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9 0 Minu t en L esever s tehen und Sprachbaus teine

Leseverstehen, Teil 2
Lesen Sie zuerst die beiden Artikel und lösen Sie dann die Aufgaben 6–10 zu den Texten.

Freizeitbegriff
Leseverstehen

Das Freizeitverständnis hat sich grundlegend ge- Zeit, die nicht mit Arbeit und Geldverdienen aus-
wandelt. Quantitativ und qualitativ unterscheidet gefüllt ist (26 %). Dies gilt für Arbeiter (38 %) ge-
sich die Freizeit heute von früheren Freizeitformen. nauso wie für Angestellte (34 %) oder Selbständi-
Auch gegenwärtig findet Erholung von der Arbeit ge (30 %). Bei Freizeit denken die meisten erst
in der Freizeit statt, aber die Freizeit ist nicht mehr einmal an den eigenen Spaß. Freizeit ist daher
nur – wie in den fünfziger Jahren – Erholungszeit. mehr ein positives Lebensgefühl als eine arbeits-
Für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung abhängige Zeitkategorie. Im subjektiven Empfin-
hat die Freizeit einen eigenständigen Wert bekom- den der Menschen sind „arbeitsfreie Zeit“ und
men. So vertreten 70 % der Bevölkerung die Auf- „Freizeit“ nicht mehr dasselbe. Mit dem Wandel
fassung, dass Freizeit in erster Linie eine Zeit ist, des subjektiven Freizeitverständnisses ist auch
in der man tun und lassen kann, was einem Spaß eine gesellschaftliche Neubewertung der Freizeit
macht. Aus einem arbeitsabhängigen Zeitbegriff, notwendiger denn je.
der Freizeit negativ als Abwesenheit von Arbeit Vor dem Hintergrund des wachsenden Anteils
definierte, hat sich heute ein positives Freizeitver- Nichterwerbstätiger lässt sich für die Zukunft un-
ständnis entwickelt: Freizeit ist eine Zeit, in der schwer prognostizieren: Freizeit verliert zuneh-
man frei ist. mend ihre Bedeutung als arbeitsfreie Regenerati-
Über vierzig Jahre Arbeitszeitverkürzungen sind onszeit. Umso mehr richten sich dann die
an den Menschen und ihrer Einstellung zum ar- Hoffnungen auf die Freizeit als Synonym für Le-
beitsfreien Teil des Lebens nicht spurlos vorüber- bensqualität und Wohlbefinden. Dies aber heißt:
gegangen. Freizeit ist mehr als eine Pause, in der sich wohlfühlen, das tun und lassen können, was
man sich für den nächsten Arbeitstag wieder er- Spaß und Freude macht, und das Leben in eigener
holt. Freizeit koppelt sich von der Arbeit ab: Nur für Regie gestalten sowie viel mit Familie und Freun-
eine Minderheit der Bevölkerung ist Freizeit eine den unternehmen.

Freizeitrituale
Alles hat seine Regeln und Rituale, auch die Frei- zwischen eigener und gemeinsamer Freizeitge-
zeit. Die Deutschen haben ihre Freizeit bestens staltung. Denn auch die Zweisamkeit darf nicht zu
organisiert: samstags auf die Piste und sonntags kurz kommen. Für sechs Prozent der Deutschen
mit der Familie. Fast jeder dritte Bundesbürger ist der siebte Tag der Woche ein „Schmusetag“.
reserviert regelmäßig einen Wochentag für Fami- Freizeitrituale, bisher kaum erforscht, hatten im
lie oder Ausgehen, für Sport oder Faulenzen. Mehr Alltagsleben der Bevölkerung schon immer ihren
als 20 % kennen ebenfalls einen festen Termin für festen Platz. Was als liebe Gewohnheit oder
Hobby, Verein oder Besuche. Und selbst der Ba- Alltagsroutine beginnt, kann zur eingeübten Hand-
detag ist für jeden vierten Deutschen nach wie vor lung und starren Ordnung werden: von den
ein Begriff. Begrüßungs-, Wasch- und Umziehritualen nach
Trotz kürzerer Arbeitszeiten konzentrieren sich die Feierabend bis zum gemeinsamen Frühstück und
© telc GmbH, Frankfurt a. M., telc Deutsch B2, 2011

meisten Freizeittermine auf das lange Wochenen- Familienspaziergang am Sonntag. Solche einge-
de. Ausgehen und Besuche machen stehen eben- spielten und liebgewordenen Gewohnheiten ge-
so auf dem Programm wie Faulenzen, Lesen oder ben den Menschen im Alltag Struktur und Halt.
sich dem Hobby widmen. So hat der Samstag für Gerade im Zusammenleben von Familienmitglie-
jeden dritten Bundesbürger seinen festen Platz dern haben Rituale eine wichtige Stabilisierungs-
als Hauptausgehtag. Den sonntäglichen Termin- funktion. Dahinter verbirgt sich das Bedürfnis
kalender bestimmen dann bei der Mehrheit der nach Sicherheit und Geborgenheit, der Wunsch
Befragten die beiden „F“: Faulenzen und Familie. nach einem harmonischen Feierabend oder schö-
Für viele wird damit der Sonntag zum Balanceakt nen Wochenende.

Übungstest 1

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