Sie sind auf Seite 1von 4

SAMANLI_ThGr02_I-1

Betreff: ThGr 02
Theorotische Grundlagen 02 Assignment 28.03.2021

Sinan Samanli

1)Begriff von der Neuen Musik

Mathias Spahlinger versteht die neue Musik als einer der mehreren qualitativen Sprünge,
die analog zu einander in verschiedenen Bereichen stattgefunden haben, als Ergebnis der
Totalisierung der Macht im zwanzigsten Jahrhundert:

…denn zum ersten mal steht die menschheit vor dem problem, daß, wenn sie die probleme, die aktuell sind,
nicht gewältigt, daß dann nicht einfach ein weniger an Wohlleben daraus resultiert, sondern daß sie
zugrunde geht, auch das ist ein qualitativer sprung, das hat es bisher so nicht gegeben.

Inzwischen ist es so, daß die Menschheit vor aufgaben steht, deren Lösung überlebensnotwendig ist, die sie
sich ungewollt selbst gestellt hat, und wenn diese aufgaben nicht gelöst werden, von denen nicht von
vornherein klar ist, daß sie sie lösen kann, dann wird sie von der erde verschwinden, was nicht das
schlimmste wäre, denn längst is schlimmeres denkbar und machbar, als der tod, als ein ende mit schrecken.

In Spahlingers Text finde ich merkwürdig wie sich ein so heftiger Pessimismus mit einem
unerschütterlichen Optimistismus verknüpft:

…es hat in der musik eine Revolution stattgefunden wie es bisher noch nie eine gegeben hat und
gleichzeitig scheint dem nichts in der wirklichkeit, keine qualitative Veränderung zu entsprechen. Denn diess
neue hat allein eine vollkommene Wirklichkeit so wenig, als ein eben geborenes kind. Und sie merken an der
emphase, in die ich da gerate, daß ich die Errungenschagten der musik des. Zwanzigsten Jahrhunderts für
so essentiell halte, daß ich denke, heier muß man wissen, was eigentlich sein heißt, hier müssen wir
konservativ sein lernen und diese errungenschaften, die nach vorne offen sind, gegen alles bloß modische,
das etwas zu verändern vorgibt und docj nicht wirklich etwas qualitativ verändert, zu verteidigen.

2)Begriff des Atonalen

Spahlinger entwickelt eine Sichtweise über die Atonalität im Bezug auf den Materialbegriff:
Die Neue Musik verschmäht musikalisches Material, das Zusammenhang von vornherein
stiftet, in dem der Zusammenhang nicht vom Komponisten erst hergestellt werden muß.
Das heißt: in diesem vorab als musikalisch definierten material bewegt der geist sich nur in geistfähigem
material, setzt sich also nicht auseinander mit dem, was ihm selber heterogen ist, ganz analog zur
idealistischen philosophie und erst der sprung, sich mit klängen zu beschäftigen, die auch außerhalb der
musik vorkommen, die also nicht vorab z.b. ein tonales zentrum oder ein kadenzgefälle in sich enthalten,
erst dieser sprung konfrontiert das denken in musikalischen zusammenhängen mit dem, was nicht
zusammenhang, mit dem, was nicht musik ist… daß es eben keine hauptgedanken gibt, aus denen die
Nebengedanken abgeleitet sind, sondern daß jeder punkt, an dem das universum angefaßt wird, zugleich
vermittelt und unmittelbar ist, also zugleich ein erstes und zusammenhang, das heißt zugleich die
Hauptgestalt sein kann, und alles andere ist hintergrund, wie umgekehrt den kontext abliefern kann zu allem
andern. sie sehen, daß diese denkweise in der alten musik eben überhaupt nicht widergespiegelt wird, oder
nur sehr handgreiflich zwischen gestalten verschiedener wichtigkeit, nicht zwischen gestalt und hintergrund,
sondern im gegenteil: wenn von vornherein geregelt bleibt, du bist die melodie und der ist die begleitung,
oder du bist die tonleiter, auf der diese melodie sich abspielt, oder es gibt keine taktmetrischen
Verschiebungen von der rhythmischen gestalt, dann ist das Verhältnis zwischen vor-und hintergrund ein für
alle mal geregelt.

Konrad Boehmer dahingegen beobachtet Atonalität bzw. Auflösung der Tonalität im Bezug
auf die Zeitlichkeit :

Alle posttonalen Organisationstypen musikalischen Materials, ob sie nun seriell, modal oder was auch immer
sein mögen, haben miteinander gemein, dass sie die linear-teleologische Konzeption des tonalen Materials
samt seiner Hierarchien in Zweifel ziehen. Die Zeit kann- wie in mancher auf neo-klassizistischen Prinzipien
beruhenden Musik - storniert werden - sie kann - wie in manchen Werken Bergs - sich öfnnen, falten und
schließen, sie kann - wie in der seriellen Musik - zum Feld sich erweitern, innerhalb dessen schachzugartige
Bewegungen möglich sind.

Der Begriff des Seriellen war vom ersten Augenblick an recht unglücklich gewählt, gab er doch in Bezug auf
die unter ihn subsumierbare Musik nur einen ihreh organisatorischen Aspekte an, der - im Nachhinein
betrachtet - noch nicht einmal der wichtigste ist. Schon in der sogenanten Zwölftontechnik der Wiener Schule
ist die Reihe niemals ein lineares Diktat gewesen.

3)Stellenwert der seriellen Verfahren und Konzepte

Das Wort seriell kommt in Spahlingers Text nicht vor. Einige seiner Pünkte beschränken
sich darauf, Serialismus anzudeuten ohne es unmittelbar zu benennen. Einige Stichwörter
sind (ideenkunst, das kunstfremde, radikale säkularisierung) schwer mit der seriellen
Technik in Beziehung zu setzen.
Boehmer ist gar nicht kritisch von Serialismus, nur von denen, die serielle Musik nicht
kennen, mögen oder sich damit genug beschäftigen. Offensichtlich legt er auf Serialismus
großen Wert und scheint genuin beleidigt zu sein, wenn an diesen Kritik geübt wird.

Schluss

Ich gebe Herrn Boehmer recht, daß die Komponisten jungerer Generationen sich mit den
technischen Aspekten der seriellen Musik noch ernsthafter beschäftigen sollten. Und ich
finde es sehr interessant, wie er das Wesen der seriellen Musik im Bezug auf die
Zeitlichkeit beobachtet einerseits, und wie er mit einer reichen Begrifflichkeit er all dies in
Worte setzen vermag andererseits. Dennoch aber bei dem folgenden Abschnitt werde ich
in Erinnerung gebracht, dass der Autor dieses Text gar kein geistesverwandter ist, sondern
eine Schimäre, die weiter von meiner eigenen Existenz entfernt ist als die Musik der Alten
Mesopotamier:

Den Typen serieller Musik, die sich auf eine Matrix von Tönen beschränkten, ist oft nachgesagt worden, sie
seien nur eine einzige graue Masse, jedes Stück klinge wie das andere, sie seien - wie Peter Schat es
unübertroffen dümmlich formuliert hat - „Kalte-Kriegs-Musik“. Es wäre zuviel der Mühe, sich ernsthaft
philosopisch oder ästhetisch auf solcherlei einzulassen, denn selbst das beste ist kein geeignetes Mittel, um
ewig gestrigen Komponisten das Schmalz aus den Ohren zu schaben, das sich zwischen ihr Gehirn und die
Kompositionen eingenistet hat. Wer aufgrund von solcherlei Gehörproblemen serielle Musik beurteilt, über
den sollte man erst mal selbst reden. Der Grund des Missverständnisses liegt in Fragen der Mnemonik, die
Stockhausen schon zur Sprache brachte, als die heutigen Kritiker des Seriellen noch Wiegenlieder
lauschten.“

Es ist einfach eine Tatsache dass die meisten seriellen Werke während der Kalten Krieg
geschrieben wurden und ihn mit allen Mitteln wiedergespiegelt haben. Wer weiss, warum
Herrn Boehmer die Formulierung Kalte-Kriegs-Musik so sehr übel genommen hat, dass er
darauf mit einem argumentum ad hominem zu antworten gezwungen wurde? Und wozu
dient es, sich ernsthaft philosopisch oder ästhetisch auf solcherlei einzulassen, wenn man
zufällig einfach der Meinung ist, dass die musikalischen Fahigkeiten von Karlheinz
Stockausen weit hinter seiner Vorstellungskraft und theorotischer Arbeitsethik nachhinkten,
oder die bei Gruppen untersuchten faszinierenden kompositorischen Ideen unter anderen
Umständen musikalisch weniger grau verwirklicht sein könnten von Stockhausen selbst
oder von einem anderen Komponist?

Ich verstehe nicht, worauf Spahlinger mit der radikalen Säkularisierung hinweist: Selbst die
erste zwei Seiten seiner Schrift machen mir den Eindruck, dass ich die Predigt einer
eigentümlichen Religion erlebe. Könnten wir wirklich behaupten, dass die Musik heute
weniger religiös ist als z.B. im 18. Jahrhundert?

Das könnte Ihnen auch gefallen