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Künstlerische Methoden

• Improvisation
Der einzige Typus künstlerischen Schaffens, bei dem das Kunstwerk
nicht aus einer Idee erwächst. Das Zufallende wird zum Auslöser. Man
experimentiert und spielt mit Materialien und den technischen und
bildsprachlichen Mitteln: Improvisieren, variieren, kontrastieren,
ausgleichen, zerstören, provozieren, vereinheitlichen,...
• Variation
Wiederaufgreifen eines Motivs, Thema, einer Formvorstellung, Bildidee
und deren unterschiedlich intensive Abwandlung, die bis zur völligen
Umwandlung führen kann
Arnold Böcklin, Felsen und Baum, um 1851, Bleistiftt und Andre Thomkins, Variation über eine Zeichnung von
Kreide, 13,8 x 11,5 cm Böcklin, 1970, Aquarell, Bleistift, Kreide, Blatt I, 29,5
x 20,9 cm
Künstlerische Arbeit als Verdichtungsprozess

Am Beispiel
Prometheus
Mythos
Die Grundmuster der Mythen sind so prägnant, so gültig, so verbindlich, so ergreifend in
jedem Sinn, dass sie immer überzeugen, sich immer noch als brauchbarster Stoff für jede
Suche nach elementaren Sachverhalten des menschlichen Daseins anbieten.
Mythen sind Geschichten hochgradiger Beständigkeit ihres narrativen Kerns [...]. Ihre
Beständigkeit ergibt den Reiz, sie auch in bildnerischer Darstellung wiederzuerkennen,
ihre Veränderbarkeit, den Reiz zur Erprobung neuer und eigener Mittel.
H. Blumenberg, Arbeit am Mythos, Franfurt am Main 1979, S. 116

Im Mythos vereinigen sich zwei verschiedene Formen des Geschehens: zunächst ein
Ereignisfortgang innerhalb der historischen Zeit, der alle Kennzeichen eines Vorher und
Nachher trägt. Diesen Fortgang und die Spannung, die ihm eignet und ihn hält, hebt aber
der Mythos in den Rahmen des Beständig-Waltenden, also des stets Gegenwärtigen.
E. Grassi, Kunst und Mythos, Hamburg 1957, S. 83
ERSTES BUCH
Prometheus
Himmel und Erde waren geschaffen: das Meer wogte in seinen Ufern und
die Fische spielten darin; in den Lüften sangen beflügelt die Vögel; der
Erdboden wimmelte von Tieren. Aber noch fehlte es an dem Geschöpfe,
dessen Leib so beschaffen war, dass der Geist in ihm Wohnung machen
und von ihm aus die Erdenwelt beherrschen konnte. Da betrat
Prometheus die Erde, ein Sprössling des alten Göttergeschlechts, das
Zeus entthront hatte, ein Sohn des erdgeborenen Uranossohnes Iapetos, Erfindung –
kluger Erfindung voll. Dieser wusste wohl, dass im Erdboden der Same
des Himmels schlummere; darum nahm er vom Tone, befeuchtete
Hervorbringung
denselben mit dem Wasser des Flusses, knetete ihn und formte daraus
Schöpfungsakt
ein Gebilde, nach dem Ebenbilde der Götter, der Herren der Welt. Diesen
seinen Erdenkloß zu beleben, entlehnte er allenthalben von den Mensch – Ebenbild der
Tierseelen gute und böse Eigenschaften und schloss sie in die Brust des Götter – gottähnlich
Menschen ein. Unter den Himmlischen hatte er eine Freundin, Athene,
die Göttin der Weisheit. Diese bewunderte die Schöpfung des Gute und böse
Titanensohnes und blies dem halbbeseelten Bilde den Geist, den
göttlichen Atem ein.
Eigenschaften der
So entstanden die ersten Menschen und füllten bald vervielfältigt die Tierseelen
Erde. Lange aber wussten diese nicht, wie sie sich ihrer edlen Glieder und
des empfangenen Götterfunkens bedienen sollten. Sehend sahen sie
umsonst, hörten hörend nicht; wie Traumgestalten liefen sie umher und Göttlicher Atem
wussten sich der Schöpfung nicht zu bedienen. Unbekannt war ihnen die
Kunst, Steine auszugraben und zu behauen, aus Lehm Ziegel zu
brennen, Balken aus dem gefällten Holze des Waldes zu zimmern, und
mit allem diesem sich Häuser zu erbauen, Unter der Erde, in sonnenlosen
Höhlen, wimmelte es von ihnen wie von beweglichen Ameisen; nicht den
Winter, nicht den blütevollen Frühling, nicht den früchtereichen Sommer
kannten sie an sicheren Zeichen; planlos war alles, was sie verrichteten.
Da nahm sich Prometheus seiner Geschöpfe an;
er lehrte sie den Auf- und Niedergang der Gestirne zu beobachten,
erfand ihnen die Kunst zu zählen, die Buchstabenschrift; lehrte sie Tiere
Beherrschung der
ans Joch spannen und zu Genossen ihrer Arbeit brauchen, gewöhnte Natur, Erfindung
die Rosse an Zügel und Wagen; erfand Nachen und Segel für die
Schifffahrt. Auch fürs übrige Leben sorgte er den Menschen. Früher, Technik - Kultur
wenn einer krank wurde, wusste er kein Mittel, nicht was von Speise
und Trank ihm zuträglich sei, kannte kein Salböl zur Linderung seiner
Schäden; sondern aus Mangel an Arzneien starben sie elendiglich
dahin. Darum zeigte ihnen Prometheus die Mischung milder Heilmittel,
allerlei Krankheiten damit zu vertreiben. Dann lehrte er sie die
Wahrsagekunst, deutete ihnen Vorzeichen und Träume, Vogelflug und
Opferschau. Ferner führte er ihren Blick unter die Erde und ließ sie hier
das Erz, das Eisen, das Silber und das Gold entdecken; kurz in alle
Bequemlichkeiten und Künste des Lebens leitete er sie ein.
Im Himmel herrschte mit seinen Kindern seit kurzem Zeus, der seinen
Vater Kronos entthront, und das alte Göttergeschlecht, von welchem
auch Prometheus abstammte, gestürzt hatte.
Jetzt wurden die neuen Götter aufmerksam auf das eben entstandene
Menschenvolk. Sie verlangten Verehrung von ihm für den Schutz,
welchen sie demselben angedeihen zu lassen bereitwillig waren. Zu
Mekone in Griechenland ward ein Tag gehalten zwischen Sterblichen
und Unsterblichen, und Rechte und Pflichten der Menschen bestimmt.
Bei dieser Versammlung erschien Prometheus als Anwalt seiner Mäßigung – als
Menschen, dafür zu sorgen, dass die Götter für die übernommenen Grundlage des
Schutzämter den Sterblichen nicht allzu lästige Gebühren auferlegen
Zusammenlebens von
möchten. Da verführte den Prometheus seine Klugheit, die Götter zu
betrügen. Er schlachtete im Namen seiner Geschöpfe einen großen Göttern und Menschen
Stier, davon sollten die Himmlischen wählen, was sie für sich davon Hybris
verlangten. Er hatte aber nach
Zerstückelung des Opfertieres zwei Haufen gemacht; auf die eine Seite legte er
das Fleisch, das Eingeweide und den Speck, in die Haut des Stieres
zusammengefasst, auf die andere die kahlen Knochen, künstlich in das Unschlitt
des Schlachtopfers eingehüllt. Und dieser Haufen war der größere. Zeus, der
Göttervater, der allwissende, durchschaute seinen Betrug und sprach: »Sohn des
Iapetos, erlauchter König, guter Freund, wie ungleich hast du die Teile geteilt!«
Prometheus glaubte jetzt erst recht, dass er ihn betrogen, lächelte bei sich selbst List – Anmaßung,
und sprach: »Erlauchter Zeus, größter der ewigen Götter, wähle den Teil, den dir
dein Herz im Busen anrät zu wählen.« Zeus ergrimmte im Herzen, aber Hybris, Euphorie,
geflissentlich fasste er mit beiden Händen das weiße Unschlitt. Als er es nun Selbstüber-
auseinander gedrückt und die bloßen Knochen gewahrte, stellte er sich an, als schätzung
entdeckte er jetzt eben erst den Betrug und zornig sprach er: »Ich sehe wohl,
Freund Iapetionide, daß du die Kunst des Truges noch nicht verlernt hast!«
Zeus beschloss, sich an Prometheus für seinen Betrug zu rächen, und versagte Vollendung
den Sterblichen die letzte Gabe, der sie zur vollendeteren Gesittung bedurften,
das Feuer. Doch auch dafür wusste der schlaue Sohn des Iapetos Rat. Er nahm
durch
den langen Stängel des markigen Riesenfenchels, näherte sich mit ihm dem
vorüber fahrenden Sonnenwagen, und setzte so den Stängel in glostenden Brand. Beherrschung der
Mit diesem Feuerzunder kam er hernieder auf die Erde, und bald loderte der erste Natur
Holzstoß gen Himmel. In innerster Seele schmerzte es den Donnerer, als er den
fernhin leuchtenden Glanz des Feuers unter den Menschen emporsteigen sah.
Rebellion
Sofort formte er, zum Ersatz für des Feuers Gebrauch, das den Sterblichen nicht
mehr zu nehmen war, ein neues Übel für sie. Der seiner Kunst wegen berühmte
Feuergott Hephaistos musste ihm das Scheinbild einer schönen Jungfrau fertigen;
Athene selbst, die, auf Prometheus eifersüchtig, ihm abhold geworden war, warf
dem Bild ein weißes, schimmerndes Gewand über, ließ ihr einen Schleier über
das Gesicht wallen, den das Mädchen mit den Händen geteilt hielt, bekränzte ihr
Haupt mit frischen Blumen und umschlang es mit einer goldenen Binde, die
gleichfalls Hephaistos seinem Vater zuliebe kunstreich verfertigt und mit bunten
Tiergestalten herrlich verziert hatte. Hermes, .er Götterbote, musste dem holden
Gebilde
Sprache verleihen, und Aphrodite allen Liebreiz. Also hatte Zeus unter der Strafe
Gestalt eines Gutes ein blendendes Übel geschaffen und nannte sie
Pandora, das heißt die Allbeschenkte, denn jeder der Unsterblichen hatte
dem Mägdlein irgendein unheilbringendes Geschenk für die Menschen
mitgegeben. Darauf führte er die Jungfrau hernieder auf die Erde, wo
Sterbliche vermischt mit den Göttern lustwandelten. Alle miteinander
bewunderten die unvergleichliche Gestalt. Sie aber schritt zu Epimetheus,
dem argloseren Bruder des Prometheus, ihm das Geschenk des Zeus zu
bringen. Vergebens hatte diesen der Bruder gewarnt, niemals ein
Geschenk vom olympischen Zeus anzunehmen, damit dem Menschen kein
Leid dadurch widerführe, sondern es sofort zurückzusenden. Epimetheus,
dieses Wortes uneingedenk, nahm die schöne Jungfrau mit Freuden auf
und empfand das Übel erst, als er es hatte. Denn bisher lebten die
Geschlechter der Menschen, von seinem Bruder beraten, frei von Übel,
ohne beschwerliche Arbeit, ohne quälende Krankheit. Das Weib aber trug in
den Händen ihr Geschenk, ein großes Gefäß mit einem Deckel versehen.
Kaum bei Epimetheus angekommen, schlug sie den Deckel zurück, und Hoffnungslosigkeit
alsbald entflog dem Gefäße eine Schar von Übeln und verbreitete sich mit
Blitzesschnelle über die Erde. Ein einziges Gut war zuunterst in dem Fasse Schicksalhaftigkeit
verborgen, die Hoffnung; aber auf den Rat des Göttervaters warf Pandora
den Deckel wieder zu, ehe sie herausflattern konnte, und verschloss sie für
immer in dem Gefäß. Das Elend füllte inzwischen in allen Gestalten Erde,
Luft und Meer. Die Krankheiten irrten bei Tage und bei Nacht unter den
Menschen umher, heimlich und schweigend, denn Zeus hatte ihnen keine
Stimme gegeben;
eine Schar von Fiebern hielt die Erde belagert, und der Tod, früher nur
langsam die Sterblichen beschleichend, beflügelte seinen Schritt.
Darauf wandte sich Zeus mit seiner Rache gegen Prometheus. Er übergab
den Verbrecher dem Hephaistos, und seinen Dienern, dem Kratos und der
Bia (dem Zwang
und der Gewalt). Diese mussten ihn in die skythischen Einöden schleppen und
hier, über einem schauderhaften Abgrund, an eine Felswand des Berges
Kaukasos mit unauflöslichen Ketten schmieden. Ungern vollzog Hephaistos den
Auftrag seines Vaters, er liebte in dem Titanensohne den verwandten
Abkömmling seines Urgroßvaters Uranos, den ebenbürtigen Göttersprössling.
Unter mitleidsvollen Worten und von den roheren Knechten gescholten, ließ er
diese das grausame Werk vollbringen. So musste nun Prometheus an der
freudlosen Klippe hängen, aufrecht, schlaflos, niemals imstande, das müde Knie
zu beugen. »Viele vergebliche Klagen und Seufzer wirst du versenden«, sagte
Hephaistos Zu ihm, »denn des Zeus Sinn ist unerbittlich und alle, die erst seit
kurzem die Herrschergewalt an sich gerissen, sind hartherzig.« Wirklich sollte
auch die Qual des Gefangenen ewig oder doch dreißigtausend Jahre dauern.
Obwohl laut aufseufzend und Winde, Ströme, Quellen und Meereswellen, die Elemente
Allmutter Erde und den allanschauenden Sonnenkreis zu Zeugen seiner Pein
aufrufend, blieb er doch ungebeugten Sinnes. »Was das Schicksal beschlossen Schicksal
hat«, sprach er, »muss derjenige tragen, der die unbezwingliche Gewalt der
Notwendigkeit einsehen gelernt hat.« Auch ließ er sich durch keine Drohungen
des Zeus bewegen, die dunkle Weissagung, dass dem Götterherrscher durch
einen neuen Ehebund Verderben und Untergang bevorstehe, näher
auszudeuten. Zeus hielt Wort: er sandte dem Gefesselten einen Adler, der als
täglicher Gast an seiner Leber zehren durfte, die sich, abgeweidet, immer wieder
erneuerte. Diese Qual sollte nicht eher aufhören, bis ein Ersatzmann erscheinen
würde, der durch freiwillige Übernahme des Todes gewissermaßen sein
Stellvertreter zu werden sich erböte.
Jener Zeitpunkt erschien früher, als der Verurteilte nach des Zeus Spruch
erwarten durfte. Als er dreißig Jahre an dem Felsen gehangen, kam Herakles
(Herkules) des Weges, auf der Fahrt nach den Hesperiden und ihren Äpfeln
begriffen. Wie er den Götterenkel am Kaukasus hängen sah und sich seines
guten Rates zu erfreuen hoffte,
erbarmte ihn sein Geschick, denn er sah zu, wie der Adler, auf den Knien
des Prometheus sitzend, an der Leber des Unglückseligen fraß. Da legte
er Keule und Löwenhaut hinter sich, spannte den Bogen, entsandte den
Pfeil und schoss den grausamen Vogel von der Leber des Gequälten
hinweg. Hierauf löste er seine Fesseln und führte den Befreiten mit sich
davon. Damit aber die Bedingung des Zeus erfüllt würde, stellte er ihm als
Ersatzmann den Kentauren Chiron, der erbötig war, an jenes Statt zu
sterben; denn vorher war er unsterblich. Auf dass jedoch das Urteil des
Zeus, der den Prometheus auf weit längere Zeit an den Felsen
gesprochen hatte, auch so nicht unvollzogen bliebe, so musste
Prometheus fortwährend einen eisernen Ring tragen, an welchem sich ein
Steinchen von jenem Kaukasosfelsen befand. So konnte sich Zeus
rühmen, dass sein Feind noch immer an den Kaukasos angeschmiedet
lebe.

Gustav Schwab, Prometheus, in: Die schönsten Sagen


des klassischen Altertums, Stuttgart 1986, S. 21 f.
Leitfaden

Thema, Rahmen, Impuls, Problem


Ideenfindung
Reflexion: Klärung der Intention
Auseinadersetzung mit den Vorgaben, Aufschlüsselung von Texten,
Auseinandersetzung mit Bildern, Formulierung von Kerngedanken,
persönliche Lebensbezüge, Exemplarität

Welche Aspekte des gewählten Themas sollen konkretisiert werden?


Welcher ist für mich der bedeutsamste Aspekt? Was soll der
Betrachter erfahren, wahrnehmen oder erleben?

Formulierung der Idee Sammlung von Aspekten

Aspekt I Aspekt II Aspekt III ...

Gibt es überflüssige oder weniger bedeutsame Elemente, die eine


Verdichtung eher verhindern?
Gestalterische Entscheidungen
Bildsprache
Inhalt (Semantik) Form (Syntax)
Mit welchen ikonischen Zeichen, Mit welchen bildsprachlichen
Metaphern, Symbolen will ich die Mitteln kann ich meine Absicht
Absicht erreichen? Welchen Grad der optimal umsetzen?
Verschlüsselung kann ich wählen?
Wie kann ich eine plakative
Symbolik vermeiden?
Bereicherung, Verdichtung, Konkretion
Skizzen und Studien
Kombination von Skizzen und Studien
Entwurf
Ausführung

Das eigene Bild als Gegenstand der Wahrnehmung


(vermutete Rezeption)
Denken in Bildern, Assoziieren!

Vorläufige Festlegung: Auswahl

Überlegungen zu Materialien und Werkzeugen, Recherche und Sammlung von Bildern


(Vor-Bilder, Pathosformeln, Zitate), Anlegen eines Bilderatlas (Warburg), Sammlung
von Objekten und Hilfsmitteln...

Prozess der Umsetzung


Improvisieren
Skizzieren
Variieren
Verwerfen
Optimieren
Die Skizze Als erste der Vorzeichnungen kann die
Skizze gelten. Man versteht darunter die
früheste zeichnerische Festlegung eines
Einfalls, gleich, ob dieser aus der
unmittelbaren Naturanschauung, aus der
Erinnerung an Gesehenes oder aus der
freischaffenden Einbildungskraft kommt.
Um komponieren zu können, bedurfte der
Künstler stets des skizzenhaften
Rohmaterials, das zu verarbeiten ihm zur
Verfügung stand. Die Skizze wird eine
ruhig vorbereitete, methodische Arbeit
vermissen lassen und daher auch nicht auf
Vollkommenheit bedacht sein – und sie
wird doch weit mehr als jede andere Form
die Kennzeichnung des Schöpferischen,
der Inspiration tragen. Für die Skizze ist
Skizzen können sein Raschheit erste Bedingung – das
„Hingeworfene“, das „Zupacken“ (der
• Notiz von Einfällen Gedanke wartet nicht) macht ihren
• Kompositionsskizzen unvergleichlichen Reiz aus. In der Skizze
ist auch die Handschrift am stärksten
• Schritt im Prozess der Bildfindung ausgeprägt.
Die Studie Das zeichnerische Studium von
Einzelheiten setzt unverzüglich nach
Klarlegung des Konzeptes ein. Führten die
Skizzen zum Erfassen des Gesamtbildes,
so ist die Studie das sorgfältige Versenken
in Einzelfragen.

Aktstudie, Gewand- und Detailstudie,


Helldunkel, Licht und Schatten,
Verteilung der Massen,
Proportionsstudien, mimisch-
physiologische Studien
Rubens, Der gefesselte
Prometheus, 1612, Philadelphia
Jacob Jordans, Der gefesseltePrometheus,
1640, Wallraf-Richartz-Museum Kölkn
• Praktische Fertigkeiten
1
Resultat von Übungen und Übungsreihen

• Veranschaulichung des Lösungsweges 2


Skizzen, Studien, Entwurfsarbeit,...
2
• Angemessene bildsprachliche Entscheidungen
Form-Inhalt-Relation

• Resultat 3
Originalität, Gesamtwirkung

• Erläuterungen zu den bildsprachlichen Entscheidungen und 2


zum Lösungsweg /fachsprachliche Entscheidungen
Praktische Arbeit

Phaeton
Bilder-Atlas
PHAETON

Die Metamorphosen des Ovid (43 v.Chr. - 17 / 18 n. Chr.) sind die


Lieblingsgeschichten der Künstler zweier Jahrtausende. Sie besitzen breit
gefächerte und noch immer aktuelle Lebensbezüge und drängen zur
Verbildlichung. Ihnen liegt die Geschichte von Phaeton vor.

Praktischer Teil:
Ausgehend vom Rahmenthema soll über Skizzen und Studien ein Bild
entstehen. Fertigen Sie zunächst Skizzen zu mindestens drei Bildideen.
Entscheiden Sie sich für einen Entwurf und führen Sie ihn aus.
Präsentation:
Für die Präsentation ist ein anschaulicher mündlicher Vortrag, ein
Werkbuch oder eine PC-gestützte Darbietung möglich.
Erläutern und veranschaulichen Sie die Stadien Ihrer Bildfindung und die
Entscheidungen für die gewählten bildsprachlichen Mittel im
Zusammenhang mit Ihrer Intention..
1.2 Materialien:
Materialien und Medien nach Wahl, Skizzen und Studien (Bleistift, Kreiden,
Gouche,...) sind jedoch verbindlich
TEXT:
Epaphos, der Jupitersohn, wirft Phaeton vor, er rühme sich zu Unrecht, ein Sohn
des Sonnengottes Sol zu sein. Gekränkt begibt sich Phaeton zu seiner Mutter
Clymene und bittet sie um einen Beweis für seine himmlische Abkunft. Sie fordert
ihn auf, selbst zu Sol zu gehen und ihn zu fragen, ob er sein Vater sei. Und
Phaeton macht sich auf den Weg zum Palast des Sonnengottes. Er erlangt das
Versprechen, ihm jede Gunst zu gewähren - und fordert daraufhin die Lenkung des
Sonnenwagens...
OVID, Metamorphosen
„Was führt dich
Her?“ so spricht er, „was kamst du in meinem Schlosse zu suchen,
Phaeton, du mein Sohn, den nie der Vater verleugnete?“
Dieser erwiderte: „O Lichtquell für alle im riesigen Weltall,
5 Phoebus, mein Vater, wenn du mir gestattest, dass so ich dich nenne,
Und wenn Clymene nicht mit täuschender Rede sich reinwäscht,
Gib mir, o Vater, ein Pfand, das mich sicher beglaubigt als deinen
Wirklichen Sprössling, o nimm meinem Herzen den irrenden Zweifel!“
Sprach´s, da legte der Vater die strahlende Krone zur Seite,
10 Welche das Haupt ihm umglänzt, hieß näher ihn treten, gewährt´ ihm
Eine Umarmung. „Ich leugne es nicht“, so sprach er, „du bist mein
Würdiger Sohn. Ja, Clymene hat deine wirkliche Abkunft
Dir verkündet. Damit du nicht zweifelst, verlang eine Gabe,
Welche du willst; du erhältst sie. Zu zeugen meines Versprechens
16 Ruf´ ich - so schwören die Götter - den Sumpf, den ich nie
erblickte.“Kaum ist die rede beendet, da will er den Wagen des Vaters
Haben: das Recht, einen Tag die geflügelten Rosse zu lenken.
Jetzo gereute den Vater der Eid; er schüttelte dreimal,
Viermal das leuchtende Haupt. „Unbedachtsam“, so sprach er, „ist meine
20 Rede durch deine geworden. Ach, wär´ es doch möglich, Versprechen
Nicht zu erfüllen! Dies eine, mein Sohn, ich würd´ es dir weigern.
Doch widerraten, das darf ich: dein Wunsch birgt schwere Gefahren.
Was du begehrst, ist riesig, mein Phaeton; dies zu vollbringen
Reicht deine Kraft nicht aus: dein jugendlich Alter verwehrt es.
25 Sterblich zu sein ist dein Los, Unsterblichen ziemt, was du wünschest!
Ja, du Verblendeter trachtest nach mehr, als jemals den Göttern
Selbst zu erreichen vergönnt ist! Es mag ein jeder sich rühmen,
Wessen er Macht hat; doch sich auf die feurige Achse zu stellen,
Niemand vermag´s außer mir; auch des weiten Olympus Gebieter,
30 Welcher mit schrecklicher Hand sie entsetzlichen Blitze entsendet,
Lenkt diesen Wagen kaum. Und was kann sich mit Jupiter messen?
Steil ist zu Anfang der Weg: nur mühsam klimmen die frischen
Rosse am Morgen empor; in der Mitte ist schwindelnd die Höhe:
Oftmals bangt es mir selbst, von dort die Länder zu sehen
35 Und das Meer, und es klopft mir beklommen das Herz in dem Busen.
Hüte dich, Sohn, und ändre den Wunsch, solang es noch möglich!
Freilich, um glauben zu können, du seist ein Kind meines Blutes,
Willst du ein sichres Pfand: du hast es in meiner Besorgnis.
Dass ich dein Vater, beweist doch die Angst eines Vaters. O schaue
40 Mir in das Antlitz! O könntest du doch in das Herze mir sehen,
Könntest darin die Sorgen erkennen des ängstlichen Vaters! Sicher, ich
hab´s bei den stygischen Wellen beschworen: ich gebe
Alles , was immer du wünschest; nur sollst du vernünftiger wünschen!“
Damit endet die Mahnung; doch er widersetzt sich den Worten,
23 Klammert sich fest an dem Vorsatz und brennt vor Begier nach dem
Wagen.
Gülden erglänzte die Achse, die Deichsel gülden, aus Golde
An den Rädern die Felgen und silbern die Sterne der Speichen.
50 Jetzt überstrich der Vater mit heiliger Salbe das Antlitz
Seines Sohnes und feite es gegen die raffende Flamme,
Setzt ´ ihm die Strahlenkrone ins Haar und, ahnend den Kummer,
Seufzte er tief aus beklommener Brust und sprach zu dem Jüngling:
„Könntest du wenigstens dieser Ermahnung des Vaters dich fügen:
55 Schone, o Knabe, den Stachel und brauche recht kräftig die Riemen!
Wirklich, sie rennen von selbst, es gilt ihren Willen zu zähmen.
Wähle den Weg dir nicht durch die fünf gleich laufenden Bogen!
Schräg durch zieht sich die Bahn, in mächtiger Krümmung gebogen;
Nur drei Zonen durchmisst sie in kluger Beschränkung und meidet
60 Hier den Südpol und dort das nordische Sternbild des Bären.
Dies sei der Weg! Du wirst deutlich die Spuren der Räder erblicken. Und
damit Himmel und Erde die gleiche Erwärmung erhalten,
Senke dich weder noch türme den Wagen zum obersten Luftraum!
Fliegst du zu hoch, so wirst du die himmlischen Häuser verbrennen,
18 Oder zu tief, die Erde: der sicherste Weg ist die Mitte! Aber der Jüngling
besteigt das leichte Gespann mit dem zarten
Körper; er steht und hält voll Freude die Zügel, die leichten,
Beim widerstrebenden Vater von oben sich freundlich bedankend.
Unterdessen erfüllen des Sol geflügelte Rosse,
70 Pyrois, Aethon, Eous und Phlegon als vierter mit Flammen -
Wiehern die Luft; vom Stampfen der Hufe erdröhnen die Schranken
Und wie der himmlische Raum unermesslich vor ihnen sich breitet,
Stürmen sie vorwärts, es greifen die Füsse geschwind durch die Lüfte;
Er hat Angst: er kann die geliehenen Zügel nicht führen,
75 Kennt nicht den Weg, und wenn er ihn kennte, er kann sie nicht lenken.
Wie aber Phaeton gar, der unselige, hoch von dem Himmel
Unten die Länder erblickte, die tiefer und tiefer sich dehnten,
Wurde er bleich, in plötzlichem Schrecken erbebten die Knie,
Und vor der Fülle des Lichts umwogte ihm Dunkel die Augen.
80 Phaeton sieht jetzt wirklich auf allen Seiten den Erdkreis
Lodern in Flammen; die Hitze, er kann sie nicht länger ertragen.
Wie aus gähnendem Ofen, so atmet er glühende Lüfte
Ein mit dem Munde und spürt, sein Wagen wird heiß bis zur Weißglut.
Unerträglich werden die Massen von Asche, die Funken,
17 Die ihn umsprühn, rings wird er umhüllt von feurigem Rauche. Pechiges Dunkel
verdeckt ihm, wohin er fährt, wo er jetzo
Ist, und es reißt ihn die Willkür der Rosse von dannen.
Doch der allmächtige Vater berief zu Zeugen die Götter
Ihn auch, welcher den Wagen gegeben; wofern er nicht helfe,
90 Werde das Weltall vernichtet, und stürmte zur Höhe des Himmels.
Mächtig erdonnert er, holt weit aus mit der Rechten und schleudert
Jäh auf den Lenker den Blitz: aus dem Leben zugleich und dem Wagen
Wirbelt er ihn und bändigt mit grimmigem Feuer das Feuer.
Fürchterlich scheuen die Rosse, sie bäumen sich rückwärts, vom Joche
95 Löst sich gewaltsam der Nacken, das Zaumzeug reißt und verliert sich:
Hier sind die Zügel geblieben und abgesprengt von der Deichsel
Drüben die Achse, abseits die Speichen zerbrochener Räder;
Weit sind die Reste zerstreut des völlig zertrümmerten Wagens.
Phaeton, welchem die Flamme die rötlichen Haare verwüstet,
100 Rollt kopfüber und stürzt durch die Lüfte, ein langer Streifen,
Wie ein Stern vom heiteren Himmel, auch wenn er nicht wirklich
Fällt, bisweilen den Eindruck erweckt, als sei er gefallen.

Ovid, Metamorphosen, Zürich 1958, S. 44 ff.


Bilder-Atlas

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