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Author(s): R. Roth
Source: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft , 1852, Vol. 6, No. 1
(1852), pp. 67-77
Published by: Harrassowitz Verlag
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Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft
dea so genannten Aditja als den Austheiler der Gaben und des
Glückes an die Sterblichen (V, 4, 2, 6. 5, 1). Am deutlichsten
und schönsten ist es ausgesprochen bei Vasischtha VII, 3, 8, 2 :
Wir rufen Bhaga den Sieger der Frühe,
Den starken Aditisohn, den Erbalter,
Zu dem vertrauend der Arme , der Kranke ,
Der König selbst spricht: gieb du meinen Theil mir.
Von den drei Göttern, welche ausser jenen sechs noch beiläufig
in Liedern an die Aditjas genannt werden, Savitar, Vischnu und
Puschan, dürfte, wenn wir berechtigt sind eine Siebenzahl zu suchen,
eher einer der beiden ersten die leere Stelle auszufüllen haben , als
der dritte. Will man den späteren Verzeichnissen der Aditjas eini-
gen Werth beilegen, so würde dieselbe dem Vischnu gebühren, weil
Savitar in der Mehrzahl derselben fehlt und statt seiner Parģanja
genannt ist, wahrend Vischnu regelmässig gezählt ist. Jedoch
scheint es mir nach Stellen in den Liedern annehmbarer, dass bei
der Zusammenstellung dieser höchsten Geister in eine geschlossene
Zahl Aditi selbst als die siebente mitgerechnet worden sei.
Sollte sich diese Vermuthung einer Siebenzahl in der Folge
näher bestätigen, so hätten wir darin einen weiteren werthvollen
Beitrag zur richtigen Erkenntniss des ursprünglichen Verhältnisses
des vedischen und des Ormuzdglaubens. Der letztere hätte, obwohl
sonst in vielen Hauptsachen von der alten Quelle sich abwendend,
dennoch gerade den obersten Gott und die ihm nächsten Geister in
dem alten Zusammenhange bewahrt, wenngleich ihre Namen und
Begriffe ganz anders gebildet. Mitra, Bhaga, Arjaman sind dem
Avesta wohl bekannt, aber nicht als Amschaspands. Der Veda da-
gegen ist schon im Vergessen eines wichtigen alten Dogma's begrif-
fen , wie wir Aehnliches an den Vorstellungen von Trita und Jama
finden; und wir werden dadurch, wenn wir nach der Entstehungs-
zeit dieser Aditja-Mythen fragen, in ein graues Alterthum zurück-
geführt.
Was aber das Interesse dieser Untersuchung noch erhöht und
für die Urzeit ganz besonders bedeutsam wäre, das ist der eigen-
tümliche Inhalt der Vorstellungen von den Aditjas. Die Namen der
sechs Aditjas, die wir vorläufig als feststehend ansehen dürfen, ent-
halten mit einziger Ausnahme des Varuna keine Anschauungen aus
dem Naturleben, sondern drücken Beziehungen des sittlichen und
geselligen Lebens aus. Mitra der Freund, Arjaman der Gönner,
Bhaga der Beglücker, Ança der Theilnehmer, Dakscha der Ein-
sichtige sind lauter Genien , in welchen die edelsten Verhältnisse
des menschlichen Verkehrs sich abspiegeln und dadurch als Aus-
flüsse des göttlichen Lebens und des unmittelbaren göttlichen Schu-
tzes theilhaftig erscheinen. Hat nun die arische Urzeit in ihren
höchsten Göttern nicht die hervorragendsten Vorgänge des Natur-
lebens, sondern die Bedingungen eines sittlichen Lebens und Ge-
meinwesens angeschaut, diese Güter demnach höher gestellt als
Alles was zu den sinnlichen Bedürfnissen und Genüssen gehört, so
müssen wir ihr bei allem Mangel an den Erfordernissen äusserer Ci-
vilisation eine hohe geistige Tüchtigkeit zuschreiben.
Zugleich verbreitet sich von hier aus Licht über die Principien
und den Charakter der beiden aus Einer Quelle geflossenen arischen
Religionen. Die Ormuzdreligion hält an dem übersinnlichen Ele-
mente fest, welches die obere Götterreihe der alten gemeinsamen