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Wirtschaftspolitik

Vorlesung 1 Politische Recht und Institutionen


Warum ist der Staat überhaupt notwendig
Wirtschaftspolitik ist die ökonomische Theorie der Politik, wobei die Finanzwissenschaft als die
ökonomische Analyse des Staates verwendet wird. Von dieser Finanzwissenschaft gibt es zwei
verschiedene Arten.

• Wohlfahrtstheorie: Der Staat wird als gegeben angesehen und es wird versucht die Wohlfahrt zu
optimieren. (akademisch)
• Politische Ökonomie: Sie stellt sich der Frage, warum es den Staat überhaupt gibt. Denn der
Staat sollte den Bürger und Bürgerinnen dienen. (umsetzungsorientiert)

Allokation ist die Verwendung der zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Anarchie (staatslose Zustand)


In der Anarchie gibt es keine Macht für niemanden, keine Institutionen, die
Handlungsbeschränkungen in Form von Gesetzen auferlegen. Auch wird nichts gemeinsam
beschlossen und durchgesetzt. Darum könnte man annehmen, dass die Anarchie das Ideal ist für
einen freiheitlich denkenden Menschen ist. Jedoch gibt es auch gewisse Nachteile bei einer
anarchischen Ordnung.

• Zustand ohne Regeln und Institutionen


• Kein Schutz des eigenen Freiheitsbereich vor den Übergriffen anderer
• Nachteiliger Kampf aller gegen alle
• Produktive Tätigkeiten lohnen sich nicht
• Armut und Chaos sind die Folge
• Keine Realisierung gemeinsamer Anliegen

Bezüglich der Realisierung gemeinsamer Anliegen, ist die Gefahr besonders hoch, dass Leute als
Aussenseiter trotzdem von der Leistung profitieren. Solange die Leute in einem Zustand leben, ohne
eine allgemeine Macht, befinden sie sich im Krieg jeden gegen jeden.

Beispiel

Dreissigjähriger Krieg

• 23. Mai 1618: Zweiter Prager Fenstersturz


• Endgültiger Zerfall gesellschaftlicher Strukturen und Ordnung im Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation.
• Plünderungen und Morde, 40% der Landbevölkerung sind dem Krieg und seinen Folgen zum
Opfer gefallen.
• Beiträge waren notwendig zur Begleichung der anfallenden Kriegskosten

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Somalia

• Somalia hat seit 1991 keine anerkannte Regierung mehr, es herrscht Bürgerkrieg und die
wirtschaftliche Lage hat sich weiter verschlechtert
• Das BIP pro Kopf liegt bei 550$, was Platz 176 von 186 bedeutet.
• Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 56.3 Jahren.
• Pro 1‘000 Kinder sterben 8.26% davon.

Verfassungsvertag
Es bleibt die Frage offen, wie nun der Staat gegründet werden soll. Thomas Hobbs schlägt daher vor,
einen Unterwerfungsvertrag zu machen. Durch diesen Vertrag will man die Anarchie überwinden,
indem alle Individuen sich freiwillig einer absoluten Herrschergewalt unterwerfen, dem Leviathan.
Das Individuum gibt somit seine gesamte Freiheit auf. Das einzige Problem dabei ist, es bleibt offen,
wer den Leviathan beschränkt.
Durch den Verfassungsvertrag „Calculus of Consent“ wird der Kampf jeder gegen jeden überwunden,
jedoch wird man vom Leviathan nicht überbevorteilt. Die Individuen treten nur die Rechte ab, welche
dazu da sind, den Rechtsstaat aufrechtzuhalten. Es gab ein zweistufiges Verfahren, bei welcher
Einigkeit gefordert war, bei Entscheidungsfindungen im Rechtsstaat, jedoch keine Einigkeit mehr in
der Entscheidungsfindung im Leistungsstaat.

Der Rechtsstaat sorgt dafür, dass den Individuen ihre Rechte von Aussenstehenden nicht in Frage
gestellt werden. Während im Rechtsstaat noch die Einstimmigkeit oder die qualifizierte Mehrheit gilt,
reicht im Leistungsstaat die Mehrheitsabstimmung aus. Es wird also im Rechtsstaat einstimmig
beschlossen, dass im Leistungsstaat eine Mehrheitsabstimmung ausreichend ist.

Grundkonsens
Drei Merkmale zeichnen den Grundkonsens aus:

• Er regelt grundsätzliche Aspekte, welche über Tagesfragen und kurzfristige Interessen


hinausgehen.
• Die Einigung erfolgt in einer Situation der Ungewissheit. Die Leute wissen nicht, ob sie oder ihre
Nachkommen einmal reich oder arm sein werden, wissen nicht ob sie zu den Gesunden oder zu
den Kranken gehören werden.
• Der Grundkonsens besteht in einer freiwilligen Übereinkunft und die Regelungen werden
einstimmig beschlossen. Das heisst, der Grundkonsens lässt sich nicht durch staatliche Gewalt
erzwingen.

Beispielsweise die Sozialversicherung kann einstimmig beschlossen werden, wenn die Beteiligten
nicht wissen, ob sie oder ihre Nachkommen zu den Bevorzugten oder Benachteiligten gehören
werden.

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Politische Rechte und Institutionen
Die Anwendung des Grundkonsenses findet in folgenden Punkten statt.

• Individuelle Grundrechte (property rights) (Freiheit, Meinungsfreiheit, Gleichheit, Sicherung der


Meinungsvielfalt, Eigentumsrechte und Vertragsrecht, wobei die letzten beiden besonders
wichtig sind für die wirtschaftliche Entwicklung)
• Entscheidungsregeln
• Gewaltenteilung
• Räumliche Dezentralisierung

Individuelle Grundrechte
Personen oder Gruppen können ihre Präferenzen im zukünftigen politisch-ökonomischen Prozess nur
dann zur Geltung bringen, wenn ihre individuellen Grundrechte gesichert sind. Der Staat dient
lediglich zur Durchsetzung der Rechtsnorm. Die Grenzen des Staates sind die Gewaltenteilung und
Dezentralisierung. Es gibt auch Übereinkünfte über das Ausmass der Mitbestimmung, wie zum
Beispiel Wahlen, Bürgerinitiativen oder Volksabstimmungen.

Einigung über die Entscheidungsregel


Es gibt hierbei zwei wesentliche Kostenfaktoren, welche einen Einfluss auf diese Einigung haben.

• Externe Kosten sind diejenigen Kosten, welche entstehen, wenn gegen den eigenen Willen
entschieden wurde. Bei einer Einstimmigkeit betragen sie 0 und wachsen danach exponentiell
an.
• Einigungskosten sind die Kosten, die nötig sind, um zu einer Einigung zu gelangen. Sie sind bei
einer Einpersonenregel gleich 0 und wachsen danach auch exponentiell an.
• Daraus resultieren die Gesamtkosten und es lässt sich schliessen, dass das optimale
Zustimmungserfordernis bei den minimalen Gesamtkosten liegt.

Zustimmungserfordernis Einigungskosten Willkür


Einstimmigkeitsregel Alle Viel Wenig
Einpersonenregel Einer Wenig Viel
Nichteinstimmigkeitsregel Mehrere Hälftig Hälftig

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Bezüglich dem optimalen Zustimmungserfordernis gelten folgende Dinge:

• Je steiler der Anstieg der Einigungskosten, desto tiefer liegt das optimale
Zustimmungserfordernis Z.
• Je steiler der Anstieg der externen Kosten, desto höher liegt Z
• Die Steigung der Kurven ist je nach Problembereich unterschiedlich
• Das optimale Z liegt nicht zwingend bei 50%

Staatsaufbau, Gewaltenteilung
Die grundlegenden Eigenschaften des Staatsaufbaus müssen in einer Demokratie mittels Konsens
geregelt werden. Nur dadurch kann verhindert werden, dass der Staat allmächtig wird und die
Präferenzen der Individuen und Gruppen missachtet. Dabei im Vordergrund stehen die
Gewaltenteilung und die räumliche Dezentralisierung.
In der klassischen Staatslehre wird von den drei Gewalten der Exekutive (vollstreckende), Legislative
(gesetzgebende) und Judikative (richterliche) gesprochen. Durch diese Trennung soll ein
Machtmonopol im Staat verhindert werden und den Freiheitsraum der Individuen bewahrt werden.
Diese Gewaltenteilung wird durch das „System of checks and balances“ kontrolliert und in Takt
gehalten.

Staatsaufbau, Räumliche Dezentralisierung


Die räumliche Dezentralisierung ist gleichzusetzen mit dem Föderalismus und der Vorteil liegt darin,
dass die individuellen Präferenzen besser geäussert und durchgesetzt werden können. Dies wird
dadurch erreicht, dass ein Wettbewerb herrscht zwischen den verschiedenen regionalen Anbietern.
Es wird auf den Wettbewerbsmechanismus vertraut.
Die Bevölkerung hat die Möglichkeit durch abwandern in eine andere Gebietseinheit, ihre
Unzufriedenheit über die angebotenen Leistungen zum Ausdruck zu bringen. Diese Abstimmung
nennt man „voting by feet“. Daher sind die gewählten Vertreter der Gebietskörperschaften bemüht,
die öffentlichen Güter und Dienstleistungen so anzubieten, dass eine Abwanderung verhindert wird
und eventuell neue Einwohner von aussen kommen. Dieser Druck führt bei öffentlichen Gütern zu
einer pareto-effizienten (wohlfahrtsmaximierenden) Allokation.

Die Regierung wird sich allerdings gegen diesen Wettbewerb zwischen Gebietskörpern wehren, weil
sie dadurch kontrolliert werden und an Macht verlieren. Allerdings wird eine Harmonisierung der
Steuern eingeführt, das heisst dass ein minimaler Steuersatz festgelegt wird. Dies soll zur Folge
haben, dass Bürger in Gebiete ziehen, in denen die Steuern und die Leistungen tief sind. Auf
europäischer Ebene sollte aber auf diese Tendenz der Harmonisierung verzichtet werden.

In der ökonomischen Theorie wird nach der Determinanten des optimalen Zentralisierungsgrades
gesucht. Während sich die Dezentralisierung eher zur Bewältigung der Allokationsprobleme, eignet
sich die Zentralisierung eher zur Lösung von Stabilisierungs- und Verteilungsproblemen. Die
Entscheidung darüber findet auf der Ebene des Grundkonsenses

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Argumente für Dezentralisierung
• Besseres Eingehen auf die individuellen Präferenzen:
Die Nachfrage nach öffentlich bereitgestellten Gütern unterscheidet sich häufig stark in
regionaler Hinsicht, da die Wertvorstellungen durch die regionalen Traditionen geformt sind.

Zwei Gruppen mit homogenen Präferenzen für ein öffentliches Gut, mit den marginalen
Zahlungsbereitschaften N₁ und N₂. Die Produktionskosten sind konstant bei GK und unabhängig vom
Output Niveau. Ein Zentralstaat stellt die Menge Xz zur Verfügung. Wird der Zentralstaat in die zwei
Gruppen aufgeteilt, so können die individuellen Präferenzen besser befriedigt werden. Es wird also die
Menge Xa und Xb angeboten. Es entsteht ein Wohlfahrtsgewinn von ABC für N₁ bzw. DCE für N₂. Denn
die erste Gruppe wurde gezwungen, so viel zu konsumieren, dass die Grenzkosten den Grenznutzen
überschritten. Und für die zweite Gruppe war das Angebot zu klein.

Die Wohlfahrtsgewinne sind grösser, je stärker sich die Präferenzen unterscheiden.

• Kosten der Erstellung öffentlicher Güter


Es gilt nicht allgemein, dass die Kostenkomponenten pro produzierte Einheit zurückgeht, aber
die Planungskosten sind bei dezentralem Angebot kleiner, da die Informationen aufgrund der
Bürgernähe einfacher zu gewinnen sind. Oft sind die Verwaltungskosten auch tiefer, als bei
einem zentralen Angebot. Zusätzlich wird den Bürgern Kosten erspart, weil sie einen längeren
Weg zurücklegen müssen, um ihre öffentlichen Anliegen zu deponieren.
• Höhere Innovationsfähigkeit
Bei räumlicher Dezentralisierung ist es möglich, Experimente durchzuführen, da das Risiko
wegen der geringeren Zahl betroffener Individuen bei eventuellem Versagen geringer ist. Sprich
es können neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft und Staat ausprobiert
werden.
• Effizienteres Angebot
Da die Betroffenen von einer öffentlichen Leistung das Angebot besser fühlen, können sie den
Staat zu einer entsprechenden Leistung zwingen. Auch ist der Angebotsprozess für die Wähler
besser sichtbar und dies ermöglicht eine bessere Kontrolle der Exekutive.

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Argumente für Zentralisierung
Argumente für Allokation

• Spillovers sind positive oder negative räumliche externe Effekte. Das bedeutet, dass Nutzen und
Kosten öffentlicher Güter und Dienstleistungen sich nicht nur auf die Bewohner der dafür
verantwortlichen Gebiete beschränkt, sondern auch Bewohner anderer Gebiete betrifft. Erfährt
also ein Gebiet einen Nutzen aus dem Angebot einem anderen Gebiet, so besteht wenig Anreiz,
dieses Gut vollumfänglich bereitzustellen, da sie auch ohne Kosten von dieser öffentlichen
Leistung versorgt werden. Die Gebiete, die ein solches Gut bereitstellen, werden den Nutzen
anderer nicht berücksichtigen, da er auch nicht vergütet wird. Daher ist das Angebot nicht
pareto-optimal. Bei positiven Spillovers (Strassen, Oper) ist das Angebot zu gering, bei negativen
Spillovers (Umweltschutz)ist der Schaden zu hoch. Diese Ineffizienz spricht für die
Zentralisierung
• Unteilbarkeiten
in manchen Bereichen öffentlicher Tätigkeit (Kraftwerke) ist eine minimale Projektgrösse
erforderlich. Auch wenn sich regionale Ebenen nicht auf eine gemeinsame Bereitstellung einigen
können, drängt sich ein zentrales Angebot auf.
• Abnehmende Durchschnittskosten
Können durch eine optimale Betriebsgrösse Skalenerträge ausgenützt werden, liegt ein
gemeinsames Angebot für mehrere Regionen nahe. (Universitäten, Spitäler, Flughafen)
• Koordinationszwang
Die Mobilität der Bevölkerung und der Austausch von Waren kann zu einem so engen
Zusammenhang zwischen verschiedenen Gebieten führen, dass ohne Abstimmung der
öffentlichen Leistungen hohe Nutzeneinbussen entstehen. (Strassen-/Schienenverkehr)
• Mindestversorgung mit öffentlichen Leistungen
Eine minimale Versorgung jeder Gebietseinheit mit öffentlich angebotenen Gütern ist aus
folgenden Gründen sinnvoll. Das Individuum könnte in Zukunft das Gut einmal selbst in
Anspruch nehmen (Optionswert) und eine gleichmässige Verteilung kann Spannungen zwischen
Gebieten vermeiden.

Argumente für Einkommensverteilung und Stabilisierung

• Einkommensverteilung
Eine Umverteilungspolitik muss weitgehend auf der Ebene des Zentralstaates durchgeführt
werden. Denn einzelne Gebiete haben nicht die Möglichkeit, notwendige Steuern von Leuten
mit höherem Einkommen zu erhalten, da diese leicht abwandern, sprich ausweichen können.
Wird eine Umverteilungspolitik mit Hilfe von Gütern und Dienstleistungen betrieben
(Sozialleistungen), so wandern Bürger zu, welche Anspruch auf diese haben, da sie ein geringes
Einkommen haben. Auf lange Sicht ist eine solche Politik nicht machbar.
• Stabilisierung
Eine wirkungsvolle Konjunkturpolitik lässt sich nur auf zentraler Ebene durchführen. Denn
betreibt ein einzelnes Gebiet eine expansive Politik, so geht ein grosser Teil der Wirkung
(Multiplikatoren Effekte) in Form von Spillovers an andere Gebiete über. Das Gegenteil, eine
restriktive Politik zur Inflationsbekämpfung, hat zur Folge, dass ein grosser Teil der Wirkung
anderen Gebieten zu Gute kommt. Daher wird die Stabilisierung von einzelnen Gebieten nicht
oder nur schwach angestrebt, viel eher versuchen sie die Position als Trittbrettfahrer
einzunehmen.

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Optimaler Zentralisierungsgrad

Kurve A zeigt die mit


steigenden
Zentralisierungsgrad
zunehmenden
Wohlfahrtsverluste, also die
Vorteile der Dezentralisierung.
Kurve B zeigt die steigendem
Zentralisierungsgrad
abnehmenden
Wohlfahrtsverluste, also die
Vorteile der Zentralisierung. Es
gilt, je steiler Kurve A und je
flacher Kurve B, desto stärker
sollte die Staatsform föderativ (dezentralisiert) ausgeprägt sein.

Laufender politischer Prozess


Im Gegensatz zum Grundkonsens ist im laufenden politischen Prozess keine Einstimmigkeit, sondern
lediglich eine einfache Mehrheit erforderlich. Dies ermöglicht ein rasches Reagieren auf dringliche
Probleme, ohne dabei den Grundkonsens zu verletzen

Wirtschaftspolitische Einflussnahme

• Erarbeitung und Vermittlung von Informationen


• Drei Hautpadressaten (Wähler, Regierung, Staatliche Verwaltung
• Ziele (Steigerung der Effektivität des demokratischen Prozess, bessere Berücksichtigung der
Präferenzen, Regierung und Parteien erreichen eigene Ziele besser)

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Vorlesung 2 Gesellschaftliche Entscheidungsmechanismen, Preis
Preismechanismus
Der Preismechanismus wird als Allokationssystem verwendet.

Vorteile

• Effiziente Allokation der Ressourcen


Ein Wettbewerbsgleichgewicht führt zu Pareto-Optimalität und für jeden pareto-optimalen
Zustand existiert ein Wettbewerbsgleichgewicht. Das heisst, sobald Knappheit herrscht,
macht ein
Wirtschaftssystem Sinn.
Das alleinige Wissen,
welches der Wettbewerb
liefert, ermöglicht dass
ein Monopolist sich wie
ein Wettbewerber
verhält, unter der
Voraussetzung, dass die
Gefahr auf neue
Markteintreter realistisch
ist.

• Vermittlung spontaner Anreize


Ein freies System relativer Preise gibt auch eigennützig handelnden Individuen Anreize, die ihnen
zur Verfügung stehenden Mittel zur Befriedigung ihrer Präferenzen effizient einzusetzen. Es sind
keine Eingriffe von aussen notwendig, um Individuen zu diesem Verhalten zu zwingen. Dies
nennt man die „unsichtbare Hand“. Das Preissystem bewirkt in der Gesamtheit ein rationales,
widerspruchsfreies Verhalten, da anomal Personen an Gewicht verlieren.
• Informationsersparnis durch Dezentralisierung
Die einzelnen Entscheidungsträger sammeln und verarbeiten die für sie wichtigen Informationen
in ihrem eigenen Interesse. Daher sind die Kosten der Suche und Verwertung relativ gering.
Hingegen eine zentrale Sammlung und Aufbereitung der Information würde hohe Kosten mit
sich bringen. Das Wissen ist bei den Konsumenten und Produzenten und nicht zentral bei einer
Behörde.
• Erweiterung der Freiheit
Die einzelnen Entscheidungsträger haben die Möglichkeit, die Ressourcen nach ihrem Belieben
zu verwenden. Konsumenten können ihr Geld für diejenigen Güter ausgeben, die ihnen am
meisten zusagen. Es gibt keinen persönliche Abhängigkeit, keine Ausbeutung und keine Macht,
denn niemand wird gezwungen in den Markt einzutreten.
• Förderung von Fortschritt und Veränderung
Das Preissystem und der mit ihm verbundene Wettbewerbsmechanismus vermitteln den
Wirtschaftssubjekten Anreize zur Einführung von technischem Fortschritt, von

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Strukturänderungen und von organisatorischen Reformen. Jedes Individuum kann Gewinne
erzielen, wenn es produktive Neuerungen einführt und verkauft.

Nachteile
Beispiel: Erkennt ein Occasionshändler den Unterschied zwischen Autos, welche im guten Zustand
sind und welche in einem schlechten Zustand sind nicht, so wird er einen Durchschnittspreis beider
Qualitäten bezahlen. Die Folge daraus ist, dass nur noch Leute mit Autos von schlechter Qualität ihm
ihre Autos verkaufen werden. Weiter werden also nur noch schlechte Autos verkauft und gekauft,
was wiederum dazu führt, dass nur noch Risiken auf dem Markt vorhanden sind und der Markt
schliesslich zusammenbricht.

Die Divergenz zwischen privaten und sozialen Kosten trägt die Allgemeinheit. Häufiges Beispiel ist die
Umwelt, welche unter der Produktion von Industriekonzernen leidet, aber diese entschädigen die
Schäden an der Umwelt nicht, daher trägt die Allgemeinheit diese Kosten.

Angenommen neben einer bestehenden Siedlung wird eine Autobahn gebaut, es entsteht ein
externer Effekt. Externe Effekte sind Kosten der Produktion, welche nicht ausgeglichen werden.
(Lärm, Umwelt). Durch diesen externen Effekt zeigt der Preismechanismus nicht die Wahrheit

• Unvollständige Märkte
Eine pareto-optimale Allokation stellt sich nur in einem atomistischen Markt ein, das heisst
wenn die Zahl der Marktteilnehmer so gross ist, das der Einzelne den Marktpreis nicht mehr
beeinflussen kann. Sind nur wenige Anbieter oder Nachfrager oder sogar natürliche Monopole
auf dem Markt, verhindern diese eine effiziente Allokation der Ressourcen.
Ein natürliches Monopol entsteht, wenn zunehmende Skalenerträge vorhanden sind, das heisst
die GK liegen unter den DK, was wiederum bedeutet, dass bei einer Ausweitung der Produktion
die Kosten weiter sinken. Weiten alle Firmen ihr Angebot aus, entsteht ein Überangebot,
wodurch einige Firmen aus dem Markt scheiden. Im Extremfall sind die DK am geringsten bei
nur noch einem Anbieter. Das nennt man natürliches Monopol. Da nun für das Monopol aber
kein Anreiz vorhanden ist, den Preis gleich den GK zu setzen, entsteht wieder ein Anreiz für
Firmen in den Markt hineinzutreten, da ein Gewinn möglich ist.
• Externalitäten und öffentliche Güter
Die externen Effekte bewirken, dass Einheit von Nutzniesser und Kostenträger gestört wird.
Dritte, welche weder einen Beitrag leisten noch an der Entscheidung beteiligt sind, erhalten
einen Nutzen (positiver Effekt) oder bekommen Kosten (negativer Effekt) aufgedrückt. Diese
Differenz führt dazu, dass die tatsächlich angebotene Gütermenge im Vergleich zu einem
pareto-optimalen Zustand bei negativen externen Effekten zu gross und bei positiven externen
Effekten zu gering ist.
• Moralisches Risiko und negative Auslese
Es ist nicht möglich sich gegen alles zu versichern (Bankrott). Der Grund warum es nicht für alle
Ungewissheiten Versicherungsmärkte gibt, ist das moralische Risiko. Dieses entsteht für den
Anbieter der Versicherung dadurch, dass Individuen sich nach Abschluss anders verhalten
(risikofreudiger). Hinzu kommt die negative Auslese, bei der Informationsunterschiede zwischen
den an einem Versicherungsgeschäft beteiligten Parteien bestehen.
• Mangelnde Anpassungsgeschwindigkeit
Bei Änderung der Präferenzen oder Produktionsmöglichkeiten verstreicht oft geraume Zeit, bis
die durch die Preisänderungen vermittelten Anreize zu Anpassungen in den produzierten
Gütermengen führen und eine effiziente Allokation der Ressourcen erreicht ist.

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• Moralische Bedenken
Es gab schon immer Bereiche, die vom Preissystem ausgeschlossen waren. Gründe dafür waren,
weil eine Preissetzung ihren moralischen Wert mindern würde (Organhandel), Transaktionen
sind verboten, weil die Menschenwürde geschützt werden soll (Menschenhandel), gewisse
Transaktionen verletzen die Grundwerte der Demokratie (Kauf von Parlamentssitzen) oder es
geht um die Sicherung der Kompetenzen (Beamtenposten). Trotzdem wurden alle diese Dinge,
mit Hilfe des Preismechanismus gehandelt.
Auch bekannt ist, dass das Preissystem möglicherweise die intrinsische Motivation verdrängen
oder gar zerstören kann. Das heisst, dass durch Bezahlen (extrinsische Motivation) die
intrinsische Motivation, diese Tätigkeit auszuführen, zurückgeht.
• Einkommensverteilung
Das Preissystem garantiert keine gerechte Einkommensverteilung, denn pareto-Effizienz ist auch
mit einer extrem ungleichen Einkommensverteilung möglich. Der Preismechanismus garantiert
also keine faire Verteilung.
• Stabilisierung
Der Preismechanismus garantiert weder Vollbeschäftigung noch stabile Preise. Für
Veränderungen braucht es oft der Staat, welcher solche Interventionen durchführt. (Geld-
Fiskalpolitik

Dreiklang der Staatsaufgaben

• Allokation
• Distribution
• Stabilisierung

Meritorische Güter könnten von der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellt werden, sind jedoch für
die Allgemeinheit von so grosser Bedeutung, dass der Staat sie bereitstellt. Denn der Markt würde sie
nicht in ausreichender Menge bereitstellen.

Wettbewerbspolitik und Regulierung


Massnahmen, die den Wettbewerb fördern, können einige der angeführten Schwächen des
Preismechanismus mildern und seine Vorteile besser zur Geltung bringen. Das Ziel der
Wettbewerbspolitik ist durch Intensivierung des Wettbewerbs, monopolistische Positionen
aufzulösen, um den Konsumenten eine Auswahl an verschiedenen Anbietern zu ermöglichen. Dies
wiederum zwingt die Produzenten zu einer effizienten Herstellung.

Die Regulierung nimmt hingegen die monopolistische Situation als gegeben an, und versucht durch
Vorschriften zu erreichen, dass die Wünsche der Konsumenten stärker beachtet werden. Die
Deregulierung beseitigt Vorschriften, um den Wettbewerb zu fördern. Die Privatisierung hat den
gleichen Zweck und überführt staatliches Eigentum an private Unternehmen.

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Argumente für und gegen Wettbewerbspolitik
Notwendigkeit einer Wettbewerbspolitik

• Allokationseffizienz kann nur erreicht werden, wenn die Bedingungen des Wettbewerbs so weit
wie möglich realisiert sind. Nur dann werden Anreize vom Preissystem an die Unternehmen
vermittelt, das Angebot den Präferenzen der Individuen anzupassen
• Die technische Effizienz ist unter Konkurrenzbedingungen höher als auf monopolistischen
Märkten. (Güter werden kostengünstiger hergestellt)
• Der Zwang zur Entwicklung und Einführung technischer Neuerungen ist bei Wettbewerb höher
als bei monopolistischer Marktform

Gegen eine Wettbewerbspolitik

• Da grössere Firmen zu niedrigen Durchschnittskosten produzieren als kleine Firmen, aufgrund


der zunehmenden Skalenerträge, sollte darauf verzichtet werden kleine Firmen künstlich am
Leben zu erhalten um grössere Firmen zu bekämpfen.
• Die Grösse der Unternehmung zeigt ihre Effizienz, sogar Monopole sind anderen Konkurrenten
überlegen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Position nicht mit Hilfe des Staates erreicht
wurde.
Gemäss der „Theorie bestreitbarer Märkte“ reicht alleinig die Drohung eines Markteintritts aus,
dass selbst natürliche Monopole effizient produzieren. Allerdings dürfen keine Eintrittsbarrieren,
so wie auch keine versunkenen Kosten vorhanden sein. Auch muss eine rasche
Austrittsmöglichkeit vorhanden sein. Dies muss so sein, da wenn die Monopole die Preise
drücken, es für die anderen möglich sein muss wieder aus dem Markt auszutreten.
• Nur grosse Unternehmungen können auf internationalen Märkten erfolgreich konkurrieren.

Verlust an Konsumentenrente bei monopolistischem Angebot im Vergleich zu einem Angebot zu


Grenzkostenpreisen

Der Verlust an Konsumentenrente ist der Wohlfahrtsverlust XmACXk abzüglich der eingesparten
Ressourcen dk*Pk.

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Regulierung
Erscheint Wettbewerb nicht möglich oder nicht effizient, kann eine staatliche Behörde versuchen, die
privaten Unternehmungen zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen. Dies betrifft besonders die
natürlichen Monopole (Versorgung: Wasser, Gas, Strom, Verkehr), welche im Bereich zunehmende
Skalenerträge produzieren. Es können drei Ziele angestrebt werden:

• Netzbetreiber müssen ihre Leistungen ihren Konkurrenten zu fairen Bedingungen zur Verfügung
stellen.
• Die Konsumenten sollen gegen die Ausbeutung durch natürliche Monopole geschützt werden.
Als Instrumente kann ein angemessener Gewinn festgelegt werden.
• Regulierung übernimmt distributive Funktionen, die sonst durch die Finanzpolitik angestrebt
wird (mittels Steuern und Transfers). Ärmere Bevölkerungsschichten können durch tiefe
Produktions- bzw. Dienstleistungspreise begünstigt werden oder es werden Höchstpreise
festgelegt.

Durchsetzung und Erfolg einer Wettbewerbspolitik und Regulierungspolitik


Die wettbewerbspolitische Behörde kann und will nicht das Gesamtwohl der Gesellschaft
maximieren. Die tatsächlich durchgeführte Wettbewerbspolitik lässt sich realistisch einschätzen,
wenn den an der Wettbewerbspolitik beteiligten Entscheidungsträger eigennütziges Handeln
unterstellt wird. Dieses Problem nennt man die Prinzipal-Agenten-Problematik, denn der Prinzipale
delegieren an den Agenten und da besteht die Gefahr, dass der Agent abweichen.

Verhalten der Wettbewerbsbehörde

• Den Leitern der staatlichen Wettbewerbsbehörde ist sehr daran interessiert, Ansehen zu
gewinnen. Dies gelingt besonders gut, wenn sie ihre Bedeutung nach aussen dokumentieren,
indem sie Fusionen verhindern.
• Sie wird auch versuchen, die Konflikte mit anderen Handlungsträger zu minimieren, um nicht in
unnötige Schwierigkeiten zu gelangen. Dieses Ziel wird erreicht, wenn man das Verhalten der
anderen berücksichtigt. Insbesondre das Verhalten der Wirtschaftszweige, denn sie sind oft gut
organisiert und können sich wirksam zur Wehr setzen.
• Da die Bevölkerung keine Anreize hat, sich für die öffentlichen Güter der Wirtschaftspolitik
einzusetzen (durch Engagement einzelner, profitieren alle, Trittbrettfahrerproblem), hat auch
die Wettbewerbsbehörde kaum Anreize, die Anliegen der Bevölkerung zu verfolgen.

Verhalten der Regierung

• Die Regierung muss sich überlegen, ob sich eine aktive Wettbewerbspolitik gegen die
Sonderinteressen der einzelnen Wirtschaftszweige lohnt.
• Sie kommt aber häufig zum Schluss, dass es ihnen schadet, gegen die Sonderinteressen der
Wirtschaftszweige entgegenzutreten.

Verhalten der (potentiell) betroffenen Wirtschaftszweige

• Die einzelnen Sektoren bemühen sich, eine für sie möglichst günstige Wettbewerbspolitik
herbeizuführen. Besonders geschützte Eintritts- und Investitionskontrollen, die einen
Marktzutritt von Konkurrenten erschweren, sind vorteilhaft. Auch werden sie die
Wettbewerbsbehörde dazu veranlassen, Substitute zu unterdrücken und komplementäre Güter
zu fördern.
• Hat die Wettbewerbsbehörde in dem Sinne einzelner Wirtschaftszweige gehandelt, so
verspricht diese der Regierung Unterstützung bei den kommenden Wahlen.

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Interaktionen lässt folgende Wettbewerbspolitik erwarten

• Die Monopolmacht wird in bestimmten Bereichen gestärkt, indem der Wettbewerb von Seiten
des Staates unterdrückt wird. Gefördert werden besonders die schrumpfenden oder armen
Bereiche (Landwirtschaft, Gewerbe). Sie tritt in eine enge Verbindung mit den Sektoren und
identifiziert sich mit deren Interessen.
• Zum Schutz ineffizienter Anbieter wird der Wettbewerb vermindert. Es werden
Eintrittsbarrieren geschaffen und bestimmte Formen des Wettbewerbs verboten (vergleichende
Preise und Preisnachlässe.
• Durch untersagen von Fusionen und aushändigen von Geldbussen für Preisabsprachen, wird der
Wettbewerb gestärkt.

Konsumentenpolitik
Dem Preissystem wird vorgeworfen, dass die Konsumenten deutlich schwächer gestellt sind, als die
Produzenten, da sie vom System nicht berücksichtigt werden. Folgendermassen kann die Stellung der
Konsumenten verbessert werden

1. Indem dass die individuelle Verbraucherposition gestärkt wird


2. Die Interessen der Konsumenten mittels kollektiver Allokation zur Geltung gebracht wird
3. Die Stellung der Produzenten zugunsten der Verbraucher einschränken

1. Stärkung der individuellen Verbraucherposition

Die Konsumenten können ihre Wünsche im Rahmen des Preissystems umso eher durchsetzen, je
besser sie über die Eigenschaften der angebotenen Güter informiert sind.

• Durch den Anbieter, indem er Auskunft gibt über Zusammensetzung, Frische und Qualität.
• Anhand Informationen und Vergleiche von Konsumentenorganisationen.

2. Stärkung der Konsumenten mittels kollektiver Allokation

Selbstorganisation der Verbraucher

Da die Aktivitäten, welche zur Besserstellung der Konsumenten ein öffentliches Gut darstellt, habe
die einzelnen Konsumenten nur wenig Anreiz zu den Kosten beizutragen und tendiert eher zu einem
Trittbrettfahrerverhalten. Die Wahrscheinlichkeit also, dass eine solche Interessengruppe zu Stande
kommt ist sehr gering. Es kommt daher nur in folgenden Fällen zu einer kollektiven Allokation der
Konsumenten.

• Wenn aufgrund offensichtlicher Missstände im Angebot, eine spontane Reaktion entsteht in


Form eines Verbraucherstreiks.
• Auf angegrenzten Gütermärkten können Konsumentenorganisationen langfristig bestehen,
wenn sie den einzelnen Verbrauchern einen spezifischen Anreiz zum Beitritt in Form eines
privaten Gutes bieten (TCS).
• Wenn die Konsumentenanliegen von politischen Unternehmungen aufgenommen werden, in
der Hoffnung Stimmen und Einfluss zu gewinnen.

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Fremdorganisationen der Verbraucher

Kommt eine selbständige kollektive Allokation nicht zu Stande, so kann eine staatliche Finanzierung
in Betracht gezogen werden.

3. Schwächung der Stellung der Produzenten mittels administrativer Vorschriften

• Es können Vorschriften über Preise oder deren Erhöhung erlassen werden.


• Durch Festlegung der Qualität um Gesundheitsschäden zu verhindern.
• Der Vertrieb der Güter kann reglementiert werden.
• Die Zulassung der Güter erst nach einer Prüfung eines staatlichen Labors gestatten.
• Die Produzenten haften für bestimmte Eigenschaften ihrer Güter.

Diese rechtlichen Regelungen haben erst dann eine Wirkung, wenn sie ohne grosse Kosten
durchgesetzt werden können.

Strukturpolitik
Das Preissystem bewirkt eine bestimmte Zusammensetzung der Produktion und Beschäftigung nach
Wirtschaftszweigen und Regionen, welche durch die Strukturpolitik beeinflusst werden kann. Der
Strukturen Wandel ist eine Voraussetzung für das Wachstum der Wirtschaft. Ineffiziente
Wirtschaftszweige müssen absterben und dynamische sind zu fördern. Die Strukturpolitik kann auch
einen Beitrag zur Bewältigung anderer wirtschaftlicher Probleme leisten (Umweltqualität). Sie sind
aber verglichen mit dem Wirtschaftswachstum nicht so wichtig.

Wachstum durch Strukturpolitik

• Der wachstumsnotwendige Strukturwandel kann durch Anpassungshilfen erleichtert werden.


Den Unternehmungen wird geholfen, die Produktion auf neue Güter umzustellen, welche
bessere Absatzchancen haben. Auch kann den Mitarbeiter geholfen werden, welche arbeitslos
wurden, indem man ihnen Umschulungen anbietet.
• Durch eine Liste mit positiven und negativen Wirtschaftszweigen, von welchen erwartet wird,
dass sie entweder wachsen oder ineffizient sind und deshalb abgebaut werden sollten.

Instrumente

• Bei der Angebotsseite können der Arbeitseinsatz, technische Fortschritt und der Kapitaleinsatz
beeinflusst werden.
• Die Nachfrage kann durch Variation der Staatsausgaben verändert werden. Es werden direkte
Subventionen oder Steuererleichterungen verwendet. Aber auch Fest- und Mindestpreise,
staatliche Abnahmeverpflichtungen, gesetzliche Absatzgarantien (Sicherung des
Steinkohleeinsatzes), Schliessung von Märkten gegenüber potentiellen Anbietern oder Zölle sind
Möglichkeiten die Nachfrage zu verändern.

Erfahrungen mit der Strukturpolitik

Das eigentliche Ziel der Strukturpolitik ist, die Anpassung an Strukturveränderungen zu erleichtern
und den Strukturwandel zu fördern. Allerdings weicht die tatsächlich durchgeführte Strukturpolitik
wesentlich davon ab. Häufig werden aufgrund verteilungspolitischen Gründen überholte
Wirtschaftsstrukturen erhalten.

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Vorlesung 3 Gesellschaftliche Entscheidungsmechanismen, Demokratie
Eine der wichtigsten Aufgaben auf der Ebene des gesellschaftlichen Grundkonsenses besteht darin,
sich auf die zu verwendenden demokratischen Entscheidungsmechanismen zu einigen. Es gibt eine
Reihe von verschiedenen Entscheidungsmechanismen. Unter dem direkte Verfahren steht die
Mehrheitsabstimmung im Vordergrund, hingegen das indirekte Verfahren ist durch Wahlen
gekennzeichnet, in denen die Repräsentanten gewählt werden. Nebenbei gibt es noch die
aleatorischen Abstimmung, welche zufälliger Art ist.

Mehrheitsabstimmung
• Einfache Mehrheit (mehr Stimmen als alle anderen Alternativen in ihrer Gesamtheit)
• Absolute Mehrheit (mehr Stimmen als alle anderen Alternativen in ihrer Gesamtheit unter
Berücksichtigung der Enthaltungen)
• Relative Mehrheit (mehr Stimmen als jeder Anteil für sich)
• Qualifizierte Mehrheit (festgelegter Stimmenanteil über 50%)
• Einstimmigkeit (Extremfall der qualifizierten Mehrheit)

Eigenschaften der einfachen Mehrheitsregel


Vorteil

• Jede Person hat eine Stimme. Diese Gleichheit entspricht dem demokratischen Ideal. Sie steht
damit im Gegensatz zum Preissystem, in dem die einzelnen Stimmen der – ungleich verteilten –
Kaufkraft entsprechen. Allerdings ist diese Gleichheit teilweise eingeschränkt, denn Kinder und
Jugendliche sowie Ausländer dürfen nicht an Abstimmungen teilnehmen. Auch ist die
Beteiligung von Leuten mit höherem Einkommen deutlich höher als bei Leuten mit tieferem
Einkommen.
• Das Prinzip der Mehrheitsabstimmungen wird oft als Inbegriff der Demokratie angesehen,
besitzt in der Bevölkerung eine besondere Legitimität. Es gilt, dass solche Mehrheitsentscheide
zu akzeptieren sind.
• Solange man sich bei einer Abstimmung auf nur zwei Alternativen beschränkt, sind
Mehrheitsabstimmungen ohne grosse grossen Aufwand durchzuführen. Werden es allerdings
mehr Alternativen, muss man vorher festlegen, welche Mehrheit nun gelten soll.

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Nachteile

• Die Anwendung der einfachen Mehrheitsregel führt nicht immer zu eindeutigen


Entscheidungen.
Führt man bei folgenden Präferenzen eine Abstimmung durch
zwischen B und C durch, so gewinnt B mit 2:1. Führt man nun
einen Abstimmung zwischen A und B durch, gewinnt A mit 2:1.
Daraus kann mit Hilfe der Transitivitätsannahme sagen, dass A
gegenüber C bevorzugt wird. Wird aber noch einmal ein drittes
abgestimmt zwischen A und C, so sieht man dass C mit 2:1 gewinnt. Dies nennt man zyklische
Mehrheit (A>B>C>A).
Der Grund dafür liegt beim Wähler 2, angenommen die Präferenzen stehen für Mengen, wobei
A wenig, B mittel und C viel ist, er von einem extrem ins andere geht. Dieses Präferenzverhalten
nennt man mehrgipflige Präferenzen. Weiter ist der zweite Wähler auch indifferent zwischen A
und B.

• Unterschiedliche Präferenzintensitäten lassen sich mit Hilfe der Mehrheitsregel nicht


ausdrücken, weil der Wähler nur zwischen Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung
entschieden kann. Die Stärke der Zustimmung kann dabei aber nicht ausgedrückt werden.
• Das Verfahren der Mehrheitsabstimmungen führt nicht unbedingt zu gerechten
Entscheidungen, weil eine stabile Mehrheit eine Minderheit dauernd ausbeutet.
• Wähler haben nur geringe Anreize sich über die Entscheidungen näher zu informieren, da es
sehr unwahrscheinlich ist, dass ihre Stimme die entscheidende Stimme ist.
• Der einzelne Wähler kann einen Anreiz haben, seine wahren Präferenzen zu verschweigen, und
eine davon abweichende Entscheidung zu treffen. Diese Gefahr des strategischen Wählens
besteht bei allen Abstimmungen und entspricht dem Trittbrettfahren.
• Wird zwischen mehr als zwei Alternativen jeweils paarweise mit der einfachen Mehrheitsregel
entschieden, so ist festzulegen, in welcher Reihenfolge diese Abstimmungen stattfinden.

Unmöglichkeits-Theorem (Ergänzung zum ersten Nachteil)

Da oben gezeigt wurde, dass diese Anwendung der Mehrheitsabstimmung in einer zyklischen
Mehrheit endet, bietet es sich an, nach anderen Zyklen freien Abstimmungsverfahren zu suchen.
Kenneth J. Arrow hat aber gezeigt, dass es kein politisches Abstimmungsverfahren gibt, welches auf
ordinalen individuellen Präferenzordnungen basiert, zu einer transitiven gesellschaftlichen
Präferenzordnung führt und folgenden vier Bedingungen genügt:

• U (Unbegrenzter Bereich) Die individuellen Präferenzordnungen unterliegen keinerlei


Restriktion.
• P (Pareto-Bedingung) Wenn bei einer Auswahl zwischen A und B, A von mindestens einem
Individuum bevorzugt, aber kein Individuum B gegenüber A bevorzugt, so sollte A auch
gesellschaftlich bevorzugt werden.

16
• D (keine Diktatur) Kein Individuum sollte befugt sein, ausschliesslich die Entscheidung für die
Gesellschaft zu treffen.
• I (Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen) Die gesellschaftliche Entscheidung zwischen
zwei Alternativen A und B soll nur von den relativen Wertschätzungen dieser beiden
Alternativen durch die Individuen abhängen und nicht von der Wertschätzung dritter
Alternativen, welche nicht für die Entscheidung relevant sind.

Beispiel

Bei drei Individuen mit folgenden Präferenzen, 1 mit (A>B>C>D>E) und 2


und 3 mit (D>E>A>B>C). verteilt man nun die Präferenzen und rechnet die
Präferenzen zusammen, kommt man zum Schluss, dass D gewählt wird
(geringste Punktzahl).

Streicht man nun die Alternative E von den Alternativen, wird plötzlich A
gewählt. Dies zeigt, dass eine Abhängigkeit besteht von irrelevanten
Alternativen.

Wahlen und demokratische Regierungen


Wahlsysteme:

• Verhältnisrecht (Proporz), nach dem die Zahl der Parlamentssitze gemäss der relativen Anzahl
der einer Partei zugekommenen Stimmen aufgeteilt wird.
• Mehrheitswahlrecht (Majorz) nach dem in jedem Wahlkreis der Parlamentssitz derjenigen Partei
zukommt, welche die relative Mehrheit der Stimmen erhält.

Das Verhalten demokratischer Regierungen

Die Regierung strebt die Erfüllung ihres eigenen Nutzen und nicht des Gemeinwohls. Die Bürger
(Prinzipalen) wählen Agenten in die Regierung und die Gefahr dabei ist, dass sie nicht über die
gesamte Amtszeit ihren Auftrag erfüllen, da sie nicht an die Prinzipale vertraglich gebunden sind,
aber sie sind an eine Partei gebunden. Die Partei ist dabei die Überwindung der
Informationsasymmetrie.

Drei Arten von Nebenbedingungen schränken das Handeln der Regierung ein.

• Die administrativ-legalen Nebenbedingungen geben den Einfluss der staatlichen Verwaltung und
der geltenden Gesetze wieder. Der Entscheidungsraum der Regierung wird dadurch wesentlich
eingeschränkt.

17
• Die wirtschaftlichen Nebenbedingungen legen fest, auf welche Weise die wirtschaftspolitischen
Instrumente auf die Wirtschaft einwirken, welchen Budgetbeschränkungen die Regierung
unterliegt und inwieweit sie auf die Zahlungsbilanz-Situation Rücksicht nehmen muss.
• Am wichtigsten ist die politische Nebenbedingung. Eine demokratische Regierung will
grundsätzlich wiedergewählt werden. Und nur wenn sie durch die Wähler in ihren Ämtern
bestätigt werden, können sie ihre Ziele längerfristig verfolgen.

Das Budget in der repräsentativen Demokratie


Es findet eine zweistufige Entscheidungsfindung statt, bei der versucht wird die Verhandlungskosten
zu senken. Dies geschieht indem einerseits die Parteien ein politisches Programm entwerfen um die
Stimmen zu maximieren und andererseits wählen die Wähler ein solches Wahlprogramm, gerade
jenes, welches ihnen den grössten Nutzen verspricht. Sie maximieren ihren Nutzen.
Die Frage dabei bleibt aber, ob der politische Wettbewerb zu einem stabilen Gleichgewicht tendiert
und ob dieses pareto-optimale Eigenschaften hat.

Darum wurde ein Modell eingeführt (Down-Modell), bei welchem folgenden Annahmen galten.

• Zwei Parteien
• Eindimensionale Parteiprogramme, eingipflige Wählerpräferenzen
• Permanente Wahlen
• Wahlbeteiligung 100%
• Vollständige Information
• Stimmenmaximierer (Interesse in Wiederwahl)
• Einfache Mehrheitsregel

Sind alle diesen Annahmen erfüllt, ergibt sich daraus Stabilität und Gleichgewicht beim Median.

Zuerst könnte man glauben,


dass beide Parteien
Positionen ganz bei L und R
einnehmen, um möglichst
viele Anhänger um sich zu
scharen. Es ist aber so, dass
die Parteien je mehr Wähler
gewinnen können, desto
stärker sie sich in die Mittel
bewegen. Es wird sich also
ein Gleichgewicht
einfinden, wenn bei
Parteien in der Mitte angelangt sind. Es besteht aber kein Reiz darüber hinaus zu gehen, da sonst die
andere Partei die Wähler der Partei, welche den Medianpunkt überschreitet, übernehmen würde.
Bei diesem Modell wird stets der Median gewinnen.

18
Hotelllings Gesetz sagt aus, dass sich sowohl Eisverkäufer wie auch Parteien stets Richtung Mitte
begeben um mehr Einnahmen oder Wähler zu gewinnen. Bezüglich den Parteien wird dieser Prozess
solange stattfinden, bis sie sich nicht mehr unterscheiden.

Zentrale Aussagen:

• Es existiert ein stabiles Gleichgewicht bei der jede Partei gleich viele Stimmen hat und der Zufall
entscheidet, welche Partei gewählt wird.
• Eine Partei die gewinnen will, darf nicht ideologisch sein. Viel eher muss man sich am Median
Wähler orientieren. Dies gilt jedoch nur im Modell mit zwei Parteien.

Das Gleichgewicht beinhaltet:

• Das Gleichgewicht ist kein Pareto-Optimum, denn was die Mehrheit präferiert muss nicht für ein
einzelnes Individuum gelten.
• Je grösser die Zahl der Abstimmenden, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass einer von
ihnen die entscheidende Stimme hat.
• Wähler sind rational ignorant und damit anfällig für Interessengruppen.

19
Vorlesung 4, Gesellschaftliche Entscheidungsverfahren: Öffentliche Verwaltung

Bürokratische, formalisierte und hierarchische Verfahren:

• Vorteil: geringere Transaktionskosten, schnellere Entscheidungen (Spezialisierungsvorteile). Es


finden keine Markttransaktionen statt, da sich zwei Parteien nicht einigen müssen.
• Nachteil: Prinzipal-Agenten-Problem

Verhaltenstendenzen der öffentlichen Verwaltung:

• Ausweitung des verfügbaren Budgets (Budgetmaximierung)


• Schaffen von Freiräumen (diskretionärer Spielraum)
• Einhalten von Vorschriften wichtiger als wirtschaftliche Effizienz

4 wichtige Handlungsträger: Wähler, Interessengruppen, Parlamentarier und Regierung haben im


laufenden politischen Prozess nur wenig Einfluss auf die öffentliche Verwaltung (Prinzipal-Agenten-
Problem
Erstellen von budgetären und politischen Restriktionen.

Parkinsons Gesetz

«Die Arbeit wird erweitert, um die für die Fertigstellung zur Verfügung stehende Zeit zu füllen.»

Bedeutung öffentlicher Verwaltung

Ein Modell des ungleichgewichtigen Wachstums (Baumoll-Modell)


Der grundlegende Unterschied zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor ist, dass der
öffentliche Sektor vor allem Dienstleistungen produziert, bei welchen die Produktivitätssteigerungen
nur beschränkt möglich sind (handelt sich um Menschen). Hingegen beim privaten Sektor ist diese
Steigerung deutlich einfacher zu erreichen, indem das Kapital vergrössert wird und somit die Qualität

20
oder Quantität gesteigert werden kann. Daraus folgt, dass die technische Rate des Fortschritts ist
beim privaten Sektor deutlich höher.

Um also die Qualität der Dienstleistungen aufrecht zu erhalten, müssen die Löhne im öffentlichen
Sektor mit den Löhnen im privaten Sektor mitthalten. Gleichzeitig wächst die Produktivität im
privaten Sektor dank dem technischen Fortschritt schneller als im öffentlichen Sektor. Diese beiden
Tatsachen nennt man die baumolsche Kostenkrankheit, denn die Preise steigen wegen zunehmender
Stückkosten im öffentlichen Sektor kontinuierlich an, ganz im Gegensatz zum privaten Sektor.

Ein Modell der öffentlichen Verwaltung


Für Manager einer öffentlichen Firma sind zwei Grössen wichtig:

• Je höher der Output, desto höher ist ihr Lohn, sowie ihr Ansehen.
• Die Differenz zwischen den offiziell angegebenen Kosten und den tatsächlichen Kosten (Gewinn)
kann in zusätzliches Personal investiert werden, wodurch die Arbeitsbelastung reduziert wird.

Merkmale der öffentlichen Verwaltung:

• Verwaltung hat eine monopolistische Stellung gegenüber Regierung und Parlament


• Verwaltung handelt als Optionsfixer. Sie bietet ein Gesamtpaket an; eine bestimmte Menge zu
einem bestimmten Preis.
• Politiker können das Paket nur annehmen oder verwerfen und sie werden es annehmen, wenn
ihre Zahlungsbereitschaft höher ist als der Preis.

Modell der öffentlichen Firma (Modell Niskanen)

Wenn Manager nur aus


Überschuss einen Nutzen
ziehen:

Unter
Wettbewerbsbedingungen gilt,
die Grenzkosten sind gleich der
marginalen
Zahlungsbereitschaft, es wird
somit die Menge Xw
produziert. Die vom
Auftraggeber bereitgestellten
Mittel entsprechen der Fläche
0ACXw, die tatsächlich notwendigen Minimalkosten der Fläche 0BCXw. Den Überschuss (ABC) eignen
sich die Beschäftigten im öffentlichen Sektor auf indirektem Weg an. Es wird daher die allokative
effiziente Menge Xw zur Verfügung gestellt, aber sie wird ineffizient produziert.

21
Wenn Manager nur aus produzierter Menge einen Nutzen ziehen:

Wird nun auf diesen Überschuss verzichtet, so wird die Menge Xn abgesetzt. Die
Zahlungsbereitschaft ist 0AEXn und die Kosten sind 0BDXn. Der Überschuss (ABC) wird nun
verwendet die zusätzlichen Kosten (CDE) zu decken. ABC und CDE sind gleich gross, daher wird
betrieblich effizient produziert, da sich die Firma auf der minimalen Grenzkostenkurve Kx(X) befindet.
Dagegen aber ist der Output zu hoch, es besteht allokative Ineffizienz.

Allgemein, Manager ziehen sowohl aus Menge als auch Überschuss Nutzen:

Die produzierte Menge liegt im Endeffekt zwischen Xw und Xn, was bedeutet es gibt betriebliche
sowie volkswirtschaftliche Ineffizienz. Soweit Regierung und Parlament in der Lage sind, die
öffentliche Bürokratie zu kontrollieren, werden sie versuchen den Gewinn möglichst zu reduzieren
und die produzierte Menge auf Xw zu begrenzen. Die Möglichkeiten dazu sind aber beschränkt, da
die Regierung nur annehmen kann, wie viel die Kosten der öffentlichen Firma sind, hingegen die
öffentliche Verwaltung kennt die Kostenfunktion. Daher muss die Regierung immer damit rechnen,
dass das öffentliche Gut zu viel oder zu teuer produziert wird.

Weitere Eigenschaften bürokratischen Verhaltens


• Bürokraten haben wenige Anreize, sich gesellschaftlich optimal zu verhalten, denn der
Staatsangestellte ist von den Auswirkungen seiner Entscheidungen nicht unmittelbar betroffen.
Der Output der Verwaltung ist ein öffentliches Gut, welches alle betrifft.
Die Kosten der Entscheidungsfindung stellen für den beteiligten Beamten private Aufwendungen
dar, weshalb sie so klein wie möglich gehalten werden. Hingegen halten sie sich strikt an die
Vorschriften, da ein Fehler negative Folgen für sie haben könnte.
• Überholte Bürokraten sterben selten oder nie. Denn die Ausgaben werden über das allgemeine
Budget verrechnet und dies erlaubt ihnen auch zu überleben, wenn ihre Dienste nicht mehr
nachgefragt werden. Da kein Wettbewerbsdruck besteht, wird eine Verwaltungseinheit, deren
Aufgabengebiet hinfällig wurde, sich einen neuen Aufgabenbereich suchen.
• Bürokratische Entscheidungen sind infolge des unterschiedlichen Risikos alternativer
Handlungen in verschiedener Hinsicht verzerrt. Für einen Staatsangestellten, welcher eine
Entscheidung treffen muss, gibt es unterschiedlichen Risiken fehlerhaften Verhaltens.
• Die Risiken und die Konsequenzen aufgrund eines Verfahrensfehlers sind hoch.
• Falsche budgetwirksame Entscheidungen können zur Folge haben, dass ihre Kompetenz in
Frage gestellt wird.
• Allerdings falsche, nicht budget-wirksame Entscheidungen haben kaum negative Folgen,
daher werden sie sich auch kaum um solche Kosten kümmern (Land nicht genutzt,
Arbeitskräfte unproduktiv eingesetzt oder Zeitverzögerungen)
• Das geringste Risiko und keine privaten Kosten haben Verwaltungsbeamte, wenn sie keine
Entscheidungen treffen.
• Verwaltungen tendieren dazu, die Nachfrage nach ihren Gütern und Dienstleistungen zu
übertreiben, die Kosten zu untertreiben
• Enge Verwaltungsvorschriften verursachen Ineffizienzen und hemmen den Arbeitsanreiz.

22
Kontrolle der öffentlichen Verwaltung
Vier Handlungsträger können die Verwaltung kontrollieren:

• Bevölkerung: Sie besitzt nur begrenzte Informationen über das Verhalten und die Effizienz. Da
der Versuch der Kontrolle der Verwaltung einem öffentlichen Gut ähnelt, haben einzelne Bürger
wenige Anreize dies zu tun. Möglich wäre durch die Massenmedien zu kontrollieren, oft wird
aber da nur einzelne Fälle kontrolliert und nur auf kurze Zeit. Auch als Wähler ist ihr Einfluss
gering, da Politiker ihre Versprechen (Kontrolle der Verwaltung) brechen können.
• Interessengruppen: Sie besitzen genügend Informationen, aber sie benötigen eine gute
Beziehung zur Verwaltung, damit sie ihre Interessen gut verfolgen können. Auch vertritt die
Verwaltung Teile ihrer Interessen.
• Parlamentarier: Sie benötigen von der Verwaltung Informationen, um sich über die Verwaltung
zu orientieren. Aber auch sie brauchen eine gute Beziehung zur Verwaltung, um ihre Pläne
durchsetzen zu können. Auch sind Staatsangestellte in dem Parlament vertreten.
• Regierung: Sie haben dasselbe Problem wie die Parlamentarier, aber sie sind auf die aktive
Mitwirkung der Verwaltung angewiesen. Es besteht also auch hier kaum einen Anreiz zur
Kontrolle.

Es gibt also nur schwache Kräfte, welche die staatliche Verwaltung kontrollieren. Daher braucht es
auf der Ebene des Grundkonsenses Regelungen, welche die öffentliche Verwaltung dazu veranlassen,
den Wählerwünschen zu folgen.

Exkurs

Öffentlichkeitsprinzip

Rolle der Eidgenössischen


Finanzkontrolle,
parlamentarische
Aufsichtskommissionen

Rolle der Schuldenbremse

23
Ansatzpunkte
Einführung von Wettbewerb

• Wettbewerb zwischen Verwaltungseinheiten


Durch einen föderalen Staatsaufbau kann auf der mittleren und unteren Ebene bewirkt werden,
dass unterschiedliche Gebietskörperschaften von einander unabhängige Verwaltungseinheiten
die gleichen Aufgaben erfüllen. So haben die Bürger die Möglichkeit die Leistungen zu
vergleichen und bei schlechten Leistungen können sie politischen Druck ausüben. Nützt dieser
Druck nichts, so können sie in andere Gebiete abwandern. Auch kann festgelegt werden, dass
sich verschiedene Abteilungen um ein Budget bewerben können. Dies funktioniert aber nur,
wenn sich die Abteilungen nicht absprechen können.
• Wettbewerb von Seiten privater Anbieter
Mittels Grundkonsens können staatliche Monopole aufgehoben werden und damit die
Konkurrenz von Seiten privater Anbieter ermöglicht werden. In vielen Bereichen staatlicher
Aktivität ist eine private und/oder öffentliche Produktion möglich (Bildung, Gesundheit,
Entsorgung, Kommunikation, Verkehr und Transport und Sicherheit)

Verschärfung der Budgetrestriktion (setzen bei Geldmitteln ein)

• Deckung der Ausgaben durch ordentliche Steuereinnahmen


Die öffentliche Verwaltung muss gleichzeitig mit jeder vorgeschlagenen Ausgabenweitung die
zusätzlichen Einnahmen präsentieren
• Beeinflussung der Steuerbasis
Die Tendenz der staatlichen Verwaltung, die Staatsausgaben ständig auszuweiten, kann dadurch
gebremst werden, indem ihr nicht unbeschränkt Steuerquellen zugewiesen werden.
• Kontrolle durch Rechnungshöfe
Den Rechnungshöfen können erhöhte Kompetenzen zur inhaltlichen Überprüfung der
Aktivitäten der öffentlichen Verwaltung zu geordnet werden (Eidgenössische Finanzkontrolle).

Verschärfungen politischer Einschränkungen

• Verstärkte direkte Einflussnahme der Wähler


Die Kontrollfunktion lässt sich steigern, indem die Information über Nutzen und Kosten erhöht
werden, die Institutionen der direkten Demokratie bei Entscheidungen über finanzielle Fragen
erweitert werden. Oder es wird ein Ombudsmann geschaffen, bei dem sich die Bevölkerung
gegen bürokratische Übergriffe beklagen kann. Die Ombudsleute können aber nur wenig an der
Verwaltung ändern.
• Verbot der direkten Mitsprache an öffentlich Bediensteten im Parlament
Es sollte strikte Regelungen geben, welche es verbieten gleichzeitig Abgeordnete und
Staatsangestellte zu sein.
• Verwendung bürokratie-armer wirtschaftspolitischer Instrumente
Im Grundkonsens wird festgelegt, welche Instrumente eingesetzt werden sollen, um
wirtschaftliche Ziele zu erreichen. Auch könnte möglich sein, bei einer neuen staatlichen
Aufgabe nicht direkte Vorschriften sondern Lizenzen verwendet zu verwenden, oder
Lenkungssteuern (CO2-Steuer)

24
Vorlesung 5: Gesellschaftliche Entscheidungsverfahren, Wirtschaftliche
Interessengruppen
Wirtschaftliche Interessengruppen
Beispiel für eine Interessengruppe

• Zentrale Handlungsträger innerhalb des Verhandlungssystems (Arbeitgeber und Arbeitnehmer


versuchen Einfluss in die Politik zu nehmen, denn sie wollen berücksichtigt werden)
• Einfluss im laufenden politischen Prozess ist beträchtlich
• Interessengruppen bedienen sich mehrerer Einflusskanäle
• Aber nicht alle Gruppen mit gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen lassen sich gleich gut
organisieren.

Die Gefahr des Trittbrettfahrers ergibt sich immer dann, wenn ein öffentliches Gut bereitgestellt
wird. Denn ihre Tätigkeit, nämlich die politische Beeinflussung der Wähler, der Regierung und der
Verwaltung stellt ein öffentliches Gut dar.

Die Organisation wirtschaftlicher Interessen


Gemeinsame wirtschaftliche Interessen sind zwar eine notwendige Voraussetzung, nicht aber eine
hinreichende Bedingung dafür, dass sich Interessengruppen bilden.
Eine stabile Interessengruppe lässt sich unter drei Bedingungen bildet und aufrechterhalten:

• Kleine Gruppe
In einer kleinen Gruppe hat eine Beitragsverweigerung eines Einzelnen einen deutlich grösseren
Einfluss auf die Gruppe. Daher werden die Mitglieder auf die Nichtmitglieder Druck ausüben, so
dass für diese hohe Kosten entstehen können (bei Nichtbeitritt oder Austritt). Es besteht auch
ein sozialer Druck, da möglicherweise durch die Nichtteilnahme das öffentliche Gut nicht
bereitgestellt wird. Es ist auch schwieriger Free-Rider zu sein, da der Anteil eines Einzelnen sehr
gross ist
• Selektive Reize
Wenn nebst dem öffentlichen Gut auch noch ein privates Gut bereitgestellt wird, welches
ausschliesslich Mitgliedern zu Gute kommt(Streikgeld, Vergünstigungen, Freundschaft).
• Beitrittszwang
Dieser Zwang kommt daher, dass die Regierung einen offiziellen Gesprächspartner hat.

Folgen für die wirtschaftspolitische Einflussnahme


• Nur ein Teil der Anliegen lassen sich gut organisieren und kommt deshalb im politischen Prozess
zum Ausdruck.
• Zur Organisationsfähigkeit muss die Konfliktfähigkeit kommen, denn eine Interessengruppe
muss die Möglichkeit haben, durch ihre Aktionen den politischen Prozess zu beeinträchtigen.

Es ist so, dass die Interessen der Produzenten stärker vertreten werden, als die der Konsumenten.
Ebenfalls werden die Interessen der Nachfrage stärker vertretet als die der Steuerzahler.

25
Verhalten der wirtschaftlichen Interessengruppen
Vier Punkte für das Verhalten von Interessengruppen

• Stimmentausch
Eine Möglichkeit, mit der organisierten Gruppe ihre Anliegen im politischen Prozess
durchzusetzen, besteht in der gegenseitigen Zusage der Stimme. Die Gruppe verzichtet auf ein
für sie nachrangiges Ziel um dafür ein für sie wichtiges Ziel zu realisieren. Ein Stimmentausch
kann explizit passieren, indem Zusagen über das Stimmverhalten im Hinblick auf kommende
Abstimmungen gemacht werden. Häufiger ist aber der implizite Stimmentausch, indem eine
Abstimmungsvorlage bereits aus Teilelementen zusammengesetzt ist, so dass jede Gruppe ihre
wichtigsten Anliegen berücksichtig sieht und so eine Mehrheit gesichert ist. Ein solcher
Stimmentausch ist besonders gut möglich bei wenigen Entscheidungsträgern und geringen
Transaktionskosten

Beispiel:
Wenn ein Bauer seine Strasse sanieren muss, so kann er dies durch die Allgemeinheit finanzieren
lassen. Angenommen es gibt hundert Leute, die darüber abstimmen können, so braucht er lediglich
50 andere Bauern, die für die Sanierung seiner Strasse stimmen. Dadurch werden 49 Bauern
schlechter gestellt.

Auswirkungen des Stimmentausches:

• Die Staatsausgaben werden ausgeweitet, denn durch den Stimmentausch werden von jeder
Gruppe, die für sie betrachtet wichtigen Projekte durchgeführt.
• Die am Stimmentausch nicht beteiligten Wähler werden ausgebeutet.
• Nach vollzogenem Stimmentausch können alle Gruppen schlechter dastehen, aufgrund des
Stimmentausch-Paradoxon. Denn jede Gruppe hat zwar einen Vorteil von dem
Stimmentausch, aber gehört jeweils auch zu den Leidtragenden.
• Selektive Informationsabgabe
Interessengruppen können sich auch dadurch Vorteile verschaffen, indem sie Mitglieder der
Gesellschaft (je nach Bedürfnis) nur positive oder negative Aspekte der Auswirkung hinweisen.
Nebenwirkungen auf andere Bevölkerungskreise werden nicht erwähnt.
• Partielle Unsichtbarkeit
Es ist von Vorteil für eine Interessengruppe, wenn ihre Aktivität nach aussen unsichtbar ist, weil
dadurch eine Opposition von anderen Interessengruppen vermieden werden kann.
• Vorschicken schwacher Mitglieder
Die Forderungen der Interessengruppen lassen sich besser begründen, wenn die Lage der
wirtschaftlich besonders bedürftigen Mitglieder hervorgehoben wird (Bergbauern anstatt
Grossbauern). Sie erhalten dadurch besondere Glaubwürdigkeit. Daher verzichten die Gruppen
auf eine Differenzierung der Mitglieder (z.B. nach Einkommen).

26
Einfluss wirtschaftlicher Interessengruppen
Es gibt drei Ursachen für das Gewicht der wirtschaftlichen Interessengruppen:

• Information
Regierung und Verwaltung brauchen Informationen, welche die Gruppen besitzen. Diese
überlassen die Informationen der Regierung, wenn sie im Gegenzug etwas dafür erhalten.
• Marktmacht
Durch das benutzen ihrer Marktmacht können sie den Wirtschaftsablauf stören (Abnehmer oder
Lieferanten), wodurch Druck auf die Regierung ausgeübt wird.
• Finanzielle Unterstützung von Parteien und Politikern
Durch diese finanzielle Unterstützung werden die Parteien abhängig von den Interessengruppen

Die politische Macht ist je grösser desto:

• Mehr Mitglieder sie umfasst


• Straffer sie organisiert ist
• Mehr Nichtmitglieder sie mobilisieren kann
• Besser ihr Zugang zu den Medien ist
• Höher ihre Finanzkraft ist
• Stärker ihre Marktmacht ist

Auswirkungen

Rent-Seeking

• Der Versuch zusätzliches Einkommen in Form von Renten zu erzielen, indem ich mich als
Interessengruppe für folgendes einsetze Subventionen, Preisregulierungen,
Mengenbeschränkungen oder gesetzliche Absicherung von Kartellen.
• Verlagerung von produktiven zu politischen Tätigkeiten führt allenfalls zur rent-seeking society.
Die rentenstrebende Gesellschaft interessiert sich nicht für Innovation, sondern nur noch für die
Umverteilung der bereits verdienten Renten. Das hat zur Folge, dass das Wachstum nach unten
geht oder sogar stagniert oder die Strukturen sich festfahren.

Einflusskanäle

Interessengruppen machen ihre Forderungen auf verschiedene Arten geltend:

• Vor- und ausserparlamentarischer Prozess


Durch die Information können sie die öffentliche Meinung beeinflussen, sie können bei der
Gesetzgebung und Gesetzdurchführung mitwirken und sie können durch wirtschaftliche und
gesellschaftliche Probleme durch Verhandlungen regeln.
• Parlament und Volksabstimmung
Die Interessengruppen können Entscheidungen beeinflussen, indem sie Parteien und
Kandidaten unterstützen und ihnen Hilfe leisten oder sie können sogar eigene Vertreter ins
Parlament schicken. Oder sie können organisatorische und finanzielle Unterstützung bei
Volksabstimmungen liefern.
• Öffentliche Verwaltung
Die Interessengruppen spielen für die öffentliche Verwaltung eine wichtige Rolle, wenn es um
das Informationsangebot geht. Die Gruppen sind diesbezüglich eine wichtige Kontaktstelle,

27
wodurch sie die Möglichkeit haben, die Information zu ihren Gunsten zu filtern, bevor sie die
Informationen der Verwaltung zu kommen lassen. Auch sind die Interessengruppen ein
Verhandlungspartner der staatlichen Verwaltung, denn sie äussern Wünsche von
Wählergruppen. Ihre Existenz erleichtert die Arbeit der staatlichen Verwaltung. Auch können die
Gruppen die Verwaltung durch finanzielle Unterstützung beeinflussen. Es gibt dabei aber
fliessende Übergänge zwischen Unterstützung und Bestechung.

Grenzen des Einflusses


• Budgetbeschränkung
Da der Staat einer Budgetbeschränkung unterliegt, äussert sich dort der Widerstand der Wähler
gegen monetäre Forderungen von Interessegruppen. Daher fordern die Interessengruppen
indirekte Unterstützung, welche sich nicht direkt aufs Budget niederschlägt..
• Politische Einschränkung
Diese Einschränkung besteht infolge der Konkurrenz der Parteien um Wählerstimmen. Die
Regierung kann nicht allen Forderungen von Interessengruppen nachgeben, da sonst ihre
Wiederwahlchancen sinken.
• Wettbewerb zwischen und innerhalb der Interessengruppen
Es bestehen Interessenkonflikte, welcher aber selten offen ausgetragen werden, da sie wissen,
dass Zusammenarbeit und Kooperation längerfristig meist zu günstigeren Ergebnissen fürht.

Kontrolle der wirtschaftlichen Interessengruppen


• Transparenz (Aktivitäten offenlegen, Registrierung der Lobby, Deklaration der finanziellen
Zuwendungen)

28
Vorlesung 6, Wann handelt der Staat (Teil 1)
Marktversagenstheorie
Private Güter
Damit ist ein Gut als ein privates Gut betrachtet wird, müssen zwei Dinge gelten:

• Ausschliessbarkeit
Hier ist gefordert, dass der Eigentümer eines Gutes Aussenstehende davon abhalten kann,
dieses Gut ebenfalls zu nutzen.
• Rivalität
Diese herrscht, wenn ein Gut Individuum B gar nicht mehr zur Verfügung steht, da es von A
konsumiert wird.

Bei den privaten Gütern ist die Präferenzoffenbarung gegeben.

Öffentliche Güter
Bei den öffentlichen Gütern gilt gerade das Gegenteil. Es gilt die Nichtausschliessbarkeit, denn von
Hochwasserschutzmassnahmen profitiert jeder, unabhängig davon, ob er einen Kostenbeitrag
geleistet hat oder nicht. Häufig ist Nichtausschliessbarkeit mit Nichtrivalität verbunden. Der Konsum
von A verhindert den Konsum von B nicht. Es profitieren alle von dem Damm, unabhängig ob 10 oder
100 Leute darauf stehen.
Es gilt die Präferenzverhüllung, das heisst dass der Markt schlecht oder gar nicht funktioniert. Dies
aufgrund des Freeriderverhaltens.

Bereits vorhandene öffentlicher Güter

Ist ein öffentliches Gut bereits vorhanden, so soll der Marktpreis gleich 0 sein. Denn bei Nichtrivalität
können beliebig viele Nachfrager dieses Gut konsumieren. Der Genuss des Sonnenuntergangs sollte
allen zur Verfügung stehen.

Bereitstellung neuer öffentlicher Güter

Hier funktioniert der Nullpreis nicht mehr, denn eine Unternehmung, welche dieses Gut herstellt, hat
Kosten. Folglich kann auch der Nachfragepreis nicht 0 sein, da sich sonst Angebotspreis und
Nachfragepreis nie treffen würde. Das Problem im Gegensatz zu den privaten Gütern ist, dass ein
einzelnes Individuum kein Interesse daran hat, sich finanziell an dem Produkt zu beteiligen. Es wird
also bemüht sein, seine Präferenzen zu verhüllen und als Freerider vom Produkt zu profitieren. Da
nun alle Individuen so handeln werden, verunmöglichen sie die Bereitstellung der Güter. Es kommt
zum Marktversagen und der Staat springt in die Bresche um das Versagen zu beseitigen.

29
Partialanalytische Ansatz
Welches ist das optimale Angebot an öffentlichen Gütern, Was kosten öffentliche Güter

Das optimale Angebot bei öffentlichen Gütern herleiten analog wie das optimale Angebot bei
privaten Gütern. Und das Marktgleichgewicht von Angebot und Nachfrage so verändern, dass den
spezifischen Eigenschaften öffentlicher Güter Rechnung getragen wird.

Private Güter

Es gilt jedes Individuum zahlt den gleichen Preis

𝑁 𝐴 , 𝑁 𝐵 𝑁𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒𝑘𝑢𝑟𝑣𝑒 𝑑𝑒𝑟 𝐼𝑛𝑑𝑖𝑣𝑖𝑑𝑢𝑒𝑛 𝐴 𝑢𝑛𝑑 𝐵


𝑁 (𝐴+𝐵) : 𝐺𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡𝑛𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒 (ℎ𝑜𝑟𝑖𝑧𝑜𝑛𝑡𝑎𝑙𝑒 𝐴𝑑𝑑𝑖𝑡𝑖𝑜𝑛)
𝐴 𝐵
𝑃𝑃𝑅 = 𝑃𝑃𝑅 = 𝑃𝑃𝑅 = 𝐺𝐾𝑃𝑅
𝑀𝑎𝑟𝑘𝑡𝑔𝑙𝑒𝑖𝑐ℎ𝑔𝑒𝑤𝑖𝑐ℎ𝑡 𝑖𝑚 𝑆𝑐ℎ𝑛𝑖𝑡𝑡𝑝𝑢𝑛𝑘𝑡 𝐸 𝑣𝑜𝑛 𝑆 𝑢𝑛𝑑 𝐷
𝐽𝑒𝑑𝑒𝑠 𝐼𝑛𝑑𝑖𝑣𝑖𝑑𝑢𝑢𝑚 𝑧𝑎ℎ𝑙𝑡 𝑑𝑒𝑛𝑠𝑒𝑙𝑏𝑒𝑛 𝑃𝑟𝑒𝑖𝑠
𝑖𝑛𝑑𝑖𝑣𝑖𝑑𝑢𝑒𝑙𝑙𝑒𝑟 𝐾𝑜𝑛𝑠𝑢𝑚

Öffentliche Güter

Da es bei den öffentlichen Gütern im Extremfall zu keinen Markt


kommt, gibt es auch keine Nachfragekurve. Daher nimmt man
die Kurve der marginalen Zahlungsbereitschaft für die
Pseudonachfragekurve der öffentlichen Güter.
Da Nichtausschluss und Nichtrivalität gilt, können sich die
Individuen zusammentun und ihre individuellen MZB
zusammenlegen, da sie nur einmal bezahlen müssen. Die
einzelnen MZB werden durch vertikale Addition aggregiert. Das
Optimum findet sich im Schnittpunkt E mit Menge Xö

𝑃ö𝐴 + 𝑃ö𝐵 = 𝑀𝑍𝐵 𝐴 + 𝑀𝑍𝐵𝐵 = 𝐺𝐾ö , 𝑃 = 𝐾𝑜𝑠𝑡𝑒𝑛𝑏𝑒𝑖𝑡𝑟𝑎𝑔

Der Preis hat bei den öffentlichen Gütern eine andere Funktion als bei den privaten Gütern.

• Private Güter: Ausdruck für beanspruchte Ressourcen, für alle Individuen gleich
• Öffentliche Güter: Lediglich Kostenbeitrag, Preis nicht zwingend für alle Individuen identisch.

Die Summe der Kostenbeiträge sollte den Grenzkosten entsprechen (Budgetausgleich). Doch was ist
nun das optimale Angebot an öffentlichen Gütern.
Das Angebot soll so weit ausgedehnt werden, bis Summe der marginalen Zahlungsbereitschaft
(=Wertschätzung) den Grenzkosten entspricht.

30
Marktversagenstheorie
Es gibt nebst den privaten und
den öffentlichen Gütern noch
sogenannte Mischgüter. Es geht
nun darum, zu betrachten, wie
sich das Marktversagen dort
ausdrückt.

Mautgüter (Clubgüter) und das Problem des natürlichen Monopols


Bei den Mautgütern gilt Nichtrivalität aber Ausschliessbarkeit, ein Beispiel dafür die Eisenbahn die als
natürliches Monopol gilt. Denn alle können dieses Gut nutzen ohne einander zu stören. Beispiele
zeigen aber, dass Mautgüter eine
Kapazitätsgrenze haben, an der die
Nichtrivalität aufhört.

Hohe Fixkosten und zunehmenden


Skalenerträge

First Best Preise (P=GK) nicht möglich

Diese Kostenstruktur des natürlichen Monopols ist eine potentielle Rolle für den Staat.

Typische Mautgüter:

Autobahnen, Passstrassen, Museen, Konzerthallen und Wasserleitungen

Gemilderte Mautgüter:

Energie-, Rohrleitungen, Fernmeldedienste, Post, Flugverbindungen, Eisenbahnen

31
Möglichkeiten der Preisbildung im natürlichen Monopol

Die Grenzkosten sind daher sehr tief, da die Kosten gering sind, einen zusätzlichen Nutzer
anzuschliessen. Bei einem reinen Mautgut ohne jede Rivalität wären sie gleich 0. Die
Durchschnittskosten fallen durchgehend, aufgrund der hohen Fixkosten. Dies bedeutet, dass ein
einziger Produzent den Markt kostengünstiger beliefern kann als mehrere. Dies führt zu einem
natürlichen Monopol.

Zunächst könnte sich der natürliche Monopolist wie ein normaler Monopolist verhalten und bei der
Menge Grenzumsatz gleich Grenzkosten mit und den Preis P1 realisieren. Dieser Preis wird aber
Wettbewerber anlocken, was den Preis auf P2 drückt. Unterhalb des Preises P2 lassen sich die Kosten
nicht mehr decken. Das besondere ist, das am Ende immer nur ein Anbieter übrig bleibt, dieser aber
nicht in der Lage ist, einen Monopolpreis durchzusetzen. Die alleinige Androhung eines Markteintritts
reicht aus, um den natürlichen Monopolisten zum Preis P2 zu verkaufen.

Eine weitere Bedrohung liegt in den versunkenen Kosten. Für neue Markteintreter sind diese
Fixkosten zu bezahlen, sie erhalten sie aber bei einem Austritt nicht mehr wieder. Im
Konkurrenzkampf zählen aber nur noch die Grenzkosten. Dies wiederum bedeutet, dass der
etablierte Anbieter seinen Preis bis auf die Grenzkosten drücken kann. Diese Asymmetrie kann
potentielle Wettbewerber abschrecken.

Das Problem ist aber nun, dass noch Leute bereit sind, einen Preis zu bezahlen, der über den
Grenzkosten liegt. Das heisst ein effizienter Output ist erst bei der Menge X3 und P3 erreicht, doch
der Anbieter erzielt keine Deckung seiner Kosten mehr. Deshalb muss der Staat eingreifen und das
Defizit übernehmen.

32
Allmendegüter (Gemeinschaftsgüter)
Beid den allmenden Gütern gilt die Nichtausschliessbarkeit und die Rivalität. Es geht dabei immer um
natürliche Ressourcen.

Grossbritannien wurde als Insel mit fruchtbaren Böden


A
im Süden und kargen Böden im Norden betrachtet.
Aus diesem Unterschied leitete man die
w+t Einkommensverteilung zwischen Grundbesitzer und
Arbeiter (ohne Kapital) her. Der Grundbesitzer stellt
B C
Arbeiter ein, bis der Grenzertrag des letzten Arbeiters
dem Lohn entspricht. Der Gesamtertrag der Böden in
0 Grossbritannien entspricht 0ACL1 und davon geht die
Lohnsumme 0BCL1 n die Arbeiter. Die Grundbesitzer
verdienen also BAC, wobei die Grundbesitzer im Süden fast alles erhalten und die im Norden fast
nichts. Die Arbeiter stehen untereinander im Wettbewerb und erhalten unabhängig vom Grundstück
den Lohn w. Dieses w sinkt nicht (Leute verhungert) und steigt auch nicht (Bevölkerung durch
besssere Ernährung gestiegen). Diese Ächer waren private Ressourcen und dies gewährt Effizienz.

Bei den allmenden Gütern stellen die Kurven Grenzertrag (GE) und Durchschnittsertrag (DE) die
Fischgründe auf hoher See darstellen. Die Fischfangunternehmen werden sich nicht gleich verhalten
wie die Grundbesitzer, denn da war klar wem welches Land gehört. Denn dort entschied der
Grenzertrag über den Einsatz. Das Meer kann zwar aufgeteilt werden, aber die Fische werden sich
nicht daran halten. Deshalb nutzen die Fischer den Durchschnittsertrag, denn jeder Fischer hat die
gleiche Chance einen grossen Fischfang zu machen, es hängt nur vom Zufall ab. Es kommt deshalb
dazu, dass zuviel Arbeit eingesetzt wird, sprich zu einer Übernutzung des Fischgurndes bei L2. Da die
Regenation beim optimalen Output L1 vorhanden wäre und danach nicht mehr, erholt sich der
Fischgrund nicht mehr.
Der Staat kann nun mit einer Steuer t bewirken, dass der Output der Fische zurück auf L1 geht. Doch
dies führt möglicherweise zu Kartellen, da für weniger Output höhere Preise verlangt werden kann.

Allgemein gesagt, die Eigentumsrechte bei Allmendegüter sind nicht exklusiv zugeteilt
(Weideflächenn, Regenwälder, Hochseefischerei). Der Staat kann nebst der Steuer noch freiwillige
Vereinbarungen, Marktzutrittsbeschränkungen oder Fangqouten einführen.

Andere Allmendegüter sind Klima, Innenstadtstrassen und Umwelt als Ablagerungsmedium. Weiter
sind auch private Güter, welche ohne Zugangsbeschränkungen öffentlich bereitgestellt werden,
Allmendegüter (Hochschulen, Gesundheitsleistungen).

33
Vorlesung 6, Wann handelt der Staat (Teil 2)
Grenzen der Marktversagenstheorie

Die Marktversagenstheorie wäre zulässig, wenn Marktversagen und Staatsaktivität stets


gleichlaufend, nämlich wie bei Fall 1 und 2, auftreten.

Fall 1:
Marktversagen liegt vor, Staatseingriff findet statt (öffentliche Güter).

Fall 2:
Marktversagen liegt nicht vor, Staatseingriff findet nicht statt (private Güter).

Es gibt aber noch zu diesen beiden Fällen, zwei andere Fälle, bei welchen die Marktversagenstheorie
nicht funktioniert.

Fall 3:
Markversagen liegt vor, Staatseingriff findet nicht statt.

Fall 4: Marktversagen liegt nicht vor, Staatseingriff findet statt.

Beispielsweise werden in der Landwirtschaft private Güter hergestellt und obwohl kein
Marktversagen vorliegt, gibt es umfangreiche Staatseingriffe. Aber ein Ausgleich von einem
Marktversagen kann zu Staatsversagen führen. Denn der Staat handelt aufgrund von Kompromissen
mit einer schwerfälligen Bürokratie und zu hohen Kosten.

Fall 1: Öffentliches Gut: Marktversagen liegt vor, Staatseingriff findet statt.


Ein Dorf mit 10‘000 Einwohner wird von
einer Schädlingsplage heimgesucht. Die
Schädlinge befallen Obstbäume,
zerstören die Ernten und belästigen die
Einwohner. Jeder Einwohner besitzt die
gleiche preisabhängige Nachfrage N nach
Schädlingsbeseitigung (identische
Präferenzen). Die Nachfrage beseitigt wer
privat, indem er eine Spraydose für 1
Euro kauft und für diesen Preis fragt er A
Einheiten nach.

34
Diese Methode ist effizient.

Jetzt heuert der Bürgermeister ein Flugzeug an und für einen Preis von 1‘000 Euro ist der Pilot bereit
die Schädlinge zu bekämpfen. Das heisst, dass jeder Einwohner 0.1 Euro beitragen muss. Nun droht
aber das Freifahrerproblem, da aber jedoch angenommen wird, dass alle Einwohner identische
Präferenzen haben und das voneinander wissen, kann niemand schummeln. Einstimmigkeit wird
erreicht und die Schädlinge werden bekämpft. Jeder Einwohner gewinnt eine Konsumentenrente
(durch Skalenerträge) in der Grösse der blauen Fläche. Es gibt also den Anreiz, einen kollektiven
Beschluss zu erreichen.

Fall 2: Privates Gut: Marktversagen liegt nicht vor, Staatseingriff findet nicht statt
Die Konsumentenrente wird kleiner und verschwindet schliesslich, wenn die Individuen auseinander
wohnen und die genannten Skalenerträge nicht mehr realisiert werden können. Die Kosten steigen
wieder auf 1 Euro. Ein Marktversagen liegt nicht vor, ein Staatseingriff findet nicht statt.

Die Bereitstellung durch den Staat wird durch die unsichtbare Hand geleitet.

Marktversagen und kollektive Entscheidungen


Bei unterschiedlichen Präferenzen kann Einstimmigkeit nicht mehr erreicht werden, es muss daher
von der einfachen Mehrheitsregel ausgegangen werden. Die Bekämpfung aus der Luft gegen die
Schädlinge kommt nur zu Stande, wenn eine Mehrheit zustimmt. Es kann also sein, dass keine
Mehrheit sich findet und das Marktversagen nicht beseitigt wird. Auch sind Beschlüsse möglich, die
nur einer Mehrheit Vorteile bringen, Nachteile für die Minderheit (Fall 3).
Umgekehrt kann eine Stimmenmehrheit zustande kommen, obwohl private Beseitigung insgesamt
geringere Kosten verursachen würde. Nicht auszuschliessen sind Vorlagen, die allen Bürgern KR-
Vorteile brächten, aber nicht zustande kommen, weil die Verhandlungen auch unter der
Mehrheitsabstimmung zu gross sind. (Fall 4).

Das Fazit daraus ist, dass es von den institutionellen Organisationen der Demokratie (Einstimmigkeit
oder Mehrheitsbeschluss) abhängt, welche Ergebnisse zustande kommen. Die Staatsaktivität
entsteht aus gemeinsamen Vorteilen und kollektiven Beschluss.

Die Organisation der Bereitstellung öffentlicher Güter in der Praxis


Die Maut- und Allmendegüter gelten
als Mischgüter. Es gibt dann teilweise
Nichtausschliessbarkeit und teilweise
Rivalität (attraktive Ausstellung im
Museum), externe Effekte (Luft) sowie
teilweises Freifahrerverhalten. Nun wählt man die massgeschneiderte Lösung zwischen Markt und
Staat, gerade so viel wie es vom Staat braucht.

35
Wie organisieren sich Gruppen von Nutzern eines Allmenden Gutes?

Bei der Alp Weide genügt eine nichtstaatliche Organisation, um eine Übernutzung zu verhindern.
Allgemein lässt sich sagen, dass eine nichtstaatliche Organisation zustande kommt, wenn folgende
Dinge gelten:

• Klare Aussengrenzen
• Bekannt, wer nutzungsberechtigt
• Kollektiv vereinbarte Regeln
• Gegenseitige Überwachung durch Agenten
• Sanktionssystem
• Geringe Vorteile bei Regelverletzung
• Geringe Transaktions- und Verhandlungskosten
• Reziprozität und Vertrauen

Staatliche Eingriffe nur dort, wo der Markt nicht ausreicht.

Es gibt aber auch sogenannte NIMBY-Probleme (Not in my back yard), bei solchen Problemen
(Fluglärm) gilt, dass zwar jeder den Flughafen möchte, aber niemand möchte den Fluglärm bei sich.

Vorschläge zur Produktion öffentlicher Güter


Der Staat muss sich um öffentliche Güter kümmern, welcher der Bürger wünscht, obwohl eine
effektive Marktnachfrage nicht existiert. Es ist dabei aber zwischen Bereitstellung und Produktion zu
unterscheiden. Bei der Bereitstellung geht es die Ermittlung der Präferenzen und die Sicherstellung
des Angebots. Für letzteres wird häufig der private Sektor in Anspruch genommen.

• Dienstverpflichtungen
Der Staat kann die Bürger verpflichten, das öffentliche Gut selbst herzustellen. (Schneeräumung,
Stimmenzähler bei den Wahlen)
• Kontrakten
Der Staat bezieht den Dienst von privaten Anbietern, deshalb wird keine unternehmerische
Leistung vom Staat erbracht. Das Argument, welches dafür spricht ist, dass durch die Vergabe
der Wettbewerb genutzt werden kann, um eine günstige Leistungserstellung sicherzustellen. Zu
unterscheiden sind aber die individuellen und kollektiven Kontrakte. Bei einem kollektiven
Kontrakt wird für alle Anwohner ein Vertrag ausgehandelt (Müllabfuhr). Bei den individuellen
Verträgen verteilt der Staat steuerfinanzierte Gutscheine über eine bestimmte Summe Geld an
die Einwohner mit der Auflage, diese zum Abschluss eines individuellen Kontrakts mit dem
Lieferunternehmen zu verwenden.
• Staatliche Eigenproduktion
Die Leistungen werden vom Staat selbst hergestellt (Schulen, Polizei, Feuerwehr).

36
Zusammenfassung Wann handelt der Staat (VL6, VL7)
Marktversagen wird zur potentiellen Rolle für den Staat (öffentliche Güter, Allmendegüter,
Mautgüter)

• Positive Theorie: Mängel des Marktes (Staat wird aktiv)


• Normative Theorie: Sagt, wo der Staat handeln soll
• Problem: Realität der politischen Institutionen vernachlässigt

Moderne Finanzwissenschaft: Verknüpfung der Theorie des Marktversagens und der Theorie
demokratischer Mehrheitsentscheidungen

• Staat kann allein handeln oder in Verbindung mit der Wirtschaft


• Aufgabe der Finanzwissenschaft: Effiziente und mehrheitsfähige Lösungen zu finden.

37
Vorlesung 8, Warum wächst der Staat
Wagners Gesetz
Das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben sagt aus, dass der Staat in seiner absoluten und
relativen Bedeutung wachse. Eine immer grössere und wichtigere Quote der Gesamtbedürfnisse
eines fortschreitenden Kulturvolkes wird durch den Staat befriedigt statt durch andere
Gemeinschaften und Privatwirtschaften. Doch welche Faktoren sind die Treiber, welche die Bremser
des Wachstums der Staatsausgaben. Es hängt sicherlich von den Institutionen ab, denn dort wird
immer entschieden. Die direkte Demokratie bewirkt mit hohen Mehrheitsanforderungen ein
geringeres Wachstum als die flexiblere repräsentative Demokratie. Umgekehrt wird das Wachstum
der Staatsausgaben in der repräsentativen Demokratie durch die institutionellen Regeln
(Schuldenbremse) beeinflusst.

Stilisierte Darstellung der Staatsausgaben in demokratischen Staaten Westeuropas

• Steigende Staatsquote (Anteil der


Staatsausgaben an der Wirtschaft)
• Stärkerer Anstieg nach dem ersten Weltkrieg
• Niveauverschiebungseffekt nach Kriegen
• Stärkerer Anstieg der Sozialausgaben nach
dem zweiten Weltkrieg

38
Das Wachstum der Staatsausgaben in der direkten Demokratie
In der direkten Demokratie bestimmt der Medianwähler den Umfang der Staatsausgaben.

𝑁𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒 (𝑋)𝑑𝑒𝑠 𝑀𝑒𝑑𝑖𝑎𝑛𝑤äℎ𝑙𝑒𝑟𝑠 𝑛𝑎𝑐ℎ ö𝑓𝑓𝑒𝑛𝑡𝑙𝑖𝑐ℎ𝑒𝑛 𝐺ü𝑡𝑒𝑟𝑛


𝑆𝑐ℎä𝑡𝑧𝑔𝑙𝑒𝑖𝑐ℎ𝑢𝑛𝑔𝑒𝑛 𝑑𝑒𝑟 𝐸𝑖𝑛𝑓𝑙𝑢𝑠𝑠𝑓𝑎𝑘𝑡𝑜𝑟𝑒𝑛 𝑎𝑢𝑓 𝑑𝑖𝑒 𝑁𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒:
ln 𝑋 = 𝛼 + 𝛽 ln 𝑌 + 𝛾 ln 𝑡𝑝 + 𝛿 ln 𝐸 + 𝑢
𝛼 = 𝐾𝑜𝑛𝑠𝑡𝑎𝑛𝑡𝑒, 𝑌 = 𝑀𝑒𝑑𝑖𝑎𝑛𝑒𝑖𝑛𝑘𝑜𝑚𝑚𝑒𝑛, 𝑡𝑝 = 𝑆𝑡𝑒𝑢𝑒𝑟𝑝𝑟𝑒𝑖𝑠 𝑓ü𝑟 ö𝑓𝑓𝑒𝑛𝑡𝑙𝑖𝑐ℎ𝑒 𝐺ü𝑡𝑒𝑟
𝐸 = 𝐵𝑒𝑣ö𝑙𝑘𝑒𝑟𝑢𝑛𝑔𝑠𝑧𝑎ℎ𝑙, 𝛽, 𝛾, 𝛿 = 𝐸𝑙𝑎𝑠𝑡𝑖𝑧𝑖𝑡ä𝑡𝑒𝑛 (𝐸𝑖𝑛𝑓𝑙𝑢𝑠𝑠 𝑎𝑢𝑓 𝑑𝑖𝑒 𝑁𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒)
𝑢 = 𝐹𝑒ℎ𝑙𝑒𝑟𝑡𝑒𝑟𝑚

Einkommenselastizität der Nachfrage


∆𝑋/𝑋
𝛽=
∆𝑌/𝑌

𝐹𝑎𝑙𝑙𝑠 𝛽 > 0,
𝑊𝑎𝑐ℎ𝑠𝑡𝑢𝑚 𝑑𝑒𝑟 𝑁𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒 𝑛𝑎𝑐ℎ ö𝑓𝑓𝑒𝑛𝑡𝑙𝑖𝑐ℎ𝑒𝑛 𝐺ü𝑡𝑒𝑟𝑛 𝑚𝑖𝑡 𝑠𝑡𝑒𝑖𝑔𝑒𝑛𝑑𝑒𝑚 𝐸𝑖𝑛𝑘𝑜𝑚𝑚𝑒𝑛 (𝑘𝑒𝑖𝑛𝑒 𝑖𝑛𝑓𝑒𝑟𝑖𝑜𝑟𝑒𝑠 𝐺𝑢𝑡)
𝐹𝑎𝑙𝑙𝑠 𝛽 > 1
𝐷𝑖𝑒 𝑁𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒 𝑛𝑎𝑐ℎ ö𝑓𝑓𝑒𝑛𝑡𝑙𝑖𝑐ℎ𝑒𝑛 𝐺ü𝑡𝑒𝑟𝑛 𝑤ä𝑐ℎ𝑠𝑡 ü𝑏𝑒𝑟𝑝𝑟𝑜𝑝𝑜𝑟𝑡𝑖𝑜𝑛𝑎𝑙 𝑧𝑢𝑚 𝐸𝑖𝑛𝑘𝑜𝑚𝑚𝑒𝑛 (𝑠𝑢𝑝𝑒𝑟𝑖𝑜𝑟𝑒𝑠 𝐺𝑢𝑡)
𝛽≈1
𝑆𝑡𝑒𝑖𝑔𝑒𝑛𝑑𝑒 𝑆𝑡𝑎𝑎𝑡𝑠𝑞𝑢𝑜𝑡𝑒 𝑙ä𝑠𝑠𝑡 𝑠𝑖𝑐ℎ 𝑑𝑒𝑚𝑛𝑎𝑐ℎ 𝑛𝑖𝑐ℎ𝑡 𝑑𝑢𝑟𝑐ℎ 𝑑𝑎𝑠 𝑠𝑡𝑒𝑖𝑔𝑒𝑛𝑑𝑒 𝐸𝑖𝑛𝑘𝑜𝑚𝑚𝑒𝑛 𝑑𝑒𝑟 𝐼𝑛𝑑𝑖𝑣𝑖𝑑𝑢𝑒𝑛 𝑒𝑟𝑘𝑙ä𝑟𝑒𝑛
𝑛𝑎𝑐ℎ𝑓𝑟𝑎𝑔𝑒 𝑛𝑎𝑐ℎ 𝑠𝑡𝑎𝑎𝑡𝑙𝑖𝑐ℎ𝑒𝑛 𝐿𝑒𝑖𝑠𝑡𝑢𝑛𝑔𝑒𝑛 𝑠𝑡𝑒𝑖𝑔𝑡 𝑝𝑟𝑜𝑝𝑜𝑟𝑡𝑖𝑜𝑛𝑎𝑙 𝑚𝑖𝑡 𝑑𝑒𝑚 𝐸𝑖𝑛𝑘𝑜𝑚𝑚𝑒𝑛

Die Steuerelastizität der Nachfrage


∆𝑋/𝑋
𝑌 = ∆𝑡𝑝/𝑡𝑝

Die Steuerelastizität führt zu steigender Staatsquote, falls


|𝛾| < 1 𝑢𝑛𝑑 𝑡𝑝 ↑ 𝑖𝑚 𝑉𝑒𝑟𝑔𝑙𝑒𝑖𝑐ℎ 𝑧𝑢𝑚 𝑃𝑟𝑒𝑖𝑠 𝑓ü𝑟 𝑝𝑟𝑖𝑣𝑎𝑡𝑒 𝐺ü𝑡𝑒𝑟 = 𝐹𝑎𝑙𝑙 1
|𝛾| > 1 𝑢𝑛𝑑 𝑡𝑝 ↓ 𝑖𝑚 𝑉𝑒𝑟𝑔𝑙𝑒𝑖𝑐ℎ 𝑧𝑢𝑚 𝑃𝑟𝑒𝑖𝑠 𝑓ü𝑟 𝑝𝑟𝑖𝑣𝑎𝑡𝑒 𝐺ü𝑡𝑒𝑟 = 𝐹𝑎𝑙𝑙 2

Fall 1:
Die Individuen verzichten nur ungerne auf die staatliche Leistung, obwohl die Kosten zunehmen und
damit gleichzeitig der Steuerpreis steigt. Dies liegt vor, weil der Staat besonders viele
Dienstleistungen anbietet, und dort nur sehr wenig technischer Fortschritt möglich ist. Denn die
Leistung besteht in der Arbeit selbst. Wenn nun die Löhne im öffentlichen Sektor gleich stark
wachsen wie im privaten Sektor, so steigen die Kosten bzw. Steuern überdurchschnittlich. Aufgrund
der niedrigen Preiselastizität sinkt die nachgefragte Menge nur unterproportional. Dies wiederum
kann sich in ein einer steigenden Staatsausgabenquote niederschlagen. Dieser Effekt nennt man
Baumolsche Kostenkrankheit.

39
Fall 2:
Durch die Büroautomatisierung durch Computer und Digitalisierung sind die Kosten des Outputs
gesunken und preiselastischer Nachfrage leisten wir uns mehr davon. Die Verwaltung macht weniger
Fehler, somit gehen weniger Steuereinnahmen verloren.

Beide Fälle führen dazu, dass öffentliche Güter privaten Gütern relativ vorgezogen werden und die
Staatsausgaben anteilsmässig steigen.

Bevölkerungswachstum
∆𝑋/𝑋
𝛿=
∆𝐸/𝐸
Es ist nicht zwangsläufig so, dass eine wachsende Bevölkerung ein Wachstum der Staatsausgaben mit
sich zieht. Dies ist dann der Fall, wenn der Staat ausschliesslich reine öffentliche Güter bereitstellt.
Sie erzeugen keine Rivalität, sie sind von beliebig vielen Individuen nutzbar(keine Rivalität), das heisst
sie zeigen sich durch zunehmende Skalenerträge in der Nutzung aus. Ganz anders ist dies bei Absenz
von Skalenerträgen in der Nutzung. Unterliegen staatliche Leistungen einer Tendenz zur
Übernutzung, so herrscht Rivalität. So steht dem Individuum bei einer wachsenden Bevölkerung, nur
noch eine verminderte Menge, bzw. schlechtere Qualität zur Verfügung. Soll dieser Nachteil
ausgeglichen werden, müssen die Staatsausgaben steigen Übernutzung Autobahn, Ausbau
notwendig).

𝛿≈1
Nachfrage nach öffentlichen Gütern wächst proportional mit der Bevölkerung. Aber das
Bevölkerungswachstum alleine erklärt das Wachstum der Staatsquote nicht.

Was sagen die Schätzergebnisse zum Medianwählermodell

Das Medianwählermodell erklärt die


Hälfte des Wachstums der
Staatsausgaben der USA
(repräsentative Demokratie)

Intuitive Erklärung

Repräsentative Demokratie:
Mehr Spielraum für gewählte
Politiker, Staatswachstum höher als
Nachfrage des Medianwählers

40
Erklärung des Staatsausgabenwachstums in einer repräsentativen Demokratie
1. Stimmentauschmodell (VL 5)
2. Theorie der Interessengruppen (VL 5)
3. Lobby-Theorie

Staatsausgaben und Steuern sind das Ergebnis von aufeinander prallenden Interessengruppen.

• Interessengruppe A versucht durch Lobby-Aktivitäten die an sie fliessenden Leistungen zu


erhöhen
• Widerstand von Interessengruppen B, da sie dies durch Steuern mitfinanzieren muss

Gleichgewicht, wo für jede Gruppe gilt


Grenznutzen aus Lobbying = Grenzkosten aus Lobbying

Lobbying Kosten für die Bereitstellung öffentlicher Güter ist geringer als für direkte Subventionen
(Unterstützung ist wahrscheinlicher für mehr Lehrstellen anstatt höherer Lehrergehälter)

Lobby-Theorie als weiterführende Erklärung warum Staatsausgaben überhöht sein können.


Staatliche bereitgestellte Güter sind Nebenprodukte beim Kampf um Subventionen und
Steuergeschenke. Ergebnis des politischen Prozesses in einer repräsentativen Demokratie

Gibt es ein Ende des Wachstums der Staatsausgaben


• Setzt Globalisierung dem Staatsausgabenwachstum eine Grenze?
Effizienzdruck durch drohende Erosion der Steuerbasis
Beschränkung des Wachstums der Transferzahlungen
• Entgegengesetzt: Globalisierung steigert soziale Risiken (Arbeitslosigkeit, Lohndruck)
Unsicherheit wächst und damit die Nachfrage nach Sozialversicherungs- und Transferausgaben
Kompensationseffekt hängt von der Institutionen ab: Stärker in zentralisierten Staate und
Konsensdemokratien (breite Koalitionen)

Es gibt Meinungen, dass exogene Faktoren wie die Schuldenbremse erforderlich sind, um die
Ansprüche des Wagnerschen Gesetzes mit der Leistungskraft der Wirtschaft im Einklang zu halten.
Wiederum gibt es Leute, die sagen die Schuldenbremse braucht es nicht, denn solange der
Wirtschaft diese Ersparnisse (sparen fürs Alter) zur Verfügung stehe, und die Zinssätze daher niedrig
seien, gebe es keinen Grund die Staatsausgaben einzuschränken. Höhere Zinsen werden die Politiker
dann schon zu einer Einschränkung der Staatsausgaben zwingen.

41
Staatsausgaben begrenzen
Mögliche Haltung: Status quo ist gewollt

• Keine Änderung
• Staatsausgaben sind Ergebnis der Demokratie unter den gegebenen Regeln

Mögliche Methoden zur Begrenzung der Staatsausgaben

1. Direkte Demokratie
2. Neue Regeln innerhalb der parlamentarischen Demokratie z.B. Schuldenbremsen oder zeitlich
befristete Ausgabenprogramme (Sunset Legislation)
3. Aufteilung der Entscheidungsmacht (z.B. Föderalismus oder checks and balances
4. Kleine Regierung
Mehr Macht für den Finanzminister (Einnahmeminister) gegenüber Ausgabenminister

Fiskalquote der Schweiz

Summen der
gesamten Steuern
und Abgaben im
Verhältnis zum
Bruttoinlandprodukt

Fiskalquote der Schweiz im internationalen Vergleich

42
Vorlesung 9, Grundregeln über Allokation, Umweltpolitik und Verteilung
Allokation und staatliches Verhalten
Der Markt- bzw. Preismechanismus weisen dann Allokationsmängel auf, wenn externe Effekte
auftreten oder wenn es sich um die Produktion öffentlicher Güter handelt oder bei unvollständigen
Märkten (eine Informationsasymmetrie). Mit Hilfe staatlichen Handelns kann versucht werden,
Verbesserungen in der Allokation herbeizuführen. Die Regierung verfügt über verschiedene
Instrumente für solche Eingriffe, besonders wichtig sind die Staatseinnahmen (Steuern) und die
Staatsausgaben. Teilweise wurde mehr als die Hälfte des BIP vom Staat beansprucht.

Struktur des Bundeshaushaltes

Das deutliche Ansteige des Staatsanteils am Sozialprodukt, die zunehmende Bedeutung des Staates
für die Allokation der Ressourcen sowie insbesondere die steigende Bedeutung der Übertragungen
werfen Fragen auf. Wurde damit den Wünschen der Bevölkerung entsprochen oder ist diese
Entwicklung viel mehr auf eine mangelnde Kontrolle von Regierung und Verwaltung zurückzuführen.
Hat die Bevölkerung wirklich eine Ausweitung staatlicher Aktivität zur Steuerung der Allokation
gewollt oder ist dass das Ergebnis autonomer Entscheidungen öffentlicher Instanzen, welche einen
Nutzen daraus ziehen wenn sich der Einflussbereich des Staates vergrössert.

Es gibt verschiedene mögliche Regelungen, die helfen, dass die staatlichen Handlungsträger
bezüglich der Höhe und Verwendung der öffentlichen Mittel einen Anreiz haben, verstärkt auf die
Präferenzen der Bürger einzugehen. Sie schliessen aber nicht aus, dass Regierung und Verwaltung
vermehrt zu staatlichen Aktivitäten ohne budgetäre Konsequenzen übergehen. Die folgenden
gesellschaftlichen Übereinkünfte zur Kontrolle des staatlichen Ausgabenverhaltens können sich auf
folgende Aspekte beziehen.

• Budgetregeln und Schuldenbremse


• Direkte Beteiligungsrechte (der Bürger bei der Bestimmung des Steueraufkommens)
• Föderale Struktur des Steuersystems
• Automatischer Ausgleich der kalten Progression (Indexierung) (wenn sich mein Lohn erhöht,
dadurch mehr Steuern zahlen muss, und somit gar nicht mehr verdient habe)
• Verknüpfung von Einnahmen mit Ausgabenverwendung
43
Bedeutung des Steuerwiderstandes
Grenze von weiteren Ausgaben: Steuerwiderstand der Bevölkerung

Wenn Regierung und staatliche Bürokratie versuchen, entsprechend ihren eigenen Vorstellungen die
Staatsausgaben immer weiter auszudehnen, stossen sie an eine Grenze, den Steuerwiderstand der
Bevölkerung. Je besser dieser Steuerwiderstand zur Geltung kommen kann, desto eher werde die
staatlichen Instanzen gezwungen sein, bei ihrem Ausgabenverhalten auf die Präferenzen der
Bürgerinnen und Bürger Rücksicht zu nehmen. Umgekehrt gilt, je schwächer dieser Widerstand ist,
desto einfacher können sie die Ausgaben ausweiten (Steuerwiderstand überwinden).

Der Steuerwiderstand hängt wesentlich von den institutionellen Bedingungen und damit von den
Regeln ab, welche auf der Ebene des Grundkonsenses festgelegt wurden. Die Bürgerinnen und
Bürger werden ihnen ungerechtfertigt erscheinende Ausgaben umso eher verhindern können, je
direkter sie auf die Steuer und Ausgabengesetzgebung Einfluss nehmen können. Umgekehrt werden
sie aber auch Steuererhöhungen zustimmen, wenn sie bestimmte Ausgaben als wichtig erachten und
die Staatsverschuldung vermeiden wollen.

Je direkter die Bürger jedoch auf den Budgetprozess Einfluss nehmen können, desto eher werden sie
sich über die langfristigen Konsequenzen einer Verschuldungspolitik informieren und desto stärker
werden sie auf einen Budgetausgleich (das Budget am Ende des Jahres muss ausgeglichen sein, oder
am Ende einer definierten Periode) drängen.

Erfahrungen aus der Schweiz

• Starke direkt-demokratische Instrumente; Vergleichsweise tiefe Verschuldung und tiefe Steuern


• Steuerwiderstand
Finanzverfassungen der Jahre 1970,1977,1979, 1991
Mai 2004: Steuerpaket (Entlastungen)
• Bürgerinnen und Bürger stimmen auch Steuerhöhungen zu:
Mehrwertsteuer, November 1993
LSVA, September 1998
IV-Zusatzfinanzierung

Umgehen des Steuerwiderstandes durch Kreditaufnahme

Die Regierung kann versuchen, den Steuerwiderstand zumindest zeitweise durch Kreditaufnahme zu
umgehen. Werden Staatsausgaben über Kredite anstatt über Steuern finanziert, so treten die Kosten
dieser Ausgaben zunächst nicht direkt in Erscheinung. Sie bestehen in verdrängter privater Nachfrage
und möglicherweise auch in späterer Inflation. Langfristig führt dies wegen der ansteigenden
Zinsbelastung zwar zu einer Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Staates, aber kurzfristig
ermöglicht die Kreditaufnahme den Politikern und Bürokraten eine Ausweitung ihres
Handlungsspielraumes.

44
Aushöhlung des Steuerwiderstandes durch kalte Progression

Der Steuerwiderstand kann aber auch durch eine progressive Belastung ausgehöhlt werden.
Wirtschaftswachstum und Inflation erhöhen bei progressiven Steuern den Anteil der Steuern am
Sozialprodukt, ohne dass hierzu eine Änderung der Steuergesetze notwendig wäre, der in einer
direkten Demokratie die Bürger zustimmen müssten. Dadurch kann die Regierung der Bevölkerung
von Zeit zu Zeit Steuergeschenke machen, indem im Rahmen einer Steuerreform durch Änderung des
Tarifs ein Teil dieses Gewinns wieder abgebaut wird. Die Regierung dürfte aber von sich aus nicht den
gesamten Progressionseffekt ausgleichen.
Eine Möglichkeit, auch bei progressiven Steuern diesen zusätzlichen Handlungsspielraum von
Regierung und Bürokratie zu beschneiden, besteht in der Indexierung der Steuern. Durch Koppelung
des Steuertarifs an die Lebenshaltungskosten kann zumindest die kalte Progression ausgeglichen
werden.

Auswirkungen des Steuerwiderstandes


Laffer-Kurve

Höherer Steuersatz führt nicht zwingend


zu höherem Aufkommen (Übung)

Eine Steuersatzerhöhung würde kurzfristig


zu einem Anstieg führen, aber längerfristig
würden sich die Steuerpflichtigen an die
neue Situation anpassen.

Ausweichreaktion

Bei gegebenen institutionellen Rahmenbedingungen kann der Steuerwiederstand umso stärker die
Wirkung kommen, je mehr die Individuen einer Steuer ausweichen können. Dies wiederum hängt
von der Bestimmung des Steuerobjektes ab, das heisst von jeder Grösse, an welcher die Steuerschuld
anknüpft. Ist dieses Steuerobjekt umfassend genug definiert, so können die Individuen einer Steuer
nur schwer ausweichen.
(Gäbe es neben einer Steuer auf das Erwerbseinkommen auch eine Freizeitsteuer, d.h. könnte auch
die Fähigkeit, Einkommen zu erzielen, besteuert werden, so könnte ein Individuum diese Steuer nicht
vermeiden, indem es teilweise oder ganz auf Arbeit verzichtet. Das höchstmögliche Aufkommen
einer „Einkommenssteuer“ würde dadurch stark vergrössert.)

Bei einer hohen Steuerbelastung wird vermehrt Arbeit in der Schattenwirtschaft angeboten und
nachgefragt. Leistungen in der Schattenwirtschaft sind alle Leistungen, welche gegen Barzahlung
erbracht werden aber im offiziellen Sozialprodukt nicht ausgewiesen werden. Es sind dies legale
Aktivitäten, die legal ausgeführt werden, aber der Erfassung der Steuerbehörde entzogen werden
(Steuerhinterziehung), legale Aktivitäten, die illegal ausgeführt werden (Schwarzarbeit) und illegale
Aktivitäten.

45
Auch ist eine Substitution möglich durch andere Produkte bei der Konsumsteuern, das heisst es
werden die Produkte ausgewählt, welche schwächer besteuert werden. Auch können Produkte aus
dem Ausland importiert werden oder auf dem Schwarzmarkt erworben werden.

Schattenwirtschaft

Das Anwachsen der Schattenwirtschaft ist auch mit Nachteilen verbunden. Die Lasten auch für die
gesellschaftlich erwünschten Leistungen werden auf weniger Schultern verteilt, was zumindest von
denjenigen, die wenig oder keine Möglichkeiten zum Ausweichen haben, als ungerecht empfunden.
Es verteilt sich auf eine geringere Einkommenssumme, wodurch die Durchschnitts- und
Grenzbelastung des offiziell erworbenen Einkommens weiter steigt, was zusätzlich Anreize schafft,
sich der Besteuerung zu entziehen.
Es läuft eine gesellschaftliche Übereinkunft, sich auf illegale Weise der Besteuerung zu entziehen. Die
Gefahr entsteht, dass die Individuen in einem Bereich tätig werden, der sich jeder kollektiven
Regelung entzieht und in diesem Sinne in eine Anarchie abgleitet.

Festlegen der Ausgabenverwendung


Wie alle anderen Entscheidungsträger im politisch-ökonomischen Prozess streben auch die
Regierung und die öffentliche Verwaltung danach, ihren eigenen Nutzen im Rahmen des ihnen
zugestandenen Spielraums zu vergrössern. Staatliche Bedienstete können versuchen, aus den
Staatseinnahmen einen möglichst grossen Teil für ihre eigenen Zwecke abzuzweigen, indem sie sich
ihre Dienste hoch bezahlen lassen. Die Individuen als Steuerzahler und Wähler haben in laufenden
politischen Prozess kaum die nötigen Informationen und Anreize, dagegen anzugehen.

Es stellt sich wiederum die Frage, ob gesellschaftliche Übereinkünfte mittels Grundkonsens denkbar
sind, mit denen die staatlichen Handlungsträger veranlasst werden, die Staatseinahmen vor allem zur
Erfüllung der Präferenzen der Bevölkerung einzusetzen. Es gibt mehrere Möglichkeiten:

• Zweckbindung
Die Sicherstellung, dass Staatseinnahmen vor allem zur Erfüllung der Präferenzen der
Bevölkerung eingesetzt werden. Die Bürger haben die Möglichkeit, festzulegen, dass bestimmte
Steuern nur für bestimmte Zwecke verwendet werden. Es können dadurch positive Anreize
gesetzt werden. Die Regierung wird sich den Wählerwünschen hinsichtlich der Verwendung der
Steuereinnahmen fügen, wenn gleichzeitig der von ihnen selbst verwendete Teil der
Steuereinnahmen zunimmt, sie also gleichzeitig ihren eigenen Nutzen erhöhen, sobald sie die
Wählerpräferenzen beachten. Diese Koppelung ist dann gegeben, wenn das Steuerobjekt und

46
das Angebot der von den Wählern gewünschten Güter komplementär sind. Stellen die
staatlichen Entscheidungsträger die von den Wählern gewünschten Güter bereit, kann eine
Regelung dafür sorgen, dass das Steuerobjekt und damit die Steuereinnahmen zunehmen. Die
Regierung kann ihren Spielraum vergrössern, wenn sie die nachgefragten Güter herstellen. So
wird sichergestellt, dass die Interessen der politischen Anbieter und der individuellen Nachfrager
gleichgerichtet sind.

Eine Zuordnung kann auch dazu führen, dass unnötige Ausgaben getätigt werden, da das Geld
nicht anderweitig gebraucht werden kann. Es kann auch verhindern, dass dort Geld eingesetzt
wird, wo es am wichtigsten ist. Dieses Verfahren funktioniert nur dann, wenn die
Steuereinnahmen direkt vom entsprechenden Güterangebot abhängen.
• Gebühren (Äquivalenzprinzip)
Bei Gebühren wird für eine spezifische öffentliche Leistung bezahl, das heisst das Angebot der
staatlichen Entscheidungsträger und deren Einnahmen sind zumindest soweit die Gebühren
kostendeckend sind, vollständig komplementär.
• Sunset-Legislation
Gewisse Gesetze die nach einer bestimmte Zeit verfallen (Finanzordnung)

Grundregeln für die Umweltpolitik


Das Umweltproblem ist gerade langfristig eines der wohl drängendsten allokative Probleme, dem
sich die staatliche Wirtschaftspolitik gegenübersieht. Auf der Ebene des Grundkonsenses ist vor allem
festzulegen, mit welchen Instrumenten welchen Umweltproblemen begegnet werden soll. Damit sie
diese Entscheidungen treffen können, benötigen die Individuen auf dieser Ebene Informationen über
die Ursachen, die zu Umweltschäden führen.

Der Erfolg des marktwirtschaftlichen Systems, führt zu zunehmenden Umweltschäden


(Verschmutzung und Überfischung der Meere, Abholzen des Regenwaldes, Erwärmung der
Erdatmosphäre). Im Vergleich zu den Lösungen für die internationalen Umweltprobleme sind die
Lösungen für die nationalen Umweltprobleme deutlich befriedigender. Die Frage ist nun, ob es einen
Widerspruch zwischen ökonomischer und ökologischer Rationalität gibt. Daraus folgen die Probleme
des Marktversagens. Aus der ökonomischen Perspektive betrachtet ist das Umweltproblem ein
Allokationsproblem.

Umweltschäden als Ausdruck von Fehlallokation


Es wird oft von einem Zielkonflikt zwischen intakter Umwelt und erfolgreicher wirtschaftlicher
Entwicklung ausgegangen, ein grundsätzlicher Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie.
Zusätzliche Umweltanstrengungen bedeuten für die Unternehmung höhere Kosten, folglich auch
einen tieferen Gewinn.
Umweltschäden sind Folgen von Fehlallokationen, die sich wegen des Auftretens negativer externer
Effekte ergeben. Ein Teil der Kosten welche bei der Produktion oder Konsum auftreten, werden nicht
von den Produzenten oder Konsumenten getragen, sondern von unbeteiligten Dritten.
Umweltmassnahmen, welche dazu führen dass die Kosten internalisiert werden, verbessern die
Allokation und führen zu einem am Pareto-Kriterium gemessen potentiell besseren Zustand.

47
Bedingungen für verursachergerechtes Verhalten bei freiwilligem Tausch: Anlastung aller Nutzen
und Kosten einer Handlung

• Die Vertragsfreiheit muss gewährleistet sein


• Es muss gewährleistet sein, dass alle mit einem Vertrag eingegangen Verpflichtungen erfüllt
werden
• Die Eigentumsrechte an den entsprechenden Gütern müssen klar definiert und durchsetzbar
sein
Dies ist jedoch bei Umweltgütern schwierig (Luft, Wasser)

Umweltschäden und externe Effekte

Für die Produktion von Gütern nicht nur die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, sondern es
werden auch die Umweltmedien Luft und mit Wasser belastet. Dies geschieht häufig kostenlos und
wird von der Bevölkerung getragen

Auswirkungen negativer externer Effekte bei gegebener Technologie

Unter Konkurrenzbedingungen
streben die Unternehmer den
Ausgleich ihrer privaten
Grenzkosten (GKpriv) mit dem
für sie vorgegebenen Preis. Im
Schnittpunkt A ergeben sich
Menge Xa und der Preis Pa. Dazu
kommen gesellschaftliche
Grenzkosten. Die gesamten
Grenzkosten (GKges) liegen über
den privaten. Gesellschaftlich
optimal wäre eine Produktion
bei C mit Xa‘ und die Pa‘. Es wird also gesamthaft zu viel produziert zu einem zu tiefen Preis.

Wenn man davon ausgeht, dass die gesellschaftlichen Zusatzkosten proportional zu der bei dieser
Produktion entstehenden Umweltbelastung sind, wird anstelle der optimalen Umweltbelastung in
Höhe von (BEFC) eine Umweltbelastung von (AEFD) hervorgerufen. Die zusätzliche Umweltbelastung
beträgt (ABCD), wovon ein Teil (ABC) als Konsumentenrente der zusätzlichen Umweltbelastung
gegenüber steht. Das andere Dreieck (ACD, Wohlfahrtsverlust) wird durch keinen solchen Nutzen
ausgeglichen. Dies entspricht der allokativen Ineffizienz.

48
Auswirkungen negativer externer Effekte (neue Technologie)

Vorhin wurde die statische Ineffizienz besprochen, nun wird die dynamische Ineffizienz besprochen.
Angenommen es gibt eine alternative Produktionsmöglichkeit, mit höheren Kosten, aber mit
geringeren Umweltbelastungen und insgesamt geringeren gesellschaftlichen Grenzkosten

Ohne Internalisierung
der gesellschaftlichen
Zusatzkosten würden
sich beim Einsatz der
Technologie Menge Xn
und Preis Pn ergeben.
Da dieser Preis nicht
konkurrenzfähig ist, da
er über Pa liegt, wird er
auch nicht eingesetzt.
Werden aber die
gesellschaftlichen
Zusatzkosten
internalisiert, er ergibt sich die Menge Xn‘ beim Preis Pn‘. Die neue Technologie würde nun die alte
verdrängen, da der Preis niedriger ist als Pa‘. Dies würde trotz des jetzt wieder höheren Absatzes
(Xn‘>Xa‘) zu einer weiteren Verringerung der Umweltbelastung führen, die jetzt nur noch der Fläche
E’F’C’B‘ entspricht.

Solange die externen Effekte nicht internalisiert werden, bestehen keine Anreize neue Technologien
zu entwickeln, welche umweltschonender sind als die bisherigen. Einzig durch Zufall könnte sich eine
solch Technologie etablieren, wenn zusätzlich zur geringen Umweltbelastung auch geringe
Grenzkosten dazukommen.

Man nennt dies das Verursacherprinzip, und der Sinn dieses Prinzip ist folgendes. Nur dann, wenn
auch die gesellschaftlichen Zusatzkosten in die betriebswirtschaftlichen Kalküle eingehen, haben die
Unternehmen einen Anreiz, umweltschonende Technologien zu entwickeln und einzusetzen, und nur
dann, wenn die Konsumenten als eigentliche Verursacher der Umweltbelastung auch mit den
gesamten Kosten der von ihnen konsumierten Güter konfrontiert werden, haben sie einen Anreiz,
Güter, bei deren Produktion oder Konsum die Umwelt vergleichsweise stark belastet wird, durch
solche Güter zu substituieren, bei denen dies weniger geschieht. Eine Überwälzung der Kosten für die
Inanspruchnahme ist notwendig für eine wirksame Umweltpolitik.

Bei der Produktion und Konsum von Gütern entstehen negative externe Effekte, die zu
Umweltschäden führen. Dies einerseits weil Umweltgüter wie Luft und Wasser rivalisierend sind,
aber ohne staatliche Vorkehrung niemand davon ausgeschlossen werden kann. Dadurch offenbaren
die Individuen ihre wahren Präferenzen nicht und versuchen es als Trittbrettfahrer. Der Grund für die
fehlende Ausschlussmöglichkeit ist, dass die Eigentumsrechte kaum definiert sind. Sie werden daher
wie freie Güter behandelt. Dadurch sind die Grenzkosten gleich 0 und somit wird der Verbrauch bis
zu Grenznutzen von 0 ausgedehnt.

49
Die drei Grundprobleme der Umweltpolitik
Transaktionskosten

Solange der Staat keine Umweltpolitik betreibt, bleibt das Eigentumsrecht der Umweltgüter bei den
Verbrauchern. Schliessen sich nun die negativ Betroffenen zusammen und wollen einen Vertrag mit
der Firma, welche momentan das Eigentum hat an der Luft, um der Unternehmung die saubere Luft
abzukaufen, so werden sich viele der negativ Betroffenen als Trittbrettfahrer verhalten und der
Vertrag wird nie zustande kommen. Der Staat muss also mit seiner Umweltpolitik diese
Transaktionskosten überwinden

Asymmetrische Informationen

Der Staat kann einerseits den Schadstoffausstoss beschränken oder es kann sich das Eigentumsrecht
an sauberer Luft beanspruchen und dann anhand einer Umweltsteuer sich die Luft abkaufen lassen.
Dadurch ist ein Vertrag zwischen Verbraucher und Betroffenen nicht notwendig,
Transaktionskostenprobleme sind überwunden. Dann tritt aber ein weiteres Problem auf, nämlich
weiss der Staat nicht wie viel die einzelne Unternehmung ausstossen darf, da ihm Informationen
fehlen bezüglich der Technologien. Auch haben die Unternehmungen wenig Interesse, Informationen
zur Technologie weiterzugeben, da sonst die Auflagen verschärft werden. Allerdings werden die
Mitarbeiter des Staates sich mit der Zeit diese Informationen aneignen. Allerdings gibt es noch einen
dynamischen Aspekt, nämlich der Übergang von einer alten zu einer neuen Technologie. Damit dies
aber geschieht, müssen diejenigen, die in der Lage sind solche Technologien zu entwickeln, auch
selbst ein Interesse haben an dieser Entwicklung. Zur Lösung dieses Problem eigenen sich Gebühren
und Abgaben viel besser als bürokratische Vorschriften. So kann statische Effizienz erreicht werden
und die Unternehmungen haben einen Anreiz, die Umwelt schwächer zu belasten. So braucht der
Staat keine Informationen zu den Technologien, sondern bestimmt die Höhe der Steuern.

Entwickelt nun eine Unternehmung eine solche neue Technologie, so entsteht Druck für die anderen,
die Umwelt auch weniger zu belasten um Konkurrenzfähig zu bleiben, da sie ansonsten aus dem
Markt ausscheiden
Da es aber für den Staat schwierig ist, die Differenz zwischen privaten und gesellschaftlichen
Grenzkosten zu erfassen, braucht es einen Ansatz. Dieser nennt sich Standard-Preis-Ansatz, und
dabei wird zuerst ein umweltpolitischer Standard definiert. Danach werden die Abgaben so
festgelegt, dass die Emission das maximale Limit nicht überschreitet.

Kontrollproblem

Da die Unternehmungen keinen Anreiz haben, sich an die Vorschriften zu halten, braucht der Staat
die Möglichkeit zur Kontrolle. Es müssen dabei die Kosten zur Kontrolle dem Nutzen der erwartenden
Verbesserung entsprechen. Auch müssen die Sanktionen (Kosten der Gesetzesüberschreitung)
grösser sein als der erwartete Nutzen aus der Gesetzesüberschreitung.

Eine sinnvolle Umweltpolitik wird versuchen alle Punkte zu berücksichtigen.

50
Umweltpolitische Instrumente
Moralische Appelle und freiwillige Kooperation

Ist das Kontrollproblem nicht lösbar, versagen die Instrumente aus den anderen drei Gruppen. Es
verbleibt nur der Appell an die Einsicht und freiwillige Kooperation. Dies funktioniert nur, wenn die
Kosten für den Einzelnen sich daran zu halten gering sind. Auch möglich ist, dass plötzliche
Katastrophen genutzt werden um die erhöhte Hilfsbereitschaft der Bevölkerung zu nutzen.
Sind bei Verhandlungen zwischen Schädigern und Geschädigten viele beteiligt, wird kaum ein Vertrag
zustande kommen. International gesehen ist es möglich, einen Vertrag zu beschliessen von einer
bestimmten Umweltbelastung, von der nur wenige Staaten betroffen sind, aber alle Staate sich
besser stellen.

Auch ist es möglich, dass sich Unternehmungen zur Erreichung der Umweltziele verpflichten.
Allerdings ist dies meistens wirkungslos.

Bürokratische Vorschriften: Gebote und Verbote

Diese Gebote und Verbote werden eingesetzt, um Höchstgrenzen der Schadstoffemissionen


festzulegen, Materialien zu verbieten oder vorzuschreiben. Auch ist es möglich Prozesse
vorzuschreiben oder zu verbieten.
Gebote und Verbote sind dort vorteilhaft, wo mittels kurzfristiger Eingriffe eine nicht vorhersehbare
oder auch nur vorher nicht erkannte Katastrophe verhindert werden kann.

Marktwirtschaftliche Instrumente: Umweltsteuern, Umweltzertifikate

Diese Instrumente bieten sich besonders an, bei kontinuierlichen Emissionen, die bis zu einer
gewissen Grenze toleriert werden können. Bei Umweltsteuern bzw. Umweltabgaben werden
Abgaben proportional zum Ausmass der emittierten Schadstoffe erhoben. Mit Hilfe von
Subventionen können Umweltfreundliche Technologien verbilligt werden. Es muss aber gelten, dass
diese subventionierten Technologien wirksam betrieben werden können. Aber Subventionen führen,
dadurch dass unrentable Technologien rentabel werden, zu einem anderen, allokativen schlechteren
Ergebnis als Umweltsteuern. Während Umweltsteuern den Preis für die Umweltbelastung festlegen,
wird bei Umweltzertifikaten für jeden einzelnen Schadstoff die zulässige Belastung festgelegt. Durch
Depotgebühren, wie sind in Form von Flaschenpfand Anwendung finden, kann der Abfall, welcher in
der freien Natur deponiert wird, verringert werden.

Umwelthaftungsrecht

Auch wenn die Betreiber einer Anlage alle vorgeschriebenen Vorsichtsmassnahmen einhalten,
können Störfälle auftreten, welche mit erheblichen Schäden verbunden sind. Auch können
erhebliche Schäden auftreten, wenn neue Stoffe eingesetzt werden. Die Frage stellt sich dann, von
wem werden diese Schäden getragen und wie können Anreize geschaffen werden, dass solche
Schäden so selten wie möglichst auftreten. Es muss gelten, dass Betriebe haften und nicht der Staat,
auch wenn sie vorschriftsgemäss Schäden produziert haben, da ansonsten der Anreiz verloren geht.

51
Internationale Umweltprobleme
Die Auswirkungen lassen sich häufig nicht lokal oder national abgrenzen. Damit ist für die
Umweltpolitik vor allem wichtig, wie die internationalen Verhaltensregeln lauten.

Umweltgüter als internationale öffentliche Güter

Treten auf nationaler Ebene Probleme öffentlicher Güter auftreten, ist es möglich durch staatliche
Eingriffe zu allokativ besseren Lösungen zu gelangen. Es gibt aber bei internationalen öffentlichen
Gütern keine vergleichbare Instanz (Staat). Vor allem die internationalen Eigentumsrechte der
Umweltmedien (Luft, Wasser) sind besonders schwierig zu definieren. Weiter sind auch nationale
politische Instrumente kaum anwendbar. Darum ist ein wichtiges Instrument die freiwillige
Verhandlung, jedoch ist das Abschliessen von einem Abkommen sehr schwierig. Es bietet sich daher
an, Paketlösungen zu vereinbaren. Und dennoch ist der Anreiz besonders stark, sich als
Trittbrettfahrer zu verhalten.

Grundregeln über Verteilung


Es geht hier nicht um die Allokation, dass Produktionsbedingungen möglichst effizient stattfinden. Es
geht vielmehr um die Verteilung des gesellschaftlichen Produktes. Dabei soll die Chancengleichheit
der Individuen gesichert werden.
Die Ungleichbehandlung ist angesichts von Knappheit allgegenwärtig, deshalb stellt sich die Frage,
nach welchen Kriterien diskriminiert wird.

Gerechtigkeitsprinzip Chancengleichheit

• Einigung auf bestimmte Kriterien, gemäss denen nicht diskriminiert werden soll (Hautfarbe,
Geschlecht,…)
• Verteilungsgerechtigkeit ist gegeben, wenn Diskriminierung ausschliesslich allgemein
anerkannten Kriterien erfolgt (Ausbildung, Fähigkeiten,…)

Gründe für Lohnunterschiede

Die Unterschiede in den Löhnen und in der Partizipationsrate von Männern und Frauen können
verschiedene Ursachen haben:

• Sie können auf freiwilligen Entscheidungen der Frauen beruhen, die – in deutlich stärkerem
Masse als die Männer – Heim und Familie den Vorzug geben und sich daher weniger stark im
Berufsleben engagieren.
• Sie können das Ergebnis einer niedrigeren Produktivität der Frauen gegenüber den Männern
sein die sich u.a. aus einer schlechteren Ausbildung und geringerer Arbeitserfahrung ergibt.
• Sie können schliesslich auf die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen im
Arbeitsprozess zurückgehen.

Es spielen vermutlich alle drei Faktoren eine Rolle, wobei nur beim letzten von direkter
Diskriminierung gesprochen werden kann. Beim ersten Punkt handelt es sich um indirekte
Diskriminierung, denn wissen die Frauen, dass sie auf dem Arbeitsmarkt aufgrund ihres Geschlechts
diskriminiert werden, werden sie sich eher auf die Familie konzentrieren.

52
Arbeitsangebot und Qualifikation von Männern und Frauen

Die schulische und betriebliche Ausbildung bestimmen wesentlich die Höhe des Einkommens. Im
Durchschnitt verfügen die Männer noch über eine bessere Ausbildung. Der Grund für die schlechtere
Ausbildung der Frauen wird häufig auf die gesellschaftliche Tradition zurückgeführt. Es kann aber
auch sein, dass sich – unter gesellschaftlichen Bedingungen –rational sein kann, dass Frauen für eine
kürzere Ausbildung entscheiden als Männer.

Bildungsstand der Wohnbevölkerung nach Altersgruppen

Berufswahl als rationale Entscheidung

Am Ende der Schulpflicht


kann das Einkommen A
erzielt werden. Ohne
zusätzliche Ausbildung
(Fall 1) wird diese Person
sofort Einkommen
erwerben, aber aufgrund
der geringen Qualifikation
wird dieses Einkommen
mit zunehmenden nur
wenig ansteigen, sogar
sinken bis zur
Pensionierung.
Entscheidet sie sich aber
für eine zusätzliche
Schulbildung, nimmt sie damit direkte Kosten und indirekte Kosten (entgangenes Einkommen) auf
sich. Sie wird dadurch beim Einstieg ins Berufsleben (Punkt B) noch ein geringeres Einkommen
haben, es wird danach aber rasch ansteigen und wird deutlich über dem Einkommen ohne
Zusatzqualifikation liegen (Fall 2).
Die Situation ändert sich, wenn die Berufstätigkeit unterbrochen wird, weil die Frau Zeit für Kinder
aufwenden möchte. Dadurch geht ein Teil ihres aufgebauten Humankapitals verloren und sie kann
auch im Vergleich zu erwerbstätigen Personen kein Humankapital aufbauen. Sie wird daher bei

53
Wiedereinstieg (Punkt C/D) eine geringere Produktivität aufweisen als ohne Berufsunterbrechung
und sie wird auch bis zum Ende der Berufstätigkeit kaum das gleiche Einkommensniveau erreichen.
Doch das Einkommen wird höher sein bei Zusatzqualifikation (Fall 2‘) als ohne Zusatzqualifikation
(Fall 1‘). Eine zusätzliche Ausbildung für eine Frau, die mit einer Berufsunterbrechung rechnen, lohnt
sich weniger als für einen Mann oder eine Frau, die keine solche Unterbrechung beabsichtigt.

Diskrete Diskriminierung

Soweit Frauen entsprechend ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden und wegen ihrer im
Durchschnitt geringeren Ausbildung auch einen geringeren Lohn erhalten als Männer, liegt
zumindest keine direkte Diskriminierung vor. Von direkter Diskriminierung kann nur gesprochen
werden, wenn Frauen ausschliesslich aufgrund ihres Geschlechts schlechter bezahlt werden als gleich
qualifizierte Männer. Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen.

• Die Arbeitgeber haben eine Abneigung dagegen, Frauen einzustellen, weil sie glauben, dass
Frauen weniger leisten.
• Die bereits beschäftigten Männer wehren sich gegen den Eintritt von Frauen.
• Kunden haben gewisse Vorstellungen, welche zu schlechteren Eintrittschancen führen (Pilot).

Statische Diskriminierung

Diskriminierung aufgrund eines Verhaltens, das im Mittel häufig gezeigt werden, aber im Einzelfall
nicht eintreten muss (Autoversicherung).

Fallbeispiel Uber

Im Wettbewerb ist Diskriminierung nicht mehr möglich, denn angenommen es gäbe nur dumme
Männer und intelligente Frauen, würden die Firmen die Frauen wählen, da sie sonst einen Nachteil
im Wettbewerb hätten.

Bei Uber wurde eine Lohndifferenz trotz einheitlicher Qualifikationsvoraussetzung zwischen den
Geschlechtern von 7% ermittelt. Es ist allerdings keine direkte Diskriminierung feststellbar, denn
Uber kann die Frauen nicht direkt diskriminieren. Es gibt drei Erklärungsfaktoren für
Lohnunterschiede:

• Männer fahren öfter in lukrativen Gegenden und zu gut bezahlten Zeiten (abends, nachts)
• Männer haben mehr Arbeitserfahrung (mehr Fahrten pro Tag) was dazu führt, dass ihre
Kenntnisse der Örtlichkeiten besser sind
• Männer fahren durchschnittlich 2.2% schneller als Frauen

Massnahmen gegen Diskriminierung

• Eine Verschärfung des Wettbewerbs führt dazu, dass die Konkurrenz schärfer ist, wodurch
Arbeitgeber ihre Haltung aufgeben müssen, um nicht Verluste zu machen
• In Betrieben ohne Wettbewerb sind gesetzliche Diskriminierungsverbote unumgänglich.
• Beruht die Diskriminierung auf Präferenzen der Kunden, sind gesetzliche Vorschriften
wirkungslos. Da hilft alleine die Aufklärung der Präferenzen der Individuen.
• Die Berufstätigkeit für die Frau kann erleichtert werden, indem die Kindergärten längere Zeiten
anbieten, damit die Frau länger arbeiten kann.
• Umgekehrte Diskriminierung, indem Quotenregelungen veranlasst werden. Benachteiligte
Gruppen bei sonst gleicher Qualifikation zu bevorzugen

54
Was ist Gerechtigkeit
• Leistungsgerechtigkeit: Ausstattungsfundierte Kriterien (N): Marktverteilung ist gerecht „Recht
an den Früchten der eigenen Anstrengung“
• Utilitarismus: Nutzenfundierte Kriterien (B): Maximierung des Gesamtnutzens „Grösstes Glück
der grössten Zahl“
• Bedarfsgerecht: Beschränkte Gleichheitskriterien (M): Bedarfsgerechtigkeit
• Maximin-Prinzip: Maximin-Kriterium (R): Gerecht: Verbesserung der Situation des am
schlechtesten gestellten Individuums.

Umverteilung nach Postulaten

Das Dilemma zwischen Einkommen


und Gerechtigkeit

N: Verteilung des
Markteinkommens

A: Einkommen des weniger


produktiven Individuums

C: Einkommen des produktiveren


Individuums

Mit zunehmender Umverteilung:

N zu B: Abnahme des Sozialprodukts, aber Zunahme der Nutzensumme


B zu R: Abnahme der Nutzensumme, aber Zunahme des Nutzens von Individuum 2
R zu M: Sogar Abnahme des Nutzens von Individuum 2

Bei zunehmender Mobilität der Produktionsfaktoren

• Stärkere Ausweichmöglichkeiten
• Umverteilungsgebirge schrumpft
• Umverteilungsnormen verschieben sich auf rote Linie

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Minimallohn
Wirkung der Einführung eines Minimallohns

𝐷𝑒𝑟 𝐿𝑜ℎ𝑛𝑠𝑎𝑡𝑧 𝑓ü𝑟 𝑑𝑖𝑒 𝑛𝑜𝑐ℎ 𝐵𝑒𝑠𝑐ℎä𝑓𝑡𝑖𝑔𝑒𝑛 𝑠𝑡𝑒𝑖𝑔𝑡 𝑣𝑜𝑛 𝑤0 𝑎𝑢𝑓 𝑤𝑚𝑖𝑛
𝐷𝑖𝑒 𝑍𝑎ℎ𝑙 𝑑𝑒𝑟 𝐵𝑒𝑠𝑐ℎä𝑓𝑡𝑖𝑔𝑡𝑒𝑛 𝑓ä𝑙𝑙𝑡 𝑣𝑜𝑛 𝐵0 𝑎𝑢𝑓 𝐵𝑁
𝐷𝑖𝑒 𝑍𝑎ℎ𝑙 𝑑𝑒𝑟 𝐴𝑟𝑏𝑒𝑖𝑡𝑠𝑠𝑢𝑐ℎ𝑒𝑛𝑑𝑒𝑛 𝑠𝑡𝑒𝑖𝑔𝑡 𝑤𝑒𝑔𝑒𝑛 𝑑𝑒𝑠 𝑒𝑟ℎöℎ𝑡𝑒𝑛 𝐿𝑜ℎ𝑛𝑠𝑎𝑡𝑧𝑒𝑠 𝑣𝑜𝑛 𝐵0 𝑎𝑢𝑓 𝐵𝐴
𝐸𝑠 𝑒𝑛𝑡𝑠𝑡𝑒ℎ𝑡 𝐴𝑟𝑏𝑒𝑖𝑡𝑠𝑙𝑜𝑠𝑖𝑔𝑘𝑒𝑖𝑡 𝑖𝑚 𝑈𝑚𝑓𝑎𝑛𝑔 𝑣𝑜𝑛 𝐵𝐴 − 𝐵𝑁

Kreislaufeffekte und eine Änderung der Wirtschaftspolitik können dazu führen, dass sich die
Nachfrage nach Arbeit erhöht. Eine solche Veränderung ist in folgender Abbildung dargestellt.

Minimallohnsatz und Veränderung der Nachfrage nach Arbeitskräften

Die Verschiebung der Nachfragefunktion von N0 nach N1 führt zu einem neuen Gleichgewicht

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Umverteilung nach Regeln
1. Gerechtigkeit innerhalb von Regeln

Gerechtigkeit gibt es nur innerhalb von Regeln. Von Gerechtigkeit ohne Regeln zu sprechen, wäre
sinnlos. Diese Regeln müssen ex ante (im Voraus) vereinbart werden und sind freiwillig (kein Zwang
zur Vereinbarung). Dies führt einem Verfassungsvertrag. Die gerechte Umverteilung basiert auf
einem Verfassungskonsens bezüglich der Regeln der Umverteilung. Im Sinne von vorvereinbarten
Regeln, denn im Nachhinein ist auch eine Zwangsumverteilung möglich

Ausserhalb des Verfassungskonsens

• Zwangsumverteilung (jemandem wird etwas weggenommen) ist ungerecht


• Nur Pareto-optimale Umverteilung (=freiwillige Umverteilung) ist „gerecht“

2. Konstitutionelle Umverteilung

Versicherungsmotiv: Individuen sind Risiko Avers

• Versichertes Risiko ex ante festlegen


• Bsp. Arbeitslosenversicherung, progressive Einkommenssteuer

Selbstschutzmotiv: Sicherung vor sozialen Unruhen

• Staatliche Umverteilung als Schutz vor Kriminalität und als Garant des „sozialen Friedens“

Was sozial ist, wird demokratisch festgelegt = unmöglich

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Vorlesung 10, Grundregeln über Stabilisierung
Übersicht Stabilisierung
Eine Stabilisierung des Preisniveaus und der Beschäftigung kann durch einen geeigneten
Grundkonsens gefördert werden. Es geht zunächst darum zu untersuchen, ob die Regierung und die
Notenbank (wirtschaftspolitische Instanzen) Interesse daran haben, stabilisierend in den
Wirtschaftsablauf einzugreifen (Theorie des politischen Konjunkturzyklus).
Auf den Konjunkturverlauf kann die Regierung von der Nachfrageseite mit den Mitteln der
Globalsteuerung einwirken. Dies mit den Instrumenten Fiskalpolitik (automatisch oder diskretionär
und Geldpolitik (vor allem Notenbank)

Ziele der Stabilisierungspolitik

Gemäss Richard A. Musgrave ist Stabilisierung einer der drei Gründe für einen Staatseingriff

Ziele der Stabilisierungspolitik:

• Stabilität des Preisniveaus


• Hoher Beschäftigungsgrad
• Angemessenes Wirtschaftswachstum

Instrumente der Stabilisierungspolitik

Automatische Stabilisatoren Diskretionärer Fiskalimpuls


Steuersystem Zusätzliche, von der Politik diskretionär
beschlossene Ausgabenerhöhung und
Steuersenkung
Sozialversicherungen (ALV)
Schuldenbremse
Auswirkungen Auswirkungen
Gute Stabilisierungswirkung Stabilisierungswirkung von TTT abhängig
Impuls rund 3 mal grösser Multiplikatoren Effekte oft bescheiden
Langfristige Struktur- und
Verschuldungsprobleme (da das letzte T nicht
eingehalten wird

TTT

• Timely: Gerade rechtzeitig, dann wenn die Delle kommt


• Targeted: Dort wo eine Delle kommt
• Temporary: Es brauch einen Exit, sonst wirkt es prozyklisch, wenn es stabilisierend für die
Konjunktur wirken soll

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Rückblick: Finanzpolitik in der Krise von 2008

• 15% wurde der Konjunkturzyklus gepresst (bei Schweden)


• USA wird viel diskretionärer gemacht
• Irland/Island standen vor dem Bankrott, denn sie hatten die Möglichkeit nicht mehr Fiskalpolitik
zu betreiben. Weil sie mussten im dümmsten Moment sparen, denn eigentlich hätten sie
Ressourcen hinzufügen sollen, aber konnten dies nicht tun.

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Der politische Konjunkturzyklus
Traditionelle Theorie der Wirtschaftspolitik

Gemäss der traditionellen Theorie der Wirtschaftspolitik handelt die Regierung wie ein
wohlwollender Diktator. Bezüglich der Stabilisierungspolitik bedeutet dies, dass die Regierung nach
Kräften versucht, eine möglichst hohe Beschäftigung bei stabilen Preisen zu erreichen und dabei
Konjunkturschwankungen so weit wie möglich auszugleichen.
Geht man von einem solchen Bild der Regierung aus, sind Verfassungsregeln für den Bereich der
Stabilisierungspolitik kaum notwendig. Es geht lediglich darum der Regierung die dafür notwendigen
Instrumente zu erklären.

Neue klassische Makroökonomie

Sie bestreitet eine stabilisierende Wirkung der Regierung, wobei die Geldpolitik der Fiskalpolitik
überlegen ist.

Theorie des politischen Konjunkturzyklus

Hat die Regierung ein Interesse daran, Stabilisierungspolitik wirksam zu betreiben? Wird sie nicht
eher, die konjunkturpolitischen Instrumente zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, um die Wiederwahl zu
erreichen.

Es wird im Folgenden auf die Frage der Theorie des politischen Konjunkturzyklus

Der politische Konjunkturzyklus

Für das Verhalten sei unterstellt, dass sie am Ende der Legislaturperiode (4 Jahre) die Leistung der
Regierung bewerten werden. Sind sie mit der Leistung von der Regierung zufrieden und erwarten
auch in Zukunft gute Leistungen, weshalb sie die Regierungen wiederwählen werden. Ist dies nicht
der Fall werden sie für die Opposition stimmen oder sich enthalten. Die Leistung der Regierung hängt
insbesondere vom Verlauf der Arbeitslosenquote und der Inflationsrate ab. Angenommen wird, dass
Wähler weiter zurückliegende Ereignisse vergessen und deshalb weniger stark gewichten.

Das Modell von Neuhaus

Durch Handeln der Regierung


wird ein zyklisches Verhalten der
beiden konjunkturellen Variablen
u und pi hervorgerufen.

Kurz nach der Wahl erhöht die


Regierung die Arbeitslosenquote,
um die Inflationsrate, die noch
im Steigen ist, zu senken. In dem
Masse, in welchem ihr dies
gelingt, kann sie auch die
Arbeitslosenquote wieder
senken. Zum Wahlzeitpunkt
erreicht die Arbeitslosenquote

60
ihren tiefsten Punkt, während die Inflationsrate bereits wieder im Steigen ist.

Ein diesem Modell entsprechender politischer Konjunkturzyklus ist in der obigen Abbildung
dargestellt, wobei eine vierjährige Legislaturperiode (T = 4) unterstellt wurde. Zum .Wahlzeitpunkt
befindet sich die Wirtschaft in Punkt D. Da dieser Punkt links der langfristigen
Phillips-Kurve liegt, ist er nicht stabil: Die Inflationsrate droht zu steigen. Um dagegen anzugehen,
betreibt die Regierung eine restriktive Wirtschaftspolitik, was zu einer Erhöhung
der Arbeitslosenquote führt. So wird im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode der Punkt
A erreicht, der mit sehr hoher Arbeitslosigkeit verbunden ist. Da er sich jedoch rechts der
langfristigen Phillips-Kurve befindet, sinkt die Inflationsrate. Im zweiten Jahr kann - bei
immer noch sinkender Inflationsrate - die Arbeitslosenquote bereits wieder etwas gesenkt
werden (Punkt B). Im dritten Jahr kann die Arbeitslosenquote deutlich gesenkt werden,
wobei sich die Inflationsrate kaum erhöht (Punkt C). Durch eine weitere Senkung der
Arbeitslosenquote erreicht die Regierung bei steigender Inflation im Wahljahr schließlich
wieder Punkt D. Wie aus der Abbildung hervorgeht, hat die Regierung jetzt die höchstmögliche
Iso-Stimmenkurve erreicht.

Die Regierung erzeugt bewusst konjunkturelle Schwankungen, doch wenn die Bürger lernen, können
keine Zyklen erzeugt werden. Es treten gewisse Kritikpunkte auf:

• Vollständige Informationen der Regierung


• Langfristige Philips-Kurve
• Stimmenmaximierung
• Erwartungsbildung
• Kurzsichtigkeit der Regierung

Stabilisierung von Preisniveau und Beschäftigung durch Globalsteuerung


Eine expansive Fiskalpolitik kann die
Beschäftigung kaum stabilisieren, und
führt stattdessen zu
Staatsverschuldung und wirkt
inflationär. Eine erfolgreiche
Stabilisierungspolitik darf daher nicht
erst im laufenden politischen Prozess,
sondern muss mit grundlegenden
Vereinbarungen bereits auf der Ebene
des Grundkonsenses ansetzen.
𝑀∗𝑉
𝑄𝑢𝑎𝑛𝑡𝑖𝑡ä𝑡𝑠𝑡ℎ𝑒𝑜𝑟𝑖𝑒: 𝑀 ∗ 𝑉 = 𝑃 ∗ 𝑌 ⇔ 𝑃 =
𝑌
𝑃 = 𝑃𝑟𝑒𝑖𝑠𝑛𝑖𝑣𝑒𝑎𝑢, 𝑀 = 𝐺𝑒𝑙𝑑𝑚𝑒𝑛𝑔𝑒, 𝑉 = 𝐺𝑒𝑙𝑑𝑢𝑚𝑙𝑎𝑢𝑓𝑔𝑒𝑠𝑐ℎ𝑤𝑖𝑛𝑑𝑖𝑔𝑘𝑒𝑖𝑡, 𝑌 = 𝐵𝐼𝑃
Daraus gilt, dass bei konstanten Handelsvolumen und konstanter Umlaufgeschwindigkeit die
Geldmenge das Preisniveau bestimmt.
Dabei scheint die Inflation als scheinbare Lösung für soziale Konflikte:

• Arbeitgeber-Arbeitnehmer: Lohnerhöhung führt zu Preiserhöhung


• Regierung: Ausgaben erhöhen, Steuern reduzieren

61
Geldpolitik und Zeitkonsistenz
Bei rationalen Erwartungen der Individuen ergibt sich darüber hinaus das Problem der
Zeitinkonsistenz. Um dies aufzuzeigen, verwenden wir wieder drei Akteure (Bevölkerung, Regierung,
privaten Wirtschaftssubjekte).

a) Entsprechend der Präferenzen der Bevölkerung (Wähler) wird eine spezifische Wahlfunktion
verwendet: 𝑊𝑡 = 𝛽0 − 𝛽1 𝜋𝑡2 − 𝛽2 𝑢𝑡2 , 𝛽1 , 𝛽2 > 0
b) Die Regierung maximiert diese Zielfunktion, indem sie optimale Kombination zwischen
Inflationsrate und Arbeitslosenquote anstrebt. max 𝑊𝑡 𝑡
∆𝑚𝑡
Die Regierung kann die Beziehung mittels Veränderung der Geldmenge die Inflationsrate genau
steuern. Das heisst, die erwartete Inflationsrate entspricht der erwarteten
Geldmengenänderung
c) Wirtschaftliches System 𝑢𝑡 = 𝑢̇ − 𝛼(𝜋𝑡 − 𝜋𝑡𝑒 ), 𝑢̇ , 𝑎 > 0
d) Handlungsmöglichkeiten der Zentralbahn 𝑝𝑡 − 𝑝𝑡−1 = 𝜋𝑡 = 𝑚𝑡 − 𝑚𝑡−1 = ∆𝑚𝑡

Wenn jemand erzählt er wird die Inflation vermindern, wird man ihm erst Glauben schenken, wenn
er im Amt ist, vorher glaubt man ihm nicht. Dieses Problem nennt man Zeitinkonsistenz.

Geldpolitische Strategien

Lösungen:

• Langfristig optimale Politik (Punkt A): pt = pet = Dmt = 0, u = u*


• Kurzfristig optimale Politik, wenn die Bürger der Regierung glauben (Punkt B): Abweichung von
angekündigter Politik
• Langfristig Ergebnis, wenn die Bürger der Regierung nicht glauben (Punkt C): Erhöhte
Inflationserwartung
• Ergebnis der Stabilisierungspolitik, wenn die Bürger der Regierung nicht glauben (Punkt D):
Höhere Arbeitslosigkeit, erhebliche Kosten der Disinflation
• Ergebnis hängt wesentlich vom Vertrauen der Bürger in die Regierung ab
• Glaubwürdigkeit hängt von der Reputation

62
Die Unabhängigkeit der Notenbank
Eine wichtige Möglichkeit zum Erwerb und Erhalt der Glaubwürdigkeit der Geldpolitik liegt in der
Abgabe der entsprechenden Kompetenz an eine spezielle Behörde, die Notenbank. Das Ziel dabei ist
die Geldwertstabilität zu garantieren. Dadurch wird die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik gestärkt. Die
Reputation einer unabhängigen Notenbank kann selbst eine Inflationsphase unbeschadet
überstehen, falls diese nicht von ihr zu verantworten ist.
Zwischen einer formal unabhängigen Notenbank und der Regierung kann es zu Konflikten über die
einzuschlagende Geldpolitik kommen. Und auch wenn eine Notenbank viel stärker in diesem Konflikt
ist, muss sie Rücksicht nehmen auf die Ziele der Regierung.
Denn der Leiter der Notenbank wird von der Regierung gewählt und die Notenbank kann ihre
Autonomie verlieren, wenn sie nur macht, was sie will.

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Währungswettbewerb
Auch bei einer unabhängigen Notenbank besteht die Gefahr, dass der Druck der Regierung dazu
führt, dass das Geldangebot übermässig ausgeweitet wird und dadurch der Inflation Vorschub
geleistet wird. Es wurde deshalb vorgeschlagen, dass ein Wettbewerb zwischen alternativen
Währungen etabliert wird.
Dies könnte dadurch passieren, indem privaten Banken erlaubt wird, Geld in Umlauf zu setzen. Denn
jede private Bank hätte Interesse daran, ihr Geldangebot zu beschränken, da nur dadurch der Wert
ihres Geldes gesichert würde. Die Banken würden die Kosten der Wertminderung selbst tragen und
deshalb würde inflationäre Politik unterstützt werden. Es gibt allerdings auch Probleme dabei:

• Die Transaktionskosten der Individuen und Firmen werden hoch sein, weil andauernd
Geldsorten miteinander verglichen und umgetauscht werden müssen.
• Die Informationskosten sind hoch. Jeder muss über die relativen Preise aller relevanten
Geldsorten informiert werden, um Verluste zu vermeiden. Da aber Anbieter vom Markt
verdrängt werden, welche ihren Wert der Geldsorte nicht konstant halten, werden sich
langfristig nur wenige Geldsorten durchsetzen.

Ein solches Vorhaben hat es in der Praxis noch nicht gegeben, aber in der Schweiz gilt die
Bankenfreiheit. Die Notenemission erfolgt durch private, im Wettbewerb stehende Privatbanken.
Jedoch ist durch das Aufkommen der Kryptowährung die Thematik des Währungswettbewerbs
wieder aktuell geworden.

Währungssubstitution
Die Idee ist, dass man die eigene Währung durch eine fremde Währung ersetzt. Dies geschieht bei
Vertrauensverlust oder Hyperinflation.

Beispiele:

• Deutsche Hyperinflation von 1923, Kurs der Reichsmark wurde in US-Dollar angegeben
• Kuba heute: Zwei offizielle Währungen, Peso cubano als eigentliche Währung, Peso convertible
als US-Dollar Ersatz.

Föderalismus als Stabilisierungspolitik


Föderalismus hat eine Art Versicherungsfunktion gegen asymmetrisch auftretende Schocks. Er dient
somit als konjunkturelle Stabilisierungsfunktion.

In der Schweiz kommt


ein Schock, welcher dazu
führt, dass in einer
Region extreme Einbusse
stattfinden. Aber durch
die gute Vernetzung,
Bundessteuer,
Finanzausgleich wird
Geld dahin transportiert,
wo der Einbruch
stattgefunden hat.
Es gibt einen regionalen Glättungsmodus vom Föderalismus.

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