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Schulreferat Johann Wolfgang von Goethe Teil 5

Anwaltsberuf war Goethe die Dichtung. Ende 1771 brachte er – innerhalb von sechs
Wochen – die Geschichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand zu
Papier. Nach einer Überarbeitung wurde das Drama 1773 als Götz von Berlichingen im
Selbstverlag veröffentlicht. Das mit allen überlieferten dramatischen Regeln brechende
Werk fand begeisterte Aufnahme und gilt als ein Gründungsdokument des Sturm und
Drang.[40] Das der Epoche namengebende Drama Sturm und Drang stammte
von Friedrich Maximilian Klinger, der zum Freundeskreis aus Goethes Jugendtagen
gehörte.
Im Januar 1772 erlebte Goethe in Frankfurt die „düstere Zeremonie“ der öffentlichen
Hinrichtung der Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt durch das Schwert.[41] Sie
bildete nach Rüdiger Safranski den persönlichen Hintergrund für die „Gretchen-
Tragödie“ im Faust, an dem Goethe Anfang der 1770er Jahre zu arbeiten begonnen
hatte.[42] Seine Schwester Cornelia heiratete 1773 den Advokaten Johann Georg
Schlosser, Goethes zehn Jahre älteren Freund, der als Anwalt an dem Prozess gegen
die Kindsmörderin mitgewirkt hatte. 1783 plädierte Goethe später im parallel gelagerten
Falle der Kindsmörderin Johanna Höhn auf Nachfrage des Herzogs Carl August von
Weimar, der ihre Todesstrafe zu lebenslänglicher Haft umwandeln wollte, mit seiner
ausschlaggebenden Stimme im Geheimen Consilium für die Beibehaltung der
Todesstrafe, wonach Höhn am 28. November 1783 mit dem Schwert enthauptet
wurde.[43]
Häufige Besuche stattete er in diesen Jahren dem Darmstädter
Kreis der Empfindsamen um Johann Heinrich Merck ab, wobei er 25 Kilometer lange
Wanderungen von Frankfurt nach Darmstadt auf sich nahm. [44] Auf Mercks Urteil legte
Goethe großen Wert; in seiner Autobiographie bescheinigte er ihm, dass er „den
größten Einfluß“ auf sein Leben gehabt habe. Seiner Einladung folgend, schrieb
Goethe Rezensionen für die von Merck und Schlosser geleitete Zeitschrift Frankfurter
gelehrte Anzeigen.[45]
Zwischen den beiden Niederschriften des Götz hatte sich Goethe im Mai 1772,
wiederum auf Drängen des Vaters, als Praktikant
beim Reichskammergericht in Wetzlar eingeschrieben. Sein dortiger Kollege Johann
Christian Kestner beschrieb später den damaligen Goethe:
„Er besitzt, was man Genie nennt, und eine ganz außerordentliche Einbildungskraft. Er
ist in seinen Affekten heftig. Er hat eine edle Denkungsart. […] Er liebt die Kinder und
kann sich mit ihnen sehr beschäftigen. Er ist bizarre und hat in seinem Betragen,
seinem Äußerlichen verschiedenes, das ihn unangenehm machen könnte. Aber bei
Kindern, bei Frauenzimmern und vielen andern ist er doch wohl angeschrieben. – Er tut,
was ihm gefällt, ohne sich darum zu kümmern, ob es anderen gefällt, ob es Mode ist, ob
es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhaßt. […] Aus den schönen
Wissenschaften und Künsten hat er sein Hauptwerk gemacht oder vielmehr aus allen
Wissenschaften, nur nicht denen sogenannten Brotwissenschaften.“ [46]
Wieder schenkte Goethe den juristischen Studien wenig Aufmerksamkeit. Stattdessen
befasste er sich mit den antiken Autoren. Auf einem ländlichen Tanzvergnügen lernte er
Kestners Verlobte, Charlotte Buff, kennen, in die er sich verliebte. Goethe wurde
regelmäßiger und willkommener Gast im Haus der Familie Buff. Nachdem ihm Charlotte
erklärt hatte, dass er auf nichts als ihre Freundschaft hoffen dürfe und Goethe die
Hoffnungslosigkeit seiner Lage erkannt hatte, flüchtete er aus Wetzlar. [47]
Anderthalb Jahre später verarbeitete er diese Erfahrung sowie weitere eigene und
fremde Erlebnisse in dem Briefroman Die Leiden des jungen Werthers, den er Anfang
1774 innerhalb von nur vier Wochen niederschrieb. Das hochemotionale Werk, das
sowohl dem „Sturm und Drang“ wie der gleichzeitigen literarischen Strömung der
„Empfindsamkeit“ zugerechnet wird, machte seinen Autor binnen kurzem in ganz
Europa berühmt. Goethe selbst erklärte den ungeheuren Erfolg des Buches und das
von ihm ausgelöste „Wertherfieber“ später damit, dass es genau die Bedürfnisse der
damaligen Zeit getroffen habe. Der Dichter selbst rettete sich mit der schöpferischen
Arbeit am Werther aus einer eigenen krisenhaften Lebenssituation: „Ich fühlte mich, wie
nach einer Generalbeichte, wieder froh und frei, und zu einem neuen Leben
berechtigt.“[48] Gleichwohl hielt er danach ein herzliches Verhältnis zu Kestner und Lotte
durch Briefwechsel aufrecht.[49]
Bei der Rückkehr aus Wetzlar empfing ihn der Vater mit Vorwürfen, weil der dortige
Aufenthalt dem beruflichen Fortkommen des Sohnes nicht dienlich gewesen war. [50] Die
folgenden Frankfurter Jahre bis zur Abreise nach Weimar zählten zu den produktivsten
in Goethes Leben. Außer dem Werther entstanden die großen Hymnen (unter
anderem Wandrers Sturmlied, Ganymed, Prometheus und Mahomets Gesang),
mehrere Kurzdramen (unter anderem Das Jahrmarktsfest zu
Plundersweilern und Götter, Helden und Wieland) sowie die Dramen Clavigo und Stella.
Ein Schauspiel für Liebende. Auch griff Goethe in dieser Zeit zum ersten Mal
den Fauststoff auf.
Zu Ostern 1775 verlobte Goethe sich mit der Frankfurter Bankierstochter Lili
Schönemann. Gegenüber Eckermann äußerte er sich gegen Ende seines Lebens, sie
sei die erste gewesen, die er „tief und wahrhaft liebte“. Zum ersten Mal bot ihm Lili, wie
Nicholas Boyle schreibt, „die ganz reale Möglichkeit der Ehe“, [51] aber vor einer solchen
Bindung schreckte der junge Dichter zurück. Eine Ehe war mit seinen Lebensplänen
nicht vereinbar. Als weitere Hemmnisse kamen die unterschiedlichen Milieus und
Konfessionen der Eltern hinzu. Um Abstand zu gewinnen, folgte er einer Einladung der
Brüder Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg zu einer mehrmonatigen
Reise durch die Schweiz. In Zürich war er bei Lavater, an
dessen Physiognomischen Fragmenten Goethe mitwirkte, zu Gast und machte die
Bekanntschaft von Barbara Schultheß aus Lavaters Freundeskreis. Daraus entstand
eine lebenslange Freundschaft; Goethe nannte sie seine „treueste Leserin“. [52] Sie
erhielt in Abständen die fertigen Bücher des entstehenden Wilhelm Meister–Romans,
die sie mit Hilfe ihrer Tochter abschrieb. Einer ihrer Abschriften ist es zu verdanken,
dass der Nachwelt die 1909 entdeckte und 1910 gedruckte Urfassung des
Romans, Wilhelm Meisters theatralische Sendung, überliefert wurde.[53]
Im Oktober 1775 wurde die Verlobung durch Lilis Mutter mit der Erklärung aufgelöst,
dass sich eine Heirat wegen der Verschiedenheit der Religionen nicht

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