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nehmer schätzt, dass sie im Einkauf von Laborbedarf und Investivgütern -
zum Beispiel medizinische Großgeräte - zehn bis fünfzehn Prozent spa-
ren können. Bei Arzneien, Wirtschaftsgütern und medizinischem Sachbe-
darf gelten fünf bis zehn Prozent Kostensenkung als möglich. Knapp die
Hälfte der Befragten sieht Potenziale durch eine verbesserte Verbrauchs-
steuerung. „Die Praxis zeigt, dass gerade in der Verbrauchssteuerung
noch riesige Chancen stecken“, berichtet Joël. Häufig ergebe eine Analy-
se – etwa bei der Versorgung mit Verbrauchsmaterial für verschiedene
Operationssäle einer Klinik –, dass Bestände reduziert und Bestellprozes-
se verbessert werden können. Hierfür müsse aber zunächst gemeinsam
mit allen Beteiligten vom OP-Team bis zu kaufmännischen Bereichen und
Logistik Transparenz geschaffen werden. Einkäufer können diesen Pro-
zess steuern.
Eine weitere Ertragsquelle nutzen die Krankenhäuser laut der Studie e-
benfalls noch zu wenig: 65 Prozent der Befragten bestätigen, dass durch
eine engere Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Patientenabrechnung
die Erträge bei den Zusatzentgelten steigen könnten. Aufgrund der so
genannten Fallpauschalen wird eine genaue Zuordnung der verbrauchten
Materialien zu den Patienten immer wichtiger, um auch über die Verbräu-
che die tatsächlichen Kosten je „Fall“ zu ermitteln. Tatsächlich sagen der-
zeit nur 44 Prozent der befragten Kliniken, dass sie zusatzentgeltfähige
Medikamente und Materialien (Beispiel: Stentgraft-Prothesen in der Ge-
fäßchirurgie) patientengenau abrechnen. Ein möglicher Grund: 52 Pro-
zent der Befragten sagten, dass ihre IT-Systeme diese Materialien nicht
den Patienten zuordnen können.
Bei Arzneimitteln: Zwei Einkaufsorganisationen unter einem Dach
Die Mehrzahl der Befragten verfügt über ein Einkaufsvolumen von bis zu
50 Millionen Euro jährlich. Eingekauft werden medizinischer und Wirt-
schaftsbedarf (je rund 90 Prozent) sowie Investivgüter und Laborbedarf.
Nur 24 Prozent der Befragten beschaffen auch Arzneien über den Ein-
kauf. Dies – und teils auch den Laborbedarf – übernimmt oft die Kranken-
hausapotheke selbst mit einer eigenen Beschaffungsorganisation. Da-
durch gehen Bündelungseffekte verloren.
Vergabe über Einkaufsgemeinschaften - aber Kliniken schließen
selbst Verträge ab und verzichten so auf gute Konditionen
80 Prozent der befragten Krankenhäuser sind bereits Mitglied einer Ein-
kaufsgemeinschaft (EKG). 44 Prozent beschaffen mehr als die Hälfte ih-
res jährlichen Einkaufsvolumens auf diesem Weg. Der Schwerpunkt der
EKGs liegt in der Vergabe der einzukaufenden Waren und Leistungen,
vor allem bei medizinischem Sachbedarf (80 Prozent) und Wirtschaftsbe-
darf (72 Prozent). Der größte Vorteil von Einkaufsgemeinschaften ist für
die Kliniken die Bündelung von Bedarfen. Den Vertragsabschluss mit Lie-
feranten übernehmen allerdings meist die Kliniken selbst und sind mit der
Umsetzung auf sich gestellt. Dies führt häufig dazu, dass günstige Kondi-
tionen der EKGs im Sande verlaufen.
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Einkauf im Beschaffungsprozess nicht von Anfang an dabei
84 Prozent der Studienteilnehmer sagen, dass der Einkauf in ihrem Haus
zentral organisiert sei. Die Aufgaben sind klar verteilt: Die ärztliche Lei-
tung, Stationen und pflegerische Leitung spezifizieren den Bedarf in den
Warengruppen. Der Einkauf ist in dieser Phase der Entscheidung über die
Menge und Art der Anschaffungen nicht immer beteiligt. „In der Industrie
etwa sitzen die Einkäufer schon in der Entwicklungsphase mit am Tisch.
Sie erstellen mit ihrer breiten Kenntnis des Lieferantenmarktes eine neut-
rale Spezifikation der einzukaufenden Waren unter Wettbewerbsbedin-
gungen“, vergleicht Inverto-Experte Stiasni. „Die Organisation eines Kran-
kenhauses ist stark fragmentiert, durch die medizinische Ausrichtung vom
Unfallchirurgen bis zum Herzspezialisten oder in Klinikverbünden mit
mehreren Häusern. Abgestimmte Einkaufsprozesse werden so erheblich
erschwert“, berichtet Inverto-Experte Joёl.
Viele Lieferanten und wenige Rahmenverträge
Die Zahl der Lieferanten im Krankenhaus ist hoch: Mehr als drei Viertel
der Studienteilnehmer arbeiten mit bis zu 500 Lieferanten zusammen.
Dagegen ist die Zahl der Rahmenverträge mit Lieferanten gering: Rund
die Hälfte der Befragten sagt, dass nur mit bis zu zehn Prozent der Liefe-
ranten solche Verträge bestehen. „Dieses Ergebnis deutet auf einen ho-
hen Aufwand im Lieferantenmanagement hin“, so Stiasni. Allerdings kön-
nen rechtliche Änderungen wie in der Verdingungsordnung für Leistungen
(VOL) dazu führen, dass in Zukunft mehr Rahmenverträge abgeschlossen
werden. Zudem setzen 84 Prozent der Studienteilnehmer auf verstärkten
Wettbewerb zwischen ihren Lieferanten und die Entwicklung ihrer Zuliefe-
rer zu Systemlieferanten (64 Prozent).
Wunsch und Wirklichkeit:
Ressourcen und Qualifikation der Klinikeinkäufer
Im Klinikeinkauf sind die Ressourcen knapp: 60 Prozent der Befragten
sagen, dass sie höchstens zehn Mitarbeiter beschäftigen. Einigkeit
herrscht bei den benötigten Qualifikationen für einen guten Einkäufer im
Krankenhaus: Managementfähigkeiten, Kommunikationsgeschick sowie
eine kaufmännische Ausbildung gelten als notwendig, technische und
medizinische Kenntnisse dagegen weniger. Umso interessanter ist es,
dass Mitarbeiter im Einkauf offenbar häufig aus der Pflege rekrutiert wer-
den: Drei Viertel der Befragten beziffern den Anteil von Mitarbeitern mit
Pflege-Erfahrung auf mehr als 25 Prozent.
„Gute Einkäufer sind Wertschöpfungsmanager. Sie sind von Anfang an in
alle Schritte des Einkaufprozesses bis hin zur Logistik in der Klinik einge-
bunden. Außerdem optimieren sie auch die Prozesse, die den Einkauf
mittelbar beeinflussen, so wie die Verbrauchssteuerung und Patientenab-
rechnung“, beschreibt Joёl. Damit der Einkauf im Krankenhaus alle Chan-
cen zur Einsparung und Verbesserung nutzen könne, brauche es eine
Sensibilisierung des oberen Managements: Die gesamte Klinikleitung
müsse den Blick für die Potenziale des Einkaufs schärfen und dann hinter
dem Einkauf und seinen Zielen stehen. „Wenn der Einkauf auf diese Wei-
se sein ganzes Spektrum der Potenziale für die Organisation frei setzen
kann, gewinnen die Krankenhäuser viel Ertragskraft.“
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Über die Inverto AG:
Die Inverto AG ist eine international tätige Unternehmensberatung, die ihre Kun-
den in allen Fragen des strategischen Einkaufs und des Supply Managements
unterstützt. Mit rund 90 Mitarbeitern, Büros in Asien, Osteuropa, Großbritannien
und den Niederlanden sowie eigener e-Sourcing Technologie gehört Inverto zu
den führenden auf Einkauf spezialisierten Unternehmensberatungen in Europa.
Im Jahr 2008 erzielte Inverto rund 23,1 Millionen Euro Umsatz. Zu den Kunden
zählen marktführende Mittelständler, Konzerne aus Industrie und Handel sowie
die weltweit größten Private Equity Unternehmen.
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