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Impressum
Die Westküsten-Trilogie
Autor: Christian Neff
Entwicklung: Christian Neff Die Westküsten-Trilogie ist die erste Kampagne, die für das System
Art Director: Christian Neff Mondagor geschrieben wurde. Alle drei Teile sind unabhängig von-
Layout und Typo: Christian Neff einander spielbar.
Art: Alexander Stojanov
Cover Art: Alexander Stojanov Band 1: „Westwind“ (als PDF auf http://www.mondagor.ch)
Cover Design: Christian Neff Band 2: „Drachennest“
Produziert von: fiveSTORMS Productions, Schweiz
Band 3: „Brennender Horizont“
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Inhaltsverzeichnis
Kartenmaterial:
Die Kavernenfeste ................................................................................... 9
Gorgrons Lager ........................................................................................ 18
Westliches Archipel ................................................................................. 19
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Hintergrund für den Spielleiter
Wenn man die See-Admiralität Dunmars fragt, warum die gefürchtete „Adler“ schon über drei Jahre ihre Beute aus den westlichen
Gewässern ‚fischt‘, erntet man Missgunst und Zorn. Für eine ehrliche Antwort mauserte sich die ganze Angelegenheit zu einem zu grossen
Ärgernis. Die Seemacht des Reiches verliert langsam den guten Ruf der Vergangenheit, der durch grossartige und umsungene Siege in See-
schlachten wohl verdient ist.
Die Adler ist eine mittelgrosse, sehr schmal gebaute Kogge mit grossem Segelmast. Eine sehr fähige Mannschaft und ein taktisches
Genie als Kapitän lassen die Adler in Manövern und Seekämpfen bisher ungeschlagen hervorgehen. Noch keines der Schiffe des Admirals
des Reiches konnte die Adler fassen.
Die Mannschaft der Adler sind Freibeuter, die das Blut von niemandem vergiessen wollen und noch nie jemanden auf hoher See ge-
tötet haben. In Wirklichkeit ist es nicht das Gold der Handelsschiffe, auf das es die Adler abgesehen hat. Der Kapitän der Adler, Calin Car,
war einst im Dienste der Admiralität und war der Kapitän des Admirals-Schiffes der Flotte, der „Westwind“. Durch Zufall hat Calin entdeckt,
dass der Admiral die Seewege und seine Beziehungen und Immunität für den Schmuggel von Rauschkräutern und Giften missbraucht. Der
Admiral erfuhr von der Gefahr und überführte seinen Kapitän mit einer Falle. Jeder glaubte den Worten des Kriegshelden und grossen Stra-
tegen und den Indizien. Calin Car ist seit diesem Tag auf der Flucht. Die Mannschaft von Calin Car sind ihm loyale Soldaten, die sich ihm
angeschlossen haben und ein kleiner Haufen abgebrühter Seemänner, die alle zwar zwielichtig wirken aber ehrlich sind und für seine Sache
streiten.
Calin überfällt nur Schiffe, von denen er glaubt, sie könnten verbotene Lieferungen Schmuggelgut des Admirals transportieren. Er
entwendet und sammelt diese. Schon viele dieser Lieferungen haben Calin und seine Mannschaft in ihre Gewalt gebracht. Der einzige Grund,
warum Calin noch nicht damit zum Fürsten Dunmars ging, ist, weil er hofft, auch den ganzen Schmugglerring des Admirals entlarven und
zersprengen zu können. Wenn ihm dies gelingt, so ist er sich sicher, will er seinen Alten Rang als Kapitän der Admiralität zurückerlangen.
Der Admiral fürchtete schon früh, dass das nicht unwillkürliche Überfallen von Schiffen Fragen aufwerfen könnte: „Warum sind es
meistens Schiffe der Admiralität, die überfallen werden? Warum werden nie Reichtümer entwendet?“. Vor allem, weil Calin Car nie Handelsgut gestohlen hat
sondern nur Lieferungen an den Admiral entwendete, könnten diese Fragen durchaus aufkommen. Aus diesem Grund hat der Admiral seine
ihm bis zum Tode loyalen See-Soldaten angesetzt, immer wieder blutige Überfälle auf Schiffe der eigenen Seehoheit durchzuführen, getarnt
als Adler, um die Gefahr durch die Piraten wahr erscheinen zu lassen.
Alles läuft wie geplant, bis jemand in der Stadt auftaucht, der Calin Car wie aus dem Gesicht (und dem Körper) geschnitten ist – einer
der Wanderer ...
Chronologische Abfolge
Tag 1 Tag 3
Die Wanderer werden in Dunmar durch die See-Soldaten gefangen ge- Morgen: Die See-Soldaten geben die Details des Überfalles bekannt
nommen und bekommen vom Admiral das Angebot unterbreitet, für seine (Kapitel IV).
Sache gegen die Piraten vorzugehen. (Kapitel I) Wenn die Wanderer bisher noch keine Unterredung mit Calin Car hat-
Die Wanderer werden durch Halvet mit dem „Kapitän“ verwechselt. ten, sollte hier nochmals ein Treffen mit Halvet eingeplant werden.
(Kapitel II)
Tag 4
Tag 2 Ein Tag in der Hafenstadt. Die Wanderer können verschiedene Dinge
Die Wanderer haben ein unliebsames Treffen mit Gorgron und seinen unternehmen (Kapitel VIII).
Männern. (Kapitel II)
Tag: Die Wanderer treffen wieder auf Halvet (Kapitel II) und kommen Tag 5
dadurch vielleicht in Kontakt mit Calin Car (Kapitel III). Ein weiterer Tag in der Hafenstadt. Es gibt verschiedene Möglichkei-
Nacht: Von der falschen Adler überfallenes Handelschiff trifft im Hafen ten, die Zeit ‚totzuschlagen‘ (Kapitel VIII).
ein (Kapitel IV). Tag 6
Wenn die Wanderer Calin Car noch nicht begegnet sind, dann sollten sie Der Tag des Überfalls! (Kapitel VI)
ihm hier zufälligerweise in der Gasse begegnen und ihn verfolgen.
Übler Geruch...
...zieht umher, hüllt alles in einer drückenden Art ein. Die Grösse wird sich in den kommenden Jahrzehnten nicht mehr merklich verändern –
Schritte lassen das Wasser in den Steinmulden aufspritzen. Das ge- Dunmar wurde an der Westküste errichtet. Ein grösserer Teil der Stadt folgt dem
schäftige Treiben ist wieder einmal auf seinem Höhepunkt: Später grossen Flusslauf über zwei Meilen ins Landesinnere. Im Süden des Flusses kann
Abend, die Fischer kehren aus den Buchten zurück und bereiten Ihre die Stadt nicht mehr erweitert werden, da die Ebenen durch die regelmässigen
Fänge für den nächsten, frühen Morgen vor. Von mehreren grossen Regengüsse zu sumpfig sind.
Handelsschiffen wird Handelsgut abgeladen, auf Wagen gestapelt und Dunmar ist auf der Landseite, auch gegen den Fluss, mit einer durchgehend 6
in verschiedene Kontore der Stadt gekarrt. Immer mehr Türlaternen Schritt hohen Mauer umzäunt, die Stadtmauer auf der Hafenseite wurde 12
werden entzündet und durch die leichte Brise wiegen die unzähligen Schritt hoch gebaut. Das Hafenviertel der Stadt, über eine Meile lang entlang der
Lichter der Hafenstadt sanft hin und her. Westküste nach Süden, liegt ausserhalb der Stadtmauer. Wenn Ihr vom Hafen
her in die Stadt gelangen wollt, müsst Ihr Euch zuerst über eine Meile durch den
Die Hafenstadt Dunmar gesetzeslosesten Teil Dunmars schlagen. Die Wachen der Mauer im Hafenviertel
Persönlicher Reisebericht des Chan’Dryhon Gaul’Rundar an den „Schüler“. sind alles erfahrene Krieger mit denen Ihr besser nicht scherzt – sie sind direkt dem
Fürsten unterstellt, der die ganze Stadt beherrscht, sie sozusagen besitzt. Dies gibt
„Dunmar ist nicht nur eine Stadt – sie ist die grösste Hafenstadt der ihnen das unanfechtbare Recht, Euch nach deren Gutdünken zu massakrieren.
Westlichen Reiche. Die Stadt ist schon jetzt über ein Jahrhundert alt und neben Da ich schon einmal mit dem Hafen angefangen habe, werde ich die Beschrei-
Gorath die wichtigste Stadt der zentralen Reiche. Ihre schon heute beeindruckende bung gleich hier weiterführen:
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In diesem Viertel findet Ihr vor allem Schenken und Tavernen, in denen Ihr auch Lagerhaus dient für seine Güter. Das Haus hat zwei obere Stöcke und
Euch auch in billigen Räumen einmieten könnt. Waffen, Rüstungen und Ausrüs- mindestens ein Kellergewölbe.
tungsgegenstände, für alles findet Ihr hier Ersatz – nicht vom Besten zwar. Direkt vom grossen Fried und diesem Haus führt die Marktallee weg – eine
Nebst der regulären Stadt innerhalb der Mauern wird dieses Viertel zwar über eine Meile lange, fast 20 Schritt breite Strasse mit hohen, schlanken Bäumen
auch durch den Fürsten regiert, die Gesetze jedoch machen andere: Die verborgenen auf beiden Seiten. Am Ende der Allee befindet sich der Marktplatz. Der Platz
Gilden. Zu diesen Gilden gehören Diebes- und Händlerzünfte. Immer mehr der misst gut 100 mal 100 Schritt und ist vom frühen Morgen bis zum späten Abend
Handwerkerzünfte des Hafenviertels wenden sich vom Fürsten ab, da dieser von Einwohnern Dunmars und Reisenden beseelt. Zu allen Tageszeiten durch-
speziell die Hafengegend, die immerhin einen Sechstel der ganzen Stadtfläche kämmen Wachen die Quartiere um den Marktplatz und die Allee.
ausmacht, mit oftmals zu eiserner Hand regiert. Die Quartiere direkt an der Stadtmauer enden immer mit einer etwa 10
Die Gebäude des Hafenviertels gleichen sehr den Bauten Gors. Die Häuser Schritt breiten Strasse, die an eine metallene, ca. 2 Schritt hohe Umzäunung
und Lagerhallen sind sehr stabil gebaut, und nur vereinzelt wurden kleinere angrenzt. Hinter diesem Zaun führen viele Treppen hinauf zu den Mauertüren
Häuser mit dicken, in den Steinwänden eingelegten Holzbalken verstärkt. Die und Turmeingängen, von welchen aus die Friede und Wehrgänge schnell erreicht
Dächer sind abgeschrägt und tragen flache Schieferplatten, die gegen jede Witterung werden können. Keinem Einwohner oder Reisenden sollte einfallen, sich in diesem
standhalten. Viele Häuser haben ein oberes Stockwerk – zumeist sind dies die abgesperrten Raum aufzuhalten, dies würde der direkte Weg in die Verliese
Räume, in denen die Besitzer der Läden im unteren Stock hausen. unterhalb des zentralen Bergfrieds sein.
Durchstreift Ihr die Gassen des Hafenviertels, passt gut auf. Am Tage ist es Von der Burgallee und dem Marktplatz führen breite Strassen in die anderen
unwahrscheinlich, dass Euch etwas geschieht, doch wenn der Himmel sich verdun- Quartiere - meistens gerade gebaut. Am Ende dieser Strassen werdet Ihr auf
kelt, beginnen die Diebeszünfte Ihr Unwesen zu treiben. Wo gutes Gold zu holen kleine Plätze stossen. Dort wurden Brunnen gebaut mit tiefen Wasserrinnen, extra
ist – schrecken sie auch nicht vor Mord zurück. Am sichersten seid ihr deshalb in für Tiere. Von den eben genannten breiten Strassen und den kleinen Plätzen
der Nacht immer direkt am Hafen. Dort halten sich die meisten Wachen auf, führen schmale Strassen oder Gassen in die Herzen der Quartiere. Diese Orte sind
zum Schutz der Schiffe. Die Hafenstrasse ist die breiteste des ganzen Viertels. meistens sicher, aber solltet Ihr Euch dennoch nicht darin verirren.
Alle Strassen, Gassen und Wege durch Dunmar, ausser- und innerhalb der Hohe Häuser rahmen die Gassen und Strassen der Quartiere ein. Mindestens
Mauern, sind mit flachem Pflasterstein erbaut. Die Hafenstrasse ist direkt in das immer ein oberes Stockwerk besitzen sie.
Uferbecken gebaut. Vom dieser Strasse führen dutzende Hölzerne Stege, manche Die Handelshäuser, Zunfthäuser, Läden und Schenken innerhalb der
schlank, manche mehrere Schritt breit, in die Bucht hinaus. An diesen Stegen und Stadtmauern sind vergleichbar mit denjenigen des Fürstenviertels in Gorath: Nur
deren gewaltigen Holzpfeilern werden die Schiffe und Bote vertäut. Direkt an der beste Ware geht über den Tisch – für gutes Gold natürlich. Die feinsten Getränke,
Hafenstrasse werdet Ihr deshalb fast nur Lagerhallen und Handelskontore kleiner die leckersten Speisen – natürlich auch wieder für mehr als nur ein paar Kupfer-
Handelskammern finden, vielleicht noch eine handvoll Schenken. münzen.
Soviel zum Hafenviertel, mein Schüler. Wie gesagt, ist der Hafen von einer Die Bewohner des ‚eingemauerten‘ Dunmars sind oftmals Edelleute, Jungadel,
doppelt so hohen Mauer von der eigentlichen Stadt Dunmar abgegrenzt. Die reiche Händler – allesamt einflussreiche Keraner. Auch die Kriegerkasten und
Enden dieses Mauerstücks im Norden und Süden gehen in etwa 20 Schritt hohe, Magierakademien im ‚geordneten‘ Teil Dunmars geben gute Lehre und Fertigkeit
massive Türme über, die gleichzeitig auch die beiden grössten Burgfriede sind. Das für teures Gold, und sie haben auch einen ehrvollen Ruf.
Mauerstück auf der Flussseite ist nach Norden, ins Wasser hinein, mit abgewin- Dies ist, mein Schüler, was ich Euch über Dunmar mitgeben will auf Euren
kelten Mauerstützen verstärkt und bietet etwa in der Mitte einige Anlegestellen für Weg. Es soll ein Wegweiser sein, und nur das, es ist an Euch selbst, mögliche
Flussschiffe und Bote. Das entsprechende Tor ist meistens verschlossen und gut Geheimnisse zu ergründen.
bewacht. Gleich bei diesem Tor befindet sich ein weiterer Burgfried, jedoch nur 15 Mein Weg führt mich jetzt aus dem Südtor der Stadt, der Küste entlang
Schritt hoch. Der Rest der Stadtmauer, gegen das Landesinnere im Osten, Südos- – ich werde Euch über diesen Teil meiner Wanderschaft schreiben, wenn ich in
ten und Süden, wird regelmässig von etwa 10 Schritt hohen Türmen verstärkt, die Bryhan angekommen bin.“
jedoch nur kleinen Wachtruppen Unterkunft bieten. Der letzte Burgfried befindet
sich direkt im Zentrum Dunmars – gleich beim Sitz des Marktgrafen, angrenzend Diese Szenerie kann beliebig ausgespielt werden. Ein Abend,
an den grossen Platz und die Marktallee. vielleicht sogar auf einen Tag folgend, bei dem die Gruppe den Ha-
Dieser Burgfried ist auch etwa 20 Schritt hoch, rund, hat einen Durchmesser fen erkundet und die Geschäfte abgeklappert hat nach Nützlichem
von über 20 Schritt und ein zugespitztes Dach, mit mehreren Wehrgängen. Der für die nächste Reise. Zu einem beliebigen Zeitpunkt, da sich die
Grossteil der marktgräflichen Wachen befindet sich dort – jeweils zwischen zwei Wanderer weiterhin in der Hafengegend aufhalten, kommt es zum
und drei Banner, also über 100 ausgebildete und fähige Krieger. Das Haus des unvermeidlichen Zusammentreffen mit den See-Soldaten:
Grafen ist ein altes Handelskontor, welches ihm als Wohnhaus, Studierstube und
Kapitel I
Unvorhersehbar werden die Wanderer von einer doppelt so fürchteten Adler. Der Anführer der See-Soldaten, Thorben, sammelt
grossen Gruppe Gerüsteter ziemlich forsch angegangen: „Stehen blei- einige seiner Krieger um sich und stellt die Gruppe. Er ist entschlos-
ben!“. sen zu allem. Wenn einer der Wanderer den Mund aufmacht – vor
Der Sprecher ist ein älterer Keraner mit kurz geschorenem allem, wenn ein vorlauter Wanderer darunter ist – prügelt die Über-
Haar, leicht grau an den Schläfen und sonst dunkelbraun. Er und alle macht los. Es ist also besser, wenn den Wanderern durch ihre Men-
ihn umgebenden tragen ein beschlagenes Lederwams mit Lederzeug. schenkenntnis oder Intuition bewusst wird, dass sie hier in einer schwie-
Ein dunkelroter Wappenrock zeigt einen in Gold umrahmten Fisch, rigen Lage sind, in der sie sich besser ruhig verhalten.
der sich kräuselnd in einer Wappenform posiert. An jedem Gurt hängt Für den Fall, dass ein heissblütiger Vasmarier oder Wemar in
ein Schwert und ein Langdolch. Jeder der Uniformierten trägt auch der Gruppe ist und sich nicht einfach abführen lässt, hier die
schon einen gezückten Streitkolben oder Kriegshammer auf sich. Nur Kampfwerte der Truppe:
der Sprecher hat noch zwei freie Hände, und fährt bestimmt und rau Thorben: LE 77, INI 3, AT 9, PA 4|7, ATR 2, TP 1W+8, RW
fort: „Ihr werdet kein Wort sagen ... Ihr werdet mitkommen ... und wenn Ihr nur 8/9/8.
den Mund aufmacht oder etwas versucht, werdet Ihr es bereuen!“. Ein jeder Kämpfer: LE 68, INI 2, AT 8, PA 3|6, ATR 3, TP 1W+6, RW
versteht, dass der Kerl meint was er sagt. Während der Alte die Worte 8/9/8.
spricht, zuckt sein Gesicht vor Anspannung und Wut: Da ist viel
dahinter verborgen – Hass? Im Hafenfried
Wenn die Wanderer sich zurückhalten und friedlich den See-
Ein Späher der See-Soldaten hatte die Wanderer entdeckt – un- Soldaten folgen, werden sie in den Hafenfried geführt. Diesen Weg
ter ihnen derjenige, der angeblich aussieht wie der Kapitän der ge- werden sie auch zurücklegen, wenn die See-Soldaten zuerst Waffen-
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gewalt anwenden müssen. Der Fried ist rund, misst etwa 20 Schritt im „Schon seit Monden werden unsere Seewege von der Adler unsicher ge-
Durchmesser und ragt mit seinen fast 30 Schritt über alle anderen macht. Der Pirat und seine Mannschaft kennen die Archipele entlang der
Gebäude des Hafenviertels hinaus. Nur die hohen Masten der gröss- Westküste bestens und konnten bisher immer entkommen. Sie ziehen sich sehr
ten Schiffe ragen mehr in Himmelsnähe. oft auch in die nördlichen Gewässer zurück, in welche wir mit unseren Kriegs-
Im Fried angelangt, ist sofort klar, dass diese Soldaten keine schiffen nicht dürfen, da diese der Admiralität Gors unterliegen. Weit über hun-
gewöhnlichen Gardisten sind. Die Stadtgardisten tragen einen meeres- dert Seemänner und ein dutzend Reisende mussten bereits Ihr Leben lassen, da-
blauen Waffenrock mit einem Segel und dem Zeichen des Weststerns mit die Gesetzlosen zu Reichtum und ‚Ruhm unter Ihresgleichen‘ gelangen konn-
darüber. Die Gardisten im Fried zollen den Rotgewandeten auffallend ten.
viel Respekt. Wir haben schon Hilfe Gor erbeten, doch sie unterstützen uns nicht! Ihrer
Das Innere des Frieds wirkt ranzig und alt. An vielen Stellen Aussage nach wäre noch keines der Schiffe unter ihrer Flagge überfallen wor-
bedeckt öliger Russ die groben Steinbrocken und die breiten Steinfu- den.“
gen. Massige mit Eisen verstärkten Türen trennen kleine Wachräume
und Materialkammern vom Eingangsraum. Zu diesem Zeitpunkt Die Wanderer könnten jetzt bereits die Idee äussern, dass die
werden den Wanderern alle Waffen, Gurte, Panzerungen wie Leder- ‚Piraten‘ für Gor arbeiten. Wenn Sie den Admiral direkt darauf an-
und Plattenzeug und Helme abgenommen. Ein Weigern hätte fatale sprechen, erwidert dieser:
Folgen – Gewalt würde genutzt werden. Die Worte von Thorben: „Natürlich muss ich diese Möglichkeit in Anbetracht ziehen – jedoch
„Und jetzt Eure Waffen, Helme, auch die Gurte und das Zeug an Armen und würde ein offizieller Vorwurf dergleichen jegliche Beziehungen unserer Reiche
Beinen. Seit nett und höflich, niemand soll verletzt werden.“ Er geht auf keiner- gefährden oder gar zunichte machen, ein Wagnis, das ich nie eingehen könnte.“
lei Fragen ein und verharrt still, bis die Wanderer der Forderung nach- Nach einer kurzen Pause erzählt der Admiral weiter:
kommen. „Einer unserer Leute arbeitet verdeckt in einer amtlichen Stelle in Gor.
Unbeirrt und rasch werden die Wanderer eine geizig errichte- Wie wir von dieser Person erfahren haben, wird in einigen Tagen ein Treffen
te, zu schmale Treppe hinuntergeführt – zu den Zellen hinab. Dort stattfinden zwischen einem fürstlichen Gesandten der Nordstadt und unserem
unten werden sie alle einzeln in kleine Zellen gesperrt, das Guckloch Fürsten. Wenn dieses Schiff ausgeraubt wird – ich betone das hier: Ausgeraubt,
aber offen, sodass sie sich unterhalten können. Zwei der rotgewande- keine Opfer! –, können wir sehen, wie sie reagieren. Von ihrer Reaktion hängt
ten bleiben unten, setzen sich an einen Tisch und fangen an, über es ab, wie wir weiter vorgehen müssen, um ein für allemal unsere Seewege für die
Gerüchte zu reden, die seit kurzem im Hafen kursieren: Reisenden wieder sicher zu machen.“
„Die verdammten Weissdolche. Denken, die können ihre Gilde weiter Eine kurze Pause, in der Admiral die Wanderer hoffnungsvoll
ausbreiten und fangen ja schon an, die Händler im Nordteil der Stadt zu erpres- anschaut:
sen.“ – „Mann sollte ihnen ihre schönen Dolche in die Kehle rammen!“ – „Nun, „Und jetzt würde ich Euch gerne in eine Unternehmung einplanen...“ –
eine verdammte Plage sind sie. Tauchen immer frühzeitig unter, kennen sich aus, und er zeigt auf den Wanderer, der Calin’Car wie aus dem Gesicht
das muss man ihnen lassen.“ – „Wie die anderen, diese Langfinger. Der Alte vom geschnitten ist.
‚Anker‘ wurde letztens von diesen Dieben bestohlen. Ein dutzend seiner besten „Wenn wir ein Schiff bemannen und Ihr dabei sein werdet, dann wird der
Flaschen haben sie entwendet“ – „Hab ich auch gehört, so ein magisches Zeugs, Gesandte des Fürsten in Gor bestätigen können, dass Ihre Ladung durch den
nicht?“... gesuchten Piraten gestohlen wurde. Bieten Sie uns ihre Hilfe an, können wir
Die Wanderer werden nicht lange im Kerker des Frieds ver- davon ausgehen, dass sie kein gemeinsames Spiel mit dem Mörder treiben. Wenn
weilen. Der Alte taucht nach kurzer Zeit wieder auf und lässt die nicht, müssen wir versuchen herauszufinden, wer in Gor Einfluss auf diese Pira-
Wanderer unter schwerer Bewachung zwei Stockwerke hinauf geleiten. ten ausübt und ob Verrat geplant ist. Gibt es keine Überfälle mehr, können wir
auch davon ausgehen, dass die Piraten mit Gor zusammen arbeiteten und jetzt
Thorben sandte einen Boten zum Admiral und informierte, deren Vertrauensverhältnis gestört ist. Auch dann wissen wir, dass wir in den
dass er Calin Car gefasst hat. Der Admiral selbst macht sich auf den einflussreichen Kreisen nach Verrätern suchen müssen, die Dunmar schaden
Weg – begleitet von seiner Rechten Hand, einer Wirkerin, und trifft wollen.“
kurze Zeit später im Fried ein.
Nach dieser Erzählung herrscht Stille im Raum.
Das Verhör Der Admiral gibt den Wanderern alle Zeit die sie brauchen,
Der Raum ist gross und wird durch Licht erhellt, das durch um sich über die dargestellte Situation klar zu werden und sich zu
mattes Glass scheint. Auch bei geschlossenen Fenstern ist sichtbar, entscheiden, ob sie den Auftrag annehmen wollen. Natürlich gibt es
dass armdicke Eisenstangen ausserhalb die Fenster sichern. nur diesen Ausweg. Sollten die Wanderer nur schwer zu überzeugen
An der linken Seite eines massiven Eichentisches, der an der sein, muss ihnen auffallen, dass die Stimmung im Raum extrem ge-
Fensterseite des Raumes platziert ist, steht Thorben und mustert die trübt scheint und viel verborgener Zorn und Schmerz im Gesicht des
Wanderer zum wiederholten Mal argwöhnisch. An der rechten Seite Admirals mitspielt.
des Tisches ruht eine Frau in einem luftig vom Körper hängenden
Stoffgewand auf einem schmalen Stuhl. Nur eine feine Schnur hält
den Stoff um die Hüfte zusammen und zeigt neckisch die wohlge- Die Zusage der Wanderer
formte Figur.
Hinter dem Tisch – auf einem breit gezimmerten Stuhl sitzend Sollten die Wanderer auf Einkommen aus sein und den Admi-
– hat ein hochrangiger Offizier der Seemacht Platz genommen: Der ral darauf ansprechen, so wird er ihnen mitteilen, dass die erfolgreiche
Admiral Mer’Casandran. Teilnahme bei diesem Auftrag ihnen folgendes einbringen wird:
Einen Ausweis, der sie bemächtigt, auf unbestimmte Zeit mit
Die Frau ist eine Agentin des Admirals. Sie ist eine Wirkerin allen Handelsschiffen unter der Südstaat-Admiralität mitfahren zu
N’Jars und trägt den Namen Junaeva. dürfen – ohne zu bezahlen. Zudem sagt der Admiral den Wanderern
Mer’Casandran erkennt augenblicklich, dass es sich beim ge- zu, dass Sie bei der Festnahme der Adler ein Prozent vom Wert aller
fassten Wanderer nicht um Calin Car handelt. Er verbleibt ruhig und Reichtümer erhalten, die sie zurückerlangen. Dies können weit über
lässt zuerst etwas Zeit verstreichen – die Thorben natürlich nutzt, 100 Goldstücke sein!
um seinerseits seinen Unmut über den ‚Kapitän‘ Kund zu tun: „Mör- Sagen die Wanderer schlussendlich zu, so erhebt sich der Ad-
der, Dieb, Pirat, ...“ miral sichtlich erleichtert und mit offensichtlicher Hoffnung im Ge-
Nach einer Weile räuspert sich der Admiral und wendet sich an sicht – als hätte diese ganze, dunkle Jagd nach dem Piraten viel seiner
die Wanderer: „Ihr seid nicht der Pirat und Mörder, den wir schon so lange Lebenskraft geraubt. Mit einem kräftigen Händedruck (Handkuss bei
suchen. Aber das Schicksal scheint Euch uns gesandt zu haben.“ einer Dame) verabschiedet sich der Admiral und übergibt an Thorben.
Thorben weist die Wanderer an, in zwei Tagen morgens wie-
Der Admiral hat schnell verstanden, dass er das Erscheinen ei- der im Fried zu erscheinen und nach ihm zu verlangen. Nachdem dies
nes ‚Doppelgängers‘ für seine Zwecke bestens nutzen kann. Also hat geregelt ist, wird er sie aus dem Fried hinausbegleiten und sagt noch
er folgende Geschichte gesponnen: kurz: „Entschuldigt die Überraschung die wir Euch bereiteten, Wanderer. Ich
wünschte wir hätten es nicht tun müssen.“ – was natürlich eine gute, schau-
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spielerische Leistung ist: Thorben ist nach dem Admiral selbst der auf den ersten Blick erhascht: Mehr Schenken als man zählen kann,
Schlimmste von allen. die hübschesten Maiden der Reiche, genügend Bier und Rum so
scheint es, um eine Legion Zwergenkrieger zu verköstigen und Ham-
melkeulen, deren Duft schon morgens die Mägen der Anwohner und
Wieder in Freiheit: Im Hafenviertel... Händler neugierig knurren lassen.
...sollen sich die Wanderer ein kräftiges Bier gönnen oder an-
deren Tätigkeiten nachkommen. Das Hafenviertel bietet mehr als man
Bei diesem Angriff jedoch nützt es nichts, wenn wie bisher nur seine See-Soldaten ihn durchführen. Bei diesem Angriff muss ein
unanfechtbarer Beweis vorliegen, dass der gesuchte Kapitän der Adler für den Überfall verantwortlich ist. Da der ‚Doppelgänger‘ an Bord
des Schiffs der Angreifer sein wird, können die am Leben Gelassenen berichten, dass der in der südlichen Seehoheit gesuchte Pirat die
schreckliche Tat begangen hat. Mer’Casandran hat vor, dass die See-Soldaten, die bei diesem Auftrag die Mannschaft des Wanderers sind,
diesen und alle seine Begleiter töten – womit kein Zeuge dieses Verrates mehr am Leben wäre.
Kapitel II
7
südlichen Teil der Hafengegend kann über den Aufenthaltsort der
Mencadier Auskunft geben. He, Alter, Ihr schon wieder?!
Wenn Halvet den Wanderern im Kampf gegen Gorgron ge-
Die Mencadier holfen hat, wird es unweigerlich zur Unterhaltung kommen. War dies
nicht der Fall, so kann es jederzeit während diesem Tag wieder ge-
Die Mencadier sind eine kleine Gesellschaft von Ausgestosse- schehen, dass sich die Wanderer und der alte Kauz wieder über den
nen, die durch die Grosszügigkeit des Fürsten der Stadt am südlich Weg laufen: Sei es in einer Schenke, bei einem Händler oder auf der
abseits liegenden Ende des Hafenviertels in einigen alten, ungebrauch- Gasse – der Alte schleicht ihnen für eine gewisse Zeit nach um zu
ten Häusern hausen dürfen. Zu ihnen gehören Keraner und Lysma- erfahren was dieser ‚Doppelgänger‘ so macht, nur um diesen plötzlich
rier. Sie werden von den meisten Bürgern gemieden. Man erzählt sich anzusprechen: „Eure Ähnlichkeit ist verblüffend, unglaublich. Ihr könntet mein
die Geschichte, dass die Mencadier krank wären und ein jeder, der sie Kapitän sein.“
berührt, ebenfalls der gefährlichen Seuche erliegt. Andere wissen zu Sollten die Wanderer sich in eine Gespräch verwickeln lassen
berichten, dass diese Leute Flüchtlinge sind, die bei einem der Kriege und ihm klarmachen, dass sie etwas ernsthaftes zu berichten haben
im Norden nach Süden flohen und dabei vollkommen verarmten. (z.B. die Äusserung: „Wenn Ihr wüsstet...“), wechseln seine schelmenhaf-
ten Züge augenblicklich in wahre Besorgnis: Der Alte wird ernst und
Die Führerin der Mencadier ist eine uralte Keranerin mit Na- deutet an, dass man weiterzusprechen soll.
men Thera. Sie habe schon weit über hundert Sommer erlebt und die Erzählen die Wanderer Halvet über den Dienst im Auftrage
unergründliche Tiefe ihrer Augen scheinen das zu bestätigen. Sie der Admiralität, wird der Alte still und fragt vorsichtig weiter, um
sorgt sich um ihre Gefolgschaft wie um ihr eigenes Leben. Mit ihr zu herauszufinden, wie die Wanderer zu der Sache stehen. Er will alles
sprechen bringt nicht viel, denn sie scheint nicht fähig zu sein, eine erfahren: Auftrag, Belohnung, Zeitpunkt des Einsatzes, Opfer, wie sie
Antwort mit normalem Sinn von sich zu geben. Immer wieder ki- zum Auftrag gekommen sind, usw.
chert sie, schüttelt den Kopf, nur um dann ab und zu ernsthaft und Halvet lässt sich Zeit, alles mögliche zu erfahren – und sollten
weise den Wanderern in die Augen zu blicken. Diese Aufklärung im die Helden lügen wollen oder Fakten falsch darstellen, kann es durch-
Blick verschwindet zu schnell wieder und das alte, zittrige Weib steht aus sein, dass Halvet dies merkt: Seine Menschenkenntnis ist mehr als
‚kehrt zurück‘. überwältigend.
Calin Car brachte tatsächlich schon mehrmals Gold und Nah- Erst nachdem Halvet fest glaubt, dass von den Wanderern
rung zu den Verstossenen. Die Mencadier verlieren kein Wort über derzeit keine Gefahr für den Kapitän der Adler ausgeht, offeriert er
das „Warum“. Auf jegliche Fragen antworten sie immer sehr bedäch- ihnen, sie ins Lager der Freibeuter zu bringen. Wenn die Wanderer
tig mit „Güte hatte dieser Mann. Mögen die Glänzenden ihn begleiten.“ nicht einschlagen, wird er sicherlich Wege finden, sie dazu zu überre-
Die Glänzenden? Dies ist wohl eine Geschichte oder eine Art den. Eine Möglichkeit wäre ja, dass Halvet eine Bemerkung fallen lässt
Segnung – vielleicht gar etwas Geheimnisvolles... wie: „Wenn Ihr dem Kapitän schadet, schadet Ihr den Mencadiern. Denen hilft
Tatsächlich gibt es Geheimnisse um die Mencadier. Geheimnis- er. Ist nicht ehrenhaft, das.“ Halvet versteht es, den Wanderern beliebige
se, die sehr weit in die Vergangenheit zurückreichen und nur noch Geschichten zu erzählen, die den Kapitän der Adler nicht als Mörder
wenige wissen darüber Bescheid. Es sollen nicht die milden Winde und Räuber darstellen.
des Meeres sein, die dieses Verborgene aufdecken, doch die Zeit Wollen die Wanderer aber erfahren, was denn den Kapitän
wird kommen, da den Wanderern dieses Verborgene offenbart zum Gejagten gemacht hat, antwortet Halvet nur: „Das kann ich Euch
wird... zwar sagen, aber der Kapitän soll’s tun. Wollt Ihr’s wissen? Denn sitzt nicht rum
und kommt.“
Kapitel III
8
steinernen Untergrund des Hafenviertels und endet in einer weit in
das Hafenkliff reichende Kaverne.
Der Blick verliert sich auf einer Seite in der nassen Dunkelheit a. Nachdem der lange, düstere Geheimgang verlassen wird, betritt
der uralten Höhle, auf der anderen Seite schimmert bleiches Licht von man einen schmalen, natürlich wirkenden Steinsteg, der entlang wildernder
Fern heran und die seicht hüpfenden Wellen schimmern in Dunkel- Stalagmiten nach Westen führt – der Öffnung der Kaverne entgegen. Nach
einigen hundert Schritt endet der feuchte Weg an einer hölzernen Treppe,
blau bis Schwarz. die auf einen Steg führt.
Die Decke der Kaverne ist manchmal so hoch, dass nicht b. Dieser Steg ist aus dem Felsen heraus ins Wasser der Kaverne er-
einmal auf mehreren Schritt Höhe befestigte Laternen diese enthül- baut worden. Massives, gutes Holz und manndicke Stützpfeiler, die ganze
len... Konstruktion stabil tragen, verleihen dem Steg einen sicheren Schein.
c. Entlang des ganzen Steges führt die über 10 Schritt hohe Mauer,
die selbst 3 Schritt dick ist. Das doppelt geflügelte Tor wird durch ein
donnernd schweres Fallgitter gedeckt. Die beiden Türme zur Seite des Tors
Das Versteck der Freibeuter können oben und innen bemannt werden. Es benötigt nur 1 Person, um
das Gitter zu heben und die Tür zu öffnen.
Die Kavernenfeste d. Der Innenhof ist uneben und wellig – der Stein wurde zwar sorg-
In Richtung des Kaverneneingangs entblösst sich langsam ei- fältig bearbeitet, doch ist es offensichtlich, dass das Hauptaugenmerk der
ne Art Höhlenfeste aus der Dunkelheit: Aus dem Wasser heraus ragen Keamor die Hallen und Gänge waren – ebenso das Tor. Von diesem Hof
massive Mauern, mit grossen Blöcken erbaut. Der Anlegesteg für aus führen vier Doppeltüren ins Innere des Felsens.
Schiffe lehnt gefährlich weit von der Mauer ins Wasser und wird e. Von einem schlichten aber massiven Doppeltor geschützt ruhen
gestützt durch manndicke Stämme. Das grosse, massive Doppeltor in diesem Raum Dinge wie Waffen, Rüstungen, Waren, Nahrungsmittel
wird von einem schweren, wuchtigen Fallgitter beschützt – dennoch und vieles mehr, das in der Schlafhalle der Mannschaft keinen Platz mehr
fand. Die ganze, grosse Halle ist durch unzählige, hölzerne Gestelle unter-
scheint dies der einzige Schwachpunkt an dieser Mauer zu sein.
teilt und wirkt wie eine fremdartige Bibliothek – nur dass hier keine Bücher
zu finden sind.
Dies ist der Säbel von Calin Car, den er von seinem Vater ge- f. Zwei breite, hohe und verwinkelte Gänge verbinden die Hallen
erbt hat und zur Zeit seines Dienstes für die Admiralität an seiner der Kavernenfeste. Dies ist der Ostgang: Er verbindet den Hof mit der
Seite trug. Er hat sich geschworen, die Waffe nicht mehr zu benut- Schlafhalle der Mannschaft und der Eingangshalle der Festung. Nach der
zen bis zu dem Tage, da er sein altes Amt wieder inne hat. Links-Abzweigung führen einige Treppenstufen hinauf. Der Gang ist mit
Der Säbel ist eine Seelenwaffe und trägt den Namen Israndur. nichts verziert – nackter Stein am Boden, an Wand und Decke lächelt
Israndur ist ein Erbstück der Familie Car. Viele von ihnen waren bleich grau jeden Besucher an.
g. Die grosse Halle mit der runden Ostwand ist die Schlafhalle der
grosse Seefahrer. Es herrscht ein Einverständnis zwischen Calin und
Mannschaft. Calin’Cars Leute haben hier ihre Betten und Ausrüstung und
Israndur, dass die Waffe an der Wand wartet bis ihre Zeit wieder säubern sich auch hier in einem kleinen Bottich, der jeden Tag mit fri-
gekommen ist. schem Wasser aus der Kaverne gefüllt wird. Die Schlafhalle kann gut und
Israndurs Klinge zeigt auf der ganzen Länge einen sich wellen- gerne 40 Personen Platz zum Leben bieten.
den Seeschlangenkörper – und so scharf die Zähne dieser Bestien h. Die Eingangshalle der Festung wird vom Hof durch eine gewalti-
sind, so schmerzhaft ist der Biss der Waffe. Israndur beherrscht Ma- ge, über 5 Schritt hohe und mit eisernen Beschlägen verzierte Türe ge-
gie, doch nützt sie diese nur selten: Luftmagie. Durch das Begleiten trennt. Die Halle ist an den Wänden mit uralten Relikten vergangener
einer ganzen Familiendynastie von Seefahrern auf ihren Fahrten über Jahrhunderte geziert: Waffen und Schilde schon längst Verstorbener See-
fahrer ruhen hier an den Wänden und beobachten von oben herab die
die Weltmeere erlang die Klinge ein beeindruckendes Wissen in al-
noch Lebenden ihrer ‚Zunft’. Die Eingangshalle wird von Aussen durch
lem, was mit Seefahrt, dem Meer, Schiffen, Sternen, Wetter und der einen Treppenanstieg erreicht und führt in Richtung Norden weiter eine
Geographie der Küstenregionen zu tun hat. steile Treppe hinauf – zum Speise- und Ratssaal. Ebenso verlässt der West-
gang die Halle in Richtung der drei grossen Kammern.
i. Der Speisesaal ist der einzige Raum, der eine Feuerstelle hat – am
Kopf des Raumes, in der Mitte der Rundung. Grosse und massive Tische
mit ebenfalls massiven, dreibeinigen Hockern warten verstohlen in diesem
Raum bis zum Abend, wenn das nächste Gelage losgeht. In einer Ecke hat
es einen riesigen Wandteppich, der bis zur etwa 10 Schritt hohen Decke
ragt und ehrfürchtig eine gewaltige Wasserschlange zeigt, die sich um ein
Schiff schlängelt. In diesem Saal finden ohne weiteres bis zu 60 Personen
Platz.
j. Der Westgang ist ungleich dem Gang im Osten mit Bildern und
Wandteppichen verziert. Die Teppiche scheinen alle nördlicher Machart zu
sein: Grob gewoben aus Wolle und keine Seide zu fühlen. Die Motive sind
Berglandschaften, Pferde und stolze Reiter – oftmals auch Szenen des
Kampfes zwischen Arkwesh und dunkeln Bestien – wahrscheinlich drachi-
sche. Die Bilder zeigen einige charismatische und oftmals einschüchternde
Portraits von wahrscheinlich grossen Seefahrern – oder besser, Piraten. Es
ist, als würden die Augen der in den Bildern gefangenen die Wanderer beim
Vorbeigehen verfolgen...
9
Die Mannschaft der Adler wird gebildet von den folgenden
Dies ist der Säbel von Calin Car, den er von seinem Vater ge- Recken, allesamt erfahrene und abgebrühte Seeleute: Der Steuermann
erbt hat und zur Zeit seines Dienstes für die Admiralität an seiner Monar, die Offiziere Sedron, Grogar der ‚Titan’ und die furchterregende
Seite trug. Er hat sich geschworen, die Waffe nicht mehr zu benut- Samira. Der Koch Zheno und sein Gehilfe, der Schiffsjunge Malkav
zen bis zu dem Tage, da er sein altes Amt wieder inne hat. sorgen für das leibliche Wohl bei der Mannschaft. Die komplette
Der Säbel ist eine Seelenwaffe und trägt den Namen Israndur. Arbeit, die es auf der Adler in jeglicher Situation zu meistern gilt, ist
Israndur ist ein Erbstück der Familie Car. Viele von ihnen waren mit nur 8 Leuten machbar. Dies erlaubt es, mit einer kleinen aber
grosse Seefahrer. Es herrscht ein Einverständnis zwischen Calin und aufeinander abgespielten Mannschaft zu Reisen. Deshalb benötigt der
Israndur, dass die Waffe an der Wand wartet bis ihre Zeit wieder Kapitän auch nicht viele Matrosen, doch die, die ihm folgen, sind
gekommen ist. allesamt erste Güte: Kerandar, Darmak, Krond, Belin Sar der Vasmarier,
Israndurs Klinge zeigt auf der ganzen Länge einen sich wellen- Can’Tharn der Arkwesh, die flinke Sayona und der (wirklich) fette
den Seeschlangenkörper – und so scharf die Zähne dieser Bestien Randil, der kraftvoll und trotz seines Gewichtes behende mit den
sind, so schmerzhaft ist der Biss der Waffe. Israndur beherrscht Ma- Seilen umzugehen versteht.
gie, doch nützt sie diese nur selten: Luftmagie. Durch das Begleiten Calin Car hat bisher die ganze Mannschaft absichtlich mög-
einer ganzen Familiendynastie von Seefahrern auf ihren Fahrten über lichst klein gehalten, denn einerseits ist es schwierig, vertrauenswürdi-
die Weltmeere erlang die Klinge ein beeindruckendes Wissen in al- ge Männer und Frauen zu finden, andererseits heisst das auch, dass es
lem, was mit Seefahrt, dem Meer, Schiffen, Sternen, Wetter und der weniger Mäuler zu stopfen gibt. Und da Calin und seine Seefahrer die
Geographie der Küstenregionen zu tun hat. Handelsschiffe nicht ausrauben, haben sie auch nicht die ‚Reichtümer’
von denen die Admiralität gesprochen hat.
Der Raum von Calin Car ist gegenüber den anderen Räumen Untereinander verstehen sich alle Mannschaftsmitglieder
geradezu schlicht gehalten. Eine einfache Liegestätte, ein grosser Tisch grossartig. Einzig und alleine die beiden heissblütigen ‚Damen’ Lamari-
mit unzähligen Karten und zwei Regale, voll mit Büchern und Perga- sa und Sayona geraten sich in die Haare wegen irgendwelchen Ge-
mentrollen. Ein ausgetretener Teppich liegt am Boden und zeigt nur schichten um Männer. Dies amüsiert den Rest und schadet nieman-
noch schwach die Musterung von zartem Rot und grellem Gelb. Die dem. Die Vasmarier Emiar E’Nar und Belin Sar sammeln häufig die
vom Licht einer Laterne geworfenen, leicht zuckenden Schatten Mannschaft um sich, um Geschichten aus dem Süden zu erzählen und
zeichnen sich in den Zügen des Kapitäns der Adler ab. stolz von den Kriegen ihres Volkes zu berichten.
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von allem macht die Adler zum perfekten Schiff für einen Kapitän, Das Handelshaus war dasjenige der Familie Terenduar. Diese
der die Seewege, die Strömungen, Sandbänke und Riffe auswendig Familie war eine der ersten, die sehr einträglichen Handel mit den
kennt. Und Calin Car und sein Steuermann sind solche Seeleute und weit südlich gelegenen Stadtstaaten wie Marijn und Tihon eingegan-
konnten daher noch immer vor jeder Gefahr fliehen – mit Erfolg. gen sind. Später beim Ableben des alten Herrn der Familie wurden
alle Schiffe und Kontore and die Stadt und andere Handelsfamilien
verkauft: Die Erben wollten nichts mehr mit Seefahrt zu tun haben.
Diese Quelleninformation von Calin Car muss möglichst neutral bleiben. Calin Car sieht tatsächlich aus, als wäre er der ‚verlorene’ Bruder eines Wanderers. Deshalb muss
man sich vorstellen, dass die nachträglichen Informationen immer auf die Region beziehen, aus der Wanderer stammt.
Calin Car war der zweitjüngste Sohn Calins Fähigkeiten machten sich Auf einer dieser Verfolgungen jagte
des Seefahrers Ran Car. Der fleissige und er- schnell bemerkbar und so verwunderte es nicht, die Westwind den berüchtigten Thash’Nat, den
folgreiche Navigator brachte zusammen mit dass er sich nach nur wenigen Jahren vom Mat- lysmarischen Seeräuber und seine Mannschaft,
seiner Frau Saijra drei Kinder zur Welt – und rosen zum Navigator eines grossen Kriegsschif- zu der auch ein Al’Mentar gehörte. Diese Ver-
zum Stolze des Vaters drei prächtige Knaben: fes aufarbeitete. folgung und der anschliessende Kampf auf ho-
Der älteste Sohn ist Horan, ein kon- Wegen seiner Fähigkeiten und einem her See war das bisher erste und einzige Mal, als
zentrierter, ruhiger Bursche, der den Weg eines herausragenden Talent, Schwierigkeiten zu er- die Westwind wirklich gefährdet war. Nach ei-
Gelehrten wählte und seit einigen Jahren in der kennen und zu umgehen, wurde er zum Kapi- nem stundenlangen Gemetzel konnte die erfah-
grossen Volksbibliothek in Sirn sein Amt tut. tän der Westwind berufen. Die Westwind ist das rene und disziplinierte Mannschaft Calins die
Er ist Spezialist in der Kunde der Sphären und persönliche Kriegsschiff des jeweiligen Admi- Seeräuber überwältigen und deren Kapitän,
speziell in Fragen zu elementaren Kräften. Sei- rals der See-Streitmacht des Tha’R. Thash’Nat, wurde im Kampf getötet.
ne Familie selbst weiss nicht, ob er ein Mit grossem Erfolg und Ruhm geehrt, Dieser Erfolg brachte Calin Car grosse
Al’Mashar ist. führte Calin Car die Westwind immer wieder in Ehre und die Möglichkeit, ab sofort in Nicht-
Der jüngste Sohn trägt den blumigen Schlachten und auf Expeditionen. Auch wenn Kriegszeiten mit der Westwind ‚frei’ zu segeln
Namen Lasvandear und verdingt sich sehr er- die Expeditionen als solches selten Früchte tru- und im Dienste der Admiralität spezielle,
folgreich als Navigator auf einem Handelsschiff gen, wusste man zu berichten, dass der ‚Kapi- schwierige Aufträge zu erledigen. Zu diesen
eines lysmarischen Händlers. Er soll die weit tän’ die Gunst der See jeweils zu nutzen wusste Aufträgen gehörten Dinge wie Handelsschiffe
nördlich liegenden Buchten des Reiches Akwar und seine Mannschaft oft auch aus gefährlichen begleiten, Inseln nach möglichen Piraten-
wie kein anderer kennen und begleitete schon Situationen rettete. Nestern auskundschaften, Riffe und Sandbänke
viele Expeditionen in den hohen Norden – zur Calin Car gehört zu denjenigen, die entlang der Westküste zu kartographieren und
Erkundung von Inseln und Küstengebieten sich von unten herauf ihr Können und ihren auch, einsame Hafenfesten draussen im West-
fernab der Westküste. Ruf erarbeiten und daher den Respekt der Un- meer anzufahren und sicherzustellen, dass alles
Der mittlere Sohn ist die Schlüsselfi- tergebenen ehrlich erlangt und nicht nur des- im Sinne des Tha’R gehandhabt wird.
gur dieser Geschichte: Calin Car. Calin wurde halb, weil er über einen höheren Rang in der
schon früh von seinem Vater auf See-Reisen Armee verfügt. Calin Car schaffte es, seinen Traum
mitgenommen und als Navigator ausgebildet. In See-Schlachten und auf Verfolgun- wahr zu machen. Es gelang ihm, den Weg von
Er sollte, so der Wunsch des Vaters, die Famili- gen über die Wellen der Meere zeigte Calin Car unten bis ganz nach oben zu beschreiten und
en-Tradition der Seefahrt weitertragen und da- immer äusserste Härte. Dies brachte ihm den ist auch jetzt wieder an einem Punkt angelangt,
mit seine Vorfahren ehren. Calin jedoch hatte Ruf, ein ‚eherner’ Seemann zu sein. Speziell bei da er sich beweisen muss. Das, so hat er bewie-
seine eigenen Ideen und folgte einem anderen der Jagd nach Piraten kannte er keine Gnade – sen, beherrscht er meisterlich.
Weg: Er wählte die Admiralität und verschrieb sind es doch diese Verbrecher, die schon einige
sich einer Karriere in der Armee – im Dienste Male fast seinen Vater gefangen genommen
des Tha’R. oder gar getötet hatten.
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So stellt Calin seine Mannschaft vor...
Was geschah vor drei Jahren? ausgehen, das sein Kapitän den Inhalt der offenen Truhe erblickt
hat.
Calin Car ist nicht gewillt, jedem über seine Vergangenheit zu Er beauftragte vier seiner See-Soldaten, den Kapitän umzubrin-
erzählen. In Anbetracht der Situation aber offenbart er seine Vergan- gen. Der Kapitän war gerade auf Landgang und sinnierte darüber
genheit... nach, was er unternehmen kann, um den Admiral eines Besseren zu
überzeugen oder wenn es sein musste, ihn gar vor Gericht zu brin-
Calin stammt aus einer alten, ehrwürdigen Seefahrer-Familie. Er gen.
war der erste, der die Armee als seinen Tummelplatz wählte und war Die Wirkerin spürte Calin auf und führte die See-Soldaten, ge-
bis zum Verrat schon 24 Jahre im Dienst der Admiralität. Seine her- tarnt als Diebe, dorthin. Der Kampf in der dunklen Gasse war blutig
ausragenden Fähigkeiten verschafften ihm schnell den Rang des Ka- und grausam. Was die Wirkerin und die See-Soldaten nicht wussten:
pitäns der berühmten Westwind, dem Admiralsschiff der Seeflotte. Calin trug an seiner Seite eine Seelenwaffe, mit derer Hilfe er den
Er musste feststellen, dass der Admiral oft ungeplant an be- See-Soldaten überlegen war und mit Hilfe derer Magie er schlussend-
stimmten Häfen anlegte und versiegelte Truhen an Bord nahm. Bei lich fliehen konnte. Selbst die Wirkerin konnte dieser Flucht nichts
Gesetzt darf niemand die Truhen eines Admirals öffnen, mit Aus- entgegensetzen, zu schnell und zu unerwartet geschah es. Drei der
nahme von ihm selbst und der Regierenden, die über die Armee be- See-Soldaten waren tot und der Kapitän auf und davon.
fehligen. Die Rechte Hand des Admirals, die Wirkerin Junaeva fand Die Wirkerin sorgte dafür, dass andere See-Soldaten ihre er-
heraus, dass der Kapitän sich in der Admiralskajüte befand und die schlagenen Kameraden in die Kajüte des Kapitäns und den Kajüten-
Truhen erblickt haben musste, wobei eine davon geöffnet war. Es gang trugen und sicherstellten, dass das ganze wie ein Kampfplatz
verging keine Stunde, bis der Admiral entschieden hat, dass er den wirkte – noch war die Mannschaft auf Landgang, Eile herrschte. Der
Kapitän loswerden musste, besser tot als lebendig: Er musste davon Admiral hatte in der Zwischenzeit vom verbotenen Rauschkraut und
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den Giften an wohl gehüteten Orten der Kapitänskajüte platziert, Besatzung in Gorgrons Befestigung. Sie sammelten alle Reichtümer:
dass es den Anschein machte, Calin hätte diese verbergen wollen – Weit über 1000 Goldstücke.
geschmuggelt eben. Kurz bevor die Sturmsängerin und die Adler in ummittelbare
Erst nachdem dies geschah, fand sich der Kapitän wieder auf Nähe des Handelsschiffes und des begleitenden Wachschiffes ge-
dem Steg ein um zu seinem Schiff zurückzukehren – er hätte nie langten, liess sich die Adler zurückfallen und setzte sich mit einer
Gedacht, dass dies eine Verschwörung ist, lag die Westwind ja im harten Wendung ab. Gorgron konnte diesem Manöver nicht folgen,
berühmt berüchtigten Hafen Thanrabar an Anker, berüchtigt wegen da die Adler hinter ihm segelte. Er musste sich zuerst des Wachschif-
der Gesetzlosen. Was Calin erwartete waren schwer bewaffnete See- fes und deren Söldnern entledigen, was ihm unter grossen Verlusten
Soldaten und eine Mannschaft, die ihn lynchen wollte. Das halbher- auch gelang. Die Verfolgung der Adler hielt nur eine kurze Weile an,
zig weggewaschene Blut auf seiner Kleidung sprach Bände und nun dann segelte ihm Calin in einem von Sandbänken durchzogenen Ge-
musste er wirklich um sein Leben rennen... biet davon.
...seit diesem Tag war Calin nicht mehr gesehen worden. Nach Die Reichtümer Gorgrons wurden an Bord der Adler genom-
und nach beendeten einige erfahrene Seeleute den Dienst auf der men und Calin segelte in Richtung Kavernenfeste davon.
Westwind – sie hatten durch Calin aus seiner Sicht erfahren was ge- Gorgron hat nie erfahren, wo sich das Versteck der Adler be-
schehen ist und folgten ihm treu. findet, doch hat er alles versucht, das herauszufinden. Würde für
Der Fürst des Staates deklarierte Calin schuldig für Handel mit seinen eigenen Kopf keine Belohnung bezahlt, hätte er womöglich
verbotener Ware, Mord und Flucht. Er wird bei Todesstrafe gesucht. längst seine Hilfe den See-Soldaten angeboten. Er konnte ja nicht
Ein grosses Kopfgeld wurde damals auf ihn ausgesetzt, das sich fort- wissen, dass seine Hilfe auf Dankbarkeit gestossen wäre...
an nur noch erhöhte. Von den über 1000 Goldstücken haben Calin und seine Mann-
schaft die Hälfte an die Mencadier gegeben, die Ausgestossenen, die
in alten Gebäuden der Hafenstadt hausen dürfen. Dies geschah aus
Wie war das mit den Mencadiern? Mitleid und dem Drang zu helfen, nicht, weil er sich irgendetwas
davon erhofft hätte. Die armen Leute dort brauchten Gold, um ihre
Das Ereignis mit den Mencadiern sollte die Wanderer schluss- grosse Anzahl gut durch den Winter zu bringen.
endlich davon überzeugen, dass Calin Car kein Mörder sondern ein
rechtschaffener Mensch ist und die Gerüchte um ihn Unwahres erzäh-
len... Warum machte Calin immer weiter?
Gorgron, der brutale Schläger und seine Mannschaft wussten Calin Car hat auf seinen friedvollen ‚Raubzügen’ bereits meh-
nicht, dass Calin Car und seine Besatzung keine Halsabschneider rere versiegelte Truhen des Admirals erbeutet und diese noch immer
waren und hielten sie für die Piraten, als die sie dargestellt werden. In versiegelt in der Kavernenfeste unter Verschluss. Warum liess er diese
einer Nacht mit viel Tabak und Pfeifenrauch ging Calin ein Geschäft Truhen nicht schon vor langer Zeit dem Fürsten zukommen? Warum
mit Gorgron ein, ihm beim Überfall auf ein eskortiertes Handels- machte er weiter – schon über zwei Jahre?
schiff zu helfen. Sie machten ab, dass ihre beiden Schiffe von der
Bucht bei Gorgrons Versteck die Verfolgung der zwei Schiffe auf- Calin Car wollte zu Beginn seines Rachefeldzuges gegen den
nehmen – wobei einige von Calins Mannschaft im Lager Gorgrons Admiral nur diesen überführen. Er auferlegte sich selbst als recht-
zurückblieben – es waren die beiden Südländer. Gorgrons Schiff war schaffener und ehrlicher Soldat die Aufgabe, den ganzen Schmugg-
die Sturmsängerin, denn wenn der Wind durch die Takelage pfiff, ler- und Händlerring des Admirals zu entlarven und aufzudecken.
brach er sich immer in einer Art Heulen und Flüstern. Dieser Schmugglerring ist jedoch meisterlich organisiert und die
Während die Adler am Tag des Überfalls dem Schiff Gorgrons Verkäufer wie auch die Vertreiber der Kräuter und Gifte sind erfah-
folgte, überwältigten die beiden südländischen Schwertmeister die ren und fast nicht aufzuspüren.
13
Kapitel IV
Die Adler hat wieder zugeschlagen! Es fällt sofort auf, dass einige der See-Soldaten, darunter Thor-
ben, verletzt sind. Auf die Frage, was vorgefallen ist, kommt von
Dieser Vorfall soll dazu dienlich sein, die Wanderer davon zu Thorben eine nüchterne Antwort: „Wir bekämpfen nicht nur Schurken
überzeugen, dass Calin Car nicht für die ‚blutigen’ Überfälle auf Han- zur See – gestern hatten wir ein Handgemenge bei den Lagerhäusern.“
delsschiffe verantwortlich ist. Wenn die Wanderer durch Halvet in Handgemenge? See-Soldaten sind verletzt, ebenso Thorben
Kontakt mit Calin Car gekommen sind, findet dieser Überfall direkt selbst. Thorbens rechte Hand, Hordram, der sonst immer an Thor-
dann statt, wenn die Wanderer ihre Zeit an der Seite von Calin und bens Seite weilt, fehlt. Handgemenge mit wem? Mit einem Haufen
seiner Mannschaft verbringen, mit der Adler auf Anker – ein unan- vasmarischer Schwertmeister?
fechtbarer Beweis seiner Unschuld. Bei jeglichen Zweifeln nützt ein kurzes Nachfragen bei den
Händlern im Lagerviertel und den Kontoren selbst, um herauszufin-
Sind die Wanderer bis zu diesem Abend Calin Car noch nicht den, dass keinerlei Gewalttätigkeit stattgefunden hat.
begegnet, sollte folgendes Szenario eintreffen:
Beendet der Admiral die Erzählung, weist er Thorben an, eine
Am späteren Abend begegnen die Wanderer dem echten Calin Karte vor dem Admiral auszurollen. Die Karte zeigt die Westküste,
Car – Auge in Auge stehen sie sich in der Gasse gegenüber. Calin auf der beide Hafenstädte eingezeichnet sind sowie das gewaltige
entfernt sich sofort, ohne ein Wort zu verlieren – es scheint, als wä- Archipel, durch welches die Handelsroute zwischen den beiden Städ-
ren einige seiner Mannschaft bei ihm. Dies kann so dramatisch ge- ten führt. Eine Stelle des Archipels ist markiert und zeigt die Strö-
schildert werden, dass die Wanderer ihnen nachsetzen und es zu ei- mung, die von Norden nach Süden reisende Schiffe befahren. Schiffe,
ner langen, anstrengenden Verfolgung kommt. Die ‚Flucht‘ führt die nach Norden segeln, umfahren das Archipel entweder im Westen
zum Tümmler, der Schenke, in der sich Calins Mannschaft oft aufhält. oder wenn es sich um leichte Schiffe handelt, entlang der Westküste,
Dort hört die Verfolgung plötzlich auf und Calin geht auf eine Dis- da das Wasser dort etwas seichter ist.
kussion mit den Wanderern ein. Sollten die Wanderer gewalttätig Thorben zeigt, wo die See-Soldaten mit ihrem Schiff Anker
werden wollen, müssen Sie feststellen, dass der Rückweg von zwei lassen werden, um auf das fürstliche Schiff zu warten. Ebenso weist er
gefährlich wirkenden Vasmariern blockiert ist. Die Waffen der Kin- darauf hin, wo ungefähr der Angriff stattfinden muss, damit eine
der des Krieges ruhen noch in deren Scheiden. Mehr Seeleute treten Flucht des fürstlichen Schiffes erschwert oder gar unmöglich wird.
aus einer kleinen Tür in die schmale Gasse hinaus – alle von Calins Die ganze Planung dauert bis in den Nachmittag hinein und
Mannschaft. Die Wanderer werden jetzt durch Calin dazu gebracht, umfasst nebst der Besprechung der Platzierung des Schiffes auch
ihm zu folgen. Sie erreichen so auch die Kavernenfeste, auf demsel- Punkte wie: Wer macht was? Wo hält sich der Wanderer auf? Was
ben Weg, auf dem Halvet sie dorthin geführt hätte. machen die Begleiter des Wanderers? usw.
Mer’Casandran betont wiederholt, dass keiner absichtlich ver-
In der Nacht erreicht ein Handelsschiff den Hafen – teilweise letzt werden darf und nur wenige, aber wertvolle Güter entwendet
abgebrannt und mehrere Tote an Bord. Der Aussage der Besatzung werden müssen. Er deutet auch darauf hin, dass diese Güter im Lager
zufolge wurde das Schiff von der Adler nahe der Küste angegriffen – des Frieds aufbewahrt werden– solange, bis die Mörder gefasst und
genau zu der Zeit, als die Wanderer mit Calin Car zu tun hatten. deren Lager aufgespürt wurde. Die entwendeten Güter würde man
dann unter das ‚gefundene’ Diebesgut geben und auf diesem Weg
wieder den rechtmässigen Besitzern zukommen lassen.
Der Plan für den Überfall
Der Admiral muss den Wanderern den ganzen Plan offen legen.
Am Morgen des dritten Tages sollten sich die Wanderer wie- Die Wanderer müssen den Anschein haben, als habe Mer’Casandran
der im Fried einfinden. Sie müssen nicht einmal nach Thorben schi- nichts zu verbergen. Jeglicher Zweifel von Seiten der Wanderer
cken lassen – denn dieser empfängt sie bereits am Eingang des Ha- könnte den Plan des Admirals vereiteln – das weiss er und deshalb
fenfrieds. Ohne Worte zu verlieren, werden die Wanderer in dasselbe spielt er riskant mit offenen Karten.
Zimmer geführt, in welchem sie dem Admiral vorgeführt wurden. Der Die letzten Schilderungen des Admirals klingen zu schön um
Admiral selbst ist wieder anwesend, ebenso seine Rechte Hand, die wahr zu sein. Wie bereits bekannt, will Mer’Casandran jeden der
Wirkerin Junaeva. Wanderer umbringen und den Überfall in ein Blutbad ausarten las-
„Wie Ihr sicherlich schon gehört und gesehen habt, mussten wir heute sen. Die gestohlenen Reichtümer wird er für sich selbst behalten und
Nacht wieder trauern über den Verlust guter Seeleute und unschuldiger Reisender den See-Soldaten natürlich einen grossen Anteil davon abtreten – für
– die Adler hat sich auch nicht zurückgehalten beim Diebstahl der wertvollsten die immer treu geleisteten Dienste.
Waren. Das Schiff kam vom Süden und wurde einige Meilen südlich überfallen.“ Mit diesem Informationen sollten die Wanderer, so rasch als
möglich zu Calin Car gelangen. Haben die Wanderer bisher noch
keinen Kontakt mit Calin aufgenommen, so sollten sie jetzt noch-
mals Halvet begegnen, der sie dann zum Kapitän führen wird.
14
Kapitel V
Nachdem die Wanderer die Wahrheit kennen, können sie für holen kann bis sie nur noch als Futter für die Wasserschlangen zu
sich entscheiden, welcher Seite sie helfen. Es anerbieten sich unter gebrauchen sind...
anderem die folgenden drei Pläne:
Das Vorgehen
Calin und seine Mannschaft auszuliefern ist nicht so einfach,
Plan I: Der Admiral muss überführt werden! auch wenn die Wanderer den Eingang zum Geheimgang kennen und
ungefähr sagen können, wo sich die versteckte Kaverne befindet. Auf
Diese Lösung ist anstrebenswert. Am besten wird der Admiral die eine oder andere Art wird es zumindest einem Teil von Calins
dadurch überführt, dass er in seinen verschlossenen Truhen die Mannschaft gelingen – gedeckt durch die beiden Vasmarier, die den
Schmuggelware transportiert. Ebenso ist es möglich, dem Fürsten die See-Soldaten einen horrenden Blutzoll abverlangen –, auf die Adler zu
erbeuteten und noch immer versiegelten Admiralstruhen vorzuführen. flüchten und die Kaverne zu verlassen. Auch wenn entlang der Küste
Das Problem ist: Das Hafenviertel ist ummauert und einige See- Schiffe des Admirals warten, wird der Steuermann dennoch einen Weg
Soldaten prüfen seit gewisser Zeit alle Karren nach deren Waren. Das durch die Sandbänke finden, in denen die Schiffe der See-Soldaten
wichtigste vorerst ist jedoch... ihnen nicht zu folgen wissen. Es wird, wie bei Plan I und Plan III zu
einer Verfolgung auf hoher See kommen, bei der am Ende die See-
...die Vereitlung des Überfalls Soldaten und die Wanderer über Calins und seine verbliebene Mann-
Die See-Soldaten und die Wanderer sollen als Adler getarnt schaft triumphieren werden.
das fürstliche Schiff überfallen. Dieser Überfall muss vereitelt werden.
Die Wanderer selbst sind zu wenige, um sich gegen die erfahrenen
und kampfstarken See-Soldaten zu stellen. Die einzige Lösung hier: Plan III: Den Fürst von Gor warnen?
Calin Car und seine Mannschaft. Da die Wanderer alle Details des
Überfalls erfahren haben, können sie mit Calin und seiner Mannschaft Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Regierenden der
alles perfekt planen. Stadt Gor zu warnen. Dies ist machbar, wenn am nächsten Tag ein
Reiter oder ein Mau’Reen der ansässigen Botengilde Vaarearn mit einer
Was der Fürst wissen sollte... Mitteilung an das Fürstenhaus losgeschickt wird. Diese Nachricht soll
Wenn der Überfall erfolgreich vereitelt wurde, sollten die ge- das Fürstenhaus dazu veranlassen, weniger Waren in den Süden zu
fangenen See-Soldaten dem Fürsten vorgeführt werden. Der fürstliche transportieren, dafür den freien Laderaum für bewaffnete Krieger zur
Gesandte des Nordstaates wird diesem Treffen beiwohnen und für Verfügung zu stellen. Kommt es dann auf hoher See zum Kampf,
Calin Car und gegen die Machenschaften der See-Soldaten sprechen. wird die kriegerische Übermacht des fürstlichen Schiffes aus Gor die
Der Fürst wird umgehend nach dem Admiral schicken lassen. See-Soldaten niederzwingen. Diese Lösung spielt Hand in Hand mit
Plan I und endet auf dieselbe Weise.
Mer’Casandrans Flucht
Der Admiral wird die Einfahrt der echten und der falschen Das Vorgehen
Adler, sowie des fürstlichen Handelsschiffes mit Sicherheit wahrneh- Die Wanderer könnten gerechtfertigter Weise Zweifel hegen,
men und weiss sofort was geschehen ist: Sein Plan war nicht erfolg- das diese Warnung Früchte trägt: Das Fürstenhaus könnte veranlas-
reich. Umgehend wird er den Rest seiner See-Soldaten mobilisieren sen, dass das Schiff nicht auf die Reise gesandt wird – dann wäre diese
und die „Westwind“ bereitmachen, in See zu stechen. Er weiss, dass er einmalige Chance vergeben. Die Lösung liegt nahe...
keinerlei Möglichkeiten hat, die jetzt gegen ihn deutenden Tatsachen Wenn Calin Car selbst unterzeichnet und seinen alten Siegel-
zu leugnen und sucht das Heil in der Flucht. Durch seinen verdeckten ring der Admiralität benutzt, wird das Fürstenhaus in Gor die Nach-
Handel mit Rauschkraut und Giften hat er ein grosses Vermögen richt ernst nehmen und die Wahrheit darin erkennen. Es wird klar,
angehäuft, mit welchem er sich problemlos eine neue Existenz auf- dass derjenige, der hier der ausgespielte Dritte sein soll, die Opfer
bauen kann – doch als erstes muss er entkommen. Kapitel VII erzählt warnt. Ebenso würde er keine Warnung schreiben, würde er selbst den
über die letzte Fahrt der Westwind. Überfall planen – denn nun können alle wertvollen Waren und Reich-
tümer zurückbehalten und dafür gerüstete Streitkräfte transportiert
werden, um diesen Überfall niederzuschlagen.
Plan II: Die Freibeuter ausliefern? Natürlich kann bei dieser Lösung auch die Adler noch ins
Spiel gebracht werden: Die ‚falsche’ Adler greift das fürstliche Schiff
Diese Lösung ist von Seiten der Belohnung die reizvollste. an. Zur gleichen Zeit gesellt sich die Adler unter Calin Car ins Ge-
Das Kopfgeld von Calin Car ist derzeit 600 Goldstücke und dasjenige tümmel und stellt sicher, dass die See-Soldaten so schnell und
aller seiner Mannschaftsmitglieder auf je 80. Die Wanderer können schmerzlos wie möglich bezwungen werden.
durch geschicktes und hartnäckiges Handeln auch die nach dem Ver-
hör angesprochene Belohnung erhalten und müssen zudem nicht den Calins Siegelring zeigt einen Anker, der hinter einem Wappen-
‚fragwürdigen’ Auftrag ausführen: Somit sind sie dem Admiral nicht schild hervorragt. Der Schild trägt ein geschwungenes „C“, das für
im Wege und spielen nicht unbewusst mit ihrem Leben. Gerüchte und „Car“ steht und wird oben von einem schmalen, wehenden Flaggen-
Gerede um die Kaltblütigkeit der Wanderer werden sich aber ausbrei- tuch umgarnt. Das Flaggentuch ist dem ursprünglichen Familien-
ten und in Kürze weiss ein jeder Seemann wer ein Verräter ist. Dies wappen hinzugefügt und zeigt, dass der Ringträger ein Offizier der
kann soweit führen, dass die Wanderer auf einem Handelsschiff Admiralität ist.
freundlich empfängt, nur damit man sie draussen auf hoher See Kiel-
15
Kapitel VI
Der Überfall
Früh morgens am dritten Tag segeln die Wanderer an Bord Die Falle kann auf zwei verschiedene Arten zuschnappen:
eines kleinen Kriegsschiffes der Admiralität in die See hinaus und Wurde der Fürst des Nordstaates mit einem Schreiben gewarnt, tritt
halten nach Norden. Auf dem Schiff befinden sich nur See-Soldaten. Falle 1 in Kraft. Wurde kein Schreiben aufgesetzt und kommt nur
Nach etwa drei Stunden wird ein anderes Schiff gesichtet: Die ‚falsche’ Calins Mannschaft zur Hilfe, gilt Falle 2.
Adler. Es ist verblüffend, wie ähnlich diese Fälschung gegenüber dem
Original ist und es bleibt kein Zweifel offen, dass Opfer der See- Falle 1 – kriegerische Übermacht: Plötzlich packen einige
Soldaten, die als Adler-Mannschaft getarnt waren, wirklich zu wissen der Seemänner auf dem fürstlichen Schiff ihrerseits Enterhaken und
glaubten, dass Calin Car sie überfallen hat. Sie mussten ihn nicht schleudern diese hoch in die Takelage der falschen Adler. Als dies
einmal gesehen haben. geschieht, geht ein Raunen durch die Reihen der See-Soldaten und
Sobald die falsche Adler erreicht wird, wechseln die Wanderer noch bevor Thorben darauf reagieren kann öffnen sich im Deck zwei
und einige der See-Soldaten mit einem Boot vom Kriegsschiff zum Luken, sowie die Türe in den Aufbau und eine nicht abzuschätzende
anderen und segeln damit weiter in Richtung Norden. Anzahl mit Schwertern, Äxten und Lanzen bewaffneter Gardekrieger
Die Wanderer werden angehalten, alle Waffen und Rüstungs- des fürstlichen Gesandten Gors stürmen hervor.
teile, die für Seefahrer untypisch sind, abzulegen. Sie empfehlen, nur Von einem Moment auf den anderen ändert sich alles: Die
Einhandwaffen zu tragen und jegliche Panzerung aus und mit metalle- See-Soldaten versuchen, die Haken in ihrer Takelage zu entfernen,
nen Teilen für das kommende ‚Theater’ in der Kajüte zu lassen. wobei einige von ihnen bereits von den langen Lanzen erfasst werden.
Die Fahrt dauert ungefähr eine weitere Stunde zum Anker- Die eigenen Hakenseile werden über Bord geworfen und eine Waffe
platz der falschen Adler: Eine seichte Bucht, die von drei Richtungen nach der anderen wird gezogen.
mit hohen Klippen geschützt ist und dessen Ausfahrt an einem Felsen Der Steuermann der See-Soldaten will hart nach links wenden
vorbeiführt, der das Schiff deckt. Sofort wird ein See-Soldat mit einem und die Wucht bringt beide Schiffe etwas in Schieflage.
kleinen Boot an Land gelassen. Dieser versteckt sich auf dem felsigen Schon setzen die ersten Gardekrieger mit mächtigen Sätzen
Kliff und gibt ein Zeichen, sobald das fürstliche Schiff sich kurz vor auf die falsche Adler über und verwickeln die See-Soldaten in blutige
der Bucht befindet. Kämpfe.
Das Warten beginnt... Es ist möglich, dass sich Calin Car auch schon hier zu den
Wanderern gesellt und sich dem Kampf gegen die See-Soldaten an-
„Schiff voraus!“ schliesst.
...erhallt der Schrei des Spähers und von einer Sekunde auf die
andere kommt reges Leben auf. Jeder Handgriff der See-Soldaten sitzt. Falle 2 – Calin Car greift ein: Haben die Wanderer mit Ca-
Der ‚Doppelgänger’ wird angewiesen, auf der Steuerplattform Stellung lin Car vereinbart, dass er etwas südlicher in einer Bucht wartet um
zu nehmen und seine Begleiter mit leichten Aufgaben betreut: Sie einzugreifen, erscheint jetzt in weniger als hundert Schritt Entfernung
müssen helfen den Anker einzuholen und die Segel zu hissen. Es die echte Adler und ihre Mannschaft. Es geht nur Minuten, bis die
vergehen nur wenige Minuten, und die falsche Adler befindet sich in Adler durch ihren hervorragenden Steuermann Monar die andere
leichter Fahrt aus der Bucht heraus. Gerade als der Felsen in der Breitseite des Handelschiffes erreicht hat und die beiden Vasmarier
Bucht passiert wird, erscheint in der breiten Strömung des Archipels Emiar und Belin mit gewagten Sprüngen übersetzen. Die beiden
das grosse, fürstliche Handelsschiff. Schwertmeister werfen sich sofort auf die See-Soldaten und schaffen
es in kürzester Zeit, eine Grosszahl dieser in einem Wirbel von Klin-
„Wir kommen näher!“ gen niederzuzwingen.
...schreit Thorben seinen Soldaten zu. Es ist nicht zu überse-
hen, dass es den See-Soldaten fast schon Entzücken bereitet, Jagd auf Welche Falle auch zuschnappt, es ist jetzt an den Wanderern,
dieses Schiff zu machen – und im Wissen um die Wahrheit ist dies sich einzumischen oder die blutige Arbeit den Gardekriegern zu
verständlich. Die See-Soldaten verstehen ihr Handwerk, das wird den überlassen. Aber wer, wenn er schon die Möglichkeit hat, hält sich
Wanderern schnell klar. Auf dem fürstlichen Handelsschiff bemerkt hier zurück? Ein würdiger Gegner für die Wanderer wäre Thorben
man ein wirres Durcheinander – es scheint, sie haben begriffen, dass selbst – noch immer auf der Plattform des Steuermanns zu finden –
es sich hier um einen Überfall handelt. und der Steuermann, damit dieser mit seinen Manövern aufhört und
die Schiffe nicht gefährdet. Thorbens Kampfwerte sind im Kapitel I
Wurde das Fürstenhaus des Nordstaates durch die Wanderer angegeben. Der Steuermann gilt als erfahrener Kämpfer.
und Calin mit einer Nachricht gewarnt, werden in diesem Moment Dieser Kampf soll ein vollkommen neues Gefühl darstellen: Es
die Krieger an Bord des Handelsschiffes angewiesen, sich zu wapp- sind zwei Dinge – Kampf zu Lande und Kampf auf einem wogen-
nen und bereit zu stehen. den Schiff. Sollten die Wanderer mit Thorbens Erfahrung und dem
Das Handelsschiff bietet der falschen Adler auf jeden Fall eine Steuermann Probleme haben, wird einer von Calins Vasmariern zu
Verfolgung, damit die See-Soldaten keinen Verdacht schöpfen. Hilfe eilen und den Kampf dadurch zu Gunsten der Wanderer ent-
scheiden.
Enterhaken
Nach fast einer halben Stunde Verfolgung mit vollen Segeln Die toten See-Soldaten werden auf dem Deck der falschen
schafft es Thorbens Mannschaft, die falsche Adler Seite an Seite mit Adler gesammelt. Die Gefangenen werden gefesselt und auf dem
dem fürstlichen Handelsschiff zu bringen. Mehrere See-Soldaten fürstlichen Handelsschiff in Gewahrsam genommen.
werfen wuchtige, dreizackige Enterhaken, die sich allesamt in der
Takelage und der Reling festbeissen und kurzerhand straff gespannt Calin Car wird durch den fürstlichen Gesandten Eneonar
werden. Einige See-Soldaten nehmen bereits Position in der seitlichen d’Arman gebeten, sie bis in den Hafen zu begleiten. Calin Car hat
Takelage ein, um so bald als möglich auf das Handelsschiff überzuset- nichts dagegen, denn er hat voraus geplant und die erbeuteten Truhen
zen. Mehrere kräftige Seemänner ziehen derart stark an den Hakensei- des Admirals auf diese Fahrt mitgenommen.
len, dass die Adern an Schläfe, Hals und Armen hervortreten. Ein
stetes, gierendes Knarren übertönt angstvolle Schreie von Seemännern Eneonar d’Arman bittet die Wanderer und Calin, ihn doch
des Handelsschiffes, auf dessen Deck keine Reisenden mehr zu sehen über das Ganze aufzuklären. Er hört still und aufmerksam zu und
sind. bekräftigt, dass Calin Car und seine gesamte Mannschaft auf seine
Hilfe zählen können.
Die Falle schnappt zu
16
Kapitel VI
Die Rückkehr in den Hafen Kaum am Hafen angelangt, legt die versammelte Mannschaft
Die weitere Fahrt durch das Archipel verläuft für die drei der Adler Hand an, um das stolze und gefürchtete Schiff in See ste-
Schiffe ruhig. Die Kontrolle der falschen Adler übernahm Calin selbst. chen zu lassen. Wie durch Magie geleitet geht alles blitzschnell und
Nach etwa fünf Stunden leichter Fahrt mit Wind von Westen errei- die Adler schwenkt bereits wenige Minuten später mit leicht gebläh-
chen die Schiffe die breite Einfahrt des Hafens. Es ist früher Nachmit- ten Segeln in Richtung See.
tag und das Treiben entlang der Hafenstrasse wirkt wie tausend bunter
Punkte die miteinander tanzen. Die Westwind in den Fängen des Adlers
Je näher die drei Schiffe den weit in das Hafengewässer hin- Die Westwind ist ein mittelgrosses, wunderschönes Kriegs-
einreichenden Stegen kommen, umso stärker hört man an Land Rufe schiff mit einem hohen Segelmast und kleinen Bug-Segeln. Entlang
und Schreie: „Die Piraten! Die Adler! Die Piraten laufen ein!“ Dieses Ge- der ganzen Reling ist das Holz mit Metall ausgekleidet, damit Enterha-
rücht verbreitet sich wie ein Lauffeuer durch die Gassen und Strassen, ken nicht im Holz fassen können. Die kühle Luft des späten Nachmit-
von Platz zu Platz und Schenke zu Schenke. Noch bevor die Wande- tags ist erfrischend und fröstelnd zugleich. Die Verfolgung der West-
rer Fuss an Land setzen werden sie von der persönlichen Garde des wind hält bis in die Nacht an – über sechs Stunden. Nur langsam
Fürsten Laeonar unfreundlich in Empfang genommen. Erst als der kommt die Adler der Westwind näher, langsam aber stetig.
fürstliche Gesandte Eneonar d’Arman seine Stimme erhebt, lässt die Als die Adler eine Position hinter der Westwind bezogen hat,
Garde von den Wanderern und Calin ab. Seine Krieger übergeben die leicht links versetzt, beginnt Karshuk mit seinem Bogen die ersten
Gefangenen See-Soldaten der Garde der Stadt und informiert über die Ziele zu beschiessen. Der Steuermann der Westwind ist von allen
Toten auf dem Deck der falschen Adler. Seiten von schützenden Wällen gedeckt, und so erwischt der quirlige
aber fähige Bogenschütze manchen Matrosen auf dem Kriegsschiff.
Laeonar der Fürst Die Besatzung der Westwind umfasst schätzungsweise 10
Die Wanderer, Calin und Eneonar werden umgehend zum Matrosen und nochmals 10 Krieger, die aber auch als Matrosen aus-
Fürsten geleitet. Calin stellt sicher, dass die Truhen – wichtiges Be- helfen wo nötig. Nur ein kleiner Teil der Besatzung sind See-Soldaten
weismaterial für den verbotenen Handel des Admirals – auf einem – die noch letzten von ihnen, die nicht tot sind oder gefangen wurden.
Karren mitgenommen werden. Der Weg durch die Stadt bis hin zur Mer’Casandran und die Wirkerin halten sich auf der höchsten Heck-
Befestigung des Fürstenhauses dauert fast eine halbe Stunde. Ohne Plattform auf, im Schutz eines Holzwalles, und beobachten das Nä-
weitere Unannehmlichkeiten wird man zum Fürsten vorgelassen. herkommen der Adler.
Wer sich vorstellt, dass der Fürst alle Regeln der Höflichkeit
pflege und dies auch jetzt macht, irrt sich: Laeonar der Abkömmling Diese Verfolgung kann noch wenige Minuten, eine Stunde,
einer alten Seefahrer-Familie, wie Calin auch. Er führt diese Stadt mehrere Stunden oder gar noch Tage dauern – bis zur Erschöpfung
deshalb so erfolgreich, weil er einerseits hart und unnachgiebig ist aber beider Mannschaften. Die Wanderer sollen bis an die Grenzen ihrer
auch, weil er die Seefahrt kennt, den Handel und die Gepflogenheiten Fähigkeiten und Ausdauer gebracht werden.
von Fischern und Händlern versteht und Situationen immer so ein- Erreicht die Adler die Westwind endlich, werden Haken ausge-
fach wie möglich löst – ohne grosses Aufheben. Und genau so gibt er worfen, die sich in der Takelage der Westwind verfangen und von
sich auch jetzt... der Mannschaft des Kriegsschiffes nicht so leicht gelöst werden
„Also! Ich habe einen gesuchten Piraten vor meinen Augen, den fürstli- können. Die beiden Vasmarier setzen als erste auf die Westwind
chen Gesandten Eneonar und dann noch Seeleute des bisher flüchtigen Verbre- über und huldigen ihren Vorfahren durch virtuose Tänze mit ihren
chers. Kann mir jetzt bitte der Gesandte helfen, das ganze zu verstehen? Bitte?!“ Klingen.
Wichtig: Die gewöhnlichen Matrosen auf der Westwind werden
Der Gesandte folgt der Aufforderung und erzählt alles genauso nicht kämpfen, und die Krieger werden zumindest am Anfang des
wie es geschehen ist. Wurde sein Fürst durch das Schreiben gewarnt, Angriffs noch Waffengewalt einsetzen – solange, bis ihnen bewusst
so erwähnt er dieses und weist auch noch darauf hin, dass er deshalb wird, dass hier der berühmte Kapitän Calin Car das Schwert gegen
die grosse Anzahl an Krieger an Bord hatte. den Admiral zieht. Ab diesem Zeitpunkt fechten einige dieser Solda-
Hat die Adler alleine den Überfall vereitelt, so zögert er nicht, ten gegen Mer’Casandran, die Wirkerin und die letzten See-Soldaten.
die Handlung von Calin Car und seiner mutigen Besatzung in aller- Einige Unentschlossene gesellen sich zu den Matrosen und beobach-
höchsten Tönen zu loben. ten das Ganze treiben ungläubig.
Er weiss auch zu berichten, dass die Wanderer durch die Er- Die Kampfwerte der zu bekämpfenden Westwind-Besatzung
kennung der Situation und kluges Handeln das Schiff und die Besat- sind folgende:
zung gerettet haben und grosses Lob verdienen. Mer’Casandran: LE 58, INI 2, AT 7, PA 2|6, ATR 3, TP
1W+6, RW 5/6/5.
Mer’Casandrans Flucht See-Soldaten: LE 68, INI 2, AT 8, PA 3|6, ATR 3, TP 1W+6,
Wie in Kapitel V, Plan I beschrieben, befindet sich der Admiral RW 8/9/8.
zum Zeitpunkt der Unterredung vom Fürsten mit den anderen bereits Junaeva: LE 37, INI 2, AT 4, PA 1|6, ATR 2, TP 1W+1, RW
auf seinem Kriegschiff Westwind. Noch während dem Fürsten die 1/1/1. Junaevas Runenkenntnisse: Luft – 5. Feuer – 4. Erde – 5.
letzen Einzelheiten geschildert werden, lässt dieser nach dem Admiral Bewegung – 3. Magie – 4.
schicken, was zur Folge hat, dass der Bote mit der Nachricht zurück-
kommt, dass Mer’Casandran nicht aufzufinden ist. Ein rascher Blick Mer’Casandaran kann bei diesem Kampf sterben oder überle-
aus dem Fenster der fürstlichen Befestigung zeigt, dass die Westwind ben. Als Überlebender und späterer Gefangener könnte er in unab-
vom Kriegshafen aus abgelegt hat, sich aber noch immer innerhalb des sehbarer Zukunft flüchten und in die Machenschaften der Wanderer
Hafens befindet: Eile ist gefragt! einmischen – nach Rache sinnend...
Laeonar befiehlt augenblicklich: „Calin! Ihr habt unserem Hause Sind Mer’Casandran, die Magierin und die letzten See-
in der Vergangenheit gedient – tut dies auch jetzt wieder, ich bitte Euch! Bringt Soldaten überwältigt, erklärt Calin Car den Matrosen und Kriegern der
ihn mir zurück – lebend wenn möglich, tot wenn’s nicht anders geht!“ Westwind was vorgefallen ist. Viele der Mannschaft kennen ihn noch
Der Glanz in den Augen des Kapitäns verrät, wie erregt er ist – ja haben gar unter ihm gedient.
und schnell wie ein Wiesel wendet er auf dem Fersen... „Folgt mir, Auf Anweisung ihres ehemaligen Kapitäns macht die Mann-
Wanderer!“ schaft der Westwind das Schiff wieder bereit umzukehren. Seite an
Seite segeln die Westwind und die Adler zurück in den Kriegshafen
Dunmars.
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Kapitel VII
18
Das westliche Archipel
Das Archipel liegt fast genau 400 Meilen südlich von Dunmar Archandran
und auf dieser Höhe ungefähr 500 Meilen östlich der Klippen von Der Inselhafen ist vergleichbar mit Ilyan, in Grösse. Fast 2000
Simasmul, auf deren höchstem Punkt jetzt die Ruinen des gewaltigen Keraner und Lysmarier bewohnen die Insel, deren einzige Siedlung die
Kriegsturmes ruhen. Die am weitesten im Norden gelegene Insel des gleichnamige Stadt ist. Die Admiralität Dunmars hat in Archandran
grossen Kraters heisst Archandran, auf der sich der grösste Inselhafen eine Befestigung mit einem beeindruckenden Fried. Während des
der Westlichen Reiche findet. ganzen Jahres ankern vor der Insel zwei Kriegsschiffe Dunmars und
Archandran bietet für seefeste Wanderer viele Möglichkeiten, über 100 Soldaten, von denen alle See-erfahren sind. Es ist offensicht-
sich auf den Westmeeren zu verdingen, gefahrenvolle aber eindrückli- lich, dass die dunmarsche Admiralität diese Besatzung nicht zur Ver-
che Fahrten zu erleben und auch gegen die in den Meeren lebende teidigung des Hafens benötigt, sondern eher, um immer eine ausrei-
Brut zu kämpfen – sobald diese sich zu nahe an die Küstengebiete chend schlagkräftige Einheit nahe Chans zu wissen.
wagt.
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Bis sich die Wege wieder kreuzen...
Der Verbrecher hat ausgespielt Der fürstliche Gesandte Eneonar d’Arman sichert den Wan-
derern zu, jederzeit willkommen zu sein im Hause d’Arman in der
Wenn Mer’Casandran bei seinem letzten Kampf als Admiral Nordstadt und bietet den Wanderern ein einzigartiges Geschenk für
getötet wurde, ist dies nicht weiter schlimm und wohl verdient. Hat er deren Unterstützung: Ein Runenartefakt.
überlebt und fristet jetzt den Rest seines Lebens im Kerker, könnte es
zu einem Ausbruch und der Flucht des Verbrechers kommen. Auch Das Hause d’Arman ist sehr einflussreich und vermögend. Der
als Flüchtiger kann er noch immer auf viel Gold zurückgreifen und hat fürstliche Gesandte war selbst über Jahrzehnte auf der Wanderschaft
– sofern die Wanderer seinen Schmuggelring nicht zerstört haben – und trug über lange Zeit das übergebene Artefakt auf sich. Jetzt, da er
ein einflussreiches Netzwerk von Verbündeten, die jederzeit wieder älter und ruhiger wurde und nur noch im Auftrage des Fürstenhauses
mit ihm Geschäfte machen würden. Auf diesem Weg könnten die reist, benötigt er es wahrlich nicht mehr. Dieses Artefakt soll etwas
Wanderer eine ‚Nemesis’ erhalten, die sie durch die ganzen Reiche jagt kleines aber nützliches sein, das Wanderer häufig gebrauchen können
– bis es dereinst zu einem neuen Duell Wanderer und Mer’Casandran und daher sehr schätzen werden.
kommt. Doch bis dahin ist es ein langer Weg, auf dem Jahre vergehen Im Buch 4 – Moriam’Doth sind die Runen und deren Kräfte be-
können... schrieben. Diese Kräfte geben vor, was das Artefakt bewirken kann.
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