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LV-Nr. 315.

036, WS 2010/11
SE: Theorie und Praxis der Quellenkunde
Leiter: Univ.-Prof. Mag.art. Dr.phil. Renate Prochno
Fachbereich für Kunst-, Musik- und Tanzwissenschaft
UNIVERSITÄT SALZBURG

GRÖSSE, KUNST UND TRADITION


König Dagobert in Sugers Schriften
Ordinatio, De consecratione und De administratione

Philipp Dollwetzel
Matrikelnr.: 0820518
10.11.2010
Inhalt

1 Einleitung.......................................................................................................................... 3
2 Die Abtei Saint-Denis und die Kapetinger im zwölften Jahrhundert................................ 4
2.1 Die Situation der Kapetinger...................................................................................... 4
2.2 Die Abtei und ihre politische, religiöse und ökonomische Stellung.......................... 4
3 Der Autor – Abt Suger von Saint-Denis (1081-1151)....................................................... 7
4 Ausgewählte Schriften....................................................................................................... 7
4.1 Ordinatio von 1140/41................................................................................................ 8
4.1.1 Inhalt................................................................................................................... 8
4.1.2 Datierung............................................................................................................ 9
4.2 De consecratione........................................................................................................ 9
4.2.1 Inhalt................................................................................................................... 9
4.2.2 Datierung............................................................................................................ 10
4.3 De administratione..................................................................................................... 10
4.3.1 Inhalt................................................................................................................... 10
4.3.2 Datierung............................................................................................................ 11
4.4 Art und Funktion der Schriften.................................................................................. 11
4.5 Publikationen, Übersetzungen und Biografien........................................................... 13
5 Forschungsstand................................................................................................................ 14
6 Darstellung des Umbaus und der Bezug zu Dagobert I. in Sugers Texten........................ 20
6.1 Fragestellung und Methodik....................................................................................... 20
6.2 Rechtfertigung des Kirchenbaus................................................................................ 21
6.2.1 Die Rechtfertigung des Kirchenschmucks durch seine liturgische Funktion..... 21
6.2.2 Wunder als Beweis göttlicher Unterstützung und der Vergleich mit Salomon.. 23
6.3 Sugers Beziehung zu König Dagobert als Gründer und Förderer des Klosters......... 25
6.3.1 Der Kirchenbau als Gottesdienst........................................................................ 25
6.3.2 Die Hagia Sophia und die Bedeutung des Kirchenschmucks............................ 26
6.3.3 Cons 9: keine Quelle zu Sugers liturgischem Verständnis des Kirchenbaus..... 27
6.3.4 Cons 9 als Indiz für die Identifikation Sugers mit König Dagobert................... 30
6.3.5 Die Verknüpfung von cons 9 mit den Argumenten der Enge und Baufälligkeit 31
6.3.6 Cons 46: eine Zusammenführung aller Argumente............................................ 32
7 Zusammenfassung............................................................................................................. 33
8 Literaturverzeichnis........................................................................................................... 35
8.1 Literatur (Kurztitel).................................................................................................... 36
8.2 Weitere Literaturangaben........................................................................................... 45
8.3 Texteditionen.............................................................................................................. 46
1 Einleitung
Sugers Texte Ordinatio1, De consecratione und De administratione besitzen für
die Erforschung des Mittelalters einen hohen Quellenwert, denn es existieren
nicht viele erhaltene Schriften von Äbten des Mittelalters, die so vielfältige
Informationen über Wirtschaft, Politik, Finanzen, Verwaltung, aber auch
Religiosität und liturgische Abläufe einer Abtei im zwölften Jahrhundert liefern
können.2 Zudem sind sie eine wichtige Quelle für die Geschichte der Kapetinger.
Bei Sugers Umbau des Chors von Saint-Denis um 1140 wird gemeinhin der
Beginn der Gotik angesetzt und es ist vor allem Sugers Rolle bei der Entstehung
dieses Stils, deren Bewertung sich auf diese Quellen stützt. Zur Diskussion stehen
diesbezüglich immer wieder sein Einfluss, seine Motive, seine theologischen und
künstlerischen Standpunkte und deren Vorbilder, die Verknüpfung zwischen dem
Bau und Politik und die Einordnung seines Wirkens in die Geschichte der Abtei.
Die Bewertung des Abtes schwankt jedoch stark bis hin zur Spekulation. Grund
hierfür ist die durch ihn selbst beförderte Stilisierung seiner Person und die
unklare Form seiner Schriften. Eines ist eindeutig: es gibt keine monokausale
Erklärung zu Sugers Leistung, verschiedene Facetten müssen berücksichtigt
werden, neben liturgischen, religiösen und praktischen Aspekten ebenso sein
Traditionsempfinden und Geschichtsbild.
Als Suger die Kirche umbaute, ging er davon aus, dass es sich um ein vom
Merowingerkönig Dagobert I. (um 610 – 639) errichtetes Gebäude handelt und so
wird dieser König auch in seinen Texten mehrmals erwähnt. Das
Traditionsbewusstsein einer Person äußert sich in besonderer Weise in der Art wie
sie sich selbst historisch einordnet und stilisiert, weshalb diese Arbeit speziell den
Analogien gewidmet ist, die in Sugers Schriften zwischen dem von ihm
präsentierten Bild von Dagobert und seiner Selbstdarstellung bestehen.

1 Mit 'Ordinatio' wird im Folgenden allein die Urkunde von 1140/41 bezeichnet.
2 Falls nicht anders angegeben sind alle Zitate und Übersetzungen (ord, cons, adm) nach
Binding, Günther, Speer, Andreas (Hgg.): Abt Suger von Saint-Denis. Ausgewählte Schriften:
Ordinatio, De consecratione, De administratione, Darmstadt 2005 (durchges. Nachdr. d. Ausg.
Darmstadt 2000).

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2 Die Abtei Saint-Denis und die Kapetinger im zwölften Jahrhundert
2.1 Die Situation der Kapetinger
Das zwölfte Jahrhundert wird als eine Zeit gesellschaftlicher, politischer und
religiöser Umwälzungen betrachtet.3 Das Königshaus der Kapetinger hatte um
1100 nur Kontrolle über einen kleinen Bereich um Paris.4 In dieser „Krondomäne“
musste es sich gegen andere mächtige Familien behaupten und auch die
benachbarten Fürstentümer waren teilweise mächtiger.5 Der Herzog der
Normandie, der de iure dem König von Frankreich unterstand, war zudem seit
1066 auch König von England, was immer wieder zu Spannungen führte.6 König
Philipp I. (1052 - 1108), sein Sohn Ludwig VI. (1081 - 1137) wie auch dessen
Sohn Ludwig VII. (1120 - 1180) versuchten die Kontrolle über die Krondomäne
zu festigen und Paris als herrschaftliches, ökonomisches und intellektuelles
Zentrum zu etablieren.7 Kirche und Königtum waren dabei stark verwoben.8

2.2 Die Abtei und ihre politische, religiöse und ökonomische Stellung
Suger glaubte, die Abtei sei vom merowingischen König Dagobert I. gegründet
und direkt über dem Grab des Missionars und Märtyrers Dionysius erbaut worden
(cons 8, adm 256).9 Dionysius10 war Schutzpatron der Merowinger und Saint-
3 Grant 1998, 304-305; Speer 2005, 13; Annas 2005, 71-74; Kimpel/Suckale 1995, 74-75. -
Wobei besonders in den Jahren zwischen 1130 und 1150 eine Zeit der Blüte geherrscht haben
soll (Crosby 1987, 108).
4 Simson 1968, 101-102; Kimpel/Suckale 1995, 66-68.
5 Große 2002, 168-169, 231-232; Annas 2005, 74-75.
6 Kimpel/Suckale 1995, 66-67.
7 Grant 1998, 50-57, 71-72, 294-301; Crosby 1987, 106, 108; Kramp 1995, 59; Annas 2005, 75-
76.
8 Markschies 1995, 12-13; Crosby 1987, 9; Grant 1998, 58, 301; Kramp 1995, 62; Große 2002,
231-234; Kimpel/Suckale 1995, 69-71, 75-76. - Solange sich das Frankenreich „in statu
monarchie“ befunden habe, hatte die Abtei laut Suger „dank der Großmut der Könige Überfluß
an großen und zahlreichen Besitzungen überall ringsumher, wie sich die königliche Macht
erstreckte, durch die Gesamtheit der vier Reichsteile hindurch, also in Italien, Lotharingien,
Francien und Aquitanien.“ (adm 149) Erst die Teilung des Reiches habe dem Kloster
geschadet (adm 150). - Siehe hierzu Kimpel/Suckale 1995, 77.
9 Crosby 1987, 10. - Tatsächlich ist die Kirche älter, stammt wohl aus dem späten fünften
Jahrhundert und wurde von Dagobert nur vergrößert (Crosby 1987, 14, 26-27, 29-30, 46-49,
280; Van der Meulen/Speer 1988, 131-132, 143-144; Kramp 1995, 13; Albrecht 2003, 126-
127). Die Grabungen von Crosby haben ergeben, dass der Ort bereits ab circa 570, also
ungefähr hundert Jahre nach der Erbauung der ersten Kirche, als Königsgrablege der
Merowinger genutzt wurde (Crosby 1987, 9., 14-15, 19-20). Dagoberts Kirche wurde
wiederum im achten Jahrhundert vom karolingischen Abt Fulrad durch einen Neubau ersetzt
(Kramp 1995, 17-18; Grant 1998, 68-69; Crosby 1987, 52-54). - Zu Abt Fulrad und seinen
Neubau siehe Crosby 1987, 51-83. - Unbedingt zu beachten ist hier Suckales Kritik von
Crosby (Suckale 1990, 64-72) und Van der Meulen/Speer (Suckale 1990, 76-80). - Einen
Überblick über die archäologischen Ergebnisse aus den letzten Jahrzehnten gibt Wyss 2004,
57-63).
10 Dionysius war spätestens seit dem neunten Jahrhundert eine Kunstfigur, konstruiert aus drei

4
Denis diente ihnen als Grablege. Die Karolinger wie auch dann die Kapetinger
führten diese Tradition fort.11 In Saint-Denis wurden neben den Heiligenreliquien,
die königlichen Herrschaftsinsignien, das königliche Banner12 und zwei
Passionsreliquien aufbewahrt.13 Die Abtei war bekannt für ihre Bibliothek und
ihre Geschichtsschreibung.14 Viele zukünftige Könige studierten dort, so auch
Ludwig VI. zusammen mit Suger.15 Im neunten und zehnten Jahrhundert waren
die Könige selbst Äbte von Saint-Denis.16 Die Abtei erhielt viele königliche

verschiedenen Persönlichkeiten. Der im Lukasevangelium erwähnte Dionysius Areopagita war


ein Jünger von Paulus und soll erster Bischof von Athen gewesen sein. Daneben gab es den
Dionysius, der im dritten Jahrhundert auszog, um die Gallier zu missionieren. Er war erster
Bischof von Paris, bevor er dort mit dem Schwert hingerichtet wurde. Nach seiner Enthauptung
soll Dionysius noch zwei Meilen zu seinem gewünschten Grab gelaufen sein, die Stelle an der
dann eine ihm geweihte Kirche erbaut wurde. Zuletzt gibt es den Autor diverser theologischer
und mystischer Schriften (De caelesti hierarchia, De mystica theologia, etc.) aus dem frühen
sechsten Jahrhundert, der sich Dionysius Areopagita nannte und heute als Pseudo-Dionysius
Areopagita bezeichnet wird. Unter Abt Hilduin gelangte 827 eine griechische Handschrift von
Pseudo-Dionysius in die Bibliothek von Saint-Denis (Albrecht 2003, 127; Markschies 1995,
14-16). Sie wurde 858 von Johannes Scottus Eriugena übersetzt (Crosby 1987, 86). Es war
auch Hilduin, der die drei Personen 835 in einer Legende zusammenfasste (Grant 1998, 64-65;
Crosby 1987, 4-6, 86; Kramp 1995, 19-20). „Hilduin leitete hieraus konkrete politische
Forderungen ab: wie der hl. Dionysius als erster päpstlicher Gesandter für ganz Gallien das
Frankenreich bis Paris missioniert habe, so solle der Abt von Saint-Denis als Nachfolger der
ganzen gallischen Kirche vorstehen und die Stelle des Papstes vertreten." (Albrecht 2003, 127.)
Diese Identität wurde kurz vor Amtsantritt Sugers von Peter Abelard öffentlich bezweifelt
(Crosby 1987, 112-113; Albrecht 2003, 128). Auch Suger betont, dass Dionysius und seine
Gefährten „fidem Iesu Christi apostolica auctoritate omnem Galliam edocuerunt“ (cons 89).
Während Hilduin also das Vergangenheitsbild schuf, erarbeitete Suger dessen rituelle und
künstlerische Repräsentation (Albrecht 2003, 123).
11 Kramp 1995, 12-24; Crosby 1987, 6-9, 52-53; Große 2002, 233-234. - Ludwig VI. bezeichnete
nach Schilderung Sugers Dionysius als „specialem patronum et singularem post Deum regni
protecorem“. (Lecoy 1867, 116; vgl. Kramp 1995, 51-52.) Damit steht er in der Tradition von
Dagobert (Albrecht 2003, 129-130). Nur drei Kapetinger ließen sich nicht in Saint-Denis
begraben, darunter sind zwei Könige, die zu Suger in engem zeitlichen Zusammenhang
standen: Ludwigs Vater Philipp I. und Ludwigs Sohn Ludwig VII.. Suger kommentierte die
Entscheidung Philipps I. in der Vita von Ludwig VII. sehr abschätzig (Crosby 1987, 9; Kramp
1995, 24; Große 2002; Albrecht 2003, 130). Große sieht hierin ein Zeichen für das unsichere
Verhältnis zwischen den Kapetingern und Saint-Denis (Große 2002, 127-128). Adam führte
noch in Philipps Todesjahr 1108 die zusätzliche Gedenkfeier für Dagobert ein (Albrecht 2003,
130-131; Rasmussen 1987, 43).
12 Dieses Banner („oriflamme“) empfing Ludwig VI. 1124 bei der Mobilisierung zur
Verteidigung gegen Heinrich V. eigenhändig vom Altar (Annas 2005, 97-99). - Zum Banner
siehe Petersohn 1975, 442-443.
13 Annas 2005, 97-99; Grant 1998, 66; Crosby 1987, 10-11; Markschies 1995, 12; Misch 1957,
99-100; Kramp 1995, 24-25, 28-29, 51-54.
14 Große 2002, 137-147. - Siehe hierzu Spiegel, Gabrielle: The Chronicle Tradition of Saint-
Denis, Brookline 1978.
15 Crosby 1987, 9, 52, 101, 106; Linscheid-Burdich 2004, 19. - Laut Aubert, Panofsky und jüngst
wieder Jean Dufour waren Suger und Ludwig VI. seit ihrer gemeinsamen Schulzeit befreundet.
(Aubert 1950, 4; Panofsky 1979, 2-3; Dufour 2004, 12-13). Crosby hält dies für
unwahrscheinlich (Crosby 1987, 106). Es gibt keine eindeutige Quellenlage (Annas 2005, 80).
Suger bezeichnet Ludwig als „amicus noster“ (adm 28), was aber auch rein politisch gemeint
sein kann. Wie Grant ausführte, wurde Suger aber erst um 1128 Minister Ludwigs, nachdem
Stephen de Garlande in Ungnade gefallen war (Grant 1998, 7).
16 Kramp 1995, 22-23; Crosby 1987, 10, 51, 94, 96.

5
Stiftungen und war sehr um ihre königlich privilegierte Unabhängigkeit bemüht.17
Sie stand aber in der Rolle als Königsabtei in besonderer Konkurrenz zu Reims. 18
Diverse kirchliche Feste hatten eine hohe finanzielle Bedeutung.19 Die Liturgie
war durch die Verehrung von Dionysius und Dagobert geprägt.20 Dieses
Spannungsverhältnis zwischen weltlichen und kirchlichen Kräften führte
mehrmals zu Reformen.21 Man bemühte sich besonders um die Gewalt über das
klösterliche Eigentum, die Unabhängigkeit vom Bischof von Paris, den Ausbau
der politischen Macht und eine Bindung an die Kapetinger und den Papst.22 Die
Abtei musste im zwölften Jahrhundert auch auf Reformorden reagieren23, die die
Rechtfertigung von Kunst in Frage stellten.24 Abt Adam (reg. 1099 - 1122) prägte
hier eine Politik, an die Suger anknüpfte.25
17 Crosby 1987, 10, 46-47, 50; Kramp 1995, 17, 23-24, 54-55; Große 2002, 61-70, 84-85, 175-
194, 232. - Das Verhältnis zwischen König und Kirche wird besonders in cons 82 und cons 85
deutlich. Die Darstellung des Königs als Beschützer der Kirche findet sich auch in Sugers Vita
von Ludwig dem Dicken (Grant 1998, 21). Suger porträtiert Ludwig als Krieger, der
Gerechtigkeit durchsetzt (Grant 1998, 19; Lewis 1987, 51).
18 Petersohn 1975, 442; Kramp 1995, 24-25; Crosby 1987, 10; Neuheuser 1993, 176-177; Große
2002, 234. - Suger fälschte auch eine Urkunde Karls des Großen. Darin soll Karl der Abtei
Saint-Denis ganz Frankreich zum Lehen gegeben haben, womit Saint-Denis das alleinige Recht
zur Krönung zugesprochen und das Recht zur Aufbewahrung der Herrschaftsinsignien bestärkt
wird (Groten 1988, 1-36, insb. 33; Albrecht 2003, 130; 145-146). Der von Suger restaurierte
Dagobertsthron diente wohl zur Untermauerung der Kontinuität dieses Rechtes gegenüber
Reims (Albrecht 2003, 162; Corsepius 2004, 146-147). Suger konnte sich damit nicht
durchsetzen (Corsepius 2004, 146-147; Große, 2006, 236). - Eine Zusammenfassung hierzu bei
Büchsel 1997, 34-38.
19 Büchsel 1997, 33-34; Crosby 1987, 10, 47-48, 113-114.
20 Albrecht 2003, 128-131. - Die Verehrung von Dionysius hatte Vorrang vor allen Festen (Foley
1990, 545-549). Besondere Bedeutung unter den Königen hatte nur Dagobert (Foley 1990,
543-544). „Je näher ein Königsgrab zu diesem 'Allerheiligsten' gesetzt wurde, desto
verehrungswürdiger mußte es erscheinen. Eine besondere Rolle spielten dabei Dagobert und
Karl der Kahle". (Kramp 1995, 74.) Dagoberts Grab lag direkt rechts neben dem Grab von
Dionysius südlich des Hauptaltars (Corsepius 2004, 140). Nur Dagobert waren zwei
Gedenkfeiern im Jahr gewidmet (Corsepius 2004, 148-149 und ebd., Anm. 30 und Anm. 34).
Diese Feste wurden mit großem Aufwand gefeiert und standen auf einer Stufe mit Weihnachten
und Pfingsten (Albrecht 2003, 131). Die Viten von Dagobert und Ludwig VI. wurden an den
Festtagen im Gottesdienst gelesen (Rasmussen 1987, 44). Die Verehrung Dagoberts war Teil
der laus perennis, die er selbst eingeführt hatte und von Suger erneuert wurde (Büchsel 1997,
12; Corsepius 2004, 142-144; Albrecht 2003, 131). - Zum Thema siehe Albrecht 2003, 128-
131. - Zum Einfluss von Dagobert I. und seines Sohnes Clovis II. auf die Entwicklung des
Klosters siehe Crosby 1987, 46-47.
21 Crosby 1987, 86-87, 94, 96-97; Kramp 1995, 23, 44. - Im Zuge der gregorianischen Reformen
der Benediktinerorden im elften Jahrhundert versuchte die Kirche sich aus der weltlichen
Abhängigkeit zu lösen und stärker an den Papst zu binden. Maßgebend waren hier
Montecassino und Cluny (Grant 1998, 58-59).
22 Grant 1998, 70-71, 297; Crosby 1987, 48, 86, 96; Simson 1968, 99, 102-103; Neuheuser 1993,
175-178; Kramp 1995, 25, 31, 43-44; Glaser 1958, 49-58. - In der Vita von Ludwig VI. setzt
Suger Saint-Denis mit Rom auf eine Stufe (vgl Corsepius 2004, 145; Büchsel 1997, 64). - Zu
Suger und Rom siehe Büchsel 1997, 62-65 und Gasparri 2004, 69-80.
23 Grant 1998, 60-61; Lubich 1995, 62; Albrecht 2003, 267; Constable 1987, 17; Annas 2005,
109.
24 Rudolph, Change 1990, 12-14.
25 Große 2002, 131-136, 234-236; Kramp 1995, 45-50; Corsepius 2004, 148; Büchsel 1997, 29.-

6
3 Der Autor – Abt Suger von Saint-Denis (1081-1151)
Als Sohn einer Familie aus dem Stand der minores milites26 wurde Suger um 1081
geboren. Im Alter von zehn Jahren wurde er als Oblat dem Kloster Saint-Denis
übergeben.27 Nach seiner Schulzeit betätigte er sich erfolgreich als Propst zweier
Ländereien des Klosters28 und Diplomat im Zusammenhang mit der Exemtion von
Saint-Denis, dem Investiturstreit und anderen Angelegenheiten vor allem in
Rom.29 Am 12. März 1122 wurde er Abt und begann zu reformieren.30 Ab 1128
stieg sein Einfluss als Berater und Vertrauter am Hof Ludwigs VI.31 Nach
Amtsantritt Ludwigs VII. 1137 schien Suger an politischem Einfluss zu verlieren32
und sich dem Umbau der Klosterkirche zu widmen, den er wohl bereits nach 1130
begonnen hatte und dessen Finanzierung er seit 1125 betrieb.33 Die Westanlage
wurde 1140 und der Chor 1144 geweiht.34 Als Ludwig VII. 1147 auf Kreuzzug
ging, wurde Suger zu einem der stellvertretenden Regenten gewählt.35 1150
versuchte er erfolglos einen neuen klerikalen Kreuzzug zu organisieren,36 bevor er
am 13. Januar 1151 an Fieber starb.37

4 Ausgewählte Schriften
Von Sugers Schriften sind die Ordinatio von 1140/41, De consecratione und De
administratione kunsthistorisch deshalb besonders relevant, weil sie sich direkt

Crosby beurteilt die Zeit unter Adam noch als „pleasant but inefficient“. (Crosby 1987, 101.)
Er habe zwar die Privilegien der Abtei erfolgreich verteidigt, aber es herrschte Stagnation
(ebd.; Grant 1998, 63-64; Kramp 1995, 44). Peter Abelard bezeichnete Adam als korrupt und
ehrlos (Crosby 1987, 112). Suger soll eine sehr enge Beziehung zu Adam gehabt haben (Grant
1998, 67). Große hat jüngst das Bild Adams relativiert, erst er habe die Grundlagen für Sugers
Reform gelegt (Große 2002, 131, 175).
26 Panofsky sah in Suger einen Emporkömmling aus dem niederen Stand und folgt damit der
Charakterisierung von Sugers Biograf Wilhelm. Grant sieht darin eine von „William's Myths".
(Grant 1998, 45-46.) - Zur Stilisierung Sugers durch Wilhelm siehe Speer 2005, 63. - In der
neueren Forschung geht man von einer Herkunft aus dem niederen Ritterstand aus (Grant
1998, 45). - Zu seiner Herkunft siehe Annas 2005, 76-79.
27 Annas 2005, 79-80.
28 Annas 2005, 81-82
29 Annas 2005, 82-87.
30 Annas 2005, 88-101. - Ludwig VI. zeigte sich verärgert über diese Wahl ohne seine
Zustimmung (ebd.). - Zu seinen Tätigkeiten als Abt siehe Kapitel 'Forschungsstand'.
31 Annas 2005, 101-103.
32 Die Beziehungen zwischen Ludwig VII. und Suger waren nicht so gut, wie Wilhelm behauptet
(Grant 1998, 45-46).
33 Annas 2005, 104-106.
34 Zu den genauen Weihedaten siehe Kapitel 'Ausgewählte Schriften'.
35 Annas 2005, 106-108. - Mitregenten waren Erzbischof Samson von Reims und Graf Rudolf
von Vermandois (Annas 2005, 106).
36 Annas 2005, 108-109.
37 Annas 2005, 109.

7
auf den Umbau der Abteikirche von Saint-Denis beziehen.38 Daneben gibt es von
Suger noch die Vita Ludovici regis39, die unvollendet gebliebene Historia gloriosi
regis Ludovici40, zwei Sammlungen erhaltener Briefe41 und seine Urkunden,42
davon wichtig sein Testament von 1137,43 die Ordinationes von 112444 und
1140/41.

4.1 Ordinatio von 1140/41


4.1.1 Inhalt
Suger berichtet in der Urkunde über seine Maßnahmen zur Versorgung des
Klosters und der Kranken- und Armenfürsorge (ord 5-21). Zentrales Thema ist die
Wiederherstellung und Regelung der Gedächtnisfeiern für Kaiser Karl den Kahlen
(823-877) (ord 22-31).45 Daneben widmet sich Suger den Baumaßnahmen an der
Kirche (ord 33-35) und deren Finanzierung (ord 42-44). Die Enge des Altbaus
habe diesen Umbau erfordert (ord 36-37). Suger schildert weiterhin die Weihe des

38 Alle Titel dieser Schriften sind nachträglich entstanden und besitzen keine historische
Authentizität (Pickavé 2005, 158-159; Rudolph, Change 1990, 20).
39 Zur Vita siehe Kramp 1995, 35; Grant 1998, 4, 38-42; Spiegel 1987, 151-158. Glaser 1958,
173-179; Crosby 1987, 115. - Ein Großteil des Textes behandelt diverse Feldzüge Ludwigs.
Eher nebensächliche Ereignisse, an denen aber Suger beteiligt war, und Ludwigs Verbindung
zu Saint-Denis werden stark betont (Grant 1998, 39-40; Kramp 1995, 35). Grant nimmt an,
dass Suger mit dieser Schrift Ludwig gegenüber dem Klerus als Verteidiger der Kirche und
Saint-Denis darstellen wollte (Grant 1998, 39).
40 Siehe Grant 1998, 36-37; Kramp 1995, 38-39. - Der erhaltene Teil behandelt nur das erste Jahr
seiner Herrschaft. Bei allen geschilderten Ereignissen war Suger beteiligt oder anwesend, doch
gleichzeitig unterschlägt er einige wichtige Ereignisse (Grant 1998, 36-37).
41 Die Briefe stammen aus den letzten sieben Lebensjahren Sugers. Sie sind in zwei Sammlungen
erhalten, eventuell von Wilhelm von Saint-Denis zusammengestellt (Grant 1998, 42). Grant
nimmt an, die Sammlung habe das Ziel Sugers Herrschaft zu rechtfertigen und ihn als
führenden Kopf der Kirche darzustellen. Zu den Sammlungen sind noch viele Fragen offen
(Grant,1998, 43). - Erst kürzlich hat Michel Nortier die Briefe neu gesichtet und erstmals
chronologisch geordnet, siehe Nortier, Michel: Étude sur un recueil de lettres écrites par Suger
ou à lui adressées (1147 - 1150), in: Journal des savants, 1 (2009), 25-102.
42 Suger besaß gute Kenntnisse von den in Saint-Denis archivierten Urkunden und manipulierte
diese zugunsten seiner Abtei (Lutz 2008, 193). Dies haben kürzlich Clausen (Clausen 2004,
109-116) und Morelle (Morelle 2004, 117-139) dargelegt. - Siehe auch Glaser 1958, 35-40.
43 Sein Testament wurde am 17. Juni 1137 zusammen mit zwei weiteren Urkunden ausgefertigt
(Grant 1998, 47). Darin gibt er Auskunft über andere von ihm errichtete Gebäude und den
Beginn der Arbeiten am Westbau der Kirche. Er hat ein neues Refektorium, ein neues
Dormitorium und ein Gästehaus erbauen lassen (Misch 1957, 113-114; Grant 1998, 241, 243).
Zudem legt er fest, dass seine Stiftungen zu seinem Todestag ausgestellt werden sollen (Grant
1998, 250).
44 Auf der Urkunde findet sich keine Datumsangabe, aber eine Datierung auf den Herbst 1124
ergibt sich aus der Nennung zweier päpstlicher Gesandter als Zeugen (Grant 1998, 46-47).
45 Suger argumentiert hier mit Verweis auf eine erhaltenen Urkunde des Kaisers (ord 23-24). Karl
habe Saint-Denis als seine Grablege bestimmt. Hierfür habe er der Kirche wichtige Reliquien
gestiftet. Suger erwähnt die Armreliquien des heiligen Jakobus d. Ä., des Stephanus, des
Vincentius und des Simeon, sowie Nagel und Dornenkrone Jesu Christi, die durch Karl nach
Saint-Denis gelangt sein sollen (ord 25, 30).

8
Westbaus (ord 34) und die Grundsteinlegung des Chorneubaus im Beisein des
Königs (ord 38-41).

4.1.2 Datierung
Eine Datumsangabe fehlt, aber da die Weihe des Westbaus am 9. Juni 1140, die
Grundsteinlegung des Chorneubaus am 14. Juli 1140 stattfanden46 und der Abt
Robert von Corbier, der am am 22. Januar 1142 starb, 47 als einer der Zeugen
genannt wird, ergibt sich eine Entstehung zwischen Sommer 1140 und Frühjahr
1142, sehr wahrscheinlich kurz nach der Grundsteinlegung.48

4.2 De consecratione
4.2.1 Inhalt
Im Prolog (cons 1-7) philosophiert Suger über die ausgleichende Rolle „der einen
und einzigartigen höchsten Vernunft“ (cons 1).49 Darauf folgt die Legende der
Errichtung der Kirche durch König Dagobert I. (cons 8), die zwar prachtvoll
ausgestattet, aber zu klein sei (cons 9). Diese Enge, die er äußerst dramatisch
beschreibt, habe er schon seit seiner Schulzeit beheben wollen (cons 10-14). Der
Text gliedert sich in zwei Abschnitte: zuerst die Baumaßnahmen im Westen (cons
16-48), dann die im Osten (cons 46-97).50 Er berichtet detailliert über die
Weiheprozessionen, die Reliquientranslation sowie über die Finanzierung und die
beim Bau geschehenen Wunder.51 Abschluss bildet ein Gebet über die Versöhnung
von Menschlichem und Göttlichem (cons 98).52

46 Suger selbst datiert die Weihe in das 19. Jahr seiner Amtsführung (ord 34). Suger ist seit dem
12. März 1122 Abt von St. Denis. Das 19. Amtsjahr ist also der Zeitraum zwischen dem 12.
März 1140 und dem 11. März 1141. Weiterhin habe das Fest „fünf Tage vor den Iden des Juni“
(ord 40) stattgefunden, das ist der 9. Juni. Die Weihe des Westbaus fand also am 9. Juni 1140
statt. Die Grundsteinlegung für den Neubau des Chors sei „am Vortag der Iden des Juli“ (ord
38) gewesen, das ist der 14. Juli. Der Mörtel sei hierfür von den Bischöfen „aus dem
Weihwasser der kürzlich, fünf Tage vor den Iden des Juni, vollzogenen Weihe“ (ord 40)
angerührt geworden. Die Angabe legt nahe, dass es sich also um den 14. Juli 1140. handelt.
47 Pickavé 2005, 157.
48 Van der Meulen/Speer 1988, 258; Pickavé 2005, 157; vgl. zudem Speer 2005, 21. - Grant
spricht von 1140 oder 1141 (Grant 1998, 47).
49 Der Gegensatz zwischen Menschlichem und Göttlichen solle „durch das glückliche
Zusammenstimmen der einen höheren, wohl ausgeglichenen Harmonie“ (cons 1) überwunden
werden.
50 Der Absatz über die Grundsteinlegung am 14. Juli 1140 wurde aus der Ordinatio übernommen
(cons 52-53 = ord 40-41).
51 Wunder der Entdeckung der Säulen: cons 20-22, Wunder bei der Bergung der Säulen: cons 24-
31, Baumstamm-Wunder: cons 32-41, Gewölbebogen-Wunder: cons 67-69, Schaffleisch-
Wunder: cons 70-73.
52 Siehe hierzu auch Speer 2005, 25.

9
4.2.2 Datierung
Die Schrift entstand nach dem 11. Juni 1144 wohl in kurzem Abstand zu den
Weihehandlungen. Ein terminus ante quem ist bis heute nicht genau definiert.53

4.3 De administratione
4.3.1 Inhalt
Thema sind hier, wie Suger im Prolog selbst treffend zusammenfasst, seine
Errungenschaften „sowohl im Erwerb neuer als im Wiedererwerb verlorener wie
in der Vermehrung wieder instandgesetzter Besitzungen, in der Errichtung von
Gebäuden, in der Anhäufung von Gold, Silber, kostbarsten Edelsteinen und auch
vollkommensten Paramenten“ (adm 1). Seine Bemühungen seien allein dem Wohl
der Kirche gewidmet gewesen (adm 2). Der Text gliedert sich in drei Abschnitte:
Im ersten Abschnitt (adm 3-159) gibt Suger Auskunft über die diversen
Ländereien der Abtei und seine sie betreffende Politik. Er berichtet von
Befriedung, Wiederaufbau und wirtschaftlicher Blüte. Den Ausbau des Klosters
Champs zum Pilgerort (adm 132-139) rechtfertigt er mit zwei Wundern (adm 111-
117).54 Der zweite Teil (adm 160-189) dreht sich wieder um die Bauarbeiten55 und
Weihen an Westanlage (adm 164-169), Oberkirche (adm 170-182) und Chor (adm
183-189) sowie die Gestaltung der Türen56 (adm 170-175). Im dritten Abschnitt
(adm 190-288) beschreibt Suger die diversen durch ihn gestifteten oder veredelten
Kunstschätze der Kirche. Da gibt es Antependien (adm 193-197), Schreine (adm
198-200), Kruzifixe (adm 201-213, 256), Altäre (adm 214-221, 240-242), Fenster
(adm 263-274) und andere Gegenstände (adm 222-239, 257-262). Es werden
immer wieder Verbindungen der Schätze mit den Dynastien aufgezeigt (adm 204,
214, 216, 256, 261). Zudem legt er Rechenschaft über deren Bedeutung ab (adm
201-202, 224-239, 282).57 Er sieht in der Hagia Sophia ein Vorbild, das er

53 Rudolph, Change 1990, 23; Pickavé 2005, 157-158; Kramp 1995, 36. - Die Weihe des neuen
Chors und Reliquientranslation setzt Suger für „den zweiten Sonntag des Juni fest, also auf den
dritten Tag vor den Iden“ (cons 75), das ist der 11. Juni. In adm 179-180 findet sich das Jahr
der Weihe: „Das Jahr tausend einhundert vierzig / und vier war dasjenige Jahr des
(inkarnierten) Wortes, in dem sie geweiht wurde.“ Weihedatum des neuen Chors ist also der 11.
Juni 1144.
54 Wunder an der Stummen: adm 118-123, Wunder an der Wassersüchtigen: adm 124-139.
55 Es begegnet uns wieder das Argument der Enge (adm 164).
56 Die Türen wurden stark unterschiedlich gedeutet und als Beleg für Sugers anagogische
Kunstauffassung betrachtet, siehe hierzu kritisch Speer 2005, 29.
57 Auch hier fehlt das Wunder nicht: Wunder der Edelsteine: adm 205-208..

10
übertreffen möchte (adm 224-230). Der Höhepunkt ist die detectio der Reliquien
am „Heiligen Altar“ (adm 240-255). Abschluss bildet eine Verfügung über die
Ausstellung seiner Kunstschätze zu seinem Jahrestag (adm 287).

4.3.2 Datierung
Aufgrund eines Bezugs auf De consecratione (adm 176) und der Annahme, diese
sei sicherlich nach der Ordinatio entstanden, ist De administratione wohl die
jüngste Schrift.58 Grant zufolge ist die Schrift unvollständig geblieben, Suger habe
demnach über mehrere Jahre hinweg immer wieder neue Angaben hinzugefügt.59
Andere Forscher datieren sie meist in die Zeit zwischen 1147 und Ende 1150.60

4.4 Art und Funktion der Schriften


Die Schriften lassen sich schwer klassifizieren.61 Bei der Ordinatio handelt es sich
zweifellos um eine Urkunde.62 Sie orientiert sich nach Grant an karolingischen
Vorbildern.63 In De consecratione gibt Suger sein Motiv selbst an. Er möchte die
Ereignisse der Translation und Weihe „zur Kenntnis unserer Nachfolger
niederschreiben“, Gott damit Dank abstatten und um Fürsprache der Märtyrer
bitten (cons 7). Ausdruck und Form sind durch den Urkundenstil geprägt. 64 Grant

58 Speer 2005, 19; Pickavé 2005, 157. - In der Ordinatio finden sich keine Bezüge auf die anderen
Schriften. In De consecratione wird ein Abschnitt der Ordinatio im Wortlaut übernommen, in
De administratione finden sich Bezüge zur Ordinatio und zu De Consecratione (ebd.). Den
Beschluss zur Abfassung des Textes datiert Suger in das dreiundzwanzigste Jahr seiner
Amtsführung (adm 1), das ist zwischen dem 12. März 1444 und dem 11. März 1145.
59 Grant 1998, 33-34. - Einige testamentarisch bezeugte Gebäude (Grant 1998, 34; Kramp 1995,
78; Anm. 43) und viele offensichtliche Neuerungen am Westportal (Radfenster, Portalfiguren,
etc.) nennt Suger nicht (Crosby, 1987, 122). Deshalb kann hier das Verschweigen von Fakten
nicht argumentativ gewertet werden (Grant 1998, 35, 252). - Da keine originalen Manuskripte
erhalten sind, ist Sugers Arbeitsweise unklar (Grant 1998, 32). Grant vermutet aber, dass Suger
den Text selbst schrieb und nicht diktierte (Grant 1998, 34).
60 Pickavé argumentiert für eine Entstehung nach 1147, denn Suger erwähnt u.a. den Besuch von
Papst Eugen III. 1147 und den Tod von Ebrard von Breteil, von dem er erst 1148 erfuhr
(Pickavé 2005, 158). Rudolph schlägt 1150 vor, weil er annimmt, dass Suger den Text nicht
während seiner Regierungszeit geschrieben hat (Rudolph, Change 1990, 21-24). Laut Kramp
enstand sie in jedem Fall in den letzten Lebensjahren (Kramp 1995, 37).
61 Annas 2005, 68; Lubich 1995, 59-60. - „De Consecratione is not specifically on the
consecration of the west and east ends; and De Administratione is not actually on Suger's
administration of St-Denis.“ (Rudolph, Change 1990, 20.)
62 Linscheid-Burdich 2004, 168; Rudolph, Change 1990, 20; Speer 2005, 19, 21, 31-32; auch
Glaser 1958, 148. - Sie dient zur Beglaubigung der durch Suger initiierten Umbaumaßnahmen
und Reformen (Speer 2005, 19). Neuheuser beschreibt sie als ein „Dokument mit
wirschaftlich-rechtlicher Ausprägung“. (Neuheuser 1993, 116.)
63 Grant 1998, 46. - Hier besonders eine Reformverordnung Abt Hilduins von 832 und das
Testament Abt Fulrads von 777 (ebd.).
64 Speer 2005, 36-37.

11
vermutet, dass es sich um eine kircheninterne Schrift handelt.65 Der Text ist kein
reiner Weihebericht66 und auch keine Exegese des Kirchenbaus.67 Glaser,
Panofsky und Trachtenberg sehen ihn als Rechenschaftsbericht.68 Ludich hält es
für ein individuelles Werk mit Nähe zu Translationsberichten und
Stifterchroniken.69 Neuheuser und Speer betonen dagegen den liturgischen
Kontext der Schrift.70 Inhaltliche und strukturelle Parallelen bestünden mit der
Narratio de consecratione ecclesiae Casinensis.71 Speer, Pagel/Schröder und Grant
führen weiterhin die Chronica Monasterii Casinensis als Vorbild an.72 Aufgrund
der großen Ähnlichkeiten mit diesen Texten sieht Speer sogar eine
„Montecassino-Imitatio“; Suger verbinde „Repräsentation (…) und Kodifikation
(schriftliche Fixierung der Weihen)“.73
Auch den Grund für die Abfassung von De administratione verrät uns Suger
selbst. Die Mönche hätten ihn gebeten, seine Taten für die Nachwelt festzuhalten
(adm 1-2).74 Speer beschreibt den Text als „eigentümliche Verschränkung von
Verzeichnissen und Urkunden“.75 Neuheuser sieht in dem Text eine
„Inventarisierung des neuen Kirchengebäudes“76, für Kramp ist er ein

65 Grant 1998, 33. - Sie sollte wohl in Institutionen außerhalb von Saint-Denis zirkulieren (ebd.).
66 Lubich 1995, 60-62.
67 Dies hat Linscheid-Burdich durch einen Vergleich mit der Gemma animae von Honorius
Augustodunensis dargelegt (Linscheid-Burdich 2004, 201).
68 Glaser 1958, 165; Panofsky 1979, 10-15, 18; Trachtenberg 2000, 195.
69 Ludich 1995, 62-63.
70 Neuheuser 1993, 170; Speer 2005, 37-38, 65. - „In allen drei Texten finden sich, trotz der
jeweiligen wirtschaftlichen und rechtlichen, der vorsorgenden oder einer sich rechtfertigenden,
der lediglich beschreibenden oder dauerhaft dokumentierenden Absicht des Verfassers
Ausführungen über ein ganz spezifisches Liturgieverständnis.“ (Neuheuser 1993, 116.) Bereits
Glaser hat betont, dass die Schrift „um liturgische Vorgänge willen geschrieben“ worden sei
(Glaser 1958, 133). Sugers Baubeschreibungen seien ähnlich wie die von Gervasius von
Canterbury und Saint-Bénigne in liturgische Kontexte eingebettet (Speer 1994, 964). „Seine
theologischen Quellen (…) sind vor allem die gelebte Liturgie: Stundengebet und
Eucharistiefeier, ferner Schriftlesung und religiöse Dichtung. Hinzu kommen die das Kloster
betreffenden Urkunden“. (Speer 2005, 65.)
71 Pickavé/Speer 1996, 222-230; Speer 2005, 35. - Die Narratio ist ein Bericht über den Neubau
der Klosterkirche von Montecassino unter Abt Desiderius. Er entstand 1094 (ebd.).
72 Speer 2005, 35-36; Pagel/Schröder 1995, 100-101; Grant 1998, 33, 35. - Leo von Ostia hat sie
im ersten Viertel des zwölften Jahrhunderts verfasst. Sie hat wiederum die Narratio als Vorbild
(ebd.). Suger besuchte Montecassino 1123 (Grant 1998, 33). - Siehe auch Glaser 1958, A49,
Anm. 101.
73 Speer 2005, 36. - Ähnlich auch Grant (Grant 1998, 304).
74 Glaser spricht hier von „Tatenstolz" (Glaser 1958, 150-151). - Siehe auch Kramp 1995, 37 und
Crosby 1987, 115.
75 Speer 2005, 37. - Auch hier findet sich die Urkundensprache (Glaser 1958, 148). Susanne
Linscheid-Burdich hat zudem auf stilistische Parallelen mit dem Schulautor Prosper von
Aquitanien und auf die Carmina des Paulinus von Nola hingewiesen (Linscheid-Burdich 2005,
113-119, 146). - Eine weitere Einschätzung von Sugers Stil bei Crosby 1987, 115-116 und
Hanning 1987, 145-150.
76 Neuheuser 1993, 116.

12
Verwaltungsbericht,77 für Glaser ein Rechenschaftsbericht mit
autobiographischem Charakter bzw. „Tatsachenbericht“ mit dem Ziel der
„Rechtssicherung“, womit die Schrift in die Gattung der gestae falle;78 dem
stimmt Büchsel zu.79 Laut Grant und Linscheid-Burdich ähnelt sie inhaltlich und
formal Tatenberichten von Gauzelin von Fleury und des Bischofs von Le Mans. 80
Sugers Text unterscheide sich von diesen nur dadurch, dass er ihn selbst
geschrieben habe. Hierfür gebe es aber als Vergleichsbeispiel Abt Henry von
Blois' Fragment zur Verwaltung von Glastonbury.81 Suger griff somit wohl auf
verschiedene Textsorten zurück.82 Laut Speer sind beide Schriften „Weihe- und
Rechenschaftsberichte über bedeutende Umbauten“ und stünden in dem „breiten
Zusammenhang von Kirchweihberichten und Kirchweihallegoresen.“83

4.5 Publikationen, Übersetzungen und Biografien


Die Texte sind in verschiedenen Handschriften überliefert 84 und in diversen
Editionen erschienen und übersetzt worden. Die Ordinatio wurde erstmals 1621
von Jacques Doublet, De consecratione und De administratione 1641 von
François Duchesne abgedruckt.85 Michel Félibien hat 1706 alle Texte mit den
Korrekturen von Jean Mabillon vollständig publiziert.86 Die Veröffentlichung von
Albert Lecoy de la Marche von 1867 war bis 2001 immer noch die einzige
vollständige Sammlung aller Schriften inklusive der Briefe.87 Am
einflussreichsten war wohl die englische Teilübersetzung von Erwin Panofsky von
77 Kramp 1995, 37.
78 Glaser 1958, 147-150.
79 Büchsel 1997, 11-14.
80 Linscheid-Burdich 2004, 168; Grant 1998, 35-36. - Der Ursprung sei im Liber Pontificalis zu
suchen (Grant 1998, 35).
81 Grant 1998, 35-36. - Suger und Henry betonen beide die Wichtigkeit des Gedenkens an ihre
Taten. Aufgrund der Ähnlichkeiten könnte auch ein direkter Zusammenhang zwischen den
Texten bestehen, die Äbte kannten sich (ebd.). - Albrecht hat jüngst das Vergangenheitsbild in
Saint-Denis mit dem von Glastonbury verglichen, siehe Albrecht, Stephan: Die Inszenierung
der Vergangenheit im Mittelalter. Die Klöster von Glastonbury und Saint-Denis, München-
Berlin 2003.
82 Linscheid-Burdich 2004, 18-19.
83 Speer 1994, 959.
84 Diese können hier im Detail nicht besprochen werden, eine umfassende und kommentierte
Aufstellung bei Pickavé 2005, 147-152.
85 Doublet, Jacques: Histoire de l'Abbaye de S. Denys en France, Paris 1625, 870-875. -
Duchesne, Francois: Historiae Francorum Scriptores coaetanei, Bd. IV, Paris 1641, 331-350,
350-358. - Pickavé 2005, 152.
86 Félibien, Michel: Histoire de l'Abbaye royale de Saint-Denys en France, Paris 1706, CII-CV,
CLXXII-CLXXXVII, CLXXXVII-CXCIV. - Pickavé 2005, 152.
87 Lecoy de la Marche, Albert (Hg.): Œuvres complètes de Suger. Recueillies, annotées et
publiées d'après les manuscrits par A. Lecoy de la Marche, Paris 1867 (Nachdruck, Hildesheim
1979).

13
1946 (überarbeitete Neuerscheinung 1979).88 In den Jahren 1996 und 2001 hat
Françoise Gasparri eine vollständige Neuedition und die erste französische
Übersetzung aller Schriften und Briefe vorgelegt.89 Weitere Teilübersetzungen gibt
es von Jean Leclercq 194590, Michel Bur 199491 (beide französisch) und
auszugsweise von Ernst Gall 192592 (deutsch) und Arthur Kingsley Porter 191293
(englisch). Die erste vollständige deutsche Übersetzung der Ordinatio, De
consecratione und De administratione wurde von Andreas Speer und Günther
Binding 2000 herausgegeben.94 Die erste Monographie zu Suger stammt von Otto
Cartellieri aus dem Jahr 1898,95 es folgte 1950 Marcel Aubert.96 Daneben gibt es
die Einleitung von Panofsky97 und den Beitrag von John F. Brenton zum New
Yorker Symposion 1981.98 Die neuesten Biografien stammen von Lindy Grant99
und Gabriele Annas.100

5 Forschungsstand
Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts etablierte sich ein Forschungsparadigma, das
die Entstehung des gotischen Stils als gezielten Bruch Sugers mit der Romanik
durch Anwendung der neuplatonischen Lichtmetaphysik nach Pseudo-Dionysius
Areopagita speziell auf die Architektur erklärt.101 Suger, ein Genie von

88 Panofsky, Erwin: Abbot Suger on the Abbey Church of St.-Denis and its art treasures, bearb.,
übers. und komment. v. Erwin Panofsky, Princeton 1946 (21979). - Siehe dazu Abschnitt
'Forschungsstand'.
89 Gasparri, Françoise (Hg.): Suger. Œuvres 1. Ecrit sur la consecration de Saint-Denis. L'œuvre
administrative.Histoire de Louis VII, (Les Classiques de l'Histoire de France au Moyen Age,
37) Paris 1996. - Gasparri, Françoise (Hg.): Suger. Œuvres 2. Lettres de Suger. Chartes de
Suger. Vie de Suger par le moine Guillaume, (Les Classiques de l'Histoire de France au Moyen
Age, 41) Paris 2001.
90 Leclercq, Jean (Hg.): Suger. Comment fut construit Saint-Denis, Paris 1945.
91 Bur, Michel (Hg.): Suger. La Geste de Louis VI et autres œuvres, Paris 1994.
92 Gall, Ernst: Die gotische Baukunst in Frankreich und Deutschland, Bd. 1, Leipzig 1925.
93 Kingsley Porter, Arthur: Medieval Architecture. Its origins and development, Bd. 2, New
Haven 1912.
94 Binding, Günther, Speer, Andreas (Hgg.): Abt Suger von Saint-Denis. Ausgewählte Schriften:
Ordinatio, De consecratione, De administratione, Darmstadt 2000.
95 Cartellieri, Otto: Abt Suger von Saint-Denis 1081-1151, Berlin 1898.
96 Aubert, Marcel: Suger, Rouen 1950.
97 Panofsky 1979, 1-37. - In deutscher Übersetzung bei Panofsky 1978, 125-166.
98 Brenton, John: Suger's Life and Personality, in Gerson, Paula Lieber (Hg.): Abbot Suger and
Saint-Denis. A symposium, New York 21987, 3-15.
99 Grant, Lindy: Abbot Suger of St-Denis. Church and state in early twelfth-century France,
London-New York 1998.
100 Annas 2005, 67-111.
101 Simson 1968, 93, 152, 169. - Der gotische Stil sei Ausdruck des Willens, das göttliche Licht
im Materiellen erscheinen zu lassen, um den Kirchenbesucher näher an Gott heranzuführen
(Simson 1968, 147; Panofsky 1979, 18-26). - Zusammenfassend Speer 2005, 15-17 und
Reudenbach 1994, 113. - Die dionysische Theorie im Überblick bei Kramp 1995, 32-34.

14
internationalem Rang, sei somit der innovative Alleinschöpfer der Gotik.102 Diese
Ansicht geht im wesentlichen auf die obengenannte Einleitung Panofskys
zurück.103 Dort entwarf er eine Art Persönlichkeitsprofil des Abtes,104 das bis heute
allgemein in der Kritik steht.105 Panofsky selbst stellte aber, wie Bruno
Reudenbach dargelegt hat, in dem genannten Text den direkten Zusammenhang
zwischen Architektur und Philosophie nicht her, dies tat erst Otto von Simson.106
Obwohl diese These bis heute in unterschiedlicher Ausformung vertreten wurde,
herrscht diesbezüglich keine Einstimmigkeit; vor allem in den letzten drei
Jahrzehnten wurde sie zunehmend relativiert und nicht selten komplett
verworfen.107 Bei den Vertretern des dionysischen Einflusses hat sich die
Forschung auf die Frage verlagert, ob Suger aktiv pseudo-dionysische Philosophie
anwendete oder diese eher fragmentarisch und eklektizistisch in seinen Gedanken
auftaucht.108 Hierbei wird besonders auch die Frage nach der Vermittlung der
102 Simson 1968, 140-142. - Leitgedanke hierbei ist, dass eine neue Kunstströmung einer neuen
Idee bedarf, die dann durch ein durch und durch innovatives Initialwerk Ausdruck findet.
Damit verbunden sei ein radikaler Bruch mit alten Auffassungen und diese Leistung setze eben
ein außergewöhnliches Individuum voraus (Simson 1968, 93-94; kritisch Speer 2005, 16).
Dies erfordere ein hohes Maß an architektonischem Verständnis und, da Sugers Schriften
sowohl dies wie auch eine spezifisch neo-platonische Intention aufzeigen, sei er nicht nur
Bauherr, sondern auch im gewissen Maße Architekt gewesen (Simson, 140-142). Für den Chor
habe er aber einen Architekten engagiert (Simson 1968, 145, 169).
103 Grant 1998, 4-5; Van der Meulen/Speer 1988, 256.
104 Suger sei ein Emporkömmling von kleiner Statur, „Proto-Humanist“ (Panofsky 1978, 143),
genialer und eitler Mäzen, „Amateur-Architekt“ (Panofsky 1978, 163), Theologe, Poet,
patriotischer Vater der Monarchie, rastloser und ehrlicher Geschäftsmann, mutiger, friedlicher
und redlicher Politiker, „gerechter und humaner Mensch“ (Panofsky 1978, 130), lebenslanger
Vertrauter und Freund von Ludwig VI. sowie Freund von Heinrich I. und Bernhard von
Clairvaux (Panofsky 1978, 125-166, insb. 125-136, 147, 156-159, 163-165). - Ähnlich dann
auch Simson (Simson 1968, 98).
105 Besonders Bruno Reudenbach hat kritisch auf die Subjektivität dieser Charakterisierung
hingewiesen. Panofsky idealisiere Suger (Reudenbach 1994, 119-122). Dem folgend u.a. auch
Büchsel (Büchsel 1997, 14-16), Markschies (Markschies 1995, 22-23.) und Speer (Speer 1994,
958-959).
106 Reudenbach 1994, 115-116, - Panofsky verbindet die Lichtmetaphysik mit den leuchtenden
Glasfenstern und dem von Suger beschriebenen Glanz einiger Schätze der Abtei (ebd.). -
Vorbereitet hat Simsons These Ernst Gall (Gall 1925, 93-101, 103) und weiter ausgebaut hat
sie vor allem Hans Sedlmayr (Sedlmayr 1993, 235-237). - Siehe hierzu auch Markschies 1995,
23-33, insb. 28.
107 Siehe hier die teilweise stark unterschiedlichen Ansichten von Misch (Misch 1957, 148-149),
Glaser (Glaser 1958, 127), Beierwaltes (Beierwaltes 1976, 237), Duby (Duby 1980, 175-177),
Caviness (Caviness 1987, 262), Zinn (Zinn 1987, 34), Crosby (Crosby 1987, 287), Suckale
(Suckale 1990, 73-74), Binding (Binding 2000, 51-52). - Erst 2003 hat Alain Erlande-
Brandenburg die These von der Gotik als bewussten Akt gegen den romanischen Stil erneuert
(Erlande-Brandeburg 2001, 13-36). Laut Rudolph fehlen für eine solche Behauptung
eindeutige Schriftquellen (Rudolph, 2003, 982).
108 Neuheuser erkennt bei Suger nur eine oberflächliche Rezeption von Pseudo-Dionysius
(Neuheuser 1993, 157-158, 163-164, 182). Dies tun auch Grant (Grant 1998, 23, 270-271) und
Linscheid-Burdich (Linscheid-Burdich 2004, 30, 43, 48-49, 58-59). Konrad Hoffmann sieht in
Suger zwar den dionysisch beeinflussten Architekten, betont aber die Rolle von Sugers
Traditionsempfinden bei der Gestaltung des Westbaus (Hoffmann 1985, 29-38). Rudolph

15
Gedanken und speziell nach der Rolle von Hugo von Saint-Viktor und Johannes
Scottus Eriugena gestellt.109 Eine genaue vergleichende philologische
Untersuchung fehlt hier immer noch.110 Auch die oft angesprochene augustinische
Prägung von Sugers Denken bedarf einer systematischen Analyse.111
Einige Autoren hingegen sehen hinsichtlich des gesamten dionysischen Aspekts
eine voreingenommene Interpretation der Texte.112 Martin Büchsels erstem
Gegenargument von 1983 haben sich andere Forscher angeschlossen und dies
durch weitere Thesen unterstützt. Bei den Passagen über das Licht handle es sich
um eine traditionelle, frühchristlich und karolingisch geprägte Lichtmetaphorik.
Eine spezielle Rezeption von Pseudo-Dionysius sei nicht nachweisbar.113 Laut
Andreas Speer sei Sugers Lichtmetaphorik „eng mit der Vorstellung der irdischen
Liturgie als Abbild des himmlischen Glanzes verbunden“.114 So erhielten sein
Bezug zur Liturgie von Saint-Denis, sein Geschichtsbild und sein

entdeckt einen „superficial use of a Pseudo-Dionysian justification of his art program, but one
that is characterized by the absence of any real philosophical application of Pseudo-Dionysian
theory.“ (Rudolph, Change 1990, 51.)
109 Rudolph postulierte eine in der Forschung stark kritisierte Zusammenarbeit von Hugo und
Suger. Er führte die komplexe Ikonographie von Sugers Kunstwerken auf den Theologen Hugo
zurück (Rudolph, Change 1990, 32-47). Hierzu kritisch Markschies (Markschies 1995, 30,
Anm. 66, sowie 37), Linscheid-Burdich (Linscheid-Burdich 2004, 31, 50), Büchsel (Büchsel
1997, 16-19) und Speer streitet generell eine Verbindung von Hugo und Suger ab (Speer 2005,
33-34). - Panofsky und auch Simson sehen in Eriugenas Übersetzung das Verbindungsglied
zwischen Pseudo-Dionysius und Suger (Markschies 1995, 13-19, 30-31). Nach Linscheid-
Burdich hat Suger Eriugena nur oberflächlich rezipiert (Linscheid,-Burdich, 2004, 48-50). - Zu
Eriugena siehe auch Markschies 1995, 15-16. - Neuheuser hat auf die Schwierigkeit eines
Nachweises der direkten Rezeption des Gedankengutes von Pseudo-Dionysius hingewiesen
(Neuheuser 1993, 164) .- Weiteres zur Diskussion bei Speer 2005, 33-34 und Linscheid-
Burdich 2004, 20-21, 28-34. Siehe im Speziellen die Beiträge in: Poirel, Dominique (Hg.):
L'abbé Suger, le manifeste gothique de Saint-Denis et la pensée victorine. Colloque organisé à
la Fondation Singer-Polignac, le mardi 21 novembre 2000, Turnhout 2001. Zur
Forschungssituation siehe Rudolph 2003, 981-983.
110 Linscheid-Burdich 2004, 18.
111 Glaser 1958, 165-166; Markschies 1995, 54; Rudolph, 2003, 982; Grant 1998, 267; Neuheuser
1993, 164, 182.
112 Van der Meulen/Speer 1988, 290, 297-298; Speer 2005, 18, 32; Linscheid-Burdich 2004, 14-
15, 44; Büchsel 1994, 63; Markschies 1995, 37. - Auf Reudenbach wurde bereits hingewiesen.
113 Büchsel 2005, 32-37; Büchsel 1994, 63. - Zu diesem Ergebnis kamen vor allem auch Peter
Kidson (Kidson 1987, 17) und Christoph Markschies (Markschies 1995, 46-65, insb. 59). -
Sugers anagogische Methode müsse nicht von Pseudo-Dionysius stammen, sondern gehöre
„zum Grundinventar der allegorischen Bibelexegese“. (Markschies 1995, 47.) Markschies sieht
in den dionysisch interpretierten Textstellen für das Mittelalter nicht unübliche Fälle der „Topik
der theologischen Kirchengebäude-Allegorese oder (...) literarische Topoi der Kirchen-
Bauinschriften.“ (Markschies 1995, 47.) Textbezüge gebe es eher zur Vulgata oder dem
Johannesevangelium (Van der Meulen/Speer 1988, 296; Büchsel 1994, 61; Markschies 1995,
58-59). - Eine Zusammenfassung der Diskussion bei Linscheid-Burdich 2004, 28.
114 Speer 2005, 61. - Darunter vor allem die Formulierung, die „das Erleuchten der Dunkelheit,
das Erstrahlen des Kirchbaus" beschreiben (ebd.). - Speer hat seine Ansichten in den letzten
Jahren in diversen Aufsätzen mehrfach dargelegt (Speer 2000, 19-37; Speer, Suger 2005, 41-
50; Speer 2006, 65-83).

16
Selbstverständnis als Abt und Mönch in der neueren Forschung immer mehr
Aufmerksamkeit.115 Sugers übergeordnetes Ziel sei es gewesen, die Abtei Saint-
Denis in ihrer politischen wie religiösen Bedeutung so wiederherzustellen, wie sie
in merowingischer Zeit seiner Meinung nach Bestand gehabt hatte. Dies habe
Suger vor allem durch Wiederbelebung und Erneuerung alter Kulte zu erreichen
versucht (renovatio).116 Es wird auch angenommen, dass der Umbau Teil von
Sugers Klosterreform war, aber eine dahingehende genaue Einordnung der
Baumaßnahmen steht noch aus.117 Suger habe Saint-Denis zu einem Pilgerzentrum
ausbauen wollen. Der neue Kapellenchor sollte dabei den passenden Raum für die
Passions- und Patronatsreliquien und ihre Altäre schaffen.118 Suger habe versucht,

115 Büchsel 1997, 12; Kidson 1987, 17; Van der Meulen/Speer 1988, 290-291; Neuheuser 1993,
153, 168, 181-183; Speer 1994, 959; Grant 1998, 5, 15; Speer 2005, 59. - Laut Van der Meulen
und Speer haben aber dies gerade frühere Forscher in ihrer Fokussierung auf Pseudo-Dionysius
nicht berücksichtigt (Van der Meulen/Speer 1988, 121-122, 295-296) oder „zu einer politisch-
strategischen Größe herabgewürdigt“ (Speer 2005, 64). - Bereits 1958 hat Glaser Sugers
Selbstverständnis als Abt betont (Glaser 1958, 154, 157, 159, 166-167). - Die Liturgie in Saint-
Denis folgte grundsätzlich der Benediktregel und wurde maßgeblich durch Abt Hilduin
geprägt. Zentral war das Totengedenken und die Verehrung von Dionysius (Grant 1998, 69-70).
Suger schildert sie mit großer Genauigkeit (Neuheuser 1993, 130; Speer 2005, 44; Van der
Meulen/Speer 1988, 295). Sie orientiert sich, wie Neuheuser und Speer dargelegt haben, am
Schema des Pontificale Romanum. Der Zusammenhang ist noch näher zu erforschen, da Suger
liturgisch wichtige Ereignisse auslässt. Suger könnte es nur um die Besonderheiten gehen und
die Kenntnis des Lesers voraussetzen (Neuheuser 1993, 131-139; Speer 2005, 45-51). Büchsel
hebt dabei die Bedeutung der Eucharistie für Suger mit Verweis auf cons 98 hervor (Büchsel
1997, 52). Hierzu kritisch Linscheid-Burdich (Linscheid-Burdich 2004, 40-42). - Linscheid-
Burdich hat jüngst auf die Bedeutung der Meditation hingewiesen (Linscheid-Burdich 2004,
22-28, 35-36). Vorbildcharakter hätten hier die Conlationes von Johannes Cassianus
(Linscheid-Burdich, 2004, 22-23, 38-39).
116 Neuheuser 1993, 175-176; Kramp 1995, 31, 46; Grant,1998, 306-307; Speer 2005, 65-66;
Linscheid-Burdich 2004, 16, 18; Büchsel 1997, 17-18. - Seine Handlungen stünden alle „im
Kontext einer umfassenden renovatio der bestehenden liturgischen und kultgeschichtlichen
Traditionen in Saint-Denis.“ (Speer 2005, 39.) - Wieder bereits bei Glaser (Glaser 1958, 149).
Panofsky habe dies nicht erkannt (Van der Meulen/Speer, 291, Anm. 954; Speer 2005, 42,
Anm. 80). Zur Wiederherstellung des Königskultes gehörte die detectio der von Karl dem
Kahlen gestifteten Jakobus-, Stephanus- und Vincentius-Reliquien (Van der Meulen/Speer
1988, 267-268; Speer 2005, 30) und die „Umgestaltung der Kultstätte der gleichfalls von Karl
dem Kahlen gestifteten Passions- und Simeonsreliquien.“ (Speer 2005, 41,) - Relevante
Textstellen sind ord 22-30, adm 240-255. In De consecratione fehlt der Hinweis auf den
Karlskult und auch die detectio (Speer 2005, 42).
117 Grant 1998, 10, 239; Markschies 1995, 62; Constable 1987, 18-20; Annas 2005, 96. - In den
Schriften wird niemals eine Reform als Grund des Umbaus angegeben. Es gibt allgemein sehr
wenig Hinweise auf ihren genauen Inhalt (Kimpel/Suckale 1995, 78; Führer 2004, 81-83). Sie
war wohl moderater als in vergleichbaren Klöstern dieser Zeit (Führer 2004, 87). Frank
Hirschmann hat im Vergleich mit den Leistungen anderer Reformäbte herausgearbeitet, dass
Sugers Klosterreform wohl den seit ungefähr hundert Jahren üblichen Praktiken entsprach
(Hirschmann 2004, 21-30, insb. 30). - Zu der Reform siehe Rudolph, Things, 36-38; Rudolph,
Change 1990, 9-10; Kramp 1995, 47-50 und zuletzt Führer 2004, 81-93.
118 Kidson 1987, 17; Van der Meulen Speer, 1988, 303-306; Rudolph, Change 1990, 20; Kramp
1995, 72-74; Grant,1998, 5, 30, 249, 258-260; Speer 2005, 42-43. - Der Chor war als
Doppelkapelle konzipiert. In der Unterkapelle sollten die Passionsreliquien für die
Volksandacht ausgestellt werden, oben dagegen die Patronatsreliquien für die Andacht der
Kirchenmänner (Van der Meulen/Speer 1988, 270-273). Der Kapellenchor ist keine Erfindung

17
den volkstümlichen Kult der Passionsreliquien, die Kulttradition um die
Patronatsheiligen, die Legenden um die Dagobertkirche und den Kultdienst für
König Dagobert selbst zu verknüpfen, um dadurch auf die Verbindung zwischen
dem französischen Königtum und der Abtei als Königsgrablege hinzuweisen119
Diese habe er festigen und in Liturgie und Bau zum Ausdruck bringen wollen.120
Dabei habe Suger in keiner Weise im Sinn gehabt, einen neuen Stil zu
begründen.121 Martin Büchsel hat überzeugend dargelegt, dass Sugers Umbau
durch den Topos der prächtigen Kirche Dagoberts geprägt war.122 Die
Baumaßnahmen seien niemals ästhetischer Selbstzweck gewesen,123 sondern
hauptsächlich von der alten, von Christus selbst geweihten Dagoberts-Basilika
(consécration légendaire124), den damit verbundenen liturgischen Traditionen und
den merowingisch-karolingischen Königs- und Kaiserkulten bestimmt.125 Sugers
Schaffen sei geprägt vom Streben nach Einklang von Altem und Neuem.126 Im
Sugers (Grant 1998, 260). - Er betont seine Absicht, die Schreine der Heiligen besser sichtbar
zu positionieren (Linscheid-Burdich 2004, 200). Reliquien hatten einen enormen Einfluss auf
das Spendeverhalten der Pilger. Eine optimale Platzierung kam ihren Schaubedürfnis entgegen
(Warnke, 69-73). Ausstellungen von Reliquien in der Oberkirche fanden schon im zehnten und
elften Jahrhundert statt (Töpfer 1957, 51). - Zur Entwicklung des Pilgertums siehe Töpfer
1957, 29-57.
119 Speer 2005, 22, 42; Linscheid-Burdich 2004, 16, 18; Frank, 2002, 110. - „Der Rekurs auf die
Person des Merowingerkönigs diente einer lückenlosen Anbindung der kapetingischen
Dynastie an die fränkische Herrscherlinie durch die Konstruktion eines historisch-
genealogischen Geschichtsmodells.“ (Corsepius 2004, 149.)
120 Corsepius 2004, 145; Speer 2005, 42-43; Van der Meulen/Speer 1988, 284-285, 289, 291-294;
Büchsel 1997, 48. - Die Erhebung der Reliquien durch den König selbst sei dabei ein
Sonderritus, der die Bedeutung Saint-Denis' als Königsgrablege nochmals verdeutlichen soll,
indem Ludwig Dionysius hierdurch zum offiziellen Patron seines Reiches erkläre (Petersohn
1975, 439; Speer 2005, 50; Corsepius 2004, 148. - Für eine Bewertung der politische
Bedeutung der Translation siehe Petersohn 1975 420-454, insb. 436-447.
121 Binding 1993, 206; Neuheuser 1993, 171-172; Speer 2005, 65-66; Kimpel/Suckale, 1995,
234; Kramp 1995, 150; Binding 1995, 212-213. - Die ersten nachgewiesenen Baumaßnahmen
sind Ausbesserung und Auffrischung der Bemalung der alten Mauern (Kramp 1995, 65).
122 Büchsel 1997, 39-55, insb. 45, 52, 90, 99-100. - „Suger beginnt mit dem Topos
Dagobertkirche, der zum Leitbild der Erneuerungen wird. Deren Geschichte wird als
Fortsetzung der Gesta Dagoberti geschrieben.“ (Büchsel 1997, 99.) - Neben der Gesta
Dagoberti haben auch viele andere Quellen die geschmückte Kirche Dagoberts beschrieben
und als Topos geprägt (Büchsel 1997, 41-42).
123 Van der Meulen/Speer 1988, 282-283, 291-294; Neuheuser 1993, 170; Grant 1998, 255, 306;
Pagel/Schröder 1995, 122. - Speer hat dies erst 2004 wieder dargelegt (Speer 2004, 95-107).
124 Dagoberts Kirchengebäude soll, wie die consécration légendaire berichtet, von Christus selbst
in Begleitung von Petrus und Paulus sowie den Märtyrern Dionysius, Rusticus und Eleutherius
geweiht worden sein (Van der Meulen/Speer 1988, 148-149; Crosby 1987, 45). Die Legende
erscheint nicht in der Gesta Dagoberti von Abt Hilduin um 835 und wird das erste Mal von
Suger erwähnt. Es wurde daher vermutet, die Legende sei von einem Mönch in Saint-Denis
gegen Ende des elften Jahrhunderts erfunden bzw. verbreitet worden (Van der Meulen/Speer
1988, 148; Crosby 1987, 46, 101; Große 2002, 149-150). - Zur consécration légendaire siehe
Van der Meulen/Speer 1988, 147-172; Große 2002, 147-151; Albrecht 2003, 143-146.
125 Van der Meulen/Speer 1988, 283, 292-295; Neuheuser 1993, 144-145, 171-172; Speer 1994,
961; Grant 1998, 239-240; Speer 2005, 39, 43-44, 65-66.
126 Büchsel 199792-104; Grant 1998, 255-258; Speer 2005, 40; Neuheuser 1993, 171-172; Glaser

18
Denken, Handeln und seiner Religiosität sei er eher retrospektiv, orthodox und
stets um die Tradition der Vorfahren wie auch um seine eigene bemüht gewesen.127
Suger agiere somit als Bewahrer und Restaurator der alten liturgischen und
dynastischen Traditionen von Saint-Denis.128
Nach Meinung einiger Forscher verfolgte Suger auch eine spezifische Ideologie
der Monarchie. So soll er erstmals den kapetingischen König als Spitze einer
französischen Feudalgesellschaft gesehen haben und damit auch Begründer des
französisch-kapetingischen Königtums sein.129 Doch auch hierzu gibt es keine
einheitliche Meinung.130
Die Aussagekraft von Sugers Schriften hinsichtlich architektonisch-technischer
Aspekte wird heutzutage gemeinhin bezweifelt.131 So wird er auch von vielen
Forschern nicht mehr als Architekt, sondern eher als fähiger Bauherr gesehen;132
dabei sei er durchaus Autor des ikonographischen Programms.133 Die Bedeutung
1958, 124-125; Hanning 1987, 147-149; Büchsel 1997, 41-42. - Dies besonders auch in der
Architektur (Pagel/Schröder 1995, 109-110). Grant betont auch den Vorbildcharakter
frühchristlicher Basiliken wie S. Giovanni in Laterano und St. Peter, aber auch neuere Kirchen
wie S. Clemente und speziell Montecassino (Grant 1998, 256-258).
127 Hanning 1987, 145-146; Kidson 1987, 17; Neuheuser 1993, 178; Speer 1994, 964;
Grant,1998, 5, 30, 269, 304-305; Speer 2005, 65; Annas 2005, 109-110; Büchsel 1997, 92. -
Wieder auch Glaser (Glaser 1958, 130, 156)
128 Speer 2005, 61; Constable 1987, 18. - Eine Politik, die, wie Große dargelegt hat, von Sugers
Vorgänger Abt Adam wesentlich vorbereitet wurde (Große 2002, 131-136).
129 Simson 1968, 94-100; Lewis 1987, 49; Spiegel 1987, 156; Bournazel 1987, 60-66; Dufour
2004, 13, 18. - Dieses Bild von Suger entstammt der französischen Forschung des achtzehnten
und neunzehnten Jahrhunderts (Speer 2005, 17-18). Auch Neuheuser betont Sugers
Königstreue (Neuheuser 1993, 173-174).
130 Grant zufolge hat Suger zwar eine wichtige, aber nicht überzubewertende Rolle bei der
Etablierung von Paris als Regierungszentrum gespielt (Grant 1998, 3-4, 8, 294, 298-301), aber
seine Schriften gäben keinen Anlass, ihn als politischen Ideologen zu betrachten (Grant 1998,
10-19). Seine Einwirkung auf die Monarchie habe stets dem Nutzen der Abtei gegolten (Grant
1998, 21, 301-303). Ähnlich kritisch argumentieren auch Kramp (Kramp 1995, 149-150),
Crosby (Crosby 1987, 111), Van der Meulen (Van der Meulen/Speer 1988, 295), Speer. (Speer
2005, 17-18) und Linscheid-Burdich (Linschied-Burdich, 2004, 187), Grant hat ihre
Argumentation erst 2002 wieder erneuert (Grant 2004, 45-56). - Zum Verhältnis zwischen
Suger und König Ludwig VI. siehe Anm. 15).
131 Binding 1993, 206-207; Pagel/Schröder 1995, 98-99; Van der Meulen/Speer 1988, 1-8; Speer
2005, 54-56; Speer 1994, 960; Speer 2005, 56; Kidson 1987, 17; Grant 1998, 5; Binding 1995,
212-213. Dies auch bereits bei Simson (Simson 1968, 176). - Sugers Angaben zu der Bauzeit
des Chores sind zweifelhaft (John 2007, 149-152; Grant 1998, 247). - Zur Diskussionen über
die dahingehende Textauslegung siehe Crosby 1987, 267-268; Van der Meulen/Speer 1988,
273-282 und Annas/Binding 1989, 7-24.
132 Markschies 1995, 24-25, 44-45; Grant 1998, 253-255; Crosby 1987, 120; Kramp 1995, 77-79;
Trachtenberg 2000, 195; Büchsel 1997, 98. - Durch vorherige Bautätigkeiten sei er als Bauherr
sehr erfahren gewesen (Grant 1998, 29, 238-239; Crosby 1987, 117). - Es sind keine Daten zu
den Architekten erhalten (Grant 1998, 253-254).
133 Grant 1998, 26, 265-270; Crosby 1987, 120. - Nach Grants Meinung wurde es aber
überschätzt, es sei typologisch und fundamental (Grant 1998, 265-270). Dabei bezweifelt sie
die Autorenschaft Sugers an den Versen. Er habe sie durch Intellektuelle seiner Abtei schreiben
lassen. Prosa und Verse würden sich zu stark unterscheiden (Grant,1998, 269). Crosby
betrachtet ihn als Autor (Crosby 1987, 115) und Susanne Linscheid-Burdich hat die Verse

19
von Saint-Denis und Suger wird im Zuge einer generellen Neubewertung der
Ursprünge der Gotik in Frage gestellt.134 Die obigen Punkte wurden in den letzten
Jahren bei diversen Tagungen wieder verstärkt diskutiert und scheinen sich durch
ihre stark textinterpretatorische Abhängigkeit einer endgültigen Beantwortung zu
entziehen.135 Zentrale Fragen, wie die Klassifizierung seiner Schriften,136 die
Diskrepanz zwischen der modernen Architektur und seinen konservativen
Äußerungen, der genaue Einfluss von Hugo und Eriugena, aber auch Sugers
Rezeption von Augustinus, die Einordnung des Umbaus in seine Klosterreform,
seine Beziehung zu Bernhard137 und auch sein konkreter Einfluss auf das
kapetingische Frankreich138 bedürfen immer noch einer Klärung.

6 Darstellung des Umbaus und der Bezug zu Dagobert I. in Sugers Texten


6.1 Fragestellung und Methodik
1993 hat Hanns Peter Neuheuser in einem Aufsatz Argumente gegen eine
ästhetizistische Textinterpretation (wie sie vor allem von Otto von Simson
vertreten wurde) vorgebracht.139 Kunstwerke besäßen demnach für Suger eine rein
eingehender untersucht und dies bestätigt (Linscheid-Burdich in Speer 2005, 146).
134 Binding 1993, 206-207; Van der Meulen/Speer 1988, 289-290, 295, 307; Grant, 271-274, 304-
307; Markschies 1995, 23-39, 42-43; Große 2002, 9-10; Trachtenberg 2000, 183-205;
Kimpel/Suckale 1995, 91-92. - Grant bezeichnet Saint-Denis als letzte romanische Pilgerkirche
(Grant 1998, 30). Reudenbach hat darauf hingewiesen, dass die Gestalt von Bauwerken eher
durch „eine bestimmte Zweckgebung, durch konstruktive und statische Gesetze oder durch
formale Traditionen und zeitgebundene ästhetische Vorstellungen" geprägt sei als durch
Theorien und Allegoresen (Reudenbach 1980, 337). - Hierzu auch Markschies 1995, 42 und
Kimpel/Suckale 1995, 234. - Laut Conrad Rudolph sei der Stil eher durch politische und
klösterliche Aspekte zu erklären (Rudolph, 2003, 982). - Panofsky sah in der Scholastik den
Ursprung der Gotik (Rudolph, 2003, 982). Kimpel/Suckale widersprechen hier
(Kimpel/Suckale 1995, 75). Nach Markschies ist immer noch zu klären, welche
Zusammenhänge genau zwischen gotischer Architektur und scholastischer Theologie wirklich
nachweisbar seien und inwiefern sich die Rezeption der gotischen Kathedrale von der
traditionellen Allegorisierung unterscheide (Markschies 1995, 64).
135 Zum New Yorker Symposium von 1981 siehe Gerson, Paula Lieber (Hg.): Abbot Suger and
Saint-Denis. A symposium, New York 21987. Die Beiträge zum Colloquium von 2000 in Paris
wurden publiziert in: Poirel, Dominique (Hg.): L'abbé Suger, le manifeste gothique de Saint-
Denis et la pensée victorine. Colloque organisé à la Fondation Singer-Polignac, le mardi 21
novembre 2000, Turnhout 2001. - Jeweils eine Tagung im Palais des Papes in Avignon (30.
November- 2. Dezember 2000), am Princeton Art Institute (12. bis 14. Oktober 2001) und im
Deutschen Historischen Institut in Paris am 7. Oktober 2002. - Die Texte zum zweiten Pariser
Colloquium „Pour une meilleure compréhension du rôle de l'abbé Suger: Saint-Denis aux Xie
et XIIe siècles" von 2002 wurden veröffentlicht in: Große, Rolf (Hg.): Suger en question.
Regards croisés sur Saint-Denis, München 2004. - Zur Konferenz im Princeton Art Institute
von 2003 im Druck: Blum, Pamela, Clark, William, Zinn, Grover (Hgg.): Saint-Denis
Revisited. Suger, Art and Architecture (Conference of the Index of Christian Art, 24th and 25th
October 2003, Princeton University).
136 Hierauf hat bereits Markschies hingewiesen (Markschies 1995, 41).
137 Zu diesem Hinweis siehe Neuheuser 1993, 174; Markschies 1995, 62-64.
138 Dieser Hinweis auch bei Harcourt-Smith 2000, 169.
139 Neuheuser, Hanns Peter: Die Kirchweihbeschreibungen von Saint-Denis und ihre

20
„dienende Funktion“ innerhalb der Liturgie.140 Seinem Fazit wird hier nicht
widersprochen, aber seine These falsifiziert werden, dass es sich bei cons 9 um
eine Quelle zu Sugers liturgischem Verständnis des Kirchenbaus handelt.
Während cons 8 eine topische Beschreibung der Dagobertkirche ist,141 scheint
cons 9 dagegen ein Indiz für Sugers Identifikation mit König Dagobert I. als
Stifter und Bauherr zu sein. Diese Annahme soll direkt am Text durch weitere
Analogien zwischen Sugers Selbstdarstellung und der Darstellung von Dagobert
erhärtet werden; deshalb sei im Voraus kurz dargelegt, wie Suger seinen
Kirchenschmuck legitimiert und Wundergeschichten rechtfertigend einsetzt, um
darauffolgend besonders Parallelen bezüglich der Auffassung zu Bau und
Kirchenschmuck herauszuarbeiten.

6.2 Rechtfertigung des Kirchenbaus


6.2.1 Die Rechtfertigung des Kirchenschmucks durch seine liturgische
Funktion
Es ist umstritten, ob Suger mit der Verteidigung seines Kirchenschmucks direkt
auf Vorwürfe Bernhards von Clairvaux antwortet.142 Er selbst schreibt nur, er
wolle sich gegen diejenigen verteidigen, „die dem nicht uneingeschränkt
beipflichten“ (adm 236).143 Suger bringt im wesentlichen zwei Argumente vor:

Aussagefähigkeit für das Schönheitsempfinden des Abtes Suger, in: Binding, Günther, Speer,
Andreas (Hgg.): Mittelalterliches Kunsterleben nach Quellen des 11. bis 13. Jahrhunderts,
Stuttgart-Bad Cannstatt 1993, 116-183. - Seiner Kritik folgt auch Büchsel (Büchsel 1997, 102-
107).
140 Neuheuser 1993, 181-183. - Albrecht betont zudem die Bedeutung von Kunst für die
Vergangenheitsinszenierung (Albrecht 2003, 266).
141 Vgl. Anm. 122.
142 Panofsky nahm an, dass Sugers Hauptmotiv für die Abfassung der Schriften die Verteidigung
seiner Taten gegenüber zisterziensischer Kritik war. Dafür habe Suger sich die anagogische
Methode nach Pseudo-Dionysius zu Nutze gemacht (Panofsky 1978, 145-153). Simson glaubte
dagegen sogar, dass Sugers Programm die Ideen von Bernhard wiedergibt (Von Simson, 1974,
123, 111, 113 und 112, Anm. 70). - Neuheuser sieht in ständigen „Relativierungen seiner
Schönheitsempfindungen und die Funktionalisierung alles Schönen“ ein Indiz hierfür
(Neuheuser 1993, 174, auch 181). Zustimmend Kramp (Kramp 1995, 48-49). Kritisch
Linscheid-Burdich (Linscheid-Burdich 2004, 165-166, 176), Speer (Speer 2005, 34), Rudolph
(Rudolph, Things 1990, 30-31) und Kidson (Kidson 1987, 3). - Bernhard wird in den Schriften
Sugers nie genannt. Nur wenige Briefe existieren (Führer 2004, 83). - Zu Suger und Bernhard
siehe Misch 1957, 103-105; Glaser 1958, 160-161; Crosby 1987, 109; Grant 1998, 24-26;
Führer 2004, 81-93; Speer 2005, 63. - Zu den Ansichten Bernhards über die Kunst siehe
Dinzelbacher, Peter: Bernhard von Clairvaux. Leben und Werk des berühmten Zisterziensers,
Damrstadt 1998, 90-97 und Leclercq, Jean: Bernhard von Clairvaux. Ein Mönch prägt seine
Zeit, München-Zürich-Wien 2005, 43-45.
143 Rudolph meint, dass die Intensität der Verteidigung in den drei Schriften stetig zunimmt. In
De consecratione argumentiere Suger nur oberflächlich, während in De administratione „the
theme receives perhaps its most classic treatment in the Romanesque and Gothic periods“.
(Rudolph, Things 1990, 31.) So vermutet er, dass sich Sugers Verteidigung als Reaktion auf

21
Erstens: Alle kostbaren Dinge seien der Eucharistie gewidmet (adm 231). Diese
erfordere die Verwendung von möglichst prachtvollem Material (adm 232, cons
60);144 jedoch reiche auch dies natürlich niemals aus (adm 233-234). 145 Zweitens:
Die Schönheit des Schmucks lenke von äußeren Sorgen ab und schaffe deshalb
Raum für Meditation (adm 224). Dem Standpunkt der Kritiker nach lenke der
Schmuck ab146 und die geistige Haltung stehe über den äußeren Dingen (adm
236).147 Auch Suger halte dies für „vorzüglich, wesentlich und besonders von
Bedeutung“ (adm 237), aber die Eucharistie müsse „sowohl in aller Reinheit im
inneren wie in aller Vornehmheit im äußeren“ vollzogen werden (adm 238-239).148
Die Kunst wird somit allein durch ihre liturgische Funktion legitimiert.149 Er

wachsenden Widerstand gegenüber seiner Politik erst langsam entwickelte (Rudolph, Change
1990, 24-25). - Die jüngste Analyse zum Thema stammt von Linscheid-Burdich (Linscheid-
Burdich 2004, 164-176). Demnach entspringe die zunehmende Intensität nicht einem
gestiegenen Bedürfnis der Rechtfertigung, sondern sei auf die unterschiedlichen Textsorten
zurückzuführen. Weil De Administratione eine Lebens- und Leistungsdarstellung sei, gebe es
hier mehr Raum für die Beschreibung und Rechtfertigung des Kunstprogramms (Linscheid-
Burdich 2004, 168).
144 Die Märtyrer würden nur das Beste verlangen, er habe somit keine andere Wahl (cons 62). - Er
bedient sich einer Deutung von Hebr. 9,13-14 (Glaser 1958, 130-131). - Die wertvollen
Materialien seien Geschenke Gottes. Diese Wechselseitigkeit des Gottesdienstes behandelt er
bereits im Prolog (cons 5-6). Siehe hierzu auch Rudolph, Change 1990, 28-29.
145 Linscheid-Burdich 2004, 41-42. - Suger nutzt in adm 232 eine Interpretation von Psalm 25,8,
dies hat Rudolph untersucht (Rudolph, Things 1990, 32-36). - Indem Suger betont, dass
Zisterzienser ihm Edelsteine bereitgestellt hätten, „weist er eine wesentliche Unterstützung
demjenigen Orden zu, dessen wichtigster Vertreter sich so entschieden gegen dergleichen
Aufwand ausgesprochen hat: in der Ausgestaltung des prächtigen Kruzifix sind die getrennten
Standpunkte miteinander versöhnt.“ (Linscheid-Burdich 2004, 172.) Rudolph behauptet, das
Edelsteinwunder „specifically meant to embarrass Bernard and the Cistercians“. (Rudolph,
Change 1990, 27.) Rudolph vermutet sogar, dass es Bernhard selbst war, der die Steine gab
(Rudolph, Change 1990, 28-29).
146 Auf dieses Problem geht Suger in adm 220 eher subtil ein (Linscheid-Burdich 2004, 173-175).
147 Dies ist zisterziensisch (Rudolph, Things 1990, 104-124; Linscheid-Burdich 2004, 164).
148 Eine vor 1144 von Suger gestiftete Kanne wird dahingehend von Markschies besprochen
(Markschies 1995, 62-64). - Suger hebt auch das prächtige Ornat bei Prozessionen hervor (cons
50, 80, 85). Das Äußere stehe für die innere Haltung (cons 80). Dies ist ein Bezug zu
Augustinus (Binding/Speer 2005, 241, Anm. 48).
149 Speer 2005, 64; Grant 1998, 25; Neuheuser 1993, 167, 173, 179; Glaser 1958, 128-129;
Kramp 1995, 69-70; Linscheid-Burdich 2004, 169. - Schmuck war im Mittelalter bei
repräsentativen Bauten und im besonderen bei Bischofskirchen legitim. Auch Bernhard
unterscheidet zwischen dem Repräsentationsbedarf von Bischofs- und Klosterkirchen. Bei
ersteren sei Schmuck erlaubt (Warnke 1984, 26; Linscheid-Burdich 2004, 166). - Weiteres
hierzu bei Warnke 1984, 63-66.

22
argumentiert selektiv und geht nicht auf alle Vorwürfe Bernhards ein,150 die
genutzten Argumente sind traditionell.151

6.2.2 Wunder als Beweis göttlicher Unterstützung und der Vergleich mit
Salomon
Suger lässt, wie es sich am deutlichsten an den Wunderberichten zeigt, kaum eine
Möglichkeit aus, seinen Umbau als ein durch Gott und die Märtyrer legitimiertes
Unternehmen darzustellen.152 Fast alle Wunderberichte bezüglich des Baus finden
sich in De consecratione und stellen gut ein Viertel des gesamten Textes dar.153 In
der programmatischen Einleitung zu den Berichten setzt Suger sein Engagement
in Relation zum Tempelbau Salomons (cons 18-19). Weil Gott bei beiden Werken
als Urheber erkennbar sei, seien beide Bauaufgaben gleichwertig.154 Alle
Wunderberichte folgen einem konkreten Schema: Es besteht zuerst ein Zustand
des Mangels und der Bedrohung des Baus (Sturm, Mangel an Säulen, Arbeitern,

150 Bernhard kritisiert weiterhin, dass die finanziellen Aufwendungen für den Kirchenschmuck
bei der Armenfürsorge fehlen würden (Rudolph, Things 1990, 30-31, 80-103) und Kunst nur
als Spendenmotor fungiere (Rudolph, Things 1990, 20-21). Sugers detaillierte Aufstellung der
Leistungen für die Armenfürsorge könnte gegen diese Kritik gerichtet sein (Speer 2005, 63). -
Seine typologischen Darstellungen seien nur den litterati verständlich, womit er entgegen
Gregors These argumentiert, Bilder seien die Schrift der Ungebildeten (Büchsel 1997, 72-73). -
Zur Armenfürsorge in Saint-Denis siehe Große 2002, 157-167.
151 Speer 2005, 65; Rudolph, Change 1990, 26. - Matthäus von Albano und Bischof von Alvise
von Arras teilten Sugers Ansichten (Grant 1998, 25). Neuheuser sieht dies dagegen als
eigenständigen Beitrag Sugers (Neuheuser 1993, 167). „Suger's attitude of ascribing all to God
and the saints is common enough; what is of interest is the way he uses it as a justification of
excessive art.“ (Rudolph, Things 1990, 31, Anm. 56.)
152 Pagel/Schröder 1995, 124; Van der Meulen/Speer 1988, 297; Rudolph, Things 1990, 31;
Glaser 1958, 151, 154, 163. - Trachtenberg sieht in Sugers Wundern eine gezielte
Verteidigungsstrategie für das gesamte Gebäude. Suger bringe drei große Argumente zur
Verteidigung vor. Das funktionalistische Argument der Enge (Trachtenberg 2000, 195), die
Betonung der Schönheit des Neubaus (Trachtenberg 2000, 195) und die durch Wunder
ausgedrückte Gottgefälligkeit (Trachtenberg 2000, 196). Suger habe seine Wunder klar
organisiert und in die Bauabfolge eingeordnet (Trachtenberg 2000, 196). Es gebe zwei
Kategorien von Wundern: Die Wunder, die auf den Bau als Ganzes bezogen sind (Steinbruch,
Arbeiter, Schafe) und diese, die sich speziell auf Säulen, Rippengewölbe und Dach, aber laut
Trachtenberg sich so auch auf das ganze Gebäude beziehen lassen (Trachtenberg 2000, 196-
198). - In den Säulen- und Gewölbewundern wolle Suger die Harmonie zwischen Altem und
Neuem zeigen (Trachtenberg 2000, 198).
153 Die Textstellen sind cons 20-22, 24-31, 32-41, 67-69, 70-73 und adm 118-123, 124-139, 205-
208. - Die Wunder bilden das zentrale Thema im Abschnitt zwischen der Beschreibung der
alten Kirche und den Weiheberichten zum Westwerk und können in zwei Blöcke eingeteilt
werden (Pickavé/Speer 1996, 232).
154 Für Suger ist es selbstverständlich, dass Gott selbst die Kirche ausgeschmückt hat (adm 190).
- Linscheid-Burdich hat hier den Bezug zu Mt 6, 28-30 herausgearbeitet (Linscheid-Burdich
2004, 210-211). - Vergleiche von Bauherren mit Königen und Kaisern waren traditionell und
nicht selten (Warnke 1984, 22). - Zu Sugers indirektem Vergleich mit David in adm 164 siehe
Glaser 1958, 162. Auch Wilhelm vergleicht Suger in seiner Vita mit David (Rudolph, Things
1990, 31, Anm. 55). - Zum Vergleich mit Salomon siehe Linscheid-Burdich 2004, 210-211;
Glaser 1958, 136; Simson 1968, 139; Kramp 1995, 70-71; Pagel/Schröder 1995, 111-112, 119.

23
Balken, Schafen und Edelsteinen).155 Die scheinbar naheliegendste Lösung des
Problems wäre stets mit hohen Kosten und Anstrengungen verbunden, über die
uns Suger detailliert Auskunft gibt und die er bereit wäre, auf sich zu nehmen. 156
Die göttliche Unterstützung drückt sich nun in einer plötzlichen, unerwarteten und
punktgenauen Lösung aus, die nicht dem Zufall zugerechnet werden kann.157 Auch
hier orientiert sich Suger, wie Rudolph ausführlich dargelegt hat, an diversen
Vorbildern.158 Die Wunderberichte dienen eindeutig als Beweise für die „Identität
von Urheber und Werk“ und Sugers uneingeschränktes Engagement für den
Bau.159

155 Eingeständnisse der Knappheit an eigenen Mitteln waren üblich und oft mit Spendenaufrufen
verbunden. Dies war baupolitisch relevant, denn Spenden bestimmten die politische
Abhängigkeit (Warnke 1984, 31-33, 37-38). Wunder sind somit auch Quellen für die inneren
und externen Zustände der jeweiligen Institutionen (Rudolph 1997, 406). - In diesem
Zusammenhang wurde besonders das Säulen-Wunder viel diskutiert, siehe Linscheid-Burdich
2004, 190-196.
156 Pagel/Schröder 1995, 108. - Indem Suger betone, dass die Sachen von weit her gebracht
werden müssen, äußere er überregionale Geltung (Rudolph, Change 1990, 31).
157 Die Wunder mit den Steinen, Schafen und Holzbalken zeigen, dass Suger dem typisch
mittelalterlichen Weltverständnis (auch in cons 41) folgt, welches auch alltägliche glückliche
Begebenheiten leicht als Wunder gelten lässt (Rudolph 1997, 404; Angenendt 2002, 104).
158 Mit seiner Geschichte über die wundersame Bewegung der Säulen greift Suger einen Topos
auf, der auch bei Gregor von Tours und Guibert de Nogent vorkommt. Wesentlichen Einfluss
hatte wohl eine Wundergeschichte aus der Vita Benedicti (Rudolph 1997, 403, 408). Auch das
Gewölbebogen-Wunder steht in der Tradition der Geschichten von göttlichem Schutz vor
Gefahren. Es gibt ebenfalls ein Vorbild in Gregors Benedikt-Vita (Rudolph 1997, 403, 406-
407). Eine Geschichte über die Auffindung passender Deckenbalken gibt es bei Gregor von
Tours und im Zusammenhang mit dem Bau von Saint-Rémi (Rudolph 1997, 404, Binding
2006, 113). Zahlreich sind die Vorbilder für die Geschichte der Entdeckung von Säulen
(Warnke 1984, 95-96; Binding 2006, 108-109). Suger knüpft wohl an Wunder aus der Vita
Genovevas oder der Vita Odonis an (Rudolph 1997, 407). Finanzielle Wunder haben ihren
Ursprung in Heiligenviten und Mirakelbüchern, sie tauchen bei Odo im Kontext des Baus von
Cluny I, aber auch bei Cluny III und Bangor auf (Rudolph 1997, 404-405). Speer und Pickavé
sehen die Wunder in der Tradition von Berichten über Post-Mortem-Wirkungen von Heiligen
(Pickavé/Speer 1996, 232-233). Erzählungen dieser Strukur finden sich in den Miracula sancti
Dionysii (Pickavé/Speer 1996, 233; Linscheid-Burdich 2004, 202). Sugers Wunder gehören
aber nicht zu den typischen Heilungs-, Befreiungs- und Bestrafungswundern, die die
Wundererzählungen bis zum dreizehnten Jahrhundert dominieren (Heller-Schuh 2002, 159-
160).
159 Kramp 1995, 80-82; Linscheid-Burdich 2004, 191, 196; Pickavé/Speer 1996, 232; Neuheuser
1993, 172; Rudolph 1997, 405; Trachtenberg 2000, 196; Glaser 1958, 124, 155-157, 159. -
Suger drückt dies auch unmissverständlich aus (cons 17). Er nutzt hierfür ein Zitat nach 2 Kor
3,5: „sufficientia nostra ex Deo est.“ (cons 16) - Die Thematik taucht auch in De
administratione wieder auf (adm 177-179).

24
6.3 Sugers Beziehung zu König Dagobert als Gründer und Förderer des
Klosters
6.3.1 Der Kirchenbau als Gottesdienst
Indem Suger in cons 58 ein Zitat aus dem Epheserbrief (Eph 2,19-22) nutzt,160
parallelisiert er den Bau der Kirche mit geistigem Bauen.161 Dieses Motiv der
Annäherung von Irdischem an Göttliches162 begegnet uns sowohl im Prolog (cons
1-7) als auch im Schlussgebet (cons 98) von De consecratione und bildet somit
einen thematischen Rahmen.163 Linscheid-Burdich schließt hieraus, dass Suger
überzeugt ist, „göttliche Gnade nicht nur später als Lohn seines Bemühens um die
Kirche, sondern bereits im Vollzug des Bauens selbst zu erfahren. Die Gelegenheit
dazu ist schon Gnadenerweis.“164 Gott habe Suger auserwählt (cons 15, etc.)165
und, indem Suger wiederholt seine Dankbarkeit hierfür bekundet (cons 46, adm
164, 177, 182, etc.), präsentiert er so sein Engagement als Dienst an Gott; hierzu
sei er hingerissen (cons 15: „raptus ad augmentacionem“). Gemäß der

160 „Je höher und je passender uns wir in ihm bemühen, materiell zu bauen, desto mehr werden
wir belehrt, daß wir durch uns selbst geistlich 'zu einer Wohnung Gottes im Heiligen Geist
auferbaut werden'.“ (cons 58)
161 Diese Metapher ist keine Schöpfung Sugers (Van der Meulen/Speer 1988, 296-297;
Linscheid-Burdich 2004, 209). Er könnte hier durch Haimo von Auxerre beeinflusst sein
(Linscheid-Burdich 2004, 209). Zur Entwicklung des Motivs siehe Meier 1977, 71-83 und
Reudenbach 1980, 316-317. - Es finden sich noch andere rechtfertigende Bezüge zu den
Paulusbriefen (Glaser 1958, 165). Besondere Bedeutung haben hier auch 1 Kor 3,9-17 und 1
Petr 2,6 (Meier 1977, 74-75, 76-77). Die Verwendung von Pauluszitaten erklärt Crosby damit,
dass Paulus Lehrer von Dionysius war, m. E. ein schwacher Standpunkt (Crosby 1987, 222).
Die Lesung von Paulusbriefen war Teil der Liturgie (Rasmussen 1987, 44; Büchsel 1997, 69-
70). - Zur Bedeutung der Paulusbriefe für die Allegorese von Kirchenbauten siehe Meier 1977,
71-77 und Pfammatter, Josef: Die Kirche als Bau. Eine exegetisch-theologische Studie zur
Ekklesiologie der Paulusbriefe, Rom 1960. - Weitere Literaturangaben bei Reudenbach 1980,
317, Anm. 39 und Meier 1977, 72, Anm. 204.
162 Diese Thematik ist eng verknüpft mit den Metaphern des Himmlischen Jerusalems, des Berges
Zion (cons 57) und des Tempels Salomons (Van der Meulen/Speer 1988, 296-297;
Pagel/Schröder 1995, 119-121; Neuheuser 1993, 165; Crosby 1987, 221; Binding 1995, 220-
222). Jacqueline Frank hat die Behauptung weiter ausgeführt, Suger habe im Bauwerk bewusst
das Bild des Himmlischen Jerusalems anklingen lassen, um biblische, königliche und
klösterliche Geschichte zu verbinden. Dabei stellt sie die Frage nach dem Einfluss von Flavius
Josephus (Frank/Clark 2002, 121-123).
163 Die Annäherung des Materiellen mit dem Göttlichen wird als anagogicus mos bezeichnet.
Dieses Motiv wurde in der Forschung intensiv im Zusammenhang mit dem dionysischen
Aspekt besprochen (siehe Kapitel 'Forschungsstand'). Zum Kontext des Motivs siehe
Linscheid-Burdich 2004, 28-34 und Binding 1995, 214-222. - Laut Pagel/Schröder ist dies bei
Suger eher zweitrangig und überhöhend (Pagel/Schröder 1995, 118-119). Büchsel zufolge
geschieht für Suger das Einigen der Gegensätze durch die Eucharistie, hierfür sei keine
spezielle neuplatonische Metaphysik nötig (Büchsel 1994, 62). Auch Neuheuser betont den
Bezug zur Liturgie (Neuheuser 1993, 162-168). Dies legt auch besonders adm 168 nahe.
164 Linscheid-Burdich 2004, 213, zudem 210. - Sie folgt hier Glaser 1958, 131-132, 136, 151,
164-165.
165 Hierfür nutzt er ein Zitat aus Gal 1,15: „Cum autem placuit illi qui me segregauit ex utero
matris mee et uocauit per gratiam suam".

25
Gründungslegende, die uns Suger direkt nach dem Prolog erzählt, war König
Dagobert in das Heiligtum des Dionysius geflohen und weil die Märtyrer dort
„seruitium suum requirere et auxilium promittere“, hatte er „iri affectu mirabili“
die Basilika erbaut (cons 8).166 Suger präsentiert also seinen wie auch Dagoberts
Bau als einen leidenschaftlichen Dienst aus Dankbarkeit für die Erwählung durch
Gott und die Märtyrer.167

6.3.2 Die Hagia Sophia und die Bedeutung des Kirchenschmucks


Suger vergleicht seine Kirche mit der Hagia Sophia.168 Er behauptet, dass er „diese
(Erbauung) innezuhaben sich selbst mit ganzem Gemüt mehr wünschte als die
Schätze Konstantinopels (zu besitzen)“ (adm 164). Heimgekehrte Pilger hätten
ihm bezeugt, dass seine Schätze bedeutender seien als die der Hagia Sophia (adm
225-226). Suger habe anderes gehört und vermutet, dass die Griechen die besten
Schätze „aus Furcht vor den Franken vorsichtshalber versteckt“ hätten (adm
226);169 dabei versäumt er es nicht, zu erwähnen, dass seine Schätze sicher
verwahrt sind (adm 228). Auch hier ist Suger nicht originell; Aussagen dieser Art
waren nicht unüblich, sie sollten den überregionalen Rang des Gebäudes in einer
scheinbar objektiven Manier verdeutlichen.170 Beachtlich ist aber, dass er seine
Kirche nur hinsichtlich der Schätze mit der Hagia Sophia vergleicht.171
An die Schilderung der Gründungslegende (cons 8) schließt nahtlos eine
ausschweifende Beschreibung der Ausstattung der Dagobert-Basilika an (cons 9),
in der die marmornen Säulen, die bestickten Tücher und die Silber-, Perlen- und

166 Zur Legende siehe Albrecht 2003, 128-129.


167 Alle Taten, die Suger in De Consecratione schildert, werden nach Linscheid-Burdich als
Dienst an Gott beschrieben (Linscheid-Burdich 2004, 167).
168 Auf Sugers Gleichsetzung von Saint-Denis, der Hagia Sophia und Salomons Tempel hat
bereits Glaser hingewiesen (Glaser 1958, 130). „In der Baugestalt und Ausstattung der Hagia
Sophia war bewiesen, daß seit alters her die größten Heiligtümer der Christenheit zur Ehre
Gottes ausserordentlichen Prunk entfalteten.“ (Glaser 1958, 128.) - Siehe auch Kramp 1995, 71
und Linscheid-Burdich 2004, 41.
169 Offensichtlich ein Topos der Bescheidenheit!
170 Warnke 1984, 25. - Ein repräsentativer Bau sollte nicht nur die unmittelbare Umgebung
dominieren, sondern auch mit Gebäuden außerhalb des eigenen Machtbereiches konkurrieren.
Hierfür nutzte man im Mittelalter eine Vergleichstopik. Warnke unterscheidet dabei
Traditionsvergleiche und Rangvergleiche (Warnke 1984, 21-22). Es handelt sich hierbei um
einen klassischen Rangvergleich. Dabei wird der eigene Bau mit einem königlichen oder
kaiserlichen Gebäude auf eine Ebene gesetzt (Warnke 1984, 22-23). „Zahlreiche
Rangvergleiche, die mittelalterliche Autoren zu imperialen oder königlichen Bauten ziehen,
suchen oberhoheitliche Befugnisse in eine abgeleitete Verfügungsberechtigung einzubringen.“
(Warnke 1984, 22.)
171 Auf die außerordentlich hohe Bedeutung des Kirchenschmucks für Suger wurde von anderer
Seite bereits hingewiesen, siehe hierfür Büchsel 1997, 48-55 und Pagel/Schröder 1995, 106.

26
Goldschätze bewundert werden.172 Der Schmuck dieser Kirche, der „auf jegliche
Weise in unvergleichlichem Glanz erblühend und mit aller irdischen Schönheit
angetan, in unvorstellbarer Pracht erglänzte“, übertreffe alles andere. Zudem
betrachtet Suger es als wesentliche Leistung Dagoberts (cons 9, 88, adm 261) 173
und auch Kaiser Karls des Kahlen (ord 30, adm 214, 216, 256), dass sie (neben
der Stiftung von Reliquien und Ländereien) die Kirche mit Kunstwerken
ausgestattet hätten.174 Außerordentliche Stiftungen sollten stets die memoria
sichern. Um dieselbige war Suger auch für seine Person sehr bemüht: 175 er ließ
seinen Namen und Stifterbilder überall in der neuen Kirche auf liturgischem Gerät
(ornamenta!), Altären und auch Fenstern anbringen176 und achtete darauf, dass die
Altäre möglichst gut sichtbar positioniert werden (cons 59);177 zudem verfügte er -
auch testamentarisch178 - dass alle seine Kunstwerke an seinem Jahrestag
ausgestellt werden sollen (adm 287).179 Sugers Fokus liegt also eindeutig auf der
Wirkung seines Kirchenschmucks, durch die er die Hagia Sophia und den Altbau
übertreffen und als Stifter und Bauherr in Erinnerung bleiben möchte.180

6.3.3 Cons 9: keine Quelle zu Sugers liturgischem Verständnis des


Kirchenbaus
Auf die Beschreibung des Altbaus (cons 8) folgt dieser Absatz: „hoc solum ei
defuit, quod quandam181 oporteret magnitudinem non admisit, non quod aliquid
eius deuotioni aut uoluntati deesset, sed quod forsitan tunc temporis in primitiua
ecclesia nulla adhuc aut maior aut equalis existeret aut quod breuior fulgorantis

172 Diese hat Suger teilweise wortwörtlich aus den Gesta Dagoberti von Abt Hilduin übernommen
(Albrecht 2003, 133; Speer 2005, 55). Die Gesta Dagoberti betont die Rolle Dagoberts als
Wohltäter und ist ein grundlegendes Dokument für den Dagobertkult in Saint-Denis (Große
2002, 131-133; Van der Meulen/Speer 1988, 143-147).
173 Siehe Van der Meulen/Speer 1988, 136-147.
174 Büchsel 1997, 26- 27, 45-47. - Er bezeichnet Karl als „tam familiaris et precordialis beati
Dyonisii amicus“ (ord 30) und Dagobert sei „ecclesie Dei deuotus“ (cons 8). - Zur
Stifterverehrung in Saint-Denis siehe Büchsel 1997, 21-28.
175 Büchsel 1997, 24-28.
176 Panofsky 1978, 156; Crosby 1987, 118; Büchsel 1997, 27-28; Glaser 1958, 149; Kramp 1995,
68-70.
177 Büchsel 1997 48.
178 Grant,1998, 250.
179 Allein hiermit wollte sich Suger laut Panofsky schon mit Dagobert, Karl dem Kahlen und
Ludwig dem Dicken auf eine Stufe stellen, „die bislang als einzige dermaßen geehrt worden
waren." (Panofsky 1978, 156).
180 Laut Büchsel präsentiert Suger die ornamenta als „Beweisstücke des göttlichen Segens."
(Büchsel 1997, 11-12). - Zur weiteren liturgischen und historischen Einordnung des
Kirchenschmucks siehe Büchsel 1997, 48-55.
181 Bei Panofsky nur „quam“ (Panofsky 1979, 86,18).

27
auri et splendorem gemmarum182 propinquitati arridentium oculorum acutius
delectabiliusque refundendo ultra satis, quam si maior fabricaretur, irradiaret.“
(cons 9, 74-80)183
In der Übersetzung von Binding/Speer: „Nur dieses eine fehlte ihr: Er gab ihr
nicht jene Größe, die ihr gebührt hätte – nicht etwa weil an seiner Frömmigkeit
oder seinem Willen etwas gefehlt hätte, sondern weil es vielleicht zur damaligen
Zeit in der frühen Kirche noch keine größere oder gleich große gab, oder weil sie
in ihrer kleineren Gestalt dadurch, daß sie den Glanz des blitzenden Goldes und
der Edelsteine auf die aus der Nähe zulächelnden Augen schärfer und angenehmer
zurückwarf, weit mehr erstrahlte, als wenn sie größer geschaffen worden wäre.“184
Die fragmentarische Übersetzung von Neuheuser: „Suger (…) vermutet man habe
geglaubt, das Licht werde 'in einer kleineren Kirche (…) mit Hilfe der Leuchtkraft
der Goldes und des Juwelenschimmers wegen der Nähe zu den bewundernden
Betrachtern umso heller strahlen, weil die Blicke die Strahlen köstlicher
zurückwerfen können, und dies (sei) über alles genug und (eher) vorzuziehen (…)
als die Strahlen in einer größer gebauten Kirche allein'“.185
Neuheuser schließt aus dem Obigen: „Die liturgisch genutzte kleine Kirche ist
somit Suger wichtiger als eine große Kirche ohne gottesdienstliche Gemeinde.
Die wahren Strahlen sind nicht auf bauliche Maßnahmen angewiesen, sondern

182 Suger verbindet oft 'aurum' mit 'gemma' bzw. 'lapis' (ord 30, cons 9, 59, 62, adm 193, 203,
220, 276, 280, 282). Er betont stets den Überfluss davon (ord 30, cons 59, 62, adm 203, 276,
206, 209, etc.). Silber spielt kaum eine Rolle (z.B. cons 8, adm 285). An bestimmten Stellen
unterscheidet er die verschiedenen Steine genauer (cons 64, adm 206, 215, 276). In adm 281
beschreibt er sehr detailliert die Musterung eines Sardonyx. Durchgehend verbindet er mit
'gemma' bzw 'lapis' das Adjektiv 'preciosus' (u.a. ord 30, cons 53, 59, 62, 63, adm 193, 203,
222, 232, 276, 278). Er zitiert in adm 222 mit „lapis preciosus“ Ez 28,13. Es scheint wie eine
formelhafte Wendung.
183 (Hervorhebungen durch den Verfasser) - Der lateinische Text der Ausgabe von Binding/Speer
2005 ist in Übereinstimmung mit Gasparri 1996, 8.
184 In der Übersetzung von Panofsky: „Only one thing was wanting in him: that he did not allow
for the size that was necessary. Not that anything was lacking in his devotion or good will; but
perhaps there existed thus far, at that time of the Early Church, no [church] either greater or
[even] equal in size; or perhaps [he thought that] a smallish one – reflecting the splendor of
gleaming gold and gems to the admiring eyes more keenly and delightfully because they were
nearer – would glow with greater radiance than if it were built larger.“ (Panofsky 1979, 87.)
Und die Übersetzung von Gasparri: „Une seule chose lui manquait: elle n'était pas aussi grande
qu'il l'eût fallu, non qu'il eût manqué quelque chose à la dévotion ou à la volonté [du roi] mais
sans doute en ce temps-là, dans la primitive Eglise, n'en existait-il aucune qui fût plus grande
ou égale, ou bien [cette église] étant plus petite répandait-elle de manière plus vive et plus
délectable, parce que de plus près, la splendeur de l'or éclatant et des pierres précieuses dans
les regards éblouis, et rayonnait ainsi bien plus que si elle avait été construite plus grande.“
(Gasparri 1996, 9.) (Hervorhebungen durch den Verfasser)
185 Neuheuser 1993, 153-154. - (Hervorhebungen durch den Verfasser) - Neuheuser bezieht sich
auf den lateinischen Text bei Panofsky.

28
bedienen sich der Reflexion durch die Gläubigen.“186 Etwas später fügt er hinzu:
„Es [das alte Gebäude, d. V.] verfügte über alle irdische 'Schönheit', doch weil
Dagobert die Ausstrahlung nur auf das Irdische bezogen hatte, wird sofort als
Defizit reklamiert, daß er eines übersah: nämlich die spirituellen Anforderungen
an das Gotteshaus – die Möglichkeit, daß sich die pulchritudo der Märtyrer in den
Besuchern spiegeln konnte und im liturgischen Vollzug, der erst in der Harmonie
mit dem Gebäude die ganze pulchritudo entfalten kann.“187
Dies alles folgt nicht aus Sugers Ausführungen. Neuheusers Übersetzung trifft
nicht den Wortsinn. Es ist äußerst zweifelhaft, ob es sich um eine Äußerung über
die „Reflexion durch die Gläubigen“ handelt. Der letzte Abschnitt des Satzes ist
sehr verklausuliert und kann verschieden gedeutet werden. Seiner Übersetzung
folgend behauptet Neuheuser, dass es die Augen sind, die den Glanz
zurückwerfen, doch der Bezug von „refundendo“188 auf das Gebäude ist
naheliegender.189 In der gröbsten zulässigen Interpretation scheint es sich um eine
Äußerung über die bessere Wirkung der Kunst in einem kleineren Kirchenraum zu
handeln, wie auch immer diese genau geartet sein mag. Suger kreidet Dagobert
auch nicht an, dass er „die Ausstrahlung nur auf das Irdische bezogen“ oder „die
spirituellen Anforderungen an das Gotteshaus“ übersehen hat. Er hebt im
Gegenteil hervor, dass es Dagobert eben nicht an Willen und Frömmigkeit bei Bau
und Ausstattung der Kirche fehlte. Ebenfalls spricht Suger in keinem Wort davon,
dass die Strahlen der kleinen Kirche denen einer größeren Kirche vorzuziehen
sind.190 Betrachtet man all dies zusammenfassend, scheint es sich bei diesem

186 Neuheuser 1993, 154.


187 Neuheuser 1993, 180.
188 Laut Binding/Speer verwendet Suger hier die sogenannte Emissionstheorie: „Das Auge sendet
Sehstrahlen aus, die vom jeweiligen Erkenntnisobjekt zurückgeworfen werden, das so in das
erkennende Auge eintritt und vom Sehstrahl bis in die Seele getragen wird. Diese auf Platon
(Timaios 67C-68D) zurückgehende Erklärung des Sehvorgangs wurde von Augustinus
aufgegriffen und blieb bis zur Ausbreitung des scholastischen Aristotelismus maßgeblich."
(Speer/Binding, 2005, 207, Anm. 6.) Ob Suger bei der Abfassung dieser Textstelle einer
Theorie mit diesem Tiefgang folgte, bleibt unklar. - Eventuell besteht auch ein Bezug zu Mt
6,22-23: „Das Auge gibt dem Körper Licht. Wenn dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer
Körper hell sein. Wenn aber dein Auge krank ist, dann wir dein ganzer Körper finster sein.
Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein!“
189 In allen anderen Übersetzungen wird dies auch so berücksichtigt. - Ich schlage folgende
Übersetzung vor: "...weil sie, indem sie den Glanz des blitzenden Goldes und der Edelsteine
der [bzw. 'auf die'] Nähe der zulächelnden Augen schärfer und angenehmer zurückwarf,
kleiner weit mehr erstrahlte, als wenn sie größer geschaffen worden wäre." - Ich danke in
diesem Zusammenhang Otfried Krafft für die Hinweise.
190 Die Worte „ultra satis" beziehen sich ohne Zweifel auf „irradiaret" und nichts anderes.

29
Textabschnitt um keine Quelle für Sugers liturgisches Verständnis des
Kirchenbaus zu handeln.

6.3.4 Cons 9 als Indiz für die Identifikation Sugers mit König Dagobert
Laut Gasparri versucht Suger in diesem Absatz (cons 9) die geringe Größe der
Dagobertbasilika durch die Sitten der Zeit und auch das ästhetische Anliegen
Dagoberts, den Glanz der materiellen Dinge aus der Nähe zur Geltung zu bringen,
zu rechtfertigen.191 Warnke ordnet Suger aufgrund dieser Äußerung dem seit
Beginn des elften Jahrhunderts wirkenden Strömung zu, alte Kirchengebäude zu
vergrößern.192 Dies ist nachvollziehbar, denn der einzige beschriebene Mangel ist
ihre ungebührliche Kleinheit.193 Aber Suger sieht in der geringen Größe der
Kirche keinen Fehler des Erbauers, er sucht sogar nachvollziehbare Gründe dafür.
Seine erste Vermutung ist daher, dass sie zu ihrer Zeit ohnehin als größte Kirche
weit und breit geplant gewesen war; falls das nicht zutreffe, habe Dagobert die
Kirche hinsichtlich der optimalen Wirkung des Schmucks konstruiert.194 Diese
Intentionalität Dagoberts wird durch „non admisit, non quod aliquid eius
deuotioni aut uoluntati deesset, sed quod“ klar signalisiert. Pagel/Schröder haben
dargelegt, dass Suger den Kirchenbau besonders hinsichtlich dreier Kategorien
erfasst, nämlich Größe, Schönheit und Funktionstüchtigkeit.195 Somit
korrespondiert nicht nur der Bau als „Träger von Schatzkunst“ mit Sugers eigenen
Ansichten,196 sondern auch die mutmaßlichen Motive Dagoberts. Sugers
Annahme, Dagobert habe im Sinn gehabt, die größte Kirche seiner Zeit zu bauen,
ist eine klare Analogie zu Sugers eigenem Streben nach überregionaler Geltung
und Größe. Wenn Suger vermutet, dass Dagobert die Kirche wegen der optimalen

191 „Suger tente de justifier l'exiguité de l'église construite, suivant la légende, par Dagobert, par
les habitudes du temps et sans doute aussi le souci esthétique de ce roi de vouloir mettre en
valeur et en relief l'éclat des matières brillantes en les présentant de près aux visiteurs.“
(Gasparri 1996, 180, Anm. 11.)
192 Warnke 1984, 20-21. - Zur Baubewegung siehe Kimpel/Suckale 1995, 72-74.
193 Pagel/Schröder 1995, 104.
194 Suger trennt diese beiden Annahmen mit einem ausschließenden „aut", d.h. Dagobert hätte die
Kirche entweder des Schmuckes wegen klein gebaut oder sie sei damals sowieso die größte
gewesen.
195 Pagel/Schröder 1995, 108, 113-114, 125.
196 Pagel/Schröder, 106-107. - „Die den Bau erhellenden Fenster stehen zugleich der Schatzkunst
nahe, als deren Träger Suger auch die Dagobertbasilika, die zumindest hinsichtlich ihrer
Belichtung und der Enge ihres Chores nicht dem Sugerschen Ideal entsprochen haben kann, zu
loben erscheint.“ (Pagel/Schröder 1995, 125.)

30
Wirkung des Schmucks so gebaut haben mag, dann ist dies analog zu der
Bedeutung, die Suger demselbigen zumisst.197

6.3.5 Die Verknüpfung von cons 9 mit den Argumenten der Enge und
Baufälligkeit
Bei den Passionsreliquien gab es nach Berichten Sugers den meisten
Volksandrang.198 Direkt nach cons 9 schildert er, wie die alte Kirche schlicht der
angestiegenen Zahl an Pilgern und Festen nicht mehr gerecht werde (cons 10-
15);199 die Enge störe zudem bei der Liturgie (cons 46 und cons 88)200 und die
Kirche sei überdies einsturzgefährdet (cons 16). Die alte Bausubstanz sei aber
heilig und Suger würde es niemals wagen, „Hand daran zu legen oder auch nur
darüber nachzudenken, wenn es nicht eine so bedeutende ebenso aufwendige wie
nützliche und angemessene Gelegenheit erfordern würde.“ (cons 15).201 Der
Umbau sei also allein zum Wohle der Gläubigen notwendig und nicht wegen
irgendeines Fehlers von Dagobert.202

197 Zu Sugers Bewunderung des Schmuckes siehe Albrecht 2003, 174-175. - Zuzustimmen ist
hier Neuheusers Behauptung, dass der Glanz der Kirche in erster Linie von den Passions- und
den Armreliquien ausgeht (Neuheuser 1993, 154; zustimmend auch Van der Meulen/Speer
1988, 268-269). Dies trifft zu, weil Suger in ord 30 und cons 60 selbst schreibt, dass die Kirche
durch die Reliquien „gleichsam vom strahlendsten Schein der wahren Sonne erstrahlt“ (ord
30). Der Glanz des Goldes und der Edelsteine werde durch diese Stiftung um ein Vielfaches
gesteigert. In diesem Zusammenhang scheint auch Neuheusers Fazit folgerichtig: „Auch hier
wird deutlich, daß nur die liturgische Reliquienverehrung eine Teilhabe an diesem 'eigentlichen
Sonnenschein' ermöglicht“. (Neuheuser 1993, 154.)
198 Grant 1998, 259; Van der Meulen/Speer 1988, 268-272; Speer 2005, 42; Van der
Meulen/Speer 1988, 268, 271.
199 Jede Schrift enthält mindestens einen Abschnitt, in dem Suger die Baumaßnahmen durch die
Raumproblematik rechtfertigt, in De consecratione am ausführlichsten. Auffällig ist zudem die
beinahe unveränderte Wiederholung der dramatischen Schilderung über die Zustände in der
Kirche während großer Feiern (ord 36-37, cons 10-13, adm 164).
200 Crosby vermutet, dass auch Fulrads Umbau aufgrund von Platzmangel bei der Einführung der
römischen Liturgie begonnen wurde (Crosby 1987, 54, 56).
201 Albrecht führt diesen Respekt vor dem Altbau nicht nur auf die consécration légendaire
zurück, sondern auch auf die Verehrung Dagoberts (Albrecht 2003, 146). Hierzu ausführlicher
Albrecht 2003, 140-142, 146-148. - Crosby fragt, warum Suger mit den Bauarbeiten im Westen
begonnen habe, obwohl doch vor allem im Osten das Gedränge herrschte (Crosby 1987, 121-
123). Für den Neubau wurde ein Teil des Gebäudes abgerissen, das nicht als Teil der
Dagobertskirche bezeichnet wurde, sondern als karolingischer Anbau. Crosby sieht hierin den
Versuch, Kritik an den Arbeiten zu vermeiden und vermutet, dass Suger plante, durch das
beeindruckende neue Portal Unterstützung für einen kompletten Umbau zu bekommen (Crosby
1987, 123, 280-281). Es wird heute allgemeinhin angenommen, dass Suger plante, die gesamte
alte Kirche zu ersetzen (Simson 1968, 135; Grant 1998, 250-251; Van der Meulen/Speer 1988,
260-261; Kramp 1995, 76; Albrecht 2003, 147). - Weitere Vermutungen bei Grant 1998, 244.
202 Zum Umbau gehört eine Anpassung der Altäre an das Pilgeraufkommen (adm 199), die
Verdreifachung des Eingangs und die „Errichtung hoher und ehrenvoller Türme" (adm 166). -
Sugers Begründungen folgen dabei üblichen Argumentationsweisen (Warnke 1984, 26;
Rudolph 1997, 400). Bereits um 530 wurde die Kirche von Bischof Amelius aus demselben
Grund umgebaut (Kramp 1995, 12). Vorbild könnte auch ein Bericht von Anselm von Saint-

31
6.3.6 Cons 46: eine Zusammenführung aller Argumente
Suger leitet den Abschnitt über die Baumaßnahmen im Osten wie folgt ein: „...tam
ex ipsa sui prosperitate animabatur deuotio, quam ipsa circa sanctorum tanto
tempore tam intolerabiter opprimebat coartatio, uotum nostrum illo conuerit, ut
prefato uacantes operi turriumque differendo prosecutionem in superiori parte,
augmentacioni matris ecclesie operam et impensam pro toto posse pro gratiarum
accione eo, quod tantillo tantorum regum et abbatum nobilitati succedenti tantum
opus diuina dignatio reseruasset, quam decentius quam gloriosius rationabiliter
effici posset, fieri inniteremur.“203 (cons 46)
In der Übersetzung von Binding/Speer: „...unsere Hingabe, die ebenso durch ihr
gedeihliches Wirken beseelt wurde, wie die drangvolle Enge in dem Bereich der
Heiligen sie während so langer Zeit und in so unerträglicher Weise bedrückte,
wandte unser Verlangen dahin, daß wir uns darauf verlegten, Mühe und
Aufwendung nach all unserem Können für die Vergrößerung unserer Mutter
Kirche geschehen zu lassen, so angemessen und herrlich sie vernünftigerweise
ausgeführt werden könne, um unseren Dank dafür abzustatten, daß die göttliche
Gnade einem so geringen Nachfolger der hohen Würde so großer Könige und
Äbte ein so erhabenes Werk vorbehalten hatte."204 (cons 46)
Suger verknüpft das hier wiederum sehr stark betonte („tanto tempore tam
intolerabiter opprimebat“) Argument der Enge mit seinem Drang („operam et
impensam pro toto posse“) zur Vergrößerung des Kirchenbaus.205 Indem er
erwähnt, dass sie vernünftigerweise so angemessen wie auch herrlich gestaltet
werden soll („quam decentius quam gloriosius rationabiliter“)206, stellt er einen
Bezug zu seinen Gedanken über die Vernunft207 im Prolog (cons 1-7) her und

Remi sein (Kramp 1995, 73). Abt Folcuin von Lobbes (965-990) begründet in derselben Weise
seinen Abriss der Kirche (Binding 1993, 188). Paulinus von Nola ließ die Basilika Sankt Felix
erweitern. Diese Baumaßnahmen rechtfertigt er mit der Enge des alten Gebäudes, er bewundert
die neuen helleren Räume und betont die Einheit von Altem und Neuem (Linscheid-Burdich
2005, 118-119). - Weiteres zum Umbau aus Notwendigkeit bei Van der Meulen/Speer 1988,
271; Grant 1998, 30-31, 258-260; Simson 1968, 133; Markschies 1995, 12-1; Speer 2005, 20;
Neuheuser 1993, 169-170; Kramp 1995, 72-74; Rudolph, Change 1990, 30-31; Linscheid-
Burdich 2004, 200.
203 Hervorhebungen durch den Verfasser
204 Hervorhebungen durch den Verfasser
205 „augmentacioni matris ecclesie“ besitzt eine offensichtliche Doppelbedeutung. Es bezieht sich
sowohl auf die Kirche als Institution als auch auf den konkreten Bau. Der Kontext des
Absatzes zeigt aber klar den Bezug zum Bau. Weitere Textstellen zum Thema 'Vergrößerung':
ord 34, cons 15, 47, adm 164.
206 Suger betont, dass er weit mehr hätte machen können, wenn es möglich gewesen wäre (adm
191, 202).
207 Siehe hierzu auch Reudenbach, 1980, 315-316.

32
rechtfertigt gleichzeitig relativierend die geplante Ausschmückung. In einem
Traditionsvergleich208 betont er abschließend, all seine Mühe geschehe aus
Dankbarkeit dafür, dass Gott ihn zum Nachfolger von Äbten und Königen
bestimmt hat („tantillo tantorum regum et abbatum nobilitati succedenti“).209 Er
weist damit eindeutig auf die vielen königlichen Äbte und Bauherren von Saint-
Denis hin, hebt sich aber selbst allgemein hervor, indem er den Eindruck erzeugt,
dass nach dem neunten Jahrhundert keine weiteren Bauarbeiten mehr
stattgefunden hätten.210

7 Zusammenfassung
Während also cons 9 nachweislich keine Auskunft über Sugers liturgisches
Verständnis des Kirchenbaus gibt, konnte in dieser Stelle eine weitere Facette von
Sugers Traditionsbewusstsein entdeckt werden und auch im übrigen Text finden
sich wesentliche Analogien zwischen der Darstellung Dagoberts und Sugers
eigenen Präsentation. König Dagobert habe, nachdem er durch Gott und die
Märtyrer auserwählt wurde, die Kirche mit aller Leidenschaft und Dankbarkeit als
Dienst an Gott und den Märtyrern erbaut. Eine wesentliche Leistung von ihm sei
die Ausstattung der Kirche mit prachtvollsten Kunstwerken, für deren optimale
Wirkung er eventuell die Kirche extra kleiner gebaut habe oder, falls das nicht
zutreffen mag, habe er ohnehin die größte Kirche seiner Zeit erbauen wollen.
Dagobert sei es also beim Bau der Kirche um Größe im überregionalen Vergleich
oder optimale Wirkung des Kirchenschmucks gegangen und dies sind auch die
Kriterien Sugers.211 Anscheinend möchte Suger in seinem Bau das erreichen, was
Dagobert nicht gelungen sei, nämlich ein durch Gott legitimiertes, großes und
prachtvolles Gebäude zu errichten, um dadurch Saint-Denis überregional einen
zeitgemäßen und gebührlichen Rang zu verschaffen. Durch den Vergleich seines
208 „Ein legitimationsstützender Vergleich kann, gerade dort, wo Neuerungen einen
geschichtlichen Anknüpfungspunkt suchen, historische Erinnerungen und Assoziationen
wecken, über die eine Beziehung zu zeitübergreifenden Maßstäben hergestellt wird. Im
Mittelalter können diese Traditionsvergleiche die Bauten mit antiken oder karolingischen
Vorbildern oder Leistungen in Verbindung bringen. Die Berufung auf einen allgemein
anerkannten Traditionsbestand stellt Kriterien zur Verfügung, die für die Herrschaftsträger
Geltung besitzen und an denen sich die herrschaftliche Praxis messen läßt.“ (Warnke 1984, 21-
22.)
209 Die Kirche habe ihm „ehrenvoll zwischen den Fürsten der Kirche und des Reiches einen Platz
angewiesen“ (adm 182). Er betont dabei seine niedere Herkunft (adm 177).
210 Albrecht 2003, 132-133; Grant 1998, 69.
211 Dies natürlich ohne moralische Wertung! Es ist keine „Protzerei“ und „Prahlerei“, wie
Panofsky dies beschrieb (Panofsky 1978, 161). Der politische Aspekt darf hier nicht übersehen
werden (siehe Crosby 1987, 122 und Kramp 1995, 49-50, Anm. 218).

33
Kirchenschmucks mit den Schätzen der Hagia Sophia wird der erneuerte
überregionale Geltungsanspruch mehr als deutlich.212 Weil Suger hierzu göttlich
auserwählt sei, beschreibt er den Umbau ebenfalls als dankbaren Dienst an Gott
und den Märtyrern. Diese fordern das Beste und Suger betont sein
uneingeschränktes Engagement, dessen Gottgefälligkeit durch Wunderberichte
bewiesen werden soll. Umbau und Umgestaltung werden von Suger stark
pragmatisch gerechtfertigt. Der Umbau sei keine Korrektur eines Fehlers von
Dagobert, sondern eher eine Reparatur des baufälligen Gebäudes mit baulicher
Anpassung an das neue Pilgertum; auch die Kunstwerke erhalten ihre
Berechtigung erst durch ihren liturgischen Zweck.
Das Bild von Dagobert als Erbauer, Stifter und Wohltäter des Klosters war in
Saint-Denis zu Sugers Zeit stets präsent, seine Verehrung rangierte direkt hinter
der des Dionysius. Auch Suger kümmerte sich fleißig um seine memoria, indem er
seinen Namen und sein Stifterbild auf fast allen Kunstwerken anbringen ließ,
diese in De administratione ausführlichst beschrieb, darauf achtete, dass die Altäre
möglichst gut sichtbar positioniert werden und verfügte, dass alle seine
Kunstwerke an seinem Jahrestag ausgestellt werden. Wenn er zudem betont,
Nachfolger von Königen zu sein, sich dadurch auch mit Dagobert in eine Linie
setzt und den Eindruck erzeugt, dass nach dem neunten Jahrhundert keine
weiteren Bauarbeiten mehr stattgefunden hätten, hebt er sich selbst als Abt und
Bauherr „a tempore Dagoberti usque ad nostra tempora“ (adm 204) hervor. 213 Das,
was Stephan Albrecht mit „repräsentativem Bauzwang“ und „Zwang zur
Erinnerung“ beschrieb, äußert sich somit auch in Sugers Bild von Dagobert,
dessen topischer Charakter dabei aber nicht übersehen werden darf.214 In einer
dahingehenden Analyse von Sugers restlichen Schriften könnte dieser Aspekt
weiter konkretisiert und durch Vergleiche mit anderen Tatenberichten in einem
größeren Kontext bewertet werden.
212 Den überregionalen Geltungsdrang bringt Suger auch im Rahmen der Weihe zum Ausdruck.
Er verschickte Einladungen „per uniuersas Galliarum regiones“ (cons 76), bei der Weihe seien
zwar unzählbar viele Menschen anwesend (cons 78), aber „gratantius omnes, si fieri posset.“
(cons 77).
213 Corsepius hat vermutet, dass Suger den Thron Dagoberts, den er restaurieren ließ (adm 261),
auch als Abtsthron nutzte (Corsepius 2004, 147). Jüngere Quellen berichten über die Nutzung
dieses Throns sowohl als Abts- wie auch als Königsthron (Corsepius 2004, 140). Suger betont
die damit verbundene Tradition und dessen schlechten Zustand vor der Restaurierung. - Zum
Thron siehe Albrecht 2003, 161-164.
214 Albrecht 2003, 266. - In jeden Fall handelt es sich bei Sugers Selbststilisierung nicht um „ein
Beispiel (...) für die 'moderne Form des Ruhmes'", wie dies Panofsky empfand (Panofsky 1978,
157).

34
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• Spiegel, Gabrielle: The Chronicle Tradition of Saint-Denis, Brookline
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• Binding, Günther, Speer, Andreas (Hgg.): Abt Suger von Saint-Denis.
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Darmstadt 2005 (durchges. Nachdr. d. Ausg. Darmstadt 2000).
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Saint-Denis. L'Œuvre administrative. Histoire de Louis VII, (Les
Classiques de l'Histoire de France au Moyen Age, 37) Paris 1996.
• Gasparri, Françoise (Hg.): Suger. Œuvres 2. Lettres de Suger. Chartes de
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• Lecoy de la Marche, Albert (Hg.): Œuvres complètes de Suger.
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47

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