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TanDEM-X

Die Erde
in drei Dimensionen

1
Inhalt

TanDEM-X

Die Erde in drei Dimensionen 3

Deutsches Schlüsselprojekt 4

Die Mission TanDEM-X 4

Öffentlich-private Partnerschaft 6

TanDEM-X-Daten für die Wissenschaft 7

Helix-Orbit 8

SAR-Interferometer 8

Anwendungsfelder 9

Across-track-SAR-Interferometrie 9

Along-track-SAR-Interferometrie 12

Kommerzielle Nutzung 13

Technik 14

Sicherheit und Präzision in der

Erdumlaufbahn 14

TanDEM-X-Betriebsmodi 15

Der Satellit 17

Das Synthetic Aperture Radar (SAR) 18

Das Bodensegment 19

Die Prozessierungskette 21

Ausblick 22

2
TanDEM-X
Die Erde in drei Dimensionen

Das Ziel der Mission TanDEM-X ist Nach zwei Jahren folgt ihm nun der
ein hochgenaues, dreidimensionales Zwillingssatel­­lit TanDEM-X. Beide fliegen
Abbild unserer Erde in einheitlicher nur wenige hundert Meter voneinander
Qualität und bislang unerreichter entfernt in enger Formation und ermögli-
Genauigkeit. chen so zeitgleiche Aufnahmen des
Geländes aus ver­schiedenen Blickwinkeln.
Für weite Teile der Erde existieren derzeit Daraus werden präzise Höheninforma-
nur grobe, uneinheitliche oder lücken- tionen in einem 12-Meter-Raster und
hafte Höhenmodelle aus unterschiedli- mit einer vertikalen Genauigkeit von bes-
chen Datenquellen und Erhebungs­ ser als zwei Meter abgeleitet. Innerhalb
methoden. TanDEM-X schließt diese von drei Jahren entsteht so ein Datensatz
Lücken und liefert ein homogenes von 1,5 Petabyte. Zum Vergleich: Das
Höhenmodell als unentbehrliche Grund­ entspricht dem Speichervermögen von
lage für viele kommerzielle Anwendungen fast 200.000 DVDs. Die Mission Tan-
und wissenschaftliche Fragestellungen. DEM-X entstand wie die TerraSAR-X-Mis-
Hierzu umkreisen zwei nahezu bauglei- sion als Projekt in öffentlich-privater Part-
che Sa­­­­­telliten in rund 500 Kilometern nerschaft (Public Private Partnership,
Höhe die Erde und tasten die Oberfläche PPP) zwischen dem Deutschen Zentrum
mit Radargeräten ab. Der erste der für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der
beiden Satelliten, TerraSAR-X, arbeitet Astrium GmbH Friedrichshafen.
bereits seit 2007 erfolgreich im All.

Die Genauigkeit von Höhenmodellen


im Vergleich – von links nach rechts:
1 km – 90 m – 30 m – 12 m (= TanDEM-X).

3
Deutsches Die Mission
Schlüsselprojekt TanDEM-X
Nach den erfolgreichen Space-Shuttle- Die Mission TanDEM-X (TerraSAR-X add- Forma­­­tionsflug mit TerraSAR-X sehr fein
Missionen SIR-C/X-SAR und SRTM, den on for Digital Elevation Measurement) justiert werden. Außerdem empfängt
europäischen Radarsatelliten ERS 1/2 und vermisst die komplette Landoberfläche TanDEM-X Lage- und Positionsdaten sei-
Envisat sowie dem seit 2007 erfolgreich der Erde, das sind 150 Millionen Quad- nes Zwillingssatelliten. TanDEM-X ist für
arbeitenden TerraSAR-X stärkt nun ratkilometer, innerhalb von drei Jahren eine Lebenszeit von fünf Jahren konzi-
TanDEM-X die wissenschaftlichen und mehrfach vollständig. Neben der hohen piert und soll drei Jahre mit TerraSAR-X
kommer­ziellen Anwendungen der radar- Messpunktdichte (alle zwölf Meter) und in Formation fliegen. Da beide Satelliten
gestützten Erdbeobachtung. Die Mission der hohen vertikalen Genauigkeit (besser weitere Re­­serven für bis zu sieben Jahre
demonstriert die deutsche Kompetenz in als zwei Meter) hat das mit TanDEM-X Betrieb besitzen, kann die gemeinsame
der satellitengestützten Radartechnik und und TerraSAR-X erstellte Höhenmodell Mission bei Bedarf verlängert werden.
ist das Ergebnis einer konsequenten noch einen anderen überragenden Vor­teil:
Schwerpunktsetzung im nationalen Raum- Es ist durchgehend homogen und damit Dank der eigenen Beleuchtungsquelle
fahrtprogramm. TanDEM-X wird im Auf- die Basis für ein weltweit einheitliches können Messungen mit SAR-Systemen
trag des DLR mit Mitteln des Bundesmi- Kartenmaterial. Bisherige Karten besitzen rund um die Uhr durchgeführt werden.
nisteriums für Wirtschaft und Technologie häufig Brüche, z. B. an Ländergrenzen, Zudem sind SAR-Systeme weitgehend
als PPP-Projekt mit der Astrium GmbH oder sie sind schwer vergleichbar, weil unabhängig von den Wetterverhältnissen.
unter dem Kennzeichen 50 EP 0603 sie mit unterschiedlichen Messverfahren Dies trägt erheblich zur Verlässlichkeit des
durchgeführt. und zeitlich gestaffelten Messkampag- gesamten Systems bei; eine Eigenschaft,
nen entstanden sind. die von vielen Nutzern zunehmend ver­
langt wird.
TanDEM-X und TerraSAR-X bilden
das erste konfigurierbare SAR-Inter-
ferometer (SAR = Synthetic Aperture
Radar) im Weltall.

Über die Erstellung des globalen Höhen-


modells hinaus werden damit neue
Techniken der so genannten SAR-Interfe-
rometrie getestet sowie weitere Anwen-
dungsmöglichkeiten erschlossen. Der
Satellit TanDEM-X ist ein Nachbau von
TerraSAR-X mit geringfügigen Er­­wei­
terungen. Er besitzt ein zusätzliches
Kaltgas-Antriebssystem. So kann die
Um­­laufbahn des Satelliten für den

TanDEM-X und TerraSAR-X fliegen in Formati-


on im Weltall und erstellen ein hochgenaues
globales Höhenmodell.

4
5
Öffentlich-private
Partnerschaft
Die Mission TanDEM-X wird als
PPP-Projekt zwischen dem DLR und
der Astrium GmbH realisiert und
gemeinsam finanziert.

Das DLR ist verantwortlich für die wis­ Die Beteiligung der Industrie im Rahmen
senschaftliche Nutzung der TanDEM-X- des PPP ermöglicht einen hohen wissen-
Daten, die Planung und Durchführung schaftlichen und kommerziellen Nutzen
der Mission, die Steuerung der beiden bei geringen Kosten. Amortisiert sich der
Satelliten und die Erzeugung des digi- von Astrium geleistete Beitrag, können
talen Höhenmodells. Dazu entwickelt die Gewinne in die Weiterentwicklung
es auch die notwendigen Anlagen am dieser Erdbeobachtungstechnologie und
Boden, das so genannte Bodensegment. ihrer Anwendung fließen.
Die wissenschaftliche Leitung obliegt
dem DLR-Institut für Hochfrequenz­
technik und Radarsysteme in Oberpfaf-
fenhofen mit Professor Alberto Moreira
an der Spitze.

Die Astrium GmbH hat den Satelliten


gebaut und ist an den Kosten für Ent-
wicklung und Nutzung beteiligt. Wie bei
TerraSAR-X ist die Infoterra GmbH, ein
Tochterunternehmen der Astrium GmbH,
verantwortlich für die kommerzielle Ver-
marktung der TanDEM-X-Daten.

Eng verzahnt ar­­­bei­­­­


ten Wissenschaft
und Industrie an der
Mission TanDEM-X –
die hochgenaue
und ho­­mogene
Vermessung unserer
Landoberfläche.

6
TanDEM-X-Daten
für die Wissenschaft
Digitale Höhenmodelle (Digital Elevation
Models, DEM) haben eine grundlegende
Bedeutung für ein breites Spektrum von
kommerziellen und wissenschaftlichen
Anwendungen. Viele geowissenschaft-
liche Forschungsgebiete wie die Hydro­
logie, die Wissenschaft vom Wasser und
seiner räumlichen und zeitlichen Vertei-
lung in der Erdatmosphäre sowie auf
und unter der Erdoberfläche, die Glazio-
logie, die sich mit Formen, Auftreten und
Eigenschaften von Eis und Schnee samt
ihren Ausformungen als Gletscher, Per-
mafrost und Schelfeis befasst, sowie die
Forstwirtschaft, Geologie, Ozeanografie
und Umweltforschung benötigen präzise
und aktuelle Informationen über die Erd-
oberfläche und ihre Topografie. Außer-
dem müssen digitale Karten in ihrer
Ge­­nauigkeit Schritt halten mit den Ent­­­
wicklungen globaler Positions- und Navi-
gationssysteme wie GPS und künftig
Galileo.

Im Prinzip lassen sich digitale Höhen­


modelle aus ganz unterschiedlichen
Datensätzen erstellen. Allerdings gibt es
bis heute keinen zuverlässigen und ein-
heitlichen Datensatz. Die vorliegenden
Daten sind ein Mosaik aus verschiedenen
Quellen mit unterschiedlicher horizontaler
und vertikaler Genauigkeit. Außerdem
stimmen Formate und Projektionen der
Karten oft nicht überein und sie wurden
zu unterschiedlichen Zeiten aufgenom-
men. Eine Befragung von Wissenschaft-
lern und potenziellen Nutzern digitaler
Höhenmodelle hat ergeben, dass für
viele Anwendungen eine bessere globale
Abdeckung insbesondere bei hohen Brei-
ten und eine höhere Genauigkeit dringend
erforderlich sind.

Für eine Vielzahl von kommerziellen und Neben dem primären Ziel eines globalen
wissenschaftlichen Anwendungen sind DEMs verfolgt TanDEM-X noch mehrere
digitale Geländemodelle die Grundlage.
sekundäre Missionsziele, bei denen neue
Die Genauigkeit von Höhenmodellen Techniken erprobt werden. Diese Missi-
im Vergleich – von oben nach unten: onsziele haben in der Regel einen experi-
12 m (= TanDEM-X) – 30 m – 90 m – 1 km.
mentellen Charakter und können wegen
der begrenzten Satellitenressourcen nur
beispielhaft demonstriert werden.

7
Helix-Orbit SAR-Interferometer

Die Umlaufbahnen von TerraSAR-X und Herkömmliche Radarsatelliten arbeiten


TanDEM-X sind wie die Stränge einer nach dem Prinzip des Synthetic Aperture
Doppelhelix gegeneinander verdreht. Sie Radar (SAR). Hierbei sendet das Radar
liegen so im Raum, dass sie über dem Mikrowellenpulse aus. Diese werden
Äquator horizontal und über den Polen von der Erdoberfläche reflektiert und
vertikal versetzt sind. Dadurch kreuzen von dem Radar wieder empfangen. Aus
sich die Bahnen niemals und die Satelli- der Laufzeit der Signale ergibt sich der
ten können beliebig in Flugrichtung ge­­ Abstand des Satelliten zur Erdoberfläche.
geneinander verschoben werden. Die Da sich der Satellit um die Erde bewegt,
schrauben- oder helixförmige Bewegung beleuchtet das Radar einen Streifen am
der Satelliten ermöglicht so einen siche- Boden und zeichnet die Echo-Signale
ren Betrieb ohne die Notwendigkeit einer sequenziell auf. Nach einer aufwändigen
autonomen Kontrolle. Signalverarbeitung entsteht ein zwei­
dimensionales Bild des Gebiets. Die emp-
Die Abstände der beiden Satelliten zuein- fangenen Echosignale enthalten auch
ander bewegen sich in Flugrichtung zwi- Informationen über die Oberflächenbe-
schen null und 1.000 Metern und quer schaffenheit, zum Beispiel die Rauigkeit.
zwischen 200 und 500 Metern. Je nach
Anwendung lässt sich der Abstand in Eine Weiterentwicklung dieser Technik
Flugrichtung für eine bestimmte geo­ ist die SAR-Interferometrie. Hierbei wird
grafische Breite optimieren. ein Gebiet von zwei unterschiedlichen
Positionen aus abgebildet. Das Prinzip
Aus den beiden Umlaufbahnen erklären ähnelt entfernt dem räumlichen Sehen
sich auch die beiden etablierten Messver- des Menschen mit zwei Augen. Die bei-
fahren Across-track- und Along-track-Inter­­ den „Radaraugen“ befinden sich auf den
ferometrie. Die beiden Satelliten fliegen Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X, die
schräg versetzt zueinander. Wählt man in enger Formation um die Erde kreisen.
als Basis des Interferometers die Verbin-
dungslinie der beiden Instrumente senk- Für Punkte in gleicher Entfernung vom
recht zur Flugrichtung, so arbeitet man Satelliten, aber auf unterschiedlichen
im Across-track-Modus. Beim Along- Höhen, ergeben sich unterschiedliche
track-Modus ist die Verbindungslinie in Weglängendifferenzen zu den beiden
Flugrichtung maßgebend. Satelliten. Diese Differenzen lassen sich
messen. Hierbei macht man sich die
Welleneigenschaften der Radarpulse
zu Nutze und misst gewissermaßen die
Verschiebung der Wellen zueinander.
Physiker sprechen von einer Phasen­
differenzmessung. Das Ergebnis ist ein
Interferenz­­mus­ter, ein so genanntes
Interferogramm, das für alle Messpunkte
und somit also das gesamte Gebiet
erstellt werden kann. Aus den ge­
messenen Weglängendifferen­zen ergibt
sich die gewünschte Höheninformation.

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Anwendungsfelder

Across-track-SAR-
Interferometrie
Das TanDEM-X-Missionskonzept ist Topografische Karten Landschaftsnutzung und Vegetation
flexibel. Je nach Bedarf können im Topografische Karten sind zwar heute Auch Vegetationsstrukturen können
Laufe der Mission für unterschiedli- auf lokaler Ebene in den industrialisierten durch die hochauflösende SAR-Interfero-
che Anwendungsbereiche und Ver­­ Regionen erhältlich. Global betrachtet metrie räumlich vermessen werden. Die
suche die zur Verfügung stehenden sind diese Informationen jedoch unzu- Größe von Baumkronen, die vertikale
Aufnahmetechniken eingestellt wer- reichend. Ein über SAR-Interferometrie Verteilung der Kronenlage und Lücken
den. Grundsätzlich zu unterscheiden ermitteltes digitales Höhenmodell kann in der Bewaldung werden sichtbar.
sind die Across-track- und Along- diese Lücken schließen. Geforscht wird Wald-, Brand- und Naturschutz profitie-
track-SAR-Interferometrie. Beide hier insbesondere an der Entwicklung ren von diesen Informationen. Sie ver-
Verfahren beruhen darauf, dass man von Algorithmen, mit denen sich die bessern die Planung der Flächennutzung
die Weglängendifferenz misst, mit Höhendaten überprüfen und kalibrieren und Waldsanierung. Die Beobachtung
der das gleiche Radarsignal von den lassen. Ein wichtiger Aspekt ist auch die des Walds und seiner Wachstumspha-
Antennen der beiden Satelliten auf- Entwicklung von Werkzeugen für die Vi- sen liefert Daten für das Verständnis des
gezeichnet wird. Bewegen sich die sualisierung der räumlichen Höhenkarten. globalen Kohlenstoffkreislaufs und für
Satelliten nebeneinander, lassen sich die Biodiversitätsforschung. Durch die
aus diesen Unterschieden Höhenin- Darüber hinaus werden hochauflösende TanDEM-X-Mission werden Daten in ein-
formationen ableiten, die für folgen- Höhenmodelle benötigt, um Verzerrungen zigartiger Auflösung und zeitlicher Kohä-
de Anwendungen benötigt werden. aus Erdbeobachtungsbildern zu entfer- renz geliefert.
nen, die auf das Relief der Erdoberfläche
zurückgehen. Durch die Orthorektifizie-
rung können Aufnahmen geometrisch
exakt übereinander gelegt und verschnit-
ten werden. Integriert in Geoinformati-
onssysteme (GIS) lassen sich die Gelände-
modelle mit weiteren physischen und
sozial-ökonomischen Daten verknüpfen
und auswerten. GIS kommen zum Bei-
spiel in Städten und Gemeinden bei der
Flächenplanung zum Einsatz.

Im Interferogramm sind die Höhenlinien des


Geländes bereits am Interferenzmuster gut
zu erkennen.

9
Navigation
Eine homogene, weltweite Gelände-
Da­tenbank hoher Qualität wird insbeson-
dere für den Einsatz in sicherheitskritischen
Anwendungen benötigt Warnsysteme in
Flugzeug-Cockpits sind hier ein Beispiel.
Das Ground Proximity Warning System
etwa sammelt in niedriger Flughöhe
verschiedene Flugdaten und löst bei
deren Unterschreitung Alarm aus. Exakte
Ge­­ländemodelle verbessern die Zuver­
lässigkeit dieser Systeme. Das Gleiche
gilt für Synthetic Vision Systems, die den
Piloten selbst bei eingeschränkter Sicht
einen räumlichen Eindruck ihrer aktuellen
Um­­gebung vermitteln. Die Datenbanken
für diese Systeme stammen heute aus
verschiedenen Quellen unterschiedlicher
Spezifikationen und Normen. Zukünftige
Geländedatenbanken müssen zuver­
lässige, überprüfte und standardisierte
Qualitätsparameter beinhalten. Die
TanDEM-X-Daten stellen hier einen sehr
wichtigen Beitrag dar.

Krisenmanagement
Auch im Katastrophenmanagement wer-
den Geländemodelle dringend benötigt.
Bei großen Überschwemmungs- oder
Erdbebenkatastrophen vermitteln Sa-
tellitenbilder zusammen mit der dreidi-
mensionalen Geländebeschreibung den
Hilfskräften bereits vor der Anreise ein
genaues Bild der Lage vor Ort.

TerraSAR-X ist fester Bestandteil des sa­­


tellitengestützten Krisenmanagements
geworden. Die Radaraufnahmen liefern
selbst bei dichter Wolkenbedeckung
wichtige Informationen, z. B. über die
Ausdehnung von Überschwemmungen
und ergänzen so die optischen Aufnah­
men. Durch TanDEM-X werden die Ein­
satzmöglichkeiten noch erweitert.

Taifune gehören neben Erdbeben und Vulkan­


ausbrüchen zu den schlimmsten Naturkata-
strophen des pazifischen Raums. Neben den
hohen Windgeschwindigkeiten sind es vor
allem die Starkniederschläge und in der Folge
Überflutungen und Hangrutsche, die die
Menschen bedrohen. TerraSAR-X und
TanDEM-X liefern im Katastrophenfall
10
wichtige Daten für das Krisenmanagement.
Der Denali ist der
höchste Gipfel des
nordamerikanischen
Kontinents (6.194 m).
Mit TerraSAR-X und
TanDEM-X ist die kon-
tinuierliche globale
Beobachtung unzu-
gänglicher Gletscher-
regionen möglich.

Hydrologie Geologie Glaziologie


Hochaufgelöste digitale Höhenmodelle Geländemodelle bilden eine wesentliche Die Veränderung der Eismassen der
werden auch verwendet, um Karten von Grundlage der geologischen Forschung. po­­laren Eiskappen und Gletscher ist ein
potenziellen Überschwemmungsgebieten Von hohem Interesse sind geologische Indiz für den Klimawandel. TanDEM-X
zu erstellen. So können Risiken bewertet Karten insbesondere in Vulkanregionen erfasst die Oberflächentopografie und
und hydrologisch-topografische Merkmale und Erdbebengebieten. Mit Auflösungen Ausdehnung der Eiskörper. Wiederholte
abgeleitet werden. Informationen über von etwa einem Meter können Verände- Messungen erlauben so, Eisverlust und
Entwässerungswege und den Nässe­ rungen nach Eruptionen und Erdbeben -zugewinn zu bilanzieren – wichtige
gehalt des Bodens dienen auch als genau aufgezeigt werden. Im Gegensatz Eingangsparameter für Klimamodelle
Inputparameter für Wetter- und Klima- zu Vulkangebieten mit einer meist guten und Klimaprognosen. Denn Massenbi-
modelle, die auf unterschiedlich großen regionalen Kartengrundlage fehlt in vie- lanzen mit globaler Abdeckung gibt es
räumlichen Skalen aufgestellt werden. len durch Erdrutsche und -senkungen be­­ bislang nicht.
TanDEM-X-Daten können Lücken in drohten Regionen vergleichbares Ma­­terial.
den hydrologischen Modellen schließen. Auch für die Tsunami-Risikobewertung TanDEM-X gibt auch Aufschluss über die
von Küsten werden Höheninformationen Dynamik der antarktischen Eiskappe. Ihr
Ein anderes Beispiel sind grenzüberschrei­ benötigt, die derzeit oft nicht flächen- Verhalten wird beeinflusst durch die Li­­
tende Simulationen zur Ergiebigkeit von deckend verfügbar sind. Die TanDEM-X- nie, an der die Eismassen den Kontakt
Wasserscheiden. Auch sie benötigen ver- Mission kann diese Lücken schließen. zum felsigen Untergrund verlieren und
lässliche und konsistente topografische oben auf dem Ozean schwimmen.
Daten sowie Angaben über den Bewuchs.
Die Möglichkeit, kleine Änderungen der Obwohl diese Aufsetzlinie (Grounding
Topografie oder der Bepflanzung räum- Line) mehrere hundert Meter tief unter
lich und zeitlich zu überwachen, ist Neu- dem Eis verborgen liegt, kann sie mit
land für die Fernerkundung. TanDEM-X Hilfe der SAR-Interferometrie bestimmt
ermöglicht dies selbst für die entlegens­ werden. Die durch Gezeiten hervorge­
ten Regionen. rufenen Höhenunterschiede des auf-
schwimmenden Eises können durch die
differenzielle SAR-Interferometrie gemes-
sen und so die Land/Wasser-Grenze un­­
ter dem Eis bestimmt werden. Bislang
ließ sich die Technik nur an einigen Stel-
len anwenden. Mit TanDEM-X ist eine
systematischere Kartierung dieser Grenz-
zone möglich.

11
Along-track-SAR-
Interferometrie
Ganz andere Möglichkeiten bietet Ozeanografie Innovative neue Radartechniken
die Along-track-SAR-Interferometrie, TanDEM-X kann Wasserströmungen und Anwendungen
bei der die Radarantennen in Flugrich- er­fassen und erlaubt so Rückschlüsse Mit TanDEM-X wird eine weitere Radar-
tung voneinander getrennt sind. Mit auf das Relief (Bathymetrie) des Meeres- technik getestet: das POL-InSAR. Das
dieser Technik lassen sich Geschwin- grunds oder Flussbetts sowie beispiels- Verfahren beruht darauf, dass die
digkeiten von bewegten Objekten weise die Verlandung von Fahrtrinnen. Ra­darwellen polarisiert abgestrahlt wer-
messen. Denn beide Satelliten neh- Aber auch für die Planung von Gezei- den können. Die Polarisation bezeichnet
men dasselbe Gebiet mit einer kur- tenkraftwerken sind Strömungskarten die Ausrichtung der Schwingungsebene
zen Zeitverzögerung hintereinander hochinteressant. der Wellen relativ zu ihrer Ausbreitungs-
auf. Angewendet wird diese Technik richtung. Im Allgemeinen unterscheidet
insbesondere in der Ozeanografie, Nur mit TanDEM-X und Along-track-SAR- man dabei zwischen horizontaler und
Glaziologie und Verkehrsforschung. Messungen ist es möglich, aus dem All vertikaler Polarisation der Wellen. Bei der
Strömungsgeschwindigkeiten, z. B. von Reflexion am Boden ändert sich diese
unzugänglichen Flüssen, zu messen, um Schwingungsrichtung je nach Eigen-
ihr Transportvolumen zu berechnen. schaften des reflektierenden Objekts
Wasserpegel lassen sich dahingegen oder der Bodenbeschaffenheit. Treffen
bereits jetzt mit Radar-Altimetern polarisierte Wellen beispielsweise auf die
ermitteln. unterschiedlich orientierten Blätter eines
Baums, so sind die reflektierten Wellen
Verkehr nicht mehr polarisiert. Die von den Stäm-
Bewegte Objekte erkennen und deren men reflektierten Wellen sind aber sehr
Geschwindigkeiten messen zu können, wohl noch polarisiert. Dieser Unterschied
ist von hohem Interesse für die Verkehrs- im empfangenen Signal lässt sich dazu
beobachtung. Im Prinzip ist dies bereits nutzen, um die Höhe von Bäumen abzu-
mit TerraSAR-X allein mög­­lich, jedoch nur schätzen. Mit den kurzwelligen Radarpul-
in einer Bewegungsrichtung. Mit beiden sen des X-Bands ist dies auch bei Ge­­
Satelliten gemeinsam kann die Geschwin- treidefeldern möglich. Diese neuen
digkeit des bewegten Objekts in alle Rich- Kar­­tierungsmöglichkeiten sind insbeson-
tungen ermittelt werden. TanDEM-X dere für große Waldflächen in abgelege-
könnte somit als Vorreiter für ein mögli- nen Gebieten entscheidend, die sich fast
ches weltraumgestütztes System zur Lei- nur mit Satelliten inventarisieren und
tung von Verkehrsströmen dienen. überwachen lassen. Zusätzlich werden
weitere bistatische Techniken und Tech-
Glaziologie nologien wie die digitale Strahlformung
Neben der Topografie von Eiskappen und (Digital Beamforming) mit TanDEM-X
Gletschern und der Position der Ground- erprobt.
ing Line ist auch die Fließgeschwindigkeit
ein wichtiger Parameter für die Eis- und
Klimaforscher. Die Überwachung der Strö-
mungsgeschwindigkeit schneller Gletscher
erfordert zeitliche Abstände zwischen
beiden Aufnahmen von etwa einem Tag
oder weniger. Mit dem hochauflösenden
Abbildungsmodus von TanDEM-X wird es
möglich sein, die Gletschergeschwindig-
keit erheblich genauer zu bestimmen als
bislang.

Das TerraSAR-X-Radarbild zeigt eine Region,


die vor fünf Jahren noch völlig vom Eisschelf
bedeckt war, unter neuen Bedingungen:
Heute kalben die Eisströme direkt in das
Meer, das weitgehend mit Meereis bedeckt
ist. Der Larsen-Eisschelf hat sich in den
letzten 60 Jahren um etwa einen Kilometer
pro Jahr zurückgezogen.
Kommerzielle Nutzung

Die kommerzielle Vermarktung der Kunden aus Privatwirtschaft und öffent­


Da­­ten und Karten ist Teil des PPP-Vertrags licher Hand warten auf das TanDEM-X-
zwischen dem DLR und der Astrium Höhenmodell, das in Qualität, Genauigkeit
GmbH. Die Astrium-Tochtergesellschaft und Abdeckung einzigartig sein wird. Die
Infoterra GmbH, die 2001 zum Zweck Anwendungsbereiche sind vielseitig und
der kommerziellen Vermarktung von reichen von einer höheren Effizienz bei
TerraSAR-X gegründet wurde, ist dafür der Förderung von Öl, Gas oder Mine­
verantwortlich, Kunden weltweit mit den ralien über eine bessere Kriseneinsatz­
neuen Höhenmodellen der TanDEM-X- planung und Vorhersage der Folgen von
Mission zu versorgen. Katastrophen bis hin zu einer ge­­­nau­­eren
Vorbereitung von Verteidigungs- und Radaraufnahmen sind schon heute eine
Seit Beginn des operativen Betriebs von Sicherheitseinsätzen. In allererster Linie wichtige Informationsquelle für das Krisen-
TerraSAR-X Anfang 2008 hat Infoterra sehen allerdings die Kartografie-Verant- management. Zukünftig können auf der
ein Vertriebsnetzwerk mit mehr als 50 wortlichen in vielen Ländern der Welt Basis von hochgenauen TanDEM-X-Höhen-
Partnern in 33 Ländern aufgebaut. Diese einer exakteren Höheninformation in den modellen Karten von potenziellen Über-
schwemmungsgebieten erstellt werden. Die
breite Geschäftsbasis dient dazu, die Da­­ Standard-Kartenwerken entgegen. Aufnahme zeigt die TerraSAR-X-Kartierung
ten und Produkte von TanDEM-X mög- vom Hochwasser bei St. Louis (USA) im Juli
lichst nutzerorientiert zu vermarkten. 2008.

13
Technik

Sicherheit und
Präzision in der
Erdumlaufbahn
Der präzise Formationsflug der Satelliten
erweitert ihr Nutzungsspektrum weit
über die bisherige Einzelnutzung von
TerraSAR-X hinaus. Ändert man den
Abstand zwischen den beiden Satelliten,
hat dies eine andere Abbildungsgeo­
metrie zur Folge. Diese lässt sich so den
unterschiedlichen Missionszielen anpas-
sen. Der Helix-Orbit ermöglicht die Auf-
nahme der kompletten Erdoberfläche mit
der gewünschten Abbildungsgeometrie.
Die Feinabstimmung der Satelliten­
formation übernimmt das Kaltgas-
Antriebssystem auf TanDEM-X. Für
größere Formationsänderungen wird
der auf beiden Satelliten vorhandene
Hydrazin-Antrieb eingesetzt.

Die passive Stabilität des Helix-Orbits


ver­­hindert grundsätzlich Kollisionen.
Dennoch erfordert ein derart enger
Formationsflug spezielle Maßnahmen,
um das Kollisionsrisiko zu minimieren.
Ein zusätzlicher Sicherheitsmodus, der
ein künstliches Magnetfeld und das
Magnetfeld der Erde (Magnet-Torquer)
zur Lageregelung benutzt, wird auf
beiden Satelliten eingeführt. Die Magnet-
Torquer sind in der Lage, moderate
Drehraten der Satelliten zu stabilisieren.
Im Gegensatz zur Lagekontrolle über
das Hydrazin-Antriebssys­tem führt ein
Übergang in diesen Mo­­dus zu keiner
Orbit­änderung. Der zusätzliche Sicher­
heits­modus wird durch ein angepasstes
Betriebskonzept ergänzt, um eine aus­
reichend schnelle Reaktion auf Probleme
mit dem Raumsegment zu gewähr­­­leisten.

Der Satellit TanDEM-X ohne die schützenden


Folienschichten.

14
TanDEM-X-
Betriebsmodi
Die Radarinstrumente auf TanDEM-X und
TerraSAR-X sind baugleich. Damit können
beide Geräte unabhängig voneinander im
so genannten mono-statischen Modus be­­
trieben werden. In diesem Fall empfängt
der Satellit die Reflexionen seiner eigenen
Radarpulse. Darüber hinaus sind aber
TanDEM-X im Prüf-
stand des Raum- auch synchronisierte Aufnahmen im
fahrt-Testzentrums bistatischen Modus möglich. Dabei wird
in Ottobrunn. ein Gebiet nur von einem Radar beleuch-
tet, die reflektierten Signale empfangen
aber beide Satelliten. Dies spart Energie,
erfordert aber zusätzliche Maßnahmen.
Ursächlich hierfür sind die Oszillatoren,
die die Frequenz der abgestrahlten
Doch nicht nur ein Zusammenstoß der stimmung von 1 Meter. Diese enorme Ra­­darsignale erzeugen. Man kann sich
Satelliten muss vermieden werden. Die Präzision wird über zwei Wege erreicht. die beiden Oszillatoren wie zwei Uhren
Satelliten dürfen sich auch nicht gegen- Zum einen befindet sich wie schon auf vorstellen. Technisch ist es nicht mög-
seitig bestrahlen, damit die Elektronik TerraSAR-X ein spezieller GPS-Empfänger lich, dass die beiden Quarzkristalle mit
des Partnersatelliten nicht gestört wird. namens IGOR an Bord, der vom GeoFor- absolut identischen Frequenzen arbeiten.
Deshalb existieren Sperrzonen (exclusion schungsZentrum Potsdam (GFZ) bereit- Um im Bild zu bleiben: Die beiden Uhren
zones), Abschnitte der Umlaufbahn, in gestellt wird. Die Hauptverantwortung zeigen irgendwann unterschiedliche
denen einer der beiden Satelliten keine für die präzise Basislinienbestimmung Zeiten an. Genauso würden die beiden
Radarpulse aussenden darf. Außerdem liegt ebenfalls beim GFZ. Auf Grund der Oszillatoren auf den beiden Satelliten
kann TanDEM-X die Telemetriedaten von strengen Anforderungen sind sowohl auseinanderdriften. Würde man diesen
TerraSAR-X empfangen und auf nicht eine zweite unabhängige Bestimmung Gangunterschied nicht bei der Daten­
nominale Betriebszustände reagieren. durch das DLR vorgesehen wie auch auswertung berücksichtigen, so hätte
Zum anderen können beide Satelliten interferometrische Messungen, um die dies erhebliche Fehler in den ermittelten
dazu veranlasst werden, ihren techni- Basislinien zu kalibrieren. Dazu werden Höhen zur Fol­ge. Um diese Phasenfehler
schen Status gegenseitig zu überprüfen. Gebiete, deren Höhenprofile sehr genau zu korrigieren und die beiden Quarz­
Sollte der Partnersatellit Probleme haben, bekannt sind, regelmäßig mit TanDEM-X kristalle immer wieder zu synchronisieren,
werden die Radarpulse sofort unterdrückt. aufgenommen. Nach der Analyse der können die beiden Satelliten entsprechen­
Damit die Messdaten der beiden Satelli- gemessenen Abweichungen von den de Informationen austauschen. Dies
ten im gemeinsamen Betrieb ausgewer- Referenzwerten kann die Basislinie dann geschieht über sechs Hornantennen.
tet und analysiert werden können, muss korrigiert werden. Über die Basislinien- Diese sind so angeordnet, dass sie alle
der Abstand, auch Basislinie genannt, bestimmung hinaus wird IGOR auch für um sich herum be­­findlichen Raumwinkel
zwischen ihnen möglichst genau bekannt experimentelle Radiookkultations- abdecken.
sein. Bei TanDEM-X gilt die Faustregel: Messungen eingesetzt. Dabei werden
Ein Fehler in der Basislinie von 1 mm Signale von GPS-Satelliten erfasst, die
führt zu einem Fehler in der Höhenbe- gerade am Erdhorizont auf- oder unter-
gehen.

15
16
Der Satellit

Der TanDEM-X-Satellit ist im Wesent- TanDEM-X verfügt über ein zusätzliches


lichen ein Nachbau des TerraSAR-X- Antriebssystem, das mit Hochdruck-Stick-
Satelliten. stoffgas arbeitet. Dieses Kaltgassystem
liefert schwächere Impulse als der Hydra-
Die Idee einer TanDEM-X-Mission ent- zin-Antrieb, den die beiden Satelliten für
stand während der Entwicklung des Bahnkorrekturen verwenden und unter-
TerraSAR-X-Satelliten. Um sie zu ver- stützt den Formationsflug durch feine
wirklichen, musste die Konstruktion Bahnkorrekturen des TanDEM-X-Satelli-
des Synthetic-Aperture-Radars auf ten. Über einen zusätzlichen Empfänger
TerraSAR-X geringfügig angepasst erhält TanDEM-X Informationen zur
werden, um einen Betrieb mit zwei TerraSAR-X-Position und -Geschwindig-
synchron arbeitenden Radargeräten zu keit. Mit diesen Daten und Algorithmen
ermöglichen. Im Bussystem waren die des DLR werden auf TanDEM-X Versu-
Änderungen bei TerraSAR-X auf die che zum TAFF (TanDEM-X Autonomous
Software beschränkt, während bei Formation Flying) durchgeführt.
TanDEM-X auch die Hardware in
begrenztem Maß erweitert wurde,
um den Formationsflug der beiden
Satelliten zu ermöglichen.

Der Satellit misst fünf Meter in der Länge


und 2,4 Meter im Durchmesser. Sein
sechseckiger Querschnitt passt genau
unter die Nutzlastverkleidung der DNEPR-
Rakete. Die 80 Zentimeter breite SAR-
Antenne ist rechts zur Satellitenbahn auf
die Erde ausgerichtet. Auf Grund der
sonnensynchronen Kreisbahn kann die
Energieversorgung über ein an der lin-
ken Seite des Satelliten fest installiertes
So­­larpanel erfolgen. Die SAR-Messdaten
werden in demselben Frequenzband an
die Bodenstationen übermittelt, das
auch vom Radar verwendet wird. Um
gegenseitige Störungen zu vermeiden,
ist die Datenübertragungsantenne an
einem Mast montiert, der kurz nach
dem Start im Orbit ausgeklappt wird.

Bild links: Der Satellit TanDEM-X im Größen-


vergleich.

Bild rechts: Die Satellitenabbildung gilt für


TerraSAR-X und TanDEM-X. Beide Satelliten
sind nahezu baugleich.

17
Das Synthetic Aper-
ture Radar (SAR)
Radargeräte, die im Mikrowellenbereich Der Halbleiter-Massenspeicher von
arbeiten, können die Erdoberfläche zeit- TanDEM-X verfügt über eine Kapazität
und wetterunabhängig abbilden. Bei von 768 Gigabit, um die enorme Menge
TanDEM-X wie bei TerraSAR-X wird dazu der anfallenden Daten für das digitale
eine aktive Antenne mit einer Matrix von Hö­­­henmodell zu erfassen. Das entspricht
Sende- und Empfangsmodulen verwen- der doppelten Kapazität von TerraSAR-X.
det, mit deren Hilfe schnelle Richtungs- In der letzten Entwicklungsphase von
änderungen des Radarstrahls und pro- TerraSAR-X wurde der Entwurf des SAR-
grammierbare Antennencharakteristika In­struments dahingehend erweitert,
möglich sind. Die Polarisation der elek- dass ein kontinuierlicher Austausch von
tromagnetischen Schwingungen und Synchronisierungspulsen möglich ist und
andere Radarparameter können sogar damit die Zusammenarbeit beider SAR-
von einem Sendepuls zum anderen vari- Instrumente im bistatischen Betrieb
ieren. Dies macht die SAR-Technik so ge­­währleistet wird.
flexibel, dass sie auch zur Erprobung
neuer, experimenteller Betriebsarten
verwendet werden kann.

Wegen der speziellen Signalführung des


Radarsende- und Empfangssignals kann
die Antenne in Flugrichtung elektrisch
geteilt werden. Dies ermöglicht den ge­­
trennten Empfang von Radarsignalen der
beiden Antennenhälften. So können so­­ Technische Parameter von TanDEM-X
wohl voll polarimetrische Daten zur Klassi-
fizierung von Objekten, z. B. von Häusern
oder Bäumen, als auch Along-track-In­ Start Erstes Halbjahr 2010
terferometrie-Messungen erhoben werden. Ort Baikonur (Kasachstan)
Die Architektur lässt auch eine Verteilung Trägerrakete DNEPR-1
von Kalibriersignalen für die ganze Kette Orbithöhe 514 Kilometer
der Radarhardware zu. Einzige Ausnah- Inklination 97,4 Grad
me bilden die Hohlleiter für die Signalab- Satellitenmasse 1.330 Kilogramm
strahlung, die aus einem metallisierten, Satellitengröße Höhe 5 Meter
kohlefaserverstärkten Kunststoff mit ho­­ Ø 2,4 Meter
her Eigenfestigkeit bestehen. Bei der Da­­ Energieverbrauch 730 Watt (gemittelt)
tenverarbeitung am Boden werden die Missionsbetrieb Deutsches Raumfahrt-
Kalibrierungssignale benutzt, um Korrek- Kontrollzentrum
Oberpfaffenhofen
turfaktoren zu ermitteln und damit eine
optimale Stabilität der Messdaten zu Kommandierung Bodenstation Weilheim
erreichen. Datenempfang Bodenstationen
- Inuvik / Kanada
- O’Higgins / Antarktis
- Kiruna / Schweden

Lebensdauer 5,5 Jahre (6,5 Jahre für


Die unterschiedlichen Gebäudehöhen in der Betriebsstoffe)
Megastadt Tokio sind im Interferogramm an Mittenfrequenz 9,65 GHz (X-Band)
den Farbsprüngen gut zu erkennen.

18
Das Bodensegment

Die über TerraSAR-X und TanDEM-X ge­­ stimmung der Basislinien“ und die „hoch­­­­ onsszenario, in dem zunächst die Auf-
wonnenen Messdaten müssen aus der performante Datenempfangs- und Ver­ nahmen zur Erstellung des DEM Priorität
Umlaufbahn zum Boden übermittelt, arbei­­­tungskette“ erweitert worden ist. haben. Dieser Plan lässt genug Spielraum
dort empfangen, an ein Datenzentrum Darüber hinaus gibt es weitere Besonder- für Terra-SAR-X-Aufnahmen, die um die
weitergeleitet und zu fertigen Produkten heiten für den TanDEM-X-Betrieb. TanDEM-X-Aufnahmen herum geplant
wie den Höhenmodellen verarbeitet wer- werden können.
den. Dann stehen sie den Kunden welt- Während bei TerraSAR-X überwiegend
weit zur Verfügung. Dieser Datentransfer Einzelszenen für individuelle wissen- Die Daten der beiden Satelliten werden
und die aufwändige Verarbeitung ge­­ schaftliche oder kommerzielle Anwen- über ein Netz von drei Bodenstationen
schieht im Bodensegment, für das vier dungen angefragt werden, bedarf die empfangen: Kiruna in Schweden, Inuvik
DLR-Einrichtungen verantwortlich sind: Aufnahme eines globalen Geländemo- in Kanada und O’Higgins in der Antark-
Das Institut für Hochfrequenztechnik dells einer globalen Datenaufnahmestra- tis. Allein das digitale Höhenmodell er­­
und Radarsysteme (HR), das Institut für tegie. Diese muss sich vor allem an der fordert eine Datenmenge von mehr als
Methodik der Fernerkundung (IMF), das jeweiligen Formation der beiden Satelli- 350 Terabyte. Das entspricht dem Spei-
Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum ten orientieren, die wiederum durch die chervermögen von rund 45.000 DVDs.
(DFD) und das Deutsche Raumfahrt- Wahl des Helix-Orbits definiert ist. So Nach einer kurzen Qualitätsprüfung wer-
Kontrollzentrum (GSOC). lässt sich für eine feste Helix das digitale den die Daten auf Magnetbändern auf-
Höhenmodell nur in einem bestimmten gezeichnet und zur Verarbeitung und
Das DLR hat bereits für TerraSAR-X ein Breitengradbereich erstellen. Archivierung an das Deutsche Fern­
Bodensegment aufgebaut, das für die erkundungsdatenzentrum beim DLR
TanDEM-Mission auf den Betrieb mit Außerdem sollen in der dreijährigen verschickt.
zwei Satelliten und um umfangreiche TanDEM-Phase die Satelliten auch wie
Neuerungen wie z. B. den „Sicheren bisher als Einzelinstrumente verfügbar
Formationsflug“, die „Hochgenaue Be­­ sein. Hier­­­­für existiert ein Referenz-Missi-

KIRUNA
INUVIK

NEUSTRELITZ

Das Netzwerk der


O‘HIGGINS Bodenstationen mit
ihren Regionen. Hier
ist ein Datenempfang
möglich.

19
20
Die Prozessierungskette

Die gesamte Prozessierungskette wurde Der gesamte Verarbeitungsablauf Anschließend wird aus den Roh-DEMs
speziell für TanDEM-X entwickelt, wobei erfolgt in drei Hauptschritten: das globale digitale Höhenmodell erstellt.
einzelne Module stark von den Erfahrun­ Hierfür muss die absolute Orientierung
gen mit TerraSAR-X und der Shuttle 1. Überprüfen der von den Satelliten von Tausenden von Roh-DEMs ermittelt
Ra­dar Topography Mission (SRTM) aus übertragenen Datensegmente an und kontinenteweise korrigiert werden.
dem Jahr 2000 profitieren. Wesentliche den Empfangsstationen Für die absolute Höhenkalibrierung wer-
Erweiterungen waren vor allem nötig, den global verteilte Referenzhöhendaten
weil die verschiedenen globalen Abde­ 2. B
 ewerten der gesammelten Über- benötigt. Diese liefert das Laser-Altimeter
ckungen und die Vielzahl der unterschied­­ prüfungsergebnisse für eine kom- des amerikanischen Satelliten ICESat
lich großen Basislinien andere Prozessie- plette TanDEM-X-Aufnahme im mit einer absoluten Höhengenauigkeit
rungstechniken erfordern. Eine weitere Prozessierungszentrum in Ober- von besser als einem Meter. Das Ziel der
wichtige Bedingung für die Missions­ pfaffenhofen fertigen globalen Höhenkarte ist erreicht,
planung ist die schnelle Rückmeldung wenn abschließend alle Roh-DEMs in ein
und Beurteilung der Datenqualität, 3. Verarbeiten der Aufnahme zu qualitätskontrolliertes DEM zusammenge-
besonders bei langen, zusammenhän- digitalen Höhenkarten im Roh- führt wurden.
genden Aufnahmen, die wegen der zustand (Roh-DEMs), nachdem
großen Datenmenge über unterschiedli- alle notwendigen Eingangsdaten Insgesamt wird die TanDEM-X-Mission
chen Stationen heruntergeladen werden. verfügbar sind 1,5 Petabyte an Daten im DFD-Archiv fül-
len, der globale DEM-Datensatz wird 15
Der Versand der Daten an das zentrale Terabyte umfassen und vier Jahre nach
Prozessierungszentrum in Oberpfaffen- dem Start zur Verfügung stehen.
hofen erfolgt auf dem Postweg und kann
bei der Antarktisstation mehrere Wochen
dauern.
Schematische Übersicht zur TanDEM-X-Prozessierungskette

Empfang Empfang Empfang Prozess


Station: Kiruna Station: Inuvik Station: O’Higgins

Rohdaten Rohdaten Rohdaten


TanDEM-X-Satellit TerraSAR-X -Satellit

1 SAR-Bild-Erzeugung
2 Interferometrie-Prozessor Prozess
3 Phase Unwrapping & „Roh“-DEM-Erzeugung

Koregistrierte SAR-Bildpaare „Roh“-DEM Produkt

Mosaikierung & Kalibrierung Prozess


Links: Das Bild des deutschen Radarsatelliten
TerraSAR-X zeigt die mangrovenbedeckten
Inseln der Bakassi-Halbinsel (Kamerun), die
am äußersten östlichen Rand des Golfs von
Guinea liegen. TanDEM-X ermöglicht eine Globales TanDEM-X-DEM Produkt
genaue Kartierung von Küstenregionen,
die z. B. für die Tsunami-Risikobewertung
essenziell ist.

21
Ausblick

Im nationalen deutschen Raumfahrt­ gen weiter verbessert und auf deutlich optimiert werden. Um Konflikte im
programm konzentriert sich die Radar- breitere Beobachtungsstreifen erweitert Betrieb zu vermeiden, wird es möglich
Entwicklung auf die Fortführung der werden. Fachleute sprechen von High sein, mehrere Abbildungsmodi gleichzei-
X-Band-Linie und deren Kommerziali­ Resolution Wide Swath (HRWS). Hierfür tig einzusetzen. Hierdurch lassen sich die
sierung hin zu einem tragfähigen Ge­­ sollen Techniken wie das so genannte steigenden Nutzeranforderungen be­­
schäftsmodell. Radarwellen in diesem digitale Beamforming zum Einsatz kom- züglich Produktqualität, operationeller
Bereich haben Wellenlängen um drei men. Die Astrium GmbH entwickelt zur- Verfügbarkeit und Datenaktualität opti-
Zentimeter (Frequenz von 9,65 Gigahertz) zeit im Auftrag des DLR für diesen Zweck mal erfüllen.
und sind damit kürzer als in den C- oder einen Antennendemonstrator. Das DLR
L-Bändern. Im Rahmen des PPP-Abkom- beteiligt sich mit der Entwicklung von Eine mögliche auf TanDEM-X folgende
mens hat sich die Industrie dazu ver- Verfahren und Algorithmen, die mit die- HRWS-Mission könnte das erfolgreiche
pflichtet, einen weiteren TerraSAR-X- ser zukunftsweisenden Technik eine sehr Konzept von öffentlicher und privater
Satelliten aus Eigenmitteln zu finanzieren hohe Auflösung bei großer Streifenbreite Partnerschaft in Finanzierung und Nut-
und zu betreiben. Die Infoterra GmbH erlauben. zung fortsetzen. Da die HRWS-Technolo-
forciert derzeit die Definition des gie aber auch die Anforderungen erfül-
TerraSAR-X2, der die aktuelle Fernziel derartiger Entwicklungen ist len könnte, wie sie sich für künftige
TerraSAR-X-Mission im Zeitraum das Software Defined Radar. Diese neue Sentinel-1-Missionen der Europäischen
zwischen 2012 und 2013 ablösen Ge­­neration von digitalen Radarsystemen Weltraumorganisation ESA abzeichnen,
soll. wird die aktive Mikrowellenfernerkundung erscheint sie auch als viel versprechender
re­­volutionieren und die Anwendungsmög- Kandidat eines solchen Missionstyps. Das
Die Förderung des nationalen Erdbeob- lichkeiten in der Erd-, Umwelt- und Klima­ Sentinel-Programm besteht aus einer
achtungsprogramms legt aber bereits beobachtung um ein Vielfaches erweitern. Familie unterschiedlicher Satelliten, die
heute die Grundsteine für die künftigen Beispielsweise können zukünftige Radar­ zukünftig alle wichtigen Aufgaben der
X-Band-Radarsatelliten. So soll in der satelliten flexibel an veränderte Aufga- Erdbeobachtung operationell (also im
nächsten Generation die experimentelle ben und Umgebungsbedingungen ange- Routinebetrieb) abdecken sollen.
Fähigkeit zu höchstauflösenden Messun- passt und die Datengewinnung adaptiv
Gleichzeitig sucht das DLR nach Möglich-
keiten, die bereits etablierte X-Band-Linie
in weiteren Frequenzen zu ergänzen. So
wurden gemeinsam mit dem amerikani-
schen Jet Propulsion Laboratory (JPL) der
NASA erste Untersuchungen von entspre-
chenden Missionskonzepten im L-Band
(Tandem-L) begonnen. Darüber hinaus
engagieren sich die Industrie und das
DLR bei zwei aktuellen Earth-Explorer-
Missionskandidaten der ESA im P-Band
(BIOMASS) und im X-/Ku-Band
(CoReH2O). SIGNAL, ein aktueller Vor-
schlag für eine SAR-Mission im Ka-Band,
wird ebenfalls auf sein Potenzial hin
untersucht.

Hochaufgelöstes,
aus TerraSAR-X-
Daten erstelltes
Höhenmodell.

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Impressum

Herausgeber
Deutsches Zentrum für
Luft- und Raumfahrt e.V.

Anschrift
Bonn-Oberkassel
Königswinterer Straße 522-524
53227 Bonn

Redaktion
Elisabeth Mittelbach, DLR-Kommunikation

Autoren
Michael Bartusch, Irena Hajnsek, Jürgen Janoth,
Christian Marschner, David Miller, Prof. Dr. Alberto
Moreira, Nils Sparwasser, Dr. Manfred Zink

Gestaltung
CD Werbeagentur GmbH,
Troisdorf

Druck
Druckerei Thierbach KG, Mülheim/Ruhr

Drucklegung
Köln, November 2009

Abdruck (auch von Teilen) oder sonstige


Verwendung nur nach vorheriger
Absprache mit dem DLR gestattet.

www.DLR.de

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Das DLR im Überblick
Das DLR ist das nationale Forschungszentrum der Bundesrepublik
Deutschland für Luft- und Raumfahrt. Seine umfangreichen For­
schungs- und Entwicklungsarbeiten in Luftfahrt, Raumfahrt, Verkehr
und Energie sind in nationale und internationale Koopera­tionen
eingebunden. Über die eigene Forschung hinaus ist das DLR
als Raumfahrt-Agentur im Auftrag der Bundesregierung für die
Planung und Umsetzung der deutschen Raumfahrtaktivitäten sowie
für die internationale Interessenswahrnehmung zuständig. Zudem
fungiert das DLR als Dachorganisation für den national größten
Projektträger.

In den 13 Standorten Köln (Sitz des Vorstands), Berlin, Bonn,


Braunschweig, Bremen, Göttingen, Hamburg, Lampoldshausen,
Neustrelitz, Oberpfaffenhofen, Stuttgart, Trauen und Weilheim
beschäftigt das DLR circa 6.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das DLR unterhält Büros in Brüssel, Paris und Washington D.C.

Die Mission des DLR umfasst die Erforschung von Erde und Sonnen­
system, Forschung für den Erhalt der Umwelt und umweltverträg­
liche Technologien, zur Steigerung der Mobilität sowie für Kom­
munikation und Sicherheit. Das Forschungsportfolio des DLR reicht
von der Grundlagenforschung zu innovativen Anwendungen
und Produkten von morgen. So trägt das im DLR gewonnene
wissenschaftliche und technische Know-how zur Stärkung des
Industrie- und Technologiestandorts Deutschland bei. Das DLR
betreibt Groß­forschungsanlagen für eigene Projekte sowie als
Dienstleistung für Kunden und Partner. Darüber hinaus fördert
das DLR den wissenschaftlichen Nachwuchs, betreibt kompetente
Politikberatung und ist eine treibende Kraft in den Regionen seiner
Standorte.
TanDEM-X_D_V01

Kommunikation
Linder Höhe
51147 Köln

www.DLR.de

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