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Wer wird den, der sich selbst schlecht macht, rechtfertigen?

Und wer wird den ehren, der sich selbst verachtet?


(Sirach 10,29)
Am Anfang, als Gott den Menschen erschuf,
da hat er ihn der Gewalt seines Willens ausgeliefert.
(Sirach 15,14)

Seht, ich habe mich nicht für mich allein gemüht,


sondern für alle, die nach Weisheit suchen.
(Sirach 33,18)

V
Vorwort

Das Alphabet des Ben Sira war einmal ein bekanntes Buch, wie die
zahlreich überlieferten hebräischen Handschriften belegen. Derzeit
aber wissen nur wenige Interessierte um das Alphabet des Ben Sira,
und dies vor allem, weil es die Geschichte von Lilit, der ersten, aber
aufsässigen Frau Adams enthält, die hier erstmals erwähnt wird.
Das Alphabet des Ben Sira vermittelt Lebensweisheiten und Le-
bensregeln mit Hilfe von Erzählungen und es zeigt, dass sich ein
Mensch im Laufe seines Lebens beständig weiter entwickeln muss:
das Kind wird zum Jugendlichen, der Jugendliche zum Erwachsenen
und der Erwachsene blickt auf das Ende. Jeder Lebensabschnitt ist
neu mit Sinn zu füllen, der sich aus dem speist, was der Mensch er-
lebt und erfahren hat. Die Erfahrung ist grundlegend für die geistige
Reife und Reifung des Menschen. Darauf weist das Alphabet des
Ben Sira hin, wenn es am Beispiel des Ben Sira zeigt, dass Klugheit
und Weisheit alltagstauglich sein müssen, wenn sie positive Wir-
kung zeigen sollen.
Das Alphabet des Ben Sira ist ein außergewöhnliches, vielleicht
sogar singuläres Buch, das es nicht nur, weil es allzu oft zu kriti-
siert wurde, verdient, mit unvoreingenommenem Blick gelesen zu
werden. Aus diesem Grund bietet die vorliegende Ausgabe auch den
hebräischen Text, da jede Übersetzung notwendigerweise eine Inter-
pretation ist. Sie bietet aber auch eine Erstübersetzung des Alphabets
des Ben Sira ins Deutsche, in der Hoffnung, dass die darin enthal-
tenen Geschichten und die mit ihnen verknüpften Weisheiten wieder
einen breiteren Leserkreis finden.
Regina Grundmann hat die Arbeit in verschiedenen Entstehungs-
varianten Korrektur gelesen, wofür ich dankbar bin. Ute Bohmeier
verdanke ich viele inhaltliche und stilistische Verbesserungsvor-
schläge. Gianfranco Miletto danke ich für Hinweise auf bibliogra-
phische Angaben. Die Abschrift des hebräischen Textes, Überarbei-
tungen der Übersetzung und die Interpretation sind während einer
Beurlaubung von meinen universitären Pflichten entstanden. Dan-
ken möchte ich daher Stefan Klein, der die letzte und intensivste
Bearbeitungsphase für diese Studie durch seine finanzielle Unter-
stützung ermöglicht hat.

Köln, im Juni 2006 Dagmar Börner-Klein

VI VII
Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII
I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII
1. Ben Sira . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII
2. Text und Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI
II. Das Alphabet des Ben Sira . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Zu Hiob 5,9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zeugung und Geburt des Ben Sira . . . . . . . . . . . . . . . . .
Jeremia als Vater des Ben Sira . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ben Sira in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ben Sira am Hofe Nebukadnezars . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 1: Wie entfernt man Haar? . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 2: Wieviele Baumarten gibt es? . . . . . . . . . . . . .
Frage 3: Wo ist der König? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 4: Woher kommt Wissen? . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 5: Ist Gott wie ein Mensch? . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 6: Wie tötet man einen Menschen? . . . . . . . . . . .
Frage 7: Warum sterben oft Säuglinge? . . . . . . . . . . . .
Frage 8: Wie heilt man chronisches Niesen? . . . . . . . .
Frage 9: Warum gibt es zuweilen zwei Haare
in einer Pore? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 10: Warum wurden Mücken erschaffen? . . . . . . .
Frage 11: Warum gibt es Wespen und Spinnen? . . . . . . .
Frage 12: Warum hat ein Ochse kein Haar
in seiner Nase? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 13: Warum urinieren Esel gerne gemeinsam? . . .
Frage 14: Warum fressen Katzen Mäuse? . . . . . . . . . . . .
Frage 15: Warum sind Katze und Hund Feinde? . . . . . .
Frage 16: Warum hat die Maus Fäden an der Schnauze?
Frage 17: Warum tänzelt der Rabe? . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 18: Warum beschnäbelt der Rabe die Räbin? . . . .
Frage 19: Warum gibt es Inzest bei den Tieren? . . . . . . .
Frage 20: Warum gibt es kein fuchsähnliches
Meerestier? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 21: Kann ein Lebewesen dem Tod entrinnen? . . .
Frage 22: Warum schwingt sich nur ein Adler bis zum
Firmament? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VIII IX
Inhalt Inhalt

Die Belohnung Ben Siras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .


Zusätzliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 1: Warum gibt es einen schwarzen Stern? . . . . .
Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 2: Warum sind die Plejaden heller als andere
Sterne? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 3: Warum ist der Mond anders als die Sonne? . .
Frage 4: Hätte Gott den Mond wie die Sonne er-
schaffen sollen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 5: Wo ist die Mitte des Himmels? . . . . . . . . . . . .
Frage 6: Wo ist die Mitte der Erde? . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 7: Warum werden tote Menschen in der Erde
begraben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 8: Warum weint ein Neugeborenes? . . . . . . . . . .
Frage 9: Warum sind die Hände eines Neugeborenen
zu Fäusten geballt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frage 10: Warum weinen Kinder so oft? . . . . . . . . . . . .
Frage 11: Warum hat eine Frau eine schwere Geburt? . .
Frage 12: Warum klagen Menschen ohne Not? . . . . . . .
Die aramäischen alphabetischen Sinnsprüche . . . . . . . . .
III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Die exegetische Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Zeugung und Geburt des Ben Sira . . . . . . . . . . . . . . .
3. Jeremia als Vater des Ben Sira . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Ben Siras Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Ben Sira in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IV. „Kritik“ der rabbinischen Hermeneutik . . . . . . . . . . . . . .
V. Eine fabelhafte Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Der König und der Weise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Zuviel und Zuwenig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Das Maß für die Mitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VI. Weitere Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII. Sinnsprüche und Alltagstauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . .
1. Die Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Der rechte Lebenswandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Die Tugenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Der Beruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

X XI
I. Einleitung

Auf den ersten Blick bietet des Alphabet des Ben Sira schwer verdauli-
che Kost. Die Erzählung beginnt mit einem ungewollten Inzest. Ben
Sira ist der Sohn, den der Prophet Jeremia unwissentlich mit seiner
Tochter zeugt. Dies ist nicht nur für fromme Bibelleser schockie-
rend. Ben Sira selbst scheint zwielichtig zu sein. Er führt mit seinem
Grundschullehrer ein Gespräch über weibliche Reize. Am Hofe des
Großkönigs Nebukadnezar erzählt er, warum Adam nicht mit seiner
ersten Frau Lilit zurecht kam.1 Lilit beharrt auf gleichem Recht. Sie
will wie Adam beim Sex aktiv sein; sie will nach oben.
Die Fragen, die Ben Sira für Nebukadnezar beantworten muss,
könnten eine Themenreihe für eine Kinder-Uni abgeben: Wie ent-
fernt man Haare? Wie viele Baumarten gibt es? Wie ist ein König zu
erkennen? Wie kommt Wissen zustande? Gibt es einen Unterschied
zwischen Gott und Mensch (Ist Gott wie ein Mensch)?
Erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass jenseits der lauten
Töne, die das Alphabet des Ben Sira anschlägt, leise Töne zu hören
sind, die systematisch eine Lebensweisheit aber auch eine Kritik ver-
mitteln. Diese Töne sind zu hören, wenn die stillschweigend anzi-
tierten Texte aus der biblischen und rabbinischen, der traditionellen
jüdischen, Literatur bekannt sind. Berücksichtigt man den Kontext
dieser Zitate, wird deutlich, dass der Autor des Alphabets des Ben
Sira die rabbinischen Methoden, den Bibeltext zu erschließen, so
konsequent anwendet, dass er zu Interpretationen gelangt, die
schwer verdaulich sind. Diese Kritik führt den Autor des Alphabets
dazu, eine Alternative zu entwickeln: Er zeigt, dass Erzählungen die
Menschen „in Geschichten verstricken“2, aus denen sie etwas ler-
nen. Lebenserfahrung ergänzt und erneuert die traditionellen Werte,
wenn mit ihrer Hilfe die Mitte zwischen dem Zuviel und Zuwenig
beispielhaft benannt werden kann. Daher entwickelt der letzte Teil
des Alphabets des Ben Sira praktische Lebensweisheiten für Familie
und Beruf.

1
Siehe St. v. Kocku, Lilith. Im Licht des schwarzen Mondes zur Kraft
der Göttin, Braunschweig 1997.
2
W. Schapp, In Geschichten verstrickt. Zum Sein von Mensch und
Ding, 3. Aufl. Frankfurt/M, 1985 (4. Aufl. 2004).

XII XIII
Alphabet des Ben Sira I. Einleitung

Das Alphabet des Ben Sira1 wurde wahrscheinlich zwischen dem Das Werk liegt in ca. einhundert voneinander stark abweichenden
8. und 10. Jahrhundert von einem unbekannten Autor verfasst. D.Z. Handschriften sowie zahlreichen alten Drucken1 vor.2 In seiner
Friedmann und D.S. Löwinger vermuteten aufgrund von Textparal- umfangreichsten Form umfasst das Alphabet des Ben Sira folgende
lelen im babylonischen Talmud, Traktat Sanhedrin 100b, dass eine Teile:3
einfache Version des Werkes bereits im 4. Jahrhundert existierte. E. 1) eine exegetische Einleitung (Auslegung zu Hiob 5,9 bzw. Hiob
Marmorstein stützte eine Frühdatierung.2 I. Lévi ordnete das Werk 9,10),
erst islamischer Zeit zu,3 da auffällige Parallelen zu arabischen Er- 2) die Geschichte von Ben Siras Zeugung und seinem ersten Lebens-
zähltraditionen (Kalila und Dimna) nachweisbar sind. jahr,4
Sicher ist, dass erste Zitate im Midrasch Genesis Rabbati (11. Jh)4 3) den Dialog zwischen Ben Sira und seinem Lehrer, der aus hebräi-
nachweisbar sind. E. Yassif setzt aus diesem Grund den spätesten schen, alphabetisch geordneten Sinnsprüchen besteht,
Zeitpunkt der Abfassung des Werkes an das Ende des 10. Jahrhun- 4) den Dialog zwischen Ben Sira und Nebukadnezar ,
derts.5 Da aber auch Motive aus dem Erzählzyklus Kalila und Dim- 5) zusätzliche Fragen des Nebukadnezar,
na6 im Alphabet des Ben Sira auftauchen, setzt E. Yassif wie auch
I. Lévi den frühest möglichen Zeitpunkt der Abfassung ins 8. Jahr-
hundert.7 1
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 188-190. Siehe insbesondere seine
Anmerkungen zu den (fiktiven?) Editionen Saloniki 1514 und Kon-
stantinopel 1517. – Die wichtigsten Ausgaben sind: 1519: Konstanti-
nopel (Ndr.: The Alphabet of Ben Sira: Facsimile of the Constantinop-
le 1519 Edition, London, Valmadonna Trust Library 1997); 1542: Isny
(Sententiae morales Ben Syrae … cum commentario … per Paulum
Fagium); 1544: Venedig; 1580: Konstantinopel; (1593: Saloniki;)
1
Zu den verschiedenen Titeln des Werkes siehe E. Yassif, The Tales 1597: Franeker (Proverbia Ben Sirae autoris antiquissimi, qui creditur
of Ben Sira in the Middle Ages. A Critical Text and Literary Studies, fuisse nepros Ieremiae prophetae, Aegidius Radaeus); 1648: Verona;
Jerusalem 1984, 1-6. 1697: Sulzbach (nach L. Zunz, Gottesdienstliche Vorträge der Juden
2
E. Marmorstein, A Note on the „Alphabet of Ben Sira“. JQR 41 historisch entwickelt, Frankfurt/M 1892, 111, Anm. b). Nach E. Yas-
(1950/51), 303-306. Einleitend, 303: „It has been suggested by Fried- sif, The Tales of Ben Sira, 189 handelt es sich wohl um die Edition
mann and Löwinger in their introduction to their edition of the Bu- Amsterdam 1698). 1698: Amsterdam; 1858: Berlin [M. Steinschnei-
dapest Ms. of the „Alphabet of Ben Sira“ that there must have been der, Alphabetum Syracidis (Alpha Beta de Ben Sira), Textgrundlage:
an earlier work which developed in the course of time into the two Venedig 1544 und Ms Leiden Cod. Or. 4797, bei E. Yassif, The Ta-
forms which have come down to us (pp. 251-2 Blau Jubilee Volume, les of Ben Sira, 184, 301 Text (‫)ד‬. Den Steinschneidertext wiederum
Budapest, 1926). Their argument is based in Sanh 100b where quota- druckte J.D. Eisenstein, Ozar Midraschim, New York 1915, 1, 35-50].
tions are given to justify the prohibition of „the book of Ben Sira“ 1900 veröffentlichte S. Schechter eine Textvariante des Alphabets: S.
as reading matter. Some of the quotations are not to be found in Ben Schechter, A Further Fragment of Ben Sira. JQR 12 (1900), 460-461.
Sira but exist in varied forms in the „Alphabet“. It is therefore, not 1929 edierten D.Z. Friedmann und D.S. Löwinger die Handschrift
unreasonable to conclude from the date of the sages quoted in Sanh Kaufmann 59, Budapest: Alfa Beta de Ben Sira. Hazofeh 10 (1926),
100b that a simpler form of the text of the „Alphabet“ existed before 250-281 (Ndr. Jerusalem 1972). 1957/58 gab A.M. Habermann ein
the Fourth Century C.E. and that it was considered part of „the book aschkenasisches Manuskript aus dem 15. Jahrhundert (Heb 8° 2303,
of Ben Sira“. National and University Library der Hebrew University, Jerusalem)
3
I. Lévi, La Nativité de Ben Sira. REJ 29 (1894), 197-205 sowie REJ heraus: Alfa Beta de Ben Sira. A Third Text (h). Tarbiz 27, 190-202.
68 (1914), 17. Vgl. J. Bartolocci, Bibliotheca Magna Rabbinica, Rom 1984 erschien E. Yassif, The Tales of Ben Sira in the Middle Ages.
1675, 1, 683-689. A Critical Text and Literary Studies (h), Jerusalem 1984. - Genizah
4
Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 14-19. Ch. Albeck, Midrasch Fragmente: S. Hopkins, Miscellany of the Pieces of the Cambridge
Bereschit Rabbati, Jerusalem 1940, 28 listet folgende Stellen als Zi- Geniza Fragments, Cambridge 1978, 57-60; 66; 78-85.
2
tate aus dem Alphabet des Ben Sira auf: Bereschit Rabbati, S. 59,2; E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 1, 7-12, 183-190. A. Epstein, Alpha
66,24; 69,21; 92,25; 96,17; 145,16; 169,2. Beta de Ben Sira. Me-Qadmoniot ha-Jehudim, Jerusalem 1957 (Wien
5
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 20-22. 1887), 115.
6 3
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 22-24. Vgl. J. Dan, Alphabet of Ben Sira. EEJ 3, 548-549.
7 4
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 24, 27. Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 32-36.

XIV XV
Alphabet des Ben Sira I. Einleitung

6) aramäische, alphabetisch geordnete Sinnsprüche Ben Siras, von Die häufigere Textgruppe A1 ordnet E. Yassif einer nordwest-
denen einige Ben Siras Sohn Usiel und Ben Siras Enkel Josef europäischen (aschkenasischen) Handschriftentradition zu, Text-
ben Usiel deuten gruppe B ordnet er Italien und den spanischen Gebieten zu.2 E. Ya-
7) Weitere Anfügungen in den unterschiedlichen Textzeugen. ssif bietet beide Texttraditionen in seiner Edition. Als Repräsentant
E. Yassif geht davon aus, dass die Geburtsgeschichte, die Erzäh- der Texttradition A wählte er die Handschrift Oxford, Bodleiana Or.
lungen am Hofe des Nebukadnezar und die beiden alphabetischen 135 und ergänzte diesen Text aus Ms Oxford, Bodleiana Hebr.d.11,
Sinnspruchreihen zunächst unabhängig voneinander existierten.1 wenn eine Stelle unklar war.3 Haupttextzeugen der Texttradition B
Dies, so Yassif, lasse sich an Zitaten bei Petrus Venerabilis (1094- sind die Handschriften Parma 2456 (de Rossi 1090)4, Kaufmann 59,
1156), Mosche ha-Darschan (11. Jh) und Nissim ben Jakob ibn Sha- Budapest, und Vatikan Hebr. 285.5
hin (ca. 990-1062) belegen.2 Yassif vermutet, dass die aramäischen In den meisten Handschriften trägt das Werk den Titel: Das Buch
alphabetischen Sinnsprüche Ben Siras in einem islamischen Umfeld Ben Sira oder Buchstaben und Fragen des Ben Sira.6 Der heute üb-
gegen Ende des 10. Jahrhunderts entstanden sind, die zusätzlichen liche Titel Alphabet des Ben Sira taucht zum ersten Mal in der Edition
Fragen setzt er später, aber vor Ende des 13. Jahrhunderts an.3 Isny 1542 auf.7
Die Textkomposition weicht in den Handschriften und Drucken
stark voneinander ab. E. Yassif, der die bislang ausführlichste Analy- 1. Ben Sira
se des Werkes vorgelegt hat, hat daher die unterschiedlichen Textver-
sionen in zwei typische Gruppen geordnet.4 Vertreter der Textgruppe
Der Name „Ben Sira“ verweist zum einen auf die Hauptperson des
A enthalten die Einleitung zu Hiob 5,9, die Geburtsgeschichte, die
Werkes, zum anderen weist er zurück auf die Schrift des Sirach
hebräischen alphabetisch geordneten Sinnsprüche sowie eine Versi-
(Ecclesiasticus), die als Weisheitsschrift in der katholischen Traditi-
on des Dialogs zwischen Ben Sira und Nebukadnezar und die ara-
on zu den heiligen Schriften der Bibel zählt.8 Im babylonischen Tal-
mäischen alphabetischen Sinnsprüche. Vertreter der Textgruppe B
mud, Traktat Schabbat 100b, finden sich Zitate aus dem Buch „Ben
weisen nach dem Dialog zwischen Ben Sira und Nebukadnezar eine
Sira“, die belegen, warum dieses nicht zu den heiligen Schriften der
Textgruppe mit zusätzlichen Fragen auf, bei ihnen fehlen jedoch die
aramäischen alphabetischen Sinnsprüche. Eine Ausnahme bildet die
dieser Arbeit zugrunde gelegte Handschrift Kaufmann 59 aus dem 1
L. Lehmhaus, Das Alphabet des Ben Sira. Sprache, Struktur und In-
Rabbinerseminar in Budapest,5 die der Textgruppe B zuzuordnen ist, halt der Textversion A in der Edition von Eli Yassif. Magisterarbeit,
aber auch die aramäischen Sinnsprüche aufweist. Dieser Text wurde Düsseldorf 2006 (unveröffentlicht) bietet eine Erstübersetzung der
für die vorliegende Untersuchung ausgewählt, weil er eine der aus- Textversion A ins Deutsche. L. Lehmhaus, Es ist mancher scharfsin-
führlichsten Versionen des Alphabets des Ben Sira bietet. nig, aber ein Schalk und kann die Sache drehen, wie er es haben will“
(Sira 19,22). Intertextuelle Kritik rabbinischer Quellenarbeit im Al-
phabet des Ben Sira. In: S. Plietzsch, (Hg.), Literatur im Dialog. Die
Faszination von Talmud und Midrasch, Zürich 2007.
1 2
Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 155-158. T.S Lachs, The Al- E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 186.
3
phabet of Ben Sira. A Study in Folk-Literature. In: Graetz Annual of E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 187.
4
Jewish Studies 2 (1973), 9-28. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 186: Ms Parma 2456 ist der älteste
2
Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 159-169. und verlässlichste Textzeuge. – Die Handschrift wurde im 14. Jahr-
3
Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 28, 169 und 188-189. Der hundert in Italien verfasst. Siehe Hebrew Manuscripts in the Biblio-
Vorwurf, der Erstdruck Konstantinopel sei eklektisch, da er die ver- teca Palatina in Parma. Catalogue, Palaeographical and Codicological
schiedenen Textteile des Alphabets des Ben Sira zusammenführe, ist Descriptions (M. Beit Arié), hg. von B. Richter, Jerusalem 2001, 146.
5
zurückzuweisen, da es sowohl in der Antike wie im Mittelalter üblich E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 188.
6
war, Teile eines Buches zu kopieren. Vgl. etwa Augustinus, Confes- E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 4-6.
7
siones 8,12: „Dort hatte ich in einem Band die Briefe des Apostels lie- Dazu I. Lévi, La Nativité de Ben Sira. REJ 29 (1894), 197-205.
8
gen“, die heute ausschließlich als Teil des Neuen Testaments zu lesen Jesus Sirach. In: Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit,
sind. Bd. III,5, hg. von G. Sauer, Gütersloh 1981. A. Lehnardt, JSHRZ, Bd.
4
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 16-19. VI,2, Bibliographie zu den JSHRZ, Gütersloh 1999, 303-335. Siehe
5
D.Z. Friedmann und D.S. Löwinger, Alfa Beta de Ben Sira. Hazofeh auch die Bibliographie von F. Böhmisch zu Ben Sira unter http://
10 (1926), 250-281 (Ndr. Jerusalem 1972). www.animabit.de/bibel/sirbibT.htm.

XVI XVII
Alphabet des Ben Sira I. Einleitung

hebräischen Bibel zu zählen ist.1 Bemerkenswerterweise werden Aus Besorgnis um sie findet er nachts keinen Schlaf.
dann aber einige Lehrsprüche zitiert, die sich nicht im Ecclesiasticus Solange sie klein ist, dass sie nicht verführt wird, sobald sie
finden, sondern im Alphabet des Ben Sira. erwachsen ist, dass sie nicht unzüchtig wird, wenn sie im
In bSchab 100b argumentiert Abaje, einer der jüngeren babyloni- heiratsfähigen Alter ist, dass sie nicht sitzen bleibt, wenn
schen Gelehrten, gegen diese Schrift, man benötige sie nicht im Ka- sie verheiratet ist, dass sie nicht kinderlos bleibt, wenn sie
non der heiligen Schriften, weil selbst die aussagekräftigsten Leh- alt ist, dass sie nicht Zauberei treibt.
ren, die er dann zitiert, bereits in der Bibel oder in den Schriften der Aber auch die Rabbanan1 sagten ja [genau] dies:
Rabbinen zu finden sind. Das Werk ist in seinen Augen daher nur Die Welt kann weder ohne Männer noch ohne Frauen
eine Wiederholung von bereits Gesagtem. Das Argument findet sich bestehen. Wohl dem aber, dessen Kinder Söhne sind, und
als Kommentar zu einer Lehre der Mischna,2 dem um 200 unserer wehe dem, dessen Kinder Töchter sind.
Zeitrechnung vorliegenden jüdischen Religionsgesetz:3 Wollte man sagen, weil es in diesem heißt:
Lass keinen Kummer in dein Herz dringen, denn starke
R. AQIBA SAGT: Männer tötete der Kummer.
AUCH WER DIE EXTERNEN BÜCHER LIEST[, HAT KEINEN ANTEIL Bereits Salomo sagte dasselbe:
AN DER KÜNFTIGEN WELT]. (MSANH 10,1)
Ist Kummer im Herzen eines Menschen, so drücke er ihn
Es wird gelehrt: nieder. (Koh 12,25)
[Das sind] die Bücher der Häretiker. R. Ami und R. Asi [erklärten dies so]:
R. Josef sagt: Einer erklärte: Man soll nicht mehr darüber nachdenken.
Auch das Buch Ben Sira darf man nicht lesen. Und einer erklärte: Man erzähle ihn anderen.
Abaje sagte zu ihm: Wollte man sagen, weil es in diesem heißt:
Aus welchem Grund? Halte die Menge von deinem Hause zurück und bringe
Wollte man sagen, weil es in ihm heißt: nicht jeden in dein Haus.
Häute einen Fisch nicht einmal an den Kiemen ab, um Auch Rabbi [Jehuda ha-Nasi] sagte dies. Denn es wird
die Haut nicht fortwerfen zu müssen. Brate ihn vielmehr gelehrt, Rabbi sagte:
[vollständig] im Feuer und iss dann damit zwei Brote. Man soll sich nicht viele Freunde in seinem Hause halten,
Wenn das wörtlich zu nehmen ist, denn es heißt:
so heißt es ja auch in der Tora: Hat ein Mann viele Freunde, ist dies sein Untergang. (Koh
Verdirb nicht die zu dir gehörenden Bäume. (Dtn 20,19) 18,24)
Wenn man [das Bild] deutet, so lehrt er ja nur die
Lebensregel, dass man eine Frau nicht auf widernatürliche Vielmehr [ist das Buch umstritten], weil es in diesem
Weise beschlafe. heißt:
Ein Spitzbärtiger ist hinterlistig, ein Vollbärtiger ist
Wollte man sagen, weil es in diesem heißt: dumm.
Eine Tochter ist für ihren Vater ein beunruhigender Schatz.
Wer von seinem Becher [den Schaum] wegbläst, ist nicht
1
Vgl. Tosefta Jadajim 2,13; S. Schechter, The Quotations from Eccle- durstig.
siasticus in Rabbinic Literature. JQR 3 (1891), 682-706.
2
Siehe D. Correns, Die Mischna ins Deutsche übertragen, mit einer Sagt jemand, womit soll ich das Brot essen, so nimm ihm
Einleitung und Anmerkungen, Wiesbaden 2005. das Brot weg.
3
Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 41-44. Weitere Zitate aus Si-
rach finden sich in Kalla Rabbati 3,1; Kalla Rabbati 3,4; bChag 13a; Wer einen geteilten Bart hat, dem kommt die ganze Welt
bJeb 63b; bKet 100b; bBQ 92b; bBB 98b; bBB 146a; bNid 16b; jBer nicht bei.
7,2,11b; jSanh 10,1,28a; GnR 8,2; GnR 73,12; GnR 91,3; GnR 73,2;
GnR 91,5; KohR 7,1; KohR 12,1; Tan wajischlach 8; Tan miqqets 10;
1
Tan chuqqat 1. Die rabbinischen Gelehrten.

XVIII XIX
Alphabet des Ben Sira I. Einleitung

R. Josef sagte: seits der Figur des Ben Sira im Alphabet des Ben Sira die Weis-
Die guten Dinge, die sich in diesem [Buch] befinden, heit attestiert, die die Weisheitsliteratur1 als Ideal beschreibt. Ben
tragen wir vor: Sira kann bereits sprechen, bevor er geboren wird. Er lernt innerhalb
Eine gute Frau ist ein gutes Geschenk, sie komme an die von zwölf Jahren alles, was ein Mensch lernen kann. Das Alphabet
Brust des Gottesfürchtigen. des Ben Sira macht aber deutlich, dass ein solcher „höchstbegabter“
Mensch nicht nur gesellschaftlich am Rande steht, sondern in je-
Eine böse Frau ist ein Aussatz für ihren Mann. Was macht der Hinsicht auffällig ist. Der frühreife Ben Sira meint, über Gott
man? Man jage sie aus seinem Hause, und man ist von und die Welt reden und urteilen zu können, obwohl er beides noch
seinem Aussatz geheilt. nicht „erlebt“ hat. Ben Sira erschließt dieses Wissen „aus sich“ he-
Wohl dem Manne einer schönen Frau, die Zahl seiner Tage raus, was nicht bedeutet, dass er ein guter Analytiker seiner selbst
zählen doppelt. ist. Die Erzählungen über ihn zeigen, dass dieser Knabe trotz seiner
Wende deine Augen von einer koketten Frau, denn du Weisheit an sich arbeiten muss, um ein guter Mensch zu werden.
könntest ihr ins Netz geraten. Verkehre nicht bei ihrem Es geht nicht darum, auf Höchsttouren durch das Leben zu laufen,
Mann, um mit ihm Wein und Met zu trinken, denn durch sondern darum, das rechte Mittelmaß zu finden. Im Alphabet des
das Aussehen einer schönen Frau sind viel zugrunde Ben Sira muss die Figur des Ben Sira erst lernen, ihre Weisheit klug
gegangen, und zahlreich sind, die sie gemordet. zum Einsatz zu bringen. Ben Sira fährt bereits am ersten Tag seines
Lebens seiner Mutter besserwisserisch über den Mund und übertritt
Zahlreich sind die Wunden durch den Hausierer; er verleitet dabei hochnäsig das Gebot, die Eltern zu ehren. Er erklärt seinem
zur Sünde [viel zu kaufen] und entzündet wie ein Funken Lehrer, dass er von ihm nichts lernen könne und tritt damit das Prin-
die Kohle. Wie ein Vogelschlag voller Vögel, so ist ihr zip der Tradition mit Füßen. Erst in Gegenwart des Großkönigs Ne-
Haus [dann] voll von Falschheit. bukadnezar lernt Ben Sira, dass allzu viel Weisheit – und diese an
Halte die Menge von deinem Haus zurück und bringe nicht der falschen Stelle geäußert – gefährlich sein kann. Nebukadnezar
jeden in dein Haus, dann werden viele deine Freunde sein. hat die Macht, einen ihm unliebsamen Menschen vom Fleck weg
zu töten. Erst diese Erkenntnis zwingt Ben Sira zu überlegen, was
Vertraue dein Geheimnis einem von Tausend an, doch hüte er wann sagen kann, um ein Gegenüber nicht zu verletzten oder zu
die Pforten deines Mundes vor der, die an deiner Brust provozieren. Und erst dadurch wird er fähig, angemessen über „Gott
liegt. und die Welt“ zu reden, und so wird seine Weisheit alltagstauglich.
Gräme dich nicht über das Unglück von morgen, denn du
weißt nicht, was der Tag gebiert. Morgen bist du vielleicht 2. Text und Übersetzung
nicht mehr da, und grämst dich über eine Welt, die nicht
dein ist. Der vorliegenden Übersetzung liegt die Handschrift Kaufmann 59
aus dem Budapester Rabbinerseminar zugrunde, die 1926 von D. Z.
Alle Tage des Armen sind schlecht.1 Friedmann und D. S. Löwinger ediert wurde.2 Der Text dieser Hand-
Ben Sira sagt: Auch die Nächte. schrift wird auf der hebräischen Seite wiedergegeben. Da dieser Text
Niedriger als alle Dächer ist sein Dach, und auf den zur Textversion B des Alphabets des Ben Sira bei E. Yassif gehört,
höchsten Bergen befindet sich sein Weinberg; der Regen wurden Abweichungen zu Ms Parma 2456 (de Rossi 1090) nach E.
anderer Dächer [ergießt sich] auf sein Dach, und die Erde Yassif, The Tales of Ben Sira in the Middle-Ages. A Critical Text
seines Weinbergs [fällt] auf andere Weinberge. and Literary Studies, Jerusalem 1984 in den Fußnoten auf der hebrä-
Wird mit dem Namen „Ben Sira“ einerseits auf das Buch des Sirach,
das der Weisheitsliteratur zuzuordnen ist, angespielt,2 wird anderer-
1
Dazu zählen auch die biblischen Bücher Kohelet (Prediger) und Pro-
1
bBB 146a. verbia (Sprüche).
2 2
Siehe Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, Bd. III.5: D. Z. Friedmann; D. S. Löwinger, Alpha Beta de Ben Sira. Hazofeh 10
Jesus Sirach, hg. v. G. Sauer, Gütersloh 1981. (1926), 250-281.

XX XXI
Alphabet des Ben Sira

ischen Seite notiert. Auf die Edition von M. Steinschneider1 wurde


mit einem ‫א‬, auf die Handschrift Kaufmann 59 mit einem ‫ ב‬und mit
einem ‫ י‬auf die Textversion B bei E. Yassif verwiesen.
Die Budapester Handschrift wurde als Basistext für diese Unter-
suchung ausgewählt, weil sie als einzige Handschrift alle fünf Text-
teile des Alphabets des Ben Sira enthält.
Die Übersetzung folgt dem hebräischen Text so wörtlich wie mög-
lich. Alternative Übersetzungsmöglichkeiten sind in den Fußnoten
auf der Übersetzungsseite mitgeteilt. Biblische Namen wurden ver-
deutscht übernommen (Isaak). Ansonsten wurde, da der hebräische
Text präsent ist, vereinfacht transkribiert.
Doppelt geschriebene Jod in der Handschrift Kaufmann 59, Bu-
dapest wurden nur mit einfachem Jod wiedergegeben, Abkürzungen
wurden aufgelöst. In den beiden Listen mit alphabetisch geordneten
Sinnsprüchen wurden die Buchstabenanfänge optisch hervorgeho-
ben. In der deutschen Übersetzung wurde versucht, die alphabe-
tische Folge der Buchstaben nachzubilden, daher wurde hier eine
freiere Übersetzung notwendig.
Der Eigenname Gottes ‫( יהוה‬auch ‫ יי‬geschrieben) wurde mit
JHWH wiedergegeben. Wenn Worterklärungen aufgrund von klang-
lichen Ähnlichkeiten entwickelt werden, habe ich das hebräische
Wort in runden Klammern in die deutsche Übersetzung aufgenom-
men, um auf Wortspiele aufmerksam zu machen.
Mit eckigen Klammern [ ] werden Ergänzungen zum besseren
Textverständnis vorgenommen. Spitze Klammern < > weisen darauf
hin, dass die Textversion B von der Handschrift Kaufmann 59 ab-
weicht.
Einrückungen von Abschnitten zeigen an, dass Überarbeitungen
am Text vorgenommen wurden. Diese Einfügungen können in ei-
ner kurzen Bemerkung bestehen, sie können aber auch wesentlich
umfangreicher sein. Ihr Hauptmerkmal besteht darin, dass sie pro-
blemlos aus dem Text herausgenommen werden können, ohne dass
die Kerngeschichte darunter leidet. Es bieten sich daher für den Le-
ser zwei Lesarten. Er kann einmal den Text fortlaufend lesen, ohne
die Einrückungen zu beachten. Er kann aber auch die Einrückungen
beim Lesen überspringen. Betrachtet man die eingerückten Anmer-
kungen für sich, wird deutlich, dass sie häufig theologische und
biblische Aspekte hinzufügen, die im Sinne der klassischen rabbi-
nischen Tradition formuliert wurden.

1
M. Steinschneider, Alphabetum Syracidis (Alpha Beta de Ben Sira),
[Textgrundlage: Venedig 1544 und Ms Leiden Cod. Or. 4797], Berlin
1858. Ndr. in: J.D. Eisenstein, Ozar Midraschim, Bd. 1, New York
1915, 35-50.

XXII
Das Alphabet
des Rabbi Ben Sira

1
II. .II
Das Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
In deinem Namen, barmherziger Gott, barmherzig und gnädig, ‫>בשמך רחמנה אלהא רחום וחנון אחל לכתוב אותיות‬
werde ich beginnen, Zeichen und Geschichten1 des Ben Sira nie- 1
<‫ומשלות של בן סירא‬
derzuschreiben.

Der große [Werke] tut, die nicht zu erforschen sind, und Wun- ‫עושה גדולות עד אין חקר ונפלאות עד אין מספר )איוב‬
der, die nicht zu zählen sind.2 (Hiob 5,9; Hiob 9,10) ‫ איוב ט י(<בוא וראה כמה גדולים מעשיו של‬,‫ה ט‬
2
<‫הקדוש ברוך הוא‬
Komm und sieh, wie viele große Werke des Heiligen, ge-
priesen sei er, es gibt! ‫אם נאמר‬
Wenn es heißt: <‫עושה גדולות >עד אין חקר‬
3

Der große [Werke] tut, die nicht zu erforschen sind, ‫למה נאמר‬
warum heißt es dann [noch]: ‫ונפלאות עד אין מספר‬
und Wunder, die nicht zu zählen sind?3 ‫אלא כיצד פירשו חכמים‬
Wie nun deuteten die Weisen [dies]?
<‫עושה גדולות >עד אין חקר‬
4
Der große [Werke] tut, die nicht zu erforschen sind.
Hinsichtlich aller Geschöpfe, die es auf der Welt gibt.
‫כנגד כל יצירות שבעולם‬
Und Wunder, die nicht zu zählen sind. ‫ונפלאות עד אין מספר‬
Hinsichtlich der drei [Personen], die erschaffen wurden, ‫כנגד שלשה שנוצרו ולא שכבו הורתן עם אדם‬
ohne dass die Frau, die sie gebar, mit einem Mann ge- ‫ הם‬5‫ואלו‬
schlafen hätte.
Und folgende sind es:

1
Wörtlich: Buchstaben und Gleichnisse.
2
Hebräischer Text: D. Z. Friedmann, D. S. Löwinger, Alpha Beta de- ‫י‬
Ben Sira. Hazofeh 10 (1926), 250–281. Auf Varianten in Text B bei E. .‫ חסר‬:
2
Yassif, The Tales of Ben Sira, 197–293 wird auf der hebräischen Seite .‫ חסר‬:‫י‬
3
mit ‫ י‬verwiesen. – Zum Textanfang siehe E. Yassif, The Tales of Ben .‫ חסר‬:‫י‬
4
Sira, 30–32. Siehe auch bTaan 2a. .‫ חסר‬:‫י‬
3 5
Vgl. bBer 58a; bTaan 2a; KohR 81,7. .‫ ואילו הן‬:‫י‬

2 3
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Rabbi Sera (‫ )זירא‬und Rab1 Papa2 und Ben Sira (‫)סירא‬.3 ‫רבי זירא ורב פפא ובן סירא‬
Und über Rabbi Sera und Rab Papa sagte man, dass sie ‫ על רבי זירא ורב פפא‬1<‫ואמרו >עליהן‬
zu ihren Lebzeiten kein weltliches Gespräch führten und
im Lehrhaus weder einen Dauerschlaf hielten, noch ein
‫ שיחת חולין‬2‫שמימיהם לא שחו‬
Nickerchen machten. Und kein Mensch kam vor ihnen ‫ קבע ולא שינת עראי‬3‫ולא ישנו בבית המדרש שנת‬
ins Lehrhaus, ‫ אדם לבית המדרש‬4‫ולא קדמן‬
und kein Mensch fand sie schweigend sitzen. ‫ולא מצאן אדם יושבין ושותקין אלא יושבין ושונין‬
Vielmehr, sie saßen und lernten! ‫ולא כינו שם ]רע[ לחביריהם‬
Ihren Kollegen gaben sie keine [bösen] Namen, 5
‫ולא ביטלו ]מ[קידוש השם‬
und sie ließen nicht ab von der Heiligung des Namens.4
Sie verschafften sich nie durch die Herabwürdigung ih- ‫ולא התכבדו בקלון חביריהם‬
rer Kollegen Ehre, und nie gingen sie ihrer Kollegen flu-
6
‫ולא עלתה עמהם קללת חביריהם על מטתם‬
chend zu Bett. Nie blickten sie die Gestalt5 eines frevleri- ‫ולא הסתכלו בצלם דמות אדם רשע‬
schen Menschen an, [und nie nahmen sie Geschenke an. [‫]ולא קבלו מתנות ותרנין היו‬
Und sie waren freigiebig,]6 um zu bestätigen, wie es ‫לקיים מה שנאמר‬
heißt:7
Dass [ich] die, die mich lieben, mit Besitz versorge, und
(‫ אמלא )משלי ח כא‬7‫להנחיל אוהבי יש ואצרתיהם‬
ihre Schatzkammern werde ich füllen. (Prov 8,21) ‫ אמן בלא בעל‬8‫והאיך ילדתן‬
Und wie geschah es, dass ihre Mutter sie ohne einen
Mann empfing?
‫אמרו‬
‫ זרע‬10‫ בקובתן‬9‫]פעם אחת[ הלכו לבית המרחץ ונכנס‬
11

Man hat erzählt: ‫ ונתעברו מהם‬12‫יהודים‬


[Einmal] gingen sie zum Badehaus, und es gelangte
Same von Juden8 in ihren Bauch, und sie wurden von
ihnen schwanger.
Und sie gebaren [Kinder, ohne zu wissen, wer ihre Väter
waren].
Und [auch] Ben Siras Mutter gebar ihn [so].
Durch wen wurde sie schwanger?9
1
Rab ist Titel der babylonischen Rabbinen.
2
Vgl. bChag 15a. 1
3
Aarne/Thompson T 540 Miraculous birth. C 33.1 Tabu: Mentioning .‫ חסר‬:‫י‬
2
origin of supernatural child. Vgl. O. Rank, Der Mythos von der Geburt .‫ סחו סיחת‬:‫י‬
3
des Helden, Leipzig, Wien 1912. ‫ לא שינת‬:‫י‬
4 4
Text B: Heiligung des Tages. .‫ קידמן‬:‫י‬
5
Zur Formulierung siehe Gn 5,3. .‫ היום‬:‫י‬ 5
6
Das in Klammern Stehende ist Zusatz in Yassif (A), 198. .‫ מיטתו‬:‫י‬ 6
7
Vgl. bTaan 20b; bSuk 28a; bMeg 27b-28a. 7
8 .‫ ואוצרותיהם‬:‫ב‬,‫י‬
Yassif (A), 198: ‫זרע יהודים‬, Yassif (B) hat ‫סיד והי‬, was rückwärts ge- 8
lesen ebenfalls „Juden“ heißt. Das Samech ist dabei als Schluss-Mem .‫ לידתן‬:‫י‬
9
zu lesen. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 198, Anm. 6, meint dazu, .‫ ונכנסה בנקבתו ערן סיד הוי‬:‫י‬
10
diese Schreibweise sei entweder aus Gründen der Zensur oder, um .‫ בנקבתן‬:‫י‬
11
eine „reine Ausdrucksweise“ zu gewährleisten, gewählt worden. .‫ ערז‬:‫ב‬
9 12
Yassif (B), 198: Und wie wurde die Mutter Ben Siras schwanger? .‫ סידוהי‬:‫ב‬

4 5
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Man hat über sie gesagt, dass sie die Tochter Jeremias1 1
‫וילדו‬
war.2
‫ אמו‬2‫ובן סירא יולדתן‬
Einmal ging der Prophet Jeremia3 ins Badehaus und sah,
dass alle, die im Badehaus waren, dort mit der Hand <‫>ממי נתעברה‬
3

Samen[ergüsse] hervorbrachten. Sofort wollte er entflie- ‫ שבתו של ירמיהו היתה‬4‫אמרו עליה‬


hen, sie aber ließen ihn nicht.
Diese alle aber waren Efraimiten4 in den Tagen des
‫ אחת הלך ירמיה הנביא לבית המרחץ וראה כלם‬5‫פעם‬
6

Zedekia.5 Die gesamte Generation Zedekias bestand ‫ מוציאין שם שכבת זרע ביד‬7‫שבבית המרחץ היו‬
aber zu jener Zeit aus Frevlern, ‫מיד רצה לברוח ולא עזבו אותו‬
weswegen über ihn geschrieben steht:6
Und er tat, was in den Augen JHWHs böse war. (2 ‫ מבני אפרים היו בימי צדקיה‬8‫וכלם‬
Kg 24,19) ‫וכל דורו של צדקיה באותו זמן רשעים היו‬
‫ בו‬9‫לפיכך כתיב‬
Sofort ergriffen sie ihn und sagten zu ihm: „Warum hast
du uns zugeschaut? Und jetzt du! Mach du es auch so!“
(‫ויעש הרע בעיני יהוה )מלכים ב כד יט‬
Er sagte zu ihnen: „Lasst mich, und ich werde euch beim ‫מיד נטלו אותו ואמרו לו מפני מה ראית אותנו‬
Gesetz Gottes schwören, dass ich diese Sache keinem ‫ועכשיו לך ועשה כן גם אתה‬
Menschen auf der Welt erzählen werde.“
‫ לכם בגזירת‬11‫ אותי ואני אשבע‬10‫אמר להם עזבו‬
Sie [aber] sagten zu ihm: „Hatte nicht der König Zede- ‫המקום‬
kia7 gesehen, wie Nebukadnezar8 einen Hasen roh9 aß 12
‫שלא אגיד דבר זה לאדם שבעולם‬
‫אמרו לו והלא צדקיה המלך ראה נבוכדנצר שהיה‬
‫אוכל ארנבת אחת חי‬

1
1
Zu Jeremia siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 32–36. .‫ ומהן נולדו‬:‫י‬
2 2
Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 31. .‫ היאך נתעברה אמו‬:‫י‬
3 3
Vgl. Sirach 49,6-7. Vgl. dazu J.L. Zlotnick, Aggadot minni qedem. .‫ חסר‬:‫י‬
Sinai 18 (1945/46), 49–58. 4
4
.‫ עליה על בתו של ירמיה‬:‫י‬
Vgl. Gn 41,52. .‫ שפעם‬:‫י‬ 5
5
Vgl. 2 Kg 24,17-18. .‫ כולם לבית‬:‫י‬ 6
6
Vgl. bSanh 103a. 7
7 .‫ שהיו מוציאין תכבש ערן ביד‬:‫י‬
Zedekia war der letzte König des Südreiches Juda. Er wurde 598 (vor 8
unserer Zeitrechnung) von Nebukadnezar II zum König eingesetzt, .‫ ומבני אפרים היו‬:‫י‬
9
als dieser die Israeliten ins babylonische Exil führen ließ. Vgl. 2 Kg .'‫ כתו‬:‫י‬
10
24,17-25,7 und 2 Chron 36,10-21. .‫ עזבוני‬:‫י‬
8
Nebukadnezar II, König von Babylon 605 bis 562. ‫ נשבע‬:‫י‬ .11
9 12
Oder: lebendig? .‫ בעולם‬:‫י‬

6 7
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
und ihm beim Gesetz Gottes geschworen,1 dass er nicht ‫ונשבע לו בגזירת המקום שלא יגיד מה שראה‬
erzählen werde, was er gesehen hatte? Und er war von ‫ שבועתו‬1‫ויצא מלפניו ובטל‬
ihm hinausgegangen und hatte seinen Schwur gebro-
chen.
‫ תעשה‬2‫ואתה כן‬
Und du wirst es ebenso tun. ‫ועכשיו אם אתה עושה כמותנו מוטב‬
3

Wenn du es uns nun aber gleichtust, ist es gut. ‫ מעשה סדום‬4‫ואם לאו נעשה לך‬
Und wenn nicht, werden wir an dir die Tat Sodoms voll- ‫>כמות שעשו אבותינו בעבודה זרה שלהם מידת סדום‬
ziehen, wie [es] unsere Väter in ihrem Götzendienst [auf] 5
<‫ואנו נעשה בך על אחת כמה וכמה‬
die Weise Sodoms taten. Und wir werden es um wie viel
mehr an dir tun.“ ‫מיד עשה כן אף הוא מרוב יראה‬
Sogleich tat auch er ebenso, aus großer Furcht, ‫ תשעים ואחת תעניות‬7‫ על דבר זה‬6‫ונתענה‬
und er kasteite sich deswegen [mit] 91 Fastentagen. ‫מיד שמר הקדוש ברוך הוא אותה טיפה‬
8

Da hütete der Heilige, gepriesen sei er, jenen Tropfen. ‫לשבעה חדשים יצא ממנה בן‬
Nach sieben Monaten2 ging aus ihm ein Sohn hervor.3 ‫>ומעשה שהיה אותו הולד בשניים< ובדיבור‬
9

Und es geschah, dass jenes Kind Zähne hatte und spre-


chen konnte. ‫ כלומר עכשיו‬11‫ היתה מתבישת‬10‫וכיון שילדתו אמו‬
Nachdem ihn aber seine Mutter geboren hatte, schämte
‫יאמרו‬
sie sich [dafür, dass] man nun sagen würde, dass dieses ‫ ממזר הוא‬12‫שזה הילד‬
Kind ein Mamser4 sei.
‫ את‬14‫ ואמר אמי אמי מפני מה‬13‫מיד פתח פיו אותו הולד‬
Sogleich öffnete jenes Kind seinen Mund und sprach: ‫מתבישת‬
„Mutter, meine Mutter, warum schämst du dich?

1
.‫ וביטל‬:‫י‬
2
.‫ כך‬:‫י‬
3
.‫ כמונו‬:‫י‬
4
.‫ בך‬:‫י‬
5
.‫ חסר‬:‫י‬
6
.‫ והתענה‬:‫י‬
7
1 .‫ חסר‬:‫י‬
Vgl. 2 Chron 36,10-13; bNed 65a; KgldR 2,10 § 14. .‫ עד שבאת בתו של ירמיהו ונכנס ערן בקיבתו‬:‫י‬ 8
2
Vgl. J. Preuss, Biblisch-talmudische Medizin. Beiträge zur Geschich- 9
.‫ ויצא אותו הוולד בשינים‬:‫י‬
te der Heilkunde und der Kultur überhaupt, (1911) Ndr. Wiesbaden 10
1992, 445. .‫ חסר‬:‫י‬
11
3
Dazu L. Thorndike, A History of Magic and experimental Science, .‫ מבני אדם שהיו אומרים מזנות ילדה‬:43 ,‫א‬
12
New York 1934, 3, 237–238. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 36–39. .‫ הוולד‬:‫י‬
13
4
Ein Kind, das aus einer rabbinisch verbotenen Beziehung entstanden .‫ הוולד‬:‫י‬
14
ist. Ein solches Kind darf keinen Juden (bzw. keine Jüdin) heiraten. .‫ חסר‬:‫י‬

8 9
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Ich bin] Ben Sira, der Sohn des Sira bin ich!“ ‫ בן סירא אני‬1<‫בן סירא >אני‬
Seine Mutter sagte zu ihm: „Was für einer ist dieser Sira? ‫ מה טיבו של סירא זה גוי הוא או יהודי‬2‫אמרה לו אמו‬
Ist er ein Heide oder ist er ein Jude?“ 3
‫הוא‬
Er sagte zu ihr: „Mutter, Sira ist [der Name]1 meines Va-
ters Jeremia.“ ‫אמר לה אמי סירא הוא ירמיה אבי‬
Und warum ist sein Name Sira (‫?)סירא‬ ‫ולמה נקרא שמו סירא‬
Weil er Fürst (‫ )שר‬über alle Fürsten ist. ‫ השרים‬4‫שהוא שר על כל‬
Er wird einst allen Fürsten und Königen einen Becher 7
‫ כוס לכל שרים ומלכים‬6‫ עתיד לתן‬5‫הוא‬
reichen.2
‫ זה לכי וחשבי אותיות של‬8‫ואם תתמהי בדבר‬
Und wenn du dich über diese Sache wunderst, geh
und berechne die Buchstabenwerte von „Jeremia“,
9
<‫ירמיה>ו‬
die laut Gematria3 271 betragen, und der Buchstaben- ‫בגימטריא מאתים ושבעים ואחד‬
wert von „Ben Sira“ ist [ebenfalls] 271. ‫ סירא מאתים ושבעים ואחד‬11‫ בן‬10‫ואותיות של‬
Sie sagte zu ihm: „Wenn dem so ist, mein Sohn, dann ‫ אם כן בני היה לך לומר בן ירמיה אני‬13‫ לו‬12‫אמרה‬
hättest du sagen müssen, ich bin der Sohn des Jeremia.“
‫אמר לה כך הייתי רוצה לומר‬
Er sagte zu ihr: „So hätte ich es sagen wollen, wenn es
nicht schändlich wäre zu sagen, dass Jeremia zu seiner
‫אלא שגנאי הוא לומר שירמיה בא על בתו‬
Tochter gekommen ist.“ ‫אמרה לו בני והלא כתוב‬
14

Sie sagte zu ihm: „Mein Sohn, steht denn nicht geschrie- (‫מה שהיה הוא שיהיה )קהלת א ט‬
ben:
Was [schon einmal] geschehen ist, das wird [wieder] ge-
schehen? (Koh 1,9)

1
.‫ כך‬:‫י‬
2
.‫ בני‬:‫י‬
3
.‫ חסר‬:‫י‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ והוא‬:‫י‬
6
.‫ ליתן‬:‫י‬
7
.‫ השרים והמלכים‬:‫י‬
8
1 .‫ על דבר‬:‫י‬
So in Yassif (A), 200. 9
2 .‫ כך‬:‫י‬
Vgl. Jer 25,17: Und ich nahm den Becher aus der Hand JHWHs und 10
ließ alle Völker daraus trinken, zu denen mich JHWH gesandt hatte. .‫ חסר‬:‫י‬
11
3
Regel, nach der jeder Buchstabe eines Wortes als Zahl gelesen wird. .‫ חסר‬:‫י‬
12
Die Zahlen „eines Wortes“ werden addiert und die Summen der Wör- .‫ אמרו‬:‫ב‬
13
ter verglichen. Wörter mit gleichen Summen können inhaltlich aufein- .‫ בני אם בן היה לך‬:‫י‬
14
ander bezogen werden. .‫ כתיב‬:‫י‬

10 11
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Wer aber hat jemals eine Tochter gesehen, die von ihrem ‫ בת שנתעברה מאביה‬1‫ומי ראה בעולם‬
Vater schwanger wurde?“
‫אמר לה אמי‬
Er sagte zu ihr: „Mutter,
es gibt nichts Neues unter der Sonne. (Koh 1,9)
(‫אין כל חדש תחת השמש )קהלת א ט‬
Die Töchter Lots sind doch von ihrem Vater schwanger ‫שהרי בנות לוט נתעברו מאביהן‬
geworden. Wie Lot ein vollendeter Gerechter war, so ist ‫ לוט צדיק גמור היה אף אבי צדיק גמור הוא‬2‫מה‬
auch mein Vater ein vollendeter Gerechter. Wie Lot[s ‫ ממנו והוא לא ידע מאותו‬4<‫ לוט נתעברו >בנותיו‬3‫מה‬
Töchter] von ihm schwanger wurden, ohne dass er irgen- ‫דבר כלום‬
detwas von jener Sache gewusst hätte, ‫>שנאמר‬
wie es heißt:
Und er wusste nicht, dass sie sich hinlegte, noch
5
<(‫ולא ידע בשכבה ובקומה )בראשית יט לג‬
dass sie sich erhob, (Gn 19,33) ‫ מאביך והוא לא ידע בדבר כלום‬6‫אף את נתעברת‬
ebenso bist auch du von deinem Vater schwanger gewor- ‫ באונס‬8‫ מפני שנעשה באונס אף את נעשת‬7‫מה הוא‬
den, ohne dass er irgendetwas von der Sache gewusst
hätte. Wie es bei ihm unausweichlich1 geschah, geschah ‫ איני תומהת מדבר זו‬9‫אמרה לו אמו בני‬
10

es bei dir unausweichlich.“ ‫אלא אני תומהת היאך אתה יודע לדבר דברים הללו‬
Seine Mutter sagte zu ihm: „Mein Sohn, ich wundere ‫ ירמיה‬12‫ זה שהרי אבי‬11‫אמר לה אמי אל תתמהי מדבר‬
mich nicht über diese Sache. Nur wundere ich mich, wie ‫כך עשה בשעה שאמו כורעת לילד פתח פיו הילד ממעי‬
du diese Worte zu sprechen verstehst.“
‫אמו ואמר‬
Er sagte zu ihr: „Mutter, wundere dich nicht über diese ‫לא אצא עד שתאמרו לי מה שמי‬
13

Sache, denn siehe, mein Vater Jeremia machte es eben-


so.
Als seine Mutter sich zum Gebären niederkauerte, öffne-
te das Kind seinen Mund aus dem Inneren seiner Mutter
und sagte: „Ich werde nicht herauskommen, bis ihr mir
gesagt habt, was mein Name ist.“2

1
.‫ מעולם‬:‫י‬
2
.‫ ומה‬:‫י‬
3
.‫ ומה‬:‫י‬
4
.‫ כך‬:‫י‬
5
.‫ חסר‬:‫י‬
6
.‫ מעוברת‬:‫י‬
7
.‫ מה הוא נעשה‬:‫י‬
8
.‫ נעשית‬:‫י‬
9
.‫ חסר‬:‫י‬
10
.‫ זה‬:‫י‬
11
1
Oder: notgedrungen, zwangsweise. .‫ בדבר‬:‫י‬
12
2
Aarne/Thompson T 575: Child speaks before birth (A 511.1.2). T .‫ אבינו‬:‫י‬
13
575.1: Child speaks in mother´s womb. .‫ שתאמרי‬:‫י‬

12 13
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sein Vater und seine Mutter öffneten ihren Mund und ‫ אביו ואמו ואמרו בני צא ונקרא שמך‬1‫פתחו פיהם‬
sagten: „Mein Sohn, komm heraus, und wir geben1 dir ‫אברהם‬
den Namen Abraham.“
Er sagte zu ihnen: „So ist mein Name nicht.“
‫אמר להם לא כך שמי‬
[Sie sagten zu ihm:] „Wir geben dir den Namen Isaak!“ ‫]אמרו לו[ נקרא שמך יצחק‬
Er sagte: „Nicht mein Name.“
3
‫אמר לא שמי‬2
[Sie sagten zu ihm:] „Wir geben dir den Namen Jakob!“ ‫]אמרו לו[ נקרא שמך יעקב‬
Er aber sagte: „Das ist nicht mein Name.“ ‫ לא שמי הוא‬4‫והוא אמר‬
[Sie sagten zu ihm:] „Wir geben dir den Namen Ruben!“ ‫]אמרו לו[ נקרא שמך ראובן‬
Er aber sagte: „Das ist nicht mein Name.“
[Sie sagten zu ihm:] „Wir werden dir den Namen Juda ‫ לא שמי הוא‬5‫והוא אמר‬
geben!“ ‫>]אמרו לו[ נקרא שמך יהודה‬
Er aber sagte: „Nicht mein Name“, bis sie ihm die ge- 6
<‫והוא אמר לא שמי‬
samte Generation [der Vorfahren] genannt hatten. Er aber ‫ כל הדור והוא אמר לא שמי הוא‬7‫עד שאמרו לו‬
8

sagte [jedes Mal]: „Das ist nicht mein Name“, bis dass ‫עד שנזדמן לו אלייהו זכור לטוב ואמר לו נקרא שמך‬
Elia, sein Angedenken zum Guten, ihm beistand und zu
ihm sagte: „Dir sei der Name Jeremia gegeben.“ Sogleich
‫ירמיה‬
sagte er: ‫מיד אמר‬
Dies ist mein Name auf ewig (Ex 3,15) (‫זה שמי לעולם )שמות ג טו‬
und kam heraus. ‫ויצא‬
Wie er sprechend herauskam, so [bin] auch ich sprechend ‫מה הוא יצא בדיבור אף אני ]יצאתי[ בדיבור‬
[herausgekommen]. ‫מה הוא יצא ממעי אמו בשמו אף אני יצאתי ממעיך‬
Wie er aus dem Inneren seiner Mutter mit seinem Namen
herauskam, so bin auch ich mit meinem Namen aus dei- ‫בשמי‬
nem Inneren herausgekommen.2 ‫ הוא יצא בנבואה אף אני יצאתי בנבואה‬9‫מה‬
10

Wie er mit einer Prophezeiung herauskam, so bin auch


ich mit einer Prophezeiung herausgekommen.3

1
.‫ פתח פיו‬:‫ב‬
2
.‫ והוא‬:‫י‬
3
.‫ לא שמי הוא‬:‫י‬
4
.‫ אומר‬:‫י‬
5
1 .‫ אומר‬:‫י‬
Wörtlich: Wir rufen deinen Namen Abraham. 6
2
Vgl. Jer 1,5. .‫ חסר‬:‫י‬
7
3
Siehe dazu Jer 1,4-5: Und das Wort JHWHs geschah zu mir: Ich kann- .‫ שם‬:‫י‬
8
te dich, ehe ich dich im Mitterleibe bereitete und sonderte dich aus, .‫ אומר‬:‫י‬
9
ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Pro- .‫ ומה‬:‫י‬
10
pheten für die Völker. .‫ חסר‬:‫י‬

14 15
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Wie er ein Buch mit [Versanfängen nach dem] Alphabet1 ‫ הוא עשה ספר באלפא ביתא‬1‫מה‬
anfertigte, in dem es schwierige Dinge2 gibt, so lange die ‫ויש שם דברים קשים עד שיסתרו אותו בני אדם‬
2
Menschen es verbergen3, so werde auch ich ein Buch mit
[Versanfängen nach dem] Alphabet anfertigen. Und die
‫ אני אעשה ספר באלפא ביתא‬3<‫>אף‬
Dinge [darin] werden schwierig sein, so lange die Men- ‫ דברים קשים עד שיסתרו אותו בני אדם‬4‫ויהיו‬
5

schen es verbergen. Einst aber werde ich [es] ihnen ent- ‫ אל תתמהי‬6‫ועתיד אני להגלות להם ועכשיו‬
hüllen. Jetzt aber, wundere dich nicht!“
‫ועוד אמרה לו אמו‬
Und weiter sagte seine Mutter zu ihm: „Mein Sohn, ich ‫בני מתירא אני שמא בדברים הללו ישלוט בך עין הרע‬
fürchte, dass man wegen jener Worte4 auf dich neidisch
sein wird.“5 ‫ אלא בשעה שמהללין אותי‬8<‫ לא אגדל >אני‬7‫אמר לה‬
Er sagte zu ihr: „Ich werde nur dann6 bedeutend sein, ‫בני אדם‬
wenn Menschen mich preisen. Und ich will auch nichts ‫ שיהללו אותי בני אדם‬9‫ואיני רוצה אלא‬
anderes, als dass Menschen mich preisen. ‫ לא אשבח עצמי שנאמר‬10<‫אבל >אני‬
Aber ich werde mich nicht selbst rühmen, denn es heißt: (‫יהללך זר ולא פיך נכריה ולא שפתיך )משלי כז ב‬
Es preise dich ein anderer aber nicht dein Mund, ein
Fremder aber nicht deine Lippen. (Prov 27,2) ‫ועכשיו אל תאריכי בדיבור הרבה שאני עושה מה שלא‬
7
Nun aber kein langes Gerede mehr darüber, dass ich et-
‫עשה‬
was tue, was nicht [schon] dein Vater getan hat, sagten
12
‫ ועלי אמרו חכמים‬11‫אביך‬
doch über mich die Gelehrten: Ein Schaf geht hinter ei- ‫ דאבוהי‬14‫ אזל בתר רחילא וברא בתר עובדי‬13‫רחילא‬
nem Schaf und der Sohn hinter den Werken seines Va-
ters.“8

1
.‫ ומה‬:‫י‬
2
.‫ אותם‬:‫י‬
3
.‫ ואני כך‬:‫ ב‬.‫ כך‬:‫י‬
4
.‫ שם‬:‫י‬
1 5
Siehe die Klagelieder Jeremias, Kapitel 1. .‫ עד שיסתרוהו‬:‫י‬
2 6
Oder: Worte. .‫ עכשו‬:‫י‬
3
Auch: widerlegen, vernichten. .‫ אמי‬:‫י‬ 7
4
Oder: Dinge. .‫ כך‬:‫י‬ 8
5
Wörtlich: der böse Blick über dich herrschen wird. Vgl. A. Dundes, 9
.‫ כדי‬:‫י‬
Interpreting Folklore, Bloomington, London 1980, 93–133; 265–276. 10
J. Trachtenberg, Jewish Magic and Superstition, New York 1939, 54. .‫ כך‬:‫י‬
11
6
Wörtlich: in der Stunde. .‫ אבי‬:‫י‬
12
7
Wörtlich: Verlängere nicht durch viel Gerede [das Gespräch]. .‫ אמר הכתוב‬:‫ב‬
13
8
Vgl. bKet 63a: Das ist es, was die Leute sagen: Ein Schaf folgt dem .‫ בתר רחילא אזלא‬:‫י‬
14
Schafe: wie das Betragen der Mutter, so das Betragen der Tochter. .‫ עובדוהי‬:‫י‬

16 17
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sie sagte [zu ihm]: „Warum schneidest du mir das Wort ‫ מפני מה מנעת ממני הדבור‬1<‫אמרה >לו‬
2

ab1“?
‫אמר לה מפני שאת יודעת כי אני רעב‬
Er sagt zu ihr: „Weil du weißt, dass ich hungrig bin und
du mir nichts zu essen gibst2.“
‫ואין את נותנת לי לטעום כלום‬
Sie sagte zu ihm: „Da sind doch meine Brüste für dich, ‫ ושתה‬3‫אמרה לו הרי לך דדים שלי אכול מאכליך‬
iss und trink dich satt.3“ ‫משתך‬
Er sagte zu ihr: „Mutter, ich habe keinen Gefallen4 an ‫אמר לה אמי אין לי חפץ בדדיך‬
deinen Brüsten. Geh vielmehr und mach für mich ein ‫ ולושי לי לחם נקי‬6‫ קמח בדרנוגלא‬5‫ לי‬4‫אלא לכי ובררי‬
Gefäß5 mit Mehl ausfindig und knete mir ein reines Brot. ‫ בשר שמן ויין ישן ותאכלי עמי במסיבה‬7‫והביאי‬
Und, bring mir fettes Fleisch und alten Wein und iss mit
mir ein Festmahl.“ ‫ דברים הללו‬10‫ נקנה לך‬9‫ ומהיכן‬8‫אמרה לו‬
Sie sagte zu ihm: „Und woher sollen wir dir diese Dinge ‫אמר לה אמי לכי עשי בגדים ומכרי‬
kaufen“? 11
<‫כדי שיתקיים בידך >מה שכתוב‬
Er sagte zu ihr: „Mutter, geh, fertige Kleider an und ver- (‫>סדין עשתה ותמכור )משלי לא כד‬
kaufe [sie], damit durch deine Hand (‫ )בידך‬erfüllt ist, was
geschrieben steht: <‫ואם את מנקי אותי ביד יתקיים מה שנאמר‬
12

Sie macht einen Rock und verkauft ihn. (Prov 31,24) (‫רבות בנות עשו חיל ואת עלית על כלנה )משלי לא כט‬
Und wenn du mich eigenhändig(‫ )ביד‬säuberst, ist erfüllt, ‫ והיתה מוכרת‬13‫מיד היתה עושה בגדים‬
was gesagt ist:
Viele Töchter haben sich als tüchtig erwiesen, du aber
‫ מביאה לחם נקי ובשר שמן ויין ישן‬14‫ובלילה‬
übertriffst sie alle.“ (Prov 31,29)
Da (‫ )מיד‬fertigte sie Kleider an und verkaufte [sie], um
[ihm] zur Nacht reines Brot, fettes Fleisch und alten Wein
zu bringen,

1
.‫ כך‬:‫י‬
2
.‫ דבור‬:‫י‬
3
.‫ מאכלך‬:‫י‬
4
.‫ ובררו‬:‫ב‬
5
.‫ חסר‬:‫י‬
1 6
Wörtlich: enthältst du mir die Rede vor. .‫ בדרנגלא‬:‫י‬
2
Wörtlich: nichts zu kosten gibst. .‫ והביא‬:‫ב‬ 7
3
Wörtlich: Iss von deiner Speise und trinke von deinem Trank. .‫ בני‬:‫י‬ 8
4
Vgl. Koh 12,1 als Formulierung auf das Greisenalter bezogen. 9
5 .‫ ומהיכה‬:‫ב‬
Siehe S. Liebermann, Yemenite Midrashim, Jerusalem 1970, 34, der 10
zur Stelle auf tMakh 2,13 verweist. – Oder: liest man das korrupte .‫ כל הדברים הללו‬:‫י‬
11
Wort als ‫תרנגול‬, müsste übersetzt werden: Finde Mehl und einen Hahn .‫ כך‬:‫י‬
12
und knete mir reines Brot. Dies würde mit Blick auf bKet 67b Sinn er- .‫ חסר‬:‫י‬
13
geben, wo das Verspeisen eines Hähnchens oder Masthuhns als Luxus .‫ וכושפלים‬:‫י‬
14
vorgeführt wird. .‫ והיתה מביאה בלילה לחם נקייה‬:‫י‬

18 19
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
bis dass sie ihn in jenem Jahr mit Brot, Fleisch und Wein ‫ ובבשר וביין‬1‫עד שהניקה אותו באותה שנה בלחם‬
abgestillt hatte.1
‫ הלך בן סירא לבית הכנסת‬2‫לשנה‬
Nach einem Jahr ging Ben Sira zum Versammlungshaus2
und sah einen Kinderlehrer, der sieben Töchter hatte.
‫ לו שבע בנות‬5‫ שהיה‬4‫ מלמד תינוקות‬3‫וראה‬
6

Er setzte sich zu ihm und sagte zu ihm: „Lehre mich“. ‫ אצלו ואמר לו למדני‬7‫ישב‬
8

‫ עודך קש‬9‫]המלמד[ אמר לו‬


[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Du bist noch zu jung3.
Auch die Weisen sagen: Mit fünf Jahren zur Bibel.“ 4
‫ בן חמש שנים למקרא‬10‫וחכמים אומרים‬
11

[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du nicht auch gelernt: ‫אמר לו ]בן סירא[ והלא למדת‬
Der Tag ist kurz und der Arbeit viel, die Arbeiter sind faul ‫ עצלים והשכר‬12‫היום קצר והמלאכה מרובה והפועלים‬
aber hoch ist der Lohn? 5 ‫הרבה‬
Und du sagst: Setz dich, lerne aber nicht!“ ‫ואתה אומר שב ולא תלמוד‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Warum belehrst du mich? 13
‫אמר לו ]המלמד[ מפני מה אתה מורני‬
Auch die Weisen sagen: 14
‫וחכמים אמרים‬
Jeder, der eine Halacha6 vor seinem Lehrer lehrt, ist des ‫כל המורה הלכה בפני רבו חייב מיתה‬
15

Todes schuldig.“7

1
.‫ ובשר ויין‬:‫י‬
2
.‫ לסוף שנה‬:‫י‬
3
.‫ שם‬:‫י‬
4
.‫ אחד‬:‫ב‬
5
.‫ שהיו‬:‫י‬
6
.‫ בנות שבעה‬:‫ב‬
7
1
.‫ שב‬:‫ב‬
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 32–36. .‫ למדיני‬:‫י‬ 8
2
Oder: zur Synagoge. .‫ בני‬:‫י‬ 9
3
Von ‫קשש‬, alt genug sein. Vgl. bChag 13a, dort erklärt R. Eleazar, er 10
.‫ ואמרו חכמים‬:‫י‬
sei zu jung für die Studien, die sich mit dem Thronwagen (d.h. der 11
Meditation über das Wesen bzw. der Schau) Gottes beschäftigen. .‫ חסר‬:‫י‬
12
4
mAbot 5,21. .‫ ופועלים‬:‫ב‬
13
5
mAbot 2,15. Der Spruch beginnt mit einem He, der Zahl fünf. .‫ מוריני‬:‫י‬
14
6
Wer eine gesetzliche Lehre entwickelt oder begründet. .‫ אמרו‬:‫י‬
7 15
Vgl. bEr 63a; Tan achare 6. .‫ לפני‬:‫י‬

20 21
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Ben Sira sagte zu ihm: ‫אמר לו בן סירא‬
„Bislang bist du noch nicht mein Lehrer, denn bislang ‫ לא למדתי ממך כלום‬2‫ אינך רבי ועד כאן‬1‫עד כאן‬
habe ich von dir noch gar nichts gelernt.“
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Alef.“1
‫אמר לו ]המלמד[ אמור אלף‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„An dein Herz lass keinen Kummer heran2, denn schon viele ‫ הרגה דאגה‬3‫תתן דאגה בלבך כי אנשים הרבה‬ ‫אל‬
Menschen hat Kummer getötet.“
‫מיד נבהל ואמר לו‬
Da war er bestürzt und sagte zu ihm: ‫ שאשתי מכוערת‬4‫לי דאגה בעולם אלא‬ ‫אין‬
„Allein den einen Kummer habe ich in der Welt, dass meine Frau ‫אמר לו אמור בית‬
hässlich ist.“
Er sagte zu ihm: „Sag Bet.“ ‫]בן סירא[ אמר לו‬
‫אשה יפה רבים השחיתו ועצומים כל הרוגיה‬ ‫בתואר‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Bei der Gestalt einer schönen Frau sind schon viele ins Ver- ‫]המלמד[ אמר לו‬
derben geraten, und zahlreich sind all die, die durch sie ‫ דברי ואמרתי לך שאשתי מכוערת‬5‫שגליתי לך סוד‬ ‫בשביל‬
umgekommen sind.“3 ‫אתה אומר לי‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫ שגליתי לך סודי‬6‫בתואר אשה יפה או שמא רע לך‬
„Bloß, weil ich dir meine Geheimsache anvertraut4 und dir ge-
sagt habe, dass meine Frau hässlich ist, sprichst du über ‫]המלמד[ אמר לו אמור גימל‬
die Gestalt einer schönen Frau zu mir. Vielleicht ist es
ja übel für dich, dass ich dir mein Geheimnis anvertraut
‫]בן סירא[ אמר לו‬
habe.“
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Gimel.“
[Ben Sira] sagte zu ihm:

1
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 39–41. Unterschiedliche Sprü-
che finden sich zum Buchstaben Waw und ab dem Buchstaben Lamed.
Die Sprüche Alef bis Lamed finden sich auch in bSanh 100b. Dazu E.
Yassif, The Tales of Ben Sira, 42–44. P. Seitel, Proverbs: A Social use
of Metaphor. Genre 2 (1969), 143–161. Vgl. auch Kalila und Dim-
na, Kap. 11. J. Cheikho, La version arabe de Kalila et Dimna, Beirut
1905. J. Derenbourg, Deux versions hébraïques du livre de Kalilah
et Dimna, Paris 1881. M. Steinschneider, Die hebräischen Überset- 1
.‫ עתה‬:‫י‬
zungen des Mittelalters und die Juden als Dolmetscher, Berlin 1893, 2
872–883. .‫ עתה אינך רבי ועד עתה לא למדתי כלום‬:‫י‬
3
2
Vgl. Sirach 30,23.26; Prov 12,25; bSanh 100b. .‫ אנשים גבורים הורג‬:‫י‬
4
3
Vgl. Sirach 9,8.10; Prov 7,26; bJeb 63b; bSanh 100b. .‫ אלא בשביל אשתי שהיא מכוערת‬:‫י‬
5
4
Wörtlich: aufdecken, offenbaren, enthüllen. Im nächsten Sinnspruch .‫ חסר‬:‫י‬
6
mit „preisgeben“ übersetzt. .‫ בשביל‬:‫י‬

22 23
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬

„Gib dein Geheimnis [nur] einem von Tausend preis, wenn es ‫סודך לאחד מאלף אם רבו דורשי שלומך‬ ‫גלה‬
viele sein sollen, mit denen du in Frieden leben willst.“1
[‫חזר ואמר לו ]המלמד‬
Und [der Lehrer] sprach wiederum zu ihm:
„Geoffenbart2 habe ich mein Geheimnis dir und keinem anderen
‫לך סודי ולא לאחר שבעולם אני רוצה לגרש את‬
3 2
‫גיליתי‬
1

auf der Welt. Ich will mich nämlich von meiner Frau ‫אשתי‬
scheiden, weil sie hässlich ist, und da es auf meinem Hof ‫ שיש בחצרי אשה יפה‬4‫בשביל שהיא מכוערת לפי‬
eine schönere Frau gibt.“ ‫]המלמד[ אמר לו אמור דלת‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Dalet.“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: 6
<‫ >פן תלכד במצודה‬5‫בשרך מאשת חן‬ ‫דך‬
„ D einen Leib wende ab von einer koketten Frau, sonst verfängst du
dich in ihrer Falle.“3 ‫>]המלמד[ אמר לו‬
[[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫ומה אעשה בכל שעה ושעה שאני הולך לביתי ופוגע‬
„Und was soll ich tun? Wann immer ich in mein Haus ‫בה‬
gehe und auf sie treffe, zieht sie meinen Blick auf sich.“4 ‫והיא מיושבת בעיני‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag He.“ ‫אמר לו ]המלמד[ אמור הא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„ Halte 5
stets deinen Blick fern von einer koketten Frau, sonst
‫]בן סירא[ אמר לו‬
verfängst du dich in ihrer Falle.“]]6
7
<‫עינך מאשת חן פן תלכד במצודתה‬ ‫העלם‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „[Welche Falle?]7 Ich fürch- [‫אמר לו ]המלמד‬
te mich nicht, weil sie ihm keinen Zauber macht.8 Sie 8
‫]מאיזה מצודה[ איני מתירא לפי שאינה עושה לו‬
hatte nämlich einen anderen Mann und machte sich ei- ‫כשפים‬
nen Zauber, weil er ein Dünnbart war. [Ich aber bin ein ‫ היה לה ועשתה לה כשפים בשביל‬9‫אלא בעל אחר‬
Dickbart.]“9
‫שהיה זלדקן‬
[[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Waw.“ [‫]ואני עב זקן‬
‫]אמר לו ]המלמד[ אמור ואו‬

1
Vgl. Sirach 6,6; bJeb 63b; bSanh 100b.
2
Nach Yassif (A), 203.
3 1
Sirach 9,3. .‫ אגלה‬:‫ י‬,‫ב‬
4 2
Vgl. Sirach 11,34. .‫ בעולם‬:‫י‬
5 3
So Yassif (A, B), 204. Die Buchstaben He und Waw fehlen in Ms .‫ ואני‬:‫ב‬
Kaufmann 59, Budapest. .‫ ולפי‬:‫י‬ 4
6
So Yassif (A, B), 204. .‫ כבגד בבשר גלחת‬:‫י‬ 5
7
So Yassif (A), 204. 6
8 .‫ חסר‬:‫י‬
Nach Yassif (A), 204: Ich fürchte mich nicht, weil sie mir keinen Zau- 7
ber anhängt. ‫ אלא בעל אחר‬.‫ אמר לו איני מתירא לפי שאינה עושה לו כשפים‬:‫ ב‬.‫ כך‬:‫י‬
9
So Yassif (A), 205. Vgl. Nah 3,4; jTaan 4,1,67b; bSanh 100b. L.P. El- ‫ זלדקן‬.‫ אמר לו אמור זיין‬.‫היה לה ועשתה לה כשפים בשביל שהיה זלדקן‬
well-Sutton, Scaldheads and Thinbeards in Persian Folk-Tale Litera- ...
8
tur. IV International Congress for Folk-Narrative Research in Athens .‫ לי‬:‫י‬
9
(ed. G.A. Megas), Athens 1965, 105–108. .‫ בעל אחד זקן היה‬:‫י‬

24 25
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: [‫אמר לו ]בן סירא‬
„ Wehe dem, der seinen Augen nachgeht, obwohl er weiß, dass ‫למי שהולך אחר עיניו וידע כי בני זנונים המה ואין לו‬ ‫ווי‬
sie unzüchtig sind und er an ihnen nichts [Gutes] hat.“]1
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Sajin.“
1
[‫כלום בהם‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫אמר לו ]המלמד[ אמור זיין‬
S
„ potte weder über einen Dünnbart noch über einen Dickbart,
‫]בן סירא[ אמר לו‬
denn du weißt nicht, was dir beschieden ist.“2
‫ מהם כי לא תדע מה נגזר‬3<‫ >לא תלעג‬2‫ועבדקן‬ ‫זלדקן‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫עליך‬
„Ich hätte sie bereits geheiratet, wenn ich nicht sieben
Töchter hätte. Denn ich sage [mir], wenn ich sie heiraten ‫]המלמד[ אמר לו‬
würde, wird sie mir Töchter gebären, da sie bereits eine ‫כבר הייתי נושא אותה אלא שיש לי שבע בנות‬
Tochter hat.“ ‫ואני אומר אם אני נושא אותה היא יולדת לי בנות‬
Ben Sira sagte zu ihm: ‫ שיש לה בת אחת‬4‫לפי‬
„Es sollte dir genügen, dass du mich bereits hast wissen
lassen, dass sie eine Zauberin ist.3“ ‫אמר לו בן סירא‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Chet.“ ‫ לי שהיא מכשפת‬5‫דייך שכבר הורית‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
‫אמר לו ]המלמד[ אמור חית‬
„ Chancen 4
hat ein jeder Vater, dass er männliche Nachkommen ‫]בן סירא[ אמר לו‬
hat.
[Aber] wehe dem Vater, der weibliche Nachkommen
‫לכל אב שיש לו בנים זכרים‬ ‫חביבין‬
6

hat.“5 ‫ לאב שיש לו בנות נקבות‬7‫ווי לו‬

1
Der Buchstabe Waw fehlt auch in Yassif (A, B). Er findet sich aber in
der Ausgabe von Steinschneider, woraus der Abschnitt hier ergänzt
wurde. Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 269.
2
Vgl. Sirach 11,2. Siehe E. Marmorstein, A Note on the „Alphabet of
Ben Sira“. JQR 41 (1950/51), 303–306. Johannes Buxtorf, Florilegi-
um Hebraicum, Basel 1648 überliefert: ‫זלדקן עבדקן אל תהי מהם כח לא תדע‬
‫מה נגזר‬. Ne esto es iis qui raram aut densam habent barbam, nam nescis .44 ,‫א‬ 1
quid sit decretum. Vgl. auch J.L. Burkhardt, Arabic Proverbs, Quarich 2
.‫ ולזקלוע‬:‫ב‬
1875, Nr. 601, 212: Spotte nicht über einen Dünnbärtigen, solange du 3
selbst noch keinen Bart hast. .‫ כך‬:‫י‬
4
3
Vgl. Dtn 18,10-12. .‫ למי‬:‫ב‬
5
4
Wörtlicher: Am liebsten ist es jedem Vater, wenn er männliche Nach- .‫ הודיתה שהיא‬:‫י‬
6
kommen hat. .‫ אשרי‬:‫ י‬,‫ב‬
5 7
Vgl. bSanh 100b; bBB 16b. .‫ ואוי לאב שיש לו בנות‬:‫י‬

26 27
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫]המלמד[ אמר לו‬
„Sieh doch, ich habe sieben Töchter und sie sind wertvoll ‫והרי בנות שבעה יש לי והן שוות לי והן עושות כל‬
(‫ )שוות‬für mich: Sie verrichten ja alle Arbeit, die in mei-
nem Hause [anfällt], und sie sind in meinem Haus wie
‫עמל שבביתי‬
ein schöner Nussgarten.“1 ‫והן בביתי כאגוז יפה‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Thet.“
‫אמר לו ]המלמד[ אמור טית‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„ Töchter2 sind ein beunruhigender (‫ )שוא‬Schatz3 für einen Vater. ‫]בן סירא[ אמר לו‬
Aus Sorge um sie schläft er in der Nacht nicht.“4 ‫שוא בת לאביה מפחדה לא ישן בלילה‬ ‫טמינת‬
1

[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫]המלמד[ אמר לו‬


„Warum sagst du, wehe dem Vater, der weibliche Nach- ‫ מה אתה אומר אוי לו לאב שיש לו בנות נקבות‬2‫ומפני‬
kommen hat? Wenn es keine weiblichen gäbe, gäbe es ‫ואם אין נקיבות אין זכרים‬
auch keine männlichen [Nachkommen]!“5
[Ben Sira] sagte zu ihm:
[‫אמר לו ]בן סירא‬
„Dennoch sprichst du dir selbst falschen6 Trost zu, denn ‫ תנחומין של הבל אתה מנחם עצמך‬3<‫>אף על פי כן‬
so haben die Weisen [es] gesagt: ‫שכך אמרו חכמים‬
Glücklich, dessen Nachkommen männlich sind, wehe ‫ לו למי שבניו נקבות‬4‫אשרי מי שבניו זכרים אוי‬
dem, dessen Nachkommen weiblich sind.7 Daher habe ‫ ווי לו לאב שיש לו בנות נקבות‬5‫לפיכך אמרתי‬
ich gesagt, wehe dem Vater, der weibliche Nachkommen
hat.“ ‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm:
6
‫ומפני מה‬
„Und warum? <[‫>אמר לו ]בן סירא‬
7

[[Ben Sira] sagte zu ihm:] ‫ שיש לו בנות נקבות לא ישן בלילה‬8<‫>אין אב‬
Kein Vater, der weibliche Nachkommen hat, schläft der
in der Nacht [ruhig].“

1
Vgl. Hld 6,11-12: Ich bin in den Nussgarten hinab gegangen, zu
schauen die Knospen im Tal, zu schauen, ob der Weinstock sprosst, ob
die Granatbäume blühen. .‫ טמונת‬:‫י‬ 1
2
Wörtlich: eine Tochter. .‫ מפני מה אומ' אוי לאב שיש לו בנות באם אין נקיבות אין זכרים‬:‫י‬ 2
3
‫ טמינת‬von ταμειον, Schatz. 3
4 .‫ חסר‬:‫י‬
Sirach 7,24-25; 22,3-5; 26,10-12; 42,9-14. Vgl. bSanh 100b. Siehe 4
W.C. Trenchard, Ben Sira´s View of Women, Chico CA 1982, 129– .‫ ואוי לאב שבניו‬:‫י‬
5
165. .‫ לך אוי לאב שיש לו בנות‬:‫י‬
6
5
Vgl. bSanh 100b. .‫ אמר יוד‬.‫ אין אב שיש לו בנות נקבות לא ישן בלילה‬:‫ב‬
7
6
Wörtlich: vergeblich, nichtig. .‫ כך‬:‫י‬
7 8
bBB 16b. .‫ מי שיש לו בנות אינו ישן בלילה‬:‫י‬

28 29
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag [es mit] Jod.“ ‫אמר לו ]המלמד[ אמור יוד‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
J
„ ungfrauen beobachte,1 man könnte sie verführen, und Mäd-
‫ שמא תתפתה ובנערותה שמא תזנה‬1‫קטנותה‬ ‫ישמור‬
chen [behalte im Auge], sie könnten unzüchtig werden,
Herangewachsene, dass sie nicht unverheiratet blei- ‫ שמא לא תנשא‬2‫בגרה‬
ben.“2
‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: 4
‫ אמת הוא אלא אין אדם מצתער על‬3‫מה שאמרת‬ ‫כל‬
„Kein [Wort],3 was du gesagt hast, ist unwahr, nur sorgt sich ein 5
‫בתו אלא עד שניסית‬
Mann um seine Tochter nur solange, bis sie verheiratet ‫אמר לו ]המלמד[ אמור כף‬
ist.“
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Kaf.“ ‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫ תעשה כשפים‬7‫ שמא לא יהיו לה בנים וכשתזקין שלא‬6‫כשניסית‬
„ K aum hat sie geheiratet,4 [besteht die Sorge darin,] dass sie kei-
‫ בדברים עד שקיים עליו עשרים ושנים‬8‫וכן הטה לו‬
ne Kinder bekommen könnte, und wenn sie alt geworden
ist, dass sie keine Zaubereien anstellt.“5 ‫פרשיות‬
‫ אלפא ביתא‬9‫של‬
Und so ging er mit ihm durch die Worte, bis er für
ihn die 22 Abschnitte des Alphabets vervollständigt ‫אמר לו ]המלמד[ אמור למד‬
hatte.6
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Lamed.“
‫תיצר צרת מחר שאמר שלמה עליו השלום‬ ‫לא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫אל תתהלל ביום מחר כי לא תדע מה ילד יום )משלי כז‬
„ Lass morgen morgen sein,7 denn Salomo, Friede sei mit ihm, (‫א‬
sagte:
Preise dich nicht des morgigen Tages, denn du weißt
nicht, was der Tag gebiert.“ (Prov 27,1)

1
Wörtlich: über ihrer Kindheit wache.
2 1
Sirach 42,10. .‫ בקטנותה‬:‫י‬
3
Der Lehrer beginnt den Satz mit dem nächsten Buchstaben, der in der .‫ בוגרת‬:‫י‬ 2
alphabetischen Reihenfolge folgt: ‫כל‬. Wörtlich: Alles, was du gesagt .‫ שאתה אומר‬:‫ב‬ 3
hast, ist wahr. 4
4 .‫ כל‬:‫ב‬
Ben Sira greift das Stichwort des Lehrers auf: Aus ‫ עד שניסית‬macht er 5
‫כשניסית‬. .‫ עד שתנשאת‬:‫י‬
6
5
Vgl. dazu Sirach 42,10 und bSanh 100b. .‫ כשנשאת‬:‫י‬
7
6
Kennzeichnung der Hälfte des Unternehmens: Kaf ist der 11. Buchsta- .‫ שמא‬:‫י‬
8
be. .‫ עמו‬:‫י‬
7 9
Wörtlicher: Sorge dich nicht um morgen. Vgl. bJeb 63b. .‫ דאלפא ביתא‬:‫י‬

30 31
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: [‫אמר לו ]המלמד‬
„Muss ich [nicht doch etwas] tun? [Oder] esse ich [nur noch],1 ‫ אוכל אני לסבול כל מה שאמרת לי‬2‫אעשה‬ ‫מה‬
1
um all das zu erdulden, was du mir gesagt hast?“
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du nicht gelesen,
‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
dass er es ist, der dich aus der Schlinge des Vogelstellers (‫כי הוא יצילך מפח יקוש )תהלים צא ג‬
retten wird? (Ps 91,3) ‫וכתוב‬
Und es steht geschrieben: ‫ברוך הגבר אשר יבטח ביהוה והיה יהוה מבטחו )ירמיה‬
Gesegnet ist der Mann, der sich auf JHWH verlässt und (‫יז ז‬
dessen Zuversicht JHWH ist.“ (Jer 17,7)
‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm:
„Meine größte Angst, die ich habe, ist, dass meine Kraft ermat-
3
‫הפחד שהפחדתי תשש כוחי‬ ‫מרוב‬
tet.“ ‫אמר לו ]המלמד[ אמור מם‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Mem.“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫לבו ומתפחד תמיד ונצל מרע‬ ‫מקיץ‬
„ M unter sei sein Herz, stets in Angst [vor der Sünde], und er wird
vor dem Bösen2 gerettet.“ ‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm:
‫אני חושב בלבי מחשבות שמא יהיה לי כן‬
„Ich mache mir in meinem Herzen die Gedanken, dass es ‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
mir vielleicht so ergehen wird.“
‫אשרי אדם מפחד תמיד ומקשה לבו יפול ברעה )משלי‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen: (‫כח יד‬
Glücklich der Mann, der stets in Angst ist. Wer aber sein
Herz verhärtet, wird durch Böses fallen?“ (Prov 28,14) ‫אמר לו ]המלמד[ אמור נון‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag [es mit] Nun.“ ‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫שמור גם לבך מהרהורים רעים ומחשבות רעות‬ ‫נפשך‬
„ N eben deiner Seele hüte auch dein Herz vor bösen Überlegun- ‫]המלמד[ אמר לו‬
gen und bösen Gedanken.“3
‫אפחד מפגעים רעים ולכן אני מחשב ומהרהר בלבי‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm:
„Ich werde mich vor bösen Plagen ängstigen und daher ‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
denke und sinne ich in meinem Herzen nach.“
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen:

1
Sinn: Erhalte ich nur mein Leben, um dem Schicksal ausgeliefert zu
sein? 1
2
Die Formulierung ist mehrdeutig: 1) ra: Böses, 2) ro´a: Schlechtigkeit, .‫ ומה‬:‫ב‬
2
Hässlichkeit, Traurigkeit. .‫ בני ומה אעשה‬:‫ י‬.‫ ועשה‬:‫ב‬
3 3
Vgl. Sirach 19,20-28; bAZ 20b. .‫ כחי‬:‫י‬

32 33
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Viele Gedanken sind im Herzen eines Mannes[, aber zu- (‫רבות מחשבות בלב איש )משלי יט כא‬
stande kommt der Ratschluss JHWHs]?“ (Prov 19,21)
‫אמר לו ]המלמד[ אמור סמך‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag [es mit] Samech.“
[Ben Sira] sagte zu ihm:
‫]בן סירא[ אמר לו‬
„ eiS in deinem Herzen nah der [Gottes]furcht, und du wirst ‫לבך ביראה ותשיג חפצים‬ ‫סמוך‬
Begehrtes erreichen.“
‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫ אני נושא ונותן בעולמי‬1‫יראת יהוה בלבי לכך‬
„Die Furcht JHWHs ist in meinem Herzen, demgemäß
verhalte ich mich1 in meiner Welt.“ ‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
‫ראשית חכמה יראת יהוה שכל טוב לכל עושיהם תהלתו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen:
Der Weisheit Anfang ist die Furcht JHWHs. Gute Ein-
‫עומדת לעד‬
sicht ist allen, die danach handeln. Sein Ruhm besteht (‫)תהלים קיא י‬
auf immer?“2 (Ps 111,10)
‫אמר לו ]המלמד[ אמור עין‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag [es mit] Ajin.“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫עונותיך זכור ואל תשכח חטאתיך‬
„ All deiner Übertretungen gedenke, und vergiss nicht deine
Sünden.“ ‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫ הטו אלי ומזכיר אני חיי‬2‫הרבה‬ ‫עונותי‬
„Alle meine Übertretungen sind mir gegenwärtig3, und mein ‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
Leben lang erinnere ich mich [ihrer].“
(‫יהוה בעושי רע להכרית מארץ זכרם )תהלים לד יז‬ ‫פני‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen:
Panier JHWHs gegen die, die Böses tun, um ihr Angedenken von ‫אמר לו ]המלמד[ אמור צדי‬
3

der Erde zu vertilgen?“4 (Ps 34,17)


‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Zade.“ ‫אם אתה אל תתהלל כי לכך נוצרת‬ ‫צדיק‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„ Zum Gerechten wirst du, wenn du Gott preist, denn deswegen
wurdest du erschaffen.“

1
Die Formulierung ist mehrdeutig: 1) Handel treiben; 2) argumentie-
ren, diskutieren. Vgl. Jastrow, Dictionary, 937.
2
Alphabetischer Psalm.
3
Wörtlich: Viele meiner Übertretungen neigen sich zu mir.
4
Wörtlich: Das Angesicht JHWHs ist gegen die, die Böses tun. – Da 1
der von Ben Sira zitierte Bibelvers mit dem nächsten Buchstaben (Pe) .‫ לכן‬:‫י‬
2
anfängt, verzichtet der Lehrer auf die Aufforderung, ihn diesen Buch- .‫ הרבים‬:‫י‬
3
staben behandeln zu lassen. .‫ צדיק‬:‫ ב‬,‫י‬

34 35
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫]המלמד[ אמר לו‬
„Mein Sohn, ich sinne in meinem Herzen darüber nach, ‫בני אני מהרהר בלבי לעשות תשובה שמעתה אני זקן‬
Reue zu empfinden1, nun, da ich alt bin.“
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen:
‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
Wenn unsere Übertretungen wider uns zeugen, JHWH, so (‫אם עונינו ענו בנו יהוה עשה למען שמך )ירמיה יד ז‬
handle um deines Namens willen?“ (Jer 14,7)
‫אמר לו ]המלמד[ אמור קוף‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Quf.“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫צדה לדרך הרחוקה ותנצל‬ ‫קדם‬
„Qualvoll ist ein Weg ohne Wegzehrung,2 wenn er weit ist. [Vorbe-
reitet] bist du gerettet.“ ‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫בני בטוח אני בי שמעתה איני מתגרה בעבירה‬
„Mein Sohn, ich bin mir dessen sicher, dass ich von nun ‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
an keine Leidenschaft zu einer Übertretung3 verspüre.“
(‫ )ישעיה לג יד‬1‫פחדו בציון חטאים אחזה רעדה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen:
In Zion ängstigen sich die Sünder, Zittern ergreift [die ‫אמר לו ]המלמד[ אמור ריש‬
Ruchlosen]?“ (Jes 33,14)
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sage [es mit] Resch.“ ‫למעלה עין רואה ואוזן שומעת שהכל עתיד לדון‬ ‫ראה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]המלמד[ אמר לו‬
„ Richte deinen Blick nach oben. Ein Auge sieht und ein Ohr hört, ‫בני מעתה לא אשוב בדבריי שפחד יי' בלבי איני‬
dass alle einst gerichtet werden.“4
‫משגיח מעתה‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫לא על אשה ולא על בנות אלא להציל נפשי מיום הדין‬
„Mein Sohn, von nun an werde ich nicht [nur] mit mei- ‫בלבד‬
nen Worten bereuen. Da die Angst vor JHWH in mei-
nem Herzen ist, werde ich von nun an weder meine Frau ‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
beachten, noch meine Töchter; nur, um meine Seele vor
dem Tage des Gerichts zu retten.“
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen:

1
Oder: Umkehr zu tun, Buße zu tun.
2
Wörtlich: Lass Wegzehrung vorangehen für deinen Weg, der weit ist,
und du wirst gerettet.
3
‫ עבירה‬ist mehrdeutig: Auf das Stichwort „Weg“ und „Wegzehrung“
bezogen, kann es, „avira“ gelesen, das Vorübergehen, die Wanderung,
bedeuten. Als „avera“ gelesen ist es die Sünde, insbesondere alles
Unmoralische.
4 1
Vgl. Koh 12,14; mAbot 3,1. .‫ אחזו דעת‬:‫ ב‬,‫י‬

36 37
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Fremde verzehren seine Kraft, doch er ‫אכלו זרים כחו והוא לא ידע גם שיבה זרקה בו והוא לא‬
will es nicht merken, auch graues [Haar] (‫ידע )הושע ז ט‬
besprengt ihn, doch er will es nicht merken?“
(Hosea 7,9) ‫אמר לו ]המלמד[ אמור שין‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Schin.“ ‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫טוב וסופך טוב‬ ‫שם‬
„ Sch ließlich:1 hast du einen guten Ruf, ist auch dein Ende gut.“2
‫]המלמד[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫הקדוש ברוך הוא זימנך לי שהגברתני והזכרתני על‬
„Der Heilige, gepriesen sei er, hat dich mit mir zusammen- ‫יראת יהוה‬
gebracht, damit du mich stärkst und mich an die Furcht
JHWHs erinnerst. (‫במצוותיו חפץ מאד )תהלים קיב א‬
An seinen Geboten habe ich großen Gefallen.3 (Ps ‫אשריך לעולם הזה ולעולם הבא‬
112,1)
Glücklich seiest du in dieser Welt und in der kommenden
‫]בן סירא[ אמר לו‬
Welt.“ ‫מעתה בך אחפוץ‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
1
‫אמר לו ]המלמד[ אמור תאו‬
„Von nun an finde ich an dir [als Lehrer] Gefallen.“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: „Sag Taw.“ ‫לבך לדעת כי על אלה יביאך אלהים במשפט‬ ‫תן‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: (‫)קהלת יא ט‬
„ Trachte in deinem Herzen 4
zu verstehen, dass Gott dich wegen all
[‫אמר לו ]המלמד‬
diesem ins Gericht bringen wird.“ (Koh 11,9)
‫בני מפחד אני מהיום הדין כי לא יועיל בו כי אם‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫תשובה ומעשים טובים‬
„Mein Sohn, ich ängstige mich vor dem Tag des Gerichts,
denn nichts nützt an ihm, außer Reue und gute Werke.“ ‫]בן סירא[ אמר לו והלא קראת‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du denn nicht gelesen: ‫סוף דבר הכל נשמע את האלהים ירא ואת מצותיו שמור‬
Am Ende der Rede wird das Ganze verstanden: Fürchte (‫כי זה כל האדם )קהלת יב יג‬
Gott und halte seine Gebote, denn dies ist der ganze
Mensch?“ (Koh 12,13)

1
Wörtlich: Ein guter Ruf und dein Ende ist gut.
2
Vgl. mAbot 2,7.
3
Ps 112 ist ein alphabetischer Psalm.
4 1
Wörtlich: Richte dein Herz darauf. .‫ תיו‬:‫י‬

38 39
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Der Lehrer] sagte zu ihm: ‫]המלמד[ אמר לו‬
„Alles,1 was du mir gesagt hast, ist wahr, von Anfang bis ‫כל מה שאמרת לי מתחלה ועד סוף‬ ‫אמת‬
Ende.“2
[Der Lehrer] sagte zu ihm:
[‫אמר לו ]המלמד‬
1

„Wegen dir wurde die Schöpfungsordnung geändert.“3 ‫עליך נשתנו סדרי בראשית‬
2

[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬


„Es gibt nichts Neues unter der Sonne, (Koh 1,9) (‫אין כל חדש תחת השמש )קהלת א ט‬
denn Jeremia hat es auch so gemacht. ‫שהרי ירמיה כן עשה‬
Er lehrte Baruch ben Neria das Buch der Klagelieder: 3
‫לימד לברוך בן נריה ספר איכה‬
Er sagte zu ihm: „Alef.“
Und der wiederum sagte [zu ihm]: ‫ אלף‬4‫אומר לו‬
Ach, wie liegt die Stadt verlassen. (Klgl 1,1)
5
<‫והוא חוזר ואומר >לו‬
Bange weint man. (Klgl 1,2) (‫איכה ישבה בדד העיר )איכה א א‬
Gefangen ist Juda. (Klgl 1,3) (‫בכה תבכה )איכה א ב‬
[Und so weiter] bis an sein Ende.“ (‫גלתה יהודה )איכה א ג‬
Man sagte über Ben Sira, dass er an jenem Tag das Buch ‫ כלו‬6‫עד‬
Levitikus gelernt hat.
‫ואמרו עליו על בן סירא שאותו היום למד ספר ויקרא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Es gibt nichts Neues unter der Sonne, (Koh 1,9) ‫]בן סירא[ אמר לו‬
denn schon Jehojada4 lernte an einem Tag das Buch Le- (‫אין כל חדש תחת השמש )קהלת א ט‬
vitikus, denn es heißt: ‫ למד ספר ויקרא ביום אחד שנאמר‬7‫שהרי יהוידע‬
Und Benajahu, der Sohn Jehojadas, Sohn eines lebenden (‫ובניהו בן יהוידע בן איש חי )שמואל ב כג כ‬
Mannes5.“ (2 Sa 23,20)
[Waren denn alle in der Welt tot und [nur] er war leben- ‫]וכי כל העולם מתים והוא חי‬
dig?

1
.‫ ר' נשתנו עליך‬:‫י‬
2
1 .‫ מעשה‬:‫ב‬
Der Lehrer beginnt wieder mit dem Buchstaben Alef. 3
2
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 44–50. .‫ ספר איכה הוא‬:‫ב‬
4
3
Vgl. bSchab 53b. Meint: Es wird eine große Ausnahme gemacht. .‫ הוא אומ' אמ' אלף‬:‫י‬
5
4
So nach Steinschneider, 45 und Yassif (A), 212. .‫ כך‬:‫י‬
6
5
Luther übersetzt: ein streitbarer Mann; Zunz hat: Sohn eines tüchtigen .‫ וכן כולו‬:‫י‬
7
Mannes. Hier wird ‫ חי‬wörtlich aufgefasst. .‫ יהושוע‬:‫ ב‬,‫י‬

40 41
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Nein, es muss bedeuten:]1 Der durch die Tora lebt. Denn2 ‫ שהוא חי בתורה שלמד ביום אחד ספר ויקרא‬1[‫אלא‬
er hatte an einem Tag das Buch Levitikus gelernt.
‫ מקרא‬3‫ חמש שנים למד‬2‫אמרו כיון שהיה בן סירא בן‬
Man sagte, als Ben Sira3 5 Jahre alt war, hatte er Bibel,
Mischna, Talmud, Halachot4 und Aggadot5 gelernt.
‫משנה‬
‫ותלמוד הלכות ואגדות‬
Als er 10 Jahre alt war, hatte er die Prinzipien6 der Tora
und die Prinzipien der Schriftgelehrten, die [Schlüsse ‫כשהיה בן עשר שנים למד דקדוקי תורה ודקדוקי‬
vom] Geringeren auf das Gewichtigere, Zirkelschlüsse7 ‫סופרים קלים‬
und die Gematria8 gelernt. 4
‫וחמורים תקופות וגימטריאות‬
Als er 15 Jahre alt war, hatte er die Sprache der Palmen9, ‫ דקלים שיחת‬5‫כשהיה בן חמש עשרה שנה למד שיחת‬
6
die Sprache der Dienstengel, Sternfabeln und Fuchsfa-
beln gelernt. ‫מלאכי‬
‫]ה[שרת משלות כוכבים ומשלות שועלים‬
Als er 20 [Jahre] alt war, war ihm weder etwas Großes
noch etwas Kleines übrig geblieben[, das er nicht gelernt ‫ לא הניח דבר גדול ודבר‬7<‫כשהיה בן עשרים >שנה‬
hätte]. 8
[‫קטון ]שלא למד‬
Etwas Großes – das Thronwagenwerk,10 ‫ מעשה מרכבה‬9– ‫דבר גדול‬
etwas Kleines – der Disput von Abaje und Raba.11
‫ דאביי ורבא‬10‫דבר קטון – הוויא‬
Selbst dann, wenn jemand einen Eimer12 Gerste vor ihn
brachte und er sagte: „Geh und berechne jene Gersten- ‫ היה מביא אדם לפניו סאה של שעורים‬11‫ואפילו אם‬
körner und du findest dort, dass ihre Zahl so und soviel ‫והוא היה אומר‬
ist,“ ‫ הללו‬12‫לך וחשוב שעורים‬
13
‫ותמצא שם כך וכך מספרם‬

1
Vgl. Yassif (A), 212.
2
Vgl. bBer 18b.
3
Siehe bSuk 28a; bBB 134a und Seite 142.
4
Das Religionsgesetz. .45 ,‫א‬ 1
5
Erzählungen mit einem biblischen Bezug.
6
Oder: Feinheiten. L. Goldschmidt übersetzt in der talmudischen Par- .‫ חסר‬:‫י‬ 2
3
allelstelle bSuk 28a, bBB 134a: Subtilitäten. – Evtl. die hermeneuti- .‫ במקרא במשנה ובתלמוד‬:‫ב‬
4
schen Regeln zur Bibelauslegung. .‫ וגימטריות‬:‫י‬
7 5
Wörtlich: Kreislauf, Epoche, Jahreszeit. bSuk 28a: „Wortanalogie und .‫ סיחת‬:‫י‬
Astronomie“. L. Goldschmidt, bBB 134a, Anm. 788: „Eigentlich Um- .‫ סיחת מלאכי' מזלות וכוכבים משלות שועלים‬:‫י‬ 6
kreisungen, sc. der Sonne und übrigen Himmelskörper.“ .‫ כך‬:‫י‬ 7
8
Oder: Astronomie und Geometrie? 8
9 .45 ,‫א‬
Siehe Seite 142, Anm. 5. 9
10
Die mystische Schau Gottes. .‫ זה‬:‫י‬
10
11
Meinungsverschiedenheiten zweier babylonischer Gelehrter, die den .‫ הוויי‬:‫י‬
11
Talmud durchziehen. .‫ אם היה אדם סאה‬:‫י‬
12
12
Wörtlich: Se´a, ein Hohlmaß mit ca. 13 Liter. A. Ben-David, Talmudi- .‫ שעורים שלך ותמצא מספרם כך וכך‬:‫י‬
13
sche Ökonomie, Hildesheim, New York 1974, 1, 334–337. .‫ ומספרם‬:‫ב‬

42 43
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
fand man jene Rechnung [bestätigt]. ‫והיה מוצא שם אותו חשבון‬
1

[Und so ging der Ruf] seines Namens in alle Provinzen


und alle Länder hinaus, bis schließlich Nebukadnezar,
‫עד שיצא שמו בכל מדינות ובכל ארצות‬
der König von Babel, von seiner großen Weisheit hörte. ‫עד ששמע נבוכדנצר מלך בבל חכמתו מרובה‬
Da entsandte er seinetwegen tausend Reiter, alle mit ei- ‫ אצבע‬4‫ מקוטעי‬3‫ בשבילו אלף פרשים כלם‬2‫מיד שלח‬
nem abgeschnittenen Finger.1 ‫ ואמרו לו אדונינו‬6<‫ >כל אותו גדוד‬5‫מיד פתחו פיהם‬
Sogleich weigerte sich2 die gesamte Truppe; und sie sag- ‫המלך‬
ten zu ihm: „Unser Herr König, wenn du willst, sende ‫ ואל‬7‫אם תרצה שגר אותנו בשביל כל אומות העולם‬
uns wegen aller Völker der Welt aus, aber sende uns nicht
wegen eines Weisen aus Israel aus!“
‫תשגרינו בשביל אחד מחכמי ישראל‬
Er sagte zu ihnen: „Warum?“ ‫אמר להם מפני מה‬
Sie sagten zu ihm: „Wir fürchten, er könne vielleicht das ‫אמרו לו מתיראים אנו שמא יעשה לנו כמו שעשה‬
mit uns machen, was Elischa mit der Truppe des Königs ‫אלישע לגדודו‬
von Aram gemacht hat.“3 8
‫של מלך ארם‬
Nebukadnezar sagte zu ihnen: „Zu dem König von Aram
hat der Gott der Hebräer4 nicht wie zu mir gesagt:
‫אמר להם נבוכדנצר‬
9

[Nun aber habe ich alle Länder in die Hand meines ‫מלך ארם לא אמר לו אלהים של עבריים כמו שאמר‬
11 10

Knechtes Nebukadnezar gegeben, des Königs von Ba- ‫לי‬


bel,] und auch die Lebewesen des Feldes habe ich ihm (‫וגם את חית השדה נתתי לו לעבדו )ירמיה כז ו‬
gegeben, dass sie ihm dienen sollen. (Jer 27,6) ‫ שהבטיחני יי' אלהי‬12‫ואתם לכו ואמרו לו סימן זה‬
Ihr nun sollt gehen und ihm sagen: Ein Zeichen ist dies, ‫ישראל‬
das mir JHWH, der Gott Israels, zugesichert hat; und er
wird sofort kommen.“
‫ויבוא מיד‬
[Schließlich] gingen sie alle wegen dieses Zeichens. ‫הלכו כלם בסימן זה‬
Und sie übergaben ihm einen Brief, und es stand darin ‫ונתנו לו אגרת אחת והיה כתוב בה‬
geschrieben:

1
.‫ החשבון‬:‫י‬
2
.‫ המלך‬:‫י‬
3
.‫ כולם מטיפי אצבע‬:‫י‬
4
.‫ מטיטי‬:‫ב‬
5
.‫ להם‬:‫ב‬
6
1 .‫ חסר‬:‫י‬
Siehe Yassif (A), 214 mit Verweis auf jTaan 4,8,68d; KglR 2,4; S. 7
.‫ כל האומות ואל תשגרנו‬:‫י‬
Krauss, Talmudische Archäologie, Leipzig 1912, 3, 146. 8
2
Wörtlich: sie öffneten ihre Münder. .‫ לגדודי מלך ארם‬:‫י‬
9
3
Siehe 2 Kg 6,8-23, das Heer Arams wird mit Blindheit geschlagen. .‫ חסר‬:‫י‬
10
4
So Yassif (B), 214. Ms Kaufmann 59: ‫עבדים‬. Dabei könnte es sich .‫ אלהיהם‬:‫י‬
11
um ein Wortspiel handeln, da in Jer 27,6 Nebukadnezar von Gott als .‫ עבדים‬:‫ב‬
12
„mein Knecht“ angeredet wird. .‫ חסר‬:‫י‬

44 45
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und auch die Lebewesen des Feldes.1 ‫וגם את חית השדה‬
[Ben Sira] sagte zu ihnen: „Nicht meinetwegen hat er [‫אמר להם ]בן סירא‬
euch entsandt, sondern wegen eines meiner Hasen.“2
Da gab er ihnen einen Hasen; und sein Kopf war kahl-
‫לא בשבילי שגר אתכם אלא בשביל ארנבת אחת שיש‬
geschoren, ohne Haar, weiß wie Pergament und darauf ‫לי‬
stand geschrieben: ‫ כקרח‬2‫ והיה ראשו מנוקף‬1‫מיד נתן להם אותו ארנבת‬
Und auch die Lebewesen auf dem Felde habe ich ihm ‫בלא שיער‬
gegeben. ‫והיה לבן כקלף ועליו כתוב‬
Sogleich[, nachdem der Hase bei ihm angekommen war,] ‫וגם את חית השדה נתתי לו‬
sagte [Nebukadnezar]: „Wie wurde dieses Haar gescho-
ren? Etwa mit einem Eisen3? Es ist [so glatt] wie Per- ‫מיד אמר ]נבוכדנצר[ האיך מגולח שיער זה‬
gament.“ Und er wusste nicht [warum]. Also4 entsandte ‫אם מברזל הרי הוא כקלף ולא היה יודע כלום‬
er seinetwegen eine andere Truppe und schickte ihm in ‫מיד שגר בשבילו גדוד אחר ושלח לו בכתב‬
einem Schreiben [Folgendes]: „Wenn du nicht um mei- ‫אם לא תבוא בכבודי בוא בכבוד ארנבת שלך‬
netwillen kommst, komm um deines Hasen willen.“ Da ‫מיד הלך אצלו‬
ging [Ben Sira] zu ihm.
Und er stellte ihm 22 Fragen, und auf alle gab er ihm
‫ ומכולם חזר לו‬3‫ושאל ממנו עשרים ושנים שאלות‬
seine Antwort.5 ‫תשובתו‬

1
Der Halbvers könnte auch verstanden werden als: Auch du bist ein Le-
bewesen des Feldes. Zum anderen lässt die Formulierung „und auch“
die Anwendung der Einschließungsregel zu: Zusätzlich zu den Lebe-
wesen des Feldes sind dann die anderen Lebewesen, die Menschen,
eingeschlossen.
2
Das ist eine Anspielung auf die Geschichte, dass Nebukadnezar einen
rohen Hasen verzehrt hat.
3
Im Sinne von: mit einem Rasiermesser.
4
Wörtlich: sogleich.
5
Vgl. bTamid 31b-32b: Dialog zwischen Alexander und den Weisen
aus dem Süden. Ber 8b: Fragen an Jehoschua ben Chananja. Josephus,
Ant. 8,5,3. Vgl. A. Taylor, A Bibliography of Riddles, Helsinki 1939.
W. Wilmanns, Ein Fragebüchlein aus dem 9. Jh. Zeitschrift für Deut-
sches Alterthum 15 (1872), 166–180. Zum Motiv des weisen Kindes
siehe R. Zenker, Das provenzalische enfant sage. Romanische Forsc-
hungen 23 (1907), 920–968. S. Niditch, R. Doran, The Success of the 1
Wise Courtier: A Formal Approach. JBL 96 (1977), 179–193. H.M. .‫ מיד נתן להם הארנבת‬:‫י‬
2
Chadwick, Merlin in the Works of Geoffrey of Monmouth, Cambridge .‫ מנוטף‬:‫י‬
3
1932, 1, 123–132. .‫ דברים ובכולן‬:‫י‬

46 47
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
(Frage 1)1 (‫)שאלה א‬
[Nebukadnezar] fragte ihn:
„Wie hat man das Haar dieses Hasen entfernt2“?
‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
2
‫ שיער שלו‬1‫ארנבת זו האיך נטפת‬
[Ben Sira] antwortete:
„Durch eine Paste aus Kalk3.“ ‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
‫ של סיד‬3‫בנסיוב‬
„Das Wunder durch Kalk, wie du sagst, wie geschieht ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
es?“ 4
‫נס בסיד שאתה אומר היאך יעשה‬
[Ben Sira] antwortete ihm:
„Eine Kalkpaste mit Arsen, und siehe, du hast ein Wun- ‫]בן סירא[ אמר לו‬
der durch Kalk. Und wenn du willst, frage deine Mutter, ‫ סיד עם זרניך והרי לך נס בסיד‬5‫נסיוב‬
und sie wird dir sagen, wie man es macht.“4 ‫ לך היאך עושין‬6‫ואם תרצה שאל לאמך והיא אמרה‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
‫אותו‬
„Woher weißt du das?“ ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
7
‫ומהיכן ידעת דבר זה‬

1
Ms Kaufmann 59, Budapest, beginnt die Zählung der Fragen ab der 9.
Frage.
2
Yassif (A), 217: ‫ נטפת‬von ‫טפי‬, auslöschen, ausmachen. Jastrow, Dic-
tionary, 546.
3
Yassif möchte zu ‫ נסב סיד‬emendieren. Er verweist auf bPes 42a: ‫נסיובי‬
‫דחלבא‬, das Raschi mit ‫מישגא‬, mesgue [Molke], erklärt.
4
Siehe J. Lassner, Demonizing the Queen of Sheba, Chicago, Lon-
don 1993, 18–24. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 50–59. L. Munk,
Targum scheni zum Buch Ester, Berlin 1876, 8–10. M. David, Das
Targum scheni, Berlin 1898, 8–10. G. Weil, Biblical Legends of the
Mussulmans, New York 1864, 218–237. S.D. Seymour, Tales of King 1
Solomon, London 1924, 137–160. A.S. Rappoport, Myth and Legend
.‫ נתפת‬:‫ י‬.‫ נתמת‬:‫ב‬
2
of Ancient Israel, New York 1966, 3, 122–130. J.B. Prichard (Hg.), .‫ ראשו‬:‫י‬
3
Solomon and Sheba, London 1974. L.H. Silberman, The Queen of ‫ א"ל מה טיבו? א"ל תגלחת‬:46 ,‫ א‬- .‫ כנס בסיד‬:‫ י‬.‫ נס בסיד‬:‫ ב‬.46 ,‫כך א‬
Sheba in Judaic Tradition. In: Pritchard, Solomon and Sheba, 71. S. ‫ אמר לו ומה שמו? א"ל תגלחת נסיוב סיד והוא סיד וזרניך‬.‫מגלחת השער‬
Schechter, The Riddles of Solomon in Rabbinic Literature, Folklore 1 .(‫)ארזניך‬
4
(1890), 349–358. A. Chastel, La légende de la reine de Saba. Revue .‫ היאך יעשו נס בסיד זה שאתה אומר‬:‫י‬
de l´histoire de Religions 120 (1940), 33ff. J. Avida, Maase Malkat 5
.‫ נס בסיד‬:‫ י‬.‫ נס‬:‫ב‬
scheba. Sefer assaf, Jerusalem 1947, 1–17. S. Kraus, Die Namen der .‫ אומרת‬:‫י‬ 6
Königin von Saba. In: Festschrift Dr. Jakob Freimann, Berlin 1937, ‫ כשבאה‬,‫ וזה הדבר בימי אמך ברא אותו שלמה מלבו בחכמתו‬:46 ,‫א‬ 7
119–124. W.M. Watt, The Queen of Sheba in Islamic Tradition. In:
‫אמך מלכת שבא אל שלמה והביאה לו דורון לראות חכמתו ישרה בעיניו‬
Pritchard, 95–97. Al-Kissai, Vita Prophetarum, hg. von I. Eisenberg,
Leiden 1923, 289–293 Engl. Übers.: The tales of the prophets of al- ‫ובקש לשכב עמה ומצאה כולה שער והביא סיד וזרניך ופרר במרגזייה‬
Kisai, translated from the Arabic, with notes, by W. M. Thackston, ‫ביד )בכף( רגלא ושחק הזרניך וערבם במים ונעשה נסיוב סיד תגלחת‬
Boston 1978. H. Zotenberg, Chronique de Abou Djafar Ben Djarir ben ‫ומשחה ורחצה ונשר שערה ובא עליה באותו שעה אמר לו לא האמנתי‬
Yezid Tabari, Paris 1867, 1, 441–442. A. Geiger, Was hat Mohammad ‫ אמר לו מאין תדע א"ל נביא אני והקדוש‬.‫לדברים עד שראיתים בעיני‬
aus dem Judentum aufgenommen, Bonn 1833, 184–187. .‫ברוך הוא מגלה לי כל סתום א"ל אם כן אמת מה שאמרת לי‬

48 49
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Ben Sira] antwortete ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Als die Königin von Saba, deine Mutter,1 zu König Sa- ‫ מלכת שבא אמך אצל שלמה‬1‫מפני שכיון שבאתה‬
lomo kam, um dessen Weisheit zu sehen, da wollte Sa-
lomo zu ihr kommen und fand sie gänzlich voller Haar.
‫המלך לראות חכמתו וכיון שרצה שלמה לבוא עליה‬
Zu jener Zeit aber war niemand in Israel2 [behaart], denn ‫ ובאותו זמן לא היה אחד‬2‫מצא אותה כלה מלאה שיער‬
es heißt: ‫ >שנאמר‬3‫מישראל‬
Und Jakob war ein gesitteter Mann. (Gn 25,27) 4
<(‫ויעקב איש תם )בראשית כה כז‬
Und es steht geschrieben: ‫וכתיב‬
Ich bin nämlich ein glatter Mann. (Gn 27,11) (‫ואנכי איש חלק )בראשית כז יא‬
Da sagte Salomo in seiner Weisheit zu seinen Dienern:
„Geht und bringt Kalk und Arsen.“ Sofort brachten sie
6
‫ לעבדיו לכו והביאו‬5‫מיד שלמה בחכמתו אמר להם‬
[es] ihm. Und sie siebten den Kalk durch ein Sieb. Er
7
‫סיד וזרניך‬
zerrieb das Arsen mit einem Mörser und mischte es [mit ‫מיד הביאו לו וכברו את הסיד בנפה‬
dem Kalk] und bereitete daraus eine Kalkpaste.3 Und er 8
‫ושחק את הזרניך ברעף ועירב אותו ועשה מהם נסיוב‬
bereitete sie für deine Mutter, die Königin von Saba. Und ‫סיד‬
sie wusch sich [damit] schön, denn es nahm all ihr Haar
von ihr. In jener Stunde öffnete die Königin von Saba
‫ועשה לאמך מלכת שבא ורחצה עצמה יפה ונטלה‬
ihren Mund und sprach: ‫ממנה כל שערה‬
„Ich habe nicht an die Reden geglaubt, bis ich gekom- ‫ מלכת שבא ואמרה‬10‫ שעה פתחה פיה‬9‫באותו‬
men bin und es mit eigenen Augen gesehen habe.“ (1 Kg 12
‫ עד אשר באתי ותראינה עיני‬11‫לא האמנתי לדברים‬
10,7) (‫)מלכים א י ז‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
„Und wer hat dir diese Sache gesagt?“
‫ומי אמר לך דבר זה‬
Er antwortete ihm:
„Ich mir selbst, denn so bin ich ein Prophet.“
13
‫אמר לו אני בעצמי שכן נביא אני‬

1
.‫ כשבאת מלכא שבא‬:‫י‬
2
.‫ מצאה כולה מליאה שער‬:‫י‬
3
.‫ שהיה מלא שער דכתיב‬:‫י‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ חסר‬:‫י‬
6
.‫ לי‬:‫י‬
7
1 ‫ וזרנך‬:‫י‬
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 56–57. A.H. Winkler, Salomo 8
.‫ נס בסיד‬:‫ ב‬,‫י‬
und die Karina, Stuttgart 1931. 9
2
Yassif (A), 217 ist eindeutiger: Denn in jener Zeit hatte keine von den .‫ באותה‬:‫י‬
10
Töchtern Israels Haar unter ihrer Kleidung. .‫ חסר‬:‫י‬
11
3
Vgl. dazu R. Dozy, Supplément aux Dictionnaires Arabes, Leiden .‫ בדבר‬:‫ב‬
12
1881, 2, 735. J.E. Hanauer, Folklore of the Holy Land, London 1910, .‫ ותרא‬:‫ י‬.‫ וראיתי בעיני‬:‫ב‬
13
97–99. .‫ אנכי‬:‫י‬

50 51
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
(Frage 2) (‫)שאלה ב‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
„Wenn es so ist, sage mir, wie viele Arten von Bäumen
‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
gibt es in meinem Garten!“1 ‫אם כן אמור לי כמה מיני אילנות יש בגני‬
[Ben Sira] antwortete ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Es gibt dort 30 Arten von Bäumen. ‫שלשים מיני אילנות יש שם‬
Bei zehn von ihnen ist alles essbar, was an ihnen ist; und 1
‫עשרה מהם נאכלין בכל שבהם‬
bei zehn von ihnen ist essbar, was innen ist und was au- ‫ ומשליכין מה‬2‫ועשרה מהן נאכלין מה שמבפניהן‬
ßen ist, kann man wegwerfen; und bei zehn ist essbar,
was außen ist, und man kann das, was innen ist, weg-
3
‫שהחוץ‬
werfen.2 ‫ועשרה נאכלין מה שבחוץ ומשליכין מה שבפנים‬
Von folgenden ist alles essbar:3 ‫ואלו הן מה שנאכלין בכל שהן‬
4

Feigen4, Trauben,5 Äpfel6, 7


‫ תפוחים‬6‫ ענבים‬5‫תאנים‬
Quitten7, Birnen8, [widerspenstiger Weißdorn (?)]9, 10
<‫ >עורדין סורבא‬9‫ אגסים‬8‫ספרגלים‬

1
S. Liebermann, Yemenite Midrashim, 34 verweist auf ein Gedicht
Josef ibn Zaddiks (1075–1149), in dem die 30 Baumarten erwähnt
werden. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 60–63. Vgl. E.W. West, The
Bundahis, Pahlavi Texts, 1, 103.
2
Zur Erklärung der unterschiedlichen Bezeichnungen siehe E. Yassif,
The Tales of Ben Sira, 218–220. Bei der zweiten Gruppe der essba-
ren Dinge gibt der Schreiber bei Yassif (B), 218–220 Erklärungen in
deutsch und italienisch (auf der hebräischen Seite in spitzen Klam-
mern in den Fußnoten).
3
Eine Sorte fehlt in Ms Kaufmann 59. Nach I. Löw, Die Flora der Ju-
den, Wien, Leipzig 1924, 4, 162 enthält die Liste folgende Früchte:
Trauben, Feigen, Äpfel, Birnen, Quitten, Etrogim, Maulbeeren, Maul-
beerfeigen, Spierlinge und Melonen/Gurken. 1
4
Glossist: [ficura], „fico“, italienisch: Feige. .‫ שהן‬:‫י‬
5 2
Glossist: [uva], „uva”, italienisch: Weintraube. .‫ מה שבפנים‬:‫י‬
6 3
Glossist: [mela], „mela“, italienisch: „Apfel“. .‫ מה שבחוץ‬:‫י‬
7 4
Glossist: [d.h. wohl polassirak (?) ein Buch hat: alabastri]. Siehe E. ‫ תפוחים‬:‫ עשרה מהם נאכלין כמו שהם ואלו הן‬:46 ,‫ א‬.‫ תותים צלצי‬:‫י‬
Yassif, The Tales of Ben Sira, 218, Anm. 6. ‫תאנים שקמים אתרוגין ענבים ספרגלים אגסים בטנים פלפלין ולימוניא‬
8
Glossist: [pera], „pera“ italienisch: Birne. – Der Glossist fährt fort: .‫היא לשון ישמעאל שעושין מלוחין‬
und essen wir nicht [auch] schwarze Johannisbeeren (cassis, franz.) 5
.<‫ >פיקורא‬:‫י‬
wie sie sind? Schwierig zu sagen[, warum das fehlt]. 6
9
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 218, Anm. 14 verweist auf eine .<‫ >אובא‬:‫ י‬.‫ עזבים‬:‫ב‬
7
Lesart, die sich in anderen Handschriften findet: ‫עוזרדין‬, was zu ‫עזר־‬ .<‫ >מלא‬:‫י‬
8
‫רין‬, Weißdorn, emendiert werden könnte. Wegen der langen Dornen .<‫ >נ"ל פולצירק ס"א אלבשטרי‬:‫י‬
9
würde es auch passen, die Pflanze (in aramäisch) als „widerspenstig“ .<‫ >פירא והלא הכעסיסי נאכלין כמות שהן קשיא למר קשיא‬:‫י‬
10
zu bezeichnen. .‫ כך‬:‫י‬

52 53
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Terebinthenfrüchte, Zitrone1, Pfeffer2, Maulbeeren. ‫ שקמים‬3‫ פילפלין‬2‫ איתרוגים‬1‫בוטנים‬
Von folgenden zehn kann man essen, was innen ist, und ‫ואלו עשרה שנאכלין מה שבפנים ומשליכין מה‬
was außen ist, wirft man weg:3
Granatäpfel4, Haselnüsse5, Maronen (?),
4
‫שבחוץ‬
Eicheln6, Pistazien7, Buchecker (?),
7
‫רימונים איגוזים מיזילין‬
6 5

Kaktusfeigen8 (?), Feigen, Bohnen9 (?), Mandeln.10 ‫גלופרין מיסתקין שלנים‬


Und von folgenden zehn kann man essen, was außen ist,
‫סנוברים גוזנים קרומין שקדים‬
und was innen ist, wirft man weg: ‫ואלו הן עשרה שנאכלין מה שבחוץ ומשליכין מה‬
Datteln11, Oliven12, Mispeln (?) 8
‫שבפנים‬
Johannisbrot13, Pfirsiche14, Pflaumen (?),
Mirabellen (?), Kirschen15, Betelnüsse,16 Aprikosen.“
11
‫ זיתים חרקים‬9‫תמרים‬
10

‫ אהובים‬13‫ עזרדין‬12‫חרובין‬
Daraufhin erschrak [Nebukadnezar] und sagte zu ihm: ‫ חרותים עלוסים‬14‫עינתורין גודגודניות‬
„Und wer hat dich [das] wissen lassen?“
‫מיד נבהל ]נבוכדנצר[ ואמר לו‬
15
<‫ומי הודיעך >דבר זה‬

1
.‫ חסר‬:‫י‬
2
.<‫ >ציטרי‬:‫י‬
1 3
Glossist: [Zitrone]. .<‫ >ארבטי‬:‫י‬
2 4
Glossist: [arabati], „arabo“, italienisch: arabisch; Gewürze aus Arabi- :‫ ועשרה מהם נאכלין מה שבפנים ומה שבחוץ נשלכין ואלו הן‬:46 ,‫א‬
en. [‫רמונים אגוזים שקדים פסתקין סנובדין מורלין קטפילין ]קלפילין‬
3
Vgl. Yassif (B), 218–219. ‫ ושמם בלשון ערב גוז לוז פסתק בנדוק שהבלוט דומן‬.‫גונזרין קרומין‬
4
Glossist: [Granate].
5 .‫צנובר בלוט‬
Glossist: [Nüsse]. 5
6
‫ גלופרין‬könnte auf das von dem Glossisten im Text B benutze Wort
.<‫ >גרנאטי‬:‫י‬
6
‫ גלאנדי‬zurückgeführt werden: glandi von glande (italienisch): Eichel. .<‫ >נוצי‬:‫י‬
7
7
‫ מיסתקין‬ist im Text B: ‫פיסיקין‬, was der Glossist mit ‫ פשטוקי‬wiedergibt: ‫ פרישין מילאנגולי‬.‫ שקדים אמנולי‬.‫ ערמונים קשטנויי‬.‫ בטנים נוקלי‬:‫י‬
Pistazie. ‫ אלנים מצאתי שהן‬.‫ אסטרובולין פיניי‬.‫ פינסיקין פשטוקי‬.‫או מילא רנצי‬
8
‫ סנוברים‬von ‫צברים‬. .‫ קרומים לא ידעתי מה הן‬.‫גלאנדי אבל אינו ישר בעיני‬
9 8
‫ גוזנים‬von dem italienischen guscio, Hülse? ‫ תמרים זיתים חרובים‬:‫ עשרה מהם נאכלין מה שבחוץ ואלו הן‬:46 ,‫א‬
10
Nach I. Löw, Die Flora der Juden, 4, 163 enthält die Liste folgende .‫פירסקין עזרדין שזופים אחוניות גדגדניות חרותים עלוסים‬
Früchte: Granatäpfel, Kastanien, Eicheln, Pistazien, Walnüsse, Man- .<‫ >דאטולי‬:‫י‬ 9
deln, Haselnüsse?, Kokosnüsse, Pignoli und Mohn. .<‫ >אוליבא‬:‫י‬ 10
11
Glossist: [datteli]. 11
12 .‫ חסר‬:‫י‬
Glossist: [Olive]. 12
13
Glossist: [gusseineli?]. .<‫ >גוזיינלי‬:‫י‬
13
14
Im Text B (‫אפרסקין )פרסקא‬, Pfirsiche; hier: ‫עזרדין‬. .‫ דורמסקין פרונגא‬.‫ גדגדניות צירסי‬.‫ אפרסקים פרסקא‬.‫ שזפין יינצובי‬:‫י‬
15
Glossist: [tscherasi], ‫צירסי‬, von dem lateinischen cerasum, Kirsche. .‫ קרונייאלי‬.‫ חומשניות ניספולי‬.‫קריסטומולין גריסומולי‬
14
16
Von ‫חרות‬, Palmzweig, vgl. G. Dalman, Aramäisches-neuhebräisches .<‫ >צירסי‬:‫י‬
15
Wörterbuch, 159. .‫ כך‬:‫י‬

54 55
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Ben Sira] antwortete ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Als der Heilige, gepriesen sei er, Adam aus dem Garten ‫ מגן עדן‬1‫מפני שכיון שגרש הקדוש ברוך הוא את אדם‬
Eden verwies, wollte er nicht hinausgehen, bis ihm der
Heilige, gepriesen sei er, die dreißig Arten von Bäumen
‫לא רצה לצאת עד שנתן לו הקדוש ברוך הוא שלושים‬
und Wohlgerüchen gegeben hatte, die es dort gab. Er ent- ‫מיני אילנות ומבשמים ששם עקרן ונטען בעולם‬
wurzelte sie, und er pflanzte sie in die Welt.“1
‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫ שראית אותם בעולם לפיכך אתה יודע אותם‬2‫בודי‬
„Sicher ist, dass du sie auf der Welt gesehen hast, daher
kennst du sie.“ (‫)שאלה ג‬
(Frage 3)
‫מיד אמר לו בן סירא לנבוכדנצר הרשע‬
Da sagte Ben Sira zu Nebukadnezar, dem Frevler: ‫אדוני המלך אם אין אתה מאמין לי לך וסתום עיני‬
„Mein Herr König, wenn du mir nicht glaubst,2 geh und 3
‫בין בעור בין בבגד וצא אתה וכל גדודיך‬
verschließe meine Augen mit Leder oder Stoff und zieh ‫וכל גדודיך עשה מהם ארבעה גדודים‬
hinaus mit all deinen Truppen. Und aus all deinen Trup-
pen bilde vier Truppen, und zu jeder Truppe soll es einen
‫ גדוד וגדוד שר‬4‫ומכל‬
Anführer geben. In einer Truppe aber sollst du stehen. ‫ אתה‬5‫ובגדוד אחד עמד‬
Und man lasse mich fern [von ihnen] stehen, und jene ‫והעמידני מרחק ויעברו אותם הגדודים בריוח‬
Truppen sollen mit [einigem] Abstand [an mir] vorüber- ‫ואני אדע באיזה גדוד אתה‬
ziehen, und ich werde wissen, in welcher Truppe du
bist.“ ‫]נבוכדנצר[ אמר לו יפה אמרת‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: „Das ist ein guter Vor- ‫מיד עשה כן וסתם עיניו בעור‬
schlag.3“ ‫ אחד עמו‬6‫ועשה גדודים ושר‬
Sogleich machte er es so und verschloss seine Augen mit ‫מיד עבר גדוד אחד ברעש ובקולות והיתה מרעשת‬
Leder. Und er bildete Truppen mit jeweils einem Anfüh- ‫מקולם הארץ‬
rer. Dann zog die erste Truppe unter Beben und Tosen ‫אמר לו אותו אדם בן סירא יש כאן נבוכדנצר‬
vorüber; der Boden erbebte unter ihrem Getöse. Jener
Mann4 fragte Ben Sira: „Ist Nebukadnezar dabei?“

1
Vgl. O. Merk, M. Meiser, Das Leben Adams und Evas, § 29. In: W.G.
Kümmel, H. Lichtenberger (Hg.), JSHRZ, Bd. 2, Gütersloh 1998, 1
.‫ את האדם‬:‫י‬
737–870. 2
2
Siehe J. Frankel, Bible Verses in Tales of the Sages. Scripta Hieroso- .‫ בוודאי שראיתה‬:‫י‬
3
lymitana 22 (1971), 94–95. .‫ ומגדודיך עשה מהם‬:‫י‬
4
3
Wörtlich: Trefflich hast du [das] gesagt. .‫ ובכל‬:‫י‬
5
4
Nach Version A steht bei Ben Sira ein Mann Nebukadnezars, der auf- .‫ עמוד‬:‫י‬
6
passen soll, dass Ben Sira nicht mogelt. .‫ ושם אדם‬:‫י‬

56 57
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Er antwortete ihm: „Er ist nicht dabei.“ ‫ כאן‬1‫אמר לו אין‬
Sogleich kam eine [andere] Truppe unter großem Getöse; 2
‫מיד בא גדוד אחד בקולות הרבה והיו פרשים רצין‬
und sie hatte Reiter, die von allen Seiten heraneilten.
[Der Mann, der bei ihm stand,] fragte ihn:
‫מכל צדדים‬
„Ist König Nebukadnezar in dieser Truppe?“
4
<‫ >נבוכדנצר המלך‬3‫אמר לו יש בגדוד בזה‬
Er antwortete ihm: „Er ist nicht dort.“ ‫אמר לו אינו שם‬
Kam die dritte Truppe mit einem Schlaginstrument1 und 6
‫ וכל מיני זמר והיה‬5‫בא גדוד שלישי בהרדוליס‬
jeglicher Art Gesang, den sie sangen. 7
‫המזמרים‬
[Jener Mann] fragte [Ben Sira]: „Ist der König Nebukad- 8
<‫אמר לו >אותו אדם בן סירא‬
nezar in dieser Truppe?“ 10
<‫ נבוכדנצר >המלך‬9‫יש בגדוד בזה‬
Er antwortete ihm: „Er ist nicht dort.“
‫אמר לו אינו שם‬
Zog die vierte Truppe in Schweigen vorüber, ohne Ge-
räusch. ‫עבר גדוד הרביעי בשתיקה בלא קול ואפילו רגליהם‬
Selbst die Hufe der Pferde waren nicht zu hören. ‫ אינם נשמעים‬11‫של סוסים‬
Er fragte ihn: „Ist der König Nebukadnezar in dieser 13
<‫ נבוכדנצר >המלך‬12‫אמר לו יש בגדוד בזה‬
Truppe?“
Er antwortete ihm: „Ja, und siehe, er steht mir gegen-
‫אמר לו הין והרי הוא עומד כנגדי‬
über.“2 ‫מיד פתחו עיניו וראה אותו עומד על רגליו‬
Sogleich öffneten sie seine Augen, und er sah ihn auf sei- ‫ ואמר לו‬14<‫מיד עמד נבוכדנצר ונשקו על >ראשו‬
nen Füßen stehen.3 Da stellte sich Nebukadnezar hin und
küsste ihn auf sein Haupt und sagte zu ihm:

1
.‫ אינו שם‬:‫י‬
2
.‫ מרצים‬:‫י‬
3
.‫ זה‬:‫י‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ בהדרולוס‬:‫ י‬.‫ בהרדולים‬:‫ב‬
6
.‫ והיו מזמרין‬:‫י‬
7
.‫ מכל צדדים‬:‫י‬
8
1 .‫ כך‬:‫י‬
‫ הדרולוס – הידראולוס‬, Wasserorgel (Encyclopedia Ivrit 26, 745). Hier 9
.‫ הזה‬:‫י‬
übersetzt nach bAr 10b, wo von einem „Hirdoles”, einem Schlagin- 10
strument, gesagt wird, dass es nicht zu den Tempelinstrumenten gehör- .‫ חסר‬:‫י‬
11
te. Vgl. A. Sendrey, Music in Ancient Israel, London 1969, 391–392. .‫ רגלי סוסיהם לא היו‬:‫י‬
12
2
Vgl. bBer 58a. .‫ הזה‬:‫י‬
13
3
Doppeldeutig: den König auf seinen Füßen oder der König auf Ben Si- .‫ חסר‬:‫י‬
14
ras Füßen. .‫ רגליו‬:‫ב‬

58 59
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
„Nun weiß ich, dass ihr überzeugend seid und ihr Gott ‫ שאתם אמת ואלוהיהם אמת הוא‬1‫עכשיו יודע אני‬
überzeugend ist. Aber ich erbitte von dir, dass du mich ‫אבל אבקש ממך שתודיעני מי הודיעך דבר זה‬
wissen lässt, wer dich diese Sache hat wissen lassen.“
Er sagte zu ihm:
‫אמר לו‬
„Ich durch mich selbst, denn so bin ich ein Prophet und ‫אני בעצמי שכן נביא אני ומלבי אני בודם‬
entnehme es aus meinem Herzen.“
(‫)שאלה ד‬
(Frage 4)
‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
„Wie hast du diese Sache aus dir selbst wissen können?“ ‫האיך אתה יודע דבר זה מנפשך‬
[Ben Sira] antwortete ihm:1 ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Folgendermaßen haben unsere Weisen es gesagt: 3
<‫ >שלנו‬2‫שכך אמרו חכמים‬
Deine Königsherrschaft gleicht der Königsherrschaft des ‫מלכות שלך דומה למלכות של הקדוש ברוך הוא‬
Heiligen, gepriesen sei er: Wie deine Königsherrschaft ‫>מה מלכות שלך‬
ist –
wenn du hinausziehst, fürchtet sich die ganze Welt vor
‫כיוון שאתה יוצא כל העולם מתיראין ממך‬
dir, so dass der Hahn in jener Stunde nicht kräht und dein ‫ואמר תרנגול באותו שעה אינו צועק ואין סוסך נרתך‬
Pferd in jener Stunde nicht galoppiert – ‫באותו שעה‬
ebenso ist die Königsherrschaft des Heiligen, gepriesen ‫אף מלכותו של הקדוש ברוך הוא‬
sei er: Die ganze Welt erbebt vor ihm. ‫כל העולם כלו מרעישין ממנו‬
Wie bei deiner Königsherrschaft, bevor du kommst, ein ‫מה מלכות שלך קודם שתבא בא רעש ואחר הרעש‬
Beben kommt und nach dem Beben ein Tosen und nach
dem Tosen Lieder und nach den Liedern Stille, ‫קולות‬
wie bei dir, so auch bei dem Heiligen gepriesen sei er, ‫ואחר קולות זמירות ואחר זמירות דומה‬
denn es heißt: ‫ואף אתה אף הקדוש ברוך הוא‬
Und JHWH wird vorübergehen. Und ein großer, starker ‫שנאמר‬
Wind, der die Berge zerschmetterte und die Felsen zer- ‫והיה יהוה עובר ורוח גדולה חזק מפרק הרים ומשבר‬
brach[, kam vor JHWH her. JHWH war aber nicht im
Wind. Nach dem Wind aber kam ein Beben. Aber JHWH
‫סלעים ואחר הרעש אש ואחר האש קול דממה דקה‬
war nicht in dem Beben]. Und nach dem Beben Feuer (‫יב‬-‫)מלכים א יט יא‬
und nach dem Feuer ein Geräusch, still, sanft. (1 Kg
19,11-12)

1
.‫ אני יודע שאלהיכם אמת ואתם אמתיים‬:‫י‬
2
.'‫ רבותי‬:‫י‬
1 3
Vgl. bBer 58a. .‫ חסר‬:‫י‬

60 61
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und dort sitzt der König aller Könige auf einem Thron 1
<‫ושם מלך מלכי המלכים יושב על כסא רם ונישא‬
hoch und erhaben.“

(Frage 5) (‫)שאלה ה‬

[Nebukadnezar] fragte ihn: ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬


„Fürchtest du dich denn nicht, mich mit dem Heiligen, ‫ להשווני עם הקדוש ברוך הוא‬2‫וכי אין אתה מתירא‬
gepriesen sei er, zu vergleichen?“
[‫אמר לו ]בן סירא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Ich vergleiche dich in Bezug auf die Königsherrschaft
‫ אותך ולא במעשים‬3‫במלכות אני משוה‬
[mit ihm], nicht aber in Bezug auf [seine] Werke.“ ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫ אני דומה להקדוש ברוך הוא בת יש לי‬4‫ואם אין‬
„Wenn ich auch nicht dem Heiligen, gepriesen er, [in ‫נשיאנה לך‬
Bezug auf seine Werke] gleiche, so habe ich doch eine
Tochter. Nimm sie dir zur Frau.“ [‫אמר לו ]בן סירא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
‫הקדוש ברוך הוא אסר לי בתך‬
„Der Heilige, gepriesen sei er, hat mir deine Tochter ver- ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
boten.“ ‫הרי אני דומה לאלהיך‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
„Siehe, ich gleiche doch [aber] deinem Gott!“ ‫אמר לו‬
‫אתה דומה למלכות ובתך דומה לחמור שנאמר‬
Er sagte zu ihm: (‫בשר חמורים בשרם )יהזקאל כג כ‬
„Du bist [ihm in Bezug auf seine] Königsherrschaft ver-
gleichbar, deine Tochter aber ist einem Esel vergleich- ‫>והאם דומה לבשר סוסים שנאמר‬
bar,1 denn es heißt: 5
<(‫וזרמת סוסים זרמתם )יהזקאל כג כ‬
Ihr Leib ist der Leib von Eseln. (Ez 23,20)
Ist er denn nicht eher dem Leib von Pferden zu ver-
gleichen,
denn es heißt:
Einen Leib von Pferden haben sie?“ (Ez 23,20)2

1
‫ שמים מה מלכות של הקדוש ברוך הוא כל עולם כולו מרעישין ממנו‬:‫י‬
‫אף מלכות שלך כיון שאתה יוצא כל העולם מתייראים ממך ואפילו‬
‫ ומה מלכותו של הקדוש‬.‫ ואפילו סוסך אינו נתרו באותה שעה‬.‫תרנגול‬
‫ברוך הוא קודם יבוא רוח ואחר הרוח רעש ואחר הרעש אש ואחר האש‬
1 ‫קול דממה דקה )מלכים א יט יב( אף מלכות שלך קודם שתבוא יבוא‬
Vgl. bBer 58a. J. Frankel, Ma´aseh be-Rabbi Schela. Tarbiz 40 (1971),
‫ ואחר הזמירות דומה ושם‬.‫ ואחר קולות זמירות‬.‫רעש ואחר הרעש קולות‬
33–40.
2
Yassif (A), 222–227 bietet eine ausführliche Begründung zu der Inter- .‫אתה‬
2
pretation von Ez 23,20 mit Bezug auf Lv 11,2–8. Ben Sira hebt darin .‫ ירא להשויני‬:‫י‬
3
Israel vor den übrigen Völkern der Welt hervor, was Nebukadnezar .‫ אשוה‬:‫י‬
4
gegen Ben Sira derart aufbringt, dass er ihm nach dem Leben trach- .‫ חסר‬:‫י‬
5
tet. .‫ חסר‬:‫י‬

62 63
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
(Frage 6) (‫)שאלה ו‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
„Mein Sohn, wenn du mir das sagst, was ich dich frage,
‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
gebe ich dir Gold im Gewicht eines Re´em1.“ ‫בני אם תאמר לי דבר שאני שואל ממך‬
‫אני נותן לך זהב משקל ראם‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Sage mir, was es ist.“
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
‫ הוא‬1‫]בן סירא[ אמר לו אמור לי מה‬
„Ich habe einen Menschen [um mich], der mich liebt, ich ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
aber hasse ihn. Und ich will ihn heimlich töten lassen, ‫יש לי אדם שהוא >אוהב< אותי ואני שונא אותו‬
2
damit er nicht erfährt, dass er sterben soll.“
‫ואני רוצה להמיתו בסתר כדי שלא ידע הוא וימות‬
Sogleich begriff Ben Sira und sagte [sich]: der da [will]
mich töten!
6
‫ להרוג‬5<‫ >רוצה‬4‫ ואמר שאין זה‬3‫מיד חשב בן סירא‬
Er sagte zu ihm: ‫אלא אותי‬
„Mein Herr König, ich werde dir ein Gleichnis sagen. ‫אמר לו אדוני המלך אמשול לך משל‬
Womit ist die Sache vergleichbar? ‫למה הדבר דומה‬
Mit einem Pferd, zu dem alle Pferde kommen und zu ihm
sagen: Bruder2, gib uns deinen Kopf, wir werden ihn dir
‫ כל הסוסים ואמרו לו‬7‫לסוס אחד שבאו אצל‬
abschneiden, und danach geben wir dir dieses Haus vol-
8
‫אחינו תן לנו את ראשך ונחתוך אותו‬
ler Heu und Hafer. Jenes Pferd wiederum war klug und ‫ תבן ושעורים‬10‫ ניתן לך בית זה מלאה‬9‫ואחר‬
sagte zu ihnen: [Ihr seid doch] die Dummen auf der Welt! ‫חזר אותו הסוס פיקח ואמר להם שוטים שבעולם‬
Wenn ihr mir den Kopf abschneidet, wer soll dann Heu 11
‫הרי אתם חותכים את ראשי התבן והשעורים מי אוכלן‬
und Hafer fressen?

1
.‫ זה‬:‫ב‬
2
.‫ אהוב‬:‫ב‬
.‫ בעצמו‬:‫י‬ 3
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ כך‬:‫י‬
6
.‫ אחר בעולם אלא אותי‬:‫י‬
7
.‫ אצלו‬:‫י‬
8
.‫ חסר‬:‫י‬
9
.‫ חסר‬:‫י‬
10
1
Ein fabelhaft großes Tier. .‫ חסר‬:‫י‬
2 11
Wörtlich: unser Bruder. .‫ יאכלן‬:‫י‬

64 65
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und auch du sagst zu mir: Lehre mich Todesursachen, ‫ הוריני דבר מיתה כדי להמית אותך‬1‫ואף אתה אומר לי‬
um dich zu töten zu lassen, und ich werde [dir] Gold im ‫ זהב משקל ראם וכיון שאני הרוג הזהב מי‬2<‫ואתן >לך‬
Gewicht eines Re´em abwiegen. Wenn ich getötet wor-
den bin, wer wird das Gold erben?“
3
‫יורש‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
„Ich will nicht dich, sondern jemand anderen töten.“ ‫ אלא אחר‬4‫שאיני רוצה להרגיך‬
5

[Ben Sira sagte zu ihm:] <‫]בן סירא[ >אמר לו‬


6

„Dennoch, ich weiß, dass du mich töten willst. Aber ich ‫ יודע שאותי אתה רוצה להרוג‬7‫עף על פי כן אני‬
werde diese Sache nicht vor dir verheimlichen. Da du ‫ לא אכסה ממך דבר זה‬8‫אבל‬
jenen Menschen zu töten wünschst, geh und lass ihn Ei-
weiß essen, ohne Salz, zehn Tage lang, jeden Tag, so wird ‫כיון שאתה רוצה להרוג את אדם‬
er vor dem zehnten Tag sterben.“ ‫ לבנות ביצים בלא מלח עשרה‬9‫לך והאכל אותו מן‬
‫ימים בכל יום וימות קודם עשרה ימים‬
Als jener Frevler dies hörte, sagte er:
„Das hat er nur gesagt, um sich selbst an den Eiern satt ‫כיון ששמע אותו רשע כך אמר‬
zu essen. Ich werde gehen und es an meinem Sohn aus- ‫לא אמר דבר זה אלא להשביע עצמו מן הביצים‬
probieren!“
‫אלא אלך ואנסה לבני‬
Sogleich rief er seinen Sohn und ließ ihn jenes Eiweiß
ohne Salz probieren. Und es vergingen nur wenige Tage, ‫מיד קרא את בנו וניסה אותו באותן הלבנות בלא מלח‬
da starb er. Da verfuhr er mit Ben Sira ebenso und gab ‫ולא עברו עליו ימים מועטים עד שמת‬
ihm [davon zu essen]. ‫ לבן סירא כן ונתן לו‬10‫מיד עשה‬
[Ben Sira aber] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו איני אוכל מתבשילך‬
„Ich esse nichts aus deiner Küche.“

1
.‫ חסר‬:‫י‬
2
.‫ כך‬:‫י‬
3
.‫יורישנו‬:‫י‬
4
.‫ להורגך‬:‫י‬
5
.‫ אחר הוא‬:‫י‬
6
.‫ כך‬:‫י‬
7
.‫ שאני‬:‫י‬
8
.‫ חסר‬:‫י‬
9
.‫ והאכילוהו את לבנות הביצים‬:‫י‬
10
.‫ כן לבן סירא‬:‫י‬

66 67
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫ לעצמך‬1<‫]נבוכדנצר[ אמר לו אם כן בשל >אותם‬
„Wenn es so ist, koche sie1 dir selbst, nimm dann das ‫וטול הלבנה‬
Weiße heraus, misch es in einer Schüssel und iss sie so-
dann.“
‫ בקערה וכך אכול אותם‬2‫וערב אותו‬
Da machte er es so. Er hatte aber Salz und Koriander, und ‫מיד עשה כן והיה לו מלח וכוסברת‬
3

er mischte [Salz, Koriander und Eiweiß] und aß davon ‫ בכל יום ויום‬4<‫והיה מערב ואוכל >אותן‬
Tag für Tag. So verfuhr er, bis für ihn ein Monat vergan- ‫ ושנים ושלשה‬6‫ עליו ירח‬5‫כך היה עושה עד שעבר‬
gen war2 und [dann] zwei und drei Monate, ohne dass er ‫חדשים‬
im Geringsten besorgt gewesen wäre. ‫ היה חושש כלום‬7‫ולא‬
Da sagte [Nebukadnezar] zu ihm:
„Das habe ich mit meinem Sohn gemacht, und er hat ‫מיד אמר לו ]נבוכדנצר[ דבר זה עשיתי לבני ולא‬
nicht einmal zehn Tage überlebt. Und du hast mehr als ‫נתקיים >בעולם‬
drei Monate überlebt und bist weder krank noch hinweg- ‫ הרי לך יותר‬9‫ עשרה ימים ואתה תחיה‬8<‫אפילו‬
gerafft worden (‫“!)מוטל‬3 ‫משלשה חדשים‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
11
‫ חולה ולא מוטל‬10‫ואינך לא‬
„Weil ich noch etwas anderes darauf lege (‫)מטיל‬, nur dar-
um bin ich nicht tot.“
12
‫]בן סירא[ אמר לו מפני שאני מטיל בו דבר אחר‬
‫ולפיכך איני מת‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: „Was ist es?“
‫]נבוכדנצר[ אמר לו מה הוא‬
Er sagte zu ihm:
„Cilantro4; ich zerreibe ihn und lege davon darauf.“ ‫ אני שוחק ומטיל שם‬13‫אמר לו קלושיות‬
Da ging jener Frevler hin und machte es ebenso: [Er ‫ קלושית ושחק אותם‬14‫מיד הלך אותו רשע ועשה כן‬
nahm] Cilantro, zerrieb ihn, mischte [alles] und aß es. ‫ועירב ואכל‬
Sogleich wurde er schwach und sterbenskrank5.
‫מיד נחלש ונטה נפשו למות‬

1
.‫ אותו‬:‫ב‬
2
.‫ אותה‬:‫י‬
3
.‫ ותסכרת‬:‫ב‬
4
.‫ כך‬:‫י‬
5
.‫ עד שעברו‬:‫י‬
1 6
Die Eier sind gemeint. .‫ אחד‬:‫י‬
2
Im Hebräischen liegt ein Wortspiel vor: ‫ערב‬, mischen (auch: .‫ ולא היה חושש ולא כלום‬:‫י‬ 7
angenehm sein) und ‫עבר‬, vergehen, vorübergehen; es brauchen nur .‫ חסר‬:‫י‬ 8
zwei Buchstaben vertauscht (nur zwei Dinge vermischt) zu werden. 9
3 .‫ חסר‬:‫י‬
Das folgende ‫( באשפה‬in den Müll) wird auch von Yassif (B), 229 10
gestrichen. .‫ חסר‬:‫י‬
11
4
Ein anderes Wort für Koriander, der „appetitanregend, verdauungsför- .‫ באשפה‬:‫ב‬
12
dernd, krampflösend und lindernd bei Magen- und Darmleiden“ wirkt. .‫ אחת‬:‫י‬
13
Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Echter_Koriander. .‫ קלשיאות‬:46 ,‫ א‬.‫ קלושית‬:‫י‬
5 14
Wörtlich: Seine Seele neigte sich dem Tode zu. .‫ והביא קלושים‬:‫י‬

68 69
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Er sagte: „Bringt mir Ben Sira her!“ ‫אמר הביאו לי בן סירא‬
Er sagte zu ihm:
„Wenn du mich vor diesem Tod rettest, obliegt es mir, dir
‫אמר לו‬
Perlen im Gewicht eines Re´em abzuwiegen.“ ‫ לך עלי מרגלית משקל ראם‬1‫אם תמלטני ממיתה זאת‬
[Ben Sira] fertigte ihm ein Amulett an, und er wurde ge- ‫]בן סירא[ עשה לו קמיע ונתרפא‬
heilt. Und er stand von seinem Bett auf und setzte sich ‫ועמד מן המטה וישב על כסאו הוא ובן סירא‬
zusammen mit Ben Sira auf seinen Thron.
‫ומיד אמר לו מה הטלת בבצים שלך‬
Und sogleich fragte er ihn: „Was hast du in deine Eier
hineingegeben?“ ‫]בן סירא[ אמר לו מלח וזרע גד‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Salz und Koriandersamen1.“ ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫אשריך ואשרי אבותיך שזכו לבן כמותך‬
„Glücklich bist du, und glücklich sind deine Eltern, die ‫שמימיי לא ראיתי מוחץ ורופא ממית ומחייה כמותך‬
würdig sind, einen Sohn wie dich zu haben. Zeit meines
Lebens habe ich niemanden gesehen, der zerschmettert ‫אמר לו בן סירא‬
und heilt, vom Tod und vom Leben, wie dich.“ ‫עפרא בפומך‬
Ben Sira sagte zu ihm: „Staub sei in deinem Mund.“2 ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
‫מה אמרת לי‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫אמר לו‬
„Was hast du zu mir gesagt?“
‫אמרתי לך יפה אמרת‬
Er sagte zu ihm:
„Ich habe zu dir gesagt, trefflich hast du gesprochen.“ ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
‫ומפני מה עשית לי סם המות‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
„Und warum hast du mir ein tödliches Gift gegeben?“ ‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫מפני שכך מושלין בעיר הקודש אקדים וקטול מן דבעי‬
„Weil ich so denen, die in der heiligen Stadt herrschen, ‫למקטלך‬
zuvorgekommen bin. Und: Töte denjenigen, der dich tö-
ten will.“3 ‫אמר לו יפה עשית‬
Er sagte zu ihm: „Du hast trefflich gehandelt.“

1
Zu ‫ כסבר‬und ‫ גד‬als Bezeichnungen für Koriander siehe G. Dalman,
Handwörterbuch, 71, 203.
2
Siehe bBB 16a. Dort wird eine ähnliche Formulierung zu Hiob 6,2
(Könnte doch mein Unmut gewogen werden) benutzt: Rab sagte: Erde
in den Mund Hiobs! (im Sinne von: Stopft dem Kerl das Maul!) Gibt
es etwa einen Knecht, der seinen Herrn richtet?!
3 1
Vgl. bBer 58a. .‫ זו‬:‫י‬

70 71
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
(Frage 7) (‫)שאלה ז‬
In dieser Stunde kamen sie und sagten jenem Frevler:
„Dein acht Tage alter Sohn ist [ganz] schwach gewor-
‫ לאותו רשע‬1‫באותו שעה באו ואמרו לו‬
den.“ ‫ בן שמונת ימים נחלש‬2‫שבנך‬
Sogleich fragte er Ben Sira: ‫ לבן סירא‬3‫מיד אמר לו‬
„Warum sterben kleine Jungen [häufig], wenn sie acht ‫מפני מה קטנים מיתים בן שמונת ימים‬
Tage alt sind?“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫לילית הורגת אותן ולאחר שהורגת אותן אין להם‬
„Lilit tötet sie1, und nachdem sie sie getötet hat, gibt es
für sie keine Besserung.“ ‫תקנה‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: „[Davon] weiß ich ‫]נבוכדנצר[ אמר לו איני יודע‬
nichts.“
‫אמר לו‬
Er sagte zu ihm: ‫ עצמך ואותי‬4‫כשם שרפאתה‬
„Wie du dich und mich geheilt hast, heile [auch] dies ‫ את מוחך‬6‫ את זה ואם לאו עכשיו אקדר‬5<‫רפא >גם‬
[Kind]. Und wenn [es] nicht jetzt2 [gleich geschieht],
werde ich dein Hirn verfinstern.“ ‫מיד חשב בן סירא ואמר‬
Da überlegte Ben Sira und sagte [sich]: ‫אם אני כותב לו קמיע בשם טומאה או יתרפא או לא‬
Wenn ich ihm ein Amulett mit einem unreinen Namen ‫יתרפא‬
schreibe, wird es geheilt oder es wird nicht geheilt. Wenn ‫ואם לא יתרפא יהרוג אותי‬
es aber nicht geheilt wird, wird er mich töten.
‫וחכמים אמרו‬
Und die Weisen sagten:3 ‫>שאפילו יאמר לו לאדם עבוד עבודה זרה ואל‬
Selbst wenn man zu einem Menschen sagt: „Begehe
Götzendienst“, sollst weder du ihn töten, [wenn] er ‫ שנאמר‬7<‫תהרג יעבד ואל יהרג‬
[ihn] begeht, noch wird er [durch ein Gericht] getö- (‫וחי בהם )ויקרא יח ה‬
tet,4
denn es heißt:
[Darum sollt ihr meine Satzungen halten und meine
Vorschriften. Denn der Mensch, der sie tut,] soll
durch sie leben. (Lv 18,5)
1
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 63–71. St. v. Kocku, Lilith.
Im Licht des schwarzen Mondes zur Kraft der Göttin, Braunschweig
1997. M. Gaster, Lilith und die drei Engel. MGWJ 29 (1880), 553–
565. A.S. Freidus, A Bibliography of Lilith. Bulletin of the Brooklyn .‫ חסר‬:‫י‬ 1
Entomological Society 12.1 (1917). R. Patai, The Hebrew Goddess, 2
.‫ בנך‬:‫י‬
New York, 1990 (1967), 221–254. S. Lipzin, Rehabilitation of Lilith. 3
Dor le dor 5 (1976–77), 66–74. .‫ חסר‬:‫י‬
4
2
Vgl. mAbot 1,14. .‫ שריפיתה‬:‫ב‬
5
3
Vgl. bSanh 61a; bSanh 67a; bSanh 74a. .‫ כך‬:‫י‬
6
4
Yassif (B), 231 hat: Von allem wird man geheilt, außer vom Götzen- .(‫ )קלדר‬:‫ב‬
7
dienst. .‫ בכל מתרפאין חוץ מע"ז‬:‫י‬

72 73
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Man soll aber nicht durch sie sterben. ‫ולא שימות בהם‬
Ich werde ihm daher [ein Amulett] mit einem reinen Na-
men schreiben, damit ich nicht getötet werde.
‫ טהרה כדי שלא אהרג‬1‫ואני אכתוב לו בשם‬
Sogleich schrieb er [für ihn] ein Amulett mit einem rei- ‫ בשם טהרה‬3‫ קמיע‬2<‫מיד כתב >לו‬
nen Namen. Und er schrieb dorthin die Engel mit ihren ‫וכתב שם המלאכים בשמותם‬
Namen, und [er zeichnete sie] mit ihrer Gestalt und ihren ‫ובדמותם וידיהם ורגליהם וחותמיהם‬
Händen und ihren Füßen und ihren Siegeln. 4
‫והרי היא אותה קמיע סנויי סנסנויי סמנגלף‬
Und siehe, jenes Amulett ist: Sanui, Sansansui, Sam-
naglaf. ‫ וראה שם המלאכים‬5‫כיון שראה נבוכדנצר אותה קמיע‬
Als Nebukadnezar dieses Amulett betrachtete, sah er dort
‫הללו‬
jene Engel. Sogleich fragte er ihn: „Mein Sohn, was [be- ‫ צלמים הללו‬6‫מיד אמר לו בני מה‬
deuten] jene Bilder?“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫מלאכים הם‬
„Das sind Engel. Denn als der Heilige, gepriesen sei er, ‫ שברא הקדוש ברוך הוא את עולמו וברא‬7‫לפי שכיון‬
seine Welt erschaffen hatte, erschuf er [auch] den ersten
Menschen. Als er sah, [dass] dieser allein war, erschuf er
‫אדם הראשון‬
sogleich für ihn eine Frau, die wie er aus Erde war. Und ‫ מיד ברא לו אשה מאדמה כמותו‬8‫כיון שראה אותו יחיד‬
ihr Name ist Lilit.1 Und er brachte sie zu Adam. Sogleich ‫ לילית והביאה לאדם‬9‫ושמה‬
fingen beide an, miteinander zu streiten. Er sagte: „Du ‫מיד התחילו שניהם לעשות מריבה‬
10

sollst unten liegen.“ Und sie sagte: „Du wirst unten lie- ‫זה אומר את תשכבי למטה וזאת אומרת אתה תשכב‬
gen, da wir beide gleich sind, beide aus Erde.“ Und sie ‫למטה‬
verstanden einander nicht. Als Lilit das sah, erinnerte sie
sich an den Namen2 Gottes, erhob sich in die Luft und
‫מפני ששנינו שוין ושנינו מאדמה ולא היו משמיעין זה‬
entfloh. ‫את זה‬
‫כיון שראתה לילית כך זכרה בשם המפורש ופרחה‬
11

‫באויר וברחה‬

1
.‫ שם‬:‫י‬
2
.‫ כך‬:‫י‬
1 3
Siehe A.H. Krappe, The Birth of Eve. In: Gaster Anniversary Volume, .‫ קמיעא בטהרה‬:‫י‬
London 1936, 312–322. W. Bacher, Lilith, Königin von Smaragd. .‫ סמגולף‬:‫י‬ 4
MGWJ 19 (1870), 187–189. H. Löwe, Jewish Demons and Spirits. .‫ קמיעא‬:‫י‬ 5
Encyclopaedia of Religion and Ethics (hg. von J. Hastings), Edinburg 6
.‫ למה כתבת‬:‫י‬
1964, 4, 612–615. A. Kohut, Über die jüdische Angelologie und Dä- 7
monologie, Leipzig 1866. I. Lévi, Lilit et Lilin. REJ 68 (1914), 18. .‫ לפי שבשעה‬:‫י‬
8
G. Schalom, Peraqim chadaschim me-injane Aschmodai we-Lilit. .‫ יחידי‬:‫י‬
9
Tarbiz 19 (1948), 165–175. M. Grünbaum, Gesammelte Aufsätze zur .‫ וקרא שמה‬:‫י‬
10
Sprach- und Sagenkunde, Berlin 1901, 94–96. .‫ לעשות שניהם‬:‫ב‬
2 11
Der Eigenname Gottes ist gemeint, der nicht ausgesprochen wird. .‫ את שם‬:‫י‬

74 75
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sogleich erschien Adam im Gebet vor seinem Schöpfer ‫ בתפלה לפני קונו ואמר‬1‫מיד חזר אדם‬
und sprach: „Herr der Welt, siehe, die Frau, die du mir ‫רבונו של עולם הרי האשה שנתת לי כבר ברחה‬
gegeben hast, ist bereits entflohen.“
Sofort sandte der Heilige, gepriesen sei er, jene drei En-
‫ הקדוש ברוך הוא שלשה מלאכים הללו‬2‫מיד שיגר‬
gel aus, deren Name Sanui, Sansansui, Samnaglaf ist,1 ‫>ששמם סנויי סנסנויי סמנגלף בכתובים למעלה‬
die [wie] oben [erwähnt] in diesem Amulett geschrieben
3
<‫בקמיע זו‬
stehen, und sagte zu ihnen: „Geht und bringt Lilit her, ‫ואמר להם לכו והיביאו לילית אם רצונה תבוא‬
4

wenn es ihr Wille ist zu kommen. Wenn aber nicht, sollt ‫ תביאוה בעל כרחה‬5‫ואם לאו אל‬
ihr sie nicht unter Zwang herbringen.“
‫ הללו והשיגו אותה בתוך‬6‫מיד הלכו שלשה מלאכים‬
Sogleich begaben sich jene drei Engel hinweg und holten
sie inmitten des Meeres ein, an dem Ort, an dem einst die ‫הים במקום שעתידין המצרים למות שם נטלו אותה‬
Ägypter ertrinken sollten. Dort packten sie sie und sagten ‫ואמרו לה‬
zu ihr: „Wenn du mit uns gehst, ist es gut, wenn nicht, ‫אם תלכי עמנו מוטב ואם לאו נטבע אותך בים‬
versenken wir dich im Meer.“
‫אמרה להם חביביי יודעת אני בעצמי שלא בראני‬
Sie sagte zu ihnen: „Meine Lieben, ich habe für mich ‫ כשהן‬7‫הקדוש ברוך הוא אלא כדי להחליש את הבריות‬
erkannt, dass der Heilige, gepriesen sei er, mich dazu er-
schaffen hat, die Geschöpfe schwach werden zu lassen,
‫ ימים‬8‫)בו( שמונה‬
[vom Tag der Geburt,] bis sie acht Tage alt sind. Vom Tag ‫ומיום שנולד עד שמונה ימים יהיה לי רשות בו‬
9

der Geburt bis zu acht Tagen sei mir darüber Macht [ge- ‫ אין לי רשות בו כשהוא זכר‬11‫ ימים והלאה‬10‫ומשמונה‬
geben]. Und nach acht Tagen und darüber hinaus2, habe ‫ שנים עשר ימים‬12‫אבל כשהיא נקבה אמשול בה עד‬
ich darüber keine Macht, wenn es männlich ist. Wenn es
aber weiblich ist, werde ich es zwölf Tage lang beherr- ‫ולא היו מניחין אותה עד שהשביעה עליהם בגזירת‬
schen.“ ‫המקום‬
Sie ließen sie aber nicht los, bis sie ihnen beim Gesetz ‫שכל מקום שאני רואה אתכם או שמכם בקמיע‬
Gottes geschworen hatte: „Überall, wo ich euch sehe ‫לא אמשול באותו תינוק‬
oder euer Name auf einem Amulett ist,3 werde ich jenes
Kind nicht beherrschen.“

1
.‫ הראשון‬:‫י‬
1 2
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 69, Anm. 27: Sione, Somnus, .‫ שלח‬:‫י‬
3
Cingula. M. Schwab, Vocabulaire de l´angelologie, Paris 1897, 200– .‫ חסר‬:‫י‬
201. J. Trachtenberg, Jewish Mystic and Superstition, 101–102. F.C. 4
.‫ רצונו לבוא‬:‫ב‬
Conybeare, The Testament of Salomo. JQR 11 (1899), 1–45. .‫ לא‬:‫י‬ 5
2
Siehe Jastrow, Dictionary, 352. .‫ מלכים‬:‫ב‬ 6
3
Siehe H. Torczyner, A Hebrew Incarnation Against Night-Demons 7
.‫ התינוקות‬:‫י‬
from Biblical Times. Journal of Near-Eastern Studies 6 (1947), 18–29. 8
M. Gaster, Two Thousand Years of Charm Against the Child-Steal- .‫ שמונת‬:‫י‬
9
ing Witch. Studies and Texts, London 1928, 1005–1038. E.A. Wal- .‫ שמונת‬:‫י‬
10
lis Budge, Amulets and Superstitions, London 1930. J. Morgenstern, .‫ ומשמונת‬:‫י‬
11
Rites of Birth, Marriage, Death and Kinderer Occations Among the .‫ ולמעלה‬:‫י‬
12
Semites, Chicago 1966, 18–21. .‫ חסר‬:‫י‬

76 77
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Da ließen sie sie los. ‫מיד עזבו אותה‬
Lilit ist es, die die Menschenkinder schwächt, wenn sie
klein sind. Daher habe ich dir jene Engel aufgeschrieben, ‫והיא לילית שמחלשת את בני אדם כשהן קטנים‬
damit das Neugeborene geheilt wird.“ ‫ הולד‬2‫ כדי שירפא‬1‫ולפיכך אני כתבתי מלאכים הללו‬
Sogleich nahm er jenes Amulett, legte es dem Neugebo- ‫ אותה על הולד ונתרפא‬3‫מיד נטל אותה קמיע ושמו‬
renen auf, und es wurde geheilt.
Da kehrte Nebukadnezar zurück, lobte den Heiligen, ge- ‫מיד חזר נבוכדנצר ונתן שבח להקדוש ברוך הוא‬
priesen sei er, küsste Ben Sira auf sein Haupt und sagte: ‫ לבן סירא על ראשו ואמר‬4‫ונשקו‬
„Gepriesen, der die Tiefen ergründet, der sein Geheimnis ‫ברוך מגלה עמוקות שגילה סודו לכם‬
für euch enthüllt.“
‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
<‫בני יודע אני שיש בידך >ספר רפואות‬
5
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
„Mein Sohn, ich weiß, dass in deiner Hand ein Buch über
Heilkunst ist. (‫)שאלה ח‬

(Frage 8) ‫ועכשיו בת אחת יש לי והיא מתעטשת‬


6
‫בכל שעה ושעה יותר מאלף פעם‬
Nun denn, ich habe eine Tochter, und sie niest in jeder ‫ אלא סרוטות‬7‫ואין לה עמל בעולם‬
Stunde mehr als tausend Mal. Und sie [scheut] keine
Mühe in der Welt, [ihre Krankheit loszuwerden, trägt] ‫ולא שייר רופא בעולם שלא נתן לה רפואות הרבה‬
aber nur Schrammen [davon]. Und es ist kein Heilmittel ‫וכתבו לה קמיעות הרבה‬
in der Welt übrig, das man ihr nicht schon gegeben hätte. ‫ולא נתרפאת ואם אתה מרפא אותה אין כמותך בעולם‬
[Wie] viele Heilmittel [waren es]! Auch schrieb man ihr
viele Amulette, aber sie wurde nicht geheilt. Wenn du sie ‫ שגירה אצלי למחר‬8‫מיד ]בן סירא[ אמר לו‬
doch heilen könntest! Niemand auf der Welt ist wie du!“
Sogleich sagte [Ben Sira] zu ihm: „Schicke sie morgen
zu mir

1
.‫ אילו‬:‫י‬
2
.‫ שיתרפא‬:‫י‬
3
.‫ ושם‬:‫י‬
4
.‫ ונשק‬:‫י‬
5
.‫ טפה רפואות כמה רמוזות‬:‫ב‬
6
.‫ חסר‬:‫י‬
7
.‫ חסר‬:‫י‬
8
.‫ חסר‬:‫י‬

78 79
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
und mit ihr zwei Eunuchen, die sie bewachen.“ <‫>ועמה שני סריסים שישמרו אותה‬
1

Sofort schickte er sie am nächsten Morgen [zu Ben ‫ ישב עמה כל היום‬2<‫מיד שיגרה >אותו למחר והוא‬
Sira].
Und er saß den ganzen Tag bei ihr.
‫כלו‬
Und sie konnte nichts anderes tun als zu niesen. ‫ כלום >אלא‬3‫והיא לא היתה יכולה לעשות‬
4
<‫שמתעטשת‬
Am nächsten Morgen ging Ben Sira zum Markt hinaus.
Als er zurückgekehrt war, sagte er: „Wehe mir, denn ich ‫למחר יצא בן סירא לשוק וחזר ואמר לה אוי לי שאני‬
fürchte, dass von heute bis zum dritten Tag kein einziger ‫מתירא שמהיום ועד יום שלישי לא ישתייר מן בני אדם‬
Mensch mehr übrig sein wird.“ ‫אחד‬
Sie fragte ihn: „Warum?“ 5
‫אמרה לו למה‬
Er sagte zu ihr:
„Weil dein Vater heute hat verkünden lassen, wer nicht ‫אמר לה‬
während der nächsten drei Tage komme, um vor ihm min- ‫מפני שהכריז אביך היום מי שלא יבוא מהיום ועד יום‬
destens dreihundert Mal zu niesen, der werde durch das ‫שלישי ויעטש לפני פחות משלש מאות עטושים מיתתן‬
Schwert sterben.“ ‫בחרב‬
Sie sagte zu ihm:
„Fürchte dich nicht, denn ich kann dreihundert Mal für
‫אמרה לו‬
mich und dreihundert Mal für dich vor ihm niesen.“ ‫אל תירא שאני יכולה לעטש לפניו שלש מאות בשבילי‬
‫ושלש מאות בשבילך‬
Er sagte zu ihr:
„In Ordnung!1 Setz dich hin und niese von diesem Tag an ‫אמר לה יפה אמרת‬
bis zum dritten Tage nicht. Und wenn du dann am dritten ‫שבי ואל תתעטשי מהיום עד יום השלישי‬
Tag [zu deinem Vater] kommen sollst, hängt alles von ‫ כולם שרויים לפניך‬6‫וכיון שתבואי ליום שלישי ימצאו‬
dir ab.“
Sie sagte zu ihm: „In Ordnung!“ ‫אמרה לו יפה אמרת‬
Sogleich setzte sie sich hin, achtete auf ihren Atem und ‫מיד היתה יושבת ושומרת את נפשה וסובלת עד שלא‬
quälte sich, bis dass kein Niesen mehr herauskam. ‫תוציא עיטושים‬
Am dritten Tag sagte er zu ihr: ‫ליום שלישי אמר לה‬
„Geh nun zu deinem Vater und niese vor ihm.“ ‫לכי עכשיו אצל אביך ועיטשי לפניו‬

1
.‫ חסר‬:‫י‬
2
.‫ אצלו ועמה שני סריסים שישמרו אותה‬:‫י‬
3
.‫ חסר‬:‫י‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ מפני מה‬:‫י‬
1 6
Wörtlich: Trefflich hast du gesprochen. .‫ נמצאו‬:‫י‬

80 81
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sie ging zu ihm und wollte vor ihm niesen, konnte es ‫ ולא היתה‬1<‫הלכה >אצלו ורצתה להתעטש לפניו‬
aber nicht ein einziges Mal tun. ‫ אפילו פעם אחת‬2‫יכולה לעשות‬
Da sprang Nebukadnezar auf seine Füße, küsste ihn auf ‫עמד נבוכדנצר על רגליו ונשקו על ראשו ואמר לו לבן‬
3

sein Haupt und sagte zu Ben Sira: „Sage mir, welches ‫סירא‬
Heilmittel du ihr gegeben hast!“ ‫אמור לי איזו רפואה עשית לה‬
Und er legte ihm die Behandlung dar, mit der er sie be- ‫ המעשה שעשה לה‬4‫ופירש לו‬
handelt hatte.1
‫שאלה ט‬
Frage 9

Er gab ihm Rätsel auf, die es in der Welt gibt. ‫שאלו משלות שבעולם‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
„Warum befinden sich bei allen Haaren, die sich auf den ‫מפני מה כל שיער שבאברים של אדם נמצא שנים‬
Gliedern eines Menschen befinden, zwei in einer Pore, ‫בגומא אחת ובשיער שבראש כל אחד ואחד יש לו‬
bei dem Haar, das auf dem Kopf ist, ist aber jedes einzeln ‫גומא בפני עצמו‬
für sich in einer Pore?“2
[Ben Sira] sagte zu ihm:
[‫אמר לו ]בן סירא‬
„Wenn [auf dem Kopf] zwei [Haare] in einer Pore wären, ‫מפני שאם היו שנים בגומא אחת מכחישות מאור עיניו‬
würden sie das Augenlicht des Menschen mindern. Und ‫של אדם‬
über diesen Menschen würde sich bewahrheiten, was in 7
‫ מקרא שכתוב‬6‫ מתקיים‬5<‫והיה >כל אותו אדם‬
der Schrift geschrieben steht: (‫עיניים להם ולא יראו )תהלים קטו ה‬
Sie haben Augen und sehen nicht. (Ps 115,5)
‫ שני טיפים‬8‫ואף מטר כשהוא יורד לעולם אלמלא‬
Auch wenn Regen zur Erde fällt, würde, wenn zwei
‫יורדין בגומא אחת מיד נמצא העולם חרב‬
Tropfen auf eine Stelle fielen, man sofort die Erde ver-
wüstet finden. Aber der Heilige, gepriesen sei er, hat
‫אלא הקדוש ברוך הוא במקום שברא נגע נטע אצלו‬
dort, wo er eine Plage schuf, auch ein Heilmittel da- ‫רפואתו‬
gegen gepflanzt.“ ‫אמר לו ישר כוחך‬
3
Er sagte zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“

1
.‫ חסר‬:‫י‬
2
.‫ להתעטש‬:‫י‬
3
.‫ חסר‬:‫י‬
4
1
Vgl. A.M. Haberman, Alphabet des Ben Sira. Tarbiz 27 (1957/58), .‫ פירש לי‬:‫ב‬
5
190–191, Anm. 5: abweichender Text. .‫ חסר‬:‫י‬
6
2
Vgl. bBB 16a. .‫ עליו‬:‫י‬
7
3
Vgl. ARN A 2; tJeb 14,9. – Der Satz drückt ein feierliches „Danke!“ .‫ זה‬:‫י‬
8
aus. .‫ אילו היו‬:‫י‬

82 83
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage 10 ‫שאלה י‬
Und weiter fragte [Nebukadnezar]:
„Warum wurden Mücken erschaffen, die in der Welt
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
nicht länger als einen Tag leben?“1 ‫מפני מה נבראו יתושין שאינן מתקיימין בעולם אלא‬
‫יום אחד‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Mein Herr König, alle Mücken dieser Welt wurden nur ‫]בן סירא[ אמר לו‬
wegen einer Mücke erschaffen, die der Heilige, geprie- ‫אדוני המלך כל יתושין שבעולם לא נבראו אלא בשביל‬
sen sei er, einst als Rachemittel gegen den Frevler Titus2 ‫יתוש אחד שעתיד הקדוש ברוך הוא לעשות נקמה‬
einsetzen wird.“3
‫בטיטוס הרשע‬
Nebukadnezar sagte zu ihm:
„[Jene] Mücke wurde [also] erschaffen, damit sie als ‫אמר לו נבוכדנצר‬
Rachemittel gegen Titus eingesetzt wird. Warum wurden ‫ יתוש נברא בשביל שיעשה נקמה בטיטוס‬1<‫>אותו‬
dann die restlichen Mücken erschaffen?“ ‫ מפני מה נבראו‬2‫והשאר יתושין‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:4 ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Um den Raben als Nahrung zu dienen. Wenn nämlich
die Raben aus ihren Eiern schlüpfen, sind sie drei Tage
‫כדי לזון את העורבים מפני שבשעה שיוצאין העורבים‬
lang [unbefiedert und] weiß. Wenn aber ihre [Vogel]eltern ‫מן הביצים הן לבנים עד שלשה ימים כיון שרואין‬
sehen, dass sie weiß sind, verlassen sie sie sogleich und ‫אבותם שהם לבנים מיד עוזבין אותם ובורחים מפניהם‬
fliehen für drei Tage vor ihnen.5 Und während dieser Zeit ‫עד שלשה ימים‬
bleibt [den kleinen Raben] nichts anderes als der Ruf zu ‫ובאותו שעה אין להם אלא קריאה לפני המקום שנאמר‬
Gott, wie es heißt: (‫ולבני עורב אשר יקראו )תהלים קמז ט‬
[Der dem Vieh sein Futter gibt,] den jungen Raben6, die
zu ihm rufen. (Ps 147,9) ‫ובאים יתושין ונכנסין בפיהם והם אוכלים אותם‬
Und [dann] kommen Mücken und fliegen in ihre Schnä- ‫ שחורים ובאים‬3‫ושובעים עד שלשה ימים עד שנעשו‬
bel hinein, und sie verspeisen sie und sind für drei Tage ‫אבותם ונוטלין אותם ומביאין להם מזון‬
satt, bis sie schwarz geworden sind. [Danach] aber kom- ‫ >לא היו יתושין‬5‫ אותם אלמלא‬4‫וכיון שהם מניחין‬
men ihre Eltern zurück, nehmen sie an und bringen ihnen 6
<‫שהם משבעים אותם היו מתים ברעב‬
Nahrung. Nachdem sie sie verlassen hatten, wären sie,
wenn sie nicht die Mücken gehabt hätten, die sie sättig-
ten, Hungers gestorben.

1
Vgl. bChul 58b.
2
Titus Flavius Vespasianus (39–81), römischer Kaiser von 79 bis 81. Er 1
.‫ כך‬:‫י‬
leitete im Jüdischen Krieg die Belagerung Jerusalems. 2
3
Vgl. bGit 56b; LvR 22,2. .‫ חסר‬:‫י‬
3
4
Siehe PRE 21 (BK 232–234). .‫ עד שנעשים‬:‫י‬
4
5
Vgl. LvR 19,1. .‫ מזיגין‬:‫ ב‬.‫כך‬:‫י‬
5
6
Wörtlich: den Kindern des Raben, d.h. den Rabenkindern oder „die .‫ היתושין שאוכלין ומשביעין היו מתים ברעב‬:‫י‬
6
Rabenweißen“ (von „lavan“, weiß). .‫ חסר‬:‫י‬

84 85
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Aber der Heilige, gepriesen sei er, ist voller Erbarmen. ‫אלא הקדוש ברוך הוא מלא רחמים הוא‬
Dort, wo er eine Plage schuf, hat er auch ein Heilmittel ‫במקום שברא נגע נטע רפואתו אצלו‬
dagegen gepflanzt.“
Er sagte zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“
‫אמר לו ישר כוחך‬

Frage 11 ‫שאלה יא‬


Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
„Warum wurden Wespen und Spinnen erschaffen? Sie 2
‫ בהם ממש והן‬1‫מפני מה נבראו צירעות ומטויאות ואין‬
sind doch nutzlos und fressen Honig, und tun nichts au-
ßer Schaden anzurichten. Und auch spinnen Spinnen das ‫אוכלין דבש ומפסידין ואין עושין כלום‬
ganze Jahr, aber nichts zum Bekleiden.“ ‫ לבישין‬4‫ ואין‬3‫ואף מטויאות טוים כל השנה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Jene, die du erwähnt hast, waren bereits von Nutzen, ‫הללו שאמרת כבר היה בהן ממש מפני שדוד זקינינו‬
weil David, einer unserer Ahnen, diese Sache bereits vor ‫ זה מלפני המקום‬5‫כבר שאל‬
Gott gefragt hatte.1
Einmal nämlich, als er in seinem Haus saß, hatte er sei-
‫לפי שפעם אחת היה יושב בביתו ונשא עיניו וראה בגנו‬
nen Blick erhoben und in seinem Garten eine Wespe ge- ‫צירעה שהיה אוכל מטוית אחד בין שיניו והיו מריבין‬
sehen, die eine Spinne zwischen ihren Zähnen verspeiste. ‫שניהם‬
Aber die beiden kämpften noch gegeneinander. Da war ‫והיה שוטה אחד נוטל עץ והיה מגרש אותם‬
[außerdem] ein Wahnsinniger, der nahm einen Stock und ‫מיד אמר דוד לפני הקדוש ברוך הוא רבונו של עולם‬
vertrieb sie. ‫ מה בראת הללו ג' בעולמך צירעה ומטיות‬6<‫>מפני‬
Daraufhin sagte David vor dem Heiligen, gepriesen sei
er: „Herr der Welt, [warum] hast du jene drei, Wespe, ‫ושוטה ואין בהם ממש‬
Spinne und Wahnsinnigen, in deiner Welt erschaffen? Sie ‫השיב הקדוש ברוך הוא ואמר לדוד מלעיג אתה על‬
sind doch zu nichts nütze.“ ‫ בימיני‬7‫בריאתי‬
Da antwortete der Heilige, gepriesen sei er, und sprach zu 9
<‫ תבוא שתצטרך להן >שוין הרבה‬8‫שעודך‬
David: „Du spottest über das, was ich mit meiner rech-
ten Hand erschaffen habe! Du wirst schon noch [dahin]
kommen, dass du ihrer bedarfst, denn sie haben großen
Wert.“

1
.‫ שאין‬:‫י‬
2
.‫ שהן‬:‫י‬
3
.[‫ ]השם‬:‫ב‬
4
.‫ ואינם לבושים‬:‫י‬
5
.‫ דבר זה מפני‬:‫י‬
6
.‫ כך‬:‫י‬
7
.‫ בריותיי‬:‫י‬
8
.‫ עדיין תצטרך בהם‬:‫י‬
1 9
Vgl. Midr. Ps 34; bSchab 77b; LvR 22,2-3; KohR 9,1. .‫ חסר‬:‫י‬

86 87
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und auf diese Weise bedurfte er [ihrer]:1 ‫וכך הוצריך‬
Als nämlich Saul ihn verfolgte, um ihn zu töten, verbarg ‫ והחביא עצמו‬2‫ שאול רודף אותו להרוגו‬1‫כשהיה‬
er sich in einer Höhle.
‫במערה‬
Da kam eine Spinne und spann vor dem Höhleneingang,
so dass dort ein Spinngewebe war. ‫ בפי המערה וארגה שם‬4‫ מטוית אחת והטוית‬3‫מיד באתה‬
Als Saul zu jener Höhle kam, um sein Bedürfnis [zu ‫כוין שבא שאול לצרכיו לאותה מערה וראה שם אריגה‬
verrichten], sah er dort ein Spinngewebe. Da dachte er bei ‫ יש שם כלום‬5‫מיד סבר בעצמו שלא‬
sich, dass dort niemand sein könne. Er setzte sich dort- ‫ישב שם לצורך עצמו ויצא‬
hin, um sein Bedürfnis [zu verrichten] und ging weg. ‫ נפשו של דוד‬6‫ומלטה היא‬
Und so rettete sie Davids Leben. Der ging sogleich hin-
aus, küsste jene Spinne und zog weiter. ‫מיד יצא ונשק לאותה טוויה והלך‬
7

Und siehe, [so] war bereits sie von Nutzen. ‫והרי כבר יש בה ממש‬
Wann bedurfte er eines Wahnsinnigen?2 ‫ואימתי הוצאך לשוטה‬
Als er weiterzog, traf eine Truppe von Achisch3 auf ihn. ‫כיון שהלך ופגעו בו גדוד אכיש והיו מוליכין אותו‬
Und sie brachten ihn zu Achisch, um ihn zu töten. [Da] ‫לאכיש להרוגו‬
dachte David bei sich, jetzt werde ich mich wie ein Wahn-
sinniger gebärden, dann werde ich nicht getötet. Sogleich
‫ שלא‬8‫חשב דוד בעצמו עכשיו אעשה עצמי כשוטה‬
gebärdete er sich wie ein Wahnsinniger in ihren Händen, ‫אהרג‬
und sie brachten ihn zu Achisch. ‫מיד נעשה שוטה בידיהן והם הוליכו אותו לאכיש‬
9

Achisch aber hatte eine verrückte Tochter. Als er jenen ‫ לו בת אחת משוגעת‬10‫ואכיש היה‬
Wahnsinnigen sah, sagte er sofort zu ihnen: „[Es gibt ‫כיון שראה אותו שוטה מיד אמר להם שוטים שבעולם‬
wohl nur noch] Wahnsinnige auf dieser Welt! Ihr seht ‫ בביתי‬11‫אתם רואים שמשוגעת יש לי‬
doch, dass ich [bereits] eine Verrückte in meinem Haus
habe, und ihr bringt mir einen Wahnsinnigen zu einer
12
<‫ואתם מוסיפין לי שוטה על שוטה או >מה אעשה‬
Wahnsinnigen! ‫שמא‬
Oder was sollte ich machen?! (‫חסר משוגעים אני )שמואל א כא טז‬
Hab ich etwa zuwenig Verrückte?“ (1 Sa 21,16)

1
.‫ בשעה שהיה‬:‫י‬
2
.‫ להורגו‬:‫י‬
3
.‫ באת‬:‫י‬
4
.‫ והטוות‬:‫י‬
5
.‫ שאין שם אדם‬:‫י‬
6
.‫ היא המליטה‬:‫י‬
7
.‫ טווית‬:‫י‬
8
.‫ שוטה‬:‫י‬
9
.‫ הוליכוהו‬:‫ב‬
10
1
Siehe 1 Sa 23,24-28. .‫ היתה‬:‫ב‬
11
2
Siehe 1 Sa 21,11-16. .‫ שלי‬:‫ב‬
3 12
König von Gat. Vgl. 1 Sa 21,11. .‫ חסר‬:‫י‬

88 89
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und so wurde David durch Wahnsinn vom Tod errettet. 1
‫ונמלט דוד מן המיתה בשביל שטות‬
Und siehe, [so] war ein Wahnsinniger von Nutzen. ‫והרי שוטה יש בו ממש‬
Und wann bedurfte er einer Wespe?1
Als David weiterzog, fand er Saul, der einen
‫ואמיתי הוצרך לצירעה‬
Mittags[schlaf] hielt. Und David wollte [zu ihm] hin-
2
<‫כיון שהלך דוד ומצא שאול שהיה שוכב >משכב‬
eingehen, aber Abners2 Beine waren [vor dem Eingang] ‫צהרים‬
ausgebreitet, und [auch] Abner schlief. Und Abners Kopf ‫ורצה דוד ליכנס והיו רגליו של אבנר פשוטות ואבנר‬
war an dem einen Tür[pfosten] [und seine Füße waren an ‫שוכב‬
dem anderen Türpfosten], und David stand da und hatte ‫והיה ראשו של אבנר בדלת אחת >ורגליו בדלת‬
keinen Platz um hineinzugehen. Und er stand dort, bis
Abner seine Beine anwinkelte, so dass David hineinge-
3
<‫אחת‬
hen konnte. Und er ging [und nahm] den Wasserkrug[, ‫ועמד דוד ולא היה לו מקום ליכנס‬
der neben dem Haupte Sauls stand].3 Und als er [die Tür- ‫ אבנר רגליו ונכנס דוד‬4‫ועמד שם עד שהקים‬
schwelle wieder] überqueren wollte, waren Abners Beine ‫ צפחת של מים‬5<‫והלך >ונטל‬
ausgestreckt, und sie öffneten sich [gerade]. Da trat er ‫ורצא לעבור ונפשטו רגליו של אבנר ונפתחו >מיד‬
zwischen [sie]. Er wollte [die Schwelle ganz] überque-
ren, da winkelte [Abner] seine Oberschenkel wieder an,
6
<‫נכנס בתוך‬
und sie klemmten Davids Beine ein. Da jammerte und ‫רצא לעבור ונאץ יריכיו וכסו רגליו של דוד‬
8 7

weinte David zwischen seinen Beinen und sagte: ‫והיה דוד צועק ובוכה מבין רגליו ואומר‬
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (‫אלי אלי למה עזבתני )תהלים כב ב‬
(Ps 22,2) ‫ צירעה ונשכה רגליו של‬9‫מיד נעשה לו נס ובאתה‬
10

Da geschah ein Wunder für ihn: Eine Wespe kam und ‫אבנר‬
stach Abner in seine Beine. Er streckte sie aus, und David
ging im selben Moment hinüber. ‫ שעה‬12‫ ועבד דוד באותו‬11‫ופשט אותם‬
Siehe, sie alle sind von Nutzen. ‫והרי כולם יש בהם ממש‬
Daher hat kein Mensch das Recht, über irgendein Ge- ‫ולפיכך אין אדם רשאי להלעיג מן כל בריה‬
schöpf zu spotten,

1
.‫ השטות‬:‫י‬
2
.‫ כך‬:‫י‬
3
.‫ כך‬:‫י‬
4
.‫ עד שנאץ‬:‫ב‬
5
.‫ כך‬:‫י‬
6
.‫ חסר‬:‫י‬
7
.‫ והקים‬:‫י‬
8
.‫ את‬:‫י‬
9
.‫ ובאת‬:‫י‬
10
1
Siehe 1 Sa 26,1-25. .‫ רגלו‬:‫י‬
11
2
Feldhauptmann Sauls; siehe 1 Sa 17,55. .‫ אותו‬:‫י‬
3 12
Siehe 1 Sa 26,11-12. .‫ באותה‬:‫י‬

90 91
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
denn es gibt keinen Menschen auf der Welt, der der Ge- ‫ של הקדוש‬1‫שאין אדם בעולם שאינו צריך לבריותו‬
schöpfe des Heiligen, gepriesen sei er, nicht bedürfte.“ ‫ברוך הוא‬
Da sagte Nebukadnezar zu Ben Sira:
„[Gott] stärke deine Kraft.“
‫ יישר כוחך‬2<‫מיד אמר לו >נבוכדנצר לבן סירא‬

Frage 12 ‫שאלה יב‬


Und weiter fragte er ihn:1 ‫ועוד שאלו‬
„Warum hat ein Ochse kein Haar in seiner Schnauze?“ ‫שור מפני מה אין לו שיער בחוטמו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Als Josua und die Israeliten Jericho umkreisten, brachte
‫]בן סירא[ אמר לו‬
man ihm einen Esel, um auf ihm zu reiten. ‫מפני שכיון שהיו יהושע וישראל מסובין ביריחו‬
Er brach aber unter ihm zusammen. ‫היו מביאין לו חמור לרכוב עליו‬
[Daraufhin brachte man] ein Pferd, und auch das brach ‫והיה נשבר תחתיו סוס ונשבר תחתיו‬
unter ihm zusammen. Und so starben alle Tiere unter ihm ‫ שהיה שקול‬4‫ מתים תחתיו כל בהמות מרוב‬3‫והרי‬
weg ob der Fülle seines Gewichts, bis man ihm einen ‫עד שהביאו לו שור‬
Ochsen brachte. Und auf dem ritt er und umkreiste mit
ihm Jericho. ‫ורכב עליו והיה מסיב עמו את יריחו‬
Als Josua sah, dass er ihn ertrug, da hob er den Kopf ‫ אותו מיד נשא את‬5‫כיון שראה יהושע שהיה סובל‬
jenes Ochsen und küsste ihn unter seine Schnauze. Und ‫ראשו של אותו שור ונשק אותו תחת חוטמו‬
[deswegen] kommt an dieser Stelle weder bei ihm, noch ‫ שיער לעולם לא לו ולא לכל‬6‫ובאותו מקום לא יצא‬
bei einem seiner Nachfahren, je ein Haar hervor.“ ‫דורו‬
Frage 13
‫שאלה יג‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum lässt ein Esel sein Wasser auf das Wasser seines [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
Artgenossen und riecht an ihrem Mist?“2 ‫מפני מה חמור משתין בהשתנת חבירו ומריחין את‬
‫צואתם‬

1
.‫ לברייתו‬:‫ ב‬.‫י‬
2
1
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 77–104. Zu Josua siehe Sirach .‫ חסר‬:‫י‬
3
46,1-8. L. Ginzberg, Legends, 1, 39–40. .‫ והיו‬:‫י‬
4
2
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 78–79. Antike Fabeln. Hg. von .‫ מרוב כבדו שהיה שוקל‬:‫י‬
5
J. Irmscher, Berlin, Weimar 1978, 113: Die Fabeln des Aesop – Die .‫ סבול‬:‫ב‬
6
Esel vor Zeus. .‫ שם‬:‫י‬

92 93
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Als der Heilige, gepriesen sei er, den ersten Esel er- ‫כשברא הקדוש ברוך הוא חמור הראשון ומסר אותו‬
schaffen hatte, übergab er ihn dem ersten Menschen.
Da sah der Esel, dass er für Last geeigneter war als jedes
‫לאדם הראשון‬
andere Geschöpf. Er stelle sich im Gebet vor den Hei- ‫ חמור עצמו שרוי בצער יותר מכל בריה‬1‫וראה‬
ligen, gepriesen sei er, [und] sprach vor ihm: „Herr der ‫ אמר לפניו‬2‫עמד בתפלה לפני הקדוש ברוך הוא‬
Welt, wann wird mir Luft (‫ )ריוח‬gelassen1?“ 3
‫רבונו של עולם אימתי יהיה לי ריוח‬
Er sagte zu ihm: „Erst, wenn aus dem Wasser eurer Füße2 ‫ מימי רגלים שלכם נהרות‬4‫אמר לו עד שיעשו מן‬
5

Flüsse werden, dass damit die Mühlsteine (‫ )ריחים‬mah- ‫ שצואתך מריח ריח בשמים‬6‫וטוחנות בו ריחים וכיון‬
len.3 Und wenn dein Mist [bis] in den Himmel riecht
(‫)מריח ריח‬, in dieser Zeit lässt er4 dir Luft (‫)ריוח‬.“5
7
‫באותו זמן נתן לך ריוח‬
Dies wurde ihm aber nur deswegen geantwortet, da- ‫ אלא כדי שלא יבטל את‬8<‫ולא נענה לו דבר >זה‬
mit seine Nachkommenschaft nicht ausstürbe.6 ‫זרעו‬
Nachdem der Esel das gehört hatte, beruhigte er sich. ‫כיון ששמע החמור כך נתקררה דעתו ובא על אתונו‬
Und er kam zu seiner Eselin, und sie gebar ihm Kinder. ‫וילדה לו בנים ומסר להם סימן זה‬
An sie gab er dieses Zeichen weiter. Und daher [kommt
es, dass,] wenn sie einen Artgenossen Wasser lassen se-
9
‫ולפיכך כיון שרואין השתנת חבירו‬
hen, lassen [auch] sie Wasser, damit Flüsse entstehen. ‫והן משתינין כדי שיעשו נהרות‬

1
Oder: Wann habe ich eine Erleichterung? Text B: und Ruhe. – Es geht
um ein Wortspiel: ‫( רוח‬rawach) trägt die Bedeutung nach R. Alcalay,
2416: to feel relief (feel comfortable). ‫( רוח‬riwach): to make space; to
space out; to aerate, ventilate. ‫( רוח‬rewach), R. Alcalay, 2417: space;
interval, relief; profit; gain, interest. – Der Lohn des Esels ist eine
Ruhepause.
2
„Wasser der Füße“ meint „Urin“.
3
Siehe R. Alcalay, 2436: ‫רחים‬: hand-mill, (pair of) grindstones,
millstones; (fig.) heavy burden: ‫ רחים של מים‬und ‫רחים בצוארתו‬: (fig.)
married, a burden; „a millstone round ons´s neck“. Wenn der Esel 1
.‫ שנפישו ימיה בצער‬:‫ב‬
viele Kinder zeugt, kann die Arbeit gleichmäßig verteilt werden, .‫ ולא נענה‬:‫ ב‬,‫י‬ 2
und er kann sich ausruhen. – Außerdem liegt wieder ein Wortspiel .‫ ומנוחה‬:‫י‬ 3
zugrunde, wenn man sich auf die Assoziation: ‫ רחים בצוארתו‬einlässt: 4
.‫ חסר‬:‫י‬
‫צואר‬: Hals; ‫( צואה‬tsoa): Mist, Kot; ‫( צואה‬tsawaa): Testament. Siehe R. 5
Alcalay, 2159. .‫ שלך‬:‫י‬
6
4
Der Mensch, bzw. Adam, ist gemeint. .‫ ובזמן‬:‫י‬
7
5
Siehe L. Ginzberg, Legends, 5, 54, Anm. 174. .‫ ומנוחה‬:‫י‬
8
6
Der Satz ist die Glosse eines Schreibers, der sich auf den ersten Satz .‫ כך‬:‫י‬
9
Gottes an den Esel bezieht. .‫ חביריהם‬:‫י‬

94 95
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und außerdem riechen sie [an] ihrem Mist, um zu rie- 1
‫ואף מריחין צואתן להריח ריח בשמים‬
chen, ob der Geruch [bis] in den Himmel riecht.“1
‫מיד אמר לו יישר כוחך‬
Da sagte er zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“

Frage 14 ‫שאלה יד‬

Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬


„Warum frisst eine Katze eine Maus, nicht aber die übri- ‫מפני מה חתול אוכל עכבר ולא שאר השקצים‬
gen Schädlinge?“2
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Am Anfang waren Katze und Maus Verbündete3. Aber ‫בתחלה היו חתול ועכבר שותפין‬
die Maus war neidisch [und] ging, um gegen [die Katze] ‫ להקדוש ברוך הוא‬2‫והיה עכבר צר עין הלך והלשין‬
beim Heiligen, gepriesen sei er, Ränke zu schmieden und ‫ואמר לפניו‬
sprach vor ihm: „Herr der Welt, ich und die Katze, wir ‫רבונו של עולם אני וחתול עשינו שותפות‬
haben uns zu Verbündeten gemacht und nun haben wir 6
‫ שתראה‬5‫ עשה כמה‬4‫ אלא‬3‫ואין לנו מה לאכול‬
nichts zu fressen. Entscheide du nun das Problem.“4
Er sagte zu ihr: „Dafür, dass du gegen deinen Gefährten
‫אמר לו בשביל שהלשנת לחבירך אתה תאכל‬
Ränke geschmiedet hast, sollst du gefressen werden. Du
8
‫ לחתול לאכילה‬7‫ותהיה לו‬
sollst der Katze zum Fraß sein.“

1
Yassif (B), 241: Warum lassen die Menschen keines von ihnen in Her-
den groß werden wie es bei Rind, Schaf und Pferd geschieht? – Weil
sie weniger [wert] sind als die übrigen Tiere. Denn wenn sie nur einen
Tag auf dem Feld stehen müssten um zu weiden, wüssten sie nicht,
was sie fressen sollten, um satt zu werden. Und zum Abend, wenn sie
zuückkehren, schreien sie und hören nicht eher auf, bis der Hausherr
ihnen Futter gegeben hat. Daher lässt kein Mensch sie in einer Herde
aufwachsen. Er sagte zu ihm: [Gott] stärke deine Kraft. 1
2
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 79–81. L. Ginzberg, Legends, 1, 35. ‫ ולמה אין מגדלין מהן בני אדם עדרים כמו שעושין מן הבקר ומן הצאן‬:‫י‬
Siehe H. Rölleke (Hg.), Die älteste Märchensammlung der Brüder ‫ומן הסוסיות לפי שהן פחותות משאר הבהמות שאפילו אם יעמדו יום‬
Grimm, Köln, Genf 1975, 32–35. E. Brunner-Traut, Der Katzenmäu- ‫אחד בשדה לרעות אינן יודעין לאכול כדי שובען ולערב כשהן חוזרין‬
sekrieg im alten und neuen Orient. ZDMG 104 (1954), 347–351. H. ‫צועקים ולא ישקטו עד שהבעל הבית נותן להם מה יאכלו לכן אין אדם‬
Hunger, Der byzantinische Katzen-Mäuse-Krieg, Graz, Wien, Köln .‫שיגדל מהן עדר אלי"כ‬
1968. C.W. von Sydow, Folktale Studies and Philology. Some Points .‫ לפני הקדוש ברוך הוא‬:‫י‬ 2
of View. In: A. Dundes (Hg.), The Study of Folklore, Engelwood 3
.‫ נאכל‬:‫י‬
Cliffs 1965, 219–242. E. Yassif, Medieval Hebrew Tales on the Mu- 4
tual Hatred of Animals and Their Methodological Implications (h). .‫ חסר‬:‫י‬
5
Folklore Research Center Studies 7 (1983), 227–246. .‫ מה שנראה בעיניך‬:‫י‬
6
3
Im Sinne von: sie machten gemeinsames Geschäft, sie hatten eine .‫ כך‬:‫י‬
7
Interessengemeinschaft. .‫ חסר‬:‫י‬
4 8
Wörtlich: Mach [es], wie du [es] siehst. .‫ לשום אכילה‬:‫ב‬

96 97
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sie sagte zu ihm: „Herr der Welt, dafür, dass ich dir Din- ‫ דברים‬2‫ רבונו של עולם בשביל שאמרתי לך‬1‫אמר לו‬
ge zutreffend geschildert habe, habe ich mir Schaden zu- ‫נכונים הפסדתי עצמי‬
gefügt?!“
Er sagte zu ihr: „Du hast nichts von Sonne und Mond
‫ שוין‬3‫אמר לו לא למדת משמש וירח כשהיו מאורות‬
gelernt, deren Lichter gleich waren. Dafür aber, dass der ‫ובשביל שבאתה ירח והלשינה נטלתי ממאורה ונתתי‬
Mond [zu mir] gekommen ist, um gegen sie Ränke zu ‫לשמש‬
schmieden, habe ich von seinem Licht genommen und es ‫ואתה באת והלשנת על חבירך כדי שתאכל אותו‬
der Sonne gegeben.1 ‫ועכשיו אתה תאכל‬
Und nun bist du gekommen und hast Ränke gegen deinen
Gefährten geschmiedet, damit du ihn fressen kannst. ‫אמר לפניו רבונו של עולם אם כן יאכילני עכשיו‬
Nun aber sollst du gefressen werden.“ ‫ בין כל הבריות שלך‬4‫ונאבד אני‬
[Die Maus] sagte vor ihm: „Herr der Welt, wenn es so ist,
‫ שהשארתי ללבנה‬5‫אמר לו נשאיר לך פליטה כמו‬
wird sie mich jetzt fressen, und ich werde unter all deinen
Geschöpfen ausgerottet.“ ‫ את חבירו‬6‫אמר לפניו אם כן אלך אצלו ומי שיאכל‬
2
Er sagte zu ihr: „Es soll von dir ein Rest bleiben, wie ich ‫יאכל‬
auch bei dem Mond einen Rest gelassen habe.“
‫אמר לו לך‬
Sie sagte vor ihm: „Wenn es so ist, werde ich zu ihr ge-
hen, und wer seinen Gefährten [zuerst] gefressen hat, hat ‫ עכבר ונשכו בצוארו‬7‫מיד הלך‬
gewonnen3.“
‫ ונשכו ומת‬9‫ קפץ והשליכו בארץ‬8‫ואף החתול‬
Er sagte zu ihr: „Geh!“ ‫מיד נפל אימתו של חתול על העכבר‬
Sogleich ging die Maus hin und biss sie in ihren Hals. ‫ יאכל את העכבר עד היום‬10‫ולפיכך חתול‬
[Da] sprang auch die Katze auf, warf sie auf die Erde und ‫וכיון שרודף חתול אחר עכבר ואינו משיגו עכבר‬
biss sie tot. Da befiel die Mäuse4 das Grauen vor der Kat- ‫אומר‬
ze. Und deswegen frisst die Katze bis auf den heutigen (‫ארוממך יהוה כי דליתני )תהלים ל ב‬
Tag Mäuse.
Und wann immer eine Katze eine Maus verfolgt und ‫וחתול אומר‬
sie ihr entwischt, sagt die Maus: (‫אם תגביה )עבדיה א ד‬
Ich preise dich, JHWH, du hast mich aus der Tiefe
gezogen [und lässt meine Feinde sich nicht über
mich freuen]. (Ps 30,2)
1
.‫ לפניו‬:‫י‬
Und die Katze sagt: 2
.‫ לפניך‬:‫י‬
Wenn du auch in die Höhe führest [wie ein Adler .‫ מאורותן‬:‫י‬ 3
und machtest ein Nest zwischen den Sternen, so will .‫ ומשפחתי‬:‫י‬ 4
ich dich von dort herunterholen]. (Ob 1,4) .‫ כמה‬:‫ב‬ 5
6
1
Siehe PRE 6 (BK 42–44); PRE 51 (BK 714); bChul 60b; bSchebu 9a; .‫ שיוכל לאכול‬:‫י‬
7
GnR 6,3. .‫ לחתול‬:‫י‬
8
2
Auch: Rettung, Entrinnen. .‫ הוא‬:‫ב‬
9
3
Wörtlich: der hat gefressen. .‫ לארץ‬:‫י‬
4 10
Wörtlich: die Maus; aber die tote Maus kann sich ja nicht mehr grauen. .‫ הוא‬:‫ב‬

98 99
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Wenn sie aber [eine Maus] zu fassen kriegt1, sagt die ‫ בידו חתול אומר‬1<‫וכיון שנמסר >עכבר‬
Katze: (‫צדיק יהוה בכל דרכיו )תהלים קמה יז‬
JHWH ist gerecht in allen seinen Wegen.
(Ps 145,17) ‫מיד אמר לו יישר כוחך‬
Daraufhin sagte er zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“
‫שאלה טו‬
Frage 15
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: ‫מפני מה יש שנאה בין חתול לכלב‬
„Warum gibt es Feindschaft zwischen Katze und
Hund?“2 ‫]בן סירא[ אמר לו‬
2

[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫חתול שנפרד מן העכבר אמר אלך ואעשה שותפות עם‬
„[Als] die Katze sich von der Maus abgewandt hatte, sag- ‫כלב‬
te sie: „Ich werde gehen und mit dem Hund ein Bündnis3 ‫לימים הלכו לצוד ולא מצאו כלום‬
schließen.“ Nach [einigen] Tagen gingen sie jagen, fan- 3
<‫באו לערב ולא היה להם כלום >לאכול‬
den aber nichts. Als sie abends heimkamen, war für sie
nichts [zu fressen] da. ‫מיד אמר הכלב לחתול מפני מה אנו יושבין‬
Da sagte der Hund zur Katze: „Warum sitzen wir [hier]? ‫ אני אוכל ולא אתה‬4‫ואין‬
Ich habe nichts zu fressen und du auch nicht. Jetzt könn-
5
‫עכשיו צידה יש לך בביתו של אדם‬
test du Beute im Hause Adams haben. Geh dorthin und ‫לך אתה לשם ותאכל ותשבע ואני אלך אצל שקצים‬
friss dich satt (‫)ותשבע‬. Ich aber werde mich zu Schädlin- ‫ורמשים‬
gen und Ungeziefer aufmachen, vielleicht finde ich dort ‫אולי אמצא שם מזוני‬
meine Nahrung.“
Die Katze sagte zum Hund: „Wenn es so ist, wollen wir ‫ כדי שלא נכביד‬6‫אמר חתול לכלב אם כן נשבע שנים‬
beide schwören (‫)נשבע‬,4 dass wir einander nicht in die ‫ זה‬7‫זה את‬
Quere kommen: Ich werde nicht zu deiner Jagd mitge- ‫ולא אלך אני לצידתך ולא תבוא לצידתי‬
hen, und du sollst nicht zu meiner Jagd kommen.“
‫אמר לו יפה אמרת‬
Er sagte zu ihr: „Abgemacht5.“
‫מיד נשבעו והלך חתול אצל אדם ומצא ביתו מליאה‬
Sogleich legten sie einen Schwur ab, und die Katze ging
zu Adam und fand sein Haus voll von Mäusen.
‫עכברים‬
Sofort fraß sie [sie] und wurde satt (‫)ושבע‬. ‫מיד אכל ושבע‬
‫הושיבו אדם בביתו ואהב אותו‬
Adam ließ sie in seinem Haus wohnen und liebte sie.

1
.‫ כך‬:‫י‬
2
1 .‫ מפני כשנתפרד‬:‫י‬
Wörtlich: Wenn eine Maus in ihre Hand übergeben wurde. 3
2
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 82–84. L. Ginzberg, Legends, 1, .‫ כך‬:‫י‬
4
35–36. .‫ ואין לנו מה נאכל‬:‫י‬
5
3
Ein Bündnis im Sinne einer Teilhaberschaft, Kooperation. .‫ בבית אדם‬:‫י‬
6
4
Vgl. Ex 20,7. .‫ שנינו‬:‫י‬
5 7
Wörtlich: Du hast trefflich gesprochen. .‫ על‬:‫י‬

100 101
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Der Hund aber ging zum Wolf. ‫והכלב הלך אצל זאב‬
Er sagte zu ihm: „Gib mir eine Unterkunft für die ‫אמר לו תן לי מלון הלילה‬
Nacht.“
Der sagte zu ihm: „Da.1“
‫אמר לו הין‬
Er ging zu ihm. ‫ אצלו‬1‫הלך‬
Als sie sich zur Ruhe gelegt hatten, hörte der Hund Ge- ‫כשהיו שוכבין שמע הכלב שמועות חיות‬
räusche von wilden Tieren. Sofort weckte er den Wolf 3
‫ את הזאב ואמר לו אדוני שמעתי כשומעות‬2‫מיד ניער‬
und sagte zu ihm: „Mein Herr, ich habe [etwas] gehört. ‫לסטין‬
[Es klang] wie Geräusche von Räubern.“ ‫ אתה וראה מי הוא לפי שאני‬4<‫אמר לו הזאב >צא‬
Der Wolf sagte zu ihm: „[Geh] du und schau, wer es ist, ‫מתירא שמא יגרשוני מן מלון זה‬
denn ich befürchte, dass sie mich [sonst] vielleicht aus ‫יצא הכלב ומצא שדה מלאה חיות‬
dieser Unterkunft vertreiben.“ ‫רצה לגרשם מיד עמדו עליו ורצו להורגו‬
Der Hund ging hinaus und fand ein Feld voller wilder
Tiere. Er wollte sie vertreiben, doch sie standen gegen
‫מיד ברח אותו כלב‬
ihn auf und wollten ihn töten. ‫ לקוף ואמר לו תן לי מלון‬5‫והלך‬
‫מיד עמד עליו אותו הקוף וגירשו‬
Da floh jener Hund. Er entkam zum Affen und sagte zu
ihm: „Gib mir eine Unterkunft.“ ‫ ואמר לו‬6‫מיד ברח והלך אצל כבש‬
Sogleich stand jener Affe gegen ihn auf und vertrieb ihn. ‫>נלין ביחד הלילה ו]אמ[ליט את בניך מן לסטין‬
Da floh er und ging zum Schaf und sagte zu ihm: „Lass ‫אמר לו ליו‬
uns heute Nacht zusammen übernachten, und ich werde 7
<‫מיד לן אצלו‬
deine Jungen vor Räubern schützen.“
Es sagte zu ihm: „Du kannst übernachten“. ‫בחצי הלילה שמע שמועות זאבים‬
Da übernachtete er bei ihm. ‫ לו לכבש שומע אני שמועות לסטים‬8‫אמר‬
Mitten in der Nacht hörte er Geräusche von Wölfen.
9
‫אמר לו לך וראה מי עובר‬
Er sagte zu dem Schaf: „Ich habe Geräusche von Räu- ‫הלך לראות ומצא זאב בפתח וגרשו מן המלון‬
bern gehört.“
Es sagte zu ihm: „Geh und sieh, wer da vorbeikommt.“
Er ging um nachzuschauen und fand einen Wolf an der
Türe, und der vertrieb ihn aus der Unterkunft.

1
.‫ לן‬:‫י‬
2
.‫ קרא‬:‫י‬
3
.‫ שומעות‬:‫י‬
4
.‫ כך‬:‫י‬
5
.‫ והלך לו‬:‫ י‬.‫ והלך אותו‬:‫ב‬
6
.‫ רחל‬:‫י‬
7
‫ מיד לן‬.‫ א"ל לין‬.‫ תן לי מקום ללין עמך הלילה ונציל בניך מהלסטים‬:‫י‬
.‫אצלו‬
8
.‫ הכלב לרחל‬:‫י‬
1 9
Wörtlich: Ja. .‫ יעבור‬:‫י‬

102 103
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und jener Wolf ging in die Unterkunft hinein und fraß 1
‫ונכנס אותו זאב במלון ואכל הכבש‬
das Schaf.
‫ בכל מלוני חיות‬3‫ כלב והלך‬2‫מיד ברח אותו‬
Da floh jener Hund und ging in alle Unterkünfte der wil-
den Tiere, aber er fand keine Unterkunft, die ihm ange-
‫ולא מצא מלון אחד יפה לו‬
nehm war1. ‫כיון שראה כך חזר לו לאדם הראשון ואמר לו‬
Nachdem er solches gesehen hatte, kehrte er zu dem er- ‫ שלן אצלך חתול חבירי‬5‫ אצלך כמו‬4‫אלין‬
sten Menschen zurück und sagte zu ihm: „Lass mich bei
dir übernachten wie mein Gefährte, die Katze, bei dir ‫אמר לו לין‬
übernachtet.“ ‫מיד לן אצלו‬
Er sagte zu ihm: „Übernachte.“ ‫בחצי הלילה שמע שמועות לסטים‬
Da übernachtete er bei ihm. ‫אמר לו אדוני שומע אני שמועות לסטים‬
Mitten in der Nacht hörte er Geräusche von Räubern. ‫ והלך‬8‫ ונטל רומחו‬7<‫ >אדם‬6‫מיד עמד‬
Er sagte zu ihm: „Mein Herr, ich höre Geräusche von ‫ הכלב הלך עמו‬9‫וגם‬
Räubern.“ ‫ורדפו את החיות עד שברחו מן אותו חצר‬
10

Sogleich stand [Adam] auf, nahm seinen Speer und ‫מיד חזרו שניהם‬
ging.
Und auch der Hund ging, mit ihm.
‫אמר לו אדם לאותו כלב לך עמי בביתי ותדור עמי‬
Und sie verfolgten die wilden Tiere, bis sie von jenem ‫ממאכלי תאכל וממשתי תשתה‬
Hof geflohen waren. Dann erst2 kehrten beide zurück.
‫מיד הלך עמו‬
Adam sagte zu jenem Hund: „Geh mit mir in mein Haus
und wohne bei mir. Von meinem Essen sollst du essen ‫יצא חתול לקראתו ואמר לו מפני מה באת לביתי‬
und von meinem Trank sollst du trinken.“ ‫ הביאני אדם לכאן‬11‫אמר לה‬
Da ging der Hund mit ihm.
Die Katze kam geradewegs heraus auf ihn zu und sagte
zu ihm: „Warum bist du zu meinem Haus gekommen?“
Er sagte zu ihr: „Adam hat mich hierher gebracht.“

1
.‫ בנה של רחל‬:‫י‬
2
.‫ ברח את הכלב‬:‫ב‬
3
.‫ חסר‬:‫י‬
4
.‫ נלין‬:‫ב‬
5
.‫ כמה‬:‫ב‬
6
.‫ עמד עליו‬:‫ב‬
7
.‫ כן‬:‫י‬
8
.‫ בידו‬:‫י‬
9
.‫ עם הכלב ורדפו‬:‫י‬
10
1
Oder: Die ihm gefiel. .‫ כל החיות‬:‫י‬
2 11
Wörtlich: sogleich. .‫ לו‬:‫ב‬

104 105
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Die Katze] sagte zu Adam: „Warum hast du den da in ‫ זה בחצירך‬2‫ מפני מה הבאת‬1‫אמר לאדם‬
deinen Hof gebracht?“
‫אמר לו לפי שכלו לב‬
Er sagte zu ihr: „Weil er wachsam ist (‫)כלו לב‬.1
‫ולפיכך נקרא כלב‬
Daher wird er „Keleb“ (‫)כלב‬, „Hund“, genannt.“2
‫אמר לו גרש אותו לפי שהוא גנב‬
Sie sagte zu ihm: „Vertreibe ihn, denn er ist ein Dieb.“ ‫אמר לו אתה גנב והוא גנב נאה לגנב לדור עם גנב‬
Er sagte zu ihr: „Du bist ein Dieb, und er ist ein Dieb. Es
ist angenehm für einen Dieb mit einem [anderen] Dieb ‫ שבועתך‬3‫מיד הלך לאותו כלב ואמר לו מפני מה בטלת‬
[zusammen] zu wohnen.“ 5
‫ לצידתך לא אבוא‬4‫אמר לו לדירתך אבוא‬
Da ging sie zu jenem Hund und sagte zu ihm: „Warum ‫מיד התחילו לריב עד שגרש הכלב‬
hast du deinen Schwur gebrochen?“
Er sagte zu ihr: „Um bei dir zu wohnen, bin ich gekom- ‫ ודר עמו‬8‫ בנו של אדם‬7‫ לבית שת‬6<‫מיד הלך >הכלב‬
men; ich bin nicht gekommen, um mit dir zu jagen.“ ‫ובכל יום היה הכלב הולך אצל החתול כדי שיעשה עמו‬
Sogleich fing sie mit ihm zu streiten an, bis sie den Hund
vertrieben hatte.
‫שלום‬
‫והיה החתול מגרשו‬
Da ging [der Hund] zum Haus von Set, dem Sohne ‫ עכשיו כלב רוצה לעשות שלום‬9‫ולפיכך עד‬
Adams, und wohnte bei ihm.
‫וחתול אינו רוצה אלא מגרשו‬
Und seit jedem Tag geht der Hund zu der Katze, um mit
ihr Frieden zu schließen. Aber die Katze vertreibt ihn im- ‫ועליהן אומר משלי‬
10

mer. ‫בעיר הקודש דחילה‬


Und daher will der Hund bis heute Frieden schließen,
aber die Katze will nicht, sondern vertreibt ihn. ‫אמר לו נבוכדנצר‬
‫אם חברים הם מפני מה כלב מכיר אדונו‬
Und über die beiden sagt das Sprichwort: ‫וחתול אינו מכיר אדונו‬
[Schließe Frieden,] in der heiligen Stadt sei gottesfürch-
tig3.“
Nebukadnezar sagte zu ihm:4
„Wenn sie Artgenossen sind,5 warum erkennt dann
ein Hund seinen Herrn an, und die Katze erkennt ih-
ren Herrn nicht an?“

1
.‫ לו‬:‫ב‬
2
1
.‫ אתה מחזיק‬:‫י‬
Wörtlich: Mit ganzem Herzen [bei der Sache]. .‫ ביטלתה‬:‫י‬ 3
2
Ein Glossist erklärt das Sprachspiel. Der Satz wurde nachträglich hin- .‫ נבוא‬:‫ב‬ 4
zugefügt. 5
3 .‫ נבוא‬:‫ב‬
Yassif (B), 244: Frieden im Geist des Heiligtums! [Anderenfalls gilt:] 6
Ein Schaf [geht hinter einem Schaf her]. – D.h. es ändert sich nichts .‫ כך‬:‫י‬
7
an der Situation. Vgl. bKet 63a. .‫ לשם‬:‫ב‬
8
4
Der eingerückte Abschnitt wurde aus bHor 13a eingefügt. .‫ הראשון‬:‫י‬
9
5
Wenn beide als „Diebe“ (Fleischfresser) bezeichnet werden, warum .‫ עוד היום‬:‫י‬
10
verhalten sie sich dann unterschiedlich? .‫ שלמה ברוח הקדש רחילא‬:‫י‬

106 107
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Er sagte zu ihm: „Wer von dem isst, von dem eine ‫אמר לו האוכל ממה שאכל עכבר משכח לו כל דבר‬
Maus gefressen hat, dem ist alles egal.1 Die Katze ‫וחתול אוכל עכבר על אחת כמה וכמה‬
aber frisst die Mäuse. Um wie viel mehr [ist ihr alles
egal].“ ‫אמר לו יישר כוחך‬
Er sagte zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“
‫שאלה טז‬
Frage 16
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: ‫מפני מה עכבר יש לו כתפירה בפיו‬
„Warum hat eine Maus so etwas wie eine Naht an ihrer
Schnauze?“2 1
<‫>אמר לו‬
[Er sagte zu ihm:] ‫כשבא המבול לעולם נכנסו בתיבה כל מיני שקצים‬
„Als die Sintflut über die Welt kam, gingen [auch] allerlei ‫ שנים זכר ונקבה‬2<‫ורמשים >שנים‬
Arten von Schädlingen und Ungeziefer paarweise, männ-
lich und weiblich, in die Arche hinein. ‫פעם אחת היה עכבר ונקבתו יושבין אצל חתול ונקיבתו‬
‫מיד חשב חתול בעצמו ואמר זכור אני כשהיה אבי‬
Einmal [nun] saßen der Mäuserich und seine Maus3 ne-
ben dem Kater und seiner Katze. Da überlegte der Kater
‫ אוכל את זה‬3‫אוכל את דורו של זה אף אני עכשיו‬
bei sich und sagte: „[Wenn] ich bedenke, dass mein Vater ‫מיד עמד ורדף אותו עכבר לאוכלו‬
die Vorfahren von diesem hier zu fressen pflegte, könn- ‫והעכבר היה הולך ובורח וחתול רודפו‬
te auch ich den da jetzt fressen.“ Sogleich sprang er auf
und verfolgte den Mäuserich, um ihn zu fressen. Aber ‫ ונכנס‬4‫נעשה לו נס ונברא לו באותה תיבה נקב אחד‬
der Mäuserich lief weg und entfloh, und der Kater jagte ‫שם‬
ihm nach. ‫רצה חתול ליכנס שם אחר אותו עכבר ולא היה יכול‬
Da geschah ihm ein Wunder, und es wurde ihm in jener ‫מפני שהיה הנקב קצר‬
Arche ein Loch geschaffen, in das er hineinschlüpfte. ‫ להוציאו‬6<‫ ידו אותו חתול >בתוך אותו הנקב‬5‫מיד כנס‬
Der Kater wollte hinter jenem Mäuserich her dort hinein,
schaffte es aber nicht, weil das Loch zu eng war.
Da steckte jener Kater seine Pfote in jenes Loch, um ihn
herauszuziehen.

1
Oder: Der hat alles vergessen[, was er gelernt hat]. Das Essen, von 1
.‫ כך‬:‫י‬
dem eine Maus gegessen hat, ist verunreinigt und darf nicht gegessen 2
werden. .‫ כך‬:‫י‬
3
2
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 84–86. L. Ginzberg, Legends, 1, .‫ חסר‬:‫י‬
4
37–38. .‫ אחת‬:‫י‬
5
3
Wörtlich: sein Weibchen, ‫ ;נקבתו‬das Wort wird im Folgenden locker .‫ שם‬:‫י‬
6
mit „Loch“, ‫נקב‬, assoziiert. .‫ חסר‬:‫י‬

108 109
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Jener Mäuserich riss die Schnauze auf, um seine Pfote zu 1
‫פתח פיו אותו עכבר לאכול ידו‬
beißen; seine Krallen durchdrangen seine Wangen. ‫נכנסו צפרניו בלחיו‬
Der Mäuserich zog sich zurück,
der Kater zog seine Pfote zurück,
‫משך עכבר את עצמו‬
und die Schnauze des Mäuserichs wurde bis zur Wange, ‫משך חתול את ידו‬
etwa eine halbe Spanne lang, aufgerissen; ‫ונקרע פיו של עכבר עד לחי כחצי זרת‬
2

der Kater aber machte sich aus dem Staube. 3


‫והלך חתול לעצמו‬
Da lief der Mäuserich hinaus, ging zu Noah und sagte ‫מיד יצא עכבר והלך אצל נח ואמר לו‬
zu ihm: (‫ צדיק )בראשית ו ט‬4‫איש תמים‬
„Gerechter, untadeliger Mann, (Gn 6,9)
übe an mir Gerechtigkeit1 und nähe meine Wange, die ‫ צדקה ותפור ליחי שקרע לי חתול אויבי‬5‫עשה עמי‬
mir der Kater, mein Feind, zerrissen hat.“ ‫ לך‬6‫]נח[ אמר לו לך והביא לי משער זנב חזיר ונתפור‬
[Noah] sagte zu ihm: „Geh, und bringe mir Haare vom ‫ממנו לחיך‬
Schwanz des Schweins2, und ich werde dir damit deine
Wange nähen.“ ‫מיד יצא ומצא חזיר שוכב וקרע בשניו משערו‬
‫ שיער‬7‫והלך אצל נח ותפר פיו באותו‬
Sofort ging er hinaus und fand ein schlafendes Schwein,
riss mit seinen Zähnen [etwas] von seinem Haar aus und ‫ולפיכך נקרא‬
begab sich zu Noah, und der nähte seine Schnauze mit (‫נח איש צדיק )בראשית ו ט‬
diesem Haar.
‫שהיה עושה צדקות לבריותיו של הקדוש ברוך הוא‬
Und daher heißt es:3
Noah, ein gerechter Mann, (Gn 6,9) ‫ולפיכך יש לו כתפירה והיא אותה קריעה‬
denn er übte Gerechtigkeit an [allen] Geschöpfen des 8
<‫>ואמר לו יישר כחך‬
Heiligen, gepriesen sei er.
Und deswegen haben Mäuse etwas wie eine Naht [im
Gesicht], was von diesem Einreißen herrührt.“4
Er sagte zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“

1
Auch im Sinne von: „erweise eine Wohltat“ zu verstehen.
2
Wenn Noah nicht ein Wildschwein meint, dann stellt er dem Mäuse-
rich eine fast unlösbare Aufgabe, sieht doch der Ringelschwanz eines
Hausschweines recht unbehaart aus. Schweine haben ansonsten feste
und harte Grannenhaare (Borsten).
3
Das Eingerückte ist ein späterer Einschub, der den Erzählfluss unter-
bricht. .‫ של חתול‬:‫י‬ 1
4
Vgl. J.P. Lewis, Study of the Interpretation of Noah and the Flood in .‫ לחייו‬:‫י‬ 2
Jewish and Christian Literature, Leiden 1978. F. García Martínez, G.P. 3
.‫ לדרכו‬:‫י‬
Luttikhuizen, Interpretations of the Flood, Leiden 1998. A.J. Mill, 4
Noa´s wife again. PMLA 56 (1941), 613–626. F.L. Utley, The Devil .‫ חסר‬:‫י‬
5
in the Ark. In: K. Ranke (Hg.), Internationaler Kongress der Volks- .‫ לי‬:‫י‬
6
erzählungsforscher in Kiel und Kopenhagen, Berlin 1961, 446–463. .‫ ואתפור‬:‫י‬
7
Wieder abgedruckt in: A. Dundes (Hg.), The Flood Myth, Berkeley, .‫ עם‬:‫י‬
8
London 1988, 337–356. .‫ חסר‬:‫י‬

110 111
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage 17 ‫שאלה יז‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum geht der Rabe in tänzelndem Gang“?1
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
‫מפני מה עורב הליכתו ברקידה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Einst pflegte der Rabe so zu gehen wie die übrigen Vö- ‫]בן סירא[ אמר לו‬
gel es tun. [Als er einmal] aufblickte und eine Taube sah, ‫מפני שפעם אחת היה עורב הולך והליכתו כשאר‬
die den schönsten Gang von allen Vögeln hat, erschien ‫עופות‬
ihm ihr Gang aufrecht.2 Da wollte auch er so gehen und ‫נשא עיניו וראה ליונה שהולכת הליכתה יפה יותר מכל‬
machte es ihr nach.3
Sofort fingen alle Vögel an, über ihn zu spotten. ‫העופות‬
Da schämte sich der Rabe und wollte zu seiner Gangart ‫מיד ישרה בעיניו הליכתה ורצה גם הוא להלוך כך‬
zurückkehren, aber er konnte es nicht mehr, weil er sie ‫והיה הולך כך‬
bereits vergessen hatte. Als er dies bemerkte, begann er ‫מיד היו כל העופות מלעיגות עליו‬
zu tänzeln. Und bis heute pflegt er tänzelnd zu gehen.“ ‫מיד נתביש העורב ורצה לחזור להליכתו‬
Da sagte Nebukadnezar zu Ben Sira: ‫ לו‬1‫ולא היה יכול מפני שכבר נשכח‬
„Gepriesen, der die Tiefen ergründet, der sein Geheimnis ‫וכיון שראה כך התחיל לרקוד ועד עכשיו הוא הולך‬
[seinem Volk] Israel enthüllt.“ ‫ברקידה‬
Frage 18 ‫מיד אמר לו נבוכדנצר לבן סירא‬
‫ ישראל‬2<‫ברוך מגלה עמוקות שגלה סודו >לעמו‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum befruchtet der Rabe mit dem Schnabel?4 Er
kommt ja nur mit dem Schnabel zu seinem Weibchen.“5 ‫שאלה יח‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:6 [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
„Darüber sind zwei Gelehrte geteilter Meinung.
‫ ואינו בא על נקיבתו אלא‬3‫מפני מה עורב מזריע מפה‬
4
‫מפה‬
‫]בן סירא[ אמר לו‬
‫ שני חכמים פליגו בה‬5‫בדבר זה‬
1
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 86–88.
2
Oder: gerade, anständig, ehrlich.
3
Wörtlich: ging [auch] so.
4
Vgl. Gn 1,11-12. Siehe L. Ginzberg, Legends of the Jews, 5, 54–55
und 1, 38–39 sowie Anm. 172–174 u.a. mit Verweis auf Aristoteles,
Historia Animalium V,47.
5
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 88–89. 1
6
Die eingerückten Teile stammen von einer späteren Hand. Hier wird .‫ שכחו‬:‫י‬
2
gesagt, der Rabe habe in der Arche verbotenerweise für Nachwuchs .‫ כך‬:‫י‬
3
gesorgt; in der früheren Geschichte geht es aber darum, dass der Rabe .‫ מן הפה‬:‫י‬
4
Noah verdächtigt, ihn nur deswegen aus der Arche zu schicken, weil .‫ מן הפה‬:‫י‬
5
er ein Auge auf die Räbin geworfen habe. .‫ פליגי תרי אמוראי‬:‫י‬

112 113
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Einer meinte: ‫חד אמר‬
Weil er sich in der Arche fortpflanzte, wurde er ver- ‫בשביל שנשתמש בתיבה נעשה משונה‬
ändert.1
Und der andere meinte:
‫וחד אמר‬
Weil er ein Frevler, ein Drückeberger2 und ein ‫בשביל שהיה רשע וגנב ומזיד‬
Gesetzesbrecher war, ‫וסימנו ר'ג'ם‬
und sein Zeichen [sind die Buchstaben] Resch, ‫והיה חייב סקילה‬
Gimel, Mem[, die das Wort „steinigen“ bilden] ‫ולפיכך נעשה משונה‬
– und er sich der Steinigung schuldig gemacht
hatte, ‫עד שבא חכם שלישי ואמר אני אקיים דברי שניהם‬
deshalb wurde er verändert. ‫לפי שעורב היה רשע גמור ומרוב רשעתו נזקק‬
[Die Meinungsverschiedenheit blieb bestehen,] bis ‫עם נקיבתו בתוך התיבה‬
ein dritter Gelehrter kam und sagte: „Ich halte die ‫ כנפי הנשר‬1<‫ומרוב גניבתו נחבא >תחת‬
Worte beider aufrecht. Der Rabe [ist einerseits] der ‫כדי שלא יצא מן התיבה‬
schlimmste aller Frevler und seine Frevelhaftigkeit ‫ובדקו עליו כל התיבה עד שמצאו אותו‬
war die größte, [denn] er vereinigte sich mit seinem
Weibchen inmitten der Arche. [Andererseits] war ‫אמר לו נח‬
die größte seiner Drückebergereien die, dass er sich ‫)רשע( צא מן התיבה ובדוק אם מעטו המים‬
[unter] den Flügeln des Adlers versteckte, damit er
nicht aus der Arche hinausgeschickt würde. Aber sie ‫ חיות ועופות יש עמך‬2‫]העורב[ אמר לו ומה‬
durchsuchten die ganze Arche nach ihm, bis sie ihn ‫ואין אתה משגר אלא אותי‬
fanden.“
‫ רשות לשגר אלא שסימן שמם‬3‫אמר לו מפני שאיני‬
[Als die Sintflut über die Welt gekommen war,] sagte
Noah zu [dem Raben]: „(Frevler,)3 geh hinaus aus der Ar-
4
‫ע"י‬
che und überprüfe, ob sich das Wasser verringert hat.“4 ‫והם עורב ויונה‬
[Der Rabe] sagte zu ihm: „Du hast [allerlei] Tiere und ‫ נשר ויונה‬6‫ נ"י‬5‫]העורב[ אמר לו ומפני מה ע"י ולא‬
Vögel um dich herum, und entsendest einzig mich?!“5
Er sagte zu ihm: „Weil ich nur die Erlaubnis habe, die
zu senden, deren Zeichen6 ihrer Namen Ajin-Jod ist,
und das sind Rabe und Taube.“
[Der Rabe] sagte zu ihm: „Wieso [ausgerechnet] Ajin
[oder] Jod und nicht Nun [oder] Jod, Adler und Tau-
be?“ 1
.‫ כך‬:‫י‬
2
1 .‫ מכל חיות ועופות שעמך אין‬:‫י‬
Siehe bSanh 108b. .‫ אין לי‬:‫י‬ 3
2
Wörtlich: Dieb, was aber nicht in den Kontext passt. Das Wort wurde 4
‫ אמר לו אין לי רשות לשלח אלא שנים שתחלת שמם ע' י' עורב‬:49 ,‫א‬
wegen des Anfangsbuchstabens Gimel ausgewählt, um ‫רגם‬, steinigen,
zu konstruieren. ‫ אמר לו ולמה עורב ולא נשר ויונה? אמר לו מפני שיש עיר אחת‬,‫יונה‬
3
Das Wort gehört in die Überarbeitungsschicht. ‫ושמה עי ועתידין יושביה להרוג יאיר שאסר עורב והתיר יונה אמר עורב‬
4
Vgl. Gn 8,8. .‫לנח בעזות מצח לא תשלחני אלא להרגני ולבוא על אשתי‬
5
5
Siehe bSanh 108b. .‫ ולא נשר‬:‫י‬
6 6
Gemeint sind die Anfangsbuchstaben. .‫ נ"י ר"ל‬:‫ב‬

114 115
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Noah] sagte zu ihm: „Weil es eine Stadt (‫ )עיר‬gibt, ‫]נח[ אמר לו מפני שעיר אחד יש ושמה עי‬
deren Name Ai (‫ )עי‬ist.1 Und ihre Bewohner werden [‫ שאסר ]עורב‬1‫ועומדין יושביה על עי להרוג אדם‬
[einst] gegen Ai aufstehen, um einen Menschen zu
töten, der [Oreb]2 gefangen hielt und eine Taube3
‫והתיר יונה‬
befreite, und wegen der Größe des Übermutes von ‫ומרוב זדון של עורב‬
Oreb.4
<‫אמר לו >לנח‬
2

[Der Rabe] sagte [zu Noah]: 5


(‫>איש תמים )בראשית ו ט‬
„Redlicher Mann (Gn 6,9), ‫ הללו הכנסת בתיבה שבעה שבעה זכר‬3<‫לפי שכל‬
da du [von] all jenen [Vögeln] jeweils sieben in die Arche ‫ונקיבה‬
hineingebracht hast, [jeweils] Männchen und Weibchen,
aber von meiner Art nur ein Pärchen hineingebracht hast, ‫ומן מין שלי לא הכנסת אלא זוג אחד אותי ואשתי‬
mich und mein Weibchen, und da du mich [nun] ver- ‫ולפיכך אתה משגר אותי כדי שתבא על אשתי‬
treibst, [geschieht das nur,] damit du zu meinem Weib-
chen kommen kannst.“
‫מיד עמד נח וקלל את העורב ושמתו ואמר לו‬
‫ אף אתה‬5‫ עם אשתך כך תזקק לה‬4‫כשם שנזקקתי‬
Sogleich stand Noah auf und verfluchte den Raben,
bannte ihn und sagte zu ihm: „Wie ich mich mit deinem ‫ לא תזכה לבא על נקבתך‬6‫ואם אמרת שקר‬
Weibchen verbunden habe, so sollst auch du dich mit ihr
verbinden.6 ‫וענו כל העופות וחיות ושרצים שבתיבה ואמרו אמן‬
Und wenn du eine Verleumdung geäußert hast, hast
8
‫ מפני מה‬7‫מיד השיב העורב אל נח דין יש לי עליך‬
du es gar nicht verdient, zu deinem Weibchen zu ‫קללתני‬
kommen.“
Und alle Vögel, Tiere und Insekten in der Arche ant-
worteten und sagten: „Amen.“
Da antwortete der Rabe auf Noahs [Fluch]: „[Offen-
sichtlich] habe ich dir gegenüber Recht, [denn] wa-
rum hättest du mich sonst verflucht?!“

1
Vgl. Jos 7,2-26. 1
2
Ri 7,25, Ri 8,3, Ps 83,12. Hier ein Eigenname in der Bedeutung .‫ אחד‬:‫י‬
2
„Rabe“. .‫ כך‬:‫י‬
3 3
Metapher für Israel. ‫ לפי שמכל‬.‫ שאין אתה משגרני אלא כדי להקרין אותי ותבוא על אשתי‬:‫י‬
4
Weil er sich gegen Israel stellte. .‫העופות‬
5
Das Argument findet sich auch in bSanh 108b. – Yassif (B), 247: Er .‫ נזקקת‬:‫ב‬ 4
sagte zu Noah: Du entsendest mich doch nur, um mir Hörner aufzu- .‫ לך‬:‫ב‬ 5
setzen, denn du willst zu meinem Weibchen kommen. Denn von all 6
.‫ שקרת‬:‫ב‬
jenen Vögeln, die du in die Arche hineingebracht hast, gibt es [je] 7
sieben Männchen und Weibchen, und von meiner Art hast du nur ein ‫ אמר לו רשע עם‬,‫ אמר לו מפני שאתה זונה ושוטה וחושד כשרים‬:49 ,‫א‬
Paar hineingebracht: mich und mein Weibchen. Und daher entsendest ‫אשתי שהיא בדמותי בצלמי ומותרת עלי לא אזקק לה ועם נקבתך שאינה‬
du mich, damit du zu meinem Weibchen kommen kannst. ‫בדמותי אדרבה גם אסורה לי איך אזקק! אמר לו ולמה אמרת לי זונה‬
6
Noah hat mit den Raben nur geredet, also soll auch der Rabe mit sei- .‫ א"ל בודאי זונה אתה כדבריך ולא הוצאתי עליך שם רע‬,‫אתה‬
8
nem Weibchen nur reden dürfen. .‫ למה‬:‫י‬

116 117
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Noah] sagte zu ihm: „Unzüchtiger Gelbschnabel1, ‫]נח[ אמר לו שוטה זונה והרי אני עומד עם אשתי‬
sieh doch, ich stehe mit meiner Frau [zusammen] und 1
<‫ואיני נזקק לה >ועל נקיבתיך אבא‬
verbinde mich nicht mit ihr, und zu deinem Weibchen
sollte ich kommen?!“ ‫]העורב[ אמר לו ומפני מה אמרת לי עכשיו זונה‬
[Der Rabe] sagte zu ihm: „Warum hast du mich jetzt ‫ אמר‬3‫ כיון שתראה שהאומר לחבריו עבד‬2‫אמר לו‬
als unzüchtig bezeichnet?“
‫ אומר לו הוא ממזר‬4‫לו הוא עבד או האומר לו ממזר‬
Er sagte zu ihm: „Damit du siehst, dass, wer zu seinem ‫>והאומר לחבירו זונה המלבין פני חבירו זונה‬
Gefährten „Sklave“ sagt, dem sagt [der Gefährte], er
ist [selbst] ein Sklave. Oder wer zu ihm „Bastard“ ‫זה סימן הרגיל לומר לחבירו דברים שאינם הגונים‬
sagt, dem sagt er, ist er [selbst] ein Bastard. Und sagt ‫פסול הוא‬
jemand zu seinem Gefährten [er sei] „unzüchtig“, be-
schämt er seinen Gefährten [mit dem Schimpfwort] <‫ואתה אמרת לי זונה ואתה זונה‬
5

„unzüchtig“. ‫בפחי נפש‬6<‫מיד הלך >בבריאתו ו‬


Dies ist ein Merkzeichen: Wer sich angewöhnt, zu ‫ולפיכך עד עכשיו אין לו רשות לבא על נקיבתו אלא‬
seinem Gefährten Dinge zu sagen, die ungehörig2 ‫שמזריע בפיו כדי שלא יבטל זרעו‬
sind, ist [selbst] untauglich.
Du nämlich hast mich [zuerst] unzüchtig genannt,
‫וזה היה מפני שהיה רשע מכל העופות‬
also bist du selbst unzüchtig.“ ‫וממזר מכל שקצים ורמשים‬
Da ging er in seine Welt und war verzweifelt. ‫ושוטה יותר מכל הבהמות‬
Und daher darf [der Rabe] bis heute nicht zu seinem
‫ומזיד יותר מכל החיות‬
Weibchen kommen, außer wenn er mit seinem Schnabel ‫ מכל בריה‬7‫וזונה מכל שרצים עני יותר‬
befruchtet, [und dies auch nur,] damit seine Nachkom- ‫וזה סימן בעורב ר'ש'מ'ז'מ'ג' ולפי רשעו הוא מזריע‬
menschaft nicht ausstirbt. 8
‫מפה‬
Und dies war es, warum er der größte Frevler von ‫אמר לו לבן סירא יישר כחך‬
allen Vögeln war und [der schlimmste] Bastard von
allen Schädlingen und allem Ungeziefer und der
größte Narr unter allen Haustieren und böswilliger
als alle wilden Tiere, schamloser als alles Gewürm,
das Ärmste von allen Gechöpen. Und dies sind die
Zeichen bei [der Geschichte mit dem] Raben und sei-
ner Frevelhaftigkeit, wegen der er mit dem Schnabel
befruchtet: Resch, Schin, Mem, Sajin, Mem, Gimel.
Er sagte zu Ben Sira: „[Gott] stärke deine Kraft.“ .‫ ואיך אבוא על נקיבתיך‬:‫י‬ 1
2
.‫ רשע‬:‫י‬
3
.‫ הוא עבד‬:‫י‬
4
.‫ הוא ממזר‬:‫י‬
5
1
Diese Schimpfwortkombination ist – laut Bar Ilan CD 10 – sonst nicht .‫ חסר‬:‫י‬
6
belegt: Etwa „irrsinniger Hurensohn“. Yassiv (B) weicht zur Stelle im .‫ חסר‬:‫י‬
7
Wortlaut etwas ab. .‫ מהמצפה וגונב יותר מכל בריה‬:‫י‬
2 8
Oder: unangemessen, unpassend. .‫ מפיו‬:‫י‬

118 119
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage 19 ‫שאלה יט‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum kommen Tiere1 zu ihren Eltern und zu den
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
Weibchen ihrer Artgenossen?“2 ‫מפני מה חיות באין על הורתן ועל נשי חביריהן‬
[Ben Sira sagte zu ihm:] <‫]בן סירא[ >אמר לו‬
1

Kein Tier und keines der Geschöpfe lernte aus [dem ‫ מעורב הרשע‬2‫כל חיות וכל בריה לא למדו‬
Schicksal] des Raben, des Frevlers.3
‫לפי שכיון שנברא העולם הזה ונברא אדם הראשון‬
„Nachdem diese Welt erschaffen worden war, und der ‫ונבראו כל בריות מיד עמדו כל הבריות לפני הקדוש‬
erste Mensch erschaffen worden war, und alle Geschöp-
fe erschaffen worden waren, stellten sich alle Geschöpfe ‫ברוך הוא ואמרו לפניו‬
sogleich vor den Heiligen, gepriesen sei er, und sprachen ‫רבונו של עולם‬
vor ihm: ‫אי זה מעשה יהיה בידינו ו‬
„Herr der Welt, 3
‫הורינו שמינו‬
welches Werk wird in unseren Händen4 sein? Und:
lehre uns unsere Namen!“ ‫אמר להם‬
Er sagte zu ihnen:
‫הכל בידי שמים חוץ משני דברים שאין בידי שמים‬
4

„Alles ist in den Händen des Himmels bis auf zwei


5
‫חסידות ורשעות‬
Dinge, die nicht in den Händen des Himmels sind: ‫שאם תצדיקו לעצמכם תצדיקו‬
Frömmigkeit und Frevelhaftigkeit. ‫ואם תרשיעו לעצמכם תרשיעו‬
Wenn ihr Gerechtigkeit übt, erfahrt ihr selbst Gerech- ‫ואתם תשכילו אלא עכשיו‬
tigkeit, und wenn ihr frevelhaft seid, erfahrt ihr selbst ‫לכו אצל אדם שכבר הוריתי לו שמיכם‬
Frevelhaftigkeit.
Und ihr sollt verständig werden. Daher nun: ‫ומעשים שתעשו‬
Geht zu Adam, dem ich bereits eure Namen gelehrt ‫מיד חזרו כלם ואמרו לפניו רבונו של עולם מי שיש‬
habe.“
Und die Werke, die ihr tun sollt.
‫לו בן‬
‫ורצה להניח לו עמל‬
Sogleich aber sprachen alle wiederum vor ihm: „Herr
der Welt, wer ein Kind hat und ihm ein Werk5 aufer-
legen will,

1
1
Zur Begattung. .‫ כך‬:‫י‬
2
2
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 90. .‫ אלא‬:‫י‬
3
3
Der Satz wurde, wie alles folgende Eingerückte, später hinzugefügt. .‫ להם‬:‫י‬
4
4
Sinngemäß: Was sollen wir nun tun? Gibt es Arbeit für uns? .‫ חסר‬:‫י‬
5 5
Wörtlich: Mühsal. .‫ רשע‬:‫י‬

120 121
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
wird es vertreiben. Sagt er ihm etwa, geh zu dem ‫ אצל עמל‬2‫ אותו ואומר לו לך‬1‫יגרש‬
Werk, oder wird er mit ihm zu ihm1 gehen und [es] ‫או ילך עמו אצלו ומפקידו‬
ihm anvertrauen?“
Er sagte zu ihnen: „Er geht mit und vertraut [es] ihm
‫אמר להם הולך ומפקידו‬
an.“ ‫ רבונו של עולם אם כן לך אתה עמנו‬3‫אמרו לפניו‬
Sie sprachen vor ihm: „Herr der Welt, wenn es so ist,
4
‫אצלו‬
gehe du mit uns zu ihm.“
‫ והכריז כאריה‬5‫מיד עמד הקדוש ברוך הוא ושאג‬
Da stand der Heilige, gepriesen sei er, auf und brüllte 6
‫ונפל יראתו על ברייתו ונתקבצו כולם כיחד‬
und hörte sich an wie ein Löwe, so dass Furcht vor ‫שנאמר‬
ihm seine Geschöpfe befiel und sie sich wie zu einer
Einheit dicht aneinander drängten. (‫אריה שאג מי לא יירא )עמוס ג ח‬
‫ואין אריה אלא הקדוש ברוך הוא‬
Wie es heißt: 7
‫דסמיך ליה יי' אלדים‬
Der Löwe brüllt, wer sollte sich nicht fürchten.
(Amos 3,8) ‫ והלך עם כל בריותו‬9‫ אותם בצפורנו אחד‬8‫מיד נטל‬
„Löwe“ meint aber immer den Heiligen, gepriesen ‫אצל אדם‬
sei er.2
Denn er, Gott, JHWH, stärkt ihn.
‫שנאמר‬
‫ וכל חיית‬... ‫וייצר יהוה אלהים את האדם מן האדמה‬
Sogleich nahm er sie mit seinem einen Fingernagel ‫השדה וכל עוף השמים ויבא אל האדם )בראשית ב‬
und ging mit all seinen Geschöpfen zu Adam.
(‫יט‬
Wie es heißt:
Da formte Gott, JHWH, den Menschen aus Erde. ‫ אי אפשר לאומרו‬10‫אמר לו אלמלא מקרא דכתיב‬
[Bis:] ‫שנאמר‬
Und alle Lebewesen des Feldes und alle Vögel des (‫ויבא אל האדם )בראשית ב יט‬
Himmels brachte er zu Adam. (Gn 2,19) ‫מיד הניח אותן לפניו ונסתלק‬
Er sagte zu ihm: „Wenn es nicht ein Schriftvers wäre, ‫ לשמעו את האדם‬11‫והן ישבו שבוע אחד‬
in dem geschrieben steht, er brachte sie zu Adam,
dürfte man es nicht sagen!“3
Sogleich ließ er sie vor ihm zurück und entfernte
sich.
Und sie saßen eine Woche da, um Adam zuzuhören.
1
.‫ מגרשו‬:‫י‬
2
.‫ ילך‬:‫ב‬
3
.‫ להם‬:‫ב‬
4
.‫ אצל אדם‬:‫י‬
5
.‫ חסר‬:‫י‬
6
.‫ יחד‬:‫י‬
7
.‫ אלהים‬:‫י‬
8
1
Zu Adam, der die Arbeit zu verteilen hat. .‫ נשא‬:‫י‬
9
2
Mit Bezug auf Jer 4,7 wird in Midr. Aggada (Buber), 30 „Löwe“ auf .‫ אחת‬:‫י‬
10
Nebukadnezar bezogen. .‫ כתוב‬:‫י‬
3 11
Adam hätte zu Gott gehen müssen. .‫ אחת לשמש אדם כתלמיד‬:‫י‬

122 123
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Wie Schüler vor dem Lehrer. ‫כתלמידים לפני הרב‬
Und [als] sie sahen, dass er nicht unzüchtig war, waren ‫ שלא היה זונה אף הם זונים לא היו‬1‫וראו אותו‬
auch sie nicht unzüchtig
‫ ממנו עשו‬2‫וכל מה שראו‬
Und alles, was sie von ihm sahen, machten sie ‫והיו כל אחד ואחד מאסרין את נשיהן‬
[nach]. ‫ולא היו חומדין נשי חביריהן‬
Und sie versprachen sich jeder einzelne ihrem Weib-
chen, ‫והיו כך עד דור המבול‬
und begehrten nicht das Weibchen ihrer Artgenossen. ‫וכיון שירד מבול לעולם נכנסו לתיבה זוג זוג‬
‫וישבו וראו לנח שלא בא על אשתו‬
Und so verblieben sie bis zur Generation der Sintflut.1 ‫ואף הם לא היו באים על נשותיהן עד ש‬
Und als die Sintflut auf die Erde herabkam, gingen sie
paarweise in die Arche hinein; und sie saßen da und sa- ‫הלך פעם אחת הכלב‬
hen, dass Noah nicht zu seiner Frau kam. Da gingen auch ‫ נזקק עם אשתו בסתר‬3‫ומצאו אותו שהיה‬
sie nicht zu ihren Weibchen, bis dass einmal [folgendes ‫ שהוא הלך והחביא את עצמו עם גוריאתו‬4‫ולפיכך‬
geschah:] ‫ונזקק עמה בסתר‬
Der Hund ging weg und sie fanden ihn, wie er sich
6
‫ אינם יכולין ליפרד‬5‫כיון שנזקקים‬
heimlich mit seinem Weibchen verband. ‫מיד בא עורב רשע ומצאן שהן נזקקין בסתר ולא‬
Und weil er gegangen war und sich mit seiner Hündin ‫ אלא‬7‫מיחן‬
versteckt hatte, um sich heimlich mit ihr zu verbin-
den, konnten sie sich nicht, nachdem sie sich verbun- ‫ של‬8‫נטל ]העורב[ נקיבתו ונזקק עמה לעיני כל בריותיו‬
den hatten, voneinander trennen. ‫מקום‬
In dieser Situation2 kam ein böser Rabe und fand ‫והם נתבישו ולא רצו לעשות כך‬
sie, wie sie sich heimlich miteinander verbanden. Er
schritt aber nicht [gegen sie] ein, sondern: ‫ עורבים זכרים‬9'‫מיד נתעברה עורבת וילדה ג‬
[Der Rabe] nahm sein Weibchen und verband sich mit ‫לימים גדלו העורבים ולא היה >להם נקיבות‬
ihr vor den Augen aller Geschöpfe Gottes. Diese aber
schämten sich und wollten das nicht [nach]machen.
Die Räbin aber3 empfing und brachte drei männliche Ra-
ben auf die Welt. Mit der Zeit wuchsen die Raben heran,
es gab aber für sie keine Weibchen.

1
.‫ לו‬:‫ב‬
2
.‫ שראה‬:‫ב‬
3
.‫ ומצאו להם שהיו‬:‫ב‬
4
.‫ בניו שחורין לפיכך הוא‬:‫י‬
5
.‫ ולפיכך כיון שהכלבים נזקקים‬:‫י‬
6
.‫ להפרד‬:‫י‬
7
1
Die Tiere leben monogam. .‫ מיחה בהן‬:‫י‬
8
2
Wörtlich: Sogleich. .‫ בריתו‬:‫ב‬
3 9
Wörtlich: Sogleich. .‫ חסר‬:‫י‬

124 125
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Da kamen sie alle zu ihrer Erzeugerin. 1
<‫מיד באו כלם על הורתן‬
Noah sah sie zwar, schritt aber nicht ein, weil er von ‫ לפי שלא נטל מן הקדוש‬3‫ ולא מיחה‬2‫והיה נח רואה‬
dem Heiligen, gepriesen sei er, nicht die Erlaubnis er-
halten hatte einzuschreiten. Als aber alle übrigen Ge-
‫ברוך הוא רשות למחות‬
schöpfe sahen, dass Noah dagegen nicht einschritt, ‫ היה נח מוחה זה‬4‫כיון שראו כל שאר הבריות שלא‬
sagten sie, er hat es richtig gemacht. ‫אמרו‬
Und als sie alle aus der Arche hinausgegangen waren,
‫יפה עשה‬
wollten sie die Weibchen zu sich nehmen wie zu Be- 6
‫ כלם מן התיבה רצו לישא נשים‬5‫וכיון שיצאו‬
ginn. ‫כבתחילה‬
Es kam der (Frevler von)1 Rabe und sagte zu ihnen:
„Dummes Zeug, macht es, wie es euch beliebt, so wie ‫ ואמר להם‬7(‫בא להם עורב )הרשע‬
ich. ‫שוטים עשו חפיצת נפשיכם כמותי‬
Denn bis jetzt habt ihr euch vor der Sintflut gefürchtet ‫ בשביל המבול‬8‫לפי שעד עכשיו אתם מתייראים‬
und habt Gerechtigkeit geübt. ‫והייתם עושים צדקה‬
Jetzt ist aber bereits eine Anordnung von Gott erlas- ‫ועכשיו כבר נגזרה גזרה מלפני המקום שלא יבא‬
sen, dass nie mehr eine Flut über die Erde kommen
wird, wie es heißt:
‫מבול לעולם‬
Da sprach JHWH zu seinem Herzen, ich will hinfort ‫שנאמר‬
nie mehr die Erde verfluchen [um der Menschen ‫ויאמר יהוה אל לבו לא אוסיף לקלל )בראשית ח‬
willen]. (Gn 8,21) (‫כא‬
[Die Tiere sagten:] „Er sagte, wegen des Menschen 9
‫אמר בעבור האדם לא ירד אלא בעבורינו‬
wird sie nicht herabkommen, vielmehr unseretwegen
[wird es wieder geschehen].“ ‫אמר להם והלא כתוב‬
10

Er sagte zu ihnen: „Steht aber nicht geschrieben: (‫לא אוסיף עוד להכות את כל חי )בראשית ח כא‬
Ich will hinfort nicht mehr schlagen, alles, was ‫אמרו לו מתייראים אנו שמא בשביל הממזרות‬
lebt?“ (Gn 8,21)
‫יאבד העולם‬
Sie sagten zu ihm: „Wir fürchten [aber], dass die Welt
wegen der unerlaubten Vermischung vernichtet wer-
den könnte.“

1
.‫ הניחו נקיבות שלא באו עליהן ואפילו על הורתן‬:‫י‬
2
.‫ ראוה‬:‫ב‬
3
.‫ היה מוחה‬:‫י‬
4
.‫ וכיון שראה כל בריה שלא‬:‫ב‬
5
.‫ שראו שיצאו‬:‫י‬
6
.‫ ולהשיא‬:‫ב‬
7
.‫ חסר‬:‫י‬
8
.‫ הייתם יריאים‬:‫י‬
9
.‫ אבל בעבורינו ירד‬:‫י‬
1 10
Das Eingeklammerte gehört zu der Überarbeitungsschicht. .‫ והא כתיב‬:‫י‬

126 127
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Er sagte zu ihnen: „Wenn tatsächlich die Söhne, die ‫אמר להם‬
zu ihren Schwestern gekommen sind, [der Grund für ‫ עד כאן מבול היה‬1‫אלמלא בנים שבאו על אחותן‬
die Flut gewesen wären,] wäre noch immer eine Flut
auf der Welt.“
‫לעולם‬
Sogleich fing der Esel an, zu seiner Mutter zu kommen. ‫מיד התחיל חמור לבא על אמו‬
Da wichen alle von ihrem Weg ab, und dieser schlief mit ‫מיד עזבו כולם את דרכם‬
der Mutter von jenem, und jener schlief mit der Mutter ‫וזה שכב עם אמו של זה >וזה שכב עם אמו של זה‬
von diesem, und dieser kam zu dem Weibchen von je- 2
<‫וזה בא על אשת של זה וזה בא על אשת של זה‬
nem, und jener kam zu dem Weibchen von diesem.
‫ונעשו כולם פסולים וממזרין‬
Und so wurden alle bemakelt und zu Mamserim1.
Und so ist es bis heute geblieben.“ ‫ועד עכשיו כך‬
3

Er sagte zu Ben Sira: „[Gott] stärke deine Kraft.“ ‫אמר לו לבן סירא יישר כוחך‬

Frage 20 ‫שאלה כ‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum gibt es im Meer von allen Geschöpfen dessen,
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
der [auch] dich bereitet hat, [eine Entsprechung,] selbst ‫מפני מה יש בים מכל בריות של קונך‬
4

von den Menschen, nicht aber von dem Fuchs?“2 ‫ מן השועל‬5‫אפילו מן בני אדם חוץ‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סורא[ אמר לו‬
„Weil er schlauer ist als jedes [andere] Geschöpf. ‫מפני שהוא פיקח מכל בריה‬
Als nämlich der Todesengel erschaffen worden war,3 hob ‫וכיון שנוצר מלאך המות ונשא עיניו‬
er seinen Blick und sah, dass es auf der Erde zu viele
Lebewesen gab.4 ‫וראה את העולם שהיה שם בריות הרבה‬

1
Mamser, jemand, der einer rabbinisch verbotenen Verbindung ent-
stammt.
2
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 91, 100–104. Vgl. bChul 127a; bBer
61b. – A.S. Rappoport, The Folklore of the Jews, London 1937, 153.
H. Schwarzbaum, The Mishle Schualim (Fox Fables) of Rabbi Bere-
chia ha-Nakdan, Kiron 1979. M. Gaster, Das Herz auf dem Lande.
MGWJ 29 (1880), 477–479. M. Steinschneider, Zu Kalila We-Dimna,
ZDMG 27 (1873), 553–565. B.C. Kirtley, Remarks on the Origin and
History of an Alphabet of Ben Sira Fable. In: Studies in Biblical and
Jewish Folklore (ed. Patai-Utley-Noy), Bloomington 1960, 31. 1
3
Vgl. H. Schwarzbaum, Qotser raoto schel Malach ha-mawet mi-ma- .‫ אימותן על כן היה המבול לעולם‬:‫י‬
2
qor israel we-ischmael, Tel Aviv 1975. H. Schwarzbaum, Studies in .‫ חסר‬:‫י‬
3
Jewish and World Folklore, Berlin 1968, 347. .‫ חסר‬:‫י‬
4
4
Siehe H. Schwarzbaum, The Overcrowded Earth. In: Jewish Folklore .‫ בריתו‬:‫ב‬
5
between East and West, Beer-Sheva 1989, 127–142. .‫ חוץ שועל‬:‫ב‬

128 129
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Da sagte er vor ihm: ‫מיד אמר לפניו‬
„Herr der Welt, gib mir jene, um [sie] zu töten.“ 1
<‫רבונו של עולם תן לי >הללו להרוג‬
[Gott] sagte zu ihm: „Über das Geschlecht des Phönix1
soll dein Schwert nicht herrschen, weil alle meine Ge-
3
‫ לא ימשול בהם חרבך‬2‫אמר לו דורו של מלחים‬
schöpfe den Geschmack der Sünde geschmeckt haben. ‫לפי שכל בריותיי טעמו טעם חטא והוא לא טעם‬
Er aber hat [ihn] nicht geschmeckt.“ ‫ אגרש אותם מהללו שחוטאין‬4‫אמר לפניו‬
Er sprach vor ihm: „Ich werde sie von jenen absondern, ‫אמר לו הין‬
die gesündigt haben.“
Er sagte zu ihm: „So sei es.“ ‫מיד בנה להם עיר גדולה והכניס שם כל אותו הדור‬
‫ לא ימשול ביושביך‬5‫וחתם בדלתיה של עיר ואמר‬
Da baute er für sie eine große Stadt, ließ das gesamte
Geschlecht [des Phönix] dort hineingehen, versiegelte
6
‫חרבי‬
die Tore der Stadt und sprach: „Mein Schwert wird nicht ‫מיד חזר ואמר לפניו רבונו של עולם אהרוג כל‬
über deine Bewohner herrschen.“
‫הנשארים‬
Dann kehrte er zurück und sprach vor ihm:
„Herr der Welt, alle übrigen werde ich töten.“ ‫אמר לו טול מהם מכל בריותי זוג זוג מכל מין ומין‬
‫שבראתי‬
Er sagte zu ihm: „Nimm von allen meinen Geschöpfen
jeweils ein Paar, von jeglicher Art, die ich erschaffen
‫זכר ונקבה והשליכם בים‬
habe, ein männliches und ein weibliches [Geschöpf], und ‫ שם כמו שהיו בתיבה והשאר תהרוג‬7‫והיו‬
wirf sie ins Meer. Dort sollen sie sein, wie sie in der Ar-
che waren. Die übrigen aber sollst du töten.“
‫מיד נטל מכל מין ומין זכר ונקיבה וכנסם בתוך הים‬
‫עד שבא לשועל ולאשתו‬
Da nahm er von jeder Art ein männliches und ein weib- ‫כיון שראה שועל שהיה זורקם בים סבר שלמוות היה‬
liches [Geschöpf] und ließ sie im Meer versinken, bis er ‫מכניסם שם‬
zum Fuchs und seinem Weibchen kam.
Als der Fuchs sah, wie er sie ins Meer warf, glaubte er, er ‫ עצמו על שפת הים‬8‫עמד ושטח‬
ließe sie dort hineingehen, damit sie stürben.
Er erhob sich und warf sich am Ufer nieder.

1
Hebräisch: Malcham, vielleicht als ‫( מלא חיים‬voll des Lebens) verstan-
den. Vgl. J.H. Schor, Notes and Corrections. Hechaluts 8 (1869), 172:
das Wort ist evt. von dem griechischen Wort „Malaxos“ abzuleiten.
Weitere Namenserklärungen listet E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 94 .‫ רשות להרוג כל אילו‬:‫י‬ 1
auf. Vgl. auch K. Kohler, The Pre-Talmudic Haggada. JQR 5 (1893), .‫ מלחם‬:‫י‬ 2
416–419. A. Jellinek, BhM 6, XI, 4 hat als Variante „Maltam“. Vgl. 3
.‫ את חרבך‬:‫ב‬
R. van den Broek, The Myth of Phoenix According to Classical and 4
Early Christian Traditions, Leiden 1972. D. Phagis, Oph ha-almawet. .‫ רצונך שאגרש‬:‫י‬
5
Motif ha-phönix be-sifrut ha-midrasch weha-aggada. Sefer ha-juval .‫ חסר‬:‫י‬
6
schel Gymnasia ha-ivrit be-Jeruschalajim, Jerusalem 1962, 74–90. .‫ שלא ישמול ביושביה חרב‬:‫י‬
7
E.G. Suhr, The Phönix. Folklore 87 (1976), 29–37. J. Gutman, Ha- .‫ ויהיו‬:‫י‬
8
sifrut ha-jehudit ha-hellenistit, Jerusalem 1963, 2, 62–64. .‫ שחט‬:‫ב‬

130 131
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Er sagte zu dem Todesengel: „Warum suchst du mich?“ ‫אמר למלאך המות מפני מה אתה מבקשני‬
Er sagte zu ihm: „Weil ich dich ins Meer werfen will.“ ‫אמר לו כדי שאזרוק אותך בתוך הים‬
Er sagte zu ihm: „Willst du denn zwei Paare von meiner
Art ins Meer versenken?“
‫ בים‬2‫ שני זוגין ממני אתה רוצה ליכנס‬1‫אמר לו וכי‬
Er sagte zu ihm: „Ich will nur eines.“ ‫אמר לו איני רוצה אלא אחד‬
Er sagte zu ihm: „Siehe, mein Gefährte ist im Meer ver- ‫ בים ואני אכנס‬4‫ הרי חבירי שוקע‬3‫אמר לו‬
sunken und ich soll [auch] hinein?!“
‫מיד זקף עיניו והראה לו צלתו בים וסבר מלאך המות‬
Da hob er1 seinen Blick, und es zeigte sich ihm sein ‫ששועל הוא‬
Schatten im Meer. Da meinte der Todesengel, dass er2 ‫אמר לו לך לעצמך‬
ein Fuchs sei.
Er sagte zu ihm: „Mach, dass du fortkommst.“ ‫מיד ברח‬
Sogleich entfloh er. ‫ בים וחשבם ומצא‬5‫לשנה ראה לויתן אותן המכנסין‬
Nach einem Jahr schaute sich Leviatan3 die an, die im ‫פחות השועל‬
Meer versenkt worden waren. Er zählte sie und fand her- ‫אמר לויתן אליהם להיכן שועל‬
6

aus, dass der Fuchs fehlte. Leviatan sagte zu ihnen: „Wo-


hin ist der Fuchs?“ ‫אמרו לו מילטה עצמה בחכמתה‬
Sie sagten zu ihm: „Er hat sich durch seine Klugheit ge-
rettet.“ ‫מיד חזר לויתן ואמר להם לדגים צאו לשפת הים‬
‫והביאו שועל פקח עד שנאכל את לבו‬
Da erwiderte Leviatan den Fischen und sprach: „Zieht
hin ans Meeresufer und bringt einen schlauen Fuchs her, ‫ ועמדו על שפת הים עד שבא אותו‬7‫מיד הלכו כלם‬
damit wir sein Herz fressen.“4 ‫שועל‬
Sogleich begaben sich alle ans Meeresufer und warteten, ‫ועמדו על שפת הים ואמר להם לדגים‬
dass jener Fuchs kam. Und [als] sie am Meeresufer war- ‫ מכם בעולם‬8‫אשרי מי שישביע‬
teten, sagte er zu den Fischen: „Glücklich ist der, der sich
auf ewig an euch satt fressen kann.“ ‫אמרו לו אם תרצה לאכול ממנו הכנס עמנו בתוך הים‬
‫וכסא אחד יש בו ותשב בו ותמשול עלינו‬
Sie sagten zu ihm: „Wenn du von uns fressen willst,
komm mit uns ins Meer hinein. Es gibt darin einen Thron,
auf den du dich setzen und über uns herrschen kannst.“

1
Der Todesengel.
2
Der Schatten.
3
Hier: der König der Meere.
4
Das Herz ist der Sitz des Verstandes. – F. Edgerton, The Pachantandra
Reconstructed, New Haven 1924, 2, 393–399. A.W. Ryder, The Pan- .‫ ממני‬:‫י‬ 1
chatantra, Translated from the Sanskrit, Bombay 1949, 329–335. M. .‫ להכניס לשם‬:‫י‬ 2
Steinschneider, Zu Kalila we-Dimna. ZDMG 27 (1873), 553–565. 3
.‫ אם כן‬:‫י‬
M. Gaster, Beiträge zur vergleichenden Sagen- und Märchenkunde. 4
Das Herz auf dem Lande. MGWJ 29 (1880), 475–480; 549–556. D. .‫ משוקע‬:‫י‬
5
Noy, Sifrut ba´ale chaijm, 222–244. B.C. Kirtley, Remarks on the .‫ הנכנסין‬:‫י‬
6
Origin and History of an Alphabet of Ben Sira Fable, 31. E. Yassiv, .‫ היכן‬:‫י‬
7
The Hebrew Folktale. History, Genre, Meaning, Bloomington 1999, .‫ חסר‬:‫י‬
8
275–276. .‫ ישב עמכם‬:‫י‬

132 133
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Er sagte zu ihnen: „Nein, vielmehr, wenn ihr [das] wollt, ‫אמר להם לאו אלא אם תרצו צאו עמי‬
dann kommt mit mir. Heraus aus dem Meer, und ich wer- ‫לחוץ מן הים ואמשול עליכם ביבשה‬
de auf dem Trockenen über euch herrschen!“
Sie sagten zu ihm: „Du bist das Schlauste aller Geschöp-
‫אמרו לו ואתה פקח שבכל החיות אי אתה פקח אלא‬
fe?! Du bist nicht schlau sondern dumm! Wenn die Men- ‫שוטה‬
schen für uns Netze und Fallen aufstellen, um uns zu fan-
1
‫ומה אנו בתוך הים דירתינו‬
gen, wenn wir uns mitten im Meer aufhalten, um wie viel 2
‫ובני אדם עושים לנו רשתות ומכמרות ונוטלין אותנו‬
mehr [werden sie das tun], wenn wir auf dem Trockenen ‫וכשאנו ביבשה על אחת כמה וכמה‬
sind. Wenn du also über uns herrschen willst, geh mit ‫ האבן‬3<‫אלא אם תרצא למשול בנו לך עמנו >לזו‬
uns zu diesem Stein, setze dich auf ihn und herrsche [von
dort] über uns, da unser König kürzlich verstorben ist.“
4
‫ותשב עליו‬
‫ותמשול עלינו לפי שכבר מת מלכינו‬
Da sprang der Fuchs auf sie, und sie zogen mit ihm los.
Nachdem sie an jenem Stein, den sie erwähnt hatten1, ‫מיד קפץ עליהם שועל והלכו עמו‬
vorbeigekommen waren, sagte er zu ihnen: ‫ שאמרו לו אמר להם להיכן‬5‫כיון שעברו אותו האבן‬
„Wohin bringt ihr mich?“ ‫תוליכוני‬
Sie antworteten ihm: „Zu Leviatan.“
‫אמרו לו ללויתן‬
Er sagte zu ihnen: „Wieso und warum verlangt er nach
mir?“ ‫אמר להם למה ומפני מה מבקשני‬
Sie antworteten ihm: „Er will dein Herz fressen.“ ‫אמר לו לבך רוצה לאכל‬
Er sagte zu ihnen: „Oh, ihr Dummköpfe, warum habt ihr ‫אמר להם אוי לשוטים ומפני מה לא אמרתם לי דבר זה‬
mir dies denn nicht am Meeresufer gesagt, dann hätte ich 6
<‫על שפת הים >ולבי על שפת הים הנחתיו‬
ihm mein Herz gleich am Ufer überlassen.“
‫אמרו לו בוודאי‬
Sie sagten zu ihm: „Sicherlich!“
Er sagte zu ihnen: „Wenn ich mein Herz bei mir gehabt ‫ הייתי אומר לכם‬8‫ היה לבי עמי‬7‫אמר להם שאלמלא‬
hätte, hätte ich dann zu euch gesagt, kommt zu mir aufs ‫ הוליכוני ליבשה‬9‫צאו עמי ליבשה אלא אם תרצו‬
Trockene heraus? Nun, wenn ihr wollt, bringt mich aufs ‫ את לבי‬10‫ואטול‬
Trockene, und ich werde mein Herz nehmen und mit ‫ואלך עמכם‬
euch gehen.“

1
.‫ דירתו‬:‫ב‬
2
.‫ אותו‬:‫ב‬
3
.‫ כך‬:‫י‬
4
.‫ ותשה עלינו‬:‫ב‬
5
.‫ הארץ‬:‫ב‬
6
.‫ כי שם הנחתי לבי‬:‫י‬
7
.‫ ואילו‬:‫י‬
8
.‫ חסר‬:‫י‬
9
.‫ תרצא‬:‫ב‬
1 10
Wörtlich: den sie ihm gesagt hatten. .‫ ואקח‬:‫י‬

134 135
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sie entließen ihn aufs Trockene. ‫והוציאוהו ליבשה‬
Sogleich ging er hinaus, stellte sich ans Meeresufer und ‫מיד יצא ועמד על שפת הים והיה מלעיג עליהם‬
spottete über sie.
Jene Fische sagten zu ihm: „Und warum hast du gesagt,
‫אמרו לו אותם דגים ומפני מה אמרת הוציאו אותי‬
entlasst mich aufs Trockene, da ich mein Herz nicht bei ‫ליבשה‬
mir habe?“ ‫לפי שאין לבי עמי‬
Er sagte zu ihnen: „Dummköpfe, die ihr auf der Welt ‫ לא היה לבי‬1‫אמר להם שוטים שבעולם באותה שעה‬
seid, damals hatte ich mein Herz nicht bei mir und bin ‫עמי‬
daher mit euch ins Meer hineingegangen. Jetzt aber, da ‫ולכך הייתי נכנס עמכם בים‬
ich mein Herz bei mir habe, werde ich nicht mit euch ins
Meer gehen.“ ‫ועכשיו שיש לבי עמי לא אכנס עמכם בים‬
Da begaben sie sich alle unter Wehklagen zu Leviatan ‫מיד הלכו כלם בבכיה אצל לויתן ואמרו >לו כל אותו‬
und erzählten ihm die ganze Geschichte. 2
<‫מעשה‬
Er sagte zu ihnen: „Ihr habt es richtig gemacht, dass ihr ‫אמר להם יפה עשיתם שלא הבאתם אותו לכאן‬
ihn nicht hierher gebracht habt.
‫בשביל רשעתו מרובה‬
Wegen seiner allzu großen Arglist1.
Und deshalb ist er nicht im Meer: weil er zu schlau ist.“
‫ שהיה פקח‬3‫ולפיכך אינו בים לפי‬
Er sagte zu Ben Sira: „[Gott] stärke deine Kraft.“ ‫אמר לו לבן סירא יישר כוחך‬

Frage 21 ‫שאלה כא‬


Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
„Warum kann kein Lebewesen dem Tod entrinnen, nur:
zwei Geschlechter: das Geschlecht Jonadab ben Re- ‫מפני מה כל >בריה אינם מפלטין< מן המות חוץ מ‬
4

chabs2 und3 ‫שני דורות דורו של יונדב בן רכב ו‬


das Geschlecht des Vogels Phönix?“4 ‫דורו של מלחם העוף‬

1
Wörtlich: Boshaftigkeit, oder: Hinterhältigkeit. Der Satz ist hinzuge-
fügt; er passt nur, wenn Klugheit negativ aufgefasst wird.
2
Siehe Jer 35,6-11,16,19.
3
Die ursprüngliche Erzählung findet sich ab Seite ••. Der lange Vor-
spann wurde von späteren Händen hinzugefügt. Ursprünglich ging es 1
nur um die Erklärung zu der Bemerkung in Frage 20, der Phönix sei .‫ אם באותו שעה היה לבי עמי לא הייתי נכנס‬:‫י‬
2
mit Unsterblichkeit belohnt worden, weil er im Garten Eden nicht ge- .‫ כל מה שאירע להן‬:‫י‬
3
sündigt hatte. Siehe Seite •• . .‫ בשביל‬:‫ב‬
4 4
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 104–117. .‫ בריות שבעולם אינם ניצולין מן‬:‫י‬

136 137
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Nicht nur jene beiden Geschlechter allein, sondern ‫לא אותן שני דורות בלבד‬
[weitere] elf Menschen gibt es, die zu [ihren] Leb-
zeiten in den Garten Eden eintraten und noch immer
‫ בגן עדן‬1‫אלא אחד עשר בני אדם הן שנכנסו בחיים‬
leben, und zwar folgende:1 ‫ הם חיים ואלו הם‬2‫ועד כאן‬
Henoch und Elia, der Gesalbte, Serach, die Tochter
4
‫ בת אשר ובתיה בת‬3‫חנוך ואליהו משיח שרח‬
Aschers, und Bitja, die Tochter des Pharao, Chiram, ‫פרעה‬
König von Tyros, Ebed Melech, der Kuschite, Elieser, ‫חירם מלך צור עבד מלך הכושי אליעזר עבד‬
der Knecht Abrahams, der Enkel2 des Jehuda ha-Nasi ‫אברהם‬
und Jabez und Rabbi Jehoschua ben Levi und das Ge-
schlecht des Vogels Phönix sowie das Geschlecht des ‫ של יהודה הנשיא ויעבץ‬5‫ונכדו‬
Jonadab ben Rechab.“ ‫ורבי יהושע בן לוי ודורו של מלחם העוף ודורו של‬
‫יונדב בן רכב‬
Nebukadnezar sagte zu Ben Sira:
„Erkläre mir, warum sie den Tod nicht geschmeckt ‫אמר נבוכדנצר לבן סירא‬
haben.“3 ‫פירש לי מפני מה לא טעמו טעם מיתה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Weil sie alle Gerechte in ihrer Generation waren.“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
‫מפני שכולם צדיקים היו בדורם‬
Henoch,
seine gesamte Generation bestand aus vollendeten ‫חנוך‬
Frevlern, aber er war ein vollendeter Gerechter und ‫שכל דורו רשעים גמורים היו והוא היה צדיק גמור‬
glich den Dienstengeln. Daher gelangte er zu seinen ‫ונדמה למלאכי השרת ולפיכך נכנס בחייו בגן עדן‬
Lebzeiten in den Garten Eden hinein. Und er ist heute ‫והוא היום מלאך שכל מלאכי השרת מתייראין‬
ein Engel, vor dem sich alle Dienstengel fürchten.
‫ממנו‬
Elia,
weil er ein Eiferer, Sohn eines Eiferers für den Heili- ‫אליהו‬
gen, gepriesen sei er, war. ‫ של הקדוש ברוך הוא‬6‫לפי שהוא קנא בן קנא‬
Ein Eiferer, denn es steht geschrieben:4 ‫קנא דכתיב‬
Er sprach, ich habe [für JHWH] geeifert. (1 Kg (‫ויאמר קנא קנאתי )מלכים א יט יד‬
19,14)

1
Vgl. GnR 9,5; L. Ginzberg, Legends, 6, 46, Anm. 246.
2
Oder: Nachkomme. Nach anderer Lesart: der Knecht des R. Jehuda 1
.‫ בחייהן‬:‫י‬
ha-Nasi. Vielleicht ist Tobi, der Knecht von Rabban Gamliel gemeint, 2
der tatsächlich als fromm galt. Siehe mSuk 2,1. .‫ עתה‬:‫י‬
3
3
C.H. Talbert, The Concept of Immortals in Mediteranean Antiquity. .‫ סרח‬:‫י‬
4
JBL 94 (1975), 419–436. J.G. Frazer, The Belief in Immortality and .‫ של‬:‫ב‬
5
Worship of the Dead, London 1913. .‫ עבדו של רבי יהודה‬: 50,‫א‬
4 6
Siehe bSanh 113a. .‫ שהיה קנאי בן קנאי‬:‫י‬

138 139
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sohn eines Eiferers, denn es steht geschrieben: ‫בן קנא דכתיב‬
1

Pinchas, der Sohn Eleasars, Sohn Aarons, des Prie- (‫>פנחס בן אלעזר בן אהרון הכהן )במדבר כה י‬
sters [hat geeifert]. (Nu 25,10)
Und bei jedem, von dem er hörte, dass er den Hei-
‫ולכל ששמע שחירף וגידף להקדוש ברוך הוא לא‬
ligen, gepriesen sei er, schmähte und beschimpfte,
2
<‫זז עד ששמתו לקנויי‬
wich er nicht, bis er ihn aus Eifer zum Schweigen
gebracht hatte.1
‫משיח‬
‫לפי שהיה צדיק גמור‬
Der Gesalbte, 3
<‫עד אין קץ >ועד אין שיעור‬
weil er ein vollendeter Gerechter war, ‫ עונותינו‬4‫הוא סבל על עצמו כל‬
ohne Ende und ohne Mass.
Er nahm auf sich alle unsere Missetaten. ‫אנו חוטאים והוא סובל‬
Wir sündigen und er nimmt [die Sünde] hinweg, ‫ואינו מחרף‬
und er verhöhnt niemanden. ‫ בתחיית המתים‬5‫ולפיכך עתיד לשמוח בישראל‬
Und daher wird er sich einst in Israel der Belebung
der Toten erfreuen.2 ‫ בת אשר‬6‫שרח‬
‫ במצרים ומצאו יוסף‬8‫ שהלכו בני יעקב אבינו‬7‫כיון‬
Serach, die Tochter Aschers,3
nachdem die Söhne Jakobs, unseres Vaters, nach
10
‫ שאמרו לו‬9‫חי‬
Ägypten gegangen waren und Josef lebend gefunden (‫טרוף טורף יוסף )בראשית לז לג‬
hatten, über den sie gesagt hatten:
11
‫מיד באו לארץ כנען לספר ליעקב אביהם‬
ein reißendes Tier hat Josef zerrissen, (Gn 37,33) 13
<‫ >כי יוסף חי‬12‫והיו מתבישים לומר ליעקב‬
kamen sie sogleich ins Land Kanaan [zurück], um es
Jakob, ihrem Vater, zu erzählen. Sie schämten sich
aber, Jakob zu sagen, [dass Josef lebt,]

1
.(‫ ובפנחס כתיב נקנאו את קנאתי )במד' מא י‬:‫י‬
2
.‫ חסר‬:‫י‬
3
.‫ חסר‬:‫י‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ עם ישראל‬:‫י‬
6
.‫ סרח‬:‫י‬
7
.‫ לפי שכוין‬:‫י‬
8
.‫ חסר‬:‫י‬
9
1
Oder: gebannt hatte. .‫ ליוסף‬:‫י‬
10
2
Der Abschnitt über den Gesalbten, den Messias, zumindest aber die .‫ בתחילה‬:‫י‬
11
Formulierung: er nahm auf sich alle „unsere“ Missetaten, ist Glosse .‫ אבינו‬:‫ב‬
12
eines christlichen Schreibers. .‫ אבינו‬:‫ב‬
3 13
Siehe Gn 46,17; Nu 26,46; 1 Chron 7,30. .‫ כך‬:‫י‬

140 141
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
weil sie ihm ja am Anfang gesagt hatten: ‫ בתחילה‬1‫בשביל שאמרו לו‬
ein reißendes Tier hat Josef zerrissen. (Gn 37,33) (‫טרף טרף יוסף )בראשית לז לג‬
Daher konnten sie ihm nicht sagen, dass er [noch]
lebte.
‫ לא היו יכולים לומר לו שהוא חי‬2‫ולפיכך‬
‫ בת אשר אחיהם‬5‫ שרח‬4‫ ומצאו‬3<‫מיד >יצאו‬
Da [gingen sie hinaus] und fanden Serach, die Tochter ‫ואמרו לה לכי אצל אבא ואמרי לו כי יוסף חי‬
Aschers, ihres Bruders, und sie sagten zu ihr: „Geh zu
Vater und sage ihm, dass Josef lebt und dass er Herr-
6
<‫וכי הוא מושל >בכל ארץ מצרים‬
scher ist [im ganzen Land Ägypten].“ ‫ ואמרה לו אבא יוסף חי‬7‫מיד הלכה אצל יעקב‬
Sie ging sofort zu Jakob und sagte zu ihm: „Vater, Jo- ‫וגם הוא מושל מיד‬
sef lebt, und außerdem ist er ein Herrscher.“ Sogleich (‫ויפג לבו )בראשית מה כו‬
[merkte er auf], ‫אמר לה בתי כה תחיי את לעולם‬
aber sein Herz blieb kalt. (Gn 45,26) ‫ אותה קללה‬8‫ונתקיימה‬
Er sagte zu ihr: „Meine Tochter, ebenso sollst du ewig
leben.“ Und der Fluch erfüllte sich an ihr.
‫והיא היתה חסידה ולפיכך נכנסה בחייה בגן עדן‬
Und da sie fromm war, betrat sie zu ihren Lebzeiten ‫בתיה בת פרעה‬
den Garten Eden.
‫על שום שגידלה את משה‬
9

Bitja, die Tochter des Pharao, ‫ומילטה את נפשו מן המיתה מילט הקדוש ברוך הוא‬
weil sie Mose großgezogen und seine Seele vor dem ‫את נפשה מן המיתה ונכנסה בחייה בגן עדן‬
Tod errettet hatte, errettete der Heilige, gepriesen sei
er, ihre Seele von dem Tod und sie betrat zu ihren ‫חירם מלך צור‬
Lebzeiten den Garten Eden. ‫על שהיה חסיד ובנה בית המקדש‬
Chiram, der König von Tyros,1 ‫ולפיכך נכנס בחייו בגן עדן‬
weil er fromm war und den Tempel aufbaute, daher ‫והיה שם אלף שנים‬
betrat er zu seinen Lebzeiten den Garten Eden.
Und er blieb dort tausend Jahre.

1
.‫ לי‬:‫ב‬
2
.‫ אפילו‬:‫ב‬
3
.‫ כך‬:‫י‬
4
.‫ מצא‬:‫ב‬
5
.‫ לסרח‬:‫י‬
6
.‫ כך‬:‫י‬
7
.‫ אבינו‬:‫ב‬
8
1
Siehe L. Ginzberg, Legends, 6, 254, Anm. 105. E. Yassif, the Tales of .‫ בה‬:‫י‬
9
Ben Sira, 255, Anm. 7. .‫ עליו השלום‬:‫ב‬

142 143
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Nach tausend Jahren verhärtete sich sein Herz, er <‫ גס לבו וגבה ואמר >אני אל‬1<‫>לאלף שנים‬
2

wurde stolz und sprach: Ich bin Gott. (Ez 28,2) ‫ בגהנום‬4‫ מגן עדן ונמסר‬3‫לפיכך הוציאו‬
Daher ließ er ihn aus dem Garten Eden weisen, und er
wurde an die Gehenna1 überliefert; und er ist immer
‫ועדין הוא בגהנום כאחד מרשעים‬
noch als einer der Frevler in der Gehenna. ‫עבד מלך הכושי‬
Ebed Melech, der Kuschite , 2 ‫כיון שהשליכו ירמיה אבי בבור הטיט‬
nachdem sie3 Jeremia, meinen Vater, in den Schlamm- ‫והיה שם עד שיבש ירכו בטיט‬
Brunnen geworfen hatten,4 verblieb er dort, bis dass ‫ עליו‬5‫ולא היה בישראל שריחם‬
seine Hüfte im Schlamm festgetrocknet war. Und ‫עד שבא עבד מלך הכושי וריחם עליו‬
niemand in Israel hatte Erbarmen mit ihm, bis dass
Ebed Melech, der Kuschite, kam und Erbarmen mit ‫ואמרו חכמים‬
ihm hatte.5 ‫ הבריות מרחמים עליו מן השמים‬6‫כל המרחם על‬
Und die Weisen sagten:6
Jeder, der Erbarmen mit Geschöpfen hat, mit dem
‫ שמילט נפשו של ירמיה אבי מן המיתה‬7‫ובשביל‬
wird der Himmel Erbarmen haben. ‫ ונכנס לחייו בגן עדן‬8<‫>נמלט מן המיתה‬
Und da er die Seele Jeremias, meines Vaters, vor dem ‫אליעזר עבד אברהם בנו של חם היה‬
Tode errettet hatte, wurde er vom Tode errettet und ‫ אותו ואמר לו‬9‫כיון שקלל‬
betrat zu seinen Lebzeiten den Garten Eden.7 (‫עבד עבדים יהיה לאחיו )בראשית ט כה‬
Elieser, der Knecht Abrahams, der ein Sohn des ‫ אני עבד‬11<‫ בין כך ובן >כך‬10‫אמר אליעזר בעצמו‬
Cham8 war: Als [Noah] ihn verflucht und zu ihm ge- ‫הלך ומסר את עצמו לאברהם אבינו‬
sagt hatte: ‫ומרוב ענוה שהיה לו נעשה לו עבד‬
Ein Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern, (Gn
9,25)
sprach Elieser zu sich selbst: Ich bin in jedem Fall ein
Knecht. Er ging, um sich Abraham, unserem Vater,
anzuvertrauen9. Und unter größter Demut, die ihm
eigen war, wurde er ihm zum Knecht.

1
.‫ חסר‬:‫י‬
2
(‫ מושב אלהים ישבתי )יח' כח ב‬:‫י‬
3
1
.‫ הוציאוהו‬:‫י‬
Den jenseitigen Strafort. .‫ ומסרוהו לגהינום‬:‫י‬ 4
2
Bezeichnung für dunkelhäutige Menschen, insbesondere Äthiopier. .‫ מי שירחם‬:‫י‬ 5
3
Siehe Jer 38,1. 6
4 .‫ את‬:‫ב‬
Siehe Jer 38,6. 7
5
Vgl. PR 26,5 (Braude, 531–533). .‫ שריחם על ירמיהו אבי ומילט‬:‫י‬
8
6
Siehe bSchab 151b als Auslegung zu Dtn 13,18. .‫ חסר‬:‫י‬
9
7
Siehe Jer 39,16-18. .‫ שקיללו נח‬:‫י‬
10
8
Einer der Söhne Noahs. .‫ חסר‬:‫י‬
9 11
Wörtlich: übergeben. .‫ כך‬:‫י‬

144 145
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und er lernte von Abraham Gerechtigkeit und Fröm- ‫ צדקה וחסד והוא עשה כך‬1‫ולמד מאברהם לעשות‬
migkeit auszuüben und machte es so[, wie er es ge- ‫ומרוב ענוה שהיה לו נכנס בחייו בגן עדן‬
lernt hatte].
Und weil er sehr demütig war1, betrat er zu seinen ‫ של רבי יהודה הנשיא‬2‫ונכדו‬
Lebzeiten den Garten Eden. ‫מפני שהיה צדיק גמור‬
Der Enkel2 des Jehuda ha-Nasi3,
3
<‫עד אין קץ >ועד אין מספר‬
weil er ein vollendeter Gerechter war,4 ohne Ende ‫ עלוב ואהוב‬4‫והיה עניו ושפל רוח וממולא‬
und ohne Zahl. Er war demütig und bescheiden, ‫ אברהם אבינו‬5‫וקיים אשל של‬
rechtschaffen,5 sanftmütig und beliebt. Und er hielt ‫מימיו לא נשא עיניו באשה ואפילו באשתו‬
die Tamariske unseres Vaters Abraham aufrecht.6 Zeit
seines Lebens7 hat er seinen Blick nicht zu einer Frau ‫ נכנס בחייו‬6<‫ומרוב ענוה ויראה שהיה לו >לפיכך‬
erhoben, selbst nicht zu seiner eigenen Frau. Von sol- ‫בגן עדן‬
cher Größe waren Demut und [Gottes]furcht, dass er
zu seinen Lebzeiten den Garten Eden betrat.
‫ויעבץ מפני מה‬
‫מפני שבכל דורו לא היה חסיד כמותו‬
7

Und warum Jabez?8 ‫וכל דורו צדיקים גמורים היו וכנגדו רשעים‬
Weil in seiner gesamten Generation keiner so fromm
war wie er. Und in seiner gesamten Generation gab es
‫ היו‬8‫גמורים‬
nur vollendete Gerechte, und sie waren im Vergleich ‫ולפיכך נכנס בחייו בגן עדן‬
zu ihm9 vollendete Frevler. Daher betrat er zu seinen
Lebzeiten den Garten Eden.
‫ורבי יהושע מפני מה‬
Und warum Rabbi Jehoschua [ben Levi]?10

1
Wörtlich: wegen der Größe der Demut, die er hatte.
2
Oder: Nachkomme.
3
Jehuda „der Fürst“ (oder: Patriarch); ihm wird traditionellerweise die
Zusammenstellung des Religionsgesetztes der Mischna zugeordnet.
4
Siehe Kalla Rabbati 3,1 dort als Ausspruch Jehudas über das Wesen
der Talmudgelehrten gesagt.
5
Das Verständnis von ‫ ממולא‬ist bereits in Kalla Rabbati 3,1 fragwürdig.
J. Rabbinowitz, Kallah. Tractate on a Bride, 443 übersetzt: „full of
energy [memulla´]. Gemara: Some read memulla´, others memullach
(salted). [They who read memulla´ intended by it: The disciple of the
wise] fills the place of his ancestors.”
6
Das meint: Er hatte ebenso feste Grundsätze wie Abraham. Siehe Gn .‫ חסר‬:‫י‬ 1
21,33. .‫ ועבדו של רבי יהודה הנשיא על שהיה צדיק עניו ושפל רוח‬: 50,‫א‬ 2
7
Wörtlich: in seinen Tagen. 3
8 .‫ חסר‬:‫י‬
Aus dem Stamm Juda; außer in 1 Chron 4,9-10 ist er biblisch nicht 4
erwähnt. Siehe auch E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 257, Anm. 3. .‫ חסר‬:‫י‬
5
9
Wörtlich: ihm gegenüber. .‫ כאברהם‬:‫י‬
6
10
Ein Gelehrter aus Lydda (um 250 unserer Zeitrechnung), der sich vor- .‫ כך‬:‫י‬
7
wiegend mit der Haggada (Erzählungen der Bibel und deren Deutung) .‫ כמוהו‬:‫י‬
8
beschäftigte. .‫ חסר‬:‫י‬

146 147
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Weil ihn der Todesengel liebte. Einmal sprach er zu ‫מפני שחיבבו מאלך המות‬
ihm: „Geh mit mir und zeige mir meinen Platz und ‫ >מקומי‬1‫היה פעם אחת אמר לו לך עמי והוריני‬
jedes Werk.“ Und daher tötete er ihn nicht.1
‫וכל מעשה‬
Warum das Geschlecht des Vogels Phönix2? 2
<‫ולפיכך לא הרגו‬
Nachdem der erste Mensch [von] jenem Baum gegessen ‫דורו של מלחם העוף מפני מה‬
hatte, da ging er und ließ alle Geschöpfe des Heiligen,
gepriesen sei er, davon kosten. ‫מפני שכיון שאכל אדם הראשון ]מן[ אותו העץ‬
Denn jeder, der ihn gesehen hatte, dass er solches tat, ‫ לכל בריותיו של הקדוש ברוך‬4‫ ממנו‬3‫והלך והטעים‬
machte es ebenso, bis der Phönix kam. Der erste Mensch ‫הוא‬
sagte zu ihm: „[Iss,] was deine Gefährten essen.“ [Der ‫לפי שכל מי >שהיה רואה אותו שעושה כך‬
Phönix] sagte zu ihm: „Ist es dir nicht genug, dass du ge- ‫ עושה כך עד שבא מלחם‬5<‫והוא‬
sündigt und viele zur Sünde verleitet hast, willst du [nun] ‫ מה שאכלו חביריך‬6<‫אמר לו אדם הראשון >אכול‬
auch mich noch zum Essen veranlassen?“ Sogleich hielt
er sich von jener Übertretung zurück und kostete nicht
‫אמר לו לא דיי לך שאתה חוטא ומחטיא את הרבים‬
von jenem Baum. ‫ תרצה להאכילני‬7‫אלא‬
‫ ולא טעם מאותו עץ‬8‫מיד נמנע מאותו עון‬
Da erscholl eine Himmelsstimme und sprach zu ihnen:
„Der erste Mensch, dem ich dieses Gebot geboten habe, ‫ בת קול ואמרה להם‬9‫מיד יצאה‬
10

hat es übertreten; und der Phönix, dem ich [es] weder ge- ‫אדם הראשון שציויתיו אותה מצוה עבר עליה‬
boten noch befohlen habe, und der mir auch nicht in den
Sinn gekommen ist, der hat dieses Gebot erfüllt.“
‫ומלחם שלא ציויתי ולא דברתי ולא עלתה על לבי‬
‫ קיימה מצוה זו‬11‫הוא‬
Daher lasse ich [aus ihm] ein Zeichen für die [nach-
folgenden] Generationen erstehen. ‫ דוגמא לדורות‬12<‫ולפיכך אני מעמיד >ממנה‬

1
.‫ וכוליה‬:‫י‬
2
.‫ חסר‬:‫י‬
3
.‫ והטעם‬:‫ב‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ מה שהיו רואין אותו שהיה‬:‫י‬
6
.‫ כך‬:‫י‬
7
.‫ שאתה רוצה‬:‫י‬
8
.‫ עץ‬:‫י‬
9
1
Vgl. bKet 77b. S. Liebermann, Yemenite Midrashim, 35–42. I. Lévi, .‫ ייצתה‬:‫י‬
10
Conte du Diable dupe dans la folklore Juif. REJ 85 (1928), 137–163. .‫ ראו‬:‫י‬
11
2
Eine Variante der Geschichte findet sich in: A.M. Haberman, Alfa .‫ היא‬:‫י‬
12
Beta de Ben Sira. A Third Text (h), 192–193, Anm. 5. .‫ כך‬:‫י‬

148 149
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Und nicht nur das, sondern die aus] seiner Generati- ‫ דורו עתידין להעיד צדקתו של‬1<‫>ולא עוד אלא‬
on werden einst [da sein, um] die Gerechtigkeit Isra- ‫ישראל‬
els zu bezeugen für die Zeit, die kommen soll.
‫לעתיד לבא‬
Und daher sterben sie nicht.
Wenn sie nämlich an das Ende von 90 Jahren kommen, ‫ולפיכך אינן מתים‬
bevor [das Leben] für sie mühselig wird, werden sie mit ‫וכיון שהן באין לסוף תשעים שנה עד שאין בהן עמל‬
einem Mal wieder jung. Sie [leben] in 90-Jahr-Zyklen ‫ בחורים‬2‫מיד נעשו‬
und sterben niemals.
‫ לתשעים שנה ואינן מתים לעולם‬3<‫והן מתשעים >שנה‬
Und sie sind in jener Stadt, die der Todesengel gebaut 5
‫ באותם העיר שבנה מלאך המות‬4‫והם‬
hat.1
Und [warum] das Geschlecht Jonadab ben Rechab? ‫ודורו של יונדב בן ריכב‬
Weil all das, was im Buche Jeremia geschrieben ‫ שכל מה שכתוב בספר ירמיה קיים יונדב בן‬6‫מפני‬
steht,2 Jonadab ben Rechab erfüllt hat. ‫ריכב‬
Frage 22 ‫שאלה כב‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum erreicht nur der Adler bei seinem Flug das Fir- [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
mament?“3 ‫ אלא נשר‬7‫מפני מה אין לך בפריחה שיגיע עד לרקיע‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Anfangs war der Adler mit den restlichen Vögeln unter- ‫ היה הנשר מהלך עם שאר העופות‬8‫בתחילה‬
wegs. Einmal befand sich ein Vogel ihm gegenüber [und] ‫פעם אחת מצא צפור אחד עומד לנגדו רצה לאוכלו‬
er wollte ihn fressen. Da erhoben sich alle Tiere und alle
Vögel und wollten sie4 töten. ‫ועמדו כל החיות וכל העופות ורצו להורגה‬

1
.‫ וכל הדור שלא היו עתידין להעיד‬:‫י‬
2
1 .‫ נעשין בחורים וכן‬:‫י‬
Vgl. GnR 69,8 und bSota 46b. Siehe H. Freedman, Midrash Rabbah, 3
.‫ כך‬:‫י‬
Genesis, 2, 635, Anm. 2. 4
2
Siehe Jer 35. .‫ וכן‬:‫י‬
5
3
Wörtlich: Warum hast du beim Fliegen, das zum Firmament gelangt, .‫ המלאך‬:‫ב‬
6
nur den Adler? .‫ מה אמר לו‬:‫ב‬
7
4
Ab hier wechselt das Geschlecht, von nun an handelt es sich um einen .‫ השמים‬:‫ב‬
8
weiblichen Adler. .‫ שבתחילה‬:‫ב‬.‫ לפי שבתחילה‬:‫י‬

150 151
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und sie rupften [die Federn] ihrer Schwingen aus und ‫ אותה בגוב אריות‬2‫ כנפיה והשליחו‬1‫וגילחו‬
warfen sie1 in eine Löwengrube.
‫ בכל יום ויום‬3‫והיא ידעה בעצמה שחטאה והיתה מתענת‬
Da erkannte sie von allein, dass sie gesündigt hatte und
sie fastete Tag für Tag. ‫והיה הקדוש ברוך הוא נותן לה כח וחסד בפני האריות‬
Und der Heilige, gepriesen sei er, gab ihr Kraft und Gunst
4
‫ולא נתן להם רשות לנגוע בה‬
vor den Löwen, und er gab ihnen nicht die Erlaubnis, sie ‫ לה כנפים ויצאה‬5‫לשנה יצאו‬
anzurühren.
Nach einem Jahr waren ihr [neue] Schwingen gewach-
‫ כל חיות ועופות והיו הורגין אותה‬6‫פגעו בה‬
sen, so dass sie [aus der Grube] herauskam. ‫ ונתעברה ממנו‬7<‫עד שבא עורב אחד >ובא עליה‬
8
‫וילדה‬
Alle Tiere und alle Vögel, die ihr begegneten, [woll-
ten] sie töten, bis dass ein Rabe (‫ )עורב‬kam. [Und er ‫ ]את[ זרעו מכל‬9‫ולפיכך נקרא שמו עורב שעירב‬
kam zu ihr2,] und sie empfing (‫ )ונתעברה‬von ihm und ‫צדדין‬
brachte Nachwuchs hervor. ‫ יכול לבא עליה אלא על שאר‬10‫ועל נקיבתו לא‬
Und deswegen wird er Rabe (‫ )עורב‬genannt, weil er ‫עופות‬
seinen Samen nach allen Seiten vermischt (‫)עירב‬. Und
zu seinem Weibchen kann er [zur Begattung] nicht ‫ באין חיות ועופות ומגרשין‬11‫ונשר כיון שילדה‬
kommen, sondern nur zu den übrigen Vögeln. S‫אותה‬
Nachdem aber das Adlerweibchen Junge hervorge- ‫והיא לא היתה פורחת‬
bracht hatte, kamen die Tiere und Vögel und vertrie- ‫ שכינה עליה ופרחה‬12‫מיד נשרה‬
ben sie. ‫ נשר ]לפי[ שהשרה עליה‬13<‫ולפיכך נקרא >שמה‬
Sie war aber noch nicht [wieder] geflogen. ‫שכינה‬
Da fiel (‫ )נשרה‬die Schechina3 auf sie, und sie flog. ‫ופרחה עד לרקיע‬
Daher wird sie Adler (‫ )נשר‬genannt, [weil] die Schechina
auf ihr ruhte (‫)השרה‬, und sie flog bis zum Firmament. ‫מיד נעשו כל אויביה שחורין כקדירה‬
Da wurden alle ihre Feinde rabenschwarz [vor 4 ‫ולפיכך היא פורחת עד לרקיע כדי שלא ישיגוה צריה‬
Neid]. ‫מיד אמר לו לבן סירא יישר כוחך‬
Und daher fliegt [der Adler] bis zum Firmament, da-
1
mit ihre Bedränger sie nicht erreichen. .‫ לה‬:‫י‬
2
.‫ והשליכו‬:‫י‬
Da sagte er zu Ben Sira: „[Gott] stärke deine Kraft.“5 .‫ מתענה‬:‫י‬ 3
4
.‫ אליה‬:‫י‬
5
.‫ נעשו‬:‫י‬
6
.‫ בו‬:‫ב‬
7
.‫ כך‬:‫י‬
8
1 .‫ חסר‬:‫י‬
Den gerupften Adler. 9
2
Dem Adler. .‫ עצמו בכל‬:‫י‬
10
3
Die Gegenwart Gottes. .‫ אינו‬:‫י‬
11
4
Wörtlich: scharz wie ein rußiger Topf. .‫ היו‬:‫י‬
12
5
Vgl. A.M. Haberman, Alfa Beta de Ben Sira. A Third Text (h), 193, .‫ השרה‬:‫י‬
13
Anm. 5. .‫ כך‬:‫י‬

152 153
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Wir sind am] Ende der zweiundzwanzig Fragen, die Nebukadnezar ‫ עשרין ותרתין שאילתה דשאיל נבוכדנצר‬1‫חסלת‬
an Salomo stellte, der Ben Sira genannt wird. Und ich habe es über- ‫משלמה דנתכן בן סירא ומסורתיה הדא היא‬
liefert. Dies ist es:
Der Hase,
‫ארנבת‬
die Bäume des Königs, ‫ואלני מלכא‬
die verbundenen [Augen] und von der Art und Weise [Gottes],
2
‫אסורים ודמין‬
das Töten der Kleinkinder, ‫ זעירין‬3 ‫למיתת‬
das Niesen, ‫עיטוש‬
das Haar, ‫שערא‬
die Mücke,
die Gefährdung [Davids], ‫יתוש‬
die Nasenhaare,
4
‫וצרעה‬
vom Esel, ‫ שערא‬5 ‫פי‬
Maus und Katze, ‫דחמרא‬
auch ihre [Art] Naht, ‫עכברא וחתול‬
das Tänzeln [des Raben],
seine Fortpflanzung [mit dem Schnabel] und die Sünde,
‫ תפרו‬6 ‫כן‬
der Fuchs, ‫ורקדו‬
die Verstorbenen [und die elf, die lebend in den Garten Eden ge-
9
‫ וחיטא‬8 ‫ בזעירא‬7 ‫בי‬
langten] und der Adler. ‫ושועל קטלוהי‬
Nebukadnezar, der Sohn Salomos, stellte jene Fragen an Salomo ‫לנשרא‬
ben Jeremia, der Ben Sira genannt wird.1 ‫נבוכדנצר בריה דשלמה שאיל שאילתא אילין משלמה‬
‫ בן סירא‬1 0 ‫בן ירמיה דניתכן‬

1
.‫ חסר‬:‫ י‬.259 ,‫יסיף‬
2
.‫ ודמיך‬:‫ב‬
3
.‫ למיקת‬:‫ב‬
4
.‫ וצערה‬:‫ב‬
5
.‫ בי‬:‫י‬
6
.‫ חסר‬:‫י‬
7
.‫ חסר‬:‫י‬
8
.‫ ביזרעא‬:‫י‬
9
.‫ וחיתא‬:‫י‬
1 10
Yassif (B) endet hier. .‫ דניסבא‬:‫ב‬

154 155
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Nach all jenen Fragen und all jenen Geschichten1 sag- ‫ אמר‬3<‫ >וכל משלות הללו‬2‫ כל אלו השאילות‬1‫לאחר‬
te Nebukadnezar zu ihm: „Erbitte, was du willst, und es ‫ לך‬4<‫לו נבוכדנצר שאל מה >שתרצה ונתן‬
werde dir geben.“ 2
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Mein Herr König, ich erbitte
‫ ממך כלום‬5‫]בן סירא[ אמר לו אדוני המלך איני שואל‬
von dir nur, dass du mir gibst, was du mir schuldest.3“ ‫ לי חובי שיש לי עליך‬6‫אלא תתן‬
Er sagte zu ihm: „Ich schulde dir gar nichts.“ ‫ כלום‬7‫אמר לו אין לי עליך‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du mir nicht Gold im Ge- ‫ זהב משקל ראם‬8‫]בן סירא[ אמר לו והלא נדרת לי‬
wicht eines Re´em und Perlen im Gewicht eines Re´em 9
<‫>ומרגליות משקל ראם‬
versprochen?“4
‫ שתשקול‬11<‫ תמצא >דינרין או מזנין‬10‫אמר לו והיכן‬
Er sagte zu ihm: „Und wo findest du Denare5 oder Waag-
schalen, mit denen du ein Re´em auswiegen könntest?“ ‫בהם ראם‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Ich werde dich wissen lassen, ‫]בן סירא[ אמר לו אני אודיעך כיצד תעשה‬
wie du [es] machen sollst.“
‫ אתה אין לך דבר בעולם שלא תמשול עליו‬12‫אמר‬
Er sagte: „Für dich gibt es wohl nichts auf der Welt, das
du nicht zu Wege brächtest6.“ ‫ לך והבא ראם‬13<‫]בן סירא אמר[ >אני אומר לך‬
‫ אנייה אחת‬16<‫ כדי שיעשו >לך‬15‫ מלכותך‬14‫ושיגר בכל‬
[Ben Sira sagte:] „Ich sage dir, geh und bringe ein Re´em
und sende in deinem ganzen Königreich umher, damit
‫ בה‬18‫ ים סוף ולאחר שיעשו לך את האניה הכנס‬17‫כדרך‬
man [dir] ein Schiff wie am Schilfmeer baut. Und nach- ‫ ראם‬19‫אותה‬
dem sie dir das Schiff gebaut haben, lass das Re´em hin-
eingehen

1
.284 ,‫יסיף‬
2
.‫ כל שאילות הללו‬:‫י‬
3
.‫ חסר‬:‫י‬
4
.‫ מה אתן‬:‫י‬
5
.‫ ]אינני שו[אל‬:‫ב‬
6
.‫ תן‬:‫י‬
7
.‫ אין לך עלי‬:‫י‬
8
.‫ נדרתי לך‬:‫י‬
9
.‫ חסר‬:‫י‬
10
.‫ ולהיכן‬:‫י‬
11
.‫ טינדין או מאזנים‬:‫י‬
12
1 .‫ חסר‬:‫י‬
Wörtlich: Gleichnisse, Sinnsprüche. .‫ חסר‬:‫י‬ 13
2
Der folgende Text entspricht E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 284– 14
.‫ על כל‬:‫ב‬
293; siehe dazu auch E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 174–182. 15
3
Wörtlich: mir meinen Schuldbetrag gibst, den ich bei dir habe. .‫ מלכותיך‬:‫י‬
16
4
Siehe Seite 35. .‫ כך‬:‫י‬
17
5
Siehe Seite 80, Anm. 1. – Yassif (B), 284 hat: „Zelte“ ‫ )טנדס‬von τέντας, .‫ באורך‬:‫י‬
18
tenta), Stoffbahnen zum Transport des Goldes. .‫ תכניס‬:‫י‬
6 19
Wörtlich: nichts, das du nicht beherrschst. .‫ אותו‬:‫י‬

156 157
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
und lass das Schiff zu Wasser1. ‫ את האניה בים‬1‫והכנס‬
Dann2 wird das Schiff mit dem Re´em [ins Wasser] ein- ‫ האניה עם הראם‬3‫ שעה יטבע‬2‫ובאותו‬
sinken. Nachdem es eingesunken ist, lass ein Messer
bringen und mache ein Zeichen an dem Schiff3, bis wo-
‫ הבא סכין ועשה דוגמה באניה עד‬4‫וכיון שיטבע‬
hin es eingesunken ist. ‫ מיד הוצא את האניה מן הים והוצא‬6‫ שיטבע‬5<‫>מקום‬
Dann ziehe das Schiff aus dem Meer4 und ziehe [das] ‫]ה[ראם מן האניה‬
Re´em aus dem Schiff. ‫ בתוכו אותו זהב‬8‫ והכנס‬7<‫>ואחר הוצא ראם מן האניה‬
Und nachdem [das] Re´em aus dem Schiff herausgezo- ‫ בים‬9‫שנדרת לי והכנס את האניה‬
gen ist, lass das Gold hineinbringen, das du mir verspro- 11
‫ האניה עד מקום דוגמא‬10‫והשלך זהב באניה עד שיטבע‬
chen hast.
Lass dann das Schiff in das Wasser hinein und fülle Gold ‫ של ראם‬13‫ עד מקום דוגמא‬12‫וכיון שיטבע‬
in das Schiff, bis das Schiff bis zu der Stelle des Zei- ‫ ראם ותן לי‬14‫מיד הוא משקל‬
chens5 eingesunken ist. ‫ למרגליות‬16‫ כך עשה כן‬15‫ואחר‬
Sobald es bis zu der Stelle des Zeichen des Re´ems einge- ‫ותן לי באותו משקל‬
sunken ist, ist das Gewicht des Re´em [erreicht], und du
gibst [es] mir. Und danach mach es für die Perlen ebenso, ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
um mir nach jenem Gewicht zu geben.“6 ‫ובשביל כ"ב דברים שאמרת לי אתן לך משקל שני‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:7 ‫ראמים‬
„Für die zweiundzwanzig Reden, die du mir gehal-
ten hast, werde ich dir nach dem Gewicht von zwei
17
‫או שמא אתה מכר בדבריך‬
Re´em geben.“
Verkaufst du [dich] etwa durch deine Reden?

1
1 .‫ ותשים‬:‫י‬
Wörtlich: ins Meer. 2
2 .‫ באותה‬:‫י‬
Wörtlich: in dieser Stunde. 3
3
An der Bordwand.
.‫ תטבע‬:‫י‬
4
4
Sinn: man bringt das Schiff an Land. .‫ שתטבע‬:‫י‬
5
5
Das in die Bordwand geritzt wurde. .‫ כך‬:‫י‬
6
6
Vgl. „Archimedes“ in: New Encyclopaedia Britannica 11, 1088: „Law .‫ שתטבע‬:‫י‬
7
of buoyancy, discovered by Archimedes, which states that any object .‫ חסר‬:‫י‬
8
that is completely or partially submerged in a fluid at rest is acted .‫ ותשים בתוכה‬:‫י‬
on by an upward, or buoyant, force. The magnitude of this force is 9
.‫ ותשים גם האנייה‬:‫י‬
equal to the weight of the fluid displaced by the object. The volume .‫ עד שתטבע‬:‫י‬ 10
of fluid displaced is equal to the volume of the portion of the object .‫ הדוגמא‬:‫י‬ 11
submerged.“ 12
7 .‫ שתטבע‬:‫י‬
Die Auszahlung von Gold und Perlen wiederholt sich im Folgenden. 13
Die inneren Widersprüche bei der Wiederholung zeigen, dass der Text .‫ הדוגמא‬:‫י‬
14
verändert wurde, um die zusätzlichen Fragen stellen zu können. Der .‫ של‬:‫ב‬
15
Bruch an dieser Stelle weist darauf hin, dass die folgenden Fragen .‫ ואף‬:‫ב‬
16
nicht ursprünglich zum Textbestand gehörten. Siehe E. Yassif, The .‫ כך‬:‫י‬
17
Tales of Ben Sira, 178–182. .‫ מוכר דבריך‬:‫י‬

158 159
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Hast du nicht gehört: ‫]בן סירא[ אמר לו ולא שמעת‬
Ein Weiser ist tausend Denare1 wert, aber ein Narr [nur] ‫חכם שווה אלף דינרין ושוטה ג' פרוטים‬
drei Perutim2.
Denn ein Weiser macht aus drei Perutim tausend, und ein
‫לפי שחכם עושה מג' פרוטים אלף‬
Narr kauft für tausend Sus3 drei Perutim. ‫ושוטה מאלף זוז קונה ג' פרוטים‬
Daher bin ich ein Weiser und du bist ein Narr. ‫לפי שאני חכם ואתה שוטה‬
Ich bin mit [Hilfe von] drei Perutim vor dich getreten4, ‫ עם ג' פרוטים שנתתי‬1<‫אני באתי >לפניך‬
die ich als Reisekosten5 ausgegeben habe, und habe mit ‫ דינרי זהב‬3‫ הדרך וקניתי בהם אלף אלפי‬2‫לשכירות‬
ihnen die Tausende von Golddenaren erworben, die du ‫שתתן לי אתה‬
mir gegeben hast. Du aber hast mit den Tausenden von
Golddenaren nicht einmal drei Perutim erworben. ‫ואתה מאותם אלף אלפי דינרי זהב לא תקנה בהם‬
‫אפילו ג' פרוטים‬
Wenn du weise gewesen wärest, hättest du meine
Weisheit nicht verachtet.“ ‫אם היית חכם לא היית מואס חכמתי‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
„Für die zweiundzwanzig Reden werden dir Gold im Ge- ‫ובשביל כ"ב דברים נפרע לך זהב משקל ראם‬
wicht eines Re´em und Perlen im Gewicht eines Re´em
gezahlt.
‫ומרגליות משקל ראם‬
Ich werde [dir] das Gold für die zweiundzwanzig
6
‫ בשביל כ"ב שאלות‬5‫ לך זהב‬4<‫עכשיו >אתן‬
Fragen jetzt [geben], und [dann] verschwinde!“
7
‫ולך לעצמך‬
Er sagte zu ihm: „Gib her!“ ‫אמר לו תן‬
Da gab er Ben Sira nach seinem Gewicht. ‫מיד נתן לו משקלו לבן סירא‬
Da sprach Ben Sira noch einmal zu ihm: ‫מיד חזר בן סירא ואמר לו‬
„Du hast mir bereits Gold im Gewicht eines Re´em
für zweiundzwanzig Fragen gegeben. ‫כבר נתת לי זהב משקל ראם בשביל כ"ב שאילות‬

1
G. Dalman, Handwörterbuch, 101–102: „(δηνάριον) Denar (in Gold
und Silber). 1 Golddenar = 25 Silberdenar. 1 Sela (Stater) = 2 Sekel =
4 Silberdenar. 1 Silberdenar = 2 Provinzialsela (Stater) = 6 Silberma´a
= 12 Pondion = 24 Issar = 48 Masmas = 96 Kunternuk = 192 Peruta (= .‫ חסר‬:‫י‬ 1
70 Pfennig nach dem Münzwert).“ 2
2 .‫ בשכירות‬:‫י‬
Singular: Peruta, kleine Kupfermünze. 3
3
A. Ben-David, Talmudische Ökologie, 332: „eine in Verbindung mit .‫ אלפים‬:‫י‬
4
Zahlungen, Wertbezeichnungen oder geldlichen Verpflichtungen ge- .‫ כך‬:‫י‬
5
nannte Menge Silbers.“ .‫ משקל ראם‬:‫י‬
6
4
Meint: Ich habe drei Perutim ausgegeben, um hierher zu kommen. .‫ דברים‬:‫י‬
5 7
Oder: Wegegeld. .‫ לך‬:‫י‬

160 161
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage mich nun zweiundzwanzig andere Fragen, und ‫ אחירות ואני‬1‫עכשיו שאל ממני כ"ב שאילות‬
ich werde sie dir erklären, und [dafür] gibst du mir ‫ לך‬2‫אפרש‬
Perlen im Gewicht eines Re´em.“
‫ לי מרגליות משקל ראם‬3‫ותתן‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: „Es werde gegeben.“ 4
‫]נבוכדנצר[ אמר לו ניתן‬
Da wollte er etwas fragen, wusste aber nicht, was.
5
‫מיד רצה לשאול ולא היה יודע מה‬
Jener Frevler ließ ausrufen, dass alle Weisen, die es
auf der Welt gab, zu ihm kommen sollten und sprach 7
‫ כל חכמים שבעולם‬6‫הכריז אותו רשע ובאו לו‬
zu ihnen: „Siehe, ich habe bereits von diesem Weisen ‫ואמר להם‬
alle Dinge erfragt, die ich [zu fragen] wusste und auf ‫הרי כבר שאלתי מחכם זה כל דברים שידעתי‬
alle gab er mir ihre [richtige] Antwort. Nun aber sollt
ihr mir etwas sagen, worauf er keine Antwort zu ge- ‫ולכלם חזר לי תשובתן‬
ben weiß.“ ‫ דבר שאינו יודע לחזור‬9(‫ אמרו לי )אתם‬8‫ועכשיו‬
‫ תשובתו‬10‫לו‬
Sie nannten ihm Dinge, die schwierig zu beantworten
sind, und sie lehrten [ihn] den ganzen Tag zweiund- ‫אמרו לו דברים קשים לחזור תשובתן‬
zwanzig Fragen[, die er Ben Sira stellen sollte]. ‫ כל אותו היום כ"ב שאילות‬11<‫ולמדו >לו‬
Am nächsten Tag kam er zu ihm und sagte zu ihm:
„Wenn du mir ihre Antwort schuldig bleibst, was soll
‫למחר בא אצלו ואמר לו‬
ich mit dir machen?“ ‫ מה אעשה לך‬12‫אם אין אתה מחזיר לי תשובתן‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו טול ממני כל מה שנתת לי‬
„Nimm mir alles weg, was du mir gegeben hast.“
‫אמר לו יפה אמרת‬
Er sagte zu ihm: „Du hast trefflich gesprochen.“
‫ לו‬13<‫מיד נשבע בן סירא >לנבוכדנצר כדי שיעשה‬
Da schwor Ben Sira Nebukadnezar, dass es ihm so ‫כך‬
[wie bisher] ergehen solle.

1
.‫ דברים אחרים‬:‫י‬
2
.‫ אפרשם‬:‫י‬
3
.‫ ותן‬:‫י‬
4
.‫ אתן לך‬:‫י‬
5
.‫ ישאל‬:‫י‬
6
.‫חסר‬:‫י‬
7
.‫ ושאל מהם‬:‫י‬
8
.‫ חסר‬:‫י‬
9
.‫ חסר‬:‫י‬
10
.‫ חסר‬:‫י‬
11
.‫ אותם‬:‫ ב‬.‫ כך‬:‫י‬
12
.‫ תשובתך‬:‫י‬
13
.‫ לעשות‬:‫י‬

162 163
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage 1 ‫שאלה א‬
[Nebukadnezar] fragte ihn
‫]נבוכדנצר[ שאלו‬
und sprach zu ihm:1
„Der, der dich die Begebenheiten unten erkennen ‫ואמר לו‬
lässt, [lässt er dich] nicht [auch] die Begebenheiten
1
<‫מי שהודיעך משלות של מטה לא >הודיעך‬
oben [erkennen]?“ ‫משלות של מעלה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „So ist es.“ ‫]בן סירא[ אמר לו הין‬
[Er sagte zu ihm:] „Wenn es so ist, sage mir: ‫ אם כן אמור לי‬2<‫>אמר לו‬
Warum sind alle Sterne, die am Firmament sind, leuch-
tend weiß außer einem Stern? Er leuchtet nicht und ist ‫מפני מה כל כוכבים שברקיע לבנים וכולם מאירים‬
nicht weiß sondern schwarz; er2 und all seine Heerscha- ‫ אלא‬3<‫חוץ מכוכב אחד שאינה מאירה >לא לבנה היא‬
ren.“ 4
‫שחורה היא וכל חיליה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Als der Heilige, gepriesen sei er, seine Welt und die ‫מפני שכיון שברא הקדוש ברוך הוא את עולמו וברא‬
Sterne erschaffen hatte, hatte er sie nicht von so schöner
Gestalt erschaffen wie diese, die du erwähnt hast, deren
‫ מזו שאתה אומר‬5<‫הכוכבים לא ברא בהם >יפה תואר‬
Name Meros ist.3 ‫ששמה מרוז‬
Als die Israeliten zu Sisera kamen4 und sie hinauszogen,
um mit ihm Krieg zu führen, waren sie ihm dort in jenem
‫וכיון שבאו ישראל לסיסרא ויצאו להלחם עמו‬
Krieg unterlegen. Da ließ der Heilige, gepriesen sei er,
6
‫היו שם באותה מלחמה חלשים‬
in allen sieben Firmamenten verkünden, dass sie5 hin- ‫מיד הכריז הקדוש ברוך הוא בכל שבעה רקיעים‬
ausziehen sollten, um Israel zu helfen. Sofort kamen alle ‫ את ישראל‬7‫כדי שיצאו ויעידו‬
herab und kämpften mit Sisera, wie es heißt: ‫מיד ירדו כלם ונלחמו עם סיסרא שנאמר‬
Aus Himmeln kämpften [die Sterne, aus ihren Bahnen (‫מן שמים נלחמו ]הכוכבים[ )שפטים ה כ‬
kämpften sie mit Sisera]. (Ri 5,20)
Meros aber war überaus schön, und sie herrschte über
‫ הרבה‬8‫ומרוז היתה יפה ביותר והיתה מושלת בחיילים‬
viele Heerscharen. Daher wurde sie anmaßend und woll- ‫ולפיכך גס רוחה לא רצתה לצאת למלחמה‬
te nicht hinabsteigen, um zu kämpfen.

1
Das Eingerückte stammt von späterer Hand; Nebukadnezar braucht
keine Vergewisserung, ob er eine Frage stellen kann. .‫ כך‬:‫י‬ 1
2
Der Stern ist im Hebräischen als feminines Wort gekennzeichnet. .‫ כך‬:‫י‬ 2
3
Der Name kommt biblisch nur einmal vor: Ri 5,23: Fluchet Meros. 3
.‫ חסר‬:‫י‬
bMQ 16a: Ula sagte, Baraq habe Meros mit 400 Posauenstößen ge- 4
bannt. Manche sagen, er war ein bedeutender Mann. Manche sagen, .‫ חילה‬:‫י‬
5
es sei ein Stern, denn es heißt: Vom Himmel her kämpften die Sterne. .‫ יותר‬:‫י‬
6
(Ri 5,20). .‫ שבישראל‬:‫י‬
7
4
Vgl. Ri 4-5. .‫ ויעזרו‬:‫י‬
5 8
Die Sternenheere, die in Ri 5,20 erwähnt sind. .‫ בחילות‬:‫י‬

164 165
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und sie sagten zu ihr, zu jener, deren Name Meros ist, ‫ואמרו עליה על אותה ששמה מרוז שהיו פניה לבנים‬
dass sie ihr Gesicht weißer machen würden als Milch1 ‫מחלב‬
und ihr Licht [so klein] wie eine Kerze2.
‫ כנר‬1‫ומאירה‬
Die Frau des Keniters Cheber3 aber war schwarz wie
die Nacht4. Dafür aber, dass sich ihre Hand gegen Si- ‫ואשת חבר הקני היתה שחורה כקדירה‬
sera richtete und sie ihn Milch trinken ließ, wurde ihr ‫ אותו חלב‬2‫ובשביל ששם ידה על סיברא והישקה‬
Gesicht sogleich weiß wie Milch. ‫מיד נעשו פניה כחלב‬
Und weil sie anmaßend gewesen war und nicht hatte ‫ שגס רוחה ולא רצתה להלחם‬3<‫ומרוז >בשביל‬
kämpfen wollen, kam zu Meros der Engel JHWHs und ‫בא מלאך יי' ואמר‬
sprach:5
„Verfluchet6 Meros,“ (Ri 5,23) (‫אורו מרוז )שפטים ה כג‬
da bannten die Israeliten sie mit vierhundert Scho- ‫מיד שמתוה ישראל בארבע מאות שופרות‬
farhörnern7
‫ שחורין כקדירה‬4‫עד שנעשתה היא וכל חיליה‬
8
bis sie und all ihre Heerscharen schwarz wie die Nacht 5
‫וכך היא עד עכשיו וכל חיליה‬
geworden sind.
Und so sind sie und ihre ganze Heerschar bis heute ge- <‫אמר לו >נבוכדנצר בן סירא‬
6

blieben. ‫יישר כוחך‬


Da sagte Nebukadnezar [zu] Ben Sira:
„[Gott] stärke deine Kraft.“

1
„Ein Gesicht weiß machen“ ist Metapher für: beschämen. Sie wollen
sie in höchsten Maße beschämen.
2
Oder: Öllämpchen. Ein so kleines Licht ist am Himmel unsichtbar.
3
Siehe Ri 4,11 und Ri 4,17. Ri 5,24-27: Gepriesen sei unter den Frauen
Jael, die Frau des Keniters Cheber. Gepriesen sei sie im Zelt unter den
Frauen. Milch gab sie, als er Wasser forderte, Sahne reichte sie dar in
einer herrlichen Schale. Sie ergriff mit ihrer Hand den Pflock und mit
ihrer Rechten den Schmiedehammer und zerschlug Siseras Haupt und
zermalmte und durchbohrte seine Schläfe.
4
Wörtlich: wie ein rußiger Topf.
5
Zu den Sternen, die bereits angekündigt hatten, Meros strafen zu wol- 1
.‫ ומאירתו‬:‫ב‬
len. 2
6
Die Geschichte deutet das hebräische ‫אורו‬, flucht, von ‫אור‬, Licht. Der .‫ והשקת‬:‫י‬
3
„Fluch“ besteht darin, dass ihr „Licht“ weggenommen wird. .‫ כך‬:‫י‬
4
7
Späterer Einschub, der die mythologische Komponente der Erzählung .‫ חילה‬:‫י‬
5
abschwächt. .‫ חילה‬:‫י‬
8 6
Wörtlich: schwarz wie ein rußiger Topf. .‫ חסר‬:‫י‬

166 167
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage 2 ‫שאלה ב‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum scheint [das Sternbild der] Plejaden1 heller als
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
alle Sterne?“ ‫מפני מה כימה היא מאירה יותר מכל הכוכבים‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Jenes [Sternbild der] Plejaden, das du erwähnst hast, war ‫כימה זו שאתה אומר ריבה היתה ומימי דור המבול‬
ein Mädchen, das zur Zeit der Sintflutgeneration lebte. ‫היתה‬
Nebukadnezar sagte zu ihm: ‫אמר לו נבוכדנצר‬
1
„Warum war jenes Mädchen würdig, zwischen den
Engeln [zu stehen]?“ ‫מפני מה זכתה אותה ריבה >לעמוד< בין המלאכים‬
2

[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬


Als die Generation der Sintflut gesündigt hatte und ihre ‫כיון שחטאו דור המבול והיו מעשיהם מקולקלים‬
Werke verdorben waren, da reute es den Heiligen, ge- ‫ שעשה את האדם‬4‫ מתנחם‬3‫והיה הקדוש ברוך הוא‬
priesen sei er, dass er den Menschen gemacht hatte. Da ‫ ועזאל‬5‫מיד באו אצלו שני מלאכים ששמם שמחזי‬
kamen zwei Engel zu ihm, deren Namen Schamchasai2
und Asael3 sind.
‫ רבונו של עולם זכור אתה שאמרנו‬6‫אמרו לפניו‬
Sie sagten vor ihm: „Herr, der Welt, erinnere dich,
7
‫לך‬
dass wir zu dir gesagt haben: (‫מה אנוש כי תזכרנו )תהלים ח ה‬
Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst.“ (Ps
8,5) ‫אמר להם‬
(‫אני עשיתי ואני ]…[ אסבול )ישעיה מו ד‬
Er sagte zu ihnen: 8
<'‫גלוי וידוע לפני שאם הייתם >כלכם וגו‬
„Ich habe [ihn] gemacht [...], ich werde [es] erstra-
gen. (Jes 46,4)
Es ist offenbar und vor mir bekannt, dass ihr alle ge-
wesen seid etc.4

1
Siehe Hiob 9,9; Hiob 38,31.
2
Ein gefallener Engel. Vgl. bNid 61a: Sichon und Og waren die Söhne
Achias, der ein Sohn Schamchasais war.
3
Vgl. PRE 22 (BK 118-120). P.D. Hanson, Rebellion in Heaven, Azazel
and Euhemeristic Heroes in I Enoch 6-11. JBL 96 (1977), 195–233. .‫ פירש לי‬:‫י‬ 1
J.T. Milik, The Books of Enoch. Aramic Fragments of Qumran Cave .‫ כך‬:‫י‬ 2
4, Oxford 1976, 298–339. 3
4 .‫ כביכול‬:‫י‬
In Ms Kaufmann 59 und Yassif, 287 fehlt der Rest der Geschichte. Sie 4
findet sich aber u.a. in Bereschit Rabbati (Albeck, 29–31) und Jalqut .‫ מנחים‬:‫ב‬
5
Schimoni bereschit § 42 und wird hier von dort ergänzt. – Zum Name .‫ שמחזאי‬:‫י‬
6
„Istaher“ siehe S. Lieberman, Some Aspects of After Life in Early .‫ לו‬:‫ב‬
7
Rabbinic Literature. In: H.A. Wolfson, Jubilee Volume, Jerusalem .‫ כשאמרנו לפניך‬:‫י‬
8
1965, 1, 497–498. .‫ חסר‬:‫י‬

168 169
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[dass ihr alle in ihrer Welt gewesen seid, und der böse In Ms Kaufmann 59 und Yassif, 287 fehlt der Rest der Geschichte.
Trieb über euch herrscht, wie er über den Menschen Sie findet sich aber u.a. in Bereschit Rabbati (Albeck, 29–31) und
herrscht. Ihr aber seid gewichtiger als sie.“ Jalqut Schimoni bereschit § 42
Sie sagten zu ihm: „Gib uns die Erlaubnis, bei den
Menschen zu wohnen und du wirst sehen, wie wir
deinen Namen heiligen.“
Da sagte der Heilige, gepriesen sei er, zu ihnen: „Ich
habe euch bereits die Erlaubnis gegeben.“
Da stiegen sie herab und ließen den bösen Trieb über
sie herrschen.
Als die Menschentöchter sahen, dass sie schön wa-
ren, irrten sie ihretwegen vom Weg ab und konnten
ihren Trieb nicht bezwingen, wie geschrieben steht:
Da sahen die Söhne Gottes. (Gn 6,2)
Schamchasai hatte nämlich ein Mädchen gesehen,
deren Name Estera war, und er hatte ein Auge auf sie
geworfen. Er sagte zu ihr: „Erhöre mich.“ Sie aber
antwortete ihm: „Ich werde dich erst dann erhören,
wenn du mich den Namen Gottes gelehrt hast, mit
dem du immer dann zum Himmel fliegst, wenn du
ihn dir ins Gedächtnis rufst.“ Da lehrte er sie ihn, und
sie erinnerte ihn und erhob sich in den Himmel.
Da sagte der Heilige, gepriesen sei er: „Da sie sich
selbst von einer Übertretung ferngehalten hat, will
ich ihr ein Zeichen setzen, dass man sich auf der Welt
an sie erinnert.“ Und der Heilige, gepriesen sei er,
setzte sie als [das Sternbild] der Plejaden [am Him-
mel] fest.]

170 171
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage 3 ‫שאלה ג‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum verhält sich der Mond nicht wie die Sonne?“
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
‫ כשמש‬1‫מפני מה אין ירח מנהגת‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Am Anfang waren ihre Lichter gleich. Sie waren beide ‫]בן סירא[ אמר לו‬
Anführer und ihr Lauf war gleich, bis der Mond vor den ‫בתחילה >היו מאורותן< שוים‬
2

Heiligen, gepriesen sei er, trat und vor ihm sagte: 4


‫ מנהיגים שניהם ונהיגתן שוה‬3<‫>והיו‬
„[Herr der Welt,] warum sind wir [beide] schön und un- ‫ לפניו‬5‫עד שהלכה ירח לפני הקדוש ברוך הוא ואמר‬
sere Lichter gleich?“
‫ מפני מה אנו יפים ומאורותינו‬6<‫>רבונו של עולם‬
Er sagte zu ihm: ‫שוים‬
„Wenn es so ist, soll von deinem Licht genommen und
der Sonne gegeben werden.“ ‫אמר לה‬
Er sagte vor ihm:
‫ ניטול ממאורתך וניתן לשמש‬7‫אם כן‬
9 8

„Herr der Welt, dafür, dass ich dir zutreffende Dinge ge- ‫ לפניו‬10‫אמר‬
sagt habe, nimmst du mir von meinem Licht?!“1
‫רבונו של עולם בשביל שאמרתי לך דברים נכונים‬
11
‫תטול ממאורתי‬

1
.‫ מתנהגת‬:‫י‬
2
.‫ היתה מאורתן‬:‫ב‬
3
.‫ כך‬:‫י‬
4
.‫ שוין‬:‫י‬
5
.‫ ואמרה‬:‫י‬
6
.‫ כך‬:‫י‬
7
.‫ כך אטול‬:‫י‬
8
.‫ ממאורך‬:‫י‬
9
.‫ ואתן‬:‫י‬
10
1
Vgl. GnR 6,3; bChul 60b; bSchebu 9a; PRE 6 (BK 42-45); PRE 51 .‫ אמרה‬:‫י‬
11
(BK 357). .‫ מאורי‬:‫י‬

172 173
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Frage 4 ‫שאלה ד‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Wenn es so ist, wäre es an deinem Schöpfer gewesen,
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
das Licht des Mondes wie das Licht der Sonne zu ma- ‫ של לבנה כאור השמש‬1‫אם כן היה לקונך ליתן אורה‬
chen,1 der Sonne als Anführer aber mehr [Licht zu ge-
3
‫ יותר ממה שמנהיג‬2‫ולשמש‬
ben].“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫וכך היה רוצה לעשות‬
„So wollte er es auch machen. Nur sagte sich der Heilige, ‫אלא אמר הקדוש ברוך הוא אם אני מניח הללו בעולם‬
gepriesen sei er, wenn ich jene [so] in der Welt lasse, ver-
lassen mich die Menschen und beten sie an, weil sie wie
4
‫עוזבין אותי בני אדם ומתפללין להם לפי שהן כשני‬
zwei Perlen sind.“2 ‫מרגליות‬

Frage 5 ‫שאלה ה‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Sage mir, an welchem Ort ist die Mitte des Himmels?“
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
‫אמור לי באי זה מקום חציים של שמים‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Im oberen Tempel3.“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Er sagte] zu ihm: „Gibt es denn einen Tempel dro-
ben?“4
‫בבית המקדש שלמעלה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
7
‫ בית המקדש למעלה‬6‫ לו וכי יש‬5<‫>אמר‬
„Er ist gegenüber dem unteren Tempel errichtet5, denn ‫ הוא מכוון כנגד בית המקדש של‬8‫]בן סירא[ אמר לו‬
es heißt:
Einen Ort für deinen Sitz[, JHWH, das Heiligtum6, das ‫מטה שנאמר‬
deine Hände errichtet haben]. (Ex 15,17) (‫מכון לשבתך )שמות טו יז‬

1
Er hätte erlauben sollen, dass der Mond immer als Vollmond sichtbar
ist, nur kleiner als die Sonne.
2
Vgl. Midrasch Konen zum 4. Tag der Schöpfung: A. Jellinek, BhM 2,
25–26. A. Wünsche, Aus Israels Lehrhallen, 3.2, 175–176. Midrasch
Tadsche 1: A. Jellinek, BhM 3, 164. A. Wünsche, Aus Israels Lehrhal-
len, 5.2, 88.
3
Im oberen – himmlischen – Tempel.
4
Yassif, 288: Er sagte zu ihm: Ja. Er sagte zu ihm: Dann zeige mir, an .‫ אורו‬:‫ב‬ 1
welcher Stelle er ist. – Siehe A. Aptowitzer, Der himmlische Tem- .‫ ושמש‬:‫ב‬ 2
pel in der Haggada (h). Tarbiz 2 (1931), 137–153, 257–287. D. Noy, 3
.‫ שמאיר‬:‫י‬
Volkstümliche Erzählungen in Talmud und Midrasch (h), Jerusalem 4
1958, 52–53. .‫ חסר‬:‫י‬
5
5
‫ מכוון‬auch: ausgerichtet, hingewendet sein. .‫ כך‬:‫י‬
6
6
„Ort für deinen Sitz“ und „Heiligtum, das deine Hände errichtet ha- .‫ מקדש‬:‫י‬
7
ben“ werden als zwei unterschiedliche Dinge verstanden: den irdi- .‫ אמר לו והוריני באיזה מקום הוא‬.‫ אמר לו הין‬:‫י‬
8
schen und den himmlischen Tempel. .‫ אמר לו מכוון‬.‫ אמר לו והוריני באיזה מקום הוא‬.‫ הן‬:‫י‬

174 175
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Lies nicht „Ort“ (‫)מכון‬, sondern: „hingewendet“ (‫)מכוון‬.1 ‫אל תקרי מכון אלא מכוון‬
Das lehrt, dass das eine gegenüber dem anderen ist.“ ‫מלמד ששניהם זה לעומת זה‬
[Nebukadnezar sagte zu ihm:]
„Siehe, du hast mir zwar gesagt, dass es droben einen
[‫]אמר לו‬ 1

Tempel gibt, aber ich weiß nicht, ob es Lüge oder ‫>הרי כבר< אמרת לי שיש בית המקדש למעלה‬
2

Wahrheit ist. Siehe, ich habe dir zwar geglaubt, weil ‫ואיני יודע אם שקר אם אמת‬
du mir den Vers zitiert hast. ‫הרי כבר האמנתי לך בשביל >שאמרת לי פסוק‬
Wer weiß aber, ob in diesem Tempel die Mitte des Him- ‫ בית המקדש חצייה של שמים‬4‫ יודע אם באותה‬3<‫ומי‬
mels ist?“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Wenn du [es] nicht glaubst, ‫אם אין אתה מאמין‬
schicke deine Diener und deine Kinder aus, damit sie den ‫ וימדדו את השמים‬5<‫שגר >נעריך ובניך‬
Himmel vermessen.
‫ מוצאים כך טול ממני כל הנכסים >שנתת‬6‫ואם אין‬
Und wenn sie es nicht so finden, nimm meinen ge- 7
<‫לי‬
samten Besitz von mir[, den du mir gegeben hast].“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Wer steigt hinauf zum Himmel und kommt wieder
(‫ וירד )משלי ל ד‬8‫מי עלה שמים‬
herab?“ <‫>אמר לו‬ 9
(Prov 30,4)
‫אם תמצא מי יעלה >מי< מדוד את השמים‬
11 10

[Nebukadnezar] sagte zu ihm:


„Wenn du jemanden fändest, der hinaufstiege, [wer] wür- ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
de den Himmel ausmessen können?“ ‫אם כן מה אעשה לך‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm: <‫>]בן סירא[ אמר לו‬
12

„Wenn es so ist, was soll ich für dich tun?“ ‫האמין לי קודם שתמדוד‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Glaube mir, bevor du messen gehst.“

1
.‫ אמר לו אותו רשע‬:‫י‬
2
.‫ חסר‬:‫י‬
3
.‫ אבל מי‬.‫ שהבאת ראיה מן הפסוק‬:‫י‬
4
.‫ באותו‬:‫י‬
5
.‫ נעריה ובניה‬:‫ב‬
6
.‫ אינם‬:‫י‬
7
.‫ כך‬:‫י‬
8
.‫ לשמים‬:‫ב‬
9
.‫ חסר‬:‫י‬
10
1
Demnach würde Ex 15,17 lauten: Hingewendet zu deinem Sitz, .‫ כך‬:‫י‬
11
JHWH, ist das Heiligtum, das deine Hände errichtet haben. – Vgl. W. .‫ ימדוד‬:‫י‬
12
Bacher, Die Aggadah der palästinischen Amoräer, 2, 454. .‫ חסר‬:‫י‬

176 177
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Da sagte er zu Ben Sira: „Wie du bei allen jenen Fra- ‫מיד אמר לבן סירא כשם שדברת אמת בכל‬
gen die Wahrheit gesagt hast, so sagst du sie auch in ‫שאילות הללו‬
dieser Sache.“
‫ בדבר זה‬1‫כך אתה אומר‬
Sogleich glaubte er ihm
und er sprach zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“ ‫מיד האמין‬
‫ואמר לו יישר כוחך‬
Frage 6
‫שאלה ו‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„An welchem Ort ist die Mitte der Erde?“
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫באי זה מקום חצייה של ארץ‬
„Im unteren Tempel, denn dieser wurde genau gegenüber
jenem [oberen] erschaffen. ‫]בן סירא[ אמר לו‬
Und während der gesamten Bauzeit pflegte der Ho-
‫בבית המקדש של מטה לפי שזה לא נברא אלא לעומת‬
2

hepriester zu opfern und zu räuchern. Auch Michael,


3
‫זה‬
der Vorsteher [der Engel], pflegte droben [für] die
Seelen der Gerechten zu opfern und zu räuchern.
‫ כהן גדול מקריב‬4‫וכל זמן שזו היתה בנויה היה‬
‫ומקטיר‬
Und nun1, da du zwar unser Leben geschont hast,2 ‫אף מיכאל הממונה היה מקריב ומקטיר למעלה‬
aber [die Darbringungen] unten aufgehört haben, gibt
es, wenn man es so sagen darf, auch keine Darbrin-
5
‫נפשות צדיקים‬
gungen [droben]. Aber einst lässt der Heilige, geprie- <‫ >נוצרת את חייתינו‬6‫ועכשיו שנדמה‬
7

sen sei er, sie wieder zurückkehren, wie es heißt: ‫ של מטה‬8<‫ובטלו >הקרבנות‬
10
<‫ אין קרבנות >למעלה‬9‫כביכול‬
‫ועתיד הקדוש ברוך הוא להחזירה שנאמר‬
11

(‫ופדויי יהוה ישובון )ישעיה לה י‬

1
.‫ לי גם בדבר הזה והאמין לו‬:‫י‬
2
.‫ שזו‬:‫י‬
3
.‫ מקדש של מעלה‬:‫י‬
4
.‫ הכהן‬:‫י‬
5
.‫ הצדיקים‬:‫י‬
6
. ‫ שגרמו עונות‬:‫י‬
7
1
Es liegt hier wohl ein Wortspiel mit dem Namen Nebukadnezar und .‫ חסר‬:‫י‬
8
dem hier benutzten Verb „nazar“ vor. – Yassif, 288: haben die Sünden .‫ כך‬:‫י‬
9
dazu geführt, dass die irdischen Opfer abgeschafft wurden. .‫ אם‬:‫ב‬
10
2
Nebukadnezar hat Israel ins babylonische Exil gebracht, daher kann .‫ כך‬:‫י‬
11
der Tempeldienst nicht ausgeführt werden. .‫ להחזירן‬:‫י‬

178 179
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Die Erretteten JHWHs werden wiederkehren. (Jes ‫]נבוכדנצר[ אמר לו‬
35,10) ‫ חצייה של אדמה‬2‫ שבו‬1‫מהיכן תדע‬
[Nebukadnezar] sagte zu ihm:
„Woher weißt du, dass dort die Mitte der Erde ist?“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
‫ אלא כילוד אשה‬3‫כי בית המקדש לא נברא‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫ לכאן ולכאן‬4‫מה ילוד אשה מתחיל מטיבורו והולך‬
„Weil der Tempel nicht anders erschaffen wurde als das
Kind einer Frau. Wie das Kind einer Frau an seinem Na-
‫ הקדוש ברוך הוא התחיל מקדש הקדשים מאבן‬5‫אף כך‬
bel [zu wachsen] beginnt und nach hier und dort weiter-
6
<‫>השתיה‬
wächst, so begann auch der Heilige, gepriesen sei er, am ‫ מסך לכאן ולכאן‬8‫ הושתה העולם וכך‬7‫שממנו‬
Allerheiligsten mit dem [Grund]stein1.
‫לפי שבית המקדש הוא טיבור העולם‬
Und von ihm spannte er die Welt aus, und so[dann] goss ‫ חצייה של שמים וחצייה של ארץ‬9‫ובו‬
er sie nach hier und nach da. Daher ist der Tempel der
Nabel der Welt, und in ihm ist die Mitte des Himmels und ‫אמר לו נבוכדנצר יישר כוחך‬
die Mitte der Erde.“2
Nebukadnezar sagte zu ihm: „[Gott] stärke deine Kraft.“ ‫שאלה ז‬

Frage 7 [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬


‫מפני מה זכתה האדמה לאכול ולהבליע את כל העולם‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum ist die Erde berechtigt, alle [Bewohner der] Welt
‫כלו‬
zu verzehren und zu verschlingen?“ ‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫מפני שכיון שברא הקדוש ברוך הוא את הארץ מיד‬
„Nachdem der Heilige, gepriesen sei er, die Welt erschaf- (‫ נעשה אדם בצלמינו )בראשית א כו‬10‫ויאמר אלהים‬
fen hatte,

1
.‫ יודע‬:‫ב‬
2
.‫ שבא‬:‫ב‬
3
.‫ נבראת‬:‫י‬
4
1 .‫ ומתחיל‬:‫ב‬
mJoma 5,2: Seitdem die Lade fort war, befand sich da ein Stein aus 5
.‫ חסר‬:‫י‬
den Tagen der ersten Propheten, der Grundstein genannt wurde. Er 6
war drei Finger höher als der Erdboden und auf diesen setzte er [das .‫ כך‬:‫י‬
7
Räucherwerk]. bJoma 54b zu Grundstein: Es wird gelehrt: Von diesem .‫ שממנה‬:‫י‬
8
aus ist die Welt entstanden. .‫ ואחר כך מתח לכאן‬:‫י‬
9
2
A. Aptowitzer, Der himmlische Tempel in der Haggada (h). Tarbiz 2 .‫ ובא‬:‫ב‬
10
(1931), 257–266. .‫ אלדים‬:‫ב‬

180 181
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
da ‫למי אמר‬
sprach Gott: Lasst uns einen Menschen machen nach un- ‫למיכאל ולגבריאל‬
serem Bildnis. (Gn 1,26)
Und zu wem sprach er?
‫ומפני מה נמלך בהם‬
Zu Michael und Gabriel. ‫מפני שבתחלה לא נמלך בהם אלא‬
Und warum beriet er sich mit ihnen? Weil er sich am ‫ את האדם מן האדמה‬1‫רצה לבראת‬
Anfang nicht mit ihnen beraten hatte. Vielmehr: ‫מיד אמרה לפניו רבונו של עולם אם תרצה לבראות‬
Er wollte den Menschen (‫ )האדם‬aus der Erde (‫ )האדמה‬er-
4
‫ ולא תטול ממני‬3‫ מן שמים בראו‬2‫אדם‬
schaffen. Da sprach [die Erde] vor ihm: „Herr der Welt, ‫ לך מהיום לאלף שנים‬5‫אמר לה אני נותן‬
wenn du einen Menschen aus [dem Stoff des] Himmels
erschaffen willst, erschaffe ihn, aber nimm nichts von
6
‫ומאלף שנים להלאן טול ממני מאה כמותו‬
mir.“ ‫ שטר חוב‬8‫ נכתוב עליו‬7<‫אמרה לפניו אם >כן‬
Er sagte zu ihr: „Ich werde [ihn]1 dir von heute an für ‫כדי שתתן לי מאה בכל יום ויום‬
tausend Jahre übergeben, und nach den tausend Jahren
nimm forthin von mir hundert, die [zusammen] ihm ent- ‫והבא לי מיכאל וגבריאל כדי שיחתמו בשטר‬
sprechen.“
‫מיד הלך הקדוש ברוך הוא ונמלך בגבריאל ומיכאל‬
Sie sagte vor ihm: „Wenn [es so] ist, schreiben wir dar- 9
‫ואמר להם‬
über einen Schuldvertrag, dass du mir hundert an jedem (‫נעשה אדם )בראשית א כו‬
Tag2 gibst.
Und bringe mir Michael und Gabriel her, dass sie den
11
‫ ונטל הקדוש ברוך הוא מאדמה‬10<‫מיד >בא לארץ‬
Vertrag siegeln.“ ‫וברא אדם‬
Sofort ging der Heilige, gepriesen sei er, um sich mit
Michael und Gabriel zu beraten, und er sagte zu ih-
nen:
Lasst uns einen Menschen machen. (Gn 1,26)
Sogleich [ging] der Heilige, gepriesen sei er, [zur Erde]
und nahm von der Erde und erschuf Adam.

1
.‫י לבראות אדם‬
2
.‫ טול מן השמים‬:‫י‬
3
.‫ ובראיהו‬:‫י‬
4
.‫ ממנו‬:‫ב‬
5
.‫ נותנו‬:‫ב‬
6
.‫ כמותי‬:‫ב‬
7
.‫ כך‬:‫י‬
8
1
Adam, wenn Gott ihn aus Erde erschaffen hat. .‫ לפניך‬:‫ב‬
9
2
Die Erde präzisiert die Aussage Gottes und handelt ein Maximum her- .‫ לה‬:‫י‬
10
aus. Sie verlangt außerdem eine formale Erklärung (Grundlage: pacta .‫ כך‬:‫י‬
11
sunt servanda). .‫ מן האדמה‬:‫י‬

182 183
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sogleich schrieben sie einen Vertrag und siegelten ihn. ‫מיד כתבו שטר וחתמו‬
Und wie schrieben sie ihn? ‫ כתבו‬1‫והיאך‬
Bezeugung der Erinnerung [darüber], was vor uns
war am 6. Tag der Weltschöpfung:
‫ בפנינו בששה ימים לבריאת‬2‫זכרון עדות שהיה‬
Wie der hohe und erhabene König, der El Schaddai ‫עולם‬
genannt wird, vor uns sprach: Ihr sollt Zeugen für ‫איך מלך רם ונשא דמתקרי אל שדי אמר לפנינו‬
mich sein: ‫ וחתמו עלי בלשון‬4‫ וכתבו‬3‫הוו עלי עדים וקנו ממנו‬
Man hat von uns erworben. ‫הקדש‬
Und sie haben [es] für mich aufgeschrieben und ge- 7
‫ותנו לה לארץ מחמת שיש עלי ארבע אמות‬
6 5
siegelt in der heiligen Sprache:
Man soll der Erde dafür, dass mir [eine Schuld von]
9
‫ הארץ לגבות ממני מן מחר ואילך‬8‫וראשה תהא‬
vier Ellen1 obliegt, geben. ‫ עד עולם‬11‫ כאדם בכל יום‬10‫מאה בני אדם ששוקלין‬
Die Erde beginnt2 von morgen an, von mir hundert ‫ זאת מאל שדי לארץ‬12‫וקנינו של‬
Menschen zu erheben, die dem Gewicht von Adam ‫ למעלה‬14<‫ בכל >זאת הכתוב‬13<‫>ואתם תהיו עדים‬
entsprechen, täglich, für alle Zeit. ‫ שריר וקיים‬15‫והכל‬
Und dieser Besitz [geht] von El Schaddai auf die
Erde über.
‫>וזה ייטב בעיני‬
Und ihr sollt Zeugen sein bei all dem, was oben ge- ‫ מיכאל שר החכמה וגבריאל שר‬16<‫ואלו היו עדים‬
schrieben steht. Und das ganze ist fest und bestän- ‫הגבורה‬
dig.
Und dies ist gut in meinen Augen. ‫וכיון שכתבו אותו מלאכי השרת מסרו אותו‬
Und das sind die Zeugen: Michael, Fürst der Weisheit ‫למטטרון‬
und Gabriel, Fürst der Stärke.
Nachdem sie ihn geschrieben hatten, übergaben die
Dienstengel ihn an Metatron3

1
.‫ וכך‬:‫י‬
2
.‫ שהיתה‬:‫י‬
3
.‫ ממני‬:‫י‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
.‫ מתחת‬:‫ב‬
6
.‫ לה‬:‫י‬
7
.‫ מאות‬:‫ב‬
8
.‫ שתהא‬:‫י‬
9
.‫ חסר‬:‫י‬
10
.‫ ששקולין‬:‫י‬
11
.‫ יום ויום‬:‫י‬
12
.‫ מן‬:‫י‬
13
.‫ חסר‬:‫י‬
14
1
Gott hat vier Ellen Erde gebraucht, um Adam daraus zu erschaffen. .‫ ככל מה שכתוב‬:‫י‬
15
2
Wörtlich: Und der Anfang sei. .‫ בקניין‬:‫י‬
3 16
Siehe Seite 170, Anm. 1. .‫ וקיים‬:‫י‬

184 185
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
und er ist in seiner Hand bis jetzt. ‫והוא בידו עד עכשיו‬
Und daher sterben jeden Tag hundert Menschen, da sie ‫ מאה בני אדם ששקולין כאדם‬2‫ מתים בכל יום‬1‫ולכך‬
dem Gewicht des ersten Menschen entsprechen.
‫הראשון‬
Und als er Lilit für ihn erschaffen wollte, und sie ihm
nicht zur Frau werden wollte,1 da sagte der Heiligen, ‫ ולא רצתה להיות לו‬3‫וכיון שרצה לבראות לו ללית‬
gepriesen sei er, zu ihr: „Wenn du dem ersten Men- ‫לאשה‬
schen gehorchst, ist es gut. Wenn nicht, schreiben wir ‫ הקדוש ברוך הוא אם תשמיעי לו‬4‫מיד אמר לה‬
einen Schuldvertrag über dich, wie ich [einen] über ‫לאדם הראשון מוטב‬
den ersten Menschen geschrieben haben.“ ‫ואם לאו נכתוב עליך שטר חוב כמו שכתבתי על‬
Sogleich sagte sie vor ihm: „Es soll ein Schuldvertrag ‫ הראשון‬5‫אדם‬
über mein Kind2 geschrieben werden, damit an jedem
Tag hundert Dämonen sterben.“ ‫מיד אמרה לפניו כתוב שטר חוב על בני‬
‫כדי שימותו מאה שדים בכל יום‬
Da rief der Heilige, gepriesen sei er, jene zwei Engel
und sprach zu ihnen: „Schreibt und siegelt für mich, ‫מיד קרא הקדוש ברוך הוא לאותם שני מלאכים‬
wie ihr [schon einmal] geschrieben habt.“ ‫ואמר להם‬
Und nachdem sie ihn geschrieben hatten, übergaben
6
‫כתבו וחתמו עלי כמו שכתבתם‬
[die Dienstengel] ihn Metatron, und er ist bis jetzt in
seiner Hand. Und daher sterben an jedem Tag hundert ‫ מסרו אותו למטטרון והוא בידו‬7 ‫וכיון שכתבו אותו‬
Dämonen, die [dem Gewicht von] Lilit entsprechen. ‫עד עכשיו‬
Und daher ist die Erde berechtigt, alle [Bewohner der]
‫ כללית‬8‫ולפיכך מתים בכל יום מאה שדים‬
Welt zu verzehren. ‫ולפיכך זכתה האדמה לאכול את כל העולם כלו‬
Und wie schrieben sie [jenen Vertrag]? 9
<‫וכיצד כתבו אותו >השטר‬
Bezeugung der Erinnerung [darüber], was vor uns
war am siebten Tag der Weltschöpfung: ‫ בפנינו בשבעה ימים לבריאת‬10‫זכרון עדות שהיה‬
‫עולם‬

1
.‫ ולפיכך‬:‫י‬
2
.‫ יום ויום‬:‫י‬
3
.‫ לילית‬:‫י‬
4
1 .‫ לו‬:‫ב‬
Die Geschichte erklärt, warum Adam von der „Adama“, der Erde, ge- 5
.‫ שכתבת לאדם‬:‫ב‬
nommen wurde, und wieder zu Erde werden wird. „Adam“ wird hier 6
als Vertreter der Menschheit verstanden, in die Lilit als Vertreterin der .‫ שכתבתה על אדם‬:‫י‬
7
weiblichen Menschen eingeschlossen ist. Die Geschichte von Lilit ist .‫ מלאכי השרת‬:‫י‬
8
daher nur eine Motivwiederholung. Sie wurde später hinzugefügt. .‫ ששקולין‬:‫י‬
9
2
Das Kind, das sie mit Adam hätte haben können, wenn dieser die .‫ כך‬:‫י‬
10
Gleichheit von Mann und Frau akzeptiert hätte. .‫ שהיתה‬:‫י‬

186 187
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Wie der hohe und erhabene König, der El Schaddai ‫איך מלך רם ונשא דמתקרי אל שדי אמר לפנינו‬
genannt wird, vor uns sprach: ‫הוו עלי עדים‬
Ihr sollt Zeugen für mich sein:
Man hat von mir erworben.
‫וקנו ממני‬
Und sie haben es für mich aufgeschrieben und gesie- ‫וכתבו וחתמו עלי בלשון הקודש‬
gelt in der heiligen Sprache: ‫ עלי לה הלואה אדמה‬1‫ותנו לה לארץ מחמת שיש‬
Man soll der Erde dafür, dass mir [die Schuld] ob- 2
‫ארבע אמות‬
liegt, von der Erde vier Ellen ausgeliehen zu haben, 5
<‫ תהא הארץ >לגבות< ממני >בכל יום‬3‫ראשה‬
4

geben. ‫ כללית עד עולם‬6‫מאה שדים ששוקלין‬


Die Erde soll beginnen,1 von mir [an jedem Tag] hun-
dert Dämonen [zu erheben], die dem Gewicht von ‫ זאת מאל שדי לארץ‬7‫וקנינו על‬
Lilit entsprechen, für alle Zeiten. ‫ שריר וקיים‬8‫בכל מה שכתוב למעלה בקניין‬
Und dieser Besitz [geht] von El Schaddai auf die ‫מיכאל שר החכמה וגבריאל שר הגבורה‬
Erde über.
[Und ihr sollt Zeugen sein] bei all dem, was oben ‫אמר לו נבוכדנצר לבן סירא‬
geschrieben steht. Und der Erwerb ist fest und be- ‫ברוך מגלה עמוקות שגלה סודו לעמו‬
ständig.
[Und das sind die Zeugen:] Michael, Fürst der Weis- ‫שאלה ח‬
heit und Gabriel, Fürst der Stärke.
Nebukadnezar sagte zu Ben Sira: „Gepriesen, der die [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
Tiefen aufgedeckt, der sein Geheimnis seinem Volk ent- ‫ כשהוא נולד יוצא בבכיה‬9‫מפני מה הקטן‬
hüllt hat.“
‫ יצירת הולד‬10‫]בן סירא[ אמר לו בוא ואגמור לך‬
Frage 8

Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:


„Warum kommt das Kind, wenn es geboren wird, mit ei-
nem Weinen heraus?“2
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Komm, und ich werde dir [zuerst] die Erschaffung des
Kindes darlegen.“

1
.‫ לה‬:‫י‬
2
.‫ מאות‬:‫ב‬
3
.‫ רשאה‬:‫ב‬
4
.‫ כך‬:‫י‬
5
.‫ כך‬:‫י‬
6
.‫ ששקולין‬:‫י‬
7
.‫ מן‬:‫י‬
8
1
Es wird nicht gesagt, wann die Erde beginnen soll. .‫ במנין‬:‫י‬
9
2
Vgl. M. Higger, The Formation of the Child, Gaster Anniversary Vo- .‫ קטן‬:‫י‬
10
lume, London 1936, 253–259. .‫ אותך‬:‫י‬

188 189
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sogleich küsste er ihn auf sein Haupt und sagte zu ihm: 2
‫ באי זה צד‬1‫מיד נשקו על ראשו ואמר לו בני למדני‬
„Mein Sohn, lehre mich, auf welche Weise die Erschaf- ‫יצירת הולד‬
fung des Kindes geschieht.“
[…]1
[...]

Frage 9 ‫שאלה ט‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
„Warum sind die Hände eines Neugeborenen [zu Fäu- ‫מפני מה הולד כשהוא נולד ידיו סתומות וכשהוא מת‬
sten] geballt, wenn es geboren wird, und warum sind die
Hände offen, wenn man gestorben ist?“ ‫ידיו פשוטות‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
3

„Wir haben einen Weisen, sein Name ist Rabbi Jocha- ‫חכם אחד לנו ורבי יוחנן שמו‬
nan, ‫ חדא‬4‫ואמר בדבר זה שני מאמרים‬
und er sagte zu dieser Sache zwei Lehrsprüche. Ein-
mal:2 ‫ שלו‬5‫כיון שנולד סתם ידו כלומר שכל העולם‬
Wenn es geboren ist, sind seine Hände [zu Fäusten] ge-
‫וכשהוא מת פושט ידיו כלומר הרי לכם כל מה שקניתי‬
ballt, was bedeutet, dass die ganze Welt ihm gehört.
7
<‫ >כלום‬6‫שאין לי בעולם זה‬
Und wenn jemand gestorben ist, sind seine Hände offen,
was bedeutet, siehe, euch gehört alles, was ich erworben
‫>ואחר כך אמר‬
habe, denn mir gehört nichts mehr in dieser Welt. ‫כיון שנולד סתם ידיו כלומר שני עולמות ראיתי‬
‫ושיירו לי שני העולמות וכשהוא מת פושט ידיו‬
Und danach sagte er: ‫כלומר‬
Nachdem [ein Kind] geboren ist, sind seine Hände
[zu Fäusten] geballt, was bedeutet, ich habe zwei ‫הרי כל מה שראיתי ושקניתי כבר ראיתי י' עולמות‬
Welten gesehen und die beiden Welten bleiben mir. ‫ולא שייר לי כלום‬
Und wenn jemand gestorben ist, sind die Hände of-
fen, was bedeutet, siehe, [hier ist] alles, was ich gese-
‫ואלו הן עולמות שאדם שרוי בהן‬
hen und erworben habe. Ich habe zwar zehn Welten
gesehen, aber nichts bleibt mir übrig.
Und das sind die Welten, in denen ein Mensch weilt:

1
.‫ למדיני‬:‫י‬
2
1 .‫ כיצד‬:‫י‬
Der Rest der Erzählung fehlt sowohl in Ms Kaufmann 59, Budapest, 3
als auch bei Yassif. Yassif, 290, Anm. 16 verweist darauf, dass nur .‫ כבר חיכם לנו אחד ששמו ר' יוחנן‬:‫י‬
4
zwei Handschriften die Erzählung ausführen. .‫ אמירות‬:‫י‬
5
2
Ein anachronistischer Einschub. Die Geschichte von Ben Sira spielt .‫ כולו שלי‬:‫י‬
6
am Hofe Nabukandezars. Jochanan ist in die rabbinische Zeit einzu- .‫ הזה‬:‫י‬
7
ordnen. .‫ כך‬:‫י‬

190 191
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Eine, wenn man im Bauch eingeschlossen ist, und ‫אחד בבטן גנזין ואחד בבטן ואחד כשהוא יוצא‬
eine im Bauch, und eine, wenn man an die Luft der 1
<'‫לאויר העולם ושבעה לאחר הללו וגומ‬
Welt herauskommt, und die sieben nach jenen usw.“ 1
Nebukadnezar sagte zu ihm:
‫אמר לו נבוכדנצר‬
„Glücklich bist du, und glücklich deine Väter, dass du ‫אשריך ואשרי אבותיך שתדע לספר שבח אלוהיך‬
2

das Lob deines Gottes zu verkünden verstehst.“


‫שאלה י‬
Frage 10
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]:
„Warum schreit ein Kind manchmal und manchmal weint ‫מפני מה קטן פעמים צווח ופעמים בוכה ואינו מבין‬
es [nur], und niemand versteht warum. Während es her- ‫כלום‬
anwächst, ist des Weinens viel.“ ‫כשהוא מגדל רבה בבכיה‬
[Ben Sira] sagte zu ihm: ‫]בן סירא[ אמר לו‬
„Vom Tag der Geburt des Kindes bis zum sechsten ‫ מראין לו אות‬5‫ עד ששה חדשים‬4‫ שנולד הולד‬3‫מיום‬
Lebensmonat zeigt man ihm ein Zeichen [gegen zu hef-
tiges Weinen].“
‫שאלה יא‬
Frage 11
[‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: 7
‫ אשה מקשה בלידתה‬6‫מפני מה‬
„Warum hat eine Frau eine schwere Geburt?“
‫]בן סירא[ אמר לו‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Weil eine Frau drei Gebote [zu beachten] hat, und ‫ ואלו הן‬8‫מפני ששלשה מצות יש לה לאשה‬
das sind: Menstruation, Teighebe und das Anzünden ‫נידה וחלה והדלקת הנר‬
des Lichts [der Schabbatkerze]. 2

1
.‫ חסר‬:‫י‬
2
1 .‫ אלודיך‬:‫ב‬
Die eingerückten Abschnitte fehlen bei Yassif. – Vgl. A. Jellinek, BhM 3
.‫ מיד‬:‫ב‬
1, 152–155. A. Wünsche, Israels Lehrhallen, 3.1, 213–218. M. Hig- 4
ger, The Formation of the Child. Gaster Anniversary Volume, London .‫ הולך‬:‫י‬
5
1936, 253–259. .‫ בכל יום ויום‬:‫י‬
6
2
Siehe mSchab 2,4; bSchab 32a. Sie muss die Tage ihrer Reinheit und .‫ יש לך אשה שמקשה‬:‫י‬
7
Unreinheit beachten. Sie muss, wenn sie Teig zubereitet, etwas davon .‫ ויש שאינה מקשה בלידתה‬:‫י‬
8
als Spende für den Tempel abgeben. .‫ חסר‬:‫י‬

192 193
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und wenn sie sie genau beachtet, erlangt sie eine ‫ יפה זוכה וילדת מהרה‬1‫ואם שומרת אותם‬
schnelle Geburt. Wenn sie [sie] aber nicht [genau] be- ‫ מלאך‬3‫ עומד‬2<‫ואם אינה שומרת >אותם יפה‬
achtet, steht der Engel, der über die Schwangerschaft
gesetzt ist, da und sagt zu ihr: „Ich habe nicht die
‫הממונה על ההריון ואומר לה אין לי רשות לעשות‬
Erlaubnis, dir irgendetwas anzutun, bis du geboren
4
‫לך כלום עד שתלד‬
hast.
6
‫ לידי לידה ותראה‬5‫ועכשיו תבוא‬
Und jetzt sollst du durch die Geburt kommen und ‫משל למה הדבר דומה‬
dann sehen[, was geschieht].“ ‫ והיה מרעה שעירים‬7‫לרועה אחד‬
Ein Gleichnis: Womit ist die Sache vergleichbar? ‫ בורחין בכל צדדין‬8‫כשהוא מרעה אותם הן‬
Mit einem Hirten, der Ziegen zu hüten pflegt. 10
<‫ >בכל צדדין‬9<‫>ואין בו כח לרוץ אחריהן‬
Wenn er sie hütet, laufen sie nach allen Seiten weg, ‫ תבואו לפתח שאני חושב‬11‫והוא אמר להם עודכם‬
und er kann ihnen nicht nach allen Seiten hinterher ‫אתכם בו‬
laufen.
Daher hat er zu ihnen gesagt: „Ihr werdet doch noch
12
<‫שם תראו >מה שאני עושה אתכם‬
ans Gatter kommen, dann zähle ich euch daran. Dort
14
<‫ כל שעיר שברח >לו היה‬13‫וכשהם באים לפתחו‬
werdet ihr sehen, was ich euch dann antun werde!“
15
<‫מלקה אותו באותו >הפתח‬
Und wenn sie zum Gatter kommen, schlägt er an je-
nem Gatter jede Ziege, die vor ihm weggelaufen ist. '‫כך המלאך כיון שרואה שהיא עוברת על אותן ג‬
‫ רשות לחבלה אלא אומר לה‬16<‫מצות אין >לו‬
Ebenso der Engel. Wenn er sieht, dass sie jene drei
Gebote übertreten hat, hat er nicht die Erlaubnis, ihr
‫עודך תבואי לידי לידה‬
zu schaden, sondern er sagt zu ihr: „Du sollst erst
noch durch die Geburt kommen.

1
.‫ אותה‬:‫ב‬
2
.‫ כך‬:‫י‬
3
.‫ עומדת‬:‫ב‬
4
.‫ שתלדי‬:‫י‬
5
.‫ תבואי‬:‫י‬
6
.‫ ותראי מה אעשה ליך‬:‫י‬
7
.‫ שהיה פסח‬:‫ י‬.[‫ שהוא ]מרעב‬:‫ב‬
8
.‫ היו בוכין מכל‬:‫ב‬
9
.‫ והוא לא היו יכול לרוץ מכל‬:‫ב‬
10
.‫ חסר‬:‫י‬
11
.‫ עדכם‬:‫י‬
12
.‫ חסר‬:‫י‬
13
.‫ לפתח החשבון‬:‫י‬
14
.‫ מלפניו הוא‬:‫י‬
15
.‫ כך‬:‫י‬
16
.‫ כך‬:‫י‬

194 195
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und wenn sie sich zum Gebären hinhockt, macht er ‫ והוא מקשה אותה ומשלם לה‬1‫וכשהיא כורעת לילד‬
[es] ihr schwer und zahlt ihr all ihren Lohn. 2
<‫>כל פעלה‬
Und wenn sie die drei [Gebote] nicht beachtet, gibt es
einen Tag, an dem es für sie keine Gebote [zu beach-
‫ואין >שמירה בג' יום שאין להן מצות מפני שיש‬
ten] gibt, weil sie [für ihr Tun] bezahlen müssen. ‫להן משלימים‬
In der Stunde ihres Gebärens und in der Stunde ihres
3
<[‫בשעת לידתן ובשעת מיתתן ]אין[ להם אלא ]חטא‬
Todes [denken] sie nur [an Sünde], Schuld und Beschä- ‫ועבירה ובושת פנים‬
mung.“
‫אמר לו נבוכדנצר‬
Nebukadnezar sagte zu ihm: ‫אפילו יותר מזאת אסבול ממך לפי שפקחות אתה‬
„Selbst mehr als das werde ich von dir dulden, weil deine
Klugheit größer ist als meine Gelehrsamkeit.“ ‫מלמדני‬

Frage 12 ‫שאלה יב‬


Und weiter fragte ihn [Nebukadnezar]: [‫ועוד שאלו ]נבוכדנצר‬
„Warum findet sich in den Mündern der Menschen auch
dann ein „Wehe, Wehe“, wenn sie nicht in Not sind?“
‫ בפיהם ווי ווי אפילו שלא‬4‫מפני מה בני אדם שרויים‬
‫בצער‬
[Ben Sira] sagte zu ihm:
„Weil es keinen [Menschen] auf der Welt gibt1, der nicht ‫]בן סירא[ אמר לו‬
sterben muss.“ 7
‫ שלא ימות‬6‫ בעולם‬5<‫מפני שאין לך >אדם‬

1
.‫ ללדת‬:‫י‬
2
.‫ פעולתה‬:‫י‬
3
‫ לך כל בריה בעולם שאין לה מצוות מפני שכל שיש להן משלמין להן‬:‫י‬
.‫בשעת לידתן ובשעת מיתתן אין להם חטא‬
4
.‫ שרויה‬:‫י‬
5
.‫ כך‬:‫י‬
6
.‫ הזה‬:‫י‬
7
‫ ה' יצילנו ממיתה משונה ויתן לנו חיים טובים וארוכים אמן ואמן סלה‬:‫י‬
1
Wörtlich: Du hast keinen Menschen. .‫חזק ונתחזק‬

196 197
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬

Das [aramäische] Alphabet des Ben Sira1 ‫אלפא ביתא של בן סירא‬


1

Ärzte2 ehre, bevor du sie brauchst.


‫>אוקיר לאסיא עד דלא תצטריך ליה‬2
Befördere einen Sohn, der sich nicht zu benehmen weiß3, ins Was-
ser und er wird schwimmen. ‫דלא בר שבקיה על אפי מיא וישוט‬ ‫בר‬
Grund4 einer Trennung ist dein Anteil an ihrem Ärger. ‫סליק בחולקיך גרדיה‬ ‫גרם‬
Das Gold bedarf der Prägung, und ein Kind bedarf der Züch- ‫צריך לקומצא ועלמא צריך לאלקאה‬ ‫דהבא‬
tigung.
‫טב וחלקך מן בישתא לא תרפא‬ ‫הוי‬
Halte dich an das Gute, und lass nicht ab, dich von dem Bösen
abzuwenden. ‫ליה לבישא ווי ליה לחברוהי ווי להון דשמעין לקליה‬ ‫ווי‬
Wehe dem Bösen, wehe seinem Gefährten und wehe denen, die ‫לחמך בימא וביבשתא תשכח יתיה‬ ‫זרוק‬
auf seine Stimme hören.
Schicke dein Brot5 ins Meer und du wirst es auf dem Trockenen
‫חמר חוור לא חמר בלא חימר‬ ‫חמית‬
wiederfinden. [‫לביש לא תעביד ולביש ]לא מטי לך‬ ‫טב‬
Chaos 6
mit einem weißen Esel: Belädt man ihn nicht, hat man
‫מן טיבותא לעלם לא תמנע‬ ‫ידך‬
auch keine Last.
Tue Gutes nicht für einen Bösen [und dir widerfährt nichts] ‫עלת לגנונא ולא ידעה מה מעילה‬ ‫כלתא‬
Böses.
‫לחכימא ברמזא ולשטייא בכרמזא‬
Jeden Tag lass deine Hand eine gute Tat tun.7
Keine Braut weiß, was ihr geschieht, wenn sie ins Brautgemach
geht.
Lehre8 den Weisen durch eine Andeutung (‫ )רמזא‬und den Dum-
men durch eine Rute (‫)כרמזא‬.

1
Die Sinnsprüche fehlen bei Yassif, 261. Vgl. E. Yassif, The Tales of
Ben Sira, 145–173.
2
Im aramäischen Text Singular.
3
Wörtlich: der kein Sohn ist. Vgl. A. Horovitz, Leschono schel Ben
Sira, Jerusalem 1970, 34.
4
Vgl. Seite 103: Der Spruch wird unterschiedlich überliefert.
5
Im Kommentar: Salz.
6
Wörtlich: Siehst du einen weißen Esel.
7
Wörtlich: Nie sollst du deine Hand zurückhalten, eine gute Tat zu
1
tun. .‫ והא לך האלפא ביתא מבן סירא‬:261 ,‫יסיף‬
8 2
Das Verb wurde ergänzt. .‫ חסר‬:‫י‬

198 199
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬

Mancher ehrt den, der ihn verachtet, und gleicht darin einem Esel. ‫למבסרוי דמי לחמרא‬ ‫מוקיר‬
Noch so klein ein Feuer; ist es entfacht, brennt Stroh lichter- ‫קליל מוקיר גדישין סגיאין‬ ‫נור‬
loh.
Schule mit Greis und Haus mit Greisin sind ein gutes Zeichen. ‫בכיתא סבא בביתא סימנא טבא בביתיה‬ ‫סיב‬
Abende1, die gut sind, sind besser als hundert böse Morgen. [Und ‫טבא ממאה צפרין בישין ובישין אלף אלפים יהא‬ ‫ערבא‬
seien auch der bösen Morgen tausende,] verhalte dich ‫חולקך עם בר טבין‬
wie ein Ehrenmann.2
‫פרוס ומחלוקת תליא‬ ‫פתורא‬
Plötzlich3 ein getrennter Tisch, und ein Streit ist vertagt.4
‫את למסב למתן עם בר טבין‬ ‫צריך‬
Zum Handel treiben bedarf es eines Ehrenmannes.
‫אכיל מריה ורחקא אכיל ית מריה‬ ‫קורבא‬
[Quell ist] Nahes, das verzehrt der Eigentümer, aber das, was
weit entfernt ist, verzehrt den Eigentümer.5 ‫קדמאה ליה את כפר ביה ובעקבא לא אתנטר‬ ‫רחימך‬
Rechtest 6
du mit einem alten Freund, wird er sich am Ende nicht ‫מלוכין אית לך וכוונת לבך לא תרפה‬ ‫שיתין‬
[um dich] kümmern.
Sechzig Berater kannst du dir nehmen, aber den Rat deines Her-
‫לך דיהוית שבעא וכפנת ולא מן דהוית כפנא ושבעת‬ ‫תתן‬
zens verlasse nicht.
Trägst du in deinem Herzen das Verlangen7, satt zu sein, so hun- ‫סליקו אותיות של בן סירא‬
gerst du und hast nie genug; [nimm dir vor] zu hungern,
so wirst du satt sein.

Ende des Alphabets Ben Siras

1
Im Text im Singular. Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 150–
151.
2
Wörtlich: sei dein Teil bei einem Ehrenmann.
3
Das Wort fehlt im Text.
4
A. Horovitz, Leschono schel Ben Sira, 35: Mach deutliche Erklärun-
gen und schaffe Meinungsverschiedenheiten beiseite.
5
Wörtlich: Nahes verzehrt sein Besitzer und weit [Entferntes] verzehrt
seinen Besitzer.
6
Wörtlich: Verleugne.
7
Wörtlich: Nimm dir vor.

200 201
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und dies sind die Erklärungen <‫ואלו הן פירושין‬
ÄRZTE1 2
EHRE, BEVOR DU SIE BRAUCHST.
<‫ ליה‬2‫ >עד דלא תצטריך‬1‫לאסיא‬ ‫אוקיר‬
3
Erklärung:
Stets lasse ein Mensch ein Gebet der Bedrängnis vor- <‫>פירוש‬ 3

angehen, wie Abraham, der zwischen Bet El und Ai be- ‫לעולם יקדים אדם תפילה לצרה‬
tete.4 ‫>כאברהם שהתפלל בין בית אל ובין העי‬4
Denn Josef Ben Usiel sagte: ‫שאמר יוסף בן עוזיאל‬
Als Abraham, unser Vater, in seiner Prophezeiung ge- ‫כשראה אברהם אבינו בנבואתו‬
sehen hatte, dass beschlossen worden war, [durch] eine
Natter5 Vernichtung über seine Kinder zu bringen, bat er ‫מעשה עכן שנגזרה כלייה על בניו בקש עליהם רחמים‬
für sie um Erbarmen. Und weil sein Gebet der Bedräng- ‫ועל שם שהקדים תפילתו לצרה בטלה הגזירה‬
nis vorangegangen war, wurde der Beschluss aufgeho- ‫ולא נהרג אלא יאיר‬
ben, und nur Jair6 wurde getötet.
<‫ואף לרופא שגר דורון קודם שתחלה‬
Ebenso sende einem Arzt, bevor [eine Krankheit] an- ‫והיינו דאמר בן סירא‬
fängt, ein Geschenk7. Und wir haben das, was Ben Sira
sagte:
‫ עד דלא תצטרך ליה‬5‫לאסיא‬ ‫אוקיר‬
ÄRZTE EHRE, BEVOR DU SIE BRAUCHST.

1
Wörtlich: Ehre einen Arzt, bevor du ihn brauchst. Vgl. Sirach 38,1:
Beweise Freundschaft dem Arzt, bevor du ihn brauchst, denn auch ihn
hat Gott erschaffen. Siehe auch Sirach 38,2-18.
1
2
Vgl. Tan miqqets 10 (zitiert den Sinnspruch und kommentiert ihn), .‫ כך‬:‫ י‬.‫ לאסייא‬:‫ב‬
2
Bereschit Rabbati, 69–70 (zitiert den gesamten Abschnitt). E. Yassif, .‫ תצטרך‬:‫י‬
3
The Tales of Ben Sira, 163–165. L. Dukes, Rabbinische Blumenlese, .‫ חסר‬:‫י‬
67. J. Reifman, Tekhunat Sefer Alfa Beta de-Ben Sira. Ha-Karmel 2 4
‫ שאילמלא אברהם לא הקדים תפלה לצרה לא נשתייר משונאיהם של‬:‫י‬
(1873), 125–126. ‫ כשנפטר מבית‬.‫ ואימתי הקדים‬.‫ישראל שריד ופליט בימי יהושע בן נון‬
3
Siehe bSanh 44b. – Siehe auch A.M. Habermann, Alfa Beta de Ben
‫ ואיזו קריאה‬.(‫ח‬:‫ שנאמר ויעתק משם ההרה ויקרא בשם יי' )בר' יב‬.‫אביו‬
Sira. A third Text (h). Tarbiz 27 (1957/58), 193–202, der einen ab-
weichenden Text von Alef bis Lamed enthält. Es handelt sich um
‫ אמר יוסף בן עוזיאל יודע היה אברהם )בשם יי'( ]מעשה עכן שהיה‬.‫שאמר‬
das Textfragment Heb 8° 2303 der National and University Library, ‫ ומה נחור והרן שלא‬.‫עתיד לעשות[ ואמר לפניו רבונו של עולם עניני‬
Hebrew University, Jerusalem. Die Handschrift stammt aus dem 15. ‫ הרי בניהם‬.‫ ולא הלכו באורחותיך מעולם ולא פרדו מאביהם‬.‫ידעו שמך‬
Jahrhundert. ‫ ואני שידעתי שמך והלכתי באורחותיך‬.‫ובני בניהם חיו ויורשין ארץ‬
4
Siehe Gn 12,8; Gn 13,3; Jos 7-8. ‫ אמר לו בני נכתבה גזירה שלא יותר‬.‫ופרדתי מאבי יתחייבו בני כלייה‬
5
Lehnwort aus dem Griechischen. G. Dalman, Handwörterbuch, 312: ‫ ועתה הקדמת‬.‫ וזרעו ארבה כזרע יעקב‬.‫מבניך אלא יאיר בן מנשה בלבד‬
œχιδνα. .‫ כדי ליירא שם השאר‬.‫תפילה לצרה לא יהרג כי אם יאיר בן מנשה בלבד‬
6
Jair, der Sohn des Manasse. Siehe bBB 121b zu Jos 7,5: Und die Ein- ‫ לפיכך לא נהרג בין ביתאל‬.(‫ט‬: ‫מיד הלך אברהם הלוך ונסוע הנגבה )שם‬
wohner von Ai schlugen von ihnen ungefähr 36 Mann. Hierzu wird ‫ שנאמר ויכו‬.‫ובין העי מקום שאברהם הקדים תפילתו אלא יאיר בלבד‬
gelehrt: Rabbi Jehuda sagte: 36, dem Wortlaut gemäß. Rabbi Neche-
‫ ואמרנו זה פנחס בן יאיר‬.(‫ה‬:‫מהם אנשי העי כשלשים וששה איש )יהו' ז‬
mia sagte zu ihm: Heißt es denn 36? Es heißt ja ungefähr 36. Vielmehr
ist darunter Jair, der Sohn des Manasse zu verstehen, der die Mehrheit ‫ כשראו ישראל כך נזדעזעו ואמרו אוי לנו כי‬.‫ששקול כרובן של סנהדרין‬
des Sanhedrins aufwog. – In der Version von Yassif, 261: Pinchas, der ‫מי זה שלא היה כמותו בישראל נהרג אנו מה תהא עלינו מיד וימס לבב‬
Sohn des Jairs. – Vgl. Josephus, Antiquitates, 5,1,12. ‫ ואף לרופא שגר‬.‫ לפיכך יקדים אדם תפלה לצרה‬.(‫ו‬: ‫העם ויהי למים )שם‬
7
Lehnwort aus dem Griechischen. S. Krauss, Lehnwörter, 2, 194–195: .‫דורון בתחילה לפי שיזכיר ]טובתך[ וירפאך‬
5
δωρον. .‫ לאסייא‬:‫ב‬

202 203
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
BEFÖRDERE1 EINEN SOHN, DER SICH NICHT ZU BENEHMEN WEISS, INS WAS-
2
1
<‫דלא בר >שבקיה על אפי מיא ישוט‬ ‫בר‬
SER , [UND] ER WIRD SCHWIMMEN.

Stets züchtige ein Mensch seinen Sohn und prügle ihn.


‫לעולם ייסר אדם את בנו וילקהו‬
2

Denn wenn er ihn der Prügel nicht für wert erachtet, wird ‫ואם >לא שווה לו הלקאה יעשה סורר ומורה וסוקליהו‬
er widerspenstig und ungehorsam werden,3 und man stei-
3
<‫או זורקיהו בנהר ויפרנס ממנו הדגים‬
nigt ihn oder wirft ihn in einen Fluss und füttert mit ihm ‫דברי עוזיאל בנו של בן סירא‬
die Fische,
Worte Usiels, des Sohnes Ben Siras. ‫אבל יוסף בן עוזיאל אמר‬
4

‫אי איפשר לו לאדם להרוג את בנו‬


Aber Josef Ben Usiel sagte:
Es ist einem Menschen nicht möglich, seinen Sohn zu
5
<‫אלא מי שיש לו בן שאינו הגון >ואינו מקבל תוכחתו‬
töten. ‫ לא >יצלנו‬8‫ ראהו‬7<‫ >ואם‬6‫יעזבנו‬
Vielmehr, wer einen Sohn hat, der nichts taugt und der ‫וכשיראהו שיפול בבור או בנהר לא יצלנו‬
seine Zurechtweisung nicht annimmt, der soll ihn sich ‫אלא יטביענו וימות‬
selbst überlassen. [Und wenn] er ihn [in Gefahr] sieht, ‫ כמו שעשה דוד >לאבשלום‬9<‫ואחר כך יבכהו‬
soll er ihn nicht retten. Und sieht er, dass er in einen
Brunnen oder in einen Fluss gefallen ist, soll er ihn nicht
11
<‫ יוסף בן עוזיאל נכד בן סירא‬10‫כדברי‬
retten, sondern untergehen und sterben lassen.4 Danach ‫והיינו דאמר בן סירא‬
aber soll er ihn beweinen,
‫דלא בר שבקיה על אפי מיא וישוט‬ ‫בר‬
so wie es David bei Absalom machte,5
nach den Worten des Josef ben Usiel, Enkel des Ben
Sira.
Und wir haben das, was Ben Sira sagte:
BEFÖRDERE EINEN SOHN, DER SICH NICHT ZU BENEHMEN WEISS, INS WAS-
SER, UND ER WIRD SCHWIMMEN.

1
.‫ כך‬:‫י‬
2
1
Wörtlich: Ein Sohn, der kein Sohn ist. – Vgl. L. Dukes, Rabbinische .‫ והלקהו יותר מדאי‬:‫י‬
3
Blumenlese, 71. J. Reifman, Tekhunat Sefer Alfa Beta de-Ben Sira, ‫ ואם ירדפך הוציאיהו לסקילה ואם‬.‫ תראה שאינו שוה כלום עזוב אותו‬:‫י‬
126, 132. Vgl. Semachot 2,4-5. .‫ זו דברי עוזיאל בן סירא‬.‫אין אתה יכול זרוק אותו לים לפרנס הדגים‬
2 4
Wörtlich: Auf die Oberfläche des Wassers. Die Formulierung findet .‫ אומר וכי אדם אפשר‬:‫י‬
sich in LvR 24,3, wo es um die Auslegung von Ps 20,2 geht: JHWH 5
.‫ חסר‬:‫י‬
erhöre dich in der Not. .‫ יעזבינו‬:‫י‬ 6
3
Siehe Dtn 21,18-21. Ist der widerspenstige Sohn unbelehrbar, können .‫ כך‬:‫י‬ 7
die Ältesten der Stadt die Steinigung verhängen. Siehe dazu mSanh 8
.‫ רואיהו ביום בצרה‬:‫י‬
8,1-5. 9
4
Siehe dazu The Code of Maimonides, Book XIV, The Book of Judges, .‫ ואם נפל לבור לא יעלינו אלא יטבע ויבכה ויתאבל עליו‬.‫ יצילהו‬:‫י‬
10
translated from the Hebrew by A.M. Hershman, New Haven, London .[‫ וכן ]עשה‬:‫ב‬
11
1949, 137–161: Laws concerning rebels. Kapitel 5–7 behandeln den ‫ כשראה שרדפו אבשלום בנו עזבו עד שענשו הקדוש ברוך הוא והוחזק‬:‫י‬
widerspenstigen Sohn. ‫ ואחר כך בכה‬.‫ראשו באלה ואף דוד לא הצילו ולא הזיק לאותו שהרגו‬
5
Siehe dazu 2 Sa 15,1-19,1. .‫עליו שלא יבינו בני אדם ש)בנו( קם עליו להרוג‬

204 205
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Grund hast du[, sie in Schranken zu weisen].1 1
[‫נפל ]בחולקך צימצמיה‬ ‫גרמא‬
Stets heirate ein Mann eine Frau, die von tadelloser Her- ‫לעולם >ישא אדם אשה מיוחסת עניה‬
kunft2 ist, [selbst wenn sie] arm ist. Er soll keine Frau ‫ולא ישא אשה שאינה הגונה ואפילו אשירתה‬
heiraten, die unpassend ist, selbst wenn sie reich ist.
Wenn er aber eine Frau des Geldes wegen heiratet, wird ‫שאם ישא אשה לשום ממון לא ישמח עמה‬
er keine Freude mit ihr haben. ‫ואם אינו יכול אשה מיוחסת ישא משוחררת‬
Und wenn er keine Frau von tadelloser Herkunft [heira- ‫לפי שהיא כמזלו‬
ten] kann, soll er eine Freigelassene3 heiraten, weil sie
seinem Schicksal entspricht.4 ‫ואף על פי שהיא קשה לו כאשתו של קורח‬
‫ שאבדו בעליהן‬2‫וכאשתו אחאב‬
Selbst dann, wenn sie ihm [das Leben] schwer macht wie
die Frau Korachs5 und die Frau Achabs6, die beide ihre ‫ושנינו שלשה אין נכנסין בדין ואלו הן‬
Männer zugrunde richteten: 3
<‫דקדוקי עניות וחולי מעים והרשות‬
Und wir haben gelernt:7 Drei bringt man nicht vor
Gericht und zwar: drückende Armut, Bauchschmer-
‫ ואינו מגרשה‬4<‫ומי שיש לו אשה >רעה‬
zen und die Obrigkeit. [Und manche sagen: Auch wer ‫ משחקת לו אחריה‬6<‫ >אין השעה‬5‫ואם מגרשה‬
eine böse Frau hat.] 7
‫ולא עוד אלא שהעולם מחשיך לו אחריה משמגרשה‬
Wer eine [böse] Frau hat, scheide sich nicht von ihr.
‫והיינו דאמר בן סירא‬
Und wenn er sich von ihr geschieden hat, ist die Stun- ‫נפל בחולקך צימצמיה‬ ‫גרמא‬
8

de nicht [fern], da ihn eine andere aufreibt, die ihm die


Welt noch mehr verfinstern wird als die, von der er sich
geschieden hat.
1
‫ גרמה ]דסליק[ לחולקך טב או ביש‬:‫ י‬.‫ גרם סליק בחולקיך גרדיה‬:‫למעלה‬
Und wir haben das, was Ben Sira sagte: .‫גרדיה‬
GRUND HAST DU, SIE IN SCHRANKEN ZU WEISEN. .‫ עבדיה‬:‫ב‬ 2
3
‫ לא תשא אשה כי אם מיוחסת ואפילו ערומה ולא אשה שאינה הוגנת‬:‫י‬
'‫ולבושה כלי זהב שכל הנושא אשה ירח נכנס ירח יוצא וממון כלה שנ‬
‫ שמא‬.(‫ז‬:‫ביי' בגדו כי בנים זרים ילדו עתה יאכלם חדש חלקיהם )הוש' ה‬
‫ ושמא תאמר‬.‫תאמר שאינו חוטא בניו מיוחסין הכת' בנים זרים ילדו‬
‫ ושמא תאמר אבל יקנה נכסים‬.‫אבל יקנה נכסים הרבה הכת' עתה יאכלם‬
1
Siehe S. 99; in der Liste wird ein anderer Spruch überliefert. Vgl. E. '‫הרבה עד זמן מרובה הכת' חדש ושמא תאמר נכסיה ולא נכסיו הכת‬
Yassif, The Tales of Ben Sira, 262–263. ‫ ועוד שכל הנושא אשה שאינה הוגנת אליהו כופתו והקדוש‬.‫חלקיהם‬
2
Siehe bQid 70a. ‫ ולא עוד שכל הנושא אשה לשום ממון אינו רואה יום‬.‫ברוך הוא רוצעו‬
3
Die Frau, die aus Kriegsgefangenschaft befreit wurde. Von ihr wurde ‫טוב עמה ואם אין יכול לישא מיוחסת ישא משוחררת לפי שהיא מזלו‬
angenommen, dass sie von Soldaten mißbraucht wurde. ‫ואעפ"י שהיא קשה מאיזבל לאחאב ואשתו של קרח שאבדו בעליהם לא‬
4
Auch sie hat keine freie Wahl des Ehepartners. ‫ אילו הן דקדוקי עניות וחולי‬.‫יגרשינה לפי ששנינו שלשה אין נכנסין לדין‬
5
Siehe bSanh 110a; NuR 18,4. Korachs Frau stiftete Korach an, ge-
.‫ ויש אומרים אף מי שיש לו אשה‬.‫מעים והרשות‬
gen Mose zu revoltieren. Die Familie Korachs wird von der Erde ver- 4
schluckt. Siehe Nu 16,31-32. .‫ כך‬:‫י‬
5
6
Siehe 1 Kg 16,29-21,29. Isebel stiftete Achab an, die Priester JHWHs .‫ גרשה‬:‫י‬
6
und Nabot töten zu lassen. Beide sterben gewaltsam. Siehe 1 Kg .‫ לא עשה יפה שאין שעה‬:‫י‬
7
22,35-38. .‫ כשהוא מגרשה‬:‫י‬
7 8
Siehe bEr 41b. .‫ לחולקך‬:‫י‬

206 207
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
DAS GOLD BEDARF DER PRÄGUNG, UND EIN KIND BEDARF DER 1
<[‫>צריך לקומצא ]ועלמא צריך לאלקאה‬ ‫דהבא‬
ZÜCHTIGUNG.1
Stets züchtige deinen Sohn und spare nicht bei ihm mit 4
‫ תמנע ממנו בכל יום‬3‫ את בנך ואל‬2‫לעולם >ייסר‬
einer täglichen Tracht Prügel, damit die Angst vor dir auf ‫הלקאה‬
ihm sei. Denn der Knabe gleicht dem Gold. Wie Gold der
Läuterung bedarf, bedarf ein Knabe, dass du ihn die Wor-
‫כדי שיהיה פחדך עליו מפני שהנער דומה לזהב‬
te der Tora lehrst. Wie Gold erst dann schön glänzt, wenn ‫מה זהב צריך לפרידה אף נער צריך שתלמדנו דברי‬
du es schlägst, so auch der Knabe. Wenn du ihn schlägst, ‫תורה‬
kommt das Schöne [in ihm] hervor. ‫ יפה אף הנער‬5‫מה זהב אם תלקיהו מצהיב‬
So wie Saul seinen Sohn Jonatan schlug2 und Abra- ‫אם תכהו יצא יפה‬
ham seine Söhne und die Söhne seines Hauses.3 ‫כמו שהיה שאול מכה ליהונתן בנו ואברהם לבניו‬
Denn wenn die Furcht vor Saul nicht auf Jonatan ge-
legen hätte, als er die Lanze gegen ihn gerichtet hat- ‫ולבני ביתו‬
te,4 wäre sein Sohn zum Aufrührer geworden, und er ‫שאילמלא לא היתה יראת שאול על יהונתן‬
hätte ihn verfolgt, um ihn zu töten. ‫כשהטיל את החנית עליו היה מורד בנו ורדפו‬
Und wenn nicht die Furcht vor Abraham auf seinem
‫להרגו‬
Sohn Isaak gelegen hätte, hätte er sich nicht durch ‫ואילמלא יראת אברהם על יצחק בנו לא היה נעקד‬
seine Hand binden lassen.5 Und wenn nicht sein ‫בידו‬
Schrecken auf Ismael [gelegen hätte], als er ihn weg- ‫ואילמלא אימתו על ישמאל כשגירשו היה הורגו‬
schickte, hätte er ihn getötet6 und seine Knechte, die ‫ועבדיו שהניח עם החמור‬
bei dem Esel geblieben waren.
Und die Kinder der Nebenfrauen, als er sie weg-
‫ובני הפלגשים כשגירשן היו הורגין אותו‬
schickte, sie hätten ihn getötet. ‫ואליעזר היה מבטל שבועתו‬
Und Elieser hätte seinen Schwur7 gebrochen. ‫ודויד על שלא יסר את בניו שכב אמנון עם אחותו‬
Weil aber David seine Söhne nicht züchtigte, schlief ‫ואבשלום עמד עליו להורגו‬
Amnon mit seiner Schwester, und Absalom stand ge-
gen ihn auf, um ihn zu töten.8 ‫מנין שלא היה דוד מלקה את בניו שנאמר‬
Und woher [ist zu belegen], dass David seine Söhne
nicht zu bestrafen pflegte? Weil es heißt:

1
Siehe Prov 13,24. Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 263–264.
2
Siehe 1 Sa 20,24-34.
3
Die eingerückten Abschnitte sind hinzugefügt worden, um den Sinn-
spruch und die nachfolgende Eräuterung mit biblischen Lehren zu be-
kräftigen. 1
4
Siehe 1 Sa 20,33. .‫ דהבא לקומצא ועולימא להלקאה‬:‫י‬
2
5
Siehe Gn 22,1-19. .‫ מיסר‬:‫ב‬
3
6
Ismael hätte Abraham getötet. .‫ ועל‬:‫ב‬
4
7
Eine Frau für Isaak zu finden, siehe Gn 24,1-67. .‫ זה‬:‫ב‬
8 5
Siehe 2 Sa 13,1-37. .‫ מתכהג‬:‫ב‬

208 209
‫‪Alphabet des Ben Sira‬‬ ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
‫‪Und sein Vater hatte ihm all seine Tage nie etwas‬‬ ‫ולא עצבו אביו מימיו )מלכים א א ו(‬
‫‪verwehrt.‬‬
‫)‪(1 Kg 1,6‬‬ ‫ואברהם מנין שהיה מכה את בניו והיה יראתו‬
‫‪Und woher [ist zu belegen], dass Abraham seine Söh-‬‬
‫עליהן שנאמר‬
‫‪ne zu schlagen pflegte und die Furcht vor ihm auf‬‬ ‫כי ידעתיו למען אשר יצוה את בניו ואת ביתו אחריו‬
‫?]‪ihnen [lag‬‬ ‫)בראשית יח יט(‬
‫‪Weil es heißt:‬‬
‫‪Denn dazu habe ich ihn erkoren, dass er seinen Söh-‬‬ ‫לפיכך ]נאמר[‬
‫)‪nen befehle und seinem Haus nach ihm. (Gn 18,19‬‬
‫‪1‬‬
‫אל תמנע מנער מוסר )משלי כג יג(<‬
‫]‪Und daher [heißt es‬‬ ‫והיינו דאמר בן סירא‬
‫‪Lass nicht ab, den Knaben zu züchtigen. (Prov‬‬ ‫‪3‬‬
‫צריך לקומצא ועלמא צריך להלקאה‬
‫‪2‬‬
‫דהבא‬
‫)‪23,13‬‬
‫‪5‬‬
‫טב >וחולקך מן בישתא לא תרפי<‬ ‫‪4‬‬
‫הוי‬
‫‪Und wir haben das, was Ben Sira sagt:‬‬
‫‪Gold‬‬ ‫‪bedarf der Prägung, und ein Kind bedarf der Züchti-‬‬ ‫לעולם הוי ירא שמים‬
‫‪gung.‬‬ ‫‪6‬‬
‫>ואל תהי כך בעיני אחרים שלא ילעיגו עליך<‬
‫‪HALTE‬‬ ‫‪DICH AN DAS GUTE, UND LASS NICHT AB, DICH VON DEM‬‬ ‫‪BÖSEN‬‬ ‫ויאמרו שוטה הוא‬
‫‪ABZUSONDERN.‬‬
‫>ואל תהי חכם הרבה ורשע הרבה וצדיק הרבה אלא‬
‫‪Stets soll man Gott fürchten.‬‬ ‫בינוני‬
‫‪Erscheine aber nicht so in den Augen der anderen, damit‬‬
‫“‪sie nicht über dich spotten und sagen: „Ein Narr ist er.‬‬
‫‪Sei aber auch nicht allzu weise und allzu frevelhaft oder‬‬ ‫‪1‬‬
‫‪allzu gerecht, sondern halte das Mittelmaß ein.1‬‬ ‫י‪ :‬לעולם ייסר אדם את בנו יותר מדאי ואל תמנע מלהלקותו כדי שיהא‬
‫יראתך מוטלת עליו‪ .‬לפי שהנער דומה לזהב שצריך לצרפו היטב כדי‬
‫שיהא רך וימצא יפה‪ .‬אף הנער צריך כן כדי ש]י[)ת( וכל ללמוד תורה‬
‫יפה )הוא(‪ .‬שאילמלא שאול בן קיש לא היה מלקה בניו היו רודפין אותו‪.‬‬
‫כשאמר לו בן נעות המרדות )שמ"א כ‪:‬ל( אלא מתוך שהיתה אימתו‬
‫מוטלת עליו‪ .‬ומנלן שהיה מלקהו שנ' ויטל את החנית עליו להכותו )שם‪:‬‬
‫לג( ואומר כי מות תמות יונתן‪ .‬אבל דוד שלא היה מייסר את בניו עמד‬
‫אמנון ושכב את אחותו וקם אבשלום והרגו‪ .‬ואדניה מלך בלא רשותו‬
‫ומנלן שנ' ולא עצבו אביו מימיו )מל"א א‪:‬ו( ורדפו אבשלום ושכב עם‬
‫נשיו לעיני העם‪ .‬וגרם לעצמו להתלות בלב האלה‪ .‬ואף ישמעאל היה‬
‫הורג לאברהם כשגרשו מביתו ואף עבדיו‪ .‬כשאמר להם שבו לכם פה עם‬
‫החמור )בר' כב‪:‬ה( עם הדומה לחמור‪ .‬ואף יצחק כשעקדו על המזבח ואף‬
‫בני הפלגשים היו הורגים כשגרשם מביתו מעל יצחק בנו אלא מפני שהיה‬
‫יראתו מוטלת עליהם ומנלן שכן הוא‪ .‬שנ' כי ידעתיו למען אשר יצוה בניו‬
‫ואת ביתו אחריו )בר' יח‪:‬ט(‪ .‬לפיכך אמר שלמה חושך שבטו שונא בנו‬
‫)מש' יג‪:‬כד(‪ .‬והיינו‪.‬‬
‫‪2‬‬
‫ב‪ :‬ואולימא‪.‬‬
‫‪3‬‬
‫למעלה‪ :‬לאלקאה‪.‬‬
‫‪4‬‬
‫י‪ :‬הוי ביש‪.‬‬
‫‪5‬‬
‫י‪ :‬כך‪.‬‬
‫‪1‬‬ ‫‪6‬‬
‫‪Vgl. KohR 7,16.‬‬ ‫י‪ :‬בסתר )ואל תתיירא( שמא יאמרו‪.‬‬

‫‪210‬‬ ‫‪211‬‬
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Allzu gerecht wie Saul, der Mitleid mit Agag hatte,1 <‫צדיק הרבה כגון שאול שחמל על אגג ונאמר לו‬
1

denn über ihn heißt es: Sei nicht allzu gerecht. (Koh (‫אל תהי צדיק הרבה )קהלת ז טז‬
7,16)
Und als er Nob, die Stadt der Priester,2 zerstörte, heißt
2
<‫>וכשהרג נוב עיר הכוהנים נאמר לו‬
es über ihn: Sei nicht allzu frevelhaft. (Koh 7,16) (‫אל תרשע הרבה )קהלת ז טז‬
Und vielleicht [sagst du], weil er mittelmäßig war, ‫ושמא בשביל שהיה בינוני ולא היה צדיק‬
war er kein Gerechter. Siehe, es heißt bereits über ‫הרי כבר נאמר לו‬
ihn: (‫ואין איש מבני ישראל טוב ממנו )שמואל א ט ב‬
Kein Mann von den Söhnen Israels war besser als
er.3 (1 Sa 9,2) (‫והיה כבן שנה )שמואל א יג ש‬
Und er war: Wie ein Einjähriger. (1 Sa 13,1)
3
<‫שאין בו חטא‬
Denn es war keine Sünde an ihm. ‫והיינו דאמר בן סירא‬
Und wir haben das, was Ben Sira sagte: ‫טב וחולקך מן טבתא לא תרפה‬ ‫הווי‬
HALTE DICH AN DAS GUTE, UND LASS NICHT DAVON AB, DASS DEIN
ANTEIL AM GUTEN IST. ‫ ווי להון דשמעין‬4‫ליה לבישא ]ווי ליה לחברוהי‬ ‫ווי‬
[‫לקליה‬
WEHE DEM BÖSEN[, WEHE SEINEM GEFÄHRTEN, WEHE DENEN, DIE
AUF SEINE STIMME HÖREN].4 ‫לעולם אל תדור >עם הרשעים מפני שירשיעוך‬
Stets [vermeide es,] mit den Frevlern zusammen zu woh- ‫ויהרגוך‬
nen, weil sie dich zum Freveln und zum Töten verleiten.
‫כדרך שעשה יפתח בן שבט אפרים‬
So wie es Jiftach machte, der einer aus dem Stamm ‫שהיו שורפין בניהם ובנותיהם לבעל‬
Efraim war.5 Sie verbrannten ihre Söhne und Töch- ‫ואף הוא הרג את בתו‬
ter für den Baal, und auch er tötete seine Tochter.6 ‫וכמו שהיו הם שופכי דמים‬
Und so wie sie Blut vergossen, tötete auch er 42 000
von ihnen7 und wurde ein Frevler.8 Und er war eines ‫אף הוא הרג מהם ארבעים ושנים אלף‬
Begräbnisses nicht würdig, seine Knochen wurden ‫ונעשה רשע ולא זכה לקבורה ונתפזרו עצמותיו‬
zerstreut.9

1
1
Siehe 1 Sa 15,5-9. .‫ לפיכך אמר שלמה‬:‫ י‬.‫ חסר‬:‫י‬
2 2
Siehe 1 Sa 22,10-23. .‫ חסר‬:‫י‬
3 3
Saul ist gemeint. ‫ ואל תרשע שלא‬.‫ הא כיצד אל תהי צדיק הרבה שלא יאמרו שוטה הוא‬:‫י‬
4
L. Dukes, Rabbinische Blumenlese, 91. ‫ ובמיתתך הוי מחלק נכסיך לעניים ותירש‬.‫יאמרו רשע הוא אלא הוי בינוני‬
5
Vgl. Ri 12. ‫ בינוני כשאול מלך ישראל שקיים שניהם שחמל על אגג‬.‫חיי עולם הבא‬
6
Vgl. Ri 11. ‫יצא בת קול ואמרה אל תהי צדיק הרבה וכשהלך לבעלת אוב יצתה בת‬
7
Siehe SER 12 (Friedmann, 55–56) mit Bezug auf Ri 12,6.
8 ‫ וכשהסיר את האובות ואת הידעונים יצתה‬.‫קול ואמרה אל תרשע הרבה‬
Vgl. Ri 12,1-7.
9
Siehe aber Ri 12,7: Und Jiftach richtete Israel sechs Jahre, und ‫ וכשהרג נוב עיר הכהנים יצתה בת‬.‫בת קול ואמרה אל תהי צדיק הרבה‬
Jiftach, der Gileadi, starb und ward begraben in den Städten Gileads. ‫ ושמא תאמר בינוני היה ולא צדיק הרי‬.‫קול ואמרה אל תהי רשע הרבה‬
Nach GnR 60,3, Tan bechuqqotai 5 und LvR 37,4 werden die Glieder ‫נאמר אין מבני ישראל טוב ממנו )שמ"א ט"ב( וכת' בן שנה שאול היה‬
Jiftachs einzeln in verschiedenen Städten Gileads begraben (Deutung .‫ והלא כבר הוליד בנים אלא שהיה כבן שנה בלא חטא‬.(‫א‬:‫יג‬: ‫)שם‬
4
von „in den Städten“ in Ri 12,7). .‫ לדבקוהי ווי לשמעין לקליה‬:‫י‬

212 213
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und sie wurden verstreut in den Städten Gileads be- ‫ בערי הגלעד‬1‫ונקבר פזורות‬
graben.1
3
<‫ שהרג אחאב‬2‫ואף נבות היזרעאלי נענש‬
Und auch Nabot, der Jizreelit, wurde gestraft:2 Achab
tötete [ihn]. ‫ אמר בן סירא‬4‫וכך‬
Und so sagte Ben Sira:
5
‫ליה לבישא ווי להון לדביקוהו ווי להון לדשמעין ליה‬ ‫ווי‬
WEHE DEM BÖSEN, WEHE DENEN, DIE SICH
WEHE DENEN, DIE AUF IHN HÖREN.
IHM ANSCHLIESSEN UND
[‫ בימא ]וביבשתא תשכח יתיה‬6‫מלחך‬ ‫זרוק‬
SCHICKE DEINSALZ INS MEER [UND DU WIRST ES AUF DEM TROCKENEN ‫לעולם יהי שולחניך פרוס לכל‬
7

3
WIEDERFINDEN].
‫>והפורס שלחנו ראוי שתשרה שכינה עליו‬
Stets sei dein Tisch für alle gedeckt.
‫שהרי מיכה עובד עבודה זרה היה ועל שהיה מפריס‬
Und wer seinen Tisch [für alle] deckt, der ist würdig, ‫שולחנו זכה והחייהו המקום שמת היה‬
dass die Schechina4 auf ihm ruht. ‫וכשיצאו ישראל ]ממצרים[ החייהו משה‬
Denn siehe, Micha war ein Götzendiener.5 Dafür aber,
dass er seinen Tisch [für alle] deckte,6 war er würdig,
dass ihn Gott belebte, als er gestorben war.7
Und als die Israeliten [aus Ägypten] auszogen, beleb-
te Mose ihn.

1
Siehe Ri 12,7.
2
Siehe 1 Kg 21,2. Nabot will Achab seinen Weinberg nicht verkaufen,
weil das Land nicht verkäuflich ist, da es Gott gehört. Nabot ist über-
korrekt und geht daran zugrunde.
3
Koh 11,1. Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 161; 265–267. L.
Dukes, Rabbinische Blumenlese, 73–74. M. Gaster, The Exempla
of the Rabbis, New York 1924, Nr. 118, 298–300, 449. M. Hadas, 1
Fables of a Jewish Aesop, Boston 2001, 218–220. D. Börner-Klein, ?‫ אכר‬:‫ב‬
2
Transforming Rabbinic Exegesis into Folktale. Trumah 15 (2005), .‫ נענשה‬:‫ב‬
3
139–148. ‫ ואם תתמה בדבר צא ולמד‬.‫ בשכונת רשעים פן ירשיעוך או יריעו לך‬:‫י‬
4
Die Gegenwart Gottes. ‫מיפתח שהיה צדיק גמור ודר בין שבט אפרים שהיו מרשיעים ולמד מהם‬
5
Siehe Ri 17-18. ‫ ואזי הוא עשה כן‬.‫על שראה אותם שורפים בניהם ובנותיהם למולך‬
6
Siehe Ri 17,1-13; Mekh bo 14; Tan lekh lekha 12; Tan ki-tissa 19; ‫ ועשה כן ארבעים‬.‫ ראה אותם שופכין דמים ועשה כן‬.‫והרג את בתו‬
bSanh 101b; bSanh 103b-104a. ‫ וכיון שמת קברוהו‬.‫ושנים אלף ולפיכך נעשה רשע ולא זכה לקבורה‬
7
bSanh 101b: Es wird gelehrt: Nebat, Micha und Seba, Sohn Bichris, :‫ שנ' ויקבר בערי גלעד )שופ' יב‬.‫מיד מצאו עצמותיו פזורות בערי גלעד‬
sind identisch. Nebat [hieß er], weil er geblickt, aber nicht deutlich ge-
‫ וכן נבות‬.‫ז( ובכל מקום שהיו ישראל מכירין עצמותיו היו מקברין אותם‬
sehen hatte; Micha, weil er im Bauwerk zerdrückt wurde; sein richti-
ger Name war Seba, Sohn Bichris. Dazu L. Goldschmidt, Der Babylo- .‫היזרעאלי נענש בשכיניו הרעים על אחאב ואיזבל שגרמו להמיתו‬
4
nische Talmud, Sanhedrin, 88: „‫ מיכה‬von ‫ מעך‬zerdrücken, zermalmen. .‫ והיינו דאמר‬:‫י‬
5
Nach einer rabbinischen Überlieferung soll Mikha […] zur Zeit der .‫ לחברוהי ווי להון דשמעין לקליה‬:‫למעלה‬
6
Knechtschaft der Jisraeliten in Ägypten in eine Wand eingemauert und .‫ מילח)א(ך בימא ביבישתא ]את[ משכחת ליה‬:‫י‬
7
daraufhin von Mose herausgeholt worden sein.“ .‫ יהא שולחנך‬:‫י‬

214 215
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und er war auch der Prophetengabe würdig, wie es ‫ואף לנבואה זכה שנאמר‬
heißt: ‫ויהי דבר יהוה אל הנביא אשר השיבו‬
Und das Wort JHWHs kam zum Propheten, als sie
[bei Tische] saßen. (1 Kg 13,20)
(‫)מלכים א יג כ‬
Das ist Micha. 1
<‫זה מיכה‬
Und [auch] Lot, weil er aufrecht hielt: E´T´G –
Das bedeutet: Essen, Trinken, Geleit,
‫ לוט >שהיה מקיים אש"ל‬2‫ואף‬
war er würdig, aus Sodom gerettet zu werden.1 ‫רצה לומר אכילה שתייה לויה‬
3
<‫זכה ונמלט מסדום‬
Es war einmal ein Mann,2 der seinen Sohn lehrte: Wirf
dein Salz ins Meer.3 ‫ באדם אחד >שלמד את בנו זרוק מלחך בימא‬4‫ומעשה‬
Als er gestorben war, erinnerte er sich an das Gebot sei- ‫וכשמת זכר צוואתו של אביו והיה זורק מלח בים‬
nes Vaters und pflegte Salz ins Meer zu werfen, bis dass ‫עד שנזדמן לו אליהו זכור לטוב בחיקו ואמר לו‬
ihm Elia, sein Angedenken zum Guten, in seinem Gewis-
sen4 erschien und zu ihm sagte:
(‫שלח לחמך על פני המים )קהלת יא א‬
Wirf dein Brot auf das Wasser. (Koh 11,1) ‫והלחם דומה למלח‬
Und das „Brot“ gleicht dem „Salz“, denn kein Brot ‫ואין הלחם מתקיים בלא מלח ואין העולם מקיים‬
könnte ohne Salz sein, und die Welt könnte nicht ‫בלא לחם‬
ohne Brot sein.5
<‫התחיל לזרוק מפתו לנהר‬
5
Da fing er an, von seinen Brotkrumen in den Fluss zu
werfen. Und ein Fisch pflegte ihm zu erscheinen, der die
‫ דג >שהיה אוכל את הפת‬6‫ונזדמין לו‬
Brotkrumen fraß, so dass jener Fisch davon [außeror- ‫ גדול‬7<‫ונעשה אותו דג‬
dentlich] groß wurde.

1
‫ שכן‬.‫ אדם כי ראוי אתה להשרות עליך שכינה ולהחיותך אחר מיתה‬:‫י‬
‫מצינו במיכה שהיה זקן ועובד ע"ז לפי שהיה פורס שולחנו לבני אדם‬
‫זכה והחייהו הקדוש ברוך הוא כשיצאו ישראל ממצרים שכבר מת היה‬
1
Lot übte in Sodom Gastfreundschaft und gab Toten das letzte Geleit.
‫ וגם זכה לנבואה שנ' ויהי דבר יי' אל הנביא אשר הושיבו‬.‫והחייהו משה‬
Vgl. PRE 25 (BK 139–140). .‫ אל הנביא זה מיכה‬.(‫כ‬:‫)מל"א יג‬
2
2
Wörtlich: Und es gibt die Geschichte von einem Manne. .‫ כך‬:‫י‬
3
3
Siehe M.J. bin Gorion, Der Born Judas, Wiesbaden 1959, 426–428; ‫ ואף בזכות אברהם‬.‫ בשביל שהיה בעל אכסנאי זכה ונמלט מסדום‬:‫י‬
A.S. Rappaport, The Folklore of the Jews, London 1937, 144–147. .‫שנטע אש"ל וזהו אכילה שתייה לוייה לכל באי עולם‬
4
– Siehe auch A.M. Tendlau, Das Buch der Sagen und Legenden jü- .‫ ועוד מעשה‬:‫ב‬
discher Vorzeit, Stuttgart 1842, Nr. 9. E. Cosquin, Contes populaires 5
‫ שהיה לו בן והיה מלמדו בכל יום זרוק מלחך בימא וביבישתא את‬:‫י‬
des Loirraines, 2 Bde., Paris 1885, Nr. 7. Vgl. J. Trachtenberg, Jewish ‫ והיה‬.‫ לימים מת אותו האיש והיה הבן עושה מצות אביו‬.‫משכחת ליה‬
Magic and Superstition, 15–16 und 167. I. Löw, Das Salz. Jewish ‫ א"ל בני‬.‫ פעם אחת נזדמן לו אליהו כזקן‬.‫נוטל בכל יום מלח וזרוק לים‬
Studies in Memory of George A. Kohut, New York 1955, 429–426.
‫ א"ל‬.‫ א"ל כן למדני אבא‬.‫מפני מה אתה זורק מלחך על פני המים בים‬
B. Kohlbach, Das Salz. Jubilee Volume in Honour of Bernhard Heller,
Budapest 1941, 200–202. .‫א( והלחם דומה למלח‬:‫הלא למדת שלח לחמך על פני המים )קה' יא‬
4
Wörtlich: in seiner Brust. ‫ מה עשה נטל פת לחם וזרק לים בכל‬.‫שאילמלא הוא אין העולם מתקיים‬
5
Einschub: Der Satz erklärt, dass im hebräischen Wort „Salz“ nur die .‫יום ויום‬
6
ersten beiden Buchstaben vertauscht werden müssen, damit daraus .‫ שם‬:‫י‬
7
„Brot“ wird. .‫ עד שנעשה גדול ביותר‬.‫ אחד תמיד לאוכלו‬:‫י‬

216 217
‫‪Alphabet des Ben Sira‬‬ ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
‫‪[Und er bedrängte seine Gefährten im Meer aufs äußer-‬‬ ‫>ביותר והיה מצער חביריו שבים ביותר ונתקבצו‬
‫‪ste. Da versammelten sich die Fische] und meldeten es‬‬ ‫‪1‬‬
‫]הדגים[<‬
‫‪Leviatan.‬‬
‫והלשינוהו ללויתן‬
‫‪[…]1‬‬ ‫‪2‬‬
‫>‪...‬‬
‫‪Und er sandte [die Fische] aus, um jenen jungen Mann‬‬ ‫ושגר והביאו לאותו הנער‬
‫‪zu ihm zu bringen.‬‬
‫‪4‬‬
‫כשראהו לויתן<‪ 3‬אמר לו >מה ראית לזרוק לחמך‬
‫‪Als Leviatan ihn sah, sagte er zu ihm: „Welchen Grund‬‬ ‫‪5‬‬
‫בים<‬
‫“?‪hattest du, dein Brot ins Meer zu werfen‬‬ ‫אמר לו מפני שלמדני אבי ואמר לי‬
‫‪6‬‬

‫‪Er sagte zu ihm: „Weil es mich mein Vater gelehrt hat,‬‬ ‫שלח לחמך על פני המים )קהלת יא א(‬
‫‪indem er zu mir sagte:‬‬
‫)‪Wirf dein Brot auf das Wasser. (Koh 11,1‬‬ ‫מיד הוציאו מפיו ונשקו‬
‫‪8‬‬
‫ולמדו שבעים >ושתים<‪ 7‬לשונות >וכל התורה<‬
‫‪Da ließ er ihn aus seinem Mund heraus und küsste‬‬ ‫וזרקו עד שלש מאות פרסאות‪ 9‬ונפל במקום אחד עיף‬
‫‪ihn.‬‬
‫ונרדם‬
‫‪Und er lehrte ihn 72 Sprachen und die ganze Tora und‬‬
‫‪warf ihn über 300 Parasangen2 weit, und er fiel an einem‬‬ ‫>וירדו ה' עורבים סבורים שמת והיו רוצים לאכול‬
‫‪Ort nieder und schlief erschöpft ein.‬‬ ‫עיניו‬
‫‪Da kamen fünf Raben herab, die meinten, dass er tot sei‬‬
‫מיד תפס אחד מהן‬
‫‪und wollten seine Augen fressen. Sofort ergriff er einen‬‬ ‫אחד יושב על רגליו ואחד יושב על בטנו וכן כלם‬
‫– ‪von ihnen‬‬
‫‪10‬‬
‫ואחד שיושב על מצחו תפס אותו ברגליו<‬
‫‪einer saß auf seinen Füßen und einer saß auf seinem‬‬
‫‪Bauch und so waren sie alle [verteilt]. Und den, der auf‬‬ ‫י‪ :‬כך‪ .‬והראו ממנו ללויתן‪.‬‬ ‫‪1‬‬

‫‪seiner Stirn saß, fasste er an seinen Beinen.‬‬ ‫י‪ :‬ואמרו לו יש כאן עמנו דג אחד וגדול הרבה ואין לנו חיים עמו ואוכל‬ ‫‪2‬‬

‫ממנו בכל יום עשרים או יותר‪ .‬מיד שלח לויתן בשבילו בדג אחד ואכלו‬
‫וכן שיני וכן שלישי עד שרמז לו לויתן ובא אצלו ואמר לו באיזה מקום‬
‫גדלת כן‪ .‬אמר לו בשפת הים‪ .‬שיש אדם אחד שמביא לי בכל יום עוגה‬
‫אחת ואני אוכלה בבקר‪ .‬ובצהרים עשרים דגים‪ .‬ובערב שלשים‪ .‬א"ל‬
‫ומפני מה אתה אוכל חביריך‪ .‬א"ל מפני שהם באים אצלי‪ .‬ועליהם הכתוב‬
‫אומר ומבשרך אל תתעלם )יש' נח‪:‬ז(‪ .‬א"ל לך והבא לי אותו נער‪ .‬א"ל‬
‫למחר‪ .‬למחר בא הנער כמנהגו‪ .‬ורצה לעמוד על אותו מקום שהיה רגיל‬
‫לעמוד בו וחפר הדג תחת רגליו ונשקע ונפל לתוך פיו של אותו דג‪.‬‬
‫והביאו ללויתן‪ .‬א"ל לויתן לדג הקיאנו לתוך פי מיד מקיאו לפיו של‬
‫לויתן‪.‬‬
‫‪3‬‬
‫י‪ :‬חסר‪.‬‬
‫‪4‬‬
‫ב‪ :‬מלחך‪.‬‬
‫‪5‬‬
‫י‪ :‬א"ל בני מפני מה זרקת לחמך בים‪.‬‬
‫‪6‬‬
‫י‪ :‬מנעורי שלח לחמך על פני המים‪.‬‬
‫‪7‬‬
‫י‪ :‬חסר‪.‬‬
‫‪8‬‬
‫‪1‬‬
‫‪An der Stelle wurde die Geschichte gekürzt. Es fehlt der Teil, in dem‬‬ ‫י‪ :‬וכל לשון הבריות וכל התורה כולה‪.‬‬
‫‪9‬‬
‫‪Leviatan den jungen Mann verschluckt.‬‬ ‫ב‪ :‬פרסה‪ .‬י‪ :‬רחוק לים אל היבשה‪ .‬מקום שלא דרכו שם אדם מעולם ונפל‬
‫‪2‬‬
‫‪Eine Parasange ist ein persisches Längenmaß, das zwischen 5 und 10‬‬ ‫עייף ונרדם‪.‬‬
‫‪10‬‬
‫‪km betragen kann. In rabbinischen Texten auch die Bezeichnung für‬‬ ‫י‪ :‬וראה שני עורבים פורחים מעליו‪ .‬ואומר זה לזה אדם נפל לכאן ואיני‬
‫‪eine unvorstellbar weite Strecke.‬‬ ‫יודע אם חי אם מת‪ .‬ענה האחד ארדה ואוכל עיניו שמתאווה אני לעיני‬

‫‪218‬‬ ‫‪219‬‬
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Da schrie der Rabe so lange zu seinem Vater, bis der Va- ‫וצעק >העורב לאביו עד שענה אב העורב ואמר‬
ter des Raben ihm antwortete und sagte: „Lass meinen ‫ של שלמה מלך‬2‫ ותמצא גנז‬1<‫עזוב בני וחפור תחתך‬
Sohn los und grabe unter dir, so wirst du den Schatz Sa-
lomos, des Königs von Israel, finden.“
‫ישראל‬
Der junge Mann verstand und grub unter sich etwa zehn ‫ תחתיו כעשר אמות‬3<‫>הבין הנער וחפר‬
Ellen tief und fand dort einen Schatz aus Edelsteinen und
5
‫ מאבנים טובות ומרגליות‬4‫ומצא שם גנז‬
Perlen. So wurden er und seine Kinder reich. ‫עד שנתעשר >הוא ובניו‬
Und über ihn sagte Ben Sira: ‫ועליו אמר בן סירא‬
DURCH EINEN GUTEN VERERBT SICH GUTES, BEREITE DAHER
‫על ידי טוב טובה הנחיל לפי פרוס שלחניך לכל מי‬
DEINEN TISCH FÜR ALLE, DIE DA KOMMEN KÖNNTEN.
‫שיבוא‬
Und daher sagte Ben Sira:
SCHICKE DEINBROT INS MEER UND DU WIRST ES AUF DEM TROCKENEN ‫ אמר בן סירא‬6<‫ולפיכך‬
WIEDERFINDEN.
9
<‫ בימא >וביבשתא תשכח יתיה‬8‫לחמך‬ ‫זרוק‬
7

CHAOS1 MIT EINEM WEISSEN ESEL: BELÄDT MAN IHN NICHT, HAT MAN [‫ חיוור ]ולא חמר בלא חימר‬10‫חמר‬ ‫חמית‬
AUCH KEINE LAST.
‫ תתבדא‬11‫לעולם למד לשונך לומר איני יודע שמא‬
Stets übe deine Zunge darin zu sagen, „ich weiß nicht“,
sonst wirst du schnell der Lüge überführt und ergriffen.2
12
‫ותאחז‬
Und wenn jemand dich bittet zu sagen: Hast du gesehen, ‫ואם >ישאלך ויאמר< >ראית אבידתי< פלוני אל‬
14 13

dass ich etwas verloren habe? Sage nicht: Ich habe [es] ‫ מפני סכנה ההיא‬15‫תומר ראיתי‬
gesehen, weil das gefährlich ist.

‫ וחבירו אומר אל תרד שמא חי הוא ואעפ"י כן ירד וישב לו על מצחו‬.‫אדם‬


.‫ולקחו ברגליו‬
1
‫ כיון ששמע חבירו‬.(‫יד‬:‫ לחבירו נתנני יי' בידי לא אוכל קום )איכה א‬:‫י‬
.‫כך אמר אתה בן אדם עזוב העורב וחפור תחתיך‬
2
.‫ אוצר שלמה‬:‫י‬
3
.‫ מיד חפר‬:‫י‬
4
.‫ כסף וזהב ואבנים טובות‬:‫י‬
5
.‫ ולקחם ונתעשר למאד‬:‫י‬
6
‫ וכן‬.‫ ומידה זו תשקול ולא תמכור‬.‫ לפיכך טוב לפרוס פתורך לכל באי‬:‫י‬
.‫אמר בן סירא‬
7
1
.‫ שלח‬:‫ב‬
Wörtlich: Hast du gesehen. Das Sprichwort ist mehrdeutig; Jastrow, .‫ מלחך‬:‫י‬ 8
Dictionary, 479–480: „chamar“ 1) to join, to pile up, to load; 2) to .‫חסר‬:‫ י‬.‫ את מישתכחתיה‬:‫ב‬ 9
glow, to parch; 3) to be hot; 4) wine; 5) ass; transf. workingman´s 10
.‫ לא אוכם ולא חיור‬:‫י‬
contrivance; 6) dark; 7) ass driver, attendant of beasts burden. Davon 11
abgeleitet „chimer“: to direct a loaded beast´s motions by walking .‫ פן תתבדה‬:‫י‬
12
behind it, to load a beast. Möglich ist daher auch die Übersetzung: .‫ בה‬:‫י‬
13
Hast du einen weißen Esel gesehen[, hüte dich:] Kein Esel ist ohne .‫ יאמר אדם לך‬:‫י‬
14
Eselstreiber! .‫ ראיתי אבידת פלוני‬:‫ב‬
2 15
Vgl. Derech Eretz Zutta 3. .‫ אעפ"י שראית‬.‫ א"ל לא‬:‫י‬

220 221
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Einem Menschen, der auf dem Markt saß, geschah es, 1
‫]מעשה באדם אחד[ שהיה יושב בשוק‬
dass ein Fremder1 sagte zu ihm: „Hast du einen weißen
Esel gesehen?“ ‫ לו גוי אחד ראית חמור לבן‬2‫ואמר‬
Er antwortete ihm mit Spott: „Ich habe einen [ganz] wei- ‫ ואזניו‬3<‫השיבו בלעיגה ראיתי חמור לבן >כולו‬
ßen Esel mit schwarzen Ohren gesehen, der in jene Rich- 4
‫שחורות‬
tung ging.“
‫הלך באותו הדרך‬
Als der Besitzer, der mit ihm gesprochen hatte, ihn nicht
gefunden hatte, kehrte er [zu ihm] zurück [und sagte zu <‫>בעלו שאמר לו ולא מצאו‬
5

ihm: „Geh mit mir, bis wir ihn gefunden haben.“] Da gin- <‫וחזר >אצלו ואמר לו לך עמי עד שנמצאהו‬
6

gen beide und fanden nichts. ‫והלכו שניהם ולא מצאו כלום‬
[Er sagte zu ihm: „Gib mir meinen Esel, denn du hast ihn
7
[‫]אמר לו תן לי החמור שלי שאתה גנבת אותו‬
gestohlen.“] Er brachte ihn zur Behörde [und sagte: „Die-
9
<‫ לשלטון >ואמר זה גנב חמורי‬8‫הוליכו‬
ser hat meinen Esel gestohlen.“] Und die nahmen von ‫>ולקח ממנו מאה זהובים בשביל החמור‬
ihm hundert Goldmünzen für den Esel und fünfzig für 11
<‫ על האיכף שהיו צרורים על האיכוף‬10‫וחמשים שהיו‬
den Sattel und das, was an dem Sattel angebunden war.
‫לכך אמר בן סירא‬
Daher sagt Ben Sira:
„SCHWEIGEN [GEHT ÜBER] ALLES, UND EIN SCHWEIGEN AN-
‫ כולא שתיקותא >ושווה שתיקה במקום אלף‬12‫טבא‬
STELLE VON TAUSEND DENAREN.“
13
<‫דינרין‬

1
.‫ בפרשת דרכים‬:‫י‬
2
.‫ ובא גוי ושאל לו‬:‫י‬
3
.‫ כך‬:‫י‬
4
.‫ הלך ולא מצאו‬.‫ א"ל בדרך פלוני‬.‫ א"ל באיזה דרך הלך‬:‫י‬
5
.‫ הלך ולא מצאו‬:‫י‬
6
.‫ כך‬:‫י‬
7
.37 ,‫מן א‬
8
.‫ הביאו לפני השלטון‬:‫י‬
9
.‫ כך‬:‫י‬
10
.‫ שהיה‬:‫ב‬
11
‫ ובשביל האוכף שעליו שני זהובים‬.‫ וגבה ממנו בחמורו מאה זהובים‬:‫י‬
‫ ולא‬.‫ ובו היה קשור שלש מאות זהובים‬.‫ובטלית שתחת האוכף ב' זהובים‬
.‫הניחו עד שפרע לו הכל‬
12
.‫ סמא דכולא משתוקא‬:‫י‬
1 13
Ein Nichtjude. .‫ חסר‬:‫י‬

222 223
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Usiel sagte: ‫אמר עוזיאל‬
„Wenn [ein Mensch] sich darauf versteht, wortgewandt ‫ דבריו מוטב ואם לאו שותק‬1‫אם יודע ]אדם[ להפוך‬
zu sein, ist es gut. Wenn nicht, sollte er schweigen, denn
nichts ist an sich besser als Schweigen.“1
‫ לגוף טוב משתיקה‬2‫שאין‬
Wir haben das, was Ben Sira sagte: ‫היינו דאמר בן סירא‬
CHAOS MIT EINEM WEISSEN ESEL: BELÄDT MAN IHN NICHT, HAT MAN ‫ לא חמר ולא חימר‬3‫חמר חיוור‬ ‫חמית‬
AUCH KEINE LAST. 4
<‫לביש >לא תעביד ובישא לא מטי לך‬ ‫טב‬
Tue GUTES [NICHT] FÜR BÖSE [UND DIR WIDERFÄHRT NICHTS BÖ-
SES].
2 ‫ תלך עמו בדרך‬6‫ לא‬5<‫לעולם כשתראה אדם >רשע‬
7
‫אחד‬
Stets, wenn du einen [bösen] Menschen siehst[, verhalte
dich wie folgt:] Gehe nicht mit ihm auf einem Weg und ‫ולא תעשה לו טובה‬
9 8

erweise ihm nichts Gutes. ‫שבשביל טובה שעשה יעקב אבינו לעשו הרשע‬
Denn für das Gute, das Jakob, unser Vater, dem bö- ‫ עבדים לזרעו‬10‫אנו‬
sen Esau tat, sind wir seiner Nachkommenschaft 11
<‫>כששגר לו דורון ואמר לו‬
verknechtet worden. Nachdem er ihm ein Geschenk (‫עבדך יעקב )בראשית לב ה‬
gesandt hatte, sagte er zu ihm:
Dein Knecht ist Jakob. (Gn 32,5)3 ‫אמר הקדוש ברוך הוא אני אמרתי‬
Da sagte der Heilige, gepriesen sei er: „Ich habe ge- (‫ורב יעבד צעיר )בראשית כה כג‬
sagt,
13
<‫ עבד >לפיכך ימשול בך‬12‫ואתה נעשית לו‬
der Ältere wird dem Jüngeren dienen, (Gn 25,23) ‫בעולם הזה‬
und du hast dich ihm zum Knecht gemacht, daher soll ‫ואתה תמשול בו לעולם הבא‬
er über dich in dieser Welt herrschen, du aber sollst
über ihn in der kommenden Welt herrschen.“

1
.‫ לתקן‬:‫י‬
2
.‫ לכך אמרו חכמים שאין‬:‫י‬
3
.‫ חוור‬:‫למעלה‬
4
.‫ כך‬:‫י‬
5
.‫ כך‬:‫י‬
6
.‫ אל‬:‫י‬
7
.‫ חסר‬:‫י‬
8
1 .‫ אל‬:‫י‬
Vgl. mAbot 1,17; mAbot 3,14. 9
2
Vgl. GnR 22,5; Tan chuqqat 1; bBB 9a-10b. L. Dukes, Rabbinische .‫ תעש‬:‫י‬
10
Blumenlese, 74–75. .‫ אנחנו עובדים לו‬:‫י‬
11
3
Es folgt ein langes theologischen Zwischenstück, das später einge- .‫ כששלח יעקב דורון לעשו ציוה לשלוחיו לומר כה אמר‬:‫י‬
12
schoben wurde. Die Geschichte, die an den Sinnspruch anschließt, .‫ עשית עצמך‬:‫י‬
13
findet sich auf Seite 114. .‫ חי נפשי אקיים דבריך הוא ימשול עליך‬:‫י‬

224 225
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Er sagte zu ihm: „Trenne dich von ihm und gehe nicht ‫>אמר לו פרוש ממנו ואל תלך בדרך אחד‬
1

[mit ihm] zusammen auf einem Weg.1


‫ ובשביל שלא >עשה‬3‫ לוט צדיק גמור היה‬2<‫שהרי‬
Und siehe, Lot wäre ein vollendeter Gerechter gewe-
sen. Aber dafür, dass er nicht gemäß der Tora handel-
‫כתורה וכהגון נפרד ממנו אברהם‬
te und so wie es angemessen gewesen wäre, trennte ‫ואתה לא תפרד ממנו בתמיהא‬
sich Abraham von ihm.
Du sollst dich aber nicht von ihm in einer außergewöhn-
‫ואברהם נפרד ממנו‬
lichen Situation trennen, ‫שנאמר‬
Und Abraham trennte sich [für immer] von ihm. 2 <[‫וישב ביום ההוא ]עשו לדרכו שעירה‬
4

(‫ויעקב נסע סכתה )בראשית לג יז‬


denn es heißt:
So kehrte [Esau] an jenem Tage zurück [seines Weges ‫>ובשביל שהלך עמו בדרך אחד מתו כל מקניהו‬
nach Seir]. (Gn 33,16)
Und Jakob zog nach Sukkot. (Gn 33,17) ‫ אחת‬5‫ולא נשארה לו אלא כבשה‬
Dafür, dass er mit ihm auf einem Weg ging, starb seine
6
<‫בזכות אברהם שנפרד מלוט‬
gesamte Herde. Es blieb ihm nur ein Schaf, ‫שנאמר‬
Wegen des Verdienstes von Abraham, der sich von (‫ולמקנהו עשה סכת )בראשית לג יז‬
Lot getrennt hatte.
‫וכי איפשר לו לאדם לעשות סוכה לכל אחת ואחת‬
wie es heißt: 7
‫ממקנהו‬
Und für seine Herde machte er Hütten. (Gn 33,17)
‫אלא לומר >לך מפני שנשתיירה לו< כבשה אחת‬
8

Ist es denn für einen Menschen möglich, für jedes einzel- ‫ עשה לה שתי סוכות אחת ביום‬9<‫>ומרוב אהבתו‬
ne [Tier] seiner Herde eine Hütte zu machen? Vielmehr ‫ >ועוד‬10‫ואחת בלילה‬
sagt das dir[: Das war möglich,] weil ihm nur ein Schaf
übrig blieb. Und da seine Liebe [zu ihm] sehr groß war,
machte er für es zwei Hütten, eine für tags und eine für
nachts. Und weiter:
1
.(‫ )עמו‬:‫ב‬
2
.‫ אמר לפניו רבונו של עולם גלוי וידוע לפניך שמיראה עשיתי דבר זה‬:‫י‬
‫ א"ל והלא‬.‫ אמר איני יכול ליפרד ממנו שמתיירא אני ממנו‬.‫א"ל חזור בך‬
.‫לוט‬
3
.‫ הוא‬:‫י‬
4
:‫ ואמר לו הפרד נא מעלי )בר' יג‬.‫ למד לא רצה אברהם להיות בשכונתו‬:‫י‬
‫ וכת' ויעקב‬.‫ ומעשו אחיך לא תפרד מיד וישב עשו לדרכו‬.(‫ט‬
5
.‫ כשבה‬:‫ב‬
6
‫ אמרו בשביל אותו דרך מעט שהלך עמו מתו כל הבהמות ולא נשתייר‬:‫י‬
.‫כי אם כבשה אחת‬
7
.‫ חסר‬:‫י‬
8
1
Vgl. Prov 1,15. .‫ שלא נשתייר כי אם‬:‫י‬
9
2
Im Kontext geht es aber um Esau und Jakob. Das Eingerückte stammt .‫ ובאהבתו אותו‬:‫ב‬
10
von späterer Hand. .‫ לפיכך אין טוב לעשות טובה לאדם רשע‬:‫י‬

226 227
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Ein Mann ging in das Land Israel.1 Und er sah zwei Ara- <‫אדם היה הולך בארץ ישראל‬
1

ber2 miteinander streiten. Und es war ein Vater mit sei- ‫ >והיה אב ובנו‬3‫ מריבים‬2‫וראה שני ערבים‬
nem Sohn. Und der Vater fiel über den Sohn her3 und
tötete ihn. Als er dies sah, ging er und brachte ein Kraut
‫ >והרגו‬4<‫ונפל האב על הבן‬
in seinen Mund und legte es auf seinen toten Sohn und
5
<‫כשראה כך הלך והביא עשב בפיו ושם על בנו המת‬
belebte ihn. ‫והחייהו‬
Jener Mann verstand und nahm das Kraut, um zu gehen ‫אותו האיש >הבין‬
und damit Tote im Land Israel zu beleben. ‫ מתים שבארץ ישראל‬6<‫ונטל העשב לילך ולהחיות בו‬
Und als er seines Weges ging, fand er einen toten Lö- 7
<‫>כשהיה הולך בדרך מצא אריה אחד מת‬
wen.
Er legte das Kraut auf ihn, um es auszuprobieren und ‫ והחייהו‬8<‫שם >העשב עליו לבדקו‬
belebte ihn. Sofort stand der Löwe auf, zerriss ihn und ‫ והרגו‬9‫מיד עמד האריה וטרפו‬
tötete ihn.
‫ הערבים‬10<‫>והיו אומרים אותם‬
11

Und manche sagen: ‫לביש לא תעבד וביש לא מטי לך‬ ‫טב‬


Jene Araber4 [belegen, was Ben Sira sagte]:
TUE GUTES NICHT FÜR BÖSE UND DIR WIDERFÄHRT NICHTS BÖSES.
12
<‫מן >טיבותא ]לעלם[ לא תמנע‬ ‫ידך‬
Jeden Tag lass deine Hand eine gute Tat tun.5 ‫ מליתן פרוטה לעני‬14<‫ >ידך‬13‫לעולם לא תמנע‬
Stets sei bereit6, eine Münze7 einem Armen zu geben, ‫>ואל תעלם אזניך משמוע דבריו‬
und nie verschließe deine Ohren, seine Worte zu hören.

1
.‫ ומבין היה לשון עופות‬.‫ ומעשה באדם אחד שהיה עולה לירושלים‬:‫י‬
2
.‫ עורבים‬:‫י‬
3
‫ זה עם זה ואומר לו חבירו למה אין אתה שומע לעצתי הלא אמרתי לך‬:‫י‬
‫ ואעפ"י‬.‫אל תרד מטה לאכול עין האדם שמא חי הוא באותו שדה שנפל‬
.‫]כן[ ירדת ונלכדת ולהצילך הודעתיו אוצר המלך שלמה‬
4
.‫ חסר‬:‫י‬
5
‫ ואחר כך ניחם עליו והביא‬.‫ והיה מכהו לחבירו עד שהמיתו בחרון אפו‬:‫י‬
.‫עשב ושם בפי חבירו והחייהו‬
6
.‫ ואמר אלך ואחיה מתים בארץ ישראל‬.‫ לקח מאותו עשב שנפל מפיו‬:‫י‬
1 7
Siehe LvR 22,4; KohR 5,5. ‫ ואמר אנסה העשב ואראה אם יחיה‬.‫ הלך לדרכו עד שמצא ארי מת‬:‫י‬
2
Yassif hat „Raben“, siehe hebräische Seite 114, Anm. 2. So gelesen, .‫ממנה‬
knüpft die Geschichte an die Rabengeschichte auf Seite 109–110 an. .‫ ממנה בפיו‬:‫י‬ 8
3
Oder: Der Vater fiel auf den Sohn. 9
4 .‫ עליו‬:‫י‬
Ms Kaufmann 59 hat „Raben“. Siehe dazu D. Börner-Klein, Transfor- 10
ming Rabbinic Exegesis into Folktale. Trumah 15 (2005), 146–147. .‫ וראו‬:‫י‬
11
5
Wörtlich: Deine Hand halte vom Guten nicht zurück. Vgl. bBB 9a- .‫ ואמרו עליו כדאמר בן סירא‬:‫ י‬.‫ העורבים‬:‫ב‬
12
10b. .‫ נגדא לעולמא לעלמא לא תמנע‬:‫י‬
13
6
Wörtlich: Niemals halte [deine Hand] zurück. .‫ אל תקפוץ‬:‫י‬
7 14
Wörtlich: Peruta. Siehe Seite 80, Anm. 1. .‫ כך‬:‫י‬

228 229
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Denn jeder, der sich zurückhält, dem Armen eine milde ‫שכל המונע עצמו מליתן צדקה לעני‬
Gabe zu geben,1 bei dem hält der Heilige, gepriesen sei ‫הקדוש ברוך הוא מונע ידו מליתן לו ]טובה[ ומורידו‬
er, seine Hand zurück, ihm [Gutes] zu geben,2 so dass
sein Besitz sich verflüchtigt.
‫מנכסיו‬
Dieser Besitz gleicht nämlich einem Rad. Wie dieses ‫וזה הנכסים דומים לגלגל‬
Geldstück3 in Bewegung ist, so bewegt sich auch Be- ‫מה זוז זה הוא מגולגל אף נכסים גלגלהם שחוזרים‬
sitz, der in der Welt herumwandert. ‫בעולם‬
Und jeder, der einem Armen eine Münze4 gibt und ihn ‫וכל הנותן פרוטה לעני ומפייסו בדברים‬
mit Worten besänftigt5, wird mit dreizehnfachem Segen ‫הוא מתברך בשלש עשרה ברכות‬
gesegnet und vor unnatürlichem Tod und vor einem bö-
sen Gesetz und jeglicher Art Zerstörung errettet.
1
<‫ונוצל ממיתה משונה ומגזירה רעה ומכל מיני משחית‬
Einmal saßen Josef und Usiel am Weg. Sie sahen zwei ‫ יוסף ועוזיאל בדרך ראו שני‬2<‫>פעם אחת היו יושבין‬
Knaben mit Zweigen auf ihren Köpfen vom Berg kom- ‫נערים באים מן ההר ועצים על ראשם‬
men.
‫אמר לו יוסף לעוזיאל אני רואה >בתוך העצים שעל‬
Da sagte Josef zu Usiel: „Ich sehe zwischen den Zweigen, ‫ להזיקו‬3<‫ראש הנער עקרב ואין לו רשות‬
die auf dem Kopf des einen Knaben sind, einen Skorpi-
on. Er hat aber nicht die Erlaubnis, ihm zu schaden.“ ‫ לנער יש בידך שום מצוה‬4‫אמרו‬
5

Sie sagten zu dem Knaben: „Hast du [letztlich] irgendein ‫אמר להם >יתום אחד הלך עמנו ולא היה לו לחם‬
Gebot erfüllt?“ Er sagte zu ihnen: „Ein Waisenkind ging
6
<‫ונתתי לו מפתי ואכל‬
mit uns, das kein Brot hatte, und ich habe ihm von mei-
nem Stück etwas gegeben, so dass es essen konnte.“

1
‫ פן ימנע הקדוש ברוך הוא מחייתך ויורידך מנכסיך שכל המעלין אזנו‬:‫י‬
‫משמוע צעקתו אין תפלתו נשמעת אוטם אזנו משמוע צעקת דל גם הוא‬
‫יג( ואם נותן לו צדקה הקדוש ברוך הוא נותן‬:‫יקרא ולא יענה )מש' כא‬
‫ כא( צדקה וכבוד הרי משום‬: ‫לו צדקתו שנ' רודף צדקה ימצא חיים )שם‬
‫ ולא עוד אלא שכל‬.‫רידוף צדקה מוצא חיים ונכסים כדי לעשות צדקה‬
‫הנותן פרוטה מעלה עליו כאילו בנה מזבח והקריב עליו קרבן לפי שבזמן‬
‫שבית המקדש קיים אדם נותן שקלים ומתכפר ועכשיו אדם נותן פרוטה‬
‫לעני ומתכפר על פשעיו‬
.
Es folgt ein Gleichnis eingeleitet mit: Rabbi Jose sagt sowie die Dar-
1 stellung von David und Benjamin als vorbildliche Personen.
Oder: einen Liebesdienst zu erweisen. 2
2
Vgl. Prov 21,13; Prov 21,21. .‫ ומעשה ביוסף ועוזיאל שישבו בפרשת דרכים וראו‬:‫י‬
3
3
Wörtlich: Sus. Siehe Seite 80, Anm. 1. .‫ ולא הורשה‬:‫ ב‬.‫ נער אחד נושא עצים על ראשו ובתוכו עקרב‬:‫י‬
4
4
Wörtlich: Peruta. .‫ מיד קרא לנער ושאל לו יש‬:‫י‬
5
5
G. Dahlman, Handwörterbuch: 333: ‫ פיס‬gr. (vgl. πει̃ σις) Pi. besänftigen, .‫ צדקה היום‬:‫י‬
6
beruhigen, freundlich zureden. .‫ מצאתי יתום אחד ששאל לי מפתי לאכול ונתתי לו‬:‫י‬

230 231
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sie sagten zu ihm: „Glücklich bist du, denn du bist vor 1
‫אמרו לו אשריך שנצלת ממיתה משונה‬
einem unnatürlichen Tod errettet worden.“1
‫והיינו דאמר בן סירא‬
JEDEN
Und wir haben das, was Ben Sira sagte:
TAG LASS DEINE HAND EINE GUTE TAT TUN.
<‫מן >טיבותא לא תמנע לעלם‬
2
‫ידך‬
KEINE BRAUT WEISS, WAS IHR GESCHIEHT, WENN SIE INS BRAUTGE- <‫>עלת לגינונא ולא ידעה ]מה[ מעילא‬
3
‫כלתא‬
2
MACH GEHT.
‫ בגזירת המקום‬4‫לעולם אל יאמר אדם דבר אלא‬
Stets sage ein Mensch nichts anderes als: „So Gott
will3“. ‫>אחד ארור אמר אוי למחר אזקק לארוסתי‬
Einer fluchte. Er sagte: „Wehe, morgen werde ich mich
5
<‫אמרו לו אמור אם גוזר המקום‬
mit meiner Verlobte verbinden.“
‫ ואם לאו עמה אזקק למחר‬7‫ >אם גוזר‬6<‫אמר >להם‬
Man sagte zu ihm: „Sage, „So Gott es will“.“
‫וישב עמה בחופה עלו למטה ורצה לבוא עליה ומיד‬
Er sagte [zu ihnen]: „Ob er es will oder nicht, werde ich 8
<‫מתו שניהם‬
mich morgen mit ihr verbinden.“
Und er setzte sich mit ihr ins Hochzeitszimmer. Sie gin-
<‫>ושוב מעשה באחד שהיה עשיר הרבה‬
9

gen zu Bett, und er wollte zu ihr kommen wollte, und ‫והיו לו קרקעות ולא היו לו שוורים לחרוש‬
sogleich starben beide.
11
<‫ והלך >לקנות שוורים‬10‫נטל הכיס‬
Und weiter: Es begab sich, dass jemand, der überaus
‫ ואמר לו להיכן אתה הולך‬12‫פגעו אליהו הנביא‬
reich war und dem viel Erdland gehörte,4 der aber keine
13
<‫אמר לו >לקנות שוורים‬
Ochsen hatte um zu pflügen, [seine] Tasche nahm und
ging, um Ochsen zu kaufen. Elia, der Propheten, traf ihn
und sagte zu ihm:
„Wohin gehst du?“
Er sagte zu ihm: „Ochsen kaufen.“
1
.‫ בצדקתך‬:‫ י‬.‫ חסר‬:‫י‬
2
.‫ נגדא‬:‫י‬
3
.‫ כלתה דסלקא לגנונא לא ידעה מאי מטי לה‬:‫י‬
4
1
Vgl. bSchab 156b; bNed 41a. Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, .‫ כי אם‬:‫י‬
5
153–155. M. Gaster, Frosch und Skorpion. MGWJ 29 (1880), 549– ‫ ההוא שאמר למחר אלך ואזקק עם אשתי בגנונא אמרו לו חביריו אמור‬:‫י‬
553. W. Bacher, Aggadah der Amoräer, 42, Anm. 52. .‫אם יגזור המקום‬
2 6
Vgl. M.J. bin Gorion, Der Born Judas, 285. L. Dukes, Rabbinische .‫ כך‬:‫י‬
7
Blumenlese, 78. H. Schwarzbaum, The Hero Predestined to die on his .‫ יגזור‬:‫י‬
Wedding Day. Folklore 4 (1974), 223–252. 8
3
‫ אם יגזור אם לא יגזור אזקק עמה הלילה בחופתי למחר ישב עם אשתו‬:‫י‬
Wörtlich: beim Ratschluss Gottes. ‫ למחר נמצאו שניהם‬.‫ ומיד מתו שניהם באותה הלילה‬.‫ועלו לעלייה ליזקק‬
4
Zum islamischen Hintergrund der Geschichte (Koran, Sure 18,23) sie- ‫ מיכאן‬.‫ אמרו רואי]ה[ם קושטא אמר בן סירא כלתא‬.‫זה על זה מתים‬
he E. Yassif, The Hebrew Folktale. History, Genre, Meaning, Bloom-
.‫אמרו כל אדם צריך לומר אם יגזור המקום‬
ington 1999, 268–269. A. Ahrens, Christliches im Qoran. ZDMG 84 9
(1930), 168. H. Schwarzbaum, Studies in Jewish and World Folklore, .‫ ומעשה באדם אחד שהיה עשיר גדול‬:‫י‬
10
271–272. H. Jason, Types of Jewish Oriental Oral Tales. Fabula 7 .‫ כיסו‬:‫י‬
11
(1965), 168. C. Brockelmann, Geschichte der arabischen Literatur, .‫ לכפר שחין‬:‫י‬
12
Bd. 1, Weimar 1891, 288, 351. C.H. Owen, Arabian Wit and Wisdom .‫ זכור לטוב‬.‫ חסר‬:‫י‬
13
from Abu Sa´id Al-Abi´s Nathr Al-Durar, Philadelphia 1934, 210. .‫ לכפר שחין לקנות שוורים‬:‫י‬

232 233
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
[Elia] sagte zu ihm: „Sage: So Gott will.“ ‫ המקום‬1‫אמר לו אמור אם יגזור‬
Er sagte zu ihm: „Ob er es will oder nicht, siehe, ich habe ‫ קשורים‬2<‫אמר לו אם יגזור ואם >לאו הרי נכסים‬
genug Geld in meiner Tasche, um es mir leisten zu kön-
nen1.“
‫בכיסי‬
Als er weiterging, kam Elia, der Prophet, und nahm die ‫ הכיס מזרועו‬3‫כשהלך בא אליהו הנביא ונטל‬
Tasche von seinem Arm. Und als er die Tasche [beim Be- ‫>כשבקש להוציא הכיס הכניס ידו ולא מצא כלום‬
zahlen] herausziehen wollte, fuhr seine Hand hinein, er ‫וחזר בפחי נפש‬
fand aber nichts. Da kehrte er betrübt zurück, nahm noch ‫ועוד נטל ממון אחר והלך ואירעו כמעשה הראשון‬
einmal anderes Geld und ging los. Aber es geschah alles 4
<‫ועוד נטל ממון שלישי והלך‬
so wie beim ersten Mal.
Er nahm ein drittes Mal Geld und ging los. Als er auf ‫פגע בו אליהו הנביא ואמר לו להיכן אתה הולך‬
Elia, den Propheten, traf, sagte der zu ihm: „Wohin gehst ‫ המקום‬5‫אמר לו לקנות שוורים אם יגזור‬
du?“ 6
‫אמר לו בהצלחה‬
Er sagte zu ihm: „Ochsen kaufen, so Gott will.“ 7
<‫מיד >נתן לו כל הממון שנטל ממנו‬
[Elia] sagte zu ihm: „Viel Erfolg!“ 8
<‫והלך >והצליח הצלחה גדולה‬
Sogleich gab er ihm alles Geld zurück, das er von ihm
genommen hatte. Und er zog los und war sehr erfolg- 10
‫ אם גוזר‬9<‫לפיכך >כל דבר שרוצה אדם לעשות יום‬
reich.2 ‫המקום‬
Daher: Alles, was ein Mensch am Tage tun will[, ge- ‫ מערב עד בקר‬11‫שאינו יודע מה יהיה‬
schieht unter dem Vorbehalt des:] „So Gott will“, denn
man weiß nicht, was vom Abend bis zum Morgen ge- ‫ בן סירא‬12‫כדאמר‬
schehen wird. ‫>מרמשא ועד צפרא אתחריב< עלמא‬
13

Gemäß dem, was Ben Sira sagt:


VOM ABEND BIS ZUM MORGEN KANN DIE WELT UNTERGEHEN.
1
.‫ גזור‬:‫ב‬
2
.‫ לא יגזור המעות קשורין‬:‫י‬
3
.‫ א"ל לא בהצלחה תלך‬.‫ וגזל ממנו ממונו‬:‫י‬
4
‫ וכשהלך אותו האיש ורצא להוציא מעותיו ולא מצא חזר לביתו בפחי‬:‫י‬
.‫ פעם שלישית‬.‫ וכן בפעם שניה וחזר בפחי נפש‬.‫נפש‬
5
.‫ גוזר‬:‫ב‬
6
.‫ לך והצלח‬:‫י‬
7
.‫ החזיר לו אליהו כל מה שהפסיד‬:‫י‬
8
‫ אמר‬.‫ לכפר שחין וקנה שני שוורים אדומים בלא מום במאה זוזים‬:‫י‬
‫ ונתנם למוכר‬.‫למוכר אין עמי כל כך מיד ראה בכיסו ג' מאות זוזים‬
.‫מקצתם ועשה בהם כל צרכיו ואחר כן מכרן למלך באלף זוז‬
9
.‫ צריך אדם לומר‬:‫י‬
10
.‫ יגזור‬:‫י‬
11
1
Wörtlich: in meiner Tasche ist mein Besitz angebunden. .‫ מה ילד יום‬:‫י‬
12
2
Dazu H. Jason, Conflict and Resolution in Jewish Sacred Tales, Diss. .‫ והיינו דאמר‬:‫י‬
13
Indiana University 1968, 64–68. .‫ מצפרא ועד רמשא אחריב‬:‫י‬

234 235
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Wie bei dem Mann, der das Brautgemach betrat und nicht ‫ עליו‬2‫ ואינו יודע מה יבא‬1‫דאדם נכנס בחופה‬
wusste, was ihm geschehen würde.
‫והיינו דאמר בן סירא‬
KEINE
Und wir haben das, was Ben Sira sagte:
BRAUT WEISS, WAS IHR GESCHIEHT, WENN SIE INS BRAUTGE-
<[‫>עלת לגינונא ]ולא ידעת מה מעילה‬
3
‫כלתא‬
MACH GEHT. 4
‫לחכימא ברמזא ולשטייא בכרמזא‬
LEHRE DEN WEISEN DURCH EINE ANDEUTUNG UND DEN DUMMEN
DURCH EINE RUTE.
1 ‫לעולם >לא תעשה כלום עם שוטה‬
‫שאם יפול ממונך בידו בצער תוציאנו מידו‬
Stets [hüte dich,] etwas mit einem Dummkopf zu unter- ‫ופייסין אינן ראויין לשוטה אלא במקל אתה צריך‬
nehmen, denn wenn dein Geld in seine Hände fällt, wirst ‫לדבר לו‬
du es nur mit Mühe aus seiner Hand zurückbekommen.
Sanftmütige2 sind nicht gegen einen Dummkopf gerüstet.
5
<‫ולטול ממונך מידו שברמז אינו שומע‬
Du musst vielmehr mit einem Stock zu ihm sprechen, um [‫>ולפי שהיה הוא בן נמשי ]מלך ישראל שהיה‬
dein Geld aus seiner Hand zu nehmen, denn eine Andeu-
tung versteht er nicht.
‫שוטה‬
‫ וקלע‬6‫רמז לו יונה בן אמיתי ולא שמע נטל מקל‬
So wie [Jehu, Sohn des Jehoschafat,] der Sohn Nim- ‫אחריו‬
schis3, [König Israels, der] ein Dummkopf war. Eine
Andeutung für ihn von Jona ben Amitai4 verstand er
‫וכן שמע ולא יצא שהיה עצל אלא אמר‬
nicht. [Erst als] er den Stock nahm und ihn hinter ihm
7
<(‫אל מי מכולנו )מלכים ב ט ה‬
her warf, da verstand er. Er war aber [vorher] nicht
hinausgezogen, weil er träge war.
‫ומנין שהיה שוטה‬
Daher sagte er zu ihm: ‫שנאמר‬
Zu wem von uns allen? (2 Kg 9,5) (‫כי בשגעון ינהג )מלכים ב ט כ‬
Und woher [ist zu belegen, dass] er ein Dummkopf ‫אבל לחכם >דבר ורמז כל מה שיש בלבך‬
war? 8
<‫ולפיכך לשוטה רמז במקל וחכם בעיניך‬
Weil es heißt:
Denn er benimmt sich wie unsinnig. (2 Kg 9,20)
Aber zu einem Weisen kannst du alles, was in deinem
Herzen ist, in Andeutungen sagen. Und daher deute es .‫ לחופה‬:‫י‬ 1

dem Dummkopf durch den Stock und dem Weisen durch .‫ נגזר‬:‫י‬ 2

deine Augen. .‫ חסר‬:‫י‬ 3


4
.‫ חוטרא‬:‫י‬
5
‫ אל תתחבר עם שוטה לפי שמה שנופל בידו כמו על קרן הצבי שלא‬:‫י‬
‫ ואם תצטרך לפייסו לא תוכל לפייסו שלא יאמין לקולך‬.‫תראינו לעולם‬
.‫כי אם במקל ולא ברמז‬
6
.‫ מטל‬:‫ב‬
7
‫ כששלח אלישע בן‬.‫ וכן מצינו ביהוא מלך ישראל שהיה שוטה ביותר‬:‫י‬
1
Der Lehrspuch spielt mit dem ähnlichen Klang der beiden Wörter ‫רמזא‬ ‫שפט יונה בן אמיתי למושחו למלך רמז לו לבא מן ממסיבה לדבר ולא‬
und ‫כרמזא‬. .‫הבין היה מדבר לו ולא שומע וחביריו שומעין עד שנטל מקל וזרק אחריו‬
2
Siehe Seite 115, Anm. 5: ‫ פיס‬von πει̃ σις. ‫ לכך אמר לו אל מי מכולנו ואמר‬.‫ ולא יצא מפני שהיה עצל‬.‫מיד הבין בו‬
3
Siehe 2 Kg 9,2 und 2 Kg 9,20. .(‫ה‬:‫לו אליך השר )מל"ב ט‬
4 8
Siehe 2 Kg 14,25. .‫ אין צריך כי אם ברמז‬:‫י‬

236 237
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und wir haben das, was Ben Sira sagte: ‫והיינו דאמר בן סירא‬
LEHRE DEN WEISEN DURCH EINE ANDEUTUNG UND DEN DUMMEN 1
<[‫לחכימא >ברמזא ]ולשטייא בכרמזא‬
DURCH EINE RUTE.

MANCHER EHRT DEN, DER IHN VERACHTET, UND GLEICHT DARIN EINEM
3
<‫ דמי לחמרא‬2‫>למבסרוי‬ ‫מוקיר‬
ESEL. ‫ שכוזבים לך‬5‫ תכבד רשעים ומי‬4‫לעולם לא‬
Stets ehre Frevler nicht, auch nicht den, der dich verleug-
net.
‫>כאחאב שכבד בן הדד ונדמה לחמור‬
7
<‫ כיבדו והוא נלחם בו והרגו‬6‫שהרי‬
Wie Achab, der Ben Hadad ehrte,1 und [darin] einem
Esel glich. Er ehrte ihn, und jener führte gegen ihn ‫ וכבדו‬10‫ על אגג‬9‫ מלך ישראל חמל‬8‫ושאול‬
11

Krieg und tötete ihn.2 12


<‫ויצא ממנו המן הרשע שבקש >להשמיד זרעו‬
Und Saul, der König von Israel, hatte Mitleid mit ‫ >ועוד‬13<‫ולא זכר רחמי שאול >שחמל על אגג‬
Agag und ehrte ihn.3 Aus ihm aber ging Haman, ‫רשע אחד גדל בביתו‬
der Frevler,4 hervor, der versuchte, seine Nachkom-
menschaft zu vernichten.5 Und er gedachte nicht der
‫כשראה עשרו הטיל סם המות בתבשילו‬
Barmherzigkeit Sauls, dass er mit Agag Mitleid ge- ‫ואכלו ממנו הוא ואשתו ובניו‬
habt hatte. Und weiter:
Jemand zog einen Frevler in seinem Haus groß. Und als
der seinen Reichtum sah, mischte er tödliches Gift unter
seine Speise, und er, seine Frau und seine Kinder aßen
davon.

1
.‫ חסר‬:‫י‬
2
.‫ למכסרוי‬:‫ב‬
3
.[‫ )גדישין סגיאין ולישן זעיר קטיל סגי( ]מבשרוהי דמי לחמרא‬:‫י‬
4
.‫ אל‬:‫י‬
5
.‫ ולא מי שמבזה אותך‬:‫י‬
6
.‫ שהיא‬:‫ב‬
7
‫ שהרי אחאב בן עמרי הלך וכיבד להדד מלך ארם שהיה רשע ונדמה‬:‫י‬
‫ ולא רצה להורגו אלא כבדו ביותר מרוב‬.‫ הנביא א"ל לך והרגיהו‬.‫לחמור‬
‫אהבתו כרת ברית עמו ונתן לו עיירות והושיבו לשלום במלכותו והוא‬
‫ לימים חשב ואמר אין אחאב מכבדיני אלא מיראתו‬.‫היה רשע ומבזה אותו‬
1 .‫ממני מיד הלך למלחמה והרג ]ו ולא[ )כל( זכר מה שכיבדו לפנים‬
Ben Hadad, König von Aram, gegen Achab, König von Jisreel. Siehe 8
.‫ וגם שאול‬:‫י‬
1 Kg 20; 2 Kg 8,7-15. 9
2
Siehe 1 Kg 22,34-39. .‫ כשחמל‬:‫י‬
10
3
Siehe 1 Sa 18,8-9. .‫ מלך עמלק‬:‫י‬
11
4
Siehe Est 3,1-6. .‫ ביותר על כן יצא‬:‫י‬
12
5
Siehe D. Börner-Klein, E. Hollender, Rabbinische Kommentare zum .‫ להרוג כל ישראל‬:‫י‬
13
Buch Ester, Bd. 2: Die Midraschim zu Ester, Leiden u.a. 2000. .‫ חסר‬:‫י‬

238 239
‫‪Alphabet des Ben Sira‬‬ ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
‫‪Und er gedachte nicht ihrer Barmherzigkeit.‬‬ ‫‪1‬‬
‫ולא זכר רחמיהם<‬
‫‪Auch Joasch gedachte nicht der Gnade, die Jehojada‬‬ ‫אף >יואש לא זכר חסד שעשה עמו יהוידע והרג‬
‫‪ihm erwiesen hatte und tötete seinen Sohn Sacharja.1‬‬ ‫‪2‬‬
‫לבנו זכריה<‬
‫‪Und wir haben das, was Ben Sira sagte:‬‬
‫‪MANCHER‬‬ ‫‪EHRT DEN, DER IHN VERACHTET, UND GLEICHT DARIN EINEM‬‬ ‫והיינו דאמר בן סירא‬
‫‪ESEL.‬‬ ‫למבסרוהי‪ 3‬דמי לחמרא‬ ‫מוקיר‬

‫‪NOCH‬‬ ‫‪SO KLEIN EIN‬‬ ‫‪FEUER – IST ES ENTFACHT, BRENNT STROH LICH-‬‬
‫קליל‪] 4‬מוקיר גדישין סגיאין[‬ ‫נור‬
‫‪TERLOH.‬‬ ‫לעולם אל תלשן לחבירך‬
‫‪5‬‬

‫‪Stets sollst du über deinen Gefährten nur Gutes reden .‬‬ ‫‪2‬‬ ‫‪7‬‬
‫שכל >מי שעושה לשון הרע לחבירו< אין לו רפואה‬
‫‪6‬‬

‫‪Denn für den3, der eine üble Nachrede gegen seinen Ge-‬‬
‫‪fährten vorbringt, gibt es kein Heilmittel.‬‬ ‫>כדואג שנהרגו על ידו כהנים צדיקים‬
‫ואף הגבעונים שמתפרנ]סים[ מהן‬
‫‪Wie Doeg, durch dessen Hand gerechte Priester getö-‬‬ ‫‪8‬‬
‫כשראה שנתנו מזון לדוד והלשינם לשאול<‬
‫‪tet wurden.4 Und auch die Gibeoniten, die von ihnen5‬‬
‫‪unterstützt worden waren.6‬‬
‫והוסיף על מה שראה שנאמר‬
‫‪Als er sah, dass sie David Speise gaben, verriet er sie‬‬ ‫וישאל לו ביהוה )שמואל א כב י(‬
‫‪an Saul7 und fügte das, was er gesehen hatte, hinzu,‬‬
‫‪wie es heißt:‬‬
‫‪Er befragte JHWH für ihn [und gab ihm Wegzehrung‬‬
‫)‪und das Schwert Goliats]. (1 Sa 22,10‬‬

‫‪1‬‬
‫י‪ :‬ושוב מעשה באדם אחד שהיה עשיר גדול ולא היה לו בן ליורשו‪ .‬והיה‬
‫גוי יתום בשכונתו‪ .‬אמר אטול גוי זה יתום ואגדליהו לירש ממוני מיד‬
‫עשה כן‪ .‬ולא היה אותו יתום עמו עשרים ושלשה חדשים עד שהשליטו‬
‫כל נכסיו לירש כיון שראה היתום כן אמר בלבו אהרג זה ואירש נכסיו‪.‬‬
‫יום אחד כשהביא קערתו לבישול)ו( עירב בו סם המות והאכילו לו‬
‫ולאשתו ומתו ולא זכר מה שריחמו להגדילו לירש נכסיו‪.‬‬
‫‪2‬‬
‫י‪ :‬יהודי יואש מלך ישראל עשה כך ליהוידע ]שהמליכו[ בן שבע שנים‬
‫והחזיק המלכות בידו וכשנפטר יהוידע ציוה להרוג את זכריה בנו ולא‬
‫זכר רחמי יהוידע עליו לפיכך כל המכבד את שמבזה דומה לחמור‪.‬‬
‫‪3‬‬
‫ב‪ :‬למכסרוי‪ .‬י‪] :‬ואין מבסרוהי אלא בוזין אותו שכן[ תרגום את דבר יי'‬
‫בזה )במד' טו‪:‬לא( ית פתגמי דיי' בשר‪.‬‬
‫‪1‬‬ ‫‪4‬‬
‫‪S.H. Blank, The Death of Zechariah. HUCA 13 (1937/38), 327ff; J.‬‬ ‫י‪ :‬דליק מוקיד]ין[‪.‬‬
‫‪Heinemann, Aggadah and Its Development. Studies in the Evolution‬‬ ‫י‪ :‬תלשין לחביריך‪.‬‬ ‫‪5‬‬
‫‪of Traditions (h), Jerusalem 1974, 31–38.‬‬ ‫י‪ :‬המלשין‪.‬‬ ‫‪6‬‬
‫‪2‬‬
‫‪Wörtlich: Nie sollst du über deinen Gefährten schlecht reden (oder:‬‬ ‫‪7‬‬
‫י‪ :‬שאין מי שיחריב העולם יותר מלשון הרע‪ .‬אעפ"י שקטן הוא הרג כמה‬
‫‪ihn denunzieren, verleumden).‬‬
‫‪3‬‬
‫‪Wörtlich: jeden.‬‬ ‫צדיקים‪.‬‬
‫‪8‬‬
‫‪4‬‬
‫‪Siehe 1 Sa 22,17-19.‬‬ ‫י‪ :‬כמו שמצינו בדואג האדומי שהלשין ]על[ אחימלך על דוד שראהו‬
‫‪5‬‬
‫‪Von den Priestern.‬‬ ‫נותן לו מזון‪ .‬הלך והגיד לשאול והוסיף על מה שראה שנאמר ויען דואג‬
‫‪6‬‬
‫‪Siehe 2 Sa 21,1-9.‬‬ ‫האדומי והוא נצב על עבדי שאול )שמ"א כב‪:‬ג(‪ .‬ויאמר ראיתי בן ישי בא‬
‫‪7‬‬
‫‪Siehe 1 Sa 22,9.‬‬ ‫אל אחימלך בן אחיטוב‪ .‬ומנלן שהוסיף‪.‬‬

‫‪240‬‬ ‫‪241‬‬
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und warum heißt er Doeg (‫?)דואג‬ ‫ דואג‬1<‫ולמה נקרא >שמו‬
Weil sich alle wegen seiner üblen Nachrede vor ihm 2
<‫>שהיו הכל דואגים ממנו על לשון הרע שלו‬
fürchteten (‫)דואגים‬.1
Weil er ein gewaltiger Frevler war.
‫שהיה רשע ביותר‬
Und nicht nur das, sondern wegen der üblen Nach-
3
‫>ולא עוד אלא שבשביל לשון הרע שעשה מציבא‬
rede, die er gegen Ziba2 vorbrachte und die David
4
<‫וקבלו דוד נחלק מלכותו ונחרב בית המקדש‬
entgegennahm, wurde sein Königreich geteilt und ‫וגלינו מארצינו‬
der Tempel verwüstet, und wir wurden aus unserem 5
<‫>ובשביל לשון הרע היה‬
Land vertrieben.
Weil es üble Nachrede war. ‫והיינו דאמר בן סירא‬
Und wir haben das, was Ben Sira sagte: [‫ ]מוקיר גדישין סגיאין‬6‫קליל‬ ‫נור‬
NOCH SO KLEIN EIN FEUER, IST ES ENTFACHT – BRENNT STROH LICH-
[‫ ]סימנא טבא בביתיה‬7‫בביתא‬ ‫סבא‬
TERLOH.

SILBERHAAR IM HAUS [IST EIN GUTES ZEICHEN IM HAUS].3 ‫ הזקנים ואל‬8<‫לעולם >הוי מכבד את החכמים ואת‬
‫תבזם‬
Stets ehre die Weisen und die Alten und achte sie nicht
gering. ‫ נעשה ירא שמים‬9<‫>ואפילו רשע היה ומכבדם‬
Selbst, wenn jemand ein Frevler war und sie ehrt, ge-
‫שנאמר‬
schieht [dies aus] Gottesfurcht, wie es heißt: (‫והדרת פני זקן ויראת )ויקרא יט לב‬
[Vor einem grauen Haupt stehe auf] und ehre den
Greis und fürchte [dich vor deinem Gott]. (Lv 19,32)
‫>ולא תעשה כרחבעם בן שלמה‬
‫שעזב את עצתו וסתר את מלכותו ופרעו מלך‬
Und mache es nicht wie Rechobeam, der Sohn Sa- ‫מצרים‬
lomos, der seinen Rat verließ und sein Königreich ‫בא לעיר ולקח אוצרות המלך‬
zerstörte.4 Und Pharao, der König Ägyptens, kam zur
Stadt und nahm die Schätze des Königs. ‫והעולם בשבילם מתקיים ובשביל תינוקות של בית רבן‬
5
Die Welt besteht um ihretwillen und um der Kinder des
Lehrhauses.

1
.‫ כך‬:‫י‬
2
.‫ חסר‬:‫ ב‬.‫ כך‬:‫י‬
3
.‫ איבא‬:‫ב‬
4
‫ וגם בית‬.‫ ובא וראה כמה צדיקים נהרגו על ידו יושבי נוב עיר הכהנים‬:‫י‬
‫המקדש נחרב על לשון הרע שעשה ציבא ממפיבשת שבשעה שאמר דוד‬
1 ‫ יצתה בת קול‬.(‫ל‬:‫למפיבושת אתה וציבא תחלקו את השדה )שמ"ב יט‬
Vgl. Midr. Ps 52; bJoma 22b; bSchab 56a-b; bAr 15b (zum Thema ‫ ובשביל שקיבל דוד לשון הרע‬.‫ואמרה רחבעם וירבעם יחלקו המלכות‬
üble Nachrede, Verleumdung); Midr. Ps 12,2.
2 .‫מציבא נחרב בית המקדש‬
Der Bedienstete Sauls. Siehe 2 Sa 9,2; 2 Sa 16,1-8; 2 Sa 19,18.30. 5
3
Vgl. dagegen bAr 19a: Die Leute pflegen zu sagen: Ein Greis im Haus, .‫ חסר‬:‫י‬
6
eine Last im Haus; eine Greisin im Haus, ein Schatz im Haus. ExR 3,8 .‫ דליק‬:‫י‬
7
(ExR 5,6; ExR 15,5); LvR 11,8. .‫ סמא בביתא סימנא טבא לביתא‬:‫ י‬.‫ סיב בכיתא‬:‫ למעלה‬:‫י‬
8
4
Siehe 1 Kg 12; bNed 40a. .‫ כבד‬:‫י‬
5 9
Die Alten. .‫ שכל מי שמכבד הזקנים ואפילו הוא רשע‬:‫י‬

242 243
‫‪Alphabet des Ben Sira‬‬ ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
‫‪Und auch Sodom wurde erst zerstört, nachdem Lot,‬‬ ‫ואף סדום לא נחרבה עד שיצא ממנה לוט שהיה זקן‬
‫‪der ein Greis war, sie1 verlassen hatte, wie es heißt:‬‬ ‫שנאמר‬
‫)‪Unser Vater ist alt. (Gn 19,31‬‬
‫אבינו זקן )בראשית יא לא(‬
‫‪Und auch die Flut kam erst auf die Welt, nachdem der‬‬
‫‪greise Methusalem gestorben war.2‬‬ ‫ואף המבול לא בא לעולם עד שנפטר מתושלח הזקן‬
‫‪Als man in die Arche hineingegangen war, warteten‬‬ ‫ונכנס בתיבה והמתינו ז' ימים אחר שמת‬
‫‪sie sieben Tage, nachdem er gestorben war. Erst da-‬‬ ‫‪1‬‬
‫ואחר כך ירד המבול שנאמר<‬
‫‪nach kam die Flut herab, wie es heißt:‬‬ ‫ויהי לשבעת הימים )בראשית ז י(‬
‫‪Und nach sieben Tagen [kamen die Wasser der‬‬
‫)‪Flut]. (Gn 7,10‬‬ ‫מכאן שבשביל זקן אחד >מתעכב הפורענות‬
‫‪Von hier [ist zu belegen], dass wegen eines Greisen‬‬
‫‪2‬‬
‫והשומע לעצתו אינו נכשל<‬
‫‪Bestrafung hinausgezögert wird. Und wer auf seinen‬‬ ‫כדאמר בן סירא‬
‫‪Rat hört, wird nicht straucheln.3‬‬
‫בביתא ]סימנא טבא בביתיה[‬ ‫סבא‬
‫‪Wie das was Ben Sira sagte:‬‬
‫‪SILBERHAAR IM HAUS [IST EIN GUTES ZEICHEN IN SEINEM HAUS].‬‬ ‫ערבא טבא‪] 3‬ממאה צפרין בישין ובישין אלף אלפים יהא‬
‫חולקך עם בר טבין[‬
‫‪ABENDE4, DIE GUT SIND[, SIND BESSER ALS HUNDERT BÖSE MORGEN. UND‬‬
‫‪SEIEN AUCH DER BÖSEN‬‬ ‫‪[MORGEN] TAUSENDE, VERHALTE DICH‬‬ ‫לעולם >יתערב אדם עם בינוני‬
‫‪WIE EIN‬‬ ‫‪EHRENMANN].‬‬
‫‪Stets lasse sich ein Mensch nur mit demjenigen ein, der‬‬
‫‪das Maß der Mitte [einhält]:‬‬ ‫‪1‬‬
‫י‪ :‬מכאן שהמכבד זקן ]ירא שמים[ וכת' ויראת מאלהיך שכל זמן שזקן‬
‫בעיר סימן טוב בעיר‪ .‬ואם יאמרו לך זקנים סתור ביתך ועשה ממנו‬
‫אשפה עשה‪ .‬ואם בחורים יאמרו לך בנה אשפה ועשה שם בית‪ .‬סתור‬
‫ואל תבנה‪ .‬מפני שסתירת זקנים בניין‪ .‬ובניין נערים סתירה‪ .‬והשמר פן‬
‫תעשה כרחבעם בן שלמה ששמע לעצת ילדים‪ .‬ועזב עצת זקנים ונסתר‬
‫מלכותו‪ .‬על כך שאין העולם מתקיים אלא בזכות הזקנים ותינוקות של‬
‫בית רבן‪ .‬וכל מדינה שאין בה זה או זה ראויה ליחרב‪ .‬שכל זמן שהיה‬
‫לוט בסדום לא נחרבה שבו ביום באו מלאכים סדומה רצו לאבדה ובזכות‬
‫לוט שהיה זקן המתינו אותו יום ואותו לילה עד שיצא משם‪ .‬ומניין שהיה‬
‫זקן‪ .‬שנ' ותאמר הבכירה אל הצעירה אבינו זקן )בר' יט‪:‬לא(‪ .‬ומיד שיצא‬
‫מסדום שלש פסיעות נהפכה‪ .‬ואף בימי דור המבול לא היה המבול כל‬
‫ימי מתושלח הזקן שביום שנכנס נח בתיבה אמר לפני הקדוש ברוך הוא‬
‫רבונו של עולם מפני מה הכנסתנו בתיבה אם להמית אם להחיות א"ל‬
‫לחיות ועד מתי אנו מיושבים פה ואין המבול יורד בעולם טוב לנו להיות‬
‫בארץ‪ .‬א"ל הקדוש ברוך הוא זקן אחד יש לי ואין רשות למבול לירד עד‬
‫שיפטר ושמו מתושלח‪ .‬א"ל רבונו של עולם אם כן הכניסהו עמנו וירד‬
‫המבול לרשעים‪ .‬א"ל אין לו לחיות כי אם שבעת ימים ויפטר וירד המבול‬
‫‪1‬‬
‫‪Die Stadt Sodom ist gemeint.‬‬ ‫לעולם שנ' כי לימים עוד שבעה אנכי ממטיר על הארץ )בר' זד( וכת'‬
‫‪2‬‬
‫‪Vgl. Gn 5,25-27; ARN A 32 (Schechter, 92–93); GnR 32,7.‬‬ ‫ויהי‪.‬‬
‫‪2‬‬
‫‪3‬‬
‫‪Vgl. tSota 10,3.‬‬ ‫י‪ :‬אין הקדוש ברוך הוא מביא מבול לעולם ולא רעה אחרת‪ .‬הוא הדין‪.‬‬
‫‪4‬‬
‫‪Wörtlich: Ein guter Abend ist besser als hundert böse Morgen. Siehe‬‬ ‫היינו דאמר‪.‬‬
‫‪3‬‬
‫‪E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 150–151.‬‬ ‫י‪ :‬מאה צפרין בישין ולבישא אלף אלפין‪.‬‬

‫‪244‬‬ ‫‪245‬‬
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
das Maß der Mitte in Bezug auf Reichtum und das Maß <‫שבינוני בעשירות ובינוני בחסידות‬
1
der Mitte in Bezug auf Frömmigkeit.
Einst geschah es, dass jemand sich [geschäftlich] mit
‫ באחד שהתערב בעשיר גדול יותר ממנו‬2‫מעשה‬
einem einließ, der wesentlich reicher als er selbst war. <‫כיון שבא זמן אמר לו תן לי >הממון שערבתי לך‬
3

Nach einiger Zeit sagte er1 zu ihm: „Gib mir meinen ‫אמר לו למחר‬
Anteil2.“ ‫>וכן היה אמר לו מיום אל יום‬
Er sagte zu ihm: „Morgen.“ ‫ ממאה פעמים ולא נתן לו‬4<‫השכים על פתחו יותר‬
Und so sprach er zu ihm von Tag zu Tag. Mehr als hun- ‫כלום‬
dert Mal stand er schon früh an seiner Türe, aber er gab
ihm nichts. ‫ למדת‬5‫אמר לו לא‬
Er sagte zu ihm: „Hast du nicht gelernt:
6
(‫אל תאמר לרעיך לך ושוב ]ומהר אתן[ )משלי ג כח‬
Sprich nicht zu deinem Nächsten: Geh und komm wie-
der. [Morgen will ich dir geben, wenn du doch geben
‫>כשראה שהוא תלמיד פרע הדבר שערבו‬
kannst]“. (Prov 3,28) ‫ואם יתערב אדם מעשיר ממנו לא יוכל לכפותו‬
Als er sah, dass er ein Gelehrter war, zahlte er den Betrag
7
<‫ואם מעני ממנו אין לו כלום ליתן אלא בינוני יפה‬
aus, den sie zusammengelegt hatten.
‫]ו[היינו דאמר בן סירא‬
Wenn also ein Mann sich [geschäftlich] mit jemandem ‫טבא ]ממאה צפרין בישין ובישין אלף אלפים יהא‬ ‫ערבא‬
einlässt, der reicher als er ist, [muss er wissen,] dass er [‫חולקך עם בר טבין‬
ihn zu nichts zwingen kann.
Wenn er [sich mit jemandem einläßt, der] ärmer als er [‫פרוס ]ומחלוקת תליא‬
8
‫פתורא‬
ist, kann der ihm nichts geben[, was er sich nicht selbst
leisten könnte]. Vielmehr ist das Maß der Mitte vorzu- ‫לעולם ימנע אדם >מחלוקת< מתוך ביתו‬
9

ziehen.
[Und] wir haben das, was Ben Sira sagte:
ABENDE, DIE GUT SIND[, SIND BESSER ALS HUNDERT BÖSE MORGEN. UND
SEIEN AUCH DER BÖSEN [MORGEN] TAUSENDE, VERHALTE DICH
WIE EIN EHRENMANN.
1
‫ אלא‬.‫ אל יתערב אדם לא עם אדם עשיר הרבה ולא עם עני הרבה‬:‫י‬
PLÖTZLICH3 EIN GETRENNTER TISCH [UND EIN STREIT IST VERTAGT]. [‫ שכן אמר יוסף ]אל תתערב‬.‫לבינוני ולא בצדיק הרבה ולא ברשע הרבה‬
Stets verhindere ein Mensch Streit in seinem Haus. .‫אלא עם אדם בינוני בחסידות ובעשירות‬
2
.‫ באדם אחד שנתערב עם עשיר גדול וכשבא הזמן‬:‫י‬
3
.‫ חלקי‬:‫י‬
4
‫ א"ל בא אלי לשבוע אחרת הלך‬.‫ ולמחר בא אצלו ולא נתן לו כלום‬:‫י‬
‫ וכן עכבו מיום אל יום ומשבוע לשבוע‬.‫לשבוע אחרת ולא נתן לו כלום‬
.‫ומחדש לחדש עד שהשכים לפתחו יותר‬
5
.‫ הא‬:‫י‬
6
.‫ ויש אתך‬:‫י‬
7
‫ לפיכך לא תתערב כי אם‬.‫ מיד נתן לו כל ממונו‬.‫ א"ל מתלמידים אתה‬:‫י‬
1
Der Ärmere spricht zum Reicheren. ‫ שמא תתערב עם עשיר הרבה לא תוכל לו ואף עם עני‬.‫לאדם בינוני‬
2
Wörtlich: das Geld, das ich dir zur Verfügung gestellt habe; oder: das .‫הרבה לפי שלא תוכל להוציא ממונך מתחת ידו‬
8
Geld, das ich [geschäftlich] vermischt habe mit deinem. .‫ פרוס פתור ומחלוקת בטילה‬:‫י‬
3 9
Das Wort wurde hinzugefügt. .‫ כך‬:‫י‬

246 247
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Sogar, wenn jemand Götzen dient; wenn es ohne grö- ‫>שאפילו עבד אדם עבודה זרה בלא מחלוקת‬
ßeren Streit geschieht, ist die Schechina mit ihm,1 ‫ביותר שכינה עמו שנאמר‬
wie es heißt:
Gebunden an die Götzenbilder ist Efraim, es sei sich
(‫חבור עצבים אפרים הנח לו )הושע ד יז‬
selber überlassen. (Hosea 4,17) ‫ואם רוצה אדם למנוע מחלוקת מביתו יפרוש שולחנו‬
Und wenn ein Mensch Streit in seinem Haus verhindern
will, sondere er seinen Tisch ab.
‫לכך היה עושה ציבא שהיו בניו ובני ביתו מריבין‬
‫והוא היה פורש שולחנו ומיד פוסקת המריבה‬
So machte es auch Ziba,2 als seine Söhne mit den ‫ועוד היה מוסיף יין ומשקה ומשמחם‬
Söhnen seines Hauses Streit hatten. Er sonderte sei- ‫לכך זכה לבנים ולעבדים ולנכסים וירש את בית‬
nen Tisch ab, da hörte der Streit sogleich auf.3 Und
außerdem pflegte er [ihnen] mehr Wein und Geträn-
1
<‫אדוניו‬
ke aufzutischen, um sie zu erfreuen. Deshalb war er ‫ בביתו יפרוס‬2‫לפיכך כשרואה אדם מחלוקת‬
würdig, Kinder, Knechte und Besitz zu haben, und er
erbte das Haus seines Herrn.
‫שולחנו ויפסיק המחלוקת‬
Daher, wenn ein Mensch Streit in seinem Haus sieht, <‫כדאמר >בן סירא‬
3

soll er seinen Tisch aufteilen, und der Streit wird auf- [‫פרוס ]ומחלוקת תליא‬ ‫פתורא‬
hören.4 5
<[‫ ]למתן עם בר טבין‬4‫>את למיסב‬ ‫צריך‬
Wie das, was Ben Sira sagte:
PLÖTZLICH EIN GETRENNTER TISCH [UND EIN STREIT IST VERTAGT]. ‫לעולם >ישתדל אדם בדרך ארץ לישא וליתן עם שותף‬
ZUM HANDEL TREIBEN [BEDARF ES EINES EHRENMANNES].
‫טוב שהשעה משחקת לו או עם עני או עם צדיק‬
Stets bemühe sich ein Mensch um gute Sitten.
Geschäfte [tätige er] mit einem guten Geschäftspartner.
Wenn es sich ergibt5, entweder mit einem Armen oder
einem Gerechten.

1
1
.‫ שכן מצינו בציבא‬.‫ כיצד יבטלנו יערוך שולחנו וימנע המחלוקת מביתו‬:‫י‬
Die göttliche Gegenwart. Siehe dazu Hosea 14,11–15. ‫ ואם‬.‫כשהיה רואה מחלוקת בביתו היה פורס שולחנו ונפסק המריבה‬
2
Siehe 2 Sa 9,2 Sa 16 und 2 Sa 19,18.30. ‫רואה שעדיין לא פוסקת היה מביא יין ומשמחן שנ' יין ישמח לבב אנוש‬
3
Vgl. bSchab 56b; bSanh 110a; bChul 89a.
4 ‫ ובשביל כך זכה לבנות ולבנים ולעבדים ולשפחות ולירש‬.(‫טו‬:‫)תה' קד‬
Dieser Satz gehört zum Einschub, da im Hebräischen „absondern“ mit
‫ יפרוס‬wiedergegeben wird. Im nicht eingerückten Satz wurde das Verb .‫בית אדוניו‬
2
mit ‫ ש‬geschrieben, einem Buchstaben, der als „s“ und „sch“ gelesen .‫ והיינו דאמר‬.‫ מריבה בתוך ביתו יערוך שולחנו ותיבטל‬:‫י‬
3
werden kann. Der Schreiber des zweiten (eingerückten) Satzes gibt .‫ כך‬:‫י‬
4
mit der Schreibweise eine Lesehilfe. .‫ למסב‬:‫למעלה‬
5 5
Wörtlich: Wenn die Stunde lacht. .‫ צריכת למיתן ולמישא יהא חולקך עם טבא‬:‫י‬

248 249
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Aber er soll keinen Hohlkopf1, und sei er noch so reich, ‫ולא ישתתף עם עם הארץ והוא עשיר‬
zum Geschäftspartner machen.2
<‫מעשה באחד שנשתתף עם עם הארץ עשיר‬
1
Einmal ging jemand mit einem reichen Hohlkopf eine
Geschäftspartnerschaft ein. Sie gingen zu einer Hafen-
‫ למדינת הים‬2‫והלכו לסחורה‬
stadt, um Handel zu treiben. Da sah [der Hohlkopf] eine ‫>וראה בצל כשורה בקמיצה שלו וסבור שהוא כסף או‬
gewöhnliche Zwiebel in dessen Ration und meinte, es sei ‫זהב‬
Gold oder Silber und wollte ihn [aus Habgier] töten. Als ‫והוא< בקש להורגו‬
3

er aber sah, dass es [nur] eine Zwiebel war, tötete er ihn ‫>וכשראה שהוא בצל לא הרגו‬
nicht. ‫סידר לו הדבר‬
Er erzählte3 ihm die Sache.
Da sagte [der andere]: „Gepriesen, der mich aus deiner ‫מיד אמר ברוך שהצלני מידיך‬
Hand errettet hat. Und er gedenke meiner, dass ich nicht ‫ רשע כמותך לא בחיי ולא‬4<‫והוא יזכני שלא אהיה עם‬
mit einem Frevler wie dir zusammen sein muss, weder zu ‫במותי‬
meinen Lebzeiten noch in meinem Tod.“
<...> 5

Es ist verboten, einen Gerechten bei einem Frevler 6


‫ואסור לקבור צדיק אצל רשע‬
zu begraben.
Und jener [Frevler], der bei Elischa begraben wur-
‫>ואותו שנקבר אצל אלישע מיד עמד על רגליו ומת‬
de, stand sofort auf seinen Füßen und [Elischa] blieb ‫ולא בא ללמד אלא שלא לקבור צדיק אצל רשע‬
tot.4 7
<‫לפיכך אסור להתחבר עם רשע‬
Und es kommt nur [zur Sprache] um zu lehren, dass
1
man einen Gerechten nicht bei einem Frevler begra- ‫ כשתרצה לישא וליתן ]השתדל[ )הסתכל( עם אדם טוב שהשעה‬:‫י‬
ben darf.5 Daher ist es [grundsätzlich] verboten, ‫ ואם אין אתה מוצאו ]השתדל[ )הסתכל( עם אדם צדיק‬.‫משחקת לו‬
sich mit einem Frevler zusammen zu tun.6 ‫ ההוא ]דאישתדל[ )דאיסתכל( עם‬.‫]ועני[ אבל לא עם עם הארץ עשיר‬
.‫עם הארץ עשיר‬
2
.‫ בסחורה‬:‫י‬
3
‫ כשהיו מהלכין בדרך נשא עם הארץ עיניו בקמיצה של חבירו וראה‬:‫י‬
.‫בצל קשורה והיה סבור שהיו זוזים קשורים שם בקש‬
4
‫ עד שנעשה לו נס שישבו לאכול לחם ופתח קשרו ולקח הבצל מן‬:‫י‬
‫ מיד נבהל אותו עם הארץ ואמר ברוך המקום שהצילך‬.‫קמיצתו לאכול‬
‫ א"ל אם‬.‫ א"ל שהייתי סבור שקשר של זוזים הוא‬.‫ א"ל מה הדבר‬.‫מידי‬
.‫ והוא יצילני שלא אהיה רשע‬.‫כן ברוך המקום שהצילני מידך‬
5
‫ שנ' כי הלל רשע‬.‫ לפי שאמרו חכמים שהרשע אפילו בחייו נקרא מת‬:‫י‬
'‫ שנ‬.‫ והצדיקים אפילו במיתתן נקראו חיים‬.(‫ג‬:‫על תאות נפשו )תה' י‬
1
Wörtlich: Landvolk. In den rabbinischen Schriften wird damit die so- ‫ מכאן שאסור לקבור‬.(‫כ‬:‫ובנייהו בן יהוידע איש חי ורב פעלים )שמ"ב כג‬
ziale Gruppe bezeichnet, die ungebildet ist und daher die religiösen .‫רשע אצל צדיק‬
Vorschriften nicht einhält. Hier ist mit dem Begriff ein dumm-dreister ‫ וכת' ויהי ויקם על רגליו )שם‬.(‫כא‬:‫ שנ' ויהי הם קוברים איש )מל"ב יג‬:‫י‬ 6
und damit gefährlicher Mensch beschrieben. .(‫ שם‬:
2
Vgl. Midr. Ps 26,3; Midr. Ps 26,7. 7
3 ‫ שנ' ויהיו‬.‫ שמא תאמר לא החייהו אלישע אלא כדי לקיים דברי אליהו‬:‫י‬
Wörtlich: Er legte dar.
4
Siehe 2 Kg 13,20-21. ‫ הרי כבר נאמר שנתקיימו שניהם‬.(‫ט‬:‫נא פי שנים ברוחך אלי )מל"ב ב‬
5
Siehe bSanh 47a. .‫שהחייה יונה בן אמיתי הנביא וריפא צרעת נעמן שהיא שקולה כמת‬
6
Vgl. bPes 112a. – Das Eingerückte wurde wurde hinzugefügt, um zu ‫ מפני מה לא הלך לביתו לפי שלא‬.‫מיכאן שאין קוברין רשע אצל צדיק‬
erklären, warum ein Frevler auch im Tod nicht mit einem Gerechten ‫ אמר יוסף קל וחומר ומה צדיק‬.‫ינהגו ישראל לקבור רשע אצל צדיק‬
in Berührung kommen darf. .‫ בחייו לא כל שכן‬.‫שאין ראוי לשכוב עם רשע בקברו‬

250 251
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Und wir haben das, was Ben Sira sagte: ‫והיינו דאמר בן סירא‬
ZUM HANDEL TREIBEN [BEDARF ES EINES EHRENMANNES]. [‫את למיסב ]למתן עם בר טבין‬ ‫צריך‬
QUELL ISTNAHES[, DAS VERZEHRT DER EIGENTÜMER, ABER DAS, WAS
WEIT ENTFERNT IST, VERZEHRT DEN EIGENTÜMER].
1 [‫אכיל ]מריה ורחקא אכיל ית מריה‬ ‫קורבא‬
1

Stets gehe ein Mensch, um Handel zu treiben, in die ‫לעולם >ילך אדם בסחורה בקרוב‬
2

Nähe, und er entferne sich nicht mehr als [eine Reise ‫ולא יתרחק יותר משלשה ימים‬
von] drei Tagen. Denn wenn er zu einem weiter entfern- ‫ואם הולך למקום רחוק ומצליח פעם אחת‬
ten Ort reist, hat er einmal Erfolg, gerät aber ein anderes 3
<‫פעם אחרת יסתכן לכן לא יתרחק לא הוא ולא שולחו‬
Mal in Gefahr. Daher soll er sich nicht weit entfernen,
weder er noch sein Bote. ‫>מעשה בעשיר שהיו לו בנים וחלק להם נכסיו‬
Es war einmal ein reicher Mann,2 der Kinder hatte, ‫ואמר להם לכו לסחורה ואראה מי יעלה מכה או מי‬
und ihnen seinen Besitz aufteilte. Und er sagte zu ihnen: ‫ירד‬
„Geht, um Handel zu treiben, so dass ich sehe, wer von
euch Gewinn und wer Verlust macht.“
‫אחד עשה סחורה במקום קרוב ונתעשר הרבה‬
‫והאחד נשתתף עם אחר ואמר זה לזה נלך במדינת הים‬
Einer trieb Handel an einem nahe gelegenen Ort und ‫בסחורה‬
wurde überaus reich. Der andere aber ging eine Ge-
schäftsverbindung mit einem anderen ein. Da sagte der
4
<‫ושלח חבירו והוא יושב בביתו והיה קונה ומשגר‬
eine zum anderen: „Lass uns in eine Hafenstadt gehen, ‫ >עם כל‬7‫ לאספניא‬6‫ ברח חביריך‬5<‫ולימים >אמרו לו‬
um dort Handel zu treiben.“ Er entsandte seinen Gefähr-
ten, blieb aber selbst zu Hause, kaufte [Waren] und lie-
8
<‫הממון‬
ferte [sie ihm]. ‫>שלח אנשים ריקים אחריו והלכו ולא חזרו‬
Nach einiger Zeit aber sagte man zu ihm: „Dein Gefährte
ist mit all dem Geld nach Spanien geflohen.“
Da schickte er nichtsnutzige Leute hinter ihm her, und sie 1
.[‫ קריבא אכיל יתיה מריה ורחיקא )נמי( אכיל יתיה ]למריה‬:‫י‬
gingen, kehrten aber nicht wieder zurück. .‫ ובקרוב‬:‫ב‬ 2
3
‫ לפי שאין טוב להצליח‬.‫ אל תהי סחורתך ברחוק אלא שלשה ימים‬:‫י‬
‫ברחוק ואם מצליח פעם אחת מקרה הוא כי יש לדאוג מליסטים ואם ישלח‬
.‫עבדו עם סחורתו שמא יברח עם סחורתו‬
4
‫ ואמר להם אם‬.‫ מעשה באדם אחד שהיה עשיר גדול והיו לו שני בנים‬:‫י‬
‫תרצו אתן לכל אחד מכם מאה דינרים ותלכו לסחורה אחד לצד זה ואחד‬
.‫ אמרו לו יפה אמרת‬.‫לצד אחר ואראה בכם מי יתעשר ומי ירד מנכסיו‬
‫ אמר הגדול אין טוב שאלך אלא‬.‫מיד נתן לכל אחד מאה דינרים ושיגרם‬
‫ מיד עשה כן תמיד עד שנתעשר‬.‫בקרוב שאוכל לשוב לביתי בשבוע אחד‬
‫ אלא חמד מאד להתעשר ונשתתף‬.‫ ואחיו הקטן לא עשה כן‬.‫יותר מאביו‬
‫ אמר לו לזה נשים הכל לסחורה אחת ונלך‬.‫עם אדם שהיה לו מאה דינרים‬
‫ מיד הלך למדינת הים אחד מהם ואחד עמד בבית‬.‫למדינת הים ונתעשר‬
.‫והיה קונה ומשגר להבירו‬
5
.‫ הוגד לזה שנשאר‬:‫י‬
6
1
Wörtlich: Nahes verzehrt sein Besitzer und Entferntes verzehrt seinen .‫ חבירו‬:‫י‬
7
Besitzer. .‫ לאספמיא‬:‫י‬
2 8
Wörtlich: Es gibt eine Geschichte über einen Reichen. .‫ חסר‬:‫י‬

252 253
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Da zog er selbst los. <‫הלך הוא בעצמו‬
1

Als er aber unterwegs war, standen seine Leute da und 2


‫וכשהיה בדרך עמדו חביריו והרגוהו‬
töteten ihn.
Und wir haben das, was Ben Sira sagte:
‫והיינו דאמר בן סירא‬
QUELL IST NAHES[, DAS VERZEHRT DER EIGENTÜMER, ABER DAS, WAS [‫אכיל ]מריה ורחקא אכיל ית מריה‬ 3
‫קורבא‬
WEIT ENTFERNT IST, VERZEHRT DEN EIGENTÜMER]. 5
[‫קדמאה ]ליה את כפר ביה ובעקבא לא אתנטר‬ ‫רחימא‬
4

RECHTEST FREUND[,
DU MIT EINEM ALTEN WIRD ER SICH AM ENDE NICHT
[UM DICH] KÜMMERN].1
7
‫ ויקנה לעצמו אוהבים‬6‫לעולם ישתתף אדם עם טובים‬
9
<‫ ויעשה עצמו כעבד >לכל‬8‫וישא ויתן באמונה‬
Stets schließe man sich mit guten Menschen zusammen
und erwerbe sich Freunde und treibe redlichen Handel ‫ אמר יוסף‬10<‫>שכך‬
und sei jederman behilflich2. ‫ לא עברתי על דעת חביריי‬11‫מימי‬
Denn so sagte es Josef: ‫ עלה לדוכן‬13‫ היה אומרים לי‬12‫ואם‬
„In meinen Lebzeiten habe ich niemals das Wissen
meines Kollegen übergangen.3
15
<...>14<‫הייתי עולה >לדוכן מיד‬
Und wenn man zu mir gesagt hat, geh zum Pult, bin
ich sogleich zum Pult hinaufgegangen.“4

1
‫ מה עשה הלך והשכיר אנשים ריקים שעשו לו שליחותו כשליחות‬:‫י‬
.‫העורב אמר אלך אני בעצמי‬
2
‫ לפיכך אין אדם חכם שמנהג סחורתו בארץ רחוקה‬.‫ ונטלו ממונו וברחו‬:‫י‬
.‫ והיינו‬.‫מפני הסכנה שמא ימלט או לא‬
3
.‫ קריבא‬:‫י‬
4
.‫ רחימך‬:‫י‬
5
.‫ ובעיקבא לית את נטר‬:‫י‬
6
.‫ אנשים‬:‫י‬
7
.‫ היאך ישא ויתן‬:‫י‬
8
.‫ עם בני אדם ויתן לזה ולזה ויראה עצמו לכל אדם כעבד‬:‫י‬
9
1
Wörtlich: Ein Freund [sei] jemandem das Erste. Du verleugnest ihn, .‫ וישמע לדעת חבירו‬:‫י‬
10
und in Konsequenz bleibt er nicht erhalten. Meint: Freundschaft steht .‫ כך‬:‫י‬
11
über allem; wer das verleugnet, wird die Freundschaft schließlich ver- .‫ לעולם‬:‫י‬
lieren. 12
2
.‫ אפילו‬:‫י‬
Wörtlich: und mache sich zum Knechte für jeden. .‫ אומר לי‬:‫ י‬.‫ לו‬:‫ב‬ 13
3
Das ist mehrdeutig: Er hat das Wissen keines Kollegen überschritten .‫ כך‬:‫י‬ 14
(war kein Besserwisser); er hat das Wissen nicht übergangen (hat im- 15
‫ לפיכך אם יש לך אוהב טוב שעשה לך טובה ויש לך ממון אצלו אל‬:‫י‬
mer ordentlich zitiert und keine Lehre dort ungesagt gelassen, wo sie
am Platze gewesen wäre). ‫ הוי‬.‫תריב עמו לפי שאין אתה יודע כמה כחו גדול להצילך בשעת הסכנה‬
4
Siehe Seite 2, die Charakterisierung von R. Sera, R. Papa und Ben ‫זהיר באהבתו לפי ששוה יותר ממאה זהובים אל תניחנו לידבק באחרים‬
Sira. – Das Eingeschobene bezieht sich auf die redliche Lebenswei- ‫ לכך ימכור אדם בגדו בשביל‬.‫כשתחזירה אצלך אל תאמין בו כבתחילה‬
se eines Gelehrten. In der Erzählung geht es aber tatsächlich um die ‫ ההוא‬.‫ שכן אמר בן סירא טב רחימא בבקעתא מאלף דנרי בקרתא‬.‫אוהבו‬
Empfehlung, mit redlichen Partnern Geschäfte zu machen. .‫שהיה עשיר גדול‬

254 255
Alphabet des Ben Sira ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
Es war einmal ein reicher Mann, der hatte [zehn] Söh- ‫ בנים‬2<‫ שהיו לו >עשרה‬1‫מעשה בעשיר אחד‬
ne.1 ‫ בשעת פטירתו נתן לכל אחד ואחד מהם מאה‬3<...>
In der Stunde seines Todes gab er jedem einzelnen von
ihnen hundert Golddenare,2 außer seinem zehnten Sohn,
4
‫זהובים‬
für den nur zwanzig Golddenare übrig blieben. <...> ‫חוץ מבנו העשירי‬
5

Was machte er [damit]? ‫>שהניח לו עשרים זהובים‬


Er veranstaltete sogleich ein Gastmahl und lud für den 6
<‫מה עשה‬
nächsten Tag alle guten Menschen aus der Stadt ein. Und
sie kamen zu dem Gastmahl des jungen Mannes. ‫מיד >עשה סעודה וזימנם למחר כל אנשים טובים‬
‫מהעיר‬
Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, stand ein
Greis, der unter ihnen war, auf und sagte zu seinem Ge- ‫באו לסעודת הנער‬
fährten: „Wir haben die Pflicht voranzugehen, um dem ‫ואחר שאכלו ושתו היה זקן אחד ביניהם עמד ואמר‬
jungen Manne Ehre zu erweisen, [der uns darin] zuvor- ‫לחבירו‬
gekommen ist. Wenn es der Beschluss Gottes und euer ‫אנו חייבין להקדים ולעשות בו כבוד לנער והוא קדם‬
Wille ist, wird nicht verloren sein, was er getan hat. Wir ‫אם גוזר המקום ורצונכם לא יאבד מה שעשה‬
werden nicht von hier hinausgehen, bis dass wir zu un-
seren Häusern [eine Nachricht] gesandt haben, dass jeder
‫לא נצא מכאן עד שנשגר לבתינו‬
einzelne von uns eine trächtige Kuh bringen lässt und wir ‫ונביא לכל אחד פרה הרה ונתנה לו למתנה‬
sie ihm zum Geschenk machen.“
‫מיד שלחו והביאום ונתנום לו במתנה‬
Sogleich schickten sie aus und ließen sich [die Kühe] ‫וילדו לו מאה עגלים ופרתו של זקן ילדה לו עגל גדול‬
bringen und gaben sie ihm zum Geschenk. Und sie kalb- ‫ומכרו לקיסר שלשה אלפים דינרים‬
ten für ihn hundert Kälber. Die Kuh des Greisen aber ‫ העגלים והפרות מכר שלשה אלפין דינרין‬7‫ושאר‬
kalbte ihm ein so großes Kalb, dass er es dem Caesar für
dreitausend Denare verkaufen konnte.
8
<‫ונעשה עשיר גדול‬
Und die übrigen Kälber und Kühe verkaufte er für weite-
re dreitausend Denare, und er wurde überaus reich.

1
.‫ גדול‬:‫י‬
2
.‫ כך‬:‫י‬
3
.‫ והיתה עליו גזירה שלא יתן לכל אחד פחות ממאה דינרין‬:‫י‬
4
.‫ דינרין‬:‫י‬
5
‫ הקטן שאמר לו בני אין לי מה ליתן לך וגזירה עלי שלא ליתן לכל אחד‬:‫י‬
.[‫ אלא אתן לך מאה )זהובים( ]אוהבים‬.‫פחות ממאה דינרין‬
6
.‫ מיד נתן לו עשרים דינרין לתקן סעודה‬:‫י‬
7
.‫ ושער‬:‫ב‬
8
‫ והאכילם‬.‫ שלח לכל אוהביו והפקידם בנו הקטן וסיפר להם כל המעשה‬:‫י‬
‫ אמר להם מה נעשה כבוד וגדולה לנער זה‬.‫לסעודת בנו והיה זקן ביניהם‬
‫ ועכשו‬.‫שהכין לנו סעודה כזאת חייבין היינו להקדים לו ולעשות לו כבוד‬
1
Vgl. Erzählung 24 bei Nissim ben Jacob ibn Shahin: An elegant Com- ‫ אלא ניתן לו כל אחד‬.‫שקדם לא יאבד כלום אם יגזור הקדוש ברוך הוא‬
position concerning Relief after Adversity. Translated from the Arabic ‫ נתן לו כל אחד ואחד פרה מעוברת וילדו כולם באותו‬.‫ואחד פרה מעוברת‬
with Introduction and Notes by W.M. Brinner, New Haven London ‫ ופרה שנתן לו אותו זקן ילדה לו עגל כולו אדום ומכרה לקיסר‬.‫שנה‬
1977, 116–117. ‫עשרים ושלשה אלפי דינרי זהב עד שנעשה עשיר יותר מאביו וכפלים‬
2
Siehe Seite 80, Anm. 1. .‫ לפיכך יכבר אדם אוהבין יותר מעצמו והיינו‬.‫מאחיו‬

256 257
‫‪Alphabet des Ben Sira‬‬ ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
‫‪Und wir haben das, was Ben Sira sagte:‬‬ ‫והיינו דאמר בן סירא‬
‫‪RECHTEST‬‬ ‫‪DU MIT EINEM ALTEN‬‬‫‪FREUND[, WIRD ER SICH‬‬ ‫‪AM‬‬ ‫‪ENDE‬‬ ‫‪NICHT‬‬
‫קדמאה ]ליה את כפר ביה ובעקבא לא אתנטר[‬ ‫רחימא‬
‫‪[UM DICH] KÜMMERN].‬‬
‫‪SECHZIG‬‬ ‫‪BERATER [KANNST DU DIR NEHMEN,‬‬ ‫‪ABER DEN‬‬ ‫‪RAT‬‬ ‫‪DEINES‬‬
‫מלוכין ]אית לך וכוונת‪ 1‬לבך לא תרפה[‬ ‫שיתין‬
‫‪HERZENS VERLASSE NICHT].‬‬ ‫לעולם כשתרצה לעשות >דבר המלך‬
‫‪Stets, wenn du dich mit jemandem beraten willst1, mit‬‬ ‫בבין אוהביך בין כל אחד ואחד‬
‫‪Freunden [zusammen] oder mit jedem [von ihnen] ein-‬‬ ‫אם כולם אומרים עצה אחת עשה כמו שאומרים לך‬
‫‪zeln[, gilt]: Wenn alle dir einmütig dasselbe raten, tue es‬‬
‫‪so, wie sie es dir gesagt haben, egal, ob sie alt oder jung‬‬ ‫אם זקנים אם נערים ואם לאו עשה כעצת לבך‬
‫‪sind.‬‬ ‫‪2‬‬
‫דברי עוזיאל<‬
‫‪Wenn [sie aber] nicht [übereinstimmen], folge dem Rat‬‬ ‫‪4‬‬
‫אבל יוסף נכדו >של בן סירא<‪ 3‬אומר‬
‫‪deines Herzens; Worte Usiels.‬‬ ‫‪5‬‬
‫אפילו >קטנים אומרים לך עשה תעשה<‬
‫‪Aber Josef, der Enkel Ben Siras, sagt:‬‬
‫‪Selbst Kinder sagen dir [manchmal], was du tun sollst.‬‬
‫והיינו דאמר בן סירא‬
‫מלוכין ]אית לך וכוונת לבך לא תרפה[‬ ‫שיתין‬
‫‪Und wir haben das, was Ben Sira sagte:‬‬
‫‪SECHZIG‬‬ ‫‪BERATER [KANNST DU DIR NEHMEN, ABER‬‬ ‫‪DEN‬‬ ‫‪RAT‬‬ ‫‪DEINES‬‬
‫‪HERZENS VERLASSE NICHT].2‬‬

‫‪1‬‬
‫י‪ :‬וקנאת נפשך לא תרפה‪.‬‬
‫‪2‬‬
‫י‪ :‬שום דבר אסוף כל אוהביך ואמור להם כן רצוני לעשות‪ .‬יעצוני והם‬
‫יאמרו לך עצתם ואם יעצוך כאחד עצה אחת האמן בה ועשה אותה עיצה‪.‬‬
‫והני מילי בעצת הזקנים‪ .‬אבל בעצת הילדים אפילו הם יעצוך כלום עצה‬
‫אחת לא תעשה אותה כי אם בעצת לבך‪ .‬ואם זקנים הם ותשאלם לכל‬
‫אחד ואחד בפני עצמו ולא יעצוך כולם עצה אחת‪ .‬אבל ילדים אפילו הכי‬
‫עשה בעצת לבך‪ .‬זו דברי בן סירא‪.‬‬
‫‪3‬‬
‫י‪ :‬חסר‪.‬‬
‫‪4‬‬
‫י‪ :‬פירש‪.‬‬
‫‪5‬‬
‫‪1‬‬
‫‪Wörtlich: eine Sache der Beratung (oder: des Königs) zu tun ge-‬‬ ‫י‪ :‬הם קטנים כולם לעצה אחת זה שלא בפני זה עשה אותה ואפילו זקנים‬
‫‪denkst.‬‬ ‫יאמרו לך זה עצה אחת וזה עצה אחת אל תעש אלא בעצת עצמך זו דברי‬
‫‪2‬‬
‫‪Vgl. Sirach 6,6; Sirach 37,19; bBQ 92b; mAbot 4,20.‬‬ ‫יוסף‪.‬‬

‫‪258‬‬ ‫‪259‬‬
‫‪Alphabet des Ben Sira‬‬ ‫אלפא ביתא דבן סירא‬
‫‪TRÄGST‬‬ ‫‪DU‬‬ ‫‪[IN‬‬ ‫‪DEINEM‬‬ ‫‪HERZEN‬‬ ‫‪DAS‬‬ ‫‪VERLANGEN,‬‬ ‫‪SATT ZU SEIN, SO‬‬
‫לך‪] 1‬דיהוית שבעא וכפנת ולא מן דהיות כפנא‬ ‫תתן‬
‫‪HUNGERST DU UND HAST NIE GENUG, NIMM DIR VOR ZU HUN-‬‬
‫‪GERN, SO WIRST DU SATT SEIN].‬‬
‫‪1‬‬ ‫ושבעת[‬
‫לעולם כשתרצה >לעשות דבר יטול<‪ 2‬עצה >מעשיר‬
‫‪Stets, wenn du etwas tun willst, nimm den Rat eines Rei-‬‬ ‫‪3‬‬
‫שהענה בזקנותו ולא מעני שהעשיר בזקנותו<‬
‫‪chen an, der im Alter arm, aber nie den von einem Ar-‬‬
‫‪men, der im Alter reich geworden ist.‬‬ ‫]ו[היינו דאמר בן סירא‬
‫‪Und wir haben das, was Ben Sira sagte:‬‬ ‫ונשלם שבח לבורא עולם‬ ‫תם‬
‫‪TUGENDHAFT SOLLST DU SEIN UND VOLLKOMMEN, DEM SCHÖPFER‬‬ ‫‪DER‬‬
‫‪WELT ZUM WOHLGEFALLEN.‬‬

‫‪1‬‬
‫י‪ :‬ידא דהוא שביעא וכפינא ולא מאן דכפינא ושביעא‪.‬‬
‫‪2‬‬
‫י‪ :‬ליקח‪.‬‬
‫‪3‬‬
‫י‪ :‬קח מאדם עשיר בקטנותו ונעשה עני בזקנותו‪ .‬מפני שאדם שהיה עשיר‬
‫בקטנותו הוא היה בעל עיצה מפני שהנער עשיר ילך לזה ולזה ליטול‬
‫עצה ואם רואה אדם שיעץ אותו יפה ילך אצלו בפעם אחרת ויטול ממנו‬
‫עצות הרבה ויטול מזה ומזה ונעשה חכם‪ .‬וכשבא לידי עניות לא שכח‬
‫עצות ראשונות לפיכך טול עצתך מעשיר והעני אבל לא תטול עצה מעני‬
‫שנתעשר בזקנותו‪ .‬שאין לו אלא גסות הרוח בלבד‪ .‬מפני שמצינו כן‬
‫ברחבעם בן שלמה שנצרך לעצה ואמר לבנייהו לך והבא לי כל הזקנים‬
‫בעלי עצה ובדק זקנים שהיו עשירים בקטנותם ונעשו עניים בזקנותם‬
‫והביאם לפניו כיוון שיעץ מהם אמר לבנייהו וכי בשביל אילו שלחתיך‬
‫כדי לפרנסם לך והבא לי מחבריי שהיו עניים בקטנותם ונתעשרו הלך‬
‫והביאם לפניו ויעץ מהם ונענש‪ .‬לכך קראם הכת' ילדים )מל"א יב‪:‬ח(‬
‫שהרי עצתם כילדים מגסות ומשטות‪ .‬והיינו דאמר בן סירא תתן לך ידא‬
‫‪1‬‬
‫‪Vgl. bSchab 25b.‬‬ ‫דהוה שביעא וכפינא ולא מאן דכפינא ושביעא‪.‬‬

‫‪260‬‬ ‫‪261‬‬
III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

Das Alphabet des Ben Sira ist vordergründig eine Sammlung von
verschiedenen Erzählungen. Hintergründig entwickelt es eine nar-
rative Kritik. Es entmystifiziert biblische, traditionelle, klassische
oder nur übliche Meinungen über „Gott und die Welt“ und vermittelt
diese Sichtweise in der Form der Erzählung.
Die in dem Alphabet des Ben Sira formulierte narrative Kritik
ist eine zweifache: Sie zielt auf formale Mängel und inhaltliche Un-
stimmigkeiten in der traditionellen Bibelauslegung. Formal richtet
sich die Kritik gegen die rabbinische Hermeneutik, die Anwendung
der Auslegungsregeln, die als willkürlich empfunden wird. Der unbe-
kannte Autor des Alphabets des Ben Sira zeigt, dass die konsequente
Anwendung dieser Regeln zu abwegigen Interpretationen führen
kann. Die Kritik will auf eine Schwäche aufmerksam machen, um
sie zu überwinden. In diesem Sinne kommt sie zur Anwendung, um
ein kritisches Bewusstsein zu erzeugen.1
Umso erstaunlicher ist es, dass das Alphabet des Ben Sira gerade
von jüdischen Mystikern im 12. und 13. Jahrhundert derart geschätzt
wurde, dass sie einige ihrer Schriften Josef ben Usiel zuschrieben,
der im letzten Teil des Alphabets des Ben Sira, dem Kommentar zu
den aramäischen Sinnsprüchen, zu Wort kommt.2 Offenbar scheint
hier überwundene Kritik positiv genutzt worden zu sein. Sollte dies
in mystischen Kreisen möglich gewesen sein, um wie viel mehr im
Kreise traditionell gebildeter Leser.
Inhaltlich zielt die Kritik des Alphabets des Ben Sira auf das Ideal
des Weisen, das in der antiken jüdischen Weisheitsliteratur vermittelt
wird. Weise ist derjenige, der der Beste und der Frömmste ist. Die
Geschichten des Alphabets des Ben Sira vermitteln im Gegensatz
dazu eine Ethik, die sich eng an die Aristotelische Ethik anlehnt, die
eine Lehre von der Mitte zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig
lehrt. Diese Ethik wird vor allem in den Fabeln, die am Hofe des

1
V.M. Colapietro, Glossary of Semiotics, New York 1993, 78-79:
“whose ultimate goal is liberation. Critical consciousness is to be un-
derstood in contrast to mystified consciousness. It is possible to be
oppressed or exploited without being aware of this condition. This
unawareness is ordinarily not simply a lack of consciousness but a
resistance to facing what we perhaps dimly sense to be the case.”
2
Siehe dazu J. Dan, The Unique Cherub Circle, Tübingen 1998, 16-
35.

263
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

Nebukadnezar erzählt werden, und in dem Kommentar zu den ara- Bei A. Jellinek findet sich ein Midrasch „von der Bildung des Kin-
mäischen Sinnsprüchen entwickelt. Sie relativiert einerseits das Ide- des“,1 der ebenfalls mit dem Hiobvers beginnt:2
al des perfekten Weisen und verdeutlicht andererseits, „dass Wissen
Wie geht die Bildung des Kindes vor sich?
Macht ist“, dass derjenige, der in Gefahr (vor dem König) klug zu
Rabbi Jochanan sagte:
handeln weiß, überlebt und belohnt wird.
Was heißt, was geschrieben steht:
Im Alphabet des Ben Sira finden sich mehr oder weniger offen-
Der große [Werke] tut, die nicht zu erforschen sind, und
sichtlich zahlreiche Zitate aus der rabbinischen Literatur. Diese
Wunder, die nicht zu zählen sind? (Hiob 5,9; Hiob 9,10)
Zitate funktionieren, wenn man sie erkennt, als Subtext, der dem
Alphabet des Ben Sira eine weitere Deutungsebene verleiht.1 Ohne Das ist das Große und Wunderbare, das der Heilige, ge-
diese beständig anzitierte Literatur zu beachten, liest sich das Al- priesen sei er, an der Bildung des Kindes tut.
phabet des Ben Sira wie eine Erzähl- oder Spruchsammlung oder Denn in der Stunde, in der der Mann sein Lager mit
ein fantastischer Lebensbericht über eine (fiktive) Person Ben Sira. seiner Frau bedient, ruft der Heilige, gepriesen sei er,
Bezieht man aber in die Interpretation des Werkes die rabbinischen den Engel, der über die Schwangerschaft gesetzt ist, und
Zitate und den rabbinischen Kontext der Zitate ein, wird deutlich, spricht zu ihm: Wisse, soundso wird in dieser Nacht durch
dass das Alphabet des Ben Sira die zitierte rabbinische Lehre weiter- Samenerguss die Bildung eines Menschen bewirken. Du
entwickelt und nicht bei einer negativen Kritik stehen bleibt. aber geh und bewahre den Tropfen und tue ihn in eine
Schale und sprenge ihn auf die Tenne zu 365 Teilen.
1. Die exegetische Einleitung Er verfährt so, nimmt den Tropfen, bringt ihn vor den
Heiligen, gepriesen sei er, und spricht vor ihm: Herr der
In bTaan 2a findet sich eine Auslegung zu Hiob 9,10, mit der das Welt, ich habe getan, wie du mir befohlen hast, was soll aus
Alphabet des Ben Sira beginnt. Diese Auslegung enthält bereits eine diesem Tropfen werden? Beschließe über ihn nach deinem
Anspielung auf die Geburtsgeschichte des Ben Sira: Wohlgefallen.
Sofort beschließt der Heilige, gepriesen sei er, über ihn,
Hier heißt es:
ob er stark oder schwach, lang oder kurz, ein Mann oder
Der große [Werke] tut, die nicht zu erforschen sind (Hiob
eine Frau, ein Narr oder ein Weiser, reich oder arm werden
5,9; Hiob 9,10)
soll. Aber ob er ein Gerechter oder ein Frevler werden soll,
und dort heißt es:
beschließt er nicht; denn wir haben gesagt: Alles ruht in den
Weißt du denn nicht, hast du denn nicht gehört, dass
Händen des Himmels, ausgenommen die Gottesfurcht.
JHWH ein ewiger Gott ist? Er schuf die Enden der Erde,
er wird nicht müde und wird nicht matt, seine Einsicht ist Es ist nicht klar, ob dieser Midraschteil jünger oder älter ist als der
unerforschlich. (Jes 10,48) entsprechende Abschnitt im Alphabet des Ben Sira. Der Vergleich
[…] der beiden Texte lässt aber deutlich werden, dass das Motiv des
Bewahrens des Samentropfens geläufig ist. Steht dieses Motiv im
Rabbi Jochanan sagte: Drei Schlüssel bewahrte der Heilige, Midrasch dafür, dass Gott bei der Entstehung des Kindes mitverant-
gepriesen sei er, in seiner Hand, und sie sind keinem wortlich ist, kritisiert die Zeugungsgeschichte des Ben Sira genau
Vertreter anvertraut worden. Und zwar: den Schlüssel des diese Vorstellung. Gott bewahrt den Samen Jeremias, durch den des-
Regens, den Schlüssel der Geburt und den Schlüssel der sen Tochter schwanger wird. Dies aber hätte nie geschehen dürfen,
Belebung der Toten. da „das Bewahren“ zu einer inzestuösen Verbindung führt.
1
Kodex XII der Leipziger Raths-Bibliothek. Siehe A. Jellinek, BhM
1,153-158 und XXVII.
1 2
Vgl. J. Clayton, E. Rothenstein (Hg.), Influence and Intertextuality in Übersetzung von A. Wünsche, Aus Israels Lehrhallen, 3, 213-224.
Literary History, Madison 1991. G. Genette, Palimpseste. Die Litera- – Eine weitere Auslegung zu Hiob 9,10 bietet bBer 58a. Diese Stelle
tur auf zweiter Stufe, übers. von W. Beyer und D. Hornig, Frankfurt/M wird später behandelt, da sie ein weiteres Stichwort enthält, das auf
1993. H.F. Plett (Hg.), Intertextuality, Berlin, New York 1991. Frage 4 im Dialog zwischen Ben Sira und Nebukadnezar weist.

264 265
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

Frauen, und du hast mich nicht geboren nach der Art der
2. Zeugung und Geburt des Ben Sira Gebärenden. Waren etwa deine Wege wie die Wege aller
Ehebrüchigen, und hast du dein Auge auf einen anderen
[Mann] geworfen wie eine Frau, die ihrem Gatten untreu
Jeremias Tochter wird vom Samen des Vaters schwanger, ohne dies
ist?! Du bist frech!“
zu bemerken.1 Dies geschieht, als Männer aus dem Stamm Efraim2
den schon betagten Propheten zwangen, sich in einem öffentlichen Woher ist zu entnehmen, dass Jeremia so sprach?
Bad zu befriedigen. Als Jeremias Tochter später dasselbe Bad be- Weil geschrieben ist:
nutzt, um sich zu reinigen, wird sie von dem dort aufbewahrten Sa- Und die Stirne eines buhlerischen Weibes hattest du. (Jer
men schwanger.3 3,3)
Der Ausgangspunkt für diese Empfängnisgeschichte ist eine
Problemerörterung, die sich im babylonischen Talmud, Traktat Cha- Als seine Mutter diese Worte hörte, sagte sie: „Was sah
giga 15b findet. Dort fragt Ben Soma, ob ein Hoherpriester, der nach dieser, dass er so über mich spricht vor seiner Zeit?“
rabbinischem Recht nur eine Jungfrau heiraten darf, eine schwangere Da öffnete er seinen Mund; er sprach zu ihr: „Nicht über
Jungfrau ehelichen dürfe. Samuel antwortet, dies sei dann möglich, dich, Mutter, rede ich so; auch weissage ich nicht, Mutter,
wenn die Jungfrau in einem Bad empfangen habe. Das bedeutet: über dich. Über Zion und Jerusalem rede ich.
Wäre eine Frau schwanger, obwohl die Zeichen ihrer Jungfräulich-
keit (das Jungfernhäutchen) erhalten sind, dürfte ein Hoherpriester Der Verdacht des Ehebruchs liegt dann auf der Hand, wenn eine Frau
sie heiraten. „nicht weiß, wie sie schwanger geworden ist“. In dem predigtartigen
Das Alphabet des Ben Sira variiert mit der Zeugungsgeschichte Text der Pesiqta wird der geäußerte Verdacht allegorisch auf Jeru-
Ben Siras dieses im Talmud diskutierte Problem und spitzt es zu: salems Abfall von Gott gedeutet. Im Alphabet des Ben Sira wird
Wenn eine Frau im Reinigungsbad schwanger werden kann, ist es gezeigt, wie sich der Verdacht der Unzucht zuspitzen kann.
auch möglich, dass sie dort von nächsten Verwandten schwanger Auf die Tatsache, dass das Motiv von der wunderbaren Geburt des
wird. Das Alphabet des Ben Sira denkt diese Situation zu Ende und Helden weit verbreitet ist, ist wiederholt hingewiesen worden. Eine
lässt die Frage aufkeimen, ob Männer und Frauen unter dieser An- Motivparallele zur Geburt des Ben Sira findet sich in der Zeugungsge-
nahme dieselben Reinigungsbäder benutzen sollten. schichte des persischen Messias Soasjant. Zaratustras Same wird elf
Ben Sira, der Sohn Jeremias4, wird auf eine ungewöhnliche Weise Jahre im Wasser aufbewahrt, bis schließlich ein jungfräuliches Mäd-
gezeugt, weil bereits die Zeugung Jeremias, seines Vater, im Dunk- chen den Erlöser Soasjant empfängt. Jeremia wiederum gilt als der
len liegt. Dies überliefert Pesiqta Rabbati 26:5 Lehrer dieses Erlösers.1 I. Lévi vertrat die These, dass ein jüdischer
Autor aus Persien, der die arabischen Traditionen und insbesondere
Er [Jeremia] öffnete seinen Mund und wies seine Mutter die Jungfrauengeburt Jesu kannte, darauf mit der Zeugungsgeschich-
zurecht. Er sprach zu ihr: „Sage mir, Mutter! Du bist nicht te Ben Siras anspielte.2 Das Thema dieses Mythos findet sich auch
mit mir schwanger geworden nach der Art von [anderen]
1
Vgl. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 31. J. Darmesteter, The Zend-
1
Siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 30-31. Avesta, Oxford 1883, 1, 195. R.J.H. Gottheil, References to Zoroa-
2
Nach Gn 41,52 bedeutet der Name „Efraim“: fruchtbar sein (was hier ster in Syriac and Arabic Literature. In: Classical Studies in Honor of
gerade nicht der Fall ist). Henry Drisler, London 1894, 28-37. Vgl. auch die Erzählung über die
3
Siehe Kalla Rabbati 2,4. Geburt des Hohenpriesters Jischmael in A. Jellinek, BhM 2, 65-66.
4
Zu Jeremia siehe E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 32-36. L. Prijs, Zu den folkloristischen Elementen der „Geburt eines Helden“ vgl. O.
Die Jeremia-Homilie Pesikta Rabbati Kapitel 26. Eine synagogale Rank, Der Mythos von der Geburt des Helden, Leipzig, Wien 1912.
Homilie aus nachtalmudischer Zeit über den Propheten Jeremia und L. Raglan, The Hero of Tradition. In: The Study of Folklore, hg. von
die Zerstörung des Tempels. Kritische Edition nebst Übersetzung und A. Dundes, Englewood Cliffs 1965, 142-157. A. Dundes, Myth and
Kommentar. (Studia Delitzschiana, Band 10) Stuttgart, 1966. A.A. Drama, New York 1956. – A.A. Wieder, Jeremiah in Aggadic Litera-
Wieder, Jeremiah in Aggadic Literature, Diss. Brandeis University ture, 14-21. I. Reifmann, Tekhunat Alfa Beta de Ben Sira, 133. J. Dan,
1962, 14-21. Chidat Alfa Beta de Ben Sira, 74.
5 2
L. Prijs, Die Jeremia-Homilie, 31-32. I. Lévi, La Nativité de Ben Sira, 197-205.

266 267
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

in der griechischen und indischen Mythologie, jedoch lassen sich in Dort schwört Zedekia Nebukadnezar etwas, ohne dass gesagt wird,
diesen Fällen keine so offensichtlichen Analogien zu dem Alphabet was der Schwur beinhaltete. Dies wird in KlglR 2,10 § 14 ermittelt:
des Ben Sira herstellen, wie bei dem persischen Mythos.
Nachdem die Tochter Jeremias im Bad vom Samen ihres Vaters Rabbi Eleasar sagte:
schwanger geworden ist, wird das Kind nach nur sieben Monaten Der Abschnitt Nu 30, der von den Gelübden handelt,
geboren. Die Zahl „sieben“ ist zum einen eine idealtypische Zahl, erscheine nicht geringfügig in deinen Augen, denn
die Vollkommenheit symbolisiert, zum anderen könnte ein Wortspiel seinetwegen sind die Mitglieder des großen Sanhedrins1 zu
vorliegen. J. Preuss verweist auf jNid 1,49b: Zedekias Zeiten getötet worden.
Als nämlich Jechonia nach Babylon verwiesen worden
Als kürzeste Dauer der Sch[wangerschaft], bei der ein war, setzte der König Nebukadnezar Zedekia für diesen
lebensfähiges Kind geboren werden kann, gibt Mar Samuel ein, und zwar über fünf Könige, wie es heißt:
212 Tage an; der Merkspruch hierfür (harbeh = 212; arbeh Und sende sie zum König von Edom und zum König von
„ich werde gedeihen lassen“) ist ein Wortspiel und nicht Moab und zum König der Kinder Ammons und zum König
übersetzbar.1 von Tyrus und zum König von Sidon durch die Gesandten,
die nach Jerusalem zu Zedekia, dem König von Juda,
Ein Zusatz gibt an, dass sich die Schwangerschaft „zur Zeit Zede- gekommen sind. (Jer 27,3)
kias“ einstellte. Nach 2 Kg 24,17-18 ist Zedekia der von Nebukad- Und er [Zedekia] ging bei ihm [Nebukadnezar] frei ein und
nezar eingesetzte letzte König von Juda (597/6-587/6), seine Mutter aus. Eines Tages kam er zu ihm und fand, dass er Fleisch
war Chamutal, die Tochter Jeremias.2 Wenn Zedekia aber ein Sohn von einem lebendigen Hasen abriss und es ass. Schwöre
derselben Tochter des Jeremias wäre, dann wäre Ben Sira ein Bruder mir, sprach er zu dem Eingetretenen, dass du das, was du
des Zedekia. Zedekia nun gilt nach bSanh 103a als Prototyp eines gesehen hast, nicht tadelnd verbreiten wirst.
bösen Menschen, von dem es dort heißt, dass Gott die gesamte Welt Er schwor ihm.
habe vernichten wollen wegen der Generation des Zedekia. Aus der
Zeugungsgeschichte Ben Siras wird deutlich, warum Gott diese Und wobei?
Strafe verhängen wollte: Es geht um die Bestrafung von Unzucht Rabbi Jose bar Rabbi Chanina sagte:
und roher Gewalt. Beim innersten Altar.2
Als Jeremia den Männern, die ihn im Bad bedrängen, schwören
will, nichts über das Gesehene zu erzählen, verweisen diese auf eine Aber jene fünf Könige hatten Kenntnis von dem Vorgang er-
weitere Geschichte, die Jeremia und Zedekia gemeinsam ist, mit den halten und ließen sich missbilligend gegen Nebukadnezar
Worten: vor Zedekia aus und sprachen: Die Herrschaft ziemt nicht
Nebukadnezar, sondern dir, dem Nachkommen Davids.
Hatte nicht der König Zedekia gesehen, wie Nebukadnezar Auch er stimmte in ihren Tadel ein und sprach: Ich habe
einen Hasen roh aß und ihm beim Gesetz Gottes gesehen, dass er Fleisch von einem lebendigen Hasen
geschworen,3 dass er nicht erzählen werde, was er gesehen abriss und verzehrte.
hatte. Und war er nicht von ihm weggegangen und hatte
1
seinen Schwur gebrochen!? Auch du wirst es so machen. 2
Der große Gerichtshof.
bNed 65a erzählt die Geschichte kürzer: Als nun Nebukadnezar er-
Diese Andeutung findet sich ausformuliert in Klagelieder Rabba fuhr, dass man ihn verachtete, ließ er den Sanhedrin und Zedekia ho-
2,10 § 14 und greift indirekt ein Problem aus 2 Chron 36,10-13 auf. len und sprach zu ihnen: Seht doch, was Zedekia getan hat: Er hat
doch beim Namen des Himmels geschworen, es nicht zu verraten!
1
Vgl. J. Preuss, Biblisch-talmudische Medizin. Beiträge zur Geschich- Dieser erwiderte: Ich ließ mir den Schwur auflösen. Jener fragte: Kann
te der Heilkunde und der Kultur überhaupt, (1911) Repr. Wiesbaden man einen Schwur auflösen? Sie erwiderten: Ja. Jener fragte: Nur in
1992, 445. L. Thorndike, A History of Magic and experimental Sci- seiner [Zedekias] Gegenwart oder auch in seiner Abwesenheit? Sie
ence, New York 1934, 3, 237-238. E. Yassif, The Tales of Ben Sira, erwiderten: Nur in seiner Gegenwart. Da sprach er zu ihnen: Was habt
36-39. ihr nun getan? Weshalb habt ihr es Zedekia nicht gesagt? Und dann
2
Siehe 2 Kg 24,18; Jer 52,1. [galt]: Es sitzen zu Erde verstummt die Ältesten der Tochter Zions.
3
Siehe auch Tan B we-etchanen 1; PK 27. (Klgl 2,10)

268 269
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

Sie sandten sofort zum König und sprachen zu ihm: Jener kadnezars Regierungsstil sein. Ms Oxford Or. 135 und Yassif (A),
Jude, der frei bei dir ein- und ausgeht, hat uns erzählt: Ich 222 weisen eine Variante der Geschichte Ben Siras am Hofe Nebu-
habe gesehen, wie Nebukadnezar Fleisch von einem Hasen kadnezars auf, in der sich folgende Auslegung zu Lv 11,2 findet:
abriss und verzehrte, wie es heißt: Der Hase ist das Königtum Mediens und Persiens.
Und es empörte sich Zedekia gegen den König von Babel. Das Kaninchen ist das Königtum Griechenlands.
(2 Kg 24,19) Das Schwein ist das Königtum Edoms.
Nebukadnezar ließ sich sogleich in Daphne, Antiochia, In Bezug auf diese sind sie gewarnt, sich nicht von ihnen
nieder, und es kam ihm der große Sanhedrin entgegen. heiraten zu lassen, sich nicht an sie zu verheiraten und sie
Als er sah, dass sie alle gebildete Männer waren, ließ er nicht zu verzehren, denn sie sind ein Gräuel. Der Heilige,
hohe Sessel für sie bringen und sie sich niederlassen. gepriesen sei er, sagte: Von ihrem Fleisch sollt ihr nicht
Er sprach zu ihnen: Tragt mir das Gesetz vor. essen.
Sie lasen ihm einen Abschnitt nach dem anderen vor und Nebukadnezar wäre demnach derjenige, der mit Medien und Persien
übersetzten ihn vor ihm. Als sie an den von den Gelübden „roh“ das heißt brutal umgegangen ist.
handelnden Abschnitt kamen:
Jeder, der ein Gelübde gelobt[ oder der einen Schwur
schwört] (Nu 30,3),
3. Jeremia als Vater des Ben Sira
sprach er zu ihnen: Kann der, der ein Gelübde abgelegt hat,
es wieder zurücknehmen oder nicht? Die Frage, warum ausgerechtet der Prophet Jeremia der Vater von
Sie antworteten: Er gehe zu einem Weisen, der ihm sein Ben Sira werden musste, ist nur exegetisch zu beantworten.
Gelübde löst. Im Alphabet des Ben Sira geht es an dieser Stelle nicht um eine
Es scheint mir, fuhr er fort, dass ihr Zedekia von seinem Verunglimpfung des biblischen Propheten, sondern um die Kritik an
mir abgelegten Schwur befreit habt. einer hermeneutischen Methode der Rabbinen, die häufig eingesetzt
Sofort befahl er, sie zu Boden zu werfen, wird, um aus erzählenden Texten der Bibel verborgene Details zu
wie geschrieben steht: erschließen. Der Name „Jeremia“ hat nach der Regel der Gematria,
Es sitzen zu Erde verstummt1 die Ältesten der Tochter nach der die hebräischen Buchstaben als Zahlen gedeutet werden,
Zions. (Klgl 2,10) denselben Zahlenwert wie der Name „Sira“ (d.h.: Jeremia = Sira).1
Da es die Regel der Gematria ermöglicht, Wörter mit demselben
Vor dem Hintergrund dieser Erzählung handeln die Efraimiten nur Zahlenwert aufeinander zu beziehen oder sogar auszutauschen, kann
konsequent, wenn sie Jeremia nicht glauben, der einen Schwur able- Ben Sira völlig regelgerecht als der Sohn des Jeremia bezeichnet
gen will, nichts über das Gesehene zu sagen. Wenn derjenige, der ei- werden (d.h.: ben Jeremia = ben Sira). Jeremia wird durch Anwen-
nen Schwur abgelegt hat, sich diesen von einem Gelehrten auflösen dung einer Auslegungsmethode als Vater von Ben Sira aufgespürt,
lassen kann, ist der Schwur im Grunde wertlos, da man sich nicht auf durch Anwendung der Gematria als Vater ermittelt. Eine andere ge-
seine Gültigkeit verlassen kann.2 läufige Auslegungstechnik hilft dann, weitere Rückschlüsse aus dem
Die Geschichte, auf die man sich exemplarisch bezieht, dass näm- Namen „Sira“ zu ziehen. Die klangliche Assoziation von „Sira“ zu
lich Nebukadnezar Zedekia habe schwören lassen, nichts darüber zu „sera“ (Same) lässt den Namen einen „Beiklang“ bekommen, der
verraten, dass er Fleisch von einem lebendigen Hasen abgerissen erklärungsbedürftig ist (etwa: Sohn des Sämlings). Dieser Beiklang
und gegessen habe, ist ebenfalls deutungsbedürftig. Der lebendige wird in der Geschichte erklärt, die erzählt, dass Jeremia gezwungen
oder, anders übersetzt, „rohe“ Hase könnte eine Metapher für Nebu- wurde, seinen Samen herzugeben. Die Geburtsgeschichte ist damit
vollständig – und gänzlich den rabbinischen hermeneutischen Re-
1
Die Formulierung wird verstanden als: gestorben sein, in der Erde be- geln entsprechend – konstruiert.
graben sein.
2
Dies wird bereits in der Mischna als Problem gesehen. Siehe mChag
1,8: Die Lösung der Gelübde schwebt in der Luft. Sie hat nichts, wor-
1
auf sie sich stützen könnte. 271=60+10+200+1 = ‫ סירא‬,271=10+200+40+10+5+6 = ‫ירמיהו‬.

270 271
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

von ihnen war Jonatan ben Usiel, der kleinste unter ihnen
4. Ben Siras Charakter war Jochanan ben Sakkai.
Von Rabbi Jochanan ben Sakkai erzählt man, dass er von
So außerordentlich Ben Siras Zeugung ist, so ist sie doch kein Ein- den Schriften – Mischna, Talmud, Halacha, Haggada, die
zelfall. Insgesamt werden drei Personen mit dem gleichen Anfangs- Prinzipien1 der Tora und die Prinzipien der Schriftgelehrten,
schicksal genannt: Rab Sera, Rab Papa und Ben Sira. Die Charak- die [Schlüsse vom] Gewichtigeren auf das Geringere und
terisierung dieser drei als idealtypische Gelehrte findet sich an drei durch Wortanalogie, Zirkelschlüsse2 und die Gematria3,
Stellen im Talmud1 fast wörtlich wieder. Dort stammen die Erklä- Gespräche der Dienstengel und Gespräche der Dämonen,
rungen aus dem Mund verschiedener Gelehrter, die erzählen, warum Palmensäuseln,4 Wäscher- und Fuchsfabeln, Großen und
sie das Verdienst eines langen Lebens erlangt haben. Der Text in Kleinen – nichts zurückgelassen habe[, was noch zu stu-
bSuk 28a ist der Darstellung im Buche des Ben Sira am ähnlichsten, dieren sei].
auch deswegen, weil sie im Anschluss eine zweite fast wörtliche
Parallele bietet, in der Jochanan ben Sakkai als vortrefflicher Ge- Das Große: das Thronwagenwerk,5
lehrter geschildert wird. Die Eigenschaften Jochanans, die im letz- das Kleine: die Disputationen von Abaje und Raba.6
ten Abschnitt aufgezählt werden, werden im Alphabet des Ben Sira Damit geht in Erfüllung, was geschrieben steht:
wörtlich auf Ben Sira übertragen:2 Meine Lieben Besitz erben zu lassen. Und ihre Schatz-
Man erzählt von Rabbi Jochanan ben Sakkai, er habe nie im kammern fülle ich. (Koh 8,21)
Leben ein unnützes Gespräch geführt, er sei nie im Leben Wenn nun schon der Kleinste von ihnen so war, um wie viel
vier Ellen ohne Tora und ohne Gebetsriemen gegangen, bedeutender muss dann der Größte unter ihnen gewesen
nie in seinem Leben sei jemand früher als er im Lehrhaus sein.
gewesen. Er habe nie im Leben im Lehrhaus geschlafen, Man erzählt von Rabbi Jonatan ben Usiel. Dass, wenn er
weder einen regelmäßigen Schlaf noch einen gelegentlichen dasaß und sich mit der Tora befasste, jeder Vogel, der über
Schlaf. Er habe nie im Leben in schmutzigen Durchgängen ihn flog, verbrannte.
[über die Tora] nachgedacht. Er habe, wenn er fortging,
nie jemanden im Lehrhaus zurückgelassen. Nie habe ihn Diskussionen zwischen Abaje (278-338)7 und Raba8 (gest. 352),
jemand müßig sitzend angetroffen, sondern nur studierend. beides babylonische Gelehrte, sind vorwiegend im babylonischen
Nie habe ein anderer als er selbst die Tür für seine Schüler Talmud überliefert. In der Regel wird Rabas Sicht der Gesetzesaus-
geöffnet. Nie habe er etwas gesagt, was er nicht von seinem
Lehrer gehört hatte. Und nie habe er gesagt, es sei Zeit, das 1
Oder: Feinheiten. L. Goldschmidt übersetzt in den Parallelstellen
Lehrhaus zu verlassen, ausgenommen die Vorabende des bSuk 28a und bBB 134a: Subtilitäten.
2
Pesachfestes und die Vorabende des Versöhnungstages. Wörtlich: Kreislauf, Epoche, Jahreszeit. bSuk 28a: „Wortanalogie und
Dies war auch die Gepflogenheit seines Schülers Elieser. Astronomie.“ L. Goldschmidt, bBB 134a, Anm. 788: „Eigentlich Um-
kreisungen, sc. der Sonne und übrigen Himmelskörper.“
Die Rabbanan3 lehrten: 3
Oder: Astronomie und Geometrie?
4
Achtzig Schüler hatte Hillel der Ältere, dreißig von ihnen Siehe Lutz Röhrich, Der Baum in der Volksliteratur, in Märchen, My-
waren würdig, dass die Gottheit auf ihnen ruhe wie auf then und Riten: http://www.maerchenlexikon.de/archiv/archiv/roeh-
rich01.htm.
unserem Lehrer Mose. Dreißig von ihnen waren würdig, 5
Die mystische Schau Gottes.
dass für sie die Sonne stehen bleibe wie für Josua, den Sohn 6
Vgl. Yassif (A), 213-213: Im sechsen Jahr Sifra und Sifre, Tanna de-
Nuns, und zwanzig waren mittelmäßig. Der bedeutendste beElijahu und die für Menschen versiegelten Dinge. Im siebten Jahr
war ihm weder etwas Großes noch etwas Kleines übrig geblieben.
7
Datierung der EEJ 1, 44-45. Nach bChul 133a war er der erste, der
1
Vgl. bTaan 20b; bSuk 28a; bMeg 27b-28a. zwischen wörtlichem Schriftsinn und dessen Interpretation unter-
2
Vgl. bSuk 28a. Siehe Übersetzung Seite 2. schied.
3 8
Die Gruppe der rabbinischen Gelehrten. Abba ben Josef ben Chama (bEr 54a).

272 273
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

legung bis auf sechs Ausnahmen akzeptiert.1 Nach bEr 3a repräsen-


tieren die Diskussionen zwischen Abaje und Raba die talmudische 5. Ben Sira in der Schule
Dialektik schlechthin. Abaje greift bei seiner Argumentation eher
auf vorliegende Traditionen zurück, während Raba unabhängig da-
Ben Sira, der mit Zähnen zur Welt gekommen ist und gleich spre-
von schlussfolgert. Abaje, der oftmals auch volkstümliche Traditi-
chen kann, hat sich seit der Stunde seiner Geburt von Brot, Fleisch
onen zitiert (geh, und sieh, was die Leute sagen), ist einer der rabbi-
und Wein – für einen Säugling recht unverträgliche Speisen – er-
nischen Gelehrten, die sich für „das Buch Ben Sira“ einsetzte.2 Raba
nährt. Nach Verlauf eines Jahres zieht er hinaus in die Welt um zu
wird mit diesem Buch eher Probleme gehabt haben, heißt es doch in
lernen. In einer Synagoge trifft er einen Lehrer und verlangt, unter-
bBer 17a, er habe gesagt:
richtet zu werden. Anstatt aber jeden Buchstaben für seinen Lehrer
Der Endzweck der Weisheit ist Umkehr und gute Werke, zu wiederholen, antwortet Ben Sira mit einem Sinnspruch, der mit
damit der Mensch nicht lese und lerne, sich dann aber dem zu lernenden Buchstaben beginnt. Auf jeden dieser Sinnsprüche
gegen Vater und Mutter auflehne, gegen seine Lehrer und antwortet der Lehrer. Vordergründig scheint sich der Lehrer seine
gegen den, der größer ist als er in Weisheit und Zahl, denn Lebensgeschichte von dem kleinen Ben Sira entlocken zu lassen.
es heißt: In Wirklichkeit aber führt er in diesem Gespräch Ben Sira vor. Der
Der Weisheit Anfang ist die Gottesfurcht, ein gutes Ansehen Lehrer antwortet nämlich, indem sein Satz mit dem Buchstaben be-
für alle, die sie ausüben. (Ps 110,10) ginnt, den Ben Sira lernen sollte, und oft genug fordert er ihn derart
Es heißt nicht „lernen“ sondern „ausüben“. auf, einen zuvor genannten Lehrsatz mit anderem Buchstabenbeginn
Nur denen, die sie um ihrer selbst willen ausüben, nicht zu wiederholen. Der Lehrer ist damit derjenige, der das Gespräch
aber denen, die sie nicht um ihrer selbst willen ausüben. lenkt, und im Laufe des Gesprächs wird immer deutlicher, worum es
Für jeden aber, der sie nicht um ihrer selbst willen ausübt, ihm mit diesem naseweisen Kind geht. Er lässt es über Dinge reden,
wäre es besser, er wäre nicht erschaffen worden. von denen es – aufgrund seines Alters und seiner beschränkten Le-
benserfahrung – nichts versteht. Das Kind vermeint alles zu wissen
Als Ben Sira fünf Jahre alt ist, hat er die gesamte rabbinische Tra- und vergisst – selbstgefällig – die Grundlagen des zwischenmensch-
dition gelernt. Mit zehn Jahren kennt er sämtliche Prinzipien der lichen Umgangs: Es ist respektlos und ehrt den Lehrer ebenso wenig
Schriftauslegung, und damit auch die Grundlagen der Hermeneu- wie zuvor die Mutter.
tik, mit fünfzehn Jahren beherrscht er die Kunst des Vortragens (die Die Idee, Geschichten oder Sinnsprüche innerhalb des Ge-
Deklamation), die Sprache der Engel, kennt alle Gleichnisse und spräches zwischen Lehrer und Schüler alphabetisch aneinander zu
Fabeln (Sternparabeln und Fuchsparabeln), und mit zwanzig Jahren reihen, geht auf das Buch des Sirach (Ecclesiasticus) zurück, das
hat er sein Studium der Theologie abgeschlossen. Er hat Einblick in am Schluss im hebräischen Text ein alphabetisches Loblied auf die
die himmlischen Sphären und kann den Thron Gottes beschreiben. Weisheit enthält.1 Aber auch der alphabetisch geordnete Anfang der
Dieses Studium ist rabbinischen Gelehrten erst ab dem vierzigsten Klagelieder Jeremias spielt eine Rolle, da auf diesen Text im ersten
Lebensjahr erlaubt, wenn ein Lehrer sie dabei anleitet.3 Teil des Alphabets des Ben Sira angespielt wird.
Die Kunde von Ben Siras Weisheit verbreitet sich in der ganzen Die Unterhaltung zwischen Lehrer und Schüler beginnt mit zwei
Welt, so dass schließlich Nebukadnezar, der König von Babel, ihn Zitaten aus Mischna Abot. Den einjährigen Ben Sira weist der Leh-
an seinen Hof bringen lässt. Ben Sira gilt als weise, aber nach Raba rer mit mAbot 5,21 zurück. Die Weisen haben festgesetzt, dass ein
geht es hauptsächlich um die Ausübung der Weisheit. Hier aber las- Junge erst mit fünf Jahren anfangen solle, die Bibel zu lernen. Ben
sen sich bei Ben Sira zunächst zahlreiche Mängel erkennen, deutlich Sira pariert auf diese Abweisung des Lehrers mit dem Zitat von mA-
sichtbar in seiner Unmäßigkeit, seiner Respektlosigkeit und seiner bot 2,15:2 „Der Tag ist kurz und der Arbeit viel, die Arbeiter sind faul
altklugen Geschwätzigkeit. und groß ist der Lohn.“ Damit sagt er dem Lehrer einerseits, dass
man gut daran tut, so früh wie möglich mit dem Lernen zu begin-
1 1
Siehe bBM 22b. Sirach 51,13-30.
2 2
Siehe bSanh 100b und Einleitung, XVIII. Vgl. den Spruch „vita brevis, ars longa“, der den Anfang der Aphoris-
3
Siehe bChag 11b-16a. men des Hippokrates bildet.

274 275
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

nen. Andererseits geht aus dem Zitat-Abtausch hervor, dass sich mit Frau, die dem Haushalt vorzustehen weiß, wie es in Prov 31,10-30
Zitaten aus der Traditionsliteratur jeder Standpunkt vertreten lässt. im Lob der tüchtigen Hausfrau heißt:
Entsprechend scharf reagiert der Lehrer auf Ben Siras Einwand: Es
ist nicht die Sache des Schülers, den Lehrer zu belehren. Auch dies Wem eine tüchtige Frau beschert ist, dem ist sie viel edler
lässt sich aus der Tradition belegen. Im rabbinischen Bildungssy- als die köstlichsten Perlen.
stem war es unüblich, eine rechtliche Entscheidung, eine Halacha, Ihres Mannes Herz darf sich auf sie verlassen, und an
zu fällen, die von der Entscheidung des Lehrers abwich.1 Wer eine Nahrung wird es ihm nicht mangeln.
neue Halacha in Gegenwart seines Lehrers festsetzt, den straft Gott Sie tut ihm Liebes und kein Leid ihr Leben lang.
mit frühzeitigem Tod. Aber auch dieses Argument kann Ben Sira Sie geht mit Wolle und Flachs um und arbeitet gerne mit
entkräften. Noch befinden sich beide erst in der Diskussion darüber, den Händen.
ob Ben Sira unterrichtet werden darf oder nicht. Wenn er in diesem […]
Stadium den Lehrer belehren kann, dürfte Gott ihn nicht für eine Sie tut ihren Mund auf mit Weisheit, und auf ihrer Zunge
Belehrung des Lehrers strafen. ist gütige Weisung.
Der Aufforderung, den Buchstaben Alef zu wiederholen, kommt Sie schaut, wie es in ihrem Haus zugeht, und isst ihr Brot
Ben Sira nach, indem er einen aus der Weisheitsliteratur bekannten nicht mit Faulheit.
Lehrspruch mit dem ersten Buchstaben beginnen lässt: „An dein Ihre Söhne stehen auf und preisen sie, ihr Mann lobt sie:
Herz lass keinen Kummer, denn schon viele Menschen hat der Kum- Es sind wohl viele tüchtige Frauen, du aber übertriffst sie
mer getötet.“ Die in dem Lehrsatz enthaltene Aufforderung, auch alle.
in Bezug auf das Gemüt eine gefestigte Grundhaltung zu erlangen, Lieblich und schön sein ist nichts; eine Frau, die JHWH
sich nicht vom Kummer niederdrücken zu lassen, formuliert Ben fürchtet, soll man loben.
Sira rein negativ: Kummer tötet den Menschen, wenn man ihm bis Dieses Zitat kennt Ben Sira, denn er hat es bereits seiner Mutter
auf den Grund nachgibt. Dies mag zutreffend sein, hilft aber demje- zitiert (es sind wohl viele tüchtige Frauen, du aber übertriffst sie
nigen, der im Kummer gefangen ist, wenig. Daher gibt Prov 12,25 alle), aber er bemerkt die Ironie des Lehrers nicht, der ihm mit sei-
zusätzlich ein Angebot zur Abhilfe: „Kummer im Herzen bedrückt nem Antwortsatz zu verstehen gegeben hat, dass er überhaupt keinen
den Menschen, aber ein freundliches Wort erfreut ihn.“ Gerade das Kummer hat und dass zu Hause alles in bester Ordnung ist. Ben
freundliche Wort aber fehlt bei Ben Sira ebenso wie in Sirach 30,23: Sira versteht den Satz des Lehrers wörtlich, unfähig, die Linien zum
„Hintergehe deine Sorgen und beruhige dein Herz und halte den Är- gerade zitierten biblischen Frauenbild zu ziehen. Er variiert das
ger von dir fern. Denn viele tötet die Sorge und ohne Nutzen ist der Thema „durch etwas Umkommen“: Nun ist es nicht der Kummer,
Kummer.“ Dass dieser Aufforderung kaum Folge geleistet werden sondern die schöne Gestalt einer Frau, die das Umkommen herbei-
kann, zeigt die Erzählung von Ben Sira und seinem Lehrer. Der Leh- führt. Will Ben Sira den Lehrer erneut zurechtweisen, er solle nicht
rer weist den naseweisen Schüler ab, weil er Kummer und Sorgen auf die Schönheit der Frauen achten, fährt ihm nun der Lehrer über
mit diesem Kind auf sich zukommen sieht. Das Kind lässt sich aber den Mund. Er beginnt seinen Satz mit dem Buchstaben Bet, der bei
nicht abweisen. Es ist ein Spiegel für das Leben, aus dem man sich Ben Sira zur Aussage über die Gestalt von Frauen führte: Ben Sira
nicht gänzlich zurückziehen kann. Der Lehrer reagiert gelassen auf hat den Lehrer nicht verstanden: „Bloß weil ich dir ein Geheimnis
Ben Siras Eröffnungssatz. Ebenfalls mit dem Buchstaben Alef be- gesagt habe, dass meine Frau hässlich ist, redest du nun über die
ginnend, weist er auf seine gefestigte Gemütsstimmung: „Allein den Gestalt von schönen Frauen.“ Dieses Thema ist tabu, vor allem im
Kummer habe ich in der Welt, dass meine Frau hässlich ist.“ Dieser Lehrgespräch. Wie kann sich Ben Sira erdreisten, vor seinem Lehrer
Satz ist durchaus ironisch gemeint, da Schönheit bei Frauen in der über Frauen zu reden! Der Lehrer zweifelt offen an, ob er das Ge-
Weisheitsliteratur negativ bewertet wird. Schönheit verleitet Frauen spräch weiterführen soll: „Vielleicht bekommt es dir ja übel, dass ich
allzu oft zu Untugenden, Schönheit wird eingesetzt, um die Män- dir mein Geheimnis anvertraut habe.“ Er versucht es ein drittes Mal
ner zur Unzucht zu verleiten.2 Gepriesen wird daher die tugendhafte mit diesem Schüler, mit dem Buchstaben Gimel. Wieder tappt Ben
Sira in die vom Lehrer gestellt Falle. Er greift das Wort „Geheim-
1
Vgl. bEr 63a; bBer 31b. nis“ aus dessen Satz auf, ein Reizwort, das testen sollte, wie es bei
2
Vgl. Prov 12,4. Ben Sira mit der Tugend der Diskretion, der Verschwiegenheit und

276 277
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

Vertrauenswürdigkeit steht. Wieder maßregelt Ben Sira den Lehrer: man kenne das eigene Schicksal nicht. Das Zitat erinnert schwach
„Gib dein Geheimnis nur an einen von tausend, wenn du in Frieden an Sirach 11,2: „Lobe keinen Menschen um seiner Schönheit willen
leben willst.“ Ben Sira wirft dem Lehrer damit vor, er, der Lehrer, sei und verachte keinen Menschen um seines Aussehens willen.“
es doch gewesen, der das Thema angeschnitten habe, und er sei es
schließlich, der ihm ein Geheimnis mitteile, obwohl er ihn überhaupt Gehen wir aber noch einmal zurück zum letzten Sinnspruch Ben Si-
nicht kenne. Ben Sira zitiert bei diesem Vorwurf fast wörtlich Sirach ras, der wörtlich lautet: „Spotte1 weder über einen Spitzbart noch
6,6: „Auch wenn du mit vielen Leuten in Frieden lebst, sei nur einer über einen Dickbart, denn du weißt nicht, was über dich beschlossen
aus Tausend dein Berater.“ ist.“ Nach E. Marmorstein warnt dieser Sinnspruch einerseits davor,
Nachdem nun Ben Sira dreimal gezeigt hat, dass es ihm nicht sich nicht über das Aussehen eines Menschen lustig zu machen. An-
etwa darum geht, etwas zu lernen, sondern in Opposition zum Leh- dererseits erschließt sich eine weitere Bedeutungsebene durch eine
rer zu stehen, lässt sich der Lehrer auf diese Situation ein. Er bestärkt Erzählung, die bei al-´Anbāri belegt ist.2 Al-´Anbāris Geschichte
ihn in seiner Rechthaberei. Die Argumente, die er anführt, sind aus der Philologie ist in Form von Einzelbiographien verfasst. Auf den
biblischer Sicht abwegig: Ja, er schaut den schönen Frauen nach und Seiten 19-21 der Kairoer Ausgabe wird eine Unterhaltung zwischen
will sich sogar von seiner Frau wegen einer Schöneren trennen. Ben Hajja b. Yūsuf (661-714) und ´Abu Sulaiman Yahya b. Y´amur al-
Sira bemerkt auch diese Falle nicht und fährt unbekümmert fort, sei- ´Adwani, der als Grammatikspezialist einen Ruf genoss, wiederge-
ne Sprüche zu zitieren. Zunächst rät er dem Lehrer, er solle sich von geben, in der Hajja den Yahya fragt, ob er ihn jemals habe falsch
koketten Frauen abwenden, und bezieht sich dabei auf Sirach 9,3, lesen hören. Yahya, der zunächst versucht, dieser Frage auszuwei-
versteht aber den Schluss vom Leichteren auf das Schwierigere nicht, chen, gibt dann zu, einmal einen Fehler bei seinem Gesprächspartner
den diese Lehre impliziert: Wenn ich schon mein Auge abwenden gehört zu haben. Er beschreibt diesen Fehler, worauf Hajja ärgerlich
soll, um wie viel mehr meine Vorstellungskraft, meine Phantasie, die mit den Worten reagiert, dass nur Yahyas langer Bart ihn dazu ver-
etwas Gesehenes noch übersteigern kann. Der Lehrer weiß um diesen leiten konnte, eine solche Taktlosigkeit ihm gegenüber zu begehen.
Schluss, daher betont er, dass das Bild der Frau in seinem Hof nur Die Erzählung fährt fort:3
bis zu den Augen geht: Sie zu sehen ist ein erfreulicher Anblick. Der Daraufhin sagte einer der Anwesenden: Oh, Prinz, Ka´b
kleine Ben Sira wiederum zweifelt die Charakterfestigkeit des Leh- al Ahbar sagte mir, dass in einem der Bücher geschrieben
rers an und meint, den Buchstaben He referierend, der Lehrer könne steht, dass der Bart dem Gehirn entsprosst. Je länger der
der Versuchung des Blicks erliegen. Vor den Stricken, in denen der Bart ist, desto dünner wird das Gehirn und der Verstand
Mann sich bei der Frau verfängt, will er den Lehrer warnen. Der eines Mannes wird geschwächt. Wenn aber der Verstand
wiederum beteuert, er sei selbst gegen Zaubereien gefeit, und dies, geschwächt ist, wird der Mann ein Narr. Einem Narr aber
weil er charakterstark (dickbärtig) sei. Er versteht sogar die Situation braucht man kein Gehör zu schenken.
der Frau auf seinem Hof, die mit einem Mann verheiratet ist, der ihr
nicht gefällt, und dem sie sich daher entzieht. Ihm geschieht dies Marmorstein vermutet, dass diese Erzählung dem Autor des Alpha-
nicht, weil er seiner eigenen Frau genug Aufmerksamkeit schenkt. bets Ben Sira bekannt war.
Ben Sira glaubt dieser Erklärung nicht, und wieder missversteht er Der Lehrer geht über die Kritik, er solle nicht über andere spot-
die Situation. Dass der Lehrer so viel über diese Frau auf seinem Hof ten, hinweg und reizt Ben Sira weiter. Wohl wissend, dass bereits
weiß, kann seines Erachtens nur daran liegen, dass er ihr nachspio- das Anschauen einer fremden Frau einem Mann verboten ist, „be-
niert. Ben Sira versteht nicht zu schlussfolgern. Er kontert daher mit 1
E. Marmorstein, A Note on the „Alphabet of Ben Sira“. JQR 41
einer platten Drohung: „Wehe dem, der seinen Augen nachgeht“! (1950/51), 306 verweist zum Vergleich auf das deutsche „lange Haare,
Der Lehrer ignoriert diesen erneuten Angriff und fordert ihn auf, den kurzer Verstand“.
2
siebten Buchstaben zu nennen. Ben Sira tut dies, indem er wieder E. Marmorstein, A Note on the „Alphabet of Ben Sira“, 304: “A Ple-
einige Stichwörter aus der vorangehenden Antwort des Lehrers auf- asure Trip for the Perspicacious through the Ranks of Men of Letters,
greift. Dort hatte dieser von den Dick- und Dünnbärtigen gesprochen which was compiled by a Baghdadi scholar ´Abdu al-rahmān b. Mu-
hammad b. ´Ubaid Allāh b. Sa´id Kamāl al-Din Abu ´l-Barakāt al-
und sich selbst als einen Dickbärtigen, d.h. charakterstarken Mann
´Anbāri (1119-1181 C.E.) and is his most important work (Lith. Cairo
bezeichnet. Für Ben Sira riecht das nach Eigenlob. Daher hakt er 1294 A.H.).”
hier mit der Aufforderung nach, nicht über andere zu spotten, denn 3
Siehe E. Marmorstein, A Note on the „Alphabet of Ben Sira“, 305.

278 279
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

kennt“ er vor Ben Sira, er habe bereits an Ehebruch gedacht, diesen und schwer belehrbaren Kind ausgezahlt. Und zur Mitte des Alpha-
nur deshalb nicht vollzogen, weil er befürchte, dass diese Frau ihm bets antwortet der Lehrer wieder – wie zu Beginn – alphabetisch,
weitere Töchter gebären werde. Hier nun hätte Ben Sira den ersten, hier mit dem Buchstaben Kaf.
wirklich gerechtfertigten Grund, den Lehrer mit Blick auf das Verbot Die zweite Hälfte des Alphabets beginnt mit dem Buchstaben
des Ehebruchs zurechtzuweisen. Dies aber geschieht gerade nicht. Lamed. Ben Sira benutzt ab hier eine neue Strategie. Er zitiert einen
An dieser Stelle nimmt das Gespräch eine geradezu betont harmlose Lehrspruch und belegt ihn mit einem Vers aus den Weisheitsbüchern
Wendung. Ben Sira macht lediglich Stimmung gegen Töchter: Jeder der hebräischen Bibel.
Vater sollte Söhne haben. Wehe dem Vater, der Töchter hat! Wieder Der erste Lehrspruch im zweiten Teil des Alphabets thematisiert
wird die Maßlosigkeit Ben Siras deutlich. Er kritisiert, wo es nichts die Gestaltung des jeweiligen Tages. Jeder Tag hat seine Aufgabe,
zu kritisieren gibt und hält mit Tadel dann zurück, wenn es wirk- die zu meistern ist. Man weiß nicht, was auf einen zukommt. „Sorge
lich gerechtfertigt wäre zu tadeln. Sein Urteilsvermögen ist in jeder dich nicht um morgen“, so der Lehrspruch, denn niemand kann in
Hinsicht unzureichend gebildet. Der Lehrer bemerkt durchaus, dass die Zukunft schauen. Ben Sira belegt dies mit Prov 27,1 (Rühme
Ben Sira sich nun verrannt und verraten hat. Daher erklärt er ihm dich nicht des morgigen Tages, denn du weißt nicht, was der Tag
gutmütig die praktischen Seiten von Töchtern. Sie sind fleißig und gebiert). Dieses Thema, die Hilflosigkeit vor dem Schicksal, wird
entlasten den Vater. Ben Sira widerspricht störrisch, indem er Sirach später wieder aufgegriffen, wenn es heißt, dass man immer sagen
42,9-10 anzitiert: solle: So Gott will. Ben Sira gibt hier damit das erste Mal zu, dass
alle Bildung nicht ausreicht, einen Tag heil zu bestehen, wenn Gott
Eine Tochter bereitet dem Vater, ohne zu wissen, sorgenvolle
es nicht will. Der Lehrer geht auf den Sinneswandel ein. Er fragt
Nächte, und die Sorge um sie verscheucht den Schlaf;
zurück, ob diese Hilflosigkeit vor dem Schicksal umfassend ist. Will
In ihrer Jugend, dass sie nicht zu spät heirate;
Ben Sira damit sagen, dass alles Tun letztlich sinnlos ist, weil nur
Und verheiratet, dass sie nicht verhasst werde.
das geschieht, was geschehen soll, und dass der Mensch nur ein Rad
In ihrer Jungfernzeit, dass sie sich nicht verführen lasse
im großen Getriebe ist?
und im Hause ihres Vaters in andere Umstände komme.
Ben Sira verneint dies mit Verweis auf Ps 91,3: Gott wird einen
Bei ihrem Manne, dass sie nicht verkehrte Wege gehe,
Menschen retten, der in Not ist. Dies wird dann geschehen, wenn er
und verheiratet, dass sie nicht kinderlos bleibe.
sich auf Gott verlässt und darauf vertraut, dass er ihm hilft, wie es
Der Lehrer macht Ben Sira auf eine kleine Unstimmigkeit in seiner auch Jer 17,7 verkündet. Was aber geschieht, fragt der Lehrer folge-
Überlegung aufmerksam: Ohne Frauen gäbe es auch keine Männer. richtig, wenn ein Mensch zu diesem Vertrauen nicht fähig ist, sei es,
Diese gesamte Diskussion gleicht der folgenden aus bBB 16b: weil er zu schwach ist oder sei es, weil er dazu emotional nicht in der
Lage ist. Ben Sira antwortet mit dem Buchstaben Mem, Gottesfurcht
Einst wurde Rabbi Schimon ben Rabbi eine Tochter ge-
allein genüge, um vor dem Bösen gerettet zu werden. Der Lehrer
boren und er war darüber betrübt. Da sprach sein Vater
lässt einen geringen Restzweifel an dem Gesagten durchblicken:
zu ihm: „Bloße Vermehrung ist in die Welt gekommen.“
Vielleicht ist dem so, vielleicht aber auch nicht. Wissen kann man
Darauf sprach Bar Kappara zu ihm: „Mit eitlem Trost
es nicht, nur glauben. Wieder verweist Ben Sira auf einen Bibelvers,
beschwichtigte dich dein Vater. Die Welt kann weder
diesmal Prov 28,14, nach dem derjenige, der sein Herz verhärtet,
ohne Männer noch ohne Frauen bestehen.“ – Aber: Wohl
durch Böses fallen wird. Damit macht er deutlich, dass ein Mensch
dem, dessen Kinder männlich sind, und wehe dem, dessen
sich einem Glaubensinhalt öffnen oder verschließen kann. Es steht
Kinder weiblich sind.
in seiner Macht, auf der richtigen Seite zu stehen. Nun fragt der Leh-
Ben Sira, der diese Lehreinheit anzitiert, wird nun vom Lehrer nach rer nach, wie er sich das konkret vorzustellen hat. Beginnend mit
der Begründung für diese Spruchweisheit gefragt. Ben Sira ant- dem Buchstaben Nun verweist Ben Sira darauf, dass das Denken
wortet, indem er auf das zuvor zitierte Sirach 42,9-10 hinweist, das das Handeln beeinflusst. Wenn ein Mensch beständig böse Pläne
er Spruch für Spruch in die Alphabetfolge von Jod bis Kaf bringt. schmiedet, wird es ihm schwer fallen, gut zu handeln. Der Lehrer
Damit ist die Hälfte der Buchstaben des hebräischen Alphabets er- erklärt nun, dass es ihm weniger um das Extrem des Guten und des
reicht. Erstmals hat Ben Sira eine Frage des Lehrers beantwortet. Bösen geht, sondern um Sorgen, quälende Gedanken, innere Nöte,
Die Mühe und Geduld des Lehrers hat sich bei diesem hartnäckigen die den menschlichen Geist niederdrücken können. Wieder zitiert

280 281
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

Ben Sira einen Bibelvers, Prov 19,21, als Antwort: Viele Gedanken betont Ben Sira noch einmal im nächsten Lehrspruch, der mit Quf
sind im Herzen eines Mannes, aber zustande kommt der Ratschluss beginnt: Der Weg der Umkehr ist lang und weit. Er ist nur zu gehen,
JHWHs. Wenn das Sprichwort, „der Mensch denkt, aber Gott lenkt“, wenn der Mensch Wegzehrung, Unterstützung und Hilfe, bekommt.
zutrifft, dann ist es dem Menschen doch letztlich entzogen, wie Der Lehrer bemerkt, dass sich Ben Sira wiederum ereifert, um in der
sein Leben verlaufen wird. Der Lehrer fordert Ben Sira auf, dies, Diskussion Recht zu behalten. Er bricht das Thema mit dem Hinweis
beginnend mit dem Buchstaben Samech, neu zu formulieren. Ben ab, er sei nun hinreichend über die Problematik informiert. Ben Sira
Sira tut dies, indem er sich erneut auf die Gottesfurcht als grundle- aber ist – wieder – hartnäckig. Er zitiert Jes 33,14: Sünder haben al-
gende Komponente beruft. Wer Respekt vor dem Göttlichen zeigt, len Grund, vor Gott zu zittern. Der Lehrer möge bitte weder Sünden,
sein Herz der Gottesfurcht zuwendet, dessen Leben wird gelingen; noch Buße auf die leichte Schulter nehmen. Der Lehrer fordert ihn
er wird Begehrtes, ein glückliches Leben, erlangen. Nun stimmt der auf, mit dem Buchstaben Resch über diese Angelegenheit zu reden.
Lehrer Ben Sira zu: „Die Furcht vor JHWH ist in meinem Herzen, Ben Sira weist den Lehrer darauf hin, dass der Mensch sich beständig
derart handle und wandle ich in meiner Welt.“ Endlich ist ein Kon- daran erinnern solle, dass all seine Taten bei Gott bekannt sind und
sens zwischen Lehrer und Schüler festgestellt, der Ben Sira klar ma- er am Ende der Tage von ihm gerichtet wird. Nun lässt der Lehrer
chen müsste, wie er die Worte seines Lehrers zu verstehen hat: Der eine leichte Gereiztheit erkennen. Er fasst die Argumente Ben Siras
Lehrer ist ein gottesfürchtiger Mann, der sich an die Gebote hält. zusammen und zieht daraus den folgenden Schluss: Wenn der Gottes-
Dass der Schüler nun erneut beginnt, den Lehrer zu maßregeln, ist furcht eine derartige Bedeutung zukommt, wie Ben Sira meint, kann
eine noch größere Frechheit als zu Beginn des Gespräches. es nur noch darum gehen, die eigene Haut bzw. die eigene Seele zu
Ben Sira deutet die Aussage des Lehrers wieder falsch. Gibt retten und sich um nichts anderes zu kümmern, auch nicht um Frau
der Lehrer ihm zu verstehen, dass er „auf dem richtigen Weg ist“, oder Kinder. Aber, wenn dies der Fall wäre, warum hätte Gott dann
rügt ihn Ben Sira, seine Sünden und Übertretungen nicht zu ver- als erstes Gebot verfügt: Seid fruchtbar und mehret euch?1
gessen. Der Lehrer nimmt diese Maßregelung gelassen. Es ist für Ben Siras „Weisheit“ scheint nach diesem Argument am Ende.
ihn selbstverständlich, sich dessen bewusst zu sein, dass er vor Gott Auch ihm müsste es klar sein, dass Gerechtigkeit und Nächstenlie-
„sündig“ ist. Ben Sira missversteht diese theologische Aussage, die be der Eigenliebe vorangehen, dass der Lehrer ihn und seine Ar-
die spezifische Differenz zwischen Mensch und Gott betonen soll. gumente ad absurdum geführt hat. Ben Sira dagegen kann nur mit
Ein Mensch ist vor Gott nicht perfekt. Selbst wenn er sich bestän- Abwehr reagieren. Der Lehrer ist alt, seine Kraft ist verbraucht, er
dig darum bemüht haben sollte, ein Gott wohlgefälliges Leben zu hat es nur noch nicht bemerkt. Ben Sira versteckt diese Kritik in
leben, wird dies nicht vollständig gelingen. Ben Sira deutet diese einem Bibelzitat. Hosea 7,9 wird von ihm gänzlich aus dem Kontext
Aussage erneut vor dem schwarz-weiß Muster von Gut und Böse. Er gerissen, um den Vers auf den Lehrer zu münzen. Der Lehrer bringt
zitiert dazu aus dem alphabetischen Psalm 34 den Vers, der mit dem das Lehrgespräch nun zu einem schnellen Ende.
Buchstaben Pe beginnt: Das Angesicht JHWHs steht gegen alle, die Mit dem Buchstaben Schin formuliert Ben Sira den Spruch, es
Böses tun, dass er ihr Angedenken von der Erde tilge. Der Lehrer komme letztlich nur darauf an, sich einen guten Ruf zu erwerben,
lässt dieses Zitat unkommentiert und fordert Ben Sira auf, den Buch- womit die zuvor geführte angestrengte theologische Diskussion wie-
staben Zade zu behandeln. Ben Sira verweist darauf, dass es nicht der verflacht. Ben Sira sollte wissen, dass ein guter Ruf böse Taten,
genüge, Gottesfurcht zu haben. Ziel des Menschen sei es, ein Ge- die im Verborgenen getan werden, zudecken kann. Ein guter Ruf
rechter, ein Zaddik, zu werden. Dies sei der Fall, wenn man sich Gott kann durchaus billig zustande gekommen sein, denn die Meinung
zuwendet und ihn lobt. Nur dazu sei der Mensch erschaffen worden. der Menschen ist leicht manipulierbar.
Diese Wendung scheint dem Lehrer etwas zu banal. Er begibt sich Zum Ende hin ist der Spott des Lehrers beißend. Gerade Ben Sira
auf die von Ben Sira gestellte Stufe und lästert leichthin: Nun, da er hat ihm dazu gefehlt, ihn an die Gottesfurcht zu erinnern und ihn zu
alt sei, könne er ja anfangen, zu diesem Lebensideal umzukehren. stärken. Gerade letzteres hat Ben Sira mit Sicherheit nicht geleistet,
Ben Sira scheint diese Ironie nicht entgangen zu sein, denn er zi- weil es ihm beständig darum ging, dem Lehrer zu widersprechen.
tiert mit Jer 14,7 einen Vers, der hervorhebt, dass es bei Gott liegt, Der Lehrer fasst seine Lebenshaltung für Ben Sira noch einmal un-
die Umkehr anzuerkennen, wenn die Sünden gegen einen Menschen missverständlich zusammen. Zum ersten Mal zitiert er dazu einen
sprechen. Es liegt also in der Macht Gottes, nicht im Bereuen des
Menschen, wenn Gott ihn – trotz seiner Sünden – akzeptiert. Dies 1
Gn 1,28.

282 283
Alphabet des Ben Sira III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition

Vers aus der Bibel, den ersten Vers aus dem alphabetischen Psalm zurück, wo die Frage diskutiert wird, ob eine Jungfrau schwanger
112: An seinen Geboten habe ich großen Gefallen. Er beendet das werden könne. Das ungehörige Verhalten Ben Siras gegenüber sei-
Gespräch bereits vor dem letzten Buchstaben, indem er Ben Sira ner Mutter hat eine Vorlage in PR 26, wo Jeremia seine Mutter als
zum Abschied „alles Gute“ wünscht: „Glücklich seiest du in dieser Hure bezeichnet, obwohl dies dem Gebot der Elternehrung wider-
Welt und in der kommenden Welt.“ Insbesondere der Abschied reizt spricht. Dass die Zeugung Ben Siras zur Zeit des Zedekia stattfindet,
Ben Sira noch einmal zum Widerspruch. Wenn der Lehrer nun gehen liegt an bSanh 103a, wonach Zedekia der Prototyp des bösen Men-
will, dann will Ben Sira ihn als Lehrer behalten: „Wenn das so ist, schen ist. Das Motiv des verweigerten Schwurs ist aus bNed 65a
finde ich an dir Gefallen.“ Der Lehrer fordert ihn auf, den letzten (oder KlglR 2,10 § 14) aufgenommen worden. Mit dem Verweis auf
Buchstaben des Alphabets zu nennen. Ben Sira zitiert dazu einen Bi- die dort erzählte Geschichte wird die rabbinische Praxis der Schwu-
belvers und tut dies, um noch einmal seine gesamte „Weisheit“ auf rauflösung kritisiert.
den Punkt zu bringen. Dabei merkt er aber nicht, dass er sich selbst Die Person des Ben Sira selbst ist in zwei Traditionen verankert.
bloßstellt. Er spricht zu sich selbst, wenn er meint, Koh 11,9 an den Der Name weist einerseits auf das Buch Sirach (Ecclesiasticus),
Lehrer zu richten: Trachte danach zu verstehen, dass Gott dich we- das der Weisheitsliteratur zuzuordnen ist, das aber von den meisten
gen all diesem ins Gericht bringen wird. Der Lehrer gibt Ben Sira Rabbinen nicht sonderlich geschätzt wurde, wie bSchab 100b be-
ein letztes Mal zu verstehen, dass ihn dessen Haltung erschreckt. Er legt. Ben Sira verkörpert diese Zwiespältigkeit. Er verfasst einer-
fürchtet sich vor dem Tag des Gerichts auch deshalb, weil er zur Ver- seits Weisheitssprüche, doch diese sind bei näherem Hinsehen zum
antwortung darüber gezogen werden wird, dass er Ben Sira nicht hat Teil wenig alltagstauglich. Auf der anderen Seite wird Ben Sira klar
belehren können. Er weiß, dass ihn nur „Umkehr und gute Werke“ der rabbinischen Tradition zugeordnet. Ein fast wörtliches Zitat aus
noch retten können. Der Lehrer, der bereits mit Ps 112,1 hinreichend bTaan 20b (bSuk 28a, bMeg 27b-28a) wird benutzt, um es auf Ben
klar zum Ausdruck gebracht hatte, dass er die Gebote Gottes hält, Sira zu übertragen. Dadurch wird Ben Sira zum rabbinischen Wei-
wird nun von Ben Sira auf Koh 12,13 verwiesen: Ziel aller Lehre sei sen, der ein langes Leben erlangt, weil er sich vorbildlich und Gott
es, Gott zu fürchten und seine Gebote zu halten. Ben Sira selbst fühlt wohlgefällig verhält. Die aufgezählten Beispiele, die dies belegen
sich dabei nicht angesprochen, obwohl der Schlusssatz des Verses sollen, wirken aber eher trivial.1 Auch dadurch entsteht ein zwie-
nachdrücklich betont, dass dies für alle Menschen gilt. Hier kann der spältiger Eindruck.
Lehrer nur noch bestätigen: „Alles, was du mir gesagt hast, ist wahr, Im Gegensatz dazu erscheint der Lehrer des Ben Sira, der nicht
von Anfang bis Ende“. explizit der rabbinischen Tradition zugeordnet wird, in seiner Rolle
Die sich anschließende Sinneinheit im Alphabet des Ben Sira ord- überzeugend. Er setzt sich geduldig mit einem naseweisen Schüler
net den Dialog zwischen Ben Sira und dem Lehrer in die Biographie auseinander, fordert ihn intellektuell heraus und gibt seinen Stand-
Ben Siras ein: Der Lehrer stimmt nach diesem Gespräch zu, Ben Sira punkt klar zu erkennen: Er ist gottesfürchtig und hält sich an die
zum Bibelstudium zuzulassen. Ben Sira lernt sodann an nur einem Gebote. Der Lehrer sagt allgemein, was die rabbinischen Gelehrten
Tag das Buch Leviticus, mit dem das Bibelstudium traditioneller- aus bTaan 20b an Einzelbeispielen schildern. Das Aufzählen der
weise beginnt. Mit Verweis auf Koh 1,9 (es gibt nichts Neues unter einzelnen Beispiele lässt aber offen, ob darüber hinaus weitere nen-
der Sonne) wird dann darauf hingewiesen, dass der Sohn damit in nenswerten Taten zu berichten sind. Muss der Lehrer Ben Siras stets
der Tradition des Vaters steht. Bereits Jeremia hatte – und hier wird darüber nachdenken, welche Handlung im Einzelfall die Gott wohl-
Text A bei Yassif die passendere Lesart tradieren1 – seinen Lehrer (!) gefällige ist, scheint es für einen Gelehrten vom Typ bTaan 20b aus-
Baruch das Buch der Klagelieder an einem Tag gelehrt. zureichen, die tägliche gute Tat darin erfüllt zu sehen, in der Syna-
goge nicht einzuschlafen. Diese Art der Selbst-Darstellung kritisiert
6. Zwischenbilanz der Autor des Alphabets des Ben Sira.

Die Geburtsgeschichte des Ben Sira sowie sein Auftritt als Schü-
ler vor seinem Lehrer setzen sich indirekt mit der rabbinischen Lehr-
1
tradition auseinander. Die Geburtsgeschichte greift auf bChag 15b Wenn z.B. jemand in der Synagoge nicht einschläft, ist das anders zu
bewerten, als wenn z.B. jemand unter Einsatz des eigenen Lebens eine
1
Yassif (A), 212. Person aus großer Gefahr rettet.

284 285
286
IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

Die rabbinische Bibelauslegung folgt dem Grundsatz, dass die Bibel


als Wort Gottes alle Informationen enthält, um sie richtig verstehen
zu können. Daher geht es den Rabbinen darum, aus dem Text der
Bibel mit Hilfe von festgelegten Verfahren, Informationen zu er-
schließen. Diese Verfahren sind als die sieben Regeln Hillels,1 die
dreizehn Regeln Jischmaels und die zweiunddreißig Regeln Eliesers
überliefert.2 Die Wahl der Regel liegt weitgehend im Ermessen des
Anwenders, sofern dieser die Regel regelgerecht anwendet. In der
Wahl der jeweiligen Regel liegt nun eine gewisse Willkür. Möchte
ein rabbinischer Gelehrter einen Bibeltext in einem bestimmten Sinn
verstehen, sucht er die Regel, die es ihm ermöglicht, dieses Textver-
ständnis zu konstruieren oder zu belegen. Das Alphabet des Ben Sira
zeigt, wie dies funktioniert.
Die zwölfte Frage, die Nebukadnezar an Ben Sira stellt, warum
ein Ochse kein Haar unter seiner Nase hat, knüpft an die Tatsache
an, dass biblisch wenig über Josua, den Nachfolger Moses, und des-
sen „Leben“ bekannt ist. Bekannt ist jedoch die Geschichte vom
Fall Jerichos.3 Jericho wird an sechs Tagen von den Kriegsleuten
der Israeliten, sieben Priestern mit Schofarhörnern und von Josua
mit der Bundeslade umrundet. Am siebten Tage stimmen die Kriegs-
leute ein Kriegsgeschrei an, die Priester blasen die Schofarhörner
und die Stadtmauern fallen ein. Das Alphabet des Ben Sira versucht
nun, diese Szenerie zu beleben. Die große, fast rituell anmutende
Anstrengung, die unternommen wird, um die Stadt einzunehmen,
unterstreicht ihre Bedeutung; es muss eine große, reiche Stadt ge-
wesen sein, für die eine solche Anstrengung lohnte. Wenn die Stadt
aber groß war, kann Josua, der Anführer der Israeliten, diese Stadt
unmöglich zu Fuß umrundet haben. Das hätte zum anderen auch
seinen Status vor den Feinden geschwächt, ihn erniedrigt. Wie aber

1
D. Patte, Early Jewish Hermeneutic in Palestine, Missoula, Montana
1975, 109-115.
2
H.E. Enelow (Hg.), The Mishnah of Rabbi Eliezer or The Midrash of
Thirty-Two Hermeneutic Rules, New York 1933, 9-41. H.G. Enelow,
The Midrash of 32 Rules of Interpretation. JQR 23 (1932/33), 357-
367. M.J. Mulder, H. Sysling (Hg.), Mikra. Text, Translation, Reading
and Interpretation of the Hebrew Bible in Ancient Judaism and Early
Christianity, Assen/Maastricht 1990, 584-594.
3
Josua 6,1-21.

287
Alphabet des Ben Sira IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

kann die Bedeutung Josuas den Feinden – und den Israeliten – vor Trockenen wiederfinden. Dieser Satz beschreibt einen Naturprozess.
Augen geführt werden? Josua ist das kriegerische Oberhaupt der Is- Wenn Meerwasser verdunstet, bleiben Salzkristalle übrig. Der Pro-
raeliten, aber kein König, den man an seinen königlichen Insignien phet Elia akzeptiert in der Erzählung diese einleuchtende Interpreta-
erkennen könnte. Woran erkennt man, dass Josua der Anführer ist? tion allerdings nicht. Er korrigiert den Knaben, der diese Auslegung
Um diese Frage zu beantworten, erzählt Ben Sira die Geschichte, vorbringt, indem er auf den ursprünglichen Wortlaut hinweist. Nicht
dass kein Tier Josua beim Umrunden Jerichos „ertragen“ habe „ob um „Salz“, sondern um „Brot“ geht es in dem Bibelvers. Der Vers
der Fülle seines Gewichts“. Dies ist mehrdeutig formuliert. Gewicht wird durch das Vertauschen der Buchstaben zwar einsichtig und
ist im Sinne von „Bedeutung“ zu verstehen, aber auch im Sinne von verständlich, aber der Text des Bibelverses wird diesem Verständ-
Körperfülle, die nach unten zieht. Nur der – ansonsten sprichwört- nis geopfert: er wird verändert. Daher verteidigt Elia den wörtlichen
lich dumme – Ochse habe Josua getragen oder ertragen. Alle ande- Schriftsinn des Verses.
ren Tiere brechen unter ihrer „Last“ zusammen. Dass dies geschieht, Dass das wörtliche Verstehen des Verses dann aber zum falschen
verweist aber darauf, dass Josua sich falsch verhält. In Ex 23,5 heißt Handeln führt, zeigt der Verlauf der Geschichte. Ein Fisch frisst
es: Wenn du den Esel deines Widersachers unter seiner Last liegen täglich das ins Meer geworfene Brot, wird dadurch stärker als alle
siehst, so lass ihn ja nicht im Stich, sondern hilf mit ihm zusammen anderen Fische und tyrannisiert die Schwächeren. Mit diesem Aus-
dem Tiere auf. Nach diesem Vers müssen die Qualen eines unter sei- gang der Geschichte signalisiert der Autor des Alphabets des Ben
ner Last leidenden Tieres auf jeden Fall gemindert werden. Dies aber Sira eine folgenschwere Botschaft: Das wörtliche Schriftverständ-
geschieht gerade nicht in der Erzählung von Josua, der alle Reittiere nis allein ist angemessen und adäquat, aber so verstanden gibt die
unter sich verenden lässt, ohne dass es ihn weiter stören würde. Die Schrift nicht auf jede Lebenssituation eine passende Antwort. Diese
„Fülle seines Gewichts“ lässt Josua (wie so viele Staatsmänner und findet der Autor des Alphabets des Ben Sira in einer Ethik, einer
Politiker) vom rechten Weg abweichen. Tugendlehre, die den Menschen mit Hilfe von beispielhaften Ge-
Die Josua Geschichte im Alphabet des Ben Sira unterscheidet schichten vermittelt, wie man sich in bestimmten Situationen am
sich formal nicht von anderen rabbinischen Auslegungen von erzäh- besten verhält. Diese Tugendlehre entwickelt er in den Gesprächen
lenden Texten der Bibel: Aus der Geschichte über die Belagerung zwischen Nebukadnezar und Ben Sira in Form der Erzählung und
Jerichos werden Informationslücken über Josua geschlossen, indem mit Hilfe der Fabel.1
Details aus dem Bibeltext deduziert werden. Die Deduktion dieser Der Autor des Alphabets des Ben Sira verdeutlicht, dass auch das
Details folgt nur lockeren Regeln und kann leicht den jeweils ge- wörtliche Verständnis der Bibel problematisch sein kann; er zeigt
setzten Auslegungszielen angepasst werden. Auf diese Weise ist es aber in der Antwort auf Frage 22 (warum der Adler2 am höchsten
durchaus möglich, sowohl Positives als auch Negatives über eine fliegen kann), dass das wörtliche Schriftverständnis dennoch erhe-
biblische Person zu „erfahren“. Es liegt im Ermessen des Bibelaus- bend ist. Das Wort ‫נשר‬, das nur sechs Mal in der Bibel vorkommt
legers, wie er eine biblische Geschichte weiter entwickelt. (und daher erklärungsbedürftig ist), kann sowohl als Nomen (Adler),
Der Autor des Alphabets des Ben Sira sieht in der Freiheit des als auch als Verb („herausfallen“, abfallen) gelesen werden. Beide
Exegeten ein Problem. Der Bibelausleger kann jede nur denkbare Bedeutungen werden im Alphabet des Ben Sira zu einer Geschichte
Deutung eines Textes konstruieren. Um diese Willkür einzuschrän- verbunden, da das Wort beide Informationen für den Leser bereit
ken, gibt es für ihn nur einen Weg: Das wörtliche Verständnis der hält:
Bibel ist zu ermitteln. Die Erzählung zum siebten Buchstaben (im Der Adler, so die Erzählung, war zunächst wie die übrigen Vögel
letzten Teil des Alphabets des Ben Sira, der die aramäischen Sinn- kein Fleischfresser. Erst als sich ihm ein Vogel in den Weg stellte,
sprüche Ben Siras kommentiert), verdeutlicht dies. Sie greift in kam er auf die Idee, ihn zu fressen. Zur Strafe „rupften“ die anderen
variierter Form Koh 11,1 auf, einen inhaltlich nicht direkt einsich- Tiere und Vögel seine Schwingfedern aus (‫ נשר‬wird von „ausfallen,
tigen Bibelvers: Wirf dein Brot ins Meer, so wirst du es auf dem nämlich der Federn, als „der Gerupfte“ gedeutet), machten ihn flug-
Trockenen wiederfinden. Das im Bibelvers benutzte Wort „Brot“, im
Hebräischen ‫לחם‬, wird in der Erzählung zu‫„ מלח‬Salz“. Beide Wörter 1
Siehe dazu Kapitel 5: Eine fabelhafte Ethik.
unterscheiden sich im Hebräischen nur durch die Stellung der Buch- 2
W. Telesko, The Wisdom of Nature. The Healing Powers and Sym-
staben. Die Vertauschung der Buchstaben ergibt die sinnvolle Inter- bolism of Plants and Animals in the Middle Ages, München, London,
pretation des Verses: Wirf dein Salz ins Meer, so wirst du es auf dem New York 2001, 74.

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Alphabet des Ben Sira IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

untauglich, und warfen ihn in eine Löwengrube. Ohne Federn war er schwingt, die Übersetzung des Wortes Lilit durch Lamia gewählt.1
dort genauso gefangen wie Daniel.1 Da er in der Grube aber einsah, Der Talmud2 kennt zwar ein dämonisches Wesen mit Namen Lilit,
dass er gesündigt hatte, wurde er nicht von den Löwen2 getötet. Da erstmals im Alphabet des Ben Sira wird Lilit aber als erste Frau
‫ נשר‬aber auch „Herabfallendes“ bedeuten kann, wird auch dieser As- Adams bezeichnet.
pekt für die Geschichte genutzt: Auf den „Adler“ fiel die Gegenwart 1880 vertrat Moses Gaster3 die Auffassung, dass die Erzählung
Gottes herab, als er seine Schwingen wieder ausbreiten konnte um von Lilit erst sekundär mit der Erzählung von den drei Engeln und
zu fliegen. Unterstützt von der Gegenwart Gottes aber kann er sich ihren Namen auf Schutzamuletten verbunden wurde.4 Die Namen
bis ans Firmament schwingen. der drei Engel: Sanui, Sansanui, Samnaglav erklärte er aus der bo-
In diesen Rahmen der Diskussion um die Anwendung der Aus- gomilischen5 Variante einer Engelerzählung, die ins 10. Jh. zu datie-
legungsregeln und der Frage nach dem wörtlichen Schriftverständ- ren sei.6 „Sansanui“ sei der heilige Sisinie, der in der bogomilischen
nis fügen sich eine Reihe von einzelnen Auslegungen zu biblischen Erzählung eine tragende Rolle spiele, „Sanui“ sei der von Gott ge-
Versen, die eine Alternative zu rabbinischen Auslegungen bieten. sandte Engel Anos, „Samnaglav“ leitet er über Samnael von Sata-
Die bekannteste Erzählung des Alphabets des Ben Sira, die Ge- nael (Satan) ab.7 Der Geschichte von Lilit, der ersten Frau Adams,
schichte von Lilit, der ersten Frau Adams, enthält implizit eine wie sie das Alphabet des Ben Sira erzählt, liegt aber in erster Linie
Auslegung zu Gn 2,23: Diesmal ist es Gebein von meinem Gebein, eine exegetische Interpretation von Gn 2,23 zu Grunde. Hier spricht
die sich gegen eine Auslegung wendet, die sich im babylonischen Adam, nachdem Gott Eva aus seiner Rippe geformt hat, folgenden
Talmud findet. Die Geschichte von Lilit ist in der rabbinischen Li- Satz: „Diesmal“ ist es Gebein von meinem Gebein und Fleisch von
teratur zuvor nicht belegt, und es wurde vermutet, dass vor allem meinem Fleisch. Im babylonischen Talmud, Traktat Jebamot 63a,
Eigenschaften altorientalischer Göttinnen in dieser Gestalt vereinigt heißt es zu dieser Stelle: „Das lehrt, dass Adam jedem Vieh und je-
wurden.3 dem Tier beigewohnt hatte, und erst als er Eva beiwohnte, war er
Das hebräische Wort „Lilit“ kommt biblisch nur in Jes 34,14 vor: befriedigt.“ Das Alphabet des Ben Sira distanziert sich von dieser
Ein Dämon wird seinesgleichen begegnen; nur dort rastet Lilit und Interpretation, in der Adam der Sodomie beschuldigt wird. Adam ist
findet einen Ruheplatz.4 Israel Lévi wies bereits 1914 darauf hin, „im Bilde Gottes“ erschaffen; dass er sich den Tieren geschlechtlich
dass das Wort in diesem Vers schon früh auf Grund des biblischen zuwenden würde, ist ein frevelhafter Gedanke, den das Alphabet des
Parallelismus als „Dämon“ verstanden wurde.5 Der Bibelüberset- Ben Sira abweist. Problematisch in Gn 2,23 ist das Wort „diesmal“.
zer Hieronymus (340/50-420) identifizierte Lilit mit Lamia, mit der Es lässt nur den Schluss zu, dass es ein anderes Mal, ein erstes Mal,
Zeus mehrere Kinder zeugte.6 Aus Eifersucht tötete Hera Lamias gab. Das Alphabet des Ben Sira ist daher nur konsequent, eine erste
Kinder bis auf eines. Lamia wiederum rächte sich, indem sie Kin- Frau Adams aus dieser Formulierung zu deduzieren. Da Adam be-
der umbrachte, mit jungen Männern schlief, deren Blut bis auf das tont, dass die Frau „diesmal von seinem Fleisch“ ist, ist folgerich-
Mark aufsaugte und als ein unheimliches Phantom in der Dunkelheit
umherirrte. Hieronymus hat, wegen des Motivs des Umherirrens, 1
Jes 34,14: Et occurrent daemonia onocentauris et pilosus clamabit al-
das sowohl in dem Jesajavers als auch in der Lamia Legende mit- ter ad alterum ibi cubavit lamia et invenit sibi requiem.
2
Siehe bSchab 151b und bBB 73a.
3
M. Gaster, Beiträge zur vergleichenden Sagen- und Märchenkunde. X.
Lilith und die drei Engel, MGWJ 29 (1880), 553-565.
1 4
Siehe Dan 6,16. Die älteste Parallele zur Geschichte der drei Engel findet sich im Buch
2
W. Telesko, The Wisdom of Natur, 72: “The function of the “king” Rasiel, Ausgabe Amsterdam, 43b, das eine lange Beschwörungsfor-
(of all animals) was frequently associated with the role of judge and mel gegen „die erste Eva“ enthält, damit sie Kindern keinen Schaden
warrior fighting falsehood and lies.” Siehe auch S. 90. zufügt.
3 5
K. von Stuckrad, Lilit, 33 und 62-95. Bogomilen, „die, die Gott lieben“, Sekte, die sich aus der griechisch-
4
Eine Bibliographie zum Thema Lilith findet sich im Internet unter: orthodoxen Kirche abspaltete.
6
http://ccat.sas.upenn.edu/~humm/Topics/Lilith/bib.html. M. Gaster, Beiträge zur vergleichenden Sagen- und Märchenkunde,
5
Die Darstellung folgt I. Lévi, Lilit et Lilin. REJ 68 (1914), 17-21. 560.
6 7
Siehe C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 186-187. R. M. Gaster, Beiträge zur vergleichenden Sagen- und Märchenkunde,
Von Ranke-Graves, Griechische Mythologie. Quellen und Deutung, 563. Siehe Sefer Chassidim § 1152: der Buchstabe Pe wird immer ans
14. Aufl., Hamburg 2001, 184. Ende eines Namens eines bösen Engels gesetzt.

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Alphabet des Ben Sira IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

tig zu schließen, dass die „erste Frau“ nicht aus seinem Gebein und Auch zu Frage 9 geht es darum, wie passende Belegstellen aus der
Fleisch, sondern wie Adam aus Erde war. Bibel zitiert werden. In der rabbinischen Literatur finden sich häufig
Zu den Fragen 4-6 und deren Antworten wird offen eine der her- Zitate von Bibelstellen, die bekräftigen sollen, dass ein Gedanke im
meneutischen Regeln, der Analogieschluss, kritisiert. Ausgehend Sinne der Bibel entwickelt wurde. Oft wird ein Vers nur anzitiert, in
von 1 Kg 19,11-12 vergleicht Ben Sira Nebukadnezar mit Gott: bei- der Erwartung, dass der Leser oder Hörer die Stelle selbst ergänzen
de sind Könige, beide sind Herrscher und beide verhalten sich, wenn kann. Oft findet sich das Stichwort, das die vorgetragene Lehre mit
sie erscheinen, gleich. Nebukadnezar hält diesen Vergleich zurecht einem Vers verbindet, nicht im Zitat. Das Belegzitat ist daher erst
für fragwürdig. Nur weil Nebukadnezar sich Ben Sira wie Gott, so verständlich, wenn der Kontext bekannt ist.
in 1 Kg 19,11-12 beschrieben, stillschweigend genähert hat, kann Zu der Frage, warum sich auf dem Kopf nur ein Haar in einer
er nicht auf Grund dieses einen Merkmals Gott mit Nebukadnezar Pore findet, zitiert Ben Sira Ps 115,5 um zu belegen, dass, wenn
vergleichen. Ben Sira bessert daher nach: Er bezog sich nur darauf, mehr als ein Haar in einer Pore wäre, der Mensch „Augen hätte aber
dass beide als König erscheinen. Die Werke beider sind nicht ver- nicht sehen könne“. In Psalm 115 wird das Thema „Haar“ aber nicht
gleichbar. Mit diesem Argument bezieht sich Ben Sira vor allem auf behandelt. Dort geht es um eine Beschreibung von Götterbildern,
die Schöpfungswerke. Vordergründig scheint Nebukadnezar diesen „die Augen haben und doch nichts sehen können.“ Ben Siras Zitat
Hinweis zu übergehen, wenn er nun seine Tochter Ben Sira zur Frau klingt zwar wie eine Belegstelle, ist aber keine, wenn man das Zitat
geben will. Hintergründig macht er Ben Sira auf diese Weise deut- im biblischen Kontext liest.
lich, dass er wieder nicht klar genug formuliert hat. Nebukadnezar Zu Frage 10 (warum wurden Mücken erschaffen) geht es um eine
hat Kinder erzeugt und damit Leben erschaffen. Dieser Vergleich ist Auslegung von Ps 147,9 und die grundsätzliche Frage, was der wört-
ebenso richtig und falsch wie der zuvor gezogene. Der Analogie- liche Sinn eines Bibelverses ist, wenn man ihn, da nur Konsonanten
schluss führt in beiden Fällen zu einem Zerrbild. Ben Sira scheint geschrieben werden, unterschiedlich lesen kann. In Ps 147,9 findet
aber nicht dazu in der Lage zu sein, dies einzugestehen. Er beharrt sich die Formulierung ‫לבני עורב‬, die einmal als „livne orev“, den Kin-
auf seinem einmal gezogenen Vergleich und zitiert zudem einen Bi- dern der Raben, oder als „levane orev“, die Rabenweißen, gelesen
belvers, um Nebukadnezar zu beleidigen. Dies geschieht indirekt, werden kann. Aus den beiden Lesarten ergibt sich die Geschichte,
indem er seine Tochter als „Esel“ bezeichnet. Er zitiert Ez 23,20 dass die Rabeneltern sich vor den unbefiederten, weißen Raben-
und reißt diesen Vers völlig aus seinem Kontext. Ez 23 beinhaltet kindern fürchten, da sie sie für Schlangen halten, und vor ihnen flie-
das Gleichnis „von den zuchtlosen Schwestern Ohola und Oholi- hen. Gott aber versorgt die Rabenkinder mit Nahrung, bis ihnen die
ba“. Ohola symbolisiert Samaria, Oholiba steht für Jerusalem. Beide Federn gewachsen sind und die Eltern zum Nest zurückkehren. So
lassen sich mit zahlreichen Liebhabern ein. Die Liebhaber symboli- ergänzen die verschiedenen Lesarten einander sinnvoll zu einer Ge-
sieren, so erklärt es schon die Bibel, die außenpolitischen Kontakte, schichte, in der zwei Mal ein wörtlicher Schriftsinn berücksichtigt
die der Prophet Ezechiel ablehnt, nach Ez 23,17 insbesondere die wird.
Kontakte mit „den Söhnen Babels“. Von diesen Liebhabern nun In der Antwort auf Frage 11 (warum wurden Wespen und Spin-
heißt es in Ez 23,20, dass sie sich Oholiba (Jerusalem) brünstig wie nen erschaffen) wird die lange Geschichte vom Aufstieg Davids zum
Esel und Hengste genähert hätten. Der Vers bezieht sich erstens auf König und der damit verbundenen Feindschaft mit dem Königshaus
männliches Verhalten und ist zweitens nicht wörtlich, sondern als Sauls auf den Punkt gebracht.1 Davids Schicksal hing am Anfang an
Bild zu verstehen. Ben Sira nun liest Ez 23,17 nicht als „die Söhne einem seidenen Faden und er gebärdetet sich wie ein Verrückter, um
Babels“ (‫)בני בבל‬, sondern „die Kinder Babels“, was auch die Toch- sein Ziel zu erreichen. Nur Abner, der Feldhauptmann Sauls kam
ter des Königs von Babylonien einschließt. Ben Sira nutzt also die ihm ernsthaft bei seinem Versuch, Saul als König zu entmachten, in
Mehrdeutigkeit eines Verses, um diesen gegen den Sinn des Kon- die Quere.
textes zu interpretieren. Nebukadnezar reagiert umgehend auf diese Anlass, die Geschichte von Davids Rettung durch die Spinne zu
exegetische Willkür. Er will Ben Siras Tod, in erster Linie, um die erzählen, gibt 1 Sa 24,4. Diesen Vers übersetzt L. Zunz wie folgt:
Beleidigung seiner Tochter zu sühnen. In zweiter Linie dafür, dass Und er [Saul] kam zu den Schafhürden am Wege und daselbst war
Ben Sira die Bibel zu seinen Zwecken missbraucht. Dass dies abzu-
lehnen ist, ist die zweite Botschaft dieser Sinneinheit des Alphabets
des Ben Sira. 1
Siehe 1 Sa 16 – 2 Sa 5.

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Alphabet des Ben Sira IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

eine Höhle, und Schaul ging hinein, seine Notdurft zu tun1. Dawid Alphabets des Ben Sira ist David allein unterwegs. Saul ruht nicht
aber und seine Leute saßen an der Hinterseite der Höhle. Saul ist auf offenem Felde im Kreise seiner Kriegsleute, sondern in einem
dabei, David zu verfolgen. Der Kontext des Verses berichtet nichts massiven Zelt, wenn nicht gar in einer provisorisch aufgeschlagenen
darüber, warum Saul die Männer Davids nicht bemerkte, wohl aber Hütte, denn der Text spricht von einer Tür, die Abner bewacht. Ab-
diese Saul. Saul fühlt sich völlig unbeobachtet – er verrichtet seine ner liegt quer vor der Tür und rührt sich nicht. Seine Beine blockie-
Notdurft – und schläft dann entweder in – oder in der Nähe – der ren am Türpfosten hochgelegt den Eingang. Erst als Abner die Beine
Höhle ein, so dass es für David möglich ist, ihm unbemerkt einen im Schlaf anwinkelt, gelangt David zu Saul. Der Rückzug Davids
Zipfel seines Gewandes abzuschneiden. Der Autor des Alphabets wird nun dramatisiert, und erst dadurch gelangt die Wespe zum Ein-
des Ben Sira versucht hier, eine Erklärung für diese Situation zu fin- satz. Abner hat inzwischen die Beine wieder hochlegt und versperrt
den. Warum war sich Saul so sicher, dass David nicht in der Nähe David den Weg nach draußen. Nun muss ihn eine Wespe stechen,
war, dieser aber Sauls Kommen bemerkte? Eine plausible Erklärung damit er die Beine wieder anwinkelt, so dass – der kleine – David
ist, dass Saul die Höhle für unbenutzt hielt. Wie konnte er zu diesem nach draußen gehen kann.
Schluss gelangen? Weil der Höheneingang voller Spinnweben war, In der Antwort auf Frage 13 (nach spezifischen Eigenschaften des
die jemand hätte zerstören müssen, wenn er hineingegangen wäre. Esels) geht es nicht um eine bestimmte Bibelstelle, sondern um die
Der Höhleneingang musste aber zugewebt worden sein, nachdem Eigenschaft der biblischen Sprache, mit dem Grundbaustein eines
die Männer Davids hineingegangen waren, nur so konnte sich Saul Wortes verschiedene Assoziationen wecken zu können. Als der Esel
derart täuschen. sich bei Gott darüber beklagt, als Lasttier erschaffen worden zu sein,
Die Geschichte von Davids Wahnsinn bietet eine freie Nacher- gibt Gott eine Antwort, die mehrdeutig ist. Gott benutzt in seiner
zählung von 1 Sa 21,11. Als David zu Achisch, dem König von Gat Antwort nicht nur Wörter, die im Hebräischen ähnlich klingen, die
gebracht wird, ruft dieser aus: Hab ich etwa noch zu wenig Wahnsin- Wörter selbst sind darüber hinaus mehrdeutig. Das Wort für „Lohn“
nige!, ohne dass aus dem biblischen Kontext deutlich würde, worauf klingt im Hebräischen wie das Verb „riechen“, „stinken“. Das Wort
sich Achisch bezieht. Midrasch Ps 34,1 und das Alphabet des Ben für „Pause“, „Erleichterung von Arbeit“ kann gleichzeitig „Luft“ be-
Sira füllen diese Informationslücke, wobei Midrasch Ps 34,1 Frau deuten und klingt ähnlich wie das Wort für „Mühlstein“. Die „mah-
und Tochter Achischs als wahnsinnig darstellt, das Alphabet des Ben lenden Mühlsteine“ wiederum sind im rabbinischen Sprachgebrauch
Sira nur dessen Tochter. eine Metapher für Geschlechtsverkehr. Der Mühlstein, der jeman-
Die dritte Geschichte, über die Wespe, erzählt dagegen die bi- dem am Hals hängt, kann wiederum eine lästige Ehefrau sein. Aus
blische Geschichte von 1 Sa 26,1-12 neu. Noch immer ist David all diesen Informationen und Anspielungen zieht ein Esel aber nur
auf der Flucht vor Saul, der ihm mit dreitausend Kriegsleuten nach- die simpelste Erkenntnis, die da lautet: Luft gelassen wird (Pause
stellt. Unterwegs richten die Männer Sauls ein Lager auf einem hat) jemandem dann, wenn der Urin von Eseln in Strömen fließt, um
Hügel ein. Die Männer bilden zur Ruhe Kreise, in dem innersten einen Mühlstein zum Mahlen zu bringen. Ein Esel versteht diesen
Kreis liegt Saul, derart geschützt von seinen Männern und darüber – eigentlich sinnlosen – Satz wörtlich und uriniert dort, wo andere
hinaus bewacht von seinem obersten Feldherrn Abner. Nach 1 Sa Esel urinieren, in der (vergeblichen) Hoffung, dass so ein Bächlein
26,7 geht David zusammen mit Abisai, dem Bruder des Joab, in der fließt. Sein Sprachverständnis ist eingeschränkt, weil er die Bedeu-
Nacht zum Lager Sauls und entwendet Sauls Speer, der neben Sauls tungsvielfalt der hebräischen Sprache nicht zur Kenntnis nimmt.
Kopf im Boden steckt, sowie den daneben stehenden Wasserkrug. Der Text des Alphabets des Ben Sira wurde nicht nur von Hand-
Der Autor des Alphabets des Ben Sira hält die Darstellung der Bi- schrift zu Handschrift verändert. Auch innerhalb eines Manuskriptes
bel für nicht plausibel. Gerade nachts werden die Wachen verstärkt, sind Hinweise auf die Arbeit von verschiedenen Händen zu finden.
sind die Sicherheitsvorschriften besonders streng. Nachts sind De- In der vorliegenden Übersetzung wurden diese Überarbeitungen ein-
tails wie Krug und Speer nicht sichtbar. Wenn David überhaupt eine gerückt, um zu zeigen, dass Gedankengänge unterbrochen und wie-
Chance hatte, Speer und Krug von Saul zu entwenden, dann zu einer der weitergeführt worden sind. Auch in diesen Überarbeitungsstufen
Tageszeit, in der alle lethargisch sind, dann, wenn die Sonne sticht, sind Auseinandersetzungen mit exegetischen Fragen zu erkennen.
dann, wenn der König Mittagsruhe hält. In der Neuerzählung des Zu einer Überarbeitungsstufe gehören die zusätzlichen Fragen, die
Nebukadnezar Ben Sira stellt. In der ersten Zusatzfrage geht es um
1
Luther: um seine Füße zu decken. einen schwarzen Stern. Ben Siras Antwort entwirft eine Interpretati-

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Alphabet des Ben Sira IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

on zu Richter 5,19-27, dem Lied der Debora, das in der Übersetzung die Welt ward, geholfen hätte.“ Der Gegensatz wird mitgedacht,
von L. Zunz wie folgt lautet: aber nicht ausgesprochen: Jeder der Israel flucht, ist so, als würde er
Gott selbst fluchen.
19. Es kamen Könige, [sie] stritten, da stritten die Könige Der babylonische Talmud, Traktat Pesachim 118b, zieht einen
Kenaans zu Taanach an den Wassern Megiddo. Gewinn an Vergleich zwischen der Bedrohung Israels durch Pharao und Sisera
Silber trugen sie nicht davon. aufgrund der Tatsache, dass beide mit eisernen Streitwagen gegen Is-
20. Vom Himmel herab stritten sie, die Sterne aus ihren rael vorrückten. Nach Ex 14,7 hatte Pharao 600 Streitwagen, nach Ri
Bahnen stritten mit Sisra. 4,13 hatte Sisera 900 davon. Die Bedrohung, die von Sisera ausging,
21. Der Fluss Kischon raffte sie, der Fluss des Treffens war damit noch weitaus größer als die, die von Pharao am Schilf-
[besser: der Vorzeit], der Fluss Kischon. Tritt einher, meine meer ausging. Nach bPes 118b muss man sich das Herabkommen
Seele, mit Siegeskraft! der Sterne als ein Naturereignis vorstellen: Es regnete Meteoriten,
22. Da stampften die Hufe des Rosses vom Traben, dem glühendes Himmelsgestein, auf Siseras Heer:
Traben seiner Gewaltigen.
23. Verfluchet Meros, spricht der Abgesandte/Engel des Als Sisera kam, fiel er über sie mit eisernen Spießen her.
Ewigen; ja verflucht seine Bewohner, denn sie sind nicht Da ließ der Heilige, gepriesen sei er, gegen sie die Sterne
gekommen zum Beistande des Ewigen, zum Beistande des aus ihren Bahnen vortreten, wie es heißt:
Ewigen unter seinen Helden. Da kämpften die Sterne vom Himmel. (Ri 5,20)
24. Gesegnet sei vor Weibern Jael, das Weib Chebers, des Als die Sterne des Himmels auf sie niedergingen, erglühten
Keni, vor Weibern im Zelt gesegnet! die eisernen Spieße, und sie stiegen in den Bach Kischon
25. Wasser verlangt er, Milch reicht sie, in der Schale der hinab, um sich abzukühlen.
Mächtigen bringt sie Rahm. Da sprach der Heilige, gepriesen sei er, zum Bache Kischon:
26. Ihre Hand streckt sie aus nach dem Nagel und ihre Geh und komme deiner Bürgschaft nach.
Rechte nach dem Hammer der Mühseligen, und hämmert Hierauf raffte sie der Bach Kischon zusammen und warf
auf Sisra, schlägt ihm in das Haupt, und zerschellt und sie ins Meer, wie es heißt:
durchbohrt seine Schläfe! Der Bach Kischon raffte sie zusammen, der Bach der
27. Zwischen ihren Füßen krümmt er sich, fällt, liegt; Vorzeit. (Ri 5,21)
zwischen ihren Füßen krümmt er sich, fällt; wo er sich
gekrümmt hat, da fällt er hin überwunden. Schuldig bleibt bPes 118b eine Erklärung, was oder wer, unter „Me-
ros“ zu verstehen ist. W. Gesenius führt als Erklärung an, es han-
Das Lied der Debora erzählt eine Geschichte, die sprachlich und in- dele sich um eine Stadt im Norden Palästinas.1 Dies ist ein Erklä-
haltlich etliche Schwierigkeiten aufweist. Wie ist es zu verstehen, rungsversuch, den der Kontext begründet, denn im nachfolgenden
dass „vom Himmel her“ gegen Sisera gestritten wurde, dass gar die Teil des Verses werden Bewohner einer Stadt oder einer Ortschaft
Sterne dazu ihre Bahn verließen? Heißt das, dass das Naturgesetz erwähnt. In bMoed Qatan 16a findet sich die Anmerkung, es habe
außer Kraft gesetzt wurde, oder werden hier die Sterne personifiziert unterschiedliche Meinung dazu gegeben, was unter „Meros“ zu ver-
und als Krieger beschrieben? In Ri 5,23 heißt es unvermittelt: „Ver- stehen sei: „Ula sagte, Baraq habe Meros mit 400 Posaunenstößen
fluchtet Meros“! Meros wird vorher aber nicht erwähnt, noch mehr, gebannt. Manche sagen, es war ein bedeutender Mann. Manche sa-
der Name findet sich nur an dieser Stelle in der Bibel. Wer oder was gen, es sei ein Stern, denn es heißt: Vom Himmel her kämpften die
ist „Meros“? Sterne (Ri 5,20).“
In Mekhilta ha-schira (beschallach) 6 und Sifre Numeri § 84 wird Interessanterweise entschied sich der Autor des Alphabets des
Ri 5,23 zitiert,1 ohne die Probleme, die der Vers beinhaltet, anzu- Ben Sira, „Meros“ als Stern zu deuten und damit eine mythologische
sprechen. Er dient lediglich zur Begründung des Grundsatzes: „Je- Erklärung abzugeben. Der Grund dafür liegt in dem Gleichklang
der, der Israel hilft[, wird angesehen], als ob er dem, der sprach und der hebräischen Wörter für „verflucht“ (‫ )אורו‬und für „Licht“ (‫)אור‬.
Auf Grund des Gleichklangs wird geschlossen, dass der Fluch da-
1
Tannaitische Midraschim. Sifre zu Numeri, übersetzt und erklärt von
1
D. Börner-Klein, Stuttgart u.a. 1997, 140. W. Gesenius, Handwörterbuch, 460.

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Alphabet des Ben Sira IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

rin bestand, Licht von Meros wegzunehmen. Das ist aber nur dann Allerdings gibt es einige wenige Menschen, die zu Lebzeiten das
sinnvoll, wenn man annimmt, dass „Meros“ ein Stern, ein Himmels- Paradies betreten haben und daher nicht gestorben sind, wie ein lan-
wesen, gewesen ist. Gott, der auch als der Herr der Heerscharen ger Zusatz von späterer Hand zur Phönix-Geschichte hervorhebt.
– nämlich von Himmelswesen – bezeichnet wird, befiehlt diesen, Dies sind Henoch, Elia, der Gesalbte (der Messias), Serach, die
Israel im Kampfe beizustehen. Da die himmlische Welt oft als Spie- Tochter Aschers, Bitja, die Tochter des Pharao, Chiram, König von
gel der irdischen Welt dargestellt wird, muss Meros ein weibliches Tyros, Ebed Melech, der Kuschite, Elieser, der Knecht Abrahams,
Himmelswesen sein, da im Irdischen Debora und Jael die Hauptfi- der Enkel (oder Nachkomme) des Jehuda ha-Nasi, Jabez, Rabbi Je-
guren besetzen. Stehen Debora und Jael aber im Lichte ihrer Taten, hoschua ben Levi sowie die Familie des Jonadab ben Rechab. Die
verfinstert sich Meros durch die Weigerung zu helfen. Information über die Unsterblichkeit der hier aufgelisteten Personen
In der Zusatzfrage 7 findet sich die Anmerkung, dass die Engel ist meist aus der Bibel abgeleitet.
Michael und Gabriel verpflichtet wurden, einen Vertrag über das Henoch führt die Liste der von Ben Sira genannten Personen, die
Geschäft zwischen Gott und Erde über die Leihgabe des Materials, ohne zu sterben ins Paradies gelangten, an, weil er nach Gn 5,24 von
mit dem Gott Mann und Frau erschaffen wollte, zu schreiben. Diese Gott „hinweggenommen“ wurde. Dies wurde dahingehend verstan-
Erzählung bietet eine Deutung zu Gn 1,26, wo Gott spricht: lasst den, dass Henoch ohne zu sterben in den göttlichen Bereich eintrat.
„uns“ einen Menschen machen. Dieser Vers ist problematisch, da Gemäß der mystischen jüdischen Tradition wird Henoch dort zu Me-
er die Vorstellung hervorrufen könnte, dass Gott, der in der hebräi- tatron1 verwandelt, zum höchsten aller Engel.
schen Bibel als der einzige, unvergleichbare Gott beschrieben und Nach 2 Kg 2,1-21 fuhr Elia im feurigen Wagen in den Himmel.
angerufen wird, sich mit jemandem beraten haben könnte, als er den Auch er ist nach diesem Bild eine Person, die nicht gestorben ist.
Menschen erschuf. Im Traktat Megilla 9a des babylonischen Talmud Nach Mal 4,5 (Ich entsende euch den Propheten Elia, ehe der Tag
wird daher darauf verwiesen, dass sich alle Übersetzer der hebräi- JHWHs kommt)2 wird er, weil er nicht gestorben ist, wieder zurück
schen Bibel ins Griechische darauf einigten, den Vers wie folgt zu zu den auf Erden Lebenden kommen. Elia ist außerdem derjenige,
übersetzen: „Ich will einen Menschen machen in Bild und Form.“ dem die „Schlüssel des Todes“ übergeben sind.3 Daher konnte er
Die Übersetzer ändern also den Bibeltext, um den Eindruck zu ver- den Sohn der Witwe aus Zarfat wieder beleben.4 Elia in der Nach-
meiden, Gott habe sich bei der Erschaffung des Menschen helfen folge des Pinchas zu sehen, erfolgt über das gemeinsame Eifer-Mo-
lassen. tiv.5
In Pesiqta de-Rav Kahana 3,4 heißt es, Gott habe sich mit den Die Erwähnung des „Gesalbten“ in der Liste greift ein Bild aus
Dienstengeln darüber beraten, ob ein Mensch erschaffen werden Jes 53 und Jes 47 auf. Da es in Jes 42,4 über den Auserwählten
solle. Die Engel seien gegen diesen Plan gewesen und hätten auf Ps Gottes heißt, Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen,
8,5 verwiesen: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Diese wird er in die Liste der Unsterblichen eingefügt. Der Auserwählte
Interpretation lehnt das Alphabet des Ben Sira ab. Es verweist darauf, Gottes wird nach Jes 52,13 auch als der „Knecht Gottes“ bezeichnet.
dass Engel bei der Schöpfung des Menschen lediglich als Zeugen Die christliche Theologie bezieht diese Stellen auf Jesus Christus.
für einen Vertragsabschluss dienten. Sie bezeugten, dass sich Gott Da in der Liste „Messias“ als Eigenname benutzt wird, ist davon
verpflichtete, das Material, das die Erde ihm leihweise für die Er- auszugehen, dass die christliche Messiasfigur gemeint ist. Die Stelle
schaffung Adams zur Verfügung stellte, zurückzugeben. Sie hielten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer dritten Hand der Liste
in einem Vertrag fest, dass nach Ablauf von tausend Jahren die Erde
beginnen darf, „das, was ihr gehört“, nämlich die körperliche Form 1
Evtl. von meta thronios abzuleiten: der neben dem Thron [Gottes] Ste-
des Menschen, zu sich zurückzuholen. Nebenbei ist so außerdem hende. Siehe Übersetzung der Hekhalot-Literatur: 3 Henoch, hg. von
geklärt, warum die Menschen sterblich sind. Sie sind nicht sterblich, P. Schäfer, K. Hermann, Tübingen 1995, 9-11. P. Schäfer, Hekhalot-
weil sie vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, sondern weil Studien, Tübingen 1988, 273-275.
2
Gott sich verpflichtet hat, das Material, das die Erde zur Erschaffung 3
In jüdischen Bibelausgaben Mal 3,23.
des ersten Menschenpaares zur Verfügung gestellt hatte, wieder zu Siehe bSanh 113a.
4
Siehe 1 Kg 17,17-22.
erstatten. Aus diesem Grund also müssen die Menschen der Erde ih- 5
Siehe L. Ginzberg, Legends, 4, 195, Anm. 3. Die Identifizierung
ren Leib zurückgeben. Die Toten kehren zurück zu ihrem Ursprung, Pinchas mit Elia findet sich in PRE 29 (BK 332-335). Siehe 1 Kg
zu „Mutter“ Erde. 19,10: Elia eifert für Gott und Nu 25,11: Pinchas eifert für Gott.

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Alphabet des Ben Sira IV. „Kritik“ der rabbinischen Bibelauslegung

hinzugefügt worden, vielleicht um damit zu zeigen, dass Judentum wird durch Chiram auf die Bedeutung des Tempels verwiesen: Der
und Christentum ähnliche Tradition aufweisen. Tempel ist so wichtig, dass der Holzlieferant, der den Bau durch sein
Die narrative Erklärung, warum Serach, die Tochter Aschers, le- Material ermöglicht, lebend ins Paradies gelangen konnte.
bend ins Paradies gelangt sei, ist rabbinisch nicht belegt. Serach wird Jer 38,1-13 schildert die Umstände, in denen Jeremia in einem
in der Bibel an drei Stellen erwähnt,1 ohne dass deutlich wird, warum Brunnen gefangen gesetzt wurde. Jeremia hatte prophezeit, dass die
ihr Name genannt wird, nicht aber die Namen anderer weiblicher Per- Truppen Nebukadnezars die Oberhand gewinnen würden, dass man
sonen. Die Erzählung verdeutlicht in erster Linie die Macht Jakobs: Jerusalem dem Feind übergeben müsse, um Leben zu retten. Um die
Jakobs Fluch, Serach solle für immer so wie Josef leben, erfüllt sich. Kriegsleute nicht noch mehr zu demoralisieren, setzten die Kriegs-
Josef lebt ja tatsächlich, Jakob ist nur zu hoffnungslos, dieser Bot- oberen Jeremia in einem Brunnen gefangen, damit er kein weiteres
schaft Vertrauen zu schenken. Serach wird gewissermaßen mit ewi- Unheil prophezeien konnte. Jer 38,6 hält ausdrücklich fest, dass sich
gem Leben gestraft. Nach dieser Erzählung steht in Frage, ob der bei in dem Brunnen Schlamm befand, in den Jeremia einzusinken drohte.
Lebzeiten erfolgte Eintritt in das Paradies positiv zu bewerten ist. Ebed Melech meldete dies dem König Zedekia und bat diesen, Jere-
Bitja, die Tochter des Pharao, wird in der Bibel nur in 1 Chron mia befreien zu dürfen. Nach Jer 39,1 eroberte Nebukadnezar Jeru-
4,18 erwähnt.2 Aus der Stelle ist jedoch nicht ersichtlich, dass es salem im 9. Regierungsjahr des Zedekia. Gott selbst sorgte danach
sich um dieselbe Tochter des Pharao handelt, die Mose aufzog.3 Die dafür, dass Ebed Melech in den Kriegswirren nichts geschieht. In Jer
Schlussfolgerung, Bitja habe Mose das Leben gerettet, daher sei 39,17-18 spricht er über Jeremia zu ihm: Dich will ich erretten zur
ihr das Leben auf immer gewährt worden, ist nicht klar konstruiert. selben Zeit … du sollst den Leuten nicht ausgeliefert werden, vor de-
So formuliert, ist ihr Eingang ins Paradies eine Belohnung für ihr nen du dich fürchtest. Denn ich will dich entkommen lassen, dass du
Handeln. Da Mose aber selbst starb und nicht lebend ins Paradies nicht durch das Schwert fallest, sondern du sollst dein Leben wie eine
einging, folgt der Schluss nicht genau dem Prinzip „Maß um Maß“. Beute davon bringen, weil du mir vertraut hast, spricht JHWH.1 Die
Nach diesem Prinzip hätte es genügt, sie nach ihrem Ableben in das biblische Erzählung bildet den Hintergrund für die Darstellung des
Paradies aufzunehmen. Betont wird hingegen der Wert der Person Ben Sira. Auch diesmal wird das Prinzip „Maß um Maß“ zu Grunde
Moses: Moses ist so bedeutend, dass diejenige, die ihn aufzog, le- gelegt, diesmal mit der Hervorhebung des Mitleides. Da Ebed Me-
bend ins Paradies versetzt wird. lech selbstlos handelt und sein Leben für Jeremia aufs Spiel setzt,
Die Information, dass Chiram, König von Tyrus, eine Zeit lang im belohnt ihn Gott mit dem lebendigen Eintritt ins Paradies. Damit wird
Paradies verbracht hat, stammt aus Ez 28,13. Dort heißt es: In Eden, außerdem eine Auslegung zu Jer 39,18 entwickelt.2
dem Garten Gottes bist du gewesen. Aus Ez 28,2 wird zusätzlich ge- Dass „der Knecht Abrahams“, nach Ebed Melech in der Liste
schlossen, dass Chiram im Paradies überheblich wurde, woraufhin folgt, erklärt sich durch das gemeinsame „Ebed“. „Ebed Melech“
Gott ihn durch Ezechiel mit den Worten maßregeln ließ: So spricht heißt übersetzt: „der Knecht des Königs“. – Gn 24 erzählt die Ge-
JHWH, Gott: Weil sich dein Herz erhoben hat und spricht: Ich bin schichte, dass der hochbetagte Abraham seinen Knecht aussendet,
ein Gott, ich sitze auf einem Göttersitz inmitten des Meeres, wäh- um eine Frau für seinen Sohn Isaak zu finden. Obwohl dieser Knecht
rend du doch ein Mensch und nicht Gott bist, […] darum sollen sie das vollste Vertrauen Abrahams genießt, wird er in diesem Kapi-
dich hinunterstoßen in die Grube. Ein zweites Argument wird über tel nicht namentlich genannt. Auch er selbst bezeichnet sich nur als
1 Kg 5,16-26 und 2 Chron 2,1-15 entwickelt. Chiram war, wie dort „Knecht Abrahams“ ohne einen Namen anzugeben.3 Nur aus Gn
berichtet wird, der Hauptlieferant von Holz an Salomo für den Bau 15,2 ist bekannt, dass Abraham einen Knecht aus Damaskus mit Na-
des Tempels. Da Holz das wichtigste Baumaterial war, wäre ohne men Elieser hatte. Die Identifizierung Eliesers mit Cham, dem Sohn
Chirams Hilfe der Bau des Tempels nicht möglich gewesen. Daher Noahs, ist in der rabbinischen Literatur nicht nachweisbar. Sie wird
wird ihm die Holz- und Materiallieferung an Salomo angerechnet, aufgrund eines Analogieschlusses zwischen Gn 9,25 und Gn 15,2
als habe er den Tempel gebaut. Mit dieser Tat hat er Unsterblichkeit konstruiert. Cham macht sich selbst zum Knecht Abrahams, da er
erlangt. Wie bei Bitja die Bedeutung Moses hervorgehoben wird, 1
PR 26 schildert dies noch einmal in Predigtform. Vgl. dagegen bBeza
32b. Zur Identifizierung Ebed Melekhs mit Baruch ben Neria siehe E.
1
Gn 46,17; Nu 26,46; 1 Chron 7,30. Yassif, The Tales of Ben Sira, 256, Anm. 7.
2 2
Vgl. bSanh 19b; bMeg 13a. Interessant ist das direkte Zitat von bSchab 151b in dieser Passage.
3 3
Siehe Ex 2,5-10. Siehe Gn 24,34.

300 301
Alphabet des Ben Sira

lieber Abraham als seinen Brüdern dienen will. Er wählt Abraham


als Vorbild, das er in Demut annimmt. Aufgrund seiner Demut er-
langt er den Lohn, lebend ins Paradies einzuziehen.
Ein Nachkomme von Jehuda ha-Nasi findet sich ebenfalls in der
Liste. Dieser Eintrag ist von dritter Hand hinzugefügt worden. Er
passt nicht in die Liste, da er keine biblische Grundlage hat.
Jabez wird in 1 Chron 4,9-10 erwähnt. Über ihn ist in der Bibel
nur bekannt, dass er den Gott Israels mit den Worten anrief: Ach,
dass du mich segnen und mein Gebiet mehren mögest. Und deine
Hand möge mit mir sein und schaffen, dass mich kein Übel beküm-
mert! Und Gott ließ kommen, worum er bat.1 Dass Gott eine solche
Bitte ohne Wenn und Aber erhört, lässt auf besondere Qualitäten
dieses Jabez schließen. Da der Tod als ein Übel empfunden wird,
aber Gott „kein Übel“ über Jabez schickte, wird daraus geschlossen,
dass Jabez nicht gestorben ist.
Von R. Jehoschua ben Levi ist in bKet 77b eine Geschichte über-
liefert, wie er den Todesengel überlistete und lebend ins Paradies
gelangte:2
Als [Jehoschua ben Levi] sterben sollte und man zum
Todesengel sagte, er solle gehen und an ihm seinen Willen
vollziehen, ging er hin und zeigte sich ihm.
Da sagte er zu ihm: Zeige mir meinen Platz [im Paradies].
Er sagte: Gut.
[Jehoschua] sagte: Gib mir dein Messer, denn du könntest
mich unterwegs ängstigen.
Da gab er es ihm.
Als er [beim Paradies] angelangt war, hob er ihn hoch und
zeigte es ihm. Da sprang er auf die andere Seite hinüber,
jener aber erfasste den Zipfel seines Gewandes.
Da sprach er: Ich schwöre, dass ich nicht zurückkehre.
Da sprach der Heilige, gepriesen sei er: Wenn er sich jemals
einen Schwur hat auflösen lassen, so kehre er zurück, wenn
nicht, so braucht er nicht zurückzukehren.
Daraufhin sagte [der Todesengel] zu ihm: Dann gib mir
mein Messer.
Dieser gab es ihm aber nicht zurück.
Da ertönte eine Hallstimme und sprach zu ihm: Gib es ihm
zurück, denn er braucht es für die Geschöpfe.
Auch der Verweis auf Jehoschua ben Levi wurde von dritter Hand
hinzugefügt.

1
1 Chron 4,10.
2
Siehe auch bBer 51a.

302
V. Eine fabelhafte Ethik

In einigen der Geschichten, die Ben Sira Nebukadnezar erzählt, sind


die Protagonisten Tiere, die in der Art und Weise von Menschen han-
deln und reden.1 Diese Erzählungen sind der literarischen Gattung der
Fabel zuzuordnen.2 Merkmal der Fabel ist es, Menschen zu belehren
mit dem Ziel, „gesellschaftliche, politische oder sittlich-moralische
Änderungen herbeizuführen.“3 Dies wiederum geschieht nur, wenn
die Fabel als solche verstanden und damit gedeutet, wenn der Zweit-
sinn der Fabel erkannt wird. Die Fabel dient – aus Sicht ihres Urhe-
bers – der Wahrheitsfindung. „Weil diese aber oft unerträglich und
schwer verdaulich ist, wird ihr erheblicher Widerstand entgegenge-
setzt. Die Fabel überwindet den Widerstand des Hörers oder Lesers,
indem die bittere Pille überzuckert und der nackten Wahrheit ein
Tierwanst oder ein närrisches Gewand umgelegt wird.“4 Der Grund,
sich der Fabel zur Vermittlung von Botschaften zu bedienen, wird
am Anfang der Erzählungen über Ben Sira am Hofe Nebukadnezars5
deutlich. Nebukadnezar lädt Ben Sira vor, weil er dessen Weisheit
testen will. Ben Sira kann sich der Einladung nicht entziehen, be-
findet sich aber als Gast in einer heiklen Situation, da er dem König
ausgeliefert ist. Der König ist Herr über Leben und Tod, er kann Ben
Sira schaden und ihn sogar töten, wann immer es ihm beliebt.
1
Siehe D. Daube, Ancient Hebrew Fables. The Inaugural Lecture of the
Oxford Centre for Postgraduate Hebrew Studies, Oxford 1973.
2
Siehe H.G. Coenen, Die Gattung Fabel, Göttingen 2000. E. Leibfried,
Fabel, Stuttgart 1972. R. Dithmar, Die Fabel: Geschichte, Struktur,
Didaktik, 4. Aufl., Paderborn 1974. E. Yassif, The Hebrew Folktale.
History, Genre, Meaning, Bloomington, Indiana 1999, 23-26.
3
W. Freund-Spork, Die Fabel, Hollfeld 2003, 14 und 54: „Die Fabel
wird in erster Linie geschrieben, um zu belehren (docere!), und erst
nachrangig, um zu erfreuen (delectare!), wenngleich der antike Fa-
beldichter Phädrus die völlige Gleichwertigkeit beider Funktionen be-
tonte und der narrativ-fiktionalen Komponente einen wichtigen Platz
einräumte.“
4
W. Freund-Spork, Die Fabel, 60. – Siehe auch J. E. Salisbury, The
Beast within. Animals in the Middle Ages, New York 1994. J. Berlioz,
M.A. Polo de Beaulieu (Hg.), L’animal exemplaire au Moyen Âge,
Rennes 1999. N.C. Flores (Hg.), Animals in the Middle Ages, New
York 2000.
5
Der biblische Nebukadnezar, König von Babel, regierte 605-562. 597
erfolgt die erste, 586 die zweite Wegführung der Israeliten nach Baby-
lonien.

303
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Erst nachher heißt es ja:


1. Der König und der Weise Und Gott sprach es werde Licht und es ward Licht? (Gn 1,3)
Sie dachten, er könne dann dazu kommen, sie zu fragen,
Das Testen oder Prüfen der Gelehrsamkeit eines Weisen durch ei- was oben und was unten, was vorher und was nachher sei[,
nen König ist ein literarisches Motiv, das auch in der rabbinischen was verboten ist].1
Literatur belegt ist. Es dient dazu, die traditionelle Gelehrsamkeit
vor einem fremden König inhaltlich darzustellen, wohl wissend, dass Dann hätten sie ihm auch nicht [auf seine Frage] nach dem
dieser die Macht hat, aller Gelehrsamkeit ein Ende zu setzen, wenn Himmel antworten sollen!
ihm nicht gefällt, was er hört. Das nötigt den Gelehrten neben ihrem Zuerst glaubten sie, es sei nur Zufall, dass er dies gefragt
Wissen ein gesundes Maß an Diplomatie, Voraussicht, eine gewisse hatte. Als sie aber sahen, dass er weiter solches fragte,
Schläue, aber auch Zivilcourage und Unbeugsamkeit bei drohendem überlegten sie, darauf nicht zu antworten, weil es sonst
Rechtsbruch ab, wie in bTamid 32a deutlich wird, wo Alexander der dazu kommen könnte, dass er sie fragte, was oben und was
Makedonier die Ältesten des Südens ausfragt: unten und was vorher und nachher sei.
Er [Alexander] sprach zu ihnen: Ist die Entfernung vom Er sprach zu ihnen: Wer ist weise?
Himmel zur Erde größer oder vom Osten zum Westen? Sie erwiderten ihm: Weise ist, wer die Folgen voraussieht.
Sie erwiderten ihm: Vom Osten zum Westen.
Dies ist zu beweisen: Ist die Sonne im Osten, so kann jeder Er sprach zu ihnen: Wer ist ein Held?
auf sie schauen, ist die Sonne im Westen, so kann jeder auf Sie erwiderten ihm: Ein Held ist, wer seinen Trieb
sie schauen, ist die Sonne im Zenit, kann niemand auf sie bezwingt.
schauen [weil sie blendet].
Er sprach zu ihnen: Wer ist reich?
Die Weisen aber sagen: Beide [Entfernungen] gleichen
Sie erwiderten ihm: Reich ist, wer über sein Schicksal froh
einander, denn es heißt:
ist.
Wie hoch der Himmel über der Erde ist … so fern ist der
Osten vom Westen. (Ps 103,11-12) Er sprach zu ihnen: Was soll der Mensch tun, damit er lebt?
Und wenn eine von ihnen größer wäre, hätte er eine von Sie erwiderten ihm: Er töte sich.
beiden als die größere bezeichnet.
Was tue der Mensch, dass er sterbe?
Warum kann denn niemand auf die Sonne schauen, wenn Er genieße das Leben.
sie im Zenit ist?
Weil sie frei steht und nichts sie bedeckt. Er sprach zu ihnen: Was soll der Mensch tun, um bei den
Leuten beliebt zu sein?
Er sprach zu ihnen: Ist der Himmel zuerst erschaffen Sie erwiderten ihm: Er hasse Königsherrschaft und Re-
worden oder die Erde? gieren.
Sie erwiderten: Der Himmel ist zuerst erschaffen worden,
denn es heißt: Da sprach er zu ihnen: Mein [Rat] ist besser als eurer: Er
Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. (Gn 1,1) liebe Königsherrschaft und Regieren, erweise aber den
Menschen Gutes.
Er sprach zu ihnen: Ist das Licht zuerst erschaffen worden
oder die Finsternis? Er sprach zu ihnen: Ist es besser auf dem Meere zu wohnen,
Sie erwiderten ihm: Dies ist nicht zu entscheiden. oder ist es besser, auf dem Festland zu wohnen?
Sollten sie ihm erwidert haben, die Finsternis sei zuerst Sie erwiderten ihm: Es ist besser, auf dem Festland zu
erschaffen worden, da es heißt: wohnen, denn die Seefahrer finden alle erst dann zu ihrer
Und die Erde war wüst und leer und Finsternis. (Gn 1,2) Zufriedenheit, wenn sie Festland betreten.
1
Siehe mChag 2,1.

304 305
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Hierauf sprach er zu ihnen: Wer von euch ist der Ziel ist es, Nebukadnezar dazu zu bringen, etwas über Haarentfer-
Weiseste? nung hören zu wollen. Über dieses Stichwort kann Ben Sira ihm
Sie erwiderten ihm: Wir sind alle gleich, denn alle Fragen, von seiner Herkunft berichten, über die Nebukadnezar bislang nicht
die du an uns gerichtet hast, haben wir alle zusammen weiß, da sie mit der Geschichte Israels verbunden ist. Das Einfachste
beantwortet. ist es daher, Nebukadnezar ein anschauliches Beispiel zu senden.
Ben Sira enthaart den Kopf des Hasen und schreibt auf dessen Haut
Hierauf sprach er zu ihnen: Was soll das bedeuten, dass ihr den Zweitsatz aus Jer 27,6. Nebukadnezar reagiert wie erwartet, er
euch gegen mich auflehnt? will mehr über den blankgeschorenen Schädel wissen und erfährt
Sie erwiderten ihm: Der Satan [d.h. das Böse in dir] siegt. dabei zu seiner Verwunderung etwas über seine Mutter, die Königin
Da sprach er zu ihnen: Ich kann euch durch königlichen von Saba.
Befehl töten. Eine Paste, gemischt aus Kalk und Arsen hat die Haare des Ha-
Sie erwiderten ihm: Die Gewalt ist in der Hand des Königs, sen ausfallen lassen.1 Dieses Rezept kannte bereits König Salomo,
aber dem König geziemt die Lüge nicht. der es für die Königin von Saba zubereitete, um sie von ihrer Kör-
perbehaarung zu befreien. Ein glatter Körper sei damals – so Gn
Hierauf kleidete er sie in Purpurgewänder und legte ihnen 27,11 – ein Zeichen für Zivilisation, für gesittetes Verhalten gewe-
goldene Halsketten um den Hals. sen. Ben Sira verdeutlicht Nebukadnezar mit dieser Geschichte, dass
Am Hofe des Nebukadnezar vertritt Ben Sira den Typ des Weisen das Könighaus Israels auf gepflegte Umgangsformen achtete und,
oder Gelehrten, der durch den König befragt wird. Dabei ist die Ge- dass dies selbst die Königin von Saba derart beeindruckte, dass sie
fährlichkeit von Nebukadnezar besonders hoch. Er gilt in der rabbi- diese Form der Kultur übernahm. Zwischen dem Königshaus Salo-
nischen Literatur als böse, da er Israel in die babylonische Gefan- mos und dem Königshaus von Saba entsteht auf diese Weise eine
genschaft führte. Andererseits heißt es in Jer 27,6, dass Gott selbst freiwillige Verbindung. Salomo, der weiseste und mächtigste König,
alle Länder in die Hände Nebukadnezars gegeben hat. Dies ist ein den Israel hervorbrachte, verband sich mit der Königin von Saba,
theologisches Problem, dem sich das Alphabet des Ben Sira stellt. deren Reichtum legendär war. Aus dieser Verbindung ging, so Ben
Nach Jer 27,6 hat Gott nicht nur alle Länder und Völker, also alle Sira, Nebukadnezar hervor. Mit dieser Geschichte erklärt Ben Sira,
Menschen, in die Hand Nebukadnezars gegeben, sondern auch die warum Gott alle Menschen in Nebukadnezars Hand gegeben hat:
„Lebewesen auf dem Feld“, die Tiere. Nebukadnezar lässt den zwei- 1
http://www.uniterra.de/rutherford/ele033.htm: „Obwohl Arsen spä-
ten Teil dieses Verses in der Einladung an Ben Sira zitieren, da der testens seit dem vierten Jahrhundert bekannt gewesen sein musste,
Vers seine Macht, die ihm von dem Gott Israels verliehen wurde, am stammt die erste nachweisbare Beschreibung von Albertus Magnus
deutlichsten formuliert. Ben Sira wiederum schlussfolgert auf Grund (1193 − 1280), der sie um das Jahr 1250 verfasst hat. Einige Arsen-
des Vers folgendermaßen: Wenn alle Länder in der Hand des Königs verbindungen waren aber schon in der Antike bekannt. So wurde das
sind, und damit auch Ben Sira als ein Repräsentant des Volkes Israel, Arsentrisulfid Auripigment in Rom als Schminke und zur kosmeti-
dann muss es etwas Besonderes bedeuten, wenn Nebukadnezar mit schen Haarentfernung verwendet und Plinius d.Ä. (24 − 79 n. Chr.)
wusste von Arsentrioxid (Arsenik) zu berichten, dass es Kupfer weiß
dem zweiten Halbsatz von Jer 27,6 darauf verweist, dass auch die
färbte. Auch wusste man, dass diese Verbindung giftig war. So wurden
„Lebewesen auf dem Feld“ ihm dienen sollen. Ben Sira schließt da- am byzantinischen Hof viele Morde mit der weißen Substanz began-
raus, dass nicht nur er, sondern zusätzlich ein „Lebewesen auf dem gen. Diese Methode entwickelte das Adelsgeschlecht der Borgia zur
Feld“, das mit ihm in Verbindung gebracht werden kann, das Inte- Perfektion und einige Historiker behaupten, auch Napoleon sei auf
resse des Königs geweckt hat. Daher sein Ausruf, er hat euch wegen Sankt Helena mit Arsenik langsam getötet worden. Angesichts dieser
meines Hasen1 entsandt! Umstände kann es schon verwundern, dass Arsenverbindungen eben-
Die sich anschließende Geschichte, für die der Hase nur als Auf- falls zu medizinischen Zwecken verwendet wurden. So verordnete der
antike griechische Arzt Dioskorides (um 50 n. Chr.) Realgar gegen
hänger dient, damit sie erzählt werden kann, ist planvoll angelegt. Asthma und geringe Mengen Arsenik wurden gegen Hautkrankhei-
ten oder Blutarmut verabreicht. Selbst Paracelsus setzte Arsen-haltige
1
C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 130: „Grundbedeu- Medikamente ein und verteidigte sich mit den Worten „Alle Dinge
tungen: Lauf der Zeit; Verjüngung und ständige Erneuerung des Le- sind giftig, allein die Dosis macht, dass ein Ding nicht giftig ist!“ ge-
bens durch zyklisches Wachsen, Sterben und Auferstehen.“ gen seine Kritiker.“

306 307
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Er ist ein Nachkomme der reichsten und mächtigsten Königshäuser. redet hatte, dass vier Gruppen an Ben Sira vorüberziehen sollten, ist
In ihm verbinden sich Reichtum und Kultur zu einem neuen, mäch- nun klar, dass sich der König in der letzten Gruppe befinden muss,
tigen Königreich. die dann auch völlig geräuschlos an Ben Sira vorbeizuziehen ver-
Als Nebukadnezar fragt, woher er dies wisse, bezieht sich Ben sucht. Wenn nun Ben Sira dem König erklärt, er habe ihn „durch sich
Sira auf seine prophetische Begabung. Diese nun will Nebukadnezar selbst“ in der letzten Gruppe aufgespürt, kann dies als Umschreibung
prüfen. Er bittet Ben Sira, einen nicht einsehbaren Ort, seinen Gar- für ein Schlussfolgern verstanden werden. Interessant ist, dass Ben
ten, zu beschreiben. Ben Sira antwortet ohne zu überlegen richtig: Sira dies als „prophetische“ Gabe bezeichnet. Für ihn ist Prophetie
Es gibt in diesem Garten 30 Baumarten; die Bäume werden einzeln damit nicht das Eingreifen Gottes in die Befindlichkeit eines Men-
aufgezählt. schen, um ihm etwas mitzuteilen. Prophetie ist für ihn die Nutzung
Hier soll nun nicht die Diskussion wiederholt werden, um welche der logischen Werkzeuge, die Gott dem Menschen verliehen hat.
Bäume es im Einzelnen geht. Die Listen der Handschriften weichen Genau dies erklärt Ben Sira dem König als Antwort auf dessen
voneinander ab, Schreiber haben versucht, die Namen zu verstehen vierte Frage: „Wie hast du diese Sache aus dir wissen können“? Ben
und ihre jeweiligen landessprachlichen Deutungen in ihren Kopien Sira bezieht sich auf den Lärm als Zeichen für die Nichtanwesenheit
hinterlassen.1 Da die Baumgruppen auch in nicht-hebräischen Tex- des Königs und begründet dies mit einem Analogieschluss. Im voran-
ten zu finden sind, ist davon auszugehen, dass hier von Nebukad- gehenden Kapitel war gezeigt worden, dass die nun folgenden bei-
nezar botanisches Grundwissen abgefragt wird.2 Dennoch geht der den Analogieschlüsse, in denen Nebukadnezar mit Gott verglichen
König davon aus, dass Ben Sira dieses nicht nachweisen kann. Ihn wird, aber nicht überzeugend sind.1 Der Grund dafür ist eine längere
erschreckt die vollständige Antwort und er will wissen, woher Ben Sinneinheit im babylonischen Talmud, Traktat Berachot 58a,2 die zu
Sira diese Informationen hat. Ben Sira verweist den König indirekt unserer Geschichte auffallende Überschneidungen aufweist:
auf eine Schrift, die im weitesten Sinne zur Traditionsliteratur ge- Die Rabbanan lehrten:
hört, das „Leben Adams und Evas“, in der die Baumarten erwähnt Wer Weise von Israel sieht, spreche: Gepriesen sei der, der
sind. Der Verweis, er kenne die 30 Baumarten aus dieser Schrift, von seiner Weisheit denen, die ihn fürchten, mitgeteilt hat.
überzeugt Nebukadnezar ebenso wenig wie der Hinweis auf Ben Si-
ras prophetische Gaben: Er ist weder davon überzeugt, dass Ben Sira Wer Weise von den weltlichen Völkern [sieht], spreche:
eine prophetische Einsicht vorträgt, noch, dass er sein Wissen aus Gepriesen sei er, der von seiner Weisheit an [Menschen
alten Schriften zieht. Er ist der Überzeugung, dass Ben Sira die Bäu- aus] Fleisch und Blut gegeben hat.
me gesehen hat und stellt damit die Fähigkeit Ben Siras in Frage zu Wer Könige von Israel sieht, spreche: Gepriesen sei er,
schlussfolgern, ohne Einsatz der sinnlichen Wahrnehmung zu einem der von seiner Herrlichkeit an [Menschen aus] Fleisch und
Urteil gelangen zu können. Blut gegeben hat.
Ben Sira schlägt dem König daher vor, ihn anders zu prüfen. Er
soll sein Heer in vier Gruppen aufteilen, die dann einzeln an ihm R.3 Jochanan sagte:
vorüberziehen. Ben Sira wird mit verbundenen Augen erkennen, Der Mensch bemühe sich stets, Königen von Israel
in welcher Gruppe sich der König befindet. Die erste Gruppe zieht entgegenzueilen.
lärmend vorüber. Wäre der König in dieser Gruppe, hätte sich das Aber nicht nur Könige von Israel, sondern auch Königen
Heer ruhig verhalten. Daher kann Ben Sira auch die zweite und drit- der weltlichen Völker, denn wenn es ihm beschieden ist,
te Gruppe ausschließen, die nicht nur laut, sondern auch ungeordnet wird er unterscheiden können zwischen den Königen von
und schließlich mit Musikinstrumenten daherkommt. Da man verab- Israel und den Königen der weltlichen Völker.
1
Vgl. I. Löw, Die Flora der Juden, 4, 163. - Vgl. auch Schimon b. Se-
1
mach Duran, Magen Abot, Livorno 1785, 36b: Es ist aus einem Mi- Siehe Seite 162-163.
2
drasch bekannt, dass es 30 obsttragende Bäume gibt. Siehe S. Plietzsch, Religion der Differenz. Eine Lektüre von bBer-
2
E.W. West, The Bundahis, Pahlevi Texts, Oxford 1901, 1, 103. 30 akhot 57b-58b. In: G. Gelardini (Hg.), Kontexte der Schrift Bd. 1.
Baumarten finden sich auch bei Al-Mas´udi [Abu Hasan ´Ali B. Al Kontexte der Schrift, Bd. 1: Text, Ethik, Judentum und Christentum,
Husayn (893-956)], Les Prairies d´Or. Texte et Traduction par Mey- Gesellschaft, Stuttgart 2005, 138-152.
3
nard et Courteille, Paris 1891, 1, 61-62. Der Text wurde 947 verfasst. Abkürzung für „Rabbi“ oder „Rav“.

308 309
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

R. Scheschet war blind, und als alle Welt den König emp- Sie sagten: Hast du Zeugen?
fangen ging, machte sich auch Rabbi Scheschet auf und Er sagte: Ja. - Da kam Elia, der ihnen wie ein Mensch
ging mit. erschien und bezeugte es.
Da traf ihn ein Häretiker und sprach zu ihm: Die Krüge Sie sagten: Wenn dem so ist, ist er des Todes schuldig.
zum Flusse, aber wohin die Scherben? Er sagte: Seitdem wir aus dem Land vertrieben wurden,
Er sagte zu ihm: Komm und sieh, dass ich es besser weiß haben wir keine Freiheit zu töten. Ihr aber. Tut mit ihm,
als du. was ihr wollt.
Als die erste Schar vorüberzog und Lärm machte, sprach
der Häretiker: Der König kommt. Während sie das Urteil erwogen, begann R. Schela zu
sprechen:
R. Scheschet aber sagte: Er kommt noch nicht. Dein, JHWH, ist die Größe und die Macht. (1 Chron
Als die zweite Schar vorüberzog und Lärm machte, sprach 29,11)
der Häretiker: Nun kommt der König.
R. Scheschet aber sagte: Er kommt noch nicht. Jene sagten zu ihm: Was sprichst du da?
Er sagte: Ich sagte: Gepriesen sei der Allbarmherzige, der
Als die dritte Schar vorüberzog und es still war, sagte R. die Regierung auf Erden eingerichtet hat wie die Regierung
Scheschet: Jetzt kommt der König bestimmt. im Himmel und euch die Macht und Gerechtigkeit verliehen
Der Häretiker fragte ihn: Woher weißt du das? hat.
Er sagte: Die Königsherrschaft auf Erden gleicht der
Königsherrschaft im Himmel, denn es heißt: Da sagten sie: Er schätzt ja wirklich sehr die Majestät der
Und JHWH wird vorübergehen. Und ein großer, starker Regierung.
Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach[, kam Da übergaben sie ihm einen Stab und sprachen zu ihm:
vor JHWH her. JHWH war aber nicht im Wind. Nach dem Sprich [künftig mit Genehmigung des Königs] Recht!
Wind aber kam Lärm. Aber JHWH war nicht im Lärm]. Nachdem sie fortgegangen waren, sprach ein [anderer]
Und nach dem Lärm Feuer und nach dem Feuer eine Mann zu ihm: Der Allbarmherzige lässt also den Lügnern
Stimme, still, sanft. (1 Kg 19,11-12) Wunder geschehen!
Als der König herankam, begann R. Scheschet über ihn Er sagte: Frevler, werden sie denn nicht Esel genannt?!
den Segen zu sprechen. Es heißt ja:
Da sagte der Häretiker zu ihm: Du sprichst den Segen über Deren Fleisch dem Fleisch von Eseln gleicht. (Ez 23,20)
einen, den du nicht siehst?! Als [R. Schela] ihn hinausgehen sah, um ihnen1 zu erzählen,
Was geschah mit jenem Häretiker? dass er sie Esel genannt habe, sprach er: Dieser ist ja ein
Manche sagen, seine Gefährten stachen ihm die Augen Verfolger, und die Tora sagt: Will jemand dich töten, so
aus. komm ihm zuvor und töte ihn. – Da erschlug [R. Schela]
Manche sagen: R. Scheschet richtete ein Auge auf ihn, und ihn mit dem Stock und tötete ihn.
er ward zu einem Knochenhaufen. Nun sprach er: Da mir durch jenen Vers ein Wunder
geschah, so will ich ihn auslegen:
R. Schela geißelte einen Mann, der eine Nichtjüdin be- Dein, JHWH, ist die Größe und die Macht. (1 Chron
schlafen hatte. Da ging dieser Mann und verleumdete 29,11)
ihn beim König, indem er sagte: Es gibt unter den Juden
einen Mann, der ohne Genehmigung des Königs richtet. Das ist das Schöpfungswerk […]
Da entsandte er Beamte, die kamen und sprachen zu ihm:
Warum hast du diesen gegeißelt?
Er sagte zu ihnen: Er hat eine Eselin beschlafen.
1
Den Beamten des Königs.

310 311
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Frage 3 bis 6 im Alphabet des Ben Sira bezieht sich kritisch auf die In bBer 58a geht es um einen Präzedenzfall. R. Schela hat an einem
hier zitierte Sinneinheit aus bBer 58a. Als Überschrift ist der Lehr- Mann die Geißelstrafe vollzogen, weil dieser mit einer Nichtjüdin
satz der Rabbanan zu sehen: Wer Weise von Israel sieht, spreche: geschlafen hatte. Dazu war R. Schela nicht befugt, da eine solche
Gepriesen sei der, der von seiner Weisheit denen, die ihn fürchten, schwerwiegende Bestrafung, an deren Folgen man durchaus sterben
mitgeteilt hat. Dieser Satz ist so zu verstehen, dass nur der Weise, konnten, nur aufgrund eines ordnungsgemäßen Gerichtsspruches
dessen Weisheit nicht Selbstzweck ist, wirklich als Weiser zu be- vollzogen werden durfte. Schela handelt ohne Genehmigung eines
trachten ist. – Dies trifft auf Ben Sira zu, der sich – wenn auch ge- Gerichtshofes und ohne Genehmigung des Königs. Allein aufgrund
zwungenermaßen – dem Disput mit dem König stellt. Hier kann er dieses Rechtsbruches ist der gegeißelte Mann berechtigt, gegen
seine Weisheit weitergeben. Schela Klage zu führen.1 Bei dieser Klage geht es nicht mehr um
In dem sich anschließenden Lehrsatz des R. Jochanan findet sich den Auslöser für die Geißelung, sondern nur um die Tatsache, dass
dann eine Anleitung zum Umgang mit Königen: Hat man es mit diese nicht in Schelas Kompetenzbereich fällt. Maßt sich Schela den
Königen zu tun, versucht man, ihnen entgegen zu kommen. Dieser Vollzug der Strafe an, bricht er geltendes Recht.
Satz ist mehrdeutig. Jochanan kann meinen, dass man dem König, Dass diese schwerwiegende Grenzüberschreitung nur zu der Fra-
wenn man ihn sieht, entgegen geht, so dass nicht der König sich in ge geführt haben sollte, warum Schela den Mann gegeißelt habe, ist
Richtung eines Menschen bewegen muss. Nicht der König soll sich merkwürdig genug. Dass Schela aber nun zu einer bewussten Täu-
bemühen, sondern der Untertan. Damit erweist der Mensch dem Kö- schung greift, um seine Haut zu retten, bezeichnet schon bBer 58a
nig seinen Respekt. Entgegen kommen kann man aber auch jeman- als problematisch. Schela nennt als Grund für seine Reaktion Sodo-
dem, um einen Kompromiss auszuhandeln. Beide Interpretationen mie mit einem Esel. Da Sodomie nach dem Recht des Königs mit
werden im Alphabet des Ben Sira abgelehnt. Ben Sira geht dem Kö- dem Tod bestraft wird, hätte Schela den Mann mit der Geißelstrafe
nig nicht entgegen, sondern schlägt ihm vor, in einer Truppe an ihm noch zu milde gestraft. Auf die Feststellung, dass die Todesstrafe
vorüberzuziehen. Er kommt ihm auch nicht entgegen, als es darum angemessen sei, antwortet Schela listig, diese falle in den Kom-
geht, die Königstochter zu heiraten. Ben Sira weist dies schroff von petenzbereich des Königs. Damit gibt er vor, sich dem staatlichen
sich. Rät bBer 58a zu einem politischen Taktieren, bei dem man eine Recht zu beugen und liefert, damit dies auch überzeugend ist, den
Fünf schon einmal gerade sein lassen kann, weist das Alphabet des Beschuldigten an die Beamten des Königs aus, damit sie an ihm das
Ben Sira dies deutlich zurück. Es geht im Leben darum, ein gerades Todesurteil vorstrecken können. Damit „opfert“ Schela eine Person
Rückgrad zu zeigen und dafür zu stehen, auch wenn es, wie im Falle aus der jüdischen Gemeinde, um seine eigene Haut zu retten. Selbst-
des Ben Sira, dann zu größten Problemen kommt. gefällig betet er, während die Beamten beraten, was zu tun sei, das
Das „Entgegenkommen“ wird in bBer 58a am Beispiel des blin- Gebet, das David sprach, um für die Gaben für den Tempelbau zu
den R. Scheschet verdeutlicht. Alle Menschen gehen dem König danken. Schela vergreift sich nicht nur an einem Juden, sondern de-
entgegen, aber der Blinde, der besser hören kann als die Sehenden, gradiert ihn mit seinem Gebet auch noch zu einer Sache und fühlt
weiß, wann der König wirklich anwesend ist. Diese Geschichte von sich dabei nicht einmal schuldig. Von den Beamten aufgefordert zu
R. Scheschet diente als Vorlage für die Geschichte im Alphabet des wiederholen, was er gerade gesagt habe, lügt Schela erneut, um sich
Ben Sira. Ben Sira steht in der Tradition des R. Scheschet, aber die weitere Vorteile zu verschaffen. Er habe Gott dafür gepriesen, dass
Grundlagen von dessen Geschichte werden ethisch-moralisch verän- er dieser Regierung „Macht und Gerechtigkeit“ verliehen hat. Dies
dert: Ben Sira lässt den König zu sich kommen und beugt sich nicht überzeugt die Beamten des Königs. Sie übertragen Schela die rich-
vor ihm. Greift bBer 58a auf den Topos des blinden Sehers zurück, terliche Gewalt.
um „Einsichten“ zu vermitteln, zeigt das Alphabet des Ben Sira, dass Ein anonymer Beobachter stellt Schela nun zur Rede: Was ist das
lediglich ein gutes Hörvermögen notwendig ist, um eine Situation für ein Gott, der Lügen mit einem Wunder (dass Schela die Recht-
mit verbundenen Augen zu analysieren. sprechung übertragen wurde) belohnt! Schela rechtfertigt sich, er
Der sich in bBer 58a anschließende Bericht über R. Schela wurde habe ja nicht wirklich gelogen, sondern nur absichtlich ein Miss-
dort aufgrund des Stichwortes „König“ eingefügt. Hier findet sich verständnis herbeigeführt. Das überzeugt den Beobachter zu Recht
die Problematik wieder, die in Frage 5 des Alphabets des Ben Sira
diskutiert wird: die Verbindung Jerusalems mit den Söhnen von Ba- 1
Siehe D. Börner-Klein, Killing in Self-Defense in Rabbinical Law.
bel oder, die Verbindung von Juden und Nichtjuden. Jewish Studies Quarterly 4 (1997), 169-182.

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Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

nicht. Schela, der weiß, dass auch die Beamten ihm genau dies vor- dieselbe Weise sterben möge, wie der Sohn gestorben ist. Aber Ben
werfen würden, wenn ihnen jemand erklärte, wie Schela sie wis- Sira weigert sich, Speisen, die der König ihm hinstellt, zu essen,
sentlich getäuscht hat, bringt den Beobachter um. Auch dafür findet weil diese nicht den Reinheitsbestimmungen entsprechen, die die
Schela eine Entschuldigung: Der, der ihn beobachtet hat, will ihn bei Tora vorsieht. Damit stellt sich Ben Sira erneut sichtbar in die jü-
dem König anzeigen. Das bringt ihn selbst in Gefahr, und die Tora dische Tradition, und Nebukadnezar bleibt nichts anderes übrig, als
erlaubt, das eigene Leben in diesem Fall zu retten. Auch nach diesem dies zu respektieren. Er erlaubt Ben Sira, sich seine Speisen selbst
Mord geht Schela schlicht zum Tagesgeschäft über: Er exegesiert zuzubereiten. Ben Sira tut dies so, dass die ihm von Nebukadnezar
den Bibelabschnitt des zuvor zitierten Gebetes. verordnete Eierspeise nicht schadet. Nebukadnezar aber, der von der
Vor dem Hintergrund von bBer 58a wirkt die Darstellung im Al- Speise des Ben Sira isst, wird sogleich sterbenskrank. Er verspricht
phabet des Ben Sira geradezu schlicht: Ben Sira macht keinen Knie- Ben Sira eine hohe Belohnung, wenn er ihn heilt, was Ben Sira durch
fall vor dem König, er heuchelt keine Sympathie, er lügt nicht, auch Auflegen eines Amuletts gelingt.
nicht, als es darum geht, die Tochter des Königs zu heiraten. Ben Einen weiteren Rückgriff auf bBer 58a bietet dann der Schluss
Sira handelt im Gegensatz zu Schela aufrichtig. Er zitiert Ez 23,20 der Erzählung. Nebukadnezar fragt Ben Sira, warum er ihm ein töd-
als Begründung, stellt sich damit in die jüdische Tradition und zieht liches Gift gegeben habe. Ben Sira bezieht sich in seiner Antwort
den Groll des Königs auf sich. Ben Sira hält den Kopf hin, wo Schela – genau wie Schela – auf den Fall der eigenen Lebensrettung. Im
ihn zurückzieht. Ben Sira trägt die Verantwortung für seine Worte, Falle einer tödlichen Gefahr ist es erlaubt, den Verfolger zu töten,
Schela nicht. Wenn es stimmt, dass der Weise an seiner Wirkung um das eigene Leben zu retten. Vergleicht man aber beide Fälle,
erkannt wird, dann ist der Blick auf Schela und Ben Sira entlarvend. wird deutlich, dass nur Ben Sira berechtigt ist, sich auf diese sehr
Ben Sira hat sich vom naseweisen Lümmel zu einem Menschen mit spezielle Anweisung zur Rettung des eigenen Lebens zu beziehen.
aufrechtem Gang gewandelt. Und: es ist nicht die traditionelle rabbi- Ben Sira ist unschuldig in Gefahr geraten, und er hätte unschuldig
nische Literatur, die hier ein vorbildliches Gelehrtenbild entwickelt. sein Leben verloren, wenn der König seiner Willkür hätte nachge-
Es ist das Alphabet des Ben Sira. ben können (wenn er nicht todkrank geworden wäre). Ben Sira plant
Vor dem Hintergrund der gerade in Erinnerung gerufenen Text- auch nicht, den König zu töten. Der König verursacht letztlich aus
stelle aus bBer 58a klingt die nun von Nebukadnezar gestellt Frage, Unwissenheit die todbringende Situation selbst. Ben Sira wird nicht
wie man einen Menschen heimlich töten könne, zynisch. War es in aktiv, um den König zu töten; er wartet auf ein gerechtes Gottesur-
bBer 58a Schela, der vorführte, wie ein Mensch, der nichts davon teil, und er wartet nicht umsonst. Damit vermittelt das Alphabet des
ahnt, umgebracht werden kann, fragt der weniger phantasiebegabte Ben Sira die Moral, auch in persönlicher Höchstgefahr Gottvertrau-
Nebukadnezar, wie er dieses Problem lösen könne. Ben Sira, dem en zu beweisen. Der Missbrauch der Tora zur Rechtfertigung eines
klar ist, dass es um den eigenen Hals geht, lässt den König wissen, zweckdienlichen Mordes, wie ihn Schela begeht, wird damit massiv
dass er ihn durchschaut hat. Er wählt dazu ein Gleichnis und bringt kritisiert und abgelehnt.
den König dazu zu lügen. Nebukadnezar streitet ab, dass er Ben Sira Kaum ist der König genesen, erreicht ihn die Nachricht, dass sein
töten will. Nun weiß Ben Sira, dass der König feige ist. Ben Sira wenige Tage alter Sohn ebenfalls zu sterben droht. Nebukadnezar
macht dem König klar, dass er ihm nicht glaubt, dass er aber den- sieht darin keine Strafe dafür, dass er den Tod seines älteren Sohn
noch dem Wunsch des Königs nachkommt. Er rät dem König, bei verursacht hat. Er fragt Ben Sira lediglich, warum Kinder in der er-
der Person, die er töten will, eine Eiweißvergiftung zu verursachen. sten Woche nach der Geburt besondern häufig sterben und fordert
Im Folgenden lässt das Alphabet des Ben Sira den König in im- Ben Sira auf, das Kind ebenso zu heilen, wie er ihn geheilt habe.
mer schlechterem Licht stehen. Es entwickelt geradezu einen Laster- Wieder droht er Ben Sira mit dem Tod, wenn die Heilung des Kin-
katalog anhand der Verhaltensweise des Nebukadnezar. Der König des misslinge und so fertigt Ben Sira ein hilfreiches Amulett gegen
unterstellt Ben Sira, er wolle sich auf seine Kosten den Bauch voll Lilit.
schlagen. Daher will er testen, ob das von Ben Sira vorgeschlagene
Verfahren überhaupt tödlich wirkt. Da er davon ausgeht, dass Ben
Sira ihn täuschen will, nimmt er einen seiner Söhne als Testperson.
Als der Sohn stirbt, wird Nebukadnezars Hass auf Ben Sira so stark,
dass er an nichts anderes denken kann, als daran, dass Ben Sira auf

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Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Würde Nebukadnezar die Tradition des Ben Sira kennen, hätte er


2. Zuviel und Zuwenig seine Frage nicht zu stellen brauchen. In bBB 16a findet sich bereits
die Antwort. Der König fragt Ben Sira also Dinge, die ein Gebildeter
wissen könnte. Zum anderen zeigt sich in der Frage des Königs des-
Nach der siebten Frage ist eine inhaltliche Zäsur erreicht. Nebu-
sen zwiespältiger Charakter. Er gibt vor, die Weisheit Ben Siras te-
kadnezar und Ben Sira haben die jeweiligen Grenzen abgesteckt.
sten zu wollen, testet aber hier dessen Umgangsformen. Da es einem
Als König hat Nebukadnezar die Macht, Ben Sira zu töten. Aber es
Frommen untersagt ist, dem eigenen Körper allzu viel Beachtung
zeigte sich, dass Ben Sira den Tod abwenden konnte. Damit stehen
zu schenken, geschweige denn die Körperbehaarung zu betrachten,
sich beide auf gleicher Augenhöhe gegenüber: Nebukadnezar als
muss Ben Sira diese Frage theoretisch beantworten. Der König testet
Gebieter über den Tod, Ben Sira als Gebieter über das Leben.
also an dieser Stelle, ob Ben Sira bereit ist, sich bloßzustellen, um
Der König, den Ben Sira ebenso wie dessen neugeborenen Sohn
eine Antwort geben zu können. Von hier ist es zu verstehen, dass Ben
von einer tödlichen Krankheit retten konnte, bitte ihn nun darum,
Sira zum Schluss den Vergleich zum Regen zieht, der auf die Erde
auch eine Tochter zu heilen, die an einer Krankheit leidet, die sie
fällt. Er lenkt den Blick vom Körper auf die Gesamtschöpfung. Hier
alltagsuntauglich macht. Sie muss ständig so heftig niesen, dass sie
wie dort hat Gott bei der Schöpfung mit dem richtigen Maß gemes-
ihren Körper nicht kontrollieren kann. Eine Überreaktion des Kör-
sen und ein Zuviel [des Guten] vermieden.
pers – ein Zuviel – soll Ben Sira zum Verschwinden bringen. Ben
Auch in der zehnten Frage geht es um den Sinn der göttlichen
Sira schafft es mit Hilfe einer Geschichte, die Aufmerksamkeit des
Schöpfungsordnung: Welchen Sinn hat es, Mücken zu erschaffen,
Mädchens derart zu fesseln, dass es drei Tage nichts anderes tut, als
die nur einen Tag leben? Auch diese Frage ist bereits im Talmud, in
darauf zu achten, sich ihr Niesen für einen bestimmten Zeitpunkt
bChul 58b, beantwortet:
aufzusparen. Diese Strategie führt zum Ziel. Als sie nach drei Tagen
ihr Niesen vorführen soll, ist sie nicht mehr dazu in der Lage und Rab sagte:
somit geheilt. Der König ist überglücklich und bittet Ben Sira, ihm Es gibt keine Mücke, die einen Tag alt wird, und es gibt
die Medizin zu nennen, die er der Tochter gegeben hat. Ben Sira wie- keine Fliege, die ein Jahr alt wird.
derum legt ihm die Behandlung dar, die er vorgenommen hat, was
einschließt, den König darauf hinzuweisen, dass die Tochter ohne R. Papa sagte zu Abaje:
Medizin geheilt wurde.1 Die Leute pflegen ja zu sagen: Sieben Jahre grollte das
Mit Frage neun wird die Umgebung des Königspalastes verlas- Mückenweibchen dem Mückenmännchen, indem es zu ihm
sen. Nun geht es dem König darum, Haarspaltereien zu betreiben, sprach: Du hast einen Mann aus Machosa gesehen, wie er
denn die Frage nach der Beschaffenheit von Haaren zielt tiefer. Hat im Wasser badete, heraufstieg und sich in Laken wickelte.
Gott den Menschen sinnvoll erschaffen? Ben Sira bejaht dies. Gäbe Sodann setztest du dich auf ihn und sogst an ihm, ohne es
es jeweils zwei Haare in einer Kopfhaarpore, wäre dies ein „Zu- mir zu sagen.
viel“, das dem Menschen die Sicht nehmen würde. Diese Antwort Er [Abaje] sagte:
ist bereits rabbinisch belegt. Nach bBB 16a heißt es zu Hiob 38,1-2 Die Leute pflegen auch zu sagen: Sechzig Minen Eisen
(Auf, gürte deine Lenden wie ein Mann, so will ich dich fragen und kann man der Mücke an den Stachel hängen.
du belehre mich): Ist dies etwa nach deiner Auffassung möglich, [wenn du
Er [Gott] sprach zu ihm [Hiob]: berücksichtigst,] wie groß sie selbst ist?
Wie viele Haare habe ich am Menschen geschaffen? Und Es ist also so zu verstehen: ihre Minen und ebenso ihre
für jedes einzelne Haar habe ich eine Pore geschaffen, Jahre [sind gemeint].
damit nicht zwei ihre Nahrung aus einer Pore ziehen. Hätte Nebukadnezar diesen Dialog gekannt, hätte er gewusst, dass
Denn würden zwei ihre Nahrung aus einer Pore ziehen, so die Perspektive der Betrachtung entscheidend ist. Aus des Königs
würden sie das Augenlicht des Menschen mindern. Sicht ist die Existenz einer Mücke belanglos, aus Sicht der Mücke
nicht. Der Tag eines Menschen mag für eine Mücke eine endlos lan-
1
Nach PRE 52 (BK 363) entwich beim Niesen die Seele des Menschen, ge Zeit sein.
bis Gott dies änderte.

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Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Ben Sira verweist als Antwort auf den Plan Gottes mit der Welt, Spinne1 und einem Wahnsinnigen fragte, er also Insekt und Mensch
in der in der Zukunft eine Mücke eine wichtige Rolle spielen wird. auf eine gemeinsame, fragwürdige Stufe stellte. Dem steht die Lehre
Durch sie wird Titus, der böse Machthaber, einst sterben.1 Diese Rabs in bSchab 77b entgegen:
Antwort genügt dem König allerdings nicht. Er fragt nach, warum
Gott, wenn er in seinem Schöpfungsplan nur eine einzige Mücke R. Jehuda sagte im Namen Rabs:
brauche, dann die übrigen Mücken miterschaffen habe? Auf diese Von allem, was der Heilige, gepriesen sei er, in seiner Welt
Frage antwortet Ben Sira wieder mit einem direkten Zitat aus der erschaffen hat, hat er nichts unnötig erschaffen.
rabbinischen Literatur. Die anzitierte Geschichte findet sich jeweils Er schuf die Schnecke gegen die Wunde,
variiert in PRE 21,2 in bKet 49b und in LvR 19 zu Lv 15,25. In al- die Fliege gegen die [Plage der] Wespe,
len Darstellungen geht es darum, dass Mücken als Nahrung für die die Mücke gegen die [Plage] Schlange,
frisch geschlüpften Raben dienen. In LvR 19 zu Lv 15,25 heißt es: die Schlange gegen Krätze, die Spinne gegen den
Skorpion.
R. Asi stellte gerne Untersuchungen an.
Als er sah, wie ein Rabe ein Nest machte und Eier legte Wieder liegt es an der Perspektive, an der Sicht der Dinge. Weiß je-
[und sich darauf setzte], bis Junge hervorkamen, nahm er mand die Sinnhaftigkeit oder Nützlichkeit von etwas oder jemandem
diese, tat sie in einen neuen Topf und verklebte diesen drei in der Welt nicht zu benennen, liegt es daran, dass er die Zusammen-
Tage lang. hänge in der Natur, in der Schöpfung, nicht kennt.
Nach drei Tagen öffnete er ihn, um zu sehen, was sie In bSchab 77b findet sich ein paar Zeilen später ein Gespräch zwi-
machten. schen R. Sera und R. Jehuda, das formal die literarische Vorlage für
Er fand, dass die Unrat gemacht hatten, aus dem Fliegen die Diskussion zwischen Ben Sira und Nebukadnezar lieferte:
wurden, die aufflogen und von den Raben verzehrt R. Sera traf R. Jehuda vor der Tür seines Schwiegervaters
wurden. und bemerkte, dass er heiteren Sinnes war, und er, wenn
Da wandte er auf sie den Vers an: man ihn bezüglich aller Dinge der Welt fragte, antworten
Wer bereitet den Raben seinen Fang? (Hiob 38,41) würde.
Ben Sira schließt mit einer in der rabbinischen Tradition häufig be- Da fragte er ihn:
legten Lehre, dass Gott dort, wo er eine Plage schuf, auch ein Heil- Weshalb gehen die Ziegen voran und die Lämmer hinter-
mittel dagegen gepflanzt hat. In der Schöpfung ist damit Gut und her?
Böse, Gesundheit und Krankheit, Hunger und Sattheit vorgesehen. Jener sagte: Wie bei der Weltschöpfung: vorher dunkel und
Genauso wie der Mensch nicht beurteilen kann, wie lang ein Tag für nachher hell.
eine Mücke ist, ebenso wenig kann er beurteilen, welchen Sinn die Weshalb sind diese [mit Fell] bedeckt und jene entblößt[,
einzelnen Elemente der Schöpfung aus der Sicht Gottes für Mensch ohne Fell]?
und Tier haben. Diese Thematik wird in der Antwort auf die elfte Die, von denen wir Bedeckung erhalten, sind bedeckt,
Frage vertieft. und die, von denen wir keine Bedeckung erhalten, sind
Der König akzeptiert indirekt, dass die Verknüpfung von „Sein entblößt.
und Zeit“, die er bei der Mücke konstruiert hatte, nicht sinnvoll
war, wenn er nun nach der Nützlichkeit von Wespen und Spinnen Weshalb hat das Kamel einen kurzen Schwanz?
fragt. Ben Sira antwortet, dass diese Frage schon einmal ein Kö-
nig, nämlich König David, gestellt habe. David aber formulierte sie tun. Aber er brachte nur die Wespe zustande. […] Als böse Dämonen
noch provokanter als Nebukadnezar, da er nach Nutzen von Wespe3, oder Ausgeburten des Teufels sollen sie sich im Kopf festsetzen und
Geistesgestörtheit auslösen, glaubte man bis ins 19. Jahrhundert. Noch
heute stellen wir bei unkonventionellen oder unerwarteten Handlun-
1
Vgl. bGit 56b; LvR 22,2. gen fest: „Dir hat wohl eine Wespe ins Hirn gestochen?“
2 1
BK 234-236. C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 292: „Grundbedeu-
3
C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 317: „Gott hatte tungen: Weberin des Schicksals; das Netz unserer Lebensmuster als
einst die Biene erschaffen. Neidisch wollte es der Teufel ihm gleich- Falle oder Brücke zu höherem Menschsein.“

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Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Weil es Dornen frisst. Hand. Goliats Bruder ist der Leibwächter des Königs,
Goliats Blut ist noch nicht getrocknet, und dennoch
Weshalb hat der Ochse einen langen Schwanz? gehst du zu Achisch?!
Weil er sich auf den Weiden aufhält und die Mücken
verscheuchen muss. Als die Philister David zu Fuß kommen sahen, sagten sie
zu Goliats Bruder: Siehe, David, der deinen Bruder Goliat
Weshalb ist das Fühlhorn der Ameise weich? tötete, ist zu Achisch gekommen.
Weil sie zwischen Weiden wohnt. Wenn es hart wäre, Und sie sagten zu Achisch: Lasst uns den töten, der unseren
könnte es abbrechen, und sie würde blind. Bruder getötet hat!
Eine Weiterentwicklung der Erzählung über den „Wahnsinn“, mit Achisch sagte: Hat David euren Bruder nicht im Kampf
dem David sich konfrontiert sah, findet sich in Midrasch Ps 34,1. getötet? Hätte nicht euer Bruder Goliat David getötet,
Dort heißt es als Auslegung zu Koh 3,11: wenn er ihn nicht im Kampf getötet hätte? Ist es nicht so,
dass euer Bruder dem [Folgendes] auferlegte, der euren
Alle Dinge, die der Heilige, gepriesen sei er, in seiner Welt Bruder erschlagen würde:
gemacht hat, die hat er wunderbar gemacht. Vermag er gegen mich zu kämpfen und erschlägt er mich,
David sagte zu dem Heiligen, gepriesen sei er: so sollt ihr unsere Knechte sein. (1 Sa 17,9)
Alles, was du gemacht hast, hast du wunderbar gemacht, Da sagten sie zu Achisch: Wenn es so ist, erheb dich von
aber das Wunderbarste von allem ist die Weisheit, wie es einem Thron, denn dann gehört die Königsherrschaft
heißt: David, und es heißt:
Wie sind seine Werke so groß und viel, JHWH! Du hast sie Ist das nicht David, der Knecht Sauls, des Königs von
alle in Weisheit gemacht. (Ps 104,24) Israel? (1 Sa 29,3)
Alles, was du gemacht hast, hast du wunderbar gemacht - Sollten wir daher nicht eher seine Knechte sein?!
außer dem Wahnsinn. Und so verwirrten sie Achisch.
Und David sagte vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr Da wurde David angst und bange, aber er sagte:
der Welt, welchen Nutzen sollte dieser Wahnsinn vor dir Wenn ich mich fürchte, so hoffe ich auf dich. (Ps 56,4)
haben?! Wenn jemand zum Marktplatz hinausgeht und sein
Gewand zerreißt, und Kinder hinter ihm herrennen und Und er begann zu Gott zu bitten und zu betteln, indem
über ihn spotten, hat das einen Nutzen vor dir?! er sagte: Herr der Welt antworte mir in dieser Stunde!

Der Heilige, gepriesen sei er, sagte: Erhebst du Anklage Der Heilige, gepriesen sei er, sagte: Was verlangst du?
gegen den Wahnsinn?! Bei deinem Leben, du wirst seiner David sagte: Gib mir von dem Wahnsinn, den du
noch bedürfen! […] erschaffen hast.
Und mehr noch, sagte der Heilige, gepriesen sei er, du Der Heilige, gepriesen sei er, sagte: Habe ich nicht zu
wirst nach Wahnsinn jammern und betteln, bevor ich dir dir gesagt:
davon gewähre. Wer ein Ding verachtet, wird durch es zugrunde gehen.
(Prov 13,13)
David aber geschah nichts, bis er bei Achisch ankam,
wie geschrieben steht: Und nun bittest du um Wahnsinn?!
Und David machte sich auf und floh an jenem Tage vor Saul […]
und kam zu Achisch, dem König von Gat. (1 Sa 21,11) Als David hörte, was die Philister sagten, wurde er
Der Heilige, gepriesen sei er, sagte: David, du gehst furchtsam und ängstlich und sagte: Nun werde ich bestimmt
zu Achisch? Gestern hast du Goliat getötet und heute umkommen.
gehst du zu Achisch mit seinem Schwert in deiner

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Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Daher heißt es:


Und David nahm sich die Worte zu Herzen und fürchtete 3. Das Maß für die Mitte
sich sehr vor Achisch, dem König von Gat. (1 Sa 21,13)
Da stellte er sich wahnsinnig, indem er sein Gebaren Der Zweitsinn der Fabeln zielt auf die Vermittlung einer Moral. Am
änderte, Beispiel von gutem und schlechtem Verhalten wird dem Leser vor
wie es heißt: Augen geführt, dass es darum geht, Tugenden1 zu entwickeln und
Und er stellte sich wahnsinnig vor ihren Augen und tobte Laster abzulegen. Im Kontext des Alphabets des Ben Sira dient die
unter ihren Händen und rannte gegen die Pforte des Tores Fabel auch dazu, den Mittelweg zwischen einem Zuviel und einem
[und ließ seinen Speichel in seinen Bart fließen]. (1 Sa Zuwenig zu beschreiben.2
21,14) In der Antwort auf Frage 12 geht es zuerst um die Kritik an einer
Führungsperson. Josua (ein Anführer) verhält sich maßlos, als er Je-
[…] richo umrunden will (beim Kriegsgeschäft). Ohne Mitleid lässt er
Nun waren aber die Tochter Achisch und ihre Mutter beide zahlreiche Tiere (Untertanen) unter sich verenden. Nur ein Ochse3
wahnsinnig, und die beiden schrieen in ihrem Wahnsinn (stark aber dumm) kann Josua ertragen.
von innen, während David in seinem Wahnsinn draußen
schrie.
Da sagte Achisch zu seinen Knechten:
Hab ich zu wenig Wahnsinnige, dass ihr diesen herbrachtet,
um bei mir zu toben?! (1 Sa 21,16) 1
Nach der Tugendlehre Platons sind die Grundtugenden: Mäßigkeit,
Da frohlockte David darüber, dass ihm der Wahnsinn zu Klugheit, Mut und Gerechtigkeit.
2
Hilfe gekommen war, und er fertigte den alphabetischen Vgl. N. Harris, Animal Symbolism in Late Medieval Germany. The
“Etymachia” Treatise. In: P. Michel (Hg.), Tiersymbolik, Bern, Ber-
Psalm, indem er zu dem Heiligen, gepriesen sei er, sprach:
lin u.a. 1991, 111-131. S. 111: „Der spätantike christliche Schrift-
Welch ein Gut ist der Wahnsinn! steller Prudentius (etwa 348-405) hat in seiner „Psychomachie“ den
Ich will JHWH loben alle Zeit, sein Lob soll immerdar in innerpsychischen Kampf zwischen den Tugenden und den Lastern
meinem Munde sein. (Ps 34,1) beschrieben, indem er diese als Personifikationen paarweise gegen-
einander antreten ließ. (Die Psychomachie des Prudentius, lateinisch
In der Zeit der Weisheit und in der Zeit des Wahnsinns. – deutsch, eingeführt und übersetzt von Ursemar Engelmann, mit 24
Bildtafeln, Freiburg 1959). Damit wurde er zum Schöpfer des allegori-
Mit der Beantwortung der elften Frage ist eine Sinneinheit abge- schen Epos, nach dessen Muster während des Mittelalters immer neue
schlossen. Nachdem bereits über Pflanzen und Insekten geredet Texte verfasst wurden.“ Ch. Meier, Überlegungen zum gegenwärtigen
wurde, sucht der König ab Frage 12 nun Antworten über Säugetiere Stand der Allegorie-Forschung. Mit besonderer Berücksichtigung der
(12-16) und Vögel (17-19, 22). Frage 20 ist den Fischen gewidmet, Mischformen. Frühmittelalterliche Studien 10 (1976), 1-69. J. Whit-
die allerdings vom Fuchs geärgert werden. Frage 21 behandelt an- man, Allegory. The Dynamics of an Ancient and Medieval Technique,
Oxford 1987.
knüpfend an den Vogel Phönix1 die Frage der Unsterblichkeit. Auch 3
C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 223-224. S. 223: Der
alle folgenden Tiergeschichten sind Fabeln mit einem Zweitsinn. Ochse „demonstriert mehr die friedliche Form vitaler Lebenskraft,
Bedächtigkeit, Reichtum, mühevolle Arbeit und Opferbereitschaft.“
S. 223: „Im übertragenen Sinne ermittelte er das Prinzip jeder Akti-
vität, wodurch ein Mensch die Verhältnisse seiner Umgebung nutzt
und sie auf die Verwirklichung seiner Ziele abstimmt. Ochsen zeigten,
wie Naturkräfte gebändigt, ihr Zeugungsdrang gezähmt, umgewandelt
und in neue Bahnen gelenkt werden konnte.“ S. 224: „Im hebräischen
Alphabet bedeutet der erste Buchstabe Aleph „Ochse“. Aleph bein-
haltet die kreative Energie und das Lebensprinzip, das allen lebenden
Kreaturen in physikalischer Form als Strahlungsenergie der Sonne
1
C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 239-241. erreicht, die Basis unserer irdischen Existenz.“

322 323
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

In den Fabeln zu den Fragen 12 bis 22 finden sich – mit Ausnahme sten mit „Mist“ beschäftigt. Er rackert sich tagtäglich ab, ohne Ruhe
des Affen – nur Tiere, die vor allem in Mitteleuropa zu Hause sind: zu finden und ist über diese Lebensform derart frustriert, dass er sei-
Ochse und Esel, Katze und Maus, Katze und Hund (Wolf, Schaf), nen potentiellen Kindern dieses Leben ersparen will. Er verweigert
Rabe und Taube, Fische und Fuchs sowie der Adler.1 Eine weitere die Fortpflanzung. In dieser Reaktion spiegelt sich die Dummheit
Ausnahme ist der Vogel Phönix, den Herodot der ägyptischen My- des Esels: Er ist nicht fähig zu erkennen, dass er selbst seine Arbeits-
thologie zuweist.2 last reduzieren (langsamer treten) und sich ein angenehmeres Leben
Im Bild des (dummen) Esels sind folgende typischen Eigen- machen könnte. In seiner „Not“ sucht er die Antwort bei Gott, wie
schaften angelegt. Der Esel gilt als störrischer und eigenwilliger er sein Leben verändern soll. Die von Gott gegebene Antwort wie-
Lastenträger (Arbeitstier), der die Nachkommenschaft verweigert derum ist im Hebräischen alles andere als eindeutig und lädt zum
(keine Zeit für Familie).3 Er gesellt sich gerne zu seinesgleichen Nachdenken über das Gesagte an.
(gemeinsame Pinkelpause). Vordergründig steht der Esel für einen Ein Beleg dafür, dass die Tiergeschichten im Alphabet des Ben
Menschen, dem es nur um materielle Dinge geht, der sich am lieb- Sira als Fabeln zu lesen sind, bietet die Geschichte vom Esel, zu
der sich eine Vorlage bei Äsop findet:1 „Einst schickten die Esel,
1
Dazu dass die Funktion der Tiere in Fabeln austauschbar ist, siehe verärgert über ihre beständige Plackerei und Quälerei, Gesandte zu
J.E. Salisbury, The Beast Within. Animals in the Middle Ages, New Zeus und ersuchten ihn um Befreiung von ihren Nöten. Weil dieser
York, London 1994, 108: “One of the characteristics of classical fab- ihnen vor Augen führen wollte, dass dies unmöglich sei, erwiderte
les (that would be later changed) was that the animals did not exhibit
er ihnen, sie könnten vielleicht dann aus ihrer misslichen Lage erlöst
stock characteristics beyond the fact that predators remained predators
and preys remained consumed. For example, foxes were not always or werden, wenn sie aus ihrem Urin einen Fluss bildeten. Die Esel nah-
only sly. In a number of fables, the animals could be changed and the men das für bare Münze und halten es von daher bis auf den heutigen
moral remains the same. […] The animal was less important than the Tag so, dass sie, wenn sie den Urin einer der Ihren erblicken, sich
lesson of freedom, and almost any animal could be used to portray that auch hinstellen und ihr Wasser abschlagen. – Die Fabel beweist, dass
truth. Thus, the fable remains useful when a relationship between hu- niemand an seinem Schicksal etwas ändern kann.“
man and particular animals changes. A second characteristic of classi-
Ben Sira entwickelt in den folgenden Antworten eine Tugend-
cal fables is that the morals were frequently left ambiguous. This has
allowed the same fable to be used in different cultural contexts as the lehre anhand von Negativbeispielen. Er beginnt mit der klassischen
morals are modified to suit different circumstances.” J.E. Salisbury, Feindschaft zwischen Katze2 und Maus3, wobei die Maus die Un-
Animals in the Middle Ages, 109: “potential for fluid interpretation tugenden der Missgunst, Intriganz und des Neides symbolisiert.
that has contributed to the longevity of the stories. On an abstract le- Die Maus (klein, unbedeutend, aber frech) bindet sich vertraglich
vel, the open-ended characteristic of fables allows them to be applied an einen Partner, der zu groß für sie ist (die Katze). Mit der Katze
(and relevant) to different contexts, thus increasing the probability for kann eine Maus sich weder vergleichen, noch kann sie versuchen,
their continued popularity. On a practical level, this quality made them
perfect tools for the study of rhetoric. Prose fables were included in
mit einer Katze mithalten zu wollen. Tut die Maus es trotzdem, ge-
rhetoric books in the classical period for young scholars to use in prac- schieht dies auf Grund von hoffnungsloser Selbstüberschätzung. Die
ticing arguing a point. By urging students to explain a truth that might Maus kann die natürlichen Grundgegebenheiten des Lebens nicht
be articulated in the story, teachers were creating a perfect vehicle for akzeptieren. In ihrer Gier nach Größerem ist sie bereit, gegen den
ensuring that the fables would remain viable literary creations. In this Partner zu intrigieren, ihm in den Rücken zu fallen, um selbst Er-
form, fables also passed into the medieval schoolroom.” - S. Henkler, folg zu erzielen. Sie sucht nach einem noch mächtigeren Partner (im
Mythos Tier. Geschichte und Mythologie einer ewigen Verbindung,
Dresden 2001. J.M.C. Toynbee, Tierwelt der Antike. Kulturgeschichte
1
der antiken Welt, Bd. 17, Mainz 1983. Antike Fabeln. Hg. von J. Irmscher, Berlin, Weimar 1978, 113: Die
2
Siehe Seite 206. Fabeln des Äsop – Die Esel vor Zeus.
3 2
J.E. Salisbury, Animals in the Middle Ages, 131 und 142-143. C. C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 157-160.
3
Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 84-86. S. 86: „Grund- C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 209: „Volksglaube
bedeutungen: die Gegensätze Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit, erkannte in Mäusen auch die Seelen Verstorbener. Die Seele schlüpfe
Beweglichkeit und Starrheit; unser Erfahrungsweg vom Dunkel zum nach dem Tod als Maus aus dem Mund. Daher stammt wohl die Rede-
Licht, von der Narrheit zur Erkenntnis.“ S. 85: „Der Physiologus be- wendung „mausetot“. S. 210: „Grundbedeutungen: natureigene Intel-
hauptete, Wildesel bissen ihren männlichen Nachkommen kastrierend ligenz; nagende Unruhe; Anpassungsfähigkeit und Kreativität unseres
die Hoden ab.“ Unterbewusstseins.“

324 325
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Zweifel Gott), der ihr diesen Erfolg sichert. Sie ist nicht bereit, auf bereit ist, seine geschärften Sinne zu benutzen und sich aktiv für
Warnungen zu hören, die ihr nahe legen, sich ihren Möglichkeiten Recht und Gerechtigkeit einzusetzen (Jagen von Räubern, Dieben,
entsprechend zu verhalten. Sie rennt sehenden Auges in ihr Verder- Mördern), findet er seinen Platz in der Gesellschaft. Von hier gestär-
ben, unfähig zu der Erkenntnis, dass die von ihr gesetzte Alternative kt, kann er die Tugenden der Langmut, Geduld und Friedfertigkeit
„entweder du oder ich“ in der Auseinandersetzung mit einer Katze praktizieren, in der Hoffnung, dass dadurch die Katze ihre Halsstar-
für sie nur tödlich sein kann. rigkeit verliert.
In der folgenden Geschichte von Hund und Katze, die dem Sprich- In der nächsten Geschichte von Katze und Maus, geht es um Ver-
wort „Friede ernährt, Unfriede verzehrt“ zugeordnet werden kann, tragsbruch, Friedensbruch und versuchten Totschlag. Wenn unglei-
geht es darum zu zeigen, dass ein Zusammenleben unterschiedlicher che Partner gezwungen sind, miteinander auszukommen, bedarf es
Charaktere eine gewisse Kompromissbereitschaft dem anderen ge- einiger Regeln, die alle Beteiligten zu akzeptieren und umzusetzen
genüber erfordert. Die Katze symbolisiert hier Egoismus, Eigennutz haben. Bricht ein Partner diese Regeln – und meistens tut dies der
und Dünkel (Hochmut bei innerer Hohlheit). Ihr fehlt außerdem die Stärkere – kann eine tödliche Situation entstehen. In der Geschichte
Tugend der Friedfertigkeit. Der Hund1 symbolisiert die Tugend des werden zwar nur böse Wunden geschlagen, aber es wird betont, dass
Verzichtes und der Selbstlosigkeit. Er sorgt dafür, dass die Katze jedes Mittel recht sein muss, um diese Wunden zu heilen (Schadens-
satt wird, auch wenn er dadurch selbst hungert und obdachlos wird. ersatz, Kompensation, auch auf unkonventionelle Weise).
Der Hund teilt der Katze sein Wissen darüber mit, wo sie Nahrung
in Fülle finden kann (Großzügigkeit). Die Katze reagiert darauf mit Die Erzählung, die vordergründig die seltsame Gangart des Raben1
Geiz und Gier. Sie will nun sicherstellen, dass ihr der Hund – nach- erklärt, findet sich ähnlich in Abdallah ibn al-Muqaffas arabischer
dem er ihr sein Wissen mitgeteilt hat – nicht mehr in die Quere Übersetzung des Werkes Kalila und Dimna:2
kommt (Skrupellosigkeit). Es zeigt sich, dass sich die Gutmütigkeit Ein Rabe, erzählt man, sah ein Rebhuhn gravitätisch
des Hundes rächt. Er findet von nun an keinen Ort, an dem er sich einhersteigen und fand solchen Gang so schön, dass er
wohlfühlt, an dem er genug zu fressen fände. Er versucht, sich ande- denselben auch zu lernen verlangte. Er gab sich viel
ren Tieren anzuschließen. Mühe, konnte es aber doch nicht dahin bringen, und als
Aber Wolf2, Affe3 und Lamm4 sind ihm noch wesensfremder, und er daran verzweifelte, wollte er wieder seinen gewohnten
die Begegnung endet immer in einer Katastrophe. Erst als der Hund Gang annehmen. Da ward er ganz wirr in seinem Gehen
1
und sperrte die Beine auseinander und bekam so den
J.E. Salisbury, Animals in the Middle Ages, 133. C. Zerling, W. Bauer, hässlichsten Gang von allen Vögeln.
Lexikon der Tiersymbolik, 143: „Grundbedeutungen: treuer Begleiter
durch alle Lebensstufen des Menschen; Hüter an den Schwellen der
Übergänge; innere Wachsamkeit und Fähigkeit, der richtigen Spur zu
folgen.“
2 1
J.E. Salisbury, Animals in the Middle Ages, 130-131. C. Zerling, W. C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 164: „Legenden und
Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 322: „Überall in der Welt, wo der Mythen vieler Kulturen wissen noch, dass der Rabe einst weiß war.
Wolf auftauchte, entsetzte er die Menschen ob seiner Blutrunst, die ihn Doch als er das göttliche Feuer raubte, verbrannte er sich gründlich.“
während der Jagd überfallen konnte. Dann riss er mehr, als für seine S. 166: „Indische Antike wies dem Vogel zehn schlechte Eigenschaf-
Sättigung nötig. Glaubhafte Berichte versichern, dass der „Grimmige“ ten zu: Geschwätzigkeit, Bosheit, Lüge, Verrat und Betrug, Dieberei,
manchmal von einer Herde Schafe nicht eines lebend zurückließ. So Eitelkeit, Angeberei, Neid und Nachäffung. In einer einst berühmten
charakterisierte er das Böse.“ Fabel des Äsop schmückt sich eine ehrgeizige Krähe mit den Federn
3
J.E. Salisbury, Animals in the Middle Ages, 142-143. C. Zerling, W. des Pfaus, findet damit aber nirgendwo Anklang.“ S. 166: „Das Alter-
Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 33: „Grundbedeutungen: Tastsinn tum pries die Krähen ob ihrer treuen Ehen.“
2
und Nachahmungstrieb; ungehemmte Instinkte und Triebe; neue, sich Die Fabeln des Bidpai, 266-267. Nasrolla Minschi, Kallila und Dimna.
wild gebärdende Impulse und dahinjagende Gedanken.“ Fabeln aus dem klassischen Persien. Hg. und übersetzt von Seyfeddin
4
J.E. Salisbury, Animals in the Middle Ages, 132. C. Zerling, W. Bau- Najmabad und Siegfried Weber, München 1996. T. Benfey, Pantschat-
er, Lexikon der Tiersymbolik, 190: „Als zeitloser Sympathieträger antra, 5 Bücher, Leipzig 1859, 1, 601-602. G. Weil, Biblical Legends
vermittelt das liebenswürdige Lamm Reinheit und Demut, Sanftheit, of the Mussulmans, London 1846, 34. Siehe auch H. Messelken, Die
Gerechtigkeit und Güte.“ C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersym- Signifikanz von Rabe und Taube in der mittelalterlichen deutschen
bolik, 255-257. Literatur, Diss. Köln 1965.

326 327
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Die Erzählungen von Kalila und Dimna, zweier Füchse, stammen auch durch die unmittelbaren Vorbilder (Eltern, Lehrer) geprägt. Die
ursprünglich aus Indien (3. Jh). Sie wurden im 7. Jahrhundert weiter Menschen lernen durch Nachahmung, daher sind gute Vorbilder un-
ausgestaltet und überarbeitet, als sie Abdallah ibn al-Muqaffa aus entbehrlich. Problematisch wird es dann, wenn schlechte Vorbilder
dem Persischen ins Arabische übersetzte. Die Geschichte handelt (Hund und Rabe in der Arche) gewählt werden.
von einem Arzt namens Barzoyeh, der im Auftrag des Königs von
Persien Pflanzen säen soll, deren Säfte nicht nur Kranke heilen, son- Die Frage, warum es im Meer zu jedem Lebewesen ein Gegenstück
dern sie auch unsterblich machen sollten. Der Arzt lernt schließlich, gebe, außer zum Fuchs1, greift ein Bild aus bChul 127a auf.2 Dort
dass solche Pflanzen ein Symbol für die Bücher der Weisheit sind, geht es zunächst darum, die Unreinheit von Maus und Wiesel zu de-
die den Menschen dazu verhelfen, ein immerwährendes Leben zu finieren. Dies geschieht mit Verweis auf Lv 11,29, wo es heißt, dass
führen. Barzoyeh erzählte dem König von seiner Entdeckung, wo- die dort aufgezählten Tiere unrein sind, da sie „auf der Erde wim-
raufhin der König befahl, alle diese Bücher zu sammeln. Es heißt, meln“. Ein Schüler fragt daraufhin seinen Lehrer Raba, ob daraus
dass „Kalila und Dimna“ aus diesen Büchern als Essenz von Weis- zu folgern sei, dass diese Tiere nur auf dem Festland verunreinigend
heit und Moralität zusammengestellt worden sei. Der Hauptteil des seien, nicht jedoch im Meer. Raba verneint dies. Danach verweist
Buches besteht aus Fragen des Königs und Antworten Sindbars, man auf R. Aqibas Auslegung zu diesem Vers:
eines Philosophen, der in der hebräischen Übersetzung des Jakob „Wenn R. Aqiba zu diesem Schriftvers gelangte, sagte er:
ben Eleasar „Liebhaber der Weisheit“ (d.h. Philosoph) genannt wird. Wie groß sind deine Werke, Herr! (Ps 104,24)
Interessanterweise ist bei Al-Muqaffa die Deutung der Fabel von Du hast Geschöpfe, die im Meer gedeihen.
Rabe und Rebhuhn beigegeben:1 Wenn die des Meeres auf das Festland heraufkämen, sie
Diese Gleichnis […] habe ich dir gegeben, weil ich an würden sofort verenden.
dir bemerkte, dass du deine Sprache aufgeben und die
hebräische erlernen wolltest, was dir gar nicht ansteht; und
1
ich fürchte, du möchtest diese Sprache nicht erlernen und Der Fuchs gilt als Kulturfolger; er zieht dorthin, wo Menschen sind,
deine Muttersprache darüber verlernen und, wenn du zu heute vorzugsweise als Abfalljäger in die Städte. - J.E. Salisbury, Ani-
deinen Landsleuten zurückkämest, am schlechtesten unter mals in the Middle Ages, 131. C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tier-
symbolik,. 110: „Grundbedeutungen: Kreativität und Fruchtbarkeit
ihnen sprechen. Und es wird gesagt: „Für einen Toren ist zu
des animalischen oder Unter-Bewußtseins, seine Zwielichtigkeit und
halten, wer sich mit Sachen abmüht, die ihm nicht anstehen – im Rohzustand – Morallosigkeit.“
und die nicht zu seinem Geschäft gehen und wozu ihn seine 2
Vgl. auch bBer 61a: Die Rabbanan lehrten: Einst [nach dem Bar-
Väter und Vorfahren vorher nicht gebildet haben.“ Kochba Aufstand] hatte die böse [= römische] Regierung angeordnet,
dass sich Israel nicht [mehr] mit der Tora beschäftigen dürfe. Es kam
Diese Deutung ist auf die Erzählung von Rabe und Taube im Alpha- Papos ben Jehuda und fand Rabbi Akiba öffentliche Versammlungen
bet des Ben Sira direkt übertragbar. abhaltend und sich mit der Tora beschäftigend vor. Er sagte zu ihm:
Nachdem Ben Sira eine Raben-Fabel aus der klassischen Weltli- Akiba, fürchtest du dich denn nicht vor der bösen Regierung? Die-
teratur zitiert hat, greift er kontrastiv eine Raben-Geschichte aus der ser erwiderte: Ich will dir ein Gleichnis erzählen. Mit was ist diese
rabbinischen Tradition2 auf. Hier wird der Rabe – als Aasfresser und Sache zu vergleichen? Mit einem Fuchs, der entlang des Flussufers
spazierte und Fische sah, die sich von Ort zu Ort versammelten. Er
damit unreines Tier – negativ bewertet. Der Rabe wird von Noah sagt zu ihnen: Wovor flieht Ihr? Sie erwiderten: Vor den Netzen, die
damit „gestraft“, mit dem Schnabel, mit Worten, fruchtbar zu sein. die Menschen auf uns legen. Daraufhin sagte er zu ihnen: Wenn Ihr
Hier symbolisiert der Rabe die Gelehrsamkeit, die auf keinen frucht- wollt, kommt doch ans Festland, und wir, ich und Ihr, werden woh-
baren Boden fällt. nen wie meine Vorfahren zusammen mit den Euren gewohnt haben!
Als Gott den Menschen erschuf, gab er ihm die Fähigkeit, sich Sie erwiderten ihm: Bist Du das Tier, von dem man sagt, dass es das
frei entscheiden zu können. Der Mensch kann selbst entscheiden, schlaueste sei? Du bist nicht schlau, sondern dumm! Wenn wir uns
schon in der Stätte unseres Lebens fürchten müssen, um wie viel mehr
ob er sich dem Guten oder dem Bösen zuwenden will, aber er wird
in der Stätte unseres Todes! So auch wir. Wenn es jetzt so ist, während
wir hier sitzen und uns mit der Tora beschäftigen, über die geschrie-
1
Al-Muqaffa, Kalila und Dimna, 266-267. ben steht: denn sie ist dein Leben und deiner Tage Verlängerung (Dtn
2
Vgl. bSanh 108a. 30,20). Um wie viel mehr, wenn wir gehen und sie abschaffen!

328 329
Alphabet des Ben Sira V. Eine fabelhafte Ethik

Und wenn die des Festlandes ins Meer hinabstiegen, sie Fuchs davor rettet, getötet zu werden. Dass aber, wer selbst den To-
würden sofort verenden. desengel überlistet, auch „kleine Fische“1 überlisten kann, verdeut-
Du hast Geschöpfe, die im Feuer gedeihen, und du hast licht die Geschichte im Alphabet des Ben Sira. Dass dieser kleine
Geschöpfe, die in der Luft gedeihen. Wenn die des Feuers Fisch auch ein „großer Fisch“ – wie Leviatan oder gar Nebukad-
in die Luft kämen, sie würden sofort verenden. nezar – sein kann, zeigt sich am Ende der Erzählung: „Der“ König
Wie groß sind deine Werke, Herr! (Ps 104,24) (Nebukadnezar) hört von der Weisheit des Fuchses (Ben Sira) und
will das Herz des Fuchses fressen, um ebenso weise wie dieser zu
Im Gegensatz zu Aqiba lehren die Rabbanan: werden. Der Fuchs (Ben Sira) ist aber klug genug, das Treiben des
Alles, was sich auf dem Festland befindet, befindet sich Königs zu durchschauen. Er hat sich zwar darauf eingelassen, zu
auch im Meer, ausgenommen das Wiesel. ihm zu reisen, aber er hat inzwischen erkannt, dass es das Klügste
R. Sera sagte: Hierauf deutet folgender Schriftvers: ist, so schnell wie möglich den Rückweg anzutreten, da er sich im
Hört dies, alle Völker, merkt auf, alle Bewohner der Erde. Bereich des Königs nicht „in seinem Element“ befindet. Der Fuchs
(Ps 49,2) macht deutlich, dass er „nicht ganz bei Verstand war“ (ich hatte mein
Herz nicht bei mir), als er dem Angebot der Fische folgte, zu ihnen
Im talmudischen Kontext findet sich keine weitere Erklärung zu die- zu kommen.
ser schwer einsehbaren Aussage der Rabbanan. Ben Siras Antwort Der König aber hat am Ende seinen Neid auf die Schlauheit des
auf Nebukadnezars Frage scheint allerdings eine Erklärung dazu zu Fuchses überwunden. Er hat Mitleid mit den Fischen, die der Fuchs
entwickeln. Dabei geht es zunächst nur am Rande um die Beson- verspottet hat. Und als böse bezeichnet er den Fuchs, weil er nicht
derheit des Fuchses. In erster Linie geht es in der Erzählung um die mitfühlend gewesen ist. Der Fuchs handelte nur, um sich selbst zu
Frage, wie und warum der Tod in die Welt gekommen ist, eine Frage, retten, nicht, weil ihm „die kleinen“ Fische leid getan hätten. In den
die auch Psalm 49 anspricht, den R. Sera auf die kryptische Aussage Augen des Königs fehlt dem Fuchs bei aller Klugheit die Tugend
der Rabbanan bezieht. des Mitgefühls und der Barmherzigkeit. Und damit schließt sich der
Der Todesengel begreift bald nach seiner Erschaffung, dass der Kreis zur kindlichen Gelehrsamkeit des Ben Sira.
Vermehrung der Geschöpfe eine Grenze gesetzt werden muss. Er
bittet Gott, die Geschöpfe töten zu dürfen, weil es bereits zu viele Die Geschichten am Hofe Nebukadnezars finden ein vorläufiges
davon gibt. Gott stimmte seinem Verlangen zu, schließt aber den Ende mit der Erzählung über die Sündlosigkeit des Vogels Phönix.2
Vogel Phönix aus dem Todesurteil aus, weil dieser sich nicht an der
1
Vermehrung beteiligt. Von den übrigen Tieren soll jeweils ein Pär- C. Zerling, W. Bauer, Lexikon der Tiersymbolik, 97: „Fische boten
chen unangetastet im Meer weiterleben. Damit hat Ben Sira narrativ ein Bild für Regeneration und damit Harmonie, aber auch allgemein
eine Erklärung zu dem Satz der Rabbanan entwickelt: „Alles, was für die Masse der Untertanen.“ S. 100: „Grundbedeutungen: Reichtum
des Wassers; beständiges Fließen der Lebenskraft und ihre Gestaltung
sich auf dem Festland befindet, befindet sich auch im Meer, ausge-
in immer geeigneteren Formen; Rückkehr zur göttlichen Urnatur
nommen das Wiesel“. Das Wiesel aber verwandelt Ben Sira in einen durch Auflösung der alten Persönlichkeit, Erlösung.“
Fuchs, weil es ihm in seiner Erklärung nicht um das Lob der Schnel- 2
Vgl. Herodot II,73. Ovid, Metamorphosen 15,392-407. Tacitus, Anna-
ligkeit geht, sondern darum, die Schläue oder Klugheit (eine Tugend len 6,28. W.H. Roscher (Hg.), Ausführliches Lexikon der griechischen
des Verstandes)1 eines Lebewesens hervorzuheben. und römischen Mythologie, Bd. 3.2, Leipzig 1902-1909, 3450-3472.
Der Fuchs nun ist so klug, dass er selbst den Todesengel durch R. von Ranke-Graves, Griechische Mythologie, Hamburg 1960, 172-
eine Täuschung überlisten kann. Dass die Eigenschaft der Klugheit, 17. - Der Vogel Phönix kann andererseits mit der Dattelpalme in Ver-
bindung gebracht werden. M. Feinberg Vamosh, Essen und Trinken
Listigkeit oder Schlauheit den verschiedenen Kulturen entsprechend in biblischer Zeit, Düsseldorf 2004, 41: „Der Ursprung des wissen-
unterschiedlichen Tieren als charakteristisch zugeschrieben wird, schaftlichen Namens der kultivierten Datteln, phoenix dactylifera,
zeigt die Erzählung über Affe und Schildkröte aus Kalila und Dim- ist mit einer interessanten Geschichte verbunden: Das Wort Phoenix
na.2 Dort ist es der Affe, der sich mit demselben „Trick“ wie der kann mit dem nördlichen Gebiet Kanaans verbunden werden, das auch
Phönizien heißt. Der gleichnamige legendäre Vogel, der sein Leben in
1
Aristoteles unterscheidet Charaktertugenden und Verstandestugenden. einer Flamme beendet, um sich dann wiedergeboren aus der Asche
Siehe Nikomachische Ethik VI,2 (1139a). zu erheben, kann seinen Namen von einem vergleichbaren Vorgang
2
Die Fabeln des Bidpai, 185-194. der Dattelpalme erhalten haben: Sie wird – selbst nach einem Feuer –

330 331
Alphabet des Ben Sira

Alle Geschöpfe außer ihm haben im Paradies vom verbotenen Baum


der Erkenntnis gegessen. Mit der Erkenntnis, dem Wissen um Sexu-
alität und dem Erzeugen von Nachkommen, kommt der Tod zu den
Lebewesen. Der Phönix ist hiervon ausgenommen. Er vermehrt sich
nicht, sondern entsteht alle 90 Jahre aus sich selbst heraus neu.
Dass die Frage nach Tod und Leben nicht mit der Frage nach der
Gerechtigkeit Gottes verknüpft werden darf, wird in GnR 9,5 betont.
In diesem Text sind die Stichwörter „Nebukadnezar“ und „Tod“ ver-
knüpft und weisen so den Text als Bezugstext aus:
R. Chama ben R. Chanina sagte:
Dem ersten Menschen hätte es zugestanden, den Tod nicht
zu schmecken. Warum wurde er [dennoch] mit dem Tod
bestraft?
Weil der Heilige, gepriesen sei er, voraussah, dass
Nebukadnezar und Chiram sich einst zu Göttern machen
würden, darum wurde er mit dem Tod bestraft.1 […]
R. Jonatan sagte zu ihm:
Wenn das so ist, hätte er den Tod [nur] über die Frevler
verhängen sollen, er hätte ihn aber nicht über die Gerechten
verhängen sollen.2 Vielmehr [ist es so]: Damit man nicht
sage: Alle, die gerecht sind, leben nur deswegen, weil sie
die Gebote beachten und gute Werke verrichten, wahrlich
auch wir werden die Gebote beachten und gute Werke
verrichten. Du findest aber, dass ihre Werke [so] nicht
lauter sind.
GnR 9,5 hebt den Blick auf das Wesentliche. Es geht nicht darum,
gute Werke zu tun oder ethisch-moralisch richtig zu handeln, weil
man dafür einen Lohn erwartet (ewiges Leben) oder sich vor Strafe
fürchtet (ewiger Tod), sondern darum, zu erkennen, dass der Wert
des Guten in sich selbst liegt.

„wiedergeboren“ durch Sprösslinge, die aus dem Stumpf aufsprießen.


Deshalb symbolisiert die Dattelpalme sowohl in jüdischer wie auch
in christlicher Tradition das Leben – ähnlich dem Vogel Phoenix in
anderen Kulturen.“
1
Vgl. bChul 89a.
2
Vgl. bSchab 55b.

332
VI. Weitere Fragen

In dem folgenden Teil des Alphabets des Ben Sira findet sich zunächst
eine nach Stichpunkten geordnete Zusammenstellung der gerade
zwischen Ben Sira und Nebukadnezar behandelten Gesprächsthe-
men. Interessant ist hier die Anmerkung, diese Fragen habe „Salomo
ben Jeremia“ beantwortet, der „Ben Sira“ genannt wird. Ben Sira be-
kommt nun, nachdem er sich bei Nebukadnezar bewährt hat, einen
traditionellen Namen, der auf seinen Vater Jeremia verweist. Dieser
Name wird allerdings nur an dieser Stelle benutzt.
Ben Sira, dem der König Gold im Gewicht eines Re´em (man
stelle sich vielleicht einen größeren Dinosaurier vor) versprochen
hatte, wenn er ihm sagt, wie man einen Menschen unbemerkt tötet,
und dasselbe Gewicht an Perlen, wenn er ihm sagt, wie man einen
todkranken Menschen heilt, bittet Nebukadnezar um Einlösung sei-
ner Schuld. Sehr bald wird aber klar, dass der König gar nicht in
der Lage ist, sein Versprechen einzulösen. Zum einen ist „Re´em“
eine Metapher für ein unwirklich großes Tier, das schwerlich her-
beizuschaffen ist. Zum anderen kennt der König keine Waage, um
Gold, Perlen und Re´em aufzuwiegen. Ben Sira löst dieses Problem
mit praktischer Intelligenz und beweist dem König gleichzeitig, dass
seine Weisheit im Alltagsleben tauglich ist.
Da Nebukadnezar versucht, Ben Siras Belohnung herunter zu
handeln und zumindest die Perlen einzusparen, kommt es mit dem
Argument, das Gold für die gegebenen Antworten und die Perlen für
weitere zweiundzwanzig Fragen anzurechnen, zu einem Kompro-
miss und einer neuen Fragerunde. Diese beginnt für den König be-
schämend, der aus Geiz eine zweite Fragerunde bestimmt, aber nun
nichts zu fragen weiß. Obwohl die Weisen des Landes zusammen-
gerufen werden, um für den König weitere zweiundzwanzig Fragen
zu formulieren, finden sich nur zwölf Fragen im hier untersuchten
Text (Handschrift Kaufmann 59, Budapest) überliefert. Andere Text-
zeugen weisen noch kürzere Listen auf. In den zwölf neuen Fragen
werden kosmologische Themen behandelt (1–5) sowie Geburt und
Tod des Menschen (6-12).
Die folgende, von diesen zwölf Fragen völlig abweichende Liste
überliefert Ms Oxford (Bodleiana) Opp. 613:1

1
E. Yassif, The Tales of Ben Sira, 291-293.

333
Alphabet des Ben Sira VI. Weitere Fragen

(Frage 1) Und es gibt das verzehrende Feuer, das nicht trinkt. Das ist
unser Feuer.
Und weiter fragte [Nebukadnezar] ihn:
„Warum verkehren alle Geschöpfe [in der Stellung] Kopf Und es gibt ein Feuer, das weder verzehrt noch trinkt. Das
zu Nacken miteinander außer dem Menschen, der Schlange ist das Feuer der Dienstengel.
und dem Fisch, die [in der Stellung] Gesicht zu Gesicht [Und es gibt eines, das trinkt, aber nicht verzehrt. Das ist
miteinander verkehren?“ [das Fieber,] das Feuer von Krankheiten. Gott möge uns
retten von aller Art Krankheit.]1
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Weil die Schechina mit ihnen
sprach, wie es heißt: Und zum Menschen sprach er[: Weil (Frage 3)
du auf die Stimme deiner Frau gehört hast [...] so sei der
Erdboden verflucht um deinetwillen]. (Gn 3,17) Und weiter fragte [Nebukadnezar]: „Warum schaut der
Mann, wenn er mit seiner Frau schläft2, nach unten und die
Da sprach Gott zu der Schlange. (Gn 3,14) Frau3 nach oben?“
Da sprach JHWH zum Fisch Jonas, des Sohnes Amitais.“ [Ben Sira] sagte zu ihm: „Er betrachtet die Stelle, von der er
(Jona 2,11)1 genommen wurde, wie es heißt: Und Gott schuf den Mann
aus Staub vom Erdboden. (Gn 2,7) Und sie betrachtet die
(Frage 2) Stelle, von der sie genommen wurde, wie es heißt: Denn
vom Manne wurde sie genommen. (Gn 2,23)
Und weiter fragte [Nebukadnezar]: „Wie viele Feuerarten
wurden auf der Welt erschaffen?“ (Frage 4)
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Es wurden sechs verschiedene
Feuer auf der Welt erschaffen und zwar folgende: Und weiter fragte [Nebukadnezar]: „Warum ist die Stimme
einer Frau angenehmer als die des Mannes?“
Es gibt Feuer, das Feuer verzehrt. Das ist das Feuer des [Ben Sira] sagte zu ihm: „Weil sie aus Knochen und er aus
Heiligen, gepriesen sei er, das das Feuer des Heiligen, Erde gemacht ist.
gepriesen sei er, verzehrt2, wie es heißt: Denn JHWH, dein
Gott, ist Feuer, das Feuer verzehrt. (Dtn 4,24) Wenn du es aber prüfen willst, nimm zwei Töpfe und fülle
einen mit Knochen und einen mit Erde und lasse beide auf
Und es gibt ein Feuer, das gefürchteter ist als alle Feuer des einem Feuer kochen. Dann wirst du sehen, welcher die
Heiligen, gepriesen sei er. Als nämlich Michael, Chananja, angenehmere Stimme hat.“4
Mischael und Asarja im Schmelzofen waren, stieg Gabriel
hinab, kühlte das Feuer und ließ es nicht zu, dass der (Frage 5)
Schmelzofen [sie] verbrannte.
Und es gibt ein Feuer, das verzehrt und trinkt. Das ist das Und weiter fragte [Nebukadnezar]: „Warum sucht ein
Feuer Elias, denn es heißt: [Da fiel ein Feuer JHWHs herab Mann intensiver nach einer Frau, als eine Frau nach einem
und verzehrte das Opfer und das Holz und die Steine und Mann?“
die Erde, und] das Wasser, das im Graben war, leckte es
auf. (1 Kg 18,38)

1
Vgl. bJoma 21b.
1 2
Vgl. GnR 20,3; bBek 8a; Bereschit Rabbati (Albeck, 43). Wörtlich: sein Bett benutzt.
2 3
„Der Dienstengel“ ist ein Schreibfehler. Die Dienstengel werden wei- Wörtlich: hat ihr Gesicht.
4
ter unten behandelt. Vgl. bNid 31b; GnR 17,7.

334 335
Alphabet des Ben Sira VI. Weitere Fragen

[Ben Sira] sagte zu ihm: „Weil alle [Männer] nach der, Ende des Buches Ben Sira.
die sie verloren haben,1 suchen, bis dass sie sie gefunden
haben.“2
Wiederhole es in Licht.
(Frage 6) Es führe uns zum Licht,
Und weiter fragte [Nebukadnezar]: „Warum ist ein Maultier eilig in unseren Tagen.
gebäruntauglicher als alle anderen Kreuzungen?“
Er erbitte für uns Hilfe.
[Ben Sira] sagte zu ihm: „Gott wollte nichts zu den
Geschöpfen, die er bei der Schöpfung erschaffen hatte,
hinzufügen. Denn sonst könnte man ja meinen, dass auch
andere es verstehen, Geschöpfe zu erschaffen.“3

(Frage 7)

Und weiter fragte [Nebukadnezar]: „Wozu sind Zeichen in


die Hand eines Menschen eingraviert?“
Ben Sira sagte zu Nebukadnezar: „Das ist ein Schuldschein
für alles, was man macht. In der rechten Hand stehen seine
Verdienste geschrieben und in der linken Hand stehen seine
Verschuldungen geschrieben, [denn es heißt: In die Hand
eines jeden Menschen siegelte er sie. (Hiob 37,7)]
Nebukadnezar sagte zu Ben Sira: „Deine Stärke ist wahr-
haftig groß. Gesegnet dein Vater und gesegnet deine Mut-
ter.“
Daraufhin gab er ihm Perlen im Gewicht eines Re´em, und
er machte sich auf den Weg.
Nebukadnezar aber befahl, alle [seine] Weisen zu töten,
und seither ließ er Chananja, Mischael und Asarja vor sich
treten.
Ben Sira aber ging hinauf ins Land Israel und verteilte all
sein Geld als milde Gabe.
Danach ließ es sich nieder und verfasste zahllose Bücher.
Er forschte und ordnete Bücher zum Besten.

1
Die „Rippe“, die jedem Mann wie Adam genommen wird, um seine
Frau zu erschaffen.
2
Vgl. bNid 31b; GnR 17,7.
3
Vgl. GnR 2,15; bChul 127a.

336 337
338
VII. Sinnsprüche und ihre Alltagstauglichkeit

Der fünfte und letzte Teil des Alphabetes des Ben Sira versetzt den
Leser in die Zukunft des Ben Sira, in die Generation seines Sohnes
und seines Enkels. Dieser Schlussteil besteht wie der Anfang des
Werkes aus Sinnsprüchen in alphabetischer Reihenfolge, nur dass
die Sinnsprüche nicht mehr Hebräisch, sondern Aramäisch formu-
liert sind. Aramäisch gilt als die Umgangssprache der Bevölkerung
zur Zeit des Zweiten Tempels. Aramäisch ist außerdem die Kom-
mentarsprache in den beiden Talmudim. In Aramäisch bezieht man
sich dort auf die autoritativen Werke der Bibel und der Mischna, die
in Hebräisch verfasst sind. Entweder signalisiert der Wechsel zum
Aramäischen im Alphabet des Ben Sira, dass dessen Spruchweisheit
„mittlerweile“ populär geworden ist und in der Umgangssprache der
Zeit weitergegeben wird, in der sich das Alphabet des Ben Sira ver-
orten möchte. Oder der Sprachwechsel weist darauf hin, dass Ben
Siras Spruchweisheit letztlich nicht zum Kanon der autoritativen
Schriften gezählt, sondern der Kategorie der profanen Weisheitsli-
teratur zugerechnet wird.
Die Lehrsprüche des Ben Sira zitieren Usiel, der Sohn des Ben
Sira, und Josef ben Usiel, sein Enkel. Eine Mutter wird nicht ge-
nannt, weder für die Generation des Sohnes, noch für die Generation
des Enkels. Es findet außerdem kein Dialog zwischen Ben Sira und
seinem Sohn Usiel statt. Im Kommentar zum Sinnspruch mit dem
Buchstaben Resch wird dieselbe Charakteristik eines Weisen auf
Josef ben Usiel angewendet (nie habe ich das und das getan), wie sie
sich zu Beginn der Geburtsgeschichte des Ben Sira findet. Der Enkel
steht also Ben Sira näher als sein Sohn und wird daher vor seinem
Vater mit einem Sinnspruch zitiert. Im Kommentar zum Buchstaben
Jod heißt es, dass Usiel eine „prophetische“ Gabe besitze. Er kann
auf weite Distanz Gefahren erkennen, kann diese jedoch nicht selb-
ständig deuten.
Zum Buchstaben Chet vertritt Usiel eine andere Meinung als Ben
Sira, der im Zweifel Schweigen für das Beste hält. Usiel vertritt da-
gegen die Ansicht, in Gefahr könne man durchaus zu einer Notlüge
greifen, und einen Sachverhalt bewusst unscharf formulieren. Ben
Sira hatte dies in der Auseinandersetzung mit Nebukadnezar kate-
gorisch abgelehnt.
Dass auch Enkel und Sohn nicht immer einer Meinung sind, zei-
gen die Kommentare zu den Buchstaben Bet und Schin, die als ein-

339
Alphabet des Ben Sira VII. Sinnsprüche und ihre Alltagstauglichkeit

zige Kommentare festhalten, dass Usiel und Josef unterschiedlicher himmlischen Arzt. Gott, das wurde in den vorangehenden Texten
Meinung waren. Mit dieser quasi Nichtpräsenz von Dialogen steht des Alphabets des Ben Sira immer wieder betont, hat für jede Plage,
das gesamte Alphabet des Ben Sira in formalem Gegensatz zur rab- die den Menschen trifft, ein Heilmittel bereit. Der Mensch muss sich
binischen Literatur, die dialogisch strukturiert ist, in der die unter- aber dieses Heilmittels würdig erweisen und Gott um Beistand bitten
schiedlichsten Meinungen verschiedener Gelehrter zu einer Frage können.
stets so vollständig wie möglich zusammengestellt werden. Der Grundstein für ein gelungenes Leben liegt aber jenseits des-
Der Schlussteil des Alphabetes des Ben Sira besteht aus einer sen in der Erziehung, wie der Sinnspruch zum Buchstaben Bet und
Einleitung (Alef), einem Teil, der sich mit Familienangelegenheiten Dalet verdeutlicht. Der Vater hat die Pflicht, seinem Sohn eine ge-
befasst (Bet, Gimel, Dalet), einem Teil, der die Ethik des Ben Sira strenge Erziehung zukommen zu lassen. Drückt sich ein Vater davor,
als aristotelische Ethik der Mitte weiterentwickelt (He, Waw, Sajin, bei Bedarf seinem Sohn eine Tracht Prügel zu verabreichen, trifft ihn
Chet, Thet), und einem Teil, der sich mit der Alltagstauglichkeit die- die Schuld, wenn der Sohn auf die schiefe Bahn gerät.1 Ein Kind ist
ser Ethik beschäftigt. Als höchste der praktischen (ethischen) Tu- kostbar wie Gold, glänzt aber erst bei der „richtigen“ Behandlung.
genden gilt die Wohltätigkeit (bei sich selbst und bei anderen), die Ein Mann soll eine Frau nicht des Geldes wegen heiraten (Gi-
das Leben (bei sich selbst und bei anderen) verlängert (Jod). Die mel), sie soll vielmehr aus einer guten, jüdischen Familie stammen.
entsprechende dianoetische Tugend, die Tugend der Seele und des Ist einem Mann nicht möglich, eine solche Frau zu heiraten, kann
Geistes, ist das Gottvertrauen, dass alles so wird, wie es werden soll er eine Frau heiraten, die während eines Krieges in Gefangenschaft
(Kaf). geraten und dann befreit worden ist. Sie steht unter dem dringenden
Dass es nicht einfach ist, die rechte Mitte zwischen dem Zuviel Verdacht, ihre Jungfrauenschaft (gewaltsam) verloren zu haben und
und dem Zuwenig zu finden, wird in Bezug auf die Tugenden und wurde daher, wenn überhaupt, als zweite Wahl betrachtet. Beide sind
Untugenden der Dummheit und Klugheit (Lamed), des falschen letztlich in ihrem Schicksal, ihrem Partner erster Wahl nicht zu be-
Mitleids (Mem) und der üblen Nachrede (Nun) dargestellt. Es wird gegnen, miteinander verbunden.
festgehalten, dass der Lebensraum des Menschen immer mit ande- Ein Mann soll sich auch dann nicht von seiner Frau scheiden
ren Menschen gefüllt ist. Allen ist Respekt zu erweisen, insbeson- lassen, wenn sie ihm das Leben zur Hölle macht. Der aramäische
dere denjenigen, die auf eine lange Lebenserfahrung zurückblicken Sinnspruch legt nahe, daran zu denken, dass das Verhalten der Frau
können (Samech). wechselseitig von dem Verhalten ihres Mannes bestimmt ist. Stimmt
Ein weiterer Teil gibt Lebensregeln für diejenigen, die sich noch es aber, dass das Verhalten der Frau das Verhältnis ihres Mannes
im Berufsleben befinden und sich dort bewähren müssen. Sie müssen zu ihr spiegelt, dann hülfe auch keine Scheidung. Die nächste Frau
für ihre Familien sorgen, dürfen dies aber nicht auf Kosten anderer würde ähnlich oder sogar noch intensiver seine Gefühle widerspie-
tun. Es wird der gute Rat gegeben, auch die Mitte zwischen zu reich geln, so er sich nicht zunächst selbst ändert.
und zu arm zu erstreben (Ajin). In der Familie sind Streitereien, ins-
besondere um das Erbe, zu vermeiden (Pe). Es gilt, sich einen gu- 2. Der rechte Lebenswandel
ten Ruf als Geschäftsmann zu erwerben (Zade). Der Standort des
Geschäfts ist von großer Bedeutung (Pe), ebenso die Auswahl der
Die Anleitung zum rechten Lebenswandel beginnt mit der Aufforde-
Geschäftspartner (Resch). Der Schlussteil (Schin, Taw) gibt einen
rung zur Gottesfurcht, die ja auch im Dialog zwischen dem kleinen
guten Ratschlag über das Annehmen von Ratschlägen und wünscht
Ben Sira und seinem Lehrer den Kern des Gesprächs bildete. Diese
dem Leser, rechtschaffen und – wie das Buch – vollendet zu sein.
allerdings soll nicht zur Schau getragen werden. In einem anderen

1. Die Familie 1
Die theologische Diskussion zwischen Usiel und Josef, die die rabbi-
nische Rechtsprechung zum aufsässigen und störrischen Sohn behan-
Die Reihe der aramäischen alphabetischen Sinnsprüche beginnt eher delt, diskutiert lediglich den Aspekt, wer die Strafe zu vollziehen hat,
lakonisch. Der Mensch kann sein Leben zwar gestalten, aber er hat wenn der Sohn als aufsässig erwiesen ist. Usiel vertritt die Auffas-
sung, dass der Vater sogar die Todesstrafe vollziehen muss, sein Sohn
es nicht in der Hand, Tod oder Krankheit zu verhindern. Daher tut vertritt die Auffassung, dass das Urteil sich von selbst vollstreckt (wer
er gut daran, den irdischen Arzt ebenso in Ehren zu halten wie den die Gefahr sucht, kommt in ihr um).

340 341
Alphabet des Ben Sira VII. Sinnsprüche und ihre Alltagstauglichkeit

kulturellen Umfeld soll man sich davor hüten, wegen der eigenen re- Ging es zunächst um die Frage, wie der Mensch durch Handeln
ligiösen Praktiken als Narr verspottet zu werden. Gerade die Religi- gut wird, rückt nun die Perspektive in den Vordergrund, wie der
on soll mit dem gesunden Maß für die rechte Mitte ausgeübt werden. Mensch die beste Seite seines Charakters und seines Verstandes
Dazu gehört, eine gewisse Bescheidenheit zu Tage treten zu lassen, entwickeln kann. Der Lehrspruch zum Buchstaben Lamed beginnt
sich nicht als allzu weise oder schlau zu gebärden (auch andere ha- mit der Tugend der Sanftmut, die eine Eigenschaft des Weisen ist.
ben gelegentlich Recht) und nicht als allzu böse aufzufallen (wenn Der Weise versteht Zeichen und Andeutungen zu lesen. Der Dum-
jemand auf die falsche Bahn geraten ist). Zu dieser Tugend, das Maß me hingegen reagiert nur mit und auf Gewalt. Daher soll der Weise
der Mitte für das persönliche Leben zu finden, gehört es auch, sich vermeiden, mit einem dummen Menschen zusammenzutreffen. Der
vor falschem Mitleid zu hüten. Dumme ist außerdem ein reiner Materialist. Ihn interessiert das Geld
Ein Nachtrag beschäftigt sich mit dem zuvor erwähnten Bösen der anderen, das er sich ohne zu fragen nimmt oder das er sich er-
(„wehe“!). Grundsätzlich gilt, dass sich ein Mensch von bösen Men- schleicht. Ist der Weise der Leidtragende, muss er seine Sanftmut
schen distanzieren muss, denn Bosheit färbt ab. Böse Menschen ver- überwinden, will er sich das Seine wiederholen. Er muss in diesem
leiten andere dazu, auch böse zu werden. Fall die Sprache des Dummen sprechen, der nichts anderes versteht.
Dass der Umgang mit Fremden besonderer Vorsicht bedarf, ver- Er muss ihm Gewalt androhen und diese auch zufügen. Da er dies
deutlicht Sinnspruch und Erläuterung zum Buchstaben Chet. Grund- in jedem Fall zu vermeiden wünscht, setzt er alles daran, vor einem
sätzlich gilt es, sich aus fremden Angelegenheiten herauszuhalten. Dummen zu fliehen.
Man soll Fremden freiwillig keine Hilfe anbieten, da man nicht Der Lehrspruch zum Buchstaben Mem beschäftigt sich mit der
weiß, ob man ihnen vertrauen kann. Dies wird an einem Beispielfall Tugend, die auf das Ehrgefühl gerichtet ist. Nach Aristoteles1 ist die
erläutert, der außerdem vor Augen hält, dass aus Spaß sehr schnell Tugend der Hochsinnigkeit die Mitte zwischen dummem Stolz und
bitterer Ernst werden kann. Jemand lügt aus Spaß und braucht später Engstirnigkeit. Sie befähigt, Taten, Werke und deren Erzeuger ange-
für den eigenen Spott nicht mehr zu sorgen. Er kommt ihn teuer zu messen zu bewerten. Die Tugend des Ehrgefühls kann sich nicht ent-
stehen. Bleibt die Moral, dass Schweigen Goldes wert ist. wickeln, wenn eine Person falsche Vorbilder hat. Schlimmer noch
Der Sinnspruch zum Buchstaben Thet greift noch einmal die Fra- ist es, wenn die Urteilskraft so geschwächt ist, dass die Taten eines
ge von Gut und Böse auf. War bereits festgehalten worden, dass man bösen Menschen bewundert werden oder jemand Mitleid mit einem
sich von einem bösen Menschen fernzuhalten hat, wird dies nun bösen Menschen empfindet. Der Dumme ist wie der Esel nicht fähig,
weiter präzisiert: Weder soll man „mit ihm auf einem Weg gehen“, der Situation oder Sache gemäß zu entscheiden.
noch soll man ihm Gutes erweisen, noch soll man sich überhaupt Schwierig ist es, der Verachtung von Menschen zu begegnen. Ist
aus Leichtsinn in Gefahr begeben. Die Tugend der Tapferkeit ist zu jemand diesem starken, negativen Gefühl ausgesetzt, darf er nicht
erstreben, die zwischen Verwegenheit (der Fremde mit dem Löwen) versuchen, es durch positives Handeln zu neutralisieren, da dies nur
und Feigheit liegt. die Verachtung weiter schürt. Hier helfen nur Distanz und der Ver-
weis aus dem Haus.
3. Die Tugenden Der Sinnspruch zum Buchstaben Nun warnt vor übler Nachrede
und Intriganz, denn wenn jemand mit Worten tötet, so ist er letztlich
auch bereit, mit dem Schwert zu töten.
Der Sinnspruch zum Buchstaben Jod ermahnt dazu, die höchste
Die wichtigste Frage, wie die Tugenden erworben werden kön-
praktische (ethische) Tugend, die Freigiebigkeit oder das Erwei-
nen, beantwortet der Sinnspruch zum Buchstaben Samech. Es ist das
sen von Liebesdiensten (Großzügigkeit), zu praktizieren. Zu dieser
gute Beispiel eines langen, gelungenen Lebens, an dem sich Jüngere
Tugend gehört die Gastfreundschaft ebenso wie das Versorgen von
orientieren können. An ihm ist zu sehen, ob ein Leben um seiner
[Witwen und] Waisen. Es wird – die Ermahnungen zum Buchstaben
selbst willen gelebt wurde, bei dem die Erkenntnis des Guten und
Sajin ergänzend – betont, dass das Brot zur Erhaltung des Lebens
das richtige Handeln und Verhalten im Vordergrund stand. Das gute
dient und dies in zweifacher Weise: Es hilft dem Hungernden zu
Beispiel färbt ab und gibt einen Anreiz, ihm nachzustreben. Die Tu-
überleben und sichert dem Geber des Brotes die Aufmerksamkeit
genden stellen sich auf diesem Weg durch einfache Gewöhnung ein.
des Himmels. Jemand, der nicht versteht, dass „alles, was er tut, nur
dann geschieht, wenn Gott es will“, wird eines Besseren belehrt. 1
Siehe Aristoteles, Nikomachische Ethik IV,7-9 (1123a-1125a).

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Alphabet des Ben Sira VII. Sinnsprüche und ihre Alltagstauglichkeit

Daher ist es wichtig, dass sowohl im privaten wie im öffentlichen Das Geschäft soll möglichst nahe zum Wohnsitz des Geschäftsei-
Leben die lebenserfahrenen und betagten Menschen mit ihrem Rat gentümers liegen, so dass dieser alle Geschäftsabläufe selbst kontrol-
für die Jüngeren präsent sind. lieren kann (Quf). Allzu großes Vertrauen einem Geschäftspartner
entgegenzubringen, der von einem weit entfernten Geschäftszweit-
4. Der Beruf sitz aus Zugriff auf das Geschäftsvermögen hat, ist ungesund und
zuweilen tödlich.
Man soll über seinen Geschäften nicht vergessen, Freundschaften
Das Maß der richtigen Mitte steht auch als Richtlinie über den Sinn-
zu pflegen, weil diese – bei guter Pflege – länger halten als Ge-
sprüchen, die sich mit dem Berufsleben beschäftigen. Wichtig ist
schäftsbeziehungen (Resch). Der Wert der Freundschaft liegt in ihr
vor allem, dass der Mensch weder danach streben soll zu reich, noch
selbst, durch sie allein ist ein Mensch schon reich beschenkt. Zudem
zu fromm zu werden. Sowohl in geschäftlichen, als auch in privaten
übe man sich in Hilfsbereitschaft und Redlichkeit.
Angelegenheiten ist es erstrebenswert, das Maß der richtigen Mitte
Auf den einstimmigen Rat der Freunde ist Verlass, aber dem Rat
zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig, aber auch das richtige Maß
des eigenen Herzens ist zu folgen, wenn die Freunde nicht einhel-
im Vergleich mit dem anderen (der ein anderes Maß der Mitte haben
liger Meinung sind (Schin).
kann) zu erlangen.
Der Sinnspruch zum Buchstaben Ajin verdeutlicht dies an einem Das Alphabet des Ben Sira schließt mit der Aufforderung zu Selbst-
Beispiel, dem ein Wortspiel zu Grunde liegt. Der Abend, der im beherrschung und Genügsamkeit. Der Zustand der satten Trägheit
Sinnspruch vorkommt, enthält dieselbe Buchstabenkombination ist ebenso wenig erstrebenswert wie ständiger Hunger. Am unabhän-
(Resch, Ajin, Bet) wie das erste in der Erklärung benutzte Verb „sich gigsten ist daher der Mensch, der in der Mitte zwischen dem Zuviel
unter die Leute mischen“, hier in der Bedeutung: „sich mit jeman- und dem Zuwenig innere Unabhängigkeit erreicht hat.
dem [geschäftlich] einlassen“. Dies ist nur sinnvoll, wenn beide
Partner gleichberechtigt sind. Ist dies nicht der Fall, bestimmt der
Reichere die Richtlinien und der Ärmere ist von dessen gutem Wil-
len abhängig. Da dies aber ein nicht bestimmbarer Faktor ist, geht
der Rat dahin, sich nur mit einem in Gelddingen gleichgewichtigen
Partner zu verbinden, da nur so ein Geschäft auf gleicher Augenhöhe
möglich ist.
Privat und geschäftlich ist darauf zu achten, dass Mahlzeiten fried-
lich verlaufen.1 Dies ist dann garantiert, wenn nur die Personen mit-
einander speisen, die keine Antipathien gegeneinander hegen. Die
Tugend der Friedfertigkeit kann auch beim Erstellen einer Gästeliste
erprobt werden. Zum anderen liegt es im diplomatischen Geschick
des Gastgebers, die Gründe für eine Einladung oder Nichteinladung
im Dunklen zu lassen.
Der Sinnspruch zum Buchstaben Zade fordert auf, sich um gute
Sitten, gute Umgangsformen und akzeptable Geschäftspraktiken, zu
bemühen. Dazu zählt auch, einen respektablen Geschäftspartner zu
gewinnen, der sich vor allem durch gute Bildung auszeichnet. Ein
ungebildeter, wenn auch reicher, Geschäftspartner sorgt garantiert
für eine desaströse Geschäftsbeziehung. Seine Habgier wird schließ-
lich alle ruinieren.
1
Ziba handelte im politischen Auftrag des einzig überlebenden Sohnes
von König Saul, Mefiboschet, als er David Brot, Wein und Esel sandte
und ihn damit von Jerusalem fernhielt.

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VIII. Bilanz

Die dieser Studie zum Alphabet des Ben Sira zu Grunde gelegte
Handschrift Kaufmann 59 des Budapester Rabbinerseminars bietet
einen in sich geschlossenen Text des Alphabets des Ben Sira, auch
wenn dieser von verschiedenen Händen überarbeitet wurde.
Ben Sira, die Hauptfigur des Werkes, entwickelt sich im Laufe der
Lektüre vom naseweisen Kind über den Ratgeber am Hofe des Kö-
nigs zu einer Schriftautorität, deren Lehren an die nächsten Genera-
tionen weitergegeben werden. In ihnen geht es um die Entwicklung
einer Tugendlehre, die darauf zielt, im alltäglichen Leben anwendbar
zu sein. Diese Tugendlehre vermittelt wie die Ethik des Aristoteles,
dass alles Handeln danach auszurichten ist, die Mitte zwischen dem
Zuviel und Zuwenig zu finden.
Eine weitere Interpretationsebene erschließt sich für das Alphabet
des Ben Sira durch Rückbezug auf die rabbinische Literatur. Das Al-
phabet des Ben Sira bezieht sich mit seinen Geschichten auf proble-
matische Auslegungen der Bibel und theologische Problemfälle in
der rabbinischen Literatur. Diese Probleme werden aufgehoben, in-
dem mit Hilfe der wörtlichen Bibelauslegung und der aristotelischen
Tugendlehre narrativ eine alternative Lösung entwickelt wird.
Ziel des Alphabets des Ben Sira ist es zu zeigen, was passiert,
wenn ein missverständlicher Gedanke, der in der rabbinischen Lite-
ratur angedacht ist, konsequent zu Ende gedacht wird. Das Alphabet
kritisiert, um diese Kritik positiv in einer Erzählung zu überwinden.
Auf diesem Wege zeigt das Alphabet des Ben Sira, dass Weisheit all-
tagstauglich sein kann und dass ethische und theologische Maximen
am einprägsamsten in Form von Geschichten vermittelt werden.
Die zahlreichen Versionen des Alphabets des Ben Sira lassen al-
lerdings erkennen, dass einige Schreiber dazu tendierten, das Alpha-
bet des Ben Sira immer mehr den Formen der rabbinischen Literatur
anzupassen. Andere Schreiber betonten den narrativen Aspekt des
Alphabets des Ben Sira. Dadurch wurde das ethische Konzept des
Werkes überlagert.

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368
Register

((Hier folgt das Register mit ca. 20 Seiten))

369
Abkürzungen

Ant. Flavii Iosephi Antiquitatum Iudaicarum


Aufl. Auflage
Bd. Band
Bde Bände
BK Börner-Klein, Pirke de Rabbi Elieser
CD Compact Disk
Cod. Codex
Diss Dissertation
EEJ Encyclopaedia Judaica, englisch, Jerusalem 1971ff
engl. englisch
h hebräisch
Hg., hg. Herausgeber, herausgegeben
Jh Jahrhundert
Ms Manuskript
Mss Manuskripte
Ndr. Nachdruck
No. Numero
PhD Philosophical Dissertation
u.a. und andere
[] kennzeichnen Ergänzungen zum besseren Textverständnis
<> kennzeichnen Beginn und Ende einer Abweichung des Textes
von Text B bei E. Yassif
{} kennzeichnen Beginn und Ende einer Parallelüberlieferung in
der rabbinischen Literatur.
‫א‬ Steinschneider, M.: Alphabetum Syracidis (Alpha Beta de Ben
Sira), [Textgrundlage: Venedig 1544 und Ms Leiden Cod. Or.
4797], Berlin 1858. Ndr. in: J.D. Eisenstein, Ozar Midraschim,
Bd. 1, New York 1915, 35-50.
‫ב‬ Ms Kaufmann 59, Budapest nach der Edition Friedmann, D.Z.,
Löwinger, D.S.: Alpha Beta de Ben Sira. Hazofeh 10 (1926),
250-281.
‫י‬ Text B: The Tales of Ben Sira in the Middle Ages. A Critical Text
and Literary Studies (h), Jerusalem 1984.

389
Akkürzungen Akkürzungen

SER Seder Eliahu Rabba


Tan Tanchuma
1. Zeitschriften und Buchreihen Tan B Tanchuma, Ausgabe Buber

HUCA Hebrew Union College Annual


JBL Journal of Biblical Literature 4. Traktatnamen von Mischna, Tosefta, Talmudim
JJS Journal for Jewish Studies
JSHRZ Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit b Babylonischer Talmud
JQR Jewish Quarterly Review j Jerusalemer (palästinischer) Talmud
MGWJ Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums m Mischna
PMLA Publications of the Modern Language Association of America t Tosefta
REJ Revue des Études Juives
WCJS World Congress of Jewish Studies
ZDMG Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft Ar Arachin Ket Ketubot
ZHB Zeitschrift für hebräische Bibliographie AZ Aboda Zara Makh Makhschirin
BB Baba Batra Mak Makkot
Bekh Bekhorot Meg Megilla
2. Bibel Ber Berachot Ned Nedarim
BM Baba Mezia Nid Nidda
BQ Baba Qamma Pes Pesachim
Chron Chronik Klgl Klagelieder
Chag Chagiga Qid Qidduschin
Dan Daniel Koh Kohelet, Prediger
Chul Chullin Sanh Sanhedrin
Dtn Deuteronomium Lv Leviticus
Er Erubin Schab Schabbat
Ex Exodus Mal Maleachi
Git Gittin Schebu Schevuot
Gn Genesis Nah Nahum
Hor Horajot Suk Sukka
Hld Hoheslied Nu Numeri
Jad Jadajim Taan Taanit
Ez Ezechiel Ob Obadja
Jeb Jebamot Tam Tamid
Jer Jeremia Prov Proverbia
Jes Jesaja Ps Psalm
Jos Josua Ri Richter
Kg Könige Sa Samuel

3. Midraschim

ARN A Avot de Rabbi Natan, Version A


ARN B Avot de Rabbi Natan, Version B
ExR Exodus (Schemot) Rabba
ER Ester Rabba
GnR Genesis (Bereschit) Rabba
HldR Hoheslied (Schir ha-Schirim) Rabba
KgldR Klagelied Rabba
KohR Kohelet (Prediger) Rabba
LvR Leviticus (Wajiqra) Rabba
Mek Mekhilta de R. Jischmael
Midr.Ps Midrasch Psalmen
NuR Numeri (Bemidbar) Rabba
PR Pesikta Rabbati
PRE Pirke de Rabbi Elieser
PRK Pesikta de Rab Kahana

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