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Historische Zeitzeugen Über Die Essener

Flavius Josephus, Jüdische Kriege, 2. Buch, ab Kapitel 8

„Es gibt nämlich bei den Juden drei Arten von philosophischen Schulen; die eine bilden die
Pharisäer, die andere die Sadduzäer, die dritte, welche nach besonders strengen Regeln lebt, die
sogenannten Essener. Die letzteren sind ebenfalls geborene Juden, aber untereinander noch mehr
als die anderen durch Liebe verbunden (Kolosser 3:14). Die sinnlichen Freuden meiden sie wie die
Sünde, und die Tugend erblicken sie in Enthaltsamkeit und Beherrschung der Leidenschaften und
Begierden (Markus 4:19; 1.Jakobus 1:14-15; 1.Petrus 1:14-15; Römer 6:12, 13:14; Galater 5:24;
Kolosser 3:5; 1.Thessalonicher 4:3-5; 4.Mose 11:14; Psalm 106:14). Über die Ehe denken sie gering
(Matthäus 19:1-12), dagegen nehmen sie fremde Kinder auf (Matthäus 18:5), so lange dieselben
noch in zartem Alter stehen und bildungsfähig sind, halten sie wie ihre Angehörigen und prägen
ihnen ihre Sitten ein. Doch wollen sie damit die Ehe und die Erzielung von Nachkommenschaft
durch dieselbe nicht gänzlich aufheben, sondern sich nur vor den Ausschweifungen der Weiber
sichern, da sie glauben, dass kaum eines derselben dem einen Gatten die Treue bewahre.

Außerdem gibt es nun noch einen zweiten Zweig der Essener, der in Lebensart, Sitten und
Gebräuchen mit dem anderen ganz überein stimmt, in der Ansicht über die Ehe dagegen von ihm
abweicht. Sie glauben nämlich, dass die, welche nicht in die Ehe träten, den wichtigsten
Lebenszweck, die Erzielung von Nachkommenschaft, außer acht ließen, oder vielmehr, dass, wenn
alle so dächten, das ganze Menschengeschlecht in kürzester Zeit aussterben müsse. Doch erproben
sie die Bräute drei Jahre lang, und wenn sie nach dreimaliger Reinigung deren Fähigkeit, Kinder zu
gebären, erkannt haben, nehmen sie dieselben zur Ehe. Während der Schwangerschaft enthalten
sie sich des Beischlafes zum Beweise, dass sie nicht aus Wollust, sondern um Kinder zu erzielen
geheiratet haben.

Den Reichtum verachten sie (Matthäus 19:23-24; Lukas 6:24-25, 18:18-30) , und bewundernswert
ist bei ihnen die Gemeinschaft der Güter, sodass man niemand unter ihnen findet, der mehr
besäße als die anderen (Apostelgeschichte 2:44-45, 4:32-35). Es besteht nämlich die Vorschrift,
dass jeder, der der Sekte beitreten will, sein Vermögen der Gesamtheit abtreten muss, und so
bemerkt man durchgehends weder niedrige Armut noch übermäßigen Reichtum, sondern alle
verfügen wie Brüder über das aus dem Besitztum der einzelnen Ordensmitglieder gebildete
Gesamtvermögen. Öl halten sie für Schmutz (Micha 6:6-8), und wenn einer wider seinen Willen
gesalbt worden ist, so wischt er seinen Körper ab. Denn eine rauhe Haut zu haben, gilt ihnen für
ebenso ehrenvoll, als beständig in weißen Gewändern einher zu gehen. Die Verwalter des
gemeinsamen Vermögens werden durch Stimmenmehrheit gewählt, und jeder ohne Unterschied
muss sich zu Dienstleistungen für die Gesamtheit bereit finden lassen.

Sie haben keine eigene Stadt, sondern in jeder wohnen ihrer viele. Ordensangehörigen, die
anderswoher kommen, steht alles, was sie bei ihren Genossen finden, wie ihr eigener Besitz zur
Verfügung, und bei Leuten, die sie nie zuvor gesehen, treten sie ein, als wären es vertraute
Freunde von ihnen. Deshalb nehmen sie auch auf die Reise durchweg nichts anderes mit als
Waffen zum Schutze gegen die Räuber (Matthäus 10:9-11; Lukas 22,35-36). In jeder Stadt ist ein
Beamter eigens für die Fremden angestellt, um sie mit Kleidung und allen anderen Bedürfnissen zu
versehen (Matthäus 25:34-36). In ihrem Anzug und ihrer ganzen äußeren Erscheinung machen sie
den Eindruck von Knaben, welche noch unter der Zuchtrute ihrer Lehrmeister stehen. Kleider und
Schuhe wechseln sie nicht eher, als bis sie gänzlich zerfetzt oder durch langen Gebrauch
verschlissen sind. Untereinander kaufen und verkaufen sie nichts, sondern ein jeder gibt von
seinem Eigentum dem anderen, was dieser nötig hat, und empfängt umgekehrt von ihm das, was
er selbst brauchen kann. Ja, sogar ohne alle Gegenleistung kann jeder von einem beliebigen
Ordensgenossen das Nötige beanspruchen.

Auf eine eigentümliche Art verehren sie die Gottheit. Bevor nämlich die Sonne aufgeht, sprechen
sie kein unheiliges Wort, sondern sie richten an das Gestirn gewisse altherkömmliche Gebete, als
wollten sie den Aufgang der Sonne erflehen. Hierauf werden sie von den Vorstehern zu dem
Tagewerk entlassen, auf das ein jeder von ihnen sich versteht. Wenn sie sodann bis zur fünften
Stunde fleißig gearbeitet haben , kommen sie wieder an einem bestimmten Ort zusammen,
schürzen ein linnenes Tuch um und waschen sich den Leib in kaltem Wasser. Nach dieser Reinigung
begeben sie sich in ein besonderes Gebäude, das kein Angehöriger einer anderen Sekte betreten
darf, und versammeln sich hier, gereinigt, als ginge es in ein Heiligtum, im Speisesaal. Dort setzen
sie sich in aller Ruhe nieder, und es legt alsdann der Bäcker ihnen der Reihe nach Brote vor
während der Koch jedem eine Schüssel mit einem einzigen Gericht aufträgt. Ehe das Mahl beginnt,
spricht der Priester ein Gebet, und vor dem Gebet darf niemand etwas verzehren. Nach dem
Mahle betet er wiederum, sodass zu Anfang und zu Ende desselben Gott als der Spender der
Nahrung geehrt wird. Nachdem sie sodann ihre gleichsam heiligen Kleider abgelegt haben,
begeben sie sich wieder an ihre Arbeit bis zur Abenddämmerung. Hierauf kehren sie zurück und
speisen auf dieselbe Weise; sind zufällig Fremde da, so nehmen diese am Mahle teil. Weder
Geschrei noch sonstiger Lärm ist in ihrem Haus anzutreffen, sondern jeder lässt den anderen
ausreden bevor er etwas sagt. Auf Außenstehende macht mag diese Stille den Eindruck eines
schauerlichen Geheimnisses erwecken, doch hat die Ruhe ihren Grund nur in der beständigen
Nüchternheit der Ordensmitglieder, die Speise und Trank nicht weiter als bis zur Sättigung
gemessen (Lukas 21:34).

Nichts tun die Essener ohne ausdrücklichen Befehl ihrer Vorsteher, und nur in zwei Dingen besitzen
sie völlige Freiheit, in Hilfeleistung nämlich und in Ausübung der Barmherzigkeit (Matthäus 5:7,
9:13, 23:23). So ist es jedem erlaubt, Unterstützungsbedürftigen zu helfen (5.Mose 15:11), wenn
sie dessen würdig sind, und den Bedürftigen Nahrung zu reichen. An Verwandte jedoch darf ohne
Erlaubnis der Vorsteher nichts verschenkt werden. Zorn äußern die Essener nur, wo er berechtigt
ist und Gemütserregungen wissen sie zu beherrschen. Sie sind für ihre Treue bekannt (Habakuk
2:4) und sind Diener des Friedens (Matthäus 5:9; Jakobus 3:18). Was auch immer sie sagen, gilt als
stärker als ein Eid. Ja, sie unterlassen das Schwören, weil sie es für schlimmer als den Meineid
halten (Matthäus 5:34-37; 3.Mose 19:12). Denn sie sagen, dass der, dem nicht geglaubt werden
kann, ohne dass er bei Gott schwört, ohnehin schon verdammt sei. Mit Vorliebe widmen sie sich
dem Studium von Schriften der Alten, besonders um zu ergründen, was für Leib und Seele heilsam
ist (Josua 1:8). Aus diesen Schriften suchen sie Wurzeln zur Bannung von Krankheiten und die
Eigenschaften der Steine kennen zu lernen.

Sehr gewissenhaft und gerecht verfahren sie bei gerichtlichen Entscheidungen. Recht sprechen sie
nur dann, wenn mindestens hundert Mitglieder versammelt sind, und das Urteil dieses Gerichtes
ist unabänderlich (Johannes 8:16; 3.Mose 19:15; 5.Mose 16:18). Nebst Gott zollen sie die größte
Verehrung dem Namen des Gesetzgebers. Wer ihn lästert, wird mit dem Tode bestraft. Dem Alter
und der Mehrheit Gehorsam zu erweisen, halten sie für ehrenvoll (3.Mose 19:32; 5.Mose 7:8-13).
Wenn daher zehn von ihnen beisammen sitzen, redet wohl keiner gegen den Sinn der neun
übrigen. Peinlicher als alle übrigen Juden vermeiden sie es, am Sabbat sich mit Arbeit zu befassen
(2.Mose 35:2), und demzufolge bereiten sie sich nicht nur die Speisen tags vorher, um am Sabbat
kein Feuer anzünden zu müssen(2.Mose 35:3), sondern sie wagen am Ruhetage nicht einmal ein
Gefäß von der Stelle zu rücken oder ihre Notdurft zu verrichten.

Sie leben sehr lange, und viele von ihnen werden — wie mir scheint, infolge der Einfachheit ihrer
Lebensweise und der bei ihnen herrschenden Ordnung — über hundert Jahre alt. Dabei lässt das
schrecklichste Ungemach sie kalt; denn Schmerzen überwinden sie durch Seelenstärke, und einen
ruhmvollen Tod ziehen sie dem längsten Leben vor. Diese ihre Gesinnung trat so recht im Kriege
gegen die Römer zutage. Auf die Folter wurden sie gespannt, ihre Glieder gereckt, verbrannt,
zerbrochen; mit allen erdenklichen Marterwerkzeugen quälte man sie, um sie zur Lästerung des
Gesetzgebers oder zum Genuss einer ihnen verbotenen Speise zu zwingen — aber weder das eine
noch das andere vermochte man durchzusetzen (Matthäus 16:24-26, 10:28; Johannes 15:18; Lukas
6:22-23). Kein bittendes Wort an ihre Peiniger kam über ihre Lippen, und ihre Augen blieben
tränenleer. Lächelnd unter Schmerzen spotteten sie ihrer Henker, und freudig gaben sie ihre Seelen
dahin in der sicheren Hoffnung, sie einst wieder zu erhalten.

Sie hegen nämlich den festen Glauben, dass der Körper zwar der Verwesung anheimfalle und
vergänglich sei, die Seele dagegen in Ewigkeit fortlebe und dass sie, aus dem feinsten Äther
stammend, durch einen natürlichen Übergang herabgezogen und in den Körper gleichwie in ein
Gefängnis eingeschlossen werde. Sobald die Seele aber von den Banden des Fleisches befreit sei,
entschwebe sie, wie aus langer Knechtschaft erlöst, in seliger Wonne zur Höhe (Apostelgeschichte
7:59). In Übereinstimmung mit den jüngeren Hellenen lehren sie, den Guten sei ein Leben jenseits
des Ozeans beschieden und ein Ort, den weder Regen noch Schnee noch Hitze belästige, sondern
ein beständiger, vom Ozean her sanft wehender Zephyr kühle. Den Bösen dagegen weisen sie eine
finstere kalte Höhle voll ewiger Qualen an.

Die Essener waren es vornehmlich, die durch ihr hohes Ansehen beim Volke der Lehre Jesu Christi
Anhang und Popularität verschafften.

Es finden sich übrigens auch solche unter ihnen, die, nachdem sie sich von Jugend auf mit den
heiligen Büchern, den Sprüchen der Propheten und mancherlei Peinigungen vertraut gemacht
haben, die Zukunft vorher zu wissen behaupten. Und in der Tat ist es ein überaus seltener Fall,
wenn einmal ihre Weissagungen nicht in Erfüllung gehen.“

Flavius Josephus, Jüdische Altertümer, 13.Buch, ab Kapitel 11

„Wundern muss man sich hierbei über einen Juden von der Sekte der Essener, dessen
Prophezeiungen noch stets eingetroffen waren. Als dieser den Antigonus zum Tempel gehen sah,
rief er in Gegenwart seiner Freunde und Genossen, welche bei ihm die Kunst der Weissagung
erlernen wollten, aus, er wünsche, dass der Tod ihn jetzt ereile, da er etwas Falsches prophezeit
habe. Noch lebe ja Antigonus, von dem er vorhergesagt habe, dass er heute im Stratonsturm
sterben werde, und den er doch jetzt vorbeiziehen sehe, obgleich der Stratonsturm sechshundert
Stadien entfernt und der größte Teil des Tages schon verstrichen sei. Er laufe somit jetzt Gefahr,
eine falsche Weissagung verkündigt zu haben. Während er noch so sprach und wehklagte, ward
ihm gemeldet, Antigonus sei in dem unterirdischen Gelasse umgekommen, welches ebenso wie
das an der Meeresküste sechshundert Stadien weit entfernt liegende Caesarea „Stratonsturm“
heißt.
Als er aber auch den Pharisäer Pollio und den Samas sowie mehrere von deren Anhängern zum
Eidschwur zwingen wollte, weigerten sie sich dessen entschieden; gleichwohl schritt er mit
Rücksicht auf Pollio nicht gegen sie ein wie gegen die anderen, die den Eid nicht leisten wollten.
Auch waren von dieser Verpflichtung die sogenannten Essener befreit, die eine ähnliche Klasse von
Menschen bilden, wie bei den Griechen die Pythagoräer. Doch ich habe mich über dieselben
anderswo ausführlich verbreitet. Hier mag es nicht unpassend sein, darüber zu reden, weshalb
Herodes den Essenern eine so ungewöhnliche Vergünstigung gewährte, zumal daraus hervorgeht,
wie man überhaupt in jener Zeit von ihnen dachte.

Ein gewisser Essener mit Namen Manaem, der wegen der Ehrbarkeit seines Lebenswandels in
gutem Rufe stand und von Gott mit der Gabe, die Zukunft vorherzusehen , ausgestattet war, blickte
eines Tages den Herodes, da dieser noch ein Knabe war und mit ihm zur Schule ging, an und sagte
zu ihm, er werde dereinst König der Juden werden. Herodes aber, der der Meinung war, Manaem
kenne ihn entweder nicht oder treibe seinen Scherz mit ihm, entgegnete, er sei doch nur von
gewöhnlicher Herkunft. Manaem lächelte darüber, schlug ihn auf die Schenkel und sprach: „Du
wirst in der Tat König werden und, weil dich Gott dessen für würdig hält, eine glückliche Regierung
führen. Erinnere dich alsdann der Schläge des Manaem und lass sie dir zum Zeichen dienen, dass
alles Glück wandelbar ist. Denn eine solche Erwägung wird dir zu großem Nutzen gereichen, wenn
du Gerechtigkeit und Frömmigkeit liebst und dich gegen deine Untertanen mild erweisest. Ich aber,
der ich genau hierüber unterrichtet bin, weiß bestimmt, dass du so nicht sein wirst. Denn du wirst
wohl, wie kein anderer, ein glückliches Leben führen und dir ewigen Ruhm erwerben, Frömmigkeit
und Gerechtigkeit aber wirst du vergessen. Allein Gott dem Herrn wird dies nicht verborgen
bleiben, und er wird dich am Ende deines Lebens dafür bestrafen.“ Auf diese Worte achtete
Herodes damals nicht, weil er eine solche Hoffnung nicht hegte. Als er aber zur Regierung und
zwar zu glücklicher Regierung gelangt war, ließ er, da er auf dem Gipfel seiner Macht stand, den
Manaem rufen und fragte ihn, wie lange er noch regieren werde. Manaem antwortete hierauf
nichts und schwieg. Da fragte Herodes weiter, ob seine Regierung wohl noch zehn Jahre dauern
werde, und nun erwiderte Manaem, auch wohl zwanzig oder dreißig Jahre, ohne jedoch das Ende
seines Lebens genau zu bestimmen. Herodes aber war damit zufrieden, gab dem Manaem die
Hand, entließ ihn und hielt von der Zeit an alle Essener in Ehren. Obgleich nun diese Erzählung
allen Glauben übersteigt, hielt ich es doch für gut, sie den Lesern mitzuteilen und zugleich davon
Erwähnung zu tun, dass noch viele Essener wegen ihres ehrbaren Lebenswandels mit der Gabe der
Weissagung ausgestattet waren.

Bevor aber Archelaus nach Rom berufen wurde, erzählte er seinen Freunden folgenden Traum. Es
habe ihm geträumt, dass zehn volle und reife Weizenähren von Ochsen abgefressen worden seien.
Als er erwacht war, ließ er, weil er den Traum für wichtig hielt, die Traumdeuter rufen. Da diese
aber in ihrer Auslegung nicht überein stimmten, erbat sich ein gewisser Essener Simon das Wort
und erklärte dem Archelaus, der Traum zeige eine schlimme Veränderung an. Die Ochsen nämlich
bedeuteten Elend, weil sie mit harter Arbeit geplagt seien, und zugleich bedeuteten sie eine
Veränderung, weil der Boden, der von ihnen bebaut werde, nicht immer in dem nämlichen
Zustand bleiben könne. Die zehn Ähren aber zeigten ebenso viele Jahre an, "weil die Ähre in einem
Sommer zur Reife gelange, und es stehe daher das Ende der Herrschaft des Archelaus bevor. So
legte Simon den Traum aus, und am fünften Tage danach fand sich der Verwalter Archelaus auf
Befehl des Caesars in Judäa ein , um den Fürsten nach Rom zu berufen.

...Die Essener dagegen lehren, man müsse alles dem Willen Gottes anheimgeben. Sie glauben an
die Unsterblichkeit der Seele und halten den Lohn der Gerechtigkeit für das erstrebenswerteste
Gut (Matthäus 5:10-12, 6:33). Wenn sie Weihgeschenke in den Tempel schicken, bringen sie kein
Opfer dar (Matthäus 12:7), weil sie heiligere Reinigungsmittel zu besitzen vorgeben
(Apostelgeschichte 2:38). Aus diesem Grunde ist ihnen der Zutritt zum gemeinsamen Heiligtum
nicht gestattet, und sie verrichten demgemäß ihren Gottesdienst besonders. Übrigens sind es
Menschen von vortrefflichen Sitten, und sie beschäftigen sich bloß mit Ackerbau (Psalm 128:1-2).
Ganz besonders bewunderungswürdig und lobenswert aber sind sie wegen einer bei den Griechen
und den anderen Völkern völlig unbekannten, bei ihnen jedoch nicht etwa erst seit kurzer Zeit,
sondern schon seit vielen Jahren herrschenden ausgleichenden Gerechtigkeit, infolge deren sie
vollkommene Gütergemeinschaft haben und dem Reichen nicht mehr Genuss von seinen Gütern
lassen wie dem Armen. Nach dieser Lehre leben über viertausend Menschen. Sie heiraten ebenso
wenig, als sie Knechte halten, da sie das letztere für Unrecht, das erstere aber für die Quelle alles
Streites halten, und so leben sie voneinander abgesondert und dienen einer dem andern. Zu
Verwaltern ihrer Einkünfte vom Feldertrag wählen sie tüchtige Männer aus priesterlichem Stande,
die für Getreide und sonstige Nahrungsmittel zu sorgen haben.

Philo, Every Good Man is Free, Kapitel 12

„Es gibt einen Teil jener Menschen, die Essener genannt werden, die ihren Namen von ihrer
Frömmigkeit ableiten, jedoch nicht nach einer genauen Form des griechischen Dialekts, weil sie
mehr als alle anderen Menschen dem Dienst Gottes gewidmet sind und keine lebenden Tiere
opfern, sondern studieren, um ihren eigenen Geist in einem Zustand der Heiligkeit und Reinheit zu
bewahren (Matthäus 5:48).

Diese Männer leben in erster Linie in Dörfern und meiden alle Städte aufgrund der
gewohnheitsmäßigen Gesetzlosigkeit derer, die sie bewohnen (3.Mose 20:26; Psalm 50:18, 4:4)…
Aber sie nehmen ihren Wohnsitz außerhalb von Mauern oder Gärten oder einsamen Ländern auf
und suchen sich einen Ort in der Wüsten (Hebräer 11:38).

Unter diesen Männern findet man keine Hersteller von Pfeilen oder Wurfspeeren oder Schwertern
oder Helmen oder Brustplatten oder Schildern; keine Hersteller von Waffen oder militärischen
Triebwerken; kurz gesagt, niemand geht einer Beschäftigung nach, die mit Krieg zu tun hat, selbst
in Friedenszeiten, da diese Gegenstände sehr leicht zu bösen Zwecken missbraucht werden
können; sie halten sich von allem Handel und allen Geschäften und der Schifffahrt fern, denn sie
lehnen all dies ab und halten sich von allem fern, was möglicherweise einen Anreiz zur Habsucht
(2.Petrus 2:14; Kolosser 3:5) geben könnte.

...und so lehren sie die Menschen Frömmigkeit und Heiligkeit und Gerechtigkeit und Ökonomie
und die Wissenschaft der Regulierung der Gemeinde und die Kenntnis von Dingen, die von Natur
aus gut oder schlecht oder neutral sind, und sich für das zu entscheiden, was richtig und das zu
vermeiden, was falsch ist, indem sie dreifache Definitionen und Regeln und Kriterien verwenden,
nämlich die Liebe zu Gott, die Liebe zur Tugend und die Liebe zur Menschheit.

Dementsprechend stellen ihre heiligen Schriften eine unendliche Anzahl von Fällen dar, die der
Liebe zu Gott gewidmet sind, und einer dauerhaften und ununterbrochenen Reinheit während des
gesamten Lebens, einer Vermeidung von Eiden und Falschheit und einer strengen Einhaltung von
dem Prinzip, die Gottheit als Ursache alles Guten zu sehen und von keinerlei Bösem (1.Johannes
1:5).
...weil sie vor allem Menschen sind, die dem Dienst Gottes gewidmet sind und keine lebenden
Tiere opfern.

Nun werden diese Gesetze auch zu anderen Zeiten gelehrt, vor allem aber am siebten Tag, denn
der siebte Tag gilt als heilig, an dem sie sich von allen anderen Beschäftigungen fernhalten und die
heiligen Orte besuchen, die Synagogen genannt werden, und dort sitzen sie je nach Alter in
Klassen, die Jüngeren sitzen unter den Älteren und hören mit großer Aufmerksamkeit zu (Markus
1:21).

Sie liefern uns auch viele Beweise für eine Liebe zur Tugend, wie zum Beispiel Abstinenz von
jeglicher Geldgier (Matthäus 6:24), von Ehrgeiz (Philipper 2:3), von der Freude an fleischlichen
Vergnügungen (Römer 8:5-7), Besonnenheit (Sprüche 2:11; 1.Petrus 4:7), Ausdauer
(Matthäus10:22, 24:13; 1.Petrus 2:20) und auch von Mäßigung, Einfachheit, guter Laune (Johannes
15:11; Römer 12:12), dem Fehlen von Stolz (Sprüche 16:5; Psalm 18:28), Gehorsam gegenüber den
Gesetzen (Jakobus 1:25), Standhaftigkeit und alles dergleichen; und schließlich bringen sie als
Beweise für die Liebe der Menschheit den guten Willen und die Gleichberechtigung jenseits aller
Beschreibungskraft, und auch Kameradschaft und Verbundenheit hervor, über die es nicht
unangemessen ist, einige Worte zu sagen.

...und es gibt keinen einzigen Sklaven unter ihnen (2.Mose 21:16), sondern sie sind alle frei und
unterstützen sich gegenseitig mit einem wechselseitigen Austausch guter Dienste. Und sie
verurteilen die Herren von Sklaven nicht nur als ungerecht, weil sie das Prinzip der Gleichheit
verletzen, sondern auch als gotteslästerlich, weil sie die Ordnung der Natur dadurch zerstörten, die
sie alle gleich hervorbrachte (Matthäus 23:8) und sie alle als alle legitime Brüder wie eine Mutter
aufzog, nicht nur sprichwörtlich, sondern in Wirklichkeit und Wahrheit. Ihrer Ansicht nach ist diese
natürliche Beziehung aller Menschen untereinander durch die Habsucht der Menschen in
Unordnung geraten, weil diese ständig andere Menschen in ihrer Macht und ihrem Reichtum
übertreffen wollen, was nur zu Entfremdung anstatt zu Zuneigung und zu Hass anstatt zu
Freundschaft geführt hat.

An erster Stelle gibt es also niemanden, der ein Haus für sich allein besitzt, sondern es in gewissem
Sinne jedem von ihnen gehört. Denn außer, dass alle zusammen in einer Gemeinschaft wohnen,
stehen ihre Häuser für alle ihre Glaubensbrüder offen, die von anderen Orten zu ihnen kommen;

...dann gibt es ein gemeinsames Warenlager unter ihnen; ihre Kosten tragen alle gemeinsam; ihre
Kleider gehören ihnen allen gemeinsam; sie Essen gemeinsam. Es gibt keine anderen Gruppen
oder Völker, die alle ihre Häuser, ihren Lebensweise, ihr Essen, ihr Geld und ihr gesamtes Hab und
Gut miteinander teilen, so wie es in diesem Volksstamm der Fall ist. Und ist das nicht sehr
natürlich? Denn das, was sie erarbeitet haben und als ihren Lohn erhalten, erhalten sie es nicht als
ihr Eigenes, sondern bringen es in die Gemeinschaftskasse und gewähren damit allen, die ein
materielles Bedürfnis haben, Zugang dazu.

...sie bewahrten weder Schätze aus Silber und Gold auf (Matthäus 6:19-21), noch erwarben sie
großen Grundbesitz aus dem Motiv heraus, damit finanzielle Gewinne zu erzielen, sondern nur um
sich mit dem zu versorgen, was für die natürlichen Zwecke des Lebens erforderlich ist;

...und diejenigen, die krank sind, werden nicht vernachlässigt, wenn sie nicht in der Lage sind, zum
Stammkapital beizutragen (Matthäus 10:8), insofern als der Stamm in seinem öffentlichen Bestand
Mittel zur Verfügung stellt, um ihnen das Notwende zur Verfügung zu stellen und sich um sie zu
kümmern, so dass sie mit ihren reichen Mitteln großzügig unterstützen; und sie schätzen den
Respekt vor ihren Älteren, ehren und pflegen sie, so wie die Eltern von ihren rechtmäßigen Kindern
geehrt und gepflegt werden: Sie werden in jeder Fülle sowohl mit persönlichen Anstrengungen als
auch mit unzähligen Hilfsmitteln unterstützt.

„…und doch konnte niemand, nicht einmal einer dieser grausamen Tyrannen noch die
verräterischen und heuchlerischeren Unterdrücker jemals eine wirkliche Anklage gegen die
Essener, auch „die Heiligen“ genannt, Anklage erheben. Sondern jeder, der durch die Tugend dieser
Männer überwältigt war, betrachtete sie als von Natur aus frei und nicht der Missbilligung eines
Menschen unterworfen und feierte ihre Art des Zusammenseins und ihrer Gemeinschaft
untereinander, die jenseits aller Beschreibung in Respekt vor dem gegenseitigen guten Glauben,
der ein ausreichender Beweis für ihr perfektes und sehr glückliches Leben ist.“

Philo, Therapeutae, Kapitel 9

Und sie nehmen keine Dienste von Sklaven in Anspruch, denn sie betrachten den Besitz von
Dienern oder Sklaven als eine Sache, die der Natur absolut und völlig widerspricht; denn die Natur
hat alle Menschen frei geschaffen, aber die Ungerechtigkeit und Habgier einiger Männer, die
Ungleichheit bevorzugen hat zu dieser Sklaverei geführt. Diese Ursache allen Übels, der einige
verfallen waren, hat den Mächtigeren Autorität über die Schwächeren gegeben.

Dementsprechend gibt es in dieser heiligen Gemeinschaft, wie gesagt, keine Sklaven, sondern nur
freiwillige Männer, die ihren Gästen dienen und ihre Ämter als Bedienstete nicht unter Zwang oder
in der Befolgung irgendwelcher gebieterischer Befehle ausführen, sondern aus eigenem
freiwilligem Willen mit allem Eifer und Schnelligkeit, die allen Wünschen nachkommen (Matthäus
23:11).

Und da sie den siebten Tag als vollkommene Heiligkeit und als vollkommenes Fest betrachteten,
dem sie eine besondere Ehre zuschrieben, und nachdem sie sich um ihre Seele gekümmert hatten,
übergaben sie ihren Körper, wie auch ihr Vieh, der vollständigen Ruhe und Erholung von all ihren
fortwährenden Arbeiten 82.Mose 20:10);

Sie verlassen ihre Brüder, ihre Kinder, ihre Frauen, ihre Eltern, ihre zahlreichen Familien, ihre
liebevollen Gefolge, ihre Heimat, in der sie geboren und aufgewachsen sind (Matthäus 10:37,
19:29), obwohl lange Vertrautheit eine sehr attraktive Verbindung ist, die natürlicherweise für
jeden starke Bindungen mit sich brachte.

Und auch auf ihrem Tisch ist nichts, was durch Blutvergießen gewonnen wird, sondern Brot,
welches mit Salz gewürzt wird, zu dem auch Ysop als Extra-Sauce für die, die etwas anspruchsvoller
sind, hinzugefügt wird.

auch sehen diese Männern es als ihre Pflicht, ein nüchternes Leben zu führen, denn Wein ist die
Medizin der Torheit (Sprüche 20:1).

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