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Die Stadt Wolin [ˈvɔlʲin] (deutsch Wollin [vɔˈliːn]) ist der namensgebende Ort auf
der Insel Wolin (Wollin) in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Die Stadt, die
Sitz einer Stadt- und Landgemeinde ist, gehört zum Powiat Kamieński.
Wissenschaftler bringen ihn mit der sagenhaften Stadt Vineta aus dem 8. bis zum 11.
Jahrhundert in Zusammenhang. Im späteren Mittelalter hieß der Ort Julin, danach
Wollin.
Inhaltsverzeichnis
1 Geographische Lage
2 Stadt Wolin (bis 1945 Wollin)
2.1 Geschichte
2.2 Sehenswürdigkeiten
2.3 Persönlichkeiten
2.3.1 Söhne und Töchter der Stadt
2.3.2 Mit der Stadt verbunden
3 Demographie
3.1 Partnerstädte
4 Gmina Wolin
4.1 Gemeindegliederung
4.2 Verkehrsanbindung
4.2.1 Straße
4.2.2 Bahn
5 Literatur
6 Weblinks
7 Siehe auch
8 Einzelnachweise
Geographische Lage
Wolin befindet sich an der Südostseite der Insel an der Dievenow, einem Meeresarm
der Ostsee zum Stettiner Haff, gegenüber dem Festland, mit dem es durch eine
Straßen- und Eisenbahnbrücke verbunden ist. Unweit südlich der Stadt befindet sich
am Dievenowufer der 21 m hohe Galgenberg.
Stadt Wolin (bis 1945 Wollin)
Wollin in schwedischen Militärkarten 1757
Geschichte
Blick auf Wollin aus O um 1920
Blick auf die Stadt Wolin aus O 2013
Rathaus Wolin
Blick auf Anlagen, Markt und Kirche von Wolin
Der südöstliche Zipfel der Insel Wolin war bereits seit dem Ende der Steinzeit
besiedelt, das bewiesen Ausgrabungen von 1828 bis nach 2002. Die Ausgrabung von
1926 durch den Berliner Archäologen Carl Schuchhardt und später des Stettiner
Museologen und Prähistoriker Otto Kunkel sowie des Archäologen Karl August Wilde
von 1934 bis 1938 erbrachten Siedlungsbefunde in mit bis zu 6 m tiefen Schichten.
An dieser Stelle wird 980 die Wikingerstadt Julin, Jumne und auch die dabei
gelegene Jomsburg genannt, erwähnt. Den Berichten und Chroniken nach soll es das
untergegangene Vineta, die größte slawisch/wikingische Frühstadt, gewesen sein.
Tatsächlich war der Ort im 9. Jahrhundert einer der wichtigsten Handelsplätze der
Ostsee und hatte im 10. Jahrhundert bereits um 8.000 Einwohner. Nach den
Ausgrabungen muss die Siedlung damals eine Ausdehnung von 4,5 Kilometern entlang
der Dievenow gehabt haben. Die Ausgrabungen dehnten sich vom südlichen „Galgenberg“
bis zum „Silberberg“ und „Mühlenberg“ nördlich von Wollin aus.
Die späteren Grabungen von 1952 leitete der polnische Museologe und Prähistoriker
Władysław Filipowiak. Durch seine und die folgende Arbeit wurden die Ergebnisse von
1828, 1847, 1872, 1897 und 1934/38 bestätigt und erweitert.
Beim Bau der neuen Straßen- und Eisenbahnbrücken wurden ab 2001 ebenfalls viele
weitere Siedlungsfunde aufgedeckt. Die meisten der geborgenen Artefakte sind im
örtlichen Museum und in der rekonstruierten Slawen- und Wikingersiedlung Wolin auf
der Plageinsel ausgestellt. Die Ausgrabungsbefunde dienten als Beleg für die
Rekonstruktionsbauten und -gegenstände.
Die Nekropole der frühmittelalterlichen Stadt der Slawen und Wikinger befand sich
südlich des Ortes auf dem heute so benannten „Galgenberg“. Erhalten sind dort noch
heute 34 von ursprünglich 93 (um 1900) Hügelgräbern mit Körper- und
Brandbestattungen (Urnen). Es sind Grabhügel mit 5 bis 20 m Durchmesser, die eine
oder mehrere Bestattungen von der Bronzezeit bis zur Slawenzeit aufweisen.
Ausgrabungen fanden hier 1847, 1872, 1897, 1934 und um 1954 statt. Die intensivste
und ergebnisreichste war 1897 von Adolf Stubenrauch. Es gilt heute als
archäologisches Reservat.[2]
Wegen ihres Reichtums erregte die Stadt die Aufmerksamkeit ihrer Nachbarn und
geriet in die Auseinandersetzungen mit Polen und Dänemark, in deren Verlauf
Julin/Jumne, Vineta/Jomsburg? = (Wollin) sowohl 1043 als auch 1098 ausgeraubt und
zerstört wurde. 1121 brachte der polnische König Bolesław III. Schiefmund die Stadt
kurzzeitig unter seine Herrschaft. Bischof Otto von Bamberg führte 1124 das
Christentum in der Stadt ein, 1140 wurde sie von Papst Innozenz II. zum ersten
pommerschen Bischofssitz ernannt. Den Herzögen von Pommern gehörte das castrum
Wolyn, von dem aus der Burgbezirk, das spätere Amt Wollin, verwaltet wurde. Die
Burg wurde von Albert Holtz (1939) und Filipowiak (1956/1958) auf dem Silberberg
vermutet, obwohl es dort wegen des Sandabbaus kaum noch nachweisbar ist.[3] Nach
der Vignette in der Lubinschen Karte lag es aber wohl wesentlich näher an der
Altstadt. Als 1164 und 1171 die Dänen Wollin erneut zerstörten, verlegte Bischof
Konrad I. 1176 den Sitz des Bistums nach Cammin. Damit begann der Niedergang der
einstigen Ostseemetropole, die sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts zu einem Dorf
zurückentwickelte. Noch 1180 wurden die Kastellane Venzeslav (PUB I. 66/74/97) und
1220 Wizlaus (PUB I. 201) erwähnt.
Erst mit der Verleihung des lübischen Stadtrechts noch vor 1264 gemeinsam durch
Herzog Barnim I. und Herzog Wartislaw III. festigte sich die Stadt wieder. Die
gemeinsame Verleihung belegen die Bestätigungsurkunden von 1279 und 1286 durch
Herzog Bogislaw IV. 1277 erfolgte durch Pommernherzog Barnim I. die Befreiung vom
Zoll für die Landesbewohner, die in die Handelsstadt kamen, dadurch verbesserten
sich die Verhältnisse weiter.[4]
1288 besaß Wollin bereits zwei Kirchen, St. Nikolai und St. Georg, und 1317
gründeten Zisterzienserinnen die Stadtschule, die älteste pommersche Schule. 1365
wird Wollin als Mitglied der Hanse erwähnt. Als 1394 eine hanseatische Flotte zum
Kampf gegen die seeräuberischen Vitalienbrüder gebildet wurde, war auch Wollin
daran beteiligt. 1535 wurde in der Stadt die Reformation eingeführt (der pommersche
Reformator Bugenhagen wurde 1485 hier geboren). Das Wolliner Schloss diente als
mehrfach der Unterbringung pommerscher Herzoginwitwen. Der Dreißigjährige Krieg
brachte 1628 erneut schwere Zerstörungen und von 1648 bis 1720 die Herrschaft der
Schweden. Nach dem Erwerb der südöstlichen Teile des von Schweden besetzten
Pommerns durch König Friedrich Wilhelm I. wurde Wollin preußisch. Die Stadt zählte
zu dieser Zeit nur noch etwa 500 Einwohner, die hauptsächlich vom Fischfang lebten.
Um 1930 hatte das Stadtgebiet von Wollin eine Fläche von 11,5 km²; im Stadtgebiet
gab es drei Wohnorte:[6]
In den letzten Kriegswochen von 1945 wurde die Stadt fast völlig zerstört. Nach der
Besetzung durch die Rote Armee wurde Wollin zusammen mit ganz Hinterpommern durch
das Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Es begann nun die
Zuwanderung von Polen aus den im Rahmen der „Westverschiebung Polens“ an die
Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie. Fast alle deutschen
Einwohner Wollins wurden aufgrund der Bierut-Dekrete zwischen 1945 und 1947 durch
die polnischen Behörden vertrieben und zumeist gezwungen, ihr gesamtes Vermögen
zurückzulassen.
Sehenswürdigkeiten
Nikolaikirche (2011)
Freilichtmuseum Wollin (2011)
Wolin besitzt eine reizvolle kleine Innenstadt und einen kleinen Hafen.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
Demographie
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren die (damals deutschen) Einwohner Wollins
überwiegend evangelisch; die nach der Vertreibung der Deutschen nach Kriegsende
zugewanderte Bevölkerung ist überwiegend katholisch.
Entwicklung der Einwohnerzahl Jahr Einwohner Anmerkungen
1740 1.621[8]
1782 1.908[8]
1794 2.217 keine Juden[8]
1812 2.614 darunter sechs Katholiken und fünf Juden[8]
1816 2.524 darunter fünf Katholiken und 22 Juden[8]
1831 3.472 darunter fünf Katholiken und 55 Juden[8]
1843 4.034 darunter sechs Katholiken und 98 Juden[8]
1852 4.591 darunter neun Katholiken und 90 Juden[8]
1861 5.039 darunter neun Katholiken und 106 Juden[8]
1875 5.222
1880 5.506
1905 4.560 darunter 22 Katholiken und 75 Juden[9]
1925 4.723 darunter 34 Katholiken und 47 Juden[10]
1933 4.942[11]
2010 4.867
Partnerstädte
Staffanstorp (Schweden)
Usedom (Deutschland), seit 2003[12]
Venansault (Frankreich)
Kalkar (Deutschland), seit 24. März 2012
Gmina Wolin
Gemeindegliederung
Zur Stadt- und Landgemeinde (gmina miejsko-wiejska) Wolin gehören die nachfolgenden
Orte:
Chynowo (Chinnow)
Dargobądz (Dargebanz)
Darzowice (Darsewitz)
Dobropole (Dobberphul)
Domysłów (Dannenberg)
Dramino (Drammin)
Gogolice (Gaulitz)
Jarzębowo (Jarmbow)
Karnocice (Karzig)
Kodrąb (Codram, 1937–1945 Kodram)
Kodrąbek (Neu Kodram)
Kołczewo (Kolzow)
Koniewo (Kunow)
Korzęcin (Cörtenthin, 1937–1945 Körtenthin)
Laska (Laatzig)
Ładzin (Rehberg)
Łuskowo (Lüskow)
Łojszyno (Leussin)
Mierzęcin (Martenthin)
Mokrzyca Mała (Klein Mokratz)
Mokrzyca Wielka (Groß Mokratz)
Ostromice (Wusterwitz)
Parłówko (Parlowkrug)
Piaski Wielkie (Paatzig)
Płocin (Plötzin)
Rabiąż (Fernosfelde)
Recław (Hagen)
Rekowo (Reckow)
Rzeczyn (Reetzenhagen)
Sierosław (Zirzlaff)
Siniechowo (Schinchow)
Skoszewo (Paulsdorf)
Strzegowo (Stregow)
Sułomino (Soldemin)
Świętoujść (Swantuss)
Troszyn (Alt Tessin)
Unin (Tonnin)
Warnowo (Warnow)
Wiejkowo (Groß Weckow)
Wiejkówko (Klein Weckow)
Wilcze (Wilsdorf)
Wisełka (Neuendorf auf der Insel Wollin), besitzt einen bekannten Leuchtturm
Wolin (Wollin)-Stadt
Zagórze (Sager)
Zastań (Zünz)
Verkehrsanbindung
Brücke über die Dziwna (2011)
Straße
Die Gmina Wolin wird von der Landesstraße 3 in West-Ost-Richtung durchquert. Sie
führt von Świnoujście (Swinemünde) bis nach Jakuszyce (Jakobsthal) am Übergang nach
Tschechien. Die Straße verläuft hier auf der Trasse der früheren deutschen
Reichsstraße 111, die von der vorpommerschen Stadt Gützkow über die Inseln Usedom
und Wollin bis in das hinterpommersche Gollnow (heute polnisch: Goleniów) führte.
Weblinks
Commons: Wolin – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Wollin in der Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus
Pomeraniae (Matthäus Merian) – Quellen und Volltexte
Siehe auch
Einzelnachweise
Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2016.
Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 5,19 MiB), abgerufen am 29. September
2017.
Touristenkarte – Insel Wollin und Umgebung, Warschau 2012.
Dietmar Lucht: Die Städtepolitik Herzog Barnims I. von Pommern 1220–1278.
Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern, Reihe V: Forschungen
zur pommerschen Geschichte, Bd. 10. Köln/Graz 1965, S. 59.
Dietmar Lucht: Die Städtepolitik Herzog Barnims I. von Pommern 1220–1278.
Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern, Reihe V: Forschungen
zur pommerschen Geschichte, Bd. 10. Köln/Graz 1965, S. 59–62.
Meyers Reisebücher: Ostseebäder. Bibliographisches Institut, 4. Aufl. Leipzig/Wien
1910, S. 120.
Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Die Stadt Wollin im
ehemaligen Kreis Usedom-Wollin in Pommern (2011).
Verzeichnisse der deutschen Bischöfe seit dem Jahr 800 nach Chr. Geb. (Ernst
Friedrich Mooyer, Hrsg.), Minden 1854, S. 23.
Kratz (1865), S. 554–555.
Meyers Konversations-Lexikon. 6. Aufl. Band 20, Leipzig/Wien 1909, S. 740.
Preußisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Gemeindelexikon für den Freistaat
Preußen. Provinz Pommern. Nach dem endgültigen Ergebnis der Volkszählung vom 16.
Juni 1925 und anderen amtlichen Quellen unter Zugrundelegung des Gebietsstandes vom
1. Oktober 1932. Berlin 1932, S. 92.
Der Große Brockhaus. 15. Aufl. Band 20, Leipzig 1935, S. 447.
Eintrag über die Partnerstädte auf der Homepage der Stadt Usedom Abgerufen am
8. April 2019, 22:50
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