eingebungen zu folgen, so strebt es [das Ge-
schlecht der Frauen] danach und disponiert die ge-
samte Erinnerung. Daher [sagt] Theophrastus391:
»Wenn du ihr das ganze Haus ihr zu dienen überlas-
sen und wenn du dir auch nur etwas ganz Kleines
oder Großes deinem Willen vorbehalten hast, wird sie
meinen, man vertraue ihr nicht, und sie wird Streit su-
chen. Und wenn du dich nicht schnell berätst, bereitet
sie Gift oder befragt haruspices und arioli. Und siehe
da: [es kommt zu einem] Schadenszauber«392.
Wie aber die Herrschaft der Frauen aussieht, [dar-
über] höre den Tullius in paradoxa393: »Ist jener
etwa frei, dem seine Frau befiehlt, Gesetze auferlegt,
vorschreibt, gebietet, verbietet, wie es ihr gut dünkt,
daß er ihr, wenn sie befiehlt, nichts abzuschlagen ver-
mag oder [dies nicht] wagt. Ich meine, der müsse
nicht nur Sklave, sondern Erbärmlicherster aller Skla-
ven genannt werden, selbst wenn er aus der angese-
hensten Familie stammt.« Daher [sagt] auch Sene-
ca394 in Person der rasenden Medea: »Was zögerst
du noch zu folgen dem glücksverheißenden Drang?
Wie groß ist dieser Teil der Rache, an dem du Freude
hast« etc., wo er vieles feststellt und zeigt, daß die

Hexen
3.919 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 235

Frau sich nicht lenken lassen, sondern nach eigenem


Antrieb vorgehen will, auch in ihr Verderben. Man
liest es von vielen Frauen, die, sei es aus Liebe oder
Schmerz, sich selbst töteten, weil sie sich keine Rache
verschaffen konnten wie dies auch Hieronymus
super Danielem395 von der Laodike erzählt. Diese,
die Frau des König Antiochus von Syrien, ließ voll
Eifersucht darüber, daß er seine zweite Frau Bereni-
ke396 mehr liebte, zuerst Berenike und ihren Sohn
mit dem genannten Antiochus töten. Später verübte
sie mit Gift Selbstmord, weil sie nicht regiert werden,
sondern nach eigenem Willen vorgehen wollte. Des-
halb sagt Chrysostomos397 mit Recht: »Oh Übel,
schlimmer als alles Übel [ist] eine schlechte Frau,
egal ob arm oder reich. Wenn sie nämlich die Frau
eines Reichen ist, hört sie nicht auf, bei Tag und
Nacht den jähzornigen Mann [22va] mit Gerede auf-
zustacheln durch liederliche aufreizende Reden und
rücksichtslos in der Heftigkeit. Wenn sie aber einen
armen Mann hat, läßt sie nicht ab, auch ihn zu Zorn
und Streit zu reizen. Und wenn sie eine Witwe ist,
verachtet sie für sich alle anderen und entbrennt durch
den Überschwang des Hochmuts398 zu jeder Kühn-
heit.«
Suchen wir nach, finden wir, daß fast alle Reiche
der Welt durch die Frauen zerstört worden sind. Das
erste, ein glückliches Reich, nämlich Troja, wurde

Hexen
3.920 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 236

wegen des Raubes einer Frau, nämlich der Helena,


zerstört, und viele tausend Griechen wurden getötet.
Das Reich der Juden erlitt viele Übel und Zerstörun-
gen wegen der furchtbaren Königin Jezabel und ihrer
Tochter Athalja, Königin im Königreich Juda, die die
Söhne ihres Sohnes töten ließ, damit sie nach seinem
Tod selbst herrsche. Aber beide [Frauen] wurden ge-
tötet399. Das Reich der Römer hatte viel Schlimmes
auszustehen wegen Kleopatra, der Königin von Ägyp-
ten, einer ganz schlimmen Frau. Ebenso auch andere
[Reiche]. Daher ist es kein Wunder, wenn die Welt
[auch] jetzt unter der Boshaftigkeit der Frauen leidet.
Endlich [kommen wir] zur Erörterung der fleischli-
chen Begierden des Körpers selbst. Von da kommen
unzählige Schädigungen des menschlichen Lebens, so
daß wir mit Recht mit Cato Uticensis400 sagen kön-
nen: »Wenn die Welt ohne Frauen sein könnte, wäre
unser Lebenswandel göttlich«. So würde in der Tat,
wenn die Schlechtigkeiten der Frauen nicht wären,
ganz zu schweigen von den Hexen, die Welt noch von
unzähligen Gefahren frei bleiben. Valerius an Ru-
finus401: »Du weißt nicht, daß die Frau eine Chimä-
re ist. Aber du mußt wissen, daß jenes dreigestaltige
Ungeheuer geschmückt ist mit dem herrlichen Antlitz
des Löwen, entstellt wird durch den Unterleib der
stinkenden Ziege, bewaffnet ist mit dem Schwanz
einer giftigen Viper. Das will sagen, daß ihr Anblick

Hexen
3.921 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 237

schön ist, die Berührung [aber] grausig [und] der Um-


gang tödlich.
Hören wir noch von einem weiteren Charakteristi-
kum: der Stimme. Denn wie sie [die Frau] von Natur
aus lügnerisch ist, so ist sie es auch beim Sprechen.
Denn sie sticht402 und erfreut dennoch. Daher wird
ihre Stimme mit dem Gesang der Sirenen verglichen,
die durch ihre süße Melodie die Vorüberfahrenden an-
locken und schließlich töten403. Sie [die Frauen]
töten, weil sie sowohl den Geldbeutel entleeren, die
Kräfte rauben, als auch Gott zu verlieren zwingen.
Valerius an Rufinus wiederum sagt404: »Der Genuß
gefällt und das Vergehen reut. Die Blume der Venus
ist die Rose, weil unter [22vb] ihrem Purpur viele
Dornen verborgen sind.« Proverb. 5405: »Ihre
Kehle, d.h. ihre Stimme, ist geschmeidiger als Öl und
zuletzt scharf wie Absinth.«
Hören wir uns noch ein anderes an: In ihrem Gehen
und Stehen, in ihrem äußeren Erscheinen, da ist Eitel-
keit über Eitelkeit! Es gibt keinen Mann auf der Welt,
der sich so sehr abmüht, dem gütigen Gott zu gefal-
len, wie eine auch [nur] mäßig [hübsche] Frau sich
abarbeitet, mit ihren Eitelkeiten den Männern zu ge-
fallen. Davon ein Beispiel in der Vita der Pelagia406,
als sie, der Welt ergeben, aufgeputzt durch Antiochi-
en zog. Als ein heiliger Vater, Nonnius mit Namen,
sie sah, fing er an zu weinen und sagte den Gefährten,

Hexen
3.922 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 237

daß er in seinem ganzen Leben nie solche Sorgfalt


darauf verwandt habe, Gott zu gefallen etc. Und end-
lich wurde sie durch seine Gebete zur Umkehr ge-
bracht.
So ist die [Frau], von der Eccl. 7 spricht und über
die jetzt die Kirche jammert wegen der ungeheuren
Menge der Hexen: »Ich fand die Frau bitterer als den
Tod, die die Schlinge des Jägers ist, ein Netz ihr
Herz, Fesseln sind ihre Hände. Wer Gott gefällt, wird
jene fliehen. Wer aber ein Sünder ist, wird von ihr ge-
fangen werden.« Sie ist bitterer als der Tod, d.h. der
Teufel. Apokalypse 6407: »Sein Name ist Tod.«
Denn mag auch der Teufel Eva zum Sündigen verlei-
tet haben, so hat doch Eva Adam verführt. Und wie
die Sünde der Eva uns nicht den Tod der Seele und
des Körpers gebracht hätte, wenn nicht in Adam die
Schuld gefolgt wäre – und nicht der Teufel ihn verlei-
tete, sondern Eva –, so ist sie darum bitterer als der
Tod.
Außerdem [ist sie] bitterer als der Tod, weil dieser
natürlich ist und nur den Körper vernichtet. Aber die
Sünde, von der Frau ausgegangen, tötet auf gleiche
Weise Seele und Körper durch den Entzug der Gnade,
zur Strafe für die Sünde.
Wiederum [ist sie] bitterer als der Tod, weil der
körperliche Tod ein offener und schrecklicher Feind
ist, die Frau aber ein heimlicher, sich einschmeicheln-

Hexen
3.923 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 238

der Feind. Und deswegen wird sie schon eine ver-


hängnisvollere und gefährlichere Schlinge vielmehr
der Dämonen als der Jäger genannt, weil die Männer
nicht bloß durch fleischliche Lüste gefangen werden,
wenn man sie sieht und hört, da, nach Bernhard408,
ihr Gesicht ein versengender Wind und ihre Stimme
das Zischen der Schlange ist, sondern auch, weil sie
unzählige Menschen und Vieh behexen. Ihr Herz wird
Netz genannt, d.h. die unergründliche Bosheit, die in
ihrem Herzen regiert. Und ihre Hände sind Fesseln
[23ra] zum Festhalten. Wo sie die Hand zum Behe-
xen der Kreatur anlegen, dann vollbringen sie ihr
Vorhaben mit Hilfe des Teufels.
Kommen wir zum Schluß. Alles [geschieht] durch
fleischliche Begierde, die bei ihnen unersättlich ist.
Prov. penult.409: »Drei Dinge sind unersättlich etc.
und das vierte, das niemals sagt: genug!, nämlich der
Schlund der Gebärmutter.« Darum haben sie auch mit
den Dämonen zu schaffen, um ihre Lust zu stillen.
Vieles könnte hier ausgeführt werden. Aber den Ver-
ständigen erscheint es offensichtlich genug, daß es
kein Wunder ist, daß man mehr Frauen von der Ket-
zerei der Zauberer befallen findet als Männer. Daher
ist es auch folgerichtig, die Ketzerei nicht als die der
Zauberer, sondern als die der Hexen zu bezeichnen,
damit die Benennung vom Wichtigeren her erfolge.
Und gepriesen sei der Höchste, der das männliche Ge-

Hexen
3.924 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 239

schlecht vor so großer Schändlichkeit bis heute be-


wahrte. Da er in demselben für uns geboren werden
und leiden wollte, deshalb hat er es auch bevor-
zugt410.
Welche Art Frauen in höherem Maße [als andere]
abergläubisch und als Hexen befunden werden.
Zum zweiten [Punkt], welcher Art Frau vor anderen
als abergläubisch und mit Schadenszauber befleckt
befunden werden, ist zu sagen, wie aus der vorherge-
henden Frage deutlich wird, daß, weil die drei Laster
Unglaube, Ehrgeiz und Wollust besonders bei
schlechten Frauen herrschen, sie deshalb vor den übri-
gen auf Schadenszauber bedacht sind, weil sie vor
ihnen den Lastern ergeben sind. Ferner, weil unter
diesen dreien das letzte am meisten vorherrscht,
darum weil [die Frau] unersättlich ist etc. Deshalb
sind auch jene unter den Ehrgeizigen mehr angesteckt,
die zur Erfüllung ihrer verderbten Begierden mehr
entbrennen, nämlich die Ehebrecherinnen, die Huren
und die Konkubinen der Großen. Und dies erfolgt
gemäß siebenfachem Schadenszauber411, wie in der
Bulle412 angesprochen wird, indem sie den fleischli-
chen Akt und die Empfängnis in der Gebärmutter
durch unterschiedlichen Schadenszauber infizieren:
Erstens verändern sie die Gedanken der Menschen
zu unbändiger Liebe etc.; zweitens hemmen sie die
Zeugungskraft; drittens entfernen sie die zu jenem Akt

Hexen
3.925 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 239

gehörigen Glieder; viertens verwandeln sie die Men-


schen durch Blendwerk [scheinbar] in Tiergestalten;
fünftens vernichten sie die Zeugungskraft der Weib-
chen413 [23rb]; sechstens, daß sie Fehlgeburten be-
wirken; siebtens, daß sie den Dämonen Kinder dar-
bringen; abgesehen von den Schäden, die sie anderen
Tieren und Feldfrüchten zufügen. Darüber wird im
folgenden gehandelt werden.
Jetzt aber wollen wir Gründe für die Schäden der
Menschen angeben. Zuerst die Schlußfolgerung über
die, die sie zu unbändiger Liebe oder Haß behexen.
Und danach ist dasselbe Thema zu größerem Ver-
ständnis unter [dem Gesichtspunkt] eines Problems zu
diskutieren. Die Schlußfolgerung aber ist diese. Der
heilige Thomas zeigt in 4 di. 34414, indem er von
der schadenszauberischen Impotenz handelt, warum
dem Teufel von Gott eine größere Macht zum Scha-
denszauber über die fleischlichen Handlungen des
Menschen als über andere verliehen wird. So muß
man in ähnlicher Weise sagen, daß die Frauen mehr
angegriffen werden, die diesem Tun mehr obliegen. Er
sagt nämlich, daß, weil die erste Verderbnis durch die
Sünde, durch welche der Mensch der Sklave des Teu-
fels geworden ist, durch den Zeugungsakt auf uns ge-
kommen sei, deshalb sei dem Teufel von Gott bei die-
sem Akt mehr Macht des Schadenszaubers verliehen
worden als bei den anderen, wie sich auch an den

Hexen
3.926 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 240

Schlangen, wie man sagt, die Kraft der Zauberer mehr


offenbare als bei den anderen Tieren, weil der Teufel
durch eine Schlange, gleichsam durch sein Werkzeug,
die Frau versucht hat. Wenn also auch, wie er [Tho-
mas] später anfügt, die Ehe ein Werk Gottes sein
mag, da sie gleichsam durch ihn eingesetzt ist, so
wird sie doch bisweilen durch die Werke des Teufels
zerstört, zwar nicht durch [seine eigene] Gewalt, weil
er ja sonst für stärker als Gott gelten müßte, sondern
nur mit Zulassung Gottes, durch zeitweilige oder dau-
ernde Verhinderung des ehelichen Aktes.
Von daher können wir aus Erfahrung sagen, daß
sie [die Hexen] wegen solcher Schandtaten sowohl an
sich wie auch an den Mächtigen auf der Welt, wel-
chen Standes oder Berufs sie auch sind, unzähligen
Schadenszauber vollbringen, indem sie ihre Gemüter
zu wahnhafter Liebe oder Liebesraserei415 so wan-
deln, daß sie durch keine Beschämung oder Überre-
dung bewogen werden können, davon abzulassen.
Daraus droht nicht nur die Vernichtung des Glaubens,
sondern auch täglich eine unerträgliche Gefahr, weil
sie deren Gemüter so zu verwandeln wissen, daß
[23va] sie [die Großen der Welt] es nicht zulassen,
daß ihnen [den Hexen] durch sie oder andere ein
Schaden zugefügt werde; und so wachsen sie von Tag
zu Tag an. Wenn uns doch die Erfahrung dieses nicht
gelehrt hätte! Schlimmer noch! Ein solcher Haß ist

Hexen
3.927 [I,6] Es folgt [die Frage] bezüglich der Hexen Hexenhammer, 240

auch im Sakrament der Ehe unter den Gatten durch


Schadenszauber erregt worden, und gleichfalls Läh-
mungen der Zeugungskraft, so daß sie nicht imstande
sind, für die Nachkommenschaft durch Gewährung
und Erfüllung der ehelichen Pflicht zu sorgen.
Aber weil Liebe und Haß in der Seele existieren, in
die auch der Dämon nicht eindringen kann, sollen
diese Dinge, damit sie nicht gleichsam unglaublich
scheinen, unter einer [besonderen] Frage erörtert wer-
den, da dann auch die Gegensätze besser sichtbar
werden.

Hexen
3.928 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 241

[I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der


Menschen zu Liebe und Haß umwandeln
können. Und es ist die siebte der Reihenfolge
nach416.

Es wird gefragt, ob die Dämonen durch die Hexen die


Gemüter der Menschen zu ungezügelter Liebe oder
Haß zu verändern und zu reizen imstande sind. Und
es wird argumentiert, daß sie es nach dem Vorherge-
henden nicht können. Dreierlei ist im Menschen:
Wille, Verstand und Körper. Wie Gott sich den er-
sten durch sich zu leiten vorbehalten hat, weil »das
Herz des Königs in der Hand des Herrn [ist]«417, so
läßt er den zweiten [den Verstand] durch einen Engel
erleuchten und den Körper selbst durch den Einfluß
der Himmelskörper dirigieren.
Ferner können sich die Dämonen zu deren Ver-
wandlung nicht innerhalb der Körper aufhalten, also
noch weniger in der Seele, um deren Kräften Liebe
und Haß einzuflößen. Die Konsequenz liegt klar vor
Augen: weil sie von Natur aus größere Macht über
körperliche als über geistige Dinge haben. Und daß
sie sie nicht verwandeln können, hat sich oben an
mehreren Stellen gezeigt, weil sie keine substantielle
oder akzidentielle Form verleihen können, außer unter
Mitwirkung eines anderen Agens, wie auch jeder an-

Hexen
3.929 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 241

dere Künstler. Eben darauf bezieht sich auch ca. 26


q. episcopi am Ende418: »Wer glaubt, irgendeine
Kreatur könne in einen besseren oder schlechteren Zu-
stand verwandelt werden, außer vom Schöpfer selbst,
ist schlimmer als ein Ungläubiger und ein Heide.«
Ferner: Jedes Agens erkennt seine Wirkung aus
dem Vorsatz. Wenn daher der Teufel die Gemüter der
Menschen zu Haß oder Liebe verwandeln könnte, so
könnte er die inneren Gedanken der Seele erkennen
[23vb], was gegen das spricht, was in li. de ecclesia-
sticis dogmatibus419 gesagt wird: »Der Teufel kann
die inneren Gedanken nicht sehen.« Und ebenso
[heißt es] dort: »Nicht alle unsere bösen Gedanken
werden vom Teufel erregt, denn bisweilen tauchen sie
aus der Regung unseres freien Willens auf.« Ferner:
Liebe und Haß betreffen den Willen, der in der Seele
wurzelt. Also können sie vom Teufel, durch welche
Kunst auch immer, nicht verursacht werden. Es gilt
die Folgerung, weil »in die Seele schlüpfen«, wie Au-
gustinus420 sagt, jenem allein möglich ist, der sie
geschaffen hat. Ferner, wenn man sagt, daß er [der
Teufel] die inneren sensitiven Kräfte und so folglich
den Willen bewegen kann, so zählt das nicht, weil die
sensitive Kraft vornehmer ist als die nährende Kraft.
Aber der Teufel kann keinen Akt der nährenden Kraft
vollbringen, daß er [etwa] Fleisch oder Knochen
schüfe. Also kann er auch keinen Akt der inneren See-

Hexen
3.930 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 242

lenkräfte verursachen.
Aber dagegen: man sagt, daß der Teufel nicht nur
sichtbar, sondern auch unsichtbar die Menschen ver-
sucht. Dies wäre falsch, wenn er nicht innerlich be-
züglich der Seele und ihrer Kräfte etwas bewirken
könnte. Außerdem Damascenus in suis senten-
tiis421: »Alle Bosheiten und alle Unreinheiten sind
vom Teufel ersonnen« und Dionysius 4 ca. de divi-
nis nominibus422: Die Menge der Dämonen ist sich
und anderen die Ursache allen Übels.«
Antwort: Hier ist zuerst eine Erklärung der Ursache
nötig. Und zweitens, wie er [der Dämon] die inneren
Kräfte der Seele, die innere Gefühlskräfte genannt
werden, verändern kann. Und drittens werden wir so
das Hauptproblem zum Abschluß bringen.
Bezüglich des ersten423 ist zu bedenken, daß die
»Ursache von etwas« durchaus zweifach benannt wer-
den kann, einmal direkt, ein anderes Mal indirekt. In-
direkt, wenn z.B. ein Agens eine Neigung zu einer
Wirkung verursacht. Man sagt dann, sie sei nur dem
Anlaß nach oder indirekt die Ursache jener Wirkung,
wie wenn man sagen würde, daß der, der Holz sägt,
einen Anlaß der Verbrennung desselben darstellt. Und
auf diese Weise können wir sagen, daß der Teufel die
Ursache aller unserer Sünden ist, weil er selbst den
ersten Menschen zum Sündigen aufgehetzt hat, aus
dessen Sünde im ganzen Menschengeschlecht eine

Hexen
3.931 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 243

Geneigtheit zur Sünde gefolgt ist. Und so sind die


Worte des Damascenus und des Dionysius zu verste-
hen.
Direkt nennt man die Ursache von etwas, insofern
es direkt darauf wirkt. [24ra] Deshalb ist der Teufel
nicht die Ursache jeder Sünde. Denn nicht alle Sün-
den werden auf Antreiben des Teufels begangen, son-
dern einige auch aus der Freiheit des Willens und der
Verderbtheit des Fleisches, denn, wie Origines424
sagt: »Auch wenn es den Teufel nicht gäbe, würden
die Menschen Verlangen nach Speise, fleischlichen
Genüssen und ähnlichem haben, wobei viele Zügello-
sigkeiten geschehen, wenn solches Verlangen nicht
durch die Vernunft gezügelt wird«, und am meisten
aber infolge der vorgegebenen Verderbtheit der Natur.
Aber ein derartiges Verlangen zu zügeln oder zu ord-
nen, unterliegt dem freien Willen, über den auch der
Teufel weniger Macht hat.
Aber weil wir aufgrund dieser Unterscheidung
nicht entscheiden können, wie bisweilen Liebeswahn
oder Liebesraserei durch Schadenszauber erregt wer-
den kann, ist weiter zu bemerken, daß der Teufel, mag
er auch nicht direkt, indem er den Willen des Men-
schen zwingt, die Ursache dieser ungezügelten Liebe
sein, es dennoch mittels der Überredung sein kann
und dies wiederum zweifach: sichtbar oder unsicht-
bar. Sichtbar, wenn er z.B. in Gestalt eines Menschen

Hexen
3.932 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 243

den Zauberern und Hexen selbst erscheint, mit ihnen


spricht und sie zur Sünde überredet, so wie er die er-
sten Eltern im Paradies in der Gestalt einer Schlange
und Christus in der Wüste versuchte, indem er ihm
sichtbar in irgendeiner Gestalt erschien. Und weil es
nicht zu glauben ist, daß er den Menschen ausschließ-
lich auf diese Weise überrede, weil daraus folgen
würde, daß durch die Anleitung des Teufels keine an-
deren Sünden geschehen würden, außer denen, zu
denen der Teufel sichtbar erscheinend überredet, des-
halb muß man sagen, daß er auch unsichtbar den
Menschen zur Sünde reizt, was allerdings zweifach
geschieht: mittels der Überredung und der Anord-
nung. Durch das Mittel der Überredung, wenn z.B.
dem Erkenntnisvermögen etwas als gut dargestellt
wird. Und dies kann auf dreifache Weise geschehen,
weil es auf den Verstand oder auf das innere oder auf
das äußere Empfindungsvermögen bezogen erscheint.
Was den Verstand betrifft [so ist zu sagen]: weil der
menschliche Verstand von der Einsicht eines guten
Engels oder mittels einer Erleuchtung [des Betreffen-
den] bei dem, was erkannt werden soll425 unterstützt
werden kann, wie Dionysius426 sagt. Der Grund
[liegt darin, daß] »etwas einsehen« nach dem Philo-
sophen427 »etwas erleiden« ist. Deshalb kann er [der
gute Engel] den Verstand durch irgendeine Idee be-
eindrucken, woraus der Akt [24rb] der Einsicht er-

Hexen
3.933 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 244

folgt. Und wenn man sagt, daß der Teufel dies durch
seine natürliche Kraft tun kann, die nicht gemindert
ist, wie aus dem Vorhergehenden offensichtlich ist, so
ist zu sagen, daß er es nicht durch das Mittel der Er-
leuchtung vermag, sondern [nur] durch das Mittel der
Überredung. Der Grund [ist], daß der Verstand des
Menschen so beschaffen ist, daß er, je mehr er er-
leuchtet wird, desto mehr das Wahre erkennt, und je
mehr er das Wahre erkennt, sich desto mehr vor der
Täuschung hüten kann. Und weil der Teufel letzten
Endes diese Täuschung bezweckt, kann all seine
Überredung nicht Erleuchtung genannt werden, mag
man sie auch Eingebung nennen. Denn er prägte
durch irgendeinen Eindruck auf die sensitiven inneren
oder äußeren Kräfte, da wo er sichtbar überreden
würde, etwas ein, wodurch die intellektuelle Erkennt-
nis überzeugt würde, eine Handlung auszuführen.
Wie dies geschehen kann, nämlich wie er die inne-
ren Kräfte durch etwas beeindrucken kann, dazu ist zu
bemerken, daß die körperliche Natur von einer geisti-
gen [Kraft] örtlich bewegt wird, weil sie von Natur
aus dazu geschaffen ist. Das zeigt sich an unseren
Körpern, die von den Seelen gelenkt werden, ähnlich
auch an den Himmelskörpern. Sie [die körperliche
Natur] ist aber nicht dazu geschaffen, von ihr [der gei-
stigen Natur] unmittelbar geformt zu werden, und wir
reden hauptsächlich von den Formen, die äußerlich

Hexen
3.934 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 245

bleiben428 und die nicht formgebend sind429. Daher


ist es nötig, daß ein körperliches Agens hinzukomme,
wie bewiesen wird in 7 Meta.430. Eine körperliche
Materie gehorcht bezüglich der örtlichen Bewegung
natürlicherweise guten oder schlechten Engeln. Und
dies steht fest, weil die Dämonen auf diese Weise
durch örtliche Bewegung Samen sammeln können
und vereinigen oder für die Vollbringung bestimmter
wundersamer Taten verwenden können, wie es bei
den Zauberern des Pharao431 geschah, die Schlangen
erzeugten und wirkliche Tiere, wobei sie die geeigne-
ten Passiva mit den gehörigen Aktiva vereinigten.
Deswegen hindert nichts, daß alles, was auch immer
aus der örtlichen körperlichen Bewegung der Materie
erfolgen kann, durch die Dämonen geschehe, außer
wenn sie von Gott gehindert werden.
Wenn dies wiederum feststeht und wir erkennen
wollen, wie er [der Teufel] die Phantasie des Men-
schen und die inneren Empfindungskräfte durch die
örtliche Bewegung zu Erscheinungen und heftigen
Handlungen reizen kann, so ist zu bemerken, daß
[z.B.] der Philosoph im Buch de somno et vigi-
lia432 den Grund der Erscheinung von Träumen
durch örtliche Bewegung erklärt, weil, wenn eine
Kreatur schläft, das meiste Blut zur Empfindungskraft
hinabsteigt. [24va] Darauf steigen zugleich die Bewe-
gungen oder Eindrücke mit hinab, die aus den voraus-

Hexen
3.935 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 245

gegangenen Bewegungen der empfindenden [Kräfte]


zurückgeblieben oder in den Sinnen oder den inneren
Empfindungskräften aufgespeichert worden sind, die
die Phantasie oder die Einbildung ausmachen. Das
ist, wie sich zeigen wird, nach dem heiligen Tho-
mas433 dasselbe.
Es liegt nämlich in der Phantasie oder der Einbil-
dung gleichsam die Vorratskammer der durch die
Sinne aufgenommenen Erscheinungen. Daher ge-
schieht es, daß sie das Fassungsvermögen, d.h. die die
Gestalten bewahrende Kraft, so bewegen, daß sie in
den Phantasien so frisch erscheinen, als wenn eben
erst die Empfindungskraft von den äußeren Dingen
selbst frisch verändert würde.
Wahr ist, daß nicht alle dies verstehen, aber wenn
jemand sich darauf einlassen wollte, hätte er die Zahl
und die Betätigung der inneren Sinne zu betrachten,
die nach Avicenna in [seinem] Buch de anima434
zugegebenermaßen, wie er sagt, fünf betragen, näm-
lich den gemeinen Sinn, die Phantasie, die Einbil-
dung, das Urteil, das Gedächtnis. Jedoch sagt der seli-
ge Thomas in prima parte q. 79435, daß es nur vier
seien, weil er Einbildungskraft und Phantasie als eine
anführt. Man scheint die Weitschweifigkeit zu fürch-
ten, deswegen unterläßt man eine Erklärung, zumal an
sehr vielen Stellen davon gehandelt wird. Nur: wenn
gesagt wurde, daß die Phantasie eine Vorratskammer

Hexen
3.936 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 246

von Erscheinungen sei und jemandem scheinen könn-


te, das sei das Gedächtnis, so unterscheide: weil die
Phantasie die Vorratskammer oder der Aufbewah-
rungsort der durch den Sinn aufgenommenen Erschei-
nungen ist, das Gedächtnis aber der Schatz der Vor-
stellungen, die durch das Empfindungsvermögen nicht
aufgenommen werden. Wer nämlich einen Wolf sieht,
flieht nicht wegen der Häßlichkeit der Farbe oder der
Gestalt, die von den äußeren Sinnen aufgenommene
und in der Phantasie aufgespeicherte Erscheinungen
sind, sondern er flieht, weil er ein Feind seiner Natur
ist. Und dies hat er durch eine bestimmte Vorstellung
und Wahrnehmung aus der Urteilskraft, die ihn als
schädlich und den Hund als Freund erkennt. Aber der
Aufbewahrungsort der Vorstellungen ist das Gedächt-
nis, weil Aufnehmen und Behalten bei den körperli-
chen Dingen auf verschiedene Prinzipien zurückge-
führt wird. Denn Feuchtes nimmt gut auf, aber behält
schlecht; umgekehrt ist es aber mit dem Trockenen.
Zur Sache. Das, was sich bei den Schlafenden bei
den Erscheinungen von Träumen durch [die Bewe-
gung der] Geister, d.h. bei [der Bewegung der] im
Aufbewahrungsort aufgespeicherten Ideen, ereignet,
und zwar [24vb] durch natürliche körperliche Bewe-
gung wegen des Flusses des Blutes und der Säfte zu
den Hauptsitzen, d.h. den inneren sensitiven Kräften
hin – und wir sprechen von einer örtlichen inneren

Hexen
3.937 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 247

Bewegung im Kopf und in den Zellen des Kopfes –,


das kann auch infolge einer ähnlichen durch die Dä-
monen bewirkten örtlichen Bewegung geschehen.
Und es geschieht nicht nur bei Schlafenden, sondern
auch bei Wachenden, in denen die Dämonen die inne-
ren Geister und Säfte bewegen und erregen können, so
daß die in den Aufbewahrungsorten aufgespeicherten
Ideen aus den Vorratskammern zu den Empfindungs-
kräften, d.h. zu jenen Kräften, Einbildungskraft und
Phantasie, herausgeführt werden, so daß diese sich ir-
gendwelche Dinge einzubilden haben. Und dies wird
dementsprechend innere Versuchung genannt werden.
Und es ist kein Wunder, daß der Dämon das durch
seine natürliche Kraft vermag, wenn jeder beliebige
Mensch, sofern er wach und bei Verstande ist, durch
willkürliche Erregung der aufgespeicherten Ideen aus
seinen Vorratskammern bzw. [Gedanken-]Speichern
derartige Ideen herausziehen kann, so daß er sich nach
Wunsch irgendwelche Dinge vorstellt. Steht das fest,
so ist auch schon die Materie des Liebeswahns klar zu
verstehen. Denn weil die Dämonen, wie gesagt, derar-
tige Ideen bewegen können etc., [und] sie tun dies
zweifach. Einmal ohne Einschränkung des Gebrauchs
des Verstandes, wie dies zur Versuchung und durch
das Beispiel von der freiwilligen Gefolgschaft, die
bisweilen vorkommt, gesagt worden ist. Manchmal
aber [so], daß der Gebrauch des Verstandes gänzlich

Hexen
3.938 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 247

gehemmt wird. Und auch das können wir durch ein


Beispiel anhand bestimmter natürlicher Defekte erläu-
tern wie etwa bei Geisteskranken und Trunkenen.
Also ist es nicht verwunderlich, daß die Dämonen auf
diese Weise nur mit der Zulassung Gottes den Ge-
brauch des Verstandes hemmen können. Und solche
nennt man Besessene436, und daher besessen437 von
»ich ergreife, du ergreifst«438, weil besessen439 vom
Dämon, und dies in zweifacher Weise: entweder ohne
Hexe und Schadenszauber oder mit ihr [und] mit440
Schadenszauber. Weil, wie der Philosoph441 in dem
erwähnten Buch sagt, jemand, der in der Leidenschaft
lebt, von geringer Ähnlichkeit bewegt wird wie der
Liebende durch die geringe Ähnlichkeit [jemandes]
mit der geliebten Person, und so auch der Hassende.
Deshalb stacheln die Dämonen, die durch das Tun der
Menschen erfahren, welchen Leidenschaften sie mehr
ergeben sind, jene zu solcherart ungezügelter Liebe
oder Haß an, indem sie um so stärker und wirksamer
das, was sie [ohnehin] erstreben, ihrer Einbildung ein-
prägen, als sie es ja leichter können. [25ra] Aber sie
können [es] um so leichter, je leichter auch der Lie-
bende die aufgespeicherte Idee442 zur Empfindungs-
kraft, d.h. zur Vorstellung herausführt und je entzück-
ter er bei der Betrachtung jener verweilt.
Mit Schadenszauber jedoch [geschieht derlei],
wenn er solches durch die Hexen und wegen des mit

Hexen
3.939 [I,7] Frage: Ob die Hexen die Gefühle der Hexenhammer, 248

ihnen eingegangenen Paktes auf Bitten der Hexen be-


sorgt, die aufzuzählen bei der Menge sowohl auf
geistlichem als auch auf weltlichem Gebiet nicht
möglich ist. Denn wie viele Ehebrecher verlassen
nicht die schönsten Frauen und entbrennen für
scheußliche andere?
Wir kennen eine alte Frau443, die nacheinander
drei Äbte, wie das öffentliche Gerede aller Brüder in
jenem Kloster bis auf den heutigen Tag berichtet,
nicht nur in solcher Weise behexte, sondern auch töte-
te. Und einen vierten hatte sie schon auf ähnliche
Weise verrückt gemacht, was sie selbst auch öffent-
lich bekennt und zu gestehen nicht scheut: »Ich habe
es getan und tue es noch. Und sie werden nicht von
der Liebe zu mir lassen können, weil sie so viel von
meinem Kot gegessen haben«, wobei sie die Menge
durch Ausbreiten der Arme angibt. Ich gestehe aber,
daß uns nicht die Handhabe beschieden war, sie zu
strafen oder über sie zu inquirieren, weshalb sie noch
am Leben ist.
Und weil am Anfang des Abschnittes444 gesagt
wurde, daß der Teufel den Menschen unsichtbar zur
Sünde ansporne, nicht nur mittels der Überredung,
sondern auch mittels der Disponierung, so wird das
folgendermaßen erklärt, wenn es auch vielleicht nicht
zur Hauptsache gehört. Durch eine vergleichbare Er-
regung der Geister und der Säfte macht er nämlich ei-

Hexen
3.940 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 249

nige mehr zum Zorn oder zur Gier oder zu etwas der-
artigem geneigt. Denn es ist offenbar, daß, wenn der
Körper entsprechend angelegt ist, der Mensch mehr
zur Gier, zum Zorn oder ähnlichen Leidenschaften
neigt. Wenn sich diese regen, dann wird der Mensch
zum Zustimmen bestimmt.
Aber weil es schwierig ist, die vorhergehenden
Dinge zu predigen, deshalb müssen sie zur Belehrung
des Volkes einfacher erklärt werden. Und durch wel-
che Mittel solche Behexte erlöst werden können, wird
im dritten Teil445 behandelt.

Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in


Predigten dem Volk vorzutragen ist.

Der Prediger bringt dazu auf folgende Weise eine


Frage vor: Ob es rechtgläubig sei zu behaupten, daß
die Hexen imstande wären, die Gemüter der Männer
so zu unbändiger Liebe zu fremden Frauen zu reizen
und ihre Herzen zu entflammen, daß sie nicht durch
Ablenkung, Schläge [25rb], Worte oder Taten zum
Ablassen gezwungen werden können; und ob sie glei-
chermaßen zwischen Eheleuten Haß zu erregen [ver-
möchten], so daß diese nicht durch Gewährung und
Erfüllung, der ehelichen Pflichten Kinder zeugen kön-
nen, im Gegenteil bisweilen in tiefer Nacht über weite

Hexen
3.941 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 250

Entfernungen446 zu ihren Geliebten eilen müssen.


Darüber kann er [der Prediger], wenn er will, eini-
ge Argumente aus der vorhergehenden Frage entneh-
men; wenn nicht, dann sage er bloß, daß diese Fragen
auf Probleme bezüglich der Liebe und des Hasses sto-
ßen. Denn weil diese im Willen ihren Grund haben,
der in seinem Handeln immer frei ist und nicht durch
irgendeine Kreatur gezwungen werden kann, außer
von Gott, der ihn lenken kann, deshalb scheint der
Dämon oder auch die Hexe durch dessen Kraft den
Willen nicht zu Liebe oder Haß zwingen zu können.
Ebenso, weil der Wille wie auch der Verstand subiec-
tive [als der Seele inhärent] in der Seele existieren und
es auch nur dem allein möglich ist, in die Seele zu
schlüpfen, der sie geschaffen hat, deshalb wirft die
Frage, was das Herausschälen der Wahrheit im ein-
zelnen anlangt, Schwierigkeiten auf.
Doch davon abgesehen, ist zuerst über die Liebes-
tollheit447 und den Haß zu reden, zweitens von der
Behexung der Zeugungskraft448.
Über das erste [die Liebestollheit], daß sie [die Dä-
monen], mag der Dämon auch im Verstand und im
Willen des Menschen nicht unmittelbar handeln kön-
nen, denn doch nach allen Gottesgelehrten in 2 Sen-
ten.449, von der Kraft des Dämons beim Handeln im
Körper, in den Kräften des Körpers oder in die dem
Körper angefügten Sinne, seien es innere, seien es äu-

Hexen
3.942 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 250

ßere, imstande sind, mit Gottes Zulassung zu wirken.


Dies wird durch die Autorität und den Verstand be-
wiesen. Aus der vorhergehenden Frage wird er [der
Prediger], wenn es ihm gefällt, [diese] herausfinden;
wenn nicht, soll er als Autorität und Grund Iob 2450
nennen. Zu dem Dämon hat Gott [dort] gesagt:
»Siehe, in deiner Hand, d.h. in [deiner] Macht ist
Job;« und dies war er bezüglich des Körpers, was klar
ist, weil er ihm über die Seele [keine Macht] geben
wollte. Daher sagte er: »Aber dessen Seele bewahre«,
d.h. bewahre sie unversehrt. Grund: Weil er [ihm]
nämlich [Macht über] den Körper gab, gab er ihm
auch Macht über alle dem Körper angefügten Kräfte,
welche fünf äußere und vier innere sind, nämlich all-
gemeiner Sinn, Phantasie oder Vorstellung, Urteil und
Gedächtnis.
Wenn es nicht anders zu erklären ist, gebe er [der
Prediger] das Beispiel von den Schweinen und Scha-
fen, wo die Schweine mittels Erinnerung in den Stall
heimzukehren wissen und die Schafe durch die natür-
liche Vorstellung den Wolf und den Hund unterschei-
den, den einen als Feind, den anderen als Freund ihres
Wesens.
[25va] Folglich, wenn alle unsere intellektuelle Er-
kenntnis den Ursprung von der Sinneskraft her hat, da
ist es nötig, daß ein Verstehender nach dem Philoso-
phen 2 de anima451 den Erscheinungen nachspürt.

Hexen
3.943 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 251

Daher kann ein Dämon, wie er imstande ist, die inne-


re Vorstellung zu verwandeln, auch den Verstand ver-
dunkeln. Und dies tut er nicht unmittelbar in der
Seele, sondern mit Hilfe von Wahnbildern und weil
nichts, außer Vertrautes, geliebt wird, gebe man nach
Belieben Beispiele: vom Gold, das der Geizige liebt,
weil er dessen Wert kennt, etc. Deswegen wird durch
die Verdunklung des Verstandes auch der Wille in
seinen Affekten verdunkelt. Dies aber kann der
Dämon entweder ohne oder mit Hexe tun, ja es kann
sich durch ein bloßes Vergucken mit den Augen er-
eignen. Wir werden von den einzelnen [Fällen] Bei-
spiele geben. Denn wie es in Iac. 1452 heißt: »Jeder
wird von seiner Begierde versucht, weggezogen und
angelockt. Dann gebiert die Begierde, wenn die Be-
gierde schwanger geworden ist, die Sünde. Die Sünde
aber, wenn sie vollbracht ist, gebiert den Tod.« Als
Sichern Dina aufbrechen sah, um die Frauen des Lan-
des aufzusuchen, verliebte er sich in sie, riß sie an
sich und schlief mit ihr, und seine Seele wurde mit ihr
vereinigt, Gen. 34 und nach der Glosse453: »Einer
schwachen Seele ergeht es so, wenn sie, wie Dina, in
Vernachlässigung eigener Belange, fremde Geschäfte
besorgt. Sie wird verführt durch den Umgang und
wird eines Sinnes mit dem Verbotenen.«
Vom zweiten, daß derlei bisweilen auch ohne Zau-
berer und Hexen durch die Versuchung der Dämonen

Hexen
3.944 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 252

herrührt, wird im allgemeinen so erklärt: Amnon lieb-


te seine wunderschöne Schwester Thamar, und er
hatte sich so sehr in sie verloren, daß er aus Liebe zu
ihr krank wurde, 2 Reg. 13454. Niemand würde einer
so großen Missetat der Hurerei obliegen, wenn er
nicht gänzlich verdorben und vom Teufel schwer ver-
sucht wäre. Daher ebenda die Glosse455: »Dies er-
mahnt uns, und deshalb hat Gott es zugelassen, damit
wir immer vorsichtig handeln, daß nicht die Laster in
uns herrschen und der Fürst der Sünde, der einen fal-
schen Frieden schließt mit denen, die es riskieren, uns
nicht unversehens tötet, wenn er uns [zur Sünde] be-
reit findet.«
Von dieser zweiten Art der Liebe übervoll ist das
Buch der heiligen Väter456, das berichtet, daß,
wenn sie [die heiligen Väter] sich auch aller Versu-
chung der fleischlichen Lust entzogen hätten, sie
doch, mehr als zu glauben, öfter von der Liebe der
Frauen versucht wurden. Daher sagt auch der Apostel
2 Cor. 12457: »Mir ist [25vb] der Dorn für das
Fleisch gegeben, ein Engel des Satans, daß er mich
ohrfeige«, wo die Glosse [sagt]: Er ist mir gegeben
zur Versuchung durch die Lust.« Die Versuchung
aber, der man nicht nachgibt, ist keine Sünde, sondern
ein Anlaß, um die Tugend zu üben. Und dies wird
verstanden von der Versuchung durch den Feind458,
nicht durch das Fleisch, welche immer zumindest eine

Hexen
3.945 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 252

läßliche Sünde ist, auch wenn man ihr nicht zustimmt.


Der Prediger kann noch weitere Beispiel anführen,
wenn es ihm beliebt.
Vom dritten [Punkt], daß Liebeswahn aus dem
Schadenszauber der Dämonen hervorgeht, ist oben
gesprochen worden459, und von dieser Versuchung
reden wir [jetzt]. Und wenn jemand fragen würde:
»Wie kann man unterscheiden, daß nicht vom Teufel,
sondern allein durch Schadenszauber eine solche un-
bändige Liebe entsteht?«, so sind viele [Anhaltspunk-
te] anzuführen. Erstens, wenn ein so Versuchter eine
schöne, ehrbare Ehefrau hat und von der anderen [der
Geliebten] das Gegenteil feststeht etc. Zweitens, wenn
das Urteil der Vernunft so vollständig blockiert wird,
daß er weder durch Schläge, Worte oder Taten noch
durch Schande dazu gebracht werden kann, von ihr zu
lassen. Und drittens, besonders wenn er sich nicht
enthalten kann, so daß er sich manchmal unerwartet
auch über eine weite Strecke, ungeachtet der Be-
schwerlichkeit des Weges, wie jeder aus dem Ge-
ständnis der Betroffenen erfahren kann, [zur Gelieb-
ten] begeben muß, am Tage wie bei Nacht. Denn wie
Chrysostomos über Matth. 20460 von der Eselin,
auf der Christus ritt, sagt, daß, wenn der Dämon,
wenn er den Willen des Menschen durch Sünde in Be-
sitz nimmt, ihn nach Belieben zieht, wohin es ihm ge-
fällt. Er gibt das Beispiel von dem steuerlosen Schiff

Hexen
3.946 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 253

im Meer, das vom Wind nach Belieben umher ge-


schleudert wird, und von einem, der fest auf dem
Pferd sitzt, und von einem König, der das Besitztum
eines Tyrannen innehat. Viertens erkennt man
[sie461] daran, daß sie unerwartet und plötzlich auf-
brausen und sich zwischenzeitlich verwandeln, damit
ihnen nichts widerstehen kann. Es folgt auch aus dem
Gerücht über die Person selbst.
Und bevor wir zur nächsten Frage über den Scha-
denszauber hinsichtlich der Zeugungskraft übergehen,
müssen zuerst die Beweise geliefert werden. Es folgt
die Erklärung der Beweise.
Zur Antwort auf die Argumente. Zum ersten, daß
der Wille des Menschen [26ra] von Gott regiert wird
wie der Verstand von einem guten Engel. Die Erklä-
rung ist offensichtlich. Wie nämlich der Verstand nur
von einem guten Engel zur Erkenntnis des Wahren er-
leuchtet wird, woraus die Liebe zum Guten folgt, weil
Wahres und Wirkliches zusammenfallen, so kann der
Verstand auch von einem bösen [Engel] verdunkelt
werden bei der Erkenntnis des als wahr Ersichtlichen.
Und dies durch die Trübung der Vorstellungen durch
Empfindungskräfte, d.h. durch die vorgeführten inne-
ren Empfindungskräfte und -mächte, woraus eine un-
bändige Liebe zum [nur] scheinbar Guten folgt, näm-
lich zur körperlichen Lustbefriedigung462 für die, die
eine solche suchen.

Hexen
3.947 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 254

Zum zweiten Argument, daß sie [die Dämonen] zur


Verwandlung nicht innerhalb der Körper sein können,
so ist dies teils wahr, teils nicht, und zwar bezüglich
einer dreifachen Verwandlung. Sie können jene näm-
lich nicht dergestalt verändern, daß sie irgendeine
Form – sei sie substanziell oder akzidentiell, was
auch mehr eine Schöpfung als eine Verwandlung zu
nennen ist – ohne Mithilfe irgendeines anderen Agens
oder auch ohne göttliche Zulassung hervorbrächten.
Wenn wir aber von qualitativer Veränderung, wie von
[der Bewirkung von] Gesundheit und Krankheit spre-
chen, so können sie, wie aus dem Vorhergehenden of-
fensichtlich ist, verschiedene Krankheiten, auch bis
zur Unterbindung des Verstandes, und damit unbändi-
ge Liebe oder Haß bewirken. Es kann auch noch die
dritte [Art der] Veränderung angeführt werden, die ge-
schieht, wenn ein guter oder schlechter Engel in den
Körper schlüpft, so wie wir sagen, daß Gott allein in
die Seele schlüpft, d.h. in die Wesenheit der Seele.
Aber wenn wir sagen, daß ein Engel in den Körper
schlüpft, besonders ein schlechter, wie bei den Beses-
senen, dort schlüpft er nicht in die Grenzen der We-
senheit des Körpers, weil so nur der hineinschlüpfen
kann, der das Dasein gibt, nämlich Gott, der Schöp-
fer. Und er ist in ihr enthalten wie einer, der gleich-
sam von innen die Seele lenkt. Doch sagt man, er [der
Dämon] schlüpfe in den Körper, wenn er etwas an

Hexen
3.948 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 254

dem Körper verrichtet, weil er dort ist, wo er wirkt,


wie Damascenus463 sagt; und dann wirkt er inner-
halb der Grenzen der körperlichen Quantität und in-
nerhalb der Grenzen der körperlichen Wesenheit.
Daraus ergibt sich, daß der Körper Grenzen hat im
doppelten Sinne: der Quantität und der Wesenheit.
Und es ist ein Unterschied wie zwischen supposi-
tum464 und Natur. Wie sie also in den Körper [26rb]
schlüpfen können, so auch in die den körperlichen Or-
ganen anhaftenden Kräfte. Und folglich können sie
auf die Kräfte Eindrücke machen. Daher ergibt sich
mittels Akzidenz465 ein solcher Akt und Eindruck im
Verstand, da sein Objekt die Vorstellung ist, wie
Farbe, Aussehen, wie es in 3 de anima466 heißt, und
folglich mittels Akzidenz bis auf den Willen, weil der
Wille sein Objekt vom Verstand nach seiner Auffas-
sung vom Guten empfängt, je nachdem der Verstand
etwas als wahrhaft Gutes oder [nur] scheinbar Gutes
erfaßt.
Bezüglich des dritten Arguments, die Anliegen des
Herzens zu erkennen, ist [dies] zweifach [möglich],
entweder an ihrer Wirkung oder wie sie [die Gedan-
ken] sich im Verstand verhalten. Auf die erste Weise
kann [das] nicht nur ein Engel, sondern auch ein
Mensch erkennen, mag ein Engel auch genauer sein,
wie sich zeigen wird. Denn bisweilen wird der Gedan-
ke nicht nur an der äußeren Handlung erkannt, son-

Hexen
3.949 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 255

dern auch an der Veränderung der Miene. Und Ärzte


können bestimmte Affekte der Seele auch durch den
Puls erkennen. Daher sagt Augustinus in [seinem]
Buch de divinatione demonum467, daß man
manchmal die Anlagen der Menschen mit völliger
Leichtigkeit erkennt, [selbst] wenn sie nicht [einmal]
mit der Stimme ausgedrückt, sondern auch [nur] mit
einem Gedanken erfaßt sind, da bestimmte Zeichen
von der Seele im Körper ausgedrückt werden, wie-
wohl er im Buch retractationum468 sagt, es sei
nicht zu bestimmen, wie dies geschehe. Ich meine,
daß er das [für den Fall] berichtigt, daß jemand sagen
würde, er habe wahrgenommen, daß der Dämon die
Gedanken im Verstand erkennen würde.
Auf die andere [zweite] Weise können die Gedan-
ken im Verstand und die Erregungen, wie sie im Wil-
len sind, erkannt werden. Aber so kann allein Gott die
Gedanken des Herzens und die Willensregungen er-
kennen. Der Grund dafür ist: weil der Wille einer ver-
nunftbegabten Kreatur allein Gott unterliegt und al-
lein er an ihr handeln kann, der ihr Hauptgegenstand
und letztes Ziel ist. Und deshalb sind die Dinge, die
im Willen sind oder nur vom Willen abhängen, allein
Gott bekannt. Es ist aber offenbar, daß es allein vom
Willen abhängt, daß jemand mit irgendeiner Hand-
lung etwas bezweckt. Denn, wenn jemand über den
Zustand der Einsicht verfügt oder die in ihm existie-

Hexen
3.950 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 256

renden erkenntnisfähigen Vorstellungen innehat, ge-


braucht er sie, wie er will.
Es erweist sich auch aus dem Gesagten, weil
[26va] ein Engel nicht in die Seele schlüpfen kann
und also naturgemäß nicht die Dinge sehen kann, die
in der Seele sind, und zwar so lange sie im Innern der
Seele sind. Wenn daher argumentiert wird: der
Dämon kann die Gedanken der Herzen nicht sehen,
also kann er auch die Herzen oder die Gemüter der
Menschen nicht zu Liebe oder Haß reizen, so wird ge-
sagt, daß, wie er [sie] erkennt, nämlich an den Wir-
kungen, und zwar genauer als der Mensch, er so auch
durch Erregung von Phantasiegebilden und Verdunke-
lung des Verstandes subtiler zu Haß oder Liebe reizen
kann.
Den Furchtsamen und Tugendhaften ist zu ihrer
Tröstung zu sagen, daß die äußere und körperliche
Veränderung, die die Gedanken des Menschen beglei-
tet, manchmal so schwach und unbestimmt ist, daß
der Teufel durch sie zu keiner sicheren Kenntnis des
Gedankens gelangen kann, besonders wenn sie Studi-
en oder guten Werken obliegen. Solche beunruhigt er
dann mehr in den Träumen, wie die Erfahrung lehrt.
Manchmal ist sie [die Kenntnis] so stark und be-
stimmt, daß er [der Dämon] durch sie den Gedanken
erkennen kann, wie er z.B. Neid oder [fleischliche]
Genußsucht469 erkennt. Aber ob er durch sie [den

Hexen
3.951 Wie das vorher über den Liebeswahn Gesagte in Hexenhammer, 256

Gedanken] mit Sicherheit alle Umstände erkennen


kann, wollen wir im Zweifel lassen, wie wir es auch
[bei unseren Autoritäten] finden. Nur ist es wahr, daß
er [der Dämon] aus den Handlungen die Verhältnisse
nachträglich erkennen kann.
Zum vierten ist klar, weil, auch wenn nur Gott in
die Seele schlüpfen kann, doch ein guter oder schlech-
ter Engel in den Körper und folglich, wie oben er-
wähnt, in die dem Körper anhaftenden Kräfte gelan-
gen kann. Daher können sie [Dämonen] Liebe und
Haß in einem solchen Menschen verursachen. Zum
anderen, daß die empfindende Kraft vornehmer sei als
die nährende, diese jedoch nicht von ihm [dem
Dämon] verändert werden kann, ist zu sagen, daß er
[der Dämon] vielmehr auch auf die nährende Kraft
[Einfluß ausüben kann], so daß etwas schneller oder
langsamer in den Mund oder ins Fleisch geleitet wer-
den würde. Aber zu jenem wirkt er nicht so mit wie
zum Hindern oder Antreiben der inneren und äußeren
Empfindungskräfte, und dies um seines [eigenen]
Vorteils willen, den er sich aus dem Trug der Sinne
und der Täuschung des Verstandes verschafft.

Hexen
3.952 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 257

[I,8] Achte Frage: Ob die Hexen die


Zeugungskraft oder den Geschlechtsakt [26vb]
hemmen können, was als Schadenszauber in der
Bulle470 enthalten ist.

Zweitens471, dieselbe Wahrheit, nämlich daß die


Hexen meistenteils Ehebrecherinnen und Hurerinnen
etc. sind472, wird gezeigt durch die schadenszauberi-
sche Hemmung beim Zeugungsakt. Und damit die
Wahrheit offenbarer werde, wird zuerst argumentiert,
daß es nicht möglich sei, weil sie auch Verheiratete
treffen könnte, wenn ein solcher Schadenszauber
möglich wäre. Und wird dies zugegeben, dann würde,
da die Ehe das Werk Gottes ist und der Schadenszau-
ber das Werk des Teufels, das Werk des Teufels stär-
ker sein als das Werk Gottes. Wenn aber zugegeben
wird, daß es nur bei Hurern und nicht bei Verheirate-
ten vorkomme, dann wird die Meinung wieder auf-
kommen, daß ein Schadenszauber nichts in der Reali-
tät sei, sondern nur in der Einbildung der Menschen.
Das Gegenteil wurde aber in der ersten Frage festge-
stellt. Oder es wird ein Grund angegeben werden,
warum es diesen und nicht jenen zustoßen könne. Und
da kein anderer Grand vorzuliegen scheint, außer daß
die Ehe Gottes Werk ist und jener Grund nach den
Theologen nicht schlüssig ist, wie ersichtlich ist in 4

Hexen
3.953 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 258

di. 34 über die Hinderung durch Schadenszauber473,


so bleibt [nur] noch das Argument, daß das Werk des
Teufels stärker ist als das Werk Gottes. Und da es un-
ziemlich ist, dies zu behaupten, so ist es auch unziem-
lich zu behaupten, durch Schadenszauber könne der
Geschlechtsakt verhindert werden.
Ebenso kann der Teufel die Handlungen der ande-
ren Naturkräfte nicht hemmen, wie das Essen, Gehen,
Aufstehen etc., was darum wahr zu sein scheint, weil
sie [die Dämonen sonst] die ganze Welt vernichten
könnten.
Ferner, da der Beischlaf sich bei jeder Frau glei-
chermaßen ausnimmt, so wird er, wenn er verhindert
wird, auch bei jeder Frau verhindert. Aber ist dies
falsch, dann auch das erste. Daß es falsch ist, lehrt die
Erfahrung474, da solche, die sagen, daß sie behext
sind, bei anderen [Frauen] potent sind, wenn auch
nicht bei jenen, denen [der Betreffende] nicht bei-
schlafen kann. Weil er nämlich nicht will, vermag er
auch in der Tat nichts.
Entgegengesetzt und für die Wahrheit steht ca. Si
per sortiarias 33 q. 8475, [und] ebenso die Meinung
aller Theologen und Kanonisten, wo sie über die
schadenszauberische Hinderung der Ehe handeln.
Ebenso paßt der Grund, daß die Macht des Dä-
mons größer ist als die des Menschen und der Mensch
die Zeugungskraft hemmen kann, sei es durch sehr ab-

Hexen
3.954 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 258

kühlende Kräuter, sei es durch andere Hinderungsmit-


tel etc., [27ra] wie sich jeder vorstellen kann. Des-
halb kann der Dämon, der genaueres Wissen besitzt,
solches um so mehr tun.
Antwort: Aus zwei [Punkten], die oben berührt
wurden, kann die Wahrheit genügend erklärt werden,
mag auch die Art des Verhinderns nicht [eigens]
durch eine Untersuchung erklärt werden. Denn es ist
festgestellt worden, daß der Schadenszauber nicht
bloß in der Einbildung der Menschen als etwas quasi
nicht Wirkliches existiert, sondern vielmehr unzählige
schadenszauberische Wirkungen wahrhaft und in der
Realität mit Zulassung Gottes geschehen können. Es
ist auch gezeigt worden, daß Gott mehr erlaubt be-
züglich der Zeugungskraft, wegen deren [dieser Kraft]
größerer Verderbtheit, als bezüglich anderer mensch-
licher Handlungen. Über die Art aber, wie eine solche
Hinderung vollzogen wird, ist zu bemerken, daß sie
nicht bloß an der Zeugungskraft, sondern auch an der
Einbildungskraft oder der Phantasie geschieht, und
diesbezüglich nennt Petrus de Palude, Distinct.
4,34476 fünf Arten. Er sagt nämlich, daß der Dämon
als Geist über eine körperliche Kreatur die Macht be-
sitzt, [deren] örtliche Bewegung zu hindern oder zu
bewirken. Er kann mithin Körper an einer Annähe-
rung hindern, direkt oder indirekt, indem er sich bis-
weilen in einem angenommenen Körper dazwischen

Hexen
3.955 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 259

legt, wie es dem Bräutigam erging, der sich mit einem


Phantom477 verlobt und nichtsdestoweniger mit
einem Mädchen [die Ehe] geschlossen hatte, weshalb
er demselben nicht beischlafen konnte.
Auf die zweite Art kann er den Menschen durch
Anwendung verborgener Kräfte [der Natur], deren
Tauglichkeit er bestens kennt, zu jenem Akt entbren-
nen oder aber auch erkalten lassen, um jenen Akt zu
verweigern. Auf die dritte Art, indem er das Empfin-
den und die Einbildungskraft stört, wodurch er eine
Frau abstoßend macht, weil er, wie gesagt wurde, auf
die Einbildung einwirken kann. Die vierte [Art] durch
direkte Hemmung der Kraft des befruchtenden Ge-
schlechtsorgans, wie er ja auch örtliche Bewegung
unterdrücken kann. Auf die fünfte [Art] durch Verhin-
derung des Absendens der Sinneskräfte zu den Glie-
dern, in denen die bewegende Kraft ist, gleichsam die
Wege des Samens verschließend, damit er nicht zu
den Zeugungsgefäßen hinabsteige oder damit er nicht
von ihnen zurückweicht oder nicht herausfällt oder
ausgestoßen wird und auf andere Arten.
Und er [Petrus de Palude] fügt in Übereinstimmung
mit dem, was oben von den anderen doctores gesagt
ist, hinzu: »Mehr nämlich erlaubt Gott bei diesem
Akt, durch welchen die erste Sünde verbreitet wird,
als über die anderen menschlichen Tätigkeiten, wie
auch bei den Schlangen, die mehr auf die Beschwö-

Hexen
3.956 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 260

rungen hören als andere Tiere.« Und wenig später


sagt [27rb] er: »Ebenso ist es mit der Frau, weil er
ihre Einbildungskraft so verwirren kann, daß sie den
Mann so abstoßend findet, daß sie um alles in der
Welt nicht erlaubt, daß er [ihr] beiwohnt.« Später gibt
er [Petrus de Palude] einen Grund an, warum mehr
Männer bei dieser Handlung behext werden als Frau-
en, und er sagt, weil eine solche Hinderung bisweilen
durch Versperrung des Gefäßes [der Vagina] oder
durch eine örtliche Bewegung geschieht, wodurch die
Kraft des Gliedes gehemmt wird, was mehr und leich-
ter bei den Männern geschehen kann, deswegen wer-
den Männer mehr behext als Frauen. Es könnte auch
jemand sagen, daß es deshalb [geschehe], weil mehr
Frauen abergläubisch sind als Männer und [die Dä-
monen478] auch lieber Männer zu verführen wün-
schen als Frauen oder [weil] sie [die Dämonen] dies
auch zur Kränkung der Ehefrau tun, um auf beiden
Seiten die Gelegenheit zum Ehebrechen zu schaffen,
indem der Mann anderen [Frauen] beiwohnen kann,
aber nicht der eigenen, und in ähnlicher Weise die
Ehefrau auch andere Liebhaber suchen könne.
Er fügt auch hinzu, daß Gott [dem Dämon] mehr
erlaubt, gegen Sünder als gegen Gerechte zu wüten.
Daher sagt der Engel zu Tobias479: Ȇber jene, die
der Lust ergeben sind, erlangt der Dämon Gewalt«;
wenn auch manchmal über die Gerechten, wie über

Hexen
3.957 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 260

Iob [bei diesem], aber nicht über die Zeugungskraft.


Deshalb müssen sie Beichten ablegen und andere gute
Werke [tun], damit es nicht vergeblich ist, die Arznei
zu verabreichen, solange das Eisen in der Wunde
bleibt. So Petrus [de Palude].
Die Beseitigung einer solchen Wirkung wird im
dritten Teil dieses Werkes480 erklärt.
Nebenbei werden einige Zweifel herausgearbeitet.
Wenn gelegentlich gefragt wird, warum jene Hand-
lung bisweilen hinsichtlich einer [bestimmten] Frau
gehindert wird und nicht hinsichtlich einer anderen, so
lautet die Antwort mit Bonaventura481: entweder
weil der Wahrsager482 oder die Hexe dies den Teufel
hinsichtlich der bestimmten Person entgelten lassen
oder weil Gott die Hinderung mit Rücksicht auf eine
beliebige Person nicht zuläßt. Denn hier liegt der Rat-
schluß Gottes verborgen, wie dies bei der Ehefrau des
Tobias483 klar ist. Und er [Bonaventura] fügt hinzu:
»Wenn gefragt wird, wie der Teufel das tut, so ist zu
sagen, daß er die Zeugungskraft nicht durch eine inne-
re Hinderung, durch Verletzen des Organs, sondern
durch eine äußere, durch Hinderung des Gebrauchs,
hemmt. Weil es eine künstliche Hemmung ist, keine
natürliche, kann er bei der einen [Frau] hindern, bei
anderen nicht, entweder durch Unterbindung der Rei-
zung des Verlangens nach jener, nicht aber nach
[27va] einer anderen: und dies [könne] durch eigene

Hexen
3.958 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 261

Kraft oder durch ein Kraut oder durch einen Stein


oder durch irgendeine geheime Natur[kraft] erfolgen,
was mit den Worten des Petrus de Palude überein-
stimmt.
Ferner, wenn manchmal in der Potenz eine [Unfä-
higkeit zu] solche[r] Handlung aus natürlicher Kälte
oder natürlichem Mangel geschieht und wenn man
fragt, wie man unterscheiden könne, was durch Scha-
denszauber und [was] nicht durch Schadenszauber ge-
schehen sei, so antwortet Hostiensis in summa484,
mag dies auch nicht öffentlich zu predigen sein: wenn
die Rute gar nicht bewegt wird und [ein Mann seiner
Frau] niemals beiwohnen konnte, so ist dies ein Zei-
chen für Kälte. Aber wenn [sie] bewegt wird und eri-
giert, er aber [den Geschlechtsakt] nicht vollziehen
kann, so ist dies ein Zeichen für Schadenszauber.
Darüber hinaus ist zu bemerken, daß Schadenszau-
ber nicht nur erfolgt, damit jemand jene Handlung
nicht vollbringen kann, sondern sie erfolgt auch bis-
weilen, damit eine Frau nicht empfängt oder damit sie
mit einer Frühgeburt niederkommt. Aber man beach-
te, daß nach den Satzungen des Kanons jeder, der aus
Rachsucht oder Haß einem Mann oder einer Frau
etwas angetan hat, so daß er nicht zeugen oder [sie
nicht] empfangen könne, für einen Mörder gehalten
wird, extra de homicidio: Si aliquis485.
Man bemerke auch, daß der Kanon allgemein von

Hexen
3.959 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 262

den lockeren Liebhabern des Zeitalters redet, die ihren


Geliebten Tränke reichen, damit sie nicht in Verlegen-
heit kommen. Solches vollbringen sie auch durch be-
stimmte Kräuter, die die Natur sehr erkalten, ohne
Hilfe der Dämonen. Daher sind sie wie Mörder zu be-
strafen, auch wenn sie Reuige sind. Die Hexen aber,
die durch Schadenszauber solches bewirken, sind
nach den Gesetzen mit der schwersten Strafe zu be-
strafen, wie oben in der ersten Frage486 festgestellt
ist.
Und zur Lösung der Argumente, wo sich das Pro-
blem auf tut, ob den Eheleuten solches zustoßen
könne, ist weiter zu bemerken, daß, wenn auch aus
den Ausführungen die Wahrheit darüber nicht deut-
lich geworden sein mag, es doch jenen wahrhaft und
wirklich in der Ehe wie auch außerhalb geschehen
kann. Und ein kluger Leser, der eine Menge Bücher
hat, wird es sowohl bei den Theologen als auch bei
den Kanonisten finden, besonders zum Thema [bei]
extra de frigidis et maleficiatis487 und in 4 di.
34488, die miteinander übereinstimmen und zwei Irr-
lehren zurückweisen, besonders bezüglich der Eheleu-
te. Diese [Irrlehren] schienen zu meinen, daß ein sol-
cher Schadenszauber nicht zwischen Eheleuten ge-
schehen könnte, unter Berufung auf den Grund, daß
der Teufel die Werke Gottes nicht zerstören könne.
Der erste [27vb] der von ihnen [den Theologen und

Hexen
3.960 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 262

Kanonisten] zurückgewiesenen Irrtümer lautet, es


gebe keinen Schadenszauber auf der Welt, sondern sie
[die Wirkungen] wären [nur] in der Einbildung der
Menschen [vorhanden], die aus Unkenntnis verborge-
ner Ursachen, die auch kein Mensch wissen kann, ei-
nige natürliche Wirkungen dem Schadenszauber zu-
schrieben, als ob nicht verborgene Ursachen jene
[Wirkungen] hervorbrächten, sondern Dämonen per
se oder Zauberer. Und mag dieser Irrtum von allen
übrigen Gelehrten als schlicht falsch zurückgewiesen
werden, so wird er doch vom heiligen Thomas noch
heftiger bekämpft, da er ihn gleichsam als Ketzerei
verdammt, indem er sagt, daß dieser Irrtum aus der
Wurzel des Unglaubens hervorgeht. Und weil Un-
gläubigkeit bei einem Christen Ketzerei heißt, so sind
diese mit Recht der Ketzerei verdächtig. Doch dieses
Thema ist auch in der ersten Frage behandelt wor-
den489, wenn es dort auch nicht so erklärt worden ist.
Denn wenn jemand andere Aussagen des heiligen
Doktors an anderen Stellen betrachtet, so findet er
Gründe, warum er lehrt, daß ein solcher Irrtum aus
der Wurzel des Unglaubens hervorgeht. Nämlich in
den questionibus de malo, wo er von den Dämonen
handelt. In der ersten Frage, ob die Dämonen auf na-
türliche Weise mit ihnen vereinte Körper haben, er-
wähnt er unter anderem auch die Meinungen, die ein-
zelne Wirkungen auf die Kräfte der Himmelskörper

Hexen
3.961 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 263

zurückführten, denen, wie sie sagen, verborgene Ursa-


chen für die Wirkungen auf Erden innewohnten. Und
er sagt, man müsse bedenken, daß die Peripatetiker,
die Nachfolger des Aristoteles490, nicht lehrten, daß
es Dämonen gebe; sondern das, was den Dämonen
zugeschrieben werde, sagten sie, geschehe durch die
Kraft der Himmelskörper und andere Naturgegeben-
heiten. Daher sagt Augustinus 10 de ci. dei491,
Porphyrius habe dafür gehalten, daß von den Men-
schen auf der Erde mit Kräutern, Steinen und Tieren,
bestimmten Tönen und Stimmen, Darstellungen und
auch Gebilden sowie durch Beobachtung der Sternbe-
wegungen bei der Drehung des Himmels die zu ver-
schiedenen Wirkungen geeigneten Kräfte der Sterne
hergerichtet würden. Daraus ist der Irrtum ersichtlich,
daß sie alles auf die verborgenen Ursachen der Sterne
zurückführten und die Dämonen nur in der Einbil-
dung der Menschen tätig würden.
Aber daß diese Annahme falsch sei, beweist klar
der heilige Thomas492 ebenda damit, daß bestimmte
Handlungen der Dämonen gefunden werden, die unter
keinen Umständen [28ra] aus einer natürlichen Ursa-
che hervorgehen können, z.B. wenn ein vom Dämon
Besessener eine unbekannte Sprache redet. Und viele
andere Taten der Dämonen finden sich sowohl bei Be-
sessenen als auch in den nigromantischen Künsten,
die auf keine Weise entstehen können, außer aus

Hexen
3.962 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 264

einem, wenigstens der Natur nach guten, wenn auch


dem Willen nach schlechten Verstand. Und deshalb
wurden wegen der bewußten Unzuträglichkeiten die
anderen Philosophen veranlaßt, Dämonen [als Ursa-
che] anzunehmen, wenn sie auch später in verschie-
dene Irrtümer fallen, indem [z.B.] einige [andere] mei-
nen, die aus den Körpern der Menschen heraustreten-
den Seelen würden zu Dämonen. Darum töteten auch
viele haruspices493 Knaben, damit sie deren Seelen
als Helfershelfer hätten. Und viele andere Irrtümer
werden dort genannt.
Daher ist es offensichtlich, daß der heiligen Dok-
tor [Thomas von Aquin] nicht mit Unrecht sagt, eine
solche Meinung gehe aus der Wurzel des Unglaubens
hervor. Wem es beliebt, der möge Augustinus in 8
und 9 de civi. dei494 über die verschiedenen Irrtü-
mer der Ungläubigen bezüglich der Natur der Dämo-
nen lesen: deshalb ist auch der allen Gelehrten ge-
meinsame Grund, der auch in dem erwähnten Ab-
schnitt genannt wird, gegen solcherart Irrende, die
verneinen, daß ein Schadenszauber etwas [Wirkli-
ches] sei, von großer Tragweite. [Und er ist dies] dem
Sinne nach, wenn er auch den Worten nach kurz ist,
wo sie [die Gelehrten] sagen, daß die, welche behaup-
ten, es gebe keinen Schadenszauber auf der Welt, den
Meinungen aller Gelehrten und der Heiligen Schrift
entgegen stehen und erklären, daß es Dämonen gebe

Hexen
3.963 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 264

und daß die Dämonen Macht hätten über die Körper


und über die Vorstellungen der Menschen, mit Zulas-
sung Gottes, weshalb auch die Zauberer durch sie
wundersame Dinge an den Geschöpfen vollbringen
können. Daher heißen sie auch mit Recht Werkzeuge
des Teufels selbst und Zauberer, auf deren Drängen
hin die Dämonen bisweilen Schäden an den Geschöp-
fen bewirken.
Wenn nun zwar die doctores bei der Zurückwei-
sung dieses ersten Irrtums die Eheleute nicht erwäh-
nen, so ergibt sich dies doch klar aus der Zurückwei-
sung des zweiten Irrtums. Sie sagen, der Irrtum der
anderen wäre, daß, möge es auch Schadenszauber
geben und [möge] er in der Welt auch gegen die
fleischliche Vereinigung übermächtig sein, er doch
niemals eine schon vollzogene Ehe zerstören könne,
weil kein solcher Schadenszauber für von Dauer ge-
halten werden könne. Siehe, daß die Eheleute [doch]
erwähnt werden! Bei der Zurückweisung aber dieses
Irrtums, auch wenn diese Darlegung nicht zur Haupt-
sache beitragen mag, ist doch um derentwillen, die
keine Menge [28rb] an Büchern haben, zu sagen, daß
sie [den Irrtum] dadurch widerlegen, daß sie sagen,
solches zu behaupten sei gegen die Erfahrung und
gegen altes und neues Recht.
Daher machen die christlichen doctores die Unter-
scheidung, daß das durch Schadenszauber bewirkte

Hexen
3.964 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 265

Unvermögen [zum Geschlechtsakt] entweder zeitwei-


lig oder dauerhaft sei. Wenn [es] zeitweilig [ist], dann
hindert [das die Ehe] nicht. Es wird aber dann als
zeitweilig vermutet, wenn innerhalb eines Zeitraumes
von drei Jahren die Beischläfer, wenn sie sich alle
Mühe geben, geheilt werden können, sei es durch die
Sakramente der Kirche, sei es durch andere Mittel.
Wenn sie aber durch keinerlei Mittel geheilt werden,
dann wird es als dauernd vermutet, und dann geht es
entweder der Schließung und Vollziehung der Ehe
voraus und hindert so, die Ehe zu vollziehen und zer-
stört die schon geschlossene, oder es folgt der Schlie-
ßung der Ehe, aber nicht der Vollziehung nach und
stört so, wie einige sagen, ebenso die schon geschlos-
sene Ehe. Es heißt nämlich 33 q. 1 c. 1495, daß die
Ehe bekräftigt wird durch die [eheliche] Pflichterfül-
lung des Fleisches, wie die Glosse sagt. Oder es folgt
eine vollzogene Ehe496, und dann zerstört es das ehe-
liche Band nicht. Mehr wird dort angeführt, extra de
frigidis497 etc., von Hostiensis498 und Goffre-
dus499 und auch von den theologischen doctores,
wie oben500.
Zu den Argumenten. Zum ersten ist es aus dem Ge-
sagten zur Genüge offensichtlich. Denn erstens gilt
der Einwand, daß die Werke Gottes durch die Werke
des Teufels zerstört werden können, wenn Schadens-
zauber unter Eheleuten stattfinden könnte, nicht. Viel-

Hexen
3.965 [I,8] Achte Frage Hexenhammer, 265

mehr ist das Gegenteil klar, da der Teufel nichts außer


mit Zulassung Gottes [vollbringen] kann, ebenso,
weil er nicht mit Gewalt zerstört, wie ein Tyrann, son-
dern durch eine bestimmte äußere Kunst, wie oben
deutlich geworden ist. Zum zweiten hat sich oben ge-
zeigt, warum Gott mehr [Behexung] bei diesem
fleischlichen Akt zuläßt als bei anderen. Er [der Teu-
fel] kann auch über andere [Macht haben], wenn Gott
es zuläßt. Daher gilt nicht, daß er [der Teufel] [auf
diese Weise] die Welt vernichte. Zum dritten ist es in
ähnlicher Weise aus dem Gesagten offensichtlich.

Hexen
3.966 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 266

[I,9] Neunte Frage: Ob die Hexen durch ein


Blendwerk [die Vorstellung] bewirken können,
daß die männlichen Glieder vollständig aus den
Körpern herausgerissen sind.

[28va] Drittens wird dieselbe Wahrheit501 durch die


teuflischen Machenschaften am männlichen Glied er-
klärt. Damit die Wahrheit dieser Sache noch klarer
werde, wird gefragt, ob die Hexen imstande wären,
die männlichen Glieder durch die Kraft der Dämonen
wahrhaft und wirklich oder nur mittels trügerischen
Scheins wegzunehmen? Und es wird mit einem Argu-
ment a fortiori502 bewiesen, daß sie es wahrhaft und
wirklich tun. Die Dämonen können größere Dinge,
wie Menschen töten oder örtlich fortbewegen, wie
sich oben bei Job503 und Tobias 7504 an den getö-
teten Männern zeigte. Daher können sie auch die
Glieder des Mannes wahrhaft und wirklich entfernen.
Ferner die Glosse505 über jenes [Wort] des
Psalms, ›Heimsuchungen durch böse Engel‹: Gott
straft durch die bösen Engel wie er das israelitische
Volk oft durch verschiedene Gebrechen gestraft hat,
die wahrhaft und wirklich auf die Körper gewirkt
haben. Daher kann er auch derartige Gebrechen be-
züglich eines solchen Gliedes bewirken.
Wenn man sagen würde, daß er es mit göttlicher

Hexen
3.967 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 267

Zulassung könne, dann deshalb, wie im Vorhergehen-


den gesagt ist, daß Gott mehr erlaubt, die Zeugungs-
kraft zu behexen, [und dies] wegen der ersten Ver-
derbtheit der Sünde, die durch den Zeugungsakt in
uns kommt. Also erlaubt er mehr bezüglich des Glie-
des dieser Zeugungskraft, so daß er [der Dämon] es
ganz entfernt.
Ferner war die Verwandlung von Lots Ehefrau in
eine Salzsäule schwieriger, Gen. 19506, als das
männliche Glied zu entfernen. Aber jene [Verwand-
lung] ist wahrhaft und wirklich gewesen und nicht
scheinbar, weil bis heute, wie es heißt, jene Säule
noch sichtbar überdauert hat. Und es ist durch einen
bösen Engel geschehen, wie ja auch jene Leute vor
der Tür507 von guten [Engeln] überwältigt wurden,
die sie vorher mit Blindheit geschlagen hatten, damit
sie die Türe des Hauses nicht finden könnten; wie
auch andere Bestrafungen der Bewohner von Sodom,
weil die Glosse508 ebenda erklärt, auch sie [Loths
Frau] sei von jenem Laster angesteckt gewesen. Also
können sie auch dieses [das Glied wegzaubern] voll-
bringen.
Ferner: wer eine natürliche Gestalt hervorbringen
kann, der kann sie auch wegnehmen. Aber die Dämo-
nen haben mehrmals natürliche Gestalten hervorge-
bracht, wie sich an den Zauberern des Pharao509
zeigt, die durch die Macht der Dämonen Frösche und

Hexen
3.968 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 267

Schlangen erzeugt haben. Ebenso Augustinus in li.


83510, der sagt, daß alle Dinge, die sichtbar gesche-
hen, auch durch die unteren Mächte der Luft [gesche-
hen können]. Man glaubt nicht, daß dies sinnloser-
weise geschehen könne. Aber Menschen können
[dies] bewerkstelligen, so daß durch irgendeine Kunst
oder einen Schnitt das Glied entfernt wird. Also kön-
nen auch die Dämonen unsichtbar bewerkstelligen,
was andere sichtbar [28vb] können.
Aber dagegen: Augustinus 18 de civi. dei511:
»Man darf nicht glauben, daß auch der Körper des
Menschen durch die Kunst oder die Macht der Dämo-
nen in Tiergestalten verwandelt werden könne.« Also
kann er [der Dämon] dementsprechend das nicht ent-
fernen, was zur wahren Beschaffenheit des menschli-
chen Körpers gehört. Ebenso sagt er 3 de trinit.512:
»Man darf nicht meinen, daß den gefallenen Engeln
diese Materie der sichtbaren Welt auf Befehl gehor-
che, sondern [das tut sie nur gegenüber] Gott allein.«
Antwort: Keiner zweifelt daran, daß Hexen Er-
staunliches an den männlichen Gliedern vollbringen,
was nach Hören und Sehen sehr vieler [Leute] und
vielmehr auch nach der Öffentlichen Meinung513
selbst hiervon feststeht, daß durch den Sinn des Se-
hens oder Fühlens die Wahrheit bezüglich jenes Glie-
des erkannt wurde. Auf welche Weise das geschehen
kann? Man muß sagen, daß es, wenn auch auf zweifa-

Hexen
3.969 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 268

che Weise, nämlich sowohl wahrhaft und wirklich,


geschieht, wie die ersten Argumente es erwähnt
haben, als auch durch ein Trugbild. Das, was die
Hexen dabei tun, geschieht allerdings nicht [wirklich],
außer durch trügerische Illusion. Diese Vorspiegelung
hat dennoch keinen Raum in der Vorstellung des Be-
troffenen, weil dessen Vorstellung wahrhaft und wirk-
lich vermuten kann, daß etwas nicht anwesend ist,
mag er auch durch keine äußere Sinnestätigkeit, näm-
lich Sehen oder Fühlen, wahrnehmen, daß es da ist.
Daher kann man von einer wahrhaften Wegnahme des
Gliedes wenigstens in der Vorstellung des Betroffe-
nen sprechen, wenn auch nicht in der Realität.
Wie dies geschieht, darüber ist viel zu bemerken.
Erstens die zwei Arten, wie es geschehen kann. Es ist
nicht verwunderlich, daß der Teufel die äußeren
menschlichen Sinne täuschen kann, wenn er sogar die
inneren, die oben angeführt wurden, durch Hinfüh-
rung der gespeicherten Ideen zu den Empfindungs-
kräften betrügen kann. Er täuscht sie aber in ihrer na-
türlichen Tätigkeit, damit das, was sichtbar ist, jenem
unsichtbar sei, [was] fühlbar, nicht fühlbar, [was]
hörbar, nicht hörbar und so fort bei anderen Dingen.
Aber diese Wahrheit trägt zur Sache insofern nichts
bei, als alle Dinge durch die Veränderung der Organe
geschehen, die zum Sehen, Fühlen etc. untauglich ge-
macht worden sind, wie die Augen und Hände. Wer-

Hexen
3.970 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 269

den diese verändert, trügt das Urteil des Sinnes.


Wir können das an einigen natürlichen [Vorgän-
gen] aufzeigen. Denn wie süßer Wein einem aufgrund
der Infektion der Zunge im fiebrigen Zustand bitter
vorkommt – wodurch der Geschmack nicht der Sache
nach, sondern seitens der Körpersäfte getäuscht
wird –, so besteht dort auch keine Täuschung bezüg-
lich der Tatsache, ob dort ein Glied [29ra] angewach-
sen sei, sondern eine Täuschung seitens des Sinnesor-
gans.
Desgleichen, wie oben von der Zeugungskraft ge-
sagt wurde, daß sie durch die Einfügung eines ande-
ren Körpers derselben Farbe und [desselben] Ausse-
hens gehemmt werde, so können sie auch zwischen
die Sicht der Augen bzw. das Tasten der Hände und
den wahren Körper des Betroffenen selbst irgendeinen
flach gestalteten, fleischfarbenen Körper legen, so daß
er [der Betroffene] nach seiner Einschätzung nichts
sehen und fühlen kann, außer einen glatten und durch
kein Glied unterbrochenen Körper. Man möge die
Worte des heiligen Thomas in 2 di. 8 arti. 5514 von
den trügerischen Illusionen nachlesen, in ähnlicher
Weise 2,2 q. 91515 und in den questionibus de
malo516, wo er häufig jenes [Wort] des Augustinus
in li. 83 questionum517 anführt: »Es schleicht sich
dieses Böse des Dämons durch alle Öffnungen der
Sinne ein, nimmt Gestalten an, paßt sich den Farben

Hexen
3.971 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 269

an, hängt an den Tönen [und] dringt ein mit den Ge-
rüchen.«
Ferner spielt der Grund mit, daß nicht nur durch
das Einfügen irgendeines flachen, nicht mit einem
Glied versehenen Körpers eine solche trügerische Il-
lusion an Seh- und Tastsinn geschieht, sondern viel-
mehr auch durch das Mittel, mit dem bestimmte ge-
speicherte Ideen oder Gestalten zu ihren inneren Emp-
findungskräften hingeführt werden, nämlich zu Vor-
stellung und Phantasie. Daher geschieht es, daß man
sich irgend etwas vorstellt, als sei es eben erst dem
äußeren Sinn entlockt worden. Denn wie in der vor-
hergehenden Frage518 angesprochen wurde, können
die Dämonen durch eigene Macht die Körper örtlich
verändern. Durch die Verwandlung der Geister519
und der Säfte geschehen [diese Veränderungen] nach
dem Werk der Natur, so daß irgendwelche Dinge der
Vorstellung oder der Sinneswahnehmung nach gese-
hen werden: Ich sage auf natürliche Weise, weil auch
der Philosoph in de somno et vigilia520 sagt, indem
er eine Ursache für die Erscheinung der Träume an-
gibt, daß, wenn eine Kreatur schläft, während das
meiste Blut zu den Empfindungskräften hinabsteigt,
zugleich die Bewegungen oder Eindrücke, die aus den
Tätigkeiten der Sinnenwelt zurückgelassen und in den
Sinnengeistern gespeichert sind, erhalten bleiben521.
Die Begriffe sind oben so erklärt worden: daß dann ir-

Hexen
3.972 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 270

gendwelche Dinge erscheinen würden, als ob die


Sinne eben erst von der Außenwelt verändert worden
wären. Und weil dies die Natur bewerkstelligen kann,
so kann der Teufel um so mehr Erscheinungsformen
und Gestalten eines flachen [29rb] und nicht mit
einem männlichen Glied versehenen Körpers zu phan-
tastischer und imaginativer Kraft ausführen, so daß
die Sinne es für die Realität halten. Auf diese Art und
Weise, wie unten erklärt wird, erscheinen auch die
Menschen als Tiere, während sie es doch in Wirklich-
keit nicht sind.
Zweitens522 sind andere Arten zu erwähnen, die
leichter zu verstehen und zu predigen sind. Denn weil
Blendwerk523 nach Isidor 8 etym. c. 9524 nichts
anderes als eine Art Täuschung der Sinne und beson-
ders der Augen ist, weshalb es auch von »ich binde
zu«525 her benannt wird, weil es die Schärfe der
Augen schwächte526, so erscheinen die Dinge anders
als sie sind. Und wie Alexander de Halis in Teil
2527 sagt: »Blendwerk ist für sich genommen jene
Täuschung seitens des Dämons, die den Ausgangs-
punkt nicht von der Verwandlung der Sache her hat,
sondern nur von der des Wahrnehmenden her, der ge-
täuscht wird, sei es an den inneren, sei es an den äu-
ßeren Sinnen.« Daher können wir, allgemein gespro-
chen, auch vom menschlichen Blendwerk sprechen.
Es kann auf drei Arten geschehen: das erste ohne Dä-

Hexen
3.973 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 271

monen, und jene wird besser Betrug genannt, weil es


künstlich geschieht durch die Fertigkeit der Men-
schen, indem die sie irgendwelche Dinge zeigen oder
verbergen, wie es bei den Kunststücken der Gaukler
oder der Spielmänner geschieht.
Die zweite Art erfolgt auch ohne die Kraft der Dä-
monen, nämlich auf natürliche Weise, durch die Kraft
natürlicher Körper oder auch der Mineralien; und wer
diese hat, kann nach der bestimmten, solchen Dingen
innewohnenden Kraft einen Gegenstand [so] zeigen
oder erscheinen lassen, wie er nicht ist. Daher läßt
[nach] Thomas im ersten Teil q. 114, ar. 4528 und
nach etlichen anderen ein angezündetes oder glim-
mendes Kraut, während es raucht, Balken als Schlan-
gen erscheinen.
Die dritte Art der Täuschung ist die, welche durch
Dämonen, jedoch mit Zulassung Gottes, geschieht. Es
haben nämlich die Dämonen von Natur aus, wie sich
gezeigt hat, eine gewisse Macht über niedere Dinge,
die sie ausüben können, wenn Gott es zuläßt, so daß
dann auch die Gegenstände anders erscheinen als sie
sind.
Zu dieser [29va] dritten [Art] ist zu bemerken, daß
der Dämon auf fünf Arten jemanden täuschen kann,
so daß er eine Sache anders einschätzt als sie ist. Er-
stens, wie gesagt, durch künstliche Übertragung, weil
der, der [etwas] durch eine Kunst erlernt hat, es besser

Hexen
3.974 [I,9] Neunte Frage Hexenhammer, 271

wissen kann. Zweitens durch die natürliche Verwen-


dung eines Gegenstandes, wie gesagt, durch das Ein-
fügen eines Körpers, so daß ein anderer verborgen
wird, oder auch durch die Vorstellungen der Men-
schen, indem er [der Dämon] jene verwirrt. Drittens,
daß er manchmal in einem angenommenen Körper er-
scheint, so daß er irgendeine Sache ist, die er nicht ist,
wie Gregor im ersten [Teil] der Dialogi von einer
Nonne erzählt, die Salat aß, der aber, wie der Dämon
selbst gestanden hatte, nicht Salat, sondern der
Dämon selbst in der Gestalt des Salats oder im Salat
war529. So widerfuhr es auch dem Antonius mit
einem Goldklumpen, den er in der Wüste fand530.
Oder wenn er einen wirklichen Menschen so verhüllt,
daß er wie ein törichtes Tier erscheint, wie noch be-
richtet wird. Viertens, wie er manchmal das Sehorgan
in Verwirrung stürzt, so daß als neblig erscheint, was
hell ist oder umgekehrt eine alte Frau wie ein junges
Mädchen. Auch nach dem Weinen wirkt Licht anders
als zuvor. Fünftens, wie er sich an der Einbildungs-
kraft zu schaffen macht und durch die Bewegung der
Säfte die Verwandlung der Erscheinungen bewirkt,
wie oben festgestellt, so daß gleichsam frische und
neue Vorstellungen in den Sinnen selbst hervorgeru-
fen werden. Und so kann der Dämon auf die drei letz-
ten Arten durch Blendwerk die Sinne der Menschen
täuschen; und auch auf die zweite Art. Daher stellt es

Hexen
3.975 Wie man einen Schadenszauber von einem Hexenhammer, 272

keine Schwierigkeit dar, wenn er das männliche Glied


durch Blendwerk verbergen wollte. Eine augenschein-
liche Bestätigung oder Erfahrung, die uns im Amt der
Inquisition offenbar geworden ist, wird unten im
zweiten Teil des Traktates aufgeführt, wo über diese
und andere Geschehnisse mehr gesagt wird.

Wie man einen Schadenszauber von einem


natürlichen Mangel unterscheiden kann.

Eine Nebenfrage mit gewissen anderen Problemen.


Wenn gefragt wird: Petrus ist das Glied entfernt wor-
den. Er weiß nicht, ob es durch Schadenszauber oder
sonstwie mit göttlicher Zulassung durch die Macht
des Dämons weggenommen worden ist. Gibt es keine
Mittel, das zu erkennen und zwischen diesen [Mög-
lichkeiten] zu unterscheiden? Die Antwort lautet
doch! Erstens, weil die Opfer meist Ehebrecher oder
sonstwie Hurer sind. Wenn sie dann den Geliebten
[29vb] nicht zu Willen sind oder sie verlassen wollen,
indem sie anderen anhängen, dann bewirken diese
[die Verschmähten] derlei aus Rache oder nehmen
sonstwie die Kraft jenes Gliedes weg. Zweitens er-
kennt man es daran, daß es nicht von Dauer ist. Denn
wenn sie [die Impotenz] nicht durch Schadenszauber
bewirkt wird, dann ist sie nicht von Dauer, sondern

Hexen
3.976 Wie man einen Schadenszauber von einem Hexenhammer, 273

sie [die Manneskraft] wird bei Gelegenheit wieder-


kehren.
Aber hier ist es wiederum531 zweifelhaft, ob es
aus der Natur des Schadenszaubers heraus passiert,
daß sie [die Impotenz] nicht von Dauer ist? Es wird
geantwortet, daß sie von Dauer sein und bis zum
Tode währen kann, wie auch die Kanonisten und
Theologen bei der schadenszauberischen Hinderung
in der Ehe urteilen, daß man sie zeitweilig und auf
Dauer antrifft. Denn Gotfredus in summa532 sagt:
»Ein Schadenszauber kann nicht immer durch jenen
aufgehoben werden, der ihn bewirkte, entweder weil
er gestorben ist oder weil er ihn [den Zauber] nicht zu
zerstören wußte oder weil das Schadenszaubermittel
vernichtet worden ist.« Daher können wir in ähnlicher
Weise sagen, daß der dem Petrus zugefügte Schadens-
zauber von Dauer sein wird, entweder weil jene Hexe,
die ihn hervorbrachte, ihn nicht heilen kann. Es gibt
nämlich dreierlei Hexen: einige heilen und verletzen,
andere verletzen, können aber nicht heilen, wieder an-
dere scheinen bloß zu heilen, d.h. Verletzungen zu be-
seitigen, wie sich zeigen wird. So haben wir es näm-
lich erfahren. Und zwar stritten zwei Hexen miteinan-
der. Während die eine der anderen Vorwürfe machte,
sagte sie: »Ich bin nicht so schlecht wie du, weil ich
[diejenigen] zu heilen weiß, die ich verletze.« Oder er
[der Schadenszauber] wird bleiben, wenn sich die

Hexen
3.977 Wie man einen Schadenszauber von einem Hexenhammer, 273

Hexe vor dessen Heilung entweder durch Ortswechsel


oder Tod entfernen würde. Denn auch der heilige
Thomas533 sagt: »Jeder Schadenszauber kann so
dauerhaft sein, daß es kein menschliches Mittel [dage-
gen] geben kann oder daß, wenn es auch eines geben
mag, es dem Menschen nicht bekannt oder erlaubt ist.
Mag auch Gott ein Mittel durch einen heiligen Engel
reichen können, indem er den Dämon, wenn auch
nicht die Hexe zwingt.« Das stärkste Mittel aber
gegen den Schadenszauber ist das Sakrament der
Buße, extra de frigidis534, denn auch körperliche
Krankheit kommt oft aus der Sünde, extra de peni.
cum infirmitas535.
Wie der Schadenszauber zu entfernen sei, wird sich
im dritten Teil des Traktats536 zeigen, und im zwei-
ten Teil im sechsten Kapitel537 werden drei andere
Probleme behandelt.

Hexen
3.978 [30ra] Lösung der Argumente Hexenhammer, 274

[30ra] Lösung der Argumente

Zum ersten ist es klar, daß niemand zweifeln darf, daß


sie [die Dämonen], die mit der Zulassung Gottes
Menschen töten können, auch jenes [männliche] Glied
oder auch andere wahrhaft und wirklich entfernen
können. Dann handeln die Dämonen allerdings nicht
durch die Hexen, was schon erwähnt wurde.
Dadurch ist auch die Lösung des zweiten Argu-
ments klar. Aber was das anlangt, daß Gott mehr er-
laubt, daß die Zeugungskraft behext werde wegen
etc., weshalb es auch erlaubt ist, daß jenes Glied
wahrhaft und wirklich entfernt würde, so folgt daraus
nicht, daß dies immer so geschieht; weil der Grund
ist, daß dieses weder gemäß des Schadenszaubers so
geschieht, noch beabsichtigen die Hexen das durch
ihre Tat, weil sie nicht die Macht haben, das Glied
wiederherzustellen, so sie es [überhaupt] wollen und
die Kenntnis besitzen. Daraus ist es offensichtlich,
daß es nicht wirklich, sondern [nur] durch Blendwerk
[scheinbar] entfernt wird.
Zum dritten, bezüglich der Verwandlung der Ehe-
frau Lots sagen wir: wirklich [verwandelt] war sie
und nicht durch Blendwerk. Jetzt reden wir aber vom
Blendwerk.
Zum vierten, daß die Dämonen bestimmte substan-

Hexen
3.979 [30ra] Lösung der Argumente Hexenhammer, 274

zielle Formen erzeugen, also auch aufheben können.


Es wird gesagt mit Bezug auf die Zauberer Pharaos,
daß sie wirkliche Schlangen machten. Und die Dämo-
nen können an einigen unvollkommenen Geschöpfen
unter Mitwirkung eines anderen Agens bestimmte
Wirkungen herbeiführen, die sie an Menschen nicht
[herbeiführen] können, um die sich Gott mehr küm-
mert538, nach jenem [Wort]: »Ob Gott denn etwas an
den Ochsen liegt?« Doch können sie – wie gesagt,
immer mit Zulassung Gottes – den Menschen wahr-
haft und wirklich schaden oder auch mit Blendwerk;
und damit ist die Lösung des letzten Arguments of-
fensichtlich.

Hexen
3.980 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 275

[I,10] Zehnte Frage: Ob sich die Hexen an den


Menschen zu schaffen machen und diese mit
Blendwerk in Tiergestalten verwandeln539?

Viertens wird die eigentliche Wahrheit klar ausge-


führt, wann sie [die Dämonen] die Menschen in Tiere
verwandeln [und] auf welche Weise das geschieht?
Es wird argumentiert, daß dies nicht möglich sei, 26
q. 5 Epi. ex consilio acquirensi540: »Wer auch
immer glaubt, es könne geschehen, daß eine Kreatur
[30rb] entweder zum Besseren oder zum Schlechteren
verwandelt oder in eine andere Gestalt oder in eine
andere Erscheinung verändert werden könne, außer
vom Schöpfer selbst, der alles geschaffen hat und
durch den alle Dinge geschaffen worden sind, der ist
ohne Zweifel ein Ungläubiger und schlimmer als ein
Heide.«
Und wir gebrauchen die Argumente des heiligen
Thomas, in 2 senten. dis. 8541: Ob die Dämonen
auf die körperlichen Sinne einwirken könnten, indem
sie durch Blendwerk täuschen. Wobei zuerst argu-
mentiert wird, daß [sie es] nicht [können]. Denn die
Tiergestalt, wie sie gesehen wird, muß irgendwo sein,
aber sie kann insoweit nicht in den Sinnen sein, weil
diese keinerlei Gestalt in sich bergen, außer die von
den Dingen empfangene. Und dort ist kein wirkliches

Hexen
3.981 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 275

Tier, nach der Autorität des angeführten Kanons. Und


es kann ebenfalls nicht in der Sache sein, die er-
scheint, wie z.B. die Frau als Tier erscheint, weil zwei
substantielle Formen nicht am selben [Ort] sein kön-
nen. Da also jene Tiergestalt, die erscheint, nirgendwo
sein kann, deshalb kann keine trügerische Illusion im
Auge des Sehenden stattfinden, da das Sehen notwen-
dig durch eine Gestalt bestimmt werden muß.
Ferner, wenn es heißen sollte, daß jene Gestalt in
der umgebenden Luft sei, so kann das nicht sein, so-
wohl weil die Luft für eine Gestalt oder Figur nicht
empfänglich ist, als auch, weil um jene Person wegen
der Flüchtigkeit nicht immer ein und dieselbe Luft
bleiben kann, besonders wenn sie sich bewegt. Dann
auch, weil die Verwandlung so von allen gesehen
würde, was jedoch nicht geschieht, weil die Dämonen
offenbar wenigstens den Blick der heiligen Männer
nicht täuschen können.
Des weiteren ist der Gesichtssinn oder die Sehkraft
eine passive Kraft. Aber alles Passive wird bewegt
von einem ihm entsprechenden Aktiven. Das dem Ge-
sichtssinn entsprechende Aktive ist doppelt: das eine
[ist] gleichsam der Ursprungsakt, nämlich das Gegen-
ständliche, das andere [ist] aber gleichsam vermit-
telnd wie ein Medium. Aber jene Gestalt, die gesehen
wird, kann weder das Objekt des Sinnes sein noch
auch das vermittelnde Medium. Zum ersten [Punkt],

Hexen
3.982 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 276

nämlich daß es nicht das Objekt sein kann, [ist zu


sagen], daß es von keiner Sache abgeleitet werden
kann, wie im vorhergehenden Argument angeführt
wurde, da es nicht von einer vom Sinn aufgenomme-
nen Sache stammt, noch in der Sache selbst ist, noch
auch in der Luft selbst, die gleichsam dazwischen ver-
mittelt, wie zuvor im dritten Argument542 angeführt
wurde.
Außerdem bewegt der Dämon die innere Erkennt-
niskraft entweder, indem er sich der Erkenntniskraft
entgegenstellt, [30va] oder, indem er diese selbst ver-
wandelt. Er tut dies aber nicht, indem er sich ihr ver-
gegenständlicht, weil es [dann] nötig wäre, daß er
einen Körper annähme, und so könnte er nicht in das
Organ der Einbildungskraft hinein gelangen, da zwei
Körper nicht zugleich am selben Ort sind; und auch
nicht durch Annahme einer Wahnerscheinung, was
auch nicht sein kann, weil eine Wahnvorstellung nicht
ohne Quantität ist, der Dämon aber jeder Quantität
entbehrt. Ebenso wenig kann er es durch Verwandeln
tun, weil er entweder durch Verändern verwandeln
würde, was er offenbar nicht tun kann, weil jede Ver-
änderung durch aktive Eigenschaften geschieht, derer
die Dämonen entbehren. Oder er würde durch Umge-
staltung verwandeln oder auch durch örtliches Bewe-
gen, was aus zwei Gründen unzulässig scheint: er-
stens, weil eine Umgestaltung des Organs nicht ohne

Hexen
3.983 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 277

ein Gefühl des Schmerzes geschehen könnte; zwei-


tens, weil danach der Dämon den Menschen nur be-
kannte Dinge zeigen würde, während doch Augusti-
nus543 sagt, daß er Erscheinungsformen, bekannte
und unbekannte, zeigt. Also scheint es, als könnten
die Dämonen auf keine Weise die Einbildung oder
den Sinn des Menschen täuschen.
Dagegen sagt Augustinus 18 de ci. dei544, daß
die Verwandlungen der Menschen in unvernünftige
Tiere, die durch die Kunst der Dämonen geschehen
sollen, nicht in Wirklichkeit, sondern nur dem Schei-
ne nach stattgefunden hätten. Dies könnte aber nicht
geschehen, wenn die Dämonen nicht die menschlichen
Sinne verändern könnten. Dazu paßt die Autorität des
Augustinus in li. 83 q.545, was auch früher schon
angeführt worden ist: »Dieses Böse des Dämons
schleicht durch alle Sinnesöffnungen etc.«
Antwort: Wenn sich der Leser über das Mittel der
Verwandlung unterrichten will, so wird er im zweiten
Teil des Werkes, Kap. 6546 verschiedene Arten fin-
den. Für jetzt, indem wir schulmäßig vorgehen, wol-
len wir die Meinungen dreier Gelehrter nennen, die
darin übereinstimmen, daß der Teufel die Phantasie
des Menschen täuschen kann, so daß ein wahrer
Mensch als Tier erscheinen mag. Unter ihnen ist auch
die letzte [Meinung], die des heiligen Thomas,
scharfsinniger als die anderen. Und die erste ist die

Hexen
3.984 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 277

des Herrn Antoninus in prima parte summe ti. 5,


ca. 6 § 5547, der erklärt, daß der Teufel die Phantasie
des Menschen manchmal zur Täuschung zurichte und
besonders bezüglich der Täuschung der Sinne. Und er
erklärt es auf natürliche Weise, durch die Autorität
des Kanons548 und die mannigfachen Erfahrungen.
Erstens so: Die Körper sind natürlicherweise der
Engelsnatur unterworfen und gehorchen [ihr] [30vb],
was die örtliche Bewegung betrifft. Die bösen Engel
haben die Gnade zwar verloren, doch nicht ihre natür-
liche Kraft, wie oben öfter angesprochen wurde. Da
aber die Phantasie oder Einbildungskraft körperlich
ist, d.h. einem körperlichen Organ anhaftet, ist sie in
natürlicher Weise auch den bösen [Engeln] unterwor-
fen, so daß sie diese [die Einbildungskraft] durch Ver-
ursachung verschiedener Wahnvorstellungen infolge
des von ihnen bewirkten Abstiegs der [Körper]säfte
und der [Vital]geister zur Empfindungskraft verwan-
deln könnten.
Und er [Antoninus] fügt hinzu: »Es ist auch klar
aus dem Kanon 26 q. 5 episcopi549: »Jenes darf
nicht übergangen werden, daß gewisse gottlose Frau-
en, rückwärts zum Satan gewandt und durch Täu-
schungen und Trugbilder der Dämonen verleitet wor-
den sind, glauben und beteuern, daß sie in nächtlichen
Stunden mit der heidnischen Göttin Diana oder mit
Herodias zusammen mit zahllosen Frauen auf Tieren

Hexen
3.985 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 278

reiten und viele Räume der Erde in der Stille der tie-
fen Nacht durchmessen.« Und weiter: »Deswegen
müssen die Priester dem Volk Gottes predigen, damit
sie [die Leute] erkennen, daß dies gänzlich falsch sei
und solche Trugbilder nicht von einem göttlichen,
sondern von einem bösen Geist den Sinnen der Gläu-
bigen eingegeben werden.«550 Weil sich ja Satan
selbst in die Gestalten und Abbilder verschiedener
Personen verwandelt und den Befangenen durch Täu-
schung im Traum auf alle möglichen Abwege führt.«
Und der Sinn dieses Kanons ist in der ersten Frage
bezüglich vierer [Punkte], die zu predigen sind, be-
handelt worden. Aber daß sie nicht auszufahren im-
stande seien, wohin sie dies wünschen, und durch die
göttliche Kraft gehindert werden, das wäre nicht der
rechte Sinn, weil sehr häufig Menschen gegen ihren
Willen, und nicht als Zauberer, über weite Entfernun-
gen körperlich verbracht werden. Daß es auf zweierlei
Art geschehen kann, folgt in der vorher genannten
Summa551 und in c. nec mirum, eben dort q.552
Augustinus553 erzählt, daß man in den Büchern
der Heiden von einer Zauberin, Kirke genannt, liest,
die die Gefährten des Odysseus in Tiere verwandelt
hatte, was mehr durch zauberische Blendwerke vorge-
täuscht war als in Wirklichkeit ausgeführt wurde,
[d.h.] durch Veränderung der Phantasien der Men-
schen. Dies ist durch mehrere Beispiele offensichtlich.

Hexen
3.986 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 279

Man liest nämlich in den Vitas patrum554, daß,


weil ein junges Mädchen einem Jüngling nicht will-
fährig war [31ra], als er sie zur Unzucht reizte, der
junge Mann aus Zorn darüber durch einen Juden
einen Schadenszauber gegen sie ausüben ließ. Da-
durch wurde die Frau in ein Pferd verwandelt. Diese
Verwandlung war nicht eine wirkliche, sondern eine
vom Dämon vorgetäuschte, der die Phantasie und den
Sinn der Frau selbst und der sie Anblickenden verän-
derte, so daß sie als Stute erschien, während sie doch
in Wirklichkeit eine Frau war. Als sie zum seligen
Macharius geführt worden war, konnte der Teufel
wegen dessen Heiligkeit seinen Sinn nicht täuschen
wie den der anderen. Denn ihm erschien sie als wirkli-
che Frau, nicht als Stute. Durch sein Gebet wurde sie
endlich von der Täuschung befreit, und sie sagte, dies
sei ihr zugestoßen, weil sie sich nicht dem Gottes-
dienst gewidmet und nicht um die Sakramente nach-
gesucht habe, wie sie sagte. Deshalb habe der Teufel
Macht über sie gewonnen, wiewohl sie sonst ehrbar
war.
Der Teufel kann also durch die Bewegung der inne-
ren [Vital]geister und der [Körper]säfte auf die Ver-
änderung der Handlung und der Kraft, der nährenden
und der fühlenden und der strebenden wie auch jeder
anderen körperlichen Kraft, einwirken, die ein Organ
besitzt, nach dem seligen Thomas i. per q. 91555.

Hexen
3.987 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 280

Man kann etwa glauben, daß es nach den Berichten


mit dem Magier Simon556 bei seinen Beschwörun-
gen so zugegangen ist. Aber nichts von diesen Dingen
kann der Teufel, der uns zu täuschen und zu schädi-
gen sucht, tun, außer mit der Zulassung Gottes, der
mit seinen guten Engeln häufig dessen Bosheit unter-
drückt. Daher sagt Augustinus, wo er von den Zau-
berern spricht: »Diese sind es, die mit Zulassung Got-
tes die Elemente verwirren und die Gemüter derjeni-
gen Menschen aus der Fassung bringen, die zu wenig
auf Gott vertrauen«, 26 q. 5 nec mirum557.
Durch ihr [der Zauberer] Werk geschieht es manch-
mal durch Schadenszauberkunst, daß ein Mann seine
Ehefrau nicht sehen kann und umgekehrt; und dies
durch die Veränderung der Wahrnehmung, indem
diese [die Frau] ihm abscheulich und scheußlich vor-
kommt. Der Teufel selbst suggeriert den Wachenden
und Träumenden Vorstellungen garstiger Einbildun-
gen, um sie zu täuschen und zum Bösen zu verführen.
Aber weil die Sünde nicht in der Vorstellung, sondern
im Willen besteht, deshalb sündigt der Mensch infol-
ge solcher vom Teufel eingegebener Einbildungen
und verschiedener Verwechslungen nicht, außer wenn
er nach dem eigenen Willen seine Zustimmung zur
Sünde gibt.
Die zweite Ansicht darüber ist die der heutigen Ge-
lehrten, die erstens erklären, was [31rb] ein Blend-

Hexen
3.988 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 280

werk sei und auf wie viele Arten der Dämon derartige
Illusionen verursache könne. Hier merke, daß Antho-
nius558 das anführt, was in der vorhergehenden
Frage 9 behandelt worden ist, weshalb es nicht nötig
ist, es zu wiederholen.
Die dritte Meinung ist die des heiligen Tho-
mas559 zur Antwort auf die Frage, wo denn jene
Tiergestalt sei, die man sieht, ob in der Wahrnehmung
oder in der Wirklichkeit oder in der umgebenden Luft.
Und zwar ist es so, daß jene Tiergestalt zuerst nur im
inneren Sinn vorhanden ist und durch starke Einbil-
dung im äußeren Sinn widerhallt; und daß sie dort
auftritt, kann in zweifacher Weise durch die Handlung
des Dämons geschehen: auf die eine Weise, daß wir
Tiergestalten [solche] nennen, die in der Vorratskam-
mer der Einbildungskraft gespeichert sind und durch
das Werk der Dämonen zu den Organen der inneren
Sinne fließen. So geschieht es auch im Traum, wie
oben erklärt worden ist. Und wenn deshalb jene Trug-
bilder die Organe des äußeren Sinnes erreichen, näm-
lich des Gesichtssinns, so werden sie gesehen, als
wären sie Dinge, die außerhalb vorhanden wären und
tatsächlich wahrgenommen würden.
Die andere Art kann durch Umwandlung der inne-
ren Organe geschehen, durch deren Veränderung das
Sinnesurteil getäuscht wird, wie es sich an dem zeigt,
der einen verdorbenen Geschmack hat, so daß ihm

Hexen
3.989 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 281

alles Süße bitter erscheint, und sie ist wenig verschie-


den von der ersten [Art]. Das aber können auch Men-
schen durch die Kraft bestimmter natürlicher Dinge
tun, wie beim Aufsteigen eines speziellen Rauches die
Balken eines Hauses als Schlangen erscheinen. Und
viele derartige Erfahrungen lassen sich finden, wie
oben erwähnt worden ist.
Lösung der Argumente: Bezüglich der Argumente
ist zum ersten klar, daß jener Text560 oft angeführt
und schlecht ausgelegt wird. Denn im Hinblick dar-
auf, daß er von einer Veränderung in eine andere Ge-
stalt oder ein anderes Abbild spricht, ist erklärt wor-
den, daß dies durch Blendwerk geschehen kann. Aber
hinsichtlich dessen, daß er sagt, daß durch die Kraft
eines Dämons keine Kreatur gemacht werden könne,
so ist es offenkundig, daß [es] nicht [so ist], wenn
man »gemacht werden«561 als »geschaffen wer-
den«562 versteht. Wenn aber »gemacht werden« als
»natürliche Hervorbringung«563 verstanden wird, so
ist es sicher, daß sie [die Dämonen] unvollkommene
Geschöpfe machen können. Wie das geschieht, erklärt
der heilige Thomas564 wie oben. Denn er sagt, daß
alle Verwandlungen körperlicher Dinge durch natürli-
che Kräfte geschehen können. Hierher gehören
Samen, die sich in den Elementen [31va] dieser Welt
finden, nämlich in der Erde oder im Wasser, so wie
die Schlangen und Frösche dort ihren Samen zurück-

Hexen
3.990 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 282

lassen. Und diesen ähnliche Dinge können durch die


Handlungen der Dämonen und die Verwendung sol-
cher Samen entstehen, wie etwa eine Sache in Schlan-
gen oder Frösche verwandelt wird, die durch Fäulnis
gezeugt werden können.
Aber Verwandlungen körperlicher Dinge, die nicht
durch die Macht der Natur geschehen können, können
auch auf keine Weise durch die Tätigkeit der Dämo-
nen vollbracht werden, wenigstens nicht in Wirklich-
keit, daß etwa ein menschlicher Leib in den Körper
eines Tieres verwandelt wird oder daß ein Leichnam
eines Toten wieder zum Leben erweckt wird, welches,
falls es zu geschehen scheint, ein Trugbild ist; oder
aber der Teufel betätigt sich in einem angenommenen
Körper vor den Augen der Menschen.
Dieses wird noch bestärkt. Denn Albertus antwor-
tet in seinem Buch de animalibus565 auf die Frage,
ob die Dämonen – oder sagen wir auch die Zauberer –
wirkliche Tiere schaffen können, mit ja, mit Zulas-
sung Gottes, was unvollkommene Tiere anlange; aber
sie können es nicht wie Gott im Handumdrehen ma-
chen, sondern [nur] durch eine Bewegung, wenn auch
eine schnelle, wie es bei den Zauberern in Exod. 7:
»Pharao rief die Weisen« deutlich wird. Darüber sagt
er: »Die Dämonen schweifen in der Welt umher und
sammeln verschiedene Samen, und ihrem Gebrauch
können verschiedene Formen entspringen.« Und die

Hexen
3.991 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 282

Glosse566 sagt dazu: »Wenn die Zauberer durch die


Anrufung der Dämonen etwas zu erreichen wünschen,
schweifen diese in der Welt umher und bringen
schnell Samen von Dingen, bezüglich derer sie etwas
im Schilde führen. Und so bringen sie daraus mit der
Zulassung Gottes neue Gestalten der Dinge hervor.«
Dieses ist weiter oben auch [schon] angesprochen
worden.
Aber wenn sich hier das Problem auftun würde, ob
solche Taten der Dämonen Wunder zu nennen seien,
so ist die Antwort aus dem Vorhergehenden klar, daß
auch die Dämonen einige wirkliche Wunder tun kön-
nen, auf die sich die Kraft ihrer besonderen Natur er-
strecken kann. Und mögen solche Dinge wahr seien,
so geschehen sie jedoch nicht zur Erkenntnis des
Wahren. In diesem Sinn können die Werke des Anti-
christ Lügenzeichen genannt werden, weil sie zur
Verführung der Menschen geschehen. Offensichtlich
ist auch die Lösung des anderen Arguments: Wir wol-
len von dem Subjekt567 sprechen. Die Gestalt des
Tieres, das gesehen wird, ist nicht in der Luft, noch in
der Sache selbst, wie sich zeigt, sondern im Sinn, so
nach Meinung des heiligen Thomas568, wie weiter
oben [31vb] erklärt worden ist.
Daß jedes Passive von dem ihm entsprechenden
Aktiven bewegt wird, ist allgemein akzeptiert. Und
wenn vorgebracht wird, daß jene Gestalt, die gesehen

Hexen
3.992 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 283

wird, nicht der Gegenstand sein kann, der den Akt


[des Sehens] verursacht oder hervorbringt, und zwar
deshalb, weil sie keiner Sache entnommen wurde, so
ist darauf zu sagen, daß die Gestalt sehr wohl von
einer Sache herrührt, nämlich von einer sinnlichen
Form, die in der Vorstellungskraft gespeichert wird
und die der Dämon entnehmen und der Vorstellung
oder auch der Wahrnehmung darbieten kann, wie
oben gesagt worden ist.
Zum letzten ist zu sagen, daß der Dämon die Wahr-
nehmungs- und Vorstellungskraft nicht verwan-
delt569, indem er sich ihr vergegenständlicht, wie ge-
zeigt worden ist, sondern indem er sie umgestal-
tet570. [Das geschieht] aber nicht durch Umwan-
deln571, außer was die örtliche Bewegung anlangt,
weil er nicht von sich aus neue Gestalten eingeben
kann, wie gesagt worden ist; sondern er verwandelt
durch Umgestalten, d.h. durch das örtliche Bewegen.
Und dies tut er wiederum nicht durch die Teilung der
Organsubstanz, weil sonst ein Gefühl des Schmerzes
folgen würde, sondern indem er [Vital]geister und
[Körper]säfte bewegt.
Wenn weiter eingewandt wird, daß [daraus] folgen
würde, daß der Dämon dem Menschen in der einge-
bildeten Vision nichts Neues darbieten könnte, so ist
zu sagen, daß »neu« zweifach verstanden werden
kann: einmal als ganz neu, sowohl an sich als auch

Hexen
3.993 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 284

nach seinen Ursprüngen, und danach kann der Dämon


dem Menschen nichts Neues in der eingebildeten Vi-
sion darbieten. Denn er kann nicht bewirken, daß ein
blind Geborener sich Farben oder ein taub Geborener
sich Töne vorstellt. Auf die andere Weise heißt etwas
neu nach dem Gesichtspunkt des Ganzen, z.B. wenn
wir sagen würden, es sei neu in der Einbildung, wenn
jemand sich goldene Berge vorstellt, die er niemals
gesehen hat. Weil er jedoch sowohl Gold als auch
einen Berg kennt, kann er sich durch ein natürliches
Manöver das Wahngebilde eines goldenen Berges
vorstellen; und auf diese Weise kann der Dämon der
Vorstellung etwas Neues bieten.
Was von den Wölfen572 zu halten ist, die biswei-
len [erwachsene] Menschen und [auch] Kinder aus
den Wiegen rauben und fressen? Ob es auch durch
das Blendwerk der Hexen geschehe?
[32ra] Nebenfrage von den Wölfen, die bisweilen
[erwachsene] Menschen und Kinder aus den Häusern
rauben und fressen und die mit großer Schläue umher-
streunen, so daß man sie durch keine Kunst oder
Macht verletzen oder fangen kann. Man muß sagen,
daß das bisweilen eine natürliche Ursache hat, bis
weilen geschieht [es] aber durch Blendwerk573, bis-
weilen durch Hexen. Über den ersten [Fall] spricht
Albertus in de animalibus574, daß es aus fünf Ur-
sachen geschehen kann: manchmal wegen des zuneh-

Hexen
3.994 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 284

menden Hungers, wie sich auch Hirsche und andere


Tiere manchmal den Menschen nähern, manchmal
wegen ihrer Wildheit und besonders in kalten Gegen-
den, und auch, wenn sie Junge haben. Aber weil dies
nicht zur Sache gehört, sagen wir, daß es durch Täu-
schung der Dämonen geschieht, wenn Gott wegen der
Sündhaftigkeit ein Volk bestraft, nach jenem [Wort]
Lev. 16575: »Wenn Ihr meine Gebote nicht befolgt,
werde ich die Tiere des Feldes zu euch schicken, die
sollen euch und euer Vieh fressen«; Deutero. 32576:
»Die Zähne der wilden Tiere schicke ich mit Wut zu
ihnen etc.«
Aber auf welche Weise [geschieht es]? Ob es wirk-
liche Wölfe oder Dämonen in den so erscheinenden
Gestalten sein mögen? Es wird gesagt, daß es wirkli-
che Wölfe sind, die aber von den Dämonen besessen
sind oder auf zweifache Weise getrieben werden: ein-
mal ohne das Werk der Zauberer, wie es den zweiund-
vierzig Knaben erging, die wegen der dem Propheten
Elisäus angetanen Verspottung von den zwei aus dem
Wald hervor stürzenden Bären zerfleischt wurden, als
sie riefen: »Glatzkopf, komm herauf« etc.577 Und
vom Löwen, der den Propheten tötete, weil er den Be-
fehl Gottes nicht ausführte, 3 Reg. 13578. Und die
Geschichte von dem Bischof von Vienne, der vor
Christi Himmelfahrt Bußprozessionen579 angeordnet
hatte, weil Wölfe in die Städte eindrangen und die

Hexen
3.995 [I,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 285

Menschen auf offener Straße zerfleischten580.


Auf andere Weise [geschieht es] auch durch das
Trugbild der Zauberer, wie Guilhelm. 581, wie oben,
von einem Mann erzählt, der glaubte, er würde zu be-
stimmten Zeiten, zu denen er sich in Höhlen verbarg,
in einen Wolf verwandelt. Denn dorthin ging er zu be-
stimmten Zeiten, und während er ruhig [darin] blieb,
schien es ihm, daß er, selbst zum Wolf geworden,
Kinder verschlingend umherstreife. Und da jenes in
Wirklichkeit allein der Dämon, der einen Wolf beses-
sen hatte, bewerkstelligte, glaubte er fälschlich, daß er
schlafwandle. [32rb] Und so blieb er lange geistesge-
stört, bis man ihn im Delirium582 im Wald liegend
fand. Der Dämon freut sich, daß er den Irrtum der
Heiden, welche glaubten, Männer und alte Frauen
würden in Tiere verwandelt, wieder auffrischen kann.
Daher macht man folgenden Unterschied: solche
Dinge geschehen durch besondere Zulassung Gottes
und durch das Werk der Dämonen und nicht aus
einem natürlichen Mangel, wenn sie [die Werwölfe]
durch keinerlei Kunst oder Macht verletzt oder gefan-
gen werden können, wie auch Vincentius in spec. hi-
stor. li. 6 c. 40583 erzählt: »In Gallien«, sagt er,
»raubte vor Christi Fleischwerdung und vor dem Pu-
nischen Krieg ein Wolf einem Wächter584 das
Schwert aus der Scheide.

Hexen
3.996 [I,11] Elfte Frage Hexenhammer, 286

[I,11] Elfte Frage: Daß die hexenden


Hebammen585 die Empfängnis in der
Gebärmutter auf verschiedene Arten verhindern,
eine Fehlgeburt bewirken und, wenn sie es nicht
tun, die Neugeborenen den Dämonen
darbringen.

Fünftens, sechstens und siebtens zugleich wird die


oben genannte Wahrheit durch vier586 schreckliche
Handlungen bewiesen, welche sie an den Kindern in-
nerhalb und außerhalb des Uterus der Mutter vollbrin-
gen; und da die Dämonen diese [Taten] durch Frauen
auszuführen haben, und nicht durch Männer, deshalb
versucht jener unersättliche Mörder [der Teufel], sich
lieber Frauen als Männern zuzugesellen. Und es sind
solcherart Werke: denn die Kanonisten, die sich mehr
als die Theologen mit der schadenszauberischen Hin-
derung beschäftigen, wie oben, sagen, daß der Scha-
denszauber nicht nur geschieht, damit jemand den
ehelichen Akt nicht ausführen kann, worüber oben ge-
handelt worden ist, sondern es geschieht auch, damit
eine Frau nicht empfängt, oder wenn sie empfängt,
damit sie dann eine Fehlgeburt hat. Und es wird noch
eine dritte mit einer vierten Art hinzugefügt, daß sie,
wenn sie keine Fehlgeburt verursachen, das Kind ver-
zehren oder dem Dämon preisgeben.

Hexen
3.997 [I,11] Elfte Frage Hexenhammer, 287

Über die ersten beiden Arten besteht kein Zweifel,


da ein Mensch durch natürliche Mittel ohne Hilfe der
Dämonen, wie durch Kräuter und andere Mittel, be-
wirken kann, daß eine Frau nicht gebären oder emp-
fangen kann, wie oben angeführt worden ist. Aber be-
züglich der anderen beiden, daß [solches] auch von
den Zauberern und Hexen bewirkt wird, ist zu reden,
und es ist nicht nötig, Beweise vorzubringen, da die
klarsten Indizien und Erfahrungen dies noch glaub-
hafter machen.
[32va] Und von der ersten [Art], daß bestimmte
Hexen gegen die Neigung der menschlichen Natur,
vielmehr gegen die Beschaffenheit aller Tiere, mit
Ausnahme höchstens der Wölfinnen, Kinder zu ver-
schlingen und zu verzehren pflegen, ist der Inquisitor
von Como587 [zu nennen], der oben erwähnt wurde
und uns erzählt hat, er sei aus diesem Grund von den
Einwohnern der Grafschaft burbie588 gerufen wor-
den, um eine Inquisition durchzuführen, weil jemand,
nachdem ihm sein Kind aus der Wiege weggekommen
war und er dem nachging, zur Nachtzeit eine Ver-
sammlung von Frauen sah und deutlich beobachtete,
daß der Knabe getötet und, nachdem das Blut ge-
schlürft worden war, verschlungen wurde589. Darum
hat er [der Inquisitor von Como], wie zuvor erwähnt,
in einem Jahr, dem jüngst vergangenen590, einund-
vierzig Hexen dem Feuer überliefert, während einige

Hexen
3.998 [I,11] Elfte Frage Hexenhammer, 288

andere nach der Herrschaft des Erzherzogs von Öster-


reich, Sigismund, flohen591. Zur Bestätigung dessen
gibt es da die Aufzeichnungen von Johannes Nider
in seinem Formicarius592, dessen [Person] und
Werk durchaus noch in frischer Erinnerung sind.
Daher sind solche [Dinge] nicht, wie es scheinen mag,
unglaubhaft, auch deshalb nicht, weil die hexenden
Hebammen bei all diesen Dingen die größten Schäden
verursachen593, wie reuige Hexen uns und anderen
öfter berichtet haben, indem sie sagten: »Niemand
schadet dem christlichen Glauben mehr als die Heb-
ammen. Denn wenn sie die Kinder nicht töten, dann
tragen sie, als wollten sie etwas besorgen, die Kinder
aus der Kammer heraus und opfern sie, sie in die Luft
hebend, den Dämonen.«594
Das Vorgehen, das bei solchen Verbrechen beob-
achtet wird, wird im 2.1. Teil und im c. 7595 erklärt
werden, der erst, nachdem zuvor wenigstens eine Ent-
scheidung in der Frage über die göttliche Zulassung
vorgezogen ist, in Angriff zu nehmen ist. Denn es ist
am Anfang gesagt worden, daß notwendigerweise
dreierlei zur Verübung von Schadenszauber zusam-
mentrifft: der Dämon mit der Hexe und die göttliche
Zulassung.

Hexen
3.999 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 289

[I,12] Die Zwölfte: Über die göttliche


Zulassung, die zum Dämon und zur Hexe
hinzukommen muß. Ob [die Ansicht,] den
Hexenwerken die göttliche Zulassung
zuzusprechen, so rechtgläubig ist, daß das
Gegenteil davon, d.h. jene [Behauptung]
zurückzuweisen, durch und durch ketzerisch
wäre596.

Ferner ist die göttliche Zulassung selbst zu betrach-


ten, bei der vier Fragen gestellt werden: erstens, ob es
nötig ist, daß die Zulassung selbst an der Verübung
des Schadenszaubers mitwirke; zweitens, daß Gott zu
Recht zuläßt, daß eine von Natur sündhafte Kreatur
einen Schadenszauber und andere schreckliche
Schandtaten verübe, unter Voraussetzung zweier wei-
terer Zulassungen; drittens, daß die Schandtaten der
Zauberer alle Übel, die Gott zu geschehen zuläßt,
übersteigen; viertens, wie diese Thematik [32vb] dem
Volk zu predigen sei.
Über das dritte Hauptthema diesen ersten Teils597,
das die göttliche Zulassung betrifft, wird gefragt: ob
die göttliche Zulassung für diese Werke der Zauberer
anzunehmen so rechtgläubig sei, daß dessen Gegen-
teil, nämlich sie zu verwerfen, durchweg ketzerisch
sei? Und es wird vertreten, daß es nicht ketzerisch sei

Hexen
4.000 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 290

zu behaupten, daß Gott dem Teufel bei solchen Scha-


denszaubern keine so große Macht zuläßt. Denn das
zu bestreiten, was zur Schande des Schöpfers aus-
schlägt, ist rechtgläubig und nicht ketzerisch. Nun
aber ist die Behauptung, daß dem Teufel eine solche
Macht, die Menschen zu schädigen, nicht zugestanden
sei, rechtgläubig. Es wird damit bewiesen, daß das
Gegenteil zu behaupten sich zur Schande des Schöp-
fers fügen würde. Denn daraus würde folgen, daß
nicht alles der göttlichen Vorsehung unterworfen sei,
weil jeder weise Sachwalter, so weit er kann, den
Mangel und das Böse von denen fernhält, für die er
Sorge trägt. Wenn aber das durch Schadenszauber
Angerichtete, falls es von Gott erlaubt wird, von ihm
nicht ausgeschlossen wird, und wenn es von ihm nicht
ausgeschlossen wird, wird Gott kein weiser Sachwal-
ter sein. Und so wäre nicht alles seiner Vorsehung un-
terworfen. Weil das aber falsch ist, so ist auch falsch
[anzunehmen], daß Gott [es] zuläßt.
Ferner: jener läßt zu, daß etwas geschieht, was er
verhindern könnte, wenn er wollte oder was er nicht
verhindern kann, auch wenn er wollte. Aber keines
von beiden ist mit Gott zu vereinbaren. Das erste
nicht, weil ein solcher ein Mißgünstiger genannt wird.
Das zweite nicht, weil ein solcher ein Ohnmächtiger
heißt. Dann wird nebenbei gefragt: dieser Schadens-
zauber traf Petrus, und Gott konnte es hindern, und er

Hexen
4.001 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 291

tat es nicht. Also ist Gott mißgünstig oder trägt er


keine Sorge um alle Menschen? Wenn er [es] aber
nicht hindern konnte, auch wenn er wollte, dann ist er
nicht allmächtig; was alles zu behaupten, nämlich daß
Gott keine Sorge um alle Menschen habe etc., ebenso
unzuträglich ist, also auch das, daß Schadenszauber
durch die Zulassung Gottes geschieht.
Ferner: jeder, der sich selbst überlassen wird und
Herr seiner Handlungen ist, unterliegt nicht der Er-
laubnis oder Vorsehung irgendeines Führers. Aber die
Menschen werden von Gott sich selbst anvertraut
nach jenem [Wort], Eccl. 14598: »Gott hat am An-
fang den Menschen geschaffen und ihn der Macht sei-
ner eigenen Entscheidung überlassen.« Und gerade
die Bösen werden in ihren Werken zurückgelassen
nach jenem [Wort]: »Er überließ sie der Verstocktheit
ihres Herzens.«599 Darum sind nicht alle Bosheiten
der göttlichen Zulassung unterworfen.
Ferner sagt Augustinus in [33ra] Encheri-
dium600 wie auch der Philosoph in 9 metha601:
»Besser ist es, etwas nicht zu wissen, als Nutzloses
zu wissen. Aber alles, was besser ist, muß Gott zuge-
schrieben werden.« Also kümmert sich Gott nicht um
die gänzlich unnützen Werken der Zauberer, daß er
jene zulasse oder nicht. Dazu auch der Apostel 2 Cor.
9602: »Gott trägt keine Sorge für die Ochsen«, und
aus demselben Grund nicht für die anderen vernunft-

Hexen
4.002 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 291

losen Geschöpfe. Darum trägt Gott keine Sorge, wenn


sie [die vernunftlosen Geschöpfe] behext werden oder
nicht, noch auch unterliegen sie seiner Erlaubnis, die
aus seiner Fürsorge hervorgeht.
Ferner, was aus Notwendigkeit geschieht, verlangt
weder vorausschauende Erlaubnis noch Klugheit.
Dies wird erklärt vom Philosophen in 6 ethi.603:
»Klugheit ist die rechte Vernunft bei Ereignissen,
über die Rat [zu halten] und eine Wahl [zu treffen]
ist.« Aber zahlreiche schadenszauberische Wirkungen
geschehen aus Notwendigkeit, wenn nämlich aus ir-
gendeiner Ursache und aus dem Einfluß der Himmels-
körper Krankheiten entstehen oder irgendwelche an-
deren Dinge, die wir als Schadenszauberei beurteilen.
Darum sind sie nicht immer der göttlichen Zulassung
unterworfen.
Ferner, wenn die Menschen mit göttlicher Zulas-
sung behext werden, dann fragt man, warum der eine
mehr als der andere? Wenn gesagt wird, wegen der
Sünden, die der eine mehr begangen hat als der ande-
re, so scheint dies falsch zu sein, weil dann größere
Sünder mehr behext würden, während sich doch das
Gegenteil erweist. Wie sie auf Erden weniger gestraft
werden, nach jenem [Wort]: »Wohl geht es allen, die
unredlich handeln«604, so werden sie auch weniger
behext. Endlich folgt daraus, daß unschuldige Kinder
und andere Gerechte mehr behext werden.

Hexen
4.003 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 292

Aber dagegen: Gott erlaubt, auch wenn er nicht


will, daß das Böse geschieht und dies wegen der Ver-
vollkommnung des Universums. Dionysius 3 c. de
di. no.605: »Das Böse wird sein bei allen, d.h., es
kommt der Vervollkommnung des Universums zu
gute.« Und Augustinus in enche.606: »Aus allem
Guten und Schlechten besteht die bewundernswerte
Schönheit des Universums, insofern nämlich auch
jenes, was Schlechtes heißt, wohl geordnet und an sei-
nen Platz gestellt, das Gute deutlicher hervortreten
läßt und jenes gefälliger und lobenswerter ist, wenn es
mit dem Schlechten verglichen wird.«
Ebenso weist der heilige Thomas607 die Meinung
jener zurück [33rb], [die sagen], daß Gott, mag er
auch die schlechten Dinge nicht wollen und weil auch
keine Kreatur das Schlechte erstrebt, sei es durch ein
natürliches, körperliches oder intellektuelles Verlan-
gen, d.h. durch den Willen, dessen Gegenstand das
Gute ist, doch will, daß böse Dinge seien oder ge-
schehen. Er [Thomas] sagt, daß dies falsch sei, weil
Gott weder will, daß Böses geschehe, noch will, daß
die bösen Dinge nicht geschehen. Sondern er will zu-
lassen, daß das Böse geschehe, und dies sei gut
wegen der Vervollkommnung des Universums. Wes-
halb es aber irrig sei, zu sagen: Gott will, daß Böses
existiere oder geschehe wegen des Guten des Univer-
sums, [dazu] sagt er: Weil nichts für gut zu erachten

Hexen
4.004 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 292

ist, außer nach dem, was ihm an und für sich und
nicht durch Akzidenz zukommt, so wie ein Tugend-
hafter als vernunftbegabtes Geschöpf und nicht als
tierisches für gut erachtet wird. Das Schlechte aber
wird nicht durch sich zum Guten gefügt, sondern
durch Akzidenz, weil das Gute außerhalb der Intenti-
on derer, die das Schlechte tun, erfolgt, wie es außer-
halb der Intention der Zauberer oder außerhalb der In-
tention der Tyrannen geschah, daß durch ihre Verfol-
gung das Leiden der Märtyrer hell erstrahlte.
Antwort. So nützlich die Frage zum Predigen ist,
so schwer ist sie zu verstehen. Unter den Argumenten,
nicht bloß der der Ungebildeten, sondern auch einiger
kluger Menschen, ist dies das Wichtigste: So schreck-
licher Schadenszauber, wie oben angesprochen, kann
nicht von Gott zugelassen werden. Jedoch kennen sie
die Gründe dieser göttlichen Zulassung nicht. Des-
halb scheinen die Hexen, da sie nicht durch die ihnen
gebührende Strafe unterdrückt werden, schon die
ganze Christenheit zu verheeren. Um also nach der
Ansicht der Theologen beiden Teilen, dem Gelehrten
und dem Nichtgelehrten, gerecht zu werden, ist mit
der Erörterung zweier Probleme zu antworten: Und
zwar erstens, daß die Welt der göttlichen Vorsehung
derart unterworfen sei, daß er [Gott] unmittelbar für
alles Sorge trägt, zweitens, daß er alle Übel, die ge-
schehen, seien es Übel der Schuld oder der Strafe oder

Hexen
4.005 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 293

des Schadens, wegen der beiden ersten Zulassungen,


dem Fall der Engel und der ersten Eltern, täglich zu-
läßt. Daher wird auch klar werden, daß es nach Ket-
zerei schmeckt, diesen [Lehrmeinungen] hartnäckig
zu widersprechen, da man sich so in die Irrlehren der
Ungläubigen verstrickt.
Zum ersten [Punkt] ist zu bemerken, daß, unter der
Voraussetzung, daß [33va] Gott die Vorsehung zu-
kommt, nach jenem [Wort] Sapient. 14608: »Du
aber, Vater, lenkst alle Dinge mit der Vorsehung«, es
sich zu behaupten gebührt, daß alles so seiner Vorse-
hung unterworfen sei, daß er auch für alles unmittel-
bar Sorge trage. Damit dies klar sei, wollen wir es er-
stens durch die Zurückweisung eines bestimmten ent-
gegengesetzten Irrtums aufzeigen. Denn nach jenem
[Wort] Iob 22609: »Wolken sind sein Versteck, und
er wandelt bei den Polen des Himmels und achtet un-
serer Dinge nicht«, haben einige gemeint, nach der
Ansicht des heiligen Thomas, prima parte q.
22610, müsse man annehmen, daß nur das Unver-
gängliche der göttlichen Vorsehung unterliege, als da
sind die Separatsubstanzen und die Himmelskörper
sowie die Arten der unteren Dinge, die auch unver-
gänglich sind. Die Individuen der Arten aber sind,
sagten sie, weil vergänglich, nicht [der göttlichen
Vorsehung] unterworfen. Daher, sagten sie, sei der
göttlichen Vorsehung alles Untere, was in der Welt

Hexen
4.006 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 294

geschieht, unterstellt, aber nur im allgemeinen, nicht


im einzelnen oder besonderen. Aber weil es anderen
unzuträglich erschien, daß Gott sich nicht mehr um
den Menschen kümmere als um die anderen Geschöp-
fe, deshalb sagt Rabbi Moises611, in dem Wunsch,
die Mitte zu halten, in Übereinstimmung mit den er-
sten [Vertretern]: Alle vergänglichen Wesen, wie es
die Einzelwesen der Natur sind, sind der göttlichen
Leitung durchaus nicht unterworfen, sondern nur die
Universalia und die anderen, die erwähnt wurden.
Den Menschen aber nahm er von der Allgemeinheit
der vergänglichen Wesen aus, und dies wegen der
Herrlichkeit des Verstandes, durch den sie [die Men-
schen] Anteil an den Separatsubstanzen haben. Und
so müsse nach dieser Meinung alles, was den Men-
schen, nicht aber den Tieren und den Früchten des
Bodens durch Schadenszauber zustieße, durch die Zu-
lassung Gottes geschehen.
Mag nun diese Meinung auch der Wahrheit näher
sein als jene, die überhaupt die Vorsehung Gottes in
den Dingen der Welt leugnete und, wie Demokrit612
und die Epikureer613, behauptete, die Welt sei durch
Zufall entstanden, so ist doch auch sie nicht frei von
einem großen Irrtum, weswegen gesagt werden muß,
daß alles nicht bloß im allgemeinen, sondern auch im
besonderen der göttlichen Vorsehung unterworfen ist,
so daß nicht allein der Schadenszauber an den Men-

Hexen
4.007 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 294

schen, sondern auch am Vieh und an den Früchten des


Bodens durch göttliche und vorsehende Zulassung ge-
schieht. Dies wird so erklärt: Denn so weit [33vb] er-
streckt sich die Vorsehung und das Walten über die
Dinge auf das Endziel, wie sich die Kausalität selbst
erstreckt, wie in ähnlicher Weise bei den Gütern, die
einer Herrschaft unterliegen, welche insoweit seiner
Vorsehung unterworfen sind, als sie ihm untertan
sind. Da aber die Kausalität Gottes, die das erste
Agens ist, sich auf alles Seiende erstreckt, nicht nur
auf die Grundlagen der Art, sondern auch auf die indi-
viduellen Prinzipien, und nicht nur die des Unver-
gänglichen, sondern auch des Vergänglichen, so ist
also, wie alles von Gott sein muß, auch alles von ihm
vorgesehen, d.h. zu einem bestimmten Ziel geordnet.
Und dies behandelt der Apostel [Paulus im Brief] an
die Ro. 13614: »Die Dinge, die von Gott sind, sind
geordnet«, so als wollte er sagen, wie alle Dinge von
Gott sind, so sind auch alle von ihm selbst geordnet
und folglich seiner Vorsehung unterworfen, weil unter
Vorsehung Gottes nichts anderes verstanden wird als
Vernunft, d.h. die Ursache für die Ordnung der Dinge
zu einem Endziel hin. Alle Dinge sind, soweit sie am
Sein teilhaben, also auch der göttlichen Vorsehung
unterworfen.
Ebenso kennt Gott alle Dinge, nicht nur im allge-
meinen oder die allgemeinen Dinge, vielmehr auch im

Hexen
4.008 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 295

einzelnen oder das Einzelne. Und da Gottes Kenntnis


an den geschaffenen Dingen ermessen wird wie die
Kenntnis der Kunst an den Kunstwerken, so sind des-
halb, wie alle Kunstwerke der Ordnung und Vorse-
hung seitens der Kunst unterworfen sind, auch alle
Dinge der Ordnung und der Vorsehung seitens Gottes
unterworfen.
Doch genügt dies nicht, um zu verstehen, daß Gott
zu Recht erlaubt, daß Böses geschieht und Schadens-
zauber in der Welt [ist]. Wir mögen auch begreifen,
daß er der alle Dinge leitende Sachwalter ist. Und
wenn dies zugegeben wird, dann müßte er auch alles
Böse von denen fernhalten, für die er Sorge trägt.
Unter den Menschen nämlich sehen wir, daß man es
so hält, daß ein weiser Sachwalter den Mangel und
das Böse ausschließt. Man muß bemerken, daß es
eines ist, von einem besonderen, und ein anderes, von
einem allgemeinen Sachwalter zu sprechen. Denn der
besondere Sachwalter hat es nötig, das Böse so weit
wie möglich auszuschließen, weil er aus dem Bösen
nichts Gutes hervorbringen kann. Da Gott aber der
allgemeine Sachwalter der ganzen Welt ist und er aus
den besonderen bösen Dingen sehr viel Gutes hervor-
bringen kann, wie aus der Verfolgung durch die Ty-
rannen die Standhaftigkeit der Märtyrer und [34ra]
aus den Werken der Zauberer die Läuterung oder Prü-
fung des Glaubens und der Gerechten, wie sich zeigen

Hexen
4.009 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 296

wird, deshalb braucht Gott nicht alle Übel zu verhin-


dern, da sonst dem Universum viele gute Dinge fehl-
ten. Daher Augustinus in encheri.615: »So erbar-
mend ist der allmächtige Gott, daß er nichts Böses in
seinen Werken sein ließe, wenn er nicht so allmächtig
und gütig wäre, daß er auch aus dem Übel Gutes
schüfe.«
Davon haben wir auch ein Beispiel im Naturge-
schehen. Denn Schäden und Mängel in den natürli-
chen Dingen, mögen sie auch gegen die Absicht der
besonderen Natur desjenigen sein, dem ein solches
Verderben widerfährt, wie daß ein Dieb aufgehängt
würde oder daß Tiere zur Ernährung des Menschen
getötet würden, so geschehen sie dennoch nach dem
Plan der allgemeinen Natur, damit die Menschen am
Leben und in guten [Verhältnissen] erhalten werden,
auf daß so das Gute des Universums erhalten bleibe.
Damit die Arten der Dinge erhalten bleiben, ist es
nötig, daß das Verderben des einen die Erhaltung des
anderen sei. Die Tötung von Tieren nämlich erhält
den Löwen das Leben.
Es wird [nun] bezüglich der göttlichen Zulassung
erklärt, daß Gott der Kreatur nicht zugestehen konnte,
von Natur aus unfähig zur Sünde zu sein.
Zum zweiten [Punkt], daß Gott billig alles Böse,
sei es als Schuld, sei es zur Strafe, zulasse, und zwar
besonders jetzt, da die Welt ins Stocken gerät und

Hexen
4.010 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 296

zum Untergang neigt, muß die Grundlegung notge-


drungen von zwei Voraussetzungen her erklärt wer-
den. Erstens, daß Gott [es] nicht tun kann oder besser,
um mit Gottesfurcht zu sprechen, daß es nicht mög-
lich sei, daß der Schöpfung, etwa der Mensch oder die
Engel, diese [Gabe], daß sie infolge der Beschaffen-
heit ihrer Natur nicht sündigen könnte, zukomme.
Zweitens, daß Gott billigerweise erlaubt, daß der
Mensch sündige oder versucht werde. Stehen diese
Dinge fest, so nötigt das zu der Aussage, daß, wenn
es zur göttlichen Vorsehung gehört, daß eine jede
Kreatur in ihrer Natur belassen wird, es nach den Prä-
missen unmöglich ist, daß Gott den Schadenszauber
durch die Macht der Dämonen nicht geschehen lasse.
Und das erste freilich, daß es nicht möglich war,
der Kreatur [die Eigenschaft] zukommen zu lassen,
daß sie nach der Beschaffenheit [34rb] der Natur
nicht sündigen könnte, wird aufgezeigt vom heiligen
Doktor in secundo di. 23 ar. 1616: weil, wenn dies
die Mitgift irgendeiner Kreatur gewesen wäre, Gott es
schlechterdings deshalb gewährt hätte, weil alle ande-
ren zu gewährenden Vorzüge und Vollkommenheiten
der Geschöpfe, wenigstens im allgemeinen, verliehen
werden, wie die persönliche Einheit der beiden Natu-
ren in Christus, der Mütterlichkeit und Jungfräulich-
keit in Maria, die Gnadenhäufung bei den Pilgern, die
selig machende Einheit bei den Auserwählten und so

Hexen
4.011 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 297

bei anderen Dingen. Wenn wir also nicht lesen, daß


dies irgendeiner Kreatur verliehen sei, weder dem
Menschen noch dem Engel, nach jenem [Wort]:
»Auch in seinen Engeln fand er Verkehrtheit«, so ist
es gewiß, daß es damit [auch] dem Menschen nicht
verliehen werden kann, von Natur unfähig zur Sünde
zu sein, mögen sie [die Menschen] es auch durch die
Gnade finden.
Zweitens zum selben [Punkt], wenn es denn ver-
leihbar wäre und nicht verliehen würde, wäre das Uni-
versum nicht vollkommen, dessen Vollkommenheit
darin besteht, daß alle verleihbaren Vorzüge der Ge-
schöpfe der Art nach verliehen worden sind.
Auch gilt das Argument nicht, daß Gott, da er der
Allmächtige ist und nach seinem Ebenbild die Men-
schen und Engel geschaffen hat, auch hätte dafür sor-
gen können, daß die Kreatur dem Wesen ihrer Natur
nach [die Gabe] besäße, nicht sündigen zu können.
Oder auch, daß er es hätte einrichten können, daß
jener Gnadenstand, der die Bestärkung im Guten be-
wirkt, ein wesentlicher Teil der Natur des Engels oder
des Menschen sei, weshalb er nach seinem natürli-
chen Prinzip und [seiner] natürlichen Beschaffenheit
die Bestärkung im Guten hätte, so daß er nicht sündi-
gen könnte. Denn das erste Argument ist nicht be-
weiskräftig, weil Gott, wenn er auch der Allmächtige
wie auch der Gütigste ist, dies dennoch nicht übertra-

Hexen
4.012 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 297

gen kann, nicht wegen der Unvollkommenheit seiner


Macht, sondern wegen der Unvollkommenheit der
Kreatur. Diese Unvollkommenheit zeigt sich zuerst
daran, daß dies weder ein Mensch noch ein Engel er-
halten kann noch konnte617. Der Grund ist, daß, da
er eine Kreatur ist, sein Sein vom Schöpfer abhängt,
wie das Verursachte von der Ursache seines Seins.
Und Schöpfung ist, etwas aus dem Nichts zu machen.
Deshalb zerfällt er, wenn er sich selbst überlassen
wird, bleibt jedoch bestehen, solange er unter dem
Einfluß der Ursache steht. Ein Beispiel, wenn du
willst, ist die Kerze, die so lange leuchtet, wie sie
Wachs hat. Steht dies fest, so ist anerkannt, daß Gott
den Menschen geschaffen und ihn seiner eigenen Ent-
scheidungskraft überlassen hat, Eccl. 17618. Und
ähnlich den Engel vom Anfang der Schöpfung an.
[34va] Und dies ist geschehen durch den freien Wil-
len, und wie es dessen Eigentümlichkeit ist, zu tun
oder zu lassen, so ist es auch dessen Eigentümlich-
keit, sich von seinem Beweggrund zu trennen oder
nicht zu trennen. Und weil dies so ist, [heißt] sündi-
gen zu können, sich durch die Freiheit des Willens
von Gott zu sondern. Deshalb konnten weder Mensch
noch Engel solches empfangen, noch konnte ihm von
Gott mitgegeben werden, daß er von Natur aus über
die Freiheit des Willens verfüge und zugleich von
Natur aus die Gabe besäße, nicht sündigen zu kön-

Hexen
4.013 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 298

nen.
Eine andere Unvollkommenheit, um derentwillen
diese [Gabe] dem Menschen oder Engel nicht verlie-
hen werden konnte, ist, daß es eine Leugnung enthält.
Da diese Dinge an und für sich nicht machbar sind,
sagen wir: Gott kann sie nicht machen. Wir müssen
vielmehr sagen, daß die Geschöpfe [diese Gabe] nicht
empfangen können, daß z.B. etwas zugleich und zu-
sammen lebendig und tot sei. Genauso [ist es, wenn
man sagt], daß jemand einen freien Willen habe, nach
dem er seinem Beweggrund anhängen oder nicht an-
hängen könne und [zugleich,] daß er nicht sündigen
könne. Weil, wenn er nicht sündigen kann, kann er
[auch] nicht seinem Beweggrund nicht anhängen, da
sündigen bedeutet, mit Mißachtung des unabänderlich
Guten wechselhaften Dingen anzuhängen. Mißachten
aber oder nicht mißachten geht aus der Freiheit des
Willens hervor619.
Auch das zweite Argument gilt nicht, weil, wenn
die Gnade der Bestärkung auf die Natur der Kreatur
hingedeutet würde, so daß es ihr kraft ihrer wesentli-
chen Prinzipien zukäme, nicht sündigen zu können,
ihr es dann nicht von einer zusätzlichen Gabe her und
aus Gnade zukäme, nicht fehlen und sündigen zu kön-
nen, sondern sie diese Gabe von Natur aus [verliehen
bekommen] hätte und sie dann Gott wäre, was absurd
ist. Diese Lösung erwähnt der heilige Thomas620,

Hexen
4.014 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 299

wie oben, bei der Lösung des letzten Argumentes,


wenn er sagt, daß, wann immer einem Wesen eine
Akzidenz zuteil werde, und dies nur durch den Ein-
fluß eines Höheren geschehen kann, [auch] die untere
Natur jene Akzidenz nicht per se annehmen könne,
wenn sie nicht zur höheren Natur würde. Ebenso kann
es nicht sein, daß, wenn Luft im Akt durch Feuer er-
leuchtet wird, sie von Natur aus im Akt leuchte, es sei
denn, sie wird zu Feuer.
Ich sage also, daß, da der vernunftbegabten Kreatur
die Beschirmung nur durch Gnade innewohnt, die ein
geistiges Licht und ein Abbild des ewigen Lichtes ist,
es nicht sein kann, daß irgendeine Kreatur von Natur
aus die Bestärkung oder die Gnade habe, wenn sie
nicht dadurch zur göttlichen Natur würde; sagen wir
[besser], daß sie dieselbe Natur annimmt, was gänz-
lich unmöglich ist. [34vb] Wir wollen damit schlie-
ßen, daß von Natur aus nicht sündigen zu können al-
lein Gott zukommt, darum, wie er vom Sein nicht las-
sen kann, da er allen das Sein gibt, er also auch von
der Zurichtung der guten Beschaffenheit nicht lassen
kann, da ihm das kraft seiner natürlichen Beschaffen-
heit zukommt. Allen anderen [Geschöpfen] aber, die
die Gabe haben, daß sie nicht sündigen können, wird
[dies] dadurch gegeben, daß sie durch die Gnade im
Guten bestärkt werden, wodurch sie Söhne Gottes
und gewissermaßen der göttlichen Natur teilhaftig

Hexen
4.015 [I,12] Die Zwölfte Hexenhammer, 299

werden621.

Hexen
4.016 [I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die zwei Hexenhammer, 300

[I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die


zwei göttlichen Zulassungen, die Gott
billigerweise zuließ, nämlich, daß der Teufel, der
Urheber alles Bösen, sündigte und in ähnlicher
Weise die ersten Eltern zu Fall kamen,
weswegen die Taten der Zauberer mit Fug
zugelassen werden. Und es ist die dreizehnte
[Frage] in der Reihenfolge des ersten Teils

Die zweite Frage622 und Feststellung zugleich ist,


daß Gott billigerweise erlaubt, daß engelhafte Ge-
schöpfe, die er nicht anders schaffen konnte als mit
der Befähigung zur Sünde, auch wirklich sündigten.
Und daß er auf ähnliche Weise bestimmte geschaffene
Geschöpfe durch Gnade bewahrt, und zwar ohne vor-
angehende Versuchung. Den Menschen aber ließ er
mit Recht sowohl versucht werden als auch sündigen,
was sich alles folgendermaßen erklären läßt.
Zur göttlichen Vorsehung gehört, daß jedes Einzel-
wesen in seiner Natur belassen und in seinen natürli-
chen Werken überhaupt nicht behindert wird, weil,
wie Dionysius, 4 c. de di. nominibus623, sagt:
»Vorsehung ist nicht Vernichtung, sondern Erhaltung
der Natur.« Wenn dies feststeht [und] da es offenbar
ist, daß, wie das Gute eine Volkes göttlicher ist als
das Gute eines einzelnen, primo ethi.624, auch das

Hexen
4.017 [I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die zwei Hexenhammer, 300

Gute des Universums das einzelne Gute jeder im ein-


zelnen geschaffenen Natur übertrifft, so ist es deshalb
auch nötig zu beachten, daß wenn die Sünde vollstän-
dig verhindert würde, dadurch viele Stufen der Voll-
kommenheit aufgehoben würden. Denn es würde jene
Natur aufgehoben, die sündigen oder nicht sündigen
kann. Wenn man das sagt, so hätte der Mensch [die
Gabe nicht zu sündigen] kraft der Beschaffenheit der
Natur, wie zuvor behandelt worden ist.
Darauf wird geantwortet: Wenn keine Begehung
der Sünde gefolgt wäre, sondern sofort die Bekräfti-
gung [des Guten], dann würde immer verborgen blei-
ben, was für Dank man Gott für das Gute schuldet,
was die Macht des Sündigens vermocht hätte [35ra]
und vieles andere. Nähme man dies weg, so würde
schlechterdings dem Universum viel entzogen. Auch
gehört es sich, daß er [der Engel] sündigte, ohne daß
[ihm] jemand von außen [etwas] anriet, sondern daß
er die Gelegenheit zur Sünde aus sich selbst heraus
ergriff, was er auch tat, da er Gott gleich sein wollte,
was nicht einfach und direkt, auch nicht indirekt, son-
dern nur relativ zu verstehen ist. Und dies erklärt sich
aufgrund der Autorität Esa. 14625: »In den Himmel
werde ich steigen und dem Höchsten ähnlich sein«:
nämlich nicht einfach und direkt, weil er so einen be-
schränkten und irrigen Verstand gehabt hätte, indem
er etwas erstrebte, was für ihn unmöglich war. Denn

Hexen
4.018 [I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die zwei Hexenhammer, 301

er erkannte, daß er eine Kreatur und von Gott ge-


schaffen ist. Und deshalb wußte er, daß dem Schöpfer
gleich zu werden für ihn unmöglich ist. Aber auch
nicht indirekt, weil dies vom Engel nicht erstrebt wer-
den konnte, da das ganze Gute des Engels und der
Kreatur darin besteht, daß er Gott untertan ist, so wie
die ganze Klarheit der Luft darin besteht, daß sie den
Strahlen der Sonne ausgesetzt ist, [und] weil er
[sonst] gegen das Gute der Natur gestrebt hätte. Aber
er erstrebte die Gleichheit mit Gott nicht absolut, son-
dern [nur] relativ, und zwar ist das so, da Gott durch
seine Natur zweierlei hat, Glückseligkeit und Güte,
und ferner auch, da von ihm selbst die Glückseligkeit
und Güte jeder Kreatur übertragen wird. Als der
Engel die Würde seiner Natur betrachtete, durch die
er alle Geschöpfe übertraf, wollte und erstrebte er,
daß von ihm zu allen unteren Dingen Glückseligkeit
und Güte fließe. Und dies durch seine natürlichen
[Kräfte], so daß er jenes zuerst von seiner Natur aus
besäße und die anderen Geschöpfe es dann aus der
Vortrefflichkeit seiner Natur empfingen. Und weil er
jenes auch von Gott erstrebte, und weil er unter Gott
sein wollte, wenn er dieses nur hätte, deshalb wollte
er auch Gott nicht gleich sein nach Art des Besitzens,
sondern nur relativ.
Bemerke darüber hinaus, daß er, weil er seinen
Vorsatz faßte, um ihn in die Tat umzusetzen, er sei-

Hexen
4.019 [I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die zwei Hexenhammer, 301

nen Vorsatz deshalb schnell anderen unterbreitete.


Und weil auch bei den anderen Engeln sofort die Visi-
on des Gewünschten und die verkehrte Übereinstim-
mung mit seinem Vorsatz da war, deshalb überstieg
die Sünde des ersten Engels die Sünden der anderen
und ging [diesen] voraus durch die Größe der Schuld
und durch die Ursächlichkeit, jedoch nicht durch die
Dauer. So sagt jenes [Wort] Apoc. 12626: »Der Dra-
chen, der vom Himmel fiel, zog den dritten Teil der
Sterne mit sich.« Er wird in der Figur des Leviathan
festgehalten627. Er selbst ist der Fürst über alle
Söhne des Hochmutes628, und Fürst wird nach dem
Philosophen 5 metha.629 das Prinzip genannt, inso-
fern es durch seinen [35rb] Willen und [seine] Herr-
schaft die ihm Untergebenen bewegt. Deswegen war
seine Sünde auch die Veranlassung für die anderen zu
sündigen, so daß er, selbst zuerst von keinem äußerli-
chen [Akt] versucht, andere von außen versuchte. Und
wenn gesagt worden ist, daß in allen jenen der Akt
augenblicklich stattfand, so kommt dies anhand der
sinnlichen Empfindungen zum Ausdruck, denn die Er-
leuchtung der Luft, das Sehen der Farbe und die Un-
terscheidung der gesehenen Dinge geschehen zur glei-
chen Zeit.
Dies habe ich aus folgendem Grunde ausführlich
behandelt. Betrachtet man die so staunenswerte göttli-
chen Zulassung bei diesen edelsten Geschöpfen, und

Hexen
4.020 [I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die zwei Hexenhammer, 302

zwar wegen einer einzigen Sünde, nämlich der des


Ehrgeizes, wie sollte man dann nicht annehmen, daß
er [Gott] auch einzelne Erlaubnisse bei den Werken
der Zauberer gibt, wegen größerer Sünden, zumin-
dest, was einige Umstände anlangt. Denn die Sünden
der Zauberer überschreiten in verschiedener Hinsicht
die Sünde des Engels und der ersten Eltern, wie sich
jetzt in der zweiten Frage630 zeigen wird.
Aber auch [der Umstand], daß die Vorsehung Got-
tes billigerweise zuließ, daß der erste Mensch ver-
sucht wurde und sündigte, kann aus den Dingen, die
über die gefallenen Engeln gesagt wurden, genügend
ersehen werden. Denn wie zu demselben Endziel
Mensch und Engel geschaffen und in der Freiheit des
Willens zurückgelassen wurden, damit sie den Lohn
der Glückseligkeit nicht ohne Verdienst empfangen
sollten, [und] wie der Engel nicht vor dem Fall be-
wahrt wurde, damit sich zum Ruhme des Universums
die Macht des Sündigens aus dem einen und die
Macht der Gnade der Bekräftigung aus dem anderen
offenbarte, deshalb war es nötig, daß [es] so auch
beim Menschen gehalten wurde.
Daher [sagt] auch der heilige Thomas in secunda
di. 23 arti. 2631: »Jenes, wodurch Gott lobenswert
erscheint, darf durchaus nicht behindert werden.«
Aber auch in den Sünden erscheint Gott lobenswert,
da er durch Mitleid schont und durch Gerechtigkeit

Hexen
4.021 [I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die zwei Hexenhammer, 303

straft. Daher durfte er die Sünde nicht hindern.


Nur kurz und rekapitulierend wollen wir auf die
Hauptsache zurückkommen und sagen, daß dem Men-
schen diese Dinge durch die gerechte Vorsehung Got-
tes zugestanden sind. Erstens, damit die Macht Gottes
gezeigt werde, der allein unwandelbar ist. Jede Krea-
tur ändert sich wandelbar. Der zweite Grund aber ist,
daß die Weisheit Gottes offenbart werde, die es ver-
steht, aus dem Schlechten Gutes hervorzubringen,
was nicht geschehen konnte, ohne daß Gott die Krea-
tur hätte sündigen lassen. Drittens, daß Gottes Milde
offenbar werde, in der Christus durch seinen Tod den
verlorenen Menschen befreit hat. Viertens, daß Gottes
Gerechtigkeit gezeigt werde, die nicht nur den Guten
Belohnungen, sondern auch den Bösen Strafen zuteilt.
[35va] Fünftens, daß der Mensch nicht in einer
schlechteren Verfassung sei als die anderen Geschöp-
fe, die Gott so leitet, daß er sie nach eigenen Beweg-
gründen handeln läßt. Daher mußte er auch den Men-
schen dem eigenen Willen überlassen. Sechstens ist
es der Ruhm des gerechten Mannes, daß er [das Ge-
setz] übertreten konnte und es nicht tat632. Siebtens
ist es die Zierde des Universums, weil, wie sich das
Übel dreifach findet, nämlich das der Schuld, der
Strafe und der Schädigung, so [auch] als Gegensatz
dazu das dreifache Gute, nämlich das sittliche Gute,
das Erbauliche und das Nützliche. Denn durch die

Hexen
4.022 [I,13] Es wird die Frage vorgetragen über die zwei Hexenhammer, 303

Schuld wird die Sittlichkeit, durch die Strafe die Er-


bauung, durch die Schädigung der höchste Nutzen
verherrlicht. Und dadurch ist die Antwort auf die Ar-
gumente klar.

Hexen
4.023 Lösung der Argumente Hexenhammer, 304

Lösung der Argumente

Zum ersten, wenn es heißt, die Behauptung sei ketze-


risch, daß dem Teufel die Macht zugestanden wird,
die Menschen zu schädigen. Vielmehr ist das Gegen-
teil klar, daß die Behauptung, daß Gott nicht zulasse,
daß der Mensch nach der Freiheit des Willens sündi-
ge, ketzerisch ist, wie es auch [ketzerisch ist] zu be-
haupten, daß Gott die Sünde ungestraft lasse. Dies
[die Bestrafung der Sünde] aber geschieht durch die
Macht, die Menschen zu schädigen, zur Bestrafung
der Schlechten und zur Verherrlichung des Univer-
sums, nach jenem [Wort] des Augustinus in li. soli-
loquiorum633: »Du hast befohlen, Herr, und so sei
es, daß niemals die Schmach der Schuld ohne die
Zierde der Strafe sei.« Der Beweis des Arguments
vom weisen Sachwalter gilt überhaupt nichts, der so-
viel wie möglich den Mangel und das Böse aus-
schließt, weil es etwas anderes auf sich hat mit dem,
der eine einzelne Sorge trägt und mit dem allgemeinen
Sachwalter. Denn der erstere kann aus dem Bösen
nicht das Gute hervorbringen, wie es der allgemeine
Sachwalter tut, wie aus dem Vorangehenden klar ge-
worden ist.
Zum zweiten gilt, daß sowohl die [göttliche] Macht
wie auch die [göttliche] Güte und die göttliche Ge-

Hexen
4.024 Lösung der Argumente Hexenhammer, 304

rechtigkeit sich darin zeigten, daß er das Böse zuläßt.


Wenn daher gesagt wird, Gott könne das Böse entwe-
der verhindern oder nicht, so wird gesagt, daß er es
nach den vorher vorgelegten Gründen verhindern
kann, aber es nicht [verhindern] muß. Auch gilt der
Einwand nichts, wenn es heißt, also will er, daß das
Böse geschehe, wenn er es verhindern kann, [aber]
nicht verhindern will, weil, wie in den Argumenten
für die Wahrheit behandelt worden ist, Gott weder
das Böse wollen kann, noch, daß es geschieht, oder,
daß es nicht geschieht, sondern zulassen will, daß das
Böse geschehen kann, und dies wegen der Vervoll-
kommnung des Universums.
Zum dritten sprechen Augustinus und der Philo-
soph von der menschlichen Erkenntnis, für die [35vb]
es aus einem zweifachen Grund besser ist, das Böse
und zu Verabscheuende nicht zu erkennen. Erstens,
weil wir dadurch bisweilen von der Erwägung der
bösen Dinge abgehalten werden, und dies geschieht,
weil wir nicht viele Dinge zugleich erkennen können;
und [es geschieht] auch aus dem Grunde, damit bis-
weilen das Erwägen des Bösen den Willen zum
Bösen hinwendet. Diese [Umstände] haben aber in
Gott keinen Raum, der ohne Fehl alle Werke der
Menschen und der Zauberer erkennt.
Zum vierten: der Apostel wendet die Sorge Gottes
von den Ochsen ab, um zu zeigen, daß die vernunft-

Hexen
4.025 Lösung der Argumente Hexenhammer, 305

begabte Kreatur durch den freien Willen Macht über


ihr Handeln hat, wie gesagt worden ist. Gott tut dies,
damit ihr etwas zur Schuld oder zum Verdienst ange-
rechnet und danach Strafe oder Belohnung zuteil
würde, worüber er besondere Vorsehung walten läßt,
demgemäß unvernünftige Dinge nicht der Vorsehung
unterworfen sind.
Aber behaupten zu wollen, daß die Einzelwesen
unter den unvernünftigen Geschöpfen aufgrund jener
Autorität nicht der göttlichen Vorsehung teilhaftig
würden, wäre ketzerisch, weil dies zu behaupten
hieße, daß nicht alle Dinge der göttlichen Vorsehung
unterworfen seien, gegen den Ruhm der göttlichen
Weisheit in der Heiligen Schrift634, die von Anfang
bis Ende kraftvoll wirkt und alle Dinge aufs Schönste
fügt; und dies wäre der Irrtum des Rabbi Moises635,
wie in den Argumenten für die Wahrheit klar gewor-
den ist.
Zum fünften, weil der Mensch nicht der Schöpfer
der Natur ist, sondern die natürlichen Verrichtungen
der Kunst und der Kraft zu seinem Gebrauch verwen-
det, deshalb erstreckt sich die menschliche Vorsehung
nicht auf die notwendigen Dinge, die von Natur aus
geschehen, wie, daß morgens die Sonne aufgeht, wor-
auf sich jedoch die Vorsehung Gottes erstreckt, weil
er selbst der Sachwalter der Natur ist. Daher würden
auch die natürlichen Fehler, auch wenn sie aus dem

Hexen
4.026 Lösung der Argumente Hexenhammer, 305

Lauf der natürlichen Dinge hervorgingen, doch der


göttlichen Vorsehung unterworfen sein, weshalb auch
Demokrit und die anderen Naturphilosophen geirrt
haben, die allein der Notwendigkeit der Materie zu-
schrieben, was immer den Irdischen geschah636.
Zum letzten, mag auch alle Strafe wegen der Sünde
von Gott verhängt werden, so werden doch nicht
immer die größten Sünder von Schadenszauber be-
troffen, entweder, weil der Teufel nicht will, daß er
jene peinigt und versucht, von denen er [der Teufel]
sieht, daß er sie mit rechtmäßigem Anspruch besitzt,
oder deshalb, damit sie nicht zu Gott eilen, nach
jenem [Wort]637: »Vergrößert hat sich ihr Elend, da-
nach sind sie [zu Gott] geeilt etc.« Und daß jede Stra-
fe wegen der Sünden verhängt wird, ist ersichtlich aus
den folgenden [Worten] [36ra] nach Hierony-
mus638: »Was immer wir erleiden, verdanken wir
unseren Sünden.«

Hexen
4.027 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 306

[I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der


Zauberer schwerwiegender sind als die Sünden
der bösen Engel und der ersten Eltern, weshalb,
wie die Unschuldigen wegen der Schuld der
Eltern, so auch jetzt viele Unschuldige wegen
der Sünden der Zauberer verdammt und durch
Zauberei geschädigt werden. Die vierzehnte
Frage ist auch insgesamt Predigtstoff.

Indes wird hinsichtlich der Ungeheuerlichkeit der


Verbrechen gefragt, ob die Schandtaten der Zauberer
alle Übel, die Gott geschehen läßt und vom Anfang
der Welt bis jetzt hat geschehen lassen, sowohl an
Schuld als auch an den Strafen und Schäden übertref-
fen? Und es scheint nicht so zu sein, besonders was
die Schuld anlangt. Denn die Sünde, die einer begeht
[und] die er leicht hätte vermeiden können, übertrifft
die Sünde, die ein anderer begeht [und] die er nicht so
leicht vermeiden konnte. Es geht aus Augustinus in
de civi. dei639 hervor: »Groß ist der Frevel der
Sünde da, wo es doch so leicht gewesen wäre, nicht
zu sündigen.« Aber Adam und mehrere [andere], die
aus irgendeinem Zustand der Vollkommenheit oder
auch aus der Gnade heraus sündigten, hätten wegen
des Beistandes der Gnade die Sünden leichter vermei-
den können – besonders Adam, der in der Gnade ge-

Hexen
4.028 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 307

schaffen worden war – als die meisten Hexen, die der-


artige Geschenke nicht empfangen haben. Also über-
treffen die Sünden jener alle Schandtaten der Zaube-
rer.
Bezüglich der Strafe: eine größere Schuld bedarf
einer größeren Strafe. Aber die Sünde Adams war
aufs schwerste dadurch gestraft worden, daß sich be-
kanntlich in allen Nachkommen seine Strafe samt der
Schuld offenbart. Also ist seine Sünde schwerer als
alle anderen Sünden. Bezüglich des Schadens. Denn
[es heißt] nach Augustinus640: »Dadurch ist etwas
böse, weil es das Gute wegnimmt.« Also wo mehr
vom Guten weggenommen wird, dort ging mehr
Schuld voraus. Aber die Sünde der ersten Eltern hat
größeren Schaden gebracht, sowohl in den natürlichen
Dingen wie auch in den Gnadengütern, wo sie uns die
Unschuld und die Unsterblichkeit raubte, was [36rb]
keine der anderen folgenden Sünden bewirkte etc.
Aber dagegen: Das, was mehr Bezüge zum Bösen
enthält, ist in höherem Grade böse. Und die Sünden
der Hexen sind derartig. Denn sie können mit Zulas-
sung Gottes alles Böse an den Gütern der Natur und
des Schicksals hervorbringen, wie aus der Bulle641
des Papstes hergeleitet wird. Ferner sündigte Adam
bloß, indem er das tat, was in einer642 Hinsicht
schlecht war, weil es verboten war; aber es war nicht
schlecht an sich. Aber die Zauberer und die anderen

Hexen
4.029 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 307

Sünder sündigen, indem sie das tun, was in zweierlei


Hinsicht schlecht ist, sowohl an sich als auch, weil es
verboten ist, wie Morde und viele andere verbotene
Dinge. Daher sind ihre Sünden schwerer als andere
Sünden. Ferner ist eine Sünde, die aus einer bestimm-
ten Bosheit [begangen wird], schwerer als eine Sünde,
die aus Unwissenheit [begangen wird]. Aber die
Hexen mißachten aus großer Bosheit den Glauben
und die Sakramente des Glaubens, wie mehrere ge-
standen haben.
Antwort. Daß die bösen Dinge, die von den moder-
nen Zauberern und Hexen verübt werden, alle anderen
bösen Dinge, die Gott je hat geschehen lassen, nach
dem, was im Titel der Frage behandelt wird, übertref-
fen, und zwar bezüglich der Sünden, die in Unsittlich-
keit geschehen. Anders mag es sein bei den Sünden,
die anderen theologischen Tugenden entgegenstehen.
Das kann auf dreifachem Wege643 gezeigt werden.
Erstens im allgemeinen, indem man ihre Werke, ohne
zu differenzieren, mit irgendwelchen anderen Schand-
taten der Welt vergleicht; zweitens, im besonderen,
indem man [sie] mit den Spielarten des Aberglaubens,
[hervorgegangen aus] einem mit den Dämonen ge-
schlossenen Pakt, vergleicht; drittens, indem man jene
mit den Sünden der bösen Engel oder auch der ersten
Eltern vergleicht.
Zuerst so. Da das Übel dreifach ist, nämlich das

Hexen
4.030 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 308

der Schuld, der Strafe, des Schadens, weil es ein drei-


faches Gutes gibt, was jenem entgegengesetzt ist,
nämlich Sittlichkeit, Erbauung und Nutzen; [so] steht
auch die Schuld der Sittlichkeit, die Strafe der Erbau-
ung, der Schaden dem Nutzen entgegen. Daß die
Schuld der Hexen alle anderen Sünden übertrifft, wird
so deutlich: Mag nämlich auch nach der Lehre des
heiligen Thomas in secundo di. 22 arti. 2644 bei
der Sünde vieles zu erwägen sein, woraus die Schwe-
re oder auch die Leichtigkeit der Sünde erschlossen
werden kann – wodurch es auch geschieht, daß diesel-
be Sünde bei dem [36va] einen schwerer, bei dem an-
deren leichter befunden wird, so wie wir sagen kön-
nen, daß in der Hurerei ein Jüngling sündigt, ein
Greis den Verstand verloren hat –, so sind doch jene
Sünden einfach schwerer, die mehr und schwerere
Umstände – ich sage nicht lediglich Umstände, son-
dern die nach Art und Ausmaß der wesentlichen
Sünde eine [andere] Schwere der Sünde – aufweisen.
Wir können es folgendermaßen formulieren: Mag
auch die Sünde Adams bezüglich einiger Umstände
schwerer sein als alle anderen Sünden – insofern er
[nur] durch eine kleinere Versuchung getrieben fiel,
schließlich war [die Versuchung] nur von außen [an
ihn herangetreten] – [insofern] er auch leichter wegen
der ursprünglichen Gerechtigkeit, in der er geschaffen
war, hätte widerstehen können, so hat es dennoch hin-

Hexen
4.031 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 309

sichtlich der Art und dem Ausmaß der Sünde und


auch hinsichtlich anderer Umstände, welche die
Sünde noch erschweren, später viele schlimmere Sün-
den gegeben [als die Adams], und unter diesen [Sün-
den] übertreffen diejenigen der Zauberer alle anderen.
Dies wird noch klarer aus zwei Dingen abgeleitet.
Denn wie eine Sünde größer als eine andere heißt ent-
weder wegen der Kausalität wie die Sünde Luzifers
oder wegen der allgemeinen Auswirkung wie die
Sünde Adams oder wegen der Scheußlichkeit wie die
Sünde des Judas oder wegen der Schwierigkeit der
Vergebung wie die Sünde wider den Heiligen Geist
oder wegen der Gefahr wie die Sünde der Unwissen-
heit oder wegen der Unwiderstehlichkeit wie die
Sünde der Begierde oder wegen der Beleidigung der
göttlichen Majestät wie die Sünde der Idolatrie und
des Unglaubens oder wegen der Schwierigkeit der Be-
kämpfung wie der Hochmut oder wegen der Blindheit
des Verstandes wie der Zorn: so übertreffen auch nach
der Sünde Luzifers645 die Werke der Zauberer alle
anderen Sünden sowohl an Scheußlichkeit, da sie den
Gekreuzigten verleugnen, als auch an Geilheit, da sie
fleischliche Schändlichkeiten mit den Dämonen trei-
ben und an Verstandesblindheit, da sie sich in wilder
Lust auf jegliche Schädigung sowohl der Seelen wie
auch der Körper der Menschen und des Viehs, ganz
von Bosheit beseelt, stürzen, wie aus dem Gesagten

Hexen
4.032 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 310

klar geworden ist.


Das zeigt auch nach Isidor646 der Name: Sie hei-
ßen nämlich Übeltäter647 wegen der Ungeheuerlich-
keit ihrer üblen Taten [36vb] etc., wie oben648 ge-
zeigt wurde.
Es wird auch davon hergeleitet: Zwei [Dinge] sind
in der Sünde, der Abfall [von Gott] und der Übertritt
[zum Teufelsdienst], nach jenem [Wort] des Augusti-
nus649: »Eine Sünde ist es, in Verachtung des un-
wandelbar Guten wandelbaren Dingen anzuhängen.«
Und die Abkehr von Gott selbst sei gleichsam das
Formale so wie die Umkehr650 selbst gleichsam das
Materielle sei. Deswegen ist eine Sünde um so schwe-
rer, je mehr der Mensch sich selbst von Gott trennt.
Und weil sich durch die Ungläubigkeit der Mensch
am meisten [von ihm] sondert, deswegen ist auch der
Schadenszauber aus Unglauben schlimmer als alle
[anderen] Sünden. Und dies wird erklärt durch den
Namen Ketzerei, was Apostasie vom Glauben651 ist
und gleichfalls dadurch, daß ihr [der Apostaten] gan-
zes Leben eine Sünde ist. Über das erste: da nämlich
die Sünde des Unglaubens in dem Widerstreben
gegen den Glauben besteht. Und dies kann zweifach
geschehen, weil entweder dem noch nicht empfange-
nen oder aber dem [bereits] empfangenen Glauben wi-
derstrebt wird. Wenn auf die erste Weise, dann ist es
der Unglauben der Heiden oder der [heidnischen]

Hexen
4.033 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 310

Völker. Wenn auf die zweite Weise, dann wiederum


zweifach, weil dabei entweder dem empfangenen
christlichen Glauben in sinnbildlicher Gestalt oder in
der Offenbarung der Wahrheit selbst widerstrebt wird.
Auf die erste Weise ist es der Unglaube der Juden, auf
die zweite Weise ist es der Unglaube der Ketzer.
Daher ist klar, daß die Ketzerei der Hexen unter den
drei Arten des Unglaubens als die schwerwiegendste
hervortritt, was auch mit Grund und Autorität bewie-
sen wird. Denn 2 Petri 2652 heißt es: »Für jene wäre
es besser gewesen, den Weg der Wahrheit nicht zu er-
kennen als sich nach Erkenntnis [der Wahrheit] wie-
der von ihr abzuwenden.« Aus folgendem Grund:
Denn wie derjenige, der nicht erfüllt, was er verspro-
chen hat, schwerer sündigt, als jener, der das nicht er-
füllt, was er niemals versprochen hat, deswegen sün-
digt die Ungläubigkeit der Ketzer, die den Glauben
des Evangeliums bekennen und ihm dennoch wider-
streben, indem sie ihn selbst zuschanden machen,
schwerer als die der Juden und Heiden653. Und wie-
derum sündigen die Juden schwerer als die Heiden,
weil sie einen Begriff vom christlichen Glauben im
Alten Testament empfangen haben, da sie ihn verfäl-
schen, indem sie ihn schlecht auslegen, was die Hei-
den nicht tun. Deswegen ist auch deren Ungläubigkeit
eine schwerwiegendere Sünde als die Ungläubigkeit
der Heiden, die niemals den Glauben des Evangeli-

Hexen
4.034 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 311

ums [37ra] empfangen haben.


Über das zweite, daß sie auch Apostaten genannt
werden. Nach Thomas, II, 2 q. 12654 birgt Aposta-
sie in sich ein gewisses Zurückweichen von Gott und
von der Religion, was auf verschiedene Arten ge-
schieht, wonach der Mensch mit Gott verbunden wird,
sei es durch den Glauben oder sei es durch den Wil-
len, der sich dem Gehorsam unterwirft oder durch den
Ordens- oder Priesterstand, nach dem, was auch Ray-
mundus655 sagt und Hostiensis656: daß Apostasie
ein waghalsiger Austritt aus dem Stand des Glaubens
oder des Gehorsams oder des Ordens sei. Und mit der
Entäußerung des Vorrangigen wird auch das Nach-
rangige entfernt, aber nicht umgekehrt. Deshalb über-
trifft auch die erste die beiden anderen, nämlich die
Apostasie vom Glauben übertrifft [die Entsagung]
vom Ordens- oder Priesterstand, worüber 48 di.
quantumlibet und 16 q. 1 legi non debet657 [han-
delt]. Jedoch wird nach Raymundus658 keiner für
einen Abgefallenen oder Flüchtigen angesehen, auch
wenn er sich sehr weit entfernt hat, wenn er nicht
nachher durch sein Leben zeigt, daß er die Absicht
zur Rückkehr aufgegeben hat, vgl. de re milit. 1 des-
ertorem659. Und das würde geschehen, wenn er eine
Ehefrau nähme oder so etwas ähnliches [täte]. Ähn-
lich ist auch die Apostasie des Ungehorsams, wo je-
mand mutwillig die Gebote der Kirche und der Präla-

Hexen
4.035 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 312

ten mißachtet, worüber 3 q. 4 alieni660 [handelt].


Dieser erweist sich auch als übel beleumundet, wird
von der Zeugenschaft ausgeschlossen und muß ex-
kommuniziert werden, 11 q. 3 Si autem661.
Daher wird auch die Apostasie, über die wir spre-
chen, die Apostasie der Hexen, Apostasie der Treulo-
sigkeit genannt, die um so schwerer wiegt, als sie
auch durch einen ausdrücklichen Pakt662 mit dem
Feind des Glaubens, der Vernunft und des Heils ge-
schieht. Denn das haben die Hexen zu tun, und das
fordert jener Feind ganz oder teilweise. Wir Inquisito-
ren fanden nämlich [Frauen], die alle Artikel des
Glaubens abgeleugnet hatten, einige jedoch [nur] eine
bestimmte Anzahl. Immer aber sollten sie die wahre
und sakramentale Beichte ableugnen. Daher scheint
die Ruchlosigkeit des Julian Apostata663 nicht so
groß gewesen zu sein, mag er auch in anderen [Din-
gen] schlimmere [Ruchlosigkeiten] gegen die Kirche
verübt haben, worüber auch 2 q. 7 non potest664
[handelt].
Wenn aber bei dieser Gelegenheit jemand fragte,
was für eine Ehrerbietung und Gehorsamsleistung sie
aber dem Teufel durch äußere Handlungen erweisen
würden, wenn sie im Geist und [37rb] im Herzen, die
Gott allein und keine Engelskreatur durchschaut, wie
oben erklärt worden ist, den Glauben bewahren wür-
den? Offenbar muß man sagen, daß, wenn die Apo-

Hexen
4.036 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 312

stasie der Treulosigkeit zweifach geschehen kann,


durch äußere Handlungen der Ungläubigkeit ohne
einen ausdrücklichen, mit dem Dämon eingegangenen
Pakt, wie wenn jemand in den Ländern der Ungläubi-
gen die mohammedanische Lebensart annehmen
würde oder in den Ländern der Christen mit einem
ausdrücklichen Pakt etc., [daß dann] die ersten, wenn
sie auch den Glauben im Innern behalten, [ihn] doch
durch äußere Handlungen verleugnen. Mögen sie
auch weder Abgefallene noch Ketzer sein, so begehen
sie dennoch eine Todsünde. So nämlich erwies Salo-
mon den Götzen seiner Ehefrauen Ehrerbietung665.
Auch würde jemand nicht entschuldigt, wenn er dies
aus Furcht täte, weil es nach Augustinus seliger ist,
den Hungertod zu sterben als vom Götzendienstes zu
zehren. Andere haben besser666, 32 q. 4667, Sacius.
Wie sehr aber auch die Hexen den Glauben im Her-
zen bewahren und mit dem Mund ableugnen, werden
sie dennoch als Abgefallene beurteilt, weil sie ein
Bündnis mit dem Tod und einen Pakt mit der Hölle
geschlossen haben. Daher sagt der heilige Thomas in
2 di. 7 art. ultimo668, indem er von ähnlichen magi-
schen Werken spricht und denen, die auf irgendeine
Weise von den Dämonen Hilfe erbitten: »In allen ist
Apostasie vom Glauben wegen des mit dem Dämon
eingegangenen Paktes, entweder durch Worte, wenn
eine Anrufung stattfindet, oder durch irgendeine Tat,

Hexen
4.037 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 313

auch wenn Opferhandlungen fehlen mögen. Denn ein


Mensch kann nicht zwei Herren dienen.«669 Zu dem-
selben [Thema] Albertus, wie oben di. 8670, wo ge-
fragt wird, ob es eine Sünde sei und Apostasie vom
Glauben, den Zauberern und Astrologen ergeben zu
sein. Er antwortete so: »Bei solchen ist immer eine
Apostasie des Wortes oder der Tat. Denn wenn Anru-
fungen geschehen, dann wird ein offener Pakt mit dem
Dämonen eingegangen, und dann ist das offene Apo-
stasie mit Worten. Wenn es nur durch ein einfaches
Werk geschieht, dann ist es Apostasie durch die Tat.
Und weil in allen diesen [Dingen] immer eine Schän-
dung des Glaubens ist, weil vom Dämon erwartet
wird, was von Gott zu erwarten ist, deshalb wird es
immer als Apostasie beurteilt.«
Siehe, wie klar sie eine doppelte [37va] Apostasie
feststellen und eine dritte, nämlich die des Herzens,
als darunter fallend betrachten! Wenn diese [die Apo-
stasie des Herzens] fehlt, so werden die Hexen mit
Worten und Werken doch als Abgefallene671 beur-
teilt. Daher müssen sie, wie gezeigt wird, auch den
Strafen der Ketzer und Apostaten unterworfen sein.
Und noch eine dritte Ungeheuerlichkeit672 des
Verbrechens ist vor allen übrigen anderen Ketzereien
in ihnen. Denn wenn nach Augustinus673 das ganze
Leben der Ungläubigen eine Sünde ist, 28 q. 1 §
2674, und es gibt eine Glosse über jenes [Wort] Ro-

Hexen
4.038 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 314

manorum 14675: »Alles, was nicht aus dem Glau-


ben ist, ist Sünde«, wie soll man dann vom ganzen
Leben urteilen, d.h. von allen anderen Werken der
Hexen, die dennoch nicht zur Freude der Dämonen
geschehen, wie zu fasten, die Kirchen zu besuchen, an
der Kommunion teilzunehmen und so weiter. Denn in
allen [diesen Handlungen] begehen sie Todsünden,
was so erklärt wird: so groß nämlich ist die Besude-
lung durch diese Sünde, daß sie auch die Möglichkeit,
sich wieder aufzurichten, wenn auch nicht insgesamt,
nimmt, weil die Sünde nicht das ganze Gute der Natur
verdirbt und das natürliche Licht in ihnen zurück-
bleibt. Jedoch [begehen sie Todsünden] wegen der
dem Teufel geleisteten Huldigung, wenn sie davon
nicht absolviert werden. Alle ihre Werke, auch die
von der Art der guten, sind mehr von der Art der
schlechten, was man bei anderen Ungläubigen nicht
findet. Denn Thomas 2.2. q. 10676 sagt [zur Frage]:
»Ob jede ungläubige Handlung eine Sünde sei?«,
daß, wiewohl die Werke der Ungläubigen, die der Art
nach gut sind, wie Fasten, Almosen und solcherlei,
ihnen nicht zum Verdienst gereichen wegen des Un-
glaubens, welcher der schwerste Frevel ist. Dennoch,
weil die Sünde nicht das ganze Gute der Natur ver-
dirbt, sondern in ihnen ein natürliches Licht zurück-
bleibt, deswegen ist nicht jede ihrer Handlungen eine
Todsünde, sondern eine Handlung, die aus dem Un-

Hexen
4.039 [I,14] Es wird erklärt, daß die Sünden der Zauberer Hexenhammer, 314

glauben selbst hervorgeht oder auf ihn zurückgeht,


auch wenn sie der Art nach gut ist, z.B. ein Sarazene,
der fastet, um das Gesetz Mohammeds über das Fa-
sten einzuhalten, der Jude, der seine Feste feiert und
solcherlei: darin ist eine Todsünde. Und so wird jenes
oben angeführte [Wort] des Augustinus677 verstan-
den: »Das ganze Leben der Ungläubigen ist Sünde.«

Hexen
4.040 Daß die Hexen die schwersten [37vb] Strafen Hexenhammer, 315

Daß die Hexen die schwersten [37vb] Strafen


verdienen, mehr als alle Verbrecher der Welt.

Endlich übertreffen ihre Verbrechen alle Sünden an-


derer. Bezüglich der verdienten Strafe wird erklärt: er-
stens hinsichtlich der Strafe, die den Ketzern zuteil
werden muß, zweitens hinsichtlich der Strafe, die den
Abgefallenen auferlegt werden muß. Ketzer nämlich
werden mit einer vierfachen Strafe bestraft, nach Rai-
mundus678, nämlich durch Exkommunikation, Ab-
setzung, Wegnahme des Besitzes und körperlichen
Tod. Alle diese Dinge wird der Leser [behandelt] fin-
den: das erste, de sen. excom. noverit679, das zwei-
te 24 q. 1 Qui contra pacem680, das dritte di 8 quo
iure681 und 23 q. 7 c. 1682 und folgende und das
vierte unter derselben Überschrift, nämlich de hereti-
cis, Excommunicamus 1 und 2683. Mehr noch ver-
fallen schwersten Strafen [deren] Anhänger, Beher-
berger, Begünstiger und Verteidiger. Denn außer den
von ihnen verwirkten Strafen der Exkommunikation
werden die Ketzer mit ihren Begünstigern und Vertei-
digern und den Beherbergern, auch ihre Söhne, bis in
die zweite Generation in der väterlichen Linie, in der
mütterlichen Linie bis zum ersten Grad, zu keiner
kirchlichen Pfründe und keinem Amt zugelassen, wie
unter derselben Überschrift quicunque et c. statu-

Hexen
4.041 Daß die Hexen die schwersten [37vb] Strafen Hexenhammer, 316

tum, li. 6684 [steht]. Aber auch bezüglich der dritten


Strafe gehen, wenn die Ketzer rechtgläubige Söhne
haben, diese zur Sühnung des Verbrechens der väter-
lichen Erbschaft verlustig. Und bezüglich der vierten
Strafe, wenn er [der Ketzer] nach der Aufdeckung des
Irrtums nicht unmittelbar umkehren und der Ketzerei
abschwören will, muß er umgehend verbrannt werden,
wenn er ein Laie ist. Die Fälscher des Geldes nämlich
werden sofort dem Tod übergeben, um wieviel mehr
die Fälscher des Glaubens! Wenn es aber ein Kleriker
ist, wird er nach feierlicher Absetzung dem weltlichen
Gerichtshof zur Hinrichtung überlassen. Wenn sie
aber zum Glauben zurückkehren, müssen sie in ewi-
ges Gefängnis geworfen werden, de hereticis, Ex-
communicamus 1 und 2685, und dies nach der gan-
zen Strenge des Rechts. Milder jedoch wird mit ihnen
verfahren nach dem Abschwören686, das sie nach Er-
messen des Bischofs und des Inquisitors leisten müs-
sen, wie im dritten Teil erklärt werden wird, wo die
verschiedenen [38ra] Arten, solche zu verurteilen, be-
handelt werden687. Ein solcher soll auch zum Er-
tappten und Überführten oder auch Rückfälligen er-
klärt werden.
Die Hexen auf diese Arten zu strafen, scheint aber
nicht auszureichen, da sie nicht einfach Ketzerinnen
sind, sondern auch Abgefallene und, schlimmer noch,
daß sie bei dieser Apostasie nicht aus Menschenfurcht

Hexen
4.042 Daß die Hexen die schwersten [37vb] Strafen Hexenhammer, 316

oder Fleischeslust den Glauben ableugnen, wie oben


erwähnt worden ist, sondern über die Verleugnung
hinaus den Dämonen selbst die Huldigung erweisen,
indem sie [ihre] Körper und Seelen preisgeben. Aus
diesen Dingen scheint es hinlänglich vertretbar, daß
sie, wie sehr sie auch bereuen mögen und zum Glau-
ben zurückgebracht werden, nicht wie andere Ketzer
dem ewigen Gefängnis zu übergeben, sondern mit der
letzten, der Todesstrafe, zu bestrafen sind, und dies
auch wegen der weltlichen Schäden, die den Men-
schen und dem Vieh unterschiedlich zugefügt werden.
Dies schreiben die Gesetze vor, wie sich in C. de ma-
leficis, l. nullus, l. nemo und l. culpa688 zeigt. Und
es ist eine vergleichbare Schuld, verbotene Dinge zu
lernen und zu lehren. Und reden die Gesetze über die
Wahrsager689, um wieviel mehr [dann] über die Zau-
berer, wenn sie sagen, daß ihre Strafe in der Konfis-
kation der Güter und der Enthauptung besteht. Und
wer durch solche Kunst eine Frau zur Unzucht verlei-
tet hat oder umgekehrt, wird den wilden Tieren ausge-
liefert, wie eben dort gesagt wird l. multi690, und
von diesen Dingen ist in der ersten Frage die
Rede691.

Hexen
4.043 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 317

[I,15] Anhand der fünfzehnten Frage wird


erklärt, daß wegen der Sünden der Hexen oft
Unschuldige durch Zauberei geschädigt werden,
wenn auch bisweilen wegen eigener Sünden.

Aber damit der Umstand, daß mit göttlicher Zulas-


sung viele Unschuldige mit den genannten Schäden
wegen der fremden Sünden der Hexen und nicht
wegen eigener Schuld geschädigt und bestraft werden,
nicht ungehörig erscheine, zeigt der heilige Thomas
2. 2. q. 108692, daß dieses von Gott her mit Recht
geschieht, indem er von den Strafen des diesseitigen
Lebens aus dreifacher Erwägung spricht.
Erstens nämlich, daß ein Mensch zum Belang eines
anderen gehört, und wie jemand an den Gütern ge-
straft wird, so kann jemand auch zur Bestrafung eines
anderen gestraft werden. Denn die Söhne sind dem
Leib nach Güter des [38rb] Vaters, [wie] Sklaven
und Tiere Güter der Herren. Und so werden die Söhne
manchmal für ihre Eitern bestraft, wie der aus dem
Ehebruch Davids geborene Sohn früh starb693 und
[wie] befohlen wurde, die Tiere der Amalekiter zu
töten694, auch wenn in solcherlei [Berichten] ein my-
stischer Sinn liegen mag, wie es heißt 1. q. 4 § par-
vulos695.
Zweitens, weil die Sünde des einen auf einen ande-

Hexen
4.044 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 318

ren übergeht und dies doppelt696: durch Nachah-


mung, wie die Söhne die Sünden der Eltern nachah-
men und die Sklaven und Untergebenen die Sünden
der Herren, so daß sie dreister sündigen, wie es bei
den auf unrechte Weise erworbenen Sachen geschieht,
bei denen die Söhne an die Stelle [der Väter] treten,
die Knechte bei Raubzügen und ungerechten Kriegen,
weshalb sie öfter umkommen. Und Untergebene der
Vorgesetzten sündigen dreister, wenn sie diesen beim
Sündigen [tatenlos] zusehen, selbst wenn sie nicht
dieselben Sünden begehen, weshalb sie mit Recht be-
straft werden.
Auf dem Wege des Verdienstes wird auch die
Sünde des einen zu einem anderen abgeleitet, wie das
Verdienst der Untergebenen hinsichtlich eines
schlechten Vorgesetzten, d.h., daß die Sünden der Un-
tergebenen einen sündigen Vorgesetzten verdienen,
nach jenem [Wort] bei Iob697: »Er läßt den Heuchler
herrschen wegen der Sünden des Volkes.« Auch wird
durch Zustimmung oder Duldung [der Sünde] die
Sünde und konsequenterweise die Strafe übertragen.
Das geschieht, wenn die Oberen die Sünden nicht ver-
urteilen; dann werden sehr oft die Guten mit den
Bösen bestraft, wie Augustinus in primo de ci.
dei698 sagt. Ein Beispiel, als einer von uns Inquisito-
ren eine Stadt699 vorfand, die durch das Hinsterben
der Menschen gleichsam verödet war und wo das Ge-

Hexen
4.045 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 319

rücht umging, eine begrabene Frau verschlinge nach


und nach das Leichentuch, mit dem sie begraben war,
und die Pest könne nicht aufhören, wenn sie nicht das
Leichentuch ganz verschlinge und es in ihren Bauch
gelangt sei. Nachdem darüber beraten worden war,
ließen der Stadtammann mit dem Bürgermeister700
das Grab öffnen und fanden das Leichentuch so gut
wie zur Hälfte durch Mund und Hals hindurch bis in
den Bauch hineingezogen und verzehrt. Als der Am-
mann das sah, zog er in der Erregung das Schwert,
schlug das Haupt ab und warf es aus der Grube. Und
so hörte die Pest plötzlich auf701. Damit waren
schlechterdings mit göttlicher Zustimmung die Sün-
den jener alten Frau wegen der Saumseligkeit der
Oberen an den Unschuldigen [38va] gestraft worden.
Denn bei der angestellten Inquisition fand man, daß
diese eine lange Zeit ihres Lebens eine Wahrsage-
rin702 und Zauberin703 gewesen war. Eine Beispiel
[ist auch] die Bestrafung Davids durch die Pest wegen
der Zählung des Volkes704.
Drittens geschieht es durch göttliche Zulassung,
damit man sich auf die Einheit der menschlichen Ge-
meinschaft besinne, wonach ein Mensch auf den ande-
ren aufpassen muß, auf daß er nicht sündige und auch
zur Sühnung der Sünde, indem nämlich die Sünde des
einen sich über alle ergießt, als ob alle ein Leib seien.
Zum Beispiel von der Sünde des Achor, Josue 7705.

Hexen
4.046 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 319

Wir können noch zwei Arten hinzufügen. Wie die


Schlechten bisweilen an den Guten, so werden sie
manchmal auch an anderen Schlechten gestraft. Denn
wie Gratianus sagt, 23 q. 5 § ulti.706: Manchmal
straft Gott die Schlechten durch die rechtmäßigen
Machthaber gemäß ihrem Auftrag, und dies zweifach:
Manchmal, indem die Strafenden verdienstlich han-
deln, wie er durch sein Volk die Sünden der Kanaani-
ter strafte707, manchmal ohne Verdienst der Strafen-
den, sondern auch zu ihrer eigenen Bestrafung, wie er
den Stamm Benjamins bestrafte und bis auf wenige
vernichtete708. Machmal straft er auch durch seine
Völker, die auf [sein] Geheiß oder durch Zulassung in
Aufruhr sind, [aber] trotzdem nicht beabsichtigen,
Gott zu gehorchen, sondern ihre Genußsucht befriedi-
gen und darum zu ihrem [eigenen] Schaden [handeln],
wie er jetzt sein Volk durch die Türken bestraft und
früher öfter durch fremde Völker, auch im Alten Te-
stament.
Aber merke, aus welchem Grund auch immer je-
mand bestraft wird: Wenn er sie nicht geduldig auf
sich nimmt, dann dienen die Geißeln nicht zur Genug-
tuung, sondern nur zur Rache, d.h. zur Bestrafung,
nach jenem [Wort] Deutero. 32709: »Das Feuer«,
nämlich die weltliche Strafe, »ist angezündet in mei-
ner Wut«, d.h. in der Strafe, weil sonst in Gott keine
Wut ist; »und es wird brennen bis zu den äußersten

Hexen
4.047 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 320

[Rändern] der Hölle«, d.h., die Rache wird hier begin-


nen und wird brennen bis zur äußersten Verdammnis,
wie Augustinus710 erklärt. Und es wird aufgenom-
men in de penis dist. 4 § auctoritas711. Aber wenn
die Geißeln geduldig ertragen werden und derjenige,
der leidet, geduldig im Stand der Gnade ist, dann
haben sie [die Strafen] den Rang der Buße, wie Tho-
mas in 4712 sagt. [Dies gilt] auch, wenn jemand vom
Richter wegen eines begangenen Schadenszaubers be-
straft würde, oder auch eine Hexe, und dies nach dem
Mehr oder Weniger der Frömmigkeit [38vb] des [die
Strafe] Leidenden und der Beschaffenheit des Verbre-
chens. Doch wenngleich der natürliche Tod der äußer-
ste der Schrecken ist, ist er noch keine Genugtuung,
weil er durch die Natur zur Strafe der ursprünglichen
Sünde713 erwuchs, mag er auch nach Scotus714 in
gewisser Weise Genugtuung leisten können, wenn er
freiwillig und mit Ergebung erwartet und in seiner
Bitterkeit Gott dargebracht wird. Ein gewaltsamer
Tod jedoch ist, mag ihn jemand verdient haben oder
nicht, immer eine Genugtuung, wenn er geduldig und
im Zustand der Gnade ertragen wird. Dies also hin-
sichtlich der Strafen, die wegen der Sünden anderer
verhängt werden.
Wegen der eigenen Sünden aber schlägt Gott auch
im gegenwärtigen Leben und besonders durch das
Verhängen von Schadenszauber. Denn Tobias 7715:

Hexen
4.048 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 321

Ȇber jene, die der Lust ergeben sind, hat der Teufel
Macht gewonnen«, was auch aus dem zuvor Gesagten
deutlich geworden ist, wo der Schadenszauber an den
Gliedern und an den Zeugungskräften, an denen Gott
mehr Behexungen zuläßt, erklärt wurde.
Aber um [das] dem Volk zu predigen, ist zu bemer-
ken, daß man, unbeschadet der vorgenannten Strafen,
mit denen Gott für fremde oder für eigene Schuld
straft, die Rechtsregel zum Grundsatz nehme und dem
Volk vortrage, welche besagt: »Ohne Schuld ist nie-
mand zu bestrafen, wenn kein Grund vorliegt,« extra
de re. iuris716. Und diese Regel hat ihren Platz im
Gericht des Himmels, d.h. Gottes und im Gericht der
Welt, d.h. im menschlichen Gericht, sei es im weltli-
chen oder im geistlichen.
Erkläre bezüglich des Gerichtes des Himmels: Da
nämlich Gott mit einer doppelten Strafe straft, einer
geistlichen und einer zeitlichen, [so] findet man bei
der ersten, daß es sie niemals ohne Schuld gibt, bei
der zweiten findet man, daß sie bisweilen ohne
Schuld, aber nicht ohne Grund [eintritt]. Die erste, die
geistliche Strafe, ist nämlich dreifach: die Entziehung
der Gnade, woraus das Verbleiben im vorbestimmten
[Zustand] folgt; sie sei nicht ohne eigene Schuld. Die
zweite Strafe [ist eine] des Schadens, d.h. der Berau-
bung des Ruhmes. Auch diese wird niemals ohne ei-
gene Schuld verhängt, wie bei den Erwachsenen, oder

Hexen
4.049 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 321

durch übertragene [Schuld], wie bei Kindern, die im


Zustand der Ur[sünde]717 sterben. Die dritte Strafe
der Empfindung, d.h. die Qual des höllischen Feuers,
ist ebenso klar. Daher heißt es Exo. 20718: »Ich, der
Herr, bin ein Eiferer, der die Sünden der Eltern in den
Söhnen bis ins dritte und vierte Glied heimsucht.« Es
wird bezogen [39ra] auf die Nachahmer der elterli-
chen Verbrechen, wie dies Gratian i.q. 4 § qui-
bus719 herausstellt, wo er auch andere Erklärungen
gibt.
Bezüglich der zweiten, der zeitlichen Strafen aber
straft Gott zunächst wegen der Schuld eines anderen,
wie oben720 behandelt worden ist, aus dreifachem
Grund, entweder auch ohne eine fremde und eigene
Schuld, aber nicht ohne Ursache, oder auch aus eige-
ner und ohne fremde Schuld. Wenn du aber die Grün-
de wissen willst, weswegen Gott straft, und zwar
ohne eigene und fremde Schuld, so magst du die fünf
Arten betrachten, die der Magister in quarto di. 15
c. 2721 angibt. Und nehme die ersten drei Gründe,
die übrigen nehme für die eigene Schuld. Er sagt
nämlich, daß Gott den Menschen im gegenwärtigen
Leben aus fünf Gründen geißle oder Strafen über ihn
verhänge: erstens, damit Gott verherrlicht werde; und
dies geschieht, wenn auf wundersame Weise die Stra-
fe oder Geißel aufgehoben wird. Ein Beispiel von
dem Blindgeborenen, Jo. 9722; vom auferweckten

Hexen
4.050 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 322

Lazarus, Jo. 11723.


Zweitens, wenn die erste [Art] nicht zutrifft, dann
wird [die Strafe] verhängt, daß das Verdienst durch
die Übung der Geduld gesteigert werde, wie auch,
damit die unsichtbare innere Tugend anderen offen-
bart werde. Beispiele in Iob 1724 und Tho. 2725.
Drittens, damit die Tugend sich bewähre durch die
Erniedrigung infolge der Geißeln. Ein Beispiel an
Paulus, der von sich sagt, 2 Cor. 12726: »Damit
nicht die Größe der Offenbarungen mich stolz macht,
wurde mir ein Doms ins Fleisch gestoßen, der Engel
Satans etc.«, welcher Dorn nach Remigius727 eine
körperliche Krankheit war. Dies sind die Gründe ohne
Schuld.
Viertens, damit die ewige Verdammnis schon hier
beginne, daß nämlich annähernd gezeigt werde, was
man in der Hölle erleide. Ein Beispiel von Herodes,
in Act. 12728 und von Antiochus in 2 Machab.
9729.
Fünftens, damit der Mensch entweder durch die
Austreibung der Schuld geläutert werde, wenn näm-
lich [diese] durch die Geißeln bekämpft wird. Ein
Beispiel von Maria, der Schwester des Aaron, Nume-
ri 13730, die vom Aussatz befallen wurde; und von
den Israeliten, die in der Wüste fielen731, nach
Hiero. 23 q. 4, quid ergo732. Oder zur Abbüßung
der Strafe. Ein Beispiel bei David, der nach der Ver-

Hexen
4.051 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 323

gebung des begangenen Ehebruchs, was die Schuld


anbelangt, zur Buße aus der Königsherrschaft vertrie-
ben wurde, wie aus 2 Re.733 hervorgeht, was Grego.
de pen. di. 1 si peccatum David734 bemerkt.
Es könnte auch gesagt werden, daß alle Strafe, die
wir erleiden, aus unserer Schuld hervorgeht, wenig-
stens der ursprünglichen, mit der wir geboren wer-
den735, weil sie selbst der Grund aller Ursächlichkei-
ten ist, ar. di. 5 ad eius736.
Auch wenn [39rb] man von der dritten Strafe737,
der des Schadens, spricht, von jener bezüglich der
ewigen Verdammnis, die sie künftig erleiden werden,
möge niemand zweifeln, daß sie [die Hexen] mehr als
alle Verdammten mit empfindlichen Strafen gepeinigt
werden. Denn wie die Schau der Gnade im Reich des
Vaters so folgt auch der Todsünde die Strafe in der
Hölle. Und wie die Stufen der Glückseligkeit im
Reich des Vaters bemessen werden nach den Graden
der Liebe und der Gnade auf dem Lebensweg so auch
das Maß der Strafen in der Hölle nach dem Maß der
Vergehen im Leben. Dies ist es, was [in] Deut.
25738 gesagt wird: »Nach dem Maß der Sünde wird
auch die Art der Plagen sein«; und wenn es so ist bei
allen anderen Sünden, so trifft dies im besonderen bei
den Hexen zu, was Hebr. 10739 angesprochen wird:
»Wieviel schlimmere Strafen, meint ihr, verdient
nicht der, welcher den Sohn Gottes mit Füßen tritt

Hexen
4.052 [I,15] Anhand der fünfzehnten Frage Hexenhammer, 323

und das Blut des Testamentes für unrein hält, in wel-


chem er geheiligt ist?« Dies sind die Eigenschaften
der Hexen, die den Glauben ableugnen und mit dem
göttlichsten Sakrament den meisten Schadenszauber,
wie noch im zweiten Teil740 deutlich werden wird,
verüben.

Hexen
4.053 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 324

[I,16] Die sechzehnte [Frage]: Es wird im


speziellen die erwähnte Wahrheit erklärt, indem
die Hexenwerke mit anderen Arten des
Aberglaubens verglichen werden.

Die erwähnte Wahrheit741 wird nun bezüglich der


Abscheulichkeit der Verbrechen bei den Zauberern
und Hexen durch den Vergleich mit anderen Werken
der Magier und der Weissager742 bewiesen, da es
nämlich vierzehn Arten bei den abergläubischen Wer-
ken aus der dreigeteilten Gattung der Weissagungen
gibt743. Deren erste geschieht durch offene Anrufung
der Dämonen, die zweite bloß durch die stille Be-
trachtung der Befindlichkeit oder der Bewegung ir-
gendeiner Sache wie der Gestirne, der Tage, der Luft-
strömungen und solcherlei; das dritte durch die Be-
trachtung einer menschlichen Handlung zur Erfor-
schung von etwas Verborgenem; diese werden als
sortes744 bezeichnet.
[1.] Und die Arten der ersten Gattung der Weissa-
gung, die durch ausdrückliche Anrufung der Dämonen
geschieht, sind: Blendwerk745, Traumdeutung, Ni-
gromantie, divinatio phitonica746, Geomantie, Hy-
dromantie, Aeromantie747, Pyromantie748 und Kult
der arioli. Thomas 2. 2. q. 95749 [39va] und 26 q.
4 igitur750 und q. 5 nec mirum751.

Hexen
4.054 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 325

[2.] Die Arten der zweiten Gattung sind: genetalia-


ci752, haruspices753, augures754, solche die auf
Vorzeichen achtgeben, Chiromantie755 und Spatula-
mantie756.
[3.] Die Arten der dritten Gattung bestehen aus all
jenen Verfahren zur Erforschung von etwas Verborge-
nem, die als sortes bezeichnet werden, nämlich die
Betrachtung von Punkten, Strohhalmen und Figuren,
die beim Bleigießen entstehen. Und über diese Tho-
mas757, wie oben, und 26 q. 2758 und q. 4 per
totum759.
Doch übertreffen die Schandtaten der Hexen alle
diese Verbrechen, was sich aus den bedeutenderen
Arten ergibt. Darum machen die geringeren keine
Schwierigkeit.
[ad 1.] Denn während in der ersten Art [der ersten
Gattung] irgendwelche Leute durch trügerische Er-
scheinungen die menschlichen Sinne täuschen, so daß
ein körperlicher Gegenstand durch den Blick oder
Tastsinn anders wahrgenommen wird, wie vorher bei
der Gattung des Blendwerks behandelt worden ist760,
so geben sich die Hexen damit nicht zufrieden. Wenn
sie manchmal durch trügerische Erscheinung die Zeu-
gungsglieder, wenn auch nicht in Wirklichkeit, entfer-
nen, [so] beseitigen sie oftmals die Zeugungskraft
selbst, damit eine Frau nicht empfangen oder ein
Mann den Beischlaf nicht vollziehen kann, auch wenn

Hexen
4.055 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 325

[ihm] das Glied bleibt. Ohne trügerische Vorspiege-


lung bewirken sie nach der Empfängnis eine Fehlge-
burt, oft neben unzähligen anderen Übeln. Sie er-
scheinen auch in verschiedenen Tiergestalten, wie in
den oberen [Kapiteln] dargelegt geworden ist.
In der zweiten Art761 nun, die man auch Nigro-
mantie nennt und die durch das Erscheinen der Toten
oder Anrufen [derselben] geschieht, da, wie es heißt,
im dritten Buch ethi.762, griechisch nigros763 la-
teinisch Tod764 bedeutet, mancia aber Weissa-
gung765, führen sie [die Nigromantiker] solche Dinge
durch das Blut eines Menschen oder irgendeines Tie-
res aus, [das sie] über bestimmte Zeichen [ausgießen],
da sie wissen, daß die Dämonen das Blut lieben, d.h.
dessen Vergießung und die Sünden. Daher geschieht
es, daß, wenn sie glauben, sie riefen die Toten zur Be-
antwortung von Fragen aus den Gräbern, die Dämo-
nen, in deren äußerer Erscheinung auftreten und sol-
ches ausführen. Und zu dieser Kunst gehörte jene
Zauberin und phitonissa766, von der in 1 Re. 28767
[die Rede ist], welche auf Drängen Sauls den Samuel
heraufbeschwor. Aber keiner glaubt deswegen, daß
solches [39vb] erlaubt sei, wenn die Schrift erzählt,
die Seele des gerechten Propheten, von den Toten her-
aufgerufen, habe dem Saul den Ausgang des künfti-
gen Krieges durch eine wahrsagende Frau eröffnet.
Weil, wie Augustinus sagt ad simplicianum768:

Hexen
4.056 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 326

»Es ist nicht absurd zu glauben, durch irgendeine


Ausnahmeerlaubnis sei erlaubt gewesen, daß sich,
nicht durch Beherrschung der magischen Kunst oder
Macht, sondern durch ein geheimes Zugeständnis, das
der phitonissa769 und Saul verborgen war, der Geist
des Gerechten den Blicken des Königs zeigte, um ihn
mit dem göttlichen Urteil zu treffen. Oder der Geist
Samuels ist nicht wirklich in seiner Ruhe gestört wor-
den, sondern irgendeine Wahnvorstellung770 und
eingebildete Illusion771 der Dämonen wurde durch
die listigen Mittel des Teufels erzeugt, welche die
Schrift ›Samuel‹ nennt, wie auch Bilder nach den
Namen ihrer Gegenstände benannt zu werden pfle-
gen.« Dies aus der Antwort auf ein Argument über die
Frage, ob die Weissagung772, die durch Anrufung
der Dämonen geschieht, unerlaubt sei, 2. 2. q. 95
arti. 4 ad secundum773. Aber wenn es dem Leser
gefällt, möge er die Antwort auf das letzte Argument
der Frage einsehen, ob es unter den Seligen verschie-
dene Grade der Prophetie gebe, in derselben summa
q. 174774. Er möge auch den Ausspruch des Augu-
stinus, 26 q. 5 Nec mirum775 einsehen.
Aber dies [gehört] nur wenig zu den Werken der
Hexen, die keine Form von Frömmigkeit mehr in sich
tragen, wie sich deutlich zeigt, wenn man ihre Werke
betrachtet. Sie hören nicht auf, das Blut Unschuldiger
zu vergießen, auch Geheimnisse durch teuflische Un-

Hexen
4.057 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 327

terweisungen zu offenbaren, und sie schonen nicht Le-


bende noch Tote, wenn sie die Seelen mit den Kör-
pern töten.
In der dritten Art776 nun, die auch Traumdeutung
heißt, wird zweierlei beobachtet. Erstens, wenn je-
mand Träume benutzt, um dadurch etwas Verborge-
nes durch die Eingebung der bösen Geister zu erfor-
schen, mit denen sie ausdrückliche Pakte haben, wenn
sie nämlich darum angerufen werden. Zweitens aber,
wenn jemand sich der Träume bedient, um die Zu-
kunft zu erkennen. Danach gehen Träume aus göttli-
cher Eingebung oder aus einer inneren oder äußeren
Ursache hervor. Soweit sich eine solche Kraft darauf
erstrecken kann, wird es keine unerlaubte Weissagung
sein. Dies bei Thomas777, wie oben.
Zu dessen Verständnis, damit die Prediger wenig-
stens einen Kern [für ihre Predigten] haben, muß man
erstens von den Engeln bemerken, daß, da ein Engel
[40ra] beschränkte Macht hat, er einer wohl geordne-
ten Seele etwas wirksamer vom Schicksal enthüllen
kann als einer nicht wohl geordneten. Ordnung aber
kommt nach der Beruhigung der inneren und äußeren
Bewegungen, wenn die Nächte still sind und die Wal-
lungen im Innern sich beruhigt haben. Und dies er-
folgt um die [Zeit der] Morgenröte, wenn die Verdau-
ung vollendet ist. Und dies sage ich von uns, den
Sündern Gleichen, denen die Engel aus göttlicher

Hexen
4.058 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 328

Liebe einiges zur Erfüllung der Pflicht offenbaren


oder beim Studium zur Zeit der Morgenröte den Ver-
stand über den verborgenen Sinn der Schriften unter-
richten778, etwas offenbaren. Denn ein guter Engel
leitet den Verstand wie Gott den Willen und die Him-
melskörper unsere Körper, Er kann aber irgendwel-
chen anderen, vollkommeneren Individuen zu jeder
Stunde offenbaren, beim Wachen und im Schlaf, wie-
wohl sie nach dem Philosophen de som. et vigi-
lia779 mehr zu der einen Zeit geeignet sind, Einge-
bungen zu empfangen, als zu einer anderen, wie ge-
sagt ist und wie die übrigen Zauberer es zu tun pfle-
gen.
Zum zweiten bemerke, daß es wegen der natürli-
chen Sorge der Natur um die Beherrschung des Kör-
pers geschieht, daß Zukünftiges eine natürliche Ursa-
che im träumenden Menschen hat. Und dann sind jene
Träume oder Visionen bloß Zeichen und nicht Ursa-
chen, wie bezüglich des Engels gesagt worden ist;
und dies bei zukünftig im Menschen eintreffenden
Umständen, wie Gesundung, Gefahr, etc. Und es ist
die Meinung des Aristoteles780, wie oben, daß die
Natur in den Träumen bestimmte Anlagen vor der
Seele781 repräsentiert, die im Körper sind, aus denen
später eine Krankheit oder anderes entsteht, wie wenn
jemand von der Beschäftigung mit feurigen Gegen-
ständen träumen würde, dies ein Zeichen ist, daß in

Hexen
4.059 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 328

ihm das Cholerische vorherrscht. Wenn von luftigen


Dingen [geträumt wird], wie vom Fliegen und sol-
cherlei, ist dies ein Zeichen von Sanguinismus, wenn
von Wasser oder einer anderen wässerigen Flüssig-
keit, ein Zeichen von Phlegma, wenn von erdigen
Dingen, ein Zeichen von Melancholie. Und deswegen
werden manchmal die Ärzte durch Träume bei der Er-
kenntnis der Anlagen des Körpers unterstützt, wie
auch der Philosoph782 in demselben Buch sagt.
Aber diese Dinge wiegen wiederum leicht im Ver-
gleich zu den Träumen, denen die Zauberer und
Hexen abergläubisch Achtung schenken. Denn wenn
sie nicht körperlich ausfahren, wie oben angesprochen
wurde, sondern nur in der Vorstellung erfahren wol-
len, was von ihren Hexengenossen getrieben wird,
dann haben sie sich [40rb] im Namen ihres Teufels
und aller Dämonen auf die linke Seite zu legen. Daher
geschieht es, daß ihnen Einzelheiten durch ein einge-
bildetes Gesicht vergegenwärtigt werden. Ähnlich,
wenn sie irgendwelche verborgenen Dinge für sich
oder andere Menschen von den Dämonen erfahren
wollen, werden sie durch Träume unterrichtet [und
das] nicht nach einem stillschweigend, sondern aus-
drücklich mit ihnen eingegangenen Pakt. Und wieder-
um nicht durch einen beliebigen Pakt, irgendwie
durch Opferung eines Tieres oder gotteslästerliche
Beschwörung oder auch eines Kultes der hingebungs-

Hexen
4.060 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 329

vollen Verehrung, sondern indem sie sich selbst mit


Seele und Körper den Dämonen preisgeben, unter
völliger Ableugnung des Glaubens mit gotteslästerli-
chem Mund. Und damit nicht zufrieden, bringen sie
auch die eigenen oder die fremden Kinder den Dämo-
nen dar oder töten sie, wie weiter oben beschrieben
ist783.
In der vierten Sorte nun, die durch die phitones784
nach Phiton Apollo785, der nach Isidor786 der Ur-
heber des Weissagens gewesen sein soll, [gebildet
wird], wird nicht durch Träume oder Anrufung Ver-
storbener vorgegangen, sondern durch Lebende, wie
bei den Besessenen, die so, von den Dämonen freiwil-
lig oder unfreiwillig besessen, nur zur Verkündung
der Zukunft und nicht zur Verübung anderer Schand-
taten neigen, wie es mit jenem Mädchen gewesen ist,
Actuum 16787, das hinter den Aposteln herrief, sie
wären die wahren Diener Gottes. Darüber unwillig,
befahl Paulus dem Geist, von ihr zu weichen. Es ist
klar, daß der Vergleich mit den Hexen und ihren Wer-
ken müßig ist, die ja nach Isidor788 wegen des Aus-
maßes der üblen Taten und der Ungeheuerlichkeit der
Verbrechen so heißen, wie oben festgehalten ist.
Daher ist es der Kürze halber nicht erforderlich, dies
zu beweisen, was die anderen minderen Arten der
Weissagungen anlangt, wenn man weiß, daß die ge-
wichtigeren [Arten] [darüber] hinausgehen. Denn

Hexen
4.061 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 330

wenn es einem Prediger gefällt, noch die anderen Sor-


ten anzuführen, wie Geomantie, die sich auf irdische
Körper, wie den Zehennagel, oder das Eisen oder den
Edelstein bezieht; die Hydromantie, die im Wasser
oder im Kristall geschieht; die Aeromantie, die in der
Luft erfolgt; die Pyromantie, die im Feuer geschieht,
die [Weissagung] der arioli, die an den Eingeweiden
der auf den Altären der Dämonen geopferten Tiere ge-
schieht, so ist doch, mögen diese alle durch die aus-
drückliche Anrufung der Dämonen geschehen, kein
Vergleich [40va] mit dem Schadenszauber der Hexen,
da sie auf keine Schädigung der Menschen, des Viehs
und der Früchte der Erde direkt abzielen, sondern auf
die Voraussage der Zukunft.
[ad 2.] Bezüglich der anderen Gattungen der Weis-
sagungen, die mit stillschweigender Anrufung und
durch stillschweigenden Pakt mit den Dämonen prak-
tiziert werden, wie die genetaliaci789 oder Astrolo-
gen, die so wegen der Beobachtungen der Geburts-
sterne genannt werden; [wie die] haruspices, die Tage
und Stunden beobachten, augures790, die das Beneh-
men und das Gezwitscher der Vögel beobachten, Vor-
zeichendeuter, die auf die Worte der Menschen achten
und Chiromantiker, die aus den Linien der Hände
oder den Schulterblättern der Tiere weissagen, möge
der, dem es gefällt, im Praeceptorium [bei]
Nider791 nachsehen, beim zweiten Gebot, und er

Hexen
4.062 [I,16] Die sechzehnte [Frage] Hexenhammer, 330

wird vieles finden, in welcher Form es erlaubt ist und


wann nicht. Die Werke aber der Hexen sind niemals
erlaubt792.

Hexen
4.063 [I,17] Die siebzehnte [Frage] Hexenhammer, 330

[I,17] Die siebzehnte [Frage]: Sie ist die


Erklärung der vierzehnten, indem sie die
Schwere des Verbrechens793 mit jeglichen
Sünden der Dämonen vergleicht.

Aber so groß ist die Größe ihrer [der Dämonen]


Taten, daß sie sogar die Sünden und den Sturz der
bösen Engel übertreffen; [und das] nicht nur an
schuldhaften Taten, sondern auch an höllischen Stra-
fen! Und dies für die schuldhaften Taten zu zeigen,
ist aus verschiedenen Gründen nicht schwer.
Erstens, mag nämlich auch dessen [des gefallenen
Engels794] Sünde unverzeihlich sein, so nimmt man
das doch nicht wegen der Größe des Verbrechens an,
mit Rücksicht auf ihre [der Dämonen] natürlichen An-
lagen, und besonders nach der Meinung jener, die
sagen, sie seien nur mit natürlichen Anlagen und nicht
mit Gnadengaben [ausgestattet] geschaffen worden.
Und weil das Gute der Gnade das Gute der Natur
übertrifft, deshalb übertreffen die Sünden derer, die
aus dem Stand der Gnade fallen, wie die Hexen, die
den in der Taufe empfangenen Glauben ableugnen,
schlechterdings deren [der Dämonen] Sünden. Wenn
wir aber sagen wollen, daß diese in der Gnade ge-
schaffen, wenn auch nicht bestärkt seien, so sind auch
die Hexen, wenn sie auch nicht in der Gnade geschaf-

Hexen
4.064 [I,17] Die siebzehnte [Frage] Hexenhammer, 331

fen sind, doch freiwillig von der Gnade abgefallen,


wie auch jener [der gefallene Engel] willentlich sün-
digte.
Zweitens wird nachgewiesen: Wenn nämlich auch
seine [des gefallenen Engels] Sünde aus verschiede-
nen anderen Gründen unverzeihlich ist, nämlich nach
Augustinus795, weil er gesündigt hat, ohne daß je-
mand [ihm dazu] geraten hat [40vb], muß er deswe-
gen, ohne daß es jemand wiedergutmacht, umkehren.
Oder weil er nach Damascenus796 gegen Gottes Fü-
gung im Verstand gesündigt hat. Und je höher die Er-
kenntnis ist, desto schlimmer ist der Irrtum. Denn ein
Sklave, der den Willen seines Herrn kennt etc. Oder
wiederum nach demselben Damascenus797, weil er
[der gefallene Engel] nicht empfänglich für Reue ist
und deswegen auch nicht für Verzeihung, und zwar
infolge seiner Natur, die, weil sie geistig ist, sich nur
einmal wandeln kann: deshalb hat sie sich ganz ge-
wandelt, was im Menschen nicht geschieht, wo das
Fleisch immer dem Geist widerstrebt. Oder auch, weil
er an einem erhabenen Ort gesündigt hat, wie im
Himmel, der Mensch [jedoch] auf der Erde. Aber ab-
gesehen von diesen Dingen verringert sich seine
Schuld in vielen anderen [Punkten], verglichen mit
den Schandtaten der Hexen.
Erstens dadurch, daß jener [der gefallene Engel],
wie Anselmus798 in einer Rede [sagt], aus Hochmut

Hexen
4.065 [I,17] Die siebzehnte [Frage] Hexenhammer, 332

sündigte, ohne daß vorher schon die Bestrafung eines


Vergehens erfolgt wäre. Die Hexen aber verachten
dies alles nach so großen Strafen, die schon über viele
andere Hexen verhängt worden sind, ja sogar nach
den Strafen, die, wie sie in der Kirche lernen, über
den Teufel anläßlich seines Falles verhängt worden
sind; und sie verüben nicht eben kleine Todsünden,
wie die übrigen Sünder, die aus Schwachheit oder
Bosheit, [aber] ohne Hang zur Bosheit sündigen, son-
dern begehen aus tiefer Bosheit ihres Herzens schau-
derhafte Schandtaten.
Zweitens, mag der Stand eines bösen Engels ein
dreifacher sein, der der Unschuld, der der Schuld und
der des Elends oder der Strafe, so fiel er doch nur ein-
mal aus der Unschuld und wurde nicht wieder in jene
zurückversetzt. Der Sünder aber, der durch die Taufe
wieder in die Unschuld zurückversetzt ist, wird, wenn
er aus jener fällt, sehr tief gestürzt, und vor allem all
jene Hexen, wie ihre Schandtaten zeigen.
Drittens [sündigte] jener [böse Engel] gegen den
Schöpfer, wir aber und vor allen die Hexen gegen den
Schöpfer und den Erlöser [zugleich] etc.
Viertens wich jener [böse Engel] von Gott, der
nämlich zuließ, daß er sündigte und ihn aus Güte
nicht verfolgte, wir aber, und über allen die Hexen,
entfernen uns durch die Sünden mit der Zulassung
von Gott, der uns aus Liebe ständig begleitet und uns

Hexen
4.066 [I,17] Die siebzehnte [Frage] Hexenhammer, 332

mit vielen Wohltaten zu Hilfe kommt.


Fünftens verharrt jener [der böse Engel] in Bosheit,
indem Gott [ihn] verwirft und [ihm] seine Gnade nicht
beigibt; wir Elende stürzen [41ra] in jene Bosheit,
wiewohl [uns] Gott ständig zurückruft.
Sechstens bleibt jener [böse Engel] verhärtet gegen
den Strafenden [Gott], wir verhärtet gegen den [uns]
Liebenden, und wenn beide gegen Gott ankämpfen, so
doch jener gegen den, der ihn prüft, wir gegen den,
der für uns stirbt, den, wie wir vorangestellt haben,
vor allen die Hexen entehrend beleidigen.
Die Lösung der Argumente erklärt durch Vergleich
ebenfalls die Wahrheit.
Zu den Argumenten799. Zum ersten ist die Ant-
wort klar durch das, was am Anfang der Frage behan-
delt wurde, nämlich daß eine Sünde für schwerer ge-
halten werden muß als eine andere, wie auch die Sün-
den der Hexen bezüglich der Schuld schwerer als die
übrigen wiegen. Zum anderen ist bezüglich der Strafe
zu sagen, daß wie die Schuld Adams so auch dessen
Strafe zweifach gesehen wird: entweder bezüglich der
Person oder bezüglich der ganzen menschlichen
Natur, d.h. der aus ihm hervorgegangenen Nachkom-
menschaft. In erster Linie sind größere Sünden nach
ihm begangen worden, weil er nämlich selbst nur sün-
digte, indem er etwas tat, was schlecht war, nicht an
und für sich, sondern [nur] weil es verboten war: Hu-

Hexen
4.067 [I,17] Die siebzehnte [Frage] Hexenhammer, 333

rereien aber, Ehebrüche und Morde sind in jeder Hin-


sicht schlecht, nämlich an sich und weil sie verboten
sind. Daher gebührt hierfür auch eine schwerere Stra-
fe.
In zweiter Hinsicht: Mag auch der ersten Sünde
eine größere Strafe gefolgt sein, so verhält sich dies
doch nur indirekt, insofern nämlich durch ihn [Adam]
die ganze Nachkommenschaft mit der Erbsünde be-
haftet ist, weil er der Vater aller [Menschen] ist, für
die alle einzig der Sohn Gottes durch die ihm gege-
bene Macht Vergebung bewirken konnte. Für seinen
persönlichen Anteil aber tat er [Adam] Buße durch
die Vermittlung der göttlichen Gnade und wurde ge-
rettet nach der von Christus vollbrachten Erlösung.
Unvergleichlich aber gehen die Sünden der Hexen an
Schwere darüber hinaus, die, nicht zufrieden mit ihren
persönlichen Sünden und Verderbnissen, auch [noch]
unzählige andere fortwährend nach sich ziehen.
Zum dritten ist nach dem Vermerkten zu sagen, daß
es durch Akzidenz geschah, wenn die Sünde Adams
größere Schädigung verursachte, und zwar, weil er
eine noch heile Natur vorfand und weil er die verdor-
bene notwendigerweise, nicht freiwillig, weiter über-
tragen mußte. Daraus folgt nicht, daß seine Sünde
einfach [41rb] schwerer als die übrigen war, weil
dann diese [die Nachkommen] ebenfalls die folgenden
Sünden begangen hätten, wenn sie eine solche Natur

Hexen
4.068 [I,17] Die siebzehnte [Frage] Hexenhammer, 333

vorgefunden hätten. Und wie auch eine zweite Tod-


sünde der Gnade nicht beraubt, wenn sie keine Gnade
findet. Sie würde sie aber entziehen, wenn sie sie [die
Gnade] finden würde. Dies ist die Lösung des heili-
gen Thomas in 2. di. 21 ar. 2800 und auch bei der
Lösung des zweiten Argumentes. Wenn jemand diese
Lösung vollständig verstehen will, hat er zu erwägen,
daß Adam, wenn er im ursprünglichen Zustand der
Gerechtigkeit verblieben wäre, ihn nicht auf die Nach-
kommen vererbt hätte, wie Anselmus801 meinte,
weil auch jemand nach ihm hätte sündigen können.
Man möge die Worte des genannten Doktors di.
20802 einsehen, ob die Neugeborenen in der Gnade
bestärkt gewesen seien, ebenso quotlibeto 101803,
ob eben jene, die jetzt gerettet werden, erlöste Men-
schen gewesen wären, wenn Adam nicht gesündigt
hätte?

Hexen
4.069 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 334

[I,18] Es folgt die Weise, gegen die fünf


Argumente der Ungebildeten zu predigen, mit
denen sie hier und da zu beweisen scheinen, daß
Gott dem Teufel und den Zauberern wie Hexen
keine so große Macht über die Ausführung
derartigen Schadenszaubers beläßt.

Endlich möge der Prediger vorsichtig sein bei be-


stimmten Argumenten der Ungebildeten oder auch ei-
niger Erfahrener, die insoweit verneinen, daß es
Hexen gebe, daß sie, wenn sie auch die Bosheit und
die Macht des Dämons einräumen, nach seinem Wil-
len solche Übel herbeizuführen, dennoch leugnen, daß
ihm die göttliche Zulassung zu Hilfe kommt. Sie
leugnen, daß Gott zuläßt, daß solches geschieht. Und
mögen sie auch über keine kohärente Beweisführung
verfügen und im Dunkeln umher tappen wie die Blin-
den, dabei bald zum einen, bald zum anderen Mittel
greifen, so ist es doch nötig, ihre Behauptungen auf
fünf Argumente zurückzuführen, auf denen schlech-
terdings alle ihre Sophistereien beruhen. Zuerst [wird
der Einwand behandelt], daß Gott dem Teufel nicht
erlaubt, mit so großer Macht gegen die Menschen zu
wüten.
Ob zu einer schadenszauberischen Wirkung, die
vom Dämon durch die Hexe zu vollziehen ist, immer

Hexen
4.070 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 335

die göttliche Zulassung hinzuzukommen habe? Und


es wird mit fünf Argumenten bewiesen, daß Gott es
nicht [41va] zulasse, weshalb auch der Schadenszau-
ber in der Welt nichts [Reales] sei. Und zuerst wird es
von Gott hergeleitet, zweitens vom Teufel, drittens
von der Hexe, viertens von der Krankheit, fünftens
von den Predigern und Richtern, die derlei wider sie
[die Hexen] predigen und Urteile fällen [und] die je-
denfalls niemals unangefochten wären.
Zum Ersten so: Gott kann den Menschen wegen der
Sünden strafen; und er straft mit Schwert, Hunger und
Epidemie. Ebenso durch verschiedene andere und un-
zählige Krankheiten, denen die menschliche Natur un-
terliegt. Weil er es daher nicht nötig hat, noch andere
Strafen hinzuzufügen, läßt er ihn [der Schadenszau-
ber] nicht zu.
Zweitens bezüglich des Teufels: Wenn die Dinge
wahr wären, die gepredigt werden, daß sie [die Dämo-
nen] nämlich die Zeugungskraft hemmen können, daß
eine Frau nicht empfängt oder, wenn sie empfängt,
eine Fehlgeburt erleidet, oder, wenn keine Fehlgeburt,
daß sie [die Dämonen] die Geborenen nach der Ge-
burt töten, dann könnten sie schlechterdings die ganze
Welt vernichten, und dann könnte man wiederum
sagen, daß die Werke des Teufels stärker seien als die
Werke Gottes, nämlich als das Sakrament der Ehe,
welches das Werk Gottes ist.

Hexen
4.071 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 335

Drittens bezüglich des Menschen: Denn wir sehen,


wenn der Schadenszauber in der Welt etwas [Reales]
sein soll, dann werden einige Menschen mehr behext
als andere. Fragt man danach, weshalb dies so ist,
heißt es, dies sei wegen der Bestrafung der Sünder.
Nun ist dies aber falsch, also [ist es] auch [falsch],
daß es Schadenszauber auf Erden gebe. Die Falsch-
heit wird aber damit bewiesen, daß dann die größeren
Sünder mehr bestraft werden müßten. Dies aber ist
falsch, da sie geringer bestraft werden ab andere, bis-
weilen sogar als die Gerechten, was man auch an den
unschuldigen Kindern ersieht, die für behext gehalten
werden.
Viertens kann noch ein anderes auf Gott bezogenes
Argument angeführt werden, daß man, wenn jemand
etwas verhindern könnte und nicht verhindert, son-
dern es geschehen läßt, schlechterdings urteilt, er habe
vorsätzlich gehandelt. Aber da Gott im höchsten
Grade gut ist, kann er das Böse nicht wollen. Also
kann er nicht zulassen, daß das Böse, was er selbst
verhindern kann, geschieht. Ebenso, was die Krank-
heit anlangt: Schrecken und Krankheiten, die ange-
hext genannt werden, sind auch den natürlichen Ge-
brechen und Krankheiten ähnlich, d.h. denen, die aus
einem Mangel der Natur hervorgehen. Wenn nämlich
jemand lahm wird, erblindet oder den Verstand ver-
liert oder auch [41vb] stirbt, kann das aus einem

Hexen
4.072 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 336

Mangel der Natur geschehen, weshalb sie [die Krank-


heiten] nicht sicher den Zauberern und Hexen zuge-
schrieben werden können.
Endlich [5.] bezüglich der Richter und Prediger,
die, wenn sie derlei gegen die Hexen predigen und un-
ternehmen, wegen des ungeheuren Hasses, der Zaube-
rer und Hexen gegen sie [die Richter und Prediger] er-
faßt hat, niemals sicher wären.
Dagegen aber sollen die Argumente aus der ersten
Frage über die dritte Hauptsache des ersten Teils des
Traktates gebraucht werden804, und es sollen jene
vorgebracht werden, die mehr für das Volk sind, näm-
lich wie Gott es zuläßt, daß Böses geschehe, wenn er
auch nicht will, daß das Böse geschieht. Er läßt es
aber zu wegen der bewunderungswürdigen Vervoll-
kommnung des Universums, man daran merkt, daß
das Gute viel mehr hervortritt, mehr gefällt und lo-
benswerter ist, wenn es mit dem Bösen verglichen
wird. Dort sind Autoritäten aufgeführt805. Ebenso
bringen sie die Tiefen der göttlichen Weisheit, der
Gerechtigkeit und der Gutheit zum Ausdruck, die
sonst verborgen wären.
Und zur Entscheidung der Frage können kurzer-
hand aus dem dort Angeführten, verschiedene Bewei-
se zur Belehrung des Volkes zusammengetragen wer-
den, nämlich daß Gott mit Recht die beiden [Sün-
den]fälle zuließ, nämlich der Engel und der ersten El-

Hexen
4.073 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 337

tern. Da diese größer waren als alle anderen [Sün-


den]fälle, ist es nicht erstaunlich, wenn andere, klei-
nere zugelassen werden. Inwiefern sie aber bezüglich
der Ursächlichkeit größer sind, nicht [aber] bezüglich
der anderen Umstände, wonach, wie in der dritten
Fragen behandelt, die Sünden der Hexen die Sünden
sowohl der Engel als auch der ersten Eltern übertref-
fen, und warum Gott jene ersten [Sünden]fälle mit
Recht zuließ, das wird in der zweiten Frage bespro-
chen, woraus er [der Prediger] mancherlei nach sei-
nem Gutdünken zusammenstellen und ausbreiten
kann.
Um auf die Argumente zu antworten. Wenn erstens
gesagt wird, Gott straft genügend durch natürliche
Krankheiten, Todesfälle, durch Schwert und Hunger,
lautet die Anwort in dreierlei [Hinsicht]. Erstens, daß
Gott seine Macht nicht darauf beschränkt, den Lauf
der Natur oder auch über die Einflüsse der Himmels-
körper zu beeinflussen, so daß er etwa darüber hinaus
nicht mehr hätte handeln können. Deswegen und auch
jenseits dessen hat er sehr oft die Bestrafung der Sün-
den bewirkt: durch Verhängung von Tod und anderen
Dingen, ohne jeden Einfluß der [Himmels]körper, wie
bei der Bestrafung der Sünde [42ra] des Hochmu-
tes806 bei David807, durch die wegen der Zählung
des Volkes über das Volk verhängten Seuche, etc.
Zweitens stimmt das sehr wohl mit der göttlichen

Hexen
4.074 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 337

Weisheit überein, die über allen Dingen so waltet,


daß sie diese durch die eigenen Triebkräfte handeln
läßt. Darum ist es nicht angeraten, die Bosheit des
Dämons gänzlich zu verhindern, sondern es ziemt
sich vielmehr, sie zuzulassen, so daß er handelt, so
weit das Wohl des Universums es zulassen kann, mag
er auch beständig durch die guten Engel gezügelt wer-
den, damit er nicht soviel schädigt wie er schädigen
will. So verträgt es sich auch nicht, die menschliche
Bosheit darin zu zügeln, was sie aus freiem Willen
kann, wie den Glauben abzuleugnen und sich selbst
dem Dämon anzugeloben, was zu tun durchaus in der
Macht des menschlichen Willens liegt. Aus diesen
beiden [Gründen] erlaubt Gott mit Recht, auch wenn
er dadurch sehr beleidigt wird, das, was die Hexe er-
strebt und um dessentwillen sie den Glauben abge-
leugnet hat und auf das sich auch die Macht des Teu-
fels erstreckt, wie den Menschen, dem Vieh und den
Früchten der Erde Schaden zuzufügen.
Drittens: Gott erlaubt mit Recht, daß jene bösen
Dinge geschehen, durch die auch der Teufel mittelbar
sehr stark gepeinigt wird und die ihm den größten
Kummer bereiten. Durch jene bösen Dinge, die von
den Hexen durch die Macht der Dämonen geschehen,
wird der Teufel mittelbar auf das Höchste gepeinigt,
indem gegen seinen Willen Gott alle bösen Dinge
zum Ruhm seines Namens, zum Preis des Glaubens,

Hexen
4.075 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 338

zur Läuterung der Auserwählten und zur Mehrung der


Verdienste benutzt. Es ist nämlich sicher, daß unter
allen Kümmernissen, die sich der Teufel aus seinem
Hochmut antut, der sich immer gegen Gott erhebt
nach jenem [Wort]: »Der Hochmut derer, die dich
hassen, erhebt sich immerfort«808, folgendes ihm am
meisten Kummer bereitet, [nämlich] daß Gott alle
seine Machenschaften zu seinem eigenen Ruhm etc.
wendet. Also läßt Gott mit Recht alle Dinge zu.
Auf das zweite [Argument] ist weiter oben geant-
wortet worden809, und es muß [noch] auf zwei Dinge
geantwortet werden, die im Argument enthalten sind,
nämlich, daß der Teufel nicht stärker heiße als Gott,
auch nicht seine Macht; vielmehr merkt man, daß er
nur sehr geringe Macht besitzt, weil er nichts vermag,
außer durch die göttliche Zulassung. Daher kann
seine Macht sehr klein genannt werden, bezogen auf
göttliche [42rb] Zulassung, mag sie auch sehr groß
sein, bezogen auf körperliche Kräfte, die er natürli-
cherweise übertrifft, nach dem oft angeführten [Wort]:
»Es ist keine Macht auf Erden, die mit ihm verglichen
werden könnte«, Job 41810. Das andere, worauf zu
antworten ist, warum nämlich Gott an der Zeugungs-
kraft mehr als an anderen menschlichen Handlungen
Schadenszauber zuläßt? Davon ist auch oben811 zum
Thema der göttlichen Zulassung die Rede gewesen,
unter dem Titel: Wie die Hexen die Zeugungskraft

Hexen
4.076 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 338

und den fleischlichen Akt hemmen können? Es ge-


schieht nämlich wegen der Garstigkeit jenes Aktes
und weil die Erbsünde, die wegen der Schuld der er-
sten Eltern verhängt wurde, durch jene Handlung
übertragen wird. Das zeigt sich auch an der Schlange,
die das erste Werkzeug des Teufels gewesen ist etc.
Auf das dritte [Argument] ist zu antworten, daß,
wie die Absicht und die Neigung des Teufels zur Ver-
suchung der Guten größer ist als zu der der Bösen,
mag er auch bezüglich des [wirklich] Versuchten
mehr die Bösen als die Guten versuchen, d.h., weil in
den Bösen eine größere Neigung zur Aufnahme der
Versuchung des Dämons als in den Guten ist. So
strebt er auch mehr danach, die Guten zu verletzen als
die Bösen, mag er auch bei den Bösen eine größere
Chance zu verletzen als bei den Guten vorfinden. Und
der Grund ist, weil, nach Gregorius812, je häufiger
sich jemand dem Teufel unterwirft, dieser ihm immer
unwiderstehlicher wird, so daß er nicht dagegenhalten
kann. Da aber die Bösen sich dem Teufel häufiger un-
terwerfen, wird auch die Versuchung unwiderstehli-
cher und häufiger, da sie nicht den Schild des Glau-
bens haben, mit dem sie sich schützen können813.
Über diesen Schild [sagt] der Apostel Eph. 6814:
»Vor allen Dingen nehmt den Schild des Glaubens,
an welchem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslö-
schen könnt.« Aber andererseits bedrängt er mehr und

Hexen
4.077 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 339

heftiger die Guten als die Bösen. Und der Grund ist,
weil er die Bösen schon besitzt, nicht aber die Guten.
Daher versucht er durch Drangsal mehr die Gerech-
ten, die er nicht besitzt, in seine Gewalt zu bringen als
Sünder, die er schon besitzt, wie sich auch ein weltli-
cher Fürst mehr erhebt gegen jenen, der [sein] Recht
mehr schmälert oder der der Herrschaft mehr schadet,
als gegen jene, die nicht gegen ihn sind.
Auf das vierte [Argument], daß Gott zuläßt, [42va]
aber doch nicht will, daß das Böse geschehe, kann der
Prediger, außer durch die vorgehend behandelten
Dinge durch die fünf Zeichen des göttlichen Willens
erklären, die da sind: Gebot, Verbot, Rat, Handlung
und Zulassung. Siehe den heiligen Thomas, beson-
ders im ersten Teil, weil er dort ausführlicher erklärt,
q. 19 ar. 3815. Denn mag auch nur ein Wille in Gott
sein, welcher Gott selbst ist, wie auch [nur] ein
Wesen in ihm ist, so wird uns sein Wille bezüglich
seiner Werke vielfältig geoffenbart und angezeigt,
nach dem, was auch der Psalmist816 sagt: »Groß
sind die Werke des Herrn, in allen seinen Ratschlüs-
sen.« Daher wird der Wille in Gott nicht von seiten
der Sache, sondern von seiten ihrer Wirkung her un-
terschieden, so daß der Wille im eigentlichen Sinne
der Wille des Gutdünkens heißt; metaphorisch ge-
sprochen heißt der Wille Wille des Zeichens, insofern
uns nämlich durch Zeichen und Metaphern bedeutet

Hexen
4.078 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 340

wird, daß Gott das will. Ähnlich tut ein Familienva-


ter, der in sich [nur] einen Willen hat, jenen auf fünf
Weisen kund, nämlich durch sich und einen anderen,
durch sich zweifach: direkt und indirekt; direkt, wenn
er handelt, und dann ist es Handlung; indirekt, wenn
er einen Handelnden nicht hindert, wie es in 4 Phisi-
corum817 heißt: »Wer ein Hindernis beseitigt, wird
Beweger per accidens genannt«; und diesbezüglich
heißt das Zeichen Zulassung. Durch einen anderen
aber erklärt der Familienvater dreifach, daß er etwas
will: entweder, indem er jemanden etwas notgedrun-
gen zu machen befiehlt oder indem er das Gegenteil
verbietet. Und so verhält sich das Gebot zu den gebo-
tenen Dingen und das Verbot in den bejahenden und
verneinenden Vorschriften; oder [er zeigt seinen Wil-
len] insofern er jemanden durch Zuraten oder Anraten
bestimmt; und dies gehört zum Rat. Und wie auch der
Wille des Menschen sich durch diese fünf [Zeichen]
offenbart, so auch der [Wille] Gottes. Daß nämlich
Gebot, Verbot und Rat als Wille Gottes bezeichnet
werden, wird deutlich durch jenes [Wort] Matth.
6818: »Dein Wille geschehe, wie im Himmel also
auch auf Erden;« d.h., daß wir auf Erden seine Gebote
erfüllen, das Verbotene meiden und die Ratschläge
nach Kräften befolgen sollen. Und ähnlich, daß Zulas-
sung und [42vb] Handlung Wille Gottes genannt wer-
den, geht gleichermaßen aus Augustinus hervor, der

Hexen
4.079 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 340

in ench.819 sagt: »Nichts geschieht, außer der all-


mächtige Gott will, daß es geschieht, oder indem er
zuläßt, daß es geschieht, oder indem er handelt.«
Zum Thema. Wenn es heißt, daß jemand hindern
kann und nicht hindert, [und] man schließt, er habe es
nach seinem Willen getan, so ist das wahr. Aber wenn
vorgebracht wird, Gott sei im höchsten Grade gut,
also kann er nicht wollen, daß Böses geschieht, so ist
das nach dem Willen des Gutdünkens und nach den
vier Zeichen dieses Willens wahr, weil er weder die
bösen Dingen bewerkstelligen noch vorschreiben
kann, noch kann er anders als böse Dinge verbieten
und zum Guten in Überfülle raten. Wohl aber kann er
[Gott] zulassen, daß böse Dingen geschehen.
Zu einem anderen, wie die Krankheiten untereinan-
der unterschieden werden, daß die eine angehext, die
andere natürlich sei, d.h. aus einem Mangel der Natur
[besteht]? Es wird geantwortet, daß auf verschiedene
Arten [unterschieden wird]: erstens durch das Urteil
der Ärzte, 26 quest. 5 Non licet820 und 2 c.
Illud821, dort die Worte des Augustinus aus 2 de
doctrina christina: »Zu dieser Art des Aberglaubens
gehören alle Ligaturen822 und Mittel, die die Schule
der Ärzte verdammt«, wobei irgendwelche Dinge an-
gehängt wie auch verknüpft werden. Ähnlich, wenn
die Ärzte nach den Umständen, nämlich dem Alter,
der Verfassung und der Gesundheit, die sich plötzlich

Hexen
4.080 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 341

wie auf einen Schlag wandelt, zu dem Urteil kommen,


daß die Krankheit nicht durch einen Fehler des Blu-
tes, des Magens oder durch Ansteckung gekommen
sei. Sie kommen zu dem Urteil, daß jene nicht von
einem Fehler der Natur, sondern von außen stamme.
Und wenn [sie] von außen [auch] nicht durch eine gif-
tige Infektion [her kommt], weil sonst Blut und
Magen mit schlechten Säften angefüllt wäre[n], dann
urteilen sie nach genügender Überprüfung, daß die
Wirkung angehext sei.
Ebenso zweitens, wenn er [der Kranke] für sie [die
Ärzte] unheilbar ist, so daß sie [die Krankheit] durch
keine Mittel Linderung erfahren kann, wenn sie viel-
mehr sehen, daß es mit ihm sogar schlimmer wird.
Drittens, weil sie manchmal so plötzlich eintritt, daß
das Urteil des Kranken darüber [zur Deutung als
Schadenszauber] beiträgt.
Denn einem von uns823 ist eine solches Geschich-
te begegnet. Einer von den Patriziern der Stadt Spey-
er824 hatte nämlich eine sehr eigensinnige Frau. Und
während er ihr gern in allen Dingen nachgab, wider-
setzte sie sich doch fast allen seinen Neigungen und
gab sich alle Mühe, ihn unaufhörlich mit schmähli-
chen [43ra] Reden zu belästigen. Es geschah daher,
daß er, als die Frau, als er einmal nach Hause kam,
wie gewöhnlich mit Vorwürfen gegen ihn keifte, dem
Zorn ausweichen und aus dem Haus gehen wollte. Sie

Hexen
4.081 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 342

aber kam ihm in raschem Lauf zuvor und verriegelte


die Tür, durch die er hinausgehen mußte und be-
schwor ihn lautstark, daß er, wenn er sie nicht schla-
gen würde, keine Mannhaftigkeit und Ehre besäße.
Auf diese schwerwiegenden Worte hin erhob er die
Hand, [gewiß] nicht in der Absicht zu verletzen. Und
als er sie mit den ausgestreckten Fingern leicht an der
Schulter berührte, stürzte er plötzlich zu Boden, ver-
lor die Besinnung und war mehrere Wochen schwer-
krank ans Bett gefesselt. In diesem Fall kann man
schließen, daß ihm jene Krankheit nicht aus einem na-
türlichen Fehler, sondern durch den Schadenszauber
der Frau zugestoßen war825. Noch mehr, ja gleich-
sam unzählbar viele ähnliche [Vorgänge] haben sich
zugetragen und sind vielen bekannt geworden.
Es gibt [Leute], die sich auf folgende Weise durch
eine bestimmte Praktik Erfahrung davon826 ver-
schafften. Sie halten geschmolzenes Blei827 über den
Kranken und gießen es dann in eine mit Wasser ge-
füllte Schüssel, und wenn man eine bestimmte Gestalt
wahrnimmt, dann kommen sie zu dem Schluß, die
Krankheit sei durch einen Schadenszauber gekom-
men. Sobald man fragt, ob ein solches Bild durch das
Werk der Dämonen oder durch natürliche Kraft sicht-
bar wird, pflegen manche, die solche Dinge praktizie-
ren, zu antworten, daß es [das Bild] durch die Kraft
des Saturn über dem Blei [hervortritt]. Er [Saturn] er-

Hexen
4.082 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

scheine auch sonst als schlimm, wie auch die Sonne


über Gold durch ihre Kraft einen Schadenszauber an-
zuzeigen pflege. Aber was davon zu halten ist, ob
nämlich die Praxis erlaubt sei oder nicht, wird im drit-
ten Hauptteil dieses Traktates828 behandelt. Den Ka-
nonisten nämlich scheint es erlaubt, daß Eitles durch
Eitles vernichtet wird, mag auch den Theologen gänz-
lich das Gegenteil vorschweben, da Übles nicht getan
werden darf, damit Gutes [daraus] hervorgehe.
Zum letzten, wo verschiedene Dinge in Frage ste-
hen; erstens, warum die Hexen nicht reich werden?
Zweitens, warum sie ihnen gewogenen Fürsten bei der
Vernichtung aller ihrer Feinde nicht zur Seite stehen?
Drittens, warum sie den Predigern und anderen, die
sie verfolgen, nicht schaden können? Zum ersten muß
man sagen [43rb], daß die Hexen deshalb zumeist
nicht reich werden, weil sie nach dem Willen der Dä-
monen zur größtmöglichen Schande für den Schöpfer
zum niedrigsten Preis unter die Leute gebracht wer-
den. Zum zweiten [ist zu sagen], damit ihr Reichtum
den Leuten nicht auffalle. Und zweitens, warum sie
den Fürsten nicht schaden?829 Der Grund ist offen-
bar, weil es, soweit es an ihnen liegt, geschieht, um
diese in Freundschaft zu behalten. Und wenn gefragt
wird, warum sie deren Feinden nicht schaden, ist zu
antworten, weil ein guter Engel von der anderen Seite
diesen Schadenszauber verhindert, nach jenem [Wort]

Hexen
4.083 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

des Daniel830: »Der Fürst der Perser widerstand mir


einundzwanzig Tage.« Siehe auch die doctores im
zweiten [Buch] der Sentenzen831, ob es einen
Kampf zwischen guten Engeln gebe und wie. Zum
dritten wird gesagt, daß sie den Inquisitoren oder an-
deren Beamten nicht schaden können, weil diese die
öffentliche Rechtspflege ausüben832.
Es können auch verschiedene Beispiele dazu ange-
führt werden, was aber der [hierzu nötige] Zeitauf-
wand nicht zuläßt.

Hexen
4.084 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

Fußnoten

1 Im Gegensatz zum Inhaltsverzeichnis steht hier statt


Hexen (maleficas) Zauberer (maleficos). Vgl. fol.
2ra.
2 Druckfehler im Original: a deo (von Gott) ist zu
adeo (so sehr) zusammenzuziehen.
3 Kanon Episcopi: Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
Vgl. für eine neuere Übersetzung Behringer (1995),
S. 60f., und dazu Hansen (1901) und Tschacher
(1999).
4 Maleficis, schließt weibliches und männliches
Genus ein.
5 Aristoteles, Phys. 8,7.
6 Pseudo-Dionysius Areopagita 7,2 (Ad Polycarpum).
7 Albertus Magnus, Mineralium libri quinque 3,1,9.
8 Gratianus, Decretum 2,33,1,4.
9 Iob 41,24.
10 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 4,34,1,3
Responsio.
11 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 4,34,1,3

Hexen
4.085 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

Responsio.
12 Gratianus, Decretum 2,26,5,12 (Kanon Episcopi).
13 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,7,3,2.
14 Deut 18,10–12.
15 Lev 20,6. Vgl. auch 19, 26 und 31.
16 Wahrsager, Eingeweideschauer. – Harmening
(1979) 173–175.
17 Lev 20.27.
18 Pythonischer Geist, d.h. Wahrsagegeist. Vgl. Py-
thia und Apollo Pythius, der delphische Apoll.
19 Wahrsager.
20 4 Reg 1,1–17; 1 Par 10,13.
21 Sentenzenkommentare zu 2,7 und 8. Vgl. für wei-
tere Belege Schnyder (1993), S. 104, Anm. 12.
22 Thomas von Aquin, Summa contra gentiles 3,101
und 102.
23 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,114,4.
24 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2. 2.
92–94.
25 Verfasser abschnittsweiser Erklärungen zur Bibel.

Hexen
4.086 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

26 Ex 7,11–12. Das Exempel der Ägyptischen Zau-


berer, die Stäbe in Schlangen verwandeln, wird wie-
derholt als Beweis dafür herangezogen, daß Hexen
niedere Tiere erzeugen können, Vgl. fol. 4vb, 6ra,
8vb, 24rb, 28va, 30ra.
27 Augustinus, De civitate Dei 18,17f.
28 Augustinus, De doctrina christiana 2,20–24.
29 Gratianus, Decretum 2,24,3,27; 2,24, 3,14.
30 Gratianus, Decretum 2,33,1, 4.
31 Decretales Gregorii IX.4,14,15.
32 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,1,3, ad 3.
33 Henricus Segusio, Summa aurea 4,15,9.
34 Gottfried de Trano, Summa titulorum decretalium
4,15.
35 Raymundus de Penaforte, Summa 4,16.
36 Kramer scheint hier mit der Doppelbedeutung von
meritorium (Mietshaus, Bordell) zu spielen, wobei
ihm die Ehe gewissermaßen das kleinere Übel bei der
Verbindung von Mann und Frau ist.
37 Petrus de Palude, Sentenzenkommentar 4,34,2,3.

Hexen
4.087 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

38 Vgl. fol. 26va-28rb.


39 Gottfried de Trano, Summa titulorum decretalium
(Fundstelle unbekannt).
40 Falsche Angabe. Vgl. statt dessen fol. 66rb-67va.
41 Gratianus, Decretum 3,2,95.
42 Gratianus, Decretum 2,26,5,4–9.
43 Gratianus, Decretum 2,2,8,3.
44 Azo, Summa codicis zum Codex Iustinianus 9,16.
Iustinianus, Codex 9,18,5; 9,18,8; 9,18,3. Vgl. dazu
Fögen (1997).
45 Die »Lex Nemo« des römischen Kaisers Constan-
tius II. vom 25. Januar 357. – Iustinianus, Codex
9,18,5. Das Zitat des Hexenhammers ist, wie so oft,
reichlich unpräzise. Vgl. Foegen (1997) 48ff.
46 Iustinianus, Codex 9,18,8.
47 Die »Lex Nullus« des römischen Kaisers Konstan-
tin vom 1. Februar 319. – Iustinianus, Codex 9,18,3.
48 Die »Lex Multi« des römischen Kaisers Constan-
tius II. vom 4. Dezember 357. – Iustinianus, Codex,
9,18,6. Auch diese Zitate sind sehr ungenau. Vgl.
Fögen (1997), 46ff.

Hexen
4.088 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

49 Decretalium liber sextus 5,2,5.


50 Eculeo. Foltergerät; hier wohl eher Strafgerät.
51 Iustinianus, Codex 9,18,7.
52 Kramer geht hier sehr frei mit seiner Quelle um.
Im angeführten Iustinianus, Codex 9,18,7 steht ledig-
lich, daß der haruspex, der das Haus anderer betritt,
verbrannt wird und derjenige, der ihn gerufen hat, auf
eine Insel verbannt wird und seine Güter konfisziert
werden.
53 Azo, Summa codicis zu Iustinianus, Codex 9,16;
Iustinianus, Codex 9,18,3–7.
54 Codex Iustiniani 9,18,4.
55 Vgl. 89va-91vb.
56 Isidor, Etymologiae 8,9.
57 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2 2,92,2.
58 Frage I,16 (fol. 39rb). Dies ist allerdings nicht die
letzte Frage, denn der erste Teil des Werkes enthält
18 Fragen.
59 Wahrsager.
60 Kanon Episcopi.
61 Per pactum: nach Schnyder (1993), S. 107 ist

Hexen
4.089 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

aber per tactum zu lesen.


62 Schwellenzauber spielte im Innsbrucker Hexen-
prozeß eine wichtige Rolle im Prozeß gegen Barbara
Selachin. Ammann (1890) 53f.
63 Lies pythones: Wahrsager.
64 Vgl. den Fall der bekehrten Breisacherin, fol.
48vb.
65 Kanon Episcopi.
66 Kanon Episcopi.
67 Gemeint sein dürften drei Punkte aus dem zuletzt
zitierten Satz des Kanon Episcopi, nämlich die Ver-
schlechterung, die Verbesserung und die Verwand-
lung in eine andere Gestalt.
68 Gratianus, Decretum 2,26,5,14.
69 Augustinus, De civitate Dei 10,8.
70 Exodus 7,11 mit der Glossa ordinaria (PL
113,203).
71 Walafrid Strabo (808–849), Abt von Reichenau,
Poet und Exeget. Ihm wurden lange Zeit die Glossa
ordinaria zugeschrieben, die aber im 12. Jahrhundert
von Anselm von Laon verfaßt wurden. Von Anselm
stammen 8 Glossen zu Genesis und Exodus, die in die

Hexen
4.090 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

Glossa ordinaria aufgenommen wurden.


72 Adaptatio, eigentlich: Anpassung.
73 Albertus Magnus, De animalibus (3); Schnyder
1993: Fundstelle unbekannt.
74 Summa theologiae 1,114,4.
75 Deut 32,39.
76 Gratianus, Decretum 2,26,5,14.
77 Augustinus, De civitate dei 18,17f.
78 In Homers Odyssee Tochter des Helios auf der
Insel Aia, eine Zauberin, die alle Fremden in Tiere
verwandelt. Odysseus überwand sie durch den Gegen-
zauber eines Krautes.
79 Held der Stadt Argos. Gemeinsam mit Odysseus
entschied er den Trojanischen Krieg. In der Antike
wurde ihm kultische Verehrung zuteil.
80 Bernardus de Botone, Kommentar zu den Dekreta-
len Gregors IX 5,7,9, Presenti; 9, 5,7,15. Zur Dekre-
tale »ad abolendam« des Papstes Lucius III. aus dem
Jahr 1184: Diehl (1989) 1–11.
81 Bernardus de Botone, Kommentar zu den Dekreta-
len Gregors IX, 5,40,26. Vgl. auch 5,7,9,13.

Hexen
4.091 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

82 Dekretales Gregorii IX. 5,7,9, Presenti.


83 Gratianus, Decretum 1,50,25.
84 Decretales Gregorii IX 2,23,14, Quodcirca manda-
mus.
85 Decretalium liber sextus 5,2,7; 5,28.
86 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
über sextus 5,2,8; Kommentar zu den Decretales Gre-
gorii IX 2,23,14.
87 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8; Kommentar zu den Decretales Gre-
gorii IX. 2,23,14.
88 Gratianus, Decretum 1,34,1.
89 Nikolaus V. (1455).
90 Gratianus, Decretum 1,43,5; 1,36,1; 1,36,2,Ecce;
1,36,3.
91 Raymundus de Penaforte, Summa, Fundstelle un-
bekannt.
92 Henricus de Segusio, Summa aurea, Fundstelle un-
bekannt.
93 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,24,1,3b, Responsio.

Hexen
4.092 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

94 Vgl. Schnyder (1993), S. 106, Anm. 33.


95 PsG 35,4.
96 1 Tim 1,13.
97 Ambrosius, Kommentar zu den Paulusbriefen (zu
Rom 2,4).
98 Philipp der Kanzler, Flores regularium moralium
(Fundstelle unbekannt); vgl. Schnyder (1993), S. 106,
Anm. 37.
99 Petrus von Tarantaise (Innozenz V.), Sentenzen-
kommentar 4,34; Danet (1990): Sentenzenkommentar
2,7.
100 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,7,3,1
ad 4.
101 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,3,1,ad 5.
102 Et quia non dicimus, quod maleficia inferat
partem absque amminculo alterius agentis (...). Der
lateinische Text ist hier korrupt, da ein Wechsel vom
Plural auf den Singular stattfindet. Maleficia könnte
möglicherweise ein Druckfehler für malefica sein.
103 Augustinus, De diversis quaestionibus 83, 79,1.
104 Iob 1, 12–19.

Hexen
4.093 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

105 Iob 6, 14–16.


106 Albertus Magnus, De proprietatibus rerum (?).
107 Aristoteles, Nikomachische Ethik 3,1.
108 Gal 3,1.
109 Avicenna, De anima 4,4, 65.
110 al-Gazzali, Physik, 5,9.
111 Bahrprobe: ein des Mordes oder Totschlags Be-
schuldigter muß an die Bahre treten, den Leichnam
berühren und seine Unschuld beschwören. Setzen
Blutungen oder Veränderungen an der Leiche ein,
weist dies auf den Beschuldigten als Täter hin. Als
Beweismittel und Gottesurteil wirkte die Bahrprobe
bis in die Neuzeit hinein.
112 Adamas kann Stahl, Magnet, aber auch Diamant
heißen. Augustinus (vgl. folgende Anmerkung)
spricht zunächst von dem Diamanten, adamas, der
nicht durch Eisen zerstört werden kann, dann etwas
weiter von dem magnes lapis, dem Magneten, der das
Eisen anzieht. Wahrscheinlich handelt es sich um ein
Zitat Kramers aus dem Gedächtnis.
113 Augustinus, De civitate Dei 21,4.
114 Gregor der Große, Dialogi 2,30,3.

Hexen
4.094 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

115 Act 9,36–42; 5,1–11.


116 Augustinus, De civitate Dei 20,4; De trinitate
3,8.
117 Isidor von Sevilla, Etymologiae 8,9,9f.: Malefici
dicuntur ob facinorum magnitudinem, scilicet mala
pre cunctis malefactoribus efficientia.
118 Doppelbedeutung von Übeltäter und Zauberer
vgl. S. 202.
119 Gratianus, Decretum 2,26, 5,14.
120 Augustinus, De civitate Dei. Fundstelle unbe-
kannt.
121 Lucan, De bello civili 6,457.
122 Tatsächlich werden nur zwei Plagen von den
Zauberern des Pharao bewerkstelligt: Wasser wird zu
Blut, und Frösche kommen über das Land. Bei den
Stechmücken und den folgenden Plagen versagen sie.
123 Ex 7,1–11,10.
124 2 Sam 24,11–25.
125 4 Reg 19,35; Is 37,36.
126 Ex 32,35; Num 16,20–30.

Hexen
4.095 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

127 Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale


1,101.
128 Griechische Form des persischen Namens Zara-
thustra: persischer Prophet zwischen 1000 und 600
v.Chr. Er begründete den altiranischen Lichtkult (Par-
sismus), der durch einen tiefen Dualismus zwischen
dem bösen Geist Angra Manju und dem guten Gott
Ahura Masda geprägt ist.
129 Augustinus, De civitate Dei 21,14.
130 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2
2,94,4,2.
131 Planetendeuter.
132 Gregor der Große, Moralia 34,1.
133 Is 11,9.
134 Vgl. den Beginn der Apologia, fol. 1r.
135 Ex 7,1–11,10.
136 Unauffindbar. Schnyder (1993), S. 109, Anm. 59
gibt Augustinus, De trinitate 3,8.
137 Glosse zu Ps. 78,49 (PL 113,972).
138 Expressum pactum initum cum demonibus.
139 Loguor de mulierculis combustis.

Hexen
4.096 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

140 Glosse zu Gal. 3,1 (PL 114, 574f.).


141 Eine sehr eingeschränkte Wahrnehmung der anti-
ken Diskussion. Vgl. Hauschild (1982), S. 8–26, und
oben fol. 7va-b.
142 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,117,3
ad. 2.
143 Aristoteles, De somno et vigilia 2 (459B28); Al-
bertus Magnus, De somno et vigilia 3,1,6.
144 Lehrentscheid der Pariser Universität zum Fall
der Kamels. Unauffindbar. – Schnyder (1993) 112.
145 Zur Abfolge einer vegetativen, sensitiven und ra-
tionalen Seele vgl. Jerouschek (1988), 15.
146 Glosse zu PsG 74.
147 Animal enim visum prodest ytericis, prior vi-
dens lupis vocem aufert vel sic. Druckfehler im Text.
Es muß lupus heißen. Es handelt sich um einen römi-
schen Aberglauben.
148 Seit der Antike bezeichnet der Basilisk (vgl.Pli-
nius, Solinis, Isidor von Sevilla, Kirchenväter) ein
Fabeltier, das der Überlieferung nach als »König der
Schlangen« den Menschen mit seinem Gift und sei-
nem Blick den Tod bringen kann.

Hexen
4.097 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

149 Vinzenz von Beauvais, Speculum naturale 4,13.


150 Bahrprobe wie oben fol. 7vb, Anm. 111.
151 Vgl. fol. 8vb.
152 Von lat. niger (schwarz, dunkel) abgeleitetes
Wort für schwarze Mantik, d.h. Zukunftsschau mit
Hilfe der Beschwörung von Dämonen. Auf einer Ver-
ballhornung der Begriffe nigrus und nekros beruht
die mittelalterliche Wortneuschöpfung Nekromantie
(von griech. nekros, tot, Toter), d.h. der Wahrsagung
durch Totenbefragung bzw. Totenbeschwörung. –
Harmening (1979) 209. Der Begriff Nigromantie um-
schließt seit dem 11. Jahrhundert diverse schwarzma-
gische Künste.
153 Deutung der Zukunft mittels Sandkunst, Los-,
Punktier- und Würfelbüchern.
154 Wahrsagekunst, die nach Bildern im Wasser
sucht. – Harmening (1979) 313.
155 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2 2, 95,3
Responsio.
156 Gemeint sein dürften Amulette, die um den Hals
getragen werden.
157 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2 2, 96,2.

Hexen
4.098 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

158 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2 2, 96,2,


ad 2.
159 Thomas von Aquin, ebd.
160 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2 2, 96,2.
161 Nach Io 1,12.
162 Die Bulle Summis desiderantes affectibus Inno-
zenz' VIII. Vgl. fol. Ir-v.
163 Die Glosse aus den 1560er Jahren hebt am Rand
hervor: Ad effectum maleficialem concurrunt demon,
malefica, permissio divina.
164 Gratianus, Decretum 2,33, 1,4.
165 Augustinus, De doctrina christiana 2,23.
166 Maleficorum heresis.
167 Malifaciendo.
168 Male de fide sentiendo.
169 Die Frage fehlt im Text und wurde aus dem In-
haltsverzeichnis übernommen.
170 Gen 1,28.
171 Gen 2,24.
172 Gen 9,1.

Hexen
4.099 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

173 Des neuen Bundes, also des Neuen Testaments.


174 Mt 19,4.
175 Aristoteles, Über die Seele 2,4.
176 Anonymus, Liber de causis 131 (?).
177 Falsche Zuschreibung. Gemeint ist Aristoteles,
Physik, 7,1.
178 Aristoteles, Physik 7,2.
179 Augustinus, De trinitate 3,8.
180 Ex 7,11. Vgl. oben fol. 6ra die entsprechende
Anmerkung.
181 Gen 6,2.
182 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,7,2f.
183 Dionysios Areopagita, De divinis nominibus
4,23.
184 Isidor von Sevilla, Etymologiae 8,11,16.
185 Iob 41,24.
186 Glosse (= Moralia 34,20) PL 76,740.
187 Dionysius Areopagita, De divinis nominibus
4,23.

Hexen
4.100 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

188 Gratianus, Decretum 2,16,2,1.


189 Iob 40,11.
190 Gregor der Große, Moralia 32,14 (zu Iob 40,11).
191 Augustinus, De civitate dei 15,23.
192 Augustinus, De civitate dei 3,3.
193 Druckfehler in der Inkunabel, richtig ist: Augu-
stinus, De civitate Dei 15,23.
194 Gen 6,2–4.
195 Nach Schnyder (1993) 116 ist das »credibile« ein
Druckfehler.
196 Is 13,21.
197 Pilosi: behaarte Menschen und Tiere, auch Ko-
bolde und Waldschrate. Lutherbibel: Feldgeister;
Zwinglibibel: Feldteufel.
198 Schar ausgelassener, lüsterner Gesellen, die zum
Gefolge des griechischen Gottes Dionysos gehören
und die ungebändigte animalische Fruchtbarkeit per-
sonifizieren. Ihre Gestalt ist eine Mischung aus
Mensch und Pferd.
199 Is 34,13f.
200 Interlinear-Glossen sind zwischen den Zeilen an-

Hexen
4.101 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

geordnete Glossen, im Gegensatz zu den Marginal-


glossen am Rand.
201 Isidor von Sevilla, Etymologiae 8,11,103.
202 Wörtlich: darauf liegen.
203 Wörtlich: Feigenfaun. Faun ist der römische Gott
der wilden Natur. Schon früh wurde er mit dem grie-
chischen Pan identifiziert. Er galt als Liebhaber der
Nymphen, unersättlicher Erotomane und Urheber von
Alpträumen wie auch als Wahrsager.
204 Horaz, Oden 3,18. Vgl. insgesamt Johannes
Nider, Formicarius 5,9.
205 1 Cor 11,10.
206 Beda Venerabilis, Historia ecclesiastica gentis
anglorum (Fundstelle unbekannt).
207 Wilhelm von Auvergne, De universo 2,3,7;
2,3,25.
208 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,51,3 ad
6.
209 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,8,1,5.
210 Thomas von Aquin Quodlibet 9,4,5.

Hexen
4.102 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

211 Thomas von Aquin, Kommentar Isaias, zu 13,21


und 34,14.
212 Aristoteles, De somno et vigilia 3 (462b14).
213 Aristoteles, Nikomachische Ethik (Fundstelle un-
bekannt).
214 Lev. 18,24.
215 Glosse zu Lev 18,24 (PL 113,548).
216 Das Alte Testament verbindet den ersten Men-
schen, Adam, etymologisch mit hebr. adama
(»Erde«).
217 Es ist unklar, auf welche Stelle der Text verweist.
218 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,51,3,
ad 6.
219 Augustinus, De trinitate 3,8.
220 A principe demoniorum.
221 Idolum.
222 Text: superiorum. Nach Schnyder (1993) 117
möglicherweise ein Manuskriptfehler. Es muß inferi-
orum heißen.
223 Druck: superius. Es muß inferius heißen. Diese
Korrektur fehlt bei Schnyder (1993) 117.

Hexen
4.103 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

224 Augustinus, De trinitate 3,8.


225 Druck: quare intelligentie asseruntur habere
virtutes infinitas superius et non inferius. Nach
Schnyder (1993) 117 wiederum ein Manuskript- oder
Druckfehler, so daß superius und inferius zu vertau-
schen sind.
226 Ohne sich einzukörpern.
227 Thomas von Aquin, De malo 16,10, Responsio.
228 Vgl. fol. 11va.
229 Aristoteles, Physik, 3,5.
230 Aristoteles, Nikomachische Ethik (Fundstelle un-
bekannt).
231 Aristoteles, De somno et vigilia 3 (462b14).
232 Vgl. dazu die abweichende Frage im Inhaltsver-
zeichnis: Ob es rechtgläubig ist zu behaupten, daß der
Akt der Inkubus- und Sukkubus-Dämonen nur den
niederen [Arten der] Geister eigen ist? Vgl. S. 122.
233 Augustinus, De natura boni 3.
234 Iob 10,22.
235 Prov 13,10.

Hexen
4.104 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

236 Glosse zu 1 Cor 15,40f.


237 Iob 41, 6–9.
238 Gregor der Große, Homiliae in Evangelia, 2,
34,10.
239 Augustinus, De trinitate 3,4.
240 Dionysius Areopagita, De caelesti hierarchia
10,2.
241 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,3,1,4.
242 Rom 13,1.
243 Gemeint sind hier vor allem Homosexualität,
Masturbation und Sexualität mit Tieren.
244 Eines der typischen Zitate Kramers. Am angege-
benen Ort findet sich gar nichts, aber irgendwo in der
Nähe etwas, was so ähnlich klingt, in diesem Fall Ez
16,27. Dort heißt es aber genau: »Ich gab dich [Jeru-
salem] der Gier deiner Feinde preis, der Tochter der
Philister, die sich ob deines Wandels schämten.« Von
Dämonen ist hier keine Rede, und der Zusammenhang
ist ein völlig anderer, als von Kramer suggeriert wird.
245 Teufel.
246 Zwei.

Hexen
4.105 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

247 Bissen.
248 Tod.
249 Isidor von Sevilla, Etymologiae.
250 Herabsinkend.
251 Isidor, Etymologiae 8,11,16.
252 1 Petr 5,8. Zentrale Stelle in allen Dämonologi-
en: »Seid nüchtern und wacht! Euer Widersacher, der
Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und
sucht, wen er verschlingen kann.«
253 Is 27,1.
254 Mt 6,24.
255 Iob 10,22.
256 Fehler in der Zählung der Argumente: zweitens.
Vgl. Schnyder (1993) 120.
257 Fehler in der Zählung der Argumente: zum drit-
ten.
258 Fehler in der Zählung der Argumente: zum vier-
ten.
259 Sap 6,7.
260 Augustinus, De diversis quaestionibus 83, 4.

Hexen
4.106 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

261 Augustinus, De libero arbitrio 1,1.


262 Gennadius, Liber de ecclesiasticis dogmatibus,
82.
263 Augustinus, De civitate dei 10,11.
264 1 Sam 16,14–23.
265 Isidor von Sevilla, Etymolbgiae 8,9,9.
266 Malefici, auch Zauberer.
267 Aristoteles, Eudemische Ethik 8,2 (1248a27).
268 Augustinus, De diversis quaestionibus 83,12.
269 Dionysius Areopagita, De caelesti hierarchia 4,3.
270 Planetenkundler.
271 Die richtige, aus dem Griechischen abgeleitete
Bezeichnung für die Horoskopsteller lautet mittella-
teinisch genetalicii.
272 Zentraler Begriff der mittelalterlichen Tempera-
mentenlehre, wonach die Konstitution eines Men-
schen durch die Kombination von Komplexionen, d.h.
Qualitäten und Körpersäften (Feuchtigkeit, Trocken-
heit, Wärme und Kälte) bestimmt wird, die entschei-
den, ob jemand Sanguiniker, Melancholiker, Choleri-
ker oder Phlegmatiker ist. Das Überwiegen einer die-

Hexen
4.107 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

ser Qualitäten verursacht nach Galen Krankheiten.


273 Gilbert Porretanus, Liber de sex principiis 4,
16,20,4f.
274 Augustinus, De civitate dei 5,5.
275 Pseudo-Aristoteles [Bartholomäus Anglicus],
Liber de elementis (Fundstelle unbekannt).
276 Ptolomäus, Almagest 1,3 (Sekundärzitat nach
Thomas von Aquin, Summa contra gentiles 3,85).
277 Johannes Damaskenos, Expositio fidei orthodo-
xae 2,7.
278 Horoskopsteller, im Druck genitaliacorum.
279 Isidor, Etymologiae 8,9,23f.; 8,11,94.
280 Horoskopsteller.
281 Zufälligkeiten.
282 Thomas von Aquin, Summa contra gentiles
3,85–89.
283 Prov 21,1.
284 Phil 2,13.
285 Dionysius Areopagita, De divinis nominibus 4,4.
286 Wilhelm von Auvergne, De universo (Fundstelle

Hexen
4.108 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

unbekannt).
287 Gregor der Große, Homiliae in Evangelia 1,10,4.
288 Planetendeuter.
289 Boethius, De consolatione philosophiae 4,6.
290 Augustinus, De civitate dei 5,1.
291 Boethius, De consolatione philosophiae 4,6.
292 Philosophischer Begriff des Thomas von Aquin
(Summa theologiae I,79,X). Gemeint sind Substan-
zen, die getrennt von der Materie sind. Im 13. Jahr-
hundert werden die körperlosen Intelligenzen, wie sie
von Aristoteles (De caelo, 279a 19ff, Metaphysik XII,
1073a,30) beschrieben werden, mit der christlichen
Hierarchie der Engel identifiziert.
293 Thomas von Aquin, Summa contra gentiles
3,86f.; Avicenna, De anima 4,4,64f.
294 malefici.
295 Böses tun.
296 Dionysius Areopagita, De divinis nominibus
4,26.
297 Vgl. fol. 9rb.
298 Thomas von Aquin, De malo 2,12.

Hexen
4.109 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

299 Ps 71,18.
300 Augustinus, De diversis quaestionibus 83, 79.
301 Ps 71,18. Wiederholung. Vgl. oben Anm. 299.
302 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,110,4;
1,114,4.
303 Vgl. fol. 85vb-90ra.
304 Fantasmata.
305 Vgl. fol. 17ra-17vb.
306 Planetendeuter.
307 Horoskopsteller.
308 Vgl. fol. 10rb-10va.
309 Aristoteles, Enchiridion 11.
310 Hieronymus, Kommentar zu Mt. 1,4 (zu Mt.
4,24f.).
311 Johannes Chrysostomos, Homilien zu Matthäus
57,3.
312 Aristoteles, De partibus animalium 2,7.
313 Augustinus, De civitate dei 21,6.
314 1 Sam 16,14–23.

Hexen
4.110 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

315 Aristoteles, Über die Seele 2,2.


316 Aristoteles, Politik 8,5.
317 Boethius, Institutio musica 1,1.
318 Robert Kilwardby, De ortu scientiarum 18 (?).
319 Augustinus, De doctrina christiana 2,20.
320 In der Literatur mit »Nestelknüpfen« übersetzt.
321 1 Sam 16,16.
322 Glosse zu 1 Sam 16,16 (PL 109,50).
323 Gemeint sein dürfte die zweite Hauptfrage.
324 Vgl. fol. 11ra.
325 Vgl. Frage II/1,4, fol. 53rb-56rb.
326 1 Cor 1,27.
327 Act 2,3.
328 Lc 16,21.
329 Ps 67,24.
330 Vgl. dazu die gelehrte Etymologie des Wortes
Dominikaner, von domini canes (Hunde des Herrn).
331 Prov 10,13.

Hexen
4.111 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

332 Prov 10,20f.


333 Prov 16,1.
334 Eccl 28,16f.
335 Pseudo-Chrysostomos, Opus imperfectum in
Matthaeum 38.
336 Hieronymus, Brief an Nepotianus 5.
337 Bernhard von Clairvaux, Sermones in Cantica
23,16.
338 Bernhard von Clairvaux, Fundstelle unbekannt.
339 Gregor der Große, Liber regulae pastoralis 1,2.
340 Augustinus, Brief 2,78,9.
341 Eccl 25,22f.
342 Pseudo-Chrysostomos, Opus imperfectum in
Matthaeum 38 zu Mt 19,10.
343 Pseudo-Cicero, Rhetorica ad Herennium 4,16,23.
344 maleficium.
345 maleficia.
346 Seneca, Fehlverweis, richtig: Publilius Syrus,
Sententiae A5; D8.

Hexen
4.112 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

347 Iudith 8–13.


348 Iud 4–5.
349 Esth 5–8.
350 1 Cor 7,13f.
351 Eccl 26,1.
352 Prov 31,10–31.
353 Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale 25,9,
vgl. Johannes Nider, Formicarius 5,8.
354 Druck: Gilla. Erste Königin von Ungarn (um
985–1060), Tochter des Herzogs Heinrich II. von
Bayern und der Gisela von Burgund. 995/96 heiratete
sie Stephan I. von Ungarn.
355 Chlothilde oder Chrodechilde, Gemahlin Chlod-
wigs I. (gest. 544), Tochter des Burgunderkönigs
Chilperich. 492 wurde sie mit Chlodwig vermählt.
Nach dem fränkischen Chronisten Gregor von Tour
beeinflußte sie mit ihrem christlichen Glauben Chlod-
wigs Übertritt zum Christentum.
356 Chlodwig I., Begründer des merowingischen
Großreiches der Franken (466–511). Mit seinem
Volk trat er wahrscheinlich 498 zum Christentum
über.

Hexen
4.113 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

357 Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale 21,6,


vgl. Johannes Nider, Formicarius 5,8.
358 Eccl 7,27.
359 Eccl 19,4.
360 Eccl 25,23; 25,26.
361 Hieronymus, Fundstelle unbekannt (Sekundärzi-
tat aus Antoninus Pierozzi, Summa theologica
3,1,25).
362 Defectuose.
363 Terenz, Hekyra 3,1.
364 Lactantius, Institutiones divinae 3,25.
365 Druck: Temestes, richtig aber Themis, Tochter
des Uranos und der Gaia, zweite Gemahlin des Zeus,
Mutter der Horen und Moiren, der Dike und Eirene.
Sie personifiziert Ordnung und göttliches Recht.
366 Prov 11,22.
367 Defectus.
368 Animal imperfectum.
369 Im Druck: Catho; Disticha Catonis 3,20.
370 Iud 14,10–15,20.

Hexen
4.114 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

371 Gen 3,3.


372 Fe hier als Abkürzung von fides (Glauben) inter-
pretiert.
373 Lc 1,38; Mt. 26,56.
374 Mala ergo mulier ex natura, cum citius in fide
dubitat etiam citius fidem abnegat, quod est funda-
mentum in maleficis.
375 Eccl 25,23.
376 Seneca, Medea 579–582.
377 Gen 39,7–20.
378 Gen 16,1–16; 21,9–21.
379 Gen 30.
380 1 Sm. 1,2,28.
381 Druck: Maria; hebräisch Mirjam.
382 Num 12,1–15.
383 Lc 10,38–42.
384 Eccl 37,12.
385 Walter Map, Brief 36 (Valerius an Rufinus) 14.
386 Antoninus Pierozzi, Sumrna theologica 3,1,25.

Hexen
4.115 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

387 Im Druck: interius. Einen Sinn ergibt aber nur


interitus.
388 Metapher: affinium grave supercilium.
389 Hieronymus, Adversus Iovinianum 1,48.
390 Antoninus Pierozzi, Summa theologica 3,1,25.
391 Theophrastus, Fundstelle unbekannt.
392 Hieronymus, Adversus Iovinianum 1,47.
393 Cicero, Paradoxa stoicorum 5,36.
394 Seneca, Medea 895f.
395 Hieronymus, Kommentar zu Daniel (zu 11,6).
396 Druck: Beronice.
397 Johannes Chrysostomos, Fundstelle unbekannt
(Sekundärzitat aus Antoninus Pierozzi, Summa theo-
logica 3,1,25).
398 Superbia = Todsünde.
399 4 Reg 11,1–20; 3 Reg 18,4; 21,5–16; 3 Reg
9,30–37.
400 Disticha Catonis, Fundstelle unbekannt.
401 Walter Map, Brief 36 (Valerius an Rufinus) 2.

Hexen
4.116 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

402 Vgl. unten die Rosenmetaphorik.


403 Fundstelle unbekannt (aus Homer, Odyssee).
404 Walter Map, Brief 36 (Valerius an Rufinus) 2.
405 Prov 5,3.
406 Hl. Pelagia von Jerusalem. Ihre Vita wurde im 5.
Jh. in Syrien oder Palästina von einem pseud. Diakon
Jakobos geschrieben. Die Vita entwirft das Bild der
Büßerin Pelagia als Beispiel christlicher Umkehr von
einer Prostituierten zu einer Asketin. Pelagia wurde
vom Bischof Nonnos von Antiochien bekehrt und ge-
tauft. Sie starb in Jerusalem, wo sie seit der Mitte des
6. Jhs. verehrt wurde. Die Vita wurde in zahlreiche
Sprachen übersetzt.
407 Apo. 6,8.
408 Bernhard von Clairvaux, Carmen paraeneticum
ad Rainaldum (PL 184,1309); De modo bene vivendi
57 (PL 184, 1285).
409 Prov 30,15f.
410 Wilhelm von Auvergne, De universo 2,3,25.
411 Septemplici maleficio.
412 Die Bulle Summis desiderantes affectibus Papst
Innozenz' VIII. Vgl. fol. Ir.

Hexen
4.117 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

413 Quo ad femellas. Deminutiv von femina. Wahr-


scheinlich sind gleichermaßen weibliche Tiere und
Menschen gemeint.
414 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,1,3 ad 1.
415 Philocaptionem.
416 Liebeszauber spielte bei den Innsbrucker Hexen-
prozessen 1485 eine große Rolle. Keiner der zahlrei-
chen Fälle spiegelt sich in dem folgenden, sehr theore-
tischen Abschnitt wieder. Vgl. Ammann (1890); By-
loff (1929) 8–10; Dienst (1987).
417 Prov 21,1.
418 Kanon Episcopi: Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
419 Gennadius, Liber de ecclesiasticis dogmatibus
81f.
420 Augustinus, De spiritu et anima 27.
421 Johannes Damaskenos, Expositio fidei orthodo-
xae 2,4.
422 Dionysius Areopagita, De divinis nominibus
4,18.
423 Im folgenden fehlt die Numerierung der Argu-
mente. Vgl. fol. 24ra-b.

Hexen
4.118 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

424 Origines, De principiis 3,2,2.


425 Druck: vel aliquid cognoscendum. Statt dessen
dürfte ad aliquid cognoscendum zu lesen sein. Vgl.
Schnyder (1993) 134.
426 Dionysius Areopagita, De caelesti hierarchia 4,2
(?).
427 Aristoteles, Über die Seele 3,4.
428 Foris manendo.
429 Informando.
430 Aristoteles, Metaphysik 7,7.
431 Ex 7–8.
432 Aristoteles, De somno et vigilia 2.
433 Vgl. übernächste Anmerkung.
434 Avicenna, De anima 1,5.
435 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,78,4,
Responsio.
436 Arreptitii.
437 Arrepticius.
438 arripio, -pis,

Hexen
4.119 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

439 arreptum.
440 Muß statt absque cum heißen.
441 Aristoteles, De somno et vigilia 2.
442 spem. Schmidt liest speciem anstatt spem und
übersetzt mit Gestalt, was wahrscheinlich mit Idee zu
übersetzen ist.
443 Fallbeispiel nicht zu identifizieren. Ein Glossator
fand dieses Exempel so bemerkenswert, daß er an den
Rand schrieb: Una vetula quattuor abbates destru-
xit.
444 Vgl. fol. 24ra.
445 Gemeint ist aber Kapitel 3 im zweiten Teil des
zweiten Buches [II/2,3] fol. 82va-83va.
446 Anspielung auf den Kanon Episcopi. Lat.: intem-
peste noctis silentio per multa terrarum spacia.
447 Philocaptio: Wortschöpfung aus griech. Philos
(Liebe) und lat. captus (gefangen).
448 Dieser Aspekt wird erst in der folgenden Frage 8
behandelt.
449 Sentenzenkommentare zu 2,8.
450 Iob 2,6.

Hexen
4.120 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

451 Aristoteles, Über die Seele 3,3.


452 Iac 1,14f.
453 Gen 34,1–3 und Glosse (PL 113, 160f.).
454 2 Sm. 13,1–22.
455 Glosse (PL 113,572).
456 Vitas patrum.
457 2 Cor. 12,7.
458 Den Teufel.
459 Vgl. fol. 23va-25ra.
460 Pseudo-Chrysostomos, Opus imperfectum in
Matthaeum 37 zu Mt. 21,2–7.
461 Die Hexen unter den Liebestollen. Ein Bruch in
der Logik des Arguments, da vorher von den Opfern,
jetzt aber von den Täterinnen die Rede ist.
462 Corporalis delectatio.
463 Johannes Damaskenos, Expositio fidei orthodo-
xae 1,13.
464 Scholastischer Begriff: eine individuelle Sub-
stanz, die Inhaber einer allgemeinen Natur ist, etwa
eine Person, die das suppositum einer rationalen
Natur ist.

Hexen
4.121 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

465 Akzidenz meint im aristotelischen Sinne die Ei-


genschaft, die einer Substanz zukommt.
466 Aristoteles, Über die Seele 3,3.
467 Augustinus, De divinatione daemonum 5.
468 Augustinus, Retractationes 2,30.
469 Luxuria.
470 Die Bulle Summis desiderantes affectibus Inno-
zenz' VIII. Vgl. fol. Ir-v.
471 Rückbezug auf fol. 25rb.
472 Vgl. fol. 23va.
473 Sentenzenkommentare zu 4,34,3.
474 Impotenzzauber spielte im Innsbrucker Hexen-
prozeß von 1485 eine Rolle. Ammann (1890).
475 Gratian, Decretum 2,33,1,4.
476 Petrus de Palude, Sentenzenkommentar 4,34,2,3.
Petrus war der führende kanonische Eheexperte.
477 Idolum.
478 Vgl. zu dieser Ergänzung den inhaltlichen Ein-
wand von Schnyder (1993) 137.

Hexen
4.122 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

479 Tob 6,17.


480 Ein Fehlverweis, der auf eine Veränderung der
Konzeption des Buches hinweisen könnte. Aus dem
ursprünglichen Teil III wurde offenbar Teil II/II, wo
diese Frage unter II/II, Kapitel 3 behandelt wird. Vgl.
fol. 82va-83va.
481 Bonaventura, Sentenzenkommentar 4,34,2,2, ad
4.
482 sortilegus.
483 Tob 6–8.
484 Henricus de Segusio, Summa aurea 4,15,13.
485 Decretales Gregorii IX. 5,12,5. Geht zurück auf
Regino von Prüm, der ihn aus dem römischen Vulgar-
recht rezipiert hat, vgl. Jerouschek (1988) 74f.
486 Vgl. I,1, fol. 4vb.
487 Decretales Gregorii IX. 4,15.
488 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,1,3.
489 Vgl. I,1, fol. 6rb-6vb.
490 Die Anhänger und Schüler der aristotelischen
Lehre im Mittelalter.

Hexen
4.123 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

491 Augustinus, De civitate Dei 10,11.


492 Thomas von Aquin, De malo 16,1, Responsio.
493 Eingeweideschauer.
494 Augustinus, De civitate Dei 8 und 9.
495 Gratianus, Decretum 2,33,1,1.
496 Schmidt: Oder die Impotenz folgt der Vollzie-
hung der Ehe.
497 Decretales Gregorii IX. 4,15.
498 Henricus de Segusio, Summa aurea 4,15,3.
499 Gottfredus de Trano, Summa titulorum decreta-
lium 4,15.
500 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,1,3, Eesponsio; Petrus de Palude, Sentenzen-
kommentar 4,34,2,1f.; Bonaventura, Sentenzenkom-
mentar 4,34,2,2, Conclusio.
501 Vgl. fol. 23va.
502 Beweisführung, die vom Stärkeren »erst recht«
auf das Schwächere schließt.
503 Iob 1,12–19.
504 Tob 6,14–16.

Hexen
4.124 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

505 Glosse zu Ps 78,49.


506 Gen 19,26.
507 Die Leute vor der Tür von Lots Haus. Vgl. Gen
19,11.
508 Glosse zu Gen 19,24.
509 Ex 7,11f.; 8,7.
510 Vgl. statt dessen Augustinus, Viginti unius sen-
tentiarum 4.
511 Augustinus, De civitate Dei 18,18.
512 Augustinus, De trinitate 3,8.
513 Publica fama.
514 Thomas von Aquin, Sentenzenkomm6ntar
2,8,1,5.
515 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,95.
516 Thomas von Aquin, De malo 16,9.
517 Augustinus, De diversis quaestionibus 83, 12.
518 Statt dessen Frage I,7.
519 Spiritus vitales, die aus einer Verdünnung des
Blutes entstehen, also nicht Geister im eigentlichen
Sinne.

Hexen
4.125 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

520 Aristoteles, De somno et vigilia 2.


521 conservantur. Schmidt übersetzt: mitfließen.
522 Der Beginn dieser Zählung fehlt. Vgl. den An-
fang der Antwort fol. 28vb.
523 Prestigium.
524 Isidor, Etymologiae 8,9,32f.
525 Prestringo, auch: ich mache stumpf.
526 Prestringit.
527 Alexander von Hales, Summa theologica 2–1,
2,3,2,3,3,3, Solutio.
528 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,114,4.
529 Gregor der Große, Dialogi 1,4,7.
530 Vitas patrum 1, Vita Antonii abbatis, 11.
531 Vgl. fol. 28rb.
532 Gottfriedus de Trano, Summa titulorum decreta-
lium 4,15.
533 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,1,3 ad 3.
534 Decretales Gregorii IX, 4,15.

Hexen
4.126 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

535 Decretales Gregorii IX 5,38,13.


536 Erneuter Fehlverweis. Gemeint ist wieder Teil
II/II, konkret Frage II/II,4, fol. 82va-83va.
537 Verwiesen wird aber auf Frage II/I,7, fol. 59vb.
538 1 Cor 9,9.
539 Schmidt (1906) I,145 mit der falschen Überset-
zung: »Ob sich die Hexen mit den Menschen zu
schaffen machen, indem sie sich durch Gaukelkunst in
Tiergestalten verwandeln.«
540 Kanon Episcopi. Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
541 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,8,1,5,4 und ad 4.
542 Zählfehler. Es handelt sich um das zweite Argu-
ment.
543 Augustinus, De spiritu et anima 28.
544 Augustinus, De civitate Dei 18,18.
545 Augustinus, De diversis quaestionibus 83, 12.
546 Auch dieser Verweis ist falsch. Es handelt sich
um II/I,8., fol. 59vb-61ra.
547 Antoninus Pierozzi, Summa theologica 1,5,6,5.

Hexen
4.127 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

548 Kanon Episcopi.


549 Gratianus, Decretum Episcopi 2,26,5,12.
550 Das wörtliche Zitat endet hier. Der nächste Satz
ist eine Kürzung der folgenden Passage des Kanons
durch Kramer.
551 Antoninus Pierozzi, Summa theologica 1,2,6,5.
552 Gratianus, Decretum 2,26,5,14.
553 Augustinus, De civitate Dei 18,17f. (nach
Homer, Odyssee).
554 Vitas patrum 8,19f., Vita Macarii (PL 73, 1110).
555 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,111,3f.
556 Die apokryphe Überlieferung zu Simon Magus
diente in der dämonologischen Literatur als wichtiger
Beleg für die Möglichkeit des Hexenfluges. Große
Berühmtheit erlangte der Zweikampf zwischen
Simon, der sich mit Hilfe des Teufels in die Lüfte
erhob, und dem Apostel Petrus, der ihn durch Gebete
zu Fall brachte. Zu diesem »christlichen Flugverbot«
vgl. Bauer/Behringer (1997).
557 Augustinus, Fundstelle unbekannt (Sekundärzitat
aus Gratianus, Decretum 2,26,5,14).
558 Antoninus Pierozzi, Summa theologica 1,2,6,5.

Hexen
4.128 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

559 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar


2,8,1,5,4 und ad 4.
560 Der Kanon Episcopi.
561 Fieri.
562 Creari.
563 Naturali productione.
564 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,114,4
ad 2.
565 Albertus Magnus, De animalibus, Fundstelle un-
bekannt (Sentenzenkommentar 2,7,8 (?)).
566 Glosse zu Ex. 7,11 (PL 113, 203).
567 Subiectum, das Zugrundeliegende der Gestalt.
568 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,8,1,5,4 und ad 4.
569 immutat.
570 transmutando.
571 alterando.
572 Werwölfe.
573 Johannes Nider, Praeceptorium 1,11,9.

Hexen
4.129 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

574 Albertus Magnus, De animalibus 22,2,67, wohl


Sekundärzitat nach Johannes Nider, Praeceptorium
1,11,9.
575 Lev 26, 21–22.
576 Deut 32,24.
577 4 Reg 2,23–24.
578 3 Reg 13,23–26.
579 Litaniae minores.
580 Johannes Nider, Praeceptorium 1,11,12 über eine
angebliche Begebenheit aus der Zeit des Bischofs
Avitus von Vienne (ca. 460–518).
581 Wilhelm von Auvergne, De universo 2,3,13,
wohl Sekundärzitat nach Johannes Nider, Praecepto-
rum 1,11,9.
582 Raptus, auch Krampf.
583 Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale 5,40,
wohl Sekundärzitat nach Johannes Nider, Praeceptori-
um 1,11,9.
584 Vigile. Druck- oder Manuskriptfehler anstatt vi-
gili.
585 Obstetrices malefice.

Hexen
4.130 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

586 Es ist unklar, warum die vier Tatbestände als drei


Beweise für die Hauptthese (quinto, sexto et septimo)
gezählt werden. Vgl. Schnyder (1993) 144. Wahr-
scheinlich ist auch hier wieder eine spätere Erweite-
rung des Textes, der die Zählung durcheinander
bringt.
587 Der Dominikaner Laurentius von St. Agatha
(amt. ca. 1481–1498). Hansen (1901) 502; Petersohn
(1988) 141. Vgl. Einleitung S. 74.
588 Schmidt (1906) 1, 138 hat hier eine »Grafschaft
Barby«. Gemeint ist aber eine Verfolgung in der Graf-
schaft Bormio (dt.: Worms) im obersten Teil des Val-
tellina (Veltlin, heute in Italien, Provinz Sondrio) im
Jahr 1485, auf die Kramer noch öfter zu sprechen
kommt: fol. 48vb, 54vb, 108rb. Außer eigenen Erfah-
rungen in Oberdeutschland und Tirol und den Schwei-
zer Beispielen aus Johannes Nider ist diese italieni-
sche Verfolgung Kramers wichtigstes Exempel. Of-
fenbar war sie mit 41 Verbrennungen in einem Jahr
die größte zeitgenössische Verfolgung, die Kramer
kannte. Seine Quelle war anscheinend der Inquisitor
selbst: »qui hec nobis retulit«. – Dagegen hatte er of-
fenbar keinen Kontakt zu dem Lausanner Inquisitor
Thomas Gogat, der ebenfalls Anfang der 1480 Jahre
Hexenprozesse durchführte bzw. durchführen ließ.
Hansen (1901) 487–500.

Hexen
4.131 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

589 Exempel Como 1 »nächtlicher Kannibalismus


von Hexen«. Dies ist eine der wenigen Andeutungen,
daß Kramer die Vorstellung vom Hexensabbat kannte
und akzeptierte. Er stellt ihn jedoch auffälligerweise
nicht in den Mittelpunkt, wie dies spätere Dämonolo-
gen tun. Auch verwendet er keinen eigenen Begriff
dafür.
590 Auch dies deutet auf das Jahr 1486 als Datum
der Abfassung des Hexenhammers hin.
591 Gemeint ist die Grafschaft Tirol. Sigmund, Her-
zog (seit 1477 Erzherzog) von Österreich, Graf von
Tirol (1427–1496), Beiname »der Münzreiche«.
König Maximilian bewog ihn 1490 zum Regierungs-
verzicht. Mit Sigmunds Tod 1496 erlosch die ältere
Linie der Tiroler Habsburger. Sein Rat Ulrich Molitor
aus Konstanz (um 1442–1507/8) verfaßte vermutlich
in seinem Auftrag den 1489 fertiggestellten »Tracta-
tus de laniis et phitonicis mulieribus« über das He-
xenwesen als Reaktion auf die Inquisition Kramers in
Innsbruck und das Erscheinen des Hexenhammers. –
Vgl. Baum (1987); Mauz 1983.
592 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
593 Ein Glossator notierte am Rand: Obstetrices ma-
lefice pessime.

Hexen
4.132 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

594 Zeugenaussagen im Innsbrucker Hexenprozeß


(Verhör vom 9. September). Zu den am dringendsten
Verdächtigten zählten die Hebammen allerdings
nicht, denn keine von ihnen wurde verhaftet. Ammann
(1890) 21f. Das Zitat ist in den Akten nicht belegbar.
595 Auch dieser Querverweis ist falsch. Richtig ist
II/I,13, fol. 69ra-71rb.
596 Die Frage fehlt im Text des Erstdrucks und
wurde aus dem Inhaltsverzeichnis (fol. 2rb) übernom-
men.
597 Vgl. fol. 4rb.
598 Eccl 15,14.
599 Ps 80,13.
600 Augustinus, Enchiridion 17.
601 Aristoteles, Metaphysik 12,9.
602 1 Cor 9,9.
603 Aristoteles, Nikomachische Ethik 6,5.
604 Ier 12,1.
605 Dionysios Areopagita, De divinis nominibus
4,19.
606 Augustinus, Enchiridion 10.

Hexen
4.133 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

607 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,19,9 ad


1.
608 Sap 14,3.
609 Iob 22,14.
610 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,22,2,
Responsio.
611 Mose Ben Maimon, Führer der Unschlüssigen
3,17.
612 Hauptvertreter des antiken Atomismus und vor-
sokratischer Philosoph in der zweiten Hälfte des 5.
Jhs. v.Chr.
613 Epikur: griechischer Philosoph (341–270
v.Chr.). Druck: epicuri statt epicur(a)ei.
614 Rom 13,1.
615 Augustinus, Enchiridion 11.
616 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,23,
1,1.
617 Iob 4,18f.
618 Eccl 15,14.
619 Augustinus, De libero arbitrio 1,16.

Hexen
4.134 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

620 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,23,


1,1 ad 5.
621 Die Argumente werden am Ende der 13. Frage
widerlegt.
622 Bezüglich der Zulassung.
623 Dionysius Areopagita, De divinis nominibus
4,33.
624 Aristoteles, Nikomachische Ethik 1,1.
625 Is 14,14.
626 Apo 12,4.
627 Iob 41,25.
628 Superbia, eine Todsünde. Schmidt (1906), 173
übersetzt hier »Übermut«.
629 Aristoteles, Metaphysik 5,1.
630 Dieser Verweis ist wohl falsch, denn es wird
Frage 14, fol. 36ra-38ra gemeint sein. Möglicherwei-
se werden die Fragen 12 und 13 als erster Themen-
block gefaßt, so daß die folgende 14. Frage als zweite
questio aufgefaßt wird. Vgl. Schnyder (1993) 149.
631 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,23,
1,2, Responsio.

Hexen
4.135 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

632 Eccl 31,10.


633 Augustinus, Soliloquia, Funstelle unbekannt.
634 Sap 8,1.
635 Mose Ben Maimon, Führer der Unschlüssigen
3,17.
636 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,22,2.
637 PsG 15,4.
638 Hieronymus, Fundstelle unbekannt.
639 Augustinus, De civitate Dei 14,15.
640 Augustinus, De natura boni 6.
641 Bulle Summis desiderantes affectibus Innozenz'
VIII. Vgl. fol. Ir-v.
642 Druck: faciendo illud quod est utroque modo
malum. Richtig wäre: uno modo. Vgl. Schnyder
(1993) 152.
643 Vgl. dazu auch die Fragen 16 und 17.
644 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,21,2,2,Responsio.
645 Druck: post peccatum Luciferi ist zeitlich und
nicht qualitativ zu verstehen. Vgl. Schnyder (1993)
152.

Hexen
4.136 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

646 Isidor, Etymologiae 8,9,9.


647 Malefici.
648 Vgl. fol. 8rb.
649 Augustinus, De libero arbitrio 1,11 (?).
650 conversio kann Bekehrung und – zumal im Kon-
text des verwendeten aristotelischen Begriffspaares
Form/Materie – Umwandlung heißen.
651 Apostasie ist der Abfall vom christlichen Glau-
ben bzw. die Abwendung von Gott. Sie wird von
Thomas von Aquin mit der Häresie dem Unglauben
zugeordnet. Sie gilt als äußerste Form des Unglau-
bens und der Gottferne. Im Kirchenrecht wird zwi-
schen der apostasia a fide (vom Glauben), apostasia
a clericatu (vom geistlichen Stand) und apostasia a
monachatu (vom Ordensstand) unterschieden.
652 2 Petr 2,21.
653 Satzbruch in der lateinischen Syntax.
654 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,12,1,Responsio.
655 Raymund de Penafort, Summa 1,5,2.
656 Henricus de Segusio, Summa aurea 5,9,2.

Hexen
4.137 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

657 Gratianus, Decretum, 1,47,9; 2,16,1,36.


658 Raymund de Penafort, Summa 1,7,1f.; Iustinia-
nus, Digesta 49,16,3.
659 In den Pandekten und den Digesten des Corpus
Iustiniani nicht auffindbar.
660 Gratianus, Decretum 2,3,4,1.
661 Gratianus, Decretum 2,11,3,11.
662 Pactum expressum.
663 Römischer Kaiser (331/32–363). Er versuchte
nach der Christianisierungspolitik Konstantins des
Großen vergeblich, die alte römische Religion durch
Gesetze zu restaurieren und mit dem Christentum ko-
existieren zu lassen.
664 Gratianus, Decretum 2,2,7,24.
665 3 Reg 11,1–13.
666 Satius.
667 Gratianus, Decretum 2,32,4,8.
668 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,3,2, Responsio.
669 Mt 6,24.

Hexen
4.138 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

670 Albertus Magnus, Sentenzenkommentar 2,7,12,


Solutio.
671 Apostatrices.
672 Weiterführung des Gedankens auf fol. 36va, wo
die Größe des Hexereidelikts unter zwei Aspekten be-
trachtet wird. Vgl. Schnyder (1993) 152.
673 Augustinus, Fundstelle unbekannt (Sekundärzitat
aus Prosper Aquitanus, Sententiae ex Augustinuo de-
libatae 106, PL 45, 1868).
674 Bei Gratianus, Decretum ist die Augustinus-Stel-
le nicht auffindbar. Vgl. Schnyder (1993) 153.
675 Rom 14,23.
676 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,10,4.
677 Augustinus, Fundstelle unbekannt (Sekundärzitat
aus Prosper Aquitanus, Sententiae ex Augustino deli-
batae 106, PL 45, 1868).
678 Raymund von Penafort, Summa 1,5,2.
679 Decretales Gregorii IX. 5,39,49.
680 Gratianus, Decretum 2,24,1,32.
681 Gratianus, Decretum 1,8,1.
682 Gratianus, Decretum 2,23,7,1–13.

Hexen
4.139 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

683 Decretales Gregorii IX 5,7,13 und 15. Der unter


Papst Innozenz III. auf dem 4. Laterankonzil von
1215 beschlossene Kanon »Excommunicamus« stellte
die Grundlage der späteren Ketzerbekämpfung dar.
684 Decretalium liber sextus 5,11,11; 5,11,13.
685 Decretales Gregorii IX 5,7,13 und 15.
686 Decretales Gregorii IX 5,7,13 und 15.
687 Vgl. fol. 111ra-129vb.
688 Iustinianus, Codex 9,18,3; 9,18,5; 9,18,8.
689 Sortilegos.
690 Iustinianus, Codex 9,18,6.
691 Erste Frage = I,1 [?].
692 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,108,4
ad 1.
693 2 Sam 12,7–23.
694 1 Sam 15,2f.
695 Gratianus, Decretum 2,1,4,11, Parvulos.
696 Tatsächlich folgen jetzt aber drei Falltypen. Vgl.
Schnyder (1993) 155.

Hexen
4.140 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

697 Iob 34,30.


698 Augustinus, De civitate Dei 1,9.
699 Exemplum der durch Pest verödeten Stadt.
700 Scultetus cum prefecto civitatis: Schmidt
(1906), 190 übersetzt: »Schulze und der Vorsteher
der Gemeinde«. Hier handelt es sich aber um verfas-
sungsgeschichtlich fixierte Begriffe der oberschwäbi-
schen Reichsstädte. Der Stadtammann war der Vor-
steher des Stadtgerichts, der Bürgermeister leitete den
Stadtrat.
701 In Oberschwaben ereignete sich in den Jahren
1482–1484 eine Pestwelle, das sogenannte »grosse
Sterbent«, die noch nicht erforscht ist. In der kleinen
Reichsstadt Kaufbeuren (ca. 4000 Einwohner) starben
z.B. über 800 Menschen, also ca. 20% der Bevölke-
rung, im kaum größeren Kempten sollen gar 1400
Personen der Seuche erlegen sein. Da es aber mehrere
solche Beispiele gibt und wir nicht alle kennen, läßt
sich das Exempel zwar zeitlich, aber nicht räumlich
fixieren.
702 Sortilegam.
703 Magam.
704 Sam 24,1–25.

Hexen
4.141 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

705 Ios 7,1–26.


706 Gratianus, Decretum 2,23,5,49.
707 Deut 7,1–11.
708 Iud 19–21.
709 Deut 32,22.
710 Augustinus, Fehlverweis (richtig: Gregor der
Große, Moralia 18,22).
711 Gratianus, Decretum 2,33,3,3,43.
712 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,15,1,4b, ad 1.
713 Der Erbsünde.
714 Duns Scotus, Sentenzenkommentar 4,21, ad 4.
715 Tob 6,17.
716 Decretalium über sextus 5,12, Regula 23.
717 Erbsünde.
718 Ex 20,5.
719 Gratianus, Decretum 2,1,4,9; 2,24,3,1.
720 Vgl. fol. 38ra-38va.
721 Petrus Lombardus, Sentenzenkommentar 4,15,1.

Hexen
4.142 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

722 Io 9,1–41.
723 Io 11,1–46.
724 Iob 1,1–22.
725 Tob 2,1–14.
726 2 Cor 12,7.
727 Haimo von Auxerre, Kommentar zu den Paulus-
briefen (Remigius von Auxerre zugeschrieben; zu 2
Kor. 12,7, PL 117,665).
728 Act 12,23.
729 2 Mach 9,5–29.
730 Num 12,1–15.
731 Num 14,29f.
732 Hieronymus zu Nahum 1,9 (Sekundärzitat nach
Gratianus, Decretum 2,23,5,6).
733 2 Sam 15,13f.
734 Gratianus, Decretum 2,33,3,1,82.
735 Die Erbsünde.
736 Gratianus, Decretum 1,5,4.
737 Die ersten beiden Aspekte der geistlichen Bestra-

Hexen
4.143 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

fung werden nicht behandelt, anders als fol. 38vb an-


gekündigt wird.
738 Deut 25,2.
739 Hebr 10,29.
740 Vgl. fol. 48rb-50vb.
741 Vgl. fol. 36rb und Schnyder (1993) 157.
742 Opera magorum et divinatorum.
743 Zu dem ganzen Komplex vgl. Harmening (1979).
744 Losorakel.
745 prestigium.
746 Weissagung durch Wahrsage-Geister (pitones,
eigentlich pythones).
747 Wahrsagekunst aus der Beobachtung der Luft.
748 Wahrsagekunst aus den Bewegungen des Feuers.
749 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2, 95,3,
Responsio.
750 Gratianus, Deeretum, 2,26,4,1.
751 Gratianus, Decretum, 2,26,5,14.
752 Horoskopsteller, eigentlich genetaliaci.

Hexen
4.144 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

753 Eingeweideschauer.
754 Vogelschauer.
755 Handlesekunst.
756 Wahrsagung aus den Schulterblättern von Opfer-
tieren.
757 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2, 95,3,
Responsio.
758 Gratianus, Decretum, 2,26,2.
759 Gratianus, Decretum 2,26,4.
760 Vgl. fol. 29rb.
761 In der Aufzählung an dritter Stelle der 1. Gattung
genannt.
762 Isidor, Etymologiae 8,9,11.
763 Nekros.
764 Mors.
765 Divinatio.
766 Wahrsagerin.
767 1 Sam 28,3–25.
768 Augustinus, De diversis quaestionibus ad Simpli-
cianum 2,3.

Hexen
4.145 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

769 Wahrsagerin.
770 Fantasma.
771 Illusio imaginaria.
772 Divinatio.
773 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2, 95,4,
ad 2.
774 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,
174,5.
775 Gratianus, Decretum 2,26,5,14.
776 In der Aufzählung an 2. Stelle der 1. Gattung ge-
nannt.
777 Thomas von Aquin, Summa theologiae, 2,2,95,6,
Responsio.
778 Informante: wahrscheinlich Druckfehler anstatt
informant.
779 Aristoteles, De somno et vigilia 3.
780 Aristoteles, De somno et vigilia 3.
781 Quia natura reprensentat in somnis anime ali-
quas dispositiones. Vgl. zur Auffassung von anime
als Dativ Schnyder (1993) 157.

Hexen
4.146 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

782 Aristoteles, De somno et vigilia 3.


783 Hier erneut ein Hinweis auf den Hexensabbat,
dessen zentrale Zeremonie für Kramer die Opferung
der Kinder darstellt. Vgl. oben fol. 32va.
784 Wahrsager.
785 Python heißt nach Ovid und Lucan eine große
Schlange bei Delphi, die Apollo tötete, weshalb er
den Beinamen Pythius erhalten haben soll.
786 Isidor, Etymologiae 8,9,21.
787 Act 16,16–18.
788 Isidor, Etymologiae 8,9,9.
789 Horoskopsteller.
790 Vogelschauer.
791 Johannes Nider, Praeceptorium 2,4.
792 Hier ist dem Systematiker offenbar die Luft aus-
gegangen. Die (fol. 39va) aufgeführte dritte Gattung
des Aberglaubens wird überhaupt nicht mehr kom-
mentiert.
793 Das Inhaltsverzeichnis fol. 2rb fügt hinzu: bei
den Zauberern und Hexen.
794 Is 14,12; Lk 10,18.

Hexen
4.147 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

795 Augustinus, De civitate Dei 21,23f.


796 Johannes Damaskenos, Expositio fidei orthodo-
xae 2,3 (?PG 94,867).
797 Johannes Damaskenos, Expositio fidei orthodo-
xae 2,3 (?PG 94,867).
798 Anselm von Canterbury, Orationes 62.
799 Gemeint sind die in Frage 14, fol. 36ra-b, vorge-
tragenen Argumente.
800 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,21,2,2.
801 Anselm von Canterbury; Orationes 62.
802 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,20,2,3. (Vgl. Anselm von Canterbury, De conceptu
virginali 10, PL 158,443f.).
803 Thomas von Aquin, Quodlibet 5,5,1.
804 Vgl. Frage 12 und 13, fol. 35va-36ra.
805 Tatsächlich aber nur eine Autorität: die Solilo-
quia des Augustinus.
806 Superbia.
807 2 Sam 24,1–25.

Hexen
4.148 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

808 Ps 73,23.
809 Vgl. die Widerlegung dieses Argumentes auf fol.
26vb-27ra.
810 Iob 41,24.
811 Vgl. fol. 23rb und 28rb.
812 Gregor der Große, Moralia 13,18.
813 Eine spätere Schrift Kramers gegen die Ketzerei
der Waldenser und der Böhmischen Brüder sollte den
Titel »Schild des Glaubens« tragen. Vgl. Einleitung,
S. 68f.
814 Eph 6,16.
815 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,19,12,
Responsio.
816 Ps 110,2.
817 Aristoteles, Physik 8,4.
818 Mt 6,10.
819 Augustinus, Enchiridion 95.
820 Gratianus, Decretum 2,26,7,13.
821 Gratianus, Decretum 2,26,2,6.
822 In der älteren Literatur als »Nestelknüpfen« be-

Hexen
4.149 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

zeichnet. Eine Form des Liebes- oder Impotenzzau-


bers.
823 Inquisitoren. Derartige Pluralia leisteten der Vor-
stellung Vorschub, der in der Apologia erwähnte
Jacob Sprenger sei ebenfalls Autor des Hexenham-
mers. Vgl. Einleitung, S. 31–37.
824 Speyer, zunächst Bischofssitz, seit 1294 freie
Reichsstadt. Bischof Ludwig von Helmstadt (reg.
1478–1504) residierte im nahen Udenheim/Philipps-
burg: Köbler (1995) 594f. Er unterstand dem Erzbi-
schof von Mainz. Kramer bringt auffallend viele Ex-
empel aus Speyer und Umgebung: fol. 42rb, 44va,
44vb, 57va, 58rb, 78va,105va, 126va. Seine Kontak-
te dorthin bleiben unklar, laufen aber wohl über das
dortige Dominikanerkloster, das sogar im Text er-
wähnt wird (fol 58rb). Im November 1486 erhielt der
seit 1471 in Speyer arbeitende Drucker Peter Drach
das Manuskript des Hexenhammers, dessen Erstdruck
er bis Mitte Dezember fertigstellte. Vermutlich hielt
sich Kramer im Herbst 1486 – von Augsburg kom-
mend – in Speyer auf und nahm dort letzte Korrektu-
ren am Hexenhammer vor. Die Exempel aus Speyer
und Umgebung wurden möglicherweise erst jetzt in
den Text eingefügt.
825 Exempel Speyer 1 »Plötzlichkeit von Krankhei-
ten als Indiz für Hexerei«.

Hexen
4.150 [I,18] Es folgt die Weise Hexenhammer, 343

826 Über die Frage, ob die Krankheit durch Schaden-


zauber verursacht war.
827 Diese Praxis des Bleigießens wird in den Akten
des Innsbrucker Hexenprozesses in den Zeugenaussa-
gen gegen Barbara Selachin (17. Oktober 1485) er-
wähnt. Ein Töpfer wandte sie an, um mehr über die
Krankheit der Zeugin Gertrud Rötlin zu erfahren.
Ammann (1890) 53f.
828 Gemeint ist aber vor allem II/2, fol. 78ra-78vb.
829 Als Frage nicht aufgeführt.
830 Dan 10,13.
831 Petrus Lombardus, Sentenzenkommentar 2,11;
Sentenzenkommentare zu 2,11.
832 Kramer spricht hier aus Erfahrung, da die Haupt-
angeklagte von Innsbruck, Helena Scheuberin, dies
mit den Worten versucht hatte: »Daß dir das fallend
Übel in deinen grauen Scheitel soll.« Zeugenaussage
des Inquisitors selbst vom 4. Oktober 1486. Ammann
(1890) 35f.

Hexen
4.151 Der Hexenhammer: Zweiter Teil Hexenhammer, 345

Der Hexenhammer

Zweiter Teil

Hexen
4.152 [II/0] Es beginnt der zweite Teil des Werkes Hexenhammer, 347

[43rb]

[II/0] Es beginnt der zweite Teil des Werkes

Der zweite Teil [des Hexenhammers ist] der Hauptteil


dieses Werkes, weil er von der Vorgehensweise der
Zauberer und Hexen bei der Verübung von Schadens-
zauber handelt. Und er ist in achtzehn Kapitel einge-
teilt mit nur zwei Problemen, von denen das erste
über die Mittel zur Vorsorge gegen Schadenszauber,
das zweite von den Heilmitteln, die den Schadenszau-
ber beseitigen, [handelt]. Da nach dem Philosophen
in 4 phisicorum1 das Beseitigende und das Vorbeu-
gende zusammenfallen und Ursachen per accidens
sind, deswegen hat man damit die ganze Grundlage
dieser abscheulichen Ketzerei.
Auf zwei [Aspekte]2 wird hauptsächlich einzuge-
hen sein: erstens auf deren [der Hexen] Eintritt [in die
Hexensekte]3 und das gotteslästerliche Gelübde;
zweitens auf die Entwicklung [43va] der Vorgehens-
weise und die abscheuliche Verehrung [des Teufels];
drittens auf die wirksamen Hindernisse gegen deren
Schadenszauber und die Vorbeugemittel. Und weil
wir uns nun mit einem moralischen Thema beschäfti-
gen, ist es nicht nötig, uns allenthalben über den ver-
schiedenen Argumenten und Erklärungen aufzuhalten,

Hexen
4.153 [II/0] Es beginnt der zweite Teil des Werkes Hexenhammer, 348

da das, was in den Kapiteln folgt, durch die vorherge-


henden Fragen genügend erörtert wurde. Deshalb bit-
ten wir den Leser bei Gott, daß er nicht in allen Punk-
ten eine Beweisführung verlange, wo eine hinreichen-
de Plausibilität durch Herleitung der Dinge, die als
wahr feststehen, genügt, sei es durch eigenes Sehen
oder Hören, sei es durch die Berichte glaubwürdiger
Leute4.
Bezüglich des ersten [Aspektes] werden zwei
Dinge hauptsächlich angesprochen: erstens die ver-
schiedenen Weisen des Dämons, die Schuldlosen an-
zulocken, zweitens die verschiedenen Weisen, sich
freiwillig zur Ketzerei zu bekennen. Bezüglich des
zweitens Punktes aber werden der Reihe nach sechs
[Unterpunkte] angesprochen werden, bezüglich der
Form des Ausführens und des Heilens [des Schadens-
zaubers]. So daß erstens [gehandelt wird] von dem,
was von den Zauberern und Hexen an sich und an
ihren Körper vorgenommen wird, zweitens von dem,
was an anderen Menschen, drittens von dem, was an
Tieren angerichtet wird und viertens von dem, womit
sie die Feldfrüchte schädigen, fünftens vom Schadens-
zauber der Männer allein, d.h. Schadenszauber, der
nur von Männern, nicht aber von Frauen ausgeführt
wird, sechstens von der Frage über das Beseitigen des
Schadenszaubers und auf welche Arten die Behexten
geheilt werden. Es ist also die erste Frage in achtzehn

Hexen
4.154 [II/0] Es beginnt der zweite Teil des Werkes Hexenhammer, 348

Kapitel eingeteilt, da sie [die Hexen] auf so viele ver-


schiedene Arten in ihren Riten variieren und sich ver-
mehren5.

Hexen
4.155 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 349

[II/1] Ob jemand durch die guten Engel so


unterstützt werden kann, daß er von den
Zauberern und Hexen auf keine der unten
angeführten Arten behext werden kann?

Dies scheint nicht zuzutreffen, weil im Vorangehen-


den erklärt worden ist, daß auch oft Unschuldige und
Schuldlose und Gerechte von Dämonen heimgesucht
werden, wie Iob6 und viele unschuldige Kinder, die
man behext sieht mit vielen anderen Gerechten, wenn
auch nicht genauso wie die Sünder, weil sie nicht zum
Verderben ihrer Seelen heimgesucht werden, wenn
auch an den Gütern des Vermögens und der Körper.
Dem widerspricht das Geständnis der Hexen
[43vb], daß sie nämlich nicht alle verletzen können,
sondern bloß jene, die sie durch Hinweis der Dämo-
nen als der göttlichen Hilfe verlustig erfahren.
Antwort: Drei Gruppen von Menschen sind von
Gott so gesegnet, daß sie jenes scheußliche Ge-
schlecht mit seinem Schädenszauber nicht schädigen
kann. Und die ersten sind diejenigen, die die öffentli-
che Gerichtsbarkeit über sie ausüben oder die kraft
eines anderen öffentlichen Amts gegen sie vorgehen,
zweitens diejenigen, die nach den gepflogenen und in
Ehren gehaltenen Bräuchen der Kirche, wie durch das
Besprengen mit Weihwasser, durch die erlaubte Ver-

Hexen
4.156 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 349

wendung des konsekrierten Salzes oder der Kerzen


am Tage der Reinigung7 und geweihter Zweige am
Palmsonntag, da damit die Kirche exorzisiert, sich
schützen, um die Kräfte des Dämons zu schwächen.
Über diese Formen wird noch gehandelt werden. Die
dritten sind diejenigen, die durch die heiligen Engel
auf verschiedene und unzählige Arten geschützt wer-
den.
Erstens wird ein Grund angegeben und durch ver-
schiedene Taten und Geschehnisse bestätigt. Weil
nämlich alle Gewalt von Gott ist und er das Schwert
trägt, nach dem Apostel8, zur Bestrafung der Bösen
und zur Genugtuung für die Guten, so ist es kein
Wunder, daß dann die Dämonen durch die Engelsge-
walt ferngehalten werden, wenn zur Ahndung jenes
schrecklichen Verbrechens Gericht gehalten wird. Es
bemerken hierzu die doctores, daß die Macht des Dä-
mons auf fünf Arten ganz oder teilweise unterbunden
wird: erstens durch die von Gott gesetzte Begrenzung
seiner Macht, wie von Iob 1 und 29 angesprochen
wird, und dem, von dem man bei Nider im Formica-
rius10 liest, der dem Richter gestanden hatte, daß er
[der Angeklagte] ihn [den Dämon] angerufen hatte,
damit er seinen Feind des Lebens beraubte oder am
Leib schädigte oder durch Blitzschlag vernichtete.
»Als ich«, sagte er, »den Dämon angerufen hatte,
damit ich es mit seiner Hilfe vollbrächte, antwortete

Hexen
4.157 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 350

er mir, daß er nichts davon tun könne. Er hat«, sagte


er mir, »einen guten Glauben und schützt sich sorgfäl-
tig mit dem Zeichen des Kreuzes. Des halb kann ich
ihn nicht am Leib, sondern [nur], wenn es beliebt, am
elften Teil seiner Früchte auf dem Feld schädigen.«
Zweitens wird der Dämon durch ein äußeres
Hemmnis gehindert, wie bei der Eselin Balaams,
Nume. 2211. Drittens durch eine äußerliche Wunder-
tat, die es ihm unmöglich macht. Dies ist ein einzigar-
tiges Privileg. Diese [44ra] dritte Art von Menschen,
die nicht behext werden können, wird noch behandelt
werden12. Viertens durch Gottes Ratschluß, der es
vereinzelt mittels der Hinderung durch einen guten
Engel so fügt wie bei Asmodeus, der die Verlobten
der Jungfrau Sarah tötete, aber nicht den Tobias13.
Fünftens bisweilen durch [des Teufels] ureigene Vor-
bedacht, weil manchmal der Teufel nicht verletzen
will, damit etwas Schlimmeres daraus folge. Wenn er
etwa Exkommunizierte quälen könnte, wie er auch
den exkommunizierten Korinther quälte, Corin. 514,
so tut er es dennoch nicht, damit er den Glauben der
Kirche an die Schlüsselgewalt schwäche. Deswegen
können wir entsprechend sagen, daß, wenn sie [die
Dämonen] auch nicht von der göttlichen Macht abge-
halten würden, wenn das öffentliche Gericht gehalten
wird, sie [die Dämonen] doch oft die Hand oder den
Schirm aus freien Stücken von den Zauberern und

Hexen
4.158 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 351

Hexen zurückziehen, weil sie entweder deren Bekeh-


rung fürchten oder weil sie deren Verdammnis wün-
schen und beschleunigen.
Das wird auch mit Taten und Geschichten bewie-
sen. Denn auch der erwähnte Doktor [Johannes
Nider]15 berichtet, daß Zauberer mündlich und aus
Erfahrung zu Protokoll gegeben haben, daß, sobald
sie durch Beamte der städtischen Gerichtsbarkeit ge-
fangengenommen werden, sofort alle Macht der Zau-
berer entkräftet wird. Als daher ein Richter mit
Namen Petrus16, der auch schon oben erwähnt wor-
den ist, einen Zauberer mit Namen Stadlin17 durch
seine Diener gefangennehmen lassen wollte, befiel
ihre Hände ein so starkes Zittern, und in die Nasen
drang ein so übler Gestank, daß sie beinahe [daran]
verzweifelt wären, ob sie es wagen sollten, auf den
Zauberer loszugehen. Da befahl ihnen der Richter:
»Geht nur ruhig auf den Elenden los, weil er, von der
öffentlichen Justiz ergriffen, alle Kräfte seiner Bosheit
verlieren wird!« Und so bewies es auch der Ausgang
der Sache, denn er wurde gefangen und verbrannt
wegen vieler von ihm begangener Schadenszauber,
die hier und dort eingefügt und auf die verschiedenen
Themengebiete abgestimmt sind.
Aber [es gibt] noch viele andere [Geschehnisse],
die uns Inquisitoren18 in Ausführung des Amtes der
Inquisition zustießen, die, wenn wir sie erzählen dürf-

Hexen
4.159 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 352

ten, gewiß das Gemüt des Lesers in Staunen versetzen


würden. Aber weil Eigenlob stinkt19, bringt es mehr,
das mit Stillschweigen zu übergehen, als den Vorwurf
eitler Ruhmsucht auf uns zu laden, mit Ausnahme
desjenigen, was von Gott ans Licht gebracht worden
ist und nicht verheimlicht werden kann.
Als nämlich in der Stadt Ravensburg20 [44rb] die
einzuäschernden Hexen von den Ratsherren gefragt
wurden, warum sie uns Inquisitoren21 nicht ebenso
wie anderen Leuten Schadenszauber zugefügt hätten,
antworteten sie, sie hätten es zwar öfter versucht, aber
es dennoch nicht vermocht22. Und nach dem Grund
befragt, antworteten sie, sie wüßten es nicht, nur seien
sie so von den Dämonen unterrichtet worden. Denn
wie oft sie uns zur Tages- und Nachtzeit befehdet
haben, können wir nicht erzählen: wie sie uns bald als
Affen, bald als Hunde oder Ziegen mit ihrem Geschrei
und Hohn behelligten, wenn wir nachts zu – wenn
auch wenig frommen – Gebeten aufstanden. Draußen
am Fenster des Raums, das jedoch so weit oben war,
daß man dort nur mit ganz langen Leitern hätte hin-
kommen können, führten sie mit kräftigstem Stoß, der
wie direkt zum Kopf geführt war, Nadeln in ein
Laken, mit dem der Kopf bedeckt wurde. Wir fanden
sie auch beim Aufstehen, so als ob sie sie [die Na-
deln] durch magische Kunst in unseren Kopf hätten
stecken wollen. Aber Dank sei dem Höchsten, der uns

Hexen
4.160 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 352

in seiner Wohltat, ohne unsere Verdienste, als öffent-


liche, unwürdige Diener des Glaubens geschützt
hat23.
Bezüglich der zweiten [Gruppe] ist der Grund an
sich klar. Denn damit wird von der Kirche exorzisiert
und überhaupt sind sie die wirksamsten Hilfsmittel,
um sich vor den Angriffen der Hexen zu schützen.
Wenn man fragt, auf welche Weise man sich schützen
müsse, so wäre erstens davon zu sprechen, was ohne
Anführung heiliger Worte geschieht, und dann von
den heiligen Formeln selbst. Denn bezüglich des er-
sten ist es erlaubt, alle anständigen24 Behausungen
von Mensch und Vieh unter Anrufung der allerheilig-
sten Dreifaltigkeit und mit dem Gebet des Herrn zur
Rettung von Mensch und Vieh mit Weihwasser zu be-
sprengen. So nämlich heißt es im Exorzismus, daß,
wohin es auch immer gesprengt worden sei, sie [die
Behausung] von aller Unreinheit frei werde, befreit
von der Schuld und daß dort nicht ein verderblicher
Geist bleibe etc.25 Denn nach dem Propheten rettet
der Herr Mensch und Vieh, ein jedes nach seinem
Maß. Zweitens, wie das erste [Mittel, das Besprengen
mit Weihwasser] notwendig [ist], so ist auch das
zweite, nämlich eine geweihte Kerze anzuzünden, in
Übereinstimmung damit ein Besprengen, da nämlich
mit einer solche Kerze die Wohnräume [gleichsam
»besprengt werden«]. Drittens ist es zumeist hilfreich,

Hexen
4.161 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 353

geweihte Kräuter [44va] zu verwenden oder fortzu-


fahren, mit ihnen an einem geheimen Ort der Woh-
nung zu räuchern.
So nämlich geschah es in demselben Jahr, in dem
dieses Buch begonnen wurde26, in der Stadt Spey-
er27, daß eine fromme Frau mit einer als Hexe Ver-
dächtigen nach Art miteinander streitender Frauen-
zimmer einen zänkischen Wortwechsel hatte. Doch in
der Nacht, als sie ihren kleinen Säugling in die Wiege
legen wollte und ihr durch den Kopf ging, was sie am
Tag mit der als Hexe Verdächtigen ausgetragen hatte,
fürchtete sie Gefahr für den Knaben. Sie legte zu dem
Knaben geweihte Kräuter, besprengte ihn gehörig mit
[Weih]wasser, gab ihm ein wenig exorzisiertes Salz
in den Mund, schützte ihn mit dem Zeichen des Kreu-
zes und band ihn sorgfältig an der Wiege fest. Und
siehe da, um Mitternacht hörte sie das Kind schreien.
Und als sie wie gewohnt nach dem Knaben fassen und
die Wiege, die in gleicher Höhe mit dem Bett stand,
bewegen wollte, bewegte sie zwar die Wiege, konnte
aber den Knaben nicht greifen, weil er fort war. Zit-
ternd und laut klagend über den Verlust des Knaben
zündete die Ärmste ein Licht an und fand das Kleine
weinend unter dem Bett in einem Eck, jedoch unver-
letzt. Aus dieser Sachlage kann man abwägen, wieviel
Macht den Exorzismen der Kirche gegen die Nach-
stellungen des Teufel innewohnt. Ferner wird die

Hexen
4.162 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 354

Mildtätigkeit und die Weisheit des allmächtigen Got-


tes deutlich, die sich von Anfang bis Ende mächtig
zeigt28; sie trifft auch gnädig Vorkehrungen für den
Schadenszauber jener ganz verworfenen Menschen
und Dämonen, so daß, wo sie den Glauben zu schwä-
chen und zu mindern suchen, sie denselben in den
Herzen vieler [Menschen] kräftigen und fester Wurzel
fassen lassen. Viel Nutzen entsteht nämlich den Gläu-
bigen aus solcherart Übeln, da so der Glaube, durch
die Bosheiten des Dämons gestärkt, die Barmherzig-
keit und die Macht Gottes offenbart wird, die Men-
schen in ihrer Achtsamkeit angetrieben und zur Ver-
ehrung der Leiden Christi und der Zeremonien der
Kirche entflammt werden.
In jenen Tagen29 wurde auch der Schultheiß des
Dorfes Wissental30 mit sehr schweren Schmerzen
und Qualen des Körpers behext, und dies traf ihn
durch Schadenszauber, worüber er nicht von anderen
Zauberern und Hexen, [44vb] sondern durch die [ei-
gene] Erfahrung belehrt wurde. Er sagte nämlich, daß
er sich an den einzelnen Sonntagen durch das Benut-
zen von Salz und von Weihwasser zu schützen pfleg-
te. Und weil er das an einem Tage wegen einer Hoch-
zeitsfeier unterlassen hatte, wurde er an demselben
Tag behext.
Was ist endlich von jenem [Mann] in Ravensburg
[zu sagen], als er vom Teufel in Gestalt einer Frau

Hexen
4.163 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 355

zum fleischlichen Akt gereizt wurde? Als jener Arme


sehr verängstigt war, da der Teufel nicht ablassen
wollte, kam ihm in den Sinn, daß er sich mit dem Ge-
brauch von Salz schützen müsse, wie er es in der Pre-
digt gehört hatte. Als er daher beim Eintritt in die
Stube geweihtes Salz genommen hatte, sah ihn die
Frau mit finsterem Gesichtsausdruck an und ver-
schwand schimpfend, da einer von den Teufeln sie
darüber eilig aufgeklärt hatte. Dort war der Teufel in
Gestalt oder in leiblicher Gegenwart der Hexe dage-
wesen, da er mit Zulassung Gottes beides tun kann31.
Aber auch jene drei Gefährten, die auf einem Wege
einher schritten, von denen zwei von einem Blitz-
schlag getroffen wurden, der dritte [aber] geängstigt
[war], da er Stimmen in der Luft ertönen hörte: »Laßt
uns ihn auch töten.« Da antwortete eine andere Stim-
me: »Wir können es nicht, weil er heute ›Das Wort
wurde Fleisch‹ gehört hat.« Er verstand, daß er, weil
er die Messe und am Schluß das Evangelium des Jo-
hannes: »Am Anfang war das Wort und etc.«, gehört
hatte, gerettet wurde. [Das geschieht] auch durch die
heiligen, der Hostie zugedachten Sprüche32, weil sie
auf wunderbare Weise Vorsorgemittel sind, wenn
hierbei nur sieben Bedingungen erfüllt werden. Diese
werden auch in der letzten Frage dieses zweiten
Teils33 angesprochen, dort wo die Mittel, wie hier die
Vorsorgemitteln, behandelt werden. Und jene heiligen

Hexen
4.164 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 355

Worte dienen nicht nur zum Verhüten, sondern auch


zum Heilen der Behexten.
Die wirksamsten Vorkehrungen für Orte, Mensch
und Vieh aber sind die Worte des Triumphtitels unse-
res Heilandes, wenn sie nämlich an vier Seiten des
Raumes in Form eines Kreuzes eingeschrieben wer-
den: Jesus † Nazarenus † Rex † Judeorum oder auch
mit Hinzufügung des Namens der Jungfrau Maria
oder [45ra] der Evangelisten oder auch der Worte des
Johannes: »Das Wort wurde Fleisch.«
Die dritte Art [Menschen], die von den Zauberern
und Hexen nicht verletzt werden kann, ist eine ganz
besondere, wie es nicht anders sein kann, geschützt
durch besonderen inneren und äußeren Schutz der
Engel: innerlich durch Einflößung der Gnade, äußer-
lich durch himmlische Kräfte, d.h. durch Beschützung
seitens der Beweger der Himmelskörper. Und diese
Sorte [von Menschen] wird in zwei Arten von Auser-
wählten unterteilt, weil sie entweder gegen alle Arten
von Zauberern und Hexern geschützt werden, so daß
sie in nichts geschädigt werden können, oder daß sie
besonders an der Zeugungskraft von den guten Engeln
keusch gemacht werden, wie böse Geister durch ihren
Schadenszauber üble Menschen bezüglich der einen
[Frau] entweder entflammen oder bezüglich der ande-
ren erkalten lassen.
Die innere und äußere Beschützung hinsichtlich der

Hexen
4.165 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 356

Gnade und der Einflüsse der Himmelskörper, wird


zunächst so erklärt. Mag Gott nämlich auch an und
für sich die Gnade in unser Herz einflößen, weil kei-
ner Kreatur die Macht zu solcher Einflößung zukom-
men kann, nach jenem [Wort]: »Gnade und Ruhm
wird der Herr geben«34, so kann doch, wie der heili-
ge Thomas an einer Stelle zu 3 sententiarum35
sagt, wenn Gott eine ganz besondere Gnade einflößen
will, ein guter Engel vermittelnd mitwirken. Und dies
ist es, was Dionysius im vierten Kapitel de divi. no-
minibus36 sagen will: »Es ist das unveränderlich
feststehende Gesetz der Gottheit, daß die niedrigsten
Dinge von den höchsten durch vermittelnde bewirkt
werden«, so daß wir alles Gute, was aus der Quelle
alles Guten in uns hinein fließt, ganz durch den
Dienst der guten Engel haben. Wir wollen Beispiele
mit Gründen geben. Denn mag zur Empfängnis des
Geistes Gottes durch die allerseligste Jungfrau, die
Mutter Gottes, allein die göttliche Kraft wirksam ge-
wesen sein, wurde der Sinn der Jungfrau doch vom
Engel durch den Gruß wie [auch durch] die Stärkung
und Belehrung des Verstandes sehr angeregt und zum
Guten vorbereitet. Über diese Begründung meint der
vorgenannte Doktor, daß im Menschen drei Dinge
sind, nämlich Wille, Verstand [45rb] und andere in-
nere und äußere Kräfte, die den körperlichen Gliedern
und Organen anhaften. Im ersten [dem Willen] kann

Hexen
4.166 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 357

allein Gott handeln, weil »das Herz des Königs in der


Hand des Herrn ist«37. Dispositiv [handelt] der gute
Engel, insofern er den Verstand zur Erkenntnis des
Wahren und Guten mehr erleuchtet, so daß im zwei-
ten [dem Verstand] sowohl Gott als auch der gute
Engel durch Erleuchten handeln können. Und im drit-
ten [handelt] ähnlich ein guter Engel zum Guten38,
und ein böser Engel kann mit Zulassung Gottes böse
Einflüsse eingeben. Dennoch liegt es in der Macht des
menschlichen Willens, solche äußerlichen Einflüsse
anzunehmen oder zurückzuweisen, wie sie denn auch
der Mensch mit Anrufung der Gnade Gottes stets zu-
rückweisen kann.
Bezüglich der äußeren Bewachung, die durch die
Beweger der Sphären von Gott vermittelt wird, ist die
allgemeine und ganz übereinstimmende Überlieferung
sowohl der Heiligen Schrift als auch der Naturphilo-
sophie, daß alle Himmelskörper durch die Macht der
Engel bewegt werden, und sie werden Beweger der
Sphären genannt werden. Und von Christus und der
Kirche werden sie Himmelskräfte genannt, und folg-
lich werden alle Körper dieser Welt von Himmelsein-
flüssen gelenkt, nach dem Zeugnis des Philosophen,
primo metherorum39. Deshalb können wir auch
sagen, da Gott über seine Auserwählten eine besonde-
re Vorsehung walten läßt, so mag er sie auch man-
chen Übeln dieses Lebens als Prüfungen unterwerfen.

Hexen
4.167 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 357

Aber einige bewahrt er so, daß sie in nichts geschä-


digt werden können. Und diese Gabe empfangen sie
entweder von den guten Engeln selbst, die zur Bewa-
chung von Gott abgeordnet worden sind, oder von den
Einflüssen der Himmelskörper, oder von den Bewe-
gern der Sphären an sich.
Überdies ist anzumerken, daß, wenn auch manche
gegen alle Schadenszaubereien geschützt sind, andere
aber gegen einige und nicht gegen alle, es doch man-
che gibt, die von guten Engeln besonders an der Zeu-
gungskraft so keusch gemacht werden, daß sie auf
keine Weise von bösen [Menschen] daran behext wer-
den können. Hierüber zu schreiben scheint einerseits
überflüssig, andererseits freilich auch notwendig, weil
diejenigen, welche an der Zeugungskraft behext wer-
den, von der Bewachung der Engel verlassen werden,
weil sie entweder immer in [45va] Todsünde leben
oder mit allzu heftiger Leidenschaft jenen Schändlich-
keiten obliegen. Daher erlaubt es Gott auch eher, wie
im ersten Teil des Werken angesprochen ist40, daß
jener Trieb behext wird, wenn nicht allein wegen sei-
ner [des Zeugungsaktes] Garstigkeit, so doch auch
deshalb, weil die Verderbnis der ersten Eltern durch
die ursprüngliche Befleckung41 auf das ganze Men-
schengeschlecht übergeht.
Wir wollen ein wenig darüber reden, wie ein guter
Engel bisweilen gerechten und frommen Männern

Hexen
4.168 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 358

Wohltaten erweist, und zwar besonders an der Zeu-


gungskraft. Denn so geschah es dem heiligen Abt Se-
renus, von dem Cassian berichtet in colla. patrum
colla. abbatis sereni prima42. »Dieser«, sagte er,
»war um die innere Keuschheit des Herzens wie auch
der Seele Tag und Nacht mit Gebeten, Fasten und
Wachen unermüdlich besorgt und sah schließlich, daß
er durch die göttliche Gnade alle Wallungen der Flei-
scheslust in sich gelöscht hatte. Dann, von noch grö-
ßerem Eifer für die Keuschheit angespornt, erbat er
von Gott, nachdem er die zuvor genannten Mittel ge-
braucht hatte, daß sich durch Gottes Geschenk die
Keuschheit des inneren Menschen in den Körper er-
gieße.« Am folgenden Tag kam aber der Engel in
einer nächtlichen Vision zu ihm und öffnete seinen
Leib, holte aus seinen Eingeweiden eine feurige Ge-
schwulst heraus und brachte alle inneren Teile wieder
an ihren Ort. »Siehe«, sagte er, »die Lockungen dei-
nes Fleisches sind abgeschnitten. Du sollst wissen,
daß du mit dem heutigen Tag die beständige Keusch-
heit des Fleisches erlangt hast nach dem Gebet, mit
dem du erfleht hast, daß du fürderhin nicht einmal
durch die natürliche Regung selbst die auch bei den
kleinen Kindern und Säuglingen wachgerufen wird,
erregt wirst.«
So sagt auch der selige Gregorius im ersten Buch
dialogorum43 von dem seligen Abt Equitius: »Als in

Hexen
4.169 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 359

der leidenschaftlichen Zeit seiner Jugend die Reizun-


gen44 des Fleisches den Kampfesmut sinken ließen,
machten ihn eben die Nöte seiner Versuchung zur
Hingabe an das Gebet bereitwilliger. Und da er hierin
vom allmächtigen Gott durch unablässige Gebete ein
Mittel erflehte, sah er sich eines Nachts mit dem Bei-
stand eines Engels zum Eunuchen gemacht. Bei des-
sen Erscheinung schien es ihm, daß er alle Regungen
aus den Genitalien geschnitten hätte. Und seit dieser
Zeit war er der Versuchung so ledig, wie wenn er kein
Geschlecht im Körper hätte. Siehe, welche [45vb]
Wohltat des Keuschmachens! Weil er nun mit Hilfe
des allmächtigen Gottes fest auf die Tugend vertraute,
leitete er später die Frauen wie er zuvor die Männer
geleitet hatte.
So in den Lebensbeschreibungen jener Väter, die
der heilige Heraclides, ein sehr gottesfürchtiger
Mann, in seinem Buch gesammelt hat, das er Paradi-
sus45 nennt. Er erwähnt einen heiligen Vater und
Mönch, den er Helias nennt. Dieser versammelte aus
Erbarmen dreihundert Frauen in einem Kloster und
begann [sie] zu leiten. Aber nachdem zwei Jahre ver-
gangen und er schon 35 Jahre alt war, wurde er vom
Fleisch versucht und floh in die Wüste, wo er zwei
Tage fastete, betete und sprach: »Herr Gott, töte mich
oder befreie mich von dieser Versuchung!« So über-
kam ihn am Abend ein Traum, und er sah drei Engel

Hexen
4.170 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 359

zu sich kommen, die [ihn] fragten, warum er aus dem


Kloster der Jungfrauen geflohen sei. Und als jener aus
Scham nicht zu antworten wagte, sagten die Engel:
»Wenn du befreit werden wirst, willst du dann zu-
rückkehren und die Sorge für die Frauen überneh-
men?« Jener antwortete: »Gern!« Da nahmen sie ihm
den verlangten Eid ab und machten ihn zum Eunu-
chen. Denn der eine [Engel] schien ihm mit einem
scharfen Messer die Hände, der andere die Füße, der
dritte seine Hoden abzuschneiden. Nicht daß es wirk-
lich so war, sondern es schien so zu sein. Und als sie
fragten, ob er das Mittel spüre, antwortete jener, er sei
sehr erleichtert. Daher kehrte er am fünften Tag zu
den trauernden Frauen zurück, und die 40 Jahre, die
er noch lebte, spürte er nicht einen Funken der alten
Versuchung.
Wir lesen, daß dem heiligen Thomas [von Aquin],
dem Doktor unseres Ordens, keine geringere Wohltat
zuteil wurde. Von den Verwandten wegen des Ein-
tritts in den Orden eingesperrt, damit er zum Laien-
stand übertrete, sollte er von einer Hure verführt wer-
den, die von den Verwandten mit prächtiger Kleidung
und Schmuck zu ihm geschickt wurde. Als der Doktor
sie erblickte, lief er zu einem gewöhnlichen Feuer, er-
griff ein brennendes Scheit und jagte die lustentbrann-
te Verführerin aus dem Kerker hinaus. Und nachdem
er gleich wegen des Geschenkes der Keuschheit zum

Hexen
4.171 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 360

Gebete auf die Knie gefallen war, schlief er ein. Da


erschienen ihm zwei Engel, die sagten: »Siehe, wir
gürten dich von seiten Gottes mit dem Gürtel der
Keuschheit, der [46ra] durch keine weitere Bestür-
mung gelöst werden kann. Und was durch menschli-
che Tugend, durch Verdienste nicht erworben wird,
das wird von seiten Gottes als Geschenk übertragen.«
Er fühlte daher das Gürten, d.h. die Berührung durch
den Gürtel, und wachte schreiend auf. Da fühlte er
sich mit einem Geschenk so großer Keuschheit ausge-
stattet, daß er von dieser Zeit an vor jeder fleischli-
chen Lust zurückschreckte, so daß er ohne Notwen-
digkeit nicht mehr mit Frauen reden konnte, sondern
über vollkommene Keuschheit verfügte. Dies aus dem
Formicarius Niders46.
Mit Ausnahme dieser drei Arten also ist niemand
vor den Zauberern und Hexen sicher, nicht nach den
achtzehn unten beschriebenen Arten behext oder zum
Behexen verführt und verleitet zu werden. Das ist zu-
erst der Reihe nach zu behandeln, um später um so
eingängiger zu untersuchen, durch welche Mittel die
Behexten befreit werden können. Und damit die acht-
zehn Mittel um so deutlicher werden, sollen sie in
ebenso vielen Kapiteln behandelt werden, so daß er-
stens hinsichtlich des Eintritts in die Sekte [der
Hexen] die verschiedenen Arten erklärt werden, auf
welche die Hexen selbst unschuldige junge Mädchen

Hexen
4.172 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 360

zur Vermehrung jener Ruchlosigkeit anlocken; zwei-


tens von ihrem gotteslästerlichen Gelübde, wo auch
die dem Teufel selbst zu leistende Huldigung ausge-
führt wird; drittens, wie sie örtlich, körperlich oder im
Geiste, ausfahren; viertens, wie sie sich den Inkubus-
Dämonen unterwerfen; fünftens, wie sie im allgemei-
nen durch die Sakramente der Kirche ihren Schadens-
zauber ausführen und im besonderen, wie sie außer
den Himmelskörpern mit Zulassung Gottes alle Ge-
schöpfe befallen; sechstens, wie sie die Zeugungskraft
hemmen; siebtens, wie sie die männlichen Zeugungs-
glieder durch Blendwerk wegnehmen; achtens, wie sie
die Menschen in Tiergestalten verwandeln; neuntens,
wie die Dämonen ohne Verletzung innerhalb des
Kopfes auftauchen, wenn sie trügerische Erscheinun-
gen bewirken; zehntens, wie die Dämonen durch das
Werk der Hexen den Menschen bisweilen substantiell
bewohnen; elftens, wie sie jede Art von Krankheit zu-
fügen, und dies im allgemeinen; zwölftens über einige
Krankheiten im besonderen, dreizehntens [46rb], wie
die hexenden Hebammen größere Schäden verursa-
chen, indem sie die Kinder entweder töten oder den
Dämonen mit einem feierlichen Schwur darbieten;
vierzehntens, wie sie dem Vieh verschiedene Schäden
zufügen; fünfzehntens, wie sie gewöhnlich Hagel-
schauer und Stürme zusammenbrauen und Blitze auf
die Menschen und das Vieh schleudern; sechzehntens,

Hexen
4.173 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 361

siebzehntens und achtzehntens von den drei Arten,


wie nur Männer und nicht Frauen mit Schadenszauber
umgehen. Danach folgt die Frage über die Verfahren,
solcherlei Schadenszauber aufzuheben.
Niemand soll glauben, eine gründliche Kenntnis
von diesen Dingen zu gewinnen, weil hier die ver-
schiedenen Verfahren der Zufügung von Schadens-
zauber aufgezählt werden. Denn das ist nur in Maßen
nützlich, ja vielleicht könnte es sogar schaden. Doch
werden hier nicht die verbotenen Bücher der Nigro-
mantie aufgeführt, da diese Art von Aberglauben
nicht in Büchern oder von Gelehrten, sondern durch-
aus nur von unnützen Leuten praktiziert wird. Sie hat
aber ein und dasselbe Fundament [wie die Hexen-
kunst]. Wenn das nicht ausdrücklich beschrieben und
geübt würde, dann wäre es unmöglich, daß irgend je-
mand als Zauberer Schadenszauber betriebe.
Hier werden die Verfahren [nur] oberflächlich auf-
gezählt, damit ihre Taten nicht unglaublich scheinen,
wie es bisher zur großen Schmach des Glaubens und
zur Mehrung der Zauberer selbst geschehen ist. Wenn
jemand aus dem Vorangegangenen – weil gesagt
wurde, einige seien durch die Einflüsse der Himmels-
körper davor gefeit, irgendwie behext zu werden – es
auch jenen Einflüssen zuschreiben wollte, wenn eini-
ge behext werden – gleichsam als ob darin, [d.h.] ent-
weder notwendigerweise vor dem Schadenszauber ge-

Hexen
4.174 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 362

feit zu sein oder von jenen heimgesucht zu werden,


eine bestimmte Zwangsläufigkeit läge –, so würde ein
solcher in verschiedener Hinsicht nicht den rechten
Sinn [der Ansicht] der doctores erfassen:
Erstens, weil es nämlich dreierlei gibt, was von den
drei himmlischen Ursachen gelenkt werden kann: die
Akte des Willens, die Akte des Verstandes und die
körperlichen [Akte]. Und zwar wird das erste, wie
oben angesprochen, von Gott allein und unmittelbar
gelenkt; das zweite von einem Engel, das dritte von
einem Himmelskörper, mag es auch [davon nur] ge-
lenkt, nicht beherrscht werden.
Zweitens, weil nämlich aus dem Gesagten ersicht-
lich ist, daß die Entscheidungen und Willensakte
[46va] unmittelbar von Gott gelenkt werden, nach
dem Apostel: »Gott ist es, der in uns das Wollen und
Tun lenkt, nach seinem guten Willen.«47 Und die
menschliche Erkenntnis des Verstandes wird von Gott
durch Vermittlung der Engel geordnet, deshalb wer-
den auch alle körperlichen Dinge, mögen sie innerli-
che sein wie Tugenden und Wissen, erworben durch
innere körperliche Kräfte, mögen sie äußerliche sein,
wie Genesungen und Erkrankungen, von Himmels-
körpern durch die Vermittlung der Engel verwaltet.
Dieses behandelt auch Dionysius im vierten Kapitel
divi. nominibus48: daß die Himmelskörper die Ursa-
chen der Dinge sind, die in dieser Welt geschehen.

Hexen
4.175 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 362

Doch diese sind auf die natürlichen Genesungen und


Erkrankungen hin zu verstehen. Da aber diese Krank-
heiten, die er mit Zulassung Gottes bewirkt, wegen
der Macht des Dämons übernatürlich sind, können
wir nicht sagen, daß es von den Einflüssen der Gestir-
ne herrühre, daß jemand behext wird, so wie man
[nicht] gut sagen kann, daß es von den Einflüssen der
Gestirne herrühre, daß jemand nicht behext werden
könne.
Wenn gesagt wird, daß sich Gegenthesen auf das-
selbe beziehen müssen, wie sich z.B. die These im
Hauptsatz [befindet], so soll die Gegenthese in der
entgegengesetzten Behauptung [formuliert sein], so
wird geantwortet, daß, wenn jemand vor diesen über-
natürlichen Krankheiten durch die Kraft der Himmels-
körper geschützt wird, dies nicht durch die Kraft der
Himmelskörper unmittelbar geschieht, sondern durch
die Kraft des Engels, die jenen Einfluß verstärken
kann, so daß ein Feind mit seinem Schadenszauber
über ihn nicht die Oberhand gewinnt. Und jene En-
gelskraft kann sich von einem Beweger der himmli-
schen Sphären herleiten: wie jemand wegen seines na-
türlichen Alters augenblicklich sterben müßte, so
kann Gott, der immer durch vermittelnde Ursachen
solcherlei tut, eine Veränderung bewirken, indem er
die erhaltende Kraft statt der vernichtenden der Natur
und deren Einfluß einflößt. So dürfen wir auch von

Hexen
4.176 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 363

dem, der behext werden könnte, sagen, daß er auch


solchermaßen vor Schadenszauber gefeit bleibt. Oder
solch ein Schutz erfolgt durch einen Schutzengel, was
auch die vornehmste unter allen Beschirmungen ist.
Und wenn es Jeremias 249 heißt: »Verstehe die-
sen Mann als einen Unfruchtbaren, dem es sein Leb-
tag nicht gelingt«, so wird dies von den Entscheidun-
gen [46vb] des Willens her verstanden, in denen dem
einen Menschen Gedeihen verliehen wird, dem ande-
ren nicht, was auch aus den Einflüssen der Himmels-
körper erfolgen kann. Z.B.: Einer neigt infolge des
Eindrucks der Himmelskörper zu bestimmten nutz-
bringenden Entscheidungen, wie zum Eintritt in einen
Orden und dergleichen; und wenn sein Verstand vom
Licht des Engels erleuchtet wird, solches zu tun, und
sein Wille infolge des göttlichen Handelns dahin
neigt, solches zu erreichen, so heißt es von einem sol-
chen, daß ihm Erfolg beschieden wird. Oder auch,
wenn jemand zu einer Kunst neigt oder zu einer nütz-
lichen praktischen Beschäftigung. Dagegen wird man
schlecht Begabter genannt werden, wenn aus höheren
Ursachen seine Wahl zum Entgegengesetzten neigt.
Über diese Ansichten und viele andere spricht der
heilige Thomas in summa contra genti., im dritten
Buch50 und an vielen anderen Stellen, wie der Unter-
schied sei, wenn man sagte, einer sei gut oder schlecht
geboren, gut oder schlecht beglückt, gut oder schlecht

Hexen
4.177 [II/1] Ob jemand durch die guten Engel so Hexenhammer, 363

geführt oder behütet: weil nach der vom Himmelskör-


per zurückgelassenen Anlage einer gut oder schlecht
Geborener und so auch Beglückter heißt. Nachdem er
aber vom Engel erleuchtet wird, heißt er gut und nicht
schlecht Behüteter, falls er den Erleuchtungen folgt.
Aber nachdem er von Gott zum Guten [erleuchtet
wird] und jenem nachstrebt, heißt er gut Geleiteter.
Doch diese Entscheidungen haben hier keinen Platz,
weil wir sie selbst nicht so behandeln wie die Bewah-
rung vor Schadenszauber. Was dieses anlangt, soll es
für jetzt genügen, und wir gehen zu den Zeremonien,
die von ihnen [den Hexen] praktiziert werden, und
zwar zuerst [dazu], wie sie Unschuldige zu ihrer
Ruchlosigkeit verlocken.

Hexen
4.178 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 364

[II/1,1] Von den verschiedenen Mitteln, mit


denen die Dämonen durch die Hexen
Unschuldige zur Vermehrung jener
Ruchlosigkeit an sich ziehen und verlocken.
Kapitel 1

Es ist sind vor allem drei Arten, auf welche die Dä-
monen die Unschuldigen durch die Hexen zu Fall
bringen und durch welche beständig jene Ruchlosig-
keit vermehrt wird. Die erste [47ra] besteht im Ver-
druß über die Ungunst der Schädigung an weltlichen
Gütern, wie nämlich der heilige Gregorius51 sagt:
»Der Teufel versucht oft, auf daß endlich der Verdruß
obsiege.« Doch das sollst du als im Rahmen der Kräf-
te des Versuchten verstehen. Und bezüglich der göttli-
chen Zulassung erkläre, daß Gott das zuläßt, damit
die Menschen nicht in Trägheit erstarren. In diesem
Sinne heißt es Iudicum 2: »Diese Völker hat Gott
nicht vernichtet, damit er Israel durch sie belehre.«
Und es wird dabei von den benachbarten Kanaanitern,
Jebusitern etc. gesprochen52. Ebenso wird den Hussi-
ten und anderen Häretikern eingeräumt, daß sie nicht
vernichtet werden können. So treffen auch die Dämo-
nen durch die Hexen die Nachbarn und Unschuldigen
mit solchen Schäden an den weltlichen Gütern, damit
sie gleichsam gezwungen werden, zunächst die Hilfe-

Hexen
4.179 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 365

leistungen der Hexen zu erbitten und sich schließlich


ihren Absichten zu unterwerfen, wie die Erfahrung
uns oft gezeigt hat. Wir haben in der Diözese Augs-
burg53 einen Wirt gekannt, dem innerhalb eines Jah-
res 44 Pferde nacheinander verhext wurden. Voller
Verdruß zog die Ehefrau die Hexen zu Rate, und nach
deren Ratschlägen, die keinesfalls heilsam waren, be-
wahrte sie die anderen [Pferde], die er später gekauft
hatte, weil er [nämlich] Fuhrmann war, vor Schadens-
zauber54.
Wie viele Frauen haben uns bei der Ausübung un-
seres Amtes der Inquisition geklagt, daß, wenn sie
wegen der Schäden, die den Kühen durch die Behin-
derung des Milchflusses und [auch] dem anderen Vieh
zugefügt worden waren, verdächtige Hexen zu Rat ge-
zogen hätten, sie auch die angebotenen Mittel erhalten
hätten, wenn sie nur bloß einem einzigen Geist etwas
hätten versprechen wollen. Und wenn jene fragten,
was denn zu versprechen sei, antworteten sie, es sei
nur wenig, wenn sie nur den Unterweisungen des
Meisters bezüglich bestimmter Ehrerbietungen zur
Zeit des Gottesdienstes in der Kirche zustimmten oder
[wenn sie] in den Beichten, die den Priestern abzule-
gen waren, etwas verschwiegen. Hier ist anzumerken,
wie auch oben angesprochen worden ist, daß jener
Tausendkünstler mit kleinen und wenigen Dingen an-
fängt, wie daß sie im Moment der Erhebung des Lei-

Hexen
4.180 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 366

bes Christi auf die Erde spucken oder die Augen


schließen oder auch einige unnütze Worte vorbringen,
wie wir auch von einer [Hexe], die noch lebt, weil sie
vom weltlichen Arm verteidigt wird, wissen, daß,
wenn der Priester während des Meßopfers [47rb] die
Gemeinde mit den Worten grüßte, indem er sagt:
»Der Herr sei mit euch«55, sie immer in gewöhnli-
cher Umgangssprache hinzufügt: ker mir die zttng im
arsz umb.56 Oder sie sprechen bei der Beichte nach
erteilter Absolution ähnliche Worte aus oder daß sie
niemals aufrichtig beichten, besonders nicht die Tod-
sünden, wie sie denn auch allmählich zur vollständig-
sten Verleugnung des Glaubens und zu einem gottes-
lästerlichem Bekenntnis gebracht werden.
Und diese Weise oder auch so manches ähnliche
beobachtet man von den Zauberern und Hexen gegen-
über ehrbaren Damen, die weniger den fleischlichen
Lastern ergeben, sondern mehr auf die irdischen Be-
quemlichkeiten aus sind. Aber gegen junge Mädchen,
die mehr der Eitelkeit und den Lüsten des Körpers er-
geben sind, gebrauchen sie ein anderes Mittel, näm-
lich fleischliches Verlangen und körperliche Begier-
den.
Hier ist anzumerken, daß wie die Absicht und die
Neigung des Teufels zur Versuchung der Guten grö-
ßer ist als zur [Versuchung] der Bösen, mag er auch
von seiten der Versuchten mehr die Bösen als die

Hexen
4.181 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 366

Guten versuchen, d.h., weil sich in den Bösen eine


größere Veranlagung findet, die Versuchung des Dä-
mons aufzunehmen, als es bei den Guten der Fall ist,
so sucht der Teufel auch mehr die frömmeren Jung-
frauen und jungen Mädchen zu verführen, wofür Er-
fahrung und auch vernünftige Erklärung genug vor-
handen sind. Denn da er die Bösen schon besitzt,
nicht aber die Guten, so versucht er mehr die Gerech-
ten in seine Gewalt zu bringen, die er nicht hat, als
die Bösen, die er besitzt, so wie auch ein weltlicher
Fürst sich eher gegen denjenigen erhebt, der ihm mehr
von seinem Recht nimmt, als gegen einen anderen, der
sich ihm nicht widersetzt.
Beleg: Denn in der Stadt Ravensburg57 erzählte
eine von zwei [nachher] Eingeäscherten, wie auch
weiter unten dargestellt werden wird, wo über die
Weise gehandelt wird, wie sie Stürme zusammen-
brauen, Baderin [geheißen], unter anderem, was sie
gestanden hatte, auch, daß sie vom Teufel viel Unbill
erfahren habe, weil sie eine fromme Jungfrau und
Tochter eines sehr reichen Mannes – den zu nennen
nicht nötig ist, da sie selbst durch gottesgütige Fü-
gung schon gestorben ist, damit die Bosheit ihr
Gemüt nicht verderbe – verführen sollte. Und zwar
sollte sie sie an einem Festtage einladen [47va],
damit der Dämon selbst mit ihr in Gestalt eines Jüng-
lings seine Gespräche führen könnte. Jene fügte auch

Hexen
4.182 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 367

hinzu, daß, obgleich sie dies auch sehr oft versucht


habe, so habe doch das junge Mädchen, so oft sie es
angesprochen habe, sich mit dem Zeichen des Kreu-
zes geschützt. Und niemand zweifelt, daß dies auf
Antrieb eines heiligen Engels geschah, um den Wer-
ken des Teufels zu entgehen58.
Es gibt auch eine andere Jungfrau in der Diözese
Straßburg59, die bei einem von uns in der Beichte be-
hauptete, daß an einem Sonntag, während sie im vä-
terlichen Haus der gewohnten Arbeit nachging, eine
alte Frau aus jener Stadt sie besuchen kam und unter
anderen törichten Worten, die sie vorgebracht hatte,
endlich meinte, daß sie, wenn es ihr gefiele, sie an
einen Ort bringen wolle, wo sich Jünglinge, die allen
Menschen in der Stadt unbekannt seien, aufhielten.
»Und als ich«, sagte die Jungfrau, »zugestimmt hatte
und ihr nachfolgend an das Haus gekommen war,
meinte die alte Frau: ›Siehe, hier die Treppe wollen
wir hinaufgehen zum oberen Zimmer, wo sich die
Jünglinge aufhalten. Aber hüte dich und schütze dich
nicht mit dem Zeichen des Kreuzes!‹ Und als ich das
zu tun versprochen hatte und jene voranging, schützte
ich mich, während ich die Treppe hinaufging, heim-
lich mit dem Zeichen des Kreuzes. Daher geschah es,
daß jene alte Frau, als wir gemeinsam auf der höch-
sten Stufe der Treppe und vor dem Zimmer standen,
sich mit furchtbarem Gesichtsausdruck erzürnt um-

Hexen
4.183 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 368

drehte und mir ins Gesicht sagte: ›Ha, verflucht sollst


du sein! Warum hast du dich bekreuzigt? Weg von
hier, im Namen des Teufels!‹, und so kam ich unbe-
schadet wieder heim.«60
Daraus kann man entnehmen, mit welcher Schläue
sich der alte Feind auf die Verführung der Seelen
stürzt. Die erwähnte, nachher eingeäscherte Bade-
rin61 versicherte, auf diese Weise sei sie selbst mit
ihrer Gefährtin von einer anderen alten Frau verführt
worden. [Diese] sei jedoch auf eine andere Weise
[verführt worden], weil sie nämlich unterwegs den
Dämon in menschlicher Gestalt getroffen hatte, da sie
selbst die Absicht hatte, ihren Geliebten der Unzucht
halber zu besuchen. Und als sie von dem Dämon, dem
Inkubus, erkannt und gefragt worden war, ob sie ihn
kenne und sie versicherte, sie kenne ihn durchaus
nicht, da antwortete jener: »Ich bin ein Dämon, und
wenn du willst, werde ich nach deinem Belieben
immer [47vb] für dich da sein, und ich werde dich in
keiner Drangsal verlassen.« Als sie dem zugestimmt
hatte, war sie achtzehn Jahre lang bis an ihr Lebens-
ende jenen teuflischen Schandtaten ergeben, unter
gänzlicher Ableugnung des Glaubens62.
Und es gibt eine dritte Art des Verlockens im Wege
der Verbitterung und der Armut. Denn gefallene Mäd-
chen und von ihren Liebhabern Verlassene, mit denen
sie sich nach einem Eheversprechen unzüchtig verei-

Hexen
4.184 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 368

nigt hatten, geben sich, da sie alles Vertrauen verloren


haben und sich überall nur übel beleumundet sehen,
jeglicher teuflischen Verruchtheit hin, entweder mit
Rachegelüsten, um den Geliebten oder jene [Frau],
mit der er sich verbunden hat, zu behexen, oder sie
führen auf andere Weise Böses im Schilde, indem sie
sich allem Unflat unterwerfen. Und wie es eine Un-
zahl solcher Mädchen gibt, wie leider die Erfahrung
lehrt, so gibt es auch eine Unzahl von Hexen, die aus
ihnen hervorgehen. Nur weniges von den vielen Din-
gen wollen wir berichten.
In der Diözese Brixen63 gibt es einen Ort, wo ein
junger Mann über seine Ehefrau, die ihm behext wor-
den war, einen solchen Fall vorbrachte: »Als ich in
meiner Jugendzeit«, sagte er, »eine [Frau] liebte und
sie fest darauf bestand, daß ich mich durch die Ehe
mit ihr verband, wollte ich, da ich sie verschmähte
[und] eine andere aus einer anderen Herrschaft heira-
tete, ihr dennoch aus Freundschaft gefällig sein und
lud sie zur Hochzeit ein. Sie kam, und während die
anderen ehrbaren Frauen ihre Gaben und Geschenke
darbrachten, erhob jene, die eingeladen worden war,
die Hand und sagte, so daß die umstehenden Frauen
es hören konnten: ›Du wirst nach diesem Tag nur
noch wenige gesunde Tage haben‹. Und die Braut
fragte erschrocken, da sie jene nicht kannte, weil sie,
wie zuvor erwähnt, aus einer anderen Herrschaft zur

Hexen
4.185 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 369

Ehe genommen worden war, die Umstehenden, wer


diese denn sei, die sie ihr solche Drohungen entgegen
geschleudert hatte. Die anderen versicherten, daß sie
eine Landstreicherin und verwahrloste Frau sei.
Nichtsdestoweniger aber erfolgte das, was sie voraus-
gesagt hatte, und [zwar] in der [angekündigten] Rei-
henfolge. Denn wenige Tage später war sie [die
Braut] dermaßen behext und an allen Gliedern ge-
schwächt, daß man bis heute, nach mehr als zehn Jah-
ren, an ihrem Körper Schadenszauber wahrnimmt.«64
Wenn [nur] das, was in der einen [48ra] Stadt
[Innsbruck] jener Diözese [Brisen] gefunden wurde,
vorzubringen wäre, würde man ein ganzes Buch
schreiben müssen. Es sind aber ganz erstaunliche und
unerhörte Geschichten aufgeschrieben und bei dem
Bischof von Brixen hinterlegt worden65, wie [auch]
derselbe Zeuge [noch] vorhanden ist.
Nicht mit Stillschweigen zu übergehen ist, wie wir
meinen, [folgende] erstaunliche und unerhörte Tatsa-
che. Ein Graf von erlauchtem Geschlecht aus der
Landschaft Westraniensis66, in der Nachbarschaft
der Diözese Straßburg, nahm ein junges Mädchen
gleich vornehmen Geschlechts zur Ehefrau, mit er je-
doch nach der Hochzeitsfeier bis zum dritten Jahr,
durch zauberische Hinderung gehemmt, den Beischlaf
nicht vollziehen konnte, wie der Ausgang der Sache
bewies. Er war voller Angst und wußte nicht, was er

Hexen
4.186 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 370

tun sollte. Und er rief inbrünstig die Heiligen Gottes


an. Da geschah es, daß er zur Ausführung einiger Ge-
schäfte in die Stadt Metz67 kam. Und als er dort, von
Dienern und Familie umgeben, durch die Viertel und
Gassen schritt, kam ihm eine Frau entgegen, die vor
jenen drei Jahren seine Konkubine gewesen war. Als
er sie sah und gar nicht an den über ihn verhängten
Schadenszauber dachte, redete er sie höflich aus alter
Freundschaft an und erkundigte sich, wie es ihr gehe
und ob sie gesund sei. Als sie die Liebenswürdigkeit
des Grafen bemerkte, forschte sie ebenso eifrig nach
seiner Gesundheit und seinem Wohlergehen. Als die-
ser antwortete, es gehe ihm gut und alle Dinge gerie-
ten nach Wunsch, schwieg sie eine Weile erstaunt.
Der Graf, der ihre Überraschung bemerkte, sprach
weiter zu ihr mit höflichen Worten und kam dahin, sie
zu einem Imbiß einzuladen. Jene forschte nach dem
Befinden der Ehefrau und bekam eine ähnliche Ant-
wort: daß es ihr in allem gut gehe. Darauf fragte sie,
ob sie Kinder geboren habe. Darauf [antwortete] der
Graf: »Drei Knaben hat sie mir geboren, jedes Jahr
einen.« Darauf wurde jene noch erstaunter und
schwieg eine Weile. Und der Graf [fragte]: »Ich bitte
dich, Teuerste, warum fragst du so sorgfältig danach?
Ich zweifle nicht, daß du mir zu meinem Glück gratu-
lierst.« Darauf jene: »Wahrhaft gratuliere ich, aber
verflucht sei die alte Frau, die sich erbot, Euern Kör-

Hexen
4.187 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 371

per behexen zu wollen, damit Ihr keinerlei Beischlaf


mehr mit Eurer Ehefrau hättet. Zum Zeichen dessen
[48rb] enthält der Brunnen, der in der Mitte Eures
Hofes steht, auf dem Grund einen Topf, in dem sich
schadenszauberische Gegenstände befinden. Dieser
wurde deshalb dorthin gestellt, damit, so lange er sich
dort befände, Ihr zum Beischlaf unfähig wäret. Aber
siehe, alle Dinge sind vergebens, worüber ich mich
freue etc.« Ohne Verzug ließ der Graf, sobald er nach
Hause zurückgekommen war, den Brunnen ausschöp-
fen und fand den Topf. Und nachdem alles verbrannt
war, gewann er plötzlich die verlorene Manneskraft
wieder zurück. Daher lud die Gräfin von neuem alle
adligen Frauen zur neuen Hochzeit ein und sagte, jetzt
sei sie, die so lange Zeit Jungfrau geblieben sei, wirk-
lich die Herrin jenes Schlosses und der Herrschaft.
Die Burg und die Herrschaft namentlich zu nennen,
ist wegen der Ehre des Grafen untunlich. Davon über-
zeugt schon der rechte Verstand, so daß auch nur das
Wesen der Tat zur Brandmarkung eines so schlimmen
Verbrechens aufgezeigt werden möge.
Von daher sind die verschiedenen Verfahren, die
von den Zauberern und Hexen zur Mehrung ihrer Ver-
ruchtheit benutzt werden, klar. Denn die erwähnte
Frau hatte, von der Ehefrau des Grafen verdrängt, die-
sen Schadenszauber nach Unterweisung einer anderen
Hexe dem Grafen angetan. Von einer solchen Ursache

Hexen
4.188 [II/1,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 371

rühren unzählige schadenszauberische Wirkungen


her.

Hexen
4.189 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 371

[II/1,2] Es folgt über die Form des


gotteslästerlichen Gelübdes. Kapitel 2

Die Form des gotteslästerlichen Gelübdes, den aus-


drücklichen Treuepakt mit den Dämonen betreffend,
ist verschieden, da auch die Hexen selbst die Aus-
übung von Schadenszauber unterschiedlich handha-
ben. Zum Verständnis dafür ist zuerst zu bemerken,
daß, wie die Hexen der Art nach dreifach vorkommen,
wie im ersten Teil des Traktates angesprochen wird,
nämlich als solche, die schädigen, aber nicht heilen
können, solche, die heilen und aufgrund eines beson-
deren, mit dem Dämon eingegangenen Pakts nicht
schädigen [und] solche, die schädigen und heilen.
Ebenso gibt es auch unter den Schädigenden eine
oberste Gruppe, in der jeder Schadenszauber, den die
anderen [Hexen] nur zum Teil ausüben, vorkommen
kann. Wo daher [48va] [von ihrem Gelübde] die
Rede ist, werden [auch] die anderen Untergruppen er-
klärt. Diese [die Hexen] der obersten Gruppe aber
sind diejenigen, welche gegen die Neigung der
menschlichen Natur, ja sogar aller wilden Tiere, nur
den Wolf ausgenommen, die Kinder der eigenen Art
zu verschlingen und aufzufressen pflegen.
Und dies ist die oberste Gruppe, was die Ausübung
von Schadenszauber betrifft. Sie sind es nämlich, die

Hexen
4.190 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 372

sich mit unzähligen Schäden befassen. Sie brauen Ha-


gelschauer und zerstörerische Winde mit Blitzen zu-
sammen. Sie verursachen Unfruchtbarkeit an Mensch
und Vieh. Sie bringen die Kinder, die sie nicht ver-
schlingen, den Dämonen dar, wie oben68 gezeigt,
oder töten sie sonstwie. Aber dies nur bei den Kin-
dern, die nicht durch den Quell der Taufe wiedergebo-
ren sind. Getaufte [Kinder] verschlingen sie, wie noch
erklärt wird, aber nicht ohne Zulassung Gottes. Sie
verstehen es, Kinder, die nahe beim Wasser spazieren
gehen, ohne daß es einer sieht, vor den Augen der El-
tern, [ins Wasser] zu schmeißen, die Pferde unter den
Reitern scheu zu machen, durch die Lüfte von Ort zu
Ort, entweder körperlich oder in der Einbildung, aus-
zufahren, die Sinne der Richter und Vorsitzenden zu
verändern, damit sie ihnen nicht schaden können, bei
sich und anderen während der Folter Verschwiegen-
heit zu bewirken, den Händen und Herzen ihrer Hä-
scher ein gewaltiges Zittern einzujagen, anderen Ge-
heimnisse zu offenbaren, nach der Unterweisung der
Dämonen auch bestimmte zukünftige Dinge vorherzu-
sagen, solche nämlich, die eine natürliche Ursache
haben können – siehe dazu die Frage, ob die Dämo-
nen die Zukunft vorher wissen können in 2 Sententi-
arum di. 1269 –, [sie verstehen es,] abwesende
Dinge wie anwesende zu sehen, die Gemüter der
Menschen zu ungezügelter Liebe oder Haß zu wan-

Hexen
4.191 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 373

deln, durch Blitzschlag Menschen oder Vieh zu töten,


die Zeugungskraft oder auch die Fähigkeit zum
fleischlichen Akt zu unterbinden, eine Frühgeburt zu
bewirken, die Kinder im Mutterleib durch bloße äu-
ßerliche Berührung zu töten, bisweilen einzig durch
einen [bösen] Blick, ohne eine Berührung Mensch
und Vieh zu behexen, die eigenen Kinder den Dämo-
nen zu weihen. Kurz, sie wissen, wie bereits erwähnt
wurde, alle verderblichen Dinge auszuführen, die an-
dere Hexen nur zum Teil [können], wenn Gottes Ge-
rechtigkeit es zuläßt. Dies wissen die in jener ober-
sten Gruppe befindlichen [Hexen] auszuführen, nicht
aber alle. Das jedoch [48vb] ist allen gemeinsam, daß
sie mit den Dämonen fleischliche Schweinereien ver-
üben.
Deshalb kann jeder auch aus der Form der Able-
gung des Gelübdes mit jenen, die in der obersten
Gruppe vorkommen, leicht die Art der anderen Hexen
erfassen.
Solche gab es unlängst vor dreißig Jahren an der
Grenze zu Savoyen70, nach der Herrschaft von Bern
hin, wie Nider in seinem Formicarius71 erzählt,
jetzt aber an der Grenze zur Lombardei, nach der
Herrschaft des Herzogs von Österreich hin, wo der In-
quisitor von Como, wie im vorangegangenen Teil an-
gesprochen wurde, in einem Jahr einundvierzig Hexen
einäschern ließ; und zwar war es das Jahr des Herrn

Hexen
4.192 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 373

etc. [14]85. Er ist auch jetzt noch andauernd mit In-


quirieren beschäftigt72.
Die Art des Gelübdes ist zweifach: die eine feier-
lich, mit ebenso feierlichem Bekenntnis, die andere
privat, die zu jeder Zeit und Stunde mit dem Dämon
geschehen kann. Die feierliche [Form] bei ihnen er-
folgt, wenn die Hexen an einem festgesetzten Tag zu
einem bestimmten Sammelplatz kommen und den
Dämon im angenommenem Abbild eines Menschen
erblicken. Und während er sie zur Bewahrung der
Treue ihm gegenüber ermahnt, [im Austausch] für ir-
dischen Wohlstand und langes Leben, empfehlen
jene, die anwesend sind, die Novizin zur Aufnahme.
Wenn der Dämon findet, daß die Novizin oder ein
williger Schüler geneigt ist, den Glauben und den al-
lerchristlichsten Kult abzuleugnen und die dicke
Frau – so nämlich wird die allerseligste Jungfrau
Maria genannt – nie mehr zu verehren, dann streckt
der Dämon die Hand aus, und ebenso verspricht der
Schüler oder die Novizin mit Handschlag jene Dinge
einzuhalten. Nachdem der Dämon das Genannte be-
kommen hat, fügt er sofort hinzu, daß dies nicht genü-
ge. Und wenn der Schüler fragt, was denn noch weiter
zu tun sei, fordert der Dämon noch die Huldigung, die
darin besteht, daß er ihm mit Seele und Körper auf
ewig gehöre und daß er nach Kräften alle anderen
[Personen] beiderlei Geschlechts mit ihm verbünden

Hexen
4.193 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 374

wolle. Endlich fügt er noch hinzu, sie sollten sich be-


stimmte Salben aus den Knochen und Gliedern von
Kindern, und besonders der durch den Quell der
Taufe wiedergeborenen [Kinder], bereiten, wodurch
sie alle ihre Wünsche mit seinem Beistand erfüllen
könnten.
Diese Art haben wir Inquisitoren, wie die Erfah-
rung bezeugt, in der Stadt Breisach73 in der Diözese
Basel gefunden, indem wir darüber von einer jungen
Hexe, aber einer bekehrten, deren Tante in der Diöze-
se Straßburg eingeäschert worden war, vollständig
Auskunft erhielten74. Diese hatte auch [49ra] hinzu-
gefügt, daß die Art und Weise, in der ihre Tante sie
selbst zuerst zu verführen versucht hätte, so war.
Eines Tages nämlich hatte sie mit ihr die Treppe hin-
aufzugehen und ihr Zimmer zu betreten. Als sie dort
fünfzehn junge Männer in grünen Kleidern erblickte,
nach der Art, wie Reiter aufzutreten pflegen, sagte die
Tante zu ihr: »Wähle aus diesen jungen Männern!
Und den, den du willst, werde ich dir geben. Und er
wird dich zur Braut machen.« Und als jene versicher-
te, sie wolle gar keinen haben, wurde sie heftig ge-
schlagen. Schließlich willigte sie ein, auf die angege-
bene Weise. Sie versicherte auch, daß sie öfter mit ihr
in der Nacht über weite Entfernungen getragen wor-
den sei, auch von Straßburg nach Köln75.
Dies ist übrigens jene, bei deren Erwähnung im er-

Hexen
4.194 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 375

sten Teil wir versprachen76, darlegen zu wollen, ob


die Hexen wahr und körperlich von den Dämonen von
Ort zu Ort getragen würden, und zwar wegen der
Worte des Kanons 26 q. 5 epi[scopi]77, wo der Text
meint, daß es nur in der Einbildung [geschehe], wäh-
rend sie doch bisweilen wirklich und körperlich hin-
übergebracht werden. Gefragt nämlich, ob sie nur in
der Einbildung und Phantasie, von den Dämonen ge-
täuscht, ausfahren würden, antwortete sie, auf beide
Arten, wie es sich auch in Wahrheit so verhält, wie
weiter unten über die Weise, örtlich auszufahren, er-
klärt werden wird78.
Sie versicherte auch, daß die größten Schäden von
Hebammen bereitet würden, weil sie meist entweder
die Kinder töten oder den Dämonen darbringen müs-
sen. Sie sagte, sie sei auch einmal von ihrer eigenen
Tante heftig geschlagen worden, weil sie einen ver-
steckten Topf geöffnet hatte, in dem sie die Köpfe
vieler Kinder fand. Und noch viele andere Dinge be-
richtete sie, worauf sie, wie es sich gehörte, auf die
wahrheitsgetreue Aussage, einen Eid geleistet
hatte79. Ihren Worten über die Weise des Gelübdes
wird ohne Bedenken Glauben geschenkt, auch um
dessentwillen, was der erwähnte Johannes Nider, der
sich in unseren Zeiten auch durch bemerkenswerte
Schriften hervortat, in seinem Formicarius80 er-
wähnt, und zwar nach dem Bericht eines Inquisitors

Hexen
4.195 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 376

der Diözese Autun81, der auch in eben dieser Diözese


viele des Schadenszaubers Beschuldigte inquiriert
und einäschern lassen hatte. Er sagt nämlich: »Wie es
mir der zuvor erwähnte Inquisitor erzählte, habe ich
erfahren, daß im Herzogtum Lausanne82 einige Zau-
berer und Hexen die eigenen [neu-]geborenen [49rb]
Kinder gekocht und gegessen hätten.« Die Weise
aber, eine solche Kunst zu lernen, war, wie er sagte,
daß die Zauberer und Hexen in einer bestimmten Ver-
sammlung zusammenkämen und durch ihr Werk den
Dämon wahrhaftig in der angenommenen Gestalt
eines Menschen erblickten. Ihm hatte der Schüler not-
gedrungen das Treuegelöbnis abzulegen, das Chri-
stentum zu verleugnen, niemals die Eucharistie zu
verehren und das Kreuz mit Füßen zu treten, wo
immer er es heimlich vermöchte.
Es folgt ein anderes Beispiel von demselben83. Es
gab obendrein das allgemeine Gerücht84, wie Petrus,
Richter in Boltingen85 berichtete, daß im Berner
Land dreizehn Kinder von Zauberern und Hexen ver-
schlungen worden seien, weshalb sich auch die öffent-
liche Gerichtsbarkeit ziemlich heftig gegen solche
Mörder ergrimmt hatte. Als nun Petrus von einer ge-
fangenen Hexe erfragte, auf welche Weise sie die Kin-
der verzehrten, antwortete jene: »So geschieht es: Vor
allem stellen sie den noch nicht getauften Kindern
Fallen oder auch den getauften, besonders wenn sie

Hexen
4.196 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 377

nicht mit dem Zeichen des Kreuzes und durch Gebete


geschützt werden. Leser, merke, daß den Nichtgetauf-
ten auf Betreiben des Teufels aufgelauert wird, damit
sie nicht getauft werden! Wir töten sie mit unseren
Zeremonien, wenn sie in den Wiegen oder an der
Seite der Eltern liegen. Und während man glaubt, daß
sie erdrückt worden oder sonstwie gestorben sind,
holen wir sie heimlich aus dem Grab und kochen sie
in einem Kessel, bis nach Ablösung der Knochen das
ganze Fleisch fast trinkbar flüssig wird. Aus der dik-
keren Masse machen wir eine Salbe, bequem geeignet
für unsere Wünsche und Künste wie Ausfahrten. Mit
dem flüssigeren Saft aber füllen wir einen Schlauch.
Wer hiervon unter Anwendung einiger Zeremonien
trinkt, wird sofort Eingeweihter und Meister unserer
Sekte.«
Es folgt hierzu eine andere, deutlichere und klarere
Form. Ein junger Mann nämlich, der mit seiner Ehe-
frau, einer Hexe, gefangen worden war und getrennt
von derselben in einem besonderen Turm verwahrt
wurde, sagte vor dem Gericht von Bern aus: »Wenn
ich für meine Taten Verzeihung erlangen könnte,
würde ich alles, was ich über Schadenszauber weiß,
gern offenbaren, denn ich sehe, daß ich sterben muß.«
Und als er von den anwesenden Gelehrten gehört
hatte, er könne jegliche Verzeihung erlangen, wenn er
wahrhaft Buße tun würde, da sah er freudig dem Tod

Hexen
4.197 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 377

entgegen. Und die Formen der ersten [49va] Anstek-


kung erklärte er. »Die Reihenfolge«, sagte er, »in der
auch ich verführt worden bin, ist die folgende: Zuerst
muß der künftige Schüler am Sonntag, bevor das
Weihwasser geweiht wird, mit den Meistern in die
Kirche gehen und dort vor ihnen Christus, dessen
Glauben, die Taufe und die ganze Kirche verleugnen.
Danach muß er dem magisterulus, d.h. dem kleinen
Meister, denn so und nicht anders nennen sie den
Dämon, die Huldigung erweisen.« Hier ist zu bemer-
ken, daß diese Form mit den sonst erwähnten überein-
stimmt. Dem steht nicht entgegen, daß der Dämon,
wenn ihm die Huldigung erwiesen wird, bisweilen an-
wesend ist, zuweilen aber auch nicht. Dann nämlich
handelt er verschlagen, indem er die Einstellung des
zukünftigen Schülers merkt, der vielleicht als Novize
bei seiner Anwesenheit aus Furcht zurückgetreten
wäre, während er [der Dämon] andererseits meint, daß
er durch seine Bekannten und Freunde ihm leichter
beipflichten wird. Darum nennen sie ihn auch, wenn
er abwesend ist, magisterulus, damit er durch eine
schwächere Vorstellung vom Meister von einer gerin-
geren Furcht geängstigt wird. Später folgt: Er trinkt
aus dem oben erwähnten Schlauch, worauf er sofort
im Inneren fühlt, wie er die Bilder unserer Kunst be-
züglich der hauptsächlichen Riten der Sekte erfaßt
und bewahrt. »Auf diese Weise«, sagte er, »bin ich

Hexen
4.198 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 378

verführt worden und auch meine Ehefrau, die, wie ich


glaube, so hartnäckig ist, daß sie lieber das Feuer er-
duldet, als die kleinste Wahrheit zugestehen will.
Aber ach, wir sind beide schuldig!« Wie der junge
Mann aussagte, so fand sich die Wahrheit in allem
bestätigt. Denn den vorher bußfertigen jungen Mann
sah man in großer Zerknirschung sterben. Die Ehefrau
aber, obwohl durch Zeugen überführt, wollte nichts
von der Wahrheit gestehen, weder auf der Folter noch
im Tod, sondern als der Scheiterhaufen vom Henker
vorbereitet wurde, verfluchte sie ihn mit schlimmen
Worten. Und so wurde sie eingeäschert86.
Durch diese Dinge wird die Form ihres feierlichen
Gelübdes deutlich. Die andere Form, die private, ge-
schieht auf verschiedene Arten. Bisweilen nämlich
tritt der Dämon auf Männer oder Frauen zu, die durch
irgendeine körperliche oder zeitliche Betrübnis in Be-
drängnis geraten sind, manchmal sichtbar, manchmal
redet er durch Mittelsmänner. Und wenn sie nach sei-
nem Rat handeln wollten, verheißt er, daß ihnen alles
zufallen wird. Von kleinen Dingen geht er jedoch aus,
wie im ersten Kapitel angesprochen worden ist, so
daß er sie allmählich zu größeren Dingen empor
führt. Darüber könnten noch mancherlei Handlungen
und Taten, die wir bei der Inquisition gefunden
haben, angeführt werden, aber weil dieser Stoff kein
Problem aufweist, müssen wir uns im Interesse der

Hexen
4.199 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 378

weiteren Ausführung der Kürze befleißigen.


[49vb] Zur Erläuterung der Huldigungsleistung
sind noch einige Dinge anzuführen.
Darüber aber, daß der Teufel eine Huldigung emp-
fängt, müssen noch einige Dinge angeführt werden,
nämlich weshalb und wie unterschiedlich er das tut.
Erstens: mag er dies hauptsächlich zur noch größeren
Beleidigung der göttlichen Majestät tun, indem er ein
ihm geweihtes Geschöpf für sich beansprucht – und
zwar zur größeren Sicherheit ihrer zukünftigen Ver-
dammnis, nach der er am meisten trachtet –, so wurde
doch oft von uns gefunden, daß er eine solche Huldi-
gung zugleich mit dem [Ergebenheits]gelöbnis für ei-
nige Jahre akzeptiert hat und daß er bisweilen nur das
Gelöbnis [akzeptiert] und die Huldigung für bestimm-
te Jahre aufgeschoben hat. Und wir dürfen sagen, daß
das Gelübde in gänzlicher oder teilweiser Ableugnung
des Glaubens besteht; in gänzlicher, wenn, wie oben
erwähnt ist, der Glauben vollständig abgeleugnet
wird; in teilweiser, wenn auf Grund des eingegange-
nen Paktes sie [die Hexe] bestimmte Zeremonien
gegen die Satzungen der Kirche zu beachten hat, wie
an Sonntagen zu fasten oder an Freitagen Fleisch zu
essen, bestimmte Verbrechen bei der Beichte zu ver-
heimlichen oder etwas ähnliches zu begehen. Wir dür-
fen aber sagen, daß die Huldigung in der Anheimstel-
lung von Körper und Seele besteht.

Hexen
4.200 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 379

Weshalb solche Dinge getan werden, dafür können


wir vier Gründe von seiten des Dämons geben. Wenn
nämlich, wie im ersten Teil des Traktates erklärt
wird87, bei der zweiten Hauptfrage, ob die Dämonen
die Gemüter der Menschen zu Haß oder Liebe ver-
wandeln könnten, es sich zeigte, daß er nicht in das
Innere des Herzens eindringen kann, da dies allein
Gott zusteht, [und] er durch Vermutungen von jenen
Dingen Kenntnis erlangte, wie weiter unten klar wer-
den wird, so macht sich jener Feind [der Teufel],
wenn er merkt, daß eine Novizin bei der Einführung
nur schwer zur Zustimmung zu bringen ist, mit
Schmeicheleien an sie heran und verlangt nur wenig,
um sie dann allmählich zu Mehrerem emporzuführen.
Die zweite Ursache: Wenn unter denen, die den
Glauben verleugnen, ein Unterschied anzunehmen ist,
indem die einen mit dem Mund, aber nicht mit dem
Herzen, andere mit dem Mund und dem Herzen [ab-
leugnen], so bestimmt der Teufel, um herauszufinden,
ob man sich ihm im Herzen wie mit dem Mund ver-
spricht, so und so viele Jahre, um in dieser Zeit nach
den Taten und durch das Gespräch dessen Herz zu
prüfen.
Die dritte Ursache: Wenn er in diesem Zeitraum er-
kennt, daß sie zur Ausführung irgendwelcher [Taten]
weniger willfährig ist und ihm nur mit dem Mund,
aber nicht mit dem Herzen anhängt, und vermutet,

Hexen
4.201 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 380

daß ihr die göttliche Barmherzigkeit wegen des


Schutzes eines guten Engels zugute kommen werde,
die der Dämon in vielen Dingen erkennen kann, dann
versucht er, sie [50ra] zu entmutigen und irdischen
Drangsalen auszusetzen, um entweder so oder aus
ihrer Verzweiflung Gewinn ziehen zu können.
Die Wahrheit dieses [Sachverhalts] ist offensicht-
lich. Denn wenn man nach dem Grund fragt, woher es
komme, daß bestimmte Hexen unter jedweden, auch
den größten Folterqualen nicht die geringste Wahrheit
eingestehen wollen, wogegen andere leicht, nach
jedem ihrer Verbrechen gefragt, gestehen; ebenso
[wenn man fragt], woher [es komme], daß sie selbst,
nachdem sie gestanden haben, den Versuch machen,
sich durch Aufhängen das Leben zu nehmen, kann
wahrheitsgemäß geantwortet werden, daß, wenn der
göttliche Zwang durch einen heiligen Engel nicht hin-
zukommt, damit die Hexe gezwungen wird, die Wahr-
heit zu gestehen und den Schweigezauber rückgängig
zu machen, daß dann durch das Werk der Dämonen
das geschieht, was sich auch jeweils ereignet: entwe-
der Verschwiegenheit oder Geständnis der Verbre-
chen. Das erste geschieht bei jenen, die, wie er [der
Teufel] weiß, mit Mund und Herzen den Glauben ver-
leugnet und ebenso die Huldigung geleistet haben. Er
ist ihrer Beharrlichkeit sicher, während er umgekehrt
andere im Stich läßt, ohne sie zu schützen, weil er

Hexen
4.202 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 380

weiß, daß ihm jene nur sehr wenig nützen.


Die Erfahrung hat uns oft gelehrt88 und aus den
Geständnissen derer, die wir haben einäschern lassen,
ist es ans Licht gekommen, daß sie selbst unwillig ge-
wesen waren, Schadenszauber zu begehen. Und das
sagten sie nicht in der Hoffnung freizukommen, da die
Wahrheit durch die von den Dämonen erteilten Schlä-
ge und Prügel feststand, wenn sie ihrem Befehl nicht
gehorchten, wurden sie doch oft mit geschwollenen
und blau angelaufenen Gesichtern gesehen.
Ebenso, daß sie sich selbst nach dem Geständnis
der Verbrechen unter der Folter allemal durch einen
Strick das Leben nehmen wollen, das wird durch un-
sere Praxis als Wahrheit festgestellt. Denn immer
werden nach dem Geständnis der Verbrechen für die
einzelnen Stunden Wächter abgestellt, die auf solche
Dinge achten. Man fand sie, bisweilen auch infolge
der Unaufmerksamkeit der Wächter, aufgehängt an
Riemen oder Kopftüchern. Dies bewirkte, wie gesagt,
schlechterdings der Feind, damit sie nicht durch Zer-
knirschung oder sakramentale Beichte Verzeihung er-
langen könnten. Auch hatte er sie nicht schon im Her-
zen ködern können, so daß sie sehr leicht bei Gott
Gnade finden können. Und schließlich sucht er sie
durch zeitliche Verwirrung und einen schrecklichen
Tod in Verzweiflung zu stürzen. Freilich ist, wie es
frommt, anzunehmen, daß sie durch eine noch grö-

Hexen
4.203 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 381

ßere89 Gnade Gottes die Verzeihung durch wahre


Zerknirschung und aufrichtige Beichte erlangt hat, wo
sie nicht freiwillig jenen Schändlichkeiten angehan-
gen haben.
Durch diese Dinge erklären sich [jene], die in den
Diözesen Straßburg [50rb] und Konstanz90, sowohl
in der Stadt Hagenau91 als auch in Ravensburg, vor
kaum drei Jahren geschehen sind92. In der ersten
Stadt nämlich hängte sich eine [Hexe] an einem billi-
gen und zerreißbaren Oberkleid auf. Eine andere
[Hexe] mit Namen Walburga war durch den Schwei-
gezauber auf wundersame Weise aufgefallen, weil sie
andere Frauenzimmer unterwies, wie man eine solche
Verschwiegenheit durch ein männliches und erstgebo-
renes Kind, im Ofen gekocht, bewirken sollte93. Die
Handlungen und Taten sind jetzt handgreiflich, und
ebenso verhält es sich mit anderen, die in der zweiten
Stadt eingeäschert wurden, wovon hin und wieder die
Rede sein soll.
Es gibt noch eine vierte Ursache, warum die Dämo-
nen bei bestimmten [Hexen] die Annahme der Huldi-
gung aufschieben, bei anderen aber nicht, deswegen
nämlich, weil sie die Lebensdauer des Menschen ein-
facher als die Astronomen erkennen oder ihnen leich-
ter das Ende des Lebens vorhersagen oder dem natür-
lichen Ende durch einen Unfall, wie oben gesagt wor-
den ist, zuvor kommen können.

Hexen
4.204 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 382

Dies wird kurz durch die Taten und Handlungen


der Hexen erklärt, wobei zunächst die List des Dä-
mons in solchen Dingen ausgeführt wird. Denn nach
Augustinus in li. de natura demonum94 gibt es
sieben Gründe, deshalb deuten sie [die Dämonen] die
künftigen Ereignisse auch [nur] nach Wahrscheinlich-
keit, weil sie jene nicht mit Sicherheit wissen können.
Die erste [Ursache] ist: daß sie durch natürliche Intel-
ligenz bezüglich der Verstandesakte [besonders]
mächtig sind. Daher verstehen sie [etwas] ohne Unter-
suchung des Grundes, was bei uns [aber] notwendig
ist. Die zweite, daß sie wegen der Erfahrung des Al-
ters und Eingebung höherer Geister mehr wissen als
wir. Daher wird von den Gelehrten öfter aus Isidor
angeführt, daß die Dämonen durch dreifachen Scharf-
sinn Macht haben: wegen des natürlichen Scharfsinns,
der Erfahrung des Alters und der Eingebung höherer
Geister. Die vierte [dritte]95 wegen der Geschwindig-
keit der Bewegung, so daß sie mit außerordentlicher
Schnelligkeit96 die Dinge, die im Osten geschehen,
im Westen vorhersagen können. Die fünfte [vierte],
weil sie mit ihrer Kraft durch Gottes Zulassung
Krankheiten einschleppen, die Luft verpesten und
Hungersnot auslösen können, daher können sie auch
dies vorhersagen. Die sechste [fünfte], weil sie durch
Anzeichen den Tod exakter vorhersagen können als
ein Arzt, der nach Urin und Puls schaut. Denn wie

Hexen
4.205 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 382

dieser durch Anzeichen etwas im Kranken sieht, das


ein normaler Mensch nicht bemerkt, so [sieht] auch
der Dämon, was kein Mensch auf natürliche Weise
sieht. Die siebte [sechste], weil sie aus den Anzei-
chen, die von der Seele [50va] des Menschen ausge-
hen, schlauer als ein kluger Mann auf die Dinge
schließen, die in der Seele sind oder sein werden. Sie
wissen nämlich, welche Anreize wahrscheinlich erfol-
gen werden und danach welche Taten. Die achte
[siebte], weil sie die Taten der Propheten und die
Schriften besser kennen als die Menschen und von
jenen viele künftige Geschehnisse abhängen. Deshalb
können sie daraus viele künftige Geschehnisse vor-
hersagen. Diese werden auch behandelt in 26 q. 4 sci-
endum97. Daher ist es kein Wunder, wenn er [der
Dämon] die natürliche Lebenszeit des Menschen ken-
nen kann, mag es auch anders sein mit einem vorzeiti-
gen Ende, das mit einer Einäscherung eintreten
würde, die der Dämon letztlich [auch] bewirkt, wenn
er, wie gesagt wurde, sie [die Hexen] unwillig findet,
ihre Umkehr und Bekehrung fürchtend, während er
andere, die er willig weiß, bis zum natürlichen Tod
verteidigt.
Endlich für beiderlei Beispiele und Geschehnisse,
die von uns gefunden wurden.
So gab es in der Diözese Basel in einem am Rhein
gelegenen Dorf mit Namen Oberwyler98 einen dem

Hexen
4.206 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 383

Lebenswandel nach ehrenhaften Pfarrer mit der An-


sicht oder besser mit dem Irrtum, es gebe keinen
Schadenszauber in der Welt, sondern nur in der Vor-
stellung der Menschen, die solcherlei Wirkungen den
Frauenzimmern zuschrieben. Ihn wollte Gott derge-
stalt von seinem Irrtum reinigen [und beweisen], daß
den Dämonen noch andere Möglichkeiten offenstün-
den, den Zauberern und Hexen die Lebenszeit vorzu-
geben. Als er einmal eilig wegen der Erledigung einer
Angelegenheit in recht lebhafter Weise über eine
Brücke schreiten wollte, kam ihm mit ähnlicher Rück-
sichtslosigkeit eine alte Frau entgegen, der er am Zu-
gang zur Brücke keinen Platz machen wollte, damit
sie vorbeiginge, sondern er schritt rücksichtslos ein-
her und stieß durch Zufall die alte Frau in den Dreck,
weshalb sie empört in Schmähreden ausbrach und
sagte: »Pfaff99, ungestraft wirst du nicht hinüber
gehen!« Mochte jener auch die Worte nur wenig be-
achten, so fühlte er doch in der Nacht, als er aus dem
Bett aufstehen wollte, unterhalb des Gürtels, daß er
behext worden war, so daß er sich fortan immer mit
Hilfe der Arme anderer Leute aufrecht halten lassen
mußte, wenn er die Kirche besuchen wollte. So blieb
er drei Jahre lang in der häuslichen Pflege seiner Mut-
ter.
Als nach dieser Zeit jene alte Frau erkrankte, die er
wegen ihrer Drohungen immer [50vb] im Verdacht

Hexen
4.207 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 384

gehabt hatte, ihm den Schadenszauber zugefügt zu


haben, da schickte die Kranke zur Beichte nach ihm.
Und der Priester, mochte er auch unwirsch sagen, sie
solle dem Teufel, ihrem Meister, beichten, ging doch
auf Drängen der Mutter, zwischen die Arme zweier
Bauern gestützt, zu ihrem Haus und setzte sich ans
Kopfende des Bettes, in dem die Hexe lag. Jene bei-
den Bauern wollten von außen am Fenster horchen –
die Stube war nämlich ebenerdig gelegen –, ob sie
denn den angetanen Schadenszauber dem Pfarrer
beichten würde. Und mochte sie auch während der
Beichte den Schadenszauber nicht erwähnen, so sagte
sie doch nach Abschluß der Beichte: »Weißt du,
Pfaff100, wer dich behext hat?« Und als jener freund-
lich antwortete, daß er es nicht wüßte, fuhr sie fort:
»Du hast mich im Verdacht und mit Recht; wisse, ich
habe dir solche Dinge zugefügt aus dem Grunde, wie
oben angesprochen worden ist.« Als nun jener auf Be-
freiung drängte, sagte sie: »Siehe, die festgesetzte Zeit
ist gekommen, und ich habe zu sterben. Aber ich rich-
te es so ein, daß du wenige Tage nach meinem Tod
geheilt sein wirst.« Und so geschah es. Denn jene
starb an dem vom Dämon festgesetzten Termin und
innerhalb von dreißig Tagen fand sich der Priester in
einer Nacht wieder völlig gesund. Der Name des Prie-
sters war Pfaff Heflin101, jetzt in der Diözese Straß-
burg.

Hexen
4.208 [II/1,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 384

Ähnliches ereignete sich in der Diözese Basel, im


Dorf Buhel nahe bei der Stadt Gewiler102. Eine
Frau, die schließlich gefangen und eingeäschert
wurde, hatte sechs Jahre lang einen Dämon, einen In-
kubus, im Bett, selbst an der Seite ihres schlafenden
Mannes. Und zwar dreimal in der Woche: am Sonn-
tag, Dienstag und Freitag oder anderen, noch heilige-
ren Nächten. Sie hatte dem Teufel die Huldigung [so]
erwiesen, daß sie ihm nach sieben Jahren mit Körper
und Seele auf ewig anheimgefallen wäre. In [seiner]
Liebe rettete sie Gott dennoch. Denn nachdem sie im
sechsten [Jahr] gefangengenommen [sowie] wahrhaft
und umfassend ein Geständnis abgelegt hatte und dem
Feuer übergeben worden war, kann man glauben, daß
sie von Gott Verzeihung erlangt hat. Sehr willig ging
sie nämlich in den Tod, indem sie versicherte, daß,
wenn sie auch befreit werden könnte, sie doch lieber
den Tod gewählt hätte, würde sie nur der Macht des
Dämons entgehen.

Hexen
4.209 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 385

[51ra]

[II/1,3] Über die Weise, wie sie von Ort zu Ort


befördert werden. Kapitel 3

Nun aber ist von ihren Zeremonien zu sprechen und


auf welche Weise sie bei ihren Werken vorgehen, und
zwar zuerst bei denen, die sie für sich und einzelne
Personen tun. Und weil körperlich von Ort zu Ort ge-
tragen zu werden ihren vornehmsten irdischen Tätig-
keiten gehört, wie auch Schweinereien mit den Inku-
bus-Dämonen zu treiben, so werden wir aus den Ein-
zelheiten einiges ableiten, und zwar zunächst aus
ihrer körperlichen Ausfahrt. Hier ist zu bemerken, daß
diese Ausfahrt ein Problem aufweist, wie öfter ange-
sprochen worden ist, wegen einer Auslegung eines
einzigen Textes, nämlich 26 q. 5 Episcopi103, wo es
heißt ex concilio acquirensi: »Jenes ist nicht uner-
wähnt zu lassen, daß gewisse gottlose Frauen, die,
rückwärts nach Satan hin gewandt, durch die Täu-
schungen der Dämonen verführt glauben und von sich
behaupten, mit Diana, einer Göttin der Heiden, oder
mit Herodias und einer unzähligen Menge von Frauen
zu nächtlichen Stunden auf bestimmten Tieren zu rei-
ten und weite Entfernungen in der Stille einer tiefen
Nacht zurückzulegen und ihr wie einer Herrin in allen

Hexen
4.210 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 386

Dingen zu gehorchen etc. Deshalb müssen die Priester


Gottes dem Volk predigen, sie sollten wissen, daß
diese Dinge gänzlich falsch seien und nicht vom gött-
lichen, sondern vom bösen Geist solche Wahngebilde
den Sinnen der Gläubigen eingegeben worden seien.
Wenn unstreitig Satan selbst sich in die Gestalten
verschiedener Personen wie auch Abbilder verwan-
delt, so führt er auch den Sinn, den er gefangen hält,
durch Täuschung in den Träumen auf Abwege etc.«
Und mit Bezug darauf werden bisweilen von be-
stimmten Leuten öffentlich Beispiele gepredigt, als ob
diese Dinge unmöglich [wirklich] geschehen könnten:
vom heiligen Germanus104 und von einem anderen,
der seine Tochter dabei beobachtete. Und dies wird
unterschiedslos auf die Hexen und ihre Werke ange-
wandt, so als wären ihre einzelnen Taten bei den
Schäden der Menschen, des Viehs und der Feldfrüchte
nicht ihnen zuzuschreiben, weil sie, wie bei den Aus-
fahrten in der Phantasie, auch bei den Schäden der
Geschöpfe getäuscht würden.
Da unstreitig diese [51rb] Meinung schon in der
ersten Frage als gleichsam ketzerisch zurückgewiesen
wurde, weil sie gegen die göttliche Zulassung bezüg-
lich der Macht des Teufels [steht], die sich auf noch
größere Dinge als diese erstrecken kann, widerstreitet
sie in ähnlicher Weise der Absicht der Heiligen
Schrift. Und [sie führt] zu unerträglichem Schaden der

Hexen
4.211 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 386

heiligen Kirche, da [die Hexen] schon seit vielen Jah-


ren wegen dieser verderblichen Meinung ungestraft
geblieben sind, indem sie [diese Meinung] dem welt-
lichen Arm die Gelegenheit zur Bestrafung beschnitt.
Daher haben sie [die Hexen] sich ins Unendliche ver-
mehrt, so daß es nicht mehr möglich ist, sie auszurot-
ten. Deswegen möge der sorgfältige Leser die Dinge
erwägen, die dort zur Widerlegung jener Meinung an-
geführt worden sind, und für jetzt möge er zur Kennt-
nis nehmen, wie sie [die Hexen] befördert werden und
auf welche Arten dies möglich sei, samt den Antwor-
ten auf Beispiele, die von ihnen öffentlich angeführt
werden.
Daß sie also körperlich getragen werden können,
wird auf verschiedene Arten gezeigt, und zwar zuerst
aus den anderen Werken der Magier. Denn wenn sie
nicht getragen werden könnten, so geschähe es, ent-
weder weil Gott es nicht erlaubte, oder weil der Teu-
fel es nicht tun könnte, weil es der Schöpfung wider-
strebte. Das erste trifft nicht zu, weil, wenn größere,
so können auch kleinere Dinge mit der Zulassung
Gottes geschehen. Aber die größeren sind wie bei
Knaben so auch bei [erwachsenen] Menschen sehr oft
geschehen, was sich an den Gerechten und in der
Gnade Stehenden zeigt. Denn wenn gefragt wird, ob
die Auswechslungen105 von Knaben durch das Werk
der Dämonen geschehen können und ob ein Dämon

Hexen
4.212 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 387

einen Menschen auch gegen seinen Willen örtlich von


Ort zu Ort tragen kann, so wird auf das erste geant-
wortet, daß es so sei. Denn auch Guillelmus Parisi-
ensis sagt im letzten Teil de universo106, die Aus-
wechslungen von Knaben könnten in der Weise ge-
schehen, daß mit Zulassung Gottes der Dämon eine
Vertauschung des Knaben vornehmen oder auch ein
Wegschaffen bewirken kann. Solche Knaben heulen
auch immer ganz erbärmlich, und, auch wenn vier
oder fünf Mütter kaum zum Säugen ausreichen wür-
den, so nehmen sie doch niemals zu, sondern sind au-
ßergewöhnlich schwer. Den Müttern gegenüber ist
dennoch wegen des großen Schreckens, den sie des-
wegen haben könnten, [derlei] weder zu bestätigen
noch zu verneinen, [sondern] sie sind anzuweisen,
daß sie Urteile von Gelehrten einholen. Gott erlaubt
nämlich wegen [51va] der Sünden der Eltern, daß
bisweilen die Männer die schwangeren Ehefrauen ver-
fluchen, wenn sie sagen: »Ich wollte, daß du den Teu-
fel tragen würdest« und dergleichen. Ebenso bringen
oft ungeduldige Frauen derlei Dinge vor. Aber auch
von anderen, gerechten Leuten finden sich zahlreiche
Beispiele. Denn Vincentius in speculo histo. li. 27,
ca. 43107, nach der Erzählung des Petrus Damiani,
berichtet von dem fünfjährigen Sohn eines hoch ange-
sehenen Mannes. Dieser damals Mönch gewordene
Knabe wurde nachts aus dem Kloster in eine ver-

Hexen
4.213 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 388

schlossene Mühle108 gebracht. Dort am Morgen ge-


funden und verhört, sagte er, er sei durch einige Leute
zu einem großen Gelage gebracht und aufgefordert
worden zu essen. Und danach sei er von oben herab in
die Mühle verbracht worden.
Was [ist] endlich mit diesen Magiern, die nach der
üblichen Bezeichnung von uns Nigromantiker ge-
nannt werden und die oft von den Dämonen durch die
Lüfte getragen werden, die eben bisweilen auch ande-
re dazu überreden, mit ihnen auf einem Pferd zu rei-
ten, welches aber kein wirkliches Pferd, sondern ein
Dämon in einer solchen Gestalt ist109, und sie
[davor] warnen, zu sprechen und sich mit dem Zei-
chen des Kreuzes zu schützen?
Und wenn wir auch zwei sind, die wir diesen Trak-
tat schreiben110, so hat doch wenigstens einer von
uns sehr häufig solche Leute gesehen und gefunden.
Denn ein damaliger Scholar, der aber jetzt noch als
Priester in der Diözese Freising111 leben soll, pflegt
zu erzählen, er sei einmal körperlich vom Dämon
durch die Lüfte geführt und in ferne Gegenden getra-
gen worden. Es lebt noch ein anderer Priester in der
Stadt Oberdorf bei Landshut112, der damals dessen
Mitkollegiat [war und] mit eigenen Augen jene Aus-
fahrt sah, wie er mit ausgestreckten Armen in die
Höhe befördert wurde, schreiend, aber nicht heulend.
Die Ursache aber war, wie derselbe erzählte, folgen-

Hexen
4.214 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 388

de: An einem Tag trafen sich viele Schüler zu einem


Biergelage, und alle kamen darin überein, daß jener,
der das Bier herbeischaffte, nichts auszugeben haben
sollte. Und als so einer der Kollegen hinausgehen
wollte, um Bier zu holen, erblickte er, als er die Tür
öffnete, einen dichten Nebel. Dadurch erschrocken
kehrte er um und teilte ihnen unter Angabe des Grun-
des mit [51vb], daß er den Trunk nicht herbeiholen
wolle. Da rief jener, der [durch die Luft] getragen
worden war, unwillig: »Und wenn der Teufel da wäre,
ich werde den Trunk herbeiholen.« Und so ging er
hinaus und wurde, als alle zuschauten, durch die
Lüfte getragen.
Freilich aber ist es nötig zuzugeben, daß nicht al-
lein den Wachenden, sondern auch Schlafenden sol-
che Dinge zustoßen können, daß sie nämlich im
Schlaf örtlich und körperlich durch die Lüfte beför-
dert werden. Es zeigt sich klar an Leuten, die im
Traum über die Dächer von Häusern und sehr hoher
Bauwerke wandeln. Nichts kann sie aufhalten bei
ihrem Wandeln in die Höhe wie ins Bodenlose. Und
wenn sie von anderen Umstehenden bei ihren eigenen
Namen gerufen werden, stürzen sie sofort zur Erde,
gleichsam niedergeschmettert. Viele meinen, dies ge-
schehe unter allen Umständen durch die Macht der
Dämonen, und nicht ohne Grund. Denn die Dämonen
sind in mannigfacher Vielfalt vorhanden, einige aus

Hexen
4.215 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 389

einem niederen Engelschor, die außer der Strafe der


Verdammung, die sie ewig erdulden, mit kleinen Stra-
fen belegt sind, gleichsam für kleine Vergehen. Sie
können auch niemanden schädigen, wenigstens [nicht]
schwer, sondern hauptsächlich nur Schabernack trei-
ben, während andere Inkubi und Sukkubi sind, die zur
Nachtzeit die Menschen quälen oder sie mit der
Sünde der Unzucht beflecken. Es ist kein Wunder,
wenn sie auch solchen Ulk treiben.
Die Wahrheit kann aus den Worten des Cassian,
coll. 1113 hergeleitet werden, wo er sagt, es gebe so
viele unreine Geister wie [unreine] Neigungen in den
Menschen, dem ohne Zweifel beizupflichten ist. Denn
es ist offenkundig, daß einige von ihnen, die das Volk
auch Heiden nennt, wir aber Trolle, wie es sie im Kö-
nigreich Norwegen zur Genüge gibt, oder auch
Schretteln114, solcherart Quälgeister und Kobolde
sind, daß sie sich an bestimmten Plätzen und Straßen
stetig aufhalten. Sie können die Vorübergehenden
zwar keineswegs verletzen, [müssen] sich mit bloßem
Necken und Foppen begnügen und bemühen sich
mehr, sie zu ärgern als zu schädigen, einige aber
[können] nur bei den Menschen mit lästigem Alp-
drücken115 die Nacht zubringen. Andere [wieder]
sind so der Tollheit und der Raserei hingegeben, daß
sie nicht zufrieden sind, die Leiber derer, an denen sie
hängen, nicht bloß durch fürchterliches Zerren zu

Hexen
4.216 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 390

quälen, sondern sich befleißigen, von oben auf die


Vorbeigehenden herabzustürzen und jene mit dem
jämmerlichsten [52ra] Schlage zu treffen. Er will
sagen, daß sie nicht nur besessen machen, sondern sie
vielmehr auch furchtbar quälen, z.B. solche die im
Evangelium Mat. 8116 beschrieben werden.
Daraus können wir schließen, erstens, daß man
nicht sagen darf, die Hexen würden deshalb nicht ört-
lich getragen, weil Gott es nicht zuließe. Denn wenn
er es zuläßt bei Gerechten und Unschuldigen oder
auch bei Magiern oder bei anderen Vaganten, wie
[sollte] er es nicht bei jenen [Frauen zulassen], die
sich ganz dem Teufel geweiht haben? Und, um es in
aller [Gottes-]-furcht zu sagen: Hob nicht der Teufel
unseren Erlöser hoch, entführte ihn und stellte ihn
hierhin und dorthin, wie das Evangelium be-
zeugt?117
Zweitens [gilt] auch nicht, [was] von den Gegnern
eingewendet wird, daß der Teufel dies nicht tun könn-
te. Dieser hat, wie sich in den oben angeführten [Pas-
sagen] zeigte, so große natürliche Kraft, die alle kör-
perlichen Dinge übertrifft, daß keine irdische Kraft
mit ihr verglichen werden kann; nach jenem [Wort]:
»Es gibt keine Macht auf Erden etc.«118 Vielmehr
wohnt Luzifer selbst eine so große natürliche Macht
oder Kraft inne, wie sie größer auch unter den guten
Engem im Himmel nicht vorkommt. Denn wie er alle

Hexen
4.217 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 390

Engel an natürlichen [Gaben] übertraf, so wurden


auch nicht die natürlichen [Gaben] durch den Fall ver-
ringert, sondern nur die Gnadengaben. Deswegen
bleiben sie auch heute noch in ihm, wenn auch ver-
dunkelt und gebunden. Daher die Glosse über jenes
[Wort] »Es gibt keine Macht auf Erden etc.«: »Und
wenn er alles überwindet, den Verdiensten der Heili-
gen unterliegt er doch.«119
Es verschlägt auch nicht, wenn jemand zweierlei
entgegensetzte: erstens daß die Seele des Menschen
sich widersetzen könnte und daß der Text [der
Schrift] von speziell Einem, nämlich Luzifer, zu spre-
chen scheint, da er im Singular redet. Und weil dieser
es war, der Christus in der Wüste versuchte und auch
den ersten Menschen verführte, jetzt aber gebunden
ist und die anderen Dämonen keine so große Kraft
haben, da er selbst alle übertrifft, deswegen können
auch die anderen bösen [Engel] Menschen nicht ört-
lich durch die Lüfte tragen.
Die Einwände gelten nichts. Erstens wollen wir
von den Engeln sprechen. Der geringste Engel über-
trifft alle menschliche Kraft [ganz] unvergleichlich.
Die Gründe ergeben sich aus vielen Dingen. Erstens,
weil die geistige Kraft stärker ist als die körperliche,
so wie die Kraft eines Engels oder auch die Seele der
körperlichen Kraft überlegen ist. Zweitens bezüglich
der Seele. Weil jede körperlich Form [52rb] eine

Hexen
4.218 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 391

durch die Materie individualisierte Form ist und durch


diese bestimmt wird, wie die Seele jetzt existiert, die
immateriellen Formen aber absolut und intellektuell
sind, weshalb sie auch eine absolute und allgemeinere
Kraft haben, deshalb kann eine gebundene Seele ihren
Körper nicht so plötzlich örtlich bewegen noch in die
Höhe heben. Wohl würde sie [es] aber mit Zulassung
Gottes können, wenn sie gesondert wäre. Dies alles
kann um so stärker ein ganz immaterieller Geist, wie
es sowohl die guten wie die bösen Engel sind. So trug
denn auch ein guter Engel Habakuk in einem Augen-
blick von Judäa nach Chaldäa120. Und aus diesem
Grund wird auch geschlossen, daß jene, die nachts in
den Träumen über hohe Gebäude geführt werden,
nicht von den eigenen Seelen getragen werden, noch
durch die Einflüsse der Himmelskörper, sondern von
einer höheren Macht, wie oben erklärt worden ist.
Drittens, daß so wie eine körperliche Natur dazu ge-
schaffen ist, von einer geistigen Natur bezüglich des
Ortes unmittelbar bewegt zu werden, einmal weil die
örtliche Bewegung die erste unter den Bewegungen
ist, 8 phi.121, dann auch weil sie eine vollkommenere
unter allen körperlichen Bewegungen ist. Dies be-
weist eben dort der Philosoph mit dem Grund, weil
ein Bewegliches bezüglich des Ortes nicht in der Ge-
walt von etwas diesbezüglich Innerem ist, sondern
von etwas Äußerem, weshalb auch nicht bloß von

Hexen
4.219 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 392

heiligen doctores, sondern auch von den Philosophen


geschlossen wird, daß die höheren Körper, ergänze
himmlische, von geistigen und Separatsubstanzen be-
wegt werden, die ihrer Natur und ihrem Willen nach
gut sind. Dann auch, weil wir sehen, daß die Seele zu-
erst und hauptsächlich den Körper durch örtliche Be-
wegung bewegt. Daher ist es nötig zu sagen, daß das
Gesetz des menschlichen Körpers weder bezüglich
des Körpers noch bezüglich der Seele selbst [dem]
entgegenstehen kann, daß beides plötzlich mit Zulas-
sung Gottes von Ort zu Ort bewegt werden könnte;
und zwar von einer geistigen Substanz, gut nach dem
Willen und der Natur, wenn gute und in der Gnade
stehende [Menschen] fortbewegt werden oder von
einer guten [Substanz] nach der Natur, nicht aber
nach dem Willen, wenn böse [Menschen] fortbewegt
werden. Wem es gefällt, sehe nach beim heiligen
Thomas in prima parte q. 90122, eben dort drei
Artikel oder auch die quaestionibus de malo123
oder auch in 2 senten. [52va] dist. 7124 über die
Macht der Dämonen über die körperlichen Handlun-
gen.
Die Art aber des Ausfahrens ist folgende: denn wie
zuvor klar geworden ist, müssen sie [die Hexen] sich
eine Salbe aus den Gliedern von Kindern, besonders
der von ihnen vor der Taufe getöteten, zubereiten und
nach der Anleitung des Dämons irgendeinen Sessel

Hexen
4.220 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 392

oder ein [Stück] Holz einreiben, worauf sie sofort in


die Lüfte getragen werden; und dies sowohl bei Tag
wie auch bei Nacht, sichtbar oder auch, wenn sie es
wollen, unsichtbar, demgemäß, daß der Dämon, und
zwar durch das Hindernis irgendeines Körpers einen
anderen Körper verbergen kann, wie im ersten Teil
des Werkes125 über die trügerische Erscheinung der
Dämonenwerke gezeigt worden ist. Aber vermag es
auch der Dämon durch eine solche Salbe wie er es
meistens auf diese Weise in der Absicht praktiziert,
daß er die Kinder auch der Gnade der Taufe und der
Erlösung beraubt, so hat man doch auch gesehen, daß
er oftmals ohne diese Dinge bewirkte, wenn sie [die
Hexen] auf Tieren, die dennoch keine wahren Tiere,
sondern Dämonen in deren Gestalten sind, dieselben
bewegten. Oder sie werden bisweilen auch ohne eine
äußere Beihilfe, nur durch die unsichtbar wirkende
Kraft des Dämons, hinübergetragen.
Erzählung einer sichtbaren Überfahrt am Tage
In der Stadt Waldshut126 am Rhein in der Diözese
Konstanz [lebte] eine Hexe, die, den Einwohnern sehr
verhaßt, zu einer Hochzeitsfeier nicht eingeladen wor-
den war, während doch fast alle Einwohner jener bei-
wohnten. Sie war erbost, und weil sie danach trachtete
sich zu rächen, rief sie den Dämon herbei und eröffne-
te ihm den Grund ihrer Verbitterung. Sie bat, daß er
Hagel erzeugen möge und alle [Teilnehmer] des

Hexen
4.221 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 393

[Hochzeits-]tanzes damit schlagen möge. Dieser sagte


zu, hob sie hoch und führte sie vor den Augen einiger
Hirten durch die Luft zu einem Berg nahe der Stadt
hinweg. Und da ihr, wie sie später gestand, das Was-
ser fehlte, um es in eine Grube zu gießen, welches
Vorgehen sie, wie sich zeigen wird, befolgen, wenn
sie Hagel erzeugen, da ließ sie an Stelle des Wassers
Urin in die kleine Grube hinein, die sie gemacht hatte,
und rührte in Anwesenheit des Dämons nach ihrer
Gewohnheit mit dem Finger um. Und der Dämon warf
die Flüssigkeit plötzlich nach oben und schickte einen
gewaltigen Schauer von Hagelkörnern, [aber] nur
über die Tanzenden und die Städter. Als diese sich
deswegen [52vb] zerstreut hatten und [dann] unterein-
ander über die Ursache jenes [Geschehens] berieten,
betrat die Hexe die Stadt, was den Verdacht noch
mehr verhärtete. Als aber die Hirten davon berichte-
ten, was sie gesehen hatten, wuchs der dringende zu
einem schwerwiegenden Verdacht. Daher wurde sie
verhaftet und gestand, daß sie diese Dinge verübt
hatte, weil sie nicht eingeladen worden war. Auch
wegen vieler anderer Schadenszauber, die von ihr ver-
übt worden waren, wurde sie eingeäschert127.
Und weil das öffentliche Gerede von solcherart
Ausfahrten auch fortwährend zu den gewöhnlichen
Leuten dringt, so ist es nicht dienlich, hier noch mehr
von diesen Dingen zur Beweisführung einzufügen.

Hexen
4.222 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 394

Diese mögen genügen gegen jene, die dergleichen


körperliche Ausfahrten entweder gänzlich abstreiten
oder zu behaupten versuchen, daß sie nur in der Ein-
bildung und in der Phantasie geschehen würden.
Wenn sie durchaus bei ihrem Irrtum belassen würden,
so wäre das von geringer Bedeutung, ja nicht zu be-
achten, wenn ihr Irrtum nicht zur Schande des Glau-
bens gereichen würde. Aber man möge aufmerksam
sein wie jene, mit ihrem Irrtum nicht zufrieden, sich
nicht scheuen, auch noch andere [Irrtümer] vorzubrin-
gen und öffentlich zu machen, zur Mehrung der
Hexen und zum Schaden des Glaubens, indem sie be-
haupten, daß aller Schadenszauber, der ihnen mit
Recht als Werkzeugen der Dämonen wahrhaft und
wirklich zugeschrieben wird, ihnen als Unschuldigen
nur vorgestellt und eingebildet zuzuschreiben sei, wie
auch die eingebildete Ausfahrt selbst. Darum sind sie
[die Hexen] auch zur großen Schmach für den Schöp-
fer und zu ihrer schlimmsten Vermehrung oftmals un-
bestraft geblieben.
Auch die am Anfang herangezogenen Argumente
können ihnen nicht helfen. Denn wenn sie an erster
Stelle das Capitulum Episcopi 26 q. 5128 anführen,
wo gelehrt wird, daß sie nur in der Phantasie und in
der Einbildung getragen werden, wer ist da so unklug,
daß er schließen wollte, daß sie nicht auch körperlich
getragen werden?! Wie denn könnte aus dem Schluß

Hexen
4.223 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 394

jenes Capitulums, wo festgestellt wird, derjenige, der


glaubt, ein Mensch könnte in einen besseren oder
schlechteren Zustand oder in eine andere Gestellt ver-
wandelt werden, sei niedriger zu erachten als ein Un-
gläubiger und ein Heide, wer könnte [daraus] schlie-
ßen, daß die Menschen nicht durch trügerische Vor-
spiegelung in Tiere verwandelt werden oder auch von
Gesundheit zu Krankheiten wie aus einem besseren in
einen schlechteren [Zustand] [53ra] verwandelt wer-
den könnten?!129 Ein solcher [Mensch], der sich so
an der Oberfläche der Worte des Kanons abmühte,
würde durchaus gegen den Geist aller heiligen docto-
res, ja auch gegen die Lehre der Heiligen Schrift den-
ken.
Daraus kommt vielfach das Gegenteil zum Vor-
schein, wie aus den genannten [Argumenten] an sehr
vielen Punkten im ersten Teil des Traktates ausge-
führt worden ist. Man muß den Kern der Worte be-
trachten, nach dem, was in der ersten Frage des ersten
Teils angesprochen wurde, und zwar bei der Lösung
des zweiten Irrtums unter den dreien, die dort zurück-
gewiesen werden, daß den Priestern vier Dinge an die
Hand gegeben werden, um dem Volk zu predigen. Sie
werden nämlich sowohl körperlich wie in der Phanta-
sie getragen, nach dem, was aus ihren eigenen Ge-
ständnissen hervorgeht, nicht nur jener, die einge-
äschert worden sind, sondern auch anderer, die zum

Hexen
4.224 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 395

Glauben und zur Buße zurückgekehrt sind.


Zu diesen [gehört] auch jene [Hexe] in der Stadt
Breisach130, die, von uns befragt, ob sie [nur] in der
Phantasie und Einbildung oder auch körperlich getra-
gen werde, antwortete, auf bei derlei Weise. Wenn sie
nämlich in einem Fall nicht körperlich getragen wer-
den wollen, aber doch wissen wollen, was in jener
Versammlung von ihren Gefährtinnen besprochen
werde, dann werde es von ihnen dergestalt gehalten,
daß sich jene [Hexe] im Namen aller Teufel auf der
linken Seite ins Bett legen würde. Darauf würde
etwas wie bläulicher Rauch aus ihrem Mund hervor-
kommen, und sie würde die Einzelheiten, die dort vor-
genommen würden, ganz deutlich sehen. Wenn sie
aber körperlich getragen werden wolle, sei es nötig,
die oben erwähnte Weise einzuhalten.
Ferner in dem Fall, daß jener Kanon bloß, ohne
jede Erklärung, zu verstehen wäre, wer mag dann so
dumm sein, daß er deshalb alle ihre Schadenszauber
und Schäden [nur] als Phantasien und Einbildungen
bezeichnen würde, da allen das Gegenteil [offenbar]
erscheint? Besonders, weil es vielerlei Formen des
Aberglaubens, nämlich vierzehn gibt, unter welchen
die Gattung der Hexen den höchsten Stand bezüglich
der Schadenszaubereien und Schäden einnimmt, die
Gattung der phitones131 den niedrigsten Stand, zu
dem diejenigen gehören, die in der Phantasie getragen

Hexen
4.225 [II/1,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 395

werden.
Endlich helfen ihnen auch die Beispiele aus der Le-
gende [53rb] des heiligen Germanus132 und ir-
gendwelche andere nicht, weil es den Dämonen durch-
aus möglich war, sich selbst an die Seite des schlafen-
den Mannes zu legen, als zwischenzeitlich nach den
Ehefrauen umgeschaut wurde, als wenn sie bei den
Männern schlafen würden. Zur Ehre des Heiligen
wird nicht behauptet, daß dies gleichwohl [so] ge-
schehen sei; doch der Fall wird angeführt, damit das
Gegenteil von dem, was in der Legende vorgelegt
wird, für nicht unmöglich gehalten werde.
In ähnlicher Weise kann man auf alle beliebigen
anderen Einwände antworten, weil, so wie man findet,
daß einige nur in der Einbildung [getragen worden
seien], man ebenso in den Schriften der Gelehrten fin-
det, daß viele auch körperlich getragen worden seien.
Wem es gefällt, Thomas Brabantinus in seinem
Buch de apibus einzusehen, wird sowohl über die
eingebildete als auch über die körperliche Ausfahrt
von Menschen Wundersames finden.

Hexen
4.226 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 396

[II/1,4] Über die Weise, wie sie sich den


Inkubus-Dämonen unterwerfen. Kapitel 4

Bezüglich der Weise, wie sich die Hexen den Dämo-


nen [fleischlich] unterwerfen, sind sechserlei Dinge zu
betrachten: Erstens bezüglich des Dämons und des
von ihm angenommenen Körpers, aus welchem Ele-
ment er gebildet sei? Zweitens bezüglich des Aktes,
ob er immer mit Ergießung des von einem anderen
empfangenen Samens [geschehe]? Drittens bezüglich
der Zeit und des Ortes. Ob es mehr zu der einen oder
anderen Zeit geschehe? Viertens, ob er [der Dämon]
bezüglich der Frau sichtbar handelt und ob nur dieje-
nigen, die aus solchen Schändlichkeiten abstammen,
von den Dämonen heimgesucht werden? Fünftens, ob
jene, die von den Hebammen zur Zeit der Geburt den
Dämonen preisgegeben werden, [von den Dämonen
heimgesucht werden]? Sechstens, ob der fleischliche
Genuß hierbei geringer oder intensiver sei?
[1.] Zuerst also über den Stoff und die Eigenschaft
des angenommenen Körpers. Es ist zu sagen, daß er
einen luftförmigen Körper annimmt und daß er auf ir-
gendeine Weise irden ist, indem er durch Kondensati-
on die Beschaffenheit von Erde hat, was so erklärt
wird. Weil nämlich die Luft [53va] an sich nicht
formbar ist, außer nach der Form eines anderen Kör-

Hexen
4.227 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 397

pers, in den sie eingeschlossen ist. Weil sie deshalb


auch gar nicht durch ihre Begrenzungen begrenzt
wird, sondern nur durch fremde und ein Teil der Luft
sich an den anderen anschließt, deswegen kann er [der
Dämon] mithin einen luftförmigen Körper nicht ohne
weiteres annehmen. Hinsichtlich dessen aber, daß die
Luft im höchsten Grade vertauschbar und veränderbar
ist, wofür immer ein Zeichen ist, daß Leute, die einen
vom Dämon angenommenen Leib mit dem Schwert
spalten oder zu durchbohren suchten, es nicht konn-
ten, weil die Teile der zertrennten Luft sich sofort von
Neuem vereinigen, deswegen ist es klar, daß die Luft
an sich ein wohl tauglicher Stoff ist. Aber weil sie
nicht geformt werden kann, wenn ihr nicht etwas an-
deres, Irdenes, zugefügt wird, so ist es nötig, daß sich
die Luft auf irgendeine Art verdichtet und so der Be-
schaffenheit von Erde nahekommt, wobei jedoch das
wahre [Wesen] der Luft erhalten bleibt. Und diese
Kondensation können die Dämonen und die gesonder-
ten Seelen durch dichte Dämpfe bewirken, die aus der
Erde aufsteigen, indem sie diese durch ihre örtliche
Bewegung zusammenballen und formen. Sie bleiben
in ihnen nur als Beweger und nicht etwa als prägende
Formgeber, die der Form nach jenem Körper Leben
einflößten – auf diese Weise nämlich fließt [normaler-
weise das Leben] von der Seele in den [mit ihr] ver-
bundenen Körper –, sie [die Dämonen] aber sind in

Hexen
4.228 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 397

den von ihnen angenommenen und gebildeten Kör-


pern wie der Seemann in einem Schiff, das er in Be-
wegung setzt.
Wenn daher gefragt wird, wie der Körper bezüglich
der vom Dämon angenommenen Materie sei, so ist zu
sagen, daß es eines ist, hinsichtlich des Anfanges der
Annahme darüber zu reden, und ein anderes hinsicht-
lich des Endes, weil es am Anfang Luft ist, am Ende
verdichtete Luft, die der Beschaffenheit von Erde na-
hekommt. Dies alles vermögen die Dämonen mit Zu-
lassung Gottes von Natur aus, da eine geistige Natur
höher ist als eine körperliche. Daher hat sie ihm
zwangsläufig zu gehorchen, wenn man an eine örtli-
che Bewegung denkt, nicht aber bezüglich der Annah-
me natürlicher akzidentieller und substanzieller For-
men, außer bei einigen kleinen Geschöpfen; und zwar
mit Hilfe irgendeines anderen Agens, wie oben ange-
sprochen worden ist133. Durch örtliche Bewegung
aber wird keine Form in eine ihr fernstehende [53vb]
versetzt. Daher können sie diese so auf Befehl [nur]
unter Umständen bewegen. Wenn jemand daher bei-
läufig fragen würde, was man davon halten solle,
wenn ein guter oder böser Engel irgendeine Verrich-
tung des Lebens durch wirkliche, natürliche und nicht
luftförmige Körper vollbrächte, wie bei der Eselin
Balaams, aus der ein Engel sprach134, und wenn sich
die Dämonen in besessenen Körpern herumtreiben

Hexen
4.229 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 398

würden, so ist zu sagen, daß jene Körper nicht als an-


genommene, sondern nur als besetzte bezeichnet wer-
den. Man möge die Worte des Doktors einsehen in 2
distin. 8135, ob die Engel Körper annehmen.
Aber wir wollen bei der Hauptsache bleiben.
Die Dämonen sprechen in den angenommenen Kör-
pern mit den Zauberern und Hexen, sie sehen, hören,
essen und zeugen. Wie sind diese Dinge zu verste-
hen? Und das ist der zweite Teil dieses ersten Pro-
blems. Es ist erstens zu sagen, daß zum wirklichen
Sprechen drei Dinge gehören: nämlich eine Lunge
zum Einatmen der Luft, die nicht nur wegen der Stim-
me, sondern auch zur Kühlung des Herzens nötig ist,
weshalb auch die Stummen die Atmung brauchen.
Zweitens ist erforderlich, daß [der Ton] durch den An-
stoß eines Körpers in der Luft gebildet wird, so wie
wenn jemand mit einem Holz an Erz oder eine Glocke
schlägt, [und] einen lauten oder leisen Klang erzeugt.
Denn die Materie, die an sich ertönen kann, wird mit
einem tönenden Instrument angestoßen [und] gibt
einen Ton, je nach der Ausdehnung des Körpers; er
wird in die Luft aufgenommen und vervielfältigt bis
zu den Ohren des Hörers, zu dem ja der Klang, auch
wenn er [der Hörer] weit entfernt ist, über den Raum
hinweg offensichtlich gelangen136 muß. Drittens
wird die Stimme benötigt, und man kann sagen, daß
sie bei unbeseelten Körpern Ton heißt, bei beseelten

Hexen
4.230 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 399

Körpern Stimme. Und hier ist es die Zunge, die die


eingeatmete und wieder ausgestoßene Luft in dem von
Gott gegossenen und natürlich lebenden Instrument
und Gefäß anschlägt, was bei der Glocke nicht so ist.
Darum heißt hier Ton, was dort Stimme heißt. Und
dieser dritte Punkt kann durch den zweiten natürlich
versinnbildlicht werden. Und ich habe es deshalb so
angelegt, damit die Prediger eine Regel haben, es an
das Volk weiterzugeben. Viertens ist es erforderlich,
daß jener, der die Stimme bildet, einen Gedanken
einem anderen durch die Stimme wiedergeben will,
damit er ihn verstehe, organisiert er dazu die Stimme,
d.h., er artikuliert im Mund nacheinander, indem er
mit der Zunge gegen die Zähnen schlägt [54ra] und
beim Schließen und Öffnen der Lippen die im Mund
gepreßte Luft an die Außenluft entläßt, so daß sie [die
Stimme] vervielfältigt nach und nach bis an die Ohren
des Hörenden dringt, der dann die Gedanken des an-
deren erfaßt.
Zur Hauptsache. Den Dämonen fehlen Lunge und
Zunge, doch können sie eine künstliche aufweisen,
nach der Beschaffenheit des Körpers, wie auch Zähne
und Lippen. Daher können sie nicht wirklich und ei-
gentlich sprechen. Aber weil sie Verstand haben,
pressen sie, wenn sie einen Gedanken ausdrücken
wollen, nicht durch Stimmen, sondern durch Töne, die
eine gewisse Ähnlichkeit mit Stimmen haben, nicht

Hexen
4.231 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 399

wie bei den Menschen die eingeatmete und aufgenom-


mene, sondern die in dem [von ihnen] eingenomme-
nen Körper eingeschlossene Luft und schicken sie ar-
tikulierend an die äußere Luft, bis zu den Ohren des
Hörenden. Und daß ohne aufgenommene und durch
nicht eingeatmete Luft etwas ähnliches wie eine Stim-
me entstehen könne, ist bei bestimmten Tieren offen-
kundig, die nicht atmen, von denen man sagt, daß sie
eine Stimme haben und bei bestimmten Instrumenten,
wie der Philosoph in 2 de anima137 sagt. Der He-
ring nämlich gibt, wenn er aus dem Wasser gezogen
wird, plötzlich einen Ton von sich und stirbt.
Dies und das Folgende, doch unter Ausschluß der
Zeugungskraft, läßt sich auf die guten Engel anwen-
den. Wenn jemand das Sprechen der Dämonen in be-
sessenen Körpern eingehender untersuchen will, [wird
er feststellen, daß] sie sich dabei nämlich der körper-
lichen Werkzeuge des wahren Leibes des Besessenen
bedienen. Denn sie schlüpfen in jene hinein, innerhalb
der Grenzen der körperlichen Ausdehnung, nicht in-
nerhalb der Grenzen der Wesenheit, weder des Kör-
pers noch der Seele. Mache [hierzu] eine Unterschei-
dung zwischen Substanz und Quantität oder Akzi-
dens. Aber von diesen Dingen [gehört] nichts zur
Hauptsache. Wem es aber gefällt, möge den heiligen
Thomas in 2 sententiarum138 einsehen.
Folgerichtig ist aber zu sagen, auf welche Weise

Hexen
4.232 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 400

sie sehen und hören: weil es ein doppeltes Sehen gibt,


ein geistiges und ein körperliches, und das erste das
zweite bei weitem übertrifft, einmal, weil es durch-
dringt, dann auch, weil es durch die Entfernung nicht
gehemmt wird, entsprechend der Kraft des Lichtes,
das ihm dient. Deswegen ist zu sagen, daß ein Engel,
sei es ein guter oder ein böser, durch die Augen des
angenommenen Körpers unter keinen Umständen
[54rb] [etwas] sieht, noch ihm etwas Körperliches
dient, wie ihm hingegen beim Sprechen die Luft und
die Erschütterung der Luft zur Erzeugung des Tones
und weiter zur Vervielfältigung bis zu den Ohren des
Hörenden dient. Daher sind ihre Augen nur abgebil-
dete Augen. Sie zeigen sich aber gern den Menschen
in diesen Gestalten, um ihnen durch dergleichen
Werke ihre Eigenschaften, die sie auf natürliche
Weise haben, wie geistig sehen, hören und sprechen,
zu offenbaren. Daher sind auch den heiligen Vätern
oft nach Gottes Gebot und mit seiner Zulassung heili-
ge Engel erschienen. Den bösen Menschen offenbaren
sie sich, damit die Menschen ihre Eigentümlichkeiten
kennenlernen und sich jenen zugesellen, hier bei der
Schuld und anderswo bei den Strafen. Daher sagt
auch Dionisius, cel. Ie. am Ende139: »Aus allen Tei-
len des menschlichen Körpers lehrt der Engel, seine
[des Engels] Eigenschaften zu betrachten.« Damit ist
zu schließen: das körperliche Sehen, da es die Hand-

Hexen
4.233 [II/1,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 400

lung eines lebenden Körpers durch ein körperliches


Organ ist, haben die Dämonen an sich nicht. Deswe-
gen haben sie in den angenommenen Körpern gleich-
sam den Anschein von Gliedern wie auch den An-
schein von Handlungen.
Und auf ähnliche Weise können wir von dessen
[des Dämons] Gehör sprechen, das viel vortrefflicher
als das körperliche ist, weil er [der Dämon] den Ge-
danken des Geistes und die Sprache der Seele genauer
erfassen kann als der Mensch, der den Gedanken des
Geistes nur durch körperliche Worte wiedergegeben
hört. Siehe den heiligen Thomas in 2 senten. di.
8140. Wenn nämlich in der Miene des Menschen sein
geheimer Wille gelesen wird und aus der Regung des
Herzens und durch die Qualität des Pulsschlages von
den Ärzten die Leidenschaften der Seele erkannt wer-
den, um so mehr noch von den Dämonen.
Was aber das Essen betrifft, so müssen wir sagen,
daß er [Thomas] zum vollständigen Verständnis des
Essens vier Dinge nennt: die Zerteilung der Speise im
Mund und die Beförderung in den Körper, die Kraft
des Körpers, der zur Verdauung geeignet ist, viertens,
die Umwandlung der nötigen Nahrung und die Aus-
scheidung des Überflüssigen. Alle Engel führen beim
Essen in den angenommenen Körpern die ersten bei-
den durch, das dritte und vierte können sie nicht, son-
dern anstelle der verteilenden und ausscheidenden

Hexen
4.234 [1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen Hexenhammer, 401

Kraft steht ihm eine andere bei, durch welche die


Speise sofort in den vorliegenden Stoff aufgelöst
wird.
Auch Christus hatte wirkliches Essen in allem, weil
er die nährende und umwandelnde Kraft besaß, aber
er verwandelte es nicht in seinem Körper, weil jene
Kräfte wie auch der Leib verherrlicht waren. Darum
wurde auch die [54va] Speise im Körper sofort aufge-
saugt, wie wenn man Wasser ins Feuer gösse.

[1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen mit den


Inkubus-Dämonen fleischliche Handlungen ausführen
und wie sie durch diese vermehrt werden.

Aber bezüglich der fleischlichen Handlungen, die


hauptsächlich behandelt werden, die sie als Inkubi in
angenommenen Körpern mit den Hexen ausüben,
liegt nach dem Vorausgehenden keinerlei Problem
[mehr] vor, wenn nicht vielleicht [noch] jemand zwei-
felte, ob die gegenwärtigen Hexen [überhaupt] solche
Schandtaten verüben würden und ob sie ihren Ur-
sprung von diesen Schändlichkeiten her genommen
hätten.
Zur Beantwortung dieser beiden Zweifel wollen wir
zum ersten sagen: was auch immer alles von den frü-
heren Zauberern und Hexen vor dem Jahr 1400 der

Hexen
4.235 [1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen Hexenhammer, 402

Fleischwerdung des Herrn141 oder so ungefähr ge-


schehen ist142, ob sie nämlich diesen Schändlichkei-
ten [so] eifrig nachkamen, wie seither die jetzigen
Hexen, das ist unbekannt. Und zwar deshalb, weil die
Geschichte niemals [von solchen] berichtet, was die
Erfahrung jetzt gelehrt hat. Daß es nämlich immer
Zauberer und Hexen gegeben hat und durch ihre
schändlichen Werke den Menschen, dem Vieh und
den Feldfrüchten vielerlei Schäden erwachsen seien
wie auch, daß es Inkubus- und Sukkubus-Dämonen
gegeben hat, kann niemand bezweifeln, der die Ge-
schichte durchgegangen ist, da die Überlieferungen
der Kanones und der heiligen Väter viele Dinge aus
vielen Jahrhunderten von diesen der Nachwelt zurück-
gelassen und überliefert haben, mag auch ein Unter-
schied [darin] bestehen, daß die Inkubus-Dämonen in
den zurückliegenden Zeiten den schwachen Frauen
gegen ihren eigenen Willen nachgestellt haben, wie
Nider in seinem Formicarius143 und Thomas Bra-
bantinus in li. de universali bono sive de api-
bus144 sehr viel berichten.
Mit dieser Position aber, mit der festgestellt wird,
daß die heutigen Hexen mit solchen teuflischen
Schweinereien besudelt seien, stimmt nicht nur unsere
Meinung überein, sondern auch die bewährten Zeug-
nisse der Hexen selbst, die alle jene Dinge glaubhaft
zugegeben haben: daß sie sich nämlich nicht mehr

Hexen
4.236 [1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen Hexenhammer, 403

wie früher unfreiwillig, sondern freiwillig und zum


Vergnügen in einer so scheußlichen Sache der elenden
Knechtschaft unterwerfen. So viele sind nämlich
[54vb] von uns in den verschiedenen Diözesen dem
weltlichen Arm zur Bestrafung überlassen worden.
Besonders in der von Konstanz und in der Stadt Ra-
vensburg sind sie viele Jahre lang diesen Schweinerei-
en nachgegangen, einige zwanzig, andere zwölf, wie-
der andere dreißig Jahre lang; und immer mit ganzer
oder teilweiser Verleugnung des Glaubens. Zeugen
sind eben dort alle Einwohner145. Denn ohne die im
Geheimen Bußfertigen und zum Glauben Zurückge-
kehrten sind in fünf Jahren nicht weniger als 48 dem
Feuer überliefert worden146. Doch wurde jenen nicht
so sehr Glauben geschenkt wie den freiwillig zur
Buße Umgekehrten Glauben geschenkt wurde. Alle
stimmten darin überein, daß sie solcherart Schweine-
reien zur Mehrung dieser Ruchlosigkeit betreiben
mußten. Diese Dinge werden auch gesondert im zwei-
ten Teil des Werkes147 behandelt werden, wo ihre
einzelnen Werke beschrieben werden; abgesehen
davon, was unser Kollege, der Inquisitor von Como,
in der Grafschaft Bormio148 vollbrachte, der im Zeit-
raum eines Jahres, welches 1485 war, 41 Hexen ver-
brennen ließ. Und alle sagten offen, daß sie jenen
teuflischen Schweinereien angehangen hätten149.
Diese Dinge stehen also fest, entweder durch Sehen

Hexen
4.237 [1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen Hexenhammer, 404

oder Hören, aus eigener Erfahrung oder auch durch


die Berichte glaubwürdiger Leute.
Bezüglich des zweiten [Punktes], wo das Problem
besteht, ob die Zauberer von diesen Schweinereien
[ihren] Ausgang genommen hätten, können wir nach
Augustinus sagen, daß es schlechterdings wahr sei,
daß alle abergläubischen Künste von der Verderben
bringenden Gemeinschaft von Menschen und Dämo-
nen [ihren] Ausgang genommen haben. So sagt er
nämlich li. 1 de doc. christiana150, und so wird es
gehalten in 26 q. 2 Illud quid est151: »Alle derarti-
gen Künste eines sowohl nichtigen wie schädlichen
Aberglaubens, aus einer Verderben bringenden Ge-
meinschaft von Menschen und Dämonen und einem
gleichsam ruchlosen und hinterlistigem Freund-
schaftspakt entstanden, sind zu bekämpfen.« Gibt
man darauf acht, so ist es offenbar, daß, wie es ver-
schiedene Gattungen des Aberglaubens oder der ma-
gischen Kunst gibt, auch ihre Gemeinschaften ver-
schieden sind. Und wie die Gattung der Zauberer
unter den vierzehn [Gattungen] jener Kunst die
schlechteste ist, weil sie nicht durch einen stillschwei-
genden, sondern durch einen ausdrücklichen Pakt, ja
mehr noch, weil sie durch Verleugnung des Glaubens
den Dämonen selbst Götzenverehrung darzubringen
haben, deswegen haben sie auch im Verkehr mit
ihnen [55ra] die schlimmste Gemeinschaft, nach den

Hexen
4.238 [1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen Hexenhammer, 405

[Einlassungen der] Frauen, die sich immer an eitlen


Dingen erfreuen. Man sehe ferner, daß nach dem hei-
ligen Thomas in 2 senten. distin. 4 arti. 4152 bei
der Lösung eines Arguments, wo er fragt, ob die auf
diese Weise von solcherart Dämonen Gezeugten stär-
kere Kraft besäßen, als die anderen Menschen, er ant-
wortet, daß dies wahr sei, nicht nur nach dem Text der
Schrift, Gen. 6153: »Diese sind die Helden der Vor-
zeit etc.«, sondern auch aus dem Grunde, daß die Dä-
monen um die Kraft des entnommenen Samens wissen
können; erstens aus der Beschaffenheit dessen, von
dem [er] entnommen wurde; zweitens [kennen sie] die
Frau, die auf die Aufnahme jenes Samens zugeschnit-
ten ist; drittens [kennen sie] die Konstellation, die bei
der körperlichen Ausführung mithilft; und viertens,
wie wir noch nach ihren eigenen Worten hinzufügen
können, [kennen sie] auch die jene auf die Ausführun-
gen zugeschnittene beste Komplexion154 des Ge-
zeugten. Wenn alle diese Dinge so zusammenkom-
men, wird geschlossen, daß solche so Gezeugten stark
sind und einen mächtigen Körper haben.
Soweit zur Hauptsache, wenn gefragt wird, ob die
Zauberer von diesen Schweinereien her [ihren] Ur-
sprung genommen hätten, so sagen wir: Den Ur-
sprung haben sie schlechterdings von der unheilvol-
len, wechselseitigen Gemeinschaft her genommen,
wie aus der ersten Eigenschaft erhellt. Niemand kann

Hexen
4.239 [1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen Hexenhammer, 405

aber nach der zweiten Eigenschaft bestreiten, daß sie


sich durch jene Schweinereien [auch] vermehrt
haben155, da sich die Dämonen nicht um der Lust,
sondern um der Verderbnis willen mit diesen Dingen
abgeben. Es wird also eine solche Abfolge sein, daß
ein Dämon, ein Sukkubus, von einem verbrecheri-
schen Mann Samen entnimmt. Wenn dieser [Dämon]
eigens für jenen Mann abgestellt ist und sich bei der
Hexe nicht zum Inkubus machen will, so übergibt er
den Samen demjenigen Dämon, welcher der Frau oder
der Hexe zugeordnet ist. Und jener wird unter einer
bestimmten Konstellation, die ihm dienlich ist, zum
Inkubus der Hexe werden, so daß ein solcher Gezeug-
ter oder eine [solche] Gezeugte große Macht zur Aus-
führung von Schadenszauber behält.
Und es steht dem nicht entgegen, daß jene, von
denen der Text spricht, nicht Zauberer gewesen sind,
sondern bloß Riesen und berühmte und mächtige
Männer, weil, wie oben gesagt ist, Schadenszauber
nicht unter dem Naturgesetz vollbracht wurde, und
zwar wegen der noch frischen Erinnerung an die
Schöpfung der Welt. Daher konnte Götzendienst kei-
nen Raum haben. Aber als die Bosheit der Menschen
wuchs, fand der Teufel größere Gelegenheit, diese Art
der Schändlichkeit zu säen [55rb]. Aber können auch
jene Worte nicht [nur] zum Besten der Tugend ver-
standen werden, wo jenen zugebilligt wird, es seien

Hexen
4.240 [1.] Wie in den jetzigen Zeiten die Hexen Hexenhammer, 405

berühmte Männer gewesen, [wie] sie genannt wurden.

Hexen
4.241 [2.] Ob der Inkubus-Dämon beim Verkehr mit einer Hexenhammer, 406

[2.] Ob der Inkubus-Dämon beim Verkehr mit einer


Hexe immer einen Samenerguss hat?

Die Antwort darauf lautet: Da er über tausend Arten


und Künste der Schädigung verfügt, da er ja seit sei-
nem Fall versucht, die Einheit der Kirche zu spalten
und das Menschengeschlecht mit allen Mitteln [von
ihr] abzuwenden, 26 q. 2156, deswegen kann über
diese Dinge eine unfehlbare Regel nicht angegeben
werden, sondern [nur] eine näherungsweise Unter-
scheidung, nämlich danach, ob die Hexe alt und un-
fruchtbar ist oder nicht. Wenn so, dann unter allen
Umständen ohne Ergießung des Samens, da er ja
nichts anrichten würde und der Dämon in seinen Wer-
ken, so viel er kann, Überflüssiges vermeidet, wie er
sich auch von Natur aus an die Hexe heranmacht.
Wenn sie nicht unfruchtbar ist, macht er sich dennoch
um der hervorzurufenden Lüsternheit der Hexe willen
an sie heran. Wenn sie aber zur Schwängerung dispo-
niert ist und er dann bequem den von einem Mann
vergossenen Samen haben kann, dann zögert er nicht,
sie mit jenem zur Verderbnis der Nachkommenschaft
heimzusuchen.
Wenn aber jemand fragen sollte, ob er den durch
nächtlichen Erguß entflossenen Samen ebenso sam-
meln könnte wie den durch den fleischlichen Akt aus-

Hexen
4.242 [2.] Ob der Inkubus-Dämon beim Verkehr mit einer Hexenhammer, 406

geschiedenen, so kann dafür ein einsichtiger Grund


gegeben werden, daß es nicht [möglich ist], mag auch
anderen das Gegenteil erscheinen. Denn man merke
wohl, daß die Dämonen, wie vorausgeschickt wurde,
auf die Zeugungskraft des Samens achten. Und eine
solche Kraft wird im Samen mehr durch den fleischli-
chen Akt erzeugt und bewahrt, [während] der Samen
durch die in der Nacht ergossene Pollution ge-
schwächt wird, da er nur aus den überflüssigen Säften
und nicht mit so großer Zeugungskraft ausgeschieden
wird. Daher glaubt man, daß er [der Dämon] sich des-
sen weniger zur Zeugung von Nachkommenschaft be-
dient, außer wenn er merken würde, daß jene Kraft
dem Samen [noch] innewohnen würde. Aber auch
dies können wir nicht gänzlich leugnen, daß wenn
eine verheiratete Hexe durch den Ehemann [55va] ge-
schwängert ist, der Inkubus-Dämon auch durch Ver-
mischung mit anderem Samen das Empfangene infi-
zieren kann.

Hexen
4.243 [3.] Ob er [der Inkubus] lieber zu der einen als zu Hexenhammer, 407

[3.] Ob er [der Inkubus] lieber zu der einen als zu der


anderen Zeit [wirke] und in vergleichbarer Weise
bezüglich des Ortes?

Auf jene [Frage], ob er [der Dämon] Zeiten und Orte


beachte, muß man sagen, daß er außer der Beachtung
der Zeiten bezüglich der Konstellationen, die er be-
achtet, wenn er die Verderbnis des Empfangenen her-
vorruft, auch bestimmte Zeiten einhält, wenn er nicht
um der Schändung willen, sondern um bei der Hexe
fleischliche Lust zu erregen, handelt. Und es sind dies
die heiligeren Zeiten des ganzen Jahres, wie die Ge-
burt Christi, Ostern, Pfingsten und die anderen Festta-
ge. Und dies tun sie aus einem dreifachen Grund. Er-
stens, damit die Zauberer auf diese Weise nicht nur
durch die Apostasie vom Glauben157 treulos seien,
sondern auch das Laster der Gotteslästerung begehen.
Daran ergötzen sich die Dämonen, damit der Schöpfer
noch mehr verhöhnt werde und die Zauberer noch
ärger an ihren Seelen verdammt werden. Der zweite
Grund [ist], daß Gott, wenn er auf diese Weise beson-
ders schwer verhöhnt wird, ihnen größere Macht
überläßt, gegen die Menschen zu wüten und jene,
seien es auch Unschuldige, an Gütern wie Körpern
heimzusuchen. Denn wenn es heißt: »Ein Sohn soll
nicht für die Unbill des Vaters büßen etc.«158, so ist

Hexen
4.244 [3.] Ob er [der Inkubus] lieber zu der einen als zu Hexenhammer, 408

dies von der ewigen Strafe her zu verstehen. Mit der


irdischen [Strafe] aber werden sehr oft Unschuldige
wegen der Taten anderer Leute mit Pein gestraft.
Daher ruft auch Gott an anderer Stelle: »Ich bin ein
starker Gott, der als Eifernder die Missetaten der El-
tern im dritten und vierten Glied ahndet.« Eine solche
Strafe zeigt sich auch an den Söhnen der Sodomiter,
die wegen der Verbrechen der Eltern ertranken159.
Der dritte Grund ist, daß sie bei größerer Gelegen-
heit mehr zu Fall bringen, besonders junge Mädchen,
die, wenn sie sich an Festtagen stärker der Muße und
Neugier hingeben, um so leichter von den Hexenvet-
teln verführt werden, wie es sich in der Heimat des
einen von uns beiden Inquisitoren160, denn zwei sind
wir, die dieses Werk zusammenstellen, zutrug. Denn
ein junges Mädchen, und zwar eine fromme Jungfrau,
wurde an einem Festtag von einer alten Frau aufgefor-
dert, mit ihr die Treppe hinauf in eine Kammer zu
gehen, weil sich dort bestimmte, sehr schöne Jünglin-
ge eingeschlossen befänden. Und als jene zusagte,
stiegen sie zusammen hinauf. Die alte Frau ging
voran und wies das junge Mädchen an, sich nicht mit
dem Zeichen des Kreuzes zu schützen. Wenn jene
auch zugestimmt hatte, so schützte sie sich doch
heimlich mit jenem Zeichen. Daher geschah es,
[55vb], daß, als sie hinaufgestiegen waren, die Jung-
frau niemanden erblickte, weil die dort anwesenden

Hexen
4.245 [3.] Ob er [der Inkubus] lieber zu der einen als zu Hexenhammer, 409

Dämonen ihre Anwesenheit jener Jungfrau in den an-


genommenen Körpern nicht zeigen konnten. Da
sprach die alte Frau fluchend zur Jungfrau: »Geh in
aller Teufel Namen, warum hast du dich bekreuzigt?«
Dies habe ich aus dem offenen Geständnis dieser
Jungfrau erfahren161.
Es kann auch als vierter Grund angeführt werden,
daß sie so Menschen leichter verführten. Denn solan-
ge sie denken, solches sei ihnen von Gott zu heilige-
ren Zeiten erlaubt, mögen sie nicht glauben, jenes sei
so schwerwiegend, wie wenn sie es in jenen Zeiten
nicht vollbringen könnten.
Bezüglich des Ortes aber, ob sie derlei mehr an be-
stimmten Orten ausüben, ist zu sagen, daß es nach
den Worten und den Taten der Hexen feststeht, daß
sie jene Schändlichkeiten an heiligen Orten überhaupt
nicht ausüben können. An dieser Tatsache kann man
die Wirksamkeit des Engelschutzes wegen der Erha-
benheit jenes Ortes ermessen. Und mehr noch, sie be-
haupten, sie hätten, außer zur Zeit des Gottesdienstes,
wenn sie in der Kirche anwesend waren, niemals
Ruhe. Und deswegen gehen sie schnell hinein und
langsam hinaus, mögen sie auch sonst nach der Unter-
weisung durch die Dämonen bestimmte, sehr schlim-
me Zeremonien zu beachten haben, wie nämlich zur
Zeit der Erhebung [des Leibes Christi] auf die Erde zu
spucken oder ganz gottlose Gedanken durch Worte

Hexen
4.246 [3.] Ob er [der Inkubus] lieber zu der einen als zu Hexenhammer, 409

oder auch ohne Worte vorzubringen, wie: »Wenn du


doch hoffentlich an diesem oder jenem Ort wärst!«,
wie es im zweiten Teil162 noch behandelt werden
soll.

Hexen
4.247 [4.] Ob sie [die Inkubi und Sukkubi] wie für die Hexenhammer, 409

[4.] Ob sie [die Inkubi und Sukkubi] wie für die Hexe
so auch für die Umstehenden sichtbar miteinander
verkehren?

Auf jene [Frage], ob sie sichtbar oder unsichtbar sol-


cherart Schändlichkeiten miteinander treiben, ist zu
sagen, daß, so viel uns die Erfahrung gelehrt hat –
mag auch der Inkubus-Dämon für die Hexe immer
sichtbar handeln und es wegen des ausdrücklich mit
ihm geschlossenen Paktes nicht nötig haben, sich un-
sichtbar zu nähern –, bezüglich der Umstehenden den-
noch [zu sagen] ist, daß oft auf den Feldern oder in
den Wäldern Hexen auf dem Rücken liegend gesehen
werden, [bis] oberhalb des Nabels entblößt und die
gemäß der Eigenart jener Schweinerei sich mit den
zugehörigen Gliedmaßen, den Schienbeinen und den
Schenkel, heftig bewegten, [56ra] während die dämo-
nischen Inkubi sich eben dort unsichtbar für die Um-
stehenden betätigten, mochte sich auch am Ende des
Aktes ein schwarzer Rauch in der Länge eines Man-
nes von der Hexe aufwärts in die Luft erhoben haben;
aber dies [ist] sehr selten. Und weshalb jener Tau-
sendkünstler gewußt hat, daß er die Sinne von anwe-
senden jungen Mädchen oder von anderen Menschen
entweder verlocken oder verändern könne, über diese
Vorfälle und wie derartiges an vielen Orten geschieht,

Hexen
4.248 [4.] Ob sie [die Inkubi und Sukkubi] wie für die Hexenhammer, 410

in der Stadt Ravensburg163, in der Herrschaft der


Edlen von Rappoltstein164 und in bestimmten ande-
ren Ländern, werden im zweiten Teil Ausführungen
gemacht.
Aber es hat sich auch bisweilen sichtbar vor den
Augen der Ehemänner ereignet, die diese jedoch nicht
für Dämonen, sondern für Männer hielten, daß Inkubi
mit ihren Ehefrauen solche Dinge verübt haben. Und
während sie nach den Waffen griffen und [sie] durch-
bohren wollten, verschwand der Dämon, indem er
sich unsichtbar machte. Daher tadelten auch die Frau-
en, die manchmal selbst verwundet wurden, wenn sie
die Hände oder die Arme ausstreckten, die Männer,
ob sie denn keine Augen hätten oder ob sie von Dä-
monen besessen seien.

Hexen
4.249 [5.] Ob die Inkubus-Dämonen nicht nur Frauen Hexenhammer, 411

[5.] Ob die Inkubus-Dämonen nicht nur Frauen, die


aus ihren Schweinereien entstanden oder ihnen von
den Hebammen übergeben worden sind, anfallen,
sondern alle ohne Unterschied, [und ob] die
Fleischeslust grösser oder geringer [dabei sei]?

Am Ende kann zusammenfassend gesagt werden, daß


die Irikubus-Dämonen nicht nur den Frauen nachstel-
len, die aus ihren Schweinereien erwuchsen oder
ihnen von den Hebammen überlassen worden sind,
sondern mit aller Anstrengung nach jedweden, beson-
ders heiligen, Jungfrauen des betreffenden Landes
oder Ortes, lechzen, mit Hilfe der Hexen als Verführe-
rinnen oder Kupplerinnen. Dies hat die Erfahrung, die
Lehrmeisterin der Dinge, gelehrt, wonach in der Stadt
Ravensburg165 einige Verbrannte vor dem Endurteil
desgleichen versicherten, [nämlich] daß ihnen von
ihren Meistern [den Dämonen] ans Herz gelegt wor-
den sei, mit aller Kraft an der Verderbnis züchtiger
Jungfrauen und Witwen zu arbeiten.
Und bezüglich des fleischlichen Genusses, ob er
mit den Inkubus-Dämonen im angenommenen Körper
größer oder kleiner sei als bei gleichbleibenden Be-
dingungen, [d.h.] Männern in einem wahren Körper,
so ist zu sagen [56rb]: Es scheint also, daß, wenn
auch die natürliche Ordnung nicht verhindert, daß er

Hexen
4.250 [5.] Ob die Inkubus-Dämonen nicht nur Frauen Hexenhammer, 411

[der fleischliche Genuß] größer sein dürfte, wenn


Gleiches mit Gleichem schäkert, so scheint doch jener
Tausendkünstler, wenn er das gebotene Aktive mit
dem gebotenen Passiven, wenn nicht in der Natur, so
doch bezüglich der Eigenschaften, in Wärme oder ir-
gendeiner Mischung zusammenfügt, durchaus keine
geringere Begierde zu erwecken. Aber darüber wird
sich im Folgenden166 mehr Klarheit mit Blick auf die
Eigenart des weiblichen Geschlechtes ergeben.

Hexen
4.251 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 412

[II/1,5] Über das allgemeine Vorgehen, wie die


Hexen mit den Sakramenten der Kirche ihre
Schadenszauber ausführen. Und über die Art
und Weise, wie sie gewöhnlich die
Zeugungskraft hemmen oder auch andere
Gebrechen an allen Geschöpfen, die
Himmelskörper ausgenommen, [bewirken].
Kapitel 5

Nun aber ist über die Handlungsweisen, wie sie ande-


re Geschöpfe beiderlei Geschlechts und Feldfrüchte
schädigen, vielerlei zu bemerken: und erstens, wie sie
die Menschen, zweitens wie sie die Tiere und drittens
die Feldfrüchte [schädigen]. Bezüglich des Menschen:
erstens, wie sie durch Schadenszauber die Zeugungs-
kraft oder auch den Geschlechtsakt hemmen, so daß
eine Frau nicht empfangen oder ein Mann den Akt
nicht ausführen kann; zweitens, wie jener Akt biswei-
len bezüglich einer Frau und nicht bezüglich einer an-
deren unterbunden wird; drittens, wie die männlichen
Glieder entfernt werden, so daß sie gleichsam gänz-
lich aus den Körpern herausgerissen scheinen; vier-
tens, wie entschieden werden könnte, falls etwas von
dem Vorgenannten eintreten würde, daß es an sich
durch die Macht des Dämons und nicht durch die
Hexe zugefügt wird; fünftens, wie die Hexen durch

Hexen
4.252 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 412

Blendwerk Menschen beiderlei Geschlechts in Tiere


verwandeln; sechstens, wie die hexenden Hebammen
das Empfangene im Uterus der Mutter auf verschie-
dene Weise vernichten und, wo sie dies nicht tun, die
Kinder den Dämonen übergeben. Und damit man dies
nicht für geradezu unglaublich halte, ist es im ersten
Teil des Werkes167 durch Fragen und durch die Lö-
sung der Argumente entschieden worden. Auf diese
kann der zweifelnde Leser bei Bedarf zurückgreifen,
um die Wahrheit zu ergründen.
Für jetzt sind nur die Taten und Geschehnisse an-
zuführen, die von uns gefunden [56va] oder auch von
anderen bei der Sühnung eines solchen Verbrechens
aufgezeichnet worden sind, damit, falls die früheren
Fragen für jemanden vielleicht schwierig [zu verste-
hen] sind, er aus diesen Ausführungen im zweiten
Teil sich überzeugen lasse und sich von dem Irrtum
abwende zu meinen, es gebe keine Hexen oder es
könnte kein Schadenszauber in der Welt geschehen.
Daher ist erstens zu bemerken, daß, wenn sie die
Menschen auf sechs Arten schädigen können, ohne
die Arten, wie sie die anderen Geschöpfe schädigen,
[dann ist] die erste, wie sie einem Mann durch die
Liebe zu einer Frau oder einer Frau zu einem Mann
das Böse eingeben; die zweite, wie sie in jemandem
Haß oder Neid wachsen lassen; die dritte in denjeni-
gen, die die Behexten genannt werden, so daß sie [die

Hexen
4.253 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 413

Männer] die Zeugungskraft bei der Frau nicht gebrau-


chen können oder umgekehrt die Frauen bei den Män-
nern; oder auch indem sie auf andere Weise eine
Frühgeburt bewirken, wie oben angesprochen worden
ist; die vierte, wie sie den Menschen an irgendeinem
Glied erkranken lassen; die fünfte, wie sie ihnen das
Leben rauben; die sechste, wie sie [sie] um den Ver-
stand bringen. Und [dann] muß man gestehen, daß sie
an Dingen aller Art, ausgenommen den Himmelskör-
pern, wahre Gebrechen und Krankheiten, wenn auch
nicht wahre Genesungen, aus natürlicher Kraft bewir-
ken können, infolge der mächtigen natürlichen und
geistigen Kraft, mit der sie jede körperliche Kraft
übertreffen. Auch stimmt keine Krankheit mit einer
anderen überein oder auch kein natürlicher Defekt,
der keine Krankheit ist. Deswegen also bewirken sie
allerdings auf verschiedene Arten die Krankheiten und
Gebrechen. Darüber wollen wir einiges, soweit nötig,
vorbringen. Damit jedoch der Leser nicht im Unge-
wissen bleibe, warum sie [die Dämonen] an den Him-
melskörpern keine Veränderung vollbringen können,
wollen wir zuerst zeigen, daß es [hierfür] einen dreifa-
chen Grund gibt. Der erste, weil sie über ihnen ste-
hen, auch bezüglich der Richtstätte, der dunklen Luft;
und zwar ist ihnen dieser wegen ihres Amtes zugeteilt
worden. Siehe oben im ersten Teil des Werkes, in der
zweiten Frage über die Inkubi und Sukkubi168. Der

Hexen
4.254 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 413

zweite Grund [ist], daß die Himmelskörper von guten


Engeln bewegt werden. Siehe an vielen Stellen über
die Beweger der Sphären, besonders den heiligen
Thomas [56vb] im ersten Teil q. 110169, wo die
Philosophen mit den Theologen übereinstimmen. Der
dritte Grund [ist] wegen der universalen Lenkung und
des allgemeinen Guten des Universums, das im allge-
meinen geschmälert würde, wenn es den bösen Gei-
stern erlaubt wäre, an den Himmelskörpern Verände-
rungen zu bewirken. Daher sind auch die wunderba-
ren Veränderungen im Alten oder auch im Neuen Te-
stament von Gott durch ihre Beweger oder die guten
Engel ausgeführt worden, wie beim Stillstand der
Sonne bei Josua, beim Rückwärtsgehen [des Schat-
tens auf den Tempelstufen170] bei Ezechias oder bei
der unnatürlichen Finsternis beim Leiden Christi.
Aber danach können sie [die Dämonen] bei allen
[Veränderungen] der Elemente und der elementaren
Ereignisse ihre Schadenszauber mit Zulassung Gottes
und per se, ohne Zauberer oder Hexen und mit Zaube-
rern und Hexen ausführen, und sie hören auch in der
Tat nicht auf, sie zu treiben, wie sich deutlich zeigen
wird.
Zweitens ist zu bemerken, daß sie die Hexen in
allen Arten des Schadenszauberns so viel wie möglich
unterweisen, so daß sie die Werkzeuge ihrer Bosheit
mit Hilfe von Sakramenten oder Sakramentalien der

Hexen
4.255 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 414

Kirche oder durch jedwedes göttliche oder Gott ge-


weihte [Tun], wie sie manchmal eine Zeitlang ein
Wachsbild unter die Decke des Altares stecken oder
auch einen Faden durch das heilige Chrisma ziehen
oder sonst alle geweihten Dinge [mißbrauchen], wie
sie auch an den heiligeren Zeiten des Jahres und be-
sonders um die Ankunft des Herrn und sein Geburts-
fest [Weihnachten] ihren Schadenszauber auszuführen
pflegen; und zwar aus einem dreifachen Grund: er-
stens, damit die Menschen dadurch nicht nur ungläu-
big, sondern auch zu Gotteslästerern werden, indem,
so viel es ihnen möglich ist, die göttlichen Dinge be-
sudelt werden sollen und sie so Gott, ihren Schöpfer,
noch mehr verhöhnen, ihre eigenen Seelen noch tiefer
verdammen und noch viele Leute in die Sünde stürzen
lassen. Zweitens, damit Gott, der so schwer von den
Menschen beleidigt worden ist, dem Dämon größere
Macht lasse, gegen die Menschen zu wüten. So sagt
auch Gregorius171, daß er [Gott] den Bösen biswei-
len nach ihren Wünschen und Bitten in seinem Zorn
[das] zugesteht, was er gnädig den anderen verwei-
gert. Drittens, damit so er [der Dämon] unter der Vor-
täuschung eines scheinbar Guten eine größere Anzahl
naiver Menschen täusche, da sie glauben, daß sie
durch Dinge, die von gottesdienstlichen Gegenständen
berührt worden sind, einen Teil der göttlichen Macht
erlangt haben, wo doch nur um so größere Sünden be-

Hexen
4.256 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 415

gangen worden sind. Es kann bezüglich der heiligeren


Zeiten und des Neujahrstages auch noch ein vierter
Grund hinzugefügt werden [57ra], weil nämlich die
Feiertage mehr durch Todsünden entweiht werden als
durch knechtische Arbeit, nach Augustinus in li. de
10 cordis172. Der Aberglaube jedoch und die Scha-
denszauber als größte knechtische Arbeiten für den
Dämon, [das alles] ist gegen die göttliche Ehrerbie-
tung. Deshalb läßt er, wie gesagt, die Menschen um
so tiefer fallen, und der Schöpfer wird mehr verhöhnt.
Und über den Neujahrstag können wir nach Isidor li.
8 ethi. c. 2173 sagen, daß, wie Janus, nach dem der
Monat Januar benannt ist, der auch mit dem Tag der
Beschneidung beginnt, ein Götzenbild mit zwei Ge-
sichtern war, [von denen] das eine gleichsam das
Ende des vergangenen, das andere den Beginn des zu-
künftigen Jahres symbolisiert; und daß er [gleichsam]
ein Beschützer und Glücksspender des bevorstehen-
den Jahres war. Zu dessen Ehrerbietung, aber mehr
[zu der] des Dämons im Götzenbild führten die Hei-
den verschiedene ausschweifende Tänze auf und
gaben sich gegenseitig Neujahrs- und Scherzgeschen-
ke, führten verschiedene Reigen auf, deckten Tische,
worüber durch den seligen Augustinus an vielen
Stellen und beinahe überall berichtet wird, 26 q. va-
riis174. Und wie nunmehr böse Christen diese lieder-
liche Sitten nachahmen, mögen sie auch bezüglich der

Hexen
4.257 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 415

Ausschweifung auf die Fastenzeiten [Fastnacht] über-


tragen worden sein, wo sie mit Masken und Spielen
und anderen abergläubischen Betätigungen umherlau-
fen, so üben jetzt die Hexen auf solche Überredungen
der Dämonen hin zu deren Gefallen an Neujahr be-
züglich des Gottesdienstes und Kultes, wie auch am
Andreasfest und an Weihnachten ihren Schadenszau-
ber aus.
Und nunmehr im besonderen, wie sie zuerst mittels
der Sakramente, dann, wie sie mittels der Sakramenta-
lien solche Dinge vollbringen, [wozu] wir einiges
kürzlich Geschehene und von uns bei der Inquisition
Gefundene berichten wollen.
Und in der Stadt, die zu nennen nicht zuträglich
ist175, weil das Gebot der Liebe und der Vernunft es
befiehlt und zurät, nahm eine Hexe [bei der Kommu-
nion] den Leib des Herrn [die Hostie], verneigte sich
plötzlich, wie es die verdammte Art der Frauen ist
und führte das Kleid zum Mund. Und sie nahm den
Leib des Herrn [aus dem Mund], wickelte ihn in ein
Stück Lumpen, warf ihn, wie vom Teufel so unterwie-
sen, in einen Topf, in welchem sich eine Kröte be-
fand, und verbarg diesen unter der Erde im Stall nahe
bei der Scheune des Hauses, mit vielen anderen Zuta-
ten, mit denen sie ihren Schadenszauber vollbracht
hätte. [57rb] Aber durch die Liebe Gottes wurde die
so schwerwiegende Tat entdeckt und kam ans Licht.

Hexen
4.258 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 416

Denn am folgenden Tag, als ein Tagelöhner auf dem


Weg zu seiner Arbeit am Stall vorbei ging, hörte er
eine Stimme wie von einem weinenden Kind. Und als
er näher trat, bis er zum Estrichboden, unter dem der
Topf verborgen war, gekommen war, hörte er es um
so deutlicher. Und in der Meinung, ein Kind sei von
einer Frau [dort] vergraben worden, holte er den
Schultheiß oder Ortsvorsteher und erzählte den seiner
Meinung nach von einer Mörderin vollbrachten Her-
gang. Nachdem dieser schnell Knechte geschickt
hatte, erwies sich, daß es so war, wie jener erzählt
hatte. Sie wollten aber das Kind nicht ausgraben, son-
dern nach klugem Ratschluß sollten besser Wächter
aus einiger Entfernung aufpassen, ob eine Frau sich
nähere. Sie wußten ja nicht, daß dort der Leib des
Herrn versteckt lag. Daher geschah es auch, daß die-
selbe Hexe den Ort betrat und unter dem Mantel den
Topf verbarg, was aber die anderen heimlich be-
obachteten. Daher wurde sie gefangen und den [pein-
lichen] Fragen ausgesetzt. Sie gestand die Tat und
sagte aus, der Leib des Herrn sei mit einer Kröte im
Topf verborgen gewesen, damit sie aus diesen Pul-
vern nach Belieben den Menschen und anderen Ge-
schöpfen Schäden zufügen könne.
Ferner ist zu bemerken, daß die Hexen beim
Abendmahl die Gewohnheit haben, falls sie es unbe-
merkt tun können, den Leib des Herrn [die Hostie]

Hexen
4.259 [II/1,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 417

unter der Zunge zu empfangen, und nicht oberhalb,


aus den Gründen, wie man sich denken kann, daß sie
[erstens] niemals ein Mittel gegen die Verleugnung
des Glaubens annehmen wollen, weder durch die
Beichte noch durch den Empfang des Sakraments der
Eucharistie; zweitens, damit desto leichter der Leib
des Herrn aus dem Mund, wie gesagt wurde, zu ihren
Zwecken verwendet werden könne, zur größeren
Schmach für den Schöpfer. Darum wird auch allen
Kirchenoberen und denen, die dem Volk das Abend-
mahl reichen, immer auferlegt, darauf sehr zu achten,
daß die Frauen mit ganz offenem Mund, wohl ausge-
streckter Zunge, mit Entfernung des Tuches, das
Abendmahl empfangen sollen. Und je größere Auf-
merksamkeit darauf verwendet wird, um so mehr
Hexen werden auf diese Weise entlarvt.
Mit den anderen Sakramentalien treiben sie unzäh-
lige abergläubische Dinge. Bisweilen legen sie
Wachsbilder, manchmal auch aromatische Gegenstän-
de unter die Decke des Altares [57va], wie oben er-
wähnt, und verbergen sie unter der Schwelle des Hau-
ses, damit durch das Überschreiten jener, für den es
hingelegt worden ist, behext werde176.
Unzählige Dinge könnten [noch] angeführt werden,
aber die geringeren werden [ja] durch den größeren
Schadenszauber beglaubigt.

Hexen
4.260 [II/1,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 417

[II/1,6] Über die Weise, wie sie die


Zeugungskraft hemmen. Kapitel 6

Über die Weise, wie sie die Zeugungskraft hemmen,


sowohl bei Menschen wie auch beim Vieh, auch bei
beiden Geschlechtern, kann der Leser aus dem, was
oben angesprochen worden ist in der Frage177, ob die
Dämonen durch die Hexen die Sinne der Menschen zu
Liebe oder Haß wandeln können, [sich unterrichten],
wo nach der Lösung der Argumente eine spezielle Er-
klärung gegeben wird über die Art, wie sie mit Zulas-
sung Gottes die Zeugungskraft hemmen können. Hier
ist jedoch zu bemerken, daß eine solche Hemmung
von innen und außen vollzogen wird. Innerlich aber
geschieht es durch sie zweifach: erstens, wenn sie di-
rekt die Versteifung des Gliedes, die zur Befruchtung
nötig ist, unterbinden. Und dies scheint nicht unmög-
lich, da sie ja auch anders die natürliche Bewegung in
einem Glied hemmen können. Zweitens, wenn sie die
Sendung der Energie zu den Gliedern, in denen die
bewegende Kraft ist, verhindern, indem sie gleichsam
die Samenwege versperren, damit er [der Samen]
nicht zu den Gefäßen der Zeugung hinabsteigt oder
nicht abgesondert oder ausgeschickt wird. Äußerlich
bewirken sie es bisweilen durch Bilder oder den
Genuß von Kräutern178, bisweilen auch durch andere

Hexen
4.261 [II/1,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 418

äußerliche Dinge, wie durch die Hoden von Hähnen.


Doch man soll nicht meinen, daß ein Mann durch die
Kraft jener Dinge impotent gemacht würde, sondern
durch die verborgene Kraft der Dämonen, welche der-
artige Hexen vorgaukeln, [daß] sie durch derartige
[Dinge] die Zeugungskraft, nämlich daß ein Mann
nicht verkehren oder eine Frau nicht empfangen kann,
behexen können.
Und der Grund dafür ist, daß Gott bei diesem Akt,
durch den die erste Sünde verbreitet wird, mehr er-
laubt, als bei den anderen menschlichen Handlungen.
So ist es auch bei den Schlangen, die mehr den Be-
schwörungen gehorchen als andere Tiere. Daher ist
auch öfter von uns und anderen Inquisitoren gefunden
worden, daß sie durch Schlangen oder durch die Haut
einer Schlange dergleichen Hinderungen bewirkt
haben. So hat etwa ein gefangener [57vb] Zauberer
gestanden, daß er durch Schadenszauber viele Jahre
hindurch sowohl bei Menschen als auch bei Haustie-
ren, die ein bestimmtes Haus bewohnten, Unfrucht-
barkeit erzeugt hätte. Nider179 berichtet, wie oben
angeführt, daß ein Zauberer mit Namen Stadlin180 in
der Diözese Lausanne181 gefangen worden sei, der
gestanden hat, daß er in einem bestimmten Haus, wo
ein Mann und [seine] Ehefrau zusammen wohnten,
durch seinen Schadenszauber dem Mann in der Ge-
bärmutter der Ehefrau nacheinander sieben Kinder ge-

Hexen
4.262 [II/1,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 419

tötet habe, so daß die Frau viele Jahre hindurch


immer einen Abgang hatte. Ähnliches hatte er in dem-
selben Haus mit allem trächtigen Klein- und Groß-
vieh getan, von dem keines in denselben Jahren ein le-
bendiges Junges warf. Und als der Zauberer gefragt
wurde, wie er solche Dinge vollbracht habe oder wie
er sich dessen schuldig gemacht haben könne, deckte
er die Tat auf, indem er erklärte: »Ich habe unter die
Schwelle des Hauseingangs eine Schlange gelegt.
Wenn diese entfernt wird, wird die Fruchtbarkeit der
Bewohner wiederkehren.« Und wie er vorausgesagt
hatte, so geschah es. Denn wenn auch die Schlange
nicht wieder gefunden wurde, weil sie in Staub ver-
wandelt worden war, so trug man doch die Erde voll-
ständig ab. Und in demselben Jahr wurde der Frau
und allem Vieh die Fruchtbarkeit wiedergegeben.
Etwas anderes trug sich endlich in Richszhofen182
vor wenigen und kaum vier Jahren zu183. Es gab
[dort] eine sehr berüchtigte Hexe, die durch bloße Be-
rührung und zu jeder Stunde zu behexen und eine
Frühgeburt zu bewirken wußte. Als dort die Ehefrau
eines Vornehmen schwanger geworden war und sie zu
ihrer Pflege eine Hebamme zu sich genommen hatte,
war ihr von dieser Hebamme geraten worden, die
Burg nicht zu verlassen und sich besonders vor einem
Gespräch mit jener vorerwähnten Hexe zu hüten.
Doch nach einigen Wochen verließ sie, ohne den Rat-

Hexen
4.263 [II/1,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 419

schlag zu beachten, die Burg, um einige Frauen in


einer Gesellschaft zu besuchen. Als sie dort eine
Weile gesessen hatte, kam die Hexe hinzu und be-
rührte die Herrin wie zur Begrüßung, mit beiden Hän-
den über dem Bauch. Und plötzlich fühlte diese, daß
sich das Kind in schmerzhafter Weise bewegte. Als
sie, darüber erschrocken, nach Hause zurückkehrte
und die Geschichte der Hebamme erzählte, rief diese:
»Wehe, nun hast du dein Kind verloren!« Und wie
vorausgesagt, [58ra] geschah es bei der Geburt. Denn
sie gebar keine vollständige Frühgeburt, sondern all-
mählich bald Stücke des Kopfes, bald der Füße und
Hände. Gewiß eine harte Züchtigung durch die göttli-
che Zulassung, zu seiner Strafe, nämlich des Ehegat-
ten, der solche Hexen bestrafen und die Verbrechen
gegen den Schöpfer hätte rächen sollen. Es war auch
in der Stadt Merspurg184 in der Diözese Konstanz
ein Jüngling so behext worden, daß er keinen fleisch-
lichen Akt mit [Frauen], mit Ausnahme einer einzi-
gen, vollziehen konnte. Auch erzählte er vielen Zuhö-
renden, daß er sich öfter, wenn er sich von derselben
ablenken, andere Gegenden aufsuchen und die Flucht
ergreifen wollte, bisweilen noch zur Nachtzeit aufzu-
stehen und im schnellsten Lauf, gleichsam im Fluge,
bald zu Lande, bald in der Luft, zurückzukehren ent-
schloss185.

Hexen
4.264 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 420

[II/1,7] Über die Weise, wie sie die männlichen


Glieder entfernen. Kapitel 7

Aber auch darüber, daß sie die männlichen Glieder


entfernen, zwar nicht, daß sie in Wirklichkeit die
menschlichen Körper jener [Glieder] berauben, son-
dern daß sie sie durch Blendwerk verbergen, wie oben
in der oben handelten Frage186 erklärt worden ist,
wollen wir einige Geschichten anführen.
In der Stadt Ravensburg187 nämlich verband sich
ein Jüngling mit einem Mädchen, das, weil er es ver-
lassen wollte, das männliche Glied durch Blendwerk
schlechterdings verschwinden ließ, so daß er nichts
sehen oder fassen konnte als den glatten Körper. Dar-
über verängstigt, ging er in einen [Wein-]keller, um
Wein zu kaufen, und nachdem er [dort] eine Weile ge-
blieben war, kam eine Frau hinzu, der er, indem er ihr
den Grund seiner Traurigkeit eröffnete, jede Einzel-
heit erzählte und ihr zeigte, daß es so mit seinem Kör-
per stände. Jene gewitzte [Frau] forschte nach, ob er
nicht irgendeine im Verdacht hätte. Und jener offen-
barte sich, indem er nun die Betreffende benannte und
die Geschichte erzählte. Und jene [erwiderte]: »Du
mußt sie, wenn dir Freundlichkeit nicht hilft, mit Ge-
walt zwingen, um die Heilung zu erlangen.« Der
Jüngling beobachtete darauf in der Abenddämmerung

Hexen
4.265 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 421

den Weg, den die Hexe zu gehen pflegte. Als er sie


erblickte, bat er sie, ihm die Gesundheit des Körper
wiederzugeben. Als sie aber [58rb] versicherte, sie
sei unschuldig und wisse von nichts, stürzte er sich
auf sie, würgte sie, indem er ein Handtuch kräftig um
den Hals zusammenzog und schrie: »Wenn du mir
nicht die Gesundheit wiedergibst, werde ich dich mit
meinen eigenen Händen töten.« Da sagte sie, weil sie
nicht schreien konnte und das schon geschwollene
Gesicht blau wurde: »Laß mich los, und ich werde
dich heilen.« Und als der Jüngling den Knoten oder
die Schlinge gelockert hatte, berührte die Hexe ihn
mit der Hand zwischen den Schenkeln oder am
Schambein und sprach: »Nun hast du, was du be-
gehrst.« Und wie der Jüngling später erzählte, fühlte
er deutlich, bevor er sich [auch] durch Sehen oder
Fühlen vergewisserte, daß ihm das Glied durch die
Berührung der Hexe wiedergegeben worden war.
Ähnliches pflegte ein ehrwürdiger Pater aus dem
Konvent von Speyer188, im Orden berühmt durch die
Ehrbarkeit des Lebens und die Gelehrsamkeit, zu be-
richten: »An einem Tag«, sagte er, »als ich die Anhö-
rung der Beichten vornahm, kam ein Jüngling, und
während er die Beichte sprach versicherte er klagend,
daß er das männliche Glied verloren habe. Ich wun-
derte mich, und weil ich seinen Worten nicht vor-
schnell glauben wollte, weil vom Weisen geurteilt

Hexen
4.266 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 421

wird: ›Leichtfertig ist, wer schnell vertrau‹189, wurde


ich von der Erfahrung durch einen Blick belehrt,
indem ich nichts bemerkte, als der Jüngling die Klei-
der ablegte und die Stelle gezeigt hatte. [Ganz] bei
mir gebrauchte ich den gesunden Verstand und fragte
daher, ob er nicht irgendeine im Verdacht habe, die
ihm einen solchen Schadenszauber angetan hätte. Und
der Jüngling versicherte, er habe eine im Verdacht,
die aber abwesend sei und in Worms wohne. ›Dann
lege ich dir auf, daß du so schnell wie möglich zu ihr
gehen sollst und dich bemühst, sie durch Verspre-
chungen und schmeichelnde Worte nach Kräften zu
erweichen.‹ Das tat er auch. Und nach wenigen Tagen
kehrte er zurück und dankte mir, und er versicherte, er
sei gesund und habe alles zurück erlangt. Und so habe
ich [seinen] Worten geglaubt, vergewisserte mich je-
doch erneut durch eigenen Augenschein.«
Dazu sind einige Dinge zu bemerken, um klarer zu
verstehen, was oben über dasselbe Thema gesagt wor-
den ist. Erstens, daß man auf keinen Fall glauben
darf, daß solche Glieder aus den Körpern gerissen
oder abgetrennt werden, sondern daß sie durch Blend-
werk durch den Dämon verborgen werden, so daß sie
weder gesehen noch berührt werden können. Zwar ist
dieser Punkt durch Autorität und rationale Begrün-
dung [schon] oben berührt worden [58va], da wo
Alexander de Halis190 im zweiten Teil sagt: »Ein

Hexen
4.267 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 422

Trugbild ist im eigentlichen Sinne jene Täuschung


des Dämons, die ihren Grund nicht in der Verände-
rung der Sache, sondern nur seitens des Wahrnehmen-
den hat, der getäuscht wird, sei es bezüglich der inne-
ren, sei es bezüglich der äußeren Sinne.« Doch ist be-
züglich dieser Worte zu bemerken, daß hier zwei äu-
ßere Sinne getäuscht werden, nämlich der Gesichts-
sinn und der Tastsinn, und nicht die inneren, als da
sind: der allgemeine Sinn, Phantasie, Vorstellung,
Meinung und Gedächtnis, mag auch der heilige Tho-
mas nur vier anführen, wie oben erwähnt worden ist,
weil er Phantasie und Einbildung als eines gelten läßt
und mit Recht. Denn es gibt nur einen geringen Un-
terschied zwischen sich [etwas] einzubilden und zu
phantasieren, Thomas im ersten Teil, Frage 79191.
Und diese Sinne werden verändert und nicht allein die
äußeren, weil doch nichts im Wachen oder im Schla-
fen [wirklich] verborgen oder dargestellt wird. Im
Wachen, wenn eine Sache anders erscheint als sie an
sich ist, wie wenn einer jemanden ein Pferd mit dem
Reiter verschlingen sieht, oder daß ein Mensch in ein
Tier verwandelt worden ist oder daß einer meint, daß
er selbst ein Tier sei und mit den Tieren einherziehen
müsse. Dann nämlich werden die äußeren Sinne ge-
täuscht und durch die inneren überwältigt, weil durch
die Macht der Dämonen192 die Sinnesgestalten –
schon lange gespeichert im Vorrat der Sinnesgestal-

Hexen
4.268 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 423

ten, wie es das Gedächtnis ist, nicht jenes verstandes-


mäßige, in dem die Verstandesgestalten bewahrt wer-
den, sondern das Gedächtnis, das die Bewahrerin der
Sinnesgestalten ist, welches auch im hinteren Teil des
Kopfes ist –, bisweilen mit Zulassung Gottes, zum
allgemeinen Sinn der Vorstellung herausgeführt wer-
den. Und so stark werden sie eingeprägt, daß, wie [je-
mand] durch den heftigen Akt, mit dem der Dämon
aus dem Gedächtnis die Gestalt eines Pferdes oder
Tieres heraus führt, sich zwangsläufig ein Pferd oder
ein Tier vorzustellen hat, er genau so zwangsläufig zu
glauben hat, er sehe durch die äußeren Augen nur ein
solches Tier, das doch in Wahrheit kein Tier ist, son-
dern nur aufgrund der heftigen Einwirkung des Dä-
mons durch die Vermittlung jener Vorstellungen so
erscheint.
Und es soll nicht wunderbar erscheinen, daß die
Dämonen [dies] können, da [58vb] auch eine mangel-
hafte Natur dies verrichten kann, wie sich an den Ge-
hirnkranken, den Melancholikern, Verrückten und
Trunkenen zeigt, die nicht unterscheiden können. Und
die Gehirnkranken meinen, sie hätten Wunderdinge
gesehen und sähen Bestien und andere Furchtbare
Dinge, während sich jedoch in Wahrheit nichts tut.
Siehe oben in der Frage193, ob die Hexen die Herzen
der Menschen zu Liebe oder Haß umwandeln können,
wo vieles angemerkt wird.

Hexen
4.269 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 423

Und endlich ist auch der Grund an sich klar. Da


nämlich der Dämon über bestimmte niedere Dinge
eine gewisse Macht hat, ausgenommen nur die Seele,
deswegen kann er daran auch Veränderungen vorneh-
men, wenn Gott es zuläßt, daß etwa Dinge anders er-
scheinen als sie sind. Und zwar geschieht dies, wie
ich gesagt habe, entweder durch Störung oder durch
Täuschung des Sehorgans, so daß eine helle Sache
dunkel erscheint, wie ja auch nach dem Weinen
wegen der angesammelten Flüssigkeiten das Licht an-
ders erscheint als vorher. Oder [es geschieht] durch
Einwirkung auf die Vorstellungskraft durch die Ver-
wandlung der Sinnesgestalten, wie gesagt worden ist;
oder durch die Bewegung verschiedener Säfte, so daß
feurig oder wässrig erscheint, was erdig oder trocken
ist. So bewirken manche, daß alle Leute in einer
Wohnung sieh der Kleider zu entledigen und sieh zu
entblößen haben, weil sie im Wasser zu schwimmen
meinen.
Wenn man aber bezüglich der zuvor erwähnten
Weise fragen würde, ob derartige Täuschungen gute
wie schlechte Menschen ohne Unterschied treffen
könnten, so wie andere körperliche Krankheiten von
Zauberern und Hexen auch an den in der Gnade Le-
benden verursacht werden können, wie das weiter
unten klar werden wird194, so ist dabei in Anlehnung
an die Worte des Cassianus, Colla. 2 abbatis sire-

Hexen
4.270 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 424

ni195, zu sagen, daß es nicht [so ist]. Alle, die so ge-


täuscht werden, werden als in Todsünden Stehende
betrachtet. Er [Cassian] sagt nämlich, wie sich aus
den Worten des Antonius ergibt, der Dämon könne
keineswegs in die Seele oder den Körper irgendeines
[Menschen] eindringen, habe auch keine Macht, sich
ins Innerste einer beliebigen Seele einzudrängen,
wenn er sie nicht zuerst allen heiligen Gedanken ent-
fremdet, wie auch in geistiger Betrachtung entleert
und arm zurückgelassen hat.
Damit stimmt überein, was die Philosophie primo
de consolatione zu Boethius anspricht: »Wir hatten
dir solche Waffen gegeben, die [59ra] dich mit unbe-
zwingbarer Stärke geschützt hätten, wenn du sie nicht
vorher weggeworfen hättest.«
Daher berichtet auch Cassianus eben dort von
zwei heidnischen Zauberern, die, verschieden in der
Bosheit, nach und nach durch ihren Schadenszauber
Dämonen zur Zelle des seligen Antonius schickten,
um ihn durch Versuchungen daraus zu verjagen. Sie
waren von Haß gegen den heiligen Mann ergriffen,
weil täglich eine Menge Volkes zu ihm strömte.
Mochten die Dämonen den Antonius auch mit den
spitzesten Stacheln der Gedanken anfechten, so ver-
scheuchte er sie doch immer dadurch, daß er Stirn und
Brust mit dem eingedrückten Zeichen des Kreuzes
schützte und andauernde Gebetsübungen abhielt.

Hexen
4.271 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 425

Daraus schließen wir, daß alle, die so von den Dä-


monen gepeinigt werden, abgesehen von sonstigen
körperlichen Krankheiten, durchaus der innewohnen-
den göttlichen Gnade entbehren. Daher auch jenes
[Wort] von Tobias 6196: »Wer sich der Lust hingibt,
über den gewinnt auch der Teufel Macht.«
Es stimmt auch damit überein, was oben im ersten
Teil des Werkes197 angesprochen worden ist, bei der
Frage, ob die Hexen bei den Menschen bewirken, daß
sie sich in Tiergestalten verwandeln, wo ein junges
Mädchen nach ihrer und aller, die sie sahen, Meinung
in eine Stute verwandelt worden war, ausgenommen
der heilige Macharius, dessen Sinn der Teufel nicht
hatte täuschen können. Als sie zur Heilung zu ihm ge-
führt worden war und er eine wirkliche Frau und
keine Stute sah, während im Gegenteil alle anderen
bekundeten, daß sie ihnen als Stute erscheine, da be-
freite der Heilige sie und auch die anderen durch seine
Gebete von dieser Täuschung, indem er versicherte,
das sei ihr widerfahren, weil sie nicht Zeit auf die
göttlichen Dinge und auch nicht, wie es sich geziem-
te, auf die Sakramente verwendet habe, nämlich
[nicht] die Beichte und die Eucharistie, wie es sich
gehört, besucht habe. Daher hatte sie ein Jüngling zur
Unzucht verführen wollen und, wenn sie auch tugend-
haft widerstanden habe, so habe doch ein jüdischer
Zauberer, an den sich der Jüngling aus dem Grund ge-

Hexen
4.272 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 425

wandt hatte, daß er das Mädchen behexe, sie in eine


Stute verwandelt.
Alles in allem schließen wir, daß an den Gütern des
Glücks, wie es die irdischen Dinge sind, [z.B.] zeitli-
che Güter, Ruf und körperliche Gesundheit, mag dies
bei den Guten und ihrem Leib auch nur zu [ihrem]
Verdienst und zu [ihrer] Prüfung [der Fall sein], durch
Dämonen und ihre Glieder geschädigt werden kann,
wie es sich am seligen Iob198 zeigte, der an solchen
Dingen vom Dämon [59rb] geschädigt wurde. Sie
[die Dämonen] können ihnen aber, wie sie gegen
ihren Willen zu keiner Sünde durch Schadenszauber
gebracht oder mit Gewalt gezwungen werden können,
mögen sie auch von innen und von außen im Fleisch
versucht werden, keine derartigen eingebildeten Täu-
schungen, weder in aktiver noch in passiver Weise
zufügen. Aktive, wobei die Dämonen ihre Sinne zu
täuschen hätten, wie bei anderen, die nicht in der
[göttlichen] Liebe leben; passive, wobei sie ihnen
durch trügerische Illusion die Glieder wegzunehmen
hätten. Diese beiden Dinge hätte nämlich der Teufel
niemals dem seligen Iob antun können, besonders
[nicht] den passiven Schaden bezüglich des fleischli-
chen Akts, ihm, der so enthaltsam war, daß er sagen
konnte: »Ich habe einen Bund mit meinen Augen ge-
schlossen, damit ich an eine Jungfrau nicht einmal
denke«, geschweige denn an eine fremde Frau, wäh-

Hexen
4.273 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 426

rend doch der Dämon, wie man weiß, über die Sünder
eine große Macht hat, nach den Worten des Evangeli-
ums Lukas 11199: »Solange ein bewaffneter starker
Mann seinen Hof bewacht, ist sein Besitz sicher.«
Wenn jemand wahrlich daraufhin nach den Täu-
schungen am männlichen Glied fragen würde, ob der
Dämon, wenn er einem in der Gnade Stehenden diese
Täuschung nicht schon nicht in passiver Weise berei-
ten kann, er es doch vielleicht in aktiver Weise zu-
stande bringen könne, so daß nämlich der in der
Gnade Stehende an seinem Blick getäuscht werden
würde, weil er das angewachsene Glied sähe, während
aber jener, der es für weggenommen halten würde, es
nicht angewachsen sähe, auch die anderen Umstehen-
den nicht. Wenn das zugegeben wird, scheint es dem
Gesagten zu widersprechen. Man kann sagen, daß
keine so große Kraft in einem aktiven [Schaden] als
in einem passiven Schaden liegt – wobei aktiv ver-
standen wird nicht von dem, wer es aktiv bewirkt hat,
sondern von dem, der den Schaden von außen sieht,
wie an sich einleuchtet. Mag der in der Gnade Stehen-
de auch den Schaden eines anderen sehen können und
der Dämon darin dessen Blick täuschen, so kann der-
selbe Dämon ihm selbst dennoch nicht einen solchen
Schaden in passiver Weise zufügen – nämlich daß er
seines Gliedes beraubt würde –, da er nicht – wie im
entgegengesetzten Fall – der Lust dient, wie der Engel

Hexen
4.274 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 426

zu Tobias sagte: »Über diejenigen, die der Lust frö-


nen, gewinnt der Dämon Macht.«
Was endlich von denjenigen Hexen zu halten ist,
die solche Glieder in bisweilen beträchtlicher Menge,
zwanzig oder dreißig auf einmal, in ein Vogelnest
oder in irgendeinen Schrank einschließen, wo [59va]
sie sich wie Lebewesen bewegen, Hafer oder Futter
essend, wie sie von Vielen gesehen worden sind und
das allgemeine Gerede erzählt, so ist zu sagen, daß
alle diese Dinge durch Teufelswerk und Täuschung
ausgeführt werden. So werden nämlich die Sinne der
Sehenden auf die angegebene Weise getäuscht. Es be-
richtet nämlich einer, daß, als er das Glied verloren
hatte und sich zur Wiedererlangung der Gesundheit
an eine Hexe gewandt hatte, sie dem Kranken befahl,
auf einen Baum zu steigen und ihm erlaubte, sich aus
dem Nest, in dem mehrere Glieder waren, sich das,
was er wollte, zu nehmen. Als jener versuchte, ein
großes zu nehmen, sagte die Hexe: »Du solltest dieses
nicht nehmen«, und fügte hinzu, daß er nach dem
eines Pfarrers gegriffen hätte.
Dies alles geschieht durchaus mittels trügerischer
Illusion durch die Dämonen, auf die angegebenen
Arten, durch Störung des Sehorgans [oder] mittels
Verwandlung der Sinnesgestalten in der Vorstellungs-
kraft. Es ist nämlich nicht nötig anzunehmen, daß Dä-
monen in den angenommenen Gliedern sind, indem

Hexen
4.275 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 427

man darauf hinweist, wie sie in angenommenen Kör-


pern aus der Luft den Zauberern und Hexen und bis-
weilen den Menschen zu erscheinen und mit ihnen zu
reden pflegen. Der Grund ist, daß sie auf leichtere
Weise diese Dinge tun können, nämlich durch eine
örtliche innere Bewegung der Sinnesgestalten aus
dem Aufbewahrungsort oder der Gedächtniskraft zur
Vorstellungskraft hin. Nun könnte jemand sagen, daß
sie es auf vergleichbare Weise auch tun könnten,
wenn sie, wie behauptet, in angenommenen Körpern
mit Zauberern und Hexen oder anderen Menschen
sprechen. Denn sie würden solche Erscheinungen
durch eine Verwandlung der Sinnesgestalten in der
Vorstellungskraft bewirken, so daß, während die
Menschen meinten, die Dämonen seien in angenom-
menen Körpern anwesend, es nur solche Verwandlun-
gen der Sinnesgestalten in den inneren Kräften wären.
So ist zu sagen, daß, wenn der Dämon weiter nichts
zeigen wollte als nur die Vorstellung einer menschli-
chen Figur, dann hätte er es schlechterdings nicht
nötig, in einem angenommenen Körper zu erscheinen,
da er das hinreichend durch die genannten Verwand-
lungen bewirken könnte. Nun aber, weil er mehr aus-
zuführen hat, nämlich zu sprechen, zu essen [59vb]
und auf andere Schändlichkeiten zu sinnen, deshalb
muß er auch selbst zugegen sein, indem er sich von
außen wirklich in einem angenommenen Körper zeigt,

Hexen
4.276 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 428

weil nach den Gelehrten die Kraft des Engels dort ist,
wo er wirkt.
In der Frage aber, wo gefragt wird, was sei, wenn
ein Dämon durch sich, ohne Hexe, einem das männli-
che Glied wegnähme, ob dann zwischen der einen
oder der anderen Wegnahme ein Unterschied bestehe,
kann außer dem, was im ersten Teil des Traktates200
angesprochen wird, in der Frage, ob die Hexen die
männlichen Glieder entfernen können, gesagt werden,
daß, wenn ein Dämon von sich aus ein Glied wegnäh-
me, er es denn wahrhaft und wirklich entfernen
würde. Und er würde es wahrhaft und wirklich wieder
anbringen, wenn er es wieder anzubringen hätte.
Ebenso zweitens, wie nicht ohne Verletzung, so könn-
te er es auch nicht ohne Schmerz entfernen. Drittens,
daß er dies niemals täte, außer von einem guten Engel
gezwungen, weil er ein Werkzeug seines Vorteils ab-
zuschneiden hätte. Er weiß nämlich mehr Schadens-
zauber an jenem Akt auszuüben als an anderen
menschlichen Akten, wie es auch Gott mehr zuläßt,
diese als andere menschliche Akten zu behexen, wie
oben angesprochen worden ist. Und diese Besonder-
heiten haben keinen Raum, wenn er mit Zulassung
Gottes durch die Hexen handelt.
Und wenn gezweifelt wird, ob der Dämon die Men-
schen und Geschöpfe mehr von sich aus selbst zu
schädigen sucht als durch die Hexen, so kann gesagt

Hexen
4.277 [II/1,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 428

werden, daß es unvergleichlich ist. Unendlich mehr


nämlich sucht er durch die Hexen zu schädigen, ein-
mal, weil er Gott durch Inanspruchnahme einer ihm
[dem Teufel] ergebenen Kreatur größere Schmach be-
reitet; zweitens, weil, wenn Gott mehr geschädigt
wird, ihm mehr Macht, die Menschen zu schädigen,
eingeräumt wird; drittens um seines Vorteils willen,
der in der Vernichtung der Seelen gründet.

Hexen
4.278 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 429

[II/1,8] Über die Weise, wie sie Menschen in


Tiergestalten verwandeln. Kapitel 8

Zwar ist der Fall, daß die Hexen durch die Macht der
Dämonen, die solches hauptsächlich bewirkt, Men-
schen in Tiergestalten verwandeln, im ersten Teil des
Werkes in der Frage201, ob [60ra] die Hexen solches
bewirken können, genügend erklärt worden. Dennoch
könnte einigen jene Frage in ihren Argumenten und
Lösungen zu dunkel erscheinen, besonders, da keine
Taten oder Geschehnisse darüber berichtet werden
[und] auch die Weise, wie sie sich selbst verwandeln,
nicht ausgeführt worden ist. Daher ist folgende Erklä-
rung hinzuzufügen zwecks Lösung der meisten Zwei-
fel.
Und erstens, daß jener Kanon 26 q. 5 Episco-
pi202 nicht so ausschließlich bezüglich dieses Stoffes
zu verstehen ist, wie denn auch viele Gelehrte, wenn
es doch nur Wohlgelehrte [wären], sich täuschen las-
sen. Und diese scheuen sich nicht, öffentlich in ihren
Predigten zu versichern, daß solche trügerischen Ver-
wandlungen auf keine Weise, auch nicht durch die
Macht der Dämonen, geschehen könnten; und dies
schlechterdings zum großen Schaden für den Glau-
ben, wie oft erwähnt worden ist, und zur Stärkung der
Hexen, die sich sehr über solche Reden freuen. Das

Hexen
4.279 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 429

geschieht aber bei solcherart Predigern deswegen,


weil sie, wie oben gesagt wurde, an der Oberfläche
und nicht am Kern der Worte des Kanons werkeln.
Wenn er [der Kanon] nämlich sagt: »Wer auch immer
glaubt, es könne geschehen, daß irgendeine Kreatur
entweder in einen besseren oder schlechteren [Zu-
stand] umgestaltet oder in eine andere Gestalt oder ein
anderes Abbild verwandelt werde, außer vom Schöp-
fer allein, der alles gemacht hat, der ist ohne Zweifel
ungläubig«, so möge hier der fromme Leser auf zwei
Hauptpunkte achten: erstens auf das Wort »fieri«,
zweitens auf die Worte »in ein anderes Abbild ver-
wandelt werden«. Bezüglich des ersten sei er sicher,
daß »fieri« zweifach verstanden wird, nämlich als
»geschaffen werden« und als »natürliche Bewirkung
einer Sache«. In der ersten Weise kommt es bekannt-
lich allein Gott zu, der durch seine unbegrenzte Macht
etwas aus dem Nichts schaffen kann. Bezüglich der
zweiten Art ist zwischen den Geschöpfen zu unter-
scheiden, weil es entweder vollkommene Geschöpfe
sind, wie Menschen, Esel etc., oder es sind unvoll-
kommene, wie Schlangen, Frösche, Mäuse etc., die
deshalb unvollkommen heißen, weil sie auch durch
Fäulnis entstehen können. Es dürfte nämlich der
Kanon immer von den ersten sprechen, nicht von den
zweiten, was dadurch verdeutlicht werden kann, daß
Albertus im Buch de animalibus203, wo er fragt:

Hexen
4.280 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 430

»Ob die Dämonen wirkliche Tiere machen könnten«


[60rb], antwortet, daß es so sei, aber dies bezüglich
unvollkommener Tiere, auch mit dem Unterschied,
daß er nicht wie Gott augenblicklich handelt, sondern
durch eine, wenn auch plötzliche, Bewegung, wie sich
an den Zauberern und Hexen Exo. 7204 zeigt. Wenn
es gefällt, der sehe die Dinge nach, die in der erwähn-
ten Frage angesprochen werden, im ersten Teil des
Werkes und in der Lösung des ersten Arguments205.
Bezüglich des zweiten Punktes, wo gesagt wird,
daß sie nicht irgendeine Kreatur verwandeln können,
sollst du sagen, daß es eine zweifache Verwandlung
gibt: eine substantielle und eine akzidentielle. Und
diese akzidentielle [ist] wiederum zweifach, weil [sie]
entweder durch eine natürliche und der Sache, die
man sieht, anhaftende Form [erscheint] oder durch
eine der Sache, die man sieht, nicht anhaftende Form,
sondern eine den Organen und den Kräften des Sehen-
den selbst anhaftende [Form]. Von den ersten redet
der Kanon und besonders von der formalen oder es-
sentiellen Verwandlung206, wie z.B. eine Substanz in
eine andere verwandelt wird, auf welche Weise es al-
lein Gott bewerkstelligen kann, der als Schöpfer sol-
cher Wesenheiten auftritt. Er redet auch von der zwei-
ten [Art], wenn auch der Dämon jene bewirken kann,
insofern dem Körper durch Krankheiten, die mit gött-
licher Zulassung geschickt worden sind, irgendeine

Hexen
4.281 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 431

akzidentielle Form verliehen wird, wie [z.B.], daß ein


Gesicht aussätzig erscheint oder derartiges.
Aber weil wir nicht eigentlich davon sprechen, son-
dern von der trügerischen Erscheinung, nach welcher
die Dinge in andere Abbilder verwandelt zu sein
scheinen, sagen wir, daß der angeführte Kanon diese
Verwandlungen nicht ausschließen kann, weil sie
durch Autorität, Vernunft und Erfahrung und aus den
Dingen, betreffs sichererer Beweise, die Augustinus
im 18. Buch, Kapitel 17 de civitate207 berichtet,
wobei er jene auch durch verschiedene Untersuchun-
gen erklärt, hergeleitet werden. Denn unter anderen
trügerischen Verwandlungen berichtet er, daß die
überaus berüchtigte Zauberin Kirke die Gefährten des
Odysseus in Tiere verwandelt habe und daß einige
Stallwirtinnen ihre Gäste in Lasttiere verwandelt hät-
ten. Er berichtet auch, daß sie die Gefährten des Dio-
medes in Vögel verwandelt hätten und daß sie noch
lange Zeit später um den Tempel des Diomedes geflo-
gen seien; und daß Praestantius wahrheitsgetreu von
seinem Vater erzählt habe, daß der Vater selbst
[60va] gesagt habe, er sei ein Pferd gewesen und habe
mit anderen Tieren Getreideverpflegung getragen.
Bezüglich des ersten [Falls], nämlich daß die Ge-
fährten des Odysseus in Tiere verwandelt worden
seien, [ist zu sagen], daß hier allein Schein und Täu-
schung der Augen vorlag, so daß jene Tiergestalt aus

Hexen
4.282 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 431

dem Vorratsort oder dem Gedächtnis der Vorstellun-


gen zur Vorstellungskraft hingeführt wurde. Dadurch
wurde eine eingebildete Vorstellung verursacht und
folglich glaubte der, der [sie] sah, durch den starken
Eindruck auf die anderen Kräfte und Organe, Tiere zu
sehen, auf die Weise, wie es oben im vorhergehenden
Kapitel angesprochen worden ist208. Aber wie dies
durch die Kraft des Dämons ohne Verletzung gesche-
hen kann, wird unten deutlich werden.
Über den zweiten [Fall], wo von Stallwirtinnen die
Gäste in Lastvieh verwandelt wurden und desglei-
chen, daß der Vater des Praestantius erzählt, er sei ein
Pferd gewesen und habe Getreide getragen, ist zu be-
merken, daß hier drei Täuschungen geschahen: die
erste, daß jene Menschen durch Blendwerk in Vieh
verwandelt schienen, eine Verwandlung, die auf die
oben angesprochene Weise209 geschah; die zweite,
daß jene Lasten, wo sie die Kräfte der Träger über-
stiegen, die Dämonen unsichtbar trugen; die dritte,
daß jene, die anderen in [Tier-]gestalten verwandelt
erschienen, auch sich selbst als in Tiere verwandelt
vorkamen, wie es dem Nabuchodonosor210 erging,
als sieben Zeitalter über ihn hingegangen waren, so
daß er Heu fraß wie ein Ochse211.
Darüber aber, daß die Gefährten des Diomedes in
Vögel verwandelt und um den Tempel geflogen seien,
ist zu sagen, daß jener Diomedes, weil er im Heer der

Hexen
4.283 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 432

Griechen bei der Belagerung der Stadt Troja gewesen


war, mit den Gefährten im Meer ertrank, als er in die
Heimat zurückkehren wollte. Als ihm deshalb durch
die Einflüsterung eines Idols ein Tempel gebaut wor-
den war, als werde er zu den Göttern gezählt, flogen
die Dämonen zur Bestärkung des Irrtums noch eine
lange Zeit als Vögel an ihrer [der Gefährten] Stelle
umher. Daher war auch noch eine andere Art des
Aberglaubens von den vorher genannten Trugbildern
dabei: daß sie nämlich nicht durch Rückführung212
der Sinnesgestalten in die Vorstellungskraft, sondern
in angenommenen Körpern, als fliegende Vögel
[60vb], sich den Augen der Sehenden darstellten.
Wenn gefragt wird, ob sie auch auf die erwähnte
Weise, durch Rückführung von Sinnesgestalten, die
Betrachter hätten täuschen können, so daß sich die
Dämonen nicht in angenommenen Körpern aus Luft,
als fliegende Vögel, dargestellt hätten, so ist zu
sagen, daß es so ist. Denn es war auch die Meinung
einiger, wie der heilige Thomas in secundo senten-
tiarum di. 8 arti. 2213 erwähnt, daß die Engel, seien
es gute oder böse, niemals Körper annähmen, sondern
daß alles, was man in den Schriften von ihren Er-
scheinungen liest, durch Trugbilder geschähe oder
nach einer eingebildeten Vision. Bei diesen Worten
wird vom heiligen Doktor [Thomas von Aquin] ein
Unterschied zwischen Trugbild und eingebildeter Vi-

Hexen
4.284 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 432

sion angeführt, weil ein Trugbild einen Gegenstand


haben kann, der sich von außen dem körperlichen
Blick darstellt, mag er auch anders scheinen als er ist.
Eingebildetes Sehen aber verlangt dies nicht notwen-
digerweise, daß nämlich ein Gegenstand äußerlich
dargestellt wird, sondern es kann ohne jene äußere
Darstellung, nur durch jene inneren Sinnesgestalten
geschehen, wenn sie zur Vorstellungskraft zurückge-
führt werden.
Daher waren, wenn man der Meinung jener folgt,
die Gefährten des Diomedes nicht durch Dämonen in
angenommenen Gestalten und durch Abbilder von
Vögeln dargestellt, sondern nur durch phantastische
und eingebildete Vision, nämlich durch Rückführung
jener Sinnesgestalten etc. wie oben. Aber weil der hei-
lige Doktor jene Ansicht als einen Irrtum, nicht als
bloße Meinung, zurückweist, wenn auch nicht gerade-
zu als Ketzerei, insofern fromm geglaubt wird, da sol-
che eingebildeten Erscheinungen bisweilen auch von
guten und bösen Engeln vorgenommen worden seien,
ohne angenommene Körper, deswegen sagen die Hei-
ligen, wie er eben dort sagt, daß die Engel auch in
leiblicher Erscheinung aufgetreten seien. Und eine
solche Erscheinung geschieht in angenommenen Kör-
pern. Auch der Text der Heiligen Schrift stimmt mehr
mit solchen körperlichen Erscheinungen überein als
mit eingebildeten oder trügerischen. Deshalb können

Hexen
4.285 [II/1,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 433

wir für jetzt aus diesen Dingen für alle [61ra] Er-
scheinungen, ähnlich jenen der Gefährten des Diome-
des, sagen, daß, wenn jene Gefährten auch durch die
Macht der Dämonen in einer eingebildeten Vision der
Sehenden in der angegebenen Weise hätten gesehen
werden können, daß dennoch eher angenommen wird,
daß sie durch Dämonen in angenommenen Körpern
aus dem Element der Luft, gleichsam als fliegende
Vögel, gesehen worden sind, oder daß andere natürli-
che Vögel, von den Dämonen veranlaßt, jene darge-
stellt hätten.

Hexen
4.286 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 433

[II/1,9] Wie die Dämonen ohne Verletzung in


den Körpern und Köpfen existieren, wenn sie
die trügerischen Verwandlungen vornehmen.
Kapitel 9

Wenn weiter über die Art der trügerischen Verwand-


lung gefragt wird, ob sie [die Dämonen] dann in den
Körpern und Köpfen sind und ob solche als gleich-
sam von den Dämonen Besessene zu erachten seien
und wie es geschehen könne, daß sie ohne Verletzung
der inneren Mächte und Kräfte der einen inneren Po-
tenz zu einer anderen fuhren könnten, und ob eine sol-
che Tat für ein geschehenes Wunder zu halten sei
oder nicht, so muß man erstens bezüglich der trügeri-
schen Illusion unterscheiden, weil, wie gesagt wurde,
jene Täuschung bisweilen über die äußeren, bisweilen
über die inneren Sinne bis zum äußeren Sinn ge-
schieht. Die erste mag geschehen können, ohne daß
die Dämonen in die äußeren [Sinnes]kräfte eindringen
und sie besetzen, sondern nur, indem sie von außen
täuschen, z.B. wenn [ein Dämon] irgendeinen Körper
durch Dazwischenschieben eines anderen Körpers
oder auf irgendeine andere Weise verbergen wollte
oder wenn er [der Dämon] für sich einen Körper an-
nähme und sich dem Blick darbiete. Die zweite [Täu-
schung] jedoch kann nicht geschehen, es sei denn, daß

Hexen
4.287 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 434

er das Haupt selbst und die [Sinnes]kräfte von vorn-


herein besetzt. Und dies wird durch Autorität und
Grund gezeigt. Dem kann nicht entgegen stehen, daß
zwei geschaffene Geister nicht an ein und demselben
Ort sein können und die Seele in einem beliebigen
Teil des Körpers sei. Hierfür gibt es die Autorität des
Damascenus214: »Der Engel ist dort, wo er wirkt.«
[61rb] Der Grund [ist der] des heiligen Thomas se-
cundo sententiarum di. 7 ar. 5215: »Alle guten und
bösen Engel haben durch natürliche Kraft, die durch-
aus vorzüglicher ist als jegliche körperliche [Kraft],
die Macht, unsere Körper zu verwandeln.« Das ist
nicht nur wegen der Vorzüglichkeit und Gediegenheit
[ihrer] Natur einsichtig, sondern auch deshalb, weil
die ganze Maschinerie der Welt216 und die körperli-
che Schöpfung durch Engel verrichtet wird, Gregori-
us 4 dyal.217 In dieser sichtbaren Welt kann nichts
außer durch die unsichtbare Schöpfung eingerichtet
werden. Daher werden auch alle Körper durch Engel
geleitet, wie sie nicht nur von den heiligen doctores,
sondern auch von allen Philosophen als die Beweger
der Sphären bezeichnet werden. Es ist auch dadurch
einsichtig, daß alle menschlichen Körper von Seelen
gelenkt werden, so wie alle anderen Dinge durch
Himmelskörper und durch ihre Beweger. Wem es ge-
fällt, der möge den heiligen Thomas einsehen im er-
sten Teil q. 90, ar. 1218.

Hexen
4.288 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 435

Daraus wird geschlossen, daß die Dämonen, weil


sie dort sind, wo sie auch wirken, sich deshalb, wenn
sie die Phantasien und die inneren Kräfte verwirren,
ebenfalls dort befinden [nämlich im Körper und im
Kopf]. Mag auch in die Seele zu schlüpfen nur jenem
möglich sein, der sie geschaffen hat, so können doch
auch die Dämonen mit Zulassung Gottes in unsere
Körper hineinschlüpfen. Und weil sie dann in den in-
neren Kräften, die den Organen des Körpers anhaften,
Eindrücke hervorbringen können, so werden durch
jene Eindrücke, wie die Organe, so auch die Wirkun-
gen der Kräfte auf die erwähnte Weise verändert: daß
sie in einer mit dem Organ verknüpften Kraft die auf-
gespeicherten Vorstellungen heraus führen können,
wie er [der Dämon] aus dem Gedächtnis, das im hin-
tersten Teil des Kopfes sitzt, die Vorstellung eines
Pferdes durch örtliche Bewegung jenes Wahngebilde
bis zum mittleren Teil des Hauptes hervor führt, wo
die Zelle der Vorstellungskraft sitzt, und folglich end-
lich bis zum allgemeinen Sinn, dessen Sitz im vorde-
ren Teil des Hauptes ist. Und alle [diese] Dinge kön-
nen sie so plötzlich verändern und stören, daß die
Vorstellungen notwendigerweise so einschätzt wer-
den, als wenn sie sich dem äußeren Blick [so] darstel-
len würden. Ein Beispiel zeigt sich deutlich anhand
des natürlichen Defekts bei Gehirnkranken und ande-
ren Verrückten [61va].

Hexen
4.289 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 435

Wenn gefragt wird, wie er [der Dämon] dies ohne


Kopfschmerz bewirken kann, so ist die Antwort
leicht: erstens, weil er nämlich die Organe nicht teilt
noch in der Sache verändert, sondern nur die Erschei-
nungen bewegt; ebenso zweitens, weil er nicht durch
das Einflößen einer aktiven Eigenschaft anders gestal-
tet, woraus notwendigerweise ein Schmerz folgen
würde. Da auch der Dämon an sich jeder körperlichen
Eigenschaft entbehrt, kann er solche Dinge ohne
Schmerz tun; ebenso drittens, weil er, wie gesagt
wurde, die Verwandlungen nur durch eine lokale Be-
wegung, von einem Organ zum anderen und nicht
durch andere Bewegungen bewirkt, aus denen biswei-
len verletzende Änderungen herrühren.
Was ein Problem bereitet, ist also, daß zwei Gei-
ster definitiv nicht am selben Ort sein können. Auch
die Seele sitzt im Haupt: Wie können dann eben dort
Dämonen existieren? Es ist zu sagen, daß der Sitz der
Seele der Mitte des Herzens zugewiesen wird, in dem
sie [die Seele] das Leben allen Gliedern durch Ein-
strömen mitteilt. Und ein Beispiel gibt die Spinne, die
in der Mitte des Netzes eine Berührung von jeder
Seite her spürt.
Weil jedoch das Wort des Augustinus im Buch de
spiritu et anima219 [besagt], sie [die Seele] sei ganz
im Ganzen und ganz in jedem beliebigen Teil des
Körpers, so kann, angenommen, sie sei im Kopf, der

Hexen
4.290 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 436

Dämon noch dort handeln, weil seine Handlung eine


andere ist als die Handlung der Seele, da die Hand-
lung der Seele am Körper geschieht, damit sie gestalte
und das Leben einströmen lasse. Daher befindet sie
sich dort wie die Form in der Materie und nicht wie
an einem Ort. Der Dämon aber befindet sich in die-
sem Teil des Körpers und an diesem Ort, während er
an den Sinnesgestalten verändert und handelt. Weil
daher keine Vermengung der Handlungen unter ihnen
stattfindet, können sie zugleich in demselben Teil des
Körpers sein.
[Wenn man] zu jener [Frage], ob solche Leute
gleichsam als Besessene und Ergriffene, d.h. von den
Dämonen ergriffen, zu erachten seien, eine spezielle
Erklärung haben will, ob es nämlich möglich sei, daß
jemand durch das Werk der Zauberer wie ein vom
Dämon Besessener sei, d.h., daß ein Dämon ihn wirk-
lich und körperlich besitze, dann wird dieser Gegen-
stand speziell im nächsten Kapitel behandelt werden.
Dies hat nämlich auch noch ein spezielles Problem:
ob dies durch das Werk der Zauberer [61vb] bewerk-
stelligt werden kann.
Auf jene [Frage], ob solche Werke der Zauberer
und der Dämonen nach der Art der Wundertaten zu
beurteilen seien, so daß sie für Wundertaten erachtet
werden müssen, ist zu sagen, daß es so ist, insofern
sie außerhalb der uns bekannten Ordnung der Schöp-

Hexen
4.291 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 437

fung durch die Kraft einer uns unbekannten Kreatur


geschehen, mögen sie auch nicht eigentlich Wunder
sein wie jene, die außerhalb der Ordnung der ganzen
Schöpfung geschehen, wie die Wunder Gottes und der
Heiligen. Siehe das, was im ersten Teil des Werkes
unter der fünften Frage220, und zwar bei Zurückwei-
sung des dritten Irrtums angesprochen worden ist.
Darüber hinaus soll noch etwas hinzugefügt werden
wegen der Leute, die bestreiten könnten, daß derartige
Vorgänge als wunderbare Werke angesehen werden
dürfen; sie wollen daraus schlicht Teufelswerk ma-
chen, da ja die Wunder zur Stärkung des Glaubens
geschenkt worden sind und daher einem Gegner des
Glaubens nicht zugestanden werden dürfen. Dann
auch, weil die Zeichen des Antichrist vom Apostel
Lügenzeichen genannt werden.
Aber zum ersten ist zu sagen, daß Wunder zu tun
ein Geschenk der in Gnaden gegebenen Gnade ist.
Wie sie daher durch böse Menschen geschehen kön-
nen, so auch durch böse Geister, bei den Dingen näm-
lich, auf die sich ihre Macht erstrecken kann. Daher
unterscheidet man auch die von Guten vollbrachten
Wunder von jenen, die durch Böse geschehen, wenig-
stens auf dreifache Weise: erstens, nach der Wirksam-
keit der Kraft des Handelnden, weil die durch Gute
vollbrachten Zeichen durch göttliche Macht auch bei
solchen Dingen geschehen, auf welche sich die Kraft

Hexen
4.292 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 437

der aktiven Natur auf keine Weise erstreckt, wie Tote


zu erwecken und desgleichen, was die Dämonen nicht
in Wirklichkeit tun können, sondern bloß durch Trug-
bilder, wie Simon Magus mit dem Toten, dessen
Haupt er bewegte, was nicht lange anhalten kann.
Zweitens nach der Nützlichkeit der Zeichen, weil die
von Guten vollbrachten Zeichen nützliche Dinge be-
treffen, wie bei den Heilungen von Krankheiten und
ähnliches. Die Zeichen aber, die von Hexen vollbracht
worden sind, betreffen schädliche oder nichtige
Dinge, wie daß sie in der Luft fliegen oder die Glieder
der Menschen erstarren lassen und ähnliches. Und
diesen Unterschied bestimmt der selige Petrus im Iti-
nerarium Clementis221. Der dritte Unterschied liegt
in der Zwecksetzung [62ra], weil die Zeichen der
Guten zur Erbauung des Glaubens und der guten Sit-
ten angeordnet werden. Aber die Zeichen der Bösen
sind auf offene Schädigung des Glaubens und der Tu-
gend ausgerichtet. Sie sind auch bezüglich der Aus-
führungsweise unterschiedlich, weil die Guten Wun-
dertaten durch Anrufung des göttlichen Namens
fromm und ehrerbietig vollbringen, die Zauberer und
die Bösen aber durch albernes Geschwätz und Anru-
fungen der Dämonen.
Auch das andere steht dem nicht entgegen, daß
nämlich der Apostel222 die Werke des Teufels und
des Antichrist Lügenzeichen nennt, weil dann jene

Hexen
4.293 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 438

Wunder, die mit göttlicher Zulassung von ihm getan


werden, unter verschiedenen Gesichtspunkten wahr
oder falsch sind. Wahr bei jenen Dingen, die durch
die Macht des Dämons geschehen, auf die sich seine
Kraft zu erstrecken vermag, falsch, wenn er das be-
werkstelligt, worauf sich seine Kraft nicht erstrecken
kann, wie Tote erwecken, Blinde sehend machen; weil
er im ersten Fall, wenn er es tun will entweder in den
Leib des Toten eindringen oder jenen wegschaffen
und sich an dessen Stelle in einem angenommen Kör-
per aus Luft zeigen wird; und so beseitigt er im zwei-
ten Fall durch trügerische Kunst das Gewähnte oder
andere Krankheiten und wird sie plötzlich heilen,
indem er mit der Schädigung aufhört, und nicht durch
die Zurechtrückung der inneren Befindlichkeiten, wie
es in der Legende des Bartholomäus223 aufgezeigt
wird.
Es können auch alle wunderbaren Werke des Anti-
christ und der Hexen Lügenwerke genannt werden, in-
sofern sie nur zur Täuschung geschehen, und dann
wird der Antichrist tätig sein. Dies Thomas di. 7224
über die Kraft der Dämonen beim Handeln.
Hier könnte auch die Unterscheidung der Wunder
angeführt werden, die im Compendium theologice
veritatis225 vorgelegt wird, und zwar zwischen dem
Wunderbaren und dem Wunder. Weil ein Wunder ei-
gentlich viererlei erfordert, nämlich daß es von Gott

Hexen
4.294 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 439

geschehe und daß es außerhalb der Existenz der Natur


sei, gegen deren Ordnung es geschieht, und drittens,
daß es augenfällig sei, und viertens, daß es zur Stär-
kung des Glaubens [diene]. Weil also in den Werken
der Hexen zumindest das erste und das letzte fehlt,
deswegen können sie wunderbare Werke, nicht aber
Wunder genannt werden. Auch aus dem Grund, daß
sie, wenn sie auch gewissermaßen Wunder genannt
werden können, dennoch teils Dinge über [62rb] der
Natur sind, teils gegen die Natur, teils außerhalb der
Natur. Und über der Natur sind jene, bei denen nichts
Ähnliches in der Natur und in deren Macht vor-
kommt, wie daß eine Jungfrau gebäre; gegen die
Natur, daß diese gegen das in der Natur Übliche ge-
schehen, aber im Einklang mit der Natur enden, wie
das Sehendmachen des Blinden. Und außerhalb der
Natur, daß diese in einer Ordnung ähnlich der Natur
geschehen, nicht jedoch nach dem Prinzip der Natur,
wie bei der Verwandlung von Stäben in Schlan-
gen226, was die Natur zeugungshalber [nur] durch
lange Fäulnis hätte tun können. So also werden die
Werke der Magier wunderbar genannt.
Es ist tunlich, ein Geschehen zu berichten und eini-
ge Zeit auf dessen Erklärung zu verwenden: Es gibt
eine Stadt in der Diözese Straßburg, deren Namen zu
verheimlichen die Pflicht der Liebe und des Anstan-
des fordert227. Während in dieser [Stadt] eines Tages

Hexen
4.295 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 439

ein Arbeiter im Haus Brennholz zersägte, kam eine


Katze von nicht geringer Größe, die ihn zu belästigen
trachtete, indem sie ihn ungestüm ansprang, und als er
sie verjagte, siehe da!, eine andere, von [noch] größe-
rer Gestalt griff ihn zusammen mit der ersteren noch
heftiger an. Als er diese wiederum vertreiben wollte,
siehe, da wurden es drei und griffen ihn an, indem sie
bald nach [seinem] Gesicht sprangen, ihn bald durch
Bisse zwischen die Schienbeine zerfleischten. Jener,
erschrocken und, wie er erzählte, niemals von größe-
rer Angst ergriffen, schützte sich mit dem Zeichen des
Kreuzes, ließ seine Arbeit fahren und schlug mit
einem Holzscheit auf die feindseligen Katzen, die
immer wieder bald nach dem Gesicht, bald nach der
Kehle sprangen, ein, der einen auf den Kopf, der an-
deren auf die Füße oder auf den Rücken, bis er sie mit
Müh und Not verjagte. Und siehe, nach einer Stunde,
als er wieder mit seiner Arbeit beschäftigt war, nah-
men ihn zwei Diener des Stadtrates als Missetäter ge-
fangen und wollten ihn vor den Vogt oder zum Rich-
ter führen. Als der Richter ihn von weitem sah, wollte
er ihm kein Gehör schenken. Er befahl, daß er in die
Tiefe eines Turms oder Kerkers geworfen werde, wo
die zum Tode Verurteilten eingesperrt wurden.
Laut heulend klagte er und beschwerte sich drei
Tage lang bei den Wächtern des Kerkers, warum er
solches erleiden müsse, wo er sich doch keines Ver-

Hexen
4.296 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 440

brechens bewußt [62va] sei. Und je mehr die einen


[die Wächter] sich dafür einsetzten, daß ihm eine An-
hörung zu gewähren sei, desto heftiger tobte der Rich-
ter vor Zorn und Schimpf, wie ein solcher Übeltäter
seine Schuld nicht zugeben oder wie er sich unschul-
dig nennen könne, da doch durch die Offensichtlich-
keit des Geschehenen seine Schandtaten erwiesen
seien. Und während diese [die Wächter] [auch] nichts
ausrichteten, so wurde der Richter dennoch durch die
Fürsprache anderer Ratsherren dazu bewogen, ihm
Gehör zu schenken. Er wurde daher aus dem Kerker
herausgeführt, [und] als er vor dem Richter stand und
der ihn nicht einmal anblicken wollte, da fiel der
Arme vor den anderen Umsitzenden auf die Knie und
bat, daß man ihm den Grund seines Unglückes eröff-
ne. Und da brach der Richter in die Worte aus: »Du
abscheulicher Mensch, wie kannst du deine Schandta-
ten nicht einsehen? Siehe, an diesem Tag und zu die-
ser Stunde hast du drei angesehene Frauen dieser
Stadt verwundet, so daß sie in Betten liegen und nicht
aufstehen noch sich bewegen können.« Der Arme, der
wieder zur Besinnung kam und für sich über Tag,
Stunde und Geschehen nachdachte, sagte: »Meiner
Lebtag habe ich nie eine Frau geschlagen oder geprü-
gelt, und daß ich mich an diesem Tag und [zu dieser]
Stunde mit dem Sägen von Holz beschäftigt habe,
werde ich durch gesetzliches Vorbringen von Zeugen

Hexen
4.297 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 440

beweisen. Aber auch Eure Diener haben gesehen, daß


ich in der folgenden Stunde dieser Arbeit nachging.«
Darauf wiederum der Richter voller Zorn: »Seht«,
sagte er, »wie er seine Verbrechen verbergen will! Die
Frauen bejammern die Hiebe, zeigen [die Striemen],
und daß er sie geschlagen habe, bezeugen sie öffent-
lich.« Darauf dachte der Arme noch weiter über den
Ablauf der Dinge nach: »Zu jener Stunde«, sagte er,
»erinnere ich mich, habe ich Tiere geprügelt, nicht
aber Frauen.« Voll Erstaunen wünschen die Umsit-
zenden, daß er sage, welche Tiere er geschlagen habe.
Darauf erzählte er allen, die nicht schlecht staunten,
jene Geschichte, so wie sie oben angegeben worden
ist. Und als sie verstanden, daß es das Werk des Dä-
mons gewesen sei, wurde der Arme von den Fesseln
befreit, und sie verfügten, daß er ledig weggehen und
den Sachverhalt niemandem eröffnen solle. Aber vor
den Glaubenseiferern, die anwesend waren, konnte
das Ereignis nicht verheimlicht werden.
Über dieses Vorgehen ist einiges zu hinterfragen:
[62vb] Ob denn die Dämonen in den so angenomme-
nen Gestalten ohne Anwesenheit der Hexen erschie-
nen sind oder ob deren körperliche Gegenwart durch
die trügerische Kunst in jene Tiergestalten verwandelt
worden sei? Antwortent muß man schließen, daß,
wenn auch beides durch die Macht der Dämonen ge-
schehen kann, doch eher angenommen wird, daß das

Hexen
4.298 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 441

zweite stattgefunden hat. Denn niemand zweifelt, daß


die Dämonen durch örtliche Bewegung, als sie in den
Gestalten von Katzen den Arbeiter angriffen, auch
durch die nach den Katzen geführten Hiebe und
Schläge des Arbeiters den im Haus weilenden Frauen
plötzlich und durch die Luft hätten zufügen können;
und zwar wegen des gegenseitig längst eingegangenen
Vertrages. So wissen sie nämlich auch eine Verlet-
zung oder einen Stich, den sie zufügen wollen, einem
gemalten oder gegossenen Bildnis, sobald sie jeman-
den behexen wollen, [beizubringen], so daß sie nicht
jenes Bild, sondern jenen, den es repräsentieren soll,
nach den auf das Bildnis geführten Stichen verletzen.
Verschiedene Geschichten über diese Art und Weise
könnten angeführt werden.
Es gilt auch der Einwand nicht, wenn jemand ent-
gegenhalten würde, jene so verletzten Frauen seien
vielleicht unschuldig gewesen, weil durch angeführte
Beispiele klar wird, daß auch Unschuldigen Verlet-
zungen widerfahren können, wenn etwa jemand un-
wissentlich durch ein künstliches Bildnis von einer
Hexe verletzt wird. Der Einwand gilt nicht, weil es
eines ist, vom Dämon durch eine Hexe verletzt zu
werden, und ein anderes, vom Dämon selbst ohne
Hexe. Denn der Dämon erhält für sich in Gestalt des
Tieres dann die Schläge, während er sie dann einem
anderen, ihm durch den Pakt Verbundenen, zufügt,

Hexen
4.299 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 442

und wenn er sich mit dessen Zustimmung zu einer


solchen Erscheinung in einer solchen Form und Weise
anbietet. Daher kann er so nur den Schuldigen und
den ihm durch Pakt Verbundenen schaden, aber auf
keinen Fall den Unschuldigen. Wenn die Dämonen
aber durch Hexen schädigen wollen, dann treffen sie
auch oft die Unschuldigen mit Zulassung Gottes zur
Ahndung eines so großen Verbrechens.
Es ist wahr, daß auch die Dämonen bisweilen per
se mit Zulassung Gottes Unschuldige verletzen, und
so schädigten sie ja den allerseligsten Iob. Aber sie
waren nicht dort, und der Teufel bediente sich nicht
solcherart trügerischer Erscheinungen wie in dieser
Geschichte und durch ein solches Phantasiegebilde
[63ra] einer Katze. Dieses Tier ist das den Treulosen
eigentümliche Zeichen, so wie nach der Schrift das
Zeichen der Prediger der Hund ist. Daher stellen sie
stets einander nach. Und der Predigerorden wurde seit
[seinem] ersten Gründer in Gestalt eines gegen die
Ketzereien anbellenden Welpen dargestellt228.
Es wird aber angenommen, daß jene drei Hexen auf
die zweite Weise den Arbeiter angegriffen haben, zum
einen, weil die erste Weise ihnen nicht so sehr gefal-
len hätte, zum anderen, weil die zweite [Weise] mehr
zu ihrer Vorwitzigkeit paßt. Hierbei wurde auch in
drei Punkten folgende Ordnung eingehalten: Erstens,
daß sie auf Betreiben der Dämonen dazu angehalten

Hexen
4.300 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 442

worden waren, und nicht die Dämonen auf Betreiben


der Hexen. So nämlich wurde von uns öfter aus ihren
Geständnissen ermittelt, daß sie auf Drängen der Dä-
monen, die sie fortwährend zur Ausführung böser
Taten anstacheln, vieles zu tun haben, und daß sie
wahrscheinlich nicht so von sich aus daran gedacht
hätten, einen Armen zu belästigen. Der Grund aber,
warum die Dämonen sie dazu anstachelten, war ohne
Zweifel der, daß sie wohl wissen, daß, wenn offen-
kundige Verbrechen ungestraft bleiben, Gott um so
mehr verhöhnt, der rechte Glaube entehrt und ihre ei-
gene Zahl vermehrt wird. Zweitens, nachdem sie ihre
Zustimmung erhalten haben, bewegten die Dämonen
ihre Körper örtlich mit derselben Leichtigkeit, so wie
eine geistige Kraft höher als eine körperliche steht.
Drittens, daß sie [die Frauen], durch trügerische Er-
scheinung in der oben angesprochenen Weise in jene
Tiergestalten verwandelt, den Arbeiter anzugreifen
hatten und nicht vor den Schlägen geschützt wurden,
wobei sie [die Dämonen] diese [die Frauen] mit
der[selben] Leichtigkeit, mit der sie transportiert wor-
den waren, gleichfalls hätten verteidigen können.
Aber sie ließen zu, daß sie geschlagen wurden und
daß der Schläger entdeckt wurde, da sie wußten, daß
jene Schandtaten bei den weibischen Männern, die
keinen Glaubenseifer haben, aus den genannten Grün-
den ungestraft bleiben würden.

Hexen
4.301 [II/1,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 442

Darauf spielt an, was man von einem heiligen


Mann liest, der, als er den Teufel einmal in der Kirche
in der Gestalt eines geweihten Priesters predigend
vorfand und im Geist den Dämon selbst erkannte, auf
seine Worte achtete und zuhörte, ob er das Volk gut
oder schlecht unterrichtete. Und als er bemerkte, daß
er untadelig war und vielmehr ein Tadler der Verbre-
chen [63rb], begab er sich nach Ende der Predigt zu
ihm und fragte ihn nach dem Grund hierfür. Er [der
Dämon] antwortete: »Siehe, ich sage die Wahrheit,
weil ich weiß, daß, da die Hörer nur das Wort hören,
nicht aber es in die Tat umsetzen, Gott mehr verhöhnt
und mein Gewinn vergrößert wird.«

Hexen
4.302 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 443

[II/1,10] Über die Weise, wie die Dämonen den


Menschen bisweilen durch die Handlungen der
Hexen leibhaftig innewohnen. Kapitel 10

Da im vorigen Kapitel angesprochen worden ist, wie


die Dämonen auch die Köpfe der Menschen und ande-
re Körperteile besetzen und betreten und die inneren
Gestalten von Ort zu Ort bewegen können, könnte je-
mand bezweifeln, ob sie von den Menschen auf Drän-
gen der Hexen insgesamt Besitz ergreifen könnten?
Ferner über die verschiedenen Arten der Besessenheit
ohne Drängen der Hexen. Daher ist zur Erklärung die-
ser Dinge dreierlei zu erörtern: Erstens über die ver-
schiedenen Arten der Besessenheit; zweitens, daß die
Dämonen auf Drängen der Hexen sie von ihnen [den
Menschen] mit Zulassung Gottes bisweilen auf alle
jene Arten Besitz ergreifen; drittens sind darauf bezo-
gene Handlungen und Geschehnisse anzuführen.
Bezüglich des ersten Punktes, mit Ausschluß jener
allgemeinen Weise, wie der Teufel mit jeder beliebi-
gen Todsünde dem Menschen innewohnt. Darüber der
heilige Thomas quotlibet-[ic]o 3. q. 3229 unter dem
Zweifel, ob der Teufel immer leibhaftig dem Men-
schen innewohnt, wenn er eine Todsünde begeht? Der
Grund für diesen Zweifel ist, daß, wenn der Heilige
Geist immer dem Menschen in der Gnade innewohnt,

Hexen
4.303 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 444

nach jenem [Wort] 1 Cor. 3230: »Ihr seid der Tempel


Gottes, und der Geist Gottes wohnt in Euch« und der
Gnade die Schuld gegenübersteht, sich hier Gegen-
sätze auf dasselbe beziehen müssen. Dort erklärt er
auch, daß die Besessenheit zweifach verstanden wer-
den kann, entweder bezüglich der Seele oder bezüg-
lich des Körpers. Und auf die erste Weise ist es dem
Teufel nicht möglich, die Seele zu bewohnen, weil
Gott allein in die Seele dringt. Und wiederum ist der
Teufel so nicht die Ursache der Schuld, wie der Heili-
ge Geist [die Ursache] der Gnade ist, die der Heilige
Geist an der Seele per se handelnd bewirkt. Deswegen
gilt die Analogie nicht.
Bezüglich des Körpers können wir sagen, daß der
Teufel auf zweifache Weise dem Menschen innewoh-
nen kann [63va], wie man auch zweierlei Menschen
findet, entweder in der Sünde oder in der Gnade le-
bende. Bezüglich der ersten Weise ist es nötig das zu
sagen, weil infolge jeder beliebigen Todsünde der
Mensch in die Knechtschaft des Teufels gerät, inso-
fern der Teufel bisweilen von außen die Sünde ein-
gibt, sei es über den Sinn, sei es über die Einbildung,
deshalb sagt man, daß er dem Affekt des Menschen
innewohnt, da dieser nach jeder beliebigen Regung
der Versuchung bewegt wird, wie ein Schiff ohne
Steuermann auf dem Meer.
Der Teufel kann dem Menschen aber auch leibhaf-

Hexen
4.304 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 444

tig innewohnen, wie sich bei den Besessenen zeigt.


Und weil sich dies, wie sich herausstellen wird, mehr
auf die Erwägung der Strafe als die der Schuld er-
streckt, und die körperlichen Strafen nicht immer der
Schuld folgen, sondern bald den Sündigen, bald den
nicht Sündigen treffen, deswegen können sie [die Dä-
monen] auch den in oder außerhalb der Gnade Stehen-
den nach der Tiefe der unerforschlichen Ratschlüsse
Gottes leibhaftig innewohnen. Und mag auch diese
Art des Besessenseins nicht zu unserer Untersuchung
gehören, so wird sie doch angeführt, damit es jeman-
dem nicht unmöglich scheine, daß auch die Menschen
mit Zulassung Gottes von den Dämonen auf Drängen
der Hexen bisweilen leibhaftig bewohnt werden231.
Wir können also sagen, daß, wie die Dämonen für
sich ohne Hexen die Menschen auf fünf Arten verlet-
zen und besitzen können, sie das auch auf alle diese
Arten auf Betreiben der Hexen vermögen. Dann näm-
lich wird, wie Gott mehr beleidigt wird, auch dem
Dämon größere Befugnis eingeräumt, durch die
Hexen gegen die Menschen zu wüten. Und diese
Arten sind, abgesehen davon, daß sie sie manchmal
an den zeitlichen Glücksgütern heimsuchen, ober-
flächlicherweise aufgezählt folgende: manchmal ver-
letzen sie die Leute nur an den eigenen Körpern;
manchmal zugleich an Körpern und inneren Kräften;
manchmal versuchen sie sie bloß innen und außen;

Hexen
4.305 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 445

andere berauben sie für einige Zeit der Vernunft; an-


dere machen sie gleichsam zu unvernünftigen Tieren.
Über die Einzelheiten wollen wir [noch] sprechen.
Aber zuvor wollen wir fünf Gründe vorausschicken,
wegen derer Gott erlaubt, daß die Menschen besessen
werden, weil das Thema verlangt, diese Reihenfolge
einzuhalten. Denn [1] manchmal ist jemand besessen
wegen seines [63vb] größeren Verdienstes, [2]
manchmal wegen eines fremden leichten Vergehens,
[3] manchmal wegen seiner eigenen läßlichen Sünde,
[4] manchmal wegen einer schweren fremden Sünde,
[5] manchmal wegen einer eigenen schwerwiegenden
Missetat. Und aus allen diesen Gründen besteht bei
keinem ein Zweifel, daß Gott erlaubt, daß bisweilen
auch auf Drängen der Hexen durch die Dämonen ähn-
liches geschieht. Es ist tunlich, das einzelne aus dem
Schrifttum, nicht jedoch durch neuere Geschehnisse
zu beweisen, da immer das Neue durch das Alte be-
kräftigt wird.
Denn bezüglich des ersten [1] erklärt es sich aus
dem Dialog des Severus232, des liebsten Schülers
des seligen Martin, wo berichtet wird, ein Pater von
heiligstem Lebenswandel sei so mit der Gnade des
Austreibens der Dämonen begabt gewesen, daß diese
nicht bloß von seinen eigenen Worten in die Flucht
geschlagen wurden, sondern auch von den Briefen
und dem härenen Gewand selbigen Paters. Und da der

Hexen
4.306 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 446

Pater vor der Welt sehr berühmt war, fühlte er, daß er
von eitler Ruhmsucht versucht wurde, und, wiewohl
er diesem Laster mannhaft Widerstand leistete, bat er
doch Gott mit aller Inbrunst, damit er noch mehr ge-
demütigt werde, daß er fünf Monate lang von einem
Dämon besessen werde. Dies geschah auch. Denn
man mußte ihn als einen Besessenen sofort fesseln
und bei ihm alles anwenden, was bei Demoniacis233
gebräuchlich ist. Als aber der fünfte Monate zu Ende
war, war er gänzlich von jeder Ruhmsucht und vom
Dämon befreit. Aber daß aus diesem Grund jemand
durch den Schadenszauber eines anderen vom Dämon
besessen gemacht werden könne, so wie es geschehen
sei, [davon] liest man nichts: und so wird [es] vorlie-
gend auch nicht angenommen, mögen auch die Rat-
schlüsse Gottes, wie vorausgeschickt wurde, unbe-
greiflich sein.
Bezüglich aber der zweiten [Weise], daß jemand
infolge eines fremden leichten Vergehens besessen ge-
macht wird, legt der selige Gregorius ein Beispiel
von dem seligen Abt Eleutherius vor, einem ganz
schlichten Mann. Als dieser unweit eines Jungfrauen-
kloster übernachtete, richteten sie [die Jungfrauen] es
ein, daß ohne sein Wissen ein kleiner Junge vor seine
Zelle gelegt werde, der jede Nacht vom Dämon ge-
quält wurde. Aber in derselben Nacht wurde er durch
die Gegenwart des Paters vom Dämon befreit. Als er

Hexen
4.307 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 446

von diesem Vorkommnis erfahren hatte und der


Knabe bereits im Kloster des heiligen Mannes unter-
gebracht worden war, sagte dieser nach Verlauf vieler
Tage zu seinen Mitbrüdern, indem er sich bescheiden
über die Befreiung des Knaben freute: »Der Teufel
hat sich mit jenen Schwestern einen Scherz gemacht.«
Aber als er [der Teufel] zu den Dienern Gottes kam,
da hat er sich nicht erdreistet, diesen Knaben anzu-
greifen [64ra]. Und siehe, sofort begann der Teufel
den Knaben [wieder] zu quälen. Und durch die Trä-
nen und das Fasten des heiligen Mannes und der Mit-
brüder wurde er zwar mit Mühe, aber noch am selben
Tag befreit.
Wenn nun [2] ein Unschuldiger infolge eines frem-
den und leichten Vergehens besessen gemacht wird,
so ist es nicht verwunderlich, wenn manche wegen
einer eigenen läßlichen oder wegen einer schweren
fremden Sünde oder auch wegen einer eigenen Misse-
tat auch auf Drängen der Hexen durch die Dämonen
besessen gemacht werden. Denn auch bezüglich [3]
der eigenen läßlichen Sünde ist das klar nach Cassia-
nus coll. Abba. Sereni prima234, wenn er von
Moses spricht: »Moses«, sagt er, »da er ein einzigar-
tiger und unvergleichlicher Mann war, wurde in der
Wüste wegen der Widerlegung einer Rede, die er, als
er gegen den Abt Macharius, von einer bestimmten
Meinung beeinflußt, disputierte, ein wenig zu streng

Hexen
4.308 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 447

vortrug, sogleich einem grausigen Dämon übergeben,


so daß er, von diesem erfüllt, menschliche Exkremen-
te in seinen Mund nahm. Diese Geißel scheint der
Herr der Läuterung halber über ihn verhängt zu
haben, damit nämlich nicht der Makel eines momenta-
nen Vergehens in ihm zurückbliebe. Das zeigte sich
bei der wunderbaren Heilung. Denn da der Abt Ma-
charius beständig in demütigem Gebet verharrte,
wurde der nichtswürdige Dämon ganz schnell von
ihm in die Flucht geschlagen und entschwand. Dem
ähnlich scheint das, was Gregorius primo dyal.235
von einer Nonne berichtet, die Salat aß, ohne sich
zuvor mit dem Zeichen des Kreuzes zu schützen, und
[von der daraus erfolgten Besessenheit] von dem seli-
gen Pater Equitius befreit wurde.
Auch über die vierte Weise, daß nämlich jemand
wegen einer fremden schweren Sünde besessen ge-
macht werde, berichtet der selige Gregorius eben
dort236 von dem seligen Bischof Fortunatus. Als
dieser den Teufel aus einem besessenen Menschen
vertrieben hatte, begann derselbe Dämon später in der
Gestalt eines Pilgers durch die Straßen der Stadt zu
rufen: »O, dieser heilige Mann, der Bischof Fortuna-
tus! Seht, er hat mich, einen Pilger, aus der Herberge
geworfen, und ich finde [keinen Ort], wo ich ruhen
kann!« Da lud einer, der mit seiner Ehefrau und dem
Sohn dasaß, den Pilger zu sich ins Gästezimmer ein.

Hexen
4.309 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 448

Und während er nach dem Grund des Hinauswurfs


fragte, freute er sich über die Verleumdung des heili-
gen Mannes, die er vom Pilger fälschlich gehört hatte.
Danach aber fuhr der Teufel in den Sohn, warf ihn auf
glühende Kohlen und trieb seine Seele aus. So merkte
der arme Vater erst, wen er in Gastfreundschaft aufge-
nommen hatte. Und bezüglich der fünften [64rb] Ur-
sache, der eigenen Tat, lesen wir gleichermaßen so-
wohl in der Heiligen Schrift als auch in den Leidens-
geschichten der Heiligen. So wurde ja auch 1 Re.
15237 Saul, der Gott nicht gehorchte, besessen ge-
macht.
All diese Dinge sind, wie wir gesagt haben, ange-
sprochen worden, damit es niemandem unmöglich
schiene, daß manche auch wegen der Missetaten der
Hexen, wie auch auf deren Betreiben238 besessen ge-
macht werden könnten. Darunter wollen wir, um die
verschiedenen Formen der Besessenheit verstehen zu
können, bezüglich der zweiten ein Geschehen zum
Besten geben. Nämlich zur Zeit des Papstes Pius
II.239, bevor ihm das Amt des Inquisitors übertragen
worden war, passierte einem der beiden Inquisito-
ren240, die diesen Traktat zusammenstellen, folgen-
der Fall: ein Böhme aus der Stadt Dachow241 hatte
seinen einzigen Sohn, einen Weltpriester, der beses-
sen war, zum Exorzismus nach Rom gebracht242.
Zufällig aber geschah es, als ich, einer von den Inqui-

Hexen
4.310 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 448

sitoren, um zu speisen in eine Herberge eingetreten


war, daß als Tischgenosse derselbe Priester und der
Vater gleichfalls mit mir zusammensaßen. Während
wir zusammen aßen und, wie es bei im Ausland wei-
lenden [Leuten] Brauch ist, uns untereinander unter-
hielten, seufzte der Vater mehrfach und wünschte sich
vom allmächtigen Gott, daß er die Reise mit günsti-
gem Ausgang beenden würde. Indem ich zuinnerst
mitfühlte, begann ich nachzufragen, was denn der
Grund seiner Reise und der Traurigkeit wäre. Darauf
antwortete jener vor den Ohren des Sohnes, der mein
Tischnachbar war: »Ach, ich habe einen vom Dämon
besessenen Sohn, den ich um der Gnade der Befreiung
willen unter großen Mühen und Kosten bis hierher
gebracht habe.« Als ich fragte, wo denn der Sohn sei,
zeigte er auf meinen Tischnachbarn. Ein wenig er-
schrocken betrachtete ich ihn sorgfältig. Da er mit
solchem Anstand die Speise zu sich nahm und auch
auf alle Fragen gebührend antwortete, begann ich im
Geiste zu schwanken und hielt ihm entgegen, er sei
nicht besessen, sondern es sei ihm etwas infolge einer
Krankheit zugestoßen. Da erzählte der Sohn seiner-
seits den Hergang und gab an, wie und zu welcher
Zeit er besessen worden sei. »Eine Frau«, sagte er,
»eine Hexe, hat mir diese Krankheit beigebracht. Als
ich sie nämlich tadelte wegen eines gewissen Ärgers
im [64va] Pfarrhaus und sie hart angefahren hatte,

Hexen
4.311 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 449

weil sie uneinsichtig war, sagte sie, daß ich in weni-


gen Tagen schon sehen würde, was mir zustößt. Und
der Dämon, der in mir wohnt, berichtet dazu, daß ein
Schadenszauber von der Hexe unter einen Baum ge-
legt worden sei. Wenn dieser nicht entfernt werde,
könnte ich nicht befreit werden. Aber er will den
Baum nicht angeben.«
Ich hätte seinen Aussagen nicht den geringsten
Glauben beigemessen, wenn mich nicht sofort die Er-
fahrung belehrt hätte. Denn von mir nach einiger Zeit
befragt, wie er entgegen der gewohnten Weise der Be-
sessenen von großer Verstandesschärfe wäre, antwor-
tete er: »Ich werde des Gebrauches des Verstandes
nur beraubt, wenn ich mich mit göttlichen Dingen be-
fasse oder heilige Ort aufsuchen will. Besonders aber
hat der Dämon in seinen durch mich vorgebrachten
Worten gesagt, daß, wie ich ihm in den Predigten an
das Volk ein bislang großen Mißfallen bereitet hätte,
er mich jetzt auf keinen Fall predigen lassen würde.«
Er war nämlich nach dem Bericht des Vaters ein be-
liebter Prediger und bei allen beliebt. Da ich, der In-
quisitor, aber über die einzelnen Punkte Gewißheit
haben wollte, beschloß ich, ihn fünfzehn Tage lang
und darüber hinaus an die verschiedenen Stätten der
Heiligen zu führen, besonders aber zur Kirche der
heiligen Jungfrau Praxedis243, wo sich ein Teil der
marmornen Säulen befand, an die unser Heiland bei

Hexen
4.312 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 449

seiner Geißelung gebunden war, und an den Ort, an


welchem der Apostel Petrus gekreuzigt worden war.
Während er an diesen Orten exorzisiert wurde, stieß
er [der Dämon] schreckliche Wehklagen aus und ver-
sicherte schon, er wolle ausfahren, aber wenig später
[sagte er, er wolle dies] keineswegs [tun]. Und wie
vorausgeschickt ist, blieb er in allen Gewohnheiten
der gebildete Priester und ohne jedes Anzeichen [von
Besessenheit], außer wenn die Exorzismen unternom-
men wurden. Und nachdem jene beendet worden
waren, sobald ihm die Stola vom Hals genommen
wurde, zeigte er wiederum nicht die geringste unver-
nünftige oder unanständige Bewegung. Davon abge-
sehen beugte er, während er eine kurz Kirche besuch-
te, zur Begrüßung der glorreichen Jungfrau die Knie,
dann streckte der Teufel seine Zunge lang aus dem
Mund heraus, und befragt, ob er sich dessen nicht ent-
halten könne, antwortete er: »Ich vermag das durch-
aus nicht zu tun, denn so gebraucht er alle Glieder
und Organe, Hals, Zunge, Lunge, zum Sprechen oder
Heulen, wie es ihm gefällt. Ich höre [64vb] zwar die
Worte, die er so durch mich und aus meinen Gliedern
heraus spricht, aber zu widersetzen vermag ich mich
durchaus nicht. Und je inniger ich ein Gebet zu spre-
chen wünsche, desto schärfer setzt er mir zu, indem er
die Zunge herausstreckt.«
Und da eine Säule in der Kirche von St. Peter vor-

Hexen
4.313 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 450

handen ist, die man aus dem Tempel Salomons dort-


hin verbracht hat und durch deren Kraft mehrere von
Dämonen Besessene befreit worden sind, weil sich
auch Christus beim Predigen im Tempel an jene ge-
lehnt hatte [so wollte ich jene auch beim Besessenen
anwenden], aber dieser konnte nach Gottes verborge-
nem Ratschluß nicht befreit werden, da er sich eine
andere Weise für seine Befreiung vorgenommen hatte.
Denn wenn er auch den ganzen Tag und die ganze
Nacht an der Säule festgebunden blieb, so rief er doch
schließlich, als am folgenden Tag nach Verlesung
verschiedener Exorzismen über ihn das Volk dabei-
stand und ein großer Auflauf geschah und jener ge-
fragt wurde, an welchem Teil der Säule sich Christus
angelehnt hätte, heulend aus, während er mit den Zäh-
nen in die Säule beißend die Stelle bezeichnete: »Hier
stand er, hier stand er!« Schließlich aber sagte er:
»Ich will nicht ausfahren!« Und als er gefragt wurde,
aus welchem Grund, antwortete er: »Wegen der Lom-
barden244.« Und aufs neue befragt, warum er wegen
der Lombarden nicht ausfahren wolle, da antwortete
er in italienischer Sprache, obwohl der kranke Priester
jenes Idiom nicht verstand, und sagte: Sie alle machen
so und so, wobei er das schlimmste Laster der Aus-
schweifung nannte. Aber danach fragte mich der Prie-
ster und sagte: »Pater, was bedeuten diese italieni-
schen Worte, die er [der Dämon] aus meinem Mund

Hexen
4.314 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 451

hervorgebracht hat?« Als ich es erklärt hatte, antwor-


tete er: »Die Worte habe ich zwar gehört, aber ich
habe sie nicht verstehen können.« Und weil, wie der
Ausgang der Sache bewies, dieser böse Geist von
jener Art war, von der der Heiland im Evangelium
[sagte]: »Diese Art von Dämonen wird nicht ausge-
trieben, außer durch Gebet und Fasten«, deswegen be-
freite ihn schließlich ein ehrwürdiger Bischof, der,
wie es hieß, durch die Türken von [seinem] Sitz ver-
trieben worden war, durch die Gnade Gottes und
schickte ihn in Freuden in die Heimat zurück, indem
er voll frommen Mitgefühls mit ihm die ganze Fasten-
zeit hindurch täglich bei Brot und Wasser sich Fasten
und Gebeten245 und Exorzismen hingab.
Mag auch hierüber, ohne ein Wunder [anzuneh-
men], keiner in diesem Leben eine genügende Erklä-
rung abgeben können, so können wir doch über die
Frage, auf welche und wie viele Arten der Dämon die
Menschen besessen mache oder auch verletze, sagen,
daß es auf fünf Arten [geschieht] [65ra], abgesehen
davon, daß sie bisweilen an den irdischen Glücksgü-
tern schädigen. Denn [1] einige werden nur an den ei-
genen Körpern gequält, [2] andere zugleich am Kör-
per und an den inneren Kräften, [3] andere nur an den
inneren Kräften. [4] Andere werden zu ihrer Züchti-
gung zeitweise nur des Gebrauchs der Vernunft be-
raubt, [5] andere aber werden gleichsam zu unver-

Hexen
4.315 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 451

nünftigen Tieren gemacht. Bezüglich des erwähnten


Priesters wird erklärt, daß er auf die vierte Weise be-
sessen gewesen sei; denn er wurde weder an [seinen]
Glücksgütern noch an seinem eigenen Körper geplagt,
wie es den seligen Iob246 traf, als Gott, wie die
Schrift hierüber offen berichtet, dem Dämon freie
Hand ließ, indem er zu Satan sagte: »Siehe, alles, was
er besitzt, ist in deiner Hand, nur gegen ihn strecke
deine Hand nicht aus«; d.h. [nur] gegen das irdische
Gut. Später aber sagte er, [auch] gegen den Leib
[solle er die Hand ausstrecken]: »Siehe, er ist in dei-
ner Hand, nur seine Seele bewahre«; d.h., nimm nicht
dessen Leben.
Man kann auch sagen, daß [jener Priester] auf die
dritte Weise247, nämlich an den inneren Kräften der
Seele und am Körper zugleich gequält wurde, wenn er
sagte, wie es bei Iob 7248 steht: »Wenn ich zum
Herrn sagte, mein Bett soll mich trösten, und ich
werde erleichtert sein, wenn ich das Leid mit meinem
Lager teile, so wirst du mich durch Träume und Vi-
sionen erschrecken, indem du mir Angst einjagst«, für
die nämlich der Dämon sorgt, nach Nikolaus von
Lyra249 und nach Thomas250. Du wirst mich durch
Träume erschrecken, die dem Schlafenden erscheinen;
und durch Visionen, die dem Wachenden, dem Ge-
brauch der äußeren Sinne Entfremdeten, erscheinen.
Es pflegen nämlich die durch die täglichen Gedanken

Hexen
4.316 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 452

geformten Wahngebilde dem Schrecken der Schlafen-


den zu dienen. Und diese Dinge geschahen bei jenem
infolge der Krankheit des Körpers. Daher sah Iob,
dem so aller Trost genommen war, kein anderes Mit-
tel, so vielen Beklemmungen zu entgehen, als durch
den Tod, »indem du mich mit Schauern schüttelst«,
sagt er.
Daß auf diese Arten auch die Hexen die Menschen
durch Dämonen schädigen können, bezweifelt nie-
mand, wie sich im folgenden zeigen wird: wie sie
durch Hagelschlag an den Glücksgütern und an den
Körpern der Tiere und Menschen Verletzungen bei-
bringen.
Und auch die dritte Weise251 der Schädigung,
[welche] am Körper und an den inneren Kräften ohne
Beraubung des Gebrauches der Vernunft [stattfindet],
ist deutlich aus ihren [65rb] Handlungen, wenn sie,
wie oben angesprochen worden ist252, die Sinne der
Männern so sehr zu unerlaubten Neigungen entflam-
men, daß sie zwangsläufig auch zur Nachtzeit zu
ihren Geliebten über weite Entfernungen zu eilen
haben, da sie im Flechtwerk der fleischlichen Liebe
über Gebühr verstrickt sind.
Es kann angeführt werden, was sich in Hessen253,
in der Stadt Marburg254, mit einem Besessenen,
ebenfalls einem Priester, zugetragen haben soll. Als
der Dämon bei den Exorzismen gefragt wurde, seit

Hexen
4.317 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 453

wie langer Zeit er dem Priester innegewohnt hätte,


soll er geantwortet haben: »Seit sieben Jahren«, und
als ihm der Exorzist entgegenhielt: »Wenn du ihn
kaum drei Monate geplagt hast, wo warst du in der
übrigen Zeit?« antwortete er: »In seinem Körper ver-
barg ich mich.« Und als jener forschte: »In welchem
Teil des Körpers?« antwortete er: »Meistens im
Kopf.« Und von neuem befragt, wo er denn gewesen
sei, wenn jener den Gottesdienst mitgefeiert und das
Sakrament genommen habe, sagte er: »Ich habe mich
unter seiner Zunge verborgen.« Und jener: »Elender,
was ist das für eine Tollkühnheit, daß du in der Ge-
genwart deiner Schöpfers nicht entflohen bist?« Dar-
auf der Dämon: »Kann sich denn ein Nichtsnutz nicht
unter einer Brücke verstecken, wenn ein heiliger
Mann darüber geht, wenn er nur nicht dessen Schritte
aufhält?« Mit Hilfe der göttlichen Gnade wurde er
dennoch befreit, mag er nun Wahres oder Erdichtetes
vorgebracht haben: denn auch dessen Vater mag ein
Lügner sein.255
Die vierte Weise trifft auf den zuvor erwähnten, in
Rom256 befreiten Besessenen mit der Erklärung zu,
daß der Dämon in den Körper schlüpfen kann, wenn
auch nicht in die Seele, da dies nur Gott möglich ist;
jedoch auch in den Körper schlüpfen nur, doch ohne
innerhalb der Grenzen der Wesenheit des Körpers zu
sein. Dies sage ich zur Erklärung. Es gibt eine Weise,

Hexen
4.318 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 453

auf die die Dämonen bisweilen substanziell die Men-


schen bewohnen und sie nur zeitweise des Gebrauchs
des Verstandes berauben. Und dies wird so erklärt:
Wir können nämlich sagen, daß der Körper in zweifa-
cher Hinsicht Grenzen hat, nämlich der Quantität und
der Wesenheit. Wenn also irgendein Engel, ein guter
oder böser, innerhalb der Grenzen des Körpers wirkt,
so wirkt er innerhalb der Grenzen der körperlichen
Quantität, und so schlüpft er auch in den Körper,
wobei er an den quantitativen Kräften wirkt. So be-
wirken auch die guten Engel bei den Guten imaginäre
Visionen [65 va].
Niemals aber sagt man, daß sie in die Wesenheit
des Körpers eindringen, weder wie ein Teil noch wie
eine Kraft. Nicht wie ein Teil, weil die Wesenheit auf
jeder von beiden Seiten verschieden ist; nicht wie eine
Kraft, die gleichsam das Sein verleiht, weil [der Kör-
per] sein Sein durch die Schöpfung von Gott hat.
Daher hat auch er allein die innere Betätigung und Er-
haltung der Wesenheit inne, solange es seiner Güte
gefällt, sie zu bewahren. Daher schließt man, daß,
wenn alle anderen Vollkommenheiten oder Mängel –
wobei man von guten bezüglich der Vollkommenhei-
ten, bezüglich der Mängel von schlechten spricht –
bewirkt werden, falls sie am Körper und seinen Tei-
len, z.B. am Kopf, bewirkt werden, [die Geister] in
einem solchen Körper in die Grenzen, nämlich der

Hexen
4.319 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 454

Quantität, und in die quantitativen Kräfte hinein-


schlüpfen; wenn aber an der Seele, dann wiederum
wirkt jede von beiden [Wesenheiten] von außen, aber
auf verschiedene Arten. Und man sagt, daß sie an der
Seele wirken, indem sie dem Verstand jene Phantasie-
gebilde oder Vorspiegelungen vorführen und nicht al-
lein nach Maßgabe des allgemeinen Sinnes und der
äußeren Sinne. Aus diesen Betätigungen folgen die
Versuchungen der bösen Engel, auch schlechte Nei-
gungen und Gedanken, indem sie indirekt auf den
Verstand einwirken; von guten Engeln aber erfolgen
die Veranschaulichungen der Wahngebilde, um das
zu erkennen, was von ihnen enthüllt wird.
Daher besteht auch der vorliegende Unterschied,
daß die guten Engel auch direkt einen Eindruck auf
den Verstand ausüben können, indem sie die Wahn-
gebilde veranschaulichen, von den bösen aber heißt
es, daß sie die Wahngebilde nicht veranschaulichen
können, sondern sie noch mehr verdunkeln. Ebenso
können sie auch nicht direkt einen Eindruck ausüben,
sondern bloß indirekt, insofern der mit dem Verstand
Erfassende die Wahngebilde erforschen muß. Da-
durch jedoch, heißt es, dringt auch ein guter Engel
nicht in die Seele ein, mag er sie auch erleuchten – so
wie es auch nicht heißt, daß ein höherer Engel in
einen niedrigeren eindringt, mag er ihn auch erleuch-
ten, sondern nur von außen wirkt er und wirkt mit,

Hexen
4.320 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 455

wie gesagt ist. Daher kann ein böser Engel noch we-
niger eindringen.
Und auf diese Weise besetzte der Dämon den Leib
des Priesters in dreierlei [Hinsicht]: erstens, daß, wie
er in seinen Leib hineinschlüpfen konnte, nämlich in-
nerhalb der Grenzen der körperlichen Quantität, so
besetzte er substanziell seinen Kopf [65vb] und
wohnte darin. Zweitens, daß, wie er an seiner Seele
äußerlich, durch Verdunkeln des Intellekts, wirken
konnte, so daß er den Gebrauch der Vernunft verlor,
so hatte er es auch vermocht, ihn unablässig, sogar
wenn er ihn anrief, mit dem Verlust der Vernunft zu
quälen. Es mag aber gesagt werden können, daß es
dem Priester durch die Gabe Gottes zukam, damit er
nicht ununterbrochen vom Dämon gequält würde.
Drittens, daß, wenn er auch aller Glieder und Organe
zum Sprechen und zur Bildung von Worten beraubt
wurde, so hatte er doch immer die Wahrnehmung der
Worte, wenn auch nicht des Sinns der Worte.
Diese Form des Besessenmachens unterscheidet
sich sehr von anderen Formen des Besessenmachens,
da man allgemein von den Besessenen liest, daß sie
ohne Unterbrechung von den Dämonen heimgesucht
werden, wie es sich im Evangelium zeigt, sowohl am
Mondsüchtigen, dessen Vater zu Jesus gesagt hatte:
»Herr, erbarme dich meines Sohnes, weil er mond-
süchtig ist und schlimm leidet«, Math. 17257, wie

Hexen
4.321 [II/1,10] Kapitel 10 Hexenhammer, 455

auch an der Frau, die Satan seit achtzehn Jahren fest-


gebunden hatte, und zwar gebeugt, und die überhaupt
nicht aufsehen konnte, Lukas 13258.
Auch auf diese Arten können die Dämonen unzwei-
felhaft mit göttlicher Zulassung auf Drängen der
Hexen plagen.

Hexen
4.322 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 455

[II/1,11] Über die Weise, wie sie jede Art von


Krankheit zufügen können; und zwar im
allgemeinen über die schweren [Krankheiten].
Kapitel 11.

Aber auch dies, daß es keine körperliche Krankheit


gibt, die nicht von den Zauberern und Hexen mit Zu-
lassung Gottes zugefügt werden könnte, auch wenn es
bis zu Aussatz oder Epilepsie gehen sollte, kann da-
durch bewiesen werden, daß von den Gelehrten keine
Art von Krankheit ausgenommen wird. Denn wenn
man das, was weiter oben sowohl über die Kraft der
Dämonen als auch bezüglich der Bosheit der Hexen
behandelt worden ist, sorgfältig erwägt, so macht das
kein Problem. Denn auch Nider, sowohl in seinem
Praeceptorium259 als auch im Formicarius260,
wo er fragt, ob die Zauberer wirklich mit ihrem Scha-
denszauber die Menschen verletzten könnten – und
zwar ist die Frage ohne Ausnahme einer noch so un-
heilbaren Krankheit [gestellt] –, da antwortet er dann
auch, daß es so sei, [und] er fragt folgerichtig, auf
welche Arten [66ra] und mit welchen Mitteln. Bezüg-
lich der ersten antwortet er so, wie es sich oben aus
der ersten Frage des ersten Teils des Traktates erge-
ben hat. Es wird auch durch Isidor bewiesen, der die
Betätigungen der Hexen 8 eti. c. 9261 beschreibt:

Hexen
4.323 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 456

»Zauberer heißen sie wegen der Größe der [Un]taten.


Diese wirbeln nämlich durch das Werk der Dämonen
zur Erregung von Stürmen die Elemente durcheinan-
der, sie verwirren die Gemüter der Menschen, indem
sie auf die oben angesprochenen Arten den Gebrauch
des Verstandes entweder völlig hemmen oder tief ver-
dunkeln. Es fügt hinzu: und ohne einen Tropfen Gift,
bloß durch die Macht des [Zauber]-spruchs vernichten
sie die Seelen«, indem sie nämlich das Leben nehmen.
Es wird auch durch den heiligen Thomas, in 2 sen-
tentiarum in di. 7 und 8 und in 4 di. 34262 und ge-
meinsam durch alle Theologen, die eben dort schrei-
ben, bewiesen, daß die Zauberer auf alle Arten Schä-
den an den Menschen und ihren Gütern mit Beihilfe
des Dämons bewirken können, an denen der Dämon
auch allein schädigen oder täuschen kann, nämlich an
den Gütern, am Ruf, am Körper, am Gebrauch des
Verstandes und am Leben. Das will sagen, daß der
Dämon in jenen Fällen, wo er für sich, ohne Hexe,
schädigen kann, es auch mit der Hexe kann, und das
sogar mit noch größerer Leichtigkeit, wegen der grö-
ßeren Verhöhnung der göttlichen Majestät, wie oben
angeführt worden ist.
Bezüglich der Sachen ist es offensichtlich aus Iob
1 und 2263, wie oben deutlich geworden ist. Bezüg-
lich des Rufes ist es klar aus der Legende des seligen
Hieronymus, wie Johannes An[dreae] in seinem

Hexen
4.324 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 457

Hieronymianum264 berichtet, daß der Teufel sich in


die Gestalt des heiligen Silvanus, des Bischofs von
Nazareth, des Freundes des Hieronymus, verwandelte.
Dieser Dämon begann zuerst eine vornehme Frau
nachts im Bett mit Worten zur Ausschweifung zu rei-
zen und zu locken, und dann erregte er sie mit Taten
zum Bösen. Als sie schrie, verbarg sich der Dämon in
der Gestalt des heiligen Bischofs unter dem Bett der
Frau. Dort gesucht und gefunden, log er mit überheb-
lichen Worten, er sei der Bischof Silvanus. Am Mor-
gen war daher der heilige Mann auf das schwerste dif-
famiert, während der Teufel verschwand. Diese Ver-
leumdung wurde schließlich ausgeräumt, als der Teu-
fel in einem besessenen Körper am Grab des heiligen
Hieronymus ein Geständnis ablegte.
Bezüglich des Körpers ist es deutlich beim seligen
Iob265, der vom Dämon mit einem sehr schlimmen
Geschwür geschlagen wurde [66rb], was als Aussatz
dargestellt wird. Es berichten auch Sigibertus und
Vincentius in spe. histo li. 25 c. 37266, daß zur Zeit
des Kaisers Ludwig II.267 im Pfarrbezirk von Mainz
ein Dämon erst häufig Steine warf und wie mit einem
Hammer gegen die Häuser schlug, und dann, indem er
Diebstähle öffentlich machte und Zwietracht säte,
viele Menschen plagte. Dann reizte er alle gegen
einen auf, dessen Herberge er anzündete, wo auch
immer sich dieser aufhielt. Um dessen Sünden willen,

Hexen
4.325 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 457

versicherte er, litten alle. Daher mußte er schließlich


sogar die Felder als Quartier benutzen. Als deshalb
die Priester Litaneien abhielten, verwundete der
Dämon viele mit Steinwürfen, bis sie blutig waren.
Bald verhielt er sich ruhig, bald wütete er, und das
setzte er drei Jahre hindurch fort, bis alle Gebäude
dort durch Feuer verbrannt waren.
Ebenso wird es bezüglich der Schädigung des Ver-
standesgebrauchs und der Verwirrung der inneren
Sinne durch die Besessenen und Ergriffenen auch
durch Geschichten aus den Evangelien bewiesen.
Ebenso bezüglich des Todes, und daß er auch manche
des Lebens beraubt. Es ist klar aus Tobias 6268, be-
züglich der getöteten sieben Männer der Jungfrau
Sara, die wegen des fleischlichen Hangs und des zü-
gellosen Verlangens nach der Jungfrau Sara der Ehe
[mit ihr] nicht würdig waren. Deswegen wird ge-
schlossen, daß sie die Menschen, wie per se, so und
noch mehr durch die Hexen in allen Dingen ohne
Ausnahme schädigen können.
Wenn aber gefragt wird, ob derartige Schäden mehr
den Dämonen oder [mehr] den Zauberern und Hexen
zugeschrieben werden müssen, so wird geantwortet,
daß, wie die Dämonen, wenn sie Krankheiten zufü-
gen, in eigener und unmittelbarer Tätigkeit wirken, sie
ihnen auch ursprünglich zugeschrieben werden müs-
sen. Aber weil sie zugleich zur Verachtung und Ver-

Hexen
4.326 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 458

höhnung des Schöpfers und zur Vernichtung der See-


len derartiges durch die Hexen auszuführen suchen,
wissen sie, daß, wie Gott solchermaßen mehr gereizt
wird, er ihnen ebenso auch mehr Macht zu wüten ein-
räumt und daß tatsächlich unzählige Schadenszauber
ausgeführt werden, die dem Teufel den Menschen an-
zutun nicht gestattet würde, wenn er für sich allein
danach streben würde, die Menschen zu schädigen.
Diese Dinge werden jedoch nach dem gerechten und
verborgenen Ratschluß Gottes durch die Hexen
[66va] wegen derer Ruchlosigkeit und Leugnung des
rechten Glaubens zugelassen. Und daher werden
ihnen nach richtiger Ansicht solche Schadenszauber
erst in zweiter Linie zugeschrieben, insofern der Teu-
fel der eigentliche Urheber ist. Mag also der Zweig,
den eine Frau ins Wasser taucht, damit es regnet,
wobei sie das Wasser hoch in die Luft spritzt, an sich
den Regen nicht verursachen und die Frau deshalb
nicht getadelt werden können, so wird sie darum
doch, weil sie schon aufgrund eines mit dem Dämon
eingegangenen Paktes als Hexe solches tut – wenn es
auch der Dämon ist, der den Regen verursacht – mit
Recht in eigener Person beschuldigt, weil sie mit
einem schlechten Glauben und Handeln dem Teufel
dient, indem sie sich seiner Botmäßigkeit ausliefert.
So wird auch, wenn ein Zauberer zu jemandes Be-
hexung ein wächsernes Bild269 oder etwas Ähnliches

Hexen
4.327 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 459

herstellt oder wenn durch jemandes Schadenszauber


in Wasser oder Blei ein Bild erscheint, jegliche Qual
einem solchen Bild zugefügt – und die Erfahrung
lehrt, daß derlei am bildlich dargestellten, d.h. behex-
ten Menschen geschieht –, nämlich ein Stich oder jeg-
liche andere Verletzung. Obwohl die Verletzung tat-
sächlich [nur] dem Bildnis durch die Hexe oder durch
einen anderen Menschen beigebracht wird und der
Dämon unsichtbar den behexten Menschen in dersel-
ben Weise verletzt, [wird sie] dennoch mit Recht der
Hexe zugeschrieben, weil Gott dem Teufel niemals
gestatten würde, ohne sie [die Hexe] eine Verletzung
anzutun und der Teufel für sich selbst nicht versuchen
würde, [jemanden] zu verletzen.
Aber weil vom Ruf gesprochen worden ist, den die
Dämonen per se, ohne die Mitwirkung von Hexen
schädigen können, so könnte dies in einen Zweifel
umgekehrt werden: Ob die Dämonen per se auch ehr-
bare Frauen in üblen Ruf bringen könnten, so daß sie
für Hexen gehalten würden, wenn sie in ihrem Abbild
zu jemandes Behexung erschienen, wodurch es ge-
schehen könnte, daß eine solche [Frau] unschuldig in
üblen Ruf käme? Antwort. Es ist einiges vorauszu-
schicken: erstens, daß gesagt wurde, der Dämon
könne nichts ohne die göttliche Zulassung bewirken,
wie im ersten Teil des Werkes in der letzten Frage270
deutlich geworden ist. Auch ist angesprochen worden,

Hexen
4.328 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 460

daß die Zulassung bezüglich der Gerechten und in der


Gnade Befindlichen nicht so groß ist wie bezüglich
der Sünder, über die er durchaus eine größere Macht
hat, nach dem Wort: »Wenn ein starker Gewappne-
ter«271 etc. wie auch zu deren Peinigung von Gott
durchaus mehr zugelassen wird [66vb] als bei Ge-
rechten. Mögen sie schließlich die Gerechten in äuße-
ren Dingen, wie Ruf und Gesundheit des Körpers, mit
Gottes Zulassung schädigen können, so trachten sie
danach um so weniger, als sie wissen, daß dieses
jenen zu Mehrung der Verdienste gereicht.
Danach kann man sagen, daß bei diesem Problem
Verschiedenes zu beachten ist: erstens hinsichtlich der
göttlichen Zulassung, zweitens des Menschen, der für
ehrlich erachtet wird, während sich solche nicht
immer in der Gnade befinden, wie sie in ihrem Anse-
hen beleumundet sind; drittens bezüglich der [Un]tat,
der ein Unschuldiger berüchtigt werden muß, weil
jene von ihrer Wurzel her alle Geißeln der Welt über-
steigt. Daher muß man sagen: mag auch durch göttli-
che Zulassung jeder Unschuldige, sei er in der Gnade
bestärkt oder nicht, an den Glücksgütern und am Ruf
geschädigt werden können, so kann man doch im Hin-
blick auf die Tat selbst und die Schwere des Verbre-
chens – da nach dem oft angeführten Ausspruch Isi-
dors272 die Zauberer wegen der Größe der [Un]taten
so heißen – dies sagen: daß irgendein Unschuldiger

Hexen
4.329 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 460

auf die vorerwähnte Art vom Dämon in üblen Ruf ge-


bracht werde, ist nicht gut möglich; abermals in vie-
lerlei Hinsicht: erstens, weil eine Verleumdung wegen
[solcher] Laster, die ohne einen mit dem Dämon aus-
drücklich oder stillschweigend eingegangenen Pakt
begangen werden, wie Diebstähle, Räubereien und
fleischlicher Akt, etwas anderes ist als eine Verleum-
dung wegen [solcher] Laster, die auf keine Weise dem
Menschen zugeschrieben oder von ihm begangen wer-
den können, außer aufgrund eines ausdrücklichen, mit
dem Dämon eingegangenen Paktes, wie die Werke der
Hexen, die nur durch die Kraft der Dämonen von den
Zauberern und Hexen begangen werden, wie [z.B.]
wenn Menschen, Vieh oder Feldfrüchte behext wer-
den, wobei ihnen dies nicht anders zugeschrieben
werden kann. Mag deshalb der Dämon einen Men-
schen wegen anderer Laster in üblen Ruf bringen kön-
nen, so scheint es jedoch nicht gut möglich, ihn
wegen eines Lasters in üblen Ruf zu bringen, das
ohne ihn nicht begangen werden kann.
Außerdem ist es bis heute nirgends geschehen noch
gefunden worden, daß irgendein Unschuldiger durch
den Dämon in solcher Weise in üblen Ruf gebracht
und so wegen einer solchen Verleumdung dem Tode
überantwortet worden sei. Im Gegenteil, wo ein sol-
cher unter einer Verleumdung zu leiden hat, wird er
mit keiner Strafe bestraft, außer daß ihm die kanoni-

Hexen
4.330 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 461

sche Reinigung273 auferlegt wird, wie im dritten


[67ra] Teil des Werkes274 bei der zweiten Weise,
über die Hexen das Urteil zu fällen, deutlich werden
wird. Und wiewohl dort enthalten ist, daß er im Falle,
er würde bei der Reinigung scheitern, für einen Be-
schuldigten zu halten sei, so würde ihm doch noch
das Abschwören zuerkannt, bevor man weiter bezüg-
lich der den Rückfälligen zukommenden Strafe pro-
zessierte.
Aber weil wir mit Ereignissen zu tun haben, die
tatsächlich niemals vorgekommen sind, so ist es nie-
mandem zweifelhaft, daß auch in Zukunft die göttli-
che Zulassung sie nicht geschehen lassen wird. Au-
ßerdem und um so stärker wegen der Engelswacht, die
nicht zuläßt, daß Unschuldige wegen anderer, gerin-
gerer Verbrechen verleumdet werden: wie sie dies
etwa bezüglich der Räubereien und derlei kaum zulas-
sen wird, so wird sie im Gegenteil um so kräftiger den
zur Bewachung Anvertrauten vor der Schmach sol-
cher entehrenden Handlungen bewahren.
Es gilt auch nicht, wenn jemand die Taten des hei-
ligen Germanus275 anführen wollte, als sich die Dä-
monen [dort] in angenommenen [und in] zu Tisch sit-
zenden Körpern, woanders [aber] als bei ihren Män-
ner schlafende Frauen zeigten und [so] dem Gast vor-
spiegelten, als ob jene Frauen in den eigenen Körpern
stets essend und trinkend dabei gewesen wären. Das

Hexen
4.331 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 462

ist aber schon oben erwähnt worden. Nicht daß jene


Frauen dort als völlig Unschuldige entschuldigt wür-
den; aber solche Dinge passieren den Frauen oft, was
gemäß c. 26 q. 5 episcopi276 angemerkt wird, wo
solche getadelt werden, die, während sie nur in einge-
bildeter Illusion ausfahren, meinen, sie würden wirk-
lich und körperlich dahin getragen, mögen sie auch,
wie oben angesprochen, bisweilen von den Dämonen
körperlich fortgetragen werden.
Daß sie aber alle anderen körperlichen Krankheiten
ohne Ausnahme mit göttlicher Zulassung zufügen
können, darauf bezieht sich die gegenwärtige Unter-
suchung, wobei aus dem vorher Bemerkten zu schlie-
ßen ist, daß es so ist, da von den Gelehrten keine
Ausnahme gemacht wird. Damit ist auch das Argu-
ment in Einklang zu bringen, wonach die Dämonen
auch sonst durch ihre natürliche Kraft, wie oft ange-
sprochen worden ist, alles Körperliche übertreffen.
Schließlich bestätigen dies die Taten und die Ge-
schehnisse, die von uns ermittelt wurden. Denn mag
vielleicht ein größeres Problem bezüglich des Aussat-
zes und der Epilepsie entstehen können, ob sie näm-
lich derlei antun können, weil derartige Dinge ge-
wöhnlich nur aus anhaltenden und vorausgehenden
Anlagen und Defekten der inneren [Organe] [67rb]
entstehen, so wurde nichtsdestoweniger ermittelt, daß
solches bisweilen durch Schadenszauber zugefügt

Hexen
4.332 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 462

worden ist.
Denn als in der Diözese Basel, im Grenzgebiet von
Lothringen277 und Elsaß278, ein ehrlicher Arbeiter
harte Worte gegen eine zänkische Frau ausgestoßen
hatte, schrie sie erregt zurück, daß sie sich in Kürze
an ihm rächen wolle. Und obgleich jener diese Dro-
hungen geringgeschätzt hatte, fühlte er in der Nacht,
daß ihm am Hals eine Pustel gewachsen war. Als er
aber ein wenig rieb und hinfaßte, fühlte er, daß das
ganze Gesicht samt dem Hals so sehr aufgedunsen
und geschwollen war, daß eine schauerliche Form von
Aussatz auch am ganzen [übrigen] Körper auftrat. Er
zögerte nicht, sondern erzählte den so schnell wie
möglich herbeigerufenen Freunden und Ratsherren die
Geschichte mit den drohenden Worten der Frau, und
daß er auf der Stelle auf den Glauben und den Ver-
dacht hin sterben wolle, daß jene ihm dies durch ma-
gische Kunst als Hexe angetan habe. Kurzum, die
Frau wird gefangengenommen, den [peinlichen] Fra-
gen ausgesetzt und gesteht das Verbrechen. Als aber
der Richter sorgfältiger nach der Weise und der Ursa-
che forscht, antwortet sie: »Als jener Mensch mich
mit schimpflichen Worten angegriffen hatte und ich
vor Zorn entbrannt nach Hause gekommen war, be-
gann der böse Geist nach dem Grund meiner Verbitte-
rung zu forschen. Als ich ihm die Einzelheiten erzählt
hatte und dabei war, ihm nahezulegen, daß ich mich

Hexen
4.333 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 463

rächen möchte, fragte jener, indem er sagte: ›Was


willst du also, das ich ihm antue?‹ Und ich antworte-
te: ›Ich möchte, daß er für immer ein aufgedunsenes
Gesicht bekommt‹. Und so entfernte er sich und fügte
dem Menschen jene Krankheit zu, schlimmer als ich
gefordert hatte. Denn ich hätte niemals erwartet, daß
er ihn mit solchem Aussatz schlagen würde.« Daher
wurde sie auch eingeäschert279.
In der Diözese Konstanz endlich, zwischen Brei-
sach280 und Freiburg281, pflegt[e] eine aussätzige
Frau – nur daß sie schon vor zwei Jahren gestorben
ist – vielen zu erzählen, daß sie aus einem ähnlichen
Grund, infolge eines Streites, der sich zwischen ihr
und einer anderen Frau entsponnen hatte, [den Aus-
satz bekommen habe]. Als sie nämlich bei Nacht aus
dem Haus vor die Tür gegangen sei und eine Arbeit
zu verrichten begonnen habe, wehte ihr plötzlich ein
warmer Wind aus dem Haus der anderen Frau, wel-
ches dem ihrigen gegenüber lag, ins Gesicht [67va],
woher sie nach ihrer Versicherung den Aussatz, den
sie an sich hatte, bekommen habe282.
Als schließlich in der derselben Diözese [Kon-
stanz], und zwar in der Gegend des Schwarzwal-
des283, eine Hexe durch den Henker für den von ihr
angestifteten Brand vom Boden auf den Holzstoß ge-
hoben wurde, sagte sie: »Ich werde dir eine Beloh-
nung geben«, wobei sie ihm in das Gesicht hauchte:

Hexen
4.334 [II/1,11] Kapitel 11 Hexenhammer, 463

sofort war er am ganzen Körper mit schauerlichem


Aussatz geschlagen und überlebte sie danach nur um
wenige Tage. Ihre entsetzlichen Verbrechen werden
der Kürze halber weggelassen; und so könnten dar-
über noch andere, schier unzählige [Beispiele] aufge-
zählt werden. Denn von uns wurde öfter ermittelt, daß
sie bestimmten Leuten Epilepsie oder Fallsucht durch
Eier angetan haben, die mit den Körpern von Verstor-
benen in die Gräber gelegt worden waren, besonders
mit solchen [Beerdigten] aus ihrer Sekte und die sie
bei anderen ihrer Zeremonien, die nicht angeführt
werden sollen, jemandem im Trank oder im Essen rei-
chen.

Hexen
4.335 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 465

[II/1,12] Über die Weise, wie sie gewöhnlich


andere, ähnliche Krankheiten, speziell den
Menschen, zufügen. Kapitel 12

Wer kann endlich die anderen Krankheiten aufzählen,


wie Blindheit oder schrecklichste Schmerzen und
Qualen an den Körpern der Menschen, [die die
Hexen] zugefügt haben? Dennoch wollen wir einiges
von dem, was wir mit unseren eigenen Augen gesehen
haben und dem einen von [uns] Inquisitoren bekannt
geworden ist284, an die Öffentlichkeit bringen.
Zu jener Zeit, als in der Stadt Innsbruck285 eine
Inquisition über die Hexen abgehalten wurde, wurde
unter anderem folgender Fall vorgebracht. Eine ehr-
bare Person286 nämlich, die mit einem der Diener des
Erzherzogs287 verheiratet war, bekundete in Gegen-
wart des Notars etc. rechtsförmig: Als sie zur Zeit
ihres Jungfrauenstandes bei einem von den Bürgern
diente, ereignete es sich, daß dessen Ehefrau an hefti-
gem Kopfschmerz litt. »Als eine Frau zu deren Hei-
lung herbei gekommen war und mit ihren [Zau-
ber]sprüchen und Prozeduren den Schmerz lindern
sollte, beobachtete ich, während ich ihrer Prozedur
sorgfältig zusah, daß gegen die Natur des Wassers
[67vb], welches in eine Schüssel gegossen war, das-
selbe Wasser unter weiteren Zeremonien« – die zu

Hexen
4.336 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 466

schildern nicht nötig ist – »in einem anderen Topf


emporgestiegen war. In der Erwägung, daß durch jene
[Praktiken] der Kopfschmerz288 bei der Herrin nicht
gelindert würde, stieß ich empört die Worte gegen die
Hexe aus: ›Ich weiß nicht, was ihr treibt: Ihr tut
nichts als abergläubisches Zeug und zwar um Eures
Vorteils willen.‹ Darauf entgegnete die Hexe so-
gleich: ›Ob es abergläubische Dinge sind oder nicht,
wirst du am dritten Tag merken.‹ Das bewies der
Ausgang der Sache, denn am dritten Tag, als ich am
frühen Morgen dasaß und meine Spindel ergriff, be-
fiel plötzlich ein so gewaltiger Schmerz meinen Kör-
per, zuerst in den inneren [Organen], daß es keinen
Körperteil gab, an dem ich nicht schreckliche Stiche
fühlte. Zweitens schien es mir nicht anders, als wenn
fortwährend feurige Kohlen auf meinen Kopf geschüt-
tet würden; drittens, als wäre auf der Haut des Kör-
pers vom Scheitel bis zu den Fußsohlen kein nadel-
spitzengroßer Platz gewesen, wo nicht eine mit wei-
ßem Eiter gefüllte Pustel gewesen wäre. So verblieb
ich bis zum vierten Tage, heulte vor Schmerzen und
wünschte nur den Tod. Schließlich forderte mich der
Mann meiner Herrin auf, in einen Stall zu treten.
Während er voranging und ich langsam folgte, sagte
er, als wir vor der Tür des Stalles standen: ›Schau, da
über der Tür das weiße Stück Tuch!‹ Darauf ich: ›Ich
sehe es gut.‹ Darauf jener: ›Nimm es weg, so gut du

Hexen
4.337 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 466

kannst, dann wirst du dich dadurch vielleicht besser


fühlen.‹ Da hielt ich mich, so gut ich konnte, mit
einem Arm an der Tür fest, während ich mit dem an-
deren das Stück [Tuch] wegnahm. ›Mach es auf‹,
sagte der Herr, ›und betrachte sorgfältig das darin
Eingeschlossene.‹ Als ich das Stück [Tuch] geöffnet
hatte, fand ich darin mehrere Dinge, vor allem weiße
Körner, nach Art der Pusteln, die an meinem Körper
waren. Auch Samen und Hülsenfrüchte, die ich
[zuvor] weder genossen noch gesehen hatte, samt
Knochen von Schlangen und anderen Tieren erblickte
ich. Und als ich darüber erstaunt den Herrn fragte,
was zu tun sei, forderte er mich auf, alles ins Feuer zu
werfen. Ich warf es hinein, und siehe, plötzlich, nicht
nach einer Stunde [68ra] oder Viertelstunde, sondern
im selben Augenblick, als die Dinge ins Feuer gewor-
fen waren, bekam ich meine frühere Gesundheit wie-
der.« Und weil gegen die Ehefrau [des Mannes], dem
sie diente, noch mehr ausgesagt worden war, weshalb
sie nicht nur für leicht, sondern für schwer verdächtig
gehalten wurde und besonders wegen der großen Ver-
trautheit mit [anderen] Zauberern und Hexen, wird an-
genommen, daß sie es, eingedenk des hingelegten
Schadenszaubers, dem Mann mitteilte, worauf es
dann in der vorgenannten Weise bekannt wurde und
die Magd ihre Gesundheit wiedererlangte289.
Es ist förderlich, noch einen anderen Schadenszau-

Hexen
4.338 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 467

ber zur Verdammung des so großen Verbrechens zu


berichten, der in derselben Stadt einer Person, eben-
falls einer Frau, angetan worden ist. Eine verheiratete
und ehrbare Frau290 trat auf und bekundete rechtsför-
mig, wie oben: »Hinter dem Haus«, sagte sie, »habe
ich einen Garten und daran angrenzend ist der meiner
Nachbarin291. Als ich nun eines Tages bemerkt
hatte, daß man aus dem Garten der Nachbarin zu mei-
nem Gemüsebeet nicht ohne meinen Schaden herüber-
ginge, kam plötzlich, während ich in der Tür zum Ge-
müsebeet stand und mich sowohl über das Herüberge-
hen als auch über den Schaden bei mir selbst beklagte
und ärgerte, die Nachbarin hinzu und fragte, ob ich
sie in Verdacht hätte? Aber erschrocken wegen ihres
schlechten Rufes brachte ich nichts weiter vor als die
Worte: ›Die Schritte im Gras zeigen die Schäden.‹
Darauf entfernte sich jene empört mit einem Gemur-
mel, weil ich mich, wie es ihr vielleicht wohl gefallen
hätte, nicht in Wortgefechte mit ihr einlassen wollte.
Ich konnte aber die Worte, die sie ausstieß, nicht ver-
stehen, wiewohl ich sie hörte. Nach wenigen Tagen
aber befiel mich eine gewaltige Krankheit mit Bauch-
schmerzen und sehr heftigen Stichen von der linken
nach der rechten Seite und zurück, als wenn zwei
Schwerter oder Messer in [meine] Brust hinein gesto-
chen worden wären. Und so störte ich Tag und Nacht
durch meine Schreie alle übrigen Nachbarn. Während

Hexen
4.339 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 468

diese zusammenströmten, um mich zu trösten, traf es


sich, daß ein Töpfer, der die erwähnte Nachbarin und
Hexe in ehebrecherischem Schandwerk zur Geliebten
hatte, in ähnlicher Weise, um mich zu besuchen, her-
bei kam und sich nach Worten des Trostes, da er mit
meiner Krankheit Mitleid hatte, [68rb] entfernte. Am
folgenden Tag kam er jedoch eilfertig zurück und be-
merkte zwischen anderen Trostworten: ›Ich will ein
Experiment machen, [um herauszufinden,] ob Euch
diese Krankheit infolge eines Schadenszaubers zuge-
stoßen ist. Wenn es sich so herausstellt, werde ich
Euch die Gesundheit wieder verschaffen.‹ Er nahm
also flüssiges Blei, während ich im Bett lag, und goß
das Blei in eine Schüssel voll Wasser; die er auf mei-
nen Körper stellte. Und sobald aus dem erstarrten
Blei ein Bildnis und die Figuren verschiedener Dinge
erschienen waren, sagte er: ›Seht, infolge eines Scha-
denszaubers hat Euch die Krankheit befallen. Und un-
terhalb der Schwelle der Haustür ist ein Teil der Mit-
tel des Schadenszaubers verborgen. Wir wollen also
hingehen, und wenn jene Dinge beseitigt sind, werdet
Ihr Euch besser fühlen.‹ So ging mein Ehemann mit
ihm sogleich hin, um den Schadenszauber zu behe-
ben. Und nachdem der Töpfer die Schwelle herausge-
hoben hatte, hieß er den Ehemann die Hand in die
Grube stecken, die sich aufgetan hatte und, was auch
immer er finden würde, herauszuholen. Das tat er

Hexen
4.340 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 468

auch. Zuerst zog er ein wächsernes Bildnis von der


Länge eines Handtellers heraus, welches überall
durchbohrt war und zwei auf gegenüberliegenden Sei-
ten durch die Seiten [gestochene] Nadeln aufwies, in
der Form, wie ich selbst die Stiche von der linken bis
zur rechten Seite und umgekehrt verspürt hatte; dann
verschiedene Stücke Lumpen, die mehrere Gegenstän-
de enthielten, sowohl Körner als auch Samen und
Knochen. So wurde ich, nachdem dies ins Feuer ge-
worfen worden war, wieder gesund, aber doch nicht
völlig. Denn wenn auch die Qualen und Stiche aufge-
hört hatten und der Appetit zum Essen wiedergekom-
men war, so wurde doch meine frühere Gesundheit bis
heute nicht im mindesten wieder völlig hergestellt.
Und als ich beim Töpfer unentwegt nachfragte,
woher, es komme, daß die frühere Gesundheit nicht
zurückkehre, antwortete er: ›Es sind noch andere
Werkzeuge anderswo versteckt, die ich nicht zu fin-
den vermag.‹ Und als ich fragte, wie er damals die er-
sten niedergelegten Werkzeuge erkannt hätte, antwor-
tete er: ›Durch die Liebe habe ich das erkannt, mit der
der Freund dem Freund [Geheimnisse] zu offenbaren
pflegt.‹ Da er ein ehebrecherisches Verhältnis hatte,
fiel mir [daraufhin] die Nachbarin ein. Und ich be-
gann Sie zu [68va] verdächtigen.« Das berichtete die
Kranke292.
Aber was, wenn ich alle [Fälle]293 berichten woll-

Hexen
4.341 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 469

te, die allein in jener Stadt [Innsbruck] gefunden wor-


den sind? Es hieße, ein Buch zu verfassen! Wie viele
Blinde nämlich, Lahme, Ausgezehrte und durch ver-
schiedene Krankheiten Heimgesuchte [haben nicht]
rechtsförmig aufgrund eines starken Verdachtes gegen
die Hexen [ausgesagt], die ihnen solche Krankheiten
im allgemeinen und im besonderen vorhersagten, daß
sie solches in Kürze zu spüren bekommen würden,
entweder bezüglich der Tage des Lebens oder bezüg-
lich des sofort zu erleidenden Todes, [und] was ihnen
alles nach ihren Vorhersagen zugestoßen war, entwe-
der bezüglich einer besonderen Krankheit oder bezüg-
lich des Todes anderer! Jenes Land nämlich ist voll
von Vasallen und Knappen, und Müßiggang ist aller
Laster Anfang. Bisweilen umwarben sie [die Krieger]
Frauen und machten sie zu ihren Geliebten, stießen
sie aber von sich, wenn sie sich anschickten, andere
ehrenhafte Frauen zu heiraten. Doch selten nur hatten
diese Ehen Bestand. Wenn die Geliebten sich ver-
schmäht sahen, so rächten sie sich, indem sie den
Männern und Frauen Schadenszauber zufügten; ei-
gentlich nicht so sehr den Männern als vielmehr den
Frauen, in der Absicht, wie man billigerweise vermu-
ten darf, daß die Männer, wenn ihre Frauen getötet
oder ausgezehrt wären, sich wieder den ehemaligen
Geliebten zuwenden würden.
Nachdem ein Koch des Erzherzogs294 eine ehr-

Hexen
4.342 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 470

bare, von auswärts stammende Jungfrau geheiratet


hatte, sagte eine Hexe, seine Geliebte, auf offener
Straße vor den Ohren anderer ehrbarer Personen der
Jungfrau Schadenszauber und Tod voraus: »Nicht
lange wirst du dich deines Gatten erfreuen!« Und so-
gleich am folgenden Tage legte sie [die junge Frau]
sich ins Bett und starb nach wenigen Tagen, indem
sie zuletzt bezeugte: »Siehe, so sterbe ich, weil mich
jene durch ihre Schadenszauber mit Zulassung Gottes
vernichtet«: und zwar durchaus zu ihrem Besten, da
Gott ihr im Himmel eine andere Hochzeit bestimmte!
So wurde endlich durch Schadenszauber ein Rit-
ter295, wie das öffentliche Gerücht bezeugt, getötet
und ebenso mehrere andere, die aufzuzählen ich unter-
lasse. Unter diesen war auch ein junger Herr. Als die-
ser nicht auf den Wink der Geliebten mit ihr die
Nacht zubringen wollte und ihr durch seinen Diener
mitgeteilt hatte [68vb], daß er, durch Geschäfte ver-
hindert, die Nacht nicht mit ihr zubringen könnte, be-
fahl sie erzürnt dem Diener: »Sage dem jungen Herrn,
er wird mich nicht mehr lange plagen!« Und so wurde
er am folgenden Tage krank und nach wenigen Tagen
begraben.
Es gibt auch Hexen, die die Richter durch bloßen
Anblick und Hinwenden der Augen zu behexen wis-
sen296; [und] sich auch öffentlich brüsten, daß man
ihnen nichts antun könne. Sie wissen auch allen, die

Hexen
4.343 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 471

wegen krimineller Dinge festgesetzt und, damit sie die


Wahrheit sagen sollen, den schwersten Foltern ausge-
setzt worden sind, Verschwiegenheit aufzuerlegen,
damit sie niemals ihre Taten aufdecken können.
Es gibt auch welche, die zur Durchführung der
Schadenszauber das Bildnis des Gekreuzigten mit
Peitschenhieben und Messerstichen und unter
Schmähworten gegen die Reinheit der glorreichsten
Jungfrau Maria und die Geburt unseres Heilandes aus
ihrem unbefleckten Mutterleib entehrt haben. Es ist
nicht tunlich, jene Worte und die einzelnen Taten auf-
zuzählen, da sie für die Ohren der Frommen allzu be-
leidigend sind. Sie sind aber schriftlich aufgezeichnet
und aufbewahrt. So hatte eine getaufte Jüdin297 auch
andere Jungfrauen verleitet. Als eine davon mit
Namen Walburgis in demselben Jahr in den letzten
Zügen lag und von den Umstehenden zur Beichte der
Sünden ermuntert wurde, rief sie aus: »Leib und Seele
habe ich dem Teufel übergeben, und für mich gibt es
Hoffnung auf Vergebung.« Und so verschied sie.
Diese Einzelheiten habe ich nicht zur Schande,
sondern zum Lob und zum Ruhm des erlauchten Erz-
herzogs298 zusammengetragen, da er in der Tat als
ein rechtgläubiger Fürst und hervorragender Glau-
benseiferer zu ihrer Ausrottung unter Beihilfe des
hochwürdigen Bischofs von Brixen299 sich nicht
wenig Mühe gegeben hat. Das Vorgetragene dient

Hexen
4.344 [II/1,12] Kapitel 12 Hexenhammer, 471

vielmehr zur Verdammung und Verächtlichmachung


eines solch schlimmen Verbrechens. Diejenigen, die
nicht ablassen, Kränkungen von Menschen zu rächen:
wie können sie Kränkungen des Schöpfers und Ver-
höhnungen des Glaubens, ohne Rücksicht auf zeitli-
che Schäden zu nehmen, hinnehmen? Die Grundlage
nämlich aller dieser [Taten] [69ra] ist vor allem die
Ableugnung des Glaubens.

Hexen
4.345 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 472

[II/1,13] Über die Weise, wie die hexenden


Hebammen noch größere Schäden tun, indem
sie Kinder töten oder unter Verfluchungen den
Dämonen opfern. Kapitel 13

Die Schäden, die Kindern von hexenden Hebammen


angetan werden, dürfen nicht übergangen werden; und
zwar erstens, wie sie diese töten, zweitens wie sie sie
den Dämonen opfern, indem sie sie verwünschen. In
der Diözese Straßburg, und zwar in der Stadt Za-
bern300, pflegt eine ehrbare und der seligsten Jung-
frau Maria überaus ergebene Frau einzelnen Besu-
chern ihrer Herberge, die jedermann offensteht – sie
hat als Aushängeschild den Schwarzen Adler – zu er-
zählen, daß ihr folgender Fall zugestoßen sei: »Von
[meinem] Ehemann«, sagte sie, »der schon verstorben
ist, war ich schwanger. Als der Tag der Niederkunft
herannahte, drängte mich eine Frau in lästiger Weise,
ich sollte sie als Hebamme des Kindes annehmen.
Wenn ich nun auch beschlossen hatte, mir eine andere
zu nehmen, da ich um ihren üblen Ruf wußte, so tat
ich doch mit friedlichen Worten so, als ob ich ihren
Bitten entsprechen wollte. [69rb]. Als ich aber beim
Herannahen der Niederkunft eine andere Hebamme
angestellt hatte, betrat nach kaum acht Tagen jene
erste mit zwei anderen Frauen in einer Nacht empört

Hexen
4.346 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 473

meine Kammer und näherte sich meinem Bett, in dem


ich schlief. Als ich meinen Mann rufen wollte, der in
einer anderen Kammer schlief, war ich an den einzel-
nen Gliedern und an der Zunge so kraftlos, ausgenom-
men Sehen und Hören, daß ich nicht einmal eine Zehe
hätte bewegen können. Zwischen jenen beiden ste-
hend, stieß also die Hexe folgende Worte aus: ›Siehe,
diese schlechteste der Frauen wird nicht ungestraft da-
vonkommen, weil sie mich nicht als Hebamme hat
nehmen wollen.‹ Als die anderen beiden, die dabei
standen, bei ihr ein gutes Wort einlegten, indem sie
sagten: ›Niemals hat sie einer von den unseren ge-
schadet‹, entgegnete die Hexe: ›Weil sie mein Mißfal-
len erregt hat, will ich ihr etwas in ihre Eingeweide
hintun; doch so, daß sie um Euretwillen innerhalb
eines halben Jahres keine Schmerzen spüren wird;
aber wenn das verflossen ist, wird sie genug gepeinigt
werden.‹ Sie trat also heran und berührte meinen
Bauch mit der Hand; und es schien mir, als ob sie
nach Herausnahme der Eingeweide bestimmte Gegen-
stände, die ich jedoch nicht sehen konnte, hineintäte.
Als sie dann weggingen und ich wieder Kräfte zum
Schreien bekommen hatte, rief ich, so schnell ich
konnte, meinen Mann und eröffnete ihm das Gesche-
hen.« Jener aber wollte die Ursache dem Kindbett zu-
schreiben und sagte: ›Ihr Wöchnerinnen leidet an vie-
len Wahnvorstellungen und Phantasien‹, und er wollte

Hexen
4.347 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 473

auf keine Weise meinen Worten Glauben schenken.


Und ich fügte hinzu: ›Siehe, sie hat mir ein halbes
Jahr Frist gewährt; wenn mich nach deren Ablauf
keine Qualen überkommen, werde ich dir glauben.‹
Ähnliche Worte trug sie auch [ihrem] Sohn, einem
Kleriker, der damals auch Land-Archidiakon war,
vor, als jener auf Besuch zu ihr gekommen war. Kurz-
um, nachdem sechs Monate auf den Punkt abgelaufen
waren, befiel sie plötzlich ein so heftiger Schmerz der
inneren Eingeweide [69va], daß sie weder an den
Tagen noch in den Nächten ablassen konnte, alle mit
[ihren] Schreien zu stören. Und weil sie, wie voraus-
geschickt, der Jungfrau und der Königin der Barmher-
zigkeit sehr ergeben war, glaubte sie auch, wenn sie
bei Brot und Wasser an den einzelnen Sonntagen fa-
stete, durch deren Fürsprache befreit zu werden. Als
sie daher eines Tages ein Geschäft der Natur verrich-
ten wollte, da brach all jener Unrat aus dem Körper
hervor; und nachdem sie den Ehemann samt dem
Sohn herbeigerufen hatte, sagte sie: »Sind das da etwa
eingebildete Dinge? Habe ich nicht gesagt, daß nach
Verlauf eines halben Jahres die Wahrheit erkannt
werden würde? Oder hat jemand gesehen, daß ich je-
mals Dornen, Knochen und zugleich auch Holzstücke
gegessen hätte?« Es waren nämlich Rosendornen von
der Länge einer Handfläche mit verschiedenen Dingen
ohne Zahl [in ihren Leib] verbracht worden301.

Hexen
4.348 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 474

Außerdem werden, wie sich im ersten Teil des


Werkes aus dem Geständnis jener in Breisach302 zur
Reue zurückgebrachten Dienerin ergeben hat, dem
Glauben bei dieser Ketzerei der Hexen von den Heb-
ammen recht große Schäden angetan, was auch das
Geständnis einiger, die später eingeäschert worden
sind, klarer als das Licht bewiesen hat. In der Diözese
Basel, in der Stadt Dann303, hatte eine Eingeäscherte
gestanden, mehr als vierzig Kinder dergestalt getötet
zu haben, daß sie ihnen, sobald sie aus dem Mutter-
leib hervorkamen, eine Nadel in die Köpfe durch den
Scheitel bis ins Gehirn stach304. Eine andere [Heb-
amme] in der Diözese Straßburg305 hatte gestanden,
Kinder ohne Zahl – darunter ist zu verstehen, daß die
Zahl nicht feststand – getötet zu haben. Sie wurde fol-
gendermaßen überführt: Als sie zur Entbindung einer
Frau aus der einen Stadt in die andere gerufen worden
war und sie nach Erfüllung ihrer Pflicht in ihre Be-
hausung zurückkehren wollte, fiel zufällig, als sie aus
dem Tor der Stadt hinausging, der Arm eines neuge-
borenen Kindes aus dem Leintuch, das sie sich umge-
bunden hatte und in welchem der Arm eingewickelt
war, auf den Boden. Dies sahen diejenigen, die im
Tor saßen, und als jene vorübergegangen war, hoben
sie es als ein Stück Fleisch, wie sie glaubten, von der
Erde auf. Als sie es aber näher betrachteten und an
den Gliedergelenken erkannt hatten, daß es sich nicht

Hexen
4.349 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 475

um ein Stück Fleisch, sondern um den Arm eines Kin-


des handelte, berieten Bürgermeister und Rat306
[69vb]. Und als herauskam, daß ein Kind vor der
Taufe gestorben war und ihm ein Arm fehlte, wurde
die Hexe verhaftet, den [peinlichen] Fragen ausgesetzt
und das Verbrechen aufgedeckt. Und so bekannte sie,
wie vorher erwähnt, Kinder getötet zu haben, ohne die
Zahl [anzugeben].
Aus welchem Grund aber [tun die Hebammen so
etwas]? Man muß jedenfalls annehmen, daß sie durch
das Drängen böser Geister gezwungen werden, sol-
ches zu tun, bisweilen auch gegen ihren Willen. Denn
der Teufel weiß, daß solche Kinder wegen der Strafe
für den Verlust [der Taufe] bzw. der Erbsünde vom
Eintritt in das himmlische Königreich ausgeschlossen
werden. Daher wird auch das Jüngste Gericht länger
hinausgeschoben, bei dem sie den ewigen Qualen
überliefert werden, je langsamer die Zahl der Auser-
wählten vervollständigt wird. Ist sie voll, so wird die
Welt ihr Ende finden. Und wie zuvor schon angespro-
chen worden ist, bereiten sie sich auf Anraten der Dä-
monen aus derlei Gliedmaßen [der Kinder] Salben,
die sich für ihre Praktiken eignen. Aber auch diese
schauderhafte Schandtat darf zur Verdammung eines
so großen Verbrechens nicht mit Stillschweigen über-
gangen werden, daß sie nämlich, wenn sie die Kinder
nicht umbringen, jene dennoch den Dämonen unter

Hexen
4.350 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 476

Verwünschung opfern. Wenn nämlich ein Kind gebo-


ren ist, trägt es die Hebamme, falls die Wöchnerin
nicht schon selber eine Hexe ist, als wollte sie eine
Verrichtung zur Erwärmung des Kindes vollbringen,
aus der Kammer heraus [und] hebt es in die Höhe,
dem Fürsten der Dämonen, d.h. Luzifer, und allen
Dämonen [entgegen]. Sie [die Hexen] opfern es, und
zwar an einer Kochstelle über dem Feuer.
Als jemand, wie er berichtete, bei sich feststellte,
daß seine Ehefrau zur Zeit der Niederkunft gegen den
Brauch der Wöchnerinnen keine Frau zu sich hinein
kommen ließ, mit Ausnahme der eigenen Tochter, die
das Amt des Entbindens versah, versteckte er sich um
jene Zeit heimlich im Haus, da er den Grund dafür
herausfinden wollte. So bemerkte er auch die Reihen-
folge bei der Gotteslästerung und teuflischen Anbe-
tung in der zuvor genannten Weise, [auch sah er], wie
ihm schien, daß das Kind mittels eines Kesselhakens,
nicht durch menschliche Hilfe, sondern durch die Dä-
monen gestützt, schwebte. Darüber im Herzen be-
stürzt, und da er auch die schauerlichen Worte [70ra]
zur Anrufung der Dämonen und die anderen nichts-
würdigen Riten bemerkt hatte, bestand er sehr nach-
drücklich darauf, daß das Kind getauft würde. Und
als es zu einem anderen Dorf geschafft werden mußte,
wo die Pfarrkirche war, und sie [dabei] die Brücke
über einen Fluß zu überqueren hatten, stürzte er sich

Hexen
4.351 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 476

mit gezücktem Schwert auf [seine] Tochter, die das


Kind trug, und rief vor den Ohren der beiden Männer,
die ihm verbunden waren: »Ich will nicht, daß du das
Kind über die Brücke trägst, weil es entweder allein
hinüber schreiten wird oder du im Fluß ertränkt
wirst.« Dadurch erschrak sie zusammen mit den ande-
ren anwesenden Frauen, und sie fragten, ob er nicht
[mehr] im Besitz des Verstandes sei. Denn das Ge-
schehen war allen übrigen unbekannt, mit Ausnahme
der beiden Männer, die ihm vertraut waren. Dann
[rief] jener: »Elendes Weib, durch deine Zauberkunst
hast du das Kind am Kesselhaken hoch hieven lassen.
Bewirke jetzt auch, daß es über die Brücke geht, ohne
daß es jemand trägt, oder ich werde dich im Fluß er-
tränken!« So gezwungen, legte sie das Kind auf die
Brücke, und als sie mit ihrer Kunst den Dämon anrief,
sah man das Kind plötzlich auf der anderen Seite der
Brücke. Nachdem also das Kind getauft worden war,
kehrte er nach Hause zurück; und wenn er auch schon
die Tochter durch Zeugen des Schadenszaubers über-
führen konnte, während er das erste Verbrechen, das
der Opferung, gar nicht hätte beweisen können, weil
nur er selbst jenem gotteslästerlichen Ritus beige-
wohnt hatte, so verklagte er die Tochter samt der
Mutter [erst] nach der Zeit der Reinigung beim Rich-
ter. Und sie wurden gleichzeitig eingeäschert und
[damit wurde] die [Un]tat der gotteslästerlichen Opfe-

Hexen
4.352 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 477

rung, die gewöhnlich durch Hebammen begangen


wird, aufgedeckt.
Aber hieraus entsteht ein Zweifel: was für eine Tat
oder Wirkung eine solche gotteslästerliche Opferung
bei derartigen Kindern bewirken kann? Dazu kann ge-
sagt werden, daß, wie die Dämonen aus einem dreifa-
chen Grund wirken, so dienen auch diese [Opferun-
gen] drei frevelhaften Zwecken: denn erstens suchen
sie infolge ihres Stolzes, der immer emporkommt,
nach jenem [Wort]: »Der Stolz derer, die dich hassen,
kommt immer empor«307, so viel sie können, sich
göttlichen Dingen und Zeremonien anzupassen, um so
in Gestalt des scheinbar Guten leichter zu täuschen.
So verlangen sie [die Dämonen] denn auch von Magi-
ern jungfräuliche Kinder, männlichen oder weiblichen
Geschlechts, wenn sie in den Spiegeln oder Kral-
len308 [70rb] der Zauberer gestohlenes Gut oder an-
dere verborgene Dinge zu offenbaren haben, obwohl
sie dasselbe auch an verdorbenen [Menschen] demon-
strieren könnten. Er [der Dämon] aber [zieht doch
jenes vor], um fälschlich so zu tun, als liebte er die
Keuschheit, die er doch haßt, indem er am meisten die
keuscheste Jungfrau haßt, weil sie »deren Kopf zertre-
ten hat«, Gen. 3309. So täuschen sie unter dem
Schein der Tugend die Seelen der Zauberer und derer,
die an sie glauben durch das Laster der Ungläubig-
keit. Drittens [geschieht die Opferung der Kinder],

Hexen
4.353 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 477

damit die Ruchlosigkeit selbst der Hexen zu ihrer [der


Dämonen] Förderung noch mehr wachse, wenn sie
Hexen erhalten, die ihnen von der Wiege auf geweiht
sind.
Infolgedessen bewirkt diese gotteslästerliche Opfe-
rung dreierlei beim Kind. Wie nämlich erstens die äu-
ßerliche Darbringung von sinnfälligen Dingen, wie
Wein, Brot, Feldfrüchten, an Gott geschieht, und
zwar zum Zeichen der gebotenen Unterwürfigkeit und
Ehrerbietung, nach dem Wort Ecclesiastici 25310:
»Du sollst nicht mit leeren Händen vor dem Ange-
sicht des Herrn erscheinen«, welche Dinge auch spä-
ter auf keinen Fall zu anderen profanen Zwecken ver-
wendet werden dürfen noch können. Daher heißt es
auch 10 q. 1 Papst Damasus311, die Opfer, die in-
nerhalb der Kirche dargebracht werden, stehen allein
den Priestern zu, doch so, daß sie sie nicht nur zum
eigenen Gebrauch verwenden, sondern auch getreulich
darüber verfügen, teils zu den Dingen, die zum Got-
tesdienst gehören, teils, daß sie sie zum Nutzen der
Armen heranziehen. Wie ist es möglich, daß von
Rechtgläubigen auch ein solches, dem Teufel zum
Zeichen der Unterwürfigkeit und Ehrerbietung darge-
brachtes Kind, [noch] zum Dienst an Gott, zu würdi-
ger und fruchtbringender Demut, für sich wie für an-
dere, gebracht werde?312
Denn wer kann sagen, daß die mütterlichen Verbre-

Hexen
4.354 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 478

chen oder fremde Sünden, was die Bestrafung angeht,


nicht auf die Söhne übergehen? Vielleicht jener, der
aufmerksam das prophetische Wort beachtet: »Der
Sohn wird die Unbilligkeit des Vaters nicht tra-
gen«313, aber was ist mit der Stelle Exodus 20:
»Ich, der Herr, bin ein Eiferer, der die Missetaten der
Väter an den Söhnen bis ins dritte und vierte Glied
heimsucht?«314 Dies ist nämlich der Sinn beider
[Sätze]; daß der erste verstanden werde bezüglich der
geistlichen Strafe nach dem Urteil des Himmels oder
Gottes und nicht nach dem Urteil des [weltlichen] Ge-
richtes. Und zwar ist es die Strafe, die hauptsächlich
die Seele betrifft, sei es nun die Strafe der Verdamm-
nis, wie z.B. der Entzug der Gnade, oder sei es die
Strafe der sinnlichen Empfindung [70va], d.h. der
Qual des höllischen Feuers. Mit diesen Strafen wird
nämlich niemals jemand ohne eigene Schuld gestraft,
die entweder wegen der Erbsünde oder bezüglich
einer tätigen Sünde eingegangen wird. Weil aber der
zweite Beleg, wie Gratian 1 q. 4 § quibus315 aus-
einandersetzt, wo er auch noch andere Auslegungen
gibt, bezüglich der Nachahmer der väterlichen Sün-
den verstanden wird, so wird jemand nach dem Rat-
schluß Gottes mit anderen beliebigen Strafen gestraft,
nicht nur um seiner eigenen Schuld, die er begangen
hat oder [erst] begehen soll, d.h., damit sie [diese
Sünde] vermieden werde, sondern auch um der Schuld

Hexen
4.355 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 479

eines anderen willen.


Es gilt auch nicht, wenn gesagt werden sollte, daß
dann ohne Grund und ohne Schuld gestraft wird, die
[ja] der Grund der Strafe sein muß: weil nach der
Regel des Rechts niemand ohne Schuld zu bestrafen
ist, wenn nicht ein [sonstiger] Grund vorliegt316.
Daher können wir sagen, daß immer ein Grund, ja der
allergerechteste, vorhanden ist, wenn er uns auch un-
bekannt bleibt, 24 q. 4 Augustinus317. Und wenn
wir angesichts einer bestimmten Handlung nicht in
die Tiefe der Ratschlüsse Gottes eindringen können,
so wissen wir doch, daß das, was er gesagt hat, wahr
und das, was er getan hat, gerecht ist318.
Es besteht jedoch ein Unterschied bei den [dem
Dämon] dargebrachten Kindern. Denn, wenn man von
den Unschuldigen spricht, die nicht von Hexenmüt-
tern, sondern von Hebammen den Dämonen geopfert
und heimlich, wie oben gesagt, aus den Armen und
dem Mutterleib einer ehrbaren Mutter geraubt wer-
den, dann sind solche Unschuldige, wie man billig
glauben muß, nicht so sehr verlassen, daß sie zu
Nachahmern so großer Verbrechern werden, sondern
zu Nachahmern der elterlichen Tugenden. Das zweite,
was diese gotteslästerliche Opferung bewirkt, ist, daß,
wie bei jener Opferung, bei der der Mensch sich
selbst als Opfer darbringt, er Gott als seinen Anfang
und sein Ende anerkennt – welches [Opfer] wahrlich

Hexen
4.356 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 479

würdiger ist als alle anderen äußerlichen, von ihm


dargebrachten Opfer, nach dem Wort: »Das Opfer für
Gott ist ein furchtsamer Sinn, ein zerknirschtes und
demütiges Herz; das mögest du, Gott, nicht ver-
schmähen«319; und zwar bezüglich des Anfangs der
Schöpfung und des Endes in der Verherrlichung – so
bringt auch die Hexe selbst das Kind dem Teufel ent-
gegen, befiehlt sie ihm dessen Seele und Körper
gleichwie als seinen Anfang und sein Ende in der ewi-
gen Verdammnis an. Daher wird es nur [70vb] auf
wunderbare Weise von der Begleichung einer so gro-
ßen Schuld befreit werden können.
Gewöhnlich wird eine Geschichte oder vielmehr
mehrere von Kindern erzählt, die aus dem Mutterleib
den Dämonen unversehens, aus einer bestimmten Lei-
denschaft und Erregung des Geistes heraus, von den
Müttern dargebracht worden waren, und wie sie nur
mit größter Schwierigkeit im Erwachsenenalter aus
der Botmäßigkeit den Dämonen gegenüber haben be-
freit werden können, die diese mit göttlicher Zulas-
sung für sich vereinnahmten. Von solchen Beispielen
ist, wie man weiß, das Buch der Beispiele der selig-
sten Jungfrau Maria320 voll, besonders auch von
jenem, der, da er von den Mißhandlungen der Dämo-
nen nicht hatte befreit werden können, endlich vom
höchsten Pontifex [Papst] zu einem im Osten woh-
nenden Mann geschickt und auch dann nur mit großer

Hexen
4.357 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 480

Mühe durch Eingreifen der glorreichsten Jungfrau


selbst jener Botmäßigkeit entrissen wurde.
Wenn daher zur Ahndung einer unbeabsichtigt ge-
schehenen – ich sage nicht Opferung, aber doch –
Überlassung, wenn z.B. die Mutter aus Unwillen über
den dem Mann zu leistenden Geschlechtsverkehr auf
die Bemerkung des Gatten: »Ich hoffe, daß hieraus
eine Frucht hervorgehen wird« erwidert: »Jene Frucht
sei dem Teufel gegeben!« eine solche Strenge der
göttlichen Bestrafung offenbar wird, eine wie große
mag dann erst wüten, wenn eine so große Beleidigung
der göttlichen Majestät festgestellt wird!
Das dritte, was diese gotteslästerliche Opferung be-
wirkt, ist die gewohnheitsmäßige Neigung, derartige
Schadenszauber Menschen, Vieh und Feldfrüchten
anzutun. Der Grund dafür kann angegeben werden
nach dem, was bei Thomas 2,2. qu. 108321 bezüg-
lich der zeitlichen Bestrafung hergeleitet wird, mit der
manche wegen fremder Schuld gestraft werden. Er
sagt nämlich, [es geschehe], weil die Söhne ihrem
Körper nach gewissermaßen Sachen des Vaters seien
und Diener und Tiere Sachen der Herren. Und da je-
mand an allen seinen Besitztümern zu bestrafen sei,
so werden auch die Söhne öfter für die Eltern bestraft.
Dieser Grund unterscheidet sich von demjenigen, der
oben322 bezüglich der Verfehlungen der Väter ange-
sprochen ist, daß Gott [diese] an den Söhnen bis ins

Hexen
4.358 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 481

dritte und vierte Glied heimsucht. Weil das, wie dort


angesprochen worden ist, von den Nachahmern der
väterlichen Verbrechen angenommen wird [71ra].
Dieser Grund aber für die Bestrafung der Söhne für
die Eltern beschränkt sich darauf, daß die elterlichen
Verbrechen nicht tätig durch böse Werke nachgeahmt
werden, sondern nur in ihren Anlagen. So starb denn
auch der aus dem Ehebruch Davids geborene Sohn
sehr schnell323, und es wurde befohlen, die Tiere der
Amalekiter zu töten324, wiewohl in derlei Dingen
auch noch ein mystischer Grund vorliegt, wie es in I
q. 4 § parvulos325 enthalten ist.
Nach all diesen Dingen ist es nicht verfehlt zu
sagen, daß derartige Kinder immer bis zum Lebensen-
de zur Vollbringung von Schadenszauber neigen. Wie
nämlich Gott das ihm Dargebrachte heiligt, wie die
Taten der Heiligen zeigen, wo die Eltern die von
ihnen zu erzeugende Nachkommenschaft Gott geweiht
hatten, so hört auch der Teufel durchaus nicht auf, das
ihm Geopferte zu vergiften. Aus dem Alten und aus
dem Neuen Testament könnten unzählige Geschichten
angeführt werden. So waren mehrere Patriarchen und
Propheten, wie Isaak326, Samuel327, Samson328, so
auch Alexius, Nikolaus und unzählige andere mit sehr
vielen Gnadengaben zur Heiligkeit des Lebens be-
stimmt. Die Erfahrung endlich zeigt, daß durchweg
die Töchter von Hexen unter ihresgleichen als Nach-

Hexen
4.359 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 482

ahmerinnen der mütterlichen Verbrechen verrufen


sind, ja daß auch die ganze Nachkommenschaft
gleichsam angesteckt ist. Und der Grund dafür und
für alles Vorangegangene ist ja, daß sie immer einen
Überlebenden zu hinterlassen haben und mit allen
Kräften nach Vermehrung jener Ruchlosigkeit auf-
grund des mit dem Dämon eingegangenen Paktes zu
streben haben. Wie könnte es denn [sonst] geschehen,
daß, wie sehr häufig ermittelt worden ist, unreife
Mädchen von acht oder zehn Jahren Stürme und Ha-
gelschläge zusammengebraut haben, wenn nicht auf-
grund eines solchen Paktes im Rahmen einer solchen
gotteslästerlichen Opferung durch die Hexenmutter
das Kind verwunschen worden wäre? Denn die Kin-
der könnten so etwas von sich aus, aufgrund der Ab-
leugnung des Glaubens, wie es die erwachsenen
Hexen von Anfang an zu tun haben, nicht bewirken,
da sie möglicherweise noch nicht einmal von einem
einzigen Glaubensartikel Kenntnis haben.
Von diesen Taten wollen wir einige zur Sprache
bringen. Als in Schwaben329 ein Landwirt beschlos-
sen hatte, die Saaten auf den Feldern mit [seiner]
kaum acht Jahre alten kleinen Tochter zu besichtigen,
und wegen [71rb] der Dürre des Landes Regen [her-
bei] sehnte und er darüber grübelte und nachdachte
und dabei sagte: »Ach, wann wird Regen kommen?!«,
sagte das Mädchen, das die Worte des Vaters hörte,

Hexen
4.360 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 482

in der [kindlichen] Einfalt [seines] Geistes: »Vater,


wenn du Regen möchtest, will ich machen, daß
schnell einer kommt.« Darauf aber der Vater: »Wie
kommst du darauf? Kannst du denn Regen machen?«
Das Mädchen antwortete: »Allemal, und nicht nur
Regen, sondern ich weiß auch Hagelschläge und Stür-
me zusammen zu brauen.« Und der Vater: »Wer hat
es dich denn gelehrt?« Es antwortete: »Meine Mutter.
Aber sie hat mir verboten, es jemandem zu sagen.«
Darauf wiederum der Vater: »Und auf welche Weise
hat sie es dich gelehrt?« Sie antwortete: »Sie übergab
mich einem Meister; diesen kann ich zu jeder Stunde
für jeden beliebigen Wunsch [zur Verfügung] haben.«
Der Vater aber: »Hast du ihn gesehen?« Es antworte-
te: »Ich habe bisweilen Männer bei der Mutter aus-
und eingehen sehen; und als ich fragte, wer sie denn
wären, antwortete sie: Es sind unsere Meister, denen
ich auch dich übergeben und anvertraut habe, mächti-
ge Gönner und Reiche.« Der erschrockene Vater frag-
te, ob sie zu dieser Stunde Hagel erzeugen könne?
Und das Mädchen: »Klar kann ich es tun, wenn ich
nur ein wenig Wasser habe.« Darauf führte der Vater
das Mädchen an der Hand an einen Sturzbach und
sagte: »Tue es, aber nur über unseren Acker.« Da
steckte das Mädchen die Hand in das Wasser und be-
wegte es im Namen ihres Meisters nach der Unterwei-
sung der Mutter. Und siehe, der Regen überflutete nur

Hexen
4.361 [II/1,13] Kapitel 13 Hexenhammer, 482

jenen Acker. Als der Vater das bemerkte, sagte er:


»Mache auch Hagel, aber nur über einen von unseren
Äckern.« Als das Mädchen das ebenfalls getan hatte,
verklagte der durch die Erfahrung überzeugte Vater
die Ehefrau beim Richter. Diese wurde verhaftet und
als Überführte eingeäschert; die Tochter wurde von
neuem getauft und Gott geweiht und konnte jenes
nicht weiter vollbringen.

Hexen
4.362 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 483

[II/1,14] Über die Weise, wie die Hexen dem


Vieh verschiedene Schäden antun. Kapitel 14

Der Apostel sagt: »Kümmert sich Gott etwa [71 va]


um die Ochsen?«330, womit er andeuten will, daß,
wenn auch alles der göttlichen Vorsehung unterliegt,
sowohl Menschen als auch Haustiere, indem er beides
nach seinem Maß bewahrt, wie der Psalmist331 sagt,
doch die Söhne der Menschen unter dem Schutz und
Schirm der [göttlichen] Flügel mehr umsorgt werden;
und wenn ich sage, die Menschen werden mit göttli-
cher Zulassung durch die Zauberer betrübt, Unschul-
dige, Gerechte und Sünder, die Eltern schließlich an
den Söhnen, die diesen gehörende Sachen sind; und
da in ähnlicher Weise Vieh [und] Feldfrüchte als Sa-
chen der Menschen gelten, so soll sich niemand an-
maßen zu bezweifeln, daß mit göttlicher Zulassung
auch über jene von den Zauberern und Hexen Schä-
den verhängt werden können. So verlor Iob, vom
Teufel geschlagen, alle Haustiere; so findet man
schließlich nicht das kleinste Dörfchen, wo die Frauen
nicht davon ablassen, gegenseitig die Kühe zu vergif-
ten, ihnen die Milch zu nehmen und sie sehr oft um-
zubringen. Um aber mit der kleinsten Schädigung an-
zufangen: Was vom Diebstahl der Milch zu halten
ist?332 Wenn nach der Weise gefragt wird, in der sie

Hexen
4.363 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 484

das zu bewirken vermögen, so kann man antworten,


daß, weil nach Albertus 3 de animalibus333, die
Milch bei jedem beliebigen Tier nach der Natur des
Menstrualblutes ist, sowie auch anderer Ausfluß bei
der Frau, wenn ein solcher Ausfluß nicht infolge ir-
gendeiner Krankheit, entweder aus einer Anlage der
Natur oder infolge einer akzidenziellen Krankheit ge-
hemmt wird, dann wird er [der Ausfluß] bisweilen
durch Schadenszauber gehemmt oder aufgehoben. In-
folge einer natürlichen Anlage aber wird die Milch,
nachdem die Leibesfrucht empfangen worden ist, in-
folge einer akzidenziellen Krankheit gehemmt, wie
z.B. sehr oft infolge des Genusses eines Krautes, wel-
ches von Natur aus die Milch hemmen und die Kuh
verändern kann.
Infolge eines Schadenszaubers verrichten sie solche
Dinge auf verschiedene Arten. Manche nämlich ver-
sammeln sich zur Nachtzeit, und zwar auf Betreiben
des Teufels zur größeren Schmach der göttlichen Ma-
jestät, durchaus an den besonders heiligen Tagen in
einem beliebigen Winkel ihres Hauses, mit dem
Melkeimer zwischen den Beinen. Und indem sie ein
Messer oder irgendein Werkzeug in die Wand oder in
einen Pfosten stecken und die Hände [wie] zum Mel-
ken anlegen, rufen sie ihren Teufel an, der ihnen
immer bei allem hilft. [71vb] Und [die betreffende
Person] schlägt ihm vor, daß sie von der und der Kuh

Hexen
4.364 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 485

aus dem und dem Haus, die besonders gesund ist und
eher Milch im Überfluß hat, zu melken wünscht.
Dann nimmt der Teufel plötzlich aus den Zitzen jener
Kuh die Milch und bringt sie an den Ort, wo die Hexe
sitzt, so daß sie gleichsam aus dem Werkzeug
fließt334.
Wenn man dies dem Volk predigt, wird wahrlich
niemand von ihnen [im Milchdiebstahl] unterwiesen.
Denn wie sehr einer auch den Dämon anriefe und
meinte, dies durch die bloße Anrufung ausführen zu
können, würde er sich selbst täuschen, weil er der
Grundlage jener Ruchlosigkeit entbehrt: weil er näm-
lich keine Huldigung geleistet und den Glauben nicht
verleugnet hat. Das habe ich deshalb angeführt, da
viele glauben, diese und andere Dinge, die angeführt
sind, dürften dem Volk wegen der Gefahr der Unter-
weisung nicht vorgeführt werden. Aber aus dem be-
handelten Grund kann ja unmöglich jemand durch
einen Prediger [im Hexen] unterwiesen werden. Viel-
mehr dienen sie zur Verdammung eines so großen
Verbrechens, und sie sind zu predigen, damit die
Richter sich um die Ahndung eines so großen Verbre-
chens, d.h. der Ableugnung des Glaubens, noch mehr
bemühen. Freilich ist das nicht immer so: die weltli-
chen Richter bewerten nämlich derartige zeitliche
Schäden höher, da sie sich mehr über zeitliche [Schä-
den] aufregen als über geistliche [Verbrechen]. Daher

Hexen
4.365 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 485

ereifern sie sich auch mehr bei deren [der Hexen] Be-
strafung, wenn ihnen [von den Predigern] versichert
wird, daß solches [der Milchdiebstahl] geschehen
kann. Wer jedoch kann die Verschlagenheit des Teu-
fels erklären?!
Ich habe welche gekannt, die, als sie in einer Ge-
sellschaft beisammen waren und im [Monat] Mai
während einer Reise auf einer Wiese an einem Sturz-
bach saßen, Maibutter335 zu essen wünschten. Einer
von ihnen sagte aufgrund des vorher, sei es still-
schweigend, sei es ausdrücklich, mit dem Dämon ein-
gegangenen Paktes: »Ich werde die beste Maibutter
besorgen!« Und sogleich legte er die Kleider ab, trat
in den Sturzbach, nicht stehend, sondern sitzend und
kehrte den Rücken gegen die Strömung des Wassers.
Und während er vor den Augen der Übrigen bestimm-
te Worte vorbrachte und das Wasser mit den Händen
hinter dem Rücken bewegte, brachte er kurz darauf in
großer Menge Butter, in der Weise geformt, wie die
Bauern sie gewöhnlich im Mai auf dem Markt ver-
kaufen. Als die anderen kosteten [72ra], versicherten
sie, daß sie bestens sei. Hieraus ersieht man erstens,
daß er seiner Praktiken sicher war, weil er nichts wei-
ter war als ein Zauberer aufgrund des mit dem Dämon
eingegangenen Paktes oder weil er aufgrund eines
stillschweigenden Paktes wußte, daß der Teufel nach
Wunsch dabei sein werde. Im ersten Fall bedarf es

Hexen
4.366 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 486

keiner Erörterung, daß er ein wahrer Zauberer war;


wenn aber das zweite, dann bediente er sich der Hilfe
des Teufels, weil er ihm von der Mutter oder der Heb-
amme geopfert worden war. Wenn jemand einwenden
würde, daß vielleicht der Teufel die Butter ohne ir-
gendeinen stillschweigenden oder ausdrücklichen
Pakt und auch ohne irgendeine Opferung, wie voraus-
geschickt wurde, herbeigebracht habe, so wird geant-
wortet, daß sich niemals jemand der Hilfe des Teufels
bei ähnlichen Werken ohne dessen Anrufung bedient,
weil er mit der Tat selbst, wenn er die Hilfe des Dä-
mons sucht, als Apostat gegen den Glauben handelt;
nach der Entscheidung des Doktors in 2 sententi-
arum di. 8336 über das Problem, ob sich der Hilfe
der Dämonen zu bedienen, Apostasie vom Glauben
sei. Denn mag auch Albertus Magnus337 mit den
anderen Gelehrten übereinstimmen, so sagte er doch
mit mehr Nachdruck, daß in solchen Dingen immer
Apostasie mit Worten oder der Tat vorliegt. Wenn
nämlich Anrufungen, Beschwörungen, Räucherungen
und Anbetungen geschehen, dann wird ein offener
Pakt mit dem Dämon eingegangen, d.h. [auch] ohne
daß man ihm Körper und Seele unter gänzlicher oder
teilweise Verleugnung des Glaubens übergibt; weil
man dadurch, daß man ihn anruft, schon eine offene
Apostasie mit Worten begeht. Wenn aber keine Anru-
fung mit Worten geschieht, sondern bloß mit einer

Hexen
4.367 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 486

einfachen Handlung, weil er nämlich ein solches


Werk tut, das ohne Hilfe des Dämons keine Wirkung
haben kann, mag er es tun, indem er entweder im
Namen des Teufels beginnt oder mit anderen, unbe-
kannten Worten oder ohne jedes Wort, doch in jener
Absicht, wie gesagt worden ist, dann ist es, wie Al-
bertus angibt, eine Apostasie der Tat, weil jenes
Werk vom Dämon erwartet wird. Vom Dämon aber
etwas zu erwarten oder etwas durch ihn anzunehmen
ist immer eine Schmähung des Glaubens und deswe-
gen Apostasie. Daher wird auch gefolgert, daß
[72rb], auf welche Weise auch immer der zuvor er-
wähnte Magier dies vollbracht hat, er es aufgrund
eines stillschweigenden oder ausdrückliches Paktes
vollbracht hat. Und wenn ohne ausdrücklichen Pakt,
dann hat er wahrscheinlich derartiges, wie es die Zau-
berer gewöhnlich tun, durch einen stillschweigenden
und verborgenen, entweder aus sich heraus eingegan-
genen oder aus dem von der Mutter oder Hebamme
geschlossenen Pakt bewirkt. Und ich sage aus sich
heraus, weil er die Tat nur vollbringen konnte, indem
er den Erfolg vom Teufel erwartete.
Das zweite, was jener oder einer ähnlichen Praktik
entnommen wird, ist, daß, weil der Teufel keine Neu-
gestaltung von Dingen erschaffen kann, deshalb dort,
wo plötzlich natürliche Butter aus dem Wasser her-
vorkam, dies durch die Kraft der Dämonen geschah.

Hexen
4.368 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 487

Nicht als ob er das Wasser in Milch verwandelt hätte,


sondern entweder nahm er die anderswo aufbewahrte
Butter von [ihrem] Platz weg und gab sie jenem in die
Hand, oder er nahm natürliche Milch aus einer natür-
lichen Kuh und [brachte] sie schnell [herbei], so wie
auf natürliche Weise durch Gerinnen Butter erzeugt
wird. Denn während die Fertigkeit der Frauen erst
nach einer bestimmten Zeit Butter zu formen erlaubt,
versteht er [der Dämon] dies in kürzester Zeit zu be-
wirken.
Auf diesen Vorgang wird es zurückgeführt, wenn
manche Abergläubische, die keinen Wein oder ande-
ren Bedarf haben, zur Nachtzeit nur eine Flasche oder
ein anderes kleines Gefäß nehmen, und während sie
durch irgendein Dorf schreiten, das Gefäß plötzlich
mit Wein gefüllt zurück tragen. Dann hat nämlich der
Teufel natürlichen Wein aus irgendeinem Gefäß ge-
nommen und jenem in die Flasche gefüllt.
Über die Weise aber, wie die Zauberer Tiere und
Vieh umbringen, ist es nötig zu sagen, daß sie wie die
Menschen, so auch die Haustiere entweder durch Be-
rührung [behexen] oder nur durch einen Blick oder
indem sie unter die Schwelle der Stalltür selbst oder
dort, wohin [die Tiere] gewöhnlich zur Tränke gehen,
irgendeinen Schadenszauber oder Schadenszaubermit-
tel niederlegen. So hatten nämlich auch jene in Ra-
vensburg Eingeäscherten, von denen weiter unten die

Hexen
4.369 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 488

Rede sein wird, immer auf Betreiben der Dämonen


[dort] zu behexen, wo bessere Pferde oder fettere
Haustiere waren. Und als sie gefragt wurden, auf wel-
che Art sie solche Dinge bewirken würden, antwortete
eine mit Namen Agnes338, daß sie unter der Schwelle
der Stalltür bestimmte Dinge versteckten. Auf die
Frage, was für Dinge [72va], antwortete sie: »Kno-
chen von verschiedenen Tierarten.« Und weiter [ge-
fragt], in wessen Namen sie dies täten, antwortete sie:
»Im Namen des Teufels und aller anderen Dämonen.«
Eine andere aber mit Namen Anna339 hatte einem der
Bürger nacheinander dreiundzwanzig Pferde verhext –
er war nämlich ein Fuhrmann –, und als er sich
schließlich das vierundzwanzigste gekauft hatte und
schon in die äußerste Armut geraten war, sagte er in
seiner Stalltür stehend zur Hexe, die ebenfalls in der
Tür ihres Hauses stand: »Siehe, jetzt habe ich ein
Pferd gekauft. Ich verspreche Gott und seiner Mutter,
wenn jenes Pferd sterben wird, werde ich dich mit
meinen eigenen Händen töten.« Darüber erschrocken
ließ ihm die Hexe das Pferd unberührt. Als sie nun
verhaftet und gefragt worden war, auf welche Weise
sie solches bewirkt hätte, antwortete sie, sie habe nur
eine Grube gemacht. Dann habe der Teufel bestimm-
te, ihr unbekannte Dinge hineingelegt. Daraus ersieht
man, daß sie nur die Hand oder den Blick beizutragen
haben, und zwar, damit die Hexe auf jeden Fall mit-

Hexen
4.370 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 489

wirke, denn andernfalls, wenn die Hexe nicht mit-


wirkte, würde dem Teufel die Möglichkeit, gegen die
Geschöpfe zu wüten, nicht zugelassen werden, wie
oben340 angesprochen worden ist. Und dies geschieht
nur zur größeren Beleidigung der göttlichen Majestät.
Sehr häufig haben auch die Hirten gesehen, daß be-
stimmte Tiere auf den Feldern drei oder vier Sprünge
in die Luft machten, dann plötzlich auf die Erde stürz-
ten und verendeten, und zwar immer durch die Kraft
der Dämonen auf Betreiben der Hexen.
In der Diözese Augsburg endlich, zwischen der
Stadt Füssen341 und dem mons ferrerius342 versi-
cherte ein sehr reicher Mann, daß ihm und anderen in
den Alpen über vierzig Haustiere an Ochsen und
Kühen verhext worden waren, und zwar innerhalb
Jahresfrist, ohne daß die Pest oder eine andere Krank-
heit umging. Und als Merkmal gab er an, daß, wenn
sie an der Pest oder an einer anderen zufälligen
Krankheit sterben, sie nicht plötzlich, sondern nach
und nach zugrunde gehen. Jener Schadenszauber aber
nahm ihnen plötzlich alle Kraft, so daß von allen ge-
urteilt wurde, sie seien durch Schadenszauber umge-
bracht worden. Ich habe jene Zahl allerdings vernom-
men, glaube zwar, daß er [72vb] eine noch grö-
ßere343 genannt hat, doch ist nur allzu wahr, daß in
[solchen] Gegenden und besonders in den Alpen be-
richtet wird, daß die Haustiere behext werden. Diese

Hexen
4.371 [II/1,14] Kapitel 14 Hexenhammer, 489

Art des Schadenszaubers ist, wie man weiß, allenthal-


ben verbreitet.
Andere ähnliche Dinge werden unten in dem Kapi-
tel344 von den gegen die Schadenszauber an Haustie-
ren anzuwendenden Mittel erörtert.

Hexen
4.372 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 489

[II/1,15] Über die Weise, wie sie Hagelschläge


und Stürme zusammenbrauen und Blitze auf
Menschen und Vieh schleudern. Kapitel 15

Endlich, daß die Dämonen und ihre Lehrlinge solche


Schadenszauber bei Blitzen, Hagelschlägen und Ge-
wittern hervorrufen können, und zwar bezüglich der
Dämonen mit Erlangung der Macht von Gott oder be-
züglich der Lehrlinge mit dessen Zulassung, das wird
durch die Heilige Schrift, Iob 1 und 2345, bewiesen,
wo der Dämon mit der von Gott erlangten Macht so-
fort dafür sorgte, daß die Sabäer fünfhundert Joch
Ochsen und fünfhundert Eselinnen wegführten und
dann ein vom Himmel fallendes Feuer siebentausend
Kamele verzehrte, endlich auch sieben Söhne und drei
Töchter durch einen gewaltigen Wind und den Ein-
sturz des Hauses den Tod fanden, und immerzu viele
Knaben, d.h. Diener, umkamen – mit Ausnahme eines
einzigen, der es meldete – und auch dafür sorgte, daß
der Körper des heiligen Mannes überall mit einem
ganz schlimmen Geschwür geschlagen wurde und die
Ehefrau sowie drei seiner Freunde ihm schwer zusetz-
ten. Auch der heilige Thomas sagt in seiner Postille
über Iob346: »Man muß notwendigerweise zugeben,
daß mit Gottes Zulassung die Dämonen ein Durchein-
anderwirbeln der Luft bewirken können, Winde erre-

Hexen
4.373 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 490

gen und bewerkstelligen können, daß Feuer vom


Himmel fällt. Wiewohl nämlich die körperliche Natur
weder den guten noch den bösen Engeln auf einen
Wink hin gehorcht, Formen anzunehmen, sondern
Gott, dem Schöpfer, allein, so ist doch bezüglich der
örtlichen Bewegung die körperliche Natur dazu ge-
schaffen, einer geistigen Natur zu gehorchen. Die Be-
gründung dafür ergibt sich am Menschen. Denn auf
den bloßen Befehl des Willens hin, der subjektiv in
der Seele ist, bewegen sich die Glieder, um das vom
Willen aufgetragene Werk auszuführen. Was auch
immer also durch bloße örtliche Bewegung geschehen
kann, das können nicht allein gute, sondern auch böse
[Engel] durch [ihre] natürliche Kraft tun, wenn sie
nicht göttlicherseits gehindert werden. Winde aber
und Regen und andere derartige [73ra] Störungen der
Luft können aus der bloßen Bewegung der aus der
Erde und dem Wasser losgelösten Dämpfe entstehen.
Daher genügt zur Bewirkung von derlei die natürliche
Kraft des Dämons.« Soweit Thomas.
Die Übel nämlich, die uns in der Welt auf unsere
[Sünden] hin, die [solches geradezu] herausfor-
dern347, widerfahren, pflegt Gott durch die Dämo-
nen, gleichsam seine Folterknechte, billig zu verhän-
gen. Daher sagt auch die Glosse über jenen Psalm
104348: »›Er rief den Hunger auf die Erde und er-
schöpfte allen Brotvorrat‹ folgendes: ›Diese Übel er-

Hexen
4.374 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 491

laubt Gott durch böse Engel, die solchen Dingen vor-


gesetzt sind.‹ Er ruft also den Hunger, d.h. den Engel,
der über den Hunger gebietet.«
Es könnten auch jene Dinge [angeführt werden],
die oben349 bei der Frage bemerkt worden sind, ob
die Zauberer immer bei der Zufügung der Schadens-
zauber mit den Dämonen zusammenzuwirken haben,
wo von der dreifachen Schädigung [die Rede ist], und
wie bisweilen die Dämonen ohne die Zauberer und
Hexen verschiedene Schäden verüben. Mit den Zau-
berern und Hexen aber schaden die Dämonen lieber,
weil Gott dadurch mehr angegriffen wird und ihnen
daher größere Befugnis zu strafen und zu treffen ein-
geräumt wird.
Dienlich ist auch, was die doctores über 2 senten.
dist 6350 [erwägen]: ob den bösen Engeln in ange-
messener Weise ein Ort in der finsteren Luft angewie-
sen sei? Da dreierlei an den Dämonen erwogen wird,
Natur, Amt und Schuld, so würde, wie die Natur dem
Empyreum351, die Schuld aber der Hölle, ihre Zu-
ständigkeit – da sie Folterknechte sind und Diener
[Gottes], wie oben angesprochen worden ist – zur Be-
strafung der Bösen und Prüfung der Guten der finste-
ren Luft entsprechen, damit sie uns nicht zu sehr be-
unruhigen, wenn sie in der unteren Welt bei uns
wohnten. Daher wissen sie auch in der Luft und an
der Sphäre des Feuers das Aktive mit dem Passiven

Hexen
4.375 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 491

zu verbinden, wenn es ihnen von Gott gestattet wird,


und sie bewirken, daß Feuer vom Himmel fällt oder
auch daß Blitze strahlen. Im Formicarius352 wird
von einem durch den Richter Verhafteten erzählt, der,
als er gefragt wurde, wie sie beim Zusammenbrauen
von Hagelschlägen und Stürmen vorgingen und ob es
ihnen leicht falle, dies zu bewirken, antwortete: »Wir
bewirken Hagelschläge mit Leichtigkeit, können aber
nicht nach Belieben verletzen.« Denke hier an den
Schutz der guten Engel! Dann fügte er hinzu: »Wir
können nur diejenigen verletzen, die von Gottes Bei-
stand verlassen sind; die sich aber mit dem Zeichen
des Kreuzes schützen, können wir nicht verletzen.
Dies ist aber unsere [Vorgehens]weise: Zuerst flehen
wir mit bestimmten Worten auf den Feldern den Für-
sten aller [73rb] Dämonen an, daß er jemanden von
den Seinen sende, der den von uns Bezeichneten tref-
fen soll. Wenn dann ein bestimmter Dämon kommt,
opfern wir ihm an einem Kreuzweg ein schwarzes
Hühnchen, indem wir es hoch in die Luft werfen.
Wenn es vom Dämon angenommen wird, gehorcht er
und braut sofort die Luft zusammen, aber freilich
nicht immer schleudert er Hagel und Blitz an den von
uns bezeichneten Orten, sondern gemäß der Zulas-
sung des lebendigen Gottes.«
Es wird auch eben dort353 von einem Anführer
oder Ketzerfürsten der Zauberer, stafus354 genannt,

Hexen
4.376 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 492

erzählt, der sich, im Territorium von Bern und den an-


liegenden Orten ansässig, öffentlich dessen zu rühmen
wagte, er könne sich, wann immer er wollte, vor den
Augen aller Gegner gleichsam in eine Maus verwan-
deln und den Händen seiner Todfeinde entfliehen.
Und so sei er ihnen auch öfter entgangen. Als aber die
göttliche Gerechtigkeit seiner Bosheit ein Ende ma-
chen wollte, wurde er von seinen Feinden unvermutet
mit Schwertern und Lanzen durchbohrt und fand
wegen seiner Schandtaten ein elendes Ende, nachdem
von denen, welche ihm nachstellten, vorsichtig ausge-
kundschaftet worden war, daß er in einer Stube am
Fenster sitze. Er hinterließ jedoch einen überlebenden
Schüler namens Hoppo. Dieser machte den Stad-
lin355, von dem im sechsten Kapitel berichtet wird,
zum Meister. Diese beiden konnten, wenn sie wollten,
den dritten Teil des Mistes, des Heus oder des Getrei-
des oder jeder beliebigen anderen Sache vom benach-
barten Feld, ohne daß einer es sah, zum eigenen Feld
schaffen, die kräftigsten Hagelschläge und schädliche
Ausdünstungen samt Blitzen bewirken, vor den
Augen der Eltern Kinder, die am Wasser herumliefen,
hinein werfen, ohne daß jemand es sah, Unfruchtbar-
keit bei Menschen und Haustieren bewirken, anderen
verborgene Dinge offenbaren, an Sachen und Körpern
auf jede nur mögliche Weise verletzen, mit dem Blitz-
strahl zuweilen wen sie wollten töten und viele andere

Hexen
4.377 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 493

schreckliche Dinge tun, wo und wann immer die gött-


liche Gerechtigkeit es geschehen ließ356.
Aber [auch] auf das, was von uns ermittelt wurde,
ist es nützlich, hinzuweisen. In der Diözese Konstanz
nämlich, von der Stadt Ravensburg achtundzwanzig
deutsche Meilen nach Salzburg zu357, hatte sich ein
schlimm wütendes Hagelwetter erhoben [und] alle
Feldfrüchte, Saaten und Weinberge in der Breite einer
Meile dermaßen zermalmt, daß man glaubte, nicht
einmal das dritte Jahr danach werde an den Weinber-
gen wieder Ernte bringen [73va]. Als nun das Ge-
schehen durch den Notar der Inquisition358 bekannt
geworden war und wegen des Geschreis des Volkes
die Inquisition nötig wurde, indem einige, ja fast alle
Bürger glaubten, daß solche Dinge durch Schadens-
zauber geschehen seien, so wurde mit Zustimmung
der Ratsherren fünfzehn Tage hindurch rechtsförmig
von uns über die Ketzerei der Hexen inquiriert; und
wenigstens gegen zwei Personen, die mehr als die an-
deren, die jedoch in nicht kleiner Zahl ebenfalls in
üblem Ruf standen, wurde vorgegangen. Der Name
der einen War Agnes Baderin359, der der anderen
Anna Mindelheimerin360. Sie wurden verhaftet und
einzeln in getrennte Zellen getan, ohne daß die eine
von der anderen das geringste wußte. Am folgenden
Morgen wurde die Baderin vom Regierenden oder
Bürgermeister, einem großen Glaubenseiferer mit Fa-

Hexen
4.378 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 494

miliennamen gelre361, und von anderen Ratsherren,


die ihm beigestellt worden waren, in Anwesenheit
eines Notars ganz leichter [peinlicher] Befragung aus-
gesetzt. Und wiewohl sie zweifellos den Schweige-
zauber bei sich trug, der auch immer von den Richtern
zu befürchten ist, weshalb sie nämlich beim ersten
Angriff schon nicht mehr mit weiblichem, sondern mit
männlichem Mute versicherte, sie sei unschuldig, so
enthüllte sie mit Gottes Gnade, damit ein solches Ver-
brechen nicht ungestraft bleibe, doch plötzlich aus
freien Stücken und von den Fesseln losgebunden,
wenn auch noch am Ort der Folterung, alle von ihr
verübten Verbrechen. Denn vom Notar der Inquisition
über die Artikel aus der Aussage der Zeugen bezüg-
lich der den Menschen und Haustieren zugefügten
Schäden befragt, aufgrund derer sie schon schwer als
Hexe verdächtigt wurde – während kein Zeuge über
die Ableugnung des Glaubens und fleischliche
Schandtaten mit dem Dämon gegen sie ausgesagt
hatte, weil sie die geheimsten Zeremonien jener Sekte
sind – gestand sie dennoch, nachdem sie bezüglich
der den Tieren und Menschen zugefügten Schäden ge-
antwortet hatte. Nach der Ableugnung des Glaubens
und den teuflischen Schweinereien gefragt, [gestand
sie] alles übrige öffentlich ein, indem sie berichtete,
sie habe sich achtzehn362 Jahre lang jenem Inkubus
unter jeglicher Ableugnung des Glaubens hingegeben.

Hexen
4.379 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 494

Als dies erreicht war und sie bezüglich des vorer-


wähnten Hagels befragt wurde, ob sie etwas davon
wisse, antwortete sie, daß es so sei. Und befragt, auf
welche Weise und wie, antwortete sie: »Ich war im
Haus, und zur Mittagsstunde holte mich der Dämon
und forderte mich auf, mich auf das Feld oder die
Wiese ›Kuppel‹363 – so heißt sie nämlich – zu bege-
ben [73vb] und ein wenig Wasser mitzunehmen. Als
ich fragte, was für ein Werk er denn mit dem Wasser
ausführen wolle, antwortete er, er wolle Regen her-
vorbringen. Als ich nun aus dem Stadttor hinausging,
fand ich den Dämon unter einem Baum stehen.« Vom
Richter aber gefragt, unter welchem Baum, antwortete
sie, indem sie ihn zeigte: »Unter dem da, jenem Turm
gegenüber.« Und gefragt, was sie unter dem Baum
getan habe, antwortete sie: »Der Dämon forderte mich
auf, eine kleine Grube zu graben und das Wasser hin-
ein zu gießen.« Befragt, ob sie nicht beide zusammen-
gesessen hätten, antwortete sie: »Der Dämon selbst
stand, während ich saß.« Endlich befragt, mit welchen
Worten oder auf welche Arten sie das Wasser gerührt
hätte, antwortete sie: »Mit dem Finger zwar, aber im
Namen jenes Teufels und aller anderen Dämonen.«
Und wiederum der Richter: »Was geschah mit dem
Wasser?« Sie antwortete: »Es verschwand, und der
Teufel führte es hoch in die Luft.« Und schließlich be-
fragt, ob sie denn eine Komplizin gehabt hätte, ant-

Hexen
4.380 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 495

wortete sie: »Gegenüber, unter einem [anderen]


Baum, habe ich eine Komplizin gehabt«, wobei sie
die andere verhaftete Hexe Anna Mindelheimerin
nannte, »was sie aber getan hat, weiß ich nicht.« Und
am Ende über dem Zeitraum von der Aufnahme des
Wassers bis zum Hagel befragt, antwortete die Bade-
rin, daß es so lange gedauert habe, bis sie nach Hause
gekommen seien364.
Aber auch das ist wundersam, daß, als am folgen-
den Tage die andere [Frau] zunächst ebenfalls ganz
gelinden [peinlichen] Fragen ausgesetzt, nämlich ge-
rade mal einen Finger [breit] vom Erdboden hochge-
zogen worden war, sie, nachdem sie [von den Fesseln]
gelöst wurde, alles zuvor Erwähnte, so wie es die an-
dere bekannt hatte, bis in die Einzelheiten gestand,
ohne die geringste Abweichung: weder bezüglich des
Ortes, daß sie unter dem einen Baum gewesen war,
die andere unter einem anderen, noch bezüglich der
Zeit, um die Mittagsstunde, noch bezüglich der Art,
durch Rühren des in die Grube gelassenen Wassers,
im Namen des Teufels und aller Dämonen, noch be-
züglich des Zeitraums: denn sie bestätigte, während
ihr Teufel das Wasser durch Hochheben in die Luft
angenommen habe, sei sie nach Hause zurückgekehrt,
woraufhin der Hagel aufgekommen sei. So wurden sie
am dritten Tag eingeäschert; und die Baderin, zer-
knirscht und geständig, befahl sich Gott sehr an,

Hexen
4.381 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 496

indem sie bemerkte, sie sterbe gern, um den Gewalttä-


tigkeiten der Dämonen entgehen zu können, wobei sie
das Kreuz in den Händen hielt und umfaßte, was je-
doch die andere verweigerte. Diese [Anna] hatte auch
einen Inkubus-Dämon unter jeglicher Ableugnung des
Glaubens gehabt und übertraf die erste in vielen Scha-
denszaubern, die sie Menschen, Haustieren [74ra]
und Feldfrüchten angetan hatte365, wie der beim Rat
niedergelegte Prozeßbericht bezeugt.
Dies möge genügen, obwohl in der Tat unzählige
Dinge über derartig herbeigeführte Schadenszauber
berichtet werden könnten. Aber auch darüber [könnte
berichtet werden], daß sie mit dem Blitzschlag sehr
oft entweder Menschen allein oder mit den Tieren
oder mit den Häusern und Scheunen vernichtet haben.
Mag es offenbar auch eine mehr verborgene und zwei-
felhafte Ursache geben, weil es auch häufig anders ge-
schieht – nämlich ohne Mitwirkung der Hexen mit
göttlicher Zulassung –, so wurde doch durch ihre frei-
willig abgelegten Geständnissen ermittelt, daß sie sol-
ches getan und bewirkt haben und zudem können,
was oben angesprochen ist, noch verschiedene [ande-
re] Taten und Geschehnisse aufgeführt werden. Schon
der Verstand sagt [uns], daß wenn sie mit dieser
Leichtigkeit Hagelschlag bewirken können, sie [be-
stimmt] auch Blitze bewirken können; [und] auch
Stürme auf dem Meer. Daher wird jeder Zweifel aus-

Hexen
4.382 [II/1,15] Kapitel 15 Hexenhammer, 496

geräumt.

Hexen
4.383 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 496

[II/1,16] Über die drei Arten, wie man


schadenszauberische Männer ermittelt und nicht
Frauen, in drei Kapiteln, und zwar zuerst von
den zauberischen Bogenschützen

Zuletzt jetzt zur Form des Schadenszaubers, in die


Männer auf drei Arten verwickelt sind: erstens ist
über die Schwere des Verbrechens mit Bezug auf die
zauberischen Bogenschützen von sieben schauderhaf-
ten Schandtaten zu handeln. Erstens haben sie, wie
berichtet wird, am hochheiligen Tag der Passion des
Herrn, nämlich am sechsten Tag Parasceven366, mit-
ten in der Meßfeier mit einem Pfeil auf das allerheilig-
ste Bild des Gekreuzigten, wie auf eine Zielscheibe,
zu schießen. Oh, welche Grausamkeit und Schandtat
gegen den Erlöser!
Zweitens, mag es auch zweifelhaft sein, ob sie noch
eine weitere Apostasie, [nämlich eine] mit Worten,
außer jener Apostasie der Tat, mit den Dämonen zu
begehen haben, so kann doch, wie es auch immer ge-
schehen möge, dem Glauben von einem Christen
keine größere Schmach angetan werden, da es sicher
ist, daß, wenn ein Ungläubiger ähnliches unternehmen
würde, es keine Wirkung hätte. In keinem Werk ist er
[der Christ] dem Gegner des Heils so sehr gefällig.
Deshalb müssen solche Elenden noch mehr die Wahr-

Hexen
4.384 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 497

heit und Wirkmächtigkeit des rechten Glaubens be-


denken. Aus diesem Grund läßt Gott auch mit Recht
derlei Schandtaten zu.
Drittens hat [ein solcher] drei oder vier Schüsse mit
ebenso vielen Pfeilen anzubringen, und folglich wird
er an jedem beliebigen Tag der Zahl entsprechend
ebenso viele Menschen umbringen können.
Viertens werden sie so über die vorgenannten
Dinge von den Dämonen instruiert, haben jedoch den
zu Tötenden vorher mit dem leiblichen Auge anzuse-
hen und richten den Willen des Herzens von neuem
auf jenen zu Tötenden [74rb], wo dann ein solcher,
an welchem Ort er auch immer gefangen ist, sich nicht
davor schützen kann, daß die Geschosse abgefeuert
und ihm durch den Teufel beigebracht werden.
Fünftens vermögen sie mit solcher Sicherheit den
Pfeil abzuschießen, daß sie für den Fall, sie wollten
vom Kopf einen Zehner ohne Verletzung des Kopfes
herunterholen, auch dieses ausführen können; auf
ähnliche Weise [können sie es] auch mit einer auch
noch so großen Bombarde367.
Sechstens haben sie dem Teufel zur Bewirkung die-
ser Dinge unter Preisgabe von Leib und Seele eine
solche Huldigung zu leisten. Dazu wollen wir einige
Geschehnisse veröffentlichen.
Als nämlich ein rheinischer Fürst mit Beinamen
»der Bärtige«368, weil er [sich] einen Bart wachsen

Hexen
4.385 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 498

ließ, vor sechzig Jahren sich kaiserliche Länder ange-


eignet hatte und die Burg Lendenbrunnen369 wegen
der Raubzüge, die die Burginsassen von dort aus
führten, mit einem Belagerungsring eingeschlossen
hatte, hatte er in seinem Gefolge einen solchen Zaube-
rer, namens Puncker, der den Burginsassen so sehr
nachstellte, daß er nacheinander alle, mit Ausnahme
eines Einzigen, mit Pfeilen tötete. Und dabei beachte-
te er das folgende Vorgehen: daß er denjenigen, den er
erblickt hatte, wohin er sich auch wendete, durch
einen abgeschossenen Pfeil tödlich verwundete und
tötete. Und solche Schüsse hatte er an jedwedem Tag
nur drei zur Verfügung, weil er nämlich drei Pfeile
auf das Bild des Erlösers abgeschossen hatte. Warum
aber der Teufel die Dreizahl vor den anderen aus-
wählt, dafür kann man [als Grund] sehen, daß er es
zur Verleugnung der heiligsten Dreifaltigkeit tut.
Wenn er aber jene drei Schüsse abgegeben hatte,
schoß er, wie die Übrigen, die Pfeile nur auf gut
Glück ab. Es geschah schließlich, daß, als jemand
von den Burginsassen ihm spottend zugerufen hatte:
»Puncker, wirst du denn nicht den am Tor hängenden
Ring ungetroffen lassen?«, jener von draußen zur
Nachtzeit antwortete: »Nein, aber am Tag der Einnah-
me der Burg werde ich ihn wegholen.« Wie er es vor-
hergesagt hatte, erfüllte es sich. Denn nachdem alle,
mit Ausnahme eines einzigen, wie zuvor bemerkt

Hexen
4.386 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 499

wurde, umgebracht worden waren, wurde die Burg


eingenommen. Und jenen Ring hängte er an seinem
Haus in Rorbach370, in der Diözese Worms371, auf,
wo man ihn bis auf den heutigen Tag hängen sehen
kann. Auch er wurde danach von Bauern, denen er
sehr verhaßt war, eines Abends mit Hacken getötet
und starb mitsamt seinen Sünden.
Man berichtet ferner von ihm, daß, als einer von
den Edelleuten sich sichere Kenntnis von seinen Kün-
sten habe verschaffen wollen, er dessen [Punckers]
eigenen kleinen Sohn als Ziel aufstellte und als Mar-
kierung auf die Kappe des Knaben einen Groschen
legte. Und er befahl ihm, daß er den Groschen ohne
[74va] die Kappe durch einen Pfeil herunter holen
solle. Als nun der Zauberer, aber mit Zögern, erklärte,
daß er dies tun, lieber aber davon abzustehen würde,
um nicht vom Teufel zu seinem Untergang verführt zu
werden, und nachdem er durch die Worte des Fürsten
trotzdem angehalten worden war, tat er einen Pfeil in
seinen Köcher [und] während er einen anderen auf die
Armbrust legte, schoß er ohne jede Schädigung des
Jungen den Groschen von der Kappe herunter. Als
jener das gesehen hatte und den Zauberer fragte,
warum er den Pfeil in den Köcher getan hatte, antwor-
tete er: »Wenn ich, vom Teufel getäuscht, den Jungen
getötet hätte, wodurch ich hätte sterben müssen, hätte
ich Euch sofort mit dem anderen Pfeil durchbohrt, um

Hexen
4.387 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 500

so meinen Tod zu rächen.«372


Mag nun zwar die göttliche Zulassung derartige
Übel zur Prüfung und Läuterung der Gläubigen ge-
schehen lassen, so bewirkt doch die Gnade des Erlö-
sers zur Stärkung und zum Ruhm des Glaubens noch
größere Wunder. In der Diözese Konstanz nämlich,
nahe bei der Burg Hohenzorn373 und einem Nonnen-
kloster, sieht man eine neu erbaute Kirche, in der man
ein solches Bild des Heilandes mit einem darin stek-
kenden Pfeil und vergossenem Blut bemerkt. Die
Wahrheit über dieses Wunder ist diesem Verlauf nach
bekannt geworden: Als nämlich nach dem vorher be-
schriebenen Verlauf ein Elender wünschte, durch drei
oder vier Schüsse mit der Armbrust vom Teufel für
die Tötung anderer Sicherheit zu gewinnen, zielte er
an einem Kreuzweg mit dem Pfeil auf das Bildnis des
Gekreuzigten und durchbohrte es so, wie man es bis
heute sieht. Und während das wunderbare Blut her-
vorbrach, wurde der Elende, von göttlicher Kraft am
Fuß durchbohrt, unbeweglich festgehalten. Und als er
von einem Vorübergehenden gefragt wurde, warum er
da festgehalten bliebe, bewegte der Elende den Kopf,
zitterte an Armen und Händen, mit denen er die Arm-
brust hielt, wie auch am ganzen Körper und vermoch-
te nichts zu antworten. Als der andere sich umsah, das
Bild des Gekreuzigten erblickte und des darin stek-
kenden Pfeils samt des ausgeflossenen Bluts gewahr

Hexen
4.388 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 500

wurde, rief er: »Auf ganz schlimme Weise, Nichts-


würdiger, hast du das Bild unseres Herrn durch-
bohrt!« Dann rief er noch andere zusammen und
sagte: »Paßt auf, daß er nicht die Flucht ergreift!« –
während er sich doch, wie zuvor bemerkt, nicht vom
Fleck rühren konnte –, lief zur Burg und erzählt das
Geschehen. [Die Burginsassen] kamen schnell hinun-
ter und fanden den Elenden an derselben Stelle ver-
harrend. Nachdem sie den Fall untersucht hatten, ge-
stand er ihnen das Verbrechen, und er wurde durch
die Berührung mit der öffentlichen Justiz vom Fleck
gebracht und empfing als gebührende Strafe für die
begangenen Taten einen elenden Tod.
Aber ach, was zu denken [schon] schauderhaft ist –
auch dadurch läßt sich die menschliche Bosheit
[74vb] nicht von ähnlichen Schandtaten abschrecken.
Denn an den Höfen der Edelleute huldigt man überall,
wie berichtet wird, solchen Dingen, und man duldet,
daß sie sich ihrer Schandtaten brüsten und rühmen,
zur Verachtung des Glaubens, zur schweren Beleidi-
gung der göttlichen Majestät und zur Schmach für un-
seren Erlöser.
Daher sind auch diese durchaus als Aufnehmer,
Anhänger und Begünstiger nicht nur von Ketzern,
sondern sogar von vom Glauben Abgefallenen zu be-
urteilen und den nachstehenden Strafen zu unterwer-
fen. Und dies ist das siebte. Zuerst sind sie ipso iure

Hexen
4.389 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 501

exkommuniziert. Kleriker, die sie begünstigen, wer-


den jeglichen Amtes und jeglicher Pfründe enthoben
und entsetzt und nicht ohne besonderen Gnadenerlaß
seitens des apostolischen Stuhles wieder in jene [Stel-
lungen] eingesetzt. Ebenso sind die vorgenannten
Leute, die sie [die Apostaten] aufnehmen, nachdem
sie öffentlich bekanntgemacht worden sind, wenn sie
ein Jahr lang hartnäckig in der Exkommunikation ver-
harrt haben, wie Häretiker zu verdammen; diese ein-
zelnen [Bestimmungen] werden so nachgewiesen.
Denn in c. ut inquisitionis, § prohibemus, li.
374
6 wird angeführt, daß man in Glaubenssachen den
Gerichtsprozeß der bischöflichen Richter und der In-
quisitoren weder direkt noch indirekt hindern dürfe,
wo die vorgenannte, nach einem Jahr zu verhängende
Strafe angesprochen wird. Es heißt da nämlich zuerst:
»Wir verbieten ganz ausdrücklich den Machthabern,
den zeitlichen Herren und den Regierenden, deren Of-
fizialen« etc. Wem es gefällt, der mag das capitulum
durchlesen. Daß endlich auch die Zauberer selbst mit
denen, die sie aufnehmen, ipso iure exkommuniziert
seien, erhellt bezüglich der ketzerischen Zauberer aus
c. ad abolendam am Anfang und aus c. excommuni-
camus 1, besonders und kürzer aus c. excommuni-
camus 2 de here[ticis], wo es so heißt: »Wir exkom-
munizieren und belegen mit dem Anathem sämtliche
Ketzer, Katharer, Patariner und – weiter unten – auch

Hexen
4.390 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 502

die anderen, mit welchen Namen auch immer sie be-


legt werden« etc. Bemerke, daß [mit dem Ausdruck]
»mit welchem Namen auch immer« diejenigen ge-
meint sind, die an sie glauben oder sie aufnehmen,
und die übrigen oben genannten. In c. excommunica-
mus 1 § credentes375 wird darüber so gesprochen:
»Wir bestimmen, daß außerdem diejenigen, die an
solche glauben, sie aufnehmen, verteidigen und be-
günstigen, der Exkommunikation unterliegen« etc.
Und in c. excommunicamus 2 werden mehrere Stra-
fen angeführt, die sie innerhalb eines Jahres samt den
Geistlichen verwirkt haben. Es heißt dort: »Wir be-
stimmen, daß die, welche solche aufnehmen, begün-
stigen und verteidigen, der Exkommunikation unter-
liegen, so daß jeder von ihnen, nachdem er mit der
Exkommunikation belegt worden ist, danach von
Rechts wegen selbst berüchtigt ist, wenn er es ver-
schmäht, innerhalb eines Jahres Buße zu tun. Sie sol-
len nicht zu öffentlichen Ämtern oder Ratsversamm-
lungen noch zur Wahl irgendwelcher derartiger [Insti-
tutionen], noch zur Zeugenschaft zugelassen werden
[75ra]. Sie sollen ehrlos sein, so daß sie keine Te-
stierfreiheit haben können. Auch sollen sie nicht zur
Erbfolge gelangen, und keiner soll gezwungen wer-
den, einem solchen aus irgendeinem Vertrag ver-
pflichtet zu sein. Ist es zufällig ein Richter, so soll
dessen Urteil keine Rechtskraft erlangen, zu seinem

Hexen
4.391 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 502

Gehör keine Sache vorgebracht werden. Wenn er An-


walt gewesen ist, soll er auf keinen Fall zur Anwalt-
schaft zugelassen werden. Wenn er ein Notar ist, so
sollen die von ihm verfaßten [Notariats]instrumente
keine Gültigkeit haben, sondern mit ihrem verdamm-
ten Urheber nichtig werden. Und wir schreiben des-
gleichen vor, daß es in vergleichbaren Fällen beachtet
werden soll. Wenn er aber ein Kleriker gewesen ist,
soll er jeglichen Amtes und jeglicher Pfründe entsetzt
werden: je schwerer die Schuld ist, desto größere
Ahndung soll geübt werden. Wenn aber einige Leute
verächtlich übersehen sollten, derartige [Kleriker], die
von der Kirche gezeichnet worden sind, zu meiden,
sollen sie mit dem Spruch der Exkommunikation ge-
troffen werden bis zur gebührenden Genugtuung.
Wahrlich sollen die Kleriker solchen Verderblichen
die kirchlichen Sakramente nicht reichen, es nicht
wagen, sie einem christlichen Begräbnis zu überge-
ben, keine Almosen noch Schenkungen von ihnen an-
nehmen: andernfalls sollen sie [selber] ihres Amtes
entsetzt werden, in welches sie ohne besonderen Gna-
denerlaß des apostolischen Stuhles nimmermehr wie-
dereingesetzt werden sollten.«
Es gibt endlich noch viele andere Strafen für die
oben Genannten, auch wenn sie kein Jahr lang über-
aus hartnäckig verharren; nämlich für ihre Söhne und
Enkel, die vom Bischof und vom Inquisitor der Wür-

Hexen
4.392 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 503

den, Privilegien, aller beliebigen kirchlichen Ehren-


ämter und Pfründen und öffentlichen Ämter entkleidet
oder für entsetzt erklärt werden können; nach c. ut co-
missi § privandi, de here. li. 6376. Man vertritt das
[aber nur für den Fall], wenn sie unbußfertig geblie-
ben sind, wie in c. statutum felicis377, in demselben
Buch, unter demselben Titel. Ebenso, daß auch ihre
Söhne bis zur zweiten Generation jeglicher kirchli-
chen Pfründe ledig sind, wie es in c. quecumque, §
heretici378 im selben Buch heißt. Man muß das aber
von denen verstehen, die von der väterlichen und
nicht der mütterlichen Linie abstammen und auch un-
bußfertig geblieben sind, wie es in dem angeführten c.
statutum heißt. Ebenfalls, daß jenen – ergänze, die
an sie glauben, sie aufnehmen, verteidigen und begün-
stigen – das Vorrecht der Appellation und Beschwer-
de untersagt sein soll. Das geht klar hervor aus c. ut
inquisitionis379 im selben Buch, wo jedoch der Ar-
chidiaconus380 über dasselbe Kapitel es so versteht,
daß sie es nicht können, nachdem sie durch den Ur-
teilsspruch für solche erklärt worden sind; vor dem
Urteilsspruch aber können sie appellieren, wenn sie in
irgendwelchen Sachen belastet oder unschuldigerwei-
se belangt [75rb] werden381. Mehrere andere Dinge
könnten noch ausgeführt werden, doch mögen diese
genügen.
Zum weiteren Verständnis der obigen Ausführun-

Hexen
4.393 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 503

gen sind jedoch noch einige [andere] Dinge zu erör-


tern. Erstens, wenn ein Fürst oder eine weltliche
Macht zur Verwüstung irgendeiner Burg in einem ge-
rechten Krieg gemäß dem vorerwähnten Geschehnis
einen solchen Zauberer bei sich aufnimmt und mit sei-
nem Beistand die Tyrannenherrschaft der Bösen
bricht, ob dann das ganze Heer oder nur solche zu
verurteilen und mit den vorgenannten Strafen zu bele-
gen sind, die jene begünstigen und aufnehmen? Es
scheint geantwortet werden zu müssen, daß, weil
wegen der Menge die Strenge des Rechts zu mildern
ist, dist. 40 constitueretur382, der Fürst, seine Bei-
sitzer und Räte, die solches begünstigen, gänzlich und
ipso iure selbst den genannten Strafen verfallen, wenn
sie, von ihren Bischöfen gewarnt, nicht davon ablas-
sen, indem sie dann schon als Beherberger und Be-
günstiger beurteilt werden, weshalb sie auch den vor-
gesehenen Strafen unterworfen werden. Das übrige
Heer aber entgeht jenem Urteil auf Exkommunikation,
da ja derlei Dinge ohne ihren Rat und ohne ihre Be-
günstigung geschehen, sie im Gegenteil bereit sind,
zur Verteidigung des Staates ihre Leiber preiszuge-
ben, mögen sie auch vielleicht an den geschehenen
Schadenszaubern Gefallen haben. Nur sollen sie an-
gehalten werden, jene Schuld in ihrer Beichte zu be-
kennen, und nachdem der nötige Vorbehalt, derartige
Dinge in Ewigkeit allfällig zu verabscheuen, erlangt

Hexen
4.394 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 504

worden ist, erhalten sie vom Beichtvater die Losspre-


chung. Und soweit es an ihnen liegt, sollen sie derlei
Zauberer aus ihrem Land vertreiben.
Wenn aber gefragt wird, von wem die Fürsten los-
gesprochen werden können, wenn sie wieder zur Ver-
nunft kommen, ob von ihren Bischöfen oder von In-
quisitoren, so wird geantwortet, sie können sehr wohl
von den Bischöfen als auch von den Inquisitoren ab-
solviert werden, wenn sie wieder zur Vernunft kom-
men. Das steht in c. ut officium am Anfang, de here.
li. 6383, wo es so heißt: »ut officium« und weiter
unten: »Gegen die Häretiker, die an sie glauben, sie
aufnehmen, begünstigen und verteidigen, ebenso auch
gegen die, welche wegen Ketzerei übel beleumundet
oder der Ketzerei verdächtig sind, sollt ihr nach den
kanonischen Satzungen, unter Hintansetzung der
Angst vor den Menschen, in Gottesfurcht vorgehen.
Wenn aber jemand von den Vorgenannten der ketzeri-
schen Verseuchung von vornherein abschwört und zur
Einheit der Kirche zurückkehren will, sollt ihr ihm
nach kirchlicher Form die Wohltat der Absolution zu-
kommen lassen.«
Wenn endlich darauf gedrungen wird, wann denn
gesagt werden könnte, daß ein Fürst oder ein anderer
wieder zur Vernunft gekommen ist, so wird geantwor-
tet, wenn er den Zauberer wegen des dem Schöpfer
angetanen Unrechts zur Bestrafung ausliefert, wes-

Hexen
4.395 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 505

halb es auch nicht die für einen offen in ketzerischer


Verkehrtheit ertappten Zauberer oder Ketzer gebüh-
rende Strafe ist, daß er ihn bloß aus seiner Herrschaft
vertreibt [75va], wie sich weiter unten zeigen wird. Er
soll auch das Vergangene bereuen und, wie es einem
rechtgläubigen Fürsten zukommt, sich in seinem Her-
zen fest vornehmen, solche niemals wieder zu begün-
stigen.
Wenn gefragt wird, wem er auszuliefern, nach wel-
cher Ordnung er zu bestrafen und ob er als offen in
der Ketzerei ertappt zu verurteilen sei, so wird bezüg-
lich des ersten ein besonderes Problem am Anfang des
dritten Teils384 angesprochen werden: ob nämlich
deren Bestrafung nur dem weltlichen und nicht dem
kirchlichen Richter zustehen soll? Es ist [ja] offen-
kundig nach c. ut inquisitionis, § prohibemus li.
6385, daß es den weltlichen Gewalten und Herren un-
tersagt wird, irgendwie über das Verbrechen der Ket-
zerei ohne die Erlaubnis der Bischöfe oder Inquisito-
ren oder wenigstens des einen oder des anderen von
ihnen zu urteilen. Nur scheint der Grund, der dort be-
zeichnet wird, bezüglich der Zauberer nicht anwend-
bar zu sein, weil dort gesagt wird, daß sie deshalb
nicht urteilen dürfen, weil das Verbrechen der Ketze-
rei rein kirchlich ist. Das Verbrechen der Zauberer ist
aber offenbar nicht rein kirchlich, sondern wegen der
zeitlichen Schäden auch weltlich. So ist es zwar

Hexen
4.396 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 505

Sache des kirchlichen Richters – wie es auch damit


stehe, was sich unten ergeben wird – zu erkennen und
zu urteilen; jedoch Sache des weltlichen Richters ist
es, auszuführen und zu strafen, wie sich beides aus de
here. c. ad abolendam, c. vergentis und c. excom-
municamus386 ergibt. Wenn also auch der weltliche
Richter einen solchen dem Bischof zur Verurteilung
übergibt, so hat er doch für sich die Pflicht, ihn zu be-
strafen, wenn er ihm vom Bischof übergeben oder
überlassen wird; oder der weltliche Richter kann mit
Zustimmung des Bischofs auch beides tun, nämlich
aburteilen und strafen.
Es gilt auch nichts, wenn gesagt werden sollte, sol-
che Zauberer seien keine Ketzer, sondern vielmehr
Apostaten, weil beides mit dem Glauben zu tun hat.
Wie jedoch ein Ketzer daran nur zweifelt, und zwar in
Gänze oder nur teilweise, so auch die apostatischen
Zauberer. Die Überlegung besagt das an und für sich
schon: da es nämlich schlimmer ist, den Glauben zu
verderben, durch den das Leben der Seele existiert,
als Geld zu fälschen, wodurch das zeitliche Leben
verwirkt wird. Wenn daher Falschmünzer oder andere
Übeltäter mit Recht von weltlichen Gewalten dem
Tode übergeben werden, können so viel mehr solche
Häretiker und Apostaten sofort, wenn sie überführt
werden, mit Recht getötet werden.
Daher ergibt sich auch aus diesem die Antwort auf

Hexen
4.397 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 506

das zweite, nach welcher Ordnung nämlich und von


welchem Richter er zu bestrafen sei. Aber deutlicher
wird darüber im dritten Teil des Werkes387 gehan-
delt, bei den Formen des Urteils, wie ein offen in der
Ketzerei Ertappter zu verurteilen sei, bei der achten
und zwölften Art; auch bezüglich des Zweifels
[75vb], was zu tun sei, wenn er bereute, ob er dann
noch zu töten sei. In der Tat nämlich, wenn ein einfa-
cher, rückfälliger Ketzer auch noch so sehr bereut, ist
er zu töten, nach dem angesprochenen c. ad abolend-
am388, und zwar begründeterweise nach Tho-
mas389, indem dadurch für das Gemeinwohl gesorgt
wird. Denn wenn Ketzer, die umgekehrt sind, oft wie-
deraufgenommen würden, so daß sie am Leben und
im Genuß der sonstigen zeitlichen Güter blieben,
könnte das zum Nachteil für das Heil anderer sein;
einmal, weil sie, wenn sie rückfällig würden, andere
anstecken könnten; dann auch, weil, wenn sie ohne
Strafen entkommen würden, andere um so sorgloser
in die Ketzerei zurückfallen würden. Aus ihrem Rück-
fall schließt man auch auf ihre Unbeständigkeit im
Glauben, und daher ist [ein solcher] mit Recht zu
töten. Daher muß man hier auch sagen, daß, wenn
wegen des bloßen Verdachtes der Unbeständigkeit der
geistliche Richter den Rückfälligen dem weltlichen
Gerichtshof zur Tötung zu übergeben hat, er um so
mehr, auch wenn er einen Apostaten oder irgendeine

Hexen
4.398 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 507

Hexe dem weltlichen Gerichtshof wegen der Buße


und ihrer Bekehrung nicht übergeben wollte, doch
einen solchen zu überlassen und nicht zu hindern hat,
sobald der weltliche Richter wegen ihrer zeitlichen
Schadenszauber den Zauberer nach den Gesetzen
töten [lassen] will. Der geistliche Richter hat aber den
reuigen Zauberer vorher von der Exkommunikation zu
absolvieren, die er wegen der Ketzerei der Hexen ver-
wirkt hat, indem er als Ketzer exkommuniziert wor-
den ist, nach c. excommunicamus 1 und 2390, und
hat ihn in den Schoß der Kirche wieder aufzunehmen,
damit die Seele gerettet werde, wie es XI, q. 3
audi391 heißt.
Andere Gründe werden weiter unten in der ersten
Frage des dritten Teils392 aufgezeigt. Diese mögen
aber für jetzt genügen. So mögen die Seelenführer be-
achten, eine wie harte und strenge Rechenschaft der
furchtbare Richter von ihnen fordern wird, zumal
doch das strengste Gericht denen [droht], welche an
der Spitze stehen, und wo sie erlauben, daß solche zur
Schmach des Schöpfers am Leben bleiben.
Es folgt [der Abschnitt] über zwei andere Gattun-
gen von Zauberern. Denn zu derselben Gattung des
Schadenszaubers werden auch diejenigen gerechnet,
die durch Zauberformeln und gotteslästerliche Sprü-
che alle möglichen Waffen zu besprechen wissen,
damit sie ihnen auf keine Weise zu schaden vermö-

Hexen
4.399 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 507

gen, weshalb sie auch nicht verwundet werden kön-


nen. Diese werden nämlich unterschieden: denn man-
che gibt es, die mit den erwähnten zauberischen Bo-
genschützen insofern übereinstimmen, als sie auch am
Abbild des Gekreuzigten und durch die ihm angetane
Schmach derlei lernen.
Wer z.B. will, daß er am Kopf durch kein Schwert
oder keinen Streich verletzt werden kann, hat den
Kopf des Bildes abzutrennen; wer bezüglich des Hal-
ses [das wünscht], hat den Hals abzutrennen; wer am
Arm [76ra], hat den Arm abzutrennen oder zu ver-
stümmeln; und so entsprechend weiter. Bisweilen ver-
stümmeln sie [ein solches Bild] oberhalb des Gürtels
oder auch vollständig unterhalb des Gürtels, und zum
Zeichen dessen findet sich unter zehn an Kreuzwegen
oder auf dem Feld aufgestellten Bildern kaum ein
ganzes. Manche aber gibt es, welche bestimmte Briefe
bei sich tragen; manche versehen derlei mit heiligen
oder auch unbekannten Worten, wobei folgender Un-
terschied zwischen ihnen angenommen wird: Die er-
sten mögen zum Schaden für den Glauben bezüglich
der Entehrung des Erlöserbildes mit den genannten
zauberischen Bogenschützen übereinstimmen, wes-
halb sie auch als wahre Apostaten zu erachten und zu
verurteilen sind, wenn sie ertappt worden sind. Jedoch
scheinen sie in anderer Hinsicht als die Bogenschüt-
zen nicht so sehr zum offenkundigen Übel für den

Hexen
4.400 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 508

Nächsten zu dienen, als zum Schutz des eigenen Kör-


pers oberhalb oder unterhalb des Gürtels oder auch
des ganzen Körpers, so sind sie deswegen als bußfer-
tige Häretiker und nicht als Rückfällige zu beurteilen,
wenn sie als Zauberer überführt sind und bereuen,
und nach der achten Form zu büßen, unter Abschwö-
rung und Einschließung, wie es im dritten Teil des
Werkes angesprochen werden wird.
Was aber die zweiten betrifft, die darauf bedacht
sind, durch [Zauber]sprüche Waffen zu besprechen
und mit bloßen Fußsohlen darüber hinwegzugehen
und ähnliches auszuführen – Besprecher nämlich wer-
den nach Isidor 8 ethi.393 solche genannt, die mit
Worten irgendeine Kunst ausüben –, so muß unter-
schieden werden, weil bisweilen Besprechungen mit
heiligen Worten oder mit geschriebenen Sprüchen bei
Kranken vorgenommen werden und diese Bespre-
chungen freilich erlaubterweise geschehen können,
wenn sieben Bedingungen394 eingehalten werden
können, wie sich weiter unten bei den Methoden, be-
hexte Kranke zu heilen, ergeben wird.
Bei Beschwörungen aber, die mit irgendwelchen
Worten geschehen oder wenn solche geschriebenen
Sprüche bis vor die Richter gebracht werden, müssen
sie beachten, daß, wenn unbekannte Namen dabei
sind, ebenso caracteres395 und andere Signaturen,
ausgenommen das Zeichen des Kreuzes, solche Dinge

Hexen
4.401 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 509

dann gänzlich zu verwerfen und die Menschen gnädig


von solcher Leichtgläubigkeit abzubringen sind.
Wenn sie davon nicht ablassen wollen, sind sie
gleichsam als leicht verdächtig zu beurteilen, was
weiter unten396 in der zweiten Form, das Urteil zu
fällen, erklärt wird. Denn dann fehlt es nicht an einem
Anteil ketzerischer Verkehrtheit, im Gegenteil: weil
solches gänzlich mit dem Werk und der Hilfe der Dä-
monen zu geschehen hat; und wer sich dessen Hilfe
bedient, wie schon oben klar geworden ist, wird als
Abgefallener vom Glauben beurteilt, mag man ihn
auch wegen der Unwissenheit und um der Besserung
willen milder behandeln müssen als die zauberischen
Bogenschützen.
Und [76rb] weil man sieht, daß solcherlei Sprüche
und Segnungen, die den Anschein einer Besprechung
haben, ganz allgemein von Dienstmannen und Händ-
lern gebraucht werden, so ist es durchaus förderlich,
sei es vor dem Forum der Buße durch den Beichtva-
ter, sei es vor dem Forum der Justiz durch den geistli-
chen Richter, derartiges auszurotten, wenn mittels der
unbekannten Worte und der caracteres [magischen
Zeichen] des Gekennzeichneten397 ein stillschwei-
gender Pakt mit dem Dämon eingegangen wird, der
Dämon sich verborgen einstellt und die gewünschten
Dinge besorgt, um schließlich zu schlimmeren [Din-
gen] zu verlocken. Wenn es daher vor dem Forum der

Hexen
4.402 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 509

Justiz geschieht, muß ein solcher nach der zweiten398


Form, das Urteil zu fällen, schwören; wenn [es] vor
dem Forum des Gewissens [erfolgt], muß der Beicht-
vater die [Zauber]sprüche ansehen, und wenn er sie
nicht gänzlich verwerfen will, so muß er doch die un-
bekannten Namen und caracteres [magischen Zei-
chen] vernichten, das übrige aber, wie die Worte des
Evangeliums und die Kreuzeszeichen, zulassen.
Über all diese, und besonders bezüglich der zaube-
rischen Bogenschützen, ist zu bemerken, daß
oben399 davon die Rede gewesen ist, ob sie als offen-
kundig in ketzerischer Verkehrtheit Ertappte zu beur-
teilen seien, wovon auch schon früher die Rede gewe-
sen ist, in der ersten Frage des ersten Teils. Und zwar
[lautet die Antwort], daß es so sei, wie sich eben dort
ergibt. Denn wie Bernardus in der glossa ordinaria
zu c. abolendam § praesenti, und zwar beim Wort
»ertappt« sagt: »Auf drei Arten wird jemand rechts-
kräftig für offenkundig in ketzerischer Verkehrtheit
ertappt gehalten; nämlich durch die Evidenz der
Tat400, z.B. bei einfacher Ketzerei, wenn jemand öf-
fentlich Ketzerei predigt ff. de ritu nup. palam. §
ult. Oder durch gesetzmäßigen Beweis durch Zeugen
oder auf Grund seines Geständnisses.« Und ebenso
desselben Bernardus Glosse zu c. excommunica-
mus 2 über das Wort »öffentlich ertappt«: »So daß es
auch ihnen offenkundig wird, daß sie verdammt

Hexen
4.403 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 510

sind.« Auf dasselbe scheint [die Glosse] zu c. super


quibusdam, extra de verborum sigificatione401
hinauszulaufen, wie es sich in der ersten Frage des er-
sten Teils dieses Werkes ergeben hat.
Daraus ergibt sich, daß die zauberischen Bogen-
schützen und vergleichbar auch die anderen, die Waf-
fen besprechen, um ihrer offenkundigen Werke willen,
die nur durch teuflische Kraft geschehen können, für
offenkundig in der ketzerischen Verkehrtheit Ertappte
zu halten sind, infolge des mit dem Dämon eingegan-
genen Paktes. Es ergibt sich auch zweitens, daß deren
Gönner, Beherberger und Verteidiger für solche of-
fenkundig [Ertappte] zu halten sind und offenkundig
den festgesetzten Strafen unterliegen, so daß es nicht
mehr zweifelhaft ist, daß sie entweder als unter leich-
tem oder schwerem oder auch unter heftigem Ver-
dacht stehende Beherberger zu beurteilen sind, wie
auch die anderen in vielerlei Gestalt auftreten können.
Deshalb vergehen sie sich auch auf das schwerste
gegen [76va] den Glauben und werden von Gott
immer mit einem schlimmen Tod heimgesucht. Als
nämlich darauf, wie man erzählt, ein Fürst, da er sol-
che Zauberer begünstigte, eine Stadt in bestimmten
Angelegenheiten ungebührlich drangsalierte und ihm
dieses von einem Vertrauten vorgehalten wurde, ant-
wortete jener unter Hintansetzung aller Gottesfurcht:
»Gott soll geben, daß ich auf der Stelle sterbe, wenn

Hexen
4.404 [II/1,16] Kapitel 16 Hexenhammer, 510

jene von mir ungerecht drangsaliert werden!« Auf


diese Worte folgte plötzlich die göttliche Rache: in
einem plötzlichen Tod hauchte er sein Leben aus, zur
Sühne nicht so sehr für die ungerechte Drangsalierung
als für die Ketzerei der Begünstigung.
Und es ergibt sich drittens, daß, wenn Prälaten und
Seelsorger aller Art solchen Schandtaten und deren
Urhebern und Gönnern nicht mit aller Kraft Wider-
stand leisten, sie ebenfalls für offenkundige Begünsti-
ger gehalten und fraglos den vorgeschriebenen Strafen
unterliegen müssen.

Hexen
4.405 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 511

[II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses


zweiten Teiles, über die Arten, Schadenszauber
aufzuheben und zu heilen, unter Vorwegnahme
eines Problems.

Ob es erlaubt sei, Schadenszauber durch andere Scha-


denszauber oder durch irgendwelche unerlaubten
[Handlungen] zu beheben? Es wird argumentiert, daß
[es] nicht [erlaubt sei], weil, wie sich oben ergeben
hat und in 2 senten. di. 7402 von den Gelehrten all-
gemein geurteilt wird, es mit Hilfe der Dämonen nicht
erlaubt ist, weil es nämlich Apostasie vom Glauben
ist. Und daß [von Schadenszauber] ohne Hilfe der
Dämonen nicht wirklich befreit werden kann, wird so
bewiesen: weil er entweder durch menschliche oder
teuflische oder göttliche Macht behoben wird. Das
erste nicht, weil eine untere Macht eine höhere nicht
brechen kann, da nichts über seine Kraft hinaus wirkt.
Auch nicht die göttliche: weil dies ein Wunderwerk
wäre und da Gott jene nach eigenem Gutdünken voll-
bringt und nicht auf Drängen der Menschen hin. So
antwortete auch Christus seiner Mutter, die um ein
Wunder zur Behebung des Mangels an Wein bat –
weil, wie die Gelehrten es auslegen, Christus dieses
Wunder der Umwandlung [zu tun] wünschte –: »Frau,
was ist dir und mir?«, nämlich gemeinsam beim Voll-

Hexen
4.406 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 512

bringen von Wundern403. Es zeigt sich auch, daß


[Behexte] sehr selten befreit werden, sofern sie göttli-
che Hilfe und den Beistand der Heiligen anflehen:
folglich können sie nur durch die Hilfe der Dämonen
befreit werden. Diese jedoch zu suchen, ist nicht er-
laubt.
Außerdem wird dies, was öffentlich verschwiegen
wird, wirklich praktiziert, mag es auch unerlaubt sein.
Es ist nämlich allgemein gebräuchlich, daß solche Be-
hexte zu abergläubischen Frauenzimmern laufen
[76vb], von denen sie sehr häufig befreit werden; und
nicht durch Priester oder Exorzisten. Also zeigt die
Praxis, daß Schadenszauber mit Hilfe der Dämonen
behoben werden. Da es aber unerlaubt ist, deren Hilfe
zu suchen, ist es auch nicht erlaubt, Schadenszauber
aufzuheben, sondern man muß sie geduldig ertragen.
Außerdem ist nach Thomas404 und Bonaventura
in 4 dist. 34 de impedimento maleficiali405 »Scha-
denszauber so anhaltend, daß es dagegen kein
menschliches Mittel geben kann, oder wenn es ein
Mittel geben sollte, es dem Menschen nicht bekannt
oder erlaubt ist«. Mit diesen Worten geben sie zu er-
kennen, daß es gleichsam eine unheilbare Krankheit
sei und auf Dauer anhaftet, weshalb sie auch hinzufü-
gen: »Mag Gott ein Mittel gewähren können, indem
er den Dämon zwänge und der Dämon von jenem Ab-
stand nähme [und] jener kuriert würde – die Heilung

Hexen
4.407 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 512

würde doch keine menschliche sein.« Also, wenn Gott


selbst nicht [von ihr] befreit, ist es nicht erlaubt, des-
sen Behebung auf welche Weise auch immer zu su-
chen.
Außerdem sagen sie in der derselben dist.406 und
Frage, daß es auch unerlaubt ist, mittels eines anderen
Schadenszaubers ein Mittel anzuwenden. Daher sagen
sie: »Auch wenn mittels eines anderen Schadenszau-
bers ein Mittel angewendet werden könnte, würde er
dennoch für dauerhaft gelten, auch wenn der Scha-
denszauber beseitigt werden würde, weil es auf keine
Weise erlaubt ist, durch einen Schadenszauber die
Hilfe der Dämonen anzurufen.«
Außerdem sind die Exorzismen der Kirche nicht
bei allen körperlichen Drangsalen immer kräftig
genug zur Abwehr der Dämonen, wenn Gottes Rat-
schluß das verlangt. Immer jedoch sind sie wirksam
gegen solche Anfälle der Dämonen, gegen die sie
hauptsächlich eingesetzt sind, so z.B. gegen Besesse-
ne oder bei zu exorzisierenden Kindern. Außerdem ist
es nicht nötig [anzunehmen], daß, wenn der Sünde
wegen dem Teufel über jemandem Macht gegeben sei,
mit der Beendigung der Sünde die Macht [des Teu-
fels] aufhört, weil bisweilen [auch] beim Entfall der
Schuld die Strafe bleibt.
Nach diesen Worten scheinen die genannten beiden
Gelehrten zu meinen, daß es nicht erlaubt sei, Scha-

Hexen
4.408 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 513

denszauber aufzuheben, sondern jene hinzunehmen


[seien], ebenso wie andere unheilbare Krankheiten
hingenommen werden, und jene allein Gott, dem
Herrn, zu überlassen, der sie nach seinem Gefallen
beheben kann. Dagegen spricht, daß, wie Gott und die
Natur an überflüssigen Dingen keinen Überfluß
haben, sie so auch keinen Mangel an notwendigen
[Dingen] haben. Daher sind auch notwendigerweise
den Gläubigen gegen derartige Anfälle der Dämonen
nicht nur Mittel zur Vorbeugung gegeben, von denen
am Anfang dieses zweiten Teils die Rede gewesen ist,
sondern auch Mittel zum Kurieren, da sonst von Gott
für die Gläubigen nicht genügend gesorgt worden
wäre [77ra] und die Werke des Teufels mächtiger
schienen als die Werke Gottes. Außerdem sagt die
Glosse über jene [Stelle] Iob 41: »Es gibt keine
Macht auf Erden« etc.: »Er überragt alle menschli-
chen Dinge. Und wenn er [der Dämon] den Verdien-
sten der Heiligen unterliegt, dann unterliegen sie [die
menschlichen Dinge] daher in diesem Leben auch den
Verdiensten der heiligen Männer.« Außerdem [sagt]
Augustinus, de moribus ecclesiae407: »Wenn wir
Gott mit unserem Geist anhängen, ist kein Engel
mächtiger. Denn wenn Tugend in dieser Welt eine
Macht ist, ist der Gott anhängende Geist erhabener
als die ganze Welt.« Daher können durch solche Men-
schen auch die Werke des Teufels gelöst werden.

Hexen
4.409 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 514

Antwort: Zu diesem Punkte gibt es üblicherweise


zwei scheinbar entgegengesetzte Ansichten. Es gibt
nämlich manche Theologen und Kanonisten, die un-
tereinander darin einig sind, daß es erlaubt sei, Scha-
denszauber aufzuheben, selbst durch abergläubische
und eitle Werke. Und dieser Meinung sind Sco-
tus408, Hostiensis409 und Gotfridus410 und allge-
mein alle Kanonisten. Die Meinung anderer Theolo-
gen, und zwar besonders der älteren, aber auch be-
stimmter moderner wie Thomas, Bonaventura, Al-
bertus, Petrus de Palude411 und vieler anderer ist,
daß auf keinen Fall Böses getan werden darf, damit
Gutes herauskomme, und daß der Mensch lieber ster-
ben solle, als in solches einzuwilligen, daß er nämlich
durch abergläubische und eitle Werke befreit werde.
Aber weil sich durch eine Unterscheidung deren Aus-
sagen in Einklang bringen lassen werden, müssen
vorher ihre Meinungen betrachtet werden.
Scotus nämlich erachtet es in seinem [Buch] 4
dist. 34 de impedimento maleficiali sive de frigidis
et maleficiatis412 für eine Torheit, zu behaupten,
daß Schadenszauber auch durch Eitles und Abergläu-
bisches nicht aufgehoben werden dürfen. Denn er
sagt: »Es liegt keine Ungläubigkeit darin, weil der
Zerstörende den Werken des Teufels nicht zustimmt,
sondern glaubt, daß er [der Teufel] ihm zusetzen
könne und wolle, so lange ein solches Zeichen andau-

Hexen
4.410 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 514

ert, weil er aufgrund des Paktes dazu [zum Schadens-


zauber] beiträgt, so lange jenes dauert.« Und wird
nicht die Zerstörung jenes Zeichens dieser Quälerei
ein Ende setzen?! Daher sagt er auch, es sei ein ver-
dienstliches Werk, die Werke des Teufels zu zerstö-
ren.
Weil er von den Zeichen spricht, wollen wir ein
Beispiel vorlegen. Es gibt bestimmte Frauen, die die
Hexen mit einem solchen Zeichen identifizieren, daß,
wenn infolge eines Schadenszaubers eine Kuh der Er-
giebigkeit der Milch beraubt wird, sie dann einen
Melkeimer mit Milch über das Feuer hängen413 und
voller Eifer mit gewissen abergläubischen Worten mit
einem Stock auf ihn einschlagen. Und wenn die Frau
auch nur auf ein kleines Gefäß einschlägt, wird der
Teufel [77rb] dennoch alle Schläge auf den Rücken
der Hexe übertragen, wodurch der Teufel samt der
Hexe belästigt wird. Mag auch der Teufel nicht ge-
zwungen werden und ihm auch nicht zugesetzt wer-
den, so tut der Teufel jenes doch, um die prügelnden
Rechtgläubigen zu schlimmeren Dinge zu verlocken,
weshalb es gefährlich ist.
Sonst scheint die Ansicht des so bedeutenden Ge-
lehrten kein Problem zu enthalten. Auch andere Bei-
spiele könnten angeführt werden. Hostiensis sagt mit
Bezug auf dasselbe in der Summa copiosa de frigi-
dis et maleficiatis, und zwar beim Titel de impoten-

Hexen
4.411 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 515

tia coeundi in der Glosse über c. litere § mulierem


autem, daß man bei einem solchen Mangel [wie Im-
potenz etc.] auf die Mittel der Ärzte zurückgreifen
müsse; wenn auch bestimmte dagegen verschriebene
Mittel eitel oder abergläubisch erscheinen, so solle
man doch jedem beliebigen Experten in seinem Ge-
biet glauben. Aber die Kirche kann es auch ruhig dul-
den, Eitles mit Eitlem zu vertreiben. Humbertinus
endlich bedient sich in seiner vorerwähnten vierten
distinction414 dieser Worte: »Es können Schadens-
zauber entweder durch Gebete oder durch die Kunst,
durch die sie gemacht worden sind, zerstört werden.«
Ebendasselbe [sagt] Gotfried in seiner
Summa415, unter demselben Titel: »Ein Schadens-
zauber kann nicht immer durch denjenigen gelöst wer-
den, der ihn bewirkt hat; entweder, weil er gestorben
ist oder es nicht versteht, ihn zu beseitigen, oder weil
das Schadenszauber[mittel] verlustig gegangen ist.
Wenn er es aber wüßte, könnte er [ihn] erlaubterweise
lösen.« Und zwar spricht er gegen diejenigen, welche
sagen, durch Schadenszauber könnte der fleischlichen
Verbindung deshalb kein Hindernis geboten werden,
weil kein solches fortdauernd wäre. Daher würde es
eine schon vollzogene Ehe nicht trennen können. Au-
ßerdem ließen sich diejenigen, welche bewogen wur-
den zu behaupten, daß kein Schadenszauber dauerhaft
sei, davon leiten, daß sie glaubten, jeder Schadens-

Hexen
4.412 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 515

zauber könne entfernt werden entweder durch einen


anderen Schadenszauber oder durch die Exorzismen
der Kirche, die zur Unterdrückung der Dämonen vor-
gesehen sind, oder durch wahre Buße, da der Teufel
nur über die Sünder Macht hat. Bezüglich des ersten
stimmten sie also mit der Meinung der anderen über-
ein, daß [Schadenszauber] wenigstens durch aber-
gläubische Mittel aufgehoben werden könnten.
Der entgegengesetzten Meinung aber ist der heilige
Thomas in seinem [Buch] 4, vorgenannte di.416, die
besagt, daß, wenn ein Schadenszauber nur durch
etwas Unerlaubtes rückgängig gemacht werden kann,
wie z.B. mit Hilfe eines Dämons oder etwas derglei-
chen, er nichtsdestoweniger für dauerhaft beurteilt
würde, auch wenn man wüßte, daß er so rückgängig
gemacht werden könnte, weil das Mittel nicht erlaubt
ist.
Ebenso Bonaventura, Petrus, Albertus und all-
gemein alle Theologen417. Denn wenn sie kurz die
stillschweigende oder ausdrückliche Anrufung der
Hilfe des Dämons behandeln, glauben sie offenbar,
daß durch nichts anderes als durch erlaubte Exorzis-
men oder durch wahre [77va] Buße, wie es im ange-
sprochenen c. si per sortiarias418 angesprochen
wird, [Schadenszauber] beseitigt werden dürfen, wie
es scheint, von den am Anfang der Frage angegebenen
Gründen bewogen.

Hexen
4.413 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 516

Und weil es förderlich ist, so bedeutende Gelehrte


in ihren Aussprüchen so viel wie möglich in Einklang
zu bringen, und dies mit einer einzigen Unterschei-
dung erreicht werden kann, daher ist zu bemerken,
daß ein Schadenszauber aufgehoben wird entweder
durch einen anderen Zauberer und durch einen ande-
ren Schadenszauber. [Eine andere Möglichkeit besteht
darin, daß der Schadenszauber] zwar nicht durch
einen Zauberer, wohl aber durch schadenszauberische
Riten und unerlaubte Riten [aufgehoben wird], und
dies wiederum in zweifacher Weise: weil [es] entwe-
der durch unerlaubte und zugleich eitle Riten oder
durch eitle, aber nicht unerlaubte Riten [erfolgt].
Das erste419 Mittel ist gänzlich unerlaubt, sowohl
seitens des Urhebers als auch seitens des Mittels
selbst. Wenn es auch in zweifacher Weise geschieht,
entweder mit Schädigung dessen, der den Schadens-
zauber verübt hat, oder ohne Schädigung, so ge-
schieht es doch mittels schadenszauberischer und un-
erlaubter Riten. Und dann wird es unter die zweite
Weise gefaßt, wo nämlich ein Schadenszauber nicht
durch einen anderen Zauberer aufgehoben wird, son-
dern durch schadenszauberische und unerlaubte Riten.
Und dann wird es wiederum für unerlaubt erachtet,
wenn auch nicht so wie das erste. Daher können wir
summarisch sagen, daß durch dreierlei und auf dreifa-
che Weise ein Mittel zu einem unerlaubten gemacht

Hexen
4.414 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 517

wird; [1.] wenn nämlich [der Schadenszauber] durch


einen anderen Zauberer oder andere Schadenszauber,
d.h. durch die Kraft irgendeines Dämons, aufgehoben
wird. [2.] Zweitens, wenn [der Zauber] nicht durch
einen Zauberer, sondern, durch eine ehrbare Personen
aufgehoben wird, und zwar so, daß durch abergläubi-
sche Mittel der Schadenszauber, der bei der einen Per-
sonen weggenommen wird, einer anderen zugefügt
wird: und dies ist wiederum unerlaubt. [3.] Drittens,
wenn er aufgehoben wird, ohne daß er einem anderen
zugefügt wird, er sich dabei doch der ausdrücklichen
oder stillschweigenden Anrufung der Dämonen be-
dient, die dann wiederum unerlaubt ist. Und entspre-
chend dieser Weise wird von den Theologen gesagt,
man solle lieber den Tod wählen, als in solche [Mit-
tel] einzuwilligen. Auf die anderen beiden letzten
Arten aber, einen Schadenszauber aufzuheben, kann
nach den Kanonisten entweder erlaubt oder nicht eitel
sein und kann geduldet werden, wenn die zuvor ver-
suchten Mittel der Kirche, als da sind: die Exorzis-
men der Kirche, der angeflehte Beistand der Heiligen
und die wahre Buße, nicht gewirkt haben.
Damit man ein klareres Verständnis von den ein-
zelnen Dingen gewinne, sollen einige Geschehnisse
und Taten berichtet werden, die wir gefunden haben.
In Rom war zur Zeit des Papstes Nikolaus420 ein
Bischof aus den deutschen Landen – dessen Namen

Hexen
4.415 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 517

zu verheimlichen das Gebot der Nächstenliebe erfor-


dert, wiewohl er bereits verstorben ist – angekommen,
um bestimmte Geschäfte zu erledigen. Er verliebte
sich in eine junge Frau; und da er angeordnet hatte,
sie mit zwei Dienern, den übrigen Besitztümern und
den Kleinodien in seine Diözese zu senden [77vb],
begann die junge Frau, aus weiblicher Habgier wegen
der kostbaren Kleinodien verblendet, sich einen Weg
auszudenken, daß er [der Bischof] während der Reise
durch Schadenszauber stürbe. Und schon hatte sie die
Kleinodien in ihrer Verwahrung. Und siehe, in der
folgenden Nacht erkrankte der Bischof plötzlich und
wurde von den Ärzten darauf untersucht, ob er nicht
vielleicht vergiftet worden sei, [was] auch von den
Dienern besorgt erwogen [wurde]. Denn eine so unge-
heure Hitze war in seiner Brust, daß er nur durch be-
ständiges Gurgeln mit kaltem Wasser wieder zu sich
gebracht werden konnte. Am dritten Tag, als man
schon keine Hoffnung mehr hatte, daß er am Leben
bliebe, verlangte eine alte Frau dringend Zutritt zum
Bischof und eröffnete, sie sei seiner Gesundheit hal-
ber gekommen. Sie trat also ein, sprach den Bischof
an und versprach, ihm Gesundheit, wenn er nur ihre
Ratschläge gutheißen würde. Als der Bischof fragte,
womit er denn zur Wiederlangung der Gesundheit, die
er aufs sehnlichste wünschte, einverstanden sein soll-
te, antwortete die alte Frau: »Siehe, diese Krankheit

Hexen
4.416 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 518

ist Euch durch einen Schadenszauber zugestoßen, und


Ihr werdet nur durch einen anderen Schadenszauber
befreit werden können, dadurch nämlich, daß die
Hexe selbst, die ihn Euch angetan hat, stirbt und von
eben dieser Eurer Krankheit befallen wird.« Als der
erstaunte Bischof merkte, daß er auf andere Weise
nicht befreit werden könnte, beschloß er, da er doch
nichts unbedacht tun wollte, den Papst durch eine
Bittschrift zu befragen. Der Pontifex aber, der ihm in-
nigst zugetan war und erfahren hatte, daß er nur durch
den Tod der Hexe befreit werden könne, gab seine
Zustimmung, daß unter zwei Übeln das kleinere zuge-
lassen werde; und daraufhin unterzeichnete er die
Bittschrift. Deswegen wurde die alte Frau erneut her-
beigeholt, und er [der Bischof] setzte ihr auseinander,
daß sowohl er selbst als auch der höchste Pontifex
den Tod der Hexe guthießen, wenn er nur der alten
Gesundheit wieder teilhaftig würde. Und so entfernte
sich die alte Frau und versprach, er werde in der fol-
genden Nacht befreit werden. Und siehe, als er um
Mitternacht gefühlt hatte, daß er gesund und von aller
Krankheit befreit war, schickte er einen Boten und
forschte, was denn mit der jungen Frau sei. Und siehe,
da war eine, die versicherte, sie sei plötzlich um Mit-
ternacht an der Seite der Mutter erkrankt. Hierbei
wurde zu verstehen gegeben, daß zu derselben Stunde
und [im selben] Augenblick die Krankheit den Bi-

Hexen
4.417 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 519

schof verließ und die junge Hexe, vermittelt durch


eine andere Hexe, nämlich die alte Frau, befiel. Und
so schien der böse Geist, indem er von der Schädi-
gung des Bischofs abließ, ihm mittelbar die Gesund-
heit wiederzugeben [78ra], während er jedoch eigent-
lich nicht die Gesundheit zukommen ließ. Jedoch
hatte er sie mit Zulassung Gottes angreifen können;
und wegen des mit der anderen Hexe eingegangenen
Paktes, die die andere um ihr Glück beneidete, hatte
der Dämon selbst die Meisterin, die junge Frau, zu in-
fizieren. Und man kann wohl annehmen, daß jene bei-
den Schadenszauber nicht durch einen einzigen
Dämon, der beiden Personen diente, sondern von zwei
Dämonen, die beiden Hexen dienten, zugefügt worden
sind. Und dabei sind die Dämonen einander nicht im
Wege, indem sie immer zur Vernichtung der Seelen,
die sie auf das höchste und einmütig erstreben, jeder
das Seine ausführen. Als sich nun der Bischof aus ge-
botener Liebe vornahm, sie zu besuchen und ihre
Kammer betrat, wurde er mit schauderhaften Verwün-
schungen empfangen, indem sie ausrief: »Du samt
deiner [Helferin], die dich solche Dinge gelehrt und
dich befreit hat, ihr sollt in Ewigkeit verflucht sein!«
Als der Bischof versuchte, ihren Sinn zur Buße zu er-
weichen, und [sagte, daß] er ihr jede Widerwärtigkeit
verziehen habe, wandte sie ihr Gesicht ab und rief:
»Hinaus, Verfluchter! Hier ist keine Hoffnung auf

Hexen
4.418 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 519

Vergebung, sondern ich befehle meine Seele allen Dä-


monen.« Und sie starb elendiglich, und der Bischof
kehrte mit Freuden nach Hause zurück. Hier ist noch
zu bemerken, daß die Befreiung durch den Papst in
diesem Fall nicht begründet, daß es so allen freisteht,
weil das Privileg für einen Einzelnen kein allgemeines
Gesetz bildet.
Mit Bezug auf ebendasselbe sagt Nider in seinem
Formicarius421 nämlich: »Die Art, einen Schadens-
zauber aufzuheben oder sich am Zauberer zu rächen,
wird bisweilen in folgender Weise vorgenommen: Es
kam nämlich ein an sich oder seinen [Gütern] Geschä-
digter zu einer Hexe, begierig den Übeltäter zu erfah-
ren, dann goß die Hexe mehr als einmal flüssiges Blei
ins Wasser, bis durch das Werk des Dämons an dem
Blei ein Gebilde sichtbar wurde. Wenn die Hexe dies
erblickt hatte, fragte die Hexe den Nachforschenden:
›An welchem Teil willst du, daß dein Zauberer ge-
schädigt werde, um ihn an eben dieser Wunde zu er-
kennen?« Wenn er eine Stelle wählte, brachte die
Hexe sogleich an dem Teil des Gebildes, welches im
Blei erschien, einen Schnitt oder eine Wunde mit
einem Messer an und bezeichnete den Ort, wo er [der
Dämon] den Schuldigen finden würde. Den Namen
jedoch offenbarte sie keinesfalls. Aber wie die Erfah-
rung bezeugt, fand es sich, daß der Zauberer durch-
weg so verletzt wurde, wie es sein bleiernes Bildnis

Hexen
4.419 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 520

zeigte.« Diese Mittel und ähnliche, sage ich, gelten


durchaus für unerlaubt, wiewohl die menschliche
Schwäche, in der Hoffnung von Gott Verzeihung zu
erhalten, sich häufiger in diese verstrickt, indem sie
mehr für die Gesundheit des Körpers sorgt als [78rb]
für die der Seele.
Nun das zweite Mittel. Was bezüglich der Zaube-
rer und Hexen zu tun sei, die Schäden aufgrund eines
ausdrücklichen, mit dem Dämon eingegangenen Pakt,
ohne Schädigung einer Person beheben, und wie sie
erkannt werden, das wird unten in der sechzehnten
Art422, das Urteil zu fällen, verdeutlicht. Diese exi-
stieren nämlich sehr zahlreich, und es finden sich
immer innerhalb einer oder zweier deutscher Mei-
len423 welche in diesem Gebiet, die offenbar heilen,
was auch immer andere Hexen schädigen. Manche
[bewirken] diese Heilungen schlechthin jederzeit; an-
dere rühmen sich, durch Schadenszauber Verletzte
nur vom letzten Quatember424 an zu heilen; wieder
andere können nur mit Zustimmung der Hexe heilen,
die den Schadenszauber zugefügt hat. Und dies mer-
ken sie aufgrund des ausdrücklichen, mit dem Dämon
eingegangenen Paktes; darum [geschieht es] daß sie
jenen, die zwecks Wiedererlangung der Gesundheit zu
ihnen kommen, verborgene Dinge zu offenbaren pfle-
gen. Denn sie offenbaren ihnen sofort die Gründe
ihres Unglücks, indem sie sagen, sie seien wegen der

Hexen
4.420 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 521

mit der Nachbarin oder einer anderen Frau oder mit


einem Mann ausgetragenen Zänkereien oder Streitig-
keiten an sich oder ihren Gütern [durch den Schadens-
zauber] verletzt worden. Zur Verbergung ihrer
Schandtaten legen sie bisweilen auch Wallfahrten
oder andere fromme Werke auf. Diese zur Wiederer-
langung der Gesundheit anzugehen, ist freilich um so
gefährlicher, als sie sich in höherem Maß zur
Schmach für den Glauben vergehen als die, welche
bloß aufgrund eines schweigenden Paktes zu heilen
scheinen. Während diese [die Besucher der Hexe]
nämlich auf der einen Seite die körperliche Gesund-
heit Gott voranstellen, verkürzen sie sich selbst zur
Rache für [ihr] Verbrechen das Leben, indem Gott sie
tötet. So nämlich wütete die göttliche Rache gegen
Saul, da er erst die Magier und arioli vertrieben hatte
[und] später [bei ihnen] um Rat nachsuchte, weshalb
auch er im Krieg mit den Söhnen getötet wurde, 1
Reg. 28425. Die Schuld wird auch behandelt in 1
parap. 10426: deshalb mußte auch der kranke Ocho-
zias sterben, 4 Re. 1427. Solche Besucher von Hexen
sind auch übel beleumundet, weshalb sie auch nicht
als Kläger zugelassen werden dürfen, 2 q. 8 quisquis
nec428. Desgleichen sollen solche nach den Gesetzen
mit der Todesstrafe gestraft werden, wie in der ersten
Frage des Werkes429 behandelt worden ist.
Aber ach, Herr Gott, da alle deine Ratschlüsse ge-

Hexen
4.421 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 521

recht sind, wer wird dann die armen Behexten befrei-


en, die in fortwährenden Schmerzen jammern? Da un-
sere Sünden es so verlangen, ist der Feind allzu mäch-
tig geworden: wo sind sie, die mit erlaubten Exorzis-
men jene Werke des Teufels zu lösen vermöchten?
Also scheint allein das Mittel übrig zu sein [78va],
daß die Richter die Angriffe [der Hexen] wenigstens
zügeln, indem sie die Verursacherinnen mit verschie-
denen Strafen geißeln, weshalb auch den Kranken die
Möglichkeit, die Hexen zu konsultieren, beschnitten
wird. Aber ach, niemand begreift es mit seinem Her-
zen, indem alle suchen, was ihrer und nicht was Jesu
Christi ist.
Die oben erwähnte Hexe in Richshoffen430 wurde
in solchem Ausmaß von einheimischen Behexten zur
Wiedererlangung der Gesundheit konsultiert, daß der
Burggraf in der Weise daraus Zolleinkünfte431 zie-
hen wollte, daß jeder an sich selbst oder an seinen
Gütern Behexte am Toreingang einen Groschen zu
zahlen hatte, wodurch er, wie er versicherte, große
Einnahmen erzielte.
Auch haben wir aus Erfahrung gelernt, daß es meh-
rere solche in der Diözese Konstanz gibt, nicht weil
gerade diese gegenüber anderen Diözesen [mehr] an-
gesteckt sei – denn diese Art des Unglaubens
schleicht durch alle Diözesen und hat offenbar leider
die ganze Welt angesteckt –, sondern weil gerade

Hexen
4.422 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 522

diese Diözese mehr untersucht worden ist. Da ist ein


Mann mit Namen Hengst432 gefunden worden, der
täglich großen Zulauf von armen Behexten hat. Wir
haben es mit unseren eigenen Augen in dem Dorf En-
ingen433 gesehen. Nicht einmal die Wallfahrtsorte
der seligsten Jungfrau in Aachen434 oder in Einsie-
deln435 haben so großen Zulauf von Armen wie die-
ser abergläubische Mensch. Zur kältesten Winterzeit,
wenn wegen der Schneemassen jede königliche bzw.
öffentliche Straße gesperrt wird, wird er aus bis zu
zwei oder drei Meilen Entfernung, obwohl es für die
Menschen sehr beschwerlich ist, besucht, wobei eini-
ge Mittel bekommen, andere aber nicht, wie ich
[auch] glaube, weil wegen verschiedener Hindernisse,
wie oben behandelt, nicht alle Schadenszauber glei-
chermaßen behoben werden können. Und zwar lösen
diese die Schadenszauber unter ausdrücklicher Anru-
fung der Dämonen nach dem zweiten unerlaubten
Mittel, jedoch nicht so wie das erste436.
Das dritte437 Mittel aber [ist das], welches unter
bestimmten abergläubischen Zeremonien ausgeübt
wird. Jedoch wird es nicht zum Schaden einer Person
noch durch offenkundige Zauberer betrieben, [son-
dern] wie die Erfahrung bezeugt, auf folgende Weise:
In der Stadt Speyer legte ein Kaufmann dar438, daß
ihm folgender Fall zugestoßen sei: »Als ich mich«,
sagte er, »im Schwabenland in einer Adelsburg439

Hexen
4.423 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 523

aufhielt und eines Tages [78vb] nach dem Frühstück


in Begleitung zweier Bedienter, um mich zu entspan-
nen440, über eine Wiese schritt, kam [uns] eine Frau
entgegen; und als sie noch weit entfernt ging und von
den beiden Dienern erkannt wurde, sagte einer von
ihnen: ›Schütze dich schnell mit dem Zeichen des
Kreuzes!‹ und ähnlich wurde auch der andere auf der
anderen Seite dazu ermahnt. Als ich aber nach dem
Grund dieser Furcht fragte, antworteten sie: ›Siehe,
die schlimmste Hexe der ganzen Provinz kommt uns
jetzt entgegen. Sie kann die Menschen durch den blo-
ßen Blick zu verhexen.« Da wurde ich ärgerlich und
prahlte, daß ich solche niemals gefürchtet hätte. Doch
kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, da fühlte
ich, daß ich schwer am linken Fuß verletzt war, so
daß ich den Fuß ohne heftigen Schmerz nicht vom
Fleck bewegen und keinen Schritt mehr tun konnte,
weshalb auch die anderen durch einen Boten schleu-
nigst für mich ein Pferd aus der Burg kommen ließen
und mich dorthin zurückbrachten. Als aber drei Tage
hindurch die Schmerzen zunahmen, gingen die besag-
ten Bewohner, welche begriffen, daß mir ein Scha-
denszauber angetan worden war, eine Wegstrecke von
einer Meile zu einem bestimmten Bauern und erzähl-
ten ihm von dem Fall. Von diesem wußten sie, daß er
durch eine Kunst Schadenszauber aufheben [konnte].
Er eilte herbei, besah den Fuß und sagte: ›Ich will

Hexen
4.424 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 524

ein Experiment anstellen, ob es Euch infolge eines na-


türlichen Gebrechens zugestoßen ist. Und wenn es
Euch infolge eines Schadenszaubers getroffen hat,
werde ich Euch mit Gottes Beistand kurieren; wenn
nicht, können wir mit natürlichen Mitteln vorge-
hen.‹ – Ich aber sagte: ›Wenn ich ohne Aberglauben
mit dem Beistand Gottes kuriert werden kann, werde
ich es gerne annehmen, da ich mit dem Dämon nichts
gemein haben will und auch seine Hilfe nicht mag.‹ In
demselben Sinne antwortete auch der Bauer: er wolle
nur erlaubte Mittel anwenden, und zwar mit dem Bei-
stand Gottes und so heilen, wenn er nur erst erfahren
hätte, daß mir dies durch einen Schadenszauber zuge-
stoßen sei. Beidem stimmte ich zu. Da machte er, wie
es oben von der anderen Hexe erwähnt worden ist441,
Blei in einem eisernen Löffel flüssig, hielt es über den
Fuß und goß es in eine Schüssel voll Wasser. Und
plötzlich quollen die Gebilde verschiedener Gegen-
stände hervor, als wenn Dornen oder Haare oder Kno-
chen und ähnliches hineingetan worden wären. ›Nun‹,
sagte er, ›sehe ich, daß Euch diese Krankheit nicht in-
folge eines natürlichen Gebrechens, sondern infolge
eines Schadenszaubers zugestoßen ist.‹ Als ich aber
fragte, wie er solches aus [79ra] flüssigem Blei wis-
sen könnte, sagte er: ›Seht, es gibt sieben Metalle,
entsprechend den sieben Planeten, und weil Saturn
über das Blei gebietet, so ist dessen Eigenschaft, daß,

Hexen
4.425 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 524

wenn Blei über einen Schadenszauber gegossen wird,


es durch seinen Einfluß den Schadenszauber anzeigt.
Und es ist gut gewesen, daß wir schnell ein [Erken-
nungs]mittel angewendet haben. Nun habe ich Euch
so viele Tage zu besuchen, wie ihr unter dem Scha-
denszauber zugebracht habt.‹ Auf die Frage, wie viele
Tage vergangen seien, bekannte ich, daß es schon drei
Tage seien. Daher besuchte er mich drei Tage lang,
und indem er bloß den Fuß besah und berührte und
alle Worte bei sich herbetete, trieb er den Schadens-
zauber aus und gab mir die volle Gesundheit wieder.«
Diese Weise kennzeichnet denjenigen, der sie an-
wandte, sicherlich nicht als Zauberer, [und das Vorge-
hen nicht als] ein abergläubisches Vorgehen, und
zwar deshalb, weil er mit Hilfe Gottes und nicht
durch das Werk des Teufels die Gesundheit versprach
und den Einfluß des Saturn auf das Blei heranzog, der
gleichsam aus seinem Regiment heraus begründet ist.
Daher steht er untadelig da und war vielmehr zu emp-
fehlen. Aber durch welche Kraft er den Schadenszau-
ber austrieb und die Abbilder von Gegenständen im
Blei erzeugte, bleibt zweifelhaft. Denn da ein Scha-
denszauber durch keine natürliche Kraft beseitigt wer-
den kann, mag sie auch dadurch gemildert werden
können, wie sich weiter unten442 bezüglich der Mit-
tel für Besessene zeigen wird, so scheint jener dies
vielmehr durch einen zumindest stillschweigend mit

Hexen
4.426 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 525

dem Dämon eingegangenen Pakt ausgeführt zu haben.


Und zwar nennt man es so, wenn der Ausführende zu-
mindest stillschweigend in den Beistand des Teufels
einwilligt, auf welche Weise unzählige abergläubi-
sche Werke ausgeführt werden, wenn auch unter-
schiedlich bezüglich der Verhöhnung Gottes, da in
dem einen Werk seine Verhöhnung größer ist als in
dem anderen. Darin nämlich, daß jener [Bauer] be-
züglich der Wiederherstellung der Gesundheit sicher
war, und darin, daß er an so vielen Tagen, wie [der
Behexte] in der Krankheit zugebracht hatte, ihn besu-
chen mußte und keine natürlichen Arzneien benutzte
und den Kranken doch, seinem Versprechen gemäß,
die Gesundheit wiedergab, wird er nicht so sehr für
verdächtig, sondern vielmehr für offen ertappt beur-
teilt, wenn auch nicht wegen eines ausdrücklichen,
mit dem Dämon eingegangenen Pakts. Und er wird
gleichsam als ein [mittels des Pakts] Verbundener ge-
halten und zumindest doch mit den unten in der zwei-
ten Weise, das Urteil zu fällen, enthaltenen Strafen
bestraft werden, mit feierlicher Abschwörung, wenn
ihn nicht die Gesetze, die offenbar das Entgegenge-
setzte fordern, begünstigen würden. Was in diesem
Fall durch den Bischof [79rb] zu tun sei, wird sich
später443 bei der Lösung der Argumente ergeben.
Das vierte Mittel aber ist zu dulden, und zwar be-
haupten dies wenigstens die Kanonisten mit bestimm-

Hexen
4.427 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 526

ten Theologen. Es heißt nur eitel, und zwar im stren-


gen Sinne, weil es nämlich nur abergläubisch ist, und
nach der Absicht und dem Vorsatz des Ausführenden
nicht aufgrund eines ausdrücklichen und stillschwei-
genden Paktes ausgeführt wird. Und ich sage, daß,
wenn man vielleicht auch das dritte Mittel diesem
vierten an die Seite stellen möchte, es uns zumindest
besser erscheint, ihrer Zulassung nachzugeben, als zu
Streitigkeiten den Anstoß zu geben. Dieses eitle Mit-
tel nun ist weiter oben444 mit dem Beispiel von den
Frauen veranschaulicht worden, welche auf einen über
dem Feuer aufgestellten Melkeimer445 zu dem Zwek-
ke einschlagen, daß die Hexe, welche die Kuh des
Milchgebens beraubt hat, Schläge bekomme, mögen
sie derlei vielleicht auch im Namen des Teufels zu tun
haben oder vielleicht ohne dessen genaue Erläuterung.
Eben hierher können auch andere ihrer Taten ge-
stellt werden. Denn wenn sie bisweilen auf diese
Weise geschädigte Kühe auf die Weide schicken wol-
len und auch die Hexe selbst ausfindig zu machen su-
chen, legen sie der Kuh die Beinkleider des Mannes
oder etwas Unsauberes auf den Kopf oder Rücken,
und zwar besonders an festlichen, heiligeren Tagen,
und treiben sie aus, indem sie sie mit dem Stock, viel-
leicht wieder mit demselben Spruch wie oben, schla-
gen. Dann eilt die Kuh graden Laufes zum Haus der
Hexe, schlägt die Hörner gegen deren Tür und stößt

Hexen
4.428 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 526

unter lautem Gebrüll fortwährend zu; und zwar tut


dies durchaus der Teufel in der Kuh so lange, bis er
durch andere Schadenszauber zur Ruhe gebracht wird.
In Wirklichkeit sind solche Dinge, auch wenn es
nach den genannten Gelehrten zu dulden ist, denn
doch nicht ein verdienstliches [Werk], wie manche zu
behaupten versuchen. Da wir nämlich nach dem Apo-
stel belehrt werden, alles, was wir in Worten oder
Werken tun, im Namen unseres Herrn Jesus zu
tun446, so beleidigt gerade die Unbedachtheit, mit
der [die betreffende Person] die Gottesfurcht hintan-
setzt, Gott. Er läßt daher auch dem Teufel die Macht,
solches zu tun, auch wenn dabei auch keine ausdrück-
liche Anrufung des Dämons stattfindet oder wenig-
stens das Aussprechen seines Namens und dabei fer-
ner nicht die Absicht besteht, solche Dinge durch ir-
gendeinen stillschweigenden oder ausdrücklichen
Pakt zu vollbringen, so daß er vielleicht sagt: »Ich
will dies tun, mag sich der Teufel einmischen oder
nicht.« Solche Leute sind daher zur Buße anzuhalten,
damit sie [79va] lieber davon abstehen und zu den
unten aufgeschriebenen und z.T. auch oben schon be-
handelten Mitteln, in Form nämlich [des Gebrauchs]
von Weihwasser, Exorzismus-Salz etc. greifen.
In ähnlicher Weise sind diejenigen zu beurteilen,
welche, wenn ihnen ein Haustier durch einen Scha-
denszauber zugrunde geht und sie den Zauberer aus-

Hexen
4.429 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 527

findig machen wollen, oder auch, ob es infolge natür-


lichen Defekts oder durch Schadenszauber zugegan-
gen ist, zu den Orten eilen, an denen die Tierkadaver
abgedeckt werden und die Eingeweide eines Kadavers
über den Erdboden hinweg bis zum Haus schleppen,
aber nicht durch die Tür ins Haus, über die Schwelle,
ziehen, sondern unter der Schwelle weg zur Küche
des Hauses. Und nachdem sie Feuer gemacht haben,
legen sie die Eingeweide auf den Rost, und, wie wir
durch die Aussage solcher, die es ausführen, erfahren
haben, so wie dann die Eingeweide heiß werden und
brennen, werden die Eingeweide der Hexe von Hitze
und Schmerzen gepeinigt. Es achten daher jene Kund-
schafter darauf, daß die Haustür bestens versperrt ist,
weil die Hexe vor Schmerzen zum Eingang eilen
wird. Und wenn sie Einlaß findet, nimmt sie eine
Kohle vom Feuer weg, und dann ist jede Pein ver-
scheucht. Wir haben öfter in Erfahrung gebracht, daß,
wenn sie keinen Einlaß finden konnten, sie dann das
Haus innen und außen mit dichtester Finsternis umga-
ben, unter so grausiger Bewegung [der Luft] und sol-
chem Getöse, daß alle schließlich meinten, das Haus
müsse einstürzen und sie umkommen, wenn sie die
Tür nicht öffneten.
Eben darauf werden auch bestimmte Experimente
zurückgeführt. Manche Leute nämlich, die aus der
Menge der in der Kirche weilenden Frauen die als

Hexen
4.430 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 527

Hexen herausfinden wollen, die gerade ohne ihre Zu-


stimmung nach Beendigung des Gottesdienstes nicht
aus der Kirche hinausgehen können, warten mit fol-
gendem Experiment auf: Am Sonntag salben sie die
Halbschuhe junger Männer mit Schmiere und Schwei-
nefett, wie es Sitte ist zur Haltbarmachung [des Le-
ders]. Und wenn sie so die Kirche betreten, werden
die Hexen so lange aus der Kirche nicht heraus kön-
nen, bis die Kundschafter entweder selbst hinausge-
hen oder jenen die Erlaubnis hinauszugehen einräu-
men, unter dem Ausspruch wie oben. Ähnliches ge-
schieht auch mittels bestimmter Worte, weiche her-
auszustreichen nicht förderlich ist, damit niemand
durch den Teufel verführt werde. Denn auch die Rich-
ter und Vorsitzenden dürfen diesen keine untrügliche
Glaubwürdigkeit oder hohe Meinung beimessen, es
müßte denn eine solche Person anderswo schon übel
beleumundet sein: indem unter einem solchen Vor-
wand jener Tausendkünstler auch Unschuldige in
üblen Ruf bringen könnte. Daher sollte man die Leute
besser von solchen Versuchen abbringen und [ihnen]
heilsamen Bußen auferlegen, mögen sie auch biswei-
len unterbleiben.
Dadurch ergibt sich die Antwort [79vb] auf die Ar-
gumente, welche zum Schluß kommen, daß Schadens-
zauber nicht behoben werden dürfen: sie auf die er-
sten beiden Arten zu beheben ist durchweg unerlaubt;

Hexen
4.431 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 528

das dritte Mittel mag zwar nach den Rechten geduldet


werden, doch muß der kirchliche Richter darauf nicht
geringe Obacht haben. Denn daß die [weltlichen] Ge-
setze es zu erlauben scheinen, ergibt sich aus c. de
maleficis 1. eorum447, wo folgendes steht: »Andere
aber, welche das tun, damit nicht die Anstrengungen
der Menschen durch Wind- und Hagelschlag zunichte
werden, verdienen nicht Strafe, sondern Belohnung.«
Und Antoninus führt in der Summa448 über die Ge-
setze, in denen kanonisches und bürgerliches Recht
auseinandergehen, ebendasselbe an. Danach scheinen
die Gesetze zu erlauben, daß man bestimmte Leute,
die zur Erhaltung der Früchte und der Haustiere derar-
tige Dinge praktizieren, nicht nur dulden, sondern
sogar belohnen könne. Es wird also dem kirchlichen
Richter zukommen, darauf zu achten, ob [der Betref-
fende] im Sinne des Gesetzes gegen Hagel und damit
gegen die normalen Luftverhältnisse mit, wie sich
weiter unten449 ergeben wird, erlaubten Mitteln oder
mit abergläubischen vorgeht; und dann, wenn sich
daraus kein Ärgernis für die Kirche ergibt, wird er ihn
auch dulden [können]. Aber tatsächlich wird dies
nicht nach der dritten Weise, sondern [nur] nach der
vierten und fünften Weise sein, wovon im Folgenden
zu handeln sein wird, nämlich über die kirchlichen
und erlaubten Mittel, unter gelegentlicher Behandlung
der abergläubischen, die zur vierten Weise gehören;

Hexen
4.432 [II/2] Es folgt die zweite Hauptfrage dieses zweiten Hexenhammer, 528

und zwar [geschieht dies] in den folgenden Kapiteln.

Hexen
4.433 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 529

[II/2,1] Kirchliches Mittel gegen Inkubus- und


Sukkubus-Dämonen. Kapitel 1

Nun sind aber in den vorhergehenden Kapiteln der er-


sten Frage: über die Weise, Menschen, Haustiere und
Früchte des Landes zu behexen, vorerst jene [Prakti-
ken] behandelt worden, die die Hexen selbst für sich
praktizieren: wie sie nämlich unschuldige Jungfrauen
zur Mehrung ihrer Ruchlosigkeit anlocken; auch wel-
ches die Weise sei, sich anzubieten und die Huldi-
gung zu leisten, auch wie sie die eigenen oder frem-
den Kinder den Dämonen entbieten und auf welche
Weise sie örtlich ausfahren. Dieses und ähnliches zu
heilen, sage ich, ist nur möglich, wenn sie von ihren
Richtern aus dem Wege geschafft oder zumindest zum
abschreckenden Beispiel für alle Künftigen bestraft
werden [80ra]. Deswegen werden derartige Mittel
nicht jetzt, sondern im letzten Teil des Werkes gehan-
delt werden, wo die zwanzig450 Formen, gegen und
über die Hexen als Personen zu prozessieren und das
Urteil zu fällen, vorgeführt werden. Für jetzt jedoch
ist es nötig, sich über die Mittel gegen ihre schadens-
zauberischen Wirkungen auszulassen; und zwar er-
stens, wie behexte Menschen geheilt werden, dann,
wie die Tiere und endlich wie die Früchte des Landes
geschützt werden. Bezüglich der Menschen aber, die

Hexen
4.434 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 530

seitens Inkubus- und Sukkubus-Dämonen behext


sind, [ist zu sagen, daß es] diese [Behexung] in drei-
erlei Formen gibt: diejenigen, welche sich freiwillig
den Inkubus-Dämonen unterwerfen451, wie es die
Hexen tun; weil man bezüglich der Sukkubi bei Män-
nern eine freiwillige Ausführung nicht in dem Maße
findet, da sie infolge der natürlichen Kraft der Ver-
nunft, um welche die Männer die Frauen übertreffen,
vor solchen Dingen mehr zurückschrecken. [Zwei-
tens] auch diejenigen, welche von den Zauberern und
Hexen mit den Inkubi und Sukkubi gegen ihren Wil-
len verbandelt werden; und die dritte Art ist die, zu
welcher besonders gewisse Jungfrauen [gehören], die
gänzlich gegen ihren Willen von den Inkubus-Dämo-
nen angefochten werden. Von diesen nimmt man auch
häufig an, daß sie auf diese Weise von Zauberern und
Hexen behext werden, daß nämlich die Dämonen auf
Betreiben der Hexen, so wie sie sehr häufig auch an-
dere Krankheiten anzutun pflegen, sich so gegenüber
jenen Personen zu Inkubi zu machen haben um sie so
zu ihrer Ruchlosigkeit zu verlocken. Geben wir Bei-
spiele!
In der Stadt Koblenz452 ist ein armer Mann in der
Weise behext, daß er im Beisein der Ehefrau den gan-
zen fleischlichen Akt, wie ihn die Männer mit den
Frauen auszuführen pflegen, zu wiederholten Malen
für sich allein ausübt und davon auch auf das Drän-

Hexen
4.435 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 530

gen und, Jammern seiner Frau hin nicht abgebracht


werden kann, so daß er nach Vollendung eines oder
dreier Akte ausstößt: »Wir wollen wieder von vorn
anfangen!«, während man doch keine Person von kör-
perlicher Gestalt sich ihm hingeben sieht; und es ge-
schieht, daß jener Arme nach täglichen derartigen Pei-
nigungen auf die Erde stürzt und aller Kräfte beraubt
wird. Fragt man ihn nach Wiedererlangung einiger
Kräfte, auf welche Weise und wieso ihm dies zustößt
und ob er denn eine Person habe, die sich ihm hinge-
be, pflegt er zu antworten: »Ich sehe nichts.« Er sei
aber so des Sinnes beraubt, daß er durchaus nicht im-
stande sei, davon abzustehen453. Und es gilt bezüg-
lich dieses Schadenszaubers eine Frau für sehr ver-
dächtig, es ihm angetan zu haben, weil sie jenem
Armen durch schmähliche Worte gedroht hat, daß sie
es ihm wegen einer ihr bereiteten Mißfälligkeit per-
sönlich heimzahlen wolle [80rb]. Aber es sind keine
Gesetze und Vollstrecker der Gerechtigkeit da, die
wenigstens auf üblen Leumund und schweren Ver-
dacht hin zur Sühne eines so großen Verbrechens
schreiten: da sie glauben, niemand dürfe verurteilt
werden, außer er würde durch eigenes Geständnis
oder gesetzmäßige Gestellung dreier Zeugen über-
führt; als wenn die Indizien der Tat oder die Offen-
kundigkeit aufgrund schwerer oder heftiger Ver-
dachtsmomente nicht zur Bestrafung ausreichten!

Hexen
4.436 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 531

Doch die Arten, das Urteil zu fällen, werden weiter


unten454 wie angekündigt klargestellt werden.
Über die zweite Weise zu berichten, wonach selbst
zu unseren Zeiten Mädchen von Inkubus-Dämonen
belästigt werden, würde gar zu weitläufig sein, da
glaubhafte Geschichten darüber vorliegen. Aber mit
welch großer Schwierigkeit solches geheilt werden
kann, kann man dem entnehmen, was Thomas Bra-
bantinus gegen Ende seines Werkes de apibus455
von einem [Mädchen] in dieser Weise berichtet: »Ich
habe«, sagt er, »eine Jungfrau in der Beichte gehört
und im frommen Ordensgewand gesehen, die erst
sagte, sie habe niemals in den Beischlaf eingewilligt.
Dadurch gibt sie jedoch zu verstehen, daß sie fleisch-
lichen Umgang hatte. Da ich es aber nicht glauben
wollte, setzte ich ihr mit Argumenten und harten Dro-
hungen zu, bei Gefahr ihrer Seele [die Wahrheit zu
sagen]: endlich gestand sie unter Tränen, sie sei eher
im Geist als am Leibe verdorben worden. Und da sie
danach gleichsam zu Tode betrübt war und jeden Tag
unter Tränen beichtete, konnte sie doch nicht durch
Klugheit, Eifer oder Kunst vom Dämon, dem Inku-
bus, befreit werden; auch nicht durch das Zeichen des
Kreuzes, noch durch Weihwasser, was doch beson-
ders zur Verscheuchung der Dämonen verordnet wird,
und auch nicht durch das Sakrament des Leibes Chri-
sti, das selbst den Engeln Schreck einflößt; bis nach

Hexen
4.437 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 531

vielen Jahren [der Dämon] durch fromme Gebets- und


Fastenübungen vertrieben wurde. Und es ist glaub-
haft – vorbehaltlich besseren Urteils – daß, nachdem
sie im Schmerz über ihre Sünde gebeichtet hatte, der
Beischlaf mit dem Dämon für sie vielmehr die Strafe
für die Schuld als [selbst] eine Schuld war.« Als sich
diese in der Pfingst-Vigilie bei der frommen Nonne
Christina456 im Tal der Herzogin von Brabant, die
mir457 dies erzählt hat, beklagte, daß sie wegen der
lästigen Anfechtung durch den Dämon nicht wagte,
die Kommunion zu empfangen, sagte ihr Christina
voll Mitgefühl: »Geh hin und schlafe sorglos, morgen
wirst du teilhaben am Leib des Herrn; denn ich werde
deine Strafe auf mich nehmen.« Jene entfernte sich
froh, schlief in Frieden, erhob sich am Morgen nach
der Nacht zum Gebet [und] nahm in aller Ruhe die
Sakramente. Christina aber, die die auf sich genom-
mene Strafe nicht für eine schwere hielt, hörte am
Abend, als sie sich zur Ruhe begab, auf ihrem Lager
[80va] jemanden, der sich wie ein Ferkel hin und her
bewegte. Und nicht argwöhnend, daß es ein Dämon
sei, ergriff sie einen Spinnrocken und zu verscheu-
chen, was auch immer es sei. Sie legte sich wieder
hin, erhob sich aber voller Angst, da sie gepeinigt
wurde. Und so mehrere Male. Endlich merkte sie und
sah es an den fast [völlig] zerwühlten Decken, daß sie
von der Nichtswürdigkeit eines Dämons bedrängt

Hexen
4.438 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 532

wurde. Sie verließ also das Bett, brachte die Nacht


schlaflos zu und wollte beten, wurde [aber] durch
einen Angriff des Dämons gepeinigt und hatte, wie sie
sagte, niemals derartiges mitgemacht. Daher sagte sie
am Morgen zu der erwähnten Frau: ›Ich verzichte, ich
verzichte auf deine Strafe, und ich bin kaum ohne Ge-
fährdung des Lebens der Gewalttätigkeit des
schlimmsten Versuchers entgangene.‹« Daraus kann
man ermessen, daß es schwer ist, derlei zu heilen,
mag es einem mit Schadenszauber oder ohne zusto-
ßen.
Es gibt jedoch noch einige Dinge, durch die die
Dämonen vielleicht in die Flucht geschlagen werden,
wovon auch Nider in seinem Formicarius458 han-
delt. Wenn, wie es dort heißt, auf fünf Arten Mädchen
und Männer befreit werden können, nämlich [1.]
durch sakramentale Beichte und heilige Übung beim
Schlagen des Kreuzeszeichens oder [2.] durch den En-
gelsgruß459, drittens durch Anwendung von Exorzis-
men, viertens durch gewisse Ortsveränderungen und
[5.] durch vorsichtige Bannung seitens der Heiligen,
von denen, wie sich aus dem oben Vorausgeschickten
ergeben hat, die ersten beiden der Nonne nichts ge-
nützt haben. Sie sind aber deshalb dennoch nicht zu
unterlassen: wenn es nämlich bei dem einen ein Ge-
genmittel ist, so folgt daraus nicht, daß es auch bei
einem anderen [auch eines ist] und umgekehrt. Denn

Hexen
4.439 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 533

Geschichten berichten, daß auch Inkubi häufig durch


das Vaterunser oder Besprengen mit [Weih]wasser
oder auch durch den Engelsgruß vertrieben worden
sind.
Es berichtet nämlich Caesarius in seinem Dia-
log460, daß, als sich ein Priester aufgehängt hatte,
seine Konkubine in das Kloster eintrat und durch
einen Inkubus zur Ausschweifung gereizt wurde.
Diese vertrieb ihn jedoch durch Bekreuzigen und Be-
sprengen mit Weihwasser, auch wenn er gleich da-
nach wiederkehrte. Wann [immer] sie auch den En-
gelsgruß sagte, verschwand und entwich er von dan-
nen wie ein Pfeil, kam aber bisweilen zurück, freilich
ohne zu wagen, sich an sie heranzumachen. Gleich-
falls bezüglich des dritten [Wegs der Heilung] durch
sakramentale Beichte, ergibt es sich eben nach dem-
selben Caesarius, der sagt, daß die genannte Konku-
bine, als sie schon aufrichtig gebeichtet hatte, völlig
vom Inkubus verlassen wurde. Derselbe berichtet, daß
ein Mann in Lüttich461, der an einem Inkubus462 zu
leiden hatte, nach Ablegung der sakramentalen Beich-
te völlig befreit [80vb] wurde463. Er legt außerdem
ein Beispiel von einer Klausnerin464 vor465, die der
Inkubus weder durch ein Gebet noch infolge sonstiger
geistiger Übung verließ, wenn er deren Bett bestieg.
Als sie aber auf den Rat eines frommen Mannes »Be-
nedicite«466 sagte, verließ sie der Dämon sofort.

Hexen
4.440 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 534

Bezüglich des vierten, nämlich der Veränderung


des Ortes, berichtet derselbe [Autor], daß die Tochter
eines Priesters, durch einen Inkubus entehrt und vor
Schmerz wahnsinnig geworden, von dem Inkubus los-
gelassen wurde, nachdem sie über den Rhein weit
weg gebracht worden war. Aber ihr Vater, der [seine]
Tochter von [ihrem Wohn]ort fortgebracht hatte,
wurde vom Dämon dermaßen zugesetzt, daß er nach
drei Tagen starb467.
Es wird auch eine [Frau] erwähnt, die, von einem
Inkubus häufig im Bett bedrängt, eine fromme Ge-
fährtin bat, an der Stelle der Bedrängten [sich ins
Bett] zu legen. Als sie das getan hatte, spürte dieselbe
in der ganzen Nacht sehr schwere Anfechtungen, wäh-
rend die erste von da an ihre Ruhe gehabt hatte468.
Es wird auch von Guilhelmus469 bemerkt, daß die
Inkubi mehr solche Frauen und Mädchen zu bedrän-
gen scheinen, die schöne Haare haben, weil derartige
[Frauen] der Sorge und der Schmückung [ihrer] Haare
allzu sehr obliegen; oder weil sie durch das Haar die
Männer zu entflammen wünschen oder auch dies ge-
wohnheitsmäßig tun; oder weil sie sich dessen in eit-
ler Weise rühmen; oder weil die himmlische Güte das
zuläßt, damit die Frauen abgeschreckt werden, die
Männer dadurch zu entflammen, wodurch auch die
Dämonen die Männer entflammt wissen wollen.
Bezüglich des fünften, der Bannung, die vielleicht

Hexen
4.441 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 534

manchmal dasselbe ist wie die Exorzisation, ergibt


sich Klarheit in der Legende des heiligen Bern-
hard470. In Aquitanien nämlich war eine Frau von
einem Inkubus sechs Jahre lang unter unglaublichem
Mißbrauch ihrer Begierde gepeinigt worden. Sie
hörte, wie der Inkubus ihr drohte, sie solle sich dem
heiligen Mann, der kommen wollte, nicht nähern. »Es
wird dir nichts nützen«, sagte er, »aber wenn er sich
entfernt, werde ich dein grausamster Verfolger sein,
der ich [bisher] dein Liebhaber gewesen bin.« Als sie
den heiligen Mann Bernhard anrief, antwortete er:
»Nimm meinen Stock und lege ihn in dein Bett, dann
soll der Böse tun, was er kann.« Als sie das getan
hatte, wagte der Dämon nicht, die Kammer der Frau
zu betreten, sondern drohte draußen in der schreck-
lichsten Weise, er wolle sie verfolgen, sobald Bern-
hard sich entfernte. Als er das von der Frau gehörte
hatte, rief der fromme Bernhard das Volk zusammen
und befahl allen, brennende Kerzen in den Händen zu
tragen und bannte den Dämon, gemeinsam mit der
ganzen Versammlung, die anwesend war, und unter-
sagte, daß er [weder] zu dieser [81ra] noch zu einer
anderen [Frau] weiterhin Zugang habe. Und so wurde
jene völlig befreit.
Aber hier ist zu bemerken, daß die Schlüsselge-
walt, die Petrus und seinen Nachfolgern verliehen ist,
weil sie über die Erde ertönt und die Jurisdiktionsge-

Hexen
4.442 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 535

walt insoweit nur für die [Erden]-wanderer besitzt, als


Mittel der Kirche zugelassen ist. Es scheint verwun-
derlich zu sein, daß auch die Mächte der Luft durch
diese Jurisdiktion gezügelt werden können. Aber man
kann sagen, daß, weil die Personen, welche von Dä-
monen belästigt werden, unter der Jurisdiktion des
Papstes und seiner Schlüsselgewalt stehen, es nicht
verwunderlich ist, wenn dadurch indirekt derartige
Mächte gebändigt werden, so wie [der Papst] auch in-
direkt die Seelen durch die Schlüsselgewalt von den
Strafen des Fegefeuers befreien kann, unbeschadet der
Tatsache, daß jene Macht über die Erde ertönt und die
Seelen unter der Erde sind. Auch über die dem Haupt
der Kirche, d.h. dem Stellvertreter Christi, verliehene
Schlüsselgewalt zu disputieren, ist eine gefährliche
Sache, da bekannt ist, daß eine so große Gewalt von
Christus der Kirche und seinem Stellvertreter verlie-
hen worden ist, wie sehr sie [nur] einem reinen Men-
schen von Gott verliehen werden konnte; und dies
[geschieht] zum Wohl der Kirche. Man kann auch ru-
higen Gewissens annehmen, daß, wenn die von den
Zauberern und Hexen durch die Kraft der Dämonen
zugefügten Krankheiten samt den zauberischen Urhe-
bern selbst und den Dämonen gebannt würden, sie
nicht so gegen die Kranken selbst wütete und diese
bei Anwendung auch noch anderer erlaubter Exorzis-
men außer diesem schneller befreit würden.

Hexen
4.443 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 536

Es gibt endlich im Gebiet der Etsch471 ein allge-


meines Gerede, ebenso auch an anderen Orten, daß,
wenn mit Zulassung Gottes Heuschrecken in unge-
heurer Menge schwärmen und Weinberge, Laub, Saa-
ten und alles Grüne abnagen, sie durch derartige Ban-
nung und Verfluchung vertrieben und plötzlich ver-
nichtet worden sind. Wenn man dies einem heilig ge-
sprochenem Mann und nicht der Gewalt der Schlüssel
zuschreiben will, so sei es im Namen des Herrn.
Eines halten wir für gewiß, daß weder die Kraft der
Wunder noch die Macht der Schlüssel die eine einen
[großen] Gefallen erweisende Gnade mit Notwendig-
keit voraussetzen: da beides aus der umsonst gegebe-
nen Gnade hervorgeht.
Es ist auch noch einmal zu bemerken, daß man
dort, wo keines der genannten Mittel hilft, zu den er-
laubten Exorzismen greifen muß, die weiter unten472
erklärt werden. Wenn auch diese zur Vertreibung der
Nichtswürdigkeit des Dämons nicht genügen, dann ist
in der Tat eine solche Anfechtung seitens des Dämons
eine für die Sünden Genugtuung leistende Strafe, falls
sie, wie es sich gehört, in Liebe ertragen wird, so wie
andere derartige Übel, die uns so bedrücken [81rb],
daß sie uns dazu treiben, zu Gott zu gehen.
Aber es ist zu bedenken, daß manche Frauen nicht
wirklich vom Inkubus gepeinigt werden, sondern dies
nur glauben; und zwar geschieht dies besonders den

Hexen
4.444 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 536

Frauen und nicht den Männern, da sie auch sonst


furchtsam und für die Vorstellung merkwürdiger Er-
scheinungen empfänglich sind. Daher sagt auch der
oft herangezogene Guilhelmus473: »Vieles von den
phantastischen Erscheinungen geschieht infolge der
melancholischen Krankheit, und besonders bei den
Frauen, wie sich bei Visionen und Offenbarungen
zeigt. Der Grund dafür ist, wie die Ärzte wissen, die
Natur der weiblichen Seele selbst, weil sie von weit
leichterer und feinerer Einbildungskraft sind als die
des Mannes.« Eben dort fügt er hinzu: »Ich habe eine
Frau gesehen, die glaubte, vom Teufel von innen er-
kannt474 zu werden und die sagte, sie fühle auch an-
dere unglaubliche Dinge.«
Auch scheinen die Frauen manchmal von den Inku-
bi schwanger zu sein, und ihre Bäuche schwellen ge-
waltig an. Und wenn die Zeit der Niederkunft gekom-
men ist, schwellen sie unter bloßer Ausstoßung vieler
Winde wieder ab. Denn mit Ameiseneiern, im Ge-
tränk genommen, erzeugt man eine unglaubliche Win-
digkeit und einen Aufruhr im Bauch des Menschen.
Ähnliches geschieht im Bauch durch Samen von
Springwolfsmilch475 und durch die Samen des Bau-
mes, der Schwarzfichte heißt. Es ist aber dem Dämon
sehr leicht, Vergleichbares und mehr in den Bäuchen
der Menschen zu bewirken.
Dies ist hinzugefügt worden, damit man nicht

Hexen
4.445 [II/2,1] Kapitel 1 Hexenhammer, 536

leichtfertig den Frauenzimmern Glauben schenkt, son-


dern nur jenen Dingen, über die Erfahrungen derer für
Glaubwürdigkeit gesorgt haben, die es in den eigenen
Betten oder auf andere Weise von Mitschläfern erfah-
ren haben, daß solche Dinge wahr sind.

Hexen
4.446 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 537

[II/2,2] Mittel für jene, die an der Zeugungskraft


behext werden. Kapitel 2

Mögen auch Frauen in größerer Zahl Hexen sein als


Männer, wie es im ersten Teil des Werkes476 gezeigt
worden ist, so werden doch mehr Männer behext. Und
der Grund dafür ist, daß Gott mehr bezüglich des
fleischlichen Akts zuläßt, durch den die erste Sünde
ausgebreitet wird, als bezüglich der anderen mensch-
lichen Handlungen sowie auch durch die Schlangen,
die mehr auf Beschwörungen hören als andere Tieren,
weil [eine Schlange] das erste Werkzeug des Teufels
war; dann [geschieht es] auch, weil jener Liebesakt
beim Mann mehr und auf leichtere Art behext werden
kann [81va] als bei der Frau. Darum! Und zwar ist es
klar, was behandelt worden ist, denn da der Dämon
auf fünf Arten gegen die Zeugungskraft handeln kann,
wird dies auch leichter bei den Männern ausgeführt.
Die bei jedem einzelnen anzuwendenden Mittel
sind nach Möglichkeit herauszuarbeiten, und jener,
der an dieser Kraft geschädigt ist, möge darauf ach-
ten, zu welcher Art sein Schadenszauber gehört. Es
gibt aber nach Petrus de Palude in seinem [Buch] 4
dis. 34477 fünf Arten im Ablauf dieses Schadenszau-
bers. Denn der Dämon hat darum, weil er ein Geist
ist, mit Zulassung Gottes Macht über die körperliche

Hexen
4.447 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 538

Kreatur; und zwar aufgrund der Beschaffenheit seiner


Natur; besonders bezüglich der örtlichen Bewegung,
so daß er jene hemmt oder aktiviert. Daher können sie
[1.] mittels dieser Macht die Körper des Mannes und
der Frau daran hindern, sich zu nähern, und dies di-
rekt oder indirekt. Direkt [geschieht es], wenn [der
Dämon] den einen vom andern fernhält oder den an-
dern sich nicht nähern läßt, indirekt, wenn er irgend-
ein Hindernis bereitet oder sich in einem angenomme-
nen Körper dazwischen legt, so wie es einem heidni-
schen Jüngling erging, der sich mit einem Ge-
spenst478 verlobt hatte und nichtsdestoweniger mit
einer Jungfrau die Ehe eingegangen war und sich des-
halb nicht mit ihr fleischlich vereinigen konnte, wie
sich oben479 gezeigt hat.
Auf die zweite Weise, wenn er einen Mann gegen-
über der einen [Frau] entflammt und gegenüber einer
anderen erkalten läßt; und das könnte er heimlich be-
wirken durch Anwendung von Kräutern und anderem,
die er als dazu wirksam am besten kennt.
Auf die dritte Weise, wenn er die Wertschätzung
des Mannes oder der Frau stört, wodurch er die eine
Person der anderen verleidet; weil er, wie sich
oben480 im ersten Teil des Werkes gezeigt hat, der
Einbildungskraft Eindrücke eingeben kann. Auf die
vierte Weise, indem er die Kraft des Gliedes unter-
drückt, die zur Befruchtung notwendig erforderlich

Hexen
4.448 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 538

ist, so wie er auch die örtliche Bewegung irgendeines


Organs verhindern kann.
Auf die fünfte [Weise], indem er die Sendung der
[Lebens]geister nach den Gliedern, in denen die be-
wegende Kraft ist, hemmt, indem er gleichsam die
Wege des Samens versperrt, so daß sie nicht zu den
Gefäßen der Zeugung hinabgelangen oder er sich
nicht von jenen Wegen trennt oder nicht abgeschieden
oder abgesondert wird.
Wenn nun jemand sagen würde: »Ich weiß nicht,
unter welche Art die mir zugefügte Behexung fällt,
ich weiß nur eines, daß ich der Zeugungskraft gegen-
über meiner Ehefrau entbehre«, so kann geantwortet
werden: Wenn er bei anderen Frauen potent ist, aber
nicht bei der eigenen, dann fällt es unter die zweite
Art [81vb], weil er nach der ersten Art gewiß wäre,
durch einen Sukkubus-Dämon, d.h. durch Inkubus-
und Sukkubus-Dämonen getäuscht zu werden. Ebenso
wenn ihm die Ehefrau nicht verleidet ist und er doch
nicht fleischlich mit ihr verkehren kann, wohl aber
mit einer anderen, dann bleibt es wiederum bei der
zweiten Art. Wenn sie ihm aber verhaßt ist und er
nicht mit ihr verkehren kann, dann ist es in der zwei-
ten oder481 dritten Art inbegriffen. Ebenso wenn sie
ihm nicht verleidet ist, er auch mit ihr verkehren
möchte, aber die Kraft des Gliedes nicht hat, dann
[fällt es] unter die vierte Art. Wenn er aber die Kraft

Hexen
4.449 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 539

des Gliedes hat, aber keine Absonderung von Samen,


dann [fällt es] unter die fünfte Art. Die Form der Hei-
lung wird sich also danach ergeben, wo erklärt wird,
ob die in und außerhalb des Gnadenstandes Befindli-
chen in gleicher Weise damit behext werden können;
und zwar [lautet die Antwort], daß [es] nicht [so ist],
ausgenommen der vierten Art, die jedoch auch nur
ganz selten [vorkommt]. Sie kann nämlich dem ge-
schehen, der sich in Gnade und Liebe befindet, was so
erklärt wird – doch wird dem Leser zu verstehen ge-
geben, daß wir von dem ehelichen Akt zwischen Ehe-
leuten sprechen, weil er sonst in Verwirrung geraten
würde, da jeder fleischliche Akt außerhalb der Ehe
eine Todsünde ist, und er wird nur von solchen ausge-
führt, die außerhalb des Liebesgebots stehen: Da man
nämlich aufgrund der Überlieferung der ganzen Heili-
gen Schrift behaupten muß, daß die Dämonen mehr
Zulassung von Gott bekommen, gegen Sünder als
gegen Gerechte zu wüten, mag man auch lesen, daß
gerade der äußerst gerechte Iob geschlagen wurde,
dies jedoch nicht speziell an der Zeugungskraft, noch
auch unmittelbar, so muß man also sagen, daß, wem
auch immer unter den Eheleuten solche Schadenszau-
ber zustoßen, es ein Zeichen ist, daß entweder beide
Personen oder die eine [von beiden] außerhalb der
[göttlichen] Liebe steht. Und zwar wird die Grundla-
ge dieser [Behauptung] mit Autorität und Vernunft

Hexen
4.450 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 540

aus den Schriften hergeleitet. Denn der Engel sagte zu


Tobias482: Ȇber jene, die der Begierde Raum
geben, erhält der Dämon Macht.« Die Wirkungen
[hiervon] demonstrierte er, als er die sieben Männer
der Jungfrau Sara getötet hatte483. Ebenso Cassia-
nus in den collationes patrum484. Der selige Anto-
nius gibt die Definition, auf keinen Fall könne der
Dämon in jemandes Geist oder Körper eindringen,
wenn er ihn nicht vorher aller heiligen Gedanken be-
raubt wie auch leer und der geistigen Betrachtung ent-
blößt gemacht hätte. Diese Worte können überall auf
den Schadenszauber am Körper angewendet werden,
allgemein auf den ganzen Körper – während Iob mit
einem solchen Schadenszauber geschlagen, doch nicht
der göttlichen Gnade entblößt war –, oder aber auch
im besonderen, nämlich wenn [82ra] ein besonderer
Schadenszauber infolge einer bestimmten Sünde dem
Körper zustößt; und diese kann nichts anderes sein,
als die Sünde der Begehrlichkeit. Der Grund: Wie
nämlich gesagt worden ist, erlaubt Gott wegen der
Scheußlichkeit jenes Aktes und weil durch ihn die
erste Sünde verbreitet wird, mehr über ihn als über
die anderen menschlichen Handlungen. Also wird
auch zwischen den Eheleuten, wenn sie wegen einer
Sünde von der göttlichen Hilfe verlassen werden, von
Gott mehr Behexung bei jener Zeugungskraft zugelas-
sen.

Hexen
4.451 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 540

Wenn gefragt wird, welcher Natur jene Sünden


seien, kann gesagt werden, daß es Sünden der Begehr-
lichkeit sind, und da diese unter Verwandten verschie-
den sind, nach jenem [Wort] des Hieronymus485,
das auch im Wortlaut heißt: »Der buhlerischer Lieb-
haber gegenüber seiner eigenen [Frau] ist, wer allzu
feurig liebt«, so werden auch derartige Liebhaber an
den erwähnten [Körperteilen] behext.
Die kirchlichen Mittel sind also zweifach: das eine
wird vor dem Forum der Klage, das andere vor dem
Forum des Gewissens geübt. Erstens, wenn vor Ge-
richt Impotenz, zugefügt durch einen Schadenszauber,
vorgebracht wird, dann muß man unterscheiden, weil
eine solche Impotenz entweder vorübergehend oder
von Dauer ist. Ist sie vorübergehend, so hindert sie
[die Ehe] nicht. Sie wird aber dann für vorübergehend
angenommen, wenn die einander Beiwohnenden, so-
weit sie sich nach Kräften bemühen, entweder durch
die kirchlichen Sakramente oder durch andere Mittel
im Zeitraum von drei Jahren geheilt werden können.
Wenn sie aber durch ein Mittel nicht geheilt werden
können, dann nimmt man an, daß [die Impotenz] dau-
erhaft ist.
Ebenso geht sie der Schließung und Vollziehung
der Ehe voraus und hindert so die zu schließende und
zerstört die schon geschlossene [Ehe], oder sie folgt
der Schließung der Ehe, aber nicht der Vollziehung

Hexen
4.452 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 541

nach. Und zwar ist es üblich, Männer zu behexen,


wenn diese ihre Geliebten verschmähen. Dann näm-
lich, wenn sie hofften, sie würden sich mit ihnen ehe-
lich verbinden und sich getäuscht sehen, tun sie den
Männern Schadenszauber an, damit sie nicht imstande
sind, mit anderen zu verkehren. In einem solchen Fall
nämlich wird, wie einige sagen, die schon geschlos-
sene Ehe zerstört, außer wenn [die Gatten] in Enthalt-
samkeit beieinander wohnen wollen, wie Maria und
Joseph; und dabei haben sie den Kanon auf ihrer
Seite. Es heißt nämlich 33 q. 1486, daß die Ehe durch
die Pflicht des Fleisches bekräftigt wird, wie die
Glosse sagt. Und wenig später heißt es, bevor sie be-
kräftigt wird, löst die Unmöglichkeit der Pflicht das
Band der Ehe oder sie folgt der schon vollzogenen
Ehe, und dann zerstört sie das eheliche Band nicht.
Vieles noch wird [82rb] von den Gelehrten ange-
merkt. Aber weil es nicht genau zu der gegenwärtigen
Untersuchung paßt – es wird in verschiedenen Schrif-
ten der doctores angemerkt, wo sie von der schadens-
zauberischen Hinderung handeln –, ist es hier zu
übergehen. Nur wenn jemand das Problem zur Spra-
che brächte, wie jener Akt hinsichtlich der einen Frau
und nicht hinsichtlich einer anderen gehindert werden
könne, so antwortet Bonaventura487: das geschieht
entweder, weil ein Wahrsager den Teufel hierzu be-
züglich einer bestimmten Person eingeladen hat oder

Hexen
4.453 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 542

weil Gott nicht zuläßt, [den Akt] hinsichtlich jeder


beliebigen Person zu hindern. Hier liegt nämlich der
Ratschluß Gottes verborgen, wie bei der Ehefrau des
Tobias. Wie aber der Teufel das tun kann, erhellt aus
dem Vorangehenden. Es sagt hier jedoch Bonaventu-
ra, daß er die Zeugungskraft nicht durch ein inneres
Hindernis, unter Verletzung eines Organs, hemmt,
sondern durch ein äußeres, unter Hemmung des Ge-
brauches. Und zwar ist das Hemmnis ein künstliches
und kein natürliches. Und so können sie bei der einen
[Frau] hemmen und bei anderen nicht. Oder [der
Dämon] hemmt durch Aufhebung der Regung der Be-
gierde nach der einen oder anderen, und zwar durch
die eigene Kraft oder durch ein Kraut oder durch
einen Stein oder durch irgendein anderes verborgenes
Element. Und das stimmt zur Genüge mit den Worten
des Petrus [de Palude]488 überein.
Das kirchliche Mittel aber, vor dem Forum des Ge-
wissens, wird 33 q. 8 si per sortiarias489 überlie-
fert, wo es folgendermaßen heißt: »Wenn durch wahr-
sagerische oder schadenszauberische Künste, mit Zu-
lassung durch Gottes verborgenen gerechten Rat-
schluß, mit Zutun des Teufels ein Beischlaf
[nicht490] erfolgt, sind diejenigen, denen so etwas zu-
stößt, zu ermahnen, daß sie mit zerknirschtem Herzen
und demütigem Geist Gott und dem Priester über alle
ihre Sünden eine reine Beichte ablegen und dem Ver-

Hexen
4.454 [II/2,2] Kapitel 2 Hexenhammer, 542

gießen von Tränen, reichlicheren Almosen und Gebe-


ten wie auch Fasten dem Herrn Buße tun.« In diesen
Worten wird angemerkt, daß nur um der Sünden wil-
len, und zwar den außerhalb der Liebe stehenden, sol-
ches geschieht. Es folgt, daß durch Exorzismen und
durch die übrigen Schutzmittel der kirchlichen Arznei
die Diener der Kirche Sorge tragen sollen, solche [Be-
hexte] zu heilen, soweit es der Herr gewährt, der Abi-
melek und sein Haus durch die Gebete Abrahams
heilte491.
Wir können also zusammenfassend sagen, daß es
fünf Mittel gibt, die bei derart Behexten erlaubterwei-
se angewendet werden können, nämlich die erlaubte
Wallfahrt zu irgendwelchen Heiligen und eben dort
die wahre Beichte seiner Sünden samt Zerknirschung,
Vermehrung des Kreuzschlagens und des frommen
Gebets, durch erlaubte Austreibung mit lauteren Wor-
ten – wie [all das] vorgenommen werden muß [82va]
wird sich weiter unten492 ergeben – und wohlbedach-
te Aufhebung des Schadenszaubers gehört dazu, was
oben493 von dem Grafen erwähnt worden ist, der drei
Jahre lang nicht mit der ihm ehelich verbundenen
Jungfrau verkehren konnte.

Hexen
4.455 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 543

[II/2,3] Mittel für mit ungezügelter Liebe oder


Haß Behexte. Kapitel 3

Wie der Schadenszauber an der Zeugungskraft, so


wird die Liebestollheit und der Haß im Willen verur-
sacht. Es ist förderlich, zuerst deren Ursache und
dann, soweit es möglich ist, deren Gegenmittel durch-
zugehen.
Liebestollheit494 also oder ungezügelte Liebe des
einen Geschlechtes zum anderen kann aus einer drei-
fachen Ursache hervorgehen: manchmal aus bloßem
Vergucken, manchmal allein infolge der Versuchung
durch die Dämonen, manchmal durch einen Schadens-
zauber der Nigromantiker und Hexen und der Dämo-
nen zugleich495. Von der ersten [Art] spricht Jaco-
bus 1496. »Jeder wird von seiner Begierde, die ihn
lockt und fängt, in Versuchung geführt. Dann, wenn
die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde. Ist
die Sünde aber vollbracht worden, bringt sie den Tod
hervor.« So verliebte sich Sichern in Dina, als er sie
ausgehen sah, um die Frauen jener Gegend zu sehen,
und er raubte sie und schlief mit ihr, seine Seele ver-
schmolz mit ihr, Gen. 34497. Nach der Glosse498
trifft es sich so bei einer schwachen Seele, wenn sie
sich in Hinansetzung der eigenen Geschäfte um frem-
de kümmert. Sie wird durch den Umgang verführt und

Hexen
4.456 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 544

eins mit dem Unerlaubten in der Einigkeit der Zustim-


mung.
Bezüglich der zweiten [Art ist es so], daß sie
hauptsächlich von einer Versuchung durch Dämonen
herrührt. So hatte sich Aman in seine sehr schöne
Schwester Thamar verliebt und war so sehr in sie ver-
narrt, daß er infolge der Liebe zu ihr krank wurde, 2
Regum 13499. Denn er konnte im ganzen Herzen
nicht so verderbt sein, daß er sich zu einer so schlim-
men Tat von Schändung hingab, wenn er nicht schwer
vom Teufel versucht worden wäre. Von dieser Art
Liebe ist auch das Buch der heiligen Väter500 voll,
welches berichtet, jegliche Versuchung nach fleischli-
chen Lust sei ihnen in der Einöde geschwunden. Eini-
ge von ihnen jedoch wurden, schlimmer als man glau-
ben kann, mehr als einmal von der Liebe zu den Frau-
en versucht. Daher sagt auch der Apostel 2 Cor.
12501: »Mir ist gegeben der Stachel meines Flei-
sches, der Engel Satans, der mich mit Fäusten schla-
gen soll«; wo die Glosse502 [sagt], durch Versu-
chung mittels der Begierde ist mir der Stachel gege-
ben. Einige sagen, eine Versuchung aber, in die man
nicht einwilligt, ist keine Sünde, sondern ein Anlaß
[82vb] zur Übung der Tugend. Dies versteht sich be-
züglich einer Versuchung, die vom Feind, nicht vom
Fleisch kommt, weil das eine läßliche Sünde ist, auch
wenn man nicht in sie einwilligt. Davon liest man

Hexen
4.457 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 544

verschiedene Beispiele an verschiedenen Stellen.


Bezüglich der dritten [Art], daß Liebeswahn aus
Schadenszauber der Dämonen und Hexen hervorgeht,
[ist zu sagen], daß die Möglichkeit dieses Schadens-
zaubers oben503 in den Fragen des ersten Teils, ob
die Dämonen durch die Hexen imstande seien, die
Sinne der Menschen zu Liebe oder Haß zu wandeln
und zu reizen, ausführlich hergeleitet [und] auch
durch verschiedene, von uns gefundene Geschehnisse
und Taten bewiesen wird. Zudem wird sie unter allem
Schadenszauber als der geringfügigste504 wegen sei-
ner [allgemeinen] Verbreitung erachtet.
Wenn gefragt wird: »Petrus ist rasend vor Liebe
nach der [und der] etc., er weiß nicht, ob auf die erste,
zweite oder dritte Weise?«, so wird geantwortet:
[Auch wenn] der Haß zwischen Verheirateten und das
Verbrechen des Ehebruchs durchaus durch das Werk
der Dämonen entstehen können, [besteht] dennoch
[die Möglichkeit], daß jemand so sehr durch den Sta-
chel der fleischlichen Begehrlichkeit der Liebe verein-
nahmt und entflammt wird, daß er durch keine Stö-
rung, Schläge, Worte oder Taten zum Ablassen ge-
zwungen werden kann; ebenso, wo jemand oft eine
schönere Ehefrau fortschickt und einer ganz häßlichen
anhängt; ebenso, wo sie zur Nachtzeit nicht ruhen
können, sondern so von Sinnen sind, daß sie auf alle
möglichen Abwege zu gehen haben. Vornehme, Prä-

Hexen
4.458 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 545

laten und andere Reiche werden sehr oft in dieses


Elend verwickelt, und es ist jene weibliche Zeit, von
der, wie Vincentius in specu. histor.505 berichtet,
Hildegardus506 vorhergesagt hat, daß sie nicht so
lange dauern wird, wie sie bisher bestanden hat, da
schon die Welt von Ehebruch voll ist, besonders bei
den Vornehmen. Und was nützt es, von Mitteln zu
schreiben [für die], welche sich den Mitteln verwei-
gern? Trotzdem wollen wir, um dem frommen Leser
Genüge zu tun, einiges bezüglich Liebestollheit ohne
Schadenszauber kurz ansprechen.
Avicenna507 stellt sieben Mittel vor, für den Fall,
daß [die Liebe] die betreffende Person krank macht.
Doch trägt dies wenig zu unserer Untersuchung bei,
außer insofern, als es auf geheimnisvolle Weise einer
trägen Seele nutzt. Er sagt nämlich in Buch 3, daß
durch die Veränderung des Pulses, und zwar bei Nen-
nung des Geliebten, insofern dort die Wurzel der
Krankheit erfaßt wird, dann soll, wenn das Gesetz es
erlaubt, eine eheliche Vereinigung erfolgen: weil sie
auf diese Weise geheilt werden, indem der Natur ge-
horcht wird. Oder es soll eine Anwendung von Arz-
neien stattfinden, über welche er eben dort handelt
und lehrt. Oder daß der Kranke seine Liebe von dem
Begehrten durch erlaubte Mittel auf etwas anderes zu
Begehrendes richte, was er dem Vorigen vorziehen
soll, und daß er die Gegenwart des Geliebten fliehen

Hexen
4.459 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 546

solle, weil [83ra] der Geist abgelenkt wird. Oder


auch, wenn [der Kranke] besserungsfähig ist, werde er
eindringlich ermahnt, daß das Werk der Liebe das
größte Elend sei. Oder es werden [Leute] zu ihm be-
ordert, die, soweit sie es mit der Wahrheit und Gott
[vereinbaren] können, Körper und Charakter des Ge-
liebten unter häßlicher oder entstellender Verzerrung
der Mienen tadeln. Oder letztens, [derartige Verliebte]
sollen wenigstens mit beschwerlichen Sachen und zer-
streuenden Pflichten beschäftigt werden.
In Wahrheit, wie der lebendige Mensch508 durch
derartige Mittel geheilt wird, so wird auch der innere
Mensch wiederhergestellt, wenn man sie, für sich ver-
standen, auf den geistigen Menschen bezieht. Man ge-
horche dem Gesetz des Geistes mehr als dem der
Natur, richte seine Liebe auf die ewigen Freuden, be-
denke, wie vergänglich das ist, was entzückt, und wie
ewig, was peinigt, suche Freuden in jenem Leben, wo
sie so beginnen, daß sie niemals enden. Wer nicht
dessen [jenes Leben] Liebhaber hat sein wollen, wird
auch das hier verlieren und jenes nicht finden und den
ewigen Feuern überantwortet werden. Siehe die drei
unheilbaren Schäden, die aus der Liebestollheit her-
vorgehen!
Bezüglich der Liebestollheit, aber infolge von
Schadenszauber, können die im vorangegangenen Ka-
pitel behandelten Mittel nicht unbillig auch hier ange-

Hexen
4.460 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 546

wandt werden, besonders aber die Austreibung durch


heilige Worte, die ein derart Behexter an sich selbst
vornehmen kann. Täglich soll er den heiligen Engel
anrufen, der ihm zum Schutz von Gott zugewiesen ist;
mit aufrichtiger Beichte besuche er die Schwellen der
Heiligen509, besonders aber der glückseligsten Jung-
frau, und er wird ohne Zweifel befreit werden.
Aber wie tadelnswert ist es, daß gestandene Män-
ner die natürlichen Gaben und die Waffen der Tugen-
den wegwerfen und sich selbst zu schützen ableh-
nen510, während Mädchen sehr oft bei unbesiegter
Schwachheit solche Schadenszauber mit diesen Waf-
fen abgewehrt haben! Zu deren Empfehlung wollen
wir einen [Fall] von vielen vorbringen.
Es gab auf einem ländlichen Gut nahe bei Lind-
511
au , in der Diözese Konstanz, eine erwachsene
Jungfrau von schönem Gesicht und noch feiner durch
ihre Sitten. Bei deren Anblick wurde ein Mann mit
losem Charakter, ein Geistlicher schier bloß dem
Namen nach – oh, wenn [es] doch kein Priester
[wäre]! –, [von Liebe] erfaßt. Da er die Wunde seiner
Seele nicht weiter verheimlichen konnte, kam er an
den Arbeitsplatz besagter Jungfrau, und indem er sich
zunächst mit ehrbaren Worten als ein Netz des Dä-
mons gebärdete, wagte er endlich, wenn auch nur mit
Worten, das Herz der Jungfrau zu Liebe zu ihm zu
reizen. Als sie das durch göttliche Eingebung erfaßte,

Hexen
4.461 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 547

antwortete sie mannhaft, unberührt an Körper und


Seele: »Herr, Ihr sollt nicht mit solchen Worten mein
Haus [83rb] aufsuchen. Sonst werdet Ihr eine Zu-
rückweisung erfahren und beschämt werden.« Jener
[entgegnete] ihr: »Wenn du es auch jetzt, da ich dich
mit süßen Worten aufgefordert habe, abschlägst, mich
zu lieben, wirst du nun bald durch Taten gezwungen,
mich zu lieben. Das verspreche ich dir.« Jener Mann
war als Beschwörer und des Schadenszaubers ver-
dächtig. Aber die Jungfrau hielt diese Worte für Luft
und fühlte für jetzt nicht ein Fünkchen fleischlicher
Liebe zu dem Mann in sich. Aber schon nach kurzer
Zeit begann sie, verliebte Gedanken an jenen Mann
zu haben. Als sie das bemerkte, nahm sie durch göttli-
che Eingebung ihre Zuflucht zur Mutter des Erbar-
mens512 und flehte inbrünstig darum, Hilfe von
[deren] Sohn zu erlangen. Und indem sie sich sofort
eine ehrbare Gesellschaft aussuchte, begann sie eine
Wallfahrt nach Einsiedeln513 zu unternehmen. So
heißt nämlich eine Kirche in der genannten Diözese,
die zu Ehren der wundertätigen Gottesmutter selbst
geweiht ist. In dieser beichtete sie sakramental, auf
daß der böse Geist nichts an ihr finden könnte. Und
indem sie an die Mutter der Liebe selbst ihre Bitten
richtete, hörte sofort alle Machenschaft des Feindes
auf, so daß er sie später niemals mehr berührte514.
Doch es gibt auch bis heute noch bärtige Män-

Hexen
4.462 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 548

ner515, die von hexenden Frauenzimmern in zudring-


licher Weise hierbei umgetrieben werden, so daß sie
sich der Liebestollheit zu ihnen fast nicht erwehren
können. Sie widerstanden jedoch mannhaft, wenn sie
merkten, daß sie weiter durch Lockungen der Phanta-
sie in Unruhe versetzt wurden. Und sie überwanden
doch durch die erwähnten Schutzmittel alle Machen-
schaften des Teufels. Und wahrlich, ein Vorbild die-
ser Schlacht ist ein sehr reicher Jüngling in Inns-
bruck516. Wie sehr dieser von den Zauberern und
Hexen gestoßen worden ist, könnte kein Griffel nie-
derschreiben. Er behielt aber immer einen mannhaften
Sinn und kam kraft der vorerwähnten Mittel heil
davon517. Daher wird auch billig geschlossen, daß
die erwähnten Mittel gegen eine derartige Krankheit
die sichersten sind, so daß, wer immer sich dieser
Waffen bedient, ganz sicher auf diese Weise befreit
wird.
Und was von der ungezügelten Liebe gilt, muß
auch vom [unbändigen] Haß verstanden werden, da
für Gegensätze dieselbe Regel gelten muß. Da es nun
einen gewissen Unterschied in der Art des Behexens
gibt, so muß auch jene vom Haß betroffene Person ein
anderes Mittel suchen. Derjenige nämlich, welcher
haßt und im Herzen Haß hegt, wird nicht leicht, wenn
er ein Ehebrecher ist, durch irgendwelche Wallfahrten
zur Liebe gegenüber der Ehefrau geneigt gemacht.

Hexen
4.463 [II/2,3] Kapitel 3 Hexenhammer, 548

Und weil man durch den Bericht von Hexen erfahren


hat, daß derartige Schadenszauber [83va] zum Haß
hin durch Schlangen vorgenommen werden, darum
weil sie [die Schlange] das erste Werkzeug des Teu-
fels war, und mit ihrer Verwünschung empfing sie die
Feindschaft zwischen sich und der Frau. Deshalb be-
fleißigen sich auch solche [die Hexen] dieser Feind-
schaften, indem sie die Haut oder den Kopf einer
Schlange unter die Schwelle der Tür der Kammer oder
des Hauses legen, weshalb man auch alle Winkel des
Hauses zu durchsuchen und soweit wie möglich zum
Bewohnen zu erneuern hat; oder man muß andere
Häuser beziehen518.
Und wenn nun gesagt worden ist, daß die Behexten
sich selbst exorzisieren können, so wird das so ver-
standen, daß sie heilige Worte, Segen und Sprüche
bei sich am Halse tragen können, falls sie nicht zu
lesen oder sich selbst nicht zu segnen wissen. Wie
solches aber anzustellen sei, wird im folgenden519
erklärt.

Hexen
4.464 [II/2,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 549

[II/2,4] Mittel für Menschen, denen durch


Blendwerk die männlichen Glieder
weggenommen werden oder die in Tiergestalt
verwandelt werden. Kapitel 4

Bezüglich derjenigen, die durch Blendwerk getäuscht


werden, so daß sie meinen, ihnen würde das männli-
che Glied fehlen oder sie seien in Tiergestalten ver-
wandelt, ist aus dem Gesagten520 klar genug zu ent-
nehmen, durch welche Mittel sie Erleichterung finden
können. Denn wenn solche von der göttlichen Gnade
gänzlich verlassen werden, was den Hauptgrund bei
den Behexten bildet, so ist es nicht möglich, ein hei-
lendes Pflaster aufzulegen, während das Eisen in der
Wunde bleibt. Es ist also förderlich, daß sie vor allem
durch wahre Buße mit Gott versöhnt werden. Endlich
werden, wie oben im zweiten Teil des Werkes im
siebten Kapitel521 behandelt worden ist, solche Glie-
der niemals in Wirklichkeit aus den Körpern heraus-
gerissen oder davon getrennt, sondern nur durch
Blendwerk vor dem Gefühls- und Gesichtssinn ver-
borgen. Es hat sich auch ergeben, daß solche Illusio-
nen den in der Gnade Befindlichen nicht so leicht zu-
stoßen, weder aktiv noch passiv, d.h., daß ihnen die
Glieder genommen werden oder daß sie in ihrem Seh-
vermögen getäuscht werden, so daß es ihnen vor-

Hexen
4.465 [II/2,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 550

kommt, als wären sie anderen genommen. Deswegen


wird auch in demselben Kapitel mit der Krankheit zu-
gleich auch das Mittel benannt, nämlich daß sie so
weit wie möglich mit der Hexe friedlich übereinkom-
men.
Über jene endlich, die in Tiergestalten verwandelt
zu sein glauben, muß man wissen, daß diese Form des
Schadenszaubers nicht so sehr in den westlichen wie
in den östlichen Reichen praktiziert wird, wohl ver-
standen, was andere Personen anbelangt; mag man
auch, was die Hexen in eigener Person [83vb] angeht,
häufiger bei uns gesehen haben, daß sich die Hexen in
den Gestalten von Tieren den Blicken der Zuschauer
gezeigt haben, wie oben im achten Kapitel522 ausge-
führt worden ist. Deshalb wären auch die Mittel, die
im dritten Teil des Werkes ausgeführt werden, näm-
lich bezüglich der Ausrottung der Hexen durch den
weltlichen Arm, anzuwenden. Und auf welche Weise
die Orientalen solcherart Illusionen zu heilen pflegen,
wird so hergeleitet. Wir haben nämlich von den ritter-
lichen Brüdern des Ordens des heiligen Johannes von
Jerusalem in Rhodos523 nach wahrheitsgetreuem Be-
richt Mehreres erfahren, besonders aber, daß in der
Stadt Salamis524 im Königreich Zypern525 sich fol-
gender Fall ereignet hat. Weil nämlich dort ein Seeha-
fen ist, landete ein mit Waren beladenes Schiff an,
und als die Fremden ausstiegen, um sich mit Lebens-

Hexen
4.466 [II/2,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 551

mitteln zu versehen, betrat ein kräftiger Jüngling von


ihnen das außerhalb der Stadt an der Meeresküste ge-
legene Haus einer Frau und wollte von der Frau wis-
sen, ob sie Eier zu verkaufen hätte. Als aber die Frau
den kräftigen fremden, von der Heimat fernen Jüng-
ling erblickte, wodurch auch, wenn er verloren ginge,
weniger Verdacht bei den Einheimischen aufkommen
konnte, sagte sie: »Warte ein wenig, und du wirst
alles nach Wunsch bekommen!« Und als sie auf sich
warten ließ und auch der innere Teil des Hauses ver-
schlossen war, fing der Jüngling an, von draußen zu
rufen, damit sie ihm schleunigst aushelfen würde, um
nicht zu erleben, daß das Schiff ihn zurücklassen
würde. Dann brachte die Frau einige Eier, gab sie
dem Jüngling und stellte ihm anheim, zu ihr zurück-
zukehren, falls er das Schiff versäumte. In schnellem
Lauf eilte er also zum Schiff, das an der Küste des
Meeres lag, und bevor er es bestieg, beschloß er, da
die anderen Gefährten noch nicht alle zusammen
waren, die Eier zu verzehren und sich zu stärken. Und
siehe, nach einer Stunde wurde er sprachlos und
gleichsam des Verstandes beraubt. Wie er später
selbst zu erzählen pflegte, wunderte er sich über sich
selbst und konnte nicht herausbekommen, was ihm
zugestoßen war.
Er wollte also das Schiff betreten, wurde aber von
der Bemannung mit Stöcken geschlagen und zurück-

Hexen
4.467 [II/2,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 551

getrieben, indem alle riefen: »Seht, seht! Was ist denn


mit dem Esel los? Verflucht sollst du sein, Tier.
Willst du etwa auch das Schiff betreten?« In dieser
Weise zurückgetrieben überdachte der Jüngling für
sich, der die Worten jener, die ihn für einen Esel hiel-
ten, verstand, bei sich und begann zu glauben, daß er
durch einen Schadenszauber der Frau infiziert worden
sei, besonders deshalb, weil er kein Wort hervorbrin-
gen konnte, während er selbst doch alle verstand. Als
er nochmals das Schiff zu besteigen versuchte [84ra],
wurde er mit noch schlimmeren Schlägen geprügelt,
so daß er bitteren Herzens zurückbleiben und die Ab-
fahrt des Schiffes mit ansehen mußte. Während er nun
umherlief und ihn alle für einen Esel hielten, wurde er
zwangsläufig auch von allen wie ein Esel behandelt.
Notgedrungen kehrte er also zum Haus der Frau zu-
rück und diente dieser nach Gefallen um seines Le-
bensunterhalts willen über drei Jahre lang, wobei er
keine Arbeit mit den Händen verrichtete, außer daß er
den Bedarf des Hauses an Holz und Getreide herbei
trug und auch das, was hinaus zu schaffen war, wie
ein Lasttier hinaus trug, wobei ihm nur der Trost
blieb, daß, wenn er auch von allen anderen für ein
Lasttier gehalten wurde, er von den Zauberern und
Hexen, die zusammen oder einzeln [bei ihm] verweil-
ten, selbst als wahrer Mensch in Gang, Stand und
Haltung erkannt wurde, indem sie sich nach Men-

Hexen
4.468 [II/2,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 552

schenart mit ihm unterhielten.


Wenn gefragt wird, auf welche Weise ihm wie
einem Lasttier Lasten aufgeladen wurden, so ist zu
sagen, daß, wie Augustinus, li. 18, c. 17 in de ci.
dei526 von den Stallmägden berichtet, die die Gäste
in Lasttiere verwandelten, und vom Vater des Prae-
stantius, der erzählte, er sei ein Gaul oder Pferd gewe-
sen und habe mit anderen Tieren Getreidesäcke getra-
gen, wir durchaus von jenen Geschehnissen her auf
das Gegenwärtige schließen: daß nämlich durch
Blendwerk eine dreifache Täuschung geschah. Erstens
bezüglich der Menschen, die den Jüngling nicht als
Menschen, sondern als Esel sahen. Wie die Dämonen
das einfach bewirken können, hat sich oben im achten
Kapitel527 ergeben. Zweitens, daß jene Lasten nicht
vorgetäuscht waren, sondern dort, wo sie die Kräfte
des Jünglings überstiegen, der Dämon sie unsichtbar
trug. Drittens, daß der Jüngling, während er sich mit
anderen unterhielt, sich selbst auch als Lasttier er-
schien, wenigstens in der Vorstellung und der Einbil-
dungskraft, die den körperlichen Organen anhaften;
nicht aber in der Vernunft, die nicht so sehr gefesselt
war, daß er sich nicht als Mensch erkannt hätte. Aber
durch magische Kunst getäuscht, wurde er [von ande-
ren] für ein Tier gehalten, wie auch eben dort das Bei-
spiel von Nabuchodonosor528 angeführt wird.
Nachdem also auf diese Weise drei Jahre verflos-

Hexen
4.469 [II/2,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 552

sen waren, geschah es im vierten, als der so Behexte


eines Tages am Vormittag in die genannte Stadt ge-
gangen war und die Frau von weitem folgte, daß er an
einer Kirche vorbeikam, in der ein Gottesdienst abge-
halten wurde. Als er dem Klang der Glocke zur Erhe-
bung des Leibes Christi hörte – in jenem Reich wird
nämlich der Gottesdienst nach Sitte der Lateiner und
nicht der Griechen abgehalten –, wandte er sich zur
Kirche; und weil er hineinzugehen wegen der Schläge
und des Rauswurfs nicht wagte, setzte er sich draußen
auf Knien und Hinterschenkeln nieder und schaute,
indem er die gefalteten Vorderfüße [84rb], d.h. die
Hände, zugleich in die Höhe hob, das Sakrament der
Erhebung aus seinem Eselskopf, wie er meinte, an.
Als einige genuesische Kaufleute dieses Wunder er-
blickten, folgten sie staunend dem Esel, und während
sie sich über das wunderbare Ereignis austauschten,
siehe, da setzt die Hexe dem Esel mit dem Stock
nach. Weil nun, wie vorausgeschickt ist, derartige
Schadenszauber in jenen Ländern sehr häufig prakti-
ziert werden, wird der Esel samt der Hexe auf Betrei-
ben der Kaufleute verhaftet. Verhört und den [peinli-
chen] Fragen ausgesetzt, gesteht sie das Verbrechen
und verspricht, dem Jüngling seine [frühere] Gestalt
wiederzugeben, damit er imstande sei, nach Hause zu-
rückzukehren. Sie wird daher entlassen und kehrt
nach Hause zurück. Der Jüngling wird in seine alte

Hexen
4.470 [II/2,4] Kapitel 4 Hexenhammer, 552

Gestalt zurückversetzt. Sie selbst wurde von neuem


verhaftet und empfing die gebührende Strafe für ihre
Vergehen, und der Jüngling kehrte freudig in seine
Heimat zurück.

Hexen
4.471 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 553

[II/2,5] Mittel für durch Schadenszauber


Besessene. Kapitel 5

Daß bisweilen durch einen Schadenszauber die Dä-


monen manche Menschen substanziell bewohnen, hat
sich oben in Kapitel 9 und 10529 hinlänglich erge-
ben; auch bezüglich der Ursachen: nicht nur wegen
schwerer eigener Verbrechen, sondern im Gegenteil
wegen seines eigenen größeren Verdienstes, manch-
mal wegen eines leichten Vergehens eines Dritten,
manchmal wegen einer eigenen läßlichen Sünde,
manchmal wegen der schweren Sünde eines Dritten
und manchmal wegen einer schweren eigenen530
Schandtat. Bezüglich dieser [Möglichkeiten] gibt es
verschiedene Formen, wie verschiedene Menschen be-
sessen gemacht werden, die einen mehr, die anderen
weniger, wie auch Nider in seinem Formicarius531
berichtet. Es ist nicht erstaunlich, wenn durch einen
Schadenszauber oder auf Betreiben der Hexe der
Dämon mit Gottes Zulassung den Menschen substan-
ziell bewohnt: in der Weise, wie es dort erklärt wird,
was man nämlich unter Substanz zu verstehen habe.
Durch welche Mittel sie aber befreit werden könn-
ten, nämlich durch die Exorzismen der Kirche und
zudem durch echte Zerknirschung oder auch Beichte,
wenn jemand wegen einer Todsünde besessen ist, das

Hexen
4.472 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 554

hat sich aus dem dort Ausgeführten532 ergeben. Daß


aber über diese beiden Mittel hinaus noch drei andere
wirken können, nämlich die heilige Kommunion des
Abendmahls, der Besuch heiliger Stätten oder das
Gebet der Guten und die Lösung durch den Bann, [er-
gibt sich] aus der Erörterung des erwähnten Gelehr-
ten533, die auch heranzuziehen förderlich ist, da
nicht534 alle eine Bibliothek haben.
Denn von der heiligen Kommunion spricht Cassia-
nus colla abba. 1535 mit diesen Worten: »Wir erin-
nern uns nicht, daß jemals von unseren Vorfahren ver-
boten worden sei, die hochheilige Kommunion den
Geistern der Bosheit zu [84va] übergeben. Nein, viel-
mehr meinten sie [die Vorfahren] im Gegenteil diese,
wenn es möglich wäre, sie ihnen sogar täglich zuteil
werden zu lassen, die, wie man glauben muß, zur
Läuterung und zum Schutz von Leib und Seele dient.
Vom Menschen aufgenommen schlägt sie, gewisser-
maßen mit Feuer ausbrennend, den Geist in die
Flucht, der in seinen Gliedern lauert oder sich darin
zu verbergen sucht. Auf diese Weise sahen wir neu-
lich den Abt Andronicus geheilt werden. Er [der
Geist] wird dem Befallenen nachstellen, wenn er
sieht, daß er von der himmlischen Arznei abgeschnit-
ten ist. Denn um so härter und um so häufiger wird er
ihn zu treffen suchen, je weiter er ihn von dem geisti-
gen Mittel entfernt sieht«. Soweit Cassianus536.

Hexen
4.473 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 555

Und wiederum sagt er eben dort von denselben:


»Zweierlei muß man hier unverrückbar glauben. Er-
stens, daß ohne Zulassung Gottes niemand von diesen
Geistern überhaupt versucht wird; zweitens, daß alles,
was uns von Gott geschickt wird, mag es nun für den
Augenblick als Trauer oder Freude erscheinen, gleich-
sam vom liebevollsten Vater und gnädigstem Arzt zu
unserem Nutzen verhängt wird. Und deshalb sind sie
[die Dämonen] ihnen [den Menschen] gleichsam als
Erzieher zur Demütigung beigegeben, damit entweder
den aus dieser Welt Scheidenden Läuterungen für das
andere Leben mitgegeben werden oder diejenigen
durch die Härte der Strafe gebüßt werden, die nach
dem Apostel für jetzt dem Satan zum Untergang des
Fleisches ausgeliefert sind, damit die Geister gesund
werden am Tage unseres Herrn Jesu Christi.«
Aber hier entsteht ein Zweifel, da der Apostel537
sagt: »Der Mensch prüfe sich selbst, und dann soll er
von jenem Brot essen.« Wie können also Besessene,
die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, kommu-
nizieren? Es antwortet der heilige Thomas im dritten
Teil, qu. 80538 darauf, man müsse bezüglich aller,
die nicht bei Sinnen sind, so unterscheiden: Einige,
sagt er, haben den Gebrauch der Vernunft, wie man
sagt, in zweifacher Weise nicht: einerseits, weil sie
nur eine schwache Befähigung zur Vernunft haben, so
wie man als nicht sehend einen bezeichnet, der

Hexen
4.474 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 555

schlecht sieht. Und weil solche eine gewisse Ehrfurcht


vor dem Sakrament entwickeln können, ist ihnen die-
ses Sakrament nicht zu verweigern. Andererseits sagt
man von bestimmten Leuten, daß sie die Befähigung
zur Vernunft nicht haben, die von Geburt an so ge-
blieben sind. Und denen ist das Sakrament nicht zu
reichen, weil keine Ehrfurcht vor diesem Sakrament
hat entstehen können. Oder sie haben nicht immer der
Befähigung zur Vernunft entbehrt. Und dann, wenn
sich in ihnen früher, als sie ihrer Sinne mächtig
waren, Ehrfurcht vor diesem Sakrament gezeigt hat,
darf ihnen im Augenblick des Todes dieses Sakrament
gereicht werden, außer wenn man die Gefahr des Er-
brechens oder Ausspeiens fürchtet. Daher liest man
auch nach dem Konzil von Karthago, und zwar steht
es 26 q. 6539: »Wenn derjenige, welcher in der
Krankheit um Buße bittet, gerade, wenn der gerufene
Priester [84vb] zu ihm kommt, von der Krankheit
überwältigt die Sprache verloren hat oder dem Wahn-
sinn verfallen ist, sollen diejenigen für ihn Zeugnis
ablegen, die ihn gehört haben. Und wenn man glaubt,
daß er jeden Augenblick sterben kann, möge er durch
Auflegen der Hände versöhnt und die Eucharistie ihm
in den Mund verabreicht werden.« Bezüglich der Ge-
tauften, welche körperlich von unreinen Geistern an-
gefochten werden, gilt dieselbe Regel wie bei den an-
deren Verrückten. Soweit Thomas. Er fügt noch in 4

Hexen
4.475 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 556

dist. 9540 hinzu, daß von Dämonen Besessenen die


Kommunion nicht zu verweigern sei, außer wenn
etwa gewiß sei, daß sie vom Teufel wegen irgendeines
Verbrechens gepeinigt werden. Dem fügt Petrus de
Palude541 hinzu: »In diesem Fall sind sie für zu Ex-
orzisierende542 zu halten, die Satan ausgeliefert
sind.«
Daraus kann man schließen, daß solche, wenn eini-
ge vom Dämon auch wegen ihrer eigenen Verbrechen
besessen sind, aber doch lichte Augenblicke haben
und bei Verstand sind und dann um ihrer Sünden wil-
len zerknirscht sind oder in gehöriger Weise beichten,
auf keinen Fall von der Kommunion des allerheilig-
sten Sakramentes auszuschließen sind, da sie von
Gott absolviert sind.
Von der Verwendung der Heiligen oder dem from-
men Gebet, durch das die Besessenen wirksam befreit
werden können, sind die Legenden der Heiligen voll.
Denn die Verdienste der Heiligen, Märtyrer, Bekenner
[und] Jungfrauen bewirken, daß die nichtsnutzigen
Geister [Dämonen] durch das Gebet und durch die
Bitten und Fürsprachen der Heiligen, die im Himmel
sind, besiegt werden. Denn diese Geister haben die
Heiligen schon besiegt, als sie noch auf Erden weil-
ten. In ähnlicher Weise liest man, daß die frommen
Gebete der Erdenwanderer oft die Befreiung von Be-
sessenen bewirkt haben. Daher ermahnt dazu Cassia-

Hexen
4.476 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 557

nus, wie oben543: »Wenn wir«, sagt er, »diese Mei-


nung oder vielmehr den Glauben hätten, den ich wei-
ter oben beschrieben habe, daß alles durch den Herrn
zum Nutzen der Seelen geschieht und insgesamt dafür
bestimmt ist, so würden wir jene nicht nur keineswegs
verachten, sondern wir werden auch für sie wie für
unseren Leib unaufhörlich beten und mit ihnen aus
ganzem Herzen und voller Liebe mitfühlen.«
Bezüglich der letzten Art, jemanden von der Ex-
kommunikation zu absolvieren, muß man wissen, daß
dies weder allgemein gebräuchlich noch auch viel-
leicht erlaubt ist, außer wenn man durch eine Ermäch-
tigung und besondere Offenbarung über die Glaubhaf-
tigkeit verfügt, daß jemand wegen der Exkommunika-
tion der Kirche besessen ist, so wie der Apostel, 1
Cor. 5544, den von ihm exkommunizierten Buhler,
vor dem ganzen Volk von Korinth dem Satan zur
Vernichtung des Fleisches übergab, damit der Geist
gesund werde am Tage unseres Herrn Jesus Christus,
d.h., wie die Glosse545 sagt, bis zur Erleuchtung
durch die Gnade oder bis zum Gericht. Und die Pseu-
do-Gelehrten, die den Glauben verdorben hatten,
nämlich Hymenaeus und Alexander, übergab er dem
Satan, damit sie lernten, keine Gotteslästerung zu be-
treiben, 1 Tim. 1546 [85ra]. Denn so große Macht
besaß der Apostel, sagt die Glosse547, und so große
Gnade hatte er vor Gott, daß er die vom Glauben Ab-

Hexen
4.477 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 557

fallenden durch ein bloßes Wort dem Teufel übergab.


Daher erklärt der heilige Thomas in 4 di. 18548
die drei Wirkungen der Exkommunikation folgender-
maßen: »Schon dadurch«, sagt er, »daß jemand der
Segnungen der Kirche beraubt wird, trifft ihn ein drei-
facher Schaden an den drei Dingen, die jemand aus
dem Segen der Kirche erlangt. Denn sie dienen denen
zur Mehrung der Gnade, die sie besitzen, und zum Er-
werb dem, der sie nicht besitzt. Und was das betrifft,
so sagt der Magister, daß durch die Exkommunikation
die Gnade entzogen wird. Sie dienen auch zum Schutz
der Tugend, und, was das betrifft, so sagt er darüber,
daß der Schutz entzogen wird. Nicht daß sie gänzlich
von Gottes Vorsehung ausgeschlossen werden, son-
dern nur von jener, mit welcher Gott über die Söhne
der Kirche in besonderer Weise wacht. Sie dienen
auch zur Verteidigung gegen den Feind, und was das
betrifft, so sagt er, daß dem Teufel mehr Macht gege-
ben wird, gegen einen solchen körperlich und geistig
zu wüten. In der Urkirche also, wo es nötig war, die
Menschen durch Zeichen zum Glauben einzuladen,
wurde ein Exkommunizierter, so wie sich der Heilige
Geist unter einem sichtbaren Zeichen offenbarte, an
der körperlichen Peinigung durch den Teufel erkenn-
bar. Und es ist nicht verkehrt, wenn der, an dem man
noch nicht verzweifelt, dem Feind übergeben wird.
Denn er wird ihm nicht zur Verdammnis, sondern zur

Hexen
4.478 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 558

Besserung übergeben, da es in der Macht der Kirche


liegt, ihn jenem aus der Hand zu reißen, sobald sie
will.« Soweit Thomas.
Wenn jedoch der Exorzist den Besessenen unter
Vorsichtsmaßregeln absolviert, so scheint das nicht
untunlich. Aber Nider549 gibt zu verstehen, daß der
Exorzist sich sehr [davor] hüten müsse, es bezüglich
seiner Kräfte zu leicht zu nehmen oder dem ernsten
Gotteswerk einen Scherz und ein Schauspiel beizu-
mengen oder etwas Abergläubisches oder des Scha-
denszaubers Verdächtiges hinzuzufügen. Sonst wird
er kaum der Strafe entgehen, wie durch Beispiele
deutlich wird. Bezüglich des ersten nämlich berichtet
der selige Gregor in den Dialogen550 von einer
[Frau], die gegen ihr Gewissen von ihrem Gatten in
der Vigilie der Weihe der Kirche des Heiligen Seba-
stian die [eheliche] Pflicht erbat und bekam und, weil
sie sich gegen die Gewissenspflicht unter die Kirchen-
prozession mischte, besessen wurde und öffentlich in
Raserei verfiel. Als das der Priester dieser Kirche sah,
nahm er die Decke vom Altar und bedeckte sie damit.
Aber auch in diesen Priester fuhr der Teufel plötzlich
gleichfalls hinein. Und weil er etwas über seine Befä-
higung hinaus unternehmen wollte, wurde er in seiner
Verstörung dahin gebracht zu erkennen, wer er wäre.
Soweit Gregor.
Bezüglich der zweiten, daß niemand sich aus dem

Hexen
4.479 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 558

Amt des Exorzisten betreffend den heiligen Ritus


einen Scherz machen solle, [85rb] berichtet
Nider551, er habe im Kölner [Dominikaner]konvent
einen Bruder gesehen, der im Reden recht schalkhaft,
aber für die Gnadengabe der Dämonenaustreibung be-
rühmt war. Als dieser im Bereich des Kölner Konven-
tes einen Dämon in einem besessenen Körper hart be-
drängte, bat der Dämon den Bruder um einen Ort,
wohin er sich zurückziehen könnte. Erfreut darüber
sagte der Bruder im Scherz: »Geh in meine Kloake!«
Der Dämon fuhr also aus, und als der Bruder in der
Nacht seinen Leib entleeren wollte, quälte ihn der
Dämon bei der Kloake so hart, daß er nur mit Schwie-
rigkeit sein Leben retteten konnte.
Davor muß man sich besonders hüten, daß die Be-
sessenen, auch die durch Hexen [Besessenen], um
ihnen helfen zu lassen, zu Hexen geführt werden.
Daher wendet auch bezüglich der erwähnten Frau
Gregor552 ein: »Als ihre Nächsten«, sagt er, »wel-
che sie fleischlich liebten und sie mit ihrer Liebe ver-
folgten, sie zur Erlangung eines Mittels den Zaube-
rern übergeben hatten und sie von diesen an den Fluß
geführt, in das Wasser getaucht und mit vielen Be-
schwörungen behandelt worden war, fuhr eine Legion
[von Dämonen] in sie hinein, während doch nur ein
einziger ausgetrieben werden sollte. Und sie begann
nun mit deren verschiedenen Stimmen zu schreien.

Hexen
4.480 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 559

Daher brachten sie die Verwandten, die das endlich


erkannten und denen es leid tat, dem heiligen Bischof
Fortunatus, der sie durch tägliche Gebete und Fasten
ganz und gar wiederherstellte.«
Aber weil gesagt worden ist, die Exorzisten müß-
ten sich hüten, etwas Abergläubisches oder des Scha-
denszaubers Verdächtiges anzuwenden, so könnte ein
Exorzist zweifeln, ob er bestimmte Kräuter und Stei-
ne, auch nicht geweihte, anwenden könnte. Antwort:
Wenn die Kräuter geweiht sind, um so besser; wenn
aber nicht, wie z.B. ein bestimmtes Kraut, welches
sonst »Dämonenflucht« genannt wird, oder auch wenn
jemand die Beschaffenheiten der Steine anwendet,
wird es nicht abergläubisch sein, wenn er nur glaubt,
daß sie die Dämonen nicht direkt, kraft ihrer eigenen
Natur, vertreiben. Denn andernfalls verfiele er dem
Irrtum, daß sie in ähnlicher Weise auch durch andere
Kräuter oder Worte bezwungen werden können, wie
es der Irrtum der Nigromantiker annimmt, welche
glauben, sie würden Wirkungen durch die natürlichen
und beigegebenen Eigenschaften solcher Dinge erzie-
len. Daher sagt der heilige Thomas in 4 dist. 7 art.
ult.553: »Man darf nicht glauben, daß die Dämonen
irgendwelchen körperlichen Eigenschaften unterlie-
gen. Daher werden sie auch nicht durch Beschwörun-
gen und bestimmte Schadenszauber bezwungen,
außer wenn dadurch ein Bündnis mit ihnen geschlos-

Hexen
4.481 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 560

sen wird; nach dem was in Isaias 18554 gesagt wird:


›Wir haben mit dem Tod ein Bündnis geschlossen
und mit dem Totenreich einen Pakt gemacht.‹« Und
jene [Stelle] Iob 40555: ›Kannst du den Leviathan
mit dem Haken herausziehen‹; und die folgenden
Worte legt er schließlich so aus, indem er über Iob
sagt: »Wenn man es recht betrachtet [85va], scheint
alles Vorangehende auf die Widerlegung der Anma-
ßung der Nigromantiker hinauszulaufen, welche sich
bemühen, mit den Dämonen einen Pakt einzugehen
und sie sich zu unterwerfen oder sonst auf eine Weise
zu binden.« Nachdem er also gezeigt hat, daß der
Mensch durch seine Kraft den Teufel nicht überwälti-
gen kann, schließt er mit den Worten556: »Lege deine
Hand auf ihn«, ergänze: wenn du kannst, weil du es
auf keine Weise durch deine Kraft vermagst, so wird
er dennoch durch göttliche Kraft überwunden. Daher
heißt es weiter: »›Gedenke des Krieges‹«557, den ich
nämlich gegen ihn führe und – da das Präsens für das
Futur gesetzt ist, kann man sagen – führen werde im
Kreuze, wo der Leviathan mit dem Haken gefangen
werden wird, nämlich durch die verborgene Göttlich-
keit mit dem Köder der Menschheit, worunter der
Heiland, der reine Mensch, verstanden wird. Daher
heißt es auch später, [Iob 41]: ›Es gibt keine Macht
auf Erden, die mit ihm verglichen werden kann‹. Da-
durch, sagt [Thomas], wird angezeigt, daß keine kör-

Hexen
4.482 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 561

perliche Eigenschaft der Macht des Dämons gleichge-


stellt werden kann, weil diese eine rein geistige Macht
ist.« Soweit Thomas558.
Aber weil indirekt ein vom Dämon Besessener
durch die Kraft einer Melodie, wie z.B. Saul durch die
Harfe Davids559 oder eines Krautes oder einer ande-
ren körperlichen Sache Erleichterung durch eine darin
existierende natürliche Eigenart finden kann, können
sie deswegen so angewendet werden. Und zwar wird
dies, daß es geschehen könne, mit Autoritäten und
Gründen begründet. Denn 26 q. 7, demonium susti-
nenti560, heißt es: »Es ist erlaubt, Steine oder Kräu-
ter ohne Beschwörung anzuwenden«; und zwar sind
es die Worte des Hieronymus. Desgleichen sagt der
Magister in histo.561, wo er jene [Stelle] Tobias
6562 behandelt, wo Raphael zu Tobias sagt: ›Wenn
du ein Stückchen vom Herzen des Fisches, den du ge-
fangen hast, auf Kohlen legst, wird der Rauch davon
jede Art von Dämonen, sei es aus einem Mann, sei es
aus einer Frau, derart verscheuchen, daß sich keiner
wieder an sie heranmachen wird.‹: »Wir dürfen uns
nicht darüber wundern, da der Rauch jedes beliebigen
angezündeten Baumes dieselbe Kraft zu haben
scheint; wiewohl [die Stelle] auch noch einen geisti-
gen Sinn in sich trägt, nämlich vom Rauch des geisti-
gen Gebetes.«
Diesbezüglich hat Albertus zu Lukas 9563 und

Hexen
4.483 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 561

Nikolaus von Lyra zu 1 Reg. 16564, ja auch Pau-


lus Burdegalensis über 1 Reg. 16565 den Schluß
gezogen, daß es offenbar nicht nur allein zuzugeben
ist, daß von den Dämonen Bedrängte durch irgend-
welche fühlbaren Dinge erleichtert werden, sondern
auch, daß sie dadurch bisweilen völlig befreit werden
können, freilich wohlverstanden, wenn sie nicht in
schrecklicher Weise bedrängt werden. Das beweist er
durch einen Grund. Da nämlich die Dämonen die kör-
perliche Materie nicht nach ihrem Willen verändern
können, sondern [nur] indem sie die gehörigen Aktiva
mit den gehörigen Passiva verbinden, wie Nikolaus
sagt, so kann aus demselben Grund durch irgendeine
fühlbare Sache im menschlichen Körper eine Disposi-
tion hervorgerufen werden [85vb], wodurch er zur
Aufnahme der Tätigkeit des Dämons nicht tauglich
wird. Zum Beispiel: Der Wahnsinn ist nach den Ärz-
ten am meisten zur Entfremdung des Geistes und folg-
lich zur Aufnahme der dämonischen Bedrängnis dis-
poniert. Wenn nun das dämonische Leiden von Grund
auf geheilt wird, würde auch die aktive Bedrängnis
durch den Dämon, bei Rückgang der passiven [Be-
drängnis] im Besessenen von Grund auf zurückgehen.
Dasselbe könnte man von der Leber des Fisches
sagen; ebenso von der Melodie Davids, um deretwil-
len Saul sich zwar zuerst gekräftigt und erleichtert
fühlte, durch die jedoch [der Dämon] gänzlich ausge-

Hexen
4.484 [II/2,5] Kapitel 5 Hexenhammer, 562

trieben wurde, wie die Schrift sagt: »Der böse Geist


wich von ihm«; und zwar ist es nicht der Schrift
gemäß, zu sagen, daß dies infolge des Verdienstes
Davids geschah oder durch seine Gebete, weil es nicht
wahrscheinlich ist, daß die Schrift dies verschweigen
würde, da es zu seinem Ruhm deutlich gesagt werden
würde. Soviel zu erwähntem Paulus, mögen wir auch
oben566 in der fünften Frage des ersten Teils festge-
stellt haben, daß Saul deshalb befreit wurde, weil die
Kraft des Kreuzes durch die Anspannung der Adern
des Leibes Christi567 vorgebildet wurde. Dort ist
noch vieles enthalten, was der vorliegenden Untersu-
chung dienen könnte. Doch schließen wir: die Anwen-
dung fühlbarer Dinge bei erlaubten Exorzismen ist
nicht abergläubisch. Es ist aber nunmehr förderlich,
einiges über die Exorzismen selbst zu erörtern.

Hexen
4.485 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 562

[II/2,6] Erlaubte Exorzismen gegen angehexte


Krankheiten. Und über die Weise, Behexte zu
exorzisieren. Kapitel 6

Weil, wie im vorausgehenden568 behandelt worden


ist, die Hexen jede Art einer körperlichen Krankheit
zufügen können, muß man auch nach einer allgemei-
nen Regel schließen, daß jedes beliebige Mittel in
Worten oder Werken bei den anderen oben erwähnten
Krankheiten angewendet werden kann. Dies kann
auch für alle Krankheiten, die nicht aufgeführt wer-
den, gelten wie z.B., wenn Epilepsie oder Aussatz an-
gehext wäre; und weil unter die Mittel durch Worte
die erlaubten Exorzismen gerechnet werden, was
selbst auch häufig, gleichsam als von einem allgemein
gültigen Mittel erwähnt wurde, so sind drei Haupt-
punkte darüber praktisch zu erläutern: erstens, ob je-
mand, der nicht den Weihegrad des Exorzisten hat,
wie z.B. ein Laie oder eine weltliche Person, imstande
sei, erlaubterweise die Dämonen oder deren Scha-
denszauber zu exorzisieren; woran drei weitere [Un-
terfragen] geknüpft werden: [erstens], wieso sie näm-
lich erlaubt sind, und [zweitens], von den sieben Be-
dingungen, welche für Sprüche und Segen erforderlich
sind, damit jemand imstande sei, derlei bei sich zu
tragen; und drittens, wie eine Krankheit [86ra] zu ex-

Hexen
4.486 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 563

orzisieren und der Dämon zu beschwören sei. Zweite


Hauptfrage, was zu tun sei, wenn die Gnade der Ge-
sundung durch Exorzismen nicht erreicht wird, und
drittens, was Mittel betrifft, die nicht so sehr durch
Worte als durch Werke [angewandt werden], mit der
Lösung bestimmter Argumente.
Zum ersten ist es die Meinung des Doktor Tho-
mas in 4 di. 23569: »Im Weihegrad der Exorzisten«,
sagt er, »und in den anderen niedrigeren Weihegraden
wird, wenn sie verliehen werden, die Befugnis emp-
fangen, daß jemand dies oder jenes von Amts wegen
tun könne, verstehe exorzisieren. Ebenso kann das
auch erlaubterweise von solchen ausgeführt werden,
die nicht den Weihegrad haben, wiewohl jene darüber
[dann] nicht von Amts wegen verfügen; so wie in
einem nicht geweihten Haus die Messe gehalten wer-
den kann, obwohl die Weihe der Kirche dazu einge-
setzt ist, daß in ihr die Messe gehalten wird. Aber
dies gehört dann mehr zur freiwillig erwiesene Gnade
als zur Gnade des Sakraments.« Aufgrund dieser
Worte kann man sagen: Wenn es auch zur Befreiung
eines Behexten gut ist, daß ein Exorzist mitwirkt, der
die Macht hat, angehexte Krankheiten zu exorzisie-
ren, so können bisweilen auch fromme Personen ohne
Exorzismen oder mit diesen derartige Krankheiten
vertreiben. Man berichtet nämlich von einer ganz
armen und darum überaus frommen Jungfrau, deren

Hexen
4.487 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 564

Freund durch Behexung am Fuß sehr schwer verletzt


worden war, wie sich aus dem Urteil der Ärzte und
auch daraus ergab, daß er durch keine Arzneien ge-
heilt werden konnte. Es traf sich, daß die Jungfrau
den Kranken besuchte, der sie auch sofort bat, für den
Fuß irgendeinen Segen zu gebrauchen. Jene erklärte
sich bereit und gebrauchte schweigend nur das Gebet
des Herrn und das Glaubensbekenntnis der Apostel
samt dem Doppelzeichen des lebensspendenden Kreu-
zes. Da fühlte der Kranke sogleich, daß er geheilt
war, und er wollte zur Heilung in künftigen Fällen
wissen, was für eine Besprechung die Jungfrau ge-
braucht hätte. Diese antwortete: »Ihr mit Eurem
schwachen Glauben haltet nichts von den göttlichen
und anerkannten Gebräuchen der Kirche und ge-
braucht häufig verbotene Sprüche und Mittel bei
Euren Krankheiten. Daher werdet Ihr selten am Kör-
per geheilt, weil Ihr immer an der Seele beschädigt
werdet. Aber wenn Ihr auf die Wirksamkeit der Gebe-
te und der erlaubten Zeichen hoffen würdet, würdet
Ihr oft mit Leichtigkeit geheilt werden. Ich habe näm-
lich bei Euch nichts weiter angewendet als das Gebet
des Herrn und das Glaubensbekenntnis der Apostel,
und schon seid Ihr gesund!«570
Wegen dieses Beispiels wird gefragt, ob nicht an-
dere Segen und Besprechungen oder auch Beschwö-
rungen mittels Exorzismen Wirkung haben, da sie

Hexen
4.488 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 564

hier zurückgewiesen zu werden scheinen? Es wird ge-


antwortet, daß diese Jungfrau nur [86rb] die uner-
laubten Sprüche samt den unerlaubten Beschwörun-
gen und Exorzismen zurückgewiesen hat. Um das zu
verstehen, muß man bedenken, woher derartige [Mit-
tel] [ihren] Ursprung genommen haben und wie sie
zum Mißbrauch geworden sind. Ihr Ursprung war ja
ein sehr heiliger; aber wie alles auf Eingebung des
Dämons unter Vermittlung der Dämonen und böser
Menschen ins Schlechte verkehrt wird, so auch die
göttlichen Namen. Die Apostel nämlich und die heili-
gen Männer besuchten nach jenem [Wort] Marcus
ulti.571: »In meinem Namen werden sie Dämonen
austreiben« die Kranken und ließen über sie Gebete
mit heiligen Worten ausgehen. Danach haben im Ver-
lauf der Zeit fromme Priester ähnliches in rechter
Weise vollbracht, weshalb man heutzutage auch die
frommsten Gebete und heiligen Exorzismen in den
alten Kirchen bei allem, was Menschen tun oder er-
dulden können, durch fromme Männer einst ohne
allen Aberglauben angewendet findet, wie auch heut-
zutage Gelehrte und doctores der heiligen Theologie
gefunden werden, die bei Krankenbesuchen ähnliche
Worte bei den Kranken anwenden, und zwar nicht
bloß bei vom Dämon Befallenen.
Aber ach, die abergläubischen Menschen haben
von sich aus viel Eitles und Unerlaubtes nach dem

Hexen
4.489 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 565

Vorbild jener [erlaubten Mittel] erfunden, derer sie


sich heute bei Kranken und Nutztieren bedienen. Und
der Klerus bedient sich infolge seiner Trägheit beim
Krankenbesuch nicht mehr erlaubter Worte. Daher
sagt Guilhelmus, genannt Durandi572, der Glossa-
tor des Raimundus, daß solche erwähnten [Mittel] ein
Priester oder auch ein religiöser weiser Laie, Mann
oder Frau, von ausgezeichnetem Lebenswandel und
erprobter Umsicht ausführen kann, wobei ein erlaub-
tes Gebet über den Kranken geschickt wird; nicht
über Obst oder einen Gürtel oder ähnliches, sondern
über die Erkrankten, nach jenem Wort des Evangeli-
sten: »Sie werden die Hände auf die Kranken legen«
etc. Derartige Personen sind daran nicht zu hindern,
außer vielleicht, wenn man fürchtet, daß sich nach
ihrem Beispiel andere ungebildete und abergläubische
Leute den Mißbrauch einer anderen Besprechung an-
maßen, indem sie sich mit dem Beispiel jener schüt-
zen. Diese abergläubischen Besprecher also werden
von der erwähnten Jungfrau getadelt, und zwar sagte
sie, diejenigen, die solche Leute um Rat bitten, hätten
einen schwachen, ja schlechten Glauben.
Ferner aber wird um dieser Erklärung willen ge-
fragt, durch welche Worte die Sprüche und Segen für
erlaubt oder für abergläubisch gelten; auf welche
Weise sie gebraucht werden müssen, und ob der
Dämon zu beschwören und die Krankheit zu exorzi-

Hexen
4.490 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 566

sieren sei.
Zum ersten, weil im Kultus der christlichen Religi-
on das erlaubt genannt wird, was nicht abergläubisch
ist und abergläubisch heißt – wie angemerkt wird aus
der Glosse über jenes [Wort] Col. 2573: welches sind
die Dinge, die im Aberglauben ihre Begründung
haben: was über [86va] das Maß der Religion hinaus
beachtet wird, weshalb es auch dort heißt: Aberglau-
ben574 ist über das Maß hinaus beachtete Religion,
d.h. mit schlechten und mangelhaften Formen und
Umständen ausgeübte Religion – so ist auch aber-
gläubisch, was immer nach menschlicher Überliefe-
rung, ohne Autorität eines Höheren, den Namen der
Religion beansprucht, wie z.B. Hymnen zur Messe
hinzufügen, die Präfation575 unterbrechen, das bei
der Messe zu singende Glaubensbekenntnis abkürzen
oder bei der Orgel und nicht im Chor absingen, bei
der Messe keinen Respondenten haben, und Ähnli-
ches. Aber jetzt zu unserer Sache: Wenn eine Hand-
lung kraft der christlichen Religion geschieht, z.B.
wenn jemand einem Kranken mit einem Gebet oder
Segen mit heiligen Worten zu Hilfe kommen wollte,
worauf wir jetzt unsere Aufmerksamkeit richten, so
hat ein solcher sieben Bedingungen zu beachten.
Wenn diese vorhanden sind, gilt ein solcher Segen für
erlaubt, auch wenn er nach Art einer Beschwörung,
durch die Kraft des göttlichen Namens und durch die

Hexen
4.491 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 566

Kraft der Werke Christi geschieht, die aus seiner Ge-


burt, seinem Leiden, seinem kostbarem Tod etc. be-
kannt sind, durch die der Teufel besiegt und vertrie-
ben worden ist. Dann heißen solche Segen, Sprüche
und Exorzismen erlaubt und diejenigen, welche sie
anwenden, könnten erlaubte Exorzisten oder Be-
schwörer genannt werden; nach Isidor 8 eth.576:
»Beschwörer heißen diejenigen, die irgendeine Kunst
mit Worten ausüben.«
Die erste Bedingung, die zu bedenken ist, besteht,
wie sich aus der Lehre des heiligen Thomas 2,2, qu.
93577 ergibt, darin, daß die Worte nichts enthalten,
was auf eine ausdrückliche oder stillschweigende An-
rufung der Dämonen hinausläuft. Was eine ausdrück-
liche ist, ist klar. Was eine stillschweigende ist, wird
erwogen nach der Absicht und nach dem Werk: nach
der Absicht, wenn sich z.B. einer bei seiner Handlung
nicht darum kümmert, ob er von Gott oder vom Teu-
fel den Beistand zu seinem Werk bekommt, wenn er
nur das gewünschte Ziel durch das Werk erreicht;
[nach dem Werk], wenn z.B. das Werk, welches er
vollbringt, von Natur aus keinerlei Eignung zur Er-
zeugung einer solchen Wirkung hat, worüber nicht
nur die Ärzte und Astrologen, sondern vielmehr auch
die Theologen zu urteilen haben. Auf diese Weise ma-
chen die Nigromantiker künstliche Bilder, Ringe und
Steine, die durchaus keine natürliche Beziehung zu

Hexen
4.492 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 567

den Wirkungen haben, die sie selbst sehr häufig er-


warten. Daher hat sich auch der Teufel in ihr Werk
einzumischen.
Zweitens ist zu beachten, daß die Segen oder Sprü-
che keinerlei unbekannte Namen enthalten, weil nach
Chrysostomos578 bei derlei zu befürchten ist, es
würde darin irgend etwas Abergläubisches verborgen
sein. Drittens, daß das Wortmaterial nichts Falsches
enthält, weil man so von Gott keine Wirkung erwar-
ten kann, da [86vb] er selbst kein Zeuge der Falsch-
heit ist. So bedienen sich nämlich bestimmte alte
Frauen in ihren Sprüchen des Verses: ›Die selige
Jungfrau ist über den Jordan gegangen, und da ist ihr
der heilige Stephan entgegen gekommen, und der hat
sie gefragt‹ und viele andere Albernheiten. Viertens,
daß keine eitlen Dinge und eingeritzte Zeichen enthal-
ten sind, ausgenommen das Kreuzeszeichen, weshalb
auch die Zettel579 getadelt werden, die von Soldaten
getragen werden. Fünftens, daß man keine Hoffnung
auf die Form des Schreibens oder Knüpfens oder auf
sonst eine derartige Äußerlichkeit setze, die nicht zur
Ehrfurcht vor Gott gehört; weil es sonst gänzlich für
abergläubisch erachtet wird. Sechstens, daß im An-
führen und Vorbringen göttlicher Worte oder der Hei-
ligen Schrift nur auf die heiligen Worte selbst acht ge-
geben werde, auf ihren Sinn und die Ehrfurcht vor
Gott oder auf die göttliche Kraft, von welcher die

Hexen
4.493 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 568

Wirkung erwartet wird; oder auf die Reliquien der


Heiligen, von denen das Erwähnte auch erhofft wird,
aber erst in zweiter Linie; von Gott aber in erster
Linie. Siebtens, daß der Erfolg, den man erhofft, dem
göttlichen Willen überlassen werde, der weiß, ob Ge-
sundheit oder Heimsuchung dem Anrufenden mehr
oder weniger nütze oder schade. Und zwar stellt diese
Bedingung Thomas 2,1580 in dem Thema von der
Gnade auf und in di. 15 in 4581.
Daher wollen wir schließen, daß es erlaubt sein
wird, wenn keine der genannten Bedingungen [durch
ihr Fehlen] das Werk beeinträchtigt. Das beweist
Thomas582 bezüglich jenes [Wortes] Markus ulti-
mo: »Die Zeichen, die [geleiten] werden diejenigen,
welche glauben« und danach: »In meinem Namen
werden sie Dämonen austreiben etc. und Schlangen
vertreiben«; woraus er [Thomas] entnimmt, daß es
unter Beachtung der erwähnten Bedingungen erlaubt
ist, durch göttliche Worte Schlangen fernzuhalten.
Ebenso beweist er583 das Obige folgendermaßen:
Von nicht geringerer Heiligkeit als die Worte Gottes
sind die Reliquien der Heiligen, mit dem Ausspruch
des Augustinus584: Das Wort Gottes ist nicht weni-
ger als der Leib Christi; aber nach allen ist es erlaubt,
Reliquien der Heiligen ehrfurchtsvoll bei sich zu tra-
gen. Folglich: wie auch immer der Name Gottes in ge-
höriger Form angerufen wird – durch das Gebet des

Hexen
4.494 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 568

Herrn, durch den Engelsgruß585, bei seiner [Christi]


Geburt, bei [seinem] Leiden, bei den fünf Wunden,
bei den sieben Worten, die er am Kreuze sprach, bei
seinem Triumphtitel586, bei den drei Nägeln und den
übrigen Waffen des Kriegsdienstes Christi gegen den
Teufel und seine Werke –, es wird durchaus erlaubt
sein, und man darf seine Hoffnung darauf setzen,
wenn man den Erfolg dem göttlichen Willen anheim-
stellt.
Und was von der Bändigung der Schlangen gesagt
ist, dasselbe verstehe [87ra] man von den anderen
Tieren; wenn nur acht gegeben wird auf die heiligen
Worte und auf die göttliche Kraft. Bezüglich der Be-
schwörungen selbst jedoch muß man vorsichtig han-
deln, weil, wie der Doktor587 sagt, solche Beschwö-
rer oft unerlaubte Ehrerbietungen erweisen und durch
die Dämonen ihre Wirkungen erzielen; besonders bei
den Schlangen, weil eine Schlange das erste Werk-
zeug des Dämons bei der Täuschung des Menschen
war. In der Stadt Salzburg588 nämlich war ein Be-
schwörer; der wollte eines Tages zum Spektakel für
die anderen alle Schlangen beschwören, in eine Grube
hinein [zu kriechen] und umbringen, wie es heißt im
Umkreis einer Meile. Als nun also von allen Seiten
die Schlangen zusammengekommen waren, während
er selbst oberhalb der Grube stand, machte ganz zu-
letzt eine ungeheure, grausige Schlange Schwierigkei-

Hexen
4.495 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 569

ten, in die Grube zu kriechen und gab ihm durch ihre


Bewegungen oft zu verstehen, daß er sie weggehen
und ungehindert dahin kriechen lassen sollte, wohin
sie wollte. Aber als jener von ihrer Beschwörung
nicht ablassen wollte, nachdem alle anderen in der
Grube umgekommen waren, weil sie dort sofort star-
ben und jene grausige auch hineingehen mußte, da
machte die dem Beschwörer gegenüber befindliche
Schlange einen Sprung über die Grube weg, stürzte
sich auf den Beschwörer, umschlang seinen Leib wie
einen Gürtel, zog ihn mit sich in die Grube und tötete
ihn. Hieraus entnimmt man, daß derartiges nur zum
Nutzen, nämlich nur zur Verscheuchung [der Schlan-
gen] aus den Wohnungen der Menschen, durch die
göttliche Kraft, mit Gottesfurcht und Ehrerbietung
auszuführen ist.
Bezüglich des zweiten, nämlich in welcher Weise
derartige Exorzismen oder Sprüche zu tragen und um
den Hals zu hängen oder in Kleidungsstücken einzu-
nähen seien, so scheint es doch, daß solches unerlaubt
sei. Denn Augustinus 2 de doctrina christiana589
sagt: »Zum Aberglauben gehören tausend magische
Künste und Knüpfereien und Mittel, die auch die
Lehre der Ärzte verurteilt; sei es [in Form] von Be-
zauberungen oder von bestimmten Marken, die man
Zeichen nennt oder von bestimmten man anhängt oder
aufmalt.« Ebenso Chrysostomos zu Matthäus590:

Hexen
4.496 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 570

»Manche tragen einen Teil des Evangeliums schrift-


lich am Hals; aber wird denn das Evangelium nicht
täglich in der Kirche gelesen und von allen gehört?
Wenn also die in die Ohren gelangten Evangelien
nichts nützen, wie können sie den retten, an dessen
Hals sie hängen? Wo ist denn dann die Kraft des
Evangeliums: in den Figuren der Buchstaben oder im
Verständnis ihrer Bedeutungen? Wenn sie in den Fi-
guren ist [87rb], dann hängst du mit Fug und Recht
[die Evangelien] an den Hals; wenn im Verständnis,
dann nützen sie mehr an die Herzen gelegt als an den
Hals gehängt.«
Aber hier ist die Antwort der Gelehrten, besonders
des heiligen Thomas, wie oben ar. 4591, wo er fragt,
ob es unerlaubt sei, die göttlichen Worte an den Hals
zu hängen. Man soll sich bei allen Besprechungen
und Anhängen von Schriften, offenbar vor zweierlei
hüten: erstens nämlich, wie es sich mit dem Geschrie-
benen verhält, ob es zu Anrufungen der Dämonen
dient. Offenbar wird es dann nicht nur für abergläu-
bisch, sondern auch für unerlaubt und als Abfall vom
Glauben erachtet, wie oben oft angesprochen worden
ist. In ähnlicher Weise muß man sich auch hüten, daß
[derlei] keine unbekannten Worte enthält etc. Dazu
vernimm die oben aufgestellten Bedingungen und wie
es erlaubt ist, derartiges über Kranke mit dem Mund
auszusprechen, ebenso ist es dann erlaubt, es bei sich

Hexen
4.497 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 570

zu tragen. Die genannten doctores aber berücksichti-


gen das und verurteilen es, wenn jemand vor Figuren
und geschriebenen Buchstaben größere Achtung und
Respekt hat als vor dem Sinn der Worte. Und wenn
gesagt wird, daß ein Ungebildeter, der die Worte
nicht versteht, keinen Respekt vor ihrem Sinn haben
kann, so wird geantwortet, er habe Respekt vor der
göttlichen Kraft und überlasse es dem göttlichen Wil-
len, damit er tut, was seiner Liebe wohlgefällig ist.
Bezüglich des Dritten, ob zugleich der Dämon zu
beschwören und die Krankheit zu exorzisieren sei,
oder das eine ohne das andere, [so lautet] die Ant-
wort: Hier sind mehrere Dinge zu beachten: erstens,
ob der Dämon immer dabei ist, wenn ein Behexter
heimgesucht wird; zweitens, welcherlei Dinge exorzi-
siert oder beschworen werden können; drittens von
der Art des Exorzisierens. Zum ersten scheint der
Dämon dem Behexten immer gegenwärtig zu sein, da
er nach Damascenus592 dort ist, wo er wirkt. Eben-
so in der Legende des seligen Bartholomäus593:
da scheint er zu heilen, wenn der Dämon von der
Schädigung abläßt.
Antwort: Daß der Dämon bei dem Behexten und
Heimgesuchten anwesend ist, kann auf zweifache
Weise verstanden werden, entweder bezüglich seines
Seins oder bezüglich seines Wirkens. Auf die erste
Weise ist er gegenwärtig am Anfang, während er den

Hexen
4.498 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 571

Schadenszauber hinein schickt; auf die zweite Weise


heißt er an sich nicht gegenwärtig in seiner Wirkung,
so wie auch die doctores, wenn sie fragen, ob der
Teufel mit jeder beliebigen todsündlichen Schuld den
Menschen substanziell bewohne, sagen, nicht an sich,
sondern in seinem Wirken, wie man auch von einem
Herrn sagt, daß er den Knecht hinsichtlich seiner
Oberhoheit bewohne. Anders jedoch bezüglich der
Besessenen.
Was das zweite anlangt, welcherlei Dinge exorzi-
siert werden können, so ist bezüglich der Ansicht des
Doktors [87va] in 4 dist. 6594 [einiges] zu bemer-
ken, wo er sagt, weil der Teufel wegen der Sünde des
Menschen über den Menschen und alles, was dem
Menschen zu Gebrauch dient, zu seinem Schaden
Macht gewonnen hat. Und da keine Gemeinschaft
zwischen Christus und Belial595 besteht, wird des-
halb, wann immer etwas zum Gottesdienst zu heiligen
ist, es erst exorzisiert, damit es, frei von der Macht
des Teufels, mit der er es zum Schaden des Menschen
ergreifen konnte, Gott geweiht werde. Und zwar zeigt
sich das an der Segnung des Wassers, der Weihe des
Tempels und an allen derartigen Dingen. Da die erste
Heiligung, mit der der Mensch Gott geweiht wird, in
der Taufe besteht, ist es also nötig, daß der Mensch
auch erst exorzisiert wird, bevor er getauft wird; [und
das geschieht] aus einem viel gewichtigeren Grunde

Hexen
4.499 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 572

als das sonstige: weil in dem Menschen selbst die Ur-


sache liegt, weshalb der Teufel über anderes, das um
des Menschen willen da ist, Macht gewonnen hat:
nämlich die Erbsünde oder wirksame Sünde. Und dies
ist der Sinn der Worte, die beim Exorzismus ausge-
sprochen werden; wie wenn es z.B. heißt: »Weiche
von ihm, Satan« und dergleichen, und ähnlich das,
was dabei geschieht.
Wenn also zur Sache gefragt wird, ob die Krank-
heit zu exorzisieren und der Dämon zu beschwören
sei, und was davon zuerst, so wird geantwortet: die
Krankheit wird nicht exorzisiert, sondern der erkrank-
te und behexte Mensch selbst, so wie bei einem Kind
nicht die Verdorbenheit der Nahrung exorzisiert wird,
sondern das infizierte Kind. Ebenso wie ein Kind erst
exorzisiert und danach der Teufel beschworen wird,
daß er weiche, so wird der Behexte erst exorzisiert
und danach dem Teufel und seiner Machenschaft be-
fohlen, auf daß er weiche. Ebenso wie Salz und Was-
ser exorzisiert werden, so ist es höchst förderlich, dem
Behexten alle Dinge, die zu seinem Gebrauch verwen-
det werden können, wie Speisen und Getränke, zu ex-
orzisieren und zu segnen.
Gleichfalls596 mag der Ritus des Exorzismus bei
Täuflingen daran festhalten, daß [zuerst] ein Anblasen
nach Westen zu stattfindet und die Lossprechung,
zweitens die Erhebung der Hände zum Himmel unter

Hexen
4.500 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 572

dem Bekenntnis zur christlichen Religion; drittens


Gebet, Segen und Auflegen der Hand; viertens Ent-
kleidung und Salben mit heiligem Öl, dann nach der
Taufe Kommunion und Bekleidung mit einem ganz
weißen Gewand, so ist es doch nicht nötig, daß dies
mit dem zu exorzisierenden Behexten geschehe; son-
dern er beichte zuerst aufrichtig und gebührend, halte,
wenn er kann, eine brennende [geweihte] Kerze und
empfange die heilige Kommunion [87vb]. Anstelle
des weißen Gewandes tritt eine geweihte Kerze von
der Länge des Leibes Christi oder des Holzes des
Kreuzes, und so verharre der Gegürtete mit entblöß-
tem Körper.
Sodann kann man sagen: »Ich exorzisiere dich, Pe-
trus oder Barbara, der du krank, aber durch die heilige
Quelle der Taufe wiedergeboren bist, bei Gott dem
Lebendigen, bei Gott, dem Wahren und bei Gott dem
Heiligen, bei dem Gott, der dich durch sein kostbares
Blut erlöst hat, auf daß du ein exorzisierter Mensch
werdest; daß von dir jedes Phantasiegebilde und
[jede] Nichtsnutzigkeit teuflischen Betruges und jeder
unsaubere Geist entfliehe und entweiche, beschworen
durch den, der kommen wird, zu richten die Lebenden
und Toten und die Welt durch das Feuer. Amen. Las-
set uns beten. Gott der Barmherzigkeit, gnädiger
Gott, der du nach der Fülle deines Erbarmens die hart
anpackst, die du liebst, und die du in Liebe auf-

Hexen
4.501 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 573

nimmst, zur Besserung züchtigst, dich rufen wir an,


Herr, daß du dem Knecht, der am Leib die Schwach-
heit der Glieder erleidet, deine Gnade zu spenden ge-
ruhen möchtest, daß du, was immer durch irdische
Gebrechlichkeit verderbt, was immer durch teufli-
schen Betrug geschädigt ist, der Einheit des Leibes
der Kirche als Glied der Erlösung anfügest. Erbarme
dich, Herr der Seufzer, erbarme dich seiner Tränen,
der nur zu deiner Barmherzigkeit Vertrauen hat; laß
ihn zu zum Sakrament der Versöhnung [mit dir],
durch Christus, unsern Herrn. Amen. Also verfluchter
Teufel, erkenne deinen Urteilsspruch an und gib Gott
die Ehre, auf daß du mit deiner Machenschaft weichst
von diesem Diener, den unser Herr Jesus Christus mit
seinem kostbaren Blut erlöst hat.«
Danach exorzisiere man zum zweiten und dritten
Male wiederum wie oben mit Gebeten: »Laßt uns
beten. Gott, der du immer mit liebevollem Sinn über
deine Geschöpfe herrschst, neige dein Ohr zu unseren
Bitten; blicke gnädig auf deinen Diener, der an ge-
störter Gesundheit des Körpers leidet, und suche ihn
mit deinem Heil auf und gewähre ihm die Arznei der
himmlischen Gnade, durch Christus, unseren Herrn.
Amen. Also verfluchter Teufel« etc. wie oben. Gebet
für den dritten Exorzismus: »Gott, einziger Schutz der
menschlichen Schwäche, bezeuge die Kraft deiner
Hilfe an unserem Kranken, daß er oder sie, durch die

Hexen
4.502 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 573

Fülle deiner Barmherzigkeit gestützt, deiner heiligen


Kirche als unversehrt vorgestellt zu werden verdient,
durch Christus, unseren Herrn. Amen.«597 Und
immer besprenge man den Kranken mit Weihwasser.
Und man beachte auch, daß diese Form vorgeschrie-
ben wird, nicht, weil es durchaus so gemacht werden
muß oder weil andere Exorzismen nicht von größerer
Wirksamkeit [88ra] sind, sondern damit man eine
Form habe, wie man zu exorzisieren und beschwören
hat. In den alten Geschichten und Büchern der Kir-
chen findet man nämlich bisweilen frömmere und
wirksamere Exorzismen; aber weil man in allem die
Ehrfurcht vor Gott voranstellen muß, handele ein
jeder nach dem, so weit es zuträglich ist.
Schließlich aus dem Vorhergehenden schlußfol-
gernd [sagen wir noch einmal] wegen der Ungebilde-
ten: Diese Weise, den Behexten zu exorzisieren, soll
darin bestehen, daß dieser zuerst eine lautere Beichte
ablegt, nach dem oft herangezogenen Kanon Si per
sortiarias598. Dann nehme man eine sorgfältige
Durchsuchung [des Hauses] in den einzelnen Winkeln
und in den Betten, Polstern und unter der Türschwelle
vor, ob man vielleicht Mittel des Schadenszaubers
versteckt finden könnte. Die gefundenen sind sofort
ins Feuer zu werfen. Auch wäre es zuträglich, daß in
den Betten und Kleidungsstücken alles erneuert
würde und man auch die Wohnung und das Haus

Hexen
4.503 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 574

wechselte. In dem Fall aber, daß sich nichts finden


läßt, soll dann der zu Exorzisierende, wenn er kann,
am Morgen in die Kirche gehen; je heiliger der Tag
ist, wie es z.B. das Fest der seligen Jungfrau oder die
Vigilien sind, desto besser. Auch der Priester, der ge-
beichtet hat und in guter Verfassung ist, wird dann
um so mehr Erfolg haben. Es halte also der zu Exorzi-
sierende eine geweihte Kerze in der Hand, besser sit-
zend, wenn er kann, oder indem er die Knie beugt,
und die Anwesenden sollen fromme Gebete für dessen
Befreiung über ihn sprechen. Man stimme die Litanei
an, indem man beginnt: »Unsere Hilfe ist im Namen
des Herrn«, wobei er [der Priester] einen Responden-
ten habe. Er besprenge jenen mit Weihwasser, lege
ihm die Stola um den Hals und füge den Psalm
hinzu: »Hilf mir Gott.« Er [der Priester] folge der Li-
tanei, wie es bei Kranken Brauch ist, indem er sie her-
sage bis zur Anrufung der Heiligen: »Bitte, oder bit-
tet, für ihn und sei gnädig. Befreie ihn, Herr«, indem
er die einzelnen Teile durchgeht bis zum Ende, wo die
Gebete zu sprechen sind. Dann beginne er anstelle der
Gebete den Exorzismus und er wird damit fortfahren
in der oben beschriebenen Weise oder auf eine andere,
bessere, wie es ihm [gut] dünkt. Es können auch der-
artige Exorzismen zumindest dreimal in der Woche
wiederholt werden, um die Gnade der Genesung zu
erlangen. Aber ganz zuletzt muß [der zu Exorzisieren-

Hexen
4.504 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 575

de] am Sakrament des Abendmahles teilnehmen, wie-


wohl manche glauben, man müsse dies vor dem Exor-
zismus tun. Bei der Beichte achte der Beichtvater dar-
auf, ob er durch irgendein Band der Exkommunikati-
on gebunden ist oder ob er, einst grundlos gebunden,
von seinem Richter keine Absolution bekommen hat.
Denn mag er [der Beichtvater] ihn zwar unter Vorbe-
halt [88rb] absolvieren, er soll aber nach wiederer-
langter Gesundheit sie von seinen Richter, der ihn ge-
bunden hat, verlangen.
Es ist zu beachten, daß, wenn der Exorzist den
Weihegrad des Exorzisten nicht hat, er dann mit Ge-
beten vorgehen kann. Und wenn er die [Heilige]
Schrift zu lesen versteht, soll er die vier ersten Evan-
gelisten lesen; ebenso im Evangelium: »Geschickt
worden ist der Engel« und die Leidensgeschichte des
Herrn, die alle eine große Kraft zur Austreibung der
Werke des Teufels haben. Ebenso schreibe man das
Evangelium des Heiligen Johannes: »Am Anfang war
das Wort« auf und hänge es dem Kranken um den
Hals und erwarte so die Gnade der Gesundung von
Gott599.
Aber wenn jemand nach dem Unterschied zwischen
der Besprengung mit Weihwasser und dem Exorzis-
mus fragen sollte, während doch beides als wirksam
gegen die Anfechtung durch den Dämon verordnet
wird, so antwortet der heilige Thomas, wie oben,

Hexen
4.505 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 575

dist. 6600: »Der Teufel bestürmt uns von außen und


innen.« Das Weihwasser wird also gegen die Bestür-
mung des Teufels verordnet, die von außen kommt,
der Exorzismus aber gegen die Bestürmung des Teu-
fels, die von innen kommt, weshalb auch jene, für die
er angeordnet ist, »energumini«601 heißen, von »en«,
innen, und »ergon«602, Anfechtung, die also gleich-
sam im Innern angefochten werden. Bei einem Behex-
ten also, der exorzisiert werden soll, wird beides an-
gewendet, da er von beiden Seiten gepeinigt wird.
Aber mit Bezug auf die zweite Hauptfrage, was zu
tun sei, wenn die Gnade der Gesundung durch Exor-
zismen nicht erlangt wird, [lautet] die Antwort: Mag
das aus sechs Ursachen geschehen können, so gibt es
doch noch eine siebte, über die unser Urteil zurückge-
stellt wird. Daß nämlich jemand nicht befreit wird,
geschieht entweder wegen der Verkehrtheit des Glau-
bens der Umstehenden, die den Kranken herbeibrin-
gen oder wegen der Sünden derjenigen, die einen
Schadenszauber erleiden oder derjenigen, die passen-
de Mittel anzuwenden versäumen oder wegen eines
Fehlers im Glauben auf seiten des Exorzisten oder
wegen der [mangelnden] Ehrfurcht vor den Tugenden,
die sich bei einem anderen finden oder wegen der
Läuterung oder des Verdienstes derjenigen, die unter
einem Schadenszauber leiden.
Über die ersten vier [Gründe] belehrt die Wahrheit

Hexen
4.506 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 576

des Evangeliums, Math. 17603 und Marcus 9604,


in Gegenwart des Vaters des Mondsüchtigen, seines
einzigen Sohnes, und der Jünger Christi. Denn erstens
entbehrten der [den Kranken] Herbeibringende und
die Menge nämlich auch der Fülle des Glaubens, wes-
halb der Vater unter Tränen bat: »Ich glaube, Herr.
Hilf mir in meinem Glauben!«, und zur Menge sagte
Jesus: »O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht,
wie lange [88va] werde ich noch bei Euch sein?«
Was das zweite, nämlich denjenigen anlangt, der
den Dämon aushält, so tadelte ihn Jesus, nämlich den
Sohn, da er, wie der selige Hieronymus605 dort
sagt, wegen seiner Sünden vom Dämon bedrückt wor-
den war.
Drittens bezüglich der Vernachlässigung der ge-
bührenden Mittel erklärt sich dies, weil gute und voll-
kommene Männer nicht dabei waren. Daher sagt
Chrysostomos606 [zu der Stelle] dort: »Die Säulen
des Glaubens, nämlich Petrus, Jacobus und Johannes,
waren nicht dabei, so wie sie bei der Verklärung Chri-
sti anwesend waren.« Auch Gebete und Fasten waren
nicht dabei, ohne welche, wie Christus sagt, diese Art
von Dämonen nicht ausgetrieben wird. Daher sagt
auch Origines607 dazu: »Wenn es bisweilen nötig
wäre, bei der Heilung geduldig zu bleiben, so dürfen
wir uns nicht wundern, noch fragen, noch sprechen,
wobei der unreine gleichsam Geist zuhört, sondern

Hexen
4.507 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 577

wir wollen die bösen Geister durch unsere Fasten und


Gebete vertreiben.« Und die Glosse608 sagt: »Diese
Art von Dämon, d.h. diese Veränderlichkeit der
fleischlichen Lüste, zu der nämlich jener Geist neigte,
wird nicht besiegt, wenn nicht der Geist durch Gebet
gestärkt und das Fleisch durch Fasten geschwächt
wird.«
Viertens, bezüglich eines Fehlers des Exorzisten,
besonders im Glauben, ergibt sich Aufschluß eben
dort bezüglich der anwesenden Jünger Christi. Als die
Jünger später insgeheim nach dem Grund ihrer Ohn-
macht fragten, antwortete [Jesus] daher: »Wegen
Eures Unglaubens! Wahrlich, ich sage Euch, wenn Ihr
[nur so viel] Glauben hättet wie ein Senfkorn, so
könntet Ihr zum Berg sagen: Hebe dich weg von
hier«609 etc., wozu Hilarius610 [bemerkt]: »Die
Apostel glaubten zwar, waren aber im Glauben noch
nicht vollkommen. Denn als der Herr auf dem Berg
mit drei anderen verweilte und jene in der Menge
saßen, hatte eine gewisse Verzagtheit ihren Glauben
sinken lassen.«
Bezüglich des fünften ergibt sich Klarheit in den
Vitas patrum611, wo wir lesen, daß manchmal die
Besessenen nicht durch den heiligen Antonius, son-
dern durch seinen Schüler Paulus befreit worden
seien.
Bezüglich des sechsten hat sich oben612 erwiesen,

Hexen
4.508 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 577

weil er nicht immer jemand von der Strafe befreit


wird, wenn er von der Schuld gelöst wird; sondern es
bleibt bisweilen die Strafe zur Sühne und Genugtuung
für das vorhergehende Delikt.
Und nun noch ein anderes Mittel613, von dem es
heißt, daß viele [dadurch] befreit wurden, nämlich
indem die Behexten von neuem getauft wurden, wenn
auch nur unter einer Bedingung. Darüber aber wagen
wir, wie ich vorausgeschickt habe614, nichts zu be-
stimmen. Jedoch ist es eine feststehende Wahrheit,
daß, wenn jemand vor der Taufe nicht gebührend
exorzisiert worden ist, der Teufel mit göttlicher Zulas-
sung auf jeden Fall gegenüber einem solchen immer
eine größere Macht bekommt [88vb]. Es erhellt aus
dem Vorangehenden. Und es ist auch nicht zweifel-
haft, daß mehrfache Nachlässigkeiten begangen wer-
den, sei es von Priestern, wo denn das oben erwähnte
vierte Hindernis behandelt wird, nämlich Fehler des
Exorzisten, oder sei es von den alten Frauen, die unter
dem Druck der Notwendigkeit die gebührende Form
der Taufe nicht beachten. Ich will jedoch nicht be-
haupten, daß die Sakramente von Schlechten nicht ge-
reicht werden könnten; daß im Gegenteil ein auch
noch so Schlechter tauft und [es auch] vollbringt,
wenn er nur in gebührender Weise, in gebührender
Form, mit den Formeln und mit Willen, in aller Ord-
nung tauft und [es] zu vollbringen strebt. So kann [ein

Hexen
4.509 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 578

solcher] in ähnlicher Weise beim Exorzisieren richtig


vorgehen: nicht scheu oder überstürzt. Daher soll man
sich auch nicht615 ohne eine tätige oder geübte Hin-
gabe – und ja nicht stottern und notwendige Worte
auslassen! – mit solchen heiligen Amtshandlungen
befassen. Wie in der Tat zur Vollendung vier wesent-
liche Punkte dienen, nämlich Stoff, Form, Absicht
[und] Methode, jedoch in den vorher angesprochenen
Arten, und wenn eines fehlt, wird er [der Exorzist]
nicht vollenden können, so ist es [zugleich] nötig, daß
man bei Exorzismen nach seiner Weise Zusätzliches
tut.
Der Einwand gilt nicht, daß in der ursprünglichen
Kirche [die Leute] ohne Exorzismen getauft wurden
oder auch daß jetzt der Getaufte imstande sei, ohne
sie das Zeichen der Taufe zu bewirken; weil dann
Gregorius die Exorzismen unnötigerweise eingerich-
tet hätte und die Kirche in ihren Zeremonien sogar
irren würde. Darum habe ich es nicht gewagt, diejeni-
gen gänzlich zu tadeln, die die Behexten unter einer
Bedingung wiedertaufen und das Versäumte vielleicht
wieder gut machen wollten. Man erzählt auch von sol-
chen, die zur Nachtzeit in den Träumen über hohe Ge-
bäude ohne Verletzung dahinzuwandeln pflegen, was
viele, die solche Leute behandeln, durchaus als das
Werk eines bösen Geistes bezeichnen. Wenn diese
wieder getauft werden, merkt man, daß es mit ihnen

Hexen
4.510 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 579

besser geht. Und es ist wunderbar, daß sie, wenn sie


bei ihrem eigenen Namen angerufen werden, plötzlich
auf die Erde niederstürzen, gerade als ob [ihnen] wo-
möglich jener Name bei der Taufe nicht gehörig bei-
gegeben worden sei.
Es ist für den Leser förderlich, auf jene sechs Hin-
dernisse zu achten. Denn mögen sie auch für »energu-
mini« oder Besessene und nicht für die Behexten be-
stimmt sein, so kann man doch sagen, da die gleiche
göttliche Kraft überall erforderlich ist, daß es im Ge-
genteil von größerer Schwierigkeit ist, einen Behexten
zu heilen als einen »energumenus« oder Besessenen.
Wenn also jene Hindernisse dort einen Platz finden
können, dann um so mehr bei den Behexten, was aus
folgendem Grund [89ra] erwiesen wird. Wie sich
nämlich oben im zehnten Kapitel616 ergeben hat,
werden manche nicht um eines eigenen Deliktes wil-
len besessen gemacht, sondern wegen eines leichten
fremden oder aus verschiedenen anderen Ursachen.
Beim Schadenszauber aber, wenn Erwachsene behext
werden, wie es ihnen sehr häufig zustößt, weil sie zur
Tötung der Seele vom Dämon innerlich aufs schwer-
ste besessen gehalten werden, besteht daher bei den
Behexten eine doppelte Aufgabe, während bei den
Besessenen nur eine einfache, äußerliche, aufgegeben
wird. Über diese sehr schwere Besessenheit sagt Cas-
sianus colla. Abba. Sereni617: »Jene sind die wahr-

Hexen
4.511 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 579

haft Elenden und Ehrbarmungswürdigen, die sich mit


allen möglichen Verbrechen und Schandtaten beflek-
ken, und dabei zeigt sich bei ihnen wahrlich nicht nur
kein Zeichen teuflischer Anstiftung, sondern auch
keine ihren Werken angemessene Versuchung, noch
wird ihnen irgendeine Geißel der Züchtigung aufer-
legt. Denn sie verdienen nicht die schnelle und förder-
liche Medizin dieser Zeit. Ihre Härte und unbußferti-
ges Herz übersteigt das Maß der Strafe des gegenwär-
tigen Lebens. Sie sammeln gleichsam für sich wahre
Schätze an Zorn und Unwillen für den Tag des Zorns
und der Offenbarung des gerechten Urteils Gottes, an
welchem ihr Wurm618 nicht ausgetilgt werden wird.«
Und ferner sagt derselbe Cassianus619 kurz vorher,
indem er die körperliche Besessenheit mit der der
Seele um einer Sünde willen vergleicht: »Es steht fest,
daß diejenigen viel schwerer und heftiger geplagt wer-
den, die, während sie körperlich von ihnen gar nicht
belästigt zu werden scheinen, in der Seele jedoch um
so verderblicher besessen sind, indem sie nämlich in
ihre Laster und Lüste verstrickt sind. Nach Meinung
des Apostels nämlich wird man der Knecht desjeni-
gen, von dem man überwunden wird, nur daß jene um
so verzweifelter krank sind, als daß sie, obwohl Skla-
ven der Dämonen, nicht einmal merken, daß sie von
jenen angegriffen werden und deren Herrschaft ertra-
gen.« Hieraus erschließt man, daß erst recht die kör-

Hexen
4.512 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 580

perlich Behexten – die vom Dämon jedoch nicht von


außen, sondern von innen, zur Tötung der Seele, Be-
sessenen – wegen der vielen Hindernisse schwerer zu
heilen sind.
Bezüglich der dritten Hauptfrage, nämlich hinsicht-
lich der Mittel nicht mehr der Worte, sondern der
Werke, ist zu bemerken, daß jene Werke zweifach
sind: durchaus erlaubt und nicht verdächtig oder ver-
dächtig und durchaus nicht erlaubt. Die ersten [89rb]
sind oben unmittelbar [vorher] im fünften Kapitel
gegen Ende620 behandelt worden, wo der Zweifel be-
züglich der Kräuter oder Steine aufgeworfen wird, wie
es erlaubt sei, daß sie Schadenszauber vertreiben.
Von den zweiten Mitteln aber, die verdächtig, jedoch
nicht gänzlich unerlaubt zu sein scheinen, ist jetzt zu
handeln. Und zwar muß man die Dinge beachten, die
in der zweiten Hauptfrage dieses zweiten Teils des
Werkes behandelt worden sind, [nämlich] von den
vier Mitteln, von denen drei für unerlaubt erachtet
werden, das vierte aber nicht für gänzlich unerlaubt,
aber für eitel. Das sagen auch die Kanonisten, daß es
erlaubt ist, Eitles mit Eitlem zu zerstören. Aber weil
wir Inquisitoren mit den heiligen doctores der Mei-
nung sind, daß, falls Heilmittel mittels heiliger Worte
und erlaubter Exorzismen nicht genügen, und zwar
wegen der weiter oben angeführten Hindernisse, sechs
oder sieben an der Zahl, daß dann solche Behexten

Hexen
4.513 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 581

zur Geduld anzuhalten sind, zur gleichmütigen Hin-


nahme der Übel des gegenwärtigen Lebens zur Läute-
rung ihrer Vergehen, statt weiter irgendwie nach aber-
gläubischen und eitlen Mitteln zu suchen. Wenn des-
wegen jemand, mit den erwähnten erlaubten Exorzis-
men nicht zufrieden, sich derartigen, zumindest eitlen
Mitteln, von denen oben die Rede gewesen ist, zu-
wenden will, so möge er wissen, daß dies nicht mit
unserer Billigung oder Erlaubnis geschieht. Aber daß
eben dort solche Mittel angegeben und entwickelt
worden sind, ist geschehen, damit die Aussagen so
großer Gelehrter wie Scotus621 und Hostiensis etc.
auf der einen Seite und anderer Theologen auf der an-
deren Seite möglichst in Einklang gebracht würden.
Wir bekennen also mit dem heiligen Augustinus622
in einer Predigt gegen die Wahr- und Weissager, und
zwar ist sie betitelt mit sermo de auguriis, wo es
heißt: »Brüder, Ihr wißt, daß ich häufiger gebeten
habe, ihr möget die Gewohnheiten der Heiden und der
Zauberer überhaupt nicht beachten; aber das nützt bei
manchen nur wenig. Und weil ich, wenn ich es Euch
nicht sage, für mich und für Euch am Tage des Ge-
richts Rechenschaft ablegen werde und es nötig sein
wird, daß ich mit Euch ewige Strafe erleide, daher ab-
solviere ich mich bei Gott, indem ich immer wieder
ermahne und beschwöre, es möge keiner von Euch
Weissager oder Wahrsager aufsuchen noch sie wegen

Hexen
4.514 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 581

[89va] irgendeiner Angelegenheit oder irgendeines


Grundes oder einer Krankheit befragen, weil in dem,
der so etwas Böses tut, sofort das Sakrament der
Taufe verlorengeht und er sogleich zum Gotteslästerer
und Heiden wird und, wenn sich keine Reue einstellt,
er sofort für ewig verlorengeht.« Und danach gibt er
zu verstehen: »Niemand möge [abergläubisch] auf die
Tage der Abreise oder der Heimkehr achten, denn
Gott hat alles sehr gut gemacht und den einen Tag wie
den anderen eingesetzt. Aber so oft die Notwendigkeit
drängt, etwas zu tun oder auszugehen, zeichnet Euch
im Namen Christi, und indem Ihr das Glaubensbe-
kenntnis oder das Gebet des Herrn gläubig hersagt,
handelt Ihr furchtlos mit Gottes Hilfe.«
Damit aber nicht zufrieden, versuchen sich Aber-
gläubische und Söhne des Zeitlichen, indem sie die
Irrtümer häufen wollen, über den Sinn und die Ab-
sicht des Scotus und der Kanonisten hinaus mit den
folgenden Argumenten zu verteidigen. Weil nämlich
die natürlichen Dinge bestimmte verborgene Eigen-
schaften haben, deren Grund vom Menschen nicht be-
zeichnet werden kann, so wie z.B. der Magnet das
Eisen anzieht, und viele andere Dinge, die Augusti-
nus 21 de civi. dei623 aufzählt, daher wird es nicht
unerlaubt sein, nach solcherart Dingen zur Erlangung
der Gesundheit zu forschen, wenn Exorzismen und
die natürlichen Arzneien versagen: mag es auch eitel

Hexen
4.515 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 582

erscheinen. Das würde aber geschehen, wenn jemand


nicht durch nigromantische, sondern durch astrologi-
sche Bilder oder durch Ringe und dergleichen die Ge-
sundheit an sich oder an einem anderen herstellen
wollte.
Auch argumentieren sie: So wie die natürlichen
Körper den Himmelskörpern untertan sind, so erlan-
gen auch künstliche Körper, z.B. Bilder, verborgene
Kräfte, die ihr Wesen je nach dem Eindruck der Him-
melskörper erhalten. Also bringen auch künstliche
Körper, z.B. Bilder, eine verborgene Kraft von den
Himmelskörpern, um Wirkungen zu verursachen.
Also ist es nicht unerlaubt, sich ihrer und anderer sol-
cher Dinge zu bedienen.
Außerdem können die Dämonen auf vielfache
Weise Körper verändern, wie Augustinus 3 de
trini.624 sagt und sich an den Behexten zeigt. Also
ist es auch erlaubt, sich ihrer Kraft zur Aufhebung
jener [Behexungen] zu bedienen.
Aber in Wahrheit sind die Aussagen aller heiligen
doctores im entgegengesetzten Sinn gehalten, wie
sich hinreichend, hier und da verstreut, gezeigt hat.
Daher wird zum ersten gesagt, daß, wenn natürliche
Dinge einfach zur Erzielung bestimmter Wirkungen
angewendet werden, für die sie, wie man glaubt, eine
natürliche Kraft haben, das nicht unerlaubt sei. Wenn
aber entweder irgendwelche Zeichen [89vb] oder was

Hexen
4.516 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 582

für unbekannte Dinge auch immer hinzugefügt wer-


den und die Befolgung eitler Regeln, welchen offen-
bar keine natürliche Wirksamkeit beikommt, so wird
das abergläubisch und unerlaubt sein. Daher sagt der
heilige Thomas 2,2 q. 96 ar. 2, der dieses Thema
hier am Ende der Frage behandelt, man müsse in dem,
was zur Herbeiführung irgendwelcher körperlichen
Wirkungen, wie z.B. Genesung oder etwas derarti-
gem, geschehe, erwägen, ob es natürlicherweise sol-
che Wirkungen hervorrufen kann. Und weil es erlaubt
ist, die natürlichen Ursachen zu ihren Wirkungen an-
zuwenden, deshalb ist so etwas nicht unerlaubt. Wenn
[solche Dinge] aber natürlicherweise solche Wirkun-
gen offenbar nicht verursachen können, so folgt, daß
sie zur Zeitigung dieser Wirkungen nicht als Ursa-
chen, sondern nur als Zeichen angewendet werden.
Und so gehören sie zu den mit den Dämonen mit Zei-
chen eingegangenen Pakten. Daher sagt Augustinus
21 de ci. dei625: »Es werden die Dämonen durch Ge-
schöpfe angelockt, die nicht sie selbst, sondern Gott
geschaffen hat; nicht, wie die Tiere, durch verlocken-
de, je nach ihrer Art verschiedene Speise, sondern als
Geister, durch Zeichen: durch verschiedene Sorten
Steine, Kräuter, Hölzer, Tiere, Sprüche, Riten.«
Zum zweiten sagt derselbe Doktor: Die natürlichen
Eigenschaften der natürlichen Körper folgen ihren
substanziellen Formen, derer sie aufgrund des Ein-

Hexen
4.517 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 583

drucks der Himmelskörper teilhaftig werden. Und


deswegen werden sie aufgrund des Eindrucks eben
dieser [Himmelskörper] aktiver Eigenschaften teilhaf-
tig. Aber die Formen der künstlichen Körper gehen
aus der Vorstellung des Künstlers hervor, und da sie
nichts anderes sind als Zusammensetzung, Ordnung
und Figur, wie es 1 Phisi.626 heißt, können sie keine
natürliche Eignung zum Auszurichtenden haben. Und
daher kommt es, daß sie durch den Eindruck der Him-
melskörper keiner Eigenschaft teilhaftig werden, inso-
fern sie künstlich sind, sondern nur gemäß ihres na-
türlichen Stoffes. Falsch ist es also, was Porphyrius
so vorkam, wie Augustinus 10 de ci. dei627 sagt,
durch Kräuter, Steine, beseelte Wesen, bestimmte
Töne, auch Stimmen und bildliche Darstellungen wie
auch Abbilder, fabriziert von den Menschen zum Ab-
scheu des Himmels unter Beobachtung der Gestirne
[und] bei den Bewegungen der Sterne, erhalte man ge-
eignete Kraft zur Herbeiführung verschiedener Wir-
kungen der Gestirne. Als wenn die Wirkungen magi-
scher Künste aus der Eigenschaft der Himmelskörper
hervorgehen würden! Aber wie Augustinus dort zu
verstehen gibt, geht das alles auf die Dämonen zu-
rück, die Betrüger der ihnen untertanen Seelen. Daher
erhalten auch die sogenannten astronomischen Bild-
nisse [90ra] ihre Wirksamkeit aus der Betätigung der
Dämonen, deren Merkmal es ist, daß bestimmte Zei-

Hexen
4.518 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 584

chen auf ihnen [den Bildnissen] eingetragen werden


müssen, die natürlicherweise nichts bewirken. Denn
eine Figur ist nicht der Anfang einer natürlichen Tä-
tigkeit. Aber darin unterscheiden sich die astronomi-
schen Bildnisse von den nigromantischen, daß bei den
nigromantischen ausdrückliche Anrufungen stattfin-
den, weshalb sie auch den ausdrücklichen, mit den
Dämonen eingegangenen Pakten, die astronomischen
[aber] wegen der Zeichen von Figuren und Charakte-
ren den stillschweigenden angehören.
Zum dritten: Dem Menschen ist keine Macht über
die Dämonen gegeben, auf daß er diese erlaubterweise
benutzen könnte, wozu immer er will. Sondern ihm ist
der Krieg gegen die Dämonen auferlegt, weshalb es
dem Menschen auf keinen Fall erlaubt ist, sich der
Hilfe der Dämonen aufgrund schweigender oder aus-
drücklicher Pakte zu bedienen. Soweit Thomas628.
Zur Sache. Weil er sagt »auf keinen Fall«, also auch
nicht mittels irgendwelcher eitler Mittel, in die sich
nämlich der Dämon auf irgendeine Weise einmischen
könnte, selbst wenn629 sie so eitel sind, daß auch die
menschliche Gebrechlichkeit sie zur Wiedererlangung
der Gesundheit für sich zu gewinnen sucht. [Der Be-
treffende] sei bekümmert wegen der Vergangenheit,
auf der Hut wegen der Zukunft und bete, daß ihm die
Schuld erlassen und er nicht weiter in Versuchung ge-
führt werde. So spricht Augustinus630 am Ende der

Hexen
4.519 [II/2,6] Kapitel 6 Hexenhammer, 584

Regel.

Hexen
4.520 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 585

[II/2,7] Mittel gegen Hagelwetter und


Verhexung des Viehs. Kapitel 7

Wie endlich das verhexte Vieh und Sturmwinde ver-


hindert werden können, da sind zuerst unerlaubte Mit-
tel zu vermerken, die von bestimmten Leuten ge-
braucht werden, nämlich mit abergläubischen Worten
oder Taten, wie z.B. diejenigen, welche Würmer in
den Fingern durch unerlaubte Wörter und Sprüche
heilen. Über diese Sprüche ist im vorhergehenden Ka-
pitel631 gehandelt worden, wie man sie als erlaubt
oder nicht [erlaubt] erkennt. Andere gibt es, die über
das behexte Vieh das Weihwasser nicht aussprengen,
sondern es [ihm] ins Maul gießen. Daß das erste Mit-
tel mit Worten unerlaubt sei, beweist außer dem Vor-
hergehenden der oft angeführte Guilhelmus632 fol-
gendermaßen: Wenn nämlich den Worten eine solche
Kraft innewohnte, und zwar sagen wir »den Worten«
als den Worten, dann wäre von fünf Arten die eine
wirksam, entweder aufgrund des Stoffes, d.h. der
Luft, oder aufgrund der Form, d.h. des Lautes, oder
aufgrund der Bedeutung oder aufgrund aller zugleich.
Das erste [gilt] nicht, weil Luft [90rb] nicht tötet,
ausgenommen vergiftete. Auch der Ton nicht, weil ein
hervorstehender Gegenstand seine Kraft bricht. Das
dritte nicht, weil dann der [bloße] Name Teufel oder

Hexen
4.521 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 585

Tod, Hölle immer schaden würden und [Worte wie]


Gesundheit oder Gutheit immer nützen. Desgleichen
nicht alle zusammen: weil ein Ganzes, aus schwachen
Teilen zusammengesetzt, auch als Ganzes schwach
ist.
Es gilt auch nicht, wenn eingewendet wird: Gott
hat den Worten die Kraft übertragen wie den Kräutern
und Steinen. Denn wenn Worten oder Sakramentalien
oder anderen Segen und erlaubten Sprüchen [auch]
Eigenschaften innewohnen, so haben sie diese nicht
an sich, als Worte, sondern infolge der göttlichen Ein-
setzung und Verordnung und infolge eines Paktes mit
Gott, so wie wenn Gott sagte: »Wer das tut, dem
werde ich es zu entgelten wissen.« Und so bewirken
die Worte in den Sakramenten, was sie bedeuten.
Freilich anderen zufolge haben sie auch noch eine in-
nerliche Kraft. Aber die erste Ansicht wird deshalb
angenommen, weil sie hier gut verwendbar ist. Be-
züglich anderer Worte und Sprüche aber ist nach dem
Vorhergehenden klar, daß sie als Worte, und zwar als
zusammengefügte oder ausgesprochene oder in Figu-
ren dargestellte Worte, nichts ausrichten. [Das, was
etwas ausrichtet,] ist dagegen die Anrufung des göttli-
chen Namens und die Beschwörung, die eine heilige
Bezeugung der Anheimstellung dieser Wirkung an
den göttlichen Willen ist.
Auch Mittel der Werke, die unerlaubt scheinen, wie

Hexen
4.522 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 586

oben633 behandelt worden ist und, wie es etwa in


Schwaben634 vielfach der Brauch ist, wo am ersten
Tag im Mai vor Sonnenaufgang die Landfrauen aus-
gehen und aus den Wäldern oder von den Bäumen
Zweige von Weiden oder anderes Laubwerk holen, es
zu einem Reifen flechten und am Stalleingang aufhän-
gen, und sie behaupten, daß dadurch alles Vieh das
ganze Jahr hindurch unversehrt von Zauberern und
Hexen bleibt und bewahrt wird. Dieses Mittel wäre
nach der Meinung derer, welche sagen, man könne
Eitles mit Eitlem brechen, nicht unerlaubt. Ebenso
auch, wenn jemand durch unbekannte Worte Krank-
heiten vertreiben würde. Aber um ohne Anstoß zu er-
regen vorzugehen, wollen wir sagen, daß, wenn am
ersten oder zweiten Tag eine Frau oder wer auch
immer ausgeht, ohne auf den Aufgang oder Untergang
der Sonne zu achten, Kräuter, Laubwerk oder Zweige
sammelt oder sie mit dem Gebet des Herrn oder dem
Glaubensbekenntnis über die Stalltür hängt und im
guten Glauben die Wirkung [in Form] des Schutzes
dem göttlichen Willen anheimstellt, so wird ein sol-
cher nicht tadelnswert sein, wie sich oben im voraus-
gehenden Kapitel635 aus den Worten des Hierony-
mus ergeben hat, und zwar stehen sie [90va] 26 q.
ulti.636: es ist erlaubt, ohne Anrufung [der Dämonen]
bei einem, der unter einem Dämon zu leiden hat,
Kräuter und Steine zu gebrauchen.

Hexen
4.523 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 586

Eben dahin gehören diejenigen, welche in den


Weinbergen oder Saatfeldern das Zeichen des Kreu-
zes, geweihte Zweige oder Blumen am Palmsonntag
aufbewahren und aufstecken und die behaupten, daß,
während allenthalben die Früchte durch Hagelschläge
beschädigt worden seien, die Saaten auf ihren Feldern
unbeschädigt geblieben seien. Über diese, scheint es,
ist gemäß der angeführten Unterscheidung zu urteilen.
Eben dahin gehören die [Frauen], welche zur Er-
haltung der Milch, damit die Kühe nicht durch Scha-
denszauber [der Milch] beraubt werden, die ganze
Milchflüssigkeit, die sie am Sonnabend sammeln, an
die Armen um Gottes willen umsonst verteilen und
behaupten, durch derartige Almosen würden die Kühe
bei gesteigertem Milchertrag vor Schadenszauber be-
wahrt. An diesem Werk, urteilt man, ist nichts Aber-
gläubisches, wenn sie sich nur vornehmen, aufgrund
der Liebe, die sie den Armen erweisen, auch die gött-
liche Liebe zur Bewahrung des Viehs in der Weise
anzuflehen, daß sie den Erfolg [in Form] des Schutzes
der göttlichen Vorsehung deren Gutdünken überlas-
sen. Außerdem sagt Nider in seinem Praeceptorium
1, ca. 11637, daß es auch erlaubt sei, durch geschrie-
bene Sprüche und heilige Worte das Vieh ebenso wie
kranke Menschen zu segnen; auch durch die Dinge,
die wie eine Besprechung erscheinen, wenn nur die
sieben vorgenannten638 Bedingungen eingehalten

Hexen
4.524 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 587

werden. Er sagt auch, daß er von frommen Personen,


auch Jungfrauen, in Erfahrung gebracht habe, daß
nach Anwendung des Kreuzeszeichens und des Gebe-
tes des Herrn samt dem Engelsgruß bei der Kuh drei-
mal oder so ungefähr das Werk des Teufels aufhört,
wenn es ein Schadenszauber ist. Und in seinem For-
micarius639 stellt er fest, daß die Zauberer gestehen,
ihr Schadenszauber würde bei Verehrung und Beach-
tung der Riten der Kirche gehindert, wie z.B. durch
die Besprengung mit Weihwasser, das Benutzern von
geweihtem Salz, den erlaubten Gebrauch von Kerzen,
die am Tag der Reinigung und der Palmen am Palm-
sonntag geweiht sind, und durch ähnliche Dinge, weil
die Kirche derartiges zu dem Zweck exorzisiert, daß
es die Kräfte des Dämons mindere. Weil außerdem
die Hexen, wenn sie das Vieh der Milchflüssigkeit be-
rauben wollen, von jenem Haushalt, in dem das Vieh
steht, um ein wenig Milch oder um [von der Milch]
jenes Viehs gewonnene Butter zu bitten pflegen, um
folglich so durch ihre Kunst das Vieh behexen zu
können, so seien die Frauen, von denen die Verdächti-
gen derlei [90vb] erbitten, bedacht, ihnen nicht im ge-
ringsten willfährig zu sein oder etwas zu schenken.
Außerdem gibt es Frauen, welche, wenn sie mer-
ken, daß sie beim Buttermachen nicht vorwärts kom-
men, wobei sie gewöhnlich mit länglichen, dazu taug-
lichen Gefäßen arbeiten, dann, wenn sie sogleich aus

Hexen
4.525 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 588

dem Haus einer verdächtigen Hexe ein wenig Butter


haben können, drei Stückchen oder Kugeln aus dieser
Butter machen und unter Anrufung der heiligsten
Dreifaltigkeit, des Vaters und des Sohnes und des hei-
ligen Geistes, jene Stückchen in das Gefäß werfen,
wodurch jeder Schadenszauber vertrieben wird. Da
liegt wieder der Fall, Eitles mit Eitlem zu brechen,
vor, nur daß eine Abweichung darin vorliegt, daß sie
die Butter von einer verdächtigen Hexe ausgeliehen
haben. Wenn es ohne dies geschieht, unter Anrufung
der heiligsten Dreifaltigkeit, mit Hinzufügung des Ge-
betes des Herrn; auch wenn sie von der eigenen Butter
oder von fremder, wenn sie eigene nicht haben sollte,
drei Stücke hineintäte, wobei sie den Erfolg dem gött-
lichen Willen anheimstellte, würde sie untadelig blei-
ben, wenn es auch nicht zu empfehlen wäre, nämlich
wegen der drei hineingetanen Butterstückchen. Es
wäre aber empfehlenswert, wenn sie den Schadens-
zauber durch Besprengung mit Weihwasser oder
durch Hineintun von geweihtem Salz unter Beten, wie
oben, vertreiben würde.
Außerdem, weil oft alle Haustiere durch Schadens-
zauber getötet werden, müssen die, denen solches zu-
stößt, darauf achten, daß unter der Schwelle der Stall-
tür oder der Krippe oder wo [die Tiere] zur Tränke
gehen, die Erde abgetragen und andere Erde unter Be-
sprengung mit Weihwasser an jene Stelle geschafft

Hexen
4.526 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 589

werde, weil die Hexen oft gestanden haben640, daß


sie irgendwelche Werkzeuge des Schadenszaubers an
jenen Stellen verborgen hätten, mit dem Geständnis,
daß sie auf Geheiß der Dämonen nur eine Grube zu
machen hätten, der Dämon aber den Schadenszauber
hineingelegt habe. Dieser Schadenszauber war eine
ganz unbedeutende Sache, z.B. ein Stein, Holz oder
eine Maus oder eine Schlange. Es steht nämlich fest,
daß der Teufel die Schadenszauber per se ausführt
und dabei nicht der Zustimmung [der Hexe] bedarf.
Oder er sucht das Verderben der Hexe, weshalb er sie
auch zwingt, in bestimmter Weise mitzuwirken641.
Gegen Hagelschläge aber und Stürme wird außer
dem, was oben über das hervorgehobene Kreuzzei-
chen [gesagt wurde], folgendes Mittel benutzt: Drei
Körner von dem Hagel werden unter Anrufung der
heiligsten Dreifaltigkeit ins Feuer geworfen. Das
Gebet des Herrn samt dem Engelsgruß wird zwei-
oder dreimal hinzugefügt, das Evangelium des Johan-
nes [91ra] »Am Anfang war das Wort« mit dem Zei-
chen des Kreuzes überall hin gegen den Sturm, nach
vorn und nach hinten, und nach jeder Seite des Lan-
des vorgetragen. Und dann, wenn [die betreffende
Person] am Ende dreimal wiederholt: »Und das Wort
ist Fleisch geworden« und dreimal danach gesagt hat:
»Bei den Worten des Evangeliums, dieser Sturm soll
weichen«, wird der Sturm sofort aufhören, wenig-

Hexen
4.527 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 589

stens, wenn er infolge Schadenszaubers erzeugt wor-


den ist. Das wird als durchaus wahres und unverdäch-
tiges Experiment beurteilt; denn gerade der Umstand,
daß die Körner ins Feuer geworfen werden, würde,
wenn es ohne Anrufung des göttlichen Namens ge-
schehen würde, für abergläubisch erachtet werden.
Wenn also gesagt wird, ob denn der Sturm ohne jene
Körner zum Stillstand gebracht werden könne, so
wird geantwortet: ganz gewiß, durch zusätzliche heili-
ge Worte. Indem [der Betreffende] sie [die Hagelkör-
ner] ins Feuer wirft, ist er bestrebt, den Teufel zu be-
lästigen, während er versucht, dessen Werk durch die
Anrufung der heiligsten Dreifaltigkeit zu zerstören. Er
wirft sie lieber ins Feuer als ins Wasser, weil, wenn
sie schneller aufgelöst werden, auch um so schneller
dessen Werk zerstört wird. Den Erfolg jedoch [in
Form] des Schutzes überläßt er dem göttlichen Wil-
len. Es gehört hierher, daß eine Hexe, vom Richter
befragt, ob sie auf irgendeine Art die von Hexen zu-
sammengebrauten Stürme zum Stillstand bringen
könnten, antwortete: »Sie können es. Nämlich da-
durch: »Ich beschwöre Euch Hagelkörner und Winde
bei den fünf Wunden Christi und den drei Nägeln, die
seine Hände und Füße durchbohrten, und bei den vier
heiligen Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und
Johannes, auf daß ihr, in Wasser aufgelöst, herab-
fallt.«

Hexen
4.528 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 590

Es gestehen auch viele, zwar die einen freiwillig,


die anderen [aber] unter Folterungen und mit Mühe,
daß es fünf Punkte gibt, durch die sie sehr behindert
werden; manchmal im Ganzen, manchmal zum Teil,
manchmal, daß gegen die Person eines [bestimmten]
Menschen, manchmal, daß an ihren Freunden keine
[Schadenszauber] geschehen. Und diese sind: Leute,
die einen unversehrten Glauben haben oder Gottes
Gebote einhalten; die sich mit dem Zeichen des Kreu-
zes und dem Gebet schützen; die die Riten und Zere-
monien der Kirche einhalten; die die öffentliche Ge-
richtsbarkeit gut ausüben und Christi Leidensge-
schichte in Worten oder im Geist wiederholen. Daher
sagt auch Nider642, wie oben: »Aus diesem Grunde
werden im ganzen Land oder in der Gemeinde die
Glocken in der Kirche gegen das Wetter geläutet, ein-
mal, damit die Dämonen wie vor den Gott geweihten
Posaunen [fliehen und] von ihren Schadenszaubern
abstehen, dann auch, damit das Volk angeregt werde
und Gott gegen das Gewitter anrufe. Und aus demsel-
ben Grund zieht auch die Gemeinde mit dem Sakra-
ment des Altars und heiligen Worten zur Besänfti-
gung der Winde aus [91rb], nach einer sehr alten Ge-
wohnheit der Kirchen in Frankreich und in Deutsch-
land.« Aber diese Art bezüglich der Wetterprozession
erscheint vielen als etwas Abergläubisches, die die
Regeln nicht verstehen, an denen man erkennt, ob

Hexen
4.529 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 590

etwas abergläubisch ist oder nicht. Deshalb ist zu er-


wägen, daß fünf Regeln oder Erwägungen gegeben
werden, an denen jedermann erkennen kann, ob ein
Gott dargebrachtes Werk abergläubisch, d.h. über das
Maß der christlichen Religion hinaus beachtet werde
oder zum schuldigen Kult und zur Ehre gehöre, die
man Gott in den Handlungen sowohl des Herzens als
auch des Leibes entgegenbringen muß und die aus der
wahren Kraft der Religion hervorgeht. Das entnimmt
man nämlich aus der Glosse zu jenem [Wort] des
Apostels an die Collosser 2643: »Welche haben
einen Schein von Weisheit im Aberglauben«, die be-
sagt: »Aberglauben ist über das Maß hinaus beachtete
Religiosität«, wie auch oben behandelt worden ist.
Die erste [Regel] ist, daß, weil in anderen unserer
Werke der Ruhm Gottes unser Hauptziel sein soll –
nach jenem [Wort]: »Ob ihr eßt oder trinkt oder sonst
etwas tut, tut alles zur Verherrlichung Gottes«644 –,
deshalb in jedem Werk, wenn man zur christlichen
Religion gehört, darauf geachtet werden soll, ob das
Werk zum Ruhme Gottes sei und der Mensch in sei-
nem Werk hauptsächlich Gott die Ehre gebe, so daß
durch das Werk selbst auch die Seele des Menschen
Gott unterworfen werde. Nun werden zwar wegen die-
ser Regel die zeremoniellen oder auch die gerichtli-
chen [Anweisungen] des alten Testamentes im neuen
[Testament] nicht mehr geübt, da wir wissen, daß jene

Hexen
4.530 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 591

symbolisch, diese aber jetzt in Wahrheit offenbart


sind. Trotzdem aber scheint das Herumtragen des Sa-
kramentes oder der Reliquien zur Besänftigung des
Wetters nicht gegen diese Regel zu streiten.
Da die zweite Regel lautet, man müsse darauf ach-
ten, ob das Werk, welches getan wird, zur Übung des
Körpers diene oder der Zügelung der Begehrlichkeit
oder der körperlichen Enthaltsamkeit, jedoch in der
der Tugend gebührenden Weise, d.h. gemäß dem
Ritus der Kirche oder gemäß der Morallehre, weil der
Apostel sagt, Römer 12645: »Euer Gottesdienst sei
angemessen«, und weil wegen dieser zweiten Regel
diejenigen albern handeln, welche das Gelübde tun,
am Sonnabend den Kopf nicht zu kämmen oder am
Sonntag, als einem besseren Tag, zu fasten und ähnli-
ches, so scheint es wiederum, daß das Herumtragen
des Sakramentes etc. nichts Abergläubisches ist.
Da die dritte Regel lautet, man müsse darauf ach-
ten, ob ein Werk der Satzung der universellen [91va]
Kirche gemäß sei oder gemäß dem Zeugnis der Heili-
gen Schrift oder wenigstens gemäß einem besonderen
Ritus der Kirche oder allgemeinen Gewohnheiten ent-
sprechend, die nach Augustinus646 für ein Gesetz zu
halten sind, weshalb auch der selige Gregorius647
dem Bischof der Engländer auf seine Klage, daß es
verschiedene Gewohnheiten der Kirche gebe, die
Messe zu feiern, antwortet: »Es gefällt, daß du sorg-

Hexen
4.531 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 592

fältig auswählst, was du in der römischen oder in der


der Gallier oder in was immer für einer Kirche gefun-
den hast, was dem allmächtigen Gott mehr gefallen
könnte. Denn die verschiedenen Gewohnheiten der
Kirche im Gottesdienst widerstreiten in nichts der
Wahrheit. Daher sind sie zu bewahren, und sie zu
übergehen ist unerlaubt.« Daher wird es nicht uner-
laubt sein können, wenn die ganz alten Gewohnheiten
der Kirchen Galliens und bestimmter in Deutschland
vorgesehen haben, die Hostie ins Freie zu tragen, nur
daß es nicht offen, sondern im verhüllten und ver-
schlossenen Schrein geschieht.
Da die vierte Regel lautet, man solle darauf achten,
daß das Werk, welches getan wird, eine natürliche
Eignung zur erhofften Wirkung habe – sonst nämlich,
wenn es das nicht hat, wird es für abergläubisch er-
achtet, aus welcher Erwägung heraus die unbekannten
Zeichen und verdächtigen Namen, auch die astrono-
mischen und nigromantischen Bilder alle gleichsam
als verdächtig zurückgewiesen werden –, deshalb und
aus dieser Erwägung heraus können wir nicht sagen,
daß das Herumtragen der Reliquien oder der Euchari-
stie gegen teuflische Heimsuchungen etwas Abergläu-
bisches sei; im Gegenteil: es ist etwas sehr Religiö-
ses, da darin unser ganzes Heil gegenüber dem Wi-
dersacher enthalten ist.
Da die fünfte Regel lautet, man müsse darauf ach-

Hexen
4.532 [II/2,7] Kapitel 7 Hexenhammer, 592

ten, daß das Werk, welches getan wird, keine Gele-


genheit zum Ärgernis oder Verderben biete – weil es
dann, wenn es auch nicht abergläubisch wäre, um des
Ärgernisses willen zu unterlassen oder zurückzustel-
len oder insgeheim ohne Ärgernis zu tun wäre –, des-
halb muß ein solches Herumtragen, wenn es ohne Är-
gernis oder wenigstens verborgen geschehen kann,
nicht unterbleiben. Aufgrund dieser Regel nämlich
werden oft Segnungen mit frommen Worten, sei es,
daß sie über Kranke [gesprochen] oder um den Hals
gebunden werden, von Weltlichen unterlassen. Ich
sage auch, daß [solche Werke] wenigstens nicht öf-
fentlich geschehen sollten, wenn sie Gelegenheit zur
Verderbnis bei anderen Ungebildeten geben können.
Diese Dinge mögen für die Mittel gegen Hagel-
schläge mit erlaubten [91vb] Worten und Werken ge-
nügen.

Hexen
4.533 [II/2,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 593

[II/2,8] Geheime Mittel gegen verborgene


Anfechtungen seitens der Dämonen. Kapitel 8

Aber jetzt wird wiederum das Urteil aufgeschoben,


um die Mittel gegen bestimmte Schäden der Feld-
früchte zu beschreiben, die bisweilen durch Würmer
und Stechmücken, [wie auch] durch [Heuschrek-
ken]schwärme angerichtet werden, die über sehr weite
Entfernungen in der Luft fliegen, so daß sie die Ober-
fläche der Erde zu bedecken scheinen, und alles
Grüne sowohl in den Weinbergen als auch auf den
Saatfeldern und auf den Wiesen bis auf die Wurzel
fressen. Desgleichen die Mittel gegen die mit Hilfe
der Dämonen vertauschten Kinder.
Zum ersten jedoch ist nach dem heiligen Thomas
2,2, q. 90648 zu sprechen, wo er fragt, ob es erlaubt
sei, eine unvernünftige Kreatur zu beschwören, und
mit ja antwortet, jedoch mittels dem Mittel des
Zwangs, der dann auf den Teufel bezogen werden
soll, der sich zu unserem Schaden unvernünftiger Ge-
schöpfe bedient. Das ist die Form der Beschwörung
in den Exorzismen der Kirche, durch welche die
Macht der Dämonen über die unvernünftigen Ge-
schöpfe vereitelt wird. Wenn sich nämlich die Absicht
dabei auf die unvernünftige Kreatur an sich bezieht,
die nichts versteht, so wäre das eitel. Aufgrund dessen

Hexen
4.534 [II/2,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 594

wird zu verstehen gegeben, daß [jene Schädlinge]


durch erlaubte Exorzismen und Beschwörungen, je-
doch unter dem Beistand der göttlichen Gnade, in der
Weise vertrieben werden können, daß zuerst dem
Volk Fasten, Prozessionen649 und andere fromme
Übungen auferlegt werden. Solche Übel werden näm-
lich wegen des Ehebruchs und der Mannigfaltigkeit
der Verbrechen gesandt. Daher sind auch die Men-
schen zum Beichten anzuhalten. In vielen [Kir-
chen]provinzen werden ihnen auch Bannflüche650
entgegen geschleudert. Aber dann erlangen sie [nur]
Macht zur Beschwörung gegen die Dämonen.
Es gibt noch eine andere, schreckliche Zulassung
Gottes gegenüber den Menschen, indem bisweilen
den Frauen die eigenen Kinder geraubt und von den
Dämonen fremde untergeschoben werden. Und diese
Kinder werden gewöhnlich als »campsores«, im Deut-
schen »wechselkind«651, bezeichnet, und sie sind
dreifach verschieden. Einige nämlich sind immer
mager und heulen, während doch vier Frauen mit kei-
nem [noch so großen] Milchreichtum hinreichen dürf-
ten, [auch nur] eines [92ra] zu ernähren. Andere aber
sind durch das Werk der Dämonen, der Inkubi, ge-
zeugt. Sie sind jedoch nicht eigentlich deren Söhne,
sondern des Menschen und des Mannes, dessen
Samen sie – als Sukkubi oder indem sie die Männer
in den Träumen beflecken – empfangen haben. Diese

Hexen
4.535 [II/2,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 594

Kinder nämlich schieben sie bisweilen nach Wegnah-


me der eigenen Söhne652 mit göttlicher Zulassung
unter. Es gibt auch noch eine dritte Art, wenn die Dä-
monen bisweilen in der Gestalt der Kleinen erschei-
nen und sich mit den Ammen zusammentun. Gemein-
sam ist allen dreien, daß sie sehr schwer und mager
sind, nicht wachsen und, wie schon erwähnt wurde,
durch keinen Milchreichtum gestillt werden können.
Sie sollen auch oft verschwunden sein653. Weshalb
aber läßt die göttliche Liebe solches zu? Man kann
sagen, aus einem zweifachen Grund: Einmal, weil die
Eltern die Kinder zu sehr lieben, weshalb zu deren
Besten solche Dinge zugelassen werden. Zweitens,
weil man annehmen muß, daß Frauen, denen solches
zustößt, meistens abergläubisch sind und in vielen
Fällen von den Dämonen verführt werden. Daher [ist]
auch der Herr ein wahrer Eiferer, gemäß seinem rech-
ten Eifer, der [wie] die heftige Liebe zur eigenen
Braut ist. Daher läßt er nicht nur einen anderen nicht
herankommen, sondern auch die Anzeichen des Ehe-
bruchs oder des Verdachtes wie ein eifernder Ehegatte
an der Seele, die er mit kostbarem Blut erkauft und
sich durch den Glauben vermählt hat, kann er beim
Berühren, Unterhalten und Annähern an den Feind,
den Teufel und Widersacher des Heils, nicht dulden.
Und wenn ein eifernder Gatte die Anzeichen des Ehe-
bruchs nicht duldet, wie wird er dann [erst] bestürzt,

Hexen
4.536 [II/2,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 595

wenn [die Frau] den Ehebruch begeht! Daher ist es


nicht verwunderlich, wenn [solchen Frauen] die eige-
nen Söhne weggenommen und im Ehebruch erzeugte
untergeschoben werden.
Damit sich diese Dinge nun recht stark eingepräg-
ten, ergibt sich aus dem Alten Testament, wie sehr
Gott bezüglich der Seele eifert und nicht einmal Ver-
dacht erweckende Anzeichen dulden will, da er, um
sein Volk von Grund auf vom Götzendienst fernzu-
halten, nicht nur den Götzendienst, sondern noch vie-
les Andere verbot, das Anreiz zum Götzendienst
geben könnte. Diese haben zwar an sich diesen Nut-
zen nicht, sie enthalten ihn jedoch auf wunderbare
Weise in ihrem mystischen Sinn. Daher hat Gott nicht
nur gesagt, Exo. 22654: »Die Zauberer sollst du nicht
leben lassen«, sondern er hat auch hinzugefügt: »Sie
soll[en] nicht in deinem Land wohnen, damit sie dich
nicht sündig machen«655, so wie die Kupplerin
[92rb] getötet wird und ihr nicht gestattet ist, sich
unter den Menschen herumzutreiben. Man beachte
den Eifer Gottes, der Deutro. 22656 vorgeschrieben
hat, man solle ein Nest mit Eiern oder Jungtieren und
die darauf sitzende Mutter nicht zugleich wegnehmen,
sondern die Mutter wegfliegen lassen, weil dies die
Heiden auf Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit hin
ausdeuteten. Der eifernde Gott wollte in seinem Volk
ein solches Zeichen der Unzucht nicht dulden. So hal-

Hexen
4.537 [II/2,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 596

ten jetzt die alten Frauen den Fund eines Groschen für
das Zeichen eines großen Glückes, und für das Ge-
genteil [Unglück], wenn sie von einem Schatz träu-
men. Desgleichen befahl er [Gott], alle Gefäße zu be-
decken und [jedes] Gefäß, welches keinen Deckel hat,
für unrein zu erachten657. Es war ein Irrtum, daß,
wenn nachts die Dämonen kämen oder, wie die alten
Frauen sagen, die seligen658 – es sind aber Hexen
oder Dämonen in ihrer Gestalt – sie [die Frauen] alles
verzehren müßten, damit sie später um so reichlicher
zuteilten. Sie beschönigen es und sagen, es seien
schrettil659, gegen die Bestimmung der Gelehrten,
daß außer den Menschen und Engeln keine vernunft-
begabten Geschöpfe existieren. Sie sind also nichts
weiter als Dämonen.
Desgleichen Lev. 19660: »Ihr sollt euer Haupthaar
nicht rund schneiden noch den Bart scheren.« Jene
Dinge taten nämlich die Götzendiener zur Verehrung
der Götzen.
Desgleichen Deut. 22661: die Männer sollen nicht
Frauenkleider anlegen und umgekehrt, weil das die
einen zur Verehrung der Göttin Venus taten, die ande-
ren zur Verehrung der Götter Mars und Priapus. Des-
gleichen befahl er aus demselben Grund die Altäre der
Götzen zu zerstören662, und Ezechias zerstörte eine
eherne Schlange, der das Volk opfern wollte, und
sagte, es sei Kupfer663. Und aus demselben Grund

Hexen
4.538 [II/2,8] Kapitel 8 Hexenhammer, 596

verbot [Gott], Träume und den Vogelflug zu beach-


ten664, und schrieb vor, daß ein Mann oder eine
Frau, worin ein Wahrsagegeist665 wäre, getötet
werde666, so wie es sie jetzt gibt und warsegerin667
genannt werden. Dies alles hat Gott verboten, wie ge-
sagt aus dem Eifer heraus, den er bezüglich der mit
ihm vermählten Seelen zeigt, wie der Bräutigam ge-
genüber der Braut, da es den Verdacht auf geistigen
Ehebruch aufkommen läßt. Wir Prediger und Seelsor-
ger müssen darauf hinweisen, daß kein Opfer Gott an-
genehmer ist als der Eifer um die Seelen, wie Hiero-
nymus über Ezechiel668 bezeugt.
Daher wird folgerichtig im dritten Teil des Werkes
über die Ausrottung der Hexen als dem [92va] äußer-
sten Mittel zu handeln sein. Denn das ist die letzte
Zuflucht der Kirche, wozu sie auch nach dem göttli-
chen Gebot verpflichtet wird, wie es heißt: »Die Zau-
berer sollst du nicht leben lassen.«669 Da sind auch
die Mittel gegen die zauberischen Bogenschützen ein-
geschlossen, da man gerade diese Art [der Hexerei]
nur durch den weltlichen Arm ausrotten kann.

Hexen
4.539 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

[II/2,9] Mittel, wenn sich jemand im Hinblick


auf einen zeitlichen Vorteil gänzlich dem Dämon
geweiht hat670

Wie es die Erfahrung oft gelehrt hat, wurden sie


durch wahre Beichte aus der Gewalt des Teufels zwar
befreit, jedoch [noch] lange danach auf das schwerste
gepeinigt, besonders zur Nachtzeit; und zwar ließ
Gott das zu ihrer Strafe zu. Das Zeichen aber, daß sie
befreit waren, erkannte man darin, daß das Geld in
ihren Börsen oder Schatullen nach der Beichte fehlte.
Darüber könnten sehr viele Vorfälle angeführt wer-
den, sie werden aber der Kürze halber weggelassen.

Hexen
4.540 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Fußnoten

1 Aristoteles, Physik 8,4.


2 Tatsächlich werden aber drei Aspekte aufgezählt.
3 Introitum. Der Eintritt in die Hexensekte.
4 Vgl. zu diesem Topos auch Johannes Nider, Formi-
carius, Prolog.
5 Diese Strukturierung ist unzutreffend. Auf fol.
46ra-b folgt eine zutreffende Gliederung von II/1.
6 Iob 1–42.
7 Vermutlich Anspielung auf das Fest »Purificatio
Sanctae Mariae« (Lichtmeß), am 2. Februar, an dem
eine Kerzenprozession stattfand. – LThK 7 (1962)
67.
8 Rom 13,1–4.
9 Iob 1,12; 2,6.
10 Johannes Nider, Formicarius 5,4.
11 Num 22,22–33.
12 Vgl. fol. 45ra-46ra.
13 Tob 3,24f.

Hexen
4.541 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

14 1 Cor 5,1–5.
15 Johannes Nider, Fornlicarius 5,4.
16 In der von der eidgenössischen Stadtrepublik Bern
1389 neu erworbenen Herrschaft Simmenegg und
Zweisimmen gab es im fraglichen Zeitraum drei
Richter mit diesem Namen. Vgl. jetzt: Catherine
Chène, Le Juge Pierre, in: Ostorero (1999) 223–231.
Oberes Simmental, heute Berner Oberland in der
Schweiz. Vgl. Borst (1988) 271.
17 Der Zauberer Stadelin, wohnhaft im Dorf Boltigen
in der Herrschaft Simmenegg. Der Richter Peter hat
ihn persönlich gekannt, verhört und verbrannt. Er
stellte ihn Nider gegenüber als Schüler des Zauberers
Hoppo hin, der seinerseits bei dem Urheber der Zau-
berei in der Gegend namens »Scavius« (der Räudige)
seine Kunst erlernt habe. Vgl. Borst (1988) 272.
18 Kollektivplural für Kramer.
19 sordescit: schmutzig ist.
20 Reichsstadt Ravensburg, heute in Baden-Würt-
temberg. Die Stadt erreichte ihre Blüte in der Zeit der
großen Ravensburger Handelsgesellschaft
(1380–1530). Köhler (1995) 491. Die Verhöre des
Inquisitors fanden im Rathaus statt. Die Prozeßakten
der Hexenverfolgung des Jahres 1484, die der Inqui-

Hexen
4.542 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

sitor bei der Stadt deponiert hat, sind verlorengegan-


gen, doch hat sich ein Bericht über den Anfang der
Inquisition im Tiroler Landesarchiv erhalten, außer-
dem einige Urfehdebriefe im Stadtarchiv Ravensburg.
21 Es kann nur Kramer allein gemeint sein.
22 Exempel Konstanz 1, Ravensburg 1 »Immunität
der Inquisitoren vor Nachstellungen der Hexen«.
23 Exempel Konstanz 2, Ravensburg 2. – Müller
(1910) 415. Vgl. fol. 62 rb.
24 Also nicht in Aborten, wo sich Dämonen gerne
aufhalten. Vgl. fol. 85rb.
25 Exorzismusformel, Fundstelle unbekannt; Ps.
35,7.
26 Also 1485. Auch dies ein Beleg für den Entste-
hungsprozeß des Buches als »work in progress« und
ein Indiz für Speyer als einen der Abfassungsorte.
27 Exempel Speyer 2 »Sakramentalien und Kräuter
gegen Kinderraub durch Hexen«. – Vgl. fol. 42vb,
47va, 57va.
28 Sap 8,1.
29 Also wieder 1485.
30 Wiesental im Kreis Bruchsal im heutigen Baden-

Hexen
4.543 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Württemberg. Schnyder (1993) 369. – Das Dorf liegt


direkt neben der Residenz Udenheim/Philippsburg
der Bischöfe von Speyer. Bischof war damals Lud-
wig von Helmstadt (amt. 1478–1504). – Exempel
Speyer 3 »Verhexung wegen unterlassener Schutzvor-
kehrungen«.
31 Ravensburger Hexenverfolgung von 1485. Als
Exempel nicht identifizierbar.
32 Amulette oder Talismane.
33 Unpräziser Verweis. Es muß heißen II/2, 6. Vgl.
fol. 85vb-90ra.
34 Ps 83,12.
35 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,10,1,2, Sed contra; 3,3,3,2b (?).
36 Dionysius Areopagita, De celesti hierarchia 4,3
(wohl fehlerhafter Verweis auf De divinis nominibus
im Text); Johannes Nider, Formicarius 5,6.
37 Prov 21,1.
38 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,1,80,1
(?).
39 Aristoteles, Metaphysik 12,8. »Metherorum« ist
eine Verballhornung Kramers oder des Setzers und
bezieht sich scheinbar auf die Meteora oder Meteoro-

Hexen
4.544 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

logica des Aristoteles.


40 Vgl. fol. 23rb.
41 Die Erbsünde.
42 Cassianus, Collationes 7,2.
43 Gregor der Große, Dialogi 1,4,1.
44 Original: incentina, wahrscheinlich Druckfehler
für incentiva.
45 Heraclides, Paradisus 17.
46 Johannes Nider, Formicarius 5,6.
47 Phil 2,13.
48 Dionysius Areopagita, De divinis nominibus 4,2.
49 Ier 22,30.
50 Thomas von Aquin, Summa contra gentiles 3,92.
51 Gregor der Große, Fundstelle unbekannt. Sekun-
därzitat nach Antoninus Pierozzi, Summa moralis
1,6,13,4.
52 Schriftstelle so nicht nachweisbar. Vgl. aber Iud
3,1: Hae sunt gentes, quas Dominus dereliquit, ut
erudieret in eis Israelem.
53 Der Bischof, der dem Erzbischof von Mainz un-

Hexen
4.545 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

terstand, residierte seit Beginn des 15. Jahrhunderts


in Dillingen an der Donau. Köbler (1995) 27. – Kra-
mer hielt sich im Sommer und Herbst 1480 in der
Reichsstadt Augsburg auf, wo er die Inquisition
gegen die Frauen, die zu häufig Kommunion nahmen,
durchführte. Seinen Sitz hatte er im Augsburger Do-
minikanerkloster St. Magdalena, dessen Prior ihm as-
sistierte. Koeniger (1923); Segl (1988) 109–114.
Eine Konventsliste des Augsburger Dominikanerklo-
sters weist für das Jahr 1481 dreizehn Brüder, fünf
Gastbrüder und 16 Patres auf. Liebhart (1984)
198f. – Bischof war zu diesem Zeitpunkt Johannes
II., Graf von Werdenberg (amt. 1469–1486). Auch
unter dem Nachfolger Friedrich II. von Zollern (amt.
1486–1505) hielt sich Kramer wiederholt in Augs-
burg auf. Möglicherweise verfaßte Kramer dort den
Hauptteil des Hexenhammers. Hexenprozesse sind
aus dieser Zeit nicht nachweisbar. Behringer (1994)
308–315. Daß Kramer den Hexenhammer nicht in
Augsburg in Druck gab, könnte daraufhindeuten, daß
er von der dortigen reichsstädtischen Obrigkeit
Schwierigkeiten mit der Druckerlaubnis erwartete.
Aus einer Bemerkung des berühmten Humanisten
und Augsburger Stadtschreibers Konrad Peutinger
(1465–1547) vom 27. Juli 1499 geht jedenfalls her-
vor, daß man von diesem Dominikaner, der stets um
Wein bettelte, nicht viel hielt. Schnyder (1993) 64.

Hexen
4.546 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

54 Exempel Augsburg 1 »Behexungen führen dem


Teufel neue Anhänger zu«.
55 Dominus vobiscum.
56 Deutsch im Original.
57 Der Fall der Agnes Baderin und der Anna Mindel-
heimerin. Vgl. unten fol. 47va, 72rb, 72va, 73va. –
Schmidt übersetzt hier »Badmutter Agnes«. Bader
war jedoch ein in Ravensburg verbreiteter Name, es
handelt sich hier kaum um eine Berufsbezeichnung.
Müller (1910) 409.
58 Exempel Konstanz 4, Ravensburg 4.
59 Vgl. auch die besondere Erwähnung des Bischofs
von Straßburg im Kommentar zur Bulle Summis de-
siderantes affectibus Innozenz VIII. Vgl. fol. Ir-v.
60 Exempel Straßburg 1.
61 Die in Ravensburg als Hexe verbrannte Agnes
Baderin. Vgl. unten fol. 72rb, 72va, 73va.
62 Exempel Konstanz 5, Ravensburg 5.
63 Brixen/Bressanone, heute autonome Region Tren-
tino-Alto Adige in Italien. Bistum Brixen, Teil des
Erzbistums Salzburg. Bischof war Nikolaus Cusanus
(amt. 1450–1464), danach Georg Golser (ca.

Hexen
4.547 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

1420–1489, amt. 1464–1488) und Melchior von Me-


ckau (amt. 1488–1509). – Köbler (1995) 89–90.
64 Exempel Brixen 1, Innsbruck 1.
65 Die Berichte Kramers an den Bischof wurden
durch Hartmann Ammann im Diözesanarchiv wieder-
gefunden und ediert. Ammann (1890).
66 Schmidt (1906) II,24: »Graf von Westerich«. –
Schnyder (1993) 373, nennt eine Grafschaft Westlich
zwischen Lothringen und Elsaß, aber eine solche hat
es nicht gegeben. Gemeint ist vermutlich die Land-
schaft Westrich um Zweibrücken. Bei dem erwähnten
Fürsten dürfte es sich damit um Ludwig den Schwar-
zen (reg. 1444–1489) aus dem Geschlecht der pfälzi-
schen Wittelsbacher handeln, der bis 1477 in Mei-
senheim residierte.
67 Exempel Metz 1 »Verschmähte Geliebte verhext
Nebenbuhlerin«. – Heute in Frankreich, Dépt. Mosel-
le, Hauptstadt der Region Lothringen/Lorraine. Bi-
schofssitz, Teil des Erzbistums Trier. Bischof war
Georg Markgraf von Baden (reg. 1459–1484). Die
Stadt stieg um 1200 zur Reichsstadt auf und war von
einem kleinen Territorium umgeben. Köbler (1995)
385–386. Metz und das Pays Messin sahen von 1479
bis 1485 eine ganze Reihe von Hexenverbrennungen:
Hansen (1901) 581f.; Atten (1995) 405–416; Biesel

Hexen
4.548 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

(1997) 118, 134ff.


68 Fol. 32rb.
69 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,7,2,2.
70 Gemeint sind die Hexenverfolgungen zur Zeit des
Grafen, seit 1416 des Herzogs Amadeus VIII. von
Savoyen (1383–1451, reg. 1391–1434), der als -
(Gegen-)Papst Felix V. (1439–1449) vom Konzil
von Basel gewählt wurde. Das Herzogtum Savoyen
grenzte im Wallis an das Gebiet der eidgenössischen
Stadt Bern.
71 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
72 Exempel Como 2. – Gemeint sind die Hexenver-
folgungen des Inquisitors von Como, Laurentius von
St. Agatha. – Vgl. fol. 32va. Am Stilfserjoch grenzte
die Grafschaft Bormio (Wormserbad) an Tirol, wo
Erzherzog Sigmund von Österreich herrschte. Heute
in Italien, Provinz Sondrio. Köbler (1995) 72.
73 Reichsstadt am Oberrhein, heute in Baden-Würt-
temberg, Kreis Breisgau-Hochschwarzwald, seit
1474 von Kaiser Friedrich III. (1415–1493, reg.
1440/1452–1493) an Erzherzog Sigmund verpfändet.
Gehörte zum Bistum Basel, das dem Erzbistum Be-
sançon unterstand. Besançon lag in der Freigrafschaft
Burgund/Franche Comté, einem Reichslehen. Heute

Hexen
4.549 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

im Department Doubs, Frankreich. Köbler (1995)


84. Bischof von Basel war Kaspar zu Rhein (reg.
1479–1502). Als »Bekehrte« ist die genannte Frau
möglicherweise nicht hingerichtet, sondern zu lebens-
langem Gefängnis verurteilt worden. Vgl. Hexenham-
mer, Teil III, Frage 27 (III/3,11). Die bekehrte Brei-
sacherin dient Kramer als Kronzeugin für die Wirk-
lichkeit des Hexenfluges. Vgl. Rückverweis auf He-
xenhammer, Teil I/1, fol. 6ra.
74 Exempel Straßburg 2. – Diese Hexenverbrennung
in der Diözese Straßburg ist bislang unidentifiziert.
75 Exempel Basel 1, Breisach 1 »der Teufel als grü-
ner Mann«.
76 Vgl. fol. 6ra.
77 Gratianus, Decretum 2,26,5.
78 Exempel Basel 2, Breisach 2 »Realität des Hexen-
flugs«.
79 Exempel Basel 3, Breisach 3 »Besondere Schäd-
lichkeit der Hebammen«.
80 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
81 Autun in der Bourgogne, Frankreich, gehörte zur
Kirchenprovinz Lyon. Der Inquisitor konnte bisher
nicht identifiziert werden.

Hexen
4.550 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

82 Original: in ducatu. Lausanne war aber kein Her-


zogtum. Das Bistum Lausanne unterstand dem Erz-
bistum Besançon. Das Hochstift Lausanne zogen die
Herzöge von Savoyen an sich. Schnyder (1993) 373
tippt daher auf Savoyen. Möglicherweise meint Kra-
mer auch die Reichsstadt Lausanne, die im 15. Jahr-
hundert unabhängig geworden war: Köbler (1995)
329. Die Rede ist jedenfalls von den Prozessen des
dominikanischen Inquisitors Ulric de Torrenté (um
1420–1445): Andenmatten/Utz-Tremp (1992)
69–119.
83 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
84 Fama communis.
85 Boltigen im oberen Simmental. Wieder referiert
Kramer nach Nider die Erzählungen des Richters
Peter. Borst (1988; Osterero 1999). – Vgl. die Anm.
zu fol. 44ra.
86 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
87 Vgl. fol. 23vb, 26va.
88 Verweis auf die eigenen Hexenverbrennungen in
der Diözese Konstanz, vgl. fol. 54vb.
89 Text: maior, wahrscheinlich zu maiorem zu korri-
gieren.

Hexen
4.551 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

90 Bistum Konstanz, Teil des Erzbistums Mainz. Es


umfaßte große Teile des heutigen Baden-Württem-
berg und der deutschsprachigen Schweiz. Auch die
Reichsstadt Ravensburg lag im Bereich der Konstan-
zer Diözese. Bischof war Otto Truchsess von Wald-
burg (reg. 1475–1490).
91 Reichsstadt im Elsaß. Heute Haguenau in Frank-
reich. Köbler (1995) 224–225.
92 Oktober 1484. Vgl. fol. 44rb. Müller (1910)
397–417. – Exempel Konstanz 6, Ravensburg 6.
93 Exempel Straßburg 3, Hagenau 1.
94 Augustinus, De divinatione daemonum 5 (?).
95 Die Zählung überspringt hier die dritte Ursache
und wird entsprechend bis zur achten, statt zur sieb-
ten fortgeführt.
96 Original: sceleritate, gemeint ist aber wahrschein-
lich celeritate.
97 Gratianus, Decretum 2,26,3f., 2.
98 Exempel Basel 4 (Oberwil) »Ein Skeptiker Opfer
von Verhexung«. – Oberwil am Rhein in der Diözese
Basel. Schnyder (1993) 374. – Das Dorf Oberwil
liegt nicht direkt am Rhein, sondern im Rheintal süd-
lich von Basel, heute Basel-Land, Schweiz. Südöst-

Hexen
4.552 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

lich davon liegen Burg und Dorf Liestal, heute


Hauptort des Halbkantons Basel-Land, wo im Mai
1482 eine Frau als Hexe verbrannt wurde. Hansen
(1901) 582. Ob Kramer damit zu tun hatte, ist unbe-
kannt. Am 6. September 1482 ließ er in Basel die
päpstliche Bulle mit seiner Ernennung zum Inquisitor
publizieren. Wibel (1913) 124f. – Schnyder (1993)
40f. – Von der Ravensburger Verfolgung 1484 und
der Innsbrucker Verfolgung 1485 wissen wir, daß
dieser Akt den Beginn einer Inquisition formell ein-
leitete.
99 Deutsch im Original.
100 Deutsch im Original.
101 Deutsch im Original.
102 Exempel Basel 5 (Gebweiler/Bühl). – Schmidt
(1906) II,40: »auf dem Gute Buchel, nahe bei der
Stadt Gewyll«. – Bühl bei der Stadt Gebweiler in der
Diözese Basel. Schnyder (1993) 374. – Heute das
Dorf Buhl bei Guebwiller, Departement Haut-Rhin,
Frankreich.
103 Gratianus, Decretum, 2,26,5.
104 Hl. Germanus von Auxerre, um 380–448, Bi-
schof von Auxerre (reg. 418–448). Es handelt sich
im folgenden um eine Episode aus seiner Legende.

Hexen
4.553 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Vgl. Jacobus a Voragine, Legenda Aurea, Kap. 107.


Wie auch eine mittelhochdeutsche Übertragung aus
dem Elsaß besagt, seien die frowen die des nahtes
farent nur Teufel (túfel) in menschlicher Gestalt ge-
wesen. – Hansen (1900), S. 136f.; Hexen und Hexen-
verfolgung (1993), Dok. 7, S. 25. Die Episode aus
der Germanus-Legende wird wie der Kanon Episcopi
von den nicht genannten Gegnern Kramers als Beleg
für die Irrealität des menschlichen Fluges infolge dä-
monischer Täuschung benutzt. Vgl. zu dieser Benut-
zung z.B. Johannes Nider, Formicarius 2,4.
105 Sog. Wechselkinder.
106 Wilhelm von Auvergne, De universo 2,3,25.
107 Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale
25,63.
108 Eine Stampfmühle, die zugleich eine Backstube
war, was die Anwesenheit des jungen Mönches erklä-
ren könnte.
109 Hartlieb, Das Buch aller verbotenen Künste (ca.
1459), Teil 1, Von der Kunst Nigromantia. Hansen
(1901) 130–133.
110 Et licet duo simus hunc tractatum scribentes
unus tamen ex nostris sepissime tales vidit et repe-
rit. Eine handschriftliche Marginalie in der Inkunabel

Hexen
4.554 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

meint an dieser Stelle: Solus scripsit iste, sed ut mai-


oris auctoritatis esset tractatus magistrum Jacobum
sprengerus socium nominavit. Vgl. zur Autorenfrage
den entsprechenden Kommentar zur Apologia und die
Einleitung.
111 Bistum Freising, Teil des Erzbistums Salzburg.
Bischof war Sixtus von Tannberg (1473–1495). Ex-
empel Freising 1 »Ein Scholar vom Teufel durch die
Luft getragen«.
112 Exempel Freising 2 (Landshut/Oberdorf). –
Landshut war Residenz des Herzogs Georg des Rei-
chen von Niederbayern (1455–1503, reg.
1479–1503), Eine Stadt namens Oberdorf gibt es
dort rächt. – Östlich von Landshut gibt es einen Wei-
ler Oberndorf bei Reisbach in Niederbayern.
113 Cassian, Collationes 7,32.
114 Trollen und Schrettel: erwähnt im Meistersang
Michael Behaims (1416–1474) von ca. 1460. Han-
sen (1901) 207–208.
115 Incubationes.
116 Mt 8,16; 8,28–34.
117 Mt 8,28–34.
118 Iob 41,24.

Hexen
4.555 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

119 Glosse zu Iob 41,24 (PL 76,740).


120 Dan 14,35,
121 Aristoteles, Physik 8,7.
122 Thomas von Aquin, Summa theologiae
1,110,1–3.
123 Thomas von Aquin, De malo 16,10.
124 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,3,1.
125 Vgl. fol. 27ra.
126 Vorderösterreichische Landstadt am Hochrhein,
gehörte zum Herrschaftsgebiet Erzherzog Sigmunds.
Hier rief die Stadtregierung 1479 nach einem verhee-
renden Hagelwetter den Inquisitor Johann Gremper,
dessen Inquisition zur Verbrennung einer Frau als
Hexe führte. Schleichert (1994) 222. Vgl. auch die
Einleitung.
127 Exempel Konstanz 7 (Waldshut) Realität des
Hexenfluges.
128 Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
129 Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
130 Exempel Basel 6, Breisach 4 »Realität des He-

Hexen
4.556 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

xenflugs«. – Wieder der Fall der bekehrten Hexen


von Breisach, vgl. oben fol. 6ra, 48vb.
131 Wahrsager.
132 Vgl. dazu den Kommentar zu fol. 51ra.
133 Vgl. fol. 31rb-32va.
134 Num 22,28–30.
135 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,8,1,2.
136 Prevenire kann hier nicht stimmen: pervenire.
137 Aristoteles, Über die Seele 2,8.
138 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar,
2,8,1,5.
139 Dionysius Areopagita, De caelesti hierarchia
15,3.
140 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,2,1.
141 Nach heutigem Forschungsstand wurde das ku-
mulative, ›moderne‹ Muster der Hexerei seit etwa
1420/30 in Hexenprozessen im Dauphiné, in Savoy-
en und in der Westschweiz herausgebildet. – Vgl.
Blauert (1989).

Hexen
4.557 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

142 Für den Zeitpunkt des Aufkommens der Hexerei:


Behringer (1998) 37–44.
143 Johannes Nider, Formicarius 5,9.
144 Thomas von Cantimpré, Bonum universale de
apibus, Fundstelle unbekannt.
145 Exempel Konstanz 8, Ravensburg 7.
146 Exempel Konstanz 9. – Die 48 Todesurteile be-
ziehen sich offenbar auf die ganze Diözese Konstanz.
Als fragliche fünf Jahre werden die Jahre 1482–1486
angenommen: Hansen (1901) 406; aber auch
1480–1485: Petersohn (1988) 137. – Die Zahl der
Hexenverbrennungen erscheint glaubhaft, auch wenn
nur ein Teil genau identifiziert werden kann. Die He-
xenverbrennung in Waldshut ist bereits genannt wor-
den. Auch in der Stadt Konstanz selbst haben Hexen-
prozesse stattgefunden: von 1483 ist der Urfehde-
schwur einer Anna Iselin überliefert. Eine Ursel Ha-
nerin wurde im selben Jahr laut Ratsbuch wegen He-
xerei verbrannt: von Laer (1988) 13–27. Hierher ge-
hört auch der Hexenprozeß von Unterthingau im
Fürststift Kempten, dessen Urfehde sich erhalten hat:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Fürststift Kempten,
Urkundenarchiv Nr. 1261 (1484); Behringer (1987)
84, 432. – In der Reichsherrschaft Bohlingen der
Grafen von Sulz wurden zwei Frauen aus dem Dorf

Hexen
4.558 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Iznang (südlich von Radolfzell am Bodensee, Baden-


Württemberg) verbrannt, eine dritte freigelassen.
Zimmermann (1994) 316–324. – In Ravensburg sind
zwei Todesurteile namentlich nachweisbar, hinzu
kommen eine Anzahl von Freilassungen, die erste
davon per Urfehde für Els Frowendienste am 23. Ok-
tober 1484. Die Inquisition Kramers hatte Anfang
Oktober begonnen, wie die Stadt am 17. Dezember
1484 an Erzherzog Sigmund berichtete. Zur Ver-
wandtschaft der Els Frowendienste gehörte auch der
Tiroler Hofkaplan Ladislaus Sunthain. Er könnte den
Erzherzog vor dem Inquisitor gewarnt und dessen
Anfrage in Ravensburg ausgelöst haben: Hafner
(1887) 414. – Müller (1910) 397–417. – Hierher ge-
hört sicher das Lob des Papstes Innozenz VIII. für
den Abt Johann von Weingarten vom 18. Juni 1485
wegen Unterstützung der Inquisitoren: Hansen
(1901) 29–30. – Am 29. August 1486 wurden in
Tiersberg im südlichen Schwarzwald zwei Frauen,
die Kunhin und die Hussin, durch den Ritter Hans
Roeder zum Feuertod verurteilt. Hansen (1901)
584–585. – Gemeint sind Burg und Ritterherrschaft
Diersburg südlich von Offenburg im Schwarzwald,
welche 1463 durch die Markgrafen von Baden dem
Ritter Andreas Röder zu Lehen gegeben worden war.
Eckstein 1927, 635–636. – Köbler (1995) 127. –
Das Zusammenspiel von päpstlichen Inquisitoren und

Hexen
4.559 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

weltlichen Richtern ist den Quellen oft nicht eindeu-


tig zu entnehmen, da diese im 15. Jahrhundert oft nur
über die Hinrichtung berichten, die in jedem Fall der
weltlichen Gewalt oblag, wie das Beispiel Ravens-
burg zeigt.
147 Unklarer Verweis.
148 Vgl. fol. 32va, 48vb. Wieder die Berufung auf
das Zeugnis des Inquisitors Laurentius von St. Aga-
tha mit übereinstimmender Jahresangabe.
149 Exempel Como 3.
150 Augustinus, De doctrina christiana 2,19–21.
151 Gratianus, Decretum 2,26,2,6.
152 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,8,1,4b,ad 3.
153 Gen 6,4.
154 Vgl. zu diesem Fachterminus die Kommentie-
rung zu fol. 16rb.
155 Non sumpsisse. Die Beibehaltung der Negation
ist an dieser Stelle unsinnig. Vgl. dazu Schnyder
(1993) 176.
156 Gratianus, Decretum 2,16,2,1.

Hexen
4.560 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

157 Vgl. über den Begriff Apostasie die Kommentie-


rung zu fol. 36vb.
158 Ez 18,20.
159 Gen 18,20–19,29.
160 Heinrich Kramers Geburtsort war Schlettstadt im
Elsaß, seit 1292 Reichsstadt und bis 1648 Mitglied
des elsässischen Zehnstädtebundes, heute Séléstat in
Frankreich, Département Bas-Rhin. Seit 1482 war
Kramer Prior des dortigen Dominikanerklosters. Im
Malleus führt er mehrmals Beispiele aus Schlettstadt
oder seiner unmittelbaren Umgebung an, so etwa von
den Gerichtsbezirken Kintzheim/Königsburg oder aus
Rappoltstein bzw. Ribeaupierre. Indirekt angespielt
wird auch auf die Hexenverfolgungen in dem Dorf
Kestenholz/Chatenois bei Schlettstatt. Zur weiteren
Umgebung Schlettstadts gehören auch die Exempel
aus Straßburg, Bühl/Gebweiler, Thann, Breisach und
Freiburg.
161 Vgl. fol. 47va.
162 Verweis unklar. Vom Thema her kann fol. 47ra-
b gemeint sein, was aber ein Rückverweis wäre.
163 Schmidt (1906) II,56 gibt fälschlich: Regens-
burg. Auch hier dürfte ein Rückverweis gemeint sein.
Vgl. fol. 47rb-47vb.

Hexen
4.561 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

164 Original: in dominio nobilium de roppelstein:


Schmidt (1906) II, 56 gibt: »Rappolstein«. Die Herr-
schaft Rappoltstein südwestlich von Schlettstadt im
Elsaß, heute Haut-Ribeaupierre in Frankreich, mit
Rappoltsweiler/Ribeauville als Herrensitz. Köbler
(1995) 488. Der Verweis führt ins Leere, weil der
Name nur hier auftaucht.
165 Wieder die Ravensburger Verfolgung: Vgl. fol.
44rb, 47rb, 47va, 72rb, 72va, 73va. Exempel Kon-
stanz 10, Ravensburg 8.
166 Unklarer Verweis.
167 Vgl. Frage I,11, fol. 32rb-32va.
168 Vgl. fol. 14va und Schnyder (1993) 178.
169 Thomas von Aquin, Summa theologiae
1,110,1–3.
170 2 Reg 10.
171 Gregor der Große, Fundstelle unbekannt.
172 Augustinus, Sermo 9 (De decem chordis), 3,3,
vgl. 5,6.
173 Isidor, Etymologiae 5,33,3.
174 Gratianus, Decretum 2,26,7,16f.

Hexen
4.562 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

175 Exempel für Hostienfrevel, derzeit nicht identifi-


zierbar.
176 Schwellenzauber. Vgl. HDA 7 (1935/36)
1525–1540, bes. zum Schadenszauber 1526–1528.
177 Frage I,8, fol. 26va-28rb. Vgl. Schnyder (1993)
179.
178 Im Original doppelt.
179 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
180 Vgl. den Kommentar zum Zauberer Stadlin oben
fol. 44ra.
181 Die Diözese Lausanne gehörte zur Erzdiözese
Besançon. Bischof war Benoît de Montferrand (reg.
1476–1491).
182 Das Dorf Reichshofen mit gleichnamiger Burg
nordwestlich der Reichsstadt Hagenau im Elsaß,
heute Reichshoffen, Département Bas-Rhin, in Frank-
reich. Schnyder (1993) 378. Vgl. auch fol. 78va.
183 ca. 1482.
184 Meersburg am Bodensee, Residenzstadt des Bi-
schofs von Konstanz, heute in Baden-Württemberg. –
Bereits um 1450 war in Luzern eine Els von Meers-
burg als Hexe verbrannt worden, die zahlreiche Frau-
en im Bodenseeraum denunzierte. Hansen (1901)

Hexen
4.563 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

553–555.
185 Exempel Konstanz 11 (Meersburg).
186 Vgl. fol. 28rb-30ra.
187 Exempel Konstanz 12, Ravensburg 9. – Schmidt
(1906) II,78 hat wieder fälschlich Regensburg.
188 Das seit 1262 bestehende Dominikanerkloster. –
Exempel Speyer 4.
189 Eccl 19,4.
190 Alexander von Hales, Summa theologica
2,1,2,3,2,3,3,3, Solutio.
191 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,78,4,
Responsio.
192 Im Original doppelt.
193 Vgl. fol. 24vb.
194 Möglicherweise Verweis auf fol. 62vb oder
63va-b.
195 Cassianus, Collationes 8,18f.
196 Tob 6,17.
197 Vgl. fol. 30vb-31ra.
198 Iob 31,1.

Hexen
4.564 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

199 Lc 11,21.
200 Vgl. fol. 28rb-30ra.
201 Falscher Verweis, da dies erst in der folgenden
Frage behandelt wird.
202 Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
203 Albertus Magnus, De animalibus, Fundstelle un-
bekannt (Sentenzenkommentar 2,7,8?).
204 Ex 7,11.
205 Vgl. fol. 31rb-31va.
206 Aristotelische Begriffe.
207 Augustinus, De civitate Dei 18,17f.
208 Vgl. fol. 58rb-58vb.
209 Vgl. fol. 58rb-58vb.
210 Nebukadnezar I., babylonischer König, ca.
1128–1106 v. Chr.
211 Dan 4,30.
212 Schmidt: Hervorführung.
213 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,8,1,2.

Hexen
4.565 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

214 Johannes Damascenus, Expositio fidei orthodo-


xae 1,13 (PG 94, 853f.).
215 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,8,1,5, Responsio.
216 Quod tota machina mundi.
217 Gregor der Große, Dialogi 4,5,8.
218 Thomas von Aquin, Summa theologiae 1,110,1.
219 Augustinus, De spiritu et anima 19.
220 Vgl. fol. 18vb.
221 Sekundärzitat nach Thomas von Aquin, Senten-
zenkommentar 2,7,3,1.
222 2 Thess 2,8f.
223 Vgl. Jacobus a Voragine, Legenda Aurea, Kap.
123.
224 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,3,1, ad 1.
225 Thomas von Aquin, Compendium theologie
1,136.
226 Erneut das Exempel der Ägyptischen Zauberer.
Ex. 7,11–12.

Hexen
4.566 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

227 Exempel Straßburg 5. – Möglicherweise Schlett-


stadt, die Geburtsstadt des Autors. Hier waren 1478
zwei Frauen aus dem Nachbardorf Kestenholz (heute
Chatenois, Département Bas-Rhin, Frankreich)
wegen Hexerei verbrannt worden. Ein Brief an den
Stadtrat von Nördlingen teilt die Beschuldigung der
dortigen Hebamme Else Schwab mit. Diese wurde
verhaftet, jedoch bald wieder freigelassen. Wulz
(1937) 42–45; Behringer (1987) 83f; Voges (1994)
362. – Zur Nachbarschaft von Kestenholz vgl. Anm
zu. fol 109rb.
228 Vgl. auch fol. 20vb.
229 Thomas von Aquin, Quodlibet 3,3,3.
230 1 Cor 3,16.
231 inhabitant = inhabitantur.
232 Severus, Dialogi 1,20.
233 Besessenen.
234 Cassianus, Collationes 7,27.
235 Gregor der Große, Dialogi 1,4,7.
236 Gregor der Große, Dialogi 1,10,6f.
237 1 Sam 16,14–23.

Hexen
4.567 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

238 Beim Teufel Vgl. Schnyder (1993) 186.


239 Papst Pius II. (Enea Silvio Piccolomini,
1405–1464, reg. 1458–1464). Kramer war während
dieses Zeitraums vor 1455 und noch einmal 1460
von Schlettstadt nach Rom gereist: Hansen (1901)
381. – Segl (1988) 104.
240 Schnyder (1993) 185: Heinrich Kramer.
241 Tachau in Böhmen, heute Tachov in der Tsche-
chischen Republik.
242 Exempel Rom 1.
243 Jungfrau und Märtyrerin des 2. Jhs. Titelheilige
der römischen Kirche S. Prassede. Ihre Vita stammt
aus dem 5. oder 6. Jh.
244 Hier als geflügeltes Wort für Sodomie, Homose-
xualität benutzt.
245 Mt 17,20.
246 Iob 1,12; 2, 6–8.
247 Zählfehler. Gemeint ist die zweite Weise.
248 Iob 7,13f.
249 Nikolaus von Lyra, Postilla litteralis.
250 Thomas von Aquin, Kommentar zu Iob (zu

Hexen
4.568 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

7,14).
251 Wiederum Zählfehler. Gemeint ist die zweite
Weise.
252 Vgl. fol. 58ra.
253 Die Landgrafschaft Hessen zerfiel nach der Erb-
teilung von 1458 in die Teile Hessen-Kassel und
Hessen-Marburg, wo Landgraf Wilhelm III.
(1471–1500, reg. 1483–1500) regierte.
254 Marburg a.d. Lahn, heute Stadt in Hessen. Von
1458–1500 Residenzstadt der Landgrafschaft Hessen
mit etwa 3200 Einwohnern. Köbler (1995) 372.
255 Die Geschichte stammt offenbar vom Vater des
Priesters.
256 Nochmals Exempel Rom 1.
257 Mt 17,14–20.
258 Lc 13,10–17.
259 Johannes Nider, Praeceptorium 1,11,15f.
260 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
261 Isidor von Sevilla, Etymologiae 8,9,9.
262 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar 2,7f.;
4,34,1,3.

Hexen
4.569 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

263 Iob 1,11–19.


264 Johannes Andreae, Hieronymianus.
265 Iob 2,6–8.
266 Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale
24,37 (nach Sigebert von Gembloux, Chronik 858
(PL 160, 163).
267 Kaiser Ludwig II. (ca. 830–882, reg. 876–882).
268 Tob 6–8.
269 Imaginem ceream: Innsbrucker Hexenprozeß
gegen Barbara Selachin. Unter der Türschwelle der
verhexten Gertrud Rötlin wurde »ein handgroßes
Wachsbild, darstellend ein Weib« gefunden, das von
Nadeln durchlöchert war und in dem noch zwei Na-
deln steckten, »die eine in der Richtung von der Brust
zur linken Schulter, die andere in der Richtung von
der Brust zum Rücken; in eben diesen Richtungen
aber empfand ich die allerbittersten Schmerzen ...«
Aussage von Rötlin vom 17. Oktober 1485. Ammann
(1890) 53f.
270 Vgl. fol. 41rb-43rb.
271 Lc 11,21.
272 Isidor, Etymologiae 8,9,9.

Hexen
4.570 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

273 Canonica purgatio.


274 Vgl. fol. 114vb-115va.
275 Vgl. dazu den Kommentar zu fol. 51ra.
276 Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
277 Herzogtum Lothringen: Regent war Herzog René
II. de Lorraine (1451–1509, reg. 1473–1509). – Für
Lothringen sind in den Jahren 1481–1488 nicht we-
niger als 49 Zauberei- und Hexenprozesse nachweis-
bar: Atten (1995) 405–416; Biesel (1997) 118.
278 Wichtigster Herrschaftsträger war seit der Rück-
gewinnung der burgundischen Lehren 1475 das Haus
Habsburg. Köbler (1995) 149–150.
279 Exempel Basel 7.
280 Breisach, vgl. oben fol. 48vb.
281 Freiburg im Breisgau. Seit 1478 war Erzherzog
Sigmund von Österreich mit der Landgrafschaft
Breisgau belehnt worden. Verwaltungsmittelpunkt
war nicht Freiburg, sondern Ensisheim im Elsaß. –
Breisach und Freiburg im Breisgau sind Nachbar-
städte, die Zahl der dazwischen liegenden Dörfer ist
gering. Nach einem neuen Quellenfund weist alles auf
das Dorf Gündlingen hin, den Gerichtsort der Johan-
niterkommende Heitersheim. Inquisitor war hier der

Hexen
4.571 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Landkomtur Rudolf von Baden, der später in Über-


langen am Bodensee residierte. Vgl. dazu die Einlei-
tung.
282 Exempel Konstanz 13.
283 Original: territorio nigre silve. – Exempel Kon-
stanz 14 (Schwarzwald). – Das zeitgenössische Ex-
empel zur Anzauberung von Aussatz und Epilepsie
ist derzeit nicht verifizierbar.
284 Augenzeuge war allein der Inquisitor Heinrich
Kramer. Als Notar fungierte Johann Kanter aus der
Diözese Utrecht. Weitere Dominikaner wohnten dem
Ereignis gelegentlich bei: Wilhelm Behringer, Hein-
rich Hoffmann, Wolfgang von Basel, Caspar von
Freiburg, Magister Johann von Roesbach. Ammann
(1890) 32. – Wilson (1996) 94.
285 In opido yspruck: Innsbruck, Hauptstadt der
Grafschaft Tirol und Hauptresidenz Erzherzog Sig-
munds von Österreich, in dessen Herrschaftsbereich
Kramer seine meisten Inquisitionsprozesse durchführ-
te. Am 18. Juni 1485 richtete Papst Innozenz VIII.
deswegen ein Schreiben an den Erzherzog. Hansen
(1901) 28–29. – Die mit Publikation der Bulle
»Summis desiderantes affectibus« am 29. Juli 1485
begonnene und am 31. Oktober durch Einschreiten
des Brixener Bischofs beendete – und damit geschei-

Hexen
4.572 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

terte – Innsbrucker Hexenverfolgung bildete den


Anlaß für die Abfassung des Hexenhammers. Zahl-
reiche Exempel – vor allem in Teil II, Frage 1, Kap.
12, basieren auf dem Innsbrucker Material. Haupt-
quartier des Inquisitors war – in Ermangelung eines
Dominikanerklosters – der Gasthof Rümler in Inns-
bruck: Ammann (1890) 36; – Dienst (1987) 113. –
Die Prozeßakten sind verlorengegangen, doch haben
sich im Diözesanarchiv Brixen die Handakten des Bi-
schofs Georg Golser erhalten, zum Teil mit Berichten
Kramers. Danach: Ammann (1890); Dienst (1987);
Wilson (1990); Wilson (1996).
286 Barbara Pflieglin, die mit dem Hofbediensteten
Ludwig Wagenstaller verheiratet war. Geschildert
wird in einer Aussage vom 18. Oktober 1485 die
Wahrsagetechnik der Barbara Hufeysen. Die Zeremo-
nie bleibt im deutschsprachigen Text wirr: Ammann
(1890) 45; Dienst (1987) 98f. Kramer verschweigt,
daß dieselbe »ehrbare« Barbara Pflieglin zu seinen
Hauptverdächtigen, den sieben verhafteten Frauen
zählte.
287 Erzherzog Sigmund von Tirol. Vgl. fol. 32vb.
288 Der Bericht über den Kopfschmerz und die Ent-
deckung der Zaubermedizin über der Türe stimmt
teilweise wörtlich mit den Handakten des Bischofs
überein. Zum Inhalt des Leinenbeutels heißt es je-

Hexen
4.573 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

doch: »... schnitt es mit einem Messer auf. Da fand er


darin eingebunden ein gelbliches Pulver ad modum
stercoris pueri seu saniem, Menschenhaare, auch
verschiedene Getreidekörner; sobald dies alles in das
Feuer geworfen wurde und verbrannt war, war die
Zeugin auch wieder geheilt.« Ammann (1890) 45f.
289 Exempel Brixen 2, Innsbruck 2 »Verschmähte
Geliebte behext die Nebenbuhlerin«. – Dieses Exem-
pel des Schadenzaubers mit dem Zauberbündel über
der Stalltür wurde von Delrio 1599 übernommen.
Delrio Exempel Nr. 108a, Fischer (1975) 270.
290 Aussage der Gertrud Roetin vom 17. Oktober
1485: Ammann (1890) 53; Dienst (1987) 100.
291 Barbara Selachin, die seit 26 Jahren mit der
Roetin bekannt war. Eine der sieben Innsbrucker
Hauptverdächtigen: Ammann (1890) 52–59; Dienst
(1987) 100.
292 Exempel Brixen 3, Innsbruck 3. – Das Exempel
des Innsbrucker Türschwellenzaubers, der durch Blei-
gießen ermittelt wurde, wurde von Delrio 1599 über-
nommen. Delrio Exempel Nr. 108b, Fischer (1975)
270.
293 Zwischen dem 19. August und dem 14. Septem-
ber 1485 verhörte Kramer in einer Generalinquisition
Zeugen. Dabei ergaben sich Verdachtsmomente

Hexen
4.574 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

gegen ca. 50 Personen in Innsbruck und Umgebung.


Von diesen wurden nach einer Ermächtigung durch
den Bischof vom 21. September 7 Frauen aus Inns-
bruck verhaftet: Barbara Selachin, Barbara Hufeysen,
Rosina Hochwartin und deren Mutter Barbara Röslin,
Agnes Sneiderin, Helena Scheuberin und Barbara
Pflieglin. Sie wurden zwischen dem 4. und dem 21.
Oktober durch den Inquisitor verhört.
294 Exempel Brixen 4, Innsbruck 4. – Angeblicher
Schadenszauber der Hauptangeklagten Helena Scheu-
berin aus Innsbruck gegen die aus Bayern stammende
Ehefrau ihres früheren Geliebten. Laut Prozeßakten
wurde die Prophezeiung nicht auf der Straße, sondern
während des Hochzeitsmahls in Innsbruck ca. im Jahr
1479 ausgesprochen, zu welchem die Scheuberin
auch geladen war. Ammann (1890) 38f.; Dienst
(1987) 91.
295 Der Fall des im Frühjahr 1485 plötzlich gestor-
benen Adeligen Jörg Spieß, der sich von Helena
Scheuberin verhext fühlte und wenig später starb.
Zeugenaussagen vom 13. und 14. Oktober 1485. Der
Scheuberin wurde auch der Umgang mit der anderen
Hauptangeklagten Barbara Hufeysen zur Last ge-
legt. – Ammann (1890) 35–43.
296 Vgl. zum bösen Blick Hauschild (1982).

Hexen
4.575 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

297 Exempel Brixen 5, Innsbruck 5. – Ennel Notte-


rin, die zusammen mit zwei anderen Frauen, Appol-
lonia und Ennli, Heintz Sattelknechts uxor, 1480
»ein marterbild Unsers Herrn gegaiselt und darzue vil
lesterlicher wort gesprochen wider Got«, wie die
Hausbesitzerin Barbel Smidin am 16. und 18. August
1485 zu Protokoll gab. Der Fall der getauften Jüdin
wird im Hexenhammer stark entstellt dargestellt: Am-
mann (1890) 13. – Dienst (1987) 96f.
298 Die Angaben Kramers treffen in keiner Weise
zu. Erzherzog Sigmund erlaubte zwar die Inquisition
Kramers in seiner Hauptstadt, ließ sich jedoch bald
überzeugen, daß das widerrechtliche Verfahren been-
det werden mußte. Am 31. Oktober 1485 beschied
der Erzherzog die aus elf Personen bestehende Ge-
richtskommission zu sich und übernahm die Prozeß-
kosten, die der Inquisitor den Frauen hatte aufbürden
wollen. Am 3. November wurden alle verhafteten
Frauen nach einer Eidesleistung ihrer Bürgen im gro-
ßen Ratssaal in die Freiheit entlassen: Dienst (1987)
87.
299 Auch diese Angabe verkehrt die historische
Wirklichkeit in ihr Gegenteil: Bischof Georg Golser
von Brixen ließ zwar am 29. Juli 1485 die päpstliche
Bulle in Innsbruck publizieren, bekämpfte aber durch
seine Beauftragten, die Lizentiaten Sigmund Saumer

Hexen
4.576 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

und Christian Turner, sowie den Anwalt der Frauen,


Dr. med. Lic. Jur. Johann Merwais von Wendingen,
schließlich Ulrich Puchter und Johann Blanckenhayn,
von Beginn des Inquisitionsverfahrens das Vorgehen
Kramers als widerrechtlich. Dem hartnäckigen Ein-
satz des Bischofs ist es zu verdanken, daß die Verfol-
gung scheiterte. Aus seinem Briefwechsel geht klar
hervor, daß er den päpstlichen Inquisitor für verrückt
hielt (ipse realiter mihi delirare videtur). Sehr direkt
teilte er ihm im Februar 1486 mit, er solle aus Tirol
verschwinden und in sein Kloster zurückkehren: Am-
mann (1890) 85–86; Dienst (1987) 86–88. – Kramer
zog sich daraufhin nach Salzburg zurück, wo er of-
fenar gute Beziehungen hatte und in den Jahren
1492–1495 als Theologe und Domprediger nach-
weisbar ist. Hansen (1901) 387f.; Wilson (1990)
98. – Der Passauer Kanoniker Dr. Paulus Wann be-
richtet von der heftigen Ablehnung des Inquisitors in
Innsbruck und dem beschädigten Ansehen des Papst-
tums durch die Inquisition. Redlich (1931) 68–71. –
Behringer (1987) 80.
300 In dyocesi Argentinensi et opido zabernio: Za-
bern im Unterelsaß, Residenzort des Bischofs von
Straßburg. Heute Saverne, Département Bas-Rhin,
Frankreich. – Exempel Straßburg 6 (Zabern).
301 Das Exempel der Hebammen von Zabern wurde

Hexen
4.577 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

von Delrio 1599 übernommen. Delrio Exempel Nr.


110, Fischer (1975) 271.
302 Fall der Bekehrten von Breisach: vgl. oben fol.
6ra, 48vb, 53ra. Die Angabe im ersten Teil des Wer-
kes bezieht sich auf fol. 6ra, was Schnyder (1993)
192 entgeht.
303 Thann in der Landgrafschaft Oberelsaß, war seit
1324 habsburgisch, fiel 1648 an Frankreich, heute
Département Haut-Rhin. Köbler (1995) 428. Thann
war Schauplatz zahlreicher Hexenverbrennungen.
Das Exempel der kindermordenden Hebamme ist
nicht verifizierbar.
304 Exempel Basel 8 (Thann).
305 Exempel Straßburg 7. – Vgl. fol. 47va.
306 Consilio cum presidentibus habito: In den
Reichsstädten lag die hohe Gerichtsbarkeit meist in
den Händen des Stadtrats. Im Elsaß lagen nicht weni-
ger als zehn kleine Reichsstädte, die sogenannte De-
kapolis (Weißenburg, Hagenau, Rosheim, Oberehn-
heim, Schlettstatt, Kaysersberg, Türkheim, Kolmar,
Münster, Landau), sowie die Metropole Straßburg.
Köbler (1995) 149f.
307 Ps 73,23.

Hexen
4.578 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

308 Onychomantie: Zukunftsschau aus glänzenden


Krallen. Vgl. HDA 9 (1938/41), 549.
309 Gen 3,15.
310 Eccl 35,6.
311 Gratianus, Decretum 2,10,1,15.
312 Vgl. zu dieser Übersetzung Schnyder (1993)
192.
313 Ez 18,20.
314 Ex 20,5.
315 Gratianus, Decretum 2,1,4,9; 2,24,3,1.
316 Decretalium liber sextus 5,12,5.
317 Gratianus, Decretum 2,24,3,1.
318 Ps 50,8.
319 Ps 50,19.
320 Liber exemplorum beatissimae Mariae, Fundstel-
le unbekannt.
321 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,108,4, ad 1.
322 Vgl. fol. 70rb.

Hexen
4.579 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

323 2 Sam 12,7–23.


324 1 Sam 15,2f.
325 Gratianus, Decretum 2,1,4,11, parvulos.
326 Gen 21f.
327 1 Sam 1,20–28.
328 Iud 13,3–5.
329 Zu Schwaben konnte im ausgehenden 15. Jahr-
hundert der gesamte alemannische Sprachraum ge-
rechnet werden. Der Fall der verbrannten Wetterma-
cherin ist daher kaum verifizierbar. – Ziemlich sicher
im Bereich der Diözese Konstanz, daher Exempel
Konstanz 15.
330 1 Cor 9,9.
331 Ps 35,7f.
332 Milchzauber: Im Innsbrucker Hexenprozeß
mehrfach erwähnt, verdächtig waren nach den Verhö-
ren im September 1485 die Welfil-Sneiderin in Höt-
ting, die Preglin und das Trenli, die Dirn des Rötfel-
der: Ammann (1890) 20–22; Dienst (1987) 98. –
Das Ritual des Milchzaubers wurde von Delrio 1599
übernommen. Exempel Delrio Nr. 102, Fischer
(1975) 269.

Hexen
4.580 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

333 Albertus Magnus, De animalibus 3,2,9.


334 Bei einem Hexenprozeß in Diersburg im
Schwarzwald hatten die beiden beschuldigten Frau-
en – die Kunhin und die Hussin – gestanden, Milch
gestohlen zu haben. Die Kunhin hatte dazu eine Axt
in eine Säule geschlagen und aus deren Griff Milch
gemolken. Beide wurden am 29. August 1486 ver-
brannt. Hansen (1901) 584f.
335 Druck: butirum may. Vgl. zur Maibutter HDA 1
(1927) 1751f.: Butter mit besonders heilsamer Kraft,
verbunden mit dem Glauben, daß diese am 1. Mai
besonders lebendig sei.
336 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,3,2.
337 Albertus Magnus, Sentenzenkommentar 2,7,12,
Solutio.
338 Der Fall der Agnes Baderin. Vgl. fol. 47rb,
73va. – Kramer nutzt den Fall hier, um den dämoni-
schen Hintergrund des verbreiteten Schwellenzaubers
zu beweisen. – Exempel Konstanz 16, Ravensburg
10.
339 Der Fall der Anna Mindelheimerin. Vgl. fol.
47rb. – Exempel Konstanz 17, Ravensburg 11.

Hexen
4.581 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

340 Vgl. etwa fol. 5ra, 63ra-b.


341 Exempel Augsburg 2. – Füssen, Residenzstadt
des Bischofs von Augsburg im Süden des Hochstifts
Augsburg, heute in Bayern, Bischof war Johann II.,
Graf von Werdenberg (amt. 1469–1486). Über die
Ehrenberger Klause gelangte man von dort nach
Tirol.
342 Nach Danet (1990) 357 heute der Große Donon,
wo man Eisen abbaut. Wahrscheinlicher aber die Eh-
renberger Klause oder die Eisenburg zwischen Nes-
selwang und Füssen. – Am wahrscheinlichsten der
Fernpaß, den der Inquisitor in den Alpen passieren
mußte, wenn er von Innsbruck nach Füssen und wei-
ter nach Augsburg reisen wollte.
343 Vgl. für die Übersetzung »eine übertriebene«
[Zahl] Schnyder (1993) 194.
344 Vgl. fol. 90vb. Das Kapitel enthält allerdings
nur kurze Ausführungen zum Thema.
345 Iob 1 und 2.
346 Thomas von Aquin, Kommentar zu Iob (zu
1,16).
347 Druck: nostris exigentibus ist unverständlich.
Die letzte Ausgabe des Hexenhammers von 1669 gibt
als Konjektur nostris peccatis exigentibus.

Hexen
4.582 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

348 Ps 104, 16 und Glosse (PL 37, 1396).


349 Vgl. fol. 7rb-11ra, bes. 8vb-9ra.
350 Sentenzenkommentare zu 2,6,1,3.
351 Der oberste Himmel, Bereich des Feuers und des
Lichtes.
352 Johannes Nider, Formicarius 5,4.
353 Johannes Nider, Formicarius 5,4.
354 Haeresiarcha maleficorum stafus dictus:
Schmidt (1906) II, 156 machte daraus: Ketzerfürst
der Hexen, Staufer genannt. Es handelt sich aber wie
der um den angeblichen Urheber der Hexerei im Ber-
ner Oberland namens »Scavius«. Vgl. 44ra.
355 Vgl. fol. 44ra, 57vb.
356 Johannes Nider, Formicarius 5,4.
357 Die Diözese Konstanz endete als Teil der Erzdi-
özese Mainz in Richtung Salzburg im Allgäu, also
unweit Ravensburg. Da eine deutsche Meile ca. 7,5
Kilometer betrug, kann die Entfernungsangabe nicht
stimmen. Vermutlich wollte Kramer hier angeben,
wie weit Ravensburg von Salzburg entfernt liegt. Er
schrieb diese Passage also aus Salzburger Perspekti-
ve, was für ein Entstehungsdatum ab dem Februar

Hexen
4.583 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

1486 spricht, als Kramer von Innsbruck nach Salz-


burg gegangen war.
358 Vgl. oben fol. Ir-v die Bulle »Summis desideran-
tes affectibus« Innozenz' VIII.: Johannes Gremper.
359 Balneatrix.
360 Zu den Namen vgl. generell die Anmerkung zu
fol 47rb. – Der Herkunftsname bezieht sich auf Stadt
und Reichsherrschaft Mindelheim in Schwaben, die
von 1467 bis 1586 den Herren von Frundsberg ge-
hörte. Heute in Bayern, Landkreis Memmingen. Köb-
ler (1995) 387–388.
361 Der Patrizier Konrad Geldrich von Sigmarshofen
ist seit dem 25. Juli 1484 als Bürgermeister der
Reichsstadt Ravensburg bezeugt: Müller (1910)
410. – Auch die anderen Lokalbezüge sind nachvoll-
ziehbar: So hießen die Wiesen nördlich der Stadt
noch Anfang des 20. Jahrhunderts »Kuppele«, das
genannte Stadttor ist das Frauentor.
362 Vgl. fol. 73vb, wo von mehr als zwanzig Jahren
die Rede ist.
363 Kuppelnau, heute Adresse des Stadtarchivs Ra-
vensburg.
364 Exempel Konstanz 18, Ravensburg 12.

Hexen
4.584 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

365 Exempel Konstanz 19, Ravensburg 13.


366 Karfreitag.
367 Im 14. und 15. Jahrhundert im französischen
Sprachgebiet geprägte Bezeichnung für ein schweres
Belagerungsgeschütz oder für eine Steinbüchse.
368 Ludwig III. »der Bärtige« (1378–1436, reg.
1410–1436). Nachrichten über Hexenprozesse gibt
es von diesem mit Prinzessin Mechthild von Savoyen
(ca. 1390–1438) verheirateten Kurfürsten noch nicht,
allerdings unter dessen mit Margarethe von Savoyen
(ca. 1410–1479) verheiratetem Nachfolger Ludwig
IV. (1423–1449, reg. 1436–1449) in den Jahren
1445/47. Kramer rekurriert hier vielleicht auf Johann
Hartlieb, Das Buch aller verbotenen Künste, von
Ketzerei und Zauberei. In »Der erste Teil: Von der
Kunst Nigromantia, die auf deutsch Schwarze Kunst
heißt«, berichtet Hartlieb, daß 1446 »etliche Frauen
zu Heidelberg wegen Zauberei verbrannt« worden
seien. Im folgenden Jahr sei er im Auftrag des bayri-
schen Herzogs am Hof des Pfalzgrafen Ludwig gewe-
sen und habe Gelegenheit zu einem Gespräch mit
einer »Meisterin« der Hexen gehabt. Dieses habe im
Haus des Ketzerrichters Peter von Talhaym in dem
Städtchen »Götscham« stattgefunden. Ein in Frage
kommender Ort Götzenhain südlich Frankfurt, dessen
Nachbardorf heute noch Hexenberg heißt, lag nicht

Hexen
4.585 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

auf Pfälzer Territorium. Hansen versucht die Lokali-


sierung über Talheim bei Heilbronn. Plausibler wäre
Burg Göttschied bei Idar-Oberstein. Die »Meisterin«
sei noch im gleichen Jahr durch Peter von Talhaym
verbrannt worden. Hansen (1901) 130–133. – He-
xenverbrennungen gab es auch unter Kurfürst Fried-
rich I. (1425–1476, reg. 1449/51–1476) im Jahr
1475. Vgl. Hansen (1901) 235f. – Schmidt (1994)
208. – Diese Hexenverbrennungen »uff der Zent bei
dem Tilsberg«, die schon in die Amtszeit Kramers als
Inquisitor fallen, beziehen sich nicht auf die nördliche
Oberpfalz (so Riezler 1896, 72f.), sondern auf Burg
Dilsberg am Neckar, östlich von Heidelberg, die den
Pfalzgrafen bei Rhein gehörte. Köbler (1995) 129.
369 Burg Lindelbrunn, heute eine Burgruine Kreis
Bergzabern in Rheinland-Pfalz, Deutschland.
370 Nicht mehr identifizierbar. Es können mehrere
Orte in Frage kommen. Vgl. Förstemann 2 (ND
1983) 552–554.
371 Exempel Worms 1. – Diözese Worms, Teil des
Erzbistums Mainz. Bischöfe waren Reinhard I. von
Sicken (reg. 1445–1482) und Johann III. von Dal-
berg (reg. 1482–1503).
372 Der auch der Tellsage zugrundeliegende Topos
ist hier augenfällig. Die Tellsage vom sagenhaften

Hexen
4.586 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Gründer der Schweizer Eidgenossenschaft, Landes-


held und Tyrannenmörder (1291 oder 1307) ist seit
der Mitte des 15. Jhs. faßbar, so im Weißen Buch
von Sarnen (1470/77). Vgl. Lexikon des Mittelalters
8 (ND 1999), 530.
373 Burg Hohenzollern bei Hechingen. Das Frauen-
kloster wäre dann das nahe gelegene Dominikanerin-
nenkloster Stetten im Gnadental, Zollernalbkreis:
Müller (1910) 417. Schnyder (1993) 392 verweist
auf die Erwähnung dieser Geschichte in der Chronik
der Grafen von Zimmern (Barack, Bd. I, 450–452).
Das Dorf Zimmern liegt in unmittelbarer Nähe der
Burg Hohenzollern. Burgherr war Graf Jobst Niko-
laus von Hohenzollern (reg. 1439–1488). Hexenpro-
zesse sind aus seiner Zeit nicht belegt. Bumiller
(1994) 259–277.
374 Decretalium liber sextus 5,2,18, Prohibemus.
375 Decretales Gregorii IX. 5,7,9; 5,7,13, Credentes;
5,7,15.
376 Decretalium liber sextus 5,2,12, Privandi.
377 Decretalium liber sextus 5,2,15.
378 Decretalium liber sextus 5,2,2, Haeretici.
379 Decretalium liber sextus 5,2,18.

Hexen
4.587 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

380 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium


liber sextus 5,2,18.
381 Decretalium liber sextus 5,2,18.
382 Gratianius, Decretum 1,50,25.
383 Decretalium liber sextus 5,2,11.
384 Vgl. fol. 92va-97rb.
385 Decretalium liber 5,2,18, Prohibemus.
386 Decretales Gregorii IX. 5,7,9 (ad abolendum von
1184); 5,7,10 (vergentis in senium von 1199);
5,7,13; 5,7,15 (Excommunicamus von 1215) – Hage-
neder 1963, 138–173. – Walther (1988) 103–130.
387 Vgl. fol. 118va-119va und 121vb-123ra.
388 Decretales Gregorii IX. 5,7,9.
389 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,11,4,
Responsio.
390 Decretales Gregorii IX 5,7,13; 5,7,15.
391 1 Cor 5,5; Gratianus, Decretum 2,11,3,21.
392 Unrichtiger Verweis. Vgl. III, Frage 28, fol.
119va-120vb.
393 Isidor von Sevilla, Etymologiae 8,9,15.

Hexen
4.588 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

394 Vgl. fol. 86va-b.


395 Vgl. zum Schriftzauber HDA 9 (1938/41) bes.
346–370 die Verwendung der in Amulette eingeritz-
ten Zeichen zum Schutz, zur sakramentalen und ma-
gischen Anwendung.
396 Vgl. fol. 114vb-115va.
397 Gemeint sein dürfte ein beschriebener Zettel.
398 Richtig: vierte Form.
399 Vgl. fol. 6rb-7rb.
400 Iustinianus, Digesta 23,2,43,13.
401 Bernardus de Botone, Kommentar zu den Decre-
tales Gregorii IX. 5,7,9, Presenti; 5,715; 5,40,26.
402 Sentenzenkommentare zu 2,7.
403 Io 2,2–11.
404 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,2,2,ad 2.
405 Bonaventura, Sentenzenkommentar 4,34,2,2,ad
2.
406 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,1,3,ad 4; Bonaventura, Sentenzenkommentar
4,34,2,2,ad 2.

Hexen
4.589 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

407 Augustinus, De moribus ecclesiae 1,11,19.


408 Duns Scotus, Sentenzenkommentar 4,34,1, Re-
sponsio.
409 Henricus de Segusio, Summa aurea 4,15,10 (zu
den Decretales Gregorii IX. 4,15,7, Mulierem).
410 Goffredus de Trano, Summa titulorum decreta-
lium 4,15.
411 Sentenzenkommentare zu 4,34,3.
412 Duns Scotus, Sentenzenkommentar 4,34,1, Re-
sponsio.
413 Innsbrucker Hexenprozeß, Zeugenaussage der
Christine Ypfhoferin gegen Trenli Rötfelder, 6. Sep-
tember, 1485. Ammann (1890) 20. – Byloff (1929)
11.
414 Ubertino de Casale, Sentenzenkommentar
4,34,3.
415 Gottfredus de Trano, Summa titulorum decreta-
lium 4,15.
416 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,34,1,3,ad 3.
417 Sentenzenkommentare zu 4,34,3.

Hexen
4.590 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

418 Gratianus, Decretum 2,33,1,4.


419 Diese Angabe deckt sich nicht mit der abschlie-
ßenden Systematik auf fol. 77va, sondern mit der ihr
unmittelbar auf fol. 77va vorausgehenden.
420 Exempel Rom 2. – Papst Nikolaus V. (Tommaso
Parentucelli, 1397–1455, reg. 1447–1455). Kramer
war vor 1455 zum ersten Mal in Rom gewesen: Han-
sen (1901) 381. – Segl (1988) 104.
421 Johannes Nider, Formicarius 5,3.
422 Vgl. fol. 126ra-126vb.
423 Wichtiger Hinweis auf die Versorgungsdichte
magischer Dienstleistungen. Vgl. Behringer (1987);
Behringer (1988). Eine damalige deutsche Meile ent-
spricht ca. 7,5 Kilometern.
424 Quatembertage: die vierteljährlich vorgeschriebe-
nen drei Fasttage der römischen Kirche.
425 1 Sam 28–31.
426 1 Par 10,13f.
427 4 Reg 1,2–18.
428 Gratianus, Decretum 2,2,8,3, Qui vero.
429 Vgl. fol. 5va.

Hexen
4.591 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

430 Illa enim malefica in Richshoffen. Vgl. fol.


57vb.
431 Thelonei lucrum.
432 Deutsch im Original. Nicht verifizierbar.
433 in villa quedam Eningen: Eningen unter
Achalm, Dorf bei Reutlingen: Müller (1910) 417;
Gehring (1937) 158. Schnyder (1993), S. 202 gibt
Einigen.
434 Loca beatissime virginis sive aquisgrani sive
ad heremitas.
435 Benediktinerabtei im Kanton Schwyz. Seit 1337
ist die Marienwallfahrt am Engelweihfest der Gna-
denkapelle sicher belegt. Im 15. Jahrhundert fand sie
alle sieben Jahre statt. Im Jahre 1466 sollen 130000
Pilger an der Wallfahrt teilgenommen haben. – Lexi-
kon des Mittelalters 3 (ND 1999), 1743–1746.
436 Exempel Konstanz 20 (Eningen).
437 Diese Angabe deckt sich nicht mit der abschlie-
ßenden Systematik auf fol. 77va, sondern mit der ihr
unmittelbar auf fol. 77va vorausgehenden.
438 In civitate spirensi mercator ... proposuit: Wie-
der ein Hinweis auf Kramers Beziehung zum Domi-
nikanerkonvent Speyer. Vgl. fol. 57va, 58rb. Hier

Hexen
4.592 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

folgt das berühmte Exempel für den »bösen Blick«


der Hexen und das »Wenden« des Zaubers durch
einen anderen Hexer. Exempel Speyer 5.
439 Nicht verifizierbar. Vgl. Müller (1910) 417.
440 Solacii causa. Schmidt (1906) II, 190 übersetzt:
»Als ich ... nach Salat über eine Wiese dahin-
schritt ...«
441 Vgl. fol. 43ra: Das in den Akten des Innsbrucker
Hexenprozesses in den Zeugenaussagen gegen Barba-
ra Selachin (17. Oktober 1485) erwähnte Bleigießen
wegen der Krankheit der Gertrud Rötlin. Ammann
(1890) 53f.
442 Vgl. fol. 113rb-114ra.
443 Vgl. fol. 79vb.
444 Vgl. fol. 77ra-b.
445 Innsbrucker Hexenprozeß. Vgl. fol. 77ra.
446 Col 3,17.
447 Iustinianus, Codex 9,18,4.
448 Antoninus Pierozzi, Summa moralis 1,18,4,17.
449 Vgl. fol. 90ra-91vb.
450 Vgl. die Kapitel III/3,1-III/3,20.

Hexen
4.593 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

451 In Innsbruck keine Beispiele. Jedoch in der Ra-


vensburger Hexeninquisition 1484, vgl. fol. 44rb,
47rb, 72rb, 72va, 73va. Müller (1910).
452 In civitate confluentia. Koblenz war Residenzort
des Erzbischofs von Trier. Trierer Kurfürst und Erz-
bischof war Johann II. Markgraf von Baden
(1434–1503, reg. 1456–1503). – Der Bericht dieses
Hexereifalls wird mit unter Sprenger zugeschrieben.
Hansen (1901) 406. Beleg dafür gibt es keinen.
453 Exempel Trier 1 (Koblenz).
454 Vgl. fol. 101va-b.
455 Thomas von Cantimpré, Bonum universale de
apibus 2,57,14.
456 Unbekannt. Wohl nicht identisch mit der hl.
Christina Mirabilis (um 1150-um 1224), eine Halb-
religiöse und Mystikerin aus dem Konvent von St.
Trond, deren Vita Thomas von Cantimpré nach 1232
verfaßte.
457 Thomas von Cantimpré, Bonum universale de
apibus 2,57,15.
458 Johannes Nider, Formicarius 5,10.
459 angelica salutatio: englischer Gruß bzw. Gruß
des Engels, das dem Erzengel Gabriel zugeschriebene

Hexen
4.594 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Ave Maria, das beliebteste aller Mariengebete.


460 Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculo-
rum 3,13.
461 in leodio.
462 Richtig: Sukkubus. Vgl. Schnyder (1993) 206.
463 Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculo-
rum, Fundstelle unbekannt.
464 Inklusen sind Männer oder Frauen, die sich frei-
willig zur Erlangung unmittelbarster Gottnähe in eine
Klause (reclusorium) einmauern lassen. Es handelt
sich demnach um eine Form des Eremitenlebens.
465 Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculo-
rum 5,46.
466 Erbarmet euch.
467 Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculo-
rum 3,8.
468 Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculo-
rum, Fundstelle unbekannt.
469 Wilhelm von Auvergne, De universo 2,3,25.
Vgl. zum Motiv der schönen Haare auch Johannes
Nider, Formicarius 5,10, der sich ebenfalls auf Wil-
helm von Auvergne stützt sowie den Kölner Tracta-

Hexen
4.595 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

tus de daemonibus (um 1415), zitiert bei Hansen


(1901) 86.
470 Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculo-
rum 3,7.
471 In partibus denique Athisis: Das Etschtal im
Süden der Grafschaft Tirol, also im Herrschaftsgebiet
Erzherzog Sigmunds, aber dem Bistum Trient zuge-
hörig. Heute in Italien, Provinz Trentino-Alto Adige.
472 Vgl. fol. 85vb-90rb.
473 Wilhelm von Auvergne, De universo 2,3,24.
474 Es ist unklar ob cognosci auf den Beischlaf
ziehlt, ein Gedanke, der bei Wilhelm von Auvergne
fehlt. Vgl. Schnyder (1993) 207.
475 Catapuzia oder cataputia (= Euphorbia lath-
rys), früher als drastisches Abführmittel gebraucht.
476 Vgl. fol. 20rb-23va.
477 Petrus de Palude, Sentenzenkommentar 4,34,2,3.
478 Idolum.
479 Vgl. fol. 5ra.
480 Vgl. fol. 30ra-31vb.
481 Original: et. Das ›oder‹ ist logisch schärfer. Vgl.

Hexen
4.596 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

Schnyder (1993) 209.


482 Tb 6,14–17.
483 Tb 3,8–10.
484 Cassianus, Collationes 8,19.
485 Hieronymus, Adversus Iovianum 1,49.
486 Gratianus, Decretum 2,33,1.
487 Bonaventura, Sentenzenkommentar 4,34,2,2,ad
4.
488 Petrus de Palude, Sentenzenkommentar 4,34.
489 Gratianus, Decretum 2,33,1,4.
490 Im Kanontext steht an dieser Stelle ein non, also
das Gegenteil, die Verhinderung des Beischlafes
durch Impotenzzauber: concubitus non sequitur.
491 Gen 20,17.
492 Vgl. fol. 86rb-86vb.
493 Vgl. fol. 48ra.
494 Philocaptio.
495 Johannes Nider, Formicarius 5,5.
496 Iac 1,14f.

Hexen
4.597 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

497 Gen 34,1–3.


498 Glosse zu Gn. 34,1–3 (PL 113,160f.).
499 2 Sam 13,1–22.
500 Z.B. Vitas patrum 5,5.
501 2 Cor 12,7.
502 Glosse zu 2 Cor 12,7 (PL 114, 568).
503 Vgl. fol. 23va-26va.
504 Original: minimum. Die Korrektur Schnyders
(1993) 211 zu nimium drängt sich nicht auf.
505 Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale
27,83.
506 Trotz der männlichen Form dürfte die hl. Hilde-
gard von Bingen (1098–1179), prophetische Mysti-
kerin in der Benediktinerinnenklause Disibodenberg
und des Frauenkonvents auf dem Rupertsberg bei
Bingen, gemeint sein. Ihr bekanntestes Werk ist der
Liber Scivias.
507 Avicenna, Fundstelle unbekannt (Sekundärzitat
nach Johannes Nider, Formicarius 5,6).
508 Animalis homo. Vgl. Johannes Nider, Formicari-
us, 5,11.

Hexen
4.598 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

509 Wahrscheinlich Wallfahrtsorte.


510 Druckfehler: rennuunt.
511 Reichsstadt Lindau. Gebiete um Lindau unter-
standen zum Teil Erzherzog Sigmund.
512 Maria.
513 Original: peregrinari ad locum heremitarum:
»Wallfahrt nach der Stätte der Einsiedler« hat
Schmidt (1906) II, 217. Vermutlich der Marienwall-
fahrtsort Einsiedeln, bis 1518 der Diözese Konstanz
zugehörig, heute in der Schweiz, Kanton Schwyz.
514 Exempel Konstanz 21 (bei Lindau).
515 Die Frommen, die nicht den Götzen anhängen:
Vgl. fol. 92rb und Lev19.
516 Vgl. die Innsbrucker Liebeszauber gegen den
Adligen Jörg Spieß, in: Byloff (1929) 8–11.
517 Exempel Brixen 6, Innsbruck 6.
518 Vgl. Beispiele für Schadenszauber aus dem Inns-
brucker Hexenprozeß: Byloff (1929). Fall der Barba-
ra Huteysen und der Barbara Selachin. Ammann
(1890) 43f., 53f.
519 Vgl. fol. 87ra-b.

Hexen
4.599 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

520 Vgl. fol. 58vb-59rb, 81vb-82rb.


521 Vgl. fol. 58ra-b.
522 Vgl. fol. 59vb-61ra. Der Verweis führt ins
Leere. Vgl. Schnyder (1993) 212.
523 Der Johanniterorden oder Orden vom Hospital
des heiligen Johannes zu Jerusalem war ein 1099 ge-
gründeter Ritterorden. Von 1309 bis zur türkischen
Eroberung 1522 hatte der Orden seinen Sitz auf Rho-
dos.
524 Hafenstadt und Bistum an der Ostküste Zyperns.
525 Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts herrschte im
Königreich Zypern die Familie der Lusignan. Nach
dem Tode Jakobs II. (1462–73) kam es zu Wirren
um dessen Witwe Caterina Cornaro (1454–1510),
die im Februar 1489 die Herrschaft an Venedig über-
trug.
526 Augustinus, De civitate dei 18,17.
527 Vgl. fol. 60va.
528 Vgl. oben fol. 60ra, S. 431.
529 Vgl. fol. 61ra-65vb.
530 Original: pro alieno facinore proprio, wahr-
scheinlich Druckfehler. Schnyder (1993) 215 verbes-

Hexen
4.600 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

sert zu pro magno facinore proprio.


531 Johannes Nider, Formicarius 5,11f.
532 Vgl. fol. 64rb-64vb.
533 Johannes Nider, Formicarius 5,11.
534 Die Negation fehlt im Original. Vgl. Schnyder
(1993) 215.
535 Cassianus, Collationes 7,30.
536 Cassianus, Collationes 7,30.
537 1 Cor 11,28.
538 Thomas von Aquin, Summa theologiae 3,80,9,
Responsio.
539 Gratianus, Decretum 2,26,6,8.
540 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,9,15c,ad 2.
541 Petrus de Palude, Sentenzenkommentar 4,9,4,2.
542 Pro excommunicandis. Gemeint ist aber, daß
ihnen der Teufel ausgetrieben werden muß.
543 Cassianus, Collationes 7,30.
544 1 Cor 5,1–5.

Hexen
4.601 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

545 Glosse zu 1 Cor 5,1–5.


546 1 Tim 1,20.
547 Glosse zu 1 Tim 1,20.
548 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,18,2,1b,ad3.
549 Johannes Nider, Formicarius 5,11.
550 Gregor der Große, Dialogi 1,10,2f.
551 Johannes Nider, Formicarius 5,11.
552 Gregor der Große, Dialogi 1,10,4f.
553 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,3,2,ad 3.
554 Is 28,15.
555 Iob 40,20.
556 Iob 40,27.
557 Iob 41,27.
558 Thomas von Aquin, Kommentar zu Iob (zu
40,26; 41,24).
559 1 Sam 16,14–23.
560 Gratianus, Decretum 2,26,7,18.

Hexen
4.602 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

561 Petrus Comestor, Historia scholastica libri Tobi-


ae 1 (zu Tb. 6,8).
562 Tb 6,8.
563 Albertus Magnus, Kommentar zu Lukas (zu
9,37–43).
564 Nikolaus von Lyra, Postilla litteralis (zu 1 Sm.
16,14–23).
565 Paulus von Burgos, Additiones (zu 1 Sm.
16,14–23).
566 Vgl. fol. 20rb.
567 Durch Davids Harfe.
568 Vgl. fol. 65vb-69ra.
569 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar, Fund-
stelle unbekannt.
570 Johannes Nider, Formicarius 5,4.
571 Mc 16,17f.
572 Wilhelm Durandus, Fundstelle unbekannt.
573 Glosse zu Col 2,23.
574 Superstitio. – Zur Etymologie des zusammenge-
setzten Begriffs – aus »super« und »stare«, also etwa:
das, was übersteht – vgl. Harmening (1979) 14–32.

Hexen
4.603 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

575 Das Preisgebet vor dem Kanon der Messe.


576 Isidor von Sevilla, Etymologiae 8,9,15.
577 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,
96,4.
578 Pseudo-Chrysostomos, Opus imperfectum in
Matthaeum 43.
579 Brevi-Zettel: Amulette mit religiösen Zetteln und
Gegenständen oder Faltzettel mit in Kupfer gestoche-
nen Heiligenbildern, Segen, aufgeklebten Dingen wie
Kreuzchen, Samen und Kräutern. Sie wurden auch als
Zaubermittel benutzt. Vgl. HDA 1 (1927) 1573f.
580 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,83,15.
581 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,15,4,4a,ad 2.
582 Thomas von Aquin, Catena aurea 16 (zu Mc
16,17f.).
583 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,96,4,3. Die Thomas unterstellte Aussage findet
sich hier nicht. Vgl. Schnyder (1993) 220.
584 Augustinus, Sermo 300,2.

Hexen
4.604 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

585 Das Ave Maria.


586 I.N.R.I.
587 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,
96,4,ad 2.
588 Im Metropolitansitz Salzburg, Hauptort des
gleichnamigen Hochstifts, war Kramer ein gerngese-
hener Gast. Dorthin zog er sich vermutlich im Febru-
ar 1486 zurück, um den Hexenhammer zu Ende zu
schreiben. Wilson (1990) 98. Verwalter des Erzbis-
tums Salzburg nach der Resignation des Erzbischofs
Bernhard von Rohr (?-1487, reg. 1466–1482) war
Johannes Beckenschlager (ca. 1435–1489, reg.
1482/87–1489).
589 Augustinus, De doctrina christiana 2,20.
590 Pseudo-Chrysostomos, Opus imperfectum in
Matthaeum 43.
591 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,96,4,
Responsio.
592 Johannes Damascenus, Expositio fidei orthodo-
xae 1,13.
593 Vgl. Jacobus a Voragine, Legenda Aurea, Kap.
123.

Hexen
4.605 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

594 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar


4,6,2,3a, Responsio.
595 Im Alten Testament bezeichnet Belial als ab-
straktes Wort eine sehr große Bosheit, im Neuen Te-
stament den Widersacher Christi (2 Kor 6,15) und in
den Apokryphen einen Dämon bzw. den Antichrist.
596 Nach Schnyder (1993) 220 liegt hier der Beginn
des angekündigten dritten Abschnitts.
597 Vgl. Schnyder (1993) 220.
598 Gratianus, Decretum 2,33,1,4.
599 Johannes Nider, Formicarius 5,2. – Kurz zuvor
ist jedoch erklärt worden, daß das Umhängen von
Evangelien um den Hals grundsätzlich abergläubisch
sei. Vgl. fol. 87ra-87vb.
600 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
4,6,2,3a,ad 1.
601 Griech.: diejenigen, die Gegenstand des Einwir-
kens eines andern sind.
602 Original: geron: Werk, Mühe, Kampf.
603 Mt 17,14–20.
604 Mc 9,13–28.

Hexen
4.606 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

605 Hieronymus, Kommentar zu Matthäus 3,17 (zu


17,17).
606 Johannes Chrysostomos, Fundstelle unbekannt.
607 Origines, Kommentar zu Matthäus 13,7.
608 Glosse zu Mt 17,20.
609 Mt 17,20.
610 Hilarius von Poitiers, Kommentar zu Matthäus
(zu 17,6).
611 Vitas patrum 8,28, Vita abbatis Pauli Simplicis
(PL 73, 1129).
612 Vgl. fol. 88ra-b.
613 Vgl. zu diesem Bruch im logischen Gefüge
Schnyder (1993) 221.
614 Vgl. fol. 88rb.
615 Im Original fehlt ein nec et. Vgl. Schnyder
(1993) 221.
616 Vgl. fol. 63va-b.
617 Cassianus, Collationes 7,31.
618 Vgl. den Artikel ›Wurm‹ in HDA 9 (1938/41)
841–858.

Hexen
4.607 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

619 Cassianus, Collationes 7,25.


620 Vgl. fol. 85rb-85vb.
621 Duns Scotus, Sentenzenkommentar 4,34,1, Re-
sponsio.
622 Augustinus, Sermo 278,1.
623 Augustinus, De civitate dei 21,4; 21,5–7.
624 Augustinus, De trinitate 3,8.
625 Augustinus, De civitate dei 21,6.
626 Augustinus, Physik 1,5.
627 Augustinus, De civitate dei 10,11 (mit Porphy-
rius-Zitat).
628 Thomas von Aquin, Summa theologiae 2,2,96,2,
Responsio; 2,2,96,2,ad 1; 2,2,96,2,ad 2. Der gesamte
Passus von fol. 89va ist ein Zitat aus Thomas von
Aquin.
629 Vgl. zu diesem, der Interpunktion widerspre-
chenden Anschluß Schnyder (1993) 221.
630 Augustinus, Regula ad servos Dei 12.
631 Vgl. fol. 86va-b.
632 Wilhelm von Auvergne, De legibus 27.

Hexen
4.608 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

633 Vgl. fol. 86va-b.


634 Zum Maitag-Brauchtum in Schwaben vgl. Sarto-
ri, in: HDA 5 (1932/33) 1542–1550.
635 Vgl. fol. 86va-b.
636 Gratianus, Decretum 2,26,7,18.
637 Johannes Nider, Praeceptorium 1,11,26.
638 Vgl. fol. 86va-b.
639 Johannes Nider, Formicarius 5,4.
640 Schwellenzauber spielte in den Innsbrucker Ver-
hören eine große Rolle, etwa im Fall der Barbara Hu-
feysen. Zeugenaussage der Barbara Grünepacherin
vom 8. Oktober 1486. – Ebenso wurde er nachgewei-
sen bei Barbara Selachin. Zeugenaussage der Gertrud
Rötin vom 17. Oktober 1486: Ammann (1890) 43f,
53f.
641 Die Magd der Barbara Röslin, Gross-Else, hatte
zu Protokoll gegeben, ihre Herrin, ehemals die Ge-
liebte des Herzogs, habe diesem eine tote Maus auf
die Brust gelegt, um ihn gefügig zu machen. Zeugen-
aussage vom 21. Oktober 1486. Dasselbe hatte auch
schon Dorothea, die Gattin des Büchsenmeisters Jörg
angegeben. Zeugenaussage vom 17. Oktober 1486.
Ammann (1890) 52, 63; Baum (1987) 439.

Hexen
4.609 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

642 Johannes Nider, Praeceptorium 1,11,34.


643 Glosse zu Col 2,23.
644 1 Cor 10,31.
645 Rom 12,1.
646 Gratianus, Decretum 1,12,12.
647 Gratianus, Decretum 1,12,10.
648 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,90,3,Responsio.
649 Zu den Wetterprozessionen vgl. den Artikel
›Hagel‹ in: HDA 3 (1930/31) 1304–1320.
650 Vgl. zur Bannung oder Exkommunikation von
Tieren in der Diözese Lausanne Chène (1996).
651 Deutsches Wort im Original. Ein Wechselbalg
oder Wechselkind galt im mittelalterlichen Aberglau-
ben als ein von den Dämonen gestohlenes Kind,
meist ein Knabe, an dessen Stelle ein anderes Kind
untergelegt wird. Es kann auch ein durch dämonische
oder magische Zeugung geschaffenes Kind gemeint
sein. In der Regel hat ein solches Kind eine häßliche,
mißgestaltete und kleine Erscheinung. Die lateini-
schen Begriffe campsiones, campsores, cambiti lei-
ten sich von cambire (wechseln, tauschen) ab. Vgl.

Hexen
4.610 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

HDA 9 (1938/41) 835–864.


652 Schnyder (1993) 224f. ergänzt: den Vätern als
den Männern, deren Samen die Dämonen verwenden.
653 Wilhelm von Auvergne, De universo 2,3,25.
654 Ex 22,18.
655 Ex 23,33.
656 Deut 22,6f.
657 Num 19,15.
658 Deutsch im Original. Die Saligen sind mytholo-
gische Geschöpfe des Schweizer, Tiroler und Kärnt-
ner Volksglaubens, wunderschöne Frauen oder wilde
Frauen. Belege bei Behringer (1994c) 73f.
659 Deutsch im Original. Schrat oder Schrättel be-
zeichnet besonders in Südwestdeutschland einen
menschenähnlichen Waldgeist oder Kobold. Die
Schrättel entsprechen den lat. pilosi (haarige Geister
in Jes. 13,21) oder den Faunen, Satyrn und Inkubi.
660 Lev 19,27.
661 Deut 22,5.
662 Ex 23,24; Ex 34,13.
663 4 Reg 18,4.

Hexen
4.611 [II/2,9] Kapitel 9 Hexenhammer, 597

664 Lev 19,26 u.ö.


665 phitonicus spiritus; richtig wäre: pythonicus, vel
divinationis spiritus.
666 Lev 20,27.
667 Deutsch im Original.
668 Hieronymus, Kommentar zu Ez 2,6,1–3.
669 Ex 22,18.
670 Im Originaltext ohne hervorgehobene Über-
schrift, aber im Inhaltsverzeichnis als 9. Kapitel an-
gekündigt. [Vgl. S. 129.]

Hexen
4.612 Der Hexenhammer: Dritter Teil Hexenhammer, 599

Der Hexenhammer

Dritter Teil

Hexen
4.613 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 601

[III] Es folgt der dritte Teil des ganzen Werkes


über die Arten der Ausrottung oder zumindest
der Bestrafung durch die zuständige Justiz vor
dem geistlichen oder dem weltlichen Gericht.
Und er wird fünfunddreißig Fragen enthalten;
eine allgemeine und einführende jedoch wird
vorgezogen.

[III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger,


Beherberger und Verteidiger dem geistlichen
Gericht der Bischöfe oder dem weltlichen
[Gericht] unterstellt werden, so daß die
Ketzerinquisitoren1 von ihrer Inquisition
entlastet werden können?

Und es erweist sich, daß es so [ist]. Denn in c. accu-


satus § sane, li. 62 heißt es: »Allerdings, da die An-
gelegenheit des Glaubens, welche im höchsten Grade
Vorrang genießt, durch andere Tätigkeiten nicht ge-
hindert werden darf, so dürfen sich die vom apostoli-
schen Stuhl bestimmten Inquisitoren der ketzerischen
Pest bezüglich Weissagungen oder Wahrsagungen,
außer wenn sie offensichtlich nach Ketzerei schmek-
ken, weder einmischen, noch diejenigen, die solches
ausüben, strafen, sondern müssen sie zur Bestrafung

Hexen
4.614 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 602

ihren Richtern überlassen.«


Dem scheint auch nicht zu widersprechen, daß die
Ketzerei der Hexen hier nicht [ausdrücklich] erwähnt
wird; einmal, weil sie mit denselben Strafen vor dem
Forum des Gewissens bestraft werden: de conse. di.
2 pro dilectione3: »Wenn die Sünde der Weissager
und der Zauberer verborgen ist, wird eine Buße von
vierzig Tagen auferlegt; wenn sie offenkundig [ist],
wird das Abendmahl verweigert.« Und für die, welche
dieselbe Strafe [trifft], wird auch dasselbe Gericht be-
stimmt. Dann auch, weil jeweils dieselbe Schuld vor-
zuliegen scheint, denn so, wie [92vb] die Wahrsager
über eine Entscheidung das Los werfen, so erwarten
und verlangen auch die Hexen die Schäden der Ge-
schöpfe von den Dämonen, womit sie beide unerlaub-
terweise von der Schöpfung verlangen, was allein von
Gott erbeten werden darf. Daher [besteht] beidesmal
die Sünde des Götzendienstes, in welchem Sinne Eze-
chiel 214 angeführt wird, daß der König von Babylon
an einer Weggabelung stand, am Ausgangspunkt
zweier Wege, und die Götzen befragte, indem er Pfei-
le mischte5.
Wenn außerdem eingewandt werden sollte, daß der
Kanon die Weis- und Wahrsager auf das Verbrechen
der Ketzerei beschränkt, in welchem Falle sie unter
das Gericht der Inquisitoren fallen müssen, da er sagt
»außer wenn sie offensichtlich nach Ketzerei schmek-

Hexen
4.615 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 603

ken«, so daß mindestens die ketzerischen Weissager


und Wahrsager ihnen unterstellt seien, so [spricht] da-
gegen, daß dann kunstfertige Weissager6 gemeint
wären, die nirgendwo in den Schriften erwähnt wer-
den.
Mehr noch, wenn die Hexen dem Gericht der Inqui-
sitoren unterstellt sind, so wird dies wegen des Ver-
brechens der Ketzerei sein. Daß aber die Taten der
Hexen ohne Ketzerei geschehen, wird [so] bewiesen:
Wie nämlich, was eine ganz fürchterliche Sünde wäre,
den Leib Christi7 in den Dreck zu treten ohne Irrtum
im Verstande und folglich auch ohne Ketzerei gesche-
hen kann, weil es nämlich durchaus möglich ist, daß
jemand glaubt, das sei der Leib, daß er ihn aber doch,
um dem Dämon aufgrund irgendeines Paktes gefällig
zu sein, in den Dreck werfen würde, um das ge-
wünschte Ziel, z.B. die Entdeckung eines Schatzes
oder ähnliches zu erreichen, so können auch die Taten
der Hexen ohne Irrtum im Glaubens, wenn auch nicht
ohne große Sünde, geschehen. Daher entgehen sie hier
durchaus dem Gericht der Inquisitoren und werden
ihren Richtern überlassen.
Überdies, als Salomo8 den Götzen seiner Ehefrau-
en aus Gefälligkeit Verehrung erwies, sich deshalb
aber nicht der Apostasie der Ruchlosigkeit [gegen-
über seinem Gott] schuldig machte, weil er im Herzen
treu blieb und immer den wahren Glauben behielt, so

Hexen
4.616 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 603

sind auch die Hexen wegen der Verehrung, die sie


dem Teufel wegen des mit ihm eingegangenen Paktes
zollen, nicht als Ketzerinnen zu bezeichnen, wenn sie
im Herzen den Glauben behalten.
Außerdem, wenn gesagt werden sollte, daß alle
Hexen den Glauben abzuleugnen haben, weshalb sie
auch als Ketzerinnen abzuurteilen seien, so [spricht]
dagegen, daß sie, falls sie auch mit Verstand und
Herz ableugnen würden, noch nicht als Ketzerinnen,
sondern als Apostatinnen bezeichnet werden. Und da
ein Unterschied besteht [93ra] zwischen einem Ket-
zer und einem Apostaten und die Ketzer dem Gericht
der Inquisitoren unterworfen sind, so haben die Hexen
durchaus deren Gericht zu entgehen.
Außerdem wird 26 q. 59 gesagt: »Die Bischöfe
und ihre Helfer sollen sich unter allen Umständen be-
mühen, die verderbliche und vom Teufel erfundene
wahrsagerische und magische Kunst aus ihren Pfarrei-
en mit Stumpf und Stil auszurotten. Und wenn sie ir-
gendeinen Mann oder einen Frau als einen Anhänger
dieses Verbrechens gefunden haben, sollen sie ihn,
schimpflich entehrt, aus ihren Pfarreien hinauswer-
fen« etc. Und da der Kanon sagt, man solle sie ihren
Richtern überlassen und weil er im Plural spricht, so-
wohl nach kirchlichem wie nach weltlichem Recht,
deswegen werden sie [die Wahrsager und Zauberer]
durch den angeführten Kanon zumindest dem Gericht

Hexen
4.617 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 604

der Bischöfe unterstellt. Wenn daher die Bischöfe


sich selbst entlasten wollten, so wie die genannten In-
quisitoren es offenbar nach den schon erwähnten Ar-
gumenten billigerweise tun und wenn sie die Bestra-
fung der Hexen den weltlichen Richter überlassen
wollten, so könnten sie dies mit folgenden Argumen-
ten tun. Es wird [nämlich] in c. ut inquisitionis, §
prohibemus10 [folgendermaßen] gehalten: »[Wir
verbieten] auch ganz ausdrücklich den erwähnten
weltlichen Herren und Regierenden und ihren Beam-
ten, daß sie über dieses Verbrechen, da es ein rein
kirchliches ist, selbst auf irgendeine Art Gericht hal-
ten oder Urteil sprechen.« Und er [der Kanon] spricht
vom Verbrechen der Ketzerei. Es folgt also, daß, wo
das Verbrechen, wie bei solcherart Zauberern und
Hexen, nicht rein kirchlich ist, sie wegen der zeitli-
chen Schäden, die von ihnen zugefügt werden, vom
weltlichen und nicht vom geistlichen Richter bestraft
werden müssen.
Außerdem heißt es C. de iudeis l. ulti.11 am
Ende: »Außerdem werde sein Vermögen für verfallen
angesehen, und alsbald ist der Strafe des Blutes zu
überantworten, wer den Glauben Christi mit verkehr-
ter Lehre bekämpft.« Wenn man sagen würde, das
Gesetz spreche von konvertierten Juden, die nachher
zum Ritus der Juden zurückkehren12, so gilt der Ein-
wand nicht. Im Gegenteil, das Argument wird da-

Hexen
4.618 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 605

durch noch verstärkt, weil solche wegen des Abfalls


vom Glauben der weltliche Richter zu strafen hat;
also auch die den Glauben ableugnenden Hexen, da
die Ableugnung des Glaubens im Ganzen oder teil-
weise das Fundament der Hexen bildet.
Außerdem, wenn auch in der Lösung gesagt wird,
daß Apostasie und Ketzerei als dasselbe zu betrachten
seien, so hat sich dennoch nicht der kirchliche Richter
mit diesen [den Hexen] zu befassen, sondern [93rb]
der weltliche. Denn durch das Aufwerfen der Frage
nach den Ketzereien darf niemand das Volk erregen,
sondern der [weltliche] Gerichtsherr13 muß für sich
Vorkehrung treffen. In der auten. de man. Prin.,
d.h. de mandatis principum, colla. 3 § neque oc-
casione14, heißt es: »Auch nicht durch das Aufwer-
fen der Frage nach den Religionen und Ketzereien
darfst du jemandem gestatten, die Provinz zu erregen,
noch auf andere Weise irgendeiner Provinz, der du
vorstehst, durch eine Vorschrift [etwas] auferlegen.
Sondern du selbst wirst tunlichst durch staatliche
Maßnahmen Vorsorge treffen und Nachforschungen
anstellen, was es sonst noch gibt, und nicht erlauben,
daß irgend etwas bezüglich unserer Anweisungen vor-
fällt.« Daraus ergibt sich klar, daß sich mit einem
Glaubensfeind niemand außer dem [weltlichen] Ge-
richtsherrn15 befassen darf.
Außerdem, wenn die [gerichtliche] Untersuchung,

Hexen
4.619 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 605

das Urteil und die Bestrafung solcher Hexen nicht


gänzlich auf den weltlichen Richter abzielen würde,
wie könnten sich die Gesetze bezüglich dieser drei
[Gegenstände] zuordnen [lassen]? Denn C. de male-
ficis16, lex nemo17, l. culpa18, l. nullus19 unter-
stellten alle, welche das Volk Zauberer nennt, der To-
desstrafe und l. militi20 bestimmt, die durch magi-
sche Kunst dem Leben Unschuldiger nachstellen den
Bestien vorzuwerfen. Desgleichen, daß sie den Fragen
und Foltern beim Befragen ausgesetzt sein sollen und
zu ihrer Anklage jeder Beliebige zugelassen wird;
auch daß keiner der Gläubigen bei Strafe der Verban-
nung und Verlust aller Güter mit ihnen gemeinsame
Sache mache, nebst vielen weiteren Strafen, die dem
Leser jener Gesetze begegnen.
Im Gegenteil können die weltlichen Juristen in
Wahrheit die Bestrafung solcher Hexen auf den kirch-
lichen Richter rückübertragen, so daß sie gleichzeitig,
miteinander in Verbindung, die Untersuchung führen
und urteilen. Und dies wird folgendermaßen bewie-
sen. Bei einem kanonischen Verbrechen hat der [welt-
liche] Gerichtsherr mit dem Erzbischof zu entscheiden
und nicht der Erzbischof für sich, sondern er muß den
[weltlichen] Gerichtsherrn hinzuziehen, wie sich aus
auten. de man. Prin. § Si vero21 erschließt:
»[Wenn aber] Kirchenrechtliches in Frage steht, wirst
du zusammen mit dem Erzbischof der Provinz Vor-

Hexen
4.620 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 606

sorge tragen, dies einzurichten und zu entscheiden, sei


es, daß Leute zweifeln – Glosse: d.h. am Glauben –,
in welchem Fall er [der Bischof] allein untersuchen
wird, seien es andere [Fälle] – Glosse: dann wird
nämlich der Bischof mit dem Statthalter untersuchen.
Er [der Statthalter] wird der Sache einen gottgefälli-
gen und geziemenden [93va] Ausgang geben. Er wird
auch geziemend den rechten Glauben schützen und
durch fiskalische Mittel für die Entschädigung Sorge
tragen und unsere Untertanen ungekränkt halten.«
Glosse22: d.h., er soll sie nicht am Glauben verder-
ben.
Außerdem, mag auch der weltliche Fürst mit der
Strafe des Blutes strafen, so wird doch damit die Ge-
richtsbarkeit der Kirche nicht ausgeschlossen. Dieser
kommt es zu, zu erkennen und festzustellen. Im Ge-
genteil wird sogar notwendig vorausgesetzt, wie es
aus C. de summa trini. et fide ca. l. 123 am Ende
und extra de hereticis c. ad abolendam und c. de
vergentis und c. excommunicamus 1 und 224 er-
hellt. Vielmehr ist es ja dieselbe Strafe, nach den
[weltlichen] Gesetzen und nach den Kanones, wie
sich aus C. de hereticis, l. manicheos und l. arria-
ni25 ergibt. Daher kommt ihnen auch gleichermaßen
und nicht getrennt deren Bestrafung zu.
Außerdem, so wie die Gesetze bestimmen, daß die
Kleriker von ihren eigenen Richtern abgeurteilt wer-

Hexen
4.621 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 607

den und nicht von den zeitlichen oder weltlichen, weil


bei ihnen ein kirchliches Verbrechen festgestellt wird,
so gehört auch das Verbrechen der Hexen, da es teils
weltlich, teils kirchlich ist, wegen der zeitlichen Schä-
den und wegen der Glaubensverletzung zur Untersu-
chung, Verurteilung und Bestrafung vor beide Rich-
ter. Der Grund wird noch verstärkt in autentico ut
clerici apud proprios iudices, § Si vero, coll. 626,
wo es heißt: Wenn aber das Delikt ein kirchliches ist,
welches der kirchlichen Züchtigung und Sühne be-
darf, soll der gottgefällige Bischof darüber entschei-
den, wobei [auch] die obersten Richter der Provinz
keinerlei Anteil daran haben. Denn wir wollen nicht,
daß die weltlichen Richter überhaupt um solche An-
gelegenheiten wissen, da es nötig ist, solche Dinge
kirchlich zu untersuchen und die Seelen der Delin-
quenten durch kirchliche Sühne zu bessern, gemäß
den heiligen und göttlichen Regeln, denen zu folgen
sich auch unsere Gesetze nicht verweigern.« Soweit
dort. Daher ist im umgekehrten Fall ein gemischtes
Verbrechen von beiden [Richtern] zu bestrafen.
Antwort. Da es unser Hauptanliegen in diesem
Werk ist, uns Inquisitoren der Länder Oberdeutsch-
lands von der Inquisition der Hexen, soweit es mit
Gott geschehen kann, zu entlasten27, indem wir sie
ihren [weltlichen] Richtern zur Bestrafung überlassen,
und zwar wegen der Beschwerlichkeit des Geschäftes,

Hexen
4.622 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 607

solange für die Unversehrtheit des Glaubens und das


Heil der Seelen um nichts weniger Sorge getragen
würde: Deshalb haben wir auch das vorliegende Werk
in Angriff genommen, wobei wir den Richtern selbst
die Form der Untersuchung, der Entscheidung und
Urteilssprechung [93vb] überlassen. Um also zu zei-
gen, daß die Bischöfe gegen die Hexen in vielerlei
Hinsicht vorgehen können, auch mit Ausschluß der
Inquisitoren, wiewohl die Bischöfe selbst, ohne zeitli-
ches und weltliches Gericht, wo die Bestrafung auf
die Sühne des Blutes hinausläuft, nicht so vorgehen
können, [deswegen also] ist es tunlich, die Meinungen
anderer Inquisitoren in verschiedenen Reichen Spani-
ens28 anzuführen und jene [Meinungen], immer un-
beschadet der Ehrfurcht vor ihnen, da wir in ein und
demselben Orden, dem der Prediger, Kriegsdienst tun,
zu entkräften, damit man im einzelnen eine um so kla-
rere Einsicht habe.
Ihrer Meinung nach sollen alle Zauberer, Wahrsa-
ger, Weissager, Nigromantiker, kurz, unter welche
Art von Divination29 sie auch fallen und soweit sie
einmal den heiligen Glauben empfangen und bekannt
haben, dem Gericht der Inquisitoren derart unterstellt
sein sollen, daß in den drei Stücken, die in dem Kapi-
tel Multorum querela am Anfang von de hereticis
in Cle.30 vermerkt werden, weder der Inquisitor ohne
den Bischof, noch der Bischof ohne den Inquisitor zu

Hexen
4.623 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 608

prozessieren habe, mag auch in den fünf anderen einer


ohne den anderen prozessieren können. Wer mag, der
kann das Kapitel lesen, und er wird es finden. Die
eine von den drei [Prozeduren] ist aber das Endurteil,
zu dem der eine ohne den anderen nicht schreiten
kann, und zwar, wenn die Vorgenannten für Ketzer zu
halten sind.
Sie [die spanischen Inquisitoren] fügen überdies
die Gotteslästerer hinzu und alle, die auf eine beliebi-
ge Weise die Dämonen anrufen, sowie die Exkommu-
nizierten, die ein Jahr lang unbeugsam in der Exkom-
munikation gestanden haben, in einer Glaubenssache
oder, in bestimmten Fällen, auch in einer Nicht-Glau-
benssache. Sie schließen noch vieles andere ein, wo-
durch die Autorität der Bischöfe [aber] zu sehr ge-
schwächt wird und uns Inquisitoren noch umfängli-
chere Lasten aufgebürdet werden, [jedoch] weniger
sicher mit Blick auf einen schrecklichen Richter, der
jedenfalls eine strenge Rechenschaft von uns für das
ausgeübte Amt einfordert. Und weil deren [der spani-
schen Inquisitoren] Standpunkt nicht erschüttert wird,
wenn nicht ihre [Rechts]grundlage null und nichtig
wird, deswegen ist zu bemerken, daß ihr Hauptfunda-
ment durch die Glossatoren der Kanones und beson-
ders zu ca. Accusatus und § Sane31 und zu den
Worten »heresim sapiant manifeste« bestätigt wird.
Sie [die spanischen Inquisitoren] stützen sich über-

Hexen
4.624 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 609

dies auf die Aussagen der Theologen, Thomas, Al-


bertus, Bonaventura, in 2 sententiarum distin.
732. Es ist tunlich, speziell aus diesen einiges vorzu-
tragen [94ra].
Wenn nämlich der Kanon, wie im ersten Argument
hergeleitet, sagt, daß die Ketzerinquisitoren sich be-
züglich der Wahrsagungen und Weissagungen nicht
einmischen dürfen, außer wenn diese offenkundig
nach Ketzerei schmecken, so sagen sie [die spani-
schen Inquisitoren] [damit], daß es zweierlei Wahrsa-
ger und Weissager gibt, nämlich gewerbsmäßige und
ketzerische. Und zwar heißen die ersten bloße Weis-
sager, weil sie nämlich rein nach der [magischen]
Kunst handeln, worüber auch c. ex tenore extra de
sortilegiis33 spricht, wo er ausführt, daß der Priester
Udalricus mit einem übel Beleumundeten, d.h. Weis-
sager, wie die Glosse sagt, zu einem geheimen Ort
aufbrach; nicht in der Absicht, den Dämon anzurufen,
so als wenn er sagen möchte, daß dies ketzerisch ge-
wesen wäre, sondern um durch Betrachtung des
Astrolabiums einen Diebstahl zu entdecken, wie wenn
er sagen möchte, daß dies bloße Weissagung oder
Wahrsagerei sei.
Die zweiten aber werden ketzerische Weissager ge-
nannt, die in ihrer Kunst den Dämonen irgendeine
Ehre in Form von Dienstbarkeit und Anbetung erwei-
sen. Diese suchen durch Weissagung die Zukunft vor-

Hexen
4.625 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 609

herzusagen oder sie führen desgleichen aus, was of-


fenkundig nach Ketzerei riecht. Und solche unterlie-
gen dem Gericht der Inquisitoren wie die übrigen Ket-
zer.
Und daß dies der Sinn des Kanons sei, beweisen
die Kanonisten, die das Wort »schmecken« glossie-
ren. Johannes Andreae34 sagt nämlich folgendes zu
dem angeführten c. accusatus und dem Wort
»schmecken«: sie schmecken [nach Ketzerei], z.B.
wenn sie an den Altären der Götzen frevelhafte Gebe-
te sprechen, Opfer darbringen, die Dämonen befragen
und ihre Antworten entgegennehmen. Oder sie schlie-
ßen sich, um Wahrsagerei zu betreiben, den Ketzern
an oder benutzen dazu das Blut oder den Leib Chri-
sti35 oder taufen, um für Wahrsagungen Antworten
haben zu können, einen Knaben wieder oder derglei-
chen. In demselben Sinne führen sie den Archidiaco-
nus36 zu demselben Kanon und zu § sane und zu
demselben Wort »schmecken« an.
Ebenfalls führen sie Johannes monachi37, Ray-
mundus38, Guilhelmus de monte Laudu.39 an;
und sie beweisen es durch die Bestimmung der Kirche
ex concilio acquirensi 26 q. 5 epi.40, wo derartige
abergläubische Frauen ungläubig genannt werden, da
es heißt: »Oh, wenn diese doch allein in ihrer Ruchlo-
sigkeit untergegangen wären!« Ruchlosigkeit heißt
aber bei einem Christen Ketzerei, weshalb solche

Hexen
4.626 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 610

[Ruchlosen] auch dem Gericht der Ketzerinquisitoren


unterworfen sind.
Sie [die spanischen Inquisitoren] beweisen es auch
durch die Theologen; zuerst durch den heiligen Tho-
mas in 2 sententiarum di. 741, wo er fragt [94rb],
ob sich der Hilfe des Dämons zu bedienen eine Sünde
sei, wo er unter anderem zu jener [Stelle] Isa. 842:
»Soll nicht ein Volk lieber von seinem Gott eine Er-
scheinung erbitten?« sagt: »In allen [Taten], in denen
eine Vollendung des Werkes von der Kraft des Dä-
mons erwartet wird, liegt Apostasie vom Glauben vor
wegen des mit dem Dämon eingegangenen Paktes,
entweder mit Worten, wenn eine Anrufung dabei ist,
oder mit einer Tat, mögen auch Opfer fehlen.« In
demselben [Sinn] führen sie Albertus in eben seiner
Schrift an und in distin.43; desgleichen Petrus de
Taranthasia44, desgleichen Petrus de Bonaventu-
ra45, der jüngst46 heiliggesprochen worden ist, der
aber nicht Petrus genannt wird, da das sein wahrer
Name gewesen ist; desgleichen Alexander de
Halis47 und Guido48 vom Orden der Karmeliter, die
alle sagen, daß die, welche Dämonen anrufen, Apo-
staten und folglich Ketzer sind und deshalb dem Ge-
richt der Ketzerinquisitoren unterstehen49.
Aber daß die genannten [spanischen] Inquisitoren
damit, was auch immer von ihnen angeführt wird,
nicht hinlänglich beweisen können, daß auch die ge-

Hexen
4.627 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 611

nannten Wahrsager etc. dem Gericht der Ordinarien50


oder Bischöfe, mit Ausschluß der Inquisitoren, nicht
unterliegen können und daß die Inquisitoren sich [von
der Untersuchung] solcher Weissager, Nigromantiker
oder auch Zauberer entlasten können, [heißt] nicht,
daß jene Inquisitoren fehlerhaft handeln, wenn sie
über solche inquirieren, wenn die Bischöfe nicht in-
quirieren. In diesem Fall müssen jene den Inquisito-
ren anvertraut werden, [was] folgendermaßen bewie-
sen wird. Die Inquisitoren haben sich nicht einzumi-
schen, außer bei einem Ketzereiverbrechen, und zwar
ist es dazu nötig, daß jenes Verbrechen offenkundig
sei. Das ergibt sich aus dem häufig angeführten ca.
Accusatus und § sane51. Steht dies fest, dann wird
argumentiert: Wenn jemand etwas begeht, was er
ohne das Laster der Ketzerei begehen kann, so wird
er, wie schwer und ungeheuerlich es auch immer ist,
noch nicht zum Ketzer zu erklären, mag er auch zu
bestrafen sein. Daraus folgt, daß sich der Inquisitor,
wenn jemand nicht zum Ketzer zu erklären, sondern
als ein [sonstiger] Verbrecher zu bestrafen ist, nicht
einmischen darf. Aber er darf einen solchen nach dem
Wortlaut des Kanons seinen Richtern zur Bestrafung
überlassen.
Steht dies wiederum fest, so folgt, daß sich bezüg-
lich aller von den Glossatoren, Kanonisten und Theo-
logen angeführten Punkte, wie Dämonen anrufen,

Hexen
4.628 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 612

ihnen opfern etc. [94va], wie oben erwähnt, die Inqui-


sitoren nicht einmischen dürfen, sondern sie ihren
Richtern überlassen müssen, außer wenn solche
Dinge vom Laster der Ketzerei herrühren. Steht dies
fest, so wird mit den unten verzeichneten Autoritäten
und Gründen bewiesen, daß, da die genannten Dinge
sehr oft ohne das Laster der Ketzerei geschehen kön-
nen, diese Täter nicht für Ketzer zu halten oder [als
Ketzer] zu verdammen sind. Dazu nämlich, daß je-
mand im eigentlichen Sinne ein Ketzer sei, ist fünfer-
lei erforderlich: Erstens, daß ein Irrtum im Denken
besteht; zweitens, daß jener Irrtum eine Glaubenssa-
che betrifft oder die Dinge, die gegen die Wahrheit
einer Bestimmung der Kirche gerichtet sind, was den
Glauben, die guten Sitten oder das Notwendige zur
Erlangung des ewigen Lebens angeht; drittens, daß
ein solcher Irrtum sich in jemandem finde, der sich
zum rechten Glauben bekannt hat, sonst nämlich wäre
er ein Jude oder Heide, kein Ketzer. Viertens, daß ein
solcher Irrtum in jemandem, der den Glauben empfan-
gen hat, in der Weise besteht, daß er irgendeine
Wahrheit über Christus bekennt, die sich auf [seine]
Göttlichkeit oder Menschlichkeit52 bezieht. Anson-
sten, wenn er gänzlich nicht daran glauben würde,
wäre er ein Apostat. Fünftens, daß er einem solchen
Irrtum mit hartnäckigem und verstocktem Willen ver-
fällt und anhängt. Daß aber der angeführte c. Accusa-

Hexen
4.629 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 612

tus und das Wort »schmecken« in diesem Sinne von


Ketzerei und Ketzer verstanden wird, wird so bewie-
sen, wobei jedoch die Glossen der Kanonisten nicht
zurückgewiesen, sondern beibehalten werden: Denn
das erste, was erforderlich ist, nämlich der Irrtum im
Verstande, ist allen bekannt durch die allgemeine
Regel: zwei Dinge sind erforderlich, um jemanden
einen Ketzer zu nennen, das eine ist das Inhaltliche,
nämlich der Irrtum im Verstand, das andere ist das
Formale, nämlich die Hartnäckigkeit des Willens. Es
ergibt sich auch aus Augustinus53: »Ein Ketzer ist
jemand, der neue und falsche Meinungen aufbringt
oder befolgt.« Auch Verstand gehört dazu, weil Ket-
zerei eine Art des Unglaubens ist. Und dieser ist sub-
jektiv im Verstand, wie der ihm widersprechende und
auch der entgegengesetzte Glaube dementsprechend
vorliegen müssen.
Steht dies fest, so macht eine Tat oder ein wie auch
immer beschaffenes Werk ohne Irrtum noch keinen
Ketzer, z.B. wenn jemand hurt oder Ehebruch be-
treibt, mag er auch gegen die [Glaubens]wahrheit
handeln, welche besagt: »Du sollst nicht ehebre-
chen.«54 Deshalb ist er [aber noch] kein Ketzer, aus-
genommen er glaubt oder wähnt, zu huren sei erlaubt.
Der Grund ist, daß, wann immer zweierlei notwendig
erforderlich ist, um ein Ganzes zu ergeben, jenes un-
möglich existieren kann, wenn eins von beiden fehlt.

Hexen
4.630 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 613

Denn das Gegenteil vorauszusetzen [94vb], daß [das


Ganze] ohne dieses [eine von beiden] existieren
könne, hieße, daß es nicht notwendigerweise zur Bil-
dung [des Ganzen] erforderlich wäre, wie auch kein
Haus zustande kommt, wenn das eine oder andere
fehlt, weil zum Bau eines Hauses notwendigerweise
ein Fundament, Wände und ein Dach benötigt wer-
den. Weil zur Entstehung der Ketzerei mithin notwen-
digerweise ein Irrtum im Verstande erfordert wird,
macht schlechthin keine Tat ohne Irrtum im Verstande
einen Ketzer. Und deswegen sagen wir Inquisitoren
Deutschlands55 mit dem seligen Antoninus56, der
diese Thematik im zweiten Teil seiner Summa behan-
delt, daß Bilder taufen, Dämonen anbeten, ihnen
Weihrauch opfern, den Leib Christi57 in den
Schmutz treten und alle derartigen Dinge, die höchst
schauderhafte Sünden sind, keinen Menschen zum
Ketzer machen, wenn nicht [zusätzlich] ein Irrtum im
Verstande vorliegt. Wenn also jemand dies täte, daß
er z.B. ein Bild taufte, ohne vom Sakrament der Taufe
noch von seiner Wirkung falsch zu denken, und ohne
zu glauben, daß jene Taufe etwas [Magisches] sei
oder aus ihrer eigenen Kraft eine Wirkung habe [, so
würde er kein Ketzer sein]. Tut er dies aber, um ir-
gendein Ziel mit dem Dämon leichter zu erreichen,
den gefällig zu sein er darum bittet, er also durch
einen stillschweigenden oder ausdrücklichen Paktes

Hexen
4.631 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 613

anstrebt, daß der Dämon ihm oder einem irgend je-


mandem das Erbetene verschaffe; etwa dadurch, daß
durch Zeichen und Figuren, wie nach den der magi-
schen Künsten die Dämonen von den Menschen auf-
grund eines ausdrücklichen oder stillschweigenden
Paktes angerufen werden, um ihr Begehren zu erfül-
len, wenn sie nur vom Dämon nichts erbitten, was
über seine Fähigkeit hinausgeht, weder bezüglich der
Macht, noch bezüglich der Kenntnis. Dann nämlich
würde er von der Macht oder der Kenntnis des Dä-
mons verkehrt denken, wie es diejenigen tun, die
glauben, daß der Dämon den freien Willen des Men-
schen nötigen kann oder der Dämon auf jeden Fall
aufgrund eines solchen Paktes und bis zu einer belie-
big großen Wirkung, auch wenn Gott es nicht zuläßt,
das tun könnte, um was sie bitten; oder diejenigen,
welche glauben, er könne das eine oder andere zu-
künftig Geschehende wissen oder irgendeine Wirkung
erzielen, die allein Gott zusteht: solche nämlich hätten
ohne Zweifel einen Irrtum im Erstände und würden
von der Macht des Dämons verkehrt denken. Und
folglich wären sie, unter den sonstigen Voraussetzun-
gen der Ketzerei, Ketzer und dem Gericht der Bischö-
fe und der Inquisitoren zugleich unterworfen. Aber
auch wenn sie es aus den erwähnten Gründen täten,
ohne von der Taufe und den anderen erwähnten Din-
gen falsch zu denken [95ra], wie es gewöhnlich ge-

Hexen
4.632 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 614

schieht, weil die Zauberer und Nigromantiker wissen,


daß gerade der Teufel der Feind des Glaubens und
Gegner des Heils ist, und durch die Tatsache selbst
gezwungen werden, in ihren Herzen zu fühlen, daß im
Glauben eine große Kraft sei und daß bekanntlich nie-
mand der Verkehrtheit unterworfen werden kann, den
der Vater der Lüge nicht anleitet: auch wenn diejeni-
gen auf das schwerste sündigen, so wären sie deswe-
gen jedoch [noch] keine Ketzer; und zwar aus dem
Grund, weil sie vom Sakrament nicht falsch denken,
mögen sie es auch schlecht und gotteslästerlich ge-
brauchen. Daher sind sie eher Wahrsager als Ketzer
und gehören zu denen von denen der angeführte c. ac-
cusatus behauptet, daß sie nicht dem Gericht der In-
quisitoren unterstellt seien, da sie nicht offenkundig
nach Ketzerei schmecken, sondern allenfalls heimlich
oder so gut wie gar nicht.
Und dasselbe gilt für die, welche den Dämon anbe-
ten und ihm opfern. Denn wenn sie das in dem Glau-
ben tun, in den Dämonen sei etwas Göttliches oder
ihm sei die Huldigung der Anbetung zu erweisen oder
daß sie auf jeden Fall durch diese Huldigung erlang-
ten, was sie vom Teufel fordern, ohne daß Gottes Ver-
bot oder auch Zulassung entgegen stünden, so wären
solche Leute Ketzer. Aber wenn sie dies tun, ohne
vom Dämon so zu denken, sondern [in dem Wunsch],
aufgrund eines Paktes mit dem Dämon durch diese

Hexen
4.633 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 615

[Handlungen] leichter von ihm zu erreichen, was sie


beabsichtigen, so sind solche Leute der Natur der
Sache nach keine Ketzer, mögen sie auch schwer sün-
digen58.
Um das aber noch deutlicher zu machen, sind eini-
ge Einwände auszuräumen. So scheint zu widerspre-
chen, daß nach den Rechtslehren ein Simonist59
ein60 Ketzer ist, wie in 1 q. 1 quisquis per pecu-
niam61. Und dennoch hat er keinen Irrtum im Ver-
stande. Denn ein Simonist ist kein Ketzer im eigentli-
chen, sondern im weitgefaßten Sinne, wegen der Ähn-
lichkeit: weil er nach Thomas62 dadurch, daß er Hei-
liges verkauft oder kauft, so handelt, als wenn er
glaubte, das Geschenk der Gnade könne für Geld be-
sessen werden. Aber ohne dies zu meinen, wie es ge-
wöhnlich geschieht, ist er kein Ketzer, weil er das
nicht glaubt. Aber sehr wohl wäre er einer, wenn er
das glaubte, nämlich daß das Geschenk der Gnade für
Geld erlangt werden könne.
Desgleichen scheint entgegenzustehen, daß es von
den Ketzern heißt, quicunque63 und in dem angefüg-
ten c. Accusatus64: daß, wer einen Ketzer verehrt,
[selbst] ein Ketzer ist. Aber wer den Dämon verehrt,
sündigt schlimmer, als der, welcher einen Ketzer ver-
ehrt, folglich etc.
Auch scheint derjenige, welcher wie ein Ketzer zu
beurteilen ist, ein Ketzer zu sein: weil das Urteil dem

Hexen
4.634 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 616

wahren Sachverhalt zu folgen hat. Aber ein solcher


[Simonist] ist wie ein Ketzer zu beurteilen [95rb].
Denn die Kirche kann nur über die Dinge urteilen, die
offenbar sind. Der Erkenner und Richter des Verbor-
genen ist nämlich Gott, dist. 33 erubescant65. Aber
die Dinge, die im Verstande sind, können nur durch
äußerlich gesehene oder bewiesene Taten ans Licht
treten. Folglich ist, wer solches tut, gleich einem Ket-
zer zu beurteilen.
Und es scheint unmöglich, daß jemand, der solches
tut, nämlich den Leib Christi66 mit Füßen zu treten
und dergleichen67, [es tun kann], ohne vom Leib
Christi falsch zu denken: weil es unmöglich sei, daß
es Bosheit im Willen gebe, ohne daß es Irrtum im
Verstande sei. Denn auch nach dem Philosophen68
ist jeder Böse unwissend oder irrend. Da also die
Leute, die solches tun, Bosheit im Willen hätten, hät-
ten sie folglich auch Irrtum im Verstande.
Diesen [Einwänden] wird entgegengehalten, und
zwar zuerst dem ersten und dritten, weil sie zusam-
menfallen. Es gibt ein zweifaches Urteil: dem Urteil
Gottes entsprechend, der das Innere des Menschen
sieht, und dem Urteil der Menschen gemäß, die über
das Innere nur urteilen können nach äußerlichen [Er-
scheinungen], wie das dritte Argument einräumt, so
daß jener, der nach dem Urteil Gottes als Ketzer beur-
teilt wird, [auch] in Wahrheit ein Ketzer ist, der Natur

Hexen
4.635 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 616

der Sache nach. Denn Gott beurteilt keinen als Ket-


zer, der nicht über einen Irrtum bezüglich des Glau-
bens im Verstande verfügt. Aber jener, der nach dem
Urteil der Menschen als Ketzer beurteilt wird, braucht
der Natur der Sache nach kein Ketzer zu sein; sondern
er hat eine Tat getan, aus der man den Anschein ge-
winnt, daß er selbst verkehrt vom Glauben denkt. Und
folglich wird er nach einer Rechtsvermutung für einen
Ketzer gehalten. Und wenn gefragt wird, ob die Kir-
che sogleich derartige Leute, die die Dämonen in die-
ser Weise anbeten oder Bilder taufen, als Ketzer zu
verurteilen und als Ketzer zu bestrafen hat, so beachte
man die Antworten. Erstens geht das zu entscheiden
mehr die Kanonisten als die Theologen an. Die Kano-
nisten sagen, nach einer Rechtsvermutung wird [ein
solcher] für einen Ketzer gehalten und ist als Ketzer
zu bestrafen. Der Theologe sagt nach dem ersten Ur-
teil, vorbehaltlich der Korrektur seitens des apostoli-
schen Stuhles, nein, so weit es die Natur der Sache
angeht, wie es sich auch immer nach der Rechtsver-
mutung verhalten mag. Der Grund ist folgender: Weil
eine Wirkung bisweilen von einer doppelten Ursache
abhängen kann, so kann niemals aus jener Wirkung
schlichtweg auf die eine oder andere Ursache der
Natur der Sache nach geschlossen werden. Wenn also
diese Wirkung, wie das Anbeten des Dämons oder
seine Hilfe zum Behexen, Anrufen ist, wobei der Be-

Hexen
4.636 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 617

treffende ein Bild tauft, ein lebendes Kind opfert oder


tötet oder anderes dieser [Art], aus einer doppelten
Ursache hervorgehen kann, nämlich aus dem Glau-
ben, man müsse den Dämon [95va] verehren und ihm
opfern, wodurch den Bildern sakramentale Wirksam-
keit zukäme, oder [in dem Gedanken]: »Aufgrund
eines mit dem Dämon geschlossenen Paktes tue ich
es, um [desto] leichter zu erhalten, was ich vom
Dämon will, in den Dingen, die nicht über seine Fä-
higkeit hinausgehen«, wie oben erwähnt ist, so darf
ich nicht sogleich aus einer solchen Wirkung schlicht-
weg auf eine andere Ursache schließen, nämlich daß
der Betreffende das tue, weil er falsch vom Glauben
denkt. Wenn sich Gewißheit bezüglich einer derarti-
gen Wirkung ergibt, so muß man weiter nach dem
Grund forschen. Und wenn er es infolge eines Irrtums
und aus Verkehrtheit des Glaubens getan hat, ist er
als Ketzer zu beurteilen und wird dem Gericht der In-
quisitoren samt den Bischöfen unterstellt. Geschah es
aber aus einem anderen Grunde, so ist er als Wahrsa-
ger und ganz gewöhnlicher Sünder zu beurteilen.
Eine andere Antwort für unseren Zweck: Was auch
immer es sei, aus allen Aussagen und herangezogenen
[Argumenten] steht fest, daß alle Weissager und Zau-
berer, welche als Ketzer beurteilt werden aufgrund
einer Rechtsvermutung und nicht der Natur der Sache
nach, dem Gericht der Bischöfe und nicht der Inquisi-

Hexen
4.637 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 617

toren unterliegen. Auch können sich die erwähnten In-


quisitoren anderer Länder durch die Anführungen die-
ser Kanones und der Glossatoren, daß sie über die,
die den Dämonen opfern und sie anbeten, aufgrund
einer Rechtsvermutung und nicht der Natur der Sache
als von Ketzern urteilen, nicht schützen. Der Text69
aber sagt, daß sie offenkundig nach Ketzerei schmek-
ken müssen, d.h. innerlich und nach der Natur der
Sache. Und es wird uns Inquisitoren genügen, uns auf
die Ketzer einzulassen, die aufgrund der Natur der
Sache infiziert sind, während wir die übrigen ihren
Richtern überlassen.
Und wenn gesagt worden ist, man müsse nach der
Ursache forschen, ob der Betreffende dies infolge
eines Glaubensirrtums getan hat oder nicht, so wird
dies durchaus einfach sein. Denn wie die Glaubens-
haltung sich durch den Glaubensakt zu erkennen gibt,
der darin besteht, das zu glauben und zu bekennen,
was zum Glauben gehört, und wie der Zustand der
Keuschheit durch das keusche Leben erkannt wird, so
kann die Kirche jemanden als Ketzer beurteilen,
indem sie untersucht, ob er bezüglich irgendeines
Glaubensartikels eine Handlung des Abtrünnigseins
oder des Falschdenkens aufweist. So ist auch eine
Hexe, die den Glauben im Ganzen oder zum Teil ab-
leugnet oder den Leib Christi70 auf das niedrigste be-
handelt oder [dem Teufel] die Huldigung geleistet hat,

Hexen
4.638 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 618

[daraufhin zu untersuchen], ob sie derlei [nur] getan


hat, um dem Dämon gefällig zu sein. Noch mehr:
Wenn sie [den Glauben] im Ganzen und auch mit
dem Herzen abgeleugnet hat; dann wird sie als Apo-
statin beurteilt werden, und es wird die vierte Bedin-
gung71 fehlen, um jemanden im eigentlichen Sinne
Ketzer zu heißen.
Wenn dieser Abgrenzung [95vb] die Bulle72 und
der uns von Innozenz VIII. übertragene Auftrag ent-
gegengehalten wird, wo die Hexen dem Gericht der
Inquisitoren unterworfen werden, so wird geantwor-
tet: durch jene [Bulle] wird nicht ausgeschlossen, daß
auch die Bischöfe ebenfalls bis zum Endurteil nach
jenen alten Rechtsbestimmungen gegen sie, wie er-
wähnt, vorgehen können, da diese Bulle uns Inquisi-
toren mehr aus banger Sorge heraus übergeben wor-
den ist, der wir auch, nach Kräften tätig, mit Gottes
Hilfe Rechnung tragen.
Daher hilft auch das erste Argument jenen [spani-
schen] Inquisitoren nicht, sondern läßt vielmehr auch
auf das Gegenteil schließen, wenn solche Simonisten
bloß durch eine Rechtsvermutung für Ketzer erachtet
werden, über welche die Bischöfe für sich, ohne die
Inquisitoren zu berufen, urteilen können. Vielmehr
haben sich die Inquisitoren nicht bezüglich der Simo-
nisten einzumischen, und aus demselben Grund auch
nicht bezüglich anderer, die nur nach einer Rechtsver-

Hexen
4.639 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 619

mutung als Ketzer beurteilt werden. Denn gegen


schismatische Bischöfe und gegen andere höhere Prä-
laten können sie nicht vorgehen, wie sich aus c. in-
quisitionis de here. li. 673 ergibt, wo es heißt: »Die
vom apostolischen Stuhl oder beliebigen anderen ab-
geordneten Ketzerinquisitoren können bezüglich eines
derartigen Verbrechens gegen diese nicht inquirieren
noch unter diesem Vorwand gegen sie vorgehen,
außer wenn es in der Urkunde der Beauftragung durch
den apostolischen Stuhl ausdrücklich steht. Wenn je-
doch die Inquisitoren selbst wissen oder finden, daß
sich Bischöfe oder andere höhere Prälaten des Verbre-
chens der Ketzerei schuldig gemacht haben oder sie
deshalb in schlechtem Leumund stehen oder verdäch-
tig sind, so sollten sie gehalten sein, dies dem aposto-
lischen Stuhl zu melden.«
Zum zweiten [Argument] ergibt sich die Antwort in
ähnlicher Weise aus dem zuvor Gesagten. Denn einer,
der einen Ketzer anbetet, ist dann ein Ketzer, wenn er
ihn selbst in dem Glauben anbetet, er sei um seiner
Lehre und Meinung willen anzubeten oder zu vereh-
ren. Wenn er ihn aber um eines zeitlichen [Vorteils]
willen, ohne irgendeinen Glaubensirrtum im Ver-
stande verehrt, so ist er nicht eigentlich ein Ketzer,
sondern [nur] aufgrund einer Rechtsfiktion oder Ver-
mutung oder Analogie. Weil er [nur] handelt, als ob
er schlecht vom Glauben dächte, so wie jener, den er

Hexen
4.640 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 619

anbetet, deshalb wird er noch nicht dem Gericht der


Inquisitoren unterstellt.
Zum dritten [Argument] ergibt sich aus dem Vori-
gen [96ra], daß, auch wenn [jemand] von der Kirche
wegen äußerer gesehener und bewiesener Taten wie
ein Ketzer beurteilt wird, doch daraus nicht folgt, daß
er immer der Natur der Sache nach ein Ketzer ist;
sondern er gilt als solcher durch die Rechtsvermu-
tung, weshalb er auch in jenem Fall dem Gericht der
Inquisitoren entgeht, weil er nicht offenkundig nach
Ketzerei schmeckt.
Zum vierten [Argument] ist zu sagen, daß es damit,
weil es nicht möglich sei, daß jemand den Leib Chri-
sti74 mit Füßen trete, ohne daß er vom Leib Christi
falsch denke oder über eine Verkehrtheit des Glau-
bens über den Leib Christi verfüge, etwas Falsches
unterschiebt: weil er das in dem Bewußtsein tun kann,
daß er sündigt und im festen Glauben, daß das der
Leib Christi sei. Er tut es jedoch, um dem Dämon ge-
fällig zu sein und leichter von ihm zu erhalten, was er
von ihm will. Und mag jeder Böse irren, so tut er es
doch weder durch einen Irrtum des Verstandes, was
Ketzerei ist, noch sonst irrig, indem er falsch von den
Dingen denkt, die des Glaubens sind, sondern [indem
er verkehrt] von irgendeiner Eigenschaft denkt, deren
Gegenteil in Lastern ausgeführt wird.
Und so viel über den ersten Hauptpunkt, der zur

Hexen
4.641 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 620

Ketzerei, im eigentlichen Sinne genommen, erfordert


wird, und demgemäß ein Ketzer dem Gericht der In-
quisitoren unterstellt werden muß.
Es steht nicht entgegen, wenn gesagt werden sollte:
der Inquisitor kann doch auch gegen die wegen Ketze-
rei übel Beleumundeten leicht, stark oder schwer Ver-
dächtigen und solche, die nicht offenkundig nach Ket-
zerei schmecken, vorgehen. Es wird geantwortet: Er
kann inquirieren und gegen solche vorgehen, insofern
sie der eigentlich so genannten Ketzerei verdächtig
oder deshalb übel beleumundet sind, von der wir jetzt
auch sprechen, wie oft erwähnt worden ist; [gegen die
Ketzerei], welche einen Irrtum im Verstande und die
vier anderen noch folgenden Voraussetzungen auf-
weist75. Deren zweites ist, daß ein solcher Irrtum
sich auf das bezieht, was des Glaubens ist, oder gegen
die Wahrheit der Bestimmung der Kirche in den Din-
gen ist, die sich auf den Glauben und die guten Sitten
und das zur Erlangung des ewigen Lebens Nötige be-
ziehen. Wenn nämlich der Irrtum das beträfe, was
sich nicht auf den Glauben bezieht, z.B. wenn jemand
glauben würde, die Sonne sei nicht größer als die
Erde und dergleichen, so ist das kein gefährlicher Irr-
tum. Ein Irrtum aber gegen die Heilige Schrift, gegen
Glaubensartikel, gegen eine Entscheidung der Kirche,
wie oben [erwähnt], ist Ketzerei ar. 24 q. 1, hec est
fides76.

Hexen
4.642 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 621

Desgleichen, weil die Entscheidung zweifelhafter


Glaubensangelegenheiten hauptsächlich die Kirche
und vorzüglich den höchsten Pontifex, den Stellver-
treter Christi, angeht, den Nachfolger Petri, wie es
ausdrücklich ar. 24 q. 1 Quotiens77 heißt, und
gegen die Entscheidung [96rb] der Kirche kein Ge-
lehrter oder Heiliger seine Meinung behauptet, wie
Thomas 2,278 sagt, weder Hieronymus noch Augu-
stinus noch ein anderer, so ist folglich wie derjenige,
welcher hartnäckig gegen den Glauben Meinungen
vertritt, auch derjenige, der hartnäckig Meinungen
gegen die Entscheidungen der Kirche in Dingen, die
den Glauben und das zum Heil Nötige betreffen, ver-
tritt, ein Ketzer. Denn daß die Kirche selbst im Glau-
ben niemals geirrt hat, wird bewiesen gemäß 24 q. 1
A recta79 und mit anderen Kanones. Maßgeblich
aber heißt es, daß derjenige ein Ketzer ist, welcher
nicht einfach gegen eine Entscheidung der Kirche Be-
hauptungen aufstellt, sondern nur in dem, was den
Glauben und das Heil angeht. Denn wer in anderem
das Gegenteil annimmt, ist kein Ketzer, z.B. [wenn
jemand behauptet], daß das Recht nicht vom Ge-
brauch bei Gütern, die durch den Gebrauch aufge-
braucht werden, getrennt werden kann80, was Johan-
nes XXII. in extravagis Ad conditorem81 erklärt
und bestimmt hat, wo er sagt, Leute, die dieser An-
sicht widersprächen, seien uneinsichtig und rebellisch

Hexen
4.643 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 621

gegen die Kirche, aber keine Ketzer.


Das dritte, was erfordert wird, ist, daß der Irrtum
bei einem vorliegt, der die rechtgläubige Wahrheit be-
kannt hat. Wenn nämlich jemand den christlichen
Glauben nie bekannt hat, ist er kein Ketzer, sondern
einfach ein Ungläubiger, wie der Jude und Heide, die
außerhalb [des rechten Glaubens] leben. Daher [sagt]
Augustinus de ci. dei82: »Als der Teufel sah, daß
das Menschengeschlecht vom Kult der Götzen und
Dämonen befreit würde, setzte er die Ketzer in Bewe-
gung, welche unter dem christlichen Namen die
christliche Lehre bekämpfen.« Es ist also nötig, um
ein Ketzer zu sein, daß der Irrtum in jenem ist, wel-
cher in der Taufe den christlichen Glauben angenom-
men hat.
Das vierte, was erfordert wird, ist, daß ein solcher
Irrtum bei dem vorliegt, der den Glauben in der Weise
angenommen hat, daß er irgendeine auf die Göttlich-
keit oder Menschlichkeit bezogene Wahrheit über
Christus bekennt. Wenn er nämlich überhaupt keine
Wahrheit bekennt, würde er eher für einen Apostaten,
denn für einen Ketzer erachtet werden, wie zum Bei-
spiel [Kaiser] Julianus Apostata83. Der eine wird
vom anderen unterschieden, mag auch manchmal der
eine für den anderen gehalten werden. Darunter finden
sich Leute, die bisweilen, von Armut und verschiede-
nen Beschwernissen getroffen, Leib und Seele dem

Hexen
4.644 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 622

Teufel übergeben und den Glauben ableugnen, wenn


ihnen der Teufel nur in ihren Nöten und zum Besitz
von Reichtümern und Ehren beisteht84. Wir Inquisi-
toren kennen etliche, die später Buße taten, die durch-
aus ohne Irrtum bezüglich des Glaubens im Ver-
stande, nur um zeitlicher Vorteile willen [96va] sol-
ches begangen haben, weshalb sie weder eigentlich
als Ketzer noch wiederum als Apostaten vom Herzen
her, wie Julianus, betrachtet werden können, mögen
sie auch mehr für Apostaten gehalten werden. Aposta-
ten vom Herzen her aber werden, wenn sie nicht ab-
lassen wollen, wie unbußfertige Ketzer dem weltli-
chen Gericht übergeben. Wenn sie es aber wollen, so
werden sie wie bußfertige Ketzer aufgenommen nach
c. ad abolendam § praesenti, de here. li. 585.
Damit stimmt Raymundus ti. de apostatis, c. re-
vertentes86 überein, wo er sagt, die von der Ruchlo-
sigkeit der Apostasie Umkehrenden seien wie von der
Ketzerei Umkehrende aufzunehmen, da sie Ketzer ge-
wesen seien. Hier wird das eine für das andere ge-
nommen, wie es oben erörtert worden ist. Er fügt
hinzu: »Jene aber, welche aus Furcht vor dem Tod
den Glauben ableugnen – das begreife [in dem Sinne]:
die wegen eines zeitlichen Vorteils für den Teufel den
Glauben ableugnen und aus Irrtümern heraus nicht
glauben – wenn sie auch von Rechts wegen keine
Ketzer sind – man bemerke hierzu, daß es keine Ket-

Hexen
4.645 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 622

zer im eigentlichen Sinne sind; er fügt hinzu –, indem


sie im Geiste keinen Irrtum haben. Jedoch nach dem
Urteil der Kirche, die nach dem Äußerlichen das Inne-
re zu beurteilen hat, sind sie für Ketzer zu halten –
man merke hier an: durch juristische Fiktion –; und
wenn sie umkehren, sind sie als reuige Ketzer anzu-
nehmen. Denn die Furcht vor dem Tode ist keine
Furcht, die einen gestandenen Mann treibt, den christ-
lichen Glauben abzuleugnen.« So verstehe es auch be-
züglich der zeitlichen Vorteile. Daraus schließt er:
»Es ist seliger zu sterben als [den Glauben] abzuleug-
nen oder sich von Götzendienst zu nähren, wie Augu-
stinus sagt«, und zwar wird er zitiert 32, q. 4.
Ein ähnliches Urteil gilt hinsichtlich der Zauberer
und Hexen, die den Glauben ableugnen; daß sie näm-
lich, wenn sie davon ablassen wollten, als bußfertig
aufgenommen würden, ohne daß sie dem weltlichen
Gericht überlassen würden. In jedem Falle jedoch
werden sie wieder in den Schoß der Kirche aufgenom-
men, wenn sie darum bitten, andernfalls sie dem welt-
lichen Gericht überantwortet werden87; und zwar
wegen der [von ihnen] verübten zeitlichen Schäden,
wie es sich bei den Formen, das Urteil zu fällen, er-
weisen wird. Und alles führt der genannte Ordinarius
durch, so daß ihm auch der Inquisitor seine Geschäfte
übertragen kann, wenigstens in diesem Fall der Apo-
stasie. Anders ist es in anderen Fällen der Wahrsager.

Hexen
4.646 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 623

Das fünfte, was erforderlich ist, daß jemand im ei-


gentlichen Sinne ein Ketzer sei, ist, daß er einen sol-
chen Irrtum mit gefestigtem und hartnäckigem Sinn
erwählt und halsstarrig den Meinungen folgt. Daher
heißt nach [96vb] Hieronymus88 Ketzerei von der
[Begriffs]wahl her [so]. Und daher ist nach Augusti-
nus89 nicht der, welcher falsche Meinungen aufstellt
oder [solchen] folgt, sondern, der, welcher sie hart-
näckig verteidigt, für einen Ketzer zu erachten. Wenn
daher jemand nicht mit verstockter Böswilligkeit
etwas gegen den Glauben denken würde, sondern aus
Unwissenheit, bereit, gebessert zu werden, wenn er
merkt, daß es falsch ist oder wenn ihm gezeigt wird,
daß es gegen den Glauben oder die Heilige Schrift ist
oder gegen eine Bestimmung der Kirche, 24 q. 3, so
sagte der Apostel, und so sagte Augustinus selbst:
»Ich werde irren können, ein Ketzer werde ich nicht
sein«, weil er nämlich bereit war, gebessert zu wer-
den, wenn ihm ein Irrtum aufgezeigt worden wäre. Es
steht auch fest, daß täglich unter den Gelehrten be-
züglich der göttlichen Dinge verschiedene, und zwar
manchmal sich widersprechende Meinungen vorlie-
gen, so daß notwendigerweise die eine falsch sein
muß. Und doch wird keine von ihnen für falsch erach-
tet, bis sie von der Kirche entschieden worden ist, ar.
24 q. 3 Qui in ecclesia90.
Aus allen diesen Dingen wird geschlossen, daß der

Hexen
4.647 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 624

Beweis, die Zauberer oder auch andere, die auf ir-


gendeine Weise die Dämonen anrufen, unterständen
dem Gericht der Inquisitoren, mit den Aussprüchen
der Kanonisten über das angeführte Wort »schmek-
ken«, welches im c. accusatus91 enthalten ist, nicht
hinreichend bewiesen wird, da solche von ihnen [nur]
aufgrund einer Rechtsfiktion als Ketzer beurteilt wer-
den. Noch auch [wird jener Beweis geführt] durch die
Aussprüche der Theologen, da auch sie solche Leute
Apostaten mit Wort oder Werk nennen, aber nicht mit
Geist und Herz. Diesem Irrtum beugt das Wort
»schmecken« vor. Und mögen sie auch als Ketzer be-
urteilt werden, so folgt doch deshalb nicht, daß der
Bischof ohne den Inquisitor nicht bis zum Endurteil
gegen sie vorgehen oder sie zur Kerkerstrafe bestim-
men oder der Folter aussetzen kann. Wenn diese Ent-
scheidung aber dazu nicht auszureichen scheint, uns
Inquisitoren der Inquisition der Hexen zu entheben,
so wollen wir das von Rechts wegen gar nicht92 erst
verlangen, wenn wir unsere Geschäfte hierbei wenig-
stens hinsichtlich der Fällung des Urteils den Bischö-
fen übertragen können. Das wird nämlich in c. multo-
rum festgehalten, am Anfang de here. in cle.93, wo
es folgendermaßen heißt: »Die Wehklagen vieler«
und unten »damit das Geschäft derartiger Inquisition
um so glücklicheren Erfolg habe, so daß in der Folge
die Aufspürung eben jener Seuche [97ra] eifriger,

Hexen
4.648 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 624

fleißiger und vorsichtiger betrieben wird, auf daß es


sowohl von den Bischöfen der Diözese als auch von
den vom apostolischen Stuhl abgeordneten Inquisito-
ren unter Ausschaltung jedes irdischen Hasses oder
Furcht oder irgendwelchen Strebens nach zeitlichem
Vorteil ausgeübt werde; so daß jeder beliebige von
den Vorgenannten ohne den anderen [den Delinquen-
ten] vorladen und festsetzen oder fangen wie auch in
sicheren Gewahrsam tun kann, indem er ihn in eiserne
Fuß- und Handschellen legt, wenn es ihm beliebt. Be-
züglich der Durchführung dieser Maßnahmen be-
schweren wir dessen eigenes Gewissen. Ebenso [kann
jeder von beiden] inquirieren gegen jene, bezüglich
derer es ihm für ein derartiges Unternehmen bei Gott
und der Gerechtigkeit förderlich scheint. Doch jene
einem harten Gefängnis zu übergeben, das mehr zur
Strafe als zur Bewachung [zu dienen] scheint oder sie
Foltern auszusetzen oder gegen sie zum Urteilsspruch
zu schreiten, wird der Bischof ohne den Inquisitor
oder der Inquisitor ohne den Bischof oder dessen De-
legierten – oder den des Kapitels, falls der Bischofs-
stuhl vakant ist – nicht können, wenn sie miteinander
innerhalb eines Zeitraumes von acht Tagen, nachdem
sie einander angefordert haben, zusammenkommen
können. Und wenn anders vorgegangen worden sein
sollte, sei es null und nichtig von Rechts wegen.«
Später folgt bezüglich unseres Themas: »Aber wenn

Hexen
4.649 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 625

der Bischof oder dessen Delegierter – oder der des


Domkapitels, falls dessen Sitz vakant ist – mit dem
Inquisitor oder der Inquisitor mit einem von diesen
wegen der genannten [Gründe] nicht persönlich zu-
sammenkommen können, kann der Bischof oder des-
sen Delegierter – oder der des Domkapitels, falls der
Sitz vakant ist – dem Inquisitor oder der Inquisitor
dem Bischof oder dessen Delegierten – oder bei Se-
disvakanz jener, der dazu vom Kapitel abgeordnet
wurde –, diesbezüglich seinen Platz überlassen oder
durch einen Brief seinen Rat und seine Zustimmung
bekunden.«
Hieraus ergibt sich, daß, wenn auch in fünf Fällen
der eine ohne den anderen, bei dreien jedoch keines-
falls [so] vorgehen kann, doch der eine dem anderen
seinen Platz übertragen kann, besonders zur Fällung
des Urteils. Und deshalb haben wir auch für die ge-
genwärtigen Fälle beschlossen, dies [so] zu tun, so-
lange die anderen Inquisitoren in ihren Grenzen blei-
ben.
Wenn wir also auf die Argumente antworten, so er-
gibt sich aus dem vorigen für die ersten sechs Argu-
mente, die für die Inquisitoren streiten, die Entschei-
dung, daß deren Inquisition die Zauberer und Wahr-
sager nicht zu unterliegen scheinen. Bezüglich der an-
deren Argumente für die Bischöfe aber, ist es für den
Fall, daß sie sich selbst von der Inquisition der Hexen

Hexen
4.650 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 626

[97rb] entlasten wollten und sie dem weltlichen Rich-


ter überlassen möchten, klar, daß sie das nicht so
leicht tun können wie die Inquisitoren, weil es bei
einem Verbrechen der Ketzerei nach c. ad abolend-
am und c. vergentis und c. excommunicamus
utrumque extra de hereticis94 Sache des kirchli-
chen Richters ist, zu untersuchen und zu strafen, wenn
das Urteil auf eine Strafe des Blutes hinausläuft, nicht
jedoch, wenn auf andere Bußstrafen [zu erkennen ist].
Es scheint auch, daß bei der Ketzerei der Hexen,
wenn auch nicht in anderen Ketzereien, auch die Bi-
schöfe selbst ihre Rollen beim Untersuchen und Ver-
urteilen an das weltliche Gericht abtreten könnten.
Einmal ist, wie in den Argumenten angesprochen
wird, dieses Verbrechen der Hexen nicht rein kirch-
lich, sondern im Gegenteil wegen der zeitlichen Schä-
den, die [von den Hexen] zugefügt werden, mehr
weltlich; dann auch, weil man sieht, daß besondere
Gesetze bei der Bestrafung der Hexen bezüglich des
ganzen Herganges der Bestrafung erlassen worden
sind.
Es scheint auch, daß dieser Prozeß sehr viel zur
Ausrottung der Hexen und zur größten Entlastung der
Bischöfe beitragen würde, angesichts eines furchtba-
ren Richters, abgesehen von dem strengen Gericht,
das gehalten werden wird, da nach dem Zeugnis der
Schrift95 das strengste Gericht denen droht, die regie-

Hexen
4.651 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 626

ren.
Nach dieser Unterscheidung werden wir vorgehen,
nämlich daß der weltliche Richter untersuchen und ur-
teilen kann bis zum endgültigen Urteil, bis zur Buße,
die er von den Bischöfen [gesagt] bekommt; anders
bezüglich eines Blut[urteils], das er für sich fällen
kann.
Damit also die Richter sowohl auf dem kirchlichen
als auch auf dem weltlichen Forum die Formen der
Untersuchung, des Urteilens und der Urteilsfällung
immer vornehmen können, wird folgerichtig in drei
[Schritten] der Hauptsache nach vorzugehen sein: er-
stens, welches die Form ist, einen Glaubensprozeß
einzuleiten, zweitens, ihn fortzusetzen, drittens, ihn in
Hexensachen zu beenden und das Urteil zu fällen.
Beim ersten Punkt [gibt es] fünf Probleme: das erste,
welche von den drei Prozeßarten, die im Recht vorge-
geben sind, die einschlägigere sei; das zweite, von der
Anzahl der Zeugen; das dritte, ob sie zum Schwören
gezwungen werden könnten; das vierte, von der Be-
schaffenheit der Zeugen; das fünfte, ob Todfeinde zur
Zeugenschaft zugelassen werden [97va].
Der zweite Teil enthält elf Fragen. Die erste, wie
die Zeugen zu überprüfen sind, und daß immer fünf
Personen anwesend sein müssen; desgleichen, wie die
Hexen im allgemeinen und im besonderen zu befragen
sind; und zwar wird das in der Reihenfolge des Bu-

Hexen
4.652 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 627

ches die sechste sein, indem die Zählung geändert


wird, damit der Leser den gewünschten Stoff umso
leichter finde. Die zweite erklärt verschiedene Zweifel
bezüglich verneinender Antworten; wann [die Person]
einzukerkern und wann sie für eine offenkundig in der
Ketzerei der Hexen Ertappte zu halten sei. Die dritte,
von der Form, die Hexen zu verhaften. Die vierte von
den beiden [Maßnahmen], die der Richter nach der
Verhaftung treffen muß, und ob die Namen der Aus-
sagenden ihr zu offenbaren und ihr Verteidigungen zu
gestatten seien. Die fünfte, wie die Verteidigungen
mit der Gestellung eines Anwalts zuzulassen seien.
Die sechste, was der Anwalt tut, wenn ihm die Namen
der Zeugen nicht bekanntgegeben werden und wenn er
vor dem Richter eine Todfeindschaft vorbringt. Die
siebte, wie der Richter eine Todfeindschaft zu ermit-
teln hat. Die achte das, was der Richter zu beachten
hat, bevor er die Beschuldigte den Folterungen aus-
setzt. Die neunte von der Form, zu den [peinlichen]
Befragungen und Folterungen zu verurteilen. Die
zehnte von der Fortsetzung der Folterungen und wie
sie [die Beschuldigten] zu foltern sind und von den
Vorkehrungen gegen und Anzeichen für den Schwei-
gezauber. Die elfte über die Schlußfragen und vom
Richter zu treffenden Anstalten.
Der dritte Teil enthält zunächst drei Fragen, die der
Richter beachten und aus denen das endgültige Urteil

Hexen
4.653 [III/0] Ob die Hexen und ihre Begünstiger Hexenhammer, 627

hervorgehen muß: die erste, ob auf die Probe des glü-


henden Eisen96 erkannt werden kann? Die zweite von
der Form, wie jedes Urteil gefällt werden muß. Die
dritte, aufgrund welcher Verdachtsgründe man urtei-
len kann und wie man nach jedem einzelnen Ver-
dachtsgrund das Urteil fällen muß. Endlich zum letz-
ten Teil von den zwanzig Formen, das Urteil zu fäl-
len, von denen dreizehn allen Ketzereien gemeinsam
sind, die übrigen speziell für die Ketzerei der Hexen.
Und weil sie an ihren Stellen [im Buch] klar hervor-
treten werden, werden sie der Kürze halber hier nicht
bezeichnet.

Hexen
4.654 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 628

[III/1,1] Erste Frage. Über die Form, den Prozeß


zu beginnen

[97vb] Es wird also zuerst gefragt, welche die für die


Eröffnung eines Glaubensprozesses gegen die Hexen
zutreffende Form sei. Und es wird geantwortet: Unter
den drei Formen, die extra de accusationibus, den-
unt[iatione] et inquisitione97 angesprochen werden,
ist die erste, daß jemand jemanden des Verbrechens
der Ketzerei oder der Begünstigung vor dem Richter
anklagt, indem er sich erbietet, jenes zu beweisen,
und sich der Talionsstrafe98 verschreibt, falls er es
nicht beweist. Und die zweite Form, wenn einer je-
manden denunziert, jedoch so, daß er sich nicht erbie-
tet, es beweisen zu wollen, noch Partei sein will, son-
dern sagt, er denunziere aus Glaubenseifer oder auf-
grund des [drohenden] Urteils der Exkommunikation,
die durch den Ordinarius oder dessen Vikar verhängt
wird, oder aufgrund einer weltlichen Strafe, die der
weltliche Richter gegen die verhängt, die nicht denun-
zieren. Und die dritte Form ist die durch Inquisition,
d.h., wenn kein Ankläger oder Denunziant vorhanden
ist, sondern das Gerücht in einer Stadt oder einem Ort
umgeht, daß es da Hexen gebe. Und dann hat der
Richter nicht auf Betreiben einer Partei, sondern von
Amts wegen99 vorzugehen.

Hexen
4.655 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 629

Dazu ist zu bemerken, daß der Richter die erste


Form zu prozessieren nicht gern zuläßt; einmal, weil
sie in der Glaubenssache nicht gebräuchlich ist, noch
dazu in der Sache der Hexen, die ihren Schadenszau-
ber im verborgenen ausführen; dann auch, weil sie für
den Ankläger wegen der Talionsstrafe sehr gefährlich
ist, die verhängt würde, wenn er beim Beweisen ver-
sagte; dann auch, weil sie viel Streit aufwirft.
[Der Richter] beginne den Prozeß100 durch eine
allgemeine Vorladung, die er an die Doppeltüren der
Pfarrkirche oder des Rathauses heftet, folgenderma-
ßen [lautend]: »Da wir, der Vikar dieses oder jenes
Ordinarius oder der Richter dieses oder jenes Herrn,
mit allen unseren Kräften begehren und aus vollem
Herzen wünschen, daß das uns anvertraute Volk in
der Einheit und Erhabenheit des rechten Glaubens eif-
rig unterwiesen und von aller Pest der ketzerischen
Verkehrtheit innerlich ferngehalten werde, daher ord-
nen wir an, der genannte Richter, dem dies nach dem
übertragenen Amt zusteht, zum Ruhme und zur Ehre
des verehrungswürdigen Namens Jesu Christi und zur
Erhöhung des heiligen, rechten Glaubens, wie auch
zur Niederdrückung der ketzerischen Verkehrtheit be-
sonders bei den Zauberern und Hexen im allgemeinen
und besonderen, je nach Sachlage, Beschaffenheit –
hier merke: [98ra] Wenn es ein kirchlicher Richter
ist, der inquiriert, füge er hinzu: des Standes, Ordens

Hexen
4.656 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 629

oder Würde – sie seien, die sich innerhalb der Gren-


zen dieser Stadt oder dieses Ortes oder um sie herum
bis zu zwei Meilen befinden, zu deren Kenntnis diese
Verfügungen gelangen mögen, – der kirchliche Rich-
ter füge hinzu: mit der Autorität, die uns in diesem
Lande zukommt – in der Tugend heiligen Gehorsams
und unter der Strafe der Exkommunikation, daß inner-
halb der nächsten zwölf Tage – der weltliche Richter
wird hier in seiner Weise und mit Hilfe der bei ihm
üblichen Strafen befehlen –, deren erste vier als erster,
die übrigen vier, die den vier unmittelbar folgen, als
zweiter und die letzten vier als dritter Termin gerech-
net werden, [und] wir halten in je drei kanonischen
Ermahnungen dazu an, uns zu offenbaren, wenn je-
mand weiß, gesehen oder gehört hat, daß irgendeine
Person als Ketzerin oder Hexe übel beleumundet oder
verdächtig sei und daß sie insbesondere solche Dinge
betreibe, die zu einer Schädigung der Menschen, des
Viehs oder der Feldfrüchte und zu einem Schaden des
Gemeinwesens zu führen vermag. Wenn jemand unse-
ren genannten Ermahnungen und Befehlen nicht ge-
horcht, indem er das Vorhergehende innerhalb des
veranschlagten Zeitraums nicht enthüllt, wisse er –
der kirchliche Richter füge hinzu: [daß er] mit dem
Dolch der Exkommunikation durchbohrt sei. Der
weltliche Richter füge weltliche Strafen hinzu –. Die-
ses Urteil der Exkommunikation verhängen wir gegen

Hexen
4.657 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 630

alle und jede, die so, wie gesagt, verstockt sind, unter
Übertretung unserer erwähnten kanonischen Ermah-
nung, die ihren Gehorsam fordert, jetzt wie dann und
dann wie jetzt in diesem Schriftstück, indem wir die
Absolution von diesen Urteilssprüchen bloß uns vor-
behalten. – Der weltliche Richter schließt in seiner
Weise. – Gegeben« etc.
Bemerke außerdem bezüglich der zweiten Form:
Da, wie gesagt, die zweite Form zu prozessieren und
den Glaubensprozeß anzufangen in der Weise der De-
nunzierung geschieht, wobei der Denunziant nicht an-
tritt, es beweisen zu wollen, noch eine Partei bildet,
sondern sagt, er denunziere aufgrund des verhängten
Urteils der Exkommunikation oder aus Glaubenseifer
und zum Besten des Gemeinwesens, so muß der welt-
liche Richter in seiner allgemeinen Vorladung oder er-
wähnten [98rb] Ermahnung besonders bemerken, daß
niemand meinen solle, er mache sich strafbar, auch
wenn er bei der Beweisführung versagt habe. Denn er
bietet sich nicht als Ankläger, sondern als Denunziant
an. Und dann, weil viele vor dem Richter zum Denun-
zieren erscheinen werden, muß sie der Richter notie-
ren, um in der folgenden Weise vorzugehen: Zunächst
bestelle er einen Notar101 oder zwei ehrenwerte Per-
sonen, seien es nun Kleriker oder Laien; oder wenn
man keinen Notar bekommen kann, seien es an Stelle
des Notars zwei geeignete Männer. Das wird nämlich

Hexen
4.658 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 631

verfügt in c. ut officium, § verum, li. 6102, wo es so


heißt: »Aber weil im Fall eines schweren Verbrechens
mit viel Vorsicht vorgegangen werden muß, damit
gegen die Schuldigen ohne jeden Irrtum die Strenge
einer harten und würdigen Bestrafung ergehen werde,
wollen und befehlen wir, daß ihr bei der Prüfung der
Zeugen, welche bezüglich des genannten Verbrechens
wegen der es selbst betreffenden [Umstände] ange-
nommen werden müssen, zwei fromme und angesehe-
ne Personen hinzuzieht – hierzu Archidiaconus103
in der Glosse: ›Man kann darunter ehrenwerte Leute
verstehen, seien es nun Kleriker oder Laien‹ –, in
deren Gegenwart, wie folgt, durch eine öffentliche
Persönlichkeit, wenn ihr sie umstandslos kriegen
könnt, oder durch zwei geeignete Männer die Aussa-
gen dieser Zeugen getreulich niedergeschrieben wer-
den.« Merke also, daß der Richter unter Hinzuziehung
dieser Personen dem Denunzianten aufgibt, schriftlich
oder wenigstens mündlich auszusagen.
Und dann beginne der Notar oder der Richter den
Prozeß in der Weise wie folgt: »Im Namen des Herrn,
Amen. Im Jahre von der Geburt des Herrn an etc., an
diesem oder jenem Tag, dieses oder jenes Monats, in
meiner, des Notars, und der unterzeichneten Zeugen
Gegenwart, erschien der und der aus dem und dem
Ort der und der Diözese, wie oben, persönlich an dem
und dem Ort vor dem ehrenwerten Richter und brach-

Hexen
4.659 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 631

te demselben ein Blatt Papier folgenden Wortlautes. –


Es werde in voller Länge eingelegt! – Wenn es aber
nicht mit einem Blatt Papier, sondern mündlich er-
folgt, dann werde es so niedergelegt: Es erschien etc.
und zeigte denselben an, daß der und der aus dem und
dem Ort der und der Diözese behauptet und gesagt
habe, er wisse das und das oder [der] habe ihm oder
anderen die und die Schäden zugefügt.« Wenn dies
geschehen ist, soll er den Denunzianten unverzüglich
wie üblich schwören lassen, entweder auf die vier
Evangelien Gottes oder auf das Kreuz mit drei erho-
ben und zwei nieder gehaltenen Fingern, zum Zeugnis
[98va] der heiligen Dreifaltigkeit und bei Verdamm-
nis von Seele und Leib, die Wahrheit dessen zu versi-
chern, was er als Denunziant ausgesagt hat. Nach Lei-
stung des Eides wird er ihn fragen, woher er weiß,
daß das wahr sei, was er denunziert habe, und ob er
es gesehen oder gehört habe. Wenn er sagen sollte, er
habe etwas gesehen, z.B. daß [der Verdächtige] dort
zu der und der Stunde des Sturmes angetroffen wurde
oder daß er das Vieh berührt habe oder in den Stall
getreten sei, dann wird der Richter fragen, wo er jenen
gesehen habe, wann und wie oft und auf welche
Weise, und welche [Personen] dabei gewesen seien.
Wenn er sagen sollte, er habe es nicht gesehen, son-
dern gehört, wird er ihn fragen, von wem er es gehört
habe, wo, wann, wie oft und in wessen Gegenwart,

Hexen
4.660 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 632

wobei er über jegliche Aussage einzeln und separat


Artikel formuliert. Und der Notar oder Schreiber soll
alles in den Akten oder sogleich im Prozeß niederle-
gen und nach der erwähnten Denunzierung so fortfah-
ren: »Als diese Denunzierung nun, wie vorausge-
schickt, geschehen war, ließ der Inquisitor unverzüg-
lich den Denunzianten persönlich auf die vier Evange-
lien etc. wie oben schwören, daß er bezüglich dessen,
was er durch Denunzierung ausgesagt hatte, die
Wahrheit gesagt habe. Und er fragte denselben, woher
und auf welche Weise er das, was er denunziert habe,
erfahren hatte oder [woher und auf welche Weise] er
den Verdacht hege, daß es wahr sei. Er antwortete,
daß er es gesehen oder gehört habe. Er [der Inquisi-
tor] fragte, wo er es gesehen und wo er es gehört
habe. Und er sagte, an dem und dem Tag des und des
Monats des und des Jahres in dem und dem Ort. Er
[der Inquisitor] fragte, wie oft er es gesehen oder ge-
hört habe etc. Und es sollen, wie gesagt, Artikel for-
muliert und alles zu den Prozeß[akten] gelegt werden.
Und im besonderen wird er [der Denunziant] befragt,
wer seine Mitwisser in der und der Sache seien und
welche es [sonst noch] wissen können. Nachdem das
alles so ausgeführt worden ist, wird er zum letzten be-
fragt, ob er aus bösem Willen, Haß oder Groll denun-
ziert oder aus Gunst und Zuneigung etwas ausgelas-
sen oder ob er auf Ersuchen oder als Untergebener de-

Hexen
4.661 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 632

nunziert habe. Und schließlich wird ihm kraft des ge-


leisteten Eides auferlegt, was immer er dort gesagt
habe oder ihm durch den Richter gesagt worden ist,
geheim zu halten. Und alles wird zu den Prozeßakten
gelegt, und wenn alles erledigt sei, soll kurz darunter
gesetzt werden: »Diese Dinge sind verhandelt worden
an dem und dem Ort, an dem und dem Tag des und
des Monats indem und dem Jahr in Gegenwart mei-
ner, des Notars oder Schreibers, indem der und der
von mir hinzugezogen worden ist zur Unterstützung
des Amtes des Schriftführers, und der und der hinzu
gerufenen und gebetenen Zeugen.«
[98vb] Die dritte Form, den Prozeß zu beginnen,
die auch die gewöhnliche und gebräuchliche Form ist.
Und da sie insofern geheim ist, als sich kein Ankläger
oder Denunziant anbietet, sondern das Gerücht in
einer Stadt oder einem Ort über eine Hexe und auch
diese oder jene [Person] umgeht, und wenn der Rich-
ter wegen eines Gerüchtes ohne allgemeine Vorla-
dung, wovon oben gehandelt wird, oder Aufforderung
kraft seines Amtes vorgehen will, deswegen, weil das
und das Geschrei häufig zu seinen Ohren gekommen
ist, dann kann er wiederum den Prozeß in Gegenwart
der Personen, wie oben, beginnen: »Im Namen des
Herrn, Amen. Im Jahre von der Geburt des Herrn, an
dem und dem Tage, in dem und dem Monat oder den
und den Monaten ist mehrmals durch öffentliches Ge-

Hexen
4.662 [III/1,1] Erste Frage Hexenhammer, 633

rücht hinterbracht und durch unüberhörbares Geflü-


ster verbreitet dem und dem Offizial oder Richter des
und des Ortes zu Ohren gekommen, daß der und der
aus dem und dem Ort das und das zum Schadenszau-
ber gehörende gegen den Glauben und den gemeinen
Nutzen des Gemeinwesens gesagt oder getan habe.
Und es soll alles niedergelegt werden, wie das Ge-
rücht umgeht; und kurz darunter: Verhandelt an dem
und dem Tage des und des Monats in dem und dem
Jahr in Gegenwart der und der gerufenen oder gebete-
nen Zeugen und unter meiner, des Notars so und so,
Amtsgewalt oder unter der Amtswaltung des und des
Schreibers.«
Aber bevor der zweite Teil begonnen wird, nämlich
wie ein derartiger Prozeß fortzusetzen sei, ist noch ei-
niges über die zu prüfenden Zeugen vorauszuschik-
ken, wie viele an der Zahl es sein müssen und von
welcher Beschaffenheit.

Hexen
4.663 [III/1,2] Zweite Frage Hexenhammer, 633

[III/1,2] Zweite Frage. Über die Anzahl der


Zeugen

Weil in der zweiten Form [den Prozeß einzuleiten]


von den Aussagen der Zeugen die Rede gewesen ist
und wie sie niedergeschrieben werden sollen, ist es
nötig, ihre Anzahl und Beschaffenheit zu wissen. Es
wird gefragt, ob der Richter [aufgrund der Aussagen]
zweier gesetzlicher, nicht singulärer Zeugen erlaubter-
weise irgendeine Frau wegen der Ketzerei der Hexen
verurteilen könne, oder ob mehr als zwei notwendig
sind. Und zwar heißen singuläre Zeugen solche, die in
den Aussagen abweichen, jedoch in der Substanz oder
in der Auswirkung der Sache übereinstimmen; z.B.
wenn der eine sagen würde, sie hat mir die Kuh be-
hext, der andere, das Kind, so würden sie bezüglich
des Schadenszaubers übereinstimmen. Hier aber wird
gefragt, ob die Zeugen nicht nur teilweise sondern
gänzlich übereinstimmen müssen. Und es wird geant-
wortet, daß, wiewohl streng nach dem Gesetz, zwei
Zeugen zu genügen scheinen [99ra], weil die Regel
lautet, daß im Mund zweier oder dreier [Zeugen] jede
Aussage Bestand habe104, so scheinen doch nach der
Billigkeit des Rechts in diesem Verbrechen zwei nicht
zu genügen. Einmal wegen der Ungeheuerlichkeit des
Verbrechens. Bei Verbrechen nämlich müssen die Be-

Hexen
4.664 [III/1,2] Zweite Frage Hexenhammer, 634

weise klarer als das Licht sein, ff. de probationibus


si autem105. Und die Ketzerei, besonders eine sol-
che, wird zu den schwereren Verbrechen gezählt. Und
wenn gesagt werden sollte, daß in diesem Verbrechen
leichtere Beweise genügen, weil durch ein leichtes Ar-
gument jemand entdeckt wird, C. de here. l. 2106:
»Durch eine leichte Behauptung, [nämlich] durch Zu-
rückweichen vom Urteil und Pfad der rechtgläubigen
Religion macht man sich zum Ketzer«, so wird geant-
wortet: Das ist richtig zum Verdacht gewinnen, aber
nicht zum Verurteilen, und umso mehr wegen der
Durchbrechung der gesetzlichen Ordnung in diesem
Verbrechen. Hierbei nämlich wird die Rechtsordnung
zugunsten des Glaubens durchbrochen. Der Beschul-
digte sieht weder die Zeugen schwören, noch werden
[sie] ihm bekannt gegeben, solange ihnen schwere
Gefahr drohen kann, wie es im c. Statuta de here. li.
6107 steht, weswegen der Beschuldigte [die Aussa-
gen] nicht vorhersehen kann. Aber der Richter selbst
ist gehalten, für sich und von Amts wegen, bezüglich
der Feindschaft der Zeugen [mit dem Beschuldigten]
zu inquirieren, weil sie [in einem solchen Fall], wie
sich unten108 ergeben wird, ausgeschlossen werden
[müssen]; auch [ist er gehalten,] sie immer wieder zu
fragen, wenn sie in der Sache des Gewissens verwor-
rene Aussagen gemacht haben. Das kann er tun nach
extra de testi. per tuas und ff. de questionibus re-

Hexen
4.665 [III/1,2] Zweite Frage Hexenhammer, 635

peti109. Denn je mehr dem Beschuldigten Verteidi-


gungsmittel entzogen werden, desto mehr obliegt dem
Richter die Sorge um sorgfältiges Inquirieren.
Wenn sich also zwei übereinstimmende und gesetz-
mäßige Zeugen gegen jemanden finden würden, mag
ich ihn infolgedessen nicht wegen eines so großen
Verbrechens verurteilen, sondern ihm, wenn er übel
beleumundet wäre, die Reinigung auferlegen oder
wegen schweren Verdachtes, der aus den Aussagen
zweier Zeugen entsteht, ihn abschwören lassen oder
[weiter] verhören oder das Urteil aufschieben. Denn
es scheint nicht sicher, auf das Wort zweier Zeugen
hin einen Menschen von gutem Ruf wegen eines so
großen Verbrechens zu verurteilen. Anders wäre es,
wenn er von schlechtem Ruf wäre. Darüber [handelt]
ausführlicher Archidiaconus in c. ut officium §
verum am Anfang de here. li. 6110, über das Wort
»Zeugen«, und in c. fidei, am Ende der Glosse jenes
Kanons111; eben dort auch Johannes Andreae112;
auch im c. excommunicamus itaque, extra de here.
§ addicimus113 heißt es, der Bischof lasse drei oder
mehr [99rb] Menschen von glaubwürdigem Zeugnis
schwören, die Wahrheit zu sagen, ob sie wissen, daß
in der Pfarrei dort solche Ketzer seien.
Ebenso, wenn gefragt wird, ob der Richter durch
singuläre Zeugen allein oder wenigstens im Zusam-
mentreffen mit Infamie gerechterweise jemanden

Hexen
4.666 [III/1,2] Zweite Frage Hexenhammer, 635

wegen einer solchen Ketzerei verurteilen könnte, so


wird geantwortet, daß es nicht so ist; weder durch sin-
guläre Zeugen allein noch auch im Zusammentreffen
mit Infamie: extra de testi cum literis114, besonders
da bei Verbrechen die Beweise klarer als das Licht
sein müssen, und bei diesem Verbrechen niemand
aufgrund einer [Rechts]vermutung zu verdammen ist,
extra de presump. literas115. Also wird einem sol-
chen die Reinigung bezüglich der Infamie und das
Abschwören bezüglich des schweren Verdachtes, der
sich aus den Zeugenaussagen erhebt, auferlegt. Doch
wo es singuläre Zeugen sind und sie immerhin in der
Substanz der Tat übereinstimmen und in der Offen-
kundigkeit der Tat zusammentreffen, da wird dann
das Gewissen des Richters belastet.
Aus dem »Directorium«116 ergibt sich die Frage,
wie oft die Zeugen verhört werden können.

Hexen
4.667 [III/1,3] Dritte Frage Hexenhammer, 636

[III/1,3] Dritte Frage [Über den Zeugniszwang


und das wiederholte Befragen der Zeugen]117

Wenn gefragt wird, ob der Richter die Zeugen zum


Schwören zwingen könne, ihm in einer Glaubenssa-
che oder einem Hexen[prozeß] die Wahrheit zu
sagen, und ob er sie auch mehrmals verhören könne,
so wird dies bejaht; besonders beim kirchlichen Rich-
ter, wie sich oben in c. ut officium § verum118 ge-
zeigt hat; und daß die Zeugen zu zwingen sind, in
kirchlichen Prozessen die Wahrheit unter Eid auszu-
sagen, Extra de testi. cogen. C. pervenit119; an-
dernfalls wird das Zeugnis nicht gelten. Und extra de
hereti. C. excommunicamus itaque § addici-
mus120 heißt es, der Erzbischof oder Bischof solle
sich in der Pfarrei, in der dem Gerücht zufolge Ketzer
wohnen sollen, umschauen und dort drei oder mehr
Männer mit gutem Zeugnis oder, wenn es ihm erfor-
derlich scheint, die ganze Nachbarschaft schwören
lassen. Und weiter unten folgt: »Wenn aber welche
von diesen vielleicht, die Eidespflicht in verdam-
mungswürdiger Widerspenstigkeit mißachtend, nicht
schwören wollen, sollen sie schon deshalb als Ketzer
erachtet werden.« Daß er sie aber mehrmals verhören
kann, dazu sagt Archidiaconus in c. ut officium §
verum121, zum Wort Zeugen folgendes: »Der Inqui-

Hexen
4.668 [III/1,3] Dritte Frage Hexenhammer, 636

sitor oder auch der Richter muß [99va] darauf be-


dacht sein, daß, wenn die Zeugen verworrene Aussa-
gen gemacht haben und über die Gewissenssache zu
unvollständig befragt worden sind, er mit ihnen die
Untersuchung wiederholen soll.« Denn das kann er zu
Recht tun, extra de testi. cogendis122, wie oben er-
wähnt worden ist, und ff. de questionibus repeti123.

Hexen
4.669 [III/1,4] Vierte Frage Hexenhammer, 637

[III/1,4] Vierte Frage. Über die Beschaffenheit


der Zeugen.

Frage nach den Eigenschaften der Zeugen. Merke, daß


Exkommunizierte, ebenso Komplizen und Gefährten
des Verbrechens, ebenso Infame und Verbrecher,
Knechte gegen ihre Herren zur Verhandlung und zum
Zeugen in jedweder Glaubenssache zugelassen wer-
den; ebenso wie ein Ketzer gegen einen Ketzer zum
Zeugnis zugelassen wird, so wird [dies] auch ein Zau-
berer gegen einen Zauberer, jedoch nur mangels ande-
rer Beweise und immer dagegen und nicht dafür; auch
Ehefrau und Söhne und Angehörigen dagegen und
nicht dafür, ar. per c. filii de here. li. 6124, und
zwar deshalb, weil deren Zeugnis zum [Bela-
stungs]beweis wirksamer ist. Bezüglich der ersten er-
gibt sich Klarheit in c. in fidei de here.125 ebenda:
»Zugunsten des Glaubens gestatten wir, daß in einer
Angelegenheit der Inquisition der ketzerischen Ver-
kehrtheit Exkommunizierte und Teilhaber oder Ge-
fährten des Verbrechens zum Zeugnis mangels ande-
rer Beweise gegen die Ketzer, gegen die, die an sie
glauben, sie aufnehmen, begünstigen oder verteidigen,
zugelassen werden, wenn man aus wahrscheinlichen
Annahmen und aus der Anzahl der Zeugen oder [der
Beschaffenheit] der Personen, sowohl derer, die aus-

Hexen
4.670 [III/1,4] Vierte Frage Hexenhammer, 638

sagen als auch derer, gegen welche verhandelt und


ausgesagt wird, schließt, daß die solchermaßen Zeug-
nis Ablegenden nach der Beschaffenheit und den Um-
ständen nichts Falsches sagen.«
Bezüglich der Meineidigen [die als Zeugen zuge-
lassen werden], wenn angenommen wird, daß sie aus
Glaubenseifer aussagen, ergibt sich Klarheit in ca.
Accusatus § licet126, wie oben, wo es heißt:
»Mögen auch Meineidige, auch nachdem sie Buße ge-
leistet haben, zurückgewiesen werden, so werden
doch die, welche in Gegenwart von [...]« und weiter:
»Wenn es aus offenkundigen Anzeichen klar gewor-
den ist, daß solche nicht aus der Leichtfertigkeit des
Gemüts oder aus der Nahrung des Hasses oder infolge
der Bestechung mit Geld, sondern aus Eifer für den
rechten Glauben ihre Aussagen korrigieren und jetzt,
was sie vorher verschwiegen hatten, zugunsten des
Glaubens enthüllen wollen, so ist, wenn nichts weiter
entgegen steht, sowohl ihnen gegenüber als auch ge-
genüber den Übrigen an ihren Bekundungen festzu-
halten.«
Und daß übel Beleumundete und Verbrecher und
Knechte gegen ihre Herren zugelassen werden, dar-
über sagt Archidiaconus127 im angeführten c. Ac-
cusatus, in § licet über [99vb] das Wort »exceptum«
folgendes: »So groß ist der Makel des Verbrechens
der Ketzerei, daß zu dessen Verhandlung auch Knech-

Hexen
4.671 [III/1,4] Vierte Frage Hexenhammer, 638

te gegen ihre Herren und jeglicher Verbrecher, auch


übel Beleumundete, gegen jedweden zugelassen wer-
den, wie 2 q. 7 § huic opponitur128.«

Hexen
4.672 [III/1,5] Fünfte Frage Hexenhammer, 639

[III/1,5] Fünfte Frage. Ob Todfeinde zur


Zeugenaussage zugelassen werden.

Wenn aber gefragt wird, ob der Richter Todfeinde129


eines Beschuldigten in einem solchen Fall zum Zeug-
nis ablegen oder zum Verhandeln gegen jeden zulas-
sen könne, so antworten wir, daß [er es] nicht [kann].
Daher Archidiaconus130, wie oben: »Verstehe es je-
doch nicht so, daß in diesem Verbrechen ein Todfeind
zur Verhandlung zugelassen wird«, 3 q. 5 c. 2131
und de simo. Licet heli.132 am Ende. Darüber merkt
auch Hostiensis133 genügend in summa de accu. §
quis possit an. Welche aber werden Todfeinde ge-
nannt? Beachte, daß, weil nur mit Rücksicht auf eine
Feindschaft jemand zurückgewiesen wird und man
nicht jede beliebige [Feindschaft] zurückweist, son-
dern [darunter nur] eine tödliche [Feindschaft] begrif-
fen wird: weil tatsächlich der Tod zwischen die Be-
treffenden getreten ist oder beabsichtigt worden ist
oder was zum Tode führt oder der Weg dahin oder
schwere und tödliche Wunden erfolgt sind und ähnli-
ches, was auf die Treulosigkeit und Ruchlosigkeit des
Handelnden gegenüber dem Opfer schließen läßt, um
dessentwillen man annimmt, er werde, so wie er beab-
sichtigt hat, ihm durch Verwunden den leiblichen Tod
anzutun, es auch dadurch versuchen, daß er ihm die-

Hexen
4.673 [III/1,5] Fünfte Frage Hexenhammer, 639

ses Verbrechen der Ketzerei zur Last legt. Und wie er


ihm das Leben nehmen wollte, hätte er ihm auch sei-
nen guten Ruf nehmen wollen. Daher sind solche
Todfeinde gesetzlich vom Zeugnis fernzuhalten.
Andere besonders schwere Feindschaften aber, wie
etwa Frauen leicht zu [solchen] Feindschaften getrie-
ben werden, schließen zwar nicht gänzlich [vom
Zeugnis] aus, schwächen aber ihre Aussagekraft eini-
germaßen ab, so daß man ihren Bekundungen nicht
vollen Glauben schenken darf. Aber in Verbindungen
mit anderen Anhaltspunkten und Aussagen anderer
Zeugen können sie einen vollen Beweis ausmachen,
besonders, wenn der Richter den Beschuldigten fragt,
ob er nicht glaube, einen Feind zu haben, der ihm aus
Feindschaft ein solches tödliches Verbrechen anzula-
sten wage. Wenn er mit ja antwortet, wird er ihn fra-
gen, wer jene Person sei. Und dann soll der Richter
aufpassen, ob er jene Person [100ra] bezeichnet hat,
bezüglich der der Verdacht besteht, daß sie aus Feind-
schaft ausgesagt habe. In einem solchen Fall nämlich,
wo der Richter auch durch andere ehrbare Männer
von dem Feindschaftsverhältnis unterrichtet wird, und
andere Anhaltspunkte sowie die Aussagen anderer
Zeugen nicht entgegenstehen, wird er mit Sicherheit
einen solchen Zeugen zurückweisen können. Wenn
aber die beschuldigte Person sagt: »Ich hoffe nicht,
einen solchen Feind zu haben, wenn ich auch biswei-

Hexen
4.674 [III/1,5] Fünfte Frage Hexenhammer, 640

len Zänkereien mit Frauen gehabt habe«, oder: »Ich


habe einen Feind«, er sich aber nicht gehörig aus-
drückt, sondern irgendeinen anderen nennt, der viel-
leicht nicht ausgesagt hat, dann darf der Richter die
Aussagen eines solchen Zeugen nicht zurückweisen,
auch wenn andere sagen sollten, daß er infolge seines
Feindschaftsverhältnisses ausgesagt habe, sondern er
muß sie zum Zwecke der Vollbeweisung zusammen
mit anderen Anhaltspunkten zurückstellen.
Es finden sich sehr viel weniger Vorsichtige und
Besonnene, die derartige Aussagen von Frauen zu-
rückweisen und für nichts zu achten suchen, indem sie
sagen, jene dürfe nicht Bestand haben, weil [Frauen],
da sie zänkisch sind, sehr häufig aus Mißgunst auszu-
sagen pflegen. Weil diese die Fallstricke und Vor-
sichtsmaßnahmen der Richter nicht kennen, reden und
urteilen sie wie die Blinden von den Farben. Über
diese Fallstricke wird sich in der elften und zwölften
Frage134 Klarheit ergeben.

Hexen
4.675 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 640

[III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß


fortzusetzen ist. Sechste Frage. Wie die Zeugen
in Gegenwart von vier anderen Personen zu
verhören sind und wie die Beschuldigte
zweifach zu befragen ist.

Jetzt wird sechstens gefragt, wie ein derartiger Prozeß


gegen die Hexen in einer Glaubenssache fortzusetzen
sei. Zu erwägen ist erstens, daß man in einer Glau-
benssache summarisch, einfach und ohne Umstände
und ohne das Getöse der Anwälte und Richter und
ohne Förmlichkeit [der Urteilsfindung] vorgeht, wie
es sich c. statuta, li. 6135 klar ergibt. Wie auch diese
Worte zu verstehen sind, ergibt sich aus extra de ver.
sig. c. sepe contingit in cle.136, wo es heißt: »Oft
geschieht es, daß wir Fälle übertragen [bekommen]
und in einigen derselben einfach und ohne Umstände
wie auch ohne Getöse und Förmlichkeit seitens des
Gerichtes vorzugehen befehlen.« Über die Bedeutung
dieser Worte wird von vielen gestritten, und man hat
Zweifel, wie man vorgehen solle. In dem Wunsch, ein
derartiges Bedenken, soweit es uns möglich ist, zu
entscheiden, bestimmen wir aber mit der Festsetzung,
die für immer Gültigkeit besitzen soll: daß der Rich-
ter, dem wir in dieser Weise einen Fall überlassen,
nicht notwendigerweise eine [Klage]schrift fordert

Hexen
4.676 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 641

[100rb], keine förmliche Einleitung des Prozesses


[durch Zeugenladung] verlangt, zur Zeit der wegen
der Bedürfnisse der Menschen bewilligten Festtage
rechtswirksam vorgehen kann, die Verzögerung [des
Prozesses] unterbindet, den Streitstoff, soweit er
kann, verkürzt, indem er hinhaltende [gerichtliche]
Einwendungen, Appellationen137 und Verzögerun-
gen zurückweist und die Streitereien und Zänkereien
der Parteien, Anwälte und Bevollmächtigte sowie die
überflüssige Menge der Zeugen beschränkt. Der Rich-
ter stelle jedoch die Streitsache nicht in der Weise in
den Hintergrund, daß Beweise notwendig nicht zuge-
lassen würden. Wir wollen durch die Übertragung
dieses [Falles] verstanden wissen, daß die Vorladung
und die Geltendmachung des Kalumnieneids138 oder
der Wahrheitpflicht [nicht ausgeschlossen werden],
damit die Wahrheit nicht verborgen bleibe.« So dort.
Und weil ein Prozeß, wie oben139 ersichtlich, in
dreifacher Weise einzuleiten ist, auf Veranlassung
eines Anklägers, um des Eifers eines Denunzianten
willen oder wegen der Klage des darauf drängenden
Gerüchts140, und weil der Richter einen Prozeß, der
auf Betreiben der Anklagepartei geführt wird, in die-
ser [Hexen]materie nicht zulassen soll, da die Taten
der Hexen durch das Werk der Dämonen verborgen
gehalten werden und der Ankläger nicht wie in ande-
ren Kriminalfällen mit der Offensichtlichkeit der Tat

Hexen
4.677 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 642

vorgehen und sich verteidigen kann, so muß er [der


Richter] vielmehr dem Ankläger raten, das Wort »An-
klage« zurückzunehmen und »Denunzierung« zu ver-
wenden; und zwar wegen der schweren Gefahr für den
Ankläger. Deswegen ist nach der zweiten Form, die
auch gebräuchlich ist, und ähnlich nach der dritten
[vorzugehen], in denen man auch nicht auf Betreiben
einer Partei vorgeht.
Weil im vorhergehenden gesagt worden ist, der
Richter müsse den Denunzianten besonders fragen,
wer in dem und dem Fall Mitwisser sein und welche
[noch] etwas wissen könnten, bleibt anzumerken, daß
der Richter darum die vom Denunzianten angegebe-
nen Zeugen hat und die mehr über die Tat zu wissen
scheinen, vorladen läßt. Und der Schreiber wird das
Prozeßprotokoll wie folgt fortführen: »In Beachtung
des Umstands, daß das ihm denunzierte Ketzerische
seiner Natur nach derartig und so schwer sei, daß man
es nicht durch Schließen der Augen dulden könne
noch dürfe, da [diese Dinge] zur Schmach der göttli-
chen Majestät und zum Schaden sowohl des rechten
Glaubens als auch des Gemeinwesens gereichen, hat
der Richter selbst sich herbeigelassen, sich zu unter-
richten und die Zeugen wie folgt zu verhören.«
Fragen an die Zeugen [100va]
Der und der Zeuge aus dem und dem Ort, vorgela-
den, vereidigt und befragt, ob er den und den kenne –

Hexen
4.678 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 643

wobei der Name des Beschuldigten benannt wird –,


sagte ja. Desgleichen befragt nach der Ursache der
Bekanntschaft, sagte er, dadurch, daß er ihn gesehen
und mehrfach mit ihm gesprochen habe. Entweder so
oder, daß sie etwa Gefährten gewesen seien, sollen die
Gründe der Bekanntschaft zum Ausdruck gebracht
werden.
Nach dem Zeitpunkt der Bekanntschaft befragt,
sagte er, es sind zehn Jahre her oder so und so viele.
Befragt nach dessen Leumund, und zwar besonders
in Glaubensdingen, sagte er, daß er hinsichtlich der
Moral ein Mensch von gutem oder schlechtem Ruf
sei. Bezüglich des Glaubens aber, sagte er, es gehe an
dem und dem Ort das Gerücht um, daß er als Zaube-
rer141 etwas gegen den Glauben unternehme.
Befragt, was für ein Gerücht es sei, sagte er [...].
Befragt, ob er gesehen oder gehört habe, daß der
und der das und das machte, sagte er [...].
Desgleichen befragt, wo er das oben Erwähnte
habe sagen hören, sagte er an dem und dem Ort [...].
Befragt, in wessen Gegenwart, sagte er, dieser oder
jener [Person]. Befragt, ob aus seiner Blutsverwandt-
schaft schon einmal einige wegen Schadenszauber
eingeäschert oder für verdächtig gehalten worden
seien, sagte er [...]. Desgleichen befragt, ob er mit
verdächtigen Zauberern und Hexen vertrauten Um-
gang gehabt habe, sagte er [...].

Hexen
4.679 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 643

Befragt nach der Weise und dem Grund, aus dem


diese Dinge gesagt worden seien, sagte er, aus diesem
[oder jenem] Grund und auf die und die Weise.
Befragt, ob es ihm schiene, als ob der und der das
im Spaß oder [so] dahersagend oder unüberlegt oder
mehr behauptend oder überlegt gesagt oder getan
habe, sagte er, er glaube, er habe das oben Erwähnte
zum Scherz und im Spaß oder so dahersagend und
nicht im Bewußtsein, es sei so zu glauben oder aus
Überzeugung getan.
Desgleichen befragt nach dem Grund dieses Glau-
bens, sagte er, er glaube es deshalb, weil jener, der es
sagte, es ihm lachend sagte. Darüber ist sehr sorgfäl-
tig nachzuforschen, weil manchmal einige aussagen,
indem sie die Worte anderer dahersagen, sei es im
Spaß oder im Streit, um andere für sich einzunehmen
oder zu provozieren; bisweilen freilich auch im Ernst
und versichernd.
Befragt, ob er dies aus Haß oder Ränkesucht oder
aus Liebe oder Begünstigung [100vb] geäußert habe,
sagte er etc. Und es folgt: es wurde ihm Verschwie-
genheit auferlegt. Verhandelt an dem und dem Ort, an
dem und dem Tag, in Gegenwart der und der bestell-
ten und geladenen Zeugen und meiner, des Notars
oder Schreibers. Hierbei ist immer zu beachten, daß
bei einem solchen Verhör mindestens fünf Personen
anwesend sein müssen; nämlich der Untersuchungs-

Hexen
4.680 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 644

richter, der Zeuge oder Denunziant, welcher antwor-


tet, oder der Beschuldigte selbst, der später erscheint;
der dritte ist der Notar oder, wenn der Notar fehlt, der
Schreiber, der sich dann einen anderen untadeligen
Mann herbeiholt, welche beide die Rolle des Notars
ausfüllen werden wie oben; und zwar mit apostoli-
scher Autorität, die sie dann in jenem Akt vollziehen,
wie oben in c. ut officium de here. li. 6142; und
zwei ehrenwerte Männer als Zeugen dessen, was aus-
gesagt worden ist143.
Desgleichen ist zu beachten, daß der vorgeladene
Zeuge auch vereidigt sein muß, d.h., daß er den Eid in
der Weise wie oben auf die Wahrheitspflicht leistet.
Sonst würde fälschlich »vorgeladen und vereidigt«
niedergeschrieben werden. In ähnlicher Weise sollen
die anderen Zeugen verhört werden.
Wenn der Richter nach deren Verhör sieht, daß die
Tat voll bewiesen ist oder, auch wenn sie nicht voll
bewiesen ist, doch schwerste Indizien und schwere
Verdachtsgründe vorliegen – und merke: wir sprechen
nicht von einem leichten Verdacht, der aus leichten
Vermutungen entsteht, sondern [darüber], daß [der
Betreffende] sehr in üblem Ruf steht wegen Schadens-
zauber an Kindern, Haustieren etc. – dann soll der
Richter, wenn er bezüglich der Flucht des [männli-
chen] oder der [weiblichen] Beschuldigten Befürch-
tungen hegt, ihn verhaften, wenn er aber bezüglich

Hexen
4.681 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 645

einer Flucht keine Befürchtungen hegt, ihn vorladen


lassen. Mag er nun verhaftet werden oder nicht – vor-
her lasse der Richter sein Haus unvermutet durchsu-
chen144, alle Schreine und die Büchsen in den Win-
keln öffnen und alle Werkzeuge wegnehmen, die man
auffindet. Danach formuliere der Richter unter Zu-
sammenfassung der Sachen, derer er [der Verdächti-
ge] angeklagt ist und derer er durch die Zeugen für
überführt oder verdächtig gehalten wird, Fragen. Und
er führe die Untersuchung, indem er einen Notar bei-
zieht etc. wie oben, nachdem [der Beschuldigte] zuvor
einen leiblichen Eid auf die vier Evangelien Gottes
geleistet hat, sowohl über sich als auch über andere
die Wahrheit sagen zu wollen. Und zwar geschieht
[die Untersuchung] wie folgt. Es werden auch die ein-
zelnen Punkte aufgeschrieben.
Allgemeine Fragen an die Hexe oder den Zauberer.
Und es ist der erste Akt.
Der und der Beschuldigte, aus dem und dem Ort,
vereidigt auf die vier körperlich berührten Evangelien
Gottes, sowohl über sich als auch über andere die
Wahrheit zu sagen, und befragt, woher er sei oder
woher er stamme, antwortet, von dem und dem Ort
[101ra] der und der Diözese. Befragt, wer seine El-
tern seien, ob sie am Leben oder tot seien, antwortete
er, daß sie am Leben in dem und dem Ort oder gestor-
ben in dem und dem Ort seien. Befragt, ob eines na-

Hexen
4.682 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 645

türlichen Todes oder eingeäschert, sagte er so und so.


Hier merke, daß dies geschieht, weil, wie aus dem
zweiten Teil des Werkes145 hervorgeht, die Hexen
meistens die eigenen Kinder den Dämonen darbringen
oder sie unterweisen, und gewöhnlich die ganze
Nachkommenschaft infiziert ist. Und wenn die Zeu-
gen es bestätigt hätten und [die Beschuldigte146]
selbst es leugnete, wäre sie schon verdächtig. Befragt,
wo er aufgezogen worden sei und mit wem er am mei-
sten Umgang gehabt habe, sagt er [der Beschuldig-
te147], an dem und dem Ort mit dem und dem. Und
wenn [der Richter] sieht, daß er den Heimatort geän-
dert hat und daß etwa die Mutter nicht verdächtig war
noch sonst jemand aus der Verwandtschaft und er sich
doch an einem fremden Ort aufgehalten hat und be-
sonders an Orten, in denen die Hexen zu gedeihen
pflegen, wird er so gefragt werden: Befragt, warum er
den Ort seiner Geburt geändert und sich zum Aufent-
halt an den und den Ort oder an die und die Orte be-
geben habe, sagte er, aus dem und dem Grund. Be-
fragt, ob er an den genannten Orten oder anderswo
von der Hexenmaterie habe sprechen hören, z.B. daß
Unwetter zusammengebraut oder das Vieh behext und
die Kühe der Milch beraubt worden seien etc. über
die und die Materie, um derentwillen sie148 ange-
klagt worden sei, [...]. Und wenn sie ja sagt, sollt ihr
dessenthalben nachfragen.

Hexen
4.683 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 646

Befragt, was er [der Beschuldigte] habe sprechen


hören, [...]. Und es sollen die einzelnen Dinge, die er
sagt, aufgeschrieben werden. Wenn er aber leugnet
und sagt, er habe nichts gehört, dann so [...].
Befragt, ob sie149 glaube, daß es Hexen gebe und
solches geschehen könnte, was berichtet wird, wie
Unwetter zusammenbrauen, Vieh und Menschen infi-
zieren, sagte er [...]. Und merke, daß die Hexen mei-
stens beim ersten Verhör leugnen, wodurch mehr Ver-
dacht entsteht als wenn sie antworten würden: »Ob es
sie gibt oder nicht gibt, überlasse ich Höheren.«
Wenn sie also leugnen, dann sollen sie [weiter] be-
fragt werden. Befragt, was dann, wenn sie verbrannt
werden, ob sie dann unschuldig verdammt werden,
sagte sie [...].
Besondere Fragen an dieselben.
Der Richter möge beachten, daß er die folgenden
Fragen nicht aufschiebe, sondern unverzüglich vor-
lege. Befragt, warum das gewöhnliche Volk sie fürch-
te, sagte sie [...]. Befragt, ob sie wüßte, daß sie in
üblem Ruf stehe und daß sie verhaßt sei, sagte sie
[...]. Befragt, warum sie jener Person entgegnet habe:
»Du wirst nicht ungestraft davonkommen«, [101rb]
sagte sie [...].
Befragt, was jene Person ihr Übles getan habe, daß
sie solche Worte zu ihrer Verdammung ausgestoßen
habe, sagte sie [...]. Und merke, daß diese Frage not-

Hexen
4.684 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 646

wendig ist, um zur Grundlage der Feindschaft zu ge-


langen, weil schließlich die Beschuldigte Feindschaft
vorbringen wird. Wenn es aber keine Todfeindschaft
ist, sondern [nur] eine nach Frauenart aufgekommene,
so hindert das ihre Zulassung zum Zeugnis nicht. Das
ist nämlich die Eigenart der Hexen, andere gegen sich
aufzubringen, sei es mit unnützen Worten oder Taten,
z.B. daß sie bittet, man möge ihr etwas gewähren,
oder sie tut ihm irgendeinen Schaden im Garten an
oder ähnliches zu dem Zwecke, daß sie die Gelegen-
heit ergreifen und sich mit Wort oder Werk zu erken-
nen geben. Diese Offenbarungen haben sie auf Betrei-
ben der Dämonen zu vollbringen, damit so die Sün-
den der Richter verschlimmert werden, wenn sie unge-
straft bleiben. Merke auch, daß sie solche Dinge nicht
in Gegenwart anderer tun, damit der Aussagende,
wenn er Zeugen vorführen wollte, keine hätte. Merke
auch, daß sie von den Dämonen angespornt werden,
wie wir von vielen später eingeäscherten Zauberern
und Hexen erfahren haben, gegen ihren eigenen Wil-
len [Unmut] zu erregen und zu behexen haben.
Befragt, wieso die Wirkung auf Drohungen folgen
konnte, so daß der Knabe oder das Vieh so schnell
behext wurden, sagte sie [...]. Wiederum befragt:
»Warum hast du gesagt, daß [die Behexte] niemals
mehr einen gesunden Tag haben solle und es so ge-
schehen sei«, sagte sie [...]150.

Hexen
4.685 [III/2,6] Zweiter Teil. Wie der Prozeß fortzusetzen Hexenhammer, 647

Wenn sie alles leugnet, werde sie wegen eines an-


deren, anderen Zeugen zugefügten Schadenszaubers
befragt, z.B. am Vieh oder an Kindern. Befragt,
warum sie auf dem Feld oder im Stall beim Vieh ge-
sehen worden sei, wie sie es berührte, wie sie es bis-
weilen zu tun pflegen, sagte sie [...]. Befragt, warum
sie den Knaben berührt habe, der sich danach übel be-
funden habe, sagte sie [...]. Befragt, was sie auf dem
Feld zur Zeit des Sturmes gemacht habe, und so über
viele andere Dinge. Woher es komme, daß, obwohl
sie nur eine oder zwei Kühe hätte, sie doch mehr
Milch habe als ihre Nachbarinnen, die vier oder sechs
hätten. Warum sie im Zustande des Ehebruchs oder
als Beischläferin verharre. Mag das auch nicht zur
Sache gehören, so erzeugt das doch mehr Verdacht als
bei rechtschaffenen oder ehrbaren Beschuldigten151.
Und merke, daß [die Beschuldigte] öfter auf die gegen
sie vorgebrachten Artikel zu befragen ist, [um zu
sehen], ob sie auf Vorhalt bei demselben bleibt oder
nicht.
Nachdem das Bekenntnis abgeschlossen und aufge-
schrieben ist, sei es nach der verneinenden oder der
bejahenden Seite hin, oder sei es uneindeutig, so soll
danach geschrieben werden: Verhandelt sind diese
Dinge an dem und dem Ort etc. wie oben. [101 va]

Hexen
4.686 [III/2,7] Siebte Frage Hexenhammer, 648

[III/2,7] Siebte Frage, in welcher verschiedene


Zweifel bezüglich der erwähnten Befragung und
der leugnenden Antworten erklärt werden. Ob
die Beschuldigte einzukerkern und wann sie für
eine offenkundig in der Ketzerei der Hexen
Ertappte zu halten ist. Und das ist der zweite Akt
[des Richters].

Es wird zuerst gefragt, was zu tun sei, wenn, wie es


meistens geschieht, die beschuldigte Person alles
leugnet. Es wird geantwortet: Der Richter hat auf
dreierlei zu achten, nämlich auf den schlechten Leu-
mund, die Indizien der Tat und die Aussagen der Zeu-
gen, ob nämlich alle miteinander übereinstimmen
oder nicht. Wenn, wie es auch meistens geschieht,
alles dann übereinstimmt, weil die Hexen sogleich
wegen ihrer Taten in irgendeinem Dorf oder einer
Stadt in üblen Ruf kommen, auch die Indizien der Tat
vor Augen liegen, nämlich [in Form] der behexten
Kinder oder der Haustiere, die öfter infiziert oder der
Milch beraubt werden. Auch die Zahl der Zeugen ist
niedergeschrieben worden, mögen diese auch singulä-
re sein, indem z.B. der eine ausgesagt hat, sie habe
ihm das Kind behext, der andere aber, das Vieh, der
dritte [hat ausgesagt] über den schlechten Leumund,
und so bei den anderen, so stimmen sie doch in der

Hexen
4.687 [III/2,7] Siebte Frage Hexenhammer, 648

Substanz der Tat überein, nämlich in dem Schadens-


zauber und daß sie als Hexe verdächtig sei. Und
mögen auch diese Zeugen zur Verurteilung ohne
schlechten Leumund oder auch mit schlechten Leu-
mund nicht genügen, wie oben in der dritten Frage152
ausgeführt worden ist, so könnte [die Beschuldigte]
doch mit den Indizien der Tat, aufgrund dieser drei
[Bedingungen] zugleich [zwar] nicht als stark oder
schwer verdächtig erachtet werden, über welche Ver-
dachtsformen weiter unten153 Ausführungen gemacht
werden, aber doch als offenkundig in der Ketzerei der
Hexen Ertappte erachtet werden, wenn nämlich geeig-
nete, d.h. nicht aus Feindschaft [aussagende] und in
der Zahl genügende Zeugen, z.B. sechs, acht oder
zehn, vereidigt übereinstimmen. Und folglich müßte
sie den Strafen in c. ad abolendam § presenti, de
haeret. unterliegen, auch c. excommunicamus 2;
und zwar [gleich], ob sie das Verbrechen gestanden
hat oder nicht.
Und dies wird so bewiesen. Wenn nämlich gesagt
worden ist, daß, wenn alle drei genannten [Bedingun-
gen] zusammenkommen, [die Beschuldigte] dann für
offenkundig in der Ketzerei Ertappte erachtet werden
muß, so ist das nicht so zu verstehen, daß notwendi-
gerweise alle drei zusammenfallen müßten, sondern
[die Beschuldigte] wird [als Ertappte] überführt nach
dem argumentum a fortiori154 auf folgende Weise:

Hexen
4.688 [III/2,7] Siebte Frage Hexenhammer, 649

Denn ein jedes von den beiden, Indiz der Tat und ge-
setzmäßiger Antritt von Zeugen, kann für sich jeman-
den dahin bringen, daß er für in [101vb] ketzerischer
Verkehrtheit ertappt gehalten wird. Wieviel mehr,
wenn beide Beweisformen in gleicher Weise zusam-
mentreffen! Wenn nämlich die Juristen fragen, auf
wieviele Arten jemand von Rechts wegen für offen-
kundig in ketzerischer Verkehrtheit ertappt gehalten
wird, so antworten sie, auf drei, wie Bernardus in
der glossa ordinaria bemerkt, in c. ad abolendam §
presenti, und zwar beim Wort »deprehensi«, extra
de here.; wie es auch oben in der ersten Frage zu Be-
ginn des Werkes behandelt worden ist: nämlich durch
die Offensichtlichkeit der Tat, z.B. daß [der Betreffen-
de] öffentlich Ketzerei gepredigt hat. Hier setzen wir
auch das Indiz der Tat an wegen der öffentlichen Dro-
hungen, die [die Hexe] ausgestoßen hat, indem sie
sagte: »Du wirst niemals mehr gesunde Tage haben«
oder ähnliches, und die Wirkung auf dem Fuße nach-
gefolgt ist. Es folgt: durch die gesetzmäßige Bewei-
sung durch Zeugen oder drittens durch das eigene Ge-
ständnis. Wenn also jedes einzelne davon für sich
wirkt und jemanden zum offenkundig Verdächtigen
macht, wieviel mehr, wenn man zugleich den schlech-
ten Ruf und die Indizien der Tat mit der Aussagen der
Zeugen verbindet, mag man auch dort von »offen-
sichtlicher Tat« und hier von »Indiz der Tat« spre-

Hexen
4.689 [III/2,7] Siebte Frage Hexenhammer, 650

chen. Und zwar geschieht dies, weil der Teufel nicht


offensichtlich, sondern im Verborgenen tätig ist. Die
Schäden aber und die Werkzeuge des Schadenszau-
bers, die man findet, geben das Indiz der Tat. Wäh-
rend also bei anderer Ketzerei die »offensichtliche
Tat« allein genügen würde, fügen wir hier drei [Be-
weismittel] zusammen.
Bezüglich des zweiten aber, daß ein solcher Er-
tappter, wenn er auch leugnet, doch gemäß jenen Ka-
piteln zu bestrafen sei, wird der Beweis so geführt:
Der Ertappte nämlich, mag er durch die Offensicht-
lichkeit der Tat oder durch Zeugen [überführt sein],
gesteht entweder das Verbrechen oder nicht. Wenn er
gesteht und bußfertig155 ist, ist er dem weltlichen
Arm zu übergeben, um mit der Todesstrafe belegt zu
werden, nach c. ad abolendam, wie oben, [oder] le-
benslangem Kerker auszuliefern, nach c. excommu-
nicamus 2. Wenn er aber nicht gesteht, sondern beim
Leugnen verharrt, ist er wie ein Unbußfertiger der Ge-
walt des weltlichen Gerichtes zu übergeben, um mit
der gebührenden Strafe bestraft zu werden, wie Hosti-
en. in der summa tit. de here. qualiter deprehen-
datur, bemerkt.
So wird geschlossen, daß, wenn der Richter auf
diese Weise bezüglich der Befragung und Aussagen
der Zeugen vorgehen würde, indem man, wie gesagt
worden ist, in Glaubenssachen summarisch, einfach

Hexen
4.690 [III/2,7] Siebte Frage Hexenhammer, 650

und ohne Umstände vorgehen kann, und die Beschul-


digte auf einige Zeit oder einige Jahre dem Kerker
überantworten würde, ob sie vielleicht, von den
Schauerlichkeiten des Kerkers niedergedrückt, ihre
Verbrechen gestehen möchte, er nicht ungerecht, son-
dern gerecht vorgehen würde.
Aber damit es nicht scheine, als hatte er sein Urteil
voreilig, sondern im Gegenteil, damit er nach aller
Gerechtigkeit vorgehe, wird [nun] gefragt, was weiter
zu tun sei. [102ra]

Hexen
4.691 [III/2,8] Achte und mit der vorhergehenden Hexenhammer, 651

[III/2,8] Achte und mit der vorhergehenden


verknüpfte Frage. Ob [die Beschuldigte]
einzukerkern ist, und von der Weise des
Verhaftens. Und es ist der dritte Akt des
Richters.

[Auf die Frage] aber, ob die Hexe bei leugnenden


Antworten dem Kerker zur Bewachung zu überlassen
sei, wenn die erwähnten drei [Bedingungen] zusam-
mentreffen, nämlich das üble Gerücht, die Indizien
der Tat und die Vorführungen der Zeugen oder ob sie
unter der Ableistung von Sicherheitsversprechen156
zu entlassen sei157, um sich, von neuem vorgeladen,
zu verantworten, kann aufgrund dreier Ansichten ge-
antwortet werden. Zuerst nämlich ist es die Meinung
einiger, daß sie einzukerkern und auf keinen Fall
gegen [Gestellung einer] Sicherheit zu entlassen sei.
Und zwar stützen sie sich auf die in der vorhergehen-
den Frage158 erwähnten Begründung, daß nämlich
eine für offenkundig kundig ertappt zu halten ist,
wenn jene drei [Bedingungen] zusammenkommen.
Andere aber [meinen], daß sie vor der Einkerkerung
der Ableistung von Sicherheitsversprechen überant-
wortet werden kann, so daß sie, wenn sie die Flucht
ergriffe, dann für überführt gehalten würde; mag sie
auch nach einer Einkerkerung bei leugnenden Ant-

Hexen
4.692 [III/2,8] Achte und mit der vorhergehenden Hexenhammer, 651

worten einer Bürgschaft oder Sicherheitsleistung159


nicht zu überantworten sein, da nämlich jene drei
oben angemerkten [Bedingungen] nicht zusammen-
treffen; und zwar, weil sie dann nicht abgeurteilt und
zu Tode gebracht werden könnte. Und hierbei stützt
man sich auf die Gewohnheit.
Die dritte [Meinung] bilden die, welche sagen, es
lasse sich keine unfehlbare Regel geben, sondern es
sei dem Richter zu überlassen, daß gemäß der Aussa-
gen der Zeugen und den schlechten Leumund der Per-
son und, wenn die Indizien der Tat dazukommen, um
so strenger geurteilt werde, dergestalt, daß auch die
Gewohnheiten des Landes berücksichtigt werden. Sie
schließen, daß, wenn sie vielleicht keine vornehmen
Leumundszeugen160 haben könnte und fluchtver-
dächtig wäre, sie dann eingekerkert werde. Und zwar
scheint diese dritte [Ansicht] die vernünftigere, so je-
doch, daß dabei die gebührende Vorgehensweise ge-
wahrt bleibe, die in dreierlei besteht: erstens, daß ihr
Haus, so weit es möglich ist, unten und oben, in allen
Winkeln, Löchern und Schreinen durchsucht werde.
Und wenn es eine berüchtigte Hexe ist, dann wird
man ohne Zweifel verschiedene Hilfsmittel finden,
falls sie sie nicht, wie oben erwähnt, vorher versteckt
hat. Zweitens, daß, wenn sie eine Magd oder Gesellen
hat, auch jener oder jene voneinander getrennt einge-
sperrt werde, auch wenn sie nicht angezeigt sind. Es

Hexen
4.693 [III/2,8] Achte und mit der vorhergehenden Hexenhammer, 652

wird angenommen, daß ihnen gewisse Geheimnisse


jener Angezeigten nicht verborgen sind. Drittens, daß
ihr bei der Verhaftung, wenn sie im eigenen Haus ver-
haftet wird, keine Gelegenheit gelassen werde, in die
Kammer zu treten, weil sie [die Hexen] dann zur Er-
langung von Verschwiegenheit einen bestimmten
Schadenszauber [102rb] zu nehmen und bei sich zu
tragen pflegen.
Aus diesem Grund erhebt sich ein Zweifel, ob die
Weise, Hexen zu verhaften, erlaubt sei, bei der sie
plötzlich von den Knechten von der Erde hochgeho-
ben und in einem Korb oder auf den Schultern wegge-
tragen wird, damit sie die Erde nicht weiter berüh-
re161. Es kann nach der Ansicht der Kanonisten und
bestimmter Theologen geantwortet werden, daß es in
dreifacher Hinsicht erlaubt ist: erstens, weil, wie sich
in der einleitenden Frage dieses dritten Teils162 erge-
ben hat, dies die Ansicht sehr vieler, ja sogar solcher
Gelehrter wie Hostiensis und Gotfridus ist, deren
Aussagen niemand zu verwerfen wagt, daß es erlaubt
sei, Eitles mit Eitlem auszuschalten. Die Erfahrung
endlich, ja auch die Geständnisse der Hexen beweisen
es, weil die auf solche Weise Verhafteten den Schwei-
gezauber verloren haben. Ja, sehr viele Einzuäschern-
de baten, es möge ihnen erlaubt werden, wenigstens
mit einem Bein die Erde zu berühren. Als ihnen dies
abgeschlagen worden war und man am Ende nach-

Hexen
4.694 [III/2,8] Achte und mit der vorhergehenden Hexenhammer, 653

forschte, warum sie doch gewünscht hätten, die Erde


zu berühren, wurde geantwortet, wenn sie sie berührt
hätten, hätten sie sich befreit und viele andere wären
dabei durch Blitze getötet worden.
Ein anderer Grund: Es ist offensichtlich, wie es
sich im zweiten Teil des Werkes163 ergeben hat, daß
in der öffentlichen Gerichtsbarkeit alle Kräfte des
Schadenszaubers gebrochen werden, was die Vergan-
genheit betrifft. Was aber die Zukunft anlangt, so ge-
steht [die Hexe] alle Verbrechen, wenn ihr vom Teu-
fel nicht von neuem durch Schweigezauber Beistand
geleistet wird. Wir können also mit dem Apostel164
sagen: »Was auch immer wir an Worten oder Werken
tun, alles geschehe im Namen unseres Herrn Jesus
Christus.« Und wenn sie unschuldig gewesen ist, wird
ihr diese Verhaftung nicht schaden.
Drittens mit Bezug darauf, daß, wenn es nach den
Gelehrten erlaubt ist, durch eitle Werke den Scha-
denszauber aufzuheben, worin alle übereinstimmen,
sie doch in jenem voneinander abweichen, [daß] jene
eitlen Dinge nicht unerlaubt sein dürfen. Daher wird
der Ausspruch des Hostiensis165, daß es erlaubt sei,
Eitles mit Eitlem zu brechen, von anderen [mit den
Worten] glossiert: »Beachte, daß er sagt ›mit Eitlem‹,
aber nicht ›mit Unerlaubtem‹.« Um so mehr ist es
also erlaubt, dem Schadenszauber zuvorzukommen,
worauf sich das Verhindern hier bezieht; nicht [aber]

Hexen
4.695 [III/2,8] Achte und mit der vorhergehenden Hexenhammer, 653

auf die Ausführung von etwas Unerlaubtem.


Der Richter möge überdies beachten, daß es eine
doppelte Einkerkerung gibt: eine zur Strafe, was die
Verbrecher anlangt; die andere aber zur Bewachung,
und diese sei im Amtshaus166 [vorzunehmen]. Und
diese beiden Bewachungen werden in c. multorum
querela167 [102va], wie oben, vermerkt. Daher ist
[die Beschuldigte] zumindest zur Bewachung einzu-
kerkern. Wenn es aber leichter [Verdacht] wäre, um
dessentwillen sie angeklagt wäre, so daß sie nicht
übel beleumundet wäre noch Indizien der Tat [in Ge-
stalt von behexten] Kindern und Vieh vorlägen, dann
werde sie nach Hause zurückgeschickt. Aber weil sie
vielleicht vertrauten Umgang mit Zauberern und
Hexen gehabt hat und ihre Geheimnisse kennt, soll sie
Bürgen stellen. Wenn sie diese nicht bekommen kann,
so gehe sie, mit Eiden und bei Straf[androhung]en
verpflichtet, nicht aus dem Haus, außer wenn sie ge-
rufen wird. Mägde aber und Bedienstete, von denen
oben168 [die Rede war], sollen zur Bewachung und
nicht zur Strafe in Haft gehalten werden.

Hexen
4.696 [III/2,9] Neunte Frage Hexenhammer, 654

[III/2,9] Neunte Frage. Was nach der


Verhaftung zu tun ist, und ob die Namen der
Aussagenden ihr [der Verhafteten]
bekanntzugeben sind. Und es ist der vierte Akt.

Zweierlei geschieht nach der Verhaftung, wovon er-


stes dem Richter überlassen bleibt, nämlich die Ge-
währung von Verteidigungsmitteln und das Verhör in
der Folterkammer, doch [zunächst] ohne Anwendung
der Folterinstrumente. Das erste wird nicht gewährt,
wenn [die Beschuldigte] nicht darum nachsucht. Das
zweite geschieht nicht, bevor nicht die Mägde oder
die Gesellen, wenn sie welche gehabt hat, im Haus
verhört worden sind. Gehen wir in der vorgegebenen
Reihenfolge vor.
Wenn die Beschuldigte sagte, sie sei unschuldig
und fälschlich angezeigt worden, und sie möchte gern
die und die Ankläger sehen und sie hören, dann ist
dies das Zeichen, daß sie um Verteidigungsmittel bit-
tet. Aber ist der Richter gehalten, ihr die Anzeigenden
bekanntzugeben und ihr vor Augen zu stellen? Hier
möge der Richter beachten, daß er das nicht tun muß:
weder die Namen bekanntzugeben noch sie ihr vor
Augen zu stellen, wenn sich die Anzeigenden nicht
von sich aus und freiwillig dazu anbieten, daß sie ihr
nämlich vor Augen gestellt werden, um ihr die Dinge,

Hexen
4.697 [III/2,9] Neunte Frage Hexenhammer, 654

die sie ausgesagt haben, [direkt] vorzuhalten. Daß der


Richter dazu nicht verpflichtet ist, und zwar wegen
der Gefahr für die Anzeigenden, wird bewiesen.
Mögen zwar verschiedene Päpste abweichender An-
sicht gewesen sein, so hat doch keiner die Ansicht ge-
habt, daß der Richter in einem solchen Fall, der ihm
angezeigt worden war, die Namen der Anzeigenden
und auch die der Ankläger bekanntzugeben hat,
mögen wir auch hier nicht mittels einer Anklage vor-
gehen. Einige haben vielmehr gemeint, daß es in kei-
nem Fall erlaubt sei; manche, daß es in manchen Fäl-
len erlaubt sei. Schließlich aber hat Bonifaz VIII.
[das] bestimmt, wie sich in c. Statuta § inhibemus,
li. 6169 klar ergibt, wo es folgendermaßen heißt:
»Wir verbieten jedoch: wenn den Anklägern oder
Zeugen, die in einer Ketzereisache auftreten und an-
zeigen, so mögen Bischof und Inquisitor wegen der
Macht der Personen, gegen die inquiriert wird, erken-
nen« – merke, daß statt Inquisitor und Bischof jeder
beliebige Richter, [102vb] der gegen die Hexen in
Übereinkunft mit dem Bischof und dem Inquisitor
vorgeht, weil hier dasselbe gilt und sie, wie es sich in
der einleitenden Frage170 ergeben hat, ihre Rolle ab-
treten können. Deshalb geht ein solcher Richter auch,
wer immer es auch sei, auch ein weltlicher, mit apo-
stolischer Autorität vor und nicht bloß mit kaiserli-
cher. Es folgt: »daß ihnen schwere Gefahr droht,

Hexen
4.698 [III/2,9] Neunte Frage Hexenhammer, 655

wenn die Bekanntgabe [der Namen] derselben ge-


schieht. Daher sollen sie ihre Namen nicht bekanntge-
ben« etc. und weiter unten folgt: »Wenn aber die oben
erwähnte Gefahr entfällt, mögen sie die Namen der
Ankläger oder Zeugen bekanntgeben, wie es in sonsti-
gen Prozessen geschieht.«
Der umsichtige Richter sei auch auf die Macht der
Personen bedacht und daß jene dreifach ist, nämlich
die Macht der Abstammung und Familie, die Macht
des Geldes und die Macht der Bosheit, die mehr zu
fürchten ist als die anderen beiden, weil durch jene
den Zeugen schwere Gefahren drohen könnten, wenn
denen, gegen die sie ausgesagt haben, ihre Namen be-
kanntgegeben würden. Ein Grund ist auch: Es ist ge-
fährlicher, die Namen der Zeugen einem armen Ange-
zeigten bekannt zu machen, der Komplizen im Bösen
hat, Rebellen und Mörder, die nichts außer sich selbst
zu verlieren haben, als einem Vornehmen oder Rei-
chen, der Vermögen hat. Was und wie beschaffen
aber eine schwere Gefahr sei, erklärt Johannes An-
dreae171, der über das oben erwähnte Wort »Ge-
fahr« sagt: »Gefahr, weil man dabei den Tod oder
Verstümmelung seiner selbst oder der Söhne oder sei-
ner Eltern oder Verwüstung des Besitzes oder ähnli-
ches befürchtet.«
Der Richter möge überdies beachten, daß, wenn er
mit apostolischer Autorität nach der Zustimmung des

Hexen
4.699 [III/2,9] Neunte Frage Hexenhammer, 656

Ordinarius hierin dementsprechend, d.h. mit Nichtof-


fenbarung der Namen der Zeugen, vorgeht, sowohl er
selbst als auch alle anderen Beisitzer, die den Aussa-
gen der Zeugen beigewohnt haben oder in Zukunft bei
der Fällung des Urteils dabei sein könnten, zu jener
Geheimhaltung verpflichtet sind, bei Strafe der Ex-
kommunikation, die, wenn sie dem zuwider handeln,
der Bischof gegen sie schleudern kann und, auf daß
sie [die Namen] nicht offenbaren, von Beginn des
Prozesses an wenigstens implizit geschleudert hat.
Daher heißt es in dem angeführten c. Statuta § et ut
eorumdem172 folgendermaßen: »Und damit den Ge-
fahren ebenderselben Ankläger und Zeugen wirksa-
mer begegnet und umsichtiger in einer Inquisitionssa-
che vorgegangen werde, erlauben wir kraft vorliegen-
der Bestimmung, daß der Bischof und die Inquisito-
ren (verstehe wie oben!) über diejenigen, welchen sie,
wie vorausgeschickt, einen derartigen Prozeß erklären
und die ihnen [103ra] von demselben Bischof und
den Inquisitoren unter der Geheimhaltung mitgeteilten
Beratungsgeheimnisse oder Prozeßinterna gegen
deren Erlaubnis anderen mitteilen, das Urteil der Ex-
kommunikation, welches sie wegen der Verletzung
des Geheimnisses durch die bloße Tat schon verdie-
nen, wenn es ihnen [gut] scheint, eröffnen können.«
Weiterhin ist zu bemerken, daß, wie Strafe darauf
steht, wenn die Namen der Zeugen unerlaubt bekannt-

Hexen
4.700 [III/2,9] Neunte Frage Hexenhammer, 656

gegeben werden, so auch Strafe darauf steht, wenn sie


unerlaubt geheim gehalten werden; nämlich jenen,
denen sie mit Recht bekanntzugeben sind, den Sach-
verständigen und Beisitzern, nach deren Ratschluß zu
prozessieren ist; oder, wenn sie nicht bekanntgegeben
werden, wo sie ohne Gefahr für die Zeugen bekannt-
geben werden können, wie es in dem genannten c.
Statuta173 gegen Ende heißt: »Übrigens schreiben
wir in allem vor, daß die Bischöfe wie auch die Inqui-
sitoren die reine und vorausschauende Sorge tragen,
daß sie nicht, wenn sie die Namen der Ankläger oder
Zeugen unterdrücken, sagen, es bestehe Gefahr, wo
Sicherheit ist, und nicht behaupten, bei ihrer Gefähr-
dung sei Sicherheit, wo eine solche Gefahr drohte,
wobei sie ihre Gewissen belasten.« Dazu sagt der Ar-
chidiaconus174: »O du Richter, wer du auch seist,
beachte in einem solchen Fall wohl diese Worte, denn
er sagt nicht »leichte Gefahr«, sondern »schwere«. Du
sollst daher den Beschuldigten nicht ohne gewichtigen
Grund der Ordnung des Rechts berauben, da dies
nicht ohne Beleidigung Gottes geschehen kann.«
Der Leser muß beachten, daß, weil alles vorherge-
hende und auch folgende, bis man zu den Formen, das
Urteil zu fällen, kommt, in denen der kirchliche Rich-
ter zu urteilen hat – abgesehen von der Strafe des Blu-
tes175 –, dieses mit Zustimmung der Bischöfe durch
den weltlichen Richter vorgenommen werden kann.

Hexen
4.701 [III/2,9] Neunte Frage Hexenhammer, 657

Darum möge es den Leser nicht stören, wenn in dem


[zitierten] Kanon der kirchliche und nicht der weltli-
che Richter angeführt wird, dem die Arten, über das
Blut zu urteilen, nach Maßgabe der bischöflichen Ur-
teils- und Bußverhängung zukommen.

Hexen
4.702 [III/2,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 657

[III/2,10] Zehnte Frage. Wie die Verteidigung


samt der Bestellung eines Anwalts zu gewähren
ist. Und es ist der fünfte Akt.

Wenn [die Beschuldigte] also nach Verteidigungs-


möglichkeiten verlangt, wie können sie gewährt wer-
den, wo die Namen der Zeugen gänzlich geheim ge-
halten werden? Dazu ist zu sagen, daß die Verteidi-
gung in dreierlei besteht: erstens, daß ihr ein Anwalt
zugewiesen wird; zweitens, daß jenem Anwalt die
Namen der Zeugen nicht bekanntgegeben werden,
auch nicht zur Geheimhaltung unter [103rb] Eid, son-
dern daß er über die zurückgehaltenen Einzelheiten
[erst] im Prozeß unterrichtet wird; drittens soll er [die
Vorschrift] um des Angezeigten willen, so weit er
kann, im günstigeren Sinne auslegen, jedoch ohne Är-
gernis des Glaubens und ohne Schaden für die Ge-
rechtigkeit, wie sich zeigen wird; und in gleicher
Form der Bevollmächtigte, dem eine Abschrift des
ganzen Prozeß[protokolls], jedoch mit Unterdrückung
der Namen der Zeugen und der Anzeigenden, [gelie-
fert wird]. Und derselbe Anwalt wird auch im Namen
des Bevollmächtigten vorgehen.
Zum ersten ist zu bemerken, daß der Anwalt nicht
nach dem Gutdünken des Angezeigten bestellt wird.
Nämlich weil er einen nach seinem Wohlgefallen

Hexen
4.703 [III/2,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 658

haben wollen würde, möge sich der Richter durchaus


hüten, diesbezüglich einen streitsüchtigen, böswilli-
gen Mann zuzulassen, der sich leicht mit Geld beste-
chen lassen könnte, wie man es oft findet. Er möge
ihm vielmehr einen rechtschaffenen Mann zukommen
lassen, der bezüglich seiner Rechtschaffenheit keinen
Verdacht erweckt. Und zwar muß der Richter viererlei
[Voraussetzungen] bei einem Anwalt beachten. Wenn
diese vom Anwalt erfüllt sind, soll er ihm erlauben,
Anwalt [im Prozeß] zu sein; sonst hat er ihn zurück-
zuweisen. Ein Anwalt nämlich muß zuerst die Be-
schaffenheit des Falles untersuchen, und wenn er ge-
sehen hat, daß es eine gerechte ist, dann möge er sie
übernehmen, wenn er will. Wenn [er sie] aber als un-
gerecht [erkennt], soll er sie ablehnen. Daher muß er
sich sorgsam hüten, einen ungerechten und aussichts-
losen Fall zu übernehmen. Aber wenn er zu Anfang in
Unkenntnis [der Aussichtslosigkeit] den Fall über-
nommen hat und damit zugleich Geld, er während des
Prozesses aber merkt, daß er aussichtslos ist, und
wenn er dann seinem Klienten, d.h. dem Angezeigten,
für den er den Fall übernommen hat, nicht den Rat
gibt aufzugeben, ist er nach Goffredus176 gehalten,
das empfangene Honorar zu ersetzen, was durch C.
de iudi. Rem non novam177 bewiesen zu werden
scheint, wenn auch Hostiensis178 bezüglich der
Rückerstattung des Honorars das Gegenteil sagt,

Hexen
4.704 [III/2,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 659

nämlich außer wenn er es mit Absicht getan hat.


Wenn also ein nichtswürdiger Anwalt seinen Klienten
wissentlich verleitet, ihn eine üble Sache verteidigen
zu lassen, ist er für Schaden und Unkosten verant-
wortlich, C. de admin. tu. Non est ignotum179.
Das zweite, was er beachten muß, um als Anwalt auf-
treten zu können, sind drei [Voraussetzungen]: erstens
Bescheidenheit, daß er nicht dreist, schimpfend oder
mit einem Wortschwall vorträgt, c. eo quoniam180.
Zweitens Wahrheit[sliebe], daß er nämlich nicht lügt,
indem er falsche Gründe oder Beweise vorbringt,
noch falsche Zeugen oder Eide, wenn er gescheit ist,
noch um Aufschübe nachsucht, besonders in dieser
Sache, wo summarisch, einfach und ohne Umstände
[vorgegangen wird], wie oben181 in der sechsten
Frage erwähnt worden ist und auch in 3 q. 7 hec tria
angesprochen wird. Und das dritte, was beachtet wird,
bezieht sich auf [103va] das Honorar, daß er sich
nach der Ortsüblichkeit bescheide. Über diese Materie
wird gehandelt in 3 q. 7 § arcentur und § tria182.
Aber um auf unsere Sache zurückzukommen: der
Richter möge die zuvor beschriebenen Bedingungen
dem Anwalt vorlegen und am Schluß noch mahnen,
daß er sich keiner Begünstigung der Ketzerei schuldig
mache, weil er dann exkommuniziert würde, nach c.
excommunicamus 1 § credentes183. Es gilt auch
nicht, wenn er dem Richter sagen wollte, daß er nicht

Hexen
4.705 [III/2,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 659

den Irrtum, sondern die Person verteidige, weil er


nicht auf beliebige Weise verteidigen darf, so daß
nicht summarisch, einfach und ohne Umstände vorge-
gangen wird, was er tun würde, wenn er überhaupt
um Aufschübe bitten oder Appellationen einlegen
wollte, was alles zurückgewiesen wird, wie es dort in
der sechsten Frage184 ausgeführt wird. Denn mag er
auch den Irrtum nicht verteidigen, da er so verdam-
menswerter als die Zauberer und Hexen selbst und
mehr noch ein Oberketzer als der ketzerische Zaube-
rer wäre, wie es sich 24 q. 3 qui illorum185, ergibt,
macht er sich noch dadurch, daß er ungehörigerweise
einen der Ketzerei schon Verdächtigen verteidigt,
gleichsam zu seinem Gönner, und zwar nicht allein
leicht, sondern schwer, gemäß der Verteidigung, die
er durchführt, und muß öffentlich vor dem Bischof
abschwören, nach dem oft angeführten c. Accusa-
tus186.
Dieses ist ausführlich ausgeführt worden, und der
Richter schätze es nicht gering, weil vom Anwalt oder
Bevollmächtigten, wenn er falsch vorzugehen bestrebt
ist, zahlreiche Gefahren auszugehen pflegen187.
Daher muß ihn der Richter durchaus zurückweisen
und gemäß den Akten und Beweisen vorgehen, wenn
der Anwalt mißbilligenswert gewesen ist. Aber wenn
der Richter einen tadellosen Anwalt für den Ange-
zeigten hat, einen eifrigen Mann und Freund der Ge-

Hexen
4.706 [III/2,10] Zehnte Frage Hexenhammer, 659

rechtigkeit, wird er ihm die Namen der Zeugen ange-


ben können, jedoch unter der eidlichen Versicherung,
das geheimzuhalten.

Hexen
4.707 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 660

[III/2,11] Elfte Frage. Was der Anwalt tun soll,


wenn ihm die Namen der Zeugen nicht
bekanntgegeben werden. Sechster Akt.

Wenn gefragt wird, was der Anwalt, auch im Namen


des Bevollmächtigten, für den Angezeigten tun soll,
wenn weder ihm noch seinem Klienten die Namen der
Zeugen bekanntgegeben werden, der Beschuldigte je-
doch diese Bekanntgabe im höchsten Maße wünschte.
Antwort: Er empfange vom Richter eine Belehrung
über die einzelnen im Prozeß[protokoll] enthaltenen
[Punkte], und wenn er eine Abschrift haben will,
werde sie ihm mit Unterdrückung der Namen der Zeu-
gen übergeben. So unterrichtet, mag er zu dem Ange-
zeigten gehen und ihm die Einzelheiten vorlegen, und
wenn es die Materie erfordert, weil sie ja dem Ange-
zeigten [103vb] sehr nachteilig [sein kann], so soll er
ihn zur Geduld ermahnen, soweit er kann. Und wenn
der Beschuldigte immer wieder darauf besteht, daß
ihm die Zeugen bekanntgegeben werden, kann er ant-
worten: »Aus den Tatsachen, die gegen dich ausge-
sagt worden sind, wirst du die Zeugen erraten können.
Nämlich so und so ist ein Kind oder ein Haustier be-
hext worden. Oder der und der Frau oder dem und
dem Mann hast du deshalb, weil sie dir die und die
Sache, um die du batest, nicht gewähren wollten, ge-

Hexen
4.708 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 661

sagt: ›Du wirst fühlen, daß es besser gewesen wäre,


du hättest mir die Sache zukommen lassen‹, nach wel-
chen Worten der und der plötzlich krank geworden
ist188. Deine Taten sprechen wie Zeugnisse; sie wer-
den höher bewertet als Zeugnisse mit Worten.« Oder
[er sage] auch: »Du weißt, daß du übel beleumundet
und seit langer Zeit vieler derartig zugefügter Scha-
denszauber und Schäden verdächtig bist.«
Und auf diese Weise entgegnend wird er schließ-
lich dahin kommen, daß sie selbst entweder Feind-
schaften anführt, indem sie behauptet, [die Anklagen]
seien ihr aufgrund von Feindschaft vorgeworfen wor-
den, oder sagt: »Ich gestehe, diese Worte gesagt zu
haben, aber nicht in der Absicht zu schaden.« Damit
hat dann der Anwalt dem Richter und den Beisitzern
bezüglich des ersten, nämlich der Feindschaft, vorzu-
tragen, und der Richter hat nachzuforschen. Und wenn
jene [Feindschaft] als Todfeindschaft erwiesen würde,
nämlich daß zwischen Gatten oder Blutsverwandten
nach dem Leben getrachtet worden oder der Tod ein-
getreten wäre, oder die Beschuldigung irgendeines
Verbrechens [erfolgt wäre], um dessentwillen jemand
durch die öffentliche Gerichtsbarkeit zu ahnden wäre,
oder schwere Wunden infolge der Zwistigkeiten und
Zänkereien zugefügt worden wären, dann möge ein
vorsichtiger Richter mit seinen Beisitzern erörtern, ob
auf der Seite der Beschuldigten die Feindschaft

Hexen
4.709 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 661

schwerer ins Gewicht falle oder auf der Seite des An-
zeigenden, z.B. weil der Gatte oder die Freunde der
Angezeigten andere auf der Seite des Anzeigenden
unrechtmäßig bedrängt haben. Wenn keine Indizien
der Tat [in Gestalt von] behexten Kindern oder Vieh
oder [erwachsenen] Menschen vorhanden sind, noch
auch andere Zeugen vorhanden sind oder sie auch
nicht an schlechtem Leumund leidet, wird freilich an-
genommen, daß [der betreffende Zeuge] aus Rach-
sucht gegen sie ausgesagt hat. Und die Beschuldigte
ist gänzlich loszusprechen und freizulassen unter der
gebührenden Versicherung, sich nicht rächen zu wol-
len etc., wie es richterlicher Brauch189 ist.
Aber es wird gefragt: Katharina hat ein behextes
Kind, oder sie selber ist für sich behext oder sie hat
großen Viehschaden erlitten. Sie hat jene im Ver-
dacht, deren Gatte oder Blutsverwandte früher un-
rechtmäßig ihren Gatten oder Blutsverwandten in öf-
fentlicher Gerichtsverhandlung belastet haben. Da
hier auf Seiten des Anzeigenden eine doppelte Feind-
schaft besteht, weil [die Zeugin] Feindschaft hegt hin-
sichtlich des zugefügten Schadenszaubers und hin-
sichtlich der ihrem Gatten oder Blutsverwandten un-
gerechterweise zugefügten Beschimpfung, ist da ihre
Aussage zurückzuweisen oder nicht? Auf der einen
Seite schon [104ra], weil Feindschaft dabei ist, auf
der anderen Seite nicht, weil [die Zeugin] Indizien der

Hexen
4.710 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 662

Tat vorbringt. Es wird geantwortet, daß in dem Fall,


in dem keine anderen Anzeigenden vorhanden sind,
noch auch eine öffentliche Berüchtigung gegen die
Beschuldigte spricht, man ihrer Aussage nicht glaubt,
sondern sie verwirft. Die Beschuldigte jedoch macht
sich dadurch verdächtig, wenn außerdem die Krank-
heit angehext ist und nicht von einem natürlichen
Mangel [herrührt] – und wie man das erkennt, wird
sich weiter unten190 ergeben –, so daß sie sich kano-
nisch zu reinigen hat.
Aber wenn wiederum gefragt wird, ob andere An-
zeigende zuvörderst auch über Indizien der Tat auszu-
sagen haben, die ihnen oder anderen zugestoßen sind,
oder allein über den Leumund, so wird geantwortet,
daß es freilich gut ist, wenn sie über irgendwelche In-
dizien der Tat aussagen; wenn aber über den Leu-
mund, und dieser ist tatsächlich schlecht, dann wird
der Richter, mag er den Anzeigenden wegen der
Feindschaft auch zurückgewiesen haben, doch das
Indiz der Tat, welches er vorgebracht und angezeigt
hat, von den anderen Zeugen, nach dem, was sie über
den Leumund ausgesagt haben, als Anzeichen für
schweren Verdacht nehmen, aufgrund dessen die Be-
schuldigte in Haft genommen und vom Richter zu
einer dreifachen Strafe verurteilt werden kann, näm-
lich der der kanonischen Reinigung, wegen der Infa-
mie, gemäß c. Inter sollicitudines, extra de pur.

Hexen
4.711 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 663

ca191; desgleichen zur Abschwörung wegen des Ver-


dachtes, gemäß c. Accusatus192 am Anfang; und
entsprechend den verschiedenen Verdachtsgründen zu
den verschiedenen Abschwörungen, wie sich in der
vierten Form193, das Urteil zu fällen, ergeben wird.
Und wegen der Indizien der Tat wird sie, wenn sie das
Verbrechen gesteht und bußfertig ist, nicht dem welt-
lichen Arm zur Hinrichtung überlassen, sondern
durch den kirchlichen Richter zu lebenslangem Kerker
verurteilt. Durch den weltlichen Richter jedoch kann
sie, unbeschadet, daß sie zu lebenslangem Kerker
durch den kirchlichen Richter verurteilt worden ist,
trotzdem wegen der zeitlichen Schäden dem Feuer
übergeben werden, gemäß c. ad abolendam, § pre-
senti194 und gemäß c. excommunicamus 2 de.
here.195, was sich alles weiter unten bei der sechsten
Art196, das Urteil zu fällen, ergeben wird.
Als Nachwort ist zu sagen: Der Richter möge er-
stens beachten, daß er nicht zu leicht bereit sei, dem
Anwalt zu glauben, wenn er für die Beschuldigte eine
Todfeindschaft anführt, weil sehr selten bei einem sol-
chen Verbrechen jemand ohne Feindschaft aussagt, da
die Hexen immer allen verhaßt sind. Zweitens, da eine
Hexe auf vier Arten überführt werden kann, nämlich
durch Zeugen, durch die Offensichtlichkeit der Tat,
durch Indizien [104rb] oder durch das eigene Ge-
ständnis, und zwar bezüglich der Infamie, durch Zeu-

Hexen
4.712 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 664

gen oder bezüglich des Verdachtes durch den Augen-


schein oder die Indizien der Tat, möge er darauf ach-
ten, daß danach der Verdacht als leicht, schwer oder
dringend beurteilt werden kann; und dies alles ohne
eigenes Geständnis. Wenn diese197 [Merkmale] zu-
sammen kommen, würde wie beschrieben vorgegan-
gen198.
Drittens möge er das Vorige auf sein Vorhaben be-
züglich der Angezeigten anwenden, um dem Anwalt
zu begegnen: aber natürlich sei sie nur aufgrund der
Infamie angezeigt, oder es wirkten irgendwelche Indi-
zien mit, wodurch sie schwer oder leicht verdächtig
werde. Und dann wird er dem Anwalt bezüglich der
angeführten Feindschaft antworten können; und zwar
soweit es jenen Teil anlangt, wo der Anwalt zugun-
sten des Angezeigten auf Feindschaft der Anzeigen-
den angetragen hat. Wenn er aber das zweite anführt,
nämlich jene Worte, die sie gegen den Anzeigenden
ausgestoßen hat, [z.B.]: »Du wirst in Kürze fühlen,
was dir passieren wird«; oder »Du wirst keine gesun-
den Tage mehr haben«199; oder »Es wird in Kürze
dahin kommen, daß du wolltest, du hättest mir die
und die Sache zukommen lassen oder du hättest sie
mir verkauft« und ähnliches, und der Anwalt ausführt:
»Mag auch irgendein Übel für den Anzeigenden an
[seinen] Gütern oder Körper[n] gefolgt sein, so folgt
deshalb doch nicht, daß jene Beschuldigte als Hexe

Hexen
4.713 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 664

die Ursache dieses Übels sei, weil Krankheiten einem


auf verschiedene Weise zustoßen können.« Und wenn
er ferner hinzufügt, daß es unter den Frauen geläufig
sei, mit derlei Worten untereinander zu streiten etc.,
so hat der Richter bezüglich dieser Behauptungen fol-
gendermaßen zu entgegnen: Wenn freilich die Krank-
heit infolge eines natürlichen Defekts eingetreten ist,
dann wird die Entschuldigung Platz greifen können.
Aber wenn aufgrund von Anzeichen und Erfahrungen
das Gegenteil feststeht, insofern als nämlich [die
Krankheit] durch kein natürliches Mittel hat geheilt
werden können; desgleichen, weil sie nach dem Urteil
der Ärzte als angehexte Krankheit, im Volksmund
Nachtschaden200, beurteilt wird; desgleichen viel-
leicht nach dem Urteil anderer Besagerinnen, die ver-
sichern oder versichert haben, die Krankheit sei ange-
hext; desgleichen, weil sie plötzlich aufgetreten ist,
ohne vorhergehenden Schwächezustand, während
doch natürliche Krankheiten allmählich zu schwächen
pflegen; desgleichen, weil sie vielleicht darum kuriert
worden ist, weil man bestimmte Hilfsmittel unter dem
Bett oder in den Kleidern oder an anderen Orten ge-
funden hat, nach deren Entfernung [die Kranke] plötz-
lich die Gesundheit wiedererlangt hat, was sich sehr
häufig ereignet, wie es sich oben im zweiten [104va]
Teil des Werkes201 ergeben hat, wo von den Heilmit-
teln gehandelt wird. Und durch diese oder ähnliche

Hexen
4.714 [III/2,11] Elfte Frage Hexenhammer, 664

[Einwände] kann der Richter sehr leicht entgegnen,


daß eine solche Krankheit eher infolge eines Scha-
denszaubers als infolge eines natürlichen Mangels
eingetreten ist.
Auch aus Drohungen hat man Verdacht auf einen
Schadenszauber, wie wenn jemand sagen würde: »Ich
will dir die Scheune abbrennen« und der Erfolg auf
dem Fuße folgt, [was] den schweren Verdacht erregt,
daß der, welcher die Drohungen ausgestoßen hat, die
Scheune angezündet hat, mag vielleicht auch ein an-
derer und nicht er selbst den Brand gelegt haben.

Hexen
4.715 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 665

[III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte


Frage, die noch weitere Erklärungen dazu bringt,
wie eine Todfeindschaft zu erforschen sei.
Siebter Akt.

Beachte, daß von der Ablegung eines Zeugnisses nur


Todfeinde zurückgewiesen werden, wie oben in der
fünften Frage angesprochen worden ist. Eine solche
Feindschaft aber aus dem im vorhergehenden Kapitel
Behandelten zu erklären, mag dem Richter vielleicht
allzu unklar und schwierig scheinen, wobei zu beach-
ten ist, daß der Beschuldigte oder dessen Bevollmäch-
tigter sich nicht gern mit jener Entscheidung zufrieden
geben möchten, diesbezüglich, welche [Feindschaft]
als Todfeindschaft zu bezeichnen sei und welche
nicht. Daher sind noch andere Mittel anzusprechen,
durch die der Richter zur Erkenntnis einer solchen
Feindschaft gelangen könnte, um so auf keinen Fall
einen Unschuldigen zu verdammen, während er je-
doch einen Schuldigen mit der gebührenden Gerech-
tigkeit bestrafen kann. Und mögen auch diese Mittel
verklausuliert oder auch hinterhältig sein, so kann der
Richter sie doch zum Vorteil des Glaubens und des
gemeinen Wesens anwenden, da auch der Apostel202
sagt: »Da ich verschlagen war, habe ich sie mit List
gefangen.« Im besonderen werden auch diese Mittel

Hexen
4.716 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 666

bei den Angezeigten angewendet, die öffentlich weder


übel beleumundet noch auch sich durch irgendein
Indiz der Tat auszeichnen; auch mag sie der Richter
gegen alle beliebigen Angezeigten [anwenden kön-
nen], wenn sie Feindschaften gegen die Anzeigenden
anführen und durchaus die Namen der Zeugen wissen
möchten.
Die erste Weise ist die: Es wird nämlich dem An-
gezeigten oder seinem Anwalt eine Abschrift des Pro-
zeß[protokolls] auf der einen Seite gegeben, nämlich
gesondert, und die Namen der Anzeigenden oder An-
gebenden auf der anderen Seite, jedoch nicht in der
Reihenfolge, wie sie aussagen, sondern in der Weise,
daß der Name des Zeugen, welcher in der Abschrift
der erste ist, auf dem Zettel der sechste oder siebte ist,
und wer der zweite ist, der vorletzte oder [104vb]
letzte, womit der Beschuldigte [nicht weiß], wer die-
ses ausgesagt hätte oder wer jenes und wer der erste
oder zweite in seiner Abschrift sei. Wenn es soweit
ist, [sagt man dem Beschuldigten]: »Wirst du alle als
Feinde angeben oder nicht?« Gibt er alle an, so wird
der Beschuldigte um so schneller bei einer Lüge er-
tappt werden, wenn durch den Richter die Ursache der
Feindschaft untersucht wird; gibt er aber bestimmte
an, wird die Ursache der Feindschaft [um so] leichter
erforscht werden.
Die zweite Weise wäre in ähnlicher Form [vorzu-

Hexen
4.717 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 666

nehmen], wenn dem Anwalt eine Abschrift des Pro-


zeß[protokolls] auf der einen Seite und die Namen der
Anzeigenden auf der anderen Seite gegeben würde,
unter Hinzufügung noch anderer Äußerungen, die an-
derswo von Zauberern und Hexen angeführt und nicht
von den Anzeigenden oder den Zeugen ausgesagt
worden sind. So wird der Beschuldigte nicht mit Si-
cherheit sagen können, dieser oder jener sei sein Tod-
feind, weil er nicht weiß, was von wem gegen ihn aus-
gesagt worden ist.
Die dritte Weise ist die, welche auch oben im fünf-
ten Kapitel203 angesprochen worden ist. Wenn näm-
lich der Beschuldigte verhört wird, soll er am Ende
des zweiten Verhörs, bevor er um Verteidigungen bit-
tet und ihm ein Anwalt bestellt wird, gefragt werden,
ob er glaube, er habe Todfeinde, die unter Hintanset-
zung aller Gottesfurcht ihm fälschlich den Schand-
fleck der Ketzerei der Hexen anheften. Und dann,
nicht gefaßt und unvorbereitet und da er die Aussagen
der Anzeigenden nicht gekannt hat, antwortet er dann
vielleicht, er glaube nicht, solche Feinde zu haben.
Oder wenn er sagt, ich glaube welche zu haben, dann
nennt er sie, und jene werden aufgeschrieben, und
auch der Grund der Feindschaft, damit der Richter da-
nach um so sicherer zu ermitteln imstande ist, nach-
dem eine Abschrift des Prozeß-[protokolls] und die
Namen gesondert übergeben worden sind, in der

Hexen
4.718 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 667

Form wie oben.


Und die vierte Weise besteht darin, daß [der Be-
schuldigte] wiederum am Ende des zweiten Verhö-
res204 oder Geständnisses, von dem in der sechsten
Frage bei der zweiten Befragung [die Rede ist], bevor
ihm Verteidigungsmitteln gewährt werden, bezüglich
der Zeugen, welche schwerwiegend gegen ihn ausge-
sagt haben, in dieser Form befragt wird: »Kennst du
den und den?«, wobei man einen von den Zeugen
nennt, der ziemlich Belastendes ausgesagt hat; und
dann wird sie sagen: »Ja!« oder »Nein!« Wenn
»nein«, dann wird er ihn später, wenn man ihm Ver-
teidigungen und einen Anwalt gewährt, nicht als sei-
nen Todfeind hinstellen können, da er vorher unter
Eid das Gegenteil ausgesagt hat, nämlich ihn nicht zu
kennen. Wenn er aber »ja« gesagt hat, dann soll er ge-
fragt werden, ob er weiß oder gehört hat, daß er oder
sie205 selbst etwas gegen den Glauben ausgeführt
hat, wie es Hexen zu tun pflegen. Wenn er [der Be-
schuldigte] »ja« sagt, »er hat das [105ra] und das
getan«, soll er gefragt werden, ob er sein Freund oder
Feind ist. Er wird sogleich antworten, »Freund«, und
zwar, damit man zu dessen Zeugnis stünde. Und von
da an kann er ihn in jenem Fall nicht als jenen Tod-
feind durch seinen Anwalt angeben, da er unter Eid
vorher gesagt hat, er sei sein Freund. Wenn er aber
antworten sollte, er wisse nichts von ihm, dann werde

Hexen
4.719 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 668

er gefragt, ob er sein Freund oder Feind sei, und so-


gleich wird er antworten, Freund, weil es nicht an-
geht, einen als Feind zu bezeichnen, von dem er
nichts Schlimmes weiß. Er wird also sagen: »Ich bin
sein Freund.« Aber trotzdem, wenn ich etwas wüßte,
würde ich nicht unterlassen, jenes zu offenbaren.« In
der und der Sache also wird er ihn später nicht als
Feind hinstellen können; oder er wird zumindest
Gründe der Todfeindschaft von Anfang an beibringen.
Und dann wird dem Anwalt Glauben geschenkt.
Die fünfte Weise: Es wird nämlich dem Angezeig-
ten oder Anwalt eine Abschrift des Prozeß[protokolls]
mit Unterdrückung der Namen des Anzeigenden gege-
ben. Und wenn der Anwalt ihn über die Einzelheiten
belehrt, stellt er Vermutungen auf, wer oder welcher
derartiges gegen ihn ausgesagt habe. Und häufig
kommt [ihm dabei der eine oder andere] in den Sinn.
Wenn er dann sagt, der und der ist [mein] Todfeind;
ich will es durch Zeugen beweisen, dann hat der Rich-
ter zu erwägen, ob er ihn in Übereinstimmung mit
dem Prozeß[protokoll] benannt hat. Und weil jener
dann gesagt hat, er wolle es durch Zeugen beweisen,
wird er jene prüfen und den Ursachen der Feindschaft
nachgehen, nachdem heimlich sogleich guter Rat von
erfahrenen oder alten Leuten eingeholt worden ist, die
über Kenntnis verfügen. Und wenn er so genügend
Anhaltspunkte für die Todfeindschaft gefunden hat,

Hexen
4.720 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 668

dann weise er zunächst die Zeugen zurück, und jener


wird entlassen, falls nicht weitere Belastungen ande-
rer Zeugen vorliegen. Und diese fünfte Weise wird als
allgemein gebräuchlich angewendet, und in der Tat
finden die Hexen schnell aus der Abschrift des Pro-
zeß[protokolls] die Männer oder Frauen heraus, die
gegen sie ausgesagt haben. Und weil sehr selten in
einem solchen Fall eine Todfeindschaft gefunden
wird, außer der, welche aus ihren bösen Werken re-
sultiert, so ist es für den Richter ein Leichtes, sich auf
die vorgenannte Weise zu entscheiden. Man beachte
auch, daß die Anzeigenden sich häufiger den Zaube-
rern und Hexen zu zeigen und ihnen vorzuhalten wün-
schen, was ihnen durch Schadenszauber angetan wor-
den ist.
Es gibt auch noch eine [weitere und] letzte Weise,
auf die der Richter schließlich zurückkommen kann,
wenn die genannten Arten vielleicht von manchen für
listig und hinterhältig [105rb] angewendet beurteilt
werden sollten, besonders die vier ersten. Zur völligen
Genugtuung und Beruhigung skrupulöser Geister
daher und damit dem Richter kein Vorwurf gemacht
werde, möge er beachten, daß, nachdem er die vorher-
gehenden Arten weiß, daß zwischen dem Angezeigten
und dem Anzeigenden keine Todfeindschaft besteht,
er jedoch darüber nach dem Rat der anderen Beisitzer
[erst] zum Schluß befinden will, soll er Folgendes

Hexen
4.721 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 669

tun, damit ihm kein Vorwurf gemachte werde. Er gebe


dem Angezeigten oder dessen Anwalt eine Abschrift
des Prozeß[protokolls], jedoch unter Auslassung der
Namen der Anzeigenden und der Angebenden. Und
weil er bei der Verteidigung sagt, er habe Todfeinde
und er vielleicht verschiedene Gründe der Feindschaf-
ten beibringt, mögen sie es tatsächlich sein oder nicht,
so bringt doch der Richter einen Rat erfahrener Män-
ner jedweder Art zusammen, wenn er sie bequem be-
kommen kann, oder zumindest aus vorsichtigen und
ehrenwerten Personen jeder Art, weil er dazu nach
dem oft angeführten c. Statuta206 gehalten ist, und
lasse ihnen das ganze Prozeß[protokoll] unverkürzt
und vollständig durch den Notar oder Schreiber vorle-
sen. Und er [der Richter] mag ihnen die Namen der
Zeugen oder der Anzeigenden offen vorlegen, jedoch
so, daß er alle unter Eidesleistung zur Geheimhaltung
verpflichtet. Und zwar hat er sie vorher zu fragen, ob
sie das tun wollen, weil ihnen sonst auf keinen Fall
die Namen vorzulegen sind. Danach soll er sagen, wie
er bei der Ermittlung nach einer Feindschaft auf die
und die Weise keine habe nachweisen können. Jedoch
soll er zu verstehen geben, es möchte, falls es gut
schiene, eins von beiden geschehen: entweder es
werde durch den Rat entschieden, welche von den An-
zeigenden als Todfeinde zurückzuweisen seien, und
wie; oder es sollen drei, vier oder fünf ausgewählt

Hexen
4.722 [III/2,12] Es folgt mit Bezug darauf die zwölfte Hexenhammer, 669

werden, die in dem Dorf oder in der Stadt um die


Freundschaft oder Feindschaft zwischen dem Ange-
zeigten und den Zeugen mehr wissen und die nicht in
dem Rat anwesend sind. Und jenen sollen nur die
Namen des Anzeigenden und der Zeugen, aber nicht
die Artikel des Prozeß[protokolls] bekanntgegeben
werden. Und zu deren Urteil wird man stehen. Erstens
werden sie [die Räte] die Zeugen dann nicht gut zu-
rückweisen können – beachte, daß der Richter seine
Untersuchungsmaßnahmen getroffen hat –, zweitens
aber wird er sich völlig unangreifbar machen und
allen nachteiligen Verdacht von sich abwenden. Er ist
auch gehalten, diese letzte Maßnahme zu beachten,
wenn der Beschuldigte in einem fremden Ort und
Lande verhaftet worden ist.
Diese Dinge mögen zur Entscheidung über die
Feindschaft genügen. [105va]

Hexen
4.723 [III/2,13] Vierzehnte Frage Hexenhammer, 670

[III/2,13] Vierzehnte207 Frage. Von den


Dingen, die der Richter vor den vorzulegenden
Fragen in der Kerker- und Folterkammer zu
beachten hat. Und es ist der neunte Akt.

Was zuletzt vom Richter zu tun sei, ist klar. Daß


nämlich, wie es die allgemeine Gerechtigkeit erfor-
dert, niemand zur Todesstrafe verurteilt wird, wenn
jemand nicht durch das eigene Geständnis überführt
wird. Da sie aber aufgrund der anderen beiden, näm-
lich aufgrund der Offensichtlichkeit oder der Indizien
der Tat oder aufgrund gesetzmäßiger Vorführung von
Zeugen, wie es oben in der siebten Frage208 ange-
sprochen worden ist, für eine offenkundig in ketzeri-
scher Verkehrtheit Ertappte gehalten wird, und von
einer solchen Angezeigten ist jetzt auch die Rede, so
wird sie dann jedenfalls zur [Erlangung] eines Ge-
ständnisses der Verbrechen den [peinlichen] Fragen
und Foltern ausgesetzt. Und damit die Frage klar sei,
möge ein Fall angeführt werden, der sich in Spey-
er209 zutrug und recht bekannt ist. Als ein ehrenwer-
ter Mann an einer Frau vorbeiging und nicht in den
von ihr gewünschten Verkauf einer bestimmten Sache
hatte einwilligen wollen, rief jene entrüstet hinter [sei-
nem] Rücken: »In Kürze wirst du wünschen, du hät-
test zugesagt!« Und so oder [so] ähnlich ist die ge-

Hexen
4.724 [III/2,13] Vierzehnte Frage Hexenhammer, 671

bräuchliche Art der Hexen zu sprechen, wenn sie


einen Schadenszauber durch Sprüche zufügen wollen.
Da wandte jener, empört und nicht zu Unrecht das
Gesicht nach hinten [gewandt], um sie anzusehen, in
welcher Absicht sie die Worte ausgestoßen habe. Und
siehe, er wurde plötzlich von einem Schadenszauber
getroffen, indem sein Mund sich in schauderhafter
Entstellung schräg bis zu den Ohren ausdehnte. Und
er konnte ihn nicht zurückziehen, sondern blieb lange
Zeit so entstellt.
Gesetzt den Fall, es wird dem Richter eine augen-
scheinliche Tat vorgelegt und gefragt, ob [die Betref-
fende] für offenkundig in der Ketzerei der Hexen er-
tappt zu halten ist. Man muß mit »Ja« antworten nach
den Worten des Bernardus210 in der glossa ordina-
ria und in c. Ad abolendam, wie es oben211 in der
erwähnten Frage angesprochen wird, weil auf drei
Arten, wie dort bemerkt wird, jemand als in dieser
Weise ertappt beurteilt wird und weil auch jene drei
nicht in Verbindung, d.h. alle drei zugleich, zusam-
menzuwirken haben, sondern jedes einzelne für sich,
nämlich die Offensichtlichkeit der Tat, das gesetzmä-
ßige Vorbringen von Zeugen und das eigene Geständ-
nis bewirkt, daß die Hexe für offenkundig ertappt er-
achtet wird. Das Indiz der Tat aber unterscheidet sich
von der Offensichtlichkeit, da es weniger ist als die
Offensichtlichkeit. Doch wird es auch aus den Worten

Hexen
4.725 [III/2,13] Vierzehnte Frage Hexenhammer, 671

und Werken der Hexen gefolgert [105vb], wie in


jener siebten212 Frage angesprochen wird. Man
schließt auch auf Schadenszauber, der nicht so plötz-
lich, sondern im Verlauf der Zeit zugefügt worden ist,
doch auch nach vorangegangenen Drohungen. Und so
können wir schließen, daß sich jetzt unsere Frage um
ähnliche angezeigte Zauberer und Hexen dreht, die
bei den Verteidigungen, wie vorausgeschickt, versagt
oder auch nicht versagt haben, weil sie nicht zugelas-
sen waren; nicht zugelassen aber, weil sie nicht darauf
angetragen hatten: Was der Richter zu tun hat und
wie die [peinlichen] Fragen anzugehen sind, auf daß
dem Blutrichter die Wahrheit zu bekennen sei? Hier
muß der Richter wegen der ungeheuren Mühen gegen
den Schweigezauber vieles beachten, was auch nach
und nach in den Kapiteln hergeleitet wird.
Und das erste ist, daß er [der Richter] sich zur
[peinlichen] Befragung einer Hexe nicht gleich an-
schicke. Er habe jedoch Obacht auf gewisse Anzei-
chen, welche folgen werden. Der Grund, weshalb er
nicht leichtfertig sein darf, ist, weil, wenn nicht göttli-
cher Zwang durch einen heiligen Engel bewirkt, daß
der Schadenszauber des Teufels weicht, sie [die Be-
schuldigte] so unempfindlich gegen Schmerzen wird,
daß sie sich eher gliederweise zerreißen läßt, ab daß
sie etwas von der Wahrheit zu gestehen vermöchte.
Es ist auch deshalb nicht zu übersehen, weil einmal

Hexen
4.726 [III/2,13] Vierzehnte Frage Hexenhammer, 672

nicht alle in gleichem Maße in einen solchen Scha-


denszauber verstrickt sind; dann auch, weil der Teufel
bisweilen aus eigenem Antrieb, nicht von einem heili-
gen Engel gezwungen, es zuläßt, daß die Hexe [ihre]
Verbrechen gesteht. Um das zu verstehen, ist zu be-
achten, was oben213 im zweiten Teil des Werkes,
über die Form, dem Teufel zu huldigen, angesprochen
worden ist. Es gibt nämlich [Hexen], welche zuerst
bestimmte Jahre hindurch dienen, sechs, acht oder
zehn, ehe sie ihm huldigen, nämlich dadurch, daß sie
sich ihm mit Leib und Seele angeloben, während da-
gegen andere ihm von Anfang an die Ableugnung des
Glaubens geloben und auch sofort die Huldigung er-
weisen. Warum aber der Teufel diesen Zeitraum ein-
räumt? Einzig aus dem Grunde, damit in jener Zeit
die Hexe geprüft werde, ob sie, nur mit dem Mund
und nicht mit dem Herzen den Glauben ableugnend,
ihm in ähnlicher Weise auch die Huldigung erweisen
würde. Denn da der Teufel das Innere des Herzens
außer anhand von Äußerlichkeiten nicht und [auch
dann nur] vermutungsweise zu erkennen weiß, wie im
ersten Teil des Werkes214 bei der Schwierigkeit, ob
die Dämonen die Herzen der Menschen zu Haß oder
Liebe wandeln können, [erklärt worden ist], finden
sich auch etliche, die aus irgendeiner Not oder Be-
dürftigkeit durch andere Hexen verführt und in der
Hoffnung auf Beichte und Loskommen [106ra] im

Hexen
4.727 [III/2,13] Vierzehnte Frage Hexenhammer, 672

ganzen oder teilweise vom Glauben abgefallen sind.


Solche läßt er schlechterdings, auch ohne vom heili-
gen Engel gezwungen zu sein, im Stich, weshalb sie
auch ihre Verbrechen leicht gestehen, während jedoch
andere, die wie mit dem Mund, so auch noch vielmehr
mit dem Herzen sich an ihn gehängt haben, von ihm
nach Kräften verteidigt und zum Schweigezauber ver-
härtet werden. Daraus ergibt sich auch die Antwort
auf die Frage, woher es kommt, daß bestimmte Hexen
leicht gestehen, andere aber gar nicht: weil, wenn der
Teufel nicht von Gott her zurückgehalten wird, er jene
doch mit Absicht zurückläßt, um sie mittels zeitlicher
Verwirrung und eines grausigen Todes zur Verzweif-
lung zu treiben, welche er im Herzen anzulocken nie-
mals vermocht hatte. Es ergibt sich dies auch aus
ihren sakramentalen Beichten, in denen sie versichern,
sie hätten [dem Teufel] niemals freiwillig angehan-
gen, und viele Schadenszauber hätten sie, von den
Dämonen gezwungen, verübt.
Es gibt noch einen anderen Unterschied: man sieht,
daß manche nach dem Geständnis der Verbrechen
sich selbst den Tod zu geben beabsichtigen, indem sie
sich mit einer Schlinge oder durch Aufhängen selbst
das Leben nehmen, was auf jeden Fall jener Feind
[der Teufel] bewirkt, damit sie nicht durch sakramen-
tale Beichte Verzeihung von Gott erlangen. Und zwar
[tut er dies] vorzüglich bei denen, welche ihm nicht

Hexen
4.728 [III/2,13] Vierzehnte Frage Hexenhammer, 673

freiwillig angehangen haben, mag er es auch bei ande-


ren, die ihm freiwillig angehangen haben, nach dem
Geständnis der Verbrechen vorhaben. Aber dann
merkt man, daß der Teufel die Hexen gezwungener-
maßen im Stich gelassen hat.
Wir wollen schließen, daß man eine ebenso große
oder gar noch größere Mühe beim [peinlichen] Ver-
hör der Hexen zum Geständnis der Wahrheit an-
nimmt, wie beim Austreiben bei einem vom Dämon
Besessenen. Daher soll der Richter hierzu weder gern
bereit noch leichtfertig sein, außer, wie es zum Blut-
richter gesagt wurde. Aber auch in diesem Fall möge
er wie folgt Sorgfalt üben, wenn er erst das Urteil
spricht.

Hexen
4.729 [III/2,14] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 674

[III/2,14] Fünfzehnte215 Frage. Über die


Weise, die Beschuldigte zu den [peinlichen]
Fragen zu verurteilen, und wie sie am ersten
Tag [peinlich] zu verhören ist, und ob man ihr
die Erhaltung des Lebens versprechen kann.
Zehnter Akt.

Was hat der Richter an zweiter Stelle zu bedenken?


Es besteht der Akt vorerst216 darin, daß er in der
Weise, wie folgt, das Urteil fällt: »Wir, Richter und
Beisitzer, die wir auf die Ermittlungen achten oder die
Ergebnisse dieses von uns gegen dich geführten Pro-
zesses bedenken, den und den, an dem und dem Ort
der und der Diözese, wir finden nach sorgfältiger
[106rb] Prüfung aller Punkte, daß du in deinen Aus-
sagen schwankend bist, weil du schlichtweg sagst, du
habest die und die Drohungen ausgestoßen, aber nicht
in der Absicht zu schädigen. Und doch sind nichtsde-
stoweniger verschiedene Indizien vorhanden, welche
genügen, dich den [peinlichen] Fragen und Foltern
auszusetzen. Deswegen erklären, urteilen und erken-
nen wir, daß du am heutigen Tage und zu der und der
Stunde den [peinlichen] Fragen und Foltern ausge-
setzt werden sollst. Gefällt wurde dieses Urteil« etc.
Zweitens217 besteht der Akt darin, daß, wie vor-
ausgeschickt worden ist218, [der Richter] auch jetzt

Hexen
4.730 [III/2,14] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 674

noch nicht zum [peinlichen] Verhör bereit ist, sondern


[der Beschuldigte] im Gefängnis zur Strafe und nicht
mehr bloß zur Sicherung, wie bisher, festgehalten
wird. Dann läßt [der Richter] dessen Freunde herbei-
holen und eröffnet ihnen, daß er den Strafen entgehe
und vielleicht dem Tod nicht überantwortet würde,
wenn er die Wahrheit gestehe, während er sonst be-
straft würde. Und er ermahnt sie, daß sie den Ange-
zeigten dazu bringen möchten. Denn das häufige
Nachdenken, das Unglück des Kerkers und die wie-
derholte Belehrung seitens rechtschaffener Männer
machen ihn geneigt, die Wahrheit zu bekennen. Wir
haben die Erfahrung gemacht, daß die Hexen durch
solcherart Belehrungen dermaßen bestärkt wurden,
daß sie zum Zeichen des Widerwillens [gegen den
Teufel] auf die Erde speien, gleichsam dem Teufel ins
Gesicht, und sagten: »Weiche, verfluchter Teufel! Ich
werde tun, was recht sein wird« und in der Folge ihre
Verbrechen gestanden.
Wenn man aber auf den Angezeigten in geeigneter
Weise gewartet, ihm angemessene Zeit gewährt und
ihn vielfach belehrt hat, und der Richter im guten
Glauben meinte, daß der Beschuldigte die Wahrheit
leugne, so verhöre man ihn [peinlich] in mäßiger
Weise, nämlich ohne Blutvergießen, da man weiß,
daß die [peinlichen] Verhöre trügerisch und, wie oft
angesprochen worden ist219, öfter wirkungslos sind.

Hexen
4.731 [III/2,14] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 675

Die Weise aber, damit zu beginnen, ist diese: daß,


während die Knechte sich zum [peinlichen] Verhör
bereit machen, sie ihn [den Beschuldigten] danach
entkleiden; oder, wenn es eine Frau ist, soll sie, bevor
sie in den Kerker geführt wird, von anderen sittsamen
Frauen von gutem Ruf entkleidet werden, damit [ent-
deckt werde], ob irgendein [Schweige]zauber in die
Kleider eingenäht ist, den sie häufig auf die Unterwei-
sung der Dämonen hin aus den Gliedern eines unge-
tauften Knaben herstellen; zu dem Ende, daß die Kna-
ben der Seligkeit220 beraubt werden. Und während
die [Folter]werkzeuge aufgestellt werden, soll der
Richter selbst und durch andere gute [106va] Männer
[und] Glaubenseiferer den [peinlich] zu Verhörenden
bewegen, die Wahrheit frei zu gestehen. Und wenn er
nicht gestehen will, übergibt er ihn den Knechten,
damit er an die Seile gebunden werde oder zu anderen
Werkzeugen gegriffen werde. Und dabei sollen sie so-
gleich Folge leisten, nicht freudig, sondern gleichsam
erschrocken. Danach wird er wieder auf die Bitte eini-
ger losgebunden, zur Seite genommen und wiederum
zu bewegen gesucht, daß er gestehe und dabei belehrt,
daß er dem Tode nicht übergeben werde.
Hier ist zu fragen, ob der Richter bei einem be-
scholtenen und durch Zeugen und Indizien der Tat ge-
setzmäßig überführten Angezeigten, wenn nichts
fehlt, als daß er mit eigenem Mund das Verbrechen

Hexen
4.732 [III/2,14] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 675

gesteht, erlaubterweise die Erhaltung des Lebens ver-


sprechen kann, obgleich er doch, wenn er das Verbre-
chen gesteht, mit dem Tode bestraft wird. Es wird ge-
antwortet: Von Verschiedenen werden verschiedene
Ansichten vertreten. Einige nämlich meinen, daß,
wenn die Beschuldigte sehr übel beleumundet und
aufgrund der Indizien der Tat schwer verdächtig und
sie selbst zum großen Schaden gleichsam die Lehrer-
meisterin der anderen Hexen221 ist, sie auch dann
noch hinsichtlich des Lebens beruhigt werden könne,
[indem man ihr sagt] daß sie zu lebenslangem Kerker
bei Wasser und Brot verurteilt werde, wenn sie nur
die anderen Hexen durch sichere und durchaus wahre
Indizien bekanntgeben wolle. Jedoch wäre ihr jene
Kerkerstrafe, so wie sie verhängt wird, nicht mitzutei-
len, sondern ihr wäre nur die Gewährung des Lebens
zu versprechen, und daß sie mit einer Buße, z.B.
durch Verbannung oder auf eine andere Weise, zu be-
strafen [wäre]. Und ohne Zweifel wären sie mit Rück-
sicht auf berüchtigte Zauberer und Hexen, und zwar
besonders wegen solcher Leute, die den [anderen]
Zauberern und Hexen mit Mitteln zur Hand gehen
und Behexte mit abergläubischen Handlungen heilen,
auf diese Weise zu bewahren, damit sie entweder den
Behexten zu Hilfe kämen oder die Hexen verrieten.
Jedoch sollte man sich mit ihrem Verrat deshalb nicht
begnügen, weil der Teufel lügnerisch ist, außer wenn

Hexen
4.733 [III/2,14] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 676

gleichermaßen noch andere Indizien der Tat samt


Zeugen hinzukommen.
In anderen Fällen scheint es mit Rücksicht eben
darauf anzugehen, daß, falls sie auf diese Weise dem
Kerker überantwortet worden ist, man ihr eine Zeit-
lang das Versprechen hält und sie erst nach einiger
Zeit eingeäschert wird.
Es gibt eine dritte Gruppe von Leuten, welche
sagen, der Richter könne ihr getrost die Erhaltung des
Lebens zusichern, jedoch so, daß nicht er selbst sich
danach das Urteil fällt, sondern ein anderer an seiner
Stelle.
Unter diesen Möglichkeiten mag zwar die erste
wegen der Heilung der Behexten nützlich scheinen;
aber weil es nicht erlaubt ist, einen Schadenszauber
durch einen [anderen] Schadenszauber oder unerlaub-
te Taten aufzuheben, wenn es auch, wie sich in der er-
sten und einleitenden Frage dieses dritten Teils
[106vb] ergeben hat222, die Meinung sehr vieler ist,
daß es erlaubt sei, einen Schadenszauber durch eitle
und abergläubische Werke aufzuheben. Aber weil
hierbei die Erfahrung wie auch die Praxis und die
Mannigfaltigkeit der Verhältnisse die Richter mehr
belehren als irgendjemandes Kunst oder Lehre, so
wird das den Richtern anheimgestellt. Gewiß ist aber,
wie die Erfahrung mehrmals gelehrt hat: es würden
viele die Wahrheit gestehen, wenn sie nicht durch die

Hexen
4.734 [III/2,14] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 677

Furcht vor dem Tode abgehalten würden.


Drittens besteht der [vorliegende] Akt darin, daß,
wenn sie weder auf Drohungen noch auf solche Ver-
sprechungen hin die Wahrheit hat gestehen wollen,
die Knechte den gefällten Beschluß vollziehen und sie
[peinlich] nach den gewohnten und nicht neuen noch
auch ausgesuchten Methoden leichter oder stärker be-
fragt wird, wie es dem Verbrechen der Delinquentin
entspricht. Und während sie [peinlich] befragt wird,
werde sie über bestimmte Punkte befragt, wegen
denen sie befragt wird, und dies wiederholt und mit
den leichteren beginnend, weil sie das Leichte schnel-
ler zugeben wird als das Schwerere. Und währenddes-
sen soll der Notar alles im Prozeß[protokoll] auf-
schreiben: wie sie [peinlich] befragt und wonach sie
befragt und was geantwortet wird. Und [man] beach-
te, daß, wenn sie infolge der Folterungen gesteht, sie
später zu einem anderen Ort geführt werde, damit [der
Richter ihr Geständnis] von neuem vernehme und
[wisse], daß er es nicht nur kraft der Folterungen ver-
nommen habe.
Viertens besteht der Akt darin, daß, wenn der in
mäßiger Weise [peinlich] Verhörte die Wahrheit nicht
hat gestehen wollen, vor ihm andere Arten von Folter-
werkzeugen mit den Worten hingelegt werden, daß er
sie aushalten müsse, wenn er die Wahrheit nicht ge-
stehe. Wenn er auch so nicht in Furcht [versetzt] und

Hexen
4.735 [III/2,14] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 677

zur Wahrheit gebracht werden kann, dann wird in sei-


ner Gegenwart das Urteil auf Fortsetzung des [peinli-
chen] Verhörs auf der Folter für den zweiten und drit-
ten Tag, nicht auf Wiederholung – da [die Folter]
nicht wiederholt werden darf, wenn nicht neue Indizi-
en hinzugekommen sind – in folgender Weise vorge-
tragen: »Und wir Vorgenannten, Richter [etc.] wie
oben, bestimmen für dich, den und den, den und den
Tag zur Fortsetzung des [peinlichen] Verhörs, damit
aus deinem eigenen Mund die Wahrheit herauskom-
me.« Und alles soll vom Notar in das Prozeß[proto-
koll] aufgenommen werden. Und innerhalb der be-
zeichneten Zeit bewege ihn der Richter selbst oder
durch andere rechtschaffene Männer, die Wahrheit zu
gestehen, in der vorgenannten Weise mit Zusicherung
des Lebens, wenn es erfolgversprechend scheint.
Auch möge der Richter beachten, daß innerhalb jener
Zeit beständig Wachen bei ihr seien, damit sie näm-
lich nicht allein gelassen wird, weil sie vom Dämon
heimgesucht werden wird, damit sie sich [nicht] selbst
den Tod antue, sei es, daß der Teufel [107ra] sie
selbst zu verlassen sich anschickt oder sei es, daß er
von Gott gezwungen wird, sie zu verlassen. Denn ge-
rade das kann der Teufel besser wissen, als es jemand
in Büchern berichten kann.

Hexen
4.736 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 678

[III/2,15] Fünfzehnte Frage223. Über die


Fortsetzung der Folter und die
Vorsichtsmaßnahmen und Zeichen, an denen
der Richter die Hexe erkennen kann. Und wie er
sich vor ihrem Schadenszauber schützen soll.
Und wie sie zu scheren sind und wo sie ihre
Zauber[mittel] verborgen haben. Mit
verschiedenen Erläuterungen, dem
Schweigezauber zu begegnen. Und es ist der
elfte Akt.

Was bleibt aber danach dem Richter bei der Fortset-


zung der Folter noch übrig? Erstens ist zu beachten,
daß, wie es nicht für alle Krankheiten dieselbe Medi-
zin gibt, sondern es vielmehr für unterschiedliche und
einzigartige Krankheiten unterschiedliche und spezifi-
sche Arzneien gibt, nicht bei allen Ketzern oder
wegen Ketzerei Angezeigten dieselbe Vorgehenswei-
se zu fragen, zu inquirieren und bezüglich der Artikel
zu verhören zu beachten, sondern gemäß der Beschaf-
fenheit der Sekten und Personen eine unterschiedliche
und vielfältige Weise zu prüfen ist. Daher kann ein
kluger Richter wie der Arzt, der morsche Glieder ab-
zuschneiden und räudige Schafe von den gesunden
abzusondern bestrebt ist, erwägen, daß die Beschul-
digte mit einem Schweigezauber infiziert ist. Diese

Hexen
4.737 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 679

Verschwiegenheit zu beenden, kann durch keine ein-


zelne und unfehlbare Regel oder Methode angegeben
werden. Ja es wäre auch deshalb nicht sicher, eine zu
geben, weil, wenn die Söhne der Finsternis diese für-
derhin angewendete Methode und allgemein [gültige]
Regel vorher kennen würden, sie diese als Schlinge
ihres Verderbens leichter meiden oder auch Vorkeh-
rungen dagegen treffen würden. Darum ergreife ein
kluger und eifriger Richter die günstige Gelegenheit
und Technik des Fragens, sei es aus den Antworten
der Zeugen, sei es, was ihn die Erfahrung sonst ge-
lehrt hat oder was ihm die Schärfe des eigenen Ver-
standes eingibt; unter Befolgung der unten verzeich-
neten Vorsichtsregeln. Wenn er erforschen will, ob
[die Hexe] vom Schweigezauber geschützt wird,
achte er darauf, ob sie weinen kann, wenn sie vor ihm
steht oder er sie den Foltern aussetzt.
Es ist nach alter Überlieferung glaubwürdiger
Leute und eigener Erfahrung das sicherste Zeichen,
daß, selbst wenn er [der Inquisitor] sie zum Weinen
unter Beschwörungen antreibt, sie keine Tränen ver-
gießen kann, wenn sie eine Hexe ist [107rb]. Sie
wird freilich weinerliche Laute von sich geben und
versuchen, Wangen und Augen mit Speichel zu benet-
zen, wie wenn sie weinte, bezüglich dessen die Anwe-
senden genau aufpassen müssen. Die Weise aber, sie
[zum Vergießen] wahrer Tränen, falls sie unschuldig

Hexen
4.738 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 679

ist, zu veranlassen und daß sie falsche Tränen zurück-


hält, kann so [wie folgt] oder ähnlich vom Richter
oder Priester unter Auflegung der Hand auf das Haupt
des oder der Angezeigten mit dem Spruch ausgeführt
werden: »Ich beschwöre dich bei den bittersten Trä-
nen, die von unserem Heiland und Herrn, Jesus Chri-
stus, am Kreuz zum Heil der Welt vergossen wurden
und bei den heißesten Tränen der glorreichsten Jung-
frau Maria, seiner Mutter, die sie über seine Wunden
zur Abendstunde hat fließen lassen, und bei allen Trä-
nen, welche hier in der Welt alle Heiligen und Auser-
wählten Gottes vergossen haben, und von deren
Augen [Gott] jetzt jede Träne abgewischt hat, daß du,
sofern du unschuldig bist, Tränen vergießest; wenn
schuldig, keinesfalls. Im Namen des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes †. Amen.« Die Er-
fahrung hat gelehrt, daß sie, je mehr sie beschworen
wurden, desto weniger weinen konnten, während sie
sich doch sehr zu weinen bemühten und die Wangen
mit Speichel benetzten. Möglich ist jedoch, daß sie
später, in Abwesenheit des Richters und außerhalb
des Ortes und der Zeit der Tortur, vor den Wächtern
zu weinen imstande sind.
Auf die Frage nach der Ursache der Tränenlosigkeit
bei den Zauberern und Hexen kann man antworten:
weil die Gnade der Tränen bei den Büßern zu den her-
vorragenden Gaben gezählt wird, indem Bernar-

Hexen
4.739 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 680

dus224 behauptet, daß eine demütige Träne in den


Himmel steige und einen Unbesiegbaren besiege. Und
so ist es für niemanden zweifelhaft, daß sie auch dem
Feind des Heils [dem Teufel] gar sehr mißfällt, wie
ersichtlich ist. Daher zweifelt auch niemand, daß er
sie [eine demütige Träne] mit den äußersten Bemü-
hungen zu verhindern sucht, damit am Ende die Un-
bußfertigkeit besser Eingang findet.
Aber was, wenn es durch die Verschlagenheit des
Teufels mit Zulassung Gottes geschähe, daß auch eine
Hexe weinte, da ja Weinen, Spinnen und Betrügen
zur Eigenart der Frauen gehören soll? Es kann geant-
wortet werden: da Gottes Ratschlüsse verborgen sind,
so wäre sie natürlich freizusprechen, wenn sie auf an-
dere Weise, durch gesetzmäßige Zeugen bezüglich ir-
gendwelcher Indizien der Tat, nicht überfuhrt werden
könnte, und nicht schwer oder dringend verdächtig ist.
Und sie hätte wegen des leichten Verdachtes, in dem
sie sich wegen der Berüchtigung, die die Zeugen be-
kundet haben, befindet, der Ketzerei der Hexen abzu-
schwören, wie bei der zweiten Weise225, das Urteil
zu fällen, erörtert wird.
Die zweite Vorsichtsmaßregel ist nicht nur nach
dieser ersten, sondern [107va] jederzeit vom Richter
und allen Beisitzern zu beachten: daß sie nicht zulas-
sen, daß sie von ihr körperlich berührt werden, beson-
ders an der nackten Verbindungsstelle von Händen

Hexen
4.740 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 681

und Armen. Und sie sollen auf jeden Fall am Palm-


sonntag exorzisiertes Salz und geweihte Kräuter bei
sich tragen. Diese Dinge nämlich, zusammen mit ge-
weihtem Wachs eingewickelt und am Hals getragen,
haben, wie sich oben im zweiten Teil des Werkes226
[im Kapitel] über die Mittel gegen angehexte Krank-
heiten und Mängel ergeben hat, eine wunderbare vor-
beugende Wirkung, nicht allein nach den Zeugnissen
der Hexen, sondern auch infolge der Praxis und des
Gebrauchs der Kirche, die zu diesem Ende derlei
exorzisiert und weiht, wie es sich in den Exorzismen
ergibt, wo es heißt: »Zur Verscheuchung aller Macht
des Feindes« etc.
Es möge auch nicht befremdlich erscheinen, [was]
über die Berührung der Gelenke oder Glieder [gesagt
worden ist], weil [die Hexen] mit Zulassung Gottes
manchmal durch die Berührung, manchmal durch den
Blick oder durch das Anhören der von ihnen ausge-
stoßenen Worte durch das Werk der Dämonen behe-
xen können; besonders in der Zeit, in der sie den
[peinlichen] Fragen ausgesetzt werden, wie uns die
Erfahrung lehrt. Wir kennen in Burgen festgehaltene
[Hexen], die inständigst von den Burgherrn nichts
weiter erbaten, als daß ihnen bei der Ankunft des
Richters oder eines anderen Gerichtsherrn gestattet
würde, den ersten Blick auf den Richter selbst richten
zu können, bevor sie von ihm oder den anderen gese-

Hexen
4.741 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 681

hen würden. Infolge dieses Blickes erreichten sie es,


daß ein solcher Richter oder seine Beisitzer in ihren
Herzen so entfremdet wurden, daß sie allen Unwillen,
wenn sie welchen gehabt hatten, verloren und sie [die
Hexe] auf keine Weise zu belästigen unternahmen,
sondern sie frei ziehen ließen. Wer es weiß und erfah-
ren hat, legt davon ein wahres Zeugnis ab. Oh, wenn
sie doch solche Dinge nicht bewirken könnten!
Die Richter mögen solche Ratschläge und Mittel
nicht geringschätzen, da ihnen dies nach so ernsten
Ermahnungen die ewige Verdammnis eintragen
würde, nach dem Wort des Erlösers227: »Wenn ich
nicht gekommen wäre und zu ihnen gesprochen hätte,
wären sie ohne Sünde; jetzt aber haben sie keine Ent-
schuldigung für die Sünde.« Sie mögen sich also mit
den erwähnten [Mitteln] aufgrund der Verordnung der
Kirche schützen, und wenn es umstandslos geschehen
kann, werde sie [die Hexe] rückwärts hereingeführt,
indem sie den Rücken zu den Richtern und Beisitzern
wendet. Und nicht nur in diesem Akt, sondern auch in
allen vorausgehenden und folgenden schütze man sich
mit dem Zeichen des Kreuzes und greife entschlossen
an, wodurch die Kräfte der alten Schlange mit Gottes
Hilfe gebrochen werden. [107vb] Es möge das auch
niemand für etwas Abergläubisches ansehen, daß sie
rückwärts hereingebracht werden soll, da die Kanoni-
sten, wie oft erwähnt worden ist, zur Aufhebung und

Hexen
4.742 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 682

Vorbeugung gegen Schadenszauber mehr zulassen


und sagen, Eitles mit Eitlem zu brechen, sei immer er-
laubt.
Als dritte Vorsichtsmaßregel im gegenwärtigen elf-
ten Akt ist zu beachten, daß die Haare von jedem Teil
des Körpers geschoren werden228. Und dabei gilt
derselbe Grund, wie oben229 für das Ausziehen der
Kleider. Sie haben nämlich bisweilen für den Schwei-
gezauber irgendwelche abergläubische Amulette von
bestimmten Dingen, sei es in den Kleidern, sei es in
den Haaren des Körpers und bisweilen an den ge-
heimsten, nicht zu benennenden Orten.
Wenn jemand entgegenhalten sollte: Ob denn der
Teufel ohne derartige Amulette den Sinn der Hexe
verhärten könne, so daß sie nicht imstande sei, die
Verbrechen zu gestehen?, wie man doch auch andere
Verbrecher häufiger findet, [die] unter den schwersten
Folterungen, so sehr sie auch durch die Indizien der
Tat oder durch Zeugen überführt sind, [nichts geste-
hen], so wird geantwortet: es ist durchaus wahr, daß
der Dämon ohne irgendwelche Dinge solche Ver-
schwiegenheit bewirken kann. Er bedient sich jedoch
jener Dinge zum Verderben der Seele und zu größerer
Beleidigung der göttlichen Majestät. Damit dies noch
klarer werde, [sei an folgendes erinnert]: Eine Hexe in
der Stadt Hagenau230, von der auch oben, im zweiten
Teil des Werkes231, die Rede gewesen ist, wußte sol-

Hexen
4.743 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 683

chen Schweigezauber dadurch zu bewirken, daß ein


kürzlich geborenes Kind männlichen Geschlechts,
nicht getauft und erstgeboren, getötet, im Ofen gebra-
ten und mit anderem, das ausdrücklich zu nennen
nicht tunlich ist, zu Asche verbrannt wurde. Wenn
eine Hexe – oder ein Verbrecher – etwas davon bei
sich trug, konnte sie auf keinen Fall ihre Verbrechen
gestehen. Hier ist klar, daß, [auch] wenn hunderttau-
send Knaben verwendet würden, sie von ihrer natürli-
chen Anlage her niemals eine solche Schweigewir-
kung hervorbringen könnten. [Der Teufel] bedient
sich jedoch [dieses Mittels], wie jedem Einsichtigen
klar ist, zum Verderben der Seelen und zur Beleidi-
gung der göttlichen Majestät232.
Dazu, daß verbrecherische Menschen und nicht
Zauberer häufig über eine solche Verschwiegenheit
verfügen, ist zu sagen, daß dies von einer dreifachen
Ursache herrühren kann: erstens von einer natürlichen
Verhärtung des Sinnes; weil, wie manche weich von
Herzen oder verzagt sind, daß sie auf eine leichte Fol-
terung alles geständen, auch alles beliebige Falsche,
manche so verhärtet sind, daß sie noch so gequält
werden können – die Wahrheit [108ra] bekommt man
von ihnen nicht –, und besonders sind es jene, die
schon anderswo [peinlich] verhört worden sind. Deren
Arme werden ebenso schnell gebeugt wie sie gestreckt
werden. Zweitens kommt es, wie gesagt, von einem

Hexen
4.744 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 683

bei sich geführten Zauber, der in den Kleidern oder in


den Körperhaaren steckt. Drittens: mögen sie auch
bisweilen keine Zauber[mittel] bei sich eingenäht oder
angebunden haben, so werden sie doch von anderen
Zauberern und Hexen, wenn diese auch noch so weit
entfernt sind, behext; wie sich eine Hexe in Inns-
bruck233 zu rühmen pflegte, daß, wenn sie nur we-
nigstens einen Faden von den Kleidern irgendeines
Angezeigten hätte, sie doch bewirken könnte, daß er,
wie sehr er auch gefoltert würde, selbst auf den Tod,
nichts gestehen könnte. Daher ist die Antwort auf den
Einwand klar.
Aber, was ist mit dem Fall in der Diözese Regens-
burg234, der sich in der Weise ereignet haben soll,
daß, als einige aufgrund ihres eigenen Geständnisses
überführte Ketzer nicht nur als unbußfertig, sondern
sogar als Verteidiger jener Ruchlosigkeit zum Tode
verurteilt worden waren, es geschah, daß sie im Feuer
unversehrt blieben? Als sie schließlich durch einen
anderen Ratschluß zum Ertränken verurteilt worden
waren, konnte man nichts ausrichten, zum Erstaunen
aller, während manche schon versuchten, deren Glau-
ben als den rechten zu verteidigen. In Aufregung ver-
setzt, sagte der Bischof über die Gemeinde ein dreitä-
giges Fasten an, nach dessen frommer Abhaltung je-
mandem offenbart wurde, daß jene [Ketzer] an einer
bestimmten Stelle des Körpers, nämlich unter dem

Hexen
4.745 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 684

einen Arm, ein Zauber[mittel] zwischen Haut und


Fleisch eingenäht hätten. Als man das gefunden und
beseitigt hatte, wurden sie unmittelbar darauf vom
Brand verzehrt. Wenn auch andere meinen, daß ein
Nigromantiker es durch die Anrufung eines Dämons,
der ihm dies angegeben hatte, verraten hätte, ist es,
auf welche Weise auch immer es geschehen sein mag,
wahrscheinlich, daß der Dämon, von göttlicher Kraft
gezwungen, dies offenbart hat, während er [sonst]
immer auf die Verderbnis des Glaubens hinarbei-
tet235.
Ähnlich kann ein Richter, wenn ihm ein solcher
Fall vorkommt, erschließen, was er tun muß: nämlich
zu göttlichem Schutz seine Zuflucht zu nehmen, damit
durch Fasten und Gebete frommer Personen diese
Sorte der Dämonen den Zauberern und Hexen [auch]
in dem Fall ausgetrieben werde, wo sie weder durch
Änderung der Bekleidung noch durch Abrasieren der
Haare zum Geständnis der Wahrheit auf der Folter
gebracht werden können. Mag nun auch in Teilen
Alemanniens236 ein solches Abrasieren, besonders
an den geheimen Stellen, für sehr anstößig erachtet
werden, aus welchem Grund auch wir Inquisitoren
keinen Gebrauch davon machen, sondern mit Gottes
Gnaden von den meisten den Schweigezauber entfernt
haben, indem wir ihnen nach Abrasieren der Kopfhaa-
re einen Tropfen geweihtes Wachs in einem Kelch

Hexen
4.746 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 685

oder Becher Weihwasser mischten [108rb] und drei


Tage lang unter der Anrufung der heiligsten Dreifal-
tigkeit bei nüchternen Magen im Trank reichten: Den-
noch befehlen in anderen Gegenden die Inquisitoren
ein solches Abrasieren am ganzen Körper. Daher hat
uns auch der Inquisitor von Como wissen lassen, daß
er im vergangenen Jahr, welches 1485 war, einund-
vierzig Hexen habe einäschern lassen, nachdem am
ganzen Körper die Haare abrasiert worden waren; und
zwar im Bann und in der Grafschaft Bormio237, im
Volksmund Wurmserbad238, in der Nachbarschaft
der Herrschaft des Erzherzogs von Österreich gen
Mailand.
Wenn gefragt wird, ob es erlaubt ist, wenn durch
keine Mittel der Schadenszauber entfernt werden
kann, notfalls Wahrsagerinnen deswegen um Rat zu
fragen, die Schadenszauber aufzuheben pflegen, so
lautet die Antwort: Was auch immer mit dem in Re-
gensburg239 durchgeführten Verfahren sei, wir er-
mahnen im Herrn, daß in keinem noch so dringenden
Fall zum Wohle des Gemeinwesens Wahrsagerinnen
befragt werden, und zwar wegen der großen Beleidi-
gung der göttlichen Majestät, da uns so viele andere
Mittel zu Gebote stehen, durch die wir auf jeden Fall
[unser Ziel] erreichen können, entweder in der eigent-
lich geforderten oder in einer gleichwertigen Form des
Erstrebten, so daß man auf jeden Fall die Wahrheit

Hexen
4.747 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 685

erfahren wird, sei es aus ihrem Mund, damit sie einge-


äschert werden kann, sei es, daß Gott sie aus dem
Wege schafft, indem er ihr einen anderen Tod zukom-
men läßt240.
Diese Mittel aber werden uns vorgegeben: Erstens,
daß der Mensch das tut, was er aus eigenem Fleiß und
aufgrund der Anstrengung seiner Kräfte vermag,
indem man die oben besprochenen Vorgehensweisen
mehrmals und besonders an bestimmten Tagen be-
folgt, wie sich schon in der folgenden Frage ergeben
wird241, 2 Cor. 9242: »Ihr sollt Überfluß haben an
allerhand gutem Werk.« Zweitens, daß, wenn dies
versagt, man, um Rat zu holen, sich an andere Leute
wenden soll, die ihm vielleicht ein Mittel verschaffen,
an das er niemals gedacht hatte, weil es verschiedene
Arten zur Aufhebung eines Schadenszaubers gibt.
Drittens, wenn das Erwähnte versagt, soll man seine
Zuflucht zu frommen Personen nehmen, nach jenem
[Wort] Eccl. 37243: »Sei beständig mit einem heili-
gen Mann zusammen, wer es auch sei, von dem du
weißt, daß er die Gottesfurcht achtet.« Desgleichen
sollen die Heiligen in der Heimat angerufen werden.
Wenn das alles versagt, soll der Richter und das
ganze Volk seine Zuflucht unmittelbar zu Gott neh-
men, mit Fasten und Gebeten, damit durch seine
Liebe ein solcher Schadenszauber beseitigt werde; so
wie Josaphat 2 Paral. 20244 [es tat]: »Da wir nicht

Hexen
4.748 [III/2,15] Fünfzehnte Frage Hexenhammer, 686

wissen, was wir tun sollen, haben wir allein [108va]


die Zuflucht, daß wir unsere Augen auf dich richten.
Denn Gott wird uns ohne Zweifel in unseren Nöten
nicht im Stich lassen.« Daher [sagt] auch Augustinus,
und zwar steht es in 26 q. 7245: »Wollt ihr nicht auf-
merken? Wer diese oder sonstige Weissagungen oder
Schicksalsfügungen oder Vogelzeichen beobachtet
oder beachtet, oder denen, die sie beobachten, glaubt,
indem er sich mit seinem Tun danach richtet, oder in
ihr Haus geht, oder sie in sein Haus führt, oder sie be-
fragt, der möge wissen, daß er gegen den christlichen
Glauben und die Taufe gefrevelt hat und als Heide
und Apostat und Feind Gottes den Zorn Gottes in
Ewigkeit schwer auf sich zieht, wenn er nicht, durch
kirchliche Buße gebessert, mit Gott versöhnt wird.«
Ein Richter versäume also nicht, sich immer der er-
laubten Mittel und schließlich der unten angegebenen
Vorsichtsmaßregeln zu bedienen.

Hexen
4.749 [III/2,16] Sechzehnte Frage Hexenhammer, 687

[III/2,16] Sechzehnte246 Frage. Von der Zeit


und folgenden Form des Verhörs. Zwölfter Akt.
Über die abschließenden Vorsichtsmaßregeln,
die vom Richter beachtet werden müssen.

Außer dem vorigem ist noch mehr zu bemerken. Er-


stens, daß [die Delinquenten] an besonders heiligen
Tagen und während der Feier der Messen befragt
werden müssen, damit das Volk ermahnt wird, die
göttliche Hilfe im allgemeinen, nicht im speziellen,
anzuflehen, außer daß die Heiligen gegen bestimmte
Anfeindungen der Dämonen angerufen werden kön-
nen. Zweitens, daß die Dinge, die oben vom Salz und
anderen geweihten Dingen erwähnt worden sind,
samt den sieben Worten, die Christus am Kreuz aus-
sprach, auf einen Zettel geschrieben und ihm247 um
den Hals gebunden werden sollen. Das Längenmaß
Christi248 werde ihm [dem Delinquenten] aus ge-
weihtem Wachs auf den bloßen Leib gegürtet, wenn
man es in dieser Länge gerade unschwer bekommen
kann. Die Erfahrung hat gelehrt, daß sie dadurch auf
wunderbare Weise bedrängt werden und schwerlich
an sich halten. Besonders aber [gilt dies] von den Re-
liquien der Heiligen.
Wenn dies so eingerichtet und Weihwasser im
Trank gereicht worden ist, werden wiederum [Vorbe-

Hexen
4.750 [III/2,16] Sechzehnte Frage Hexenhammer, 687

reitungen] zu den [peinlichen] Fragen getroffen, unter


fortwährender Ermahnung wie vorher. Während er
[der Delinquent] aber zur Folter vom Boden emporge-
hoben wird, lese der Richter die Aussagen der Zeugen
unter heimlicher Weglassung der Namen vor oder
lasse sie vorlesen, indem er folgendermaßen spricht:
»Siehe durch die Zeugen bist du überführt!« Desglei-
chen, wenn die Zeugen sich von Angesicht zu Ange-
sicht [dem Inquisiten] gegenüberstellen wollen
[108vb], dann möge der Richter fragen, ob er geste-
hen wolle, wenn sich ihm die Zeugen im Angesicht
zeigten? Wenn er bejaht, dann wären die Zeugen her-
einzuführen und vor ihm aufzustellen, im Falle er
vielleicht aus Scham oder Verängstigung etwas geste-
hen möchte. Schließlich, wenn es scheint, daß sie [die
Hexe249] ihre Schandtaten nicht offenbaren will,
wird er [der Richter] sie fragen, ob sie sich [zum Be-
weis] ihrer Unschuld dem [Gottes]urteil des glühen-
den Eisens250 unterziehen wolle. Und weil jenes alle
wünschen, da sie wissen, daß sie durch die Dämonen
vor einer Verletzung bewahrt werden, woran man
auch erkennt, daß sie wirklich Hexen sind, so wird
der Richter erwidern, mit welcher Kühnheit sie sich
so großen Gefahren aussetzen könne. Und alles werde
aufgeschrieben. Daß aber jenes [Gottes]urteil des glü-
henden Eisens ihnen nicht zu gestatten sei, wird sich
weiter unten251 ergeben.

Hexen
4.751 [III/2,16] Sechzehnte Frage Hexenhammer, 688

Der Richter möge auch beachten, daß sie beim


Verhör am sechsten Feiertag252, besonders bis zum
Läuten zum Verscheiden unseres Erlösers, oft gestan-
den haben.
Aber weil es nötig ist, daß wir zum Äußersten, d.h.
deren vollständigem Leugnen, kommen, so soll sie
[der Richter], wenn sie darauf beharrt, losbinden [las-
sen] und sich noch der folgenden Vorsichtsmaßregeln
bedienen: Beim Hinausführen aus dem Kerker in
einen anderen, jedoch gut gesicherten, zur Bewachung
hüte er sich durchaus, sie irgend gegen Gewährlei-
stungen oder Sicherheiten oder sonstige Befreiungen
durch einen Beschluß freizugeben, weil von solchen
Freigelassenen die Wahrheit niemals erlangt wird, im
Gegenteil, sie immer verderbter werden.
Aber dafür sorge er zuerst, daß sie menschenwür-
dig mit Speise und Trank bedacht wird und sie bis-
weilen ehrenwerte und unverdächtige Leute besuchen,
die sich auch häufig über sonstige Dinge mit ihr un-
terhalten und endlich im Vertrauen raten sollen, sie
möchte die Wahrheit gestehen, wobei sie ihr verspre-
chen, daß der Richter ihr Gnade angedeihen lassen
werde und sie gleichsam Vermittler sein wollen. Und
zu diesem Zweck wird der Richter eintreten und ihr
versprechen, Gnade walten zu lassen, wobei er entwe-
der an sie oder an das Gemeinwesen denkt, zu dessen
Erhaltung alles, was geschieht, gefällig ist. Wenn er

Hexen
4.752 [III/2,16] Sechzehnte Frage Hexenhammer, 689

ihr aber das Leben verspricht, was oben253 in der


vierzehnten Frage über die drei Maßnahmen behan-
delt worden ist, so werden die Einzelheiten vom Notar
aufgeschrieben, und zwar in welchem Wortlaut und
welcher Absicht die Gnade versprochen worden sei.
Und wenn die Beschuldigte auf diese Weise Gnade
erbeten und Tatsachen offenbart haben wird, sollen
allgemeine Redensarten gebraucht werden, [wie z.B.]
es werde ihr mehr zuteil werden als sie selbst erbeten
[109ra] habe, mit dem Zweck, daß sie mit größerer
Vertrauensseligkeit rede.
Die zweite Vorsichtsmaßregel in diesem Akt ist,
daß, wenn sie die Wahrheit durchaus nicht hat offen-
baren wollen, der Richter ihre Komplizen ohne ihr
Wissen verhört, und wenn sie etwas derartiges ausge-
sagt haben, wodurch sie überführt werden, so nehme
der Richter sich das vor und ermittle sorgfältig die
einzelnen Punkte. Zu demselben [Zweck] sollen,
wenn Werkzeuge oder Salben oder Büchsen im Haus
gefunden worden sind, ihr diese gezeigt und [sie ge-
fragt werden], wozu sie sie gebraucht habe etc.
Die dritte Vorsichtsmaßregel: Wenn sie immer
noch in ihrer Verstocktheit verharrt und er die Gefähr-
ten verhört hat, die gegen und nicht für sie ausgesagt
haben, oder auch, wenn er dies nicht getan hat, dann
besorge er einen anderen, vertrauenswürdigen Mann,
von dem er weiß, daß er der in Haft Gehaltenen nicht

Hexen
4.753 [III/2,16] Sechzehnte Frage Hexenhammer, 689

unsympathisch ist, sondern gleichsam ein Freund und


Gönner, der an irgendeinem Abend bei der Hexe ein-
tritt, die Gespräche hinzieht und schließlich, wenn er
nicht zu den Komplizen gehört, vorgibt, es sei viel zu
spät für die Rückkehr und im Kerker bei ihr bleibt,
wo sie dann auch in der Nacht in gleicher Weise mit-
einander sprechen. Wenn er aber zu den Komplizen
gehört, dann unterhalten sie sich miteinander beim
Essen und Trinken über die begangenen Dinge. Und
dann sei angeordnet, daß außerhalb des Kerkers an
einer geeigneten Stelle Spitzel zuhören und ihre
Worte sammeln, wenn nötig mit Schreiber.
Die vierte Vorsichtsmaßregel [besteht darin], daß,
wenn sie beginnt, die Wahrheit zu sagen, der Richter
auf keinen Fall bei der Aufnahme des Geständnisses
innehalten soll, und selbst mitten in der Nacht, soviel
er kann, damit fortfährt. Und wenn es am Tage [ge-
schieht], so kümmere er sich darum, [auch] wenn er
das Frühstück oder das Mittagessen verschieben muß
und bleibe dabei, bis sie [die Beschuldigte] die Wahr-
heit geoffenbart hat, wenigstens in den Hauptsachen.
Denn bei Teilungen und Unterbrechungen hat es sich
öfter gezeigt, daß sie [die Beschuldigten], schlecht be-
raten, zum Leugnen zurückkehren und die Wahrheit
nicht eröffnen, die sie zu offenbaren begonnen hatten.
Der Richter möge auch beachten, daß er nach dem
Geständnis über die den Menschen oder dem Vieh zu-

Hexen
4.754 [III/2,16] Sechzehnte Frage Hexenhammer, 690

gefügten Schäden inquirieren soll, seit wie vielen Jah-


ren sie einen Inkubus-Dämon gehabt und seit wann
sie den Glauben abgeleugnet habe; da sie diesbezüg-
lich niemals gestehen, es sei denn, sie haben vorher
anderes gestanden, so müssen sie durchaus am Ende
[darüber] befragt werden.
Die fünfte Verhaltensmaßregel: Wenn alles Vorge-
nannte versagen sollte, dann werde sie nach Möglich-
keit zu [109rb] einer Burg geführt und nach einigen
Tagen der Bewachung tue der Burgherr so, als wollte
er in ferne Gegenden reisen, und inzwischen sollen ei-
nige Diener oder ehrbare Frauen sie besuchen und ihr
versprechen, sie wollten sie gänzlich frei abziehen
lassen, wenn sie diese Männer oder Frauen nur über
bestimmte [zauberische] Kenntnisse unterrichtete.
Und der Richter möge beachten, daß sie sehr oft auf
diese Weise gestanden haben und überführt worden
sind. Und vor ganz kurzer Zeit254 wurde eine Hexe
in der Diözese Straßburg, nahe bei der Stadt Schlett-
stadt, auf Burg Kynigsheym255 festgehalten, die
durch keine Folterungen und [peinlichen] Verhöre
dazu gebracht werden konnte, ihre Verbrechen zu ge-
stehen. Endlich, als der Burgherr die oben erwähnte
Maßnahme befolgte, wenn er auch auf der Burg anwe-
send war, während ihn die Hexe jedoch abwesend
wähnte, traten drei Diener bei ihr ein und versprachen
ihr die Freilassung, wenn sie sie nur über bestimmte

Hexen
4.755 [III/2,16] Sechzehnte Frage Hexenhammer, 690

[zauberische] Kenntnisse belehren würde. Und ob-


wohl sie es beim ersten Mal ablehnte und ihnen vor-
warf, daß sie hinterlistig mit ihr umgingen, fragte sie
doch endlich, worüber sie unterrichtet werden woll-
ten. Da sagte der eine, über die Erzeugung von Hagel-
schlag, der andere über fleischliche Handlungen. Und
als sie schließlich jenen über den Hagelschlag beleh-
ren wollte und die Hexe, nachdem eine mit Wasser
gefüllte Schüssel hereingebracht worden war, sich an-
geschickt hatte, das Wasser mit dem Finger ein wenig
umzurühren, und sie selbst bestimmte Worte ausge-
stoßen hatte, erfüllte den Ort, den der Spitzel benannt
hatte, nämlich den an die Burg angrenzenden Wald,
ein so großer Sturm und Hagel, wie es seit vielen Jah-
ren nicht gesehen worden war256.
Was der Richter jedoch in dem Fall, wo alles ver-
sagt, oder auch in dem Fall, wo sie die Verbrechen
gesteht, weiterhin zu tun habe, damit der Prozeß
durch den Urteilsspruch beendet werde, bleibt noch
zu erklären. Dies wird den letzten Teil dieses Werkes
bilden.

Hexen
4.756 [III/3] Es folgt der dritte Teil dieses letzten Teiles Hexenhammer, 691

[III/3] Es folgt der dritte Teil dieses letzten


Teiles. Wie dieser Glaubensprozeß durch den
endgültigen Urteilsspruch mit dem gebührenden
Ende zu beschließen ist.

Nachdem durch Gottes Gnade geklärt ist, was zur Er-


kenntnis der Eigentümlichkeiten der Ketzerei der
Hexen dient, zugleich auch, wie der Glaubensprozeß
gegen jene [Beschuldigte] einzuleiten und fortzufüh-
ren ist, bleibt jetzt noch zu erörtern, wie ein solcher
Prozeß durch ein gebührendes Urteil zu beschließen
sei. [109va] Dabei ist erstens zu beachten, daß, da
diese Ketzerei, wie am Anfang dieses letzten Teils er-
wähnt worden ist, vor anderen einfachen Ketzereien
voraus hat, daß sie nicht rein, sondern gemischt aus
einem kirchlichen und einem weltlichen Verbrechen
ist, wie an sich einleuchtet. Deswegen ist, wenn von
den Formen, das Urteil zu fällen, die Rede ist, erstens
zu handeln von einem bestimmten Urteilsspruch, den
die Hexen gemeinhin meinen, den der weltliche Rich-
ter selbst, ohne Hinzuziehung des Ordinarius, ver-
hängt. Zweitens darüber, wo er ohne den Ordinarius
nicht handeln kann. Und darüber wird sich drittens er-
geben, in welcher Weise sich die Ordinarien entlasten
können.

Hexen
4.757 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 692

[III/3,1] Siebzehnte Frage. Über die


gewöhnliche Reinigung und besonders über die
Prüfung des glühenden Eisens, welche die
Hexen beantragen.

Ob aber die Hexe mit der gewöhnlichen Reinigung,


von der in 2 q. 4 consuluisti257 und c. monomach-
iam258 [die Rede ist], von der Anklage zu reinigen
sei, [ob] sie durch den weltlichen Richter dazu zu ver-
pflichten oder zum [Gottes]urteil des glühenden Ei-
sens zuzulassen sei, wenn sie dies beantragt? Offen-
bar ist es so. Denn wie der Zweikampf zur Erhaltung
des Lebens typischer Weise in einer Kriminalsache
oder zur Erhaltung des Vermögens in einer Zivilsache
angeordnet wird, so auch das [Gottes]urteil des glü-
henden Eisens durch Anfassen oder des kochenden
Wassers durch Trinken. Ersteres ist in einem be-
stimmten Fall erlaubt, nach dem heiligen Thomas 2,2
q. 95259, am Ende des letzten Artikels, wo er sagt,
daß der Zweikampf dann erlaubt sein kann, wenn er
dem allgemeinen Verständnis des Losens nahekommt.
Also [ist] auch in einem bestimmten Fall das Urteil
des glühenden Eisens [erlaubt].
Desgleichen [haben es] viele Fürsten von heiligmä-
ßigem Leben[swandel] und die sich des Rates guter
Leute bedienten, [so gehalten] wie der heilige Kaiser

Hexen
4.758 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 693

Heinrich260 es mit seiner Gattin, der Jungfrau Kuni-


gunde, handhabte, die er im Verdacht des Ehebruchs
hatte.
Desgleichen wie der Richter, der Sorge um ein Ge-
meinwesen hat, erlaubterweise kleinere Übel zulassen
kann, um schlimmere zu vermeiden, wie z.B. die
Huren in den Städten, damit nicht alles durch die Flei-
schesgelüste durcheinander gebracht wird, nach Au-
gustinus in li. arbi.261: »Beseitige die Huren, und
du wirst alles durch die Wollust in Verwirrung stür-
zen«; so auch, wenn man durch ein solches Urteil von
den Anfeindungen und Kränkungen durch irgendeine
Beleidigung in einer Kriminal- oder Zivilsache befreit
werden könnte.
Desgleichen, weil die Verletzung der Hände durch
ein glühendes Eisen weniger wiegt als die Vernich-
tung des Lebens durch einen Zweikampf. Und wenn
deswegen [schon] ein Zweikampf zugelassen wird,
wo es als Brauch gehalten wird, um so mehr [dann]
auch die Probe des glühenden Eisens.
Dagegen wird gehalten 2 q. 5 monomachiam262,
wo es heißt: »Die darauf und auf dergleichen aus sind,
scheinen Gott zu versuchen.« Dabei [109vb] sagen
die Gelehrten, man müsse beachten, daß, weil man
sich nach dem Apostel 1 Thess. 5263 nicht nur des
Bösen enthalten muß, sondern auch dessen, was den
Anschein des Bösen hat, es deshalb in jenem Kanon

Hexen
4.759 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 693

nicht heißt, »alle, die darauf aus sind, versuchen Gott,


sondern »scheinen zu versuchen«, damit man einsehe,
daß, gesetzt den Fall, jemand, der solches ausübt, er-
strebte damit ein anderes Ziel, vielleicht ein richtiges,
man sich doch davor hüten muß, weil der Anschein
schlecht ist.
Ich antworte: Daß ein solches Urteil oder eine [sol-
che] Probe, besonders die des glühenden Eisens, uner-
laubt sei, wird aus zwei Gründen hergeleitet; erstens,
weil sie zur Beurteilung verborgener Dinge angeord-
net werden, die dem göttlichen Urteil vorbehalten
bleiben; zweitens auch, weil ein derartiges Urteil
weder von göttlicher Autorität noch auch von der
Lehre der heiligen Väter264 anerkannt ist. Daher
heißt es in c. consuluisti 2 q. 5265: »Was nicht
durch die Lehre der heiligen Väter anerkannt ist, muß
als abergläubische Erfindung gelten.« Und Papst Ste-
phan266 sagt in demselben Kanon: »Aufgrund frei-
willigen Geständnisses oder des Beweises durch Zeu-
gen ist es unserer Amtsgewalt erlaubt, über Verfeh-
lungen zu urteilen. Verborgenes jedoch und Unbe-
kanntes ist jenem überlassen, der allein die Herzen
der Menschen kennt.«
Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen dem
Zweikampf und der Probe des glühenden Eisens oder
auch dem Trinken des kochenden Wassers, weil die
Zweikämpfe sich mehr dem allgemeinen Verständnis

Hexen
4.760 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 694

des Losens nähern als die Probe des glühenden Ei-


sens, da ja [z.B.] die Faustkämpfer völlig gleich an
Kraft und Kunst sind. Mag also auch beides zur Un-
tersuchung einer verborgenen Tat mit Hilfe einer
Handlung vom Menschen angeordnet werden, so ist
doch, weil mit der Eisenprobe ein wunderbarer Erfolg
erwartet wird, was beim Zweikampf nicht zutrifft, wo
nur die Tötung des einen oder beider erfolgt, jene
Probe durchaus unerlaubt, während der Zweikampf
nicht so anstößig ist. Gelegentlich jedoch ist sie in
Ansehung der Fürsten und weltlichen Richter außer
einem Zweikampf zuzulassen.
Anzumerken bleibt, daß anläßlich der Worte des
heiligen Thomas267, der diese Unterscheidung auf-
stellt, Nikolaus von Lyra268 in seiner Postille über
die Bibel, 1 Re. 17269, auch angelegentlich eines
Zweikampfes und namentlich des Kampfes Davids
mit dem Philister270 ableiten will, daß in einem be-
stimmten Fall der Zweikampf erlaubt sein könnte.
Daher weist Paulus Burdegalensis271 gegen den
genannten Nikolaus nach, daß dies nicht nach dem
Sinne des Doktor Thomas, sondern mehr entgegenge-
setzt sei. Dessen Beweisführung sollen die Fürsten
und die weltlichen Richter wohl beachten. Erstens
[beweist er es] damit, daß der Zweikampf wie eine an-
dere Probe zur Beurteilung verborgener Dinge ange-
ordnet wird, was, wie oben erwähnt, dem göttlichen

Hexen
4.761 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 695

Ratschluß vorbehalten bleibt. [110ra] Auch kann


man nicht sagen, daß er [der Zweikampf] infolge des
Streites Davids eingesetzt worden sei, da diesem vom
Herrn durch ein inneres Gefühl geoffenbart worden
war, daß er einen solchen Kampf suchen sollte, und
zwar um die ihm zugefügte Schmach dadurch an dem
Philister zu rächen, was man den Worten Davids ent-
nimmt: »Ich komme wider dich im Namen des leben-
digen Gottes.«272 Und so war er nicht eigentlich ein
Zweikämpfer, sondern ein Vollstrecker der göttlichen
Gerechtigkeit.
Zweitens [wird es] damit [bewiesen], daß die Rich-
ter besonders darauf achten, daß im Zweikampf natür-
lich beiden die Vollmacht verliehen oder wenigstens
die Erlaubnis zugestanden wird, sich gegenseitig zu
töten. Und da einer von beiden unschuldig ist, besteht
damit die Vollmacht oder wenigstens die Erlaubnis,
einen Unschuldigen zu töten. Und da dies einfach un-
erlaubt ist, weil das gegen einen naturrechtlichen
Grundsatz und gegen das göttliche Gebot ist, daher ist
es gänzlich unerlaubt, sowohl seitens des darauf An-
tragenden, als auch des darin Einwilligenden, als auch
dessen, der darüber urteilt und derer, die dazu raten.
Alle diese werden für Mörder erachtet.
Drittens [wird es] damit [bewiesen]: Wenn der
Zweikampf ein einzelner Kampf zweier Leute ist,
damit durch den Sieg das Recht des einen und das

Hexen
4.762 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 695

Unrecht des anderen wie durch ein Gottesurteil ans


Licht komme, unbeschadet dessen, daß Gott dann ver-
sucht wird, so wird dem entgegengehalten, daß [der
Zweikampf] bezüglich des Appellierenden und des-
sen, der ihm zustimmt, unerlaubt ist, zumal die Rich-
ter selbst durch andere Mittel für ein rechtsförmiges
Indiz oder die Beendigung des Streites sorgen könn-
ten. Wenn sie das nicht tun, sondern [zum Zwei-
kampf] raten oder ihn doch erlauben, während sie ihn
verhindern könnten, so stimmen sie schließlich der
Tötung eines Unschuldigen zu.
Weil es aber nicht wahrscheinlich ist, daß dem Po-
stillator Nikolaus dies entgangen ist oder er es nicht
gewußt hat, so spricht er da, wo er sagt, in einem be-
stimmten Fall könne ein Zweikampf ohne Todsünde
begangen werden, vom Standpunkt derer aus, die ur-
teilen oder raten, wobei nicht auf ihre eigene Anre-
gung oder ihrem eigenen Rat hin, sondern durch den
Antragsteller selbst und den, der ihn [den Antrag] an-
nimmt, eine solche Probe abgehalten wird, folglich
auch nicht in sonstiger Hinsicht.
Und weil es nicht zu unserer Untersuchung gehört,
uns über solchen Dingen aufzuhalten, sondern [wir]
von den Zauberern und Hexen handeln, so ergibt sich
klar, daß, wenn in anderen Kriminalfällen, bei Dieb-
stahl oder Raub, eine solche Probe verboten ist, wie-
viel mehr hier, wo feststeht, daß die Hexen allen

Hexen
4.763 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 696

Schadenszauber mit Hilfe der Dämonen besorgen, sei


es bei der Zufügung, sei es bei der Heilung, sei es bei
der Behebung, sei es bei der Verhinderung von Ver-
letzungen. Es ist nicht verwunderlich, wenn die
Hexen durch das Werk der Dämonen vor Verletzun-
gen bei einer solchen Probe bewahrt werden, da, wie
die Naturkundigen überliefern, der Saft eines be-
stimmten Krautes die Hände vor Verbrennung bewah-
ren kann, wenn sie damit eingerieben werden. Und da
dem Dämon selbst die Kräfte der Kräuter [110rb]
durchaus nicht verborgen sind, so könnte er, wenn er
die Verletzung nicht schon einem zwischen die Hände
der [das Eisen] tragenden Person und dem Eisen
selbst geschobenen Körper unterbindet, wie er es un-
sichtbar bewerkstelligen könnte, dies gleichwohl
durch derartige natürliche Eigenschaften der Dinge
bewirken. Daher sind Zauberer und Hexen wegen der
intimen Beziehung, die sie mit den Dämonen unter-
halten, weniger als andere Missetäter durch eine sol-
che Probe zu reinigen, sondern sie sind schon durch
die bloße Tatsache, wenn sie dies beantragen, für ver-
dächtige Hexen zu halten.
[Zum Beispiel] belegt dies ein Ereignis, von dem
erzählt wird, daß es sich in der Diözese Konstanz vor
Ablauf von kaum drei Jahren zugetragen hat. Denn in
der Herrschaft der Grafen von Fürstenberg273, an-
grenzend an den Schwarzwald, gab es eine berüchtig-

Hexen
4.764 [III/3,1] Siebzehnte Frage Hexenhammer, 696

te und bei den Einwohnern verschrieene Hexe. Als sie


auf Drängen der meisten hin vom Grafen festgenom-
men und wegen sehr vieler Indizien bezüglich ver-
schiedener Schadenszauber angezeigt worden war und
endlich unter Folterungen befragt wurde, beantragte
sie in dem Ansinnen, dem Zugriff aller zu entgehen,
die Probe des glühenden Eisens. Der junge Graf, der
in diesen Dingen nicht viel Erfahrung hatte, ließ die
Probe zu, und während sie verurteilt worden war, das
glühende Eisen nur drei Schritte zu tragen, trug sie es
sechs und erbot sich, es von neuem eine noch längere
Strecke zu tragen. Infolgedessen wurde sie [die Hexe],
während sie [die Richter] es offenkundig in der Hand
gehabt hätten, sie aufgrund der Indizien wegen Scha-
denszaubers zu verurteilen, da [doch] keiner von den
Heiligen den göttlichen Beistand in solcher Weise zu
versuchen gewagt hätte, trotzdem von den Fesseln be-
freit. Sie lebt unversehrt bis heute, [was] durchaus
kein geringes Ärgernis für den Glauben274 [dar-
stellt].

Hexen
4.765 [III/3,2] Achtzehnte Frage Hexenhammer, 697

[III/3,2] Achtzehnte Frage. Von dem


endgültigen Urteilsspruch an sich und wie er zu
fällen ist.

Im folgenden [kommen wir] zur Behandlung der


[Fälle], in denen der weltliche Richter selbständig er-
kennen und das Urteil fällen kann, während die Bi-
schöfe nach Belieben entlastet bleiben. Und wir set-
zen voraus, daß wir Inquisitoren selbst, unbeschadet
des Glaubens und der Gerechtigkeit, von diesen
Arten, das Urteil zu fällen, um so mehr entlastet sind.
Mit derselben Aufrichtigkeit wünschen wir, daß auch
die Bischöfe entlastet sein möchten, ohne ihre Befug-
nis und Gerichtsbarkeit auch nur im geringsten zu be-
schneiden. Wollten sie jedoch davon Gebrauch ma-
chen, so wäre es nach c. multorum querela, de he-
reticis in cle.275 nötig, daß auch wir Inquisitoren
gleichermaßen mitwirken. Sie mögen jedoch beach-
ten, daß, weil dieses Verbrechen der Hexen kein rein
[110va] kirchliches ist, es daher auch den weltlichen
Gewalten und Herren nicht untersagt ist, zu urteilen
und den [Urteils]spruch zu fällen, wie es in c. ut in-
quisitionis, § prohibemus, de heret. li. 6276 steht.
In welchen [Fällen] jedoch die genannte Gewalt ohne
die Bischöfe entscheiden und erkennen kann und
[wann] nicht und [wann] sie in analoger Weise ver-

Hexen
4.766 [III/3,2] Achtzehnte Frage Hexenhammer, 698

fährt, [wird auch behandelt werden].


Aber zuerst muß man auf den eigentlichen Urteils-
spruch an sich schauen; zweitens, wie er zu fällen sei
und drittens, auf wie viele Arten.
Zum ersten. Da wir nach Augustinus, wie 2 q. 1,c.
1277, gegen niemanden ein Urteil fällen können,
außer wenn er überführt ist oder freiwillig gestanden
hat278, und es dreierlei Urteilssprüche gibt, wie die
glossa summaria am Anfang der Frage sagt, nämlich
interlokutorisch[e], endgültig[e] und angeordnet[e] –
und Raymundus sagt erläuternd: »Interlokutorisch
heißt das Urteil, welches nicht bezüglich der Haupt-
punkte, sondern bezüglich anderer Fragen vorge-
bracht wird, die zwischen Anfang und Ende des Fal-
les auftauchen, wie z.B. bezüglich der Zurückweisung
eines Zeugen oder bezüglich der Gewährung oder
Verweigerung eines Aufschubs und derartigem. Oder
es wird interlokutorisch genannt, weil es vorgebracht
wird, indem zwischen den Parteien gesprochen wird,
ohne die Förmlichkeit der Protokollierung. Endgültig
aber heißt das Urteil, wenn die Hauptsache damit be-
endet wird, ff. de re iudica. l. 1279. Ein Urteil der
Anordnung liegt vor, wenn dabei ein höherer [Rich-
ter] einem niedrigeren Vorschriften macht« – so wird
sich folglich unsere Untersuchung auf die ersten bei-
den erstrecken, besonders auf den endgültigen Urteils-
spruch.

Hexen
4.767 [III/3,2] Achtzehnte Frage Hexenhammer, 698

Zweitens ist zu bemerken, daß zwar in der genann-


ten Glosse gesagt wird, wenn der endgültige Urteils-
spruch unter Mißachtung der Rechtsordnung gefällt
worden sei, er von Rechts wegen nichtig ist, 2 q. 6, Si
quando § diffinitiva280 und mag auch danach ge-
sagt werden: »Du sollst wissen, daß die Rechtsord-
nung eine doppelte ist: eine, die das betrifft, was not-
wendig zum Wesen der Prozesse gehört, daß [etwa]
eine förmliche Prozeßeröffnung stattfindet und Zeu-
gen angenommen werden. Wenn das Urteil gegen
diese Ordnung gefällt wird, so hat es keinen Bestand.
Die andere Ordnung ist die, welche sich nicht auf das
Wesen der Prozesse bezieht, wie daß das Urteil nicht
unter einer Bedingung gefällt werden soll oder daß es
nicht eher bezüglich des Besitzes als bezüglich des
Eigentums ergeht. Wenn das nicht beachtet wird, hat
das Urteil trotzdem Bestand, wie es 2 q. 6 Anterio-
rum § biduum281 [heißt]. In dieser Sache jedoch,
die ja eine Sache des Glaubens und ein Ketzereiver-
brechen ist, wenn auch ein gemischtes, wird summa-
risch [110vb], einfach und ohne Umstände vorgegan-
gen, wie es sich in c. statuta, li. 6282 ergibt. Und
wie diese Worte verstanden werden, findest du oben
in der sechsten Frage. Und wenn dort hergeleitet wird,
daß der Richter nicht notwendigerweise eine
[Klag]schrift fordern, keine förmliche Eröffnung des
Prozesses verlangen solle etc., so folgt doch, daß er

Hexen
4.768 [III/3,2] Achtzehnte Frage Hexenhammer, 699

die notwendigen Beweise zulasse, desgleichen Vorla-


dungen, Geltendmachung des Kalumnieneids etc.
Daher wird auch die geänderte Vorgehensweise schon
anhand des neuen Rechts erklärt.
Bezüglich des zweiten Punktes aber, wie [das Ur-
teil] zu fällen sei, beachte, daß es von einem Richter
und nicht von einem anderen eröffnet werden soll;
sonst ist es nichtig. Ebenso an einem öffentlichen,
und zwar gebührenden Ort; auch nicht im Sitzen, wie
es 3 q. 3 inducie, § spacium283 heißt; und ebenso
am Tage und nicht bei Dunkelheit. Und so bezüglich
vieler Punkte, die dort angemerkt sind. Dann [beach-
te] auch, daß, wenn dort steht, [das Urteil] solle nicht
an Festtagen und schriftlich vorgetragen werden, so
ist dazu zu bemerken, daß, weil hier summarisch, ein-
fach und ohne Umstände vorgegangen wird, wie
oben284 erwähnt worden ist, und es über die Bedeu-
tung der Worte c. Saepe contingit in clemen.285
heißt, daß man [auch] in der Zeit der Festtage, um den
Bedürfnissen des Menschen nachzugeben, rechtskräf-
tig prozessieren kann und der Richter Aufschub ab-
schneiden soll, der Richter deswegen nach Belieben
jene [Punkte] beachten kann [oder nicht]. Er ist auch
nicht gehalten, [das Urteil] schriftlich vorzulegen, da
es nach Johannes Andreae286 mehrere Fälle gibt, in
denen das Urteil ohne schriftliche Abfassung gültig
ist. Und zwar zählt er darunter den Orts- oder Ge-

Hexen
4.769 [III/3,2] Achtzehnte Frage Hexenhammer, 700

richtsbrauch, di. 11 consuetudinis287. Ein Bischof


kann, auch wenn er Richter ist, durch einen anderen
das Urteil verlesen lassen, wie auch [sonst] vornehme
Personen.
Desgleichen beachte, daß zwar bei kriminellen
Handlungen die Vollstreckung des Urteilsspruches
nicht aufgeschoben werden soll, jedoch versagt diese
[Regel] in bestimmten Fällen, besonders in vier; aber
für diesen Gegenstand werden [nur] zwei behandelt:
erstens, wenn [das Urteil] über eine schwangere Frau
gefällt worden ist, wird es bis zur Zeit der Nieder-
kunft aufgeschoben, ff. de re. uu. l. pregnantis288.
Desgleichen, wenn jemand das Verbrechen gestanden
hat und später leugnet. Verstehe, wenn das Geständ-
nis vorher nicht wiederum wiederholt worden ist, so
wie es oben289 in der fünfzehnten Frage erwähnt
worden ist.
Bezüglich des dritten aber, auf wie viele Arten
nämlich [das Urteil] zu fällen sei, ist jetzt jedoch, weil
wir das in der Folge bis zum Schluß des Werkes be-
handeln werden, einiges darüber vorweggenommen,
[nämlich] auf welche Weise eine angezeigte Person
verdächtig wird, weil bezüglich unterschiedlicher
Verdächtigungen auch unterschiedliche Urteile zu fäl-
len sind. [111ra]

Hexen
4.770 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 700

[III/3,3] Neunzehnte Frage. Auf wie viele Arten


Verdacht geschöpft wird, um einen
Urteilsspruch fällen zu können.

Wenn gefragt wird, wann [die Beschuldigten] der


Ketzerei oder eines anderen Verbrechens verdächtig
zu nennen sind und ob sie diesfalls für solch ein Ver-
brechen dementsprechend zu richten und zu verurtei-
len sind, so ist sowohl nach dem alten als auch nach
dem neuen Recht zu antworten. Denn die Glosse sagt
zu dem in der vorhergehenden Frage angeführten c.
nos in quenquam290, daß es vier Arten gibt, den
Beschuldigten zu überführen, entweder nämlich durch
das Recht, wie [z.B.] durch Urkunden und Zeugen,
oder durch die Offensichtlichkeit der Tat, extra de
cohabi. Cleri ca. tua291, oder aufgrund der Rechts-
folge292, z.B. daß der Beschuldigte öfter [vergeblich]
vorgeladen worden ist, 3 q. 9, decrevimus293, oder
durch schweren Verdacht, 32 q. 1, dixit294. Es be-
merken auch die Kanonisten, daß der Verdacht drei-
fach ist: der erste [ist] unbegründet. Über ihn [sagt]
der Kanon: »Ihr dürft keinen aufgrund des willkürli-
chen Verdachts verurteilen«, 2 q. 1 primo295. Der
zweite [ist der] glaubhafte, und dieser zieht die Reini-
gung nach sich; nicht aber der erste, wie [es] 2 q. 4
presbiter296 [heißt]. Der dritte ist der dringende, der

Hexen
4.771 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 701

die Verurteilung nach sich zieht, und von dem das


Wort des Hieronymus gilt, daß eine Ehefrau [vom
Ehemann] wegen Hurerei oder wegen des Verdachts
der Hurerei weggeschickt werden kann, 32 q. 1,
dixit297.
Beachte überdies, daß der zweite, welches der
glaubwürdige ist, zum halben Beweis298 zugelassen
wird, wie [es in] extra de presumpt. in multis299
[heißt]. Daher trägt er mit zum Beweis bei, wenn
noch andere Anhaltspunkte vorhanden sind. Deshalb
wird er nicht nur zur Auferlegung der Reinigung zu-
gelassen.
Bezüglich des dringenden [Verdachtes], der zur
Verurteilung genügt, bemerke auch, daß er zweifach
ist, indem einer »iuris et de iure« [ist]. [Er liegt vor,]
wenn das Recht aufgrund einer Tatsache etwas ver-
mutet und festsetzt; und gegen diesen wird kein Be-
weis zugelassen, extra de sponsa, nec qui
fidem300, wo es heißt, daß, wenn jemand einer Frau
ein Treue[versprechen] gegeben hat, die Ehe mit ihr
schließen zu wollen, und später die Kopulation er-
folgt, man annimmt, die Ehe sei geschlossen; ein Be-
weis für das Gegenteil wird nicht zugelassen. Der an-
dere [dringende Verdacht] ist »iuris«, aber nicht »de
iure«, wie z.B. wenn das Recht etwas vermutet, aber
nicht bestimmt, wie z.B., wenn ein Mann lange mit
einer Frau zusammengewohnt hat, angenommen wird,

Hexen
4.772 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 702

daß er mit ihr geschlafen hat, 32 q. 1, dixit301. Und


dagegen wird der Beweis zugelassen [111rb].
Unter Anwendung auf unser Thema der Ketzerei
der Hexen und des neuen Rechts302 sagen wir, daß
im Recht bezüglich des Verbrechens der Ketzerei
dreierlei [Verdacht] gilt: der erste mäßig, der zweite
schwer, der dritte sehr schwer. Der erste, welcher der
mäßige ist, heißt im Recht leichter Verdacht. So wird
es in c. Accusatus, li. 6, de here.303 am Anfang ge-
halten, wo es heißt: »Wenn aber jener Verdacht leicht
und mäßig gewesen ist, so ist zwar [der Beschuldigte]
infolgedessen schwer zu bestrafen, aber er darf nicht
mit der Rückfallsstrafe bestraft werden. Und zwar
heißt dieser Verdacht deshalb mäßig oder leicht, weil
er einmal durch eine mäßige und leichte Verteidigung
behoben wird, und dann, weil er aus mäßigem und
leichtem Argwohn entsteht. Daher heißt er mäßig
nach den mäßigen Indizien, und er heißt leicht von
den leichten Vermutungen her«; wenn sich z.B. bei
einfacher Ketzerei bezüglich des Glaubens manche
finden, die heimliche Zusammenkünfte abhalten oder
in der Lebensführung oder in den Sitten von dem üb-
lichen Lebenswandel der Gläubigen abweichen, wie
sich aus c. excommunicamus, 1, extra de heret.304
bezüglich der Ketzerei der Hexen ergibt; in ähnlicher
Weise, wenn die Zusammenkünfte an den Quatem-
bern305 oder besonders heiligen Zeiten des Jahres auf

Hexen
4.773 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 702

den Feldern und in den Wäldern, sei es bei Tage, sei


es bei Nacht, stattfinden oder [wenn] manche [Frauen]
absonderlich befunden werden, die entweder die Got-
tesdienste nicht zu den gewöhnlichen Zeiten und unre-
gelmäßig besuchen oder mit verdächtigen Zauberern
und Hexen heimliche Vertraulichkeiten pflegen. Sol-
che werden nämlich zumindest für der Ketzerei leicht
verdächtig gehalten, weil derartige Ketzer anerkann-
termaßen häufig solches tun. Dieser leichte Verdacht
wird behandelt in C. de here. l. 2306 am Ende, wo es
heißt: »Unter dem Wort »Ketzer« werden diejenigen
erfaßt und müssen sich den gegen sie gefällten Urtei-
len beugen, welche auch nur aufgrund einer leichten
Beweisführung ertappt worden sind, wie sie vom Ur-
teil und Pfad des rechten Glaubens abwichen.« Und
mit dieser Ansicht stimmt Hostiensis307 in der
Summa ti. de presumptione, im Schlußparagraphen
überein, wo er sagt: »Es ist zu beachten, daß, obwohl
Ketzer [schon] aufgrund eines leichten Arguments
entlarvt werden, nämlich mit Bezug darauf, daß sie
für verdächtig gehalten werden, sie doch nicht wie
Ketzer behandelt werden«, was er mit dem Vorherge-
henden beweist.
Der zweite Verdacht, welcher der große ist, heißt
im Recht [111va] schwer oder stark. Über ihn steht
wiederum im angeführten c. Accusatus308, am An-
fang: »Wiederum wird jemand für einen der Ketzerei

Hexen
4.774 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 703

Angezeigten oder Verdächtigen gehalten, gegen den


wegen dieses Verbrechens ein großer und dringender
Verdacht entstanden war« etc. Dort [steht] nämlich
diese Verbindung [groß und schwer], und zwar wird
sie nicht kumulativ, sondern erläuternd aufgefaßt, wie
Johannes Andreae309, eben dort anmerkt. Schwer
aber ist dasselbe wie stark, wie Archidiaconus310
sagt, zu dem angeführten c. Accusatus und dem Wort
»schwer«; wie Papias311 sagt und Huguitio312, daß
schwer dasselbe ist wie stark oder groß. Er zitiert
auch Gregorius 1 moralium: »›Ein schwerer Wind
brach los‹, weshalb wir sagen, jemand habe schweren
Zufall, wenn er Glück hat.« Soweit dort. Folglich
heißt großer Verdacht schwer oder stark und wird so
benannt, weil er nur durch schwere und starke Entla-
stungsargumente widerlegt wird, und auch, weil er
aus großen und schweren wie starken Vermutungen,
Argumenten und Indizien hervorgeht; z.B. wenn bei
einfacher Ketzerei manche die ihnen als Ketzer be-
kannten Leute verbergen, ihnen ihre Gunst zuwenden,
sich ihnen zugesellen, sie besuchen, ihnen Geschenke
machen, sie aufnehmen, verteidigen und dergleichen.
Solche nämlich sind der Ketzerei schwer verdächtig.
Und gleichermaßen werden sie wegen der Ketzerei der
Hexen verfolgt, weil der Verdacht entsteht, daß sie
mit ihnen am Verbrechen teilnehmen. Und besonders
sind hier Frauen oder Männer zu nennen, die zu unge-

Hexen
4.775 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 704

bändigter Liebe oder Haß tendieren, auch wenn sie


nicht auf etwaige Schäden der Menschen oder der
Haustiere aus sind und nicht zu hexen pflegen. Denn
wie vorausgeschickt sind in jedweder Ketzerei
[Leute], die ähnliches ausführen, schwer verdächtig,
wie sich aus dem angeführten c. Accusatus, et § illo
vero313 und dem ebenda bei Archidiaconus314 An-
gemerkten ergibt; da es nicht zweifelhaft ist, daß sie
solche Dinge zugunsten der ketzerischen Verkehrtheit
tun.
Der dritte Verdacht ist der sehr schwere, und er
heißt im Gesetz dringend, c. cum contumacia315
und c. Accusatus li. 6, de heret.316 und nach den
Bemerkungen von Archidiaconus317 und Johannes
Andreae318 über c. Accusatus und das Wort
»schwer«, wo sie sagen: »Er sagt schwer, nicht
[111vb] jedoch dringend«, oben de presumptione c.
literas. Von diesem Verdacht spricht der Kanon di-
stin. 34, quorundam319; und zwar heißt diese An-
nahme oder dieser Verdacht dringend, einmal weil er
den Richter dringend zu glauben zwingt und drängt
und durch keine Entgegnung, wie sie auch sei, wider-
legt wird und dann, weil er aus dringenden, überzeu-
genden und bezwingenden Vermutungen entsteht.
Wenn sich zum Beispiel bei der einfachen Ketzerei
[Leute] finden, welche Ketzer anbeten, d.h. ihnen in
Liebe Ehre erweisen, von ihnen eine Trostspendung

Hexen
4.776 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 705

oder die Kommunion empfangen oder ähnliche Riten


vollzogen haben, so sind solche ja durch dringenden
Verdacht der Ketzerei und des Glaubens der Ketzer
überführt, nach c. filii320 und durch c. Accusatus,
de here. li. 6321 und durch die Anmerkungen des
Archidiaconus zu c. quicunque hereticos322 und
zu dem Wort »die, welche glauben« in demselben
Liber sextus, da es nicht zweifelhaft ist, daß sie sol-
che Dinge im Glauben an die ketzerische Verkehrtheit
tun. Bezüglich der Ketzerei der Hexen aber ist es ähn-
lich: diejenigen, welche vollziehen, was zum Ritus
der Hexen gehört; nur sind solche Dinge verschieden
und erfolgen manchmal durch bloße Schmähworte,
indem [die Hexen] sagen: »Du wirst in Kürze fühlen,
was dir geschehen wird« oder durch eine ähnliche
Handlung oder durch bloßes Berühren, indem sie
einen Menschen oder ein Tier mit den Händen berüh-
ren oder nur durch den Blick, indem sie sich zur
Nacht- oder Tageszeit den in den Betten Schlafenden
zeigen. Dies geschieht, wenn sie Mensch oder Vieh
zu behexen trachten, mögen sie auch bezüglich [der
Erzeugung von] Hagelschauern verschiedene andere
Vorgehensweisen befolgen, indem sie sich durch wie-
der andere Zeremonien darbieten, indem sie sich an ir-
gendeinem Fluß irgendwie zu schaffen machen, wie
sich im vorhergehenden323 [bei der Besprechung] der
Arten, einen Schadenszauber anzutun, ergeben hat.

Hexen
4.777 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 705

Wo man solche antrifft und das Gerücht umgeht, sind


sie durchaus durch dringenden Verdacht der Ketzerei
der Hexen überführt, besonders, wo die Wirkung in
[Gestalt] des Schadenszaubers, sei es sogleich oder
im Laufe der Zeit, erfolgt ist, weil dann eine offen-
sichtliche Tatsache dazukommt oder ein Tatindiz,
wenn Hilfsmittel des Schadenszaubers irgendwo auf-
bewahrt gefunden werden. Mag auch der [erst] im
Lauf der Zeit sich einstellende [Erfolg] für die Offen-
sichtlichkeit der Tat nicht so schwer ins Gewicht fal-
len, so bleibt [die betreffende Person] doch schwer
verdächtig, und erst recht über einfache Ketzerei hin-
ausreichend.
Wenn gefragt wird, ob [112ra] der Teufel Mensch
oder Vieh [auch] ohne Ansehen oder Berühren durch
die Frauen behexen könne, so wird geantwortet,
gewiß, wenn Gott es zuläßt. Aber weil die Zulassung
Gottes weiter reicht, wenn eine Gott geweihte Kreatur
unter Ableugnung des Glaubens und mit anderen
schauderhaften Verbrechen [beim Schadenszauber]
mitwirkt, ist der Teufel auch lieber darauf aus, die
Geschöpfe solchermaßen zu behexen. Man kann
sogar sagen, daß der Teufel, auch wenn er ohne Hexe
[vorgehen] könnte, aus verschiedenen Rücksichten,
wie sich zuvor ergeben hat, im höchsten Maße danach
giert, solches durch eine Hexe zu verüben.
Als Nachwort zu unserem Vorhaben, über die Vor-

Hexen
4.778 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 706

gehensweisen aufgrund von Vermutungen zu urteilen,


muß man sagen, daß hinsichtlich der erwähnten Un-
terscheidung es drei Arten der Ketzerei der Hexen
Verdächtiger gibt, indem einige leicht, andere schwer
und einige dringend [verdächtig sind]. Leicht verdäch-
tig sind diejenigen, welche so Geringfügiges oder Un-
bedeutendes verüben, daß daraus mäßiger oder leich-
ter Verdacht gegen sie entsteht. Und mag auch, wie
gesagt, jemand nicht für einen Ketzer zu halten sein,
wenn er auf diese Weise für verdächtig befunden
wird, so muß ihm doch die kanonische Reinigung auf-
erlegt oder ihm entsprechend dem Geringfügigen die
Abschwörung aufgegeben werden; und zwar steht in
c. excommunicamus 1 am Anfang extra de
here.324, daß ihm die Reinigung auferlegt werden
könne: »Diejenigen aber, welche als durch bloßen
Argwohn für auffällig befunden werden, [d.h.] durch
glaubhaften Verdacht – und zwar einen, der leicht ist
und der sich leicht ergibt, sagt Hostiensis325 –, sol-
len, wenn sie nicht entsprechend in Erwägung des
Argwohns und der Beschaffenheit der Person durch
angemessene Reinigung die eigene Unschuld erzeigt
haben, dergestalt mit dem Schwert des Anathems 326
getroffen und bis zur völligen Genugtuung von allen
gemieden werden, doch so, daß, wenn sie ein Jahr
hindurch in der Exkommunikation verharrt haben, sie
von da ab wie Ketzer beurteilt werden sollen.« Soweit

Hexen
4.779 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 707

dort. Beachte, daß, ob er nun mit der ihm auferlegten


kanonischen Reinigung einverstanden sei oder nicht,
ob er versagt oder nicht, über ihn nach allem wie über
einen wegen Ketzerei übel Beleumundeten zu urteilen
ist, dem die kanonische Reinigung aufzuerlegen ist.
Aber auch, daß einem solchen wie einem der Ketzerei
leicht Verdächtigen die Abschwörung auferlegt wer-
den könne, ergibt sich aus c. Accusatus327, wo am
Anfang gesagt wird: »Ein der Ketzerei Beschuldigter
oder Verdächtiger, gegen den in stärkerem Grade
schwerer Verdacht bezüglich dieses Verbrechens ent-
standen war, soll, wenn er der Ketzerei vor Gericht
abgeschworen hat und [112rb] später [wieder eine]
begeht, nach einer bestimmten Rechtsfiktion als in
derselben Rückfälliger erachtet werden, mag auch vor
seiner Abschwörung das Verbrechen der Ketzerei
gegen ihn nicht bewiesen worden sein. Wenn aber
jener Verdacht geringfügig und leicht gewesen ist, so
darf er, wiewohl er darum schwer zu bestrafen ist,
doch nicht mit der Strafe für die in der Ketzerei Rück-
fälligen bestraft werden.« Soweit dort.
Da gewisse [Leute] aber schwer verdächtig sind,
und zwar jene, die derlei schwere und starke Stücke
vollbringen, weil daraus ein schwerer und großer Ver-
dacht hervorgeht, so sind solche doch ebenfalls keine
Ketzer, noch sind sie als Ketzer zu verdammen, weil
das ausdrücklich in extra de presumptione, c. lite-

Hexen
4.780 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 707

ras § Quo circa328 so festgehalten wird, [daß] kei-


ner auf einen schweren Verdacht hin wegen eines so
großen Verbrechens zu verdammen ist. Denn es heißt
dort: »Da wir nicht wollen, daß jemand um eines blo-
ßen, auch noch so dringenden Verdachts willen wegen
eines, auch noch so schweren Verbrechens verurteilt
werde, verordnen wir hinsichtlich eines so schwer
Verdächtigen, daß ihm anbefohlen werde, im allge-
meinen jeder Ketzerei und im besonderen derjenigen,
der er verfallen ist, wie ein schwer Verdächtiger abzu-
schwören«; nach dem angeführten c. Accusatus329
und nach c. Inter sollicitudines, extra purgatione
canonica330 und nach c. literas, extra de presump-
tione331.
Wenn er später rückfällig wird, sei es in die alte
oder in eine andere [Ketzerei], oder sich denen an-
schließt, die er als Zauberer oder Ketzer kennt, sie be-
sucht oder einlädt oder um Rat fragt, indem er [ihnen]
Geschenke macht, nach ihnen schickt oder ihnen eine
Gunst erweist, wird er der Strafe der Rückfälligen
nicht entgehen, nach dem angeführten c. Accusa-
tus332, wo es folgendermaßen heißt: »Wer aber in
der einen Ketzerart oder -sekte befunden wird oder
der in dem einen Glaubensartikel oder -sakrament der
Kirche geirrt und danach der Ketzerei einfach oder
allgemein abgeschworen hat, den wollen wir als
Rückfälligen in die Ketzerei beurteilt wissen, wenn er

Hexen
4.781 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 708

von da an einer anderen Art oder Sekte der Ketzerei


[verfällt] oder er in einem anderen Artikel oder Sakra-
ment irrt. Jener also, bezüglich dessen Ketzerei vor
der Abschwörung etwas festgestellt worden war oder
jetzt feststeht, soll, wenn er nach jener Abschwörung
Ketzer aufnimmt, [in sein Haus] geführt, besucht oder
sich ihnen angeschlossen hat oder auch ihnen Gaben
oder Geschenke gibt oder schickt [112va] oder ihnen
eine Gunst gewährt usw. mit Recht als rückfällig be-
urteilt werden, da nicht zweifelhaft ist, daß er es infol-
ge des früher von ihm gebilligten Irrtums getan hat.«
Soweit dort.
Aus diesen Worten ergibt sich, daß in drei Fällen
aus der Gattung des schweren Ketzereiverdachts,
nachdem der Verdächtige abgeschworen hat, die
Rückfallsstrafe verhängt wird. Der erste ist, wenn er
in dieselbe alte Ketzerei zurückverfällt, derer er
schwer verdächtig gewesen war; der zweite, wenn er
der Ketzerei einfach oder allgemein abgeschworen
hat, jedoch in eine andere Ketzerei zurückfällt, auch
wenn er derselben vorher niemals für verdächtig ge-
halten oder deshalb angezeigt worden ist. Der dritte,
wenn er Ketzer aufnimmt und sie einlädt und ihnen
[eine] Gunst gewährt. Und dieser Fall umfaßt viele
Fälle und hat viele Ausprägungen, wie sich in dem
angeführten § Eum vero in dem häufig wiederholten
c. Accusatus333 ergibt.

Hexen
4.782 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 709

Es wird aber gefragt, was zu tun sei, wenn ein sol-


cher schwer Verdächtiger dem Gebot seines Richters,
für immer abzuschwören, nicht nachkommt: Ob er
dem Gutdünken der weltlichen [Macht] zu übergeben
ist, um nach c. Ad abolendam § presenti vero334
mit der gebührenden Strafe bestraft zu werden. Darauf
wird geantwortet: keineswegs, weil der Kanon, und
zwar § eius335, ausdrücklich nicht von Verdächtigen,
sondern von den offenkundig in der Ketzerei Ertapp-
ten redet etc., und strenger gegen die offenkundig Er-
tappten als gegen die nur Verdächtigen zu verfahren
ist. Und wenn gefragt wird, wie also gegen einen sol-
chen vorzugehen sei, so lautet die Antwort, daß gegen
ihn nach c. excommunicamus 1336 und § qui vero
sola suspicione etc., nach dem weiter oben Angege-
benen vorgegangen und er exkommuniziert wird. Ist
er in dieser Exkommunikation ein Jahr lang verblie-
ben, so ist er nach dem angeführten Kanon als Ketzer
zu verdammen.
Einige sind aber dringend verdächtig, und zwar
jene, welche so schwere Dinge verüben, daß daraus
ein dringender Verdacht gegen sie entsteht. Ein sol-
cher ist für einen Ketzer zu halten, und es ist über ihn
wie über einen in der Ketzerei Ertappten zu urteilen;
nach dem c. excommunicamus 1, extra de here. §
qui vero337 und c. cum contumacia338 und nach c.
ut officium li. 6339, gleich ob sie das Verbrechen ge-

Hexen
4.783 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 709

stehen oder auch nicht. Wenn ja, und sie umkehren


und der Ketzerei abschwören wollen, sind sie nach c.
ad abolendam340 und nach c. excommunicamus 2,
Schlußparagraph, zur Buße anzunehmen. Wenn sie
nicht abschwören, sind sie dem weltlichen Gericht zu
übergeben [112vb], um mit der gebührenden Strafe
bestraft zu werden. Wenn er aber das Verbrechen
nicht gesteht, nachdem er überführt worden ist, und
auch nicht damit einverstanden ist abzuschwören, so
ist er nach c. ad abolendam341 als unbußfertiger
Ketzer zu verdammen. Ein dringender Verdacht ge-
nügt zur Verurteilung und läßt keinen Beweis des Ge-
genteils zu, wie es extra de presumptione c. lite-
ris342 und c. Afferte343 vorsieht.
Und wenn diese Erörterung auf die einfache Ketze-
rei zutrifft, [und zwar] ohne Offensichtlichkeit oder
Indiz der Tat, so wie es sich auch in der sechsten
Form344, das Urteil zu fällen, ergeben wird, wo je-
mand als Ketzer verdammt wird, auch wenn er der
Sache nach kein Ketzer ist, wie viel mehr bei der Ket-
zerei der Hexen, wo immer entweder die augenfällige
Tat in [Gestalt] der behexten Kinder, [erwachsenen]
Menschen oder Tiere oder das Indiz der Tat, z.B. [in
Gestalt] aufgefundener Hilfsmittel, hinzukommt. Und
mögen in der einfachen Ketzerei die Bußfertigen und
Abschwörenden, wie erwähnt, zur Buße und ewigen
Gefängnissen angenommen werden – in dieser Ketze-

Hexen
4.784 [III/3,3] Neunzehnte Frage Hexenhammer, 709

rei [der Hexen] kann sie der weltliche Richter, wenn


auch der kirchliche sie zur Buße annimmt, wegen
zeitlicher Schäden mit der Todesstrafe bestrafen, und
der kirchliche [Richter], der ihn zwar nicht zur Be-
strafung übergeben soll, ihn [den Schuldigen] jedoch
überlassen kann, möge ihn nicht [daran] hindern.

Hexen
4.785 [III/3,4] Zwanzigste Frage Hexenhammer, 710

[III/3,4] Zwanzigste Frage. Über die erste Form,


das Urteil zu fällen.

Daß also die angezeigte Person:


entweder für schuldlos und gänzlich freizusprechen
befunden wird,
oder sie wird als bloß allgemein wegen Ketzerei
übel beleumundet befunden,
oder sie wird, abgesehen vom schlechten Leumund,
als den [peinlichen] Fragen und Folterungen auszuset-
zen befunden,
oder sie wird als der Ketzerei leicht verdächtig be-
funden,
oder sie wird als der Ketzerei schwer verdächtig
befunden,
oder sie wird als der Ketzerei dringend verdächtig
befunden,
oder sie wird als bezüglich der Ketzerei übel beleu-
mundet und sowohl [speziell] wie auch zugleich all-
gemein verdächtig befunden,
oder sie wird als der Ketzerei geständig und buß-
fertig und nachweislich nicht rückfällig befunden,
oder sie wird als der Ketzerei geständig und buß-
fertig, aber wahrscheinlich rückfällig befunden,
[113ra]
oder sie wird als der Ketzerei geständig und unbuß-

Hexen
4.786 [III/3,4] Zwanzigste Frage Hexenhammer, 711

fertig, aber nicht eigentlich rückfällig befunden,


oder sie wird als der Ketzerei geständig und unbuß-
fertig, wie auch als mit Sicherheit rückfällig befun-
den,
oder sie wird als nicht geständig, aber der Ketzerei
durch gesetzmäßige Zeugen und sonst gerichtlich
überfuhrt befunden,
oder sie wird als der Ketzerei überführt, aber als
flüchtig oder böswillig säumig befunden,
oder sie wird von einer anderen einzuäschernden
oder eingeäscherten Hexen angezeigt befunden,
oder sie wird nicht als einen Schadenszauber zufü-
gend, sondern [einen solchen] durch unerlaubte Mittel
aufhebend und deswegen anstößig befunden,
oder er wird als zauberischer Bogenschütze und
Besprecher von Waffen befunden, der tödlich vernich-
tet,
oder sie wird als hexende Hebamme befunden, die
den Dämonen feindselig Kinder weiht,
oder sie wird als eine befunden, die sich in miß-
bräuchlicher und betrügerischer Weise mit dem Mittel
der Appellation schützt.
Und wenn sie nun als völlig schuldlos befunden
wird, wird über sie folgendermaßen das Endurteil zu
fällen sein, wobei zu beachten ist, daß die angezeigte
Person dann als völlig schuldlos befunden wird, wenn
sie nach sorgfältiger Würdigung des Prozeßergebnis-

Hexen
4.787 [III/3,4] Zwanzigste Frage Hexenhammer, 711

ses zusammen mit dem guten Rat erfahrender Männer


weder durch ein eigenes Geständnis, noch durch die
Offensichtlichkeit der Tat, noch durch das gesetzmä-
ßige Vorbringen von Zeugen überführt wird, weil sie
nämlich in der Hauptsache divergieren; noch auch
jene Person sonst wegen des zuvor genannten Verbre-
chens verdächtig oder öffentlich übel beleumundet ge-
wesen ist, weil es nicht genügte, wenn sie wegen ir-
gendeines anderen Verbrechens übel beleumundet
wäre; noch auch gegen eine solche Person Tatindizien
vorhanden sind.
Bezüglich einer solchen ist folgendes Vorgehen zu
beachten, da sie durch den Bischof oder den Richter
durch ein Urteil folgenden Wortlauts freizusprechen
ist: »Wir N.N.345, durch göttliche Gnade Bischof der
und der Stadt oder der und der Richter etc., mit Rück-
sicht darauf, daß du so und so aus dem und dem Ort
und der und der Diözese uns wegen der und der ketze-
rischen Verkehrtheit, nämlich der der Hexen, ange-
zeigt worden bist; mit Rücksicht auch darauf, jenes
sei dergestalt, daß wir es nicht mit geschlossenen
Augen übergehen konnten noch durften, sind wir zur
Untersuchung geschritten, ob das Vorgenannte sich
auf irgendeine Wahrheit stützte, indem wir Zeugen
einvernahmen, dich verhörten und anderes taten
[113rb], entsprechend den kanonischen Satzungen.
Nachdem wir also alles beachtet und sorgfältig ge-

Hexen
4.788 [III/3,4] Zwanzigste Frage Hexenhammer, 712

prüft haben, was in dieser Sache behandelt und ver-


handelt worden ist, wir auch wiederholt Beratungen
mit im Recht und auch in der Theologie erfahrenen
Männern abgehalten, verfahren wir, zu Gericht sit-
zend als erkennende Richter und einzig Gott und die
Wahrheit der Angelegenheit vor Augen, nachdem die
hochheiligen Evangelien vor uns gelegt worden sind,
damit im Angesicht Gottes unser Spruch erschalle
und unsere Augen die Gerechtigkeit sehen, folgender-
maßen zu unserem Endurteil, nach Anrufung des Na-
mens Christi: Weil wir durch das, was wir gesehen
und gehört haben, und was vor uns in der gegenwärti-
gen Sache vorgeführt und dargebracht, behandelt und
verhandelt worden ist, nicht gefunden haben, was
gegen dich von dem, um dessentwillen du vor uns an-
gezeigt worden warst, gesetzmäßig bewiesen worden
sei, verkünden, erklären und entscheiden wir endgül-
tig, daß gegen dich vor uns nichts gesetzmäßig vorge-
bracht worden ist, um dessentwillen du als Ketzer
oder Zauberer beurteilt oder irgendwie für der ketzeri-
schen Verkehrtheit verdächtig gehalten werden könn-
test oder müßtest. Daher entbinden wir dich vom ge-
genwärtigen Augenblick an völlig von der Inquisition
und vom Gericht. Ergangen ist dieses Urteil« etc.
Man möge sich hüten, in einem Urteil, wie es auch
sei, festzulegen, daß der Beschuldigte unschuldig oder
schuldlos sei, sondern [sage], daß gesetzmäßig gegen

Hexen
4.789 [III/3,4] Zwanzigste Frage Hexenhammer, 712

ihn nichts bewiesen worden sei, weil, wenn er später


im Verlauf der Zeit wiederum angezeigt und [etwas
gegen ihn] gesetzmäßig bewiesen wird, er verurteilt
werden kann, ohne daß das genannte freisprechende
Urteil dem entgegensteht.
Bemerke auch, daß jemand auf dieselbe Weise frei-
zusprechen ist, wenn er wegen der Aufnahme, Vertei-
digung oder anderer Begünstigung der ketzerischen
Verkehrtheit angezeigt ist, wenn gegen ihn gesetzmä-
ßig nichts bewiesen wird. Der weltliche Richter wird
im Auftrag des Bischofs auf seine Weise urteilen.

Hexen
4.790 [III/3,5] Einundzwanzigste Frage Hexenhammer, 713

[III/3,5] Einundzwanzigste Frage. Über die


zweite Form, über eine Beschuldigte, und zwar
eine nur übel beleumundete das Urteil zu fällen.

Die zweite Form, das Urteil zu fällen, ergibt sich,


wenn der oder die Beschuldigte nach sorgfältiger Prü-
fung der Prozeßergebnisse mit einem guten Rat erfah-
rener Männer bezüglich einer solchen Ketzerei in ir-
gendeinem Dorf, einer Stadt oder in einem Gebiet nur
übel beleumundet befunden wird. Und zwar geschieht
das, wenn ein solcher Angezeigter weder durch eige-
nes Geständnis noch durch die Offensichtlichkeit der
Tat noch durch gesetzmäßige Vorführung der Zeugen
überführt wird und auch nicht [113va] andere Indizi-
en gegen ihn bewiesen worden sind, außer die Infamie
ganz allein. Insbesondere ist die Ausübung von Scha-
denszauber nicht nachweisbar, was man freilich auf-
grund schweren oder dringenden Verdachtes beweisen
kann, wenn er drohende Worte, eine Verletzung antun
zu wollen, ausgestoßen hätte, indem er wörtlich oder
dem Sinne nach sagte: »In Kürze wirst du fühlen, was
dir zustoßen wird«, und danach irgendeine Wirkung
[in Gestalt] einer Schädigung am Körper oder am
Vieh erfolgt wäre.
Gegen einen solchen, gegen den nichts bewiesen
wird, außer allem die Infamie, ist folgendes Vorgehen

Hexen
4.791 [III/3,5] Einundzwanzigste Frage Hexenhammer, 713

zu beachten. Weil in einem solchen Fall das Urteil


nicht durch Freispruch zugunsten des Beschuldigten
gefällt werden kann, wie es in der ersten Weise ange-
sprochen worden ist, sondern gegen ihn unter Auferle-
gung der kanonischen Reinigung zu erkennen ist,
daher beachte der Bischof oder sein Offizial oder
Richter erstens, daß es in einer Ketzereisache nicht
darauf ankommt, daß jemand nur bei biederen und an-
gesehenen Personen übel beleumundet ist, sondern
man achtet im Gegenteil darauf, daß er auch bei jed-
weden gemeinen und einfachen [Leuten] übel beleu-
mundet ist. Und der Grund ist: weil jemand im Ver-
brechen der Ketzerei auch bei denen in üblem Leu-
mund stehen kann, von denen er angeklagt werden
kann. Aber jeder Ketzer kann von was für Personen
auch immer angeklagt werden, nur Todfeinde, wie
sich oben346 ergeben hat, ausgenommen. Also kann
er bei jenen in üblem Leumund stehen.
Es wird also der Bischof oder der Richter das Ur-
teil auf kanonische Reinigung auf diese oder auf eine
ähnliche Weise fällen:
»Wir N.N., durch die göttliche Gnade Bischof der
und der Stadt oder Richter der und der Herrschaft, in
Erwägung, daß wir nach sorgfältiger Prüfung der Er-
gebnisse des von uns gegen dich Angezeigten, so und
so, der und der Diözese angestrengten Prozesses etc.
nicht gefunden haben, daß du gestanden habest noch

Hexen
4.792 [III/3,5] Einundzwanzigste Frage Hexenhammer, 714

des genannten Schandverbrechens überführt, noch


auch sonst zumindest leicht verdächtig seist, außer
daß wir dich gesetzmäßig und wahrhaftig als in dem
und dem Dorf, Stadt oder Diözese, und zwar bei
Guten und Schlechten öffentlich übel beleumundet ge-
funden haben, legen wir dir deswegen zur Reinigung
von einer derartigen Infamie und damit du bei der Zu-
sammenkunft der Gläubigen in gutem Ruch stehst, die
kanonische Reinigung auf, wie es rechtmäßig ist, und
bestimmen dir den und den Tag des und des Monats
und die und die Tagesstunde. In dieser sollst du per-
sönlich vor uns erscheinen, damit du dich mit einer so
und so großen Schar deines Standes von deiner Infa-
mie reinigst. Diese Reinigungshelfer347 seien Leute
von rechtem Glauben und in ihrer Lebensführung be-
währt, die deinen Umgang wie auch [deinen] Lebens-
wandel [113vb] nicht nur in der jetzigen, sondern
vielmehr auch in der vergangenen Zeit kennen; mit
der Folge, daß, wenn du bei der Reinigung versagst,
wir dich für überfuhrt halten werden, wie es die kano-
nischen Satzungen wollen.«
Hier ist aber zu erwägen, daß, wenn jemand gesetz-
mäßig als wegen einer Ketzerei öffentlich übel beleu-
mundet befunden und gegen ihn nichts außer der Infa-
mie selbst bewiesen wird, ihm die kanonische Reini-
gung auferlegt wird, d.h., daß er einige Männer habe,
sieben, zehn oder zwanzig oder dreißig, je nachdem er

Hexen
4.793 [III/3,5] Einundzwanzigste Frage Hexenhammer, 715

mehr oder weniger und in mehreren oder nur wenigen,


mehr oder minder bedeutenden Orten übel beleumun-
det gewesen ist. Diese [Männer] gehören seiner Stel-
lung oder [seinem] Stand an, so daß, wenn der Be-
scholtene ein Mönch ist, jene auch Mönche, wenn ein
Weltgeistlicher, jene auch Weltgeistliche, wenn ein
Ritter, jene auch Ritter seien, die ihn von dem Verbre-
chen reinigen, um dessentwillen er übel beleumundet
ist. Diese Reinigungshelfer sollen Leute von rechtem
Glauben und in der Lebensführung bewährt sein, die
den Umgang jenes [übel Beleumundeten] nicht nur in
der jetzigen als vielmehr auch in der vergangenen Zeit
kennen, wie es angesprochen wird extra de purga.
cano. inter sollicitudines348.
Wer sich aber nicht hat reinigen wollen, werde ex-
kommuniziert. Wer die Exkommunikation ein Jahr
lang verstockten Sinnes ausgehalten hat, wird danach
als Ketzer verurteilt, nach c. excommunicamus ita-
que, § qui autem349.
Wer beschlossen hat, sich zu reinigen, bei der Rei-
nigung aber versagt hat, d.h., daß er solche und so
viele Reinigungshelfer, wie ihm zur Reinigung aufer-
legt waren, nicht gefunden hat, wird für überführt ge-
halten und wie ein Ketzer verurteilt, wie dargelegt in
extra de here. excommunicamus 1 § adiicimus350
und ver. qui non se und de purg. ca. Cum dilec-
tus351.

Hexen
4.794 [III/3,5] Einundzwanzigste Frage Hexenhammer, 715

Dazu ist zu erwägen, daß, wenn es heißt, es wird


dem Bescholtenen auferlegt, sich zu reinigen mit drei-
en oder vieren [von Leuten] seines Standes, daß dann
»Stand« nach der Gattung und nicht nach der [spezi-
ellen] Art gilt. Wenn daher ein Bischof zu reinigen
ist, ist es ihm nicht versagt, mit Bischöfen zur Reini-
gung zugelassen werden zu können. Dasselbe gilt für
Äbte und Mönche [und] Priester, und gleichermaßen
für andere, de purga. ca.
Wie oft sich ein übel Beleumundeter in der folgen-
den Weise reinigen soll, erschließt sich aus extra de
purga. ca. quotines § porro352 und c. accepimus
quo ad secundum353.
Wenn der dem übel Beleumundeten zu seiner kano-
nischen Reinigung bestimmte Termin naht, soll der zu
Reinigende persönlich mit seinen Reinigungshelfern
vor dem Bischof und Inquisitor an dem Ort [114ra]
erscheinen, wo er bekannt ist. Und er soll, die Hand
auf das vor ihm hingelegte Buch der Evangelien le-
gend, also sprechen: »Ich schwöre bei diesen vier hei-
ligen Evangelien Gottes, daß ich zu der und der Ket-
zerei – die er namhaft macht –, wegen der ich übel be-
leumundet bin, niemals gehalten noch an sie geglaubt,
noch sie gelehrt habe, noch zu ihr halte, noch an sie
glaube.« Er wird das nämlich unter Eid in Abrede
stellen, um dessentwillen er übel beleumundet ist, was
immer jenes sein mag. Wenn dies geschehen ist, sol-

Hexen
4.795 [III/3,5] Einundzwanzigste Frage Hexenhammer, 716

len alle Reinigungshelfer die Hand auf das genannte


Buch der Evangelien legen und jeder soll also spre-
chen: »Und ich schwöre bei diesen heiligen Evangeli-
en Gottes, daß ich glaube, er hat wahr geschworen.«
Und dann ist er kanonisch gereinigt.
Zu bedenken ist auch, daß der wegen Ketzerei übel
Beleumundete dort zu reinigen ist, wo der übel Beleu-
mundete bekannt ist. Und wenn er an vielen Orten be-
rüchtigt ist, werde ihm auferlegt, in allen diesen den
rechten Glauben öffentlich zu bekennen und die Ket-
zerei, wegen der er als berüchtigt bekannt ist, zu ver-
fluchen, de purga. ca. inter sollicitudines354.
Und wer sich kanonisch vom [Vorwurf] der Ketze-
rei gereinigt hat, muß wissen, daß, wenn er nach der
Reinigung in die Ketzerei verfällt, von der er sich
schon gereinigt hatte, er für rückfällig gehalten und
dem weltlichen Gericht übergeben wird, nach c. ex-
communicamus 1 § adicimus355 und ver. vel si est
post purgationem und c. ad abolendam, § illos
quoque356. Anders aber ist es, wenn er in eine ande-
re Ketzerei fällt, bezüglich derer er sich vorher nicht
gereinigt hat, nach dem angeführten Kanon.

Hexen
4.796 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 717

[III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage. Über die


dritte Form, das Urteil zu fällen, [und zwar] über
eine übel beleumundete und den [peinlichen]
Fragen auszusetzende [Person].

Die dritte Form, einen Glaubensprozeß zu beenden


und abzuschließen, findet statt, wenn der wegen Ket-
zerei Beschuldigte nach sorgfältiger Prüfung des Pro-
zeßergebnisses und dem guten Rat erfahrener Männer
als [in seinen Aussagen] wankelmütig oder durch In-
dizien belastet, zur [peinlichen] Befragung verurteilt
wird und er den Folterungen ausgesetzt wird, er aber
nichts zugegeben hat und für schuldlos und unschul-
dig gehalten wird. Und das ist [der Fall], wenn der
Beschuldigte weder durch eigenes Geständnis noch
durch die Offensichtlichkeit der Tat noch durch ge-
setzmäßiges Vorbringen von Zeugen ertappt worden
ist noch solche Indizien für einen solchen Verdacht
vorhanden sind, daß er der Ketzerei abzuschwören
habe. Er ist jedoch in seinen Aussagen widersprüch-
lich, oder es sind sonst noch andere Indizien vorhan-
den, die zu den [peinlichen] Fragen und Folterungen
ausreichen. Gegen einen solchen ist folgendes Vorge-
hen zu beachten. Weil in einem solchen [114rb] Fall
gegen den Angezeigten und nicht für ihn ein Zwi-
schenurteil zu fällen ist, muß es durch den Inquisitor

Hexen
4.797 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 717

in Verbindung und nicht getrennt [vom Bischof bzw.


dessen Richter] gefällt werden, nach c. multo-
rum357. Besonders wenn ein solcher auf dem Leug-
nen beharrt und auf keine Weise die Wahrheit beken-
nen will, auch wenn er von erfahrenen Männern dazu
bewogen wird, wird das Urteil, welches an Bedeutung
einem endgültigen nahe kommen dürfte, mit dem fol-
genden Tenor gefällt werden:
»Wir N.N., durch göttliche Gnade Bischof der und
der Stadt oder Richter der Gerichtshoheit in den ihr
unterworfenen Ländern des und des Herrn, in Erwä-
gung, daß du nach sorgfältiger Prüfung der Ergebnis-
se des von uns gegen dich, den und den, aus dem und
dem Ort, der und der Diözese angestrengten Prozesses
in deinen Geständnissen widersprüchlich bist und
nichtsdestoweniger viele Indizien vorhanden sind,
welche ausreichen, dich den [peinlichen] Fragen und
Folterungen auszusetzen, erklären, urteilen und ent-
scheiden wir deshalb, damit man die Wahrheit aus
deinem eigenen Mund erhalte und du die Ohren der
Richter in der Folge nicht weiter durch Ausflüchte be-
leidigst, daß du am gegenwärtigen Tag, und zwar zu
der und der Stunde den [peinlichen] Fragen und Folte-
rungen unterzogen werden sollst. Gefällt wurde dieses
Urteil« etc.
Wenn der [peinlich] zu Verhörende als [in seinen
Geständnissen] widersprüchlich befunden wird und

Hexen
4.798 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 718

zugleich andere, der [peinlichen] Befragung genügen-


de Indizien vorhanden sind, wird beides, wie vorher-
gehend beschrieben, ins Urteil abgesetzt. Wenn aber
dieses beides nicht zusammen vorliegt, sondern nur
das eine, nämlich z.B. die Widersprüchlichkeit ohne
weitere Indizien oder weitere Indizien ohne die Wi-
dersprüchlichkeit [in den Aussagen], so soll es ins Ur-
teil abgesetzt werden, so wie man es antrifft. Das ge-
fällte Urteil aber soll alsbald vollstreckt werden, oder
man soll vorgeben, daß es [alsbald] vollstreckt werde.
Der Richter sei jedoch nicht darauf aus, jemanden
[peinlich] befragen zu lassen. Denn [peinliche] Fra-
gen und Folterungen werden nur verhängt beim Ver-
sagen anderer Beweise. Und deshalb suche er nach
anderen Beweisen. Findet er sie nicht, und hält er auf-
grund der Glaubhaftigkeit daran fest, daß der Be-
schuldigte schuldig sei, aber aus Furcht die Wahrheit
leugnet, so greife er unterdessen zu guten und biswei-
len listigen Maßnahmen, während die Freunde jener
[Person] ihn zu bewegen suchen, die Wahrheit zu
sagen. Und er soll seine Sorgfalt daran setzen, die
Wahrheit aus seinem Mund zu bekommen und die
Angelegenheit nicht beschleunigen. Denn das häufige
Nachdenken, das Unglück des Kerkers und die wie-
derholte Belehrung seitens erfahrener Männer machen
[den Beschuldigten] zur Angabe der Wahrheit ge-
neigt. Wenn man nun entsprechend auf den Angezeig-

Hexen
4.799 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 718

ten [114va] gewartet und ihm in entsprechender


Weise Zeit gewährt hat und der Beschuldigte vielfach
belehrt worden ist, mögen der Bischof und der Richter
nach Erwägung aller Punkte im guten Glauben anneh-
men, daß der Beschuldigte die Wahrheit leugnet und
ihn der [peinliche] Befragung mäßig auszusetzen, je-
doch ohne Blutvergießen, wobei ihnen bekannt ist,
daß die [peinlichen] Fragen trügerisch und erfolglos
sind. Denn manche [der Verhörten] sind so zart besai-
tet und so verstört, daß sie auf eine leichte Folterung
hin alles, wenn es auch falsch ist, zugeben. Manche
aber sind so hartnäckig, daß, wie sehr man ihnen auch
zusetzt, man von ihnen die Wahrheit nicht bekommt.
Manche gibt es, die schon einmal [peinlich] befragt
worden sind, und von diesen halten manche die [pein-
lichen] Fragen besser aus, weil die Arme sofort ge-
streckt und gebeugt werden. Manche aber bleiben ge-
schwächt und halten so die [peinlichen] Fragen weni-
ger gut aus. Manche aber sind behext und bedienen
sich während der [peinlichen] Fragen des Schadens-
zaubers. Sie würden eher sterben, als etwas gestehen,
da sie gleichsam unempfindlich gemacht sind. Daher
ist bei den [peinlichen] Fragen mit der größten Vor-
sicht zu verfahren und sehr viel auf die Verfassung
des zu Verhörenden zu achten.
Wenn aber [der Beschluß dazu] gefällt ist, sollen
sich die [Folter]knechte alsbald anschicken, den An-

Hexen
4.800 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 719

gezeigten [peinlich] zu verhören. Und während sie


sich bereit machen, sollen der Bischof oder der Rich-
ter sowohl selbst als auch durch andere gute Männer
und Glaubenseiferer den [peinlich] zu Verhörenden
zum freimütigen Geständnis bewegen, indem sie ihm
nötigenfalls, wie bereits erwähnt, auch die Erhaltung
des Lebens versprechen. Wenn er so nicht geängstigt
oder gar zum Geständnis der Wahrheit gebracht wer-
den kann, wird man den zweiten oder dritten Tag zur
Fortsetzung der Folter, nicht aber zur Wiederholung
bestimmen, weil sie nicht wiederholt werden darf,
außer wenn neue Indizien gegen ihn dazukommen.
Und dann kann sie [wiederholt werden]. Aber sie fort-
zusetzen, ist nicht verboten.
Es wird also folgendermaßen gesagt werden kön-
nen: »Und wir, die Vorgenannten, Bischof N.N. und,
falls er dabei ist, Richter N.N., bestimmen dir, dem
und dem, den und den Tag zur Fortsetzung der [pein-
lichen] Fragen, damit aus deinem eigenen Mund die
Wahrheit herausgebracht werde.« Es werde alles in
das Prozeß[protokoll] aufgenommen, und innerhalb
der bestimmten Zeit sollen sie ihn sowohl selbst als
auch durch andere erfahrene Männer bewegen, die
Wahrheit zu gestehen. Wenn er nicht hat gestehen
wollen, werden am bestimmten Tage die [peinlichen]
Fragen fortgesetzt. Und so werde er mit derselben
oder anderer schweren Folter stärker oder leichter je

Hexen
4.801 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 720

nach der Schwere seiner Schuld verhört. Und zwar


werden die Richter viele erlaubte Vorsichtsmaßregeln
in Worten und Taten anwenden können, um die
Wahrheit herauszufinden. Jene [die Richter] lehrt
mehr die Erfahrung wie auch die Praxis und die Ver-
schiedenheit der Sachstände als irgendjemandes
Kunst oder Lehre.
Wenn er aber, geziemend verhört und der Folter
[114vb] ausgesetzt, die Wahrheit nicht hat offenbaren
wollen, soll ihm nicht weiter zugesetzt werden, son-
dern er zum freien Abzug entlassen werden. Wenn er
aber bei seinem Geständnis bleibt und die Wahrheit
bekanntgegeben hat, indem er seine Schuld erkennt
und die Kirche um Verzeihung bittet, soll er wie ein
nach eigenem Geständnis in der Ketzerei Ertappter,
aber Bußfertiger, nach c. abolendam, § presenti358,
verurteilt werden. Er soll abschwören und urteilsmä-
ßig wie ein öffentlich Ertappter verurteilt werden,
nach der Weise, in der die in der Ketzerei Ertappten
nach eigenem Geständnis verurteilt werden. Wie es
unten359 in der achten Vorgehensweise, derlei bei Er-
tappten herauszubringen, gesagt wird, möge man dort
nachschauen. Wenn er aber die Wahrheit bekanntge-
ben sollte, ohne bereut zu haben, aber nicht hartnäk-
kig in der Ketzerei verharrt und kein Rückfälliger ge-
wesen ist, wird er verurteilt nach c. ad abolendam, §
presenti360. Und zwar wird er, nachdem man auf ihn

Hexen
4.802 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 720

gewartet und ihn angemessen belehrt hat, dem weltli-


chen Arm zur Ausführung der Todesstrafe übergeben,
wie unten361 in der zehnten Form gesagt wird. Wenn
er aber rückfällig gewesen ist, wird er auf diese Weise
verurteilt, die unten in der elften Form362, einen Pro-
zeß abzuschließen, besprochen werden wird. Man
möge dort nachschauen.
Hier ist aber sorgfältig zu beachten, daß der, wel-
cher [peinlich] zu verhören ist, vor den [peinlichen]
Fragen bisweilen gegen sich nichts gesteht, und auch
nichts bewiesen wird, um dessentwillen er die Ketze-
rei abschwören könnte oder müßte, noch wegen Ket-
zerei verurteilt werden [könnte oder müßte]. Und um
solche handelt es sich hier, und [das] ist auch sofort
aufgefallen. Bisweilen aber ist der Beschuldigte selbst
bei der Ketzerei ertappt worden, oder es sind sonst
noch andere Indizien gegen ihn bewiesen worden,
wegen derer er als leicht oder schwer der Ketzerei
Verdächtiger abschwören muß, wegen derer, er aber
nicht [peinlich] zu verhören ist. Wenn er aber darüber
hinaus einige Dinge leugnet, die nicht bewiesen sind,
aber zum [peinlichen] Befragen ausreichen, und wenn
er um dessentwillen [peinlich] befragt wird, aber
unter dem Verhör nichts gesteht, so ist eine solche
[Person] nichtsdestoweniger nicht nach der ersten
Form freizusprechen, sondern es werde gegen sie
gemäß dem Bewiesenen vorgegangen. Und zwar wird

Hexen
4.803 [III/3,6] Zweiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 720

sie [eine solche Person] abschwören entweder wie ein


Verdächtiger oder Ertappter, so wie es der Prozeß-
stand erfordert. Wenn sie [die Person] aber im Wege
der [peinlichen] Fragen jenes gesteht oder einiges
davon, um dessentwillen sie [peinlich] befragt wird,
soll sie dieses und jenes abschwören, und das Urteil
ist für dieses und jenes gegen ihn zu fällen363.

Hexen
4.804 [III/3,7] Dreiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 721

[III/3,7] Dreiundzwanzigste Frage. Über die


vierte Form, über eine Beschuldigte, und zwar
leicht Verdächtige das Urteil zu fällen.

Die vierte Form, in einem Glaubensprozeß das Urteil


zu fällen und ihn abzuschließen, liegt vor, wenn der
wegen Ketzerei Beschuldigte nach sorgfältiger Prü-
fung der Prozeßergebnisse [115ra] zusammen mit
dem Rat von Rechtskundigen als der Ketzerei nur
leicht verdächtig befunden wird. Und zwar [ist dies
der Fall], wenn der wegen Ketzerei Beschuldigte
weder durch eigenes Geständnis, noch durch die Of-
fensichtlichkeit der Tat, noch durch die gesetzmäßige
Vorführung von Zeugen ertappt wird, noch sonst star-
ke oder schwere Indizien bezüglich jener Ketzerei
gegen ihn vorliegen, sondern nur mäßige und leichte
und als solche durch Gerichtsbeschluß bezeichnete.
Derentwegen kann und soll er als der Ketzerei leicht
verdächtig der Ketzerei, wegen der er angezeigt ist,
abschwören. Und wenn ein solcher rückfällig wird,
wird er nicht mit der einem Rückfälligen gebührenden
Strafe bestraft, mag er auch schwerer zu bestrafen
sein, als wenn er nicht schon vorher abgeschworen
hätte; nach c. accusatus am Anfang de here. li.
6364. Bezüglich dieses [Falles] ist folgendes Vorge-
hen zu beachten. Wenn nämlich ein solcher für öffent-

Hexen
4.805 [III/3,7] Dreiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 722

lich verdächtig gehalten wird, wird er öffentlich in der


Kirche abschwören, in der Form, wie sie im Urteil
folgt:
»Ich, der und der, aus der und der Diözese, Ein-
wohner der und der Stadt oder des und des Ortes, vor
Gericht gestellt, schwöre vor Euch, Herr Bischof der
und der Stadt, während die hochheiligen Evangelien
vor mir liegen und ich sie mit meinen eigenen Händen
berühre, daß ich im Herzen jenen heiligen rechten und
apostolischen Glauben glaube und mit dem Munde
bekenne, den die hochheilige römische Kirche glaubt,
bekennt, predigt und bewahrt. Desgleichen schwöre
ich, im Herzen zu glauben und bekenne mit dem
Munde, daß der Herr Jesus Christus samt aller Heili-
ger die höchst schändliche Ketzerei der Hexen verab-
scheut und daß alle, die jener folgen und anhängen,
auf ewig mit ewigen Feuern gepeinigt werden, zusam-
men mit dem Teufel und seinen Engeln, wenn sie
nicht Vernunft annehmen und mit der heiligen Kirche
durch Buße versöhnt worden sind. Und folglich
schwöre ich ab, entsage und widerrufe ich jene Ketze-
rei, um derentwillen Ihr, Herr Bischof und Offizial,
mich für verdächtig haltet, daß ich nämlich einen ver-
trauten Umgang mit Zauberern und Hexen gehabt,
ihren Irrtum aus Unkenntnis verteidigt, die Inquisito-
ren und die Verfolger jener gehaßt oder auch ihre Ver-
brechen nicht offenbart habe. Desgleichen schwöre

Hexen
4.806 [III/3,7] Dreiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 722

ich, daß ich niemals an die genannte Ketzerei ge-


glaubt habe noch glaube, noch ihr angehangen habe,
noch ihr anhänge, noch jemals glauben oder anhängen
werde, noch sie gelehrt habe, noch sie zu lehren beab-
sichtige. Wenn ich in Zukunft etwas von dem Vorge-
nannten tun werde, was Gott verhindern möge, unter-
werfe ich mich willigen Herzens den Strafen des
Rechts darauf, dem ich solchermaßen abgeschworen
habe; bereit, mich aller Buße zu unterziehen, welche
ihr mir für das, was ich getan und gesagt habe [und
weshalb] ihr mich für verdächtig haltet, aufzuerlegen
beschließt: ich schwöre [115rb], sie nach Kräften zu
erfüllen, um in keiner Weise dagegen zu verstoßen.
So wahr mir Gott helfe und diese hochheiligen Evan-
gelien.«
Diese Abschwörung aber möge in der Volksspra-
che365 stattfinden, damit sie von allen verstanden
werde. Hat sie stattgefunden, so kann der Richter,
falls einer anwesend ist, oder der Offizial zu ihm öf-
fentlich in der Volkssprache folgende oder in der Wir-
kung ähnliche Worte sprechen: »Du, Sohn oder Toch-
ter, nachdem du dem Verdacht, in dem wir dich hat-
ten, nicht unbillig abgeschworen und dich durch die
vorgenommene Reinigung gereinigt hast, so hüte dich
im übrigen, in diese abgeschworene Ketzerei [von
neuem] zu verfallen. Denn wenn du auch dem weltli-
chen Arm, falls du bußfertig bist, nicht übergeben

Hexen
4.807 [III/3,7] Dreiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 723

wirst, weil du als leicht und nicht schwer verdächtig


abgeschworen hast, so wirst du dann doch viel schwe-
rer bestraft werden, als wenn du nicht abgeschworen
hättest, und anstatt für einen gering Verdächtigen
wirst du für einen schwer Verdächtigen gehalten wer-
den, und wenn du als solcher abschwören und rück-
fällig werden würdest, wirst du mit der Rückfälligen
gebührenden Strafe bestraft und ohne Erbarmen dem
weltlichen Gericht übergeben werden, damit die To-
desstrafe verhängt werde.«
Wenn er aber heimlich, im Zimmer des Bischofs
oder des Richters, abschwört, wo dann kein öffentli-
cher Akt stattfindet, so soll das Urteil in folgender
Weise gefällt werden:
»Wir, durch die göttliche Gnade Bischof der und
der Stadt oder Richter, falls einer dabei ist, in den der
Gerichtshoheit des und des Herrn unterworfenen Län-
dern, mit Rücksicht darauf, daß wir nach Betrachtung
und sorgfältiger Erwägung der Ergebnisse des von
uns gegen dich, den und den bezüglich der ketzeri-
schen Verkehrtheit Angezeigten, angestrengten Pro-
zesses gefunden haben, daß du das und das – es möge
aufgezählt werden! – begangen hast, die dich der Ket-
zerei leicht verdächtig machen und um derentwillen
wir dich mit Recht für einen solchen halten, haben wir
dich, als der genannten Schändlichkeit leicht verdäch-
tig, eben dieser Ketzerei abschwören lassen. Aber

Hexen
4.808 [III/3,7] Dreiundzwanzigste Frage Hexenhammer, 723

damit die genannten, von dir begangenen Taten nicht


ungestraft bleiben und du in Zukunft vorsichtiger wer-
dest, verurteilen, richten oder vielmehr büßen wir dich
persönlich in unserer Gegenwart. Erschienen den und
den, wie folgt, nach dem in und über diese Dinge mit
vielen, bedeutenden Rechtskundigen und auch From-
men abgehaltenen und so reifen wie wohlerwogenen
Rat, indem wir Gott allein wie auch die unverbrüchli-
che Wahrheit des heiligen rechten Glaubens vor
Augen haben, während die hochheiligen Evangelien
vor uns liegen, damit im Angesicht Gottes unser Ur-
teil ergehe und unsere Augen die Gerechtigkeit sehen,
zu Gericht sitzend als erkennende Richter [115va]:
daß du im übrigen niemals wissentlich [zur Ketzerei]
hältst, dich ihr zugesellst, sie mit Worten verteidigst,
verkündest oder eine solche erhältst, und daß du nicht
in der Folge etc. – Hier werden die Dinge hinein ge-
setzt, die jene begangen hat und um derentwillen sie
der genannten ketzerischen Verkehrtheit für verdäch-
tig gehalten worden ist. – Ergangen ist dieses Urteil
oder die Buße [etc.].«
Der Notar sei darauf bedacht, in das Prozeß[proto-
koll] aufzunehmen, daß die und die Abschwörung ge-
schehen ist durch einen der Ketzerei für leicht und
nicht schwer verdächtig Gehaltenen; sonst könnte
große Gefahr eintreten.

Hexen
4.809 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 724

[III/3,8] Vierundzwanzigste Frage. Über die


fünfte Form, ein Urteil zu fällen, und zwar über
eine schwer Verdächtige.

Die fünfte Form, einen Glaubensprozeß zu beenden


und abzuschließen, erfolgt, wenn die der Ketzerei Be-
schuldigte nach sorgfältiger Prüfung der Prozeßergeb-
nisse nach dem guten Ratschluß der Rechtskundigen
als der Ketzerei schwer verdächtig befunden wird.
Und zwar ist dies [der Fall], wenn die wegen ketzeri-
scher Verkehrtheit Beschuldigte als gesetzmäßig nicht
ertappt befunden wird, weder durch eigenes Geständ-
nis, noch durch Offensichtlichkeit der Tat, noch durch
gesetzmäßiges Vorbringen von Zeugen, aber große
und schwere bewiesene und durch Gerichtsbeschluß
so bezeichnete Indizien gegen sie vorhanden sind, die
jene der erwähnten ketzerischen Verkehrtheit schwer
verdächtig machen.
Gegen einen366 solchen ist folgendes Vorgehen zu
beobachten. Ein solcher muß nämlich als dieser Ket-
zerei schwer Verdächtiger jener ketzerischen Ver-
kehrtheit abschwören, so daß er, wenn er später rück-
fällig wird, mit der einem Rückfälligen gebührenden
Strafe bestraft, d.h. dem weltlichen Arm übergeben
wird; nach c. accusatus am Anfang, de here. 6367.
Und zwar soll er öffentlich oder im Geheimen ab-

Hexen
4.810 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 725

schwören, je nachdem er öffentlich oder im Geheimen


für verdächtig gehalten wird, bei vielen oder wenigen
und bei vornehmen oder geringen Leuten, wie es so-
eben bei jenem bemerkt worden ist, der der Ketzerei
leicht verdächtig ist. Und zwar hat er der Ketzerei an
sich abzuschwören.
Die Anstalten zur Abschwörung sind wie folgt zu
treffen: Wenn nämlich der Sonntag naht, soll der Pre-
diger über die vorzunehmende Abschwörung und den
zu eröffnenden Urteilsspruch oder die in Form des
Abschwörens aufzuerlegende Buße eine allgemeine
Predigt halten. Danach soll öffentlich durch den Notar
oder einen Kleriker verlesen werden, wessen der, wel-
cher abschwören soll, überführt ist und, aufgrund
wessen er der Ketzerei sonst für schwer verdächtig
gehalten wird. Danach soll ihm durch den Richter
oder Offizial gesagt werden: »Siehe, aufgrund dieser
vorgetragenen [Punkte] bist du uns der und der Ketze-
rei schwer verdächtig [115vb], weshalb es nötig ist,
daß du dich reinigst und der oben genannten Ketzerei
abschwörst.« Dann wird vor den, der abschwören
muß, das Buch der Evangelien gelegt werden. Er
selbst soll die Hand darauf legen, und falls er hinrei-
chend zu lesen versteht, soll ihm die folgende Ab-
schwörung schriftlich übergeben werden, damit er sie
allem Volke vorlese. Wenn er aber nicht hinreichend
zu lesen versteht, soll es der Notar in Abschnitten

Hexen
4.811 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 725

lesen, und der, welcher abschwören muß, soll mit lau-


ter und verständlicher Stimme entsprechend antwor-
ten. Der Notar oder Kleriker soll sagen: »Ich, der und
der, aus dem und dem Ort«, und jener wird mit den-
selben Worten antworten. Und der Richter [soll weiter
vorsprechen] und der [Abschwörende] wird mit den-
selben Worten und immer in der Volkssprache ant-
worten, und so fort, bis die Abschwörung zu Ende ist.
Und zwar soll er nach folgendem Wortlaut abschwö-
ren:
»Ich, der und der, aus dem und dem Ort der und der
Diözese, vor Gericht persönlich erschienen, schwöre
vor Euch, den ehrwürdigen Herren, dem Bischof der
und der Stadt und dem und dem Richter in den der
Gerichtshoheit des und des Herrn unterworfenen Län-
dern, indem die hochheiligen Evangelien vor mir lie-
gen, die ich mit meinen eigenen Händen berühre, daß
ich im Herzen jenen heiligen und apostolischen Glau-
ben glaube und mit dem Munde bekenne, den die
hochheilige römische Kirche lehrt, bekennt, predigt
und befolgt.
Desgleichen schwöre ich, im Herzen zu glauben
und bekenne mit dem Munde, daß etc.« Es werde
[hier] der jener Ketzerei, um derentwillen er schwer
verdächtig ist, entgegengesetzte rechtgläubige Artikel
ausgeführt. Wenn er beispielsweise der Ketzerei der
Hexen [verdächtig ist], soll so gesagt werden: »Ich

Hexen
4.812 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 726

schwöre, daß ich glaube, daß nicht nur die einfachen


Ketzer oder Schismatiker mit ewigen Feuern werden
gepeinigt werden, sondern vor allen die mit der Ket-
zerei der Hexen Infizierten, die den Dämonen den
Glauben, den sie im heiligen Bad der Taufe empfan-
gen haben, ableugnen und zur Stillung ihrer schlim-
men Begierden auf teuflische Schandtaten bedacht
sind [und] Menschen, Vieh und Feldfrüchten sehr
viele Schäden antun. Und folglich schwöre ich ab,
entsage und widerrufe ich jene Ketzerei oder vielmehr
Ruchlosigkeit, welche fälschlicher- und trügerischer-
weise behauptet, es gebe keine Hexe auf Erden, und
daß niemand glauben solle, sie könnten mit Hilfe der
Dämonen [keine] Schäden antun. Da eine solche
Ruchlosigkeit, wie ich jetzt erkenne, ausdrücklich
gegen die Entscheidung der heiligen Mutter Kirche
und aller rechtgläubigen doctores, ja auch gegen die
kaiserlichen Gesetze streitet, die derartige [Hexen] zu
verbrennen bestimmt haben. Desgleichen schwöre
ich, daß ich niemals an die genannte [116ra] – ergän-
ze: hartnäckig – geglaubt habe, noch jetzt daran glau-
be, noch daran glauben werde, noch gegenwärtig an
ihr hänge, noch an ihr zu hängen beabsichtige, noch
sie gelehrt habe, noch sie zu lehren beabsichtige, noch
sie lehren werde. Desgleichen schwöre und verspreche
ich, daß ich das und das – und das und das werde be-
nannt! –, um dessentwillen ihr mich einer derartigen

Hexen
4.813 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 726

Ketzerei schwer verdächtig haltet, niemals tun noch


mich bemühen werde, daß es geschehe. Wenn ich
etwas von dem Vorgenannten in Zukunft tun werde,
was Gott verhindern möge, unterziehe ich mich be-
reitwillig den gesetzlichen, Rückfälligen gebührenden
Strafen und werde mich jeder Buße unterwerfen, die
ihr beschließen werdet, über mich dafür zu verhängen,
was ich getan und gesagt habe, um dessentwillen ihr
mich für der genannten Ketzerei schwer verdächtig
haltet. Und ich schwöre und verspreche, sie nach
Kräften zu erfüllen und in keiner Weise dagegen zu
handeln. So wahr mir Gott helfe und die hochheiligen
Evangelien.«
Die genannte Abschwörung erfolge aber in der
Volkssprache, damit sie von allen verstanden werde,
es sei denn, sie erfolgt nur vor kirchlichen Personen,
die die lateinische Sprache zu Genüge verstehen.
Wenn er aber im Geheimen abschwören sollte, näm-
lich im Palast oder Zimmer des Bischofs, d.h., wenn
die Sache nicht öffentlich ist, soll er in ähnlicher
Weise abschwören.
Nachdem die genannte Abschwörung erfolgt ist,
wird ihn der Richter wie oben darauf aufmerksam ma-
chen, daß er nicht durch Rückfall der Strafe der Rück-
fälligen verfalle.
Der Notar achte darauf, in die Akten abzusetzen,
wie die und die Abschwörung durch den und den als

Hexen
4.814 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 727

einen der Ketzerei schwer Verdächtigen erfolgt ist, zu


dem Zweck, daß, wenn er rückfällig wird, man weiß,
wie der Betreffende mit der Rückfallsstrafe zu bestra-
fen ist. Nachdem dies vollbracht ist, soll das Urteil
oder die Buße in folgender Weise gefällt werden:
»Wir N.N., Bischof der und der Stadt, und, falls er
dabei ist, Bruder N.N., Ketzerinquisitor, in den der
Gerichtshoheit des und des Herrn untertanen Ländern
vom Heiligen Apostolischen Stuhl besonders abge-
ordnet, mit Rücksicht darauf, daß du, der und der, aus
dem und dem Ort der und der Diözese, das und das
und das und das – es werde genannt! – begangen hast,
wie es für uns nach sorgfältiger Prüfung der Prozeßer-
gebnisse gesetzmäßig feststeht, um dessentwillen wir
dich mit Recht der und der ketzerischen Verkehrtheit
für schwer verdächtig halten und dich als so verdäch-
tig entsprechend dem großen Rat der Rechtskundigen
und auf Anhalten der Gerechtigkeit haben abschwören
lassen. Damit du aber für die Zukunft vorsichtiger
und nicht geneigter werdest, ähnliches zu vollbringen,
und damit Verbrechen nicht ungestraft bleiben, so daß
du den übrigen [116rb], die sich vergangen haben,
nicht zum Beispiel dienst, verurteilen oder vielmehr
büßen wir dich, den persönlich in unserer Gegenwart
Erschienenen den und den, in der Form, die folgt,
nach dem in und über diesem mit vielen, bedeutenden
Rechtskundigen, auch Magistern oder doctores in der

Hexen
4.815 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 728

theologischen Fakultät, abgehaltenen reifen und wohl


erwogenen Rat, indem wir Gott allein und die Wahr-
heit des heiligen rechten und apostolischen Glaubens
vor Augen haben, während die hochheiligen Evangeli-
en vor uns liegen, damit im Angesicht Gottes unser
Urteil ergehe und unsere Augen die Gerechtigkeit
sehen, zu Gericht sitzend als erkennende Richter:
nämlich daß du dir in Zukunft nicht herausnimmst,
das und das zu tun, zu sagen oder zu lehren. – Es
werde das aufgesetzt, was begangen zu haben er über-
führt ist, um dessentwillen er der genannten Ketzerei
für schwer verdächtig gehalten worden ist; und eini-
ges [weitere], durch das er, wenn er es begehen
würde, sich eines leichten Rückfalles schuldig ma-
chen würde. Aber es soll ihm noch anderes auferlegt
werden, je nach Gelegenheit der Sache, z.B. daß er
niemals wissentlich die und die Übungen vollziehe
oder diejenigen nicht aufnehme, von denen er weiß,
daß sie abgeschworen haben, und ähnliches. – Gefällt
wurde dieses Urteil [etc.].«
Es ist aber zu beachten, daß die der Ketzerei Ver-
dächtigen, aber nicht Ertappten, mögen sie nun
schwer oder leicht verdächtig sein, nicht auf Dauer
eingekerkert noch [auf Dauer] eingemauert werden
dürfen, weil dies die Strafe jener ist, die Ketzer gewe-
sen und dann bußfertig geworden sind368, wie sich in
c. excommunicamus 2 de here.369 und in c. quo-

Hexen
4.816 [III/3,8] Vierundzwanzigste Frage Hexenhammer, 728

niam, de here. li. 6370 ergibt. Aber sie können


wegen jener Dinge, die sie begangen haben und auf-
grund derer sie für verdächtig gehalten worden sind,
auf eine bestimmte Zeit im Kerker festgehalten und
dann, je nachdem, wie es sich verhält, davon befreit
werden, nach c. ut commissi, de here. li. 6371. Auch
sind derartige Verdächtige nicht mit Kreuzen zu
zeichnen. Denn Kreuze sind die Kennzeichen eines
bußfertigen Ketzers. Verdächtige aber sind nicht für
Ketzer gehalten worden, weshalb sie auch nicht [mit
dem Kreuz] zu zeichnen sind. Es kann ihnen jedoch
auferlegt werden, daß sie an bestimmten Festtagen an
den Türen der und der Kirchen stehen oder am Altar,
während das Meßamt gefeiert wird, mit brennenden
Kerze von so und so viel Gewicht in den Händen;
oder daß sie zu der und der Pilgerfahrt ausziehen, und
ähnliches, so wie es die Sachlage verlangt.

Hexen
4.817 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 729

[III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage. Über die


sechste Form, über eine Beschuldigte, und zwar
dringend Verdächtige, das Urteil zu fällen.

[116va] Die sechste Form, einen Glaubensprozeß zu


beenden, liegt vor, wenn der wegen ketzerischer Ver-
kehrtheit Beschuldigte nach sorgfältiger Prüfung der
Prozeßergebnisse zusammen mit dem guten Rat von
Rechtskundigen als der Ketzerei dringend verdächtig
befunden wird. Und dies ist [der Fall], wenn der Be-
schuldigte selbst nicht als gesetzmäßig ertappt befun-
den wird, weder durch das eigene Geständnis noch
durch die Offensichtlichkeit der Tat, noch durch ge-
setzmäßiges Vorbringen von Zeugen. Aber es sind
nicht bloß leichte oder schwere, sondern sehr starke
und sehr belastende Indizien vorhanden, die den An-
gezeigten selbst der genannten Ketzerei zurecht drin-
gend verdächtig machen und derentwegen ein solcher
als der genannten Ketzerei dringend verdächtig beur-
teilt werden muß. Zu besseren Verständnis wollen wir
Beispiele sowohl von der einfachen Ketzerei als auch
von der Ketzerei der Hexen geben. In der einfachen
Ketzerei nämlich könnte der Fall eintreten, daß der
Beschuldigte selbst nicht durch eigenes Geständnis
etc. wie oben als gesetzmäßig ertappt befunden wird.
Jedoch wegen irgend etwas, was er gesagt oder getan

Hexen
4.818 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 729

hat, daß er z.B. in einer Sache – nicht des Glaubens –


vorgeladen, die Exkommunikation ein Jahr hindurch
oder länger ausgehalten hat, ist ein solcher schon der
Ketzerei leicht verdächtig, weil dies nicht der Besorg-
nis der ketzerischen Verkehrtheit entbehrt, de penis c.
gravem372. Wenn er aber zur Beantwortung [von
Fragen] bezüglich des Glaubens vorgeladen wurde
und nicht erscheint und es starrköpfig ablehnt zu er-
scheinen, weshalb er exkommuniziert wird, dann wird
er der Ketzerei schwer verdächtig. Denn dann geht der
leichte Verdacht in einen schweren über. Und wenn er
die Exkommunikation ein Jahr hindurch mit hartnäk-
kigem Sinn aushält, dann wird er der Ketzerei drin-
gend verdächtig. Denn dann geht der schwere Ver-
dacht in einen dringenden über, gegen den keine Ver-
teidigung zugelassen wird. Im Gegenteil, von da an
ist ein solcher als Ketzer zu verurteilen, wie sich aus
c. cum contumacia ergibt; und zwar wird er ver-
merkt eben dort li. 6373.
In der Ketzerei der Hexen aber liegt ein Beispiel
für dringenden Verdacht [in dem Fall] vor, wenn je-
mand irgend etwas gesagt oder vollbracht hat, was
von Zauberern und Hexen verübt wird, wenn sie je-
manden behexen wollen; und zwar, weil dies üblich
ist, daß sie sich mit drohenden Worten oder Taten,
entweder durch das Anblicken oder Anfassen, zu of-
fenbaren haben, und zwar aus einem dreifachen

Hexen
4.819 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 730

Grund: damit die Sünde bei den Richtern schwerer ins


Gewicht falle und damit die Einfältigen um so leichter
verführt werden und damit Gott um so mehr beleidigt
werde und ihnen mehr Gelegenheit gegen die Men-
schen zu wüten geboten werde. Deshalb wird die
Hexe nach drohenden Worten dringend verdächtigt,
wenn sie sagt: »Ich werde es dir beibringen, daß du es
in Kürze fühlen wirst«374 oder sinngemäß und ir-
gendeine Wirkung an [dem Betreffenden] selbst oder
an einem anderen gefolgt ist. Denn dann ist sie nicht
[nur] leicht verdächtig, wie diejenigen, welche wegen
des Umgangs mit Zauberern und Hexen verdächtig
gewesen [116vb] sind oder jemanden zu ungezügelter
Liebe haben aufreizen wollen. Siehe oben von den
drei [Formen des] Verdachtes, des leichten, schweren
und dringenden.
Jetzt ist zu schauen, welches Vorgehen gegen sol-
che zu beachten ist. Bezüglich eines in der einfachen
Ketzerei dringend Verdächtigen ist folgendes Vorge-
hen zu beachten: Wenn er auch in Wirklichkeit viel-
leicht kein Ketzer ist, z.B. weil er keinen Irrtum im
Herzen, noch auch Hartnäckigkeit im Willen darüber
hegt, wie Archidiaconus375 über den angefügten
Kanon bemerkt, so ist er nichtsdestoweniger wegen
des genannten dringenden Verdachtes, gegen den kein
Beweis zuzulassen ist, als Ketzer zu verdammen.
Verurteilt aber wird eine Ketzerin in der Weise, daß

Hexen
4.820 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 731

sie, wenn sie nicht zurückkehren und der Ketzerei ab-


schwören und entsprechende Genugtuung leisten will,
dem weltlichen Arm zur Bestrafung mit der gebühren-
den Strafe übergeben wird, nach c. ad abolendam, §
presenti376. Wenn sie es aber will und zusagt, mit
[nachfolgender] Wirkung, so schwört sie der Ketzerei
ab und wird im ewigen Gefängnis festgehalten, nach
c. excommunicamus 2, de here377. In gleicher
Form jener, der so der Ketzerei dringend verdächtig
ist.
Mag auch bezüglich eines der Ketzerei der Hexen
dringend Verdächtigen dasselbe zu beachten sein, so
ist doch, wenn man in milderer Form vorgeht, zu be-
achten, daß, wenn sie378 beim Leugnen verharrt und
wie gewöhnlich behauptet, sie habe die Drohungen
nicht in solcher Absicht ausgestoßen, sondern in
höchster weiblicher Aufregung, weshalb auch der
Richter sie nicht gut dem Feuer überantworten zu
können glaubt – unbeschadet des dringenden Ver-
dachts –, daß der Richter sie dann im Kerker festhal-
te, inquiriere und sie aussagen lasse, ob sie ähnlicher
Dinge schon vorher berüchtigt gewesen sei; und wenn
[es] so [ist], daß sie öffentlich wegen einer solchen
Ketzerei übel beleumundet ist, kann er dann damit
weiter vorgehen, daß sie vor allem der Folter ausge-
setzt werde. Und wenn sich Indizien bezüglich einer
solchen Ketzerei oder des Schweigezaubers ergeben

Hexen
4.821 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 731

haben, z.B. daß sie keine Tränen vergießt, sich im


Gegenteil auf der Folter als unempfindlich erweist,
weil sie nämlich nach den Folterungen wieder schnell
zu Kräften kommt, dann soll er mit den verschiedenen
Vorsichtsmaßregeln vorgehen, die oben379, wo ähn-
liches behandelt wird, vorgestellt worden sind.
Und in dem Falle, wo dies alles versagt, möge er
dann bedenken, daß, wenn sie ähnliches schon vorher
begangen hat, sie dann auf keinen Fall freizulassen,
sondern mindestens ein Jahr lang im Schmutz des
Kerkers festzuhalten und zu peinigen, auch sehr häu-
fig zu verhören ist, besonders an den heiligeren
Tagen. Wenn sie aber zudem noch übel beleumundet
ist, so kann sie der Richter nach dem, was oben380
bei der einfachen Ketzerei gesagt worden ist, schon
dem Feuer überantworten, besonders aufgrund einer
Vielzahl von Zeugen und weil sie öfter bei einem ähn-
lichen oder anderen Schadenszauber auffällig gewor-
den ist. Weil er es jedoch vorzieht, [117ra] in Güte
zu prozessieren, möge er ihr die kanonische Reini-
gung dergestalt auferlegen, daß sie zwanzig oder drei-
ßig Reinigungshelfer [beizubringen] habe, und er
möge vorgehen, wie es in der zweiten Form381, das
Urteil zu fällen, angegeben worden ist: daß er ihr
nämlich ankündigt, daß, wenn sie bei der Reinigung
versagt, sie dann als Schuldige dem Feuer überant-
wortet werden wird. Und danach kann der Richter

Hexen
4.822 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 732

vorgehen. Im Falle aber, daß sie sich reinigen würde,


soll sie sich der Reinigung von jeglicher Ketzerei vor-
behaltlich der Strafe für Rückfällige und ewiger Buße
unterziehen, wie sie in dem zu formulierenden Urteils-
spruch folgt. Und zwar erfolgt die Vorbereitung zur
Abschwörung so, wie es in den vorangehenden vier-
ten und fünften Formen382, einen Glaubensprozeß
abzuschließen, gesagt worden ist.
Bemerke auch, daß in allen folgenden Formen, das
Urteil zu fällen, die Richter, wenn sie auf dem Wege
der Güte vorgehen wollen, nach der schon angespro-
chenen Form prozessieren können. Aber weil demge-
genüber die weltlichen Richter ihres Amtes rigoros
walten und nicht nach Billigkeit vorgehen, deshalb
kann ihnen eine unfehlbare Regel und Maßgabe nicht
so wie dem kirchlichen Richter vorgegeben werden,
der die Abschwörung unter ewiger Buße in der fol-
genden Weise zulassen kann: »Ich, der und der, von
dem und dem Ort der und der Diözese, vor Gericht
persönlich erschienen, schwöre vor Euch ehrwürdigen
Herren, Bischof der und der Stadt, und Richtern, wäh-
rend die hochheiligen Evangelien vor mir liegen und
ich sie mit meinen eigenen Händen körperlich berüh-
re, daß ich im Herzen jenen heiligen rechten und apo-
stolischen Glauben glaube, und ihn mit dem Munde
bekenne, den die hochheilige römische Kirche be-
wahrt, bekennt, glaubt, predigt und lehrt. Und folglich

Hexen
4.823 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 733

schwöre ich aller Ketzerei ab, entsage ihr und wider-


rufe sie, die sich gegen die heilige römische und apo-
stolische Kirche erhebt, was für eine Sekte oder Irr-
lehre es auch immer gewesen ist. Desgleichen schwö-
re und verspreche ich, daß ich das und das und das
und das – es werde benannt! –, was ich getan oder ge-
sagt habe und um dessentwillen Ihr mich aus meiner
Schuld für der genannten Ketzerei dringend verdäch-
tig haltet, künftig niemals tun oder sagen noch mir
Mühe geben werde, daß es geschehe. Desgleichen
schwöre und verspreche ich, daß ich jede Buße, die
ihr mir für die genannten [Vergehen] auferlegen wollt,
nach Kräften erfüllen und in keiner Weise dagegen
handeln werde. So wahr mir Gott helfe und diese
hochheiligen Evangelien. Wenn ich künftig gegen das
Abgeschworene handeln werde, was Gott abwenden
möge, dann verpflichte und unterwerfe ich mich jetzt
den Strafen, die dann von Rechts wegen den Rückfäl-
ligen gebühren, auf daß sie gegen mich verhängt wer-
den.« Der Notar möge darauf achten, in die Akten zu
schreiben, daß die genannte Abschwörung von einem
der Ketzerei dringend Verdächtigen vorgenommen
worden ist; damit er, wenn er sich später als Rückfäl-
liger erweist, auch als solcher beurteilt und dem welt-
lichen Arm übergeben wird.
[»Ich, der und der, von dem und dem Ort der und
der Diözese, vor Gericht persönlich erschienen,

Hexen
4.824 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 733

schwöre vor Euch [117rb] ehrwürdigen Herren N.N.,


Bischof der und der Stadt, und Richtern, während die
hochheiligen Evangelien vor mir liegen und ich sie
mit meinen eigenen Händen körperlich berühre, daß
ich im Herzen jenen heiligen rechten und apostoli-
schen Glauben glaube, und ihn mit dem Munde be-
kenne, den die hochheilige römische Kirche bewahrt,
bekennt, glaubt, predigt und lehrt. Und folglich
schwöre ich aller Ketzerei ab und entsage und wider-
rufe sie, die sich gegen die heilige römische und apo-
stolische Kirche erhebt, welche Sekte oder Irrlehre es
auch immer gewesen sei. Desgleichen schwöre und
verspreche ich, daß ich das und das und das und das
[es werde benannt!], was ich getan oder gesagt habe
und um dessentwillen ihr mich aus meiner Schuld für
der genannten Ketzerei dringend verdächtig haltet, in
der Folge niemals tun oder sagen noch mir Mühe
geben werde, daß es geschehe. Desgleichen schwöre
und verspreche ich, daß ich jede Buße, die ihr mir für
die genannten [Vergehen] aufzuerlegen beliebt, nach
Kräften erfüllen und in keiner Weise dagegen handeln
werde. So wahr mir Gott helfe und diese hochheiligen
Evangelien. Wenn ich gegen das Abgeschworene oder
Geschworene in Zukunft durch die Eingebung des
Teufels handeln werde, was Gott verhindern möge,
dann verpflichte und unterwerfe ich mich jetzt für die
Zukunft den vom Recht her den Rückfälligen gebüh-

Hexen
4.825 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 734

renden Strafen, auf daß ich mit ihnen getroffen werde,


da gewiß gewesen sein wird, daß [sie] rechtmäßig
gegen mich verhängt wurden.« Der Notar möge be-
achten, in die Akten hinzu zu schreiben, daß die ge-
nannte Abschwörung wie von einem der Ketzerei
dringend verdächtig gehaltenen geleistet worden ist;
damit, wenn [es] bewiesen wird, der, welcher abge-
schworen hat, als Rückfälliger beurteilt und als sol-
cher dem weltlichen Arm übergeben wird.]383
Nach dieser Verhandlung soll er ihn vom Urteil der
Exkommunikation freisprechen, mit der der dringend
Verdächtige belegt worden ist, weil er in diese verfal-
len ist wie bei den oben genannten Ketzereien. Wie
daher ein Ketzer, wenn er umgekehrt ist und abge-
schworen hat, vom Urteil der Exkommunikation los-
zusprechen ist, weil jeder Ketzer exkommuniziert ist,
nach c. excommunicamus 1 und 2, de here.384 und
auch nach c. ad abolendam385, am Anfang, so ist
auch ein solcher wie hier, da er, wie zuvor gesagt, als
Ketzer zu verurteilen ist, von dem Urteil der Exkom-
munikation loszusprechen, nachdem er abgeschworen
hat. Und wenn die Abschwörung geschehen ist, soll
das Urteil mit folgendem Tenor gefällt werden:
»Wir N.N., Bischof der und der Stadt, und, falls
einer dabei ist, Richter [N.N.] in den Ländern des und
des Herrn, mit Rücksicht darauf, daß du, der und der,
aus dem und dem Ort der und der Diözese uns wegen

Hexen
4.826 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 735

der und der den heiligen Glauben berührenden [Punk-


te] angezeigt worden bist (sie werden ausdrücklich
genannt) und daß wir, um uns ein Bild zu machen, da-
nach prozessiert haben, was die Gerechtigkeit uns
riet, haben wir nach sorgfältiger Prüfung der Prozeß-
ergebnisse und aller Verhandlungen und Ausführun-
gen in der vorliegenden Sache herausgefunden, daß du
das und das und das und das begangen hast – jenes
soll ausdrücklich benannt werden –. Daher haben wir
dich, und zwar nicht zu Unrecht, weil wir dich für der
und der Ketzerei – sie werde ausdrücklich benannt –
dringend verdächtig halten, als einen so Verdächtigen
[117va] aller Ketzerei im allgemeinen öffentlich ab-
schwören lassen, so wie es uns die kanonischen Sat-
zungen vorschreiben.
Freilich, da nach denselben kanonischen Bestim-
mungen ein jeder solcher Ketzer zu verurteilen ist und
du, dem gesünderen Rat folgend und in den Schoß der
heiligen Mutter Kirche zurückkehrend, aller ketzeri-
schen Verkehrtheit, wie vorausgeschickt, abgeschwo-
ren hast – weshalb wir dich vom Urteil der Exkom-
munikation, durch welche du mit Recht als Gott und
der Kirche gegenüber schuldig Verstrickter gebunden
warst, lossprechen, wenn du nur von Herzen, aber
auch aufrichtig, nicht heuchlerisch, zur Einheit der
Kirche zurückgekehrt bist –, daher wirst du von jetzt
an unter die Bußfertigen gerechnet werden, indem

Hexen
4.827 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 735

dich die hochheilige Kirche gegenwärtig an den


Busen der Barmherzigkeit aufnimmt. Aber weil es
sehr unwürdig ist, mit geschlossenen Augen an unge-
straften Beleidigungen gegenüber Gott vorüberzuge-
hen, Kränkungen von Menschen aber zu ahnden, da
es schwerwiegender ist, die göttliche Majestät zu ver-
letzen als die menschliche, und damit deine Verbre-
chen keinen Ansporn für andere zu Vergehen bilden,
und damit du für die Zukunft vorsichtiger und weni-
ger zur Begehung der genannten oder ähnlicher
[Taten] geneigt sein wirst, [und] damit du in Zukunft
leichter bestraft werdest, verurteilen oder besser
büßen wir, der genannte Bischof und Richter, dich in
unserer Gegenwart persönlich erschienener, der und
der an diesem Tage und zu dieser Stunde, die dir vor-
her bestimmt worden sind, kraft des Urteils in der
Weise, die folgt, nachdem wir in und über diese
Dinge den gesunden und reifen Rat erfahrener Leute
eingeholt haben, zu Gericht sitzend als erkennende
Richter, indem wir Gott allein und die unverbrüchli-
che Wahrheit des heiligen Glaubens vor Augen
haben, während die hochheiligen Evangelien vor uns
liegen, damit im Angesicht Gottes unser Urteil ergehe
und unsere Augen die Gerechtigkeit sehen: erstens,
daß du sogleich über alle Kleider, die du trägst, ein
nach Art des Skapuliers386 eines Mönchs ohne Ka-
puze verfertigtes bläuliches Gewand ziehst, welches

Hexen
4.828 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 736

vorn und hinten Kreuze aus gelbem Zeug in der


Länge von drei und in der Breite von zwei Handbrei-
ten trägt.
Dieses Gewand sollst du über allen anderen Klei-
dern so und so lange Zeit – sie werde ausdrücklich
verzeichnet, ein Jahr oder zwei oder mehr, oder weni-
ger, je nachdem die Schuld des Delinquenten es ver-
langt – tragen. Und nichtsdestoweniger sollst du mit
dem genannten Gewand und den Kreuzen an der Tür
der und der Kirche stehen, zu der und der Zeit und so
lange, nämlich an den vier Hauptfesten der glorrei-
chen Jungfrau387 [117vb], oder an den und den Fest-
tagen an den Flügeltüren der und der Kirche oder Kir-
chen. Und wir verurteilen dich rechtskräftig zu dem
und dem Kerker, auf ewig oder so und so lange Zeit. –
Es werden jene Dinge niedergeschrieben, die offenbar
mehr zur Ehre des Glaubens dienen. Beachte: »wegen
der Schwere der Schuld« oder »wegen der Geringfü-
gigkeit der Schuld« oder »wegen der Hartnäckigkeit
des Delinquenten«. Dann geht es weiter: – Nach gesi-
chertem Wissen und ausdrücklich, wie es uns die ka-
nonischen Bestimmungen gestatten, behalten wir uns
das Recht vor, die genannte Buße so oft mildern, ver-
schärfen, ändern [und] im Ganzen oder zum Teil auf-
heben zu können, so oft es uns tunlich erscheint. Ge-
fällt wurde dieses Urteil [etc.].«
Nachdem es verlesen ist, werde [der Delinquent]

Hexen
4.829 [III/3,9] Fünfundzwanzigste Frage Hexenhammer, 736

alsbald der gebührenden Vollstreckung überantwortet


und mit dem genannten, solche Kreuze enthaltenden
Gewand bekleidet.

Hexen
4.830 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 737

[III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage. Über die


Form, das Urteil über eine Beschuldigte zu
fällen, die verdächtig und übel beleumundet ist.

Die siebte Form, einen Glaubensprozeß zu beenden


und abzuschließen, ergibt sich, wenn der wegen ket-
zerischer Verkehrtheit Beschuldigte nach sorgfältiger
Prüfung der Prozeßergebnisse zusammen mit einem
guten Rat von Rechtskundigen als der Ketzerei ver-
dächtig und auch übel beleumundet befunden wird.
Und zwar ist dies der Fall, wenn der Beschuldigte
selbst weder durch eigenes Geständnis, noch durch
die Offensichtlichkeit der Tat, noch durch gesetzmäßi-
ge Vorführung von Zeugen als gesetzmäßig ertappt,
sondern als öffentlich übel beleumundet befunden
wird, und wenn sich Indizien gegen ihn finden, die
ihn auch sonst der ketzerischen Verkehrtheit leicht
oder schwer verdächtig machen, z.B. daß er häufigen
Umgang mit Ketzern gehabt hat, wie im Falle von
dem in c. inter sollicitudines, de pur. ca.388 Und
wegen solcher Infamie ist ihm die kanonische Reini-
gung aufzuerlegen und wegen des Verdachtes soll er
der Ketzerei abschwören, nach dem angeführten c.
inter sollicitudines389.
Bei einem solchen ist folgende Vorgehensweise zu
beachten. Wer so wegen Ketzerei übel beleumundet

Hexen
4.831 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 737

ist und außer der Infamie aufgrund noch anderer Indi-


zien der ketzerischen Verkehrtheit für verdächtig ge-
halten wird, soll sich zuerst öffentlich, wie in der
zweiten Form390 angesprochen, reinigen. Nachdem
diese Reinigung vollzogen ist, wird alsbald derselbe
Berüchtigte wie ein sonst und aufgrund noch anderer
Indizien der Ketzerei Verdächtiger in folgender Weise
abschwören, indem er das genannte Buch der Evange-
lien vor sich liegen hat [118ra]:
»Und ich, der und der, aus dem und dem Ort der
und der Diözese, schwöre und bekenne mit dem
Mund vor Euch, meinen ehrwürdigen Herren, N.N.,
Bischof der und der Stadt und [N.N.], Richter in den
Ländern des und des Herrn, persönlich vor Gericht er-
schienen, während die hochheiligen Evangelien vor
mir liegen und ich sie mit meinen eigenen Händen
körperlich berühre, daß ich im Herzen jenen heiligen
apostolischen Glauben glaube, den die römische Kir-
che glaubt, bekennt, predigt und bewahrt. Und folg-
lich schwöre ich aller Ketzerei ab, entsage und wider-
rufe sie, die sich gegen die heilige und apostolische
Kirche erhebt, welche Sekte oder Irrlehre es auch
immer gewesen sei. – Und danach, wie oben ange-
sprochen worden ist: – Gleichfalls schwöre und ver-
spreche ich, daß ich das und das und das und das, was
ich getan habe und um dessentwillen ich mit Recht
wegen solcher Ketzerei übel beleumundet bin und

Hexen
4.832 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 738

[um dessentwillen] ihr mich außerdem für verdächtig


haltet, künftig niemals tun oder sagen noch mich be-
fleißigen werde, daß es geschehe. Desgleichen schwö-
re und verspreche ich, daß ich jede Buße, die ihr mir
für die genannten [Vergehen] aufzuerlegen beschlie-
ßen werdet, nach Kräften erfüllen und in keiner Weise
dagegen handeln werde. So wahr mir Gott helfe und
diese hochheiligen Evangelien. Wenn ich gegen das
genannte Beschworene und Abgeschworene in Zu-
kunft gehandelt haben werde, was Gott verhindern
möge, dann unterstelle, verpflichte und unterwerfe ich
mich jetzt für die Zukunft aus freien Stücken den von
Rechts wegen gebührenden Strafen, auf daß sie mich
treffen, wenn es gesetzmäßig bewiesen sein wird, daß
ich solche Taten begangen habe.«
Es ist hier jedoch Obacht zu geben, daß, wenn die
Indizien so beschaffen und so stark sind, daß sie zu-
sammen mit der genannten Infamie oder auch ohne sie
den übel Beleumundeten der Ketzerei schwer ver-
dächtig machen, er dann wie gehabt aller Ketzerei im
allgemeinen abschwören wird. Und wenn er in irgend-
eine Ketzerei zurück fällt, wird er mit der den Rück-
fälligen gebührenden Strafe bestraft, wie es in c. inter
sollicitudines, de purgatione canonica391 und in c.
accusatus, de here, li. 6392 [heißt].
Wenn aber jene Indizien so mäßig und leicht sind,
daß sie ihn auch zusammen mit der genannten Infamie

Hexen
4.833 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 738

der Ketzerei nicht schwer, sondern nur leicht verdäch-


tig machen, dann wird es genügen, daß er nicht allge-
mein oder einfach, sondern nur im einzelnen der Ket-
zerei abschwört, derer er für verdächtig gehalten wor-
den ist, so daß er, wenn er in eine andere Art der Ket-
zerei zurückfällt, nicht mit der den Rückfälligen ge-
bührenden Strafe bestraft wird. Wenn er aber in den-
selben Grund der Abschwörung [zurückfällt], weil er
nämlich als ein leicht Verdächtiger abgeschworen hat,
wird er nicht mit der Rückfälligen gebührenden Strafe
bestraft werden, wiewohl [118rb] härter, als wenn er
nicht schon anderweitig abgeschworen hätte, wie sich
dies alles ergibt in c. accusatus, am Anfang, de
here., li. 6393. Aufgrund der kanonischen Reinigung
ist aber zweifelhaft, ob einer, der nach der kanoni-
schen Reinigung in dieselbe Art von Ketzerei zurück-
fällt, von der er sich kanonisch gereinigt hat, mit der
den Rückfälligen gebührenden Strafe, d.h. der Todes-
strafe, bestraft werden soll. Und es ist offenbar so
nach c. excommunicamus 1, § addiicimus394, bei
dem Wort: vel si post purgationem; und nach c. ad
abolendam, § illos quoque, de here., in anti-
quis395.
Der Notar möge darauf achten, daß er in die Akten
schreibe, ob der und der als der Ketzerei leicht oder
schwer verdächtig abgeschworen hat, weil viel darauf
ankommt, wie andernorts öfter bemerkt worden ist.

Hexen
4.834 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 739

Nachdem diese Dinge so verhandelt worden sind,


soll das Urteil oder die Buße in der Form folgenden
Wortlauts gefällt werden:
»Wir, N.N., Bischof der und der Stadt oder Richter
in den der Gerichtshoheit des und des Herrn unterwor-
fenen Ländern, in sorgfältiger Beachtung, daß du, der
und der, aus dem und dem Ort und der und der Diöze-
se uns wegen der und der ketzerischen Verkehrtheit
(jene werde ausdrücklich genannt) angezeigt worden
bist; und in dem Wunsch, wie wir [auch] gehalten
waren, uns gerichtlich zu unterrichten, ob du der ge-
nannten verdammten Ketzerei verfallen seist, haben
uns herbeigelassen, und sind, wie es sich ziemte, dazu
übergegangen untersuchen, die Zeugen zu vernehmen
und dich vorzuladen, unter Eid zu verhören und ande-
res vorzunehmen, was von uns zu verrichten war.
Nachdem dies erledigt, die Prozeßergebnisse erwo-
gen, sorgfältig untersucht und gleichermaßen geprüft
und sämtliche Einzelheiten einer derartigen Sache
vorgenommen, behandelt und verhandelt worden sind
und hierin mehrfach ein reiflicher Rat von Theologen
und Rechtskundigen abgehalten und bedacht worden
ist, haben wir dich in der genannten Ketzerei in dem
und dem Ort oder in den und den Orten bei guten und
gewichtigen Leuten als öffentlich übel beleumundet
befunden, weswegen wir dir, wie es uns die kanoni-
schen Bestimmungen vorschrieben, die kanonische

Hexen
4.835 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 740

Reinigung auferlegt haben, mit der du dich hier öf-


fentlich vor uns gereinigt hast. Und gleichermaßen
haben dich die Reinigungshelfer gereinigt.
Wir haben auch gefunden, daß du das und das be-
gangen hast – es soll ausdrücklich benannt werden –
um dessentwillen wir dich nicht zu Unrecht – schwer
oder leicht: Es werde gesagt, ob dieses ist oder
jenes – für verdächtig gehalten haben, und zwar
wegen der genannten ketzerischen Verkehrtheit, wes-
wegen wir dich als so und so [118va] Verdächtigen
der Ketzerei haben abschwören lassen – Es soll ge-
sagt werden: »aller Ketzerei«, wenn er als schwer
Verdächtiger, oder »der oben genannten Ketzerei«,
wenn er als leicht Verdächtiger abgeschworen hat –.
Aber weil wir das, was du vollbracht hast, auf keinen
Fall dulden können noch dürfen, sondern nach dem
Rat der Gerechtigkeit gezwungen werden, es zu ver-
meiden, verurteilen und büßen wir, die genannten Bi-
schof oder Richter, zu Gericht sitzend als erkennende
Richter, während die hochheiligen Evangelien vor uns
liegen, damit im Angesicht Gottes unser Urteil ergehe
und unsere Augen die Gerechtigkeit sehen, dich, der
und der, den genannten, der du dich gereinigt und ab-
geschworen hast und in unserer Gegenwart persönlich
erschienen bist, an diesem Ort und zu der und der
Stunde, die dir im voraus bestimmt war, zu dem
Zweck, damit du für die Zukunft vorsichtiger werdest

Hexen
4.836 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 740

und damit die Verbrechen nicht ungestraft bleiben


und damit die Übrigen nicht zur Begehung ähnlicher
[Taten] zu sehr verführt werden und damit die Belei-
digungen gegen den Schöpfer nicht gleichmütig ertra-
gen werden, [verurteilen und büßen wir dich also],
wie folgt: nämlich daß du gehalten sein sollst etc. – es
werde abgesetzt, was in größerem Maße offenbar zur
Ehre des Glaubens und zur Ausrottung der ketzeri-
schen Verkehrtheit dient; wie z.B. daß [der Delin-
quent] an bestimmten Sonn- und Festtagen an der Tür
der und der Kirche mit Wachs von so und so viel Ge-
wicht in der Hand, während das Meßamt gefeiert
wird, mit unbedecktem Haupt und nackten Füßen zu
stehen und das genannte Wachs am Altar zu opfern
habe und daß er zu bestimmter Zeit jenen Ort nicht zu
verlassen sich unterstehe, sondern sich an bestimmten
Tagen der Woche dem Bischof oder Richter vorzu-
stellen habe, und dergleichen, was je nach Ausmaß
und Verschiedenheit der Schuld aufzuerlegen [tunlich]
scheint, weil keine allgemeine Regel gegeben werden
kann. – Gefällt wurde das Urteil [etc.].«
Nachdem es gefällt ist, soll es vollstreckt werden.
Es wird aber auch aufgehoben oder gemildert oder ge-
ändert werden können, je nachdem die Befindlichkeit
des Bußfertigen, die Besserung und die Demut, es er-
fordern, weil der Bischof und der Richter die Macht
dazu haben, und zwar von Rechts wegen, wie [es

Hexen
4.837 [III/3,10] Sechsundzwanzigste Frage Hexenhammer, 740

sich] in c. ut commissi, de here., li. 6396 [ergibt].

Hexen
4.838 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 741

[III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage. Über die


Form, das Urteil über eine zu fällen, welche die
Ketzerei gestanden hat, aber bußfertig ist.

Die achte Form, einen Glaubensprozeß zu beenden


und das Urteil zu fällen, erfolgt, wenn der wegen ket-
zerischer Verkehrtheit Beschuldigte nach sorgfältiger
Prüfung der Prozeßergebnisse zusammen mit dem
guten Rat von Rechtskundigen als der Ketzerei ge-
ständig, aber bußfertig und nicht schon anderweitig
wirklich rückfällig befunden wird. Und das ist der
Fall, wenn der Beschuldigte selbst gerichtlich vor
dem Bischof und dem Inquisitor unter Eid gesteht
[118vb], es sei wahr, daß er selbst so und so lange
Zeit in dieser oder jener ketzerischen Verkehrtheit,
wegen der er angezeigt ist, gestanden und verharrt
und an jene geglaubt und ihr angehangen hat. Aber
danach will er auf Unterweisung des Bischofs und an-
derer hin umkehren und in den Schoß der Kirche zu-
rückkehren und dieser oder jener Ketzerei abschwören
und Genugtuung leisten, wie sie es ihm verordnen
wollen. Und es wird nicht darauf erkannt, daß er je-
mals irgendeiner anderen Ketzerei abgeschworen hat,
sondern er jetzt willigen Herzens bereit ist abzu-
schwören. Hier ist folgendes Vorgehen zu beachten.
Angenommen, er habe seit vielen Jahren in der ge-

Hexen
4.839 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 742

nannten Ketzerei oder auch in einer anderen gestan-


den, an sie geglaubt, sie ausgeübt und viele zu Irrtü-
mern verleitet: wenn er jenen Ketzereien nur zu dem
Ende zugestimmt hat, abzuschwören und eine ent-
sprechende Genugtuung nach dem Gutdünken des Bi-
schofs und kirchlichen Richters zu geben, so ist er
nicht dem weltlichen Arm zur Bestrafung mit der To-
desstrafe zu übergeben; noch ist er zu degradieren,
falls er Kleriker ist, sondern ist nach c. ad abolend-
am, § presenti, extra de here.397 zu begnadigen.
Und nach der Abschwörung der ketzerischen Ver-
kehrtheit soll er gemäß c. excommunicamus 2, § si
quis398 in das ewige Gefängnis gestoßen werden,
nachdem ihm die Wohltat der Absolution erteilt und
ihm auferlegt worden ist, was solchen gewöhnlich
auferlegt wird, nach c. ut officium399. Dabei muß
man jedoch klugerweise Vorkehrungen treffen, daß er
nicht in heuchlerischem Vorgeben betrügerisch um-
kehre, ansonsten können sie [die nur scheinbar buß-
fertigen Beschuldigten400] dem weltlichen Arm nicht
entgehen.
Das Abschwören aber erfolgt so, wie oben401 an-
gesprochen; nur wird hinzugefügt, daß er vor dem
Volk an einem Festtag in der Kirche seine Verbrechen
mit eigenem Mund gestehen soll und dergestalt, daß
er, während er vom Offizial gefragt wird: »Hast du
seit so und so vielen Jahren in solcher Ketzerei der

Hexen
4.840 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 742

Hexen verharrt?« antwortet: »Ja«. »Und danach hast


du dies und dies getan, wie du gestanden hast?« Und
er antwortet: »Ja«. Und so weiter. Und alsdann wird
er nach alledem mit gebeugten Knien abschwören.
Und solche werden auf keinen Fall für der Ketzerei
Verdächtige gehalten. Und weil er, der so in ketzeri-
scher Verkehrtheit ertappt worden ist, nach c. excom-
municamus 1 und 2, de here.402 exkommuniziert
und durch die Abschwörung in den Schoß der Kirche
zurückgekehrt ist, ist ihm die Wohltat der Absolution
zu erteilen, nach c. ut officium, am Anfang, de here.,
libro 6403. Somit ist er nach der genannten Ab-
schwörung so zu absolvieren, wie die Bischöfe die
Absolution vom größeren [119ra] Kirchenbann hand-
haben, weil sie sich dabei apostolischer Autorität be-
dienen. Und sogleich werde das Urteil in dieser Weise
gefällt:
»Wir, der und der Bischof der und der Stadt oder
[der und der] Richter in den der Gerichtshoheit des
und des Herrn unterworfenen Ländern, mit Rücksicht
darauf, daß du, der und der, aus dem und dem Ort der
und der Diözese uns, laut dem öffentlichen Gerücht
und auf Andeutung glaubwürdiger Leute hin wegen
ketzerischer Verkehrtheit angezeigt worden bist, und
weil du mit ihr seit vielen Jahren zum großen Schaden
für deine Seele angesteckt bist – eine Anzeige, die
unser Herz schwer geschmerzt hat, da es uns von dem

Hexen
4.841 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 743

übertragenen Amt her obliegt, den heiligen rechten


Glauben in die Herzen der Menschen einzupflanzen
wie auch die ketzerische Verkehrtheit aus ihren Sin-
nen zu treiben. Und pflichtgemäß wollen wir uns hie-
rin sicherer unterrichten, auch schauen, ob das Ge-
schrei, welches zu unseren Ohren gedrungen war, ir-
gendwie von der Wahrheit gestützt werde. Um, wenn
es sich Wahrheit so verhielte, für ein heilsames geeig-
netes Mittel zu sorgen, haben wir geruht nachzufor-
schen, Zeugen zu vernehmen, dich zu laden und dich
unter Eid über die Denunziationen gegen dich, soweit
es uns möglich war, zu verhören und bis ins einzelne
alles durchzuführen, was wir nach Maßgabe der Ge-
rechtigkeit und wie es uns die kanonischen Bestim-
mungen vorschreiben, zu tun hatten. Freilich, da wir
deinen Fall zu einem gebührenden Ende bringen und
klären wollten, was in Erfahrung zu bringen war, ob
du nämlich in der Finsternis wandelst oder im Licht
und ob du mit dem Schandmal der Ketzerei ange-
steckt seist oder nicht, haben wir nach Befassung mit
den Prozeßergebnissen angeordnet, daß vor uns ein
feierlicher Rat von Leuten zusammenkam, die sowohl
in der heiligen theologischen Materie als auch im ka-
nonischen und weltlichen Recht erfahren sind, da wir
wissen, daß nach den kanonischen Bestimmungen ein
Urteil unanfechtbar ist, welches durch die Ansicht
vieler bestätigt wird. Und nachdem über alle Hand-

Hexen
4.842 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 744

lungen und Vorgänge in dem vorliegenden Fall ein


gesunder, reiflicher und wohl erwogener Rat der ge-
nannten erfahrenen Leute abgehalten, die Ergebnisse
des Prozesses gesichtet, sorgfältig untersucht und alle
Befunde bis ins einzelne gewichtet wurden, haben wir
befunden, daß du unter Eid nach eigenem Geständnis
in der vielfältigen Verkehrtheit der Hexen ertappt
worden bist. – Die Artikel sollen ausdrücklich ge-
nannt werden –.
Aber da der barmherzige und mitleidige Herr
manchmal einige in Ketzereien und Irrtümer fallen
läßt, nicht nur damit die rechtgläubigen Männer der
Gelehrsamkeit sich in heiligen Lobpreisungen erge-
hen, sondern auch [119rb] damit die vom Glauben
Abgefallenen in der Folge um so demütiger werden
und sich in den Werken der Buße üben, finden wir
nach sorgfältiger Prüfung der Prozeßergebnisse, daß
du, auf unsere häufig wiederholte Belehrung hin und
unserem und anderer erfahrener Männer gesünderen
Rat anhängend, in den Schoß der heiligen Mutter Kir-
che und zur Einheit derselben heilsam zurückgekehrt
bist, indem du die genannten Irrtümer und Ketzereien
verfluchst, die unverbrüchliche Wahrheit des heiligen
rechten Glaubens anerkennst und deinem Innersten
einprägst. Deswegen haben wir, uns an die Spuren
jenes [Gottes] heftend, der niemanden umkommen
lassen will, dich zu Be- und Abschwören unter Abga-

Hexen
4.843 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 744

be einer öffentlichen Verwahrung zugelassen, indem


wir dich der genannten Ketzereien im vorliegenden
Fall und jeder anderer Ketzerei öffentlich abschwören
lassen. Nachdem diese [Abschwörung] vollbracht ist,
sprechen wir dich von dem Urteil der größeren Ex-
kommunikation, in die du wegen des Falls in die Ket-
zerei verstrickt warst, frei, und indem wir dich mit der
heiligen Mutter Kirche versöhnen, geben wir dich den
heiligen Sakramenten wieder, wenn du nur mit auf-
richtigem Herzen und nicht geheucheltem Glauben
zur Einheit der Kirche zurückgekehrt bist, was wir
von dir glauben und hoffen.
Freilich, da es sehr unwürdig ist, die Kränkungen
weltlicher Herrn zu rächen und die Gottes, des Schöp-
fers aller Himmel, gleichgültig zu ertragen, da es viel
schlimmer ist, die ewige Majestät zu verletzen als die
zeitliche, und damit er, der sich der Sünder erbarmt,
sich deiner erbarme und du den Übrigen ein Beispiel
seist und auch, damit die Verbrechen nicht unbestraft
bleiben und du für die Zukunft vorsichtiger und nicht
geneigter, sondern unleidlicher gegenüber der Bege-
hung der genannten und jedweder anderer unerlaubter
[Taten] werdest, [beschließen] wir Vorgenannten, der
Bischof und der Richter in der Glaubenssache, die wir
für das Gericht nach Art, wie oben [...], daß [der De-
linquent] mit einem bläulichen Gewand bekleidet
werde, etc. Desgleichen verdammen wir dich rechts-

Hexen
4.844 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 745

kräftig zu ewigem Gefängnis, damit du dort immer


von dem Brot des Schmerzes und dem Wasser der
Angst gepeinigt werdest, indem wir uns aufgrund ge-
sicherten Wissens und ausdrücklich vorbehalten, daß
wir uneingeschränkt das gesprochene Urteil oder die
Buße mildern, verschärfen, abändern und gänzlich
oder teilweise aufheben können, wenn und wann und
wie und so oft es uns tunlich erscheinen wird. Gefällt
wurde dieses Urteil etc.«
Nach Verlesung gehe der Richter Punkt für Punkt
darauf ein und sage zu dem Verurteilten diese oder im
Ergebnis ähnliche Worte: »Sohn, dein Urteil oder
deine Buße besteht darin, daß du die ganze Zeit dei-
nes Lebens Kreuze tragen sollst, daß du mit ihnen auf
der Treppe an der Tür der und der [119va] Kirchen
stehen und in ewigem Gefängnis bei Brot und Wasser
liegen sollst. Aber, Sohn, dies sei dir nicht schwer,
denn ich versichere dir, daß, wenn du es geduldig er-
trägst, du bei uns Erbarmen finden wirst. Zweifle
nicht, noch verzweifle, sondern hoffe fest!« Nach die-
sen Worten soll das Urteil der gebührenden Vollstrek-
kung überwiesen, [dem Delinquenten] sofort das ge-
nannte Gewand angezogen und er hoch auf die Treppe
gestellt werden, damit er von den Herausgehenden
deutlich gesehen werde, während ihn die weltlichen
Gerichtsdiener umgeben. Zur Frühstücksstunde aber
soll er von den Knechten ins Gefängnis geführt wer-

Hexen
4.845 [III/3,11] Siebenundzwanzigste Frage Hexenhammer, 745

den und danach möge das weitere geschehen, wie es


im Urteil abgesetzt wurde. Während er selbst aber an-
gekleidet und an die Kirchentür geführt wird, soll sich
der kirchliche Richter nicht weiter einmischen, wenn
nämlich das weltliche Gericht für angemessen erachtet
wird; wenn nicht, so möge er nach Belieben handeln.

Hexen
4.846 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 746

[III/3,12] Achtundzwanzigste Frage. Über die


Form, über eine [Beschuldigte] das Urteil zu
fällen, die gestanden hat, aber, wenn auch
bußfertig, doch rückfällig ist.

Die neunte Form, einen Glaubensprozeß zu beenden


und das Urteil zu fällen, liegt vor, wenn der wegen
ketzerischer Verkehrtheit Beschuldigte nach sorgfälti-
ger Prüfung der Prozeßergebnisse zusammen mit dem
guten Rat der Rechtskundigen als der Ketzerei gestän-
dig und bußfertig, aber in Wirklichkeit als rückfällig
befunden wird. Und dies ist der Fall, wenn der Be-
schuldigte selbst gerichtlich vor dem Bischof oder den
Richtern gesteht, daß er schon einmal aller Ketzerei
abgeschworen habe, und dies [auch] rechtmäßig so
befunden wird, und daß er später an die und die Ket-
zerei oder Irrlehre geglaubt habe; oder daß er im be-
sonderen der Ketzerei abgeschworen hat, nämlich die
der Hexen und später zu eben derselben zurückge-
kehrt ist, aber dann, dem gesünderen Rat folgend, be-
reut, recht glaubt und zur Einheit der Kirche zurück-
kehrt. Einem solchen nämlich sind, wenn er demütig
darum bittet, die Sakramente der Buße und des
Abendmahls nicht zu verweigern. Aber wie sehr er
auch bereut, ist er nichtsdestoweniger als Rückfälliger
dem weltlichen Arm zu übergeben, um mit der Todes-

Hexen
4.847 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 746

strafe getroffen zu werden. Dies aber ist dahingehend


zu verstehen, daß man feststellt, er habe als in der
Ketzerei ertappt oder als der Ketzerei schwer, nicht
aber nur leicht verdächtig abgeschworen.
Bezüglich eines solchen aber ist folgendes Vorge-
hen zu beachten. Nachdem nämlich in der ebenso rei-
fen wie wohl überlegten Beratung erfahrener Leute
geschlossen und, wenn es nötig sein sollte, wiederholt
festgestellt worden ist, daß der genannte Beschuldigte
von Rechts wegen rückfällig ist, soll der Bischof oder
Richter zu dem im Kerker eingeschlossenen rückfälli-
gen Beschuldigten zwei oder drei rechtschaffene Män-
ner schicken, und zwar besonders fromme oder Kleri-
ker [119vb], Eiferer des Glaubens, die dem Rückfälli-
gen nicht verdächtig oder unsympathisch, sondern
vertraut und genehm sind. Und diese werden bei ihm
eintreten, zur passend gewählten Stunde, und zu ihm
von der Verachtung der Welt und dem Elend des hie-
sigen Lebens und den Freuden wie dem Ruhm des Pa-
radieses reden. Danach werden sie ihm schließlich im
Auftrag des Bischofs oder des Richters sagen, daß er
dem zeitlichen Tod nicht entrinnen kann. Deshalb
möge er für das Heil seiner Seele sorgen und für die
Beichte seiner Sünden und die Entgegennahme des
Sakramentes des Abendmahls Vorkehrungen treffen.
Und jene sollen404 ihn häufig besuchen und ihn zur
Bußfertigkeit wie auch zur Geduld anhalten, indem

Hexen
4.848 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 747

sie ihn nach Kräften in der rechtgläubigen Wahrheit


bestärken, daß sie ihn dazu bringen, gewissenhaft zu
beichten und dem demütig Bittenden das Sakrament
des Abendmahles reichen lassen. Denn diese Sakra-
mente sind ihnen nicht zu verweigern, nach c. super
eo, de here., li. 6405.
Nach Empfang dieser Sakramente, wodurch er zum
Heil wohl vorbereitet worden ist, sollen zwei oder
drei Tage nach dem Urteil, an denen er durch die ge-
nannten Personen im rechten Glauben bestärkt und
zur Geduld anzuleiten ist, werden der Bischof oder an
seiner Stelle der Richter dem örtlichen Landvogt oder
der weltlichen Gerichtsgewalt auftragen, daß er zu der
und der Stunde, aber nicht zu einer Feierstunde, auf
dem und dem Platz oder an der und der Stelle, jedoch
außerhalb der Kirche, mit seinem Trupp erscheine,
um von seinem Gericht einen Rückfälligen zu über-
nehmen, den ihm der Bischof und Richter übergeben;
und daß er nichtsdestoweniger an dem festgesetzten
oder vorhergehenden Tage frühmorgens durch die
Stadt oder den Ort hindurch an jenen Stellen oder in
den Vierteln, an denen gewöhnlich [auch] andere Be-
kanntmachungen [durch Ausrufen] öffentlich erfolgen,
öffentlich ausrufen lasse, daß an dem und dem Tag
und zu der und der Stunde an der und der Stelle der
Prediger für den Glauben eine Predigt halten und der
Bischof und die anderen Richter einen in die ketzeri-

Hexen
4.849 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 747

sche Verkehrtheit Zurückgefallenen verdammen wer-


den, wobei sie ihn dem weltlichen Arm übergeben.
Hier ist aber zu bedenken, daß der Rückfällige,
falls er mit heiligen Weihegraden begabt oder sonst
ein Priester oder einer, der vom Schirm eines Ordens
oder einer religiösen Gemeinschaft beschirmt ist, er,
ehe er übergeben wird, der Vorrechte jedes kirchli-
chen Rangs zu entkleiden ist. Und so werde er jedes
kirchlichen Amtes und [jeder kirchlichen] Pfründe be-
raubt, der Entscheidung der weltlichen Macht überlas-
sen, um gebührend bestraft zu werden, wie [es] im ca-
pitulum ad abolendam, § presenti, de here.406
[heißt].
Wenn ein solcher seiner Weihegrade zu entkleiden
[120ra] und [dann] dem weltlichen Gericht zu über-
lassen ist, soll der Bischof die Prälaten und Mönche
seiner Diözese zusammenrufen, weil jetzt der Bischof,
anders als zuvor, allein mit den Prälaten und Mön-
chen seiner Diözese einen in heilige Weihegrade Ein-
gesetzten degradieren kann, wenn er dem weltlichen
Arm zu überlassen oder wegen ketzerischer Verkehrt-
heit auf ewig einzumauern ist, nach c. quoniam de
here., li. 6407. Wenn der vorbestimmten Tag kommt,
an welchem der Rückfällige, falls er in heilige Weihe-
grade eingesetzt gewesen ist, zu degradieren und dem
weltlichen Arm zu übergeben – wenn er ein Laie ge-
wesen ist: zu überlassen – ist, schart sich das Volk

Hexen
4.850 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 748

auf einem Platz oder Ort außerhalb der Kirche zusam-


men, um das Endurteil zu vernehmen. Vom Inquisitor
wird eine Predigt gehalten, und der Rückfällige selbst
wird auf eine Empore gestellt. Während das weltliche
Gericht zugegen ist, wenn der Rückfällige zu degra-
dieren ist, degradiert der Bischof, in Pontifikalgewän-
der gekleidet, unter Assistierung der Prälaten seiner
Diözese den zu Degradierenden, der vor ihm gekleidet
und vorbereitet steht, als wenn er nach seinem Rang
ministrieren sollte, von seinem Weihegrad, wobei er
mit dem höheren Weihegrad anfängt und so schritt-
weise bis zum untersten fortfährt. Und wie sich der
Bischof bei der Verleihung des Weihegrades der dazu
von der Kirche eingeführten Worte bedient, so wird er
sich bei der Degradierung bei jedweder Wegnahme,
etwa des Meßgewandes, der Stola und so auch bei
den anderen Dingen der Worte bedienen können, die
den ursprünglichen entgegengesetzt sind.
Nachdem die Degradierung, so wie sie von Rechts
wegen oder der Gewohnheit entsprechend vorzuneh-
men ist, vollzogen ist, wird der Offizial den Notar,
einen Mönch oder Kleriker mit der Verlesung des Ur-
teils beauftragen. Dieses Urteil soll, mag der Rückfäl-
lige ein Laie oder ein degradierter Kleriker sein, nach
folgendem Wortlaut gefällt werden:
»Wir, N.N., durch die göttliche Gnade Bischof der
und der Stadt und Richter in den der Gerichtshoheit

Hexen
4.851 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 749

des und des Herrn unterworfenen Ländern, nach ge-


setzmäßiger Belehrung mit Rücksicht darauf, daß du,
der und der, aus dem und dem Ort und der und der Di-
özese vor uns – falls es so gewesen ist; oder, falls an-
ders, vor dem und dem Bischof oder den und den
Richtern – wegen der und der ketzerischen Verkehrt-
heit oder den und den [Ketzereien] – sie sollen be-
nannt werden – angezeigt worden bist. In diesen Ket-
zereien, wie gesetzmäßig in Erfahrung gebracht wor-
den ist, warst du nach eigenem Geständnis ertappt
wie auch durch Zeugen überführt worden; und derge-
stalt, daß du in ihnen so und so lange Zeit mit verhär-
tetem Gemüte verharrt hattest – es werde gesagt
[120rb], wie es sich verhielt –, aber später, einem ge-
sünderen Rat anhängend, jener Ketzereien an dem und
dem Ort öffentlich abgeschworen, in der gewohnten
Form der Kirche abgesagt und widerrufen hast: des-
wegen haben dich die Vorgenannten, Bischof und In-
quisitor, in dem Glauben, du seist wahrhaft in den
Schoß der heiligen Kirche Gottes zurückgekehrt, von
dem Urteil der Exkommunikation, von dem du gebun-
den wurdest, losgesprochen und dir, wenn du nur von
Herzen und nicht mit geheucheltem Glauben zur Ein-
heit der heiligen Kirche zurückgekehrt wärest, eine
heilsame Buße auferlegt. Aber nach allem oben ge-
nannten und nach so vielen Jahren bist du uns neuer-
lich angezeigt worden, daß du abermals auf solche ab-

Hexen
4.852 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 749

geschworene Ketzereien – sie sollen ausdrücklich ge-


nannt werden – verfallen bist.
Wiewohl wir von dir mit Mißfallen gehört haben,
haben wir uns doch, da die Gerechtigkeit uns dazu
zwingt, herbeigelassen, um zu untersuchen, die Zeu-
gen zu vernehmen, dich zu laden und unter Eid zu
verhören, wie nicht weniger alles bis ins einzelne zu
tun, wozu wir nach den kanonischen Bestimmungen
gehalten waren. Freilich, da wir den gegenwärtigen
Fall mit dem gebührenden Ende abschließen wollten,
haben wir einen feierlichen Rat von sowohl in der
theologischen Materie als auch im kanonischen und
weltlichen Recht erfahrenen Leuten sich versammeln
heißen. Und nachdem über sämtliche Handlungen und
Vorgänge bis ins einzelne ein ebenso reiflicher wie
auch wohlüberlegter Rat der Vorgenannten abgehal-
ten, die Ergebnisse des Prozesses besehen und sorg-
fältig geprüft und alles Gehörte mit gleicher Waag-
schale abgewogen worden ist, haben wir gesetzmäßig
sowohl durch Zeugen als auch durch dein eigenes, ge-
richtlich entgegengenommenes Geständnis gefunden,
daß du in die abgeschworene Ketzerei zurückgefallen
bist. Denn wir haben erfahren, daß du das und das ge-
sagt oder getan hast. – Alles soll ausdrücklich ge-
nannt werden. – Deshalb haben wir dich auch mit
Recht nach dem Rat Vorgenannter für rückfällig be-
funden und halten dich, gemäß den kanonischen Be-

Hexen
4.853 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 750

stimmungen, dafür, was wir leidvoll verkünden und


zu verkünden uns schmerzt.
Aber weil du auf Belehrung durch uns und tüchtige
rechtgläubige Männer hin mit Eingebung der göttli-
chen Gnade wiederum in den Schoße der Kirche und
zur Wahrheit ihres Glaubens zurückgekehrt bist,
indem du die genannten Irrtümer und Ketzereien ver-
wünschtest und recht glaubtest und den rechten Glau-
ben bekanntest, haben wir dich zur Entgegennahme
der von dir demütig erbetenen kirchlichen Sakramente
der Buße und des Abendmahles zugelassen. Aber da
die Kirche Gottes nichts mehr hat, was sie mit dir
noch weiter tun könnte, nachdem sie sich so barmher-
zig gegen dich erzeigt hat, wie wir gesagt haben, und
da du jene mißbraucht hast, indem [120va] du in die
abgeschworenen Ketzereien [zurück]gefallen bist, ur-
teilen wir, Bischof und genannte Richter, zu Gericht
sitzend als erkennende Richter, die hochheiligen
Evangelien vor uns [gelegt], damit im Angesicht Got-
tes unser Urteil ergehe und unsere Augen die Gerech-
tigkeit sehen, indem wir Gott allein und die unver-
brüchliche Wahrheit des heiligen Glaubens wie auch
die Ausrottung der ketzerischen Verkehrtheit vor
Augen haben, von dir, der und der, an diesem Ort,
Tag und [zu dieser] Stunde, die dir vorher zur Anhö-
rung des Endurteils bestimmt worden sind, daß du
wahrhaftig in die ketzerische Verkehrtheit zurückge-

Hexen
4.854 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 750

fallen bist, seist du auch bußfertig. Und als einen


wahrhaftig Rückfälligen schleudern wir dich fort von
unserem kirchlichen [Gerichts]hof und lassen dich
dem weltlichen Arm anheim fallen. Wir bitten jedoch
auch nachdrücklich das genannte weltliche Gericht,
daß es seinen Spruch über dich so mäßigen möge, daß
er diesseits von Blutvergießen und Todesgefahr blei-
be.« Und indem so der Bischof und seine Beisitzer
zurücktreten, soll das weltliche Gericht seines Amtes
walten.
Man beachte: Obwohl Bischof und Inquisitor in-
ständigst darauf bedacht sein müssen, im eigenen wie
im fremden Interesse darauf hinzuwirken, daß der
Rückfällige Buße tue und zum rechten Glauben um-
kehre, so sollen sie doch, nachdem er Buße getan hat
und im Rat beschlossen worden ist, daß, wenn er auch
Buße tut, er nichtsdestoweniger wahrhaft rückfällig
und als solcher dem weltlichen Arm zu übergeben ist,
selber es ihm nicht persönlich eröffnen, daß er mit
einem solchen Urteil zu strafen ist. Denn das Gesicht
des Richters schreckt den zu Verurteilenden. Und
seine [des Richters] Worte bewegen den Büßer eher
zur Unbußfertigkeit als zur Einkehr. Und daher sollen
sie ihn weder von da an noch nachher vorführen las-
sen, auf daß er nicht gegen sie innerlich aufgebracht
werde, wovor man sich in einem solchen Fall von
[Leben und] Tod sorgfältig zu hüten hat. Aber, wie

Hexen
4.855 [III/3,12] Achtundzwanzigste Frage Hexenhammer, 751

gesagt, sollen sie zu ihm einige rechtschaffene Män-


ner schicken, besonders Mönche und Kleriker, die
ihm nicht unsympathisch sind, die ihm das bevorste-
hende Urteil wie auch den zu verhängenden Tod eröff-
nen, ihn im Glauben bestärken, zur Einkehr ermahnen
und nach dem Urteil sich zu ihm gesellen, ihn trösten,
mit ihm beten und nicht von ihm weichen, bis er den
Geist dem Schöpfer zurückgegeben hat. Sie mögen
also vorsichtig und gewarnt sein, daß sie nichts tun
oder sagen, weswegen der Rückfällige durch Selbsttö-
tung [der Strafe] zuvorkommt und sie selbst irregulär
werden und sie von dort, wo sie ein Verdienst
[120vb] davontragen sollten, Strafe und gleicherma-
ßen Schuld mitnehmen.
Es ist zu erwägen, daß solche Urteile auf Ausliefe-
rung an das weltliche Gericht nicht an einem Fest-
oder Feiertag noch auch in der Kirche, sondern außer-
halb [dieser] auf einem Platz zu geschehen pflegen,
weil es ein Urteil ist, welches zum Tode führt. Und es
ist geziemender, daß es an einem Werktag und außer-
halb der Kirche ergeht, da der Feiertag und die Kirche
dem Herrn geweiht sind.

Hexen
4.856 [III/3,13] Neunundzwanzigste Frage Hexenhammer, 752

[III/3,13] Neunundzwanzigste Frage. Über die


Form, über eine [Beschuldigte] das Urteil zu
fällen, die die Ketzerei gestanden hat, aber
unbußfertig, jedoch nicht408 rückfällig ist.

Die zehnte Form, einen Glaubensprozeß zu beenden


und das Urteil zu fällen, hat statt, wenn der wegen
ketzerischer Verkehrtheit Beschuldigte nach sorgfälti-
ger Prüfung der Prozeßergebnisse zusammen mit dem
guten Rat von Rechtskundigen als der Ketzerei ge-
ständig und unbußfertig, jedoch nicht rückfällig be-
funden wird. Aber weil ein solcher Fall sich nur sehr
selten findet, wenn er uns Inquisitoren auch bisweilen
vorgekommen ist, so sollen doch der Bischof und die
Richter sich nicht beeilen, sondern den [Beschuldig-
ten] wohl bewacht und gefesselt zur Umkehr zu be-
wegen suchen, sogar mehrere Monate hindurch,
indem sie ihm vorhalten, daß er ansonsten als unbuß-
fertig an Leib und Seele verdammt wird. Wenn dieser
sich [schließlich] weder durch die Heilsgüter noch
durch das Unheil, weder durch Drohungen noch
durch gutes Zureden erweichen lassen kann, daß er
von seinen Irrtümern lasse und man auf ihn eine
zuvor genannte, angemessene Zeit zugewartet hat,
sollen sich der Bischof und die Richter daranmachen,
ihn dem weltlichen Arm zu übergeben oder zu über-

Hexen
4.857 [III/3,13] Neunundzwanzigste Frage Hexenhammer, 752

lassen. Und sie werden durch ein Schreiben den


Boten oder den Landvogt beauftragen, daß er sich an
dem und dem nicht festlichen Tag und zu der und der
Stunde, an dem und dem Ort außerhalb der Kirche
mit seinem Gefolge einfinden solle, und sie selbst
übergeben ihm den unbußfertigen Ketzer. Nichtsde-
stoweniger werde aber von ihrer Seite aus in jenen
Vierteln oder an den Orten, in denen gewöhnlich
auch andere Bekanntmachungen [durch Ausruf] erfol-
gen, [durch Ausruf] öffentlich bekannt gemacht, daß
an dem genannten Tag und Stunde wie auch Ort der
Prediger eine Predigt für den Glauben halten und dem
weltlichen Arm einen Ketzer übergeben wird, und
daß deshalb alle kommen und dabei sein sollen. Und
sie werden den gewohnten Ablaß erhalten.
Danach soll er dem weltlichen Gericht etwa mit
folgenden Worten übergeben werden, wobei er jedoch
vorher noch häufig ermahnt wird, umzukehren und
Buße zu tun. Wenn er überhaupt nicht will, ergeht
das Urteil: [121ra]
»Wir, N.N., durch die göttliche Gnade Bischof der
und der Stadt und Richter in den Ländern des und des
Herrn, mit Rücksicht darauf, daß du, der und der, aus
dem und dem Ort der und der Diözese uns laut dem
öffentlichen Gerücht und den Hinweisen glaubwürdi-
ger Leute wegen ketzerischer Verkehrtheit angezeigt
worden bist – die Ketzereien werden ausdrücklich ge-

Hexen
4.858 [III/3,13] Neunundzwanzigste Frage Hexenhammer, 753

nannt – und [mit Rücksicht darauf] daß du seit vielen


Jahren zum Schaden deiner Seele in diesen Ketzereien
und Taten verharrt hast und in dem Wunsche, daß
wir, denen es von Amts wegen oblag, die ketzerische
Verkehrtheit auszurotten, uns diesbezüglich pflichtge-
mäß genauer unterrichten und um zu schauen, ob du
in der Finsternis oder im Licht wandelst, haben wir
sorgfältig ermittelt, dich vorgeladen und auch einge-
hend verhört und dich mit der genannten ketzerischen
Verkehrtheit infiziert befunden. Freilich, da es uns vor
allen [anderen] Bestrebungen am Herzen liegt, den
heiligen rechten Glauben in die Herzen der Völker
einzupflanzen, nachdem die ketzerische Verkehrtheit
mit der Wurzel ausgerissen wäre, haben wir, was uns
betrifft, auch andere verschiedene, mannigfaltige und
angemessene Mittel angewendet, auf daß du von den
vorher genannten Ketzereien und Irrtümern, in denen
du gestanden hast und stehst, so wie du auch jetzt
noch unbeugsam und hartnäckig mit verhärtetem
Gemüt dastehst, ablassen möchtest.
Aber so weilt der Feind des Menschengeschlechtes
in deinem Herzen, verstrickt und verwickelt dich in
die genannten Irrtümer, während du von den oft ge-
nannten Ketzereien nicht hast ablassen wollen noch
ablassen willst. Und du ziehst es vor, in den Höllen-
tod der Seele und den zeitlichen Tod des Körpers hin-
ein zu rennen, als den vorher genannten Ketzereien

Hexen
4.859 [III/3,13] Neunundzwanzigste Frage Hexenhammer, 753

abzuschwören und in den Schoß der Kirche [zurück]


zu eilen und die Seele zu gewinnen, da du einem ver-
worfenen Geist preisgegeben bist. Deshalb, da du von
der heiligen Kirche Gottes mit dem Band der Exkom-
munikation verschnürt und mit Recht und auch zur
rechten Zeit von der Herde des Herrn getrennt wie
auch der Teilhabe an den Gütern der Kirche beraubt
bist, die Kirche auch mit dir nichts weiter zu tun
weiß, da sie nach Kräften an deiner Umkehr gearbei-
tet hat, verdammen wir oft Genannten, Bischof und
die Richter in der Glaubenssache, zu Gericht sitzend
als erkennende Richter, während die hochheiligen
Evangelien vor uns liegen, damit im Angesicht Gottes
unser Urteil ergehen und unsere Augen die Gerechtig-
keit sehen mögen, indem wir Gott allein und die
Wahrheit des heiligen Glaubens wie auch die Ausrot-
tung der ketzerischen Verkehrtheit vor Augen haben,
und verurteilen dich, als einen wahrhaft unbußfertigen
Ketzer, kraft Urteils an diesem Tag, Stunde und Ort,
die dir vorher bezeichnet worden waren, das Endurteil
zu vernehmen [121rb], und daß du als wahrhaft ein
solcher [unbußfertiger Ketzer] dem weltlichen Arm zu
übergeben und zu überlassen seist. Und so verwerfen
wir dich als einen unbußfertigen Ketzer durch dieses
unser Urteil von unserem kirchlichen Gericht und
übergeben oder überlassen dich dem weltlichen Arm
und der Macht des weltlichen Gerichts, indem wir das

Hexen
4.860 [III/3,13] Neunundzwanzigste Frage Hexenhammer, 753

genannte weltliche Gericht nachdrücklich bitten, daß


es sein Urteil über dich so mäßigen möge, daß er [der
Verurteilte] diesseits des Blutvergießens und der To-
desgefahr bleibt. Gefällt wurde dies Urteil [etc.].«

Hexen
4.861 [III/3,14] Dreißigste Frage Hexenhammer, 754

[III/3,14] Dreißigste Frage. Über [die Form, das


Urteil zu fällen über] eine, die die Ketzerei
gestanden hat und rückfällig und unbußfertig ist.

Die elfte Form, einen Glaubensprozeß zu beenden


und zu beschließen erfolgt, wenn der wegen ketzeri-
scher Verkehrtheit Beschuldigte nach sorgfältiger
Prüfung der Prozeßergebnisse zusammen mit einem
guten Rat von Rechtskundigen als der Ketzerei ge-
ständig wie auch unbußfertig und rückfällig befunden
wird. Und dieser Fall liegt vor, wenn der Beschuldigte
mit eigenem Mund vor Gericht gesteht, daß er das
und das glaubt und bekundet hat. Diesbezüglich ist
wie oben409 vorzugehen, und das Urteil soll in Ge-
genwart des Bischofs und der Richter gefällt werden,
nur sind es [jetzt] offenbare Ketzereien, nach der
Form folgenden Wortlauts:
»Wir, N.N., durch die göttliche Gnade Bischof der
und der Stadt, oder Richter in den Ländern des und
des Herrn, mit Rücksicht darauf, daß du, der und der,
aus dem und dem Ort der und der Diözese, uns oder
denen und denen, unseren Vorgängern, wegen ketzeri-
schen Verkehrtheiten angezeigt worden bist (sie wer-
den ausdrücklich genannt), in denen du, wie gesetz-
mäßig in Erfahrung gebracht worden ist, durch eige-
nes Geständnis gerichtlich und durch glaubwürdige

Hexen
4.862 [III/3,14] Dreißigste Frage Hexenhammer, 755

Zeugen[aussagen] ertappt worden bist; und daß du


darin so und so lange Zeit – es soll gesagt werden,
wie es gewesen ist – mit verhärtetem Gemüt verharrt
hast, aber später, einem gesünderen Rat folgend, jene
Ketzereien öffentlich an dem und dem Ort in der ge-
wohnten Form der Kirche abgeschworen hast; deshalb
haben die Vorgenannten, Bischof und Richter, in dem
Glauben, du habest wahrhaft von den vorgebrachten
Irrtümern abgelassen und seist im rechten Glauben
zum Schoß der Kirche herbeigeeilt, dir die Wohltat
der Absolution zuerkannt, indem sie dich von dem
Spruch der Exkommunikation, mit dem du früher ge-
bunden gehalten wurdest, lösten, wenn du nur von
Herzen, aber nicht mit geheucheltem Glauben zur
Einheit der heiligen Kirche umgekehrt wärest; dabei
erlegten sie dir eine heilsame Buße auf [121va] und
ließen dich zur Barmherzigkeit wieder zu, weil die
heilige Kirche Gottes ihren Schoß dem Umkehrenden
nicht verschließt.
Aber nach allem bist du zu unserem Mißfallen bei
uns angezeigt worden, daß du wiederum in die ver-
dammten Ketzereien verfallen bist, die du vorher öf-
fentlich abgeschworen hattest; oder daß du entgegen
der vorher vorgenommenen Abschwörung dies und
dies zum Schaden deiner Seele begangen hast – es
werde ausgeführt –. Und, wiewohl vom Ärgernis ge-
troffen, daß wir über dich solches gehört hatten,

Hexen
4.863 [III/3,14] Dreißigste Frage Hexenhammer, 755

haben wir uns nichtsdestoweniger, da die Gerechtig-


keit uns zwingt, dazu herbeigelassen zu ermitteln, die
Zeugen zu verhören, dich vorzuladen und, wie es sich
geziemte, unter Eid zu vernehmen, und alles bis ins
einzelne zu tun, was wir gemäß den kanonischen Sat-
zungen zu tun hatten. Freilich, da wir den gegenwärti-
gen Fall mit dem gebührenden Ende schließen woll-
ten, haben wir einen feierlichen Rat von sowohl in
theologischen Belangen als auch im kanonischen und
weltlichen Recht erfahrenen Leuten zusammenkom-
men lassen. Und wir haben mit den Vorgenannten
über alle in dem gegenwärtigen Fall vorgeführten,
hergeleiteten, behandelten und verhandelten Punkten
bis ins einzelne einen gleichermaßen reifen und wohl
überlegten Rat gepflogen und die Prozeßergebnisse
dieser Sache wie auch alles [sonstige] gesichtet und
sorgfältig erörtert, wie es Recht und Gerechtigkeit rie-
ten. Und so haben wir auf gesetzmäßige Weise so-
wohl durch glaubwürdige Zeugen, als auch durch dein
eigenes, von uns mehrfach entgegengenommenes Ge-
ständnis erfahren, daß du in die abgeschworene Ket-
zerei verfallen wie auch zurückgefallen bist. Denn wir
haben gefunden, daß du das und das gesagt oder getan
hast – es werde alles angegeben –, um dessentwillen
wir dich mit Recht nach dem Ratschluß der Vorge-
nannten, wie es deine Vergehen erfordern, den kano-
nischen Satzungen gemäß für rückfällig gehalten, was

Hexen
4.864 [III/3,14] Dreißigste Frage Hexenhammer, 756

wir leidvoll verkünden und zu verkünden uns


schmerzt. Jener weiß es, dem nichts unbekannt ist und
der das Innerste aller erschaut. Und da wir von gan-
zem Herzen wünschen, dich zur Einheit der heiligen
Kirche zurückzuführen und aus deinem Innersten die
genannte ketzerische Verkehrtheit herauszubringen,
damit du so deine Seele rettest und dem Höllentod
von Körper und Seele entgehst, haben wir unser Wir-
ken darauf gerichtet, dich durch verschiedene Mittel
heilsam zur Umkehr zu bringen. Aber einer verworfe-
nen Gesinnung preisgegeben und vom bösen Geist
gleichermaßen geführt und verführt, hast du es vorge-
zogen, von so grauenhaften wie ewigen Qualen in der
Hölle gefoltert und hier durch zeitliches Feuer körper-
lich verzehrt zu werden, als einem gesünderen Rat zu
folgen und von den fluchwürdigen wie auch pestbrin-
genden Irrtümern abzulassen und zum Schoß und zur
Barmherzigkeit [112vb] der heiligen Mutter Kirche
herbeizueilen.
Weil die Kirche Gottes nichts weiter weiß, was sie
mit dir noch anfangen soll, da sie zu deiner Umkehr
all ihre Kunst aufgewendet hat, verdammen wir Er-
wähnten, Bischof und Richter in dieser Glaubenssa-
che, zu Gericht sitzend als erkennende Richter, die
hochheiligen Evangelien vor uns [liegend], damit im
Angesicht Gottes unser Gericht auftrete und unsere
Augen die Gerechtigkeit erkennen mögen, während

Hexen
4.865 [III/3,14] Dreißigste Frage Hexenhammer, 756

wir Gott allein und die Ehre des heiligen rechten


Glaubens vor Augen haben, an diesem Tag, in dieser
Stunde und an diesem Ort, die dir zur Vernehmung
des Endurteils vorher bezeichnet worden waren, dich,
in unserer Gegenwart persönlich Erschienenen den
und den mit Urteil und verurteilen dich, indem wir
dich als einen wahrhaft unbußfertigen und rückfälli-
gen Ketzer verdammen, der auch tatsächlich als sol-
cher dem weltlichen Arm zu übergeben oder zu über-
lassen ist. Und so verwerfen wir dich als einen wah-
ren Ketzer, der gleichermaßen unbußfertig und rück-
fällig ist, durch dieses unser Endurteil von unserem
kirchlichen Gericht und übergeben oder überlassen
dich dem weltlichen Arm wie auch der Macht des
weltlichen Gerichtes. Wir bitten nur das genannte
weltliche Gericht nachdrücklich, sein Urteil gegen
dich so zu mäßigen, daß er [der Verurteilte] diesseits
der Blutvergießung und der Todesgefahr bleibe. Ge-
fällt wurde dieses Urteil [etc.].«

Hexen
4.866 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 757

[III/3,15] Einunddreißigste Frage. Über [die


Form, das Urteil zu fällen über] einen, der
überführt und ertappt ist, jedoch alles leugnet.

Die zwölfte Form, einen Glaubensprozeß abzuschlie-


ßen und zu beenden, erfolgt, wenn der wegen ketzeri-
scher Verkehrtheit Beschuldigte nach sorgfältiger
Prüfung der Prozeßergebnisse zusammen mit dem
guten Rat von Rechtskundigen als in der Ketzerei
durch die Offensichtlichkeit der Tat oder gesetzmäßi-
ge Vorführung von Zeugen, jedoch nicht durch eige-
nes Geständnis überführt befunden wird. Und zwar
liegt dieser Fall vor, wenn der Beschuldigte selbst ge-
setzmäßig irgendeiner ketzerischen Verkehrtheit über-
fuhrt wird, entweder durch die Offensichtlichkeit der
Tat, weil er beispielsweise offen Ketzerei betrieben
hat, oder durch gesetzmäßige Zeugen, gegen die der
Beschuldigte gesetzmäßig keine Einwendungen vor-
zubringen vermochte. Dennoch aber verharrt er, so
überfuhrt und ertappt, fest beim Leugnen und bleibt
beständig bei seiner Aussage, gemäß den Bemerkun-
gen von Hostinensis, in summa ti., de here. § qua-
liter quis in heresim deprehendatur410, wie oben
erklärt in Frage 34411.
Bei einem solchen ist folgendes Vorgehen zu be-
achten: Er ist in hartem Gefängnis in Fußschellen und

Hexen
4.867 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 758

Ketten zu halten [und] häufig von den Offizialen


[122ra] zusammen und einzeln, sowohl ihrerseits als
auch durch andere nachdrücklich zu ermahnen, daß er
ihnen die Wahrheit bekenne, wobei sie ihm andeuten,
daß, wenn er es tut und seinen Irrtum bekennt, er zur
Barmherzigkeit zugelassen wird, wenn er zuvor jener
ketzerischen Verkehrtheit abschwört; wenn er es aber
nicht will, sondern beim Leugnen verharrt, daß er am
Ende dem weltlichen Arm überlassen und dem zeitli-
chen Tod nicht entgehen kann.
Wenn er, schon längere Zeit berüchtigt und beob-
achtet, beim Leugnen bleibt, sollen der Bischof und
die Offizialen bald zusammen, bald einzeln, bald für
sich, bald durch andere rechtschaffene Männer, bald
den einen Zeugen, bald einen anderen, zu sich kom-
men lassen und ihn belehren, daß er aufpassen soll,
was er ausgesagt hat, und ob er wahr geredet habe
oder nicht, damit er nicht sich selbst auf ewig und den
anderen zeitlich verdamme. Und wenn er sich scheut,
solle er es ihnen wenigstens heimlich sagen, damit
jener Beschuldigte nicht ungerechter Weise sterbe.
Und zwar sollen sie sich bemühen, ihm mit entspre-
chenden Worten zuzureden, damit sie klar sehen, ob
er die Wahrheit ausgesagt hat oder nicht. Wenn die
Zeugen nach Belehrung bei der Bestätigung und der
Beschuldigte beim Leugnen verharren und Bischof
und Offiziale wollen auch daraufhin die Angelegen-

Hexen
4.868 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 758

heit nicht sogleich durch Urteilsspruch beschließen


und ihn als derartig Ertappten dem weltlichen Arm
übergeben, sondern sie mögen ihn länger festhalten,
indem sie bald den Angezeigten zur Bejahung, dann
die Zeugen, jedoch einzeln, zur rechtschaffenen Erfor-
schung seines Gewissens zu bringen suchen.
Und besonders sollen Bischof und Offiziale auf
jenen Zeugen ihre Aufmerksamkeit richten, der, wie
sie sehen, offenbar mehr zum Guten veranlagt ist und
ein besseres Gewissen hat. Und in ihn sollen sie län-
ger dringen, ob diese Sache sich so verhalten hat oder
nicht, indem sie sein Gewissen beschweren. Und
wenn sie sehen, daß ein Zeuge schwankt oder sonst
Indizien gegen ihn vorhanden sind, derentwillen er
mit Recht einer Falschaussage für verdächtig gehalten
wird, sollen sie ihn nach dem guten Rat erfahrener
Leute verhaften und vorgehen, wie das Recht anraten
wird. Denn man hat immer öfter erfahren, daß ein so
durch glaubwürdige Zeugen Ertappter, nachdem er
lange beim Leugnen verblieben war, seine Verkehrt-
heit offenbart und die Wahrheit, die er schon länger
geleugnet hat, dann aus freien Stücken gesteht, wenn
er wieder zur Einsicht gebracht und besonders, wenn
er wahrheitsgemäß belehrt wird, daß er nicht dem
weltlichen Arm übergeben, sondern zur Barmherzig-
keit zugelassen wird. Und häufig hat man gefunden,
daß Zeugen, aus Bosheit getrieben wie auch aus

Hexen
4.869 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 759

Feindseligkeit, sich untereinander zusammengetan


haben, um einem Unschuldigen ketzerische Verkehrt-
heit nachzusagen. Und später, auf die häufige Beleh-
rung seitens des Bischofs und der Offizialen hin,
durch Gewissensbisse [122rb] ermüdet wie auch von
Gott inspiriert, haben sie widerrufen, was sie gesagt
haben, und sie gestehen, daß sie jenem boshafterweise
eine so schlimme Schandtat nachgesagt hätten. Daher
muß man sich mit dem Urteil über einen so Ertappten
nicht beeilen, sondern längere Zeit zuwarten, ein Jahr
oder mehrere, bevor er dem weltlichen Gericht über-
geben wird.
Wenn der in dieser Weise Beschuldigte und gesetz-
mäßig Ertappte, nachdem man diese angemessene
Frist abgewartet und gebührende Sorgfalt [ihn umzu-
stimmen] verwendet hat, seine Schuld anerkannt und
gerichtlich gestanden hat, daß er zur genannten Zeit in
der ketzerischen Verkehrtheit verstrickt gewesen ist
und er einverstanden ist, jener und [überhaupt] jeder
Ketzerei abzuschwören und als sowohl durch eigenes
Geständnis als auch durch gesetzmäßige Vorführung
von Zeugen Ertappter eine entsprechende Buße nach
dem Gutdünken des Bischofs und Inquisitors zu lei-
sten, soll er als bußfertiger Ketzer aller Ketzerei öf-
fentlich in der Form abschwören, die in der oben412
stehenden achten Form, einen Glaubensprozeß abzu-
schließen, behandelt ist, wo von solchen [Delinquen-

Hexen
4.870 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 759

ten] gehandelt wird. Wenn er aber gestanden hat, daß


er so in die Ketzerei verfallen ist, aber in jener in ver-
stocktem Sinn verharrt, soll er als unbußfertig dem
weltlichen Arm überlassen und mit ihm in der Weise
verfahren werden, die oben413 in der zehnten Form,
einen Glaubensprozeß abzuschließen besprochen ist,
wo von solchen [Delinquenten] gehandelt wird.
Wenn aber der Ertappte selbst beständig beim
Leugnen bleibt, die Zeugen aber von ihrer Aussage
zurücktreten, indem sie ihr Zeugnis widerrufen wie
auch ihre Schuld anerkennen, daß sie, von Ränke-
sucht und Haß getrieben oder durch Bitten oder Be-
stechung verführt, einem Schuldlosen eine so große
Schandtat nachgesagt haben, sollen sie, während der
Beschuldigte selbst als schuldlos vom Richter entlas-
sen wird, als falsche Zeugen, Ankläger oder Angeben-
de bestraft werden, wie Paulus zu c. multorum, und
zwar über das Wort »illos« am Anfang de here. in
cle.414 anmerkt. Und es soll das Urteil oder die Buße
gegen sie nach dem Ermessen des Bischofs oder der
Richter gefällt werden. Auf jeden Fall jedoch sollen
solche falschen Zeugen zu ewigem Gefängnis verur-
teilt und bei Brot und Wasser für ihr Lebtag gebüßt
werden, auch indem sie später auf die Treppe vor den
Türen der Kirche postiert werden, etc. Die Bischöfe
sollen jedoch die Macht haben, [die Strafe] nach Jahr
und Tag zu mildern oder auch zu verschärfen nach

Hexen
4.871 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 760

folgendem Wortlaut.
Wenn aber ein solcher Ertappter, nachdem man ein
Jahr oder länger oder sonst längere Zeit angemessen
gewartet hat, andauernd beim Leugnen geblieben ist
und die gesetzmäßigen Zeugen beim Bejahen, sollen
Bischof und Richter darangehen, ihn dem weltlichen
Arm zu überlassen [122va], indem sie ihm einige
rechtschaffene Männer schicken, Glaubenseiferer und
besonders Mönche, die ihm nicht unsympathisch, son-
dern vertraut und sympathisch sind. Diese sollen ihm
zu verstehen geben, daß er dem zeitlichen Tod nicht
entgehen kann, wenn er so beim Leugnen bleibt, son-
dern daß er an dem und dem Tag als unbußfertiger
Ketzer der Macht des weltlichen Gerichts übergeben
werde. Und nichtsdestoweniger möge der Bischof und
der Offizial nach dem Landvogt oder der Macht des
weltlichen Gerichts schicken, daß er an dem und dem
Tag und zu der und der Stunde an den und den Ort,
jedoch außerhalb der Kirche, mit seinem Gefolge
komme, um einen unbußfertigen Ketzer übergeben zu
bekommen. Auch möge er öffentlich durch Ausruf an
den Stellen, wo gewöhnlich Bekanntmachungen auch
sonst ausgerufen werden, bekannt machen lassen, daß
alle an dem und dem Tage, zu der und der Stunde, an
dem und dem Platz sein sollen, um die Predigt des
Predigers über den Glauben zu hören und daß der Bi-
schof und der Offizial dem weltlichen Arm einen ver-

Hexen
4.872 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 761

stockten Ketzer übergeben werden. Wenn aber der zur


Fällung des Urteils bestimmte Tag kommt, sollen Bi-
schof und Offizial an dem genannten Ort sein, um ihn
daselbst auszuliefern, wobei er [der Delinquent] auf
einer Empore steht, damit er vor versammeltem Kle-
rus und Volk und im Beisein der weltlichen Gerichts-
gewalt von allen gesehen werde, wenn er übergeben
wird. Nachdem dies abgehalten worden ist, soll das
Urteil auf diese Weise gefällt werden:
»Wir, [N.N.], durch göttliche Barmherzigkeit Bi-
schof der und der Stadt oder Richter in den Ländern
des und des Herrn, mit Rücksicht darauf, daß du, der
und der, aus dem und dem Ort der und der Diözese
und wegen der und der ketzerischen Verkehrtheit an-
gezeigt worden bist – es werde ausdrücklich ge-
nannt – und wir uns vergewissern wollten, ob das,
was uns über dich und gegen dich gesagt worden ist,
sich auf irgendeine Wahrheit stützt, und ob du in der
Finsternis wandelst oder im Licht, haben wir geruht,
uns zu unterrichten, die Zeugen recht sorgfältig zu
vernehmen, dich vorzuladen und häufiger unter Eid zu
verhören, Verteidigungen vorzubringen und alles bis
ins Einzelne zu tun, was uns gemäß den kanonischen
Bestimmungen zu tun oblag. Aber da wir deine Sache
mit dem gebührenden Ende abschließen wollten,
haben wir einen feierlichen Rat von sowohl in der
theologischen Materie als auch im kanonischen und

Hexen
4.873 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 761

weltlichen Recht erfahrenen Leuten vor uns versam-


melt.
Und nachdem die Prozeßergebnisse und alle und
jede in der gegenwärtigen Sache vorgeführten, herge-
leiteten, behandelten und verhandelten [Punkte] ge-
sichtet wie auch sorgfältig geprüft worden sind, haben
wir nach dem wohl erwogenen wie reiflichen Rat Vor-
genannter als gegen dich [122vb] rechtmäßig bewie-
sen befunden, daß du so und so lange Zeit von ketze-
rischer Verkehrtheit angesteckt gewesen bist. Und
nun finden wir, daß du das und das getan und das und
das gesagt hast – es werde ausdrücklich genannt –,
aufgrund dessen es offenkundig erscheint, daß du
rechtmäßig in genannter ketzerischer Verkehrtheit er-
tappt bist. Freilich wünschten wir und tun es noch,
daß du die Wahrheit gestehen, von der genannten
Ketzerei ablassen und in den Schoß der heiligen Kir-
che und zur Einheit des heiligen Glaubens zurückge-
führt werden würdest, damit du so deine Seele retten
und dem Höllentod sowohl der Seele als auch des
Körpers entgehen würdest. Während wir, sowohl was
uns anlangt als auch durch andere unsere Sorgfalt dar-
auf verwandten wie auch auf dich lange Zeit warteten,
hast du, einer verworfenen Gesinnung preisgegeben,
es doch verschmäht, dich an unseren doch gesünderen
Rat zu halten. Du bist vielmehr in der hartnäckigen
wie auch störrischen Haltung verharrt und verharrst

Hexen
4.874 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 762

noch dabei mit verhärtetem Gemüt, was wir leidvoll


verkünden und unter Schmerzen verkünden. Aber da
die Kirche Gottes so lange Zeit gehofft hat, daß du
unter Anerkennung deiner Schuld ablassen würdest,
du es aber nicht gewollt hast und nicht willst, und sie
auch weiter nicht weiß, was sie dir zu Dank und Lohn
tun solle, darum, daß du den übrigen ein Beispiel
seist und andere von solchen Ketzereien ferngehalten
werden und solche [Un]taten nicht ungestraft bleiben,
schließen, erklären und urteilen wir Erwähnten, Bi-
schof und Richter in der Glaubenssache, zu Gericht
sitzend als erkennende Richter, die hochheiligen
Evangelien vor uns [liegend], damit im Angesicht
Gottes unser Urteil ergehe und unsere Augen die Ge-
rechtigkeit erkennen, indem wir Gott allein und den
Ruhm und die Ehre des heiligen Glaubens vor Augen
haben, daß du, der und der, in unserer Gegenwart an
diesem Tag, zu dieser Stunde und an diesem Ort er-
schienen, die zur Vernehmung des Endurteils be-
stimmt worden sind, als unbußfertig dem weltlichen
Arm zu übergeben oder zu überlassen bist. Und durch
unser Urteil verstoßen wir dich als einen verstockten
unbußfertigen wirklichen Ketzer vom kirchlichen Ge-
richt und übergeben oder überlassen dich dem weltli-
chen Arm und der Macht des weltlichen Gerichts. Nur
bitten wir selbiges weltliches Gericht inständig, daß
es sein Urteil gegen dich so mäßigen möge, daß es

Hexen
4.875 [III/3,15] Einunddreißigste Frage Hexenhammer, 762

diesseits des Blutvergießens und der Todesgefahr


bleibt. Ergangen ist dieses Urteil [etc.].«
Es können aber der Bischof und die Richter verfü-
gen, daß einige rechtschaffene Männer und Glaubens-
eiferer, die dem dem weltlichen Gericht Überlassenen
[123ra] nicht unsympathisch, sondern vertraut und
sympathisch sind, sich dem Überstellten zugesellen,
ihn trösten und noch dazu bringen sollen, daß er von
seinen Irrtümern abläßt, indem er die Wahrheit ge-
steht und seine Schuld anerkennt, während das weltli-
che Gericht an ihm seine Pflicht tut. Wenn er viel-
leicht nach dem Urteil und, als bereits Überstellter an
den Ort geführt, wo er verbrannt werden soll, sagt, er
wolle die Wahrheit gestehen und seine Schuld aner-
kennen, und sich so anstellt und bereit ist, diese und
jede andere Ketzerei abzuschwören, so kann man
zwar annehmen, daß er dies mehr aus Todesfurcht als
aus Wahrheitsliebe tut. Ich möchte [aber] meinen, daß
er aus Barmherzigkeit als bußfertiger Ketzer ange-
nommen und auf ewig eingemauert415 werden könne,
nach der Glosse zu c. Ad abolendam, § presenti416
und zum Wort »audientia« und c. excommunicamus
2, de heret.417, wiewohl nach der Strenge des
Rechts einer solchen Umkehr auch von den Glaubens-
richtern kein großes Vertrauen zu schenken ist und
sie418 ihn im Gegenteil wegen der Zufügung zeitli-
cher Schäden immer bestrafen können.

Hexen
4.876 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 763

[III/3,16] Zweiunddreißigste Frage. Über [die


Form, das Urteil zu fällen über] einen
Überführten, der aber flüchtig oder böswillig
säumig ist.

Die dreizehnte und letzte Form, einen Glaubenspro-


zeß abzuschließen und das Urteil zu fällen, liegt vor,
wenn der wegen ketzerischer Verkehrtheit Beschul-
digte nach sorgfältiger Prüfung der Prozeßergebnisse
zusammen mit dem guten Rat von Rechtskundigen als
der ketzerischen Verkehrtheit überführt befunden
wird, jedoch flüchtig oder böswillig säumig ist, man
aber eine angemessene Zeit [auf ihn] gewartet hat.
Und zwar trifft dies in drei Fällen zu: der erste liegt
vor, wenn der Beschuldigte in der Ketzerei entweder
durch eigenes Geständnis oder durch die Offensicht-
lichkeit der Tat oder durch gesetzmäßige Vorführung
von Zeugen ertappt worden ist, aber geflohen ist oder
säumig ist und, gesetzmäßig vorgeladen, nicht hat er-
scheinen mögen. Der zweite Fall liegt vor, wenn je-
mand angezeigt und aufgrund irgendeiner Angabe
gegen ihn als solcher einvernommen und für einiger-
maßen oder leicht verdächtig gehalten wird und so
vorgeladen wird, um sich bezüglich seines Glaubens
zu verantworten, und, weil er sich hartnäckig gewei-
gert hat zu erscheinen, exkommuniziert wird und ex-

Hexen
4.877 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 764

kommuniziert jene Exkommunikation verstockten


Sinnes erträgt und sich fortwährend böswillig fern-
hält. Der dritte Fall liegt vor, wenn jemand direkt das
Urteil oder den Glaubensprozeß des Bischofs oder der
Richter [123rb] unterbunden oder dazu seine Hilfe,
seinen Rat oder seine Begünstigung erboten hat. Ein
solcher ist mit dem Dolch der Exkommunikation
durchbohrt. Hat er nun diese ein Jahr hindurch mit
verhärtetem Gemüt ertragen, so ist er von da an als
Ketzer zu verdammen, nach c. ut inquisitionis, §
prohibemus, de heret., li. 6419. Und ist er böswillig
säumig geblieben: Im ersten Fall ist er als unbußferti-
ger Ketzer zu verdammen, nach c. ad abolendam, §
presenti420. Im zweiten und dritten ist er nicht als
unbußfertiger Ketzer zu verurteilen, sondern wie ein
bußfertiger Ketzer zu verdammen, nach c. cum con-
tumacia421 und nach c. ut inquisitionis, § prohibe-
mus, de heret., li. 6422. Bezüglich aller ist folgendes
Vorgehen zu beachten: Wenn man nämlich auf einen
solchen eine angemessene Zeit gewartet hat, werde er
durch den Bischof oder den Offizial in der Kathedral-
kirche derjenigen Diözese, in welcher er gefehlt hat,
und in den anderen Kirchen desjenigen Ortes, wo er
seine Wohnstatt genommen hat, und insbesondere
dort, von wo er geflohen ist, vorgeladen. Und zwar
soll er in der Form des folgenden Wortlautes vorgela-
den werden:

Hexen
4.878 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 764

»Wir, N.N., durch die göttliche Barmherzigkeit Bi-


schof der und der Stadt etc. oder Richter der und der
Diözese, den Geist eines gesünderen Rates [erfle-
hend]: Vor allen Begehrlichkeiten unseres Sinnes
wird gerade jener [Umstand] ganz besonders unserem
Herzen eingeprägt, daß zu unseren Zeiten in der ge-
nannten Diözese, der und der, die fruchtbare und blü-
hende Kirche, ich meine den Weinberg des Herrn Sa-
baoth423, den die Rechte des höchsten Vaters mit tu-
gendhaften [Menschen] bepflanzt, den der Sohn eben
dieses Vaters mit dem Strom des eigenen, lebensspen-
denden Blutes überreich begossen, den der segnende
Geist, der Tröster424, mit [seinen] wunderbaren, un-
aussprechlichen Gaben als treuester Freund fruchtbar
gemacht, die ganze unbegreifliche und unantastbare
Dreifaltigkeit mit den erhabensten, mannigfachen
Vorrechten auf das Heiligste ausgestattet und glei-
chermaßen bereichert hat, der Eber aus dem Wald, der
der Ketzer ist und heißt, verschlingt und abweidet,
indem er die üppigen Früchte des Glaubens verwüstet
und die stacheligen Dornbüsche der Ketzerei in die
Reben einpflanzt, auch die gewundene Schlange, der
verworfene, Gift ausatmende Feind unseres menschli-
chen Geschlechtes, welcher der Satan ist und der Teu-
fel, [der] die Reben eben dieses Weinberges des Herrn
und seine Früchte vergiftet, indem er der Erreger ket-
zerischer Verkehrtheit eingibt. Um diesen Acker des

Hexen
4.879 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 765

Herrn selbst, ich meine das rechtgläubige Volk, zu


bestellen und gleichermaßen zu bepflanzen, ist aus
der Höhe der höchsten Himmel Gottes [123va] des
Vaters ein- und erstgeborener Sohn herabgestiegen,
besäte ihn mit wunderbaren heiligen Offenbarungen,
zog nicht ohne große Mühsal lehrend durch Dörfer
und Städte, wählte die Apostel, alles tätige, fleißige
Männer und führte sie, indem er sie mit jenen ewigen
Verheißungen bedachte, während der Sohn Gottes
selbst darauf wartete, von diesem großen Acker an
jenem Tag des letzten Gerichts üppige Garben zu
sammeln und durch die Hände heiliger Engel in seiner
heiligen himmlischen Scheune zu lagern. Und die
treulosen Füchslein Samsons, die wie die mit ketzeri-
scher Schande besudelten Personen zwar verschiedene
Gesichter haben, aber miteinander verbundene feurige
Schwänze, so daß sie im Flackern der Flamme darin
zusammenkommen und schon zur Ernte die reine,
vom Glanz des Glaubens leuchtende Saat des Herrn
mit dem bittersten Biß verderben, sie rücken im spitz-
findigsten Angriff und im kräftigsten Ansturm immer
wieder vor, entzünden, zerstören und verwüsten die
Lauterkeit des heiligen rechten Glaubens, indem sie
sie mit feinem Gespür und verdammungswürdig ver-
drehen.
Weil du, der und der, in jene verfluchte Ketzereien
der Hexen verfallen bist, indem du diese öffentlich an

Hexen
4.880 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 766

dem und dem Ort ausgeübt hast – oder man sage: so


und so – oder da du durch gesetzmäßige Zeugen der
ketzerischen Verkehrtheit überführt oder durch eige-
nes Geständnis ertappt, von uns zur Aburteilung
übernommen und verhaftet wurdest, die heilsame Me-
dizin verschmähend, geflohen bist, hatten wir dich
vorgeladen, damit du dich vor uns diesbezüglich deut-
lich verantwortest. Aber vom bösen Geist gleicherma-
ßen geführt und verfuhrt, hast du dich geweigert zu
erscheinen [etc.].« Oder so: »Weil du, der und der,
uns wegen ketzerischer Verkehrtheit angezeigt warst
und du uns nach Aufnahme der Ermittlung gegen dich
auch sonst leicht verdächtig vorkamst, daß du mit der
genannten Schuld behaftet wärest, haben wir dich
vorgeladen, damit du vor uns persönlich erscheinen
würdest und dich wegen des rechten Glaubens verant-
wortest. Und da du dich hartnäckig geweigert hast zu
erscheinen, haben wir dich exkommuniziert und dich
als exkommuniziert bekannt machen lassen. In dieser
[Exkommunikation] hast du ein Jahr oder so und so
viele Jahre verstockten Sinnes verharrt, indem du dich
hier und dort verborgen hieltest, so daß wir jetzt nicht
wissen, wohin dich der böse Geist geführt hat. Und da
wir auf dich barmherzig und gnädig gewartet haben,
auf daß du in den Schoß des heiligen Glaubens [und]
zur Einheit [der heiligen Kirche] zurückkehren wür-
dest, hast du es, einer verworfenen Gesinnung preis-

Hexen
4.881 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 766

gegeben, verschmäht.
Freilich, da wir, wie wir auf Geheiß der Gerechtig-
keit deine Sache [123vb] mit dem gebührenden Ende
abschließen wollen und nicht imstande sind, so
nichtswürdige Verbrechen mit geschlossenen Augen
zu dulden, suchen wir, Bischof und Richter in den
oben genannten Glaubenssachen, dich, der und der,
der du dich verborgen hältst, flüchtig und ein Über-
läufer bist, durch unseren vorliegenden öffentlichen
Erlaß und laden dich gleichermaßen zwingend, daß du
an dem und dem Tag des und des Monats in dem und
dem Jahr in der und der Kathedralkirche der und der
Diözese zur Terz425 persönlich vor uns erscheinst,
um den endlichen Urteilsspruch anzuhören, indem wir
dir anzeigen, daß wir zur [Fällung] unseres Endurteils
gegen dich, nach Recht und Gerechtigkeit vorgehen,
magst du nun erschienen sein oder nicht. Und damit
unsere Vorladung recht früh zu deiner Kenntnis ge-
langt und du nicht imstande seist, dich mit dem Vor-
wand der Unwissenheit zu schützen, wollen und be-
fehlen wir, daß der gegenwärtige Brief, der unsere
Nachfrage und Vorladung enthält, an den Haupttüren
der genannten Kathedralkirche, der und der, ange-
schlagen werde. Zum Beweis jeder Einzelheit haben
wir unseren vorliegenden Brief durch Eindrücken un-
seres Siegels sichern lassen. Gegeben [etc.].«
Wenn aber an dem vorbestimmten, zur Verneh-

Hexen
4.882 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 767

mung des Endurteils bezeichneten Tag der Flüchtige


erschienen ist und sich bereit erklärt hat, öffentlich
aller Ketzerei abzuschwören, indem er demütig bittet,
zur Barmherzigkeit zugelassen zu werden, soll man
ihn unter der Bedingung zulassen, daß er nicht rück-
fällig gewesen ist. Und wenn er aufgrund des eigenen
Geständnisses oder der gesetzlichen Vorführung von
Zeugen ertappt worden ist, schwört er wie ein bußfer-
tiger Ketzer ab und büßt, wie oben426 in der achten
Form, einen Glaubensprozeß abzuschließen, beschrie-
ben ist, wo solche [Delinquenten] behandelt werden.
Wenn er aber dringend verdächtig gewesen ist, so daß
er, zur Verantwortung betreffs des Glaubens vorgela-
den, nicht hat erscheinen wollen, und deshalb exkom-
muniziert worden ist und in der Exkommunikation ein
Jahr hindurch mit verstocktem Sinn verharrt hat, und
[nun] bereuen wird, soll er zugelassen werden und
aller Ketzerei abschwören und büßen als ein der Ket-
zerei dringend verdächtiger Ketzer. Und er büßt nach
Maßgabe der oben427 behandelten sechsten Art,
einen Glaubensprozeß zu beenden. Wenn er aber er-
schienen ist und sich nicht bereit erklärt abzuschwö-
ren, soll er als wahrhafter, unbußfertiger Ketzer dem
weltlichen Arm, wie oben gesagt, übergeben werden;
und zwar wird in der zehnten Form428, einen Glau-
bensprozeß zu beenden, darüber gehandelt. Wenn er
sich aber unbeugsam geweigert hatte, zu erscheinen,

Hexen
4.883 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 767

dann werde das Urteil in der Weise folgenden Wort-


lautes formuliert:
»Wir, N.N., durch die göttliche Barmherzigkeit Bi-
schof der und der Stadt, mit Rücksicht darauf, daß du,
der und der, aus dem und dem Ort der und der Diöze-
se uns wegen [124ra] ketzerischer Verkehrtheit ange-
zeigt worden bist, indem das öffentliche Gerücht es
besagte oder durch die Angabe glaubwürdiger Leute,
haben wir, denen es von Amts wegen obliegt, uns
dazu herbeigelassen, nachzusehen und zu untersu-
chen, ob sich das Geschrei, welches uns zu Ohren ge-
kommen war, auf irgendeine Wahrheit stützte. Aber
da wir gefunden hatten, daß du in der Ketzerei ertappt
seist, indem sehr viele glaubwürdige Zeugen gegen
dich aussagten, haben wir befohlen, dich vor uns zu
rufen und festzuhalten. – Es werde gesagt, wie es ge-
kommen ist: ob er nämlich erschienen ist und ob er,
unter Eid verhört, gestanden hat oder nicht. – Aber
danach bist du, vom Rat des bösen Geistes geleitet
und verführt, davor zurückgescheut, deine Wunden
mit Wein und Öl heilsam pflegen zu lassen, und ent-
flohen – oder es werde hineingesetzt, falls es sich so
verhält: bis aus Kerker und Arrest ausgebrochen und
sogleich entflohen – und hast dich hier und da verbor-
gen gehalten, und wir wissen überhaupt nicht, wohin
dich jener böse Geist geführt hat.«
Oder so: »Da wir aber gefunden haben, daß gegen

Hexen
4.884 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 768

dich, so und so, wie oben gesagt wird, bei uns wegen
ketzerischer Verkehrtheit Angezeigten, viele Indizien
vorlagen, um derentwillen wir dich mit Recht der ge-
nannten ketzerischen Verkehrtheit für leicht verdäch-
tig halten, haben wir dich durch öffentlichen Erlaß in
den und den und den und den Kirchen der und der Di-
özese geladen, damit du innerhalb einer bestimmten,
von uns festgesetzten Frist an dem und dem Ort per-
sönlich vor uns erscheinst, um zu den genannten An-
gaben gegen dich und auch sonst über den rechten
Glauben und dessen Artikel zu antworten. Du aber
hast dich, einem unheiligen Rat anhängend, hartnäk-
kig geweigert zu erscheinen. Und da wir dich, weil es
die Gerechtigkeit verlangte, exkommuniziert und dich
öffentlich als Exkommunizierten haben bekanntma-
chen lassen, weist du die heilsame Medizin zurück
und hast die genannte Exkommunikation länger als
ein Jahr ausgehalten und hältst sie noch mit verstock-
tem Sinn aus, einer verworfenen Gesinnung preisge-
geben, indem du dich flüchtig hier und dort verborgen
hältst, so daß wir nicht wissen, wohin dich der böse
Geist geführt hat. Freilich, während die heilige Kirche
Gottes so lange Zeit, nämlich von dem und dem Tage
an barmherzig und gnädig auf dich gewartet hat, auf
daß du in den Schoß der Barmherzigkeit herbeieilen
würdest, indem du von den Irrtümern ablassen und
gemäß dem rechten Glaubensbekenntnis handeln wür-

Hexen
4.885 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 769

dest, und obwohl die Sanftmut selbst dich mit [ihren]


Brüsten nährte, hast du es verschmäht, getröstet zu
werden, da du vom Rat der Bösen verführt bist und in
deiner Hartnäckigkeit verharrst.
Aber [124rb] da wir deinen Fall durch den Urteils-
spruch mit dem gebührenden Ende abschließen woll-
ten, so wie wir es nach dem Gebot der Gerechtigkeit
wollen und müssen, haben wir dich vorgeladen, damit
du an diesem Tag, zu dieser Stunde und an diesem
Ort persönlich vor uns erscheinst, um das Endurteil
zu vernehmen. Und weil du dich hartnäckig geweigert
hast zu erscheinen, zeigst du zu Genüge, daß du im-
merwährend in deinen Ketzereien und Irrtümern ver-
bleiben willst, was wir leidvoll verkünden und zu ver-
künden uns schmerzt. Aber da wir uns der Gerechtig-
keit nicht entziehen, noch auch so große Unfolgsam-
keit und Unbeugsamkeit gegen die Kirche Gottes dul-
den können noch wollen, fällen wir folgendermaßen
gegen dich Säumigen wie gegen einen Anwesenden
das Endurteil in diesem Schriftstück, nach Anrufung
des Namens Christi, zur Erhöhung des rechten Glau-
bens und zur Ausrottung der ketzerischen Verkehrt-
heit, da es die Gerechtigkeit verlangt und dein Unge-
horsam und deine Unbeugsamkeit es erfordert, an die-
sem Tag, zu dieser Stunde und an dieser Stelle, die dir
vorher zur Vernehmung des Endurteils zwingend be-
zeichnet worden waren; nachdem wir zuvor einen Rat

Hexen
4.886 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 769

von sowohl in der theologischen Materie als auch im


kanonischen und weltlichen Recht erfahrenen Leuten
abgehalten haben, nach Betrachtung und sorgfältiger
Prüfung der Prozeßergebnisse, zu Gericht sitzend als
erkennende Richter, während die hochheiligen Evan-
gelien vor uns liegen, damit im Angesicht Gottes
unser Urteil ergehe und unsere Augen die Gerechtig-
keit sehen, indem wir Gott allein und die unzerbrech-
liche Wahrheit des heiligen Glaubens vor Augen
haben und den Spuren des seligen Apostels Paulus
nachgehen:
»Wir Erwähnten, Bischof und Richter in der Glau-
benssache, mit Rücksicht darauf, daß in dieser Glau-
benssache und den daran anschließenden Prozessen
die Ordnung des Rechtes gewahrt ist; mit Rücksicht
darauf auch, daß du, gesetzmäßig geladen, nicht er-
schienen bist und dich weder selbst noch durch einen
anderen irgendwie entschuldigt hast; mit Rücksicht
auch darauf, daß du in den genannten Ketzereien
lange Zeit unbeugsam verharrt hast und noch heute
verharrst, auch die Exkommunikation so viele Jahre
hindurch in einer Glaubenssache ertragen hast, so wie
du sie auch jetzt noch starrsinnig erträgst; mit Rück-
sicht darauf auch, daß die heilige Kirche Gottes nicht
mehr weiß, was sie mit Bezug auf dich noch tun soll,
da du in der Exkommunikation und in den erwähnten
Ketzereien verharrst und verharren willst, deshalb er-

Hexen
4.887 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 770

klären, entscheiden und urteilen wir, den Spuren des


seligen Apostels Paulus nachgehend [124va], über
dich, den und den, Abwesenden, daß du ein hartnäcki-
ger Ketzer und als solcher dem weltlichen Arm zu
überlassen bist. Und durch unser endgültiges Urteil
verstoßen wir dich von dem kirchlichen Gericht und
überlassen dich dem genannten weltlichen Gericht,
indem wir eben dieses Gericht inbrünstig bitten, daß,
wenn es dich einmal in seiner Gewalt hat, sein Urteil
über dich so mäßen möge, daß es jenseits429 der
Blutvergießens und der Todesgefahr bleibt. Gefällt
wurde dieses Urteil etc.«
Hier ist zu beachten, daß, wenn dieser Flüchtige
und Unbeugsame in der Ketzerei entweder durch das
eigene Geständnis oder durch gesetzmäßige Zeugen
ertappt worden ist und vor der Abschwörung geflohen
ist, er durch Urteilsspruch als wahrhaftig unbußferti-
ger Ketzer zu verurteilen und es so ins Urteil abzuset-
zen ist. Wenn er aber anderweitig nicht ertappt wor-
den ist, außer daß er angezeigt, für verdächtig gehal-
ten und vorgeladen worden ist, um bezüglich des
Glaubens zu antworten, und sich geweigert hat zu er-
scheinen, dann exkommuniziert worden ist und in der
Exkommunikation länger als ein Jahr mit verhärtetem
Gemüt verblieben ist und schließlich nicht hat er-
scheinen wollen, so ist er nicht als Ketzer, sondern
wie ein Ketzer zu beurteilen und wie ein solcher zu

Hexen
4.888 [III/3,16] Zweiunddreißigste Frage Hexenhammer, 770

verdammen. Und so ist es in das Urteil zu setzen, wie


es vorher gesagt worden ist.

Hexen
4.889 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 771

[III/3,17] Dreiunddreißigste Frage. Über eine


von einer anderen, eingeäscherten oder
einzuäschernden Hexe angezeigte Person. Wie
[über sie] das Urteil zu fällen ist.

Die vierzehnte Form, einen Glaubensprozeß abzu-


schließen und das Urteil zu fällen, ergibt sich, wenn
der wegen ketzerischer Verkehrtheit Beschuldigte
nach sorgfältiger Prüfung der Prozeßergebnisse be-
züglich des Aussagenden zusammen mit dem guten
Rat von Rechtskundigen als wegen einer solchen ket-
zerischen Verkehrtheit nur von einer anderen einge-
äscherten oder einzuäschernden Hexe angezeigt be-
funden wird. Und dies kann auf dreizehn Arten erfol-
gen, gleichsam in dreizehn Fällen. Ein so Angezeigter
wird nämlich entweder für gänzlich schuldlos und
freizusprechen befunden, oder er wird zudem im all-
gemeinen wegen einer solchen Ketzerei als übel be-
leumundet befunden, oder er wird, abgesehen von der
Infamie, als leidlich den [peinlichen] Fragen auszuset-
zen befunden, oder er wird als der Ketzerei leicht ver-
dächtig befunden, oder er wird als der Ketzerei
schwer verdächtig befunden, oder er wird [124vb] als
der Ketzerei dringend verdächtig befunden, oder er
wird als übel beleumundet und verdächtig zugleich,
und zwar allgemein befunden; und so weiter in den

Hexen
4.890 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 771

anderen Fällen, wie es in der zwanzigsten Frage ange-


sprochen worden ist430, bis zum dreizehnten ein-
schließlich.
Die erste Weise liegt vor, wenn er einzig von einer
festgenommenen Hexe angezeigt ist und weder durch
eigenes Geständnis noch durch gesetzmäßige Vor-
bringung von Zeugen überführt wird noch sich sonst
Indizien finden, aufgrund derer er glaubhaft für ver-
dächtig beurteilt werden könnte. Ein solcher kommt
auf jeden Fall frei, sogar von seiten des weltlichen
Richters, der den Aussagenden entweder [selbst] ein-
geäschert hat oder aus eigener Autorität oder im Auf-
trag des Bischofs, des eigentlichen Richters, einzu-
äschern hatte. Und zwar wird er durch ein Urteil nach
der ersten Form431, einen Glaubensprozeß abzu-
schließen, freigesprochen werden, das bei der zwan-
zigsten Frage enthalten ist.
Die zweite Weise tritt ein, wenn er, außer daß er
[der Beschuldigte] von einer festgenommenen [Hexe]
angezeigt worden ist, die im ganzen Dorf oder in der
ganzen Stadt übel beleumundet ist, so daß nur
schlichtweg und immer allein die Infamie gewirkt hat,
mag sich auch später durch die Aussage der festge-
nommenen Hexe die Infamie verschlimmert haben.
Bezüglich eines solchen ist das folgende Vorgehen
einzuhalten, daß der Richter, in Erwägung, daß außer
der Infamie nichts im besonderen gegen sie von ande-

Hexen
4.891 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 772

ren glaubwürdigen [Personen] im Dorf oder in der


Stadt bewiesen wird, mag auch vielleicht die Festge-
nommene schwer belastende Aussagen gegen ihn [den
Angezeigten] gemacht haben: weil jene jedoch den
Glauben verloren hat, da sie ihn zugunsten des Teu-
fels abgeleugnet hat, so wird ihren Aussagen daher
auch von den Richtern nur mit Mühe Glauben ge-
schenkt, wenn nicht jene Infamie aufgrund anderer
Umstände verstärkt wird. Damit gehörte [der Fall] in
die dritte, gleich folgende Weise, weswegen dann die
kanonischen Reinigung aufzuerlegen sein wird. Und
zwar soll mit dem Urteilsspruch vorgegangen werden,
der in der zweiten Form432, einen Glaubensprozeß
abzuschließen, bei der zweiundzwanzigsten Frage
enthalten ist. Und wenn der weltliche Richter be-
stimmt hat, daß jene Reinigung vor dem Bischof in
feierlicher Weise geschieht, zu dem Ende, daß wenn
[der Delinquent] dabei versagt, er dann durch den
kirchlichen und weltlichen Richter zum Beispiel für
andere mit einem um so strengeren Urteil bestraft
werde, so ist das wohlgetan. Wenn er aber [die Reini-
gung] für sich ausführen lassen will, soll er anordnen,
daß jener über zehn oder zwanzig Reinigungshel-
fer433 [125ra] seines Standes verfüge, und gehe vor,
wie es in der zweiten Form, über solche [Delinquen-
ten] das Urteil zu fällen, angesprochen worden ist,
ausgenommen, wenn er zu exkommunizieren ist, weil

Hexen
4.892 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 772

er dann mit dem Ordinarius selbst Rücksprache pfle-


gen muß. Und dies würde eintreten, wenn er sich
nicht reinigen wollte.
Die dritte Weise greift bei einem solchen Ange-
zeigten Platz, der weder durch eigenes Geständnis
noch durch gesetzmäßige Vorführung von Zeugen,
noch durch Offensichtlichkeit der Tat überführt wird,
noch auch Indizien bezüglich irgendeiner Tat vorhan-
den sind, bei der er von den anderen Einwohnern des
Dorfes oder Stadt aufgefallen wäre, und nur die Infa-
mie bei ihnen im Umlauf war. Aber die Infamie wird
infolge der Aussage der festgenommenen Hexe ver-
stärkt, weil sie z.B. behauptet hat, jener oder jene sei
in allen Dingen [ihr] Gefährte oder [ihre] Gefährtin
gewesen und habe mit ihr Anteil an den Verbrechen
gehabt; nicht nur dies jedoch leugnet die Beschuldigte
standhaft, sondern es ist auch den anderen Einwoh-
nern entweder unbekannt, oder es steht bei ihm nichts
als nur anständiger Umgang oder schweigende Teil-
nahme fest. Bezüglich eines solchen wird folgendes
Vorgehen eingehalten: Erstens haben sie sich von An-
gesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, und die ge-
genseitigen Vorwürfe und Antworten sind sorgfältig
abzuwägen. Und wenn sich irgendeine Widersprüch-
lichkeit in den Worten einstellt, woraus der Richter
aufgrund der zugegebenen und geleugneten Dinge
glaubhaft annehmen kann, daß die Beschuldigte mit

Hexen
4.893 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 773

Recht den [peinlichen Fragen] auszusetzen ist, so


werde nach den Urteilssprüchen vorgegangen, die in
der dritten Form434, einen Glaubensprozeß abzu-
schließen, in der dreiundzwanzigsten Frage enthalten
sind. Dabei setzt man sie mäßig den Foltern aus,
unter Anwendung der notwendigen anderen Vor-
sichtsmaßregeln, die ausführlich am Anfang dieses
dritten Teiles oben erklärt worden ist und aufgrund
derer man annimmt, daß ein solcher unschuldig oder
schuldig ist.
Die vierte Weise tritt ein, wenn ein solcher Ange-
zeigter als leicht verdächtig befunden wird, und zwar
entweder infolge des eigenen Geständnisses oder der
Aussagen eines anderen Festgenommenen. Manche
schließen bei solchen auf leichten Verdacht, die He-
xenfrauen um Rat gefragt haben, um zu verführen,
wenn sie [z.B.] zwischen Ehegatten, die sich gegen-
seitig haßten, Liebe erzeugt haben oder auch sich um
irgendeines zeitlichen Vorteils willen bei den Hexen
umgetan haben. Aber weil solche auf jeden Fall inso-
weit exkommuniziert sind, als sie [an die Irrtümer]
der Ketzer glauben, nach c. excommunicamus 1, §
credentes, li. 5, de here.435, wo es heißt: »Diejeni-
gen aber, die an ihre Irrtümer glauben, beurteilen wir
in ähnlicher Weise als Ketzer« [125rb], weil man
auch aus den Taten auf die Neigung schließt; – dazu
[vgl.] ar. 32 q. 2, qui viderit436 – deshalb sind sie

Hexen
4.894 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 774

offenbar schärfer zu bestrafen und zu verurteilen seien


als diejenigen, die der Ketzerei für leicht verdächtig
gehalten werden, so wie manche aufgrund leichter
Vermutungen zu verurteilen sind, z.B. wenn sie ihnen
Dienste geleistet, Briefe überbracht, ihren Irrtümern
zwar keinen Glauben beigemessen, aber jene doch
nicht offenbart und von ihnen ein Entgelt angenom-
men hatten. Aber mag man nun jene oder diese darun-
ter verstehen – das, was im Rat der erfahrenen Leute
über den leichten Verdacht geschlossen worden ist,
muß der Richter in folgender Weise ausführen: Ein
solcher wird nämlich abschwören oder sich kanonisch
reinigen, entspricht dem, was in der vierten Form437,
einen Glaubensprozeß abzuschließen, unter der 24.
Frage438 angesprochen wird.
Aber dennoch, weil es eher scheint, daß auf Ab-
schwörung zu erkennen ist, und zwar wegen des ange-
führten c. Excommunicamus 1, § qui vero inventi
fuerint sola suspicione notabili439 etc., so dürfen
sie doch nicht, falls sie rückfällig werden, mit der
Strafe für Rückfällige bestraft werden. Und zwar soll
vorgegangen werden, wie es in der vierten Form440,
einen Glaubensprozeß abzuschließen, bei der 24.
Frage441 angesprochen worden ist.
Die fünfte Weise greift Platz, wenn ein solcher An-
gezeigter für schwer verdächtig befunden wird, und
zwar in ähnlicher Weise [wie vorhin] entweder auf-

Hexen
4.895 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 774

grund des eigenen Geständnisses oder durch die Aus-


sage einer anderen festgenommenen Hexe. Manche
beschränken auf diesen schweren Verdacht die Behin-
derer der Richter, indem diese sie direkt oder indirekt
in ihrem Amt der Inquisition der Hexen behindern,
sofern sie dies nur wissentlich tun, nach c. Ut inqui-
sitionis negocium li. 6, de here.442 Desgleichen be-
schränken sie alle auf diejenigen, welche den Behin-
dernden wissentlich Hilfe, Rat oder Begünstigung ge-
währen: das ergibt sich aus c. ut inquisitionis443.
Weiter beschränken sie sie auf diejenigen, welche die
vorgeladenen oder verhafteten Ketzer unterweisen, die
Wahrheit zu verbergen und auch, wie sie diese ver-
schweigen oder das Falsche erklären sollen, und zwar
nach c. accusatus, § si444. Desgleichen beschränken
sie alle auf diejenigen, welche die ihnen als Ketzer
Bekannte wissentlich aufnehmen, einladen, besuchen
oder sich zu ihnen gesellen, Geschenke schicken oder
Gunst gewähren, was alles, sobald es wissentlich ge-
schieht, zu Gunsten nicht der Person, sondern des
Verbrechens ausschlägt. Und daher sagen sie, daß,
wenn die angezeigte Person an den vorher beschriebe-
nen[Taten] teilhat und dies vom Rat so beurteilt wor-
den ist, sie dann nach der fünften Form445, einen
Glaubensprozeß abzuschließen, [125va] bei der 25.
Frage446, abzuurteilen ist, dergestalt, daß sie aller
Ketzerei abzuschwören hat unter [Androhung der]

Hexen
4.896 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 775

Strafe für Rückfällige, falls sie rückfällig wird.


Wir können jedoch noch weiter anführen, daß die
Richter auf die Familie, die Nachkommenschaft und
auch die Abstammung einer jeden eingeäscherten oder
festgenommenen Hexe deshalb achtgeben sollen, weil
solche meistenteils als infiziert befunden werden, da
die Hexen auch die eigenen Kinder nach der Unter-
weisung der Dämonen zu unterweisen haben, ihnen zu
opfern, und daher auch zweifellos in allen möglichen
Schandtaten. Dies ergibt sich aus dem ersten Teil des
Werkes447; es wird auch damit bewiesen: wie
[schon] in der einfachen Ketzerei wegen der nahen
Beziehung von Verwandten der Ketzer jemand, wenn
einer wegen Ketzerei berüchtigt ist, folglich auch auf-
grund der nahen Beziehung der Ketzerei schwer ver-
dächtig ist, so auch in dieser Ketzerei der Hexen. Der
erwähnte Fall aber ergibt sich in c. Inter sollicitudi-
nes extra de purgatione canonica448, wo sich
zeigt, daß aufgrund der Infamie wegen Ketzerei einem
Dekan die kanonische Reinigung und aufgrund der
nahen Beziehung zu Ketzern die öffentliche Ab-
schwörung auferlegt und er aufgrund des Ärgernisses
so lange seiner Ämter entsetzt wurde, bis das Ärger-
nis beschwichtigt war.
Die sechste Weise tritt ein, wenn ein solcher Ange-
zeigter dringend verdächtigt wird. Dies geschieht aber
nicht auf die einfache oder bloße Aussage einer ande-

Hexen
4.897 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 776

ren Hexe hin, sondern auf die Indizien der Tat hin, die
aus bestimmten, von der festgenommenen Hexe aus-
gesprochenen Worten und Taten gewonnen werden,
wobei zumindest angenommen wird, die Angegebene
sei dabeigewesen und habe mit der Angebenden ge-
meinsame Sache gemacht. Zum Verständnis dieser
[Aussagen] ist zu beachten, was oben449 in der neun-
zehnten Frage angesprochen worden ist, besonders
bezüglich des dringenden Verdachtes, wie er aus drin-
genden und beweiskräftigen Vermutungen entsteht
und in welcher Weise der Richter aufgrund des blo-
ßen Verdachtes dringend zum Glauben gebracht wird,
daß jemand ein Ketzer sei, der jedoch im Herzen viel-
leicht ein guter Rechtgläubiger ist. So wie die Kano-
nisten als Beispiel für einfache Ketzerei denjenigen
anfuhren, der sich, zur Verantwortung in einer Glau-
benssache vorgeladen, beharrlich zu erscheinen wei-
gert, welcher Widerspenstigkeit halber er exkommu-
niziert und, wenn er darin ein Jahr hindurch verblie-
ben ist, der Ketzerei dringend verdächtig wird. Ähn-
lich sind daher auch bei einer solchen Angezeigten die
Indizien der Tat zu beachten, aufgrund derer sie drin-
gend verdächtig wird.
Und es werde der Fall angenommen: Die festge-
nommene Hexe hat behauptet, daß jene [125vb] bei
ihrem Schadenszauber dabeigewesen sei, was jedoch
die Beschuldigte standhaft leugnet. Was soll also [der

Hexen
4.898 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 776

Richter] tun? Es wird durchaus nötig sein zu erwägen,


ob sie aufgrund irgendwelcher Werke schwer ver-
dächtig ist und ob ein schwerer Verdacht in einen
dringenden übergehen kann, wie in dem genannten
Fall, wenn der zur Verantwortung Vorgeladene nicht
erscheint, sondern sich beharrlich weigert, er der Ket-
zerei leicht verdächtig wird, auch wenn er in einer
Sache vorgeladen ist, die keine Glaubenssache ist.
Wer sich aber, in einer Glaubenssache vorgeladen, zu
erscheinen weigert und wegen seiner Widerspenstig-
keit exkommuniziert wird, der wird dann schwer ver-
dächtig, weil dann der leichte in einen schweren Ver-
dacht übergeht. Und wenn er ein Jahr hindurch ver-
harrt, dann geht der schwere in einen dringenden über.
So wird der Richter erwägen, ob die Beschuldigte auf-
grund der mit der festgenommenen Hexe gepflogenen
nahen Beziehung schwer verdächtig ist, wie es soeben
oben in der fünften Weise des Einschreitens ange-
sprochen worden ist. Dann wird es nötig sein zu er-
wägen, ob eben dieser schwere Verdacht in einen
dringenden übergehen kann. Es wird nämlich ange-
nommen, daß er übergehen kann, d.h., daß die Be-
schuldigte selbst bei den Schandtaten der Festgenom-
menen dabei gewesen ist, [oder wenn] sie häufig
einen nahen Umgang mit ihr gehabt hat. Es obliegt
also dem Richter nach der sechsten Form450, einen
Glaubensprozeß abzuschließen, vorzugehen, wie es in

Hexen
4.899 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 777

der 26. Frage451 angesprochen wird.


Wenn gefragt wird, was der Richter tun soll, wenn
auch dann noch eine solche von einer anderen festge-
nommenen Hexe Beschuldigte durchaus beim Leug-
nen verharrt, unbeschadet aller möglichen gegen sie
vorgebrachten Indizien, so wird geantwortet: Erstens
muß der Richter bei den leugnenden Antworten be-
achten, ob sie aus einer Unbotmäßigkeit oder aus dem
Schweigezauber hervorgehen oder nicht. Und zwar
kann es der Richter, wie sich in den ersten Fragen, 15
und 16, dieses dritten Teils ergeben hat452, daran er-
kennen, daß sie nicht weinen und keine Tränen ver-
gießen kann. Und wenn sie bei den [peinlichen] Fra-
gen gleichsam empfindungslos wird, so daß sie leicht
wieder zu [ihren] früheren Kräften kommt, dann wird
freilich der dringende Verdacht noch verstärkt. Die
[Delinquentin] ist auf keinen Fall freizulassen, son-
dern wie es sich oben in der sechsten Form, das Urteil
zu fällen und einen Glaubensprozeß abzuschließen,
ergeben hat, zur Ableistung der Buße dem ewigen Ge-
fängnis zu überantworten. Wenn sie aber in Anbe-
tracht der schweren Schmerzen, die sie bei den [pein-
lichen] Fragen wirklich und tatsächlich ausstehen, mit
dem Schweigezauber nicht behaftet ist, während doch
andere infolge des Schweigezaubers gleichsam, wie
gesagt, empfindungslos werden, dann kann der Rich-
ter seine letzte [126ra] Zuflucht bei der kanonischen

Hexen
4.900 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 778

Reinigung suchen. Wird diese von einem weltlichen


Richter auferlegt, so heißt sie »die gemeinhin erlaub-
te«, weil sie nicht zu der Zahl der gewöhnlichen Rei-
nigungen gehört, von denen in 2 q. 4 consuluisti453
und c. monomachia454 die Rede ist. Wenn [der De-
linquent oder die Delinquentin] bei dieser Reinigung
versagt, wird er oder sie als schuldig beurteilt.
Die siebte Weise tritt ein, wenn der Beschuldigte
selbst als nicht gesetzlich ertappt befunden wird,
weder infolge des eigenen Geständnisses, noch infol-
ge der Offensichtlichkeit der Tat, noch infolge der ge-
setzmäßigen Vorführung von Zeugen, aber doch als
ein oder eine von einer festgenommenen Hexe Ange-
zeigter oder Beschuldigte befunden wird und sich
zudem Indizien finden, die ihn leicht oder schwer ver-
dächtig machen, z.B. wenn er nur große Vertrautheit
mit Zauberern und Hexen gehabt hat. Dann ist ihm
aufgrund der Infamie die kanonische Reinigung zuzu-
erkennen, nach dem angeführten c. inter sollicitudi-
nes455, und [er muß] aufgrund des Verdachtes der
Ketzerei abschwören, unter [Androhung der] Rückfäl-
ligenstrafe, sobald er rückfällig wird, falls er schwer
verdächtig [ist] oder ohne jene, falls leicht [verdäch-
tig]. Und zwar werde vorgegangen, wie es in der sieb-
ten Form456, einen Glaubensprozeß abzuschließen,
in der 27. Frage457 angesprochen worden ist.
Die achte Weise tritt ein, wenn ein so Angezeigter

Hexen
4.901 [III/3,17] Dreiunddreißigste Frage Hexenhammer, 778

als jener Ketzerei geständig, aber bußfertig und nie


rückfällig befunden wird. Hier ist zu bemerken, daß
folglich, wo von Rückfälligen und nicht Rückfälligen,
von Bußfertigen und Unbußfertigen gehandelt wird,
solche Unterscheidungen um der kirchlichen Richter
willen gemacht worden sind, die sich bei der Verhän-
gung von Todesstrafen nicht einmischen. Daher kann
der weltliche Richter bezüglich einer Geständigen,
mag sie Buße tun oder nicht, mag sie rückfällig sein
oder nicht, nach den weltlichen und kaiserlichen Ge-
setzen458 vorgehen, wie die Gerechtigkeit es raten
wird. Nur kann er sich auf die dreizehn Formen, das
Urteil zu fällen, zurückziehen und [den Fall] dement-
sprechend lösen, wenn etwas Zweifelhaftes dazwi-
schenkommen sollte.

Hexen
4.902 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 779

[III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage. Über


die Form, das Urteil gegen eine Hexe, welche
Schadenszauber behebt, außerdem auch über
hexende Hebammen und zauberische
Bogenschützen zu fällen.

Die fünfzehnte Form, einen Glaubensprozeß abzu-


schließen und das Urteil zu fällen, greift Platz, wenn
der wegen ketzerischer Verkehrtheit Beschuldigte
nicht als Schadenszauber verübend, sondern aufhe-
bend befunden wird. Dabei ist folgendes Vorgehen
einzuhalten. Er bedient sich entweder [126rb] erlaub-
ter oder unerlaubter Hilfsmittel: wenn erlaubter, so ist
er nicht als Zauberer, sondern als Christ einzuschät-
zen. Über die erlaubten Hilfsmittel hat sich oben am
Anfang dieses dritten Teils459 hinlänglich Klarheit
ergeben. Wenn [er sich] aber unerlaubter [bedient],
dann ist zu unterscheiden, ob sie entweder schlechter-
dings unerlaubt sind oder je nachdem. Wenn [sie]
schlechterdings [unerlaubt sind], so ist nochmals in
zweifacher Weise [zu unterscheiden]: entweder mit
Schädigung des Nächsten oder ohne, beidesmal aber
immer mit ausdrücklicher Anrufung der Dämonen.
Wenn es aber je nachdem unerlaubt [ist], nämlich,
weil es ohne ausdrückliche, wenn auch nicht ohne
stillschweigende Anrufung der Dämonen geschieht, so

Hexen
4.903 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 779

wird solches von den Kanonisten und gewissen Theo-


logen eher eitel als unerlaubt genannt, wie sich oben
in der ersten Frage dieses letzten Teils460 des ganzen
Werkes ergeben hat. Der Richter also, wer er auch
sei, kirchlicher oder weltlicher, habe die ersten und
die letzten nicht zurückzuweisen und, deutlicher ge-
sagt, die ersten eher zu empfehlen und die letzten zu
dulden, wie [auch] die Kanonisten lehren, es sei er-
laubt, Eitles mit Eitlem zu zerstören. Jene jedoch, die
mit ausdrücklicher Anrufung der Dämonen den Scha-
denszauber aufheben, darf er auf keinen Fall dulden,
besonders jene, welche mit Schädigung des Nächsten
derlei begehen, und zwar sagt man, daß sie es mit
Schädigung des Nächsten ausüben, wenn der Scha-
denszauber so von dem einen genommen wird, daß er
einem anderen zugefügt wird. Dem steht nicht entge-
gen, daß jene [Person], der sie zugefügt wird, selber
eine Hexe ist; und daß jene [eine Hexe] ist, die den
Schadenszauber zugefügt hat, oder nicht; oder daß
[der Behexte] ein Mensch oder irgendein anderes Ge-
schöpf ist. Auf dieses erstrecken sich die in der oben
angeführten Frage461 zusammengestellten Taten und
Verrichtungen.
Auf die Frage, was der Richter tun soll, wenn er
[der Verdächtige] behauptet, er hebe den Schadens-
zauber durch erlaubte und nicht durch unerlaubte Mit-
tel auf, oder auf welche Weise der Richter derlei

Hexen
4.904 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 780

wahrheitsgemäß erkennen könne, wird geantwortet,


daß jener vorgeladen und befragt werden soll, welcher
Mittel er sich bedient. Jedoch darf man seine Worte
nicht [so] stehenlassen, sondern der kirchliche Rich-
ter, dem es von Amts wegen obliegt, soll selber oder
durch einen Dorfpfarrer, der die einzelnen Pfarrmit-
glieder unter Eid, den er verlangen kann, ausforschen
soll, sorgfältig untersuchen, welcher Mittel sich dieser
bedient. Und wenn sich einige [Mittel] zusammen mit
abergläubischen Mitteln finden, wie man sie gemein-
hin vorfindet, sind [die betreffenden Personen] wegen
der schrecklichen, von den Kanones verhängten Stra-
fen, wie sich weiter unten ergeben wird, auf keinen
Fall zu dulden.
Und wenn er gefragt wird, wodurch die erlaubten
Mittel von den unerlaubten unterschieden werden
können, während jene immer behaupten, sie beseitig-
ten derlei durch [126va] Gebete und Anwendungen
von Kräutern, so wird geantwortet, dies wäre leicht,
wenn nur eine sorgfältige Untersuchung stattfände.
Denn weil sie es nötig haben, ihre abergläubischen
Mittel geheimzuhalten, um nicht gefaßt zu werden
oder um die Sinne der Einfältigen leichter umgarnen
zu können, desto eher geben sie sich mit derartigen
Worten und Anwendungen von Kräutern ab. Dennoch
werden sie gleichsam als Wahrsagerinnen und Hexen
aufgrund von vier ihrer abergläubischen Handlungen

Hexen
4.905 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 781

offenkundig erfaßt.
[Erstens] gibt es nämlich welche, die über geheime
Dinge weissagen und Dinge eröffnen, die sie nur
durch die Eingebung böser Geister wissen können.
Wenn sie z.B. zur [Wieder]erlangung der Gesundheit
von Kranken besucht werden, wissen sie die Ursache
der Verletzung oder des Schadenszaubers zu eröffnen
und zu offenbaren, wie etwa, ob sie aufgrund eines
Streites mit der Nachbarin oder aus irgendeiner ande-
ren Ursache eingetreten ist. Dies gerade wissen sie be-
stens und verstehen, es den Besuchern anzugeben.
Zweitens, wenn sie sich bei der Heilung einer
Schädigung oder eines Schadenszaubers des einen
einmischen, bei der eines anderen aber nicht. So gibt
es in der Diözese Speyer462 in einem zun hofen463
genannten Ort eine Hexe, die offenbar bestimmte
Leute heilt, bestimmte andere, wie sie sagt, aber kei-
neswegs heilen kann. Und zwar deshalb, weil, wie
von den Einwohnern berichtet wird, der ihnen zuge-
fügte Schadenszauber von anderen Zauberern und
Hexen, wie sie behauptet, so stark eingeprägt sei, und
zwar durch die Kraft der Dämonen, so daß sie [diese
Dämonen] nicht imstande sind, sie zu beseitigen; weil
nämlich ein Dämon nicht immer einem [anderen]
Dämon weichen kann oder will.
Drittens, wenn man bemerkt, daß sie bei einem sol-
chermaßen zugefügten Schadenszauber besondere

Hexen
4.906 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 781

Einschränkungen machen, wie es sich in der eben die-


ser Stadt Speyer zugetragen hat, wie man weiß464:
Als nämlich eine ehrbare, an den Schienbeinen behex-
te Person eine solche Wahrsagerin der Genesung hal-
ber gerufen hatte, machte jene, als sie in das Haus ge-
treten war und sie betrachtet hatte, eine solche Ein-
schränkung: »Wenn du«, sagte sie, »in der Wunde
keine Schuppen und Haare mehr hast, werde ich alles
übrige herausholen können.« Sie offenbarte auch die
Ursache der Verletzung, obwohl sie vom Lande und
zwei Meilen weit hergekommen war, indem sie sagte:
»Weil du mit einer Nachbarin an dem und dem Tage
einen Wortwechsel gehabt hast, ist dir dies zugesto-
ßen.« Außer den Schuppen und Haaren zog sie auch
noch sehr viele andere Dinge heraus und gab [ihr] die
Gesundheit wieder.
Viertens, wenn sie sich mit abergläubischen Zere-
monien abgeben oder [die Klienten] [126vb] damit
abgeben lassen, z.B. wenn sie wollen, daß man sie
vor Sonnenaufgang oder zu einer anderen festgelegten
Zeit besuche, indem sie sagen, sie könnten über die
Quatember465 hinaus466 zugefügte Krankheiten
nicht heilen, oder daß sie nur zwei oder drei Personen
im Jahr zu heilen imstande seien; mögen sie auch nur
dadurch zu heilen scheinen, daß sie nicht heilen, son-
dern mit den Verletzungen aufhören.
Es können auch noch sehr viele andere Erwägun-

Hexen
4.907 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 782

gen bezüglich der Verhältnisse solcher Personen hin-


zugefügt werden, weil sie meistens in den verflosse-
nen Jahren eines schlechten und tadelnswerten Lebens
übel beleumundet oder Ehebrecherinnen oder Nach-
kommen von Hexen sind, weshalb diese Gnade des
Gesundmachens ihnen von Gott nicht aufgrund der
Heiligmäßigkeit des Lebenswandels übertragen ist.
Nebenbei werden hierauf auch die hexenden Heb-
ammen beschränkt, die alle anderen Hexen an
Schandtaten übertreffen und die auch im ersten Teil
des Werkes467 behandelt worden sind. Von diesen
gibt es auch eine so große Anzahl, wie man aus ihren
Geständnissen erfahren hat, daß, wie man schätzt,
kein Dörfchen existiert, wo es keine gibt. Dieser Ge-
fahr wäre auf jeden Fall von den [weltlichen] Ge-
richtsherren teilweise so zu begegnen, daß ausschließ-
lich vereidigte Hebammen von den [weltlichen] Ge-
richtsherrn eingesetzt würden, nebst anderem, was im
zweiten Teil des Werkes468 angesprochen worden
ist.
Es trifft auch auf die zauberischen Bogenschützen
zu, die durchaus zur Schmach der christlichen Religi-
on eine um so größere Gefahr darstellen, je sicherere
Beherberger, Gönner und Verteidiger sie in den Län-
dern der Vornehmen und Fürsten haben. Daß aber
solche Beherberger, Gönner etc. in bestimmten Fällen
meist verdammungswürdiger als die Zauberer und

Hexen
4.908 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 783

Hexen sind, erklärt sich so: Denn die Verteidiger sol-


cher [Leute] werden von den Kanonisten und Theolo-
gen als in zweierlei Arten [unterschieden] bezeichnet:
einige nämlich sind Verteidiger des Irrtums, andere
aber der Person. Und zwar sind diejenigen, welche
den Irrtum verteidigen, selbst verdammungswürdiger
als die, welche irren, indem sie nicht bloß für Ketzer,
sondern vielmehr für Oberketzer469 zu halten sind,
wie sich 24 q. 3, qui illorum470 ergibt. Und von
diesen Verteidigern sprechen die Rechtsbestimmun-
gen im allgemeinen nicht, weil sie von anderen Ket-
zern nicht unterschieden werden. Bei ihnen hat auch
der oft angeführte Kanon c. Ad abolendam, § pre-
senti471 Platz.
Es gibt andere, die zwar nicht den Irrtum, jedoch
die irrende Person verteidigen, indem sie sich nämlich
nach Kräften und Vermögen widersetzen, damit sol-
che Zauberer oder beliebige andere Ketzer nicht in die
Hände des Glaubensrichters zum Verhör oder zur Be-
strafung kommen und ähnliches. [127ra]
In ähnlicher Weise sind auch deren [der Zauberer]
Gönner in zweierlei Art vorhanden. Einige nämlich
gibt es, welche öffentliche Amtsgewalt ausüben, d.h.
öffentliche Personen, wie z.B. weltliche oder auch
geistliche Herren, die die weltliche Gerichtsbarkeit
inne haben. Diese können auch auf zweierlei Weise
Gönner sein: durch Unterlassung und durch Bege-

Hexen
4.909 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 783

hung. Durch Unterlassung, nämlich bezüglich der


Zauberer oder Verdächtigen, Berüchtigten oder
[daran] Glaubenden, Beherberger, Verteidiger und
Gönner das zu tun, wozu sie von Amts wegen ver-
pflichtet sind, während doch von den Bischöfen oder
Inquisitoren sogar Dritte zur Verantwortung gezogen
werden, falls sie jene nicht verhaften oder die Verhaf-
teten nicht sorgfältig bewachen oder sie innerhalb
ihres Bezirkes nicht dorthin bringen, wozu ihnen der
Auftrag gegeben wurde, oder an ihnen keine prompte
Hinrichtung vollstrecken und ähnliches, wie es sich in
c. ut inquisitionis am Anfang li. 6 de here.472 er-
gibt. Durch Begehung aber, wenn sie z.B. ohne Er-
laubnis oder Auftrag des Bischofs oder Richters die
Gefangenen aus dem Gefängnis entlassen oder den
Prozeß, das Urteil oder den Spruch über sie direkt
oder indirekt behindern oder ähnliches anstellen, wie
es sich aus dem angeführten c. ut officium, § prohi-
bemus473 ergibt.
Die Strafen für sie sind vorhergehend474, bei der
zweiten Hauptfrage dieses Werkes und zwar gegen
Ende erklärt worden, wo von den zauberischen Bo-
genschützen und anderen Waffenbeschwörern die
Rede ist. Für jetzt mag es genügen, daß sie alle durch
das Recht unmittelbar exkommuniziert sind und zwölf
schwere Strafen verwirken, wie sich extra de here.,
excommunicamus 1, § credentes475 und aus dem

Hexen
4.910 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 784

angeführten c. ut inquisitionis, § prohibemus476


ergibt.
Wenn sie in dieser Exkommunikation ein Jahr hin-
durch mit verstocktem Gemüt verharrt haben, sind sie
von da an als Ketzer zu verdammen, wie sich aus
demselben angeführten Kanon und § alle.477 ergibt.
Welche aber sind Beherberger zu nennen? Und
sind diese für Ketzer zu halten? Die Antwort lautet,
daß es zweierlei derjenigen, die zauberische Bogen-
schützen oder sonst Waffenbeschwörer, Nigromanti-
ker oder ketzerische Zauberer, von denen im ganzen
Werk gehandelt wird, aufnehmen, gibt, so wie es auch
bezüglich ihrer Verteidiger und Gönner angeführt
worden ist. Einige nämlich gibt es, die sie nicht nur
ein- oder zweimal, sondern vielmals und häufig be-
herbergen, und diese heißen eigentlich und der [Aus-
sage]kraft des Wortes gemäß Beherberger von »be-
herbergen«, was ein Wort ist, das die Häufigkeit eines
Geschehens ausdrückt478. [127rb]
Und solche Beherberger sind manchmal ohne
Schuld, wenn sie das z.B. unwissend tun und nichts
Ungünstiges über sie geargwöhnt haben; manchmal
sind sie schuldig, wenn sie nämlich deren Irrtümer
kennen und wohl wissen, daß die Kirche solche
immer als die erbittertsten Feinde des Glaubens ver-
folgt. Und nichtsdestoweniger nehmen die Landes-
herrn sie auf, behalten sie, verteidigen sie etc. Solche

Hexen
4.911 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 785

sind und heißen eigentlich Ketzerbeherberger, und


von solchen sprechen auch die Rechtsbestimmungen,
auch davon, daß sie exkommuniziert sind, nach c. Ex-
communicamus 1, § credentes479. Einige aber neh-
men Zauberer oder Ketzer nicht vielmals und häufig,
sondern nur ein- oder zweimal auf, und diese heißen
offenbar nicht eigentlich Beherberger, weil sie es
nicht häufig getan haben, sondern Empfänger, weil sie
jene [nur] empfangen und nicht aufgenommen haben,
mag auch Archidiaconus480 das Gegenteil in c. qui-
cunque, über das Wort Beherberger sagen. Das hat
keine große Bedeutung, da man sich [hier] nicht um
Worte, sondern um Taten zu kümmern hat. Es wird
jedoch deshalb ein Unterschied zwischen Beherber-
gern und Empfängern gemacht, weil die Landesherrn
immer Beherberger solcher [Leute] heißen, während
die einfachen Leute, welche jene nicht zu vertreiben
haben noch es können, doch ohne Schuld sind, mögen
sie auch Empfänger sein.
Schließlich aber über die Behinderer des Amtes der
bischöflichen Inquisition gegen derlei ketzerische
Zauberer, wer sie sind und ob sie als Ketzer bezeich-
net werden müssen? Darauf wird geantwortet, daß es
zweierlei Behinderer gibt. Einige nämlich gibt es,
welche direkt hindern, indem sie z.B. die wegen des
Verbrechens der Ketzerei Verhafteten in eigener An-
maßung aus dem Kerker befreien oder die Prozesse

Hexen
4.912 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 785

der Inquisition schelten, die Zeugen in einer Glau-


benssache dafür, daß sie Zeugnis abgelegt haben, ver-
letzen, oder, falls es ein weltlicher Herr ist, er be-
stimmt, daß keiner außer ihm selbst über dieses Ver-
brechen erkennen solle; oder daß vor keinem außer
ihm eine Anklage wegen dieses Verbrechens vorge-
bracht oder Zeugnis abgelegt werden könne, und ähn-
liches. Und diese hindern direkt, nach den Anmerkun-
gen des Johannes Andreae481 in c. statutum, zu
dem Wort »direkt«, li. 5, de here. Und mögen dieje-
nigen, die den Prozeß, das Urteil oder den Spruch in
einer solchen Glaubenssache direkt behindern oder zu
diesen Taten Hilfe, Rat oder Begünstigung gewähren,
auch sehr schuldig sein [127va], so sind sie aber des-
wegen nicht als Ketzer zu beurteilen, es müßte sich
denn anderweitig ergeben, daß sie starrsinnig in ähnli-
che Irrtümer der Zauberer verstrickt sind. Jedoch sind
sie durch das Recht unmittelbar vom Dolch der Ex-
kommunikation durchbohrt, nach c. ut inquisitionis,
§ prohibemus482, so daß, wenn sie in jener Exkom-
munikation ein Jahr hindurch mit verstocktem Gemüt
verharrt haben, sie von da an wie Ketzer zu verdam-
men sind, wie sich aus dem angeführten Kanon und
§483 ergibt.
Einige wiederum behindern indirekt, indem sie bei-
spielsweise bestimmen, daß niemand sich zurüste, um
Ketzer zu verhaften, außer [Personen] aus dem Gesin-

Hexen
4.913 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 786

de des weltlichen Herrn, und ähnliches nach den Be-


merkungen des Johannes Andreae zu c. statu-
tum484 über das Wort »indirekt«. Und solche sind
weniger schuldig als die ersten, auch sind sie keine
Ketzer, aber sie sind exkommuniziert, nach dem ange-
führten c. ut inquisitionis485; auch [sind es] diejeni-
gen, die dazu Rat, Hilfe oder Begünstigung gewähren,
dergestalt, daß sie, wenn sie in jener Exkommunikati-
on ein Jahr hindurch mit verstocktem Gemüt verharrt
haben, von da an gleichwie Ketzer zu verdammen
sind, nach dem zitierten Kanon, und zwar § prohibe-
mus486. Das ist so zu verstehen, daß Ketzer in der
Weise verdammt werden, daß sie, wenn sie umkehren
wollen, zur Barmherzigkeit aufgenommen werden,
nachdem sie vorher dem Irrtum abgeschworen haben;
sonst werden sie als unbußfertig dem weltlichen Ge-
richt übergeben, wie sich aus c. ad abolendam, §
presenti487 ergibt.
Um zum Schluß zu kommen: Die hexenden Heb-
ammen sowie andere Hexen, welche Schadenszauber
zufügen, werden der Beschaffenheit der Verbrechen
gemäß verdammt und abgeurteilt, und so auch dieje-
nigen Hexen, welche, wie gesagt, auf abergläubische
Weise Schadenszauber durch das Werk des Teufels
aufheben, da es nicht zweifelhaft ist, daß sie, wie sie
[Schadenszauber] aufheben, auch welche antun kön-
nen. Daher kommen die Hexen aufgrund eines Paktes

Hexen
4.914 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 787

auf Anweisung der Dämonen dergestalt überein, daß


die einen verletzen, die anderen aber heilen müssen,
damit sie so um so leichter die Sinne der Einfältigen
umgarnen und ihre Ruchlosigkeit vermehren. Da sich
aber die zauberischen Bogenschützen und andere
Waffenbeschwörer nur infolge der Begünstigung,
Verteidigung und Beherbergung seitens der [weltli-
chen] Gerichtsherrn halten können, unterliegen alle
diese den vorgeschriebenen Strafen. Und diejenigen,
welche Offiziale jeder Art in ihrer Amtsführung ge-
genüber derartigen Zauberern oder ihren Gönnern etc.
behindern, sind gleichermaßen exkommuniziert und
unterliegen allen Strafen wie die Gönner. Aber wenn
sie ein Jahr hindurch mit verstocktem Gemüt in der
Exkommunikation verharrt haben [127vb], schwören
sie, falls sie umkehren wollen, die Hinderung und Be-
günstigung ab und werden zur Barmherzigkeit zuge-
lassen. Andernfalls werden sie als unbußfertige Ket-
zer dem weltlichen Arm übergeben. Auch wenn sie
kein Jahr hindurch [verstockt] bleiben, kann nichtsde-
stoweniger gegen derartige Behinderer wie gegen Be-
günstiger der Ketzer vorgegangen werden, c. Accusa-
tus, letzter §488.
Und das von den Gönnern, Verteidigern, Beherber-
gern und Behinderern bezüglich der zauberischen Bo-
genschützen etc. Gesagte gilt ebenso auch durchweg
für alle Hexen oder Zauberer, die Menschen, Vieh

Hexen
4.915 [III/3,18 und 19] Vierunddreißigste Frage Hexenhammer, 787

und Feldfrüchten mannigfache Schäden zufügen. Aber


auch die Zauberer selbst, was es auch immer für wel-
che sind, werden zur Barmherzigkeit aufgenommen,
wenn sie auf dem Forum der Buße489 mit zerknirsch-
tem und demütigem Geist [ihre] Sünden beweinen,
rein bekennen und um Verzeihung bitten. Andernfalls,
wenn sie [als unbußfertig] bekannt sind, müssen die-
jenigen gegen sie vorgehen, denen es von Amts wegen
obliegt, indem sie sie vorladen, festsetzen, verhaften
und in allem der Beschaffenheit des Verbrechens
gemäß vorgehen, bis zum endlichen Urteilsspruch
einschließlich, wie es erwähnt worden ist; sofern der-
artige Gerichtsherrn der Schlinge der ewigen Ver-
dammnis mit Rücksicht auf die von der Kirche über
sie verhängte Exkommunikation entgehen wollen.

Hexen
4.916 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 788

[III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten


Teils. Über die Formen, alle Hexen abzuurteilen,
die in mißbräuchlicher Weise oder auch
berechtigt appellieren.

Wenn aber der Richter merken sollte, daß der Be-


schuldigte schließlich zu dem [Rechts]mittel der Ap-
pellation490 seine Zuflucht nimmt, so ist erstens zu
bemerken, daß diese [die Appellation] bisweilen für
begründet und berechtigt, bisweilen für mißbräuch-
lich und nichtig erachtet wird. Da nämlich in Glau-
bensangelegenheiten summarisch, einfach und um-
standslos vorgegangen werden muß, wie im Vorher-
gehenden491 aufgrund des c. multorum querela in
Cle.492, wo auch das [Rechts]mittel der Appellation
verwehrt wird, oft erwähnt ist, die Richter jedoch bis-
weilen aus eigenem Antrieb wegen der Schwierigkeit
einer Angelegenheit diese gern in die Länge ziehen
und aufschieben, so können sie bedenken, daß, wenn
der Beschuldigte merken sollte, daß er vom Richter
wirklich und tatsächlich gegen Recht und Gerechtig-
keit Beschwernisse erfahren hat, z.B. daß er ihn sich
nicht hat verteidigen lassen wollen oder daß er allein
ohne Beratung [128ra] mit anderen oder auch ohne
Zustimmung des Bischofs oder dessen Stellvertreters
auf die [peinliche] Befragung des Angezeigten er-

Hexen
4.917 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 788

kannt hat, während er andere zureichende Beweise für


und wider hätte haben können, und ähnliches, daß
dann die Appellation berechtigt sein sollte, andern-
falls nicht.
Zweitens ist zu beachten, daß der Richter, wenn
ihm eine solche Appellation vorgelegt wird, dann
ohne Überstürzung und Eile eine Abschrift der Appel-
lation verlangen soll, unter mündlicher Zusicherung,
daß ihm [dem Appellanten] die Frist nicht verstreiche.
Und wenn ihm der Beschuldigte selbst die Abschrift
der Appellation überreicht hat, soll er [der Richter
ihn] darauf aufmerksam machen, daß er noch zwei
Tage zur Entgegnung und danach noch dreißig zur
Einholung der Stellungnahme493 habe. Und wiewohl
er sogleich antworten kann, so ist es doch, wenn er
sehr erfahren und kundig ist, um recht vorsichtig vor-
zugehen, besser, einen Termin von zehn, zwanzig
oder fünfundzwanzig Tagen zur Übergabe [der Ent-
gegnung] wie auch zur Aushändigung der Stellung-
nahme, wie ausgemacht, festzusetzen, wobei er zu
einer Verlängerung befugt ist.
Drittens muß der Richter beachten, daß er inner-
halb der rechtlichen Frist und innerhalb der angegebe-
nen Zeit auf die Gründe der Appellation oder der an-
geführten Beschwernisse sorgfältig zu achten und sie
zu prüfen hat. Und wenn er nach Abhaltung eines
guten Rates von erfahrenen Leuten sieht, daß er dem

Hexen
4.918 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 789

Angezeigten in ungerechter und ungebührlicher Weise


Schwierigkeiten gemacht hat, indem er ihn sich nicht
hat verteidigen lassen oder vorzeitig den [peinlichen]
Fragen ausgesetzt hat oder ähnliches, soll er, wenn
der benannte Termin herankommt, seinen Irrtum be-
richtigen und den Prozeß bis zu dem Punkt und Stand
zurückdrehen, an welchem jener um Verteidigung
nachsuchte oder einen Termin zur Zwischenrede be-
nannte und ähnliches. Er möge die Beschwer aufhe-
ben, nach deren Wegfall er wie vorher vorgehe. Denn
durch den Wegfall der Beschwer wird die Appellati-
on, die eine [begründete] war, nichtig; nach c. cessan-
te, extra de appellationibus494.
Aber hier beachte ein umsichtiger und vorsichtiger
Richter, daß bestimmte Beschwernisse sich wieder
beseitigen lassen, und zwar sind das solche, von
denen eben die Rede gewesen ist. Dann erfolgt das
Gesagte. Andere aber sind nicht zu beheben; z.B.
wenn der Beschuldigte wirklich und tatsächlich [pein-
lich] befragt worden ist und dann, wenn er loskommt,
appelliert; oder wenn Gegenstände und nützliche
Dinge zusammen mit Gefäßen und Werkzeugen, derer
[128rb] sich die Zauberer bedienen, eingezogen und
verbrannt worden sind und ähnliches, was nicht repa-
riert und widerrufen werden kann. Und dann greift der
genannte Ablauf nicht Platz, nämlich den Prozeß bis
auf den Stand zurückzudrehen, wo dem Betreffenden

Hexen
4.919 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 790

die Beschwer auferlegt worden war.


Viertens muß der Richter beachten, daß er zwar
vom Tag der Antwort an dreißig Tage zur Erledigung
der Stellungnahme hat, nach c. de appellationi-
bus495, und dem Bittsteller den letzten Tag der recht-
lichen Frist, d.h. den dreißigsten, zur Aushändigung
der Stellungnahme zu bezeichnen hat. Um jedoch
nicht den Anschein zu erwecken, als wolle er den An-
gezeigten benachteiligen oder als mache er sich unge-
bührlicher Benachteiligung verdächtig, auch nicht um
den Anschein zu erwecken, er halte die ihm auferlegte
Beschwer, um derentwillen appelliert worden ist, auf-
recht, so ist es besser, daß er innerhalb der rechtlichen
Frist einen angemessenen Termin festsetzt, z.B. den
zehnten Tag oder den zwanzigsten. Und zwar kann er
danach, wenn er [die Sache dann noch] nicht erledi-
gen will, beim Herannahen des Termins diesen ver-
schieben, indem er sagt, er sei durch andere Angele-
genheiten in Anspruch genommen gewesen oder der-
gleichen.
Fünftens muß der Richter beachten, daß er, wenn er
dem Appellanten, der um die Stellungnahme ein-
kommt, einen Termin vorbestimmt, ihn nicht bloß zur
Übergabe der Stellungnahme, sondern gleichermaßen
zur Übergabe und Aushändigung bezeichnet, weil,
wenn er ihn nur zur Übergabe bestimmen würde, der
Richter, von dem aus496 appelliert wird, daraufhin

Hexen
4.920 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 790

[die Stellungnahme] dem Appellanten zu schicken


hätte. Er wird ihm also den Termin, d.h. den und den
Tag des und des Jahres, zur Übergabe und Aushändi-
gung der und der Stellungnahme vom Richter be-
zeichnen, so wie er ihn zu geben beschlossen hat.
Sechstens soll er beachten, daß er bei der Bezeich-
nung dieses Termins in der Antwort nicht sagt, er
werde eine abschlägige oder befürwortende Stellung-
nahme abgeben. Sondern, um eingehender überlegen
zu können, soll er sagen, daß er sie so erledigen
werde, wie er sie zu erledigen dann beschließen
werde. Er möge auch bedenken, daß er bei der Be-
zeichnung dieses Termins dem Appellanten, damit
jede Schutzmaßnahme, Ränke und Bosheiten des Ap-
pellanten ausgeschlossen werde, Ort, Tag und Stunde
im besonderen angibt; daß er z.B. den 20. August ge-
genwärtigen Jahres bezeichnet, [und] als Stunde die
Vesper und [als Ort] das Zimmer des Richters selbst,
in dem und dem Haus in der und der Stadt oder des
und des Ortes, dem und dem Appellanten, zur Über-
gabe und Aushändigung der Stellungnahme, so wie er
sie zu erledigen beschlossen haben wird.
Siebtens beachte er, wenn er in seinem Herzen be-
schlossen hat, den Angezeigten festzuhalten, da es das
Verbrechen verlangt und die Gerechtigkeit erfordert,
daß er bei der Bezeichnung [128va] des Termins an-
gibt, daß er dem Appellanten den und den Termin zur

Hexen
4.921 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 791

Übergabe oder persönlichen Aushändigung der Stel-


lungnahme bezeichnet. Und er möge dem Appellanten
den und den Ort zur Abgabe der Stellungnahme an
ihn und zur Aushändigung derselben von ihm be-
zeichnen, an dem der Richter die Gewalt hat, den Ap-
pellanten uneingeschränkt festzuhalten, jedoch nur
nach vorheriger Abgabe einer abschlägigen Stellung-
nahme; sonst nicht.
[Achtens] Siebtens497 beachte der Richter, daß er
gegen den Appellanten keine neuen Maßnahmen er-
greife, sei es, daß er ihn verhaftet oder den [peinli-
chen] Fragen aussetzt oder aus dem Gefängnis befreit
oder sonst etwas, von der Stunde an, in der ihm die
Appellation vorgelegt worden ist, bis zu der Stunde,
in der er eine abschlägige Stellungnahme abgegeben
hat.
Als Nachwort dienend: Beachte, oft kommt es vor,
daß der Beschuldigte, wenn er zweifelt, was für ein
Urteil gegen ihn gefällt wird, weil er sich seiner
Schuld bewußt ist, zu dem Mittel der Appellation Zu-
flucht nimmt, um so dem Urteil des Richters zu entge-
hen, weshalb er von sich selbst aus appelliert und
mißbräuchliche Gründe angibt, z.B. daß der Richter
ihn in Haft gehalten und ihn gegen eine angemessene
Sicherheitsleistung nicht hat freilassen wollen und
ähnliches mißbräuchlich gefärbtes [Verbringen].
Wenn diese Appellation dem Richter vorgelegt wor-

Hexen
4.922 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 792

den ist, soll er sich eine Abschrift der Appellation


ausbitten, und wenn er sie hat, bestimme er sogleich
oder nach zwei Tagen in [seiner] Antwort Tag, Stunde
und Ort zur Übergabe und Aushändigung einer sol-
chen Stellungnahme, wie er beschlossen haben wird,
jedoch innerhalb der rechtlichen Frist, z.B. den zehn-
ten, fünfzehnten, zwanzigsten oder dreißigsten Tag
des und des Monats. Innerhalb dieser bezeichneten
Frist möge der Richter sorgfältig die Abschrift der
Appellation und die Beschwernisse oder Gründe, um
derentwillen jener appelliert, prüfen und mit einem
guten Rat von Rechtsgelehrten erwägen, ob er dem
Appellanten eine abschlägige Stellungnahme erteilen
solle, d.h. verneinende Antworten, indem er die Ap-
pellation nicht zuläßt, oder zustimmende, d.h. beja-
hende und zuerkennende Antworten, die an den Rich-
ter zu senden sind, an welchen jener appelliert, wobei
sie in die Appellation eingetragen werden. Wenn er
nämlich sehen sollte, daß die Gründe der Appellation
falsch oder mißbräuchlich wie auch nichtig sind und
daß der Appellant nichts weiter als dem Urteil zu ent-
gehen trachtet, so gebe er eine negative oder abschlä-
gige Stellungnahme ab. Wenn er aber sieht, daß die
Beschwernisse498 wirklich bestehen und ihm unge-
rechterweise auferlegt worden sind, auch nicht wie-
dergutzumachen sind, oder er zweifelt, ob es so ist,
oder er sonst [der Sache] wegen der Bosheit des Ap-

Hexen
4.923 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 792

pellanten überdrüssig ist [128vb] und er sich von


einer so großen Last befreien will, so möge er dem
Appellanten eine zusagende oder zuerkennende Stel-
lungnahme ausfertigen. Wenn daher der dem Appell-
anten bezeichnete Termin herannaht und der Richter
den Bericht oder die Antworten noch nicht formuliert
hat oder sonst nicht bereit ist, kann er aufschiebend
zugleich oder nach und nach bis zum dreißigsten Tag
Aufschub geben, welches der letzte rechtliche Termin
zur Erledigung der bezeichneten Stellungnahme ist.
Wenn er sie aber formuliert hat und [dazu] aufgelegt
ist, kann er dem Appellanten sogleich die Stellung-
nahme geben. Wenn er daher beschlossen hat, eine
negative oder abweisende Stellungnahme abzugeben,
so soll er es beim Herannahen des aufschiebend be-
zeichneten Termins auf folgende Weise erledigen:
Aber der genannte Richter, antwortend auf die ge-
nannte, inzwischen eingelegte Appellation, wenn sie
Appellation genannt zu werden verdient, sagt, daß er
selbst rechtmäßig und den kanonischen Satzungen
oder auch den kaiserlichen Bestimmungen oder Geset-
zen gemäß vorgegangen ist, vorzugehen beabsichtigt
und vom Pfade beider Rechte nicht abgewichen ist
noch abzuweichen beabsichtigt; auch den Appellanten
selbst gar nicht beschwert noch zu beschweren beab-
sichtigt oder im Sinne gehabt hat. Dies ergibt sich aus
den angeführten betonten Gründen. Die einzelnen

Hexen
4.924 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 793

durchgehend [ist zu sagen]: Er hat ihn darin nicht be-


schwert, daß er ihn verhaftet und in Haft gehalten hat.
Denn da er ihm wegen der und der ketzerischen Ver-
kehrtheit angezeigt worden ist und viele Zeugen gegen
sich hat, so mußte und muß er ihn mit Recht als der
Ketzerei überführt oder als ihm schwer verdächtig in
Haft halten. Er hat ihn auch nicht beschwert, weil er
ihn nicht gegen Sicherheitsleistung [frei]geben wollte.
Denn da das Verbrechen der Ketzerei ein schwereres
Verbrechen ist, auch der Appellant selbst überführt
war und keineswegs beim Leugnen blieb, so ist er
auch gegen die höchste Sicherheit nicht [frei]zugeben,
sondern er ist und war im Gefängnis festzuhalten.
(Und so möge er [auch] die anderen Gründe durchge-
hen. Wenn dies geschehen ist, sage er: Daher scheint
der Richter gebührend und gerecht vorgegangen und
von den Pfaden des Rechts gar nicht abgewichen zu
sein und ihn nicht im geringsten beschwert zu haben.
Aber der Appellant selbst ist eifrig bestrebt, durch
überzeichnete wie auch erdichtete Gründe dem Urteil
zu entgehen, indem er unberechtigt und ungehörig ap-
pelliert. Deswegen ist seine Appellation mißbräuch-
lich und nichtig, indem sie ja nicht aufgrund einer Be-
schwer eingelegt worden ist, [sondern] verkehrt ist
nach Inhalt und Form. Und da mißbräuchlichen Ap-
pellationen [129ra] weder die Rechte nachkommen
noch vom Richter nachgekommen werden darf, so

Hexen
4.925 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 793

sagt also der Richter, daß er die eingelegte Appellati-


on nicht zuläßt noch zuzulassen beabsichtigt noch ihr
nachkommt noch nachzukommen vorhat. Und diese
Antwort bietet er dem besagten, der und der, welcher
so ungehörig appelliert, als abschlägige Stellungnah-
me und befiehlt, sie sofort unmittelbar hinter der ge-
nannten ihm vorgelegten Appellation [in die Akten]
einzufügen.« Und damit übergebe er sie dem Notar,
der ihm die Appellation vorgelegt hat.
Nachdem diese abschlägige Stellungnahme dem
Appellanten so erteilt worden ist, möge der Richter
sogleich seines Amtes walten, indem er [mit dem Pro-
zeß] dadurch fortfährt, daß er die Anordnung gibt,
denselben zu verhaften oder festzuhalten oder ihn zu
festzunehmen, oder indem er ihm einen Termin be-
zeichnet, an dem er vor ihm erscheinen soll, oder
etwas ähnliches, aus dem sich ergibt, daß er nicht auf-
hört, Richter zu sein. Und er wird seinen Prozeß
gegen den Appellanten fortsetzen, bis er von dem
Richter, an den appelliert worden ist, gehindert wird
fortzufahren. Jedoch möge sich der Richter hüten,
gegen die appellierende Person irgendeine neue Maß-
nahme zu treffen, weder indem er sie verhaftet, noch,
falls sie verhaftet ist, aus dem Gefängnis befreit, noch
sonst etwas, von der Stunde an, in der ihm die Appel-
lation vorgelegt worden ist, bis er ihm die abschlägige
Stellungnahme übergeben hat. Aber danach wird er es

Hexen
4.926 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 794

können, wie gesagt worden ist, falls die Gerechtigkeit


es verlangt, bis es von dem Richter verboten wird, an
den appelliert worden war. Und dann möge er ihn
[den Delinquenten] mit den geschlossenen und versie-
gelten Akten auf Treu [und Glauben], unter sicherer
Bewachung, und, falls es geboten ist, gegen, geeigne-
te Sicherheitsleistung an den bezeichneten Richter zu-
rückschicken.
Wenn aber der Richter beschlossen hat, eine statt-
gebende und zuerkennende Stellungnahme auszuferti-
gen, wird er ihn beim Herannahen des bezeichneten
verschobenen Termins zur Abgabe und zum Empfang
schriftlich in der folgenden Weise ausfertigen:
»Und der genannte Richter, antwortend auf die ge-
nannte eingelegte Appellation, wenn sie Appellation
genannt zu werden verdient, sagt, daß er gerecht und
wie er mußte in der vorliegenden Sache vorgegangen
ist und nicht anders, noch den genannten Appellanten
beschwert noch ihn zu beschweren beabsichtigt hat. –
Dies ergibt sich aus den angeführten Gründen – sie
werden einzeln durchgegangen –. Denn er hat ihn
darin nicht beschwert [129rb], wenn er sagt etc. – er
möge die einzelnen Gründe der Appellation in ange-
messenerer Weise und so wahrheitsgemäß durchge-
hen, wie er nur kann und schließt so: – Daher er-
scheint es [so], daß der Richter selbst den genannten
Appellanten in keiner Weise beschwert und ebendie-

Hexen
4.927 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 794

sem Appellanten keinen Grund gegeben hat, zu fürch-


ten, es würde gegen ihn nicht nach Gebühr und Ge-
rechtigkeit vorgegangen. Deswegen ist seine Appella-
tion mißbräuchlich und nichtig, weil sie aus keinerlei
Beschwernis heraus eingelegt worden ist, und es ist
ihr von Rechts wegen keine beachtung zu schenken.
Aber um der Ehrfurcht vor dem apostolischen Stuhl
willen, an welchen appelliert worden ist, sagt der
Richter selbst, daß er die genannte Appellation zu-
läßt, ihr Beachtung schenkt und Beachtung zu schen-
ken beabsichtigt, indem er die ganze gegenwärtige
Angelegenheit an unseren heiligsten Herrn, den Papst
und an den heiligen apostolischen Stuhl verweist und
demselben Appellanten eine bestimmte Zeit, nämlich
so und so viele nächstfolgende Monate bezeichnet, in-
nerhalb derer er sich mit den geschlossenen und ver-
siegelten Akten, oder sonst nach der Stellung einer
geeigneten Bürgschaft, an der römischen Kurie vor-
stellen zu wollen, oder sich mit einer treuen und si-
cheren, ihm durch die Richter selbst zu stellenden Be-
wachung, an der römischen Kurie unserem Herrn,
dem Papst, vorzustellen hat. Und diese Antwort unter-
breitet der Richter selbst demselben Appellanten als
befürwortende Stellungnahme und befiehlt, sie unmit-
telbar hinter der eingereichten, demselben [dem Rich-
ter] vorgelegten Appellation einzufügen.« Und so soll
er ihn dem Notar übergeben, der die Appellation dem-

Hexen
4.928 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 795

selben [dem Richter] vorgelegt hat.


Es möge aber ein kluger Richter beachten, daß er
sogleich, sobald er dem Appellanten die zuerkennen-
de Stellungnahme ausgefertigt hat, selbst aufhört, in
der Sache Richter zu sein, in der jener appelliert hat.
Er kann auch nicht weiter darüber erkennen, ausge-
nommen, die Sache wird durch unseren heiligsten
Herrn, den Papst, an ihn rückverwiesen. Daher soll er
sich in diese Sache nicht weiter einmischen, außer daß
er den besagten Appellanten in der genannten Weise
zu unserem Herrn, den Papst, schickt, indem er dem-
selben einen passenden Termin bezeichnet; nämlich
einen Monat, zwei oder drei, damit er sich inzwischen
darauf einrichten und vorbereiten kann und von ihm
eine geeignete Sicherheitsleistung empfängt, inner-
halb derselben bezeichneten Frist an der römischen
Kurie zu erscheinen und sich vorzustellen [129va];
oder wenn der Appellant jene [Sicherheitsleistung]
nicht erbringen kann, werde er auf Treu und Glauben
und sicherer Bewachung hingeschickt. Oder er ver-
pflichte sich, so gut er kann, innerhalb des bezeichne-
ten Termins an der römischen Kurie unserem Herrn,
dem Papst, vorstellig zu werden; oder er wird nicht
für jenen einstehen.
Wenn aber der Richter eine andere Sache vorliegen
hat und in der anderen Sache gegen ihn vorgeht, in
welcher der Beschuldigte nicht appelliert hat, so

Hexen
4.929 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

bleibt der Richter in jener Sache selbst Richter wie


zuvor. Auch wenn nach Zulassung der Appellation
und Übergabe einer zuerkennenden Stellungnahme
der Appellant selbst wegen anderer Ketzereiverbre-
chen angeklagt und dem Richter denunziert wird, um
die es sich in der Sache, deretwegen er appelliert hat,
nicht handelt, hört er nicht auf, Richter zu sein; im
Gegenteil, er selbst kann ungehindert wie vorher er-
mitteln und die Zeugen vernehmen. Und während die
erste Sache an der römischen Kurie erledigt oder an
den Richter zurück verwiesen worden ist, kann er in
der zweiten ungehindert vorgehen.
Es mögen aber die Richter beachten, daß sie die
verschlossenen und versiegelten [Prozeß]akten an die
römische Kurie unter Bezeichnung der Richter schik-
ken, die nach der Verhandlung des Prozeßergebnisses
das Urteil fällen sollen. Auch sollen die Inquisitoren
dort nicht dafür Sorge tragen, gegen die Appellanten
zu verhandeln, sondern sie ihren genannten Richtern
zur Aburteilung überlassen. Und diese Richter sollen,
wenn die Inquisitoren gegen die Appellanten nicht zu-
ständig werden wollen, von Amts wegen auf Betrei-
ben der Appellanten vorgehen, wenn sie [die Inquisi-
toren] entbunden werden wollten.
Es mögen die Richter auch beachten, daß, wenn sie
auf Drängen der Appellanten persönlich geladen wer-
den und erscheinen, sie sich doch gänzlich hüten, die

Hexen
4.930 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

Sache zu beschwören. Sondern sie sollen darauf ach-


ten, die Prozeßverhandlungen zu erledigen und die
ganze Sache an jene [Appellationsrichter] zurückzu-
geben und dafür zu sorgen, daß sie recht schnell zu-
rückkehren können, um dort nicht in abträglicher
Weise durch Unmut, Mühsal, Arbeiten und Ausgaben
überlastet zu werden. Denn daraus erwachsen Nach-
teile für die Kirche, und die Ketzer werden bestärkt,
und dann finden die Richter nicht so viel Gunst und
Achtung und werden nicht gefürchtet, wie es ihre Ge-
genwart bewirkt. Desgleichen wenn irgendwelche an-
deren Ketzer ihrerseits sehen, daß die Richter an der
römischen Kurie überlastet und stark beschäftigt sind,
werden sie rebellisch, schätzen sie gering499, werden
trotzig und säen die Ketzereien [um so] dreister. Und
wenn gegen sie verhandelt wird, werden sie in ähnli-
cher Weise appellieren. Auch andere Richter werden
saumseliger in der Wahrnehmung der Glaubensge-
schäfte und in der Ausrottung der Ketzer [129vb], da
sie fürchten, sie würden durch ähnliche Appellationen
vor Unmut und Mühsal überdrüssig. Und alles läuft
auf einen großen Schaden für den Glauben und die
heilige Kirche Gottes hinaus, wovor sie der Bräuti-
gam der Kirche bewahren möge.
Lob sei Gott, Verderben der Ketzerei, Friede den
Lebenden, ewige Ruhe den Toten. Amen.

Hexen
4.931 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

Fußnoten

1 Heretice pravitatis = der ketzerischen Verkehrtheit.


2 Decretalium liber 5,2,8,Sane.
3 Gratianus, Decretum 3,2,95.
4 Ez 21,26.
5 Ez. 21,26: er wirft mit den Pfeilen das Los.
6 Divinatores artificiales; nach Schnyder (1993) 227
solche, die nur mit Kunstgriffen arbeiten, womit der
Ketzereiverdacht nicht spezifisch ist.
7 Die Hostie.
8 3 Reg 11,4–8.
9 Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
10 Decretalium liber sextus 5,2,18, Prohibemus.
11 Codex Iustinianus 1,9,18.
12 Die Bekämpfung dieser rückfälligen conversos
war die Hauptaufgabe der 1478 gegründeten Inquisi-
tion in Spanien.
13 Preses (eigentlich Statthalter); Verweis auf das
Römische Recht. Der Begriff Statthalter wird im fol-

Hexen
4.932 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

genden, da anachronistisch, nicht übernommen, es sei


denn, es wird eindeutig aus dem Römischen Recht
und seiner Kommentierung zitiert.
14 Iustinianus, Novellae 17,11.
15 Vgl. Anm. 13.
16 Codex Iustinianus 9,18,5. – Alle Bestimmungen
des antiken Kaiserrechts wurden bereits eingangs auf
fol. 5rb aufgezählt.
17 Codex Iustinianus 9,18,5.
18 Codex Iustinianus 9,18,8.
19 Codex Iustinianus 9,18,3.
20 Lex Multi, mit der berühmten Bestimmung, die
Wahrsager in der Arena den wilden Tieren vorzuwer-
fen. Im Erstdruck des ›Malleus‹ hier fälschlich »l. mi-
liti«. Codex Iustinianus 9,18,5. – Vgl. dazu Fögen
(1997) 46.
21 Iustinianus, Novellae 17,11.
22 Verfasser der glossa ordinaria zu den Novellae
(hier 17,11) war wohl Accursius (um 1185–1263).
23 Codex Iustinianus 1,1,1.
24 Decretales Gregorii IX. 5,7,9; 5,7,10; 5,7,13;
5,7,15.

Hexen
4.933 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

25 Codex Iustinianus 1,5,4; 1,5,5.


26 Iustinianis, Novellae 83,1.
27 Vgl. Einleitung. Anspielung auf die eigenen He-
xenverfolgungen in Oberschwaben.
28 Königreiche Kastilien und Aragon. Die Spanische
Inquisition ist 1478 hauptsächlich zur Verfolgung der
conversos und moriscos eingerichtet worden. – Seit
1482 begannen jedoch Hexeninquisitionen in Nord-
spanien. Hansen (1901) 236–239, 246–251, 500.
29 Original genere divinationum, hier als Oberbe-
griff für die genannten Weissagungen verstanden.
30 Clementinae 5,3,1.
31 Kommentare zum Decretalium liber sextus
5,2,8,Sane.
32 Sentenzenkommentare zu 2,7.
33 Decretales Gregorii IX. 5,21,2.
34 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Sane.
35 Die Hostie.
36 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Sane.

Hexen
4.934 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

37 Johannes Monachus, Kommentar zum Decretalium


liber sextus 5,2,8,Sane.
38 Raymundus de Penaforte, Summa 1,11.
39 Wilhelm von Montelauduno, Lectura super Sex-
tum 5,2,8,Sane.
40 Kanon Episcopi. Gratianus, Decretum 2,26,5,12.
41 Thomas von Aquin, Sentenzenkommentar
2,7,3,2,Responsio.
42 Is 8,19.
43 Albertus Magnus, Sentenzenkommentar
2,7,12,Solutio.
44 Petrus von Tarantaise (Innozenz V), Sentenzen-
kommentar 2,7,3,2,ad 5.
45 Bonaventura, Sentenzenkommentar 2,7,2,3.
46 Bonaventura wurde 1482 von Papst Sixtus IV.
heiliggesprochen.
47 Alexander von Hales, Sentenzenkommentar
2,7,21.
48 Guido Terrena, Sentenzenkommentar 2,7,3,2.
49 Vgl. für diese Ansicht auch Nikolaus Eymerich,
Directorium inquisitorum II,49,4.

Hexen
4.935 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

50 Iudex ordinarius ist im mittelalterlichen Kirchen-


recht die Person, welche die Jurisdiktionsvollmacht
innehat, d.h. Papst, Bischof, Vikar oder Administra-
tor.
51 Decretalium liber sextus 5,2,8,Sane.
52 Original: divinitatem.
53 Augustinus, De utilitate credendi 1,1.
54 Deut 5,18.
55 Anspielung auf die päpstlichen Ermächtigungen
von 1479 und 1484.
56 Antoninus Pierozzi, Summa theologiae 2,12,5,1.
57 Die Hostie.
58 Decretalium liber sextus 5,2,8,Sane.
59 Bezeichnung (nach Simon Magus) des mittelalter-
lichen Kirchenrechts für jemanden, der verbotenerwei-
se mit geistlichen Sachen handelt, bes. kirchliche
Ämter gegen materielle Leistungen erwirbt, vgl. Act
8,18–24.
60 Zur Streichung der Negation aus inhaltlichen
Gründen vgl. Schnyder (1993) 233.
61 Gratianus, Decretum 2,1,1,5.

Hexen
4.936 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

62 Thomas von Aquin, Summa theologiae


2,2,100,1,ad 1.
63 Decretalium liber sextus 5,2,2.
64 Decretalium liber sextus 5,2,8.
65 Gratianus, Decretum, 1,32,11.
66 Die Hostie.
67 Im Innsbrucker Hexenprozeß von 1485 der Vor-
wurf gegen die Jüdin Ennel Notterin. – Ammann
(1890); vgl. Einleitung.
68 Aristoteles, Nikomachische Ethik 3,2.
69 Decretalium liber sextus 5,2,8,Sane.
70 Die Hostie.
71 Vgl. fol. 94va.
72 Bulle »Summis desiderantes affectibus« vom 5.
Dez. 1484. Vgl. fol. Ir-v.
73 Decretalium liber sextus 5,2,16.
74 Die Hostie.
75 Vgl. fol. 94va.
76 Gratianus, Decretum 2,24,1,14.

Hexen
4.937 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

77 Gratianus, Decretum 2,24,1,12.


78 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,11,2,ad 3.
79 Gratianus, Decretum 2,24,1,9.
80 Im römischen Recht war streitig, ob bei Ver-
brauchsgütern das Eigentums- und Nutzungsrecht
auseinanderfallen kann, vgl. M. Kaser, 1. Abschnitt
(1971), §§ 102, 106, S. 427,453f.; 2. Abschnitt
(1975), § 247, S. 306.
81 Extravagantes 14,3.
82 Augustinus, De civitate Dei 18,51.
83 Vgl. hierzu fol. 37ra.
84 Diese Topoi kehren sehr häufig in den Geständnis-
sen der »Hexen« in Hexenprozessen wieder.
85 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
86 Raymundus de Penaforte, Summa 1,7,4.
87 Vgl. zur Abweichung zwischen der ersten und der
letzten Ausgabe des Hexenhammers an dieser Stelle
Schnyder (1993) 233.
88 Hieronymus, Kommentar zu Titus 3,10f.
89 Augustinus, De utilitate credendi 1,1.

Hexen
4.938 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

90 Gratianus, Decretum 2,24,3,29; Thomas von


Aquin, Summa theologiae 2,2,11,2,ad 3.
91 Decretalium liber sextus 5,2,8.
92 Vgl. aber Schnyder (1993) 233, der hier volumus
lesen will.
93 Clementinae 5,3,1.
94 Decretales Gregorii IX. 5,7,9; 5,7,10; 5,7,13;
5,7,15.
95 Sap 6,6.
96 Eine der Feuerproben im mittelalterlichen Gottes-
urteil: der Proband muß ein heißes Eisen tragen und
unversehrt oder mit schnell heilenden Brandwunden
aus der Probe hervorgehen. Ein konkreter Fall ist der
Fürstenberger Prozeß gegen Anna Henni aus Röten-
bach bei Löffingen im Schwarzwald. Vgl. fol. 110rb.
97 Decretales Gregorii IX. 5,1.
98 Strafe der Wiedervergeltung.
99 Ex officio.
100 Auf diese Weise hat Kramer Anfang Oktober
1484 seine Inquisition in Ravensburg und Anfang
August 1485 in Innsbruck eingeleitet. Ammann
(1890) 8ff.; Müller (1910) 404f.

Hexen
4.939 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

101 Auf diese Weise wurden 1484 in Ravensburg die


Anzeigen gesammelt. Der Name des Notars ist unbe-
kannt. Mit ziemlich großer Sicherheit war es der in
der Bulle Innozenz' VIII. dieses Jahres erwähnte Jo-
hann Gremper aus Konstanz. Vgl. fol. Irv. Gremper
findet sich nämlich 1485 in Ravensburg als Kaplan
wieder. Kramer brauchte demnach einen neuen Notar.
In Innsbruck war es 1485 Johann Kanter aus Utrecht.
Ammann (1890) 32; Wilson (1996) 94.
102 Decretalium liber sextus 5,2,11,Verum.
103 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,11,Verum.
104 Deut 19,15.
105 Kramer gibt an: Digesta 22,3,25,Sin autem, ge-
meint ist aber wohl: Iustinianus, Codex 4,19,25.
106 Iustinianus, Codex 1,5,2.
107 Decretalium liber sextus 5,2,20.
108 Vgl. fol. 99vb-100ra.
109 Iustinianus, Digesta 48,18,16.
110 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,11,Verum.

Hexen
4.940 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

111 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium


liber sextus 5,2,5,Ende.
112 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,11,Verum; 5,2,5,Ende.
113 Kommentar zu den Decretales Gregorii IX.
5,7,13,Adicimus.
114 Decretales Gregorii IX. 2,20,33 (?).
115 Decretales Gregorii IX. 2,23,14.
116 Original: ex indirectorio ist nach der letzten
Ausgabe des Hexenhammers von 1669 zu korrigie-
ren: ex directorio, was nach Schnyder (1993) 235
eine direkte Nennung des Inquisitionshandbuchs ›Di-
rectorium inquisitorum‹ (1376) des spanischen Inqui-
sitors Nikolaus Eymerich, der wichtigsten Vorlage für
den dritten Teil des Hexenhammers, ist.
117 Fehlt im Text. Vgl. Inhaltsübersicht.
118 Decretalium liber sextus 5,2,11,Verum.
119 Decretales Gregorii IX. 2,21,4f.
120 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Adicimus.
121 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,11,Verum.

Hexen
4.941 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

122 Decretales Gregorii IX. 2,21,4f.


123 Iustinianus, Digesta 48,18,16.
124 Decretalium liber sextus 5,2,3.
125 Decretalium liber sextus 5,2,5.
126 Decretalium liber sextus 5,2,8,Licet.
127 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Licet.
128 Gratianus, Decretum 2,2,7,22.
129 Zahlreiche der Innsbrucker Zeugenaussagen
stammten von Todfeinden, Kramer hat sie dennoch
zugelassen. Ammann (1890); Dienst (1987).
130 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Licet.
131 Gratianus, Decretum 2,3,5,2.
132 Decretales Gregorii IX. 5,3,31,Schluß.
133 Henricus de Segusio, Summa aurea 5,1,2.
134 Vgl. fol. 103va-105rb.
135 Decretalium liber sextus 5,2,20.
136 Clementinae 5,11,2.

Hexen
4.942 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

137 Berufung gegen das Urteil eines unteren Gerichts


an ein höheres zur Prüfung der Richtigkeit der ange-
fochtenen Entscheidung. Die Wirkung des Urteils
wird zunächst ausgesetzt. Vgl. auch fol. 75ra,
127vb-129vb.
138 Eidesleistung, mit der beteuert wird, nicht gegen
jemanden wider besseres Wissen in einem Prozeßver-
fahren Ansprüche zu erheben oder zu klagen. – Hand-
wörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte 2 (1978)
566–570.
139 Vgl. fol. 97vb.
140 Rechtlich wurde durch das Gerücht seit der Pro-
zeßrechtsreform Innozenz' III. auf dem vierten Late-
rankonzil die eigentlich erforderliche Klage fingiert.
141 maleficus.
142 Decretalium liber sextus 5,2,11.
143 Diese Regel hat Kramer als Inquisitor in Inns-
bruck im Herbst 1485 befolgt. Vgl. Einleitung.
144 Bei Hausdurchsuchungen wurden in Innsbruck
und bei anderen Prozessen zahlreiche Gegenstände
zutage gefördert, die auf eine lebendige Zauberkultur
schließen lassen. Ammann (1890); Dienst (1987).
145 Vgl. fol. 69ra-71rb.

Hexen
4.943 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

146 Genuswechsel im Text.


147 Genuswechsel im Text nach der Vorlage des In-
terrogatoriums, dem ›Directorium‹ des Nikolaus Ey-
merich.
148 Genuswechsel im Text.
149 Vermutlich implizierter Genuswechsel wegen
Wechsel zur Hexenmaterie.
150 Innsbrucker Hexenprozeß 1485, wo die Hauptan-
geklagte Helena Scheuberin dies wörtlich gegenüber
dem Ritter Jörg Spieß ausgesprochen hatte.
151 Derartige auf die weibliche Sexualität zielende
Fragen von seiten Kramers haben zum Abbruch der
Innsbrucker Hexenverfolgung geführt. Vgl. Einlei-
tung.
152 Falscher Rückverweis, vgl. aber die zweite Frage
fol. 99rb.
153 Vgl. fol 115va-117vb.
154 Beweisführung, die vom Stärkeren »erst recht«
auf das Schwächere schließt.
155 Original: penitens ist ins Gegenteil zu korrigie-
ren. Nach Schnyder (1993) 242.

Hexen
4.944 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

156 Sub cautione fideiussorum = Wiedergestellung


versprechen.
157 Dies war sowohl in Ravensburg 1484 als auch in
Innsbruck 1485 gegen den Willen des Inquisitors der
Fall. – Ammann (1890); Müller (1910).
158 Vgl. fol. 101va-b.
159 Sub cautione vel manulente.
160 Fideiussores.
161 Kramer hatte in seiner Funktion als Inquisitor
dieses Verfahren im Herbst 1484 dem Stadtrat von
Ravensburg nahegelegt, wie dieser in seinem Schrei-
ben vom 17. Dez. 1484 an Erzherzog Sigmund von
Tirol berichtete. Müller (1910) 400. – Das Aufheben
der Hexe bei der Verhaftung wurde von späteren Dä-
monologen selbst unter den Aberglauben eingereiht.
Vgl. Binsfeld (1589) oder Delrio (1599).
162 Falscher Rückverweis. Vgl. fol. 77ra-b.
163 Vgl. fol. 44ra-b.
164 Col 3,17.
165 Henricus de Segusio, Summa aurea, Fundstelle
unbekannt.
166 In pretorio.

Hexen
4.945 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

167 Clementinae 5,3,1.


168 Vgl. fol. 102ra.
169 Decretalium liber sextus 5,2,20,Iubemus.
170 Vgl. fol. 97rb.
171 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,20,Iubemus.
172 Decretalium liber sextus 5,2,20,Et ut.
173 Decretalium liber sextus 5,2,20, am Ende.
174 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,20, am Ende.
175 Absque pena sanguinis. Gemeint ist die Todes-
strafe.
176 Goffredus de Trano, Summa titulorum decreta-
lium 1,40 (?).
177 Iustinianus, Codex 3,1,14.
178 Henricus de Segusio, Summa aurea 1,40,5.
179 Iustinianus, Codex 5,37,6.
180 Iustinianus, Codex 2,6,6 (wohl falsche Stellenan-
gabe bei Kramer).

Hexen
4.946 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

181 Vgl. fol. 100ra-b.


182 Gratianus, Decretum 2,3,7,2,Arcentur;
2,3,7,1,Tria.
183 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Credentes.
184 Vgl. fol. 100ra-b.
185 Gratianus, Decretum 2,24,3,32.
186 Decretalium liber sextus 5,2,8.
187 Hierzu das Beispiel des Juristen Johann Merwais
von Wendingen, der am 31. Oktober 1485 den Inns-
brucker Hexenprozeß beendete. Vgl. Einleitung.
188 Versagte Nachbarschaftshilfe bildete eine Haupt-
ursache für Unmutsäußerungen oder Drohungen, die
nach dem Eintreten eines Unglücks als Indiz der He-
xerei gewertet wurden.
189 Sog. Urfehde: ein eidlich bekräftigter Fehdever-
zicht zwischen dem Verklagten und dem Kläger, bei
Offizialprozessen wie der Inquisition auch dem Ge-
richt. Der Täter verspricht unter Eid, sich nicht für die
Gefangennahme und die Haft rächen zu wollen. Vgl.
die Anm. zu fol. 54vb.
190 Vgl. fol. 104rb-104va.
191 Decretales Gregorii IX. 5,34,10.

Hexen
4.947 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

192 Decretales liber sextus 5,2,8.


193 Vgl. fol. 114vb-117vb.
194 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
195 Decretales Gregorii IX. 5,7,15.
196 Vgl. fol. 116rb-117vb.
197 Concurreret ist aus inhaltlichen Gründen zu con-
currerent zu korrigieren. Vgl. Schnyder (1993) 247.
198 Vgl. fol. 101va-102ra.
199 Hans Portner, der Torwärter des Erzherzog Sig-
mund, hatte am 16. Oktober 1485 dem Inquisitor zu
Protokoll gegeben: Agnes Sneiderin, Witwe Peter
Sneiders, seine frühere Geliebte, habe zu ihm bei sei-
ner Hochzeit gesagt: »ich will dir und ir tun, daz ir
keinen gesunden tag nimmer bei einander haben sol-
len«. Ammann (1890) 48.
200 Deutsches Wort im Original.
201 Vgl. fol. 88ra.
202 2 Cor 12,16.
203 Vgl. fol. 99vb-100ra.
204 Vgl. fol. 99vb-100ra.

Hexen
4.948 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

205 Genuswechsel und Abweichen von der Vorlage,


dem »Directorium inquisitorum« des Nikolaus Eyme-
rich, wohl wegen des Übergangs zur Hexereithematik.
206 Decretalium liber sextus 5,2,20.
207 Vgl. zu dieser Fehlzählung Schnyder (1993) 250.
208 Vgl. 101va-b.
209 Exempel Speyer 6. – Vgl. fol. 47va, fol. 57va,
78va, 105va, 126va.
210 Bernardus de Botone, Kommentar zu den Decre-
tales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
211 Vgl. fol. 101va-b.
212 Vgl. 101vb.
213 Vgl. fol. 98vb-100rb.
214 Vgl. fol. 26rb-26va.
215 Vgl. zu dieser Fehlzählung Schnyder (1993) 250.
216 Original: stat post actus. Vgl. zu dieser sinnvol-
len Korrektur Schnyder (1993) 253.
217 Fortsetzung der Zählung, die auf fol. 105vb be-
gonnen wurde.
218 Vgl. fol. 105vb-106ra.

Hexen
4.949 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

219 Vgl. fol. 105vb-106ra.


220 Visio beatifica, Anschauung Gottes, eine bes. Art
der Gotteserfahrung. In der Theologie wurde seit dem
14. Jahrhundert (Papst Johannes XXII.) die nach dem
Tod vom Körper getrennte Seele als im Himmel selig
betrachtet.
221 Aliarum maleficarum magistra.
222 Verweis unklar. Vgl. aber fol. 76va-79vb.
223 Die fünfzehnte Frage ist doppelt vergeben. Vgl.
S. 132 und 673.
224 Bernhard von Clairvaux, Fundstelle unbekannt.
225 Vgl. fol. 113rb-114ra.
226 Vgl. fol. 44rb-44vb.
227 Io 15,22.
228 Kramer hat diese Rasur zur Entdeckung von
Schweige- und sonstigem Zauber bei seiner Inquisiti-
on im Herbst 1484 in Ravensburg selbst empfohlen.
Müller (1910) 400. – Die Aussagen des Henkers Die-
wolt Hartmann von Miltenberg, der in Diensten des
Kurfürsten Johann II. von Trier (1434–1503, reg.
1456–1503) und des Grafen Philipp II. von Virne-
burg (1459–1517) gestanden hatte, legen nahe, daß
genauso in Hexenprozessen verfahren worden ist.

Hexen
4.950 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

Hartmann war seit 1478 Henker und hatte allein in


den Jahren 1492–1494 ca. 30 Frauen als Hexen ver-
brannt. Hansen (1901) 592–594.
229 Vgl. fol. 106rb.
230 Original: in oppido hagenowie. Rückverweis,
vgl. fol. 50rb, 50vb.
231 Vgl. fol. 50rb.
232 Exempel Straßburg 8, Hagenau 2.
233 Exempel Brixen 7, Innsbruck 7.
234 Diözese Regensburg, Teil des Erzbistums Salz-
burg. Bischof war Heinrich IV. von Absberg (reg.
1465–1492). Während seiner Regierung sind Zaube-
reiprozesse in der Reichsstadt Regensburg in den Jah-
ren 1467, 1470 und 1480 überliefert. Behringer
(1987) 432. Das genannte Exempel hingegen ist der
Regensburger Chronistik unbekannt.
235 Exempel Regensburg 1.
236 Vgl. die Formulierung in der Bulle »Summis de-
siderantes affectibus« Innozenz' VIII. fol. Ir-v.
237 Exempel Como 4. – Vgl. fol. 32va, 48vb, 54vb.
Wieder wird der direkte Kontakt mit dem Inquisitor
von Como, Laurentius von St. Agatha, hervorgeho-
ben. 1485 wird als »vergangenes Jahr«, bezeichnet,

Hexen
4.951 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

Teil III des Hexenhammers wurde also 1486 geschrie-


ben. – Zur Rasur vgl. Kommentar zu fol. 107vb.
238 Deutsch im Original.
239 Vgl. fol. 108ra.
240 Exempel Regensburg 2.
241 Vgl. fol. 108va.
242 2 Cor 9,8.
243 Eccl 37,15.
244 2 Par 20,1–13.
245 Gratianus, Decretum 2,26,7,16.
246 Vgl. zu den Vorsichtsmaßregeln als eigenständi-
ger Frage im Inhaltsverzeichnis fol. 3rb.
247 Dem Delinquenten.
248 Longitudo Christi: »Länge Christi«, heiliges
Längenmaß. Die Länge des Körpers Christi wurde
mit 1,60 m bis 1,80 m angegeben, vgl. HDA 5
(1932/33) 899–902.
249 Genuswechsel wegen Übergang zur Hexereithe-
matik.
250 Vgl. fol. 110rb. Zur Feuerprobe als Teil des mit-
telalterlichen Beweisverfahrens des Gottesurteils vgl.

Hexen
4.952 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

fol. 97va.
251 Vgl. fol. 109va-b.
252 Karfreitag.
253 Vgl. fol. 106va-b.
254 Also 1485 oder 1486.
255 Original: castrum Kynigsheym. Bei Schmidt
(1906) III,103: Burg Königstein. Bei Schnyder
(1993) 407 jedoch Kintzheim bei Schlettstadt, dem
Geburtsort Kramers. – Gemeint ist aber die benach-
barte Hochkönigsburg, heute Haut Koenigsbourg,
Département Bas-Rhin, Frankreich. – Nachbardorf
von Kintzheim ist Kestenholz bei Schlettstadt, wo
1478 Hexenverfolgungen stattgefunden haben. Vgl.
Anm. zu fol. 62rb.
256 Exempel Straßburg 9. – Dieses Exempel vom
Hagelzauber bei Schlettstadt wurde von Delrio 1599
übernommen. Exempel Delrio Nr. 194, Fischer
(1975) 194.
257 Gratianus, Decretum 2,2,5,20.
258 Gratianus, Decretum 2,2,5,22.
259 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,95,8,ad 3.

Hexen
4.953 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

260 Kaiser Heinrich II., hl. (973/78–1024), deutscher


König aus dem salischen Herrscherhaus, seit 998 mit
Kunigunde kinderlos verheiratet, 1146 von Papst
Eugen III. kanonisiert.
261 Augustinus, De ordine 2,4,12.
262 Gratianus, Decretum 2,2,5,22.
263 1 Thess 5,22.
264 Der Kirchenväter.
265 Gratianus, Decretum 2,2,5,20.
266 Papst Stephan V. (reg. 885–891).
267 Thomas von Aquin, Summa theologiae
2,2,95,8,ad 3.
268 Nikolaus von Lyra, Postilla litteralis, zu 1 Sam
17.
269 1 Sam 17.
270 Goliath.
271 Paulus von Burgos, Additiones, zu 1 Sam 17.
272 1 Sam 17,45.
273 Dieser Fall läßt sich im Archiv von Donau-
eschingen nachweisen: Prozeß gegen Anna Henni aus
Rötenbach bei Löffingen, südöstlich von Donau-

Hexen
4.954 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

eschingen, im Schwarzwald. Die Frau wurde von Graf


Heinrich von Fürstenberg gegen Urfehde am 14. März
1485 freigelassen. Fürstenbergisches Urkundenbuch
IV,42: Riezler (1896) 78–79.
274 Exempel Konstanz 22 (Fürstenberg).
275 Clementinae 5,3,1.
276 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
277 Gratianus, Decretum 2,2,1,1.
278 Widerspruch zu oben fol. 105va, wo das Ge-
ständnis als alleinige Urteilsvoraussetzung fungiert.
279 Iustinianus, Digesta 42,1,1.
280 Gratianus, Decretum 2,2,6,41,Diffinitiva.
281 Gratianus, Decretum 2,2,6,28; 2,2,6,29.
282 Decretalium liber sextus 5,2,20.
283 Gratianus, Decretum 2,3,3,4,Spatium.
284 Vgl. fol. 100ra-b.
285 Clementinae 5,11,2.
286 Johannes Andreae, Kommentar zu den Clementi-
nae 5,11,2.
287 Gratianus, Decretum 1,1,4.

Hexen
4.955 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

288 Iustinianus, Digesta, Fundstelle unbekannt.


289 Vgl. fol. 106vb.
290 Kommentar zu Gratianus, Decretum 2,2,1,1.
291 Decretales Gregorii IX. 3,2,8.
292 Interpretatione iuris.
293 Gratianus, Decretum 2,3,9,10.
294 Gratianus, Decretum 2,32,1,2.
295 Gratianus, Decretum, 2,2,1,13.
296 Gratianus, Decretum 2,2,5,5.
297 Gratianus, Decretum 2,32,1,2.
298 Ad semiplenam probationem.
299 Decretales Gregorii IX. 2,23.
300 Decretales Gregorii IX. 4,1,30.
301 Gratianus, Decretum, 2,32,1,2.
302 Nova iura.
303 Decretalium liber sextus 5,2,8,Si autem.
304 Decretales Gregorii IX. 5,7,13.
305 Quatembertage: die vierteljährlich vorgeschriebe-

Hexen
4.956 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

nen drei Fasttage der römischen Kirche.


306 Iustinianus, Codex 1,5,2.
307 Henricus de Segusio, Summa aurea 2,23,4.
308 Decretalium liber sextus, 5,2,8,Accusatus.
309 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Accusatus.
310 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Accusatus.
311 Bernhard von Pavia, Fundstelle unbekannt.
312 Huguccio Pisanus, Fundstelle unbekannt.
313 Decretalium liber sextus 5,2,8,Si vero.
314 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Si vero.
315 Decretalium liber sextus 5,2,7.
316 Decretalium liber sextus 5,2,8.
317 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Accusatus.
318 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,8,Accusatus.
319 Gratianus, Decretum 1,34,1.

Hexen
4.957 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

320 Decretalium liber sextus 5,2,3.


321 Decretalium liber sextus 5,2,8.
322 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,2,Quicunque.
323 Vgl. fol. 73ra-b.
324 Decretales Gregorii IX. 5,7,13, Qui autem.
325 Henricus de Segusio, Summa aurea 2,23,4.
326 Ursprünglich Fluch mit Ausstoßung aus der Ge-
meinschaft. Im mittelalterlichen Kirchenrecht beinhal-
tet das Anathem in der Regel die Exkommunikation
unter Hinzufügung einer Verwünschungsformel.
327 Decretalium liber sextus 5,2,8,Accusatus.
328 Decretales Gregorii IX. 2,23,14,Quo circa.
329 Decretalium liber sextus 5,2,8.
330 Decretales Gregorii IX. 5,34,10.
331 Decretales Gregorii IX. 2,23,14.
332 Decretalium liber sextus 5,2,8, Eum vero.
333 Decretalium liber sextus 5,2,8, Eum vero.
334 Decretalium liber sextus 5,7,9,Presenti.

Hexen
4.958 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

335 Decretalium liber sextus 5,7,9,Presenti; Gratia-


nus, Decretum 2,26,2,6.
336 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Qui autem.
337 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Qui autem.
338 Decretalium liber sextus 5,2,7.
339 Decretalium liber sextus 5,2,11.
340 Decretales Gregorii IX. 5,7,9.
341 Decretales Gregorii IX. 5,7,9.
342 Decretales Gregorii IX. 2,23,12.
343 Decretales Gregorii IX. 2,23,2.
344 Vgl. fol. 116va-117vb.
345 N(omen) N(ominandum), der zu nennende Name.
346 Vgl. fol. 99vb-100ra.
347 Conpurgatores (wörtlich: Mitreiniger) als Eides-
helfer.
348 Decretales Gregorii IX. 5,34,10.
349 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Qui autem.
350 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Adiicimus.
351 Decretales Gregorii IX. 5,34,11.

Hexen
4.959 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

352 Decretales Gregorii IX. 5,34,5,Porro.


353 Decretales Gregorii IX. 5,34,16.
354 Decretales Gregorii IX. 5,34,10.
355 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Adiicimus.
356 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Illos quoque.
357 Clementinae 5,3,1.
358 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
359 Vgl. fol. 118va-119va.
360 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
361 Vgl. 120vb-121rb.
362 Original decimo modo ist fehlerhaft. Vgl. Schny-
der (1993) 268. Verweis auf fol. 121ra-121vb.
363 Vgl. zur vorliegenden Frage auch fol.
106rb-108va.
364 Decretalium liber sextus 5,2,8.
365 In vulgari. Schmidt (1906), III, 139: »Umgangs-
sprache«.
366 Genuswechsel im Original.
367 Decretalium liber sextus 5,2,8.

Hexen
4.960 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

368 Also die achte Form der Strafe. Vgl. fol. 118va-
119va.
369 Decretales Gregorii IX. 5,7,15.
370 Decretalium liber sextus 5,2,1.
371 Decretalium liber sextus 5,2,12.
372 Decretales Gregorii IX. 5,37,13.
373 Decretalium liber sextus 5,2,7.
374 Vgl. Innsbrucker Hexenprozeß: Ammann (1890).
375 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,7.
376 Decretales Gregorii IX. 5,7,9, Presenti.
377 Decretales Gregorii IX. 5,7,15.
378 Genuswechsel im Original.
379 Vgl. fol. 107ra-109rb.
380 Vgl. fol. 116vb.
381 Vgl. fol. 113rb-114ra.
382 Vgl. fol. 114vb-116rb.
383 Dieser, mit dem Vorhergehenden beinahe identi-
sche Passus wurde in der Übersetzung von Schmidt

Hexen
4.961 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

ausgelassen.
384 Decretales Gregorii IX. 5,7,13; 5,7,15.
385 Decretales Gregorii IX. 5,7,9Presenti.
386 ad modum scapularis. Überwurf der Ordensklei-
dung für die Arbeit.
387 Es sind sechs Hauptfeste: 2.2. Mariä Lichtmeß;
25.3. Mariä Verkündigung; 2.7. Mariä Heimsuchung;
15.8. Mariä Himmelfahrt; 8.9. Mariä Geburt; 8.12.
Mariä Empfängnis.
388 Decretales Gregorii IX., 5,34,10.
389 Decretales Gregorii IX., 5,34,10.
390 Vgl. fol. 113rb-114ra.
391 Decretales Gregorii IX. 5,34,10.
392 Decretalium liber sextus 5,2,8.
393 Decretalium liber sextus 5,2,8.
394 Decretales Gregorii IX. 5,7,13, Adiicimus.
395 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Illos quoque.
396 Decretalium liber sextus 5,2,12.
397 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.

Hexen
4.962 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

398 Decretales Gregorii IX. 5,7,15,Si qui autem.


399 Decretalium liber sextus 5,2,11.
400 Vgl. zu dieser Übersetzung Schnyder (1993)
274.
401 Ein präziser Hinweis fehlt. Vgl. fol. 115ra-b,
115vb, 117ra-b, 118ra.
402 Decretales Gregorii IX. 5,7,13; Decretales Gre-
gorii IX. 5,7,15.
403 Decretalium liber sextus 5,2,11.
404 Wohl Fehler im Original: frequentabant.
405 Decretalium liber sextus 5,2,4.
406 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
407 Decretalium liber sextus 5,2,1.
408 Die Negation fehlt im Original. Vgl. Schnyder
(1993) 276.
409 Vgl. fol. 120vb.
410 Henricus de Segusio, Summa aurea 5,7,3.
411 Falscher Verweis. Es dürfte das Ende der siebten
Frage, fol. 101vb, gemeint sein. Vgl. Schnyder
(1993) 278.

Hexen
4.963 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

412 Vgl. fol. 118va-119va.


413 Vgl. fol. 120vb-121rb.
414 Paulus Liazari, Kommentar zu den Clementinae
5,3,1.
415 In seiner Instruktion zum Fall der Barbara Sel-
achin vom 19. Oktober 1485 spezifiziert Kramer die
Einmauerung: »entweder im Stadtgefängnis oder in
ihrem eigenen Haus, das sie ohne Erlaubnis nicht ver-
lassen darf«. Ammann (1890) 58.
416 Kommentar zu den Decretales Gregorii IX. 5,7,9,
Qui vero.
417 Decretales Gregorii IX. 5,7,15.
418 Gemeint sind die weltlichen Richter.
419 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
420 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
421 Decretalium liber sextus 5,2,7.
422 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
423 Iud 15,4f.
424 D.i. der Hl. Geist.
425 Eine der sieben kanonischen Stunden, zwischen
Frühmesse (prima) und Frühstück (prandium de

Hexen
4.964 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

mane).
426 Vgl. fol. 118va-119va.
427 Vgl. fol. 116rb-117vb.
428 Vgl. fol. 120vb-121rb.
429 Original: citra (diesseits). Es dürfte aber jenseits
(ultra) gemeint sein, wobei dies freilich eine Frage
der jeweils eingenommenen Perspektive ist. Mit
Rücksicht auf den sonstigen Sprachgebrauch dürfte
eine vielsagende Fehlleistung vorliegen.
430 Vgl. fol. 112vb-113ra.
431 Vgl. fol. 113ra-b.
432 Vgl. fol. 113va-b.
433 conpurgatores.
434 Vgl. fol. 114ra-114vb.
435 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Credentes.
436 Gratianus, Decretum 2,32,5,13.
437 Vgl. fol. 114vb-115va.
438 Falscher Verweis. Gemeint ist die 23. Frage.
439 Decretales Gregorii IX. 5,7,13, Qui autem.

Hexen
4.965 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

440 Vgl. fol. 115ra.


441 Falscher Verweis. Gemeint ist die 23. Frage.
442 Decretalium liber sextus 5,2,18.
443 Decretalium liber sextus 5,2,18.
444 Decretalium liber sextus 5,2,18, Si vero.
445 Vgl. fol. 115va-116rb.
446 Falscher Verweis. Gemeint ist die 24. Frage.
447 Falscher Verweis. Das Thema wird ausführlich in
II/1, 13, fol. 69ra-71rb behandelt.
448 Decretales Gregorii IX. 5,34,10.
449 Vgl. fol. 111va-112ra.
450 Vgl. fol. 116rb-117vb.
451 Falscher Verweis. Gemeint ist die 25. Frage.
452 Vgl. fol. 107ra-109rb.
453 Gratianus, Decretum 2,2,5,20.
454 Gratianus, Decretum 2,2,5,22.
455 Decretales Gregorii IX. 5,34,10.
456 Vgl. fol. 117vb-118va.

Hexen
4.966 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

457 Falscher Verweis. Gemeint ist die 26. Frage.


458 Gemeint ist das römische Kaiserrecht des Codex
Iustinianus.
459 Ungenauer Verweis. Das Thema wird in II/2 und
II/2, 6 behandelt.
460 Ungenauer Verweis. Das Thema wird in II/2, 6,
fol. 89ra-b behandelt.
461 Vgl. II/1, 1ff.
462 Exempel Speyer 7. – Vgl. fol. 47va, 57va,
105va.
463 Das Dorf »zun hofen« bleibt unidentifiziert.
Hofen südlich von Heilbronn ist das nächstgelegene
Dorf mit einigermaßen passendem Namen. Der Wei-
ler Zumhof in Württemberg kommt kaum in Frage.
Schmidt (1906) III, 210 und Schnyder (1993) 407,
schreiben einfach: Diözese Speyer, Zunhofen.
464 Exempel Speyer 8.
465 Die vierteljährlich vorgeschriebenen drei Fasttage
der römischen Kirche.
466 Vgl. zu dieser Angabe Schnyder (1993) 285.
467 Vgl. fol. 32rb-32va.

Hexen
4.967 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

468 Unklarer Verweis. Das Thema wird ausführlich


im zweiten Teil behandelt.
469 Heresiarchi.
470 Gratianus, Decretum 2,24,3,32.
471 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
472 Decretalium liber sextus 5,2,18.
473 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
474 Vgl. fol. 74vb-75rb.
475 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Credentes.
476 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
477 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
478 Verbum frequentativum (= iterativum).
479 Decretales Gregorii IX. 5,7,13,Credentes.
480 Guido de Baysio, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,2,Quicunque.
481 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium
liber sextus 5,2,9.
482 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
483 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.

Hexen
4.968 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

484 Johannes Andreae, Kommentar zum Decretalium


liber sextus 5,2,9.
485 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
486 Decretalium liber sextus 5,2,18,Prohibemus.
487 Decretales Gregorii IX. 5,7,9,Presenti.
488 Decretalium liber sextus, 5,2,8,Sacerdotes.
489 Die Beichte.
490 Vgl. für das folgende Nikolaus Eymerich, Direc-
torium inquisitorum (1587) pars 3, 453–456.
491 Vgl. fol. 100ra-b.
492 Clementinae 5,3,1.
493 Libellus apostoli oder dimissorius, Abgabe-
schreiben des Richters, von dem aus appelliert wird,
das der Appellant mit den Akten binnen Frist dem
Richter, an den appelliert wird, vorzulegen hat.
494 Decretales Gregorii IX. 2,28,60.
495 Decretalium liber sextus 2,15,6.
496 Der iudex a quo appellatur der niederen Instanz
im Gegensatz zum iudex ad quem appellatur der hö-
heren Instanz.

Hexen
4.969 [III/3,20] Fünfunddreißigste Frage dieses letzten Hexenhammer, 796

497 Fehler im Original.


498 Schnyder übersetzt gravamina mit Beschwerde-
punkte, d.h. die des Angeklagten. Gemeint sein dürf-
ten aber die Beschwernisse des Angeklagten durch
den Richter, wodurch ein Eingreifen in den Text über-
flüssig wird. Vgl. Schnyder (1993) 287.
499 Contemnat: fälschlich Singular.

Hexen
4.970 Anhang Hexenhammer, 797

Anhang

Hexen
4.971 1. Quellen zu den Exempeln des Malleus Hexenhammer, 799

Quellen und Literatur zur Interpretation des


Hexenhammers

1. Quellen zu den Exempeln des Malleus


Maleficarum [in Klammern: Publikation, vgl.
Literatur]

Admont, Stiftsarchiv
Cod. Ff 23a
Brief des Salzburger Bischofs 1494 wegen
Predigten Kramers
[Hansen 1901, 374f.; Schnyder 1993, 60f.]
Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek
2 Ink. 1100, Opusculum in errores monarchiae, 1499
Eintrag Konrad Peutingers über Institoris in
Augsburg
[Schnyder 1993, 64]
Augsburg, Stadtarchiv
Katholisches Wesensarchiv, B 7
Inquisition wegen zu häufiger Kommunion
1480
[Koeniger 1923; Schröder 1929]
Bar-le-Duc, Archives Départementales de la Meuse
B 1878, Rechnungsablage des Waultrin de Filières
[Atten 1995]
Basel, Staatsarchiv

Hexen
4.972 1. Quellen zu den Exempeln des Malleus Hexenhammer, 800

Cod. AA. 20
Ernennung Kramers zum Inquisitor im Bis-
tum Basel
[Wibel 1913; Schnyder 1993, 36f., 40f.]
Basel, Stadtarchiv
Ussgebenbuch Nr. 11 (1473–1490), fol. 475
Verbrennung einer Frau in Liestal bei Basel
1482
[Hansen 1901]
Brixen, Diözesanarchiv
Hofakten Nr. 2267/1–12
Innsbrucker Hexenverfolgung 1485, Handak-
ten des Bischofs Georg Golser von Brixen
[Ammann 1890, Dienst 1987, Wilson 1990,
Wilson 1996]
Konsistorialkodizes, Investiturae antiquae, Bd. 1, Nr.
174, 200–201
[Schnyder 1993,49–54]
Brüssel, Archives Générales du Royaume de Belgique
Comptes des officiers de justice/sect. III, Nr. 13328
Hexenverfolgung Luxemburg 1481 [Atten
1995]
Donaueschingen, Fürstenberg-Archiv
Fürstenbergisches Urkundenbuch IV,42
Urfehde Anna Henni von Röthenbach, 14.
März 1485
[Riezler 1879; Riezler 1896]

Hexen
4.973 1. Quellen zu den Exempeln des Malleus Hexenhammer, 800

Frankfurt, Stadtarchiv
Urfehdebuch 1468–1529 (Urfehde v. 18.2.1494)
Gefangenen-Bekenntnisse 1488–1494
Aussage des Diewolt Hartmann 1494 [Hansen
1901]
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv
Bestand Pestarchiv XXXV, b, 19
Antwort der Reichsstadt Ravensburg auf eine
Anfrage Erzherzog Sigmunds von Tirol
wegen der Ravensburger Hexenprozesse im
Herbst 1484, Ravensburg, 17. Dez. 1484
[Müller 1910, Wilson 1990, Wilson 1996].
Koblenz, Stadtarchiv
Urfehde einer Frau aus Moselweiß, 1491
[Rummel 1995, 258. – Zu korrigieren: Han-
sen 1901, 595]
Köln, Stadtarchiv
Criminalakten a.a. 1483 (Ermordung des Nicasius
Hackeney)
Folterung einer alten Frau wegen Zauberei
[Hansen 1901]
Konstanz, Stadtarchiv
Ratsbuch B 14 (1483–1491)
Urfehde der Anna Iselin 1483
Todesurteil der Ursel Hanerin 1483 [von
Laer]
Landshut, Staatsarchiv

Hexen
4.974 1. Quellen zu den Exempeln des Malleus Hexenhammer, 801

Landgerichtsrechnungen R 18, F. 791


Markt Schwaben 1478
Luzern, Staatsarchiv
Zeugenaussage gegen die Stallerin und die Ruschelle-
rin 1486
[Hansen 1901, 586]
Metz, Archives Départementales de la Moselle
Chroniken
Jehan Aubrion (1464–1512), hgg. v. Lorédan
Larchey Philippe de Vigneulles (1471–1527),
hgg. von Charles Bruneau
Memmingen, Stadtarchiv
Ratsprotokolle 1518
Schublade 344, Br. 9/1
Hexenprozeß in der Adelsherrschaft Pleß
München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Fürststift Kempten, Urkundenarchiv Nr. 1261
Urfehde Unterthingau 1484, 29. Sept.
[Behringer 1987]
Klosterliteralien Tegernsee Nr. 234
Bericht des Paul Wann vom 21. Okt. 1485
Reichsstadt Literalien Regensburg Index ad R 13
Zaubereiprozesse 1493
München, Staatsarchiv Oberbayern
Herrschaft Hohenaschau, B 346, Urfehdebuch
zwei Urfehden von 1466 [Behringer 1997]
München, Staatsbibliothek

Hexen
4.975 1. Quellen zu den Exempeln des Malleus Hexenhammer, 801

Codex germanicus monacensis 1642, fol. 133f.


Mathias Widmann von Kemnath, Chronik
[Hansen 901, 231–235].
Codex latinus monacensis 1721, fol. 199–212
Inquisition wegen zu häufiger Kommunion
1480
[Koeniger 1923; Segl 1988, 109–114]
Nancy, Archives Départementales de Meurthe-et-Mo-
selle
Bestand B, Amt Dieuze Nr. 5249
Hexenprozesse 1486–1487 [Biesel 1997,
139f.]
Nördlingen, Stadtarchiv
Missivbuch 1478;
Kammerrechnungen 1476–1490
Hexenprozeß in Nördlingen aufgrund einer
Beschuldigung aus Schlettstadt [Wulz 1937]
Nürnberg, Staatsarchiv
Rep. 4 Differentialakten Nr. 33c
Auszüge aus Acht- und Strafbüchern
[Zaubereiprozesse Els Hellin 1477; Hans
Pressel 1480; Barbara Eyrichin, Anna Hansen
1486; Els Rutzscherin 1487: Kunstmann
1970].
Rep. 18a D-Laden, Akten Nr. 251
»Ratschlag Unhulden« und Brief des Kra-
mer/Institoris an den Nürnberger Rat 1491

Hexen
4.976 1. Quellen zu den Exempeln des Malleus Hexenhammer, 802

[Kunstmann 1970; Endres 1988; Jerouschek


1991; Schnyder 1993]
Ratsverlässe Nr. 269, fol. 14
Briefbücher, tom 42 fol. 40
[Endres 1988, S. 197]
Paderborn, Erzbischöfliche Akademische Bibliothek
I, 21 Malleus 1494
Briefabschrift Servatius Fanckel 1496
[Klose 1972]
Ravensburg, Stadtarchiv
Urfehden: U 1.116, U 1.119, U 1.129, U 1.131
[Hafner 1887; Müller 1910, Wilson 1990,
Wilson 1996]
Rom, Archiv des Dominikanerordens
Registra generalium Ordinis Praedicatorum
Gruppe IV, Bd. IV,3–12
[Schnyder 1993, 33–73]
Rom, Vatikanisches Geheimarchiv
Armar. 39, vol. 18, fol. 203–204v
Schreiben an den Erzbischof von Mainz und
den Erzherzog von Tirol wegen Unterstützung
der Hexenverfolgungen. Belobigung des
Abtes von Weingarten wegen Unterstützung
der Hexenverfolgung, 18. Juni 1485
[Hansen 1901, S. 27–30]
Bullenregister 636, fol. 212
Ablaß für das Kloster Schlettstadt wegen In-

Hexen
4.977 1. Quellen zu den Exempeln des Malleus Hexenhammer, 802

quisitionstätigkeit, 31. Okt. 1483


Stuttgart, Hauptstaatsarchiv
Rep. Ravensburg, B. 34
Kramers Enquete wegen jüdischer Ritualmor-
de 1475
Trier, Bistumsarchiv
Abt. 71, 84, nr. 586a-b
Urkunde des Heinrich Institoris 1488
[Schnyder 1993, 57f.; Wolpert 1995]
Venedig, Archivio di Stato
Atti della Curia Romana, Collezione Podocatoro,
busta IX, Nr. 767
Plan zu einer Hexeninquisition, 29.2.1484
[Petersohn 1988; Schnyder 1993, 43–45]
Wolfegg, Fürstlich Waldburg-Wolfeggsches Archiv
Criminalia 161
Brief des Heinrich Institoris von 1484

Hexen
4.978 2. Die lateinischen Original-Ausgaben des Malleus Hexenhammer, 803

2. Die lateinischen Original-Ausgaben des Malleus


Maleficarum (nach der Autopsie von Schnyder 1993,
452f.)

Druckjahr, Druckort, Drucker [wenn erschlossen: in


Klammern]

1. [1486 Speyer Peter Drach]


2. [1490 Speyer Peter Drach]
3. [1494 Speyer Peter Drach]
4. 1494 Nürnberg Anton Koberger
5. 1494 Köln Johannes Koelhoff
6. 1496 Nürnberg Anton Koberger
7. [1508/15 Metz Kaspar Hochfeder]
8. 1511 Köln Heinrich von Neuss
9. [1512] Paris Jean Petit
10. 1519 Lyon Jean Marion
11. 1519 Nürnberg Friedrich Peypus
12. 1520 Köln Johannes Gymnicus
13. [1523] Paris Jean Petit
14. 1574 Venedig Johann Anton Bertanus
15. 1576 Venedig Salamander
16. 1580 Frankfurt Nikolaus Basse
17. 1582 Frankfurt Nikolaus Basse
18. 1584 Lyon Jeanne Giunta
19. 1588 Frankfurt Nikolaus Basse

Hexen
4.979 2. Die lateinischen Original-Ausgaben des Malleus Hexenhammer, 803

20. 1595 Lyon Pierre Landry


21. 1600 Frankfurt Nikolaus Basse
22. 1604 Lyon Pierre Landry
23. 1614 Lyon Pierre Landry
24. 1615 Lyon Pierre Landry
25. 1618 Lyon Pierre Landry
26. 1620 Lyon Pierre Landry
27. 1620 Lyon Claude Landry
28. 1669 Lyon Claude Bourgeat

Hexen
4.980 3. Faksimile-Ausgaben des Malleus Maleficarum Hexenhammer, 804

3. Faksimile-Ausgaben des Malleus Maleficarum

Malleus Maleficarum, Lyon 1669. – Neudruck Brüs-


sel 1969.
André Schnyder (Hg.), Malleus Maleficarum von
Heinrich Institortis (alias Kramer) unter Mithilfe
Jakob Sprengers aufgrund der dämonologischen Tra-
dition zusammengestellt. Wiedergabe des Erstdrucks
von 1487 (Hain 9238), Göppingen 1991.
Günter Jerouschek (Hg.): Malleus Maleficarum
1487. Von Heinrich Kramer (Institoris). Nachdruck
des Erstdrucks von 1487 mit Bulle und Approbatio,
Hildesheim u.a. 1992.

Hexen
4.981 4. Übersetzungen des Hexenhammers Hexenhammer, 804

4. Übersetzungen des Hexenhammers

Mlot na czarownice postepek zwierzchowny w czar-


ach. [Teil I und II des Hexenhammers] ins Polnische
übersetzt und herausgegeben von Stanislaw Zambko-
wicz, Warschau 1614. – Neudruck Wroclaw 1992.
Der Hexenhammer. Zum ersten Male ins Deutsche
übertragen und eingeleitet von J.W.R. Schmidt, Ber-
lin 1906. – Berlin/Leipzig 1923. – Berlin/Leipzig
1937. – Darmstadt 1969. – Darmstadt 1974. – Darm-
stadt 1980. – München 1982 (Taschenbuchausgabe
bei dtv).
Malleus maleficarum. translated with an Introduc-
tion, Bibliography and Notes by Montague Summers,
London 1928. – Neuausgabe 1948. – Nachdruck
1951. – Reprint 1968. – Reprint 1969. – Reprint
1971. – Reprint 1986. – Internet-Edition 1998.
Henry Institoris (Kraemer) et Jacques Sprenger, Le
Marteau des Sorcières. Présentation et traduction par
Amand Danet, Paris 1973. – Neudruck Grenoble
1990.
Il Martello delle Streghe. Introduzione da Armando
Verdiglione. Traduzione di F. Buia, u.a., Venedig
1977.

Hexen
4.982 5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers Hexenhammer, 805

5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers

– Agrippa von Nettesheim 1526


Henricus Cornelius Agrippa von Nettesheim, De in-
certitudine et vanitate scientiarum [1526], Köln
1544. – Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissen-
schaften (Hgg. Fritz Mauthner), 2 Bde., München
1913. – Neue Übersetzung: Über die Fragwürdigkeit,
ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Ge-
werbe, Berlin 1993.
– Alciatus 1515
Andreas Alciatus, De Lamiis seu strigibus [...], in:
Opera omnia, Bd. IV, Basel 1582 [abgedruckt in:
Hansen 1901, 310–312].
– Amerbach 1481–1513
Johannes Amerbach: Die Amerbach-Korrspondenz,
hgg. v.A. Hartmann. Bd. 1: Briefe aus den Jahren
1481–1513, Basel 1942.
– Jehan Aubrion
Journal de Jehan Aubrion, bourgeois de Metz
(1464–1512), avec sa continuation par Pierre Aubri-
on, hgg. v. Lorédan Larchey, Metz 1852.
– Binsfeld 1589
Peter Binsfeld, Tractatus de confessionibus malefico-
rum et sagarum, Trier 1589.
– Samuel de Cassinis 1505

Hexen
4.983 5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers Hexenhammer, 805

Samuel de Cassinis, Question de le strie, o.O. [Pavia]


1505 [abgedruckt in: Hansen (1901) 262–273].
– Delrio 1600
Martin Delrio, Disquisitionum magicarum libri sex,
Löwen 1600.
– Peter Drach 1480–1503
Peter Drach: Ferdinand Geldner, Das Rechnungsbuch
des Speyrer Druckherrn, Verlegers und Großbuch-
händlers Peter Drach. Mit Einleitung, Erläuterungen
und Identifizierungslisten, in: Börsenblatt für den
Deutschen Buchhandel 18 (1962) 885–978. – Nach-
druck in: Archiv für die Geschichte des Buchwesens 5
(1964) 1–196.
– Erasmus von Rotterdam 1508
Erasmus von Rotterdam, Encomium Moriae, 1508. –
Lob der Torheit, Stuttgart 1982.
– Hieronymus Gebwiler 1530
Die Schlettstädter Chronik des Schulmeisters Hiero-
nymus Gebwiler, hgg. v. Joseph Gény, Schlettstadt
1890.
– Johannes Geiler von Kaisersberg 1517
Johannes Geiler von Kaisersberg, Die Emeis. Dies ist
das Buch von der Omeissen, Straßburg 1517 [aus-
zugsweise abgedruckt in: Hansen (1901) 284–291].
– Bernard Gui 1320
Bernard Gui, Practica Inquisitionis heretice pravitatis
[ca. 1320]. – hgg. v. Célestin Douais, Paris 1886.

Hexen
4.984 5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers Hexenhammer, 806

[darin: Interrogatorium ad sortilegos et divinos et in-


vocatores daemonum, S. 292]. – Manuel de l'Inquisi-
teur, ed. G. Mollat, 2 vols., Paris 1926/1927. – [Dar-
aus aus der Handschrift Biblioteca Vaticana, Pal. 606
das Interogatorium de sortilegiis et invocatoribus dae-
monum, in: Hansen (1901) 47f.].
– Johann Hartlieb 1456
Johann Hartlieb, Das Buch aller verbotenen Kunst
[1456]. Untersucht und hgg. v. Dora Ulm, Halle
1914. – Hgg. und ins Neuhochdeutsche übertragen
von Frank Fürbeth, Frankfurt/M. 1989.
– Hartzheim 1747
Joseph Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis, Köln
1747.
– Hauber 1738–1745
Eberhard David Hauber, Bibliotheca sive acta et
scripta magica. Gründliche Nachrichten und Urtheile
von solchen Büchern und Handlungen, welche die
Macht des Teufels in leiblichen Dingen betreffen, 36
Stücke in 3 Bänden, Lemgo 1738–1745.
– Hess 1781
Gerhard Hess O.S.B., Prodromus Monumentorum
Guelficorum seu Catalogus Abbatum Imperialis Mo-
nasterii Weingartensis, Augsburg 1781.
– Lutz 1571/1586
Heinrich Lutz, Warhafftige Zeittung von Gottlosen
Hexen, Auch Ketzerischen und Teuffels Weibern, die

Hexen
4.985 5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers Hexenhammer, 807

zu Schlettstadt, des H. Römischen Reichsstadt in


Elsaß, auff den XXII. Herbstmonat des 1570. Jahrs
[...] sind verbrennet worden [1571], in: Theatrum de
Veneficis, Frankfurt 1586, 1–11.
– Ulrich Molitor 1489
Ulrich Molitor, De laniis et phitonicis mulieribus,
Teutonice unholden vel hexen, Konstanz o.J.
[1489]. – Von Unholden und Hexen, Straßburg
1493. – [Deutsch auch in: Theatrum de Veneficis,
Frankfurt/Main 1586, 70–96. – Lateinisch häufig
dem Hexenhammer beigebunden].
– Silvester [Mozzolini, genannt] Prierias 1525
Silvester [Mozzolini, genannt] Prierias O.P., De stri-
gimagarum demonumque mirandis libri tres, Rom
1521 [Teilabdruck in: Hansen 1901, 317–323].
– Thomas Murner
Thomas Murner, Tractatus de pythonico contractu, in:
Malleus Maleficarum, Lyon 1669, Bd. 1, 52–65.
– Johannes Nider
Johannes Nider, Formicarius [ca. 1437/38], [Buch 5
über die Hexen nachgedruckt] in: Malleus Malefica-
rum, Lyon 1669, Bd. 1, 305–354.
– Martin Plantsch 1507
Martin Plantsch, Opusculum de sagis maleficis,
Pforzheim 1507.
– Bernardo Rategno 1508
Bernardo Rategno [= Bernhard von Como/Comensis],

Hexen
4.986 5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers Hexenhammer, 807

Tractatus de strigiis [ca. 1508], Rom 1584. – Nach-


druck in: Tractatus illustrium iuris consultorum, Ve-
nedig 1584. – Ab 1588 öfter dem Hexenhammer bei-
gedruckt. – Teilabdruck in: Hansen (1901)
279–284. – Tractatus de strigibus, in: Malleus Male-
ficarum (1669), Bd. 2, 109–130.
– Spee 1631
Friedrich Spee, Cautio Criminalis, Rinteln 1631. –
Theo van Oorschot (Hg.), Friedrich Spee, Cautio Cri-
minalis, Tübingen/Basel 1992.
– Spina 1523
Bartholomäus de Spina O.P., Apologia tres de lamiis
adversus Ioannem Franciscum Ponzinibium iurisperi-
tum, Venedig 1525 [seit 1582 regelmäßig dem He-
xenhammer beigebunden. – Teilabdruck in: Hansen
1901, 334–337].
– Tengler 1511
Ulrich Tengler, Layenspiegel [3., durch Christoph
Tengler überarbeitete und um das Hexenkapitel er-
gänzte Auflage], Augsburg 1511 [Das Hexen-Kapitel
abgedruckt in: Hansen (1901) 296–306].
– Theatrum de Veneficis 1586
Theatrum de Veneficis. Das ist: von Teuffelsgespenst,
Zauberern und Gifftbereitern, Schwartzkünstlern,
Hexen und Unholden, vieler fürnemmen Historien
und Exempel, hgg. v. Abraham Sawr, Frankfurt 1586.
– Thomasius 1712/1986

Hexen
4.987 5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers Hexenhammer, 808

Christian Thomasius, Vom Laster der Zauberei. Über


die Hexenprozesse. De Crimine Magiae [1704]. Pro-
cessus Inquisitorii contra Sagas [1712], München
1986.
– Trithemius 1495
Johannes Trithemius, Catalogus illustrium virorum,
1495.
– Trithemius 1508
Johannes Trithemius, Octo Quaestiones [1508]. –
Von den Gottlosen hexen und zauberern. Vom Gwalt
und Macht der hexen. Von göttlicher Verhengniß, in:
Antwort Herrn Johan Abts zu Spanheim/ auff acht
fragstuck/ ime von weylandt Herrn Maximilian Röm.
Kayser [...] fürgehalten/ in Latein beschriben/ und
jetzund [durch Dr. Wiguleus Hund] in das Teutsch
erstlich tranßferirt, hgg. v. Hieronymus Ziegler, Ingol-
stadt 1555. – Johannes Trithemii zu Spanheim Ant-
wortt auffe tliche Fragen ihm von weilandt Keyser
Maximiliano I. [...] fürgehalten, auß dem Latein ver-
teutscht durch C.L.M., in: Theatrum de Veneficis,
Frankfurt/Main 1586, 355–359, 359–363, 364–366.
– Johannes Trithemius 1508
Johannes Trithemius, Antipalus maleficiorum (MS
von 1508), in: Paralipomena opusculorum ... Joannis
Trithemii, Mainz 1605, 273–426.
– Philippe de Vigneulles
La Chronique de Philippe de Vigneulles, hgg. v.

Hexen
4.988 5. Literatur im Umfeld des Hexenhammers Hexenhammer, 808

Charles Bruneau, Bd. 4, Metz 1933.


– Hans Vintler 1486
Hans Vintler, Die Pluemen der Tugent, Augsburg
1486. – Die Pluemen der Tugent [= ÖNB, Cod. Vin-
dob. 13567], hgg. von Ignaz Vinzenz Zingerle, Inns-
bruck 1874.
– Girolamo Visconti 1490
Girolamo Visconti, Lamiarum sive striarum opuscu-
lua, Mailand 1490.
– Johann Weyer 1563
Johann Weyer, De Praestigiis Daemonum, Basel
1563.

Hexen
4.989 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 809

6. Neuere Literatur

– Adam 1962
Paul Adam, L'humanisme à Séléstat: l'école, les hu-
manistes, la Bibliothèque, Schlettstadt 1962.
– Adam 1967
Paul Adam, Histoire religieuse de Séléstat, Tom. 1:
Des Origines à 1615, Schlettstadt 1967.
– Alter 1982/1983
Willi Alter, Von der Konradinischen Rachtung bis
zum letzten Reichstag in Speyer, in: Geschichte der
Stadt Speyer, Bd. I, Hgg. v.d. Stadt Speyer, Red.
Wolfgang Eger, Stuttgart 1982. – 2., durchgesehene
Auflage 1983, S. 369–570.
– Ammann 1890
Hartmann Ammann, Der Innsbrucker Hexenprozeß
von 1485, in: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol
und Vorarlberg 34 (1890) 1–87.
– Ammann 1911
Hartmann Ammann, Eine Vorarbeit des Heinrich In-
stitoris für den Malleus Maleficarum, in Mitteilungen
des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung,
Ergänzungsband 8 (1911) 461–504.
– Ammann 1914
Hartmann Ammann, Die Hexenprozesse im Fürsten-
tum Brixen, in: Forschungen und Mitteilungen zur

Hexen
4.990 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 809

Geschichte Tirols und Vorarlbergs 11 (1914) 9–18,


75–86, 114–116, 227–248.
– Ammann/Ammann 1996
Ch. Ammann/H.-R. Ammann, Un procès de sorcelle-
rie devant Jost de Silenen, éveque de Sion: le cas de
Peter Eschiller, de Münster (1484). Introduction, édi-
tion et traduction francaise et allemande, in: Vallesia
51 (1996) 91–161.
– Andenmatten/Utz-Tremp 1992
Bernard Andenmatten/Kathrin Utz-tremp, De l'hérésie
à la sorcellerie: L'inquisiteur Ulric de Torrenté OP
(vers 1420–1445) et l'affermissement de l'inquisition
en Suisse romande, in: Zeitschrift für Schweizerische
Kirchengeschichten 86 (1992) 69–119.
– Andreas
Willy Andreas, Deutschland vor der Reformation.
Eine Zeitenwende, Stuttgart 1948.
– Anglo 1977
Sidney Anglo, Evident Authority and Authoritative
Evidence: the Malleus Maleficarum, in: Ders. (Hg.),
The Damned Art. Essays in the Literature of Witch-
craft, London 1977, 1–31.
– Ankarloo/Henningsen 1987/1990
Bengt Ankarloo/Gustav Henningsen (Eds.), Häxornas
Europa 1400–1700. Historiska och antropologiska
studier, Lund 1987. – Early Modern European Witch-
craft. Centres and Peripheries. Oxford 1990.

Hexen
4.991 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 810

– Arnold 1971
Jürgen Arnold, Johannes Trithemius, Würzburg
1971.
– Assion 1982
Peter Assion, Der Hof Herzog Sigmunds von Tirol als
Zentrum spätmittelalterlicher Fachliteratur, in: Fach-
prosa-Studien, Berlin 1982, 37–75.
– Atten 1993
Alain Atten, Inquisition und Hexenprozesse im Raum
Luxemburg-Lothringen im 15. Jahrhundert, in: Franz
Irsigler/Gunter Franz (Hg.), Hexenglaube und Hexen-
verfolgung im Raum Rhein-Mosel-Saar, Trier 1995,
405–416.
– Audisio 1989/1996
Gabriel Audisio, Les Vaudoises. Naissance, vie et
mort dune hérésie (XIIme-XVIme siècles), Turin
1989. – Die Waldenser. Die Geschichte einer religiö-
sen Bewegung. Aus dem Frz. v. Elisabeth Hirschber-
ger, München 1996.
– Bader 1950/1978
Karl Siegfried Bader, Der deutsche Südwesten in sei-
ner territorialstaatlichen Entwicklung, 1950. –2. Aufl.
1978.
– Bächtold-Stäubli 1927
Hans Bächtold-Stäubli (Hg.), Handwörterbuch des
deutschen Aberglaubens, 10 Bde., Berlin
1927–1942. – Neudruck München 1986.

Hexen
4.992 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 810

– Barthelmé 1931
Annette Barthelmé, La Réforme dominicaine au XVe
siècle en Alsace et dans l'ensemble de la province de
Teutonie, Straßburg 1931.
– Battenberg 1990
Friedrich Battenberg, Das europäische Zeitalter der
Juden, Bd. I: Von den Anfängen bis 1650, Darmstadt
1990.
– Baum 1983
Wilhelm Baum, Nicolaus Cusanus in Tirol. Das Wir-
ken des Philosophen und Reformators als Fürstbi-
schof von Brixen, Brixen 1983.
– Baum 1987
Wilhelm Baum, Sigmund der Münzreiche. Zur Ge-
schichte Tirols und der habsburgischen Länder im
Spätmittelalter, Bozen 1987.
– Baum 1993
Wilhelm Baum, Die Habsburger in den Vorlanden.
Krise und Höhepunkt der habsburgischen Machtstel-
lung in Schwaben am Ausgang des Mittelalters, Wien
1993.
– Baumann 1883/1894
Franz Ludwig Baumann, Geschichte des Allgäus, 3
Bde., Kempten 1883–1894.
– Becker 1905
J. Becker, Geschichte der Reichslandvogtei im Elsass,
1905.

Hexen
4.993 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 811

– Behringer 1987/1988/1997
Wolfgang Behringer, Hexenverfolgung in Bayern.
Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der
frühen Neuzeit, München 1987. (2. Aufl. 1988, 3.,
überarbeitete und mit einem Nachwort versehene
Aufl. 1997. – Witchcraft Persecutions in Bavaria. Po-
pular Magic, Religious Zealotry and Reason of State
in Early Modern Europe. Translated by J.C. Grayson
and David Lederer, Cambridge University Press,
Cambridge 1997.
– Behringer 1988/1993/1995/2000
Wolfgang Behringer (Ed.), Hexen und Hexenprozesse
in Deutschland (= dtv-dokumente), München 1988
(2., überarbeitete Auflage 1993. – 3., überarbeitete
Auflage 1995. – 4., durchgesehene Auflage 2000).
– Behringer 1994
Wolfgang Behringer, Zur Geschichte der Hexenfor-
schung, in: Sönke Lorenz (Hg.), Hexen und Hexen-
verfolgung im deutschen Südwesten, Ostfildern 1994,
93–146.
– Behringer 1994
Wolfgang Behringer, Hochstift Augsburg, in: Lorenz
(1994) 308–315.
– Behringer 1994
Wolfgang Behringer, Chonrad Stoeckhlin und die
Nachtschar. Eine Geschichte aus der frühen Neuzeit,
München/Zürich 1994.

Hexen
4.994 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 811

– Behringer 1995
Wolfgang Behringer, »Politiker« und »Zelanten«. Zur
Typologie innenpolitischer Konflikte in der Frühen
Neuzeit, in: Zeitschrift für Historische Forschung 22
(1995) 455–494.
– Behringer 1995
Wolfgang Behringer, Weather, Hunger and Fear. The
Origins of the European Witch Persecution in Clima-
te, Society and Mentality, in: German History 13
(1995) 1–27.
– Behringer 1998
Wolfgang Behringer, Hexen. Glaube – Verfolgung –
Vermarktung, München 1998.
– Behringer 1999
Wolfgang Behringer, Der Abwickler der Hexenfor-
schung im Reichssicherheitshauptamt (RSHA): Gün-
ther Franz, in: Lorenz/Bauer/Behringer/Schmidt
(1999) 109–134.
– Bethencourt 1990
Francisco Bethencourt, Portugal: A Scrupulous Inqui-
sition, in: Ankarloo/Henningsen (1990) 403–424.
– Biesel 1997
Elisabeth Biesel, Hexenjustiz, Volksmagie und sozia-
le Konflikte im lothringischen Raum, Trier 1997.
– Bilgeri 1971
Benedikt Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs, Bd. 1, Bre-
genz 1971.

Hexen
4.995 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 812

– Blauert 1989
Andreas Blauert, Frühe Hexenverfolgungen. Ketzer-,
Zauberei- und Hexenprozesse des 15. Jahrhunderts,
Hamburg 1989.
– Blauert 1990
Andreas Blauert (Ed.), Ketzer, Zauberer, Hexen. Die
Anfänge der europäischen Hexenverfolgungen, Frank-
furt/M. 1990.
– Blauert 1994
Andreas Blauert, Frühe Hexenverfolgungen in der
Schweiz, am Bodensee und am Oberrhein, in: Lorenz
(1994) 67–84.
– Blecourt/Waardt 1990
Willem de Blécourt/Hans de Waardt, Das Vordringen
der Zaubereiverfolgungen in die Niederlande. Rhein,
Maas und Schelde entlang, in: Blauert (1990)
182–240.
– Blickle/Blickle 1979
Peter Blickle/Renate Blickle, Schwaben von 1268 bis
1803, 1979.
– Blöcker 1982
Monica Blöcker, Frauenzauber – Zauberfrauen, in:
Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 76
(1982) 1–39.
– Blöcker 1982
Monica Blöcker, Wetterzauber. Zu einem Glaubens-
komplex des frühen Mittelalters, in: Francia (1982)

Hexen
4.996 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 812

117–131.
– Bock 1924
Friedrich Bock, Das Nürnberger Predigerkloster,
Nürnberg 1924.
– Bohr 1973
Claude Bohr, L'Inquisition en Lorraine, Guenange
1973.
– Bonomo 1950
Giuseppe Bonomo, Il Malleus Maleficarum, in: An-
nali di Museo Pitrè 1 (1950) 120–147.
– Borst 1953
Arno Borst, Die Katharer, Stuttgart 1953.
– Borst 1988
Arno Borst, Die Anfänge des Hexenwahns in den
Alpen, in: Ders., Barbaren, Ketzer und Artisten,
München 1988, 262–286.
– Borst 1977
Otto Borst, Geschichte der Stadt Esslingen am Nek-
kar, Esslingen 1977.
– Brackert 1977
Helmut Brackert, Der Hexenhammer und seine Be-
deutung für die Verfolgung der Hexen in Deutsch-
land, in: Heinz Rupp (Hg.), Philologie und Geistes-
wissenschaft. Demonstrationen literarischer Texte des
Mittelalters, Heidelberg 1977, 106–116.
– Brieger 1906
R. Brieger, Die Herrschaft Rappoltstein, Diss. phil.

Hexen
4.997 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 813

Leipzig 1906.
– Brocard-Plaut 1986
Michèle Brocard-Plaut, Diableries et Sorcellerie en
Savoie, Horvath 1986.
– Broedel 1998
Hans Peter Broedel, The Malleus Maleficarum and
the Construction of Witchcraft. Encounters with the
Supernatural between Theology and Popular Belief,
Ph. D. University of Washington 1998.
– Browe 1930
Peter Browe, Die Eucharistie als Zaubermittel im
Mittelalter, in: Archiv für Kirchengeschichte 20
(1930) 134–154.
– Buchwald 1900
Georg Buchwald, Konrad Stürtzel von Buchheim.
Eine Schilderung seines Lebens und Wirkens, Leipzig
1900.
– Bumiller 1994
Casimir Bumiller, Die Grafschaften und Fürstentümer
Hohenzollern, in: Klorenz (1994) 259–277.
– Burg 1946
A.M. Burg, Histoire de l'Eglise de l'Alsace, Paris
1946.
– Burghartz 1986
Susanna Burghartz, Hexenverfolgung als Frauenver-
folgung? Zur Gleichsetzung von Hexen und Frauen
am Beispiel Luzerner und Lausanner Hexenprozesse

Hexen
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5.001 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 815

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5.005 6. Neuere Literatur Hexenhammer, 817

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– Zika 1989/1990
Charles Zika, Fears of Flying: Representations of
Witchcraft and Sexuality in Early Sixteenth-Century
Germany, in: Australian Journal of Art 8 (1989/90)
19–47.
– Zika 1991
Charles Zika (Ed.), No Gods Except Me. Orthodoxy
and Religious Practice in Europe, 1200–1600, Mel-
bourne 1991.
– Zimmermann 1994
Wolfgang Zimmermann, Hochstift Konstanz, in: Lo-
renz (1994) 316–324.
Zur Identifizierung der Orte wurde benutzt:
Euro-Autoatlas 1:300000 Zentraleuropa, RV Reise-
und Verkehrsverlag, Berlin/Gütersloh u.a., 4. Auflage
1993/94.

Hexen

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