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ZUR RHEINISCHEN

PSYCHIATRIE
5. Jahrestagung
der klinischen Psychologen
des Landschaftsverbandes Rheinland
1991
- Forensische Psychiatrie -

LANDSCHAFTSVERBAND RHEINLAND
Wechsel balg >Vernunft<:
Fetisch und Hure der forensischen Psychiatrie.
1. Referate

"Psychologie: Vernunft im Maßregelvollzug"


- Herr Dipl.-Psych. U, Kofabe, Westfälisches Zentrum für Forensische Psychia-
trie Lippstadt.-

"Es gibt also eine natürliche und unvermeindliche Dialektik der reinen Ver-
nunft, nicht eine, in die sich etwa ein Stümper, durch Mangel an Kenntnissen,
oder die irgendein Sophist, um vernünftige Leute zu verwirren, künstlich er-
sonnen hat, sondern die der menschliche Verstand unhintertreiblich anhängt,
und selbst, nachdem wir ihr Blendwerk aufgedeckt haben, dennoch nicht aufhö-
ren wird ihr vorzugaukeln und sie unablässig in augenblickliche Verirrungen
zu stoßen, die jederzeit gehoben zu werden bedürfen."
(Kant 1781)

"Es ist dies eine zu große Zärtlichkeit für die Welt, von ihr den Widerspruch
zu entfernen, ihn dagegen in den Geist, in die Vernunft zu verlegen und darin
unaufgelöst bestehen zu lassen."
(Hegel 1812-16)

"Dieselbe Doktorin, die aus ihrer Vernünftigkeit das Recht herleitet, alles
zu kritisieren, reagiert allergisch gegen eine Kritik, die diesen Vernunftan-
spruch in Zweifel zieht. Die Vernunft kann sich vor solcher Infragestellung
nur schützen, indem sie Denkverbote verhängt. Der ganze Bereich des "Irratio-
nalen": alles Affektive, Natürliche, Lebendige wird aus der Vernunft ausge-
grenzt, und eine Kritik, die aus diesen unvernünftigen Gefilden kommt, für
null und nichtig erklärt. Die Ausgrenzung des "Irrationalen" schlägt aber
auch die Vernunft zurück, denn sie kann ihren Universalitätsanspruch hinfort
nur noch dogmatisch behaupten. Und da das Leben, das sie ausgeschieden hat,
zugleich ihr eigenes Leben war, wird die ganze Vernunftwelt von nun an kalt,
starr und abstrakt."
(Bergfleth 1984, 183)

Für die Zeit nach der Französischen Revolution, nach der Infektion an "jener
anderen Franzosenkrankheit, ... während deren sie den 'Kultus der Göttin der
Vernunft' errichteten" (Panizza 1898, 48) und im- optimistischen Glauben an
ihre Allmacht aufklärerisch ein "Reich der Vernunft" proklamierten (Grosser
1989, 64-72; Soboul 1977, 62), beschreibt Foucault in seiner Arbeit über die
'Geburt des Gefängnisses' (1975, 15), daß im Zuge der Schaffung neuer Straf-
systeme die sog. "peinlichen Strafen", die "Leibesmarter" und so auch "der
gemarterte, zerstückelte, verstümmelte, an Gesicht oder Schulter gebrandmark-

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te, lebendig oder tot ausgestellte, zum Spektakel dargebotene Körper" ver-
schwanden. In ähnlicher Weise wurden die "durchaus üblichen" ebenfalls "am
Körper des Irren einsetzenden Heilungsversuche" (Detter 1981, 25) durch ein
"traitement moral et philosophique" (Pinel) ersetzt. An die Stelle des Kör-
pers als Ziel staatlicher Repression tritt nunmehr die Seele der z.T. unter-
schiedlos gemeinsam verwahrten Mörder und Narren, die Seele, die Gefängnis
des Körpers ist und auf deren Manipulation Strafe wie "psychische Curmethode"
(3etter) nunmehr abzielt.-
Foucault (1975, 43) kommentiert hierzu:

"Letztlich ging es nicht um den allzu veralteten oder allzu asepischen, allzu
kargen oder allzu perfektionierten Rahmen des Gefängnisses, sondern ... um
jene ganze Technologie der Macht über den Körper, die von der 'Technologie
der Seele' - derjenigen der Erzieher, Psychologen und Psychiater - weder mas-
kiert noch kompensiert werden kann, da sie ja nur eines ihrer Instrumente
ist".

Daß allerdings bereits die Aufnahmeuntersuchung im Maßregelvollzug nach wie


vor invasiv auf diesen konkreten Körper abzielt, wird in einem Zitat von
Mishima (1988, 343)2 deutlich, der hierbei

"alles abzulegen hatte, bis er splitternackt dastand. Man untersuchte seinen


aufgerissenenen Mund ..., man schaute ihm gründlich in die Nasenlöcher, in
die Gehörgänge, und nachdem man ihn ... von vorn geprüft, mußte er ... von
hinten examiniert ... werden. Mit solcher Rücksichtslosigkeit behandelt, wur-
de einem der eigene Körper immer fremder, und man hatte schließlich das Ge-
fühl, lediglich die Gedanken noch blieben einem als unantastbarer Besitz er-
halten. Diese Vorstellung schon bedeutete ein Entrinnen aus all der Erniedri-
gung."

Wer meint, dies gehöre der Vergangenheit an oder sei literarisch verzerrt
dargestellt, der irrt: vor Jahren habe ich in einer das Primat der Psychothe-
rapie programmatisch vertretenden Institutionen des Maßregelvollzugs gearbei-
tet (Kobbe 1985), zu deren Aufnahmeprozedur eine ähnlich invasive körperliche
Untersuchung (Dreßen 1982), ebenso gehörte, wie das Vollbad. Kein Wunder,
daß mancher Rechtsbrecher dem strafenden Staat (Volckart 1990, 182), mancher
Patient uns im Maßregelvollzug entgegenhält: 'Meine Seele gehört mir!' - die
Seele also, auf die unser therapeutisches Trachten abzielt.

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Was bleibt dem Psychologen in diesen repressiven Setting, das von einer nomo-
thetischen Justiz definiert, von einer normativ-affirmativen psychiatrischen
Medizin getragen und einer exekutiven Krankenpflege organisiert wird? Fun-
giert er also in der Tat als Sozialisationsagent mit dem Auftrag, die 'Dis-
ziplin des Willens' zu stärken oder "psychiatrische Traktiermethoden des
Traitement moral" (Schrenk 1976, 147) vorzunehmen? Als "Legitimationsagent"
sozialer Kontrolle also, der durch "Anbindung und Selbstanbindung an indivi-
duelle Interessenlagen" deformiert und "ausgestattet mit abgeleiteter oder
geborgter Autorität und unter Berufung auf sie, sich - im Sinne Basaglias
u.a. (1980, o.S.) - an 'Entmündigungs- und Domestizierungsprojekten'" betei-
ligt?
Nun, gefragt ist Psychologie im Maßregelvollzug als (nomologische) Disziplin,
die durch Begutachtung, Diagnostik, Prognostik, Verhaltens- wie Psychothera-
pie, Übernahme partieller Leistungsfunktionen sowie Supervision funktional an
Besserung und Sicherung mitwirkt und selbst durch eine explizit therapeuti-
sche Ideologie (s.o.) der sicherstellenden Funktion des sozial Ordnungs- und
Machtgefüges der Institution nicht entkommen (Hörmann/Nestmann 1984).

Vehikel dieser Tätigkeit sei die Vernunft, behauptete ich in der Überschrift
zu diesem Vortrag: eine Vernunft, die speziell von der Justiz, aber auch der
Medizin als normativ-rationalisierender Fetisch zur Abwehr der Bewältigung
des gewalttätigen Chaos, des tabuisiert-'bösartigen' Irreseins angefordert
und auch von uns Psychologen tagtäglich zur Verfügung gestellt wird. Eine
zweckrationale instrumenteile Anwendung von Vernunft also, die sich statt als
Instrument der Emanzipation zu dienen, nun als gegen den böskranken Mitmen-
schen angewandte 'List' gegen unser alter ego, sprich: gegen uns selber wen-
det (van Reijen 1986, 36-39). Insofern führt die Vernunft mit Pohl und Türcke
(1983) "als das universale Bändigungsmittel einer universalen Krise" zugleich
ein "Hurendasein" (Türcke 1983, 74). "Daß schon Luther die Vernunft für diese
Hure hielt, die sich für jedes Interesse hergibt, ist Denunziation, aber zu-
gleich auch Resignation" (Pohl 1983, 113).

Dies findet sich ähnlich in einer Bemerkung Lacans (1960/64, 210), die Psy-
chologie sei lediglich "das Vehikel von Idealen", indem die Psyche "nur Pate"
gestanden habe, wenn es um ihren Rang als akademische Wissenschaft gehe:
Psychologie - schreibt er - leiste Handlangerdienste, beute u.a. die Psycho-
analyse und Freud aus, so daß jene primitive "Art Interesse, dem sich die
Psychologie in unserer Gesellschaft als Dienerin anbietet, seinen Schnitt"
mache (Lacan 1960/64, 211).

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Psychologen befinden sich im Maßregelvollzug mehr noch als anderswo in einer
Double-bind, einer vertikalen Konfliktsituation (Veiel 1990). Klassisch wurde
deren Simultanität und Interferenz zwischen einer "Utopie der Befreiung" und
einer "Pathologie der bürgerlichen Gesellschaft seit der Französischen Revo-
lution" (Roberts) von Peter Weiss (1964) im Drama über die Verfolgung und
Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospi-
zes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade' thematisiert. Bei
de Sade, der wegen sog. "moralischer Tollheit" (sie!) von Pinel eingesperrt,
andererseits während der Revolution Verwalter der Spitäler und als Richter
tätig war (Lever 1988), bei ihm nämlich finden sich Sprache und Situation
"genau an dem Punkt, ... wo der "Wahnsinn der Repression" Objekt ... einer
"Repression des Wahnsinns" wird (Faye 1977, 32; s.a. Panizza 1898). Darüber
hinaus betrifft der imaginäre Konflikt zwei gegensätzlich-komplementäre hi-
storische Personen (Smoltczyk/von Klinggräff 1989): auf der einen Seite den
am 24. Messidor des Jahres II der Republik (13.7.1793) ermordeten drakonisch-
aufklärerischen Volksfreund Marat, den "unermüdlichen Hetzer" des "Ami du
peuple" (Marat 1789); auf der anderen Seite den anarchisch-obszönen "aristro-
cate sans-culotte" de Sade, im Urteil anderer "abscheuliches Reptil"
(Michelet) und zugleich "freiester Geist, der je gelebt hat," (Apollinaire),
der unser Jahrhundert konnotiert. - Ihr Diskurs und die in seinem Ort enthal-
tene Pathologie wiederholen das Freudsche Drama von über-Ich und Es. "Ihr
Schauplatz von Vernunft und Rationalisierung ist der schmale Grad des Diskur-
ses, der von unten durch das im doppelten Sinn Obszöne, das Verdrängte und
das nicht Darstellbare, von oben durch die Interventionen des Aufsehers
(sprich: des Staatsanwalts, des Krankenhausträgers, der Politiker) bedroht
wird" (Roberts 1987, 191).

Insofern also ist Widersprüchlichkeit, bleiben innerer wie äußerer Zwiespalt


dem Patienten, der Institution und dem Psychologen eigen. Eine Zerrissenheit,
die an das Bewußtsein erinnert, daß man - in Paraphrase einer Anmerkung von
Mitscherlich (1981) über Juristen - nur mit schlechtem Gewissen im Maßregel-
vollzug arbeiten kann. Gerade in diesem Bewußtsein jedoch bietet vielleicht
erst die zuvor denunzierte Vernunft einen räche- wie repressionsfreien und
insofern dem konkreten Patienten und uns selbst empathisch gerecht werdenden
Zugang. Denn: wie dargestellt wird der zwischenmenschliche Diskurs im fragi-
len psychotherapeutischen Übergangsraum von der archaischen Destruktivität
ebenso subversiv in Frage gestellt, wie die repressive Struktur und zynisch
reglementierende Praxis der Institution "gegen den idealistischen Wind pis-
sen", um eine MÄpher Sloterdijks (1983, 212) zu gebrauchen.

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Es geht also um ein Beziehungsangebot menschlichen, verständnisvollen, unver-
stellten Kontakts, um ein weder boshaftes noch ironisches noch aggressives
Eingehen auf den gefährlich gestörten Anderen unter den Extrembedingungen
einer totalen Institution ihren entsprechend verdinglich-abstrakten zwischen-
menschlichen Verkehrsformen. Immerhin tritt der Therapeut dem Patienten im
Maßregelvollzug aus der Sicht von Juristen (Wagner 1989) "als Repräsentant
einer Behörde" und "keineswegs als Person mit subjektiven Rechten" gegenüber,
sind therapeutische Handlungen "aus rechtlicher Sicht nichts anderes als Ver-
waltungsmaßnahmen"! Hinzu kommt, daß dieser einer dritten Partei, dem Staat
verpflichtete Psychologe bei Sich-Einlassen mit Mord, Totschlag, Vergewalti-
gung und Perversion konfrontiert wird, mit sadistischen Phantasien ebenso wie
mit archaischen Haßgefühlen, Zerstückelungsimpulsen oder Mordgelüsten (Zaler
1984, Kobbe 1991c).

Kurzum: es braucht Kollegen, denen diese Patienten nicht nur 'an die Nieren',
sondern auch 'zu Herzen' gehen, die empfindsam dafür sind und bleiben, daß
"Therapie innerhalab eines obligatorischen Zusammenhangs die verständnisvoll-
ste, vielleicht auch die sensibelste Form der Verletzung der Menschenwürde"
sein kann (Härtung 1980, 134). Um es mit Biermann (1966) als Ermutigung aus-
zudrücken:

"Du, laß dich nicht verhärten/In dieser harten Zeit/ ,


Die all zu hart sind brechen,/Die all zu spitz sind, stechen/
und brechen ab sogleich."

Verhärtungen dieser Art entstehen nicht allein durch funktionales Mitmachen


oder Anpassen an die verhärteten Verhältnisse (Adorno 1955, 25), sondern auch
in der defensiv-protektiven Auseinandersetzung mit den verkrusteten, bedroh-
lichen, inhumanen Anteilen total(itär)er Institutionen.

"Du, laß dich nicht verbittern/In dieser bittren Zeit/ ...


Du, laß dich nicht erschrecken/In dieser Schreckenszeit/ ...
Du, laß dich nicht verbrauchen/Gebrauche deine Zeit",
textet Biermann weiter.
Und gerade hier ist m.E. Psychologie im Maßregelvollzug in einer Weise gefor-
dert, die sich nicht auf Diagnostik, Therapie und/oder Stationsleitung redu-
zieren lassen darf.

Es geht darum, ein - auch politisches - Bewußtsein dafür zu bewahren, daß und
wann die forcierte Konzentration auf Psychotherapie in Psychoterror umzu-

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schlagen droht (Duncker 1988; Kobbe 1991a; 1991c), bezieht doch die Versu-
chung, den Erfolg reaktiv herbeizuführen, Zwang oder Gewalt in der Psychothe-
rapie mit ein (Hinrichs 1988, 169). Darüber hinaus erzwingt und verankert der
psychotherapeutische 'Prozeß der Zivilisation' (Elias) das "sich als Selbst-
beherrschung artikulierende" Vernunftprinzip zu einem hohen Preis, indem an-
tagonistische Triebe "zurückgedrängt, gebändigt, gefesselt, ... zum 'verfem-
ten Teil' menschlicher Natur" geraten (Knieper 1981, 30), hingegen die trieb-
modellierende "soziogene, psychische Selbstkontrollapparatur differenzierter,
allseitiger und stabiler" wird (Elias 1990, 319-320).

Andererseits können gerade Reformbemühungen durch "Verengung emanzipatori-


scher Theorie(bildung) zu sozialtechnischen Vorstellungen" (Bruder 1982a) mit
disziplinierendem Charakter verkommen (Kobbe 1991c), bietet sich die totale
Institution doch als "verschwiegene Basis des Behaviorismus" an (Bruder
1982b). Dieses Phänomen ist so neu nicht: immerhin merkte bereits
Heinrich Heine im Juli 1843 zur Gefängnisreform und Strafgesetzgebung in
Frankreich an, ihm dränge "sich zunächst das Bedenken auf, daß alle Verbesse-
rung nichts helfen dürfte, wenn nicht vorher die Verbesserer gebessert wür-
den" (S. 349).

So bleibt auch nachzufragen, wann 'Arbeitstherapie' zum Arbeitszwang wird,


zur zynischerweise 'frei machenden' Arbeit, der im Rahmen der 'klinischen
Industrie einer industriellen Klinik' (Schneider 1973, 254-262) der "Charak-
ter einer Strafmaßnahme und einer moralischen Kontrolle" innewohnt (Foucault
1968, 105).

Um einen weiteren Bereich zu nennen, in dem vielleicht unsere auch "elitär"


zu nennende Sensibilität gefragt ist: welche Sozialisation zu ungefährlicher
Normalität, welches versteckte Konzept der (klein)bürgerlichen Normopathie
verfolgen wir (Zaler 1984)? Wulff nennt hier "die Verschleierung von Wider-
sprüchen, die Glättung von Konflikten durch verbale Erledigungsriten, die
zwanghafte Überidentifikation mit dem Vater" ebenso als beängstigende Zeichen
sog. Normalität wie beispielsweise "Spießermuff, Hobbykult, die eingezäunten
kleinen Freiheiten und die begrenzten Ausbrüche" (Haug 1972, XIV). Gerade im
Maßregelvollzug ist hier kritische und insofern eben 'elitäre' Sensibilität
aufzubringen, ob sie sich nun wie bei Adorno (1955) aus differenzierter Ana-
lyse der "Disparatheit von Psychologie und Gesellschaft" oder wie bei
Sloterdijk (1983, 20) aus dem "Widerwillen gegen das Leichengift der Normali-
tät in einem Land der harten Köpfe und der Panzerseelen" nährt.

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Es geht also um eine Anwendung von Psychologie als gesellschaftskritischer,
als gerade im medico-juristischen Zusammenspiel auch politischer Wissenschaft
(Rexilius 1991), deren "Denken im Dienst der Vernunft - so Jaspers (1950,
40) - kritisch ist, Wahrheit will" und sich als Vernunft "aus den Fesseln des
Dogmatischen, der Willkür" herausarbeitet (Jaspers 1950, 33). Für diese von
(ärztlichen) Klinikleitungen kaum explizit gefragten, andererseits wegen
ihrer vermeintlichen Dysfunktionalität unerwünschten systemkritischen Funkti-
on verfügen Psychologen - im Kontrast zu Ärzten - über ein motivations-, per-
sönlichkeits- und sozialpsychologisches sowie pädagogisches und gruppendyna-
misches Handlungswissen; sie besitzen darüber hinaus soziologische, z.T. gei-
steswissenschaftliche, kulturanthropologische (Legewie 1991a; 1991b), sprach-
und kommunikationstheoretische (Jaeggi 1991) oder andere fachübergreifende
Kenntnisse und Fähigkeiten. Deren selbstreflexive Anwendung macht das Funkti-
onieren einer Institution des Maßregelvollzugs vielleicht zunächst nicht un-
bedingt geschmeidiger, dafür aber z.B. in der Wahrnehmung (in-)direkter For-
men iatrogener Gewalt (Hinrichs 1988) menschlicher und erst so verantwortba-
rer. Selbstreflektion also als interessierter Gebrauch der Vernunft im
Habermas'schen Sinne, d.h. "Anschauung und Emanzipation, Einsicht und Befrei-
ung aus dogmatischer Abhängigkeit in einem" (Habermas 1973, 256), als hier-
durch eben aber auch "prometheische Anstrengung" einer Anthropologie der Ver-
nunft (Mitscherlich 1952, 135).
In ähnlicher Weise existieren ebenfalls ungenutzte forschungsrelevante Kennt-
nisse (Welzer 1990) der Hermeneutik, Methodenlehre, Erkenntnis- und Wissen-
schaftstheorie, die konkret beispielsweise für die Untersuchung von (Vor-)Ur-
teilsstrukturen im Maßregelvollzug (Westf. Arbeitskreis "Maßregelvollzug"
1991; Kobbe 1190b) oder für die kritische Beurteilung der Implikationen/Aus-
wirkungen einer utilitaristischen Einführung des DSM-III-R im Maßregelvollzug
einzusetzen sind (Kobbe 1991b). Denn kritische wissenschaftliche Selbstre-
flektion legt als angewandte Psychologie "im Sinne 'besonnener Rationalität'"
(Legewie 1991b), 24) den Zusammenhang von Erkenntnis und Vernunftinteresse
ebenso offen wie sie ihn konstituiert (Habermaas 1973, 348); 'kritisch' und
'besonnen' deshalb, weil (Selbst-)Aufklärung und Rationalität bei unreflek-
tierter Anwendung i.S. der 'Dialektik der Aufklärung' Horkheimers & Adornos
selbst wiederum dogmatisch oder totalitär zu werden und das zu zerstören dro-
hen, was sie erhalten wollen: das eigene lebendige Selbst (Thaa 1987, 8).

Hierfür aber bedarf es bestimmter Freiräume bzw. Toleranzen innerhalb der


Institution: so wie das Einpassen des Rahmens von Psychotherapie in den über-
lappenden Rahmen der Anstalt nur dann zum Erfolg führen kann, wenn das insti-
tutionelle Milieu "flexibel genug ist, die Breschen, die der Patient ... zu

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schlagen droht, hinzunehmen" (Mannoni 1973, 91), so kann man auch systemimma-
nent nur erfolgreich kritisch arbeiten, wenn dies in der Institution selbst
potentiell zu Konsequenzen führen darf (Brunner 1984).

Zugegebenermaßen ist all dies zumindest uns Psychologen nicht neu, manchen
Klinikleitungen in vielfacher Hinsicht allerdings unbequem bzw. suspekt, muß
jede kritische Vernunft doch Standpunktdenken zerstören und konventionelle
Normen in Frage stellen, fordert sie doch Anerkennung von Pluralität und Dif-
ferenz (Lyotard 1983). Hervorheben möchte ich an dieser Stelle, das Büssing
(1984) in einer Studie über die 'Arbeits- und Berufssituation Klinischer Psy-
chologen am psychiatrischen Krankenhaus' gerade das Variablencluster 'Sinn-
haftigkeit und Erfolg klinisch-psychologischer Tätigkeit' als für die Ar-
beitszufriedenheit mit ausschlaggebend beschreibt, doch finden wir gerade im
Maßregelvollzug Aufgaben vor, die kaum zur eigenen Zufriedenheit beitragen
dürften: Aufgaben nämlich, denen zumindest tendenziell bereits die Unmöglich-
keit ihrer Erfüllung innewohnt (Veiel 1990). Psychologen erinnern sich an die
sog. 'unmöglichen' Testanordnungen Tamara Dembos (1931), mit denen in den
dreißiger Jahren im Umfeld Lewin und Festinger (1944) klassische Untersuchun-
gen zum motivationalen Einfluß angeblich lösbarer, hingegeben unerfüllbarer
Aufgaben auf das Anspruchsniveau durchgeführt wurden. Heckhausen beschrieb
hierzu später (Heckhausen 1955; 1963) den Grundkonflikt zwischen Erfolgswün-
schen und Mißerfolgsbefürchtungen sowie "eine Art Ansatz zur 'Pathologie' des
Anspruchsniveaus" (Caruso 1972, 115-121), wie wir beides im Maßregelvollzug
bei den Therapeuten z.T. ausgeprägt antreffen.-

Das andere für die Arbeitszufriedenheit ausschlaggebende Variablencluster


besteht nach Büssing aus der Variablen 'Mitbestimmung/Selbständigkeit/Kon-
trolle der Arbeit' und der Variablen 'Kommunikation/Koorperation/Anerkennung
der Tätigkeit'. Nun ist es in manchen Bereichen der forensischen Psychiatrie
auch hiermit nicht weit her: Die Jurisprudenz verlangt als "dogmatische Wis-
senschaft normativen Charakter" bei Begutachtungen wie Prognosestellungen ein
gesichertes Wissen mit "naturgesetzlich determinierten und damit exakt bere-
chenbaren Kausalzusammenhängen" (Kerner 1980, 322) und hält sich daher lieber
an die Psychiater mit ihrem vermeintlich naturwissenschaftlichen Wissen.
Denn: Psychologen haben - so Kerner - "immer mit lediglich stochastischen
Zusammenhängen zu tun, die unausweichlich nur ein Arbeiten mit Näherungswer-
ten und unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsgraden erlauben". Daß darüber
hinaus beispielsweise Bereichsleiterstellen praktisch nie mit Psychologen
(oder anderen Nicht-Ärzten) besetzt werden, kann nur historisch-berufspoli-
tisch erklärt werden, kommen doch beispielsweise sozialtherapeutische Anstal-

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ten des Strafvollzugs, die ja primär Straftäter mit Persönlichkeitsstörungen
behandeln, ohne Probleme praktisch ohne Ärzte aus.- Und im Klinikbetrieb
selbst bringen Krankenhaushierarchien wie sog. 'Spalt-Spiele' das von Kisker
(1988) als "problematische therapeutische Interaktionsfigur" apostrophierte
Team immer wieder aus seinem Gleichgewicht, was angesichts der schwierigen
und z.T. mehr auf Konkurrenz denn auf Koorperation angelegten Unterstellungs-
und Arbeitsverhältnisse der beteiligten Professionen wie auch angesichts der
Störeinflüsse durch extrem gestörte Patienten nicht verwunderlich ist.

Nach diesem Aufgebot von Heine, Jaspers, Adorno, Horkheimer, Habermas,


Lyotard und Foucault stellt sich die Frage nach Bedingungen emanzipatorischer
Praxis, braucht es gerade auch in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs ein
"wuchtiges Bekenntnis zur 'Unverzichtbarkeit der Utopie'" (Zahn, 1989, 9).
Dies mag in Verbindung mit der zuvor bereits als 'elitär' bezeichneten Sensi-
bilität avantgardistisch (Bürger 1987) klingen, doch muß man berücksichtigen,
daß "die stürmischen Kontroversen zur Humanisierung der totalen Institutio-
nen ... der Vergangenheit angehören" (1z) und der politische Wille zur Fort-
setzung wirklicher Reformen allenfalls ambivalent erscheint.
Entsprechend sollten wir uns die Topik der Avantgarde innerhalb der (zu?)
späten Reformen vergegenwärtigen: hier schwenkt die vertikale (militärische)
Marschordnung aus Avantgarde:Troß:Arrieregarde beim innovativen Angriff auf
die kustodiale Maßregelvollzugspraxis zur horizontalen Kampfordnung ein, wo-
durch der Troß zum Zentrum wird und die Avantgarde an die Flanke, damit dann
mithin links außen vor gerät (Link 1991).
So bleibt - ich gestatte es mir gegen zynische Abwehr und in "fragiler Naivi-
tät" (Sloterdijk 1983, 212) - der idealistische Aufruf zum innovativen kriti-
schen, zum auch berufpolitischen Engagement, zur Belebung vorhandenen herme-
neutischen, verstehenden, phänomenologischen, kultur-, sozial- und geistes-
wissenschaftlichen Potentials i.S. einer widerstreitenden, einer "diskursi-
ven" Psychologie, die Pluralität und Integration 'randständiger' Konzeptionen
beinhaltet. Konkret ist u.a. die Handlungsanalyse durch eine System- und Kon-
fliktanalyse so zu ergänzen, daß z.B. eindimensionale Behandlungsstrategien
der forensischen Psychiatrie hinterfragt, an die Stelle verbreiteter forma-
ler, starrer Stufenkonzepte spezialisierte, komplexere Strukturen gesetzt
(Nedopil 1991) oder 'mystifizierende', schuldzuweisende Diagnose- wie Defi-
zitmodelle (Kobbe 1991b) ersetzt werden, kurzum: Theorie und Praxis oszillie-
ren können.

Engagement also einerseits, weil aufklärerische Kritik hinter den polemischen


Ansatz "gesellschaftssanitärer" Institutionen und sicherheitsideologischer

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"Verhütungswissenschaften" zurückgehen und die Logik der Verfeindungen auf-
decken, erst hier als integrierende Kraft wirken kann (Sloterdijk 1983, 633-
634). Gerade Betroffenheit läßt engagierte Kritik entstehen, ist sie doch
keineswegs "Sache richtiger Distanz, sondern richtiger Nähe" (Sloterdijk
1983, 19).
Kein Engagement also, um schlicht Profil oder Prestige zu gewinnen, der In-
stitution einen 'fortschrittlichen' Dienst zu erweisen oder um die Frustrati-
on des unglücklichen ('aufgeklärt-falschen'), quasi "reflektiv gefederten",
sich von keiner Ideologiekritik betroffen fühlenden Bewußtseins einzelner
Psychologen zu überbauen (Sloterdijk 1983, 37-40). Engagement vielmehr zur
selbstbestätigenden Ermutigung in einem Arbeitsfeld, das sozial(politisch)e
Herausforderung wie mitmenschliche Verpflichtung ist, insofern nicht nur Be-
ruf sein kann, vielmehr auch Berufung sein muß.

Schließen möchte ich mit ein paar Zeilen von Hans Magnus Enzensberger
(1978):
"Daß wir gescheit sind, ist wahr. Aber weit entfernt, /
die Welt zu verändern, ziehen wir auf dem Podium /
Kaninchen aus unserm Gehirn, Kaninchen und Tauben /
Schwärme von schneeweißen Tauben, die unverwandt /
auf die Bücher kacken. Daß Vernunft Vernunft ist /
und nicht Vernunft, um das zu kapieren, /
braucht man nicht Hegel zu sein, dazu genügt /
ein Blick in den Taschenspiegel."

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Anmerkungen
1 Danton vor dem Revolutionstribunal: "Ich werde mich in die Zitadelle der Ver-
nunft zurückziehen, ich werde mit der Kanone der Wahrheit hervorbrechen und
meine Feinde vermalmen." (Büchner 1922, 85)
zur diesbezüglichen Aktualität Büchners vgl. Thaa (1987)
2 zur Relevanz Mishimas in diesem Zusammenhang vgl. Cassin (1990)
3 diese Kritik ist somit auch Selbstkritik, von der "Konsequenz" institutionel-
ler Psychotherapie "bestochen" (sie!) gewesen zu sein (Kobbe 1985, 280) und
quasi "örtlich betäubt" (Gras»s 1972) diese medizinisch legitimierte Praxis
ausgeblendet und undialektisch mitgemacht zu haben (Kobbe 1989, 217-218,
Fn 7)
4 Auf die tabuisierte Berührung (Freud 1913) mit der Forensik weist nicht zu-
letzt die verharmlosend-fetischisierte Ersetzung des ursprünglichen Vortrags-
titels im offiziellen Tagungsprogramm durch ein unscharf-neutrales Thema
('Psychologie: Vernunft im Maßregelvollzug?') mit erst handschriftlich einge-
fügtem Fragezeichen hin (s.a. Kobbe 1990a).
5 Die gleichberechtigte Verwendung von wissenschaftlichen wie literarischen
Texten (Snow 1968) erfolgt, um gerade die "extrinsische Interferenz" der Wis-
senschaften) zu garantieren, dies aber eben um den Preis der Einbeziehung
anderen Denkens als "intrinsische Interferenz" (Bellour 1991, 71).
6 "Le XXe siede sera sadien, avait predit Apollinaire" (Delon 1991, 98).
7 Biermann, der sich in der Tradition Büchners sieht und am 19.10.91 in
Darmstadt mit dem Georg-Büchner-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und
Dichtung geehrt wurde (Biermann 1991b).
8 vgl. Brunkhorst (1990); van Reijen (1986, 48); Rexilius (1991)
9 vgl. Albert (1977, 65); Kraft (1977, 50-56)
10 vgl. Rasch (1983, 26-27)
11 siehe hierzu die Einführung des pauschalen Aufwendungsersatzes u.a. Kostenre-
geKmentier)ungen im Gesetzentwurf zur Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes
bei gleichzeitigem Bekenntnis zur qualitativen Weiterentwicklung des Maßre-
gelvollzugs
12 vgl. Legewie (1991a; 1991b) und Frindte (1991)
13 "Sind es sanitäre Maßregeln, mit denen Sie hier betraut wurden?" - wagte ich
anzudeuten. - "Sanitär?-Ja, gewiß sanitär, - aber sanitär ist zu wenig, sani-
tär drückt die Sache zu mild aus; es ist weit mehr criminell!..." (Panizza
1981, 190)

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Bi(bli)ographie
Adorno, Th. W.: Zum Verhältnis von Soziologie und Psychologie.
in: Adorno, Th. W.; W. Dirks (Hrsg.): Sociologica I. Aufsätze. Max Horkheimer
zum Sechzigsten Geburtstag gewidmet. (1955)
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in: L'Ami du Peuple vom 10. und 11. November 1789
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(Smoltczyk/von Klinggräff: "Revolutionshistoriker, durch den die Revolution noch
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Unter dem Sturmgott. (Bd. 2 des Epos 'Das Meer der Fruchbarkeit'.)
Goldmann Verlag, o.O. 1988

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Nedopil, N.: Maßregelvollzug in Bayern - Sind neue Konzepte nötig und möglich?
Vortrag auf der 6. Forensischen Herbsttagung der Universität München in Verbin-
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Panizza, 0.: Ein criminelles Geschlecht
in: Panizza, 0.: Der Korsettenfritz. Gesammelte Erzählungen.
Matthes & Seitz Verlag, München (01981) 189-202
Panizza, 0.: Psichopatia criminalis. Anleitung für die vom Gericht für notwendig
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zustellen. (1898)
in: Mattheus, B. (Hrsg.): Oskar Panizza. Die kriminelle Psychose, genannt
Psichopatia criminalis. Hilfsbuch für Ärzte, Laien, Juristen, Vormünder,
Verwaltungsbeamte, Minister etc. zur Diagnose der politischen Gehirnerkran-
kung.
Matthes & Seitz Verlag, München (1985) 29-82
Pohl, F. W.: Luthers Erbe: Der magische Kern bürgerlicher Rationalität.
in: Pohl, F. W.; Chr. Türcke (1983) a.a.O., 85-126
Pohl, F. W.; Chr, Türcke: Heilige Hure Vernunft - Luthers nachhaltiger Zauber
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Rasch, W.: Gutachten zur Situation und zu Entwicklungsmöglichkeiten in der
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in: Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.): Krank und/oder kriminell?
Maßregelvollzug in Westfalen-Lippe
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Oouffroy: "das Gefängnis ist ihm der Schauplatz des mentalen Theaters, der
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Sloterdijk, P.: Kritik der zynischen Vernunft. Band l und 2.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1983
Smoltczyk, A.; F. von Klinggräff: Auf der Suche nach der verlorenen Revolution.
Pariser Spaziergänge ...
Rotbuch Verlag, Berlin 1989
Snow, C. P.: Les deux cultures.
3ean-3acques Pauvert Ed., Paris 1968
Soboul, A.: Kurze Geschichte der Französischen Revolution.
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Veiel, A.: Der totale Therapeut: institutionelle Widersprüche und Arrangement-
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Volckart, B.: Rezension des Alternativkommentars zum Strafgesetzbuch Bd. l von
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in: Recht & Psychiatrie 8 (1990) 4, 182-183
Wagner, B.: Sind psychiatrische Therapiemethoden "gerecht"? Für effektiven
Rechtsschutz bei der Auswahl einer psychiatrischen Zwangsbehandlung. Teil I.
in: Recht & Psychiatrie 7 (1989) 2, 49-56
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Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade.
Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 1964
Welsch, W.: Unsere postmoderne Moderne.
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Welzer, H.: Von Fehlern und Daten. Zur Rolle des Forschers im interpretativen
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Westf. Arbeitskreis "Maßregelvollzug": Lockerungen im Maßregelvollzug (§ 63
StgB) - ein "kalkuliertes Risiko"?
in: Neue Zeitschrift für Strafrecht 2 (1991) 64-71
Zahn, H.-D.: Der "allgemeine" Intellektuelle - ein Leitbild?
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Zaler, S.: Arbeitsfeld: Externe Therapeutin in einer Strafanstalt. Beobachtungen
und Erfahrungen.
in: Psychologie & Gesellschaftskritik 8 (1984) 4, 88-101

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