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Werner Kroeber-Riel

Andrea Gröppel-Klein

Konsumenten-
verhalten
11. Auflage

Vahlen
Prof. Dr. Werner Kroeber-Riel († 1995) war Inhaltsübersicht
Begründer des Instituts für Konsum- und Ver-
haltensforschung (IKV) an der Universität des Grundlagen der Konsumentenforschung
Saarlandes. Prof. Dr. Andrea Gröppel-Klein ist A. Die Entwicklung der Konsumenten-
seit 2006 Direktorin des IKV an der Universität forschung
des Saarlandes. B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften
und aktuelle Trends
Das internationale Standardwerk beschäftigt C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen
sich mit der Erklärung und Beeinflussung zur Konsumentenforschung und
des Konsumentenverhaltens. Es bietet einen neue Herausforderungen für Wissenschaft
Überblick über theoretische Ansätze und empi- und Praxis
rische Ergebnisse der Konsumentenforschung. Psychische Determinanten
Die 11. Auflage ist vollständig überarbeitet des Konsumentenverhaltens
und stellt den neuesten Stand der internatio- A. Das System der psychischen Variablen
nalen Forschung dar. Die grundsätzliche B. Aktivierende Prozesse
Gliederung bleibt die bewährte, doch es gibt C. Kognitive Prozesse
viele neue Abschnitte, z. B. zum Zusammen- D. Das Entscheidungsverhalten der
spiel der Konsumentenverhaltensforschung Konsumenten
und der Verhaltensökonomie, zu unbewussten
Prozessen, zur Einstellungsbildung „on the Umweltdeterminanten
spot“, zum Embodiment, zu neuen Zielgrup- des Konsumentenverhaltens
pen, Meinungsführern und Influencern oder A. Das System der Umweltvariablen:
zum Einfluss der Digitalisierung auf das Erfahrungsumwelt und Medienumwelt
Konsumentenverhalten. Mehr als 250 farbige B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten:
Abbildungen illustrieren die Zusammenhänge. Direkte Umwelterfahrungen
C. Die Medienumwelt der Konsumenten:
Indirekte Umwelterfahrungen
„ … für Studenten, Dozenten, aber auch Konsumentenverhalten und
für Führungskräfte im Marketing ein Verbraucherpolitik
zentrales Fundament für das Verständnis A. Zum Problem der Konsumentensouveränität
des Konsumentenverhaltens und und zum Leitbild der Verbraucherdemokratie
somit den erfolgreichen Umgang mit B. Verbraucherpolitik
(potenziellen) Kunden“
(Marketing Review St. Gallen)

„Ein Klassiker, der allein schon durch


seinen Aufbau, seine klare Sprache,
200 Abbildungen und fast 100 Seiten
Literaturhinweise besticht ...“
(wisu)

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Urheberrecht und ist untersagt.
Konsumentenverhalten

von

Universitätsprofessor Dr. Werner Kroeber-Riel †


Universitätsprofessorin Dr. Andrea Gröppel-Klein

11. vollständig überarbeitete, aktualisierte und ergänzte Auflage

Verlag Franz Vahlen München


ISBN Print: 978 3 8006 6033 9
ISBN E-Book: 978 3 8006 6034 6

© 2019 Verlag Franz Vahlen GmbH, Wilhelmstr. 9, 80801 München


Satz: Fotosatz Buck, Zweikirchener Str. 7, 84036 Kumhausen
Druck und Bindung: Neografia, a.s.
ul. Sučianska 39 A, 03861 Martin-Priekopa, Slowakische Republik
Umschlaggestaltung: Ralph Zimmermann – Bureau Parapluie
Bildnachweise: © slena, © ralstudio, © VolsKinvols – alle depositphotos.com (Composing)
Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier
(hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff)
Werner Kroeber-Riel
1934–1995

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Vorwort zur 11. Auflage

Im Jahr 2019 feiert das 1969 von Werner Kroeber-Riel und Mitarbeiter des IKV, die mit ihren inspirierenden
(†1995) gegründete Institut für Konsum- und Verhaltens- Impulsen, umfangreichen Literaturrecherchen und
forschung sein 50-jähriges Jubiläum. Zu diesem Jubiläum dem kritischen „Probelesen“ von Textabschnitten diese
soll auch die 11. Auflage des Lehrbuchs Konsumenten- Neuauflage möglich gemacht haben. Zu nennen sind
verhalten erscheinen. Es wurde vollständig überarbeitet, insbesondere (in alphabetischer Reihenfolge): Frau M.sc.
aktualisiert und an manchen Stellen gekürzt, auch um Claudia Franke, Frau Dr. Jennifer Helfgen, Dipl.-Psych.
Platz für Neues zu schaffen. Neu hinzu gekommen sind Stephanie Kliebenstein, Frau M.sc. Sarah Kobel, Herr
beispielsweise ein Kapitel zum Zusammenspiel zwischen M.sc. Kevin Krause, Frau M.sc. Annika Strobel und Frau
Konsumentenverhaltensforschung und Verhaltensöko- Dr. Anja Spilski. Ein ganz herzlicher Dank gilt auch Frau
nomie oder zum Thema „Grounded Cognition (Embo- Annette Köhler, Frau Nina Babel und Frau Kenya-Maria
diment)“. Zudem finden sich nicht nur im Kapitel „Kom- Kirsch für diverse Korrekturarbeiten.
munikation im digitalen Zeitalter“, sondern im gesamten Schließlich gilt mein besonderer Dank Hermann Schenk
Buch neue Abschnitte zu den Einflüssen von technischen vom Verlag Vahlen für die erneut sehr geduldige Betreu-
Innovationen und der Digitalisierung (sowie der damit ung sowie meinem Mann, Herrn Dr. Hermann Klein, für
zusammenhängenden neuen Medienlandschaft) auf das manchen Ratschlag und für sein Verständnis, dass die
Konsumentenverhalten. Ebenso gibt es an vielen Stel- Überarbeitung des Buchs oft Vorrang vor gemeinsamen
len sogenannte „Vertiefungskästen“ für diejenigen Le- Aktivitäten hatte.
serinnen und Leser, die noch mehr Hintergrundwissen
Saarbrücken, im Juli 2019 Andrea Gröppel-Klein
erfahren möchten.
Ein herzliches Dankeschön geht erneut an alle früheren
und derzeitigen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen
Vorwort zur 10. Auflage

Vor fast 20 Jahren verstarb Werner Kroeber-Riel. Es war mentenverhalten“ auch als Bachelor-Lehrveranstaltung
ihm ein besonderes Anliegen, dass sein Buch „Konsu- angeboten. Für einen Bachelor-Kurs ist dieses Werk in
mentenverhalten“ weiterhin als das deutschsprachige Gänze zu umfangreich; hier wird den Dozenten geraten,
Standardwerk der Konsumentenverhaltensforschung Teile auszuwählen, also beispielsweise nur einen kur-
erhalten bleibt und damit auch sein wissenschaftliches zen Überblick über die inneren psychischen Prozesse zu
Lebenswerk weitergeführt wird. So übernahm nach sei- geben und sich dann dem eher anwendungsbezogenen
nem Tode Peter Weinberg bis zu seiner Emeritierung für Dritten Teil des Buchs zuzuwenden.
mehrere Auflagen die Fortführung dieses Lehrbuchs; Herzlich gedankt sei den derzeitigen Mitarbeiterinnen
und nun obliegt es meiner Verantwortung, dieses Stan- des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung für
dardwerk zu überarbeiten und auf den neuesten Stand ihre vielen wertvollen Hinweise, umfangreichen Litera-
der internationalen Konsumentenverhaltensforschung turrecherchen bis hin zur Erstellung des Stichwortver-
zu bringen. Das ist durchaus eine Herkulesaufgabe: Seit zeichnisses, und zwar (in alphabetischer Reihenfolge):
geraumer Zeit explodieren die Veröffentlichungen zu Frau Dipl.-Psych. Jennifer Helfgen, Frau Dipl.-Kff. Frie-
diesem Fach. Für die vorliegende Auflage wurden neben derike Kamm, Frau M. Sc. Sarah Kobel, Frau Dipl.-Psych.
diversen Monografien 35 Ordner mit Top-Journal-Bei- Stephanie Leick und Frau M. Sc. Katja Pfeifer. Ein ganz
trägen und neuen empirischen Studien gesichtet und in besonderer Dank gilt Frau Dr. Anja Spilski für ihre maß-
den Text integriert. Die Auswahl der neuen Erkenntnisse geblichen Impulse zur Neugestaltung des früheren Ka-
und Theorien erfolgte nach bestem Wissen und Gewis- pitels „Wirkungsmuster der Werbung“. Ebenso geht ein
sen, kann aber angesichts der Fülle der relevanten Ver- herzliches Dankeschön an Herrn Moritz Klein für sein
öffentlichungen nur subjektiv sein. Für neue Ideen und gründliches Korrekturlesen, an Frau Anika Strobel für
Anregungen bin ich daher allen Lesern sehr dankbar. die Erstellung des Literaturverzeichnisses sowie an Frau
Die vorliegende 10. Auflage ist grundlegend in allen vier Michèle Floerchinger, Herrn Philipp Klees, Herrn Thilo
Teilen überarbeitet worden und bringt somit in allen Ka- Kuhn, Herrn Michael Schilling, Frau Dipl.-Kff. Frauke
piteln zahlreiche Neuerungen, insbesondere in Bezug auf Hagner und an Frau Annette Köhler für die Erstellung
die Kapitel „Kognitive Prozesse“ und „Medienumwelt diverser Abbildungen oder das „Testlesen“ mancher Ab-
der Konsumenten“. Zudem gibt es erstmals einen Do- schnitte.
zentenservice mit der Möglichkeit, die Abbildungen des Schließlich geht ein besonderer Dank an den Verlag Vah-
Buchs herunterzuladen. An dieser Stelle ist anzumerken, len, insbesondere an Herrn Hermann Schenk, für die
dass sich das Buch nach wie vor in erster Linie an Dok- Betreuung und Geduld.
toranden, Diplom- und Masterstudierende bzw. an alle
Leser wendet, die sich für die theoretische Fundierung
der Konsumentenverhaltensforschung interessieren. An Saarbrücken, im Frühjahr 2013 Andrea Gröppel-Klein
manchen Universitäten und Hochschulen wird „Konsu-
Vorwort zur 9. Auflage

Peter Weinberg wurde zum 1.10.2005 emeritiert und wortverzeichnisses bis hin zum Korrekturlesen und vie-
übergab die Fortführung und Überarbeitung dieses Bu- len wertvollen Hinweisen leisteten die Mitarbeiterinnen
ches ab der 9. Auflage an Andrea Gröppel-Klein, die seit und Mitarbeiter des Instituts für Konsum- und Verhal-
2006 das Institut für Konsum- und Verhaltensforschung tensforschung (in alphabetischer Reihenfolge) Dipl.-Wirt.
an der Universität des Saarlandes leitet. Dadurch ver- Geograph Benedikt Bartmann, Dipl.-Kfm. Philip Broeckel-
bleibt dieses Standardwerk zur Konsumentenforschung mann, Dr. Claas Christian Germelmann, Dr. Jörg Königstorfer
in der Tradition der von Werner Kroeber-Riel gegründe- sowie Dipl.-Kff. Anja Spilski. Allen sei ganz, ganz herzlich
ten verhaltenswissenschaftlichen Schule an der Univer- für ihre Mühen gedankt – auch den studentischen Hilfs-
sität des Saarlandes. kräften, die sich als „Testleser“ zur Verfügung stellten!
Die vorliegende 9. Auflage bringt zahlreiche Neuerun- Außerdem gilt ein besonderer Dank dem Vahlen Verlag,
gen, vor allem im Zweiten Teil, insb. zu den affektiven insbesondere Hermann Schenk, für die gute Betreuung
Prozessen sowie im Dritten Teil zur Erfahrungs- und Me- und für das neue Layout.
dienumwelt der Konsumenten. Der gesamte Text wurde
auf den neuesten Stand der internationalen Konsumen-
Saarbrücken, im November 2008 Andrea Gröppel-Klein
tenforschung aktualisiert und ergänzt.
Peter Weinberg
Zahlreiche Hilfestellungen von der Literaturrecherche,
über die Erstellung diverser Abbildungen und des Stich-
Vorwort zur 6. Auflage

Werner Kroeber-Riel starb am 16. Januar 1995. Diese Mitarbeit leisteten


Wenige Wochen vor seinem Tode vereinbarten wir die • bis 1994 die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am In-
Fortführung dieses Buches in gemeinsamer Autoren- stitut für Konsum- und Verhaltensforschung in Saar-
schaft. Dazu hinterließ mir Werner Kroeber-Riel brücken: Ivonne Behle, Ines Dombrowski, Susanna Meyer,
• das neue Gliederungskonzept Oliver Nickel, Erika Woll sowie Sigrid Winkelmann-Bohn
• zahlreiche Textfragmente zu einzelnen Kapiteln, vor • ab 1995 die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Lehr-
allem zum Dritten Teil des Buches, und stuhl für Absatz-, Konsum- und Verhaltensforschung
• mehr als dreißig Ordner und Postkörbchen mit Ma- in Paderborn: Sigrid Bekmeier, Stefan Büscher, Andrea
terialien zum Text. Gröppel, Heidi Hohensohn, Oliver Hupp, Anja Stöhr, Ralf
Terlutter sowie Ingrid Tegethoff
Er selbst kam nur noch dazu, die „Grundlagen der Kon-
sumentenforschung“ im Ersten Teil des Buches bis zum Allen danke ich sehr herzlich.
„Entdeckungszusammenhang“ fertig zu stellen. Dieses Buch richtet sich weiterhin an Wissenschaftler,
Vereinbarungsgemäß hat sich meine Überarbeitung und Studierende und Praktiker, die an Fragen und Ergeb-
Ergänzung der 5. Auflage auf folgende Schwerpunkte nissen der Konsumentenforschung interessiert sind. Es
konzentriert: war, ist und bleibt das Hauptwerk des wissenschaftlichen
Nachlasses von Werner Kroeber-Riel.
• Aktualisierung der Literatur, Beispiele und Abbildun-
gen im Text.
• Überarbeitung und Ergänzung des gesamten Textes Paderborn, im Sommer 1996 Peter Weinberg
mit Blick auf den aktuellen Forschungsstand, vor al-
lem im Kapitel D im Zweiten Teil des Buches.
• Neufassung des Dritten Teiles des Buches gemäß dem
Wunsche von Werner Kroeber-Riel, zwischen der direk-
ten Erfahrungsumwelt und der Medienumwelt von
Konsumenten zu unterscheiden.
Ein solches Standardwerk zur Konsumentenforschung
entsteht nicht ohne Hilfestellung bei der Literatursamm-
lung und Textanalyse, Auswahl von Beispielen und Ab-
bildungen, Korrektur des Manuskriptes, Erstellung der
Bibliographie und des Stichwortverzeichnisses sowie bei
den redaktionellen Schreibarbeiten.
Vorwort zur 1. Auflage

Dank schulde ich vielen Kollegen, Mitarbeitern und und Herr Barg kümmerten sich um die Tabellen und
Studenten. Ohne das Drängen und Ermuntern meines Zeichnungen. Darüber hinaus gaben sie mir wichtige
Freundes und Kollegen Peter Weinberg wäre dieses Buch Korrekturhinweise. Herr von Keitz und Herr Wimmer
nie entstanden. Er hat mich über Jahre hinweg mit Im- haben mich bei den Korrekturen und abschließenden
pulsen versorgt. Arbeiten unterstützt.
Herr Zwicker hat den ersten Entwurf meiner wissen- Herr Steinhäuser hat sich als studentischer Testleser die
schaftstheoretischen Kapitel kritisiert und dadurch zu Mühe gemacht, das Buch durchzulesen und mich auf
ihrer Neufassung beigetragen. Herr Trommsdorff mach- Mängel und missverständliche Formulierungen auf-
te mir Verbesserungsvorschläge zu den Kapiteln über merksam zu machen. Nicht zuletzt danke ich meinen
Einstellung, Herr Kaas zu den Kapiteln über persönliche Sekretärinnen, zuerst Frau Toepfer und später Frau Schütz
Kommunikation. und Frau Winkelmann für das Schreiben des Manuskrip-
Das übrige Buchmanuskript nahm Herr Bernhard unter tes.
seine psychologische Lupe. Ihm verdanke ich besonders
viele Anregungen. Saarbrücken, im September 1975 Werner Kroeber-Riel
Die arbeitsaufwändige Überprüfung der Literaturanga-
ben und Zitate übernahm Herr Hemberle. Herr Behrens

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Inhaltsübersicht

Vorwort zur 11. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII D. Das Entscheidungsverhalten der Konsu-


Vorwort zur 10. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII menten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
Vorwort zur 9. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX I. Das Zusammenwirken von aktivierenden und
Vorwort zur 6. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X kognitiven Prozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
Vorwort zur 1. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI II. Entscheidungen mit überwiegender kognitiver
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . XV Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
III. Entscheidungen mit geringer kognitiver Kontrolle 404

Erster Teil
Grundlagen der Konsumentenforschung Dritter Teil
Umweltdeterminanten des
A. Die Entwicklung der Konsumentenforschung 3 Konsumentenverhaltens
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaf-
ten und aktuelle Trends . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 A. Das System der Umweltvariablen: Erfah-
I. Ziele, Ansätze und Interdisziplinarität der rungsumwelt und Medienumwelt . . . . . . . . . 419
Konsumentenverhaltensforschung . . . . . . . . . . . 10 B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten:
II. Zusammenspiel von Behavioral Economics und Direkte Umwelterfahrungen . . . . . . . . . . . . . 424
Konsumentenverhaltensforschung . . . . . . . . . . . 22 I. Die physische Umwelt der Konsumenten . . . . . . 424
C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen II. Die nähere soziale Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . 439
zur Konsumentenforschung und neue III. Die weitere soziale Umwelt der Konsumenten . . 523
Herausforderungen für Wissenschaft und C. Die Medienumwelt der Konsumenten:
Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Indirekte Umwelterfahrungen . . . . . . . . . . . . 540
I. Zum Entdeckungszusammenhang: I. Die zweite Wirklichkeit der Konsumenten . . . . . 540
Konsumentenforschung im Wandel . . . . . . . . . 36 II. Wirkungsmuster der Medien . . . . . . . . . . . . . . 542
II. Zum Begründungszusammenhang: Empirische III. Werbung als Massenkommunikation . . . . . . . . 554
Verankerung verhaltenswissenschaftlicher Theo- IV. Kommunikation im digitalen Zeitalter . . . . . . . . 589
rien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 V. Die mehrfach erfahrene Umwelt . . . . . . . . . . . 599
III. Zum Verwendungszusammenhang: Forschungs-
transfer mittels Sozialtechnik . . . . . . . . . . . . . . 46

Vierter Teil
Zweiter Teil Konsumentenverhalten und
Psychische Determinanten Verbraucherpolitik
des Konsumentenverhaltens
A. Zum Problem der Konsumenten-
souveränität und zum Leitbild der
A. Das System der psychischen Variablen . . . . . 51 Verbraucherdemokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . 607
B. Aktivierende Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 B. Verbraucherpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... 614
I. Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I. Einrichtungen der Verbraucherpolitik . . . . . ... 614
II. Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Relevanz der bisherigen Verbraucherpolitik
III. Emotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 und Ableitung von Zielen . . . . . . . . . . . . . ... 617
IV. Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 III. Verhaltenswissenschaftliche Studien mit Ver-
V. Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 braucherschutzrelevanz . . . . . . . . . . . . . . ... 619
C. Kognitive Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629
II. Das Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
III. Aufnahme von Informationen . . . . . . . . . . . . . 282 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713
IV. Verarbeitung von Informationen . . . . . . . . . . . 304
V. Lernen von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . 340
VI. Grounded Cognition (Embodiment) . . . . . . . . . 381
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tab. 1: Emotionstheorien im Überblick in Anlehnung Tab. 10: Ältere in der Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . 463
an Rothermund und Eder . . . . . . . . . . . . . . 111 Tab. 11: Bewusste und unbewusste Signale . . . . . . . . 514
Tab. 2: Das Consumption Emotion Set nach Tab. 12: Nonverbales Verhalten und Verkäufererfolg . 520
Richins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Tab. 13: Ausgewählte nonverbale visuelle Kommuni-
Tab. 3: Emotionen und bisherige Untersuchungen kationselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523
ihrer Marketingrelevanz (Auswahl) . . . . . . . 134 Tab. 14: Selbstkonzept und Konsumverhalten . . . . . . 530
Tab. 4: Wertetypen (in Anlehnung an Schwartz und Tab. 15: Beschreibung der Sinus-Milieus (2018) . . . . . 533
Sagiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Tab. 16: Motive der Nutzung einzelner Medien im
Tab. 5: Durchschnittliche Nutzung der verfügbaren Jahr 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553
Produktinformationen nach verschiedenen Tab. 17: Werbewirkungsmodell von Moser und
Experimenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Döring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
Tab. 6: Berechnung des Qualitätsmaßes für Wasch- Tab. 18: Eigenschaften von Drama und Szenenspots
mittelmarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 nach Stern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569
Tab. 7: Involvement und Entscheidungsverhalten . . . 391 Tab. 19: Marktanteile sozialer Medien in Deutsch-
Tab. 8: Informationsbedarf und Informationsverar- land 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597
beitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
Tab. 9: Unterschied zwischen Kaufsucht und impul-
sivem Kaufverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413

Abb. 1: Konsumentenverhalten in Deutschland . . . . . 8 Abb. 21: Testpersonen in EDR- Experimenten mit


Abb. 2: Das „Studium des Konsumenten“ . . . . . . . . . 9 EDR-mobil® . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Abb. 3: Die biologischen Richtungen der Abb. 22: Typischer Ablauf einer mobilen EDR-
Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Messung am Point-of-Sale . . . . . . . . . . . . . 69
Abb. 4: Super-Attrappen als Forschungsgegen- Abb. 23: Schematische Darstellung eines EDR-Expe-
stand der Verhaltensbiologie: Busensche- rimentes zur Messung der Vorteilhaftigkeit
ma und Kindchenschema . . . . . . . . . . . . . . 14 eines Standortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Abb. 5: Das SOR-Schema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Abb. 24: Zusammenführung von Beobachtungs-,
Abb. 6: Das virtuelle Supermodel Lil Miquela . . . . . . 19 Befragungs- und Aktivierungsdaten
Abb. 7: Konsum wird politisch . . . . . . . . . . . . . . . . 20 (anonymisiertes Beispiel) . . . . . . . . . . . . . . 70
Abb. 8: Beispiele bekannter cause-related Marke- Abb. 25: Video- und EDR-Protokoll für eine Versuchs-
ting-Kampagnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Abb. 9: Der Dolce & Gabbana-Fall in China . . . . . . 21 Abb. 26: Vergleich der Aktivierungshöhe bei Käufern
Abb. 10: Entwicklung der Konsumentenverhaltensfor- und Nichtkäufern im definierten Messbe-
schung seit 1960 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Abb. 11: Prospect Theory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Abb. 27: Virtual Shelves und Messung der EDR bei
Abb. 12: Gliederung der Wissenschaftstheorie . . . . . 36 Health Claims . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Abb. 13: Reizvorlage des Cartoontests für eine Abb. 28: Elektrodermale Reaktionen der drei
Mobile-Ticketing- Anwendung auf mobilen Claim-Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Endgeräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Abb. 29: Beispiel für einen permanent hoch aktivie-
Abb. 14: Nutzung fiktionaler Inhalte in der Werbung . 41 renden Spot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Abb. 15: Mediation und Moderation . . . . . . . . . . . . 44 Abb. 30: Mögliche Aktivierungsverläufe bei soge-
Abb. 16: Das System der psychischen Variablen . . . . 52 nannten Drama- Spots . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Abb. 17: Das menschliche Gehirn . . . . . . . . . . . . . . . 57 Abb. 31: Schlüsselreize: Erotische Stimuli bei ganz
Abb. 18: Das limbische System . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 unterschiedlichen Produktgruppen . . . . . . . . 80
Abb. 19: Das vierdimensionale Aktivierungssystem . . . 65 Abb. 32: Kindchenschema, auch in Kombination mit
Abb. 20: Veranschaulichung der Parameter der elek- kollativem Reiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
trodermalen Reaktion (Summenamplitude Abb. 33: Kollative Reize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
und Frequenz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Abb. 34: Aktivierung durch Farben . . . . . . . . . . . . . . 82
XVI Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abb. 35: Das Holi Festival of Colours . . . . . . . . . . . . 83 Abb. 67: Auswahl von Archetypen nach Jung . . . . . . 149
Abb. 36: Die Lambda-Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . 84 Abb. 68: „Tabubruch“-Werbung von Marken . . . . . . . 150
Abb. 37: Typische Aktivierungsmuster beim richtigen Abb. 69: Die Fotoalben-Marke „ifolor“- Mixed emo-
(motivierten) bzw. falschen (unmotivierten) tions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Lösen der Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 70: Beispiel für ein Circumplex-Modell . . . . . . . 152
Abb. 38: Integration von Informationen (hier Abb. 71: Das Evaluative Space Model nach Caciop-
Schmuck) in aktivierende Elemente (hier po, Gardner und Berntson (1999) . . . . . . . . 152
Augen/Mund) der Werbung . . . . . . . . . . . . 90 Abb. 72: Variableninteraktion zur Klärung des Moti-
Abb. 39: Integration informativer Elemente (hier neue vationsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Kissenbezüge und Text) in aktivierende Abb. 73: Bedürfnispyramide nach Maslow . . . . . . . . 159
Elemente (hier Hund) in den sozialen Medien 90 Abb. 74: Beiläufige Wahrnehmung von Einkaufs-
Abb. 40: „Parallelnutzung von Medien“ (2018) . . . . . 92 tüten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Abb. 41: Beispiele für direkte und indirekte Emotio- Abb. 75: Bildstimulus des modifizierten TAT für Selbst-
nen in Markenclaims . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 belohnungen von Konsumenten . . . . . . . . . . 171
Abb. 42: Die emotionalen Kampagnen „Be together. Abb. 76: Cartoon-Test – Motivation, VoIP zu nutzen . . 172
Not the same“ der Technikmarke Android Abb. 77: Beispiel für eine Collage zur Konsummotiva-
(von Tieren bis Fingerpuppen) . . . . . . . . . . . 93 tion „Streben nach Luxus, Prestige“ . . . . . . . 173
Abb. 43: Appraisal-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Abb. 78: Means-End-Chains . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Abb. 44: Cartoon entnommen aus dem Vortrag Abb. 79: Ziel-Mittel-Analyse einer Kaufmotivation
„Consumer Action: Automaticity, Purposive- nach der Leitertechnik (Laddering) . . . . . . . . 175
ness, and Self-Regulation“ (Bagozzi, 2003) . 103 Abb. 80: Preisabsatzfunktionen, deren Form durch
Abb. 45: Modell der Emotionen nach Plutchik . . . . . . 108 den Veblen- Effekt bestimmt wird . . . . . . . . . 177
Abb. 46: Aktuelle Diskussion zur Hemisphärenfor- Abb. 81: Die Welt des Luxus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
schung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Abb. 82: Voice Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Abb. 47: Aktivierung von Gehirnarealen beim Be- Abb. 83: Beispiel für authentische Werbung . . . . . . . 182
trachten von Schuhen in Zusammenhang mit Abb. 84: Stimulusmaterial der Studie von Gröppel-
bekannten vs. unbekannten Werbedar- Klein und Spilski (2006) . . . . . . . . . . . . . . . 183
stellern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Abb. 85: Beispiele aus Hennes & Mauritz „normale“
Abb. 48: Dopaminausschüttung beim Wasser-Saft- Frauen- Kampagne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abb. 86: Archetypische Motive in der Werbung . . . . . 186
Abb. 49: „Emotionskomponententheorie“ . . . . . . . . . . 117 Abb. 87: Der „Dornröschen“-Werbespot . . . . . . . . . . 187
Abb. 50: Die „Self Assessment Manikin“ und die Abb. 88: Werbewirkung des Archetypen-Spots . . . . . 187
„PrEmo“-Skala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Abb. 89: Gegenkampagne zu „The Force“ von
Abb. 51: Beispiel für den „affective slider“ von Greenpeace . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Betella und Verschure (2016) . . . . . . . . . . . 120 Abb. 90: Klassifizierung der einfachen Konflikte . . . . . 191
Abb. 52: Drei Beispiele der EmoSensor-Bilderskala Abb. 91: Beziehung zwischen Zielnähe und Stärke
zur Messung von Neid, Langeweile, Freude . 121 der Verhaltenstendenz . . . . . . . . . . . . . . . . 192
Abb. 53: Mehrdeutige Emotionsdarstellungen . . . . . . 122 Abb. 92: Appetenz-Appetenz- Konflikt . . . . . . . . . . . . 193
Abb. 54: Elemente des Gesichts mit unterschiedlichem Abb. 93: Appetenz-Aversions- Konflikt . . . . . . . . . . . . 193
emotionalen Ausdrucksgehalt: Augenbraue Abb. 94: Promotions- und Präventionsfokus mit Impli-
B, Auge A, Mund M . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 kationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Abb. 55: Ausschnitt aus FACS nach Ekman und Abb. 95: Theory of Reasoned Action (TRA, gelb
Friesen (1978) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 unterlegt) und Theory of Planned Behavior
Abb. 56: „Entlarvung maskierter Emotionen“ durch (TPB, blau und gelb unterlegt) . . . . . . . . . . . 203
FACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Abb. 96: Integrated Behavioral Model (IBM) von
Abb. 57: Automatic Facial Image Analysis (AFA) Montano und Kasprzyk (2015) zur Erklä-
nach Cohn und Kanade . . . . . . . . . . . . . . . 125 rung gesundheitsorientierter Verhaltens-
Abb. 58: Herausforderung, mit automatisierten Syste- weisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
men Mischemotionen zu erfassen . . . . . . . . 126 Abb. 97: ABC-Modell in Anlehnung an Solomon,
Abb. 59: Kooperation Fraunhofer-Institut – GfK, Bamossy et al. (2016) . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Emoscan zur Messung von Emotionen . . . . . 127 Abb. 98: Schematische Darstellung der Hypothese
Abb. 60: Faziale Elektromyographie . . . . . . . . . . . . . 127 über die Beziehung zwischen Einstellung
Abb. 61: Messung mittels bildgebender Verfahren . . . 128 und Kaufwahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . 210
Abb. 62: Erlebnismarketing in der Natur . . . . . . . . . . 136 Abb. 99: Modell komplexer Wechselwirkung zwi-
Abb. 63: Emotionale, aber austauschbare Werbung . . 140 schen Einstellung und Verhalten . . . . . . . . . 212
Abb. 64: Vermittlung unverwechselbarer Erlebnisse . . 140 Abb. 100: Beispiele des Stimulusmaterials der Expe-
Abb. 65: Veränderung der sachlichen und emotiona- rimente von Hugenberg und Bodenhausen
len Eindrücke von „HOBA-Seife“ durch die (2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Abb. 101: Beispiele für Geld-zurück-Garantien zur
Abb. 66: Erlebniswerbung Red Bull . . . . . . . . . . . . . . 148 Dissonanzreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis XVII

Abb. 102: Vom theoretischen Begriff zum Skalenwert . . 226 Abb. 135: Abstrakte versus konkrete Werbung – ab-
Abb. 103: Beispiel für eine Rating- Skala . . . . . . . . . . . 229 hängig vom Construal Level . . . . . . . . . . . . 311
Abb. 104: Semantisches Differenzial zur Wahrneh- Abb. 136: Beispiel für tachistoskopische Untersuchun-
mung des Saarlandes aus der Sicht junger gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
Erwachsener in den 90er Jahren und Abb. 137: Einflussfaktoren auf die Produktbeurteilung . . 313
heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Abb. 138: Formale Informations-Display-Matrix . . . . . . 315
Abb. 105: Das kausalanalytische WISA-Modell nach Abb. 139: Elementare Wahrnehmung in Abhängigkeit
Trommsdorff und Paulssen (2005) . . . . . . . . 234 vom Umfeld: Müller-Lyer’sche Täuschung . . . 320
Abb. 106: Einstellungsnetzwerk zu Barack Obama . . . . 235 Abb. 140: Elementare Wahrnehmung in Abhängigkeit
Abb. 107: Unterschiede zwischen den evaluativen vom Umfeld: Ponzo’sche Täuschung . . . . . . . 320
Reaktionen zu den US-Präsidentschaftskan- Abb. 141: Autoanzeige mit emotionalem Zusatz-
didaten Obama und Romney . . . . . . . . . . . 235 element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
Abb. 108: Das Elaboration- Likelihood- Modell . . . . . . . 241 Abb. 142: Beispiele der Kampagne „Umparken im
Abb. 109: Heuristisch-Systematisches Modell (HSM) Kopf“ zur Veränderung stereotypischer
der Persuasion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
Abb. 110: Entscheidungsfreiheit für individuelle Pläne . . 249 Abb. 143: Eindruckszerlegung in sachliche und werten-
Abb. 111: Messung von Werten mit Bilderskalen . . . . . 252 de Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
Abb. 112: Werteprofile von zwei Betriebsformen des Abb. 144: Internetauftritt der Zeitschrift Test der Stif-
Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 tung Warentest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
Abb. 113: Ergebnis einer Positionierungsstudie mittels Abb. 145: Kundenevaluationen im Internet . . . . . . . . . 339
multidimensionaler Skalierung . . . . . . . . . . . 256 Abb. 146: Mögliche Reiz- Reaktions-Verknüpfungen . . . 344
Abb. 114: Das modale Gedächtnismodell . . . . . . . . . . 261 Abb. 147: Co-Branding Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . 346
Abb. 115: Einteilung der Schemata . . . . . . . . . . . . . . . 269 Abb. 148: Gesichtsdifferenzierung durch Maschinen-
Abb. 116: Schematische Darstellung des Arbeitsge- lernen bei Facebook . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
dächtnisses nach Baddeley (2000) . . . . . . . 271 Abb. 149: Pawlow’sche Konditionierung . . . . . . . . . . . 351
Abb. 117: Gedächtnissysteme und mögliche Messver- Abb. 150: Die „Raffaello-Frau“ und „Underberg“ . . . . . 353
fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Abb. 151: Anwendung der Konditionierung in der
Abb. 118: Modifizierte BCM nach Schnittka, Sattler Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354
und Zenker (2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Abb. 152: Formen des operanten Konditionierens . . . . 359
Abb. 119: Ergebnisse eines Unconscious-Thought-Expe- Abb. 153: Lernen mittels Schemata, dargestellt am
riments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Erwerb von Wissen über Schokolade . . . . . 362
Abb. 120: Die Informationsaufnahme von Konsumenten 284 Abb. 154: Beispiel für erfolgreiches „Beauty-Tutorial“ . 363
Abb. 121: Virtual reality . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Abb. 155: Begriffsnetz der Imagery-Forschung . . . . . . . 368
Abb. 122: SMI-Blickaufzeichnungsgerät (mobiler Abb. 156: Gemeinsamkeiten und Unterschiede der
Eye-tracker), im Labor und am PoS (Aus- Percept-Analogy- und der Propositionalen
schnitt aus Studie des IKV) . . . . . . . . . . . . . 288 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
Abb. 123: Blickaufzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Abb. 157: Experimentelle Reize zum Nachweis der
Abb. 124: Ergebnisse einer Blickaufzeichnung nach überragenden Gedächtniswirkung von
Institut Dr. von Keitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Bildinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370
Abb. 125: Betrachtungselemente von Produktverpa- Abb. 158: Verstärkung der Erinnerung durch lebendige
ckungen und Betrachtungsdauer einzelner Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374
Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Abb. 159: Text-Bild-Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . 375
Abb. 126: „Hot Zones“ – Rot eingefärbte Bereiche Abb. 160: Displays am Point-of-Sale . . . . . . . . . . . . . . 375
kennzeichnen besonders intensiv betrachte- Abb. 161: Ansprache anderer Sinne durch Bilder . . . . . 376
te Regalbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Abb. 162: Werbung mit einer schnell verständlichen
Abb. 127: Blickaufzeichnung zur Analyse des Orientie- Metapher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376
rungsverhaltens am Regal . . . . . . . . . . . . . . 291 Abb. 163: Verwendung einer zweideutigen Metapher
Abb. 128: Erleichterung der Orientierung am Regal in der Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
durch „Fahnen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Abb. 164: Wirkungen der massierten Werbung (steile
Abb. 129: Eye-tracking-Studie zum Suchverhalten am Kurve) und der verteilten Werbung (Säge-
Regal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 zähne) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
Abb. 130: Goldenes Dreieck nach Hotchkiss, Alston Abb. 165: Embodiment – Beispiele für Körperhaltun-
und Edwards (2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 gen, die unsere Kognitionen verändern
Abb. 131: Reaktionen auf das goldene Dreieck – können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
Bilder dominieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Abb. 166: „Emotion-Oracle“ nach Pham (2014) . . . . . . 387
Abb. 132: Stimulusmaterial der Health-Claim-plus- Abb. 167: Dominante psychische Prozesse beim Ent-
Bild-Studie von Gröppel- Klein, Freichel und scheidungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
Kliebenstein (2017b) . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Abb. 168: Konzeptualisierung des Involvement-Kon-
Abb. 133: Schema der Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . 304 struktes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391
Abb. 134: Dimensionen psychologischer Distanz . . . . . 310 Abb. 169: Prozessphasen einer Kaufentscheidung . . . . 392
XVIII Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abb. 170: Entscheidungsnetze, die unterschiedliche Abb. 199: Idealisierung und Bewunderung . . . . . . . . . 490
kognitive Programme bei der Auswahl von Abb. 200: Zwei Beispiele (VW und Saturn) für
Zahnpastamarken repräsentieren, nach Word-of-Mouth-Aktivitäten als Reaktionen
Bettman (1979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 auf Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496
Abb. 171: Markenwahrnehmung durch den Konsumen- Abb. 201: Die Entwicklung der Word-of-Mouth-
ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501
Abb. 172: Der „Smarte Kühlschrank“ und die Mög- Abb. 202: Arten von Influencern in Anlehnung an
lichkeit des vollständig habitualisierten Kilian (2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505
Einkaufens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 Abb. 203: Social Media bei Daniel Wellington . . . . . . 508
Abb. 173: Förderung von Impulskäufen durch die Abb. 204: Empfänger- und senderorientierte Übertra-
Schaufenstergestaltung . . . . . . . . . . . . . . . 414 gungsmodalitäten nonverbaler Signale . . . . 509
Abb. 174: Förderung von Impulskäufen durch Collabo- Abb. 205: Das Alphabet der Körpersprache . . . . . . . . 510
rative Filtering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Abb. 206: Klassifikation kommunikativer Ausdrucks-
Abb. 175: Das System von Umweltvariablen . . . . . . . . 420 formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
Abb. 176: Das Spiel „Pokémon Go“ als Verknüpfung Abb. 207: Messebenen der nonverbalen Kommuni-
von realer und medial (virtuell) vermittelter kation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512
Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 Abb. 208: Ausgewählte Beispiele von Körperhaltun-
Abb. 177: Gedanklicher Lageplan beim Einkauf im gen, die in der Verkäufer-Käufer-Interaktion
Supermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 negativ beurteilt werden . . . . . . . . . . . . . . 514
Abb. 178: Auswertung mit geographischen Informa- Abb. 209: Der Roboter Nexi, eingesetzt von DeSteno,
tionssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Breazeal et al. (2012) zur Erforschung der
Abb. 179: Computergestütztes Mapping zur Gestal- Gestik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521
tung orientierungsfreundlicher Ladenumwel- Abb. 210: Beziehungen zwischen Kultur und Verhalten . 525
ten (hier Mapping von Oberwarengruppen) . 431 Abb. 211: Wertesystem von Schwartz zur Identifika-
Abb. 180: Das Verhaltensmodell von Mehrabian und tion von Kulturunterschieden . . . . . . . . . . . . 526
Russell (1974) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Abb. 212: Zirkuläre Anordnung kulturübergreifender
Abb. 181: Erlebnismarketing im Einzelhandel . . . . . . . 433 Lebensziele nach Grouzet, Kasser et al.
Abb. 182: Einzelbewertung vs. aggregierte Bewertung (2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527
in Anlehnung an Ziegele und Weber (2015) . 438 Abb. 213: Kurzcharakteristik der VALS-II Lebensstil-
Abb. 183: Die wichtigsten Gruppenarten . . . . . . . . . . 442 typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
Abb. 184: Familienidentität und ihre beeinflussenden Abb. 214: Sinus-Milieus in Deutschland . . . . . . . . . . . 533
Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 Abb. 215: Einrichtungsstil einzelner Sinus-Milieus . . . . . 534
Abb. 185: Altersaufbau der Bevölkerung Deutsch- Abb. 216: Beispiele für Lebensstilwerbung . . . . . . . . . . 535
lands (2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Abb. 217: Foodies und ihr Verhalten . . . . . . . . . . . . . . 536
Abb. 186: Schematische Darstellung des grundle- Abb. 218: Subkulturen nach Mowen und Minor (2001) . 537
genden Lebenszyklus (Familienzyklus) von Abb. 219: Agenda-Setting durch die Presse . . . . . . . . . 546
Mann und Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Abb. 220: Agenda-Setting-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . 546
Abb. 187: Fassung des Familienzyklus nach Gilly und Abb. 221: Werbung und Agenda-Setting . . . . . . . . . . 547
Enis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Abb. 222: Informationsverhalten in 27 Ländern und
Abb. 188: Kinderkollektionen (Beispiel: Harley David- Vertrauen in Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . 550
son) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Abb. 223: Wirkungskomponenten der Werbung
Abb. 189: Kategoriensystem zur Klassifizierung des (Grundmodell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
Verhaltens bei Interaktionen (IPA) . . . . . . . . 465 Abb. 224: Formen der Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . 560
Abb. 190: Typologie der Kommunikationsstile von Abb. 225: Modifiziertes Elaboration Likelihood-Modell . 561
Familie in Anlehnung an Aleti, Brennan und Abb. 226: Humorvolle Übertreibung affektiver Reize . . 561
Parker (2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Abb. 227: Übernatürlich attraktive Darstellerin dank
Abb. 191: Grundmuster der Konfliktlösung. . . . . . . . . . 470 Photoshop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562
Abb. 192: Klischees oder Humor? . . . . . . . . . . . . . . . 473 Abb. 228: Das virtuelle Supermodell Shudu mit
Abb. 193: „Dadvertising“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 Werbung für Ellesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 562
Abb. 194: Bezugsgruppeneinfluss auf Kaufentschei- Abb. 229: „Schwarzer Humor“ – Werbung für einen
dungen für Produkte und Marken nach Fahrradhelm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
Bearden und Etzel (1982) . . . . . . . . . . . . . . 480 Abb. 230: Testimonials in der Werbung . . . . . . . . . . . 565
Abb. 195: Appell an hohe soziale Auffälligkeit . . . . . . 483 Abb. 231: Auszug aus David Beckhams Werbeakti-
Abb. 196: Werbung mit Bezugsgruppenappell . . . . . . 484 vitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
Abb. 197: Direkte und indirekte Appelle an Verhal- Abb. 232: Beispiele für wissenschaftliche Bezüge in
tensnormen in der kommerziellen Werbung der Werbepraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568
(ohne Personen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Abb. 233: Wirkung von Sympathie und Empathie bei
Abb. 198: Direkte und indirekte Appelle an Verhaltens- Dramen- und Szenenspots . . . . . . . . . . . . . 569
normen in der kommerziellen Werbung (mit Abb. 234: Beispiele für die direkte Form der Personifi-
Personen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 kation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570

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Tabellen- und Abbildungsverzeichnis XIX

Abb. 235: Beispiele für die indirekte Form der Personi- Abb. 244: Einteilung sozialer Medien . . . . . . . . . . . . . 596
fikation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 Abb. 245: Klassifikation von Social Media nach
Abb. 236: Personifizierte Logos, Maskottchen, Slogans Kaplan und Haenlein (2010) . . . . . . . . . . . 597
und Namen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 Abb. 246: Konsumentensozialisationsprozess . . . . . . . . 602
Abb. 237: Medienkontexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 Abb. 247: Vielzahl der Gütesiegel . . . . . . . . . . . . . . . 612
Abb. 238: Kontexteffekte in Anlehnung an Yi (1990, Abb. 248: Wahrnehmungszeiten für unterschiedliche
1993) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 Packungselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622
Abb. 239: Versuchsaufbau kongruenter und inkongru- Abb. 249: Beispiel für Veränderung der Betrachtungs-
enter fiktionaler Medienkontext . . . . . . . . . . 581 zeiten nach Einführung des neuen Labels . . . 623
Abb. 240: Beispiel für Product Placement in Kinofilmen . 586 Abb. 250: Der Elongationseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . 624
Abb. 241: Wirkung von Product Placement in Anleh- Abb. 251: Wahrnehmungstäuschung durch 1-D- und
nung an Russell (2002) . . . . . . . . . . . . . . . 588 3-D-Portionshalbierung . . . . . . . . . . . . . . . 625
Abb. 242: Virtuelle Showräume bei IKEA . . . . . . . . . . 591 Abb. 252: Stilisierte Bilder gesunder ästhetischer
Abb. 243: „The Walking Dead“-Präsentation mit Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626
Augmented Reality . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592
Erster Teil
Grundlagen der
Konsumentenforschung

A. Die Entwicklung der Konsumenten- 4. Zukünftiges Zusammenspiel der


forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 beiden Forschungsgebiete Behavioral
Economics und Konsumenten-
B. Einführung in die Verhaltenswissen- verhaltensforschung . . . . . . . . . . . . . . 33
schaften und aktuelle Trends . . . . . . . . 10
I. Ziele, Ansätze und Interdisziplinarität C. Wissenschaftstheoretische Über-
der Konsumentenverhaltensforschung . . . 10 legungen zur Konsumentenforschung
und neue Herausforderungen für
II. Zusammenspiel von Behavioral Wissenschaft und Praxis . . . . . . . . . . . 35
Economics und Konsumentenverhaltens-
forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Zum Entdeckungszusammenhang:
1. Kurze Skizzierung der Entwicklung Konsumentenforschung im Wandel . . . . 36
der Fachrichtung Behavioral II. Zum Begründungszusammenhang:
Economics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Empirische Verankerung verhaltens-
2. Das Zusammenspiel von Marketing wissenschaftlicher Theorien . . . . . . . . . . 41
bzw. Konsumentenverhaltensforschung III. Zum Verwendungszusammenhang:
und Verhaltensökonomie . . . . . . . . . . 25 Forschungstransfer mittels Sozialtechnik . 46
3. Relevante Erkenntnisse der Behavioral
Economics Forschung für die
Konsumentenverhaltensforschung . . . . 26
a) Prospect Theory . . . . . . . . . . . . . . 28
b) Mental Accounting . . . . . . . . . . . . 30
A. Die Entwicklung der Konsumentenforschung

Prolog: die weiter unten ausführlich erklärt werden. Hier nur


Vor kurzem wurde in einer Lehrveranstaltung gefragt, so weit: Das SOR-Modell versucht, Antworten auf die
ob wir im heutigen Internetzeitalter überhaupt noch eine Frage nach dem „Warum“ zu ergründen und auch Kor-
Disziplin wie die „Konsumentenverhaltensforschung“ relationen von Kausalitäten zu differenzieren. Das „O“
brauchen. Schließlich könnte doch durch die Customer- kann nicht einfach mit Touchpoints ersetzt werden, da
Journey, die den gesamten Bereich der Bedarfserken- diese die erlebten Emotionen oder Gedankengänge des
nung über den Kauf bis hin zur Nutzung der Produkte Kunden nicht widerspiegeln.
umspannen würde (Kreutzer, 2018, S. 104), genau nach- Dieses Buch „Konsumentenverhalten“, das erstmalig 1975
gebildet werden, welche Informationsquellen die Konsu- erschienen ist, fühlt sich weiterhin der Aufgabe verpflich-
menten1 vor einer Kaufentscheidung wählten. Millionen tet, den Gründen des Verhaltens auf die Spur zu kom-
von Klicks und nicht nur wenige hundert Interviews mit men. Zudem möchte dieses Buch auch in dieser Auflage
Konsumenten könnten doch sehr viel besser zeigen, was helfen zu erklären, wie Marketingmixinstrumente, ins-
für den Konsumenten oder die Konsumentin vor der besondere die der Kommunikationspolitik, gestaltet sein
Kaufentscheidung bedeutsam sei und welche Werbung, müssen, um zum Konsumenten durchzudringen. Diese
Websites oder Blogs sie beispielsweise vorher besucht Frage wird durch die weiter immens steigende Flut an
hätten. Warum müsse man sich dann mit komplexen psy- Informationen, Werbung, Blogs oder durch die seit eini-
chologischen Theorien, eklektischen Einzelerkenntnis- gen Jahren explodierende Anzahl an Influencern (Mei-
sen oder aufwendigen Experimenten beschäftigen, wenn nungsführer im Internet) immer bedeutsamer. Zudem
die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse des Marketing, steigt auch die Anzahl der Marken und Produkte unauf-
also die Abverkäufe, so einfach durch die Frequenz der haltsam, Konsumenten und Konsumentinnen schätzen
Berührungspunkte (Touchpoints) eines Konsumenten zwar die große Auswahl, geraten aber immer häufiger
mit einer Marke, einem Produkt oder einer Dienstleis- in sogenannte „choice overload“ Situationen, also in
tung nachvollzogen werden könnten. Diese Fragen sind Situationen, in denen die Auswahlmöglichkeiten den
sicherlich nicht unberechtigt. Mithilfe von Tracking- Konsumenten geradezu erschlagen. In diesem Verdrän-
tech nologien kann durchaus aufgedeckt werden, wel- gungswettbewerb können nur die durchsetzungsstarken
che Kontaktpunkte und Kanäle eine Rolle spielen, und Angebote überleben. Es gilt, die BIG DATA-Informati-
man kann auch indirekt die Schlussfolgerung ziehen, onen durchaus kritisch zu hinterfragen, aber zugleich
dass Werbekampagne A wohl besser als Kampagne die neuen Möglichkeiten der digitalen Technologien mit
B funktioniert haben muss, wenn A, unmittelbar vor dem seit Jahrzehnten gewachsenen Wissen der Konsu-
dem Kauf gesehen, zu einer höheren „sales conversion“ mentenverhaltensforschung zu verknüpfen und digitale
(Abverkauf) als B geführt hat. Aber ob man mit dieser Methoden für die Fortentwicklung dieses Fachs sinnvoll
Schlussfolgerung auch tatsächlich richtig liegt, also ob zu nutzen. So bewährt sich gerade bei extrem großen
die Leute wegen oder trotz der Kampagne kaufen, welche Datenmengen der von Kurt Lewin (1951, S. 169) so treff-
inneren psychischen Prozesse sich beim Konsumenten lich formulierte Satz „there is nothing so practical as a
abspielen, das kann man derzeit auch mit dem Tracking good theory“, da mittels wohl begründeter Annahmen
noch so vieler Spuren im Internet nicht genau klären. über Ursache-Wirkungsverhältnisse die „Daten-Spreu“
Wir haben es hier durchaus noch mit dem altbekannten vom „Daten-Weizen“ getrennt und Scheinkorrelationen
Unterschied zwischen SR- und SOR-Modellen zu tun, aufgedeckt werden können. Darüber hinaus hat sich die
moderne Konsumentenverhaltensforschung auch dazu
1
Es ist gleich zu Beginn darauf hinzuweisen, dass in diesem, verpflichtet, sich nicht nur mit dem Kaufverhalten von
seit fast 50 Jahren auf dem Markt befindlichen Lehr- und Fach- Produkten und Marken und deren Einstellungen und
buch nicht „gegendert“ wurde. Wenn wir hier vom Konsu- Präferenzen zu beschäftigen, sondern auch mit den strit-
menten sprechen, dann meinen wir alle menschlichen Wesen
tigen Fragen unserer Wohlstandsgesellschaft, also mit
unabhängig vom Geschlecht. Dies darf nicht als Diskriminie-
rung verstanden werden. Wir weisen an verschiedenen Stellen Fragen, wie die Lebensqualität der Gesellschaft erhöht
explizit auf Unterschiede im Konsumverhalten zwischen den oder zumindest aufrecht erhalten bleiben kann. Hierzu
Geschlechtern hin. leistet die Customer Journey definitionsgemäß keinen
4 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Beitrag. Es ist daher auch in dieser Auflage notwendig, Unter Konsumentenverhalten im engeren Sinne ver-
zunächst einen Blick auf die Entwicklungsgeschichte der steht man das beobachtbare „äußere“ und das nicht
Konsumentenverhaltensforschung zu werfen. beobachtbare „innere“ Verhalten von Menschen beim
Kauf und Konsum wirtschaftlicher Güter. Letztlich
Die Geschichte der Konsumentenverhaltensforschung:
versucht die Konsumentenverhaltensforschung, Fragen
Die ersten Wurzeln der Konsumentenforschung konnten
nach dem „Warum“ und „Wie“ des Käuferverhaltens
in den USA schon in den 1920er-Jahren ausgemacht wer-
zu beantworten. Im weiteren Sinne versteht man unter
den; die eigentliche Durchsetzungsphase dieser neuen
Konsumentenverhalten das Verhalten der Letztverbrau-
Forschungsrichtung beginnt allerdings erst nach dem
cher von materiellen und immateriellen Gütern in einer
Zweiten Weltkrieg. An amerikanischen Hochschulen
Gesellschaft, also auch das Verhalten von Wählern, Mu-
entwickelte sich das eigenständige Fach „Konsumen-
seumsbesuchern oder Patienten.
tenverhaltensforschung“, das zu einem vorrangigen Ar-
beitsgebiet innerhalb der Marketingausbildung wurde. Eine ebenfalls weite Definition, die sich auf die Kon-
Dokumentiert wird dieses durch die weltweit beachte- sumentenverhaltensforschung bezieht und die das an
ten Bücher von Lincoln Clark (1955) „The Life Cycle and Relevanz gewinnende Thema „Entsorgung von Kon-
Consumer Behavior“, Gerald Zaltman (1965) „Marketing. sumangeboten“ einschließt, stammt von MacInnis und
Contributions from the Behavioral Sciences“, Engel, Kollat Folkes (2010, S. 905): „Consumer behavior research is
und Blackwell (1968) „Consumer Behavior“ oder von Ho- distinguished from other fields by the study of the ac-
ward und Sheth (1969) „The Theory of Buyer Behavior“. quisition, consumption, and disposal of marketplace
Der deutsche Markt war nach dem Zweiten Weltkrieg products, services, and experiences by people operating
bis in die 1960er-Jahre durch eine Verkäufermarktsitu- in a consumer role“.
ation charakterisiert. Folglich konzentrierte sich die Be- Dieser weite Konsumentenbegriff steht in enger Bezie-
triebswirtschaftslehre zunächst auf Fragestellungen der hung zum Marketingbegriff von Kotler (Kotler, Keller
rationellen Erweiterung der Beschaffungs- und Produkti- und Opresnik, 2015, S. 9). Danach dient Marketing dazu,
onskapazitäten und bevorzugte eine mikroökonomische Austauschprozesse zu gestalten, durch die Individuen
Forschungsperspektive. Mit steigendem Angebot, begin- oder Gruppen (Institutionen) ihre Bedürfnisse befrie-
nendem Verdrängungswettbewerb und zunehmender digen – insbesondere Austauschbeziehungen zwischen
Individualisierung des Konsums wurde es notwendig, die Unternehmen, die Produkte erzeugen, und Konsumen-
Marketingdisziplin zu professionalisieren, Nachfrage zu ten, die diese erwerben. Marketing bezieht sich auch auf
wecken und Präferenzen für die Angebote aufzubauen. Austauschprozesse in nicht-kommerziellen Bereichen,
Somit wurde der verhaltenswissenschaftliche Ansatz im zum Beispiel zwischen Krankenhaus oder Museum und
Marketing und seine Beiträge insbesondere für die Kom- Bürger (Konsument), der die Leistungen dieser Einrich-
munikationspolitik, das Markenmanagement oder die tungen in Anspruch nimmt2.
psychographische Marktsegmentierung auch in Deutsch- Die genaue Abgrenzung eines so weiten Begriffes wie
land (zeitversetzt zu den USA) unverzichtbar. Anfang der dem des Konsumentenverhaltens gegenüber anderen
70er-Jahre erschienen die ersten Veröffentlichungen zur menschlichen Verhaltensweisen ist schwierig, aber es
Konsumentenforschung, und das Fach wurde v. a. durch genügt, den Forschungsbereich begrifflich nur grob ab-
die Arbeiten von Werner Kroeber-Riel (1973) und dessen zugrenzen. Entscheidend ist ohnehin die Abgrenzung,
Standardwerk zum „Konsumentenverhalten“ geprägt. Die die sich aus der laufenden Forschungsarbeit und damit
Konsumentenforschung basiert auf dem verhaltenswis- aus wissenschaftlichen Konventionen ergibt, und diese
senschaftlichen Paradigma und versucht in einer Abwen- Konventionen ändern sich laufend.
dung von den Vorstellungen des vollkommenen Marktes,
Ein Blick auf die Veröffentlichungen zur Konsumen-
vom Rationalprinzip bzw. von dem Menschenbild des
tenforschung zeigt, dass in zunehmendem Maße der
Homo Oeconomicus, das tatsächliche (Entscheidungs-)
weitere Konsumentenbegriff benutzt wird: Die Unter-
Verhalten von Einzelpersonen, Gruppen (auch unter-
suchungen zum Konsumentenverhalten beziehen sich
schiedlicher Kulturen) und ganzen Organisationen mit-
auf so unterschiedliche Sachverhalte wie Einkauf von
hilfe der Erkenntnisse der Verhaltenswissenschaften, d. h.,
Markenartikeln, Reaktionen von Bürgern auf politische
der auf Erklärung des menschlichen Verhaltens gerichte-
Beeinflussung oder Änderung der Einstellungen zum
ten Sozialwissenschaften (Psychologie, Sozialpsychologie
und Soziologie) sowie Erkenntnissen der Physiologie, der
Biologie und Gehirnforschung, der Gerontologie, der An- 2Vgl. dazu Kotler, Keller und Opresnik (2015). Als einführende
thropologie und der vergleichenden Verhaltensforschung Werke in das Non-Profit-Marketing und das Soziale Marketing:
(„cross-cultural research“) zu erfassen. Lee und Kotler (2015), Andreasen und Kotler (2014).
A. Die Entwicklung der Konsumentenforschung 5

Umweltschutz. In der amerikanischen Konsumenten- 65 Jahren 37 Personen kommen, die älter als 65 Jahre sind,
verhaltensforschung hat sich in den letzten Jahren der werden es 2030 bereits 50 sein (mit steigender Tendenz).
Begriff „Transformative Consumer Research (TCR)“ Im Jahr 2030 werden 35 Prozent der Bevölkerung älter
herausgebildet. Darunter versteht man „a movement (…) als 60 Jahre sein, d. h., mehr als jeder dritte Kunde in
to encourage, support, and publicize research that bene- Deutschland gehört der älteren Generation an. Ebenfalls
fits consumer welfare and quality of life for all beings wird erwartet, dass die Lebenserwartung der heute zur
affected by consumption across the world“ (Mick, 2006), Welt kommenden Kinder bei ca. 90 Jahren liegen wird.
die bestrebt ist, ihr Wissen für eine „gerechtere“ Welt ein- Der demographische Wandel und das Geschenk der län-
zusetzen: „The TCR-movement has increasingly gained geren Lebenszeit verlangen jedoch nach umfassenden
ground among scholars around the world who have Veränderungen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft,
an interest in using their professional research skills to auch in der Konsumentenverhaltensforschung. Oftmals
create a more equitable material existence for all“ (Da- werden Fähigkeiten jüngerer und älterer Konsumenten
vis et al., 2016, S. 168). Dabei betonen die Forscher, dass gegenübergestellt und dabei verschiedene Dimensionen
sie gemeinschaftlich mit Marketingvertretern und den des Alterns – biologisches, soziales, psychologisches Al-
Gesetzgebern nach Lösungen für eine weltweit höhere tern – voneinander abgegrenzt. Das biologische Altern
Lebensqualität suchen und sich nicht als Schiedsrichter beschreibt die Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit
aufspielen möchten, welche Art des Konsums als „frivol“ der Sinnesorgane und der körperlichen Fähigkeiten (z. B.
einzustufen sei. TCR-Forscher beschäftigen sich auch nachlassendes Sehvermögen mit zunehmendem Alter).
mit Fragestellungen des Gesundheitsmanagements, bei- Dies kann (muss aber nicht) zu einer Beeinträchtigung
spielsweise mit den Aspekten, wie Konsumenten zu einer der Informationsaufnahme bezüglich Werbung oder am
gesundheitsförderlichen Ernährung motiviert werden Point-of-Sale (PoS) verfügbarer Informationen führen.
können oder wie die Akzeptanz der Medikamenten- Der soziale Alterungsprozess orientiert sich nicht am
einnahme (Compliance) durch Aufklärungskampagnen biologischen Alter, sondern umfasst Zeitspannen und
erhöht werden kann (siehe auch Gröppel-Klein und Ger- kritische Ereignisse im „typischen“ sozialen Leben eines
melmann, 2011). Einen guten Überblick über aktuelle Individuums (z. B. die Aufgabe des Berufs oder der Tod
Themen gibt das Herausgeberwerk von Mick, Pettigrew des Lebenspartners). Verändern diese kritischen Ereig-
et al. (2012) unter dem Titel „Transformative Consumer nisse die Konsumgewohnheiten? Das psychologische
Research for Personal and Collective Well-Being“, das Altern beschreibt die Veränderungen in der emotionalen
sich auch mit Themen wie Internetsucht, Problemen mit Befindlichkeit und der kognitiven Leistungsfähigkeit.
der ausufernden Nutzung von Kreditkarten, der Finanz- Diese Veränderungen sind nicht notwendigerweise mit
krise, aber auch mit positiv besetzten Aspekten wie Ge- einem Abbau an geistigen Fähigkeiten verbunden; das
sundheitsförderung oder der Bedeutung des „Teilens“ psychologische Altern kann auch als eine Form der Per-
von Erfahrungen („Sharing“, siehe z. B. Belk, 2014, 2016) sönlichkeitsentwicklung des Individuums gesehen wer-
auseinandersetzt. Zudem gibt es gute Überblicksartikel den. Daraus ergeben sich vielfältige Fragen: Wann fühlt
von Davis und Pechmann (2013) im Journal of Business sich ein Mensch „alt“ im Sinne von schutz- und hilfsbe-
Research oder von Davis, Ozanne und Hill (2016) im Jour- dürftig? Wenn alle drei Dimensionen des Alterns vor-
nal of Public Policy and Marketing. In letzterem Beitrag liegen oder reicht es aus, „nur“ einsam zu sein? Werden
werden auch die Themen der seit 2007 im 2-Jahres-Rhyth- ältere Bürger schon unmerklich diskriminiert (z. B. vom
mus stattfindenden TCR-Konferenzen skizziert. 2014 gab Verkaufspersonal), wenn allein das biologische Altern
es auch ein Special Issue zu TCR im Journal of Marketing sichtbar wird? Wann benötigt und akzeptiert der ältere
Management. Konsument besondere Dienstleistungen? Verändern sich
(und wenn ja, aus welchen Gründen?) die Konsument-
Ein ebenfalls in diesem Zusammenhang zu nennendes,
scheidungen in dem Sinne, dass langlebige Gebrauchs-
bedeutsames Thema ist das des demographischen Wan-
güter (z. B. Möbel) weniger und Verbrauchsgüter oder
dels: Die Überalterung der Bevölkerung wird tiefgrei-
zeitnahe Dienstleistungen eher gekauft werden? Wir
fende Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft
werden auf diese Fragen in diesem Buch bei der Erläu-
ausüben, die wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten
terung des Konsumentenverhaltens in unterschiedlichen
werden beobachten können. Dabei ist vor allem der euro-
Lebensphasen noch genauer eingehen.
päische Kontinent betroffen (19 der 20 weltweit „ältesten“
Länder liegen in Europa). Für Deutschland wird prognos- An dieser Stelle sei nur vermerkt, dass durch die Auswei-
tiziert, dass sich der Altenquotient stark erhöhen wird: tung der Fragestellungen zum Konsumentenverhalten
Während derzeit (und auch dieser Wert ist vergleichs- über den engeren Marketingbereich hinaus die Konsu-
weise hoch) auf 100 Personen im Alter zwischen 20 und mentenforschung zu einem Forschungszweig wird, an

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6 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

dem sich immer mehr Disziplinen beteiligen. Als Folge Zur Entwicklung der Disziplin: Wie anfangs bereits
dieser Entwicklung lockern sich auch die Bindungen berichtet, waren noch vor 50 Jahren die Begriffe Kon-
der Konsumentenforschung an die Marketingforschung, sumentenverhalten und Konsumentenforschung kaum
aus der sie im Wesentlichen hervorgegangen ist. Viele bekannt. Heute hat sich die verhaltenswissenschaftliche
Wissenschaftler, die ihre Forschungsarbeit auf das Kon- Betrachtung von Marktteilnehmern und -prozessen in
sumentenverhalten konzentrieren, fühlen sich heute in Forschung und Lehre etabliert (Homburg, 2017, S. 11).
erster Linie einer interdisziplinären und verselbststän- Das 1968 erstmals erschienene Buch von Blackwell,
digten Konsumentenforschung verpflichtet und erst in Miniard und Engel „Consumer Behavior“ wurde 2006
zweiter Linie einem bestimmten Anwendungsbereich in der 10. Auflage herausgebracht. Das „europäisierte“
wie Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit. Dies gilt auch Lehrbuch von Solomon, Bamossy et al. (2016) ist in der
für die Verfasser dieses Buchs. 6. Auflage ebenfalls schon seit fast 20 Jahren auf dem
Wenn in diesem Buch Anwendungen und Beispiele aus Markt.
dem Bereich des kommerziellen Marketing dominieren, Bis zu der Etablierung der Konsumentenverhaltensfor-
so hat das zwei Gründe: Erstens stammen die meisten schung als eigenständiges Fach wurden viele Fragestel-
der vorliegenden Forschungsergebnisse noch immer aus lungen vor allem innerhalb der Angewandten Psycho-
diesem Bereich (MacInnis und Folkes, 2010, S. 902), und logie und der sozialökonomischen Verhaltensforschung
zweitens vertritt die Verfasserin das Fach Marketing an untersucht.
einer Universität (so wie die früheren Autoren dieses Im Rahmen der Angewandten Psychologie (Applied Psy-
Buchs). Das heißt aber nicht, dass hier eine Abgrenzung chology) wurden früher vor allem Untersuchungen zur
der Konsumentenforschung vorgenommen werden soll, Motivation und Wahrnehmung der Verbraucher und
die sich auf die Anwendungen für das kommerzielle zu den Wirkungen der Werbung durchgeführt. Der
Marketing beschränkt. damalige Forschungsstand wird beispielsweise in der
Die Theorien des Konsumentenverhaltens können für „Angewandten Psychologie“ von Anastasi (1976) wider-
verschiedene Zwecke ausgewertet werden. Man kann gespiegelt. Die meisten Erkenntnisse stammen aus der
aus einer Theorie im Allgemeinen mehrere Anwen- experimentellen Werbepsychologie, die bereits in den
dungen (Sozialtechniken) im Dienste unterschiedlicher 20er-Jahren einen hohen Entwicklungsstand erreicht hat-
Zielsetzungen ableiten. Beispielsweise können die Er- te und als Vorbild für die Arbeiten der Angewandten
kenntnisse der Reaktanztheorie dazu benutzt werden, Psychologie gelten kann (vgl. u. a. König, 1926).
die Konsumenten wirksamer zu beeinflussen oder die Die sozialökonomische Verhaltensforschung ging von
Konsumenten besser gegen Beeinflussung zu schützen. einer Makrosicht aus: Sie beschäftigte sich bevorzugt mit
Wir diskutieren diese Themen vor allem im Vierten Teil dem Sparen, Ausgeben und Investieren in der Volkswirt-
dieses Buchs. schaft, um die volkswirtschaftlichen Theorien empirisch
Wenn man das Verhalten der Konsumenten auf Kon- zu fundieren (Katona, 1960)3. Sie wird in neuerer Zeit vor
sumgütermärkten untersucht, so folgt aus der multiplen allem durch Beiträge der „Ökonomischen Psychologie“
Auswertbarkeit von Theorien, dass man vor allem zwei fortgeführt (siehe auch Hoelzl und Kirchler, 2011, die
Anwendungen vor Augen haben sollte: den Aufwärtstrend dieser Forschungsfragen belegen)4.
(1) das kommerzielle und nicht-kommerzielle Marke- Die empirische Marketingforschung übernahm in den
ting sowie (2) die Verbraucherpolitik.
Bei einer Ausdehnung der Konsumentenforschung in 3
Vgl. zur historischen Entwicklung der Konsumentenfor-
den nicht-kommerziellen Bereich gibt es eine weitere schung Hoyos, Kroeber-Riel et al. (1990).
4 Siehe hierzu auch das Journal of Economic Psychology und
Unterscheidung: die Verwendung der Forschungser-
gebnisse zugunsten des Anbieters einer Leistung (Staat, das Journal of Behavioral Economics. Seit geraumer Zeit hat sich
die verhaltensorientierte Volkswirtschaftslehre (Behavioral
Gewerkschaft usw.) oder zugunsten des Leistungsemp-
Economics) etabliert, die es sich gezielt zur Aufgabe gemacht
fängers, also des Konsumenten. Mit dieser vielseitigen hat, die Vorstellungen vom Homo oeconomicus und vom „voll-
Verwendbarkeit von Forschungsergebnissen sind Fragen kommenen“ Markt aufzugeben und das realistische Verhalten
der Wertung und der Parteilichkeit des Wissenschaftlers ökonomischer Entscheidungsträger zu untersuchen. „Behavi-
verbunden, denen in Kapitel C nachgegangen wird. Die oral Economics ist der Versuch, das Menschenbild der Öko-
Verbraucherpolitik zielt darauf ab, die Durchsetzung der nomie mit dem Menschenbild der Psychologie zu versöhnen“
Konsumenteninteressen zu gewährleisten. Die Verbrau- (Beck, 2014, S. 9). Wir kommen in diesem Ersten Teil an späterer
Stelle auf die wichtigsten Merkmale der Behavioral Economics
cherpolitik wird in Kapitel B des Vierten Teils diskutiert. zu sprechen und stellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede
zur Konsumentenverhaltensforschung dar.
A. Die Entwicklung der Konsumentenforschung 7

1960er-Jahren diese und weitere Forschungsansätze und Überprüfung bereits vorliegender Forschungser-
und baute sie zu einer eigenständigen Konsumentenfor- gebnisse durch Wiederholungsstudien durchzuführen,
schung aus, die sich in der Folgezeit so stark entwickelte, die möglichst zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen
dass man sie heute als stärksten Zweig der Angewandten kommen sollten, um letztlich die Gültigkeit und Ak-
Verhaltenswissenschaft bezeichnen kann. Überblicke zeptanz der durch erfolgreiche Replikation gestützten
über die Geschichte der Theoriebildung im Marketing Forschungserkenntnisse zu erhöhen. Damit dies möglich
liefern Wilkie und Moore (2003) oder Homburg (2017), ist, müssen die Versuchsaufbauten, Eigenschaften der
zur Entwicklung der verhaltenswissenschaftlichen An- Teilnehmer, Skalen und Messverfahren nachvollziehbar
sätze im Marketing Gröppel-Klein (2007). Lesenswert ist dargelegt werden.
inbesondere der Artikel von MacInnis und Folkes (2010) Zudem gilt, dass Experimente möglichst realistisch auf-
im Journal of Consumer Research, der die unterschiedli- gebaut werden sollten (auch wenn dies manchmal an
chen Forschungsströmungen innerhalb des Konsumen- Grenzen stößt). Je realistischer das Experiment konzipiert
tenverhaltens und die Multidisziplinarität darlegt. wird, desto höher ist die Validität der Erkenntnisse. Wenn
Die traditionellen verhaltenswissenschaftlichen Dis- beispielsweise über die Macht des Geldes geforscht wird,
ziplinen lieferten in Deutschland anfangs wenige Bei- so macht es einen Unterschied, ob reale Geldströme in
träge zur Erforschung des Konsumentenverhaltens. den Experimenten verwendet werden oder ob sich die
Die traditionellen Fachwissenschaftler, insbesondere Teilnehmer nur mit fiktiven Zahlungen oder Spielgeld
die deutschen Psychologen, waren in früheren Jahren beschäftigen müssen. Schließlich führt die Krise in der
aufgrund einer „disziplin“-konservativen oder ideologi- Konsumentenverhaltensforschung auch zu der Forde-
schen (gegen das Marketing gerichteten) Haltung (von rung, nicht nur Labor-, sondern auch Feldexperimente
wenigen Ausnahmen wie von Rosenstiel und Wiswe- durchzuführen (Inman, 2012; Kessler und Vesterlund,
de abgesehen) nicht bereit, innovatorische Beiträge zur 2015; siehe zur Durchführung auch Spilski, Gröppel-
Konsumentenforschung zu leisten5. Seit einigen Jahren Klein und Gierl, 2018).
ist jedoch ein stärkeres Interesse deutscher Psychologen Wesentliche und international wirksame Impulse zur
an der Konsumentenverhaltensforschung zu erkennen, Verselbstständigung und zum Wachstum der Konsu-
gerade wenn es um generellere gesellschaftspolitische mentenforschung gehen von der 1969 gegründeten As-
Themen geht, wie beispielsweise Konsumverhalten und sociation for Consumer Research aus, die derzeit (laut
gesunde Ernährung. International hat die Konsumen- Homepage) etwa 1.700 Mitglieder zählt und jährlich
tenverhaltensforschung in den letzten zehn Jahren viele große wissenschaftliche Kongresse veranstaltet. Die
Impulse durch die Arbeiten zum Priming und zu auto- Kongressberichte der Advances in Consumer Research
matischen Prozessen (z. B. Bargh und Chartrand, 1999; (vgl. etwa Volume 45 von Gneezy, Griskevicius und Wil-
Bargh, 2007; Bargh, 2017), zu unbewussten Gedanken- liams, 2017) vermitteln umfassende Überblicke über die
prozessen (z. B. Dijksterhuis und Nordgren, 2006) oder aktuelle wissenschaftliche Diskussion und werden in
zu impliziten Messmethoden (Dijksterhuis, Albers und den USA als gutes „B-Journal“ gerankt. Seit ca. 25 Jahren
Bongers, 2009) erhalten. Die Ergebnisse der empirischen werden auch regelmäßig Tagungen in Europa6, Asien
Studien konnten jedoch zum Teil nicht repliziert werden und Südamerika durchgeführt. Die erste in Deutschland
(Pashler, Coburn und Harris, 2012; Harris, Coburn et al. durchgeführte European ACR-Conference fand im Jahr
2013). Manche Theorien wie die „Unconscious Thought 2001 in Berlin statt (Gröppel-Klein und Esch, 2002).
Theory“ (siehe Kapitel C.II im Zweiten Teil) werden in ih-
Seit 1973 erscheint das Journal of Consumer Research,
rer Gültigkeit stark angezweifelt (Nieuwenstein, Wieren-
das in programmatischer Weise die interdisziplinäre
ga, et al., 2015). Da die Konsumentenverhaltensforschung
Ausrichtung der Konsumentenforschung fördert und
eng mit der Sozialpsychologie verbandelt ist, hat die „Re-
stets zu den international gerankten „A+-Journals“ im
plikationskrise“ somit auch hier Einzug gehalten (siehe
Marketing zählt. Darüber hinaus werden von verschie-
ebenfalls die Ausführungen zu den unbewussten kogni-
denen renommierten Marketingzeitschriften und -sam-
tiven Prozessen im Zweiten Teil dieses Buchs). Replikati-
melbänden seit vielen Jahren Beiträge zum Konsumen-
on bedeutet in der Wissenschaftstheorie, eine Kontrolle
tenverhalten veröffentlicht, insbesondere vom Journal of
5 Marketing, vom Journal of Advertising bzw. Journal of
Zu den Arbeiten der Forschungsgruppe um Lutz von Ro-
senstiel, denen die Konsumentenforschung in Deutschland
6
zahlreiche Beiträge und wesentliche Anregungen verdankt, Der erste Berichtsband „European Advances in Consumer
vgl.  von Rosenstiel und Ewald (1979); von Rosenstiel und Research“ erschien 1993, vgl.  Van Raaij und Bamossy (1993).
Kirsch (1996); von Rosenstiel und Neumann (1992). Ebenfalls zu Mittlerweile liegt der Berichtsband der in Gent, Belgien, 2018
erwähnen sind die Beiträge von Wiswede (insbesondere 2012). abgehaltenen EACR-Konferenz vor.
8 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Advertising Research oder auch dem Journal of Consu-


mer Psychology. Das Wachstum der Konsumentenfor-
schung schlägt sich nicht zuletzt in den zahlreichen und
kaum noch zu überblickenden Büchern zum Konsumen-
tenverhalten nieder.
Von den seit dem Jahr 2000 erschienenen Werken sind
die Bücher Hanna, Wozniak und Hanna (2013) hervor-
zuheben; ebenso die 10. Neuauflage des klassischen
Lehrbuchs von Blackwell, Miniard und Engel (2006)
sowie die Neuauflagen von Hoyer, McInnis und Pie-
ters (2017), Schiffman und Wisenblit (2014), Peter und
Olson (2010) oder von Solomon, Bamossy et al. (2016). In
Deutschland sind zum Konsumentenverhalten seit 2000
(in alphabetischer Reihenfolge) erschienen: Balderjahn
und Scholderer (2007), Bänsch (2002), Foscht, Swobo-
da und Schramm-Klein (2017), Hoffmann und Akbar
(2016), Lennerts, Tomczak und Kuß (2016), Trommsdorff
und Teichert (2011) sowie „Konsumentenverhaltensfor-
schung im 21. Jahrhundert“ (hrsg. von Gröppel-Klein,
2004a).
Ein nach wie vor gern zitiertes Sammelwerk mit grund-
legenden Beiträgen zur Entwicklung der Konsumenten-
forschung stammt von Robertson und Kassarjian (1991).
Dieses Handbuch vermittelt einen Rückblick über Ent-
wicklungslinien und Entwicklungsstand – unterteilt in
„Mikroansätze“ und „Makroansätze“. Interessant ist
auch der Artikel von Peighambari und Sattari (2016) zu
den meist zitierten Beiträgen in der Konsumentenverhal-
tensforschung und zu den wichtigsten Themen dieser Abb. 1: Konsumentenverhalten in Deutschland 7
Disziplin. Zaltman und Zaltman (2008) geben in einem
marketingpraxisorientierten Buch Einblick in die Bedeu- tellectual resources and foster original knowledge about
tung von Metaphern zum Verständnis des Konsumen- consumers“ (S. 907). Die Autorinnen machen ebenfalls
tenverhaltens. Schließlich sind die wissenschaftlichen auf einen Alternativentwurf aufmerksam, bei dem das
Schriften zu nennen, die in der Reihe der Forschungs- Studium des Konsumentenverhaltens auf der Basis des
gruppe Konsum- und Verhalten erscheinen (z. B. Helfgen, Wahlverhaltens beruht (Wahl von Produkten, Wahl von
2019, siehe Abb. 1). Kandidaten, Wahl der Partner etc.). Diese Philosophie
MacInnis und Folkes (2010, S. 906) erläutern in ihrem impliziert jedoch, dass sich Konsumenten (in der Regel)
reflektierenden Beitrag die vielfältigen Fragestellungen, bewusst zwischen verschiedenen Alternativen entschei-
die damit einhergehende Multidisziplinarität der Kon- den können; zum anderen stellt sich die Frage, ob die
sumentenverhaltensforschung (siehe Abb. 2) und die Kontextgebundenheit von Entscheidungen hierdurch
damit verbundenen Problembereiche. Sie erklären bei- genügend Berücksichtigung findet.
spielsweise, dass bei vielen Themen der Mensch nicht Die Schwächen der interdisziplinären Ausrichtung und
mehr im Mittelpunkt der Konsumentenverhaltensfor- Verselbstständigung der Konsumentenforschung dürfen
schung stehe, sondern beispielsweise das Finanz- oder allerdings nicht übersehen werden:
das Gesundheitssystem, und dass dadurch das eigent- Die interdisziplinäre Ausrichtung stellt besonders hohe
liche Anliegen der Konsumentenverhaltensforschung, Ansprüche an die Ausbildung und an die Forschungsar-
das bessere Verständnis der menschlichen Psyche und beit, denn sie verlangt die Übernahme von Erkenntnissen
Handlungen, verdrängt werden könne: „Openness to
adjoining disciplines can expand intellectual horizons 7 Die Mikroansätze beziehen sich auf das individuelle Verhal-
and add insights to our topical domain. However, a focus ten, die Makroansätze auf das soziale Verhalten. Ein Abschnitt
on people in a consumer role will best focus our field’s in- über Metatheorie und Methoden schließt das Handbuch ab.
A. Die Entwicklung der Konsumentenforschung 9

Public
Marketing Anthropology Psychology Finance Law
Health
Discipline Discipline Discipline Discipline Discipline
Discipline

• Buyer • Consumer • Consumer • Consumer • Consumer • Consumer


Behavior Culture Psychology Finance Law Health

Consumer Behavior as the Study of Consumers

Abb. 2: Das „Studium des Konsumenten“ (Quelle: MacInnis und Folkes, 2010, S. 906)

und Methoden aus mehreren akademischen Disziplinen. Unterschied zu mikroökonomischen Ansätzen) keine
Manche Wissenschaftler werden diesem interdiszipli- „geschlossene Theorie“ bietet, sondern eine Fülle von
nären Anspruchsniveau (Stichwort „Dilettantismuspro- Partialtheorien. Dadurch entsteht oftmals der Vorwurf
blem“) nicht gerecht und dilettieren mit oberflächlichen des „Eklektizismus“. Da die intra-individuellen und die
und nicht problemadäquaten „Verhaltensanalysen“. inter-individuellen Verhaltensmöglichkeiten bei Kon-
Ebenso kann ein Problem darin gesehen werden, dass sumprozessen jedoch so vielfältig sind und so verschie-
viele streng empirisch arbeitende Forschungsrichtungen dene Facetten aufweisen, ist ein interdisziplinärer Ansatz
dazu neigen, sich in Untersuchungen von einzelnen, klar mit einem breiten Spektrum an theoretischen Konzepten
abgegrenzten Sachverhalten zu verlieren. Die Wissen- unumgänglich. Die Konsumentenverhaltensforschung
schaftler werden zu Spezialisten für sachliche und me- wird mit diesem Vorwurf leben müssen! Allerdings
thodische Detailfragen, ohne nach der Bedeutung ihrer sollten Forscher die Auswahl der von ihnen verwende-
Ergebnisse im Verwendungszusammenhang zu fragen ten Theorien begründen und offenlegen, welchen For-
(Goulding, 1999; Ger, 2018) oder die Einzelergebnisse zu schungsansatz sie verfolgen.
verdichten. Daher ist zum einen die Frage berechtigt, ob Mit der Frage der Standortbestimmung der Marketing-
die Forschung wirklich zur Lösung von wichtigen und forschung sowie den Stärken, Schwächen und Nutzen
vorrangigen Problemen der ökonomischen, sozialen und der verschiedenen Forschungsansätze und Forschungs-
politischen Praxis beiträgt. Zum anderen sind für die richtungen im Marketing setzte sich die Kommission
Verdichtung der Erkenntnisse auch in der Konsumenten- Marketing im Jahr 2000 anlässlich ihrer jährlich statt-
verhaltensforschung Metaanalysen sehr bedeutsam. Sie findenden Tagung intensiv auseinander. Die einzelnen
fassen die primärstatistischen Studien zu einem Thema Beiträge sind in dem Sammelband „Deutschsprachige
quantitativ zusammen und helfen die Bedeutung von Marketingforschung“, hrsg. von Backhaus (2000), zusam-
Effekten richtig einzuschätzen. mengefasst. Es bleibt zu hoffen, dass die Kommission
Weiterhin ist sicherlich ein Problem darin zu sehen, Marketing auch in Zukunft in regelmäßigen Abständen
dass das verhaltenswissenschaftliche Marketing (im solche Standortbestimmungen vornimmt.
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends

I. Ziele, Ansätze und Interdisziplinarität der ●● Vergleichende Verhaltensforschung (Verhaltensbio-


Konsumentenverhaltensforschung logie)
●● Physiologische Verhaltenswissenschaften sowie in
jüngerer Zeit
Das grundsätzliche Ziel der Konsumentenforschung ●● Gehirnforschung (Neurologie)
liegt in dem Verstehen und Erklären des Verhaltens von
Konsumenten sowie der Ableitung von Handlungs- Stark vereinfacht kann man sagen: Die Psychologie setzt
empfehlungen zur Beeinflussung eben dieses Konsu- sich mit den individuellen, die Soziologie mit den sozia-
mentenverhaltens. Letztlich versucht die Konsumenten- len Aspekten des Verhaltens auseinander. Die Sozialpsy-
verhaltensforschung, Fragen nach dem „Warum“ und chologie vereint beide Betrachtungsweisen.
„Wie“ des Käuferverhaltens zu klären. Diese zentrale Zur Psychologie: Wenn wir etwas über den Gegen-
Zielsetzung wird von den beiden derzeit konkurrieren- standsbereich einer Wissenschaft erfahren wollen, ist
den Ansätzen der Konsumentenverhaltensforschung, es zweckmäßig, die Gliederung von Lehrbüchern und
dem positivistischen und dem verstehenden Ansatz, Einführungswerken anzusehen, denn die Abgrenzung
zwar im Prinzip geteilt; jedoch werden sowohl die Mit- eines Faches erfolgt nicht durch begriffliche Erörterun-
tel zur Zielerreichung als auch das Ziel an sich von den gen, sondern durch das tatsächliche Vorgehen der Fach-
Anhängern der beiden Paradigmen vollkommen unter- wissenschaftler, also durch – historisch bedingte – wis-
schiedlich gewählt bzw. interpretiert. Grundsätzlich geht senschaftliche Konventionen.
der positivistische Ansatz davon aus, dass mittels Kon- Eine typische Lehrbuchgliederung finden wir etwa in
sumentenforschung Problemlösungsstrategien für die „Psychology: The Science of Behavior“ von Carlson, Mil-
Praxis, also z. B. für das praktische Marketing, entwickelt ler et al. (2010). Nach grundlegenden Kapiteln über die
werden, während Vertreter der verstehenden Richtung Psychologie als Wissenschaft folgen die einzelnen Kapitel
die „Instrumentalisierung des Faches“ zum alleinigen – grob gesehen – folgender Einteilung:
Nutzen des Profitstrebens ablehnen. Auf weitere Unter-
●● Evolution/biologische Grundlagen des Verhaltens/
schiede zwischen beiden Forschungsansätzen wird im
Sinnesorgane und ihre Empfindungen
Verlauf dieses Kapitels noch eingegangen.
●● Wahrnehmung
Die Konsumentenverhaltensforschung wird von den ●● Lernen und (sonstige) kognitive Vorgänge
Autoren dieses Buchs als angewandte Verhaltenswis- ●● emotionale und motivationale Prozesse
senschaft verstanden. Sie hat damit das Ziel, Gesetz- ●● Entwicklung, Intelligenz und Persönlichkeit
mäßigkeiten über das Verhalten zu formulieren und zu ●● psychische Störungen
prüfen sowie an die Praxis weiterzugeben (vgl. auch Beh- ●● soziale Einflüsse auf das Verhalten
rens, 1995a). Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn sie die
benötigten Erkenntnisse entweder aus den empirischen Diese Gliederung spiegelt zugleich wichtige Teilgebiete
Verhaltenswissenschaften übernimmt oder durch eigene der Psychologie wider, die sich weitgehend verselbststän-
empirische Untersuchungen gewinnt. Unter Verhaltens- digt haben: Biologische Psychologie, Kognitive Psycho-
wissenschaften oder Verhaltensforschung können somit logie, Emotionspsychologie, Persönlichkeitspsychologie
alle Wissenschaften zusammengefasst werden, die sich (= Differentielle Psychologie), Klinische Psychologie und
auf das menschliche Verhalten beziehen. Ein interdis- Sozialpsychologie. Selbstverständlich werden in den ein-
ziplinäres Grundverständnis charakterisiert auch die zelnen psychologischen Büchern die Schwerpunkte un-
verstehende Richtung. terschiedlich gesetzt. Als deutschsprachige Einführung
in die Psychologie sind die Lehrbücher von Wentura und
Zur Wissenschaft vom menschlichen Verhalten gehören Frings (2013), Myers (2014) und Gerrig (2016) zu nennen.
vor allem: Eine Psychologie für Wirtschaftswissenschaftler bietet
●● Psychologie Wiswede (2012).
●● Soziologie Bei den psychologischen Wörterbüchern bewährt sich
●● Sozialpsychologie Wirtz (2017). Ein umfassendes Nachschlagewerk in deut-

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B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 11

scher Sprache ist die „Enzyklopädie der Psychologie“. Die Sozialpsychologie ist diejenige Verhaltenswissen-
Unter diesem Titel werden verschiedenste Sammelbände schaft, die am häufigsten für die Konsumentenforschung
zu unterschiedlichen Themengebieten der Psychologie herangezogen wird. Sie ist überwiegend experimentell
veröffentlicht, so beispielsweise auch der für Marketing- ausgerichtet. Ihr Untersuchungsbereich deckt sich zum
interessierte sehr lesenswerte sozialpsychologische Band Teil mit dem der Mikrosoziologie. Gemeinsame Themen
„Kommunikation, Interaktion und soziale Gruppenpro- sind vor allem Gruppenprozesse, Kommunikation und
zesse“ (Bierhoff und Frey, 2017). Eine angesehene psycho- Sozialisation sowie soziale Rollen. Manche sozialpsycho-
logische Fachzeitschrift ist American Psychologist. Für logischen Lehrbücher sind von mikrosoziologisch ausge-
die Konsumentenforschung liefern das Psychological Re- richteten Werken kaum zu unterscheiden. Zurückgehend
view, das Journal of Experimental Psychology sowie das auf Allport (1954, S. 5) versuchen die Sozialspsychologen
Journal of Applied Psychology interessante Erkenntnisse. zu verstehen und zu erklären, wie „das Denken, Fühlen
und Verhalten von Individuen durch die tatsächliche,
Zur Soziologie: Man unterscheidet im Allgemeinen vorgestellte oder implizite Anwesenheit anderer Men-
nach den Untersuchungsbereichen Mikrosoziologie und schen beeinflusst werden“.
Makrosoziologie. Die Mikrosoziologie beschäftigt sich
Eine grobe Abgrenzung von Psychologie und Sozial-
mit kleineren sozialen Einheiten, wie Bezugsgruppen
psychologie finden wir in einem klassischen Lehrbuch
und Familien, und mit den persönlichen Beziehungen
von Myers (2014, S. 596): „Sozialpsychologen legen ihren
zwischen Mitgliedern dieser Einheiten. Der Bereich der
Fokus auf die Situation. Sie untersuchen soziale Einflüs-
Makrosoziologie umfasst größere soziale Gebilde wie
se, die erklären, warum ein und dieselbe Person in un-
Verbände, Parteien und Betriebe, sowie die Interakti-
terschiedlichen Situationen unterschiedlich handelt“. So
on innerhalb und zwischen diesen sozialen Gebilden.
kann es durchaus sein, dass ein junger Student im Hör-
Auch die gesamtgesellschaftlichen Erscheinungen und
saal eher schüchtern und zurückhaltend ist, bei einem
ihre Einbettung in einen noch umfassenderen sozialen
Sieg seines Fußballvereins jedoch laut jubelt, singt und
Kontext (Staatsverbände, Kulturkreise) gehören dazu.
anderen um den Hals fällt. Die Sozialpsychologie fokus-
siert sich zudem auf die wissenschaftliche Untersuchung
Das Lehrbuch von Stark (2007) steht stellvertretend
davon, wie „wir übereinander denken, uns gegenseitig
für viele ähnliche amerikanische Lehrbücher. Die fünf
beeinflussen und in welcher Beziehung wir zueinander
Hauptkapitel befassen sich mit (1) Grundprinzipien der
stehen“ (Myers, 2014, S. 597). Der Inhalt sozialpsycholo-
Soziologie, (2) Individuen und Gruppen, (3) Ungleichheit,
gischer Lehrbücher konzentriert sich häufig auf folgende
(4) Institutionen und (5) Wandel.
Themengebiete: Wie denken wir über die soziale Welt,
Eine deutschsprachige Einführung bieten die „Schlüs- wie nehmen wir andere wahr, warum haben wir das
selbegriffe der Soziologie“ von Bahrdt (2014) sowie von Bedürfnis unser Verhalten zu rechtfertigen, wie werden
Kopp und Steinbach (2016). Als Lexikon der Soziologie wir durch persuasive Kommunikation beeinflusst, wie
ist insbesondere das Nachschlagewerk von Fuchs-Hein- verändern Normen unser (sozial erwünschtes) Verhalten,
ritz, Klimke et al. (2011) empfehlenswert. Anwendungs- wie sieht unser Zusammenleben in Gruppen aus, war-
bezogen ist das Buch von Best (2016), hier geht es um um mögen wir uns, warum helfen wir uns gegenseitig,
die Entstehung und Verbreitung sozialer Probleme im warum attackieren oder verletzen wir uns gegenseitig,
Zusammenspiel mit der Medienberichterstattung. Von wie können wir einen nachhaltigeren oder gesünde-
den internationalen Zeitschriften sind The American So- ren Lebensstil erwerben, wie werden wir glücklicher
ciological Review und das American Journal of Sociology (Aronson, Wilson und Akert, 2014)? Kurze Einführungen
(mit stark ausgebautem Rezensionsteil) hervorzuheben. („Basiswissen“) bieten das deutschsprachige Lehrbuch
Das nach Umfang und Verbreitung bedeutendste verhal- „Sozialpsychologie“ von Kessler und Fritsche (2018) so-
tenswissenschaftliche Fachorgan im deutschsprachigen wie das Buch von Jonas, Stroebe et al. (2014); für die fort-
Raum ist die Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozi- geschrittene Lektüre kann das Buch „Advanced Social
alpsychologie (KZfSS). Sie berichtet umfassend über die Psychology“ von Baumeister und Finkel (2010) empfohlen
deutsche soziologische Forschung aller Fachrichtungen werden1. Auch wenn das Buch schon älter ist: Anwen-
und vermittelt regelmäßig Forschungsergebnisse aus
1
vielen Ländern der Welt. Neben Erstveröffentlichungen Zur Vertiefung ist auch die deutsche Fassung eines europä-
ischen Lehrbuchs der Sozialpsychologie zu nennen, zu dem
werden ausführliche Literaturberichte sowie in einem
führende Sozialpsychologen aus acht Ländern beigetragen
umfangreichen Rezensionsteil Besprechungen der deut- haben (Jonas, Stroebe et al., 2007). Nachschlagewerke der So-
schen und internationalen Fachliteratur zusammenge- zialpsychologie sind daneben die Hand- bzw. Lehrbücher von
fasst. Bierhoff (2006), Fischer und Wiswede (2009), Fiske, Gilbert und
12 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

dungsorientiert und sehr lebendig geschrieben ist nach Zur Kommunikationsforschung sind auch die Veröffent-
wie vor die Sozialpsychologie des täglichen Lebens von lichungen zu zählen, die unter dem Titel „Persuasion“
Argyle (1992). Fischer und Wiswede (2009) behandeln die (Überzeugung) erscheinen und die Beeinflussungswir-
Grundlagen der Sozialpsychologie aus dem Blickwinkel kungen der Kommunikation, vor allem die Veränderun-
der Wirtschaftswissenschaften. gen von Einstellungen, darstellen. Das Buch von O’Keefe
Von den sozialpsychologischen Zeitschriften sind für die (2016) ist ein hervorragendes Beispiel. Interessante Beiträ-
Konsumentenforschung vor allem die amerikanischen ge und Entwicklungen werden durch das Communicati-
ergiebig: das Journal of Experimental Social Psychology, on Yearbook von Salmon (2016) nachgewiesen. Zeitschrif-
das Journal of Applied Social Psychology und ganz be- ten, die auch Anregungen zur Konsumentenforschung
sonders das Journal of Personality and Social Psychology. bieten, sind Communication Research, Journal of Com-
munications und European Journal of Communication3.
Eine der Sozialpsychologie eng verwandte und ebenfalls
Mit neuen Entwicklungen zum Einfluss der neuen Me-
experimentell orientierte Wissenschaft ist die – prag-
dien auf die Rezipienten setzt sich auch die Zeitschrift
matische (wirkungsbezogene) – Kommunikationsfor-
Information, Communication & Society auseinander. So
schung. Sie hat sich als eigenständiger interdisziplinärer
beschäftigt sich der Beitrag von Beam, Hutchens und
Forschungszweig etabliert und umfasst neben sozialpsy-
Hmielowski (2018) mit der Bedeutung von Facebook
chologischen Ansätzen auch psychologische, soziologi-
Nachrichten und dem US-amerikanischen Wahlkampf
sche und andere sozialwissenschaftliche Analysen des
im Jahr 2016.
Kommunikationsprozesses. Sie ist nicht zu verwechseln
mit der formalen Informationstheorie: Die Kommunika- Biologische Richtungen: Wir vergessen leicht, dass psy-
tionsforschung untersucht die individuellen und sozialen chische Vorgänge, wie emotionale Erlebnisse oder die
Wirkungen der Kommunikation, die Informationstheorie Erinnerung an ein Ereignis, mit biologischen (physio-
ist dagegen eine mathematische Theorie, die sich mit logischen) Vorgängen verbunden sind. So hängt zum
den (statistischen) Gesetzmäßigkeiten der Übermittlung Beispiel die langfristige Erinnerung an ein Ereignis von
und Verarbeitung von Informationen befasst. Interessant den bioelektrischen und biochemischen Bedingungen
sind im Zusammenhang mit der sozialpsychologischen beim Auftreten des Ereignisses ab.
Kommunikationsforschung auch die Erkenntnisse zum Abb. 3 verdeutlicht die wesentlichen Fragestellungen,
Verhalten in Verhandlungssituationen (siehe z. B. Jäger, welche die Beziehungen zwischen psychischen Vorgän-
Loschelder und Friese, 2017; Loschelder, Friese und Tröt- gen (P) und biologischen (physiologischen) Vorgängen
schel, 2017). (B) betreffen. Im Mittelpunkt steht die direkte und wech-
Es gibt nur wenige Bücher, die den gesamten Bereich der selseitige Beeinflussung der inneren Vorgänge P und B,
Kommunikation erfassen und sich mit allen Formen der weniger deren Einfluss auf das beobachtbare Verhalten.
Kommunikation beschäftigen, wie die „Einführung in Bei strenger Unterscheidung ergeben sich zwei verschie-
Kommunikation“ von Dimbleby und Burton (2007). Das dene Fragestellungen: Welche biologischen Ereignisse
Handbuch von Bruhn (2014) integriert die Kommunikati- begleiten die psychischen Vorgänge? Damit beschäftigt
onsforschung in den Kontext der Marketingkommunika- sich die Psychobiologie. In den entsprechenden Expe-
tion. Brosius, Haas und Koschel (2015) setzen sich mit den rimenten werden psychische Vorgänge (wie emotionale
Methoden der empirischen Kommunikationsforschung Erlebnisse) als unabhängige und manipulierte Variablen
auseinander. aufgefasst, und es wird festgestellt, welche biologischen
Im Allgemeinen wenden sich die Autoren entweder der Vorgänge (zum Beispiel Gehirnaktivitäten) aktiviert
direkten Kommunikation zwischen Personen (= inter- werden und das emotionale Erleben begleiten und mit-
personale Kommunikation) oder der Kommunikation bestimmen (P → R → B). Die Biologische Psychologie
mittels Massenmedien zu. Basisbücher über Massen- (Birbaumer und Schmidt, 2010; Pinel und Pauli, 2012)
kommunikation stammen von McQuail (2010), zur Me-
diennutzung und Medienwirkung von Bonfadelli und der Sammelband „Medien im Marketing“ von Gröppel-Klein
und Germelmann (2009). Interessant ist auch der soziologische
Friemel (2015) sowie zum Einfluss der computervermit-
Ansatz (Mau, 2017) zur Wirkung von Scoringwerten.
telten Kommunikation auf die Massenkommunikation 3
Die Zeitschrift „Medienpsychologie“ (seit 2008 auf Englisch
von Pürer, Springer und Eichhorn (2015)2. als Journal of Media Psychology) liefert der Konsumentenfor-
schung wertvolle Erkenntnisse. Als internationales Forum für
Lindzey (2010) sowie der Sammelband von Aronson, Wilson psychologische Grundlagen- und Anwendungsforschung in
und Akert (2014) bzw. Baron und Branscombe (2016). allen Bereichen der Individual- und Massenkommunikation
2 Einen Überblick über die Bedeutung der Medien im Marke- versteht sich die Zeitschrift als interdisziplinär orientiertes
ting mit vielfältigen Bezügen zum Konsumentenverhalten gibt Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis.
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 13

Reize

Abb. 3: Die biologischen Richtun-


gen der Psychologie
P B
Anmerkung: Meistens werden psychische Prozesse biologische Prozesse wie
zwei Richtungen mit biologischen wie Emotionen elektrische Gehirnaktivitäten
Fragestellungen unterschieden: Die
Psychobiologie oder Psychophysio-
logie verfolgt die Beziehungen P →
B, die Biologische oder Physiolo- beobachtetes Verhalten
gische Psychologie untersucht die
Beziehungen B → P.

setzt sich dagegen mit der umgekehrten Wirkungskette (eineiigen) Zwillingen (R2 = 0,8) besteht, wohingegen
B → R → P auseinander. keine Korrelation bei dizygoten (zweieiigen) Zwillingen
Diese Trennung in zwei verschiedene Untersuchungs- festgestellt werden konnte. Daraus wurde geschlossen,
felder wird allerdings nicht streng durchgehalten und dass Glücklichsein zumindest teilweise genetisch veran-
ist auch nicht empfehlenswert. Es gibt einige Autoren, kert und damit erblich ist.
die unter der einheitlichen Bezeichnung „Psychophysio- Eine weitere Richtung, die sich den biologischen Bedin-
logie“ die Beziehungen zwischen den psychischen und gungen des Verhaltens zuwendet, ist die vergleichende
den biologischen (physiologischen) Einflussgrößen in Verhaltensforschung oder Ethologie, manchmal auch
beiden Richtungen untersuchen (Bagozzi, 1991, S. 126). als Verhaltensbiologie bezeichnet (Gattermann, 2006).
Beide Ansätze verbindet das gemeinsame Ziel, die bio- Neuerdings spricht man von „Evolutionärer Psychologie“
logischen Bedingungen des Verhaltens herauszuarbei- (Buss, 2015).
ten und damit auch die genetischen Dispositionen, die Aus systematisch ausgewerteten Erkenntnissen über ge-
dabei angesprochen werden (siehe auch die Einleitung netisch angelegte Verhaltensmuster bei Tieren und aus
des Lehrbuchs von Schandry, 2016).4 Aktuelle Grund- kulturvergleichenden Untersuchungen, die auf univer-
lagenwerke, die übrigens die Bezeichnung „Biological selle Verhaltensweisen bei allen Menschen hinweisen,
Psychology“ im Titel führen, stammen von Kalat (2015), werden Schlüsse auf angeborene Verhaltensdispositio-
Breedlove, Watson und Rosenzweig (2013) und Schandry nen beim Menschen gezogen (Humanethologie). Abb. 4
(2016). veranschaulicht eine verhaltensbiologische Einsicht: Auf
Auch Sozialpsychologie und Soziologie beziehen in den bestimmte emotionale Reize reagieren Menschen auf-
letzten Jahren die biologischen Grundlagen des Verhal- grund biologisch bestimmter Dispositionen mehr oder
tens stärker in ihre Betrachtung ein. Eine Einführung weniger automatisch.
bietet die „Soziobiologie“ von Voland (2013), die sich Kroeber-Riel hat die psychobiologischen und verhaltens-
mit der biologischen Angepasstheit des tierischen und biologischen Konzepte bereits frühzeitig in die Konsu-
menschlichen Sozialverhaltens beschäftigt5. mentenforschung, insbesondere in die amerikanische
Die sogenannte Verhaltensgenetik sucht nach kausalen Literatur, eingeführt, was auch entsprechend gewürdigt
Beziehungen zwischen Vererbung und Verhalten. So wurde (MacInnis und Folkes, 2010, S. 903)6.
haben Lykken und Tellegen (1996) beispielsweise in ei- Im vorliegenden Buch kommt das psychobiologische
ner Langzeit-Zwillingsstudie herausgefunden, dass eine Denken unter anderem im zentralen Konstrukt „Akti-
hohe Korrelation des Glücklichseins bei monozygoten vierung“ (vgl. Zweiter Teil dieses Buchs) zum Ausdruck.
Unter Aktivierung wird ein zentralnervöser Erregungs-
4
Das instruktivste Sammelwerk zur Psychophysiologie wurde
vorgang verstanden, der mit physiologischen Methoden
von Cacioppo, einem führenden Vertreter der psychobiologi- gemessen werden kann. Die Stärke der in einer Verhal-
schen Forschung, Tassinary und Berntson (2007) herausgege-
ben. Empfehlenswert sind ebenso das Werk von Carlson (2012)
sowie das Journal of Psychophysiology. 6
Vgl. dazu Kroeber-Riel (1981) und seinen grundlegenden Ar-
5 Auf das sogenannte „Neuromarketing“, das Erkenntnisse der tikel über „Activation Research – Psychobiological Approaches
Neurologie, Psychologie und der Marktforschung und Marke- in Consumer Research“ (1979); wieder abgedruckt in Robertson
tingtheorie vereint, wird später eingegangen. und Kassarjian (1991, S. 225 ff.).
14 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Abb. 4: Super-Attrappen als For-


schungsgegenstand der Verhaltens-
biologie: Busenschema und Kind-
chenschema

Anmerkung: Busenschema und


Kindchenschema sind Beispiele
für Attrappen. Das sind stark
vereinfachte Modelle von emoti-
onalen Schlüsselreizen, auf die
Menschen aufgrund biologischer
Dispositionen mehr oder weniger
automatisch reagieren. Aus dieser
Einsicht lassen sich Beeinflus-
sungstechniken ableiten.

tenssituation vorhandenen Aktivierung bestimmt we- Problemlösungsstrategien für das Marketing entwickelt
sentlich das emotionale Erleben (Aktivierung als Grund- werden, während Vertreter der verstehenden Richtung
dimension von Emotionen) sowie die gedanklichen die „Instrumentalisierung des Faches“ nur zum Nutzen
Leistungen der Konsumenten. Da sich die Aktivierung des Profitstrebens ablehnen und ein weites Begriffsver-
gezielt beeinflussen bzw. manipulieren lässt, ergeben ständnis fordern, in dem Sinne, dass sich die Konsumen-
sich zahlreiche Möglichkeiten, in das emotionale und tenverhaltensforschung mit möglichst vielfältigen, auch
kognitive Verhalten der Konsumenten einzugreifen. sozial- und gesellschaftskritischen Themen auseinander-
Aktuelle Perspektiven und Trends: In den Verhaltens- setzen solle. So beschäftigen sich verstehende Forscher
wissenschaften ist interdisziplinäres Arbeiten unum- auch mit marketingferneren Themen, wie beispielsweise
gänglich. Zum Beispiel enthalten fast alle modernen mit den (Konsum-)Ritualen, die mit dem Tod verbunden
Psychologiebücher ausführliche Kapitel über die biolo- sind (Bonsu und Belk, 2003; Turley, 2004). Die Bedeutung
gischen und physiologischen Determinanten des Verhal- des Todes für den einzelnen Menschen an sich und sein
tens. Zeitschriften wie Behavioral Science repräsentieren Einfluss auf die Wahrnehmung der individuellen Le-
diese integrierte verhaltenswissenschaftliche Sichtweise. bensqualität spielt eine wichtiger werdende Rolle (King,
Hicks und Abdelkhalik, 2009), auch bei der Planung der
Das bedeutet natürlich nicht, dass bei der Analyse eigenen Beerdigung (Kopp und Kemp, 2019).
menschlichen Verhaltens die Erkenntnisse der ver-
schiedenen Disziplinen und Forschungsgebiete auch Schließlich verbergen sich auch hinter den Begriffen „Er-
nur annähernd gleichwertig berücksichtigt werden. In klären“ und „Verstehen“ zwei diametrale Forschungsper-
Abhängigkeit von der Entwicklung einzelner Diszipli- spektiven: Die positivistische Konsumentenforschung
nen und von Zeitströmungen und Trends erhalten einige sucht erfahrungswissenschaftliche Erkenntnisse und
Forschungsrichtungen mehr Bedeutung und Einfluss ist im Sinne des kritischen Rationalismus darauf aus-
als andere. gerichtet, generalisierbare Aussagen, also Theorien und
Hypothesen, zu formulieren und diese empirisch zu
Das gilt auch für die Konsumentenforschung. Sie ist in überprüfen (Falsifikationskriterium). Diese Aussagen
besonderem Maße durch eine interdisziplinäre Ausrich- sollen dazu dienen, das Konsumentenverhalten zu er-
tung und durch eine hohe Methodenvielfalt gekenn- klären und Prognosen über zukünftiges Verhalten zu
zeichnet (Sherry, 1991; Bryman, 2016). Hinzu kommt eine erstellen sowie Empfehlungen zur Beeinflussung des
kaum noch überschaubare Ausdehnung der Themen, Verhaltens abzugeben. Die verhaltensorientierte, empiri-
insbesondere in den Bereich des nicht-kommerziellen sche Konsumentenforschung ist somit durch das neobe-
Verhaltens oder in jüngerer Zeit zum Einfluss der Digi- havioristische SOR-Paradigma geprägt. Das Verhalten
talisierung auf das Konsumentenverhalten (siehe dazu lässt sich demnach durch das Zusammenwirken von
den Abschnitt „Konsumentenverhalten im digitalen Zeit- Umwelteinflüssen und psychischen Vorgängen, die sich
alter“ im Dritten Teil dieses Buchs). in der Person abspielen, erklären: Die Modellvariablen
Im Mittelpunkt der Konsumentenverhaltensforschung (siehe Abb. 5) beziehen sich demzufolge auf beobachtbare
steht das Erklären und Verstehen von Konsumenten- Reize der Umwelt (S für Stimulus), auf die nicht beob-
verhalten. Wie bereits erläutert, geht der positivistische achtbaren, internen psychischen Prozesse (O für Orga-
Ansatz davon aus, dass mittels Konsumentenforschung nismus) und schließlich auf die beobachtbare Reaktion
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 15

SOR-Paradigma der Konsumentenverhaltensforschung

Stimulus-Organismus-Reaktion (engl.: stimulus-organism-response)

S1 O1 R1
S2 O2 R2
S3 O3 R3
S4 O4 R4
… … …
Sn On Rn

nicht
beobacht- beobachtbare beobachtbares
bare Stimuli affektive und Verhalten
kognitive
Prozesse
(bewusste und
unbewusste
Prozesse)

Beispiel: Exposition Einstellung zur Kauf


Werbefilm Marke
Abb. 5: Das SOR-Schema

(R). Herausforderungen sind dabei immer wieder die lichsten Forschungsrichtungen stammen. So konnten
Operationalisierung, also die Überführung theoretischer Forscher ganz neue Einblicke in das automatische Ver-
Begriffe in messbare Indikatoren, das Aufdecken interner halten bzw. die unbewussten Prozesse von Menschen
psychischer Prozesse sowie die Verarbeitung komplexer, erhalten7. Unter dem Stichwort „Neuroeconomics“
multikausaler Datenbeziehungen. versteht man die Anreicherung der Neurophysiologie
Die hohen Anforderungen des Positivismus haben si- mit wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellungen und
cherlich die Weiterentwicklung der empirischen Markt- Erkenntnissen. Insbesondere durch die Positronenemis-
forschungsmethoden, beispielsweise der Kausalanalyse sionstomographie (PET) und das functional Magnetic
(Hildebrandt und Homburg, 1998; Weiber und Mühl- Resonance Imaging (fMRI) können faszinierende neue
haus, 2014), forciert und auch die Probleme bei der An- Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Ge-
wendung solcher Verfahren aufzeigen lassen (Jarvis, hirns gewonnen und auch Erkenntnisse der Konsumen-
MacKenzie und Podsakoff, 2003). Der positivistische tenverhaltensforschung validiert werden8. Allerdings
Ansatz hat sich allerdings in den 1980er-Jahren der Kritik sind sowohl der Aufbau neuroökonomischer Experimen-
ausgesetzt gesehen, einen blinden „Empirismus“ entfacht te als auch die Interpretation der mithilfe von Computer-
und – aufgrund seiner deduktiven Vorgehensweise – der (bzw. Kernspin-)tomographen gewonnenen Ergebnisse
Erforschung einmaliger Ereignisse im Leben eines Kon- ohne tragfähige wirtschaftswissenschaftliche Theorien
sumenten, die einen erheblichen Einfluss auf zukünftige (insb. der Konsumentenverhaltensforschung) nicht mög-
Konsumentenentscheidungen ausüben können („Critical
7 Anmerkung: Um die unbewusste Gedankentheorie (UTT,
Incidents“), zu wenig Beachtung geschenkt zu haben.
Dijksterhuis und Nordgren, 2006) ist eine kontroverse Debatte
Die positivistische Analyse emotionaler und kognitiver entbrannt (z. B. González-Vallejo, Lassiter et al., 2008; Vadillo,
Prozesse des Konsumenten hat durch die Erkenntnisse Kostopoulou und Shanks, 2015; Dijksterhuis und Strick, 2016),
der Neurologie und Physiologie neue Impulse erhalten die im Zweiten Teil dieses Buchs diskutiert wird.
8
(z. B. Bechara und Damasio, 2005; Kenning, Plassmann Der amerikanische Nobelpreisträger Vernon Smith bemerkte
in seiner Stockholmer Festrede 2002 zu den Zukunftsaussich-
und Ahlert, 2007; Plassmann und Venkatraman, 2015;
ten von „Neuroeconomics“: „We are only at the beginning of
Ramsoy, 2015; Reuter und Montag, 2016), was sich in der this enterprise, but its promise suggests a fundamental change
2005 gegründeten Zeitschrift „NeuroPsychoEconomics“ in how we think, observe, and model decision in all its cont-
widerspiegelt, deren Herausgeber aus den unterschied- exts.“

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16 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

lich. Zudem sind nach wie vor die sehr spezielle Labor- the turn of the 20th century those researching consumer
situation von CT-Erhebungen, die immer noch hohen behaviour believed that the only phenomena that counted
Erhebungskosten sowie die u. a. daraus resultierenden were those that could be counted. They called these phe-
kleinen Stichproben Probleme, die bei der zukünftigen nomena ,variables’ in order to underscore their interest in
Einschätzung des Nutzens von „Neuroeconomics“ nicht how they could vary – by length, time, intensity, amount,
unerwähnt bleiben dürfen. i. e., their measurable dimensions … To understand any
Unbewusstes Verhalten: Die Erforschung des „unbe- action you must understand the meaning behind it, there
wussten Verhaltens“ stellt – wie oben erwähnt – seit is an intention behind it that determines what kind of ac-
Jahren (Behrens und Neumaier, 2004; Bargh und Char- tion it is“. Die Bedeutung einer Handlung könne aber nur
trand, 1999) einen vielbeachteten, aber aufgrund strittiger unter Berücksichtigung des Kontextes ermittelt werden,
Befunde auch kontrovers diskutierten Bereich dar. Die der mit klassischer, quantitativer Marktforschung nicht
„O“-Komponente entzieht sich quasi der Messung, da gemessen werden könne, sondern nur mit qualitativen
den Individuen die affektiven und kognitiven Prozesse und projektiven Verfahren. Beispielsweise sollen mittels
nicht bewusst sind. Im Unbewussten werden Umwelt- hermeneutischer und semiotischer Verfahren oder unter
reize verarbeitet, ohne dass diese Verarbeitung in das Zuhilfenahme der Anthropologie und Ethnographie die
Bewusstsein eindringen muss. Gehirnforscher gehen komplexen sozialen und kulturellen Einflüsse auf das
davon aus, dass bis zu 90 Prozent aller Gehirnprozes- Konsumverhalten ermittelt werden (Ekström, 2003; Ger,
se im Bereich des Unbewussten ablaufen. Selbst die 2018). So erklärt Levy (2005, S. 342): „The oddity here is
Wahrnehmung der Stimuli kann unbewusst erfolgen that an ethnography or thick description surely captures
(Kiefer, 2017, S. 164). Anders ausgedrückt: Es findet eine a situation more realistically than a particular statistic,
Informationsverarbeitung bei jeder beliebigen Reizstärke no matter how large the sample or whatever the level of
statt und obwohl die Reizstärke nicht ausreicht, um den confidence“. Die Anhänger der verstehenden Richtung
Stimulus zu erkennen, verändern diese die nachfolgende möchten keine quantifizierbaren und generalisierbaren
Reaktion. Man spricht von unbewusster Wahrnehmung Erklärungen oder Prognosen über das Konsumenten-
(siehe Teil 2 dieses Buchs). Auch werden im Unbewusst- verhalten aufstellen und damit keine Sozialtechniken
sein die automatischen Prozesse gesteuert und man un- zur Beeinflussung des Verhaltens nur zum Nutzen eines
terstellt unbewusstes Lernen und unbewusstes Denken. Unternehmens liefern (z. B. durch eine entsprechende
Diese Erkenntnis ist übrigens nicht neu und nicht erst Marketingmixpolitik). Bazerman (2001) beispielsweise
durch die moderne Gehirnforschung entlarvt worden. erklärt, dass Konsumentenforschung ausdrücklich kon-
So bemerkte bereits 1704 Gottfried Wilhelm Leibniz in sumentenorientiert sein und Konsumenten mehr Wissen
der „Neuen Abhandlung über den menschlichen Ver- vermitteln sollte, wie „weisere“ (Kauf-)Entscheidungen
stand“: „Ein Wesen kann denken, ohne zu merken, dass getroffen werden können. Auch wehren sich einige ver-
es denkt“. Doch durch die Möglichkeiten der computer- stehende Forscher gegen eine Überbetonung des neobe-
tomographischen Auswertung von Gehirnprozessen hat havioristischen SOR-Paradigmas, da diese Sichtweise
die Erforschung des Unbewussten eine große Schub- zu sehr die Abhängigkeit des Konsumenten von Mar-
kraft erhalten. Zudem hat die (positivistische) Konsu- ketingstimuli impliziere und ihn zu wenig in den Pro-
mentenverhaltensforschung in den letzten 20  Jahren duktionsprozess involviere (Firat und Venkatesh, 1995).
ein gesteigertes Interesse an experimenteller Forschung Aus dieser Kritik entwickelte sich auch die sogenannte
gezeigt – vielleicht auch als Gegenbewegung zur ver- „Consumer Culture Theory“ (Arnould und Thompson,
stehenden Richtung, die unbewusste Prozesse eher aus 2005), die sich im anglo-amerikanischen Raum zu einem
der Perspektive von Freud oder Jung beleuchtet (siehe eigenständigen Forschungsfeld entwickelt hat (s. u.). Wei-
Zweiter Teil). Aufgrund der teilweise nicht replizierbaren terhin erklärten Begründer der verstehenden Richtung
Erkenntnisse haben jedoch in den letzten Jahren gera- (z. B. Hirschman, 1989, 1991), dass der Materialismus nicht
de die Experimente zu unbewussten Phänomenen zur mehr so sehr im Mittelpunkt der positivistischen Rich-
Replikationskrise beigetragen. tung stehen dürfe und dass auch die sogenannten „Dark
Sides of Consumer Behavior“ (wie beispielsweise Kauf-
Die historische Entwicklung der verstehenden Richtung
sucht, Umweltverschmutzung, „Consumer Terrorism“)
der Konsumforschung: Diese hat sich in den 1980er-Jah-
erforscht werden müssten (Mick, 1996, 2006)9.
ren als Gegenrichtung zum Positivismus entwickelt und
seitdem, wie der Name schon impliziert, versucht, das
Verhalten von Konsumenten zu verstehen und zu inter- 9Aus Unternehmenssicht ist auch der Beitrag von Chonko und
pretieren (Belk, 1995). Turley (2012) kritisiert, dass das po- Hunt (2000) zur Bedeutung der Ethik im Marketing-Manage-
sitivistische Paradigma rein ,zahlenorientiert’ sei: „From ment von Interesse.
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 17

Der verstehende Ansatz hat die zeitweilig vernachlässig- die Dateninterpretation subjektiv vorgehe und einige
ten qualitativen Methoden der psychologischen Markt- Forscher der Versuchung erliegen, zwecks Bestätigung
forschung wie Bildertests oder thematische Apperzep- der Hypothesen widersprechende Daten zu ignorieren.
tionstests wieder stärker in den Vordergrund gerückt, „Researchers who do not obtain supportive results are
projektive Verfahren weiterentwickelt (z. B. Zaltman’s unlikely to even try to publish the work. In many cases,
Metaphor Elicitation Technique; Zaltman und Coulter, then, there is little chance that a ,falsifying’ result will
1995) oder die Aufmerksamkeit auf den Nutzen von Fo- be widely disseminated in the field and becomes part of
kusgruppen gelenkt. Beispielsweise hat die von ame- scientific knowledge“ (Peter und Olson, 1989; vgl. auch
rikanischen Forschern durchgeführte „Konsumenten- Greenwald, Pratkanis et al., 1986). An den nordamerika-
verhaltensodyssee“ (Belk, 1988) tiefe Einblicke in das nischen Hochschulen stehen der positivistische und der
amerikanische Konsumverhalten gegeben. Hier erkun- verstehende Ansatz heute Seite an Seite, und mehr und
deten Konsumentenforscher auf einer Fahrt zwischen mehr Forscher begrüßen die durch die Konkurrenzsitua-
Ostküste und Westküste das alltägliche Verhalten der tion entstandene Professionalisierung beider Konzeptio-
Bevölkerung, zum Beispiel beim Einkaufen, Spielen, nen, die zu einer Verbesserung und Ausweitung des Me-
Wohnen usw. – durch Interpretation des verbalen und thoden- und Themenspektrums geführt habe (Ekström,
nicht-verbalen Verhaltens, durch Interviews und Beob- Ottoson und Parment, 2017; Arnould und Thompson,
achtungen10. Allerdings muss sich auch die verstehende 2005; Buber und Holzmüller, 2007).
Richtung dem Gültigkeitsproblem (Bagozzi, 1992) stellen In der deutschen Marketingforschung, sicherlich auch
und sich um eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit der geprägt durch die Tatsache, dass hier verhaltenswissen-
Ergebnisse bemühen, wie es der sogenannte Triangula- schaftliche Ansätze zur Lösung betriebswirtschaftlicher
tions-Prozess (Sherry, 1991) vorschreibt (der aber nicht Probleme beitragen sollen, dominiert nach wie vor der
immer von verstehenden Forschern konsequent durch- positivistische Ansatz. Vielfach (und das gilt nicht nur
geführt wird). Bei der Triangulation handelt es sich um für den deutschsprachigen Raum) ordnen Forscher die
einen multidimensionalen Forschungsprozess, bei dem mittels des verstehenden Ansatzes gewonnenen Erkennt-
unterschiedliches qualitatives Ausgangsmaterial (z. B. nisse in den Entdeckungszusammenhang ein, auf deren
Beobachtungen, Tiefeninterviews, die sogenannten Thick Basis sie dann falsifizierbare Hypothesen formulieren,
Descriptions, Fotos, Symbole usw.) von unterschiedlichen die sich noch einer klassischen positivistischen Prüfung
Fachvertretern (z. B. Soziologen, Psychologen, Anthro- im Begründungszusammenhang unterwerfen müssen.
pologen usw.) mit unterschiedlichen Methoden (z. B. Se- Damit wäre die verstehende Forschung allerdings nur
miotik, Kognitive Psychologie usw.) unter Zuhilfenahme der „appetizer“ und nicht der „main course“, wie Ger
konkurrierender Hypothesen interpretiert wird und bei (2007) es einmal ausgedrückt hat.
dem man sich gemeinsam auf eine theoretische Erklä-
Consumer Culture Theory (CCT): Seit dreißig Jahren
rung für das Zustandekommen des Ausgangsmaterials
widmen sich primär Forscher der verstehenden Richtung
einigen muss, um dem Vorwurf der Willkürlichkeit zu
verschiedenen soziokulturellen, erfahrungsbezogenen,
begegnen. Am Beispiel der Literaturkritik als Metho-
symbolischen und ideologischen Aspekten des Konsums.
de vermittelt der im Journal of Marketing ausgetragene
Diese Forschungsrichtung wird als Consumer Culture
Disput zwischen Brown (1999, 2000), Holbrook (2000)
Theory bezeichnet und bezieht sich auf einen Kulturbe-
und Levitt (2000) einen Eindruck über den Widerstreit
griff, der Kultur als einen teilweise vorgegebenen, teil-
verschiedener Positionen innerhalb der verstehenden
weise immer neu verhandelten Rahmen für mögliche
Richtung der Konsumentenforschung.
Handlungen, Gefühle und Gedanken des Konsumenten
Von Kritikern wird der interpretative Ansatz häufig als versteht, wobei – und das ist vielleicht der entscheidende
„weich“ oder „feminin“ bezeichnet. Insbesondere im Unterschied zur klassischen Konsumentenverhaltensfor-
anglo-amerikanischen Raum wehren sich Protagonisten schung – „Handlungen“ nicht als kausale Folge kulturel-
des verstehenden Ansatzes jedoch gegen die Auffassung, ler Faktoren angesehen werden, wie es beispielsweise
nur die positivistische Richtung könne Charakteristi- die Kulturdimensionen von Hofstede (1991)11 nahelegen
ka wie „wahr“, „unvoreingenommen“ oder „objektiv“
für sich in Anspruch nehmen, da jeder Wissenschaftler
durch die Auswahl seiner Forschungsprojekte und durch 11
Hofstede, Hofstede und Minkov (2010) verstehen Kultur als
eine kollektive Programmierung des Geistes. Anhand von fünf
Dimensionen (Machtdistanz, Unsicherheitsvermeidung, Indi-
10 Zur Entstehung der Konsumentenverhaltensodyssee vgl. vidualismus, Maskulinität und Langzeitorientierung) lassen
Kassarjian (1987) und als zusammenfassenden Report Belk sich ihrer Auffassung nach nationale Kulturen charakterisieren
(1991) mit zahlreichen weiteren Literaturquellen. und voneinander unterscheiden.
18 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

(Belk und Sherry, 2007; Thyroff, Murray und Belk, 2015). tensforschung durchaus nachvollziehbar und begrüßens-
Arnould und Thompson (2005, S. 869) schreiben in ih- wert, da natürlich der Wert einer Marke auch dadurch
rem empfehlenswerten Überblicksartikel: „CCT explo- bestimmt wird, von welchen Konsumenten eine Marke
res the heterogeneous distribution of meanings and the und wie intensiv und bei welchen Gelegenheiten ver-
multiplicity of overlapping cultural groupings that exist wendet oder auch verändert wird. Auch wenn „falsche“,
within the broader sociohistoric frame of globalization nicht intendierte Zielgruppen eine Marke „okkupieren“,
and market capitalism. Thus, consumer culture denotes a so kann dies das Image der Marke verändern12.
social arrangement in which the relations between lived Da sich die SDL jedoch einer „eigenen Sprache“ bedient,
culture and social resources, and between meaningful müsste man zunächst eine Art Glossar entwickeln, um
ways of life and the symbolic and material resources on die Erkenntnisse dieses Ansatzes für die Konsumenten-
which they depend, are mediated through markets“. So verhaltensforschung darstellen zu können. Dies würde
beschäftigen sich CCT-Forscher mit der Symbolik des den Rahmen dieses Lehrbuchs sprengen. So wird ein Ser-
Schenkens, mit der Bedeutung des Besitzes von bestimm- vice beispielsweise nicht als Dienstleistung verstanden,
ten Produkten und Marken oder mit der Frage, inwie- sondern als „fundamental basis of exchange“ (Vargo und
weit auch Werbefilme zu persönlichen Ankern werden Lusch, 2016, S. 8) definiert. Durch Anwendung operanter
können. Ekström, Ottosson und Parment (2017, S. 191) Ressourcen (Wissen und Fertigkeiten) entstehen solche
erklären, CCT würde sich ganz grundsätzlich vor allem Dienste (services), welche die Basis für alle Austausch-
vier Themengebieten widmen: prozesse darstellen.
●● Wie trägt Konsum zur Identität des Einzelnen bei? Das „Klassikerbeispiel“ der SDL ist das Kühlschrank-
●● Welche „Marktplatz-Kulturen“ können ausfindig ge- Beispiel: Ein Kühlschrank ist kein Produkt (das wäre die
macht werden? „goods dominant logic“), sondern erbringt den Dienst
●● Welche soziologischen und historisch geprägten Kon- des Kühlens von Lebensmitteln aufgrund der Experti-
summuster können ausgemacht werden? se der Erbauer. Der Wert dieser Leistung entfaltet sich
●● Welche Ideologien begleiten unsere Konsumwelten? erst beim Nutzer, der seinerseits über die Bereitstellung
monetärer Ressourcen (also durch Geld) den Service ver-
Neue Sammelbände mit aktuellen Themen der Consumer gütet. Der Kunde könnte dabei zum einen an der Dienst-
Culture Theorie (CCT) stammen von Sherry und Fischer leistungserstellung mitwirken (also z. B. seine Erfahrun-
(2017), Cross, Ruvalcaba et al. (2018) oder von Askegaard gen einsetzen, wie der Kühlschrank noch praktischer
und Heilbrunn (2017). Letzteres Werk erläutert den Ein- gestaltet werden könnte), oder er generiert durch den
fluss diverser Philosophen, wie beispielsweise Nietzsche, Genuss der gekühlten Getränke den Wert des Services.
Habermas, Bourdieu oder Foulcault, auf CCT. Lesens- Vargo und Lusch (2016, S. 8) differenzieren „coproduc-
wert zu konsumrelevanten Auswirkungen der deutsch- tion“ und „cocreation“: Sie sehen „co-production as being
deutschen Wiedervereinigung ist auch der Beitrag von relatively optional, subject to a whole host of factors (e. g.,
Brunk, Giesler und Hartmann (2017). knowledge and desire of the beneficiary and existing
Service Dominant Logic (SDL, Vargo und Lusch, 2004, knowledge of customer preferences on the part of the
2008): Die Idee der sogenannten Customer Co-Creation provider, among many others), whereas cocreation of
und damit die Bedeutung und Integration des Konsu- value is simply a positive statement that, at least in human
menten beim Produktions- bzw. Dienstleistungsprozess systems, which are characterized by specialization and
hat durch die SDL-Initiative von Vargo und Lusch einen thus interdependency, value is always cocreated. Hence,
neuen Schub erhalten. Wenn Wertschöpfung ein gemein- cocreation of value, unlike co-production, is not optional“
samer Prozess von Anbieter und Konsument ist, dann
stärkt dies die Rolle des Konsumenten im Marktprozess. 12
So musste Mercedes bei Einführung der A-Klasse Ende der
Die SDL hat eine Vielzahl von Veröffentlichungen aus- 90er Jahre erleben, dass nicht, wie geplant, die jüngere „Merce-
gelöst (siehe hierzu auch Löbler und Woratschek, 2012; des Einsteiger“-Generation das Auto kaufte, sondern vor allem
Skålén und Edvardsson, 2016) und in jüngerer Zeit diver- Ältere, die ein geräumiges Auto mit höheren Sitzen bevorzug-
se Modifikationen und Erweiterungen erfahren (Vargo ten. Bei der Neueinführung der A-Klasse 2012 habe man sich
und Lusch, 2016; 2017). Beispielsweise betont die SDL, daher dazu „entschieden, mit dem Modellwechsel der A-Klasse
dass „Marken nicht allein durch Unternehmen geschaf- keine Evolution, sondern eine Revolution einzuleiten und völ-
lig neue, deutlich jüngere Kunden anzusprechen. Dazu seien
fen werden, sondern Markenbedeutung letztendlich
jene Fahrzeugeigenschaften, die die treuen Käufer der A-Klasse
das Resultat des Engagements vieler Akteure in einem liebten – hohe Sitzposition, gutes Raumgefühl – konsequent
Service-Ökosystem ist“ (Woratschek, Fehrer et al., 2017, verändert worden: Nun stehe ein sportliches, dynamisches
S. 1). Dieser Ansatz ist aus Sicht der Konsumentenverhal- Design im Mittelpunkt“ (Schmidt, 2012).
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 19

(ebenda, S. 10). Diese Sichtweise wurde durchaus kriti- Daneben (Stichwort Digitalisierung) beeinflussen die
siert (Grönroos und Voima, 2013), ebenso die mangelnde Fortschritte der Informatik die Konsumentenverhaltens-
Ableitung von konkreten Implikationen für Management forschung. So werden z. B. mehr und mehr Chatbots in
und Marketing (Grönroos und Gummerus, 2014, S. 221). virtuellen Verkaufsgesprächen eingesetzt oder Algorith-
Die manchmal recht eigenwilligen und nicht immer in men bestimmen immer mehr, welche Werbung wir auf
messbare Indikatoren übersetzbaren Begrifflichkeiten unserem Smartphone präsentiert bekommen. Nicht nur
der SDL machen es für den positivistischen Forscher Saug- oder Rasenmäher-Roboter werden zu Alltagshilfen,
schwierig, SDL mit der Konsumentenverhaltensfor- sondern es ist durchaus vorstellbar, dass wir mit Taxi-Ro-
schung zu verzahnen, und es gibt auch nur wenige Au- botern durch die Städte kutschiert werden. Lästiges Park-
toren des verstehenden Ansatzes, die dies versuchen, wie platzsuchen kann bald der Vergangenheit angehören,
z. B. Arnold (2006). Arnold sieht die Wurzeln der SDL in und intelligente Navis werden uns zu freigewordenen
schon früher gewonnenen Erkenntnissen der CCT (auch Parkplätzen lotsen. „Alexa“ oder „Siri“ und deren Wei-
wenn, so schreibt er, „this tradition is unacknowledged terentwicklungen können sich, wenn wir das so wollen,
(even unknown) terrain in Vargo and Lusch’s work“). zu unseren persönlichen Assistenten entwicklen, die au-
Wenn er dennoch – zumindest in früheren Jahren – eine tonom unsere Termine planen oder Einkäufe bestellen.
„Umarmung“ der SDL für sinnvoll erachtet hat, dann Schließlich hat die künstliche Intelligenz heute schon vir-
begründet er dies zum einen damit, dass ähnliche An- tuelle „Supermodels“ kreiert, die viele Marketiers nicht
sichten von beiden Ansätzen (z. B. zur Bedeutung des nur kostengünstiger als „reale Supermodels“, sondern
Kontextes) vertreten würden, und zum anderen damit, auch sehr faszinierend finden (siehe Abb. 6). Über die
dass die CCT davon profitieren und an Business Schools Reaktionen der Konsumenten zu diesen „Smart Marke-
gestärkt werden könnte, da an vielen Business Schools ting“-Aktivitäten wird im Dritten Teil des Buchs berichtet.
die SDL durchaus hohe Akzeptanz erfahren habe. Letz- Schließlich kann es durchaus sinnvoll sein, auch die poli-
teres mag daran liegen, dass die SDL bemüht ist, eine tikwissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen.
geschlossene ökonomische Theorie zu entwickeln, was Konsum ist heute oft ein politisches Statement. Das reicht
viele Wirtschaftler nach wie vor sehr attraktiv finden
(siehe dazu auch die Bestrebungen der Neuen Institu-
tionenökonomie).
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein Verdienst so-
wohl der SDL als auch der CCT gewesen ist, innerhalb
der Konsumentenverhaltensforschung den Fokus auf das
Wechselspiel von Individuen und Netzwerken („ecosy-
stems“) oder anders ausgedrückt, auf das Zusammen-
spiel von Mensch, Gesellschaft und Umwelt gelenkt zu
haben. So sind wichtige Themen wie Brand Commu-
nities, Crowdsourcing oder kollaborativer Konsum
(teilen, leihen, schenken) in der Folge auch stärker in
den Fokus der bis dahin vor allem an intraindividuellen
Prozessen interessierten (positivistischen) Konsumen-
tenverhaltensforschung gerückt worden. Die Soziologie
und Philosophie spielen heute generell und nicht nur im
verstehenden Ansatz der Konsumentenforschung eine
größere Rolle als noch vor 20 Jahren, zum einen auf-
grund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen
(Stichworte: Integration, Desintegration, sozialer Wandel,
Scoringgesellschaft und Quantifizierung des Wir), zum
anderen, da virtuelle Netzwerke und andere neuere Phä-
nomene natürlich erst durch die entsprechenden tech-
nologischen Entwicklungen möglich gemacht worden
sind. Hellmann (2017) liefert einen guten Überblick über
die akademische Konsumforschung aus soziologischer
Perspektive. Abb. 6: Das virtuelle Supermodel Lil Miquela
(Quelle: Kedves, 2019)
20 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Abb. 7: Konsum wird politisch


(Quelle: Radulfo, 2017)

von der demonstrativen Abkehr von Plastikverpackun- antwortungsbewusstes Image erzielen möchte, wofür
gen, über den Kauf von Fair Trade-Artikeln bis hin zum es de facto keine hinreichenden Gründe gäbe, da z. B.
Kauf eines 710 $ teuren T-Shirts von Dior, das den Titel nicht genau ermittelt werden kann, wieviele Gelder tat-
„We should all be feminists“ trägt und vermutlich auch sächlich in die gesellschaftspolitischen Projekte fließen
auf die „Me-too-Debatte“ in den USA anspielt. Die Sän- oder Konsumenten aufgrund des Werbedrucks sehr
gerin Rihanna trug dieses T-Shirt, postete das Bild bei viel höhere Spendensummen annehmen. Auch wird
Instagram, wodurch zum einen viele Follower ebenfalls der Vorwurf erhoben, dass manche Unternehmen von
das T-Shirt kauften (oder günstigere Kopien) und ent- anderen „Sünden“ ablenken möchten. Andererseits pro-
sprechende Bilder in den sozialen Medien hochluden; fitieren die Non-Profit-Organisationen nicht nur durch
zum anderen erklärte Dior sich bereit, die Stiftung der die Unternehmensspenden, sie werden ebenfalls durch
Sängerin prozentual am Umsatz des T-Shirts zu beteili- die Werbekampagnen bekannt und rücken mehr in das
gen (Ulrich, 2018; Rodulfo, 2017). Bewusstsein der allgemeinen Bevölkerung, auch derje-
Es handelt sich hierbei auch um eine Form des „Cause- nigen, die die Produkte nicht brauchen, aber das soziale
related Marketing“. Ein Unternehmen kooperiert mit Projekt unterstützen möchten (z. B. Pampers-Windeln
einer Nonprofit-Organisation, spendet einen Teil des und Tetanus-Impfaktion der UNICEF in Afrika).
Umsatzes für ein soziales Projekt oder den Umweltschutz Das Zusammenspiel von Marketing und Politik zeigt
und bewirbt diese Kampagne entsprechend (Varadara- sich heute auch darin, dass von den meisten Marken
jan und Menon, 1988). Eines der ersten bekannten Un- (abgesehen von denen, die dadurch bekannt geworden
ternehmen, das „Cause-related Marketing“ anwandte, sind, dass sie bewusst die Regeln brechen, um zu pro-
war in den 1980er Jahren die Firma American Express, vozieren) erwartet wird, dass sie eine Sensibilität für
die einen Dollar pro neu eröffnetem Konto spendete. In „politial correctness“ zeigen. Gerade im internationalen
den letzten Jahren ist ein Boom dieses Marketing Tools Marketing gibt es hier viele Fallstricke. So präsentierte
zu beobachten gewesen. Bekannte Beispiele sieht man die italienische Luxusmarke Dolce & Gabbana in China
in Abb. 8. Als ein Erfolgsfaktor gilt die Passung („fit“) einen Werbespot, bei dem eine Chinesin recht unbeholfen
zwischen dem Unternehmen und der „guten Sache“, versucht, Pizza und Pasta mit Stäbchen zu essen (Abb. 9).
für die man sich einsetzt (Kuo und Rice, 2015). Anders Der Hintergrund: Dolce & Gabbana lässt seit 2017 auch
ausgedrückt: Die gesellschaftspolitischen Ziele beider „Luxus-Nudeln“ produzieren, die zum stolzen Preis
Partner sollten übereinstimmen. Ein häufig genannter von 95 Euro beim englischen Kaufhaus Harrod’s zu er-
Kritikpunkt ist das „Greenwashing“. Darunter ver- stehen sind und lässt Nudelformen auf Stoffe drucken,
steht man, dass sich das Unternehmen „reinwaschen“ um das „Alltägliche in ihren Produkten zu stilisieren“
und über die Cause-related Marketing-Kampagne in (Schneider, 2017). Die Visualisierung des Themas für
der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches oder ver- den chinesischen Markt misslang jedoch vollkommen:

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B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 21

Abb. 8: Beispiele bekannter cause-related Marketing-Kampagnen

Abb. 9: Der Dolce & Gabbana-Fall


in China
(Quelle: Giesen, 2018)

Der Spot erregte Proteststürme, wurde als rassistisch Abb. 10 zeigt zusammenfassend die Entwicklung der
interpretiert und führte dazu, dass Prominente die Mo- Konsumentenverhaltensforschung seit 1960.
denschauen von Dolce & Gabbana boykottierten und Vor allem ausgelöst durch die Arbeiten von Kahneman
große Online-Händler die Marke verbannten. Die Ent- und Tversky (1979) sowie Thaler (1985), werden in der
schuldigung des Labels fruchtete nicht, wohl auch, weil Konsumentenverhaltensforschung auch Theorien mit
der Konflikt durch die Veröffentlichung eines privaten, mikroökonomischen Bezügen oder Wurzeln diskutiert,
aber gehackten Instagram-Posts verstärkt wurde, bei dem insbesondere die Prospect Theorie und das Mental Ac-
sich der Firmeninhaber negativ über China äußerte (Welt counting (Gröppel-Klein, 2007). Da die Verhaltensöko-
online, 2018). nomie in den letzten Jahren so an Bedeutung gewonnen
hat, soll in dieser 11. Auflage dem Zusammenspiel von
22 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

ca. Dominante Dominante Wissenschafts- Interdiszi-


ab Fragestellung Analyse theoretische plinärer
Jahr Perspektive Input

1960 Entscheidungsverhalten Kognitive Kognitive u.


„kognitive Anstrengung“ Prozesse Positivismus Sozial-
Psychologie
+ + + +

1980 Hedonismus, emotionale Emotionale Verstehende (Psycho-)


Konditionierung, Prozesse Richtung Physiologie,
Konsumerlebnisse Soziologie,
Geisteswis-
senschaften
+ + + +

2000 Automatisches Verhalten, Zusammenspiel Experimentelle Gehirn-


Unbewusste Prozesse, aller intra- Forschung forschung
Priming individuellen
Prozesse
+ + + +
Wissenskonsolidierung: Triangulation,
2015 Replikation Metaanalyse
sowie Mensch, Umwelt, Interindividuelle Informatik, Abb. 10: Entwicklung der Konsu-
Technik und Gesellschaft, Prozesse, Politikwissen- mentenverhaltensforschung seit
kollaborativer Konsum, Menschen in schaft 1960 (in Anlehnung an Gröppel-
politischer Konsum Ökosystemen Klein, 2007 und aktuelle Erweite-
rungen)

Verhaltensökonomie und Konsumentenverhaltensfor- die Konsumentenverhaltensforschung von großer


schung erstmalig ein eigenes Kapitel gewidmet werden. Relevanz?
(4) Noch weiter gefragt: Macht es eigentlich noch Sinn,
zwischen den beiden Ansätzen zu differenzieren?
II. Zusammenspiel von Behavioral Economics
und Konsumentenverhaltensforschung 1. Kurze Skizzierung der Entwicklung der Fachrichtung
Behavioral Economics
Die Verhaltensökonomik (Behavioral Economics) be- Mit Begründung der Nationalökonomie als wissen-
schäftigt sich mit menschlichem Verhalten in wirt- schaftliche Disziplin gab es anfangs diverse Bezüge
schaftlichen Situationen und ist eine „Versöhnung“ der der Volkswirtschaftslehre zur Psychologie, vielleicht
Volkswirtschaftslehre mit der Psychologie: „Behavioral am prominentesten sichtbar durch die Veröffentlichung
Economics improves the realism of the psychological des Buchs von Adam Smith „The Theory of Moral Sen-
assumptions underlying economic theory, promising timents“ (1759), das sich mit den Motivationen der Men-
to reunify psychology and economics in the process“ schen beschäftigt. Um 1870 wurde die Nationalökonomie
(Camerer, 1999, S. 10575). Daraus ergeben sich für die Ab- als vorherrschende Lehre von der Neoklassik der VWL
handlung in diesem Buch verschiedene Fragestellungen: abgelöst, und in der Folge wurden die Vorstellungen des
(1) Wie kam es dazu, dass sich die Volkswirtschaftslehre vollkommenen Marktes und des Homo Oeconomicus
von der Psychologie zunächst abgewandt hatte, dann propagiert.
eine Rückbesinnung erfolgte und sich seit einiger Zeit Der vollkommene Markt kann als eine Art „fiktiver
die Richtung „Behavioral Economics“ etabliert hat? Markt“ verstanden werden, bei dem zeitliche (z. B. unter-
(2) Trug zu dieser Rückbesinnung auch die Konsu- schiedliche Nutzungszeiten), räumliche (z. B. nahe oder
mentenverhaltensforschung bzw. die Marketingfor- ferne Angebote), sachliche (z. B. Unterschiede bei den
schung bei, die seit den 1950er Jahren und in Deutsch- Dienstleistungen) oder persönliche (z. B. die Einstellun-
land maßgeblich begründet durch Kroeber-Riel (1969) gen der Kunden zu den Werbekampagnen) Präferenzen
konsequent interdisziplinär ausgerichtet ist? keine Rolle spielen. Es herrscht zudem vollkommene
(3) Welche wesentlichen Erkenntnisse bzw. Theorien der Markttransparenz, die Güter sind homogen (es gibt also
Behavioral Economics-Forschung sind heute auch für keine Qualitätsunterschiede) und bei Änderungen kön-
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 23

nen alle Marktteilnehmer sofort reagieren. Schließlich Oeconomicus und ihre Erkenntnisse werden nicht nur
wird bei den Akteuren die Zielsetzung der Gewinnma- in der Volkswirtschaftslehre, sondern auch, unterstützt
ximierung unterstellt. Diese Vorstellungen stellen eine durch die Medienberichterstattung, für unsere Gesell-
extreme Vereinfachung der Marktbegebenheiten dar schaft bedeutsamer. So befasste sich die Frankfurter All-
und werden genutzt, um sogenannte Gleichgewichts- gemeine Zeitung 2014 mit einer Stellenausschreibung
preise zu ermitteln. Bei diesem Preis ist die Nachfrage des Bundeskanzleramts und schrieb (Plickert und Beck,
gleich dem Angebot, und die so in einer Volkswirtschaft 2014): „In dieser Stellenausschreibung steckt politische
angebotenen Produkte werden vollständig abgesetzt. Musik. Das Bundeskanzleramt sucht gleich drei Referen-
Einzelne Anbieter können keinen höheren Preis als den ten mit tiefen Kenntnissen über Psychologie, Anthropo-
Gleichgewichtspreis durchsetzen, da aufgrund der logie und Verhaltensökonomik für den Stab Politische
Transparenzannahme alle Abnehmer wissen, dass es Planung, Grundsatzfragen und Sonderaufgaben…. Die
günstigere Angebote auf dem Markt gibt. Andererseits Regierung will wirksamer regieren und den Bürgern
werden sich die Anbieter nicht auf Preise unterhalb des einen Schubs in die ,richtige’ Richtung geben.“
Gleichgewichtspreises einlassen, da auch sie wiederum
Man streitet zwar innerhalb der Ökonomie durchaus
die Zahlungsbereitschaften der Nachfrager kennen.
noch, wie beschränkt rational ein Mensch sich verhält,
Die ökonomische Theorie konnte aufgrund dieser Vor- doch man versucht (auf Basis experimenteller Forschung)
stellung vom vollkommenen Markt eine mathematische die Märkte sehr viel realitätsnäher zu betrachten. So
Formalisierung und Modellbildung vorantreiben. Der stellt man z. B. fest, dass das typische Nutzenkonzept
vollkommene Markt stellt eine widerspruchsfreie Ab- der VWL in der Realität oft versagt: Beispielsweise ist
straktion dar. Auch die Annahme, dass es nur rationale die für den Nutzenvergleich von Alternativen notwen-
Entscheider gäbe, trug dazu bei: Der Homo Oeconomi- dige Vergleichbarkeit der Wahlmöglichkeiten oft nicht
cus bezeichnet ein Wirtschaftssubjekt, das stets rational gegeben. Auch wird in der Realität die Prämisse des
agiert, also logisch und widerspruchsfrei handelt. Zudem Nutzenkonzepts der „totalen Ordnung“ oft verletzt:
ist der Homo Oeconomicus zeitkonsistent, hat quasi kei- Wenn Alternative A besser als B eingeschätzt wird und
ne kognitiven Beschränkungen und unbegrenzte Wil- B besser als C, dann müsste der rationale Entscheider
lenskraft und handelt stets egoistisch, ohne Rücksicht auch Alternative A Alternative C vorziehen, was in der
auf andere zu nehmen. Dabei versucht er den eigenen Realität oft nicht der Fall ist. Bei Entscheidungen unter
Gewinn bzw. Nutzen zu maximieren, wobei ein „mehr“ Unsicherheit wird klassischerweise die von der VWL
an materiellen Dingen stets besser bewertet wird als ein postulierte Erwartungsnutzentheorie der normativen
„weniger“ (Mankiw und Taylor, 2018). Entscheidung unterstellt. Sie geht davon aus, dass ratio-
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass auf nale Entscheider sich am Erwartungswert des Nutzens
Basis dieser Vorstellungen nach Ansicht der traditionel- unterschiedlicher Alternativen orientieren. Ein Beispiel:
len Volkswirte der Mensch stets rational in dem Sinne Ein Entscheider hat die Möglichkeit, zum Preis p an ei-
handelt, dass er unter verschiedenen Handlungsoptionen ner Tombola teilzunehmen und (a) mit geringer Wahr-
grundsätzlich diejenige Option wählt, welche ihm den scheinlichkeit einen hohen Gewinn oder (b) mit höherer
größten Nutzen verschafft. Diese Sichtweise ermöglicht Wahrscheinlichkeit einen geringen Gewinn zu erzielen
die angestrebte mathematische Modellierung. oder sich aber (c) das zum Preis p gekaufte Los von einem
anderem Menschen für einen höheren Geldbetrag abkau-
Die klassische Volkswirtschaftslehre hat sich von den fen zu lassen. Aufgrund des mathematisch ermittelbaren
Vorstellungen des vollkommenen Marktes nicht gänzlich Erwartungsnutzens ist die dritte Alternative diejenige
losgesagt (Mankiw und Taylor, 2018); an den Universi- mit dem höchsten Nutzen, oder anders ausgedrückt, sie
täten wird auch weiterhin die mathematisch-abstrakte bringt den höchsten Gewinn. Also müsste sich der ratio-
Modellwelt gelehrt und der „Idealtyp“ eines Entschei- nale Entscheider für diese Wahlmöglichkeit entscheiden.
dungsträgers unterstellt, der zu uneingeschränkt rati- In der Realität wählt der Konsument dennoch sehr oft
onalem Verhalten (Rationalprinzip) fähig und für den die Lotterie, vielleicht weil ihm der Nervenkitzel bei der
das Streben nach Nutzen- bzw. Gewinnmaximierung Lotterie besonders gefällt oder weil er davon überzeugt
handlungsbestimmend ist. ist, dass er zu den glücklichen Gewinnern zählen wird.
Doch im letzten Jahrzehnt ist auch in der VWL die An- Von den Verfechtern der Behavioral Economics-Lehre
zahl derer gestiegen, die sich mit dem tatsächlichen und wird der klassischen Erwartungsnutzentheorie daher
unvorhersehbaren Verhalten von Akteuren befassen die sogenannte „Prospect Theory“ entgegengesetzt, die
möchten. Die Verhaltensökonomie, als Teilgebiet der explizit versucht, solche „Verhaltensanomalien“ aufzude-
VWL, verabschiedet sich von dem Fabelwesen Homo cken. Diese und andere Erkenntnisse (siehe weiter unten)
24 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

werden heute auch von der Konsumentenverhaltensfor- Informationsbasis zu tun hat) sowie von dem Phänomen
schung genutzt. der „kognitiven Täuschung“ („cognitive illusions“) ab-
Eine neue Sichtweise für die Lösung ökonomischer Pro- gegrenzt werden. Um Letzteres zu illustrieren, erläutern
bleme haben auch Gigerenzer und Selten (2002) in die Gigerenzer und Gaissmaier (2006) den Fall, dass die meis-
Debatte eingebracht. Sie griffen das vor mehr als 50 Jahren ten Autofahrer glauben, dass sie besser führen als der
von Simon (1957, siehe auch 1997) eingeführte Konzept der Durchschnitt. Dies sei jedoch ebenso unmöglich, wie es
eingeschränkten oder begrenzten Rationalität („boun- unmöglich sei zu erklären, dass die meisten Menschen
ded rationality“) auf. Simons grundsätzliche Idee war es, überdurchschnittlich intelligent seien. Es handele sich
„realistische“ Modelle zu entwickeln, die zeigen wie und damit um Beispiele kognitiver Täuschung13, denen ent-
weniger welche Entscheidungen getroffen werden. Diese weder ein übersteigertes Selbstbewusstsein oder unbe-
Modelle basieren im Unterschied zu der neoklassischen, gründeter Optimismus zu Grunde liegen. Per Definition
auf Abstraktion beruhenden Sichtweise auf einfachen Ent- ist der Intelligenzquotient symmetrisch verteilt (Annah-
scheidungsregeln, die wie Gigerenzer und Selten (2002, me der Normalverteilung), somit müssen ähnlich viele
S. 38 ff.) darlegen, dezidierten Optimierungsstrategien Menschen einen über- wie einen unterdurchschnittlichen
ebenbürtig oder gar überlegen sein können. Zum Beispiel Intelligenzquotienten haben. Wenn man die Fertigkeit
ist ein Verhalten beschränkt rational, wenn ein Entschei- Auto zu fahren über die Anzahl der Unfälle definiert,
der die Suche nach Alternativen dann beendet, wenn er in die jemand als Fahrer verwickelt worden ist, kommt
eine Lösung gefunden hat, mit der er zufrieden ist, auch man dagegen nicht zu einer symmetrischen, sondern
wenn es vielleicht noch bessere Lösungen geben könnte. zu einer linkssteilen Verteilung. Der überwiegende Teil
der Fahrer hat also keine oder nur sehr wenige Unfälle,
Ebenso kann man sich einfacher Heuristiken bedienen. jedoch gibt es einige wenige Ausreißer, die in sehr viele
Wenn Menschen gefragt werden, welche Stadt die größe- Unfälle verwickelt sind und den Durchschnitt somit nach
re sei, Köln oder Kiel, so wird die überwältigende Mehr- oben ziehen. Nach den Autoren kommen in den beiden
heit korrekterweise „Köln“ nennen, weil über Köln sehr Beispielen der überdurchschnittlichen Intelligenz- bzw.
viel häufiger berichtet wird. Sie nutzen also die simple Fahrtüchtigkeitseinschätzung die zu beobachtenden
Regel: „Je bekannter, desto größer“. kognitiven Täuschungen dadurch zustande, dass die je-
Gigerenzer und Selten (2002) konnten mittels Experimen- weilige Struktur der Umwelt nicht berücksichtigt werde.
ten zeigen, dass Menschen über ein ganzes Repertoire „Bounded rationality“ ist somit nicht bedeutungsgleich
an schnellen, einfachen und flexiblen Heuristiken (Dau- mit „Irrationalität“ oder mit „eingeschränkter Optimie-
menregeln), somit quasi über einen „adaptiven Werk- rung“, sondern bezeichnet die situationsadäquate Ver-
zeugkasten“ verfügen, mit dem sie zu guten Problemlö- wendung des oben beschriebenen Werkzeugkastens, der
sungen gelangen. Menschen können die Heuristiken also wiederum aus einzelnen Bausteinen besteht. Der Mensch
der jeweiligen Situation anpassen. Wenn Konsumenten ist danach fähig, diese Bausteine je nach Situation neu zu
beispielsweise die Frage gestellt bekommen, ob Berlin kombinieren, wie der Wechsel der Daumenregel in dem
größer als Baoding in China sei, dann könnte es sein, zuvor erläuterten Städtebeispiel skizziert. Die Problemlö-
dass die Befragten zwar keinerlei Vorstellungen von der sungskraft der verwendeten Heuristik hängt somit von
Stadt Baoding haben, hier aber die zuvor beim Vergleich der Struktur und Nutzung der Informationen in natür-
von Köln und Kiel gewählte Heuristik („je bekannter, lichen Umwelten ab. Gigerenzer und Gaissmaier (2006,
desto größer“) wechseln und sich sagen, dass chinesische S. 3) sprechen daher von „ökologischer Rationalität“:
Städte in der Regel mit sehr hohen Einwohnerzahlen „Heuristiken nutzen Umweltstrukturen. Die Rationali-
einhergehen. Sie lägen damit auch richtig, wenn sie auf tät von Heuristiken ist nicht logisch, sondern ökologisch.
Baoding statt auf Berlin tippen (Baoding hat übrigens Ökologische Rationalität impliziert, dass eine Heuristik
knapp 12 Millionen Einwohner). nicht an sich gut oder schlecht, rational oder irrational
Gigerenzer (2002, S. 38) macht zudem darauf aufmerk- ist, sondern nur in Bezug auf eine bestimmte Umwelt,
sam, dass der Begriff der „eingeschränkten Rationalität“ indem sie sich bestimmte Strukturen einer Umwelt zu
seit vielen Jahren zu einer Art modischen Bezeichnung Nutze macht oder diese verändert“.
(„a diluted, fashionable term“) für fast jede beliebige Grundsätzlich wird das Thema, wie Konsumenten Ent-
Art menschlichen Verhaltens geworden sei, was man scheidungen treffen und welche Heuristiken sie dabei
kritisch betrachten müsse. Seiner Ansicht nach müsse
dieser Begriff von der „Optimierung unter Randbedin- 13Dieser Begriff ist abzugrenzen von dem Begriff „Gedächtnis-
gungen“ (z. B. wenn man es aufgrund hoher Kosten für täuschung“, den wir im Zweiten Teil, im Abschnitt „Kognitive
die Informationsbeschaffung mit einer eingeschränkten Prozesse“ ausführlich behandeln werden.
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 25

nutzen, im Zweiten Teil ausführlich beleuchtet. Dabei onsinteressiert, so dass nur das Wechselspiel von Kog-
zeigt sich, dass auch im Konsumbereich die Nutzung nitionen und Emotionen das Konsumentenverhalten
von einfachen Heuristiken ein verbreitetes Phänomen ganzheitlich erklären könne, so Kroeber-Riel (1975)
ist – und vielfach sehr zufriedenstellende Lösungen weiter. Heute müsste man hinzufügen, dass diese psy-
bringt. An dieser Stelle sei abschließend zur Beantwor- chischen Prozesse sowohl bewusst als auch unbewusst
tung der ersten oben genannten Frage gesagt, dass viele sein können. Schon frühzeitig mahnte Kroeber-Riel an,
Vertreter der Volkswirtschaftslehre eine realitätsnähere das reale Verhalten zu untersuchen und forderte die
Forschung begrüßen und darin auch eine Chance se- Marketingwissenschaft auf, „kausale Erklärungen, an
hen, die Akzeptanz des Faches bei den Studierenden der Realität überprüfbare Hypothesen und Theorien“
zu erhöhen. (Kroeber-Riel, 1975, S. 3) zu entwickeln und dieses Wissen
sowohl für die Optimierung des Marketing als auch des
2. Das Zusammenspiel von Marketing bzw. Konsumenten- Verbraucherschutzes zu nutzen. Kroeber-Riel hat daher
verhaltensforschung und Verhaltensökonomie maßgeblich dazu beigetragen, dass sich der verhaltens-
wissenschaftliche Ansatz im deutschsprachigen Raum
In der anfangs durch Gutenberg (1968) mikroökonomisch
entwickeln konnte; er und natürlich alle (internationalen)
geprägten, klassischen Preistheorie im Marketing spielte
Pioniere des Konsumentenverhaltens haben zur Etablie-
die Vorstellung des vollkommenen Marktes durchaus
rung des verhaltenswissenschaftlichen Ansatzes in der
noch eine bedeutsame Rolle, z. B. bei der Berechnung
Betriebswirtschaftslehre beigetragen, was womöglich
von Preis-Absatz-Funktionen oder bei der Berechnung
letztlich auch die „Rückbesinnung“ der VWL unterstützt
der gewinnmaximalen Preise (Cournot’scher Punkt) im
und beeinflusst hat.
Falle von Monopolen (Diller, 2008). Doch schon frühzeitig
erkannte das in den 1960er Jahren in der Regel noch unter Die verhaltenswissenschaftlich orientierten Volkswir-
der Bezeichnung „Absatzwirtschaft“ geführte Fach Mar- te sind jedoch auch ihrerseits, wenn vielleicht im 20. Jahr-
keting (erst Ende der 60er Jahre wurden unter den Lei- hundert nicht ganz so frühzeitig wie das Marketing,
tungen der Universitätsprofessoren Kulhavy und Meffert zu der Erkenntnis gelangt, dass begrenzte Rationalität,
die ersten als „Marketing“ bezeichneten Lehrstühle im begrenzte Willenskraft und begrenzter Eigennutz we-
deutschsprachigen Raum eingeführt), dass die Vorstel- sentliche Merkmale einer realistischen Betrachtung der
lung des vollkommenen Marktes die Weiterentwicklung Teilnehmer an ökonomischen Prozessen sind (Beck, 2014,
des Fachs lähmen würde. Die Begründung liegt auf der S 2f.). Der Grund für diese ähnliche Einschätzung ist
Hand: Es ist ja das ausdrückliche Ziel des Marketing, einfach auszumachen: Verhaltensorientierte Volkswirte
aus homogenen Gütern heterogene Marken zu formen, haben sich ihrer Wurzeln „rückbesonnen“ und konse-
die unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen sollen. Zu- quent – wie die Marketingwissenschaftler – psycholo-
dem verfügen die Akteure im realen Leben nicht über gische Erkenntnisse in ihre Forschung integriert. Sie
Markttransparenz, sie verhalten sich oft irrational bzw. erkennen, dass Menschen „fehlbar“ sind, sich also irren
nach ihrer rein subjektiven Rationalität. So kann es für können, suboptimale oder auch für sie (anscheinend)
einen Menschen durchaus sinnvoll sein, nach nur kur- nachteilige Entscheidungen treffen können. Daneben ha-
zem Suchen ein teures Produkt zu kaufen, statt mit mehr ben jedoch auch viele Verhaltensökonomen ein Interesse
Aufwand ein günstigeres zu ergattern, wenn er/sie die daran, die Menschheit zu verbessern, indem sie durch
gewonnene Zeit der Familie widmen kann (siehe hierzu Anreize (incentives) bzw. durch gezieltes „Anschubsen“
auch den Vierten Teil des Buchs). Kroeber-Riel, der mit klügere Entscheidungen (Thaler und Sunstein, 2013) oder
Gründung des Instituts für Konsum- und Verhaltensfor- solche, die das gesellschaftliche Miteinander verbessern
schung 1969 als der Pionier des verhaltenswissenschaft- oder die Umweltressourcen schonen, anstoßen. Dies ist
lichen Ansatzes der deutschen BWL angesehen werden als „Nudging“ bekannt geworden. Dieses Konzept hat
kann (Bruhn, 2016), schrieb in der ersten Auflage (1975, durchaus auch Kritik ausgelöst, denn wer darf sich an-
S. 3) dieses Buchs: „Der Absatztheorie GUTENBERGscher maßen, über das Anschubsen das Verhalten anderer/
Prägung mangelt es deswegen sowohl an empirischer der Menschen zu beeinflussen, selbst wenn es um deren
Fundierung als auch an pragmatischer Verbindlichkeit. Wohl geht?
Den von ihr beschriebenen Marktreaktionen liegt oft das Natürlich fühlt man sich auch in der Konsumentenver-
Verhalten von imaginären Modellfiguren und nicht das haltensforschung dem generelleren Ziel einer „besseren
beobachtete Verhalten von Marktteilnehmern zugrun- Welt mit mehr Lebensqualität“ verpflichtet (die in diesem
de“. Der Mensch sei kein Homo Oeconomicus-Wesen, Buch kurz skizzierte Forschungsrichtung „transformati-
sondern voller Fantasien, inkonsistenter Präferenzen, onal consumer research“ ganz besonders), und es wird
motivationaler Konflikte und nur bedingt informati- beispielsweise diskutiert, ob Nudging zur gesünderen

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26 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Ernährung oder zum umweltbewussteren Verhalten bei- die Voreinstellung auch zu doppeltem Papierverbrauch
tragen kann. Zum Teil wird das Nudging jedoch – wie führen. Hier könnte mit Hilfe der Methoden der Kon-
bereits oben angedeutet – auch in der Konsumentenver- sumentenverhaltensforschung geklärt werden, welche
haltensforschung kontrovers behandelt (s. u.). Grund- Mediatoren und Moderatoren für das Verhalten verant-
sätzlich ist an dieser Stelle (und damit zur Beantwortung wortlich sind (siehe zu Mediatoren und Moderatoren
der zweiten oben gestellten Frage) festzuhalten, dass Teil 1, Kapitel C) und wann und wie intensiv Nudges in
Konsumentenverhaltensforscher und Verhaltensöko- der intendierten Richtung wirken.
nomen, wenngleich vielfach aus anderen Blickwinkeln
Wenn der Staat oder übergeordnete Institutionen Nudges
(z. B. auf den Einzelnen vs. auf die Volkswirtschaft be-
einsetzen (z. B. Steuererleichterungen bei Elektroautos),
zogen) forschend, sich stark angenähert haben, da sie
dann spricht man vom libertären Paternalismus, wobei
ihre empirischen Studien und vor allem Experimente
das Wort „libertär“ zum Ausdruck bringen soll, dass die
auf denselben, in der Regel psychologischen Theorien
Entscheidungsfreiheit des Einzelnen gewahrt bleiben
aufbauen. Allerdings, so ist es von vielen Universitäten
soll. Der Einzelne wird also nicht gezwungen, sich in
zu vernehmen, wären die Forschungskooperationen zwi-
einer bestimmten Art und Weise zu verhalten, er wird
schen verhaltenswissenschaftlich forschenden Volks-
nur dazu „angeschubst“. Der Paternalismus (das System
und Betriebswirten durchaus ausbaufähig. Dieses Thema
einer wohlmeinenden vormundschaftlichen Beziehung
wird unter II.4 noch einmal aufgegriffen.
zwischen Herrschenden und Untergebenen) ist nach Tha-
ler und Sunstein (2013, S. 15) legitim, wenn hierdurch
3. Relevante Erkenntnisse der Behavioral Economics das Leben länger, gesünder oder besser gemacht werde:
Forschung für die Konsumentenverhaltensforschung „Wir sind dafür, dass private Institutionen, Behörden,
Im Folgenden sollen Nudging sowie weitere Erkennt- Regierungen bewusst versuchen, die Entscheidungen der
nisse und Theorien der Verhaltensökonomie, die auch Menschen zu lenken, dass sie hinterher besser dastehen
der Konsumentenverhaltensforschung Impulse geliefert – und zwar gemessen an ihren eigenen Maßstäben“. Um
bzw. dort ihren Platz gefunden haben, kurz erläutert das „Anschubsen“ möglichst effektiv und effizient zu
werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Im Verlauf gestalten, nutzen die Protagonisten des Nudging psy-
des Buchs wird auf diese Erkenntnisse immer wieder chologische Theorien sowie weitere Erkenntnisse der
zurückgegriffen und dabei die spezielle Perspektive der Verhaltensökonomie (wie z. B. die Verwendung von Heu-
Konsumentenverhaltensforschung beleuchtet. ristiken oder die schon angesprochene Prospect Theory,
die weiter unten detailliert erläutert wird).
Nudging: Ein „Nudge“ ist, wie bereits kurz angedeutet,
ein Schubsen bzw. ein „leichtes in die Rippen stoßen“ Nudging kann durchaus kontrovers betrachtet werden,
(Thaler und Sunstein, 2013, S. 13), welches dazu führen denn manche Nudges können vielleicht so gut gewählt
soll, dass andere auf etwas aufmerksam gemacht, er- sein, dass die von Sunstein und Thaler propagierte „Ver-
innert oder gewarnt werden, um letztlich bessere Ent- haltensfreiheit“ dann nicht mehr gegeben ist. Schubse
scheidungen zu treffen bzw. das Gemeinwohl zu fördern. wirken dann unbewusst und automatisch, insbesondere
Wenn Früchte statt Süßigkeiten in Augenhöhe präsentiert wenn sie biologisch programmiert sind. Es handelt sich
werden, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das dann um Reiz-Reaktionsverbindungen, die unmittelbar
Obst schneller wahrgenommen und damit auch gewählt ausgelöst werden. Im Zweiten Teil dieses Buchs wenden
wird (Thaler und Sunstein, 2013, S. 15). Auch durch soge- wir uns solchen Verknüpfungen ausführlich zu. Zudem
nannte „defaults“, also Voreinstellungen, kann Verhalten stellt sich die oben schon angesprochene Frage, wer die
verändert werden. Ist bei einem Drucker beispielsweise Legitimation hat, Nudging durchzuführen. Hier wird bei
werksseitig voreingestellt, dass doppelseitig gedruckt vielen Verfechtern des Paternalismus der Staat genannt,
wird, kann Druckerpapier gespart werden, weil die Kon- der über Nudging auch die Einhaltung gesetzlicher Re-
sumenten diese Voreinstellung meist (oft auch aus reiner geln fördern könnte. Doch was passiert, wenn der Staat
Bequemlichkeit) nicht ändern. bei der Gestaltung der Gesetze irrt und das vermeintlich
Gute zu unbeabsichtigten Schäden führt? An dieser Stelle
An dieser Stelle sei allerdings bereits angemerkt, dass der
würde eine kritische Diskussion zum Thema Nudging
gewählte Nudge einer empirischen „Erfolgskontrolle“
zu weit führen. Wir werden im Vierten Teil dieses Buchs
unterworfen sein sollte. Wenn beispielsweise Konsumen-
auf die Rolle des Staats im Verbraucherschutz aber noch
ten immer wieder vergessen, dass die Voreinstellung bei
einmal eingehen.
ihrem Drucker doppelseitig ist und der Drucker beim
Startbefehl entsprechend agiert, die Konsumenten aber Neben dem Nudging sind folgende, von der Verhalten-
unbedingt einseitig ausdrucken möchten, dann könnte sökonomie ausgiebig untersuchte Phänomene heute auch
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 27

in der Konsumentenverhaltensforschung relevant und sehr typisches menschliches Gebaren handelt, das in
werden im Verlauf dieses Lehrbuchs in den weiteren der Konsumentenverhaltensforschung seit Jahren eine
Teilen aufgegriffen (dies beantwortet die dritte oben ge- große Rolle spielt.
stellte Frage): ●● Der „Endowment-Effekt“ („Besitztumseffekt“) nach
●● Verfügbarkeitsheuristik: Heuristiken, also Daumen- Thaler (1980) besagt, dass Menschen Güter, die sie be-
oder Faustregeln, erlauben schnelle Einschätzungen sitzen, wertvoller einschätzen als Menschen, die diese
komplexerer Sachverhalte und sind damit, wie bereits Güter nicht besitzen. Auch die Besitzstandswahrung
ausgeführt, effektiv und effizient. An dieser Stelle ist gehört zu diesem Effekt. Sie führt zu Verlustaversion
jedoch zu vermerken, dass Heuristiken in Einzelfällen und wiederum zu Verhaltensträgheit. Viele von uns
aber auch zu Fehlschlüssen führen können (z. B. Nut- kennen das vielleicht aus dem Alltagsleben: Wenn
zung der Daumenregel, dass die Hauptstadt in einem man sich endlich einmal dazu aufgerafft hat, alte Klei-
Land auch Sitz der Regierung ist: Somit glaubt man, dungsstücke auszusortieren, dann sollte man diese
der niederländische Regierungssitz sei in Amsterdam auch sofort im Altkleidercontainer entsorgen. Liegen
und nicht in Den Haag). Ein Grund für einen Fehl- sie nach dem Aussortieren noch in einem Korb in
schluss kann die (bloße) Verfügbarkeit von Informa- der Wohnung, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch,
tionen sein. Die Verfügbarkeitsheuristik besagt, dass dass sich viele Menschen doch nicht von den Sachen
je verfügbarer eine Information ist, desto wesentlicher trennen mögen, und viele der eigentlich aussortierten
wird sie für nachfolgende Reaktionen. Wenn Medi- Kleidungsstücke landen wieder im Kleiderschrank.
en beispielsweise immer wieder über Mordfälle be- Der Endowment-Effekt wird im Rahmen der unten
richten, dann ist für uns ein Mord geläufiger als der detailliert erklärten Prospect Theory noch einmal
Suizid, und wir nehmen an, dass mehr Morde denn aufgegriffen.
Selbstmorde passieren, was definitiv in Deutschland ●● Auch der Status Quo Bias spielt bei vielen Menschen
aber nicht der Fall ist (die Selbstmordrate ist derzeit eine Rolle. Viele Konsumenten, die sich einmal für
mindestens 20mal höher). Die Konsumentenverhal- einen Stromanbieter entschieden haben, bleiben die-
tensforschung (siehe Teil 3 dieses Lehrbuchs) beschäf- sem oft jahrelang treu, auch wenn vielleicht neue Al-
tigt sich übrigens seit geraumer Zeit mit der Frage, ternativen auf den Markt gekommen sind, die sehr
wie die Medienumwelt unsere Realitätswahrnehmung viel günstiger sind. Konsumenten interessieren sich
beeinflusst. vielfach für diese Informationen nicht oder scheuen
●● Menschen neigen zu einer verzerrten Selbstwahrneh- die mit einem Wechsel verbundenen Unannehmlich-
mung. Viele haben ein übermäßiges Selbstvertrauen keiten.
(z. B. „Ich bin der beste Autofahrer“, „Ich bin ein sehr ●● Thaler und Sunstein (2013, S. 37) machen schließlich
humorvoller Mensch“), wie oben bereits unter dem auf den sogenannten Framing-Effekt aufmerksam,
Stichwort „kognitive Täuschung“ ausgeführt wurde, d. h., unterschiedliche Formulierungen einer Botschaft
und laufen daher Gefahr, sich zu positiv einzuschät- können das Verhalten des Empfängers unterschied-
zen. Überzogener Optimismus erklärt zum Beispiel, lich beeinflussen, auch wenn der Inhalt derselbe ist.
warum Menschen wider besseren Wissens Lotto spie- Die Autoren nennen hier ein Beispiel aus der Medizin
len („ich gehöre schon zu den Glücklichen“) oder sich (Thaler und Sunstein, 2013, S. 57): Patienten sollen ent-
überteuerte Wohnungen oder Häuser kaufen („ich scheiden, ob sie sich im Falle einer schweren Herzer-
schaffe das schon mit der Tilgung“). krankung einer nicht ganz ungefährlichen Operation
●● Neben einem solchen „Überoptimismus“ („overcon- unterziehen würden und erklären, das Framing könne
fidence“) gibt es jedoch auch die gegenteilige Selbst- dabei die Entscheidung erheblich beeinflussen. Fra-
verzerrung; wir sprechen hier von „Unteroptimis- ming A „Von 100 Personen, die sich dieser Operation
mus“ („underconfidence“). Menschen haben oftmals unterziehen, sind 90 nach fünf Jahren noch am Leben“
die Tendenz, besonders pessimistisch zu sein, was werde demnach mehr Befürworter hervorrufen als
das Eintreten unerwünschter Ereignisse anbelangt. Framing B „Von 100 Patienten, die sich dieser Operati-
Manchmal handelt es sich hierbei auch um eine Art on unterziehen, sterben 10 innerhalb von fünf Jahren“,
Zweckpessimismus, um später angenehm überrascht da A im Unterschied zu B die positiven Konsequenzen
zu werden oder am Ende des Tages mehr Positives herausstellt. De facto ist der objektive Inhalt (Überle-
denn Negatives bilanzieren zu können. Unter dem bensrate von 90 % bzw. Sterberate von 10 %) in beiden
Stichwort „Affektoptimierung“ („affect optimizati- Fällen der gleiche.
on“) gehen wir im Kapitel „Affektive Prozesse“ auf ●● Die Verhaltensökonomen beschäftigen sich auch in-
dieses Verhalten noch einmal ein, da es sich um ein tensiv mit dem Thema Selbstkontrolle bzw. der Frage,
28 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

wann wir Versuchungen nicht widerstehen können.


Da sich die Konsumentenverhaltensforschung (z. B.
beim Impulskaufverhalten) diesen Phänomenen eben-
falls sehr intensiv widmet, belassen wir es hier mit
dem Hinweis. Im Verlauf des Buchs werden diese
Themen immer wieder aufgegriffen.
Weitere wesentliche Erkenntnisse der Verhaltensöko-
nomie beziehen sich vor allem auf die Prospect Theory
und das Mental Accounting („mentale Buchführung“).
Diese beiden Konzepte sollen im Folgenden kurz erläu-
tert werden.

a) Prospect Theory
Die Prospect Theory geht auf einen Aufsatz von Daniel
Kahneman und Amos Tversky aus dem Jahr 1979 zurück
(Kahneman und Tversky, 1979). Die Autoren beziehen
die Tatsache, dass Menschen auch unvernünftig oder Abb. 11: Prospect Theory
unwirtschaftlich sein können, in ihre Forschung mit ein
und lösen sich aufgrund ihrer psychologischen Wurzeln Drei bedeutende Unterschiede (Erlei, 2018) kennzeichnen
ganz bewusst von den Homo Oeconomicus-Vorstellun- die Prospect Theory im Vergleich zum Erwartungsnut-
gen der klassischen Volkswirtschaftslehre. Den Autoren zenkonzept:
ist somit gelungen, die bisherige ökonomische Theorie (1) Sicherheit der Ereignisse: Der sogenannte „Certain-
mit Einsichten der kognitiven Psychologie zu bereichern. ty-Effect“ besagt, dass Ereignisse, die mit Sicherheit
Für das in diesem Aufsatz – der zu den meistzitierten eintreten, gegenüber unsicheren Ereignissen überge-
Beiträgen der Volkswirtschaftslehre unserer Zeit zählt wichtet werden.
– vorgestellte Konzept erhielt Kahneman (Tversky war (2) Unterschiedliche Bedeutung der Valenz der Ereig-
bereits 1996 verstorben) schließlich den Nobelpreis für nisse: Bei positiven Ereignissen bevorzugen Indi-
Wirtschaftswissenschaften des Jahres 2002. viduen sichere Gewinne gegenüber höheren, aber
Um das Konzept zu verstehen, sollte man sich zunächst unsicheren Gewinnen, d. h., sie benehmen sich risi-
die folgenden Fragen stellen und beantworten: koavers. Das würde bezogen auf die oben gestellte
Frage bedeuten, dass die meisten Menschen lieber
(1) Stellen Sie sich vor, Sie könnten entweder mit ei-
den sichereren Gewinn von 1.000 Euro bevorzugen
ner Wahrscheinlichkeit von 50 % in einem Jahr
würden, statt zu einem etwas späteren Zeitpunkt
10.000 Euro oder mit einer 100-prozentigen Wahr-
den sehr viel höheren Gewinn von 10.000 Euro, der
scheinlichkeit heute Abend 1.000 Euro gewinnen.
aber nur zu 50 Prozent wahrscheinlich ist. Dies kann
Wofür würden Sie sich entscheiden?
frei nach dem Motto: „Was man hat, das hat man.“
(2) Stellen Sie sich vor, Sie müssten am nächsten Montag,
erklärt werden. Bei negativen Ereignissen handeln
also an einem Tag, zuerst eine schwierige Mathema-
die Individuen dagegen risikofreudig; sie bevorzugen
tik-Klausur schreiben, anschließend zum Zahnarzt
einen unsicheren, hohen Verlust gegenüber einem
gehen und am Abend ihren überfüllten, staubigen
sicheren, aber geringeren Verlust.
Keller aufräumen oder Sie könnten diese drei für Sie
Aus diesen Erkenntnissen folgt, dass die Wertfunkti-
nicht sehr erfreulichen Aktivitäten auf die nächsten
on der Entscheider im positiven Bereich konkav und
drei Montage verteilen. Was würden Sie bevorzugen?
im negativen Bereich konvex verläuft, sie ist demnach
Entscheiden Sie sich bei Frage (1) für den kleineren, aber S-förmig (siehe Abb. 11). Damit kommt durch den
sofort realisierbaren Gewinn und bei Frage (2) alle un- konkaven Gewinnbereich zum Ausdruck, dass ein
angenehmen Arbeiten an einem Montag zu erledigen? Gewinnanstieg von 10 auf 20 Euro sehr viel positiver
Wenn ja, dann könnten diese Antworten mit Hilfe der wahrgenommen genommen wird als ein Gewinnan-
Prospect Theory erklärt werden. stieg von 210 auf 220 Euro, obwohl in beiden Fällen
Die Prospect Theory beruht auf der Erkenntnis, dass der die Differenz (10 Euro) dieselbe ist. Der konvexe Ver-
in der Volkswirtschaftslehre normalerweise unterstellte lauf der Funktion im Verlustbereich bedeutet auch,
ökonomische Erwartungsnutzen von vielen Individuen dass Menschen, wenn sie die Wahl hätten, einem
nicht als Entscheidungsgrundlage genutzt wird. einmaligen, hohen und sehr schmerzlichen Verlust
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 29

den Vorzug vor mehreren, aber weniger schmerzli- winn) mit dem Nutzen von 999.999 € (bei Verlust). In
chen Verlusten geben würden. Somit würden sich die der Prospect Theory vergleichen Sie beispielsweise
meisten Menschen für die oben (Frage 2) skizzierte den Nutzen eines Verlustes von einem Euro mit dem
Alternative entscheiden, alle unangenehmen Dinge Nutzen des Gewinns von einem Euro – das muss nicht
auf einen Tag zu legen. das gleiche Ergebnis bringen wie im ersten Fall“.
(3) Bedeutung der Referenzpunkte: Individuen betrach- Entscheidungsprozesse laufen in zwei Phasen ab, der
ten Ereignisse nicht in Bezug auf absolute Zustände Editing- und der Evaluation-Phase (Kahneman und
oder Ergebnisse, sondern in Relation zu ihrer mo- Tversky, 1979). In der ersteren werden Probleme meist
mentanen Situation. Der Wert einer Alternative ist gedanklich vereinfacht, in letzterer wird die Option mit
also abhängig von dem Referenzpunkt und der Höhe dem subjektiv höchsten Wert gewählt. Ergebnisse von
der Abweichung vom Referenzpunkt. Der Nutzen Handlungsalternativen werden dementsprechend zu-
einer Handlungsalternative wird nicht am endgül- nächst als Gewinne oder Verluste gegenüber dem Re-
tigen Vermögens- und/oder Wohlfahrtszustand ge- ferenzpunkt „codiert“ (Editing-Phase) und erst danach
messen, sondern an Veränderungen im Verhältnis bewertet (Evaluation).
zu einem Referenzzustand (Beck, 2014, S. 12). Anders
ausgedrückt: Der Unterschied zwischen dem neuen Hierbei spielt nach Knetsch (1989) auch der bereits skiz-
Zustand und dem Ausgangsniveau wird wahrgenom- zierte Endowment-Effekt eine Rolle. Dieser besagt, dass
men und dieser bestimmt die Wahl einer Handlungs- Individuen Dinge, die sich in ihrem Besitz befinden,
option. Auch das unterscheidet die Prospect Theory deutlich höher wertschätzen als Dinge, die ihnen nicht
von der klassischen volkswirtschaftlichen Sichtweise. gehören. Bei dem sehr bekannt gewordenen Experiment
Beck (2014, S. 129) erklärt dies wie folgt: „Wenn Sie sich von Knetsch erhielten die Probanden entweder eine Tasse
fragen, ob Sie eine Wette eingehen, bei der Sie einen oder einen Schokoriegel und bekamen anschließend die
Euro gewinnen oder verlieren können, dann fragen Gelegenheit, gegen das jeweils andere Gut tauschen zu
Sie sich in der traditionellen Erwartungsnutzentheo- dürfen. Es zeigte sich, dass lediglich zehn bzw. elf Pro-
rie, wie Sie mit Ihrem Gesamtvermögen nach dieser zent der Probanden ihr ursprünglich erhaltenes Gut ein-
Wette dastehen – wenn Sie also ein Gesamtvermögen tauschen wollten. Ein weiteres „Klassiker-Experiment“
von einer Million Euro haben, vergleichen Sie den wurde von Kahneman, Knetsch und Taylor (1990) durch-
Nutzen von einer Million und einem Euro (bei Ge- geführt. Die Autoren schenkten einer ersten Gruppe von

Vertiefungskasten: Experiment zum Endowment-Effekt

Eine weitere, ebenfalls sehr bekannt geworde- Experiments im Kern identisch. Die Unilogo-Tasse wurde
ne Studie zum Endowment-Effekt stammt von sichtbar aufgestellt und den Probanden wurde mitgeteilt,
Loewenstein und Adler (1995); auch sie führten dass durch Wurf einer Münze eine fünfzigprozentige Chan-
ein Experiment durch, bei dem eine Tasse mit ce bestünde, die Tasse zu gewinnen. Hier wurden die Teil-
Universitätslogo verlost wurde. Studenten wur- nehmer jedoch vor dem Münzwurf aufgefordert, sich vorzu-
den nach dem Zufallsprinzip entweder der Experimental- stellen, dass sie den Münzwurf richtig erraten und eine
oder der Kontrollgruppe zugeteilt; die Untersuchungen fan- Tasse gewinnen könnten und sie sollten dann den Geldbe-
den getrennt voneinander in unterschiedlichen Räumen statt. trag nennen, welchen sie mindestens als Gegenleistung für
Den Teilnehmern der Kontrollgruppe wurde mitgeteilt, dass die Tasse verlangen würden, wenn sie diese wieder abgeben
sie die Tasse behalten dürften, wenn sie richtig vorhersagen müssten (antizipierte WTA). Diejenigen, die tatsächlich den
können, ob beim Wurf einer Münze Zahl oder Wappen als Münzwurf richtig erraten hatten, bekamen die Tasse und
nächstes erscheinen würde. Somit hatten die Probanden wurden schließlich noch einmal befragt, ob sie den vorher
eine 50-prozentige Chance die Tasse zu gewinnen. Diejeni- antizipierten Verkaufsbetrag ändern wollten. Es zeigt sich in
gen, die die Tasse gewonnen hatten, wurden anschließend der Kontrollgruppe, dass die Verkaufspreise derjenigen, die
gefragt, zu welchem Mindestpreis sie die sich nun in ihrem die Tasse gewonnen hatten, im Durchschnitt fast zwei Dol-
Besitz befindliche Tasse wieder abgeben würden. Die Mit- lar höher waren, als bei denjenigen, die die Tasse nicht ge-
glieder der Kontrollgruppe, die nicht zu den glücklichen Ge- wonnen hatten. In der Experimentalgruppe erhöhte sich WTA
winnern zählten, wurden nach ihrer Bereitschaft die Tasse ebenfalls signifikant, nachdem die Probanden Besitzer der
zu kaufen befragt und sollten den maximalen Ausgabebetrag Tasse wurden. Somit unterstützen auch diese Ergebnisse
nennen. In der experimentellen Gruppe ist der Aufbau des die Existenz eines Endowment-Effekts.
30 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Versuchspersonen, den sogenannten Verkäufern, Tassen genannten „denomination effect“-Experimente von


mit Universitätslogo und fragten die Versuchspersonen Raghubir und Srivastava (2009) sowie Srivastava und
nachdem diese die Tasse erhalten hatten, zu welchem Chang (2018) zeigen. Es fällt schwerer, einen 100 Dol-
Preis sie bereit wären, die Tasse wieder zu verkaufen. lar-Schein anzubrechen als fünf 20 Dollar-Scheine.
Die Teilnehmer der zweiten Gruppe wurden gefragt, wel- In ihrer Entstehungsgeschichte haben die Protagonisten
chen Preis sie zahlen würden, um die Tasse zu erstehen. der Prospect Theory die Differenzen ihres Modells zur
Im Durchschnitt lag der genannte Preis der Verkäufer Neoklassik sehr deutlich betont und erklärt, dass sie vom
(„willingness to accept“, WTA) mehr als doppelt so hoch rational handelnden Entscheider abrücken und irratio-
wie der der Käufer („willingness to pay“, WTP). Wür- nales, nur durch Einbeziehung affektiver Komponenten
den Menschen nach dem Homo Oeconomicus-Prinzip erklärbares Verhalten in die ökonomische Analyse auf-
handeln, müssten WTP und WTA gleich hoch sein; die nehmen. Somit sind Parallelen zur Konsumentenverhal-
hohe Differenz lässt darauf schließen, dass der Endow- tensforschung zu sehen. Die affektiven Prozesse stehen
ment-Effekt eingesetzt hat, also dass der Besitz den Wert seit der ersten Auflage (Kroeber-Riel, 1975) im Fokus
von Dingen steigert. Ähnliche Ergebnisse konnten die dieses Buchs. Wenn der Verlust des Gutes schwerer wiegt
Autoren auch für Stifte ermitteln. als dessen Gewinn, dann könnten hierfür auch die in der
Dieses Experiment dokumentiert ebenfalls, dass Produk- Konsumentenverhaltensforschung diskutierten (unbe-
te, die sich bereits im eigenen Besitz befinden, ungern wussten) „mere exposure“ (Gewöhnung führt zu Wert-
wieder hergegeben werden: Der Verlust des Gutes wiegt schätzung) oder weitere affektive Prozesse verantwort-
schwerer als dessen Gewinn. Dabei kann es aber durch- lich gemacht werden. Auf die grundlegenden affektiven
aus zu Unterschieden zwischen „normalen“ Konsumen- Konstrukte gehen wir im Zweiten Teil des Buchs ein. An
ten und „Händlern“ bei der Entscheidung kommen. List dieser Stelle sei bereits darauf hingewiesen, dass die For-
(2003) konnte zum Beispiel in einer Studie zeigen, dass schung zum Endowment-Effekt die Bedeutung affektiver
sich der Endowment-Effekt bei erfahrenen Händlern Prozesse belegt. Ariely, Huber und Wertenbroch (2005)
nicht mehr zeigt. Er führt dies auf Lerneffekte bei der gehen davon aus, dass die emotionale Beziehung zu dem
Werteinschätzung von Gütern zurück. Produkt eine entscheidende Rolle spielt (siehe Martinez,
Zeelenberg und Rijsman, 2011). Eine neuere Studie von
Allerdings fragt sich der kritische Leser bei diesen Ex-
Chan (2015) zeigt, dass insbesondere hedonistische und
perimenten, ob nicht noch weitere Parameter kontrol-
weniger utilitaristische Produkte vom Endowment-Effekt
liert werden müssten. So macht es zum Beispiel einen
betroffen sind, was intuitiv sehr nachvollziehbar ist, da
Unterschied, ob der hohe Verkaufspreis genannt wird,
hedonistische Produkte mit mehr Emotionen einherge-
weil der Verkäufer in der Tat eine hohe Wertschätzung
hen. Dabei erklärt Sunstein (2018), dass manche Produkte
für die Tasse empfindet oder weil er mit dem zuvor ge-
sogar einen „Super-Endowment-Effekt“ auslösen kön-
wonnenen Produkt schlicht „Kasse machen möchte“. Aus
nen: In einer Studie erklärten die Teilnehmer, sie wä-
Konsumentenverhaltensforschungssicht würde man
ren bereit, für Facebook im Durchschnitt pro Monat ca.
daher mit zusätzlichen Befragungen versuchen heraus-
7 Dollar zu zahlen (der Median lag bei einem Dollar). Auf
zufinden, welche Beweggründe die Akteure bei ihren
die Frage, wieviel man ihnen pro Monat zahlen müsse,
Handlungen antreiben. Aus verhaltensökonomischer
damit sie in dieser Zeit kein Facebook nutzen, gaben
Sicht wäre dies von geringerer Relevanz, hier interes-
sie im Durchschnitt 75 Dollar an (Median 59 $). Diese
sieren vor allem die Differenzen zwischen WTA und
extrem hohe Diskrepanz zwischen Zahlungs- und Ver-
WTP (als Beleg für den Endowment-Effekt).
änderungsbereitschaft bezeichnet Sunstein (2018, S. 3) als
Umstritten ist ebenfalls die Frage, ob der Endowment-Ef- „Super-Endowment“-Effekt.
fekt auch für Geld gilt. Eingeschränkt ablehnend äußern
sich Novemsky und Kahneman (2005). In anderen Expe- b) Mental Accounting
rimenten wurde allerdings gezeigt, dass auch der Verlust In der Verhaltensökonomie spielt das „Mental Accoun-
von Geld dem Endowment-Effekt unterliegt (Bateman, ting“ eine bedeutsame Rolle. Richard Thaler prägte 1985
Kahneman et al., 2005). Eine Neuinterpretation des En- diesen Begriff für ein Konzept, dass er selbst als eine Mi-
dowment-Effekts für Geld nehmen zum Beispiel Polman, schung aus kognitiver Psychologie und Mikroökonomie
Effron und Thomas (2017) vor, die zeigen, dass man dem bezeichnete (Thaler, 1985). Kurz zusammengefasst geht
Geld, das man selbst besitzt eine höhere Kaufkraft zubil- die Theorie davon aus, dass Individuen ihre finanziellen
ligt als wenn andere die gleiche Summe besitzen. Transaktionen in mentale Konten einteilen und die ein-
Schließlich kann auch das „Anbrechen“ großer Geld- zelnen Konten unterschiedlich behandeln. So haben bei-
scheine vielen Konsumenten unlieb sein, wie die so- spielsweise viele Konsumenten je ein mentales Konto für

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B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 31

Textilien, für Kulturausgaben oder Urlaubsreisen u.s.w., Schließlich wird im Mental Accounting die Austausch-
wobei die Konten getrennt voneinander geführt werden. barkeit von mentalen Konten angezweifelt, d. h., Indi-
Grundlegend für das „Mental Accounting“ ist der aus viduen übertragen nicht willkürlich Geldmittel von ei-
der Prospect Theory bekannte Referenzpreis und darauf nem für einen bestimmten Zweck eingeplanten Konto
aufbauend der Transaktionsnutzen. Der Transaktions- (Bausparkonto) für einen anderen Zweck (Urlaubskonto).
nutzen eines Güteraustauschs hängt von dem erwarteten Ausgaben für einen bestimmten Zweck (z. B. Nahrung,
Referenzpreis ab, berechnet sich demnach als Differenz Freizeitausgaben) können durch implizite oder explizite
von tatsächlichem Preis p und Referenzpreis p*, wobei Budgets beschränkt sein (Budgeting). So sinkt die Wahr-
p* stark von der subjektiv wahrgenommenen Fairness scheinlichkeit deutlich, dass jemand, der Länderspiel-
des Austauschs abhängt (Kahneman et al. 1986a, 1986b). karten für 50 Euro verloren hat, erneut Karten kauft im
Erneut spielt dabei das aus der Prospect Theorie bekannte Vergleich zu einer Person, die zum gleichen Zeitpunkt
Prinzip eine Rolle, dass Konsumenten bei der mentalen einen Strafzettel über 50 Euro bezahlen muss, da das
Verarbeitung von Gewinnen und Verlusten nach einem mentale Konto für Sportereignisse bei der ersten Person
„Schmerzreduktionsprinzip“ vorgehen, wonach Indi- schon belastet worden ist (siehe folgende Beschreibung
viduen separate (also zeitlich getrennte) Gewinne, aber eines klassischen Experiments).
aggregierte (also zeitgleiche) Verluste bevorzugen. Ver- Das Konzept der Sunk Costs wird hier einerseits verletzt
lustaversionen führen zu Verzerrungen, die aber nur (Thaler 1999). Das sind Kosten, die bereits entstanden
dadurch zustande kommen, dass Gewinne und Verluste sind und nicht (beispielsweise durch Verkauf) rückgän-
auf unterschiedlichen mentalen Konten verbucht werden. gig gemacht werden können. Andererseits verlieren ent-

Vertiefungskasten: Das Experiment von Kahneman und Tversky (1984, wiederabgedruckt 2013):

Zwei Gruppen von Probanden bekamen sie erneut zehn Dollar für den Erwerb einer Theaterkarte
jeweils folgende Fragestellungen vorge- bezahlen würden.
legt: Probanden der ersten Gruppe wurde Bei der ersten Gruppe waren 46 Prozent bereit, sich für zehn
gesagt, dass sie ins Theater gehen wollen Dollar ein neues Ticket zu kaufen, bei der zweiten Gruppe
und die Theaterkarte im Wert von zehn Dollar bereits gekauft hingegen 88 Prozent. Obwohl die Ereignisse – der Verlust
haben. Doch an der Theaterkasse merken sie, dass sie das eines Vermögenswertes in Höhe von zehn Dollar – ökono-
Ticket verloren haben. Sie werden daraufhin gefragt, ob sie misch identisch sind, haben sie voneinander abweichende
erneut zehn Dollar für eine neue Karte bezahlen würden. Entscheidungen zur Folge. Erklärt wird die Ungleichheit in
Den Probanden der zweiten Gruppe wurde das gleiche Pro- der Entscheidung durch die mentale Kontenführung. Im
blem präsentiert, doch der Unterschied zur ersten Gruppe ersten Fall wird der Verlust auf dem mentalen Konto „Un-
bestand darin, dass sie die Karte im Wert von zehn Dollar terhaltung“ verbucht, im zweiten Fall unter „Missgeschick“.
noch nicht gekauft hatten. An der Kasse merken sie, dass Die subjektive Wahrnehmung der Vermögensbeträge auf
sie den 10-Dollar-Schein, der für den Ticketkauf gedacht beiden Konten weicht voneinander ab.
war, verloren haben. Auch diese Gruppe wurde gefragt, ob

Vertiefungskasten: „Fitnessstudioeffekt“:

Fitnessstudiomitglieder gehen in der Jahres zu überweisen. Letzteres führt zwar dazu, dass in
Zeit nach der Bezahlung häufig zum den ersten Monaten des Jahres das Studio vielleicht exzes-
Training, danach flacht die Nutzungs- siv genutzt wird, doch über den gesamten Zeitraum führt
kurve wieder deutlich ab (Gourville und die monatliche Abbuchung und der damit kontinuierlich er-
Soman, 1998). Möchte man als nicht lebte „Schmerz des Zahlens“ („pain of paying“) dazu, dass
ganz so selbstkontrollierter Konsument man insgesamt häufiger das Studio nutzt, da man auch in
also längerfristig zum Training motiviert der zweiten Jahreshälfte (wenn vielleicht auch mehr zu Be-
werden, dann ist es besser, jeden Monat die Fitnessstudio- ginn des Monats, also direkt nach der Zahlung) an das Trai-
gebühr zu zahlen (auch wenn der Betrag vielleicht etwas ning durch die Zahlung erinnert wird.
höher ist) statt den gesamten Jahresbeitrag zu Beginn des
32 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

standene Kosten mit fortschreitender Zeit an Relevanz führen. Letzteres kann sich aber auch als Illusion heraus-
(„payment depreciation“), wie sich auch am Fitness- stellen und ist nicht immer sinnvoll (Kahneman, 2011,
studioeffekt zeigt. S. 343; Koch und Nafziger, 2016). Das sogenannte „choice
Der Fitnessstudioeffekt wird also mit „pain of paying“ bracketing“ (Loewenstein und Rabin, 1999) beschreibt,
erklärt, einem Gefühl, das Konsumenten laut Prelec und ob die unterschiedlichen Konten zusammen oder ge-
Loewenstein (1998) häufig unmittelbar nach einer Ausga- trennt betrachtet werden. Findet ein breites („broad“)
be spüren. Kivetz (1999) versteht „pain of paying“ auch „bracketing“ statt, dann werden die unterschiedlichen
als Schutzmechanismus gegen vermeintlich überflüssige Konten simultan bewertet, und es kann ein Ausgleich
Ausgaben für hedonistische und Luxusgüter, während zwischen den Konten vorgenommen werden. Das enge
notwendige Ausgaben unterstützt werden: Wenn unter- („narrow“) „choice bracketing“ dagegen meint, dass
schiedliche Ausgabenbereiche in einzelnen Konten ge- jedes Konto für sich behandelt wird. Kahneman (2011,
führt werden, dann, so hoffen viele Individuen, wäre die S. 344) erläutert die Folgen anhand eines anschaulichen
Wahrscheinlichkeit der Selbstkontrolle höher und man Beispiels (siehe Vertiefungskasten: Choice Bracketing).
könne besser alle Konten kontrollieren und im „Haben“ Im Rahmen der Mental Accounting-Forschung wurden
auch die Relevanz des Entscheidungskontextes und die

Vertiefungskasten: Choice Bracketing

Stellen Sie sich vor, Sie müssten die Hochzeitsfeierlichkeiten Würden die beiden Aktienpakete gemeinschaftlich auf ei-
Ihrer Tochter bezahlen und dafür ein Aktienpaket verkaufen. nem Konto („broad bracketing“) betrachtet (also eine Art
Sie haben zwei Aktien zur Auswahl. Aktienpaket A war der Mischkalkulation durchgeführt), dann wäre die Wahrschein-
Gewinner in Ihrem Depot und würde bei heutigem Verkauf lichkeit höher, dass sich der Anleger von dem verlustbrin-
einen Wert von 5.000 Dollar erbringen und damit eine sehr genden Paket trennt, da bei gemeinsamer Betrachtung
viel höhere Summe als Sie beim Kauf für das Aktienpaket die Differenz zwischen A und B im Vordergrund steht.
ausgeben mussten. Die Aktie B war jedoch nicht erfolgreich. Insgesamt könnte ein Gewinn ausgewiesen werden, auch
Der Verkauf des Aktienpaket B am heutigen Tag würde zwar wenn man sich für den Verkauf des verlustreichen Pakets
ebenfalls 5.000 Dollar bringen, aber Sie haben mehr dafür entscheidet. Zudem fallen in der Regel beim Verkauf von
bezahlt. Der Kurswert beider Aktien war sehr stabil in den gewinnbringenden Aktien Steuern an, wohingegen ver-
letzten Wochen. Welche der beiden Aktien würden Sie ver- lustreiche Aktien die Steuerlast mindern können. Dieser
kaufen? „rationale Vorteil“, der mit dem Verkauf von B einhergeht,
Kahneman (2011, S. 344) erklärt, dass die Entscheidung wird aber von den Anlegern oft nicht gesehen oder ver-
durch die Verlustaversion der meisten Menschen geprägt drängt. „Narrow bracketing“ muss also nicht vorteilhafter
ist. Verluste gehen mit Schmerz einher, der stärker empfun- sein bzw. zu mehr Kontrolle verhelfen, sondern kann auch
den wird als das mit Gewinnen einhergehende Vergnügen. zu Fehlentscheidungen führen (Kahneman, 2011, S. 245).
Wenn jedes Aktienpaket als einzelnes Konto betrachtet wird, Der Dispositionseffekt ist bei professionellen Wertpapier-
dann erzeugt Aktienpaket A Vergnügen, da man sich als er- händlern übrigens ebenso zu beobachten (Haigh und List,
folgreicher Investor bezeichnen kann, während Aktienpaket 2005). Einen bisher nur auf dem Papier existierenden Ver-
B mit Schmerz einhergeht, da man Verluste hat hinnehmen lust zu realisieren, d. h., ein mentales Konto real mit einem
müssen, während das Ziel doch lautete, jedes Konto mit Minus zu schließen, kann somit auch für Profis schmerz-
einem Gewinn abzuschließen. Die meisten Menschen, so hafter sein als ein Wertpapier zu verkaufen, das sich positiv
Kahneman weiter, entscheiden sich daher dafür, die Aktie entwickelt hat.
zu verkaufen, die Gewinn gebracht hat (statt sich vielleicht
rechtzeitig von der „Verliereraktie“ zu trennen). Dieser soge-
nannte Dispositionseffekt („disposition effect“) kennzeichnet
somit die Vorliebe (Disposition) von Anlegern, jene Wert-
papiere abzustoßen, deren Wert gestiegen ist, und solche
zu halten, deren Wert gesunken ist (Odean, 1998). Anders Aktie A
ausgedrückt: Einen bisher nur auf dem Papier existierenden
Verlust zu realisieren, d. h., ein mentales Konto real zu schlie-
ßen ist schmerzhafter, als ein Wertpapier zu verkaufen, das Aktie B
sich positiv entwickelt hat.
B. Einführung in die Verhaltenswissenschaften und aktuelle Trends 33

Bedeutung des Referenzwertes untermauert. Demnach 4. Zukünftiges Zusammenspiel der beiden Forschungsgebie-
sind Konsumenten eher bereit, 20 Minuten für eine Er- te Behavioral Economics und Konsumentenverhaltensfor-
sparnis von 5 Euro zu investieren, wenn ein Produkt schung
15 Euro kostet, als wenn es 125 Euro kostet. Der Wert Kahneman (2003) hat sich anfangs weniger als „Verhal-
der Zeit hängt demnach vom finanziellen Kontext bzw. tensökonom“ bezeichnet, sondern als an wirtschaftli-
vom Referenzwert ab (Thaler, 1999; s. a. Moon, Keasey chen Phänomenen interessierter Psychologe. Er schreibt
und Duxbury, 1999). Dieses Ergebnis bestätigen Dux- (S. 1449): „(…) Tversky and I viewed our research prima-
bury, Keasey et  al. (2005). Zwar nicht von Duxbury, rily as a contribution to psychology, with a possible con-
Keasey et al. bewiesen, aber grundsätzlich denkbar ist tribution to economics as a secondary benefit“ und sieht
auch, dass Konsumenten Zahlungsbereitschaften für seine Studien somit mehr als gewinnbringend im Bereich
gesparte Zeit in Abhängigkeit vom Kontext angeben. der Psychologie an. Allerdings nutzt er, wie oben aus-
So schwingt sich auch der sparsame Busfahrer ins Taxi, geführt, klassische volkswirtschaftliche Überlegungen
wenn er dadurch einen wichtigen Termin noch erreichen und Analyseinstrumente bzw. rationale Entscheidungen
kann. Interessant sind schließlich auch die Experimen- eines Homo Oeconomicus als Vergleichsgröße und ist
te von Helion und Gilovich (2014), die unterschiedliche so vom Psychologen zum Verhaltensökonom gewor-
„Mental Accounting-Regeln“ beim Gebrauch von Bargeld den. Da sowohl die Konsumentenverhaltensforschung
vs. Geschenk-Karten ermitteln konnten. Hier zeigt sich, als auch die Behavioral Economics-Forschung psycho-
dass Konsumenten bei hedonistischen Gütern eher auf logische Kenntnisse nutzen, sind die Gemeinsamkeiten
die Geschenkkarte zurückgreifen, bei utilitaristischen zwischen beiden Forschungsrichtungen offensichtlich.
Gütern dagegen mit Bargeld zahlen. Die Konsumentenverhaltensforschung verwendet jedoch
Im Rahmen der „Behavioral Finance“-Forschung neben den psychologischen weitere interdisziplinäre
(verhaltensorientierte Finanzierungslehre) werden die Erkenntnisse und nutzt (um nur einige zu nennen) so-
Erkenntnisse der Prospect Theory und des Mental Ac- ziologische, biologische oder philosophische Theorien,
countings seit vielen Jahren genutzt (Grinblatt und Bing, um das Verhalten umfassend zu erklären. Wenn zum
2005), insbesondere in jüngeren Jahren, da die aktuellen Beispiel erfasst werden soll, wie stark die Aktivierung
Finanzkrisen und die zunehmenden Kursschwankungen der Konsumenten ist, wenn sie Gewinne erzielen, oder
auf diesen Märkten eine solche Perspektive erfordern. ob eine durch Gewinne ausgelöste Überaktivierung die
Behavioral Finance ist daher „einer der erfolgreichsten Konsumenten vielleicht zu einem riskanten Verhalten
Ableger der behavioral economics“ (Beck, 2014, S. 349). provoziert, so sollte man auch die psychophysiologischen
Ähnlich wie im Falle der Prospect Theory fällt eine Zu- Vorgänge messen (siehe Teil 2), ein seit den 1970er Jahren
ordnung des Mental Accounting zu einer Gedankenschu- typisches Gebiet der Konsumentenverhaltensforschung.
le schwer. Das Konzept des Mental Accounting fokussiert Auch soziologische Themen (z. B. Lebensstilanalysen)
sich auf kognitive Vorgänge der Entscheider, die zwar oder die hier in diesem Buch ebenfalls angesprochene
nicht rational ablaufen müssen und bei denen emotionale „Quantifizierung des Sozialen“ (Mau, 2017) bis hin zur
Einflussgrößen unterstellt werden, die allerdings nicht Forschungsrichtung „Biometrie“ zur Identifikation von
vertieft untersucht werden. Man ist vor allem daran inte- Individuen (Gomez-Barrero, 2017) spielen in der Kon-
ressiert, die Ergebnisse der (oft experimentell untersuch- sumentenverhaltensforschung eine zunehmende Rolle.
ten) Entscheidungsprozesse dem rationalem Verhalten Es ist jedoch zu erwarten, dass in der Zukunft Verhaltens-
(des Homo Oeconomicus) als Vergleichsgröße gegenüber- ökonomie und die im Marketing angesiedelte Konsumen-
zustellen. Das Mental Accounting wird daher nach wie tenverhaltensforschung stärker zusammenwachsen wer-
vor eher als Erweiterung der klassischen Mikroökono- den. Die Verhaltensökonomen werden einerseits mehr
mie gesehen. Die Motive, Bedürfnisse, psychophysiolo- und mehr die physiologischen und neurologischen Ver-
gischen Vorgänge, die tiefen emotionalen Prozesse der fahren entdecken (wie man auch schon unter dem Stich-
Individuen oder Einflussfaktoren der Erziehung oder wort „Neuroökonomie“ beobachten kann) und damit die
der Familie/Partner werden nicht intensiv behandelt, „tiefen“ inneren Vorgänge behandeln (siehe auch Schade,
das sind eher Themen der typischen „klassischen“, an Kunreuther und Koellinger, 2012), um das nicht-rationale
Finanzfragen interessierten Konsumentenverhaltensfor- Verhalten und die tatsächlichen ökonomischen Entschei-
schung (z. B. Ward und Lynch, 2019; Duclos, Wen Wan dungen von Akteuren noch besser erklären zu können.
und Jiang, 2012; Raghubir und Das, 2010). Die Konsumentenverhaltensforscher werden sich ande-
rerseits mehr und mehr mit dem Vergleich zwischen
„objektiv“ besten Entscheidungen (sofern dies möglich
ist) und tatsächlichen Entscheidungen von Konsumenten
1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

beschäftigen, auch um Konsumenten weiter zu befähigen Konsumentenverhaltensforschern werden sich aber ver-
(„consumer empowerment“, z. B. Akhavannasab, Dantas mutlich auch in Zukunft in der Auswahl der speziellen
und Senecal, 2018) und „optimale Entscheidungen“ zu Themen ergeben und vielleicht in der Erkenntnis, dass
erhöhen. die Untersuchung von „irrationalem“ Verhalten für den
Theorieentwicklung und Methodik werden sich überdies Konsumentenverhaltensforscher nicht nur ganz „nor-
dadurch angleichen, dass in der Wirtschaftswissenschaft mal“ ist, sondern auch einen besonderen Reiz darstellen
die entsprechenden Lehrstühle heute auch mit Psycho- kann. Zudem beschäftigen sich Konsumentenverhaltens-
logen besetzt werden. Diese werden es vermutlich als forscher mit zunehmender Tendenz (siehe 2. Teil dieses
müßig oder überflüssig empfinden, stets zu differen- Buchs) seit vielen Jahren mit unbewussten Prozessen; ob
zieren, ob die neuen Erkenntnisse im Bereich der Volks- auch die Verhaltensökonomen hierauf einen größeren
wirtschafts- oder Betriebswirtschaftslehre generiert wur- Fokus legen werden, bleibt abzuwarten.
den. Unterschiede zwischen Verhaltensökonomen und
C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen zur Konsumentenforschung und
neue Herausforderungen für Wissenschaft und Praxis

Man erwartet von einem Menschen, dass er über sein Wissenschaftstheorie häufig ausgeschlossen oder ver-
Handeln nachdenkt und für sein Handeln geradesteht. nachlässigt.
Es ist deswegen auch zu erwarten, dass sich ein Wis- Die pragmatische Betrachtungsweise schließt Wertungen
senschaftler Gedanken darüber macht, warum und des wissenschaftlichen Handelns mit ein. In der von
wie er Wissenschaft betreibt und welche Folgen seine den Autoren vertretenen Wissenschaftstheorie spielen
Wissenschaft für die Gesellschaft hat. Dabei hilft ihm deswegen Werturteile eine legitime Rolle.
die Wissenschaftstheorie. Sie ist eine Theorie über das
In der Wissenschaftstheorie kann man drei Untersu-
wissenschaftliche Handeln.
chungsbereiche unterscheiden2.
Gegenstand der Wissenschaftstheorie ist einerseits das
(1) Entdeckungszusammenhang → Fragestellung: Wie
tatsächliche Verhalten von Wissenschaftlern. Die Wissen-
kommen wissenschaftliche Aussagen zustande? Bei-
schaftstheorie beschreibt das wissenschaftliche Handeln
spiel: Durch welche Motive wird ein Wissenschaftler
vom ersten Einfall bis zur Realisation, zum Beispiel bis
zu seinen Forschungen getrieben?
zur Veröffentlichung eines Buches. Andererseits analy-
(2) Begründungszusammenhang → Fragestellung: Wie
siert die Wissenschaftstheorie wissenschaftliche Aussa-
können die vorhandenen wissenschaftlichen Aussa-
gen. Sie hat es dann nicht mit menschlichem Verhalten,
gen begründet und gerechtfertigt werden? Beispiel:
sondern mit sprachlichen Gebilden zu tun, etwa mit der
Ist ein Modell logisch widerspruchsfrei; erklärt es in
Frage, ob eine Aussage logisch widerspruchsfrei oder
zutreffender Weise die Wirklichkeit?
faktisch wahr ist1.
(3) Verwendungszusammenhang → Fragestellung: Wie
Wie jede Theorie besteht die Wissenschaftstheorie selbst werden die wissenschaftlichen Aussagen verwertet?
aus einem System von Aussagen. Diese Aussagen können Beispiel: Tragen Sozialtechniken, die aus den wissen-
die Wirklichkeit beschreiben (deskriptive Aussagen) oder schaftlichen Aussagen abgeleitet werden, zur Forcie-
sie können angeben, wie die Wirklichkeit aussehen soll rung eines gesellschaftlichen Missstandes, wie z. B.
(normative Aussagen). Der Unterschied zwischen diesen Luftverschmutzung, bei?
Aussagearten wird später noch genauer beschrieben.
Entsprechend unserer Einteilung in eine deskriptive und
Wir kommen nach diesen Unterscheidungen zu folgender in eine normative Wissenschaftstheorie können diese
einfacher Gliederung der Wissenschaftstheorie (Abb. 12). Fragestellungen auch normativer Art sein. Es ist dann
Nach dieser „metapragmatischen“ Wissenschaftsgliede- zu fragen, wie wissenschaftliche Aussagen entdeckt,
rung genügt es nicht, wenn in die wissenschaftstheore- begründet und verwertet werden sollen.
tischen Analysen nur die logischen und semantischen
Aspekte von Aussagen einbezogen werden. Auch prag-
matische Überlegungen sind notwendig. Diese betref- 2 Die Einteilung in Entdeckungszusammenhang und Begrün-
fen die Beziehungen zwischen den wissenschaftlichen dungszusammenhang geht auf Reichenbach (1938, S. 7) zu-
Aussagen und ihren Benutzern (den Herstellern und rück. Seiner Ansicht nach ist es Aufgabe der Psychologie und
nicht der Wissenschaftstheorie, Entstehung und Ablauf des
Verwendern der Aussagen). Typische pragmatische Fra-
tatsächlichen Denkens zu untersuchen. Die Wissenschafts-
gestellungen lauten: Welche Absichten werden mit der theorie hat sich ausschließlich mit dem Begründungszusam-
Produktion von wissenschaftlichen Aussagen verfolgt? menhang zu beschäftigen. Diese Auffassung wird allerdings
Welche Wirkungen haben diese Aussagen auf die Um- zunehmend nicht mehr akzeptiert. Die Einbeziehung des Ver-
welt? Derartige Fragen werden in der herkömmlichen wendungszusammenhangs in die Wissenschaftstheorie ist
späteren Datums. Sie wurde durch pragmatische Strömungen
der Wissenschaftstheorie sowie durch die „Kritische Theorie
1
Als Einführungen in die Wissenschaftstheorie sind zu nen- der Sozialwissenschaften“ (vgl. etwa Habermas, 1985; Pies und
nen: Giere, Bickle und Mauldin (2006), Wiltsche (2013) und Leschke, 1999) geprägt. Entstehungs-, Begründungs- und Ver-
Schurz (2014). Empfehlenswert ist auch die Enzyklopädie wendungszusammenhang konsistent in einer wissenschafts-
„Philosophie und Wissenschaftstheorie“, hrsg. von Mittelstraß theoretischen Konzeption zu erfassen, ist eines der Grundpro-
(2005-2016). bleme der komplexen Wissenschaftstheorie.

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36 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Wissenschaftstheorie
(System von Aussagen über die Wissenschaft)

deskriptive normative
Aussagen Aussagen

über über über über


wissenschaftliche das Verhalten von wissenschaftliche das Verhalten von
Aussagen Wissenschaftlern Aussagen Wissenschaftlern
Abb. 12: Gliederung der Wissen-
schaftstheorie

Zwischen Entdeckungszusammenhang und Verwen- gegen ist die Kommunikation mit Gruppen, die einem
dungszusammenhang gibt es starke Überschneidun- anderen Paradigma folgen, oft mühsam und führt leicht
gen. Sie gehen vor allem darauf zurück, dass die Ent- zu Missverständnissen und naturgemäß zu erheblichen
deckungen eines Wissenschaftlers durch Verwendung Meinungsverschiedenheiten.
wissenschaftlicher Erkenntnisse eines anderen zustande Wissenschaftlicher Wandel geht nach Kuhn darauf zu-
kommen (wissenschaftliches Input-Output-System). rück, dass auf „normale“ Zeiten, in denen die meisten
bzw. die tonangebenden Wissenschaftler nach dem glei-
chen Paradigma arbeiten oder dieses zumindest aner-
I. Zum Entdeckungszusammenhang: kennen, „Krisenzeiten“ folgen, in denen die Ansichten
Konsumentenforschung im Wandel darüber, wie fachliche Fragestellungen anzugehen sind,
weit auseinandergehen. In solchen Zeiten nehmen Unsi-
Wie neues Wissen entdeckt wird, hängt insbesondere von cherheit und Unzufriedenheit bei der wissenschaftlichen
den individuellen, sozialen und historischen Bedingun- Arbeit zu, weil viele Problemlösungen als unbefriedi-
gen ab, unter denen Wissenschaftler nach Erkenntnissen gend erscheinen. Es treten dann neue, konkurrierende
suchen. Zum Beispiel können neue Hypothesen durch Paradigmen auf, die zu den bisher dominierenden Pro-
ein Laborexperiment, durch einen Einfall, durch einen blemlösungsmustern in Widerspruch stehen und Rich-
Dialog oder durch Übernahme eines Denkmusters aus tungskämpfe auslösen.
einer ganz anderen Wissenschaft gewonnen werden. Der Widerstreit von Paradigmen und das Auftreten
Einen entscheidenden Beitrag zur Erklärung wissen- neuer wissenschaftlicher Problemlösungsmuster sind
schaftlicher Entwicklungsprozesse hat das Buch von entscheidende Antriebskräfte für den Wandel und die
Kuhn über die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen Dynamik einer Wissenschaft. In der Konsumentenfor-
(1962, deutsch 1996) geleistet. Es hat zahlreiche Folgear- schung sind diese Wirkungen so ausgeprägt, dass in
beiten und Erwiderungen ausgelöst.3 den letzten Jahren ein Schub neuer wissenschaftlicher
Ansätze und Ergebnisse ausgelöst wurde, sodass man
In diesem Buch spielt der Begriff „Forschungsparadig- geradezu von einer „postmodernen Renaissance“ der
ma“ eine zentrale Rolle: Unter einem Paradigma kann Konsumentenforschung sprechen kann. Die wesentli-
man wissenschaftliche Problemlösungsmuster verstehen, chen Entdeckungsimpulse entstanden in der Konsumen-
die in einer „wissenschaftlichen Gemeinschaft“ gelten, tenforschung durch
d. h., von den Vertretern eines wissenschaftlichen Fach-
gebietes weitgehend geteilt werden. Diese arbeiten dann
●● die interdisziplinäre Wissenschaftskommunikation,
mit übereinstimmenden Begriffen, bevorzugen gleiche ●● die Kritik am kognitiven Forschungsparadigma,
wissenschaftliche Methoden und Fragestellungen, lesen ●● die Entwicklung neuer Forschungsmethoden.
ähnliche Literatur usw. „Innerhalb solcher Gruppen gibt Diese neueren Paradigmen sind (ebenso wie vorher die
es eine relativ starke Kommunikation, und die fachlichen älteren) mit stark affektiven Überzeugungen der Wissen-
Urteile sind relativ einheitlich“ (Kuhn, 1972, S. 289). Da- schaftler verbunden, nunmehr bessere und „richtige“
Problemlösungsmuster zu vertreten. Diese subjektiven
3
Eine prägnante Zusammenfassung des Paradigmenansatzes Überzeugungen sind wichtige Antriebskräfte für die Ver-
bietet Chalmers (2007). breitung und Durchsetzung eines Forschungsparadig-
C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen zur Konsumentenforschung 37

mas. Der Durchsetzungsprozess ist deswegen nach Kuhn Das kognitive Paradigma: Die Formulierung „kogniti-
vor allem als Ergebnis sozialer Durchsetzungsstrategien ve Theorie“ oder „kognitive Erklärung“ ist zweideutig.
und weniger als Ergebnis rationaler Argumentation zu Einerseits kann man darunter die Erklärung kognitiver
sehen. Dabei spielen die historisch-gesellschaftlichen Prozesse verstehen, andererseits besondere Methoden
Bedingungen eine wichtige Rolle. Anders gesagt: Für und Theorien, die vereinfacht als „Informationsverar-
die Entwicklung einer Wissenschaft sind in erheblichem beitungsansatz“ umschrieben werden können. Nach
Ausmaß „wissenschaftsexterne Einflüsse“ verantwort- diesem Ansatz werden psychische Vorgänge – wie
lich. Man denke z. B. an die aktuellen kontroversen Dis- Wahrnehmung oder Einstellungsbildung – sowie das
kussionen zur Embryonenforschung (Ärzteblatt, 2018). Verhalten als Ergebnisse der kognitiven (gedanklichen)
Kuhn (1996) führt vor Augen, dass die wissenschaftliche Verarbeitung von Information gesehen. Dabei wird die
Entwicklung kein kontinuierlicher Akkumulationspro- kognitive Informationsverarbeitung als eigenständiger,
zess von neuen Erkenntnissen ist, sondern in Schüben nicht unmittelbar reizabhängiger Prozess betrachtet: Sie
verläuft. Diese Schübe werden durch Einführung und ist ein aktiver gedanklicher Vorgang, „ein konstruktiver
Durchsetzung neuer Problemlösungsmuster (Paradig- Akt“ (Neisser, 2014), der sich zwischen die Aufnahme
men) gekennzeichnet. der Umweltreize und das Verhalten schiebt und dafür
verantwortlich ist, dass man das Verhalten nicht ohne
Die in der positivistischen verhaltenswissenschaftlichen Weiteres als direkte Wirkung der aufgenommenen Reize
Konsumentenforschung vorherrschenden wissenschaft- erklären kann.
lichen Problemlösungsstrategien lassen sich als Paradig-
ma im Sinne von Kuhn verstehen und auf einer abstrak- Diese spezielle Betrachtungsweise wird allgemein als
ten Ebene vor allem durch folgende Forschungskriterien kognitiver Ansatz bezeichnet (also nicht die Analyse
kennzeichnen: kognitiver Vorgänge an sich, die auch nach anderen An-
sätzen möglich ist). Sie hat die früher vorherrschende be-
●● interdisziplinär,
havioristische Betrachtungsweise weitgehend abgelöst.
●● empirisch,
●● pragmatisch. Die kognitive Betrachtungsweise kommt auch in den
benutzten Methoden zum Ausdruck. Die Mehrzahl aller
Diese drei Forschungskriterien sind nicht unabhängig
empirischen Untersuchungen wird mittels Befragun-
voneinander. Sie gehören zusammen und bilden eine
gen und anderer verbaler Messverfahren durchgeführt.
einheitliche Forschungsperspektive, die paradigmatisch
Durch diese Vorgehensweisen werden hauptsächlich
die Erkenntnisgewinnung steuert.
kognitiv kontrollierte Verhaltensweisen erfasst, also sol-
Die Durchsetzungskraft eines Forschungsparadigmas che, die den kognitiven Erklärungen leicht zugänglich
hängt insbesondere von seiner Reichweite ab. Die Reich- sind. Das bedeutet: Durch die Benutzung verbaler Erhe-
weite eines Paradigmas wird davon bestimmt, wie groß bungsmethoden werden von vornherein solche Arten
die „wissenschaftliche Gemeinschaft“ ist, die von diesem des Konsumentenverhaltens aus den Untersuchungen
Paradigma geleitet wird. Einerseits ist es nicht so, dass ausgeschlossen, die sich mit kognitiven Theorien nicht
man erst dann von einem Paradigma sprechen kann, oder nur schwer erklären lassen. Das schützt die kog-
wenn es um ein Problemlösungsmuster geht, das „allge- nitiven Theorien vor widersprüchlichen Befunden und
mein anerkannt“ ist, also vom weitaus größten Teil einer Überraschungen, ein Problem, dem sich viele Studien zu
Forschungsdisziplin akzeptiert wird. Andererseits ist unbewussten Prozessen heute stellen müssen.
jedoch zu beachten, dass die Kommunikation einer Dis-
Anzeichen für oftmals durch den „verstehenden“ Ansatz
ziplin und die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung
der Konsumentenverhaltensforschung ausgelöste For-
und Überprüfung nur dann funktionieren können, wenn
schungsparadigmen sind in folgenden Entwicklungen
eine bestimmte Reichweite des von den Wissenschaftlern
zu sehen: Das verstehende Paradigma – wie im voran-
verfolgten Paradigmas nicht unterschritten wird: Ein
gegangen Kapitel erläutert – stößt heute auf ein weitver-
paradigmatisches Denkmuster muss also von einem gro-
breitetes Verständnis; es gibt starke Forschungsgruppen,
ßen Teil der Wissenschaftler verstanden und von einem
die ihm folgen. Neue Formen der Wissensvermittlung –
beachtlichen Teil auch akzeptiert werden.
man denke an das „ACR-Filmfestival“, bei dem Forscher
zum besseren Verständnis schwer verbalisierbarer Phä-
Derzeit konkurrieren mehrere Forschungsparadigmen um nomene in der Konsumentenverhaltensforschung (z. B.
Akzeptanz in der Gemeinschaft der Konsumentenfor- extremes „Fanverhalten“, vgl. Woratschek, Horbel et al.,
scher. Nach wie vor dominieren kognitive Theorien und
2007) Filme in ein anonymes Begutachtungsverfahren
Methoden, vor allem in der angelsächsischen Literatur.
einreichen können, die dann auf der ACR-Konferenz
38 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Abb. 13: Reizvorlage des


Cartoontests für eine Mobile-
Ticketing-Anwendung auf
mobilen Endgeräten
(Quelle: Königstorfer und
Gröppel-Klein, 2007)

vorgeführt und auch prämiert werden – haben Einzug in können, sondern „wahrheitsgemäß“ antworten. Außer-
die Konsumentenverhaltensforschung gefunden; zudem dem können projektive Verfahren (z. B. Cartoontests)
hat die verstehende Richtung eine Revitalisierung der Konsumenten dazu bewegen, Kreativität und zukünftige
projektiven Verfahren bewirkt. Konsumwelten zu entwickeln4. Abb. 13 zeigt beispiels-
Projektive Verfahren werden definiert als zwar durch- weise einen Cartoontest, der Reaktionen von Konsumen-
aus strukturierte, aber indirekte Methoden, das „Wa- ten auf neuartige Möglichkeiten des Mobile Commerce
rum“ von Verhaltensweisen zu untersuchen (Webb, aufdecken soll.
2002; Gröppel-Klein und Königstorfer, 2009). Projektive Bekannt geworden ist auch ZMET (Zaltman Metaphor
Verfahren entspringen der psychoanalytischen Theorie, Elicitation Technique, Zaltman, 1997, 2000). ZMET be-
der Klinischen Sozialpsychologie und der Kulturellen steht aus einer Kombination verschiedener qualitativer
Anthropologie. Die Entwicklung und Verwendung pro- Methoden zur Erforschung des Unbewussten – sie ist
jektiver Verfahren wurde vor allem in der Psychologie die erste patentgeschützte Marktforschungsmethode
vorangetrieben (z. B. Murray, 1943, 1946; Kassarjian, 1974). der USA. ZMET geht von der Annahme einer überge-
Das Aufkommen projektiver Verfahren in Wissenschaft ordneten Bedeutung unbewusster Prozesse bei der Ent-
und Praxis war damals wie auch in jüngerer Zeit ein scheidungsfindung aus. Solche unbewussten Gedanken
Gegentrend zur zunehmenden Bedeutung von statis- werden von vielen Faktoren getragen, beispielsweise von
tischen Erhebungen in den Verhaltenswissenschaften lange gepflegten Gewohnheiten, Erinnerungen an die
und sollte die Erforschung des Individuums wieder in Kindheit oder an das momentane Umfeld und manifes-
den Mittelpunkt rücken (Murstein, 1965). Der Themati- tieren sich in Bildern und Metaphern. Diese rücken damit
sche Apperzeptionstest (TAT) und dessen Weiterent- in den Fokus von ZMET.
wicklungen (z. B. McClelland, Atkinson et al., 1976 und Wir können somit festhalten:
McClelland, 1985) sowie der Rorschach-Test sind die be-
kanntesten Anwendungen von projektiven Verfahren.
Positivistischer und verstehender Ansatz sind in eine
Mithilfe dieser (und anderer) Techniken wird versucht, belebende Konkurrenz getreten, welche die Forschung
solche zunächst unbewussten Gefühle, Motivationen wesentlich angeregt hat.
und Einstellungen in Bezug auf Meinungsgegenstände
aufzudecken, die schwierig zu artikulieren sind oder
die bei standardisierten Fragetechniken schnell zu so- Forschungsimpulse, die aus der Paradigmenkonkurrenz
zial erwünschten Antworten führen. So wird zum Bei- entstehen, sind zunächst einmal als Ergänzungen der
spiel auf die direkte Frage, wie oft man sich am Tag die Forschungsergebnisse zu sehen, welche die positivisti-
Zähne putzt, in der Regel mit der Angabe „mindestens sche Forschung hervorgebracht hat:
zweimal täglich“ geantwortet, obgleich die abgesetzten Die interpretierende bzw. verstehende Richtung fördert
Mengen an Zahncreme zeigen, dass dies nicht möglich die symbolischen und kulturellen Bedeutungen und Wir-
sein kann (oder ein signifikant hoher Anteil an Personen kungen von Gütern und von Kommunikation zutage.
sich die Zähne ohne Zahnpasta putzt). Dagegen können, Die symbolischen Wirkungen haben einen erheblichen
je nach Art des angewandten projektiven Verfahrens,
Probanden in Situationen versetzt werden, in denen sie
den „wahren“ Untersuchungszweck nicht durchschauen 4Siehe hierzu den Überblicksartikel von Gröppel-Klein und
und daher sozial erwünschte Antworten nicht anbringen Königstorfer (2009).
C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen zur Konsumentenforschung 39

Einfluss auf das Konsumentenverhalten, den der positi- sprüchlichen Forschungsparadigmen“. Dann können
vistische Ansatz vernachlässigen muss. Konkurrenz und Zusammenspiel der Forschungspa-
Solche Einsichten ergänzen nicht nur die vorhandenen radigmen für den Erkenntnisfortschritt genutzt wer-
Erkenntnisse, die Auseinandersetzung damit regt die den. Doch wie gesagt – auch viele Vertreter der ver-
gesamte Forschung wesentlich an: Der positivistisch stehenden Richtung plädieren für eine konsequente
eingestellte Forscher kann davon ausgehend neue Hy- Prüfung der Gültigkeit von Ergebnissen, wie es die
pothesen formulieren – etwa über die Abhängigkeit von „Triangulation“ vorsieht (Ger, 2007; 2018).
Reizwirkungen (Werbewirkungen) vom situativen und (2) Das Vordringen naturwissenschaftlichen – vor al-
kulturellen Umfeld – und mit seinen „harten“ Methoden lem biologischen und ethologischen – Denkens ist
überprüfen, und er kann sogar neue Methoden für diesen vordergründig mit kognitiven Erklärungen des Ver-
Zweck entwickeln. haltens vereinbar: Es ist daran zu denken, dass es
angeborene Dispositionen für kognitive Leistungen
Was ist zu erwarten? (wie Lernen) und „angeborene Daten verarbeitende
(1) Auch der Vergleich von Forschungsergebnissen, die Mechanismen“ gibt (Eibl-Eibesfeldt, 1978, S. 38). Die
sich auf den gleichen Sachverhalt beziehen und ein- Auseinandersetzung mit den biologischen Gesetz-
mal nach verstehenden, das andere Mal nach posi- mäßigkeiten des menschlichen Verhaltens hat aller-
tivistischen Methoden (wie klassische Befragung) dings eine bevorzugte Beschäftigung mit reaktiven
ermittelt werden, vermittelt neue Fragestellungen für Verhaltensweisen zur Folge, vor allem mit dem emo-
die Forschung. Kurzum: Die fruchtbare Konkurrenz, tionalen und nicht-verbalen Verhalten, weil dieses
die in der amerikanischen Konsumentenforschung stärker biologisch vorprogrammiert ist. In diesem Zu-
zwischen den beiden Forschungsparadigmen besteht, sammenhang sind die Anregungen hervorzuheben,
ist zu einer treibenden Kraft der Erkenntnisgewin- die von der modernen Gehirnforschung für die Kon-
nung geworden. Hirschman und Holbrook (1992, sumentenforschung übernommen werden können,
S. 126) haben deshalb schon vor Jahren an die For- und die hier in diesem Buch an verschiedenen Stellen
schung appelliert, eine liberale Haltung gegenüber diskutiert werden. Die bisher zu diesem Thema vorlie-
diesen Forschungsparadigmen einzunehmen. Eines genden Arbeiten beleuchten die Fragwürdigkeit der
ihrer „Stoßgebete“ für die Konsumentenforschung vorherrschenden kognitiven Modelle zur verbalen
lautet: „Anerkennung der Koexistenz von wider- und rationalen Informationsverarbeitung (Roth, 2003).

Vertiefungskasten: Die Filterblase im Kopf (Quelle: Retzbach, 2018):

„Halten uns Algorithmen im Internet in einer Art Blase gefan- Das hört man zurzeit oft: Früher, als es das Internet noch
gen, in die nur noch einseitige politische Informationen vor- nicht gab und die Menschen noch miteinander redeten – im
dringen? Die Technik ist lediglich ein Teil des Problems – viel Bus, beim Bäcker oder in der Eckkneipe –, wurden sie im All-
eher erklären extreme Positionen der Nutzer das Phänomen. tag mit allen möglichen politischen Meinungen konfrontiert.
Dann aber kam das Internet und mit ihm die Algorithmen der
sozialen Netzwerke. Deren oberstes Ziel ist es, dem Nutzer
genau das anzuzeigen, was ihm gefällt. Deshalb schlagen
sie uns vor allem solche Beiträge, Gruppen und Freunde
vor, die mit unserer eigenen Einstellung übereinstimmen.
Als Folge leben wir online in einer Blase, in die nur noch das
Unter Filterblasen versteht man das Phänomen, dass Men- vordringt, was ohnehin unseren Anschauungen entspricht.
schen im Internet vor allem solche Informationen zu sehen Das führt zu einer zunehmenden Spaltung der Bevölkerung,
bekommen, die ihrer politischen Einstellung entsprechen. deren Bereitschaft zum Dialog verkümmert. Die Idee geht auf
Forscher widersprechen jedoch dem Bild des Nutzers, der den US-amerikanischen Politaktivisten und Unternehmer Eli
passiv in einer solchen Blase gefangen ist. Vielmehr suchen Pariser zurück. 2011 hat er das Konzept der »Filter Bubble«
Menschen online ebenso wie offline aktiv die Gemeinschaft in einem gleichnamigen Buch bekannt gemacht. Indem wir
mit Gleichgesinnten. im Netz immer häufiger auf uns persönlich zugeschnittene
Je extremer die politische Einstellung, desto enger ist die Informationen erhielten, würden wir »mit unseren eigenen
eigene Informationsblase. Ein »Durchstechen« von Meinun- Vorstellungen indoktriniert«, so Pariser.“
gen der politischen Gegenseite hat offenbar keinen Effekt.
40 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

(3) Nicht zu übersehen ist schließlich eine gewisse Un- Aufgrund dieser Eindrücke „konstruiert“ er in sei-
zufriedenheit der Praxis mit den nach den kogni- nem Kopf eine Wirklichkeit, die mehr oder weniger
tiven Theorien erarbeiteten Problemlösungen. Die von der Erfahrungswirklichkeit abweicht und oft
Beeinflussungs- und Überzeugungstechniken des virtuelle Züge trägt. Tägliches stundenlanges Fern-
Marketing verwenden in großem Umfang bildliche sehen, Internetsurfen, Computerspiele und Comics
und emotionale Appelle, deren Wirkungen durch die sind die Hauptquellen dieser künstlichen Wirklich-
gängigen Werbewirkungs-Messverfahren und kogni- keit. Schon 1999 hat Turkle die These aufgestellt, das
tiven Erklärungen nur unzureichend erfasst werden. Internet fördere multiple Identitäten, die real oder
Zum Beispiel besteht in der amerikanischen Werbe- völlig frei erfunden sein können oder bei Online-Rol-
praxis inzwischen Übereinstimmung darin, dass die lenspielen ausgelebt werden (Baym, 2000). Auch die
verbalen Erinnerungsmessungen – etwa durch den „sozialen Medien“ (wie Facebook, Instagram etc.) tra-
beliebten 24-Stunden-Recall – nicht in der Lage sind, gen hierzu bei. So wurde jüngst gemeldet (Stamer,
den Werbeerfolg umfassend und in angemessener 2019), dass sich die große Mehrheit junger Frauen bei
Weise zu kontrollieren. Kroeber-Riel (1983) forderte Instagram nach althergebrachten Rollenbildern selbst
schon vor mehr als 30 Jahren, Marktforschungsme- inszenieren und vor allem „sexy“ wirken wollen,
thoden viel stärker nach dem Ort der Speicherung bzw. sie möchten „einem normierten Schönheitsideal
bzw. der Art der Information im Gehirn auszuwäh- entsprechen und sich mit Mode- oder Beauty-The-
len; d. h., es sollte zwischen expliziten und implizi- men beschäftigen“. Dies könnte auch eine Folge von
ten Wissenssystemen (siehe Zweiter Teil, Kapitel C) Filterblasen in der Gruppe der jüngeren Frauen sein
unterschieden (Markowitsch, 1993; Markowitsch und (zu „Filterblasen“ siehe folgender Text von Retzbach,
Piefke, 2010) und typische Recalltest-Fragestellun- 2018, im Schaukasten).
gen beispielsweise nur zur Messung des expliziten Bedeutung von Bildern: Die „zweite Wirklichkeit“ be-
Wissenssystems angewendet werden. Kühnel und steht zu einem entscheidenden Teil aus „inneren Bildern“.
Markowitsch (2009) machen auf das Problem der Das sind zum Beispiel unsere Bilder vom Umgang mit
Gedächtnistäuschungen aufmerksam, ein Thema, Anderen, von Problemlösungen im Alltag, von exoti-
dessen Bedeutung für die Marktforschung noch we- schen Landschaften usw. Oft stellen sich Handlungsmus-
nig erforscht worden ist. Interessant ist in diesem Zu- ter dar, wie man mit bestehenden Situationen „spielend“
sammenhang auch die Methode, Geschichten („story fertig wird. Solche Handlungsmuster werden im Gehirn
telling“) als Mittel der Beeinflussung einzusetzen in Form von Bildern gespeichert, und sie beeinflussen in
(Felser, 2015): Wenn Werbebotschaften in eine Ge- erheblichem Ausmaß das zukünftige Verhalten. Alles
schichte eingewoben sind, steigt die Wahrscheinlich- in allem ist damit zu rechnen, dass die inneren Bilder
keit, dass man Informationen aus der Geschichte in der von den Medien vermittelten „zweiten Wirklichkeit“
das eigene Weltbild integriert und diese bei künftigen das Verhalten, insbesondere auch das Konsumenten-
Gelegenheiten nutzt – egal ob sie falsch sind oder verhalten, wesentlich bestimmen. Das bildhafte Fühlen
nicht. Die bloße Wiederholung von Werbeaussagen und Denken rückt in den Mittelpunkt der Forschung
erhöht die subjektive Plausibilität („truth-effect“). (Kroeber-Riel, 1993a, S. 40 ff.). Im Mittelpunkt dieses Pa-
Geschichten passen sich danach hervorragend in radigmas steht die Erklärung des Verhaltens aufgrund
die Funktionsweise unseres Gedächtnisses ein, sie der gespeicherten inneren Bilder der Konsumenten.
werden einfacher verarbeitet als pure Fakten und die
Die sogenannte „Kultivierungsforschung“ beschäftigt
Erinnerung an die Quelle der Geschichte verblasst im
sich mit der Frage, inwieweit der Konsum des Massenme-
Laufe der Zeit (wodurch es zu einem Sleeper-Effekt5
diums Fernsehen die Wahrnehmung der „Realität“, d. h.,
kommen kann).
Wissensstrukturen und Denkweisen im eigenen Leben
(4) Darüber hinaus erhält der heutige Konsument seine
der Konsumenten beeinflusst. Die von Gerbner (1973)
Eindrücke von der Umwelt immer weniger als früher
dazu entwickelte Kultivierungshypothese besagt, dass
durch seine direkten Erfahrungen – etwa im Umgang
der zunehmende Medienkonsum dazu führt, dass Kon-
mit Menschen – und immer mehr durch die Medien.
sumenten glauben, die reale Welt sei so wie die medial
dargestellte Welt. Die daraus entwickelten Kultivierungs-
5
Der Sleeper-Effekt bedeutet, dass der Empfänger einer Nach- studien beschäftigen sich mit der Frage, inwieweit (durch
richt, deren Glaubwürdigkeit er zunächst anzweifelt, da sie
Medien vermittelte) Fiktionen (Filme, Serien, Bücher,
aus einer unglaubwürdigen Quelle stammt, nach einiger Zeit
Glauben schenkt, da er die mit der Mitteilung assoziierten Computeranimationen) Einstellungen beispielsweise zu
negativen Einstellungen gegenüber dem Sender vergisst. Der Reichtum, Gewalt, Körperidealen, Lebensqualität, Image
Sleeper-Effekt geht zurück auf Hovland (1953). von Berufsgruppen oder auch zur Raum- und Zeitwahr-

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C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen zur Konsumentenforschung 41

nehmung verändern können (Shrum, Burroughs und von Rossmann den neuen (zum Teil durch die Digitalisie-
Rindfleisch, 2005; Rossmann und Brosius, 2005; Shrum, rung) ausgelösten Herausforderungen der Medienland-
2004; Harrison, 2003; Sirgy, Lee et al., 1998; O’Guinn und schaft stellen. So werden Fernsehangebote zeitversetzt
Shrum, 1997; Winterhoff-Spurk, 1989; Perry, 1987; Gerb- in den Mediatheken oder bei YouTube geschaut, ebenso
ner, Gross et al., 1977). Die Grundlage hierzu liefert die gucken mehr und mehr Menschen die Programme auf
sogenannte „Inherent credulity“-These (Gilbert, 1991), kleinen Tablet- oder Smartphonebildschirmen. Oft ändert
nach der fiktionale und reale Inhalte ähnlich im Gehirn sich auch die Rezeptionssituation, man ist unterwegs
verarbeitet werden (z. B. durch mentale Modelle: Roskos- statt zu Hause. Und selbst wenn die Konsumenten zu
Ewoldsen, Davies und Roskos-Ewoldsen, 2004), wodurch Hause vor dem Fernseher die Sendungen sehen, so ver-
fiktionale Informationen die Wahrnehmung der „rea- folgen sie zeitgleich auch die Kommentare in den sozialen
len Welt“ beeinflussen. Eine fiktive Person stellt z. B. Medien auf ihrem Smartphone. Rossmann erklärt daher
Kommissar Wallander in Henning Mankells Romanen (S. 219f.), dass heute die Zeit des Fernsehens als „cent-
dar. Schauplatz der Handlung ist die schwedische Stadt ralized system of storytelling“ und „primary common
Ystad, alle Straßen und Plätze, die detailliert im Roman source of socialization and everyday information“, wie
beschrieben sind, gibt es wirklich; der Kommissar und von Gerbner et al. (1986) noch postuliert, zwar vorbei
die Verbrechen sind dagegen Fiktion. Und doch vermi- sei, dass die grundsätzliche These, dass Medien unsere
schen viele Konsumenten Realität und Fiktion, möchten Realitätsvorstellung beeinflussen können, jedoch immer
in der Polizeiwache in Ystad unbedingt Herrn Wallander noch Gültigkeit haben dürfte.
sprechen oder buchen Stadtführungen auf den Spuren
ihres Helden.
Manche Firmen nutzen diese Verbindung zur Fiktion II. Zum Begründungszusammenhang:
ganz gezielt für ihre Marketingmaßnahmen, um damit Empirische Verankerung verhaltens-
eine Reihe von bildlichen und verbalen Assoziations- wissenschaftlicher Theorien
ketten auszulösen. Ein Beispiel: Ein Werbefilm für den
Audi A6 knüpft gezielt an den Filmklassiker „Die Rei-
feprüfung“ an und zeigt, ebenfalls mit Dustin Hoffman Folgt man dem positivistischen Ansatz ist man bei ver-
in der Hauptrolle des Werbespots, eine moderne Version haltenswissenschaftlichen Begründungen auf empirisch
der Reifeprüfung. VW wirbt mit Darth Vader aus der gehaltvolle Hypothesen und Theorien angewiesen.
Filmreihe „Star Wars“, dieser Werbefilm ist nach wie Hypothesen sind Aussagen über die Beziehungen zwi-
vor einer der erfolgreichsten bei YouTube (siehe Abb. 14). schen zwei oder mehreren Variablen.
Die Kultivierungsforschung steht, wie Rossmann (2013, Beispiel einer Hypothese: Je stärker die Aktivierung der
S. 2019) betont, auf einem „stabilen Fundament“. Dennoch Umworbenen („unabhängige Variable“), desto stärker
muss auch diese Forschungsrichtung sich nach Ansicht die Erinnerung an die Werbebotschaft („abhängige Va-

Abb. 14: Nutzung fiktionaler


Inhalte in der Werbung
42 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

riable“). Diese Aussage gibt eine empirisch überprüfbare Die Folgerung über den Wunsch nach Variety Seeking
Gesetzmäßigkeit wieder. Aufgrund vorhandener empi- des Konsumenten K gilt nur mit der von der Hypothese
rischer Nachweise sind Hypothesen mehr oder weni- vorgegebenen Wahrscheinlichkeit7. Sie ist zudem unvoll-
ger unsicher (sicher). Absolute Sicherheit über die von ständig. Die Unvollständigkeit dieser Erklärung besteht
Hypothesen wiedergegebenen Sachverhalte lässt sich unter anderem darin, dass der Wunsch nach Abwechs-
auch durch noch so viele empirische Bestätigungen nicht lung des Konsumenten K noch von anderen Einfluss-
gewinnen (Induktionsproblem). größen als vom Alter abhängig ist, diese Einflussgrößen
Unter einer Theorie versteht man eine Menge von mitei- aber bei der Erklärung nicht berücksichtigt worden sind.
nander verbundenen Hypothesen. Grundsätzlich muss sich eine solche Hypothese der em-
pirischen Überprüfung stellen, ist sie doch angesichts
Hypothesen und Theorien dienen dazu, die Realität zu
gesellschaftlicher Veränderungen fragwürdig.
erklären, d. h., die Frage zu beantworten, warum sich ein
Sachverhalt so und nicht anders verhält. Dieses vereinfachte Beispiel macht deutlich, welche Rolle
Hypothesen bei einer Erklärung spielen. Die Hypothesen
Eine Erklärung des Verhaltens kann formal nach dem
können sich sowohl auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten
bekannten Schema von Hempel und Oppenheim (1965)
als auch auf empirische Generalisierungen beziehen.
wie folgt aufgebaut werden:
Nach Opp (2014) sind an Hypothesen folgende Anfor-
(1) Aus Aussagen über Antezedenzbedingungen Ai derungen zu stellen: Sie sollen
(i = 1, 2, …, n) und ●● präzise, das heißt eindeutig formuliert,
(2) Hypothesen Hj (j = 1, 2, …, m) folgt ●● logisch einwandfrei,
(3) die – gesuchte – Aussage über den Sachverhalt S. ●● hinreichend informativ,
In den Verhaltenswissenschaften wird dieses Schema ●● empirisch überprüfbar
vor allem auch für stochastische und für unvollständige
sein. Jede dieser Forderungen umfasst wieder mehrere
Erklärungen benutzt. Bei einer stochastischen Erklärung
Teilforderungen, die Opp (2014) im Einzelnen darstellt
werden als Hypothesen Hj keine All-Sätze (wie: „Alle
und begründet.
alten Leute sind treu“), sondern Wahrscheinlichkeitsaus-
sagen benutzt (wie: „Ältere Leute sind im Allgemeinen Empirisch überprüfbare Hypothesen sind nicht nur für
– mit einer Wahrscheinlichkeit von p – treu“)6. die Erklärung des Verhaltens erforderlich, man benötigt
sie auch für Prognosen und für praktische Handlungs-
Bei einer unvollständigen (bruchstückhaften) Erklärung,
anweisungen.
auch Erklärungsskizze genannt, fehlen einige Hypothe-
sen und Rahmenbedingungen, weil die Sachverhalte Bei Prognosen müssen zunächst Voraussagen über die
noch nicht erforscht bzw. bekannt sind. Beispiel: zukünftigen Rahmenbedingungen gemacht werden,
zum Beispiel über das Alter der Bevölkerung. Wenn
Antezedenzbedingung: Konsument K ist 20 Jahre alt.
man diese Rahmenbedingungen kennt, kann man mit-
Hypothese: Jüngere Leute „sind“ Variety Seeker. Folge-
hilfe zuverlässiger Hypothesen – beispielsweise über
rung: Konsument K ist ein Variety Seeker.
das Kaufverhalten der älteren Bevölkerung – Aussagen
Die Hypothese ist hier umgangssprachlich und wissen- über das zukünftige Verhalten ableiten. Dabei ergeben
schaftlich wenig präzise formuliert. Etwas genauer müss- sich Unsicherheiten sowohl hinsichtlich der zukünftigen
te es heißen: Jüngere Leute sind „im Allgemeinen“ nicht Rahmenbedingungen als auch hinsichtlich der herange-
markentreu. In dieser Formulierung kommt wenigstens zogenen Hypothesen.
der Wahrscheinlichkeitscharakter der Aussage zum
Das wissenschaftliche Erklärungsschema kann schließ-
Ausdruck. Aber es fehlen noch Angaben, wie hoch die
lich noch in Handlungsanweisungen umgesetzt werden.
durchschnittliche Wahrscheinlichkeit des Variety See-
Das sind Anweisungen zur praktischen Gestaltung der
king-Verhaltens ist. Eine Präzisierung ergibt sich, wenn
Wirklichkeit. Um bei dem Beispiel über die Erklärung
die Hypothese in eine „Je-desto-Form“ gekleidet wird (je
des Variety Seeking-Verhaltens zu bleiben: Um einen
jünger …, desto stärker ist die Variety Seeking-Tendenz)
und dazu ergänzende Angaben über die Verknüpfung
gemacht werden. 7
Die Wahrscheinlichkeit, mit der das Verhalten auftritt, ist von
der Wahrscheinlichkeit zu unterscheiden, mit der die Aussage
6
Werden im Erklärungsschema deterministische Hypothesen über das Verhalten gilt. Das eine ist eine objektive, statistische
verwendet, die einen deduktiven Schluss auf die Aussage S Wahrscheinlichkeit (eines Verhaltens), das andere eine logi-
zulassen, so spricht man von einem deduktiven Erklärungs- sche, induktive Wahrscheinlichkeit (einer Aussage). Im Text
schema. Ist die Hypothese eine statistische Aussage, so spricht ist nur von der statistischen Wahrscheinlichkeit des Verhaltens
man von einem induktiven Erklärungsschema; vgl. Opp (2014). die Rede.
C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen zur Konsumentenforschung 43

Variety Seeker zu befriedigen, sind z. B. häufige Sorti- verwendet, obwohl er ursprünglich aus der neobehavi-
mentswechsel nötig. oristischen Forschungstradition stammt:
Wichtige Fragen, die sich bei der Verwendung von Hy- Nach behavioristischer Auffassung, die inzwischen in
pothesen stellen, betreffen die Operationalisierung the- der Verhaltensforschung weitgehend abgelehnt wird,
oretischer Begriffe wie „Bewusstsein“ oder „Bildung“8. waren für die Erklärung des Verhaltens nur Aussagen
Operationalisierung: Wir haben empirische und theo- über beobachtbare Größen zugelassen. Beobachtbar sind
retische Sprachen (Begriffe) auseinanderzuhalten. Eine einerseits die Reize, die auf einen Organismus einwirken,
empirische Aussage bezieht sich direkt auf beobachtbare und andererseits die dadurch ausgelösten Reaktionen.
Gegenstände der Wirklichkeit. Sie wird deswegen in den Zum Beispiel wird nach behavioristischen Theorien das
Protokollen empirischer Untersuchungen benutzt, wie Lernen dadurch erklärt, dass es gesetzmäßige Beziehun-
zum Beispiel die Aussage „50 % der Kunden sind Frauen“. gen zwischen dem Auftreten bestimmter Reize und den
nachfolgenden Reaktionen gibt. Demgegenüber lässt der
Theoretische Aussagen haben zunächst noch keinen
Neobehaviorismus zu, dass zur Erklärung des Verhaltens
nachprüfbaren Wirklichkeitsbezug. Sie lassen sich aber
auch Aussagen über nicht-beobachtbare, interne Vorgän-
mit empirischen Aussagen verknüpfen und erhalten da-
ge herangezogen werden.
durch einen indirekten Wirklichkeitsbezug. Unter dieser
Operationalisierung versteht man den Prozess der Zu- Diese internen Größen, wie Aufmerksamkeit oder Erin-
ordnung von direkt beobachtbaren Größen zu theoreti- nerung, werden als intervenierende Variablen bezeich-
schen Begriffen. Beispiel: Die Aussage „Ein Drittel der net, weil sie zwischen die beobachtbaren Reize und Reak-
Leute ist gebildet“ kann dadurch einen nachprüfbaren tionen geschaltet sind: Die Reaktionen folgen nicht direkt
empirischen Gehalt bekommen, dass man „gebildet“ auf einen Reiz, vielmehr „intervenieren“ zwischen einem
durch den Indikator „haben Abiturzeugnis“ operatio- Reiz (zum Beispiel Werbeanzeige) und einer Reaktion
nalisiert. (zum Beispiel Markenkauf) mehrere interne Vorgänge
wie Wahrnehmung des Reizes, Erinnerung an den Reiz
Es gibt schließlich noch imaginäre Sprachen und Begrif-
oder Einstellungsänderung.
fe. Darunter sind bloße gedankliche Konstruktionen zu
verstehen, die überhaupt keinen erfassbaren Wirklich- Folgt man dieser Konzeption, so lässt sich das Konsu-
keitsbezug haben9. mentenverhalten aufgrund von Verknüpfungen der in
Dem gegenwärtigen empirischen Forschungsparadigma Abb. 15 (siehe auch erneut das SOR-Schema) wiederge-
entsprechend, werden in der Konsumentenforschung gebenen Größen erklären. Diese Größen lassen sich in
imaginäre Begriffe vermieden. Soweit theoretische Be- drei Gruppen einteilen:
griffe benutzt werden, gilt: (1) Reize (Stimuli S), die auf das Individuum einwirken,
(2) Reaktionen (R) des Individuums. Die Größen S und
Theoretische Begriffe werden nur dann zur Erklärung des
R sind beobachtbar. Dazu kommen
Verhaltens zugelassen, wenn sie empirisch verankert sind. (3) intervenierende Variablen (I) . Das sind theoretische
Letzteres bedeutet, dass sie in einer nachweisbaren Art Begriffe und Konstrukte, welche nicht-beobachtbare
und Weise mit empirischen Begriffen verbunden und da- Vorgänge im Individuum darstellen und insoweit zur
durch auf die Wirklichkeit bezogen werden müssen. Verhaltenserklärung herangezogen werden (sollen),
als ihre Verknüpfung mit beobachtbaren Sachverhal-
Bevor wir auf die dazu dienenden Forschungsoperati- ten gesichert ist. Die intervenierenden Variablen sind
onen eingehen, befassen wir uns mit einer speziellen gleichzusetzen mit der O-Komponente des SOR-Mo-
Klasse von theoretischen Begriffen, die in der Psycholo- dells (Abb. 5).
gie verbreitet sind. Die intervenierenden Variablen werden in der Marktfor-
„Intervenierende Variable“ ist der Begriff für nicht-be- schung auch als mediierende Variablen bezeichnet, um
obachtbare Sachverhalte, die „innerhalb“ der Person damit die Wirkungszusammenhänge kausaler Ketten
wirksam werden, wie Gefühle oder Gedächtnis. Der zu kennzeichnen (Baron und Kenny, 1986; Preacher und
Ausdruck „intervenierende Variable“ wird in letzter Zeit Hayes, 2008; Zhao, Lynch und Chen, 2010). Wirkt eine
unabhängig von einer bestimmten Forschungsrichtung Variable X auf Z und Z auf die abhängige Variable Y,
dann spricht man von einem mediierenden Effekt bzw.
von Z als „mediierender Variablen“. Eine vollständige
8 Zur Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Mediation beschreibt den Fall, dass nach Kontrolle des
Konstrukte vgl. Homburg und Giering (1996). indirekten Effektes von X über Z auf Y kein signifikanter
9 Zu den verschiedenen Sprachebenen vgl. Kroeber-Riel (1969).
Effekt von X auf Y mehr besteht, während von partieller
44 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Moderator-
Variable

unabhängige abhängige
Variable(n) Variable(n)

Mediator-
Variable

unabhängige Partielle Mediation abhängige


Variable(n) Variable(n)
Vollständige Mediation

unabhängige Mediator- abhängige


Variable(n) Variable Variable(n)
Abb. 15: Mediation und Mode-
ration

Mediation gesprochen wird, wenn neben dem indirek- Es bleibt aber festzuhalten, dass in der empirischen (posi-
ten Effekt auch ein direkter Effekt von X auf Y besteht tivistischen) Wissenschaft zwischen beobachtbaren, also
(Homburg und Klarmann, 2006). Spilski, Gröppel-Klein direkt messbaren Größen einerseits und theoretischen
und Gierl (2018) sowie Demming, Jahn und Boztug (2017) Begriffen andererseits unterschieden wird. Daraus folgt
erläutern Vorgehensweisen, wie mediierende Effekte ge- allerdings noch lange nicht, dass imaginäre oder theore-
messen werden können. Daneben werden in der Markt- tische Begriffe wie „Archetyp“ aus der Sprache der Ana-
forschung die SIR-Modelle durch die sogenannte Mode- lytischen Psychologie ohne nachgewiesene Bindungen an
ratorvariable angereichert, wenn diese den Einfluss einer empirische Sachverhalte wissenschaftlich unerheblich
unabhängigen auf eine abhängige Variable verändert sind. Sie haben einen unverzichtbaren heuristischen
oder verstärkt bzw. schwächt (= moderiert). So kann z. B. Wert, weil sie die Entwicklung neuer Hypothesen und
das Involvement die Wirkung eines emotionalen Werbe- Theorien anregen, ja, erst ermöglichen, und werden ge-
spots auf die Einstellung zur Marke beeinflussen. Die rade von der verstehenden Richtung gepflegt.
Effekte von Moderatorvariablen können durch varianz- Solche Begriffe sind demzufolge im Entdeckungszusam-
oder regressionsanalytische Verfahren getestet werden. menhang hilfreich. Wenn es jedoch um die faktische
Schließlich können auch mediierte Moderationsmo- Überprüfung und um die Anwendbarkeit der Hypothe-
delle gerechnet werden (Hayes, 2013; Muller, Judd und sen und Theorien geht, ist die empirische Verankerung
Yzerbyt, 2005). Ein Beispiel zeigt der Beitrag von Spilski, der theoretischen Begriffe unerlässlich11 (Operationali-
Gröppel-Klein und Hagner (2012). sierung).
Auch wenn durch die Betrachtung mediierender und Um die Güte einer durchgeführten Operationalisierung
moderierender Effekte die „einfachen“ SOR-Modelle oder Messung zu beurteilen, werden mehrere Maße be-
sehr viel komplexer geworden sind, bleibt bei all diesen
Modellen nach wie vor eine Kausalbeziehung unterstellt,
d. h., eine Einteilung in unabhängige und abhängige Va- 11
Feyerabend (2004) plädiert in diesem Zusammenhang dafür,
riablen. Bagozzi und Edwards (1998) machen jedoch da- die Unterscheidung von theoretischen und empirischen Be-
rauf aufmerksam, dass die Einteilung in abhängige und griffen grundsätzlich aufzugeben, weil empirische Erfahrung
unabhängige Variablen gemäß dem Kausalitätskriterium stets vor dem Hintergrund einer Theorie gemacht wird. Man
entferne das theoretische Wissen, und „die Beobachtungs-
nicht immer zweifelsfrei möglich ist10.
sprache beginnt auseinanderzufallen“. Dieser Zusammenhang
zwischen Theorie und Beobachtung darf keinesfalls übersehen
10 Siehe hierzu auch die Diskussion um reflektive und forma- werden. Für den praktischen Forschungsbetrieb bleibt jedoch
tive Indikatoren bei der Kausalanalyse (Jarvis, MacKenzie und die Unterscheidung von empirischen und theoretischen Begrif-
Podsakoff, 2003 sowie Homburg und Klarmann, 2006). fen in unserem Sinne zweckmäßig.
C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen zur Konsumentenforschung 45

nutzt, vor allem die Validität (Gültigkeit) und die Relia- Möglichkeit beeinträchtigt, von diesen Messergebnis-
bilität (Zuverlässigkeit) der empirischen Werte. sen auf die „wahren“ Größen zu schließen (Einfluss des
Eine Messung ist valide, wenn sie tatsächlich den ge- Messverfahrens auf die zu messende Größe). Beispiele
meinten Sachverhalt angibt. Beispiel: Mithilfe des Indi- für reaktive Messverfahren sind das Interview (wohl das
kators „Einkommen“ wird der Begriff „soziale Schicht“ reaktivste Verfahren, das es gibt), Bilderskalen und die
operationalisiert. Misst man das Einkommen durch eine meisten psychobiologischen Verfahren.
Befragung, so muss in diesem Fall die Validität in zwei Die Mängel reaktiver Messverfahren sind allerdings zu
Richtungen überprüft werden: hinsichtlich der Messung relativieren: Man muss erstens nach den zur Verfügung
(gibt die mündliche Antwort tatsächlich Auskunft über stehenden Alternativen und zweitens nach der Ökono-
das Einkommen?) und hinsichtlich des Indikators (zeigt mie dieser Verfahren für praktische Forschungsprozesse
das Einkommen tatsächlich die soziale Schicht an?). fragen. Oft fehlen überhaupt Möglichkeiten, andere Ver-
Eine Messung ist reliabel, wenn durch das Messverfah- fahren für das Forschungsziel einzusetzen, oder andere
ren keine Zufallsergebnisse generiert werden, sondern Verfahren sind so umständlich und so aufwändig, dass
empirische Daten, die konsistent bei mehreren Messun- ihr Einsatz vom Forschungsziel her nicht gerechtfertigt
gen oder bei Erhebung durch verschiedene Personen ist.
wieder gewonnen werden. Gleichwohl muss die Kritik an den benutzten Methoden
Validität und Reliabilität sind graduelle Begriffe. Um das als eine ständige Mahnung verstanden werden, Ergeb-
Ausmaß von Validität und Reliabilität festzustellen, gibt nissen der empirischen Sozialforschung kritisch zu be-
es eine Vielzahl von Verfahren, verwiesen sei hier auf die gegnen und Überlegungen zur Validität und Reliabilität
einschlägige Literatur zur Marktforschung. der Messergebnisse anzustellen.
Messverfahren: Das in der empirischen Sozialforschung Die Konsumentenforschung bemüht sich in zunehmen-
am meisten benutzte Verfahren ist das Interview. Viele dem Maße, auf nichtreaktive Messverfahren zurückzu-
Marktforscher geben diesem Verfahren aus forschungs- greifen oder die Reaktivität von Messungen dadurch zu
ökonomischen und finanziellen Gründen den Vorzug. vermindern, dass Verfahren eingesetzt werden, welche
Diese extensive Verwendung von Interviews beeinträch- von den Testpersonen schwer durchschaut werden kön-
tigt den Erkenntnisgewinn. Andere Verfahren sind für nen.
viele Fragestellungen angemessener. Das menschliche Bekannte nicht-reaktive Messverfahren sind:
Verhalten ist zu komplex, als dass es lediglich mittels
Befragungen analysiert werden könnte. (1) verschiedene Beobachtungsverfahren wie die
„heimliche“ Beobachtung von Personen oder das
Deshalb ist es zweckmäßig, verbale und nichtverbale unauffällige Messen der Antwortzeit bei einer Be-
Messverfahren zu unterscheiden. Verbale Verfahren sind fragung. Letzteres sollte heute Standardmethode bei
solche, die sich auf mündliche oder schriftliche Aussagen Online-Interviews sein, da vielfach Panelteilnehmer
von Personen stützen, wie Befragung, Inhaltsanalyse die Bildschirm-Fragen gar nicht mehr lesen, bevor
oder Protokolle lauten Denkens (Zweiter Teil, C. I.3). sie antworten, womit die Gültigkeit der Antworten
Sie versagen mehr oder weniger, wenn es um die Ermitt- natürlich gleich null ist. Eine zu schnelle Antwortzeit
lung von Verhaltensweisen geht, die von den Testperso- kann dies aufdecken. Ebenso ist das Online-Tracking
nen nicht oder unzureichend sprachlich formuliert wer- eine neuere Methode, die etwas über die Verweil-
den (können). Das ist bei emotionalem, wenig bewusstem dauer von Konsumenten aussagt. So schalten die
und nicht-willentlichem Verhalten der Fall. Man benötigt meisten Konsumenten das WLAN ihres Smartpho-
dafür nichtverbale Erhebungstechniken wie versteckte nes nicht aus, so dass sich das Smartphone auto-
Beobachtung und Reaktionszeitmessungen, Bilderskalen matisch mit dem WLAN-Netz beispielsweise eines
oder psychobiologische Methoden (Blickaufzeichnung, Shopping-Centers verbinden kann, womit über eine
Pulsfrequenzmessung, elektrodermale Reaktion usw., entsprechende Software die Aufenthaltsdauer dort
siehe Zweiter Teil, B.III.1). „getrackt“ werden kann.
Bei der Kritik von Messmethoden spielt die Einteilung (2) das Registrieren von materiellen Spuren; Beispiel: An
in reaktive und nicht-reaktive Verfahren eine wichtige der Abnutzung des Fußbodens in einem Museum
Rolle. Durch reaktive Messverfahren werden künstliche wird die Attraktivität von ausgestellten Gegenstän-
Reizsituationen für die Messung geschaffen. Die Testper- den abgelesen.
sonen sind sich der Messsituation bewusst. Dadurch wird (3) das Auswerten objektiver Berichte wie sekundärsta-
die Genauigkeit der Messergebnisse und damit auch die tistischer Daten.

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46 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

Die Diskussion um die reaktiven Messverfahren drehte Schon Machiavelli (Münkler, 2004) zeigt, wie Sozialtech-
sich in den letzten Jahren auch um die Frage, inwieweit niken bereits früher beachtet und auf andere Lebensbe-
diese Verfahren gegen ethische Standards verstoßen, reiche übertragen wurden. Machiavelli kann als Sozial-
weil die Menschen letztlich zu passiven Objekten der techniker bezeichnet werden, denn seine Hauptwerke
Sozialforschung werden. Nicht weniger grundsätzlich „Il Principe“ und die „Discorsi“ können als Anleitungen
ist die Kritik an den nicht-reaktiven Verfahren. Solche zur Verhaltenssteuerung verstanden werden. Machiavelli
Einwände sind durchaus berechtigt, aber übertrieben. forderte dezidiert, bei der Gestaltung des sozialen Lebens
Vor allem fehlen konstruktive Vorschläge, wie die For- die Gesetzmäßigkeiten menschlichen Verhaltens zu be-
schung ohne diese Verfahren auskommen soll. achten. Wie Ärzte und Juristen müsse auch die Politik
professionell vorgehen. Das bedeutet:
●● Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten menschlichen Ver-
III. Zum Verwendungszusammenhang: haltens, vor allem der Wahrnehmung und des emoti-
Forschungstransfer mittels Sozialtechnik onal gesteuerten Verhaltens,
●● konsequente Anwendung dieser Sozialtechniken in
der Politik.
Die Betriebswirtschaftslehre wird gegenwärtig von den
meisten Wissenschaftlern als Realwissenschaft und als Damit wird ein aktuelles und bereits im Mittelalter be-
angewandte Wissenschaft verstanden. Die Beiträge, die kanntes Problem bewusst: Ethische und ideologische
sie liefert, bestehen – soweit sie sich auf die Realität be- Grundhaltungen können für die Durchsetzung gesell-
ziehen und nicht nur „Philosophien“ sind – zum über- schaftlich wünschenswerter Ziele einerseits hinderlich
wiegenden Teil aus Beschreibungen und Erklärungen sein, wenn man sich scheut, sozialtechnisch konsequent
der Wirklichkeit sowie aus Vorschlägen zur Gestaltung zu handeln. Andererseits kann es nicht angehen, dass
der Realität. jeder unreflektiert und unkontrolliert Sozialtechniken
anwendet. Wie in der Technik gibt es hier das Risiko
Die Vorschläge zur Gestaltung der Wirklichkeit werden
nachteiliger Folgen für die Gesellschaft. Deshalb müssen
vorwiegend in die Form von Handlungsanweisungen
Sozialtechniker
und Entscheidungsmodellen gebracht. Dabei werden
bestimmte betriebswirtschaftliche Ziele, wie Gewinn- ●● ihre Beeinflussungsmöglichkeiten gut kennen,● das
erzielung, Ausweitung des Marktanteils usw., vorausge- sozialtechnische Risiko verantworten können und
setzt. Mithilfe von Postulaten über rationales Handeln ●● einer gesellschaftlichen Kontrolle unterliegen.
wird dann gezeigt, wie diese Zielgrößen (optimal) rea- So gesehen deckt sich der Begriff des „Nudging“ der
lisiert werden können, wenn die Umwelt in einer ganz Verhaltensökonomie mit dem Begriff der Sozialtechnik
bestimmten Weise auf die betrieblichen Aktivitäten re- von Kroeber-Riel (siehe auch Kroeber-Riel, Behrens und
agiert. Das in Form von Hypothesen und empirischen Dombrowski, 1998). Allerdings wäre Kroeber-Riel sicher-
Generalisierungen vorliegende Erfahrungswissen über lich der Ansicht gewesen, dass manche Sozialtechniken
die Reaktionen der Umwelt wird auf diese Weise in so gut wirken, dass man die Bezeichnung „libertärer Pa-
Handlungsanleitungen transformiert. Im einfachsten ternalismus“ in Frage stellen muss, der Mensch reagiert
Fall wird zum Beispiel aus einer Hypothese (und aus den im Sinne einer automatischen Reizreaktions-Verknüp-
dazugehörigen Randbedingungen) über die positive Wir- fung. Auch das muss ohne Scheuklappen aufgedeckt
kung von emotionalen Stimuli Si auf den Werbeerfolg die und bei missbräuchlicher Verwendung geahndet werden
Empfehlung abgeleitet: Verwende die visuellen Stimuli (siehe Vierter Teil).
S1 bis S3, wenn du deinen Werbeerfolg steigern willst! Grundsätzlich war Kroeber-Riel sehr daran gelegen,
Die Benutzung derartiger Anweisungen und Regeln zur deutlich zu machen, dass die systematische Anwendung
Gestaltung der Umwelt kann als Sozialtechnik bezeich- wissenschaftlich fundierter Sozialtechniken den Prakti-
net werden. kerregeln überlegen ist. Sozialtechniken sollten nicht bloß
Sozialtechnik ist die Anwendung verhaltenswissen- auf der Grundlage von subjektiver Praxiserfahrung und
schaftlicher Gesetzmäßigkeiten zur Beherrschung des Spekulation entworfen und umgesetzt werden, sondern
sozialen Lebens (wie Technik die Beherrschung der Na- mithilfe von handfesten verhaltenswissenschaftlichen
tur durch praktische Anwendung der Naturgesetze ist). Kenntnissen. Auch in Zukunft wird die Diskussion um
Statt „Beherrschung“ können wir auch „Beeinflussung“ das sozialtechnische Risiko und seine Verantwortbarkeit
sagen. Kroeber-Riel (1988) forderte die Beachtung solcher Bedeutung erfahren.
Sozialtechniken schon in der ersten Auflage seines Buchs
„Strategie und Technik der Werbung“.
C. Wissenschaftstheoretische Überlegungen zur Konsumentenforschung 47

Sozialtechnik und Kreativität: Bei der professionellen sultat ist, daß wir Kapazitäten brachliegen lassen, die
Umsetzung von Sozialtechniken kommt es oft zu Span- mindestens ebenso wertvoll sind wie Finanzkapital oder
nungen zwischen denjenigen, die die kreative Leistung maschinelle Kraft.“
erbringen (zum Beispiel einen Aufklärungsfilm machen), Die wesentlichen Gründe für dieses Transferdefizit las-
und den Sozialtechnikern, die diese Leistungen planen sen sich in drei Kategorien einteilen. Es sind:
und beurteilen. Solche Spannungen zwischen Kreativen
und Sozialtechnikern finden wir auch im Bereich der (1) gesellschaftliche Rahmenbedingungen: das allge-
kommerziellen Werbung. Dort wenden sich die Kreativen meine Transferklima,
häufig gegen eine Mitwirkung von Sozialtechnikern, (2) Barrieren aufseiten der Forschung,
insbesondere gegen Wirkungstests (Pre- und Posttests) (3) Barrieren aufseiten der Praxis.
und die Kontrolle ihrer kreativen Entwürfe, häufig mit Das gesamtgesellschaftliche Transferklima ist von
dem Argument, die Mitwirkung von Sozialtechnikern grundlegender Bedeutung. Es ist in Deutschland aus-
enge ihre kreativen Leistungen ein. gesprochen nicht unbedingt zum Besten bestellt. Das
Dieser Einwand ist zurückzuweisen: Ohne die Leistung liegt am schlechten Image der Sozialwissenschaften, an
der Kreativen ist es nicht möglich, erfolgreiche Mittel und der unzureichenden Darstellung von Sozialtechniken in
Einzelmaßnahmen zur Beeinflussung des Verhaltens zu den Massenmedien und am geringen Problembewusst-
entwickeln, aber Kreative sollten die voraussichtlichen sein der staatlichen Instanzen und der großen Interes-
Wirkungen der von ihnen entworfenen Werbung prog- senverbände.
nostizieren, was nur gelingt, wenn sie verhaltenswissen- Es ist jedoch zu hoffen, dass sich dieses Transferklima
schaftlich ausgebildet sind und sich in das Verhalten der gerade aufgrund der neuen digitalen Herausforderungen
Zielgruppen hineindenken können. Deswegen kommt verbessern wird, sofern es gelingt, dass Wissenschaft
man auch in der Werbung nicht ohne eine sozialtechni- und Praxis eine gemeinsame Sprache sprechen. Exper-
sche Kontrolle der kreativen Leistungen aus, wenn die tensysteme (siehe frühere Auflagen dieses Buchs) können
Werbung nicht zu einem bloßen Zufallstreffer werden dabei nach wie vor unterstützend eingesetzt werden.
soll.
Um einen effizienten Forschungstransfer in Gang zu
Die Mitwirkung von Sozialtechnikern vergrößert aber bringen, müssten immer noch vorhandene Vorurteile
auch den Spielraum für die Kreativen: Oft werden aus- und ablehnende Haltungen aufseiten der Forschung wie
sichtsreiche kreative Leistungen nicht umgesetzt, weil die der Praxis abgebaut werden. Dies lässt sich nur durch
Kreativen selbst oder ihre Auftraggeber unsicher sind, verstärkte Kommunikation zwischen Forschung und
ob die für eine Konsumentenbeeinflussung gefundenen Praxis erreichen. Dazu tragen Vereinigungen zwischen
Lösungen tatsächlich wirksam sind. Das gilt gerade für Universitäten einerseits und Gewerkschaften, Unterneh-
solche Lösungen, die vom Üblichen abweichen und da- men, Wirtschaftsverbänden, Handelskammern usw. an-
durch höhere Risiken enthalten. Die Sozialtechniker kön- dererseits bei. Auch die ACR bietet seit 2004 auf ihrer
nen aufgrund ihrer Kenntnisse und Testverfahren diese Homepage (www.acrwebsite.org) Informationen, die sich
Unsicherheiten beseitigen oder beschränken. Sie bieten ausdrücklich an Konsumenten und Verbraucherpolitiker
sozusagen ein Sicherheitsnetz, das den Kreativen ein (Public Policy Makers) richten.
freieres, von der Norm abweichendes Vorgehen erlaubt.
Gleichfalls muss eine pragmatische Prüfung dadurch
Mit Forschungstransfer bezeichnet man die Übertragung gesichert und erleichtert werden, dass ein öffentlicher
wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis. Gerade auf Dialog über die wissenschaftlichen Ergebnisse herbei-
dem Gebiet der Verhaltensforschung gibt es ein immer geführt wird, an dem sowohl diejenigen, die das Wissen
noch erhebliches Transferdefizit, da die Praxis die verfüg- verwenden (z. B. die Unternehmen), als auch diejenigen,
baren Erkenntnisse seltener übernimmt und verwendet, die durch diese Verwendung betroffen sind (z. B. die Kon-
als es der Fall sein könnte. Dazu schrieb schon Schramm sumenten), beteiligt sind. Das setzt eine Veröffentlichung
(1977, S. 161): der wissenschaftlichen Ergebnisse in geeigneter Form
„Ich sehe ein weltweites Problem: Es betrifft jede Nati- voraus. Die Weitergabe der wissenschaftlichen Ergeb-
on, … der daran gelegen ist, durch eine wirksame Nut- nisse sollte auf Grundlage der sozialen Verantwortung
zung des menschlichen Wissens die Lebensqualität zu des Wissenschaftlers erfolgen. Kotler und Armstrong
steigern. Es ist die schlichte Wahrheit, daß wir von der (2016) schlagen in ihrem Klassiker „Principles of Mar-
sozialwissenschaftlichen Forschung nicht den Gebrauch keting“ vor, dass das moderne, „aufgeklärte“ Marketing
machen, den wir machen sollten und könnten. Wir wis- sich daran orientieren solle, den Wert eines Angebotes für
sen und wir können mehr als wir einsetzen! Das Re- den Konsumenten zu steigern, was letztlich zum Wohler-
48 1. Teil Grundlagen der Konsumentenforschung

gehen des Konsumenten beiträgt. Der Forschungstrans- vielmehr an eine aktive politische Teilnahme, wie sie von
fer wird zudem mit politischem Engagement verbunden jedem Bürger erwartet wird, zu denken; eine Teilnahme,
sein: Jedes Werturteil lässt sich als Anweisung an das die sich besonders auf die Umsetzung und Verwendung
eigene Handeln interpretieren, eine positiv bewertete wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Praxis bezieht.
Verwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Das wissenschaftliche und das politische Handeln des
fördern und eine negativ bewertete zu hemmen. Die Wissenschaftlers sollten eine Einheit und nicht zwei ge-
letzte Forderung läuft keineswegs darauf hinaus, aus trennte Lebensbereiche sein.
jedem Wissenschaftler einen Politiker zu machen. Es ist
Zweiter Teil
Psychische Determinanten
des Konsumentenverhaltens

A. Das System der psychischen Variablen 51 IV. Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156


1. Grundlagen der Motivationsforschung 156
B. Aktivierende Prozesse . . . . . . . . . . . . . 54 2. Exkurs: Bewusste und unbewusste
I. Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
II. Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3. Forschungsrichtungen innerhalb der
1. Aktivierungsmuster . . . . . . . . . . . . . 60 Motivationsforschung . . . . . . . . . . . . 167
2. Messung der Aktivierung . . . . . . . . . 63 4. Verfahren zur Messung von
a) Psychophysiologische Grundlagen 63 Motivationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
b) Messung der Elektrodermalen 5. Motivation zum Konsum . . . . . . . . . . 176
Aktivität (EDA) . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Motiv-Klassifikationen mit Bezug
c) Weitere Methoden zur Messung zum Konsumentenverhalten . . . . . 176
der Aktivierung: Beobachtung und b) Die Steuerung des Konsum-
Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 verhaltens durch Archetypen . . . . 184
3. Anwendung der Aktivierungstheorie . 77 c) Problem „Konsum weckt Konsum“ 188
a) Auslösung von Aktivierung im 6. Motivationale Konflikte: Die Verun-
Konsumentenverhalten . . . . . . . . . 77 sicherung der Konsumenten in Kauf-
b) Wirkungen der Aktivierung . . . . . 83 situationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
a) Elementare Konfliktmodelle . . . . . 190
III. Emotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
b) Konflikte von Konsumenten . . . . . . 194
1. Erklärung und Messung von
c) Regulatory-Focus-Theorie . . . . . . . 196
Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
a) Einführung und Definitionen . . . . . 93 V. Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
b) Emotionstheorien . . . . . . . . . . . . 98 1. Erklärung von Einstellung . . . . . . . . . 198
c) Neuropsychologische Erkenntnisse 112 a) Grundlegende Vorbemerkungen
d) Neurochemische Emotions- zum Konstrukt „Einstellung“ . . . . . 198
forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Einstellungstheorien . . . . . . . . . . . 201
e) Zusammenfassende Betrachtung . . 116 c) Spezifizierung des Einstellungs-
f) Messung von Emotionen . . . . . . . 117 begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
2. Anwendung im Marketing . . . . . . . . 128 d) Bildung von Einstellungen . . . . . . . 207
a) Wissenschaftliche Studien zum e) Einstellung und Kaufverhalten . . . . 210
Einfluss von Emotionen auf das f) Konsistenz von Einstellungs-
Konsumentenverhalten . . . . . . . . . 128 systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
b) Erlebnismarketing als zentrale 2. Messung von Einstellungen . . . . . . . . 225
Ausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Explizite Einstellungsmessung:. . . .
c) Emotionale Produktdifferenzierung Skalen als Messinstrumente . . . . . 226
mittels Werbung . . . . . . . . . . . . . 143
d) Mixed emotions . . . . . . . . . . . . . 150
b) Methoden und Unterschiede ex- b) Einfache Programme der Produkt-
pliziter und impliziter Einstellungs- beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c) Komplexe Programme: Kognitive
3. Beeinflussung von Einstellungen . . . . 240 Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
4. Werte als spezifische und internali- V. Lernen von Informationen . . . . . . . . . . . 340
sierte Einstellungsgrößen . . . . . . . . . 249 1. Lernen als Wechselwirkung zwischen
5. Verwendung von Einstellungswerten Erbanlagen und Umwelt . . . . . . . . . . 340
im Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 2. Elemente des Lernprozesses . . . . . . . 342
C. Kognitive Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . 257 3. Überblick über Lerntheorien . . . . . . . 347
4. Lernen durch Konditionierung . . . . . . 350
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 5. Lernen als Erwerb von Produktwissen 360
II. Das Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Kognitive Verarbeitung beim
1. Das modale Gedächtnismodell als Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
grundlegender Erklärungsrahmen . . . 260 b) Lernen durch Bilder (Imagery-
2. Das Langzeitgedächtnis – die innere Wirkungen) . . . . . . . . . . . . . . . . 367
Repräsentation von Wissen . . . . . . . 261 6. Gedächtnis: Behalten und Vergessen 377
a) Systemorientierter Zugang zum 7. Anwendung: Das Vergessen von
Langzeitgedächtnis . . . . . . . . . . . 262 Werbebotschaften . . . . . . . . . . . . . . 380
b) Prozessorientierter Zugang zum VI. Grounded Cognition (Embodiment) . . . . 381
Langzeitgedächtnis . . . . . . . . . . . 263
c) Gedächtnistäuschungen . . . . . . . . 265 D. Das Entscheidungsverhalten
d) Schematheorie . . . . . . . . . . . . . . 268 der Konsumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
3. Das Arbeitsgedächtnis . . . . . . . . . . . 271 I. Das Zusammenwirken von aktivierenden
4. Messung von Gedächtnisinhalten . . . 272 und kognitiven Prozessen . . . . . . . . . . . 386
5. Der Einfluss von unbewussten und 1. Arten von Kaufentscheidungen . . . . . 386
emotionalen Vorgängen . . . . . . . . . . 277 2. Involvement und Entscheidungs-
a) Die Unconscious Thought Theory . 278 verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
b) Emotionen und Kognitionen . . . . . 280 3. Modelle des Entscheidungsverhaltens 390
III. Aufnahme von Informationen . . . . . . . . 282 II. Entscheidungen mit überwiegender
1. Externe und interne Informations- kognitiver Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . 393
aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 1. Modellverhalten und empirisches
2. Messung der Informationsaufnahme . 286 Entscheidungsverhalten . . . . . . . . . . 393
3. Muster der Aufnahme von externen 2. Extensives und limitiertes Entschei-
Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 dungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . 396
a) Aktive Informationssuche . . . . . . . 293 a) Extensive Entscheidungen und
b) Passive Informationsaufnahme . . . 297 Anspruchsniveau . . . . . . . . . . . . . 396
c) Flüssigkeit der Informations- b) Limitierte Entscheidungen und
aufnahme (Fluency Theorie) . . . . . 302 Schlüsselinformationen . . . . . . . . 396
IV. Verarbeitung von Informationen 304 3. Kognitive Programme der
1. Wahrnehmung als subjektive und Produktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398
selektive Informationsverarbeitung . . . 304 4. Motivationale Einflüsse auf die
a) Einflussgrößen der Wahrnehmung Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
aus klassischer Sicht . . . . . . . . . . 306 III. Entscheidungen mit geringer kognitiver
b) Unbewusste Wahrnehmung . . . . . 308 Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
c) Mind sets und Informationsver- 1. Habitualisiertes Entscheidungs-
arbeitung in Abhängigkeit vom verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
Construal Level . . . . . . . . . . . . . 308 a) Das Konzept der Habitualisierung 404
d) Messung von Wahrnehmung . . . . 311 b) Entstehung der Entscheidungs-
2. Produktbeurteilung als kognitive vereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . 405
Informationsverarbeitung . . . . . . . . . 313 c) Produkttreue als Folge habituali-
a) Aktuelle Informationen durch sierter Entscheidungen . . . . . . . . . 407
Produktdarbietung . . . . . . . . . . . . 314 2. Impulsives Entscheidungsverhalten . . . 408
b) Gespeicherte Information: a) Das Konzept der Impulsivität . . . . 409
Produktwissen . . . . . . . . . . . . . . . 323 b) Situationen und Orte impulsiver
3. Kognitive Programme zur Informa- Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . 413
tionsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 326 c) Messung impulsiver Entscheidun-
a) Die subjektive Psycho-Logik . . . . . 326 gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

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A. Das System der psychischen Variablen

Wir unterteilen die inneren (psychischen) Vorgänge und kognitiven Prozessen entstehen komplexe Vorgänge.
grundsätzlich in: Mit diesen haben wir es vorwiegend zu tun. Obwohl die
●● aktivierende Prozesse und komplexen Prozesse (wie oben angesprochen) sowohl
●● kognitive Prozesse. aktivierende als auch kognitive Komponenten umfassen,
ordnen wir sie entweder dem aktivierenden oder dem
Als aktivierend werden solche Vorgänge bezeichnet, die kognitiven Variablensystem zu, um dadurch anzugeben,
mit inneren Erregungen und Spannungen verbunden welche Komponente dominiert:
sind und das Verhalten antreiben. Es kann sich dabei
sowohl um positive (man ist beschwingt) als auch um
negative (man ist betrübt) Empfindungen handeln. Kog- Komplexe psychische Prozesse werden als aktivierend
nitiv sind solche Vorgänge, durch die das Individuum In- bezeichnet, wenn die Aktivierungskomponenten vorherr-
schen.
formationen aufnimmt, verarbeitet und speichert. Es sind
Prozesse der gedanklichen Informationsverarbeitung im Komplexe psychische Prozesse werden als kognitiv
weiteren Sinne. Abb. 16 gibt eine Gesamtübersicht über bezeichnet, wenn die kognitiven Komponenten vorherr-
schen.
die Variablen.
Diese Unterscheidung wird durchaus kritisiert. Deutlich
wird die Problematik der Zweiteilung in affektive und Die in diesem Sinne verstandenen komplexen aktivie-
kognitive Prozesse bei der Kognitions-Emotions-Debatte renden Vorgänge umfassen: Emotion, Motivation, Ein-
von Lazarus und Zajonc, die wir weiter unten besprechen stellung. Sie beinhalten auch kognitive Komponenten,
werden. Auch kann durch diese Zweiteilung immer wie- werden aber alle durch ihre Aktivierungskraft – durch
der der Eindruck entstehen, es gebe nicht kontrollierbare ihre Fähigkeit, menschliches Verhalten anzutreiben – ge-
Affekte, die im Widerspruch zur Vernunft stünden und kennzeichnet. Das wird auch bei der Messung deutlich.
das rationale Verhalten behinderten (Eder und Brosch, Diese berücksichtigt bei allen drei Prozessen wesentlich
2017, S. 186). Wir werden zum einen im Verlauf dieses die aktivierende Komponente (Näheres ergibt sich bei
Kapitels sehen, dass komplexe psychische Prozesse in ihrer Operationalisierung).
der Regel aus Affekten und Kognition bestehen und dass Die komplexen kognitiven Vorgänge werden zur Erklä-
es – nicht nur aus didaktischen Gründen –sinnvoll ist, rung des Konsumentenverhaltens eingeteilt in Wahr-
zu unterscheiden, welche Komponente überwiegt. Zum nehmung, Entscheidung, Lernen und Gedächtnis. Sie
anderen wird hoffentlich deutlich, dass Affekte nicht im enthalten auch aktivierende Komponenten. Es gibt zum
Widerspruch zum Verstand oder „gutem Entscheiden“ Beispiel keine Wahrnehmung, in die sich nicht das Ge-
stehen, sondern sehr viele positive Auswirkungen auf fühl einmischt, keine Lernleistung, die nicht von der
das Konsumentenverhalten ausüben können. Motivation abhängt. Entscheidend ist aber, dass das
Die inneren – aktivierenden oder kognitiven – Vorgän- kognitive Verhalten und die kognitiven Kontrollen vor-
ge werden von Innenreizen oder von Außenreizen aus- herrschen.
gelöst. Beispiele: Das Angebot von zwei verschiedenen Betrachten wir nach diesem Überblick das Variablensys-
Produkten durch einen Verkäufer (Außenreiz) löst einen tem etwas genauer:
Beurteilungsprozess aus. Dagegen wird ein während
Zum aktivierenden Teilsystem:
des Essens auftretender spontaner Einfall (ins Kino zu
gehen) nicht von außen, sondern von innen her angeregt. Hier unterscheidet man zunächst zwischen spezifischer
Man kann die aktivierenden und kognitiven Vorgänge und unspezifischer Aktivierung. Die unspezifischen Er-
weiter danach gliedern, ob sie regungsvorgänge sind allgemeine innere Spannungen
bzw. Erregungen; diese werden zusammengefasst auch
●● elementar oder allgemeine Aktivierung genannt. Diese bestimmt die
●● komplex Wachheit, die Leistungsfähigkeit und das Aktivitätsni-
sind. Durch das kaum auflösbare, weitgehend undurch- veau des Organismus. Neben der unspezifischen oder
sichtige Zusammenspiel von elementaren aktivierenden allgemeinen Aktivierung gibt es noch spezifische Er-
52 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Außenreize Innenreize

aktivierende Prozesse kognitive Prozesse

komplexe Prozesse

Verhalten

a) Das Gesamtsystem

Reize

elementare kognitive elementare


Prozesse aktivierende Prozesse

komplexe kognitive Prozesse komplexe


Wahrnehmung, Entscheidung, aktivierende
Lernen, Gedächtnis Prozesse

Verhalten
b) Untersystem aktivierende
Prozesse

Reize

elementare aktivierende elementare kognitive


Prozesse Prozesse

komplexe aktivierende Prozesse komplexe


Emotion (und Triebe), Motivation, kognitive
Einstellung Prozesse

c) Untersystem kognitive Prozesse


Verhalten
Abb. 16: Das System der psychi-
schen Variablen
A. Das System der psychischen Variablen 53

regungsvorgänge des Organismus, die mit einzelnen zu tun, welche wiederum durch Interaktion mit den ak-
Antriebskräften wie Durst oder Liebe verbunden sind. tivierenden Vorgängen zustande kommen.
Sie sind für die Konsumentenforschung vor allem in Die komplexen kognitiven Prozesse wirken ihrerseits
ihrem Zusammenspiel mit kognitiven Vorgängen von direkt auf das Verhalten ein oder beeinflussen andere
Bedeutung: Durch das Zusammenspiel der inneren Erre- innere Vorgänge, insbesondere (komplexe) aktivierende
gungsvorgänge mit kognitiven Bewusstseins- und Steu- Prozesse.
erungsvorgängen entstehen menschliche Antriebskräfte
Ein Beispiel: Die Wahrnehmung anderer Personen führt
wie Emotionen, Motivation oder Einstellungen, die hinter
zu einer Emotion. Die beiden Subsysteme interagieren
einem bestimmten Verhalten stehen.
demnach sowohl auf der Ebene der elementaren als auch
Diese Antriebskräfte werden als komplexe aktivierende auf der Ebene der komplexen Prozesse.
Prozesse dargestellt (vgl. Abb. 16). Sie wirken direkt auf
Zusammenfassend: Der Schwerpunkt unserer Erörterun-
das Verhalten ein oder sie beeinflussen wieder andere
gen liegt auf der Ebene der komplexen Prozesse, die ent-
innere Vorgän}ge, insbesondere das komplexe kogniti-
weder eine dominante aktivierende Komponente haben
ve Verhalten. Ein Beispiel: Vorhandene Emotionen oder
(Emotion, Motivation, Einstellung) oder eine dominante
Einstellungen lenken den Wahrnehmungsprozess auf
kognitive Komponente (Wahrnehmung, Entscheidung,
bestimmte Gegenstände.
Lernen, Gedächtnis).
Zum kognitiven Teilsystem:
Für das Verständnis vieler internationaler Veröffentli-
Die Reizaufnahme stimuliert zunächst elementare kogni- chungen ist es wichtig zu wissen, dass im angloameri-
tive Prozesse. Dazu gehören zum Beispiel das Verstehen kanischen Sprachraum vielfach nicht von aktivierenden
einer Produktbeschreibung, das Addieren von Zahlen Vorgängen (als Gegenpart zu den kognitiven Vorgän-
oder das gedankliche Speichern einer Werbeaussage. gen), sondern von affektiven Prozessen (Sokolowski,
Diese elementaren Vorgänge werden in der Literatur als 2008, S. 299; Eder und Brosch, 2017, S. 216) gesprochen
Informationsverarbeitung aufgefasst und im Kapitel über wird. Das Konstrukt „Aktivierung“ wird mit „arousal“
kognitive Prozesse dargestellt. übersetzt. So könnte man auch sagen, dass psychische
Bei der Erklärung des Konsumentenverhaltens haben Prozesse entweder eine dominante affektive oder kog-
wir es mit sehr komplexen kognitiven Vorgängen wie nitive Komponente haben.
Wahrnehmung (einschließlich Beurteilung) oder Lernen
B. Aktivierende Prozesse

I. Grundbegriffe ●● Emotion,
●● Motivation,
●● Einstellung.
Die Aktivierungsforschung beschäftigt sich mit dem
Das sind komplexe aktivierende bzw. affektive Prozesse,
Einfluss der Wachheit auf das menschliche Verhalten.
die in durchaus enger Verflechtung mit den kognitiven
Unter Aktivierung wird im Allgemeinen ein Erre-
Vorgängen entstehen und wirken können. Emotion, Mo-
gungsvorgang verstanden, durch den der menschliche
tivation und Einstellung sind Konstrukte (intervenieren-
Organismus in einen Zustand der Leistungsfähigkeit
de Variablen), welche dazu dienen, das Zustandekommen
und Leistungsbereitschaft versetzt wird. Der Aktivie-
menschlicher Handlungen zu erklären. Sie werden aller-
rungsgrad des menschlichen Organismus kann sowohl
dings nicht einheitlich verstanden. Zum Beispiel wird
in Zusammenhang mit der Intensität als auch mit dem
Hunger manchmal als Trieb, manchmal als Emotion oder
Bewusstheitsgrad psychophysischer Prozesse gesehen
auch als Motivation bezeichnet. Die Vorliebe einer Person
werden (Boucsein, 2012). Im Rahmen des Marketing in-
für soziales Prestige wird teils als Motivation, teils als
teressieren zum einen der Zustand der Aktiviertheit und
Einstellung verstanden usw. Wir versuchen in diesem
dessen Einfluss auf die Informationsverarbeitungspro-
Kapitel, eine möglichst konsistente Abgrenzung dieser
zesse (Informationsaufnahme, Wahrnehmung, Lernen,
Begriffe vorzunehmen, um damit das Verständnis der
Gedächtnis) sowie zum anderen der Prozess der Ak-
späteren Kapitel zu erleichtern. Zudem – wie oben bereits
tivierung, also die Frage, wie zum Beispiel durch die
angedeutet und wie in den nachfolgenden Abschnitten
Kommunikationspolitik, insbesondere durch die Wer-
noch zu zeigen ist – gibt es durchaus Wissenschaftler, die
bung oder die Kommunikation am Point-of-Sale (PoS),
eine „Emotion“ aus rein kognitiver Sicht betrachten und
Aktivierung ausgelöst bzw. der Intensitätsgrad verändert
als Resultat einer individuellen Abwägung von Zielre-
werden kann (Gröppel-Klein, 2005; 2010a). Menschliche
levanz, Zielerreichung und Mitteln der Zielerreichung
Antriebe haben für die Erklärung des Verhaltens eine
verstehen. Der Stand der wissenschaftlichen Emotions-
zentrale Bedeutung. Sie versorgen das Individuum mit
forschung kann mit dem laut Eder und Brosch (2017)
psychischer Energie, sie treiben das Verhalten an, sie
immer noch gültigen Zitat von Fehr und Russell (1984,
sind dafür verantwortlich, dass überhaupt Verhalten
S. 1464) gut zusammengefasst werden:
zustande kommt.
Zunächst erläutern wir das Konstrukt „Aktivierung“
„Everyone knows what an emotion is, until asked to give
(arousal) aus psychophysiologischer Sichtweise, denn: a definition.“
„Marketing research needs to pursue more precise, com-
prehensive, and unbiased measurements of the psycho-
logical processes to reflect a broader and deeper intellec- Die Grundsatzfrage, „Was ist eine Emotion oder Motiva-
tual understanding of the human mind’s mechanism“ tion (oder eine Einstellung) wirklich?“ ist nicht sinnvoll.
(Wang und Minor, 2008, S. 198). Psychophysiologische Wer sie stellt, verwechselt metasprachliche (definitori-
Indikatoren spiegeln dabei nicht nur die introspektiven sche) und objektbezogene Überlegungen. Zulässig ist
oder konativen1 Prozesse des Individuums wider, son- lediglich die Frage, was man innerhalb eines bestimmten
dern sie haben auch den unschätzbaren Vorteil, dass sie fachsprachlichen Systems (Modells) mit dem Wort Emo-
willentlich kaum beeinflussbar sind und damit nicht tion bzw. Motivation meint. Diese Erkenntnisproblema-
durch kognitive Filter oder sozial erwünschtes Ant- tik sollte man sich bei der Benutzung der mehrdeutigen
wortverhalten verfälscht werden können (Boucsein und Antriebsbegriffe stets vor Augen halten.
Backs, 2009). Wir schlagen folgende Arbeitsdefinitionen vor, die in
dem jeweiligen Kapitel über Emotion, Motivation und
Anschließend wenden wir uns den spezifischen und
Einstellung noch präzisiert werden:
komplexen Antrieben zu. Im Mittelpunkt der Erörterung
stehen dann: ●● Emotionen = innere Erregungsvorgänge (E), die als
angenehm oder unangenehm empfunden, in der Re-
1 Die konative Komponente ist die Verhaltenskomponente. gel eher bewusst erlebt werden und zeitlich befristet
B. Aktivierende Prozesse 55

sind. Sprachliche Muster: „E macht mich wütend.“; schwierig und erfordert interpersonelle Verständi-
„Ich bin glücklich.“ gungsregeln.
●● Motivationen = Emotionen (und Triebe), die mit einer ●● Motivational: Die Person wird (wiederum bei entspre-
Zielorientierung (Z) in Bezug auf das Verhalten ver- chender Stimulierung) bestrebt sein, mit schnellen
bunden sind. Sprachliche Muster: „Ich will Z errei- Verkehrsmitteln zu reisen und auch ein schnelles Auto
chen.“; „Ich möchte dies tun!“. Die Motivation kann zu benutzen. Die Motivation gibt dieses Bestreben
auch durch die Parameter Richtung, Intensität und wieder. Sie drückt eine Tätigkeits- oder Zielorientie-
Dauer charakterisiert werden. Im Laufe der Zeit kann rung aus und wird als Handlungsbewusstsein erlebt.
die Zielorientierung also variieren. ●● Einstellungsbezogen: Aufgrund ihrer Motivation,
●● Einstellungen = Motivationen, die mit einer – kogni- schnell zu fahren, wird die Person solche Sachver-
tiven – Beurteilung eines Gegenstandes (G) verknüpft halte, die dieses schnelle Fahren ermöglichen, positiv
sind. Sprachliche Muster: „Ich halte G für gut.“ „Ich einschätzen, sie wird z. B. ein schnelles Auto positiv
ziehe G vor.“ beurteilen. Einstellungen zeigen also eine Einschät-
Eine Einstellung lässt sich als Haltung oder Prädisposi- zung der Umwelt an. Sie werden als objektbezogene
tion gegenüber einem Gegenstand2 auffassen. Haltungen erlebt.
Als weiteres Konstrukt in dieser Reihe kann die Verhal- Aus der positiven Einschätzung eines Gegenstandes folgt
tensabsicht (Handlungsintention) angegeben werden. Sie im Allgemeinen auch die Bereitschaft, in positiver Weise
drückt die Absicht aus, in einer bestimmten Situation so zu reagieren (etwa das schnelle Auto zu kaufen). Die
oder so zu handeln. Die Einstellung zu einem bestimm- begriffliche Differenzierung erfolgt also hinsichtlich des
ten Gegenstand kann durch den speziellen Kontext dif- subjektiven Erlebens:
ferenziert und präzisiert werden.
Beispiel: Aus der Einstellung „Ich schätze das Produkt Emotionen sind (wenn auch häufig von außen sichtbar)
G sehr“ kann eine Kaufabsicht werden: „Ich beabsichti- nach innen – auf das eigene Erleben – gerichtet, Motiva-
ge, das Produkt G zum Preis P noch in diesem Jahr zu tionen auf ein Handeln, Einstellungen auf Objekte.
kaufen.“ In eine so geäußerte Kaufabsicht geht nicht nur
die Einstellung zu G ein, sondern auch die subjektive Wie ähnlich diese drei Aspekte sind, erweist sich, wenn
Einschätzung der gesamten Handlungssituation. Diese man die Begriffe auf einen konkreten Reiz bezieht. Der
umfasst unter anderem die Wahrnehmung des zur Ver- Anblick eines schnellen Autos wird angenehm erlebt
fügung stehenden Einkommens, des voraussichtlichen (Emotion), löst den Wunsch aus, damit zu fahren (Moti-
Konsums, des Händlers, bei dem gekauft wird, usw. vation), und äußert sich in einer positiven Einschätzung
Der Inhalt der drei Begriffe Emotion, Motivation und des Autos (Einstellung). In allen drei Fällen erfolgt eine
Einstellung soll jetzt anhand eines Beispiels noch etwas positive Hinwendung zum Auto. Emotionen besitzen
genauer erörtert werden: drei Funktionen: Bewertung, Verhaltensvorbereitung
Nehmen wir an, jemand hat eine starke Vorliebe für und Kommunikation. Ähnlich wie Emotionen kann die
schnelles Reisen (schnelles Autofahren, schnelles Rei- Motivation als ein hypothetisches, explikatives Konst-
sen mit der Bahn, schnelles Fliegen usw.). Diese Vorliebe rukt aufgefasst werden, das bestimmt, welche Aspekte
äußert sich etwa wie folgt: der Umwelt man bevorzugt wahrnimmt, worauf man
emotional reagiert und wodurch Verhalten aktiviert
●● Emotional: Die Person fühlt sich beschwingt, wenn sie wird (Puca und Schüler, 2017). Die Einstellungen zu
schnell Auto fährt, ja sie fühlt sich schon beschwingt, unterschiedlichen Meinungsgegenständen stellen eine
wenn sie ein schnelles Auto sieht oder an ein schnel- Wissensbasis für das Individuum dar, wie Motivationen
les Auto denkt: Eine bestimmte äußere oder innere befriedigt werden können.
Stimulierung führt dazu, dass die Person Gefühle der
Freude, des Glücks, des Rausches usw. hat. Diese Emo- (1) Alle drei Begriffe beziehen sich auf Vorgänge, die
tionen sind als subjektives Erleben der eigenen inneren durch ihre inneren Antriebsspannungen gekenn-
Zustände zu verstehen. Die sprachliche Mitteilung zeichnet sind.
solcher persönlicher Empfindungen ist besonders (2) Die drei Begriffe bauen aufeinander auf: Motivation
umfasst Emotion, Einstellung umfasst Motivation.
2 Zu (1): Die Tatsache, dass jemand in einem bestimmten
Das Wort Gegenstand bezeichnet hier das Objekt der Einstel-
lung. Es kann sich außer auf Gegenstände im engeren Sinne Ausmaß innerlich erregt wird, gilt seit langer Zeit in der
(wie Produkte, Häuser, Maschinen) natürlich auch auf Men- Literatur als Anhaltspunkt, um Antriebe zu definieren
schen, ferner auf Sachverhalte, Situationen usw. beziehen. (vgl. etwa Berlyne, 1974, S. 210 ff.). Von den Erregungen

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56 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

und Spannungen, die mit Emotion, Motivation und Ein- Eine Schädigung des ARAS geht mit (schweren) Bewusst-
stellung einhergehen, hängt es ab, wieviel psychische seinsstörungen bis hin zum Bewusstseinsverlust einher.
Energie freigesetzt wird und als spezifische Antriebs- Das sogenannte limbische System (Abb. 18) ist betei-
spannung für das jeweilige Verhalten zur Verfügung ligt an Emotionen, Motivationen sowie am emotionalen
steht. Mit erhöhter Antriebsstärke steigt die Wahrschein- Erfahrungsgedächtnis. Im limbischen System „laufen
lichkeit der Ausführung eines Verhaltens. Dabei werden Informationen über Reize aus der Umwelt ein und wer-
zunehmend psycho-physiologische Prozesse und hor- den mit Rückmeldungen über den Zustand des Körpers
monelle Mechanismen untersucht, um besser erklären integriert. Aufgrund seiner komplexen Verschaltungen
zu können, wann und wie die Antriebskräfte zustande kann das limbische System als eine durch Bedürfnisse
kommen (Puca und Schüler, 2017). modulierte Schaltstelle zwischen Umweltgegebenheiten
Emotion, Motivation und Einstellung kommen durch und Verhalten gelten“ (Puca und Schüler, 2017, S. 230). Es
ein kompliziertes Zusammenspiel von Funktionen ver- besteht unter anderem (bis heute ist umstritten, welche
schiedener Gehirnzentren zustande. Da die Begriffe in Gehirnteile genau dazu gehören) aus:
verschiedenen Kapiteln eine Rolle spielen, sollen sie hier ●● der Amygdala (Mandelkern). Man geht davon aus,
kurz erklärt werden: dass einige Areale der Amygdala vor allem für negati-
Grob gesehen teilt man das Gehirn – das ist der im Schä- ve Affekte4 zuständig bzw. das Zentrum eines Furcht-
del untergebrachte Teil des zentralen Nervensystems3 und Meiden-Systems sind. Einfach ausgedrückt
– in Kortex und Subkortex ein (vgl. Abb. 17). Der Kortex kann man sagen, dass die Amygdala Umweltreize
(Großhirnrinde, Endhirn) umfasst die äußeren Zonen aufnimmt und bei Bedarf Angst, Fluchtreflexe oder
des Gehirns zur Schädeldecke hin. Er ist hauptsächlich andere Emotionen auslöst und dabei die entsprechen-
Träger der kognitiven – gedanklichen – Vorgänge. Der den Hormone freisetzt. Die Amygdala ist auch mit
Subkortex umfasst die inneren Teile des Gehirns. einer Art „Gedächtnis“ ausgestattet: Wenn beispiels-
Zu den phylogenetisch (also die Stammesentwicklung weise ein Kind, das noch nicht schwimmen kann, in
der Lebewesen betreffend) ältesten Teilen des Gehirns einen Swimmingpool fällt und extreme Ängste des
(Puca und Schüler, 2017, S. 230) gehören der Hirnstamm Ertrinkens erlebt, so wird Wasser für lange Zeit ein
(also das Innerste des menschlichen Gehirns), das Zwi- furchteinflößender Reiz sein, da der Mandelkern in-
schenhirn und der Allocortex, zu dem wiederum der folge dieses Erlebnisses Wasser mit Angst verbindet.
Hippocampus (s. u.), der Cyrus cinguli (s. u.) und das ●● dem Hypothalamus. Dieser steuert angeborene biolo-
Riechhirn zählen (Duftreize werden daher, wie wir spä- gische Funktionen (Schlaf, Aggression, Nahrungszu-
ter sehen, von vielen Marketiers als besonders effektiv fuhr, Sexualität, etc.) bzw. homöostatische Emotionen
angesehen). Der Hirnstamm reguliert die Pulsfrequenz und Motivationen, die durch innere Reizungen wie
und Atmung, das Schlucken und die Verdauung (Gerrig, Hormone, Blutzucker usw. ausgelöst werden, wel-
2016, S. 95). Die Formatio reticularis (FR), ein verzweigter che wiederum an unserem bindungs-, macht- und
und reich gegliederter Neuronenverband im Hirnstamm, leistungsmotivierten Verhalten beteiligt sind (Schult-
ist insbesondere für die allgemeine Aktivierung des Or- heiss, 2013). Man geht auch davon aus, dass der Hy-
ganismus verantwortlich. Das sogenannte aufsteigen- pothalamus mit der Amygdala zusammenwirkt. Ist
de retikuläre Aktivierungssystem (ARAS) hat seinen ein Reiz als furchteinflößend kategorisiert worden,
Ausgangspunkt in der Formatio reticularis, verfügt über wird Adrenalin ausgeschüttet und über das Nerven-
direkte neuronale Verbindungen zum limbischen System system Signale an die Muskeln ausgesendet, die diese
und reguliert neben der allgemeinen Wachheit/Aufmerk- in Aktionsbereitschaft versetzen und das Weglaufen
samkeit auch die Abschwächung bzw. Verstärkung sen- in Gang setzen.
sorischer und motorischer Impulse (Sokolowski, 2008). ●● dem Hippocampus. Dieser Gehirnbereich soll bei der
Überführung von Erlebnissen in das Langzeitgedächt-
3
Das Nervensystem besteht aus dem Zentralnervensystem nis eine wichtige Rolle spielen. Schädigungen dieser
(Gehirn und Rückenmark) sowie dem Peripheren Nervensys- Gehirnregion können zu Gedächtnisverlust (Amnesie)
tem (das umfasst das neuronale Gewebe außerhalb von Gehirn führen.
und Rückenmark). Letzteres lässt sich noch einmal unterteilen
in das Somatische (das umfasst die sensorischen und moto-
4
rischen Nerven und reguliert die Aktivität der Skelettmus- Schädigungen der Amygdala beeinträchtigen „die Fähigkeit
kulatur) und das Autonome Nervensystem. Das Autonome zu erkennen, wenn Gesichtsausdrücke negative Emotionen wie
Nervensystem überwacht grundlegende Lebensfunktionen, Angst oder Trauer kommunizieren“ (Gerrig, 2016, S. 97). Es ist
die wir gewöhnlich nicht bewusst kontrollieren, die aber le- heute unstrittig, dass die Amygdala maßgeblich an emotiona-
bensnotwendig sind (wie die Atmung, Gerrig, 2016, S. 93). len Prozesse beteiligt ist.
B. Aktivierende Prozesse 57

Die wichtigsten Areale des menschlichen Gehirns

Abb. 17: Das menschliche Gehirn


(Quelle: Roth, 2010)

●● dem limbischen Kortex. Dieses Areal ist für Erin- Assoziationsgebieten und mit subkortikalen Modulen
nerung, sowohl episodischer als auch semantischer des limbischen Systems verbunden ist (Sokolowski,
Natur, relevant. 2008, S. 305). Er soll für emotionale Assoziationen zu
●● dem Fornix. Dieser kann Schmerz auslösen. Sinneseindrücken und Reaktionen auf sich ändernde
●● Als Teil des limbischen Systems wird schließlich auch Belohnungen zuständig (Rolls, 2000) und für diverse
der Nucleus accumbens gesehen. Dieses Areal wird Kontrollfunktionen verantwortlich sein (Goschke, 2017,
umgangssprachlich als Belohnungssystem bezeich- S. 306). Dazu zählen z. B. die Ausrichtung des Verhaltens
net. Durch Verbindungen mit anderen Teilen des an Zielen, die Unterdrückung inadäquater Reaktionen
limbischen Systems erhält der Nucleus accumbens sowie Abschirmung gegen Störreize. Schließlich ist noch
Informationen über die „Belohnungsqualitäten von der Bereich der Gyrus cinguli (eine Großhirnwindung,
Umweltreizen“ und auch darüber, „in welchem situ- auch Gürtelwindung genannt) zu nennen. Hier gibt es
ativen Kontext Belohnungen zu erwarten sind. Die zum einen Verbindungen zur Amygdala, zum Nucleus
Wahrnehmung von Belohnungsreizen führt im Allge- accumbens und zum Hypothalamus sowie zum ande-
meinen zu einer erhöhten Dopaminausschüttung im ren zur Großhirnrinde. Die Funktionen sind noch nicht
Nucleus accumbens“ (Puca und Schüler, 2017, S. 231). ausreichend erforscht; man nimmt an, dass hier Mitge-
Nach Erkenntnissen des Gehirnforschers Roth (2003, fühl und emotionale Bindungen verortet sein sollen. Eine
2010) wird dem limbischen System eine hierarchische Schädigung führt zu Antriebslosigkeit.
Struktur, bestehend aus drei Ebenen, zugesprochen. Die Das Großhirn (Cerebrum) und die Großhirnrinde (Cere-
Bedeutung der hierarchischen Struktur für das mensch- braler Cortex) sind verantwortlich für das Gedächtnis,
liche Verhalten wird an späterer Stelle noch ausführlich die Integration von sensorischen Informationen, Koor-
besprochen. An der Schwelle zum Kortex ist der prä- dinierung von Bewegungen, abstraktes Denken und
frontale Kortex lokalisiert, der eng mit den sensorischen Schlussfolgern (Roth, 2010).
58 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 18: Das limbische System


(Quelle: Focus Wissen)

Zu (2): Die drei Begriffe „Emotion“, „Motivation“ und Beispiel: Das zielgerichtete Streben nach Spaß wird zur
„Einstellung“ werden dazu genutzt, das menschliche Motivation, einen bestimmten Gegenstand zu kaufen.
Antriebsverhalten abzubilden. Die Komplexität der drei Der Motivationsprozess baut also auf einer vorhandenen
psychischen Prozesse nimmt aufgrund einer zunehmen- Emotion auf.
den Beteiligung kognitiver Prozesse in der Reihenfolge Aufgrund einer bestimmten Motivation werden die in
Emotion → Motivation → Einstellung zu. Die Emoti- Frage kommenden oder bereits konsumierten Produkte
onen gelten als die grundlegenden menschlichen An- genauer beurteilt. Diese im Dienste vorhandener Verhal-
triebskräfte (manchmal werden dazu gesondert noch tenstendenzen stehende Gegenstandsbeurteilung ist mit
die Triebe ausgewiesen). Ein Trieb ist eine Kraft, die eine zusätzlichen kognitiven Aktivitäten verbunden, die zu
physiologische Grundlage hat (z. B. Hunger). Biologisch einer strukturierten Haltung gegenüber dem Gegenstand
programmierte Emotionen können, wie später noch zu führen. Sie wird als Einstellung bezeichnet, formelhaft
zeigen ist, automatisches Verhalten auslösen. Werden ausgedrückt:
Emotionen jedoch subjektiv bewusst erlebt, so können
sie durch die Formel
Einstellung = Motivation + (kognitive) Gegenstandsbe-
urteilung5
Emotion = zentralnervöse Erregungsmuster + (kognitive)
Interpretation
Beispiel: Aus den Produktbeurteilungen, die durchge-
führt werden, um – aus Prestigegründen – Autos zu
charakterisiert werden. Emotionen sind dann in beach- kaufen, folgen ganz konkrete Einstellungen zu den ver-
tenswertem Maße mit kognitiven Vorgängen – zum Bei-
spiel mit inneren Bildern – verknüpft. Ihnen fehlt aber
eine Ausrichtung auf konkrete Handlungsziele. Diese 5 Demnach sind affektive Haltungen – auf einen Gegenstand
Zielorientierung ist im Wesentlichen ein kognitiver bezogene, angenehme oder unangenehme Absichten – noch
Prozess, der gedankliche Handlungsprogramme des nicht als Einstellungen, sondern eher noch als Motivation auf-
Individuums einbezieht. Ist eine solche Zielorientierung zufassen.
Erst eine Haltung, die eine strukturierte, kognitive Beurteilung
vorhanden, so sprechen wir von Motivation. Formelhaft
des Gegenstandes umfasst, ist als Einstellung zu verstehen.
ausgedrückt: Unsere Begriffswahl entspricht auch der Verwendung des
Einstellungsbegriffes in der gegenwärtigen Konsumentenfor-
Motivation = Emotion + (kognitive) Zielorientierung schung, in der man rein affektive Haltungen im Allgemeinen
noch nicht als Einstellungen auffasst, sondern erst kognitiv
strukturierte gegenstandsbezogene Haltungen, wie sie durch
die multiattributiven Einstellungsmodelle gemessen werden.
B. Aktivierende Prozesse 59

schiedenen Autos. Diese Einstellungen bauen auf einer Sie ist nicht notwendig für das Überleben des Einzelnen,
vorhandenen Motivation auf6. aber für die Weitergabe der Erbinformation. Soziogene
Diese Verschachtelung von Emotion, Motivation und Ein- Motive (auch als sekundäre Motive bezeichnet) werden
stellung macht noch einmal deutlich, dass die genannten im Laufe der Sozialisation von Menschen erworben. Zu
Antriebsprozesse eine zunehmende kognitive Anrei- den wichtigsten („The Big Three“, Puca und Schüler, 2017,
cherung erfahren. Motivation umfasst mehr kognitive S. 235) zählen Anschluss/Intimität, Macht und Leistung.
Vorgänge als Emotion, Einstellung mehr als Motivation. So kann z. B. ein Machtmotiv durch Zustimmung zu dem
Item „Ich strebe nach Positionen, in denen ich Autorität
habe“ ein für Führungskräfte in der Wirtschaft relevan-
Erst durch Operationalisierung und Messung werden die
tes Motiv sein.
Begriffe Emotion, Motivation und Einstellung klar unter-
scheidbar. Seit einigen Jahren werden bei der Diskussion über die
Bedeutung affektiver Prozesse nicht nur die internen
Allerdings stellt eine solche Darstellung (zunehmende psychischen Prozesse betrachtet, sondern auch die Be-
Beteiligung kognitiver Prozesse in der Reihenfolge Emo- deutung von Emotionen bzw. soziogenen Motiven für
tion → Motivation → Einstellung) nur eine sehr grob den Aufbau, die Intensivierung oder den Abbruch sozi-
vereinfachte Sichtweise der drei Begriffe dar. In den fol- aler Beziehungen (Tiedens und Leach, 2004, S. 6; Fischer
genden Kapiteln (B. III-V) werden wir die drei Konstrukte und Manstead, 2015; Puca und Schüler, 2017, S. 236). Die
detaillierter behandeln. sozialen Funktionen von Emotionen (Keltner und Haidt,
1999) stehen dann im Vordergrund der wissenschaftli-
Schließlich ist noch auf die Unterscheidung von latenter
chen Betrachtung. Es werden beispielsweise die Fragen
Disposition einerseits und manifestem Vorgang (Prozess)
erörtert, wie emotionale Prozesse das Relationship-Mar-
andererseits hinzuweisen. Eine solche Unterscheidung
keting umfassender erklären können, oder ob über die
wird manchmal durch die Begriffe Motiv und Motivation
Berücksichtigung affektiver Vorgänge Phänomene wie
ausgedrückt: Der Ausdruck „Motiv“ bezieht sich auf eine
„virale Kommunikation“ oder das Funktionieren von
überdauernde, latente Disposition, etwas zu tun, auch
Online-Communities besser verstanden werden können.
wenn diese Disposition zurzeit nicht aktualisiert und
In diesem Zusammenhang fällt oft der Begriff des „social
verhaltenswirksam ist. Puca und Schüler (2017, S. 245)
survival“ und es geht auch um die Frage, wie Emotionen
definieren ein Motiv als eine „Eigenschaft von Personen,
dazu führen können, dass menschliche Beziehungen
auf Ziele einer bestimmten Thematik (etwa Anschluss,
innerhalb einer Gruppe beschädigt oder gar zerstört
Macht oder Leistung) emotional anzusprechen“. Dabei
werden (Fischer und Manstead, 2015).
werden biogene und soziogene Motive unterschieden
(ebenda, S. 235): Biogene Motive (gerne auch als primäre Schließlich wird diskutiert, wie sogenannte Massenemo-
Motive bezeichnet) sind zum einen notwendig für die tionen, z. B. im Sport, entstehen. Pilz (2006, S. 114) macht
Selbsterhaltung, wie beispielsweise die Befriedigung von darauf aufmerksam, dass in Fußballstadien Massenemo-
Hunger oder Durst. Dabei haben Menschen im Laufe tionen ausgelebt werden, und er erklärt, dass Sportare-
der Evolution eine Präferenz für lebenswichtige Sub- nen „eine der letzten erhaltenen öffentlichen Bastionen
stanzen, wie Kohlehydrate und Fette, entwickelt, die für das Ausleben“ von Emotionen sind. „Vielleicht ist
besondere Energielieferanten sind, die wir jedoch heute es gerade das, was die Beliebtheit, die Faszination des
aufgrund drastisch gesunkener körperlicher Anstren- Fußballsports ausmacht. Wer aus dem Fußballsport die
gungen längst nicht mehr in dem Ausmaß brauchen wie Emotionen herausnimmt, der nimmt dem Fußballsport
noch vor 100 Jahren. Zum anderen sind biogene Motive nicht nur seine Seele, er nimmt auch der Gesellschaft
notwendig für die Arterhaltung. Dazu zählt Sexualität. ein wichtiges Ventil“ (Pilz, o. J.). Als Begründung geben
Soziologen an, dass moderne Gesellschaften immer mehr
dazu tendieren, Emotionen zu unterdrücken (Schäfer
6
Selbst wenn die Begriffe Motivation und Einstellung weitge- und Roose, 2010), was – wie wir heute wissen – zu phy-
hend austauschbar verwendet werden, so fällt dabei fast immer
siologischen Stressreaktionen führen kann (Butler, Egloff
eine unterschiedliche Betonung der aktivierenden und kogni-
tiven Komponenten auf: Bei der Verwendung des Motivations- et al., 2003; Eder und Brosch, 2017, S. 214), die bei begeis-
begriffes wird im Allgemeinen das aktivierende Verhalten, bei ternden Sportevents abgebaut werden können.
der Verwendung des Einstellungsbegriffes mehr das kognitive
Keltner und Haidt (1999) zitieren in ihrem vielbeachteten
Verhalten (das mit einer Gegenstandsbeurteilung verbundene
Verhalten) betont. Alles in allem zeigt der verbreitete fachliche Artikel Lutz und White (1986, S. 417) mit den Worten:
Sprachgebrauch, dass Einstellung als ein Konstrukt mit größe- „Emotions are a primary idiom for preparing and ne-
rer kognitiver Reichweite aufgefasst wird. gotiating social relations of the self in a moral order“.
60 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Dieser Satz bringt die Bedeutung von Emotionen für bergehenden Gefühlseindrücken auftauchen und etwas
soziale Beziehungen auf den Punkt. Die physiologischen länger anhalten. Phasische Aktivierungsschwankungen
Manifestationen von Emotionen gelten auch deshalb für können das allgemeine Niveau unverändert lassen oder
zwischenmenschliche Beziehungen als besonders re- – vor allem, wenn sie stärker sind – zu einer Verände-
levant, da sie willentlich nicht beeinflussbar sind und rung des gesamten Aktivierungsniveaus führen. Wir
daher als authentische und glaubwürdige Reaktionen müssen den gesamten Aktivierungsvorgang als einen
gewertet werden. Auf dieses Thema wird im Verlauf kontinuierlichen und komplexen Prozess verstehen, bei
dieses Fachbuchs immer wieder eingegangen. dem sich kurz-, mittel- und langfristige Schwankungen
überlagern.
Die kurzen phasischen Schwankungen der Aktivierung
II. Aktivierung sind eng mit zwei Vorgängen verbunden, die bei der In-
formationsaufnahme wirksam werden und jetzt erklärt
1. Aktivierungsmuster werden sollen: Aufmerksamkeit und Orientierungsre-
Aktivierung ist eine Grunddimension aller Antriebspro- aktion.
zesse. Wie einleitend bereits erklärt, wird Aktivierung Aufmerksamkeit lässt sich gut mit dem „Cocktailparty-
aus psychophysiologischer Sicht als Erregungsvorgang Phänomen“ beschreiben (Krummenacher und Müller,
verstanden, durch den das Individuum leistungsbe- 2017, S. 104): Ein Gast besucht eine Cocktailparty, bei der
reit und -fähig wird. Es kann grundsätzlich zwischen viele Menschen anwesend sind, Hintergrundmusik ge-
tonischer und phasischer Aktivierung unterschieden spielt wird, Stimmengewirr zu hören ist, auch Gelächter,
werden. Die tonische Aktivierung bestimmt die länger Gläserklirren, kurzum eine Geräuschkulisse vorhanden
anhaltende Bewusstseinslage (Wachheit) und die allge- ist. Unser Gast gesellt sich zu einer Gruppe, plaudert
meine Leistungsfähigkeit. Sie verändert sich nur langsam mit den Gästen und konzentriert sich auf die anderen
und ist häufig von tagesperiodischen Einflüssen oder Gesprächspartner dieser Gruppe. Doch plötzlich dringt
lang andauernder bzw. intensiver externer Reizeinwir- in sein Gehör, dass im Gespräch einer räumlich entfern-
kung abhängig. Als phasische Aktivierung werden die ten Nachbargruppe sein Name genannt wird. Der Gast
kurzfristigen Aktivierungsschwankungen bezeichnet, versucht augenblicklich, der Unterhaltung der Nachbar-
die als Reaktionen auf bestimmte Reize auftreten und die gruppe zu folgen, um herauszufinden, was dort über ihn
spezielle Leistungsfähigkeit des Individuums bei einer gesagt wird, und er ist nicht mehr an den Gesprächen
Stimulusverarbeitung anzeigen. Die phasische Aktivie- seiner eigenen Gruppe interessiert.
rung ist eng mit dem Konstrukt der selektiven Aufmerk- Aufmerksamkeit (Felser, 2015) ist ein Konstrukt, mit dem
samkeit verbunden, also mit der kurzfristig erhöhten man die Bereitschaft eines Individuums beschreibt, Reize
Sensibilisierung des Organismus, die dafür sorgt, dass aus seiner Umwelt aufzunehmen, oder anders ausge-
biologisch bedeutsame Reize aufgenommen und irrele- drückt: Bei Aufmerksamkeit konzentriert sich das Indivi-
vante Stimuli gehemmt werden. Auslöser von Aktivie- duum auf bestimmte Stimuli der Umwelt – die dann auch
rung können sowohl innere (z. B. Stoffwechselprozesse, eine höhere Chance haben, später erinnert zu werden.
gedankliche Aktivitäten) als auch äußere Reize sein.
Eine wesentliche Funktion von Aufmerksamkeit liegt
in der Auswahl bzw. Selektion bestimmter Stimuli, die
Die Stärke der Aktivierung ist ein Maß dafür, wie wach,
notwendigerweise mit einer Deselektion von anderen
reaktionsbereit und leistungsfähig der Organismus ist.
Reizen einhergeht. Ziel der Selektion ist es, bestimmte
Informationen dem Bewusstsein bzw. der Steuerung des
Für unsere Untersuchungen und Anwendungen ist we- Handelns zugänglich zu machen.
niger die tonische, sondern vor allem die phasische Ak-
tivierung interessant. Sie reguliert auf der Grundlage des
Selektive Aufmerksamkeit ist eine vorübergehende Erhö-
vorhandenen Aktivierungsniveaus (wie Schläfrigkeit,
hung der Aktivierung, die zur Sensibilisierung des Indi-
Wachheit, Erregungszustand) die laufende Anpassung viduums gegenüber bestimmten Reizen führt. Darunter
des Individuums an die Reizsituation und seine jeweili- fallen alle „kognitiven und neuronalen Mechanismen der
gen Fähigkeiten, Reize aufzunehmen und zu verarbeiten. Auswahl einer definierten, zur effizienten und störungsfrei-
Tonische und phasische Aktivierung sind nicht unabhän- en Handlungssteuerung erforderlichen Informationsmen-
gig voneinander. Es gibt Aktivierungsschwankungen, ge aus einer großen Menge visueller, auditiver, taktiler,
die mit Orientierungsreaktionen einhergehen und nur olfaktorischer etc. Reize“ (Müller und Krummenacher,
2017, S. 145).
von sehr kurzer Dauer sind, und solche, die bei vorü-

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B. Aktivierende Prozesse 61

Wir können uns das wie folgt verdeutlichen: Wenn je- Zielreizes bezeichnet (das können z. B. in Gefah-
mand vielen Reizen gleichzeitig ausgesetzt ist, zum Bei- rensituationen Warnreize sein). Ein Beispiel aus der
spiel verschiedenen Werbeanzeigen, so wird er seine Konsumwelt: Menschen, die eine Laktoseintoleranz
Aufmerksamkeit nur einigen dieser Reize zuwenden und haben, versuchen beim Einkaufen das Wort „laktose-
nur diese aufnehmen und verarbeiten. Aufmerksamkeit frei“ auf der Produktverpackung zu entdecken, len-
führt also zur Reizauswahl. Ein solcher Auswahlvorgang ken ihre Aufmerksamkeit daher auf dieses Label und
ist notwendig, um bei vorhandener Reizüberflutung si- ignorieren andere Informationen der Verpackung.
cherzustellen, dass nur „relevante“ Reize beachtet wer- Vigilanz beschreibt dagegen eine Art Dauerauf-
den und das Gehirn vor Überbelastung geschützt wird. merksamkeit, wie sie beispielsweise Fluglotsen bei
Es können nach Coull (1998) folgende Subtypen vonein- der Überwachung von Radarschirmen aufbringen
ander unterschieden werden: müssen (Müller und Krummenacher, 2017, S. 106).
In Bezug auf das Konsumverhalten könnte man das
(1) Orientierende Aufmerksamkeit („attentional ori-
Beispiel anbringen, dass ein Konsument von der
entation“): Damit wird eine Lenkung der Aufmerk-
Schaufensterauslage so gefesselt ist, dass er diese
samkeit in eine bestimmte Richtung des Raumes oder
über einen langen Zeitraum betrachtet. Wie hoch
auf einen zeitlichen Verlauf beschrieben (z. B. beim
die Intensität ausgeprägt ist, kann zum einen von
Suchen eines Produktes in einem Supermarkt).
Individuum zu Individuum variieren. Zum anderen
(2) Selektive oder fokussierte Aufmerksamkeit („selec-
ist sie abhängig vom Stimulus selbst. Beim Durch-
tive attention“): Der Unterschied zur orientierenden
blättern einer Zeitschrift beispielsweise wird einer
Aufmerksamkeit besteht in einer Richtung der Auf-
bestimmten Werbeanzeige mehr Aufmerksamkeit
merksamkeit auf einen bestimmten Ort oder Stimu-
zuteil als einer anderen, je nachdem, wie reizstark
lus, während andere Orte, Stimuli oder Eigenschaften
die Gestaltung ist. Man spricht hier auch von der
eines Objekts ignoriert werden (z. B. schaut sich ein
sogenannten „frühen Selektion“ („early selection“),
Individuum nur eine einzige Marke im Supermark-
die darin besteht, dass eine Information zu einem
tregal an, für alle anderen Produkte ist es „blind“).
frühen Zeitpunkt der Verarbeitung aufgrund physika-
(3) Geteilte Aufmerksamkeit („divided attention“):
lischer Eigenschaften selektiert wird. Bei der „späten
Eine gleichzeitige Verarbeitung mehrerer einströ-
Selektion“ („late selection“) werden dagegen Infor-
mender Reize bezeichnet Coull (1998) als geteilte Auf-
mationen aufgrund semantischer Kriterien ausgewählt
merksamkeit. Diese Art der Aufmerksamkeit zeigt
(Müller und Krummenacher, 2017, S. 145).
die Grenzen der Verarbeitungskapazität auf. Unter
dieses Stichwort fällt auch die Untersuchung der in- Aufmerksamkeit dient also dazu, den Organismus re-
dividuellen Leistungsfähigkeit beim gleichzeitigen aktionsbereit zu machen und für bestimmte Funktionen
Ausführen mehrerer Aufgaben („multitasking“). Ge- zu aktivieren. Je nach Art der aktivierten Funktion kann
rade Leistungseinbrüche beim Ausführen multipler man von Aufmerksamkeit bei der Wahrnehmung, beim
Tätigkeiten zeigen die Grenzen der menschlichen Lernen usw. sprechen.
Verarbeitungskapazität auf. Im Marketing sind diese
Die durch vorübergehende (phasische) Aktivierung
Prozesse bisher recht stiefmütterlich untersucht wor-
erreichte zunehmende Sensibilisierung für einen be-
den. Man weiß zwar, dass mehr und mehr Menschen
stimmten Reiz ist gleichzeitig mit einer herabgesetzten
verschiedene Medien gleichzeitig nutzen (wenn bei-
Verarbeitungsbereitschaft gegenüber anderen Reizen
spielsweise ein Konsument den Fernseher laufen hat
verbunden. Aus dem vorhandenen Reizangebot kann
und gleichzeitig vor dem Computerbildschirm sitzt,
zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur ein Reiz
kann es vorkommen, dass er zeitgleich mit Fernseh-
dominant werden (vgl. dazu auch das Kapitel über In-
werbung und Werbe-Popups konfrontiert wird), aber
formationsaufnahme).
es gibt noch wenig gesicherte Erkenntnisse zu der
Frage, wie die gleichzeitige Nutzung unterschiedli- Zusammenfassend: Aufmerksamkeit wird als zentral
cher Medien die Verarbeitung von Werbebotschaften für die Vermittlung zielgerichteter Handlungen begrif-
beeinflusst. fen. Nur die Reize, denen es gelingt, Aufmerksamkeit
(4) Intensität der Aufmerksamkeit: (1) - (3) haben sich zu erzielen, haben folglich Zugang zum Informations-
auf Arten der Selektivität bezogen, daneben spielt verarbeitungssystem, während andere ausgeschlossen
auch die Intensität eine Rolle. Hinsichtlich der In- bleiben, weil der Organismus für ihre Verarbeitung nicht
tensität wird noch feiner zwischen „Alertness“ und aktiviert ist. Nach Birbaumer und Schmidt (2006, S. 374)
„Vigilanz“ unterschieden. Als Alertness wird eine besteht Übereinstimmung darin, „dass die meisten Hirn-
Aufmerksamkeitsaktivierung in Erwartung eines vorgänge, die der Informationsverarbeitung zugrunde
62 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

liegen, nicht bewusst (implizit, automatisch) ablaufen eine kurzzeitige Reaktion, die den Organismus auf einen
und dass nur im Falle neuer, intensiver oder vital wich- auftauchenden Reiz einstellt und das Informationsver-
tiger Reize ’explizites’ Bewusstsein entsteht.“ Einfach arbeitungssystem für diesen Reiz sensibilisiert. Inso-
ausgedrückt: Die Aufmerksamkeit führt die Reize ins fern gehört sie zur Aufmerksamkeit; man kann sie als
Bewusstsein oder, wie Damasio (2014, S. 1) es theatra- Beginn einer Aufmerksamkeitsreaktion sehen. Manche
lisch ausdrückt, „sie treten ins Licht“. Allerdings verrät Autoren fassen die Orientierungsreaktion auch als eine
Aufmerksamkeit nur dann das Vorliegen eines normalen der Aufmerksamkeit vorangehende Reaktion auf. Durch
Bewusstseins, wenn sie lange auf eine Reizkonstellation wiederkehrende Reize nimmt die Orientierungsreaktion
ausgerichtet ist, wie dies für ein angemessenes Verhalten ab, man spricht dann (= Gegenteil zur Sensibilisierung)
in dem Kontext notwendig ist (Damasio, 2014). Die auto- von Habituation (Thorpe, 1944).
matische Reizverarbeitung beansprucht dagegen keine
Aufmerksamkeit und reduziert damit nicht die für die Ähnlich wie die Aufmerksamkeit, die auf externe Reize
Verarbeitung anderer Aufgaben zur Verfügung stehende gerichtet ist, geht die Orientierungsreaktion mit höhe-
Kapazität (Krummenacher und Müller, 2017, S. 144). Auto- rer Sensibilität, Muskeltätigkeit, Erregung und viszeralen
matische Prozesse gelten dabei als „unvermeidbar“, d. h., Veränderungen einher; enthalten die Hinwendungsreize
„sie werden immer ausgelöst, wenn ein geeigneter Stimu- jedoch keine neuen Informationen mehr, dann setzt Ha-
lus erscheint, selbst wenn dieser Stimulus außerhalb des bituation ein (Angermeier, Zimbardo und Brengelmann,
Bereichs der Aufmerksamkeit liegt“ (ebenda, S. 137). Der 2013, S. 172).
Bewusstseinsbegriff ist heterogen, man spricht auch vom
„Rätsel Bewusstsein“ (Kiefer, 2017, S. 179), weshalb der in Die Aufmerksamkeit hingegen geht oft über solch spon-
diesem Kapitel möglicherweise entstehende Eindruck tane Hinwendungen zu einem Reiz hinaus und bleibt
einer Zweiteilung von unbewussten/automatischen dann über eine längere (und wie oben ausgeführt not-
Prozessen und bewussten Prozessen problematisch ist. wendige) Zeit bestehen. Beispielsweise kann Hunger den
Wir kommen auf dieses Thema in einem gesonderten Organismus aktivieren und für Reize sensibilisieren,
Abschnitt (zweiter Teil, B IV) erneut zu sprechen. die auf Befriedigungsmöglichkeiten hinweisen. Die Auf-
Die Aufmerksamkeit kann interne und externe Stimuli merksamkeit für solche Reize kann dann über längere
betreffen. Bei der Hinwendung zu externen Stimuli spre- Zeit aufrechterhalten werden. In dieser Spanne anhal-
chen wir von der Orientierungsreaktion. tender Aufmerksamkeit können aber auch andere als die
Orientierungsreaktion: Die Orientierungsreaktion ist auf den Hunger und seine Befriedigung bezogenen Reize
eine mit der Aufmerksamkeit zusammenhängende Re- zu Orientierungsreaktionen und kurzfristigen Aufmerk-
aktion: eine unmittelbare, reflexartig verlaufende Zu- samkeitszuwendungen führen.
wendung zu einem „neuen“ Reiz (wobei als neu eine Die sogenannte „Somatic marker“-Hypothese (Damasio,
Veränderung der vorhandenen Reizkonstellation defi- 1994, 2004) geht davon aus, dass der menschliche Körper
niert wird). Die Orientierungsreaktion äußert sich bei- sich (emotional) bedeutsame Ereignisse als angenehm
spielsweise in einer Drehung des Kopfes zur Reizquelle oder unangenehm „merkt“ bzw. im emotionalen Erfah-
hin (motorische Aktion des Organismus), in einer Verän- rungsgedächtnis speichert und bei ähnlichen Situationen
derung von Sinnesorganen (z. B. Pupillenerweiterung = mit antizipatorischen Aktivierungsreaktionen reagiert.
sensorische Aktion) und in einer Erhöhung der Aktivie- Der menschliche Organismus verfügt also über die Fä-
rung (Aktion des Nervensystems)7. Durch solche Reak- higkeit, Wahrnehmungen mit körperlichen Signalen zu
tionen werden Sinnesorgane und Verarbeitungssysteme verknüpfen, wodurch (unbewusste) Vorentscheidungen
für die Aufnahme des Reizes vorbereitet und geschärft. entstehen und der Mensch vor Gefahren gewarnt werden
Aufmerksamkeit und Orientierungsreaktion voneinan- kann oder die Aufmerksamkeit auf etwas Wichtiges ge-
der abzugrenzen ist schwierig, und es wird auch in der lenkt wird. Damasio bezeichnet mit dem Ausdruck „So-
Literatur kaum versucht. Die Orientierungsreaktion ist matic marker“ dieses Signalsystem, das dem Menschen
bei der Entscheidungsfindung hilft. Er verankerte die
somatischen Marker im limbischen System. Bei Glücks-
7
Zur Erinnerung: Das Nervensystem wird in das sogenannte spiel-Experimenten ist beispielsweise festgestellt worden,
Periphere Nervensystem (PNS) und das Zentrale Nervensys- dass Probanden nach einiger Zeit erahnen können, bei
tem (ZNS) unterteilt. Das PNS umfasst den Teil des Nervensys-
welcher Handlung die nächste Belohnung zu erwarten
tems, der außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks gelegen
ist, wobei letztere das ZNS ausmachen. Es handelt sich hierbei ist. Sie reagierten mit Vorfreude oder, neurophysiologisch
jedoch um eine rein topographisch orientierte Abgrenzung: ausgedrückt, mit erhöhter elektrodermaler Aktivität (Be-
Das PNS ist in der Regel vom ZNS abhängig. chara, Damasio et al., 1999). Probanden, die Gehirnver-
B. Aktivierende Prozesse 63

letzungen im limbischen System aufweisen, zeigen bei früheren dreidimensionalen Konzeptes von Boucsein
den Experimenten dagegen keine antizipatorischen Akti- (1997) um ein zusätzliches System. Dieses vierdimen-
vierungsreaktionen. Man geht daher davon aus, dass der sionale Modell kann – stark vereinfacht in Anlehnung
Mandelkern neben anderen Gehirnregionen eine wesent- an die Beschreibung von Gröppel-Klein (2010a) – wie
liche Rolle für das körperliche Signalsystem spielt. Die folgt erklärt werden (Boucsein, 2012, S. 353): Das erste
Kausalbeziehung zwischen somatischen Markern und System wird als „affect arousal and flight/fight sys-
dem Verhalten ist schwierig zu bestimmen. Die Theorie tem“ bezeichnet und befindet sich, anatomisch gese-
ist nicht unumstritten (Dunn, Dalgleish und Lawrence, hen, zentriert um die Amygdala (Mandelkern). Es ist
2006). Doch nach Eder und Brosch (2017, S. 203) stellt die verantwortlich für die Aufmerksamkeitsfokussierung
Somatische Marker-Theorie eine der bedeutendsten The- sowie für defensives Verhalten (Abwehr, Meidung), of-
orien über den Einfluss von affektiven Prozessen auf das fensive Reaktionen (Kampf) oder Erstarren („freezing“)
Entscheidungsverhalten dar und man kann durchaus bei negativen Reizen. Das zweite System, das zu dem
den folgenden Merksatz festhalten: dreidimensionalen Aktivierungsmodell neu hinzuge-
kommen ist, wird „effort system“ genannt und befindet
Somatische Marker können die Entscheidungsfindung sich rund um den Hippocampus. Man geht davon aus,
beeinflussen. dass dieses System die Grundlage oder Schubkraft für
informationsverarbeitende Prozesse liefert und u. a. da-
für sorgt, dass neue oder unerwartete Reize nicht gleich
Die sogenannte „Schürer-Necker-Regel“ (1994) besagt vom ersten System automatisch abgewehrt werden. Das
zudem, dass bei emotional bedeutsamem Lernmateri- dritte System, welches überwiegend motivationale Ak-
al gilt: Je gefühlsbetonter das Material, desto höher die tivierungskomponenten betrifft, wird als „preparatory
Lernleistung. Auf diesen Zusammenhang werden wir activation system“ bezeichnet. Es setzt Erwartungen in
im Kapitel „Lernen“ noch zurückkommen. eine erhöhte Reaktionsbereitschaft um, ist somit für die
Verhaltensaktivierung verantwortlich und interagiert mit
2. Messung der Aktivierung motorischen und prämotorischen kortikalen Arealen.
a) Psychophysiologische Grundlagen Hier wird auch das sogenannte „Bereitschaftspotenzial“
Den frühen Ansätzen der Aktivierungsforschung lag entwickelt. Das vierte System schließlich ist das soge-
ein eindimensionales Aktivierungsmodell zugrunde, bei nannte „allgemeine Aktivierungssystem“. Hier greifen
dem angenommen wurde, die Energiefreisetzung fände Boucsein und Backs (2009) die früheren Vorstellungen
in allen physiologischen Prozessen des Organismus statt des eindimensionalen Konzeptes auf. Im allgemeinen
(Duffy, 1962) und würde von der Formatio reticularis Aktivierungssystem findet eine generelle Aktivierung in
(FR) gesteuert (Boucsein, 1992, 1997). Die FR ist ein ver- der Formatio reticularis als Begleiterscheinung des Reiz-
zweigter und reich gegliederter Neuronenverband im einstroms über die Kollateralen (Nebenäste) des senso-
Hirnstamm, der weite Teile des zentralen Nervensystems rischen Inputs statt. Dieses System regelt die allgemeine
diffus erregen und damit in eine generelle Aktions- und Wachheit. Die hier kurz skizzierten Systeme dürfen nicht
Reaktionsbereitschaft versetzen kann. Bei Gültigkeit des als voneinander unabhängige Einheiten betrachtet wer-
eindimensionalen Ansatzes müssten allerdings hohe den, da die verschiedenen Aktivierungssysteme durch
Korrelationen zwischen den unterschiedlichen physio- zahlreiche neuronale Koppelungsprozesse miteinander
logischen Auswirkungen der Aktivierung wie Herzfre- verknüpft sind.
quenz und Pulsschlag, Blutdruck, EEG oder EDA beste- Picard, Fedor und Ayzenberg (2016) nehmen auf Bouc-
hen. Da die empirischen Ergebnisse in dieser Hinsicht seins (2012) mehrdimensionales Konzept explizit Bezug.
jedoch nicht konsistent sind, muss das eindimensionale Sie tragen die verschiedenen Erkenntnisse der Aktivie-
Aktivierungskonzept angezweifelt werden (Robbins, rungsforschung auf Basis elektrodermaler Studien zu-
1997, S. 58). Die neueren Forschungsbemühungen zielen sammen und führen zudem eigene Experimente durch.
auf eine komplexere Aktivierungstheorie ab (Boucsein, Sie untermauern die These, dass die Vorstellung eines
2012), wobei über die Anzahl der Dimensionen noch kei- eindimensionalen Systems in der Tat nicht aufrecht-
ne Einigkeit besteht. erhalten bleiben kann und gehen davon aus, dass die
Boucsein (2012, siehe auch Boucsein und Backs, 2009) verschiedenen Systeme unterschiedliche Funktionen
geht auf der Basis neurophysiologischer Erkenntnisse hinsichtlich der generellen Wachheit, der gezielten
zur Aktivierung und Informationsverarbeitung sowie Aufmerksamkeit und Hinwendung zu Reizen bzw. der
der Gehirnforschung von einem vierdimensionalen Verhaltenshemmung übernehmen. Kurz: Die Autoren
Konzept aus. Er plädiert somit für eine Erweiterung des postulieren ebenfalls, dass multiple Hirnstrukturen zu
64 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

multiplen Arten von Arousal führen8. Die Einteilung in in der Geschichte der Neurophysiologie sei, auch wenn
verschiedene Subsysteme der Aktivierung ist insofern computer- oder kernspintomographische Untersuchun-
von besonderer Bedeutung, da in Abhängigkeit von dem gen derzeit besonders viel Aufmerksamkeit erfahren.
jeweils aktivierten Subsystem für die Messung der Er- Letztere Verfahren sind jedoch nach wie vor kostspielig,
regung unterschiedliche Indikatoren gewählt bzw. die mit hohem wissenschaftlichen Aufwand bei nur kleinen
psychophysiologischen Reaktionswerte unterschiedlich Stichproben durchführbar und können beispielsweise
interpretiert werden sollten (Boucsein und Backs, 2009). nicht am Point-of-Sale und (noch) nicht bei der Wirkungs-
Boucsein und Backs (2009) erklären, dass die spezifischen messung von längeren Werbespots eingesetzt werden.
Funktionen der einzelnen Aktivierungssubsysteme mit Computertomographische Methoden haben aber sehr zur
unterschiedlichen psychophysiologischen Indikatoren Validierung anderer psychophysiologischer Verfahren
einhergehen. beigetragen. Dazu zählen elektrodermale Messungen,
Messung der Kreislaufsysteme (Herzschlag (EKG), Blut-
Diese Darstellung ist insofern von besonderer Bedeu-
druck, Vasomotorik), Registrierung der Aktionsströme
tung, als sie zum einen deutlich macht, dass die Mess-
der Muskeln mit dem Elektromyogramm, Aufzeichnung
indikatoren in Abhängigkeit von dem relevanten Akti-
des Verlaufs der Hirnaktionsströme mit dem Elektroen-
vierungssystem gewählt werden sollten. Sie offenbart
zephalogramm (EEG).
zum anderen, dass die Veränderungen der Frequenz
und Amplitude der elektrodermalen Aktivität (EDA), je
nachdem, ob EDA-Messwerte für das „affect arousal and Ein mehrdimensionales Aktivierungskonzept legt es nahe,
flight/fight system“ oder aber für das „preparatory ac- die grundsätzlich unterschiedlichen Aktivierungsprozesse
(allgemeine Wachheit, Hinwendung zu bzw. Abwendung
tivation system“ vorliegen, unterschiedlich interpretiert
von einem Reiz) mit neurophysiologisch begründbaren
werden müssen und eine vollkommen andere Valenz bzw. charakteristischen Indikatoren zu messen.
aufzeigen.
Boucsein (2012, S. 7) erklärt, dass die Messung der elektro-
dermalen Aktivität die am häufigsten benutzte Methode
8 Interessant ist an dieser Stelle die Forderung der Autoren Ayzenberg (2016, S. 72) empfehlen, die Aktivierung sowohl an
(Picard, Fedor und Ayzenberg, 2016), die elektrodermale Akti- der rechten als auch an der linkem Handinnenfläche zu messen
vität an verschiedenen Stellen des Körpers zu erheben. Bisherige (wenn möglich auch an den Füßen). Denkbar wäre es auch, Kon-
empirische Studien hätten ergeben, dass die in der linken und trollgruppen zu bilden und die Reaktionen (links vs. rechts zu
rechten Handinnenfläche gemessene EDA nicht immer syn- vergleichen). Bei Angstreizen ist vor allem eine rechtshändige
chron sei, sondern dass kurzfristige elektrodermale Reaktionen, Messung zu empfehlen, denn (ebenda, S. 72): „We can plausibly
die an der rechten Handinnenfläche gemessen werden, oftmals suggest that underlying emotions such as fear or anxiety could
stärker ausgeprägt seien als links gemessene Werte. Picard, contribute to greater right amygdala activation, and to right
Fedor und Ayzenberg (2016, S. 68) erklären weiterhin, dass bei EDA, in a right-hander“. Es bleibt abzuwarten und der weiteren
Langzeitstudien über den Tag hinweg durchaus aber auch der Forschung vorbehalten, ob diese Empfehlungen die zukünftige
Befund auftreten könne, dass Messungen an der linken Hand- elektrodermale Aktivierungsmessung revolutionieren werden
innenfläche zu höheren EDA-Werten im Vergleich zur rechten (Chritchley und Nagai, 2016). Wir erläutern die Aktivierungs-
Hand führen können und dass auch Messungen an den Fußsoh- messung mit elektrodermaler Aktivität ausführlich auf den
len (links vs. rechts) ebenfalls asymmetrische Ergebnisse und kommenden Seiten. An dieser Stelle soll jedoch bereits darauf
einen Wechsel der Dominanz (rechts > links und links > rechts) hingewiesen werden, dass bei allen unseren Aktivierungsmes-
aufzeigen können. Die Autoren argumentieren weiter auf Basis sungen die Elektroden bei Rechtshändern stets an der linken
der Hemisphärentheorie (wird ausführlich im Kapitel Zweiter Handinnenfläche befestigt wurden (bei Linkshändern um-
Teil, B III Emotionen erläutert) und erklären, dass Stimulie- gekehrt). Dies geschah auf Empfehlung des Geräteherstellers
rungen der (rechten) Amygdala vor allem zu rechtshändiger (konservative Messung), aber auch aus reinen Praktikabilitäts-
erhöhter elektrodermaler Aktivität (bei Rechtshändern) führen, gründen. Da viele Untersuchungen in Supermärkten etc. durch-
während links keine Reaktionen auftreten. Die Autoren gehen geführt worden sind, werden Rechtshänder in ihrem Einkaufs-
daher davon aus, dass unter der Prämisse, dass man kurzfristig verhalten weniger durch die Elektroden behindert (Schieben
bei Angstreizen (bzw. Stimulierungen der rechten Amygdala) des Einkaufswagens, Herausnahme der Produkte), wenn diese
vor allem rechtshändig-dominante Reaktionen messen kann, links befestigt sind. Davon unabhängig werden die bei Rechts-
bei Langzeituntersuchungen, bei denen nicht genau kontrolliert händern links gemessenen EDR-Werte als „approach“, also als
werden kann, welche Reize für die Aktivierungsreaktionen Hinwendungsverhalten interpretiert (siehe Ausführungen zu
verantwortlich sind, aber auch linksdominante Werte findet, Boucseins vierdimensionalem System), was auch unter den
nur der logische Schluss möglich ist, dass unterschiedliche neuen Erkenntnissen von Picard, Fedor und Ayzenberg (2016)
Arousalzentren existieren müssen, die nur mit unterschiedli- sinnvoll wäre, wenn bei Rechtshändern rechts vor allem die
chen Parametern/Verfahren gemessen werden können (hier negative Valenz gemessen würde (sollten sich diese Annahmen
stützen sie das Konzept von Boucsein, 2012). Picard, Fedor und bewahrheiten).
B. Aktivierende Prozesse 65

Subsystem Typische psychophysiologische Indikatoren


● Erhöhung der Frequenz und der Amplituden (emotional
Affect arousal
negativ gefärbter) nicht-stimulusspezifischer phasischer
and flight/fight
elektrodermaler Reaktionen („EDA Typ 1“)
system
● Veränderungen der Herzschlagrate
● Rückgang der Herzschlagvariabilität
Effort system ● Veränderungen im EEG (P300-Amplitude und frontale
Theta-Aktivität)
● Erhöhung der Herzschlagrate
Preparatory ● Erhöhung der Frequenz und Amplitude der spezifischen
activation phasischen elektrodermalen Reaktion („EDA Typ 2“,
system Annäherungsverhalten)
Abb. 19: Das vierdimensionale ● Veränderungen im EEG (Bereitschaftspotential)
Aktivierungssystem
(Quelle: Gröppel-Klein, 2010a, ● Erhöhung der Herzschlagrate, des Blutdrucks und der
General arousal
S. 80, vereinfachte Darstellung tonischen elektrodermalen Aktivität
in Anlehnung an Boucsein system
● Desynchronisation im EEG
und Backs, 2009, S. 35–37 und
Boucsein, 2012)

b) Messung der Elektrodermalen Aktivität (EDA) psychophysiologischer Sicht, die elektrodermale Reak-
Für das Marketing, insbesondere für die Untersuchung tion zu erheben. Bei der Interpretation der Daten sollte
der Wirkung von Point-of-Sale-Stimuli auf die Aktivie- jedoch darauf geachtet werden, dass EDR-Werte eine
rung und das Verhalten der Konsumenten, sind (sofern unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem, welches
das Aktivierungskonzept von Boucsein, 2012 bzw. Bouc- Aktivierungssystem für die Entstehung der Werte ver-
sein und Backs, 2009 zugrunde gelegt wird) vor allem antwortlich war. So geht die elektrodermale Reaktion des
das „preparatory activation system“ (System 3) sowie ersten Systems mit „avoidance“ einher, die des dritten
die Aufmerksamkeitsfokussierung im „affect arousal Systems mit „approach behavior“.
and flight/fight system“ (System 1) von besonderer Be- Um sicherzugehen, dass die Interpretation der Daten
deutung (Gröppel-Klein und Baun, 2001; Gröppel-Klein, auch zutreffend ist, sollte bei empirischen Studien über
2010a). Bei Untersuchungen zum Annäherungsverhal- Beobachtung oder Befragung die Valenz noch zusätzlich
ten kann folglich aus psychophysiologischer Sicht die erhoben werden.
Erhebung der elektrodermalen Aktivität, genauer der Biophysiologische Grundlagen der Aktivierungsmes-
elektrodermalen Reaktion (EDR), empfohlen werden. sung mittels EDA: Die menschliche Haut besteht im We-
Critchley, Elliott et al. (2000) bzw. Critchley (2002) zeigen sentlichen aus zwei Schichten, der Dermis und der Epider-
zudem, dass eine erhöhte Durchblutung derjenigen Ge- mis. Die Epidermis befindet sich an der Hautoberfläche
hirnareale, die für empathische Prozesse verantwortlich und besteht aus Epithelgewebe. Das Gewebe dieser Schicht
sind, mit gleichzeitig erhöhten phasischen elektroder- ist umso stärker verhornt, je näher es an der Oberfläche
malen Reaktionen einhergeht. Die Autoren folgern aus liegt. Die dickere und tiefer liegende Dermis besteht aus
diesem Ergebnis, dass die elektrodermale Aktivität ein straffem, fibrösem Bindegewebe. Unterhalb der Dermis
äußerst sensitiver, valider und im Vergleich beispiels- liegt die Subcutis, die die sekretorischen Teile der Schweiß-
weise zu computertomographischen Untersuchungen drüsen sowie Fettgewebe und Gefäße enthält, welche die
einfach anzuwendender Indikator ist, um Veränderun- Hautoberfläche versorgen (Boucsein, 2012, S. 8 ff.).
gen des emotionalen und kognitiven Engagements zu Die Epidermis ist für die EDA von großer Bedeutung. Ob-
messen: „Electrodermal activity remains a sensitive and wohl sie zu ihrer Außenschicht hin trockener wird, weil
convenient measure of indexing changes in sympathetic die regelmäßig angeordneten Zellen dort weniger dicht
arousal associated with emotion, cognition and attenti- geschichtet sind, findet eine permanente, unmerkliche
on“ (Critchley, 2002, S. 139). Transpiration von der Dermis über die Epidermis statt.
Wenn Aktivitäten des ersten und dritten Aktivierungs- Diese Hydration hängt von externen und internen Fak-
systems ermittelt werden sollen, empfiehlt es sich aus toren ab und führt zu Veränderungen der elektrischen

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66 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Leitfähigkeit der Haut, die mit auf der Haut angebrachten


konstellationen gemessen werden. Der Widerstand der
Elektroden gemessen werden kann. Die tonische EDA Haut variiert mit der Aktivität der Schweißdrüsen, welche
korrespondiert mit der Leitfähigkeit der Haut, während durch aktivierende Vorgänge beeinflusst werden: Je hö-
die aktiven Prozesse der Membran, die auf den Impuls ei- her die innere Erregung, desto höher ist die Aktivität der
nes Nervenstrangs folgen, die phasische EDA vermitteln, Schweißdrüsen.
also kurzfristige elektrodermale Reaktionen ermöglichen
(Boucsein, 2012).
Generell ist der phasische EDA-Wert (= EDR) der am
Die sogenannte exosomatische Aufzeichnung mit Gleich- besten geeignete Indikator, um die Stimulusintensität
strom ist die am häufigsten angewandte Methode, um zu messen (Boucsein, 2012, S. 151). Darüber hinaus ist der
entweder die Hautleitfähigkeit („skin conductance“, SC; EDR-Wert auch einer der wichtigsten Parameter, um die
gemessen in Mikro- oder Nanosiemens) oder den Haut- mit einer Orientierungsreaktion einhergehenden vegeta-
widerstand („skin resistance“, SR; gemessen in kW) zu tiven Veränderungen anzuzeigen. Das biologische Ziel
messen (Boucsein, 2012, S. 2). Die exosomatische Auf- von Orientierungsreaktionen ist es, den Organismus dem
zeichnung kann nachdrücklich empfohlen werden9. Bis- Stimulus zuzuwenden, um dessen Bedeutung für das
her galt als Empfehlung (Dorsch-Lexikon, o. J.), die beiden Subjekt zu analysieren (Boucsein, 2012).
Elektroden auf der Handinnenfläche der linken Hand
bei Rechtshändern bzw. der rechten bei Linkshändern Auch für die Erforschung des Konsumentenverhaltens
oder auf den Innenflächen von Zeige- und Mittelfinger am Point-of-Sale sind die kurzfristigen Aktivierungs-
der nicht dominanten Hand (mittleres Glied) anzubrin- prozesse und die phasischen Orientierungsreaktionen
gen. Bei weniger intensiven Reizen (z. B. Produktdar- von besonderer Bedeutung. Mit anderen Worten: Es in-
bietungen) sollte auf jeden Fall die Handinnenfläche10 teressieren diejenigen Aktivierungsschwankungen, die
gewählt werden, da die Schweißdrüsenproduktion hier verhaltenswirksam werden und damit v. a. im dritten
am stärksten ist (über 2000 Schweißdrüsen pro Quad- System des vierdimensionalen Modells von Boucsein
ratzentimeter; Ähnliches gilt für die Fußinnenflächen, und Backs (2009) angesiedelt sind.
siehe Schultz und Wand, 2012). Für die Darstellung der phasischen Aktivierungskur-
EDA-Parameter: Wie oben bereits erwähnt, liefert die an ve werden auf der x-Achse die Zeit in Sekunden (bzw.
der Hautoberfläche gemessene elektrodermale Aktivität 1/10 Sekunden) und auf der y-Achse die elektrodermalen
zwei Werte: Das elektrodermale Level (EDL) und die Reaktionswerte in Mikro- bzw. Nanosiemens abgetragen.
elektrodermale Reaktion (EDR). Mit EDL wird tonische, Bei dieser Kurve handelt es sich nicht um eine mit jeder
mit EDR phasische Aktivierung erfasst (Boucsein, 2012). Reaktion kontinuierlich steigende Kurve. Vielmehr sind
Wir können folgenden Merksatz festhalten: die einzelnen Reaktionen, ausgehend von einem indivi-
duell unterschiedlichen Grundlevel, durch einen plötzli-
Mittels Elektroden, die in der Regel an den Handinnen- chen Anstieg und anschließenden Abfall des Wertes als
flächen angebracht werden, können Veränderungen des Reaktion auf den Stimulus gekennzeichnet. Benedek und
elektrischen Hautwiderstandes bei bestimmten Reiz- Kaernbach (2010) empfehlen zudem, den gesamten Be-
reich unterhalb der EDR-Kurve als Integral zu berechnen,
9
Die sogenannte endosomatische Messung „misst die elektri- um so einen weiteren Parameter mit hoher Reliabilität zu
sche Spannung der Haut ohne Strom anzulegen. Dazu werden generieren, der sich als sehr aussagekräftig erwiesen hat
winzige Elektroden in die Haut eingestochen und die Aktivität (Boucsein, 2012, S. 170 ff.).
der Nerven in der Haut gemessen“ (Schulz und Wand, 2012).
Bei dieser Art der Messung ist es sehr viel schwieriger, Testper-
Entsprechend haben für die Auswertung der SCR (skin
sonen zu gewinnen; sie ist daher eher unüblich. conductance response)-Werte drei Parameter besondere
10
Bei der Untersuchung von Somervuori und Ravaja (2015) Bedeutung:
wurden bei der EDR-Messung die Elektroden an den Fin-
gerkuppen angelegt (also nicht auf den Handinnenflächen)
(1) Die Frequenz (SCR freq.), d. h., die Anzahl der Re-
und vergleichsweise schwache Stimuli (unterschiedliche Pro- aktionen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens
duktabbildungen und Preise) gewählt. Dies könnte zu dem wi- (Steiger, 1988; Boucsein, 2012). Die Frequenz der
dersprüchlichen und ungewöhnlichen Ergebnis geführt haben, SCR-Werte dokumentiert somit die besondere Auf-
dass die Beziehung zwischen den EDR-Werten und der Kauf- merksamkeit eines Individuums für ein Objekt in
entscheidung nicht signifikant war, während die EMG-Werte seiner Umwelt (Steiger, 1988).
einen signifikanten Einfluss auf das Kauferhalten ausübten.
Die Elektromyographie (EMG) ist eine elektrophysiologische (2) Die Amplitude (SCR amp.), d. h., der Höhepunkt eines
Methode bei der die elektrische Muskelaktivität gemessen reizbedingten Kurvenanstiegs mit anschließendem
wird. Je höher, desto aktivierter ist die Testperson. Abstieg (Boucsein, 2012).
B. Aktivierende Prozesse 67

(3) Berechnung des ISCR-Wertes (Benedek und Kaern- Amplituden auszuwerten: a) Die Amplitude der zweiten
bach, 2010): Das Integral (I) der Hautleitfähigkeits-Re- Reaktion wird von ihrer Spitze bis zur extrapolierten
aktionen (SCR). Ausgangslinie der vorangehenden Amplitude gemessen;
Im Vergleich zu früheren Polygraphen wird eine Trans- b) die zweite Amplitude wird von ihrer eigenen Grundli-
formation der Kurven in entsprechende metrische Daten nie aus unabhängig von der vorangehenden Amplitude
von der heutigen EDA-Software selbstständig generiert. gemessen. Letztere Methode wird als Standard angese-
hen (Boucsein, 1992).
Die Amplitude ist dabei der am häufigsten verwendete
EDR-Parameter (Boucsein, 2001). Für die Wertung einer Die Summenamplitude ist sowohl bei Werbewirkungs-
Amplitude muss ein Amplitudenkriterium definiert analysen (Vergleich der Gesamtaktivierungswirkung
werden. Das bedeutet, dass derjenige Minimalwert der von Werbespots) als auch bei Feldstudien ein wichtiger
Amplitude festgelegt werden muss, ab dem der Amplitu- Parameter, um die Aktivierungsstärke in unterschied-
denausschlag als tatsächliche Reaktion auf einen Stimu- lichen Einkaufsumgebungen im Zeitverlauf zu verglei-
lus gewertet werden kann. Eine Amplitude könnte sonst chen. Die Frequenz hat bei Werbewirkungsstudien in
durch ein Aufzeichnungsartefakt, verursacht durch das sogenannten Forced-Exposure-Experimenten im Labor
Frequenzrauschen des Gleichstroms, erzeugt werden eine geringere Bedeutung, da hier die Probanden explizit
(Boucsein, 2012). Die Literatur empfiehlt ein Amplituden- dazu aufgefordert werden, sich bestimmte Werbefilme
kriterium von 0,05 Mikrosiemens (Venables und Christie, oder Filmsequenzen anzuschauen, wodurch die Hinwen-
1980), das nach wie vor gültig ist. dung zum Stimulus beeinflusst wird. Allerdings spielt
die Frequenz eine wichtige Rolle bei der Analyse von
Die Amplitude in Aktivierungskurven beschreibt die
Point-of-Sale-Daten. Bei diesen Feldversuchen wird den
Stärke einer phasischen Aktivierungsreaktion (Boucsein,
Probanden vorher in der Regel nicht mitgeteilt, welche
2012). Die Summenamplitude wird durch Aufsummie-
Produkte oder Displays im Mittelpunkt der Untersu-
ren aller einzelnen Amplituden berechnet und zeigt die
chung stehen.
Intensität der erlebten Aktivierung über einen gewis-
sen Zeitraum, z. B. während des Kontaktes mit einem Die relevanten Parameter bei Studien am Point-of-Sa-
bestimmten Produkt. Bei der Berechnung der Sum- le, z. B. in Supermärkten oder SB-Warenhäusern, sind
menamplitude kann sich das Problem ergeben, dass ei- folgende: Die Frequenz beschreibt, wie ausgeführt, die
nander überlagernde Amplituden auftreten. Grundsätz- Anzahl der Aktivierungsreaktionen. Jede Hautleitreak-
lich bestehen zwei Möglichkeiten, sich überschneidende tion demonstriert die besondere Aufmerksamkeit einer

Frequenz = Anzahl der Reaktionen

Summenamplitude = Summe der Stärke


der einzelnen Reaktionen
12

10
Zeitmarker 1 Zeitmarker 2 Zeitmarker 3 Zeitmarker 4

8
Amplitude

2
Abb. 20: Veranschaulichung der
Parameter der elektrodermalen
Reaktion (Summenamplitude und 0
Frequenz) Zeit
(Quelle: eigene Darstellung)
68 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

EDR-Testpersonen am Point-of-Sale Testpersonen mit und ohne EDR-Messung


(in Geschäften oder Shoppingcentern) im Labor (Werbewirkungsmessung)

14

13

12

11

10

8
Amplitude

0
0

3000

6000

9000

12000

15000

18000

21000

24000

27000

30000

33000

36000

39000

42000

45000

48000

51000

54000

57000

60000

63000

66000

69000

72000

75000

78000

81000

84000

Zeit in 1/100 Sekunden

Muster bei hoher


Aktivierung

Abb. 21: Testpersonen in EDR-


Experimenten mit EDR-mobil®
(Quelle: in Anlehnung an Gröppel-
Klein, 2004b und 2010a)

Person in Richtung eines Objekts (Orientierungsreakti- de Temperaturen und Luftfeuchtigkeitswerte geeicht.


on). Je komplexer bspw. ein Regal in einem Supermarkt Allerdings empfiehlt es sich bei vergleichenden Studien,
ist und je mehr Marken/Produkte dort vorzufinden sind, diese Daten mit zu erheben und zu kontrollieren, ob in
desto größer ist die Frequenz, da viele verschiedene Reize den beiden zu vergleichenden Umwelten ähnliche Bedin-
Orientierungsreaktionen auslösen. Bei bekannten oder gungen vorherrschen. Bei extremen Unterschieden (z. B.
habituell gekauften Marken blickt der Konsument viel- Untersuchung A im Winter bei minus 10 Grad und Unter-
fach auf ein solches komplexes Regal, um das gewünsch- suchung B im Sommer bei plus 30 Grad) sollte ein mögli-
te Produkt schnell zu finden. Die EDR-Frequenz ist dann cher Einfluss auf die Aktivierungsstärke vorsichtshalber
hoch. Bei neuen Produkten, die nicht gewohnheitsmäßig kontrolliert werden. Allerdings dürfen die Probanden
gekauft werden, spielt die Summenamplitude eine be- nicht plötzlich springen oder Druck auf die Elektroden
sondere Rolle. Diese innovativen Produkte müssen am ausüben (z. B. beim Schieben des Einkaufswagens). Dies
Point-of-Sale eine hohe Faszination ausüben, d. h., starke würde zu Artefakten und damit zur Notwendigkeit des
Aktivierungsausschläge erzeugen, um bemerkt und in Ausschlusses der Daten führen. Eine Artefaktkontrolle
den Korb gelegt zu werden. ist daher bei allen EDA-Untersuchungen von hoher Be-
Technische Innovationen als Voraussetzung für die deutung (Boucsein, 2012)12. Normales Gehen wirkt sich
mobile EDA-Messung im Feld: Im Unterschied zu frü- nicht auf die Amplitudenhöhe oder die Frequenz aus.
heren EDA-Messgeräten, die nur für das Labor geeignet Grundsätzliche Anwendungsmöglichkeiten der EDR-
waren, können die mobilen Geräte der neuen Generation Messung: Mithilfe der elektrodermalen Reaktion kann
im Feld eingesetzt werden, da die Messwerte mithilfe
eines Verstärkers zu einem Computer übertragen werden 12
Im Rahmen der in diesem Buch skizzierten Versuche ist
können (telemetrische Messung)11. Die Probanden kön- für die EDA-Aufzeichnung stets ein exosomatischer Ansatz
nen sich im Feld im Prinzip frei bewegen. Das EDA-Mess- mit Gleichstrom (0,4 V zur Messung der Hautleitfähigkeit) ge-
und -Funkgerät kann bequem in einer Umhängetasche wählt worden. Die technischen Geräte werden mit einem 12-bit-
getragen oder in den Einkaufswagen gelegt werden. Die A/D („analog/digital“) -Konverter betrieben. Es kommen Ag/
AgCl-Elektroden (Silber/Silberchlorid) zum Einsatz, die mit
modernen Geräte sind auf in Deutschland zu erwarten-
einer 0,5 % NaCl-Creme (Natriumchlorid) gefüllt werden. Die
Elektroden werden auf der linken Handfläche bei Rechtshän-
11
Die mobile EDR-Messung ist unter dem Markennamen dern und auf der rechten bei Linkshändern angebracht. Die
EDR-mobil® rechtlich geschützt. Aufzeichnung erfolgt mit EDR-mobil®.
B. Aktivierende Prozesse 69

Abb. 22: Typischer Ablauf


einer mobilen EDR-Messung
am Point-of-Sale
(Quelle: eigene Darstellung)

die Aktivierungskraft von Werbespots oder -anzeigen, auf jeden Fall außerhalb des Messbereiches angesprochen
von Warenpräsentationen (z. B. Aktivierungskraft des und gebeten, an dem Aktivierungsexperiment teilzuneh-
Standortes oder von Displays) oder ganzen Ladengestal- men. Die Elektroden werden angelegt, „Eisbrecherfragen“
tungen sowie von Schaufenstern ermittelt und können gestellt und anschließend wird die Testperson auf die
unterschiedliche Konzeptionen miteinander verglichen Teststrecke geschickt, dabei entweder mittels Video oder
werden. Wie später noch zu zeigen sein wird, hat die durch versteckte Beobachter beobachtet. Beispielsweise
Höhe der Aktivierung einen Einfluss auf die Erinnerung muss auf dem Beobachtungsbogen vermerkt werden, ob
an die Filme bzw. an die ausgestellten Produkte und auf die Testperson überhaupt einen Blick auf die Zweitplat-
die Kaufabsicht bzw. die tatsächliche Kaufsumme. zierung geworfen hat (oder nur die andere Regalseite be-
Beispiel: Anwendung der Technologie in einem normalen trachtet hat), ob sie ein Produkt in die Hand genommen
Supermarkt zur Analyse der Aktivierungswirkung von und auch in den Einkaufswagen gelegt hat. Es werden
Standorten: Stellen wir uns vor, ein Hersteller möchte Zeitmarker gesetzt, die genau anzeigen, wann die Testper-
wissen, wo in einem Supermarkt der beste Standort für son den Messbereich betreten und wann sie ihn verlassen
eine Zweitplatzierung seines neuen Produktes ist. Er hat. Nach Verlassen der Teststrecke wird in einem anderen
testet drei verschiedene Standorte für Zweitplatzierun- Bereich des Supermarktes (wo das Produkt nicht mehr
gen seiner Markeninnovation (z. B. Blockplatzierung der sichtbar ist) die Testperson von den Elektroden befreit
Marke im Gang A oder im Gang B oder im Gang C) und und befragt, an welche Produkte sie sich erinnern kann.
versucht folgende Fragen zu beantworten: Beobachtungs-, Befragungs- und Aktivierungsdaten
können dann in Beziehung zueinander gesetzt werden
(1) Genügen die ausgewählten Standorte den Kriteri-
(Abb. 24): Wenn die verschiedenen Daten zu konsistenten
en Auffälligkeit (Salienz, Visibilität der Marke) und
Ergebnissen führen, dann kann mit einer hohen Sicher-
Kundenfrequenz, sodass die Absatzzahlen erhöht
heit auf die Vorteilhaftigkeit eines Standortes geschlossen
werden?
werden. Zudem sollte bei komparativen Feldstudien am
(2) Welcher Standort erzeugt die höchste Aktivierung?
Point-of-Sale die Anzahl der Erstbesucher in den einzel-
(3) An welchem Standort wird das Produkt am besten nen Stichproben nicht signifikant variieren, da Erstbe-
bemerkt und erinnert? sucher häufig durch ungewohnte Einkaufsumgebungen
Der Versuchsaufbau könnte wie folgt aussehen (siehe stärker aktiviert werden als Stammkunden, denen alles
Abb. 22 und 23): Testpersonen werden im Eingangsbereich, vertraut ist.
70 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Schließlich sollte auch ein Teil der Probanden, die nicht ten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen, dann
an das EDR-Gerät angeschlossen sind, versteckt beob- kann ein Artefakt durch die Experimentalsituation und
achtet werden, um das Verhalten der EDR-Testpersonen durch das Anlegen der Elektroden ausgeschlossen wer-
mit dem von „normalen“ KundInnen zu vergleichen. Zei- den. Bei allen seit 1999 durchgeführten Point-of-Sale-Stu-
gen sich beim Blick- oder Greifverhalten keine signifikan- dien mit zusammen über 2000 EDR-Testpersonen hat sich

Beispiel -Teststrecke zur Analyse einer Zweitplatzierung

Marker Marker
Zweitplatzierung Standortalternative A MESS-
BEREICH Supermarkt

Nudeln Reis Marmelade Honig Tee

Laufwege Block

Regal

Obstkonserven Süßwaren

(versteckte Beobachterin, z. B. Regaleinordnerin)

Regal
EDR-Mess-
Station und Anlegen
der Elektroden
Der orange hinterlegte Bereich stellt den Messbereich dar, in dem die relevante Produktgruppe
(z.B. Blockplatzierung von Marke XY) hinsichtlich der Aktivierungswirkung untersucht wird.
Entweder per Video oder durch eine als Regaleinordnerin getarnte Beobachterin wird kontrolliert, Abb. 23: Schematische Darstel-
ob die Testperson einen Blick auf die zu untersuchende Produktgruppe geworfen hat. Es müssen
zudem Zeitmarker am Beginn und Ende des Messbereiches gesetzt werden. Die relevante
lung eines EDR-Experimentes
Zweitplatzierung sollte beim Anlegen der Elektroden (EDR -Messstation) noch nicht bzw. beim zur Messung der Vorteilhaftigkeit
Ablegen nicht mehr sichtbar sein. eines Standortes
(Quelle: eigene Darstellung)

Aktivierungspotenzial der verschiedenen Zweitplatzierungs-


standorte, Erinnerungsquote und Abverkäufe

EDR-Daten für alle Probanden, die keine anderen Produkte im Messbereich kauften

Frequenz Prozent Summenamplitude


100%
Anzahl Abverkäufe µS Abverkäufe
20 Erinnerung in % 3000 Erinnerung in %

2000
50%
10
1000

1632,475 635,113 2624,23 Abb. 24: Zusammenführung von


6,86 6,47 15,40 0%
0 Beobachtungs-, Befragungs- und
Zweitplatzierung B C
0
Zweitplatzierung C A
Aktivierungsdaten
B
A (anonymisiertes Beispiel,
Quelle: eigene Darstellung)

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B. Aktivierende Prozesse 71

Wert für Anzahl Werte


Zeit (Sekunden) Blickrichtung Handlung jeweilige Sek pro Sekunde
00:10:32 Display Domestos 0 0
00:10:33 Lenor (>Lenor) bleibt stehen (endlich gefunden?) 521,875 1
00:10:34 0 0
00:10:35 KONTAKT 1 Lenor (Sorte1) - greift 668,75 1
00:10:36 liest Packungstext vorne 0 0
00:10:37 ENDE 1 - stellt zurück 0 0
00:10:38 schaut/sucht? 109,376 2
00:10:39 KONTAKT 2 Lenor (Sorte2) - greift/liest 0 0
00:10:40 ENDE 2 - stellt zurück 0 0
00:10:41 KONTAKT 3 Lenor (Sorte3) - greift 0 0
00:10:42 liest Packungstext vorne 0 0
00:10:43 ENDE 3 - stellt zurück 218,75 1
00:10:44 steht vor Display, schaut [unentschlossen] 581,25 1
00:10:45 0 0
00:10:46 0 0
00:10:47 0 0
00:10:48 204,688 1
00:10:49 0 0
00:10:50 0 0
00:10:51 KONTAKT 4 Lenor (Sorte1) - greift/liest 701,563 1
00:10:52 0 0
00:10:53 EKW KAUF - dreht weg zu EKW 3282,813 2
00:10:54 259,375 1
00:10:55 1982,813 1
Abb. 25: Video- und EDR-Proto-
00:10:56 legt in EKW 1965,625 1
koll für eine Versuchsperson 00:10:57 EKZ liest EKZ 0 0
(Quelle: in Anlehnung an Gröppel- 00:10:58 streicht gekauftes (?) Produkt auf Liste 0 0
Klein, Germelmann und Worat- 00:10:59 301,563 1
schek, 2007) 00:11:00 0 0

bisher ergeben, dass sich die EDR-Testpersonen in der oder indirekt bestätigt werden (Gröppel-Klein, 2010a;
Regel nicht anders verhalten als nicht an das EDR-Ge- Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein, 2017a). Abb. 26
rät angeschlossene Kunden, die unbemerkt beobachtet präsentiert ein Beispiel aus einer Untersuchung in einem
wurden: Es gilt jedoch bei jeder neuen Studie zu kontrol- SB-Warenhaus; hier waren Käufer signifikant stärker
lieren, ob keine Verzerrung im Einkaufsverhalten durch aktiviert als Nicht-Käufer13.
die Experimentalsituation eintritt, denn dieses Problem Steht nicht die Frage, ob Käufer stärker aktiviert sind
kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. als Nicht-Käufer im Vordergrund, so kann man die
Das Verhalten von Konsumenten beispielsweise beim Wirkung einzelner Reize kontrolliert hinsichtlich ihrer
Besuch eines Supermarktes oder eines Shoppingcenters Aktivierungswirkung untersuchen (siehe auch den nach-
kann bei Einwilligung des Konsumenten auch gefilmt folgenden Abschnitt zu unterschiedlichen Reizkatego-
und die Videoaufnahmen (das gelingt übrigens auch in rien). Sind diese Reize für Feldexperimente zu wenig
Kombination mit einem Eyetracker) können anschlie- auffällig (z. B. Labels auf Produktverpackungen) oder
ßend mit den EDR-Messwerten zeitlich synchronisiert ist eine Kontrolle der Reizaufnahme über Blickaufzeich-
werden, sodass der Forscher dann für jede Handlung des nung (siehe Abschnitt Zweiter Teil, C. III) nicht möglich,
Probanden einen Aktivierungswert erhält (siehe Abb. 25). so kann die elektrodermale Reaktionsmessung natür-
So kann man am Ende beispielsweise analysieren, ob lich auch im Labor durchgeführt werden. Am Institut
im Durchschnitt Markenartikel stärker aktiviert haben für Konsum- und Verhaltensforschung wollten wir im
als Handelsmarken oder welche Warengruppen stärker Rahmen des EU-Projekts CLYMBOL14 (www.clymbol.eu)
ansprechen (z. B. Süßwaren stärker als Waschmittel), wel-
che Schaufenster in einem Shoppingcenter besondere 13
An dieser Stelle sei hinzugefügt, dass sich auch die Akti-
Aktivierung auslösen oder ob bestimmte Displays oder
vierungsmuster je nach Kaufentscheidungsart unterscheiden
Schaufensterpuppen die Aufmerksamkeit des Konsu- können.
menten auf sich gezogen haben. 14
In Bezug auf die gesundheitsbezogenen Angaben (die soge-
Letztlich interessiert den Marketier vor allem, ob zwi- nannten „Health Claims“) kam es mit der „Health-Claim-Ver-
ordnung“ (Verordnung EG Nr. 1924/2006) zu großen Ver-
schen elektrodermalen Reaktionswerten und dem Kauf-
änderungen bei der Lebensmittelkennzeichnung. Die
verhalten eine signifikante Beziehung besteht. Dies „Health-Claims-Verordnung“ der EU regelt Nährwertangaben
konnte bei den am IKV durchgeführten Studien direkt (beispielsweise „zuckerfrei“, „fettreduziert“ oder „reich an Vi-
72 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Gesamtaktivierung vor dem Supermarktregal:


Vergleich Käufer/Nichtkäufer

Vergleich der Gesamtaktivierung zwischen Käufern


beliebiger Produkte und Nichtkäufern im Messbereich

µS Anzahl
4315,46
5.000 100

4.000 2867,56 75
44,34
3.000
50
20,65
2.000
25
1.000

0 0

Summenamplitude Frequenz
Käufer (n = 90)
Nichtkäufer (n = 272)
Fazit:
Käufer zeigen eine signifikant höhere Aktivierung als Nichtkäufer (p < 0,05 für Frequenz und Abb. 26: Vergleich der Aktivie-
Summenamplitude), Regression zwischen Summenamplitude, Frequenz (unabhängige Variablen) rungshöhe bei Käufern und Nicht-
und Anzahl der gekauften Produkte (abhängige Variable): R=0,317, F=20,009, p < 0,001 käufern im definierten Messbereich
(Quelle: eigene Darstellung)

beispielsweise feststellen, ob Gesundheitsangaben auf allgemeine Angabe „fruchtig und geschmackvoll“, die
Produktverpackungen das Kaufverhalten beeinflussen. Nährwertangabe „reich an Vitamin E“ sowie die Gesund-
Dazu wurde zunächst ein realer Verkaufstest in einem heitsangabe „reich an Vitamin E: Vitamin E trägt zum
SB-Warenhaus durchgeführt, bei dem eine Flasche Oli- Schutz von Zellen gegen oxidativen Stress bei“. Jede Be-
venöl in drei verschiedenen Varianten zum Kauf ange- schriftungsvariante war zwei Wochen lang im Verkaufs-
boten wurde (Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein, regal zu finden (bei Kontrolle diverser Störvariablen wie
2017a). Die drei Flaschen waren bis auf einen Sticker, keine Werbeaktionen, gleicher Preis und Standort etc.).
der am Flaschenhals angebracht war, identisch. Dabei Ergebnis: Flaschen mit der einfachen Nährwertangabe
wurden drei verschiedene Formulierungen getestet: die ’reich an Vitamin E’ wurden häufiger verkauft als die
Flaschen, deren Aufdrucke die komplexere Gesundheits-
tamin C“) oder Gesundheitsangaben (unter anderem „choles- angabe zeigten. In einem Laborexperiment (siehe Abb. 27)
terinsenkend“ oder „stärkt die Abwehrkräfte“) auf Nahrungs- wurde den Konsumenten anschließend ein virtueller
mittel- und Getränkeverpackungen. Seit dem 14. Dezember Supermarkt gezeigt und Produkte ins Bild hinein- und
2012 sind die gesundheitsbezogenen Angaben (wie z. B. „senkt aus dem Bild herausgezoomt. An dieses „zooming in“
den Cholesterinspiegel“) grundsätzlich verboten, es sei denn,
sie sind von der Europäischen Kommission zugelassen. Für
und „zooming out“ sollten sich die Konsumenten zu-
die Zulassung ist die Europäische Behörde für Lebensmittel- nächst gewöhnen, sodass die Prozedur an sich keine Ak-
sicherheit (EFSA) zuständig, welche die wissenschaftlichen tivierungsreaktionen auslöste. Am Ende wurde die Oli-
Nachweise der behaupteten Wirkung bewertet. Die Werbe- venölflasche (Zwischengruppendesign) für 10 Sekunden
aussagen müssen sich also nicht nur an detaillierte Vorgaben gezeigt, die Versuchsgruppen erhielten also entweder die
halten, sondern auch wissenschaftlich nachprüfbar sein. Die Flasche mit dem Sticker „fruchtig und geschmackvoll“
bislang zugelassenen Claims sind frei zugänglich auf der Web-
oder der Nährwertangabe „reich an Vitamin E“ oder
seite der Europäischen Union einzusehen (zum jetzigen Zeit-
punkt gibt es über 200 autorisierte Claims), die Angaben zu den der Gesundheitsangabe „Vitamin E trägt zum Schutz
pflanzlichen Inhaltsstoffen sind derzeit noch in Bearbeitung. von Zellen gegen oxidativen Stress bei“. Der Vergleich
Das Ziel der Verordnung besteht unter anderem darin, „hohes der drei Varianten zeigt (Abb. 28), dass die Flasche mit
Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, dem Verbraucher der einfachen Nährwertangabe die höchste Aktivierung
die notwendigen Informationen für eine sachkundige Ent- auslöste; die elektrodermale Reaktion kann erneut als
scheidung zu liefern und gleiche Wettbewerbsbedingungen
Zeichen der Annäherung interpretiert werden. Im Ver-
für die Lebensmittelindustrie zu schaffen“. Viele der autori-
sierten Gesundheits-Slogans sind jedoch sehr komplex oder gleich: Eine verbale Befragung ergab keine signifikanten
unverständlich formuliert und für den Konsumenten nicht zu Unterschiede, die Mittelwerte der drei Gruppen waren
durchschauen. fast identisch.
B. Aktivierende Prozesse 73

Virtual Shelves und EDR-Messung


Olivenöl-
Virtueller Stimuli Präsentation der 3
Supermarkt verschiedenen Labels
(Zwischengruppendesign)

Abb. 27: Virtual Shelves und Messung der EDR bei Health Claims (Quelle: eigene Darstellung)

EDR-Werte der drei verschiedenen Varianten

Total Amplitude
Annäherung
0,35

0,3

0,25

0,2

0,15

0,1

0,05

0
General Claim Nutrition Claim Health Claim

Abb. 28: Elektrodermale Reak- Für jeden Anlass:


Hoher Vitamin E-Gehalt Vitamin E trägt dazu bei,
tionen der drei Claim-Varianten Fruchtig und pikant
die Zellen vor oxidativem
(Quelle: Gröppel-Klein, Freichel, im Geschmack
Stress zu schützen.
Kliebenstein, 2017a)
74 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Die elektrodermale Reaktionsmessung kann ebenfalls Fazit: Die elektrodermale Reaktion stellt einen Indika-
zur Messung der Aktivierungswirkung von Werbespots tor dar, der sowohl im Labor (z. B. zur Werbewirkungs-
im Labor angewendet und überprüft werden, ob Spots messung) als auch im Feld, am Point-of-Sale, eingesetzt
genügend bzw. welche am stärksten aktivieren (auch werden kann. Es können Beziehungen zwischen diesen
gepaart mit einer automatischen Emotionserfassung, physiologischen Indikatoren und typischen Marketing-
siehe Kapitel B. III Emotion). Das ist besonders relevant variablen, wie den Erinnerungswerten und Abverkäufen,
für sogenannte Drama-Spots (Escalas und Stern, 2003 hergestellt werden (zur Wirkung der Aktivierung siehe
und ausführlich im Dritten Teil, C), die weniger über nachfolgende Kapitel).
Produkteigenschaften informieren, sondern Marken mit Die Methode hat folgende Vor- und Nachteile:
Geschichten inszenieren möchten. Im Rahmen eines For-
schungsprojekts zusammen mit der GfK (Gröppel-Klein, Die phasische Aktivierung wird valide, sensitiv (schon
Spilski und Dieckmann, 2011) stand die Frage im Vor- die kleinsten Aktivierungsveränderungen sind nach-
dergrund, welche Aktivierungsmuster die Einstellung weisbar) und sehr genau (in Mikro- oder Nanosiemens)
zum Werbefilm besonders positiv beeinflussen. Dabei mit einer nur sehr geringen Zeitverzögerung gemessen.
können Spots, die bei den Teilnehmern eine aufsteigende Das subjektive Erlebnis (mit verbalen Skalen gemessen)
Aktivierung erzeugen (also vor allem am Ende des Films spiegelt Änderungen der Aktivierung dagegen nur grob
hohe Aktvierungsreaktionen evozieren) mit denen vergli- wider.
chen werden, die vor allem zu Beginn hohe EDR-Werte Vergleich von EDR-Messungen mit Messungen auf der
auslösten (siehe Abb. 30). Für beide Arten von Spots gibt subjektiven Erlebnisebene: Wenn man die subjektiven
es gute Argumente: Ist zu Beginn die Aktivierung sehr Aktivierungserlebnisse (z. B. mit verbalen Skalen) misst,
hoch, dann verfolgt der Konsument den Film mit Auf- so macht man eigentlich einen Umweg: Man misst eine
merksamkeit, ist sie am Ende hoch, dann erinnert sich der subjektive Wahrnehmung von Erregungen des Nerven-
Zuschauer vielleicht gerne an den Film. Ein permanent systems, obwohl man die zentralnervösen Erregungen
hoch aktivierender Spot birgt vielleicht das Risiko in auch direkt messen könnte. Außerdem werden verbale
sich, dass er als überaktivierend wahrgenommen wird. Aussagen in erheblichem Umfang von kognitiven Vor-
Die unterschiedlich möglichen Aktivierungsmuster wur- gängen beeinflusst. In vielen Fällen sind Befragte weder
den zwei Gruppen zugeordnet (Aktivierung am Ende ge- in der Lage noch willens, ihre inneren Erregungen genau
geben?) und miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass mitzuteilen.
bei aufsteigender Aktivierung die Einstellung zu den Der Proband kann seine physiologische Aktivierungs-
Spots positiver ausgeprägt und die Gefahr einer Über- reaktion dagegen nicht willentlich beeinflussen, sodass
aktivierung wenig wahrscheinlich ist (siehe dazu auch er auch in Situationen mit sozialem Potenzial (z. B. eroti-
die Ausführungen zur Lambda-Hypothese weiter unten). sche Werbeanzeigen) seine Aktivierung nicht verbergen

Werbespot Havana Club

Abb. 29: Beispiel für einen permanent hoch aktivierenden Spot


B. Aktivierende Prozesse 75

Aktivierung am Ende: nein vs. ja


abfallende Aktivierung aufsteigende Aktivierung

Aktivierung in der Spot-Mitte Anfang/Ende, ohne Mitte

versus

keine Aktivierung andauernde Aktivierung

Abb. 30: Mögliche Aktivierungs-


verläufe bei sogenannten Drama-
Spots

kann. Die physiologischen Reaktionen sind universell, dann, wenn die Aktivierung über motorische Indikato-
das bedeutet, sie treten immer auf, wenn der Organis- ren operationalisiert wird. Wir sprechen hier von einer
mus aktiviert wird bzw. wenn sich die Aktivierung än-
dert. Bei Point-of-Sale-Analysen muss das Verhalten der Aktivierungsmessung auf der motorischen Ebene,
Kunden beobachtet werden, z. B. ob ein Blick auf ein
Display geworfen, ein Regal betrachtet wird oder nicht.
Diese Beobachtungsdaten zeigen jedoch noch nicht das d. h., Messung unmittelbar beobachtbarer Verhaltenswei-
Ausmaß der Faszinationskraft der Warenpräsentation, sen, die bei Aktivierungsvorgängen auftreten können,
die von Regal zu Regal unterschiedlich sein kann. Selbst z. B. Mimik und Gestik oder Kopfbewegungen bei Ori-
wenn die Mimik des Kunden beobachtet wird (z. B. um entierungsreaktionen15. Wenn die Aktivierungsmessung
Überraschungs- oder Freude-Reaktionen zu bestimmen), über die elektrodermale Reaktion erfolgt, dann wird –
kann man bei Nichtvorliegen solcher mimischer Reakti- wie bereits ausgeführt – die Frequenz, also die durch
onen keine verlässlichen Schlussfolgerungen über eine Orientierung hin zu Meinungsgegenständen verursachte
geringe innere Erregung ziehen. Zwei Beispiele: Beim Aktivierung ermittelt. Oftmals ist diese mit einer ein-
Kauf einer Tütensuppe wird wahrscheinlich keine verän- deutig beobachtbaren Kopfbewegung verbunden. Bei-
derte Mimik zu beobachten sein, auch wenn der Käufer spielsweise reagieren Menschen, die in ein Buch oder
im Vergleich zum Nichtkäufer tatsächlich vor dem Regal eine Zeitschrift versunken sind, wenn sie plötzlich ei-
höhere EDR-Werte zeigt. Auch im Labor bei Werbewir- nen lauten Knall hören, mit dem ruckartigen Heben des
kungsanalysen reicht die Beobachtung der Mimik wäh- Kopfes in Richtung dieses Geräusches. Ähnlich können
rend des Leseverhaltens nicht aus. Beispielsweise muss Konsumenten z. B. am Point-of-Sale reagieren, wenn sie
ein Leser einer Zeitschrift keinerlei äußere Anzeichen ungewöhnliche Warenpräsentationen sehen.
zeigen, auch wenn er durch unterschiedlich spannend Allerdings muss nicht jede Aktivierung mit einer beob-
gestaltete Anzeigen(texte) unterschiedlich hohe Aktivie- achtbaren Kopfbewegung einhergehen; Menschen kön-
rungsschübe erfährt. nen auch aus den Augenwinkeln Stimuli erkennen und
dadurch aktiviert werden.
c) Weitere Methoden zur Messung der Aktivierung:
Beobachtung und Befragung 15 Zur Aktivierungsmessung, vor allem mittels nonverbaler
Gleichwohl sind Versuchsanordnungen denkbar, bei Indikatoren, vgl. Burgoon, Kelley et al. (1989); Burgoon, Le Poire
denen Konsumenten nur beobachtet werden, und zwar et al. (1992) sowie Sparks und Greene (1992).

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76 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Eine Beobachtung der Mimik empfiehlt sich, wenn die erregt), „jittery – dull“ (nervös – matt) und „frenzied
aktivierenden Prozesse mit emotionalen Reaktionen – sluggish“ (zappelig – träge) auf die von ihnen erleb-
einhergehen, also der Konsument beispielsweise Freu- ten Aktivierungszustände zu übertragen. Ein weiteres
de oder Überraschung zeigt. Man kann dann indirekt Problem könnte gewesen sein, dass das Item „relaxed“
von diesen mimischen Veränderungen auf erhöhte (gelassen) sowohl zur Messung der Variable „Erregung“
Aktivierung schließen. Die Analyse des menschlichen als auch zur Messung der Variable „Vergnügen“ genutzt
Ausdrucksverhaltens wird detailliert im Kapitel über wurde. Van Kenhove und Desrumaux (1997) nutzten eine
Emotionen erläutert. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, ins Flämische übersetzte PAD-Skala zur Messung von
dass ein Rückschluss von mimischen Reaktionen auf Vergnügen, Erregung und Dominanz. Die von ihnen
die dafür notwendige Aktivierung nur bei entsprechend durchgeführten exploratorischen und konfirmatorischen
starken Reaktionen bzw. Stimuli möglich ist. So kann Faktoranalysen zeigen, dass viele der Originalstatements
es sein, dass ein Konsument eine Tütensuppe im Regal der Vergnügen/Erregungs-Skala keine guten Indikato-
sieht, diese ihn durchaus zum spontanen Kauf animiert, ren zur Messung der „Erregung“ und des „Vergnügens“
der Konsument aber nicht mit einem verzückten Gesicht darstellen und die Diskriminanzvalidität der Skala zwei-
vor dem Regal steht. felhaft sei. Van Kenhove und Desrumaux (1997, S. 364)
Auch wird man vielfach – trotz diverser Nachteile – auf kommen daher zu dem Schluss, dass eine sorgfältige Prü-
Befragungen zurückgreifen, um die Aktivierung zu fung der ausgewählten Items zur Messung des Zusam-
messen, da sie ohne technisches Equipment und phy- menhangs von Vergnügen/Erregung und Annäherung/
siologisches Know-how einfacher durchzuführen sind Meidung notwendig sei. Bei Gebrauch einer verbalen
als physiologische Messungen. Aktivierungsskala sollten also umfassende Validitäts-
prüfungen durchgeführt werden.
Befragungen stützen sich auf die Einsicht, dass eine
vorhandene innere Erregung und ihre psychischen Darüber hinaus kann eine verbale Aktivierungsmessung
Auswirkungen häufig bewusst wahrgenommen wer- (die Ausnahme sind Protokolle lauten Denkens)17 stets
den und deswegen mitteilbar sind, auch wenn der zu- nur mit einer gewissen Zeitverzögerung erfolgen, da die
grunde liegende Entstehungsprozess der Aktivierung Konsumenten oft erst nach dem Betrachten eines Wer-
tatsächlich oftmals willentlich nicht kontrolliert wird. befilms oder am Ende eines Einkaufsbummels befragt
In Befragungssituationen sollen Probanden über ihre werden. Man kann sich jedoch leicht vorstellen, dass
subjektiv empfundene Aktivierung (z. B. in Bezug auf un- diese Zeitverzögerung zu veränderten Aktivierungswer-
terschiedliche Stimuluskonstellationen) Auskunft geben, ten im Vergleich zu dem Moment des Entstehens führt.
was bei stärkeren Aktivierungsunterschieden durchaus Beispielsweise kann man intuitiv nachvollziehen, dass
möglich ist. Bei einer standardisierten Befragung be- es einen Unterschied in der Aktivierungshöhe macht,
kommen die Probanden eine Skala mit verschiedenen ob Deutschland bei der WM ein Tor schießt und ein Fan
Items (z. B.: „Wie unruhig, erregt, aufgeregt etc. fühlen Sie jubelnd aufspringt oder ob man ihn zehn Minuten später
sich?“) vorgelegt und sollen dann auf einer Ratingskala fragt: „Wie haben Sie sich vorhin gefühlt, als der deutsche
den Erregungswert ankreuzen16. Spieler das Tor geschossen hat?“
Eine bekannte Skala zur verbalen Messung der Akti- Ein weiteres entscheidendes Problem verbaler Messung
vierung ist die sogenannte PAD-Skala (Pleasure = Ver- liegt darin, dass die Befragten entweder ihre Aktivierung
gnügen, Arousal = Aktivierung, Dominance = Domi- möglicherweise nicht artikulieren können oder dazu
nanz) von Russell und Mehrabian (1977), die weltweit neigen, in manchen Situationen unzutreffende Angaben
zur Messung der Aktivierung in verschiedenen Studien über ihre innere Erregung zu machen. Es handelt sich um
eingesetzt worden ist. Donovan, Rossiter et al. (1994), solche Situationen, in denen das Selbstbild der Befragten
die diese Skala zur Messung der am Point-of-Sale er-
lebten Aktivierung eingesetzt haben, bezweifeln jedoch 17 Bei Protokollen lauten Denkens wird der Konsument gebe-
die Validität dieser Skala und befürchten, dass sie zu ten, spontan alles laut zu äußern, was ihm/ihr durch den Kopf
verzerrten Untersuchungsergebnissen führen könnte. geht. Erzählt der Konsument dann, dass er den Werbefilm,
Sie berichten, dass es einigen Befragten schwergefallen das Produkt oder das Display etc. als besonders aufregend
empfindet, dann ist das ein Hinweis auf erhöhte Aktivierung.
sei, Items wie „aroused – unaroused“ (erregt – nicht
Problematisch ist hierbei, dass nur bewusste Reaktionen mit-
geteilt werden, die wiederum noch einmal durch einen kogni-
16 tiven Filter laufen können (z. B. „Darf ich laut sagen, dass mich
Neben den geschilderten Verfahren zur Aktivierungsmes-
sung wird als Indikator auch die Stimmanalyse (z. B. Nighs- die Schokoladenmarke begeistert?“). Die Methode des „lauten
wonger und Martin, 1981; Backhaus, Kleinschmidt und Voll- Denkens“ wird im Verlauf dieses Buches, vor allem im Kapitel
mer, 1983) verwendet. „Kognitive Prozesse“, immer wieder aufgegriffen.
B. Aktivierende Prozesse 77

tangiert wird und Fragen gestellt werden, die zu sozial Die nachfolgend erörterten Forschungsergebnisse ver-
erwünschten Antworten verleiten („Wie stark werden Sie deutlichen die grundlegende Bedeutung der Aktivie-
von dieser Waschmittelwerbung angesprochen?“, „Wie rungstheorie für die Erklärung des Konsumentenver-
stark erregt Sie dieses Männerbild?“ usw.). haltens. Wir beginnen mit zwei Fragen:
Beispiel: In einer Befragung über die Reizwirkungen (1) Wie kann Aktivierung ausgelöst werden?
von politischen Schlagwörtern gaben die Befragten an, (2) Wie wirkt die Aktivierung auf das Verhalten?
von hohen politischen Idealen wie Gerechtigkeit und Diese Fragen wurden im vorigen Abschnitt bereits ge-
Chancengleichheit besonders stark erregt worden zu streift und in einer sehr allgemeinen Weise beantwortet:
sein. Psychobiologische Messungen wiesen jedoch in Wir haben festgestellt, dass äußere Reize die Aktivierung
Verbindung mit den experimentellen Gegebenheiten eines Menschen verändern können und dass die Aktivie-
nach, dass die Probanden in Wirklichkeit von diesen rung seine allgemeine Leistungsfähigkeit steigert.
Idealen wenig berührt wurden und sich nur verbal dazu
Anfangs haben wir zwischen tonischer und phasischer
bekannten (Kroeber-Riel, Barg und Bernhard, 1975).18
Aktivierung differenziert und das mehrdimensionale
Aktivierungsmodell von Boucsein und Backs (2009) vor-
3. Anwendung der Aktivierungstheorie
gestellt. Wir können auch von allgemeiner (System 4:
Die aktivierungstheoretischen Erkenntnisse werden in allgemeine Wachheit) und spezifischer Aktivierung
zunehmendem Maße in der Konsumentenforschung be- (System 1, 2 und 3: z. B. (1) Aufmerksamkeitsfokussie-
achtet. Das hat mehrere Gründe: rung, Abwehrverhalten und Verhaltenshemmung, (2) De-
(1) Die Aktivierung spielt eine wichtige Rolle, um das In- chiffrierung unbekannter Reize sowie (3) Annäherungs-
formationsverarbeitungsverhalten von Konsumenten verhalten) sprechen. Die unspezifische oder allgemeine
und die damit verbundene kognitive Anstrengung Aktivierung ist ein zentralnervöser Erregungsvorgang,
zu prognostizieren (Bettman, Luce und Payne, 1998; der den gesamten Funktionsablauf im Organismus sti-
Gröppel-Klein, 2010a, siehe auch Beispiel, Abb. 28). muliert. Die spezifische Aktivierung ist ein zentralner-
(2) Noch einflussreicher ist das wachsende Interesse an vöses Erregungsmuster, das nur ganz bestimmte Funk-
psychobiologischen Ansätzen, das vor dem Hinter- tionen des Organismus stimuliert. Sie sorgt dafür, dass
grund der seit mehr als dreißig Jahren zunehmen- die psychische Energie spezifischen Verhaltensweisen
den Bedeutung des biologischen Denkens in den zugutekommt. Die nachfolgenden Ausführungen bezie-
Sozialwissenschaften zu sehen ist (Kassarjian, 1982) hen sich in erster Linie auf die spezifische, phasische, also
und sich auch in der im ersten Kapitel diskutierten kurzfristige Aktivierung. Wie also lässt sich Aktivierung
„Neuro Economics-Bewegung“ (z. B. Kenning, 2014) auslösen, und wie wirkt Aktivierung?
zeigt.
(3) Drittens beschäftigt man sich in der Konsumenten- a) Auslösung von Aktivierung im Konsumenten-
verhaltensforschung seit geraumer Zeit verstärkt mit verhalten
unbewussten Prozessen (z. B. Behrens und Neumaier, Zunächst zur ersten Frage nach der Auslösung von Ak-
2004; Florack und Scarabis, 2007). Mittels computer- tivierungsvorgängen: Die Frage betrifft die Beziehungen
tomographischer Verfahren oder EDR-Messung kann zwischen den Stimuli und den inneren Vorgängen im
man Hinweise darauf erhalten, welche Stimuli erregt Individuum. Die zweite Frage nach der Wirkung der
haben, auch ohne dass sich die Probanden bewusst Aktivierung wird im nächsten Abschnitt behandelt.
daran erinnern können. Mittels der modernen Mess-
Bei den Reizen, die Aktivierung auslösen, kann es sich
methoden kann man somit auch unbewusste Aktivie-
um innere oder äußere Reize handeln. Innere Reize sind
rungsreaktionen „entlarven“ (Critchley, Elliot et al.,
2000). ●● Stoffwechselvorgänge, wie sie etwa nach dem Genuss
von Kaffee entstehen,
18
Um den störenden Einfluss von sozial erwünschten Ant- ●● aber auch Vorstellungsbilder, wie z. B. die vor dem
worten zu vermeiden, kann man auf nicht-verbale Methoden „inneren Auge“ erscheinende bildliche Vorstellung
der Erlebnismessung zurückgreifen. Meyer-Hentschel (1983) von der Lieblingsspeise, die dann Hunger auslöst, und
entwickelte zu diesem Zweck Farb- und Musterzuordnungs- schließlich auch gedankliche Aktivitäten, bei denen
verfahren. Allerdings muss zu diesem Verfahren kritisch an- gespeicherte Informationen ins Bewusstsein gerufen
gemerkt werden, dass viele Probanden unabhängig von ihrer
subjektiv erlebten Aktivierung dauerhafte Präferenzen für
werden (z. B. beim Einkauf von Kaffee wird dem Kon-
bestimmte Farben oder mehr oder weniger unruhige Muster sumenten bewusst, dass er noch Milch braucht).
haben und stets diese wählen, weshalb wir auf diese Methode
hier nur hinweisen.
78 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Äußere Reize sind Töne, Bilder, Texte, Gerüche usw. Die Schlüsselreize: Kindchenschema, Natur (Pflanzen,
Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Reizen Landschaften), Erotik, aber auch Stimuli, die für den
ist auch für sozialtechnische Überlegungen wichtig: Um Einzelnen eine besondere Bedeutung haben (z. B. Mo-
die Kommunikationswirkung zu erhöhen, kann man delle von Segelschiffen für maritime Mode, Bilder der
ein Individuum gezielt durch äußere Reize (zum Bei- New Yorker Börse für Herrenmode etc.). Schlüsselrei-
spiel durch emotionale Appelle) aktivieren. Dies wird im ze können nicht nur visuell, sondern auch taktil und
nächsten Kapitel beschrieben. Eine Aktivierung durch olfaktorisch wahrgenommen werden (z. B. frischer
äußere Reize ist aber dann nicht notwendig oder wenig Kaffee- oder Kuchenduft).
wirkungsvoll, wenn das Individuum bereits von sich aus ●● Kollative Stimuli: Als kollative Reizvariablen werden
durch interne Stimulierung aktiviert ist (zum Beispiel Stimuluskonstellationen definiert, die aufgrund ihrer
durch die beschriebenen intern ausgelösten emotionalen Vielfältigkeit, ihrer Neuartigkeit oder ihres Überra-
und motivationalen Prozesse wie Hunger, Durst etc.). schungsgehaltes stark aktivieren. Beispiele für kolla-
Äußere Reize lösen im Allgemeinen (von einfachen tive Stimuli am Point-of-Sale sind lebendig wirkende
Schlüsselreizen einmal abgesehen) nicht direkt Akti- und agierende (Schaufenster-)Puppen oder überra-
vierung aus, sondern erst nachdem sie zumindest grob schende Warendekorationen: Fischattrappen, die Kra-
dechiffriert, d. h., entschlüsselt sind. Das gilt vor allem watten tragen, Flanellnachthemden auf einem riesigen
für das komplexe Reizmaterial, das in der Konsumenten- Toaster mit dem Slogan „warm as toast“ (Gröppel-
forschung verwendet wird: Erst nachdem die subjektive Klein, 2004b).
Bedeutung eines Reizes für das Individuum klar ist, wird
●● Intensive Stimuli: Die intensiven Reize wirken durch
der Reiz aktivierungswirksam. ihre physikalischen Eigenschaften und lösen als sali-
ente Informationen reflexartige Orientierungsreakti-
Die zur Aktivierung führende Reizentschlüsselung er- onen aus. Zu dieser Kategorie zählen Lautstärke, Hel-
folgt lediglich in sehr grober Weise, um die Relevanz des ligkeit, chromatische, auffällige Farben – kurz Stimuli,
Reizes für das Individuum zu bestimmen. Die genauere die aufgrund ihrer Intensität automatisch Aktivie-
Entschlüsselung und Wahrnehmung des Reizes sowie rungsprozesse provozieren. Auch Musik kann, bei
seine weitere Verarbeitung werden erst später vorgenom- entsprechender Lautstärke, zu den intensiven Stimuli
men und dann durch die ausgelöste Aktivierung mehr zählen.
oder weniger stimuliert.
Affektive Stimuli: Insbesondere die affektiven Reize ge-
Aus dem Zusammenhang von Reiz → Dechiffrierung hören zum klassischen Instrumentarium der Werbung19,
→ Aktivierung folgt, dass die ausgelöste Aktivierung um die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen
nicht als eine direkte Folge der objektiven Stimulierung und es unter Spannung zu halten. Ein interessantes Ex-
angesehen werden kann. Objektiv gleiche, aber subjektiv periment hierzu stammt von Nielsen, Shapiro und Mason
unterschiedlich interpretierte Reize bewirken eine un- (2010). In Anlehnung an eine Studie von Öhmann, Flykt
terschiedliche Aktivierung. Auf der elementaren Ebene und Esteves (2001), die belegt, dass emotionale Stimuli
einfacher Reize (z. B. einzelne Töne) sind verschiede- prioritär wahrgenommen werden, gehen die Autoren von
ne Gesetzmäßigkeiten zwischen objektivem Reiz (zum der These aus, dass Werbeanzeigen, selbst wenn sie sich
Beispiel Tonhöhe) und subjektivem Reizerlebnis (wahr- nicht im Fokus der Aufmerksamkeit von Konsumenten
genommene Tonhöhe) sowie ausgelöster Aktivierung befinden, wahrgenommen und erinnert werden, wenn
formuliert worden. Selbst auf dieser elementaren Ebene sie starke, emotionale Stimuli beinhalten20. Die Proban-
ist die subjektive Decodierung und damit die kogniti-
ve Reizverarbeitung eine wichtige Voraussetzung für 19 Am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung liegen
die Aktivierungswirkung von Reizen. Dennoch gibt es zur Bedeutung der Aktivierung bei der Werbewirkungsfor-
Reizkategorien, die im Allgemeinen mit einer höheren schung neben den bahnbechenden Arbeiten von Kroeber-Riel
Aktivierung einhergehen als andere Stimuli. Nach Ber- (z. B. 1979) eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten vor,
z. B. die Untersuchungen von Barg (1977); Witt (1977); Bern-
lyne (1974) stehen für die gezielte Auslösung von Akti-
hard (1978); Kafitz (1977); Hera (1978); Wimmer (1980); von
vierung durch äußere Reize folgende bewährte Stimuli Keitz (1981); von Keitz (1983b); Scheid (1984) und Steiger (1988).
zur Verfügung: Kroeber-Riel zählt zu den meistzitierten Autoren im „Hand-
●● Affektive Stimuli: Dazu zählen Variablen, die auf- book of Consumer Behavior“ von Robertson und Kassarjian
(1991).
grund angeborener Reiz-Reaktions-Mechanismen 20
Nielsen, Shapiro und Mason (2010) sprechen hier von „preat-
oder aufgrund von Konditionierungen angenehme tentive processing“ von Stimuli. Gemeint ist damit, dass Men-
oder unangenehme Emotionen auslösen. Zu den schen, auch wenn sie eine bestimmte Aufgabe zu erledigen
positiven affektiven Reizen zählen im Allgemeinen haben, sich unweigerlich solchen Stimuli zuwenden, die für sie
B. Aktivierende Prozesse 79

den sollten Produktbeschreibungen in einer Zeitschrift Convenience-Produkte, sodass nur diejenigen Werbesti-
lesen, in der auch Werbeanzeigen platziert waren, die muli, die hoch aktivierend sind, überhaupt die Chance
sich jedoch außerhalb des Aufmerksamkeitsblickfeldes haben, vom Konsumenten wahrgenommen zu werden,
der Konsumenten befanden. Diese Anzeigen beinhal- um anschließend Präferenzen zum Produkt bzw. zur
teten Slogans mit mehr oder weniger stark emotionali- Marke zu beeinflussen. Dies rechtfertigt letztlich auch
sierenden Wörtern (z. B. „feeling selfish“ vs. „truly ori- aus ökonomischer Sicht die Bereitstellung eines Werbe-
ginal“). Obwohl sich die Probanden nur mit dem Lesen budgets. Doch am Ende muss sich ein Produkt nach dem
der Produktbeschreibungen befassen sollten, konnten Kauf bewähren und beim Verzehr/Gebrauch von den
sie die stark emotionalisierenden Wörter der Werbean- Konsumenten wertgeschätzt werden. Verspricht ein Pro-
zeigen nachher besser wiedererkennen als die schwach dukt mehr als es hält, wird der Konsument das Produkt
emotionalisierenden Wörter und in der Folge auch die nicht wieder kaufen, unabhängig von der Werbestrategie.
mit den emotionalen Wörtern beworbenen Marken besser Hütter und Sweldens (2018) haben in ihrer Studie Mine-
erinnern. Mittels eines Manipulations-Checks war die ralwasser als Produkt gewählt und hier höheren Verzehr
Unterschiedlichkeit des emotionalen Gehalts der Wörter nach Darbietung affektiver Reize verzeichnen können.
kontrolliert worden. Wäre das Wasser nicht wohlschmeckend gewesen, so
Interessant ist hier auch der Beitrag von Hütter und wäre ein erhöhter Konsum sicherlich nicht zu beobachten
Sweldens (2018). Die Autoren stellen die Frage, ob affek- gewesen. Wissenschaft und Praxis benötigen allerdings
tive Werbereize auch unkontrollierbare Wirkungen auf solche Grundlagenstudien, um zu diskutieren, ob der
Einstellungen und Kaufverhalten ausüben können. Im Werbung für Produkte, die dem Menschen eindeutig
Mittelpunkt des Beitrags stehen methodische Aspekte Schaden zufügen, Grenzen gesetzt werden sollten (siehe
zur „evaluativen Konditionierung“ (ein Stichwort, das Vierter Teil).
wir im Kapitel „Lernen“ behandeln werden), vor allem Schlüsselreize: Besonders zuverlässig wirken die Schlüs-
geht es den Autoren (mittels einer Reihe von Studien mit selreize, die biologisch vorprogrammierte Reaktionen
aufwendigen Designs) darum festzustellen, wie man auslösen und die Empfänger weitgehend automatisch
valide messen kann, ob und in welchem Ausmaß affek- erregen (siehe Abb. 31-33). Ein Schlüsselreiz ist ein Reiz-
tive Stimuli willentlich kontrollierbare oder nicht kon- muster, das bei Wahrnehmung eine bestimmte, meist
trollierbare Reaktionen auslösen. Anders ausgedrückt, angeborene Verhaltensweise (Verhalten) auslöst. Ein
sie untersuchen, ob aufgrund einer Konditionierung Schlüsselreiz wird laut Dorsch-Lexikon der Psychologie
die Einstellungsbildung oder das Kaufverhalten qua- „in der Ethologie als Auslöser verstanden, der jeweils
si automatisch ablaufen kann. Das Fazit der Autoren einem ganz bestimmten (vielfach) angeborenen Auslö-
ist auch für diesen Abschnitt zur Wirkung affektiver semechanismus (AAM) zugeordnet ist, den er auslösen
Stimuli bedeutsam: Ihre Ergebnisse belegen, dass die kann und zu dem er wie ein Schlüssel zum Schloss passt“
visuelle Darstellung affektiver Reize unkontrollierbare (Wirtz, 2019).
Effekte auf die Einstellungen zu bis dahin unbekann-
ten Personen/Objekten ausüben kann und dass auch Natürliche Schlüsselreize können auch durch Zeichnun-
das Konsumverhalten (hier gemessen an der Wahl eines gen, Fotos, Modelle usw. künstlich nachgebildet werden.
Mineralwassers und anschließendem Trinkverhalten) Die Verhaltensforschung spricht dann von Attrappen. Sie
hierdurch beeinflusst wird. Die Autoren diskutieren die haben die gleiche oder sogar – wenn besonders typische
Ergebnisse aus verbraucherpolitischer Sicht und erklä- Reizmerkmale hervorgehoben werden – eine stärkere
ren, dass Marketingreize, die zu einem willentlich nicht Wirkung als natürliche Schlüsselreize (Kroeber-Riel,
mehr kontrollierbaren Verhalten führen, problematisch 1981). Bekannte Attrappen sind das Kindchenschema,
seien. Auf die verbraucherpolitische Diskussion werden der weibliche Busen, Abbildungen von Augen und Mi-
wir im Vierten Teil des Buchs eingehen. An dieser Stelle mik (Weinberg, 1986).
wollen wir die Ergebnisse aus Marketingsicht beleuchten: Bei emotionalen Stimuli denkt man in erster Linie an vi-
Im realen Verkaufskontext buhlen sehr viele Reize um die suelle Reize. Es gehören aber auch akustische, taktile und
Gunst der Kunden. Wir leben im Zeitalter eines extremen olfaktorische Reize dazu (Stöhr, 1998; Salzmann, 2007;
Verdrängungswettbewerbs, insbesondere im Bereich der Spence, Puccinelle et al., 2014). Ein Beispiel ist Moschus-
duft, der ausgesprochen stark aktiviert (Kroeber-Riel,
Möcks und Neibecker, 1982). Auch emotionale Sprache
eine höhere Bedeutung oder Attraktivität haben. Das gelingt
sogar, wenn diese anregenden Reize unterhalb einer bewussten kann aktivieren, wie das zuvor geschilderte Experiment
Wahrnehmungsschwelle präsentiert werden (Chartrand und von Nielsen, Shapiro und Mason (2010) belegt. Ein typi-
Bargh, 1996; Strahan, Spencer und Zanna, 2002). scher Werbeslogan aus Deutschland, der Aktivierung
80 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 31: Schlüsselreize: Erotische Stimuli bei ganz unterschiedlichen Produktgruppen

durch Sprache auslösen kann, lautete beispielsweise durch Tabubrüche geschaffen. Kombinationen von Kind-
„Kuschelweiche Wolle von Perwoll“. chenschemata und Erwachsenentätigkeiten, wie bei dem
Kollative Stimuli: Eine kognitiv bewirkte Aktivierung berühmten, sich rasierenden Gillette-Baby (Abb. 32), sind
entsteht durch gedankliche Konflikte sowie durch Wi- anziehend (wegen des Kindchenschemas und der damit
dersprüche und Überraschungen, welche die Wahrneh- verbundenen angeborenen emotionalen Fürsorgereakti-
mung vor unerwartete Aufgaben stellen und dadurch on) und überraschend zugleich und daher sehr aktivie-
die Informationsverarbeitung stimulieren. Ein Beispiel rungsstark. Kollative Reizkonstellationen (Abb. 33) müs-
sind Werbeanzeigen, bei denen ein menschlicher Körper sen jedoch darauf getestet werden, ob nicht die Gefahr
einen Tierkopf trägt. Derartige Verfremdungstechniken einer „Rätselanzeige“ besteht, die der Konsument nicht
sind dazu geeignet, die Erinnerung an Anzeigen zu in wenigen Sekunden entschlüsseln kann. Oftmals ver-
verstärken. Sie können allerdings in der Werbung den suchen Werbegestalter auch durch Szenen, die negative
emotionalen Aktivierungstechniken unterliegen, wenn und positive Emotionen zugleich auslösen (z. B. fröhliche,
sie sich bei Wiederholungen abnutzen. Zudem kommt lachende Gesichter bei einer ansonsten traurigen Beer-
es häufig zu nachteiligen Assoziationen (Lächerlichkeit, digung), Aktivierung zu erzielen. Mit dieser Thematik
Unwirklichkeit, Übertreibung usw.), welche den Wer- werden wir uns unter der Überschrift „mixed emotions“
beerfolg beeinträchtigen und insbesondere die Positi- nach Darstellung der verschiedenen Emotionstheorien
onierung des beworbenen Produktes erschweren. Kol- eingehender beschäftigen.
lative Reizkonstellationen werden oftmals auch durch Intensive Stimuli: Schließlich kann Aktivierung – wie
unerwartete Kombinationen von affektiven Reizen oder oben bereits angemerkt – auch über physisch (physika-

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B. Aktivierende Prozesse 81

Abb. 32: Kindchenschema, auch in Kombination mit kollativem Reiz

lisch) wirkende Reize erzielt werden (Abb. 34). Ihre Be- dem ein „kollektives Gefühl der Euphorie und Zusam-
deutung für den Werbeerfolg kommt durch Größe und mengehörigkeit durch Farben ausgelöst werden soll“
Farbe eines Werbemittels zum Ausdruck. So weiß man, (www.holifestival.com), in anderen Worten: ein echter
dass Signalfarben stark aktivieren. Farbrausch! Auf den Konzerten mit Elektro-Musik wird
dazu farbiges Pulver (das sogenannte „Holi Pulver“)
Farbe ist ein universelles Mittel, um die Aufmerksam- versprüht, welches an eine Art „Frühlingsbestäubung“
keitswirkung von Anzeigen, Produkten im Regal und erinnert. Das Pulver setzt sich überall fest, auch auf den
von Schaufenstern zu verstärken. Mehrfarbige Gestal- Körpern der Teilnehmer, weshalb in Deutschland nur
tung hat wiederum eine größere Wirkung als einfarbi- überprüftes Pulver verwendet werden darf (Abb. 35).
ge Gestaltung. Lysinski fand bereits 1919, dass „bunte
Schaufenster“ mehr Aufmerksamkeit erregen als „ein- Auch die Anzeigengröße kann die Aktivierungswir-
farbige“. Das drückte sich unter anderem darin aus, dass kung beeinflussen. Diese Wirkungen sind in der Wer-
die bunten Schaufenster häufiger betrachtet wurden (in beforschung schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts be-
einem Fall 73 % häufiger als einfarbige) und dass beim kannt. Der amerikanische Psychologe Scott stellte 1908
Kaufen wesentlich häufiger auf diese Schaufenster Bezug fest, dass große Anzeigen häufiger als kleine beachtet
genommen wurde. wurden: Eine halbseitige Anzeige wurde zum Beispiel
rund dreimal so häufig beachtet wie eine viertelseitige.
Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse kam König
zu erwähnen, dass es weltweit, seit 2012 auch in Deutsch- (1926, S. 38) zu dem Schluss: „Wer für eine Achtel Seite
land, das sogenannte „Holi Festival of Colours“ gibt, bei bezahlt, erhält somit bei weitem nicht den achten Teil,
82 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 33: Kollative Reize

Abb. 34: Aktivierung durch Farben


B. Aktivierende Prozesse 83

Abb. 35: Das Holi Festival of Colours (Quelle: www.holifestival.com)

sondern kaum den zwanzigsten Teil des psychischen Aktivierung auch von Persönlichkeitseigenschaften der
Einflusses, den eine ganze Seite hervorbringt.“ Wie häu- Rezipienten, wie Introversion/Extraversion, abhängen
fig eine Anzeige betrachtet wird, kann als Ausdruck oder von sozialisationsbedingten Gruppenunterschieden
ihres Aktivierungswertes interpretiert werden. Sie lässt bestimmt werden.
sich auch mithilfe moderner Blickaufzeichnungsgeräte
in Form einer häufigeren Fixation des Inhalts größerer b) Wirkungen der Aktivierung
Anzeigen nachweisen.
Will man Reize aufgrund ihres Aktivierungspotenzials
Heute kann man sich auf die durch verschiedene Unter- in der Werbung, im Laden, beim Verkauf, auf Verpackun-
suchungen abgestützte Erkenntnis verlassen, dass die gen, in Broschüren usw. zur Stimulierung von Konsu-
Größe von Anzeigen den stärksten Einfluss auf das Be- menten verwenden, so ist auf die Akzeptanzwirkung
trachtungsverhalten ausübt. Nach Untersuchungen von der Reize zu achten, also darauf, ob sie angenehm oder
Köcher-Schulz (2000) in Wochenmagazinen bewirkt ein unangenehm wirken und nicht zu störenden Irritatio-
Verhältnis von 2:1 (zweiseitige Anzeigenformate) mehr nen führen. Unter Irritation versteht man ein Gefühl der
als doppelt so lange Betrachtungszeiten wie einseitige Verunsicherung und Störung (Neibecker, 1990) bzw. des
(1:1) Formate (2:1-Seite: 4,61 Sekunden, 1:1-Seite: 2,04 Se- Unmuts und der Ungeduld (Aaker und Bruzzone, 1985).
kunden, kleiner als 1:1-Seite: 1,05 Sekunden). Von Keitz, Da Irritation mit Aufmerksamkeit einhergeht, verstärkt
Gunawardena et al. (2007) kommen zu durchschnitt- sie zwar die gedankliche und emotionale Verarbeitung
lichen Betrachtungszeiten von ca. 3 Sekunden für eine und Speicherung der Werbebotschaft. Sie setzt aber die
1:1-Anzeige. Bei sehr hohem Involvement der Zeit- Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Beeinflussung
schriftenleser kann sich die Betrachtungszeit erhöhen (gemessen an Einstellung oder Kaufabsicht) herab, weil
(Jeck-Schlottmann, 1988). die Informationsverarbeitung auch zu nicht beabsichtig-
An dieser Stelle sei allerdings darauf hingewiesen, dass ten Ergebnissen (wie zu Nichtkauf oder negativer Ein-
die Höhe der durch verschiedene Stimuli ausgelösten stellung zum Produkt) führen kann.
84 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Irritation entsteht vor allem, wenn physisch intensive dass die Aktivierung Einfluss auf die Informationsver-
Reize als aufdringlich empfunden werden (Behrens, arbeitung und damit auf die Leistung des Individuums
1991) oder wenn überraschende und emotionale Reize nimmt (Yerkes und Dodson, 1908).
dümmlich, peinlich oder geschmacklos wirken. Beispiele
Die frühen Arbeiten zur Aktivierungswirkung (Duffy,
sind zu laute Musik, grelle Farben, aufdringliche Düfte
1962; Lacey, 1967; Lindsley, 1951) gingen davon aus, dass
oder emotionale Reize, die gegen die „guten Sitten“ oder
es in Abhängigkeit von der Aufgabenkomplexität ein
moralische Standards verstoßen. Zum Beispiel konnten
optimales Aktivierungsniveau gibt. Diese sogenannte
Pokrywczynski und Crowley (1993) feststellen, dass laute
Lambda-Hypothese (auch als umgekehrte U-Funktion
oder grelle Radiospots zwar als auffällig, aber als beläs-
bezeichnet) besagt, dass bei zunehmender Stärke der
tigend empfunden werden.
Aktivierung zunächst die Leistung des Individuums
Auch Werbung im Internet wird vielfach als irritierend ansteigt, bis sie sich ab einer bestimmten Aktivierungs-
empfunden (Beuckels, Cauberghe, Hudders, 2017 und stärke wieder verringert. Die umgekehrte U-Funktion
Ghose, Singh und Todri, 2017). Dazu hat sich in den letz- kann sowohl auf tonische als auch auf phasische Aktivie-
ten Jahren ein eigener Forschungszweig mit einer Fülle rungsprozesse bezogen werden. Die Grundlagenstudien
von empirischen Erkenntnissen entwickelt, auf die wir von Salehi, Cordero und Sandi (2010) sowie Mair, Onos
auch noch im Dritten Teil dieses Buchs eingehen werden. und Hembrook (2011) geben jeweils gute Hintergrund-
Beispielsweise fanden Goldstein, Suri und McAfee (2014) informationen zur Yerkes-Dodson-Regel (bzw. Lambda-
heraus, dass animierte Anzeigen im Internet sehr häufig Funktion).
als „nervend“ empfunden werden.
Die Lambda-Hypothese wird zunächst durch intuitive
Einsichten und Erfahrungen getragen. Die leistungs-
Die Akzeptanz- und Irritationswirkung der zur Aktivierung
stimulierende Wirkung einer erhöhten Spannkraft und
eingesetzten Reize sollten durch Verhaltensbeobachtung
und verbale Messungen (Akzeptanz- und Irritationsprofile)
Angeregtheit kennt jeder aus eigener Erfahrung, ebenso
begleitend ermittelt werden. Sie sind stets ergänzend zur den leistungshemmenden Einfluss einer besonders star-
Aktivierungswirkung zu berücksichtigen. ken Erregung, etwa eines Wutausbruchs. Es scheint auch
evident zu sein, dass es irgendein Maximum gibt, an
dem die positiv stimulierende Wirkung einer Erregung
In den bisherigen Ausführungen wurden bereits indirekt
in eine hemmende Wirkung umschlägt.
einige Aspekte der Wirkung von Aktivierung auf das
Konsumentenverhalten angesprochen, beispielsweise
in Bezug auf die Korrelation zwischen Kaufverhalten Bei zunehmender Stärke der Aktivierung steigt zunächst
und aktivierenden Produkten am Point-of-Sale. Die so- die Leistung eines Individuums, ab einer bestimmten Ak-
genannte Lambda-Hypothese bzw. „Inverted-U Hy- tivierungsstärke fällt sie wieder. Diese Regel ist bekannt
pothesis“ beschreibt einen theoretisch postulierten Zu- als Yerkes-Dodson-Regel, Lambda-Hypothese oder In-
verted-U-Function (umgekehrte U-Funktion).
sammenhang von Aktivierung und Verhalten. Sie besagt,

Aktivierung und Überaktivierung

Leistungsfähigkeit

z.B. z.B.
Farben, zu grelle Farben,
Musik, zu laute Musik,
Düfte, zu intensive Düfte,
Belebtheit zu viel Gedränge

Aktivierung
Schlaf Panik

Abb. 36: Die Lambda-Hypothese


B. Aktivierende Prozesse 85

Die empirische Gültigkeit der Funktion wird jedoch Testimonial-Werbung bei hoher Erregung der Versuch-
kontrovers diskutiert (Gröppel-Klein und Freichel, 2018). steilnehmer positive Einstellungsänderungen bewirk-
Als die Lambda-Hypothese entwickelt wurde, lag die- te, während „starke“ Argumente, die eine komplexere
sem Konzept noch die Idee eines nur eindimensionalen kognitive Verarbeitung verlangten, nur bei moderater,
Aktivierungssystems zugrunde, was heute – siehe oben – nicht bei hoher Aktivierung der Probanden für einen
stark bezweifelt wird. Es ist daher durchaus denkbar, positiven Imageeffekt sorgten. Die Autoren sehen durch
dass bei Mehrdimensionalität der Aktivierungssysteme ihre Studie die Lambda-Hypothese bestätigt.
unterschiedliche Funktionsverläufe zur Darstellung der Stange (2003) untersuchte die Aktivierungsstärke von
Beziehung zwischen Aktivierung und Leistung existieren preisgekrönten Werbespots der Cannes-Rolle mittels
können. Zudem sind die bisherigen empirischen Befunde elektrodermaler Reaktionen und fand heraus, dass
nicht ganz eindeutig und haben sich zum großen Teil nur ein Spot mit besonders hohen Aktivierungsreaktionen
auf bestimmte Abschnitte der Funktion (also z. B. auf schlechtere Recall-Werte in Bezug auf den Markennamen
den aufsteigenden oder den absteigenden Ast) bezogen. erzielte als ein ebenfalls in Cannes preisgekrönter Wer-
Pro-Seite: Die Verfechter der Lambda-Hypothese befilm mit moderater Aktivierungswirkung. Hier kann
(„Pro-Seite“) führen zur Bestätigung der These die soge- der Spot so „gefesselt“ haben, dass der Markenname
nannten „Dual-Task-Experimente“ an (Näätänen, 1973; nicht konzentriert wahrgenommen wurde. Wir können
Eysenck, 1982). Beispielsweise müssen Probanden hierbei hier von einem typischen Ablenkungseffekt sprechen,
zunächst auf einem Ergometer strampeln, bis sie ein be- der auftreten kann, wenn der Markenname nicht in die
stimmtes Aktivierungsniveau erreicht haben. Anschlie- aktivierende Story des Spots eingebunden ist.
ßend müssen sie eine zweite Aufgabe erfüllen, z. B. einen Gröppel-Klein (1998) konnte mittels Befragungen am
schweren Hebel herunterdrücken. Dabei zeigte sich, dass Point-of-Sale zeigen, dass Konsumenten eine Ladenatmo-
diejenigen Probanden, die durch das Fahrradfahren nur sphäre dann als besonders angenehm empfinden, wenn
wenig angestrengt wurden, und solche, die sich hierbei ein Wechselspiel von aktivierenden und entspannenden
verausgabt hatten, die zweite Aufgabe im Vergleich zu Stimuli kreiert wird. Zu viele aktivierende Reize (z. B.
den Probandengruppen mit mittleren Aktivierungswer- laute Musik, intensive Düfte, viele Menschen) am Point-
ten signifikant schlechter bewerkstelligen konnten. Diese of-Sale können dagegen zu einer subjektiv empfundenen
„Dual-Task-Experimente“, die in verschiedenen Varian- Einkaufshektik führen und Meidungsreaktionen provo-
ten durchgeführt wurden (meist wurde als Parameter für zieren. Allerdings ist zu fragen, wann und wie häufig
die Höhe der Aktivierung die Herzschlagrate gewählt), solche Extrembedingungen am Point-of-Sale tatsächlich
werden von den Befürwortern der Lambda-Hypothese vorzufinden sind. Zudem wurde hier die Aktivierungs-
als Beleg für den Zusammenhang zwischen Aktivierung wirkung mit verbalen Skalen gemessen, was – wie bereits
und körperlicher Leistungsfähigkeit gewertet. Ebenso ausgeführt – problematisch ist.
gelten sogenannte „Koffein-Experimente“ als Bestäti-
Albrecht, Hattula und Lehmann (2017) beschäftigen sich
gung für die These. Hier wurde z. B. die körperliche
nicht mit der am Point-of-Sale ausgelösten psychophy-
und geistige Leistungsfähigkeit von Probanden getestet,
siologischen Aktivierung, sondern mit Stress in Ein-
die mithilfe von Koffein über einen längeren Zeitraum
kaufssituationen, der durch die Einkaufsumwelt ausge-
wachgehalten und in einen Zustand der Überaktivierung
löst werden kann (z. B. räumliche Enge durch zu viele
versetzt wurden und die anschließend bei der Bewälti-
Kunden (crowding), Displays, die den Weg verstellen
gung unterschiedlicher Aufgaben versagten (siehe auch
etc.). Die Autoren messen den erlebten Stress ebenfalls
Humphreys und Revelle, 1984).
mittels verbaler Verfahren (Selbstberichte und Skalen).
Sanbonmatsu und Kardes (1988) untersuchten die Gül- Ihre Studien kommen zu dem Schluss, dass Stress in
tigkeit der umgekehrten U-Funktion in der Kommuni- Einkaufssituationen vor allem für die sogenannten auf-
kationspolitik. In ihrem Experiment wurde der Einfluss gaben-orientierten (task-oriented) Shopper ein Problem
unterschiedlicher Aktivierungshöhen auf die Wirkung darstellt. Diese brechen den Einkaufvorgang in Stress-
von mehr oder weniger informativen Argumenten im situationen häufig ab, da sie befürchten, ihre Einkaufs-
Vergleich zu Testimonial-Anzeigen überprüft. Dabei ziele nicht erreichen zu können. Diejenigen Shopper, die
interessierten sich die Autoren vor allem für die Aus- Einkaufen als Freizeitbeschäftigung ansehen, lassen sich
wirkung der Aktivierung auf die Einstellung zu dem dagegen von den Stressfaktoren weniger beeindrucken
Produkt nach Darbietung der unterschiedlichen Wer- und brechen seltener den Einkaufsvorgang ab. Letzte-
bekonzeptionen. Die Aktivierung wurde mithilfe des res geschieht erst, wenn eine bestimmte Stressschwelle
systolischen Blutdruckwertes der Probanden operatio- überschritten wird, was eine indirekte Bestätigung der
nalisiert. Die Ergebnisse des Experimentes zeigen, dass Lambda-Hypothese wäre.

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86 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Jeong und Biocca (2012) unterstellen in ihrer Untersu- die zwar hypothesenunterstützende Resultate erzielt hät-
chung ebenfalls die Gültigkeit der Lambda-Funktion und ten, aber für das alltägliche Leben wenig aussagekräftig
prüfen, ob die Erinnerungsleistungen bezüglich in einem seien.
Videospiel gezeigter Marken unter hoher Aktivierung
Es existieren zudem diverse Studien, die die Gültig-
größer sind als bei geringer oder mittlerer Aktivierung.
keit der umgekehrten U-Funktion im Rahmen von Du-
Zunächst wurde geprüft, ob durch ein durchaus als
al-Task-Experimenten nicht bestätigen. McMorris und
grausam zu charakterisierendes Videospiel eine genü-
Graydon (1997) konnten beispielsweise nicht feststellen,
gend hohe Varianz in den Probandenreaktionen erzeugt
dass die durch sportliche Aktivitäten ausgelöste erhöhte
werden konnte. Probanden mit geringen, mittleren und
Aktivierung zu einer besseren kognitiven Leistungsfä-
hohen Reaktionen wurden jeweils zu einer Gruppe zu-
higkeit führt. Eine Metaanalyse von Lambourne und
sammengefasst. Die Aktivierung wurde mittels elek-
Tomporowski (2010, S. 12) kommt zu dem Schluss: „Co-
trodermaler Reaktion gemessen. Die Ergebnisse zeigen,
gnitive performance may be enhanced or impaired de-
dass bei hoher und mittlerer im Vergleich zu geringer
pending on when it is measured, the type of cognitive
Aktivierung die Erinnerung an die in dem Videospiel
task selected, and the type of exercise performed“. Auch
gezeigten Marken besser ausgeprägt war. Da sich je-
neuere Studien von Tomporowski und Audiffren (2014)
doch kein Unterschied zwischen der mittleren und der
sowie von Brown, Flynn et al. (2017) kommen zu ähnli-
höchsten Aktivierungsstufe zeigte, ist der Befund „pro
chen Ergebnissen. Allerdings beziehen sich diese Studien
Gültigkeit“ der Lambda-Hypothese nicht ganz eindeutig.
auf den Zusammenhang zwischen Sport und kognitiver
Pfeifer, Schulz et al. (2014) untersuchen die Hypothese, ob Leistungsfähigkeit.
sogenannte Flow-Erlebnisse, also Zustände voller Ener-
Neben dieser grundsätzlichen Kritik können auch ver-
gie, Aufmerksamkeit und Produktivität, bei normaler
schiedene Experimente angeführt werden, die zu dem
Aktivierung eher auftreten als bei Überaktivierung und
Schluss kommen, dass in Normalsituationen eher eine
unterstellen somit ebenfalls eine umgekehrte U-Funk-
lineare Beziehung zwischen Aktivierung und Leistung
tion. Verschiedene psycho-physiologische Indikatoren
zu unterstellen sei. So erklärt beispielsweise Kroeber-Riel
wurden zur Messung der Aktivierung herangezogen.
(1984b) auf Basis der Ergebnisse der „Hoba-Experimente“
Zusammenfassend (ebenda, S. 68) kommen die Auto-
(auf die in diesem Buch in verschiedenen Abschnitten
ren zu dem Schluss, dass Flow-Erlebnisse im mittleren
Bezug genommen wird), dass bei Werbung eine Überak-
Aktivierungsbereich am wahrscheinlichsten sind, bei
tivierung selten zu provozieren sei und man daher davon
geringer und bei zu hoher Aktivierung dagegen seltener
ausgehen könne, dass die werblichen Informationen des-
auftreten, und stützen damit die Lambda-Hypothese.
to effizienter verarbeitet werden, je stärker die ausgelös-
Noseworthy, Di Muro und Murray (2014) stellen sich die te Aktivierung ist. Auch die anfangs schon erläuterten
Frage, wie stark neue Produkte vom alten Produktsche- sowie spätere Point-of-Sale-Studien von Gröppel-Klein
ma abweichen dürfen (wir werden dieses Thema noch (zusammenfassend 2010), bei denen die Aktivierung mit-
ausführlich im Rahmen der Schematheorie besprechen) tels elektrodermaler Reaktion gemessen wurde, zeigen,
oder anders ausgedrückt: Wann befürworten Konsu- dass in „normalen Einkaufssituationen“ Aktivierung
menten Inkongruenz? Sie können u. a. feststellen, dass auf der einen Seite und Blick- und Kaufverhalten auf der
eine moderate Aktivierung (vs. sehr hohe) vorteilhaft anderen Seite in einer engen Ursache-Wirkungs-Bezie-
für moderate, nicht aber für extrem inkongruente Inno- hung stehen. Gröppel-Klein (1998) macht jedoch darauf
vationen ist. Ab einem bestimmten Aktivierungsgrad, aufmerksam, dass es dennoch durchaus möglich ist, dass
insbesondere bei sehr hoher Aktivierung (die Überak- zu viele Reize am Point-of-Sale Bumerangeffekte auslösen
tivierung wird hier als Angst erlebt) werden radikale (wie z. B. Crowding, zu laute Musik, zu intensive Düfte).
Innovationen negativ beurteilt. Dieser Befund kann mit
Cacioppo (1979) führte Experimente durch, bei denen
Hilfe der Lambda-Hypothese interpretiert werden.
sich zeigte, dass bei hoher Aktivierung die Leistungs-
Contra-Seite: Die Befürworter der entgegengesetzten fähigkeit bei der Informationsverarbeitung verbessert
Position („Contra-Seite“) erklären dagegen, dass viele werden kann. Er hatte Zugang zu Patienten in einer Herz-
psychophysiologische Befunde zur Gültigkeit der Lamb- klinik, die alle mit einem Herzschrittmacher ausgestattet
da-Hypothese unter „Schock“ oder anderen ungewöhn- waren. Mittels einer speziellen Apparatur konnte die
lichen Bedingungen erzielt worden seien. Neben den Herzschlagrate der Patienten verändert werden. In ei-
Koffein-Experimenten habe man beispielsweise auch im nem Versuch wurde bei einer Gruppe von Probanden die
amerikanischen Gefängnis „Sing Sing“ Experimente auf Herzschlagrate auf 88 Schläge pro Minute erhöht. Dabei
dem elektrischen Stuhl durchgeführt (Näätänen, 1973), wurde den Patienten ein Text mit hoher persönlicher
B. Aktivierende Prozesse 87

Relevanz vorgelesen, dessen Inhalt zur Formulierung ●● mangelnde Differenzierung zwischen körperlicher
von Gegenargumenten herausfordern sollte. Nach dem und geistiger Leistungsfähigkeit;
Vorlesen sollten die Probanden zu dem Text drei Minuten ●● Unterschiedlichkeit von Normalsituationen und
lang Stellung nehmen. Es zeigte sich, dass die Patienten- stressproduzierenden Extremsituationen;
gruppe mit erhöhter Herzschlagrate signifikant mehr Ge- ●● Unterschiedlichkeit in den Experimenten, wie Akti-
genargumente generieren konnte als die Kontrollgruppe vierung ausgelöst wurde (interne vs. externe Reize);
mit normaler Herzschlagrate. Allerdings wird bei diesem ●● schließlich das Problem, dass im Sinne des mehrdi-
Experiment nicht ganz klar, ob es sich um einen Beleg mensionalen Aktivierungsmodells im Prinzip für
für oder gegen die Gültigkeit der Lambda-Hypothese Annäherungsverhalten andere psychophysiologische
handelt, da 88 Schläge pro Minute zwar eine hohe, aber Indikatoren herangezogen werden müssten als für
keine extrem hohe Herzschlagrate bedeuten. Es könnte Verhaltenshemmung.
daher auch gefolgert werden, dass es sich bei diesem Auch wenn derzeit die Gültigkeit der Lambda-Hypothe-
Aktivierungsgrad um eine für die Aufgabenbewältigung se letztendlich nicht geklärt werden kann, so kann die
optimale Höhe handelt. Funktion doch zum einen der heuristischen Orientierung
Celsi und Olson (1988) beschäftigten sich mit Informati- dienen und zum anderen auf mögliche Problemfelder im
onsverarbeitungsprozessen in der Werbung. Ihre Ergeb- Marketing aufmerksam machen:
nisse belegen, dass mit wachsendem Motivationsgrad der (1) Die Wahrscheinlichkeit, dass im täglichen Leben
Werbeempfänger auch die kognitive Anstrengung beim durch in der Werbung benutztes Reizmaterial Über-
Verarbeiten der Werbebotschaft anstieg. Da Aktivierung aktivierung ausgelöst wird, ist nur in Ausnahme-
als Grundlage von motivationalen Prozessen angesehen fällen gegeben. Es ist dagegen anzunehmen, dass in
werden kann, ist dieses Ergebnis auch für die Diskussion der werblichen Kommunikation durch die Erhöhung
der Lambda-Hypothese von Relevanz. des tonischen Aktivierungsniveaus die Effizienz der
Day, Lin et al. (2008) werfen in ihrer Untersuchung die gesamten Informationsverarbeitung steigt und die
Fragen auf, ob durch die Schnelligkeit der Hintergrund- durch einen werblichen Reiz kurzfristig ausgelöste
musik die Aktivierung beim Lösen von Aufgaben erhöht phasische Aktivierung die Verarbeitungseffizienz
werden kann und ob bei schneller Hintergrundmusik dieses Reizes erhöht. Es muss jedoch kontrolliert wer-
komplexere Entscheidungsregeln gewählt und Entschei- den, ob hochaktivierende Reize zu Bumerangeffekten
dungen besser und effizienter getroffen werden können führen, und zwar dann, wenn sie zur Erinnerung der
als bei langsamer Musik. Die Autoren zeigen, dass in Werbeanzeige, nicht aber des Produktes beitragen
der Tat ein schnelles Musiktempo die Leistungsfähig- (Ablenkungseffekte) oder – insbesondere wenn die
keit der Probanden erhöhen kann, was für die These Stimuli zur Kategorie der „intensiven Reize“ gehören
sprechen würde „Je höher die Aktivierung, desto besser – schlicht als „nervend“ empfunden werden. Letzte-
die Leistung“. res scheint bei der Online-Werbung häufiger der Fall
zu sein, wie Studien der letzten Jahre belegen.
Ähnliches gilt auch für eine Studie, die mit Schülern (2) Die bisherigen Erkenntnisse zur Aktivierungsfor-
im Physik-Unterricht durchgeführt wurde (Pijeira-Díaz, schung zeigen die hohe Bedeutung dieses Konstruk-
Drachsler, et al., 2018). Hier wurde die Aktivierung mit- tes für die Konsumentenverhaltensforschung und
tels elektrodermaler Aktivität erhoben. Ein – vielleicht das Marketing auf. In Bezug auf die Wirkung von
trauriges, aber nicht überraschendes Ergebnis – war, Anzeigenwerbung liegen viele gesicherte Erkennt-
dass die meisten Schüler während des Unterrichts we- nisse zur Bedeutung des Aktivierungspotenzials vor.
nig aktiviert waren. Die Aktivierung wurde jedoch auch Aufgrund der Tatsache, dass die durch werbliche
während einer Klausur gemessen und hier zeigte sich, Stimuli ausgelöste Aktivierung durch eine Vielzahl
dass die Höhe der Aktivierung signifikant mit den zu unterschiedlicher Messverfahren erhoben wurde
erzielenden Punkten korrelierte; also je höher die Akti- (elektrodermale Reaktion, Blutdruck, verbale Ver-
vierung, desto besser die Noten. fahren, Bilderskalen, Beobachtung von Mimik und
Fazit: Die bisher vorliegenden empirischen Ergebnisse Gestik etc.), können die Effekte unabhängig vom
reichen also nicht aus, um die Lambda-Hypothese im Messinstrument als relativ stabil und einheitlich be-
Ganzen zu bestätigen oder zu verwerfen. Probleme bei urteilt werden. Insbesondere affektive Reize können
der abschließenden Würdigung der bisherigen Erkennt- die Aktivierungswirkung erhöhen.
nisse ergeben sich aus der Verwendung unterschiedli- (3) Am Point-of-Sale muss unterschieden werden zwi-
cher Parameter der Aktivierungsmessung, was einen schen der durch externe Reize (also durch Ladenge-
Vergleich der Ergebnisse erschwert, sowie: staltung, Warenpräsentation, Düfte, Musik etc.) beim
88 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Konsumenten ausgelösten Aktivierung und der bei die die falsche Reihenfolge genannt hatten, sieht man
Kaufentscheidungen von der Höhe des persönlichen deutliche Unterschiede (siehe Abb. 37).
Involvements abhängigen Aktivierungsstärke. Im Grundsätzlich ergeben sich allerdings weitere Prob-
ersten Fall gilt es die Frage zu beantworten, ob durch leme. Bei dem vorangegangenen Experiment gab es
zu viele Reize am Point-of-Sale Überaktivierung aus- eine eindeutige Lösung und damit eine vermeint-
gelöst wird, die in der Folge zu Reaktanzverhalten lich beste Kaufentscheidung. Doch kann man über-
(„Man spürt die Absicht und ist verstimmt“) führt haupt von objektiv „besseren“ Kaufentscheidungen
(also zu einer Abwendung vom und/oder Abneigung sprechen? Gibt es stets die Möglichkeit, Produkte
gegenüber dem Verkaufsort). Im zweiten Fall muss hinsichtlich ihres „objektiven“ Preis-Leistungs-Ver-
überprüft werden, ob komplexe Kaufentscheidungen hältnisses zu ordnen? Wohl kaum oder nur selten.
bei hoher Aktivierung „besser“ getroffen werden als So böte sich zur Operationalisierung der „besseren“
bei geringer Aktivierung. Es spricht einiges für diese Kaufentscheidung die subjektiv empfundene Zufrie-
These (siehe Abb. 37 bzw. Gröppel-Klein, 2010a; Day, denheit mit dem Kauf an. Diese kann jedoch auch bei
Lin et al., 2008; Orquin und Mueller-Loose, 2013). impulsiven Käufen ohne intensive kognitive Kontrol-
(4) Die phasische Aktivierung spielt auch für Kaufentschei- le sehr hoch ausfallen. Es ist also grundsätzlich zu
dungsprozesse eine Rolle. Sie ist besonders relevant für klären: Was ist eine bessere Leistung?
Impulskäufe und für gedanklich gesteuerte Entschei- (5) Zur Vereinfachung der Vielfalt von in der Realität
dungen, bei denen Konsumenten verschiedene Alter- vorkommenden Kaufentscheidungen (siehe ausführ-
nativen sehr sorgfältig miteinander vergleichen müs- lich Zweiter Teil, Kapitel D) unterscheidet man in der
sen, um eine Alternative mit einem besonders guten Literatur vier Grundtypen von Kaufentscheidungs-
Preis-Leistungs-Verhältnis zu wählen. Hier versorgt prozessen: extensive, limitierte, habitualisierte und
die Aktivierung den Geist mit der notwendigen Schub- impulsive Kaufentscheidungen (Bettman, Luce und
kraft, die Aufgabe gut zu meistern. Hierzu wurde von Payne, 1998; Alba und Hutchinson, 1987; Alba und
Gröppel-Klein, Germelmann et al. (2005) eine empi- Marmorstein, 1987; Russo und Leclerc, 1994; Hoyer,
rische Studie durchgeführt. Die Probanden wurden 1984; Rook, 1987; Weinberg, 1981). Zusammenfassend
gebeten, sich im Büro des Versuchsleiters einzufinden, kann festgehalten werden, dass sich nach dem bis-
um sich für eine geplante Untersuchung in einem in herigen Stand der Kaufverhaltenstheorie vor allem
der Nähe des Büros lokalisierten Supermarkt vorab an extensive und impulsive Kaufentscheidungen durch
die Elektroden anschließen zu lassen. Dann wurde den hohe Aktivierung auszeichnen. Darüber hinaus be-
Probanden mitgeteilt, die geplante „Supermarktstudie“ schäftigt man sich innerhalb der Konsumentenver-
könne erst in einigen Minuten stattfinden. Die Warte- haltensforschung erstens mit der Frage, ob Käufer
zeit war jedoch eingeplant, um mit den Versuchsteil- (im Durchschnitt über alle Kaufentscheidungsarten)
nehmern ein unbemerktes EDR-Experiment durchfüh- höher aktiviert sind als Nicht-Käufer, da erstere im
ren zu können. Nach einem Zufallsprinzip wurde jeder Vergleich zu letzteren einen tatsächlichen Entschluss
Proband einer von drei Versuchsgruppen zugeordnet. fassen müssen, der mit Konsequenzen – vor allem mit
Die Versuchspersonen erhielten in den drei Gruppen einer Geldausgabe – verbunden ist. Es ist sinnvoll,
die Aufgabe, unterschiedliche „Paketangebote“ für eine Gegenüberstellung von Käufern und Nicht-Käu-
drei Computerausstattungen nach ihrem Preis-Leis- fern hinsichtlich ihrer Aktivierung vorzunehmen:
tungs-Verhältnis zu ordnen. Dies war möglich, indem Auf der einen Seite können attraktive Ladengestal-
die einzelnen Setpreise mit den ebenfalls angegebenen tungen alle Besucher hoch aktivieren und dazu ani-
Einzelpreisen durch Aufsummieren verglichen wur- mieren, sich die ausgestellten Produkte anzuschauen
den. Diese Aufgabe war für alle bereits an die Elek- und hierbei mit Vergnügen lange zu verweilen, unab-
troden angeschlossenen Teilnehmer die gleiche. hängig davon, ob sie sich zu einem Kauf entschließen
Die Ergebnisse zeigen, dass durch die unterschied- oder nicht. Einkaufsbummel können also auch ohne
lichen Instruktionen (von „brauche unbedingt Ihre Kaufhandlung einen Erlebniswert haben (Weinberg,
Hilfe, ohne die ich das nicht schaffe“ bis „können Sie 1995a; Babin, Darden und Griffin, 1994; Holbrook
mir helfen“) in der Tat unterschiedlich hohe phasi- und Hirschman, 1982; Sherry, 1990; Fischer und Ar-
sche Aktivierungsreaktionen ausgelöst und bei hö- nold, 1990; Gröppel-Klein, 2005; Groeppel und Bloch,
herer Aktivierung signifikant bessere Trefferquoten 1990). Nach Babin, Darden und Griffin (1994, S. 646)
erzielt werden konnten. Wenn man sich die typischen resultiert hedonistisches Einkaufen „more from
Aktivierungsmuster derjenigen, die richtig entschie- fun and playfulness than from task completion (…)
den hatten, im Vergleich zu den Probanden anschaut, and reflects shopping’s potential entertainment and
B. Aktivierende Prozesse 89

Richtige Reihenfolge Falsche Reihenfolge


MB074 Exp.1
MB031 Exp.1

3 3

2,5 2,5
Amplitude

Amplitude
2 2

1,5 1,5

1 1

0,5 0,5

0 0
13200

16200

19200

22200

25200

28200

31200

34200

37200

40200

43200

46200

49200

52200

55200

58200

61200

64200

67200

70200

73200

18500

21500

24500

27500

30500

33500

36500

39500

42500

45500

48500

51500

54500

57500

60500

63500

66500

69500

72500

75500

78500
1/100 Sekunden
1/100 Sekunden

MB092 Exp.1 MB033 Exp.1

3 3

2,5 2,5
Amplitude

Amplitude
2 2

1,5 1,5

1 1

0,5 0,5

0 0
17000

20000

23000

26000

29000

32000

35000

38000

41000

44000

47000

50000

53000

56000

59000

62000

65000

68000

71000

74000

77000

18500

21500

24500

27500

30500

33500

36500

39500

42500

45500

48500

51500

54500

57500

60500

63500

66500

69500

72500

75500

78500
1/100 Sekunden 1/100 Sekunden

Abb. 37: Typische Aktivierungsmuster beim richtigen (motivierten) bzw. falschen (unmotivierten) Lösen der Aufgabe
(Quelle: Gröppel-Klein, 2010a, S. 89)

emotional worth. (…) Increased arousal, heightened wird in Kapitel D noch einmal Bezug genommen.
involvement, perceived freedom, fantasy fulfillment, Zusammenfassend lässt sich hier festhalten, dass die
and escapism may all indicate a hedonically valuable Bedeutung der am Point-of-Sale ausgelösten Aktivie-
shopping experience“. Auf der anderen Seite provo- rung für die Einkaufsatmosphäre und das Kaufver-
zieren gerade attraktive Warenpräsentationen in der halten wesentlich ist.
Regel mehr Käufe (z. B. Donovan und Rossiter, 1982), Fazit: Bei dem derzeitigen Stand der Erkenntnis kann
was den Schluss zulässt, dass im Durchschnitt Käu- die Verwendung der Lambda-Hypothese leicht zu einer
fer höhere phasische Aktivierungswerte aufweisen Immunisierungsstrategie werden, um widersprüchliche
als Nicht-Käufer, da erstere neben der Stimulierung Untersuchungsergebnisse auf einen Nenner zu bringen
durch das erlebnisorientierte Ladenambiente einen und gegen Kritik zu rechtfertigen. Die allgemeine For-
zusätzlichen Aktivierungsschub für den Kaufent- mulierung der Lambda-Hypothese lässt alle möglichen
schluss erfahren. Außerdem macht man gerade in Formen (flachen oder steilen Verlauf der Kurve, beliebige
wirtschaftlichen Stagnationsphasen „Kaufunlust“ Rechts- oder Linksverschiebung des Optimums usw.)
oder „Konsumenten-Lethargie“ für die wirtschaft- und damit jede mögliche Interpretation zu. Hier besteht
liche Situation verantwortlich, und man nutzt damit in der Tat noch Forschungsbedarf, auch hinsichtlich der
Beschreibungen, die auf niedrige Aktivierungsgrade Frage, ob und wenn ja, wie (eventuell durch bildgebende
schließen lassen. Auf den Zusammenhang zwischen Verfahren) der gesamte Verlauf der Kurve mittels eines
der Art der Kaufentscheidung und der Aktivierung Experimentes untersucht werden kann.
90 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Für die zukünftige Anwendung der Lambda-Hypothese


kann es zunächst zweckmäßig sein, sie in Elementarhy-
pothesen zu zerlegen:
(1) Hypothese zur Minimalaktivierung: Leistungen des
Individuums setzen ein bestimmtes Mindestmaß an
Aktivierung voraus.
(2) Hypothese zur Normalaktivierung: Mit zunehmen-
der Aktivierung nimmt die Leistung des Menschen
zu.
(3) Hypothese zur Überaktivierung: Von einem be-
stimmten Aktivierungsgrad ab sinkt mit steigender
Aktivierung die Leistung.
(4) Der Vollständigkeit halber könnte noch eine Hypo-
these zur Maximalaktivierung formuliert werden: Bei
einem extremen Grad an Überaktivierung ist keine
Leistung mehr möglich.
Bei (extrem) erhöhter Aktivierung können ausgespro-
chene Bumerangwirkungen eintreten: Das ist dann der
Fall, wenn die verwendeten Argumente nicht im Sinne
des Zieles verstanden werden. Diese „falschen“ – nicht
im Sinne des Zieles wirksamen – Argumente werden
aufgrund erhöhter Aktivierung ebenfalls besonders ef-
fizient verarbeitet (behalten, gespeichert usw.) und da-
durch wirksamer als bei einer schwächer aktivierenden
Kommunikation. Wenn die wichtigsten Informationen
jedoch in die aktivierenden Elemente der Werbung einge-
bunden sind (siehe Abb. 38), dann gilt die These: Je höher
die Aktivierung, desto höher die Erinnerung.
Das scheinen auch Nutzer der sozialen Medien zu be-
herzigen, wenn sie erklären wollen, warum sie beim Ein- Abb. 39: Integration informativer Elemente (hier neue Kissenbezü-
kaufen wieder einmal „zugeschlagen“ haben (Abb. 39). ge und Text) in aktivierende Elemente (hier Hund) in den sozialen
Medien
Oder handelt es sich um Tarnwerbung der Firma selbst?
Es ist jedoch darauf aufmerksam zu machen, dass durch
aktivierende Botschaften und Gestaltungen nicht einfach automatisch grundlegende Meinungsänderungen erzielt
werden können. Eine Meinungsänderung stellt einen
äußerst komplexen Vorgang dar (siehe Kapitel „Einstel-
lungen“). Es ist deswegen zweckmäßig, den Kommu-
nikationserfolg (Meinungsänderung) in Teilergebnisse,
wie Interesse aufseiten der Empfänger, Wahrnehmung,
Lernen usw., aufzulösen. Diese Überlegung ist für eine
Überprüfung der Lambda-Hypothese, bei der Formen
der Meinungsänderung als abhängige Variable unter-
sucht werden, unumgänglich. Bei einer Kommunikation
können sich stets mehrere Beziehungen zwischen verur-
sachter Aktivierung einerseits und ausgelöster Informa-
tionsverarbeitung andererseits ergeben: eine Beziehung
zwischen Aktivierungsgrad und Wahrnehmung, eine
andere zwischen Aktivierungsgrad und Denken usw.
Zudem können die Auswirkungen nicht nur auf die
Abb. 38: Integration von Informationen (hier Schmuck) in aktivie- phasische, sondern auch auf die tonische Aktivierung
rende Elemente (hier Augen/Mund) der Werbung untersucht werden. Eine (oder mehrere) hohe kurzfristige

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B. Aktivierende Prozesse 91

Aktivierung(en) führt(en) dann zu einer länger andau- Kommunikation verwendeten Reize wirkt lediglich auf
ernden Erhöhung des Aktivierungsniveaus. das Reaktionsinvolvement der Konsumenten ein, d. h.:
Die aktivierungstheoretischen Erkenntnisse können in nur auf das von der Reizdarbietung abhängige Invol-
sozialtechnische Maßnahmen umgesetzt werden, um vement. Dieses reizabhängige Involvement spielt für das
den Erfolg der – kommerziellen oder nicht-kommerziel- Verhalten jedoch eine viel geringere Rolle als das von
len – Kommunikation zu verbessern. Ihre sozialtechni- persönlichen Interessen und von der Situation bedingte
sche Bedeutung ist zum einen bei gesättigten Märkten, Involvement. Das von der Situation, insbesondere von der
bei denen die sachlichen Produktunterschiede gering Entscheidungssituation bestimmte Involvement schlägt
sind und die Konsumenten wenig Informationsbedürf- wesentlich stärker auf das Betrachtungsverhalten durch
nisse haben, besonders relevant. Zum anderen wird sie (Jeck-Schlottmann, 1988, S. 131 ff.).
durch den immer stärker werdenden Informationsüber- Aktivierungstechniken können zwar die Aufmerksam-
schuss angemahnt: Nach einer Berechnung des Instituts keit verstärken, aber sie können nicht dazu dienen, die
für Konsum- und Verhaltensforschung wurden bereits Konsumenten aus ihrer Passivität aufzuwecken und so
1987 in der Bundesrepublik Deutschland weniger als 5 % zu stimulieren, dass sie die dargebotenen Informatio-
der durch Massenmedien angebotenen Werbung aufge- nen involviert aufnehmen und verarbeiten. Das ist auch
nommen, der Rest landet unbeachtet „auf dem Müll“ nicht unbedingt notwendig. Die Werbung muss nur so
(Kroeber-Riel, 1987). Eine am IKV im Rahmen einer Di- gestaltet sein, dass die aktivierenden Elemente der An-
plomarbeit durchgeführte Studie (Keller und Fischer, zeige bzw. des Werbespots die Aufmerksamkeit auf die
2008) zeigt, dass trotz größerer Mediennutzung der In- wichtigsten Informationen (z. B. Markenname, Produkt-
formationsüberschuss noch größer geworden ist, weil das kategorie, Erlebnisdimension bzw. Preis) lenken, sodass
Informationsangebot wesentlich schneller zunimmt als der Konsument diese Informationen ohne Anstrengung,
die Informationsnachfrage und somit zusehends an die auch bei geringem Situationsinvolvement, aufnehmen
Grenzen der menschlichen Informationsverarbeitungs- kann.
kapazität stößt. Mit anderen Worten: Wir müssen in Zu-
kunft mit einer noch größeren Informationskonkurrenz Erschwert wird die Kommunikationspolitik vor allem
rechnen. Die Informationsmöglichkeiten des Internets, durch die zunehmende Parallelnutzung von Medien.
Social Media, Blogs, Twitter – die neuen Kommunika- Mehr und mehr, insbesondere jüngere Konsumenten
tionsmöglichkeiten – erhöhen das Angebot extrem. Es geben an, sogenannte „Multitasker“ zu sein, d. h., min-
wird also immer schwieriger, in der steigenden Infor- destens zwei Medien zugleich zu nutzen (siehe Abb. 40).
mationsflut aufzufallen, Aufmerksamkeit zu erlangen, Gerade bei Parallelnutzern ist die Aufmerksamkeit ge-
ohne dass die Botschaft Reaktanz auslöst oder bei den teilt, es ist noch schwieriger, mit einer Botschaft durch-
Empfängern als störend wahrgenommen wird (wie das zudringen oder gar das Aktivierungsniveau zu erhöhen.
vielfach im Internet der Fall ist, wenn flackernde Wer- Fassen wir die wichtigsten Implikationen für die Kom-
be-Popups nicht zu schließen sind). munikationspolitik zusammen:
Um die Bedeutung der Aktivierungstechniken für die
Kommunikationspolitik richtig einschätzen zu können, Wer in der Werbung auf die Anwendung von Aktivie-
müssen wir ihren Einsatz im Rahmen der Low-Invol- rungstechniken verzichtet, verspielt die Chance, seine
vement-Kommunikation betrachten. Unter den oben Empfänger optimal anzusprechen (das gilt auch für die
angegebenen Kommunikationsbedingungen (geringes Investitionsgüterwerbung). Die Empfänger der Werbung
Informationsinteresse der Konsumenten, starke Infor- können gezielt durch eine geeignete Gestaltung der Wer-
mationsüberflutung, gesättigte Märkte mit zunehmend bemittel und Werbeträger aktiviert werden. Dazu werden
austauschbaren Angeboten) ist die Bereitschaft der Kon- zweckmäßigerweise Elemente mit positiver Reizwirkung
sumenten, sich mit Werbung auseinanderzusetzen, ge- benutzt.
ring. Unter Involvement (siehe auch Kapitel D) versteht Die angewandten Aktivierungstechniken sind entschei-
man die innere Beteiligung, das Engagement, mit dem dend dafür, in welchem Ausmaß wenig involvierte Emp-
sich die Konsumenten der Kommunikation zuwenden. fänger den Werbekontakt nutzen und wie effizient die
Bei geringem Involvement nehmen sie die dargebote- angebotenen Informationen in der (kurzen) Nutzungszeit
nen Informationen (bzw. Werbestimuli) nur flüchtig verarbeitet und gespeichert werden. Die geringere Leis-
und mit geringer Aufmerksamkeit auf (Kroeber-Riel, tung der Empfänger bei der Verarbeitung und Speiche-
1993c, S. 98 ff.). Das Involvement der Konsumenten wird rung der Werbebotschaft, mit der man bei schwacher
Aktivierung rechnen muss, kann nur durch wiederholten
durch persönliche, situative und reizabhängige Ein-
Kontakt kompensiert werden.
flüsse bestimmt. Das Aktivierungspotenzial der in der
92 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 40: „Parallelnutzung von Medien“ (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2018)

Mit anderen Worten: Wer auf den professionellen Ein- Längere Werbebotschaften werden nur dann effizient
satz von Aktivierungstechniken verzichtet, muss mehr verarbeitet, wenn die erhöhte Aktivierung während der
Geld für Wiederholungskontakte ausgeben, um bei den Übernahme der gesamten Werbebotschaft aufrechter-
Empfängern die Kommunikationswirkung zu erzielen, die halten wird.
er andernfalls durch stärkere Aktivierung erzielt hätte.
In der Werbung besteht praktisch keine Gefahr, zu stark
Die durch die Kommunikationspolitik ausgelöste Akti- zu aktivieren. Starke Aktivierungsschübe bringen Wir-
vierung kann am genauesten durch psychobiologische kungssteigerungen und verursachen selten aktivierungs-
Methoden, ergänzt – unter bestimmten Bedingungen – bedingte Blackouts. Beachte: Eine stark aktivierende Wer-
durch Befragungen und durch Beobachtung des Reakti- bung kann aber – wie oben ausgeführt – unerwünschte
onsverhaltens (z. B. der Mimik), gemessen und kontrolliert Nebenwirkungen haben, auch wenn angenehme Reize
werden. Ein besonders sensibler Indikator ist die elektro- eingesetzt werden. Sie kann ablenken und die selektive
dermale Reaktion (EDR). Wahrnehmung beeinflussen.

Reize (Elemente der Werbung) können entweder die län- Im Internet werden stark aktivierende Popups oftmals
ger anhaltende tonische Aktivierung beeinflussen oder als irritierend wahrgenommen. Nebenwirkungen müssen
kurze phasische Aktivierungsänderungen auslösen. Die durch geeignete Messungen kontrolliert und vermieden
phasischen Aktivierungsschübe stimulieren zunächst werden. Die Botschaft an sich braucht aber eine be-
einmal nur die Verarbeitung der auslösenden Reize. sonders hohe Aktivierungswirkung, da nur dann diese
Wenn diese für die Werbebotschaft von untergeordne- Werbung in Netzwerken an andere weiterempfohlen, auf
ter Bedeutung sind, kommt es zu Ablenkungswirkungen YouTube hochgeladen oder in Online-Communities, Blogs
(„Vampir-Effekt“). etc. diskutiert wird.

Solche Bumerang-Effekte ergeben sich, wenn (a) starke Aktivierungstechniken lassen sich nicht nur in der Kom-
Blickfänge verwendet werden, die selbst gut verarbeitet munikation einsetzen, sondern auch bei der Produktge-
werden, aber von der Werbebotschaft ablenken, oder staltung, um eine Hinwendung zum Produkt zu erreichen
wenn (b) die Werbung aufgrund erhöhter Aktivierung und den Griff in das Regal zu fördern. Diese Aktivie-
zwar effizient verarbeitet wird, aber inhaltlich nicht auf rungstechniken richten sich auf eine Beeinflussung der
das Werbeziel abgestimmt ist. Die Aktivierung stimuliert phasischen (kurzzeitigen) Aktivierung: Sie sollen einem
die Informationsverarbeitung. Ihr Beitrag zum Werbeerfolg einzelnen, komplexen Reiz (Verpackung, Schaufenster)
ist deswegen davon abhängig, ob die Werbung die richti- mehr Durchschlagskraft geben, damit er sich gegenüber
gen, d. h., dem Werbeziel entsprechenden Informationen konkurrierenden Reizen durchsetzt und vom Empfänger
vermittelt. aufmerksam wahrgenommen und verarbeitet wird.
B. Aktivierende Prozesse 93

Marken, Produkten und Dienstleistungen und sollten


Point-of-Sale-Marketing, also spezielle Displays, Digital
Signage, Warenträger und Ladengestaltungen spielen
strategisch im Marketing eingesetzt werden. In der Tat
hierbei ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch Musik und nutzen mehr und mehr Unternehmen explizit emotionale
Düfte können die kurzfristige Aktivierung am Point-of- Ausdrücke in ihren Werbeslogans (siehe Abb. 41). Auch
Sale erhöhen. sind Werbefilme, beispielsweise von Hallmark oder Nike,
oft hoch emotional und bewegen Konsumenten zum Teil
so sehr, dass sie die Werbung neu schneiden, mit anderer
Zur Vermeidung von Missverständnissen sei noch ein-
Musik unterlegen oder sogar die Geschichten weiterspin-
mal darauf hingewiesen, dass in diesem Abschnitt nur
nen, neu verfilmen und dann über YouTube ins Netz
die aktivierenden Wirkungen zur Diskussion stehen.
stellen. Andere, außergewöhnliche Commercials, wie
Auf die Bedeutung der kognitiven Wirkungen für den
die Kampagne „Heimkommen“ (einem Großvater ge-
Werbeerfolg (Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung
lingt es nur durch Vorspielen seiner eigenen Beerdigung,
der vermittelten Informationen) wurde nur am Rande
seine ganze Familie zu Weihnachten in seinem Haus
eingegangen. Selbstverständlich umfasst eine Werbe-
zu vereinen) von Edeka, wurden auf YouTube mehr als
wirkungsanalyse nicht nur eine Prüfung, ob sich die
60 Millionen Mal angeklickt. Ebenfalls Millionen Mal
Konsumenten der Botschaft annähern, sondern auch eine
angeklickt wurden die emotionalen Spots von Merce-
Analyse der Informationswirkungen. Für die Point-of-
des oder des Betriebssystems Android. Mercedes erzählt
Sale-Forschung (siehe oben) können durchaus Beziehun-
die rührende Geschichte eines kleinen Jungen, der von
gen zwischen Aktivierung, Erinnerung an die Produkte
zu Hause ausreißt, sich bewusst verläuft und bei der
im Regal und Kaufverhalten beobachtet werden. Wir
Polizei um Hilfe bittet, nur um mit einem Mercedes-Po-
gehen auf die Bedeutung der Aktivierung im Rahmen
lizeidienstwagen nach Hause gebracht zu werden. Die
der Umweltgestaltung im Dritten Teil nochmals ein.
Technikmarke Android versucht nicht, den technischen
Fortschritt zu erklären, sondern emotionalisiert unter
dem Slogan „Be together. Not the same“ und zeigt, wie
III. Emotion anscheinend nicht zusammenpassende Dinge (wie Hund
und Elefant) harmonisch miteinander umgehen können
1. Erklärung und Messung von Emotionen (siehe Abb. 42). Die positiven Reaktionen in den sozialen
a) Einführung und Definitionen Medien belegen das anfangs in diesem Teil beschriebene
Phänomen des „sharing of emotions“, welches durch die
Der Titel eines 2003 erschienenen Buches für die Mar- technischen Möglichkeiten des Internets kulturübergrei-
ketingpraxis lautet „The Marketing Power of Emotion“ fend zwischen Konsumenten möglich wird.
(O’Shaughnessy und O’Shaughnessy, 2003). Die Auto-
ren erklären in ihrem Vorwort, Emotionen seien die be- „Emotions are back in Marketing“ lautete die Parole der
stimmenden Kräfte für den Erfolg und Misserfolg von European-Marketing-Academy-(EMAC)-Konferenz 2000
in Rotterdam. Wurde damit auch im Marketing das gol-

Abb. 41: Beispiele für direkte und indirekte Emotionen in Marken- Abb. 42: Die emotionalen Kampagnen „Be together. Not the same“
claims der Technikmarke Android (von Tieren bis Fingerpuppen)
94 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

dene Zeitalter der Emotionsforschung eingeläutet, etwas, ob es unbewusste bzw. automatische Verbindungen
das in der Psychologie schon seit den 1980er Jahren unter zwischen Emotionen, Kognitionen und Handlungen
dem Stichwort „affektive Wende“ (Eder und Brosch, 2017, gibt (Izard, 2010). Wir werden versuchen, uns all diesen
S. 188) diskutiert wird? Und wird in beiden Fächern die Fragen sowie der Messung von Emotionen in diesem
Beschäftigung mit emotionalen Fragen im 21. Jahrhun- Kapitel zu widmen.
dert noch weiter an Bedeutung gewinnen, sodass wir
auch hier von echten Zeitenwende sprechen können? Emotionen zählen zu denjenigen Konstrukten in der
Viel spricht dafür. So forderte das Magazin Forbes (Jen- Psychologie, zu denen die vielfältigsten Definitionsvor-
blat, 2018), dass die Online-Werbung immer emotiona- schläge vorliegen. So berichtet Plutchik (1991) von mehr
ler werden müsse, und das Feuilleton der Frankfurter als 150 Definitionen, die zu diesem Konstrukt aufge-
Allgemeinen Zeitung (Witzeck, 2018) widmete sich 2018 führt werden. Die Anzahl der verschiedenen Begriffs-
dem Thema, ob wir emotionale Beziehungen zu Siri oder bestimmungen ist sicherlich auch ein Indiz dafür, dass
Alexa aufbauen können. Derzeit scheint also das Thema, das Zustandekommen von Emotionen nicht endgültig
welche emotionalen Reaktionen wir zu technischen In- geklärt ist, wenngleich die wissenschaftliche Emotions-
novationen oder Robotern entwickeln werden, sehr „en forschung schon über 100 Jahre alt ist. Izard (2010, S. 369)
vogue“ zu sein. erklärt: „The evidence showing that ,emotion’ has no
generally accepted definition seems a clarion call for
Es ist jedoch an dieser Stelle auch zu vermerken, dass
researchers who continue to use the term to provide their
die Sinnhaftigkeit der Nutzung von Emotionen im
own operational definition or at least specify what they
Marketing eine alte Weisheit ist. Kroeber-Riel konnte
mean by the term“. Vielen Definitionen ist gemeinsam,
bereits 1979 mit seinen „Hoba-Experimenten“ zeigen,
dass eine Emotion ein subjektives Ereignis darstellt, also
dass neutrale Markennamen mit Emotionen verknüpft
eine innere Erregung ist, die mehr oder weniger bewusst
werden können und dadurch an Attraktivität gewinnen.
als angenehm oder unangenehm erlebt wird und mit
Schon 1883 schilderte Emile Zola (S. 6) in seinem Buch
neurophysiologischen Vorgängen sowie häufig mit be-
„Das Paradies der Damen“ („Au Bonheur des Dames“)
obachtbarem Ausdrucksverhalten (Gestik und Mimik,
die erste Begegnung der Romanheldin Denise mit dem
nonverbale Kommunikation) einhergeht. Freude ist z. B.
dort beschriebenen Textilkaufhaus wie folgt: „Dieses
eine grundlegende Emotion. Sie wird subjektiv erlebt als
Geschäft hier, das so plötzlich vor ihr aufgetaucht war,
„Gefühl von Selbstvertrauen und Bedeutsamkeit, als Ge-
dieses für ihre Begriffe ungeheuer große Haus, verur-
fühl, geliebt zu werden und liebenswert zu sein“ (Izard,
sachte ihr Beklemmungen, hielt sie im Bann, aufgeregt,
1999, S. 271). Neurophysiologisch äußert sich Freude unter
voller Interesse, alles übrige vergessend … die hohe, von
anderem in Reaktionen des autonomen Nervensystems,
oben bis unten verglaste Eingangstür reichte zwischen
insbesondere in spezifischen Vorgängen der elektrischen
verschlungenen, reich vergoldeten Ornamenten bis zum
Potenziale in der Gesichtsmuskulatur. Freude lässt sich
Zwischenstock. Zwei allegorische Figuren, zwei lächeln-
außerdem am Gesichtsausdruck beobachten, als Lachen
de Frauen, entrollten, den nackten Busen vorgestreckt,
oder Lächeln (ebenda).
das Firmenschild ,Paradies der Damen’“. Es handelt
sich somit um eine hochemotionale Begegnung, erzählt
mehr als 100 Jahre bevor das heute in aller Munde lie- Nach wie vor gibt es keine allseits akzeptierte Standard-
gende Schlagwort „Erlebnismarketing“ (neu) erfunden definition. Als gemeinsamer Nenner gelten jedoch die fol-
wurde, zu dem im Übrigen auch die (früheren) Autoren genden Merkmale von Emotionen (Gröppel-Klein, 2014):
dieses Buches schon vor vielen Jahren diverse Schriften ●● Emotionen sind komplexe Reaktionen auf Ereignisse,
veröffentlicht haben (Weinberg, 1992a; Gröppel, 1991; die das individuelle Wohlbefinden beeinflussen.
Gröppel-Klein, 2012c). ●● Emotionen bewirken physiologische Reaktionen, Ver-
Was verbirgt sich jedoch hinter dem Konstrukt „Emo- änderungen des Verhaltens (unter anderem des Ge-
tion“ genau, und warum sind emotionale Prozesse so sichtsausdrucks) und der subjektiven Erfahrungen.
bedeutsam für das Marketing? Geht „Gefallen über ●● Emotionen entstehen aus der bewussten oder unbe-
Verstehen“ (Esch, Herrmann und Sattler, 2011, S. 269)? wussten Bewertung des auslösenden Ereignisses und
Zudem stellt sich die Frage, warum Konsumenten hoch- führen zu Verhaltensreaktionen, die teilweise evolutio-
när vorbestimmt sind.
emotionale Events, seien es Werbefilme oder Sportereig-
nisse, mit anderen Konsumenten teilen oder gemeinsam ●● Sie unterscheiden sich von anderen affektiven Phä-
erleben möchten. Man denke nur an hunderttausende nomenen, wie zum Beispiel Stimmungen, dadurch,
dass sie relativ rasch entstehen, normalerweise kürzer
Menschen, die sich auf den Fanmeilen bei besonderen
andauern und intensiver sind.
Fußballereignissen einfinden. Schließlich interessiert,
B. Aktivierende Prozesse 95

Beginnen wir mit der Abgrenzung der Begriffe Emotion, Hälfte der Versuchspersonen in der jeweiligen Stim-
Gefühl, Affekt und Stimmung, die vielfach als Synony- mungsgruppe erhielt erst Beschreibungen, die auf ei-
me verwendet werden. Es empfiehlt sich jedoch, diese nen extravertierten Charakter schließen lassen, und
voneinander zu unterscheiden. dann Informationen über die introvertierten Züge der
Stimmungen werden als lang anhaltende, diffuse Emoti- Person; bei der anderen Hälfte der Versuchspersonen
onen bzw. als Dauertönungen des Erlebens bzw. als Hin- wurde die Reihenfolge umgedreht (erst introvertierte,
tergrunderlebnisse umschrieben. Sie beziehen sich nicht dann extravertierte Charaktereigenschaften). Hiermit
auf bestimmte Sachverhalte (fehlende Objektbezogen- sollte die Hypothese überprüft werden, ob in einer gu-
heit), können jedoch Informationsverarbeitungsprozesse ten Laune die zuerst genannten Informationen („Pri-
einfärben. In diesem Sinne ist jemand niedergeschlagen, macy Effect“) eine höhere Bedeutung erfahren als in
sorglos oder guter Laune. einer schlechten Stimmung. In der Folge sollten die
Versuchspersonen anhand von bipolaren Skalen (z. B.
●● Silberer (1999) sowie Silberer und Jaekel (1996a, b) ord-
freundlich – unfreundlich, kompetent  – inkompetent,
nen den Begriff „zwischen“ Aktivierung und Emoti-
extravertiert  – introvertiert, selbstbewusst – schüch-
on ein und sehen in Stimmungen eine „ungerichtete
tern) ihre Eindrücke über Jim mitteilen. Es zeigte sich
Befindlichkeit“, die kognitive Prozesse wie Wahr-
zum einen, dass diejenigen Probanden, die in eine gute
nehmung, Informationsverarbeitung, Erinnerung und
Stimmung versetzt wurden, Jim positiver beurteilten
das zukünftige Verhalten grundlegend beeinflussen
als diejenigen, die sich in negativer Stimmung befan-
kann (z. B. bestimmt die Stimmung die Absicht von
den. Zum anderen konnte auch der Primacy Effect
Urlaubern, die gleiche Reise noch einmal zu buchen,
bestätigt werden: Die zuerst genannten Informationen
siehe Silberer, Mau und Roth, 2008).
hatten in der positiven Stimmungskondition einen
●● Shapiro, MacInnis und Park (2002) beschäftigen sich
signifikant stärkeren Einfluss auf die spätere Urteils-
vor allem mit dem Zusammenspiel von Stimmung
bildung als in der negativen. Somit konnte auch der
und kognitiven Prozessen und prüfen, ob eine po-
bereits 1946 von Asch demonstrierte Effekt, dass das
sitive bzw. negative Stimmung die Art der Informa-
einfache Umdrehen der Reihenfolge von positiven und
tionsverarbeitung bei Werbeanzeigen für Restaurants
negativen Persönlichkeitseigenschaften einen Einfluss
beeinflusst. Hier wurde den Probanden ein Text über
auf die spätere Personenwahrnehmung ausübt, erneut
ein Gourmetrestaurant mit mehr (z. B. französische
bestätigt werden. Als Erklärung für den ermittelten In-
Küche) oder weniger (z. B. Restaurant steht im Tele-
teraktionseffekt gibt Forgas (2011) an, dass bei positiver
fonbuch) entscheidungsrelevanten Hinweisen vor-
Stimmung eine holistische Top-down-Verarbeitung
gelegt. Ihre Befunde zeigen u. a., dass bei schlechter
stattfindet und bei negativer Stimmung Informationen
Stimmungslage die Fähigkeit, zwischen relevanten
merkmalsbasiert „bottom-up“ verarbeitet werden. Die
und irrelevanten Informationen diskriminieren zu
Erkenntnisse dieses Experiments beinhalten interes-
können, höher ist als bei guter Stimmung, oder ein-
sante Implikationen für die Gestaltung von Verkaufs-
fach ausgedrückt: Schlecht gelaunte Konsumenten
gesprächen: Wenn es einem Verkäufer gelänge, Kon-
sind kritischer und können eher erkennen, ob man
sumenten in eine fröhliche Stimmung zu versetzen,
sie mit wichtigen oder unwichtigen Informationen
dann müssten die zuerst genannten positiven Infor-
beeinflussen möchte.
mationen über das Produkt bei der Urteilsbildung eine
●● Stimmungen können sich auf die Verarbeitung von
stärkere Gewichtung erfahren als die zuletzt genannte
Informationen (Bless und Fiedler, 2006; Forgas, 2011)
Eigenschaft: der Preis. Zu diesen Übertragungen sind
auswirken. So beschäftigt sich Forgas (2011) mit der
viele neue Studien denkbar.
Frage, ob Informationen über eine Person je nach ●● Auch das Gedächtnis wird von einer positiven Stim-
Stimmung (positiv vs. negativ) zu unterschiedlichen
mung beeinflusst (Behrens, 1991, S. 83 ff.). Lee und
Eindrucksbildungen („Impression Formation“) füh-
Sternthal (1999) zeigen anhand von vier Studien auf,
ren und welche Informationen je nach Stimmungslage
dass es Probanden bei positiver Stimmung besser ge-
besonders relevant für die Einstellung zu der beschrie-
lingt, Markennamen zu lernen, als bei schlechter Stim-
benen Person sind. Der Autor führte ein Experiment
mung und dass Konsumenten bei guter Stimmung
durch, bei dem sich die Testpersonen zunächst in eine
auch eher geneigt sind, Produkte auszuprobieren. Die
sehr glückliche oder in eine sehr traurige Zeit ihres
oben beschriebene Studie von Forgas (2011) darf nicht
Lebens zurückversetzen sollten und dadurch in eine
dahingehend verstanden werden, dass man glück-
positive oder negative Stimmung gerieten. Anschlie-
liche Menschen stets als gedankenlos („happy and
ßend sollten die Probanden eine Charakterbeschrei-
mindless“) ansehen kann, da sie heuristisch bei der
bung über eine fiktive Person namens Jim lesen. Eine

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96 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Informationsverarbeitung vorgehen. Ebenso wenig verbal geäußert und somit explizit gemessen werden.
können unglückliche Menschen stets als klug („sad Vielfach spielen jedoch auch unbewusste Gelüste eine
and smart“, siehe Schwarz und Bless, 1991) charakte- Rolle, die nur über implizite Messverfahren (die in
risiert werden, da sie eine systematische Informations- diesem Buch an späterer Stelle ausführlich diskutiert
verarbeitung bei der Eindrucksbildung vornehmen. werden) erfasst werden können. So kann beispielswei-
Herr, Page et  al. (2012) belegen mit verschiedenen se das oftmals nicht bewusste Gefühl der Langeweile
Experimenten, dass Konsumenten, die sich in guter das Essverhalten erheblich beeinflussen, was jedoch
Stimmung befinden, effizienter lernen als Menschen mit expliziten Messverfahren oftmals nicht erfasst
in negativer Stimmung. Die Reaktionszeiten bei der werden kann.
korrekten Beschreibung von Bildern waren unter der Affekte werden im deutschsprachigen Raum als grund-
positiven Stimmungsbedingung signifikant schneller, legende, kurzfristig auftretende Gefühle der Akzeptanz
als wenn die Testpersonen in eine schlechte Stimmung oder der Ablehnung eines Sachverhaltes verstanden so-
versetzt wurden. wie als Emotionen, die kognitiv wenig kontrolliert wer-
●● Schließlich hat Bower (1981) grundlegende Erkennt- den und inhaltlich kaum differenziert sind. Aufgrund
nisse zum stimmungskongruenten Lernen („mood der geringen Kontrollierbarkeit kann daher für soge-
congruent learning“) gewonnen. Darunter wird der nannte Affekttaten vor Gericht verminderte Schuldfähig-
Effekt verstanden, dass Lernmaterial, dessen affektive keit geltend gemacht werden. Im angloamerikanischen
Valenz zu einem bestimmten, momentanen Gefühls- Raum wird der Ausdruck „affect“ dagegen als Oberbe-
zustand passt, d. h., kongruent ist, besser encodiert griff für die mentalen Prozesse Emotionen, Stimmungen
und/oder abgerufen wird als Informationen, die zu und auch Einstellungen genutzt. Der Begriff „primary
einer gegenwärtigen Stimmung nicht passen. Mit affects“ bezieht sich auf angeborene Emotionen, wie
den Auswirkungen dieses stimmungskongruenten Überraschung, Wut oder Freude. Mit dem Ausdruck
Lernens werden wir uns im Dritten Teil, Kapitel C, „social affects“ werden häufig jene Gefühle bezeichnet,
noch einmal beschäftigen, wenn es darum geht, die die zwar auch biologisch programmiert sind, sich aber
Rückkoppelungen zwischen vom (TV-)Programm erst bei der Interaktion mit anderen Individuen ergeben
induzierter Stimmung und der Wahrnehmung der können, wie beispielsweise Scham- und Schuldgefühle
Werbung zu untersuchen. oder Stolz (Buck, 1988). Im deutschsprachigen Raum wird
●● In der Vergangenheit hat sich auch immer wieder eher von Primär- und Sekundäremotionen gesprochen,
gezeigt, dass die Stimmung der Konsumenten am worauf wir noch zu sprechen kommen werden.
Point-of-Sale die Produktbeurteilung beeinflusst (z. B. Gefühle: Die beiden Ausdrücke „Gefühle“ und „Emo-
Bost, 1987) oder das Impulskaufverhalten fördert (z. B. tionen“ werden heute nicht mehr als synonyme Begriffe
Ozer und Gultekin, 2015). behandelt. Mit „Gefühl“ („feeling“) bezeichnet man die
●● Seit einiger Zeit untersucht man in der Konsumen- erlebnisbezogene Seite einer Emotion, gemeint ist damit
tenverhaltensforschung auch, ob Stimmung und Le- das bewusste, subjektive Empfinden einer Emotion (So-
bensmittelwahl bzw. Stimmung und Essverhalten kolowski, 2008, S. 299; Eder und Brosch, 2017, S. 191) oder,
in einem Zusammenhang stehen. Gardner, Wansink wie Shuman und Scherer (2015, S. 526) es ausdrücken,
et al. (2014) beispielsweise fragen sich, inwieweit Stim- Gefühle repräsentieren die (kognitive) Interpretation
mungen die Vorliebe für bestimmte Nahrungsmittel einer Emotion: „The subjective feeling component is to
beeinflussen können und stellen fest, dass bei positi- monitor the individual’s state“ und „is evident in verbal
ver Stimmung der Anreiz, sich gesund zu ernähren, expressions such as ’feeling good’, ’feeling happiness’,
forciert wird, während man bei schlechter Stimmung ’feeling anger’ or ’feeling gratitude’“21. Im Folgenden soll
eher darauf aus ist, sich durch Genussmittel in eine daher der Ausdruck „Gefühl“ als eine Komponente der
bessere Stimmung zu versetzen („mood repair“). Kös- Emotion verstanden werden, wir könnten hier auch vom
ter und Mojet (2015) differenzieren in ihrem Beitrag „Labeling“, der bewussten Charakterisierung einer Emo-
zwischen bewussten und unbewussten Beziehungen tion, sprechen. Die Vielfalt der Gefühlszustände findet
zwischen Lebensmittelkonsum und Stimmung und in der Sprache in Form äußerst differenzierter Begriffe
plädieren für eine umfassende Erforschung aller mehr ihren Niederschlag. Fehr und Russell (1984) konnten in
oder weniger bewussten bidirektionalen Prozesse.
So kann ein angenehmer, aber sehr ungewöhnlicher 21
Damasio und Carvalho (2013) definieren Gefühle als „men-
Geschmack als aufregend empfunden werden und tal experiences of body states“, diese Sichtweise wird allerdings
zu der bewussten Reaktion führen, dieses spezielle nur von Vertretern der biologischen Emotionstheorie geteilt
Essen genießen zu wollen. Solche Erlebnisse können (siehe nachfolgende Abschnitte).
B. Aktivierende Prozesse 97

einer offenen Befragung unter Studierenden 383 ver- leistungssektor als auch im Business-to-Business-Be-
schiedene Ausdrücke für Gefühle ermitteln. reich, z. B. spontane Überraschung und Freude über
Emotionen können durch interne Prozesse und exter- ein Produkt führt zu ungeplantem Kaufverhalten, z. B.
ne Stimuli ausgelöst werden. Sie steuern die bedürfnis- Baun, 2003, siehe auch Ozer und Gultekin, 2015).
und situationsgerechte Auswahl von Verhaltensweisen ●● Sie können als Folge der Marketingpolitik (emotionale
(z. B. Angst führt dazu, dass man wegläuft, anstatt sich Werbung, z. B. lustiger Werbespot löst Freude aus) be-
der Gefahr auszusetzen). Emotionen markieren im Ge- trachtet werden. Dabei kann vereinfacht zusammen-
dächtnis solche Verhaltensweisen, die unter bestimmten gefasst werden: „Je stärker die durch Werbung aus-
Bedingungen erfolgreich waren, bzw. solche, die zu Miss- gelöste Emotionalität, umso besser die Einstellung“
erfolg führten (erinnert sei hier an die „Somatische Mar- (Hamelin, El Moujahid und Thaichon, 2017).
ker“-Hypothese von Damasio, 2004, siehe Ausführungen ●● Sie können als intervenierende Variablen (sogenannte
zur Aktivierung). Schließlich regulieren sie die Inten- Mediator-Variablen) dienen. Beispiel: Die abhängige
sität und Dauer von Verhaltensweisen, z. B. bestimmt Variable „Verweildauer im Geschäft“ wird beeinflusst
das Vergnügen bei der Nutzung eines Produktes, ob es durch die wahrgenommene Originalität der Laden-
weiterhin genutzt wird. Damasio (2004) sowie Damasio gestaltung, mediiert durch die hierdurch ausgelös-
und Carvalho (2013) stellen zusammenfassend die The- te Freude. Bei einem vollständigen Mediator-Effekt
sen auf, dass gibt es keine signifikante direkte Korrelation zwi-
schen der Beurteilung der Ladengestaltung und der
●● Emotionen in Entscheidungssituationen von großem
Verweildauer, sondern nur eine signifikante Bezie-
Gewicht sind,
hung zwischen der unabhängigen Variablen und der
●● im Wechselspiel von Gefühl und Rationalität das emo- mediierenden Variablen einerseits und zwischen der
tionale „Wissen“ unsere aktuellen Entscheidungen mediierenden und der abhängigen Variablen ande-
lenkt (siehe auch Pham, 2007), womit rerseits.
●● Denken nicht ohne die Beteiligung von Emotionen ●● Eine Emotion kann schließlich auch als Moderator-
stattfindet. Solange Botschaften, die sich an den Ver- Variable fungieren. Beispielsweise kann eine negative
stand richten, selbst wenn sie hundert Mal wiederholt Emotion (z. B. Trauer) die Beziehung zwischen hohem
werden, keinen emotionalen Eindruck beim Konsu- Involvement (z. B. in Bezug auf den Textileinkauf) und
menten hinterlassen, werden sie nicht beachtet. intensiver Informationssuche (z. B. langes Gespräch
Im Marketing ist die Analyse emotionaler Vorgänge von mit dem Verkaufspersonal) beeinflussen (in dem Sin-
Bedeutung, da die Emotionalisierung des Konsums (Er- ne, dass trotz hohen Involvements trauernde Konsu-
lebnismarketing, emotionale Werbung) in Zeiten tech- menten kein Interesse an langen Verkaufsgesprächen
nisch austauschbarer Produkte und gesättigter Märkte im Textilbereich haben).
häufig zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird (Wein- Moderator-Variablen werden mit erhoben, um zu prüfen,
berg, 1995a). Die Emotionsforschung im Marketing hat ob der Einfluss der unabhängigen Variablen auf die ab-
sich dabei im Laufe der Zeit gewandelt. Man hat mitt- hängige eben durch den jeweiligen Moderator verändert
lerweile zur Genüge erforscht, dass Emotionen ganz wird. So wird heute bei diversen Untersuchungen der
generell eine hohe Erklärungsrelevanz aufweisen. Man Einfluss affektiver Prozesse als Moderator kontrolliert,
fokussiert sich daher seit einigen Jahren vor allem auf beispielsweise hinsichtlich
sehr spezfische Emotionen und deren konkrete Auswir-
●● der kognitiven Informationsverarbeitung (z. B. Young,
kungen oder wie Willams (2014) es ausdrückt: „The field’s
Tiedens et al., 2011),
focus has progressed from demonstrations that emotions,
●● der Gedächtniswirkungen oder
like cognitions, do have an impact on consumption, to
●● der Willensstärke bei der Zielerreichung (siehe dazu
more nuanced understandings of what drives the expe-
auch den umfassenden Artikel von Petty und Brinol,
rience of discrete emotional states, how those discrete
2015).
emotions uniquely affect decision making and the mo-
tivations that consumers might have to regulate their Emotionen sind außerordentlich komplexe Vorgänge,
emotional states over time.“ deren Entstehung nach wie vor kontrovers diskutiert
wird. Es handelt sich um multidimensionale Gebilde, die
Emotionen spielen somit im Marketing eine zentrale
sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen
Rolle und haben unterschiedliche Funktionen (Bagozzi,
(Scherer, 2005, 2009; Shuman und Scherer, 2015). Die un-
Gopinath und Nyer, 1999):
terschiedlichen Emotionstheorien und ihre historischen
●● Emotionen können die Ursache eines Entscheidungs- Wurzeln sollen im Folgenden kurz beschrieben werden.
verhaltens sein (sowohl im Konsumgüter- und Dienst-
98 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

b) Emotionstheorien Zwei-Faktoren-Theorie von Schachter und Singer (1962).


Im Folgenden werden wir uns mit den wichtigsten Emo- Danach muss bei einer Emotion zum einen eine physio-
tionstheorien und ihren Wurzeln beschäftigen. Am Ende logische Erregung vorliegen und zum anderen muss die-
des Abschnitts soll dargelegt werden, warum es sinnvoll se subjektiv interpretiert werden. Schachter und Singer
ist, die verschiedenen Perspektiven miteinander zu ver- (1962, S. 398) schreiben hierzu: „Precisely the same state
binden. of physiological arousal could be labeled joy or fury or
jealously or any of a great diversity of emotional labels
James-Lange-Theorie: James (1884) und Lange (1885) depending on the cognitive aspects of the situation“. Fehlt
entwickelten zeitgleich und unabhängig voneinander einer der beiden Faktoren (daher der Name „Zwei-Fakto-
sehr ähnliche Emotionstheorien. Daher wird in der Li- ren-Theorie“), so ist die Emotion unvollständig oder wird
teratur häufig von der James-Lange-Theorie gesprochen. gar nicht erlebt. Somit ordnet das Individuum seinen in-
Einfach ausgedrückt besagt diese Theorie: „Wir weinen neren – physiologisch bedingten – Erregungsvorgängen
nicht, weil wir traurig sind, sondern wir sind traurig, plausible Ursachen zu, es interpretiert in einer Situation
weil wir weinen“, womit die Autoren, wie sie selbst sagen, seine inneren Erregungen als Glück, in einer anderen bei-
die „Reihenfolge der Vernunft“ auf den Kopf stellen. Die spielsweise als Ärger. Die Schwierigkeit bei der Prüfung
grundsätzliche Idee ist recht einfach: Ein bedrohlicher dieser Theorie liegt darin, die Faktoren voneinander zu
Reiz (z. B. ein wilder Bär) führt nach dem ersten simplen trennen und einer experimentellen Kontrolle zu unterzie-
Erfassen („object simply apprehended“) unmittelbar zu hen. In dem klassischen Experiment von Schachter und
viszeralen Veränderungen (z. B. höhere Herzschlagrate) Singer (1962) bestand die Operationalisierung in einer als
und motorischen Reaktionen (z. B. Weglaufen), die dann Vitaminspritze getarnten Verabreichung von Adrenalin.
im nächsten Schritt wahrgenommen werden („object Die Adrenalin-Injektion löste eine Vielzahl von Reaktio-
emotionally felt“, z. B. Furcht). Die James-Lange-Theorie nen des autonomen Nervensystems – z. B. Blutdruckver-
blieb nicht unumstritten: Zum einen können die gleichen änderungen – sowie subjektiv empfundene Erregungs-
viszeralen Veränderungen bei unterschiedlichen Emoti- steigerungen bis hin zu Hochgefühlen aus. Ein Teil der
onen auftreten und zum anderen führt die Simulation Versuchspersonen wurde über die Folgen der Injektion
viszeraler Veränderungen (z. B. durch Adrenalininjek- informiert, ein anderer wurde nicht („harmlose Spritze“)
tion) nicht zu echten Emotionen. Diese Kritik ist nicht oder falsch informiert (Folge der Injektion: taube Füße
ungerechtfertigt. Wir können beispielsweise auch vor o. ä.). Schließlich gab es noch eine Gruppe, die eine völlig
Glück weinen. Dennoch ist die James-Lange-Theorie von wirkungslose Spritze, also ein Placebo-Präparat, bekam.
großer Bedeutung, wie wir später noch sehen werden, Die Versuchspersonen wurden nun – jeweils einzeln – in
da sie die physiologischen Prozesse bzw. die biologische zwei Situationen versetzt: In der einen Situation wurden
Programmierung von Emotionen betont. sie mit einer instruierten Person zusammengebracht, die
Cannon-Theorie: Einer der größten Kritiker der James- eine euphorische Stimmung simulierte, in der anderen
Lange-Theorie war Cannon (1927), der der Ansicht war, Situation mit einer Person, die eine ärgerliche Stim-
dass zunächst eine kognitive Interpretation des Reizes statt- mung simulierte. Die emotionale Stimmung der (nicht
finden muss, damit im Anschluss daran eine (körperliche) instruierten) Versuchspersonen wurde durch Beobach-
Reaktion erfolgen kann. Seiner Ansicht nach sind höhere tung (durch einen Einwegspiegel) sowie durch einen
kortikale Bereiche für die Entstehung von Emotionen ver- Fragebogen gemessen. Im Wesentlichen ergab sich Fol-
antwortlich. Damit ein wilder Bär also die Reaktion „weg- gendes: Versuchspersonen, die über die Ursache (Adre-
laufen“ auslösen kann, muss zunächst durch die kortika- nalinzufuhr) ihrer Erregung informiert worden waren,
len Areale die Entschlüsselung und Bewertung des Reizes äußerten relativ geringe Emotionen. Sie wussten ihre
als furchterregend erfolgen. Auch Cannons Ansichten Erregungen zu deuten. Diejenigen Versuchspersonen, die
sind alles andere als unumstritten gewesen, beispielsweise nicht informiert waren, suchten die Gründe ihrer Erre-
wurde kritisiert, dass ein solcher Evaluationsprozess zu gung in der jeweiligen Situation: Sie gaben in der Eupho-
viel Zeit koste, wodurch ein sofortiges und lebensrettendes rie-Situation an, glücklich zu sein; in der Ärger-Situation
Weglaufen verzögert oder verhindert würde. Cannons äußerten sie sich gereizt und ärgerlich. Die Ergebnisse für
Theorie stellt allerdings die wissenschaftliche Basis der Versuchspersonen, die nur eine Placebo-Spritze erhalten
späteren kognitionsdominanten Emotionstheorien dar, hatten, waren allerdings mehrdeutig und wurden später
der sogenannten „appraisal theories“. uminterpretiert (Schachter, 1971).
Zwei-Faktoren-Theorie von Schachter und Singer: Eine Schachter und Singer (1962) lenken mit ihrer Theorie die
weitere, bis in die Gegenwart einflussreiche Emotions- Aufmerksamkeit auf das Zusammenspiel von subjekti-
theorie (Sokolowski, 2008; Eder und Brosch, 2017) ist die ven gedanklichen Vorgängen und den physiologischen
B. Aktivierende Prozesse 99

Prozessen, welches erhebliche Bedeutung für das mensch-


um die unterschiedlichen Schlussfolgerungen der beiden
liche Verhalten hat. Doch ungeklärt ist nach wie vor, Lager hinsichtlich der Auslösung emotionaler Reaktionen
●● welcher Faktor zuerst auftritt, durch Marketinginstrumente nachvollziehen zu können
●● wie die mehrdeutigen Ergebnisse in der Kontrollgrup- und
pe erklärt werden können
um schließlich zu verstehen, warum die Gehirnforschung
●● und wie es zu verstehen ist, dass es Situationen geben so hilfreich bei der Befriedung dieser Kontroverse ist.
kann, bei denen Erregungsmuster ausgelöst werden,
die das Individuum von vornherein – ohne subjek-
tive kognitive Interpretation – in einer spezifischen Appraisal-Theorien
Weise emotional erlebt und durch die das Verhalten
Stimulus → Appraisal (Bewertung) → Emotion
bestimmt wird (Buck, 1988, S. 470).
(bzw. Gefühl)
Trotz dieser ungeklärten Fragen und trotz der Tatsache,
(Der Kortex muss zunächst die Signifikanz des
dass Versuche, die Experimentalergebnisse von Schach-
Stimulus erkennen.)
ter und Singer zu reproduzieren, scheiterten, blieb die
Zwei-Faktoren-Theorie über Jahrzehnte populär und vs.
zählt zu den am häufigsten zitierten Arbeiten inner- (Evolutions-)Biologische Theorien
halb der Emotionspsychologie (Sokolowski, 2008). Sie Stimulus → unbewusste affektive Reaktion →
gilt auch als Basis für die später noch zu erläuternde Emotion
konstruktivistische Emotionstheorie, die davon ausgeht,
(Emotionen können vor oder unabhängig von
dass Emotionen durch die kognitive Kategorisierung von
kognitiven Prozessen entstehen.)
Basisaffekten, also unspezifischen Erregungen entstehen
(Eder und Brosch, 2017, S. 211). vs.
Appraisal-Theorien vs. biologische Theorien vs. kon- Konstruktivistische Theorien
struktivistische Theorien: Nach wie vor wird kontro- Stimulus → Basisaffekte (core affects) → Kategori-
vers erörtert, ob Emotionen biologisch vorprogrammiert sierung unter Einbezug interpretativer Schemata →
sind, ob sie nur durch kognitive Prozesse ausgelöst wer- Emotion
den können oder ob ein Zusammenspiel von physiologi- (Emotionen entstehen durch Interpretation von
scher Erregung und Attributionsprozessen notwendig „Rohgefühlen“)
ist. Die eher naturwissenschaftlich orientierte Betrach-
tungsweise stellt die biologische Programmierung des
emotionalen Verhaltens und die Aktivierungstheorie in Appraisal-Theorien: Lazarus (1991) zählt zu den Befür-
den Vordergrund (Emotionen als biologische Funktionen wortern der kognitiv ausgerichteten Emotionstheorien.
des zentralen Nervensystems). Die sogenannten „apprai- Im Mittelpunkt steht der sogenannte Appraisal-Prozess,
sal theories“ (appraisal zu Deutsch: Einschätzung oder was bedeutet, dass ein Individuum erst dann eine Emoti-
Bewertung) setzen dagegen beim subjektiven Erleben on erleben kann, wenn es ein bestimmtes Ereignis (eine
an und erklären Emotionen über kognitive Interpreta- Episode oder eine unerwartete Stimuluskonstellation)
tionsvorgänge. Die Diskussion, ob und inwieweit kog- bewertet und interpretiert („You must know what the
nitive Vorgänge Bestandteile von Emotionen sind, wird event is before you can like it, or fear it, or ignore it“).
in der wissenschaftlichen Literatur unter dem Stichwort Diese Bewertung kann mehr oder weniger bewusst er-
„Lazarus-Zajonc -Debatte“ geführt. Die konstruktivis- folgen. Wesentlich ist bei dem Appraisal-Vorgang vor
tische Perspektive schließlich verbindet die beiden eben allem, dass der durch ein Ereignis ausgelöste Zustand
genannten Zugänge und behauptet, dass Emotionen mit einem erwünschten Zustand verglichen wird („Goal
durch Interpretation von sogenannten „Rohgefühlen“ Congruence“). Dabei kann eine Emotion nur dann zu-
entstehen (Eder und Brosch, 2017, S. 216). stande kommen, wenn das Individuum ein bestimmtes
Interesse an dem Ereignis hat („Goal Relevance“) und
Es ist wichtig, über diese Debatte informiert zu sein,
zur gleichen Zeit bewertet, inwieweit das Ereignis den
erwünschten Zustand fördert oder bedroht. Positive
um die wissenschaftlichen Artikel in den führenden Mar- Emotionen (wie Glück, Freude) gehen mit dem Erreichen
ketingzeitschriften erfassen zu können, da die Autoren, eines (Zwischen-)Zieles einhergehen, was in der Regel zu
je nachdem welchem emotionstheoretischen Lager sie der Entscheidung führt, einen Plan weiterzuverfolgen,
zugehören, unterschiedliche Operationalisierungen bzw.
während negative Emotionen (z. B. Frustration, Angst,
Messmethoden anwenden,
Enttäuschung) durch Nichterreichung eines Ziels entste-
100 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

hen und die Aufgabe des Plans zur Folge haben. Die be- zu besonders großem Ärger und zu einem verstärkten
wusste (kognitive) Bewertung des Zielerreichungsgrades Widerstand gegen die Technologie führt.
und der Relevanz des Ziels bestimmen die emotionale Eine weitere, sehr bekannte Appraisal-Theorie stammt
Reaktion. von Roseman (1991, siehe Abb. 43). Er unterscheidet fünf
Nach Lazarus (1991) entsteht somit beispielsweise Ärger, Dimensionen, nach denen Ereignisse bewertet werden
wenn das Individium einen Stimulus als Beleidigung können:
oder Ärger bewertet, Neid, wenn das Individuum etwas (1) Ein Ereignis kann als ziel-konsistent (positive Emotion)
verlangt, was ein anderer besitzt, oder Traurigkeit, wenn bzw. -inkonsistent (negative Emotion) erlebt werden.
der Person klar wird, dass etwas oder jemand unwieder- (2) Es kann Appetenz oder Aversion (z. B. bei Vorliegen
bringlich verlustig gegangen ist. einer Belohnung oder Ausbleiben einer Bestrafung)
Scherer (2009) erklärt, dass vor allem vier Fragen bei der erzeugen.
Beurteilung eines Ereignisses entscheidend sind: (3) Ein Ereignis wird danach beurteilt, ob es vom Indivi-
duum selbst oder durch andere Personen bzw. Umstände
(1) Wie relevant ist das Ereignis für mich?
verursacht wird („Agency“).
(2) Welche Konsequenzen hat das Ereignis für mich und (4) Die Ursache kann mehr oder weniger sicher einge-
verändert es mein Befinden bzw. die Wahrscheinlich- schätzt werden.
keit, dass ich meine Ziele erreichen kann?
(5) Das Ereignis kann mit unterschiedlicher Intensität
(3) Wie gut kann ich das Ereignis bewältigen? verarbeitet werden. Damit ist gemeint, dass man mit
(4) Wie wichtig ist das Ereignis in Bezug auf mein Selbst- manchen Gefühlen leichter als mit anderen „fertig
konzept? wird“ („Coping Potential“). Coping ist ein dynami-
sches Phänomen und zielt darauf ab, angenehme
Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Appraisal-The- emotionale Zustände wiederzuerlangen und auftre-
orien, allen gemeinsam ist, dass zunächst eine kognitive tenden Stress zu reduzieren (Duhachek, 2005, S. 42;
Einschätzung erfolgt und erst dann „spezifische Reakti- Luce, 1998, S. 427).
onen in physiologischen, motivationalen und expressiven
Beispielsweise kommt Stolz dann zustande, wenn ein In-
Systemen“ ausgelöst werden (Eder und Brosch, 2017,
S. 210). dividuum seine eigene Leistung in einem positiven Licht
sieht, also den Eindruck hat, ein bestimmtes Ziel erreicht
Den Appraisal-Theorien wird eine hohe Erklärungskraft
zu haben. Diese positive Emotion ist ziel-konsistent und
zugesprochen, wenn es darum geht, das Erreichen von
Zielvorstellungen im Marketing zu analysieren. Ziele anziehend (eine Belohnung steht in Aussicht oder eine
werden hier definiert als interne Repräsentationen von Bestrafung wird vermieden), sie ist selbstverursacht und
erwünschten Zuständen. Immer dann, wenn ein Indivi- kann mit einem hoch oder niedrig ausgeprägten Coping
duum ein Ziel nicht erreichen kann, reagiert es mit einer Potential verbunden sein. Traurigkeit kann entstehen,
emotionalen Reaktion, die in Stärke und Qualität von dem wenn ein Individuum einen bedeutsamen Verlust erlebt,
Konfliktbewältigungspotenzial des Individuums abhängig von dem es weiß, dass nichts getan werden kann, um
ist. ihn rückgängig zu machen. Dieser Verlust wird nega-
tiv erlebt (ziel-inkonsistent), den Umständen und nicht
Die bewusste (kognitive) Bewertung des Zielerreichungs- dem eigenen Verschulden zugeschrieben (wie z. B. bei
grades und der Relevanz des Ziels bestimmen somit die Schuldgefühlen), und das Individuum wird schlecht
emotionale Reaktion (Bagozzi, Baumgartner und Pieters, mit diesem Erlebnis fertig. Somit können nach Roseman
1998). Bagozzi, Bergami und Leone (2003) zeigen bei- (1991) mittels unterschiedlicher Kombinationen der fünf
spielsweise in ihrer Studie, dass das Ziel „Abnehmen genannten Dimensionen die Emotionen Überraschung,
von Körpergewicht“ mit positiven und negativen Emo- Hoffnung, Freude, Erleichterung, Angst, Traurigkeit, Ab-
tionen verknüpft sein kann, je nachdem, ob Fortschritte neigung, Zuneigung, Ekel, Frustration, Ärger, Scham
bei diesem Ziel erreicht werden, die dann ihrerseits die und Schuldgefühle, Stolz und Bedauern kategorisiert
Weiterverfolgung des Ziels fördern, oder ob trotz Bemü- werden. Beispielsweise sind die Gefühle Freude und
hungen sich das Gewicht nicht dauerhaft ändert, weshalb Erleichterung in Bezug auf vier Dimensionen identisch,
der Plan, schlanker zu werden, aufgegeben wird. Koe- unterscheiden sich jedoch darin, dass Freude entsteht,
nigstorfer und Groeppel-Klein (2007) belegen in einem wenn eine Belohnung winkt, während Erleichterung
Experiment zur Akzeptanz von mobilen Internetgeräten, erlebt wird, wenn eine Bestrafung ausbleibt.
dass ein (als selbstverschuldet attribuiertes) Versagen Die Appraisal-Theorie von Roseman (1991) kann gleich-
beim Ausprobieren dieser damals neuen Technologie falls zur Generierung von Hypothesen eingesetzt wer-

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B. Aktivierende Prozesse 101

Positive Emotions Negative Emotions


Motive-Consistent Motive-Inconsistent
Appetitive Aversive Appetitive Aversive

Circumstance-caused
unexpected Surprise
uncertain Hope Fear
Weak
certain Joy Relief Sadness Distress, Disgust
uncertain Hope
Frustration Strong
certain Joy Relief
uncertain

Other-caused
Dislike Weak
Agency

Power
certain
Liking
uncertain
Anger Strong
certain
uncertain
Self-caused

Shame, Guilt Weak


certain
Pride
uncertain
Regret Strong
certain
Abb. 43: Appraisal-Theorie
(Quelle: Roseman, 1991, S. 193)

den, die erklären sollen, wann welche Emotionen zu er- Raum als Befragung des Konsumenten bei einer anste-
warten sind (z. B. Prognose von Freude vs. Erleichterung). henden Konsumentscheidung22 skizziert (Homburg,
So lassen sich z. B. Angst und Ärger in Bezug auf die 2016, S. 6923). Ein Beispiel hierzu liefert Pham (1998) in
Sicherheit des Eintretens eines Ereignisses („uncertainty seinem vielzitierten JCR-Artikel: Eine Konsumentin ent-
appraisal“) differenzieren. Man stelle sich einen Spieler scheidet sich, am Nachmittag nicht in ein Einkaufszen-
vor, der beim Roulette reich werden möchte und sein trum zu gehen, nicht weil sie momentan in einer schlech-
ganzes Geld auf seine Glückszahl 13 setzt. Während die ten Laune ist, sondern weil der Gedanke daran, in das
Kugel läuft, verspürt er Angst, dass die Kugel vielleicht Shoppingcenter zu gehen, ihr Verdrießlichkeit bereitet.
auf eine andere Zahl fallen könnte, ist dies tatsächlich Diese antizipierten Gefühle müssen jedoch nicht mit phy-
der Fall, verspürt er großen Ärger. siologischen Reaktionen (z. B. erhöhter Herzschlagrate)
einhergehen (Scherer, 2005).
Die aktuellere Forschung (z. B. Agrawal, Han und Du-
hachek, 2013; So, Achar et al. 2015) setzt sich heute nicht Es ist durchaus nachvollziehbar, dass durch die Antizi-
mehr nur mit der Frage auseinander, wie man Emotionen pation von Gefühlen Konsumentscheidungen beeinflusst
auf Basis einer Appraisal-Dimension unterscheiden kann werden. So stellt sich eine junge Frau vielleicht vor, wie
(die Appetenz-Aversion-Dimension führt beispielsweise viel Freude und Bewunderung sie beim Tragen eines Ball-
dazu, dass man Erleichterung und Freude differenzieren kleides erleben wird, und kann dem Kauf nicht wider-
kann: Erleichterung wird erlebt beim Ausbleiben einer stehen. Selbst ein kleiner Junge, der in einem Autohaus
Bestrafung, Freude bei Erhalt einer Belohnung), sondern hinter das Steuer einer Luxuslimousine krabbelt, stellt
man betrachtet auch die Interaktionen zwischen verschiede- sich vor, wie es sein wird, wenn er in späteren Jahren
nen Dimensionen und Folgeerscheinungen. einmal voller Stolz und Begeisterung mit dem schönen
Auto durch die Straßen fahren kann. Diese antizipier-
Mit der kognitiven Emotionstheorie wird auch die so- ten Emotionen prägen seine Einstellungen. Erwachsene
genannte „How-do-I-feel-about-it“-(HDIF-)Heuristik dagegen lassen sich beispielsweise durch die „glücklich
von Schwarz und Clore (1983, 1988) assoziiert. Hier wird machende“ Vorstellung, einmal sehr wohlhabend zu
die Frage diskutiert, inwieweit eine kognitiv antizipierte sein, in ihrem Verhalten leiten (und spielen Lotto).
Emotion (das Individuum stellt sich vor, welche Emotion
es in einer bestimmten, zukünftigen Konsumsituation 22
Wir gehen im Kapitel Zweiter Teil, D „Entscheidungsverhal-
erleben wird) als Informationsgrundlage für zukünftiges
ten“ noch einmal auf „Bauchentscheidungen“ ein.
Verhalten gelten kann. Diese auch unter der Bezeichnung 23 Homburg (2016, S. 318) verweist auf die Bedeutung der „af-

„affect as information“ (Clore, Gasper und Gravin, 2001) fect as information“-Theorie für die Konzeption von Fragebö-
bekannt gewordene Theorie wird im deutschsprachigen gen.
102 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Vertiefungskasten: Weiterentwicklung der (kognitiven) Appraisal-Forschung

Agrawal, Han und Duhachek (2013) beschäftigen sich z. B. ten die Informationen des ersten und zweiten Produkttests
mit den Appraisal-Vorgängen der beiden negativen Emoti- überein (A eindeutig besser B), im zweiten Fall schnitt beim
onen Ärger und Scham und den Folgen für die nachfolgen- zweiten Test Kamera B eindeutig besser ab als A.
de Informationsverarbeitung. Beide Emotionen divergieren Die Autoren konnten nun nachweisen, dass im Falle inkon-
bei der Einschätzung, wer für ein negatives Ereignis verant- sistenter Informationsabfolge ärgerliche Individuen viel we-
wortlich ist. Ist man es selbst, dann fühlt man Scham, ist niger bereit waren, dem zweiten Produkttest Glauben zu
dagegen jemand anderes verantwortlich, Ärger. Es gibt hier schenken als Personen, die sich zuvor an eine Situation
also klare Unterschiede bei der Agency-Dimension. Die Au- erinnern sollten, bei der sie sehr viel Scham empfunden
toren gehen auch davon aus, dass die durch Appraisal-Vor- hatten. Letztere ließen sich stärker in ihrer weiteren Mei-
gänge erlebten Emotionen weitere Kognitionen aktivieren nungsbildung beeinflussen. Die Autoren stellen Ähnliches
und hierdurch nachfolgende Reaktionen beeinflusst werden. fest, wenn sie Probanden mit den Emotionen Stolz (positives
Wenn also ein Individuum ärgerlich ist, dann wird auch ein Ereignis, wird auf die eigene Leistung zurückgeführt) und
nachfolgendes Ereignis als ärgerlich eingeschätzt bzw. er- Dankbarkeit (positives Ereignis, von dem man profitiert, wird
neut werden andere für das Ereignis verantwortlich gemacht. dem Wirken anderer zugeschrieben) vergleichen. Auch hier
Ärgerliche Menschen kommen somit zu dem Schluss: liegen deutliche Unterschiede bei der Agency-Einschätzung
„Others are wrong“ (ebenda, S. 89). Empfinden die Men- vor. In der Folge waren aber stolze Konsumenten sehr viel
schen dagegen zunächst Scham, dann sind sie laut Apprai- weniger bereit, den inkonsistenten Informationen Glauben
sal-Theorie davon überzeugt, dass sie persönlich etwas zu schenken als die dankbaren, und ließen sich weniger
falsch gemacht haben. Diese Einschätzung führe zu einem beeinflussen. Bei konsistenter Informationsdarbietung konn-
geringeren Selbstbewusstsein, welches sich ebenfalls auf ten weder bei den beiden negativen, noch bei den beiden
nachfolgende Reaktionen auswirken könne. So seien bei positiven Emotionsgruppen Unterschiede hinsichtlich ei-
nachfolgenden Verhandlungen Individuen, die zuvor Scham nes Einstellungswandels festgestellt werden. Die Autoren
erlebt hätten, sehr viel weniger durchsetzungsstark. Agrawal, schlussfolgern aus diesen Erkenntnissen, dass zum einen
Han und Duhachek (2013) gehen nun davon aus, dass die die Appraisal-Dimension „Agency“ (wer oder was ist für
Emotionen und die damit einhergehenden Folgeprozesse ein Ereignis verantwortlich) das Beharrungsvermögen bei
auch die Akzeptanz von neuen Informationen beeinflussen. nachfolgenden Bewertungsprozessen mit inkonsistenten
Werden die Konsumenten, so die These der Autoren, mit Informationen beeinflusst, wobei die treibende Kraft hier das
Informationen konfrontiert, die in Bezug auf ein Thema im geringere Vertrauen in die Glaubhaftigkeit der Informationen
Widerspruch zu ihren eigenen Präferenzen stehen, so wür- ist. Sie regen an, in Zukunft zu untersuchen, ob ärgerliche
den ärgerliche Personen sehr viel weniger diesen neuen oder stolze Personen situationsbedingt mehr von Vertei-
Informationen vertrauen als Konsumenten, die zuvor die digungsmotiven oder Impression Management getrieben
Emotion Scham erlebt hatten. sind als Personen, die sich schämen oder dankbar sind.
Die Autoren testeten diese Hypo- Zum anderen erklären sie, dass die weitere Forschung sich
these mit einem interessanten Ex- stärker der Frage widmen sollte, inwieweit im Zeitverlauf In-
periment, bei dem sie Konsumenten teraktionen zwischen den einzelnen Appraisal-Dimensionen
zunächst mit „objektiven“ Informa- auftreten, also dass z. B. Dankbarkeit dazu führt, dass man
tionen über zwei Digitalkameras neue Ereignisse vielleicht als weniger gravierend einschätzt
versorgten, die bei sorgfältiger Ab- oder man in Momenten der Dankbarkeit stärker den Wunsch
wägung nur den Schluss zuließen, dass Kamera A besser hat, Konflikte zu reduzieren.
als Kamera B ist (5 von 8 Attributen waren hier eindeutig Archar et al. (2015) greifen u. a. das Experiment von Agrawal,
vorteilhafter ausgeprägt). Nachdem man die Emotionen der Han und Duhachek (2013) auf, erklären „Emotions shape
Konsumenten manipuliert hatte (eine Gruppe sollte sich an decision-making and information processing through apprai-
ein ärgerliches Erlebnis erinnern und dies niederschreiben, sals“ (S. 360) und fordern die Wissenschaft auf, dieses Thema
die zweite Gruppe an ein Ereignis, bei dem sich die Teilneh- weiter zu erforschen, insbesondere zu ergründen, wie die
mer geschämt hatten), wurde den Experimentalteilnehmern Interaktion verschiedener Appraisal-Dimensionen die Infor-
ein zweiter Produkttest offenbart. Hier wurde ihnen mitge- mationsverarbeitung beeinflusst. Interaktionen könnten auch
teilt, dass das Ergebnis dieses Tests auf Basis der Erfahrun- zu zeitgleichem Auftreten verschiedener Emotionen führen,
gen bisheriger Kunden gewonnen wurde. Es wurden jedoch und nur das kombinierte Auftreten könne das anschließende
zwei unterschiedliche Testurteile präsentiert (konsistent vs. Verhalten erklären. So haben Morales, Wu und Fitzsimons
inkonsistent zur Ausgangsinformation). Die Teilnehmer des (2012) beispielsweise festgestellt, dass die Kombination
Experiments wurden nun nach dem Zufallsprinzip entweder „Furcht und Ekel“ sofort ein Fluchtverhalten auslösen wür-
der Gruppe des „konsistenten“ oder des „inkonsistenten de, während Furcht alleine auch zu „freezing“ (vor Schreck
zweiten Testberichts“ zugeordnet, d. h., im ersten Fall stimm- erstarren) und zur Bewegungslosigkeit führen könne.
B. Aktivierende Prozesse 103

Abb. 44: Cartoon entnommen aus


dem Vortrag „Consumer Action:
Automaticity, Purposiveness, and
Self-Regulation“ (Bagozzi, 2003)

erst dann, wenn ein bestimmtes Ereignis hinsichtlich


Durch gedankliche Antizipation können Emotionen aus-
gelöst werden.
der Frage reflektiert wird, ob es eine Beeinträchtigung
oder Steigerung des persönlichen Wohlbefindens dar-
stellt. Physiologische Grundprozesse werden hierbei
Emotionsforscher der Appraisal-Theorien stellen in der vernachlässigt und die Möglichkeit einer unbewussten
Regel entweder die Valenz von Emotionen – also die Emotionsbildung wird negiert (Sokolowski, 2008). Ells-
positive oder negative Richtung der Emotion – in den worth (2013, S. 130), wenngleich selbst Verfechterin der
Vordergrund der Betrachtung (Wood und Moreau, 2006) Appraisal-Theorien, mahnt ebenfalls, dass sich diese
oder betrachten einzelne Emotionen und ihre Wirkun- stärker der Frage annehmen müssten, unter welchen
gen separat (beispielsweise Ärger, Hoffnung, Stolz, z. B. Voraussetzungen emotionale Reaktionen automatisch
Pieters und Zeelenberg, 2005). So konnten Kim, Park und erfolgen, und schlägt vor, die Hypothese zu untersuchen,
Schwarz (2010) beispielsweise herausfinden, dass „ex- dass je vertrauter das Individuum mit einer Situation ist,
citement“ (Aufregung) dazu führt, dass Konsumenten desto automatischer werden die Appraisals und damit
Abenteuerreize bevorzugen. Hill, DelPriore und Vaug- die Emotionen erzeugt (siehe hierzu auch die Ausführun-
han (2011) stellten fest, dass Neid das Erinnerungsver- gen von Moors, 201324). Diese These ist durchaus gewagt,
mögen fördert, da man andere Menschen aufmerksamer denn wenn das Individuum mit der Situation vertraut
betrachtet. ist, oder anders ausgedrückt an bestimmte Ereignisse
Kritische Stellungnahme: Ein Verdienst der kognitiven gewöhnt ist, dann besteht die Gefahr, dass aufgrund der
Emotionstheorie ist die Erkenntnis, dass nicht die Situa- Habituation und den damit einhergehenden, geringeren
tion an sich, sondern die subjektive Einschätzung, inwie- kognitiven Aktivitäten oder einer geringen Aktivierung
weit eine Situation mit den Werten, Zielen und Normen die emotionale Reaktion auch ausbleiben kann; so würde
einer Person korrespondiert, die emotionale Reaktion
bedingt. Der größte Kritikpunkt an den appraisaltheo- 24
Moors (2013) macht auf das Problem aufmerksam, dass der
retischen Ansätzen liegt in der dominanten kognitiven Ausdruck „appraisal“ mehrdeutig ist. Der Appraisal-Vorgang
Betrachtung von Emotionen („kognitiver Reduktio- kann sehr elaboriert sein, nach speziellen Regeln ablaufen,
nismus“) und der Tatsache, dass negiert wird, dass in Assoziationen auslösen, aber auch angeborene Reaktionen be-
inhalten, manche Teile des Vorgangs seien bewusst, andere
vielen Situationen Erregungsmuster ausgelöst werden
unbewusst. Die unterschiedlichen Sichtweisen immunisieren
können, die quasi automatisch Emotionen auslösen und den Begriff gegen Kritik. In dem Komponentenmodell von
das Verhalten bestimmen. Nach den gängigen Apprai- Scherer (2009) ist der Appraisal-Vorgang nur einer von insge-
sal-Theorien erfolgt das Auslösen einer Emotion immer samt 5 Komponenten.
104 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

jedenfalls ein Anhänger der biologischen Emotionsthe- warum unterschiedliche Individuen auf bestimmte
orie argumentieren. Daraus ergibt sich indirekt ein wei- emotionale Stimuli (z. B. Schlüsselreize) gleich reagieren
terer Kritikpunkt an der kognitiven Emotionstheorie: Es und warum emotionale Konditionierungsprozesse mit
wird nicht deutlich, welche kognitiven Einschätzungen solchen Schlüsselreizen (vgl. Ausführungen zu Lern-
zwingend gegeben sein müssen, damit physiologische theorien in diesem Buch) beispielsweise in der Werbung
Veränderungen angestoßen werden (Eder und Brosch, gelingen – auch kulturübergreifend.
2017, S. 211). Den biologischen Ansätzen wurde durch die Arbeit
Werden emotionale Reaktionen auf der Basis von Apprai- „The expressions of emotions in man and animals“ von
sal-Theorien mittels verbaler Skalen gemessen, dann wer- Darwin (1872) der Weg geebnet. In einem erweiterten
den diese oftmals als subjektiv erlebte Differenz zwischen Verständnis der Darwin’schen Theorie stellen Emotionen
einem als wünschenswert eingestuften Ziel und dem Mechanismen dar, „die anstelle relativ starrer Reiz-Reak-
Zielerreichungsgrad konzeptualisiert. Solche Messungen tions-Verkoppelungen, wie sie bei Instinkten vorgegeben
müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie rein sind, flexible Antworten auf wechselnde Umweltanforde-
kognitive Interpretationen erzwingen, spontan geäußerte rungen möglich machen. (…) So dienen Emotionen dazu,
Reiz-Reaktions-Beziehungen ausschließen, die Aktivie- auch ohne bewusste Einsicht in die ultimativen Ziele, das
rungskomponente vernachlässigen und Reaktionen nur Verhalten auf die Ziele auszurichten“ (Sokolowski, 2008,
mit zeitlicher Verzögerung erhalten, die zudem mit dem S. 304). Emotionen übernehmen somit „Überlebensaufga-
Problem „sozial erwünschter Antworten“ behaftet sein ben“. Für in Gruppen lebende Menschen wird dabei der
können (Groeppel-Klein, 2005, S. 430 f.). Als methodische Gesichtsausdruck zum schnellen Verständigungsmittel.
Mittel werden häufig Vignetten (Kurzbeschreibungen Erinnern wir uns noch einmal an den wilden Bären:
von Ereignissen bzw. Geschichten), retrospektive Befra- Wenn ein Individuum beim Anblick dieses wilden Tie-
gungen (verbale Abfrage der Erinnerung an bestimmte res ein erschrecktes Gesicht zeigt, dann können andere
Ereignisse, z. B. Agrawal, Han und Duhachek, 2013) und Menschen diesen Gesichtsausdruck sofort verstehen und
Experimente eingesetzt (Roseman, 2001, S. 69 ff.). Auf die sind vor einer potenziellen Gefahr gewarnt. Keysers,
Messung von Emotionen werden wir aber noch einmal Wicker et al. (2004) führten eine neurologische Studie
gesondert zu sprechen kommen. durch, die belegt, dass das Betrachten des emotionalen
Biologische Emotionstheorien: „Our emotions are full Ausdrucksverhaltens anderer Personen zu ähnlichen
of blood, sweat, and tears, but you would not know this Reaktionen aufseiten des Betrachters führen kann. Es
from examining modern cognitive research on emotion“ wurden bei Versuchspersonen die Gehirnaktivitäten
(LeDoux, 1996, S. 42). gemessen, während die Versuchsperson (1) selbst am
Bein berührt wurde und (2) ein Ekelgefühl empfand.
Die biologisch orientierten Emotionstheorien (auch evo-
In einer zweiten Stufe wurden bei anderen Probanden
lutionäre Theorien genannt) gehen davon aus, dass die
die Gehirnaktivitäten gemessen, während ihnen Videos
grundlegenden, sogenannten „primären Emotionen“
vorgeführt wurden, bei denen sie (1) eine andere Person
oder „Basisemotionen“ in den Erbanlagen des Menschen
betrachteten, die mit einer Hand am Bein berührt wur-
verankert sind. Diese primären Emotionen lassen sich
de, und (2) vor Ekel verzerrte Gesichter dritter Personen
auf keine weiteren Emotionen zurückführen. Primäre
anschauten. Ein Vergleich der Gehirnbilder zeigte eine
Emotionen zeichnen sich zudem durch besondere Ei-
signifikante Übereinstimmung der aktivierten Areale:
genschaften wie ihre interkulturelle Übertragbarkeit, die
Beim Zuschauer finden sich ähnliche Hirnaktivitäten
Entwicklung bereits in frühester Kindheit, das Einherge-
wie bei denen, die selbst die Erfahrungen machten. Das
hen mit einer bestimmten Mimik und physiologischen
Ergebnis konnte von Bufalari, Aprile et al. (2007) im Prin-
Reaktionen sowie die Fähigkeit zur Bildung komplexer
zip repliziert werden.
Emotionen durch Vermischungen (Izard, 1994; Izard,
2011)25 aus. Die biologische Programmierung erklärt, Seit der Entdeckung der sogenannten Spiegelneuronen
im Jahr 1995 geht man davon aus, dass diese Nerven-
zellen die Grundlage für empathische Prozesse liefern
25
Izard (2011, S. 371) schreibt hierzu: „I identify a few emotions (zusammenfassend, wenn auch kritisch, Wondra und
(interest, joy, sadness, anger, fear) that may be called ’basic’ Ellsworth, 2015, S. 413 f.). Spiegelneuronen weisen bei der
for the following reasons. They (a) have a simpler structure Beobachtung emotionaler Vorgänge gleiche Aktivitäten
by virtue of the absence of complex cognition, (b) have more
specificity of functions, (c) are largely derived through bio-evo-
lutionary processes, (d) continue to retain relatively more evo-
lutionarily derived features (e. g., expressive/social signals), (e) constitute a set of motivational processes important for survi-
emerge earlier in ontogeny than do emotion schemas, and (f) val and well-being“.
B. Aktivierende Prozesse 105

auf wie beim eigenen Erleben dieser Emotionen26. Daher


Das gelingt uns vor allem bei nahestehenden oder ver-
wirkt Lachen ansteckend, Schmerz anderer führt zu Mit- trauten Personen (durch Aktivierung der für affektive Pro-
gefühl. So einfach diese Erkenntnis klingt, so wichtig ist zesse zuständigen Gehirnareale), weniger bei fremden
ihre Bedeutung: Um Emotionen zu erleben, müssen wir Personen.
die Reize nicht selbst unmittelbar erleben, sondern sie
können uns auch medial vermittelt werden.
Zajonc (1980) als ein besonders bekannter Vertreter der
Zur Frage, wie wir Empathie empfinden, haben auch biologischen Emotionstheorien (siehe schon angespro-
die Forschungsarbeiten von Meyer, Masten et al. (2013, chenes Stichwort „Lazarus-Zajonc-Debatte“) ist der An-
2015) für Aufmerksamkeit gesorgt. Die Autoren haben sicht, dass aufgrund dieses angeborenen Überlebensme-
mit Hilfe der funktionalen Magnetresonanztomographie chanismus Menschen auf Reize reagieren können, ohne
nachgewiesen, dass unsere empathischen Reaktionen zu wissen, was sich genau dahinter verbirgt. Einfache
variieren, je nachdem ob wir Personen beobachten, die sensorische Informationen reichen aus, um körperliche
uns nahestehen (z. B. Freunde) oder nicht (z. B. Menschen Reaktionen (wie beispielsweise Flucht) auszulösen. Zu-
anderer Kulturen). Die Autoren fokussierten sich auf die dem können Individuen unabhängig von oder zeitlich
Frage, ob und wie Leid nachempfunden wird, z. B. wenn vor kognitiven Aktivitäten emotionale Empfindungen
Menschen ausgeschlossen werden (social exclusion). Zu- entwickeln. Nach Zajoncs Verständnis sind Emotionen
sammenfassend belegen die Erkenntnisse, dass Empathie angeboren, gehen mit physiologischer Aktivierung,
unterschiedlich ausgeprägt ist, je nachdem, ob die Per- körperlichen Veränderungen sowie einem spezifischen
sonen, die durch den sozialen Ausschluss Leid empfin- Gesichtsausdruck einher. Somit schließt sich Zajonc der
den, nahestehende Freunde oder Fremde sind. Im ersten Definition von Basisemotionen an.
Fall werden affektive Gehirnregionen aktiviert, die für
Auf ihn geht auch die sogenannte „Mere-Exposure-Hy-
das Schmerzempfinden zuständig sind, die Emotionen
pothese“ zurück, die besagt, dass eine positive Grund-
werden also am eigenen Leib nachempfunden. Werden
haltung zu einem Gegenstand unbewusst entwickelt
dagegen Fremde beobachtet, dann findet eine „Mentali-
werden kann, allein dadurch, dass man diesem Gegen-
sierung“ statt, d. h., über das beobachtete Ereignis wird
stand häufig ausgesetzt ist (Zajonc, 1968; 2001)28. Die
mehr nachgedacht und die Beobachter versuchen, Grün-
Mere-Exposure-Hypothese wurde und wird auch heute
de für den sozialen Ausschluss zu finden. Anders aus-
noch kontrovers diskutiert. Bornstein und Craver-Lemley
gedrückt: Beobachtet man fremde Personen, dann wird
(2016) führten beispielsweise eine (Replikations-)Studie
das beobachtete Verhalten durch Zuschreibung mentaler
durch, bei der sie Probanden mit mehr oder weniger kom-
Zustände interpretiert.
plexen Reizen bis zu fünfzig Mal konfrontierten (jeder
Stimulus wurde 0, 1, 2, 5, 10, 25, 50 mal für je 5 Sekunden
Wir können nachfühlen, was wir sehen (emotionale An- eingeblendet). Sie wählten als einfache Reize z. B. soge-
steckung).27 nannte Welsh-Figuren, das sind standardisierte Bildreize,
hier Polygone, wie Kreuze oder Dreiecke. Als komplexe
26
Schuch und Koch (2019) erklären, dass das Spiegelneuronen- Reize wählten sie optische Täuschungen. Anschließend
system an der „Handlungssteuerung beteiligt ist. Hiermit ist wurde mittels neunstufiger Skalen gemessen, wie sehr
ein Netzwerk von prämotorischen und parietalen Hirnarealen die Probanden die Stimuli mochten und wie komplex
(Gehirn) gemeint, die sowohl bei der Planung und Ausführung sie die Bildreize empfanden. Ganz grundsätzlich kön-
einer Handlung als auch beim Beobachten und Verstehen der nen die Autoren feststellen, dass der Mere-Exposure-Ef-
Handlung einer anderen Person aktiviert sind. Verletzungen fekt Gültigkeit hat, also dass sich in diesem Experiment
in diesen Hirnarealen können zu Störungen der Handlung
führen“.
bewahrheitete, dass Individuen Stimuli mehr mögen,
27
Der Begriff der emotionalen Ansteckung bezieht sich vor wenn sie sie häufiger sahen. Allerdings gilt dies nur unter
allem auf die Wirkung nonverbal ausgedrückter Emotionen in zwei Bedingungen: Unabhängig von der Komplexität
Interaktionsprozessen. Nerdinger (2019) schreibt dazu: „(1) In
Interaktionen versuchen Menschen automatisch und konti-
nuierlich ihren Gesichtsausdruck durch Mimikry mit dem neuronal verarbeitet, wodurch die jeweiligen, einem aktuellen
Gesichtsausdruck ihrer Gesprächspartner zu synchronisie- Gefühlsausdruck zugehörigen Gefühle erlebt werden. (3) Als
ren. Eine gelungene Synchronisierung des Ausdrucks ist ein Konsequenz aus (1) und (2) können Interaktionspartner die
entscheidendes Indiz für den Erfolg einer Interaktion. (2) Die Emotionen des anderen nachempfinden.“
28
emotionale Erfahrung wird in jedem Moment der Interak- Zajonc (1980, S. 163) schreibt: „Affective reactions to a stimu-
tion durch die neuronale Rückmeldung der Mimik gesteuert. lus may be acquired by virtue of experience with that stimulus
Dies wird als Facial-Feedback-Hypothese bezeichnet. Dem- even if not accompanied by such an elementary cold cognitive
nach wird die Stellung sämtlicher Gesichtsmuskeln laufend processes as conscious recognition“.

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106 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

der Stimuli stiegen die Werte für das Gefallen der Reize steigender Ast) bis zum einen Höhepunkt, dann fallen
nur bis zur fünfmaligen Exposition, danach stagnierten die Werte ab.
(komplexe Reize) und sanken die Gefallenswerte. Zu- ●● Der aufsteigende Ast kann vor allem für visuelle Rei-
dem war der Mere-Exposure Effekt für die komplexen ze, nicht für auditive Reize nachgewiesen werden.
Reize stärker ausgeprägt als für die einfachen Stimuli. ●● Die jeweilige Expositionszeit darf nur kurz sein.
Die Autoren schlussfolgern daher, dass eine umgekehr-
te U-Funktion zwischen Anzahl der Expositionen und Der Mere-Exposure-Effekt hat insbesondere für die Wer-
Gefallen besteht und nehmen an, dass bei zu häufiger bewirkungsforschung eine hohe Bedeutung. Er bedeutet,
Exposition Langeweile entsteht („Overexposure-Effect“). dass man durch bloße Wiederholung von Reizen (z. B.
Die Autoren erklären ebenso, dass die Ergebnisse auch des neuen Markennamens) das Gefallen erhöhen kann.
mit den Erkenntnisse zur Perceptial Fluency einhergehen
(„Flüssigkeit der Wahrnehmung“, siehe Ausführungen Wir werden auf den Mere-Exposure-Effekt im weiteren
im Abschnitt „Kognitive Prozesse“): Die Wiederholung Verlauf dieses Buchs immer wieder zu sprechen kom-
der Stimuli (insbesondere der komplexen Stimuli, die men.
insgesamt durch die Wiederholung noch mehr profi-
tierten als die einfachen) führt dazu, dass sie einfacher Doch nicht nur die Anzahl der Expositionen kann das
verarbeitet werden können und dadurch auch als „wahr- Gefallen von Reizen verändern, auch die Körperhaltung,
haftiger“ wahrgenommen werden. Bornstein und Cra- in der man sich befindet, wenn man mit neuen Stimu-
ver-Lemley (2016) gehen schließlich davon aus, dass der li konfrontiert wird, spielt eine Rolle, wie das „Klassi-
Anstieg der Gefallenswerte bereits nach einmaliger Ex- ker-Experiment“ von Cacioppo, Priester und Berntson
position bei den komplexen Stimuli Folge einer schnellen (1993) belegt. Ihre Studie zeigte im Ergebnis, dass Pro-
(reflexiven) affektiven Reaktion sei. Dies deckt sich mit banden eine höhere Affinität zu neuartigen Stimuli er-
den Erkenntnissen von Bargh und Chartrand (1999), die lebten, wenn sich ihre Körper in Haltungen befanden,
beispielsweise schreiben, dass alleine die Exposition mit die mit Annäherung (approach) anstatt mit Ablehnung
einem Reiz dazu führen kann, dass wir ihn mögen: „Our (avoidance) assoziiert werden. Das ist beispielsweise der
preferences may be made literally before we know it. (…) Fall, wenn der Arm so gekrümmt wird, als ob man etwas
non-conscious evaluations may be linked to behavioral zu sich heranziehen möchte.
dispositions to either approach or to avoid the particular Bargh und Chartrand (1999) führten ein Experiment
stimulus being evaluated. (…) Immediately and uninten- durch, bei dem sie zwei Gruppen von Versuchspersonen
tionally a perceived object is classified as good or as bad, positive und negative Wörter als Stimuli vorgaben und
thus results, in a matter of milliseconds, in a behavioral folgende Instruktionen gaben:
predisposition toward that stimulus“ (S. 473 f.). Gruppe A: Drücke einen Hebel sofort von dir weg, wenn
Doch belegt dieses Experiment nun die Gültigkeit der das Wort positiv ist. Ziehe den Hebel sofort
Mere-Exposure-Hypothese oder nicht (wenn eine um- zu dir hin, wenn das Wort negativ ist.
gekehrte U-Funktion und nicht eine linear ansteigende Gruppe B: Umgekehrte Instruktion (Hinziehen des
Funktion angenommen wird)? Hebels bei positivem Wort, Wegdrücken bei
einem negativen Wort).
Montoya, Horton et al. (2017) führten eine Metaanaly-
se durch, bei der sie insgesamt 118 empirische Studien Bei beiden Gruppen wurde die exakte Zeit gemessen, die
berücksichtigten und kamen zu dem Schluss, dass die die Probanden für die Aufgaben brauchten. Als Resultat
einfache Frage „Warum mögen wir einen Stimulus, je zeigte sich, dass die Probanden der zweiten Versuchs-
häufiger wir ihn gesehen haben?“ gar nicht so einfach zu gruppe, bei denen die Valenz der Wörter und die Körper-
beantworten sei: „The answer, however, requires a relati- bewegung kongruent waren, signifikant schneller rea-
vely complicated response, involving an understanding gierten als die Probanden der ersten Gruppe, bei der das
of memory systems, habituation and inhibition, neural positive Wort eine abstoßende Körperhaltung auslösen
responsiveness, cognitive representation formation, and sollte. Die Autoren erklären, dass es sehr viele, oftmals im
recognition and preference systems“ (ebenda, S. 477). Ihre Unbewussten liegende Interaktionen zwischen affektiven
Ergebnisse zeigen zusammenfassend, dass der Mere-Ex- und motorischen Prozessen gebe, die ohne intervenieren-
posure-Effekt unter bestimmten Bedingungen gilt: de kognitive Aktivitäten erfolgen, deren Erforschung in
Zukunft noch viele Arbeiten hervorrufen werde.
●● Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass eine umgekehrte Wir werden im Kapitel C. VI noch einmal darauf zu spre-
U-Funktion unterstellt werden muss; die Gefallens- chen kommen.
werte steigen mit zunehmenden Expositionen (auf-
B. Aktivierende Prozesse 107

Doch kommen wir zurück zu den Basisemotionen. Diese genteil, viele Mütter loben das kleine Kind, wenn es ein
gehen, wie bereits ausgeführt, mit einem spezifischen, „Bäuerchen“ gemacht hat. Doch im Laufe der Erziehung
mimischen Ausdrucksverhalten einher. Individuelle oder wird den Kindern klargemacht, dass sich das Aufstoßen
soziokulturelle Einflüsse können allerdings das subjek- in der Öffentlichkeit nicht gehört, und daher ist es den
tive Erleben und das Ausdrucksverhalten der primären meisten peinlich, wenn ihnen als Erwachsener so etwas
Emotionen modifizieren. So versuchen z. B. Menschen widerfährt. Die Prädisposition sich zu schämen gilt als
aus dem asiatischen Kulturraum in Situationen, in denen angeboren, doch dass man sich tatsächlich schämt (und
sie sich beobachtet fühlen, ihren Gesichtsausdruck zu worüber) bildet sich erst im Laufe des Lebens aus. Ist
beherrschen und häufiger zu kaschieren. „Kultur wirkt Scham nun eine primäre oder sekundäre Emotion?
unmittelbar durch kulturelle Gebote des richtigen und
Dies ist eine Frage, die nicht nur Forscher bewegt, son-
angemessenen Fühlens und des angemessenen Aus-
dern auch die ganz praktische Kommunikationspolitik.
drucks der Gefühle auf die Entstehung von Emotionen
Nachdem AIDS publik wurde, gab es einen bekannten
ein“ (Gerhards, 1988, S. 201).
TV-Werbefilm, bei dem ein junger Mann ganz verlegen
Zur Wiederholung: Die biologische Programmierung Kondome auf das Laufband vor der Kasse legte und nicht
erklärt, warum unterschiedliche Individuen (in unbe- wollte, dass andere mitbekamen, was er zu kaufen beab-
obachteten Situationen gilt das kulturübergreifend) sichtigte. Die Kassiererin rief jedoch laut durch den gan-
auf bestimmte emotionale Stimuli (z. B. Schlüsselreize) zen Laden „Tina, was kosten die Kondome?“, sodass jeder
gleich reagieren. Die biologisch-orientierten Emotions- im Geschäft den Kaufwunsch des jungen Mannes hören
forscher lehnen die These, dass Emotionen, auch ohne konnte. Eine junge, attraktive Kundin, die vor dem Mann
die Beteiligung aktivierender Prozesse, allein aufgrund an der Kasse stand (und deren Anwesenheit ihn besonders
gedanklicher Vorgänge entstehen könnten, ab. Für sie verlegen stimmte), nannte dann einen Preis, der aber von
steht die physiologische Aktivierung im Mittelpunkt der einer sehr viel älteren Kundin mit dem Vermerk „heute
Forschung. Emotionen werden als biologische Funktio- im Sonderangebot“ korrigiert wurde. Diese durchaus lus-
nen des Nervensystems betrachtet, die ohne aktivierende tige Kampagne war dazu gedacht, im Zeitalter von AIDS
Prozesse nicht möglich sind. Es wurde lange und kritisch den Menschen ihre Scham beim Kauf von Kondomen
diskutiert, welche Emotionen zu den Basisemotionen zu nehmen, sodass sich mehr Personen verantwortlich
zählen. Ekman (2016) führte eine Befragung unter 250 schützen. Dieses Ziel wird aber grundsätzlich nur dann
führenden Emotionsforschern durch, die zu dem Schluss erreicht, wenn das, wovor wir uns schämen, erlernt bzw.
kommt, dass die überwältigende Mehrheit (> 75 %) fol- verlernt werden kann. Oder anders ausgedrückt: Wenn
gende Emotionen zu den Basisemotionen zählt: Scham eine sekundäre Emotion ist, gelingt dies leichter.
●● Ärger (anger) Die Debatte, welche Emotionen zu den primären zählen,
●● Furcht (fear) wird sicherlich auch in Zukunft andauern (Eder und
●● Ekel (disgust) Brosch, 2017, S. 209). Izard (2011) und Plutchik (2003)
●● Traurigkeit (sadness) haben dazu beispielsweise ihre eigenen Vorstellungen
●● Glück (happiness) (siehe Vertiefungskasten). Kritische Würdigung: Die
Ungefähr die Hälfte der Forscher ordneten auch Scham biologischen Theorien können uns erklären, warum be-
(shame), Überraschung (surprise) und Verlegenheit in stimmte Reize kulturübergreifend zu den gleichen Reak-
die Gruppe der Basisemotionen ein, während Schuld tionen führen, was sich auch in der Mimik der Menschen
(guilt), Verachtung (contempt), Liebe (love), Ehrfurcht widerspiegelt. Ähnliches gilt auch für Attrappen, wenn
(awe), Schmerz/Leid (pain), Neid (envy), Barmherzigkeit sie den biologisch programmierten Reizen ähnlich sehen.
(compassion), Stolz (pride) und Dankbarkeit (gratitude) Schlüsselreize erweisen sich auch in der Werbung als
hier weniger genannt und somit eher als sekundäre Emo- sehr vorteilhaft, wie wir bereits im Abschnitt „Aktivie-
tionen angesehen werden. rung“ ausführlich geschildert haben. Würden Menschen
Eine solche Umfrage kann natürlich nicht definitiv klä- jedoch nur auf Schlüsselreize reagieren, wäre das Spek-
ren, welche Emotionen im Sinne von Izard (2011, S. 371) trum möglicher effizienter Stimuli sehr eingeschränkt.
nun tatsächlich biologisch programmiert sind („largely Die biologischen Emotionstheorien werden daher auch
derived through bio-evolutionary processes“) und wel- mit den Erkenntnissen der Lerntheorien, insbesondere
che Emotionen sich erst im Laufe des Sozialisations- der (emotionalen) Konditionierung (siehe ausführlich im
prozesses herausbilden. Das Problem wird besonders Abschnitt Lernen) gekoppelt, d. h., wir lernen im Verlauf
deutlich bei der Emotion Scham. Kleine Kinder schämen des Lebens konditionierte Stimuli, auf die wir emotio-
sich beispielsweise nicht, wenn sie aufstoßen, im Ge- nal reagieren. Das können bestimmte Situationen sein,
108 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Vertiefungskasten: Die biologischen Theorien von Izard und Plutchik

Besonders bekannte Emotionstheorien, die sich mit unter- (2003) mit entsprechenden Verhaltensweisen und Funktionen
schiedlichen Arten von Emotionen beschäftigen, sind die umschrieben (z. B. Überraschung mit der Körpersprache des
Ansätze von Plutchik (1958, 2003) und Izard (1971, 2011). plötzlichen Stoppens oder Erstarrens („freezing“) und der
Plutchik (1962, S. 151) definiert Emotionen als „a patterned Funktion der Orientierung). Die Körpersprache ist durch gene-
bodily reaction of either destruction, reproduction, incor- tische Selektion entstanden und gibt dem Menschen zudem
poration, orientation, protection, deprivation, rejection or eine Art Rückmeldung. Dadurch werden zu starke Verhaltens-
exploration, or some combination of these, which is brought schwankungen vermieden und Homöostase (Selbstregula-
about by a stimulus“. tion) ermöglicht. Sieben Emotionen, Angst, Ärger, Freude,
Plutchik (1962) vertritt die „Psychoevolutionary Theory“; Traurigkeit, Ekel, Verachtung und Überraschung, die sich
in seinem Modell der Emotionen (Plutchik, 2003) werden sowohl bei Plutchik (2003) als auch bei Izard (2011 versieht
die Emotionen nach Intensität, Polarität und Ähnlichkeit zu er Verachtung mit einem Fragezeichen) finden, werden im
anderen Emotionen in konzentrischen Ringen angeordnet Rahmen von Ekmans Forschungsarbeiten (z. B. 1988) zum
(vgl. Abb. 45). Es gibt hier acht Basisemotionen (Plutchik, mimischen Ausdrucksverhalten ebenfalls als grundlegende
2003), die den mittleren Ring bilden: Angst („fear“), Ärger Dimensionen identifiziert (Matsumoto, LeRoux et al., 2000).
(„anger“), Freude („joy“), Traurigkeit („sadness“), Vertrau- Sekundäre Emotionen sind nach Plutchik (2003) Emotionen,
en („trust“), Ekel („disgust“), Erwartung („anticipation“) und die sich aus der Mischung von Basisemotionen ergeben. Sie
Überraschung („surprise“). Die Anordnung der Emotionen im entstehen dann, wenn ein Reiz bei der Bewertung mehr als
Ring stellt die Ähnlichkeitsbeziehungen dar; Emotionen, die eine primäre Emotion auslöst. Bei unähnlichen Primäremo-
sich gegenüber liegen, sind einander entgegengesetzt (Bipo- tionen kann dadurch ein Konflikt ausgelöst werden. Andere
larität). Vom äußeren zum inneren Ring nimmt die Intensität Emotionen ergänzen sich (z. B. Freude + Vertrauen = Liebe).
einer Emotion zu (z. B. Heiterkeit – Freude – Begeisterung). Die So entstehen Dyaden oder Triaden, wobei Plutchik (2003) bei
Darstellung in Kegelform verdeutlicht die beschriebene Struk- einer Kombination zweier benachbarter Primäremotionen von
tur des Modells: Die vertikale Dimension vergegenwärtigt einer primären Dyade spricht. Wenn eine Primäremotion zwi-
die Intensität der Emotionen, der im Querschnitt betrachtete schen den beiden zu kombinierenden Primäremotionen liegt,
Kreis zeigt die Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen einzelnen bezeichnet er diese Kombination als eine sekundäre Dyade.
Emotionen. Die einzelnen Emotionen werden von Plutchik Eine tertiäre Dyade entsteht, wenn Primäremotionen, die durch

Primäremotion Freude
mit drei Intensitäts-
ausprägungen:
Heiterkeit (gering),
Freude (mittel),
Begeisterung (hoch)

Sekundäremotion
„Ehrfurcht“:
Primäre Dyade aus
„Überraschung“ und
„Furcht“

Abb. 45: Modell der Emotionen


nach Plutchik (2003)
B. Aktivierende Prozesse 109

mindestens zwei Emotionen getrennt sind (z. B. Furcht + Ekel sich aus dem Wechselspiel von Emotionen, Bewertungs-
= Scham), gleichzeitig empfunden werden. Triaden entstehen vorgängen und höheren Kognitionen ergeben. Dabei können
durch die Kombination von drei primären Emotionen (Plutchik innere Bilder, Erwartungen, komplexe Bewertungen und das
2003). Wenn zwei entgegengesetzte Primäremotionen auf- Gedächtnis von Bedeutung sein. Izard (2007) beruft sich bei
treten und gleich stark sind, führt dies zu einer gegenseitigen den Emotionsschemata somit nicht ausschließlich auf die
Hemmung (siehe auch das Stichwort mixed emotions). Aktivierungstheorie (propagierte Kausalkette: Emotionen
Izard (1971) vertritt die „Differential Emotions Theory“. Die → Kognitionen), sondern nähert sich den Appraisal-Theorien
Differential Emotions Theory „is a set of principles and hy- (propagierte Kausalkette: Kognitionen → Emotionen) an. Er
potheses primarily about motivational and regalutary func- plädiert für eine Betrachtung von Emotionen vor dem Hin-
tions of discrete emotions“ (Izard, 2011, S. 372). In jüngeren tergrund dynamischer Interaktionen zwischen Emotionen
Veröffentlichungen unterscheidet Izard (2007, 2011) zwischen und Kognitionen: „A new emotion derives from the proces-
Basisemotionen und Emotionsschemata. Basisemotionen sing of new information by the neural system or networks
(2011 auch als „first-order emotions“ bezeichnet) sind – wie that underlie emotion and cognition“ (Izard, 2007, S. 272).
schon dargelegt – bei Izard Emotionen, die eine evolutio- Zwischen Plutchiks und Izards Aufstellungen der Basis-
när-neurobiologische Basis haben, mit einem spezifischen emotionen bestehen weitgehende Übereinstimmungen, sie
(Ausdrucks-)Verhalten einhergehen und eine subjektive Ge- differieren jedoch in Bezug auf die Sekundäremotionen und
fühlseinschätzung auslösen. Darin stimmt er mit Plutchik die in den neueren Veröffentlichungen von Izard (2007, 2009)
überein. Emotionsschemata sind dagegen Prozesse, die propagierten Emotionsschemata.

Merkmale anderer Menschen, aber auch Objekte (Eder Veränderungen des Erlebens und Verhaltens einherge-
und Brosch, 2017, S. 209). So werden viele Menschen, die hen“. Danach zeichnen sich Emotionen aus durch
mit dem Zug reisen, ein sehr mulmiges Gefühl haben, ● Affektivität (unbewusste oder bewusste Empfindun-
wenn über ihnen in der Ablage ein Koffer liegt, aus dem gen),
deutlich ein Ticken zu vernehmen ist, und sind erleich- ● Objektgerichtetheit (man ist stolz auf etwas oder hat
tert, wenn sie sehen, dass es sich um einen harmlosen Angst vor etwas),
Reisewecker handelt. ● Unwillkürlichkeit (man kann zwar versuchen, be-
Die biologischen Theorien sind derzeit auch deshalb so stimmte Situationen, die mit erwarteten Affektzustän-
en vogue, da die psychophysiologischen Indikatoren den einhergehen, zu meiden oder gezielt aufzusuchen
recht einfach zu messen sind (wir werden auf die Mes- (siehe auch das Stichwort: affect optimization), aber
sung noch ausführlich eingehen, siehe unten). Allerdings die „Auslösung der Emotion selbst liegt nicht in un-
müssen sich auch die biologischen Theorien diverse Kri- serer Hand“, ebenda S. 166),
tikpunkte gefallen lassen. Dazu zählt die nicht eindeutige ● eine begrenzte zeitliche Dauer (siehe auch die Abgren-
Zweiteilung von Primär- und Sekundäremotionen (siehe zung zu Stimmungen oder zu Temperamenten, also
oben). Es gibt zudem auch Reize, die in unterschiedlichen zeitlich stabilen Persönlichkeitseigenschaften).
Kulturen unterschiedliche Bedeutungen haben (z. B.: Ausgehend von dieser Definition ordnen Rothermund
Spinnen sind nicht immer furchteinflößend oder ekel- und Eder (2011, S. 168) den Emotionen verschiedene Kom-
erregend, sondern sie gelten in manchen Gegenden auch ponenten zu: Ausdruck (Mimik, Gestik, Stimme), Erleben
als Delikatesse). Schließlich wurde aus Sicht der Kogni- (subjektive Erfahrung), Kognition (Einschätzung und
tionspsychologie vor allem angezweifelt, dass Emotionen Bewertung, Kategorisierung, Ursachenzuschreibung, La-
direkt vom limbischen System ausgelöst werden können, belling), Physiologie (periphere Erregung, zentralnervöse
ohne dass kognitive Prozesse involviert sind (Eder und Aktivierung, Reflexe) und Motivation (Handlungsbereit-
Brosch, 2017, S. 209). Die moderne Gehirnforschung trägt schaften, funktionaler Effekt der Emotion).
heute dazu bei, diesen Disput teilweise zu befrieden, wie Auf der Basis dieser unterschiedlichen Komponenten
wir nach Darstellung der sogenannten Hemisphärenfor- und der Theorie von Barrett (2006) erörtern Rothermund
schung noch sehen werden (siehe unten). und Eder (2011, S. 190) nun die sogenannte „konstrukti-
Konstruktivistische Theorie: Eine Kombination biologi- vistische Emotionstheorie“, die in Frage stellt, dass jede
scher und kognitiver Emotionstheorien stellen die konst- diskrete Emotion mit einem spezifischen Reaktionsprofil
ruktivistischen Ansätze dar. Rothermund und Eder (2011, einhergeht. Konstruktivistische Ansätze betonen die Va-
S. 166) definieren Emotionen als „objektgerichtete, unwill- riabilität von Reaktionen innerhalb eines Emotionstyps.
kürlich ausgelöste Reaktionen, die mit zeitlich befristeten Die Autoren führen in ihrem Beitrag das Beispiel an, dass
110 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

die drei Situationen Angst vor einem knurrenden Hund,


Nach der konstruktivistischen Theorie entsteht eine Emo-
Angst während der Achterbahnfahrt oder Angst vor dem tion durch Kategorisierung von unspezifischen affektiven
Wertverlust des Aktiendepots zwar alle als Angstzu- Zuständen. Diese Auffassung korrespondiert mit der Ar-
stand benannt werden, aber doch mit erheblichen unter- beitsdefinition: Emotion = innere Erregung + kognitive
schiedlichen physiologischen und körperlichen Verände- Interpretation.
rungen einhergehen. Somit hätten einzelne Emotionen Einfach ausgedrückt: Die konstruktivistischen Ansätze
kein spezifisches und abgrenzbares Reaktionsprofil gehen davon aus, dass die subjektive Einschätzung einer
mehr und es werde schwierig, sie richtig zu erfassen. Situation und der Stellenwert der damit einhergehenden
Die konstruktivistischen Ansätze gehen von der These Gefühlslage davon abhängig ist, welchem „emotionalen
aus, dass „konkrete Emotionen wie Angst, Ärger oder Skript“ die Situation zugeordnet wird. Dabei werden „sen-
Freude auf emotionalen Kategorisierungen von diffusen sorische Bottom-up-Prozesse (Basisaffekte) mit gedächt-
,Rohgefühlen’ bzw. sogenannten Basisaffekten (englisch nisbasierten Top-down-Prozessen (Kategorisierungen)“
kombiniert (Eder und Brosch, 2017, S. 212).
core affect)“ beruhen (Rothermund und Eder, 2011, S. 191).
Zur Illustrierung führen sie das Unbehagen an, das ein
Student erleben kann, wenn er ein Referat halten muss, Kritische Würdigung: Bei der Selbstzuschreibung von
und das als Angst, Ärger oder Krankheitssymptom in- Emotionen, wenn also „Deutungshoheit“ für das eige-
terpretiert werden kann, je nachdem, ob sich die Person ne Erleben besteht, ist durchaus nachvollziehbar, dass
das Unbehagen mit Nervosität, fehlendem Interesse sei- der Einzelne einschätzen kann, wie er sich fühlt. Doch
tens der Zuhörer oder mit einer Grippe erklärt. Die kon- wann werden die „Rohgefühle“ überhaupt ausgelöst?
struktivistischen Emotionstheorien (siehe z. B. die „Core Das ist bisher noch ungeklärt (Eder und Briosch, 2017,
Affect Theory“ von Russell, 2003, oder die „Conceptual S. 212). Und wie kommt es, dass es menschlichen Indi-
Act Theory“ von Barrett, 2006) gehen also nicht wie die viduen oft sehr gut gelingt, treffend einzuschätzen, wie
biologischen Ansätze von dem Antreffen einer bestimm- sich andere fühlen? Adolphs (2006, S. 50) geht davon aus,
ten Situation oder wie die kognitiven Ansätze von einer dass das Wiedererkennen von Emotionen bei anderen in
spezifischen Situationseinschätzung aus, sondern von der wahrnehmenden Person Vorstellungen hervorrufen
der Vorstellung, dass eine Emotion dann entsteht, wenn müsse (sogenannte Rekonstruktionen von somatosenso-
eine „Gefühlsreaktion unserer Vorstellung von einer ,ty- rischen Repräsentationen), die simulieren, wie sich die
pischen’ emotionalen Reaktion entspricht“ (Rothermund signalisierte Emotion anfühlen müsste. Durch Analogien
und Eder, 2011, S. 191). mit unseren eigenen Zuständen können wir uns in ande-
Die konstruktivistischen Theorien stellen eine Weiterent- re hineinversetzen, dazu brauchen wir aber Hinweise auf
wicklung der bereits erläuterten Zwei-Faktoren-Theorie Dopplungen spezifischer Charakteristika. Sind hierbei
von Schachter und Singer (1962) dar (Eder und Brosch, die bereits erläuterten Spiegelneuronen hilfreich, die die
2017). Die „Rohgefühle“ bzw. „core affects“ können an- mentale Simulation ermöglichen? Oder besitzen wir eine
ders als bei Schachter/Singer jedoch nicht nur im Erre- „Theory of Mind“, also die Fähigkeit, sich die menta-
gungsniveau, sondern auch in der Valenz variieren, also len Zustände und inneren Prozesse anderer Menschen
darin, ob sie als angenehm oder unangenehm empfun- erklären und dadurch die Gefühle, Wahrnehmungen
den werden. Die eigentliche spezifische Emotion ent- und Gedanken anderer einordnen und Verhaltensweisen
steht dann aber erst durch die Kategorisierung mithilfe prognostizieren zu können (Singer, 2006; Tracy, 2014)?
interpretativer Schemata. Welchen Stellenwert wir also Hier sind noch Fragen offen. Es lassen sich jedoch aus
einer Gefühlsreaktion zuschreiben, hängt davon ab, ob dem skizzierten konstruktivistischen Ansatz in Verbin-
diese in ein emotionales Skript passt, das eine typische dung mit der Zuschreibung emotionaler Zustände ande-
Emotion (Freude, Ärger, etc.) beschreibt (Rothermund rer Personen interessante Fragestellungen für zukünftige
und Eder, 2011, S. 195). Die konstruktivistische Theorie Studien für das Marketing ableiten. Lassen wir uns z. B.
berücksichtigt somit zum einen die Bedeutsamkeit der in Verkaufsgesprächen bei der Einschätzung der Service-
physiologischen Prozesse und erklärt zum anderen, qualität von unserem „Wissen“ über typische Emotionen
wie der Appraisal-Vorgang durch die Einbeziehung ko- leiten? Anders gefragt: Nehmen wir beispielsweise nur
gnitiver Schemata gelenkt werden kann. Somit besteht dann ein Mitgefühl des Verkäufers als aufrichtig wahr,
hier eine Analogie zu dem Emotionsschema-Konzept wenn er diese Emotion so ausdrückt, wie sie unserer
von Izard (2007), mit dem Unterschied, dass Izard die Ansicht nach typischerweise gezeigt werden sollte? Und
Basisemotionen als eigenständige Kategorie neben den führt dies zu einer positiven Evaluation des Verkaufsge-
Emotionsschemata belässt. Es bleibt festzuhalten: sprächs? Letzteres ist zu erwarten. Eine Metastudie von
O’Boyle, Humphrey et al. (2011) kommt zu dem Schluss,

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B. Aktivierende Prozesse 111

Theorieansatz Biologisch Kognitiv Konstruktivistisch


Emotions- Biologische Schlüsselreize und Situationsbewertung Interpretation von Basis-
ursache emotional gelernte Reize (durch (Appraisal-Vorgänge) affekten (core affects)
emotionale Konditionierung)
Emotions- Jede Basisemotion wird als ein Die kognitiven Prozesse Die Basisaffekte werden unter
entstehung eigenständiges System (Modul) im Kortex (z. B. Bewertung Zuhilfenahme von Vorstellun-
angesehen. Die Verarbeitungs- von Goal Congruence und gen über typische Emotionen
prinzipien der Emotionsmodule, Goal Relevance) bestimmen (Schemata, Skripte) inter-
wie z. B. das Furchtmodul im Sub- die Emotion und lösen erst pretiert.
kortex, lassen sich durch kognitive anschließend körperliche
Prozesse nur sehr begrenzt beein- Reaktionen aus.
flussen.
Komponenten- Ja Ja Ja
modell
Reaktionsprofile Ja Ja Nein
Stärken Evolutionsbiologische Perspektive Alltagsplausibel, Sozio-kulturelle Unterschiede
und Fundierung, universeller Emoti- Unterschiede zwischen und erklärbar, breiter Erklärungs-
onsausdruck erklärbar, innerhalb von Personen anspruch (Emotion, Stimmung,
Analogien im Tierreich hilfreich erklärbar, Affekt)
hohe Präzision durch Reflexi-
on des emotionalen Zustands
Schwächen Unterschiedliches emotionales Kognitive Verursachung von Unklare Ursachen von Basisaf-
Erleben zwischen und innerhalb nicht-kognitiven Erlebnissen fekten, unklare Auslöser einer
von Personen kann nicht erklärt fragwürdig, emotionalen Kategorisierung,
werden, nicht-kognitive Einflüsse (z. B. universeller Emotionsausdruck
begrenzt auf Basisemotionen Drogen) werden nicht erfasst, kann nicht erklärt werden,
(deren genaue Anzahl unklar ist), automatische Reaktionen bislang wenig empirisch
Auslösung von Emotionen noch nicht erklärbar, geprüft
nicht eindeutig geklärt, Reaktionskohärenz gering
Reaktionskohärenz nicht immer
gegeben
Marketing- Sehr bedeutsam, wenn Wirkung Affektantizipation (Fantasien Könnte interessante Perspek-
relevanz von Schlüsselreizen z. B. in der über Produkte) im Marketing tiven liefern bei Analysen zwi-
Werbung erklärt werden soll bedeutsam schenmenschlicher Emotionen
in Interaktionsprozessen

Tab. 1: Emotionstheorien im Überblick in Anlehnung an Rothermund und Eder, 2011, S. 197

dass Manager und Managerinnen, die mit (auch ihren Variable „job performance“ wurde anhand objektiver
eigenen) Emotionen umzugehen wissen und die die Kriterien als auch durch Befragung anderer (z. B. über-
Gefühle anderer „zu lesen“ verstehen, also eine hohe geordneter Führungskräfte) gemessen.
„emotionale Intelligenz“ aufweisen, in ihren Tätigkei- Schließlich wird kritisiert, dass universell auftretende
ten erfolgreicher sind als diejenigen Manager, die eine Emotionen und Ausdrucksformen nicht mit den kon-
geringe emotionale Intelligenz haben29. Die abhängige struktivistischen Ansätzen erklärt werden können.
Die Tabelle 1 zeigt eine vergleichende Gegenüberstellung
29
Zur Problematik der Messung des Konstrukts „emotionale der biologischen, kognitiven (appraisal theories) und der
Intelligenz“ siehe auch Joseph, Jin et al. (2015). Es geht z. B. um konstruktivistischen Theorie.
die Fragen, ob man emotionale Intelligenz auch durch Selbst-
befragung messen oder ob emotionale Intelligenz nicht auch Izard (2009, S. 2; 2011) macht noch einmal den Unterschied
als Kombination von bestimmten Persönlichkeitsvariablen deutlich zwischen Basisemotionen und Emotionssche-
dargestellt werden kann. mata, die durch Interaktion von Affekt und Kognition
112 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

zustande kommen, wie es auch der konstruktivistische linke Gehirnhälfte eine Art Regulativ darstellen bzw. die
Ansatz unterstellt. Danach helfen Basisemotionen dem Aktivität der rechten Gehirnhälfte hemmen. Die rech-
Menschen durch die Auslösung blitzschneller, oftmals te Gehirnhälfte kann dagegen die kognitiven Prozesse
automatischer Reaktionen beim Überleben bzw. tragen in der linken Hemisphäre unterstützen oder bremsen.
zum Wohlergehen bei (z. B. Fluchtverhalten, Lächeln und So sind die Ergebnisse von IQ-Tests abhängig von den
Annäherungsverhalten). Bei einem Emotionsschema fin- Angstgefühlen der Probanden, und die Effizienz kog-
det ein dynamischer Austauschprozess zwischen den nitiver Informationsverarbeitungsprozesse kann – wie
subjektiv erlebten Erregungen und kognitiven Einschät- bereits mehrmals angesprochen – von der Stimmung des
zungen statt, der dann zu Verhalten führt. Individuums beeinflusst werden. Heute ist man der An-
Doch haben unterschiedliche Theorien und Begrifflich- sicht, dass sehr viel mehr Austauschprozesse zwischen
keiten überhaupt ihre Berechtigung oder lassen Izards der rechten und der linken Gehirnhälfte stattfinden. Die
(2009) Überlegungen auf eine „Joint Theory of Emotions“ beiden Gehirnhälften sollen für das Erkennen und Emp-
hoffen? Die Antwort auf diese Frage könnte mithilfe der finden von Emotionen gemeinsam Dienste leisten (siehe
neuropsychologischen Ansätze der Emotionsforschung nachfolgende Abb. 46). Einen sehr guten Überblick über
gefunden werden. die Weiterentwicklung der Hemisphärentheorie und die
im Zeitablauf jeweils kontrovers diskutierten Befunde
c) Neuropsychologische Erkenntnisse gibt Gainotti (2018), der erklärt, auch heute noch sei der
Streit um die Gültigkeit entweder der „Rechte-Hemi-
Seit Beginn der Emotionsforschung wird versucht, Emo-
sphäre-Hypothese“ oder der „Valenzhypothese“ nicht
tionen bestimmte neuroanatomische Ursprünge zuzu-
eindeutig geklärt, der rechten Gehirnhälfte aber mehr
ordnen (Dalgleish, Dunn und Mobbs, 2009). Beispielswei-
Gewicht zuspricht.
se werden die Bedeutung des limbischen Systems und
die funktionellen Unterschiede zwischen der linken und Generell bleibt festzuhalten, dass die einfache frühere
rechten Gehirnhälfte für die Generierung von Emotionen Schlussfolgerung „rechts ausschließlich Verarbeitung
diskutiert. Die Hemisphärenforschung ist eine bereits von Emotionen, links ausschließlich Verarbeitung von
hundertjährige Forschungsrichtung innerhalb der Ge- Sprache“ so nicht aufrechterhalten werden kann. Eine
hirnforschung, die sich mit den Funktionen der linken zerebrale Asymmetrie, also dass die rechte und linke Ge-
und rechten Gehirnhälfte (den sogenannten Hemisphä- hirnhälfte unterschiedlich dominant bei verschiedenen
ren) beschäftigt. Dabei ging man in den 1980er-Jahren Prozessen sind, kann aber nach wie vor angenommen
davon aus (z. B. Tucker, 1981), dass bei dem gesunden werden. Dabei spielt auch die Frage des Bewusstseins
rechtshändigen Menschen die rechte Gehirnhälfte ho- eine entscheidende Rolle (LeDoux und Brown, 2017).
listische (ganzheitliche) Informationen, wie z. B. Bilder,
räumliche Umwelten, gefühlsmäßige Eindrücke, verar-
Die einzelnen Hemisphären haben relativ mehr Gewicht
beitet, während in der linken Gehirnhälfte ausschließlich
bei der Verarbeitung von Sprache, Bildern und Emotionen,
die analytische Informationsverarbeitung, das „rationale
und es finden fast permanent Interaktionen zwischen den
Denken“, stattfindet. Die rechte Hemisphäre versucht Gehirnhälften statt.
demnach, Sinneseindrücke simultan zu bewältigen, wäh-
rend links die Informationen nacheinander (sequentiell),
also in einer bestimmten Reihenfolge verarbeitet werden. Auch wenn immer noch nicht eindeutig geklärt ist, wel-
Die rechte Gehirnhälfte sieht Analogien, die linke ver- che Gehirnareale für welche Emotionen zuständig sind,
sucht Ursache und Wirkung zu erkennen. So kam die so hat die seit Jahrzehnten durchgeführte Hemisphären-
Hemisphärenforschung früher auch zu dem Schluss, forschung sehr viel mehr Licht in die Entstehung von
dass Emotionen rechtshemisphärisch verarbeitet werden Emotionen gebracht. Die vielfältigen Erkenntnisse helfen
(zur Entstehung der Hypothese siehe Gainotti, 2018). Als uns auch – zumindest vorläufig – zu entscheiden, welche
Begründung wurden die sogenannten Split-Brain-Un- der drei Theorien (biologische, kognitive bzw. konstruk-
tersuchungen aufgeführt, nach denen Patienten mit ei- tivistische Emotionstheorie) die plausibelste Erklärung
ner nicht intakten rechten Hemisphäre nicht mehr fä- liefert, sodass der jahrhundertealte Streit endlich befrie-
hig waren, Geschichten mit einem emotionalen Inhalt det werden kann. Studierende der nächsten Jahrgänge
nachzuerzählen, Gefühle über eine Veränderung der würden sich vielleicht auch freuen, wenn sie nicht mehr
Stimmlage auszudrücken oder Emotionen durch mimi- alle, sondern nur noch eine Emotionstheorie lernen müss-
sches Ausdrucksverhalten zu zeigen. Doch man ging ten. An dieser Stelle sei vorab allerdings schon mitgeteilt,
schon damals davon aus, dass die beiden Hälften in einer dass sich diese Hoffnung als unberechtigt erweisen wird,
wechselseitigen Balance-Beziehung stehen. So kann die da die Neurologie alles in allem den Schluss nahe legt,
B. Aktivierende Prozesse 113

Traditionelle Sichtweise der und Modifikationen


Hemisphärenforschung
• Die strikte Zweiteilung muss bezweifelt werden, da viele
Aufgaben Verarbeitungsprozesse in beiden Gehirnhälften
bedingen (z.B. beim Wiedererkennen menschlicher
Gesichter). Die rechte Hälfte ist auch an der Sprachverar-
beitung beteiligt, z.B. bei der Worterkennung und bei der
Klassifikation von Sprachakten (z.B. Ist ein Satz eine Frage
oder ein Vorwurf? Birbaumer und Schmidt, 2010, S. 242).
Die beiden Gehirnhälften sind kooperativ und kommu-
nizieren permanent miteinander.
• Bei Patienten, die einen Schlaganfall und in Folge Beein-
trächtigungen erleiden, ist eine Reorganisation des Gehirns
möglich, bei der die rechte Gehirnhälfte Aufgaben der
Sprachverarbeitung übernimmt (Meyer, Strittmatter et al.,
2003). Das Stichwort „Neuroplastizität“ (Müllbacher,
2007; Doidge, 2015) beschreibt die fortwährende Reor-
ganisation des Gehirns.
• Adolphs (2006), Balconi und Mazza (2010) Bestätigung
der Valenzhypothese: Bei der Verarbeitung emotionaler
Gesichter aktivieren negative Emotionen rechts-, positive
dagegen linkshemisphärisch.
Die rechte und die linke Hemisphäre unterscheiden sich • Önal-Hartmann, Pauli et al. (2012) Modifikation der Valenz-
in ihrem Aufbau. Von der rechten Hemisphäre wird hypothese: Negative Emotionen werden rechtshemisphä-
„eine auf Ähnlichkeit und visuell-räumliche Gestalten risch, positive Emotionen bihemisphärisch verarbeitet.
ausgerichtete Informationsverarbeitung vorgenommen, • Die Aktivierung der linken bzw. rechten Amygdala spielt
von der linken wird eine syntaktisch-sprachliche und eine Rolle, rechts werden Reize schnell und unbewusst
sequenziell kausale Verarbeitung praktiziert“ (Birbaumer verarbeitet, links langsam, bewusst und unter Einbe-
und Schmidt, 2010, S. 240; zusammenfassend auch ziehung kortikaler Areale (Hung, Smith, 2010).
Gainotti, 2018, S. 5). Die rechte Gehirnhälfte ist für • Rechte Hemisphäre dominiert bei unbewusster emotio-
emotionale Prozesse maßgeblich („Rechte- naler Verarbeitung, während die linke eher kontrollierte
Hemisphäre-Hypothese“). Schädigungen (Läsionen) emotionale Prozesse steuert (Gainotti, 2012).
der rechten Hälfte führen zu Störungen der emotionalen • Die rechte Hemisphäre kann, einhergehend mit der nonver-
Erfahrung und der Fähigkeit, sich Emotionen vorstellen balen Wiedererkennung von Gesichtern, automatisch Ver-
zu können. Die „Valenzhypothese“, wonach die linke bundenheit generieren; der rechte Präfrontale Kortex ist für
Gehirnhälfte eher bei positiven, die rechte bei negativen spontane Emotionen zuständig (Gainotti, 2018), die rechte
Emotionen involviert sein soll, wird abgelehnt. Amygdala ist für die psychophysiologischen Symptome der
Vorstellung: Emotionen werden rechtshemisphärisch Angst zuständig, die Interpretation erfolgt über kortikale
generiert. Areale (LeDoux und Brown, 2017).

Abb. 46: Aktuelle Diskussion zur Hemisphärenforschung

dass derzeit alle drei Theorien ihre Daseinsberechtigung oder schlecht/nachteilig/schmerzhaft und entsprechend
behalten werden. zu meiden ist. Es legt diese Bewertungen im emotionalen
Erfahrungsgedächtnis nieder, das weitgehend unbewusst
Die Erkenntnisse der Gehirnforschung legen nahe, dass arbeitet. In jeder Situation wird vom limbischen System
Emotionen mit und ohne Beteiligung kognitiver Prozesse geprüft, ob diese Situation bereits bekannt ist bzw. einer
entstehen können (LeDoux, 2017). früheren sehr ähnelt, und welche Erfahrungen wir damit
gemacht haben“ (Roth, 2004, S. 499). Innerhalb des limbi-
schen Systems hat die Amygdala eine Schlüsselstellung,
Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels skizziert, ist das
sie wird „übereinstimmend als eine der zentralen Regi-
limbische System (wenngleich dessen Existenz in der For-
onen für emotionale Verarbeitungsprozesse angesehen“
schung nach wie vor kontrovers diskutiert wird) die ent-
(Eder und Brosch, 2017, S. 201), beispielsweise für die De-
scheidende Schaltstelle zur Entstehung von Emotionen.
codierung emotional relevanter Informationen und im
Das limbische System durchzieht quasi das Gehirn, es hat
Bedarfsfall für die prioritäre Verarbeitung solcher Reize.
„tiefer“ (näher am Hirnstamm) und „höher“ liegende Re-
gionen, sodass mehr oder weniger Austauschbeziehun- Die rechte Amygdala hat zudem eine wesentliche Funk-
gen mit dem Frontalhirn erfolgen (Goschke, 2017, S. 275). tion bei der Emotion Angst (LeDoux und Brown, 2017;
Das limbische System „bewertet alles, was durch uns Damasio und Carvalho, 2013); ist dieses Areal beschädigt,
und mit uns geschieht, danach, ob es gut/vorteilhaft/ dann können weder Menschen noch Tiere auf Bedro-
lustvoll war und entsprechend wiederholt werden sollte, hungen entsprechend reagieren. Im Normalfall führen
114 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

bestimmte Reize (beispielsweise ein furchterregender Emotionsentstehung für Furcht nachweisen. Die Amyg-
Bär) zu psychophysiolgischen Reaktionen wie erhöhtem dala spielt – wie oben bereits ausgeführt – eine zentrale
Herzschlag, Adrenalinausschüttung, Muskelkontrak- Rolle. Hier findet eine grobe Bewertung eines Reizes
tionen und den typischen mimischen Reaktionen, die statt, und der Mandelkern kann dabei direkt ohne die
mit Angst einhergehen. Die linke Amygdala soll zum Einbeziehung kortikaler Areale autonome Reaktionen,
einen für weitere negative Emotionen wie Traurigkeit Ausschüttung von Stresshormonen, Veränderung des
verantwortlich sein, aber auch für das Erleben bewusster Blutdrucks bzw. Verhaltensreaktionen wie Erstarren
positiver Emotionen, wie Freude, und soll mit dem Beloh- („freezing“) auslösen. Diesen Weg der Emotionsentste-
nungssystem (Nucleus Accumbens) vernetzt sein. Strittig hung, das sogenannte affektive Prozessieren („affective
ist die Frage, ob das subjektive Gefühl der Angst eben- computation“) bezeichnet LeDoux umgangssprachlich
falls durch die Amygdala oder durch andere (kortikale) als „quick and dirty“ bzw. fachsprachlich als „low road“.
Gehirnareale ausgelöst wird. Die rechte und linke Amyg- Evolutionsgeschichtlich ist dieses System das ältere und
dala sind durch zahlreiche neuronale Verknüpfungen mit erklärt, warum Gefahrensignale erkannt und körperli-
dem Hippocampus verbunden (der verantwortlich für che Reaktionen ohne bewusste Prozesse erzeugt werden
Gedächtnisprozesse ist). Die „Hippocampus-Formation können. Diese Vorstellung wurde auch von Rolls (2000)
i. w. S. ist Organisator des deklarativen, d. h., bewusst- aufgegriffen und erweitert. Rolls unterscheidet eben-
seinsfähigen Gedächtnisses (episodisches Gedächtnis, falls zwei unterschiedliche Routen der Emotionsentste-
Faktengedächtnis, Vertrautheitsgedächtnis)“ (Roth, 2004, hung, betont aber für die „low road“ auch die Bedeutung
S. 498). Insulare Hirnregionen ermöglichen das Wieder- des Belohnungssystems. Emotionen können demnach
erkennen und eigene Erleben emotionaler Prozesse. Sie durch das unmittelbare Erleben von Belohnungs- und
sind auch für Empathie sowie Risikoeinschätzungen in Bestrafungsreizen oder deren unerwartetes Ausbleiben
gefährlichen Situationen zuständig. Durch die vielfäl- entstehen, ohne dass auf „höhere“ kognitive Apprai-
tigen Vernetzungen zwischen den Gehirnrealen ist es sal-Vorgänge zurückgegriffen werden muss. Neben der
schwierig festzustellen, wann und wo genau das Spei- Amygdala spielen dabei auch der orbitofrontale Kortex30
chern, Codieren und Interpretieren von Emotionen ab- und der Temporallappen eine entscheidende Rolle (siehe
läuft. Die Amygdala spielt zudem wohl auch eine Rolle auch Burgdorf und Panksepp, 2006). Der zweite Weg der
bei der emotionalen Konditionierung (Dalgleish, Dunn Emotionsentstehung wird von LeDoux als „high road“
und Mobbs, 2009). bezeichnet. Hier werden durch kognitives Prozessieren
(„cognitive computation“) Feinanalysen und Bewertun-
Zusammenfassend kann nochmals festgehalten werden, gen des Reizereignisses durchgeführt. Dabei werden
dass die Amygdala als die zentrale Instanz im limbischen Stimuli in Bezug auf die verfolgten Ziele bewertet und
System bezeichnet werden kann, die nicht nur an der Ent- Coping-Strategien entwickelt. Gefühle wie Ärger oder
stehung von Emotionen maßgeblich beteiligt ist, sondern Hilflosigkeit entstehen. Dieser Weg der Emotionsent-
auch Entscheidungen auslöst und in Zusammenspiel mit stehung dauert länger, da die in den kortikalen Arealen
dem Hippocampus das emotionale Erfahrungsgedächtnis durchgeführten Abwägungen zeitversetzt wieder in die
bestimmt (Eder und Brosch, 2017, S. 202). Amygdala „zurückfließen“ und dann erst Verhalten aus-
gelöst wird.
Man kann ebenfalls das Resümee ziehen, dass die Ge- Die Existenz einer „low road“ (auch „fast pathway“ ge-
hirnforschung die Thesen stützt, dass neben der biolo- nannt) ist durch neuere Forschung noch einmal belegt
gischen Programmierung Emotionen auch durch kogni- worden (z. B. Méndez-Bértolo, Moratti et al., 2016). Die
tive Appraisal-Vorgänge ausgelöst werden können und Forscher konnten zeigen, dass einfache Angstreize zu „ul-
schließlich auch eine Interpretation von Rohgefühlen traschnellen“ Reaktionen führen können, während dies
denkbar ist, sodass alle drei geschilderten Emotions- bei komplexen Stimuli nicht der Fall war. Auch Garrido,
theorien ihre Berechtigung erfahren. Gestützt wird die- Barnes et al. (2012) unterstützen mit ihren Forschungs-
se Ansicht durch die sogenannte „high road“ vs. „low ergebnissen die Existenz der beiden Routen. Schließ-
road“-Vorstellung, die von dem Gehirnforscher LeDoux lich plädieren Dalgleish, Dunn und Mobbs (2009, S. 363)
(1996) maßgeblich geprägt wurde. ebenfalls für die These, dass nur über verschiedene „Ge-
Der Gehirnforscher LeDoux hat bereits 1996 ein neu- hirnrouten“ sowohl die Genese automatischer emotio-
ropsychologisches Modell der Emotionsentstehung
vorgeschlagen, „das den Anspruch hat, kognitive und 30 Es wird angenommen, dass der mediale orbitofrontale Kor-
biologisch orientierte Ansätze zu integrieren“ (Sokolow- tex in die Stimulus-Belohnung-Verbindung involviert ist und
ski, 2008, S. 306). LeDoux konnte zwei parallele Wege der bei der Verstärkung des Verhaltens mitwirkt (PSYLEX, 2019).
B. Aktivierende Prozesse 115

naler Reaktionen als auch die Entstehung von Affekten ● die Probanden eine höhere Kaufabsicht äußerten (al-
über kognitive Beurteilungsprozesse („appraisal-driven lerdings nur für die als „neu“ eingeschätzten Schuhe)
emotions“) erklärt werden können. Neuroanatomisch und
sind somit verschiedene Wege denkbar, wodurch die ● eine erhöhte Aktivität im mittleren Bereich des rech-
hier diskutierten unterschiedlichen Emotionstheorien ten orbitofrontalen Kortex ausgelöst wurde. Letzte-
im Prinzip ihre jeweilige Berechtigung haben. Sie sollten res Resultat konnte durch bekannte Gesichter allein
jedoch als „Sowohl-als-auch“-Erklärungsmuster dienen nicht erzielt werden, nur durch die Koppelung der
und nicht als „Entweder-oder“-Theorien. Stars mit den Schuhen, sodass die Autoren der Studie
Auch für das Marketing sind die Erkenntnisse der neu- davon ausgehen, dass die erhöhte Aktivität auf eine
ropsychologischen Emotionsforschung von Bedeutung. Assoziation zwischen dem beworbenen Schuh und
dem jeweiligen celebrity endorser zurückzuführen ist.
In einer Studie von Gobbini, Leibenluft et  al. (2004) Schließlich zeigte der Vergleich der Gehirnaktivitäten
wurden den Probanden Bilder von bekannten Stars, bei Betrachtung entweder der bekannten oder der un-
von engen Freunden der Probanden oder von völlig bekannten Gesichter, dass Stars mehr Aktivitäten in
unbekannten Personen vorgelegt. Die Abbildungen der den Gehirnbereichen auslösen, die in der Regel für das
Freunde lösten insgesamt die geringste Aktivität in der episodische und semantische Wissen zuständig sind.
Amygdala (Mandelkern) aus. Etwas höhere Aktivität Allerdings konnte in dieser Studie nicht festgestellt
verursachten Bilder von Stars, die mit Abstand höchste werden, dass die Starfotos das Belohnungssystem
Aktivität wurde bei unbekannten Gesichtern ausgelöst. aktivierten.
Da man – wie oben ausgeführt – davon ausgeht, dass die
Stallen, Smidts et al. (2010, S. 808 f.) schlussfolgern aus
(rechte) Amygdala Angst auslösen kann, bedeutet dies
den Ergebnissen, dass bekannte Persönlichkeiten nicht
für das Marketing, dass bei unbekannten Modellen die
einfach deshalb stärkere Werbewirkungen erzielen, weil
Gefahr, negative Emotionen auszulösen, höher ist als bei
die Gesichter als besonders attraktiv wahrgenommen
bekannten Stars („celebrity endorsers“).
Stallen, Smidts et al. (2010) beschäftigen sich in ihrer fM-
RT-Studie ebenfalls mit der Frage, ob celebrity endorsers
in der Werbung eine positive Werbewirkung entfalten. In
dem Experiment erhielten die weiblichen Testpersonen
Fotos von unbekannten Frauen sowie von bekannten
weiblichen Stars, die zuvor auf Attraktivität kontrolliert
worden waren (unbekannte und bekannte Gesichter
sollten als gleich attraktiv wahrgenommen werden,
um Aversionen gegen die Testimonials ausschließen
zu können). Die Fotos der bekannten und unbekannten Brain map showing the medial orbitofrontal cortex involved in the
Personen wurden mit nachfolgenden Abbildungen von processing of products in the context of fame (Shoe with Celebrity
Face > Shoe with non-Famous Face), p < .001 uncorrected:
Damenschuhen gekoppelt, während mithilfe der funk- (A) x = 6; (B) z = −16.
tionalen Resonanztomographie die Gehirnaktivitäten
beim Betrachten der Stimuli aufgezeichnet wurden. Die
Probandinnen sollten durch Knopfdruck angeben, ob der
jeweilige Schuh von der vorher gezeigten Person getragen
wurde oder neu sei. Die Testpersonen sollten sich die
Schuhe zudem genau einprägen; die Instruktion lautete,
dass anschließend ein Wiedererkennungstest durchge-
führt werde, der, sofern richtig beantwortet, zu einer
Geldauszahlung führen würde. Anschließend wurde Brain regions involved in the processing of famous faces (Celebrity
dieser Erinnerungstest (Recognition) durchgeführt; die Face > non-Famous Face), p < .001 uncorrected. (A) Medial view
of the left hemisphere (parasagittal slice): PC, precuneus; MPFC,
Kaufabsicht wurde ebenfalls erhoben. Die Ergebnisse medial prefrontal cortex; x = −8. (B) Lateral view of the left hemisphere
zeigen, dass immer dann, wenn ein celebrity endor- (3D reconstruction): SFG, superior frontal gyrus; AG, angular gyrus;
MTG, middle temporal gyrus.
ser mit dem Produkt verbunden wurde (im Vergleich
zu den unbekannten Gesichtern)
Abb. 47: Aktivierung von Gehirnarealen beim Betrachten von
● die Erinnerungsleistung an die gezeigten Schuhe si- Schuhen in Zusammenhang mit bekannten vs. unbekannten Werbe-
gnifikant erhöht wurde, darstellern (Quelle: Stallen, Smidts et al., 2010, S. 808)

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116 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

werden (das wurde – wie geschildert – kontrolliert, die


unbekannten Personen standen in Bezug auf die Attrak-
tivitätsbeurteilung den bekannten Werbepersonen nicht
nach), sondern weil die „Berühmtheit an sich“ einneh-
mend wirke. Die Aktivierung des rechten orbitofrontalen
Kortex sei entscheidend für die Entstehung von Gefallen
− wie auch Studien von Rolls und Grabenhorst (2008),
Rolls, Grabenhorst und Parris (2010) oder Plassmann,
O’Doherty et al. (2008) belegen − und dieser Gehirnbe-
reich werde von dem hier untersuchten Produkt „Damen-
schuh“ nur in Kombination mit bekannten Gesichtern
aktiviert.
Abb. 48: Dopaminausschüttung beim Wasser-Saft-Experiment
d) Neurochemische Emotionsforschung
(Berns, McClure et al., 2001, S. 2794)
Schließlich sind die sich im limbischen System abspie-
lenden neurochemischen Prozesse, die mit der Entste- Saft verabreicht wurde (Reihenfolge: W-W-S-S-S-S-W-S-
hung von Emotionen einhergehen, von Interesse. In der W-W-W-W-S-W-S). Als Ergebnis zeigte sich, dass die Do-
neurochemischen Forschung (Disziplin, die sich mit der paminausschüttung, also die Reaktion des Körpers auf
Erforschung chemischer Vorgänge im Nervengewebe die Belohnung, in der ersten Gruppe sukzessiv nachließ,
befasst) beschäftigt man sich mit der Frage, welche Rolle während sie in der zweiten Gruppe bei nicht vorherseh-
Botenstoffe wie Transmitter und Hormone bei Emotionen barer Reihenfolge gleich hoch blieb (siehe Abb. 48).
spielen und wie das Zusammenspiel von Belohnungen,
Dopaminausschüttung und Freude gehen Hand in
Bestrafungen und der Ausschüttung solcher Botenstoffe
Hand. Dem Gehirnforscher Damasio wird der Satz zu-
funktioniert (Erdmann, Ising und Janke, 2000). Im so-
geschrieben „The brain runs on fun“ und gemeint ist da-
genannten mesolimbischen System werden Belohnungen
mit, dass vor allem unvorhersehbare positive Ereignisse
durch hirneigene Opiate bzw. das dopaminerge System
den Menschen aktivieren. Diese These lässt sich auch
generiert (Roth, 2004). Neuromodulatorische Systeme sind
auf das Marketing übertragen. Wie bereits bei der Ak-
notwendig für die Steuerung von Aufmerksamkeit, Mo-
tivierungstheorie angesprochen, können kollative, also
tivation, Interesse und Lernfähigkeit durch die Neuro-
überraschungsreiche, außergewöhnliche bzw. neuartige
modulatoren Noradrenalin (allgemeine Aufmerksamkeit,
Reize uns besonders stark stimulieren.
Erregung, Stress), Dopamin (Antrieb, Neugier, Beloh-
nungserwartung), Serotonin (Dämpfung, Beruhigung, Kirsch und Gruppe (2017, S. 301) erklären zusammen-
Wohlgefühl) und Acetylcholin (gezielte Aufmerksam- fassend, dass „Dopamin in erster Linie mit Motivation
keit, Lernförderung). Endorphinen kommt bei der Ent- und Belohnung assoziiert wird“, während „Oxytocin
stehung von Glücksgefühlen eine zentrale Bedeutung insbesondere eine wichtige Rolle bei der Entstehung von
zu. Schließlich spielt das Hormon Oxytocin (Kosfeld, prosozialen Emotionen wie Geborgenheit und interper-
Heinrichs et al., 2005) eine wichtige Rolle beim Aufbau soneller Nähe“ spielt. Dabei würde „Oxytocin über eine
menschlichen Vertrauens. Probanden, denen Oxytocin Dämpfung von Angst und Stress das Erleben sozialer
durch die Nase verabreicht wurde, haben ein signifikant Nähe und Bindung erlauben“. Oxytocin kann das Ver-
größeres Vertrauen in andere Menschen als Probanden, trauen in eine andere Person deutlich steigern und hilft,
denen ein Placebo verabreicht wurde. die mimischen Gesichtsausdrücke, die mit positiven
Emotionen einhergehen, richtig zu deuten. Dopamin
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die mitt-
erhöht dagegen die Motivation, sich positiven Stimuli
lerweile als Klassiker-Studie geltende Untersuchung von
zuzuwenden.
Berns, McClure et al. (2001). Sie gaben einer Gruppe von
Versuchspersonen über eine spezielle Apparatur abwech- Es ist zu vermuten, dass auch von der Neurochemie in
selnd Wasser und Saft (= Belohnung) zu trinken, und den nächsten Jahren weitere hochinteressante Ergebnisse
zwar immer in der Reihenfolge Wasser, Saft, Wasser, in Bezug auf die Entstehung von Emotionen zu erwarten
Saft, Wasser, Saft etc., sodass die Reihenfolge für die sind.
Probanden nach kurzer Zeit prognostizierbar war. Eine
zweite Gruppe von Versuchspersonen erhielt auch ent- e) Zusammenfassende Betrachtung
weder Wasser oder Saft, nur dieses Mal war es für den Abschließend empfiehlt es sich, die Emotionen auf Ba-
Probanden nicht vorhersehbar, wann Wasser und wann sis der Komponententheorie von Scherer (2005, 2009)
B. Aktivierende Prozesse 117

Beziehungen zwischen organismischen Subsystemen und den


Funktionen und Komponenten der Emotionen
Emotionsfunktion Organismisches Subsystem Emotionskomponente
und wichtige Grundlagen
Bewertung von Objekten und Informationsverarbeitung Kognitive Komponente (Appraisal)
Ereignissen (ZNS)
Systemregulierung Unterstützung (ZNS, NES, Neurophysiologische Komponente
ANS) (körperliche Symptome)
Vorbereitung und Steuerung von Ausführung (ZNS) Motivationale Komponente
Handlungen (Handlungstendenzen)
Mitteilen einer Reaktion und Handlung (SNS) Motorische Ausdruckskomponente
Handlungsabsicht (Ausdruck über Gestik und Stimme)
Überwachung des inneren Überwachung (ZNS) Subjektive
Zustands und der Interaktion von Wahrnehmungskomponente
Organismus und Umwelt (Emotionale Erfahrung)
Anmerkung: ZNS = Zentrales Nervensystem; NES = Neuroendokrines System; ANS = Autonomes
Abb. 49: „Emotionskomponenten- Nervensystem; SNS = Somatisches Nervensystem. Scherer (2005)
theorie“ (Quelle: Scherer, 2005)

nochmals zu betrachten (siehe Abb. 49). Mittels dieser


Kognitives Prozessieren stellt den langsameren Verar-
Darstellung erfolgt eine Definition des Konstruktes beitungsweg („high road“) dar. Wenn ein Ereignis über
„Emotion“ auf Basis sowohl der biologischen als auch die „high road“ verarbeitet wird, dann geht das mit (be-
der Appraisal-Theorien, und sie berücksichtigt die viel- wussten) kognitiven Aktivitäten im Neokortex einher, oft
fältigen körperlichen Reaktionen, die mit einer Emotion mit Abwägungen von Zielerreichungsgraden und Bewäl-
einhergehen. tigungsmöglichkeiten.

Die bewusste subjektive Interpretation einer Emotion wird


Die Emotionskomponententheorie liefert einen guten mit dem Ausdruck „Gefühl“ („feeling“) bezeichnet.
Überblick über mögliche Messindikatoren für Emotionen,
daher ist diese Theorie auch für die Analyse von Konsu- Im Regelfall wird ein Zusammenspiel des affektiven und
mentenverhalten von großer Bedeutung, da sie uns zeigt, des kognitiven Prozessierens stattfinden. Das limbische
dass viele Messungen nur unvollständig sind. System kann dabei die kognitiven Aktivitäten steuern.
Über die neuronalen Verbindungen zwischen dem limbi-
schen System und dem kognitiven Prozessierungssystem
Zusammenfassend lassen sich folgende Thesen ableiten: finden kognitiv-emotionale Interaktionen statt.

Bewusst werden die Ergebnisse des affektiven und kogni-


Emotionen können in verschiedene Emotionskomponen- tiven Prozessierens mit Eintritt in das Arbeitsgedächtnis.
ten unterteilt werden.
Gehirnaktivitäten allein (z. B. Fantasien) können zu Ge-
Affektives Prozessieren ist der schnelle Verarbeitungsweg fühlen führen, die nicht mit körperlichen Veränderungen
im limbischen System. Die auch als „low road“ bezeichne- einhergehen müssen („kalte Gefühle“).
te Route führt unmittelbar („quick and dirty“ nach LeDoux,
1996) zu endokrinen Reaktionen (z. B. Ausschüttung von
Hormonen), zu autonomen Reaktionen (z. B. Erhöhung
des Blutdrucks) und zu Verhaltensreaktionen (z. B. „Er- f) Messung von Emotionen
starren“). Für die Emotionsentstehung spielt auch das Die Methoden zur Messung von Emotionen werden in
im limbischen System angesiedelte Belohnungssystem Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Perspektive,
eine Rolle. unter der man Emotionen betrachtet, gewählt. Einen gu-
Der Mensch besitzt ein Warn- und Aufmerksamkeitssys- ten Überblick gibt der Herausgeberband von Meiselman
tem, das unabhängig von (oder zeitlich vor) einer neokor- (2016) und hier insbesondere der Artikel von Coppin und
tikalen Analyse eines Stimulus in Aktion tritt, was zu einer Sander (2016)31. Die Autoren beziehen sich dabei auch auf
schnelleren Reaktionsfähigkeit (z. B. bei Bedrohung) führt. das Komponentenmodell von Scherer (2009). Wollte man
Die Steuerung unwillkürlicher Reaktionen erfolgt durch eine Emotion vollständig erfassen, dann müsste man
automatische und unbewusste Bewertungsprozesse, für
die der Mensch eine biologische Vorprogrammierung mit- 31
Schon eine ältere Quelle, aber Larsen und Fredrickson (1999)
bringt (z. B. unwillkürliches Zurückweichen).
geben ebenfalls einen guten Überblick.
118 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

streng genommen jede einzelne Komponente der Theorie ●● die „Pleasure/Arousal/Dominance“-Skala (PAD) von
von Scherer (2009)32 messen. Das wäre für diverse Unter- Mehrabian und Russell (1974),
suchungen im Marketing zu aufwendig und zeitraubend ●● die „Differenzielle Emotionsskala“ (DES) von Izard
und vielfach einfach nicht praktikabel. Dennoch: Häufig (1977),
ist eine Kombination unterschiedlicher Verfahren sinn- ●● die „PANAS-Skala“ von Watson, Clark und Tellegen
voll (Micu und Plummer, 2010, S. 137 ff.). Im Folgenden (1988),
wollen wir die wichtigsten Methoden kurz erläutern. ●● der „Emotions Profile Index“ (EPI) von Plutchik (2003),
Verbale Verfahren: Anhänger der Appraisal-Theorien ●● das „Consumption Emotion Set“ (CES) von Richins
messen in der Regel nur die bewussten Gefühle von Kon- (1997, siehe Tab. 2) sowie
sumenten, die über das kognitive Prozessieren („high ●● Watson and Tellegen’s „Two-Factor Structure of
road“) entstanden sind. Appraisal-Theoretiker verwen- Affect“ (1985), siehe Abb. 70.
den insbesondere folgende Messmethoden: Die in diesen Skalen eingesetzten Verbalisierungen sind
●● Protokolle lauten Denkens häufig die Basis für Fragebögen, die auch im Marketing
●● Tagebücher Verwendung finden (Bosch, Schiel und Winder, 2006)
●● Verbale Skalen und mit denen sich grundlegende Gefühle wie Freude,
Bei Protokollen lauten Denkens beschreibt der Proband Interesse und Überraschung bestimmen lassen. Daneben
seine Emotionen, indem er seine subjektiv wahrge- gibt es seit einiger Zeit eine verbale, unter dem Namen
nommenen Gefühle verbal, meist in Gegenwart eines EsSence Profile (King und Meiselman, 2010) bekannt
Interviewers, artikuliert. Diese Verbalisierungen wer- gewordene Emotionsskala, die speziell die Emotionen
den erfasst und inhaltlich ausgewertet. Ähnliches gilt misst, die mit Lebensmitteln einhergehen. Aufgrund
für Tagebücher, in denen der Proband seine subjektiv des steigenden Interesses der Konsumentenforschung
erlebten Emotionen in Bezug auf einen bestimmten Be- an Lebensmitteln im Allgemeinen und vor allem an ge-
fragungsgegenstand schriftlich niederlegt. Self-reports sunder Ernährung wird diese Skala sicherlich auf breites
haben allerdings ein gravierendes Problem: „self-report Interesse stoßen (siehe auch Jaeger, Cardello und Schutz,
measures suffer from an important limitation referred to 2013; King, Meiselman und Carr, 2010; 2013).
as cognitive bias“ (Poels and Dewitte, 2006), insbesondere Die PAD-Skala beschränkt sich, wie schon der Name
bei Themen mit hohem sozialen Potenzial (Diskriminie- vermuten lässt, auf drei Dimensionen, um emotionale
rung, Sexualität). Reaktionen zu beschreiben: „Pleasure“ bezieht sich auf
ein positives Gefühl, „Arousal“ ist das Maß der Erregung
Problem: Konsumenten können bei diesen Erhebungs- (zwischen Schlaf und totaler Aufregung) und „Dominan-
techniken ihre „wahren Gefühle“ verschleiern bzw. ko- ce“ bemisst, inwieweit man das Gefühl hat, eine Situation
gnitiv filtern. im Griff zu haben oder überlegen, sicher und frei zu sein.
Die PAD-Skala von 1974 wurde auf sechs gegensätzliche
Außerdem nutzen Appraisal-Theoretiker verbale Skalen, Itempaare für jede der drei Dimensionen verdichtet, so-
bei denen die Befragungspersonen zunächst mitteilen dass Probanden insgesamt 18 semantische Differenziale,
sollen, wie wünschenswert ein Ziel eingeschätzt wird. z. B. auf einer Skala von –4 bis +4, bewerten müssen.
Anschließend müssen sie den subjektiv empfundenen Über die Validitätsprobleme dieser Skala wurde bereits
Zielerreichungsgrad mitteilen. Die Emotion wird als die im Kapitel „Aktivierung“ gesprochen.
subjektiv erlebte Differenz zwischen einem als wün- Die DES verlangt von den Befragungspersonen, einen
schenswert eingestuften Ziel und dem Zielerreichungs- emotional aktivierenden Stimulus anhand von 300 Ad-
grad konzeptualisiert. jektiven − wobei jeweils zehn Adjektive für eine Funda-
Darüber hinaus werden in der Marktforschung nicht nur mentalemotion nach Izard stehen − mittels einer fünfstu-
von den Appraisal-Theorie-Anhängern, sondern auch figen Ratingskala zu bewerten und damit die Intensität
von den biologisch orientierten Emotionsforschern seit jeder der Fundamentalemotionen einzuschätzen (Izard,
langem etablierte, standardisierte verbale Ratingskalen 1999). Die PANAS SCALE beinhaltet 10 Items.
unterschiedlicher Länge eingesetzt. Zu den bekanntesten Eine Operationalisierung des EPI stammt von Holbrook
Skalen zählen und Westwood (1989). Jede von Plutchiks acht Basise-
motionen soll mit drei Adjektiven bewertet werden, die
verschiedene Intensitäten der Basisemotionen widerspie-
32Wobei Scherer (2009) einschränkend bemerkt, dass bei einer geln. Zusätzlich sollen die Stimuli noch mit weiteren 16
Emotion nur die Mehrzahl der Komponenten vorliegen muss. Emotions-Adjektiven bewertet werden.
B. Aktivierende Prozesse 119

Das CES von Richins (1997) extrahiert Emotionskatego- Bilderskalen: Daneben können auch nonverbale Skalen
rien aus den vorgenannten Skalen und prüft sie auf ihre eingesetzt werden, z. B. Bilderskalen zur Messung von
Eignung, Emotionen im Rahmen von Konsumepisoden zu Stimmungen und Emotionen. Dies ist vor allem dann
erfassen. Die Autorin findet 16 grundlegende Emotionska- angebracht, wenn es den befragten Personen schwerfällt,
tegorien, die mit je zwei bis drei Items gemessen werden. Emotionen zu verbalisieren (Kroeber-Riel, 1984a; Wein-
Insgesamt besteht die Skala aus 47 Items (siehe Tab. 2). berg, 1986). Zur nonverbalen Abfrage der PAD-Skala exis-
Programmanalysator: Ein nicht auf Verbalisierungen be- tiert ein Verfahren, das verschiedene Ausprägungen der
ruhendes Verfahren der Erlebnismessung ist unter dem drei Dimensionen durch Piktogramme darstellt (Lang,
Namen „Programmanalysator“ bekannt. Hierbei werden 1980; Morris, 1995). Diese Skala wird als „Self-Assessment
die Probanden aufgefordert, ihre emotionale Reaktion Manikin (SAM)“-Skala bezeichnet, ist aber bezüglich
(i. d. R. die Dimension „Gefallen“) auf einen Stimulus ihrer Validität noch problematischer als die PAD-Skala
zu äußern, indem sie einen Hebel zu sich ziehen, was (Abb. 50). Eine Weiterentwicklung der SAM-Skala stammt
Zustimmung bedeuten kann, ihn von sich weg schie- von Betella und Verschure (2016). Die Autoren haben die
ben, was Ablehnung bedeutet, oder alternativ dazu einen SAMS-Bilder mit einem sogenannten „affective slider“
Knopf in Abhängigkeit von ihren spontanen emotionalen („digital self-reporting tool composed of two slider con-
Eindrücken verschieden lang gedrückt zu halten. Aa- trols for the quick assessment of pleasure and arousal“,
ker, Stayman und Hagerty (1986) nutzen beispielsweise siehe Abb. 51), einer Art Schieberegler, verbunden, wo-
den Programmanalysator, um die Dimension „Wärme“ durch die intuitive Selbsteinschätzung von Emotionen
(warmth), z. B. von Werbespots, zu messen. Auch Nei- erleichtert werden soll und auf Texte verzichtet werden
becker (1985) hat empirische Untersuchungen über den kann. Dies stellt sicherlich eine Verbesserung dar. Aller-
computergestützten Einsatz des Programmanalysators dings behebt die Einführung des Schiebereglers nicht die
durchgeführt, welche die Validität und Reliabilität die- grundsätzlichen Probleme, nämlich, ob die Probanden
ses Verfahrens belegen. Der Programmanalysator nutzt die Bilder der Skala richtig verstehen, da sie beispielswei-
somit das motorische (Annäherungs-)Verhalten zur Mes- se die Anzahl der Blitze (siehe Abb. 50) nicht als Stärke
sung des spontanen Gefallens. Eine ähnliche Messung der ausgelösten Aktivierung verstehen.
erfolgt auch mit dem „affective slider“ (Betella und Ver- Mit ähnlichen, jedoch ein bis zwei Sekunden lang ani-
schure, 2016), eine Methode, die wir weiter unten erklären mierten Piktogrammen, die je sieben positive und nega-
werden (siehe auch Abb. 51). tive Emotionen darstellen, arbeitet das PrEmo-Verfahren

• Anger • Shame • Contentment


– Frustrated – Embarassed – Contented
– Angry – Ashamed
• Optimism
– Irritated – Humiliated
– Fulfilled
• Discontent • Envy – Optimistic
– Unfulfilled – Envious – Encouraged
– Discontented – Jealous – Hopeful
• Worry • Loneliness • Joy
– Nervous – Lonely – Happy
– Worried – Homesick – Pleased
– Tense – Joyful
• Romantic Love
• Sadness – Sexy • Excitement
– Depressed – Romantic – Excited
– Sad – Passionate – Thrilled
– Miserable – Enthusiastic
• Love
• Fear – Loving • Surprise
– Scared – Sentimental – Surprised
– Afraid – Warm hearted – Amazed
– Panicky – Astonished
• Peacefulness
– Calm • Other items
Tab. 2: Das Consumption Emotion – Peaceful – Guilty, proud, eager, relieved
Set nach Richins (1997)
120 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

von Desmet (2002). Der große Vorteil dieser Skala liegt überlegen. Scheier (2006) kombiniert die Abfrage von
darin, dass man durch die Animation sieht, wie sich die Bildern zusätzlich mit einer Reaktionszeitmessung, um
Emotion entwickelt. Allerdings kann mit dieser Skala die spontane Verfügbarkeit emotionaler Assoziationen
auch nur eine Auswahl von Emotionen gemessen werden zu Marken zu identifizieren.
(siehe Abb. 50).
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass sich Bilderskalen
Weitere Bilderskalen: Bosch, Schiel und Winder (2006) gut für die Emotionsmessung eignen, da
haben ein Repertoire an Fotografien, die Menschen,
Tiere und Objekte in verschiedenen Zusammenhängen (1) sie zur modalspezifischen Messung bildhaft gespei-
zeigen, in einer Reihe von Studien validiert. Ihre Bil- cherter Emotionen beitragen;
derskala misst den Großteil der Emotionen, die im Zu- (2) Bilder eher Zugang zu schwer verbalisierbaren und
sammenhang mit Marken erlebt werden können. Laut nicht unmittelbar bewussten Empfindungen ver-
ihrer Auskunft ist ihr Instrumentarium verbalen Skalen schaffen;

Ideograms: SAM und PrEmo

PrEmo (Animation von 1–2 Sek.)


(Desmet, 2002)

Self Assessment Manikin Desire, pleasant surprise, inspiration, amusement,


(Lang, 1980; Morris, 1995) admiration, satisfaction, fascination and
indignation, contempt, disgust, unpleasant surprise,
Pleasure, arousal, dominance dissatisfaction, disappointment, boredom Abb. 50: Die „Self Assessment
Manikin“ und die „PrEmo“-Skala

Abb. 51: Beispiel für den „affective


slider“ von Betella und Verschure
(2016)

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B. Aktivierende Prozesse 121

(3) sie die Gefahr sozial erwünschter Antworten ver- mit einem Label versehen. Es ist anzunehmen, dass bei
ringern, weil nonverbale Messverfahren von den Sekundäremotionen, die sich erst durch den Sozialisati-
Probanden nicht so leicht zu durchschauen sind; onsvorgang herausbilden, eine Interaktion verschiedener
(4) sie in Low-Involvement-Situationen eingesetzt wer- Zentren im Gehirn stattfindet und dass aus diesem Grun-
den können, weil schwach empfundene Eindrücke de die Verständlichkeit durch die Wort-Bild-Kombination
mit verbalen Skalen schwieriger zu erfassen sind. erhöht wird. Abb. 52 zeigt Beispiele für zwei Sekundä-
Auch am Institut für Konsum- und Verhaltensfor- remotionen (Neid, Langeweile) und eine Primäremotion
schung der Universität des Saarlandes ist mit der Ge- (Freude). Insgesamt können 22 verschiedene Emotionen
sellschaft für Konsumforschung (GfK) in einem sehr gemessen werden; die Skala zeigt bewusst Menschen un-
aufwendigen Verfahren eine Bilderskala zur Messung terschiedlicher Kulturkreise, um auch außerhalb Europas
von Emotionen entwickelt worden. Die Skala ist äußerst eingesetzt werden zu können.
sorgfältig validiert worden (Gröppel-Klein, Hupp et al., Grundsätzlich gilt bei allen zu entwickelnden Bilderska-
2010; Dieckmann, Gröppel-Klein et al., 2008) und wird len jedoch auch, dass die ausgewählten Bildvorlagen
von der GfK unter dem Namen „EmoSensor“ für die zuvor sehr sorgfältig hinsichtlich ihrer Reliabilität und
Werbewirkungsmessung eingesetzt. Dabei zeigte sich Validität geprüft werden müssen, da vielfach Gesichts-
während der vielfältigen Tests, dass vor allem bei sekun- ausdrücke nicht eindeutig sind bzw. das Zusammenspiel
dären Emotionen (bei primären Emotionen weniger) eine von Mimik und Gestik mehrdeutig wirken kann (Prob-
Wort-Bild-Kombination besonders vorteilhaft ist, d. h., lem der Ambiguität, siehe Abb. 53).
die sorgfältig ausgewählten Bilder wurden zusätzlich

Neid

Langeweile

Freude

Abb. 52: Drei Beispiele der Emo-


Sensor-Bilderskala zur Messung
von Neid, Langeweile, Freude
(entwickelt von der GfK und dem
IKV)
122 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Problem: Nicht eindeutige Emotionsdarstellungen

Furcht oder Wut? Freude oder Dankbarkeit? Abb. 53: Mehrdeutige Emotions-
darstellungen

Um zu prüfen, ob die Darstellungen eindeutig sind, System (FACS) entwickelt. Bei Letzterem werden der
könnte eine genaue Analyse der Mimik und Gestik nach Gesichtsausdruck von Probanden und dessen Verän-
den Codierungssystemen von Ekman und Friesen (1978) derungen in Reaktion auf einen Stimulus im Zeitablauf
vorgenommen werden, auf die wir im Folgenden zu spre- auf Video aufgezeichnet und anschließend Schritt für
chen kommen. Da die Arbeiten von Ekman und Friesen Schritt in getrennten anatomischen Bewegungseinheiten
die Grundlage für die heute bereits standardmäßig ange- („action units“) analysiert. Bei der älteren FAST-Tech-
wandten automatisierten Emotionserkennungssysteme nik vergleichen unabhängige Beurteiler das tatsächli-
darstellen, werden wir sie (wie in den früheren Auflagen) che Ausdrucksverhalten eines Gesichtsteils – zum Bei-
weiterhin ausführlich darstellen. spiel der Augen und Augenlider – mit typischen und
Analyse von Mimik und Gestik: Das emotionale Aus- standardisierten Ausdrucksweisen, die in einem „Ge-
drucksverhalten umfasst die gesamte Körpersprache des sichtsatlas“ zusammengestellt sind. Der tatsächlich re-
Menschen, vor allem aber seine „Gesichtssprache“. Das gistrierte Ausdruck erhält aufgrund seiner Ähnlichkeit
menschliche Gesicht ist in der Lage, emotionale Vorgänge mit dem standardisierten Ausdruck eines bestimmten
in schneller Abfolge widerzuspiegeln. Gesichtsteils eine Kennzahl. Hat man dem Ausdrucks-
verhalten aller Gesichtspartien Kennzahlen zugeordnet,
Das mimische Ausdrucksverhalten ist biologisch vorpro- so erfährt man durch Kombination der Kennzahlen, um
grammiert und von Geburt an verfügbar, also „instinktiv welche Emotion es sich handelt. Das schematische Vor-
in dem Sinne, dass es reflexartig (…) als Teil des Emoti- gehen wird aus Abb. 54 ersichtlich (Ekman, Friesen und
onsprozesses auftritt“ (Izard, 1999, S. 119). Zum Beispiel Tomkins, 1971).
zeigen Bewegungen der Augenbrauen Überraschung, der
Augenpartie Angst, des Mundes Glück an usw. Die Ana- Es ist möglich, am Gesichtsausdruck eine Vielzahl emo-
lyse von Mimik kann auf zwei Arten erfolgen, nämlich tionaler Vorgänge qualitativ zu bestimmen, was auch
interkulturell gilt, und zwar immer dann, wenn sich die
●● durch Beobachtung bzw. Messung des Ausdrucks-
Probanden unbeobachtet fühlen. So zeigt das Individu-
verhaltens oder
um bei Überraschung z. B. weit aufgerissene Augen, und
●● durch psychobiologische Verfahren der apparativen bei Freude bewegen sich die Mundwinkel nach oben.
Messung von muskulärer Aktivität im Gesicht. Ausnahmen können auftreten, wenn das biologisch
Der erste Punkt umfasst sowohl die Analyse der Mimik vorprogrammierte Ausdrucksverhalten durch kultur-
als auch der Gestik. Die Mimikanalyse beruht insbe- spezifische Verhaltensnormen beeinträchtigt wird, was
sondere auf Forschungsarbeiten von Ekman und Frie- zu sogenannten „Maskierungen“ führt (Ekman und Os-
sen (1978). Sie haben zunächst die Facial Affect Scoring ter, 1979). Subjektive Spielräume der Interpretation sind
Technique (FAST) und später das Facial Action Coding durch den Gesichtsatlas eingeschränkt, aber möglich.
B. Aktivierende Prozesse 123

b1 b2 b3 b4

Abb. 54: Elemente des Gesichts A


mit unterschiedlichem emotionalen
Ausdrucksgehalt: Augenbraue B,
Auge A, Mund M e1 e2 e3
Anmerkung: Durch Zusammen-
setzung der Gesichtselemente
erhält man Gesichtsausdrücke, die M
verschiedene Gefühle anzeigen.
Zum Beispiel drückt die Kombi-
nation der Elemente b4, e1, m4 m1 m2 m3 m4 m5
Verärgerung aus.
(Quelle: Cuceloglu, 1972, S. 22)

FACS, das später weiterentwickelte und sehr genaue Ver- wurde das emotionale Verhalten von Konsumenten
fahren derselben Forscher (Ekman und Friesen, 1978) beim Impulskauf (Weinberg und Gottwald, 1982), am
schließt von Muskelaktivitäten, d. h., von Bewegungs- Ort des Verkaufs (Weinberg, 1986, S. 155 ff.) und bei der
einheiten des Gesichts, auf Emotionen. FACS geht von Interaktion zwischen Verkäufer und Käufer (Klammer,
einer anatomischen Analyse der Gesichtsaktivitäten aus 1989; Rüdell, 1993) oder im Rahmen der Werbewirkung
und zeigt, dass jede Emotion mit typischen Muskelbewe- ermittelt (Bekmeier, 1989a). Auch die Gestik ist in diesem
gungen im Gesicht einhergeht. Das menschliche Gesicht Zusammenhang relevant (Frey, Hirsbrunner et al., 1981).
verfügt über 40 visuell unterscheidbare Bewegungsein- Weinberg (1986, S. 6) schreibt über den Zusammenhang
heiten. Diese sogenannten Action Units können mit einer von beobachtbarer Mimik und Gestik: „Nach den em-
Filmkamera beobachtet und anschließend in kleinsten pirischen Befunden … scheint die Gesichtssprache vor
Zeiteinheiten notiert werden (Abb. 55). Die Kombinati- allem geeignet zu sein, verschiedene Arten von Emo-
on typischer Muskelbewegungen gibt Aufschluss über tionen auszudrücken, während die Körpersprache die
die erlebte Emotion. FACS stellt eine sehr aufwendige, Intensität der empfundenen Gefühle widerspiegelt“. Ei-
aber zuverlässige Methode der Emotionsmessung dar. nen ausführlichen, auch kritischen Überblick über den
Das komplexe mimische Verhalten wird also in kleins- Zusammenhang von Mimik und Gestik gibt Bull (2016).
te Einheiten, wie z. B. „Zusammenpressen der Lippen“, Die grundlegenden Notationssysteme von Ekman und
„Hochziehen der Augenbrauen“, zerlegt (Darstellung Friesen (1978) für die Mimik und von Frey, Hirsbrunner
und Validierung im Rahmen der Konsumentenforschung et al. (1981) für die Gestik sind für die Erforschung von
durch Bekmeier und Schoppe, 1985). Emotionen im Rahmen des Konsumentenverhaltens, und
Mithilfe dieses Systems kann auch die Erfassung einer nicht nur hier, seit vielen Jahrzehnten bedeutsam. Auf-
Maskierung von Emotionen gelingen (siehe Abb. 56). Nur grund der heute möglichen automatisierten Emotions-
der erste Gesichtsausdruck zeigt wahre Freude, die bei- erkennung ist die Bedeutung der nonverbalen Messung
den anderen wollen Freude lediglich vorspielen. noch gestiegen.
Erhebung und Auswertung des beobachtbaren Aus- Softwaresysteme zur Auswertung der Mimik: Ein
drucksverhaltens mit FACS waren in der Vergangenheit Zentrum der Forschung zur computergestützten Emo-
zwar aufwendig, aber aufgrund des besonderen Vorteils, tionsmessung mittels FACS ist Pittsburgh, vor allem das
Emotionen durch versteckte Beobachtung (also nicht-re- Robotics Institute der Carnegie Mellon University sowie
aktiv) unbemerkt ermitteln zu können und aufgrund die University of Pittsburgh. Lien, Kanade et al. (2000)
der Möglichkeit, andere und einfachere Verfahren der waren schon frühzeitig der Ansicht, dass automatisierte
Emotionsmessung zu validieren, wurde auch im Mar- Systeme die menschliche Mimik nicht nur dann richtig
keting schon frühzeitig FACS verwendet. Zum Beispiel erkennen sollten, wenn das Ausdrucksverhalten (der
124 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 55: Ausschnitt aus FACS


nach Ekman und Friesen (1978)
(Quelle: De La Torre und Cohn,
2011, S. 380)

Basisemotionen Freude, Angst, Wut, Ekel, Trauer und


Überraschung) idealtypisch vorliegt. Der Mensch verfü-
Echtes Lächeln
ge über Hunderte von Gesichtsausdrücken, die sich in
(= „felt happy smile“) ihrer Komplexität, Intensität und Bedeutung voneinan-
der unterscheiden (zur Diskussion über die Ambiguität
von Gesichtsausdrücken siehe auch Hassin, Aviezer und
Bentin, 2013). Zudem müsse auch die Geschlechtszuge-
hörigkeit oder das Alter berücksichtigt werden. Die For-
schergruppe um Cohn und Kanade entwickelte daher
Falsches Lächeln ein Computersystem, das in der Lage ist, einzelne Action
Verdeckter Ekel?
Units (AUs) oder Kombinationen von AUs unabhängig
(Hochgezogene Oberlippe)
von Geschlecht, Alter oder ethnischer Abstammung der
Probanden automatisch zu erkennen. Die sogenannte
„Automatic Facial Image Analysis“ (AFA) stellt zudem
Falsches Lächeln einen Ansatz zur automatischen FACS-Codierung unter
Verdeckte Trauer? Real-life-Bedingungen dar. AFA stellte nach Cohn, Kanade
(Mundwinkel leicht nach et al. (2001) und Moriyama, Kanade et al. (2002) auch des-
unten gezogen) halb eine Weiterentwicklung dar, da die bis dahin exis-
tierenden Computersysteme zur Analyse von Mimik der
Restriktion unterlagen, dass sie schnelle Kopfbewegun-
Abb. 56: „Entlarvung maskierter Emotionen“ durch FACS gen nicht erfassen konnten oder durch Brillen verdeckte
(Quelle: Ekman, 1988) Gesichtsteile ausgeschlossen hatten. AFA ist dagegen in
B. Aktivierende Prozesse 125

der Lage, AUs (z. B. Augenzwinkern oder Bewegungen durchaus die Aussage wagen, dass dieses Stadium nun
der Augenbrauen) der Gesichter von Personen in realen erreicht ist. Beispielsweise wurde das System der Pitts-
Handlungssituationen zu erkennen. Die Gesichter wur- burger Forschergruppe weiterentwickelt (Lucey, Cohn
den in einer spontanen sozialen Interaktion während des et al., 2010). Neuronale Netzwerke der dritten Generation
Sprechens und in nicht-frontaler Pose gefilmt. Moderate („deep learning systems“) können die valide Erfassung
Kopfbewegungen sowie Verdeckungen waren zulässig. der Mimik noch weiter verbessern. So geben Zeng, Zhang
Das System erhält als Input eine digitalisierte Bildse- et al. (2017) an, dass ihr selbstlernendes System 95,79 %
quenz. Anschließend wird der relevante Teil des Gesichts der Emotionen des weiterentwickelten Cohn- und Kana-
entweder manuell oder mittels eines „face detectors“ de-Systems richtig erfasst.
markiert. Das Bild, auf dem der Kopf die am meisten Es liegen zudem Prototypen automatisierter Verfahren
aufrechte Position einnimmt, wird als Referenzobjekt vor, die Mischemotionen ermitteln können (wie freu-
ausgewählt. Die Kopfbewegungen werden anschließend dig-überrascht oder traurig-überrascht, siehe Du, Tao
automatisch ausgeglichen, sodass die Gesichtsregion sta- und Martinez, 2014 und Abb. 58). Einen guten Überblick
bilisiert wird. Nun werden die relevanten Teile des Ge- über die verschiedenen Systeme geben Martinez und
sichtes extrahiert und die AUs analysiert (siehe Abb. 57). Valstar (2016). Schließlich werden in der praktischen und
Das Computersystem erzielte bereits 2007 Erkennungs- universitären Marketingforschung automatische Emo-
raten für 20 AUs von über 90 Prozent, Vergleichsmaß- tionsscanner wie der „FaceReader“ von Noldus oder der
stab war eine Expertencodierung mit FACS (Cohn und „EmoScan“ der GfK (Abb. 59) seit vielen Jahren ange-
Kanade, 2007). Damit konnte erstens von einer hohen wendet.
Konvergenzvalidität mit dem manuellen FACS-Coding Auch das Fraunhofer-Institut hat zusammen mit der GfK
gesprochen werden (vgl. dazu auch Cohn, Zlochower eine Software entwickelt, die vier verschiedene Emo-
et al., 1999). Zweitens sind diese Werte vergleichbar mit tionsausdrücke (glücklich, überrascht, ärgerlich, traurig)
dem Level an Übereinstimmung, die zwischen verschie- im Gesicht dechiffrieren und das Geschlecht und die
denen FACS-Codern erzielt wird. Die Autoren waren Altersgruppe der Testpersonen einschätzen kann. Hier
daher schon 2007 davon überzeugt, dass solche Com- wird über eine am Bildschirm angebrachte Webcam das
putersysteme, ihre Weiterentwicklungen vorausgesetzt, Gesicht der Testperson beim Betrachten von Inhalten in
in der Lage sein werden, das manuelle FACS-Coding Echtzeit gescannt.
zu ersetzen (Cohn und Kanade, 2007). Man kann heute

Abb. 57: Automatic Facial Image


Analysis (AFA) nach Cohn und
Kanade (2007)

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126 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Die apparative Messung von Gesichtsmuskelaktivitäten


Die automatisierte Codierung der Gesichtsmimik ist heute
etabliert (Martinez und Valstar, 2016).
kann auch mit der sogenannten fazialen Elektromyogra-
phie (fEMG, siehe Abb. 60) erfolgen. Bei der fEMG werden
Elektroden im Gesicht eines Probanden angebracht, die
auch verborgene Aktivitäten der Gesichtsmuskulatur

Abb. 58: Herausforderung, mit automatisierten Systemen Mischemotionen zu erfassen (Quelle: Du, Tao und Martinez, 2014)
B. Aktivierende Prozesse 127

Abb. 59: Kooperation Fraunhofer-Institut – GfK, Emoscan zur Messung von Emotionen

messen (Dimberg und Thunberg, 1998). Die Amplitude lers Margritte, die entweder leicht zugänglich oder sehr
des fEMG-Signals nimmt bei zunehmender Muskelspan- komplexer Natur waren. Die Autoren bezeichnen dies
nung zu und spiegelt die Anzahl der gespannten (kon- als geringe bzw. hohe Ambiguität. Die Bilder wurden
trahierten) Fasern wider (Pinel und Pauli, 2007). Bei der jeweils fünf Sekunden lang vorgeführt. Der Zygomaticus
fEMG wird die Spannung der beiden Muskeln Corruga- major wurde sehr viel stärker (der Corrugator signifikant
tor (verantwortlich für Stirnrunzeln) und Zygomaticus geringer) bei den Bildern mit hoher Ambiguität aktiviert,
major (Verantwortlich für Lächeln/Lachen) erfasst. Der d. h., hier wurde mehr positiver Affekt ausgelöst. Die
Zygomaticus major gilt als reliabler und valider Indi- Autoren schlussfolgern aus den Ergebnissen, dass bei
kator für Valenz (Richtung) und Intensität (Stärke) von Kunstwerken eine schnelle Erfassbarkeit eher kontra-
Emotionen. Der Corrugator ist von Bedeutung für die produktiv sei, hier würden die Probanden komplexere
Messung negativer Affekte (Hazlett und Hazlett, 1999). Motive bevorzugen.
Das Verfahren wird heute eher seltener angewendet und Psychobiologische Messmethoden erlauben insbeson-
kann nur im Labor durchgeführt werden. Eine jünge- dere, die Intensität der emotionalen Erregung zu mes-
re Studie stammt von Jakesch, Goller und Leder (2017), sen. Emotionale Erregungen sind als spezifische Ak-
die mithilfe dieser Methode zeigen konnten, wie wir tivierungsvorgänge anzusehen, die sich in messbarer
auf Gemälde reagieren. Sie wählten Bilder des Künst- Aktivierung niederschlagen (Boucsein, 2012).
Zu den psychobiologischen Messverfahren zählen:
●● Messung der Herzfrequenz
●● Messung des Blutdrucks und des Blutvolumens
●● Messung der Atmung
●● Messung der elektrodermalen Reaktion (EDR)
●● Messung von Gehirnwellen
●● Infrarot Thermography
●● Computer- bzw. kernspintomographische Verfahren
Herzfrequenz, Blutdruck und Blutvolumen sowie die
Atmung sind Indikatoren für Aufmerksamkeit, Anstren-
gung und Aktivierung. Als besonders zuverlässig in der
Ermittlung der Aktivierungsstärke positiver Emotionen
hat sich die Messung der elektrodermalen Aktivität
(früher auch psychogalvanische oder hautgalvanische
Reaktion genannt) erwiesen (siehe Kapitel zur Aktivie-
rungstheorie). Aufgrund der Unabhängigkeit von verba-
Abb. 60: Faziale Elektromyographie len Messungen ist die Methode auch für interkulturelle
128 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Vergleiche sowie für Reaktionen, die am Point-of-Sale


ausgelöst werden (Gröppel-Klein, 2010a), gut geeignet.
Bei der „infrared thermography“ können Emotionen
ohne störende Elektroden gemessen werden. Dieses inno-
vative Verfahren nutzt aus, dass unterschiedliche Zonen
des menschlichen Gesichts, je nach Emotion, mit unter-
schiedlichen Temperaturen einhergehen (Clay-Werner
und Robinson, 2015). Das Verfahren klingt durchaus viel-
versprechend, da es nicht-reaktiv und nicht-invasiv ist,
muss allerdings durch weitere Studien validiert werden.
Auch mithilfe von Technologien aus der medizini-
schen Gehirnforschung, wie der Elektroenzephalogra- Abb. 61: Messung mittels bildgebender Verfahren in Anlehnung an
phie (EEG), Positronen-Emissions-Tomographie (PET), Weis, Hoppe et al. (2005, 2006)
Kernspintomographie/Magnet-Resonanz-Tomographie
(MRT) oder funktionalen Magnet-Resonanz-Tomogra-
(das Gefühl), gemessen werden kann. Items und Bilder
phie (fMRT) (Camerer, Loewenstein und Prelec, 2004,
können sowohl Primär- als auch Sekundäremotionen
S. 557), können Gehirnareale identifiziert werden, die messen. Durch (metrische) Skalen können auch die Stär-
in Reaktion auf verschiedene emotionale Stimuli, z. B. ke, die Richtung und die Qualität des Gefühls ermittelt
Marketing-Maßnahmen, besonders aktiv sind. Dabei werden. Die computer- bzw. kernspintomographischen
braucht man für die Analyse stets mindestens einen Methoden, FACS oder psychobiologische Methoden
Vergleichsreiz (siehe Abb. 61)33. Wir haben unter dem können gewinnbringend zur Validierung der Skalen zur
Abschnitt „neuropsychologische Verfahren“ schon wich- subjektiven Einschätzung der Gefühle eingesetzt werden;
tige Erkenntnisse dieser Forschungsrichtung skizziert. So Gesichtskameras können Primäremotionen im Moment
konnte z. B. bestätigt werden, dass negativer Affekt zu der Entstehung messen.
verstärkter Aktivität der Amygdala führt; Schmerz, Ver-
lust und Ekel in der Inselregion (Elger und Weber, 2010,
S. 112) und positiver Affekt u. a. im Nucleus accumbens 2. Anwendung im Marketing
die Aktivität erhöhen. Letzteres gilt auch für die Erwar- a) Wissenschaftliche Studien zum Einfluss von Emoti-
tung von Gewinnen (Wildner und Jäncke, 2010, S. 104). onen auf das Konsumentenverhalten
Allerdings sind viele der hier angesprochenen Methoden
Im folgenden Abschnitt werden wir zunächst wichtige
aufgrund
Emotionen (insbesondere die Basisemotionen) und an-
●● der hohen Kosten (auch wenn die Kosten für fMRT schließend Studien vorstellen (Tab. 3), in denen Emotio-
gesunken sind, so ist dieses Verfahren im Vergleich nen mit Bezug auf Fragestellungen des Konsumverhal-
doch immer noch erheblich teurer als EDR-Untersu- tens bzw. des Marketing untersucht worden sind.
chungen oder Befragungen),
●● des aufwendigen erforderlichen technischen Know-
●● Freude: Freude wird von Izard (1991) eher als Neben-
hows, produkt denn als direktes Resultat von Gedanken oder
●● der oftmals nur kleinen Stichprobengrößen sowie Handlungen angesehen. Freude kann vielfältige Ur-
●● der Laborbedingungen und der damit verbundenen sachen haben – z. B. Stressreduktion, Wiedererkennen
„nicht lebensechten“ Situation von Bekanntem oder kreative Anstrengung. Lächeln
und Lachen sind der Ausdruck von Freude (Izard,
in erster Linie in der Grundlagenforschung oder für die 1991). Plutchik (2000) weist darauf hin, dass Freude der
Validierung anderer Messverfahren sinnvoll (Gröppel- persönlichen (An-)Bindung dient. Niedrigere bzw. hö-
Klein, 2010a; Wildner und Jäncke, 2010; Hildt, 2010). here Intensitätsstufen von Freude sind Heiterkeit und
Begeisterung. Die Emotion Freude ist sehr kurzlebig
Die klassische Befragung mittels verbaler oder Bilderska- (Plutchik, 1962).
len wird auch in Zukunft die dominierende Methode zur ●● Überraschung: Überraschung entsteht aufgrund einer
Messung von Emotionen sein, auch wenn damit nur eine
plötzlich und unerwartet eintretenden, schnell anstei-
Komponente, die subjektive Wahrnehmung der Emotion
genden Stimulierung und dauert nur kurz an (Izard,
1991). Überraschung geht mit einer typischen Mimik
33 Für Überblicksartikel vgl.  z. B. Kenning, 2010; Ahlert und einher: gehobene Augenbrauen, sichtbares Stirnrun-
Hubert, 2010. zeln, große und runde Augen, offener, ovaler Mund.
B. Aktivierende Prozesse 129

●● Traurigkeit: Diese Emotion wird häufig von Trennun- ker, werden körperliche Prozesse gehemmt (Plutchik,
gen (physisch und psychisch) verursacht, tritt ebenso 1962). Angst hat eine Schutzfunktion (Plutchik, 2000).
ein bei Todesfällen oder enttäuschenden Ereignissen. Entsetzen ist laut Plutchik (2003; vgl. auch Izard, 1994)
Ausdruck von Trauer sind Weinen oder Schluchzen. eine stärkere Ausprägung der Angst, Besorgnis dage-
Im Gesicht ist Trauer durch zusammengezogene und gen die schwächere Ausprägung von Angst.
innen nach oben gezogene Augenbrauen, leicht ver- ●● Erwartung: Erwartung ist bei Plutchik (2003) die mitt-
kleinerte Augen und nach unten gerichtete Mundwin- lere Ausprägung zwischen Interesse und Wachsam-
kel zu erkennen. Zudem ist manchmal das Kinn etwas keit. Erwartung im Sinne von Plutchik (1962, 2003)
hochgezogen und ein Zittern der Oberlippe sichtbar. beruht auf dem Erkundungsverhalten, welches das
Dieser Ausdruck von Trauer kann nur kurz andauern, Individuum ständig in Kontakt mit seiner Umwelt hält
wohingegen das Gefühl auch mittel- und langfristig und es dadurch laufend mit Informationen versorgt.
erhalten bleiben kann. Diese Aktivität steht in enger Verbindung mit Neu-
●● Ärger/Wut: Ärger ist eine für Menschen unerwünsch- gierde und dem Wunsch, Wissen über gewisse Dinge
te Emotion und wird deshalb so häufig wie möglich zu erlangen. Als Konsequenz formt das Individuum
vermieden. Frustration und eine unerwartete Verän- Erwartungen an die Umwelt.
derung des Erregungszustandes aufgrund von Pro- ●● Vertrauen: Vertrauen dient evolutionsbiologisch dazu,
vokationen werden als Auslöser von Ärger betrachtet Mitgliedern der eigenen Gruppe Unterstützung, z. B.
(Averill, 1983). Ungerechtigkeit, unfaire Behandlung bei der Nahrungsaufnahme, zukommen zu lassen
durch andere und moralische Empörung sind weite- (Plutchik, 2000). Akzeptanz und Bewunderung sind
re Ursachen von Ärger (Izard, 1991). Ärger setzt ein schwächere bzw. stärkere Ausprägungen von Vertrau-
als Reaktion auf Hindernisse aller Art und ist meist en (Plutchik, 2003).
kurzlebig (Plutchik, 1962). Bei Erwachsenen zeigen sich ●● Scham: Die Emotion Scham tritt dann auf, wenn man
bei Ärger häufig nach innen und unten gezogene Au- sich selbst als unbeholfen, hilflos und klein ansieht. In
genbrauen, die eine Wulst an der Nasenwurzel bilden. der Regel schämt man sich für sein eigenes Verhalten
Zudem ist die Stirnhaut durch Muskelkontraktionen oder Aussehen (Attribution auf die eigene Person). Doch
geglättet (Izard, 1991). man kann sich auch für andere schämen, beispielsweise
●● Ekel: Die Basisemotion Ekel wird ausgelöst, wenn der dann, wenn man das Erscheinungsbild eines anderen
Organismus versucht, eine Substanz oder ein Objekt, Menschen als peinlich oder unerwünscht empfindet
welches aufgenommen wurde, wieder loszuwerden. (wie z. B. Stammeln oder missglückte Copingreakti-
Mit steigender Erfahrung wird Ekel bereits vor der onen, siehe Izard, 1991). Der mimische Ausdruck von
Aufnahme ausgelöst, sodass es erst gar nicht dazu Scham ähnelt dem von Schüchternheit – jedoch kommt
kommt (Plutchik, 1962). Der Ausdruck von Ekel wird häufig ein Erröten des Gesichtes hinzu (Izard, 1991).
in der Regel willkürlich unterdrückt, d. h., die bei Kin- Bagozzi, Gopinath und Nyer (1999) betonen, dass bei
dern zu beobachtende Mimik – finsterer Blick, hochge- einer Beschränkung auf einige Basisemotionen verschie-
zogene Ober- und heruntergezogene Unterlippe und dene Emotionen vernachlässigt werden können, die tag-
hervorgestreckte Zunge – ist bei Erwachsenen seltener täglich relevant und auch für das Marketing von Bedeu-
zu beobachten (Izard, 1991). Ekel ist ein Zeichen der tung sind, z. B. Enttäuschung oder Stolz. Auch Richins
Ablehnung (Plutchik, 2000). (1997) kritisiert, dass zentrale Emotionen wie Liebe in
●● Angst: Diese Emotion resultiert aus einer wahrge- Emotionsskalen häufig ausgelassen werden. Aus diesem
nommenen Gefährdung der Sicherheit. Zahlreiche Grund beachten wir zusätzlich solche Emotionen, die in
Ereignisse, z. B. Schmerz und dessen Antizipati- aktuellen Marketingmaßnahmen angesprochen werden
on oder das Gefühl von Verlassenheit, besitzen das und deren Relevanz in verhaltenswissenschaftlich fun-
Potenzial, Angst auszulösen. Auch fremde Objekte dierten Studien bewiesen werden konnte:
oder unbekannte Situationen können Angst schüren. ●● Interesse: Izard (1991) betrachtet Interesse als die bei
Angst äußert sich in gehobenen und leicht verengten Menschen am häufigsten vorkommende Emotion.
Augenbrauen und einer Faltenbildung in der Mitte Nach einem neueren Paradigma sieht Izard (2007) In-
der Stirn. Die Augen sind weit geöffnet, der Mund ist teresse gar als normative Emotion im Bewusstsein des
mit zurückgezogenen Mundwinkeln leicht geöffnet Menschen, d. h., ihm zufolge ist das Interesse eine kon-
(Izard, 1991). Ein schwaches Angstgefühl sorgt für eine tinuierliche Schubkraft, die dafür sorgt, dass spontane
verstärkte Adrenalin-Ausschüttung im menschlichen neurobiologische Vorgänge ausgelöst werden oder
Körper und somit für optimale körperliche Reaktions- Appraisal-Vorgänge einsetzen. Das Ergebnis dieser
möglichkeiten. Wird das Angstgefühl dagegen stär- Vorgänge wiederum wirkt sich auf das Entstehen und
130 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Erleben von anderen Emotionen aus (Izard, 2007). In- raschung und Traurigkeit ist Enttäuschung nach Plut-
teresse bewirkt eine aufmerksame Haltung und eine chik (2003)34 eine primäre Dyade.
Intensivierung der Sinneswahrnehmung. Interesse ●● Ehrfurcht: Ehrfurcht kann definiert werden als ein
kann ebenso das Gefühl, mit etwas beschäftigt oder komplexer Zustand der Furcht, welcher mit Vereh-
in etwas verfangen zu sein, sowie die Gefühle der rung gemischt ist und oft gemeinsam mit dem Gefühl
Faszination, Neugier, des Gefallens und der Selbst- der Fremdheit bzw. mangelnder Vertrautheit auftritt
sicherheit auslösen (Izard, 1994). Interesse findet sich (Greenacre, 1956). Bei Plutchik (1962, 2003) wird Ehr-
auch bei Plutchik (2003) als schwächere Ausprägung furcht ähnlich, nämlich als Mischung von Angst und
der Basisemotion Erwartung. Überraschung, verstanden.
●● Liebe: Liebe ist bei Plutchik (2000) eine primäre Dyade, ●● Unterwürfigkeit: Unterwürfigkeit entsteht als primäre
nämlich die Kombination von Vertrauen und Freu- Dyade, wenn Angst und Akzeptanz zugleich präsent
de. Das Gefühl der Liebe beinhaltet gegenseitigen sind (Plutchik, 2003), evolutionsgeschichtlich als Re-
Respekt, Zusammengehörigkeitsgefühle, (sexuelle) aktion auf eine Provokation, die nicht mit Vergeltung
Anziehung, „Seelenverwandtschaft“ und altruisti- durch Gegenangriffe beantwortet werden kann.
sche Handlungen (Plutchik, 2003). Liebe umfasst laut ●● Stolz: Stolz ist laut Plutchik (2000) eine sekundäre Dya-
Plutchik (1962) eindeutig Elemente der Freude, jedoch de (d. h., eine Zusammensetzung zweier Basisemotio-
ist die Liebe deutlich komplexer. Ein wichtiger Un- nen, zwischen denen noch eine weitere Basisemotion
terschied ist, dass Liebe lang anhaltend ist, während liegt). Stolz ist demnach eine Überlappung von Freu-
Freude nur kurzfristig empfunden wird. Richins (1997, de und Ärger. In appraisal-theoretischen Ansätzen
S. 129) kritisiert, dass zentrale Emotionen wie Liebe in wird Stolz als positive Emotion verstanden, für deren
Emotionsskalen in Bezug auf Marken häufig ausge- Grund man selbst verantwortlich ist (Roseman, Anto-
lassen werden. Mittlerweile (siehe Tab. 3) existieren niou und Jose, 1991).
diverse Studien, die sich mit der Emotion Liebe im ●● Verachtung: Verachtung wird zumeist mit wenig zu
Marketing auseinandersetzen (z. B. Pawle und Cooper, bewundernden Verhaltensweisen und dem Gefühl
2006; Batra, Ahuvia und Bagozzi, 2012). der Überlegenheit gegenüber anderen in Verbindung
●● Optimismus: Optimismus entsteht als primäre Dya- gebracht. Im Unterschied zu Ärger und Ekel ist die
de in der Kombination von Freude und Erwartung Mimik von Menschen, die Verachtung zeigen, durch
(Plutchik, 2003), d. h., das Individuum erwartet den einen angehobenen Kopf, angehobene Augenbrauen
Eintritt eines Ereignisses, das Freude auslösen wird. und entweder einen angehobenen Winkel der Ober-
Würde man dagegen Erwartung mit dem Gegenteil lippe oder verengte Mundwinkel bei geschlossenem
von Freude, nämlich Traurigkeit mischen, so würde Mund gekennzeichnet (Izard, 1991). Bei Plutchik (2003)
man auch das Gegenteil von Optimismus erhalten, ist Verachtung als primäre Dyade wiederzufinden, die
nämlich Pessimismus (Plutchik, 1962). in Kombination von Ärger und Ekel entsteht.
●● Aggressivität: Aggressivität kann als Kombination von Zusätzlich zu den bisher genannten Primäremotionen
Ärger und Erwartung verstanden werden (Plutchik, und primären bzw. sekundären Dyaden werden im Mar-
2003). Aggressivität äußert sich durch Angriffsverhal- keting die Emotionen Wärme/Behaglichkeit, Langeweile
ten und den Wunsch, anderen Leid zuzufügen. Man- und Leidenschaft genannt.
che Autoren sehen Wut als die Quelle der Aggression ●● Wärme/Behaglichkeit: Smith und Ellsworth (1985) be-
an, deren Ziel die Zerstörung des Objekts ist, welches trachten Wärme als Emotion, die mit Freude und Stolz
die Wut hervorgerufen hat. verwandt ist. Von Aaker, Stayman und Hagerty (1986)
●● Schuld/Reue: Die primäre Dyade Reue, die wir bei Plut- wird Wärme als eine positive, sanfte und volatile, also
chik (2003) finden, lässt sich bei Izard (1991) als stär- flüchtige Emotion definiert, die physiologische Akti-
kere Ausprägung der Emotion Schuld wiederfinden. vierung hervorruft. Wärme ist direkt oder indirekt
Auch Scherer (2005) führt „guilt“ und „remorse“ als verbunden mit Liebe, Gedanken an die Familie oder an
Wörter der gleichen Emotionskategorie auf. Ähnlich freundschaftliche Beziehungen. Im Marketing-Kontext
wie bei der Emotion Scham versuchen Menschen mit fanden Aaker, Stayman und Hagerty (1986) heraus,
Schuldgefühlen „etwas zu verstecken“ bzw. „etwas dass Wärme, die beim Anschauen eines Werbespots
wieder zurechtzurücken“. empfunden wird, positiv mit der Einstellung zum
●● Enttäuschung: Enttäuschung entsteht, wenn das In- Werbespot (Aad) und der Kaufwahrscheinlichkeit
dividuum überraschend Kummer erfährt, d. h., eine
negative Entwicklung nicht vorhergesehen hat oder 34Plutchik (1962) hat Enttäuschung noch als sekundäre Dyade
nicht vorhersehen konnte. Als Kombination von Über- bezeichnet.

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B. Aktivierende Prozesse 131

korreliert. Wärme wird insbesondere dann empfun- te Stufe der Zuneigung, die ein Unternehmen errei-
den, wenn der Werbespot Motive zeigt, die von Senti- chen kann. Kann eine Marke die Leidenschaft des
mentalität, Familie, Freunden, Kindern und positiven Konsumenten wecken, wird dieser die Marke als
Gefühlen handeln (Aaker und Bruzzone, 1981). unersetzlich betrachten, da sie seine Wünsche und
●● Langeweile: Langeweile kann als das Gegenteil von Bedürfnisse exakt erfüllt. Immerhin 11–13 % der Be-
Interesse betrachtet werden. Langeweile wird als eine fragten in McEwens Studie empfinden Leidenschaft
Emotion beschrieben, die eine negative Valenz auf- zu ihrer Automarke, Bank oder ihrem Supermarkt.
weist und deaktivierend wirkt (Goetz, Frenzel und Pe- Diese Ergebnisse ähneln denen von Pawle und Cooper
krun, 2006). Besondere Relevanz gewinnt Langeweile (2006), die unter dem Stichwort „Lovemark“ empfeh-
im Zusammenhang mit der exzessiven Wiederholung len, Bindungsgefühle, Identifikation und Leidenschaft
von Werbung (Kirmani, 1997). Morris und Colman vonseiten des Konsumenten zu erringen, um so Liebe
(1993) zeigen, dass der Werberecall mit der empfun- und Respekt für die Marke zu erlangen.
denen Langeweile der Testpersonen abnimmt. Im Folgenden sollen wichtige Marketingstudien (ohne
●● Leidenschaft: Für McEwen (2004) ist Leidenschaft, die Anspruch auf Vollständigkeit) aufgelistet werden, bei
gegenüber einer Marke empfunden wird, die höchs- denen Emotionen eine Rolle gespielt haben:

Angst Plutchik, Izard (Basisemotion)

Für die Beurteilung von Marken relevant (Bosch, Schiel und Winder, 2006); z. T. branchenimmanent (z. B. Pharmaindustrie,
Fluggesellschaften, Lebensversicherungen, Ärzte); auch genutzt zur Abschreckung von Konsumenten (Rauchen, Aids, Al-
kohol, etc.) oder um Konsumenten für den Datenschutz zu sensibilisieren (Andrews, Netemeyer et al., 2014; Beitelspacher,
Hansen et al., 2012); ebenfalls in Werbeanzeigen von Bedeutung (Huhmann und Brotherton, 1997; Dillard und Andersen,
2004; Mowen, Harris und Bone, 2004). Der Einfluss von Bindungsstilen in Zusammenhang mit Angstgefühlen auf Beschwer-
deverhalten bzw. Markenopposition (Thomson, Whelan und Johnson, 2012) wird ebenso diskutiert wie Angst als Treiber des
Markenwechsels (Romani, Grappi und Dalli, 2012) sowie der Einfluss von Angst auf die emotionale Markenverbundenheit (die
Marke als beschützende Instanz, Dunn und Hoegg, 2014). Außerdem kann ein moderates Gefühl von Angst dafür sorgen,
dass Konsumenten sich in manchen Situationen eher zum Kauf entschließen (Coleman, Williams et al., 2017).

Ärger Plutchik, Izard (Basisemotion)

Für Werbespots (Zeitlin und Westwood, 1986) und für die Beurteilung von Marken relevant (Bosch, Schiel und Winder, 2006;
Romani, Grappi und Dalli, 2012); wesentlich z. B. bei schlechtem Service (lange Wartezeiten, fehlende Kompetenz, etc.), bei
Fehlern von Produkten oder Dienstleistungen (technisches Gerät funktioniert nicht, Handwerker legen den Boden schief,
etc.). Auch nicht eingehaltene Versprechungen oder unfaire Behandlung führen zu Ärger (Funches, 2011). Kähr, Nyffenegger
et al. (2016) zeigen, dass Konsumenten bei Ärger Marken sabotieren, diesen also bewusst Schaden zufügen wollen. Social
Media Beiträge werden öfter geteilt bzw. verbreitet, wenn sie eine wütende Botschaft enthalten (Heimbach und Hinz, 2016).
Ärger kann auch hier dazu führen, dass Konsumenten versuchen, einem Unternehmen willentlich zu schaden, z. B. falsche
Bestellungen aufgeben, Eigentum beschädigen usw. (Funches, 2016).

Ekel Plutchik, Izard (Basisemotion)

Für Werbespots relevant (Zeitlin und Westwood, 1986; Shimp und Stuart, 2004; Morales, Wu und Fitzsimons, 2012); für die
Beurteilung von Marken wichtig (Bosch, Schiel und Winder, 2006; Han, Lerner und Zeckhauser, 2010); z. T. produktimmanent
(z. B. bei bestimmten Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln), auch bei Schockwerbung (Vézina und Paul, 1997) zu beobachten
(z. B. Benetton). Dens, DePelsmacker und Janssens (2008) gehen davon aus, dass Werbefilme mit Ekelreizen lediglich zu
negativen Einstellungen führen, ohne einen Aufmerksamkeitsvorteil zu erlangen. Chan, Van Boven et al. (2014) diskutieren
das Konstrukt „moralischer Ekel“: Konsumenten sind angewidert von unethischen Unternehmenspraktiken.

Vertrauen Plutchik (Basisemotion)

Für Werbespots hochrelevant (in Form der Akzeptanz: Zeitlin und Westwood, 1986; Glaubwürdigkeit der dargestellten Infor-
mationen: Soh, Reid und King, 2009); für die Beurteilung von Marken wesentlich (Bosch, Schiel und Winder, 2006); Grund-
voraussetzung für den Erfolg einer Marke, um das wahrgenommene Risiko zu minimieren. Wesentlich im Business-to-Busi-
ness-Bereich (z. B. Homburg, Koschate und Hoyer, 2005), auch für das Internet (z. B. Bekmeier-Feuerhahn und Eichenlaub,
2008), insbesondere bei Online-Shops (Hong und Cho, 2011; Davis, Sajtos und Chaudhri, 2011), und bei Krankenhäusern
(Dubé und Morgan, 1998). Ebenfalls relevant bei der Weitergabe von konsumenten-bezogenen Daten (Schneider, Jagpal
et al., 2017) und in Dienstleistungsbeziehungen (Sekhon, Ennew et al., 2014). Außerdem wichtig in Bezug auf die Interaktion
mit anthropomorphen Messengern/Chat-Bots (Touré-Tillery und McGill, 2015).
132 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Freude Plutchik, Izard (Basisemotion)

Die am meisten durch Werbespots hervorgerufene Emotion (Zeitlin und Westwood, 1996); bei Markenassoziationen die am
meisten genannte Emotion (Bosch, Schiel und Winder, 2006; Bettingen und Luedicke, 2009); v. a. beim Erlebniseinkauf von
Bedeutung (z. B. „Freude am Fahren“, Einkaufsatmosphäre; Gröppel-Klein, 1998; Baun und Gröppel-Klein, 2003; Hellén und
Sääksjärvi, 2011); auch für die Kundenzufriedenheit von Bedeutung (Oliver, 1989). Freude beeinflusst unsere Produktwahl
(Mogilner, Aaker und Kamva, 2012) und unser Sparverhalten (Guven, 2012). Auch der Einfluss von Vielfalt und Abwechslung
im Alltag auf das Empfinden von Freude (Etkin und Mogilner, 2016) sowie Freude in Zusammenhang mit „sich etwas gönnen“
(Petersen, Dretsch und Loureiro, 2018) wird untersucht.

Traurigkeit Plutchik, Izard (Basisemotion)

Für die Beurteilung von Marken relevant (Bosch, Schiel und Winder, 2006); z. T. branchenimmanent (Bestattungsunterneh-
men, Pharmaindustrie, etc.), auch bei Auslistungen oder Saisonschwankungen möglich (z. B. Mon Chéri im Sommer nicht
erhältlich). Traurigkeit spielt bei Spendenaufrufen eine wichtige Rolle (Small und Verrochi, 2009). Botschaften mit traurigem
Inhalt werden auf Social Media weniger oft geteilt bzw. verbreitet (Heimbach und Hinz, 2016). Traurigkeit hat zudem einen
Einfluss auf unser Essverhalten (Salerno, Laran und Janiszewski, 2014). Die Bewertung von Werbung fällt unterschiedlich
aus, je nachdem, ob man zuvor einen traurigen oder einen neutralen Film gesehen hat (Puccinelli, Wilcox und Grewal, 2015).

Überraschung Plutchik, Izard (Basisemotion)

Für Werbespots (Zeitlin und Westwood, 1986) und für die Beurteilung von Marken relevant (Bosch, Schiel und Winder, 2006);
im positiven Sinne z. B. in der Nachkaufphase (besonders hohe Kulanz, guter Service, Erhalten eines Geschenks, etc.), im
negativen Sinne jedoch ebenso möglich, als Begleiterscheinung von Unzufriedenheit (Oliver, 1989; Kim und Mattila, 2010).
Positive Überraschungen (z. B. bei Restaurantbesuchen) führen zu hoher Zufriedenheit (Kim und Mattila, 2010), auch uner-
wartete Produktzugaben lösen Überraschung aus − mit unterschiedlichen Folgen je nach Kultur (Valenzuela, Mellers und
Strebel, 2010). Überraschung kann zur Steigerung der Werbeeffektivität genutzt werden (Hutter und Hoffmann, 2014). Entsteht
auch nach einer radikalen Änderung des Markenlogos (Robert, Cuny und Fornerino, 2016).

Erwartung Plutchik, Izard (Basisemotion)

Für Werbespots hochrelevant (Zeitlin und Westwood, 1986); für die Beurteilung von Marken (Bosch, Schiel und Winder, 2006)
und Produkten (Kim, Park und Schwarz, 2010) von Bedeutung, v. a. bei Kaufentscheidungen mit einem hohen Involvement
der Konsumenten. Mit zunehmender Größe des Sortiments steigt die Erwartung des Konsumenten, das perfekte Produkt
zu finden (Diehl und Poynor, 2010). Freudige Erwartung steigert das spätere Konsumerlebnis (Nowlis, Mandel et al., 2004).
Nicht-Erfüllen von Erwartungen in Bezug auf die Packungsgröße bzw. den Packungsinhalt führt zu erhöhter Wechselabsicht
(Wilkins, Beckenuyte und Butt, 2016).

Interesse Plutchik, Izard (als Ausprägung einer Basisemotion)

Für alle Marketingaspekte von Bedeutung (Werbung, Markenbeurteilung, Design, Kaufentscheidungen mit hohem Involvement
etc., Zeitlin und Westwood, 1986; Bosch, Schiel und Winder, 2006; Weinberg, 1981). Durch Shopping können gelangweilte
Personen in einen positiven emotionalen Zustand, nämlich den des Interesses, überführt werden (Workman und Studak,
2007). Ebenfalls untersucht wurde das Involvement von Konsumenten in Bezug auf Innovationen (Cui und Wu, 2016). Ist
eine Beziehung zwischen Konsument und Anbieter zufriedenstellend und emotional aufgeladen, kann sich Involvement zu
„Customer Engagement“ steigern (Pansari und Kumar, 2017).

Verachtung Plutchik, Izard (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Für die (negative) Beurteilung von Werbeanzeigen von Bedeutung (Bhat, Leigh und Wardlow, 1998). Das wahrgenommene
Preisniveau im Einzelhandel hat einen Einfluss auf die gegenüber der Einkaufsstätte empfundene Verachtung (Zielke, 2011).
Verhält sich ein Unternehmen unethisch, spüren Konsumenten Verachtung und versuchen sich u. U. zu „rächen“ (Romani,
Grappi et al., 2015). Ebenso kann es sein, dass Konsumenten Verachtung verspüren, wenn Unternehmen keine Nachhaltig-
keitsmaßnahmen durchführen (Bagozzi und Grønhaug, 2015).

Liebe Plutchik (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Für die Beurteilung von Marken relevant (Bosch, Schiel und Winder, 2006; Batra, Ahuvia und Bagozzi, 2011); ebenso für die
Zufriedenheit mit technischen Produkten von Bedeutung (Fournier und Mick, 1999). Liebe geht einher mit „Customer Devo-
tion“ (Pichler und Hemetsberger, 2008) auch zu spezifischen Produkten (Lastovicka und Sirianni, 2011). Pawle und Cooper
(2006) zeigen, dass ganze Marketingkampagnen bzw. Markenpositionierungen auf dem Gefühl der Liebe aufgebaut werden
B. Aktivierende Prozesse 133

können. Auch wichtig für Kundenloyalität im Handel (Vlachos und Vrechopoulos, 2012). Die Emotion Liebe hat zudem einen
Einfluss auf das Spendenverhalten von Konsumenten (Cavanaugh, Bettmann und Luce, 2015). Handgemachte Produkte
hängen ebenfalls stark mit einem Gefühl von Liebe zusammen (Fuchs, Schreier und Van Osselaer, 2015). Möglichkeiten zur
Messung von Markenliebe werden diskutiert von Ahuvia, Bagozzi und Batra (2014).

Optimismus Plutchik (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Für Kaufentscheidungen und die Bewertung von Unternehmen relevant (Bee, 2006; Alhouti, Johnson und Holloway, 2016),
auch bei geringem Informationsstand der Konsumenten (Malkoc, Gneezy und Botti, 2011). Optimimus spielt auch dann eine
Rolle, wenn der Konsument ein Produkt kauft, das er erst in der Zukunft nutzen kann (z. B. Jeans werden eine Nummer zu
klein gekauft, mit dem Ziel abzunehmen, Chan, Mukhopadhay und Seyupta, 2011). Optimismus führt zu konsistenteren Ent-
scheidungen, während Pessimismus eher zu Variety Seeking führt (Yang und Urminsky, 2015).

Aggressivität Plutchik (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Regelmäßig genutztes Werbemotiv, z. B. in Videospielwerbung (Scharrer, 2004), Werbung für Sportartikel (Jackson und
Andrews, 2004), auch für die Gestaltung von Produkten (Landwehr, McGill und Herrmann, 2011), wenngleich die Wirkung nicht
immer positiv sein muss. Aggressivität gegen Frauen in der Werbung wird ebenfalls thematisiert (Capella, Hill et. al., 2010).
Werbung mit verknapptem Angebot (z. B. „nur noch 4 Stück verfügbar“) führt dazu, dass Konsumenten andere Käufer als
Bedrohung wahrnehmen und Aggression verspüren (Kristofferson, McFerran et al., 2016). Konsumenten können allerdings auch
Aggression gegenüber Marken entwickeln und versuchen diese dann bewusst zu schädigen (Kähr, Nyffenegger et al., 2016).

Reue/Schuld Plutchik, Izard (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Für die Beurteilung von Marken und Werbung interessant (Bosch, Schiel und Winder, 2006; Coulter und Pinto, 1995; Huh-
mann und Brotherton, 1997) und bei Kaufentscheidungsprozessen von Bedeutung (Burnett und Lunsford, 1994); Scham und
Schuld sind relevant bei Impulskäufen (Yi und Baumgartner, 2011). Schuld spielt im Rahmen des Cause-Related Marketing
(Unternehmen spendet pro verkauftem Produkt einen bestimmten Betrag für einen wohltätigen Zweck) eine wichtige Rolle
(Chang, 2011). Die Emotion Schuld tritt häufig nach dem Konsum bzw. Nichtkonsum bestimmter Produkte auf (Saintives
und Lunardo, 2016), kann aber auch einen Einfluss auf zukünftige Kaufentscheidungen haben, insbesondere in Bezug auf
nachhaltigen Konsum (Antonetti und Maklan, 2014).

Enttäuschung Plutchik (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Für die Beurteilung von Marken relevant (Bosch, Schiel und Winder, 2006); auch dann, wenn entsprechend des „Confirmation/
Disconfirmation-Paradigmas“ versprochene Leistungen nicht eingehalten werden. Enttäuschung führt häufig zur Absicht,
schlecht über die Marke/das Unternehmen zu reden (Nejad, Amini und Sherell, 2016).

Ehrfurcht Plutchik (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Für die Bedeutung von Marken wichtig, wie von Braun-LaTour, LaTour und Zinkhan (2007) anhand von Kindheitserinnerun-
gen mit Autos gezeigt werden konnte; in Verbindung mit Zufriedenheit von Bedeutung (Fournier und Mick, 1999). Ehrfurcht
vor bestimmten Marken kann quasi-religiöse Züge tragen (Belk und Tumbat, 2005). Die Frage, ob Musik Ehrfurcht erzeugen
und inwiefern dies für die Segmentierung von Zielgruppen genutzt werden kann, wird ebenfalls untersucht (Pilgrim, Norris
und Hackathorn, 2017). Zudem kann Ehrfurcht dazu beitragen, dass Menschen eher den Wunsch verspüren, etwas selbst
herzustellen, anstatt es zu kaufen (Rudd, Hildebrand und Vohs, 2018).

Unterwürfigkeit Plutchik (Sekundäremotion; primäre Dyade)

Für Marken bisher keine Untersuchungen, allerdings kann Unterwürfigkeit in sozialen Gruppen vorkommen und somit Mar-
ketingrelevanz erhalten (z. B. Madrigal, 2000 in Bezug auf den Konsum von Produkten eines Sponsors durch Zuschauer von
Sportveranstaltungen); auch denkbar in Hinblick auf Marken mit einer Nahezu-Monopolstellung (z. B. Microsoft vs. Apple,
Stromkonzerne o. ä.). Zudem ist die Einkaufsatmosphäre in der Lage, ein Gefühl von Unterwürfigkeit zu erzeugen, was ent-
weder Vermeidungs- oder Annährungsverhalten auslösen kann (Mishra, Sinha und Koul, 2014).

Stolz Plutchik (Sekundäremotion; sekundäre Dyade)

„Besitzerstolz“. Konsumenten sind stolz, wenn sie Marken mit hohem (auch ideellem) Wert kaufen können (Bosch, Schiel
und Winder, 2006). Stolz spielt auch eine Rolle bei Selbstkontrollprozessen (Wilcox, Kramer und Sen, 2011). Auch der Zu-
sammenhang zwischen Stolz und der moralischen Bewertung von Produktfälschungen wird untersucht (Kim und Johnson,
2014). Stolze Konsumenten neigen eher dazu, besonders einzigartige Produktoptionen zu bevorzugen (Huang, Dong und
Mukhopadhyay, 2014).
134 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Langeweile Plutchik (Ausprägung einer Basisemotion)

Für die Beurteilung von Marken und Werbespots relevant (Appel, 1971; Bosch, Schiel und Winder, 2006; Kirmani, 1997; Morris
und Colman, 1993). Erklärt das Zipping- und Zapping-Verhalten von Konsumenten (Fransen et al., 2015). Eine stimulierende
In-Store-Erfahrung kann bei Erholungsshoppern zur Reduzierung von Langeweile führen (Holmqvist und Lunardo, 2015).

Leidenschaft Plutchik (Ausprägung einer Basisemotion)

Begehren für die Beurteilung von Marken relevant (Bosch, Schiel und Wind, 2006; McEwen, 2004; Pawle und Cooper, 2006);
Passion im Konsumentenverhalten von Bedeutung (Belk, Ger und Askegaard, 2003). Neue Technologien können in der
Lage sein, die Leidenschaft zum Konsum anzukurbeln (Kozinets, Patterson und Ashman, 2016). Swimberghe, Astakhova
und Wooldridge (2014) definieren „Brand Passion“ neu und unterscheiden dabei zwischen harmonischer und obzessiver
Leidenschaft.

Scham Izard (Basisemotion)

Für Marken bisher keine Untersuchungen (Ausnahme Markenfälschungen – „embarrassment potential“, Kim und Johnson,
2014), sehr wichtig bei Interaktionen zwischen Konsumenten und dem Verkaufspersonal (Bagozzi, 2006; Verbeke und Bagozzi,
2003; Verbeke, Belschak und Bagozzi, 2004). Scham und Schuld können die Entscheidungsbildung in Einkaufssituationen
beeinflussen, insb. relevant bei Impulskäufen (Han, Duhacheck und Agrawal, 2014; Yi und Baumgartner, 2011). Scham kann
zu Passivität gegenüber einer Marke führen und das Beschwerdeverhalten lahmlegen (Romani, Grappi und Dalli, 2012), dabei
geht Scham mit Selbstverursachung des Ereignisses einher (Tronvoll, 2011). Ebenso im Social Marketing relevant, z. B. bei
Kampagnen gegen Alkoholkonsum (Agrawal und Duhachek, 2010).

Wärme/Behaglichkeit Aaker, Stayman und Hagerty

Für die Beurteilung von Werbespots relevant. Auswirkung auf Einstellung zur Werbung, zur Marke (Edell und Burke, 1987;
Ivens, Leischnig et al., 2015) und auf die Kaufwahrscheinlichkeit (Aaker, Stayman und Hagerty, 1986). Wärme ist eine Dimen-
sion der Markenbeziehung (Fournier und Alvarez, 2012), kann aber auch dazu führen, dass man sich anderen Konsumenten
„näher“ fühlt (Huang, Zhang et al., 2014). Die von den Konsumenten empfundene „Markenwärme“ kann die Anzahl an Likes
auf Facebook steigern (Bernritter, Verlegh und Smit, 2016).

Tab. 3: Emotionen und bisherige Untersuchungen ihrer Marketingrelevanz (Auswahl)

Emotionen können zudem die Leistungsfähigkeit der aufbauen können, die nicht ursächlich auf die Wertschät-
Konsumenten beeinflussen. Das bedeutet: Konsumenten, zung „harter Produkteigenschaften“ zurückgeführt wer-
die gezielt durch emotionale Reize, etwa durch die Wer- den müssen. Seit über dreißig Jahren beschäftigt sich das
bung, aktiviert werden, reagieren intensiver: Sie nehmen Marketing mit der Frage, wie emotionale Präferenzen
mehr Informationen auf, verarbeiten diese Informationen für Produkte und Dienstleistungen aufgebaut werden
schneller, speichern sie besser usw. Mit anderen Worten: können, getrieben auch durch die Erkenntnis, dass auf
Das Erleben von Gefühlen fördert die kognitive Informa- gesättigten Märkten Produkte zwar immer ausgereifter,
tionsverarbeitung (Kapitel C. II). aber auch austauschbarer werden und bezüglich ihrer
funktionalen Qualität wenig Unterscheidungsmöglich-
b) Erlebnismarketing als zentrale Ausrichtung keiten liefern bzw. dass die feinen Qualitätsunterschie-
Mittels der berühmt gewordenen „Hoba“-Experimente35 de in plakativen Werbekampagnen gering involvierten
von Kroeber-Riel (1979) oder der im Ersten Teil bereits Konsumenten oftmals nicht vermittelbar sind. Zudem ist
erläuterten Gorn-Experimente (Gorn, 1982) konnte belegt vor allem in den 80er-Jahren und Anfang der 90er-Jahre
werden, dass Menschen über emotionale Konditionie- des letzten Jahrhunderts sowohl in Deutschland als auch
rungsprozesse Präferenzen für Marken und Produkte international eine Vielzahl an Veröffentlichungen zum
Thema „Wertewandel und Marketing“ erschienen. Diese
35
Die „Hoba“-Experimente werden noch ausführlich in die-
berichteten von
sem Buch beschrieben. Gorn (1982) zeigt, dass die Hintergrund- ●● einem Trend zur aktiven, kritischen und ökologie-
musik eines Werbefilms maßgeblich die Vorliebe für bestimmte
orientierten Gesellschaft (Balderjahn, 1986; Hansen,
Federhalterfarben beeinflussen kann. Mochten die Konsumen-
ten die Werbefilmmusik, wählten sie (unbewusst) die Farbe des 1995a, b; unter dem Stichwort „Postmodernization“
Stiftes, die im Spot zu sehen war; lehnten sie die Musik dagegen z. B. Inglehart, 1980; 1995; 2008; Hirschman und Hol-
ab, suchten sie sich eine andere Farbe aus. brook, 1992), aber auch
B. Aktivierende Prozesse 135

●● dem Bedeutungsverlust von Pflicht- und Akzeptanz- nalen Produktunterschiede dem Konsumenten auf nie
werten zugunsten von Selbstverwirklichung und einer gekannte Weise nahegebracht werden können und dass
Hinwendung zum Hedonismus. Das Stichwort „Erleb- daher wahrscheinlich sei, dass funktionale Attribute in
niskonsum“ war geboren (z. B. Weinberg und Gröp- Zukunft eine sehr viel höhere Relevanz bei den Kauf-
pel, 1988; Gröppel, 1991; Weinberg, 1992a, b; Schulze, entscheidungsprozessen einnehmen würden. In der Tat
2000). Die Wurzeln des Wunsches nach emotionalen sind die Informationsmöglichkeiten für den Konsumen-
Erlebnissen mögen genetisch programmiert sein: In ten extrem gestiegen und über Online-Expertensyste-
allen Phasen der Menschheitsgeschichte hat es das Be- me, Internetforen, Blogs und Kundenberichte kann der
dürfnis nach Abenteuern oder anrührenden Ereignis- involvierte Konsument einen umfassenden Überblick
sen gegeben (Gerrig und Zimbardo, 2008). Erlebnisein- über verschiedene Qualitätsdetails gewinnen. Viele
käufe können nicht nur Freude auslösen, sondern die Konsumenten schrecken jedoch genau vor dieser Infor-
Persönlichkeit bereichern und zu mehr Lebensqualität mationsüberlastung zurück, sie zählen lieber auf klassi-
(„what a wonderful life“) führen (Gilovich, Kumar und sche Gütesiegel (Stiftung Warentest) bzw. sie meiden die
Jampol, 2015). Eine Verlagerung dieser Bedürfnisse in ausführlichen Einzelurteile und nutzen nur aggregierte
die Konsumwelt ist durch den in den Industriestaa- Kundenempfehlungen“ (z. B. ,95 Prozent Weiterempfeh-
ten vergleichsweise hohen Wohlstand sowie durch lungsrate’, ,5 von 5 Sternchen’, z. B. Domma, 2010; Filieri,
den (mit dem Wohlstand durchaus korrelierenden) 2015). „Viele suchen auch nur nach Hinweisen, ob sie dem
skizzierten Wertewandel zu Beginn der 1980er-Jahre Online-Shop vertrauen können, oder aber – und das gilt
forciert worden. Der Wertewandel stellt somit eine heute wie früher – sie verlassen sich schlicht auf das Mar-
Voraussetzung für das Ausbrechen des Erlebnishun- kenimage, das sie durch die kommunikationspolitischen
gers dar. Maßnahmen des Herstellers gewonnen haben, sodass
Die Ereignisse des 11. Septembers 2001, ernsthafte wirt- letztlich auch hier die Erlebniswertvermittlung durch
schaftliche Probleme oder die Erkenntnisse der PISA-Stu- Werbung greifen kann“. Durch die Interaktionsmöglich-
die in Deutschland Anfang des neuen Jahrhunderts keiten, die das Internet heute bietet, kann der Konsument
führten dazu, dass sowohl in vielen Praktiker- als auch bei der Leistungserstellung aktiv mit einbezogen und
in wissenschaftlichen Zeitschriften ein „Ende der Spaß- dadurch können seine individuellen emotionalen Be-
und Freizeitgesellschaft“ propagiert wurde und traditio- dürfnisse besonders befriedigt werden (z. B. Vorlieben
nelle Werte, wie Pflichtbewusstsein, Respekt und Sicher- für spezielle Farben). Somit kann das Erlebnismarketing
heit, in Deutschland wieder stärker in den Mittelpunkt neue Facetten erhalten und letztlich an Relevanz gewin-
gerückt wurden. Diverse internationale Veröffentlichun- nen. Die steigende Bedeutung des „E-Commerce“ führt
gen priesen „frugality“ (Genügsamkeit) als neues kon- nicht nur zu einer Verzahnung von Online Stores und
sumbestimmendes Muster an (Lastovicka, Bettencourt stationären Geschäften (Stichwort „Multi Channel“, Swo-
et al., 1999; Cherrier und Murray, 2002; Shoham, Dalakas boda, Foscht und Schramm-Klein, 2018), sondern auch
et al., 2002; Todd und Lawson, 2002; Goldsmith, Flynn dazu, dass stationäre Geschäfte ein Trading-Up durch-
und Clark, 2014). In den USA war das Thema ebenfalls führen und versuchen, die Ladenatmosphäre erheblich
en vogue (siehe z. B. Witkowski, 2010 bzw. die Sonder- zu verbessern – eben um dem Internet Paroli bieten zu
nummer des Journal of Macromarketing, 2013, zum The- können. Wir werden im Abschnitt „Umweltpsychologie“
ma „Anti Consumption“). In Deutschland wurden die auf diese Strategie genauer eingehen.
Konsumenten besonders preisbewusst und entwickelten Gröppel-Klein schreibt weiter (2012c, S. 45): „Empiri-
sich zu Schnäppchenjägern („Smart Shopper“). Diese sche Studien (vor allem aus den USA) erwecken zwar
Entwicklung hat vielleicht Mitte des letzten Jahrzehnts nicht explizit, aber implizit den Eindruck es handele sich
durch die „Geiz ist geil“-Kampagne ihren Höhepunkt beim ,erlebnisorientierten Einkaufen’ eher um ein ,Un-
gefunden. In Deutschland hat sich in manchen Bevölke- terschichtenphänomen’ (Sit, Merrilees und Birch, 2003).
rungsgruppen allerdings auch eine konsumkritischere Da Konsumstile, um langfristig Bestand zu haben, von
Haltung eingestellt (Zentes, Kolb und Rittinger, 2010). Oberschichten vorgelebt werden müssten, befände sich
Hat das Erlebnismarketing somit seinen Höhepunkt das Erlebnismarketing somit auf dem absteigenden Ast.
bereits überschritten? Diese Frage stellt Gröppel-Klein So zeigt beispielweise eine Studie von Allard, Babin und
(2012c, S. 45) in einem State-of-the-Art-Artikel zu dreißig Chebat (2009), die in kanadischen Shoppingcentern durch-
Jahren Erlebnismarketing und erklärt: „Es wird zum geführt wurde, dass Personen mit unterdurchschnittli-
einen behauptet, dass mittels der Recherche- und Dar- chem Einkommen stärker vom Erlebnismarketing der
stellungsmöglichkeiten des Internets die ,harten, quali- Mall angesprochen und eingenommen werden als Per-
tativen’ Produkteigenschaften und damit die funktio- sonen mit hohem Einkommen. Begründet wird dieser

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136 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Befund mit der Annahme, dass Personengruppen mit


höheren Einkommen auch andere stimulierende Freizeit-
gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden (Allard,
Babin und Chebat, 2009, S. 47). Doch abgesehen davon,
dass es fraglich ist, ob relevante Konsumstile immer von
allen Schichten praktiziert werden müssen, um dauer-
haft in der Gesellschaft verankert zu sein, ist auch durch
diese Studien noch nicht belegt, dass sich wohlhabendere
Schichten vom ,profanen’ Erlebnisshopping in Malls zu-
rückziehen und sich verstärkt universalistischen Werten
wie Gerechtigkeit, Frieden oder dem Humanismus zu-
wenden. Es spricht einiges für die These, dass universa-
listische Werte (im Sinne von Schwartz und Sagiv, 1995)
an Bedeutung gewonnen haben (Cherrier und Murray,
2002). In den letzten Jahren sind in Europa die Themen Abb. 62: Erlebnismarketing in der Natur
Nachhaltigkeit und Fair Trade viel diskutiert worden, (Quelle: Schweiz Tourismus, Valais/Wallis)
und (Handels-)Unternehmen haben ihre Sortimente ent-
sprechend erweitert und Corporate-Social-Responsibility- die Marke übertragen werden (z. B. Coppetti, Wentzel
Aktivitäten gestartet (Zentes, Kolb und Rittinger, 2010)“. et al., 2009; siehe zusammenfassend Gröppel-Klein und
Königstorfer, 2011). Auch im „Sensory Marketing“, also
Dieser Trend ist ungebrochen (Gröppel-Klein und Kobel,
bei der bewussten Ansprache aller Sinne, zeigt sich der
2018). Ebenso ist zu beobachten, dass ,Genügsamkeit’
Wunsch nach Erlebnissen (Krishna und Schwarz, 2014)
gepaart mit einem gesundheits- und ökologieorientierten
oder in der „Foodie-Bewegung“, auf die wir später noch
Lebensstil (man denke z. B. an die ,LOHAS’36 oder an den
eingehen werden.
Boom bei Bio-Produkten, Anisimova, 2016; Gröppel-Klein
und Kamm, 2014) an Relevanz gewonnen hat. Zusammenfassend kann man festhalten, dass Erlebni-
„Dennoch ist nach wie vor ein Streben vieler Menschen sorientierung eher als ein Bedürfnis charakterisiert
nach ,hochwertigem Ambiente’ und ,aufregenden Erleb- werden kann, das nicht im Widerspruch zu einer öko-
nissen’ erkennbar. Schließlich müssen auch Allard, Babin logischen Ausrichtung stehen muss (Abb. 62, o.V. 2015).
und Chebat (2009) in ihrer Studie feststellen, dass zwa – Bei den meisten Menschen lösen Wanderungen in der in-
wie bereits angesprochen – die einkommensschwächeren takten Natur, schöne Landschaften oder Naturereignisse
Besucher ,more sensitive to the hedonic dimension’ der wie Sonnenuntergänge oder Mondfinsternisse ebenfalls
Mall sind, dass aber auch bei den einkommensstarken tiefe emotionale Reaktionen aus.
Personen die Einstellungsbildung in erster Linie durch Marken und Einkaufsstätten, die möglichst „authenti-
die Beurteilung des hedonistischen Wertes und erst dann sche Erlebnisse“ auslösen, haben somit ebenso die Chan-
durch die Nützlichkeit der Mall erfolgt. Allard, Babin und ce, den Erlebnishunger zu befriedigen (Grayson und
Chebat (2009, S. 48) ziehen daher letztlich die Schlussfol- Martinec, 2004), wie Marken, die Erlebniswelten erfin-
gerung: ,Our results regarding the general effectiveness den (z. B. „Piemont-Kirsche“) oder sich an Romane oder
of hedonic elements seem to justify recent industry trends Filme, also an Fiktionen anlehnen (z. B. „Harry Potter
toward entertainment and the creation of more pleasurab- Beans“). Allerdings zeigt sich, dass es Persönlichkeitsty-
le environments’“ so weiter Gröppel-Klein (2012c, S. 45 f.). pen gibt, für die die Bedeutung sinnlicher Erlebnisse
Der nach wie vor ausgeprägte Wunsch nach Erlebnissen besonders prägend ist (z. B. „non-screener“ im Vergleich
zeigt sich auch in anderen Branchen. Die Sportsponso- zu „screenern“, Mehrabian, 1987 oder „sensualistische
ringbranche boomt, weil mehr und mehr Firmen hof- Konsumenten“ im Vergleich zu „indolenten“, Gröppel
fen, dass die positiven Emotionen, die mit spannenden und Bloch, 1990). Der Konsument möchte jedoch infor-
Sportereignissen verbunden werden, sowie die über- miert werden, ob es sich um ein Fantasieprodukt handelt
schäumenden Gefühle, die das Event an sich durch die oder nicht. Konsumenten wissen in der Regel, dass es
oftmals beeindruckende Zuschauerkulisse, die vielen die „Piemont-Kirsche“ nicht gibt, dennoch mögen sie
prominenten Gesichter, die angebotenen Zusatzveran- die Erlebniswelt von Mon Chéri und träumen sich in die
staltungen (z. B. Auftritt von Musikgruppen) auslöst, auf Landschaften Italiens. Wenn sie jedoch erfahren, dass der
Quark der Marke „Sachsen Milch“ mit bayerischer Milch
36Die LOHAS sind Konsumenten, die Wert auf Nachhaltigkeit, zubereitet wird, dann fühlen sie sich getäuscht (www.le-
Gesundheit und umweltfreundlichen Konsum legen. bensmittelklarheit.de). Die Konsumenten erwarten auch
B. Aktivierende Prozesse 137

bei Erlebniswelten Transparenz und Ehrlichkeit, d. h., sie Konsumangebote zu schaffen, die möglichst viele Sin-
möchten wissen, wie sie die durch die Werbung kreier- ne des Rezipienten ansprechen, sondern es handelt sich
ten Erlebnisse grundsätzlich einordnen können. Anders hierbei um ein umfassendes Konzept, das auch die ak-
ausgedrückt: Wenn man weiß, dass man einen Spielfilm tive Teilhabe des Konsumenten einbezieht. Die „Service
schaut, dann freut man sich über Fantasiewelten. Wenn Dominant Logic“ (Vargo und Lusch, 2016) würde dies
man die Tagesschau sieht, erwartet man, dass jedes ein- vielleicht als „Co-Creation“ beschreiben. Die emotional
zelne Detail der Nachrichtensendung auf Richtigkeit erlebte Individualität spiegelt sich in allen Lebensberei-
geprüft worden ist. chen wider: In der politischen Mitverantwortung, im
Des Weiteren findet sich eine beachtliche Anzahl an wis- zunehmenden Bildungsbewusstsein, in der Fitness-Ori-
senschaftlichen Schriften, die „need for uniqueness“ entierung, im immer stärker praktizierten Umweltschutz,
(z. B. Burns und Warren, 1995; Tian und McKenzie, 2001; im steigenden Kulturbedarf und nicht zuletzt im Kon-
Tian, Bearden und Hunter, 2001; Kauppinen-Räisänen, sum von Produkten und Dienstleistungen.
Björk et al., 2018) oder Luxuskonsum als bedeutsame Babin, Darden und Griffin (1994, S. 646) machen auf den
Marketingtrends bewerten (z. B. Dubois und Laurent, Unterschied zwischen versorgungsorientiertem und
1996; Li und Wong, 1998; Kapferer, 2001; Kivetz und Si- hedonistischem Einkaufen aufmerksam und erklären
monson, 2002; Pütter, 2002; Silverstein und Fiske, 2003). hierzu: „hedonic shopping results more from fun and
Diese können durchaus auch als Spielarten der Erlebni- playfulness than from task completion (…)“ and „reflects
sorientierung aufgefasst werden. Sie sprechen optimis- shopping’s potential entertainment and emotional worth.
tische Lebensstile an. (…) Increased arousal, heightened involvement, perceived
freedom, fantasy fulfillment, and escapism may all
Das Konsumverhalten scheint durch Multioptionalität und indicate a hedonically valuable shopping experience“.
variierende Wertehierarchien geprägt zu sein, und doch Aus Sicht der Konsumenten soll das Handelsmarketing
erweist sich das „Erlebnismarketing“ als stabiler Trend. – abhängig von den Einkaufszielen, die entweder eher
auf nützlichkeits- („utilitarian“) oder auf erlebnisori-
Aus emotionspsychologischer Sicht ist das einfach zu entierten („hedonic“ shopping motives, s. o.) Motiven
erklären: Emotionen haben einen Wert an sich37: Jeder basieren können – zur Effizienzsteigerung des Einkau-
Mensch sucht in einem bestimmten Maße nach innerer Er- fens, zur subjektiv empfundenen Vorteilhaftigkeit des
regung (Aktivierung), die er weitgehend unabhängig von Einkaufs und/oder zum subjektiv erlebten Einkaufsspaß
ihrer emotionalen Qualität als angenehm empfindet. Das beitragen. Hier zeigt sich nochmals die Gegenüberstel-
motiviert ihn, fortwährend nach stimulierenden, erregen- lung von Versorgungs- und Erlebniskauf. Beim Ver-
den Reizen zu suchen, um ein optimales Erregungsniveau sorgungseinkauf möchten Konsumenten in einer an-
zu erreichen. Nach der „Psychologie des Wohlstandes“ gemessenen Zeitspanne ohne lästiges Suchen in einer
von Scitovsky (1989, S. 22 ff.) (und wir leben glücklicher- orientierungsfreundlichen Umgebung und mit genügend
weise nach wie vor in einem wohlhabenden Staat) führt persönlichem Freiraum geplante Produktkäufe tätigen
dies dazu, dass auch oder gerade im Konsum nach allge- und auf besondere Preisaktionen aufmerksam gemacht
meiner Erregung und Stimulierung gesucht wird. werden. Beim Erlebniseinkauf erwartet der Kunde dage-
gen eine besondere Ladenatmosphäre, die Aktivierung,
Ein solches Streben nach Erlebnissen ist ein grundlegen-
Vergnügen und Dominanzgefühle auslöst, zum Stöbern
der Zug der Konsumgesellschaft (z. B. Schulze, 2000; Pine
und Bummeln anregt, oftmals alle Sinne anspricht und
und Gilmore, 1999): Der erlebnisorientierte Konsument
dem Kunden einen von ihm angestrebten Lebensstil vi-
möchte sich emotional verwirklichen und lebt nicht pri-
sualisiert (Gröppel, 1991). Zentes und Morschett (2004)
mär für die Zukunft, sondern in der Gegenwart, in der
konnten in einer Studie beispielsweise nachweisen, dass
er seine Individualität ausdrücken möchte. Schmitt (1999,
sich erlebnisorientierte Kunden sehr stark von häufig
S. 3) erhebt das Phänomen „Erlebnismarketing“ sogar zu
wechselnden Sortimenten angesprochen fühlen, wie
einer Revolution, die das Gesicht des Marketing für immer
das z. B. bei der Sortimentspolitik von Home Depot oder
verändern werde („A revolution that will render the prin-
Tchibo der Fall ist und was auch den Erfolg von ZARA
ciples and models of traditional marketing obsolete“). Es
und H&M (monatlich wechselnde Sortimente) erklären
geht beim Erlebnismarketing jedoch nicht nur darum,
kann38.
37
Siehe auch den Beitrag von Fredrickson (2003) mit dem opti-
mistischen Titel „The Value of Positive Emotions: The emerging 38Das Sammelwerk von Bruhn und Hadwich (2012) gibt einen
science of positive psychology is coming to understand why it’s guten Überblick über verschiedene Facetten des Erlebnismar-
good to feel good“. keting.
138 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Das Ziel des Erlebnismarketing liegt in der Produktdiffe- Sachobjekte sein (wie Nobelautos, Schmuck), sondern
renzierung: Marken sollen dem Konsumenten über ihren können vielfach aus Dienstleistungen bestehen (z. B.
sachlich-funktionalen Nutzen hinaus emotionale, auch Urlaubsreisen, Wellness, Kulturveranstaltungen etc.).
sinnliche Erlebnisse vermitteln, beispielsweise Freiheit, Man spricht auch von „inconspicious consumption“
Naturverbundenheit, Frische, Eleganz usw. Diese Erleb- (Eckhardt, Belk und Wilson, 2015) und diskutiert, ob
nisse machen die Marken unterscheidbar – auch wenn Luxus und Nachhaltigkeit miteinander harmonieren
keine substanziellen Unterschiede zwischen den Produk- (Kapferer und Michaut, 2015), was sicherlich dann gege-
ten existieren. Für Unternehmen ist die Erlebnisstrategie ben ist, wenn die Luxusartikel eine höhere Gebrauchs-
aus wirtschaftlichen Gründen von Interesse, oder wie dauer haben. Luxusartikel können ganz privat unter
Patterson, Hodgson und Shi (2008, S. 30) pointiert for- Ausschluss der Öffentlichkeit konsumiert werden (z. B.
mulieren: „At heart, the message is relatively simple: if eine teure Flasche Wein). Ebenso können Luxusgüter
you sell undifferentiated products, you compete solely aber nach wie vor durch demonstrativen Konsum als
on price; but if you provide experiences that consumers Statussymbole genutzt werden.
want, you offer a differentiated service for which a pre-
Der Kauf von Luxusartikeln ist nach Dubois und Laurent
mium can be charged“. Diese Feststellung wirft aller-
(1996) stark abhängig von Einkommenshöhe, Beruf und
dings Fragen auf. Es ist zu ergründen, welche Erlebnisse
Ausbildung der Konsumenten. Es ist daher auf den ersten
die Konsumenten so fesseln, dass sie diese mit höherer
Blick verwunderlich, dass auch in Jahren, die weltweit
Preisbereitschaft entlohnen, und unter welchen Bedingun-
durch wirtschaftliche Stagnation und hohe Arbeitslo-
gen die „Experience Economy“ (Pine und Gilmore, 1999)
senzahlen gekennzeichnet waren, sehr stark über die
funktioniert. Kurzum, es ist zu untersuchen, wie das
Schaffung neuer Luxusprodukte und die Revitalisierung
Erlebnismarketing erfolgreich umgesetzt werden kann
von Luxusmarken nachgedacht worden ist (Kapferer,
(Weinberg, 1992).
2001).
Welche spezifischen emotionalen Erlebnisse finden beim
Konsumenten Widerhall? Besonders verbreitet sind Ap- So betreibt beispielsweise der weltgrößte Anbieter von
pelle an Erotik, soziale Anerkennung, Freiheit und Aben- Luxusartikeln LVMH (Moët Hennessy Louis Vuitton
teuer, Natur und Gesundheit, Genuss, Lebensfreude und SA) flächendeckend Filialen in Japan und hat den Um-
Geselligkeit. Ein paar Beispiele: Red Bull trinken heißt, satz hier zweistellig steigern können, trotz vergangener
Gefühle des Abenteuers zu erleben; Davidoff-Parfum Rezessionen (Chandon, Laurent und Valette-Florence,
nutzen bedeutet, erotische Gefühle zu erleben, Mercedes 2016). In Deutschland konnten im Unterschied zu den
fahren heißt, Prestige zu erleben usw. In den sogenannten „normalen Kaufhäusern“ vor allem die Luxuskaufhäuser
Überflussgesellschaften vermittelt der Konsum in wach- wie das KaDeWe oder das Alsterhaus reüssieren, die
sendem Maße emotionale Zusatzerlebnisse, die mit der „Luxusboulevards“ mit hochwertigen Markenshops von
eigentlichen Funktion des Produktes wenig oder nichts Gucci, Chanel und Louis Vuitton errichtet haben.
mehr zu tun haben. Bei vielen Gütern werden die mitge- Das Erfolgspotenzial von Luxusgütern hat verschiedene
lieferten emotionalen Zusatzreize sogar zum primären Gründe: Zum einen wird angenommen, dass eine Ober-
Grund für das Konsumieren oder für die Auswahl einer schicht von Konsumenten unabhängig von der allgemei-
bestimmten Marke. nen wirtschaftlichen Situation bereit und solvent genug
Luxuserlebnisse: In der wissenschaftlichen Diskus- ist, Luxusgüter zu erstehen. Damit wäre der Luxus-
sion wird dem Streben nach Luxuserlebnissen Auf- konsum wieder abhängig von sozio-demographischen
merksamkeit geschenkt (Dubois und Laurent, 1996; Li Variablen, wenn auch im Unterschied zu früheren Unter-
und Wong 1998, Kapferer, 2001; Kivetz und Simonson, suchungen kein Zusammenhang im Sinne einer linearen
2002; Silverstein und Fiske 2003; Wiedmann, Hennings Funktion zwischen Einkommen und Luxusnachfrage
und Siebels, 2009). Im Journal of Business Research unterstellt, sondern davon ausgegangen wird, dass sich
wurde 2016 zum Thema Luxusmarketing ein Sonder- eine Schicht gebildet hat, der unabhängig von wirtschaft-
heft herausgeben. Im Marketing werden Luxusgüter lichen Entwicklungen über längere Zeiträume hinweg
weniger als Prunk und Verschwendung charakteri- stets genügend Mittel für Luxuskonsum zur Verfügung
siert (wie es die Erläuterung des Wortes „Luxus“ im stehen. Zum anderen gibt es die These, dass der Wunsch
Duden nahelegt), sondern vielmehr als „Zeichen des nach Luxus als Kompensation für mangelnde mensch-
Geschmacks einer Epoche auf höchstem Niveau, ein liche Beziehungen aufzufassen sei, oder aber, dass man
impliziter Träger einer Kultur, einer Lebensethik“ (Kap- sich damit schlicht „etwas gönnen“, sich verwöhnen („I
ferer, 2001, S. 349; Chandon, Laurent und Valette-Flo- pay for a dream“) oder Spaß haben möchte (Sukhdial,
rence, 2016). Luxusgüter müssen dabei nicht immer Chakraborty und Steger, 1995). Letzteres impliziert, dass
B. Aktivierende Prozesse 139

Luxuskonsum eine Gratifikation darstellt oder als eine bekommen Güter und Dienstleistungen einen erlebnis-
Spielart des Erlebniskonsums aufgefasst werden kann haften Symbolgehalt (Weinberg, 1995b)39.
(Atwal und Williams, 2009), was im digitalen Zeitalter
Strategien der Erlebnisvermittlung
eine echte Herausforderung darstellen kann (Chandon,
Laurent und Valette-Florence, 2016). Unter einem Erlebniswert versteht man den subjektiv
erlebten, durch die Kommunikation oder das Produkt
Need for uniqueness – Streben nach Einzigartigkeit: oder die Einkaufsstätte vermittelten Beitrag zur Lebens-
Ein weiterer hedonistischer Konsumtrend wird mit dem qualität der Konsumenten (Weinberg, 1992a, auch Boltz,
Schlagwort „need for uniqueness“ umschrieben, das 1994). Es handelt sich dabei um sinnliche Erlebnisse, die
sich als „Wunsch nach Einzigartigkeit“ bzw. „Wunsch in der Gefühls- und Erfahrungswelt der Konsumenten
nach dem Besonderen“ übersetzen lässt (Tian, Bear- verankert sind und einen realen Beitrag zur Lebensqua-
den und Hunter, 2001). Konsumenten streben nach lität leisten. Man kann folgende Strategien der Emotio-
Einzigartigkeit, wenn sie in der Konsumgesellschaft nalisierung unterscheiden:
eine hohe Uniformität erleben, von der sie sich ganz
(1) Die Marketingaktivitäten lösen beim Konsumenten
bewusst abheben wollen. Der Einzelne möchte sich als
angenehme Gefühle aus, welche die emotionalen
Individualist in der Gesellschaft darstellen, sich dabei
Beziehungen zum Anbieter verstärken, ohne spezi-
nicht nur mit besonderen Statussymbolen umgeben,
fische Erlebnisse zu vermitteln.
sondern ganz bewusst bestehende Normen brechen, um
(2) Die Marketingaktivitäten vermitteln dem Konsu-
sich damit einen Platz in der Gesellschaft zu sichern,
menten nicht nur angenehme, sondern ganz spezi-
der nicht ohne Weiteres von anderen imitiert werden
fische Erlebnisse. Das Angebot erhält dadurch ein
kann (Tian, Bearden und Hunter, 2001). Oftmals können
eigenständiges emotionales Profil, das es von den
aus „Geschmacksverirrungen“ auch Modeströmungen
Angeboten anderer Anbieter abhebt und klar positi-
werden, der Individualist wird dann zum Trendsetter.
oniert. Hier sind noch einmal zwei Spielarten zu un-
Viele Modefirmen (z. B. Tom Tailor, adidas) setzen daher
terscheiden: a) Der Konsument präferiert Produkte,
Trendscouts ein, die aufspüren sollen, welche einzigarti-
die mit sinnlich erfahrbaren Erlebniswerten angerei-
gen Kleidungsstücke einen neuen Modestil begründen
chert sind, da er dies als Erhöhung der Lebensqualität
könnten.
empfindet; er bleibt jedoch ein passiver Rezipient. b)
Need for uniqueness kann auch durch den Kauf „einzig- Der Konsument wirkt aktiv40 an der Erlebnisgenerie-
artiger“ Produkte befriedigt werden. Dazu zählen Rari- rung mit, indem er bewusst Mühe und Zeit investiert
täten oder technisch innovative Produkte. Ebenso wird oder seine Bedürfnisse in den Erstellungsprozess
vielfach der Wunsch, sich durch den Kleidungsstil von einbringt.
anderen abzuheben, aktiviert (Lynn und Harris, 1997). Beispiele für die erste Strategie sind der Einsatz von übli-
In der Forschung geht man davon aus, dass das Streben chen Werbegeschenken, Messeattraktionen, Ladenmusik
nach Einzigartigkeit mit zunehmendem Alter leicht ab- und die verbreitete Verwendung von angenehmen, aber
nimmt (Lynn und Harris, 1997). Es korreliert mit den austauschbaren Bildern in der Werbung (Abb. 63). Klas-
Werthaltungen „Freiheitsstreben“ und „Wunsch nach sische Beispiele für die Vermittlung unverwechselbarer
Anerkennung durch andere“. Letzteres scheint auf den Erlebnisse sind Kampagnen von Coca-Cola oder Red
ersten Blick ein Paradoxon zu sein, bedeutet aber, dass Bull sowie häufig Anzeigen für alkoholische Getränke
das Individuum gerade durch den Bruch mit Alther- (Abb. 64).
gebrachtem auffallen möchte, um letztendlich in der
Gesellschaft oder in der Bezugsgruppe anerkannt zu
werden. In der Werbung wird dieser Wunsch nach Ein-
zigartigkeit aufgegriffen und unterstützt. Heute wird 39
Letztlich geht es um das (Selbst-)Verständnis von Individua-
need for uniqueness auch beim Lebensmittelkonsum lität. Philosophie, Theologie und Geschichte konzentrieren sich
relevant (Cardello, Chheang et al., 2019). einseitig auf die kognitiven Dimensionen des menschlichen
Daseins. Die Erlebnisgesellschaft bekennt sich zu ihrer emoti-
Fazit: Die Vermittlung von Produkt- und Markenerleb- onalen Veranlagung im Sinne einer elementaren Antriebskraft
nissen ist ein wichtiges Ziel des Marketing geworden. für individuelles Verhalten. Nur die Betrachtung des Zusam-
Sie dient dazu, die emotionalen Konsumentenbindungen menwirkens emotionaler und kognitiver Prozesse führt zu
einem Menschenbild, das die Realität heute und in Zukunft
an einen Anbieter zu verstärken. Durch diese Bindun- adäquat widerspiegelt.
gen werden Präferenzen für den Anbieter geschaffen, 40 Die vorbehaltlose Integration des Kunden wird von der

die seinen „monopolistischen Spielraum“ (im Sinne von „Service Dominant Logic“ (Vargo und Lusch, 2006; 2016) pro-
Gutenberg) vergrößern. Durch das Erlebnismarketing pagiert.
140 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 63: Emotionale, aber aus-


tauschbare Werbung

Die Festlegung eines Erlebnisprofiles erfolgt langfristig Entsprechen die Erlebnisse den Lebensstiltrends, sodass
(Kroeber-Riel, 1993c), sodass eine sorgfältige Prüfung der die Zielgruppe langfristig angesprochen wird? Welche
Ansätze unerlässlich ist. Im Wesentlichen ist zu prüfen, Erlebniswerte erlauben heute eine Abgrenzung zur Kon-
inwieweit die Erlebnisstrategie die Corporate Identity des kurrenz und erschweren morgen eine einfache Imitation?
Unternehmens stärkt. Erlebnisprofile sind das Ergebnis
(1) Eignen sich die Erlebnisse zur Umsetzung durch
kreativer Leistungen. Folgende Punkte sollten geprüft
möglichst viele verschiedene Marketinginstrumente
werden (Weinberg, 1995b, S. 100 f.):
(Marketing-Mix)?
(2) Eignen sich die Erlebnisse für eine praktikable Um-
setzung oder stellen sie besondere Ansprüche an die
Unternehmen und Agenturen?
(3) Können Informationen über das Angebot und emo-
tionale Ansprache glaubwürdig und verständlich
aufeinander abgestimmt werden, sodass ein unver-
wechselbares Erlebnisprofil entsteht?
Hinzuzufügen ist heute die Frage, inwieweit die Kon-
sumenten aktiv in die Erlebnisgenerierung einbezogen
werden können, da in der Regel davon auszugehen ist,
dass die Emotionalisierung stärker wirkt, wenn der
Konsument nicht nur einfacher passiver Rezipient ist
(Gröppel-Klein, 2012c). Last but not least ist auch bei der
Erlebnisvermittlung für den Konsumenten Transparenz
notwendig, er darf sich nicht getäuscht fühlen.

Techniken der Erlebnisvermittlung


Bei der Entwicklung und Anwendung von wirksamen
(Sozial-)Techniken ist von empirisch abgesicherten Er-
kenntnissen der Emotions- und Umweltpsychologie aus-
zugehen. Wir geben nachfolgend einen kurzen Überblick
über die dem Marketing zur Verfügung stehenden Reize
und deren emotionale Wirkungen. Im nächsten Kapitel
gehen wir dann genauer auf eine wichtige Technik – die
emotionale Produktdifferenzierung durch Werbung –
ein.
Zur gezielten Auslösung von Emotionen eignen sich
vor allem nicht-sprachliche Reize, insbesondere Bilder
Abb. 64: Vermittlung unverwechselbarer Erlebnisse und Farben, Musik und Duftstoffe. Die Erlebniswirkung

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B. Aktivierende Prozesse 141

durch Bilder hat die größte Bedeutung im Marketing Hintergrundmusik auf das Konsumentenverhalten am
(Kroeber-Riel und Esch, 2015). Point-of-Sale lassen allerdings – im Vergleich zur Wer-
(Angenehme) Bilder stimulieren ein positives Wahrneh- bung – keine eindeutigen Wirkungsschemata erkennen.
mungsklima und können – besser als emotionale Sprache Die empirischen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusam-
– als Reize für die Konditionierung der Konsumenten menfassen (Milliman, 1982, 1986; Bost, 1987; Turley und
eingesetzt werden, um dauerhafte emotionale Haltungen Milliman, 2000; Salzmann, 2007, S. 133 ff.; Morrison, Gan
(Einstellungen) gegenüber einem Produkt zu erzeugen. et al., 2011; Knoeferle, Paus und Vossen, 2017):
Die besonderen emotionalen Wirkungen von Bildern ●● Eine langsame Hintergrundmusik kann zu einer
gehen darauf zurück, dass Bilder die emotionalen Reize, Verlangsamung der Einkaufsgeschwindigkeit und
aber auch die Darstellung von Menschen direkter als die damit zu einer Verlängerung der Aufenthaltszeit am
Sprache wiedergeben. Bilder lösen automatisch und ohne Point-of-Sale führen. Atmosphärische Hintergrund-
weitere gedankliche Kontrolle emotionale Erlebnisse aus, musik kann eine Stimmungsverschlechterung (im
während sprachliche Reize bewusster und im Allgemei- Vergleich zu der Alternative „Musik aus“) signifikant
nen mit stärkerer kognitiver Kontrolle aufgenommen und bremsen.
verarbeitet werden. Doch auch metaphorische Sprache ●● Musik wird von den Konsumenten oft nicht bewusst
(z. B. „wie ein Fels in der Brandung“) oder Klangspiele registriert und kann den Kunden eher unbewusst in
(z. B. „kuschelweiche Wolle von Perwoll“) können Emo- eine angenehme Stimmung versetzen, welche dazu
tionen wecken, und zwar dann, wenn innere Bilder bei führt, dass verstärkt positive Aspekte des Angebots
den Konsumenten entstehen. Das innere Bild kann die oder der Einkaufstätte wahrgenommen werden.
neurophysiologische Basis für emotionale Prozesse dar- ●● Eine bewusst als unangenehm erlebte Musik wirkt
stellen (Germelmann und Gröppel-Klein, 2004, S. 113). sich dagegen negativer auf die Beurteilung der Ein-
Die emotionale Beeinflussung durch Bilder findet natur- kaufsstätte aus als die Alternative „keine Musik“.
gemäß bevorzugt durch Werbung, Produktdesign und Viele Kunden werten die Musik dann als einen Be-
Verpackung statt. einflussungsversuch des Handelsunternehmens und
Zur Erlebnisvermittlung durch Musik: Wie wirksam reagieren mit typischem psychologischem Reaktanz-
diese ist, wird durch die Beliebtheit und emotionale verhalten („Man spürt die Absicht und ist verstimmt“).
Breitenwirkung von Unterhaltungsmusik in Radio und ●● Knoeferle, Paus und Vossen (2017) belegen, dass die
Fernsehen deutlich. Die Elemente der Musikgestaltung Wirkung des Tempos der Musik auf das Ausgabe-
wie Melodie, Modulation, Tempo, Lautstärke usw. haben verhalten abhängig ist von der Besucherdichte, und
eine emotional stimulierende Wirkung, der sich die Hö- die Autoren empfehlen langsamere Musik bei hoher
rer kaum entziehen können. Moll wird als melancholisch, Kundenfrequenz.
traurig, depressiv, geheimnisvoll erlebt. Schnelle Tempi ●● Nicht nur das Tempo, sondern auch die Art der ge-
wirken fröhlich, heiter, erregt, unruhig (siehe dazu im wählten Musik spielt eine wesentliche Rolle. Nach
Einzelnen Gabrielsson, 1983). Durch die Wahl der Mu- der mittlerweile als „Klassiker“ zu bezeichnenden
sikinstrumente und Musikstücke lassen sich auch, abge- Studie von Areni und Kim (1993) sollte die in einem
stimmt auf einzelne Zielgruppen, spezifische Emotionen Geschäft abgespielte Musik von den Konsumenten als
wie „französisches Savoir-vivre“ oder „Sehnsucht nach zu der Einkaufssituation passend empfunden wer-
der Ferne“ auslösen. den. Beispielsweise konnten in einem amerikanischen
Musik dient in der Fernseh- und Radiowerbung der Weinkeller signifikant höhere Umsätze erzielt werden,
Vermittlung von produkt- oder anbieterbezogenen Er- wenn klassische Musik (Mozart, Chopin, Vivaldi) statt
lebnissen (Tauchnitz, 1990; Brooker und Wheatley, 1994; der aktuellen Top-Forty als Hintergrundmusik ge-
Kellaris, Cox und Cox, 1993; Craton und Lantos, 2011). wählt wurde.
Sie wird auch als Erkennungszeichen oder zur Erhö- ●● Sharma und Stafford (2000) konnten zudem feststel-
hung der Aufmerksamkeit eingesetzt. Strick, de Bruin len, dass eine Ladenatmosphäre, die sich durch eine
et al. (2015) können zeigen, dass bewegende Musik in gehobene Ausstattung, gedeckte Farben und dazu
der TV-Werbung dazu führt, dass Konsumenten sich in passende klassische Hintergrundmusik auszeichnet,
der Erlebniswelt der Werbung „verlieren“. die Glaubwürdigkeit des Verkaufspersonals in der
Im Einzelhandelsmarketing wird Musik bevorzugt als subjektiven Wahrnehmung des Kunden erhöht. Hier
Hintergrundmusik eingesetzt, um eine angenehme zeigen sich somit Ausstrahlungseffekte von der Laden-
Kommunikations- oder Einkaufsatmosphäre zu schaf- gestaltung auf die Wahrnehmung der persönlichen
fen. Empirische Studien zur Analyse des Einflusses von Kommunikation.
142 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

●● Auch Salzmann (2007) zeigt, dass die gewählte Mu- ●● Eine aufschlussreiche Pilotstudie über die Bedeutung
sik und auch die versprühten Düfte kongruent zu von Düften für die Produktgestaltung stammt von
den erlebnisorientierten Ladengestaltungsthemen Knoblich und Schubert (1995). Sie stellten – unter an-
ausgewählt werden müssen (z. B. Reggae-Musik zur derem mittels Conjoint-Analyse – einen signifikanten
Karibikatmosphäre eines Bademodengeschäftes, „Ku- Einfluss der Eigenschaft Duft in Relation zu anderen
schelrock“-Musik zur romantischen Stimmung eines Produkteigenschaften auf die Präferenzbildung für
Dessousladens, Streichmusik im Juweliergeschäft), um ein Shampoo fest. Aus den aggregierten Ergebnissen
eine positive Anmutung zu erzielen. geht hervor, dass die Präferenzen zu 24 % bis 39 %
●● Morrison, Gan et al. (2011), die sich mit dem Einfluss durch Dufteinfluss erklärt werden können (mit unter-
von Musik und Vanille-Düften auf das Kaufverhalten schiedlichen Werten für Männer und Frauen).
junger Konsumenten beschäftigten, konnten mittels ●● Stöhr (1998) konnte in ihrem Experiment zeigen, dass
einer Pfadanalyse zeigen, dass atmosphärische Reize Frischedüfte Anmutung und wahrgenommene Kom-
die am Point-of-Sale erlebte Aktivierung sowie die petenz eines Sportgeschäftes positiv beeinflussen.
erlebten Emotionen positiv beeinflussen und diese ●● Morrin und Ratneshwar (2000) belegen, dass in ange-
Variablen wiederum die Zufriedenheit mit dem Ge- nehm bedufteten Einkaufsumgebungen unbekannte
schäft sowie die Verweil- und Kaufbereitschaft be- Marken signifikant positiver erlebt werden als in nicht
stimmen. bedufteten Räumen.
●● Ebster und Jandrisits (2003), Salzmann (2007) sowie
Zur Erlebnisvermittlung durch Duftstoffe: Gerüche Kivioja (2017) machen auf das Zusammenspiel bei
werden zwar ebenfalls oft als Hintergrundphänomen er- „multisensualen Konsumerlebnissen“ (s. u.) aufmerk-
lebt und nicht bewusst wahrgenommen, aber sie gehören sam und belegen, dass eine kongruente Abstimmung
zu den wirksamsten Auslösern emotionalen Verhaltens. von Düften, Musik und den jeweiligen Angeboten
Die Reaktionen auf Duftstoffe scheinen stärker als bei positivere emotionale Reaktionen erzeugt als ein nicht
anderen Reizen biologisch vorprogrammiert zu sein (Jel- kongruentes Zusammenspiel.
linek, 1997; Pritzel, Brand und Markowitsch, 2003, S. 208; ●● Doucé und Janssens (2011) stellen eine durchaus positi-
Markowitsch, 2009; Salzmann, 2007, S. 61 ff.). ve Wirkung von angenehmen Düften auf das Konsum-
Aus geruchspsychologischen Untersuchungen erhält verhalten am Point-of-Sale fest, doch sie machen noch
man darüber Auskunft, welche emotionalen Wirkun- einmal deutlich, dass die Düfte auf die Zielgruppe
gen die verschiedenen Riechstoffe haben (Jellinek, 1997, bzw. unterschiedliche Einkaufsmotive abgestimmt
S. 29 ff.). Im Marketing werden beim Einsatz von Duft- werden müssen.
stoffen zwei Ziele angestrebt: eine aktivierende und ●● Lunardo (2012) berichtet von Bumerang-Effekten beim
emotional anregende Atmosphäre zu schaffen (zum Einsatz von Düften am Point-of-Sale, die eine Analogie
Beispiel auf Ausstellungen, in Abteilungen eines Kauf- zu den Musikexperimenten aufweisen: Nehmen Kon-
hauses usw., Mitchell, Kahn und Knasko, 1995; Stöhr, sumenten die Beduftung des Geschäfts bewusst wahr,
1998) oder spezifische produktbezogene Konsumerleb- glauben aber, dass der Händler dieses Point-of-Sale-In-
nisse zu vermitteln. strument zur gezielten Beeinflussung des Kaufverhal-
tens einsetzt, dann reagieren sie mit Skepsis.
Dabei kann der Duft emotionaler Hauptnutzen oder ●● Doucé, Janssens et al. (2014) zeigen, dass Düfte in ei-
emotionaler Zusatznutzen eines Produktes sein. Haupt- nem unordentlichen Laden einen negativen Einfluss
nutzen ist er bei manchen Körperpflegemitteln und ins- auf die Produktbewertung haben, da ein angenehmer
besondere bei Parfüm. Der „Zusatznutzen“ kann an- Duft im Widerspruch zu einem unordentlichen Laden
dere Eigenschaften signalisieren; beispielsweise zeigt steht. Diesem negativen Effekt kann entgegengewirkt
Ledergeruch die Materialqualität „echtes“ Leder und werden, wenn ein angenehmer Duft gewählt wird, der
nicht „Kunstleder“. Der Dufteinsatz im Marketing hat mit Sauberkeit assoziiert wird.
zugenommen. Das lässt sich an der Zahl der parfümier-
Multisensuale Konsumerlebnisse: Durch Marketing-
ten Produkte sowie an der Menge und am Spektrum der
aktivitäten werden im Allgemeinen mehrere Sinne
benutzten Duftstoffe ablesen.
gleichzeitig angesprochen. Es ist deswegen wichtig,
Auch zu der Wirkung von Düften liegen empirische das Zusammenwirken von mehreren Reizmodalitäten
Befunde vor, die – ähnlich wie die Musikexperimente – zum Beispiel von Bild, Haptik, Duft und Musik – zu
– aufzeigen, dass angenehme Düfte im Prinzip eine posi- betrachten. Durch unzureichende Abstimmung der zur
tive Wirkung entfalten, allerdings nur unter bestimmten Beeinflussung eingesetzten Reize, vor allem aber durch
Prämissen: die Vernachlässigung vieler Reizmodalitäten im Mar-
B. Aktivierende Prozesse 143

keting (zum Beispiel von Musik), kommen erhebliche Mithilfe einer Reizmodalität kann man auch Wahrneh-
Wirkungsverluste zustande. mung und Erlebnis einer anderen Reizmodalität verän-
Durch den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Reizmodali- dern: So kann aus einem flüchtigen Rot-Eindruck bei
täten wird es möglich, das gleiche Erlebnis mehrfach und gleichzeitiger Darbietung eines tiefen Tones der Eindruck
damit wirksamer zu vermitteln41 oder mehrere modal- von Violett, bei Darbietung eines hohen Tones der Ein-
spezifische Einzelerlebnisse zu einem Gesamterlebnis zu druck von Orange oder Gelb entstehen.
kombinieren. Beispiel: Ein emotionales Frischeerlebnis Die multisensuale Beeinflussung der Konsumenten –
kann ausgelöst werden durch über visuelle und akustische Stimuli und über Duft-,
●● Töne: helle, klare Klangfarbe, Dur-Tonlage, fröhliche Geschmacks- und Tastreize – wird in Zukunft eine im-
Melodie, mer bedeutsamere Rolle spielen (siehe auch Wiedmann,
●● Farben: grün-gelbe und einige blaue Farbtöne, Hennigs und Klarmann, 2012). Wissenschaftliche Er-
●● Bilder: Abbildungen von Blumen, Frühlingslandschaf- kenntnisse sind hierzu noch relativ rar gesät (Schreuder,
ten, Wasserlandschaften, jungen Menschen, Van Erp et al., 2016).
●● Worte: „Die wilde Frische von Limonen“, „Aprilfri- Gesättigte Märkte mit ausgereiften Produkten begün-
sche“, „jugendliche Frische“, stigen die „Experience Economy“. Doch auch die Infor-
●● Duftstoffe: Zitrusdüfte, grasige Düfte, mationsüberlastung fördert multisensuelle Angebote,
●● Geschmack: Menthol, Pfefferminzgeschmack, wenngleich dies auf den ersten Blick widersprüchlich
●● Haptik: glatte Oberflächen wie Glas, Metall, Holz. erscheint. Informationsüberlastung bemisst sich an dem
In diesem Zusammenhang ist auf die synästhetischen Anteil der beachteten Informationen am gesamten Infor-
Wirkungen42 einzelner Reize aufmerksam zu machen: mationsangebot. Wenn eine Marke also mit verschiede-
nen Sinnesreizen konditioniert wird, trägt dies einerseits
zu einer Erhöhung der Informationsflut bei. Andererseits
Durch Reize einer Modalität wird die Wirkung von Reizen
einer anderen Modalität ausgelöst oder beeinflusst.
stehen bei der Erinnerung an eine „multisensuelle Mar-
ke“ und auch bei der Wahrnehmung dieser in der Flut
der Informationen mehrere Sinneskanäle zur Verfügung.
Solche synästhetischen Erlebniswirkungen sind beach-
tenswert, wenn man in der Marktkommunikation auf
Die multisensuale Erlebnisvermittlung spielt auf gesättig-
eine einzelne Reizmodalität angewiesen ist, zum Bei-
ten Märkten eine entscheidende Rolle.
spiel auf visuelle Reize in Anzeigen. Man kann dann
versuchen, mithilfe dieser einen Reizmodalität Erleb-
niswirkungen anderer Reizmodalitäten zu erreichen. Das gilt auch für das nicht-kommerzielle Marketing:
Beispiel: Die Viskosität (Leicht- oder Zähflüssigkeit) von Beispielsweise funktionieren die meisten öffentlichen
Speiseöl ist für dessen Beurteilung wichtig. Bei einem Museen, Bibliotheken oder Bildungseinrichtungen gut,
Verpackungstest von Unilever stellte sich heraus, dass sie erfüllen die sachlichen Ansprüche der Konsumenten.
rote Farbtöne auf einer Speiseölverpackung den Eindruck Aber sie bieten wenig emotionale und sensuelle Anrei-
hervorrufen, dass es sich um dickflüssiges Öl handle, ze, ohne die sie für viele Konsumenten langweilig und
gelbe Farbtöne deuten dagegen auf dünnflüssiges Öl hin uninteressant bleiben (Bekmeier-Feuerhahn, 2009). Es
(nach Andritzky, 1972). gibt erst seit jüngerer Zeit (Bekmeier-Feuerhahn, Höhne
et al., 2014) Versuche, öffentliche Einrichtungen an den
41
Zum Beispiel wurde experimentell nachgewiesen, dass ero- Bedürfnissen des Publikums zu orientieren.
gene Duftstoffe die visuelle Wahrnehmung erotischer Reize
verbessern (Steiner, Hanisch und Schwarze, 1978). Eine andere c) Emotionale Produktdifferenzierung mittels Werbung
Untersuchung zeigte, dass die emotionalen Wirkungen eines
Liebesliedes durch gleichzeitige visuelle Reizdarbietungen
Ansatzpunkte der Marketingforschung: Wie bereits
(eines Frauengesichtes) verstärkt wurden (Adt, 1983). Die Sen- mehrfach erwähnt, treten in fortgeschrittenen In-
sorikforschung kombiniert Geschmackstests mit Konzept- und dustriegesellschaften viele Massengüter in das Stadium
Packungstests (Benz, 1997). Zur Sensometrie vgl.  Henneberg von gesättigten Märkten ein. Eine wesentliche Eigen-
(1997), siehe auch Krishna (2012). schaft gesättigter Märkte besteht darin, dass die ange-
42
Synästhetische Wirkungen hängen mit der Fähigkeit des botenen Güter „ausgereift“ sind: Sie erfüllen weitgehend
menschlichen Gehirns zu intermodaler Codierung zusammen.
die Ansprüche der Konsumenten an die objektive Pro-
Dadurch wird es möglich, ein modalspezifisches Erlebnis (zum
Beispiel Dufterlebnis) mittels einer anderen Reizmodalität duktqualität. Da die Güter ausgereift sind, weisen auch
(zum Beispiel einer Farbskala) zu messen. Zu Synästhesien die Angebote der verschiedenen Hersteller nur geringe
vgl. auch Storp (1997, S. 28–31). Qualitätsunterschiede auf. Dadurch ist das wahrgenom-
144 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

mene Kaufrisiko für diese Güter relativ gering, sodass Das grundlegende Prinzip lautet: Wenn ein neutraler
der Kauf dieser Güter für den Konsumenten unproble- Reiz (Wort, Bild) wiederholt und stets gleichzeitig zu-
matisch ist und mit geringer innerer Anteilnahme – mit sammen mit einem emotionalen Reiz dargeboten wird,
geringem Involvement – erfolgt. Wir konzentrieren uns so erhält auch der neutrale Reiz nach einiger Zeit die
hier auf die Probleme der Produktgestaltung und Wer- Fähigkeit (wenn er allein dargeboten wird), die emoti-
bung für eingeführte Marken, die aufgrund des meist onale Reaktion hervorzurufen. Der neutrale Reiz wird
nahezu ausgeschöpften Marktpotenzials in einem har- dadurch zu einem „konditionierten Reiz“: Er löst eine
ten Verdrängungswettbewerb stehen. Für eine objektive konditionierte Reaktion aus, die er vorher nicht ausge-
(substanzielle) Produktdifferenzierung gibt es bei aus- löst hat.
gereiften Gütern nur wenige Möglichkeiten. Informative Übertragen auf die emotionale Produktdifferenzierung
Werbung versagt, weil es über die Qualitätsunterschiede durch Werbung lässt sich daraus folgende Hypothese
zu konkurrierenden Marken nur wenig zu berichten ableiten:
gibt und die (wenig involvierten) Konsumenten auf ge-
sättigten Märkten nur ein geringes Produkt- und In-
Bietet die Werbung wiederholt eine („neutrale“) Marke
formationsinteresse haben. Folgerung: Auf gesättigten
zusammen mit emotionalen Reizen dar, so kann die Marke
Märkten ist die Markenpolitik im Wesentlichen auf eine einen emotionalen Erlebniswert erhalten.
emotionale Produktdifferenzierung durch Werbung an-
gewiesen.
„Marke“ ist im symbolischen Sinne als Markenabbil-
Die emotionale Produktdifferenzierung entsteht durch dung, Markenname, Markensymbol usw. gemeint; sie
Lernen. Dieses Lernen kann auf direkte Erfahrungen repräsentiert hier die reale Marke.
mit dem Produkt (beim Einkaufen, Konsumieren usw.)
Nach der herkömmlichen Theorie der klassischen Kon-
oder auf symbolische Erfahrungen zurückgehen. Letz-
ditionierung werden unmittelbare Reiz-Reaktions-Be-
tere werden vor allem durch die Werbung vermittelt. In
ziehungen hergestellt: Das Individuum wird gleichzeitig
der Werbung wird das Produkt (die Marke) symbolisch
zwei Reizen (zum Beispiel einem neutralen Markenna-
dargestellt – als Produktabbildung, als Markenname,
men und einem emotionalen Bild) ausgesetzt und lernt,
als Markenzeichen usw. Durch die Werbung soll der
auch auf den bisher neutralen Reiz (Markennamen) emo-
Konsument lernen, zunächst diese Symbole, stellver-
tional zu reagieren, das heißt ähnlich anzusprechen wie
tretend für Produkte und Marke, in emotionaler Weise
vorher auf den emotionalen Reiz. Dieser Prozess läuft
wahrzunehmen und zu erleben. Man kann auch sagen:
den klassischen Regeln zufolge ohne gedankliche Be-
Der Werbung geht es zunächst darum, Produktnamen
teiligung ab. Neben der emotionalen Konditionierung
oder Markennamen eine emotionale Bedeutung zu ge-
wird als weitere Sonderform der klassischen Konditio-
ben, plastisch ausgedrückt: diese emotional aufzuladen.
nierung auch die evaluative Konditionierung genannt
Die emotionale Bedeutung eines Markennamens lässt
(Felser, 2015): Hier geht es um das Erlernen von Einstel-
sich zugleich als ein Indikator für die Einstellung zur
lungen bei geringem Involvement. Wenn der unbedingte
Marke auffassen. Diese Betrachtungsweise ist in der
Stimulus eindeutig positiv oder negativ belegt ist (z. B.
Marktforschung üblich, denn wenn man Konsumenten
Umweltschutz vs. Umweltzerstörung), dann kann dieser
nach ihrer Einstellung zu einer Marke fragt – etwa zur
auf einen vorher neutralen Reiz übertragen werden (z. B.
Automarke A –, so stellt man den Konsumenten nicht vor
eine neue Marke)43.
das Produkt selbst (vor das Auto), sondern man reprä-
sentiert die Marke während der Befragung durch ihren Es spricht jedoch nach dem bisherigen Erkenntnisstand
Markennamen „A“. Die Frage: „Was halten Sie von der vieles dafür, dass bei manchem auf Konditionierung be-
Automarke A?“ ist mit der Frage nach der subjektiven ruhendem Lernvorgang (siehe auch Gawronski, Mitchell
Bedeutung des Markennamens meist eng verknüpft. und Balas, 2015) doch eine gewisse gedankliche Beteili-
gung des Individuums verlangt wird, eine – bewusste
Welche Sozialtechniken stehen nun zur Verfügung, um – Wahrnehmung dessen, dass auf den neutralen Reiz
einen Markennamen emotional anzureichern und auf immer wieder ein emotionaler Reiz folgt, sodass sich
diese Weise zu erreichen, dass der Konsument mit der eine gedankliche Assoziation herausbildet: Wenn der
Marke emotionale Erlebnisse verbindet?
Die wichtigste Technik ist die emotionale Konditionie- 43
„Evaluative conditioning (EC) is defined as the change in the
rung, die auf den Gesetzmäßigkeiten der klassischen evaluation of a conditioned stimulus (CS) because of its pairing
Konditionierung aufbaut; diese wird später noch im Rah- with a valenced unconditioned stimulus (US)“ (Gawronski,
men der Lerntheorien erörtert (Behrens, 1991). Mitchell und Balas, 2015, S. 556).
B. Aktivierende Prozesse 145

neutrale Reiz (Markenname) dargeboten wird, so wird ten, denen die Produkteigenschaften gleichgültig sind,
beim Empfänger eine Vorstellung vom emotionalen Reiz zu beeinflussen. Gawronski, Mitchell und Balas (2015)
(z. B. vom emotionalen Bildmotiv) ausgelöst, und diese stellen sich die Frage, ob man sich gegen Konditionierun-
Vorstellung ist dann mit emotionalen Erlebnissen ver- gen auch „wehren“ kann, und kommen zu dem Schluss,
bunden. Dieses Lernen ist also mit assoziativen Vorgän- dass das schwerlich möglich ist, insbesondere in Bezug
gen verbunden und wird auch S-S-Lernen genannt (siehe auf die spontanen Reaktionen (konditionierte Reaktion).
ausführlich im Abschnitt „Lernen“, Zweiter Teil, C.). Sie fanden (S. 654) „further evidence for the hypothesis
Zudem wird als Nebeneffekt durch die Wiederholung that the acquisition of conditioned preferences is rather
(also durch die Prozedur an sich) auch der Markenname difficult to control“, allerdings könne das Wissen um
an sich als flüssiger (höhere Fluency)44 wahrgenommen die Prozedur die später bewusste Beurteilung der Reize
(Landwehr, Golla und Reber, 2017). verändern45. Die noch ungeklärten Fragen zum Lernen
durch Konditionierung ändern nichts an dem für das
Nach den Gesetzmäßigkeiten der klassischen Kondi-
Marketing entscheidenden Ergebnis, dass man durch die
tionierung sind für das Lernen stets Wiederholungen
Präsentation eines Markennamens in einem emotionalen
erforderlich. Das gilt auch für die emotionale und ins-
Umfeld die Einstellung zur Marke ändern kann, ohne
besondere die evaluative Konditionierung. Hier ist in
eine einzige Information über die sachlichen Eigenschaf-
der Regel ebenfalls eine mehrmalige Wiederholung der
ten der Marke zu vermitteln.
Reizdarbietung notwendig. Die angemessene Zahl der
Wiederholungen kann zum einen von der Stärke des Die aufgeworfenen Fragen zum Lernen durch Konditio-
Reizes abhängig sein, zum anderen vom Involvement nierung greifen wir im Kapitel „Lerntheorien“ noch ein-
des Empfängers: Ist das Involvement sehr gering, so ist mal ausführlich auf. Wir berichten in diesem Abschnitt
man auf viele Wiederholungen angewiesen, ist es hoch, zunächst (siehe Vertiefungskasten) über Experimente, die
so genügen wenige Wiederholungen für den Lernerfolg, als „Klassiker“ in das Marketing eingegangen sind (dar-
also für die assoziative Verknüpfung des neutralen und unter auch über das „Hoba“-Experiment, siehe Abb. 65).
des emotionalen Reizes.
Bei Experimenten zur Erfolgskontrolle der Kondi- Wir können aber an dieser Stelle bereits festhalten, dass
tionierung ist ein hohes Involvement aber oft auf die die emotionale (bzw. evaluative) Konditionierung eine
wesentliche Sozialtechnik ist (das wird durch zahlreiche
experimentelle Situation zurückzuführen (induzier-
empirische Untersuchungen und Metaanalysen bestä-
tes Situationsinvolvement). Das kann ebenfalls eine tigt, Hofman, De Houwer et al., 2010; De Houwer, 2018)
Erklärung dafür sein, dass bei den Experimenten zur und im Rahmen des Marketing eine Möglichkeit der Pro-
Konditionierung so unterschiedliche Ergebnisse über duktdifferenzierung bietet: Durch die Präsentation eines
den Zusammenhang zwischen Reizwiederholung und Markennamens in einem emotionalen Umfeld kann unter
Lernerfolg zu beobachten sind. Beispielsweise war in bestimmten Bedingungen die Einstellung zu einer Marke
manchen Experimenten nur eine Wiederholung erfor- geändert werden, ohne eine einzige Information über die
derlich (Stuart, Shimp und Engle, 1987; Ghazizadeh, sachlichen Eigenschaften der Marke zu vermitteln.
1987); Gawronski, Mitchell und Balas (2015) wählten
zehn Präsentationen, bei anderen Experimenten waren Einige bedeutsame Grundlagenstudien im Marketing
mehr als zwanzig Wiederholungen erforderlich (siehe sollen im Folgenden kurz skizziert werden (siehe Ver-
auch Hofmann, De Houwer et al., 2010; zu leicht unter- tiefungskasten).
schiedlichen Reizen siehe auch D’Hooge, Hudders und
Heute gilt beispielsweise die Werbung von Red Bull, die
Cauberghe, 2017).
die aufregende Welt wagemutiger Extremsportler zeigt,
Noch nicht ganz klar ist, wie aufmerksam (bewusst) die als typisches Beispiel erlebnisbetonter Werbung (Abb. 66).
Konsumenten die Reizdarbietung wahrnehmen müssen Auch der Slogan „Red Bull verleiht Flüüügel!“ gilt als
und ob und wann sie den Zusammenhang zwischen den gut konditioniert.
beiden Reizen durchschauen oder akzeptieren. Abgesi-
chert ist dagegen die Erkenntnis, dass das Involvement
beim Konditionierungslernen extrem gering sein kann: 45
„Together, these findings suggest that mental transforma-
Die emotionale Konditionierung ist deswegen eine be- tions of CS-US pairings during encoding (e. g., stimulus re-
sonders geeignete Sozialtechnik, um passive Konsumen- appraisal, inferences about CS-US relations) may qualify the
content of stored propositional knowledge about CS-US rela-
tions, but such transformations seem to be ineffective in dis-
44Auf die Fluency Theorie gehen wir ebenfalls ausführlich im rupting the formation of unqualified associations“ (Gawronski,
Kapitel „Kognitive Prozesse“ (Zweiter Teil, C) ein. Mitchell und Balas, 2015, S. 654).

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146 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Vertiefungskasten: „Klassiker“-Experimente zur Konditionierung

Es gibt wohl kaum eine fundierte Arbeit über emotionale Das HOBA-Experiment: Die Anregungen von Staats und
Produktdifferenzierung, die nicht auf die grundlegenden Staats (1958) wurden von Kroeber-Riel (1979) aufgegriffen.
Experimente von Staats und Staats (1958)46 Bezug nimmt. Mithilfe eines umfangreichen (inzwischen international als
Die Ergebnisse dieser Experimente seien kurz zusammen- „Meilenstein“ gewürdigten) Experiments wurde versucht,
gefasst: die Einstellung der Probanden zu einer (für diesen Zweck
Staats und Staats benutzten als „neutrale Reize“ Wörter, künstlich geschaffenen) Marke durch eine nach den Regeln
mit denen Nationalitäten bezeichnet werden, wie „deutsch“, der klassischen Konditionierung durchgeführte Werbung
„holländisch“ und „schwedisch“. Auch wenn solche Wörter zu ändern. Zugleich sollte überprüft werden, ob und wie
für Amerikaner eine schwache emotionale Wirkung hatten, durch eine solche Werbung spezifische Markenerlebnisse
so konnten sie doch hinsichtlich der emotionalen Konditi- vermittelt werden können.
onierung noch als „neutrale“ Reize gelten, denn man kann Ablauf des Experiments: Als erstes wurden mehrere Marken-
fast jeden Reiz konditionieren, der „keine zu starken Eigen- namen gesucht, von denen die Versuchspersonen noch nie
reaktionen“ hervorruft (Manning, 1979, S. 227). etwas gehört hatten. Das waren u. a. die Namen „HOBA-Sei-
Ziel der Experimente von Staats und Staats (1958) war es, fe“ und „SEMO-Ordner“. Diese Markenbezeichnungen wa-
diesen Nationalitätsbezeichnungen eine zusätzliche emoti- ren für die Versuchspersonen neu und hatten für sie keine
onale Bedeutung zu geben. Das Wort „holländisch“ wurde konkrete Bedeutung. Durch psychobiologische und verbale
zum Beispiel wiederholt mit Wörtern wie „glücklich“ oder Verfahren wurde nachgewiesen, dass diese Markenbezeich-
„Geschenk“ gekoppelt, die angenehme Gefühle hervorrufen. nungen die Versuchspersonen tatsächlich „kalt“ ließen. Die
Das Wort „schwedisch“ wurde dagegen mit solchen Wörtern Markennamen an sich hatten keine emotionale Bedeutung.
verbunden, die – wie „bitter“ oder „hässlich“ – eine negative Um dies festzustellen, wurde u. a. die elektrodermale Reak-
Bedeutung haben. tion bei Nennung der Markenbezeichnung gemessen.
Die Nationalitätsbezeichnungen wurden den Versuchsper- Die Versuchspersonen wurden dann in eine realistische und
sonen mittels Diaprojektion dargeboten. Die zur Konditio- für sie undurchschaubare Situation versetzt: Sie wurden
nierung dienenden emotionalen Wörter wurden unmittelbar gebeten, sich mehrere Filme anzuschauen. Vor den Filmen
nach dieser Projektion vom Versuchsleiter im zeitlichen Ab- wurde die übliche Kino-Werbung geboten. Sie umfasste
stand von weniger als einer Sekunde vorgelesen. Die beiden unter anderem Dia-Anzeigen für die beiden Marken „HO-
Reize wurden also praktisch gleichzeitig dargeboten. BA-Seife“ und „SEMO-Ordner“.
Jede Nationalitätsbezeichnung wurde auf diese Weise 18mal Ein Teil der Anzeigen enthielt die Markennamen zusammen
mit unterschiedlichen emotionalen Wörtern gekoppelt. Es mit reizstarken Bildern, ein anderer Teil zusammen mit reiz-
gab also 18 „Konditionierungsdurchgänge“. schwachen, fast neutralen Bildern. Die reizstarken Bilder
sprachen drei wichtige menschliche Gefühle an: Erotik,
Wie erwartet erhielt das Wort „holländisch“ durch die
soziales Glück und Urlaubsstimmung. Jede dieser Anzei-
Konditionierung eine wesentlich angenehmere, das Wort
genfassungen wurde einmal mit und einmal ohne sachliche
„schwedisch“ eine wesentlich unangenehmere Bedeutung
Information dargeboten. Das ergab folgendes experimen-
als vorher. Man kann auch sagen, diese beiden Nationali-
telles Design:
tätsbezeichnungen wurden durch die Konditionierung „ge-
fühlsmäßig aufgeladen“. Gruppe 1: schwach emotionale Werbung ohne Text
(n = 27)
Wie Staats und Staats (1958) begründen, ist die veränderte
emotionale Bedeutung dieser Bezeichnungen zugleich mit Gruppe 2: stark emotionale Werbung ohne Text (n = 33)
einer Veränderung der Haltung (der Einstellung) gegenüber Gruppe 3: schwach emotionale Werbung mit Text (n = 27)
der Sache selbst verbunden. Demzufolge gelang es, durch Gruppe 4: stark emotionale Werbung mit Text (n = 32).
die emotionale Konditionierung der Nationalitätsbezeich-
Jede Person sah insgesamt neun Filme, jeweils im Abstand
nungen die Einstellung der Versuchspersonen gegenüber
von mindestens einem Tag. Im Rahmen der dabei gezeigten
Holland und Schweden zu verändern. Die Autoren haben
Kinowerbung wurden insgesamt 30 Dia-Anzeigen für die
schon früh auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, die
Marken „HOBA-Seife“ und „SEMO-Ordner“ sowie zahlreiche
emotionale Konditionierung in der Werbung zu benutzen,
Ablenkungsanzeigen gezeigt.
um Einstellungen zu politischen Gegnern oder zu Produkten
zu beeinflussen.

46 Deutsche Übersetzung in Stroebe, 1996.


B. Aktivierende Prozesse 147

sachlicher Eindruck
2,5

3,0

4,5 4,0 3,5 emotionaler


Anmerkung: = Gruppe A (schwache Emotion – kein Text) Eindruck
= Gruppe B (starke Emotion – kein Text)
= Gruppe C (schwache Emotion – Text)
Abb. 65: Veränderung der sachli- = Gruppe D (starke Emotion – Text)
chen und emotionalen Eindrücke
= vorher – nachher
von „HOBA-Seife“ durch die
Werbung

Hinterher wurden die Konditionierungswirkungen wieder Abb. 65 gibt die Ergebnisse der Einstellungsmessung nach
durch psychobiologische Verfahren und zusätzlich durch dem Semantischen Differenzial auf fünfstufigen (1 = stark,
eine verbale Einstellungsmessung nach dem Semantischen 5 = schwach) Ratingskalen wieder, sie zeigt auch die Aus-
Differenzial ermittelt. wirkungen der Konditionierung auf die Einschätzung der
Ergebnis: Die Marke „HOBA-Seife“ erhielt ein klares emo- sachlichen Produkteigenschaften von „HOBA-Seife“.
tionales Erlebnisprofil. Als die Versuchspersonen 24 Stun- Das Experiment belegt zwei wichtige Konditionierungsre-
den nach der letzten Kinovorführung (nach der letzten geln. Erstens: Die emotionale Konditionierung von Marken
Konditionierungssitzung) zu ihrer Einstellung gegenüber erfordert bei wenig involvierten Personen stoßkräftige emo-
„HOBA-Seife“ gefragt wurden (ohne dass dabei auf die An- tionale Reize und zahlreiche Wiederholungen.
zeigenwerbung Bezug genommen wurde), schrieben sie der Zweitens: Der Erfolg ist unter den diskutierten und unten
Seife emotionale Eigenschaften wie zärtlich, erlebnisreich, nochmals zusammengefassten Bedingungen unabhängig
fröhlich und erregend zu, die vor der Konditionierung im davon, ob zugleich Informationen über das Produkt darge-
Markenimage fehlten. boten werden47.

47
Weitere Untersuchungen mit ähnlichen Ergebnissen wie im
HOBA-Experiment wurden von Stuart, Shimp und Engle (1987)
sowie von Ghazizadeh (1987) durchgeführt. Ghazizadeh fand
dabei heraus, dass sich durch die emotionale Konditionierung
nicht nur die Einstellung zur Marke, sondern auch die Idealvor-
stellung vom Produkt erheblich beeinflussen lässt; siehe auch
Gibson (2008) oder Sweldens, Van Osselaer und Janiszewski
(2010).
148 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 66: Erlebniswerbung


Red Bull
(Quelle: www.redbull.com)

Fassen wir noch einmal zusammen: (2) emotionaler Reiz und Marke in zeitlicher Nähe dar-
geboten werden. Nur dann entsteht für den Kon-
Die Einstellung zu einer Marke lässt sich durch emotionale sumenten eine hinreichend starke Verknüpfung.
Werbung – auch ohne jegliche Produktinformation – än- Wird mit zu wenig Gleichmaß und Wiederholung
dern (verbessern). geworben (insbesondere wenn die Bildmotive zu un-
Unter bestimmten Bedingungen kann man in der Werbung einheitlich sind oder zu häufig gewechselt werden),
weitgehend auf Informationen verzichten. Das ist vor al- kann die Verknüpfung nicht aufgebaut werden. Dabei
lem auf gesättigten Märkten der Fall, wenn die Produkte nutzen sich starke Bildmotive nicht ab; werden die
nicht (mehr) erklärungsbedürftig sind und der Konsument gleichen Motive z. B. im Fernsehen und auf Displays
an sachlicher Produktinformation wenig interessiert ist am Point-of-Sale im Rahmen einer integrierten Kom-
(„Low Involvement“) und die sachlichen Eigenschaften munikation gezeigt, dann ist die Wirkung (Klarheit
der konkurrierenden Marken von den Konsumenten als der Kampagne, ausgelöste Emotionen, Kaufintention)
ungefähr gleich gut beurteilt werden.
besonders hoch (Helfgen, 2019);
Die emotionale (bzw. die evaluative) Konditionierung lässt (3) die durch die Konditionierung vermittelten Pro-
sich auch in eine informative Werbung einbeziehen. Sie
dukteindrücke nicht im Widerspruch zu anderen
ist dann Teil einer Doppelstrategie: Auf der einen Seite
emotionalen Eindrücken, die durch das Marketing
werden die Konsumenten mit Argumenten angesprochen,
um auf ihr Produktwissen und ihre Vernunft einzuwirken. vermittelt werden, stehen.
Auf der anderen Seite werden die Konsumenten gefühls- Auf einer unternehmensstrategischen Linie liegen fol-
mäßig an ein bestimmtes Produkt – an eine Marke – ge- gende Mängel, welche die Positionierung erschweren:
bunden. Produktwissen allein reicht meistens nicht aus,
um kaufwirksame Zuneigungen (positive Einstellung zu (1) Die vermittelten Erlebnisse sind nicht für die Marke
einer Marke) zu erreichen. geeignet, sie vertragen sich nicht mit der Unterneh-
Die durch Konditionierung erzeugte positive Einstellung48
mensphilosophie.
gegenüber einem Produkt oder einer Marke ist nur dann (2) Sie ermöglichen keine Abgrenzung gegenüber der
wirksam, wenn keine negativen Erfahrungen beim Kon- Konkurrenz, vor allem deswegen, weil sie nicht spe-
sum gemacht werden und keine anderen Einflüsse ent- zifisch, sondern mit den von der Konkurrenz vermit-
gegenwirken. telten Erlebnissen austauschbar sind.
(3) Sie sind nicht auf die Zielgruppe abgestimmt bzw.
Die praktische Durchführung der emotionalen Produkt- liegen nicht im langfristigen Lebensstiltrend der Ziel-
differenzierung gelingt, wenn gruppe.
(1) die gewählten emotionalen Reize stark genug sind. Besonders nachteilig wirkt sich auf die Positionierung
Umgangssprachlich heißt das: Wenn die Bilder (oder einer Marke die weitverbreitete Austauschbarkeit der
Töne, Düfte, Texte) nicht „unter die Haut“ gehen, Werbung aus. Das wird schon beim flüchtigen Durch-
dann ist die Gefahr hoch, dass die Stimuli in unserer blättern von Publikumszeitschriften deutlich: Wenn
reizüberfluteten Umwelt nicht genügend Aufmerk- man die Markennamen in der Werbung zudeckt, erhält
samkeit erfahren; man oft den Eindruck, verschiedene Anzeigen würden
für dieselbe Marke werben: Da werben konkurrierende
Getränkemarken mit den gleichen strahlenden Paaren,
48 Siehe hierzu auch die Ausführungen zur „evaluativen Kon- Biermarken mit der gleichen Landschaftsstimmung, kon-
ditionierung“ im Kapitel C. V. kurrierende Versicherungen oder Pharmaprodukte mit
B. Aktivierende Prozesse 149

Die Mutter Die Unschuld Der Held

Anima/Animus Der Schatten

Abb. 67: Auswahl von Archetypen


nach Jung

den gleichen seriösen Experten, um das Erlebnis von Erfahrung der ersten Liebe, Déjà-vu-Erlebnisse und das
Vertrauen und den Eindruck von Zuverlässigkeit zu er- unmittelbare Erkennen und Verstehen bestimmter My-
zeugen, oder einförmig hübsche Frauen für verschiedene then. Im Gegensatz zu Freud (1933), der das Unbewusste
Haarshampoos – obwohl es ein fast unerschöpfliches als destruktiv charakterisierte, betrachtete Jung (1961) das
Reservoir an geeigneten emotionalen Erlebnissen gibt Unbewusste als eine bedeutende Quelle der Erneuerung.
(z. B. Archetypen nach Carl Gustav Jung, siehe Abb. 67, Der Inhalt des kollektiven Unbewussten wird durch die
(sub-)kulturell geprägte Schemata etc., siehe auch Dieter- sogenannten Archetypen charakterisiert. Diese stellen
le, 1989; Pätzmann und Hartwig, 2018). angeborene und universelle Konzepte dar, wie die Welt
Archetypen nach Carl Gustav Jung: Nach Jungs Theorie wahrzunehmen und zu erfassen ist, versorgen Menschen
(1954/1959a, b) kann die Psyche in drei Bereiche eingeteilt mit „Weisheit“ über die Vergangenheit und erklären,
werden. Teil 1 ist der als das Ego bezeichnete, bewusste warum Individuen die Welt so erfahren, wie es bereits
Verstand. Mit dem Ego eng verwandt ist der zweite Teil, ihre Vorfahren taten. Auf diese Weise haben Archetypen
das persönliche Unbewusste, das all das einschließt, was eine instinktive oder biologische Funktion (Veen, 1994,
nicht aktuell bewusst ist: sowohl Erinnerungen, die leicht S. 332) und wirken als Regler und Anreize. Mit anderen
ins Gedächtnis gerufen werden können, als auch jene Er- Worten „aktivieren“ Archetypen menschliches Verhal-
eignisse, die aus irgendeinem Grund unterdrückt worden ten (= „Systeme der Bereitschaft zum Handeln“, Stevens,
sind. Jungs dritter Teil der Psyche wird das „kollektive 1982, S. 62). Als inhärente Erfahrungen der menschlichen
Unbewusste“ genannt, und dieses Element ist seiner The- Spezies sind sie unveränderlich über Zeit und Gesell-
orie eigen (Boeree, 1997, S. 2). Das kollektive Unbewusste schaften hinweg, können aber in typischen sinnbildli-
kann als das „psychische Erbe“ oder als das allen Men- chen Darstellungen kulturspezifisch verschlüsselt wer-
schen angeborene Wissen charakterisiert werden. Dieses den. Die Vielfalt von archetypischen Bildern ist gewaltig.
kollektive Reservoir an Erfahrungen kann persönliche Im Allgemeinen sind Archetypen mythologische oder
Gefühle und Verhalten beeinflussen, ohne dass sich eine ursprüngliche Abbildungen. Jung (1954/1959a, b) wid-
Person dessen bewusst ist. Beispiele, die das Funktio- mete einigen Archetypen besondere Aufmerksamkeit,
nieren des kollektiven Unbewussten erläutern, sind die die er als sehr wichtig für die Gestaltung des Verhaltens
150 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

betrachtete. Die nach Jung erfahrungsunabhängigen Ar- die Werbung ausgelösten Gefühlsreaktionen sollen ganz
chetypen nehmen in zahlreichen inneren Schemabildern unterschiedlich sein, Zuneigung und Ärger (oder Ekel
sichtbare Gestalt an und treten dann in konkreten Traum- und Überraschung) zugleich oder die Reaktion auslösen
bildern, Märchenbildern usw. zutage. Ein Beispiel ist die „Die trauen sich was!“. Letzteres kann man vielleicht
„Anima“ – der Archetyp der Weiblichkeit. Im Kapitel mit dem Ausdruck „widerwillige Bewunderung“ um-
„Motivation“ werden wir die Bedeutung von Archetypen schreiben. Im Folgenden wollen wir die theoretischen
noch einmal aufgreifen. Grundlagen zu „mixed emotions“ und einige aktuelle
empirische Befunde diskutieren.
d) Mixed emotions Der Begriff „Mischemotion“ kann in unterschiedlicher
Weise verstanden werden. Grundsätzlich können damit
In den bisherigen Abschnitten haben wir uns vor al-
die Kombinationen von grundlegenden Emotionen, die
lem mit positiven Emotionen und ihren Auswirkungen
durch Gemisch oder Interaktion alle anderen Emotionen
im Marketing beschäftigt. In jüngerer Zeit findet aller-
bilden (siehe die bereits erläuterten Dyaden und Triaden
dings auch das Thema mixed emotions verstärkt wis-
von Plutchik), gemeint sein. Dies können prinzipiell auch
senschaftliches Interesse, ausgelöst durch den Trend,
Mischungen aus gleichgerichteten Emotionen sein. In der
dass Unternehmen durch Tabubrüche, durch anstößige
Literatur hat sich der Begriff mixed emotions jedoch für
Werbung bzw. durch das Nebeneinander von positiven
das simultane Erleben von Emotionen entgegengesetzter
und negativen Reizen starke Aufmerksamkeit erlangen
Richtungen, d. h., von Emotionen mit entgegengesetzter
möchten, um so eine höhere Chance zu haben, in der
Valenz (positiv vs. negativ), durchgesetzt.
Werbeflut nicht unterzugehen (siehe Abb. 68). Die Wer-
beunternehmen versuchen sich durch die Mixtur von Ein Beispiel (siehe Abb. 69): Die Fotoalben-Marke „ifolor“
positiven und negativen Emotionen von klassischen, wirbt mit folgendem Spot:
positiv besetzten Werbekampagnen abzuheben, Eigen- Die Ehefrau besucht ihren demenzkranken Ehemann
ständigkeit zu erzielen oder zu provozieren. Die durch im Altersheim und schenkt ihm ein Fotoalbum. Der äl-

Abb. 68: „Tabubruch“-Werbung von Marken

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B. Aktivierende Prozesse 151

Abb. 69: Die Fotoalben-Marke „ifolor“- Mixed emotions

tere Herr sieht die Fotos ihrer ersten Begegnung und nicht möglich sei, da ihnen zufolge positive und nega-
ihres ersten Tanzes, er erinnert sich und fordert seine tive Emotionen Gegenpole einer bipolaren Skala bilden,
Frau zum Tanzen auf. Diese ist ganz gerührt, erinnert welche sich gegenseitig ausschließen (siehe auch das Cir-
sich ebenfalls an ihre glückliche Jugend und den ersten cumplex-Modell von Watson und Tellegen, 1985, Abb. 70).
Tanz mit ihrem späteren Ehemann. Der Film schließt mit Die Anordnung der Emotionen in diesem oder ähnli-
einer Rückblende und dem Slogan: ’Make your greatest chen Circumplex-Modellen wird folgendermaßen inter-
moments live forever’. pretiert: Emotionspaare, die nur wenige Grad auf der
Welche Emotionen fühlt man nach der Konfrontation Peripherie trennen, sind positiv korreliert (können also
mit diesem Werbefilm? Ist dies ein typischer „bitter- gleichzeitig auftreten, wie z. B. „fröhlich“ und „zufrie-
sweet“-Moment (Larsen, Hershfield et al., 2017), also ein den“). Emotionspaare, die 90° trennen, sind vollkom-
Moment, in dem man Glück und Trauer zugleich empfin- men unkorreliert, d. h., separate Konstrukte (orthogo-
det? Schließlich ist zu fragen, wie die Werbewirkungen nale Achsen). Emotionspaare, die 180° trennen, sich also
solcher mixed emotion-Filme sind. gegenüber stehen (z. B. „fröhlich“ und „traurig“), sind
negativ korreliert, können nicht gleichzeitig auftreten
Das Auftreten von mixed emotions:
und schließen sich gegenseitig aus. „Bipolarity says
Valides Konstrukt oder Messartefakt?
that when you are happy, you are not sad and when you
Die grundlegende Forschung in diesem Bereich bestand are sad, you are not happy“ (Russell und Carroll, 1999,
zunächst vor allem in der Debatte darüber (und die Dis- S. 25). Für Ergebnisse anderer Studien, bei denen entge-
kussion dauert an, siehe McGraw und Larsen, 2008; Lar- gen diesem Modell positive Korrelationen für konträre
sen und McGraw, 2011), ob und in welchem Ausmaß das Emotionen gefunden wurden, vermuten die Anhänger
Erleben von mixed emotions überhaupt möglich sei. Da- dieser Richtung u. a. Messfehler, Zeitspanneneinflüsse
bei stoßen folgende konträre Auffassungen aufeinander: und Verzerrungen durch die Korrelationsmessung als
(1) Entgegengesetzte Emotionen können nicht zeitgleich Ursachen für die widersprüchlichen Ergebnisse (Russell
entstehen. und Carroll 1999, S. 4 f.).
Green, Goldman und Salovey (1993) sind der Ansicht, Russell (2017) erklärt nach Sichtung der bisher vorlie-
dass das gleichzeitige Erleben konfliktärer Emotionen genden Erkenntnisse zur mixed emotions-Literatur, dass
152 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Watson and Tellegen’s Two-Factor Structure of Affect

HIGHPOSITIVE
HIGH POSITIVE AFFECT
AFFECT

active
content
PLEASANTNESS
PLEASANTNESS happy
elated STRONG ENGAGEMENT
STRONG ENGAGEMENT
enthusiastic
kindly
excited aroused
pleased
peppy astonished
satisfied
strong surprised
warmhearted
distressed
fearful
LOW
at rest hostile HIGH
HIGH
LOW calm jittery NEGATIVE
NEGATIVE
NEGATIVE placid nervous NEGATIVE
AFFECT relaxed scornful AFFECT
AFFECT
AFFECT blue
grouchy
quiescent drowsy lonely
quiet dull sad
still sleepy sorry
sluggish unhappy
DISENGAGEMENT UNPLEASANTNESS
UNPLEASANTNESS
DISENGAGEMENT

LOWPOSITIVE
LOW POSITIVE AFFECT
AFFECT Abb. 70: Beispiel für ein
Circumplex-Modell
(Watson und Tellegen, 1985)

unterschieden werden sollte zwischen dem „sich schlecht werden entgegengesetzte Emotionen von verschiede-
fühlen“ und „etwas schlecht beurteilen“. Diese Differen- nen Gehirnsystemen gesteuert, die gleichzeitig arbeiten
zierung würde helfen, die Debatte zwischen bipolaren können und damit auch die gleichzeitige Aktivierung ge-
und gemischten Emotionen zu entzerren. Seiner Ansicht gensätzlicher Emotionen erlauben (Larsen, McGraw und
nach umfasse eine typische affektive Reaktion sowohl Cacioppo, 2001, S. 687). Wenn Gegensätze beim Erleben
den Kernaffekt (also ein gutes oder schlechtes Gefühl) als von Sinneseindrücken (z. B. gleichzeitiges Schmecken
auch die Beurteilung verschiedener Facetten der Stimu- von süß und bitter, Berridge und Grill, 1984), von Moti-
lus-Situation, die sowohl gute als auch schlechte Aspekte vationen (Miller, 1959) und von Einstellungen (Priester
aufweisen könne. Der Kernaffekt sei danach in der Regel und Petty, 1996) auftreten können, warum dann nicht
entweder positiv oder negativ, also bipolar, was bedeutet,
dass ein gutes Gefühl ein schlechtes ausschließt und
umgekehrt. Nur sehr selten könnten simultan Emotio-
nen entgegengesetzter Valenz erfahren werden. Russell
schließt sich somit eher der Perspektive an, dass entge-
gengesetzte Emotionen nicht zeitgleich auftreten können,
will dies aber nicht ganz ausschließen (beispielsweise in
Situationen, in denen Konsumenten mit sehr eindrucks-
vollen Spielfilmen konfrontiert werden). Russell (2017,
S. 116) sagt selbst, dass seine Schlussfolgerungen das Rät-
sel um die Existenz gemischter Emotionen nicht ganz
lösen könnten, er plädiert aber (auch um konzeptuelle
Konfusion zu vermeiden) dafür, sich der bipolaren Sicht-
weise anzuschließen.
(2) Entgegengesetzte Emotionen können zeitgleich ent-
stehen.
Das gegnerische Lager ist der Ansicht, positive und ne-
gative Emotionen seien zwei voneinander unabhängige
Dimensionen, die simultan erlebt werden können (z. B.
Cacioppo, Gardner und Berntson, 1997; Larsen, McGraw Abb. 71: Das Evaluative Space Model nach Cacioppo, Gardner und
und Cacioppo, 2001). Aus neurophysiologischer Sicht Berntson (1999)
B. Aktivierende Prozesse 153

auch beim Erleben von Emotionen (Larsen, McGraw und belegen, dass mixed emotions bei emotional komplexen
Cacioppo, 2001, S. 687; Larsen und Green, 2013)? Stimuli auftreten können (McGraw und Larsen, 2008).
In einem Kontrolltest wurden die Probanden nach ihrer
Wie bei Motivationen und Einstellungen wird jedoch
Meinung dazu befragt, ob Menschen fröhliche und trau-
auch für das gleichzeitige Erleben gegensätzlicher Emoti-
rige Emotionen zugleich verspüren können. Die Proban-
onen vermutet, dass dies ein instabiler und eher kurzfris-
den wurden anhand ihrer Antworten in zwei Gruppen
tiger Zustand sei, der sich im Zeitverlauf zu einer reinen
aufgeteilt, „Befürworter“ und „Skeptiker“ gegenüber
Emotion auflöst (Cacioppo und Berntson, 1994; Larsen,
mixed emotions. Anschließend wurde mit ihnen der
McGraw und Cacioppo, 2001). Das „Evaluative Space
oben beschriebene Test durchgeführt, wobei dieselbe
Model“ (ESM, siehe Abb. 71, Cacioppo und Berntson,
Coverstory verwendet wurde und danach die Messung
1994; Cacioppo, Gardner und Berntson, 1997) zeigt, wie
der Emotionen erfolgte. Die Ergebnisse zeigten, dass
das Auftreten von mixed emotions vor dieser Auflösung
nach dem Film auch die Skeptiker das gleichzeitige Auf-
erklärt werden kann.
treten von Freude und Traurigkeit für möglich hielten,
In diesem Modell wird für entgegengesetzte Emotionen was als Beleg gegen den Vorwurf der Demand-Artefakte
kein bipolares Kontinuum angenommen, sondern deren gewertet wurde (McGraw und Larsen, 2008). In einer
mögliches gleichzeitiges Auftreten in einem bivariaten Untersuchung von 2011 stellten Larsen und McGraw
Raum berücksichtigt, indem positive Reaktionen die eine, fest, dass Mischemotionen weder die Folge von Schwan-
negative Emotionen die andere Achse und die Stärke kungen zwischen dem Erleben von zwei Emotionen mit
der Reaktion die Höhenachse bilden. Das ESM ermög- unterschiedlicher Valenz sind, noch auf Messartefakte
licht damit die Erklärung sowohl des ausschließlichen zurückzuführen sind, sondern eine eigenständige Kate-
Auftretens jeweils einer der konfliktären Emotionen als gorie darstellen. Mixed emotions wurden hier mithilfe
auch ihres gleichzeitigen Auftretens. Es wird vermutet, kontinuierlicher Maße erfasst, parallel zur Wahrneh-
dass positive und negative Emotionen zwar oft negativ mung des Stimulusmaterials. Die Probanden drückten
miteinander korrelieren (wenn eine Person z. B. traurig beim Anschauen des Films zwei verschiedene Tasten
ist, dann ist sie gleichzeitig nicht glücklich), dass aber gleichzeitig (siehe auch Larsen und Green, 2013), wenn
in bestimmten – vor allem in emotional komplexen – Si- sie sich fröhlich und traurig zugleich fühlten, dagegen
tuationen auch der Fall gleichzeitigen Auftretens (eine drückten sie nur eine der beiden Tasten, wenn sie auch
Person ist zugleich traurig und glücklich) möglich ist nur eine Emotion erlebten. Diese empirischen Befunde
(Larsen, McGraw und Cacioppo, 2001, S. 687). Studien von sprechen für die These, dass mixed emotions bei komple-
Williams und Aaker (2002) konnten zudem zeigen, dass xen Ereignissen auftreten können. Auch die Metaanalyse
die Fähigkeit zum Erleben von mixed emotions durch von Berrios, Tottdell und Kellett (2015) kommt zu dem
individuelle Unterschiede beeinflusst wird (s. u.). Schluss, dass „mixed emotions are a robust, measurable
and non-artifactual experience“ und stützen damit die
Insbesondere die Arbeiten von Larsen et al. (2001 bis
Pro-Seite.
2017) und McGraw und Larsen (2008) haben sich der
Aufgabe verschrieben, experimentell zu untersuchen, Auch beim Konsumentenverhalten sind solche Ereignis-
ob ein gleichzeitiges Erleben gegensätzlicher Emotionen se denkbar: So stellten Andrade und Cohen (2007) fest,
möglich ist, um so den Vorwürfen der Messartefakte dass die Beliebtheit von Horrorfilmen auf das simultane
bzw. Demand-Artefakte (Russell und Carroll, 1999) zu Erleben von Angst und Freude zurückgeht („schaurig
begegnen. In einem Experiment zeigten sie als Stimulus schön“). Ähnliches gilt für das Achterbahnfahren (Aaker,
den emotional komplexen Film „Das Leben ist schön“. Drolet und Griffin, 2008, S. 268).
Um Demand-Artefakte zu verhindern, wurden die Pro- Die Messung von mixed emotions
banden nicht darüber informiert, dass es sich hier um
eine Studie zu Emotionen handele, sondern ihnen wurde Die Messverfahren zur Erfassung von mixed emotions
gesagt, dass in der Studie das Sprachverständnis der können hinsichtlich zweier Problemstellungen einge-
Teilnehmer untersucht werden solle. Dazu wurde der teilt werden, der Polarität und der zeitlichen Gestaltung
Film den amerikanischen Probanden in der Original- der Messung. Einen guten Überblick geben Kreibig und
sprache (Italienisch) präsentiert. In der anschließen- Gross (2017).
den Befragung stellte man zunächst einige Fragen zu (1) Bipolare versus unipolare Messung der Emotionen
sprachlichen Eindrücken etc. und erwähnte dann, dass (Russell und Carroll, 1999): Dieser Aspekt betrifft
auch Emotionen das Sprachverständnis beeinflussen die grundsätzliche Frage der Möglichkeit von mixed
könnten und daher auch einige Emotionsabfragen im emotions. Bipolar operationalisiert, gibt das Messver-
Fragebogen enthalten seien. Die Ergebnisse der Tests fahren dem Auftreten dieses Phänomens keine Chan-
154 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

ce, da sich der Proband für eine der beiden Emotionen des Stimulusmaterials können Probanden mithilfe
entscheiden muss oder die neutrale Position beziehen der Computermaus sowohl das Vorhandensein als
kann. Dagegen existiert bei einer strikt unipolaren auch die Stärke einzelner Emotionen (horizontale/
Messung für den Probanden die Möglichkeit, auch vertikale Bewegung) oder beider Emotionsrichtun-
das gleichzeitige Auftreten zweier entgegengesetzter gen (diagonale Bewegung) angeben.
Emotionen anzugeben, da nach jeder der konfliktä- (3) Messung von Gesichtsausdrücken: Wie bei der Mes-
ren Emotion separat gefragt wird. Dabei wird die sung von Emotionen bereits angesprochen, versuchen
Abfrage der beiden gegenteiligen Emotionen durch heute viele Forscher (z. B. Du, Tao und Martinez, 2014;
die zwischengeschobene Abfrage anderer Emotionen Meaux, Vuilleumier, 2016), die automatisierten Ge-
getrennt und in verschiedenen Fragebogenversionen sichtserkennungssysteme so zu erweitern, dass da-
ausbalanciert (Larsen, McGraw und Cacioppo, 2001, mit auch gemischte Emotionen identifiziert werden
S. 688). Darüber hinaus existieren Vorschläge, mixed können (siehe Abb. 58). Es ist zu erwarten, dass diese
emotions durch entsprechende Vokabeln direkt zu Systeme immer leistungsfähiger werden.
operationalisieren, beispielsweise die Mischung aus
fröhlich und traurig durch das Item „bittersüß“ (engl. (4) Ebenso stellt sich die Frage, ob durch computerto-
„bittersweet“, Larsen, McGraw und Cacioppo, 2001, mographische Verfahren (zweifelsfrei?) geklärt wer-
S. 690) zu erfassen. Allerdings existieren im Sprach- den kann, ob und wenn ja, wann unterschiedliche
gebrauch nur wenige Worte, die solche konfliktären Gehirnareale, die für positive bzw. negative Emo-
Emotionen direkt beschreiben (weitere Beispiele: tionen zuständig sind, zugleich aktiviert werden
Wehmut, Hassliebe, Schadenfreude). können. Allerdings müsste hier zuvor sicher geklärt
werden, ob bestimmte Gehirnareale auch tatsächlich
(2) Retrospektive versus simultane Messung der Emo- nur für positive oder negative Emotionen verantwort-
tionen: Viele Studien zu mixed emotions präsen- lich sind (was derzeit durchaus kontrovers diskutiert
tieren erst das Stimulusmaterial und führen dann wird).
eine nachträgliche Messung (wie oben beschrieben)
durch. Die Befunde über die Möglichkeit des Erle- Individuelle Unterschiede im Erleben von mixed
bens von mixed emotions können daher auch durch emotions
den Zeitpunkt der Messung beeinflusst worden sein Es wird vermutet, dass das gleichzeitige Erleben ge-
– nehmen doch selbst die Befürworter von mixed gensätzlicher Emotionen ein instabiler, für die Person
emotions an, dass diese einen relativ kurzfristigen unangenehmer und eher kurzfristiger Zustand sei (Lar-
und instabilen Zustand darstellen (Cacioppo und sen, McGraw und Cacioppo, 2001, S. 687). Williams und
Berntson, 1994; Larsen, McGraw und Cacioppo, 2001). Aaker (2002) fanden heraus, dass Situationen, die sowohl
Bei einer retrospektiven Messung könnte das Auftre- positive als auch negative Emotionen hervorrufen, dem
ten von mixed emotions somit unterschätzt werden. Bestreben nach Konsistenz entgegenstehen und daher
Larsen, McGraw et al. (2004) schlagen daher eine ein Gefühl des Unwohlseins und des inneren Konflik-
Online-Messung von mixed emotions während der tes hervorrufen. Gleichzeitig gehen sie davon aus, dass
Wahrnehmung des Stimulusmaterials vor, z. B. durch dieser innere Konflikt nicht immer negative Konsequen-
Drücken von Tasten (eine für positive, eine für nega- zen haben muss, sondern dass das Ergebnis von mixed
tive Emotionen; auch Drücken beider Tasten gleich- emotions von der Bereitschaft des Konsumenten abhängt,
zeitig möglich) in regelmäßigen Abständen während diesen unharmonischen Zustand zu akzeptieren und zu
eines Experimentes. Solche Tastendruck-Messungen verarbeiten. Menschen, die häufiger Zielkonflikte erle-
konzentrieren sich weniger auf die Stärke der Emo- ben, kommen wohl besser mit mixed emotions zurecht
tionen, sondern eher auf die Zeitdauer des Erlebens (Berrios, Totterdell und Kellet, 2017).
(der einzelnen oder gemischten Emotionen). Eine
Weiterentwicklung der Online-Messung stellt das Williams und Aaker (2002) untersuchten zwei Faktoren,
sogenannte „Evaluative Space Grid“ (Larsen, Norris die die Bereitschaft zur Akzeptanz von „Dualität“ beein-
und Cacioppo, 2005) dar. Bei dieser Methode (z. B. flussen: kulturelle Unterschiede und Altersunterschiede.
verwendet von Andrade und Cohen, 2007 zur Mes- Im Kulturvergleich zeigte sich, dass Konsumenten aus
sung der Emotionen während des Ansehens von ostasiatischen Kulturen (aufgrund der dort gelebten Re-
Horrorfilmen) wird den Probanden ein Koordina- ligionen und Lebensphilosophien) eine stärkere Akzep-
tensystem auf einem Computer präsentiert, in dem tanz für widersprüchliche Situationen zeigen als Kon-
die eine Achse positive, die andere Achse negative sumenten aus westlichen Kulturen. Das Grundprinzip
Emotionen repräsentiert. Während des Ansehens ostasiatischer Kulturen (Buddhismus, Konfuzianismus)
B. Aktivierende Prozesse 155

ist die Auffassung des Holismus49, nach dem alle Dinge sie eine Werbeanzeige für Farbfilme mit dem Foto einer
in Relation zu allen anderen Dingen gesehen werden Großmutter mit ihrem Enkelkind. Drei verschiedene Ver-
müssen und sich diese Relationen auch in Gegensätzen suchsgruppen mit unterschiedlichen Emotionsbedin-
ausdrücken können. Im Unterschied dazu ist die westli- gungen wurden mittels der folgenden Slogans gebildet:
che (christliche) Kultur geprägt durch die Erkenntnisthe- (1) (traurig): „Meine Großmutter ist letztes Jahr nach
orie. Man kann auch sagen, dass die westliche Welt nach einer langen Krankheit verschieden. Ich vermisse sie
den logischen Regeln nach Aristoteles lebt. Danach haben so sehr.“
alle Dinge eine Identität (Dinge sind, was sie sind, und (2) (gemischt): „Meine Großmutter ist letztes Jahr nach
nichts anderes). Aussagen sind in sich widerspruchsfrei einem glücklichen und erfüllten Leben verschieden.
(keine Aussage kann wahr und falsch zugleich sein) und Ich bin froh, dass ich so viel Zeit mit ihr verbringen
es gibt keine Grauzonen (jede Aussage ist entweder wahr konnte.“
oder falsch, es gibt kein Dazwischen). Konfrontiert man (3) (glücklich): „Meine Großmutter ist immer noch jung
Konsumenten dieser unterschiedlichen Kulturen mit rein und voller Leben. Ich liebe es, meine Zeit mit ihr zu
positiven, rein negativen und mixed emotions-Stimuli, so verbringen.“
zeigt sich, dass westlich geprägte Probanden lediglich die
positiven Stimuli, die ostasiatisch geprägten Probanden Als abhängige Variable wurde unter anderem die Ein-
neben den positiven auch die mixed emotions-Stimuli stellung zur Werbeanzeige gemessen. Hier zeigte sich,
vorteilhaft bewerten. Westlich geprägte Probanden emp- dass die Anzeige signifikant positiver unter der glückli-
finden ein stärkeres Gefühl des Unbehagens bei mixed chen Versuchsbedingung abschnitt, während sie unter
emotions. In ähnlicher Weise wurden Altersunterschiede der gemischten und der traurigen Versuchsbedingung
untersucht; es wird vermutet, dass die Erfahrung von ungefähr gleich schlecht beurteilt wurde. Die Autoren
komplexen Situationen und auch Krisen im Verlauf des schlussfolgern aus ihrer Studie, dass (in Bezug auf den
Lebens dazu führt, dass ältere Konsumenten Situatio- westlich geprägten Kulturkreis) positive, eindeutige Wer-
nen in sehr viel stärkerem Maße abwägen, relativieren, beaussagen gemischten Aussagen vorzuziehen seien.
im Zusammenhang zum Kontext betrachten und somit Doch dieser Schlussfolgerung kann durchaus widerspro-
auch konfliktäre Emotionen als weniger problematisch chen werden: Schließlich sind Situationen vorstellbar,
wahrnehmen (Williams und Aaker, 2002, S. 637). Auch die wir gerne erleben, weil sie so „schaurig-schön“ sind.
Hong und Lee (2010, S. 465) kommen zu dem Schluss, Das gleichzeitige Erleben positiver und negativer Emo-
dass Ältere aufgrund höherer Abstraktionsfähigkeit tionen tritt nach Larsen, McGraw und Cacioppo (2001,
weniger Unbehagen gegenüber gemischten Gefühlen S. 687) weniger in typischen Alltagssituationen, sondern
empfinden. Schließlich scheint auch das Geschlecht einen vorwiegend in emotional sehr komplexen Situationen
Einfluss auf das Erleben von mixed emotions auszuüben auf. Beispiele für solche Situationen sind:
(Orth, Malkewitz und Bee, 2010). Frauen scheinen dafür ●● emotional komplexe Filme (z. B. „Das Leben ist schön“,
empfänglicher zu sein als Männer. Larsen, McGraw und Cacioppo, 2001, aber auch Kin-
Da man sich in der Forschung in den letzten Jahren vor derfilme wie „Die kleine Meerjungfrau“, Larsen, To
allem auf die Grundsatzfrage konzentriert hat, ob mi- und Fireman, 2007) oder diverse Filmszenen (Larsen
xed emotions überhaupt möglich sind und welche in- und Green, 2013).
terindividuellen Unterschiede beim Erleben von mixed ●● Umzug/Auszug sowie Zukunftspläne/Zukunftsun-
emotions bestehen, existieren erst wenige Studien, die sicherheiten (Larsen, McGraw und Cacioppo, 2001),
sich direkt mit der Nutzung von mixed emotions zur ●● Abschied (auch durch Tod) von Familienmitgliedern
Beeinflussung des Konsumentenverhaltens beschäftigen. (Williams und Aaker 2002),
Die bekannteste Studie ist sicherlich die schon erwähnte ●● Schenken und Beschenktwerden (Ruth, Brunel und
von Williams und Aaker (2002), die sich die Frage stellten, Otnes, 2002),
welche Werbewirkungseffekte durch die gleichzeitige ●● aber auch Gewinne, die niedriger ausfallen als erhofft
Präsentation von positiven und negativen Reizen in Wer- (Larsen, McGraw et al., 2004).
beanzeigen zu beobachten sind. Dazu führten sie folgen- Darüber hinaus werden mixed emotions als Erklärung
des Experiment durch: Als Stimulusmaterial wählten dafür herangezogen, dass sich Konsumenten freiwillig
in Situationen begeben, die augenscheinlich vor allem
49 negative Emotionen (wie z. B. Angst) hervorrufen, z. B.
Wir kommen im Verlauf dieses Buches an verschiedenen
Stellen immer wieder auf diese unterschiedlichen Lebensauf- Bungeejumping, Haifischtauchen oder das Ansehen von
fassungen zu sprechen, die auch als „interdependet“ vs. „in- Horrorfilmen. In diesem Kontext baten Andrade und
dependent“ bezeichnet wird. Cohen (2007) Probanden, während des Anschauens von

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156 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Horrorfilmen die Stärke der empfundenen negativen und das Ziel der Werbung sein, dass schlussendlich kei-
positiven Emotionen anzugeben. Es zeigte sich, dass die ne negativen, sondern positive Emotionen bei den
Probanden, die auch sonst gern Horrorfilme ansahen, Konsumenten zurückbleiben. Die Frage, wie und
sowohl positive als auch negative Emotionen erlebten, mit welchen Gestaltungsmitteln Unternehmen oder
während die Probanden, die eine Abneigung gegenüber die Werbung dies erreichen können, verlangt jedoch
Horrorfilmen hatten, nur negative Emotionen empfan- nach weiterer Forschung. Weitgehend unerforscht
den. Die Autoren schließen daraus, dass angsterzeugende ist auch die grundsätzliche Frage, ob es sinnvoll ist,
Situationen deshalb aufgesucht werden, weil die Fans sol- mixed emotions zu nutzen, selbst wenn die Gefahr
cher Stimuli Freude am Empfinden von Angst verspüren. besteht, dass am Ende nur das Unbehagen oder die
Ähnliche Zusammenhänge konnten für angsterregende negative Emotion mit der Marke verbunden wird.
Werbespots in einer Studie, in der das Zusammenspiel Hier sollten wir fragen: Erzeugen Werbeanzeigen
von Furcht und Hoffnung untersucht wurde (Madrigal mit mixed emotions eine höhere Aufmerksamkeit als
und Bee, 2005), gezeigt werden. In diesen Kontext kann solche mit reinen Emotionen und falls ja, mit welchen
auch die Fragestellung eingeordnet werden, inwiefern Gestaltungsmitteln lässt sich dies erreichen?
die Verwendung von provokativen und schockierenden (2) Abgrenzung der mixed emotions von motivationalen
Elementen in der Werbung nicht nur zu negativen Emo- Konflikten und kognitiver Dissonanz: Die Verwen-
tionen, sondern auch zu mixed emotions führt. dung des Begriffes „Ambivalenz“ für die in mixed
Die Arbeiten von Williams und Aaker (2002) haben auch emotions-Situationen auftretende Disharmonie (Wil-
andere Studien angestoßen, die untersuchen, ob und un- liams und Aaker, 2002) hat dazu geführt, dass in der
ter welchen Bedingungen die Inszenierung von mixed Literatur häufig auch Motivations- und Einstellungs-
emotions in der Werbung eine sinnvolle Werbestrate- konflikte als mixed emotions-Situationen behandelt
gie darstellt (Janssens, de Pelsmacker und Weverbergh, werden, obwohl vorwiegend Ziele, Präferenzen, Mo-
2007). Die Autoren heben (ähnlich wie Williams und tive oder Bedauern in Nachkaufsituationen im Vor-
Aaker) das Konstrukt „empfundenes Unbehagen“ als dergrund der Untersuchungen stehen. Beispielsweise
Mediator der Werbewirkung hervor. Zudem werden untersuchten Ramanathan und Williams (2007) die
Effekte der Reihenfolge in der Ansprache der beteilig- Konsequenzen von Konsumsituationen, die durch ei-
ten Emotionen untersucht (zunächst die positive, dann nen zeitweiligen Verlust der Selbstkontrolle gekenn-
die negative Emotion, oder umgekehrte Reihenfolge, zeichnet sind („indulgence“). Diese Fragestellungen
vgl. Labroo und Ramanathan, 2005). betreffen jedoch eher motivationale und kognitive
Konflikte.
Ausblick auf weitere Fragestellungen im Bereich (3) Mixed emotions können auch am Point-of-Sale eine
mixed emotions Rolle spielen, wie eine Studie von Penz und Hogg
(2011) zeigt. Die Autorinnen zeigen die Relevanz
(1) Auflösung von mixed emotions: Letztendlich ist der
von Mischemotionen als Folge von Ambivalenz-
schon erwähnte Aspekt von besonderer Bedeutung,
konflikten (siehe Kapitel Motivationen) auf. Hier
dass das gleichzeitige Erleben gegensätzlicher Emo-
beeinflussen mixed emotions das Kaufverhalten.
tionen ein instabiler Zustand ist, der nur für eine
Auch dieses Thema wird in Zukunft an Bedeutung
bestimmte (relativ kurze) Zeit existiert. Es stellt sich
gewinnen.
die Frage: Bleibt letztendlich eine der beiden Emoti-
onen bestehen? Wenn ja, welche der gegensätzlichen
Emotionen bleibt am Ende erhalten? Aaker, Drolet
IV. Motivation
und Griffin (2008) führten Experimente durch, bei
denen die spätere Erinnerung an mixed emotions
untersucht wurde. Sie konnten zeigen, dass die 1. Grundlagen der Motivationsforschung
Erinnerung an mixed emotions sehr viel schneller Die Frage nach dem „Warum“ hat seit Menschengeden-
verblasst als die Erinnerung an reine Emotionen. ken die Wissenschaft beflügelt, und so auch das Mar-
Dabei werden mixed emotions später lediglich in keting. Wir versuchen zu verstehen, warum Menschen
Form einer reinen Emotion erinnert. Am IKV durch- bestimmte Marken oder Produkte bevorzugen, warum
geführte erste Untersuchungen (Gröppel-Klein und sie sich irrational und nicht wie ein Homo oeconomicus
Spilski, i. V.) kommen allerdings zu einem anderen verhalten, warum sie einen spezifischen Lebensstil an-
Ergebnis. Danach verblasst die Werbewirkung von streben, andere dagegen vehement ablehnen, warum sie
mixed emotions-Filmen weniger schnell. Diese Frage sich durch Medien und Werbekampagnen beeinflussen
sollte noch weiter untersucht werden. Daneben sollte lassen, auch wenn sie dies nicht zugeben möchten, war-
B. Aktivierende Prozesse 157

um sie beim Einkaufen nicht nur Wert auf Auswahl und willentlich Verführungen widerstehen kann. Dabei lie-
Qualität von Waren legen, sondern auch auf unverwech- gen – wie so häufig – die Wurzeln für diese Fähigkeit in
selbare Einkaufserlebnisse. Kurzum: Wir versuchen zu der Kindheit und Erziehung durch die Eltern (Van Bergen
ergründen, warum Menschen sind, wie sie sind. Unter und Laran, 2016). Grundsätzlich lautet die Frage: Warum
Motivation versteht man ein theoretisches Konstrukt, mit und wann versage ich mir diesen Konsum?
dem die Antriebe, also die Ursachen des Verhaltens er- Auf der Basis unterschiedlicher Konsummotive lassen
klärt werden sollen. Die Motivationspsychologie beschäf- sich außerdem Konsumententypologien bilden (z. B.
tigt sich demnach mit der Zielgerichtetheit von Verhal- Schnäppchenjäger, Variety Seeker), sodass für die einzel-
ten, also mit der Frage, wie Ziele entstehen und ob diese nen Segmente gezielte Marketingmaßnahmen abgeleitet
bewusst oder unbewusst unser Verhalten lenken. Allen werden können.
Antriebskräften ist gemeinsam, dass sie das Individu-
Das Konstrukt Motivation ist eng mit den Begriffen Emoti-
um über spezifische und allgemeine Erregungsvorgänge
on und Einstellung verbunden. Einer Emotion fehlt in der
dazu bringen, aktiv zu werden. Darüber hinaus bestim-
Regel allerdings eine Ausrichtung auf konkrete Hand-
men diese Antriebskräfte bereits die allgemeine Rich-
lungsziele. Wird eine innere Erregung mit einer solchen
tung des Verhaltens: In positiver Richtung erfolgt eine
kognitiven Zielorientierung gekoppelt, so sprechen wir
Hinwendung zur Situation, in negativer Richtung eine
von Motivation (zielorientierter Antriebsprozess). Anders
Vermeidung der Situation. Ein übergeordneter Zielzu-
ausgedrückt: Die auf Emotionen beruhenden inneren
stand ist beispielsweise „Wohlbefinden“. Viele Menschen
Erregungsvorgänge treten in Wechselwirkungen mit ko-
versuchen daher, bewusst oder unbewusst, Ereignisse
gnitiven Prozessen, die das Verhalten des Individuums
herbeizuführen, die positive emotionale Erlebnisse mit
auf spezifische Ziele ausrichten. Instinkte dagegen sind
sich bringen, während Ereignisse, die negative Affekte
angeborene (ungelernte) Verhaltensmuster, die durch
anregen, gemieden oder verhindert werden sollen. Man
Schlüsselreize ausgelöst werden und dann automatisch
spricht hier nach Puca und Langens (2008, S. 192) auch
nach einem bestimmten Muster ablaufen (Puca und
von „Affektoptimierung“50. So strengt sich ein Student
Schüler, 2017). Motivationen bestehen somit aus zwei
bei einer Klausur besonders an, um nachher Stolz und
Komponenten. Die emotionale Komponente stellt die
Anerkennung erfahren zu können oder, negativ formu-
Grundlage für die Auslösung eines Handlungsprozesses
liert, um nicht das unangenehme Gefühl des „Durchfal-
dar, während die Wissenskomponente für die Richtung
lens“, der Niederlage, erleben zu müssen.
der Handlung verantwortlich ist. Für die Auswahl der
Produkte, Marken oder Einkaufsstätten, die den erlebten
Die Frage nach dem „Warum“ stellt die motivationalen Spannungszustand am besten beseitigen können, kann
Faktoren des Handelns in den Vordergrund. das Individuum auf die intern gespeicherten Einstellun-
gen zu den unterschiedlichen Meinungsgegenständen
In der Konsumentenverhaltensforschung will man seit zurückgreifen.
ihrer Entstehung besonders genau wissen, was den Kon- Nicht selten werden Triebe gesondert ausgewiesen.
sumenten „umtreibt“. Die wissenschaftlich fundierte Triebe werden durch eine innere Stimulierung, die der
Motivations- bzw. Motivforschung beschäftigt sich bei- Aufrechterhaltung eines körperlichen Gleichgewichts
spielsweise mit den Fragen, aus welchen Beweggründen dient, hervorgerufen. So führen Abweichungen von bio-
Konsumenten bestimmte Kaufentscheidungen treffen, logischen Sollwerten des Stoffwechsels, zum Beispiel ein
warum welche Betriebsform des Handels aufgesucht Unterschreiten der Glukosewerte und ein Ansteigen der
wird oder warum bestimmte Werbebotschaften präfe- freien Fettsäuren, im Rahmen von biologischen Gleich-
riert werden und andere nicht. In letzter Zeit interes- gewichtsregelungen zu einem Hungertrieb. Die Triebe
siert man sich auch für die Thematik51, ob und wie man werden also dadurch aktualisiert und verhaltenswirk-
sam, dass das biologische Gleichgewicht (aufgrund einer
50 Nach Ansicht von Häusel (2008) ist das einzig „Rationale“
im Leben eines Konsumenten die Optimierung der positiven Beispiel mit der Frage, wie es Konsumenten gelingt, eine Diät
und die Minimierung der negativen Emotionen. einzuhalten, obgleich sie mit verführerischen Lebensmitteln
51
Man spricht hier auch von „Volition“ (Willenskraft zur konfrontiert werden (siehe auch Ramanathan und Williams,
Unterdrückung von angeregten Handlungstendenzen) bzw. 2007). Königstorfer und Gröppel-Klein (2012a) zeigen, dass
„consumer self control“ (Hoch und Loewenstein, 1991; Fish- Nährwertangaben auf der Vorderseite der Produktverpackung
bach, Friedman und Kruglanski, 2003; Baumeister, Sparks et al., Konsumenten mit geringer Selbstkontrolle helfen, gesünde-
2008; Hagger, Wood et  al., 2010). In der Konsumentenverhal- re Kaufentscheidungen zu treffen. Lett, Joireman und Sprott
tensforschung (siehe auch im Ersten Teil das Stichwort „Trans- (2012) machen auf den Zusammenhang zwischen Selbstkont-
formative Consumer Research“) beschäftigt man sich zum rolle und Impulskaufverhalten aufmerksam.
158 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

grundlegende kognitive
Antriebskräfte Antriebskräfte

Emotionen Zielorientierung

Handlungs-
Triebe programme

Motivation
Abb. 72: Variableninteraktion zur
Klärung des Motivationsbegriffes

Reizkonstellation) gestört wird. Ein Mangel an Nahrung Auch die Begriffe Motivation und Motiv sind eng mitei-
führt zu Hunger: Es tritt ein „biologischer Bedarf“ auf, nander verwandt. Der Ausdruck Motiv wird vielfach zur
der die Antriebskräfte zu seiner Befriedigung mobilisiert. Kennzeichnung einer überdauernden, latenten Disposition
Deren Stärke hängt vom Ausmaß des vorausgegangenen benutzt, während sich der Begriff Motivation auf den
Entzugs triebreduzierender Mittel ab: Je länger Hunger Prozess der Aktualisierung eines Motivs bezieht.
nicht gestillt wird, desto stärker werden die Anstren- In der Literatur werden primäre und sekundäre Motive
gungen, ihn zu befriedigen. Wichtige weitere Triebe sind voneinander unterschieden. Es wird auch von biogenen
neben Hunger beispielsweise Durst und Sexualität. bzw. soziogenen Motiven53 gesprochen, wodurch zum
Ausdruck gebracht wird, dass die einen angeboren und
Triebe können als physiologische Mangelzustände ver- die anderen im Laufe der Sozialisation erworben werden
standen werden, die ein „Verhalten energetisieren, das (Puca und Schüler, 2017, S. 244). Bei den primären (bzw.
zum Ziel hat, den Mangelzustand zu beheben“ (Puca und biogenen) Motiven handelt es sich um angeborene Be-
Schüler, 2017, S. 226). Das ist biologisch vorprogrammiert. dürfnisse, wie z. B. Hunger oder Durst, die jedes Indivi-
Man spricht daher auch von Primärmotiven (s. u.). duum stillen muss, um existieren zu können. Triebe sind
somit Primärmotive. Die sekundären (bzw. soziogenen)
Aus der Interaktion zwischen den affektiven und den Motive werden im Laufe des Sozialisierungsprozesses
kognitiven Prozessen, die zu Zielbestimmungen und erworben. Hier erfährt das Individuum zum einen, wie
Handlungsprogrammen führen, entsteht die Motivation primäre Motive befriedigt werden können (z. B. Geld-
(Abb. 72). Ein einfaches Beispiel: Durch das Zusammen- erwerb als sekundäres Motiv, um Hunger als primäres
wirken des Triebes Hunger mit kognitiven Vorgängen der Motiv zu befriedigen). Zum anderen lernt das Individu-
Zielorientierung („Wo kann ich meinen Hunger stillen?“) um durch die Interaktion mit anderen Menschen oder
kommt die Motivation zustande, in ein Restaurant zu durch Erfahrungen mit der physischen Umwelt weitere
gehen. Welches Restaurant dann ausgesucht wird, hängt Bedürfnisse kennen, die zwar nicht lebensnotwendig
wiederum von den Einstellungen52 zu unterschiedlichen sind, aber für das Individuum von großer Bedeutung
Restaurants oder von situativen Gegebenheiten ab (räum- sein können (z. B. Macht- oder Statusstreben).
liche Nähe, Zeitdruck etc.). Die Bedürfnispyramide von Maslow gilt als einer der
Die Motivation ist demzufolge ein komplexer, zielori- bekanntesten, aber auch umstrittensten Versuche, Mo-
entierter Antriebsprozess, der sich formelhaft wie folgt tive zu klassifizieren. Maslow (1975) unterscheidet fünf
ausdrücken lässt: Motivklassen: 1. physiologische Bedürfnisse wie Hun-
ger und Durst, 2. Sicherheit, 3. Zuneigung und Liebe,
Motivation = grundlegende Antriebskräfte + kognitive
53
Zielorientierung. Vielfach wird zur Unterscheidung primärer und sekundärer
Motivklassen auch das Wortpaar physiologische (angeborene
Bedürfnisse) und psychologische Motive verwendet. Die psy-
chologischen Motive sind in der Regel von der Kultur abhän-
52 Zum Wesen der Einstellung siehe nächstes Kapitel. gig, in der das Individuum aufwächst.
B. Aktivierende Prozesse 159

Abb. 73: Bedürfnispyramide


nach Maslow

4. Selbstachtung und Geltungsstreben, 5. Selbstverwirk- motivationalen Wirkung nimmt nicht ab. Vielmehr wird
lichung (siehe Abb. 73). Diese sind hierarchisch geordnet, nach jeder erfolgreichen Betätigung eine neue Heraus-
d. h., wenn Bedürfnisse einer Ebene befriedigt sind, wird forderung gesucht.
die nächsthöhere Stufe aktiviert54. Während die ersten Rothermund und Eder (2011, S. 95f.) erklären, dass in der
drei und teilweise auch die vierte Motivebene als Defi- Motivationsforschung heute vor allem drei Basismotive,
zitmotive bezeichnet werden, die durch entsprechende nämlich Leistungsstreben, Machtwillen und Wunsch
Güter befriedigt werden können und damit in ihrer mo- nach Anschluss bzw. Bindung eine besondere Relevanz
tivationalen Wirkung nachlassen, stellen die Selbstver- haben, da angenommen wird, dass jegliches Verhalten
wirklichungsmotive, auch Selbstaktualisierungsmotive auf eines dieser drei Motive zurückzuführen ist. Hier
genannt, nach Maslow „unstillbare Bedürfnisse“ dar, zeigen sich thematische Überlappungen mit Maslows
die nach ständiger Verbesserung rufen. Die Stärke der Bedürfnispyramide, allerdings wird keine hierarchische
Ordnung oder Einteilung in Defizit- und Wachstumsmo-
54
Das ist allerdings eine idealtypische Betrachtungsweise. Bei tive vorgenommen.
vielen Menschen ist die Motivationsrangfolge anders ausge-
prägt, weil es zum Beispiel Leute gibt, „für die Geltung wichti- Schließlich stellt auch die Identifikation „verborgener“,
ger ist als Liebe“ (Maslow, 1975, S. 373). Es ist auch nicht so, dass unbewusster Bedürfnisse seit 100 Jahren ein wichtiges
eine Motivation stets vollständig erfüllt sein muss, bevor eine Forschungsfeld dar, das eng mit dem Namen Sigmund
höherstehende Motivation wirksam werden kann. Meistens Freud (1915) verbunden ist. So diskutiert man in der Kon-
sind die vorhandenen Bedürfnisse nur teilweise befriedigt. Es sumforschung spätestens seit den 1950er-Jahren über die
kommt deswegen auf die relative Befriedigung an: So müssen
psychoanalytische Motivforschung und unterscheidet
zum Beispiel die Motivationen eines Menschen aufgrund von
physiologisch (biologisch) bedingten Bedürfnissen zu 85 % bewusste und un(ter)bewusste Motive55. Ernest Dichter
erfüllt sein, aufgrund von Sicherheitsbedürfnissen zu 70 % oder (1964) beispielsweise behauptete, dass der Verzehr von
die Motivationen aufgrund von Zuneigungsbedürfnissen zu Speiseeis den Wunsch nach Sicherheit stillen könne, wäh-
50 % usw. (Maslow, 1975, S. 375). Siehe auch Rothermund und
Eder (2011, S. 97 f.); zur Messung der Maslowschen Motive siehe
55
Taormina und Gao (2013) sowie die Ausführungen zu „Werten Heute wird in der Regel nur noch der Begriff des „Unbe-
im Marketing“ in Kapitel V (Einstellung). wussten“ verwendet (Behrens und Neumaier, 2004).
160 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

rend Ketchup das Unabhängigkeitsstreben und Wodka zesse wird (wenn eine Person bewusst wahrnimmt,
den Wunsch nach Individualität befriedigen könne. Gibt fühlt und denkt). Monitoring-Bewusstsein betrifft
es die „geheime Verführung“ (Packard, 1958), der wir den reflexiven Charakter des Bewusstseins, d. h., das
machtlos ausgesetzt sind, oder ist das ein lang gehegter Wissen über die eigenen Wahrnehmungen, Gedan-
Mythos? Viele psychoanalytisch gewonnenen Erkennt- ken oder Gefühle (z. B. wenn eine Person darüber
nisse werden heute zwar angezweifelt oder kontrovers nachdenkt, was sie wahrnimmt, fühlt und denkt.)
diskutiert, haben aber schon frühzeitig auf die Relevanz Man spricht hier auch von Metakognition.
unbewusster Prozesse aufmerksam gemacht (Behrens (3) Bewusstsein kann schließlich auch in Abhängigkeit
und Neumaier, 2004). Diese stehen heute – wie bereits im vom Wachheits- bzw. Erregungszustand charakteri-
ersten Kapitel angesprochen – im Fokus des Forschungs- siert werden. Hier wird der Bezug zu der tonischen
interesses vieler (Sozial-)Psychologen. Auf die Motivati- und phasischen Aktivierung deutlich.
onskraft von Archetypen nach Jung werden wir später
noch zu sprechen kommen. An dieser Stelle sei zunächst Allerdings laufen nicht alle geistigen Leistungen für uns
ein Exkurs auf die Unterscheidung von bewussten und bewusst wahrnehmbar ab. Viele Prozesse werden von
unbewussten Prozessen erlaubt. uns gar nicht bemerkt und verlaufen daher unbewusst.
Es findet somit eine Reizwahrnehmung bzw. -verarbei-
2. Exkurs: Bewusste und unbewusste Prozesse tung ohne damit verbundenes subjektives Erlebnis statt,
die aber durchaus das Verhalten beeinflussen kann. Das
Bewusste Prozesse: In unserer Alltagssprache ist „Be- Bewusstsein wurde „entthront“ (Bargh, 2002, S. 281). Die-
wusstsein eng mit dem individuellen Erleben der Au- se Erkenntnis wird seit vielen Jahren auch in der Konsu-
ßen- und Innenwelt und auf diese Weise mit der eigenen mentenverhaltensforschung berücksichtigt. Allerdings
Identität verknüpft“ (Kiefer, 2008, S. 156). Der Bewusst- mehren sich auch die Stimmen, die Effektivität der
seinsbegriff ist äußerst heterogen: Bewusste Prozesse unbewussten Prozesse (z. B. in Bezug auf unbewusstes
beziehen sich auf die Beachtung bzw. das Bemerken und Entscheidungsverhalten) nicht überzubewerten (Newell
Reflektieren (eben auf die Bewusstheit) von umweltbe- und Shanks, 2014). In der Psychologie wird diesbezüglich
zogenen und mentalen Ereignissen; damit lassen sich derzeit eine sehr kontroverse Diskussion geführt, die wir
verschiedene Aspekte des Bewusstseins unterscheiden an verschiedenen Stellen dieses Abschnitts zumindest
(Solso, 2005, S. 130): andeuten möchten. Einen guten Einblick in die grund-
(1) Zum Bewusstsein gehört, dass man Reize aus der sätzliche Diskussion gibt der Kommentar von Goldstein
Umwelt (wie etwa Bilder, Farben, Töne, Tastempfin- und Harris (2017) zu einer Veröffentlichung von Hessel-
dungen und Gerüche) mithilfe von Sinneswahrneh- mann und Moors (2013). Die Autoren geben auf die Frage,
mungen erkennt. Beispielsweise kann ein Konsument ob unbewusste Prozesse ähnliche Funktionen ausführen
plötzlich auf ein Werbeplakat an der Bushaltestelle, können wie bewusste Vorgänge, die kryptische Antwort
auf die lange Warteschlange an der Supermarktkasse „definitely maybe“.
oder auf ein neues Produkt im Regal achten. Diese
Doch zunächst wollen wir die unbewussten Prozesse
Form des Bewusstseins wird auch als phänomenales
näher erläutern. Stellen wir uns einfach zunächst einen
Bewusstsein bezeichnet (Kiefer, 2017, S. 156) und hängt
Konsumenten vor, der einen Werbespot für Kaugummi
mit dem bereits erläuterten Konstrukt der Aufmerk-
im Fernsehen sieht. Später im Geschäft könnte er vor
samkeit zusammen.
dem Kaugummi-Regal bewusst an den Kaugummi-Spot
(2) Zum (phänomenalen) Bewusstsein gehört auch, dass
zurückdenken und diese Erinnerung könnte seine Kauf-
man von mentalen Ereignissen (innere Bilder, Träu-
entscheidung beeinflussen. Jedoch ist es auch möglich,
me, Gedanken, Gefühle und Erinnerungen) Kenntnis
wenn nicht sogar wahrscheinlicher, dass die Kaufent-
nimmt. Beispielsweise kann ein Konsument begeistert
scheidung des Konsumenten durch den Kaugummi-Spot
von einem unterhaltsamen Werbespot sein, sich ei-
beeinflusst wird, ohne dass sich dieser die Informatio-
nen bestimmten Markennamen ins Gedächtnis rufen,
nen bewusst ins Gedächtnis zurückruft (Shapiro und
den Freunden die Situation mit dem sympathischen
Krishnan, 2001).
Verkäufer erzählen oder sich im Supermarkt überle-
gen, welcher Weg der kürzeste zum Pasta-Regal ist. Unbewusste Prozesse: Norman (2010) macht deutlich,
Hier wird zusätzlich die Unterscheidung zwischen dass es derzeit noch keine anerkannte oder einheitliche
Zugriffsbewusstsein und Monitoring-Bewusstsein Definition dessen gibt, was man unter Unbewusstsein
getroffen (Kiefer, 2017, S. 156). Zugriffsbewusstsein versteht. Manche Autoren (z. B. Williams und Poehlman,
liegt dann vor, wenn eine Repräsentation Gegenstand 2016) plädieren dafür, unbewusste und bewusste Pro-
koordinierter und kontrollierter Verarbeitungspro- zesse als miteinander interagierende Prozesse zu ver-

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B. Aktivierende Prozesse 161

stehen. Derzeit wird die Dichotomie von Bewusstsein und Neumaier, 2004, S. 12). Bargh und Morsella (2008,
und Unbewusstsein somit immer mehr angezweifelt und S. 74) machen darauf aufmerksam, dass es „unfair“ sei,
stattdessen von einem graduellen Vorgang gesprochen „unbewusste Informationsverarbeitung“ mit „unter-
(Plassmann und Mormann, 2017): Unbewusste Prozesse bewusster Informationsverarbeitung“ gleichzusetzen.
gehen demnach den bewussten Prozessen voraus (Bargh Unterbewusste Reize seien per Definition so schwach,
und Morsella, 2008, S. 73). Die Autoren erklären zudem, dass sie nicht erkannt werden könnten und würden in
dass verschiedene unbewusste Systeme voneinander zu der Regel durch spezielle Apparaturen erzeugt (sie lä-
unterscheiden seien: Auf der perzeptuellen, der moti- gen somit nicht „natürlich“ in der Umwelt vor). Folglich
vationalen oder der evaluativen Ebene. Somit könnten (so die Autoren) könnten sie nicht die Kraft haben, das
wir zwischen menschliche Verhalten so zu beeinflussen wie Reize,
(1) unbewussten Wahrnehmungen, die zwar im Prinzip erkennbar sind, auf die jedoch die
Aufmerksamkeit nicht gerichtet ist und die deshalb un-
(2) unbewussten Bedürfnissen bzw. Zielen
bewusst verarbeitet würden. Der Mensch nimmt die-
(3) und unbewusstem Urteilsvermögen differenzieren.
se Reize also nur unabsichtlich (unintentional) wahr, sie
Es werden verschiedene Arten der unbewussten Wahr- können sein Verhalten oder seine Empfindungen jedoch
nehmung diskutiert, deren Differenzierungskriterium zum Teil erheblich beeinflussen, ohne dass er sich dessen
die Aufmerksamkeit ist (Behrens und Neumaier, 2004, bewusst ist.
S. 12f.). Im Angloamerikanischen wird hierfür der Begriff
„awareness“ vorgeschlagen (Williams und Poehlman, Unbewusste Wahrnehmung lässt sich auch durch den
2016). Vorgang der unabsichtlichen Reizverarbeitung charak-
(1) Unbewusste Wahrnehmung liegt bei Reizen vor, die terisieren. Im Mittelpunkt der Erforschung unbewusster
auch dann nicht bewusst wahrgenommen werden Prozesse stehen jedoch nicht die Verarbeitungsprozesse,
sondern die unbewussten Auswirkungen (die Effekte) un-
können, wenn die Aufmerksamkeit auf sie gerichtet
absichtlich aufgenommener Stimuli.
ist. Dazu zählen sehr schwache Reize, z. B. visuelle
Reize, die nur wenige Millisekunden präsentiert wer-
den. Zudem ist der Begriff „subliminal“ gerade in der Wer-
(2) Man spricht ebenso von unbewusster Wahrnehmung, bewirkungsforschung und -praxis in Verruf geraten, da
wenn die Reize so lange präsentiert werden oder vor- „unterschwellige Werbung“ in Verbindung mit „Kon-
handen sind, dass man sie aufnehmen könnte, dies sumrausch“ und „geheimen Verführern“ (Packard,
jedoch nicht tut, da die Aufmerksamkeit auf andere 1958) gebracht wurde (vgl. dazu die Diskussion um die
Dinge gerichtet ist. sehr umstrittenen sogenannten Vicary-Untersuchun-
gen). Auch deshalb wird in der deutschen Literatur der
Beide Prozesse sollen im Folgenden näher und getrennt weniger stark belastete Begriff „unbewusste Wahrneh-
voneinander beleuchtet werden: mung“ benutzt. Für die Bezeichnung der Methode hat
Zu (1): Für Reize, deren Stärke nicht ausreicht, um be- sich jedoch vielfach der Begriff „subliminal priming“
wusst wahrgenommen zu werden, findet sich häufig durchgesetzt.
der Begriff „unterschwellige Wahrnehmung“ („subli- Priming („Bahnung“) bezieht sich generell (nicht nur
minal perception“). In der Literatur ist der Begriff „un- subliminal) auf die verbesserte Fähigkeit, Stimuli auf-
terschwellig“ umstritten. zudecken oder zu identifizieren, falls diese Stimuli in
Unbewusste versus unterschwellige Wahrnehmung: der gleichen, in ähnlicher oder assoziierbarer Form aus
Die Gegner der Bezeichnung „subliminal“ sind der früheren Erfahrungen bekannt sind. Man spricht auch
Auffassung, sie impliziere die Existenz einer Wahrneh- von der „Erleichterung einer Reaktion auf einen Zielreiz
mungsschwelle mit einer Mindestreizstärke, die ein Reiz (target) aufgrund der vorherigen Darbietung eines Bah-
überschreiten muss, um überhaupt verarbeitet werden nungsreizes (prime)“ (Kiefer, 2017, S. 179)56.
zu können (Kiefer, 2017, S. 180; Bargh und Morsella,
2008). Informationsverarbeitung kann bei jeder beliebi- 56
Ein Beispiel: Wenn einigen Probanden zuerst ein rotes, an-
gen Reizstärke einsetzen (Zago, Fenske et al., 2005), bei deren ein grünes Quadrat (= Prime) gezeigt wird, und sie dann
„unterschwelligen“ Reizen reicht die Reizstärke jedoch die Aufgabe erhalten, bei den im Folgenden gezeigten Buch-
stabenketten anzugeben, ob es sich jeweils um ein richtiges
nicht aus, um den Reiz zu erkennen. Es handelt sich Wort oder nur um Buchstabensalat handelt, dann werden die
also eher um eine Erkennensschwelle (Kiefer, 2017) als Probanden, die vorher das rote Quadrat gesehen haben, das
um eine Wahrnehmungsschwelle, die zudem stark von Wort BLUT schneller identifizieren können als die Probanden,
persönlichen und situativen Faktoren abhängt (Behrens die das grüne Quadrat gesehen haben (vgl. Solso, 2005, S. 114).
162 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Nach Bargh (2016, S. 49) wird bei subliminalen Pri- subliminales Priming mit Wörtern durch, die etwas mit
ming-Experimenten per se der Prime so dargeboten, Durst zu tun haben. Nach dem Priming beurteilten die
dass er nicht bewusst wahrgenommen werden kann, durstigen Probanden ein präsentiertes Getränk besser
da es hier vor allem darum gehe, welche unbewussten als die nicht durstigen Probanden.
Folgen ein solches Priming hat. Bekannt wurde diese
Karremans, Stroebe und Claus (2006) erweiterten diese
Prozedur durch Experimente, die wahrscheinlich nie-
Studie, um Markenentscheidungseffekte zu untersuchen.
mals stattfanden.
Auch sie teilten die Probanden in zwei Gruppen ein
„Vicary-Untersuchungen“: James Vicary, Inhaber einer (durstig/nicht durstig), bahnten diese jedoch entweder
amerikanischen Werbeagentur, behauptete 1957, er habe mit dem Markennamen Lipton Ice oder mit einem neu-
während einer Kinovorstellung die Worte „Drink Coke“ tralen Prime (eine Kombination derselben Buchstaben
und „Eat Popcorn“ jeweils für wenige Millisekunden wie in Lipton Ice, „Npeic Tol“, aber ohne Sinn). Danach
aufblitzen lassen, was zu einer Verkaufssteigerung von wurden die Probanden gebeten, sich zwischen Lipton
Coca-Cola um 18 Prozent und von Popcorn um 50 Pro- Ice und Mineralwasser zu entscheiden: Sowohl die durs-
zent geführt habe. Diese Mitteilung schreckte die Öffent- tigen als auch die nicht durstigen bevorzugten Lipton
lichkeit auf, fühlte man sich doch von unbeeinflussbaren Ice, wenn sie vorher mit dem Markennamen gebahnt
Mächten manipuliert. Später gab Vicary zu, bezüglich der worden waren. Dieser Unterschied war jedoch bei den
Höhe der Absatzsteigerungen gelogen zu haben (Strahan, durstigen Probanden sehr stark ausgeprägt und nur sehr
Spencer und Zanna, 2002). Es hieß sogar, dass die besagte schwach bei den nichtdurstigen. Einfach ausgedrückt:
Studie nie stattgefunden hätte. Nichtsdestotrotz stellt Der unterschwellig präsentierte Markenname Lipton Ice
sich die Frage nach dem tatsächlichen Einfluss solcher führte vor allem dann zu einer Präferenz für Lipton Ice,
unbemerkt wahrgenommenen Stimuli auf das Verhalten. wenn die Probanden durstig waren. Allerdings wurden
Obwohl die Kino-Studie nie in dieser Form repliziert die Teilnehmer in dieser Studie (Karremans, Stroebe und
wurde, hat Vicary die Forschung inspiriert, und es exis- Claus, 2006) vor keine tatsächliche Entscheidung gestellt,
tieren einige Studien, die dem von Vicary behaupteten sondern es fand eine virtuelle Entscheidung statt, d. h.,
Effekt in Laboruntersuchungen nachgehen. sie sollten am Computer das präferierte Getränk ankli-
In einem bekannt gewordenen Cola-Experiment wur- cken. Zudem könnten schlicht Präferenzen für Eistee im
den zwei Experimentalgruppen mit Getränkebegriffen Vergleich zu Wasser vorgelegen haben.
(„Getränk“ oder „Cola“) und eine Kontrollgruppe mit
Bermeitinger, Goelz et al. (2009) griffen die Erkennt-
neutralen Begriffen gebahnt. Danach wurden allen Pro-
nisse und die skizzierten Kritikpunkte an der Studie
banden Getränke angeboten, wobei sie sich zwischen
von Karremans, Stroebe und Claus (2006) auf und führ-
Mineralwasser und Cola entscheiden mussten. Beide Ex-
ten ein ähnliches Experiment durch. Hier wurde das
perimentalgruppen tranken mehr als die Kontrollgrup-
Logo der Traubenzuckermarke Dextro subliminal in
pe, allerdings gab es keinen Einfluss des „Cola“-Primes
ein Computerspiel eingebunden. Diesmal wurde reales
auf die Auswahl der Getränke, d. h., es gab keine Effekte
Verhalten gemessen, d. h., es wurde genau gezählt, wie
bezüglich der Markenentscheidung (Dijksterhuis, Aarts
viel Traubenzucker die Probanden nach dem Priming
und Smith, 2005).
zu sich nahmen. Die Ergebnisse ergaben, dass die mü-
Strahan, Spencer und Zanna (2002) gehen davon aus, den Testpersonen verstärkt zum Traubenzucker griffen,
dass subliminales Priming nur dann funktioniert, wenn während die munteren Teilnehmer nur wenig von den
der Prime auf eine bestehende und passende Motivation Traubenzuckerstückchen nahmen. Nach Ansicht der
trifft. Sie teilten Probanden in durstige und nicht durs- Autoren funktioniert das unterschwellige Priming also
tige Gruppen auf und führten in beiden Gruppen ein nur, wenn sich der Prime zum einen auf ein vorhande-
nes Bedürfnis bezieht und zum anderen, wenn sich die
Die Voraktivierung durch den Prime macht das Wiedererken- Testpersonen in einer Situation befinden, in der genau
nen des Zielreizes leichter. Beim semantischen Priming erfolgt dieses Bedürfnis gestillt werden kann. Im Prinzip be-
die Erleichterung der Reaktion auf einen Zielreiz aufgrund der
stätigen sie die Ergebnisse von Karremans, Stroebe und
vorherigen Darbietung eines inhaltlich verwandten (seman-
tischen) Bahnungsreizes. Probanden, denen man vorher das Claus (2006).
Wort TISCH gezeigt hat und die nun das Wort STUHL erken- Schließlich zeigen die Ergebnisse von Verwijmeren, Kar-
nen sollen, werden eine kürzere Reaktionszeit aufweisen als
Probanden, denen man vorher das Wort BROT gezeigt hat und
remans et al. (2011), dass nicht nur eine Übereinstim-
die nun das Wort STUHL erkennen sollen. Auch hier führt die mung (Passung) zwischen Prime und Motivation vor-
Voraktivierung durch den Prime zu einer schnelleren Reaktion liegen muss, um Verhalten zu beeinflussen. Außerdem
auf den Zielreiz (STUHL). sollte ein subliminal präsentierter Markenname nicht
B. Aktivierende Prozesse 163

die Top-of-the-Mind-Marke bzw. die von der Testperson sogenannte „unterschwellige Werbung“ in Deutschland
habituell präferierte Marke sein. Wenn ein Konsument aus Verbraucherschutzgründen nicht erlaubt.
beispielsweise gewohnheitsmäßig Pellegrino-Mineral- Zusammenfassend kann nach Sichtung verschiedener
wasser trinkt, dann kann die Konkurrenzmarke Perrier Experimente festgehalten werden:
als subliminaler Prime wirken und zu erhöhtem Kon-
sum führen, nicht aber Pellegrino als ohnehin habituell
gewählte Marke. Die Autoren wählten in ihrer Studie (Subliminale) Priming-Effekte sind stärker, wenn sie mit
bereits aktivierten Zielen/Motivationen korrespondieren
die beiden Eistee-Marken Spa Rood und Lipton Ice Tea
(Bargh, 2016, S. 49).
(unbekannte vs. bekannte Marke). Es stellte sich die
Frage, ob der Bekanntheitsgrad eine Rolle spielt und Priming wirkt in der Regel nur kurzfristig (Smarandescu
und Shimp, 2015).
für das Ergebnis verantwortlich ist. Die Autoren ma-
chen hier darauf aufmerksam, dass die geprimte Marke
auf jeden Fall mit dem Bedürfnis „trinken“ assoziiert Zu (2): Unbewusste Wahrnehmung liegt außerdem bei
werden müsse (wie auch von Bermeitinger, Goelz et al., Reizen vor, die bewusst wahrgenommen werden könn-
2009 postuliert), also bekannt sein müsse, es dürfe sich ten, aber aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit nicht
aber nicht um die gewohnheitsmäßig gekaufte Marke bewusst verarbeitet werden. Dazu gehören Reize, die
handeln (Verwijmeren, Karremans et al., 2011, S. 211). nur beiläufig aufgenommen werden oder solche, die die
Ihrer Ansicht nach erklärt ihre Studie auch, warum vie- Aufmerksamkeit des Konsumenten mit anderen Reizen
le subliminale Priming-Experimente missglückt sind, teilen müssen (Shapiro und Krishnan, 2001). Beispiele
nämlich weil zu häufig habituell gekaufte Marken sind:
als Prime gewählt worden seien (wie z. B. Coca-Cola). ●● Nur im peripheren Blickfeld auftretende Reize, wie
Zu etwas anderen Erkenntnissen kommt eine Veröf- z. B. Bannerwerbung in Fußballstadien,
fentlichung von Smarandescu und Shimp (2015). Hier ●● geteilte Aufmerksamkeit für das Radioprogramm
werden drei Experimente dargelegt, die zeigen, dass
(inklusive Radiowerbung) während des Autofahrens,
das (unterschwellige) Priming von Getränkemarken
●● die unbewusste Wahrnehmung von Düften oder Mu-
(Marktführer vs. unbekannte Marke) durchaus dem
sik, während sich der Konsument auf visuelle Reize
Marktführer zugutekommt, wenn die Teilnehmer des
im Geschäft konzentriert.
Priming-Experiments durstig sind. Allerdings verpufft
der Effekt, wenn zwischen dem Priming und der Ge- Angesichts der Tatsache, dass Konsumenten nur einem
tränkewahl eine Zeitspanne von 15 Minuten liegt. Die kleinen Teil ihrer Umwelt die volle Aufmerksamkeit
Autoren schlussfolgern zum einen, dass Priming nur schenken (man schätzt, dass es sich hierbei lediglich um
sehr kurzfristig wirkt und fordern zum anderen sehr 10 Prozent aller zur Verfügung stehenden Reize handelt),
viel realistischere Experimente (die beispielsweise auch sind mögliche Effekte von beiläufig wahrgenommenen
Ablenkungseffekte berücksichtigen, wie sie am Point- Stimuli für das verhaltenswissenschaftliche Marketing
of-Sale ja vielfach vorhanden sind). von hoher Relevanz. Das gilt sowohl für den Verbrau-
cherschutz als auch für das Marketing zur Ableitung
Insgesamt betrachtet weisen die Ergebnisse durchaus von Sozialtechniken zur Beeinflussung des Konsumen-
auf mögliche Effekte des subliminalen Priming hin. tenverhaltens.
Es stellt sich allerdings die Frage nach der Dauerhaftig-
keit derart gebahnter Verhaltensweisen. Es wäre wün- In Supermärkten ist der Konsument oft Tausenden von
schenswert, Experimente durchzuführen, bei denen das Marken ausgesetzt, ohne dass seine Aufmerksamkeit
Ess- oder Trinkverhalten erst nach einer zeitlichen Verzö- auf diese enorme Vielfalt an Stimuli gerichtet ist. Selbst
gerung gemessen wird. Zudem scheint sich abzuzeich- wenn der Konsument sich vielleicht konzentriert mit
nen, dass subliminales Priming in Werbebotschaften vor nur einem Produkt auseinandersetzt, so beeinflusst die
allem in Bezug auf diejenigen Verhaltensweisen funk- unabsichtlich wahrgenommene Reizvielfalt doch sein
tioniert, für die Konsumenten bereits eine Motivation Verhalten. Zudem wird der Kunde, bevor er ein Geschäft
entwickelt haben. Die bisherigen Studien beschäftigen betritt, immer wieder mit Markenbotschaften konfron-
sich außerdem nur mit Produkten, die eher Basismoti- tiert, ohne es zu wissen.
vationen (Hunger, Durst) ansprechen. Es stellt sich hier Ferraro, Bettman und Chartrand (2009) führten zu dieser
die Frage, ob die Ergebnisse auch bei „höheren“ Motiva- Thematik ein interessantes Experiment durch. Sie gehen
tionen (z. B. Selbstverwirklichung) replizierbar sind. In davon aus, dass der Konsument im Alltag unabsichtlich
vielen Studien wurden zudem auch gar keine Effekte des vielen verschiedenen Marken ausgesetzt ist („incidental
subliminalen Primings gefunden. Nichtsdestotrotz ist consumer brand encounters“). Dies geschieht beispiels-
164 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

weise durch Plakate oder andere Konsumenten, die zum flussen können. In ihrer Untersuchung variierten sie
Beispiel T-Shirts mit Markenlogos tragen oder auf der die Aufmerksamkeit, die dem Stimulusmaterial (hier
Straße Cola-Dosen zum Mund führen. All diese Stimuli Autos) zuteil wurde. Testpersonen waren Männer, die
sind sichtbar, doch die Aufmerksamkeit ist auf ande- sich für Autos interessieren. Die erste Gruppe (hohe
re Umweltreize gerichtet. Wenn jedoch die unbewusst Aufmerksamkeit) sollte sich ganz auf die während des
wahrgenommenen Logos oder Markennamen so gestal- Gehirnscans gezeigte Autoabbildung konzentrieren und
tet sind, dass sie prinzipiell schnell erfassbar sind, also per Tastendruck beurteilen, wie gut ihnen das Auto gefal-
eine hohe „perceptual fluency“ aufweisen (siehe dazu auch len habe. Die Testpersonen der zweiten Gruppe (geringe
die Ausführungen zu den kognitiven Prozessen), dann Aufmerksamkeit) sollten einen kleinen schwarzen Kas-
steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Marken auch ten beobachten, bei dem mal rechts, mal links eine Seite
später in der Kaufsituation bevorzugt werden. ausradiert wurde, was durch rechten bzw. linken Tas-
In Experimenten wurde zudem gezeigt, dass Werbung tendruck von den Versuchspersonen angegeben werden
auch dann wirken kann, wenn sich Konsumenten nicht sollte. Zwischenzeitlich wurde die in der ersten Gruppe
explizit an die Werbung erinnern können. Während der gezeigte Autoabbildung für 2,4 Sekunden als Hinter-
Konsument z. B. eine Zeitschrift liest, werden dennoch grundbild eingeblendet (scheinbar, um die Fixationsauf-
außerhalb seines Wahrnehmungsfokus platzierte An- gabe schwieriger zu gestalten). Anschließend wurden in
zeigen wahrgenommen. Die so beiläufig wahrgenom- beiden Gruppen verschiedene Automodelle präsentiert,
mene Werbung kann die Einstellung zur Anzeige und und die Probanden wurden gebeten, ihre Präferenz für
zur Marke beeinflussen (Janiszewski, 1993) und dazu die Modelle anzugeben. Als Ergebnis zeigte sich, dass in
führen, dass Konsumenten die Marke in ihr „evoked den beiden Versuchsgruppen unterschiedliche Gehirn-
set“ (= überschaubare Menge von als kaufrelevant ein- regionen aktiviert wurden. Somit war die Manipulation
gestuften Marken) übernehmen (Shapiro, MacInnis und der Aufmerksamkeit (hoch vs. niedrig) also geglückt.
Heckler, 1997). Auch die Gestaltung von Anzeigen wurde Bei der Präferenzmessung zeigten sich jedoch keine si-
hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit der unbewussten Wahr- gnifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, d. h.,
nehmung und Beurteilung untersucht (Shapiro, 1999): es entschieden sich gleich viele Versuchspersonen für
Werden Produkte in der Werbung in ihrem normalen das Auto, unabhängig davon, ob das Bild nur beiläufig
Kontext gezeigt (z. B. Taschen, die getragen werden, Han- gezeigt oder ob das Fahrzeug bewusst beurteilt werden
dys, die in Händen gehalten werden), dann kann bei der sollte. Dabei wurde kontrolliert, ob sich in der Gruppe
Verarbeitung dieser beiläufig wahrgenommenen Anzei- mit geringer Aufmerksamkeit signifikant weniger Pro-
gen leichter ein entsprechendes Schema aktiviert werden banden an den Autostimulus erinnern konnten als in
als bei solchen, die die Produkte vor einem einfarbigem der Gruppe mit hoher Aufmerksamkeit. Dies war der
Hintergrund ohne passende Szenerie präsentieren. Die Fall. Die Autoren schlussfolgern aus ihrer Studie, dass
unbewusste Aktivierung eines Schemas führt zu einer implizite, unbewusste Verarbeitungsvorgänge das Ent-
besseren Informationsverarbeitung (Shapiro, 1999). scheidungsverhalten beeinflussen können. Mit anderen
Worten: Es könnte sein, dass die nur beiläufig gezeigte
Tusche, Bode und Haynes (2010) zeigen mit ihrer fMRT-
Autoabbildung in der zweiten Versuchspersonengruppe
Studie auf, dass nicht bewusst mit Aufmerksamkeit
als Prime wirkte, der ein unbewusstes Bedürfnis akti-
bedachte Objekte unser Entscheidungsverhalten beein-
vierte. Auch wenn die Ergebnisse sicherlich diskussi-
onswürdig sind (die Autoren erklären selbst, dass reale
Kaufentscheidungen mit echten Zahlungen und den
damit einhergehenden Rechtfertigungsbekundungen,
Geldverlust-Antizipationen oder Zeitdruck-Phänomenen
nicht abgebildet werden können), so verweist die Studie
doch nochmals auf die Bedeutung unbewusster Prozesse.
Fitzsimons, Chartrand und Fitzsimons (2008) belegen,
dass durch Priming auch Verhaltenseigenschaften ver-
ändert werden können. Sie zeigen, dass durch Priming
mit der Marke Apple die Kreativität der Testpersonen
erhöht werden konnte, da Apple (jedenfalls zu der Zeit,
zu der das Experiment durchgeführt wurde) nicht als
Abb. 74: Beiläufige Wahrnehmung von Einkaufstüten Mainstream-Marke wahrgenommen wurde, sondern als
(Fotoquelle: Tagesschau) Marke, die hauptsächlich von Kreativen und Künstlern
B. Aktivierende Prozesse 165

gekauft wurde. Es wäre interessant zu erforschen, ob Hier zeigt sich somit ein echter Interessenkonflikt: Die
auch heute noch ein solcher Effekt einsetzen würde, denn Erkenntnisse (z. B. Harris, Bargh und Brownell, 2009)
die Marke hat sich mittlerweile in breiten Bevölkerungs- könnten einerseits Auswirkungen auf die Akzeptanz
schichten durchgesetzt. von Werbung für Snacks und Süßwaren haben. Die EU
könnte, ähnlich wie bei Zigaretten, ein Werbeverbot für
Eine weitere in diesem Zusammenhang interessante Süßigkeiten und salzige Snacks verhängen. Anderer-
Studie stammt von Harris, Bargh und Brownell (2009). seits stehen gerade Süßigkeiten und Snacks in einem
Die Autoren untersuchten die Frage, ob TV-Werbespots extremen Verdrängungswettbewerb. Nähme man ihnen
für Lebensmittel (als Primes) einen Einfluss auf das Ess- die Möglichkeit der Werbung im Fernsehen, könnten
verhalten während des Fernsehkonsums bei Kindern massiv Below-the-line-Werbeaktivitäten gestartet oder
und Erwachsenen ausüben können. Sie versuchten eine verstärkt Produktproben verteilt werden. Zudem besteht
möglichst realistische Fernsehsituation zu schaffen, die Gefahr, dass die Produkte den Mythos des Verbote-
indem sie ihren jungen und erwachsenen Probanden nen erhalten und damit vielleicht noch stärker zu unge-
ein typisches Fernsehprogramm präsentierten (für die bremstem Essverhalten führen. Interessant ist in diesem
Kinder gab es einen Disney-Film, für die Erwachsenen Zusammenhang auch ein Experiment von Zhou, Shapiro
ein Comedy-Programm), jeweils unterbrochen von Wer- und Wansink (2017), die sich ebenfalls mit dem Essverhal-
bepausen. Hierbei wurde die Art der gezeigten Spots ten beim Fernsehkonsum beschäftigen. Die Ergebnisse
systematisch variiert (Kinder: Werbefilme von Snack- des Experiments zeigen, dass alleine das Betrachten von
marken bzw. Non-Food-Produkten; Erwachsene: Spots Schauspielern beim Essen im Film dazu führte, dass die
von Snackmarken, Lebensmittelmarken mit Ernährungs- Probanden in der Folge mehr von angebotenen Snacks
hinweisen sowie Non-Food-Spots). Den Kindern wurde aßen als wenn sie eine Szene sahen, bei der das Essen
während des TV-Konsums eine Schale mit Goldfisch-Kä- schon beendet war. Diese unbewussten Effekte konnten
sekräckern angeboten, mit der Einladung sich frei zu allerdings nur beobachtet werden, wenn sich die Pro-
bedienen. Die Erwachsenen sollten nach dem Programm banden mit einem der gezeigten Charaktere identifizier-
verschiedene Lebensmittel hinsichtlich diverser Kriterien ten. Sollte sich dieses Ergebnis durch weitere Studien
(z. B. Gesundheitsgrad, Geschmack, Convenience etc.) erhärten, so konnte dies zur Folge haben, dass alle im
beurteilen und wurden gefragt, wie hungrig und durstig Fernsehen oder Kino gezeigten Filme keine Szenen mehr
sie sich fühlten. Am Ende konnten sie verschiedene, mehr beinhalten dürften, in denen Menschen essen. Dies ist
oder weniger gesunde Lebensmittel verkosten. Dabei eine eher absurde Vorstellung, zumal das gemeinsame
wurde unbemerkt festgehalten, wie viel die einzelnen Essen (Stichwort Abendmahl in der christlichen Kultur)
Testpersonen von den angebotenen Produkten zu sich auch eine menschenverbindende Funktion hat.
nahmen. Diverse Kontrollvariablen (z. B. Geschlecht, Ge-
Grundsätzlich wäre es auch möglich, kalorienärmere
wicht, normaler TV-Konsum, gewöhnliches Essverhalten,
Rezepte zu entwickeln, die dann vor allem in der Wer-
Hintergrund der Testperson, Diätnotwendigkeit) wurden
bung präsentiert werden könnten. Allerdings zeigt die
in den Stichproben berücksichtigt.
Einführung von kalorienärmeren „Light-Produkten“,
Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder, unabhängig von etwa bei Fertiggerichten oder Molkereierzeugnissen,
diversen Kontrollvariablen, 45 Prozent mehr Cracker dass hierdurch das Problem des Übergewichts nicht ge-
aßen, wenn sie Werbung für Snacks ausgesetzt waren. bremst werden kann. Viele sehen in solchen Produkten
Ein ähnlicher Effekt war bei den Erwachsenen zu beob- auch eine „Lizenz zum Sündigen“. Wahrscheinlich muss
achten. Zudem ist interessant, dass sowohl solche Män- daher schon von Kindheit an ein disziplinierter Umgang
ner und Frauen, die normalerweise zurückhaltend beim mit Süßigkeiten trainiert werden, sodass Konsumenten
Essen waren, besonders gerne zulangten. Dabei stand Süßwaren zwar genießen können, aber nur in Maßen zu
der subjektiv empfundene Hunger nicht in signifikanter sich nehmen. Zu dieser Thematik wird in Zukunft noch
Korrelation zu der Menge der gegessenen Lebensmittel. weitere Forschung notwendig sein.
Alles in allem belegen somit beide Experimente, dass Musik, auch wenn sie nur unbewusst wahrgenommen
Snackwerbung zu erhöhtem Snackkonsum führte. Von wird, kann ebenfalls die Informationsverarbeitung und
den Autoren wird dieser Primingeffekt kritisch beurteilt, das Verhalten in eine bestimmte Richtung lenken (Spit-
da sie in Werbung für ungesunde Lebensmittel eine di- zer, 2006): Ein Experiment von North, Hargreaves und
rekte Ursache für das Problem des Übergewichts sehen. McKendrick (1999) verglich deutsche und französische
Andere Autoren (z. B. Young, 2003) erklären dagegen, Musiktitel hinsichtlich ihres Einflusses auf den Verkauf
dass Werbung für Lebensmittel nur Markenpräferenzen von deutschen vs. französischen Weinen. Mit einem ge-
verändern könne, nicht aber das Essverhalten. schickten Experimentaldesign, bei dem alternative Erklä-

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166 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

rungsfaktoren kontrolliert wurden, konnten die Autoren their behavior. This striking finding, now widely cited,
zeigen, dass an Tagen mit deutscher Musik im Geschäft established that priming may occur automatically and
mehr deutsche Weine und an Tagen mit französischer influence behavior with little or no awareness. It subse-
Musik mehr französische Weine gekauft wurden. Die quently generated considerable further research in social
Nachbefragung der Kunden ergab, dass diesen der Ein- psychology“ (S. 1).
fluss der Musik nicht bewusst war. Bei der Replikation des Experiments führten Doyen,
Das Musik-Beispiel zeigt, dass Priming auch das Ver- Klein et al. (2012) zwei Studien durch. Bei der ersten
halten direkt beeinflussen kann, was Dijksterhuis und versuchten die Autoren so gut wie möglich das Expe-
Bargh (2001) als „perception-behavior expressway“ riment von Bargh, Chen und Burrows nachzuspielen,
bezeichnen. In einem Experiment bahnten Bargh, Chen wählten für die Messung der Gehgeschwindigkeit aber
und Burrows (1996) Probanden mithilfe von Wortstimu- keine Zeitnahme durch einen Beobachter, sondern eine
li auf die Konzepte „Höflichkeit“ und „Unhöflichkeit“. Messung über Infrarot-Sensoren, also eine objektive
Danach wurde – von den Probanden unbemerkt – die Messung, die Messfehler ausschaltet. Sie fanden keine
Zeit gemessen, die die Probanden warteten, bevor sie ein signifikanten Unterschiede in der Gehgeschwindigkeit
Gespräch zwischen den beiden Leitern des Experiments von Personen, die unbemerkt (den Teilnehmern wurde
unterbrachen. Die mit „Unhöflichkeit“ gebahnten Pro- gesagt, es ginge um einen Test ihrer Französischkennt-
banden unterbrachen das Gespräch signifikant früher. nisse) entweder mit Altersstereotypen oder mit neutra-
Vohs, Mead und Goode (2006) führten Priming-Expe- len Wörtern geprimed wurden. In einer zweiten Studie
rimente mit dem Stimulus „Geld“ durch. Die im Sinne konnten sie dagegen feststellen, dass diejenigen, die zu-
von „Geld ist wichtig“ voraktivierten Probanden zeigten vor mit negativen Altersstereotypen geprimed waren,
in den Experimenten u. a. eine geringere Spendenbereit- auf dem Rückweg längere Zeit brauchten als diejenigen,
schaft als die Probanden der Kontrollgruppe, bei denen die zuvor mit neutralen Wörtern konfrontiert worden
neutrale Stimuli voraktiviert wurden. waren. Allerdings zeigte sich dieser Effekt nur, wenn der
Versuchsleiter, der die Zeit messen sollte (subjektive Zeit-
Bargh, Chen und Burrows (1996) zeigten in einem be- messung) zuvor informiert worden war, dass bestimmte
sonders bekannt gewordenen Experiment einer Gruppe Versuchspersonen langsamer gehen müssten. Aber auch
von Probanden Wörter, die mit dem Alter in Verbindung die objektive Zeitmessung (Infrarot-Sensoren-Messung =
stehen (z. B. „alt“, „grau“, „weise“, „vergesslich“, etc.), einer objektive Messung) ergab, dass in der Prime-Bedingung
anderen Probandengruppe altersneutrale Wörter (z. B. die Versuchspersonen langsamer gingen (letzteres wür-
„durstig“, „sauber“, „privat“, etc.). Danach wurde den de Bargh, Chen und Burrows somit wieder bestätigen).
Probanden gesagt, das Experiment wäre beendet, und Die Autoren gehen aufgrund der Ergebnisse des zweiten
sie könnten jetzt mit dem Fahrstuhl die Etage verlassen. Experimentes davon aus, dass ein Zusammentreffen von
Dabei wurde versteckt die Zeit gemessen, die die Pro- Priming und Versuchsleitererwartungseffekt gewirkt
banden brauchten, um zum Fahrstuhl zu gelangen. Es haben müsse. Letzterer bedeutet, dass die Erwartungen
zeigte sich, dass die mit dem Altersstereotyp gebahnten oder die Überzeugungen (auch Stereotype) des Versuchs-
Probanden im Vergleich zu den mit neutralen Konzepten leiters sich in Form einer „selbsterfüllenden Prophezei-
gebahnten Probanden signifikant länger für die Strecke ung“ auf das Ergebnis des Versuchs auswirken (also die
benötigten. Versuchsleiter z. B. einfach länger die Stoppuhr gedrückt
Allerdings wurde die Validität gerade dieses Experi- halten, wenn sie davon ausgehen, dass jemand langsa-
ments in letzter Zeit kritisiert und die gesamte „percep- mer gehen müsse). Hier gehen Doyen, Klein et al. (2012)
tion-behavior expressway“-Forschung damit in Zweifel jedoch davon aus, dass ein solcher Versuchsleitererwar-
gezogen. Beispielsweise versuchten Doyen, Klein et al. tungseffekt die objektiv gemessenen Zeitunterschiede im
(2012) das Experiment von Bargh, Chen und Burrows zweiten Experiment nicht erklären könne. Sie nehmen an,
(1996) zur Wirkung von Altersstereotypen zu replizieren. dass die Erwartungen des Versuchsleiters (diese Person
Sie wählten dieses Experiment aus folgenden Gründen: müsste langsamer gehen) auch eine Veränderung bei der
„The beauty of the experiment lies in its unusual depen- Versuchsperson selbst ausgelöst haben könnte, nämlich
dent measure: walking speed. Those participants who tatsächlich langsamer zu gehen.
had been exposed to words related to old age walked Betrachtet man beide Experimente, lässt sich zusammen-
slower when exiting the laboratory than the participants fassend festhalten, dass Doyen, Klein et al. (2012) das
who had not been so exposed. Further, the effect was bekannt gewordene Experiment von Bargh, Chen und
claimed to occur without awareness, as participants were Burows jedoch nicht replizieren können. Ein weiterer,
found not having noticed the link between exposure and noch nicht angesprochener Grund, weshalb sich diese
B. Aktivierende Prozesse 167

Experimentalergebnisse mehr als 15 Jahre später nicht Die verschiedenen Experimente mit unterschiedlichen
mehr replizieren ließen, mag auch daran liegen, dass sich Herangehensweisen zeigen also ein konsistentes Bild,
in den 15 Jahren die tatsächlichen Altersbilder verändert weshalb die Autoren davon ausgehen, dass Verhalten
(verbessert) haben (bzw. die Teilnehmer der Experimente geprimed werden kann.
verfügten über positivere Altersbilder). Wäre das der Fall, Die Diskussionen in der Sozialpsychologie über die
dann würde der Prime nicht mehr einer entsprechenden Gültigkeit der „perception-behavior expressway“-
Haltung der Teilnehmer entsprechen und dann ließen These dauern an und die Kontroverse kann hier nur
sich die negativen Effekte nicht mehr oder nicht mehr so ansatzweise beschrieben werden. Gute Überblicke über
stark beobachten. Hier ist weitere Forschung notwendig. die Problematik der Replizierbarkeit von Priming-Ex-
Grundsätzlich (wir werden im Verlauf dieses Buches perimenten und Folgerungen für die zukünftige For-
noch einmal darauf eingehen) kann man durchaus da- schung geben Cesario (2014), Locke (2015) oder Friesen
von ausgehen, dass das Priming insbesondere negativer und Cresswell (2017).
Altersbilder eine hohe Kraft bei nachfolgenden Prozes-
Zum Abschluss dieses kleinen Exkurses kann für das
sen entfacht (siehe Metaanalyse von Meisner, 2011 oder
Thema „Motivation“ folgendes festgehalten werden:
Hagood und Gruenewald, 2018).
Neuere Studien, z. B. von Payne, Brown-Iannuzzi und Zwischen unbewussten und bewussten Prozessen ist zu
Loresch (2016), die selbst verschiedene Replikationen differenzieren. Motive sind oft nicht bewusst und können
ihres Priming-Effekts durchführen, kommen zu der dennoch unser Verhalten beeinflussen; sie können aber
Erkenntnis, dass nur aufgrund der Tatsache, dass man- oftmals durch spezielle Fragetechniken bewusst gemacht
che Experimentalergebnisse nicht reproduziert werden werden. Man spricht auch von impliziten und expliziten
konnten, nicht gleich die komplette Forschung zu den Motiven (Puca und Schüler, 2017, S. 231), die miteinan-
Effekten des Primings für das Verhalten verdammt wer- der korrelieren können, aber nicht müssen (Brandstätter,
den dürfe. Ein Priming könne durchaus Auswirkungen Schüler et al., 2018). Erstere werden indirekt erfasst, zum
Beispiel mit Hilfe des Thematischen Apperzeptionstests
auf das spätere Verhalten haben. Die Autoren führten
(TAT), letztere direkt über Fragebögen (siehe Messung).
verschiedene Experimente durch, die sich mit den Aus-
Möchte man zwischen Motiven und Motivationen diffe-
wirkungen des Primings auf das Verhalten bei Glücks-
renzieren, dann kennzeichnen Motive die Eigenschaft von
spielen (Poker, Black Jack) beschäftigen. Zunächst einmal
Personen, auf „Ziele einer bestimmten Thematik (etwa
erklären die Autoren, dass der Begriff des „behavioral Anschluss, Macht oder Leistung) emotional anzuspre-
priming“ ganz klar definiert sein müsse und definieren chen“. Motive werden als eine Art latente Bereitschaft
dies als Veränderung des Verhaltens in Folge eines Reizes aufgefasst. Dagegen beschreibt Motivation den „Zustand
(eines Primes). Die Autoren stellen in drei verschiedenen zielgerichteten Verhaltens“, der durch die Parameter
Experimenten fest, dass diejenigen Teilnehmer, die zu- „Richtung, Intensität und Dauer“ charakterisiert werden
vor mit Aktionswörtern aus der Welt der Glücksspiele kann. Motivation wird als Art Schubkraft für das Verhalten
(„bet, gamble, wager“) geprimed wurden, signifikant verstanden (Puca und Schüler, 2017, S. 245).
häufiger bereit waren, eine Wette bzw. ein Spielwagnis Priming-Effekte sind zu erwarten, wenn der Prime auf
einzugehen, als diejenigen, die mit der Aufforderung ge- latente Motive bzw. Motivationen trifft.
primed wurden, aus dem Spiel auszusteigen bzw. keinen Autoren, die Priming-Studien durchführen, sollten 1. den
Wetteinsatz zu tätigen. Die jeweiligen Primes waren für Versuchsaufbau genauestens beschreiben, 2. durch zu-
die Teilnehmer offen sichtbar, alle Teilnehmer waren aber sätzliche Experimente Alternativerklärungen ausschalten
explizit aufgefordert, die vermeintlichen Instruktionen und 3. eine Replizierbarkeit anstreben. Letztere sollten
zu ignorieren. Bei einem weiteren Experiment wurden jedoch zeitnah durchgeführt werden, da die Bedeutung
(Kraft) eines Primes durch Wertewandel, andere Genera-
die Primes nun maskiert, d. h., die Wörter wurden nur
tionen als Teilnehmer etc. durchaus wandelbar ist.
so kurz eingeblendet (wenige Millisekunden), dass sie
nicht bewusst gelesen bzw. verarbeitet werden konnten.
Das Ergebnis war deckungsgleich mit den vorherigen
3. Forschungsrichtungen innerhalb der Motivationsforschung
Studien. Anschließend wurden weitere Tests durchge-
führt, bei denen einer Gruppe von Probanden gesagt Ähnlich wie in der Emotionsforschung konkurrieren der-
wurde, die gezeigten Wörter dienten nur der Ablenkung zeit auch in der Motivationsforschung verschiedene For-
und seien irrelevant. Einer anderen wurde mitgeteilt, schungsrichtungen um das bessere Erklärungskonzept:
die Wörter hätten eine besondere Bedeutung. In beiden (1) Die kognitionspsychologische Motivationsforschung:
Bedingungen führte das Priming mit der Aufforderung Hier steht die bewusst abwägende Zielorientierung des
zu wetten auch tatsächlich zu höheren Wettaktivitäten. Menschen und damit die kognitive Komponente des Mo-
168 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

tivationskonstruktes im Mittelpunkt. Die Motivation – sich die kognitiven Motivationstheorien auf alle hand-
also die mehr oder weniger stark ausgeprägte Tendenz, lungsrelevanten Motivationen.
eine Handlung auszuführen – ist abhängig vom Beispiel: Die Tendenz, ein Geschenk zu kaufen, wird (a)
●● subjektiv gesehenen Ziel-Mittel-Zusammenhang und von der Erwartung bestimmt, dass der Empfänger sich
●● subjektiv erwarteten Befriedigungswert des Ziels. über das Geschenk freuen und dem Schenkenden seine
Der kognitive Motivationsbegriff entspricht damit dem Wertschätzung zeigen wird, sowie (b) von einer posi-
Einstellungskonzept der „Means End Analysis“57: Das tiven Einschätzung dieses Ereignisses, die mehr oder
Individuum bewertet zum einen den Befriedigungswert weniger stark sein kann. Die Stärke der Verhaltensten-
eines Zieles bzw. dessen subjektive Bedeutung und prüft denz hängt davon ab, wie sicher der Käufer erwartet,
zum anderen, inwieweit ein Gegenstand als Mittel zur dass sein Geschenk tatsächlich Anerkennung findet, und
Erreichung des Zieles geeignet ist. Die aktivierende Kom- wie wichtig ihm diese Anerkennung ist (wie angenehm
ponente wird bei dieser Sichtweise vernachlässigt. Die er diese erlebt). Diese Ziel-Mittel-Beziehung kann nun
Motivationstheorien dieser Richtung werden auch als entweder vom Ziel her gesehen werden: Sind bei gege-
„Erwartungs-Wert-Theorien“ bezeichnet (Puca und benem Ziel die möglichen Handlungen geeignet, dieses
Schüler, 2017, S. 228): Sie basieren auf einem rationalen Ziel zu erreichen? Oder sie kann von der Handlung aus
Kalkül von Erwartung und Wert58, bzw. Menschen betrachtet werden: Führt eine bestimmte Handlung zu
versuchen einen „Kompromiss zwischen Erreichens- einem angestrebten Ziel?
wahrscheinlichkeit und Attraktivität“ zu erzielen. Den Das Beispiel verdeutlicht, dass sich der Motivationsbe-
Umfang der zu einer Motivation gehörenden kognitiven griff der kognitiven Theorie weitgehend mit dem Ein-
Steuerungsvorgänge erkennen wir, wenn wir uns den stellungsbegriff deckt und auch ähnlich operationalisiert
Motivationsprozess anhand eines sprachlichen Musters wird, wodurch die Einstellungsmessung die Messung
verdeutlichen: der Motivation ersetzt (Wiswede, 1990, S. 421).
●● Ich (Subjekt) (2) Die emotionspsychologische (oder auch als „biolo-
●● möchte sehr gern (intentionale Stärke) gisch-orientiert“ charakterisierte) Motivationsfor-
●● unter diesen Umständen (Reizsituation) schung
●● das tun, um das Ziel zu erreichen (Handlungsziel). hält dem entgegen, dass nicht vor jeder Handlung ein
Nach dieser sprachlichen Abbildung erscheint die Mo- bewusstes Abwägen der kognitiven Zielorientierung statt-
tivation als ein bewusster und willentlicher Prozess der finden muss. Sie stellt weiter die inneren Antriebskräfte,
Zielsetzung. Dieser Prozess umfasst die Wahrnehmung also die Aktivierung in den Vordergrund. DeCharms und
und Interpretation der Handlungssituation sowie Über- Shea (1976) sprechen hier von der Motivation als milder
legungen zu den Ziel-Mittel-Beziehungen (somit kann Form der Besessenheit. Beispielsweise kann das Bedürfnis
sowohl Zugriffs- als auch Monitoring-Bewusstsein vor- nach Kommunikation so stark sein, dass jeder Gesprächs-
liegen). Die Motivation kann demnach umschrieben partner akzeptiert wird – die Zielorientierung spielt somit
werden als ein bewusstes Anstreben von Zielen, als er- eine untergeordnete Rolle. In der Wüste ist es dem Dursti-
lebte Zielorientierung oder als Wille, etwas zu tun. Die gen ganz gleich, ob er ein Markenmineralwasser oder ein
kognitiven Motivationstheorien wurden insbesondere No-Name-Produkt erhält, Hauptsache, er bekommt etwas
durch die Theorie der Leistungsmotivation angeregt, zu trinken. Gleichfalls könnten auch weniger bewusste
nach welcher ein Individuum bei der Verfolgung von Emotionen Handlungen auslösen. Die hinter den Primär-
Zielen von subjektiv wahrgenommenen Erfolgs- und motiven stehenden biologischen (angeborenen) Mechanis-
Misserfolgserlebnissen geleitet wird. Heute erstrecken men machen diese Motive zu besonders wirksamen An-
triebskräften (Buck, 1988), die sich in einer entsprechend
57 Die Means End Analysis der Einstellung geht auf Rosenberg starken Motivation äußern und anschließend durch Lern-
(1969) zurück. Sie wurde bereits u. a. von Howard und Sheth prozesse zum Aufbau weiterer (erworbener) Antriebskräf-
(1969, S. 129) übernommen, die Einstellung als wahrgenomme-
te und Motivationen dienen. Generell klassifiziert diese
ne Eignung eines Gutes zur Befriedigung von Bedürfnissen
definieren; man kann auch sagen: als erwartete Eignung eines Forschungsrichtung die Motivationen nach Merkmalen,
Gutes, positive (oder negative) Erlebnisse zu vermitteln. wie sie zur Charakterisierung von Emotionen und Trieben
58
Allen Konzeptionen liegt die gleiche Auffassung zugrunde, benutzt werden: Stärke, Richtung (Annäherungs- oder
nämlich dass die Stärke der Tendenz, auf eine bestimmte Art Vermeidungsverhalten), Inhalt und Bewusstheit.
und Weise zu handeln, abhängt von der Stärke der Erwartung,
dass der Handlung eine bestimmte Konsequenz folgt, und von Zwischenfazit: Die Darstellung der beiden wissenschaft-
dem Wert, den diese Konsequenz (oder dieses Ziel) für das lich divergierenden Forschungsrichtungen braucht hier
Individuum hat. nur kurz zu erfolgen, da die Diskussion sehr an die „La-
B. Aktivierende Prozesse 169

zarus-Zajonc-Debatte“ erinnert, die im Kapitel „Emotion“ egozentrischen oder hedonistischen Bedürfnisse auszu-
ausführlich beschrieben wurde. Es ist auch bei Motiva- leben, während er von der Gesellschaft eine „Hypermo-
tionen wahrscheinlich, dass sie sowohl über eine „low ral“ erwartet. Wertesysteme stellen den Versuch einer
road“ als auch über eine „high road“ zustandekommen hierarchischen Ordnung („Werte-Hierarchien“) von ein-
können (d. h., mit mehr oder weniger stark ausgeprägten zelnen Werten dar zwecks Lösung möglicher Konflikte
kognitiven Aktivitäten verbunden sind). zwischen einzelnen Präferenzen (Raffée und Wiedmann,
Motivationen bestehen aus 1985, S. 561). Derzeit wird von manchen Philosophen auch
eine „Hypermoral“ oder „neue Lust an der Empörung“
●● einer emotionalen Antriebs-(Aktivierungs-)kompo-
beobachtet (Grau, 2017). Nach Grau (2017) habe dieser
nente und
Hypermoralismus zwei Wurzeln, die Säkularisierung
●● einer kognitiven Komponente (Wissenskomponente),
und die Individualisierung der Gesellschaft. Die Moral
●● wobei die einzelnen Komponenten, je nach Motivati-
ersetze im postreligiösen Zeitalter die Religion und wer-
onsart, unterschiedliche Intensitäten aufweisen kön-
de zu einer eigenen Ideologie, was an sich nicht negativ
nen.
sein muss. Das Wort „hyper“ solle jedoch signalisieren,
Darüber hinaus spielen „Werte“59 als Hintergrundvaria- dass derzeit ein ständiges Bloßstellen und Anprangern
blen für die Aktivierung von Motivationen eine erhebli- von immer neuen Missständen oder gesellschaftlichen
che Rolle. In der deutschsprachigen Literatur hat sich die Defiziten stattfindet. Dadurch erheben sich letztlich die-
Auffassung durchgesetzt, Werte als verhaltensprägende jenigen, die ständig auf moralische Werte pochen, über
„Konzeptionen des Wünschenswerten“ zu verstehen60, andere, was ihre eigene Moral letztlich wieder relativiere.
die relativ dauerhaft sind, aber meist einen geringen kon- Wertesysteme können als zentrale Referenzsysteme ver-
kreten Objektbezug aufweisen (Silberer, 1995, Sp. 2704; standen werden, die durchaus einer gewissen Dynamik
Raffée und Wiedmann, 1985). Die Kurzdefinition „Wert und damit dem Wandel unterliegen können (Silberer,
= etwas Wünschenswertes“ mag einen Tautologiever- 1995). Die Veränderungen von individuellen Wertesyste-
dacht provozieren; unter dem Ausdruck „wünschens- men können dabei mehr oder weniger tiefgreifend sein,
wert“ sollen jedoch alle Orientierungsgrößen für das wobei sich tiefgreifende Veränderungen in der Regel über
Denken und Handeln von Individuen, Gruppen und Ge- einen längeren Zeitraum entwickeln oder Folge beson-
sellschaften zusammengefasst werden, die als wichtige ders prägender (kritischer) Ereignisse sind.
Bezugs- und Hintergrundvariablen Bedürfnisse, Bedarfe
(3) Affektantizipation
und Einstellungen prägen. Werte liefern Maßstäbe für
die Beurteilung des eigenen Verhaltens (Innenaspekt) Seit Jahren wird immer wieder betont, dass die Intensität
und Leit- oder Richtlinien für die Wahrnehmung der und Hartnäckigkeit, mit der ein Ziel verfolgt wird, also
Umwelt des Einzelnen (Außenaspekt). Es empfiehlt sich die Stärke der Motivation, von der sogenannten „Affekt-
somit eine Unterscheidung zwischen persönlichen Le- antizipation“ abhängig sei. Demnach ist jedes Individu-
benswerten und gesellschaftlichen Werten. Persönliche um (bewusst oder unbewusst) bestrebt, die Affektbilanz
Lebenswerte sind Orientierungsmaßstäbe individueller zu maximieren, d. h., das Auftreten positiver Affekte zu
Daseinsbewältigung und Daseinsgestaltung, gesell- forcieren und negative Affekte zu vermeiden. Das ge-
schaftsbezogene Werte hingegen geben präskriptive lingt umso leichter, je mehr ein Individuum Ereignisse
Erwartungen an die Gesellschaft und die sie tragenden in seiner Umwelt antizipieren und sein Verhalten darauf
Institutionen wieder. Konflikte zwischen persönlichen einstellen kann. Man spricht hier von negativen bzw.
und gesellschaftlichen Werten sind nicht auszuschließen, positiven Affektwechseln. Bei einem positiven Affekt-
da sich der Einzelne häufig dazu legitimiert sieht, seine wechsel wird eine Verbesserung der Affektbilanz antizi-
piert. Die Antizipation geht – ähnlich wie die tatsächliche
59
(reale) Wahrnehmung einer Belohnung – mit einer erhöhten
Siehe hierzu auch die Ausführungen im Kapitel B V – Ein-
stellung.
Ausschüttung von Dopamin im Nucleus accumbens ein-
60
Die im deutschsprachigen Raum verwendete Wertedefini- her. Die Vorstellung allein reicht also aus, physiologische
tion deckt sich mit dem anglo-amerikanischen Begriffsver- Prozesse anzuregen. Der Nucleus accumbens scheint
ständnis, das vor allem durch Rokeach (1973, S. 5): „a value is für die Codierung von Anreizen verantwortlich zu sein,
an enduring belief that a specific mode or conduct or end-state hier laufen Informationen aus verschiedenen limbischen
of existence is personally or socially preferable“ und Schwartz Strukturen zusammen (Puca und Schüler, 2017, S. 244).
und Bilsky (1987 und 1990, S. 878: „values (a) are concepts or
beliefs, (b) pertain to desirable end states or behaviors, (c) tran-
Nach Studien von Depue und Collins (1999) ist die Dopa-
scend specific situations, (d) guide selection or evaluation of minkonzentration im Nucleus accumbens entscheidend
behavior and events and (e) are ordered by relative importan- für die Umsetzung von Motivation in Handlung und ist
ce“) geprägt wurde. damit der Motor zielgerichteten Verhaltens. „Je größer
170 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

die erwartete Belohnung, desto mehr Dopamin wird im von Testosteron eine große Rolle, bei Frauen eher das
Nucleus accumbens umgesetzt (Puca und Schüler, 2017, Hormon Östradial, kurz: Erfolgreiche Machthandlungen
S. 231). Affektwechsel können mehr oder weniger be- gehen mit der Freisetzung von Hormonen einher.
wusst erfolgen und aufgrund von Prozessen unterschied- (3) Leistung
licher Komplexität entstehen. Nach Puca und Langens
Auch das Leistungsmotiv hat evolutionäre Wurzeln.
(2008, S. 200) können sie das Resultat klassischer Kondi-
Menschen streben angeborenerweise danach, ihre Fä-
tionierung sein, „etwa dann, wenn man (unwillkürlich)
higkeiten zu erweitern. Das Streben nach Kompetenz-
anderen den Vortritt lässt, um den elektrischen Schlag
erweiterung führt demnach zu „mehr“ Leistung. Diese
beim Anfassen von Türklinken zu vermeiden“. Sie kön-
muss jedoch auch entsprechend gewürdigt werden (Gü-
nen auch das Ergebnis komplexer Problemlösung sein.
temaßstäbe der Leistung sind somit notwendig).
Ein Beispiel: Wenn ein Raucher, der weder über Streich-
hölzer noch über ein Feuerzeug verfügt und sich bereits
seinem Schicksal, an diesem Abend nicht rauchen zu 4. Verfahren zur Messung von Motivationen
können, ergeben hat, plötzlich entdeckt, dass „sich Ziga- Die Konzepte zur Messung von Motiven bzw. Motivatio-
retten auch an glühenden Herdplatten anzünden lassen“ nen sind vielfältig. Es werden assoziative und projektive
(ebenda, S. 200), dann führt diese Einsicht zu einem an- Verfahren, verbale und nonverbale Skalen oder psycho-
tizipierten Affektwechsel und setzt eine Handlung in biologische Verfahren genutzt. In letzter Zeit werden
Gang. Erfolgt eine bewusste Affektantizipation, so sind auch experimentelle Verfahren angewendet, bei denen
Parallelen zu der im Kapitel „Emotionen“ erläuterten auf Basis der Verhaltensbeobachtung Rückschlüsse auf
„How do I feel about it“-Heuristik erkennbar. die Motivlage gezogen werden. Grundsätzlich ist die
Wahl des Messverfahrens stark von der jeweils präfe-
Auch das Konsumentenverhalten kann durch Simulatio- rierten Forschungsperspektive abhängig. Die auf Emotio-
nen, Fantasien oder Tagträume beeinflusst werden. So nen fokussierten Forscher nutzen z. B. psychobiologische
kann die Vorstellung, wie man von anderen aufgrund eines Verfahren zur Messung der Antriebskraft, über die wir
neuen Autos oder Kleides bewundert wird, dazu führen, bereits ausführlich in den vorangegangenen Kapiteln
dass man für diese zukünftige und ersehnte Ausgabe berichtet haben. Kognitionsorientierte Konsumforscher
spart. Wanderer, die während des langen Weges durstig nutzen dagegen eher „Think-aloud“-Techniken, spezielle
geworden sind, können ihre nachlassenden Kräfte am Warum-Fragetechniken oder Skalen, um die kognitive
Ende noch einmal mobilisieren und besonders schnell
Komponente zu messen. Dazu gehört z. B. das Wissen,
gehen, wenn sie sich vorstellen, dass es nur noch wenige
inwieweit ein bestimmtes Produkt oder eine Marke einen
Kilometer bis zum Biergarten sind.
Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung leisten kann. Grund-
sätzlich ist es durchaus möglich, die emotionalen und
Grundsätzlich spielen nach Puca und Schüler (2017, kognitiven Komponenten von Motivationen getrennt zu
S. 234 ff.; siehe auch Rothermund und Eder, 2011, S. 95 f.) operationalisieren und zu messen. Zur vollständigen und
im menschlichen Leben drei Motivklassen eine entschei- damit validen Erfassung der Motivation sollte jedoch eine
dende Rolle: Verknüpfung beider Komponenten erfolgen.
(1) Anschluss/Intimität Im Folgenden wollen wir auf einige spezifische und noch
Der Wunsch nach Anschluss und damit nach positiven nicht erörterte Verfahren zur Messung von Motiven bzw.
affektiven Beziehungen ist ein universelles menschliches Motivationen zu sprechen kommen (siehe auch Gröppel-
Bedürfnis. Dessen Befriedigung führt zu emotionalem Klein und Königstorfer, 2007a; Doherty und Nelson, 2010;
Wohlbefinden und Zufriedenheit. Isolation hingegen Touré-Tillery und Fishbach, 2014 oder Puca und Schüler,
ruft Stressreaktionen hervor. Intimität bedeutet einen 2017). Wichtig ist dabei grundsätzlich, dass bei der Mes-
„Zustand wechselseitigen warmherzigen Austauschs sung tatsächlich die Motive und Motivationen gemessen
zwischen mindestens zwei Personen“ (Puca und Schüler, werden und nicht Fähigkeiten, Kapazitäten oder Persön-
2017, S. 245). Intimität hat seine evolutionären Wurzeln in lichkeitseigenschaften.
der primären Bindung eines Säuglings zu seinen Eltern
(siehe auch Eibl-Eibelsfeldt, 1997). Projektive Verfahren
(2) Macht Wie im Ersten Teil dieses Buches bereits erörtert, stam-
Macht ist das Streben nach Dominanz, Einfluss und Kon- men die projektiven Verfahren aus der psychoanalyti-
trolle; man versucht Konkurrenten auszuschalten und schen Theorie, der klinischen Sozialpsychologie und der
ein Gefühl der Stärke und Überlegenheit zu erleben. Bei kulturellen Anthropologie. Der Thematische Apper-
Männern spielt hier die (antizipatorische) Ausschüttung zeptionstest (TAT) und dessen Weiterentwicklungen

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B. Aktivierende Prozesse 171

sowie der Rorschach-Test sind die bekanntesten projek- ●● Passt das auf dem Bild beworbene Produkt zu der
tiven Verfahren (siehe ausführlich Gröppel-Klein und Geschichte? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche an-
Königstorfer, 2007a; Puca und Schüler, 2017). Seit einigen deren Produkte/Marken würden besser zu der Ge-
Jahren werden auch multi-sensorische Tests diskutiert schichte passen? Können Sie sich mit der Geschichte
(z. B. Cian und Cervai, 2011), die nicht nur visuelle Stimu- und/oder dem Produkt identifizieren?
li, sondern auch haptische, olfaktorische oder akustische
Rook (1985) nutzte den TAT beispielsweise um herausfin-
Stimuli als projektives Material beinhalten, um damit
den, warum sich manche Menschen morgens gerne „sty-
beispielsweise die Motivation, eine bestimmte Marke
len“, andere dagegen nur kurze Zeit im Bad verbringen,
zu kaufen, umfassender erforschen zu können. Mithilfe
und konnte verschiedene psychosoziale Beweggründe
der multisensorischen Tests sollen alle bewussten und
für das „Styling“ herausfinden: Manche Menschen stre-
unbewussten Assoziationen, die eine Marke auslösen
ben nach Autonomie, andere nach Erfolg und Anerken-
kann, erfasst werden. Ob sich diese Verfahren, die das
nung, manche sehen darin die richtige Vorbereitung für
gesamte sensorische Register ansprechen, durchsetzen
eine Verabredung, wieder andere empfinden das Styling
werden, bleibt abzuwarten; derzeit überwiegen projek-
als einen „magical moment“.
tive Tests, die visuelles Reizmaterial anwenden (siehe
auch Gutjahr, 2011). Mick, DeMoss und Faber (1992) wendeten eine modifi-
In der Konsumentenverhaltensforschung wird der TAT zierte Version des TAT (siehe Abb. 75) am Point-of-Sale
häufig zur Aufdeckung von Konsummotivationen ge- an, um zu ergründen, aufgrund welcher Motivationen
nutzt: Hier werden den Probanden Bildvorlagen (auch sich Konsumenten selbst belohnen bzw. beschenken. Sie
Werbeanzeigen) gezeigt, und sie werden gebeten, zu kamen zu dem Ergebnis, dass neben dem Erlebnisgehalt
diesen Vorlagen Geschichten zu erzählen. Auf diese des Geschäftes vor allem die subjektiv wahrgenommene
Weise sollen Wünsche und Bedürfnisse der Probanden persönliche Situation eine Rolle spielt (z. B. „Ich habe hart
offenbart werden, die sie mit dem Bildgeschehen asso- gearbeitet und ein wichtiges Ziel erreicht“).
ziieren bzw. in das Bild projizieren. Dabei werden den Der Cartoon- bzw. Comic-Strip-Test stellt eine Variante
Konsumenten u. a. folgende Fragen gestellt: des TAT dar. Diese Methode geht auf den Picture-Frus-
●● Welche Geschichte wird auf dem Foto erzählt? tration-Test (PFT) von Rosenzweig (1945) zurück. In den
●● Könnten Sie sich vorstellen, selbst ein Teil dieser Ge- als projektive Reizvorlage fungierenden Comics wer-
schichte zu sein? Wenn ja, in welcher Rolle und war- den zwei Hauptfiguren bildlich dargestellt. Einer der
um? Wie wird die Geschichte wohl weitergehen? Charaktere sagt etwas zu der anderen Figur; diese Kom-

Abb. 75: Bildstimulus des modifi-


zierten TAT für Selbstbelohnungen
von Konsumenten
(Quelle: Mick, DeMoss und Faber,
1992)
172 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

munikation wird typischerweise in Sprechblasenform des Storytelling konnten die Autoren jedoch zeigen, dass
abgebildet. Cartoon-Tests schränken die Vielfalt an Ant- ein Geschenk mehr als ein bloßer Gegenstand ist und
wortmöglichkeiten im Vergleich zu anderen projektiven sich dessen „Inneres“ sehr facettenreich gestaltet: „Its
Verfahren (wie z. B. herkömmlichen TATs) ein, indem meaning is susceptible to misreading, but meaning must
die Aufmerksamkeit der Versuchspersonen bewusst auf always take precedence over appearance. The gift must
eine bestimmte Situation in den Comics gelenkt wird, die be earned both by the donor and by the recipient. It must
durch Bild und Text genauer festgelegt wird. Koenigstor- be more than bought; it must be built or birthed. The gift
fer, Groeppel-Klein und Pla (2008) konnten beispielsweise must be invested with effort, yet represent the immaterial
mithilfe eines Cartoon-Tests herausfinden, warum sich self of the giver, whose essence must paradoxically be
Konsumenten der neuen Technologie VoIP zuwenden: Es inferred from the gift. It must be a surprise even when
zeigte sich, dass hierfür weniger das Technikinteresse des expected. It must confound obligation. It encodes op-
Einzelnen, sondern vor allem die stark ausgeprägte ge- portunity and danger, and invites the recipient to pluck
nerelle Leistungsmotivation verantwortlich ist. Doherty the strings attached. It ingratiates and insults, hurts and
und Nelson (2010) nutzen Cartoon-Tests, um die Loyalität heals. It speaks out of both sides of its mouth“(McGrath,
zu Händlern zu messen. Nach Shin, Aung und Rohani Sherry und Levy, 1993, S. 183).
(2014) haben gerade visuelle Methoden großes Potenti- Gutjahr (2011) entwickelte eine Variante der sogenannten
al Innovationsaffinität aufzuspüren, insbesondere die Photoelicitation-Technik. Hier sollten die Konsumenten
Motivation von Konsumenten, neue Medien zu nutzen. zunächst aus einer vorgegeben Reihe von Bildern dieje-
Der Satzergänzungs-Test weist hohe Ähnlichkeiten zum nigen aussuchen, die sie in Verbindung mit einer Marke
Cartoon-Test bzw. PFT auf, wenn er mit Sprechblasen auf oder einem Produkt sehen, und in einem zweiten Schritt
Bildtafeln durchgeführt wird und die Probanden gebeten die Geschichte erzählen, die mit dem ausgesuchten Bild
werden, den angefangenen Satz zu vervollständigen. Der einhergeht.
Satzergänzungs-Test kann jedoch auch ganz ohne Bilder, Auch mithilfe der Collage-Technik können durch Ide-
in rein verbaler Form durchgeführt werden. albilder geprägte (un-)bewusste Konsummotivationen
Die Forschergruppe um Levy (McGrath, Sherry und aufgedeckt werden61. Hier bekommen Testpersonen
Levy, 1993) stieß bei Untersuchungen zu den psychischen verschiedene Illustrierte vorgelegt, aus denen sie selbst
Prozessen vor, während und nach einem Geschenkekauf Bilder ausschneiden und zu einem neuen Gesamtbild
mit Beobachtungen und persönlichen Tiefeninterviews (Collage) zusammenstellen sollen (Ger, 2018). So können
an Grenzen, vermutlich weil die Befragungspersonen z. B. Konsumenten gefragt werden, wie sie sich ihre ideale
ihre Gefühle und Erfahrungen nicht preisgeben wollten. Zukunft vorstellen, und anhand der dazu ausgewähl-
Mit den projektiven Methoden der Satzergänzung und ten Bilder Rückschlüsse auf dahinterliegende Motive
gezogen werden, ohne dass diese ihre Empfindungen
verbalisieren müssen und damit stärker kognitiv kon-
trollieren. Wählt z. B. ein Proband für die Collage vor
allem Luxusgüter aus, kann das Streben nach Prestige die
Motivationsbasis sein. Ein weiteres Beispiel zur Nutzung
der Collage-Technik stammt von Hamrouni und Touzi
(2011). Die Autoren versuchen mithilfe dieser Methode,
Anhaltspunkte für eine ideale Einkaufsstättengestaltung
zu erhalten bzw. zu erfassen, welche Geschäfte besonders
einladend auf Konsumenten wirken.
Schließlich kann ebenfalls das sogenannte Autodriving
(„auto“ = selbst, „driving“ = Antreiben) zur Analyse von
Motiven genutzt werden. Hier bekommen die Probanden
Fotos oder Filme vorgelegt, die sie selbst in bestimm-
ten Konsumsituationen zeigen. Anschließend sollen sie
Stellung zu ihrem Verhalten beziehen, also ihr eigenes

61
Diese Methode wurde z. B. von Belk, Ger und Askegaard
(2003) eingesetzt, um herauszufinden, was Konsumenten be-
Abb. 76: Cartoon-Test – Motivation, VoIP zu nutzen gehren, oder auch von Martin und Peters (2005), um Schön-
(Quelle: Koenigstorfer, Groeppel-Klein und Pla, 2008) heitsideale zu ermitteln.
B. Aktivierende Prozesse 173

Abb. 77: Beispiel für eine Collage


zur Konsummotivation „Streben
nach Luxus, Prestige“

Verhalten kommentieren und die motivationalen Hinter- terpretationen können ebenso Projektionen der Forscher
gründe zu diesen bildlichen Momentaufnahmen schil- darstellen und die Ausführungen der Versuchsperson
dern62. Ein Problem des Autodriving ist darin zu sehen, können im Sinne ihrer subjektiven Erwartungshaltung
dass die Probanden ihre Beweggründe im Nachhinein verzerrt werden (Boddy, 2005).
rationalisieren können. Daher ist es bei dieser Methode Zusammenfassend kann aber festgehalten werden:
(wie auch bei anderen projektiven Verfahren) wichtig,
die ersten spontanen Reaktionen auf die Vorlage der Bil-
Projektive Verfahren können verborgene Motivationen von
der zu beobachten, z. B. spontanes Lachen oder Seufzen.
Konsumenten erfassen, aber es sollte – um den Vorwurf der
Ebenfalls sollte die Reaktionszeit bis zur ersten Antwort mangelnden Gültigkeit der Ergebnisse zu entkräften – eine
gemessen werden. Je länger diese ausfällt, desto größer ist Kombination von unterschiedlichen Verfahren vorgenom-
die Gefahr, dass die Probanden nach sozial erwünschten men werden. Die jeweils pro Methode ermittelten Ergebnis-
Gründen für ihr Verhalten suchen. se sollten ähnlich sein (Triangulation). Im Idealfall werden
Erkenntnisse, die aus projektiven Verfahren gewonnen die Tests von verschiedenen Versuchsleitern durchgeführt.
wurden, finden bei marketingpolitischen Entscheidun-
gen, wie z. B. in der Produktgestaltung oder bei Werbe- Die kognitiv-orientierten Motivforscher63 nutzen vor
und Preismaßnahmen, zusehends Berücksichtigung. Als allem die sogenannte Laddering-Technik, um Beweg-
Nachteil projektiver Verfahren wird immer wieder die gründe zu erforschen (Grunert und Grunert, 1995; Huber,
mangelnde Distanz der Forscher zu den Testpersonen Beckmann und Hermann, 2004). Die Laddering- oder
genannt. Es besteht die Gefahr, dass die Untersuchungs- Leitertechnik versucht, Ziel-Mittel-Beziehungen (Abb. 78)
leiter die Probanden durch ihre Einwirkungen während sichtbar zu machen und damit darzustellen, aus welchen
der Projektion in ihrem Antwortverhalten manipulieren, funktionalen und psychischen Gründen ein konkreter
damit sich die Untersuchungshypothese bestätigt. Ein Produktkauf entsteht.
weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf den Interpretati- Mittels besonderer Befragungstechniken bringt man
onsspielraum bei der Auswertung der Antworten. In- die Konsumenten dazu, ihre Ziel-Mittel-Vorstellungen
(„Means-End-Chains“) zu äußern, von der untersten,
62 Siehe hierzu auch den Artikel von Heisley und Levy (1991).
63
Autodriving wurde auch eingesetzt, um Konsumrituale an fest- Grunert gab hierzu auf der Kommissionssitzung „Marke-
lichen Feiertagen (Wallendorf und Arnould, 1991) zu erforschen. ting“ 2007 einen umfassenden Überblick.
174 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Means-End-Chains

Werte Selbstachtung

Psychologische Konsequenzen „Ich bin eine gute Mutter“

Funktionale Konsequenzen „Meine Kinder haben sauberere Kleidung“

Attribut Innovative chemische Zusammensetzung des


(konkrete Produkteigenschaft) Waschpulvers mit stärkerer Waschkraft
Abb. 78: Means-End-Chains

konkreten Ebene der Produktvorteile bis hin zur obers- wiederum das Selbstbewusstsein. Auf diese Weise wer-
ten, abstrakten Ebene der grundlegenden Motivation. den hierarchisch geordnete Verknüpfungen zwischen
Im Folgenden wird eine solche Befragung kurz skizziert Produktwissen und Zielvorstellungen, also Ziel-Mit-
(siehe auch Peter und Olson, 1998; Reynolds und Gutman, tel-„Leitern“ (deswegen die Bezeichnung „Laddering“),
1988; Herrmann, 1996; Grunert und Bech-Larsen, 2005). sichtbar.
Interviewer64: Warum ist es für Sie so wichtig, ein „stil- Laddering gilt als ein etabliertes Verfahren, um den Zu-
les“ Mineralwasser ohne Kohlensäure zu sammenhang zwischen Produktmerkmalen und überge-
trinken? ordneten Werten herzustellen. Während diese Methode
Proband: Weil mir das besser bekommt. im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts jedoch ein wenig
Interviewer: Warum bekommt Ihnen das besser? vernachlässigt wurde, sind in letzter Zeit recht viele Bei-
träge zu unterschiedlichen Themengebieten erschienen,
Proband: Weil ich dann nicht aufstoßen muss.
die auf Laddering beruhen. So nutzen Bitzios, Fraser und
Interviewer: Warum ist es für Sie wichtig, nicht aufsto- Haddock-Fraser (2011) Laddering, um herauszufinden,
ßen zu müssen? wie die Veränderung einer funktionalen Produkteigen-
Proband: Weil sich das nicht gehört und mir das in schaft (hier Getreide), die Means-End-Chains für Brot
der Öffentlichkeit peinlich wäre. und letztlich auch die Zahlungsbereitschaft modifi-
Interviewer: Warum möchten Sie in der Öffentlichkeit zieren. Auch Barrena und Sánchez (2011) wählten Lad-
nicht unangenehm auffallen? dering, um die motivationalen Strukturen gegenüber
„ethnischen“ Lebensmitteln zu erfassen. Stancu, Grunert
Proband: Weil ich von anderen respektiert werden
und Lähteenmäki (2017) demonstrieren, dass Laddering
möchte.
aufdecken kann, welche Motive Produkte befriedigen,
Interviewer: Warum möchten Sie von anderen respek- die bestimmte Health-Claims tragen. Hsiao, Yen und Li
tiert werden? (2012) nutzten die Means-End-Theorie um zu zeigen, dass
Proband: Weil ich dann ein höheres Selbstwertge- beim Multi-Channel-Shoppen erfahrene Kunden und
fühl bekomme. Neulinge auf unterschiedliche Aspekte Wert legen. So
waren für die Novizen die hedonistischen Attribute sehr
Abb. 79 zeigt ein ähnliches, komplexeres Beispiel: Auf- viel bedeutsamer als für Multi-Channel-Shopping-ver-
grund seines geringen Alkoholgehalts (Eigenschaft, sierte Konsumenten. Auch im Bereich der Luxusmode
Mittel) macht das Getränk (= Produktvorteil, konkretes (Amatulli und Guido, 2011), bei der Erfassung der Kun-
Ziel) nicht müde. Der Vorteil, dass man nicht müde wird, denloyalität (Lee, Chang und Liu, 2010), der Kundenzu-
trägt zu besseren sozialen Kontakten bei (Ziel auf einer friedenheit im Dienstleistungssektor (Orsingher, Mar-
höheren Ebene). Bessere soziale Kontakte befriedigen zocchi, Valentini, 2011), im Tourismus (Pike, 2012) oder
bei der Frage, wann Konsumenten Handelsmarken und
64
Manche Autoren unterscheiden noch zwischen einem „soft wann sie die originären Herstellermarken kaufen (Krys-
laddering“, bei dem – wie bei diesem Beispiel – (qualitative) Ein-
tallis, 2015), spielen Ziel-Mittel-Verknüpfungen eine Rolle.
zelgespräche und Tiefeninterviews geführt werden, und einem
„hard laddering“, bei dem quantitative Verfahren angewendet Die Studie von Krystallis (2015) visualisiert auch sehr
werden, die ohne Interviewereinfluss durchgeführt werden schön die (mehr oder wenige starke) Bedeutung unter-
(Botschen und Thelen, 1998; Phillips und Reynolds, 2009). schiedlicher Ziel-Mittel-Beziehungen. Man kann also von
B. Aktivierende Prozesse 175

Selbstbewusstsein Familienorientierung
• hat ein besseres Gefühl • Erhalten der Achtung anderer
• Selbstbild • bessere Familienbindungen
• Selbstwert

Zusammengehörigkeit
Hedonismus • Sicherheit
• Kameradschaft
• möglichst das Beste • Freundschaft
vom Leben zu bekommen

Beeindruckung anderer soziale Interaktion


• erfolgreiches Image • leichter zu sprechen
• offen zu sein
• kontaktbereit

anspruchsvolles Image
Belohnung
• persönlicher Status
• Befriedigung • wie andere mich sehen
• Kompensation

Vermeidung von unangenehmen


Konsequenzen des Alkohols
• nicht zu betrunken
weiblich • nicht zu müde
durstlöschend
• sozial akzeptabel
• befreit von Durst
Vermeidung von Verschwendung
• nicht zu sauer
• wird nicht warm

Abb. 79: Ziel-Mittel-Analyse einer weniger Konsum


erfrischend Qualität
Kaufmotivation nach der Leiter- • kann nicht mehr trinken
technik (Laddering) • fühle mich lebendig • überlegenes Produkt • kann langsam trinken
• Produktqualität
Anmerkung: Durch Befragung
ermittelte Produktvorteile eines
Weinmixgetränkes (winecooler)
und die davon befriedigte Motiva- Kohlen- stimulierend teuer Etikett Flasche weniger sättigend geringer
tion nach Reynolds und Gutman säure (fantasievoll) (Form) Alkohol Inhalt
(1988).

einer „Renaissance“ der Laddering-Technik sprechen, ●● die Probanden ihre Antwort verschleiern bzw. mit
wenngleich diese Methode durchaus Probleme aufweist. sozial erwünschten Antworten reagieren.
Beispielsweise fühlen sich Probanden manchmal von der Auch können mit Laddering immer nur bewusste Pro-
Fragetechnik überfordert, und sie sehen sich gezwungen, zesse analysiert werden.
„irgendetwas“ zu antworten. Deshalb sollte auch beim Das Verfahren ist zudem recht zeitaufwendig. Kaciak
Laddering der Gesprächsverlauf festgehalten bzw. die und Cullen (2009) sowie Kaciak, Cullen und Sagan (2010)
Probanden bei dem Interview beobachtet werden. Wich- schlagen daher eine Methode vor, mit der Laddering
tig ist hier vor allem die Länge der Reaktionszeit, bis die abgekürzt werden kann. Hierbei nehme die Befragung
Probanden zu einer Antwort auf die Frage ansetzen. Eine nur noch halb so viel Zeit in Anspruch nehmen, aber es
sehr lange Reaktionszeit kann bedeuten, dass könnten immer noch 95 Prozent der Konsumenteninfor-
●● die Befragungspersonen schlicht nicht wissen, was mationen erfasst werden.
sie auf die Frage antworten sollen, weil ihnen einfach Schließlich wird die intersubjektive Überprüfbarkeit
kein Beweggrund einfällt („Warum ist die Banane der Ergebnisse (aus positivistischer Sicht) angezweifelt.
krumm?“), oder

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176 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Lin (2011) schlägt eine Modifikation des Laddering-Ver- denen ich Autorität habe“ oder „Ich fühle mich zu Ar-
fahrens vor, mit der insbesondere die Gefahr verringert beiten hingezogen, in denen ich die Möglichkeit habe,
werden soll, dass die Studienergebnisse durch die kog- meine Fähigkeiten zu prüfen“). Die Skala liegt heute in
nitiven Strukturen und Erwartungen des Versuchsleiters mehr oder weniger langen Versionen vor.
verzerrt werden. Nach dem gegenwärtigen Stand der Messmethoden er-
Standardisierte Fragebögen mit Ratingskalen: Die an- scheint es am besten, kombinierte Verfahren zu benutzen
sonsten üblichen standardisierten Befragungen erfassen nur (siehe auch Wu und Fu, 201166; Puca und Schüler, 2017,
verbal klar bewusste Antriebskräfte und Handlungs- S. 233). Das heißt: Durch Einsatz von mehreren Verfahren,
absichten: Sie sind nicht in der Lage, wenig bewusste die zur Antriebsmessung und zur Messung von kog-
oder unklare Motivationsvorgänge zu ermitteln, deren nitiven Handlungsorientierungen geeignet sind, wird
Verhaltenswirksamkeit in der gegenwärtigen Forschung eine Kombination von Indikatoren für den komplexen
wieder stärker betont wird. Motivationsprozess erhoben. Die Verfahren zur Antriebs-
Die bei standardisierten Befragungen bevorzugten Ra- messung können vor allem aus der Emotionsforschung,
tingskalen geben außerdem wenig Auskunft über die die Verfahren zur Messung der kognitiven Handlungs-
relative Stärke der hinter einer Motivation stehenden orientierung aus der Einstellungsforschung übernommen
Antriebskräfte: Lässt man Befragte ankreuzen, wie werden. Nach wie vor werden die meisten empirischen
stark eine Handlungstendenz ist, so erhält man – selbst Untersuchungen (neben Laddering) auf der Basis von
wenn die Befragten Auskunft geben können und wol- standardisierten Interviews67 durchgeführt. Wenn man
len – kaum Informationen über die tatsächliche Moti- davon ausgeht, dass implizite und explizite Motive von-
vationsstärke. Die Ratingskalen geben immer nur die einander unabhängig sind (Brandstätter, Schüler et al.,
Intensität der gemessenen Reaktion in Bezug auf einen 2018), muss man unterschiedliche Verfahren anwenden.
bestimmten Reiz wieder. Beispiel: Hat jemand die Ab-
sicht, einen Kaugummi zu kaufen, so wird er auf einer 5. Motivation zum Konsum
Ratingskala mit dem Wert 1 für „keine Motivation“ bis a) Motiv-Klassifikationen mit Bezug zum Konsumenten-
zum Wert 5 für „starke Motivation“ einen hohen Wert verhalten
ankreuzen. Das gleiche wird der Befragte machen, wenn In Untersuchungen über die Motivation zum Konsum
er ins Kino gehen möchte. Die Tendenz, ins Kino zu ge- wird im Allgemeinen eine antriebsbezogene Betrach-
hen, kann aber wesentlich stärker sein als die Tendenz, tungsweise gewählt. Das heißt: Man gliedert und beur-
Kaugummi zu kaufen. Die in beiden Fällen angegebenen teilt die Konsummotivation nach den Emotionen und
hohen Werte auf der Ratingskala informieren folglich Trieben, die ihr zugrunde liegen. Zum Beispiel wird un-
nicht über die relative Stärke der Motivation. Für die tersucht, welche Antriebe die Motivation bestimmen,
Erklärung des Verhaltens kommt es aber gerade auf Kleidung zu kaufen. Man stellt demzufolge in Motivati-
diese relative Motivationsstärke an. Um dies besser in onsuntersuchungen den Zusammenhang zwischen den
den Griff zu bekommen, könnte man die Befragung mit Antriebskräften auf der einen Seite und den Zielsetzun-
psychobiologischen Methoden kombinieren oder auch gen und Handlungsabsichten der Konsumenten auf der
Magnitude-Skalierungen65 verwenden. Dennoch sind anderen Seite her.
die standardisierten verbalen Skalen zur Messung von
Von Trommsdorff (2008) stammt eine Klassifikation von
Konsummotiven aufgrund ihrer einfachen Anwendung
Konsummotiven mittlerer Reichweite, die auf unter-
(auch für psychologisch nicht geschulte Interviewer) und
schiedliche Produkte anwendbar und durch übergeord-
quantitativen Analysemöglichkeiten sehr praktikabel
nete Werte geprägt ist. Danach können folgende Motive
und daher beliebt. Bekannte Skalen sind zum Beispiel die
beim Kauf von Produkten bzw. Marken unterschieden
„Unified Motives Scales“ von Schönbrodt und Gersten-
werden: (1) Ökonomik, Sparsamkeit, Rationalität, (2) Pres-
berg (2012), welche die drei Motive Anschluss/Intimität,
Macht und Leistung messen. Das geschieht z. B. mit Fra-
gen wie „Das Zusammentreffen mit anderen Menschen 66
Wu und Fu (2011) versuchen, mittels der sogenannten Lad-
macht mich glücklich“, „Ich strebe nach Positionen, in dering-Matrix-Analyse quantitative und qualitative Fragetech-
niken zu kombinieren.
67
Koll, von Wallpach und Kreuzer (2010) zeigen anhand eines
65
Bei der Magnitude-Skalierung zeichnet der Konsument eine Beispiels zur Messung von Markenassoziationen auf, wie er-
Linie, die je nach Zustimmung mehr oder weniger lang sein folgreich die Kombination von Story-Telling, Collage-Technik
kann, oder er drückt mehr oder weniger intensiv auf eine Taste. und offenen Fragen eingesetzt werden kann. Es handelt sich
Über diese Verhältnisangaben kann, auch ohne verbale Äuße- um ein Beispiel für ein „Multi-Method“-Verfahren, siehe auch
rungen, relative Zustimmung oder Ablehnung ermittelt werden. Multi-Motiv-Gitter (Sokolowski, Schmalt et al., 2000).
B. Aktivierende Prozesse 177

tige, Status, soziale Anerkennung, (3) Soziale Wünschbar- daran oder schlicht das Wissen, dass man sich eine luxu-
keit, Normenunterwerfung, (4) Lust, Erregung, Neugier, riöse Marke gegönnt hat. Luxuskonsum muss also nicht
(5) Sex, Erotik, (6) Angst, Furcht, Risikoneigung und (7) immer mit „conspicious consumption“, also auffälligem
Konsistenz, Dissonanz, Konflikt. Konsum, einhergehen, bei dem man der Außenwelt de-
Von Griskevicius und Kenrick (2013) stammt ebenfalls eine monstrieren möchte, dass man in einer kostspieligen
Auflistung fundamentaler (evolutionsbedingter) Motive, Produktklasse einkauft. Bei Luxusprodukten ist auch
die für das Konsumentenverhalten relevant sein sollen: „inconspicious consumption“ möglich, wie Commuri
Vermeidung körperlichen Schadens und von Krankheit, (2009) aufzeigt. Das Tragen deutlich gelabelter Luxus-
Gewinnen von Freundschaften, Erlangen von Ansehen, produkte (z. B. Markeninitialen auf Handtaschen, die
Finden und Halten eines Partners und Versorgung der Fa- deutlich sichtbar sind und das Muster prägen) wird als
milie. Die Aktivierung alleine eines dieser Motive ändere „inadequate fashion sense“ (Commuri, 2009, S. 94) oder
das Entscheidungsverhalten der Konsumenten. als Prasserei angesehen; stattdessen wählen die Konsu-
menten eher wenig auffällige Modelle der Luxusmarke.
Im Konsumgüterbereich schlägt sich das Prestigestreben
beispielsweise in der Motivation nieder, sozial auffällige „Conspicious consumption“ geht einher mit dem intuitiv
Produkte zu erwerben (Gierl, Stumpp und Skeide, 1998). zunächst parodox anmutenden, aber empirisch nach-
Das sind Güter, deren Konsum von anderen bemerkt weisbaren ökonomischen Phänomen, dass die Motiva-
wird und die den sozialen Status des Konsumenten an- tion von Konsumenten, mehr von einem Gut zu kaufen,
zuzeigen oder aufzuwerten vermögen. Ein überdurch- erhöht wird, wenn der Preis steigt. Hier wird wieder das
schnittlich starkes Prestigestreben steht hinter der Mo- Zusammenspiel zwischen Antriebskraft (Prestigestre-
tivation, Kleidung, Autos und Reisen zu kaufen oder ein ben) und kognitiven Wahrnehmungsvorgängen deutlich:
exklusives Haus zu besitzen. Luxusstreben kann nach Der hohe Preis verheißt in den Augen der Konsumenten
Kapferer und Bastien (2009) noch einmal differenziert sozial vorteilhafte Demonstrationswirkungen: Durch
werden in die Motivation, den Konsum von Luxuspro- den Konsum des teuren Gutes kann der Konsument seine
dukten gegenüber der sozialen Umwelt zu demonstrieren finanzielle Stärke demonstrieren, von der (in unserer
(„Luxus für andere“) sowie in den Wunsch, Luxuspro- Gesellschaft) das Prestige wesentlich mitbestimmt wird.
dukte zu hedonistischen Zwecken zu kaufen und zu Der dadurch entstehende, nachfragefördernde Einfluss
benutzen („Luxus für sich selbst“). Wenn „Luxus für des Preises auf die Preisabsatzfunktion wird in der Öko-
andere“ im Vordergrund steht, dann kann es passieren, nomie auch als Veblen-Effekt bezeichnet – nach dem
dass wohlhabende Kunden eine negative Einstellung amerikanischen Sozialwissenschaftler Veblen, der in
zu ihrer Lieblingsluxusmarke entwickeln, wenn ihnen seiner „Theorie der feinen Leute“ (1899; deutsch 2000)
gewahr wird, dass weniger wohlhabende Leute die Mar- die konsummotivierende Bedeutung von aufwendigen
ken ebenfalls konsumieren (Yang und Mattila, 2014). Der Gütern geschildert hat. Aufgrund des Veblen-Effektes
Demonstrationseffekt geht dann für sie verloren. Steht kann es dazu kommen, dass bei Preiserhöhungen (bei
dagegen der Luxus für sich selbst im Vordergrund, dann demonstrativen Produkten) die nachgefragte Menge
interessieren mehr das Kauferlebnis oder Erinnerungen steigt (vgl. Abb. 80).

Preis Preis Preis

Abb. 80: Preisabsatzfunktionen, Menge Menge Menge


deren Form durch den Veblen-
Effekt bestimmt wird
178 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Das Prestigestreben bzw. der Wunsch nach Anerkennung sche Marketing-Professor Tauber (1972) war Anfang der
zeigt sich jedoch nicht nur in dem Bedürfnis, hochprei- 1970er-Jahre einer der ersten, die die Frage stellten: „Why
sige Produkte zu kaufen. Konsumenten möchten auch do people shop?“ Tauber führte eine explorative Studie
durch den sichtbaren Gebrauch von innovativen Tech- durch und wählte die Methode des Tiefeninterviews.
niken (z. B. im Mobile Business, Groeppel-Klein und Dreißig Amerikaner aus Los Angeles wurden gebeten,
Koenigstorfer, 2007b; Königstorfer, 2008) Anerkennung ihren letzten Einkaufsbummel zu schildern und mit-
erfahren. Wie fein gesponnen die Beziehungen zwischen zuteilen, welche Aktivitäten sie unternahmen, welche
Prestigestreben und Verhalten sein können, wird be- Gefühle sie empfanden, kurz: Was sie bei den Einkäu-
reits in einer älteren Studie von Anastasi (1976) deutlich: fen erlebten. Tauber konnte verschiedene Einkaufstypen
Ein Hersteller technischer Großprodukte hatte mit dem mit unterschiedlichen Einkaufsmotiven identifizieren,
Absatz von Schaufelbaggern Schwierigkeiten. Auf den von denen vier von besonderem Interesse sind: Die erste
Anzeigen für dieses Investitionsgut sah man die riesigen Konsumentengruppe möchte sich mit dem Shopping be-
Maschinen beim Anheben großer Lasten. Eine empi- lohnen, d. h., sie versucht, sich mit dem Kauf irgendeines
rische Untersuchung zum Kaufentscheidungsprozess „netten“ Gegenstandes in eine angenehme Stimmung
ergab, dass die Baggerführer bei der Entscheidung eine zu versetzen. Die Befragten der zweiten Konsumenten-
nicht unerhebliche Rolle spielten. Die befragten Bagger- gruppe möchten aus ihrer oftmals trostlosen Wohnum-
führer gaben aber deutlich Aversionen gegen den ge- gebung in den Vorstädten entfliehen und sehen in den
nannten Schaufelbagger an. Befragungen zeigten, dass Einkaufsbummeln eine angenehme Abwechslung. Kun-
sie verärgert waren, weil auf den Anzeigen die gewal- den der dritten Gruppe suchen laut Tauber nach „sensory
tigen Bagger Aufmerksamkeit auf sich zogen, die Bag- stimulation“. Die „Sensory-Stimulation-Sucher“ mögen
gerführer aber zu winzigen, kaum erkennbaren Figuren die Reizvielfalt am Point-of-Sale und halten sich gerne
im Führerstand „degradiert“ waren. Das Geltungsstre- unter vielen Menschen in Geschäften auf. Schließlich
ben der Baggerführer wurde offensichtlich unterlaufen. sollte das Motiv des „pleasure of bargaining“ beachtet
Als praktische Konsequenz aus dieser Untersuchung werden. Es beschreibt den Spaß, Preise „herunterzuhan-
wurden die Anzeigen umgestaltet: Man sah jetzt dem deln“. Da in den meisten Geschäften die Preise jedoch
Baggerführer über die Schulter hinab auf die arbeitende fixiert sind, versuchen Konsumenten, dieses Einkaufs-
Maschine. So entstand der Eindruck, dass er der Herr motiv durch Preisvergleiche zwischen verschiedenen
des Fahrzeuges ist. Geschäften und durch die Suche nach Sonderangeboten
Auch die verhaltenswissenschaftlich orientierte Han- zu befriedigen.
delsforschung hat sich verstärkt mit der Motivforschung
und hier insbesondere mit der empirischen Erfassung Einkaufsmotive werden als fundamentale, zielorientierte
von Einkaufsmotiven und deren Bedeutung für das innere Kräfte definiert, die durch Einkaufsaktivitäten be-
friedigt werden können (Gröppel-Klein, 1998).
Verhalten am Point-of-Sale beschäftigt. Der amerikani-

Abb. 81: Die Welt des Luxus


B. Aktivierende Prozesse 179

Die Typologien variieren aber durchaus: Während man- Bedeutung. Daher wird aufgrund des demographischen
che Autoren lediglich eine Zweiteilung in „hedonistische“ Wandels der Wunsch nach persönlicher Interaktions-
(„hedonic“) und „nützlichkeitsorientierte“ („utilitarian“) möglichkeit insgesamt an Bedeutung gewinnen. Stati-
Einkaufsmotive propagieren (Babin, Darden und Griffin, onäre Einzelhändler sollten dies berücksichtigen, auch
1994), führen beispielsweise Westbrook und Black (1985) um sich stärker vom Internet abzugrenzen (wobei dort
oder Gröppel-Klein (1998) eine stärkere Differenzierung beispielsweise über Avatare ebenfalls versucht wird, In-
durch und unterscheiden die folgenden Einkaufsmotive: teraktionsmöglichkeiten zu bieten).
Preisorientierung (auch Schnäppchensuche), Stimulie-
Heute beschäftigen sich diverse Forscher verstärkt mit
rung (Wunsch nach Einkaufserlebnissen), Orientierung
der Frage, warum Konsumenten den Einkauf im Inter-
an Markenzeichen oder Gütesiegeln (Qualitätsorientie-
net gegenüber dem Einkaufen im stationären Handel
rung und Unsicherheitsvermeidung), Kommunikation
präferieren (oder umgekehrt). So stellen Kukar-Kinney,
(Wunsch nach zwischenmenschlichen Kontakten), Ver-
Ridgway und Monroe (2009) fest, dass es im Gegensatz
handlungsorientierung (Wunsch, Preise herunterzuhan-
zu den eben beschriebenen geselligkeitsorientierten Kon-
deln, Basaratmosphäre), Kaufoptimierung (sorgfältige
sumenten auch Menschen gibt, die es mögen, möglichst
Auswahl oder Wunsch, das Allerbeste für die Familie
unbeobachtet einzukaufen und darauf abzielen, soziale
bzw. für sich zu kaufen) und Praktikabilität. Ähnliche
Interaktionen zu meiden. Genau aus diesen Gründen
Motive werden von Jayasankaraprasad und Kathyayani
werden Internetshops bevorzugt. Dieses Einkaufsmo-
(2014) sowie Heitz-Spahn (2013) identifiziert. Diese Au-
tiv sollte von Online-Händler ebenfalls berücksichtigt
toren weisen für das Cross-Channel-Shopping-Verhalten
werden. Gröppel-Klein und Freichel (2019) zeigen bei-
zusätzlich auf die Bedeutung der Motive „Flexibilität und
spielsweise, dass im stationären Handel das Loss-of-
Preisvergleiche“ zwischen Einkaufskanälen hin.
Face-Risiko (Gesichtsverlust durch Preisgabe peinlicher
Die Ergebnisse dieser und weiterer bisher durchgeführ- Informationen) eine kaufhemmende Rolle spielen kann,
ter empirischer Studien (Gröppel-Klein, Thelen und An- während im Internethandel vor allem die Preisgabe von
tretter, 1998; Morschett, 2002; Schramm-Klein, 2008; San- Informationen, die mit der Verletzlichkeit der Sicherheit
guanpiyapan und Jasper, 2010) zeigen die Bedeutung der einhergehen, den Kauf verhindern können. So können
Einkaufsmotive für die Wahl einer Einkaufsstätte und generell (neue) Produkte und Dienstleistungen der An-
auch für das Verhalten am Point-of-Sale auf: Einkaufs- bieter die Motivstrukturen der Nachfrager beeinflussen.
motive können die am Point-of-Sale erlebten Emotionen Zudem können seit Jahren im Mobile Business (unab-
sowie die Verweildauer, die Erkundungsbereitschaft hängig von Ort und Zeit) über das Smartphone Einkäufe
und das Kaufinteresse beeinflussen. Die Einkaufsmo- getätigt und somit u. a. das Bedürfnis nach Autonomie
tive sind gleichfalls entscheidend, wenn der subjektiv unterstützt werden. Auch das Bezahlen über das Smart
empfundene Eignungsgrad von Einkaufsstätten beurteilt Phone ist hier zu nennen. Es bleibt abzuwarten, wie sich
werden soll. Hier lässt sich erkennen, dass unterschied- im Lebensmittelhandel Amazon Fresh oder andere Lie-
liche Marketingkonzepte (Betriebsformen) des Handels ferdienste entwickeln werden. „Voice Commerce“ über
unterschiedliche Einkaufsmotive befriedigen. Mit „Vor- Amazons Alexa oder Googles Siri führt dazu, dass die
her-Nachher“-Befragungen kann man beispielsweise Konsumenten noch bequemer von zu Hause einkaufen
feststellen, ob eine Einkaufsstätte zur Befriedigung eines können; das „Convenience Motiv“ wird hiermit gestärkt.
Einkaufsmotivs (z. B. Erlebnisorientierung) beigetragen Manche Autoren sprechen daher schon von der „Gold-
hat. gräberstimmung“ im Bereich Voice Commerce (Kohl-
Der in einer Gesellschaft zu beobachtende Wertewandel brück, 2019). Andere sind hier sehr viel zurückhalten-
kann die Relevanz einzelner Konsum- oder Einkaufs- der, auch da bekannt wurde, dass Amazon Gespräche
motive verändern. So ließ sich beispielsweise in den aufzeichnet, um die Qualität des Services zu verbessern
1980er-Jahren ein verstärkter Wunsch nach emotionaler (Spiegel Online, 2019).
Anregung beim Einkaufen beobachten – man war die
Darüber hinaus zeigt die lernpsychologische Motivfor-
uniforme Gestaltung und die lieblose Warenpräsentati-
schung, dass die Bedeutung unterschiedlicher Kaufmo-
on in vielen Geschäften schlicht leid. Anfang des ersten
tive auch von Reinforcement-Prozessen abhängig sein
Jahrzehnts dieses Jahrhunderts war die Preisorientie-
kann (Belohnung bzw. Bestrafung des Konsumverhaltens
rung bzw. das „Schnäppchenschlagen“ besonders re-
durch die soziale Umgebung).
levant (man denke an den Kult-Slogan „Geiz ist geil“).
Für viele, insbesondere ältere Menschen ist dagegen der In den Untersuchungen der Marktforschungspraxis
Wunsch nach Geselligkeit, nach tatsächlichen Kontakten werden – zur Erklärung konkreter Konsum- und Kauf-
mit anderen Menschen beim Einkaufen von besonderer motivationen in einzelnen Produktbereichen – Antriebs-
180 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

z. B., geschlechtsspezifische Unterschiede für die Kauf-


entscheidung bei Autos ausgemacht zu haben und nutzte
in einem TV-Werbespot die unterschiedlichen stereoty-
pischen Antriebskräfte von männlichen und weiblichen
Konsumenten. Ein Mann und seine Frau sitzen auf dem
Sofa, und die Frau erzählt ihren gegenübersitzenden
Schwiegereltern, warum sie sich so über den neuen Wa-
gen freut: „Die Farbe steht mir“, „Es ist ein Familienauto“,
„und so umweltfreundlich“, „viel Platz“, „praktisch“,
„tolles Design“ und „klingt so gut“. Der Mann dagegen
schweigt, blinzelt seinem Vater zu und zeigt ihm dann,
ohne dass seine Frau es bemerkt, die Handinnenfläche,
auf der „177 PS“ geschrieben steht, woraufhin der Vater
Abb. 82: Voice Commerce verständnisvoll nickt. Doch nicht nur in Bezug auf Wer-
(Quelle: Geier, 2018; Bayerischer Rundfunk) bung, auch im Bereich des Verbraucherschutzes oder
bei Social Responsibility Themen gibt es immer mehr
kräfte ermittelt, die oft konkreter und auch komplexer Untersuchungen, die Gendereffekte berücksichtigen (z. B.
als die oben angegebenen Emotionen und Triebe sind. Jones, Reilly et al., 2017).
Ein Beispiel war und ist der Markt-Media-Klassiker Nach Ansicht der verstehenden Richtung (z. B. Rook und
„Typologie der Wünsche Intermedia“ (TDWI) vom Hubert Levy, 1983; Belk, 1988; Belk, Wallendorf und Sherry, 1989;
Burda Verlag (bis 2013). Seit 2013 wurde die Typologie der Rindfleisch und Burroughs, 2004; DeBerry-Spence, 2008;
Wünsche in „Best-for-Planning“ („b4p“) überführt. Die Higgens und Hamilton, 2019) ist bei vielen Konsumen-
drei Marktforschungsunternehmen IFAK, Ipsos und GfK ten zudem ein Drang nach spiritueller Zufriedenheit und
sind daran beteiligt. Laut b4p-Homepage (2019) ist b4p Selbstverwirklichung deutlich zu beobachten. Dieser kann
mit der Erhebung von ca. 2.400 Marken in mehr als 120 an Bedeutung noch gewinnen, sollten sich mehr Kon-
Marktbereichen die umfassendste Markt-Media-Studie sumenten von klassischen religiösen Institutionen, also
in Deutschland. Es werden 185 Zeitschriften, 60 Tageszei- der Mitwirkung in kirchlichen Organisationen, weiter
tungen, Anzeigenblätter, zehn TV- Sender, Radiosender, abwenden. Trotz dieser Abwendung von traditionellen
Plakate, Kino sowie rund 800 Websites, 390 mobile Ange- Organisationen erwarten jedoch viele Konsumenten,
bote und 200 Apps ausgewertet. Diese Vielfalt ermöglicht dass das Leben mehr bieten soll als „Materialismus
die Berechnung von crossmedialen Markenreichweiten. pur“: Spiritualität zählt für viele dazu, die dann aber
Zudem finden mit über 150 Statements Konsumenten- oftmals – paradoxerweise – über das Konsumverhalten
befragungen zu gesellschaftlichen Themen und Trends, erzielt werden soll. Manche Konsumenten erfreuen sich
Wertorientierungen sowie Lebenseinstellungen statt, auf an „Kokopelli“-Darstellungen (nach indianischer Mytho-
deren Basis Konsumententypologien entwickelt werden. logie ein Symbol für Glück und Fruchtbarkeit), andere
Im Vordergrund steht das Ziel, die sich ständig verän- versuchen es mit der Buchung von Yoga-Kursen und
dernde Gesellschaft und ihre Medien- und Konsumge- Ajurveda-Kuren, wieder andere trinken nicht einfach
wohnheiten besser zu verstehen. nur eine Tasse Tee, sondern zelebrieren die Teestunde mit
Interessant ist auch die Frage, inwieweit sich Männer und klar festgelegten Ritualen. Auch für die Tourismusbran-
Frauen in ihren Ansprüchen und Konsummotiven un- che spielt das Motiv „Wunsch nach spirituellen Erleb-
terscheiden. Seit vielen Jahren beschäftigt sich innerhalb nissen“ eine große Rolle, wie Watkins und Gnoth (2011)
der Konsumentenverhaltensforschung die sogenannte anschaulich aufzeigen.
Gender-Forschung z. B. Meyers-Levy und Loken, 201568; Es gibt auch eine Reihe von Konsumenten, die in der
Winterich, Mittal und Ross, 2009; Fisher und Arnold, Erforschung der Vergangenheit eine große Bereicherung
1994) mit der Frage, ob Männer und Frauen unterschied- erfahren: Sie möchten die Entstehung des Universums
liche Konsummotive verfolgen. Die Firma Toyota glaubte begreifen oder erkennen, wie unsere Vorfahren lebten,
und dies möglichst authentisch nachempfinden („back
68
Meyers-Levy und Loken kommen zu dem Schluss (2015, to the roots“). Auch die Medien griffen diesen Trend auf:
S. 129): „Males are more self-oriented, while females are more
Man konnte in den letzten Jahren im Fernsehen soge-
other-oriented; females are more cautious responders; females
are more responsive to negative data; males process data more nannte „Doku-Soaps“ sehen, in denen junge Menschen
selectively and females more comprehensively; and females mittels „Originalrequisiten“ nacherleben konnten, wie
are more sensitive to differentiating conditions and factors“. man vor 100 Jahren auf das Dasein als Ehefrau, Haus-

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B. Aktivierende Prozesse 181

Vertiefungskasten: Was bedeutet Authentizität?

historischen und traditionsgemäßen Echtheit (Ger und Csaba,


2000). Auch Objekte der Gegenwart werden häufig mit diesem
Attribut belegt, z. B. wenn diese unverzerrt dargestellt wer-
den (Kalisch, 2000; Peterson, 2005; Rose und Wood, 2005).
Medieninformationen und Mediendarstellungen können die
Authentizitätswahrnehmung beeinflussen (Rose und Wood,
Foto: Staatliche Antikensammlung, 2005). Dies betrifft insbesondere Informationsmedien wie
München Foto: Instagram Nachrichten oder Zeitungen, die reale Begebenheiten so
wiedergeben sollen, damit sich Konsumenten ein Bild von
Authentizität (dieser Vertiefungskasten basiert zum größ- den „wahren“ Ereignissen machen können (vgl. dazu z. B. die
ten Teil auf Gröppel-Klein und Spilski, 2006) ist ein Thema, Diskussion um die Berichterstattung zum Golfkrieg in den
welches die Konsumentenverhaltensforschung seit einigen 1990er-Jahren, Woolley, 1992, S. 190 ff.). Auch Werbung stellt
Jahren umtreibt, und ist ein Stichwort, das auch in der ein Objekt der Authentizitätseinschätzung dar (Chalmers und
Marketingpraxis immer häufiger zu hören ist. So wird man Price, 2009). Stern (1994, S. 388) definiert authentische Wer-
in nordamerikanischen Supermärkten durch Aufkleber, Pla- bung als „Werbung, die die Illusion einer Realität des normalen
kate oder sonstiges Displaymaterial immer wieder mit dem Lebens in Bezug auf eine Konsumsituation vermittelt“. Der
Schlagwort „authentic food“ konfrontiert69. Vielfach ist damit Begriff der Illusion bringt dabei die Herbeiführung von Authen-
gemeint, dass „ursprüngliche“ Rezepte verwendet werden, tizität durch das Marketing zum Ausdruck: Das Marketing
die noch aus der Zeit stammen, als das Gericht erfunden verwendet „real anmutende“ Geschichten und Situationen,
wurde, und es beispielsweise noch keine Geschmacksver- um dem Konsumenten die Identifikation mit dem Gesehenen
stärker wie Glutamat gab. zu erleichtern. Authentische Werbung zeigt keine „magical
Der Begriff „Authentizität“ entstammt dem griechischen Wort moments“ (Schudson, 1984, S. 221), sondern Situationen mit
„authentikós“ („zuverlässig“), einer Ableitung aus dem grie- lebensnahen Werbefiguren, die im täglichen Leben passieren
chischen Wort „authéntes“, was „Urheber“ bedeutet (Kluge, könnten. Dabei schreibt Stern (1994) den Werbefiguren und
1995, S. 68). Daraus entwickelte sich die Verwendung des deren Aussehen bzw. Verhalten besondere Bedeutung für die
Begriffes im Sinne von „Echtheit“, „als Original befunden“ Erzeugung von Authentizität in der Werbung zu.
oder „Ursprünglichkeit“. Diese Definition wird in der Literatur Die Beurteilung eines Objektes als „authentisch“ kann un-
jedoch keineswegs eindeutig gehandhabt, und der Begriff terschiedliche Ursachen haben. Authentizität kann von dem
der Authentizität wird vielfältig genutzt. So können Objekte Objekt selbst ausgehen oder von äußeren Faktoren bestimmt
der Authentizitätsbeurteilung Produkte und sonstige Gegen- sein (Beverland, 2005). Die erstgenannte Art von Authenti-
stände, Marken sowie Orte oder auch Dienstleistungen sein zität basiert u. a. auf der Unterscheidung zwischen Original
(Grayson und Martinec, 2004, S. 297; Handelman und Kozi- und Kopie: Ein authentisches Objekt wird als das Original an-
nets, 2009; Valsesia, Nunes und Ordanini, 2016). Auch Per- gesehen, während bei der von äußeren Faktoren bestimmten
sonen können Objekte der Authentizitätseinschätzung sein, Authentizität der Begriff „authentisch“ oft verwendet wird,
wenn betrachtet wird, wie Personen sich selbst beurteilen, um ein Objekt zu beschreiben, welches kein Original ist,
und insbesondere, wie (bzw. ob) sie ihr „wahres Selbst“ zei- diesem jedoch physisch sehr ähnlich ist. Dieses Objekt stellt
gen oder sich nach außen hin verstellen (Arnould und Price, ein Abbild, eine getreue Nachbildung (Grayson und Martinec,
2000; Guthey und Jackson, 2005). Hier ist auch der Auftritt 2004, S. 298) des Originals dar. Letztendlich bestimmt jedoch
in den sozialen Medien, z. B. auf Instragram, ein wichtiges die Wahrnehmung des Konsumenten, ob es sich um eine
Thema (Shoenberger und Johnson, 2018). Zeigt man hier dem Objekt innewohnende Authentizität oder Authentizität
sein wahres oder sein beschönigtes Selbst (Reichert, 2017)? durch Nachbildung bzw. überhaupt um authentische Objekte
Außerdem ist eine zeitliche Dimension zu berücksichtigen: handelt. Im Bereich der Werbung ist es möglich, dass Kon-
Viele Forschungsarbeiten zur Authentizität beziehen sich auf sumenten die Werbefiguren als tatsächliche Konsumenten
die Beurteilungen von Kunst- und Kulturgegenständen sowie (im Sinne echter Verwender) wahrnehmen und demnach
von kulturellen und handwerklichen Gebräuchen und ihrer solche Werbefiguren als authentisch empfinden.

frau und Mutter vorbereitet wurde oder wie man vor „Advertising stories are fictions“ (Stern, 1994, S. 389);
200 Jahren mit dem Segelschiff den Atlantik überquerte. daher ist es wahrscheinlich, dass Authentizität in der
Werbung überwiegend als vom Marketing nachgebil-
69
Siehe zu „authentic food“ auch die Studie von Boutrolle, det wahrgenommen wird. Die Ähnlichkeit mit „realen,
Delarue et al., 2009. normalen“ Personen des täglichen Lebens würde dann
182 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

für eine positive Authentizitätseinschätzung ausreichen.


Auch ist es möglich, dass Werbefiguren als authentisch
bezeichnet werden, auf die die Beschreibung „lebens-
nah“ auf den ersten Blick nicht passt, wie beispielsweise
Celebrities. Die Aufmerksamkeitswirkung der berühm-
ten Werbefiguren kann mit Authentizität kombiniert
werden, indem sich die Stars wie ganz „normale“ Per-
sonen verhalten und Ausschnitte aus ihrem täglichen
Leben als „normale“ Konsumenten zeigen bzw. indem
Aspekte ihrer privaten Persönlichkeit präsentiert werden.
Stockebrand und Spiller (2008) erklären, dass authenti-
sche Ausstrahlung mit einer Kongruenz zwischen Sein
und Handeln verbunden ist, in der Werbung zumindest
aus Sicht des Betrachters. Bei der Beurteilung eines Er-
eignisses hinsichtlich seiner Authentizität konzentrieren
sich Konsumenten auf Schlüsselreize (Beverland und
Farrelly, 2010) und oftmals auf besonders auffällige Ei-
genschaften.
Bekannte Sportler werden gerne für „authentische
Augenblicke“ in der Werbung ausgewählt. So kann man
sehen, wie Dirk Nowitzki in einer Ing-Diba-Werbeszene
den neuen Namen „Ing“ vorstellt und dabei seinen ei- Abb. 83: Beispiel für authentische Werbung
genen Namen durch den Kakao zieht oder wie Thomas
Müller zu Hause für seine Frau Barilla Nudeln kocht
und dabei so tut, als habe er die Pasta selbst frisch her- Bei authentischer Werbung kommt den Werbefiguren eine
gestellt. Manuel Neuer wird in einem Spot als normaler besondere Rolle zu. Techniken zur Authentifikation von
Werbefiguren sind die Nachbildung von „normalen“ Kon-
Büroangestellter präsentiert, der ein Top-Torwart hätte
sumenten (lebensnahe, aber auch berühmte Personen)
werden können, wenn er es nur probiert hätte – so wie
und die Darstellung der „wahren“ Persönlichkeit lebens-
man eine Cola Zero probieren sollte. Es lässt sich hier naher oder berühmter Werbefiguren.
festhalten, dass authentische Werbung versucht, Perso-
nen und Situationen möglichst „echt“ nachzubilden –
solange diese trotz ihrer kleinen Fehler liebenswert, oder Vor einigen Jahren sorgte eine Anzeigenkampagne von
gerade aufgrund der kleinen Mängel besonders mensch- Dove für Aufsehen, bei der laut eigener Aussage (Home-
lich wirken70. Auch Sänger und Schauspieler werden in page) zum ersten Mal „echte Frauen statt 90-60-90-Stereo-
authentischen Rollen gezeigt. Jürgen Drews macht Wer- type“ abgebildet wurden, also „ganz normale Frauen, die
bung für die Versicherung „nexible“ und inthronisiert bei Street-Castings entdeckt wurden“, die ganz „natürlich
den Nachtkönig der Serie „Game of Thrones“ als neuen mit echten Rundungen“ sind, während die Konkurrenz
„König von Mallorca“. Der markante Schauspieler Jeff bis dato Frauen präsentierte, die einen makellosen Kör-
Bridges wirbt mit dem Slogan „Follow your nature“ für per und „vollendete Schönheit“ aufwiesen. Damit wollte
die Textilmarke Marc O’Polo, und man kann sich gut die Marke Dove bestehende Stereotype vom Schönheits-
vorstellen, dass er nicht nur tatsächlich Gitarre spielt, ideal durchbrechen. Gröppel-Klein und Spilski (2006)
sondern auch das Label trägt (Abb. 83). untersuchten, ob die „authentische“ Werbekampagne
von Dove positiver erlebt wird als eine vergleichbare ide-
70
altypische Anzeige für dasselbe Produkt (siehe Abb. 84).
Die wahrgenommene Authentizität kann auch eine Medi-
atorfunktion bei der Beurteilung von Wertekampagnen in der Die varianzanalytischen Ergebnisse belegen, dass die
Werbung spielen, wie Spilski, Gröppel-Klein und Hagner (2012) authentische Anzeige als origineller empfunden wurde
anhand einer Studie für die Darstellung des Wertes Materia- als die idealisierte Anzeige (das war nicht unbedingt er-
lismus in der Werbung für Finanzdienstleistungen aufzeigen. staunlich, da zum Zeitpunkt der Messung die Kampagne
Giesler und Luedicke (2009) zeigen vermeintliche Paradoxien
auf: So versuchen manche Menschen durch Botox oder andere
noch neu war). Es zeigt sich außerdem, dass die Marke
Eingriffe, ihr jugendliches Aussehen zu bewahren, um damit Dove bei der authentischen Anzeige im Unterschied zu
möglichst lange einem Bild entsprechen zu können, das sich der idealisierenden Werbung auch als „nützlicher“ und
beim Betrachter der Person zuvor eingeprägt hat. stärker „zum eigenen Lebensstil passend“ eingeschätzt
B. Aktivierende Prozesse 183

Idealisierung versus Authentizität von Werbemodels

Abb. 84: Stimulusmaterial der


Studie von Gröppel-Klein und
Spilski (2006)

wurde. Bei der „Exklusivitätseinschätzung“ des Produk- Models und der eigenen Figur eine Rolle spielt. In ihren
tes schnitt jedoch die idealisierende Anzeige besser ab. Experimenten veränderten sie die Figuren von Models
Fazit: Authentische Werbung scheint nicht für Produkte und konfrontierten Frauen mit einem mehr oder weniger
geeignet, die ein Exklusivitätsimage anstreben, da der di- hohem Body Mass Index mit den Fotos. Waren die Models
stanzierende Faktor fehlt. Konsumenten beziehen jedoch (eher) dick, führte dies erstaunlicherweise bei normalge-
authentische Werbung stärker auf sich selbst als ideali- wichtigen Frauen nicht zu einem besseren Selbstwertge-
sierende Werbung, sie können sich also stärker damit fühl (man war im Vergleich weniger mollig), sondern zu
identifizieren und beurteilen aus dieser Perspektive das einer Negativbeurteilung der eigener Erscheinung, man
beworbene Produkt als vorteilhaft. Wie die Geschäfts- fühlte sich dicker als man eigentlich war. Dies kann die
berichte von Dove nahelegen, scheint sich für die Marke Markenakzeptanz ebenfalls negativ beeinflussen.
die Kampagne zunächst gelohnt zu haben: Bekanntheits-, Dove rückte von den provokativen „Real Beauty“-Kam-
Sympathie- und Absatzgrad steigerten sich in der Folge pagnen zwischenzeitlich ab: So schrieb die Branchen-
signifikant. Auch wurde der Kampagne eine „gesell- zeitschrift HORIZONT (2011, S. 21) 2011, dass die Motive
schaftspolitische“ Bedeutung zugebilligt, da sie gerade ,normale’ oder ,ältere Models’ „nun nicht mehr offensiv
jungen Frauen zeigen sollte, dass nicht nur makellose in der aktuellen Werbekommunikation für den deut-
Models schön sind und man voller Selbstbewusstsein schen Markt kommuniziert“ werden. „Der Fokus der
zu seiner eigenen Erscheinung stehen kann. Authentisch Dove-Werbemotive liegt jetzt wieder stärker auf dem
wirkende Werbung, die Schönheits-Stereotype durch- konkreten Mehrwert des jeweiligen Produkts.“ Doch
bricht, kann somit hohe Aufmerksamkeit erfahren. Bei 2018 wechselte Dove erneut die Kampagne und präsen-
längerer Schaltung und bei der Nachahmung durch die tiert jetzt Frauen, die eine Geschichte zu erzählen haben,
Konkurrenz können jedoch auch Abnutzungseffekte auf- unabhängig davon, ob sie einen idealen Körper haben
treten, welche die Marke weniger attraktiv wirken lassen. oder nicht.
Eine Erklärung scheint darin zu liegen, dass Menschen,
Auch H&M erregte im Frühjahr 2019 mit einer Kampagne
ob bewusst oder unbewusst, von Idealbildern träumen
Aufsehen, die normale (also weder dicke noch dünne),
und mit der (eigenen) Realität nur bedingt konfrontiert
aber nicht makellose Frauen im Bikini zeigt (Abb. 85).
werden möchten.
H&M fiel in der Vergangenheit eher dadurch auf, ext-
Smeesters, Mussweiler und Mandel (2009) kommen zu rem attraktive Models zu präsentieren. Das Thema ist in
dem Schluss, dass vor allem der Vergleich zwischen den der Praxis somit noch nicht zu Ende diskutiert. Umfra-
184 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 85: Beispiele aus Hennes


& Mauritz „normale“ Frauen-
Kampagne (Quelle: H&M)

gen in Österreich (heute.at, 2019) fielen sehr positiv aus, und vererbte Tiefenstrukturen der menschlichen Psyche,
über 80 Prozent der dort ad hoc-Befragten gaben an „Gut, die sich beispielsweise in mythologischen Abbildungen
wird langsam Zeit“. Es bleibt aber abzuwarten, ob nur widerspiegeln. Das Thema ist nach wie vor von hoher
die Presse diese mutigen Kampagnen feiert und ob das Aktualität (Adamski, 2011).
Markenimage (hier der Storebrand) und die Absatzzah- In vielen Mythen, Märchen und Sagen sind zwei Ar-
len tatsächlich positiv beeinflusst werden. Eine gewisse ten von Archetypen unübersehbar: Der „Held“ und das
Skepsis ist aufgrund bisheriger Forschungsergebnisse „unschuldige Mädchen“, das sich im Typus „Cinderella“
durchaus angebracht. deutlich zeigt. Der „Held“ kann als der Mann charakteri-
siert werden, der sich in „selbstvergessener Demut“ be-
b) Die Steuerung des Konsumverhaltens durch reiterklärt, die Probleme der Welt auszurotten. Der Held
Archetypen71 ist der Sieger über den Drachen (Aziz, 1990, S. 29) und also
Im Kapitel „Emotionen“ sind wir bereits kurz auf den derjenige, „der den Kampf aufnimmt und dem letztend-
Begriff „Archetypus“ eingegangen. Nach Carl Gustav lich aufgrund seiner Aufrichtigkeit die Stärke gegeben ist,
Jungs Theorie (1954/1959a, b) kann die Psyche in drei den Drachen zu überwinden“ (Veen, 1994, S. 332). Auch
Bereiche eingeteilt werden. Zur Erinnerung: Teil 1 ist der Filmfiguren wie James Bond können als archetypische Fi-
als das „Ego“ bezeichnete bewusste Verstand. Der zweite guren verstanden werden (Cooper, Schembri und Miller,
Teil, das persönliche Unbewusste, schließt all das ein, 2010), die alle Situationen meistern und dabei noch ganz
was nicht derzeit bewusst ist, sowohl Erinnerungen, die gelassen bleiben. Mit anderen Worten kann der Held alle
leicht ins Gedächtnis gerufen werden können, als auch Herausforderungen im Leben meistern. Außerdem ist
jene Ereignisse, die aus irgendeinem Grund unterdrückt der typische männliche Held in der Lage, eine unglück-
worden sind. Für den dritten Teil der Psyche prägte Jung liche oder bedrohte Frau zu retten und ihr eine idyllische
den Begriff des „kollektiven Unbewussten“, das als das Existenz zu ermöglichen. In Märchen ist die weibliche
„psychische Erbe“ oder als die Art von Wissen charak- Rolle oft die des „Aschenputtel-Stereotyps“: Die junge,
terisiert werden kann, die allen Menschen angeboren unschuldige und schöne Frau, die in Verzweiflung oder
ist. Inhalte des kollektiven Unbewussten sind nach Jung Elend lebt oder von ihrer Stiefmutter misshandelt wird,
Archetypen, also – wie bereits erläutert – angeborene wird von einem prächtigen Prinzen errettet, der sie auf
ewig beschützt und ihr ein wunderbares Leben frei von
71
Folgender Abschnitt ist zum Teil entnommen aus Gröp- allen Sorgen verspricht. Es wird angenommen, dass
pel-Klein, Domke und Bartmann (2005). Frauen von diesen Geschichten angezogen werden, da
B. Aktivierende Prozesse 185

sie einen sentimentalen, aber optimistischen Ausweg für diesen Mangel an Forschung ist, dass Jung (1953) –
aus einer komplizierten und schwierigen Realität ver- im Gegensatz zu Freud, dessen Theorie mit den Natur-
sprechen, während bei Männern vermutet wird, dass sie wissenschaften verbunden war und der dazu tendierte,
sich mit dem heldenhaften und bewunderten Prinzen stets in Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu denken – an
identifizieren möchten. Kurzum, sowohl Männer als auch den „Synchronismus“72 von Ereignissen glaubte, welcher
Frauen träumen demnach von Idealbildern. nicht aus einer mechanistischen Perspektive oder mithil-
Sind daher Bücher wie „Harry Potter“, Filme wie „Pret- fe typischer Experimente erklärt werden kann. Während
ty Woman“ oder „Terminator“ oder Internet-Spiele wie Freud von der Vorstellung fasziniert gewesen sein soll,
„Everquest“ so erfolgreich, weil all diese Produkte Arche- dass seine Theorie eines Tages durch die neurologische
typen verwenden, die mehr oder weniger unbewusste, Forschung bestätigt werden könne, soll Jung dagegen an
aber angeborene Wünsche und Bedürfnisse von Men- einer naturwissenschaftlichen Fundierung seiner Theo-
schen ansprechen? Wäre Arnold Schwarzenegger zum rie nicht interessiert gewesen sein und dagegen erklärt
Gouverneur von Kalifornien gewählt worden, wenn er haben: „Anyone who wants to know the human psyche
als Schauspieler eher „Verlierertypen“ verkörpert hätte? will learn next to nothing from experimental psychology.
Doch ziehen auch Werbekampagnen (siehe Abb. 86), die He would better be advised to abandon exact science“
archetypische Mythen zeigen, Konsumenten unweiger- (zitiert in Boeree, 1997, S. 1).
lich an (Walle, 1986)? Sind Archetypen „valuable tools Feministinnen (z. B. Lauter und Rupprecht, 1985) be-
for practitioners such as strategic planners of promo- klagen die Reduktion der Archetypen auf klassische
tional campaigns“ (Walle, 1986, S. 22), weil sie angebore- Rollenbilder: Frauen sind unschuldig, teils hilflos, sie
ne menschliche Bedürfnisse ansprechen? Kroeber-Riel bleiben zu Hause, kümmern sich um Haushalt und Kin-
(1992b), in der fünften Auflage dieses Buches und auch der, schaffen ein angenehmes Hausleben und sind stets
Dieterle (1989) haben auf die Wirksamkeit von Arche- folgsam. Männer dagegen sind die Helden, die Erretter
typen in der Kommunikationspolitik hingewiesen, es der unschuldigen Jungfrauen, sie sind tapfer, schlau und
gibt jedoch nur wenige (positivistische) empirische Bele- lösen Probleme. Die Studien von Gröppel-Klein, Domke
ge. Dieser Aufgabe widmeten sich zwei Untersuchungen und Bartmann (2005, 2006) stellen daher die Frage, ob
von Gröppel-Klein, Domke und Bartmann (2005, 2006), eine junge Frau heute noch davon träumt, einen präch-
deren wesentliche Ergebnisse wir im Folgenden erläutern tigen Prinzen zu finden, der sich um sie kümmert und
wollen. Ebenfalls sollte nicht unerwähnt bleiben, dass ihr alle Sorgen abnimmt73. Mit anderen Worten: Zeigen
sich in jüngerer Zeit auch Dominici, Tullio et al. (2016) Archetypen altmodische und überholte Charaktere?
oder Muniz, Woodside und Sood (2015) für die Nutzung Oder reflektieren archetypische Bilder in Märchen wie
von Archetypen im Marketing stark machen. „Aschenputtel“ oder „Dornröschen“ auch heute noch
In der Konsumentenverhaltensliteratur finden sich ver- die Ideale der Frauen und Männer (bzw. erfahren Arche-
schiedene Beiträge, die die Bedeutung von Archetypen typen eine – unbewusste? – Zuneigung) und können des-
aus einer qualitativen Forschungsperspektive untersuchen halb erfolgreich für Werbestrategien verwendet werden?
(z. B. Walle, 1986; Veen, 1994; Hirschman, 2000; Caldwell,
Henry und Alman, 2010). Veen (1994) behauptet, dass
bestimmte Archetypen, insbesondere der Held, hilfreich 72
Synchronismus ist das (unerwartete) gleichzeitige Auftreten
für die Erklärung des konkreten Kaufverhaltens seien von zwei Ereignissen, die in ihrer Bedeutung miteinander in
(z. B. Autokauf), und dass Mythen im Allgemeinen Pro- Beziehung stehen. Zum Beispiel greifen Menschen manchmal
dukten ein rituelles Image gäben. „Ritueller Konsum“ zum Telefon, um einen Freund anzurufen, um dann plötzlich
kann – wie bereits weiter oben ausgeführt – den Drang festzustellen, dass ihr Freund schon in der Leitung ist.
73 Die zweifellos zu beobachtende berufliche Emanzipation der
nach spiritueller Zufriedenheit und Selbstverwirklichung
Frau kann jedoch auch die Erwartungen und Lebenspläne der
befriedigen (Rook und Levy, 1983; Belk, 1988; Solomon, Männer verändert haben. Daher ist die Wirkung von Arche-
1983; Belk et al., 1989). Nach Hirschman (2000) können typen auch aus männlicher Sicht zu hinterfragen: Analog zu
auch Spielfilme, die bedeutungsvolle archetypische Fi- den obigen Ausführungen könnte man bezweifeln, ob Männer
guren präsentieren, lebendige Ikonen darstellen, die von immer noch vom Heldenschema angezogen werden. Fühlt sich
Verbrauchern als wichtige persönliche Anker verwendet ein Mann immer dazu fähig oder motiviert, alle Hindernisse
werden. Allerdings gibt es wenige quantitative oder ex- zu bewältigen, und ist er wirklich bestrebt, die Verantwortung
für seine Ehefrau und Familie zu übernehmen? Oder führt die
perimentelle Studien, die versucht haben zu prüfen, ob
von ihm erwartete Heldenrolle zu einem Gefühl der Über-
Archetypen die bewusste Beurteilung von Werbung, forderung? Es zeigt sich, dass sich Männer und Frauen hin-
Marken und Filmen einerseits und unbewusste Reak- sichtlich der Werbewirkung nicht unterscheiden (ausführlich
tionen andererseits beeinflussen. Ein möglicher Grund Gröppel-Klein, Domke und Bartmann, 2005).

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186 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 86: Archetypische Motive in


der Werbung

Zudem wurde die Frage untersucht, inwieweit Persön- konzeptklarheit (Campbell, Trapnell et al., 1996) sowie
lichkeitsvariablen wie der Sinn für Romantik (Holbrook Einstellungen zum Spot und zur Marke gemessen.
und Olney, 1995) oder die Klarheit des Selbstkonzeptes
(Campbell, Trapnell et al., 1996) die Bevorzugung arche- In der „Dornröschen“-Studie wurde auch untersucht, wie
typischer Bilder beeinflussen. Wenn Konsumenten sich Archetypen in Kinofilmen auf Konsumenten wirken.
durch eine Vorliebe für Romantik charakterisieren lassen Ergebnisse zur Werbewirkung: Zunächst wurde ge-
(z. B. gemessen durch Items wie „Ich glaube an die Liebe prüft, ob sich Konsumenten von einem Werbespot, der
auf den ersten Blick“ oder „Es ist in Ordnung, sich Tag- ein archetypisches Motiv verwendet, stärker angespro-
träumen hinzugeben“) und über kein klares Selbstkon- chen fühlen als von Werbespots, die zwar emotionale
zept verfügen, sich also Fragen wie „Wer oder was bin und/oder humorvolle, aber keine archetypischen Moti-
ich?“ oder „Wie sehe ich mich selbst?“ noch nicht beant- ve verwenden. Zur Untersuchung dieser Frage wurden
wortet haben, dann müssten sie eher von archetypischen die Werbespots des Werbeblocks hinsichtlich der jeweils
Motiven angesprochen werden, da diese einen Anker erzeugten Summenamplitude miteinander verglichen.
oder eine Quelle der Hoffnung geben, wie sich das Leben Die Ergebnisse belegen, dass der Märchen-Spot („Prin-
positiv verändern lassen könnte (Hirschman, 2000). zenrolle“) im Vergleich mit den anderen Spots den sig-
In den Studien wurde ein Werbespot mit archetypischen nifikant höchsten Wert bezüglich der elektrodermalen
Motiven getestet, der in eine Reihe anderer Spots einge- Aktivierung aufwies. Personen, die durch den Werbespot
bettet war. Der Spot zeigte die folgende Handlung: Ein hoch aktiviert wurden, hatten auch eine bessere Einstel-
Prinz dringt in ein verwunschenes Märchenschloss ein, lung zum Werbespot und zum Produkt als Personen
um Dornröschen zu retten. Er versucht die schlafende mit geringen Aktivierungswerten; auch waren Weiter-
Prinzessin wachzuküssen, doch alle Küsse bewirken empfehlungs- und Kaufwahrscheinlichkeit signifikant
nichts. Erst als der Prinz eine Packung Kekse („Prinzen- positiver ausgeprägt. Hohe Aktivierung führt demnach
rolle“) hervorholt und der Prinzessin einen duftenden zu positiver Werbewirkung. In Studie 2 wurde zusätzlich
Keks unter die Nase hält, erwacht sie. Glückselig über kontrolliert, ob die hohen Aktivierungswirkungen tat-
ihre Rettung, ist sie von ihrem edlen Helden begeistert sächlich durch das archetypische Motiv oder aber durch
und beide liegen sich glücklich in den Armen. Einige die beworbene Marke hervorgerufen werden. Dazu wur-
Auszüge aus dem Spot sind in Abb. 87 dargestellt. Wäh- de einer Hälfte der Probanden der Dornröschen-Spot
rend die Probanden den Werbeblock ansahen, wurde der Marke „Prinzenrolle“ gezeigt, die andere Hälfte der
die elektrodermale Aktivierung gemessen. Anschlie- Probanden sah einen nicht-archetypischen Spot dersel-
ßend wurden mittels Befragung die Ausprägungen ben Marke (den sogenannten „Keksperten“-Spot). In der
der Probanden auf der Romanticism/Classicism-Skala Handlung dieses Spots bereiten vier Köche – „Keksper-
(Holbrook und Olney, 1995) und der Skala der Selbst- ten“ genannt – am Herd die Füllung für die Kekse vor.
B. Aktivierende Prozesse 187

Abb. 87: Der „Dornröschen“-


Werbespot

Dieser Spot ist durchaus humorvoll, stellt aber die hohe In Bezug auf die Frage, ob sich weibliche Konsumenten
Qualität des Produktes in den Vordergrund. Die Ergeb- gleichermaßen vom Dornröschen-Werbespot angespro-
nisse zeigen, dass der Märchen-Werbespot der Marke chen fühlen oder es Unterschiede zwischen den Kon-
„Prinzenrolle“ eine signifikant höhere Aktivierungs- sumentinnen bedingt durch deren Persönlichkeit gibt,
wirkung erzeugte als der eher humorvoll-informative stellte sich heraus, dass sich Frauen mit einem überdurch-
Werbespot derselben Marke (siehe Abb. 88). Schließlich schnittlichen Sinn für Romantik und weniger ausgepräg-
wurde auch ein Vergleich mit einem weiteren Spot aus tem Selbstkonzept besonders stark vom Dornröschen-
derselben Produktkategorie durchgeführt. Auch hier fiel Archetypus angezogen fühlten.
die durch den Dornröschen-Spot ausgelöste Aktivierung Ergebnisse zur Wirkung von Kinofilmen: Neben den
signifikant höher aus. Werbespots wurden auch Kinofilme mit archetypischen
Motiven getestet. In Studie 1 wurde ein Ausschnitt aus
dem Film „Pretty Woman“ mit einer Szene aus dem Film
Kontrolle des Einflusses des Markennamens „Vom Winde Verweht“ verglichen, in der Scarlett O’Hara
(„Prinzenrolle“) ihre Fäuste gen Himmel ballt und erklärt, dass sie sich
nicht unterkriegen lassen wird. Im Film „Pretty Woman“
ist dagegen ein direkter Link zur Aschenputtel-Geschichte
2000 1921,9 zu erkennen. Während (so zeigen Internet-Foren) Scarlett
O’Hara als durchaus emanzipierte Kämpferin angesehen
wird, wird Pretty Woman als „Cinderella“ wahrgenom-
1500 men, die von ihrem Edward aus der Misere befreit wird.
987,40 Um Aktivierungseffekte zu kontrollieren, die von der
Hauptdarstellerin ausgelöst werden könnten, und um ei-
1000
nen Film mit einem ähnlichen Zeitgeist wie Pretty Woman
zu präsentieren, wurde in Studie 2 „Pretty Woman“ mit
500 Dornröschen- „Keksperten“- „Erin Brockovich“ (ebenfalls mit Julia Roberts in der
Spot Spot
Hauptrolle) verglichen. Erin Brockovich ist eine Frau, die
eigenständig und trotz aller Widerstände gegen einen Um-
0
weltskandal ankämpft. Die Ergebnisse beider Vergleiche
Aktivierung: Summenamplitude
zeigen, dass Pretty Woman in Bezug auf die Aktivierung
ANOVA: p < 0,05 Welch-Test: p < 0,05 die signifikant höchsten Werte erzielt, unabhängig von
den Persönlichkeitseigenschaften der Probandinnen. Hier
Abb. 88: Werbewirkung des Archetypen-Spots konnten sich die Zuschauerinnen der Aktivierungskraft
(Quelle: Gröppel-Klein, Domke und Bartmann, 2006) der Archetypus-Geschichte nicht entziehen.
188 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Man kann aus diesen Ergebnissen durchaus ableiten, Die grundlegende gesellschaftliche Kritik bezieht sich
dass das Geschichtenerzählen in der Werbung eine gro- in der Regel auf die Legitimation und Macht der an-
ße Rolle spielt, beispielsweise um einen Markenmythos bietenden Unternehmen: Inwieweit sind diese dazu
aufzubauen. Diese These wird durch Woodside, Megehee legitimiert und durch ihre Machtposition in der Lage,
und Sood (2012) sowie Woodside (2010) unterstützt, die die Motivationen und damit auch den Lebensstil der
auf die Bedeutung des Storytelling für den Erfolg von Konsumenten in einer Weise zu prägen, die nicht selten
Marken aufmerksam machen und ebenfalls empfehlen, den individuellen oder den gesamtgesellschaftlichen
archetypische Motive zu wählen. Aus allen vorliegenden Interessen widerspricht? Beispiel: Wie ist das Marketing
Studien lässt sich somit zusammenfassend die Schluss- von Autoherstellern zu beurteilen, durch das so auf die
folgerung ziehen: Motivation der Konsumenten eingewirkt wird, dass ge-
gen wichtige gesellschaftliche Werte wie Materialscho-
Wenn eine Marke eine Geschichte erzählt und dabei ei-
nung, Rücksichtnahme oder Umweltschutz verstoßen
nen Archetypus anspricht bzw. verkörpert, dann ist die wird? Oder werden sich langfristig nur jene Produkte
Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Kommunikation von auf dem Markt halten, die gesellschaftspolitische Be-
Konsumenten wahrgenommen und erinnert wird und eine dürfnisse berücksichtigen, auch da Nichtregierungsor-
Beziehung zu dem persönlichen Leben des Konsumenten ganisationen (NGOs) zu teilweise drastischen Gegen-
aufgebaut wird. maßnahmen aufrufen und Unternehmen, die gegen
bestimmte Werte verstoßen, im Internet erbarmungslos
an den Pranger stellen? In den letzten Jahren, unter-
c) Problem „Konsum weckt Konsum“ stützt durch die Möglichkeit, Videos ohne Aufwand ins
Internet stellen zu können, lassen sich immer häufiger
Das Marketing kann sich also Erkenntnisse zu den An-
Werbeparodien beobachten. Ein bekanntes Beispiel ist
triebskräften von Konsumenten zunutze machen und
die Kampagne von Greenpeace, bei der ein Film der
die Kommunikationspolitik bzw. die Produktgestaltung
Marke Dove aufgegriffen wird. In diesem sogenannten
entsprechend abstimmen. Alles in allem erhalten wir
„Dove-Anslaught-Film“ wird die Schönheitschirurgie
durch die (antriebsbezogenen) Motivationsstudien einen
angegriffen, die schon kleinen Mädchen suggeriert, sie
beachtlichen Einblick in die Beweggründe des konkreten
sollten etwas an ihrem Äußeren ändern. Stattdessen soll-
Kaufverhaltens. Das regt auch zu einigen sozialkriti-
ten junge Frauen voller Selbstbewusstsein auch zu ihren
schen Fragen an:
vermeintlichen Fehlern stehen. Dieser durchaus berech-
(1) Welche Folgen hat die Anreizwirkung des Konsum- tigte gesellschaftskritische Film wird nun seinerseits von
güterangebotes auf den Teil der Bevölkerung, der der Organisation Greenpeace nachgestellt, doch dieses
dieses nur in einem geringen, als unbefriedigend Mal wird die Marke Dove angeprangert, die aufgrund
empfundenen Ausmaß in Anspruch nehmen kann? ihrer hohen Nachfrage an Palmöl mit zur Abholzung
(2) Welche Folgen hat die Anreizwirkung des allgegen- der Regenwälder beigetragen habe.
wärtigen Konsumgüterangebotes auf die Entwick- Auch der sehr erfolgreiche Darth Vader-Werbefilm von
lung von Motivationen, die nicht auf den Konsum VW „The Force“ (siehe Abb. 14), den wir im ersten Teil
gerichtet sind? dieses Buchs bereits besprochen haben und der millio-
(3) Welche Folgen hat die Anreizwirkung eines Ange- nenfach bei YouTube aufgerufen wurde, musste sich eine
botes von Gütern, deren Konsum individuell oder Parodie von Greenpeace gefallen lassen (Abb. 89).
gesellschaftlich nachteilig ist? Unter der Überschrift „Konsum weckt Konsum“ muss
Es gibt nicht nur angeborene Motive, der Konsument auch das Thema „Suchtverhalten von Konsumenten“
erlernt auch die Motivation zum Kauf von Gütern auf- angesprochen werden74. Ridgway, Kukar-Kinney und
grund von „Belohnungen“, welche ihm die Anbieter in Monroe (2008, S. 622) zitieren hierzu die Forscherin Ben-
Form von angenehmen Konsumerlebnissen bieten. Der son75, die während der ACR-Konferenz 2005 dazu folgen-
Konsument kann dadurch fremdbestimmt werden. Die des Statement machte: „Unlike alcohol and drug abuse,
von Systemkritikern geäußerte These von der Fremdbe- society condones heavy consumption of products; it fuels
stimmung des Konsums, nach der die Anbieter über die
echten Bedürfnisse der Konsumenten hinweggehen und
den Konsumenten künstliche Bedürfnisse aufzwingen, 74
Wir kommen im Kapitel „Kaufentscheidungen“ (Zweiter
ist allerdings nicht akzeptabel, da letztlich der Konsu- Teil, D) auf das Thema auch noch einmal zu sprechen.
ment die vom Anbieter gesetzten Anreize tatsächlich als 75 Siehe z. B. das Buch von Benson (2000): „I Shop, Therefore I

„Belohnung“ empfinden muss. Am: Compulsive Buying and the Search for Self“.
B. Aktivierende Prozesse 189

Abb. 89: Gegenkampagne zu „The Force“ von Greenpeace (Screenshots)

our economy. However, for many consumers, compulsive Suchtartiges Einkaufsverhalten sollte nicht einfach mit
buying has become a significant problem“. „Impulskaufverhalten“ gleichgesetzt werden (Baun,
Ebenso wie anderes Suchtverhalten kann man ein Ein- 2003; siehe auch Zweiter Teil, D). Süchtige Konsumen-
kaufs- und Konsumverhalten als Sucht (addiction) ver- ten geben ständig Kaufimpulsen nach, ihr Verhalten läuft
stehen, das wiederkehrend-unkontrolliert ab und richtet sich auf die
schnelle und unmittelbare Befriedigung durch den Kauf
●● willentlich wenig kontrolliert werden kann (Abhän-
(an sich). Hartston (2012) zeigt in ihrer Studie z. B. auf,
gigkeit),
dass bei kaufsüchtigen Konsumenten Shopping ähnliche
●● auf eine zwanghafte Motivation zurückgeht und
Effekte auf das Dopaminsystem ausübt wie Kokain bei
●● schädliche individuelle Auswirkungen außer Acht
Drogensüchtigen76.
lässt.
Kaufsucht korreliert u. a. mit entsprechenden Kindheits-
erfahrungen und mit niedrigem Selbstvertrauen. Es ma-
Suchtartiges Einkaufs- und Konsumverhalten geht auf
zwanghafte Motivationen der Konsumenten zurück. Es 76
verbreitet sich zunehmend in unserer Gesellschaft. Kaufsüchtige erwerben trotz bereits hinreichend vorhan-
dener Bestände Berge von Kleidung, Haushaltswaren und Le-
Die Kaufsucht kann auch durch die ständige Verfügbarkeit bensmitteln. Häufig sind sie maßlos verschuldet. Männer fallen
von Online-Shopping-Angeboten forciert werden (Rose der Sucht ebenso zum Opfer wie Frauen. Im fortgeschrittenen
und Dhandayudham, 2014). Stadium hilft nur noch eine Therapie oder der Besuch einer der
Selbsthilfegruppen, die in deutschen Großstädten vermehrt ak-
tiv werden. Zu Formen und Problemen der Kaufsucht vgl. auch
Faber, Christenson et al. (1995), Hassay und Smith (1996).
190 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

nifestiert sich vor allem in unvernünftiger Kreditkar- der Welt und den eigenen Problemen entfliehen zu kön-
tenverwendung (d’Astous, 1990). Lo und Harvey (2011) nen. Nach dem Kaufen wird das Produkt uninteressant,
belegen z. B. die unkontrollierte Nutzung von Kreditkar- was sich in später nicht geöffneten Einkaufstüten oder
ten als Erklärungsvariable für ungezügeltes Einkaufen. Produktverpackungen manifestiert. Griffith, Andreassen
Die Konsumenten erleben häufig eine Art „Geldillusion“, et al. (2016) diskutieren weitere Ansätze.
d. h., sie schätzen ihr zur Verfügung stehendes Budget Ein zentraler Ansatzpunkt, um die Motivation für das
sehr viel höher ein, als es eigentlich ist. Palan, Morrow suchtartige Einkaufs- und Konsumverhalten zu erklä-
et al. (2011), die sich mit suchtartigem Kaufverhalten un- ren, ist somit auch das Fluchtverhalten. Um negativen
ter Studierenden beschäftigen, machen in ihrer Studie Emotionen wie Angst, Hilflosigkeit, Enttäuschung usw.
daneben ein mangelndes Selbstvertrauen als erklärende sowie ungelösten Problemen auszuweichen, sucht der
Variable ausfindig. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Konsument mit pathologisch verstärktem Involvement
auch Rose und Dhandayudham (2014) in Bezug auf das die Reizkonstellationen, die ihm schnell und bewährt
„suchtartige Onlineshopping“. Sie identifizieren zudem Ablenkung und Genuss verschaffen. Unterstützt durch
noch weitere Prädiktoren, wie beispielsweise soziale An- Werbung und Medien wird das Fluchtverhalten beson-
onymität. ders auf den Konsumgüterbereich (einschließlich Essen,
Pham, Yap und Dowling (2012) zeigen schließlich, dass Trinken und Reisen) gelenkt. Derartige pathologische
besonders materialistisch eingestellte Konsumenten, die Entartungen des Konsumentenverhaltens werden zu
keine ausreichenden Fähigkeiten haben, ihre Finanzen einem verbraucherpolitischen Problem, dem mit Auf-
eigenständig zu verwalten, zu Kaufsucht neigen. klärung allein nicht zu begegnen ist.
Da das Suchtverhalten dem Betroffenen weitgehend
bewusst ist, wird es in der Regel durch Befragungen 6. Motivationale Konflikte: Die Verunsicherung der Konsu-
ermittelt. Dabei werden den Konsumenten Formulierun- menten in Kaufsituationen
gen über ihr Verhalten vorgelegt, denen sie mehr oder a) Elementare Konfliktmodelle
weniger zustimmen können. Die nachfolgend wiederge-
Begriffe: Ein intrapersoneller Konflikt stellt sich ein,
gebenen Formulierungen repräsentieren drei wichtige
wenn zwei Verhaltenseinheiten zueinander in Wider-
Dimensionen des Suchtverhaltens77:
spruch geraten. Man unterscheidet:
●● Erste Dimension: Zwanghafte Tendenz zum Geldaus-
geben – „Ich habe oft ein Produkt gekauft, das ich
●● motivationale Konflikte und
nicht benötige, obwohl ich weiß, dass ich über wenig ●● kognitive Konflikte.
Geld verfüge.“ Die Unterscheidung dieser Konflikte ist nicht so einfach,
●● Zweite Dimension: Reaktives Verhalten – „Für mich ist wie es auf den ersten Blick scheint, denn an der Entste-
Einkaufen eine Möglichkeit, um dem Stress des tägli- hung motivationaler Konflikte sind, wie aus dem bisher
chen Lebens entgegenzutreten und zu entspannen.“ Gesagten hervorgeht, stets auch kognitive Prozesse betei-
●● Dritte Dimension: Schuldgefühle nach dem Kauf – ligt. Es scheint zweckmäßig zu sein, unter motivationalen
„Nicht selten habe ich mich nach dem Kaufen irgend- Konflikten solche zu verstehen, die auf widersprüchliche
wie schuldig gefühlt, da mir das Kaufen unvernünftig Antriebskräfte zurückgehen und zu widersprüchlichen
erschien.“ Handlungstendenzen führen. Kognitive Konflikte spie-
Ein Messansatz stammt von Ridgway, Kukar-Kinney und len sich dagegen mehr im assoziativen Bereich ab, sie füh-
Monroe (2008), die mit ihrer Skala auch versuchen, sozial ren zu einer Umorganisation von kognitiven Einheiten.
erwünschtes Antwortverhalten, das bei einem so heiklen Beispiel eines motivationalen Konfliktes: Ein Käufer
Thema schnell einsetzen kann, zu kontrollieren. Darüber steht vor der Entscheidung, ein Auto zu kaufen. Auf-
hinaus finden auch Items Einzug, die zeigen, dass nicht grund einer Prestigemotivation ist er bestrebt, die Au-
die Vorfreude auf den Konsum der gekauften Produk- tomarke A zu kaufen (Verhaltenstendenz 1), aufgrund
te die Triebfeder für das krankhafte Kaufverhalten ist. seiner Sicherheitsmotivation ist er bestrebt, die Auto-
Vielmehr ist der Kaufakt an sich wichtig, beispielsweise marke B zu kaufen (Verhaltenstendenz 2). Da er nur ein
die Belohnung, die der Konsument im Augenblick des Auto kaufen will bzw. kann, fühlt er sich zwischen den
Kaufens verspürt, oder das Gefühl, mithilfe des Kaufens beiden Alternativen hin- und hergerissen: Er erlebt einen
Konflikt.
77
Nach dem „kanadischen Messverfahren“ von Valence, d’As-
tous und Fortier (1988), auch übernommen und modifiziert Beispiel eines kognitiven Konfliktes: Ein Käufer hat
für Messungen in Deutschland durch Scherhorn, Reisch und das Auto A gekauft und erlebt danach eine kognitive
Raab (1990). Dissonanz: Sein Wissen, die Automarke A zu besitzen,

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B. Aktivierende Prozesse 191

Verhaltenstendenzen Konfliktbezeichnung

1 2

positiv positiv Appetenz-Appetenz-Konflikt (approach-approach conflict)


negativ negativ Aversions-Aversions-Konflikt (avoidance-avoidance conflict)
positiv negativ Appetenz-Aversions-Konflikt (approach-avoidance conflict)
Abb. 90: Klassifizierung der
(Ambivalenzkonflikt, ambivalence conflict)
einfachen Konflikte

steht im Widerspruch zu der Erkenntnis, dass die nicht gänge und Triebe bestimmt, die hinter dem zielgerich-
erworbene Automarke B beachtliche Vorteile hatte, die teten Verhalten stehen. Sie äußern sich darin, dass das
eigentlich für den Kauf dieser Automarke gesprochen Individuum „etwas will“ oder „nicht will“.
hätten. Dieser gedankliche Konflikt kann verschiede- Abb. 90 klassifiziert die einfachen Konflikte, die durch
ne Verhaltensweisen auslösen, welche die Wiederher- Kombinationen widersprüchlicher Motivationen entste-
stellung des kognitiven Gleichgewichts zum Ziel haben hen. Die Reihenfolge der aufgeführten Verhaltenstenden-
(vgl. dazu V.1.c in diesem Teil). zen hat keine Bedeutung. Eine weitergehende Klassifi-
Dieser Versuch einer groben Abgrenzung motivationaler zierung umfasst auch Mehrfachkonflikte, wie z. B. den
und kognitiver Konflikte lässt Fragen offen. Der Kern- doppelten Appetenz-Aversions-Konflikt. In diesem Fall
punkt der Unterscheidung ist die unterschiedlich starke sind zwei (oder mehr) Verhaltensziele gleichermaßen
Beteiligung von eher emotionsgeladenen Antriebskräften anziehend wie abstoßend.
oder eher rational kalkulierenden Prozessen78. Zur Entstehung und Lösung der drei angegebenen Kon-
Die Untersuchung der Wirkung motivationaler Konflikte fliktarten hat Miller (1964) sechs Hypothesen gebildet.
geht auf feldtheoretische Ansätze von Lewin (1963), ihre Die vier nachfolgend genannten Hypothesen reichen für
lerntheoretische Basis auf Hull (1974) sowie auf Ope- die folgenden konflikttheoretischen Erörterungen aus:
rationalisierungen und Umformulierungen von Miller (1) Die Stärke der positiven Verhaltenstendenz nimmt
(1944) zurück. Miller entwickelte elementare theoretische mit der Zielnähe zu.
Konfliktmodelle, die dazu dienen, Hypothesen über die
(2) Die Stärke der negativen Verhaltenstendenz nimmt
Wirkung von Konflikten abzuleiten.
mit der Zielnähe zu.
Bei der in Abb. 90 aufgeführten Einteilung der Konflikte (3) Die Stärke der negativen Verhaltenstendenz nimmt
geht man von der Unterscheidung in positive und ne- mit der Zielnähe stärker zu als die Stärke der positi-
gative Reaktionstendenzen (Verhaltenstendenzen) aus. ven Verhaltenstendenz.
Positive Verhaltenstendenzen (Motivationen) sind ge- (4) Von zwei entgegengesetzten Verhaltenstendenzen
kennzeichnet durch die Annäherung an ein subjektiv an- setzt sich in einem Konflikt die stärkere durch (nach
ziehendes Verhaltensziel. Dieses Annäherungsverhalten Miller, 1964, S. 99 f.).
wird auch als Appetenzverhalten oder kurz als Appetenz
bezeichnet. Das Bestreben, in den Besitz eines Autos zu Die Gültigkeit dieser Hypothesen wurde zu damali-
kommen, veranschaulicht eine positive Verhaltensten- ger Zeit vor allem in Tierversuchen geprüft und bestä-
denz. Negative Verhaltenstendenzen sind solche, die zur tigt. Obwohl die Übertragung der Hypothesen auf das
Vermeidung eines Verhaltenszieles führen (Aversionsver- menschliche Verhalten bloß eine Analogie ist, wird sie
halten). Eine negative Verhaltenstendenz liegt etwa vor, von vielen Autoren bejaht.79
wenn die Anschaffung eines Gegenstandes seines hohen Bezieht man die Hypothesen auf das menschliche Ver-
Preises wegen gemieden wird. Die anziehenden oder halten, so müssen allerdings die von Miller und anderen
abstoßenden Wirkungen eines Verhaltenszieles werden Autoren (z. B. Lewin, 1931) auf Tierversuche abgestimm-
durch die (positiven oder negativen) emotionalen Vor- ten Operationalisierungen aufgegeben werden. Die in
78 79
Dieser Ansicht scheint auch Buck (1988, S. 437) zuzuneigen: Diese Hypothesen wurden sehr frei übersetzt. Vgl. dazu
„Es ist möglich, dass die aus kognitiver Dissonanz resultieren- Weiner (1994, S. 92), der auch einen Überblick über die Hypo-
de ,Verhaltenstendenz’ (Motivation) vollständig kognitiver Art thesen von Miller gibt. Die Übertragung erfolgt in der Annah-
ist und nicht mit den üblichen Antriebskräften in Beziehung me, dass der grundlegende Konfliktmechanismus in Tier und
steht.“ Mensch „hinreichend ähnlich ist“ (Miller, 1964, S. 98).
192 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

den Hypothesen gebrauchten Begriffe wie Zielnähe oder Man kann auch sagen, der Anreizcharakter eines in die
Stärke der Verhaltenstendenz (letztere kann beispiels- Nähe gerückten Zieles ist größer als der Anreizcharakter
weise im Tierversuch durch die Kraft gemessen werden, eines fernen Zieles. Voraussetzung dafür ist natürlich ein
mit der eine angeschirrte Ratte einem Ziel zustrebt oder aktualisiertes (manifestes) Ziel, das heißt ein Ziel, das
vom Ziel wegstrebt) werden bei einer Übertragung der vom Individuum aufgrund einer gerade wirksamen Mo-
Hypothesen auf das menschliche Verhalten von neu- tivation tatsächlich angestrebt wird. Dass sich eine solche
em operationalisierungsbedürftig (z. B. als psychische Verstärkung der Verhaltenstendenz bei zunehmender
Zieldistanzen). Ob dies bei allen Studien im Bereich der Zielnähe ergibt, lässt sich an einer geringeren Bereit-
Konsumentenverhaltensforschung stets gut gelungen schaft zur Umkehr, an einer wachsenden Erregung und
ist, sei kritisch zu prüfen. Doch was die Konflikttheorie an anderen Indikatoren ablesen. Man denke nur an das
für die Erklärung des Konsumentenverhaltens so inte- „Reisefieber“, das eine bald bevorstehende Reise auslöst.
ressant macht, ist vor allem die strukturelle, d. h., die Wie man mithilfe von Zielgradienten unterschiedliche
theoretische Abbildung von Verhaltensmechanismen, Konfliktsituationen darstellen kann, zeigen die Abb. 92
die durch motivationale Konflikte ausgelöst werden und und 93. Sie stellen einen Appetenz-Appetenz-Konflikt
auch auf kognitive Konflikte übertragen werden können. (Abb. 92) und einen Appetenz-Aversions-Konflikt
Das gilt ganz besonders für die durch Konflikte bewirkte (Abb. 93) dar. Den Aversions-Aversions-Konflikt über-
Verunsicherung des Individuums in Entscheidungssi- gehen wir hier, weil er für das Konsumentenverhalten
tuationen. von untergeordneter Bedeutung ist.
Doch zurück zu den Hypothesen von Miller. Wir können Ein Appetenz-Appetenz-Konflikt wird durch den
die Beziehungen zwischen der Stärke der Verhaltensten- Schnittpunkt zweier Appetenzgradienten dargestellt. Im
denz und der Zielnähe durch Zielgradienten (das sind Schnittpunkt ist die Hinwendung zum Ziel 1 (angegeben
Konstrukte der Lerntheorie, auf die wir an anderer Stelle durch den Gradienten G1) genauso groß wie die Hinwen-
eingehen) abbilden. dung zum Ziel 2 (angegeben durch den Gradienten G2).
Abb. 91 gibt einen solchen Zielgradienten für eine po- Die Stärke der beiden positiven Verhaltenstendenzen
sitive Verhaltenstendenz wieder. Er wird auch Appe- ist in diesem Punkt gleich. Das Individuum ist beiden
tenzgradient genannt: Wie die Zeichnung zeigt, wird im Zielen gleichermaßen zugetan. Aber dieser Konflikt ist
Nullpunkt das Verhaltensziel eingetragen. Der Abstand nicht stabil. Eine weitere, geringfügige Annäherung an
auf der Abszisse zu diesem Nullpunkt gibt die Distanz eines der beiden Ziele genügt, um die Anziehungskraft
zum Ziel an. Er ist ganz allgemein als psychische Distanz dieses Zieles dominieren zu lassen. Zum Beispiel ist im
eines Individuums zu einem Handlungsziel zu inter- Punkt K’ die von Ziel 1 ausgelöste Verhaltenstendenz
pretieren und kann unter anderem in einer räumlichen stärker als die von Ziel 2 ausgelöste Verhaltenstendenz.
Distanz (Entfernung zu einem Restaurant) oder in einer Die stärkere Verhaltenstendenz setzt sich dann durch
zeitlichen Distanz (Zeit bis zum Einkauf eines Produktes) und bestimmt nach der vierten Hypothese das Verhalten.
zum Ausdruck kommen. Je näher das Ziel rückt, desto Der Konflikt ist beendet. Eine solche Konfliktsituation
stärker wird die Hinwendung zum Ziel. birgt also nicht die Buridanus’ Esel drohende Gefahr,

Stärke der
Verhaltens-
tendenz

Ziel-
gradient

Ziel Distanz
zum Ziel Abb. 91: Beziehung zwischen
Zielnähe und Stärke der Verhal-
tenstendenz
B. Aktivierende Prozesse 193

V1+ V2+

G1+ G2+

Z1 K' K Z2
Abb. 92: Appetenz-Appetenz-
Konflikt

V+
V–

G+
G–

Abb. 93: Appetenz-Aversions-


Konflikt

Anmerkung: V+ und V– = def.


Stärke der positiven und negativen
Verhaltenstendenz (Motivation),
Z = def. Ziel des Verhaltens,
K = def. Konfliktpunkt, G+
Z K' K B
und G– = def. Appetenz- und
Aversionsgradient.

der zwischen zwei Heuhaufen, die ihn gleichermaßen vom Ziel. Im Bereich rechts von K überwiegt die positive
anzogen, verhungern musste. Verhaltenstendenz. Das bedeutet: Das Individuum strebt
näher zum Ziel und damit in Richtung K. Auf diese Wei-
Anders ist es beim Ambivalenzkonflikt. Im Gegensatz
se entsteht in K ein Punkt gleich starker Appetenz und
zu den anderen Konfliktarten löst in diesem Fall ein
Aversion. Hat das Individuum diesen Punkt erreicht,
und dasselbe Ziel sowohl eine positive als auch eine ne-
so wird es weder vor- noch zurückgetrieben. Es wird
gative Verhaltenstendenz aus. Im Punkt K halten sich
zwischen den sich widerstrebenden Kräften festgehalten.
diese beiden widersprüchlichen Verhaltenstendenzen
Seine Aktionsfähigkeit wird gelähmt. Der Konflikt ist
die Waage. Hier sind also zwei entgegengesetzte Verhal-
stabil. Um beim Bild von Buridanus’ Esel zu bleiben: Er
tenstendenzen gleich stark ausgeprägt (Puca und Schüler,
steht reglos, in gebührendem Abstand vor einem Heu-
2017, S. 245). Wie Abb. 93 zeigt, überwiegt im Bereich links
haufen, weil darauf ein Stinktier sitzt.
von K (etwa in K’) die Stärke der negativen Verhaltens-
tendenz. Das bedeutet: Bei größerer Zielnähe wendet Entscheidend für die Entstehung einer stabilen Kon-
sich das Individuum vom Ziel ab; es entfernt sich wieder fliktsituation ist die unterschiedlich starke Zunahme der
194 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Appetenz und der Aversion, wenn sich das Individuum Wertmaßstäben bzw. Entscheidungskriterien, die auf
dem Ziel nähert (vgl. Hypothese 3). Dadurch kommt es zu widersprüchliche Motivationen zurückzuführen sind.
einem Schnittpunkt der Zielgradienten. „Als einfaches Produkt A wird im vorliegenden Fall nach dem einen
Beispiel zum Konsumentenverhalten mag die allgemein Wertmaßstab, Produkt B nach einem ganz anderen beur-
bekannte Ambivalenz hinsichtlich des Erwerbs eines teilt, und zwar deswegen, weil die Produkte im Hinblick
teuren Gegenstandes (Kosten gegenüber Besitzwunsch) auf diese Wertmaßstäbe unterschiedliche Merkmale auf-
dienen, besonders im Fall von Luxusgegenständen. Wie- weisen. Letztlich geht der Konflikt also darauf zurück,
derholte Annäherungen (Schaufensterbetrachten, Nach- dass nicht vergleichbare Alternativen in eine Rangord-
fragen, Um-den-Preis-feilschen) werden oft ganz kurz nung gebracht werden sollen (March, Simon und Guetz-
vor dem eigentlichen Erwerb gestoppt – vielleicht weil kow, 1994, S. 133). Auch „out of stock“, also die Situation,
die Unlust und/oder das Schuldgefühl, die sich mit der dass das eigentlich gewünschte Produkt nicht verfügbar
Ausgabe verbinden, mit der Annäherung an den Punkt ist, kann dazu führen, dass bei den vorrätigen und zur
der Festlegung steiler anwachsen als die Attraktivität Wahl stehenden Produkten instabile Präferenzreihen-
des betreffenden Gegenstandes“ (Berelson und Steiner, folgen entstehen. Ebenso können Phantomalternativen,
1974, S. 171). also Produkte oder Dienstleistungen, die hinsichtlich des
Wenn man das Modell des Ambivalenzkonfliktes diesem Preis-Leistungs-Verhältnisses äußerst attraktiv sind, aber
Beispiel entsprechend zur Erklärung des Konsumen- im Moment des Kaufwunsches leider schon ausverkauft
tenverhaltens heranziehen möchte, hat man insbeson- sind, die Präferenzen für die verbleibenden Alternativen
dere auf die Bedeutung der Konfliktstärke zu achten. erheblich verändern (Pratkanis und Farquhar, 199280;
Bei Kaufentscheidungen des alltäglichen Bedarfs treten Gierl und Eleftheriadou, 2006; Hedgcock, Rao und Chen,
nur relativ schwache Konflikte auf, sie werden deswe- 2009; Pechtl, 2011). So kann es sein, dass ein Konsument
gen kaum verhaltenswirksam. Gerade bei schwachen drei verschiedene Reiseangebote im Internet vergleicht
Antriebskonflikten führen die in die Kaufentscheidung und die Präferenzreihenfolge aufstellt: 1. Flug, 2. Bahn,
eingreifenden kaufstimulierenden und kognitiven Vor- 3. Bus. Da es sich bei dem attraktiven Flugangebot jedoch
gänge zu Modifikationen der hier dargestellten einfachen nur um eine Phantomalternative (Lockvogelangebot, das
Konfliktmechanismen. sofort ausverkauft ist) handelt, ändert sich die Präferenz-
reihenfolge des Konsumenten nach dem Ausscheiden
des Flugangebots in 1. Bus, 2. Bahn (vielleicht, weil das
b) Konflikte von Konsumenten
Busangebot nun preislich attraktiver erscheint). Außer-
Bei einer Konsumwahl – zum Beispiel bei der Entschei- dem kann die Ankündigung von neuen Produkten (auch
dung für eine bestimmte Kaffeemarke – entstehen häufig wenn diese noch nicht lieferbar sind) die Präferenzen
Appetenz-Appetenz-Konflikte: Das Individuum präfe- für der erwerbbaren Alternativen verändern81 (Rao und
riert in diesem Fall gleichzeitig verschiedene Produktal- Turut, 2019).
ternativen. Es entstehen dann widersprüchliche Rang-
ordnungen. Stehen zum Beispiel vier Produkte A, B, C,
D zur Wahl, so ist es möglich, dass der Konsument mal 80
Die Autoren (Pratkanis und Farquhar, 1992, S. 103) definieren
A vor B präferiert, zugleich aber auch, wenn er C an die eine Phantomalternative wie folgt: „A phantom alternative is
erste Stelle setzt, anschließend das Produkt B dem Pro- a choice option that looks real but is unavailable at the time a
dukt A vorzieht. Wir erhalten folgende Präferenzsysteme: decision is made. Despite its vivid appearance, a phantom is not
an actual option; it is an illusory choice. An internal or external
Fall 1: A, B, C, D constraint such as a budget limitation, a time restriction, a legal
requirement, an ethical principle, or natural scarcity prevents
Fall 2: C, D, B, A.
the decision maker from obtaining the alternative“. Hedgcock,
Präferenzkonstellationen dieser Form werden in der nor- Rao und Chen (2009, S. 330) sprechen in diesem Zusammen-
mativen Entscheidungstheorie in der Regel ausgeschlos- hang von einer „Chimäre“. Pechtl (2011) gibt einen guten Über-
blick über verschiedene Varianten von Phantomalternativen.
sen, weil für sie keine logischen Entscheidungsregeln 81 So schreiben Rao und Turut (2019): „The mere preannoun-
formulierbar sind. Zur Beendigung solcher Entschei- cement of a new product can affect consumer choice, thus
dungskonflikte bleibt nur noch der Rekurs auf situati- complicating preannouncement strategy. This is because a
onsbedingte psychische Einflussgrößen oder persönliche preannounced product that is unavailable immediately can
Prädispositionen (siehe auch die Ausführungen zur „Re- still be one of the alternatives in a consumer’s mind at the time
gulatory focus theory“ am Ende des Kapitels). of choice. Such unavailable products, also known as phantom
products, influence the reference point that consumers com-
Intransitive Präferenzkonstellationen erklären sich aus pare alternatives to when making a choice, as has been widely
der Gleichzeitigkeit von einander widersprechenden demonstrated in experimental studies“.
B. Aktivierende Prozesse 195

Die Verunsicherung eines Individuums durch Präferenz- sich im Avoidance-Avoidance-Fall für eine Alternative
konflikte schlägt sich im Allgemeinen in einer Verlänge- entscheiden; Gruppe 1) oder zu kompatiblen Situationen
rung der Entscheidungszeit und in einer Intensivierung (eine Alternative im Approach-Approach-Fall annehmen,
der Informationsverarbeitung nieder. Im Allgemeinen eine Alternative im Avoidance-Avoidance-Fall ablehnen;
wird die Verunsicherung schnell beseitigt: Ist eine Moti- Gruppe 2). Die den Probanden mitgeteilten Informationen
vation stärker als die andere, setzt sich die stärkere durch (hier über Autos) waren dieselben, jedoch waren sie für
(Hypothese 4 nach Miller). Sind beide Verhaltenstenden- den Appetenz-Appetenz-Konflikt vor allem positiv und
zen gleich stark, so genügen kleinere Veränderungen für den Aversions-Aversions-Konflikt vor allem negativ
der Zielnähe sowie einzelne, in der Konfliktsituation formuliert. Die Studie brachte u. a. folgende interessante
auftretende (auch kognitive) Reize, um den Konflikt zu Ergebnisse zutage: Appetenz-Appetenz-Konflikte führen
beenden. So genügt bei einem kleineren Kaufkonflikt zu insgesamt mehr Wahlentscheidungen für Alternative
schon der Rat eines Freundes, um zu einer Kaufentschei- A als Aversions-Aversions-Konflikte. Dieses Ergebnis
dung zu kommen. Solche Reizeinwirkungen verändern kam aber vor allem durch die Inkompatibilitätsbedin-
das – instabile – Kräftegleichgewicht und verhelfen einer gung zustande: D. h., wenn die Konsumenten positive
Verhaltenstendenz zum Durchbruch. Informationen über Autos erhalten, dann reduzieren
diese Informationen das generelle Ablehnungsverhalten
Die gleiche konfliktlösende Wirkung wie die tatsächliche
gegenüber der Alternative A. Die „Cancel-and-focus-Hy-
(und dann wahrgenommene) Veränderung von Reizen in
pothese“ erfährt also nochmals Bestätigung.
Konfliktsituationen kann die Veränderung der Wahrneh-
mung bei gleichbleibender realer Reizkonstellation haben. Im ersten Teil dieses Buches haben wir ausführlich über
Das Individuum verteilt dann beispielsweise, um einem „Nudging“ berichtet. Auch „Self-Nudging“ kann Am-
Konflikt zu entgehen, seine Aufmerksamkeit ungleich bivalenz-Konflikte lösen, wie eine qualitative Studie von
auf die Alternativen: Es ignoriert einige Alternativen Torma, Aschemann-Witzel und Thøgersen (2018) zeigt.
und wendet seine Aufmerksamkeit bevorzugt einer ganz Konsumenten, die eigentlich preisorientiert in Super-
bestimmten Alternative zu, sodass der Anreizcharakter märkten einkaufen, konnten sich über das „Self-Nud-
dieser Alternative und die entsprechende Verhaltensten- ging“ dazu bewegen, sich regelmäßig eine Kiste mit
denz zumindest momentan verstärkt werden. Bio-Lebensmitteln direkt vom Erzeuger zustellen zu
lassen – trotz höherer Kosten.
Eine interessante Studie hierzu stammt von Krishna-
murthy und Nagpal (2010). Zunächst erläutern die Auto- Schließlich spielen auch Erinnerungen an frühere Kon-
ren auf der Basis früherer Forschungsergebnisse, dass die sumerlebnisse eine Rolle. May und Irmak (2014) ma-
Konsumenten bei einem Approach-Approach-Konflikt chen deutlich, dass Konsumenten oftmals einen Ambi-
(entspricht Appetenz-Appetenz-Konflikt), also bei der valenzkonflikt erleben, wenn sich eine Gelegenheit zum
Wahl zwischen zwei positiven Alternativen, die zuerst „Sündigen“ bietet. Man möchte sich eigentlich gesund
betrachtete Option wählen. Bei einem Avoidance-Avoi- ernähren, doch die Süßigkeiten sind zu verführerisch.
dance-Konflikt, also bei zwei negativen Optionen, prä- Oder man möchte eigentlich arbeiten, aber die Freizeitak-
ferieren sie dagegen die letztere. Als Begründung wird tivität lockt so sehr. In solchen Momenten spielen die
angegeben, dass die Konsumenten die zuerst genannten Erinnerungen an frühere „Situationen des Sündigens“
Informationen überbewerten; daher wird Alternative eine Rolle; gerade impulsive Konsumenten „verdrehen“
1 im Approach-Approach-Konflikt als attraktiver und die Erinnerungen in der Art (z. B. „Bei der letzten Diät
Alternative 2 im Avoidance-Avoidance-Fall als weniger habe ich mir auch hin und wieder etwas gegönnt und
negativ (das kleinere Übel) angesehen. Man spricht hier dennoch mein Ziel erreicht“), dass sie sich eine Lizenz
von der sogenannten „Cancel-and-focus-Hypothese“ zum Sündigen ausstellen und damit den Konflikt der
(Houston und Sherman, 1995). Gegenwart lösen können.
Krishnamurthy und Nagpal (2010) bauen auf diesen Ambivalenzkonflikte treten, wie Abb. 93 zeigt, auch bei
Erkenntnissen auf und fragen sich, was passiert, wenn der Präferenzbildung für nur eine Alternative auf (Otnes,
Konsumenten nicht nur aufgefordert werden, eine be- Lowrey und Shrum, 1997; Luce, 1998). Eine Alternati-
stimmte Alternative bewusst zu wählen, sondern auch ve hat dann Merkmale mit positivem Anreizcharakter
vor die Aufgabe gestellt werden, zu erklären, ob sie eine und andere Merkmale mit negativem Anreizcharakter.
Alternative bewusst ablehnen würden (Akzeptanz vs. Diese unterschiedlichen Merkmale lösen gleichzeitig
Ausschluss). Es kann also zu inkompatiblen Entschei- negative und positive Verhaltenstendenzen aus. An-
dungssituationen kommen (ein Konsument muss im ziehende Merkmale eines Produktangebotes sind etwa
Approach-Approach-Fall eine Alternative ablehnen bzw. Farbe, Geschmack, niedriger Kaloriengehalt; abstoßende

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196 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Eigenschaften sind beispielsweise der Zeitaufwand beim Konflikt nicht ausweicht. Er bemüht sich entweder um
Einkauf oder der hohe Preis. neue Alternativen (Informationssuche) oder er verändert
Penz und Hogg (2011) zeigen anschaulich auf, welche ge- seine Einschätzung der angebotenen Produkte. Auch die
mischten Gefühle bei solchen Approach-Avoidance-Kon- hier angesprochene neuere Forschung zum Self-Nudging
flikten entstehen können und wie die Konsumenten und Self-Licensing bestätigt, dass Konsumenten aktiv
hin- und hergerissen sind zwischen dem Wunsch, das nach Lösungswegen suchen.
Geschäft zu verlassen, ohne das Produkt zu kaufen, und In der Entscheidungstheorie wird noch eine weitere Kon-
dem Bedürfnis, in der Einkaufsstätte länger zu verweilen fliktwirkung hervorgehoben: Konflikte sind motivatio-
und sich dem ersehnten Produkt zu widmen. nale Vorgänge, die das Individuum aktivieren und da-
Konfliktfolgen: Aus der Analyse dieser Konflikte, insbe- durch den gesamten Entscheidungsprozess anregen. Sie
sondere der Ambivalenzkonflikte, ergeben sich wichtige intensivieren die Informationsverarbeitung und können,
Anregungen für die Konsumentenforschung: je nach Stärke, aus einem „kalten“ Entscheidungsprozess
einen „heißen“ machen (Janis und Mann, 1977). Das gilt
Zunächst sind die nutzentheoretischen Betrachtungen aber nur, wenn der Konflikt eine bestimmte Schwelle
zu kritisieren – die in ökonomischen Entscheidungs- überschreitet. Ebenso interessiert, mit welchen grundle-
modellen (etwa der Mikroökonomie) verbreitet sind –, genden Zielvorstellungen oder Strategien Konsumenten
nach denen der Konsument, ohne Konflikte zu erleben, versuchen, Konflikte zu lösen. Dabei können auch grund-
die positiv und negativ bewerteten Eigenschaften eines legende psychische Prädispositionen eine Rolle spielen.
Produktes rational gegeneinander abwägt, um dann ein- In diesem Zusammenhang wird seit einigen Jahren im-
deutige Präferenzen zu entwickeln. Konflikte sind mo- mer wieder die „Regulatory focus theory“ diskutiert.
tivationale Spannungen, die sich nicht so ohne weiteres
rational lösen lassen. Sie führen vielmehr im Allgemei- c) Regulatory focus theory
nen dazu, dass der Konsument in der Entscheidungssitu-
ation verunsichert wird und den Entscheidungsprozess Zur Erklärung von Konfliktlösungsstrategien kann es
unterbricht. Das ist aber nur eine Reaktionsmöglichkeit. sinnvoll sein, die sogenannte „Regulatory focus theory“
(z. B. Higgins, 2005) zu berücksichtigen. Diese Theorie
Es gibt noch andere grundlegende Möglichkeiten, mit geht zunächst von folgender Grundannahme aus: Im
einem Konflikt fertigzuwerden: Prinzip (wie in diesem Buch bereits ausgeführt) haben
●● Unmittelbares Ausweichverhalten in der Konfliktsitu- Menschen das Ziel, sich angenehmen Dingen anzu-
ation; Beispiel: „impulsive“ Wahl eines Ersatzprodukts nähern und unangenehme Dinge zu meiden. Die Frage
●● Vorübergehendes Hinnehmen des Konfliktes mit dem lautet aber, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Dabei
Bemühen, die Unsicherheiten zu reduzieren; Beispiel: sind unterschiedliche Wege denkbar. Der Begriff des „re-
aufgeschobener Kauf mit weiterer Informationssuche gulatory focus“ kennzeichnet die grundsätzliche motiva-
●● Verdrängung vorhandener Konflikte; Beispiel: Sen- tionale Einstellung, die dazu führt, dass ein Individuum
kung des Anspruchsniveaus und Kauf einer bewähr- entweder den einen oder den anderen Weg einschlägt
ten Alternative (Pham und Higgins, 2005).
●● Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Kon- Beispielsweise ist die Leistungsmotivationstheorie von
sument von vornherein Konflikte vermeidet, insbe- Atkinson (1975) sehr bekannt, die seit Jahrzehnten hohe
sondere durch gewohnheitsmäßiges Verhalten (Pro- Relevanz für die Mitarbeiterführung erfahren hat. Hier
dukttreue). werden Mitarbeiter danach differenziert, ob sie eher zur
Unabhängig vom eingeschlagenen Lösungsweg nimmt Gruppe der sogenannten Erfolgssucher zählen (Streben
der Konsument aufgrund seiner Verunsicherung zu- nach Erfolg) oder ob sie eher versuchen, Misserfolge zu
nächst einmal davon Abstand, die konfliktverursachende meiden (Misserfolgsmeider). Erfolgssucher lassen sich
Alternative zu wählen. Es ergeht ihm ähnlich wie der demnach vor allem durch Aufgaben mittlerer Schwie-
Ente, der man ein Stück Brot zugeworfen hat, die sich rigkeit motivieren, wohingegen Misserfolgsmeider ent-
aber aus Furcht vor dem Menschen nicht traut, das Brot weder extrem leichte oder extrem schwere Aufgaben
aufzupicken (Puca und Schüler, 2017, S. 228). Der norma- wählen, sodass eine Aufgabe entweder einfach zu be-
le Ablauf des Entscheidungsprozesses wird unterbro- wältigen ist oder der Schwierigkeitsgrad das Scheitern
chen; die darauffolgenden Reaktionen hängen davon entschuldigt.
ab, welche Konfliktlösungsstrategien der Konsument In der Sozialpsychologie und in der Folge in der Konsu-
wählt. Bettman (1979) unterstellt, dass der Konsument im mentenverhaltensforschung werden seit einigen Jahren
Allgemeinen aktiv nach Lösungswegen sucht, also dem zwei unterschiedliche selbstregulative Systeme unter-
B. Aktivierende Prozesse 197

schieden: der „Promotion focus“ und der „Prevention Poison“-Effekt kann in der deutschen Sprache vielleicht
focus“ (z. B. Higgins, 1997, 2005). Wenn Konsumenten am besten mit „Das geringere Übel wählen“ übersetzt
ihren eigenen Fähigkeiten vertrauen, wenn sie versuchen, werden. Darüber hinaus belegen die Autoren, dass in
möglichst positive Ergebnisse zu erzielen, wenn sie ihre Konfliktfällen Entscheidungen entweder vertagt oder
Aufmerksamkeit auf das Erreichen von Idealzuständen verzögert werden oder dass Kompromisslösungen an-
oder ehrgeizigen Zielen ausrichten, dann gehören sie gestrebt werden. Chernev (2004) geht davon aus, dass
eher zu den Personen mit einem Promotionsfokus. Sind präventionsfokussierte Konsumenten stärkere Aversions-
sie dagegen eher daran interessiert, Verluste zu vermei- reaktionen bei der Wahl zwischen zwei negativen Alter-
den, Verpflichtungen zu erfüllen, und haben sie ein Be- nativen zeigen als promotionsfokussierte Menschen, die
dürfnis nach Sicherheit und Schutz, dann zählen sie eher auch bei einem Negativkonflikt vielleicht etwas Positives
zu den Menschen mit Präventionsfokus. Nach Levav, Ki- in der Wahl sehen können. Grundsätzlich gehen Franks,
vetz und Cho (2010) können auch Produkteigenschaften Chen et al. (2015) davon aus, dass promotionsfokussierte
als Mittel dienen, bestimmte Ziele zu erreichen. Die Re- Menschen zu geringe Herausforderungen durchaus als
gulatory-Focus-Theorie kann helfen zu erklären, warum Beeinträchtigung der Lebensfreude erleben.
sich manche Konsumenten für das eine oder das andere Auch für das Kundenbindungsmanagement kann die
Produkt entscheiden. So kann Marke A mit mittelmäßi- Theorie interessante Hypothesen liefern. So belegt Das
gem Design, aber hervorragender Zuverlässigkeit eher (2015), dass präventionsfokussierte Menschen ihren bis-
das richtige Produkt für Personen mit Präventionsfokus herigen Anbietern (hier Händlern) eher treu verbunden
sein, während Marke B, die nur mittelmäßige Werte bei sind als promotionsfokussierte Kunden. Wirtz und Lwin
der Zuverlässigkeit verbucht, aber ein äußerst schickes (2009) untersuchen, ob in Abhängigkeit vom regulatori-
Design hat, eher für Konsumenten mit Promotionsfokus schen Fokus der Kunden unterschiedliche Maßnahmen
begehrenswert ist, da dieses Produkt aufgrund seines ergriffen werden müssen, damit diese die für das Kun-
ästhetischen Designs positive Erlebnisse verspricht. denbindungsmanagement so bedeutsamen sensitiven
Chernev (2004) belegt, dass eine Kompatibilität zwischen Daten preisgegeben. Bei präventionsorientierten Kunden
Attribut und dem jeweiligen regulatorischen Fokus die ist es dabei vor allem wichtig, die Sicherheitsbedenken
Entscheidung für das Produkt begünstigt. Doch was ernst zu nehmen, bei den promotionsorientierten Kun-
passiert, wenn verschiedene Produkte oder Marken At- den spielt dagegen der Aufbau gegenseitigen Vertrauen
tribute aufweisen, die kompatibel mit der generellen mo- eine entscheidende Rolle. Schließlich wurde die Regu-
tivationalen Grundeinstellung des Konsumenten sind, lative-Fokus-Theorie auch herangezogen, um die Preis-
aber diese dennoch hinsichtlich ihrer Tauglichkeit für gabe von Informationen bei Social-Media-Aktivitäten
das Erzielen des gewünschten regulatorischen Zustands von Konsumenten besser zu verstehen (Mosteller und
eingeschätzt werden müssen (Fall A), oder wenn der Poddar, 2017).
Meinungsgegenstand verschiedene Eigenschaften hat, Da die „Regulatory focus theory“ in den letzten Jahren
von denen einige zum Präventions-, andere zum Promo- an Bedeutung gewonnen hat, wird hier die Abbildung
tionsfokus passen (Fall B)? Dann haben die Konsumen- von Werth und Förster (2007, S. 34) aufgeführt, die die
ten die Qual der Wahl. Im Fall A (Chernev, 2004) erhöht generellen Auswirkungen der beiden Grundhaltungen
sich die Konfliktstärke, der Appetenz-Appetenz-Konflikt zusammenfasst (siehe Abb. 94). Einen Überblick über
verstärkt sich. Zum einen wird ein erhöhtes Entschei- Anwendungsmöglichkeiten der Regulatorischen Fokus
dungsengagement verlangt, zum anderen kann den Kon- Theorie im Bereich des Managements im Allgemeinen
sumenten auch bewusst werden, worauf sie verzichten, gibt der Artikel von Cornwell und Higgens (2017), z. B.
wenn sie eine Alternative ausschlagen müssen. Welche in Bezug auf die Frage, wie Mitarbeiter motiviert werden
Marke ist am besten geeignet, den Präventions- bzw. den können oder welche moralischen Überzeugungen zu
Promotionsfokus zufriedenzustellen? Levav, Kivetz und erwarten sind.
Cho (2010) zeigen u. a., dass im Falle inkompatibler In-
formationen (Fall B, wenn Produkte sowohl präventions-
als auch promotionsrelevante Eigenschaften beinhalten)
bestimmte – zum grundsätzlichen regulatorischen Fo-
kus der jeweiligen Versuchsperson – passende Attribute
überbewertet werden, d. h., bei der Entscheidungsfin-
dung besondere Relevanz erfahren, während die nicht
zum Fokus der Person passenden Produkteigenschaften
stärker ignoriert werden. Dieser sogenannte „Pick your
198 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Promotionsfokus Preventionsfokus
Verarbeitungsstile Informationsverarbeitung bessere Erinnerung für An- und Abwesenheit bessere Erinnerung für An- und
positiver Ereignisse; Abwesenheit negativer Ereignisse;
annäherungsbezogene Aussagen vermeidungsbezogene Aussagen
Risikoverhalten riskanter/kreativer; konservativer/vorsichtiger;
Schnelligkeit auf Kosten der Genauigkeit Genauigkeit auf Kosten der Schnelligkeit
Verhandlungen höhere Ergebnisse; niedrigere Ergebnisse;
extreme Erstgebote moderate Erstgebote
Präferenzen Aufgabenwahl häufiger neue Aufgaben häufiger bekannte Aufgaben
Bearbeitungsbeginn später früher
Informationswahl Präferenz für stärkere Überzeugung durch Präferenz für stärkere Überzeugung durch
promotionsbezogene Information präventionsbezogene Informationen
Strategiewahl annäherungsbezogen vermeidungsbezogen
Motivationsaspekte allgemeine Richtung Annäherung Vermeidung
Zunahme stärker nach Erfolg stärker nach Misserfolg
in Zielnähe Annäherungsverhalten verstärkt Vermeidungsverhalten verstärkt
motivationales Feedback positives Feedback negatives Feedback
Affektives Erleben nach Erfolg Freude Beruhigung
nach Misserfolg Enttäuschung Angespanntheit

Abb. 94: Promotions- und Präventionsfokus mit Implikationen (Quelle: Werth und Förster, 2007, S. 34)

V. Einstellung die Aufnahmefähigkeit des Marktes zu bestimmen, um


absatzpolitische Ziele festzulegen und zu kontrollieren
oder um das Kaufverhalten vorherzusagen. Wenn man in
1. Erklärung von Einstellung einer Marktuntersuchung nicht genau weiß, was man un-
a) Grundlegende Vorbemerkungen zum Konstrukt tersuchen will, ist die Erhebung der Einstellung bzw. des
„Einstellung“ Images allemal ein anerkanntes Untersuchungsobjekt.
Die Einstellung zählt sicherlich zu denjenigen Kon- Der Begriff „Image“ zählt sicherlich ebenfalls zu den
zepten innerhalb der Konsumentenforschung, die in schillerndsten Konstrukten im Marketing (Spiegel, 1961;
der Vergangenheit und auch heute noch ein besonders Bergler, 1984), und es existiert eine Vielzahl von Definiti-
hohes Forschungsinteresse auf sich gelenkt haben. In onsvorschlägen. Nach Schweiger (1995) kann als kleins-
den bis einschließlich 2018 erschienenen 46 Konferenz- ter gemeinsamer Nenner aller Begriffsbestimmungen
bänden der Association for Consumer Research finden folgende Definition vorgeschlagen werden: Das Image
sich ca. 1000 Beiträge, die mit dem Stichwort „attitude“ ist das Gesamtbild, das sich eine Person von einem Mei-
verbunden sind. Google Scholar liefert im April 2019 nungsgegenstand macht, wobei es sich eher um eine ge-
ca. 3.820.000 Treffer zum Thema „attitudes“. Diese Zahlen fühlsmäßige Auseinandersetzung mit dem Meinungsge-
deuten bereits an, dass die Einstellung zu denjenigen genstand handelt. Kennzeichnend für das Image ist die
Konzepten (nicht nur) in der Konsumentenforschung Stabilisierung und Verfestigung im Zeitablauf.
gehört, denen eine besonders hohe Aufmerksamkeit ent- Uneinigkeit besteht in der Literatur, ob Image und Ein-
gegengebracht wird. Einstellungen erfahren auch in der stellung eigenständige und voneinander abgrenzbare
Marktforschungspraxis eine besondere Aufmerksamkeit, Konstrukte sind. Kroeber-Riel hat in früheren Auflagen
hier allerdings mehr unter dem Begriff „Image“. Bereits (z. B. 1984d) dieses Buchs vorgeschlagen, den Imagebe-
1935 schreibt Allport, dass das Konzept Einstellung griff durch den Einstellungsbegriff zu ersetzen bzw. die-
„möglicherweise das trennschärfste und unentbehrlichs- se beiden Begriffe synonym zu benutzen, da zum einen
te Konzept der Sozialforschung“ sei (Allport, 1935, S. 798). beiden Termini die gleichen Merkmale zugesprochen
Dies gilt auch für die Marketingforschung, die die Ein- werden (so ist das Image einer Marke beispielsweise
stellung als „Mädchen für alles“ nutzt: Die Einstellung abhängig von den Emotionen, die mit ihr verbunden
muss für verschiedenste Zwecke82 herhalten, so z. B. um

82 Der Artikel von Argyriou und Melewar (2011) gibt einen der Quintessenz (S. 446): „In conclusion, assuming that a single
guten Überblick über die Einstellungsforschung. Die Komple- process underlies attitude formation is impossible and, in fact,
xität des Einstellungskonstruktes zeigt sich hier sehr schön in would deprive attitude of its richness as a concept“.
B. Aktivierende Prozesse 199

werden, den Motiven, die das Individuum befriedigen sungsstrategie zu einer Veränderung bei den Einstel-
möchte, und dem Wissen, inwieweit sich diese Marke zur lungen führt, hat diese dann auch quasi automatisch
Befriedigung der Motive eignet). Zum anderen wird bei ein anderes Verhalten zur Folge (denn wenn Menschen
der Messung des Imagekonstruktes vielfach auf die Ver- über routinemäßige Verhaltensweisen verfügen, die
fahren der Einstellungsmessung zurückgegriffen (z. B. jahrelang eingeübt worden sind, kann eine Verhal-
Semantisches Differenzial). Dieser Auffassung folgen tensänderung wider besseren Wissens sehr schwer
wir weiterhin in diesem Buch. fallen)? Müssen Einstellungen somit Ziele aktivieren
(Kruglanski und Jasko, 2015)? Sollten Gewohnheiten
Die Begriffe „Einstellung“ und „Image“ werden hier sy-
(habits) bei der Analyse des Zusammenhangs Einstel-
nonym gebraucht, da beiden Konstrukten in etwa die lung → Verhalten berücksichtigt werden (Montano
gleichen Merkmale zugesprochen werden. Das Einstel- und Kasprzyk, 2015)?
lungskonstrukt ist jedoch schärfer operationalisiert. ●● Schließlich wird nach wie vor diskutiert, ob das Ein-
stellungskonstrukt eher den affektiven oder den ko-
gnitiven Prozessen83 zuzuordnen ist.
Einstellungen reflektieren, einfach zusammengefasst,
zum einen unsere Selbsteinschätzungen, zum anderen Hinter diesen Fragen verbergen sich natürlich auch un-
alle Empfindungen/Haltungen in Bezug auf die gesamte terschiedliche Begriffsverständnisse des Konstrukts
Umwelt, also andere Menschen, Objekte, reale und vir- „Einstellung“. Der gemeinsame Nenner kann nach Boh-
tuelle Räume, Fiktionen und reale Begebenheiten. Jeder ner und Dickel (2011, S. 392) wie folgt zusammengefasst
Mensch hat die natürliche Prädisposition etwas als „gut“ werden: „Attitude objects comprise anything a person
oder „schlecht“ zu charakterisieren (Gawronski, Rydell may hold in mind, ranging from the mundane to the abs-
et al., 2018, S. 2). Diese Einstellungen können unsere Wahr- tract, including things, people, groups, and ideas“. Dann
nehmungen, unser Denken und unser Verhalten bestim- allerdings, so die Autoren weiter (S. 393), unterscheiden
men, oder wie es Bengel, Gretton und Wegener (2018, S. 1) sich viele Definitionen, insbesondere hinsichtlich der Fra-
ausdrücken „attitudes are directly relevant to virtually ge, ob Einstellungen (1) langfristig gespeicherte Entitäten
any realm in which human behavior plays a key role“. („stored in memory“) sind oder (2) nicht („constructed
on the spot“). Aus empirischer Sicht hätten beide Sicht-
Das Konstrukt „Einstellung“ hat ein intensives For- weisen Stärken und Schwächen.
schungsinteresse ausgelöst, doch es gibt immer noch eine
Vielzahl nicht ausreichend geklärter Fragen (Gawronski (1) Einstellungen als stabiles Konstrukt
und Brannon, 2017; Bohner und Dickel, 2011; Gawronski, In Anlehnung an Ajzen (1987) verstehen Petty, Unnava
2007), insbesondere zu folgenden Aspekten: und Strathman (1991, S. 242) unter Einstellungen (attitu-
des) „global and relatively enduring (i. e., stored in the
●● Sind Einstellungen eher stabile Einheiten, die dauer- long-term memory) evaluations of objects, issues or per-
haft im Gedächtnis gespeichert sind? Oder handelt sons (…). These evaluations can be based on behavioral,
es sich um flüchtige, kurzlebige Gebilde, die auf Ein- cognitive, and affective information and experiences, and
drücken beruhen, die sich gerade ereignen (also z. B. they are capable of guiding behavioral, cognitive, and
zufällige Erlebnisse oder Begebenheiten, Informatio- affective responses“. Sie betonen damit, dass eine Einstel-
nen, die gerade zur Verfügung standen)? lung auf der Basis von Informationsverarbeitungsvorgän-
●● Können einmal gebildete Einstellungen geändert gen, Erfahrungen und Handlungen entsteht und einen
werden und wenn ja, wie und wann (ein Thema, das stabilen und langfristigen Charakter aufweist, wodurch
gerade im Marketing eine wichtige Rolle spielt)? zukünftige Verhaltensweisen gesteuert werden. Fazio
●● Sind nur explizite Einstellungen relevant und können (2007) definiert Einstellungen als „object evaluation asso-
diese eher als bewusste Einstellungen interpretiert ciations of varying strength …that are represented in me-
werden, oder spielen im Marketing auch implizite mory and activated automatically upon the individual’s
Einstellungen eine Rolle und ist es sinnvoll, letztere encountering the attitude object“. Er differenziert somit
als unbewusste Einstellungen zu verstehen? zwischen mehr oder weniger verinnerlichten Einstellun-
●● Müssen die Ergebnisse impliziter und expliziter Ein-
stellungsmessverfahren zu denselben Ergebnissen
83
kommen bzw. hoch korrelieren, oder müssen implizite Auch Argyriou and Melewar (2011, S. 431) werfen die Frage
auf, ob Einstellungen stabile, objektbezogene, im Gedächtnis
Einstellungen (nur) einen zusätzlichen Erklärungsbei-
gespeicherte Assoziationen sind, die durch rein kognitive
trag („on top“) liefern? Prozesse, also analytische, abwägende Bewertungsprozesse
●● Beeinflussen (alle Arten von) Einstellungen das Ver- zustande kommen, oder ob Einstellungen auch flüchtig sein
halten? Oder anders gefragt: Wenn eine Beeinflus- können und vor allem durch Emotionen geprägt werden.
200 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

gen, betont aber ebenfalls die Stabilität des Konstruktes Gawronski und Bodenhausen (2007, 2011) erklären eben-
und die Verankerung im Gedächtnis. Auch Petty, Brinol falls, dass Einstellungen situationsabhängige Konstrukte
und DeMaree (2007, bzw. ebenfalls in einer sehr aktuel- sein können. In ihrem sogenannten APE-Modell (Associ-
len Veröffentlichung Petty, Briñol et al., 2019), definieren ative-Propositional Evaluations Model, Gawronski und
Einstellungen als „andauernde Konstrukte“ („relatively Bodenhausen, 2006) unterscheiden sie zwischen assozia-
enduring evaluations“). Demnach können Einstellungen tiv-automatischen und kontrolliert-propositionalen Ein-
in ihrer Extremität und Stärke differieren und entstehen stellungen. Assoziative Bewertungen sind automatische,
mehr oder weniger intensiv auf einer entweder emotio- eher affektive Reaktionen, die bei der Betrachtung eines
nalen oder kognitiven Basis. Auch Trommsdorff (2004, Stimulus entstehen. Diese Prozesse benötigen geringe
S. 159), der sich in der deutschen Konsumentenforschung kognitive Kapazitäten und können auch bei geringem In-
intensiv mit Einstellungen auseinander gesetzt hat, defi- volvement erworben werden, d. h., es besteht keine Not-
niert Einstellung als „Zustand einer gelernten und relativ wendigkeit, sich mit dem Meinungsgegenstand intensiv
dauerhaften Bereitschaft, in einer entsprechenden Situati- auseinanderzusetzen oder die so gebildete Einstellung
on gegenüber dem betreffenden Objekt regelmäßig mehr auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Das Individu-
oder weniger stark positiv bzw. negativ zu reagieren“. um greift hier automatisch auf bestehende Assoziationen
(2) Einstellungen als temporäre Konstruktionen und auf die in der Situation vorhandenen Informationen
Schwarz (2007, siehe auch Schwarz, Lee at al., 2018), Ga- und Stimuli zurück. Bei den propositionalen Einstel-
wronski und Bodenhausen (2007) sowie Conrey und lungen findet dagegen eine tiefe Beurteilung statt. Alle
Smith (2007) wenden sich gegen die Vorstellung, Einstel- Informationen, die als relevant erachtet werden, können
lungen müssten stets lang andauernd, also eher statische in die Einstellungsbildung einbezogen werden und das
Konstrukte sein, die im Gedächtnis gespeichert sind. Individuum versucht, reflektierte, auf ihre Glaubwür-
Stattdessen erklärt zum Beispiel Schwarz (2007, S. 638), digkeit hin überprüfte Einschätzungen zu gewinnen.
dass Einstellungen auch „kontextsensitiv“ sein können. Implizite Einstellungen sind demnach das Ergebnis des
Einstellungen stellen folglich eher evaluative Urteile da, assoziativen Prozesses, während explizite Einstellungen
die bei Bedarf gebildet werden: „Evaluative judgments, das Resultat des propositionalen Prozesses sind. Beide
formed when needed, rather than enduring personal dis- Typen werden mit unterschiedlichen Verfahren gemes-
positions“. Sie sind abhängig von der Situation und den sen. Die Vorgänge können sich aber gegenseitig beein-
in der Situation zur Verfügung stehenden Informationen. flussen. Interessant ist der Fall, wenn sich assoziativ- und
Schwarz, Lee et al. (2018) machen dabei deutlich, dass alle propositional gebildete Einschätzungen widersprechen.
Sinne bei der Einstellungsbildung beteiligt sein und dass Das APE-Modell gehört zu der Gruppe der Dualen-Pro-
sich Einstellungen auch in der Gestik zeigen können („a zess-Modelle der Einstellung, auf die wir ebenfalls noch
link between evaluation and action is apparent in bodily eingehen werden (siehe z. B. ELM-Modell). Ebenso wer-
expression“).84 den wir uns mit expliziten und impliziten Einstellungen
noch eingehender beschäftigen.
Conrey und Smith (2007) begreifen eine Einstellung als
Netzwerk („connectionist network“), das aus verschiede- (3) Verbindung von (1) und (2)
nen Knotenpunkten besteht. Das Netzwerk kann lernen, Eagly und Chaiken (2007, S. 585) schlagen vor, die Ein-
also z. B. auf Basis neuer Erfahrungen neue Knotenpunk- stellung als psychologische Tendenz zu verstehen, die
te hinzufügen. Je nach Situation können unterschiedliche sich dadurch ausdrückt, dass ein spezifisches Objekt mit
Teile des Netzwerkes aktiviert werden. So ist es durch- einem bestimmten (mehr oder weniger bewussten) Grad des
aus möglich, dass solche temporären Konstruktionen zu Gefallens oder Missfallens erlebt wird. Sie gehen in ihrer
unterschiedlichen oder immer neuen Einschätzungen Definition also davon aus, dass Einstellungen mit unter-
führen. Es ist aber genauso möglich, dass immer wieder schiedlichen Bewusstheitsgraden einhergehen und mehr
die gleiche Einstellung ausgelöst wird (also die gleichen oder weniger tief verankert sein können. Das entspricht
Knoten und deren Verbindungen aktiviert werden), so- auch der Idee des APE-Modells, weshalb Bohner und
dass die Einstellung dann als besonders stabil und quasi Dickel (2011, S. 393) bei Eagly und Chaikens Begriffsver-
als eine Persönlichkeitseigenschaft angesehen werden ständnis auch von einer „umbrella definition“ sprechen,
kann (Conrey und Smith, 2007). Wir kommen auf die also von einer Definition, die die beiden verschiedenen
grundsätzliche Idee, Einstellungen als Netzwerke zu se- Sichtweisen („stored in memory“ vs. „on the spot“) unter
hen, noch einmal bei den Messkonzepten zurück. einen gemeinsamen Schirm bringt.
An dieser Stelle bleibt zunächst festzuhalten, dass un-
84Wir kommen im Kapitel „Kognitive Prozesse“ auf das The- terschiedliche Autoren unterschiedliche Aspekte des
ma „Embodied Cognition“ ausführlich zu sprechen. vielschichtigen Konstruktes herausstellen.

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B. Aktivierende Prozesse 201

197585 entwickelt wurde und darauf abzielt, geplantes


Eine entscheidende Frage, die sich aus den unterschied-
lichen Begriffsbestimmungen ergibt, lautet somit, ob
und bewusst durchgeführtes Verhalten von Individuen
Einstellungen primär durch affektive oder durch (ela- zu erklären und zu prognostizieren. Sie beruht auf der
borierte) kognitive Prozesse entstehen (das ist bei vielen Unterscheidung zwischen Überzeugungen („beliefs“),
Konstrukten die „Gretchenfrage“ der Konsumenten- der Einstellung von Individuen („attitude“), Verhaltens-
verhaltensforschung!). Wie anfangs im Abschnitt B. I absichten („intentions“) und dem tatsächlichen Verhalten
vermerkt, haben wir Einstellungen im Rahmen einer ersten („behavior“). Die TRA postuliert, dass sich das Verhalten
Arbeitsdefinition als „Einstellung = Motivation + kognitive von Individuen aus bestimmten Absichten ergibt, dieses
Gegenstandsbeurteilung“ definiert. Darin kommt zum Verhalten auszuüben. Die Verhaltensabsicht wiederum
Ausdruck, dass Einstellungen (1) aus affektiven und ko- wird von der Einstellung einer Person – einem persönli-
gnitiven Komponenten bestehen, die jeweils mehr oder
chen Faktor – sowie von sozialen Einflüssen – einem von
weniger stark ausgeprägt sein können, und (2) angeben,
inwieweit ein Meinungsgegenstand zur Befriedigung ei-
Mitmenschen ausgehenden, von außen auf das Individu-
ner Motivation beitragen kann. Diese Einschätzung kann um einwirkenden Faktor – determiniert. Die Einstellung
kurzfristig anders ausfallen als langfristig. Ein Beispiel: ergibt sich aus der Überzeugung einer Person, dass ein
Ein Konsument mag Bier eigentlich nicht besonders gern Verhalten zu einem bestimmten Ergebnis führt, sowie
und bestellt, wenn er die Wahl hat, stets Wein und kein aus der Bewertung dieses Ergebnisses. Soziale Einflüsse
Bier. In seinem Gedächtnis ist gespeichert, dass für ihn repräsentieren die Überzeugung von Individuen, dass
Wein das edlere oder/und schmackhaftere Produkt ist. Mitmenschen, die ihnen wichtig sind, von ihnen erwar-
Nach einer langen Wanderung, wenn der Durst besonders ten, dass sie sich in einer bestimmten Weise verhalten
groß ist, kann dagegen ein frisch gezapftes Bier auch für bzw. dass sie von einem bestimmten Verhalten absehen.
diesen Konsumenten sehr verlockend sein. Die Situa-
„Soziale Einflüsse“ umfassen somit die subjektiv wahr-
tion, der Kontext, beeinflusst somit die Wahrnehmung
der Getränke und das Wahlverhalten.
genommenen Erwartungen der Umwelt an die eigene
Person. Je nachdem, inwieweit sich Konsumenten diesen
Zudem muss diskutiert werden, inwieweit Einstellungen
Erwartungen beugen, sind die sozialen Einflüsse mehr
das Kaufverhalten bestimmen und ob bzw. wie sie im
Rahmen von Lernprozessen verändert werden und ob oder weniger stark von Bedeutung.
sie mehr oder weniger bewusst sein können. Da Fishbein und Ajzen (1975) davon ausgehen, dass Indi-
Last but not least müssen wir klären, wie Einstellungen viduen bestrebt sind, sich den Erwartungen der Umwelt
gemessen werden können und welche Bedeutung sie für anzupassen, wenn soziale Einflüsse vorliegen, wird die
das Marketing haben. TRA auch den Erwartungswertmodellen in der Ein-
stellungsforschung zugerechnet (Wilkie und Pessemier,
1973). Das Individuum wägt also ab, wie es mit seinen
Die Perspektive von Eagly und Chaiken (2007) sowie die eigenen Einstellungen und seinem Verhalten den Er-
Begriffe implizite vs. explizite Einstellungen bzw. Mess- wartungen gerecht werden kann. Die TRA wurde in
verfahren, Duale Prozess-Methoden oder Netzwerk- der Sozialpsychologie zur Erklärung einer Vielzahl von
theorien werden in den folgenden Abschnitten somit willentlich geplanten Verhaltensweisen herangezogen.
noch ausführlich vorgestellt. Dazu zählt beispielsweise
Für das bessere Verständnis empfiehlt es sich jedoch, zu- ●● das Ernährungsverhalten (Sejwacz und Fishbein, 1980
nächst die klassischen Einstellungstheorien darzulegen, zur Körpergewichtsreduktion; Sparks, Shepherd und
da die Beschäftigung mit diesen Einstellungstheorien Frewer, 1995 zum Ernährungsverhalten in Bezug auf
eine gute Einführung bzw. eine gute Hinführung zu den genetisch veränderte Nahrungsmittel, siehe auch die
weiteren Themen der Einstellungsforschung (Bildung, Metaanalyse von McEachan, Taylor et al., 2016),
Veränderung und Messung) bietet.
85 In früheren Auflagen dieses Buches (2003, S. 177) wurde die
b) Einstellungstheorien TRA als Gleichung dargestellt: Die zentrale Gleichung von Aj-
zen und Fishbein (1973) zur Bestimmung der Verhaltensabsicht
Zwei der bedeutendsten traditionellen Einstellungsthe- lautet: „Einstellung + sozialer Einfluss: BI = Aact w0+ (NB/MC)
orien sind die „Theory of Reasoned Action“ (TRA) und w1“. Dabei ist BI die Verhaltensabsicht, Aact die Einstellung zur

die „Theory of Planned Behavior“ (TPB, siehe Abb. 95), Handlung, die nicht mit der Einstellung zum Einstellungs-
objekt zu verwechseln und spezifischer als diese ist. NB/MC
die den kognitiven Einstellungstheorien zugeordnet wer- repräsentiert den sozialen Einfluss, berechnet aus einer nor-
den können. Die Theorien haben weltweite Beachtung, mativen Erwartung NB und der individuellen Motivation, sich
aber auch viel Kritik erfahren. Die TRA ist eine sozialpsy- anzupassen (MC). Die Konstanten w0 und w1 sind empirisch
chologische Theorie, die von Fishbein und Ajzen im Jahre bestimmte Gewichte.
202 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

●● das Sexualverhalten (Greene, Hale und Rubin, 1997 Die Kritik an der TRA hat, wie die unter V.1.a) aufgeführ-
zur Nutzung von Kondomen oder Kalichman, Aizen ten Fragen zeigen und wir später noch deutlicher sehen
et al., 2007), werden, nicht nur Fishbein und Ajzen, sondern bis heute
●● die Wahl von politischen Parteien (Singh, Leong et al., die gesamte Einstellungsforschung beschäftigt.
1995), Mit der Entwicklung der „Theory of Planned Behavior“
●● der Schutz vor schädlicher Sonneneinstrahlung (Hoff- möchte Ajzen (1985, 1991, 2011; 2015) die Kritik an der
mann, Rodrigue und Johnson, 1999), TRA teilweise entkräften und die Erklärungskraft der
●● der Besuch von Fastfood-Restaurants (Bagozzi, Wong TRA um Situationen erweitern, in denen Individuen kei-
et al., 2000), ne vollständige Kontrolle über ihr Verhalten ausüben
●● die Kauf- bzw. Preisbereitschaft für Luxusmarken- können. Das von Bandura (1982) entwickelte Konzept der
fälschungen vs. Originalprodukte (Marcketti und Selbstwirksamkeit („self-efficacy“) wird dabei in Form
Shelley, 2009), des Konstruktes der wahrgenommenen Verhaltenskon-
●● der Diebstahl an geistigem Eigentum (insbesondere trolle („perceived behavioral control“) als zusätzliche
illegales Downloaden von Musik, siehe McCorkle, Re- Einflussgröße berücksichtigt (siehe Abb. 95). Die wahr-
ardon et al., 2012 oder bei Kriminaldelikten im Allge- genommene Verhaltenskontrolle beschreibt die Überzeu-
meinen, Tuck und Riley, 2017). gung von Individuen, wie einfach oder wie schwierig
●● die Prävention von „Cyberbullying“ von College- (bzw. wie mühelos oder mühevoll) sich die Umsetzung
Studierenden (Doane, Kelley und Pearson, 2016). Un- eines zuvor geplanten Verhaltens gestalten wird und wie
ter dem Begriff Cyperbullying werden das Internet- die eigene Machtposition eingeschätzt wird. Ajzen und
Mobbing und Cyber-Stalking zusammengefasst. Madden (1986, S. 456 f.) führen aus, dass die Verhaltens-
Die TRA wird in der Konsumentenverhaltensforschung kontrolle beispielsweise von internen Störfaktoren (z. B.
eingesetzt, um das Verhalten von Konsumenten in unter- von den Fähigkeiten der Individuen oder den Persönlich-
schiedlichen Lebensbereichen zu prognostizieren und zu keitseigenschaften) oder externen Störfaktoren (z. B. von
beeinflussen (Sheppard, Hartwick und Warshaw, 1988, zeitlichen Einflüssen auf das Verhalten) beeinträchtigt
S. 325). Beispielsweise wurde mithilfe der TRA auch das werden kann. Die TPB wird (auch im Vergleich zur TRA)
Konsumentenverhalten im Internet erforscht (z. B. Yoh, in zahlreichen Primärstudien und in Meta-Analysen (z. B.
Damhorst et al., 2003; Prendergast, Ko und Yuen, 2010; Ajzen, 1991; Sheeran und Taylor, 1999; McDermott, Oli-
Lee und Lee, 2011; Ahrholdt, 2011). In letzter Zeit sind Un- ver et al., 2015) zur Erklärung menschlicher Verhaltens-
tersuchungen über die Absicht hinzugekommen, weiter- weisen herangezogen. Die Ergebnisse zeigen, dass die
hin soziale Medien zu nutzen (z. B. Kim, 2011). Schließlich Prognosekraft des Modells im Vergleich zur TRA erhöht
ist die TRA (sowie die noch zu besprechende Theory of werden kann, und dass die wahrgenommene Verhaltens-
Planned Behavior) als Grundlage (mit Modifikationen) kontrolle eine zusätzliche Erklärungskraft bietet.
zur Erklärung der Nutzung von umweltfreundlichen Die TPB wurde kontinuierlich weiterentwickelt, bei-
Produkten verwendet worden (Paul, Modil und Patel, spielsweise was die Messung der Konstrukte anbelangt
2016). Es gibt also kaum ein Themengebiet, bei dem die (Ajzen, 2011). Allerdings gibt es auch zu dieser Theorie
TRA nicht zum Einsatz kommt. sehr kritische Stimmen. Sniehotta, Presseau und Araú-
Die TRA wird in der Literatur allerdings auch heftig jo-Soares (2014) beanstanden, dass die TPB seit 30 Jahren
kritisiert (Hale, Householder und Greene, 2003, S. 270 ff.), als Grundlage für die Erklärung gesundheitsorientierten
da in dem Modell beispielsweise Verhaltens verwendet worden ist, dabei aber nur zu ei-
●● keine impulsiven Verhaltensreaktionen erklärt werden nem geringen Prozentsatz das tatsächliche Verhalten hat
können und erklären können. Daher sollte man sich einfach von der
●● die Kraft motivationaler Prozesse vernachlässigt und Theorie verabschieden.
generell emotionsbasiertes Verhalten nicht erklärt Was sind hier die Hauptkritikpunkte?
wird. Das ist bedeutsam, da der Konsument nicht Grundsätzlich kann man festhalten, dass bei der TPB die
immer eine kognitiv gesteuerte Kontrolle über sein kognitiven Prozesse nach wie vor im Vordergrund stehen,
Verhalten ausüben kann. während die affektiven Prozesse vernachlässigt werden,
●● Zudem können Einstellungen auch aufgrund von wodurch letztlich die Prognosekraft bzw. der Gültigkeits-
Habitualisierungen entstehen oder von unbewussten bereich des Modells eingeschränkt wird86: So kritisieren
Prozessen beeinflusst werden.
●● Schließlich existieren Rückwirkungen des Verhaltens
86Siehe auch die Arbeit von Königstorfer (2008) über die Erklä-
auf die Einstellungen von Konsumenten, welche in
dem Modell unberücksichtigt bleiben. rungskraft von TRA und TPB zur Einstellung gegenüber und
B. Aktivierende Prozesse 203

TRA und TPB im Vergleich

TRA + TPB
Einstellung
TRA + TPB TRA + TPB
Verhaltens-
absicht Verhalten
TRA + TPB
Soziale
Einflüsse

Nur TPB
Wahrgenommene
Abb. 95: Theory of Reasoned Verhaltenskontrolle
Action (TRA, gelb unterlegt)
und Theory of Planned Behavior
(TPB, blau und gelb unterlegt)

Sheeran, Gollwitzer und Bargh (2013), dass der Fokus teragieren. So kann die emotionale Disposition auch die
zu stark auf der menschlichen Ratio läge und die unbe- wahrgenommene Verhaltenskontrolle beeinflussen: Bei
wussten Prozesse vernachlässigt würden. McEachan, Angst sind hier andere Reaktionen zu erwarten als bei
Conner et al. (2011) beanstanden den statischen Charakter Optimismus. Es wird nicht deutlich, inwieweit solche
des Modells und erklären, dass nicht nur Einstellungen Prozesse vom Modell berücksichtigt werden
das Verhalten beeinflussen, sondern auch umgekehrt: Der Nachteil sowohl der TRA als auch der TPB (so wie
Das Verhalten beeinflusst die Einstellung. Letzteres ist die jeweilige Theorie bei einer Vielzahl von empirischen
gerade beim gesundheitsorientierten Verhalten häufig Untersuchungen als Hypothesengerüst genutzt worden
zu beobachten. Viele Menschen wissen, dass fettreiche ist) ist somit die dominant kognitive Sichtweise auf
Ernährung ungesund ist. Wenn sich jedoch trotz einer das Entscheidungsverhalten von Individuen, wodurch
ungesunden Lebensführung die Cholesterinwerte kurz- viele Facetten menschlichen Verhaltens ausgeklammert
fristig nicht gravierend ändern, werden die ungesunden werden87. Es empfiehlt sich daher, den Einstellungsbe-
Verhaltensweisen fortgesetzt (nach dem Motto: „Ich bin griff aus affekttheoretischer Sicht zu erläutern und ein
eine Ausnahme, bei mir richten die Pommes Frites keinen umfassenderes Begriffsverständnis anzustreben. Die
Schaden an“). Conner, Godin et al. (2013) begrüßen, dass Vernachlässigung affektiver Prozesse wird (mittlerweile)
die TPB die mit einer Handlung einhergehenden antizi- auch von den Begründern der Theorie als Manko gese-
pierten Affekte berücksichtigt, missbilligen aber, dass die hen, und es wurde versucht, Abhilfe zu schaffen. Ajzen,
emotionalen Prozesse generell unterrepräsentiert seien. Joyce et al. (2011) beispielsweise untersuchten, warum
In ihrer Studie, bei der sie das tatsächliche Blutspende- Konsumenten sich wider besseren Wissens schädlich
verhalten untersuchten, stellten sie zum Beispiel fest, dass gegenüber sich selbst oder der Umwelt verhalten, also
nicht nur die kognitive Einstellung (z. B. „Blutspenden beispielsweise übermäßig viel Alkohol trinken oder sich
ist etwas Sinnvolles“), sondern auch die damit einher- zu wenig für den Umweltschutz einsetzen. Die Autoren
gehenden Gefühle (z. B. „Blutspenden ist ermüdend“ wollten dabei herausfinden, welche Bedeutung das durch
oder „etwas Unangenehmes“) die Spendenbereitschaft einen Test ermittelte Wissen über einen Meinungsge-
beeinflussen. Darüber hinaus ist durchaus denkbar, dass genstand im Vergleich zu anderen Konstrukten der TPB
Emotionen auch mit anderen Variablen des Modells in-

87
Nutzung von Mobile Business Services oder die auf Basis der Die Kritik an der kognitiven Einstellungstheorie wurde
TPB durchgeführten Studien von Pickett, Ginsburg et al. (2012) schon in den ersten Auflagen dieses Buches zum Konsumen-
zur Aufdeckung von Essstörungen, von Stone, Jawahar und tenverhalten von Kroeber-Riel (z. B. 1984d) eindringlich dar-
Kisamore (2010) zur Vorhersage akademischen Fehlverhaltens. gelegt.
204 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

aufweist. Dabei zeigte sich, dass nicht mehr oder weniger eine starke Aussage (Motivationen treiben das Verhalten).
fundiertes Sachwissen das Verhalten erklärt, sondern Allerdings sehen die Autoren der TRA und TPB (trotz
vor allem die subjektive, affektive Einschätzung eine des Bestrebens, affektive Prozesse stärker zu berück-
dominante Rolle bei der Erklärung des Verhaltens spielte. sichtigen) in der Motivation weniger eine aktivierende
Die Messung dieser Variable erfolgte mit Items wie bei- Schubkraft, sondern betrachten die Motivation eher aus
spielsweise: „Energiesparen ist sehr angenehm (vs. un- kognitiver Sicht als Verknüpfung zwischen Mitteln und
angenehm), extrem wünschenswert (vs. überhaupt nicht Zielen (siehe Kapitel zur Motivation). Schließlich sind
wünschenswert) oder weise (vs. nicht weise)“, also mit beide Modelle in so vielen empirischen Untersuchungen
rein affektiv geladenen Eigenschaftswörtern. Eine weite- (auch in der Konsumentenverhaltensforschung) einge-
re Modifikation stammt von Smith, Terry et al. (2008), die setzt worden, dass deren Kenntnis schlicht unabdingbar
vorschlagen, das Konstrukt „subjektive Norm“ der TPB ist.
in zwei verschiedene Variablen aufzuteilen, da zwischen
Eine interessante Erweiterung der Modelle stammt von
deskriptiven (Wie verhalten sich bedeutsame Dritte?)
Montano und Kasprzyk (2015). Die Autoren schlagen ein
und injunktiven Normen (Was erwarten bedeutsame
integriertes Verhaltensmodell (IBM = Integrated Behavi-
Dritte von dem Verhalten des Befragten?) differenziert
oral Model, siehe Abb. 96) vor, das eine Erweiterung der
werden müsse. Die Autoren sind ebenso der Ansicht,
TRA/TPB vornimmt, indem z. B. berücksichtigt wird, wie
dass die Rolle der „Selbstidentität“ („self-identity“) sowie
das Verhalten durch Beschränkungen seitens der Umwelt
früheres Verhalten („past behavior“) bei der TPB berück-
oder durch Gewohnheiten beeinflusst wird. Wie schon
sichtigt werden sollten. Letzteres wurde jedoch, dies ist
angesprochen, ist das Durchbrechen jahrelang trainier-
gerechterweise anzumerken, bereits von Ajzen (2002)
ter Gewohnheiten trotz besseren Wissens eine nicht zu
selbst angeregt (Dombrowski und Luszcynska, 2009).
unterschätzende Hürde, insbesondere in Bezug auf ge-
Ajzen (2015) wehrt sich zudem gegen die harsche Kritik sundheitsorientiertes Verhalten, das im Mittelpunkt der
von Sniehotta, Presseau und Araújo-Soares (2014) und Betrachtung von Montona und Kasprzyk steht. Auch
schreibt in einem Kommentar zu dem Aufruf, die TPB die emotionalen Prozesse werden durch das Konstrukt
in den Ruhestand zu versetzen: „The theory of planned „experiential attitude“ stärker berücksichtigt. Darunter
behaviour is alive and well, and not ready to retire“. Er wird die emotionale Befindlichkeit charakterisiert, ein
erwidert in seiner Replik beispielsweise, dass die Pro- bestimmtes Verhalten zu zeigen.
gnosevalidität auch durch unerwartete Ereignisse (die
Zusammenfassend können wir festhalten:
zwischen dem Wunsch etwas zu tun und der tatsächli-
chen Handlung auftreten) beeinträchtigt werden könne.
Die TRA, die Theorie des überlegten Handelns, und die
Diese wären von keinem Forscher zu kontrollieren und
TPB, die Theorie des geplanten Handelns, bei der nor-
würden auch die Prognosevalidität alternativer Modell
mative Vorstellungen bzw. soziale Erwartungen integriert
zunichtemachen (wir kommen auf die Störgrößen im werden, sind in ihren ursprünglichen Konzeptionen kog-
Verlaufe des Kapitels noch zu sprechen). Zudem gäbe es nitionslastig. Im Mittelpunkt standen bewusste, aktuel-
viele Studien, die die Konstrukte der TPB nicht sorgfäl- le Überzeugungen (beliefs), auch über die antizipierten
tig operationalisiert hätten und daher Fehlerkenntnisse Konsequenzen eines Verhaltens. Die TPB wurde in letzter
produziert hätten. Zeit durch weitere Konstrukte angereichert. Dazu gehören
die Erfahrungen mit früherem Verhalten, genauere Vor-
Was bleibt von beiden Modellen? stellungen über soziale Erwartungen und die Integration
Die Vorteile der beiden verhaltenswissenschaftlichen der wahrgenommenen Identität des Einzelnen. TRA und
TPB sind Theorien, die versuchen zu erklären, warum
Theorien sind deren Ordnung, Struktur und „Sparsam-
ein bestimmtes Verhalten zustande kommt. Die TPB ist
keit“ („parsimony“). Zudem eignen sich die Theorien für
bemüht, nicht nur Verhaltensintentionen, sondern auch
eine empirische Überprüfung, da Definitionen, Operatio- tatsächliches Verhalten zu erklären. Es geht also mehr
nalisierungen und Kausalzusammenhänge der Variablen um eine Einstellung zum eigenen Verhalten als zu einem
explizit genannt werden und die Verhaltensrelevanz der Objekt an sich. Dabei spielt die Verhaltenskontrolle eine
Einstellung damit grundsätzlich festgestellt werden kann wichtige Rolle. Wenn ein Individuum den Eindruck hat,
(auch wenn die empirischen Werte nicht immer zufrie- mit der Ausführung eines Verhaltens überfordert zu sein,
denstellend waren). Zudem ist die grundsätzliche Aussa- dann wird dieses nicht ausgelöst. TRA und TPB haben
ge (sowohl der TRA als auch der TPB), dass die Motivati- die Konsumentenverhaltensforschung sehr befruchtet, es
on eines Menschen, ein bestimmtes Verhalten auszuüben, gibt eine beeindruckende Anzahl empirischer Untersu-
chungen auf der Basis dieser Modelle. Dennoch können
eine entscheidende Variable für die Erklärung des dann
TRA und TPB (in ihrer klassischen Form) das menschliche
ausgeübten tatsächlichen Verhaltens entscheidend ist,
B. Aktivierende Prozesse 205

Abb. 96: Integrated Behavioral


Model (IBM) von Montano und
Kasprzyk (2015) zur Erklärung
gesundheitsorientierter Verhal-
tensweisen

Zum anderen gehen viele „oberflächliche“ Einstellungen


Verhalten nur zum Teil erklären. Durch Berücksichtigung
weiterer Variablen (siehe z. B. IBM; Abb. 96) könnte die
(„constructed on the spot“) nur mit geringen kognitiven
Prognosegenauigkeit erhöht werden (das bleibt jedoch Aktivitäten, aber durchaus signifikanten emotionalen
noch abzuwarten). Allerdings geht der Vorteil der „par- Vorgängen einher (d. h., man mag ein Produkt, aber man
simony“ (Sparsamkeit) des Modells dadurch verloren. macht sich keine Gedanken darüber, warum), bzw. sie
werden über den Weg der emotionalen Konditionierung
Aufgrund der weltweiten Bedeutung von TRA und TPB gebildet (d. h., man hat bei austauschbaren Produkten
– auch das in der Innovationsforschung so bedeutsame
über die Werbung eine emotionale Präferenz für eine
„Technologie-Akzeptanz-Modell“ von Davis (Davis, Ba-
gozzi und Warshaw, 1989) sowie dessen Weiterentwick-
bestimmte Marke aufgebaut). Letzteres kann sich auch
lungen UTAUT (Venkatesh, Morris und Davis, 2003) und in den noch zu erörternden „impliziten“ Einstellungen
TAM3 (Venkatesh und Bala, 2008) sind auf die TRA/TPB (siehe weiter unten) zeigen. Im Folgenden geht es auch
zurückzuführen – ist die Kenntnis der beiden Modelle mehr um die Einstellungen zu Objekten, nicht zu einem
trotz aller berechtigten Kritik für jeden Konsumentenver- auszuführenden Verhalten.
haltensforscher unerlässlich.

Wenn die Einstellung als die subjektiv wahrgenomme-


c) Spezifizierung des Einstellungsbegriffs ne Eignung eines Gegenstandes zur Befriedigung einer
Motivation aufgefasst und daher hier unter den aktivie-
In diesem Buch wird seit den ersten Auflagen empfoh-
renden Vorgängen aufgeführt wird, geht man davon aus,
len, das Konstrukt „Einstellung“ trotz des Vorhanden-
dass sie im Wesentlichen von der emotionalen (positiven
seins kognitiver Komponenten (im Unterschied zur oder negativen) Haltung gegenüber einem Gegenstand
klassischen Sichtweise der TRA oder der TPB) zu den geprägt wird. Die Einstellung kann nach dieser Definiti-
aktivierenden Prozessen zu zählen, da Einstellungen on zwar durchaus beachtliche kognitive Vorgänge um-
primär von der emotionalen Haltung gegenüber dem fassen. Zudem soll nicht ausgeschlossen werden, dass
Gegenstand geprägt werden. Das ist u. E. bei der Mehr- eine oberflächliche positive Einstellungsbildung auch auf
heit aller Einstellungsprozesse der Fall, zum einen, da Basis der positiven, rein kognitiven Beurteilung weniger
„tiefsitzende“ Einstellungen nur durch die Schubkraft Informationen erfolgen kann. Aber alles in allem, wenn
der Motivation dauerhaft verinnerlicht werden und das alle Formen der Einstellungsbildung betrachtet werden,
können die affektiven Prozesse als dominierend charak-
Verhalten langfristig prägen können (d. h., man ist von
terisiert werden.
einem Produkt „hingerissen“ und weiß genau, warum).

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206 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Das ist zum Beispiel – wie bereits angesprochen – in beispielsweise, dass Konsumenten bei der Einstel-
der Regel dann der Fall, wenn es sich um „tiefsitzende“, lungsbildung zu unterschiedlichen Urlaubsangeboten
verinnerlichte Einstellungen handelt. Diese Einstellun- solche Angebote bevorzugen, die mit emotionskon-
gen sind dann im emotionalen Erfahrungsgedächtnis gruenten Werbeslogans beworben werden. So wurden
gespeichert und gehen mit entsprechenden psychophy- Reisen, die Abenteuer (vs. Ruhe) versprechen, besser
siologischen Prozessen einher, über die wir in den vo- beurteilt, wenn sich der Konsument während der Ein-
rangegangenen Kapiteln berichtet haben. Viele Männer stellungsbildung selbst aufgeregt fühlte (vs. ruhig).
reagieren zum Beispiel mit erhöhtem Blutdruck oder ●● Die Bewertung ist auf ein Einstellungsobjekt („attitu-
Herzklopfen, wenn sie mit einem als besonders attraktiv de object“) gerichtet, bei dem es sich um eine Person,
wahrgenommen Sportwagen konfrontiert werden. Auch einen Gegenstand, eine gesellschaftliche Idee oder um
die schon angesprochene Gestik kann eine Rolle spielen, ein beliebiges anderes Objekt handeln kann, solange es
kennen wir doch alle Aussprüche wie „Seine ganze Kör- von anderen Objekten unterscheidbar und gedanklich
perhaltung sprach Bände“ oder „zeugte von Abwehr“. – bewusst oder unbewusst – verankert ist. Eine inter-
essante Studie hierzu stammt von Ledgerwood, Tro-
Die psycho-physiologischen Prozesse sollten bei der pe und Chaiken (2010), die auf der Construal-Level-
Einstellungsforschung nicht vernachlässigt werden, was Theorie89 basiert. Die Autoren machen deutlich, dass
auch aus Sichtweise der „embodied cognition“-For- die psychologische Distanz, d. h., die Nähe oder Ferne
schung (auch Grounded Cognition oder Embodiment eines Meinungsgegenstandes, einen Einfluss auf die
genannt) 88 Sinn macht und z. B. (siehe V. 1) von Schwarz, Einstellungsbildung ausüben kann. Demnach werden
Lee et al. (2018) propagiert wird. Objekte, zu denen eine große Distanz besteht, eher mit

Schließlich können auch bei eher oberflächlicher Ein- 89


Nach der Construal-Level-Theorie spielt die psychologische
stellungsbildung die emotionalen Haltungen zu dem Distanz eine große Rolle bei der Art und Weise, wie wir unsere
Meinungsgegenstand (das „Gefallen“) wesentlicher für Welt auffassen. Ein Objekt kann zum Beispiel aus dem Wahr-
die Erklärung des Verhaltens sein als kognitive Über- nehmungsraum eines Individuums entfernt oder diesem zu-
geführt werden (z. B. Trope und Liberman, 2010), zudem kann
zeugungen, wobei erstere nicht bewusst sein müssen.
ein Ereignis in weiter Zukunft stattfinden oder sofort eintreten.
Auch die subjektiv prognostizierte Eintrittswahrscheinlichkeit
Auch eher unbewusste Motive können die (positive bzw. kann variieren. In der Folge verändern sich die Einstellungen
negative) Haltung zu einem Meinungsgegenstand be- bzw. die geäußerten Assoziationen zu dem Meinungsgegen-
einflussen. stand oder auch die sozialen Beziehungen zueinander. Nach
der Construal-Level-Theorie werden Objekte und Events, die
mit einer hohen psychologischen Distanz einhergehen, eher als
Wir sollten an dieser Stelle noch einmal auf die bereits abstrakt, mit allgemeinen Werthaltungen, als intangibel oder
aufgeführte, von Eagly und Chaiken (2007, S. 585) vor- nicht wahrnehmbar assoziiert, während Objekte und Events
geschlagene Definition des Einstellungskonstruktes zu- mit geringer psychologischer Distanz als konkret, beobacht-
bar und spezifisch erlebt werden. Ein Beispiel: Man erfährt,
rückkommen. Dieser zufolge wird eine Einstellung als
dass ein Mann bei einer Bürgerinitiative mitmacht, die sich
eine psychologische (nicht immer bewusste) Tendenz die Sauberkeit eines Stadtteils zum Ziel gesetzt hat. Bei hoher
verstanden, die sich dadurch ausdrückt, dass ein spezifi- Distanz wird der Mann als eine Person beschrieben, die sich
sches Objekt mit einem bestimmten Grad des Gefallens dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt. Bei geringer Distanz als
oder Missfallens bewertet wird. jemand, der den Müll aufsammelt. Ein weiteres Beispiel: Wenn
Mitarbeiter gebeten werden, sich Gedanken über Produkt-
●● Die Einschätzung („evaluation“) umfasst alle Facetten
innovationen zu machen, so kommen kreativere Vorschläge
einer wertenden Reaktion. Sie kann sich offen oder heraus, wenn diese erst in der Zukunft umgesetzt werden
verdeckt, kognitiv, emotional oder konativ äußern. sollen, und nicht unmittelbar. Zudem hat sich gezeigt, dass
Eagly und Chaiken (2007, S. 583) weisen aber explizit Menschen eine höhere Selbstdisziplin bei der Aufgabenbewäl-
auf die Bedeutung emotionaler Prozesse hin. Dabei tigung zeigen und Versuchungen besser widerstehen können,
kommt es nicht nur auf die affektiven Prozesse an, die wenn man sie zuvor gefragt hat, warum (und nicht wie) sie ihr
Engagement bei einer Tätigkeit einbringen möchten. Die Cons-
das Produkt (bzw. der Meinungsgegenstand) auslöst,
trual-Level-Theorie versucht weiterhin, mittels der Einführung
sondern auch auf die korrespondierende emotiona- der psychologischen Distanz auch einen Erklärungsbeitrag zu
le Befindlichkeit der Konsumenten bei der Einstel- leisten, warum manche Einstellungen sehr stabil sind, andere
lungsbildung. Kim, Park und Schwarz (2010) zeigen dagegen sehr häufig variieren. Die Construal Level-Theorie ist
vom Wesen her eine kognitive Theorie, sie wurde jedoch auf-
grund des Bezugs zum Thema Einstellungen in diesem Kapitel
88 Siehe ausführlich Kapitel „Kognitive Prozesse“ kurz beleuchtet; wir kommen auf sie noch zurück.
B. Aktivierende Prozesse 207

allgemeineren und abstrakteren Charakteristika ver- bezeichnet werden (Schwarz, 2007; Chernev, 2011). Es
sehen, während z. B. Produkte, die Konsumenten als ist somit möglich, dass in einer bestimmten Situati-
sehr nah empfinden, durch sehr konkrete Produktat- on (beispielsweise wenn der Einkauf als Freizeitbe-
tribute beschrieben werden. Die Autoren (S. 34) führen schäftigung aufgefasst wird) Hintergrundmusik als
zur Illustrierung das Beispiel eines Radioweckers an: anregend und angenehm empfunden wird (positive
Bei Distanz wird die allgemeine Soundqualität als Einstellung zur Musik), während dieselbe Musik in
wichtige Eigenschaft des Objekts genannt, bei Nähe demselben Geschäft als „nervig“ empfunden wird,
dagegen die Genauigkeit des Uhrzeigers. wenn man unter großem Zeitdruck einkaufen muss
●● Zurückliegende Erfahrungen sind dafür verantwort- (negative Einstellung zur Musik).
lich, dass das Individuum mehr oder weniger geneigt ●● Schließlich wird durch die Nutzung des Begriffs „ten-
ist, positiv oder negativ auf ein Einstellungsobjekt zu dency“ (Eagly und Chaiken, 2007, S. 585) auch deutlich,
reagieren. Dabei sollte zwischen Einstellungen, die auf dass Einstellungen nicht bewusst sein müssen, son-
der Basis eigener Erfahrungen des Konsumenten mit dern auf der kontinuierlichen Skala „bewusst – un-
dem Einstellungsobjekt entstanden sind, und solchen, bewusst“ eine beliebige Stellung einnehmen können.
die von anderen Personen bewusst oder unbewusst Zusammenfassend sind also viele Überschneidungen
übernommen worden sind, unterschieden werden90. zwischen der in diesem Buch (seit den ersten Auflagen)
Wurde also in der Vergangenheit (selbst) die Erfah- verwendeten Definition „Einstellung = Motivation +
rung gemacht, dass ein Produkt gut dazu geeignet ist, kognitive Gegenstandsbeurteilung“ (wobei diese Kurz-
eine bestimmte Motivation zufriedenzustellen? Oder definition implizit unterstellt, dass Motivationen auch
wurden in der Vergangenheit andere Menschen dabei unbewusst sein können) und dem in letzter Zeit im ang-
beobachtet, wie sie mit einem Produkt ein Bedürfnis loamerikanischen Sprachraum bevorzugten Begriffsver-
befriedigten, das man ihnen bewusst oder unbewusst ständnis von Eagly und Chaiken (2007) zu erkennen.
unterstellt hatte?91
Im Folgenden wollen wir auf verschiedene Aspekte noch
●● Der Begriff „tendency“ (übersetzt als „Tendenz, Hal-
einmal ausführlicher zu sprechen kommen, und zwar
tung, Neigung“) lässt dabei bewusst offen, ob die
Einstellung eine temporäre („state variable“) oder ●● auf die Art und Weise, wie eine Einstellung gebildet
dauerhafte („disposition“)92 Erscheinung ist. Das ist wird und welche Auswirkungen sie hat,
der Grund, warum Bohner und Dickel die Definition ●● auf die Frage, wie tief (und konsistent mit anderen
Eagly und Chaikens (2007) als „umbrella definition“ Ansichten) die Einstellung im Individuum verankert
bezeichnet haben (s. o.). Einstellungen können sich ist und
somit auch aus dem Kontext einer Entscheidungs- ●● wie bewusst die Vorgänge erlebt werden.
situation ergeben und müssen nicht immer lange Diese Fragestellungen sollen in den folgenden Abschnit-
bestehen bleiben: Sie können als „kontextsensitiv“93 ten behandelt werden.

90
So kann beispielsweise eine Tochter von ihrer Mutter Ein- d) Bildung von Einstellungen
stellungen zu Haushaltsprodukten übernehmen und diese bei Wie werden Einstellungen gebildet? Wenn Einstellung
späteren eigenen Kaufentscheidungen berücksichtigen, ohne als „Motivation plus kognitive Gegenstandsbeurteilung“
dass ihr das bewusst wird.
91 definiert wird, dann liegt dieser Definition die sogenann-
Wie im Dritten Teil dieses Buchs noch zu lesen sein wird,
spielen dabei frühe Kindheitserfahrungen eine prägende Rolle te Means-End-Analysis (Ziel-Mittel-Analyse) zugrunde.
(LaTour, LaTour und Zinkhan, 2010).
92 In der Konsumentenverhaltensforschung werden temporä-
ungesunde“ Lebensmittel), dann setzten Kontrasteffekte ein.
re Einflussgrößen als „state variable“ bezeichnet, während So wird beispielsweise der Kaloriengehalt eines Cheeseburgers
dauerhafte Verhaltensweisen, die in der Persönlichkeit des sehr viel höher eingeschätzt, wenn zuvor ein Salat gezeigt wor-
Konsumenten begründet sind, als „trait variable“ (Wesenszug) den ist anstatt eines Käsekuchens. Werden Produkte gleicher
bzw. Disposition bezeichnet werden. Kategorien nacheinander gezeigt, so werden eher Assimilati-
93 Ein schönes Beispiel für Kontextsensitivität liefert eine Stu- onseffekte ausgelöst (Käsekuchen und Cheeseburger werden
die von Chernev (2011). Der Autor untersucht die Fragestellung, dann mit ähnlich hohen Kalorienmengen assoziiert). Kontext-
wie Konsumenten mehr oder weniger gesunde Lebensmittel effekte bei der Einstellungsbildung zu Marken können auch
beurteilen, die in sequentieller Reihenfolge (also ein Produkt durch die Darbietung von Werbeanzeigen unterschiedlicher
nach dem anderen) präsentiert werden. Es zeigt sich, dass das Produktgruppen (z. B. Anzeigen von Armani und Honda wer-
jeweils vorausgehende Produkt einen „Bewertungsanker“ den nacheinander betrachtet) entstehen (Nam und Sternthal,
darstellen kann. Gehören nacheinander gezeigte Produkte zu 2008) oder durch den redaktionellen Kontext (siehe dazu die
unterschiedlichen Kategorien (hier Vergleich sogenannter „vir- „Pionierstudie“ von Yi, 1993 sowie die Ausführungen im Drit-
tues vs. vices“ („vorbildhaft-gesunde vs. versuchungsstarke ten Teil dieses Buchs).
208 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Dieses Prinzip besagt (wie ausgeführt), dass eine Ein- tionalen und motivationalen) und kognitiven Komponen-
stellung davon abhängig ist, wie gut oder schlecht ein ten zusätzlich einen dritten Bestandteil umfassen müs-
Meinungsgegenstand ein Motiv (bzw. eine Motivation) sen, nämlich die Verhaltenskomponente (auch konative
befriedigen kann. Komponente genannt). Im Mittelpunkt dieser Theorie
Beispiel: Ein Konsument hat eine stark positive Einstel- steht die sogenannte Einstellungs-Verhaltens-Hypo-
lung zur Automarke Volvo. Diese geht darauf zurück, these (E-V-Hypothese), nach der Einstellungen von heute
dass er (1) ein sicheres Auto kaufen will (Motivation) und das Verhalten von morgen bestimmen. Die Drei-Kom-
(2) weiß, dass Volvo ein sicheres Auto ist (gespeicherte ponenten-Theorie besagt, dass affektive, kognitive und
Produktbeurteilung). konative Prozesse aufeinander abgestimmt sind und eine
Konsistenz von Denken, Fühlen und Handeln angestrebt
Eine schwach positive Einstellung zu Volvo kann auf- wird. Eine Änderung des Verhaltens gegenüber einem
grund dieser beiden Komponenten auf zwei Ursachen Gegenstand verursacht somit eine Änderung der ge-
zurückgeführt werden: Der Konsument kann einerseits fühlsmäßigen und kognitiven Haltung zu diesem Objekt
wissen, dass Volvo ein sicheres Auto ist, aber er hat nur und umgekehrt. Die Bedeutung der konativen Kompo-
ein geringes Sicherheitsstreben, sodass ihm der Volvo nente wurde in den bisherigen Abschnitten zwar schon
mangels Motivation ziemlich gleichgültig ist. Anderer- angesprochen, die Drei-Komponenten-Theorie betont
seits kann dieser Konsument motiviert sein, ein sicheres aber noch einmal die Konsistenz zwischen Einstellung
Auto zu kaufen (Motivation vorhanden), aber er beurteilt und Verhalten.
Volvo nicht als besonders sicheres Auto.
Die Gültigkeit dieser E-V-Hypothese bzw. der Drei-Kom-
So weit, so gut. Doch auch hier ist es von ausschlag- ponenten-Theorie ist im Marketing jedoch umstritten.
gebender Bedeutung (siehe hierzu das Kapitel „Moti- Tendenziell kann zwar festgehalten werden, dass die
vation“), ob man sich dem Motivationskonstrukt der Kaufwahrscheinlichkeit umso höher ist, je positiver die
Means-End-Analysis aus emotionspsychologischer Einstellung zu dem Meinungsgegenstand ausgeprägt
oder kognitionspsychologischer Sicht nähert. Bei der ist. Allerdings haben empirische Untersuchungen auch
in diesem Buch bevorzugten emotionspsychologischen gezeigt, dass positive affektive und kognitive Einschät-
Perspektive stehen die inneren Antriebskräfte im Vorder- zungen eines Produktes nicht unbedingt zum Kauf
grund, d. h., die Stärke der (bewussten oder unbewus- führen müssen. Beispielsweise haben viele Männer sehr
sten) Aktivierung bestimmt die Stärke der Motivation. positive Einstellungen zu der Automobilmarke Porsche,
Bei der kognitionspsychologischen Motivationsfor- aufgrund finanzieller Restriktionen kauft jedoch nur ein
schung steht dagegen die Zielorientierung des bewusst kleiner Prozentsatz von ihnen diese Marke. Für die Kauf-
abwägenden Menschen im Mittelpunkt. Die Motivation wahrscheinlichkeitsprognose empfiehlt es sich somit, die
– also die mehr oder weniger stark ausgeprägte Tendenz, Verhaltensabsicht in konkreten Situationen zu erfassen.
eine Handlung auszuführen – ist dann abhängig vom
subjektiv gesehenen Ziel-Mittel-Zusammenhang und
vom subjektiv erwarteten Befriedigungswert des Ziels, Die Drei-Komponenten-Theorie wird in der Regel dahinge-
hend interpretiert, dass die affektiv und kognitiv bedingte
d. h., das Individuum bewertet zum einen den Befriedi-
Einstellung direkt Verhaltensintentionen und indirekt das
gungswert eines Ziels bzw. dessen subjektive Bedeutung
Verhalten beeinflusst. Zudem sollte auch die Möglichkeit,
und prüft zum anderen gedanklich, inwieweit ein Ge- dass erst das Kaufverhalten einsetzt und dann rückwir-
genstand als Mittel zur Erreichung des Zieles geeignet ist. kend die psychischen Prozesse der Meinungsbildung
Die aktivierende Komponente wird bei dieser Sichtweise einsetzen, nicht ausgeschlossen werden.
vernachlässigt (wir haben diesen Kritikpunkt schon bei
der Diskussion der TPB aufgeführt). Trotz der Behaup-
Das mehrdimensionale ABC-Modell der Einstellung
tung, die motivationale Komponente zu berücksichtigen,
(Solomon, Bamossy et al., 2016, S. 286) integriert die un-
wird die Einstellung nur auf der Basis rein kognitiver
terschiedlichen Auffassungen der Means-End-Analysis
Aktivitäten gemessen. Das greift u. E. zu kurz:
und der Drei-Komponenten-Theorie (vgl. Abb. 97). „A“
steht dabei für „affect“ und damit für die gefühlsmä-
Die Schubkraft einer Motivation, d. h., die damit einher- ßigen Eindrücke eines Konsumenten von einem Mei-
gehenden psychophysiologischen Prozesse, dürfen nicht nungsgegenstand. „B“ steht für „behaviour“ und soll
vernachlässigt werden.
die Verhaltenskomponenten bezeichnen (gemeint sind
damit sowohl Intentionen als auch beobachtbares Kauf-
Die Drei-Komponenten-Theorie geht davon aus, dass verhalten). „C“ schließlich ist die Abkürzung für „co-
Einstellungen neben den affektiven (aktivierenden, emo- gnition“ und umfasst alle kognitiven Überzeugungen
B. Aktivierende Prozesse 209

Einstellung
beruht auf
Überzeugungen Affekt Verhalten kognitiver
Informations-
verarbeitung

Einstellung
Überzeugungen Verhalten Affekt beruht auf
Verhaltens-
lernprozessen

Einstellung
Affekt Verhalten Überzeugungen beruht auf
hedonistischem
Abb. 97: ABC-Modell in Anleh- Konsum
nung an Solomon, Bamossy et al.
(2016)

über einen Meinungsgegenstand. Diese drei Konstrukte gen und wählt eine Alternative auf der Basis minima-
können in drei verschiedenen Varianten miteinander ler Informationen. Die eigentliche Einstellungsbildung
verknüpft werden und erklären damit unterschiedliche findet erst nach dem Kauf statt, wenn das Individuum
Wege der Einstellungsbildung („hierarchies of effects“). Erfahrungen mit dem Meinungsgegenstand macht und/
Das ABC-Modell zeigt also drei Rangordnungen. Beim oder von seiner Umwelt für das Kaufverhalten belohnt
ersten Fall („standard learning hierarchy“), der als Ein- bzw. bestraft wird (Verstärkerprozesse). Bei der Low-In-
stellungsbildung auf der Basis kognitiver Informati- volvement-Einstellungsbildung sind die Konsumenten
onsverarbeitung bezeichnet wird, informiert sich ein also an komplexen Informationen nicht interessiert und
Konsument zunächst sehr sorgfältig über die relevanten lassen sich bei der Kaufentscheidung eher durch Ver-
Eigenschaften eines Meinungsgegenstandes (kognitive kaufsförderungsmaßnahmen, auffällige Verpackungen
Komponente) und gewichtet sie. Anschließend bewertet usw. beeinflussen. Ob die Marken- bzw. Produktwahl
er die zur Verfügung stehenden Alternativen anhand die- wiederholt wird, ist abhängig von den affektiven Pro-
ser Eigenschaften und formt gefühlsmäßige Haltungen zessen nach dem Kauf. Der dritte Fall schließlich („Ex-
(affektive Komponente) zu den einzelnen Marken oder periential hierarchy“) stellt die affektive Komponente der
Produkten. Die affektiven Prozesse werden also explizit Einstellung als hauptsächlichen Erklärungsfaktor in den
berücksichtigt, doch die „Begeisterung“ für ein Produkt Vordergrund. Dieser Typus ist immer dann bedeutsam,
entsteht erst nach der kognitiven Beurteilung, ob die Pro- wenn Konsumenten hinsichtlich der funktionellen Eigen-
dukteigenschaften ein Bedürfnis befriedigen können. Die schaften (z. B. bei technisch ausgereiften Produkten) kei-
Präferenz für eine Alternative kann sich dann in einer ne Unterschiede wahrnehmen, diesbezüglich die Marken
Verhaltensintention äußern oder zu einem beobachtbaren als austauschbar empfinden und die Präferenzbildung
Verhalten (z. B. Kauf einer Marke) führen. Eine solche auf der Basis emotionaler Erlebniswerte erfolgt. Während
Einstellungsbildung ist für den Konsumenten mit einem bei dem klassischen Modell der Einstellungsbildung mit-
erheblichen Aufwand verbunden und daher nur möglich, tels kog nitiver Informationsverarbeitungsprozesse die
wenn er hoch involviert ist. Der zweite Fall charakteri- affektive Einschätzung der letzte Schritt nach einer Reihe
siert eine Low-Involvement-Einstellungsbildung94 („low intensiver kognitiver Vorgänge ist, wird bei dem dritten
involvement hierarchy“). Hier steht zwar auch die kogni- Typus die Einstellung zu einem Meinungsgegenstand
tive Komponente am Anfang, im Unterschied zum ersten durch seine subjektiv wahrgenommene Eignung zur Be-
Fall hat der Konsument jedoch keine festen Überzeugun- friedigung einer hedonistischen Motivation geprägt. Hier
spielt also eine entscheidende Rolle, dass der Konsument
94
Unter Involvement wird die Ich-Beteiligung oder das En- beim ersten Kontakt bereits viel Spaß mit dem Produkt
gagement verstanden, das mit einem Verhalten verbunden ist, hat oder positive Erlebniswelten damit verbindet.
zum Beispiel die innere Beteiligung, mit der jemand eine Kauf-
entscheidung fällt (siehe ausführlich Kapitel Zweiter Teil, D).
210 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Kauf-
wahrscheinlichkeit

1,0

0,5 Abb. 98: Schematische Dar-


stellung der Hypothese über die
Beziehung zwischen Einstellung
und Kaufwahrscheinlichkeit

Anmerkung: Der Kurvenverlauf


0 1 2 3 4 5 Stärke der positiven dient lediglich zur Veranschauli-
Einstellung chung, er stellt keinen konkreten
Fall dar. Null = indifferente
Einstellung

Fassen wir noch einmal zusammen: In der Konsumentenverhaltensforschung werden jedoch


●● „Affect“ (A) = Emotionen bzw. Gefühle, die das Ein- nicht nur Einstellungen und tatsächliches Kaufverhalten
stellungsobjekt (Marke, Unternehmen) auslöst. gegenübergestellt. Vielmehr werden als eine Art „Zwi-
●● „Behaviour“ (B) = Absicht einer Person, etwas in Be- schenschritt“ die Verhaltensintentionen, also hier die
zug auf das Einstellungsobjekt zu tun. Kaufabsichten, erhoben (siehe z. B. TPB).
●● „Cognition“ (C) = (mehr oder weniger tiefe) Überzeu-
gungen, die eine Person in Bezug auf das Objekt hat. Die gemessene Kaufabsicht umfasst die antizipierten
Einflüsse der Kaufsituation.
e) Einstellung und Kaufverhalten
Betrachten wir den bereits angesprochenen Zusammen- Kaufabsichten liegen „näher“ am Verhalten als die ge-
hang zwischen Einstellung und Kaufverhalten, der für messenen Einstellungen zum Produkt. Es kommt also
viele Marketingverantwortliche von so großer Bedeu- ganz auf den Zweck, die zeitliche Dimension und die
tung ist, noch einmal näher. Es werden schließlich so Umstände einer Prognose an, ob man Einstellungen oder
viele Imagemessungen durchgeführt, da man hofft, dass Kaufabsichten zur Prognose des Verhaltens verwendet.
sich ein positives Image auf das Kaufverhalten auswirkt. Die Kaufabsichten können durch einfache Ratingskalen
Anders ausgedrückt: Bei Kaufprognosen wird von der (Green, Tull und Albaum, 1988, S. 240 ff.) oder auch mit
Hypothese ausgegangen, dass mit zunehmender Stärke projektiven Techniken (Gordon und Corr, 1990) bzw. mit-
einer positiven Einstellung zum Produkt (zur Marke) die hilfe von komplexeren Messmodellen gemessen werden
Kaufwahrscheinlichkeit steigt. Abb. 98 gibt ein Modell (Chandon, Morwitz und Reinartz, 2005).
dieses Zusammenhangs wieder.
Ein verbreitetes Verfahren zur Messung von Kaufabsich-
Bei der Interpretation dieses Modells ist zu beachten, dass ten ist das Konstantsummen-Verfahren: Die Befragten
die Ordinate im positiven Bereich geschnitten wird: Auch werden gebeten, einen bestimmten Geldbetrag auf die
bei indifferenter Einstellung gegenüber einer Marke ist verfügbaren Marken zu verteilen (siehe auch Sattler und
die individuelle Kaufwahrscheinlichkeit im Regelfall Nitschke, 2003). Der für eine Marke aufgewendete Geld-
größer als Null (d. h., es ist auch schon vor einer bewuss- betrag soll die wahrscheinliche Absicht widerspiegeln,
ten Einstellungsbildung Kaufverhalten zu beobachten). diese Marke in einer antizipierten Angebotssituation zu
Für die Beschreibung der Abhängigkeit der Kaufwahr- erwerben. Auch die typische „Gutscheinfrage“95 ist hier
scheinlichkeit von der Einstellung ist weiterhin zu be- anzusiedeln.
achten, dass es keine generell gültige Verlaufsform gibt.
Es handelt sich vielmehr um eine Abhängigkeit, die bei 95 Eine typische Gutscheinfrage kann wie folgt gestellt werden:
verschiedenen Einstellungsgegenständen (Produkten) „Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Gutschein in Höhe von
unterschiedlich ausgeprägt sein kann. 1.000  Euro erhalten, den Sie in allen Geschäften Ihrer Stadt

Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Lukas Heim mit der Transaktions-ID 4504834 erstellt.
B. Aktivierende Prozesse 211

Allerdings kann die Messung von Kaufabsichten selbst Ausdruck, dass die Vorhersage tatsächlichen Verhaltens
Auswirkungen auf die später tatsächlich getätigten Käufe auf Basis von Einstellungen eine sehr prekäre Angele-
haben. Chandon, Morwitz und Reinartz (2005) machen genheit voller komplexer Eventualitäten darstellt. Sie
auf das Problem aufmerksam, dass durch den Vorgang erklären, dass das „Mögen“ (liking) eines Meinungs-
der (expliziten) Messung von Einstellung und Verhal- gegenstandes nicht gleichbedeutet damit ist, dass man
tensabsicht bei ein und derselben Person das später zu diesen auch „will“ (wanting). Erst wenn
beobachtende Verhalten in Richtung der zuvor geäußer- ●● das „Mögen“ in ein „Wollen“ verwandelt wird, und
ten Verhaltensabsicht verzerrt wird. Dieser sogenannte ●● das „Wollen“ sich zu einem Ziel entwickelt,
„selbst-generierte Validitätseffekt“ führt also dazu, dass ●● das sich als „dominant“ erweist, in dem Sinne, dass
zwar bei befragten Personen eine sehr hohe Konsistenz das Erreichen dieses speziellen Ziels für den Kon-
zwischen Einstellung, explizit geäußerter Verhaltensab- sumenten eine hohe Motivation auslöst (und keine
sicht und tatsächlichem Verhalten zu beobachten ist; die- anderen, wettstreitenden Ziele relevant werden)
se Konsistenz wird jedoch durch die Teilnahme an einer ●● und wenn in der jeweiligen Situation das „gemochte“
Befragung und die damit stattfindende Bewusstwerdung Objekt auch weiterhin als Mittel zur Zielerreichung
der Prozesse erzeugt. Wenn Konsumenten zudem gebe- wahrgenommen wird und
ten werden, darzulegen, nicht nur ob, sondern wann, wo ●● diese Verknüpfung verfügbar ist,
und wie sie eine geplante Aktion durchführen möchten
dann kann tatsächlich ein entsprechendes Verhalten (z. B.
(die sogenannte „implemention intention“ wird erho-
Kauf) ausgelöst werden.
ben), dann verringert sich die später messbare Differenz
zwischen geplantem und tatsächlichem Verhalten noch Dieses Modell unterstellt also eine Reihe von mediie-
sehr viel stärker (Ajzen, Czasch und Flood, 2009, S. 1357). renden Prozessen, die notwendig sind, damit aus Ein-
Darüber hinaus können auch unerwartete Einkommens- stellungen Verhalten entstehen kann. Im Mittelpunkt
schwankungen (aufseiten der Nachfrager) oder preispoli- der Sichtweise von Kruglanski, Jasko et al. (2018, S. 264)
tische Aktionen der Konkurrenz (aufseiten der Anbieter) steht somit die Frage, ob bestimmte Objekte Ziele akti-
dazu führen, dass Kaufabsichten nicht zu tatsächlichem vieren können. Dabei definieren sie ein Ziel als einen
Kaufverhalten führen. Sun und Morwitz (2010) zeigen in als wünschenswert eingeschätzten zukünftigen Zustand,
ihrem Modell, dass die Berücksichtigung solcher Vari- der durch bestimmte Handlungen erreicht werden kann.
ablen die Kaufprognosemodelle signifikant verbessern Wenn etwas als Ziel angenommen wird, dann muss dies
kann. aber nicht nur als wünschenswert, sondern auch als er-
reichbar angesehen werden. Ebenso ist für das spätere
Verhalten entscheidend, dass die Informationen, wie ein
Durch die Messung der Kaufabsicht kann das Kaufver-
bestimmtes Ziel mit welchen Mitteln erreicht werden
halten verzerrt werden (= Verzerrungs-Effekt, der durch
die Teilnahme an einem Versuch erzeugt wird). kann, zugänglich sind. Dabei kann dieser Prozess (siehe
einführende Bemerkungen zu Beginn dieses Kapitels)
Durch die Berücksichtigung von zusätzlichen erklären- auf tiefen Elaborationen oder auf Basis spontaner Ein-
den Variablen (z. B. sozio-demographische Variablen, drücke erfolgen. Die Umwandlung des Mögens zum
Preispromotions) kann die Prognosegenauigkeit erhöht Wollen muss also nicht ein bewusster Akt sei, der mit
werden.
Informationsverarbeitungsaktivitäten einhergeht. Es ist
wichtig zu betonen, dass einmal aktivierte Ziele das Ver-
Empirische Ergebnisse über den Einfluss von Kaufabsich- halten auch unbewusst treiben können (wie verschiedene
ten auf das Verhalten lassen sich also nicht ohne weiteres Goal-Priming-Studien gezeigt haben). Wir können aus
verallgemeinern. Wie bereits anfangs bei der TPB oder der Perspektive dieser Forschungsrichtung festhalten:
später bei der Darstellung der Drei-Komponenten-The-
orie angesprochen, ist die Kritik an der Hypothese, dass Einstellungen müssen Ziele aktivieren, um verhaltenswirk-
die Einstellung das Kaufverhalten beeinflusst, nicht zu sam zu werden (Kruglanski, Jasko et al., 2015).
überhören.
Von Kruglanski, Jasko et al. (2015) stammt der schöne Last but not least empfiehlt es sich, die Blickrichtung
Titel „The rocky road from attitudes to behaviors“. Die ganz zu ändern:
Autoren bringen in dem sehr lesenswerten Artikel zum
Das Verhalten bestimmt die Einstellung.
einlösen könnten. Wieviel Prozent des Geldes würden Sie hier
in diesem Geschäft ausgeben wollen?“
212 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Einstellung Einstellung Einstellung


1 2 3

Abb. 99: Modell komplexer


Wechselwirkung zwischen Ein-
stellung und Verhalten
Verhalten Verhalten Verhalten
1 2 3 Anmerkung: In Abhängigkeit
von unterschiedlichen Bedingun-
gen kommen komplexe Wechsel-
wirkungen zwischen Einstellung
und Verhalten zum Zuge
(Quelle: Mummendey, 1988, S. 17).

Zum Beispiel zieht der Eintritt in das Berufsleben oder stellungen zur gewählten Partei, aber auch zu anderen
die Geburt eines Kindes (= Verhaltensänderungen) auch Parteien beeinflussen. Hier sind (vgl. Abb. 99) somit die
Änderungen von Einstellungen nach sich, etwa eine kon- zeitlichen Wechselwirkungen zu beachten.
servativere Einstellung als vorher (Schiebel, 1988; Lois, Nach diesem komplexen Modell lässt sich ein Einfluss
2011)96. der Einstellung auf das Verhalten (oder umgekehrt) nur
Ein anderes Beispiel ist die Veränderung der Einstellung dann postulieren, wenn man von den Bedingungen
zu einer Marke, nachdem die Marke gekauft wurde. Die- ausgeht, unter denen der Einfluss wirksam wird. Fazio
ses Verhaltensmuster tritt vor allem unter Low-Invol- und Zanna (1981, S. 165, 195) gehen dabei von folgender
vement-Bedingungen auf (siehe ABC-Modell). Dann ist Fragestellung aus:
eine positive Einstellung zur Marke nicht Voraussetzung (1) Unter welchen situativen Bedingungen sagen
für den Kauf der Marke, sondern ein Ergebnis des Kaufs. (2) welche Arten von Einstellungen
Verschiedene Einstellungen und Verhaltensweisen kön- (3) von welchen Personen
nen sich zudem wechselseitig beeinflussen (Mummen- (4) welches Verhalten voraus?
dey, 1988, S. 16). So kann zum Beispiel die Einstellung zu (1) Welche situativen Bedingungen? Die situativen Be-
einer politischen Partei zur Wahl dieser Partei führen dingungen können in zwei Gruppen eingeteilt werden:
und diese Wahl kann wiederum die zukünftigen Ein- Individuelle und soziale Normen, die das Verhalten in
einer Situation lenken, und unmittelbare Gegebenheiten
96
Lois (2011, S. 85) beschäftigt sich mit Einstellungs-Verhal- der Kaufsituation97. Zur Veranschaulichung dieser Ein-
tens-Beziehungen in Bezug auf Religiosität und wirft folgende flussgrößen einige Beispiele:
Frage auf: „So stellt sich z. B. im Hinblick auf den Zusam-
menhang zwischen dem Vorhandensein von Kindern und der Fall 1: Ein Konsument besitzt eine positive Einstellung
Kirchgangshäufigkeit die Frage nach der Kausalrichtung: sind zu Geländewagen. Er neigt deswegen dazu, beim PKW-
Kirchgänger kinderreicher, erhöhen Kinder die Häufigkeit des Kauf den Geländewagen einer bestimmten Marke zu
Kirchgangs oder trifft beides zu? Paneldaten sind in Kombina- bevorzugen, rückt aber dann davon ab, weil er Angst
tion mit geeigneten Methoden prinzipiell dazu geeignet, um
hat, sich durch einen solchen „Spritschlucker“ in seinem
diese Kausalitätsprobleme in den Griff zu kommen.“ Der Autor
kommt übrigens zu dem Schluss, dass sich in Westdeutschland
die Kirchgangshäufigkeit nach der ersten Eheschließung kurz- 97Hier ist erneut ein Bezug zur Theory of Reasoned Action
fristig und dann erneut erhöht, wenn Kinder geboren werden bzw. zur Theory of Planned Behavior zu sehen, die auf die
und diese das vierte Lebensjahr überschritten haben. Bedeutung der „sozialen Einflüsse“ hingewiesen haben.
B. Aktivierende Prozesse 213

Freundeskreis, der sich dem Umweltschutz verschrieben sichtlich gekauft wird), teilweise aber unerwartet in der
hat, unbeliebt zu machen (Normen der Bezugsgruppe). Kaufsituation auftauchen.
Fall 2: Aufgrund einer sehr positiven Einstellung möchte (2) Welche Einstellungen? Nicht jede Art von Einstel-
jemand Bonbons kaufen. Aber jedes Mal, wenn er die lung eignet sich gleichermaßen zur Erklärung und Prog-
Bonbons kaufen will, denkt er daran, dass sie seine Zäh- nose des Verhaltens. Selbst wenn man bei Messungen die
ne schädigen. Er unterlässt den Kauf und folgt so einer gleichen Einstellungswerte erhält, können diese Werte
weitverbreiteten Norm, die Gesundheit nicht durch den das Verhalten auf ganz unterschiedliche Weise anzeigen.
Konsum von Süßigkeiten zu beeinträchtigen (Konflikt- Die Brauchbarkeit der Einstellungswerte hängt im We-
regulierung durch Normeneinfluss). sentlichen von der Art der gemessenen Einstellung ab.
Fall 3: Ein Käufer betritt einen Laden, um dort eine Wir unterscheiden
Waschmaschine zu kaufen. Am meisten schätzt er die (a) spezifische vs. unspezifische Einstellungen,
Marke Miele. Die Waschmaschinen dieser Marke sind (b) durch Erfahrung gelernte vs. durch Kommunikation
ihm jedoch zu teuer (oder nicht vorrätig98). Deswegen gelernte Einstellungen,
entscheidet sich der Käufer für eine andere Marke. (c) schnell vs. langsam verfügbare Einstellungen,
Fall 4: Ein Konsument hat eine sehr positive Einstellung (d) stabile vs. instabile Einstellungen.
zu einer bestimmten Kaffeemarke, die allerdings nur in Zu (a): Einstellung und Verhalten können mehr oder
bestimmten Geschäften erhältlich ist. Da er unter Zeit- weniger allgemein bzw. spezifisch gemessen werden.
druck steht, kann er das Spezialgeschäft nicht aufsuchen Eine sehr allgemein gemessene Einstellung ist zum
und entscheidet sich für eine andere Marke. Beispiel die Einstellung zu Wein. Man darf nun nicht
Die beiden ersten Beispiele verdeutlichen den Einfluss erwarten, dass eine so allgemein gefasste Einstellung
von Normen, die in der Handlungssituation wirksam mit einem spezifischen Verhalten, zum Beispiel mit dem
werden. Der Konsument hält sich im Fall 1 an Bezugs- Kauf von Mosel-Wein, in Einklang steht. Es ist deswegen
gruppennormen, die ihm in der Kaufsituation bewusst grundsätzlich zu fordern, dass Einstellung und Verhal-
werden, und im Fall 2 an seine persönlichen Normen, ten, wenn sie zueinander in Beziehung gesetzt werden,
gesundheitsbewusst zu sein. Die im dritten und vierten einen möglichst ähnlichen Grad an Allgemeinheit bzw.
Fall aufgeführten Beispiele verweisen auf Gegebenheiten Konkretheit aufweisen.
der Kaufsituation, die teilweise vorhersehbar sind (wie Zu (b): Einstellungen, die durch direkte Erfahrungen mit
der Preis oder die Art des Geschäftes, in dem voraus- einem Einstellungsobjekt gebildet werden (Fazio und
Zanna, 1981; Kruglanski, Jasko et al. 2015), können das
98
So gehen die Konsumenten in der Regel davon aus, dass Verhalten besser voraussagen als Einstellungen, welche
klassische Konsumgüter, die sie zu kaufen wünschen, am durch indirekte Erfahrungen entstehen. Beispiel: Ein
Point-of-Sale erhältlich sind; eine Nicht-Verfügbarkeit in einem
Kind kann seine Einstellung zu einem Spielzeug durch
Geschäft wird eher als überraschend wahrgenommen. Jeder
Konsument, der Online-Angebote nutzt, muss dagegen häufig die Benutzung dieses Spielzeugs erwerben (d. h., durch
feststellen, dass bei Internetbuchungen z. B. von Bahnreisen, unmittelbare Erfahrung) oder durch Gespräche mit
Flügen oder Hotels die Wahrscheinlichkeit, sich für eine nicht Freunden, durch die Werbung usw. (also durch kom-
verfügbare Alternative entschieden zu haben, recht hoch ist. munikative Erfahrungen). Das sogenannte Commit-
Hier ist für das spätere Buchungsverhalten und die Einstellung ment-Niveau (siehe weiter unten) beschreibt, wie stark
zu dem Anbieter auch von Bedeutung, ob der Konsument die eine Einstellung verinnerlicht und änderbar ist.
Gründe für das Misserfolgserlebnis sich selbst („zu lange ge-
wartet“) oder dem Unternehmen zuschreibt („Hotel wird reno-
viert“; siehe z. B. Woratschek, Roth und Horbel, 2009). In jünge- Bei gleicher gemessener Einstellungsstärke hat die durch
rer Zeit beschäftigt sich die Konsumentenverhaltensforschung direkte Erfahrung erworbene Einstellung mehr Einfluss
daher auch mit der Frage, wie nicht verfügbare Alternativen die auf das Verhalten!
Präferenzen beeinflussen. So kann es durchaus sein, dass ein
Konsument eine klare Präferenzreihenfolge in Bezug auf die
Marken A, B und C hat. Ist die am stärksten bevorzugte Marke Sprott und Shimp (2004) haben in einem bemerkens-
A nicht verfügbar, so wird jedoch nicht automatisch Marke werten Experiment gezeigt, dass die Einstellungen und
B, sondern der Entscheidungsprozess kann noch einmal neu Präferenzen bezüglich Lebensmittelhandelsmarken
aufgerollt werden, völlig neue Alternativen können ins Spiel (vs. Herstellermarken) durch Produktproben verändert
kommen oder der Kaufprozess kann ganz abgebrochen werden
werden können. Beim Ausprobieren von technischen
(siehe hierzu z. B. die Studien von Sengupta und Fitzsimons,
2000; Gierl, 2004; Woratschek, Roth und Horbel, 2009; Jing und Produkten ist allerdings wichtig, dass die Konsumen-
Lewis, 2011 sowie das Kapitel „Motivationale Konflikte“ und ten in dieser Testphase keine Misserfolge erleben. Die
das dort besprochene Phänomen der Phantomalternativen). Bedienung eines technischen Produktes (z. B. Mobilte-
214 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

lefone oder Computer) erfordert in der Regel bestimmte (2015) weist darauf hin, dass neue Ereignisse die Einstel-
Kenntnisse, die Konsumenten natürlich erlernen können, lung-Verhalten-Kette zerstören können. Im Marketing
aber auch müssen. Billeter, Kalra und Loewenstein (2010) kann dies zum Beispiel die gelungene Werbekampag-
zeigen, dass Konsumenten ihre Lerngeschwindigkeit vor ne einer Konkurrenzmarke sein. Ebenso können (nur
dem ersten Gebrauch überschätzen und nach der ersten oberflächlich gewonnene) Einstellungen im Zeitablauf
Konfrontation mit dem neuen Artikel zu pessimistisch verblassen, somit im Zeitpunkt t2 schwächer ausgeprägt
einschätzen. Die Misserfolgserlebnisse beim ersten Ge- sein.
brauch führen jedoch zu schlechteren Produktbewertun-
Die zeitliche Stabilität der Einstellungen wird somit von
gen bis hin zum gänzlichen Verzicht auf das Produkt.
mehreren Determinanten bestimmt. Besonders wichtig
Die Autoren raten Unternehmen (S. 734), die technische
ist die unterschiedliche Anfälligkeit von Einstellungen
Produkte verkaufen, interessierte Käufer in den ersten
gegen beeinflussende Kommunikation. So gilt beispiels-
Versuchsphasen nicht alleine zu lassen, sondern bei dem
weise:
Erlernen des Umgangs mit dem Produkt zu unterstützen
(zumindest bis die Frustrationsphase überstanden ist
Einstellungen, die für das Individuum eine zentrale Bedeu-
bzw. die Konsumenten Vertrauen in ihre Selbstlernfä-
tung haben, und solche, die mit anderen Einstellungen
higkeiten gewonnen haben). Als Beispiel nennen sie die des Individuums in einer konsistenten Weise verbunden
„Self-Check-In“-Automaten an Flughäfen. Bei manchen sind (also Teil eines umfassenden Einstellungssystems
Fluggästen lösten diese großen Unmut aus. Nur durch sind), können weniger leicht geändert werden und sind
Servicepersonal, das den Konsumenten Schritt für Schritt stabiler als Einstellungen von peripherer Bedeutung oder
Hilfe leistete, konnte die Akzeptanzrate erhöht werden. verhältnismäßig isolierte Einstellungen.
Zu (c): In einer Handlungssituation aktiviert der Konsu-
ment die im Gedächtnis gespeicherten Einstellungen99. (3) Welche Personen? Die unterschiedlichen Auswirkun-
Dieser Vorgang kann mehr oder weniger schnell ablau- gen von (gemessenen) Einstellungen auf das Verhalten
fen: Die Einstellungen sind dann mehr oder weniger lassen sich auch durch Persönlichkeitsfaktoren erklären.
schnell gedanklich verfügbar. Es hat sich herausgestellt, Es gibt Personen, deren Verhalten mehr von situativen
dass gedanklich schnell verfügbare Einstellungen stärker Einflüssen gelenkt wird, und solche, die sich in stärke-
auf das Verhalten durchschlagen als Einstellungen, die rem Maße als andere von ihren vorhandenen Prädispo-
erst langsam in Erinnerung gerufen werden. Kruglanski, sitionen leiten lassen. Dieses unterschiedliche Verhalten
Jasko et al. (2015) bezeichnen dies (s. o.) als Zugänglichkeit spiegelt sich auch in der Selbsteinschätzung der Personen
(„accessibility“). Die Reaktionszeit ist daher eine wich- wider (Fazio und Zanna, 1981, S. 176, 197 ff.; Kruglans-
tige Größe, die bei der Einstellungsmessung zusätzlich ki, Jasko et al., 2015). Interessant sind hier die Studien
erhoben werden sollte. über die Bedeutung der Eigenschaft „Self-Monitoring“
Zu (d): Wie wichtig die zeitliche Stabilität von Einstellun- (Snyder, 1974). Dieses Persönlichkeitsmerkmal gibt an,
gen ist, ergibt sich aus einer zeitlichen Indizierung der wie schnell sich Menschen auf neue Situationen und bei
betrachteten Einstellungen: Begegnungen mit anderen Menschen an die neuen Gege-
Einstellungen im Zeitpunkt t1 können nicht ohne wei- benheiten mit ihrer Selbstdarstellung und den von ihnen
teres mit Einstellungen im Zeitpunkt t2 gleichgesetzt geäußerten Einstellungen anpassen können. Self-Moni-
werden. Bei der Verhaltensprognose schließt man, streng toring ähnelt opportunistischem Verhalten, ist jedoch
genommen, nicht von der heutigen Einstellung auf das nicht mit diesem gleichzusetzen, da das innere Kalkül,
Verhalten von morgen, sondern von heute gemessenen mit dem opportunistisches Verhalten einen Vorteil zu
Einstellungen auf Einstellungen zum Zeitpunkt des Ver- erzielen, bei Self-Monitoring nicht vorhanden zu sein
haltens und erst von diesen auf das Verhalten. Ajzen braucht. Kruglanski, Jasko et al. (2015) erklären u. a. mit
Bezug zu den Forschungsarbeiten von Ajzen, Timko und
99
Hier können „falsche Erinnerungen“ („false experience ef- White (1982), dass bei Personen mit geringen Self-Monito-
fect“) eine Rolle spielen. Nach Rajagopal und Montgomery ring eine stärkere Korrelation zwischen Einstellung und
(2011) ist eine falsche Erinnerung der irrtümliche Glaube, dass Verhalten zu beobachten sei als bei Personen mit hohen
sich ein Ereignis, welches nie stattgefunden hat, in der Erin- Self-Monitoring-Werten. Letztere scheinen ihr Verhalten
nerung eines Konsumenten doch ereignet hat. Die Autoren der jeweiligen Situation stärker anzupassen. Auch das
zeigen, dass auch Werbung den irrtümlichen Glauben erzeu-
gen kann, eine beworbene Marke bereits selbst ausprobiert zu
Selbstbewusstsein kann nach Ansicht der Autoren eine
haben. Diese vermeintlichen Erfahrungen können ähnliche Rolle spielen. Menschen mit hohem Selbstbewusstsein
Auswirkungen auf die Einstellung zu der Marke ausüben wie zeigen eine höhere Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz
tatsächliche Kenntnisse. als Personen mit geringem Selbstbewusstsein.
B. Aktivierende Prozesse 215

(4) Welches Verhalten? Wie bereits im Kontext des Wie tief sind Einstellungen verankert?
ABC-Modells angesprochen, muss zwischen verschie- Die Marketingpraxis ist an der Einstellungsforschung
denen Arten der Einstellungsbildung unterschieden sehr interessiert, weil sie sich insbesondere durch kom-
werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das munikationspolitische Maßnahmen erhofft, die Einstel-
(Kauf-)Verhalten durch die bewusst gebildete und dau- lungen der Konsumenten (im positiven Sinne) zu ver-
erhaft gespeicherte Einstellung zu einem Objekt erklärt ändern und damit das Kaufverhalten zu beeinflussen.
werden. Allerdings ist diese gedankliche Kontrolle nicht Die Wahrscheinlichkeit einer Einstellungsänderung ist
immer, um nicht zu sagen nur selten der Fall. Viele Käu- jedoch von dem Commitment des Konsumenten abhän-
fe stellen Gewohnheitskäufe mit sehr geringem Invol- gig. Darunter versteht man die Stärke, mit der sich ein
vement dar: Das Verhalten ist dann im Laufe der „Käu- Individuum an seine einmal gebildete Einstellung ge-
fersozialisation“ erlernt worden und läuft gleichförmig, bunden fühlt.
ohne signifikante gedankliche Beteiligung oder starke
Drei verschiedene Commitment-Niveaus können vonei-
emotionale Prozesse ab.
nander unterschieden werden:
(a) Auch bei Erstkäufen kann ein sehr geringes Invol-
vement vorliegen: Der Konsument kauft eine Marke, (1) Compliance: Einverständnis mit einer Marke oder
ohne über die Marke nachzudenken und sie genauer einem Produkt. Hierbei handelt es sich um die
zu kennen, vielleicht bloß, weil er den Markennamen niedrigste Stufe des Commitments. Die Einstellung
wiedererkennt. Erst nach dem Kauf, durch den Um- ist eher oberflächlich und wurde i. d. R. nach dem
gang mit dem Produkt, erwirbt er nach und nach Low-Involvement-Einstellungsprinzip gebildet. Ent-
das Wissen (kognitive Komponente), das zu einer fallen die Belohnungen aus der sozialen Umwelt des
Einstellung führt. Konsumenten, ist dieser auch gerne bereit, eine an-
(b) Zudem ist die kognitive Kontrolle bei impulsivem dere Alternative zu wählen.
Kaufverhalten mit starkem emotionalen Invol- (2) Identifikation: Ein Identifikationsprozess kann ein-
vement gering ausgeprägt: Dieses Verhalten wird setzen, wenn ein Konsument eine Präferenz für eine
im Wesentlichen von den in einer Kaufsituation auf- bestimmte Marke entwickelt, um damit den Normen
tretenden Reizen gelenkt. Der Konsument ist „hin- seiner Bezugsgruppe gerecht zu werden.
gerissen“ von einem Angebot, die Produkt- oder (3) Internalisierung: Höchste Stufe des Commitments.
Markenwahl unterliegt nur einer geringen kogniti- Diese „tiefsitzenden“ Einstellungen sind verinner-
ven Kontrolle. licht und gehören zum Wertesystem eines Individu-
(c) Weiter kann ein Angebot so verführerisch sein, dass ums. Diese Einstellungen sind nur sehr schwer zu
man sich dafür entscheidet, auch wenn man weiß, ändern, da die Konsumenten davon kognitiv über-
dass man sich eigentlich (z. B. aus Gesundheitsgrün- zeugt sind und eine tiefe emotionale Verankerung
den) dagegen entscheiden sollte. Dies bedeutet, dass stattgefunden hat.
die kognitive Kontrolle nicht funktioniert. Nicht nur die Stärke des Commitments ist für die Wahr-
Zu dem letzten Punkt gibt es mittlerweile eine reichhal- scheinlichkeit einer erfolgreichen Einstellungsänderung
tige Forschung unter der Überschrift „Volition“, die sich wesentlich, sondern auch die Tatsache, dass eine Einstel-
zusammengefasst mit dem Thema auseinandersetzt, wa- lung nicht „alleine im luftleeren Raum“ steht, sondern
rum wir nicht immer tun, was wir eigentlich tun wollen. Teil eines hochkomplexen Einstellungssystems ist. Wie
Anders ausgedrückt geht es hier unter anderem um die oben schon ausgeführt, ist es wahrscheinlicher, dass iso-
Frage, ob wir in einer bestimmten Situation Selbstkon- lierte Einstellungen eher geändert werden können als
trolle mobilisieren können (Goschke, 2017, S. 253). Dabei solche, die mit anderen Einstellungen des Individuums
können Konflikte zwischen expliziten und impliziten in einer konsistenten Weise verbunden sind. Diese These
Einstellungen eine Rolle spielen, bzw. für das Verhalten wird durch vier unterschiedliche Theorien untermauert
entscheidend sein, welcher Einstellungstyp die Ober- (Solomon, Bamossy et al., 2016):
hand gewinnt (Friese, Hofmann und Wänke, 2008). Wir (1) Konsistenztheorie: Danach strebt jedes Individuum
werden dieses Thema noch einmal nach Darlegung der nach kognitiver Konsistenz, d. h., nach einer wider-
ausführlicheren Erklärung expliziter und impliziter Ein- spruchsfreien Verknüpfung von inneren Erfahrun-
stellungen aufgreifen. gen, Kognitionen und Einstellungen. Das bedeutet,
dass jedes Individuum ein Bedürfnis hat, auftretende
Widersprüche (Dissonanzen) in seinem Einstellungs-
system zu beseitigen oder von vornherein zu vermei-
den. Insbesondere in High-Involvement-Situationen

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216 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

möchte das Individuum Inkonsistenzen vermeiden nen innerhalb des Assimilationsbereiches werden
und wünscht sich eine Übereinstimmung von Den- toleriert bzw. umgedeutet und führen nicht zu einer
ken, Fühlen und Handeln. Prallen also zwei sich Abwendung von dem Einstellungsobjekt. Weichen
widersprechende Einstellungen aufeinander, wird die neuen Informationen jedoch sehr stark von den
das Individuum eine der beiden Einstellungen ver- früheren Erfahrungen ab und liegen somit außerhalb
drängen und verändern, um wieder ein psychisches des Akzeptanzbereiches, dann werden sie entweder
Gleichgewicht herzustellen. Der Wunsch nach psy- zurückgewiesen (Reaktanz) oder es kommt zu ei-
chischer Konsistenz zeigt sich auch in den drei weite- ner drastischen Änderung. Die Toleranz gegenüber
ren Theorien (siehe auch weiter unten zur besonderen neuen Informationen und damit die Größe des As-
Bedeutung der Konsistenz). similationsbereichs sind davon abhängig, wie stark
(2) Selbstwahrnehmungs-Theorie: Wenn das Indivi- die frühere Einstellung verfestigt ist. Je größer der
duum über unklare und noch wenig geformte Ein- Assimilationsbereich ist, desto „krisensicherer“ ist
stellungen verfügt („Low Involvement Hierarchy“), die Einstellung, d. h., auch bei schlechten Nachrichten
so leitet es seine Einstellung aus der Beobachtung bleibt man „treu ergeben“.
seines eigenen Verhaltens ab. Ähnlich wie man ver- (4) Balance-Theorie: Geht davon aus, dass Individuen
sucht, von der Beobachtung des Verhaltens fremder Beziehungen zwischen den an der Einstellungsbil-
Menschen auf deren Beweggründe zu schließen (At- dung beteiligten Elementen analysieren und ihre
tribution), schließt hier das Individuum von seinem Einstellung nur dann stabil sein kann, wenn die Be-
eigenen Verhalten in bestimmten Situationen auf die ziehungen „ausbalanciert“ sind, also in einem har-
dahinterstehenden Einstellungen, nach dem Motto: monischen Verhältnis zueinander stehen. Ein Bei-
„Ich muss diese Marke mögen, sonst würde ich sie spiel: Eine Konsumentin ist von der Beratung einer
nicht kaufen“. Somit kann automatisch eine Einstel- Verkäuferin sehr angetan und hat das Gefühl, dass
lungsänderung eintreten, wenn sich der Konsument, sie sich auf deren Rat verlassen kann. Dann entdeckt
situativ bedingt, am Point-of-Sale für ein anderes sie, dass die Verkäuferin gepierct ist. Die Kundin
Objekt entscheidet. Hier greift die oben skizzierte kann Piercings jedoch nicht ausstehen. Hier droht
Einstellungsbildung „on the spot“ (Bohner und Di- eine Inkonsistenz, da zwischen den drei Elementen
ckel, 2011). (erste Erfahrung mit der Verkäuferin, Entdecken des
(3) Social-Judgement-Theorie: Neue Informationen zu Piercings, Einstellung zum Piercing) keine Balance
einem Meinungsgegenstand werden mit der bishe- besteht.
rigen Einstellung im Sinne der Assimilations-Kon- Wie bewusst sind Einstellungen?
trast-These100 verarbeitet: Ähneln die neuen Infor-
mationen den bisherigen affektiven oder kognitiven Wir haben zu Beginn dieses Kapitels schon darauf hin-
Erfahrungen und fallen sie somit in den Assimila- gewiesen, dass seit weit mehr als zwei Jahrzehnten ein
tionsbereich, dann werden diese neuen Hinweise Dualismus von impliziten und expliziten Einstellun-
akzeptiert und können zur weiteren Festigung der gen angenommen wird (Greenwald und Banaji, 1995;
alten Einstellung beitragen. Negative Informatio- Gawronski und Brannon, 2017), was sich auch im an-
fangs bereits erörterten Einstellungsbegriff von Eagly
100
Die Assimilations-Kontrast-These geht (im Kontext der und Chaiken (2007) niederschlägt. Es wird somit ange-
Einstellungsforschung) von der Annahme aus, dass der glei- nommen, dass Unterschiede zwischen dem bewussten
che Sachverhalt unterschiedlich beurteilt wird, je nachdem, und dem unbewussten Entstehen und Wirken von Ein-
welche Erfahrungen mit dem Reizgegenstand vorliegen. Diese stellungen existieren.
These ist jedoch vornehmlich genutzt worden, um zu erklären,
warum manche Preisänderungen wahrgenommen werden, Wie ist es zu diesem Dualismus gekommen?
andere jedoch nicht (Diller, 2008). Ein Assimilationseffekt
kann bei mäßigen und geringen Preisabweichungen einsetzen,
Jahrzehntelang war man der Ansicht, dass Einstellungen
d. h., der neue Preis und der sogenannte Ankerpreis werden Konstrukte sind, über die Personen Auskunft geben kön-
als ähnlich empfunden. Ein Kontrasteffekt tritt dagegen auf, nen (und müssen). Menschen ist bewusst, ob ihnen etwas
wenn die neue Preisinformation außerhalb der Spannbreite ge- oder missfällt, und das können sie auch explizit zum
des Preisempfindens liegt. Dann wird das Angebot entweder Ausdruck bringen. Zur Messung dieser Ansichten ist es
als „Wucher“ oder als „echtes Schnäppchen“ oder auch als naheliegend, Verfahren zu nutzen, die die Bewusstheit
wenig vertrauenswürdig empfunden. Grundsätzlich steht da-
hinter die Hypothese, dass Wahrnehmungsgrenzen oftmals
der Einstellung voraussetzen. Hierbei kommen vor allem
gesprengt werden müssen, um Effekte zu erzielen. Diese Vor- sogenannte „self-report measures“ zum Einsatz. Solche
stellung wird auch bei der Social- Judgement-Theorie aufge- Verfahren setzen voraus, dass die Befragten in der Lage
griffen. sind, sich ihre Einstellungen bewusst zu machen. Für
B. Aktivierende Prozesse 217

solche Einstellungen hat sich der Ausdruck „explizite


Implizite Einstellungen sind Spuren vergangener Erfahrun-
Einstellungen“ eingebürgert (Rydell, McConnell et al., gen, die durch Selbstwahrnehmung (Introspektion) nicht
2006): oder nicht korrekt identifiziert werden können und die
einen Einfluss auf die Entstehung positiver oder negativer
Explizite Einstellungen sind Einstellungen, über die Per- Emotionen, Kognitionen oder Verhaltensweisen in Bezug
sonen selbst Auskunft geben. Die Befragten können ihre auf ein Meinungsobjekt ausüben.
Äußerungen bewusst kontrollieren.

Kurzgefasst kann eine implizite Einstellung in Form ei-


In ihrem grundlegenden Beitrag, der 1998 im Journal ner Gegenüberstellung zur Definition der expliziten Ein-
of Personality and Social Psychology erschien, stellten stellung definiert werden (Rydell, McConnell et al., 2006,
Greenwald, McGhee und Schwartz mit dem „Implicit S. 954; Rydell, McConnell et al., 2007, S. 867; Gawronski
Association Test (IAT)“101 jedoch ein Instrumentarium und Barron, 2017):
vor, mit dem es auch möglich war, automatisch ablaufen-
de Einstellungsprozesse zu einem Meinungsgegenstand Implizite Einstellungen sind Einstellungen, auf die ein In-
offenzulegen. Mit diesem Verfahren kann über Reak- dividuum (zunächst) nicht bewusst zugreifen kann und
tionszeiten (und nicht über willentlich kontrollierbare deren Einfluss es nicht aktiv zu kontrollieren vermag: Es
Selbstauskünfte) gemessen werden, ob Konsumenten handelt sich um automatische Verbindungen zwischen
zu bestimmten Meinungsgegenständen eine mehr oder Einstellungsobjekt und Bewertungsreaktion.
wenige positive Haltung einnehmen. Mit diesem Test Einfach ausgedrückt: Es handelt sich um Einstellungen,
(Petty, Fazio und Briñol, 2007; Gawronski, 2007) und ei- die Menschen entweder nicht preisgeben können, da
ner Reihe weiterer Verfahren (z. B. Priming, siehe Fazio, sie keinen Zugang zu dieser Innenschau haben, oder um
Jackson et al., 1995; Wittenbrink, Judd und Park, 1997) war Einstellungen, die sie bei Selbstauskünften nicht preis-
es somit von Stund an möglich, auch all das zu erfassen, geben wollen.
was den Menschen weniger bewusst ist, aber Einfluss auf
das tatsächliche spätere Verhalten nehmen kann, bzw.
– da die Möglichkeit der bewussten Kontrolle bei der
Selbstauskunft entfiel102 – auch jene Einstellungen zu
erfassen, die die Befragungsperson willentlich vielleicht
nicht preisgeben möchte (wodurch das Problem des so-
zial erwünschten Antwortverhaltens, das bei expliziter
Selbstauskunft oftmals zu beobachten ist, reduziert wer-
den kann103). Der Ausdruck „implizite Messverfahren“
bürgerte sich ein und in der Folge ebenso die Gegenüber-
stellung von „expliziten“ und „impliziten“ Einstellungen.
Die sogenannten „impliziten Einstellungen“ können in
Anlehnung an Greenwald und Banaji (1995, S. 8) wie folgt
definiert werden können:

101 Der Durchbruch der impliziten Verfahren in der Forschung


wird vielfach mit der Vorstellung des IAT verbunden sowie
mit den Möglichkeiten des affektiven (Fazio, Jackson et  al.,
1995) und semantischen Primings (Wittenbrink, Judd und Park,
1997).
102
Gawronski (2007, S. 573) schreibt dazu: „These measures
differ from traditional self-report measures, in that they do not
require explicit evaluations of an attitude object“.
103 Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass der IAT anfangs

vor allem zur Identifikation von Rassendiskriminierungen und


zur Aufdeckung von Stereotypen verwendet wurde.
218 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Vertiefungskasten: Reflektieren implizite Einstellungen das Unbewusste?

Kritisch muss zur Un- che (eben explizite und implizite) Einstellungen gewer-
terscheidung zwischen tet werden müsse, greift nach Ansicht der Autoren zu
impliziten und explizi- kurz. Die geringen Korrelationen können, müssen aber
ten Einstellungen an- nicht zwingend ein Zeichen für den Dualismus sein.
gemerkt werden, dass So kann es sein, dass aus Gründen sozial-erwünsch-
eigentlich nicht die ten Antwortverhaltens Probanden ihre Antworten
Einstellungen selbst bei expliziter Selbstauskunft bewusst verschleiern
explizit bzw. implizit bzw. gezielt versuchen, sich in einem anderen Licht
Bildquelle: Gedankenwelt, 2019
sind, sondern viel- darzustellen. Dann sind die Antworten verzerrt und
mehr die dazugehörigen Messmethoden expliziten in der Folge müssen geringe Korrelationen zwischen
oder impliziten Charakter haben (Fazio und Olson, den explizit und implizit ermittelten Werten vorliegen
2003, S. 303). Gawronski und Brannon (2017)103 machen – unter der Annahme, dass sie die Messtechnik der
darauf aufmerksam, dass die einfache Gleichsetzung impliziten Verfahren nicht durchschauen. Letzteres ist
von „implizit“ mit „unbewusst“ nicht ganz richtig sei. aber durchaus denkbar, wie Studien von Hahn, Judd
Diese einfache Gleichsetzung kann die Folge einer et al. (2014) gezeigt hätten. Hier konnten die Teilnehmer
überzeichneten Interpretation der oben genannten De- schon vorher mit guter Genauigkeit angeben, wie sie
finition von Greenwald und Baaji (1995) gewesen sein, bei IATs abschneiden würden. Hahn, Judd et al. (2014,
nämlich, dass Menschen über zwei verschiedene Ein- S. 1369) schlussfolgern aus ihren Erkenntnissen, dass
stellungen verfügen, eine implizite und eine explizite. man nicht einfach glauben solle, der IAT reflektiere
Über Selbstauskünfte, da abrufbar, könnten bewusste unbewusste Einstellungen.
explizite Einstellungen gemessen werden, während Payne, Burkley und Stokes (2008) machen schließlich
man mit impliziten Methoden (wie z. B. Reaktionszeit- deutlich, dass die geringen Korrelationen zwischen ex-
messungen) unbewusste Einstellungen widerspiegeln pliziten und impliziten Einstellungsmessergebnissen
könne, zu denen Menschen keinen introspektiven Zu- auch die Folge der völlig unterschiedlichen Konzep-
gang hätten. Gawronski und Brannon (2017) erklären, tionen beider Testverfahren sein können. Bei expli-
dass es zwar wahrscheinlich sei, dass Menschen über ziten Verfahren seien die Testpersonen gezwungen,
bewusste und unbewusste Einstellungen verfügen, beispielsweise mittels Ratingskalen zu bestimmten
die voneinander abweichen und das Verhalten unter- Meinungsgegenständen, oftmals mit komplexen State-
schiedlich beeinflussen können. Nur aufgrund der ments einhergehend, eine Meinung anzugeben. Bei im-
Tatsache, dass man über ein implizites Verfahren einen pliziten Verfahren müssen die Konsumenten dagegen
Messwert ermitteln kann, der dann als positiv oder nur einfache Wörter oder Bilder kategorisieren oder
negativ interpretiert werden kann, könne man aber bestimmen, ob es sich bei einem Wort um ein Adjektiv
nicht automatisch etwas über die wahre Ansicht des oder ein Substantiv handelt. Die beiden Messverfahren
Unbewussten erfahren, denn dies entzöge sich ja dem sind daher nicht strukturgleich. Einfach ausgedrückt:
introspektiven Zugang. Diese Schlussfolgerung sei also Die geringen Übereinstimmungen zwischen expliziten
spekulativ. und impliziten Einstellungen sind nicht Beleg dafür,
Auch das Argument, dass die Korrelationen zwischen dass bewusst eine andere Haltung kundgetan wird,
den über explizite und implizite Verfahren ermittelten die der Konsument unbewusst nicht einnimmt, son-
Werten oftmals sehr gering seien und die mangelnde dern schlicht und einfach das Resultat eines Vergleichs
Übereinstimmung doch als Zeichen für unterschiedli- zwischen Äpfeln und Birnen.

104
Gawronski, Hofmann und Wilbur (2006, S. 485) beantwor-
teten bereits vor vielen Jahren die Frage, ob implizite Einstel- no evidence that people lack conscious awareness of indirectly
lungen stets unbewusst seien wie folgt: „(a) People sometimes assessed attitudes per se, and (c) there is evidence showing that,
lack conscious awareness of the origin of their attitudes, but under some conditions, indirectly assessed (but not self-repor-
that lack of source awareness is not a distinguishing feature of ted) attitudes influence other psychological processes outside
indirectly assessed versus self-reported attitudes, (b) there is of conscious awareness.“
B. Aktivierende Prozesse 219

Interessante Erkenntnisse zu der Erklärungskraft expli-


Zusammenfassend sei darauf hingewiesen, dass von-
einander abweichende Ergebnisse von expliziten und
ziter vs. impliziter Verfahren stammen von Hofmann,
impliziten Messverfahren105 nicht ausschließlich auf Un- Friese und Müller (2011). Die Autoren beschäftigen sich
terschiede der dahinterliegenden bewusst geäußerten hauptsächlich mit dem Thema, warum wir den Verlo-
und der tatsächlichen, aber unbewusst empfundenen ckungen des Augenblicks nachgeben und damit den
Einstellungen zurückzuführen sind, sodass man anneh- eigenen Langzeitinteressen zuwiderhandeln. „Mensch-
men könnte, beide Formen wären voneinander völlig un- liches Verhalten steht häufig im Spannungsfeld zwischen
abhängig. zwei sich widersprechenden Verhaltensmöglichkeiten.
Trotz der Zweifel, dass implizite Einstellungen stets das
Die eine verkörpert das, was wir langfristig für gut und
Unbewusste reflektieren, sind sich die meisten Autoren vernünftig halten. Die andere das, was uns im jeweiligen
(z. B. Gawronski und Brannon, 2017) doch einig, dass die Moment Spaß macht“ (Hofmann, Friese und Müller, 2011,
Unterscheidung in implizite und explizite Einstellungen S. 147). Es handelt sich somit um den (uralten) Konflikt
für die Forschung sehr fruchtbar gewesen ist und noch zwischen Impuls und Selbstkontrolle106. Hier stellt sich
weitere Arbeiten anregen wird. nun die Frage, wie die impliziten bzw. expliziten Ein-
stellungen ins Spiel kommen. Trotz aller berechtigter
Eine Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten
Einstellungen ist grundsätzlich sinnvoll: Erstens weisen Kritik, die sich auch die impliziten Maße gefallen lassen
verschiedene Studien darauf hin, dass explizite und im- müssen (s. o.), gehen die Autoren davon aus, dass impli-
plizite Einstellungen unterschiedliche Reaktionsvariab- zite Maße automatisch aktivierte Assoziationen wider-
len beeinflussen (Wilson, Lindsey und Schooler, 2000) spiegeln, während explizite Einstellungen reflektierte
und durch unterschiedliche Prozesse geändert werden Urteile darstellen. Die Autoren (S. 154) argumentieren
können (Baron und Banaji, 2006; Gawronski und Bo- daher aus messtheoretischer Sicht, dass sich „zentrale
denhausen, 2007; Rydell, McConnell et al., 2006, 2007; Konstrukte, die dem reflektiven System zugeordnet wer-
McConnel, Rydell et al., 2008). Zweitens verlangen beide den (z. B. Selbstkontrollziele bzw. -standards, explizite
Einstellungstypen nach unterschiedlichen Messmetho-
Bewertungen von Objekten und Handlungsoptionen)
den: Explizite Einstellungen können durch Verfahren ge-
angemessen mithilfe von Selbstberichtsmaßen erfassen
messen werden, die die Bewusstmachung der Einstellung
erfordern. Implizite Einstellungen dagegen werden vor lassen, da diese Konstrukte in der Regel in bewusste
allem mit indirekten Messverfahren erfasst. Schlussfolgerungs- und Zielverfolgungsprozesse einge-
bunden sind“ (= „reflektive Maße“). Dagegen ließen sich
Trotz aller Kritik können implizite Verfahren eher automa- relativ „automatische, möglicherweise schwer zu verba-
tisch aktivierte Einstellungen erfassen (siehe nächster lisierende, und häufig sozial unerwünschte impulsive
Vertiefungskasten).
Reaktionen adäquater mithilfe impliziter Messmethoden
erfassen“ (= „Impulsmaße“). Die durchgeführten Studien
Im Zweiten Teil, B.V.2 sind die gängigen Einstellungs- im Konsumgüterbereich (z. B. Friese, Hofmann und Wän-
Messmethoden ausführlich beschrieben. ke, 2008) beispielsweise zum Essverhalten, Alkohol- oder
Trotz dieser kritischen Anmerkungen sind implizite Zigarettenkonsum (siehe zusammenfassend Hofmann,
Messmethoden heute „State-of-the-Art“ der Einstellungs- Friese und Müller, 2011) ergaben Folgendes (S. 155, Zitat
forschung, und es lohnt sich in vielen Fällen, zusätzlich gekürzt): „Vergleicht man die meist in Regressionsana-
zu den bewusst geäußerten Einstellungen auch die unbe- lysen ermittelte relative Vorhersagekraft von Impuls-
wussten Haltungen zu erheben. Dies kann beispielsweise maßen mit derjenigen reflektiver Maße als Funktion der
bei der Messung von Einstellungen zu einem Werbespot situativen oder dispositionalen Rahmenbedingungen,
einer starken Marke sinnvoll sein. Hier kann es sein, dass zeigt sich generell eine hohe Bedingungsabhängigkeit
die starke Marke bewusste Assoziationen weckt, die auf in der Vorhersagekraft beider. Zum Beispiel zeigt eine
den Spot übertragen werden, sodass dieser eine positive Reihe von Studien, dass Personen mit hohen Selbstkon-
Zustimmung erhält; nicht weil der Spot an sich gefällt, trollstandards weniger hedonisch attraktive Produkte
sondern weil die Marke einen Ausstrahlungseffekt aus- wählen und konsumieren als Personen mit niedrigen
löst. Die zusätzliche Erhebung der impliziten Einstellung Selbstkontrollstandards, solange sie über ausreichend
zum Werbefilm könnte diesen Umstand entlarven. Kontrollressourcen verfügen. Gleichzeitig weisen Im-
pulsmaße unter diesen Umständen meist keinen signi-
105
Explizite und implizite Messergebnisse können auch sehr fikanten Zusammenhang mit dem erhobenen Verhalten
stark miteinander korrelieren. Das ist der Fall, wenn über einen auf. Unter Bedingungen geringer Kontrollressourcen
Meinungsgegenstand sehr ausführlich nachgedacht worden
ist, sich internalisierte Einstellungen gebildet haben, die in
106
Folge auch mit automatischen Reaktionen einhergehen. Siehe auch das Stichwort „Volition“.
220 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Vertiefungskasten: Identifikation automatisch aktivierter Einstellungen

Experimente von Hugenberg und Bodenhausen (2003) zei- noch ausführlich erklärt) durchführen, also ein implizites
gen, dass implizite Verfahren (im Vergleich zu extensiven) Messverfahren, mit dem positive und negative Vorurteile
eher in der Lage sind, Vorurteile zu entlarven: Die Proban- zu unterschiedlichen Rassen ermittelt werden können, so-
den wurden in zwei Studien jeweils ein Video von Gesichts- wie explizite Fragen zu dem Thema beantworten. Es zeigte
ausdrücken weißer und schwarzer Männer gezeigt. In der sich, dass der oben skizzierte Bias nur mit dem impliziten
ersten Studie wechselte der Gesichtsausdruck von feindlich Testverfahren, nicht aber mit den explizit geäußerten Ant-
zu freundlich (siehe Abb. 100), in der zweiten Studie von worten korrelierte. Die Autoren kommen zu dem Schluss,
freundlich zu feindlich. Die Teilnehmer der ersten Studie dass das negative Vorurteil (Schwarze seien aggressiver als
wurden gebeten, so schnell wie möglich eine Taste in dem Weiße) nur mit dem impliziten, nicht aber mit dem expliziten
Moment zu drücken, wenn sie keinerlei Feindlichkeit mehr Messverfahren aufgedeckt werden konnte. Das Experiment
in den Gesichtern der gezeigten Männer erkennen konnten; offenbart auch, das gerade bei mehrdeutigem („ambiguous“)
die Teilnehmer der zweiten Studie sollten die Taste drücken, Material automatisch aktivierte Einstellungen die weiteren
sobald sie Feindlichkeit erkennen konnten. Anzahl und Ge- Wahrnehmungen sofort beeinflussen, was man meist aber
sichtsausdrücke weißer und schwarzer Personen waren nur mittels impliziter Messverfahren aufdecken kann. Impli-
identisch, daher hätten die Versuchsteiler gleich viele feind- zite Verfahren können in diesen Situationen das Verhalten
selige Ausdrücke identifizieren müssen. Die Ergebnisse über besser vorhersehen als explizite (siehe auch Perugini, Riche-
beide Studien offenbarten aber einen Bias: Die Testpersonen tin und Zogmeister, 2010). Tests mit mehrdeutigem Material
konnten bei nicht ganz eindeutigen Gesichtsausdrücken könnten in Zukunft auch im Marketing verstärkt eingesetzt
sehr viel mehr Feindlichkeit in den schwarzen Gesichtern werden, z. B. um Vorurteile zu bestimmten Serviceleistungen
als in weißen Gesichtern erkennen. Die Testpersonen muss- oder Produktgruppen aufzudecken.
ten in beiden Studien ebenfalls einen IAT (wird weiter unten

Abb. 100: Beispiele des Stimulusmaterials der Experimente von Hugenberg und Bodenhausen (2003, S. 641)

(Selbstkontrollerschöpfung, kognitive Belastung, Alko- aller Kritik an den Verfahren – in vielen Fällen sowohl
holkonsum) dagegen kehrt sich das Vorhersagemuster explizite als auch implizite Einstellungen zu erheben, um
um: hier weisen Impulsmaße über viele Studien hinweg ein vollständigeres Bild aller Prozesse zu erhalten und
einen deutlich positiven Zusammenhang mit dem un- so besser das Verhalten voraussagen zu können. Die ver-
tersuchten Verhalten auf, während die Vorhersagekraft schiedenen Möglichkeiten der impliziten und expliziten
reflektiver Maße deutlich zurückgeht“. Messverfahren werden am Ende dieses Kapitels noch
Diese Erkenntnisse zeigen zweierlei: Sie machen zum ausführlich beschrieben.
einen deutlich, dass Selbstkontrolle nur gelingt, wenn
f) Konsistenz von Einstellungssystemen
wir über die entsprechenden Ressourcen verfügen. Sind
wir ausgelaugt und müde, ist die Wahrscheinlichkeit Nach der bereits angesprochenen Konsistenztheorie
höher, dass wir den Verführungen nachgeben. Die Stu- streben Konsumenten nach konsistenten Einstellungs-
dien zeigen aber auch, dass es sehr sinnvoll ist – trotz systemen, man spricht auch von Theorien des kognitiven
Gleichgewichts.

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B. Aktivierende Prozesse 221

Unter (psychischer) Konsistenz versteht man eine wi- (oder zu einem Einzelhandelstyp, beispielsweise gegen-
derspruchsfreie und „harmonische“ Verknüpfung von über Discountgeschäften). Wenn der Konsument nun
inneren Erfahrungen, Kognitionen und Einstellungen sieht, dass die von ihm bevorzugte Marke A von dem
(Felser, 2015). Die Theorien des kognitiven Gleichge- abgelehnten Händler B angeboten wird, so wird sein
wichts postulieren: Einstellungssystem (A, B) inkonsistent. Er kann sein kog-
nitives Gleichgewicht unter anderem dadurch wieder-
Jedes Individuum hat ein Bedürfnis, auftretende Wider- herstellen, dass er seine Einstellung zur Marke A ändert:
sprüche (Inkonsistenzen) in seinem Einstellungssystem zu Er kommt zu der Auffassung, dass die bisher präferierte
beseitigen oder von vornherein zu vermeiden. Marke doch nicht viel taugt. Wird die Einstellung zur
Marke negativ, so ist das Einstellungssystem wieder im
Gleichgewicht. Es gibt Modelle, mit deren Hilfe die bei
Wir können noch allgemeiner sagen: Das Individuum
Inkonsistenz zu erwartenden Einstellungsänderungen
strebt danach, kognitive Konflikte auszugleichen oder
berechnet werden können.
zu umgehen. Ein kognitiver Widerspruch entsteht zum
Beispiel durch das Wissen, dass man raucht, und das Zur Beschreibung von Einstellungssystemen werden
gleichzeitig vorhandene Wissen von der Schädlichkeit zahlreiche Merkmale herangezogen. Neben dem Vor-
des Rauchens: Die Raucher reduzieren diese Inkonsistenz zeichen der Einstellungen (positive oder negative Ein-
unter anderem dadurch, dass sie die Schädlichkeit des stellung), auf das wir uns im obigen Beispiel beschränkt
Rauchens vor sich selbst herabsetzen oder verdrängen. haben, sind vor allem noch die Stärke der einzelnen Ein-
stellungen sowie Anzahl und Art der Verknüpfungen
Im Bereich der Einstellungen gibt es nun Inkonsisten-
zwischen den Einstellungen zu beachten.
zen zwischen den Komponenten einer Einstellung,
zum Beispiel zwischen den affektiven und den kog- Dissonanz treibt die Konsumenten an, etwas gegen den
nitiven Komponenten oder zwischen unterschiedli- unguten Zustand zu unternehmen (Gerrig, 2016, S. 669).
chen kognitiven Komponenten. Man könnte von einer Um die kognitiven Konflikte zu bewältigen („Coping“),
„Intra-Einstellungs-Inkonsistenz“ sprechen. Und es kann das Individuum fünf grundverschiedene Wege
gibt Inkonsistenzen zwischen mehreren Einstellungen einschlagen:
(„Inter-Einstellungs-Inkonsistenz“). Wir setzen uns mit (1) Vermeidung von Inkonsistenzen, indem Informati-
letzteren auseinander, also mit den Widersprüchen, die onen von vornherein vermieden, nicht wahrgenom-
im Einstellungssystem eines Individuums auftauchen. men oder verleugnet werden.
Jeder Mensch besitzt eine unüberschaubare Menge von Beispiel: Konsumenten bleiben markentreu, um der
Einstellungen. Die einzelnen Einstellungen bestehen bei einer neuen Markenwahl zu erwartenden Inkon-
nicht unverbunden und isoliert nebeneinander. Sie sind sistenz aus dem Wege zu gehen.
mehr oder weniger stark miteinander verknüpft, zu (2) Reduzierung von Inkonsistenzen durch Veränderun-
Gruppen (Subsystemen) geordnet und in einem Gesamt- gen der Kognitionen oder des Verhaltens.
system integriert. Hier wird zum besseren Verständnis Beispiel: Die Einstellung zu einer Marke wird (ins
(und zur Messung, s. u.) vielfach die Vorstellung eines Negative) geändert, weil diese Marke in einer abge-
Netzwerks herangezogen. lehnten Einzelhandelskette angeboten wird.
(3) Umdefinition der die Inkonsistenz erzeugenden Si-
Die gleichgewichtstheoretischen Überlegungen richten
tuation.
sich auf solche Einstellungen, die miteinander verbunden
Beispiel: Der schlechte Rat eines Fachmannes wird
sind und deswegen in einer „relevanten Beziehung“ zu-
nicht seiner mangelnden Kompetenz, sondern einem
einander stehen. Wenn diese Beziehungen widerspruchs-
momentanen Blackout zugeschrieben.
frei und ausbalanciert sind, ist das Einstellungssystem
(4) Verdrängung von Inkonsistenzen aus dem Bewusst-
(Subsystem) im Gleichgewicht. Durch die Aufnahme von
sein.
externen Informationen oder durch interne gedankli-
Beispiel: Man denkt über negative Kauferfahrungen
che Vorgänge kann es aber zu Widersprüchen zwischen
nicht mehr nach.
den Einstellungen eines Systems kommen (= kognitive
(5) Umdefinition der Zielvorstellung (Devezer, Sprott
Konflikte).
und Spangenberg, 2008).
Die Entstehung und der Abbau von Inkonsistenzen Beispiel: Das nicht erreichbare Ziel wird abgewertet
führen zu einer Dynamik des Einstellungssystems, mit (oder trivialisiert).
der sich der Einstellungswandel erklären lässt. Dazu ein
einfaches Beispiel: Ein Konsument hat eine positive Ein-
stellung zur Marke A und eine negative zum Händler B
222 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Unter den gleichgewichtstheoretischen Ansätzen nimmt ●● wie intensiv das Individuum in der Phase nach der
die Dissonanz-Theorie von Festinger (1957)107 den ersten Entscheidung aktiv nach weiteren Informationen
Platz ein. Sie hat besonders viele empirische Untersu- sucht, bei denen die Gefahr besteht, dass sie im Wi-
chungen in der frühen Marketingforschung angeregt. derspruch zu der getätigten Entscheidung stehen,
Nach der Theorie von Festinger (1957) liegen Dissonan- ●● wie stark die persönliche Verantwortung für die Kauf-
zen vor, wenn im gedanklichen System des Individuums entscheidung erlebt wird
Beziehungen zwischen Kognitionen vorhanden sind, die ●● und ob eine hohe oder geringe subjektive Toleranz
nicht miteinander harmonieren. gegenüber kognitiven Ungereimtheiten vorhanden ist.
Jeder Mensch strebt nach Konsistenz (Konsistenztheo- Inkonsistenzen können – wie bereits ausgeführt – ver-
rie), auftretende Widersprüche (Dissonanzen) werden mieden werden, indem widersprechende Informationen
vermieden. Für die Marketingforschung ist das Zustan- nicht wahrgenommen oder verleugnet oder herabgesetzt
dekommen von Dissonanz unter zwei Bedingungen be- werden. Sind Konsumenten sehr hoch involviert, dann
sonders beachtenswert: kann zudem beobachtet werden, dass sie bei negativen
●● Dissonanz nach Wahlentscheidungen, z. B. nach dem Ereignissen, für deren Eintreten sie zwar nicht verant-
Kauf eines Produktes wortlich sind (z. B. bei Wahlprognosen, bei erwarteter
●● Dissonanz nach der Aufnahme von neuen Informatio- Nicht-Verfügbarkeit von präferierten Marken), die aber
nen, zum Beispiel nach dem Lesen eines Warentestbe- für Inkonsistenzen sorgen können, versuchen, die ent-
richtes, in dem die bisher bevorzugte Marke schlecht standene Dissonanz durch „Schönreden“ des negativen
abschneidet. Dazu zählen auch die Reviews, die nach Ereignisses abzubauen (Kay, Jimenez und Jost, 2002; Har-
einer Kaufentscheidung im Internet gelesen werden mon-Jones, Harmon-Jones et al., 2008108). Ein Beispiel: Ein
(Liang, 2016). Bürger ist ein politisch sehr interessierter Mensch und
hofft, dass bei der nächsten Wahl eine bestimmte Partei
Darüber hinaus werden Dissonanzen nach Handeln
als Sieger hervorgeht. Das Wahlergebnis fällt jedoch an-
gegen die eigenen Einstellungen unter erzwungener
ders aus. Unser Bürger ist enttäuscht, redet sich aber das
Zustimmung (aufgrund von Belohnungen und Bestra-
für ihn negative Ereignis schön, indem er beispielsweise
fungen) sowie Dissonanzen nach nicht-bestätigten Erwar-
sagt: „Vielleicht war es ganz gut, dass die anderen jetzt
tungen analysiert, worauf hier nicht eingegangen wird.
ans Ruder gekommen sind, das stärkt die Demokratie“.
Dissonanz nach Kaufentscheidungen kommt dadurch Ebenso können Konsumenten das Eintreten von negati-
zustande, dass der Kauf inkonsistentes Wissen hinter- ven Ereignissen und die damit verbundene Dissonanz
lässt: Es ist das Wissen, durch die Entscheidung die antizipieren und schon für diesen Fall „vorbeugende
Nachteile der gewählten Alternative hinzunehmen und Uminterpretationen“ durchführen.
nicht in den Genuss der Vorteile der ausgeschlagenen
Wenn das Selbstwertgefühl durch die kognitive Disso-
Alternativen zu kommen. Je mehr sich die Alternativen
nanz zu stark gefährdet ist, kann letztere Tendenz auch
gleichen, je mehr Vorteile beide aufweisen, desto stärker
dazu führen, dass sich Konsumenten an eine Fehlent-
wird der ausgelöste gedankliche Konflikt.
scheidung klammern (wider besseren Wissens) und
selbst bei hohen finanziellen Verlusten nicht von ihr
Dissonanzen werden vielfach in der Nachkaufphase erlebt, abrücken (Zhang und Baumeister, 2006). Die bevorzug-
(1) wenn Konsumenten die ersten Erfahrungen mit dem te Suche nach Informationen, die die eigene Position
gekauften Produkt sammeln und von diesem enttäuscht
stützten, konnte experimentell auch für Finanzberater
sind, (2) als Folge von kritischen Kommentaren durch ei-
gezeigt werden, die an der Stelle eines Kunden entschei-
gentlich kompetent wahrgenommene Dritte, (3) aus dem
Gefühl heraus, vielleicht doch die falsche Alternative ge- den müssen: Sie suchen so lange konsonante Informa-
wählt zu haben, was durch entsprechende Werbekontakte tionen, bis sie ihre Entscheidung nachträglich vor dem
von Konkurrenzangeboten forciert werden kann. Klienten rechtfertigen können (Jonas, Schulz-Hardt und
Frey, 2005).
Das Auftreten und die Stärke der kognitiven Dissonanz
hängen davon ab,
●● wie stark die kognitiven Konflikte das Selbstwertge- 108
Harmon-Jones, Harmon-Jones et al. (2008) beschäftigen sich
fühl bzw. die Kompetenzeinschätzung des Einzelnen mit dem „Spreading of Alternatives“: Als Strategie der Disso-
berühren, nanzreduktion bewerten Konsumenten nach der Entscheidung
die eigene Wahl positiver und die nicht gewählten Alternativen
negativer als vor der Entscheidung. Die Autoren analysieren
107 Deutsche Übersetzung von Irle und Möntmann (1978). auch die neurologischen Prozesse bei diesem Vorgang.
B. Aktivierende Prozesse 223

Kognitive Dissonanz und Emotionen der Entscheidung), wenn im Moment der Entscheidung


Trotz des bereits in der Bezeichnung angeführten primär nur diese eine Wahl möglich war.
kognitiven Ursprungs geht die kognitive Dissonanz mit Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Be-
negativen Emotionen einher, und zwar selbst dann, wenn dauern zum einen beim Vergleich der (antizipierten)
keine negativen Konsequenzen (z. B. finanzielle Verluste) Folgen entstehen kann, die bei der Wahl einer Option
erwartet werden (Harmon-Jones, 2000). Die Dissonanz bzw. dem Ausschlagen einer oder mehrerer anderer Op-
entsteht durch die kognitive Verarbeitung inkonsisten- tionen auftreten können. Zum anderen kann Bedauern
ter Informationen, deren Bewusstwerdung durchaus zu aber auch bei Unzufriedenheit mit einer Entscheidung
starken emotionalen Reaktionen mit den einhergehenden ohne Kenntnis von konkreten Alternativen einsetzen.
physiologischen Prozessen führen kann. Neurologische Beispielsweise erklären Konsumenten in solchen Situ-
Studien zeigen, dass kognitive Dissonanz mit einer er- ationen: „Hätte ich mit der Entscheidung doch noch
höhten Aktivität in der linken frontalen Hirnregion ein- gewartet!“ oder „Hätte ich doch noch weiter gesucht!“
hergeht, welche unter anderem eine wichtige Rolle bei Für die Messung der kognitiven Dissonanz haben Swee-
der Emotionsverarbeitung spielt (Harmon-Jones, 2004, ney, Hausknecht und Soutar (2000) eine Skala entwi-
S. 65). ckelt, die direkt nach dem Kauf eingesetzt werden kann.
Soutar und Sweeney (2003) nutzen die mit dieser Skala
Dissonanz kann negative Emotionen erzeugen, die dem gemessenen kognitiven Inkonsistenzen beim Kauf von
Individuum signalisieren, dass „etwas nicht stimmt“, und hochwertigen Einrichtungsgegenständen zur Bildung
die Schubkräfte für Aktivitäten liefern, um diesen Zustand von dissonanzbasierten Kundensegmenten („niedri-
durch Dissonanzreduktion zu verändern. ge Dissonanz“, „unsicher über die Notwendigkeit des
Kaufs“, „hohe Dissonanz“). Das Cluster mit der hohen
Mit der Erkenntnis, dass kognitive Dissonanzen ne- Dissonanz war weniger mit dem Kauf zufrieden, bewer-
gative Emotionen hervorrufen, steht die Theorie des tete das Preis-Leistungs-Verhältnis schlechter und war
Bedauerns (Regret Theory)109 in einem engen Zusam- geneigter, in Zukunft ein anderes Geschäft aufzusuchen
menhang. Das Gefühl des Bedauerns kann entstehen, (Soutar und Sweeney, 2003, S. 240). Dissonanz kann also
wenn Konsumenten bemerken, dass sie eine falsche Ent- erhebliche negative Folgen haben.
scheidung getroffen haben (selbst wenn diese im Moment Auch Davvetas und Diamantopoulos (2017) erklären,
der Entscheidung noch als richtig erschien). Eine Be- dass Dissonanzbekämpfung ein virulentes Marketing-
gründung für die Auslösung des Bedauerns wird darin problem sei und geben auf der Basis von Unterneh-
gesehen, dass Konsumenten bei realen Entscheidungen mensberatungsdaten an, dass mehr als ein Viertel aller
die Konsequenzen der ausgeschlagenen Alternative mit- Kunden ihre Kaufentscheidung später bereuten. Es sei
berücksichtigen und daher vor Augen haben, worauf daher sinnvoll, zu untersuchen, welche Faktoren das
sie verzichten. Dies bedeutet allerdings streng genom- Bedauern abschwächen oder sogar verhindern können.
men, dass die Konsumenten stets Informationen über Eine Immmunisierungsstrategie bestünde darin, eine
die Auswirkungen einer nicht gewählten Alternative zur stabile „Consumer-Brand-Identifikation“ aufzubauen.
Verfügung haben müssten (oder in Lage sein müssten, Unter Consumer-Brand-Identifikation verstehen die Au-
diese zu antizipieren), um Bedauern empfinden zu kön- toren in Anlehnung an Stokburger-Sauer, Ratneshwar
nen. Tsiros und Mittal (2000, S. 411) können jedoch bele- und Sen (2012) ein Konstrukt, das anzeigt, wie stark aus
gen, dass Bedauern über eine Entscheidung sogar dann Sicht der Konsumenten die wahrgenommene Identität
auftreten kann, wenn Konsumenten nicht über eine (oder einer Marke mit der eigenen Identitätswahrnehmung
mehrere) bessere Alternative(n) informiert sind. Hier übereinstimmt. Die empirische Studie von Davvetas
spielt das sogenannte „counterfactual thinking“ eine Rolle, und Diamantopoulos (2017), die mit Szenarien arbeitet,
also „Was wäre wenn“- oder „Hätte ich nur dieses oder belegt, dass eine hohe Übereinstimmung zwischen Mar-
jenes getan“-Gedankenprozesse, die bei Konsumenten ken- und Selbstwahrnehmung (gemessen beispielsweise
auch dann einsetzen können (bei Unzufriedenheit mit mit Statements wie „Die Marke ist Teil von mir“ oder
„Ich identifiziere mich mit der Marke“) das Bedauern in
109 der Nachkaufphase abschwächt. Um das Bedauern in
Die Regret-Theorie geht auf Bell (1982) sowie Loomes und
Sugden (1982) zurück. Die Regret-Theorie als verhaltenswis- dieser Studie auszulösen, erhielten die Probanden die
senschaftliche Konzeption wird in der Ökonomie vielfach den Nachricht, dass die von ihnen gewählte Marke in Tests
normativen Entscheidungstheorien gegenübergestellt. Sie wird doch sehr viel schlechter abgeschnitten habe als die Kon-
heute auch zur Erklärung von Kunden-Geschäftsbeziehungen kurrenzmarke. Es handelte sich somit um eine typische
herangezogen (z. B. Krafft und Götz, 2011). Nachkaufdissonanzerzeugende Information.
224 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Cialdini, Trost und Newsom (1995) entwickelten die so- haben würde. Somit kann auch der Versuchsaufbau zu
genannte „Preference For Consistency“-(PFC)-Skala110, der schnellen Dissonanzreduktion beigetragen haben.
die zeigt, dass Menschen unterschiedlich stark unter ko- Dennoch scheint das Ergebnis, zumindest für Alltags-
gnitiver Dissonanz leiden bzw. ihr Wunsch, den Zustand entscheidungen, intuitiv nachvollziehbar, würde doch
der Konsistenz wiederherzustellen, unterschiedlich stark dieser Mechanismus erklären, warum bei vielen Ent-
ausgeprägt ist. scheidungen, obwohl verschiedene Wahloptionen exis-
Die erlebte kognitive Dissonanz scheint besonders hoch tieren, keine Nachkaufdissonanz eintritt. Bei nicht-alltäg-
zu sein, wenn sich die Konsumenten für das durch ein lichen Entscheidungen, bei höherwertigen, hochpreisigen
negatives Ereignis ausgelöste Misserfolgserlebnis per- Produkten oder High-Involvement-Entscheidungen ist
sönlich verantwortlich fühlen (Cooper, 1992). Ein Bei- dagegen wahrscheinlich, dass die Dissonanzreduktion
spiel: Ein Konsument hat zwei Hotels zur Auswahl und willentlich vom gepeinigten Konsumenten herbeigeführt
er bucht, nachdem er beide Alternativen gewissenhaft werden muss. Hierbei kann ein strategisch eingerichtetes
geprüft hat, für sich und einen Kollegen. Nur erweist „Nachkaufmarketing“ helfen (Pepels, 2014).
sich das Hotel als sehr laut und der Konsument emp- Wenn aufgrund der Kaufsituation stärkere Nachkauf-
findet sehr starke Nachkaufdissonanz, auch weil er die dissonanzen vorhersehbar sind (z. B. beim Kauf eines
Hotelbuchung für seinen Kollegen mitübernommen hat. Autos oder einer Wohnung, also bei Produkten von star-
Es ist aber auch zu beobachten, dass – unabhängig von ker subjektiver Bedeutung), so kann ein Unternehmen
den objektiven Merkmalen des gekauften Produktes – der versuchen, die Konsumenten dahingehend zu beein-
Erstkäufer durch seine kognitiven Anpassungsmecha- flussen, die Dissonanzen durch nachträgliche Höher-
nismen seine Bindungen an das Produkt verstärken schätzung der gekauften Produkte zu reduzieren. Die
kann111. Die Dissonanzreduktion ist ein Prozess, der sich gängigste absatzpolitische Methode, den Konsumenten
nach dem ersten Kauf eines Produktes abspielt und zu auf den für das Unternehmen „richtigen“ Weg zu füh-
einer Selbststabilisierung des Wiederkaufverhaltens und ren, also zu dieser nachträglichen Höherschätzung des
damit zu Markentreue führen kann. Jarcho, Berkman und gekauften Produktes, ist die Nachkauf-Werbung. Sie
Lieberman (2011) untersuchen mittels einer fMRT-Studie kann die Besonderheit des gekauften Produkts hervor-
neuronale Reaktionen bei Entscheidungen zwischen ähn- heben und kann Informationen liefern, die die Vorteil-
lich attraktiven Alternativen. Kognitive Dissonanz kann haftigkeit des Kaufs hervorheben.
zu automatischen Neueinschätzungen (reappraisals) bzw. So meinen Kotler, Keller und Bliemel (2007, S. 305): „Com-
zu automatischen Emotionsregulierungen führen, die in puterhersteller können z. B. neuen Kunden per Brief zum
Sekundenschnelle stattfinden können. Die Autoren ma- Kauf eines hervorragenden Computers gratulieren; sie
chen mit ihrer Studie also auch auf die Möglichkeit einer können Anzeigen schalten, die zufriedene Computerbe-
quasi automatisierten Dissonanzreduktion aufmerksam, sitzer zeigen, bei den Kunden um Verbesserungsvorschlä-
die vom Konsumenten nicht willentlich herbeigeführt ge bitten und ihnen Adressen von Serviceeinrichtungen
wird, sondern gleichsam ein Nebenprodukt der eigent- zukommen lassen. Sie können die Bedienungsanleitun-
lichen Wahlentscheidung darstellt. Die Autoren wählten gen so abfassen, dass sie dissonanzreduzierend wirken,
als Stimulusobjekte Namen und Gemälde, wobei sich die oder den Gerätebesitzern Broschüren mit Beiträgen über
Probanden vorstellen mussten, dass ihr zukünftiges Kind neue Anwendungen zusenden. Kommunikationen mit
diesen Namen tragen solle bzw. dass sie das gewählte dem Kunden nach dem Kauf können erwiesenermaßen
Gemälde in ihrer Wohnung aufhängen müssten. Durch die Produktrückgaben und Auftragsstornierungen ver-
diese Instruktion sollte sichergestellt werden, dass die ringern.“
Wahlentscheidung für den Probanden bedeutungsvoll Ein Beispiel für Nachkaufwerbung ist die nachfolgende
wurde. Allerdings wurde hier die Entscheidung nur si- E-Mail, die ein Kunde von der Firma Lands’ End erhielt,
muliert und den Probanden war durchaus bewusst, dass nachdem er das bestellte Produkt geliefert bekommen
ihr Wahlverhalten keine tatsächlichen Konsequenzen hatte.

110
Die Skala wird nach wie vor in vielen empirischen Studien Sehr geehrter Herr G.,
eingesetzt (z. B. Greenhalgh und Watt, 2015) vielen Dank für Ihre Bestellung bei Lands’ End. Sind Sie
111
Aber Vorsicht: Eine absichtliche Auslösung von Dissonanz mit Ihrer Lieferung voll und ganz zufrieden? Das würde
durch das Marketing ist kaum zweckmäßig, da sie nachteilige
mich wirklich sehr freuen, denn es ist mein höchstes Ziel,
Begleiterscheinungen haben kann. Man darf nicht vergessen,
dass Sie immer 100 %ig mit uns und unseren Leistungen
dass Dissonanz ein mit dem Produktkauf verbundener Zu-
zufrieden sind.
stand der Beunruhigung und der Unzufriedenheit ist.
B. Aktivierende Prozesse 225

Abb. 101: Beispiele für Geld-zurück-Garantien zur Dissonanzreduktion

eingesetzt (Vieth und Eisenbeiß, 2011, siehe Abb. 101).


Daher meine Bitte: Sollte es auch nur den kleinsten Punkt Werden diese jedoch zu verlockend gestaltet, dann kann
geben, der Ihre Erwartungen nicht erfüllt hat, lassen Sie
dies dazu führen, dass bei den Konsumenten Zweifel
es uns bitte gleich wissen.
über die Ernsthaftigkeit des Angebots („Zu gut, um wahr
Sie erreichen Ihr Lands’ End Service-Team persönlich an zu sein“112) entstehen (Schmittlein und Morrison, 2003).
364 Tagen im Jahr und rund um die Uhr
Oft wird daher verlangt, dass die Konsumenten ihre
per E-Mail an XXX Beweggründe für die Rückgabe kurz erläutern; so wird
und gleichzeitig vermieden, dass es zu „Moral-Hazard-Ver-
aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: gebüh- halten“ kommt und die Geld-zurück-Garantie „überbe-
renfrei per Telefon unter 0800 – XXX. Aus allen übrigen ansprucht“ wird.
Ländern: gebührenfrei per Telefon unter 00800 – XXX.
Nur durch Ihre Kommentare, Anregungen und Kritikpunkte Die schlechte Kontrollierbarkeit und Steuerbarkeit der
haben wir die Chance, immer noch ein bisschen besser mit kognitiven Dissonanzen zusammenhängenden psy-
für Sie arbeiten zu können. chischen Prozesse durch das Marketing legt es nahe,
Mit freundlichen Grüßen, eine sparsame und vorsichtige „Dissonanzstrategie“ zu
Ihr X betreiben und nur solche Maßnahmen zu ergreifen, die
auch über ihre Wirkung auf die kognitive Dissonanz der
Abnehmer hinaus zweckmäßig sind!

Das Marketing kann zum Dissonanzabbau aufseiten der


Konsumenten beitragen, indem der Konsument in der 2. Messung von Einstellungen
Nachkaufphase durch Direktmarketing-Maßnahmen, aber
auch durch Massenwerbung, noch einmal auf die Vorteil- Schon 1928 hat Thurstone deklariert „attitudes can be
haftigkeit der gewählten Alternative aufmerksam gemacht measured!“. Zu damaliger Zeit hat er sich jedoch auf die
und zu seiner Entscheidung beglückwünscht wird. explizite Einstellungsmessung bezogen, die mit Skalen

112
Ein Extrembeispiel für eine Geld-zurück-Garantie ist die
Im Handel, aber auch im Dienstleistungssektor allge- der norwegischen Supermarktkette Coop, bei der unzufriede-
mein (bis hin zu Nachhilfekursen), werden zur Senkung ne Kunden ihr Geld sogar dann zurückerhalten, wenn sie das
der kognitiven Dissonanz auch Geld-zurück-Garantien Produkt bereits verspeist haben (Spiegel Online vom 8.10.2007).

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226 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

gemessen werden kann. Wir werden im Folgenden ex- spielsweise dient die Äußerung eines Befragten „Diese
plizite und implizite Methoden der Einstellungsmessung Person gefällt mir gut“ als Indikator für eine positive
darstellen. Einstellung zu dieser Person, spiegelt aber keine diffe-
renzierten Urteile wider.
a) Explizite Einstellungsmessung: Skalen als Wird der Einstellungsbegriff nach dem Schema von
Messinstrumente Abb. 102 operationalisiert, so sind folgende Gesichts-
Bei einer Einstellungsuntersuchung ist zunächst zu fra- punkte zu erörtern:
gen: ●● Dimensionen der Messung,
(1) Welcher psychische Sachverhalt wird als Einstellung ●● Art der Indikatoren,
bezeichnet (Definition)? ●● Erhebung durch Skalen (und Skalenniveau).
(2) Wird die so definierte Einstellung zuverlässig und Dimensionen: Eindimensionale Messungen beziehen
genau gemessen? sich lediglich auf einen Aspekt – auf eine Dimension – der
Unter Messen versteht man, allgemein gesagt, das syste- Einstellung. Dies ist meistens die affektive oder wertende
matische Beobachten und Aufzeichnen von empirischen Einstellungsdimension, die sich in einer zustimmenden
Sachverhalten, also die Datenerhebung. Das Ergebnis oder ablehnenden Haltung zum Gegenstand äußert. Da-
eines Messvorganges ist nach klassischer Definition das gegen umfassen mehrdimensionale Messungen sowohl
Zuordnen von Zahlen zu Objekten oder Ereignissen nach affektive als auch kognitive Faktoren und können auch
bestimmten Regeln. Verhaltensvariablen berücksichtigen.
Die theoretischen Begriffe (beziehungsweise die in der Indikatoren: Die zur Messung herangezogenen empiri-
theoretischen Sprache angegebenen Merkmale) müssen schen Größen können drei Ebenen zugeordnet werden.
in der empirischen Ebene verankert werden. Das heißt: ●● Psychobiologische Ebene: Man misst hier physiolo-
Es müssen messbare Größen gesucht werden, die anzei- gische (biologische) Reaktionen der Testpersonen wie
gen, ob und inwieweit das theoretisch Gemeinte – also Pulsfrequenz oder die elektrodermale Reaktion (EDR)
eine bestimmte Einstellung – tatsächlich vorliegt. Diese und schließt dann von diesen Reaktionen auf das Vor-
empirischen Größen werden Indikatoren genannt. Bei- handensein und die Ausprägung einer Einstellung.

Konstrukt Merkmalsklassen Art der Indikatoren Einzelindikatoren Skala


(theoret. Ebene) = Dimensionen (empir. Ebene) (= empir. Variablen) (Zahlen-
(theoret. Ebene) zuordnung)
0
Elektrodermale
affektive Merkmale Reaktion
1

physiologische
Reaktionen …
2
kognitive Merkmale
Einstellung
Item1
Antworten auf Item2 3 Wert
Befragung
Item3
intentionale Merkmale ..
.
4
Probierverhalten
beobachtetes
Verhalten Kauf 5

Abb. 102: Vom theoretischen Begriff zum Skalenwert


B. Aktivierende Prozesse 227

Dieser Schluss setzt jedoch eine experimentell kontrol- (fiktiven) Adressaten, weil sich der Finder die Mühe
lierte Messsituation voraus. Psychobiologische Größen gemacht hat, die Nachricht entsprechend weiterzu-
werden bevorzugt eingesetzt, um die Intensität und leiten. Diese Form der Erhebung wird vor allem bei
die Wichtigkeit einer Einstellung festzustellen. Eine stark polarisierenden Themen angewandt, bei denen
starke positive Einstellung kann sich beispielsweise in mit einer Verhaltensreaktion gerechnet werden kann
einer Veränderung des Pulsschlages oder der elektro- (z. B. bei der Messung von Einstellungen zu extremen
dermalen Reaktion (siehe Kapitel „Aktivierung“) einer politischen Parteien, zu Homosexualität, z. B. Waugh,
Person zeigen, die das aktivierende Stichwort hört. Plake und Rienzi, 2000 oder zu prosozialem Verhalten,
●● Ebene der Beobachtung: Verhaltensbeobachtungen Leigh und Leigh, 2018).
gehören im Allgemeinen zu den nicht-reaktiven Mess- ●● Ebene der subjektiven Erfahrungen: Die Messun-
verfahren: Die Testpersonen wissen nicht, dass ihr gen auf dieser Ebene knüpfen an Äußerungen über
Verhalten beobachtet wird. Beobachtungen der Orien- subjektive Erfahrungen an. Subjektive Erfahrungen
tierungsreaktionen, des Annäherungsverhaltens bzw. können von einer Person verbal (in Form eines Brie-
der Mimik und Gestik können z. B. für die Messung fes, einer mündlichen Antwort usw.) oder nonverbal
der konativen Komponente der Einstellung genutzt mitgeteilt werden. Letzteres ist beispielsweise der Fall,
werden. Beobachtungen in realen Umwelten werden wenn die Messung durch einen Programmanalysator
seltener für die Einstellungsmessung eingesetzt, da (Magnitudeskalierung, z. B. Neibecker, 1985) erfolgt.
sie zeitlich und finanziell aufwendige Messverfahren Am verbreitetsten sind Befragungen. Im einfachsten
sind. Weniger aufwendige Ausnahmen sind automa- Fall kann man eine einzelne Einstellungsfrage stellen
tische Frequenzzählungen in Geschäften oder die („Wie gefällt Ihnen die Marke X?“), oder man kann
Beobachtung der Tracking-Spuren im Internet über den Befragten mehrere Aussagen über den Einstel-
Cookies. Bei Online-Shops wird beispielsweise die lungsgegenstand vorlegen und sie bitten, sich zu jeder
Konversionsrate errechnet (also der Anteil der Käufer Aussage zu äußern.
im Verhältnis zu den Besuchern einer Seite). Aller- Erhebung durch Skalen114: Den zur Einstellungsmes-
dings ist es schwierig, vom beobachteten Verhalten sung benutzten Indikatoren können direkt oder indirekt
allein die hinter dem Verhalten stehenden Einstellun- Skalenwerte zugeordnet werden. Zum Beispiel erhält die
gen abzuleiten. Antwort „Marke X gefällt mir sehr gut“ den Wert 7. Die
Beispiele für Beobachtungen: Beobachtung des ein- einzelnen oder kombinierten Skalenwerte geben dann
gestellten Senders bei Autoradios, um die Vorliebe Auskunft über die Ausprägung einer Einstellung. Ne-
und Einstellung hinsichtlich verschiedener Rund- ben den persönlichen (Face-to-Face) oder schriftlichen
funkanstalten zu ermitteln, oder die Erfassung von Befragungen mit der „Paper & Pencil“-Methode werden
Aufklebern an Autos als Indikatoren der Einstellung vermehrt computergestützte Verfahren eingesetzt. Bei
zu politischen Parteien, Sportvereinen oder aktuellen der computergestützten Befragung werden die Fragen
gesellschaftlichen Ereignissen. durch den Interviewer gestellt, der diese vom Bildschirm
Die sogenannte Lost-Letter-Technik ist ein Beobach- abliest und die Antworten über die Tastatur eingibt (am
tungsverfahren, mit dem man indirekt auf Einstel- Point-of-Sale auch über ein mobiles Endgerät). Beim
lungen schließt. Briefe, die an das zu untersuchende CATI (= computergestütztes Telefoninterview) kann der
Objekt113 adressiert sind (z. B. an die Partei XY, an den Computer auch die Auswahl der Befragungspersonen
Tierschutzverein XY oder die Kirchenorganisation per Zufallsverfahren übernehmen. Bei der Bildschirm-
XY), werden in der Nähe von Briefkästen ausgelegt befragung bzw. bei Online-Interviews liest anstelle des
und wirken wie zufällig „verloren“. Bei der Lost-E- Interviewers der Befragte selbst die Fragen vom Bild-
Mail-Methode werden E-Mails mit Werbung (z. B. schirm ab und gibt die Antworten ein. Hierbei können
Link zu einem Werbespot auf YouTube) an den fal- auch zusätzliche Informationen gewonnen werden, z. B.
schen Absender versandt (Milgram, 1977; Stern und die Messung der Antwortzeit und/oder die Messung der
Faber, 1997). Aus dem Anteil der weitergeleiteten Brie- Intensität der Probandenreaktion (etwa durch Magnitu-
fe bzw. E-Mails wird auf die Popularität des Emp- de-Skalierung, siehe unten).
fängers geschlossen, d. h., eine hohe Rücklaufquote
Die digitale Einstellungsmessung bietet eine schnelle Da-
gilt als Indikator für eine positive Einstellung zu dem
tenerhebung mit Zufallsauswahl unter den Haushalten,
eine bessere Kontrolle von Erhebungsfehlern (Konsistenz
113Es kann sich auch um ein fiktives Objekt handeln, d. h., der
Studienleiter kann sich einen glaubwürdig klingenden Adres- 114Zu den Grundlagen des Messens und Skalierens vgl. bei-
saten ausdenken. spielsweise Atteslander (2006).
228 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

der Antworten kann leichter überprüft werden) sowie Indikator – auf einer Variablen im Sinne von Abb. 103 –
die Möglichkeit einer Online-Verarbeitung der Daten. beruht der gemessene Einstellungswert. Dagegen stützt
Weitere Vorteile sind: man sich bei den sogenannten Skalierungsverfahren, die
●● die Anpassung der Länge des Fragenkatalogs, weiter unten skizziert werden, auf mehrere Indikatoren,
●● der variierende Einsatz von Verzweigungsfragen, die dann zu einem kompakten Skalenwert zusammen-
●● die Verringerung des Interviewer-Einflusses, gefasst werden.
●● die zufallsgesteuerte Rotation der Reihenfolge der Diamantopoulos, Sarstedt et  al. (2012) haben Regeln
Items (bzw. Statements) aufgestellt, wann es grundsätzlich sinnvoll ist, ein Kon-
●● und – wie angesprochen – die zusätzliche Messung strukt entweder mit nur einem Item zu messen („Sing-
der Antwortzeit (je geringer die Antwortzeit, desto le-Item“-Messung, Bergkvist und Rossiter, 2007) oder
geringer die Gefahr sozial erwünschter Antworten). mehrere Items zu verwenden.
Die Antwortzeit wird heute auch erhoben, um die Va- Mithilfe mehrerer verbaler Aussagen über einen Gegen-
lidität von Online-Befragungen sicherzustellen. Ist die stand kann eine Einstellungsskala gebildet werden. Die
Antwortzeit sehr kurz, besteht die Gefahr, dass der Teil- bekanntesten eindimensionalen Skalierungsverfahren
nehmer die Instruktionen nicht gelesen hat; ist sie zu sind die Methode der gleich erscheinenden Intervalle
lang, dann ist entweder die Gefahr sozial erwünschter von Thurstone, die heute relativ selten verwandt wird,
Antworten sehr hoch oder aber es besteht die Gefahr, ferner die Methode der summierten Ratings von Likert
dass die Befragungsperson etwas Ablenkendes vorge- sowie die Guttman-Technik. Wir skizzieren die Skalie-
nommen hat und sich womöglich an die Frage nicht mehr rung anhand des Likert-Verfahrens116. Dieses Verfah-
recht erinnern kann. Es ist daher bei Online-Interviews ren zielt darauf ab, die Einstellung als ablehnende oder
unabdingbar neben der Zeitmessung auch Kontrollfra- zustimmende Haltung zu einem Objekt zu ermitteln. Es
gen einzubauen (z. B. ob die Instruktionen gelesen wur- werden also nur die affektiv-wertenden Aspekte einer
den). Bei Befragungen über das Smartphone sind solche Einstellung gemessen. Die eigentliche Skalierung der
Kontrollfragen aus Zeitgründen (hier sind nur sehr kurze Items umfasst drei Schritte (nachfolgend 1. bis 3.), darauf
Interviews sinnvoll) oft nicht möglich, weshalb solche folgen zwei weitere Schritte (4. und 5.) mit dem Messvor-
Umfragen vielfach nur als erste Stimmungsbilder ge- gang (Verwendung der skalierten Items).
wertet werden sollten. 1. Schritt: Es werden etwa ebenso viele günstige wie
Bei einer einfachen Einstellungsmessung über eine Ra- ungünstige Aussagen („Items“) über das Einstel-
tingskala115 erhält man bei globaler Einstellungsmessung lungsobjekt gesammelt.
nur eine einzige Antwort des Befragten. Nur auf diesem 2. Schritt: Jedem Item wird eine – fünfstufige – Ra-
ting-Skala beigefügt, die den Befragten dazu dient,
115
Rating-Skalen liefern Messwerte, die man nach weitverbrei- ihre Stellungnahme abzugeben. Diese Rating-Skalen
teter Meinung wie metrische Messwerte behandeln kann, da laufen von –2 bis +2, beispielsweise mit folgenden
die Abstände auf der Skala im Großen und Ganzen als gleich-
Positionen: „starke Ablehnung (–2)“, „mäßige Ab-
mäßige Intervalle in der Vorstellung des Beurteilers aufgefasst
werden können (zusammenfassend u. a. Bortz und Döring, lehnung (–1)“, „unentschieden (0)“, „mäßige Zustim-
2006, S. 176). Die Mängel von Rating-Skalen wurden bereits mung (+1)“ und „starke Zustimmung (+2)“.
ausführlich von Guilford (1954, S. 263 ff.) behandelt. Generell 3. Schritt: Die Items werden einer Itemanalyse (Pre-
wird kritisiert, dass Rating-Skalen (Bortz und Döring, 2006, test) unterzogen. Durch den Pretest soll entschieden
S. 176) werden, ob ein Item tatsächlich die zu messende (af-
(1) eben doch nur ein quasi-metrisches Skalenniveau aufwei- fektive) Dimension trifft, und wenn das der Fall ist,
sen (Kontinuum von in gleichen Abständen aneinanderge-
fügten numerischen Werten, kein natürlicher Nullpunkt);
(2) manchmal einen ungenügenden Differenzierungsgrad (5) Schwierigkeiten bei der Interpretation des Mittelpunktes
aufweisen (eng beieinanderliegende Perzeptionen erhalten einer zweipoligen ungeraden Rating-Skala bereiten (es ist
gleiche, da vorgegebene Skalenwerte); problematisch, wenn an den Polen Ausdrücke mit gegen-
(3) keine Möglichkeit zur Skalierung von Wahrnehmungen sätzlicher Bedeutung stehen, wie z. B. „sehr sympathisch“
bieten, die jenseits vorhandener Grenzen platziert werden und „sehr unsympathisch“, da unklar bleibt, ob der Mei-
müssten (Problem des „End-piling-Effekts“); nungsgegenstand indifferent − weder unsympathisch noch
(4) problematisch sind, wenn Menschen Vorlieben für be- sympathisch − oder ambivalent eingeschätzt wird).
stimmte Skalenwerte haben (so präferieren chinesische Be- Den Mängeln der Rating-Skala stehen die einfache Konstruier-
fragungsteilnehmer, um stets „ihr Gesicht zu wahren“, den barkeit, Anwendbarkeit und die zufriedenstellende Reliabilität
Mittelpunkt einer Skala („Tendenz zur Mitte“, Bortz und und Validität gegenüber, weshalb sie trotz messtheoretischer
Döring, 2006, S. 184), sofern sie keine Vermutung über die Probleme nach wie vor häufig eingesetzt wird
hinter der Befragung stehende Hypothese haben); 116 Likert (1932); siehe auch Bortz und Döring (2006, S. 224).
B. Aktivierende Prozesse 229

Wie schätzen Sie die Marke X ein?

sehr schlecht schlecht gut sehr gut

–2 –1 0 +1 +2
(oder 1) (oder 2) (oder 3) (oder 4) (oder 5)
Abb. 103: Beispiel für eine Rating-
Skala

ob es auch geeignet ist, Personen mit verschiedenen Neibecker (1985) bestätigen die Eignung dieser Metho-
Einstellungen deutlich auseinanderzuhalten (zu dis- de zur Einstellungsmessung. Häufig zitiert wird auch
kriminieren). die Studie von Aaker, Stayman und Hagerty (1986), die
4. Schritt: Die aufgrund der Itemanalyse ausgewählten das durch einen Werbespot ausgelöste „Wärmegefühl“
Items werden nun der ausgewählten Stichprobe von („warmth“) mittels einer Magnitudeskalierung gemessen
Personen zur Stellungnahme vorgelegt. Man erhält haben. Die Magnitude-Skalierung wird heute in com-
dadurch von jeder Person zu jedem Item einen po- puterkontrollierte Befragungssysteme integriert. Sie ist
sitiven oder negativen Zahlenwert: Einen positiven dadurch zu einem effizienten Messverfahren geworden,
für die Zustimmung zur positiven Behauptung oder das bei vielen Online-Befragungen (z. B. durch Drücken
für die Ablehnung einer negativen Behauptung und einer Taste) standardmäßig erhoben wird.
umgekehrt.
5. Schritt: Für jeden Befragten wird nun der Summen- b) Methoden und Unterschiede expliziter und
wert von diesen Zahlen über alle Items hinweg be- impliziter Einstellungsmessung
rechnet. Dieser Summenwert gilt als Messwert für
die individuelle Einstellung. Wie in diesem Kapitel bereits angesprochen, erfordert
die Messung expliziter und impliziter Einstellungen
Die einfach anzuwendende Einstellungsmessung nach unterschiedliche Verfahren (Gawronski und Brannon,
Likert wird nach wie vor in der Marktforschungspraxis 2017). Grundsätzlich unterscheiden sich die Verfahren
durchgeführt. darin, dass bei expliziter Einstellungsmessung die Kon-
Die Magnitude-Skalierung ist ein direktes Messver- sumenten eine bewusste Einschätzung des betreffenden
fahren, welches in der Psychophysik entwickelt wurde. Meinungsgegenstandes durchführen sollen, wodurch sie
Es baut auf der Erkenntnis auf, dass es möglich ist, die also des Untersuchungszwecks gewahr werden, wäh-
Stärke einer subjektiven Empfindung direkt auf einem rend dies bei den impliziten Verfahren (von Ausnah-
vorgegebenen Antwortkontinuum, etwa durch eine be- men abgesehen, siehe oben) nicht der Fall ist: „The most
liebige Zahl oder durch die Größe (Magnitude) eines common meaning of the term implicit is that people are
physikalischen Reizes, auszudrücken. unaware of what the measure is assessing in contrast
to an explicit measure, in which people are fully aware
Beispiel: Jemand gibt über die Stärke seiner Einstellung
that a self-report of their attitude is being requested. In
dadurch Auskunft, dass er einen Kreis beliebigen Um-
this sense, there is a full overlap with what prior texts on
fangs oder eine Linie bestimmter Länge zeichnet oder
attitudes have called indirect or unobstrusive measures
einen Ton von bestimmter Dauer auslöst. Wie in der Psy-
of attitudes“ (Petty, Fazio und Brinol, 2008, S. 1). Hinzu
chophysik nachgewiesen wurde, steht die objektive Stär-
kommt, dass implizite Verfahren automatische Beurtei-
ke des Reizes – zum Beispiel die Länge einer Linie – in ei-
lungsreaktionen messen sollen.
nem gleichbleibenden und gesetzmäßigen Verhältnis zur
subjektiven Erlebnisstärke. Die funktionale Beziehung (1) Explizite Modelle ein- und mehrdimensionaler
folgt dem „psychophysischen Potenzgesetz“ (power law); Einstellungsmessung
sie hat sich für mehr als 30 bisher erforschte Messmodali-
täten als sehr stabil erwiesen. Durch Eichen der von einer Im Folgenden werden einige „Klassiker“ der explizi-
Person stammenden Reizgrößen an subjektiven Anker- ten Einstellungs- bzw. Imagemessung vorgestellt. Die
werten dieser Person wird die intersubjektive Vergleich- nachfolgenden Basismodelle sind ganz allgemein als
barkeit und Aggregierbarkeit der Daten gesichert (Lodge, Verfahren aufzufassen, mit denen einzelne subjektive
1997; Moskowitz und Jacobs, 1980). Untersuchungen von Umwelteindrücke ermittelt werden, die dann mittels ei-
230 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Anmerkung:
* Blau: Mittelwerte der Assoziationen (n=145) nach einer Studie von Kroeber-Riel, Abb. 104: Semantisches Diffe-
erhoben 1992 an der Universität des Saarlandes renzial zur Wahrnehmung des
**Gelb: Mittelwerte der Assoziationen (n=530) nach einer Studie von König, erhoben Saarlandes aus der Sicht junger
2016 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Saar Erwachsener in den 90er Jahren
und heute (Quelle: König, 2019)

ner vorgegebenen Messvorschrift zu einem Gesamtwert werden kann, verbindet man diese Eigenschaftswörter
verdichtet werden117. mit Rating-Skalen. Nun kann der Befragte angeben, in-
Semantisches Differenzial: Die bekannteste Methode wieweit ein vorgegebenes Eigenschaftswort seine Asso-
der Imagemessung ist das Semantische Differenzial. Es ziation zum Stimulus-Wort wiedergibt.
wurde von Osgood, Suci und Tannenbaum 1957 (kur-
ze Zusammenfassung: Osgood, 1973) zur Messung von Bei dem Semantischen Differenzial werden mithilfe eines
Wortbedeutungen entwickelt und später für seine An- Satzes von 20–30 Adjektivpaaren und deren konnotativen
wendung im Marketing modifiziert und ausgeweitet. Bedeutungen die Einstellungen zu einem Objekt erfasst.
Es entsteht ein für das Objekt charakteristischer Profil-
Die Bedeutung eines Wortes (seine semantische Relation) verlauf, der mit denen anderer Objekte verglichen werden
wird durch die mit einem Wort verbundenen Assozia- kann. Ebenso sind Zeitvergleiche möglich.
tionen repräsentiert. Um diese Assoziationen zu messen,
gibt man den Befragten ein Wort als Stimulus vor und
protokolliert die daraufhin geäußerten Assoziationen. Abb. 104 zeigt die Anwendung des Semantischen Dif-
Bei einem standardisierten Messverfahren wie dem Se- ferenzials zur Beurteilung des Saarlandes in den 90er
mantischen Differenzial kann der Befragte aber nicht Jahren und heute (König, 2019)118.
frei assoziieren. Vielmehr wird ihm eine Menge von Die an den Polen der Rating-Skalen stehenden Paare ge-
ausgesuchten Assoziationen vorgegeben, mit denen er gensätzlicher Eigenschaftswörter wie „leise–laut“ sind
das vorgegebene Stimulus-Wort zu beurteilen hat. Beim metaphorisch, das heißt nicht wörtlich, sondern im über-
klassischen Semantischen Differenzial verwendet man
dazu eine Menge von gegensätzlichen Eigenschaftswör-
118
tern. Damit auch die Stärke der Assoziationen gemessen Die hier wiedergegebenen sechs Skalen repräsentieren
zugleich die drei Dimensionen des Semantischen Raums
(Differenzials): 1. Bewertung – Evaluation (z. B. gut–schlecht,
117
Auch die im Kapitel  C.  III erörterten mehrdimensionalen glücklich–traurig), 2. Stärke/Macht – Potency (schwer–leicht,
Wahrnehmungsmodelle (mehrdimensionale Skalierung bzw. stark–schwach), 3. Aktivität – Activity (laut–leise, schnell–lang-
Conjoint Measurement) können für die Einstellungsmessung sam). Dieser semantische Raum wird daher auch als „EPA-
genutzt werden. Struktur“ bezeichnet (Bortz und Döring, 2006, S. 186).

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B. Aktivierende Prozesse 231

tragenen Sinne zu verstehen. Dadurch lassen sie sich auf Aij = Einstellung der Person i zu Objekt j
verschiedenartige Konzepte beziehen: Im übertragenen xik = Wichtigkeit des Motives k für die Person i (value
Sinne kann man von einem lauten oder leisen Künstler, importance)
einer lauten oder leisen Landschaft, einem lauten oder
yijk = subjektive Meinung der Person i über die Eignung
leisen Produkt sprechen. Der entscheidende Vorteil die-
des Objektes j zur Befriedigung des Motives k
ses Vorgehens liegt darin, dass man mit den gleichen
(perceived instrumentality)
Eigenschaftswörtern die Vorstellungen zu ganz unter-
schiedlichen Meinungsgegenständen ermitteln und diese Grundlegend für das Modell sind die multiplikative Ver-
vergleichen kann. Durch die Berechnung von Ähnlich- knüpfung der Modellkomponenten und ihre anschlie-
keiten (z. B. mittels Distanzmaßen oder Korrelationen) ist ßende Addition. Die Additivität ist problematisch, weil
es möglich festzustellen, ob sich zwei Images mehr oder sie die Unabhängigkeit der Modellkomponenten vor-
weniger entsprechen, ob das Image einer Marke dem aussetzt.
Image einer konkurrierenden Marke ähnlich ist, oder Eines der weiteren im Rahmen der Einstellungsfor-
wie groß die Distanz zum Image des idealen Produktes schung entwickelten Multiattributmodelle ist das Mo-
ist (usw.). dell von Fishbein (Fishbein und Ajzen, 1975). Mit diesem
Beziehen sich alle Eigenschaftswörter (Items) nur auf eine Modell werden ebenfalls sowohl die affektiven (werten-
Dimension (entweder die affektive oder die kognitive), so den) als auch die kognitiven Aspekte einer Einstellung
haben wir es mit einer eindimensionalen Imagemessung ermittelt. Das Modell wird jeweils auf ganz bestimmte
zu tun. Ist diese Dimension die affektiv-wertende Dimen- Einstellungsobjekte bezogen, das heißt, die Standardisie-
sion, dann ist das Semantische Differential methodisch rung des Messverfahrens erfolgt in Abhängigkeit vom
mit einer Likert-Skalierung gleichzusetzen. Das heißt: Einstellungsobjekt. Die Messung bezieht sich auf kon-
Die Messwerte werden über alle Skalen summiert. Das krete Merkmale eines Objektes wie Farbe, Schnelligkeit,
Semantische Differenzial umfasst aber üblicherweise Konstruktionsweise oder Sicherheit eines Autos. Das
neben den wertenden Eigenschaftswörtern auch eine Fishbein-Modell ist höchstwahrscheinlich das weltweit
kognitive Dimension. am häufigsten angewandte Verfahren zur Messung von
Multiattributmodelle: Eine andere Technik der mehr- Einstellungen, auch wenn an dieser Methode, wie noch
dimensionalen Einstellungsmessung bieten die seit auszuführen ist, ebenfalls Kritik geübt worden ist.
den 1970er Jahren bekannten Multiattributmodelle, die Dem Fishbein-Modell bzw. dem Rosenberg-Modell liegt
nach wie vor in keinem Fachbuch zur Konsumenten- eine wesentliche Hypothese zugrunde, die wir hier auf
verhaltensforschung fehlen dürfen, da sie (wenn auch die Messung von Einstellungen zu einer Marke beziehen:
mit Modifikationen) auch heute noch zur expliziten Ein-
Die Einstellung zu einer Marke folgt aus der subjektiven
stellungsmessung verwendet werden.119 Im Folgenden
Wahrnehmung ihrer Eigenschaften und deren Bewertung.
werden wir drei klassische Modelltypen in ihrer Grund-
struktur behandeln. In dieser Hypothese kommt der Grundgedanke der Ein-
stellungsforschung zum Ausdruck, dass Einstellungen
Der älteste Modelltyp stammt von Rosenberg (1956). Das
zurückgehen auf (1) die subjektiven Motive und (2) das
Rosenberg-Modell geht davon aus, dass Verbraucher die
Wissen, wie diese Motive mit einem bestimmten Gegen-
Produkte danach beurteilen, inwieweit sie geeignet sind,
stand befriedigt werden können. Das Wissen wird im
ihre Motive zu befriedigen (Means-End-Analyse).
vorliegenden Fall durch die Wahrnehmung der vorhan-
Rosenberg formuliert dazu folgende Hypothese: denen Produkteigenschaften erfasst, die Motive äußern
Die Einstellung einer Person zu einem Objekt hängt von sich in der subjektiven Bewertung dieser Eigenschaften.
der Wichtigkeit (affektive Komponente) ihrer Motive und Nach den Modelltypen von Rosenberg und Fishbein
der wahrgenommenen Eignung (kognitive Komponente) sind in einem ersten Schritt solche Eigenschaften eines
des Objektes zur Motiverreichung ab. Gegenstandes zu ermitteln, die für die subjektive Ein-
stellungsbildung maßgebend sind. Das geschieht durch
N
eine Befragung: Eigenschaften, die spontan als erstes
Aij = Σ xik · yijk
genannt werden, wenn eine Marke gekennzeichnet wer-
k=1
den soll, gelten als einstellungsrelevante Eigenschaften.
119 Eine andere und anspruchsvollere Methode zur Bestim-
Als Beleg für das Interesse mag vielleicht der Wiederab-
druck des ersten Kapitels des 1981 erstmals erschienenen Buchs mung dieser einstellungsrelevanten Eigenschaften ist die
„Attitudes and Persuasion“ von Petty und Cacioppo gelten Repertory-Grid-Methode (Fransella, Bell und Bannister,
(siehe Petty, 2018). 2004).
232 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Als Formel dargestellt, sieht das Modell von Fishbein Ein Alternativ-Modell stellt das Trommsdorff-Modell (I)
folgendermaßen aus: dar, das zu der Klasse der Idealpunktmodelle zählt. Es
hat folgende Struktur:
N
Aij = Σ Bijk · aijk N
k=1
Eij = Σ | Bijk – Iik |
k=1
Aij = Einstellung der Person i zu Objekt j
Bijk = Wahrscheinlichkeit, mit der Person i Eigen- Eij = Einstellung der Person i gegenüber der Marke j
schaft k an Objekt j für vorhanden hält (belief) Bijk = die von Person i wahrgenommene Ausprägung
aijk = Bewertung von Eigenschaft k an Objekt j des Merkmals k von Marke j (hier graduell ge-
durch Person i (evaluative aspect of belief) messen als Grad der Sicherheit, als Schnellig-
keit in km/h usw.)
Bijk · aijk = Eindruckswert
Iik = die von Person i an Marken der gleichen Pro-
Der Eindruckswert Bijk · aijk ist ein Indikator dafür, in- duktklasse als ideal empfundene Ausprägung
wieweit jemand eine Eigenschaft wahrnimmt und po- des Merkmals k
sitiv oder negativ einschätzt. Er ist das Ergebnis der
Bijk – Iik = Eindruckswert (große Differenzen zeigen eine
subjektiven Einschätzung einer Produkteigenschaft.
ungünstige Einstellung an.)
Fishbein empfiehlt eine multiplikative Verknüpfung bei
der Bildung des Eindruckswerts pro Eigenschaft, da da- Der Eindruckswert kann in gleicher Weise wie der Ein-
durch Schwächen bzw. Stärken besonders gut abgebildet druckswert im Fishbein-Modell interpretiert werden.
werden (durch die multiplikative Verknüpfung wird die Wie dort summieren sich die Eindruckswerte für alle
Spannweite der Skala im Vergleich zur additiven Ver- Merkmale zur Gesamteinstellung der befragten Perso-
knüpfung stark erhöht120). Die Summe aller Eindrucks- nen.
werte für ein Produkt ergibt die Einstellung einer Person Im Unterschied zu Fishbein wird im Trommsdorff-I-Mo-
(einer Stichprobe) gegenüber diesem Produkt. dell das subjektive Wissen über die vorhandenen Pro-
Die von Fishbein präferierte Methode der Gewin- duktmerkmale nicht über die Messung von subjektiven
nung von Eindruckswerten durch Multiplizierung der Wahrscheinlichkeiten für das Vorhandensein eines
beiden Rating-Werte (zur Gewichtungskontroverse Merkmals, sondern unmittelbar durch eine Frage nach
vgl. Trommsdorff, 1975, S. 63 ff.) wird allerdings auch der wahrgenommenen Ausprägung des Produktmerk-
kritisiert (Trommsdorff, 1975). Ebenso sieht man Prob- mals (z. B. „Wie schnell ist …?“) ermittelt. Die Bewertung
leme bei der der Ermittlung der kognitiven (Wissens-) erfolgt nicht direkt und führt nicht zu einem gesonderten
Elemente: Die Frage, welche Wahrscheinlichkeit dem „Bewertungsgewicht“ wie bei Fishbein. Vielmehr wird
Vorhandensein einer Eigenschaft beigemessen wird, die tatsächlich wahrgenommene Ausprägung eines Pro-
setzt eigentlich kategorial ausgeprägte Merkmale (die duktmerkmals zur Ausprägung dieses Merkmals bei
Eigenschaft ist vorhanden/nicht vorhanden) voraus. Bei einem idealen Produkt in Beziehung gesetzt und dadurch
graduell ausgeprägten Merkmalen wäre es notwendig, zu indirekt bewertet: Je kleiner die Distanz einer wahrge-
jeder einzelnen Ausprägung die subjektiv empfundene nommenen (realen) Merkmalsausprägung zur idealen
Wahrscheinlichkeit zu erfragen, dass gerade diese Aus- Ausprägung ist (|Bijk – Iik|), umso höher wird das wahr-
prägung vorhanden ist. Das führt, wie der Ansatz von genommene Produktmerkmal eingeschätzt.
Ahtola (1975) zeigt, zu einem untragbaren Befragungs- An diesem Modell ist jedoch zu kritisieren, dass
aufwand. Es scheint deswegen besser zu sein, direkt die
●● die Übererfüllung des Ideals genauso gewertet wird
„wahrscheinlichste“ Merkmalsausprägung zu ermitteln,
wie die Untererfüllung des Ideals,
das heißt, direkt nach derjenigen Merkmalsausprägung
●● Probleme bei der Ermittlung des Ideals mittels Ra-
zu fragen, die vom Konsumenten am Produkt wahrge-
ting-Skalen entstehen (z. B. „End-Piling-Effekt“)
nommen wird.
●● und dass Konkurrenzmarken nicht berücksichtigt
werden.
Alle Modelle121 müssen sich den Kritikpunkt gefallen las-
120 sen, dass die erhobenen Einstellungswerte einen für Posi-
Bei einer fünfstufigen Ratingskala beispielsweise können
pro Eigenschaft die Werte bei der additiven Verknüpfung von
2 bis max. 10 gehen, während sie von 1 bis 25 bei der multipli- 121
Die bisher beschriebenen Modelle mehrdimensionaler Mes-
kativen Verknüpfung reichen. sung gehören zu den Kompositionsverfahren: Die einzelnen
B. Aktivierende Prozesse 233

tionierungszwecke notwendigen Vergleich unterschied- simuliert werden können. Die WISAWI verknüpft dann
licher Marken oder Produkte nur bedingt erlauben, da kausalanalytische Simulationen mit Szenariotechniken.
man nicht davon ausgehen kann, dass bei allen Marken Das WISA-Modell basiert auf der Methode von Struktur-
dieselben Einstellungsdimensionen verhaltenswirksam gleichungsmodellen, bei denen kausale Abhängigkeiten
sind. Bei dem Trommsdorff-II-Modell, der sogenannten zwischen einer Vielzahl von Variablen untersucht wer-
Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse (WISA), berück- den können122 (siehe Abb. 105).
sichtigt Trommsdorff (z. B. 2008) neben der Einstellung
Fazit: Bei der von Trommsdorff und seinem Team ent-
zum Produkt eines Anbieters auch die Einstellungen zu
wickelten Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse (WISA)
Konkurrenzprodukten sowie Wechselwirkungen zwi-
können neben der Einstellung zum Produkt eines Anbie-
schen diesen Einstellungen.
ters auch die Einstellungen zu Wettbewerbsprodukten
Das WISA-Modell setzt voraus, dass eine Person nicht sowie zu Wechselwirkungen zwischen diesen Einstel-
nur ein Geschäft oder eine Marke beurteilt, sondern alle lungen berücksichtigt werden. WISA gibt damit Auf-
Alternativen des persönlichen „evoked set“, also der in- schluss über drei Fragen (Trommsdorff und Paulssen,
frage kommenden Kaufalternativen. Mit dieser Methode 2005, S. 1375):
kann geprüft werden, inwieweit sich beispielsweise das
●● Welche Imagedimensionen bestimmen den Wettbe-
Image von Marke A auf das Image von Marke B und/oder
werb zwischen den Marken im Consideration Set
auf das Image von Marke C usw. auswirkt. Klassische
(= grundsätzlich für einen Kauf infrage kommende
Imagemessmodelle erfassen diese Wechselwirkungen
Marken)?
nicht. Wettbewerbseinflüsse von Imagekomponenten
●● Welche dieser Imagedimensionen stärken und wel-
einer Marke auf Imagekomponenten einer (oder mehrerer
che schwächen die eigene bzw. die konkurrierenden
anderer) Marke(n) können somit analysiert werden. Da-
Marken?
bei berücksichtigt das Verfahren, dass die im Wettbewerb
●● Welcher Teil des Wettbewerbs (Marktanteil, Kaufab-
stehenden Marken bzw. Geschäfte auf unterschiedlichen
sicht, Präferenzwert und Kaufanteil) kann durch den
Eigenschaftsdimensionen profiliert sein können. Dieser
Imagewettbewerb erklärt werden?
Aspekt ist auch für Imageuntersuchungen im Handel
wesentlich, da dadurch ein Vergleich preisorientierter Eine weitere, neuere und auf dem Netzwerkgedanken
und qualitätsorientierter Profilierungskonzepte ermög- (z. B. Conrey und Smith, 2007) aufbauende Sichtweise
licht wird. Für das Markenmanagement eignet sich die stammt von Dalege, Borsboom et al. (2016): Die Autoren
Methode, da die mit den einzelnen Marken einherge- verstehen Einstellungen als Netzwerke (Causal Attitude
henden unterschiedlichen Erlebniskonzepte miteinander Network, CAN), die aus sogenannten evaluativen Reak-
verglichen werden können. Außerdem entfällt bei der
Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse (Trommsdorff 122
Seit der Veröffentlichung von Jarvis, MacKenzie und Podsa-
und Paulssen, 2005) die restriktive Annahme, dass eine koff im Jahr 2003 im Journal of Consumer Research, die für viel
Imagedimension über alle Untersuchungsobjekte hinweg Furore gesorgt hat, wird in der Marketingforschung diskutiert,
gleiches Einflussgewicht auf das Marketing-Erfolgskrite- ob es sinnvoll ist (u. a. auch bei Einstellungsmessungen), die
rium hat (Kaufabsicht, Marktanteil usw.). Somit kann ein Gleichungsmodelle mit reflektiven oder mit formativen Me-
WISA-Modell ermitteln, wann unterschiedliche Image- thoden zu schätzen. Zur Unterscheidung:
Reflektives Modell:
komponenten für den Konsumenten verhaltenswirksam
• Die Wirkungsrichtung der Kausalität geht vom Konstrukt
werden. Die Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse kann zum Indikator.
zudem in einem zweiten Schritt durch eine „What-If-Ana- • Eine Korrelation zwischen den Indikatoren wird erwartet
lyse“ (WISAWI) erweitert werden, mithilfe derer zu- (interne Konsistenz; Konstruktreliabilität).
künftige Imagepositionen von Untersuchungsobjekten • Das Eliminieren eines Indikators verändert nicht die Bedeu-
tung der latenten Variable.
• Berücksichtigung von Messfehlern auf Indikatorebene.
Formatives Modell:
Produktmerkmale werden getrennt beurteilt, die Teilbeurtei- • Die Wirkungsrichtung der Kausalität geht vom Indikator
lungen (Eindrücke) werden anschließend zu einem Gesamt- zum Konstrukt.
wert zusammengefasst. Die Dekompositionsverfahren gehen • Es gibt keinen Grund, eine Korrelation zwischen den Indi-
anders vor: Die Befragten liefern pauschale Einschätzungen katoren zu erwarten.
der Produkte, in der Regel bringen sie diese lediglich in eine • Das Eliminieren eines Indikators verändert die Bedeutung
Rangfolge. Durch statistische Verfahren werden daraus mehr- der latenten Variable.
dimensionale Abbildungen der Produkte abgeleitet, die als • Berücksichtigung von Messfehlern auf Konstruktebene.
mehrdimensionale Einstellungswerte interpretierbar sind Diese Unterschiede wurden zuvor wenig in der Konsumenten-
(Conjoint Measurement). verhaltensforschung diskutiert (Temme, 2006).
234 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

WISA-Modell

Dimension Dimension Dimension Dimension Dimension


Marke A Marke A Marke A Marke B Marke B

Kaufabsicht Kaufabsicht
Marke A Marke B

Abb. 105: Das kausalanalytische


WISA-Modell nach Trommsdorff
und Paulssen (2005)

tionen und Interaktionen (Wechselwirkungen) zwischen Es handelt sich bei dem CAN-Modell um einen kom-
diesen bestehen. Zu den relevanten Reaktionen zählen plexen, multikausalen Ansatz, wie er im Prinzip auch
alle Gefühle (affektive Reaktion), Überzeugungen (kog- schon von Trommsdorff (II, s. o.) vorgeschlagen wurde
nitive Reaktion) und Verhaltensweisen (konative Reak- (und auch ein wenig an die Brand Concept Map erinnert,
tion), die mit einem Meinungsgegenstand einhergehen. die wir im Kapitel „Kognitive Prozesse“ besprechen).
Zwischen den einzelnen Komponenten gibt es kausale Das Modell kann in diesem Lehrbuch nur grob skizziert
Beziehungen: Die Überzeugung, dass Schlangen gefähr- werden, verwiesen sei auf die entsprechende Literatur.
lich sind (kognitive Komponente), verursacht Angst vor Netzwerke gewinnen jedoch an Popularität, auch da die
Schlangen (affektive Komponente). Das könnte nun zu empirische Schätzung solcher Modelle dank Fortschrit-
einer allgemeinen Schlangenphobie führen oder zu dem ten in der multivariaten Statistik möglich ist. Wir wol-
Wunsch, alle Schlangen auszurotten oder Situationen len daher die grundsätzlichen Gedanken des CAN und
zu vermeiden, in welchen man mit Schlangen konfron- ein von den Autoren aufgeführtes Anwendungsbeispiel
tiert werden könnte (konative Komponente). Das dies kurz darlegen. Ganz grundsätzlich ist ein Netzwerk eine
nicht der Fall ist, liegt daran, dass Menschen auch über abstrakte Repräsentation von Variablen oder Einheiten
spezifische Mechanismen verfügen, konsistente Verbin- (sogenannten Knotenpunkten), die (in der Regel durch
dungen zu verwandten Inhalten aufzubauen. Eine wei- Linien) miteinander verwoben sind. Die einzelnen Kno-
tere Überzeugung einer Person besteht darin, dass alle tenpunkte können unterschiedlicher Natur sein, also
Lebewesen dieser Welt eine Daseinsberechtigung haben. z. B. Menschen, Gehirnregionen oder die von Dalege,
Daher glauben viele Menschen, Schlangen (obwohl ge- Borsboom et al. (2016) angesprochenen evaluativen Re-
fährlich) seien sinnvoll, weil sie z. B. auch die Funktion aktionen. Die Verbindungsstücke zwischen den Kno-
haben, das ökologische Gleichgewicht in unserer Welt ten (edges) können ebenfalls jegliche Form annehmen,
zu stabilisieren. In einem Einstellungs-Netzwerk sind zwei Menschen verbindet z. B. Freundschaft, oder zwei
nun alle diese evaluativen Reaktionen miteinander ver- Gehirnregionen eine gemeinsame Duchblutung oder
knüpft oder wie Dalege, Borsboom et al. (2017) erklären: es können direkte kausale Beziehungen abgebildet wer-
das Causal Attitude Network (CAN) „conceptualizes den (wie „gefährliche Schlangen verursachen Angst“).
attitudes as networks of causally interacting evaluative Die Netzwerke können aus Arealen bestehen, bei denen
reactions (i. e., beliefs, feelings, and behaviors) toward manche Knoten besonders eng miteinander verbunden
an attitude object“. sind oder aus Arealen mit eher lockeren Verbindungen,
und die Verbindungsstücke können generell entweder
kausale Beziehungen (siehe oben) oder nur ungerichtete
B. Aktivierende Prozesse 235

Abb. 106: Einstellungsnetzwerk zu Barack Obama (Quelle: Dalege, Abb. 107: Unterschiede zwischen den evaluativen Reaktionen zu
Borsboom et al., 2017) den US-Präsidentschaftskandidaten Obama und Romney
(Quelle: Dalege, Borsboom et al., 2017)
Anmerkung: Grüne Linien repräsentieren positive, rote negative
Verbindungen. Bei positiven Verbindungen geht die Zunahme einer
Komponente mit einer Zunahme der entsprechend anderen Kompo- Einstellungsnetzwerke zwischen mehreren Einstellungs-
nente einher, bei negativen Verbindungen entspricht die Zunahme objekten können zudem miteinander verglichen wer-
einer Komponente einer Abnahme der anderen Komponente. den. Abb. 107 zeigt einen solchen Vergleich der beiden
Die Stärke der Linie spiegelt die Stärke der Verbindung wider. Kontrahenten Obama und Romney, abgebildet sind nur
Kno = kenntnisreich, Int = intelligent, Mor = moralisch, Car =
diejenigen Knoten, die sich zwischen beiden Kontrahen-
sich um Andere kümmernd, Hns = ehrlich, Led = hohe Führungs-
kompetenz, Ang = ärgerlich, Afr = Angsteinflössend, Prd = stolz, ten unterscheiden. Rote (vs. grüne) Linien zeigen einen
Hop = hoffungsvoll. positiveren Wert für das Obama (vs. Romney)-Netzwerk.
Die Höhe des Betrags der Ziffern (= Knotengewichte)
Korrelationen aufzeigen. Die Netzwerke sollen nun die gibt das Ausmaß der Unterschiede wieder. Man kann
Einstellung einer Person zu einem Meinungsgegenstand erkennen, dass sich insgesamt vier Knotengewichte zwi-
widerspiegeln. Auch hier gilt: Manche Knoten sind mehr schen beiden Kontrahenten unterscheiden, wovon drei
miteinander verzahnt als andere. Anders ausgedrückt: Knotengewichte auf Führungskompetenz entfallen. Ins-
Innerhalb des Netzwerks können Cluster von Knoten gesamt waren die evaluativen Reaktionen zu Obama so-
ausgemacht werden, die untereinander engere Beziehun- mit stärker ausgeprägt als zu Romney, was nach Ansicht
gen haben als zu Knoten anderer Cluster. Sie sind da- der Autoren das damalige Wahlverhalten erklären kann.
mit für die Einstellung besonders relevant. Ein Beispiel: Die Autoren erklären, dass auch die Zentralität der Kno-
Wenn eine Person als besonders geizig beurteilt wird, ten geschätzt werden muss. Manche Knoten haben eine
dann würde dies mit einer größeren Wahrscheinlichkeit höhere Bedeutung als andere, wodurch sich bestimmte
dazu führen, dass diese Person auch eher als rücksichts- evaluative Reaktionen – da höhere Zentralität – stärker
loser im zwischenmenschlichen Umgang als z. B. als auf verhaltensrelevante Variablen (im Beispiel der US-
sportlich eingeschätzt wird. Die Beziehungen zwischen Wahl auf z. B. Präsentations- oder Überzeugungsfähig-
den einzelnen Knoten werden nun regressionsanalytisch keit) auswirken können als andere. Sie machen darauf
geschätzt. Abb. 106 zeigt ein Einstellungsnetzwerk, dass aufmerksam, dass ihr Netzwerkmodell einen neuen Zu-
die Autoren (2017) zur affektiven und emotionalen Ein- gang zur Konzeptionalisierung und Messung von Ein-
stellung zu Barack Obama auf Basis einer regressions- stellungen liefert und sozialpsychologische Theorienbil-
analytischen Berechnung aufgestellt haben (kurz vor dung einerseits mit Psychometrie andererseits verknüpft
seiner letzten Wahl). werden kann. Im Vergleich zu klassischen expliziten

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236 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Messansätzen kommt es weniger darauf an, Einstel- sollen implizite Verfahren nicht nur bei Themen Anwen-
lungen zu unterschiedlichen Meinungsgegenständen dung finden, bei denen die Gefahr sozial erwünschter
auf vorab festgelegten Dimensionen zu bestimmen und Antworten besteht (z. B. Einstellungsmessung in Bezug
zu vergleichen, sondern es geht zunächst darum, einen auf Umweltschutz), oder wenn „Schmeicheleien“ aufge-
möglichst umfassenden Einblick in die unterschiedlichen deckt werden sollen, sondern auch:
Facetten eines Einstellungsobjektes zu erhalten und zu ●● wenn sich zwei Marken in Bezug auf ihre expliziten
sehen, wie diese einzelnen Facetten miteinander intera- (qualitativen) Eigenschaften kaum unterscheiden,
gieren. Sind möglichst viele positive konnotierte Knoten ●● wenn es „vage Gerüchte“ über Marken gibt,
eng miteinander verknüpft, dann ist die Einstellung zu ●● wenn ambivalente explizite Markeneinstellungen
dem Meinungsgegenstand stabil und positiv. vorliegen,
Die erläuterten Modelle stellen Methoden zur Messung ●● wenn Einstellungs-Verhaltens-Zusammenhänge er-
expliziter Einstellungen123 dar, d. h., alle Verfahren ver- mittelt werden und Konsumenten eine Wahlentschei-
wenden direkte Fragen nach persönlichen Überzeu- dung unter Zeitdruck durchführen sollen,
gungen, Einschätzungen bzw. Haltungen, die offen, ●● oder wenn durch bestimmte Bild- bzw. Wortreize oder
item- oder aussagenbasiert erhoben werden. Explizite Kontexteffekte automatische Markenassoziationen
Einstellungen können jedoch mit den Problemen „sozi- entstehen, die rein logisch nicht zu erwarten sind (so
al erwünschtes Antwortverhalten“ oder „Wunsch nach konnte durch das Priming mit dem Wort „Frosch“ eine
Selbstdarstellung“ aufseiten der Befragten verbunden Präferenz für einen Wein aufgebaut werden, wenn sich
sein, wodurch die Ergebnisse verzerrt werden können. auf dessen Etikett ebenfalls eine kleine Froschabbil-
Die impliziten Messverfahren, mit denen wir uns im dung befand, obwohl „Frösche“ und „Wein“ gemein-
Folgenden auseinandersetzen wollen, versuchen diese hin nichts miteinander zu tun haben, Dimofte und
Messprobleme zu umgehen. Yalch, 2011; Labroo, Dhar und Schwarz, 2008124).
(2) Implizite Einstellungsmessung Bei impliziten Einstellungen wird auf indirekte Messver-
fahren zurückgegriffen, die darauf verzichten, die Pro-
Bei der impliziten Einstellungsmessung werden die Pro-
banden nach verbalen Äußerungen zum Zielkonstrukt
banden nicht direkt nach ihrer Einstellung gefragt, son-
zu fragen. Dies hat den Vorteil, dass die Messungen frei
dern sie arbeiten an einer Zielaufgabe („objective task“),
von Verzerrungen (z. B. durch sozial erwünschtes Ant-
die nicht offensichtlich mit dem Einstellungsobjekt in
wortverhalten) bleiben125.
Verbindung steht. Die Einstellung wird indirekt über die
Variation in der Leistung bei der Aufgabe gemessen (z. B. Wir werden einige dieser Methoden im Folgenden vor-
durch die Erfassung der Reaktionszeit auf eingeblendete stellen: Priming („Bahnung“) wurde bereits im Kapitel
Wörter bzw. Wortpaare); der Zusammenhang mit der „Motivation“ erläutert. Hier sei noch einmal an das „se-
Aufgabe ist den Probanden dabei nicht bekannt (Fazio mantische“ und an das „affektive Priming“ erinnert. Die
und Olson, 2003, S. 303; Greenwald und Banaji 1995, S. 8; grundsätzliche Idee des Primings ist, dass Informationen
Rudman, 2004, S. 79; De Houwer, Teige-Mocigemba et al., im Gedächtnis über Netzwerke organisiert sind. Werden
2009; Gawronski und Brannon, 2017). Wir haben bereits bestimmte Knoten des Netzwerks durch Informationen
auf die Problematik hingewiesen, dass nach wie vor dis- aktiviert, dann breitet sich die Aktivierung im Netzwerk
kutiert wird, ob implizite und explizite Messverfahren aus und „verlinkte“ Knoten werden ebenfalls aktiviert.
nur durch das Ausmaß der kognitiven Kontrolle der Das semantische Priming zeigt, dass Testpersonen z. B.
Antworten durch den Probanden unterscheiden oder auf das Wort „Arzt“ schneller reagieren, wenn zuvor das
ob implizite und explizite Messverfahren zwei unter- Wort „Krankenhaus“ gezeigt wurde statt des Wortreizes
schiedliche, klar voneinander getrennte Einstellungen „Blume“. Beim affektiven Priming steht im Vordergrund,
ansprechen. Letzteres bedeutet, dass das Ergebnis von dass bei Kategorisierungsaufgaben Reize schneller er-
Messungen mit einem der beiden Verfahren als implizi-
te bzw. explizite Einstellung bezeichnet wird. Dimofte
(2010) sowie Gawronski und Brannon (2017) geben einen 124 Hierdurch kann noch einmal der Mere-Exposure-Effekt
guten Überblick über verschiedene Methoden impliziter bestätigt werden.
Messverfahren und Erläuterungen, wann implizite Ver- 125
Es wird derzeit diskutiert, ob Probanden auch implizite
fahren eingesetzt werden sollten. Nach Dimofte (2010) Einstellungsmessverfahren willentlich „bezwingen“ können.
Degner (2009) zeigt anhand des Verfahrens des affektiven Pri-
mings auf, dass dies zwar prinzipiell möglich ist, dass die Ge-
123Auch Merkmals-Sortieraufgaben gehören dazu, die wir hier fahr aber gering ist, wenn die Textpersonen unter moderatem
aber ausgeklammert haben. Zeitdruck reagieren müssen.
B. Aktivierende Prozesse 237

kannt werden, wenn zuvor ein Wort mit gleicher (emo- Menschen nach wie vor mit stereotypen Eigenschaften
tionaler) Valenz eingeblendet wurde. wie „verbraucht“, „nicht leistungsfähig“ etc. verbunden
Bei den impliziten Verfahren zur Einstellungsmessung werden.
wird das Priming eingesetzt, um die bei sozial erwünsch- Implicit Association Test (IAT): Dieses von Greenwald,
ten Antworten aktiven „kognitiven Filter“ von Versuchs- McGhee und Schwartz (1998) vorgestellte Testverfahren
personen zu „überlisten“. Fragt man beispielsweise basiert auf einer Kombination von semantischem und
Menschen explizit, ob sie eine positive oder negative affektivem Priming und soll im Folgenden skizziert wer-
Einstellung zu Personen mit anderer Hautfarbe haben, so den für die Messung von impliziten Einstellungen zu
werden sie bei der Antwort bemüht sein, nicht als Rassist Marken. Bei diesem Testverfahren lernen die Probanden
zu erscheinen, obwohl sie vielleicht doch Abneigungen zunächst, zwei Varianten des Einstellungsobjekts („Tar-
gegenüber anderen Hautfarben haben. Um die „wahren get concept“, also z. B. „Marke A“ vs. „Marke B“) zu unter-
Einstellungen“ zu erfassen, werden in Priming-Studien scheiden und auf die visuelle oder auditive Präsentation
den Probanden zunächst Fotos gezeigt, z. B. von weißen dieser beiden Varianten mit Tastendrücken (Marke A
und schwarzen Menschen, wie beispielsweise bei der rechte, Marke B linke Taste) zu reagieren. In der zweiten
Untersuchung von Fazio, Jackson et al. (1995). Anschlie- Phase folgt die Unterscheidung zwischen negativen und
ßend werden positive und negative Eigenschaftswörter positiven Attributen (z. B. angenehme vs. unangeneh-
eingeblendet und die Versuchspersonen sollen durch das me Wörter wie „glücklich“, „Unfall“, „Geschenk“ oder
Drücken einer „Ja“- bzw. „Nein“-Taste angeben, ob es sich „Hass“). Hier lernt der Konsument, bei positiven Wörtern
bei dem Wort um ein positives oder negatives Adjektiv die rechte Taste, bei negativen Wörtern die linke Taste zu
handelt. Aus der Latenzzeit (Verzögerung), mit der die drücken (weitere Einübungsphase). In der dritten Phase
Probanden die Stimulus-Wörter entschlüsseln, können („Initial combined task“) folgt eine erste Kombination
Rückschlüsse auf die vorhandenen Vorurteile gegenüber zwischen beiden Aufgaben: Auf Marke A muss ebenso
Schwarzen gezogen werden: Sahen die Testpersonen wie bei angenehmen Wörtern mit der rechten, auf Marke
zunächst ein Bild mit einem schwarzen Gesicht, dann B und die unangenehmen Wörter mit einem Druck auf
konnten sie signifikant schneller ein negatives Eigen- die linke Taste reagiert werden. Im vierten Schritt („Re-
schaftswort als negativ einstufen (= richtige Lösung), als versed target-concept discrimination“) folgt eine Umkeh-
wenn sie zuvor weiße Gesichter gesehen hatten. rung der Reaktionsaufgabe für die Einstellungsobjekte:
Auf Marke A muss nun mit der linken, auf Marke B mit
Sind die durch das Bildmotiv ausgelösten Empfindungen der rechten Taste reagiert werden. Den entscheidenden
eines Probanden und die Bedeutung des eingeblendeten, Abschluss bildet die fünfte Phase mit dem sogenannten
zu klassifizierenden Worts gleichgerichtet (kongruent), „Reversed combination task“: Auf Marke A muss jetzt mit
dann sind schnellere Reaktionszeiten möglich als bei der linken, auf angenehme Wörter aber nach wie vor mit
Inkongruenz. Die Reaktionszeiten geben indirekt Auf- der rechten Taste reagiert werden; auf Marke B mit der
schluss über die „wahren“, aber nicht explizit geäußerten rechten und auf die unangenehmen Wörter wieder mit
Einstellungen.
einem Druck auf die linke Taste. Die Ergebnisse lassen
sich nun wie folgt interpretieren: Wenn die implizite
Angewendet wurde dieses Verfahren zum Beispiel in der Einstellung des Konsumenten zu Marke A positiv und
Stereotypenforschung bei der Untersuchung von Ein- zu Marke B negativ ist, dann wird er die Aufgabe des
stellungen zu „alten Menschen“ (siehe z. B. Rothermund Drucks auf die richtige Taste schneller und mit weniger
und Wentura, 2001, 2004). Hier hat man zunächst Sätze Fehlern bewältigen, wenn auf Marke A und die positiven
eingeblendet wie „Martha S., 79 Jahre, sitzt auf der Park- Attribute mit der gleichen Taste reagiert werden muss, da
bank“ (= semantisches Priming). Anschließend sollten die Assoziationen zwischen Marke A und den positiven
die Probanden bei auf dem Bildschirm eingeblendeten Attributen enger sind als zu den negativ konnotierten
Wörtern über Tastendruck mitteilen, ob es sich bei den Wörtern. Bei Marke B ist es umgekehrt: Hier wird die
Wörtern um Adjektive handelt oder nicht. Dabei wur- Aufgabe leichter gelöst, wenn sich die negativen Assozia-
den unter dem Primingsatz „Martha S., 79 Jahre, sitzt tionen die Reaktionstaste mit Marke B teilen. Greenwald,
auf der Parkbank“ Wörter wie „müde“ und „hilflos“ Nosek und Banaji (2003) testeten verschiedene Algorith-
signifikant schneller als Eigenschaftswörter erkannt, men zur Verrechnung der Verzögerung, mit der die Re-
als wenn zuvor der Satz „Julia K., 19 Jahre, sitzt auf der aktion auf die Einblendung von Einstellungsobjekt und
Parkbank“ eingeblendet wurde. Julia wurde dagegen Attribut erfolgt. In ihren Testreihen erwies sich dabei
schneller mit „optimistisch“ verbunden. Diese und ande- das Verfahren, das die Reaktionszeit um die individuelle
re Experimente wurden als Nachweise gewertet, dass alte Varianz in der Reaktionszeit und um einen Korrektur-
238 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

faktor für falsche Reaktionen kalibriert, in Bezug auf des IAT untersucht. Mittels einer Metaanalyse auf der
die Übereinstimmung mit parallel erhobenen verbalen Basis von 122 Studien zeigen Greenwald, Poehlmann
Daten, Beständigkeit gegenüber Artefakten und Einflüs- et al. (2009) auf, dass sowohl explizite als auch implizite
sen durch den Experimentablauf als besonders valide Einstellungen mit mittlerer Stärke das Verhalten vor-
(Greenwald, Nosek und Banaji, 2003. S. 210 ff.). hersagen können, dass sich aber implizite Verfahren bei
Es gibt jedoch auch kritische Stimmen zum IAT, die sensiblen Themen (wie Rassendiskriminierung) besser
sagen, dass Probanden auch bei diesem impliziten bewähren als bewusste verbale Selbsteinschätzungen.
Einstellungsmessverfahren grundsätzlich in der Lage Der hohe Aufwand des IAT scheint sich also bei solchen
sind, die Ergebnisse willentlich zu beeinflussen bzw. zu Untersuchungen zu lohnen.
verfälschen. Erhalten Probanden die Information, dass Der IAT ist nach Schnabel, Asendorpf und Greenwald
aus ihrer Reaktionszeit auf ihre Vorurteile geschlossen (2008) dann sinnvoll anzuwenden, wenn Einstellungs-
werden kann, so können sie versuchen, ihre Reaktionen objekte „natürliche“ Pendants besitzen (z. B. männlich
so anzupassen, dass die Ergebnisse des IAT verzerrt vs. weiblich, schwarz vs. weiß, Coca-Cola vs. Pepsi Cola,
werden. Die solchermaßen verzerrten Testreihen kön- Microsoft vs. Apple, Nike vs. Reebock). Allerdings geht
nen dann von Experten nicht mehr von unverzerrten mit dieser Bipolarität zugleich der Nachteil einher, dass
Testreihen unterschieden werden (Fiedler und Bluemke, nicht eindeutig nachzuvollziehen ist, ob der Effekt da-
2005). DeHouwer, Beckers und Moors (2007) warnen durch erzielt wird, dass Konsumenten eine positive im-
davor, den IAT unkritisch bei der Messung von Ein- plizite Einstellung zur Marke A oder aber eine negative
stellungen zu komplexen, den Probanden aber bislang implizite Einstellung zur Marke B haben. Eine Lösung
unbekannten Einstellungsobjekten zu nutzen. Messner für dieses Problem kann der SC-IAT (Single Category
und Vosgerau (2010) befürchten, dass es bei der Durch- Implicit Association Test) leisten.
führung des IAT zu kognitiver Ermüdung kommen
kann. Diese kognitive Ermüdung kann entstehen, wenn Der SC-IAT stellt eine Abwandlung des klassischen IAT
die Probanden die zuerst gelernten Regeln (z. B. Mar- dar und wurde entwickelt, um Einstellungen bzw. Asso-
ke A → rechte Taste drücken, Marke B → linke Taste) ziationen zu unipolaren Konzepten (z. B. nur zur Marke
wieder verlernen müssen, um am Ende die umgekehrte Coca-Cola) messbar zu machen (Karpinski und Stein-
Tastenbelegung durchführen zu können. Die Autoren man, 2006; Steinman und Karpinski, 2008). Der Ablauf
machen deutlich, dass es sinnvoll ist (wenn man nur des SC-IAT ähnelt dem des IAT, umfasst jedoch lediglich
an den aggregierten Einstellungswerten interessiert zwei Schritte:
ist), beispielsweise die Testpersonen in zwei Gruppen In einem ersten Schritt muss auf Wörter oder Bilder des
aufzuteilen, die jeweils umgekehrte Tastenbelegungen Einstellungsobjekts (z. B. der Marke Coca-Cola) und auf
lernen sollen. Gruppe A muss den IAT so wie oben positive Wörter mit einem Druck auf die linke Taste und
beschrieben durchführen, Gruppe B beginnt mit der bei negativen Wörtern mit einem Druck auf die rechte
umgekehrten Tastenbelegung. Durch den Vergleich Taste reagiert werden. Beim Erscheinen von Wörtern
der Ergebnisse kann festgestellt werden, ob sich bei- oder Bildern des Einstellungsobjekts ist also dieselbe
spielsweise ein positiver impliziter Wert für Marke A Taste zu drücken wie bei dem Erscheinen von positiven
wirklich auf die dahinterliegende Einstellung zurück- Wörtern (Einstellungsobjekt plus gut). In einem zweiten
führen lässt oder ob dieser Wert schlicht das Resultat Schritt werden die Probanden nun angewiesen, auf po-
der mangelnden Tastenumgewöhnung in der zweiten sitive Wörter mit der linken Taste und auf Wörter oder
Testhälfte darstellt. Bilder des Einstellungsobjektes sowie auf negative Wör-
Ein kurzes Zwischenfazit: In der Konsumentenverhal- ter mit der rechten Taste zu reagieren (Einstellungsob-
tensforschung hat der IAT in den letzten 15 Jahren zur jekt plus schlecht). Positive Assoziationen mit der Mar-
Messung einer Vielzahl von Konstrukten Anwendung ke liegen dann vor, wenn Konsumenten schneller auf
gefunden (für einen Überblick siehe Maison und Gregg, die „Einstellungsobjekt plus gut“-Kombination als auf
2016; Perkins, Forehand et al., 2008). So wurden beispiels- die „Einstellungsobjekt plus schlecht“-Kombination re-
weise Einstellungen gegenüber Marken, Markenbezie- agieren; bei negativen Assoziationen dagegen reagieren
hungen, Einstellungen gegenüber Werbung (Brunel, Probanden schneller auf die „Einstellungsobjekt plus
Tietje und Greenwald, 2004) und Markenslogans (Di- schlecht“-Kombination als auf die „Einstellungsobjekt
mofte und Yalch, 2005), Produktwahlentscheidungen plus gut“-Kombination. Der SC-IAT ist beispielsweise
unter Zeitdruck (Friese, Wänke und Plessner, 2006) oder während des US-amerikanischen Wahlkampfs 2008 ein-
zum nachhaltigen Konsum (z. B. Panzone, Hilton et al. gesetzt worden, hier wurden die impliziten Einstellun-
2016; Richetin, Mattavelli und Perugini, 2016) mithilfe gen von liberalen und konservativen Studierenden zum
B. Aktivierende Prozesse 239

späteren amerikanischen Präsidenten Barack Obama tung) ausgewertet werden. Bei Annäherungsverhalten
gemessen (Nevid und McClelland, 2010). (und damit positiven impliziten Einstellungen) werden
Weitere implizite Messverfahren: Bei der sogenann- positive Stimuli schneller herangezogen als negative
ten GO/NO GO-Assoziationsaufgabe (GNAT) werden Stimuli, beim Vermeidungsverhalten werden negative
den Probanden verschiedene Stimuli eines Meinungs- Stimuli schneller weggedrückt als positive Stimuli127. Ein
gegenstandes gezeigt (Nosek und Banaji, 2001; Bassett vielfach geäußerter Kritikpunkt an dem Approach-Avoi-
und Dabbs, 2005; Gawronski und Brannon, 2017), d. h., dance-Test lautete, dass Konsumenten in solchen Testsi-
ähnlich wie beim SC-IAT kann sich die implizite Ein- tuationen neuartige Stimuli eher meiden, während sie
stellungsmessung auf nur ein Zielobjekt beziehen. Der sich vertrauten Reizen eher annähern. Duckworth, Bargh
GNAT versucht die Stärke der mentalen Assoziation et al. (2002) können jedoch belegen, dass auch neue Sti-
zwischen einem Zielobjekt (z. B. Obst) und den beiden muli (z. B. ausländische Wörter oder Wortkreationen) zu
Polen einer Bewertungsdimension (gut oder schlecht) zu automatischen Annäherungsreaktionen führen können.
messen. Die Aufgabe des Probanden besteht im ersten Weitere Messverfahren (für einen Überblick Gawronski
Durchlauf darin, beispielsweise mit einer Computer- und Brannon, 2017; Bar-Anan und Nosek, 2014; Dimofte,
maus zu klicken oder die Leertaste zu drücken, wenn 2010) setzen vor allem an linguistischen oder semanti-
auf dem Bildschirm Stimuli gezeigt werden, die zum schen Aspekten an (siehe auch Semantisches Priming).
Zielobjekt bzw. zu der evaluativen Dimension passen Basierend auf der Erkenntnis, dass man Buchstaben be-
(GO). Die Stimuli werden paarweise gezeigt (z. B. „Apfel vorzugt, die im eigenen Namen vorkommen (vor allem
und gut“). Wenn die gezeigten Wörter nicht zur Zielka- die Initialen), entwickelten Koole, Dijksterhuis und Van
tegorie bzw. zur Bewertungsdimension passen, dann Knippenberg (2001) beispielsweise ein implizites Maß
sollen die Probanden nicht reagieren (NO GO). Jeder für das Selbstwertgefühl.
Proband steht also vor der Entscheidung „Muss ich re- Zusammenfassend (siehe auch Gawronski, 2009) ist
agieren oder nicht?“. In einem zweiten Durchgang wird festzuhalten, dass die implizite Einstellungsmessung
von den Probanden eine genau umgekehrte Reaktion versucht
verlangt (NO GO bei „Apfel und gut“). Der GNAT geht
●● einen Einblick in Prozesse zu geben, die durch
davon aus, dass der Proband bei der Paarung „positives
Selbstauskunft nicht messbar sind (z. B. Automatis-
Wort plus Zielobjektstimulus“ schneller reagieren kann,
men) bzw. robuste automatische Assoziationen zu
wenn er eine (unbewusste) positive Einstellung zu dem
erheben,
Meinungsgegenstand hat, als wenn seine Einstellung ne-
●● das Problem des sozial erwünschten Antwortverhal-
gativ ausgeprägt ist. Umgekehrt bedeutet eine schnellere
tens zu reduzieren,
Reaktion bei negativen Wörtern eine negative Einstellung
●● bewusste Falschantworten („Faking“) auszuschalten
zum Zielobjekt.
(das gelingt am besten, wenn die Testpersonen mit
Auch der sogenannte Approach-Avoidance-Test basiert impliziten Verfahren und ihren Mechanismen nicht
auf der Messung der Reaktionszeiten. Hier werden die vertraut sind oder wenn sie schnell reagieren müssen),
Probanden gebeten, einen Hebel (bzw. Computermaus) ●● wodurch letztlich das Verhalten besser erklärt werden
beim Erscheinen der Stimuli mit positiver bzw. negati- kann als durch explizite Einstellungswerte.
ver Valenz auf dem Bildschirm je nach Anweisung so
Dabei ist natürlich nochmals anzumerken, dass es nicht
schnell wie möglich zu sich heranzuziehen bzw. von
„die“ implizite Einstellungsmessung gibt, sondern ver-
sich wegzudrücken (Solarz 1960; Chen und Bargh, 1999).
schiedene Verfahren, die für den jeweiligen Untersu-
Die Reaktionszeiten (Startzeitpunkt und Endzeitpunkt
chungszweck sorgfältig ausgewählt werden müssen. Ein
der Armbewegung) werden erfasst und die Daten kön-
nach wie vor ernsthaftes Problem stellt die Test-Retest-
nen in Form von Zwischensubjektdesigns126 (Armbewe-
gungsrichtung als Reaktion auf gezeigte Stimuli) oder 127Königstorfer, Gröppel-Klein et al. (2013) konnten beispiels-
Innersubjektdesigns (Wechsel der Armbewegungsrich- weise mithilfe eines Approach-Avoidance-Tests nachweisen,
dass ungesunde Lebensmittel, die mit der Farbe Rot gekenn-
126
Zwischensubjektdesigns wählt man, wenn man prüfen zeichnet waren, ein signifikantes Meidungsverhalten auslös-
möchte, ob Experimentalgruppe(n) und Kontrollgruppe zu ten, während gesunde Lebensmittel, die mit der Farbe Grün ge-
unterschiedlichen Reaktionen hinsichtlich einer manipulierten kennzeichnet waren, kein verstärktes Annäherungsverhalten
unabhängigen Variablen gelangen, wobei die Gruppen jeweils hervorriefen. Genschow, Reutner und Wänke (2012) können
nur mit einer Variante der unabhängigen Variablen konfron- zeigen, dass Rot zu geringerem Snackkonsum führte. Diese
tiert werden. Bei einem Innersubjektdesign prüft man, ob eine Erkenntnisse sind vor dem Hintergrund der Bedeutung von
Testperson auf zwei oder mehrere Reize (alle Ausprägungen Ampelfarben für die Lebensmittelkennzeichung auf den Vor-
der unabhängigen Variablen) unterschiedlich reagiert. derseiten von Produkten von Interesse.
240 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Reliabilität vieler impliziter Methoden dar. In Bezug auf Die hierbei entstehenden kognitiven Aktivitäten werden
dieses Kriterium scheint der IAT die verlässlichsten Re- Elaborationen genannt. Je höher das Involvement einer
sultate zu erzielen (Bar-Anan und Nosek, 2014). Person bezüglich eines Meinungsgegenstandes ist, des-
to höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine intensive
3. Beeinflussung von Einstellungen Informationsverarbeitung stattfindet, also die „zentrale
Die kognitive oder emotionale Beeinflussung von Ein- Route“ eingeschlagen wird, die dann zu einer „tiefen“
stellungen erfolgt vorwiegend durch sprachliche oder Einstellungsänderung führt. Die Verarbeitungstiefe (Ela-
bildliche Kommunikation („beeinflussende Kommuni- boration) wird nach dem ELM von zwei Faktoren beein-
kation“ genannt), entweder durch direkte persönliche flusst: der Motivation zur Verarbeitung („motivation to
Kontakte, zum Beispiel durch einen Verkäufer, der einen process“) und der Fähigkeit zur Verarbeitung („ability
Konsumenten dazu bringt, ein Produkt zu erwerben, to process“). Die Motivation zur Verarbeitung hängt von
oder durch einen Meinungsführer, der einen anderen der Relevanz der Botschaft für den Empfänger ebenso
Konsumenten beeinflusst; oder sie erfolgt durch die Mas- wie von dessen Involvement gegenüber der Botschaft
senkommunikation, insbesondere durch die Werbung. und dem Meinungsgegenstand ab. Zudem identifizieren
Petty und Cacioppo (1986b, S. 150 f.) den Faktor „Need
Die umfassenden Forschungsarbeiten über die Ände-
for Cognition“, also das Bedürfnis, sich kognitiv mit
rung von Einstellungen kommen in einer Vielzahl von
Meinungsgegenständen zu befassen, als einen zentra-
theoretischen Ansätzen zum Ausdruck128. Diese Ansät-
len Einflussfaktor. Die zweite Einflussdimension ist die
ze unterscheiden sich in vielfältiger Weise: Einige sind
Fähigkeit zur Verarbeitung der Botschaft. Diese wird
kognitiv orientiert, davon beschäftigen sich wieder ei-
unter anderem durch den Grad der Ablenkung im Mo-
nige mit unmittelbaren (neuen) Erfahrungen mit dem
ment des Kontaktes mit der Botschaft, die Häufigkeit der
Einstellungsobjekt bzw. der Selbstwahrnehmung (kog-
Wiederholung der Information, das bereits vorhandene
nitive Reaktionsanalyse), andere mit der Frage, welche
Wissen und die freien kognitiven Ressourcen beeinflusst.
kognitive Reaktionen durch beeinflussende Kommuni-
Bei geringem Involvement bzw. bei hoher Ablenkung
kation entstehen oder wie Menschen über eine Einstel-
folgt die Verarbeitung dagegen eher der peripheren Route,
lungsänderung selbst denken. Einstellungsänderungen
d. h., die Einstellung zu einem Produkt wird durch die
können nicht nur direkt auf die in einer Botschaft dar-
Einschätzung der emotionalen Stimuli der Werbebot-
gebotenen Informationen zurückgehen, sondern auch
schaft bestimmt (z. B. Gefallen der Hintergrundmusik,
auf Informationen, die das Individuum selbst im Laufe
Attraktivität der dargestellten Personen usw.).
der Kommunikation erzeugt und die in der Botschaft
gar nicht dargeboten werden. Wieder andere Ansätze Fazit: Auf der zentralen Route („central route to per-
konzentrieren sich auf das emotionale und motivationale suasion“) kommt es zu einer kognitiven High-Invol-
Geschehen des Einstellungswandels. vement-Verarbeitung der Argumente in der Botschaft.
Dabei wird die Qualität der Argumente (stark vs.
Dem Zusammenspiel von affektiven Prozessen und Ein-
schwach) subjektiv abgewogen und mit den vom Kon-
stellungsbildung bzw. -wandel kommt somit ebenfalls
sumenten selbst vertretenen Einstellungen verglichen.
eine große Bedeutung zu. Das ist unter anderem auch
Sind die Argumente stark und konform mit der eige-
das Anliegen der sogenannten „Dual Process“-Modelle,
nen Einstellungsstruktur, kommt es zu einer positiven
von denen wir einige besonders wesentliche Modelle im
Einstellungsveränderung; sind die Argumente dagegen
Folgenden besprechen möchten.
schwach und treffen sie auf konträre bereits beim Kon-
Das Elaboration-Likelihood-Modell (ELM) von Petty sumenten vorhandene Einstellungen, dann entsteht ein
und Cacioppo (1986a, 1986b; siehe auch Petty und Brinol, Bumerangeffekt und die Einstellung ändert sich genau
2008) gehört zu den am häufigsten zitierten Modellen zur in die andere als die vom Kommunikator angestrebte
Erklärung von Einstellungsänderungen durch werbliche Richtung. Einstellungsänderungen, die das Ergebnis ei-
Kommunikation (siehe Abb. 108). Das ELM beschäftigt ner tiefen Verarbeitung sind, sind relativ dauerhaft und
sich mit zentralen und peripheren Beeinflussungsrouten resistent gegen Überzeugungsversuche. Sie werden für
der Werbung. Bei der zentralen Beeinflussungsroute findet besonders geeignet gehalten, das Verhalten der Konsu-
eine tiefe gedankliche Informationsverarbeitung statt, bei menten vorherzusagen.
der neue Informationen über den Meinungsgegenstand
Ob eine solche „Resistenz“ entsteht, hängt davon ab, wie
mit bereits vorhandenem Wissen abgeglichen werden.
sicher sich Konsumenten ihres zuvor gebildeten Urteils
sind. Barden und Petty (2008) überprüften in ihren em-
128
Einen guten Überblick liefert der bereits in diesem Kapitel pirischen Studien die sogenannte „thoughtfulness heu-
mehrmals erwähnte Beitrag von Bohner und Dickel (2011). ristic“, die man im Deutschen vielleicht am besten mit

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B. Aktivierende Prozesse 241

Persuasive
Kommunikation
Periphere Einstellungsverschiebung
Die über den peripheren Pfad
veränderte Einstellung ist relativ
vorläufig, anfällig für Gegen-
argumente und nicht geeignet,
Verhalten vorherzusagen.
Motivation zur Verarbeitung?
(Persönliche Relevanz, Wenn nein
Need for Cognition etc.)

Wenn ja
Wenn ja

Wenn nein
Fähigkeit zur Verarbeitung? Läuft ein peripherer Prozess ab?
(Ablenkung, Wiederholung (Identifikation mit der Quelle,
Verständlichkeit, Wissen etc.) Nutzung von Heuristiken, Balance-
Theorie etc.)

Wenn ja

Wenn nein
Verarbeitung
(Qualität der Argumente,
selber vertretene Position etc.)

Wenn nein Ursprüngliche Einstellung


Mehr zustimmende Mehr ablehnende beibehalten
Gedanken als Gedanken als Die Einstellung ändert sich
vorher? vorher? im Vergleich zur
Voreinstellung nicht.
Wenn ja Wenn ja

Veränderung der Wenn nein


kognitiven Struktur?
(Einübung der Gedanken, Leichtigkeit
der Generierung von Gedanken etc.)

Wenn ja Wenn ja
(positiv) (negativ)

Zentrale Zentrale
positive negative
Einstellungs- Einstellungs-
änderung änderung
Die geänderte Einstellung ist
relativ stabil, resistent gegen
Gegenargumente und geeignet,
Verhalten vorherzusagen.

Abb. 108: Das Elaboration-Likelihood-Modell (in Anlehnung an Petty und Wegener, 1999)
242 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

„Tiefgang der Einstellungsbildung“ übersetzt. Wenn und Brinol (2015) erklären, dass Emotionen somit eine
Konsumenten den subjektiven Eindruck haben, bei der große Rolle spielen, wenn die kognitive Auseinan-
Einstellungsbildung alles bedacht bzw. sich möglichst dersetzung mit einem Meinungsgegenstand gering
viele Gedanken gemacht zu haben, dann sind sie sich ist. Sie ordnen damit den Einstellungswandel durch
ihrer Einstellung sicherer, wodurch auch ihre Verhal- Konditionierung (bzw. empirische Erkenntnisse der
tensabsichten stabiler sind. In einem jüngeren Beitrag impliziten Einstellungsmessung) dem peripheren
weisen Brinol und Petty (2015) auf die Bedeutung von Pfad des Elaboration Likelihood Modells zu. Hier
solchen Meta-Kognitionen („what people think and feel unterscheiden sich den Autoren eindeutig von der
about their own thoughts and attitudes“) hin. Sichtweise von Gawronski, Rydell et al. (2018), die in
Die periphere Route („peripheral route to persuasion“) der Konditionierung ein eigenständiges Paradigma
wird genutzt, wenn der Konsument nicht motiviert oder/ des Einstellungswandels neben den Dual Process Mo-
und nicht fähig ist, die Botschaft tief zu verarbeiten. In dellen sehen (auf das wir an späterer Stelle noch zu
diesem Fall spielen nicht die sachlichen Argumente sprechen kommen werden);
der Botschaft, sondern „beiläufigere“ Variablen wie die ●● dass Emotionen die Schubkraft, mit der über Argu-
Glaubwürdigkeit oder die Attraktivität der Quelle und mente nachgedacht wird, verändern können. So seien
die Gestaltung der Botschaft selbst (z. B. die Werbegestal- glückliche Konsumenten oftmals unkritischer als trau-
tung) eine entscheidende Rolle dafür, ob es zu einer Ein- rige (siehe auch das Kapitel zu Emotionen);
stellungsänderung kommt. „Likelihood“ (Sympathie und ●● dass bei zu komplexer bzw. schwieriger Argumenta-
Gefallen) statt „Elaboration“ (Nachdenken und Nachvoll- tion („viel zu kompliziert“, „nicht nachvollziehbar“)
ziehen) spielt hier die entscheidende Rolle. Auf der peri- seitens des Beeinflussers negative affektive Reaktio-
pheren Route kommen dabei Prozesse zum Tragen, wie nen entstehen können (wie Ungeduld oder schlechte
sie z. B. in der Literatur zum Low-Involvement-Lernen Laune), die ihrerseits die Einstellung zu dem Mei-
beschrieben werden. Hawkins, Hoch und Meyers-Levy nungsgegenstand negativ verstärken;
(2001) zeigen in ihrem Experiment zur Werbewirkung, ●● dass aber auch positive Verstärkerprozesse entstehen
dass bei niedrigem Involvement allein die Zahl der Wie- können. Wenn die kognitive Beurteilung eines Ob-
derholungen zu einer erhöhten Glaubwürdigkeit der jekts beispielsweise aufgrund neuer Argumente sehr
Werbeaussagen führt. Eine Einstellungsänderung als positiv ausfällt, kann dieses Urteil z. B. Freude oder
Ergebnis der peripheren Verarbeitung ist jedoch zumeist Stolz auslösen. Die Emotionen können in der Folge
nur von kürzerer Dauer und auch leicht wieder durch die Beurteilung noch einmal verstärken.
Gegenargumente zu beeinflussen. Diese Interaktionen zwischen emotionalen und kogniti-
ven Prozessen wurden in weiten Teilen auch schon vom
Insgesamt kann das ELM als ein Modell angesehen wer- HSM berücksichtigt, mit dem wir uns im Folgenden be-
den, das die kognitiven Aspekte der Informationsverarbei- schäftigen wollen.
tung bei Einstellungsänderungen umfassend erfasst. In Das von Chaiken (1980, 1987) vorgeschlagene Heuri-
Bezug auf die Wirkung emotionaler Reize ist es in seiner stisch-Systematische Modell der Persuasion („Heuri-
Ursprungsform jedoch unzureichend. Zudem können die stic-Systematic Model“, HSM) geht gleichfalls von zwei
Reize, die im ELM-Modell als „peripher“ – also „beiläufig“
Pfaden aus, über die eine persuasive Kommunikation
– bezeichnet werden, für den Konsumenten von zentraler
Bedeutung sein!
verarbeitet werden kann, und zählt damit zu den Du-
al-Process-Theorien (siehe Abb. 109). Trotz der prinzipiell
vorhandenen Ähnlichkeiten zwischen ELM und HSM
Weiterentwicklung des ELM: In einem jüngeren Artikel lassen sich Unterschiede zwischen beiden Modellen
beschäftigen sich Petty und Brinol (2015) ausführlich mit feststellen (dazu ausführlich Eagly und Chaiken, 1993,
der Frage, wie affektive Prozesse die kognitiv gebildeten S. 326–333 oder auch Chen und Chaiken, 1999). Anders
Einstellungen verändern können und möchten damit als das ELM wurde das HSM speziell zur Analyse von
die Perspektive ihres Elaboration-Likelihood-Modells Situationen entwickelt, in denen es den Individuen da-
erweitern. Die Autoren führen beispielsweise an, rauf ankommt, effizient eine möglichst „richtige“ Ein-
●● dass Emotionen über die emotionale Konditionierung stellung zu bilden. Dabei werden die Konsumenten als
(wie Kroeber-Riel schon 1979 zeigen konnte, siehe auch „sparsame Geister“ („economy-minded souls“, Eagly und
DeHouwer, Thomas und Baeyens, 2001) Einstellun- Chaiken, 1993, S. 330) aufgefasst, die abwägen, wieviel
gen positiv oder negativ quasi unmerklich ändern Zeit und gedanklicher Aufwand notwendig ist, ein Ein-
können, wenn bestimmte Objekte mit angenehmen stellungsurteil zu bilden, das möglichst den Realitäten
bzw. unangenehmen Stimuli präsentiert werden. Petty entspricht, also zutreffend ist. Das subjektiv empfundene
B. Aktivierende Prozesse 243

Persuasive
Kommunikation

Motivation Fähigkeit
zur zur
Verarbeitung Verarbeitung

Richtig- Verteidi-
Eindrucks- Situative Individuelle
keits- gungs- etc.
Motivation Faktoren Faktoren
Motivation Motivation

Angestrebte Zuverlässigkeit
der Einstellung und
verfügbare kognitive
Verarbeitungskapazität

Kontinuum
Heuristik
- vorhanden
- verfügbar
- anwendbar Wenn nein

Subjektive
Reliabilität Wenn ja
der Heuristik

Heuristische Systematische
Verarbeitung Verarbeitung

Beim Zusammenwirken
beider Verarbeitungsmodi:
Verstärkungseffekt, Die über den systematischen Pfad
Die über den heuristischen Pfad gebildete
Verzerrungseffekt gebildete oder geänderte Einstellung ist
oder geänderte Einstellung ist relativ
oder Abschwächungseffekt relativ stabil, weniger anfällig für
instabil, anfällig für Gegenargumente und
weniger gut geeignet, zukünftiges Gegenargumente und geeignet,
Verhalten vorherzusagen. Verhalten vorherzusagen.

Abb. 109: Heuristisch-Systematisches Modell (HSM) der Persuasion (in Anlehnung an Eagly und Chaiken, 1993)
244 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Anspruchsniveau steuert die mehr oder weniger aufwen- Autoren gehen davon aus, dass unterschiedliche Motive
dige Verarbeitung. Ähnlich wie beim Beschreiten des den Verarbeitungsstil beeinflussen. Wenn Konsumenten
zentralen Pfades im ELM ist der systematische Pfad des beispielsweise aufgefordert werden, eine möglichst faire
HSM dadurch gekennzeichnet, dass die Empfänger der und ausgewogene Einstellung zu bilden, dann verar-
Kommunikation die Botschaften genau analysieren und beiten sie die zur Verfügung stehenden Informationen
auf ihre Relevanz hin untersuchen. Der heuristische Pfad eher auf zentralem Weg; wenn ihnen dagegen mitgeteilt
hingegen benötigt geringere kognitive Ressourcen. Bei wird, dass sie ihre Meinung vor anderen eindrucksvoll
der heuristischen Verarbeitung konzentrieren sich die vertreten sollen, dann findet eher eine heuristische Ver-
Empfänger der Botschaft auf wenige Elemente, auf die arbeitung statt. Das HSM ist im Marketing jedoch nicht
sie einfache Entscheidungsregeln oder kognitive Heu- nur zur Analyse von Einstellungsänderungen durch
ristiken anwenden wie „Aussagen von Experten kann kommunikative Überzeugungsversuche verwendet wor-
man vertrauen“ oder „Menschen, die ich mag, haben den, sondern auch um zu prüfen, ob allein Größe und
normalerweise die richtigen Ansichten über Einstel- Auswahl eines Sortiments im Handel einen Einfluss auf
lungsobjekte“. die Einstellungen zur Einkaufsstätte haben können. Boyd
Einstellungen, die über den heuristischen Pfad gebildet und Bahn (2009) gehen zunächst von der Erkenntnis aus,
oder verändert werden, sind typischerweise weniger dass tiefe Sortimente sehr viel mehr Auswahlmöglich-
stabil, weniger resistent gegen widersprechende Argu- keiten offerieren, diese jedoch zur Qual der Wahl führen
mente und weniger gut geeignet, zukünftiges Verhal- können. Die notwendigen kognitiven Anstrengungen,
ten vorherzusagen, als Einstellungen, die Ergebnis einer die Konsumenten beim Einkaufen in solchen Geschäf-
systematischen Verarbeitung sind (Eagly und Chaiken, ten aufbringen müssen, können zu Abwertungen der
1993, S. 327)129. Sortimentsattraktivität führen: Viele Auswahlmöglich-
keiten führen zu Konfusion. Die Autoren können jedoch
Eine Studie auf Basis des HSM stammt beispielsweise
zeigen, dass in bestimmten Situationen tiefe Sortimente
von Kim und Paek (2009), die sich mit der Frage ausein-
mit vielen Auswahlmöglichkeiten bevorzugt werden,
andersetzen, wie Konsumenten persuasive Botschaften
z. B. wenn die Rückgabemöglichkeiten beschränkt sind
über genetisch veränderte Lebensmittel verarbeiten. Die
und der Konsument in der Kaufentscheidung somit ein
hohes Risiko empfindet oder wenn der Konsument ein
129
Während der systematische Pfad im HSM dem zentralen hohes Aktivierungsniveau empfindet. In beiden Fällen
Pfad im ELM entspricht, kann der heuristische Pfad nicht ein- wird systematisches Verarbeiten im Sinne des HSM an-
fach mit dem peripheren Pfad gleichgesetzt werden. Zunächst geregt.
ist festzuhalten, dass es für die heuristische Informationsver- Eine weitere Untersuchung auf Basis des HSM stammt
arbeitung darauf ankommt, dass Heuristiken überhaupt vor-
handen sind, dass auf diese in der spezifischen Situation zu-
von Zhang, Zhao et al. (2014). Die Autoren untersuchten,
gegriffen werden kann und sie auf die Beurteilung anwendbar inwieweit Online-Reviews das Kaufverhalten von Kon-
sind. Zudem sind auch für die Anwendung von Heuristiken sumenten beeinflussen. Sie stellten fest, dass nach den
ausreichende kognitive Ressourcen notwendig. Als wesent- Einschätzungen von 191 Nutzern von Online-Reviews
licher Unterschied zum ELM ist jedoch die Möglichkeit zu der Informationsgehalt der Bewertungen als systema-
nennen, dass das HSM auch Vorhersagen darüber ermöglicht, tischer Faktor, während empfundenes Vertrauen in die
was geschieht, wenn heuristische und systematische Prozesse
Glaubwürdigkeit und die „bloße Menge“ an Reviews als
gleichzeitig wirksam werden. Dabei können drei Hypothesen
unterschieden werden (Chen und Chaiken, 1999, S. 75 f.): heuristische Faktoren die Kaufabsicht beeinflussten. Vor
• Additivity Hypothesis („Additivitäts-Hypothese“): Die heu- allem fanden sie die im HSM propagierten Verstärkerpro-
ristischen und systematischen Prozesse üben unabhängig zesse, nämlich dass die heuristischen Einflussgrößen die
voneinander einen gleichgerichteten Einfluss auf die Über- Wahrnehmung der Kraft der Argumente beeinflusste.
zeugung des Rezipienten aus.
• Bias Hypothesis („Verzerrungs-Hypothese“): Zunächst auf-
genommene und verarbeitete heuristische Schlüsselinfor-
mationen können die später folgende systematische Infor-
mationsverarbeitung verzerren. Dies kommt vor allem dann
vor, wenn die für die Beurteilung relevanten Informationen
mehrdeutig sind oder vom Empfänger zunächst selbst gene-
riert werden müssen.
• Attenuation Hypothesis („Abschwächungs-Hypothese“): Zu
einer Abschwächung kann es kommen, wenn sich die Ergeb-
nisse der heuristischen und der systematischen Verarbeitung
der Informationen widersprechen.
B. Aktivierende Prozesse 245

Vertiefungskasten: Weitere Dual-Process-Modelle

Ähnlich wie das ELM und das HSM unterscheidet Fazio einhergehen, sondern kann auf der
(1990) in seinem ebenfalls zu den dualen Prozessmodel- Basis auffälliger Hinweisreize erfolgen
len zählenden MODE-Modell (Fazio und Towles-Schwen, („cues“). Im MODE-Modell ist der spon-
1999) zwei Pfade, auf denen die Einstellung das Verhalten tane Prozess vielmehr dadurch gekenn-
beeinflussen kann. MODE steht dabei für „Motivation“ und zeichnet, dass das Verhalten aus einer
„Opportunity“ (Gelegenheit) als Determinanten spontaner Einschätzung der gegebenen Situation
vs. gedanklich gesteuerter Informationsverarbeitung129. Der bzw. des Einstellungsobjekts folgt, die
erste Pfad wird als „spontane Verarbeitung“ („Spontaneous durch bereits vorhandene, automatisch
processing“) bezeichnet. Der zweite Pfad kann als „abwä- aktivierte Einstellungen beeinflusst wird.
gender Einstellungs-Verhaltens-Prozess“ („deliberative attitu- In einigen Situationen entscheiden sich (Foto: Coco
de-to-behaviour process“) bezeichnet werden. Welcher Pfad Konsumenten bewusst, nicht auf vor- Chanel,
dabei gewählt wird und inwieweit resultierende Einstellungen handene Einstellungen zurückzugrei- in Vogue, 2019)
das Verhalten prägen, hängt von der Motivation des Individu- fen, sondern die vorhandenen Informationen, das „Rohda-
ums zur Informationsverarbeitung und von der Gelegenheit tenmaterial“, sorgfältig auszuwerten, abzuwägen und ihre
bzw. Möglichkeit („opportunity“) dazu ab. Die Möglichkeit, Verhaltensabsicht und letztlich das Verhalten gegenüber
Informationen zu verarbeiten, wird vor allem von der vor- dem Einstellungsobjekt an das Ergebnis dieser Abwägung
handenen (kognitiven) Kapazität des Individuums bestimmt. anzupassen. Hier wird der zweite Pfad des MODE-Modells
Der erste Pfad der spontanen Verarbeitung von Informati- beschritten: Dieser zweite Pfad kann als „data-driven“, also
onen über das Einstellungsobjekt wird beschritten, wenn geleitet durch die über das Einstellungsobjekt vorhandenen
Motivation und Verarbeitungskapazität nur in geringem Maße positiven und negativen Informationen beschrieben werden.
vorhanden sind. Durch einen „Trigger“ (Auslösereiz), also Beide Prozesse können nach Fazio auch gemeinsam auftre-
durch einen Umweltstimulus, der nach einer unmittelbaren ten (Fazio und Towles-Schwen, 1999, S. 102 f.). Im Beispiel
Reaktion des Individuums verlangt, wird dieser Prozess aus- könnte sich die Konsumentin vorgenommen haben, beson-
gelöst. Im Bereich der sozialen Interaktion könnte das z. B. ders sorgfältig eine geeignete und erfahrene Verkäuferin
geschehen, wenn eine Konsumentin in einem Textilgeschäft für die Beratung auszusuchen, weil es sich um eine teure
auf eine Verkäuferin trifft und sich entscheiden muss, ob sie und damit risikoreiche Anschaffung handelt. Die Einstellung
um eine Beratung von dieser Verkäuferin bitten oder eine „höheres Alter = positives Signal für Beratungserfahrung“
andere Verkäuferin suchen soll. Das MODE-Modell postuliert könnte nun dafür sorgen, dass die Kundin bei der Suche
für solche Situationen, dass sich das Verhalten als Funkti- nach der richtigen Verkäuferin vor allem Signale beachtet,
on unmittelbar in der Situation gebildeter Einschätzungen die auf ein höheres Alter hindeuten (z. B. graumeliertes Haar,
ergibt. Dieses Verhalten wird im spontanen Prozess durch konservativerer Kleidungsstil).
bereits vorhandene, leicht abrufbare Einstellungen gesteuert: Auch die umgekehrte Verbindung zwischen dem spontanen
Das Einstellungsobjekt wird vor dem Hintergrund dieser vor- und dem gedanklich kontrollierten Pfad konnte nachgewie-
handenen Einstellung beurteilt, die dafür sorgt, dass bei einer sen werden: Spontane Einstellungs-Verhaltens-Prozesse
positiven Voreinstellung einstellungskonforme Elemente des können dazu führen, dass der Konsument das soziale Po-
neuen Einstellungsobjekts gleichfalls als positiv beurteilt tenzial einer Situation bemerkt und seine Verhaltensreaktion
werden. Die Verfügbarkeit („accessibility“) spielt in diesem kontrolliert. Die Aktivierung von Wissen über soziale Normen
Prozess eine moderierende Rolle: Je leichter ein Individuum kann z. B. dazu führen, dass sich ein Individuum darüber
auf eine vorhandene Einstellung zurückgreifen kann, desto bewusst wird, dass es seine spontane Verhaltensäußerung
höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie genutzt wird, um kontrollieren muss. Ist man beispielsweise bei Freunden zu
im spontanen Prozess die Informationen zu interpretieren. Gast und das Essen schmeckt nicht, so könnte spontan das
Im Beispiel könnte die Konsumentin eine positive Einstellung Wissen über die Norm „Bei Einladungen muss das Essen
gegenüber gut gekleideten Verkäuferinnen haben, weil sie gelobt werden“ aktiviert werden und die erste spontane
diesen (automatisch) eine höhere Beratungskompetenz als Verhaltensreaktion eines hämischen Kommentars über das
schlecht gekleideten Verkäuferinnen zuschreibt. Diese Ein- Essen verhindern. Fazio und Towles-Schwen (1999, S. 103)
stellung dürfte relativ leicht verfügbar sein und damit leicht beschreiben solche Situationen als Gelegenheiten, bei de-
zur Anwendung kommen. Ist die Verkäuferin offensichtlich nen man plötzlich das Gefühl hat, man müsse sich auf die
gut gekleidet (die Einschätzung fiele also positiv aus), wür- Zunge beißen, um sich eine eigentlich naheliegende Aussage
de sich die Kundin beraten lassen. Ein solcher spontaner zu verkneifen.
Prozess muss nicht mit Nachdenken oder Überlegungen

130 Englisch: „Motivation and Opportunity as Determinants“ (Fazio und Towles-Schwen, 1999, S. 100).

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246 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Schließlich zählt das zu Beginn dieses Kapitels bereits dieser Forderung nach zwei Paradigmen unterscheiden
schon vorgestellte APE-Modell131 (Associative-Propositi- sich Gawronski, Rydell et al. (2018) von Petty und Brinol
onal Evaluations Model, Gawronski und Bodenhausen, (2014). Ein Grund für diese Forderung liegt nach Gawrons-
2007) zu der Gruppe der Dual-Process Modelle. Dieses ki, Rydell et al. (2018) darin, dass ELM und andere Modelle
Modell stellt die Dualität von expliziten und impliziten die zeitliche Stabilität von Einstellungsänderungen zu
Einstellungen in den Mittelpunkt und unterscheidet sich wenig berücksichtigten und die implizite Einstellung eher
damit vom ELM. Auch wenn Petty und Turnes (2010) als instabiles Konstrukt auffassen würden. Es sei aber
versuchen, Erkenntnisse der impliziten Einstellungsmes- wesentlich zu prüfen, ob eine Einstellung(-sveränderung)
sung in das ELM-Modell zu integrieren (siehe oben), so – und das gelte auch für die impliziten Einstellungen, über
liegt der Fokus des ELM (das gilt im Prinzip auch für einen längeren Zeitraum und in unterschiedlichen Kon-
das HSM) darin darzustellen, unter welchen Umständen texten stabil bleibe. Über Konditionierungen ließen sich
einstellungsrelevante Informationen mit einem hohem stabile, aber eher unbewusste Einstellungsänderungen,
bzw. mit einem geringen kognitiven Aufwand verarbeitet besser erklären. Schließlich sei ebenfalls denkbar, dass
werden. Dabei führt eine Informationsverarbeitung mit ein Konditionierungsprozess nur die implizite Einstellung
hohem Aufwand letztlich zu einer längerfristig stabilen verändert, nicht aber die explizite.
expliziten Einstellung. Implizite Entscheidungen treten Wir sind auf die emotionale bzw. evaluative Konditio-
danach bei „low elaboration“ auf. Nach Petty und Tur- nierung im Kapitel „Emotionen“ bereits eingegangen
nes (2010) könnte ein intensives Nachdenken aber in der und werden die Prinzipien auch noch einmal im Kapitel
Folge nicht nur explizite, sondern auch bis dahin nur „Lernen“ aufgreifen. Die Forschungsarbeiten zur Kon-
implizite Einstellungswerte verändern. Nach Bohner und ditionierung sind gerade für die Konsumentenverhal-
Dickel (2011, S. 398) kann damit aber nicht erklärt werden, tensforschung von so besonderer Wichtigkeit, dass sie
warum sich häufig explizite und implizite Einstellungs- ausführlich dargestellt werden sollten.
messwerte so stark voneinander unterscheiden.
Wir halten an dieser Stelle aber noch einmal fest:
Implizite Einstellungen werden – wie bereits ausgeführt –
als automatisch aktivierte Evaluationen verstanden (z. B. Derzeit werden zwei Paradigmen diskutiert, die versu-
gegenüber einem Verkäufer, einer Marke, einer Werbe- chen, den Einstellungswandel zu erklären.
anzeige). Dieser Vorgang erfolgt sehr rasch und erfordert
einen geringen kognitiven Aufwand. Hierin ähneln sie Persönlichkeit, Einstellungsänderungen und
der Einstellungsbildung des peripheren Pfads im ELM. Widerstände gegen Beeinflussung
Ein Einstellungswandel kommt nach Gawronski, Rydell
Der Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsvariablen
et al. (2018) vor allem durch Konditionierungen zustande.
und Beeinflussbarkeit ist nach wie vor nicht eindeutig.
Aufgrund der hohen Bedeutung der Konditionierung er-
Dies vorausgesetzt, beschränken wir uns darauf, einige
klären die Autoren, dass es zweckmäßig sei, zwei große
Befunde zu nennen, die durch empirische Untersuchun-
Paradigmen des Einstellungswandels voneinander zu un-
gen gestützt werden:
terscheiden (die beiden Pfade des APE-Modells werden
somit im Prinzip zu eigenen Paradigmen). Ein Paradigma Personen mit geringem Selbstbewusstsein scheinen bes-
stellten die Dual Process-Modelle dar, also die oben skiz- ser beeinflussbar zu sein. Auch das Alter spielt eine Rol-
zierten Modelle, die den Einstellungswandel auf Basis des le: Jüngere Personen lassen sich besser beeinflussen als
Ausmaßes an Elaborationen (also gedanklicher Auseinan- ältere. Die stärkste Beeinflussbarkeit liegt im Alter von
dersetzung mit einem Meinungsgegenstand) erklären (wie acht oder neun Jahren vor (zusammenfassend bereits
beispielsweise ELM oder HSM). Das andere Paradigma McGuire, 1985, S. 287 ff.).
umfasse alle Arbeiten, die die (evaluative) Konditionierung Geuens und de Pelsmacker (1999) zeigen, dass die „Af-
für den Einstellungswandel verantwortlich machen. Mit fektintensität“ bei einem Individuum als relativ stabiles
Persönlichkeitsmerkmal aufgefasst werden kann, das
131Neben den beschriebenen Modellen der Einstellung (inklu- die Einstellung gegenüber Produkten und Werbung be-
sive des APE-Modells (Associative-Propositional Evaluation einflusst.
Model) von Gawronski und Bodenhausen, 2007) werden noch Als relativ stabile Moderatorvariable hat sich die schon
das Meta-Cognitive Model (MCM; Petty, Briñol und DeMarree, angesprochene Persönlichkeitseigenschaft „Self-Moni-
2007) oder das Multiple Pathway Anchoring and Adjustment
Model (MPAA; Cohen und Reed II, 2006) diskutiert. Allen Mo-
toring“ erwiesen (Personen mit geringen Self-Monito-
dellen ist gemeinsam, dass sie eine Verbindung zwischen den ring-Werten weisen eine signifikant stärkere Einstel-
Einstellungen und dem Verhalten aufzeigen wollen und dabei lungs-Verhaltens-Konsistenz auf als Menschen mit hohen
unterschiedliche Prozesse in den Vordergrund stellen. Self-Monitoring-Werten).
B. Aktivierende Prozesse 247

Zudem sollen Personen mit „Typ-A-Verhalten“ (die u. a. einen Druck, den der Kommunikator auf sie ausüben
durch exzessiven Antrieb und Ehrgeiz gekennzeichnet will, und als mögliche Bedrohung ihrer Meinungsfrei-
sind und die zu Erkrankungen der Herzkranzgefäße heit aufgefasst. Aus diesem Grunde äußern vorgewarnte
neigen) schwerer beeinflussbar sein als solche ohne diese Personen größere Reaktanz als nicht vorgewarnte. Eine
Disposition. Sie reagieren auf beeinflussende Kommuni- ähnliche Wirkung wie die Vorwarnung haben Texte, aus
kation mit mehr Widerstand (Carver, 1980). Eine Studie denen die Beeinflussungsabsicht offen zutage tritt.
(Damholdt, Nørskov et al., 2015), die sich mit der Akzep-
Die Reaktanz muss eine bestimmte Stärke erreichen und
tanz von (Pflege-) Robotern bei älteren Konsumenten be-
eine subjektive Reaktionsschwelle übersteigen, ehe sie
schäftigte, ergab, dass stärker (vs. geringer) extravertierte
wirksam wird (Felser, 2015). Die ausgelösten Reaktionen
Personen eher geneigt waren, ihre Einstellung zu den
werden umso stärker,
Robotern zu ändern, nachdem sie mit entsprechenden
Informationen versorgt wurden. (1) je größer der wahrgenommene Beeinflussungsdruck
ist,
Widerstände gegen eine Kommunikation entstehen
(2) je größer die Bedeutung der beschränkten oder von
hauptsächlich durch
Beschränkung bedrohten Meinung oder Verhaltens-
●● Irritation, weise für eine Person ist,
●● Reaktanz. (3) je weiter die eigene Meinung von der Meinung des
Irritation entsteht, wenn die Kommunikation als pein- Kommunikators abweicht und
lich, dümmlich, aufdringlich usw. empfunden wird. Sie (4) je stärker der Freiheitsspielraum eingeschränkt wird
ist vor allem von der Gestaltung, also von der Form der (je größer der Anteil der beseitigten oder bedrohten
Werbung, abhängig. Die Irritation setzt den Beeinflus- Alternativen wird).
sungserfolg herab. Eine ähnliche Wirkung hat die von Die Wirkungen von Reaktanz bestehen darin, dass das
der Kommunikation ausgelöste Reaktanz. Individuum die eingeengten Freiheiten wiederherstellt
Die Grundhypothese der auf Brehm (1966) zurückge- oder sich für das von Einschränkung bedrohte Verhalten
henden Reaktanztheorie lautet: Wenn eine Person eine besonders engagiert. Das bedeutet für die Kommunika-
Bedrohung oder Einschränkung ihrer Verhaltensfrei- tion, dass sich die Empfänger auf ihre vorhandenen Ein-
heit wahrnimmt, entsteht eine Motivation – Reaktanz stellungen und Verhaltensweisen versteifen oder sogar
genannt –, welche die Person veranlasst, sich der erwar- in einer Weise reagieren, die den Absichten des Kommu-
teten Einengung zu widersetzen oder nach erfolgter Ei- nikators entgegenläuft (Bumerang-Effekt). Anschaulich
nengung ihre Freiheit wieder zurückzugewinnen. Die gesagt: Die Empfänger reagieren mit einer Trotzreaktion:
Verhaltensfreiheit umfasst auch die innere Freiheit zu „Jetzt erst recht nicht!“.
denken und zu fühlen. Anwendung: Ein „klassisches“ Experiment zur empi-
Voraussetzung für das Auftreten von Reaktanz ist, dass rischen Überprüfung dieses Zusammenhangs wurde
die der Kommunikation ausgesetzten Personen den auf in einem Supermarkt durchgeführt. Ein Teil der Su-
sie ausgeübten Druck zur Meinungs- oder Verhaltens- permarktkunden erhielt vor Eintritt in den Laden eine
änderung subjektiv wahrnehmen und dass sie die im höfliche Aufforderung, eine bestimmte Brotmarke zu
konkreten Fall bedrohte Freiheit persönlich als wichtig kaufen; dazu erhielten sie einen Geldbetrag, der gerade
empfinden. Sie müssen den Eindruck bekommen, dass für den Probekauf des Brotes ausreichte. Andere Kun-
der Kommunikator versucht, ihnen wichtige und tat- dengruppen erhielten zusätzlich zur Aufforderung einen
sächlich offenstehende Alternativen zu beschneiden, sich darüber hinausgehenden, höheren Geldbetrag, der als
für diese oder jene Meinung oder für dieses oder jenes „Bestechung“ empfunden werden sollte. Wieder andere
Verhalten zu entscheiden. erhielten statt der höflichen Aufforderung eine streng
gefasste Aufforderung. Wie erwartet zeigte sich, dass bei
Der Eindruck, der Meinungsspielraum werde einge-
dem durch die streng gefasste Aufforderung und durch
schränkt, stellt sich insbesondere dann ein, wenn die
den höheren Geldbetrag ausgelösten Beeinflussungs-
Zielpersonen glauben, der Kommunikator wolle sie ge-
druck signifikant weniger Probekäufe getätigt wurden
gen ihre eigene Meinung zu seinem Standpunkt bekeh-
als bei weniger Druck von außen (Brehm, 1966, S. 82 ff.).
ren. Dazu gibt es mehrere Experimente: Die Empfänger
Weitere Studien zeigen, dass
einer beeinflussenden Kommunikation wurden vorge-
warnt, der Kommunikator nehme eine festgefahrene und ●● auch wahrgenommene räumliche Enge beim Einkau-
andere Position ein als sie selbst. Diese Vorwarnung wird fen die Reaktanz erhöhen und zur Wahl unerwarteter
von den Empfängern im Allgemeinen als Hinweis auf Alternativen führen kann (Levav und Zhu, 2009);
248 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

●● die Motivation, ein Ziel (z. B. eine Umweltschutzkam- (Beispiel: dreimalige Wiederholung eines auffälligen
pagne zu promoten) zu erreichen, geringer ist, wenn Werbefilms in einem kurzen Unterhaltungsfilm). Da-
die Konsumenten dieses Ziel nicht selbst frei gewählt bei ist stets – wie bei den folgenden Überlegungen – zu
haben, sondern es ihnen auferlegt worden ist (Zhang, beachten, dass die Auslösung oder Vermeidung von Re-
Xu et al., 2011); aktanz nur ganz spezifische und partielle Kommunika-
●● durch zu viel „Beziehungsmarketing“ ebenfalls Reak- tionsziele sind, die neben andere Ziele treten.
tanz aufgebaut werden kann, wie schon in dem Titel Reaktanz wird vermieden oder vermindert, wenn die
des Beitrags von Godfrey, Seiders und Voss (2011) zum Kommunikation – beispielsweise die Werbung – als kom-
Ausdruck kommt: „Enough is Enough!“. Auch Chang petente Informationsquelle empfunden wird oder wenn
und Wong (2018) machen auf das Problem aufmerk- sie an soziale Normen anknüpft, nach denen sich der
sam (und belegen), dass „Treue-Programme“ bei den Einzelne richtet. Ausgefeiltere Techniken bestehen darin,
Konsumenten auf Reaktanz stoßen können;
●● die versuchte Beeinflussung zu kaschieren oder
●● schließlich auch finanzielle Incentives misstrauisch
stimmen können (Bertini und Dholakia, 2010), auch ●● von der versuchten Beeinflussung abzulenken.
bei Coupons (Trump, 2016); Zur Verdeutlichung einige Beispiele:
●● männliche Jugendliche (unter 17 Jahren) besonders Verbergen der Beeinflussungsabsicht: Hierzu gehört
viel Spaß haben, solche Videospiele zu spielen, die die Verwendung von längeren (und kleingedruckten)
mit dem Hinweis „nur für Erwachsene“ versehen sind Fließtexten in Anzeigen, die der Konsument nicht liest
(Wright, Ogbuehi et al., 2015). (und die ihn auch nicht stören), die aber bei ihm den
Die Reaktanztheorie kann dazu benutzt werden, Marke- Eindruck erwecken, er werde gut informiert. Durch
ting oder Verbraucherpolitik wirksamer zu machen. Man eine so erzeugte – empirisch nachgewiesene – Informa-
kann gezielt bei den Konsumenten Reaktanz auslösen, tions-Illusion erscheint die Werbung glaubwürdiger, ihre
um sie gegen Beeinflussungsversuche zu immunisieren. Beeinflussungsabsicht tritt weniger zutage. Das wird
Zum Beispiel kann man die oben skizzierte Vorwarnung auch erreicht, wenn die Werbung herausstellt, dass die
in den Dienst des Verbraucherschutzes stellen: Schon angebotene Leistung den Freiheitsraum der Umworbe-
allein durch Hinweise auf die Beeinflussungsabsicht, die nen vergrößere (siehe Abb. 110).
man auf Packungen, vor oder in einer Werbung usw. dem Oder: Die Werbung wird wie eine redaktionelle Informa-
Verbraucher bieten könnte, würde die Widerstandskraft tion aufgemacht und es wird beispielsweise eine werb-
des Verbrauchers gegenüber einer Beeinflussung erhöht. liche Aussage über Zahnpasta in einen redaktionellen
Man kann in einem solchen Falle von einer Immunisie- Bericht über Zahnoperationen eingefügt. Wenngleich
rungsstrategie gegen Beeinflussung sprechen. eine direkte Vermischung von redaktionellen Beiträgen
Ein anderer Weg läuft darauf hinaus, Reaktanz zu ver- und Werbung nach Ziffer 7 des Pressekodex unstatthaft
meiden oder zu verringern (sodass ihre Verhaltenswirk- ist, gibt es gleichwohl einen breiten Spielraum für die
samkeit geringer wird). Das bedeutet zunächst, harte Verbindung von Werbung und redaktioneller Bericht-
Werbestrategien oder hartes Verkaufen zu umgehen, erstattung (vgl. dazu auch die Studie von Germelmann
denn diese bewirken „Unwillen und Abwehr, sobald ein und Gröppel-Klein, 2007, S. 232). So ist es beispielsweise
gewisser Schwellenwert überschritten wird“ (Wiswede, erlaubt, positiv über eine Marke zu berichten. Irrefüh-
1979, S. 99; siehe auch Clee und Wicklund, 1980). Eine rung im Sinne des § 5 UWG liegt erst dann vor, wenn
Form der Einzelhandelswerbung, die möglicherweise die Berichterstattung außergewöhnlich positiv ist, ohne
Reaktanz auslöst, entsteht dann, wenn in der Werbung dass ein entsprechender Anlass vorläge. Anzeigen dürfen
Kaufdruck dadurch ausgeübt wird, dass ein Angebot ein förderliches redaktionelles Berichtsumfeld erhalten
nur für wenige Tage gilt oder dass nur eine beschränkte (und in einigen Branchen wie z. B. der Modebranche wird
Menge (für die Kunden) verfügbar ist (Lessne und Ven- dies sogar von den Werbetreibenden offen eingefordert,
katesan, 1989). In letzter Zeit löst zu stark personalisierte vgl. Krug, 2008). Grenzen: Der Bericht darf nicht auf die
Werbung im Internet oftmals ebenfalls Reaktanz aus, Anzeige verweisen und der Bericht darf keine Fortfüh-
was dazu führen, dass die Betroffenen verstärkt Werbe- rung der Anzeige darstellen (Feil, 2005).
blocker auf ihren Computern installieren (Brinson, Eastin Ablenkung: Die Werbung wird so konzipiert und dar-
und Cicchirillo, 2018). geboten, dass die Aufmerksamkeit der Empfänger von
Ein empfundener Beeinflussungsdruck mit Reaktanz- der beabsichtigten Beeinflussung abgelenkt wird. Bei-
wirkung kann auch auf die zu häufige Wiederholung spiele sind musikalische oder szenische Umrahmungen
eines Werbespots innerhalb eines Films zurückgehen in Werbespots, die wenig mit dem beworbenen Produkt
B. Aktivierende Prozesse 249

Abb. 110: Entscheidungsfreiheit


für individuelle Pläne

zu tun haben. Durch die Ablenkung wird der durch die gen an die Gesellschaft, ermittelt. Ziel der Forschung ist
Kommunikation in Gang gesetzte gedankliche Abwehr- die Abgrenzung und Beschreibung von sozialen Milieus
prozess gestört oder unterbunden. mit jeweils charakteristischen Einstellungen und Lebens-
Jedoch beeinträchtigt die Ablenkung das Verständnis der orientierungen. Die Grundidee ist, dass die milieuspezi-
Werbung. Deswegen verringert eine ausgesprochen star- fische Werteorientierung die Lebens- und Konsumstile
ke Ablenkung den Kommunikationserfolg: Die eintreten- steuert und damit das ästhetische Erleben und Verhalten
den Störeffekte überwiegen in diesem Fall die für den in unserem Alltagsleben beeinflusst.
Einstellungswandel günstigen Ablenkungswirkungen. Im anglo-amerikanischen Sprachraum wurde die Wer-
teforschung vor allem durch die 1973 von Milton Roke-
4. Werte als spezifische und internalisierte Einstellungs- ach entwickelte Rokeach-Value-Survey (RVS) geprägt
größen (Oppenhuisen und Sikkel, 2001, 2003; Weber, 2017). Das
Im Kapitel „Motivation“ wurde bereits auf die Bedeutung RVS-Konzept umfasst zwei Wertegruppen mit jeweils
von Werten für das Konsumverhalten hingewiesen. Wer- 18 Werten. Die erste Gruppe enthält die sogenannten
te stellen Maßstäbe für die Beurteilung des eigenen Han- „terminal values“. Diese sind die existenziellen Werte, die
delns dar (= Innenaspekt), und sie sind Leit- oder Richt- ein Individuum in seinem Leben erreichen möchte, z. B.
linien für die Wahrnehmung der Umwelt des Einzelnen ein „angenehmes Leben“ („comfortable life“), das „Ge-
(= Außenaspekt). Werte ändern sich (wenn überhaupt) fühl, etwas erreicht zu haben“ („a sense of accomplish-
nur sehr langsam oder infolge drastischer Ereignisse ment“) oder Weisheit („wisdom“). In der Originalversion
(„umwälzende Lebensereignisse“, engl. „life events“). nach Rokeach sollen die 18 existenziellen Werte in eine
Rangfolge gebracht werden, was allerdings für viele Test-
personen ein aufwendiges Verfahren darstellt und zu
Anders ausgedrückt sind Werte stark verfestigte (inter- Überforderung führen kann, da sich die im Mittelfeld
nalisierte) Einstellungen, die für das eigene persönliche
befindlichen Werte oftmals nur mühsam hierarchisch
Leben relevant sind, bzw. präskriptive Erwartungen, die
an die Gesellschaft gestellt werden.
ordnen lassen. Daher empfiehlt es sich, bei Anwendung
der RVS nur die als besonders bedeutsam empfundenen
Werte von den Befragungspersonen abstufen zu lassen
In den für Deutschland repräsentativen Everyday-Li- (Kamakura und Mazzon, 1991; Kamakura und Novak,
fe-Research-Untersuchungen des Sinus-Instituts werden 1992).
vor allem die individuellen Werte, weniger die Erwartun-
250 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Zu der zweiten Gruppe des RVS-Konzepts zählen die Auch nach Schwartz (2012) dienen Werte als Richtlinien
sogenannten 18 instrumentellen Werte („instrumental im Leben einer Person. Schwarz schreibt Werten sechs
values“), mit denen gemessen wird, mit welchen Verhal- grundlegende Eigenschaften zu:
tensweisen die Lebensziele von den befragten Personen ●● Werte sind untrennbar mit Emotionen verbunden.
erreicht werden sollen. Die Liste der instrumentellen ●● Werte stehen in Zusammenhang mit wünschenswer-
Werte umfasst zum Beispiel Eigenschaftswörter wie ten Zielen, die Handlungen auslösen können.
ehrgeizig („ambitious“), höflich („polite“), nachsichtig ●● Werte sind losgelöst von spezifischen Handlungen/
(„forgiving“) oder beherrscht („self-controlled“). Hier
Aktionen (diesen übergeordnet).
interessiert ebenfalls die Reihenfolge der subjektiv ein- ●● Werte dienen als Maßstäbe. Sie leiten die Evaluation
geschätzten Wichtigkeit der einzelnen Verhaltensweisen.
bestimmter Handlungen, Personen oder Ereignisse.
Individuen mit gleichen Hierarchien bei den beiden Wer-
●● Werte stehen in einer relativen Ordnung zueinander:
tegruppen können dabei zu Gruppen zusammengefasst
Wertesystem (nach Prioritäten geordnet). Gesellschaf-
werden.
ten können anhand dieses Werte-Systems charakteri-
Das sogenannte List-of-Values-Verfahren (kurz LOV) siert werden.
wurde an der Universität Michigan entwickelt (Kahle, ●● Diese Beziehung verschiedener Werte zueinander
1983) und basiert auf den Arbeiten zur Werteforschung lenkt Handlungen.
von Rokeach (1973), Maslow (1954) und Feather (1975). Da-
bei wurden die 18 existenziellen Werte von Rokeach zu Das SVS („Schwartz Value Survey“)-Wertemodell von
9 übergeordneten Werten zusammengefasst (Selbstach- Schwartz (1992) besteht aus zehn Gruppen von Grund-
tung – „self respect“, Sicherheit – „security“, gute Bezie- werten, welche die grundlegenden existenziellen
hungen zu anderen – „warm relationships with others“, menschlichen Bedürfnisse umfassen (biologische Grund-
Gefühl, etwas erreicht zu haben – „sense of accomplish- bedürfnisse, soziale Interaktion und Gruppenzugehörig-
ment“, Selbstverwirklichung – „self-fulfillment“, Zuge- keit) und die als anzustrebende Ziele formuliert werden
hörigkeit – „sense of belonging“, respektiert sein – „being (Schwartz und Sagiv, 1995, S. 94; Mohler und Wohn, 2005,
well respected“, Freude und Spaß im Leben – „fun and S. 2). Individuelle Werte können trotz der von Schwartz
enjoyment in life“ und Erlebnisorientierung – „excite- (1992) demonstrierten kulturellen Universalität in ihrer
ment“). Die einzelnen Werte können den unterschiedli- Ausprägung nicht unabhängig von landeskulturellen
chen Hierarchiestufen Maslows zugeordnet werden. Im Einflussgrößen betrachtet werden. Bearden, Money und
Unterschied zu Rokeach sind hier zum einen die Werte Nevins (2006) zeigen z. B. die Bedeutung der von Kultur-
stärker mit typischen Lebensphasen eines Individuums kreis zu Kulturkreis unterschiedlich ausgeprägten Lang-
(z. B. Hochzeit, Elternschaft, etc.) verknüpft (Kahle, Beatty zeitorientierung für ethische Werte auf. Davidov, Schmidt
und Homer, 1986, S. 405), zum anderen sollen nur die und Schwartz (2008) geben einen guten Überblick über
beiden bedeutsamsten Werte herausgesucht (Kahle, 1983) die Frage, wie die zehn Basiswerte von Schwartz (1992)
und nur diese beiden hinsichtlich ihrer Bedeutsamkeit mithilfe des European Social Survey gut gemessen wer-
in eine Reihenfolge gebracht werden (Beatty, Kahle et al., den können, und machen deutlich, dass in manchen
1985). Des Weiteren wurden in verschiedenen LOV-Stu- Ländern durchaus einige Werte sehr stark miteinander
dien Korrelationen der Werte mit konkreten Konsum- korrelieren, sodass man sie als ein Konstrukt zusam-
präferenzen berechnet (beispielsweise welche Produkte menfassen sollte (in Deutschland z. B. die Werte „Power“
zum Frühstück bevorzugt werden, Kahle, Beatty und (Macht) und „Achievement“ (Leistung, siehe Tab. 4).
Homer, 1986, S. 408). Allerdings waren insgesamt nur Zur Messung der Relevanz bestimmter Werte ent-
wenige Koeffizienten hoch signifikant, oder mit anderen wickelte Schwartz (1992) ein Verfahren, den sogenannten
Worten ausgedrückt: Werte und konkretes Kaufverhal- Schwartz-Value-Survey (SVS). Die Teilnehmer werden
ten stehen nur in einem schwachen Zusammenhang. hier gebeten, die Wichtigkeit (mittels einer Ratingskala)
Durgee, O’Connor und Veryzer (1996) fordern daher, von insgesamt 57 Subwerten (die den zehn übergeord-
nicht nur abstrakte Werte zu messen, sondern auch aus neten Werten zugeordnet werden können) als Leitprin-
Sicht der Konsumenten zu erforschen, welche konkreten zipien im eigenen Leben zu bewerten.
Produkteigenschaften einen Beitrag zur Erreichung eines Als Alternative zum SVS haben Schwartz et al. (2001)
Ziels leisten (z. B. Sicherheit der Familie: Alarmanlagen, ebenfalls den sogenannten Portrait Value Questionnaire
Brandmelder, aber auch gemütliche Wohnatmosphäre). (PVQ) entwickelt, „in order to measure the ten basic valu-
es in samples of children from age 11-14 and of persons
„When we think of our values, we think of what is import- not educated in Western schools that emphasize abstract,
ant to us in life“ (Schwartz 2012, S. 3). context-free thinking. It works equally well with adults in

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B. Aktivierende Prozesse 251

Wertetyp Definition umfasst die Grundwerte:


Selbst-Überwindung (Self-Transcendence)
Universalismus Verständnis, Anerkennung und Schutz des Wohl- Soziale Gerechtigkeit, Weltoffenheit, Welt-
(Universalism) ergehens aller Menschen und der Natur (individualis- frieden, Weisheit, eine schöne Welt, Eins-
tisch und kollektivistisch) Sein mit der Natur, Umweltschutz, Gleichheit
Humanismus Wahrung und Steigerung des Wohlergehens derjeni- Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Vergebung,
(Benevolence) gen Menschen, mit denen man in häufigem persönli- Loyalität, reife Liebe, treue Freundschaft
chen Kontakt steht (kollektivistisch)
Bewahrung des Bestehenden (Conservation)
Tradition Respekt, Verpflichtung und Akzeptanz gegenüber den Akzeptanz meiner Stellung im Leben („my
(Tradition) Gebräuchen und Ideen, die die traditionelle Kultur und portion in life“), Hingabe, Bescheidenheit,
Religion dem Individuum auferlegen (kollektivistisch) Mäßigung, Respekt der Tradition
Konformität Unterdrückung von Handlungen, Tendenzen und Gehorsam, Selbstdisziplin, Höflichkeit, Ehr-
(Conformity) Impulsen, die geeignet wären, andere zu verletzen erbietung älteren Menschen und den Eltern
oder soziale Erwartungen oder Normen zu übertreten gegenüber
(kollektivistisch)
Sicherheit Sicherheit, Harmonie und Stabilität der Gesellschaft, Sicherheit der Familie, nationale Sicherheit,
(Security) von Beziehungen und des eigenen Selbst (individua- soziale Ordnung, Sauberkeit, gegenseitiges
listisch und kollektivistisch) Erweisen von Gefallen, Zugehörigkeitsgefühl
Selbst-Erhöhung (Self-Enhancement)
Macht sozialer Status und Sozialprestige, Kontrolle oder soziale Macht, Reichtum, Autorität,
(Power) Dominanz über Menschen und Ressourcen (indi- das Gesicht bewahren
vidualistisch)
Leistung persönlicher Erfolg durch die Demonstration von Ambition, Erfolg, Können, Intelligenz,
(Achievement) Kompetenz gemäß den sozialen Standards (indi- Selbstrespekt
vidualistisch)
Selbst-Erhöhung und Offenheit gegenüber Neuem (Self-Enhancement and Openness to Change)
Hedonismus Freude und eigene sinnliche Befriedigung (indi- Vergnügen, Genuss, das Leben genießen
(Hedonism) vidualistisch)
Offenheit gegenüber Neuem (Openness to Change)
Stimulation Verlangen nach Anregung, Neuartigem und Heraus- ein aufregendes, abwechslungsreiches
(Stimulation) forderungen im Leben (individualistisch) Leben, etwas wagen
Selbstbestimmung unabhängiges Denken und Handeln – frei entschei- Kreativität, Freiheit, Neugier, Unabhängigkeit,
(Self-Direction) den, erschaffen, entdecken (individualistisch) selbst die eigenen Ziele bestimmen

Tab. 4: Wertetypen (in Anlehnung an Schwartz und Sagiv, 1995)

representative national samples“ (Schwartz, 2012, S. 11). Macht-Werten eine hohe Bedeutung beimisst, wird bei-
Anders als beim SVS, wo Probanden die Relevanz be- spielsweise wie folgt beschrieben: „It is important to him
stimmter Werte direkt angeben sollen, bedient sich der to be rich. He wants to have a lot of money and expen-
PVQ einer indirekten Befragungsmethode. Probanden sive things“ (Schwartz, 2012; S. 11). Die Formulierungen
sehen hier insgesamt 40 Beschreibungen von Personen. sind hierbei jeweils an das Geschlecht des Probanden
Hierbei werden Ziele, Wünsche oder Vorstellungen der angepasst. Die Probanden werden gebeten anzugeben,
Personen so formuliert, dass sie jeweils klar einem spe- wie sehr diese beschriebene Person ihnen selbst ähnelt
zifischen Wert zuzuordnen sind. Beispielsweise wird (und gerade nicht, wie sehr sie selbst der beschriebenen
eine Person, der Selbstbestimmungs-Werte besonders Person ähneln, da der Vergleich einer anderen Person mit
wichtig sind, wie folgt beschrieben: „Thinking up new dem Selbst den Fokus auf die Eigenschaften der anderen
ideas and being creative is important to him. He likes Person lenkt und damit auch auf die werterelevanten
to do things in his own original way.“ Eine Person, die Aspekte). Auf diese Weise kann die Relevanz von Werten
252 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

indirekt erfasst werden, ohne das Thema Werte explizit den Konsumenten in Gang bringen, d. h., dass Konsu-
in den Vordergrund der Messung zu stellen. menten bewusst über die Auswirkungen ihrer Antwor-
Beide Verfahren bergen aber die Gefahr (eine Gefahr, ten nachdenken, was die soeben beschriebenen Effekte
die Schwartz selbst anspricht) sozial erwünschten Ant- auslösen kann.
wortverhaltens in sich (SDB = Social Desirability Bias), Am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung wur-
da nicht wenige Personen sich selbst in einem möglichst de daher eine Bilderskala (Gröppel-Klein und Kobel, 2017;
guten Licht präsentieren wollen (Randall und Fernan- 2018) entwickelt, die basierend auf den zehn Basiswerten
des, 1991). Dies führt dazu, dass vermeintlich sozial er- nach Schwartz feine Facetten der übergeordneten Werte
wünschten Werten (wie beispielsweise Umweltschutz) nach Schwarz mittels Bildcollagen visualisiert (Abb. 111).
nach außen eine höhere, sozial weniger akzeptierten Bilderskalen fördern intuitives Antwortverhalten und
Werten (wie beispielsweise Machtstreben oder Domi- verringern damit Rationalisierungsprozesse und in der
nanz) hingegen eine geringere Bedeutung beigemessen Folge sozial erwünschtes Antwortverhalten (Gröppel-
wird, als sie diese Werte für die Probanden vielleicht Klein, Hupp et al., 2010). Das konnte auch für die vorlie-
tatsächlich haben (vgl. z. B. Neeley and Cronley, 2004; gende Bilderskala zur Messung von Werten (Gröppel-
Roxas and Lindsay, 2012). Sind die Antworten jedoch Klein und Kobel, 2017) bestätigt werden, weswegen sich
durch diesen Bias verzerrt, ist ein Erfassen der tatsäch- die neue Methode als vielversprechendes Verfahren zur
lichen Werteorientierung der Konsumenten schwierig. zukünftigen Messung der „wahren“ Werteorientierung
Es bedarf damit eines Verfahrens zur Wertemessung, von Menschen erweist. Durch Implementierung der Bild-
das die Problematik des sozial erwünschten Antwort- collagen in eine eigens dafür entwickelte Software wird
verhaltens möglichst reduzieren oder gar ausschließen es den Probanden möglich, die Relevanz verschiedener
kann. Diese geht insbesondere auch damit einher, dass Wertefacetten intuitiv auf einem Touchscreen-Monitor
die bisherigen Methoden zur Wertemessung alle rein ver- anzugeben. Das Verfahren basiert auf Distanzdaten.
baler Natur sind; verbalen Skalen wird die Problematik Je größer der Abstand zwischen einem Wert und der
zugeschrieben, dass sie Rationalisierungsprozesse bei eigenen Person, desto weniger bedeutsam ist der Wert

Messung von Werten mit Bilderskalen: Je näher am Stimulus (z.B. ein zu charakterisierendes Unter-
nehmen oder der Teilnehmer selbst), desto stärker wird der Wert mit dem Stimulus verbunden.

Bilder (rechte Bildschirmseite) können mittels einer speziell entwickelten Software über den Touchscreen zu dem
Stimulus verschoben werden. Die Distanz zum Stimulus wird automatisch berechnet. Bilder repräsentieren Werte
nach Schwartz (2012).

Labor Touchscreen

Abb. 111: Messung von Werten mit Bilderskalen (Quelle: Gröppel-Klein und Kobel, 2017)
B. Aktivierende Prozesse 253

Beispiel für zwei hinsichtlich der Wertezuschreibung


unterschiedlich positionierte Betriebsformen
Umweltschutz
Zielstreben Tierwohl
Freiheit Soziale Gerechtigkeit
Bioladen
Vielfalt Regionalität Supermarkt

Offenheit für Neues Gesundheit

Begeisterung Sorge tragen

Genuss Freundschaft

Abenteuer Familie

das Leben genießen Vertrauen

Qualität Anerkennung

Sicherheit Toleranz
Erfolg Konformität
Dominanz Reichtum

Anm.: Ähnlichkeitsmaße zwischen 0 und 1; 0= kein Zusammenhang des Wertes mit dem Unternehmen;
1 =starke Verbindung des Wertes mit dem Unternehmen; Skala im Diagramm: 0,25-0,75

Abb. 112: Werteprofile von zwei Betriebsformen des Handels (Quelle: Gröppel-Klein und Kobel, 2018)

für das eigene Leben, je näher er an das Selbst gerückt Auch die Werbung kann dazu beitragen, Werte zu verän-
wird, desto bedeutsamer. Es könne ebenfalls Assozia- dern. Vielfach versuchen Werbekampagnen, Marken mit
tionen mit unterschiedlichen Unternehmen verglichen bestimmten Werten zu verbinden (z. B. Werther’s Origi-
werden. Abb. 112 zeigt den Vergleich eines Bioladens mit nal und Tradition), um so die Attraktivität des Produktes
einem Supermarkt auf Basis der Werte, die den jeweiligen zu erhöhen (Torelli, Özsomer et al., 2012). Der Beitrag
Betriebsformen aus Sicht der Konsumenten zugeordnet von Defever, Pandelaere und Roe (2011) macht deutlich,
wurden. Hier bedeutet die Spinnennetzgraphik aller- dass solche Kampagnen über ihren eigentlichen Zweck
dings: Je näher die Linie zu einem Wert heranrückt, desto hinaus wirken können und generelle Einstellungen und
mehr wird der Wert mit dem Unternehmen verbunden. das Verhalten beeinflussen können.
Die Relevanz einzelner Werte kann sich im Zeitver-
lauf durchaus verschieben: So zeigen Schwartz und 5. Verwendung von Einstellungswerten im Marketing
Rubel-Lifschitz (2009) in einer länderübergreifenden Im vorangegangenen Abschnitt wurde darauf hinge-
Studie, dass Werte wie Universalismus, Humanismus, wiesen, dass in der Marketingforschung Einstellungs-
Stimulation, Hedonismus und Selbstbestimmung durch untersuchungen durchgeführt werden, um zu prüfen,
die fortschreitende und gelebte Gleichberechtigung von ob verschiedene Lebensstile zu unterschiedlichen Präfe-
Männern und Frauen an Bedeutung gewinnen, während renzen gegenüber Produkten oder Marken führen oder
die Werte Leistung, Macht und Sicherheit an Bedeutung ob anhand unterschiedlicher Einstellungen homogene
verlieren. Marktsegmente gebildet werden können, für die es sich
empfiehlt, spezielle absatzpolitische Maßnahmen zu ent-
254 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

wickeln. Nicht immer sind die Beziehungen zwischen Einstellungen und Ableitungen von Soll-Empfehlungen
Werten und konkretem Produkt- bzw. Markenwahlver- Zu Therapiezwecken werden die gewonnenen Ist-Werte
halten deutlich (siehe Ausführungen zum LOV-Modell), der Einstellungen mit Soll-Werten (Idealwerte) vergli-
doch Zanger, Baier und Gaus (2004) konnten beispielswei- chen. Aus der Diskrepanz zwischen „Soll“ und „Ist“
se zeigen, dass die Wertetypen Universalismus, Konfor- werden zukünftige Marketingstrategien abgeleitet. Dabei
mität und Hedonismus nach Schwartz und Sagiv (1995) kommen grundsätzlich zwei Strategien in Betracht: (1)
geeignet sind, beim Automobilkauf die Bedeutung un- Anpassung der Einstellungen an das Angebot, (2) An-
terschiedlicher Kaufmotive (z. B. Innovations-, Ästhetik- passung des Angebots an die Einstellungen der Kon-
und Prestigeorientierung) und die Nutzenerwartungen sumenten.
(Qualität, Komfort und Sportlichkeit) zu prognostizieren.
Ersteres wird sicherlich nur gelingen, wenn die bishe-
Gröppel-Klein und Germelmann (2005) zeigten die Be-
rigen Einstellungen mit geringem Commitment einher-
deutung von Werten für die wahrgenommene Attrakti-
gehen. Die Chancen und Risiken der zweiten Strategie
vität von Werbeanzeigen. Ein Ergebnis der Studie war
können unter dem Schlagwort „Positionierung“ disku-
zudem, dass durch die Berichterstattung in den Medien
tiert werden. Das Ziel, die Ist-Einstellung der Konsu-
(hier dargestellt am Beispiel der Bild-Zeitung) zwar die
menten zu einer bestimmten Marke in dieser oder jener
kurzfristigeren Konsumstile (z. B. „Wunsch nach Smart
Richtung zu verändern, ist als Vorgabe für eine einzelne
Shopping“), nicht aber die längerfristig stabilen Wert-
absatzpolitische Maßnahme meist konkreter als die Vor-
haltungen beeinflusst wurden. Werte sind also nicht so
gabe einer ökonomischen Zielgröße wie Umsatz oder
schnell wandelbar.
Absatzvolumen132.
Die Messung von Einstellungen auf dem Markt dient
Einstellungstransfer (Imagetransfer): Eine interessan-
also vor allem als Basis für die Erklärung und Progno-
te Möglichkeit ist der Einstellungs- oder Imagetrans-
se des Konsumentenverhaltens. Man kann auch sagen,
fer (Schweiger, 1995; Baumgart, 2014). Hier versucht der
dass das Kaufverhalten eine Funktion der Einstellung
Anbieter, das vorhandene und gefestigte Image einer
ist, und diese ist eine Funktion der absatzpolitischen
Marke auf ein anderes Produkt zu übertragen (z. B. Ca-
Maßnahmen. Mit solchen Schachtelfunktionen wird in
mel-Zigarette → Camel-Kleidung). Unter Imagetransfer
formalen Modellen des Konsumentenverhaltens gearbei-
versteht man „die Strategie, unterschiedliche Produkt-
tet, unter anderem zur Bestimmung des Markenwertes
klassen erfolgreich unter ein und demselben Markenna-
(Bekmeier-Feuerhahn, 1998). Ferner werden Einstellun-
men anzubieten und absatzpolitisch zu fördern. Durch
gen gemessen, um die Wirkung von bereits erfolgten
den gemeinsamen Markennamen soll die Übertragung
absatzpolitischen Maßnahmen festzustellen (Erfolgskon-
positiver markenspezifischer Vorstellungsbilder auf
trolle). Hier sind beispielsweise folgende Erfolgskontrol-
Partnerprodukte ermöglicht werden. Der Vorteil einer
len hervorzuheben:
solchen Imagetransferstrategie liegt (unter anderem)
(1) Kontrolle der Absatzmethoden durch Ermittlung des darin, dass mittels einer einzigen, einheitlichen Wer-
Images der Verkaufsorgane aus Sicht der Konsumen- belinie gleichzeitig zwei oder mehr unterschiedliche
ten, Produkte beworben werden können“ (Schweiger, 1995,
(2) Kontrolle der durch Werbung erzielten Einstellungs- S. 915). Auf diese Weise partizipieren mehrere Produkte
änderungen, an dem für eine Marke geschaffenen Image. (Es handelt
(3) Kontrolle der Produkt-, Marken- und Sortimentsi- sich um eine spezielle Anwendung der üblicherweise
mages aus Konsumentenperspektive, hinter einer Imagewerbung stehenden Strategie: Zum
(4) Kontrolle der durch Point-of-Sale-Marketingmaßnah- Beispiel wird durch Werbung für ein Unternehmen wie
men ausgelösten Einstellungen, Siemens ein Image aufgebaut, das allen Produkten von
(5) Kontrolle der Wirkungen von Imagetransfers. der Waschmaschine bis zum Telefon zugutekommt, die
Grundsätzlich kann man festhalten, dass Einstellungs- unter „Siemens“ verkauft werden.) Viele aktuelle Beispie-
messungen der Diagnose des Marktgeschehens sowie le finden wir in der Übertragung von Images aus dem
der Ableitung von Soll-Empfehlungen (Therapie) für die Sportbereich (Personen und Marken) auf Produkte aus
Zukunft dienen sollen. Zu Diagnosezwecken werden die dem alltäglichen Lebensbereich, z. B. Parfum, Kleidung,
ermittelten Einstellungswerte als Basis für die Erklärung Schmuck.
und Prognose des Konsumentenverhaltens sowie zur
Kontrolle der Wirkung von bereits durchgeführten ab- 132
Die Berechnung des Erfolgs absatzpolitischer Maßnahmen
satzpolitischen Maßnahmen genutzt. anhand von Einstellungswerten ist weniger schwierig als bei
Erfolgsmessungen anhand ökonomischer Größen (Kroeber-
Riel, 1993c, S. 29 ff.).
B. Aktivierende Prozesse 255

Völckner und Sattler (2006) zeigen auf, unter welchen Prä- ke emotionale Eigenschaften zuzuschreiben. Die zweite
missen ein solcher Markentransfer gelingt − schließlich absatzpolitische Strategie (Anpassung der Einstellun-
liegt eine große Gefahr in der Überdehnung der Marke, gen an das Angebot) verfolgt das Ziel, die Vorstellungen
wodurch die ehemals prägnante und unverwechselbare der Konsumenten vom idealen Produkt zu ändern (z. B.
Kernmarke zu einer als verschwommen wahrgenom- „Weniger aufwendige Verpackungen sind umweltscho-
menen Marke mutiert, die damit für die Konkurrenz nender!“).
angreifbar wird oder einen Preisverfall erlebt. Positionierungsmodelle leiden oft unter einer zu starken
Ein Angelpunkt für die Absatzpolitik ist die Idealvor- Vereinfachung. Um den komplexeren Bedingungen der
stellung eines Kunden von einem Produkt. Diese Ein- Wirklichkeit gerecht zu werden, sind folgende Einfluss-
stellungen drücken die Ansicht der Konsumenten aus, größen zu berücksichtigen:
welche Eigenschaften ein Produkt haben sollte, das ihre ●● mehr als zwei Produkteigenschaften,
speziellen Bedürfnisse am besten befriedigt. Auch hier ●● Positionen der Konkurrenz,
sind zwei verschiedene Strategien möglich: ●● Idealpunkte von verschiedenen Marktsegmenten.
Strategie 1: Anpassung der Einstellungen an das Angebot.
Diesen Forderungen entsprechen Positionierungsmo-
Strategie 2: Anpassung des Angebots an die Idealvorstel- delle, die mittels multidimensionaler Skalierung (MDS)
lungen der Konsumenten, entwickelt wurden. Abb. 113 gibt ein Positionierungsmo-
Bei der ersten Strategie wird das Angebot als Faktum dell für konkurrierende Marken wieder.
vorausgesetzt, und es wird versucht, die Vorstellungen Marktnischen: Der Erfolg der eigenen Position hängt
der Konsumenten vom idealen Produkt so zu verändern, davon ab, wie die Marktpositionen der konkurrierenden
dass ihnen das Angebot zusagt. Produkte oder Marken aussehen. Grundsätzlich gilt: Je
Bei der zweitgenannten Strategie wird die Einstellung enger die wahrgenommenen Positionen zweier Marken
der Konsumenten als Faktum hingenommen; es wird beieinander liegen, umso stärker stehen sie in Wettbe-
versucht, ein Angebot auf den Markt zu bringen, das werb.
diesen Vorstellungen vom idealen Produkt gerecht wird. Ferner gilt: Je näher die wahrgenommene Position ei-
Im Hinblick auf die motivationalen Komponenten der ner Marke am Idealpunkt liegt – das heißt, je näher sie
Einstellungen können wir diese Strategien auch anders der Vorstellung vom idealen Produkt kommt – und je
formulieren: Richte das Angebot nach den Motiven oder weiter andere, konkurrierende Marken davon entfernt
verändere die Motive! liegen, umso größer ist die Kaufwahrscheinlichkeit für
die Marke.

Es kann das Ziel absatzpolitischer Strategien sein, den In diesem Zusammenhang ist das Konzept der Markt-
Abstand zwischen den vom Konsumenten wahrgenom- nische relevant. Eine Marktnische ist ein Teilmarkt, der
menen bestehenden Eigenschaften einer Marke und durch das vorhandene Produktangebot unzureichend
den – aus der Sicht des Zielgruppensegments – idealen ausgeschöpft wird und potenzielle Nachfrage für ein
Eigenschaften zu verringern. Diesem Ziel dient die Pro- neues Produkt enthält. Auf Spiegel (1961) geht die Un-
duktpositionierung. terscheidung in manifeste und latente Marktnischen zu-
rück. Eine manifeste Marktnische entsteht, vereinfacht
Produktpositionierung: Die erste absatzpolitische Stra- gesagt, wenn es auf dem Markt Konsumenten gibt, die
tegie (Anpassung des Angebots an die Einstellungen Bedürfnisse nach einem bestimmten Produkt haben, aber
der Konsumenten) läuft im Allgemeinen darauf hinaus, die vorhandenen Marken zur Bedürfnisbefriedigung für
durch die Produktgestaltung dafür zu sorgen, dass die ungeeignet halten, oder dieses Produkt noch gar nicht er-
tatsächlichen Eigenschaften einer Marke die Erwartun- funden ist (z. B. Aids-Impfstoff). Eine latente Marktnische
gen der Konsumenten (besser) befriedigen. Die Verän- ist dann vorhanden, wenn die Konsumenten zwar die auf
derung muss allerdings von den Konsumenten auch als dem Markt angebotenen Marken kaufen, aber auf eine
Verringerung der Distanz zwischen Wirklichkeit und neue Marke umschwenken würden, wenn diese ihren
Ideal wahrgenommen werden. Die wahrgenommene Po- Idealvorstellungen näher käme als die vorhandenen Mar-
sition einer Marke im Eigenschaftsraum kann sich aber ken (kalorienarme, aber gut schmeckende Schokolade).
auch ohne Produktveränderung verschieben, wenn die Ein Problem bei Positionierungsstudien mit dem Ver-
Konsumenten durch Werbung, Verpackung usw. dahin fahren MDS ist darin zu sehen, dass mindestens acht
gebracht werden, die sachlichen Eigenschaften anders Konkurrenzprodukte in die Analyse aufgenommen
wahrzunehmen, als sie tatsächlich sind, oder der Mar- werden sollten (Backhaus, Erichson et al., 2011, S. 217 ff.).

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2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Wirtschaftlichkeit (+)
SEGMENT 4
SEGMENT 3 SEGMENT 5
Jeep Liberty

Jeep Wrangler

Chevy Tracker
SEGMENT 1 Subaru Forrester

Toyota RAV 4
Hyundai Santa Fe

Honda CRV Mazda Tribute

Popularität (-) Popularität (+)


Ford Escape
SEGMENT 2
Abb. 113: Ergebnis einer Positio-
Subaru Outback
nierungsstudie mittels multidi-
mensionaler Skalierung

Anmerkung: Wahrgenommene
Marktpositionen von 11 Auto-
marken sowie Autopräferenzen in
5 Marktsegmenten. Die gestrichel-
ten Linien trennen 5 heterogene
SaturnVue
Marktsegmente. Vereinfachte
Wirtschaftlichkeit (-) Darstellung in Anlehnung an
DeSarbo, Grewal und Scott (2008)

Heute existieren auf vielen Märkten jedoch nicht mehr Produkt von der Konkurrenz abheben. Das klingt zwar
so viele Marken oder die Konsumenten kennen nur noch einfach, aber viele Misserfolge auf dem Markt gehen da-
wenige Alternativangebote (Bsp. Waschmaschinen: acht rauf zurück, dass die eine oder die andere Bedingung
verschiedene Markenhersteller?), sodass die MDS dann vor einer Produktpositionierung nicht überprüft wurde
nicht angewendet werden sollte. Im Handelsbereich bie- (Schroiff, 2015).
tet sich das Verfahren jedoch sehr gut zur Positionierung Entscheidend ist Folgendes: Wenn hier von Eigenschaf-
von Einkaufsstätten in einer Stadt an (Gröppel-Klein, ten gesprochen wird, so ist es selbstverständlich, dass
1998). nur subjektiv wahrgenommene Eigenschaften betrachtet
Positionierungsstrategien: Bei der praktischen Umset- werden. Es kommt bei einer Produktpositionierung nicht
zung der beiden möglichen Strategien „Verändere die Po- auf die objektiven Eigenschaften eines Produktes an,
sition einer Marke“ oder „Verändere die Idealvorstellun- sondern darauf, wie diese Eigenschaften von den Konsu-
gen der Konsumenten“ steht die Frage im Vordergrund, menten wahrgenommen werden (Esch, 2008a). Zudem ist
welche Produkteigenschaften oder Imagekomponenten es notwendig, bei der Positionierung eines Produktes die
bei einer Positionierung maßgebend sind. Die Antwort strategischen Positionierungen der Konkurrenzprodukte
dazu lautet: Für die Positionierung auf dem Markt sind im Auge zu behalten. Eine Möglichkeit hierzu stellt das
solche Produkteigenschaften maßgebend, welche für die schon vorgestellte WISA-Modell dar (Trommsdorff und
Konsumenten subjektiv wichtig sind und zugleich das Paulssen, 2005).
C. Kognitive Prozesse

I. Einführung zu setzen, um sich die Komplexität der menschlichen


Psyche stets vor Augen zu führen, ohne die Frage zu
vernachlässigen, ob eher die informationsverarbeitenden
Im System der psychischen Variablen, das wir im Ka- Prozesse oder die innere Schubkraft dominierend sind.
pitel A (des Zweiten Teils) vorgestellt haben, stehen die Wir sollten also von „primär kognitiven“ oder „primär
kognitiven Prozesse den aktivierenden gegenüber. Ak- affektiven“ Vorgängen sprechen. Darüber hinaus sollten
tivierende Vorgänge – Emotion, Motivation und Einstel- wir wissen, dass es kognitive Verarbeitungsprozesse gibt,
lung – treiben das Individuum an. Sie sorgen dafür, dass die ohne Bewusstsein ablaufen. So spricht man heute
das Individuum aktiv wird und handelt. von „implizitem Lernen“, bei dem der Mensch komplexe
Kognitive Vorgänge lassen sich als gedankliche Prozesse Regelmäßigkeiten der Umwelt in seinem Handeln nutzt,
kennzeichnen. Durch sie erhält das Individuum Kenntnis ohne dass ihm das bewusst wird1.
von seiner Umwelt und von sich selbst. Sie dienen vor An dieser Stelle ist es sinnvoll, auch den Begriff „Ko-
allem dazu, das Verhalten gedanklich zu kontrollieren gnitive Psychologie“ zu definieren. Kognitive Psycho-
und willentlich zu steuern. Im Marketing stellt man sich logie beschäftigt sich mit der Frage, wie das „Denken
beispielsweise die Frage, wie Preisinformationen von im Kopf“ entsteht (Wentura und Frings, 2013, S. 9). Im
Konsumenten wahrgenommen werden und zu welchen Vordergrund standen dabei früher die Analyse der Ge-
Kaufentscheidungen sie führen. Bei Preisgünstigkeits- dächtnisprozesse sowie Wahrnehmung, Beurteilung und
urteilen (Diller, 2008, S. 139) vergleicht der Konsument Entscheidung. Wenngleich immer noch das „Denken“
den in einem Geschäft ausgewiesenen Produktpreis mit im Zentrum des Forschungsinteresses steht, so ist sich
einem (intern) im Gedächtnis gespeicherten Preis. Je nach die kognitive Psychologie heute durchaus bewusst, dass
Ergebnis dieses Vergleichs wird das Geschäft in Bezug affektive Prozesse das Denken leiten können (z. B. hängt
auf dieses Produkt als preisgünstig eingestuft oder nicht. es vom motivationalen Zustand ab, ob eher positive oder
In der Folge kann ein Kauf ausgelöst oder verhindert negative Informationen beachtet werden, vgl. Wentura
werden. In anderen Fällen führt nur ein hoher Preis zu und Frings, 2013, S. 164). Genauso können aber auch bei-
Kaufverhalten, nämlich dann, wenn der Preis als Qua- spielsweise Gedächtnisprozesse oder Entscheidungen
litätsindikator interpretiert wird (z. B. „Bio-Obst muss zu emotionalen Reaktionen führen. Die psychologische
teuer sein, sonst ist es kein Bio-Obst“). Die Analyse, unter Fachzeitschrift „Cognition and Emotion“ widmet sich
welchen Bedingungen solche Denkprozesse ausgelöst den wechselseitigen Beziehungen zwischen Kognitions-
werden und zu welchen Ergebnissen sie führen, ist für und Emotions- bzw. Motivationspsychologie. Die Kogni-
die Preispolitik höchst aufschlussreich. Die zugrunde tive Psychologie hat sich auch dahingehend gewandelt,
liegenden gedanklichen Vorgänge sollen in diesem Ka- dass neben den bewussten auch die unbewussten Ge-
pitel erörtert werden. dankengänge im Fokus des Forschungsinteresses stehen,
Wir müssen uns aber stets darüber im Klaren sein, dass und damit hat man sich der lange vernachlässigten Frage
bei einer Vielzahl von mentalen Prozessen ein ständiges geöffnet, ob jedes Verhalten willentlich gesteuert wer-
Wechselspiel von affektiven und kognitiven Prozessen den kann (siehe hierzu auch das bereits angesprochene
stattfindet. Schon in den vorangegangenen Kapiteln Stichwort „Volition“).
haben wir gesehen, dass selbst bei der Entstehung von Schließlich hat sich die Kognitive Psychologie auch inso-
Emotionen oder Motivationen Kognitionen relevant sein fern perspektivisch erweitert, als sie sich nicht mehr nur
können, umgekehrt spielen aktivierende Vorgänge bei mit Wissensrepräsentationen beschäftigt, die amodaler
vielen gedanklichen Vorgängen eine wichtige Rolle. Natur sind. Amodale (Netzwerk-)Theorien (auf die wir in
Selbst das Lösen einer kniffligen Rätselaufgabe muss
mit Aktivierung bzw. der Emotion Freude einhergehen, 1
Koch und Stahl (2017, S. 350) definieren implizites Lernen
sonst wird der Prozess abgebrochen. Aufgrund der viel-
als „Lernen in Situationen, in denen die Person Strukturen
fachen Verzahnungen von aktivierenden und kogniti- einer relativ komplexen Reizumgebung lernt, ohne dies not-
ven Prozessen wäre es wahrscheinlich sinnvoll, stets das wendigerweise zu beabsichtigen, und in einer Weise, dass das
Wort „primär“ vor den jeweiligen psychischen Vorgang resultierende Wissen schwer zu verbalisieren ist“.
258 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

diesem Kapitel noch zu sprechen kommen) gehen davon beschäftigen, die im Konsumentenverhalten eine Rolle
aus, dass Wissen in abstrakten Symbolen gespeichert ist. spielen. Dazu müssen erst einige grundlegende Begrif-
Wenn wir beispielsweise das Wort „Kaffee“ lesen, dann fe erörtert werden, die sich auf die Funktionsweise des
werden bei uns Assoziationen wie „Getränk“, „heiß“ menschlichen Gehirns beziehen.
und „belebend“ aktiviert. Wir können über das Wort
„Kaffee“ abstrakt nachdenken, ohne die Kaffeebohnen
zu sehen, zu riechen oder zu schmecken. Diese Fähig- II. Das Gedächtnis
keit ist insofern bedeutsam, als sie uns dazu verhilft, zu
abstrahieren und zu generalisieren, und uns erlaubt, den
Begriff „Kaffee“ mit anderen Begriffen zu verknüpfen, Eysenck und Keane (2010, S. 203) stellen sich die Frage, was
beispielsweise mit dem Wort „Tee“, da auch Tee ein hei- und wie wir Menschen wären, wenn wir kein Gedächtnis
ßes, belebendes Getränk sein kann. Abstraktion kann hätten. Wir würden weder andere Menschen, Plätze oder
vielleicht nur dann gelingen, wenn wir nicht zu starke Objekte als bekannt wahrnehmen, noch wären wir in
konkrete Sinneswahrnehmungen erleben, schließlich der Lage zu lesen oder zu schreiben, da wir uns nicht an
schmecken Kaffee und Tee ganz unterschiedlich. Mit unsere gesprochenen Worte erinnern könnten, sofern wir
anderen Worten, das „innerliche Nachschmecken“ des überhaupt Wörter hervorbringen könnten. Zudem würde
Kaffees könnte die Verknüpfung mit anderen Begriffen die Erinnerung an unsere Lebensereignisse fehlen, sodass
wie „Tee“ verhindern. Die Anhänger der sogenannten sich in der Folge unsere Persönlichkeit nicht ausbilden
„Grounded Cognition“2-Theorie (z. B. Barsalou, 2008; könnte und verkümmern würde. Die Menschen könnten
2010) gehen aber nun davon aus, dass unser Gedächtnis keine Autobiographien entwickeln. Das Gedächtnis ist
durchaus konkrete modale Empfindungen aktivieren somit ein existenzieller Teil des menschlichen Wesens, der
kann. Wir sind demnach in der Lage, uns den Kaffee unsere alltäglichen Handlungen auch im Konsum erst er-
bildlich vor unser „inneres Auge“ zu holen und den möglicht, etwa das Führen von Verkaufsgesprächen, das
Geruch oder den Geschmack nachzuempfinden. Mit Wiedererkennen von Gesichtern, Marken und Produkten
anderen Worten: Es wird eine Reaktivierung von visu- oder das Verstehen von Produktbeschreibungen. Ohne
ellen, akustischen, haptischen oder olfaktorischen Sin- das Gedächtnis könnten wir über den Entwicklungs-
neserfahrungen ausgelöst. Das Wissen ist demnach in stand eines Neugeborenen nicht hinwegkommen. Das
Modalitäten gespeichert, die während der Erfahrung mit Wissen, wie das menschliche Gedächtnis funktioniert,
dem Stimulus aktiviert waren und die erneut „erlebbar“ ist also auch für das Verständnis des Konsumentenver-
gemacht werden können. „Geerdete“ Kognitionen sind haltens von höchster Bedeutung.
somit modale Repräsentationen des Wissens, die bei Ab- Broadbent (1958), ein Ingenieur, der sich schließlich
ruf zu konkreten Wahrnehmungen führen können. Ein der Psychologie zuwandte, entwickelte ein Modell der
Beispiel: Viele Studentinnen und Studenten essen gerne menschlichen Informationsverarbeitung, das starke Ana-
Spaghetti Bolognese. Die Vorstellung von einem Teller logien zu damals verfügbaren Telekommunikationssys-
mit dampfenden, goldgelben Spaghetti mit einer roten temen aufwies und das die Basis zahlreicher sogenannter
Tomatensauce mit Hackfleisch, frischen Kräutern und Mehrspeichermodelle bildete. Ein Mehrspeichermodell
Parmesankäse kann so konkret sein, dass dem Liebhaber sieht einen sequenziellen Informationsfluss durch eine
dieser Speise das Wasser im Munde zusammenläuft. Es Reihe von hintereinander geschalteten Systemen vor und
findet also eine Art mentale Simulation statt3. teilt die kognitiven Prozesse ein in die Vorgänge
Im Folgenden wollen wir uns zunächst mit den „klassi- ●● Informationsaufnahme,
schen“ kognitiven Prozessen ●● Informationsverarbeitung,
●● Informationsaufnahme, ●● Informationsspeicherung.
●● Wahrnehmen (einschließlich Beurteilen), Beispielsweise haben Atkinson und Shiffrin (1968, 1971)
●● Lernen und Gedächtnis Broadbents Modell aufgegriffen und das sogenannte
„Dreispeichermodell“ mit den drei Einheiten „sensori-
scher Speicher“, „Kurzzeitspeicher“ und „Langzeitspei-
cher“ abgeleitet. Das Modell kann wie folgt beschrieben
2
Gerne wird hier auch der Ausdruck „Embodiment“ verwen- werden: Verschiedenste Sinnesreize werden zunächst in
det, um die Interaktion zwischen Körper und Psyche aufzu-
zeigen.
einem flüchtigen sensorischen Speicher festgehalten. Nur
3 Wir kommen auf diese Perspektive immer wieder zu spre- diejenigen Reize, die unsere Aufmerksamkeit erfahren,
chen und widmen dem Thema „Grounded Cognition“ auch gelangen in das Kurzzeitgedächtnis, wo sie verarbei-
einen gesonderten Abschnitt. tet werden. Werden die so gewonnenen Informationen
C. Kognitive Prozesse 259

memoriert (also innerlich wiederholt), gelangen sie zur Zusammenfassend bleibt festzuhalten:
längerfristigen Speicherung in das Langzeitgedächtnis Diese Modelle gehen davon aus, dass wir etwas wahr-
(Wentura und Frings, 2013, S. 22). Das Kurzzeitgedächtnis nehmen (Input), verarbeiten und anschließend han-
mit begrenzter Kapazität ist somit nach dieser Vorstel- deln. Rieger und Wenke (2017, S. 774) führen hierzu ein
lung zwischen dem sensorischen und dem Langzeitspei- anschauliches Beispiel an: Wir sehen einen Stuhl. „Im
cher geschaltet und stellt eine Art „Durchgangsstation“ kognitiven System wird der Inhalt jedoch von seiner vi-
dar. Das Dreispeichermodell war jahrzehntelang domi- suellen Modalität abstrahiert und liegt dann im nicht-
nierend in der Gedächtnisforschung und wurde in vielen visuellen Format vor, d. h., der Inhalt ist amodal. Wenn
Lehrbüchern (z. B. Behrens, 1991; Best, 1998; Edelmann, man sich auf den gesehenen Stuhl setzen will, müssen
2000; Anderson, 2007) dargestellt. Es lag auch als kon- kognitive Repräsentationen wiederum in motorische Re-
zeptionelle Grundlage früheren Auflagen dieses Buches präsentationen übersetzt werden, damit die Handlung
zugrunde. Die Beliebtheit des Dreispeichermodells lässt ausgeführt werden kann“. Die Aufgabe der Wahrneh-
sich dadurch erklären, dass es intuitiv nachvollziehbar mung besteht also darin, Daten zu sammeln, die an-
ist. Die Vorstellung, dass jeder einzelne Speicher unbe- schließend durch das Gehirn verarbeitet werden, also in
einflusst von den anderen Systemen arbeitet (also eine Kognitionen übersetzt werden, welche dann wiederum
Abkapselung von Langzeit- und Kurzzeitspeicher statt- in motorische Handlungen übertragen werden müssen
findet), wird aber angezweifelt (Wentura und Frings, (Rieger und Wenke, 2017, S. 774).
2013, S. 22). Vielmehr geht man davon aus, dass Teile
Neben den modalen Gedächtnismodellen, die wir als ers-
des Langzeit- und des Arbeitsgedächtnisses4 simultan
tes ausführlich besprechen werden, geht die Grounded
aktiv werden können (bzw. dass das Arbeitsgedächt-
Cognition-Theorie (auch Embodiment genannt) davon
nis in verschiedenen Fällen nicht ohne das Langzeitge-
aus, dass „eine Wechselwirkung zwischen Kognition,
dächtnis arbeiten kann). Zudem zeigt die Forschung,
Sensorik und Motorik besteht, und dass sich das in
dass weniger die Dauer des Memorierens bestimmt, ob
der Repräsentation von Denkprozessen widerspiegelt“
eine Information Eingang in den Langzeitspeicher er-
(Stangl, 2019). Im Unterschied zu den klassischen Ge-
hält, sondern vielmehr die Verarbeitungstiefe, die ab-
dächtnistheorien, bei denen das Gehirn die (alleinige)
hängig von dem Bedeutungsgehalt des Lernmaterials
Schaltstelle aller Denkprozesse ist, propagieren die Be-
ist (Anderson, 2007, S. 212)5. Die Loslösung von der den
fürworter der Grounded Cognition, dass das Denken
Speichermodellen zugrunde liegenden Vorstellung, dass
nicht unabhängig vom Körper möglich ist und somit
verschiedene Gedächtnismodule existieren, zugunsten
„verkörpert“ wird. Ein Beispiel: Befinden sich Menschen
der Idee, das Gedächtnis als eine Einheit aufzufassen,
in einer aufrechten Haltung, ist die Wahrscheinlichkeit
wird derzeit aber noch nicht als überlegene theoretische
höher, dass Dominanz und nicht Unterwürfigkeit ak-
Annahme eingeschätzt (Eysenck und Keane, 2010, S. 211).
tiviert wird. Wir werden uns zunächst mit dem klassi-
Es gibt immer noch viele plausible Gründe dafür, dass
schen Gedächtnismodell auseinandersetzen, bevor wir
die einzelnen Module wenigstens zeitweilig eigenständig
auf Grounded Cognition bzw. Embodiment, also auf die
arbeiten. Allerdings wird heute statt des Begriffs „Drei-
„Zweite Generation“ (Rieger und Wenke, 2017) kognitiver
speichermodell“ die Bezeichnung „modales Modell“
Psychologie zu sprechen kommen. Wir halten hier fest:
favorisiert, zum einen um stärker hervorzuheben, dass
der Modus der Informationsverarbeitung aufgrund der
Unterschiedlichkeit von Gedächtnisaufgaben bzw. des Das sogenannte Mehrspeichermodell (bzw. Dreispei-
zu verarbeitenden Materials variieren kann, und zum chermodell) wird heute unter der Bezeichnung „moda-
les Gedächtnismodell“ in aktualisierter Form diskutiert.
anderen, da der Begriff „Speicher“ oft missverstanden
Einige Details des modalen Modells haben sich empi-
worden ist als passives Festhalten von Informationen. Zu-
risch als nicht angemessen erwiesen; das modale Ge-
dem sollen die Austauschbeziehungen zwischen Lang- dächtnismodell eignet sich aber nach wie vor sehr gut
zeit- und Arbeitsgedächtnis stärker betont werden sowie als theoretischer Rahmen, um die komplexen Vorgänge
die Tatsache, dass die Entschlüsselung von sensorischen im menschlichen Gehirn darzustellen. Es umfasst das
Reizen vielfach eine unmittelbare Beteiligung des Lang- sensorische Gedächtnis, das Arbeitsgedächtnis und das
zeitgedächtnisses benötigt. Langzeitgedächtnis (Buchner und Brandt, 2017).

4
Wir wiederholen: Neben diesen klassischen Gedächtnis-
Im Arbeitsgedächtnis findet eine vorübergehende Speiche- modellen, geht die Grounded Cognition-Theorie (auch
rung und Verarbeitung von Reizen statt.
5 Man spricht daher auch nicht mehr vom Kurzzeitspeicher, Embodiment genannt) davon aus, dass „eine Wechsel-
wirkung zwischen Kognition, Sensorik und Motorik be-
sondern vom Arbeitsgedächtnis, um die „Verarbeitung“ von
Informationen stärker in den Mittelpunkt zu rücken.
260 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Kauf schon wieder vergessen, so wie man sich eine aus


steht“ (Stangl, 2019). Im Unterschied zu den klassischen
Gedächtnistheorien bei denen das Gehirn die (alleinige)
dem Telefonbuch herausgesuchte Telefonnummer nur so
Schaltstelle aller Denkprozesse ist, propagieren die Be- lange merken kann, bis man die Nummer gewählt hat.
fürworter der Grounded Cognition, dass das Denken nicht Diese Leistung betrifft nicht das Langzeitgedächtnis, son-
unabhängig vom Körper möglich ist und somit „verkör- dern das sogenannte „Arbeitsgedächtnis“. Während das
pert“ wird. Abneigungen und Zuneigungen können sich Langzeitgedächtnis eine fast unbegrenzte Aufnahmeka-
beispielsweise in der Körperhaltung ausdrücken, genauso pazität hat, kann im Arbeitsgedächtnis nur eine begrenzte
kann aber auch die die Körperhaltung die kognitiven As- Menge an Informationen für kurze Zeit bereitgehalten
soziationen beeinflussen. werden. Man kann es sich so vorstellen, dass das Arbeits-
Ein weiteres eingängiges Beispiel lautet hier: Wenn Men- gedächtnis nach kurzer Zeit „Platz schaffen“ muss, um
schen alleine essen, empfinden sie die Raumtemperatur neu eingehende Informationen verarbeiten zu können.
kälter als wenn sie mit ihrem Partner essen. Und umge- Wenn ein Konsument jedoch in einem Supermarkt auf ei-
kehrt: Wird die Raumtemperatur als kalt empfunden, dann nen Sonderangebotspreis aufmerksam gemacht wird und
wünschen sich die darin Verweilenden Gesellschaft beim er diesen mit einem intern gespeicherten Referenzpreis
Essen (Lee, Rotman und Perkins, 2014). vergleicht, um zu prüfen, ob das Sonderangebot tatsäch-
lich preisgünstig ist, dann greift er automatisch auf das
Langzeitgedächtnis zu. Goldstein (2011, S. 131) definiert das
1. Das modale Gedächtnismodell als grundlegender Arbeitsgedächtnis als „limited-capacity system for tempo-
Erklärungsrahmen rary storage and manipulation of information for complex
tasks such as comprehension, learning and reasoning“.
Die folgende Abbildung (Abb. 114) zeigt eine aktuelle,
aber vereinfachte Variante des modalen Gedächtnismo- Schließlich kann noch das sensorische Gedächtnis unter-
dells (nach Buchner und Brandt, 2017, S. 403), das mit schieden werden, dessen Komponenten auch als sensori-
einigen Beispielen aus der Konsumentenverhaltensfor- sches Register bezeichnet werden (Buchner und Brandt,
schung angereichert worden ist. 2017, S. 402). Der Begriff „sensorisches Register“ hat sich
eingebürgert als Sammelbegriff für alle Sinnesmodali-
Wir wollen zunächst das Modell im Überblick darstellen täten. So bezeichnet man beispielsweise das sensorische
und dann die einzelnen Bestandteile genauer erklären. Gedächtnis für die visuelle Modalität als „ikonisches Ge-
Es gibt Markennamen, wie zum Beispiel „Coca-Cola“, die dächtnis“, das für die akustische Modalität als „Echoge-
sich dauerhaft im Gedächtnis eines Menschen „eingegra- dächtnis“6. Im sensorischen Register werden die Sinnes-
ben“ haben und deren bewusste Präsenz durch aktuelle eindrücke nur für ganz kurze Zeit, oft für nur wenige
Werbekampagnen immer wieder aktualisiert wird. Doch hundert Millisekunden gespeichert. Das gilt vor allem für
können sich auch heute noch viele Menschen an die Wer- visuelle und akustische Reize. Die besonders relevante
beslogans „Wer wird denn gleich in die Luft gehen“ (HB), Verarbeitung visueller Reize verläuft wie folgt: Das Auge
„Ich will so bleiben wie ich bin“ (Du darfst), „Wohnst tastet die Umwelt ab; die vom Auge aufgenommenen Rei-
du noch, oder lebst du schon?“ (Ikea) erinnern, obwohl ze werden in bioelektrische Impulse umgewandelt und
diese Sprüche derzeit nicht in der Werbung präsentiert dann weiterverarbeitet. Die Aufgabe des sensorischen
werden. Für Marketingverantwortliche ist es von großer Registers besteht in einer Auswahl, Interpretation und
Bedeutung, zu erfahren, wie es gelingen kann, dass eine Verknüpfung der aufgenommenen Reize. Voraussetzung
Marke oder eine Werbebotschaft ein Leben lang erinnert für eine solche Weiterverarbeitung ist jedoch, dass die
wird, also im Langzeitgedächtnis eines Konsumenten Reize wenigstens für kurze Zeit festgehalten werden, also
gespeichert wird. Darüber hinaus merken sich Konsu- nicht sofort wieder „verlöschen“, wenn die sensorische
menten nicht nur den Namen oder das Logo, sondern Reizaufnahme beendet ist. Dadurch können auch nach-
auch die Form der Coca-Cola-Flasche oder besondere einander aufgenommene Reize gleichzeitig verarbeitet
Erlebnisse, die sie mit der Marke verbinden. Auch diese und zum Gesamtbild einer Reizkonstellation integriert
Informationen können unter bestimmten Bedingungen werden. Das sensorische Gedächtnis bildet somit die
den Weg ins Langzeitgedächtnis finden. „Brücke zwischen Wahrnehmung und dem, was eher
Neben dem Langzeitgedächtnis gibt es andere Gedächtnis- einer konventionellen Vorstellung von Gedächtnis ent-
formen. Wenn sich Konsumenten zum Beispiel in der Nähe spricht“ (Buchner und Brandt, 2017, S. 402). Dabei gibt
der Kassenzone ein als Sonderangebot ausgezeichnetes es zwischen den einzelnen Sinnesorganen Austausch-
Produkt aussuchen, dann können viele von ihnen einige
Sekunden später der Kassiererin den exakten Preis dieses 6Diese Ausdrücke wurden bereits von Neisser (1974) in seinem
Produktes nennen, haben diesen aber kurze Zeit nach dem Werk „Kognitive Psychologie“ geprägt.

Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Lukas Heim mit der Transaktions-ID 4504834 erstellt.
C. Kognitive Prozesse 261

Langzeitgedächtnis
• Deklaratives System
Sensorisches Register
– episodisches Wissen
• visuell z.B. autobiographisches Wissen
• auditiv (Einnerung an ein Konsumerlebnis)
• haptisch – semantisches Wissen
• olfaktorisch z.B. Faktenwissen
• gustatorisch (Kenntnis des Markennames)
• Nondeklaratives System
– perzeptuelles Wissen
z.B. visuelle und auditive Wortform,
z.B. Objektform: Kenntnis des Marken-
designs und des Schriftzugs
– prozedurales Wissen
z.B. Konditionierung
z.B. assoziatives Wissen
z.B. motorische und kognitive Fähigkeiten
(Handhabung des Produktes)

Arbeitsgedächtnis
• Zentrale Exekutive
• Subsysteme
– phonologische Schleife mit artikulatorischem Kontrollprozess
Abb. 114: Das modale – visuell-räumliches System
Gedächtnismodell – episodischer Puffer
(Quelle: in Anlehnung an Buchner
und Brandt, 2017, S. 403)

prozesse. Der Geschmack wird beispielsweise nicht nur 2. Das Langzeitgedächtnis – die innere Repräsentation von
durch das bestimmt, was die Zunge wahrnimmt, sondern Wissen
auch das Auge, der Geruchssinn und das Gehör spielen Wesentlich für die Erklärung der kognitiven Vorgänge ist
beim Geschmackserlebnis eine wichtige Rolle. Elder und das dauerhaft im Gedächtnis gespeicherte Wissen. Dieses
Krishna (2010) führen zur Illustration folgendes Beispiel Wissen bestimmt, wie die aus der Umwelt kommenden
an: Wenn man sich vorstellt, eine Handvoll Popcorn zu Reize (Informationen) aufgenommen, verarbeitet und
essen, so schmeckt die Zunge natürlich das Popcorn, gespeichert werden:
doch wir fühlen auch die Wärme des Produkts in unserer
Das vorhandene Vorwissen umfasst unter anderem ge-
Hand, sehen die hellen Flocken, hören das knirschende
dankliche Modelle, die sich eine Person von der Umwelt
Geräusch beim Kauen und riechen das Butteraroma: Wir
macht. Solche gedanklichen Modelle dienen dazu, Um-
haben ein multisensorisches Geschmackserlebnis.
weltreize zu interpretieren, einzuordnen und weiterzu-
Wir wollen im Folgenden auf die spezifischen Funkti- verarbeiten.
onsweisen der einzelnen (angenommenen) Gedächt-
Wie ist nun dieses (Vor-)Wissen organisiert? Was passiert
nissysteme7 näher eingehen und deren Bedeutung für
mit einer Produktinformation wie „Dieses Auto hat ei-
das Konsumentenverhalten erörtern. In Anlehnung an
nen Hybridmotor“, wenn sie in das Langzeitgedächtnis
Buchner und Brandt (2017) beginnen wir mit dem Lang-
übernommen wird?
zeitgedächtnis.
In der Forschung zum Langzeitgedächtnis (Buchner und
7
Buchner und Brandt (2017, S. 405) machen deutlich, dass wir Brandt, 2017) gibt es zwei Herangehensweisen8:
nur dann von der Vorstellung unterschiedlicher Gedächtnissys-
teme ausgehen dürfen, wenn sich diese nicht nur auf deskrip-
8
tiver Ebene unterschiedlich darstellen lassen, sondern auch auf Schließlich gibt es noch einen mathematischen Zugang zum
funktionaler Ebene mit wissenschaftlichen Methoden nachge- Gedächtnis (mathematische Modellierung), der aber sowohl
wiesen werden kann, „dass die zunächst nur deskriptiv unter- prozessuale als auch strukturelle Aspekte berücksichtigen
schiedenen ,Gedächtnisse’ tatsächlich verschiedene Arten von muss. Dieser Ansatz soll in diesem Buch nicht weiter verfolgt
Informationen auf unterschiedliche Weise verarbeiten“. Zudem werden, verwiesen sei hier auf das Werk „Human Memory“
müssten sich verschiedene Gedächtnissysteme auf neuronaler von Neath und Surprenant (2003), das die Gedächtnispsycho-
Ebene durch verschiedene Strukturen nachweisen lassen. logie sehr umfassend darlegt.
262 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

(a) Der sogenannte „systemorientierte Zugang“ zum Innerhalb des deklarativen Systems wird noch einmal
Langzeitgedächtnis beschäftigt sich mit der Frage, zwischen „episodischem“ und „semantischem“ Lang-
wie das Gedächtnis organisiert bzw. strukturiert ist. zeitgedächtnis10 unterschieden. Während „semantisches
(b) Der sogenannte „prozessorientierte Zugang“ zum Wissen“ sich auf Sachwissen ohne zeitlich-räumliche
Langzeitgedächtnis analysiert – wie der Name schon Einbettung bezieht (z. B. „Merci ist eine Schokoladenmar-
impliziert – die Gedächtnisprozesse. ke“), wird der Ausdruck „episodisches Gedächtnis“ ver-
wendet, um persönlich erfahrene, räumlich und zeitlich
a) Systemorientierter Zugang zum Langzeitgedächtnis festgelegte („autobiographische“) Ereignisse zu charak-
In der Gedächtnisforschung wird zunächst (siehe terisieren (z. B. „Ich habe das letzte Mal Merci-Schoko-
Abb. 114) zwischen deklarativem und nondeklarativem lade als Dankeschön dafür geschenkt bekommen, dass
Wissen9 unterschieden: ich mit dem Hund meines Nachbarn Gassi ging“). Das
Das deklarative Gedächtnis umfasst verbalisierbares deklarative Wissen kann durch direktes Abfragen, also
Wissen über Fakten und Ereignisse, also zum Beispiel mittels expliziter Gedächtnistests gemessen werden (siehe
über die Produkte und Konsumerlebnisse, über die Kon- Abschnitt zur Messung von Gedächtnisinhalten).
sumenten leicht Auskunft geben können, wenn man Das nondeklarative Gedächtnis umfasst, wie bereits
sie befragt (Zola-Morgan und Squire, 1993). Diese Wis- erläutert, bewusste und unbewusste Erfahrungen, die
sensform ist zu Beginn eines Lernprozesses besonders in unserem Gehirn gespeichert, aber nicht verbalisierbar
wichtig. Ein Beispiel: Ein Student hat ein neues Textver- sind, allerdings erhebliche Wirkungen (auch in Bezug
arbeitungssystem gekauft, besucht eine Schulung und auf Wechselwirkungen mit anderen Gedächtnissyste-
lernt zunächst ganz explizit, wie man Texte formatiert, men) entfalten können. In diese Kategorie gehören viele,
Schriftarten einstellt, Bilder einfügt etc. Er kann auch in manchmal heterogen anmutende Erscheinungen, wie
der ersten Zeit nach Erlernen der neuen Software in Wor- zum Beispiel das in den vorangegangenen Kapiteln
ten erklären, wie man all die Funktionen bedient. Nach erläuterte Priming, aber auch motorische Fähigkeiten
einiger Zeit der Nutzung des Systems sind die einzelnen oder Wissen, das über haptische oder olfaktorische Reize
Arbeitsschritte so verinnerlicht, dass es ihm zunehmend gewonnen wurde. Wir sprechen auch von dem perzep-
sehr schwer fällt, einem Nichtgeübten die Funktionswei- tuellen und/oder prozeduralen Wissen (siehe Abb. 114).
se mit Worten zu erklären, obwohl er selbst die Anwen- Gemeinsam ist all diesen Phänomenen, dass sie im Unter-
dung auf diesem Weg erlernt hat. So kann es passieren, schied zu den Inhalten des deklarativen Gedächtnisses
dass unser Student, wenn er von einem Kommilitonen nur implizit (bzw. über Experimente) gemessen werden
angerufen wird und am Telefon erklären soll, wie man können.
z. B. Tabellen mit diesem Programm erstellt, nicht mehr Krishna, Lewin und Morrin (2010) führten beispielsweise
in der Lage ist, die einzelnen Schritte (verbal) zu erklären. eine empirische Studie durch, bei der sie die Wirkungen
Der Student muss den Kommilitonen bitten, zu warten, von Produktdüften in den Mittelpunkt rückten. Bleistifte
bis er es ihm am Computer zeigen kann. Hier ist, zumin- oder Gesichtstücher sind oftmals mit Duftstoffen ange-
dest zu einem bestimmten Grad, nondeklaratives Wissen reichert. Die Autoren interessierten sich weniger für die
an die Stelle des deklarativen Wissens getreten. Frage, ob die Düfte die Produktbeurteilung verändern,
sondern vielmehr dafür, ob die Düfte zu mehr oder we-
Während deklaratives Wissen „verbal berichtbare Epi- niger guten Gedächtnisleistungen in Bezug auf die an-
soden und Wissensbestände“ umfasst, wird der Aus- deren Produktattribute führen und ob diese auch über
druck „nondeklaratives Wissen“ gebraucht, um eine
Vielzahl von Situationen zu charakterisieren, in denen sich
Erfahrungsnachwirkungen zeigen, auch wenn diese 10 Die Trennung dieser beiden Gedächtnisarten ist auf deskrip-
nicht berichtet werden können. Diese „werden oft unter tiver Ebene sehr plausibel, allerdings mehren sich kritische
dem Begriff „Bahnung“ (Priming) behandelt (Buchner und Einwände, dass auf der funktionalen und auf der neuronalen
Brandt, 2017, S. 407). Über diesen Begriff haben wir schon Ebene keine eindeutigen Belege für die tatsächliche Existenz
ausführlich gesprochen. von zwei verschiedenen Subsystemen (semantisch vs. episo-
disch) aufzufinden sind. Studien von Neath (2010) (episodi-
sches und semantisches Gedächtnis arbeiten nach ähnlichen
Prinzipien) oder die fMRT-Studie von Ratnayake, Broderick
9
Die „Schlaf-Forschung“ liefert Evidenzen zugunsten der und Mitchell (2010; die Autoren erklären, dass episodisches
Trennung dieser beiden Gedächtnisarten: So fördert der Schlaf und semantisches Gedächtnis unterschiedlichen Gehirnregio-
die Konsolidierung von Wissen, allerdings werden in der nen zuzuordnen sind) kommen beispielsweise zu unterschied-
ersten Schlafphase vor allem deklarative und in der zweiten lichen Schlussfolgerungen. Hier sind weitere Forschungsergeb-
Schlafphase nondeklarative Gedächtnisinhalte konsolidiert. nisse abzuwarten (Buchner und Brandt, 2017, S. 407).
C. Kognitive Prozesse 263

einen längeren Zeitraum vorliegen. Die Experimente läufigen oder unwillkürlichen) Lernen (im Unterschied
der Autoren belegen, dass in der Tat die Beduftung (vs. zum intentionalen Lernen). „Tiefe“ bemisst sich danach,
keine Beduftung) die Erinnerungsleistungen an ande- ob die in den Experimenten gezeigten und inzidentell zu
re Produkteigenschaften über einen längeren Zeitraum lernenden Wörter nur in ihrer visuellen Form bearbeitet
verbessert. Der Duft muss sich somit im non-deklarati- werden müssen (z. B. erkennen, ob der erste und letzte
ven Gedächtnis eingeprägt und Wechselwirkungen mit Buchstabe in einem Wort in der Reihenfolge des Alpha-
anderen Gedächtnissystemen entfacht haben. bets stehen oder nicht: B und e in „Birne“ sind in der rich-
tigen Reihenfolge des Alphabets, bei K und e in „Kanne“
b) Prozessorientierter Zugang zum Langzeitgedächtnis ist das nicht der Fall) oder ob eine inhaltliche Verarbeitung
Der prozessorientierte Zugang zum Langzeitgedächtnis erfolgen muss (z. B. sollen die Probanden angeben, ob
analysiert (wie der Name impliziert), die bei Gedächt- das gezeigte Wort ein Naturprodukt bezeichnet oder
nisleistungen involvierten neuronalen Prozesse. Eine nicht: Ja bei Baumwolle, Nein bei Polyester; siehe auch
Schlüsselrolle nimmt hier das bereits kurz angesproche- Wentura und Frings, 2013, S. 103f.).
ne Konstrukt „Verarbeitungstiefe“ ein. Unter Verarbei- Man geht jedoch davon aus, dass nicht allein die Tiefe
tungstiefe kann man das Ausmaß der kognitiven Aktivi- der Verarbeitung die spätere Gedächtnisleistung be-
täten verstehen, die das Gehirn bei der Verarbeitung von stimmt, sondern auch der „Grad der Überlappung von
Informationen entfaltet. Manche Informationen werden kognitiven Prozessen bei der Encodierung und dem
nur oberflächlich verarbeitet, kaum mit anderen Infor- Abruf von Informationen“ (= Transferangemessenheit
mationen verknüpft und daher leicht vergessen. „Je tiefer der Verarbeitung; Bucher und Brandt, 2017, S. 413). Die
das Material verarbeitet wird – je mehr Anstrengung Kernaussage der Theorie der Transferangemessenheit
aufgewandt wird –, desto mehr Assoziationen zwischen der Verarbeitung konnte u. a. durch Gedächtnistests
dem vorhandenen und dem zu lernenden Wissen stellt von Blaxton (1989) anhand des Erinnerns von Wörtern
die Informationsverarbeitung her und desto leichter ist bestätigt werden.
der spätere Abruf eines Items“ (Lindsay und Norman,
1981, S. 273). Das Konzept der Verarbeitungstiefe geht
auf die Arbeit von Craik und Lockhart (1972) zurück, die Je höher die Verarbeitungstiefe und je größer die Überlap-
schon frühzeitig die These aufstellten, dass ein erfolg- pung von kognitiven Prozessen in der Lernsituation und
reicher Abruf einer Information nicht davon abhängt, in der Abrufsituation (hohe Kongruenz), desto besser ist
die Erinnerungsleistung.
in welchem Gedächtnissystem die Information abgelegt
wird, sondern wie „tief“ sie zuvor verarbeitet worden ist.
Im angloamerikanischen Raum wird in diesem Zusam- Außerdem spielen die sogenannten Kontexteffekte beim
menhang von dem „Levels Of Processing“-(LOP)-Effekt Erlernen und beim Abruf einer Information eine ent-
gesprochen11. Rose, Myerson et al. (2010) beschäftigten scheidende Rolle für die Gedächtnisleistung. Ein für
sich in ihrer Studie beispielsweise mit der Frage, welche diese Theorie bahnbrechendes Experiment stammt von
kurz- und langfristigen Effekte die Verarbeitungstiefe auf Godden und Baddeley (1975). Dort sollten Mitglieder ei-
Gedächtnisleistungen hat. Die Autoren zeigen, dass ein ner Tauchschule eine Liste von Wörtern an Land bzw. un-
LOP-Effekt in Bezug auf das Langzeitgedächtnis festzu- ter Wasser lernen. Anschließend sollten sie die gelernten
stellen ist, d. h., eine tiefere Verarbeitung führt zu einer Wörter frei reproduzieren. Es zeigte sich, dass der Anteil
besseren langfristigen Gedächtnisleistung. Wurden die der korrekt erinnerten Wörter signifikant höher war,
Probanden aufgefordert, die entweder „oberflächlich“ wenn Lern- und Abrufumfeld übereinstimmten, also die
oder „tief“ gelernten Wörter sofort nach der Lernphase unter Wasser gelernten Wörter ebenfalls unter Wasser
wiederzugeben, zeigten sich kaum Unterschiede zwi- reproduziert werden sollten bzw. die an Land gelernten
schen den Verarbeitungsstilen. Den Probanden ist bei Wörter an Land. Ein Umgebungswechsel (Kontextverän-
diesen Studien nicht bewusst, dass sie das vorgelegte derung) zwischen Lern- und Reproduktionsphase führte
Stimulusmaterial lernen sollen bzw. dass später ein Ge- dagegen zu einer Verschlechterung der Ergebnisse. Ähn-
dächtnistest folgt. Man spricht vom inzidentellen (bei- liche Ergebnisse zeigen sich, wenn man die verschie-
denen Lernumgebungen nicht so drastisch variiert. Bei
11
Experimenten von Murnane und Phelps (1993), bei denen
Dabei interessiert die Forscher auch die Frage, welche Ge-
auf einem Computerbildschirm eingeblendete Wortlisten
hirnareale dabei aktiviert werden (z. B. Rose, Craik und Buchs-
baum, 2015). Einen guten Überblick über das Zusammenspiel gelernt werden sollten, wurden die Schrift- und Hinter-
von Arbeitsgedächtnis, Langzeitgedächtnis und Levels OF grundfarben variiert. Auch hier zeigten sich die größten
Processing (LOP) gibt der Beitrag von McGill-Carter (2018). Lernerfolge, wenn die zur Messung des Lernerfolges
264 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

ebenfalls am Computer durchgeführten Wiedererken- können, wenn sich die Probanden bei der Aufnahme und
nungstests die gleichen Schrift- und Hintergrundfarben beim Erinnern der Lerneinheiten in unterschiedlichen
auf dem Bildschirm zeigten wie die der Lernphase. Es Situationen befunden haben.
musste also auch hier eine Übereinstimmung zwischen Bowers (1981) These von der Affektkongruenz hat di-
Lern- und Abrufkontext vorliegen. verse Untersuchungen in der Konsumentenverhaltens-
Weitere Beispiele für die Bedeutung der Übereinstim- forschung ausgelöst, insbesondere in Bezug auf die Me-
mung von Lern- und Abrufsituation sind das stim- dienkontextforschung. Die Medienkontextforschung
mungsabhängige Lernen und das Lernen unter Alko- untersucht, wie Wirkungen des Programms (das ist der
holeinfluss: Individuen können sich an erstaunlich viele sogenannte Medienkontext) auf Werbespots ausstrahlen,
unter Alkoholeinfluss gelernte Wörter erinnern, wenn die im Werbeblock dieses Programms angesiedelt sind.
sie beim Abruf der Informationen ebenfalls alkoholisiert Eine generelle Voraussetzung der Werbewirkung ist es,
und nicht nüchtern sind (Donald, Powell et al. 1969). Ak- dass Emotionen und Images innerhalb weniger Sekun-
tuellere Experimente zeigen sogar Implikationen für die den vermittelt werden können. Bei den durch den Medi-
Verbrechensaufklärung. Nach Schreiber Compo, Carol enkontext erzeugten Emotionen und inneren Bildern ist
et al. (2017) kommt es häufiger vor, dass Zeugen von dagegen davon auszugehen, dass „sie auf längeren, reich-
Kriminaldelikten während der Beobachtung der Tat al- haltigen und dadurch wohl auch intensiveren Reizen
koholisiert waren. Es empfiehlt sich, diese Zeugen sofort beruhen“ (Jenzowsky und Friedrichsen, 1999, S. 269). Es
zu befragen und nicht abzuwarten, bis sie wieder nüch- kann daher versucht werden, diese intensiven Reizwir-
tern sind. Die Zeugen konnten sich im alkoholisierten kungen zu nutzen und Ausstrahlungseffekte durch Ab-
Zustand direkt nach der Tat an sehr viel mehr Details stimmung zwischen Programm und Werbung zu erzeu-
erinnern als eine Woche später im nüchternen Zustand. gen. Eine solche Abstimmung kann sich auf verschiedene
Aspekte beziehen, wie auf die Kongruenz hinsichtlich
Besonders groß ist jedoch der Einfluss der emotionalen
Stimmungen (Goldberg und Gorn, 1987; Lord, Burnkrant
Verfassung. Hier zeigt sich wieder das anfangs schon
und Unnava, 2001), Involvement (Lord und Burnkrant,
beschriebene Wechselspiel zwischen emotionalen und
1993), Produktkategorie (Moorman, Neijens und Smit,
kognitiven Prozessen. Bower (1981) konnte herausfin-
2002), Produktattribute (Yi, 1993) oder hinsichtlich der
den, dass Konsumenten Informationen immer dann
gezeigten Charaktere (Spilski und Groeppel-Klein, 2008;
besonders gut abrufen können, wenn sie sich bei der
Spilski, 2011).
Reproduktion in der gleichen Stimmung wie beim Er-
lernen der Information befinden. Man spricht auch von Als Wirkungsmechanismus werden Effekte entspre-
„Stimmungs-kongruenter Erinnerung („mood congruent chend der „Spreading-activation“-Theorie (Collins und
recall“, Bless und Greifeneder, 2017). Auch die Erkennt- Loftus, 1975) und der „Congruency-accessibility“-Hypo-
nisse der Embodiment-Forschung unterstützen diese these (Goldberg und Gorn, 1987) herangezogen, die einen
These. Encodierungsvorteil für kongruente Reize postulieren.
Die durch früheren Stimuluskontakt (TV-Programm)
aktivierten Gedächtnisknoten breiten die neuronale Ak-
Informationen können dann besonders erfolgreich repro- tivierung netzwerkartig12 zu anderen Wissensknoten aus
duziert werden, wenn die Stimmung beim Erlernen mit der
und machen passende Emotionen, erinnerte Situationen
beim Encodieren der Information identisch ist.
und Handlungsweisen im Gedächtnis eher verfügbar
(„accessible“). Das Niveau der neuronalen Aktivierung
Robinson und Rollings (2011) machen deutlich, dass bildet sich nicht sofort wieder zum Ausgangsniveau
hierbei auch das subjektiv empfundene Stressniveau zurück, sondern baut sich erst verzögert ab. Aufgrund
(bzw. die Aktivierungshöhe) eine Rolle spielen kann. dieser fortbestehenden neuronalen Aktivierung stehen
Studenten geben in stressauslösenden Prüfungssitua- bei späterem Kontakt mit einem kongruenten Stimulus
tionen beispielsweise manchmal an, ihr Gehirn sei vor (anschließende kongruente Werbung) die vorhandenen
lauter Aufregung „ganz leer“. Diese Fälle tatsächlichen aktivierten Gedächtnisinhalte eher für die Verarbeitung
Vergessens können die Folge einer „Mismatch“-Situation zur Verfügung (Chartrand und Jefferis, 2004)13.
zwischen Lernkontext und Abrufbedingung darstellen,
d. h., wenn der Student das Material in einer entspannten 12
Zur Bedeutung von Netzwerken siehe Abschnitt zur Mes-
Atmosphäre gelernt hat und es dann in einer extrem sung von Wissensinhalten.
aktivierungsstarken Situation erinnern soll, gelingt ihm 13 An dieser Stelle soll nicht verschwiegen werden, dass auch

dies nicht. Die Autoren zeigen, dass sowohl visuelle als Studien mit gegenteiligen Ergebnissen veröffentlicht worden
auch verbale Informationen schlechter erinnert werden sind. So kommt der Beitrag von Dahlén, Rosengren et al. (2008)
C. Kognitive Prozesse 265

in der zu erinnernden Situation, sondern bei einer


Werbung ist in einen Medienkontext eingebettet. Sie wird
besser erinnert, wenn sie Elemente des zuvor gezeigten
anderen Begebenheit zugetragen haben?
Programms aufgreift. Gedächtnistäuschungen sind von größter Relevanz für
unser Alltagsleben: Auch wenn sich Zeugen bei einem
Langzeitgedächtnis und permanente Erinnerung: In Gerichtsprozess wirklich bemühen, „die Wahrheit und
der Gedächtnisforschung wird seit Jahren die Frage dis- nichts als die Wahrheit“ zu berichten, kann man sich auf
kutiert, ob wir die im Langzeitgedächtnis gespeicherten ihre Aussagen vor Gericht nicht unbedingt verlassen, da
Informationen vergessen können oder ob sie dauerhaft sie Gedächtnistäuschungen unterliegen können (Loftus,
darin gespeichert sind. Hier stehen sich zwei Lager ge- 1975). So geben Unfallzeugen bei der Befragung vor Ge-
genüber: Die Interferenztheorie geht von der Annahme richt völlig unterschiedlich hohe Fahrgeschwindigkeiten
eines „permanenten Gedächtnisses“ aus, d. h., eine ein- der an einem Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuge an,
mal gespeicherte Information geht nicht verloren, son- wenn sie in ihrer ersten Vernehmung am Tatort die For-
dern bleibt für immer präsent, kann jedoch von anderen mulierung „Die Autos sind ineinander gekracht“ statt
Informationen überlagert sein. So wissen wir aus der der Formulierung „Die Autos sind zusammengestoßen“
Amnesieforschung, dass bestimmte Ereignisse, die tem- verwendeten (oder auch nur hörten).
porär nicht erinnert werden können, nach einiger Zeit der Auch für das Marketing sind solche Gedächtnistäu-
Erholung wieder zugänglich sind (Buchner und Brandt, schungen von großem Interesse. In der Beschwerdefor-
2008, S. 448). Die Theorie des „autonomen Verfalls“ schung bzw. Kundenzufriedenheitsforschung werden
(Loftus und Loftus, 1980) dagegen ist der Ansicht, dass immer wieder die sogenannten „critical incidents“ im
alte Gedächtnisinhalte durch neue dauerhaft verändert Leben eines Konsumenten erforscht, um beispielsweise
bzw. überschrieben und damit gelöscht werden. Diese herauszufinden, ob kritische Erlebnisse zur Abwendung
beiden Theorien entziehen sich derzeit einer empirischen von einer Marke geführt haben, ob es Beschwerden gab,
Klärung. Wir kommen aber auf die Frage, ob und wenn etc. Auch im Rahmen von Fokusgruppengesprächen bzw.
ja, wie gelerntes Wissen aus dem Langzeitgedächtnis „customer advisory boards“ sollen sich Konsumenten an
wieder vergessen wird, in Abschnitt Zweiter Teil, C. V. 6, ihre Erfahrungen mit Marken oder Dienstleistungsun-
noch einmal zurück. Zunächst wollen wir uns im Fol- ternehmen erinnern, damit auf der Basis dieser Kunden-
genden mit Gedächtnistäuschungen auseinandersetzen. aussagen etwaige Missstände abgebaut werden können.
Doch sind die Ereignisse, über die die Kunden berichten,
c) Gedächtnistäuschungen auch wahrheitsgetreu erinnert? Und falls nicht, gibt es
Interessant ist die Frage, ob beim Abruf einer Informa- Faktoren, die Gedächtnistäuschungen forcieren, also zu
tion aus dem Langzeitgedächtnis sogenannte Gedächt- systematischen „Fehlerinnerungen“ führen?
nistäuschungen vorliegen können, also ob das erinnerte Bei der Beantwortung dieser Frage kann die Schema-
Ereignis mit dem Originalereignis identisch ist (Buchner forschung erste Antworten geben. So berichten Buch-
und Brandt, 2008, S. 448). Hier sind zwei Aspekte von ner und Brandt (2017, S. 419) von einem Standardbefund
Interesse: der Schemaforschung, demzufolge Ereignisse, die mit
(1) Stimmt die erinnerte Information mit der ursprüng- dem Schema einer zu erinnernden Episode kongruent
lich gelernten Information überein? sind, häufig fälschlicherweise in Gedächtnistests be-
(2) Ist es möglich, dass wir uns, wenn wir zu einer kon- richtet werden, obwohl sie in der nachzuerzählenden
kreten Situation befragt werden, an Dinge erinnern, Geschichte nicht erwähnt worden sind (z. B. Erwähnung
die wir zwar erfahren14 haben, die sich aber nicht des Zahlens der Rechnung im Restaurant, obwohl die-
ses Element in der Ursprungsgeschichte nicht erzählt
wurde). Auch bei dem Lernen von Wortlisten, wie zum
mit dem Titel „Could Placing Ads Wrong Be Right?“ zu dem Beispiel „Faden, Öhr, Fingerhut, Spritze, Stich, Injektion“
Schluss, dass thematische Inkongruenzen (d. h., Werbeanzei- behaupten anschließend viele Probanden steif und fest,
gen wurden in Magazinen platziert, die keinen thematischen auch das Wort „Nadel“ sei in der Liste vorhanden gewe-
Bezug zum beworbenen Produkt aufweisen) zu einer besseren sen, obwohl es nicht darin aufgeführt war (Deese, 1959;
Verarbeitung führen. Das galt insbesondere für etablierte Mar-
Roediger und McDermott, 1995). Die Erklärung für dieses
ken. Hier kann die Inkongruenz zu einem Überraschungsef-
fekt geführt haben. Die Autoren haben jedoch nicht die Aus- Phänomen scheint in der automatischen Auslösung von
wirkungen auf das Langzeitgedächtnis getestet, sodass dieser schematischen Vorstellungen zu liegen. Dahinter steckt
Effekt auch nur kurzfristig aufgetreten sein kann.
14 Die Erfahrung kann sich auf eigene, persönliche Wahrneh- verschwimmen die Grenzen von Realität und Fiktion. Auf die-
mungen oder auch auf medial Vermitteltes beziehen. Dann sen Aspekt werden wir im Dritten Teil noch einmal eingehen.

Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Lukas Heim mit der Transaktions-ID 4504834 erstellt.
266 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

die Vorstellung hierarchisch organisierter semantischer Autoren aufzeigen, dass die negativen Gefühle, die mit
Netzwerke: Wenn ein Element dieses Netzwerkes akti- Entdecken der Falschinformation einhergehen, ersetzt
viert wird, so werden auch andere, benachbarte Elemen- werden durch die positiven Erinnerungen an den Mei-
te des gleichen Netzwerks eine Aktivierungserhöhung nungsgegenstand, die bei Konfrontation mit der Wer-
erfahren. beanzeige automatisch ausgelöst werden, allerdings
Die Stimmung der Konsumenten scheint ebenfalls einen nur, wenn sich die Konsumenten in guter Stimmung
Einfluss auf Gedächtnistäuschungen auszuüben. LaTour befinden. Lag zudem ein Tag Unterschied zwischen Se-
und LaTour (2009) führten ein Experiment durch, bei hen und Beurteilen der Werbeanzeige, dann wurde die
dem sie die Probanden zunächst mittels Filmen in un- Falschinformation sehr viel seltener von den Probanden
terschiedliche Stimmungen (positiv, negativ und neutral) bemerkt, stattdessen überwogen bei den Konsumenten-
versetzten. Anschließend konfrontierten die Forscher reaktionen die persönlichen positiven Erinnerungen an
ihre Testpersonen mit einer erlebnisorientierten „Disney das Restaurant.
World“-Anzeige, die aber fälschlicherweise mitteilte, dass Schließlich scheint neben Schemakongruenz und
man in Disney World Bugs Bunny treffen könne. Bugs Stimmung auch die vorherige Einstellung zu einem
Bunny ist jedoch keine Disney-Figur (wie Mickey Mouse, Meinungsgegenstand Gedächtnistäuschungen zu be-
etc.), sondern eine Trickfilmfigur von Warner Bros. Die günstigen. Frenda, Knowles et al. (2013) untersuchten
Probanden sollten anschließend aufschreiben, wie ihnen dieses Phänomen im Rahmen der „fake news“-Debatte
die Anzeige gefallen habe; nach einer Ablenkungsaufga- und prüften, ob Gedächtnistäuschungen auch bei der
be wurde die implizite Einstellung zu der Werbeanzeige Erinnerung an (nicht korrekte) politische Nachrichten
erfasst, auch um zu testen, ob Bugs-Bunny-Bilder Disney auftreten können. Die Autoren belegen, dass Menschen
World zugeordnet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass falsche Nachrichten als richtige Informationen in ihrem
die Personen, die sich in positiver Stimmung befanden Gedächtnis abspeichern, wenn diese kongruent zu ihrer
(im Vergleich zu denen mit schlechter oder neutraler bisherigen Einstellung sind. Wenn beispielsweise der
Stimmung), sich eingehender mit der Anzeige beschäf- (damals amtierende) US-Präsident Barack Obama fälsch-
tigten und die Fehlinformation signifikant häufiger licherweise gezeigt wird, wie er dem iranischen Präsi-
entdeckten (und dies im ersten Moment auch unerhört denten freundschaftlich die Hand schüttelt, dann wird
fanden). Erstaunlicherweise zeigten diese Testpersonen diese Nachricht eher von konservativen Personen (die
dennoch deutlich positivere implizite Einstellungswerte auch eher Anhänger der republikanischen Partei sind)
zu Disney World. In weiteren Experimenten (hier wur- als von eher liberal eingestellten Personen (die auch eher
de die Restaurantkette Wendy’s untersucht) können die Anhänger der Demokraten sind) als zutreffend erinnert.

Vertiefungskasten: Gedächtnistäuschungen und Verbraucherschutz

Mit Gedächtnistäuschungen sollte sich auch der Verbrau- nen wurde das Bild gezeigt, bei dem mittlerweile einige der
cherschutz beschäftigen, auf den wir im Vierten Teil noch Marken durch den Versuchsleiter ausgetauscht waren. Die
ausführlich eingehen werden. An dieser Stelle erläutern wir Teilnehmer wurden u. a. gefragt, ob die abgebildeten Marken
nur die Studie von Hellenthal, Howe et al. (2016), die ver- auf dem Foto ihrem persönlichen Einkaufsprofil zugeordnet
deutlicht, dass das Thema auch aus verbraucherpolitischer werden dürften und ob sie zu jeder Marke ihre maximale
Sicht relevant ist. Grundsätzlich kommen Hellenthal, Howe Zahlungsbereitschaft angeben könnten. Diese Aufgabe dient
et al. (2016) zu dem Schluss, dass falsche Erinnerungen dazu, dass sich die Probanden den (falschen) Warenkorb
zu Präferenzänderungen führen können. Zunächst wurden einprägten. Am neunten Tag wurden die Probanden schließ-
die Befragungspersonen gebeten anzugeben, wie sehr sie lich ein drittes und letztes Mal ins Labor gebeten unter dem
einzelne Marken mögen (Messzeitpunkt 1). Anschließend Vorwand, es müssten noch ein paar abschließende Fragen
baten die Versuchsleiter jeden einzelnen Teilnehmer, aus gestellt werden. Stattdessen wurden die Probanden mit dem
der Menge der Produkte 12 Marken herauszusuchen und am ersten Tag ausgewählten Einkaufskorb erneut konfron-
damit einen „persönlichen Warenkorb“ zusammenzustellen. tiert und sie sollten angeben, ob sie sich an die Produkte
Vor diesem wurde jeder einzelne Teilnehmer fotografiert. erinnern konnten. Folgende Antwortmöglichkeiten standen
Nachträglich wurden, unbemerkt für die Teilnehmer des zur Verfügung: (1) Das Produkt war im Warenkorb am ersten
Experiments, in den Fotos bestimmte Marken entfernt und Tag, (2) Das Produkt war auf dem Foto am achten Tag, (3)
durch Konkurrenzmarken ersetzt. Die Konsumenten wurden Das Produkt war im Warenkorb am ersten Tag und auf dem
nun nach acht Tagen erneut in das Labor gebeten und ih- Foto, (4) Es gab Abweichungen zwischen Warenkorb und
C. Kognitive Prozesse 267

Foto und schließlich (5) Habe nur Vermutungen bezüglich des um sich in einem Onlineshop über neue Textilien zu infor-
Produktes. Diese Prozedur wurde gewählt, um die Teilneh- mieren. Sie klicken auf bestimmte Angebote, um sich diese
mer glauben zu lassen, dass sie die ausgetauschten Marken näher anzusehen, aus reinem Interesse, aber ohne akute
selbst ausgesucht hätten, um so die Gedächtnistäuschung Kaufabsicht. Wenn die Website-Besucher nach ein paar
zu manifestieren. Es wurde ebenfalls eine Kontrollgruppe Tagen erneut den Online-Shop aufrufen, dann könnte es
gebildet, bei der keine Manipulation der jeweiligen Fotos sein, dass sie mit den zuletzt angesehenen Produkten erneut
stattfand. Nach einer Ablenkungsaufgabe sollten die Teil- konfrontiert werden, um das Interesse abermals zu wecken.
nehmer erneut ihre Präferenzen zu allen Marken angeben, Rein theoretisch könnte der Händler aber in der Zwischenzeit
die sie bereits am ersten Tag gesehen hatten. So konnte auch hier die Bilder ausgetauscht haben, z. B. in dem nicht
ermittelt werden, ob es zu Veränderungen kam. mehr verfügbare Alternativen herausgenommen werden und
Zu solchen kam es. Kurz gesagt: Erstens konnte eine ro- ähnlich aussehende Textilien eingeblendet werden, die aber
buste Gedächtnistäuschung festgestellt werden. 70 % der anfangs von den Kunden nicht ausgesucht wurden. Kommt
am ersten Tag nicht gewählten und weniger gemochten es hier zu Gedächtnistäuschungen, also glaubt der Kunde,
Marken wurden am neunten Tag dem Originaleinkaufskorb er habe sich beim ersten Besuch schon einmal genau für
zugeordnet und bei diesen falsch zugeordneten Produkten diese Textilien eine Vorliebe gezeigt, so könnte über die Bild-
waren sich die Teilnehmer in 80 % aller Fälle sicher, dass manipulation eine Kauflust für Produkte geweckt werden,
sie sich am ersten Tag entsprechend (also für diese Mar- die nur im Interesse des Händlers stehen (z. B. Retourware,
ken) entschieden hätte. Ein Vergleich der Einstellungswerte schwer verkäufliche Waren etc.). Dabei ist ein Unterschied
vor und nach der Manipulation führte nun zu signifikanten zwischen einer solchen Manipulation und der ebenfalls auf
Einstellungsverschiebungen. Die ausgetauschten Marken vielen Homepages zu beobachtenden Tendenz zu sehen,
wurden am neunten Tag sehr viel besser beurteilt als am dass die Produkte nach angeblicher Kundenbeliebtheit sor-
ersten Tag; die Präferenzsteigerung war zudem signifikant tiert werden. Hier weiß der Kunde, dass diese Sortierung
höher als bei den nicht ausgetauschten Marken. Zusammen- vom Anbieter vorgenommen wird, und er kann ein anderes
gefasst bedeutet dies: Wenn man glaubt, dass man sich in Kriterium (z. B. Sortierung nach Preis aufsteigend) angeben.
der Vergangenheit für ein bestimmtes Produkt entschieden Wenn dagegen zuletzt angesehene Bilder ausgetauscht wer-
hat, dann beurteilt man das Produkt in der Folge sehr viel den, dann bemerkt der Konsument eine solche Manipulation
positiver, auch wenn diese Wahl gar nicht stattgefunden hat. häufig nicht, und es kann zu Präferenzverschiebungen kom-
men. Eine solche Taktik wäre daher irreführend.
Warum ist diese Studie für den Verbraucherschutz bedeut-
sam? Viele Konsumenten gehen ins Internet, beispielsweise

Zuletzt angesehen ... (tatsächlich?)

Letztere erinnern dagegen die Nachricht, dass sich der Verärgerung. In der Studie von Falkowski, Olszeweska
ehemalige Präsident George W. Bush während der Hur- und Ulatowska (2015) stehen vor allem die Gedächtnis-
rikan-Katastrophe Katrina Urlaub in Form eines Besuchs prozesse im Vordergrund. Sie zeigen, dass Konsumenten
eines Baseball-Events gegönnt habe, eher als korrekt als Nachahmerprodukte, die bezüglich des Markennamens
konservativ eingestellte Versuchsteilnehmer. oder der Verpackung dem Originalprodukt sehr ähnlich
Falkowski, Olszeweska und Ulatowska (2015) machen sind, in Erinnerungstests fälschlicherweise als Origi-
auf das Problem aufmerksam, dass laut einer dort zi- nalprodukte erinnern. Das kann für die Originalmarke
tierten britischen Studie mehr als ein Fünftel der Kon- Konsequenzen haben: Bestehen zwischen Originalmarke
sumenten angab, unbeabsichtigt Nachahmerprodukte und Nachahmerprodukt qualitative Unterschiede, dann
gekauft zu haben, weil diese den Originalprodukten so könnte die schlechtere Qualität des Nachahmerproduk-
ähnlich gesehen haben. Wenn die Konsumenten die- tes fälschlicherweise mit der Originalmarke assoziiert
ser Fehlkäufe gewahr wurden, dann reagierten sie mit werden und so das Markenimage beeinträchtigen.
268 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

d) Schematheorie Die Eigenschaften der übergeordneten Kategorie (wie


Bleiben wir bei dem Begriff des Schemas. Ein großer Teil „verursacht Rausch“) werden auf das untergeordnete
unseres Wissens besteht aus standardisierten Vorstel- Schema übertragen. Zu den Eigenschaften der überge-
lungen darüber, wie eine Sache typischerweise aussieht. ordneten Kategorie treten also die besonderen Eigen-
Diese Wissensstrukturen werden im Allgemeinen Sche- schaften von Bier, z. B. eine bestimmte Farbe.
mata genannt15. Die Schemata Die konkrete Ausprägung (der „Wert“) der Eigenschaften,
●● geben die wesentlichen Merkmale eines Gegenstands- die dem Bier zugesprochen werden, wird erst im Einzel-
bereichs wieder, fall bestimmt. Weicht in einem wahrgenommenen Einzel-
●● sind mehr oder weniger abstrakt (bzw. konkret) und fall die Farbe (zum Beispiel Hellblau) von der typischen
●● hierarchisch organisiert. gelb-braunen Farbe ab, die im Schema enthalten ist, so ent-
steht eine schema-inkongruente Information. Diese führt
Nach dem Gegenstandsbereich kann man Schemata16
entweder zu verstärkter Aufmerksamkeit und Wahrneh-
unterscheiden, die sich auf Personen (Personenschema-
mung (Rojahn und Pettigrew, 1992) oder sie wird, wenn
ta, Selbstschemata), auf Sachverhalte und auf Ereignisse
die veränderte Eigenschaft nicht ganz so offensichtlich ist
beziehen. Ein Beispiel für ein Sachschema ist das Schema
(z. B. ein Pils wird in einem Weinglas serviert), später als
für Bier. Es könnte folgendermaßen aussehen:
schemakongruent (Bierglas) erinnert. In letzterem Falle
Bierschema: haben wir es mit einer Gedächtnistäuschung zu tun.
●● Übergeordnete Kategorie: alkoholisches Getränk Ein Schema ist eine Organisationsform des Wissens, die
●● Sorte: Pils, Altbier, … sich wie jedes bedeutungshaltige Wissen als semanti-
●● Präsentation: Flasche, Bierglas, … sches Netzwerk darstellen lässt. Es übernimmt wich-
●● Farbe: hell bis dunkel, gelb-braun, … tige Funktionen bei der Informationsverarbeitung: Ein
●● Geschmack: kohlensäurehaltig (frisch), herb,17 … Schema steuert die Wahrnehmung, es vereinfacht Denk-
●● usw. vorgänge, es organisiert die Informationsspeicherung.
Dieses Schema weist eine Konfiguration von Eigenschaf- Kurzum: Es wird in der Psychologie als grundlegender
ten auf, die Bier im Allgemeinen kennzeichnen, wobei Baustein für jede komplexe menschliche Informations-
offen bleibt, wie diese Eigenschaften im Einzelfall aus- verarbeitung aufgefasst (Mittag, 1995; Grunert, 1996; Seel,
sehen, ob es um dunkles obergäriges, um herbes Alt- 2003; Anderson, 2007; Knaub und Knoblich, 2017).
bier oder um süffiges und helles (Export-)Bier geht. Das So bestimmen zum Beispiel die Schemata, die wir von
Bierschema ist wesentlich konkreter als das Schema der Produkten und Marken haben, die aktuelle Beurteilung
übergeordneten Kategorie „alkoholisches Getränk“, dem eines Produktes oder einer Marke (Halkias, 2015): Spricht
es gedanklich zugeordnet wird. eine Verpackung ein vorhandenes Produktschema an
(z. B. weiße Verpackung), so schließt der Konsument
aufgrund dieses Schemas auf das Vorhandensein ganz
15
bestimmter Produkteigenschaften (z. B. Frische), auch
Vergleiche zum Schema Fiske und Linville (1980, S. 543):
Schemata sind kognitive Strukturen organisierten vorhande- wenn er diese Eigenschaften nicht direkt wahrnimmt.
nen Wissens, entstanden durch Abstraktion von Erfahrungen Seine Präferenzen für das Produkt können wesentlich
mit Einzelfällen; siehe auch Markus und Zajonc (1985). Wentura davon abhängen, inwieweit das wahrgenommene Pro-
und Frings (2013, S. 135 f.) betonen, dass bei der Verwendung dukt seine vorhandenen Schemavorstellungen18 trifft
eines Schemas „bestimmte Eigenarten des Kategorisierungs- (siehe auch Meyers-Levy und Tybout, 1989).
prozesses“ hervorgehoben werden, d. h., einige Merkmale eines
Meinungsgegenstandes werden betont, andere vernachlässigt
(solche, die nur zu einem Exemplar gehören). Wird ein oder werden einige Element(e) eines verinner-
16 Es gibt eine Vielzahl von benachbarten Begriffen. In der lichten Schemas angesprochen, dann ist die Wahrschein-
Sozialpsychologie werden Schemata oft Stereotype genannt. lichkeit hoch, dass auch die anderen zu diesem Schema
Schemata geringerer Komplexität werden oft als Konzepte, als gehörenden gespeicherten Elemente abgerufen werden
Kategorien oder als Prototypen bezeichnet; vergleiche dazu (auch wenn diese Eigenschaften bei dem betreffenden
Eysenck (1984, S. 314 ff.). Die benutzten Begriffe sind sehr un- Objekt gar nicht vorhanden sein müssen).
terschiedlich, vergleiche im Einzelnen Mandl, Friedrich und
Horn (1988, S. 124) oder Schwarz (1985, S. 272).
17
Man spricht hier auch von den sogenannten Slots und De-
faults. Slots sind die „Ausprägungen verschiedener Attribute 18
Allerdings müssen diese Schemavorstellungen auch zuvor
für die einzelnen Mitglieder einer Kategorie“ (Leerstellen). durch eigene oder medial vermittelte Erfahrungen erworben
„Defaults sind typische Ausprägungen“ einzelner Attribute worden sein. „Novizen“ können über solche Erfahrungen nicht
(Anderson, 2007, S. 186 f.). verfügen (Lanseng und Sivertsen, 2011).
C. Kognitive Prozesse 269

Schemata

mit sprachlichen mit bildlichen


Vorstellungen verbunden Vorstellungen verbunden

Personen und Ereignisse Personen und Ereignisse


Sachverhalte (Skripts) Sachverhalte (Skripts)

Beispiele:
Produktschema Restaurant- Gesichts- Einkaufsskript
skript schema nach
Lageplan
(mental map)
Abb. 115: Einteilung der Schemata

Schemata, die sich auf Ereignisse beziehen, können als Die Konsumentenforschung setzt sich generell mit dem
Skript bezeichnet werden. Die empirische Untersuchung Einfluss von Schemata auf die Informationsverarbeitung
von Skripts liefert Einblicke in gelernte Verhaltensmuster. und das beobachtbare Verhalten von Konsumenten aus-
So ermöglicht zum Beispiel die Erhebung von Skripts des einander20.
Verkäuferverhaltens eine Analyse und Beurteilung der Beispielsweise wird immer wieder die Frage diskutiert,
beim Verkauf zum Zuge kommenden Verhaltensstandards ob Abweichungen von schematischen Produktvorstel-
(z. B. Ablauf der Begrüßungszeremonie, Small Talk, erste lungen zu Wettbewerbsvorteilen führen, weil die vom
Darstellung von Problemlösungen etc.) und ihre Nutzung Produktschema abweichende Marke dann als einzigartig
(Weitergabe) zur Ausbildung von Verkäufern (Leigh und wahrgenommen wird, oder ob Schema-Inkongruenzen
MacGraw, 1989; Leong, Busch und John, 1989). Anderson vom Konsumenten abgestraft werden, da sie die Marke
(2007, S. 194) erklärt beispielsweise, dass 73 Prozent der und ihren Nutzen nicht mehr einordnen können. Ebenso
Befragten vollkommen übereinstimmend über folgendes kann man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob Wer-
Skript eines Restaurantbesuchs berichteten: Platz nehmen, bung bestimmten Schemata folgen sollte. Nach Mandler
Speisekarte lesen, bestellen, essen, bezahlen und gehen. (1982) sowie Perrachio und Tybot (1996) gehen moderate
Die im Gedächtnis gespeicherten Skripts steuern in er- Schema-Inkongruenzen mit positiven Produktbeurtei-
heblichem Ausmaß das Verhalten. Nach Abelson (1981) lungen einher, während extreme Inkongruenzen eher
müssen für eine wirksame Verhaltenssteuerung drei zu negativen Evaluationen führen. Diese These scheint
Bedingungen erfüllt sein: sich als relativ robust zu bewähren (Noseworthy, Cotte
●● Das Individuum muss eine stabile gedankliche Reprä- und Lee, 2011, S. 359; im Prinzip auch bestätigt durch
sentation der Ereignisfolge besitzen. Halkias und Kokkinaki, 2017). Auch Produktflops wie
●● Es muss eine Situation vorhanden sein, die das Skript beispielsweise Crystal Pepsi (Cola als farbloses Getränk,
aktiviert (siehe auch Lanseng und Sivertsen, 2011). extreme Abweichung von der typischen bräunlichen Co-
●● Das Individuum muss erkennen, dass sich Handlungs- la-Farbe) lassen sich hiermit erklären. Untersuchungen
situation und Handlungsskript entsprechen. von Jhang, Grant und Campbell (2012) bzw. Noseworthy,
Cotte und Lee (2011) kommen allerdings zu dem Schluss,
Schemata oder Skripts sind im Gedächtnis sprachlich
dass unter bestimmten Bedingungen auch extreme Ab-
oder bildlich vertreten, d. h., mit verbalen oder visuellen
weichungen vom Schema zu einer hohen Akzeptanz
Vorstellungen verbunden19 (siehe Abb. 115).
führen können (verstärkt bei Frauen). Noseworthy, Cot-
Eine weitere Differenzierung erreichen wir, wenn wir te und Lee (2011) gehen zum Beispiel davon aus, dass
den sachlichen oder emotionalen Gehalt eines Schemas Konsumenten, die eine extreme Schema-Abweichung in
beachten. Manche Elemente eines Schemas sind emoti- der Werbung oder bei der Produktgestaltung entdecken,
onal besetzt. Werden in einer Wahrnehmungssituation versuchen, sich einen Reim darauf zu machen, wie es
solche Schemaelemente angesprochen, so hat dies emo-
tionale Verhaltensweisen zur Folge.
20Vgl. dazu u. a. die Beiträge von Sujan und Tybout (1988), von
19Zur Verhaltenssteuerung durch Schemata und Skripts Meyers-Levy (1988) über schemagesteuerte Informationsverar-
vgl. Markus und Zajonc (1985, S. 182 ff.). beitung sowie von Areni und Cox (1994).
270 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

zu dieser Abweichung gekommen ist. Dadurch würden Atmosphäre zu schaffen, die sehr entspannend auf den
sie sich intensiver mit dem Produkt auseinandersetzen, Konsumenten wirkt.
was letztlich zu positiveren Evaluationen führe. Aller- Grundsätzlich zeigt sich aber auch bei den letzten Stu-
dings benötigen sie hierzu Vergleichsmaßstäbe, d. h., sie dien, dass bei extremer Inkongruenz Produkte eher auf
müssen zeitgleich mit Konkurrenzmarken konfrontiert geringe Akzeptanz und nur in sehr speziellen Situa-
werden. Auch wenn die Autoren bei ihren Experimen- tionen auf Interesse stoßen. Ob ein Geschäft mit vielen
ten ihr Hauptaugenmerk auf Geschlechterunterschiede Stimuli, Kunden, Musik etc. eine Umgebung ist, in der
legen, so resümieren sie, dass extreme Inkongruenzen Konsumenten entspannt radikalen Innovationen begeg-
durchaus vorteilhaft sein können. Diesem Befund kann nen können, ist fragwürdig. Noseworthy, Murray und
man jedoch auch skeptisch gegenüberstehen. Wie die Di Muro (2017) schlagen auf Basis weiterer Experimen-
Autoren selbst einräumen, sind die Studien unter La- talerkenntnisse vor, dass bei extrem schemainkongruen-
bor- und unter Forced-Exposure-Bedingungen21 durch- ten neuen Produkten „semantische Helfer“ hinzugefügt
geführt worden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass unter werden sollten. Diese würden Konsumenten dabei hel-
realistischen Bedingungen im Feld, wenn der Konsument fen, schneller erahnen zu können, warum die Produkt-
nur ein bis zwei Sekunden auf die Werbeanzeige blickt innovation auf dem Markt kommt (so helfe das Wort
oder in Sekundenschnelle eine Kaufentscheidung treffen „grün“, einen hohen Vitamingehalt mit einem typischer-
muss, die extreme Inkongruenz zur Verwirrung und weise nicht mit Vitaminen in Verbindung gebrachten
dann eher zu Ablehnung führt. Produkt – wie Kaffee – zu verbinden). Beispielsweise
Noseworthy, Di Muro und Murray (2014) führten wei- erklären die Autoren, dass der Produktflop von Cyrstal
tere Laboruntersuchungen durch, bei denen sie unter Pepsi vielleicht hätte vermieden werden können, wenn
anderem die Rolle der Aktivierung (arousal) von Konsu- man den Konsumenten mitgeteilt hätte, dass die Cola
menten bei Exposition mit extrem (z. B. schwarzes Toilet- mit frischem Quellwasser hergestellt wird. Dieser zu-
tenpapier, mit Vitaminen angereicherter Vodka) oder mo- sätzliche Hinweis hätte den Konsumenten geholfen, zu
derat inkongruenten (z. B. schwarzer Reis, mit Vitaminen verstehen, warum diese Cola-Innovation durchsichtig
angereicherter Kaffee) oder kongruenten (z. B. schwarzer war. Es ist durchaus möglich, dass kleine zusätzliche
Tee, mit Vitaminen angereicherter Orangensaft) Produk- Beschreibungen eine radikale Innovation schneller ver-
ten untersuchen wollten. Die ausgelöste Aktivierung ständlich machen, daher sind die Studien von Nose-
wurde mit Skalen, elektrodermaler Reaktionen bzw. der worthy et al. sehr zu begrüßen. Im Falle von Crystal
Herzschlagrate gemessen; durch spezielle Manipulati- Pepsi darf man jedoch erneut skeptisch sein, denn am
onen (z. B. Musik) konnten die Versuchsteilnehmer in Point-of-Sale scannen die Konsumenten die Regale in
Zustände geringerer bzw. höherer Aktivierung versetzt wenigen Sekunden ab und sie suchen hier, wenn sie
werden. Grundsätzlich zeigt sich in den Untersuchun- Cola kaufen wollen, automatisch nach Flaschen mit
gen, dass die Aktivierung der Konsumenten beim ersten der typisch braunen Farbe, da diese zum klassischen
Kontakt mit inkongruenten Produkten eine wichtige Rol- Produktschema dazugehört und quasi internalisiert ist.
le spielt. Ist die Höhe der Aktivierung besonders stark Hier würde nur ein enormer Werbedruck helfen, das alte
ausgeprägt (und die Überaktivierung wird als Angst Produktschema zu modifizieren.
erlebt), dann werden extrem inkongruente Produkte ent- Eine Studie zur Wirkung von Inkongruenz bei Kommu-
schieden abgelehnt und selbst moderat inkongruente nikationsstrategien in den sozialen Medien stammt von
Produkte wurden eher abgelehnt. Moderat inkongruente Schulze, Schöler und Skiera (2014). Die Autoren argumen-
Produkte wurden bei moderater Aktivierung bevorzugt. tieren, dass Konsumenten mit Plattformen wie Facebook
Die extrem inkongruenten Reize wurden bei moderater das Schema „Spaß, Unterhaltung, Freude“ verbinden
Aktivierung dagegen ebenfalls negativ beurteilt. Nur würden, weshalb für Computerspiele wie FarmVille (hier
im Zustand geringer Aktivierung, wenn Konsumenten geht es darum, einen virtuellen Bauernhof aufzubau-
sehr entspannt waren, dann hatten die extrem inkongru- en und zu betreiben) die Werbung bei Facebook sehr
enten Stimuli eine Chance. Noseworthy, Di Muro und erfolgreich gewesen sei. Anders ausgedrückt: Werden
Murray (2014) schlussfolgern aus ihren Ergebnissen für auf den Social Media-Kanälen Marketingbotschaften
das Marketing, dass eine aktivierungserhöhende Kam- über ein hedonistisches Produkt gestreut, dann passt
pagne bei extremen Abweichungen vom Schema nicht die Botschaft zum situativ aktivierten Schema. Werden
empfehlenswert seien, stattdessen empfiehlt es sich eine hingegen Botschaften über utilitaristische Produkte (z. B.
Bankprodukte) ausgegeben, dann besteht Schema-In-
21Zur Problematik von Forced-Exposure Experimenten siehe kongruenz und in der Folge ist diese Kampagne wenig
Germelmann und Gröppel-Klein (2009). effizient.

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C. Kognitive Prozesse 271

Wir werden in den folgenden Kapiteln wiederholt auf


Schemawirkungen eingehen, unter anderem in den
Abschnitten über Wahrnehmung und über Lernen. An
dieser Stelle bleibt festzuhalten:

Extrem inkongruente Produkte stoßen bei Konsumen-


ten auf sehr viel mehr Vorbehalte als kongruente oder
moderatinkongruente Produkte.

3. Das Arbeitsgedächtnis
Das Arbeitsgedächtnis ist im Gegensatz zum Langzeitge-
dächtnis stark kapazitätsbeschränkt. Vielfach wird davon
ausgegangen, dass es 7 +/– 2 Elemente enthalten kann. Die Abb. 116: Schematische Darstellung des Arbeitsgedächtnisses nach
„magische Zahl“ 7 geht auf die Arbeiten von Miller (1956) Baddeley (2000)
zurück. Nach Untersuchungen von Cowan (2001) sollte die
Anzahl an Informationen, die ein Konsument simultan „inneres Nachsprechen“ (subvokales Wiederholen) statt.
verarbeiten kann, sogar auf 4 reduziert werden. Es ist mü- Muss das Individuum laut und sehr schnell sprechen,
ßig, die genaue Zahl festzulegen; wesentlich ist, dass das kann die Kapazitätsgrenze der phonologischen Schleife
Arbeitsgedächtnis nur eine sehr beschränkte Anzahl an von zwei Sekunden überschritten werden und die In-
Informationen zeitgleich verarbeiten kann. Das Arbeitsge- formation „zerfällt“ (Buchner und Brandt, 2017, S. 424).
dächtnis umfasst nach den Modellen von Baddeley (1986, Je länger Wörter sind oder je größer die phonologische
2000) die „zentrale Exekutive“, die beiden Subsysteme Ähnlichkeit zwischen verschiedenen Wörtern ist, desto
„phonologisches“ und „visuell-räumliches“ System und größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Wörter nicht
den sogenannten „episodischen Puffer“ (siehe Abb. 116). behalten werden. So können lange Wörter nicht inner-
Die Unterscheidung von phonologischem und visuell- halb von zwei Sekunden und damit innerhalb des Ka-
räumlichem Subsystem wird begründet pazitätsbereiches ausgesprochen werden. Und es ist für
● zum einen aus neurologischen Erkenntnissen, die auf Probanden beispielsweise einfacher, sich die unähnlich
ein jeweils eigenständiges Bild-22 und Sprachsystem klingende Konsonantenfolge „B, X, L, K“ zu merken als
im Gehirn schließen lassen, „B, D, W, T“.
● zum anderen durch Plausibilitätserwägungen auf-
grund von Untersuchungsergebnissen, nach denen Diese Erkenntnisse sind für die Gestaltung von Markenna-
„verbale Gedächtnisleistungen (z. B. eine bestimmte men relevant: Zu lange Namen sind zu vermeiden. Wählt
man stattdessen Buchstaben-Zusammensetzungen bzw.
Abfolge von Konsonanten behalten) stärker durch ver-
Abkürzungen, sollte man darauf achten, unterschiedlich
bale Zusatzaufgaben (z. B. von 1–9 zählen) als durch vi- klingende Konsonanten zu wählen („KfW“ merkt man sich
suelle Zusatzaufgaben (z. B. eine einfache Abfolge von dann besser als „DTB“).
neun Tasten drücken) gestört werden“ (Buchner und
Brandt, 2017, S. 424), während es bei visuell-räumlichen
Hintergrundgeräusche können nach Baddeley (1986) das
Arbeitsgedächtnisleistungen genau umgekehrt ist.
Behalten von Wörtern stören, ebenso wie rhythmisch
In der sogenannten „phonologischen Schleife“ werden und melodisch abwechslungsreiche Hintergrundmusik
akustische und artikulatorische Informationen verarbei- das Einprägen verhindern kann.
tet. Visuell präsentiertes Material wird beim Lesen in
einen sprachbasierten, artikulatorischen Code übersetzt
Insbesondere bei Radiospots sollte die Hintergrundmusik
und dann ebenfalls dort gespeichert. Es findet eine Art auf Ablenkungseffekte kontrolliert werden.

22
Der primäre visuelle Kortex liegt am hinteren Ende der
Allerdings gibt es in letzter Zeit auch Stimmen, die Hinter-
beiden Großhemisphären im Okzipitallappen (Posner und
Raichle, 2004, S. 72). Im primären visuellen Cortex liegt das grundgeräuschen eine für das Arbeitsgedächtnis positive
sogenannte „frühe“ optische Projektionsrindenfeld, das für Wirkung zuschreiben (Mehta, Zhu und Cheema, 2012)23.
die Bilderkennung verantwortlich ist. Das Sprachsystem wird
23
linkshemispherisch im sogenannten Broca-Areal vermutet Wir gehen auf das Experiment später unter dem Stichwort
(Smith und Jonides, 1997). Construal-Level-Theorie ein.
272 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Das zweite Subsystem des Arbeitsgedächtnisses nach Eine weitere Funktion des episodischen Puffers ist
Baddeley (1986, 2000) ist der sogenannte „visuell-räumli- die Integration von syntaktischen und semantischen
che Notizblock“. Hier werden visuelle Wahrnehmungen, Informationen. Schließlich ist für die Erklärung der
aber auch Vorstellungen verarbeitet. Mit den Unterschie- Funktionsweise des Arbeitsgedächtnisses auch die
den und Gemeinsamkeiten von „Wahrnehmungs- und Fluency-Theorie (z. B. Reber und Schwarz, 1999; Labroo,
Gedächtnisbildern“ werden wir uns unter dem Stichwort Dhar und Schwarz, 200824) von Bedeutung, die die „Flüs-
„Imagery-Theorie“ auseinandersetzen (siehe Abschnitt sigkeit der Informationsaufnahme“ in den Vordergrund
Zweiter Teil, C.V.5.b). Ob es sinnvoll ist, in weiteren Mo- rückt. Wir werden die Fluency-Theorie in einem geson-
dellen des Arbeitsgedächtnisses auch noch Subsysteme derten Abschnitt behandeln.
für andere Modalitäten (z. B. Geruchs- oder Geschmacks- Die skizzierten Subsysteme werden nach dem Modell von
informationen) zu unterscheiden, ist derzeit noch nicht Baddeley (2000) durch die zentrale Exekutive gesteuert,
geklärt. die sich im präfrontalen Kortex befinden soll. „Hier wer-
Baddeley (2000) hat seiner ersten Konzeption (1986) den den Verarbeitungsprioritäten vergeben, Routineprozes-
sogenannten „episodischen Puffer“ hinzugefügt, der se bei Bedarf unterbrochen, nicht-routinisierte Prozesse
Informationen in einem „multimodalen Code“ reprä- überwacht, Handlungsergebnisse mit Handlungszielen
sentiert. Der episodische Puffer erklärt die Verknüpfung verglichen und vieles mehr“ (Buchner und Brandt, 2017,
zwischen Informationen und dem Zusammenspiel von S. 425). Ein typisches Beispiel: Ein Konsument fährt mor-
beispielsweise verbalen Informationen, die bildliche As- gens quasi „Autopilot-gesteuert“ von der Wohnung zur
soziationen auslösen können. Arbeit; er braucht sich hierbei nicht auf das Autofahren
Mittels des episodischen Puffers kann erklärt werden, zu konzentrieren (es geht „wie von selbst“) und kann
wie es kommt, dass man sich sechs zufällig ausgewählte anderen Gedanken nachgehen. Doch plötzlich wird er
Wörter schlecht merken kann. Wenn diese Wörter zu wegen einer Baustelle umgeleitet, er muss einen neuen
einem Satz zusammengesetzt werden, gelingt die Erinne- Weg finden und sich auf diese Aufgabe konzentrieren.
rung sehr viel besser, weil sich ein Sinnzusammenhang Diesen Vorgang würde die zentrale Exekutive steuern.
ergibt. Zudem ist die zentrale Exekutive für den Austausch mit
dem Langzeitgedächtnis zuständig (Baddeley, 2003).
Sinnhafte Informationen werden von Konsumenten besser
erinnert als sinnlose. 4. Messung von Gedächtnisinhalten
Wie kann das Wissen des Langzeitgedächtnisses gemes-
Ein Beispiel: Lesen Sie die beiden Zeilen und versuchen sen werden?
Sie, jede Zeile nach dem Lesen zu wiederholen: Wenn Inhalte des nondeklarativen Gedächtnisses explizit
Auf Katze Garten die der Bank im liegt. (also über Befragungen) gemessen werden sollen, dann
Die Katze liegt auf der Bank im Garten. ergeben sich verschiedene Probleme: Zum einen müssen
sich die Konsumenten dieses Wissens bewusst werden
Da die erste Zeile für den Leser nicht sinnhaltig ist, wird
(was nicht immer möglich ist) und dann versuchen, es
sie schlechter behalten als die sinnvolle zweite Zeile.
in Worte zu fassen (was oftmals sehr mühselig oder sehr
Meyers-Levy (1989) oder Langner (2003) konnten diesen
umständlich ist, z. B. bei der Beschreibung von Markenlo-
Effekt für Markennamen bestätigen. Markennamen, die
gos). Zum anderen steht man vor der Schwierigkeit, dass
in einem Sinnzusammenhang mit dem jeweiligen Pro-
das Wissen in einem nicht-sprachlichen Modus gelernt
dukt stehen, werden signifikant besser erinnert als Mar-
worden ist und erst in einen sprachlichen Code über-
kennamen, die durch Assoziation nicht mit dem Produkt
setzt werden muss. Man kann zum Beispiel den Duft
verbunden werden (z. B. wird der Markenname „Patros“
für Feta-Käse mit Griechenland, Natürlichkeit, Athen etc. 24 In diesem Beitrag von Labroo, Dhar und Schwarz (2008)
assoziiert, ebenso wie das Produkt selbst). Meyers-Levy
wird auch das in der Praxis gern aufgegriffene Beispiel wis-
(1989) sowie Samu und Krishnan (2010) machen zudem senschaftlich bestätigt, dass eine Uhr, bei der die Uhrzeiger
darauf aufmerksam, dass die Assoziationen spezifisch auf 10:10 Uhr stehen (womit ein lächelndes Gesicht, ein „smile
und möglichst unverwechselbar sein sollten. Es kommt face“, verbunden wird) signifikant positiver eingeschätzt wird
also demnach weniger auf die Anzahl der Assoziationen als dieselbe Uhr mit den Zeigern auf 20:20 Uhr, womit ein
an, sondern vielmehr auf deren Distinktheit. „frown face“, ein trauriges Gesicht, assoziiert wird. Die Wir-
kung der „Anthropomorphisierung“, der Vermenschlichung
von Marken, stellt ein viel diskutiertes Thema der Konsumen-
„Assoziative, unverwechselbare Markennamen“ werden tenverhaltensforschung dar (z. B. Fitzsimons, Chartrand und
besser erinnert als „nichtssagende“ Markennamen. Fitzsimons, 2008 oder Aggarwal und McGill, 2012).
C. Kognitive Prozesse 273

frisch gekochten Kaffees sofort wiedererkennen, doch „schmeckt fruchtig, nach Johannisbeere“ zu erfassen und
wie schwierig ist es, diesen Geruch zu beschreiben. Bei behelfen uns vielfach durch Analogien.
der Messung von Inhalten des non-deklarativen Gedächt- Für die Messung innerer Bilder stehen Methoden wie
nisses stößt man somit auf zwei wesentliche Barrieren: Bildrecall, Bildrecognition oder Bildzuordnungsver-
●● die Bewusstseinsbarriere, fahren zur Verfügung, bei denen die Testpersonen ihre
●● die Modalitätsbarriere. inneren Bilder in visueller Form wiedergeben können
(Kroeber-Riel, 1986a, S. 82 ff. sowie 1993b, S. 44 ff. und
Bewusstseinsbarriere: Nicht alle Informationen, die im
Ruge, 1988, S. 67 ff., ausführlicher siehe unten). Doch auch
Langzeitgedächtnis gespeichert sind, können wieder ins
bei der Messung von bildlichen Vorstellungen greifen
Bewusstsein gebracht werden, weil sie von anderen Infor-
wir vielfach auf sprachliche Verfahren zurück, d. h., auch
mationen überlagert sein können. Besondere Barrieren er-
hier müssen bildlich bewusste Vorstellungen in verbal
geben sich auch beim Abruf („retrieval“) von gespeicher-
bewusste Vorstellungen übersetzt werden. Diese Überset-
ten inneren Bildern, die nur zum Teil sprachlich bewusst
zung ist grundsätzlich möglich, da wir davon ausgehen
und mitteilbar werden. Bei der expliziten Messung von
können, dass bildliche Vorstellungen auch sprachlich
gespeicherten inneren Bildern ist darauf zu achten, dass
codiert werden bzw. in sprachliche Vorstellungen trans-
die Dominanz des sprachlich-analytischen Bewusstseins
formiert werden. Gleichwohl bleibt offen, inwieweit den
zurückgedrängt wird: Nur so lassen sich die konkreten
Testpersonen diese Übersetzung gelingt, vor allem dann,
bildlichen Vorstellungen eher ins Bewusstsein bringen
wenn es um emotional gefärbte visuelle Vorstellungen
und wiedergeben. In der Regel werden Bildvorstellungen
geht, die sich oft schwer in Worte fassen lassen. Außer-
durch interne Suchvorgänge (z. B. man erinnert sich an
dem bereitet die individuelle Verbalisierungsfähigkeit
Paris und fragt sich: Wie sah der Eiffelturm nochmal
nicht unbeträchtliche Transferprobleme. Man muss sich
aus?) oder äußere Reize hervorgerufen (z. B. man ist in
deswegen darüber im Klaren sein, dass man über sprach-
einem Geschäft und stellt fest: Dieses Kleid sieht genauso
liche Mitteilungen das visuelle Wissen und seine Verar-
aus wie das der englischen Prinzessin Kate).
beitung (sogenannte Imagery-Vorgänge) nur indirekt, oft
Die Ergebnisse der „Nachwirkungen“ von Priming- oder verzerrt und unvollständig erfasst25. Bei der Messung
Konditionierungsversuchen, die ebenfalls im nondekla- des nondeklarativen Wissens sollten daher neben den
rativen Langzeitgedächtnis gespeichert sind, können ex- klassischen verbalen Verfahren auch andere Methoden
perimentell gemessen werden (z. B. die Frage: Verhalten eingesetzt werden (z. B. Beobachtung, Experimente).
sich geprimte Probanden anschließend anders als nicht Grundsätzlich stellt sich also die Frage, mit welchen Me-
geprimte Versuchspersonen?), der Priming- bzw. Konditi- thoden die Gedächtnisinhalte in den einzelnen Systemen
onierungsvorgang an sich kann aber auch unterhalb der gemessen werden können: Möglich sind Befragungen,
Bewusstseinsschwelle stattfinden. In diesem Fall ist es bei denen freies Reproduzieren oder Wiedererkennen
schwierig zu messen, was sich beispielsweise während von Gedächtnisinhalten verlangt wird, Beobachtungen
des Primings im Konsumenten abspielt (eine Ausnahme oder Experimente, bei denen die unabhängige Variable
stellen vielleicht Gehirnscans dar). Die durch Priming systematisch variiert wird (z. B. beim Priming), oder auch
und Konditionierungen erzeugten Verhaltensmodifika- „motorische“ Aufgaben, bei denen Stimulusmaterial sor-
tionen können implizit (z. B. durch Messung von Reak- tiert werden soll. Abb. 117 zeigt zusammenfassend, wann
tionszeiten in Bezug auf die Kategorisierung vorgelegter einige dieser Methoden prinzipiell eingesetzt werden
Stimuli) oder explizit (z. B. durch verbale Assoziations- können.
messungen) gemessen werden (siehe unten).
Implizite Verfahren spielen nicht nur bei der Einstel-
Modalitätsbarriere: Perzeptuelles oder prozedurales lungsforschung, sondern auch bei der Messung von Ge-
Wissen liegt in der Regel in einem nicht-sprachlichen dächtnisinhalten eine immer bedeutsamere Rolle. Ein
Code vor. Die Messung dieses Wissens erfordert eigent- bekanntes Beispiel für ein implizites Messverfahren ist
lich modalitätsspezifische Methoden, die es ermöglichen, die Wortstamm-Ergänzungs-Aufgabe, die Buchner und
die verschiedenen Vorstellungen in ihrer jeweiligen Mo- Brandt (2017, S. 408) sehr gut beschreiben:
dalität zu erfassen. Man denke an solches Wissen über
Produkte, das akustisch, haptisch oder olfaktorisch ge- 25 Eine Form der indirekten Messung liegt auch dann vor,
speichert wird (Scharf, 1995). In den meisten Fällen ver- wenn man aus dem beobachtbaren Handeln eines Menschen
sucht man, die durch die verschiedenen Sinnesorgane (zum Beispiel auf Basis der Zugriffsgeschwindigkeit am Regal
aufgenommenen und gespeicherten Informationen in im Geschäft) Rückschlüsse auf sein Produktwissen (zum Bei-
spiel die Markenkenntnis) zieht. Beobachtungsverfahren dieser
sprachliche Informationen zu übersetzen. Wir bemühen Art werden häufig zur Validierung von Befragungen über das
uns z. B. den Geschmack eines Weines mit Worten wie Wissen von Konsumenten eingesetzt (Weinberg, 1981).
274 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Mehr oder weniger bewusste Inhalte des


Langzeitgedächtnisses

Deklaratives Nondeklaratives
(explizites) Gedächtnis (implizites) Gedächtnis
Fakten und Ereignisse Auch unbewusste
i.d.R. bewusst Gedächtnisformen

Befragung Wissenssystem Prozedurales System


Recall,
Recog - Beob-
nition
z.B. Eiffelturm z.B. Radfahren achtung
steht in Paris

Episodisches Gedächtnis Priming-System


Priming (Bahnung)

z.B. mein erstes


Rendezvous

„Sich hineinversetzen“ in frühere Situation Experimente, implizite Lerntests


mit Geschichten bzw. Bildmaterialien:
Befragung, Satzergänzung, Autodriving
Abb. 117: Gedächtnissysteme und
mögliche Messverfahren

„In einer ersten Phase sind normalerweise unter einem Vor- nen solche Tests auch in der Konsumentenverhaltensfor-
wand lange Listen von Wörtern zu lesen. Ein beliebter Vorwand schung eingesetzt werden, um zu prüfen, ob Produkt-
ist die Aussage, man nehme an einer Normierungsuntersu- innovationen oder neu eingeführte Marken bereits in
chung teil und solle daher Wörter nach einer subjektiv zu beur- einem frühen Verarbeitungsstadium mit den „richtigen
teilenden Eigenschaft einschätzen (z. B. dem Eindruck, ob ein
Assoziationen“ verbunden sind. Auch wenn sich Kon-
Wort in der Sprache eher häufig oder eher selten vorkommt).
sumenten mit neuen Angeboten, die in der Werbung
Ein Wort wie ,Arbeit’ etwa werden die meisten Menschen für
häufig vorkommend halten, ,Tiegel’ dagegen wird als eher sel- angepriesen werden, noch nicht bewusst auseinanderge-
ten gelten. Die Lernsituation dieser ersten Phase nennt man setzt, diese also nicht in ihrem deklarativen Gedächtnis27
inzidentell, weil die Personen die Wörter allenfalls beiläufig gespeichert haben, können beiläufig wahrgenommene
und als Nebenprodukt der eigentlichen Primäraufgabe lernen; Werbekampagnen „Nachwirkungen“ erzielen (z. B. über
sie wissen nicht, dass sich ein späterer Gedächtnistest auf erste Konditionierungsversuche), die über den zukünfti-
die Lernphase beziehen wird. Die sich anschließende zweite gen Erfolg der Angebote entscheiden.28
Phase wird oft als separate Untersuchung getarnt. So könnte
Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Stu-
suggeriert werden, es handele sich um eine andere Normie-
rungsuntersuchung. Präsentiert werden Wortstämme (z. B. dien von Elsen, Pieters und Wedel (2016). Die Autoren
,Tie…’), die sich zu verschiedenen Wörtern ergänzen lassen untersuchen, ob die Beurteilung von Werbeanzeigen von
(z. B. Tiefe, Tiegel, Tier, etc.). Zu den Wortstämmen sollen die der Expositionszeit (von 100 Millisekunden bis 30 Sekun-
teilnehmenden Personen die ersten kompletten Wörter finden, den) abhängt. Bei sogenannten „upfront“-Anzeigen, die
die ihnen einfallen. Die typischen Nachwirkungen der vorange-
gangenen Lernerfahrung zeigen sich darin, dass Wortstämme
explizites Verfahren auffassen und versuchen, sich viele der in
häufiger zu vorher gelesenen Wörtern ergänzt werden als ohne dieser Phase gelesenen Wörter einzuprägen. Außerdem wissen
die Vorerfahrung.“ wir aus der Aktivierungsforschung, dass seltene, altmodische
Diese „Nachwirkungen“ zeigen sich, obwohl sich die Wörter (wie z. B. „Tiegel“) kollative Reize darstellen, die man
Probanden an die Wörter der inzidentellen Phase nicht sich automatisch besser einprägt, weil sie ungewöhnlich sind.
Solche Effekte sollten ebenfalls kontrolliert werden.
explizit erinnern können26. In abgewandelter Form kön- 27
Es wird auch vom expliziten (deklaratorischen) bzw. implizi-
ten (non-deklaratorischen) Gedächtnis gesprochen, siehe auch
26Buchner und Brandt (2017) zeigen auch die Grenzen solcher Markowitsch (2009).
28
Verfahren auf bzw. das sogenannte „Kontaminationsproblem“, Zur Wirkung beiläufig wahrgenommener Anzeigen siehe
das entstehen kann, wenn Probanden die inzidentelle Phase als auch das „Klassiker-Experiment“ von Shapiro (1999).
C. Kognitive Prozesse 275

typisch für eine Produktkategorie sind (z. B. ein helles sächliche Entscheidungsverhalten wird mit den aus dem
Bier wird mit Flasche, gefülltem Bierglas und blonder Gedankenprotokollen („think aloud protocols“) gewon-
Frau präsentiert) reicht schon eine sehr kurze Expositi- nenen Erkenntnissen in Beziehung gesetzt (z. B. Risius,
onszeit aus, um positiv bewertet zu werden. Das heißt, Janssen und Hamm, 2017).29 Allerdings können die da-
dass der Sinn der Anzeige sofort entschlüsselt werden bei provozierten Bewusstseinsprozesse zu einem „over-
kann, weil die Anzeige den Erwartungen entspricht. Bei reporting“ beitragen. Das ist der Fall, wenn der Proband
„mystery ads“ (z. B. eine blonde Frau ist der fotografierte durch die Versuchsbedingung zu einem Nachdenken
Star in einer Szene, die Anzeige wirbt mit dem Slogan über die Aufgabe gebracht wird, was er sonst nicht so
„Unser blondester Star“, Markenlogo und Bierglas mit bewusst täte. Es kann aber auch zu einem „underrepor-
hellem Bier sind nur sehr klein in der rechten Ecke abge- ting“ kommen, wenn der Proband schlicht zu bequem
bildet), bei denen der Konsument den Sinn der Anzeige ist, alle Gedankengänge laut auszusprechen.
erst ergründen muss, ist eine längere Betrachtungsdauer Befragungen mit Leitfragen bzw. standardisierten Ska-
vonnöten, um eine positive Bewertung auszulösen. Ist len: In diesem Fall wird die Testperson durch Aufforde-
das nicht der Fall, wird eine Mystery-Anzeige nur ganz rungen dazu gebracht, sich zu einem spezifischen Sach-
kurz eingeblendet, dann ist die Einstellung zur Anzeige verhalt zu äußern. Die Aufforderung kann auch darin
negativ ausgeprägt. Wir werden im Dritten Teil noch bestehen, dass die Testperson dazu angeregt wird, ande-
einmal auf Rätselanzeigen zu sprechen kommen. An ren, weniger erfahrenen Personen Hinweise, Ratschläge
dieser Stelle sollte festgehalten werden: und weiterführende Informationen zu geben (Beispiel:
Was würden Sie Ihren Freunden raten, beim Kauf die-
Die Erkenntnisse von Elsen, Pieters und Wedel (2016) ses Produktes zu beachten?). Oder die Testperson wird
unterstützen die in diesem Buch seit vielen Auflagen for- gebeten, zu bestimmten Aufgaben und Arrangements
mulierte Forderung, Werbung unter realistischen Bedin- – beispielsweise zu einem naturwissenschaftlichen Ex-
gungen zu testen! Je kürzer die Betrachtungszeit, desto periment – Stellung zu nehmen sowie Schlüsse zu ziehen
schneller muss sich die Anzeige für den Konsumenten und diese zu begründen.
erschließen.
Im Übrigen kommen für die Wissensermittlung prak-
tisch alle Befragungsverfahren von wenig strukturierten
Explizite Gedächtnistests (wie Wiedererkennungs-Auf- bis hin zu voll strukturierten Fragestellungen mit Ant-
gaben oder freies Reproduzieren) werden verwendet, wortvorgaben zum Zuge. Wie bei allen Befragungen sind
wenn sich Konsumenten bewusst an Inhalte des dekla- die Risiken des reaktiven Verhaltens der Testperson zu
rativen Gedächtnisses erinnern sollen. Im Marketing beachten, die vor allem darin bestehen, dass die Testper-
verwendet man hierfür die allgemein bekannten Reco- son „sozial erwünschte“ Antworten gibt.
gnition- oder Recalltests. So lässt man Probanden Zeit- Beim Kategorisieren wird die Testperson gebeten, Reiz-
schriften mit Werbeanzeigen durchblättern (Lernphase) material nach bestimmten Kriterien zu gliedern oder
und fragt sie anschließend, an welche beworbenen Mar- frei nach eigenen Kriterien zu gruppieren („stack sort
ken sie sich frei erinnern können bzw. welche vorgelegten analysis“). Hier werden Begriffe, Produkte, Sachverhalts-
Markennamen sie wiedererkennen können. Möchte man beschreibungen oder Bilder geordnet und in Kategorien
das episodische Gedächtnis messen, so bittet man die eingeteilt, beispielsweise um herauszufinden, welche
Konsumenten, sich erneut in eine vor Kurzem erlebte, Stimuli als ähnlich, welche als unähnlich empfunden
typische oder außergewöhnliche Konsumsituation hi-
neinzuversetzen und über die erlebten Erfahrungen zu
29
berichten. Eine interessante Studie mit Think Aloud-Technik stammt
von Aschemann-Witzel, Jensen und Jensen (2017), die sich mit
Methode des lauten Denkens: Die Testperson wird auf- den Denkprozessen von Konsumenten auseinandersetzen, die
gefordert, alles zu äußern, was ihr zu einem Meinungsge- entstehen, wenn Lebensmittelprodukte aufgrund des Ablau-
genstand durch den Kopf geht. Die in Protokollen aufge- fens des Mindesthaltbarkeitsdatums zu sehr günstigen Preisen
angeboten werden. Hier denken die Konsumenten bereits am
nommenen sprachlichen Äußerungen werden daraufhin
Point-of-Sale darüber nach, ob sie diese Lebensmittel über-
analysiert, welches Wissen sie enthalten. haupt noch rechtzeitig verbrauchen können. Eine ebenfalls in-
Auf diese Weise kann man auch Auskunft über das teressante Studie mit Think Aloud-Technik präsentieren Jiang,
McKay et al. (2017), die sich mit der Frage auseinandersetzen,
prozedurale Wissen der Testperson erhalten. Ein Bei- wie Konsumenten „native advertising“ (= Werbung, die Mar-
spiel sind die auf diese Weise ermittelten gedanklichen kenbotschaften in Medieninhalte integriert und deshalb nicht
Programme, die ein Konsument bei der Suche oder bei sofort erkennbar ist) erleben, und ob sie überhaupt erkennen,
der Wahl einer Marke im Laden benutzt, d. h., das tat- dass es sich um Werbung handelt.

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276 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

werden. Als Beispiele für die Anwendung dieser Me- – Auskünfte über Wissensstrukturen und -inhalte geben
thode sind die Studien von Blanchard, Aloise und DeS- können, insbesondere
arbo (2017) zur Sortierung von Lebensmitteln, von Ver- ●● direkte Beobachtung,
amendi, Herencia und Ares (2013) zu Parfüm oder von ●● Blickaufzeichnung,
Groeppel-Klein, Hupp et al. (2010) zu Emotionsbildern ●● IDM (Informations-Display-Matrix).
zu nennen. Man kann dadurch Einblick in dem Sortieren
Auf diese Methoden wird im Kapitel über Informati-
zugrunde liegender Schemata bekommen. Zum einen
onsaufnahme (Zweiter Teil, C. III. 2) näher eingegangen.
können entweder intuitive Einordnungen erfasst werden
Sie dienen in diesem Zusammenhang dazu, Schemata
(die Aufgabe wird ohne verbale Kommentierung sei-
festzustellen, die bei der Beurteilung und Auswahl von
tens der Teilnehmer gelöst, da diese zum Rationalisieren
Produkten wirksam werden.30
zwingen kann) oder zum anderen kann ausdrücklich
danach gefragt werden, wie die Probanden bei der Ka- Ein Verfahren, das die Assoziationen von Menschen an-
tegorisierung vorgegangen sind und welches Wissen sie tizipiert, ist die Assoziative Textanalyse (vgl. Wettler,
dazu benutzt haben. Weber et al., 1998): Das Verfahren basiert auf der Aus-
wertung einer Vielzahl von Texten mit insgesamt ca. 130
Das Verfahren der Reproduktion von Wissen ist im Be- Millionen Wörtern. Grundlegende Idee ist, dass Wörter,
reich der angewandten Marketingforschung besonders die im Text häufig gemeinsam wahrgenommen werden,
verbreitet. Es wird vor allem in der Werbeforschung be- miteinander assoziativ verknüpft werden. Damit können
nutzt, um zu erfahren, welches Wissen durch die Wer- Assoziationen zu beliebigen Begriffen und Texten be-
bung erworben wird. rechnet werden, ohne dass Versuchspersonen benötigt
Die Testperson wird – meistens nach einem Lernvor- werden. Der Einsatz der Assoziativen Textanalyse ist z. B.
gang – dazu gebracht, bestimmte Informationen aus dem für die Analyse von Werbung vielversprechend. In letzter
Gedächtnis wiederzugeben. Das Ziel der kognitiven For- Zeit werden vor allem die automatisierten Verfahren der
schung besteht dann darin, aus den Äußerungen Hin- Textanalyse eingesetzt, da durch Nachrichtendienste wie
weise auf die Organisation des gespeicherten Wissens Twitter oder Sozialen Medien wie Facebook die Menge
zu erhalten. Ein Beispiel bietet die Messung von Skripts, an verfügbaren Texten explodiert ist. Man denke aber
bei der eine Testperson die Ereignisfolgen reproduzieren nicht nur Tweets und Posts, sondern auch an die Flut von
soll, die zu einem speziellen Skript gehören. Die freie Emails, Reviews und Blogs. Einen guten Überblick über
Reproduktion eines Skripts erfordert einen starken ge- automatisierte Textanalyseverfahren gibt der Beitrag von
danklichen Aufwand, die Testpersonen benötigen daher Humphreys und Wang (2018).
vielfach unterstützende Hinweise auf einzelne Ereignis- Die Erfassung von Netzwerken stellt eine besondere He-
se, an die sie anknüpfen können (z. B. Skript einer typi- rausforderung dar. Netzwerkmodelle helfen, die Form
schen Geburtstagsparty, Ablauf des Heiligabends, etc.). und den Ablauf der Speicherung zu beschreiben. Das
Nicht außer Acht zu lassen sind die modalitätsspe- Langzeitgedächtnis wird hier als ein aktives Netzwerk
zifischen Messmethoden, die sich vor allem auf die aufgefasst, das Wissensstrukturen repräsentiert. Man
Ermittlung bildlich repräsentierten Wissens (von Vor- unterscheidet Knoten (Begriffe, Situationen, Ereignis-
stellungsbildern) richten. Dazu gehören Bilderpuzzle, se) und Relationen zwischen den Knoten, z. B. zwischen
Bilderzuordnung oder Bildmaskierung: Die Testperson Objekten und ihren Eigenschaften. Sie werden nach Art,
wird bei diesen Verfahren visuellen Reizvorlagen ausge- Richtung und Intensität unterschieden. Wir haben ein
setzt, die sie ihrem Wissen entsprechend erkennen oder ausführliches Beispiel (Abb. 106–107) im Kapitel „Einstel-
ordnen soll. Es handelt sich in erster Linie um Wiederer- lungen“ dargelegt, auf das wir hier verweisen möchten,
kennungsverfahren, mit dem Ziel, wenig bewusstes bild- ebenso auf Abb. 118.
liches Wissen einzufangen (siehe auch die Ausführungen An dieser Stelle sei noch einmal betont, das mithilfe von
zur Collage-Technik im Abschnitt über Motivationen). semantischen Netzwerken eine vorhandene Wissens-
Zu den modalitätsspezifischen Verfahren gehört auch der struktur, ihr Zustandekommen und ihre Veränderungen
Bildrecall, das ist ein Reproduktionsverfahren, bei dem verdeutlicht und sozialtechnische Folgerungen abgeleitet
die Testperson dazu gebracht wird, ihre inneren Bilder werden können.
zeichnerisch wiederzugeben. Zu ergänzen sind diese Grunert (1990) hat einen theoretischen Ansatz entwi-
Verfahren vor allem noch um Assoziationsverfahren ckelt, um semantische Netzwerke zur Erklärung von
(Grunert, 1990, S. 95 ff.; Wettler, Weber et al., 1998) und
um verschiedene Beobachtungsverfahren, die auch – 30Vgl. zu verschiedenen Methoden der Messung des Produkt-
wenngleich indirekter als die oben erwähnten Verfahren wissens auch Mitchell und Dacin (1996).
C. Kognitive Prozesse 277

Kaufentscheidungen zu erheben und zu interpretieren. soziationen verwendet werden, sondern auch für die
Er untersucht dabei assoziative Beziehungen, in denen Konzeptualisierung und die spätere Operationalisierung
sich Produktwissen (wie „Subaru hat Allradantrieb“), von theoretischen Begriffen, wie die Arbeit von Shams,
Produktanforderungen („Allradantrieb erleichtert das Alpert und Brown (2015) zeigt. Die Autoren nutzen freie
Fahren im Gebirge“) sowie Produkterfahrungen („Sub- Assoziationen und BCM, um eine Skala zur Messung
aru hat sich im Gebirge bewährt“) niederschlagen. Sucht der wahrgenommenen Innovationskraft von Marken zu
ein Konsument beim Einkauf nach Alternativen, so kom- entwickeln (Consumer Perceived Brand Innovativeness).
men vor allem solche Produkte in Frage, die mit stark be- Eine Weiterentwicklung32 der BCM stammt von Schnitt-
wussten Assoziationen über die Produkteignung – zum ka, Sattler und Zenker (2012), die zusätzlich die positive
Beispiel aufgrund ausgeprägter Produkterfahrungen – Valenz („favorability“) der einzelnen Assoziationen be-
verbunden sind. rücksichtigen und diese zu einem Gesamtwert verrech-
Seit geraumer Zeit wird auch vielfach die Methode der nen, der Aufschluss über die Wertigkeit des Netzwerks
sogenannten „Brand Concept Maps“ (BCM) angewendet gibt (siehe auch Abb. 118). Auch Böger, Kottemann et al.
(John, Loken et al., 2006), bei der Markenassoziationen (2017) haben sich mit einer Weiterentwicklung der BCM
von Konsumenten ermittelt und zu Assoziationsnetz- beschäftigt und stellen ein Verfahren dar, mit dem die
werken zusammengefasst werden, die dahingehend Aggregation der Daten verbessert werden kann, sodass
differieren, ob die Assoziationen direkt von der Marke die Netzwerke stabiler und klarer werden.
ausgehen (= Kernassoziationen, englisch „core associa- Kellers (1993) Idee, Markenstärke anhand der Dimensi-
tions“) oder ob sie nur über andere Assoziationen mit der onen „Intensität, Valenz und Einzigartigkeit von Asso-
Marke verknüpft sind („non-core associations“). Diese ziationen“ zu operationalisieren, wird von Mühlbacher,
innovative Technik stellt zum einen eine Weiterentwick- Raies et al. (2016) relativiert. Sie nutzen die Qualitative
lung von Kellers (1993) Idee dar, Markenstärke anhand Komparative Analyse nach Ragin (z. B. 2009) und stellen
der Dimensionen „Intensität, Valenz und Einzigartigkeit beispielsweise fest, dass die alte Regel von Keller „Je mehr
von Assoziationen“ zu operationalisieren. Zum anderen Assoziationen die Konsumenten äußern, desto höher
basiert sie auf Zaltman’s Metaphor Elicitation Technique31 ist die Markenstärke“ nicht unbedingt zutreffend sein
(ZMET; Zaltman und Coulter, 1995; Zaltman, 2003). ZMET muss. Auch wenige, einzigartige Assoziationen können
nutzt qualitative, projektive Forschungstechniken, um zu hoher Markenstärke führen. Ganz grundsätzlich gibt
besonders relevante Markenassoziationen („Schlüssel- es unterschiedliche Kombinationen von Intensität, Valenz
markenassoziationen“) zu entdecken. In einer weiteren und Einzigartigkeit, dabei spielt auch die Vertrautheit der
Phase wird über Tiefeninterviews ermittelt, wie die Kon- Konsumenten mit der Marke eine Rolle.
sumenten diese Assoziationen miteinander verbinden.
ZMET ist eine in Wissenschaft und Praxis weitverbreitete 5. Der Einfluss von unbewussten und emotionalen
Methode, aufgrund der verschiedenen zur Anwendung Vorgängen
kommenden qualitativen Verfahren aber sehr zeitinten- Die Vernachlässigung der wenig bewussten und weitge-
siv, nur von geschulten Interviewern durchführbar und hend automatisch ablaufenden Informationsverarbeitung
daher nur für kleine Stichproben anwendbar. BCM kann ist ein wesentliches Versäumnis der Konsumentenfor-
dagegen aufgrund des höheren Standardisierungsgrades schung. Schon 1988 hat Grunert (S. 179) für eine umfas-
auch bei großen Stichproben angewendet werden. Dieses sende Theorie plädiert, die auf den Gesetzmäßigkeiten
Verfahren kann nicht nur zur Darstellung von Markenas- des kognitiven Lernens aufbaut und sich nicht auf be-
31
ZMET basiert auf mehreren Untersuchungsschritten, die er-
mitteln sollen, wie Marken von Konsumenten wahrgenommen 32 Eine weitere Methode zur Messung assoziativer Strukturen
werden und ob sie die bewussten und unbewussten Erwartun- des Markenwissens, die letztlich auch auf ZMET basiert, stellen
gen der Konsumenten erfüllen. Durch ein schrittweises Her- Teichert und Schöntag (2010) vor. Die Autoren plädieren für eine
antasten mittels projektiver Techniken werden die Gedanken Kombination von Tiefeninterviews (erster qualitativer Schritt
und Gefühle ermittelt, die mit dem Untersuchungsgegenstand für die Erfassung von Markenassoziationen) mit einer quantita-
zusammenhängen. Die wichtigsten Gedanken und Gefühle tiven Analyse der Assoziationen nach Gruppen und Kategorien
stellen das mentale Terrain des Konsumenten dar. Durch eine sowie anschließender Beschreibung und Visualisierung dieser
Verbindung der Konstrukte wird im zweiten Analyseschritt Informationen in Form assoziativer Netzwerke. Bei der quan-
(per Tiefeninterview) ein Netzwerk ermittelt, welches als das titativen Analyse wird die Anzahl produkttypischer und mar-
mentale Modell des Konsumenten bezeichnet werden kann. kenspezifischer Assoziationen sowie deren Stärke (average tie
Besonderes Gewicht wird auf die assoziierten Metaphern ge- strength) berücksichtigt, sodass beim Vergleich der Netzwerke
legt, die die Repräsentation einer Sache in den Worten eines von unterschiedlichen Marken offensichtlich wird, welcher
anderen Sachbereichs darstellen. Marke die höchste Markenvitalität bescheinigt werden kann.
278 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 118: Modifizierte BCM nach


Schnittka, Sattler und Zenker
(2012)33.

Anmerkung: Je dunkler die Farbe,


desto vorteilhafter die Assoziation,
die Anzahl der Linien symbolisiert
die Stärke zwischen zwei Assozi-
ationen.

wusste Verarbeitungsvorgänge beschränkt, sondern auch zu glauben, dass nur die bewusste Auseinandersetzung
nicht-bewusste gedankliche Prozesse einbezieht. Seit ei- (das Sich-den-Kopf-Zerbrechen), wie für das Kaufver-
nigen Jahren versucht die Konsumentenverhaltensfor- halten z. B. von Bettman, Luce und Payne (1998) disku-
schung jedoch, die unbewussten Prozesse viel stärker zu tiert wird, die Wahrscheinlichkeit fördert, dass man die
berücksichtigen, auch bei der Informationsverarbeitung richtige Wahl trifft. Dijksterhuis und Kollegen führten
und -speicherung. Das belegt auch die Diskussion im hierzu diverse Experimente durch, u. a. auch Versuche
Journal of Consumer Research 2016/2017 (z. B. Williams mit Konsumgütern, bei denen Konsumenten beispiels-
und Poehlman, 2016; Plassmann und Mormann, 2017), weise die Qualität von Automobilen einschätzen sollten
wobei einige Autoren auch davor warnen, die unbewuss- (Dijksterhuis, Bos et al., 2006). Hier wurden die Testper-
ten Prozesse überzubetonen (Sweldens, Tuk und Hütter, sonen mit Informationen über vier hypothetische Autos
2017). Da wir bereits im Kapitel „Affektive Prozesse“ aus- konfrontiert. Unter der „leichten“ Bedingung erhielten
führlich auf die Bedeutung der unbewussten Prozesse die Probanden vier verschiedene Auto-Attribute, unter
hingewiesen haben, wollen wir in diesem Kapitel vor der „schwierigen“ Versuchsbedingung zwölf Eigenschaf-
allem auf die (sehr kontrovers diskutierte) unbewusste ten. Durch die Attribute wurden die Autos mehr oder
Gedankentheorie eingehen. weniger positiv beschrieben, eine eindeutige Rangfolge
hinsichtlich der Qualität der vier Autos war vorgegeben
a) Die Unconscious Thought Theory und identifizierbar. Nun wurden die Probanden noch
Die sogenannte „Unconscious Thought Theory“ (UTT)34 einmal in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Versuchs-
nach Dijksterhuis und Kollegen (z. B. Dijksterhuis und gruppe A sollte über die Aufgabe, das beste Auto her-
Nordgren, 2006) geht davon aus, es sei ein Trugschluss auszufinden, bewusst nachdenken. Die Teilnehmer der
zweiten Versuchsgruppe B wurden dagegen abgelenkt,
33 sie sollten Rätsel lösen oder rückwärts zählen und im
Die Erhebung wurde vor Bekanntwerden des „Diesel-Skan-
dals“ vorgenommen. Anschluss an die Ablenkungsaufgabe mitteilen, welches
34
Dijksterhuis, Bos et al. (2006, S. 1007) machen auf einen we- Auto das am positivsten beschriebene sei. Das erstaun-
sentlichen Unterschied zwischen „implizitem Lernen“ und liche Ergebnis dieser Untersuchung war, dass unter der
„unbewusstem Denken“ aufmerksam: „Unconscious thought schwierigen Versuchsbedingung diejenigen die richtige
is reminiscent of implicit learning, but there is an important Lösung signifikant häufiger angeben konnten, die abge-
difference. Implicit learning refers to aspects of a task that are
lenkt wurden und nicht bewusst über die Aufgabe nach-
learned while working on the task (and that are inaccessible to
consciousness). Unconscious thought refers to thought proces- denken konnten (siehe Abb. 119). Die Schlussfolgerungen
ses that take place after the encoding of relevant information“. aus diesen und ähnlichen Experimentalergebnissen der
Ein gutes Beispiel hierfür ist auch das „Lernen im Schlaf“. UTT sind folgende:
C. Kognitive Prozesse 279

kreative Entscheidungen und moralische Dilemma-Kon-


Nach der UTT kann das Bewusstsein nur einen geringen
Prozentsatz der eingehenden Informationen verarbeiten,
flikte), und nur in einem einzigen Experiment eine ein-
der überwiegende Teil wird unbewusst verarbeitet. deutige Überlegenheit der UTT nachweisen konnten.
Die Autoren (2011, S. 723) machen auch auf das Problem
Bei sogenannten „Inkubationsprozessen“ wird ein Prob-
lem im Gehirn „bebrütet“ und ohne dass es dem Indivi- aufmerksam, wie sichergestellt werden kann, dass die
duum bewusst wird, reift eine Entscheidung. „Es denkt Probanden nicht während der Konfrontation mit den
in uns.“ Attributen schon eine Entscheidung für eine Alternative
fällen, sondern erst nach der Ablenkungsphase, während
der „das Unbewusstsein denken soll“ (siehe auch Payne,
Kritische Diskussion der UTT: Die UTT hat zweifellos
Samper et al., 2008). Dieses Problem wird auch von den
die wissenschaftliche Diskussion über die Bedeutsamkeit
Befürwortern der UTT eingeräumt (Strick, Dijksterhuis
unbewusster Denkprozesse revolutioniert und, wie nicht
und Van Baaren, 2010), die eine Kontrolle dieser Variab-
anders zu erwarten war, auch diverse Gegenexperimente
len anstreben. Waroquier, Marchiori et al. (2010) führten
und Gegenstimmen ausgelöst. So wird beispielsweise
ein Experiment durch, bei dem sie den Testpersonen je
von Acker (2008) kritisiert, bei vielen Experimenten von
zwölf Informationen über vier verschiedene Apartments
Dijksterhuis und Kollegen seien bei komplexen Entschei-
präsentierten (das beste Apartment hatte zu 75 Prozent
dungen die unbewussten Denkprozesse nur tendenziell,
positive Attribute, die beiden durchschnittlichen hatten
nicht aber statistisch signifikant überlegen. Acker führt
ca. 50 Prozent positive Beschreibungen und die schlech-
eine Metaanalyse über 17 verschiedene Experimente
teste Wohnung hatte nur zu 25 Prozent positive Attri-
durch, bei denen die Resultate bewusster und unbe-
bute). Vor der jeweiligen „Grübel“- (conscious thought)
wusster Denkprozesse verglichen wurden. Von den 17
bzw. Ablenkungsphase (unconscious thought) wurden
Versuchen konnten nur 5 einen signifikanten Vorteil der
die Probanden sofort nach der Konfrontation mit den
UTT belegen (Acker, 2008, S. 299). Acker weist darauf hin,
später (un-)bewusst zu beurteilenden Informationen ge-
dass in Zukunft bei UTT-Experimenten verschiedene
beten, einen ersten Eindruck von dem besten Apartment
Moderatorvariablen berücksichtigt werden sollten, wie
abzugeben. Es zeigte sich nun, dass dieser die spätere
beispielsweise das Geschlecht, die Art der Informations-
bewusste Beurteilungsphase beeinflussen und dies zu
darbietung (Wird eine Information nach der anderen
einer schlechteren Entscheidung führen konnte. Anders
gezeigt (sequenziell) oder alle Informationen simultan?)
ausgedrückt: Durch diesen ersten Eindruck waren die
sowie die Zeitspanne, die die Konsumenten bei der Lö-
Probanden anschließend nicht mehr „frei“, in der Phase
sung des Problems zur Verfügung haben. Zu einer ähn-
des Nachdenkens die einzelnen Alternativen neutral zu
lichen Kritik gelangen Newell und Rakow (2011), die 16
beurteilen. Nachteilige Entscheidungen können entste-
Experimente mit verschiedenen Aufgaben durchführ-
hen, wenn durch die Vorab-Festlegung eine Verzerrung
ten, die sich in unterschiedlichen Kontexten bewegten
eintritt, die durch die anschließende bewusste Beurtei-
(Wahlentscheidungen aus einer Fülle von Attributen,
lungsphase nicht mehr ausgeglichen werden kann. Die-
ser Effekt könnte also erklären, warum das bewusste
Nachdenken nicht immer zu guten Ergebnissen führt,
% korrekte Entscheidung wodurch im Umkehrschluss jedoch nicht die Überle-
70 genheit der UTT bewiesen ist. Die Autoren ließen eine
60 weitere Gruppe von Versuchspersonen die dargebotenen
Informationen direkt nach der Darbietung einfach nur
50
reproduzieren (Memorierung); hier führte das anschlie-
40
ßende bewusste Nachdenken zu einer besseren Entschei-
30 dungsqualität. Schließlich kritisieren Nieuwenstein und
20 Van Rijn (2012) die geringen Stichprobengrößen.
10
Die kritischen Stimmen zur UTT provozierten jedoch
0 ihrerseits wieder Studien, die die Validität der UTT
4 Aspekte 12 Aspekte nachweisen möchten. So belegen Ham und Van den Bos
(2011) in einer Untersuchung, bei der es um Informatio-
A: Bewusst B: Unbewusst nen (Vorstellungsgespräche) über die Qualifikation von
Arbeitskräften ging, dass bei unbewusster Einschätzung
Abb. 119: Ergebnisse eines Unconscious-Thought-Experiments die Qualität der Bewerber besser ermittelt werden konnte
(Quelle: Dijksterhuis, Bos et al., 2006) als bei der bewussten Beurteilung der vielfältigen Infor-
280 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

mationen. Strick, Dijksterhuis et al. (2011) führen eine Me- Nieuwenstein, Wierenga et al. (2015) führten eine um-
taanalyse mit 92 verschiedenen Studien durch, bei der sie fangreiche Replikationsstudie und eine Metastudie
eine hohe Effektstärke für den Unconscious-Thought-Ef- durch, um „endlich“ Klarheit zu erhalten, ob die UTT
fekt (UTE) ermitteln konnten. Auch Bargh (2011, S. 640 ff.) Gültigkeit erfährt oder nicht. Bei der Replikationsstudie
spricht sich für die UTT aus, weist aber ebenso wie schon wählten sie zum einen eine große Stichprobe und berück-
Acker (2008) auf die Dringlichkeit hin, potenzielle Mo- sichtigten zum anderen die Versuchsbedingungen und
deratoren, also weitere Beeinflussungsfaktoren für den Kontrollvariablen, wie von Strick, Dijksterhuis et al. (2011)
UTE, zu erforschen, wie beispielsweise die Art der Unter- vorgeschlagen. Weder die Ergebnisse dieser Replika-
brechungs-/Ablenkungsaufgaben (siehe auch McMahon, tionsstudie (hier wäre nur bei kleinen Stichproben ein
Sparrow et al., 2011). Bos, Dijksterhuis und Van Baaren Unconscious Thought Effekt zu beobachten gewesen)
(2012) greifen diese Diskussion auf und zeigen mit einer noch die Metaanalyse deuten nach Nieuwenstein, Wie-
neuen Studie, dass auch der Blutzuckerspiegel eine Rol- renga et al. (2015) auf die Gültigkeit der UT hin. Nach
le spielen kann (bei niedrigem Blutzuckerspiegel führt Ansicht der Autoren könnte hierfür keine belastbare
unbewusstes Denken zu besseren Entscheidungen als Evidenz identifiziert werden.
bewusstes Denken). Ist die UTT nun tot? Oder kann nicht sein, was nicht sein
Abadie, Waroquier und Terrier (2016, 2017) unterstützen darf? Die Metaanalyse von Nieuwenstein, Wierenga et al.
im Prinzip ebenfalls die UTT, erklären aber auch, dass (2015) kann nicht ignoriert werden. Die Diskussion wird
weitere Moderatoren, z. B. die Art und Weise, wie die dennoch weiter gehen. Die Studien von Abadie, Waroquier
Informationen präsentiert werden, berücksichtigt wer- und Terrier (2016, 2017) wurden nach der Replikationsstu-
den sollten. In ihren Studien ließen sie vier verschiedene die von Nieuwenstein, Wierenga et al. (2015) veröffentlicht
Apartments (H, K, D, N) anhand von zwölf Eigenschaf- und konnten unter bestimmten Voraussetzungen einen
ten beurteilen. H stellte die beste Option dar, die von Unconscious Thought Effekt feststellen. Kürzlich wurde
den Konsumenten identifiziert werden sollte. Die Auto- die Nachricht veröffentlicht, dass komplexe Rechenaufga-
ren konnten feststellen, dass der Unconscious Thought ben ohne bewusstes Nachdenken gelöst werden können
Effect dann eintritt (also dass die richtige Entscheidung (Karpinski, Briggs und Yale, 2019). Es bleibt abzuwarten,
eher nach einer Zeit der Ablenkung als nach einer Phase ob es sich hierbei um einen stabilen Befund handelt.
des bewussten Nachdenkens getroffen wird), wenn die Unabhängig davon, wie die Diskussion weitergeht, hat
Konsumenten die zwölf verschiedenen Informationen die UTT die wissenschaftliche Diskussion sehr berei-
geblockt pro Option präsentiert bekamen. Hier wur- chert, auch wenn, oder gerade weil, kontroverse Befun-
den alle zwölf Eigenschaften eines Apartments erst für de vorliegen. Auch wenn derzeit zweifelhaft ist, ob bei
Apartment H, dann für K, D und N aufgelistet. Wenn Ablenkung oder bei bewusstem Nachdenken komplexe
die Informationen pro Kriterium (z. B. erst Beurteilung Probleme besser gelöst werden, so zeigen die UTT-Expe-
der Lage der Apartments H, K, D, N, dann Beurteilung rimente grundsätzlich, dass Konsumenten ein Bauchge-
der Größe der Apartments H, K, D, N, dann Beurteilung fühl über die Vorteilhaftigkeit von Alternativen entwi-
des nächsten Kriteriums für H, K, D, N… etc.) aufgelistet ckeln können.
wurden, dann war der UTE nicht zu beobachten. Die
Autoren (2017) erklären zudem, dass die Ablenkungs- Dieses „Bauchgefühl“ kann durchaus hilfreich sein, wie
aufgabe nicht zu schwierig sein darf (was allerdings be- Studien von Pham, Lee und Stephen (2012) zeigen, auf
deutet, dass noch kognitive Restkapazitäten zum Lösen die wir im Kapitel „D. Das Entscheidungsverhalten der
der Aufgabe vorhanden sein müssen), damit der Effekt Konsumenten“ eingehen werden.
eintritt.
b) Emotionen und Kognitionen
Fazit: Seit der ersten Veröffentlichung von Dijksterhuis
und Nordgren (2006) wurden mehr als 100 Experimente Die emotionalen Vorgänge des Menschen können seine
zur Überprüfung der UTT durchgeführt. Die kontrover- Aufmerksamkeit und die Informationsaufnahme er-
sen Resultate machen die UTT zu einer der meist dis- heblich lenken. Sie greifen maßgeblich in die Informa-
kutierten Theorien innerhalb der Kognitionsforschung tionsverarbeitung ein und fördern oder hemmen das
(Nieuwenstein, Wierenga et al., 2015). Während die Ver- Gedächtnis.
treter der UTT das Scheitern von Replikationsstudien Die Informationsverarbeitung wird im weitesten Sin-
auf unzureichende Berücksichtigung bestimmter metho- ne von Emotionen begleitet. Es ist daher abwegig, Ent-
dologischer Erfordernisse und Moderatoren zurückfüh- scheidungsprozesse und Entscheidungsergebnisse aus-
ren, negieren die Gegner die Existenz eines Unconscious schließlich der kognitiven Informationsverarbeitung
Thought-Effekts. zuzuschreiben. Ambler und Burne (1999) zeigen in einer

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C. Kognitive Prozesse 281

Studie, dass die in TV-Spots vermittelten Emotionen die Nicht selten wird aber das Resultat von Informations-
Erinnerung an die Werbefilme erhöhen (vgl. auch Lee verarbeitungsvorgängen vordergründig den kognitiven
und Sternthal, 1999, oder die Metaanalyse von Vakrat- Operationen des Individuums zugeschrieben, obwohl es
sas und Ambler, 1999, zur Werbewirkung). Zu einem in Wirklichkeit ganz wesentlich von den gleichzeitig
ähnlichen Ergebnis kommen Mai und Scholler (2009), wirksamen aktivierenden Prozessen geprägt wird. Insbe-
die herausfanden, dass positive Emotionen in einem sondere wichtige Entscheidungen (wie z. B. Investment-
TV-Werbespot die Erinnerung an die Marke und das entscheidungen) brauchen „das gute Gefühl“ (Bechara
Verständnis der Botschaft förderten. Ein weiterer Beleg und Damasio, 2005).
ist die in diesem Buch bereits angesprochene „Schü- Manchmal ist es jedoch für den Konsumenten auch hilf-
rer-Necker-Regel“, nach der emotional anmutende Texte reich, wenn er sich der Emotionen bewusst wird, die bei
besser erinnert werden als Texte ohne emotionalen Inhalt einer Entscheidungsfindung relevant sein können. So
(Schürer-Necker, 1994, S. 181 ff.). Eine gute Übersicht über haben Konsumenten manchmal Angst vor bestimmten
das Zusammenspiel von Emotionen und kognitiven Pro- Informationen und meiden diese lieber, statt diese In-
zessen gibt auch der Beitrag von Tyng, Amin et al. (2017). formationen im Entscheidungsprozess zu berücksich-
Die Autoren (S. 1) resümieren „Emotion has a substantial tigen, um vielleicht zu besseren Urteilen zu gelangen.
influence on the cognitive processes in humans, inclu- So, Achar et al. (2015)36 geben einen guten Überblick
ding perception, attention, learning, memory, reasoning, (siehe auch Tabelle 3 in diesem Buch), wie Emotionen
and problem solving“. in Entscheidungssituationen nachfolgende Informati-
Menschliche Erkenntnis- und Denkprozesse werden onsverarbeitungsprozesse beeinflussen können. So sind
auch von Vorlieben determiniert: „We know, what we Konsumenten, die beispielsweise die Emotion „Neid“
like“ (Zajonc, 1980, S. 155). Wir haben im Kapitel „Emotio- verspüren, aufmerksamer, was dazu führt, dass sie in
nen“ schon auf die Lazarus-Zajonc-Debatte hingewiesen Gedächtnistests mehr Informationen erinnern können
und auch auf die Hypothese der somatischen Marker als Konsumenten, die diese Emotion nicht verspüren.
nach Bechara und Damasio35. Nach dieser Hypothese In der Literatur zur Lernpsychologie wird dem Einfluss
werden Entscheidungen und auch kognitive Prozesse von Emotionen auf Lernprozesse mittlerweile eine gro-
durch antizipatorische körperliche Reaktionen beein- ße Bedeutung beigemessen. Edelmann und Wittmann
flusst. Die sogenannten somatischen Marker sind durch (2012) widmen den emotionalen und motivationalen As-
frühere prägende emotionale Erlebnisse aufgebaut wor- pekten des Lernens ein eigenes Kapitel in ihrem Buch
den. Anders ausgedrückt: Somatische Marker sind kör- über Lernpsychologie. Sie folgern, dass es sich beim Pro-
pereigene Signale, die in Entscheidungssituationen (auf zess der Informationsverarbeitung in der Regel um ein
der Basis vorangegangener Erlebnisse) zu erwartende Zusammenwirken kognitiver und emotionaler Prozesse
Konsequenzen von Handlungen signalisieren und damit handele und dass „emotionale (und motivationale) Fak-
nachfolgende kognitive Informationsverarbeitungspro- toren selbst bei den abstraktesten Formen intellektueller
zesse beeinflussen. Dabei wird zwischen primären und Leistungen beteiligt“ seien (ebenda, S. 229, siehe ähnlich
sekundären Auslösern unterschieden. Erstere sind ange- auch Tyng, Amin et al., 2017). Das zeigt sich auch bei der
borene oder durch frühere Erfahrungen erlernte Stimuli, Verwendung von schematheoretischen Ansätzen: Der
die Anziehung oder Abstoßung erzeugen (z. B. Schlange, bei der Informationsverarbeitung ablaufende Vergleich
Spinne). Sekundäre Auslöser beruhen auf Erinnerungen zwischen eingehendem Reiz (Information) und vorhan-
an tatsächliche oder medial vermittelte Ereignisse (z. B. denem Schema wird im Allgemeinen als emotionslo-
ein Ball rollt auf die Straße, ein Kind rennt hinterher). ser „Mustervergleich“ aufgefasst. In der Theorie wird
Auf beide Stimuli wird mit einer somatischen Antwort so getan, als ob es keinen Unterschied mache, ob ein
reagiert (Schlange: Zittern; Ball: Bremsen, auch wenn wahrgenommener Reiz ein emotional wirksames Sche-
kein Kind über die Straße läuft). ma (wie „Vamp“) oder ein weitgehend neutrales Schema
(wie „Pappe“) aufruft. Die emotionale Besetzung eines

35
Zur Kritik an der „Somatic-Marker-Hypothesis“ siehe den
36
Artikel von Dunn, Dalgleish und Lawrence (2006), die u. a. Dabei gehen So, Archer et  al. (2015) auch auf den Zusam-
weitere empirische Studien fordern, die die „antizipatorischen“ menhang zwischen Emotionen und der Construal Level The-
physiologischen Reaktionen untersuchen sollen. Reimann und orie ein, was wir in einem separaten Abschnitt tun werden.
Bechara (2010) würdigen allerdings die Somatic-Marker-Hypo- Allerdings sei an dieser Stelle kritisch angemerkt, dass sich die
these als nach wie vor äußerst wichtigen konzeptuellen Rah- Autoren dem Konstrukt Emotion aus der rein kogntiven Sicht-
men für die Untersuchung des Einflusses von Emotionen in weise der Appraisal-Theorie nähern und damit die biologische
Entscheidungssituationen. Sichtweise ausklammern.
282 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Schemas hat jedoch wesentliche Auswirkungen auf die Schließlich belegen Zhu, Ritter et al. (2017), dass sich
Einordnung und Beurteilung (Wahrnehmung) der Reize. die intuitive Auswahl von kreativen Ideen bewährt (im
Auch bei der Produktbeurteilung spielt der emotiona- Vergleich zur reflektierten Auswahl, die zur Folge hat,
le Eindruck eine wesentliche, oft dominierende Rolle dass weniger kreative Lösungen ausgewählt werden).
(vgl. dazu auch Shiv und Fedorikhin, 1999). Er bestimmt Letztlich ist es so nicht verwunderlich, dass auch Baun
direkt die Entscheidung (wie bei Impulskäufen), oder er (2003) in ihrer Dissertation zeigen konnte, dass impulsiv
kanalisiert die rationalen Überlegungen, die sich auf das gewählte Artikel oftmals zu den Lieblingsprodukten von
Angebot richten. Interessant sind hier auch Studien zur Konsumenten werden.
Anthropomorphisierung, beispielsweise die Untersu- Die skizzierten Zusammenhänge verdeutlichen aber
chung von Landwehr, McGill und Herrmann (2011). Die auch, wie schwierig es ist, die kognitiven und aktivie-
Autoren stellten am Beispiel von Vorderfronten an Auto- renden (emotionalen) Beweggründe des Handelns aus-
mobilen fest, dass Produktgestaltungen, die an freundli- einanderzuhalten und zu messen. Jedenfalls, da ist sich
che Gesichter erinnern, einen positiveren emotionalen Ein- die Forschung einig (siehe auch Lerner, Li et al. 2015), sind
druck erwecken und auch positiver beurteilt werden als die emotionalen Komponenten des Verhaltens stärker
Vorderfronten, die eher an aggressive Personen erinnern. in die Verhaltensanalyse und -erklärung aufzunehmen.
Diese Studien (ähnlich wie eine fMRT-Studie von Wells, Nur so kann erklärt werden, warum
2003) können zum Beispiel erklären, warum der „Mini“, ●● beispielsweise eine Werbekampagne erfolgreich ver-
der an eine freundliche Comicfigur erinnert, bei vielen läuft.
Menschen so beliebt ist. Es ist durchaus zweckmäßig und ●● bestimmte Appelle des Verbraucherschutzes nicht
empirisch bewährt, wenn man den spontanen emotiona- funktionieren. Ein Beispiel: Agrawal und Duhachek
len Eindruck von einem Produkt oder einer Dienstleistung (2010) zeigen, dass Anti-Alkohol-Kampagnen, die ein
als zentral für viele Konsumentscheidungen ansieht37. Schuld- oder Schamgefühl bei den Konsumenten aus-
Wilson und Schooler (1991) bzw. Wilson, Lisle et al. (1993) lösen sollen, bei solchen Betroffenen, die wegen ihres
haben hierzu weitere aufschlussreiche Experimente Alkoholkonsums bereits Schuld oder Scham empfin-
durchgeführt. Sie baten beispielsweise eine Gruppe von den, nicht funktionieren, sondern im Gegenteil das
Versuchspersonen, sich als Dank für die Teilnahme an Problem noch verschlimmern.
einer Befragung aus einer Reihe von Postern ein Bild ●● wir uns in bestimmten Einkaufsumgebungen bevor-
ganz spontan auszusuchen. Eine zweite Gruppe von zugt aufhalten, andere dagegen meiden (siehe dazu
Versuchspersonen sollte dies ebenfalls tun, doch diese die Ausführungen zur Umweltpsychologie im Dritten
Versuchsteilnehmer sollten ihre Wahl ausführlich be- Teil dieses Buches, B. I).
gründen. Nach einigen Wochen wurden die Probanden ●● es für den Konsumenten ratsam sein kann, bestimm-
befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Wahl waren. Hier te Emotionen manchmal auch zu unterdrücken bzw.
zeigte sich, dass diejenigen, die sich spontan entscheiden nicht zuzulassen (z. B. gibt es Situationen, in denen
mussten, signifikant zufriedener mit ihrer Wahl waren der Konsument ein für ihn vorteilhaftes Angebot aus-
als diejenigen, die lange über ihre Entscheidung nach- schlägt, weil er eine tiefe Abneigung gegenüber dem
denken konnten. Diese grundlegende Erkenntnis konn- Verkaufspersonal empfindet).
te von McMackin und Slovic (2000) repliziert werden. Schließlich sind zahlreiche Informationsverarbeitungs-
Die Autoren machen aber darauf aufmerksam, dass das prozesse mit Imagerywirkungen verbunden, also mit der
„sich verlassen auf die Intuition“ nur funktioniert, wenn mentalen Verarbeitung von inneren Bildern. Auf diesen
eine intuitive Aufgabe gelöst werden sollte (z. B. Welche Aspekt werden wir unter dem Stichwort „Imagery-For-
Werbung ist die beste?), nicht aber wenn die Aufgabe schung“ am Ende dieses Kapitels eingehen.
analytisch war (z. B. Wie lang ist der Fluss Amazonas?).
Auch Hogarth (2014) erklärt, dass in bestimmten Situa-
tionen die Intuition für den Entscheider förderlich sei III. Aufnahme von Informationen
(siehe hierzu auch die skizzierten „Bauchgefühle-Expe-
rimente“, D. I. 1).
1. Externe und interne Informationsaufnahme
Die auf das Individuum treffenden Reize werden von
37
den Sinnesorganen aufgenommen. Sie gelangen zu-
Man denke an die alltägliche Erfahrung von der „Macht des
ersten Eindrucks“, die oft langfristig die kognitiven Beurteilun- nächst in das sensorische Register, wo bereits eine
gen steuert und überlagert. Siehe dazu auch die Ausführungen erste, fundamentale Entschlüsselung stattfindet. Zum
zur Unconscious-Thought-Theorie. Beispiel können auf der Ebene sensorischer Prozesse
C. Kognitive Prozesse 283

bereits visuelle oder akustische Muster festgestellt wer- Prozessor des Gehirns übernommen werden, um dort
den (Kebeck, 1997). Man geht davon aus, dass im Falle genauer entschlüsselt und verarbeitet zu werden. Nach
des ikonischen Gedächtnisses (visuelle Modalität) dieser ihrer Entschlüsselung können sie komplexe aktivierende
Vorgang in zwei Phasen stattfindet: Die erste Phase ist und kognitive Prozesse stimulieren: Sie rufen Gefühle
rein sensorisch; in der zweiten Phase werden (abstrak- hervor, lösen Assoziationen aus, regen Entscheidungen
te) Merkmale entschlüsselt (Buchner und Brandt, 2017 an usw.
S. 427). Hagendorf, Krummenacher et al. (2011, S. 22 f.) Wenn wir hier im Zusammenhang mit der gedanklichen
erklären dies wie folgt: „Die einzelnen Sinnessysteme Verarbeitung von aufgenommenen Informationen spre-
verarbeiten die Informationen aus der Umwelt. Ein Verar- chen, so interessieren uns (in diesem Kapitel) vor allem
beitungsweg führt dann direkt zur Auswahl bestimmter die Reize, die vom sensorischen Register in das Arbeits-
Handlungen (z. B. Greifen). Auf einem anderen Verar- gedächtnis gelangen und dort genauer verarbeitet wer-
beitungsweg wird die Information über die selektive den.
Funktion der Aufmerksamkeit eingeschränkt und im
Bei der Top-down-Verarbeitung werden neben den von
Arbeitsgedächtnis mit dem Wissen aus dem Gedächtnis
außen aufgenommenen Informationen auch die intern
verknüpft“. Die hereinkommenden Daten werden somit
im Langzeitgedächtnis gespeicherten Informationen
transformiert, um einen Output zu erzeugen. Dabei sind
benötigt. Dieser Vorgang sowie die datengeleitete Ver-
nach den Autoren (S. 24) „Bottom-up“- und „Top-down“-
arbeitung werden über die zentrale Exekutive gesteuert.
Verarbeitungsprozesse möglich. Der erste Vorgang ist
Wir definieren nun die Informationsaufnahme wie folgt:
datengeleitet. Hier wird von einfachen Merkmalen eines
Musters auf eine komplexe Wahrnehmung geschlossen,
„ohne dass im Gedächtnis verfügbare Informationen Die Aufnahme von Informationen umfasst die Vorgänge,
benutzt werden“. Bei einem Top-down-Prozess wird die zur Übernahme einer Information in das Arbeitsge-
dächtnis führen.
dagegen „die Verarbeitung eingehender Informationen
durch die bereits im Gedächtnis vorhandenen Informa-
tionen beeinflusst“ („begriffsgesteuerte“ Verarbeitung). Die für die Informationsverarbeitung erforderlichen in-
Bei Kaufentscheidungen, die durch Ziele geleitet werden, ternen Informationen (vgl. Abb. 120) werden – wie bereits
sind in der Regel „Top-down“-Prozesse zu erkennen, dargelegt – aus dem Wissen abgerufen, das im Langzeit-
so postuliert die Klassiker-Studie von Park und Smith gedächtnis gespeichert ist. Das geschieht bei einer mit
(1989). Eye-tracking-Studien von Clement, Kristensen Aufmerksamkeit (Bewusstsein) ablaufenden Informati-
und Gronhaug (2013) zeigen aber auch, dass am Point-of- onsverarbeitung in der Regel dadurch, dass sich jemand
Sale durchaus auch „Bottom-up“-Prozesse zu beobachten eine gespeicherte, aber aktuell nicht bewusste Informati-
sind: Der Konsument kann in seinem Einkaufsverhalten on – z. B. über die Qualität eines früher besuchten Restau-
durch bestimmte Reize gestört bzw. beeinflusst werden. rants – willentlich ins Bewusstsein ruft. Darüber hinaus
Die Autoren stellen fest, dass die Blicke der Konsumenten werden auch aktuelle Informationen über den internen
oftmals zunächst auf einfache physische Eigenschaften Zustand des Individuums (die nicht aus dem Langzeit-
der Produktverpackung fallen (z. B. Kontraste) und we- gedächtnis stammen) für die Informationsverarbeitung
niger auf semantische Eigenschaften, die einen „Top- im zentralen Prozessor verfügbar gemacht.
Down“-Prozess ermöglichen würden. Da auch hier gilt Empirische Studien belegen, dass bevorzugt Informatio-
„Unseen is unsold“, schlagen die Autoren vor, dass bei nen gespeichert und abgerufen werden, die auf eigenen
der Gestaltung der Produktverpackung solche „Bot- Erfahrungen beruhen (Park, Mothersbaugh und Feick,
tom-Up-Prozesse“ berücksichtigt werden, da dies die 1994). Wright und Lynch (1995) schränken ein, dass dies
Gefahr reduzieren würde, dass die Produkte übersehen nur für Produktattribute gilt, deren Beurteilung eine
werden (die Autoren testeten Marmelade im Marmela- vorherige Nutzung des Produktes voraussetzt („expe-
denregal). Grundsätzlich schließen sich Clement, Kris- rience attributes“). Anders sei es bei „search attributes“.
tensen und Gronhaug (2013, S. 238) der Meinung (und Eine Untersuchung von Rottenstreich, Sood und Brenner
diese generelle Ansicht hat auch die Verfasser dieses (2007) zeigt, dass bei Entscheidungen (Auswahl von Spei-
Fachbuchs geprägt) von Clark (2003) an: „Human beings sen), die auf der Basis interner Informationsaufnahme
are thrown into the world and must act on the spot, (z. B. Vorstellung eines Lebensmittels) erfolgen, die nach-
rather than plan ahead“. Reize können also direkt zu folgende Wahl besonders stark von affektiven Beweg-
Verhalten führen und auch schon vor ihrer genauen gründen (z. B. „süße und leckere Belohnung“) bestimmt
Wahrnehmung im Arbeitsgedächtnis aktivierende Vor- wird. Werden dagegen externe Informationen (z. B. In-
gänge auslösen, oder sie können selektiv in den zentralen formationen der Produktverpackung) bei der Auswahl
284 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Informationsaufnahme

intern extern

passiv (absichtslos,
aktiv absichtslos
zufällig)
aktiv
bewusst automatisch gewohn-
heitsmäßig

impulsiv bewusst gewohnheitsmäßig konfliktgesteuert

aktivierende Vorgänge kognitive Programme

persönliche situationsspezifische nach originär


Informationsneigung Konflikte/Risiken Mustern
Abb. 120: Die Informationsauf-
nahme von Konsumenten

herangezogen, dann haben rationale Motive (z. B. „Es ist Duft der bereits früher benutzten Parfummarke zu er-
vernünftiger, Fruchtsalat zu essen“) eine größere Chance, innern (Aufnahme von internen Informationen). Oder
die Wahl zu beeinflussen. sie erinnert sich plötzlich an den süßlichen Geruch der
Beim Spannungsfeld zwischen internen und externen Parfummarke, wenn sie einen ähnlichen Duft im Blu-
Reizen scheint auch die „Achtsamkeit“ mit dem eigenen mengeschäft wahrnimmt. Ebenso kann es sein, dass der
Körper eine wichtige Rolle zu spielen, wie die Untersu- absichtslos aufgenommene Duft bei dem Individuum
chung von Van de Veer, Van Herpen und Van Trijp (2016) weitere Informations-Suchprozesse anregt (z. B. der Duft
belegt: Konsumenten, die höhere Achtsamkeitswerte zei- löst Urlaubsassoziationen aus, die dazu führen, dass man
gen, haben ein ausbalancierteres Essverhalten, d. h., sie sich spontan Reiseangebote anschaut) bzw. nachfolgende
lassen sich weniger von verlockenden Speisen verführen, Verarbeitungsprozesse einfärbt (z. B. „Für exklusive Pro-
wenn sie gesättigt sind. Sind sie dagegen hungrig, achten dukte kann ich schon ein wenig mehr Geld ausgeben“)38.
sie auf eine höhere Energiezufuhr. Wir haben diese Vorgänge auch schon unter dem Stich-
wort „Grounded Cognition“ zu Beginn dieses Kapitels
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Individuum
skizziert, und wir werden unter dieser Überschrift in
entweder (intern oder extern) aktiv nach Informationen
einem gesonderten Abschnitt auf das Zusammenspiel
sucht oder aber die Informationen ohne Absicht und
von sensorischen Reizen und kognitiven Prozessen noch
willentliche Bemühung einfach übernimmt.
einmal eingehen.
Beispiel: Eine Frau kann Informationen über den süßli-
chen Geruch einer bestimmten Parfümmarke (z. B. über 38
Einen sehr guten und umfassenden Überblick über den
die Bezeichnung, Herkunft etc.) während einer aktiven State-of-the-Art der Forschung darüber, inwieweit Sinneswahr-
Informationssuche in einem Fachgeschäft erhalten, sie nehmungen wie beispielsweise olfaktorische und haptische
kann diese aber auch beim absichtslosen Durchblättern Reize nachfolgende Informationsverarbeitungsprozesse beein-
einer Illustrierten übernehmen, wenn sie eine Werbean- flussen, gibt auch Krishna (2012) unter dem Stichwort „Sensory
Marketing“, das der Autor definiert (S. 332) als Marketing „that
zeige ohne bewusste Aufmerksamkeit überfliegt (Auf- engages the consumers’ senses and affects their perception,
nahme von externen Informationen). Die Frau kann sich judgment and behavior“. Ein weiterer Beitrag stammt von Kris-
andererseits willentlich darum bemühen, sich an den hna und Schwartz (2014).
C. Kognitive Prozesse 285

Die Bedeutung der internen Informationssuche kann sets auch noch einmal zurückkommen werden (im Ka-
an einem Beispiel zum Entscheidungsverhalten von pitel D „Entscheidungsverhalten der Konsumenten“).
Konsumenten verdeutlicht werden: Wenn die entschei- An dieser Stelle kann zusammenfassend festgehalten
dungsrelevanten Alternativen (evoked set, consideration werden, dass sowohl externe Stimuli (wie Werbung, Pro-
set39) dem Konsumenten nicht mehr ausreichen, wird er duktpräsentation oder Promotionskampagnen am PoS)
prüfen, ob er weitere bekannte, bisher aber nicht berück- die entscheidungsrelevanten Alternativen beeinflussen
sichtigte Alternativen (im awareness set) kennt. In den als auch interne Reize wie das Produktinvolvement (we-
letzten Jahren sind verschiedene Publikationen entstan- niger die Persönlichkeit). Evoked sets werden zudem in
den, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie die unterschiedlichen Kulturen geformt. Sie können unter
consideration sets (bzw. evoked sets) entstehen und wie bestimmten Bedingungen auch aus Paneldaten abgeleitet
man sie zweckmäßig erfassen kann. Dabei interessieren werden.
vor allem folgende Fragen: Promotionsaktivitäten oder auffällige Platzierungen stel-
●● Welche Heuristiken nutzen Konsumenten, um ein con- len aktivierende, aufmerksamkeitsstarke Reize dar. Es
sideration set zu erwerben und wie kann man das (z. B. ist zweckmäßig, noch einen dritten Gliederungspunkt
über Selbstauskunft, eine Beobachtung oder über das (neben „extern“ und „intern“ sowie neben „aktivem
Kaufverhalten) messen (Hauser, 2014; Bremer, Heit- Suchen“ und „absichtslosem Übernehmen“) zu beach-
mann und Schreiner, 2017)? ten: die Aktivierung. Der unterschiedliche Ablauf von
●● Inwieweit lassen sich die consideration sets aus dem Informationsaufnahmeprozessen hängt davon ab, wel-
beobachteten Entscheidungsverhalten ableiten (Van che aktivierenden Kräfte bei der Informationsaufnahme
Nierop, Bronnenberg et al., 2010; Draganska und Klap- wirksam werden und von welchen kognitiven Program-
per, 2011)? men die Informationsaufnahme gesteuert wird. Zum Bei-
●● Ändern und wenn ja, wie oft, Konsumenten ihre con- spiel: Die Stärke der hinter einer Informationsaufnahme
sideration sets (Rekker und Roseman, 2019)? stehenden Antriebskräfte bestimmt den Umfang und
●● Werden die in Erwägung gezogenen Alternativen die Intensität der Informationsaufnahme, die kogniti-
durch Displays am Point-of-Sale oder durch die zu- ven Entscheidungsregeln bestimmen die Auswahl der
geteilten Regalflächen beeinflusst (Draganska und Informationsquellen.
Klapper, 2011)? Die menschliche Informationsaufnahme ist somit sehr
●● Welche Art von Touchpoints tragen am besten dazu komplex. Im vorliegenden Buch ist es gar nicht möglich,
bei, dass eine Marke in den consideration set aufge- alle verschiedenen Teilprozesse zu analysieren. Wir set-
nommen wird? Ist Instore-Kommunikation wichti- zen uns in erster Linie mit Forschungsergebnissen zur
ger als Werbung oder PR (Baxendale, Macdonald und Aufnahme von externen Informationen auseinander. Auf
Wilson, 2015)? die interne Informationsaufnahme gehen wir später kurz
●● Inwieweit hat die Werbung überhaupt Einfluss darauf, im Zusammenhang mit Gedächtnisprozessen ein. Dabei
ob bestimmte Marken in den evoked set aufgenommen konzentrieren wir uns auf visuelle Informationen. Man
werden (Draganska und Klapper, 2011)? darf aber nicht vergessen, dass auch Reize anderer Sin-
●● Gibt es Persönlichkeitseigenschaften (wie die „Big nesmodalitäten dem Konsumenten wichtige Informatio-
Five40“), die die Größe des consideration sets beein- nen vermitteln: Erst durch die gemeinsame (intermodale)
flussen, oder tut dies eher das Produktinvolvement Verarbeitung visueller und nicht-visueller Informatio-
(Ranjbaryan und Kia, 2010)? nen kommt es zur Wahrnehmung und Beurteilung von
●● Stellen evoked sets kulturübergreifende Phänomene Produkten, Geschäften usw. Die Vernachlässigung von
dar (LeBlanc und Herndon 2011)? nicht-visuellen Informationen stellt eine Vereinfachung
Es würde hier zu weit führen, alle Studien im Einzelnen dar, die manchmal zu unzureichenden Erklärungen des
zu besprechen, zumal wir auf die Bildung von evoked Verhaltens führt41.

39
Der consideration set stellt die Menge der grundsätzlich rele-
vanten Kaufalternativen dar; einige wenige Alternativen davon 41
Im Bereich der Konsumentenforschung gibt es Untersu-
gelangen dann in den evoked set (auch choice set genannt), aus chungen zur Wirkung von Duftinformationen z. B. von Scharf
dem die endgültige Entscheidung getroffen wird. (1995), Knoblich und Schubert (1995), Stöhr (1998), Meyer (2001),
40
Die „Big Five“ stellen fünf übergeordnete Persönlichkeitsei- Peck und Wiggins (2006), Salzmann (2007), Morrison, Gan et al.
genschaften dar, die von Costa und McCrae (1985, bzw. McCrae (2011) und Jin (2011); zur Wirkung von haptischen Produktin-
und Costa, 1987) ermittelt wurden. Diese sind Neurotizismus, formationen oder von Geschmack von Litt und Shiv (2012).
Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Erneut seien hier auch die umfassenden Beiträge von Krishna
Gewissenhaftigkeit. (2012) sowie Krishna und Schwarz (2014) empfohlen.

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286 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

2. Messung der Informationsaufnahme Konsumentscheidungen erst am Point-of-Sale getroffen


Im Folgenden werden wir uns zunächst den Methoden werden (GfK, 2011), hat die Beobachtung zur Messung
zur Messung der Informationsaufnahme zuwenden, der Informationsaufnahme am Point-of-Sale, also im Be-
bevor wir auf der Basis empirischer Studien versuchen, reich des „Shopper Research“, an Bedeutung gewonnen
typische Muster der Informationsaufnahme zu entde- (Schröder, Berghaus und Zimmermann, 2005).
cken und zu prüfen, unter welchen Bedingungen aufge- Die Beobachtung der Informationsaufnahme kann
nommene Informationen weiterverarbeitet werden und grundsätzlich im Feld und im Labor erfolgen. Dabei
zu Verhalten führen. Nach der hier zugrunde gelegten empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
Definition umfasst die externe Informationsaufnahme, ●● Es müssen ein präzises Beobachtungsdesign und ein
auf die wir uns beschränken, alle Vorgänge, die dazu füh- praktikables Erhebungsprotokoll erstellt werden, um
ren, dass ein Reiz in das Arbeitsgedächtnis gelangt (im valide und reliable Daten der Informationsaufnahme
„Gehirn“ ankommt) und dort für die Weiterverarbeitung erheben zu können.
verfügbar ist. Dieser Vorgang ist zu operationalisieren ●● Das Verhalten wird in einzelne Sequenzen zerlegt,
bzw. zu messen. z. B. Mimik, Gestik, Greifgeschwindigkeit, Produktbe-
Die Informationsaufnahme kann zum einen durch Befra- trachtung, Regalnähe usw. Es empfiehlt sich, schwie-
gung42 ermittelt werden (Shapiro und Krishnan, 2001). rige Sequenzen per Videofilm festzuhalten43.
Dieses Vorgehen ist nicht aufwendig, hat aber erhebliche ●● Geschulte Beobachter interpretieren die Verhaltens-
Mängel, denn eine Befragung kann selten während der sequenzen hinsichtlich der Informationsaufnahme.
Informationsaufnahme durchgeführt werden, sie findet Dabei empfiehlt es sich, standardisierte Notations-
üblicherweise einige Zeit danach statt und misst dann die systeme (oder entsprechende Software-Systeme zur
Erinnerung an die Informationsaufnahme und nicht die automatischen Codierung) zu verwenden.
Informationsaufnahme selbst. Der Rückschluss von der ●● Zur Validierung der Ergebnisse kann eine nachträgli-
durch nachträgliche Befragung ermittelten Informations- che Befragung der Testpersonen beitragen (erinnerte
aufnahme („Welche Informationen wurden bemerkt?“ Informationsaufnahme).
oder: „… aufgenommen?“) auf die tatsächlich erfolgte Der Vorteil einer derartigen Beobachtung der Infor-
Informationsaufnahme ist lückenhaft: mationsaufnahme ist ihre Anwendbarkeit in der rea-
len Situation der Informationsbeschaffung. Technische
Alle gespeicherten Informationen sind zwar aufgenom- Hilfsmittel der Beobachtung lassen erwarten, dass die-
mene Informationen, aber nicht umgekehrt. ses Instrument der Marktforschung noch an Bedeutung
gewinnen wird44. Dazu zählen Lichtschranken, die die
Zwischen der tatsächlichen Informationsaufnahme und Anzahl der Kunden im Geschäft und über eine spezielle
der später durch Befragung gemessenen Informations- Software auch die Verweildauer am Point-of-Sale messen
speicherung werden mehrere Prozesse wirksam, die können, Frequenzmessungen, Kundenbewegungen auch
dafür sorgen, dass ein Teil der aufgenommenen Infor- über EPC bzw. RFID45 (siehe auch Larson, Bradlow und
mationen bei der Befragung nicht mehr verfügbar ist: Die Fader, 2005) oder seit einigen Jahren auch das W-LAN
Informationen können nicht mehr bewusst sein, nicht Tracking im Geschäft (Forster, 2018) Am weitesten ent-
richtig identifiziert, nicht gespeichert worden sein usw.
Auch die unmittelbare Beobachtung des motorischen 43
Hierbei sind die Datenschutzbestimmungen zu berücksich-
Verhaltens (des beobachtbaren Leseverhaltens oder Such- tigen. Siehe hierzu die „Standesregeln der Marktforschung“
verhaltens, z. B. während des Einkaufs) ist eine schwieri- auf der Homepage des Bundesverbandes Deutscher Markt- und
ge Methode, um die Informationsaufnahme zu messen. Sozialforscher (BVM) www.bvm.org.
44 Siehe auch die Ausführungen zur EDR-Messung am PoS im
Im übertragenen Sinne gelten die gleichen Einwände wie
Kapitel „Aktivierung“.
für die Befragung: Nur ein Teil der tatsächlich aufgenom- 45
Beim EPC (Elektronischer-Produkt-Code) handelt es sich um
menen Informationen kommt im beobachtbaren Verhal- ein System, das auf der Nutzung der Radiofrequenztechnik zu
ten zum Ausdruck. Der Rückschluss vom beobachteten Identifikationszwecken (RFID = Radio Frequency Identificati-
Verhalten auf die tatsächliche Informationsaufnahme on) für die automatische Identifizierung von Konsumgütern
kann also nur unvollständig bleiben. Doch angesichts basiert. RFID wird heute bereits in Automobilen, Mautsyste-
der Tatsache, dass mehr und mehr (bis zu 70 Prozent) men oder bei Sicherheitssystemen genutzt. Die Metro sorgte
im Jahr 2003 für Schlagzeilen und erhielt den sogenannten „Big
Brother Award“ („Datenschutz-Negativ-Preis“), als sie über
42 Zur Problematik siehe auch den Artikel von Hervet, Guérard den Einsatz der RFID-Technologie im Future Store berichtete.
et al. (2011). Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet.
C. Kognitive Prozesse 287

wickelt ist die psychobiologische Technik der Blickauf-


zeichnung (Eye-tracking):

Blickaufzeichnung ist in der Lage, die visuelle Informati-


onsaufnahme zu messen.

Die Blickaufzeichnung wird schon seit Jahrzehnten


praktiziert. Sie ist nicht nur eine weiterhin aktuelle,
sondern eine sogar zusehends bedeutsamer werdende
Messtechnik, was sich auch in der schnellen Weiterent-
wicklung der zur Blickaufzeichnung geeigneten Geräte
widerspiegelt. Heute gibt es leistungsfähige und hand-
liche Geräte, die sowohl im Labor als auch im Feld ein-
setzbar sind46. Es gibt mittlerweile auch Kombinationen
aus Virtual-Reality-Brillen und mobilen Eye-trackern Abb. 121: Virtual reality (Fotoquelle: https://nur-muth.com/
(Meißner, Pfeiffer et  al., 2017). Mobile Eye-tracking vr-ar-trends-2019)
Studien gehen trotz moderner Software immer noch
mit einem hohen Codierungs- bzw. Auswertungsauf- dann ruckartig und sehr schnell zum nächsten Punkt,
wand einher, auch da Umwelteinflüsse zu kontrollieren verweilt wieder kurz, springt weiter usw. Das Verwei-
sind. Virtuelle Umwelten könnten hier einen Ausweg len des Blickes auf einem Punkt wird Fixation genannt,
anbieten, da sie die Vorteile der kontrollierten Umwelt der schnelle Sprung wird als Saccade bezeichnet. Jeder
(wie sie normalerweise im Labor vorliegen) mit den Blickverlauf zerfällt also in Fixationen und Saccaden.
Vorteilen der Felduntersuchung durch Simulation der Eine Fixation dauert im Durchschnitt 160 bis 400 msek47,
realen Umwelt (also die Vorteile von Felduntersuchun- allerdings ist bei vielen Eye-trackern die Voreinstellung
gen) vereinen können. für eine Fixation bereits bei 33msek (z. B. SMI Eye-tra-
Informationsaufnahme und Blickverhalten: Wenn cking Glasses mit 30Hz).
man eine visuelle Vorlage (Anzeige, Plakat, Regal usw.) Bei den saccadischen Sprüngen des Auges können In-
betrachtet, so hat man den Eindruck, dass die Augen formationen eigentlich nicht aufgenommen werden. Die
mit einem Blick die Vorlage erfassen oder kontinuier- Informationsaufnahme setzt nämlich voraus, dass beim
lich darüber hinweg gleiten. Dieser subjektive Eindruck Sehen ein klares Bild des Reizes, der die Information ver-
täuscht: Der Blick tastet die Vorlage mit unregelmäßigen mittelt, auf die Fovea projiziert wird (die Fovea centralis
Sprüngen ab, die dem Betrachter nicht bewusst werden. ist eine zentrale Stelle der Netzhaut, an der die Reize
Diese unregelmäßige Blickbewegung kommt wie folgt am genauesten aufgenommen werden). Dies ist wäh-
zustande: Der Blick verweilt zunächst auf einem für rend der schnellen Saccaden nicht möglich. Erst wenn
die Informationsaufnahme wichtigen Punkt. Er springt der Blick kurz verweilt, entsteht ein klares Abbild des
fixierten Reizes auf der Fovea. Nur diese während einer
46
Mithilfe dieser Geräte setzte zu Beginn der 1970er-Jahre eine Fixation klar aufgenommenen Reize werden kognitiv
systematische Forschungsarbeit über die Beziehung zwischen weiterverarbeitet. Man geht davon aus, dass das Auge
Blickverhalten und Informationsverarbeitung ein. Überblicke zwischen den Saccaden für einige Millisekunden ruht,
über dieses Forschungsgebiet vermitteln Fisher, Monty und
um dann anschließend die Fixation zu tätigen, die in
Senders (1981); Gale und Johnson (1984); Lüer, Lass et al. (1988);
Kowler (1990); Leven (1991); Chekaluk und Llewelynn (1992); der Regel einige Zehntelsekunden dauert. Während der
Rayner (1992); D’Ydewalle und Rensbergen (1993); Pieters und Saccaden ist das menschliche Auge nahezu „blind“, eine
Wedel (2004); Chandon, Hutchinson et al. (2007); Wedel, Pieters Informationsverarbeitung findet also nur während der
und Liechty (2008); Zhang, Wedel und Pieters (2009); Pieters, Fixationen statt.
Wedel und Batra (2010); Hutton und Nolte (2011); Venkatraman,
Die peripher aufgenommenen Reize dienen im Wesent-
Dimoka et  al. (2015) oder Duerrschmid und Danner (2018).
Von der Saarbrücker Konsumentenforschung zu Lebzeiten lichen einer allgemeinen Orientierung, um das Blickver-
Kroeber-Riels wurden von Witt (1977); Bernhard (1983); von halten zu steuern; sie vermitteln zudem bruchstückhafte
Keitz-Krewel (1994); Leven (1983, 1986) und Kroeber-Riel (1984c) Informationen, die bei der Interpretation zentral aufge-
Eye-tracking-Studien durchgeführt, weitere deutsche Beiträge nommener Informationen mitwirken. Kurzum:
stammen beispielsweise von Schröder, Berghaus und Zimmer-
mann (2005); Königstorfer und Gröppel-Klein (2012a) sowie
47
Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein (2017a). Siehe hierzu auch Teixeira, Wedel und Pieters (2012)
288 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 122: SMI-Blickaufzeichnungsgerät (mobiler Eye-tracker), im Labor und am PoS (Ausschnitt aus Studie des IKV)

werden; dort wo Fixationen vorgenommen werden, wird


Die bei der Blickaufzeichnung gemessenen Fixationen
sind Indikatoren für die grundsätzliche Möglichkeit, dass
die Grundlage für die spätere bewusste Informationsver-
der Reiz, genauer die visuelle Informationseinheit, in das arbeitung geschaffen. Das heißt aber noch nicht, dass das
Arbeitsgedächtnis übernommen wird. Blickverhalten immer mit bewusster Aufmerksamkeit
gesteuert wird. Viele kognitive Verhaltensweisen erfolgen
ohne bewusste Kontrolle, vor allem solche, die durch lan-
Die Testpersonen setzen während der Messung eine „Bril-
ge Lernprozesse eingeschliffen sind. Darüber hinaus läuft
le“ auf, mit deren Hilfe die Blickbewegungen registriert
das Blickverhalten aufgrund von biologisch bedingten
werden (vgl. Abb. 122). Per Funk-Übertragung wird das
Reiz-Reaktions-Schaltungen weitgehend automatisch ab.
Blickfeld der Testperson auf einen Computer übermittelt,
So werden (siehe Abb. 123) bei Werbeanzeigen mit Gesich-
auf dem im Anschluss der Blickverlauf (Fixationen und
tern in erster Linie Augen und Mund wahrgenommen.
Saccaden) ausgewertet wird. Nach einer Kalibrierung des
Abb. 123 zeigt beispielhaft den Verlauf von Saccaden und
Gerätes ist somit ein freies Bewegen der Testpersonen
Fixationen beim Betrachten einer Werbeanzeige für eine
in realen Einkaufssituationen möglich. Dadurch, dass
Gesichtsemulsion, Abb. 124 beinhaltet ein „zusammen-
die modernen (mobilen) Geräte mittlerweile sehr klein
fassendes“ Ergebnis für eine Shampoo-Anzeige (Institut
und leicht zu tragen sind, können nicht nur Anzeigen
Dr. von Keitz, 2007). Hier haben 96 Prozent das Gesicht
kontrolliert werden, sondern es können beispielsweise
(Augen und Mund), aber nur 10 Prozent den Schriftzug
auch die Wirkungen von verschiedenen Regal-Gestaltun-
„NEU“ wahrgenommen. Abb. 125 zeigt, welche Elemente
gen (Berghaus, 2005), Point-of-Sale-Promotions (Schießl
einer Produktverpackung fixiert werden (hier ebenfalls
und Diekmann, 2007) untersucht werden. Ebenso kann
vor allem das Bild), Abb. 126 dokumentiert sogenannte
festgestellt werden, ob der soziale Kontext (z. B. Einkauf
„Hot Zones“ eines Regalabschnitts; die rot eingefärbten
mit/ohne Familienmitgliedern, Freunden, siehe Pozhar-
Bereiche kennzeichnen die vergleichsweise intensiv be-
liev, Verbeke und Bagozzi, 2017) eine Rolle spielt, oder
trachteten Zonen (Gröppel-Klein und Königstorfer, 2011b
man kann feststellen, ob beispielsweise Nährwertan-
sowie Königstorfer und Gröppel-Klein (2012a).48
gaben auf Produkten (Königstorfer und Gröppel-Klein,
2012a; Gröppel-Klein und Königstorfer, 2013) oder Health Die Blickaufzeichnung kann zum Testen von Werbe-
Claims (Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein, 2017a) wirkungen eingesetzt werden, in der Hauptsache um
betrachtet werden.
Die Informationsaufnahme sollte als Bestandteil des ge- 48
http://www.vonkeitz.com/blickaufzeichnung-fallbeispiel.
samten Informationsverarbeitungsvorganges aufgefasst html (2007).
C. Kognitive Prozesse 289

Abb. 124: Ergebnisse einer Blickaufzeichnung nach Institut


Dr. von Keitz (2007)

erneut die Bedeutung von Bildinformationen für die Auf-


merksamkeit fest, aber auch die Anzeigengröße ist sehr
relevant (Zhang, Wedel und Pieters, 2009). Bildinformati-
onen spielen für Produktverpackungen am Point-of-Sale
Abb. 123: Blickaufzeichnung ebenfalls eine sehr wichtige Rolle (siehe Abb. 125, sowie
Königstorfer und Gröppel-Klein, 2012a; Gröppel-Klein,
Anmerkung: Schematische Darstellung der Fixationen Freichel und Kliebenstein, 2017b).
(Verdickungen) und der Wendepunkte bzw. Saccaden der
Blickverlaufslinie nach Kroeber-Riel (1984c) Auch die Frage, ob ein Konsument bei der Auswahl ei-
nes Produktes alternativenweise (Fall 1) oder attribut-
weise (Fall 2) vorgeht, hat die Entscheidungsforschung
zu erkennen, ob und wie eine bestimmte Information lange beschäftigt. Erst mittels der Blickaufzeichnungs-
(z. B. der Markenname) von den Umworbenen aufge- methoden gelang es, diese unterschiedlichen Arten
nommen wird. Pieters und Wedel (2004) nutzten die des kognitiven Entscheidungsverhaltens sowie weitere
Methode beispielsweise, um auf der Basis von 1362 Entscheidungsmuster auf einfache Weise und genau zu
Werbeanzeigen und mit über 3600 Probanden heraus- ermitteln49. Die leistungsfähige Methode der Blickauf-
zufinden, ob entweder Bilder, Texte oder Markenlogos zeichnung kann also durchaus als „Königsweg“ der ko-
zuerst wahrgenommen werden, ob es hier Reihenfolge- gnitiven Forschung bezeichnet werden. Mit dieser Me-
effekte gibt (Wahrnehmung von Element A beeinflusst thode ist es möglich, zahlreiche Vorgänge und kognitive
die Wahrscheinlichkeit, dass Element B wahrgenommen Programme der Informationsaufnahme, -verarbeitung
wird) und ob die Größe der einzelnen Elemente eine und -speicherung nachzuweisen.
Rolle spielt. Eines ihrer wesentlichen Ergebnisse war
die Dominanz des Bildreizes in Bezug auf die Aufmerk- An dieser Stelle bleibt zunächst festzuhalten:
samkeitswirkung unabhängig von der Bildgröße. Damit
stützen sie durch diese aufwendige Untersuchung die
bereits vor 30 Jahren von Kroeber-Riel (1985) aufgestellte 49 Vgl. Van Raaij (1980), Russo (1978), Bettman, Luce and Payne
These „Bild schlägt Text in der Werbung“. In späteren (1998). Auf die IDM (Information Display Matrix) kommen wir
Untersuchungen stellten Pieters, Wedel und Batra (2010) später zu sprechen.
290 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Betrachtungszeiten der einzelnen Produktelemente


am Beispiel eines Müsli-Produktes

Produktelement Ø-Betrachtungszeit
Marke (Logo) 0,055 s
Produktname 0,342 s
Bild 0,276 s
„Share of interest“: Anteil der Blickdauer
Nährwerte 0,021 s
beispielsweise auf das Bild im Vergleich Abb. 125: Betrachtungselemente
Claim 0,003 s
zu anderen Packungselementen
Gewicht 0,002 s von Produktverpackungen und
Barcode 0,005 s Betrachtungsdauer einzelner
Hintergrund 0,139 s Elemente
Preis 0,079 s (Quelle: Gröppel-Klein und
Königstorfer, 2011b)

Abb. 126: „Hot Zones“ – Rot


eingefärbte Bereiche kennzeichnen
besonders intensiv betrachtete Re-
galbereiche (Quelle: Gröppel-Klein
und Königstorfer, 2011b)

●● Die Blickaufzeichnung ist zu einem wesentlichen Blickaufzeichnung lässt sich feststellen, welche Stel-
Kontrollverfahren in der Kommunikationspolitik ge- len der Verpackung und des Designs bevorzugt vom
worden. In vielen Werbefilmen und Anzeigen kommt Betrachter fixiert werden, d. h., seine Aufmerksam-
es darauf an, Schlüsselinformationen zu vermitteln. keit erwecken und wesentliche Informationen zur
Ohne Blickaufzeichnung ist die Frage, ob und inwie- Beurteilung des Produktes bieten. Die Blickaufzeich-
weit solche Schlüsselinformationen vom Empfänger nungsmethode wird, dank der modernen mobilen An-
überhaupt bemerkt und aufgenommen werden, gar wendungsmöglichkeiten, auch verstärkt zur Analyse
nicht zu entscheiden. des Konsumentenverhaltens am Point-of-Sale bzw.
●● Eine weitere Anwendung der Blickaufzeichnung ist zur Kontrolle von Point-of-Sale-Aktivitäten (z. B. Dar-
die Analyse von Verpackung und Design im Inves- stellung von Marken im Regal) eingesetzt (Chandon,
titions- und Konsumgüterbereich (z. B. Charlier und Hutchinson et al., 2007).
Buquet50, 1991; Gröppel-Klein und Königstorfer, 2013; Schröder, Berghaus und Zimmermann (2005, siehe auch
Clement, Kristensen und Gronhaug, 2013). Mit der Abb. 127) nutzten das Eye-tracking-Verfahren, um das
Orientierungsverhalten vor dem Regal zu untersuchen.
50
Eine interessante Untersuchung hierzu stammt auch von Die Autoren sprechen von „Hot Zones“ bzw. „Cold
Reimann, Zaichkowsky et al. (2010). Die Autoren belegen mit- Spots“. Es zeigt sich in ihrer Studie unter anderem, dass
tels einer fMRI-Untersuchung, dass besonders ästhetische Ver- „starke Marken“ trotz weniger guter Regalplatzwertig-
packungen (vs. Standardverpackungen) zu einer Erhöhung
der Aktivität des Nucleus accumbens und des ventromedialen
keit von den Probanden dennoch wahrgenommen wer-
präfrontalen Kortex führen. Diese Gehirnareale sind für Beloh- den und dass sich Konsumenten vor Kühlregalen erst
nungen bzw. Fantasien zuständig. Gerade der Belohnungswert horizontal (Wo sind die unterschiedlichen Produktgrup-
spielt bei Verpackungen eine besonders wichtige Rolle. pen?) und dann vertikal (Wo sind die Lieblingsmarken?)

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C. Kognitive Prozesse 291

Abb. 127: Blickaufzeichnung zur


Analyse des Orientierungsverhal-
tens am Regal (Quelle: Schröder,
Berghaus und Zimmermann,
2005, S. 40)

Abb. 128: Erleichterung der


Orientierung am Regal durch
„Fahnen“

orientieren. Schröder, Berghaus und Zimmermann (2005) stammt von Kliebenstein und Gröppel-Klein (2015), die
machen auch auf die Grenzen und Probleme des Eye-tra- sich mit einem „typischen“ Problem des Einzelhandels
cking am Point-of-Sale aufmerksam; doch alles in allem auseinandersetzt. Ganz grundsätzlich besteht für den
können diese Erkenntnisse dem Handel durchaus nut- Handel die Möglichkeit, Regale nach Sorten oder nach
zen, um beispielsweise über Fahnen oder ähnliche auffäl- Marken zu ordnen. Ein Marmeladenregal kann beispiels-
lige Gestaltungselemente die Orientierung zu erleichtern weise nach den
(Fordermaier, 2006, siehe Abb. 128). – Sorten Erdbeere (es werden alle Marken A, B, C mit
Die Blickaufzeichnung kann somit auch verwendet wer- Erdbeergeschmack zusammengeführt), dann Apriko-
den, um das Orientierungsverhalten51 von Konsumenten se, Kirsche etc. oder
am Point-of-Sale zu ermitteln. Eine weitere Untersuchung – Marken A (alle Sorten der Marke A – Erdbeere, Apri-
kose, Kirsche etc. – werden zusammengeführt), dann
51
die von Marke B, C etc. geordnet werden.
Wir werden das Orientierungsverhalten ausführlich im Drit-
ten Teil dieses Buchs behandeln.
292 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Aber welche Platzierung ist für die Konsumenten die Frage zu beantworten. Die Versuchsteilnehmer erhiel-
bessere, wie können sie schneller ihr Lieblingsprodukt ten die Aufgabe, zwei verschiedene Tees zu suchen. Auf
finden? Die Studie von Kliebenstein und Gröppel-Klein den beiden Einkaufszetteln war einmal erst die Marke,
(2015) versucht mit Hilfe der Blickaufzeichnung diese dann die Sorte und einmal erst die Sorte und dann die

Aufgabe: Suchen der auf dem Einkaufszettel genannten Tees

Anordnung: Sortenregal vs. Markenregal


Einkaufszettel: genannt erst Marke, dann Sorte vs.
erst Sorte dann Marke

• Bünting,
Pfefferminze
Classic,
• Meßmer,
Brennessel-
Mischung
vs.
vs.

• Pfefferminze
Classic, Bünting
• Brennessel-
Mischung, Meßmer

Sortenregal Markenregal

Blickverhalten Markenregal: Blickverhalten Sortenregal:


Nur bestimmte Areale werden betrachtet. Das ganze Regal wird betrachtet.

Markenregal: Durchschnittliche Suchdauer = 26,58 sec Sortenregal: Durchschnittliche Suchdauer = 42,63 sec
(Mittelwert beide Produkte) (Mittelwert beide Produkte)

62% mehr Zeit, signifikanter Unterschied!

Abb. 129: Eye-tracking-Studie zum Suchverhalten am Regal (Quelle: Kliebenstein und Gröppel-Klein, 2015)
C. Kognitive Prozesse 293

Marke notiert (siehe Abb. 129). Anschließend wurden oder im Gespräch mit Bekannten – bestimmte Informa-
die Versuchsteilnehmer in zwei verschiedene Gruppen tionen aufnehmen. Der Konsument reagiert aber auch
unterteilt; die erste Gruppe wurde mit einem Regal mit automatisch und ohne dies bewusst zu registrieren auf
Markensortierung, die zweite Gruppe wurde mit einem das an ihn herangetragene Informationsangebot. Hierbei
Teeregal konfrontiert, bei dem alle Sorten der unter- werden die im nächsten Kapitel erklärten reaktiven Mus-
schiedlichen Marken zusammengeführt wurden. Mittels ter der Informationsaufnahme wirksam. Beispiele für die
Eye-tracking wurde das Suchverhalten und die jeweilige reaktive und nicht bewusst gesteuerte Informationsauf-
Suchzeit festgehalten. Unabhängig von der Information nahme enthalten auch die Kapitel über aktivierende und
auf dem Einkaufszettel (Reihenfolge) brauchten die Kon- emotionale Werbung.
sumenten bei der Anordnung im Sortenregal im Durch- Aktives Suchen nach Informationen kann auf verschie-
schnitt 16 Sekunden mehr Zeit (ca. 62 %), um die beiden dene Weise geschehen: impulsiv, gewohnheitsmäßig, auf-
gewünschten Produkte zu finden. Die Heatmaps machen grund von Konflikten, die in einer Situation auftreten,
deutlich, dass die Marken wohl mehr Orientierung brin- sowie aufgrund von überlegten, bewussten Entschei-
gen, d. h., die Konsumenten blenden bestimmte Teile des dungen.
Regals sofort aus, sobald sie die Marke entdeckt haben,
die sie kaufen sollen. Im Sortenregal werden mehr Fixa- Impulsive Informationssuche wird häufig von Neugier
tionen auf das ganze Regal vergeben. Diese Ergebnisse ausgelöst, sie ist ein typisches Ergebnis menschlichen
sprechen aus Konsumentensicht für eine Anordnung Explorationsverhaltens und begleitet die alltäglichen
nach Marken. Handlungen. Die gewohnheitsmäßige Informationssu-
che besteht aus verfestigten Verhaltensmustern, die sich
Diese Studie ist auch eine gute Überleitung zu dem für den Konsumenten bewährt haben. Ein Beispiel ist die
nächsten Abschnitt, bei dem es generell um die aktive gewohnheitsmäßige Nutzung von bestimmten Medien,
Suche nach Informationen geht. z. B. die morgendliche Zeitungslektüre nach habituali-
sierten Mustern.
3. Muster der Aufnahme von externen Informationen Das impulsive und das zur Gewohnheit gewordene Su-
a) Aktive Informationssuche chen nach Informationen findet in der Forschung (wenn
man einmal von der gewohnheitsmäßigen Mediennut-
In diesem Abschnitt wenden wir uns zunächst dem be- zung absieht) weniger Aufmerksamkeit als die gezielte,
obachtbaren Informationsverhalten des Konsumenten bewusst gesteuerte Informationssuche, die im Dienste
zu. Dabei wird hauptsächlich das gezielte Suchen nach eines bereits angelaufenen Entscheidungsprozesses steht
Informationen dargestellt. und zur Vorbereitung einer Kaufentscheidung dient.
Wir sehen im Folgenden von der Aufnahme solcher In- Zur Erklärung, wie Konsumenten ihre Informationssu-
formationen ab, die für den Konsumenten unmittelbar che aktiv steuern, ist es (wie für alle Verhaltenserklärun-
durch den Kontakt mit dem Produkt beim Einkauf und gen) zweckmäßig,
Konsum verfügbar sind. Diese Informationsaufnahme
wird im Kapitel über die Produktwahrnehmung genau-
●● die aktivierenden Vorgänge, die den Konsumenten
er erörtert. Hier interessieren vor allem die zusätzlich dazu treiben, Informationen zu suchen,
aufgenommenen Informationen, die der Konsument bei ●● und die kognitiven Programme, nach denen Suchstra-
seinen Entscheidungen heranzieht. tegien ausgewählt werden,

Nur selten wird in der Literatur über die zufällige Auf- zu unterscheiden.
nahme von Informationen berichtet (Lehmann, 1999; Eine Erkenntnis lautet, dass viele Konsumenten vor ei-
auch die bereits skizzierte Studie von Clement, Kristen- nem Kauf gar keine Informationen suchen und der übrige
sen und Gronhaug, 2013 berichtet letztlich von uner- Teil der Konsumenten nur geringe Aktivitäten entfaltet.
warteter Informationsaufnahme). Gleichwohl hat diese Selbst hinsichtlich des Kaufs von damals teuren Farbfern-
Art der Informationsaufnahme wahrscheinlich eine we- sehgeräten fanden Duncan und Olshavsky (1982, S. 39),
sentlich größere Bedeutung als das aktive Suchen nach dass fast ein Viertel der Konsumenten überhaupt keine
Informationen. Sie kann durch persönliche Kommuni- Informationen suchte, und bei den anderen Konsumen-
kation und durch Massenkommunikation (insbesondere ten konnten nur verhältnismäßig schwache Suchaktivi-
Werbung) ausgelöst werden. Zufällige Aufnahme muss täten festgestellt werden. Die „Nichtsucher“ fällten ihre
nicht zwangsläufig unbewusste Informationsaufnahme Entscheidungen überwiegend „auf der Grundlage von
bedeuten, so kann der Konsument zwar zufällig, aber früheren Marken- und Geschäftserfahrungen, aufgrund
durchaus bewusst – etwa bei Betrachtung einer Anzeige von nicht gesuchten Empfehlungen von Freunden und
294 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Verwandten oder von persönlichen Beziehungen zum ter Linie die persönlichen Informationsneigungen der
Einzelhändler“ (ebenda). Konsumenten und die in der Kaufsituation zustande
Utkarsh und Medhavi (2015) sowie Maity, Dass und Mal- kommenden Konflikte.
hotra (2014) machen deutlich, dass die Informationssuche Aktivierung der Informationssuche: Man kann die Ak-
durch vier zentrale Variablen beeinflusst wird: tivierung in erster Linie aus personenspezifischer Sicht
●● Produkteigenschaften (z. B. Country-of-Origin-Infor- (Konsument A hat eine stärkere Informationsneigung
mationen, Marke etc.), als Konsument B) und aus situationsspezifischer Sicht
(bei Wahrnehmung des Produktes X entsteht ein Infor-
●● Situative Faktoren (z. B. Zeitdruck, Größe des evoked
mationsbedürfnis) analysieren. Wir beginnen aus perso-
sets etc.),
nenspezifischer Sicht mit einer allgemeinen Hypothese
●● Konsumenteneigenschaften, die mit der Person an sich
zur Informationsneigung:
zusammenhängen (z. B. Alter, Bildung, Einkommen,
Selbstvertrauen etc.),
●● Konsumenteneigenschaften, die mit dem Verhalten Konsumenten unterscheiden sich hinsichtlich ihrer per-
sönlichen Informationsneigung. Jene mit stärkerer Infor-
zusammenhängen (z. B. wahrgenommenes Risiko,
mationsneigung suchen wesentlich mehr Informationen
Wissen, Vorerfahrungen etc.) („Informationssucher“).
Vorerfahrungen können auch zu Habitualisierung füh-
ren. Nach einer Studie von Gröppel-Klein, Germelmann
Die Informationsneigung ist als individuelle Prädisposi-
et al. (2007) waren beim Kauf von Gütern des täglichen Be-
tion zu verstehen. Sie ist ein Persönlichkeitszug wie die
darfs nur ca. 8 Prozent der Käufer an den Informationen auf
Neigung zu Kritik oder Risiko. In der Konsumentenfor-
der Produktverpackung interessiert, 32 Prozent der Käufe
schung wird das hinter der Informationsneigung stehen-
wurden spontan getätigt, 60 Prozent gewohnheitsmäßig.
de Engagement als persönliches Involvement aufgefasst.
Kimura, Wada et al. (2008) machen darauf aufmerksam,
dass seit Bekanntwerden von Lebensmittelskandalen (wie Neben dem persönlichen Involvement bestimmen noch
BSE etc.) Konsumenten an Informationen über Lebensmit- andere Involvementgrößen das Ausmaß der Informati-
tel generell interessierter sind als vor diesen Krisen. Sie onssuche, vor allem das Produktinvolvement (Produkt-
können hier auch mittels einer Laborstudie (Darbietung interesse) und das situative Involvement.
der Stimuli auf einem Computerbildschirm) belegen, dass Personen mit starkem persönlichen Involvement bei der
Konsumenten, die sich auf die aktive Suche nach Infor- Informationssuche haben eine größere Kenntnis der vor-
mationen machen, zu höheren Ausgaben für Lebensmit- handenen Informationsquellen, und sie benutzen auch
tel bereit sind, wenn sie viele statt wenige Informationen eine größere Zahl verschiedener Informationsquellen
vorfinden. Doch unter realistischen Bedingungen, wenn (Maity, Dass und Malhotra, 2014)52. Es ist immer noch
sich Konsumenten in einem „echten“ Geschäft befinden nicht befriedigend gelungen, Konsumenten mit einem
und oftmals unter Zeitdruck Kaufentscheidungen fällen hohen Informationsinteresse in einer praktikablen Weise
sollen, ist eher damit zu rechnen, dass sich Konsumenten anhand von bestimmten Einstellungen oder Merkmalen
auf wenige, aber aussagekräftige (z. B. Gütesiegel, Marken- zu charakterisieren. Der Informationssucher wird oft
namen) Stimuli verlassen. Königstorfer und Gröppel-Klein indirekt über einfach zu erfassende sozioökonomische
(2012a) belegen mit einer Eye-tracking-Studie in einem Merkmale – insbesondere gehobenes Einkommen und
Experimentalgeschäft (das versucht, eine reale Einkaufs- gute Ausbildung – ermittelt oder als Abonnent von Test-
situation zu simulieren), dass die Konsumenten nur ca. zeitschriften operationalisiert. Das ist natürlich ein pro-
eine Sekunde auf die Produktverpackung schauen und blematisches Maß, denn Testzeitschriften unterstützen
hier vor allem das Bild sowie Marken- bzw. Produktnamen ein vereinfachtes Einkaufsverhalten. Denkbar wäre es
betrachten. Die Mehrzahl der Kaufentscheidungen wird auch zu prüfen, ob sich die Konsumenten bezüglich des
limitiert oder habituell gefällt. Bei solchen Entscheidun-
gen wird primär auf interne Informationen (also positive 52 Shoham und Ruvio (2008) machen darauf aufmerksam, dass
Produkt- und Einkaufserfahrungen) zurückgegriffen, und es ratsam ist, zwischen Meinungsführern und Informations-
man neigt dazu, sie sich bei der Kaufberatung (sei es durch suchern zu differenzieren. Mittels einer empirischen Studie
Freunde oder sei es im Geschäft) bestätigen zu lassen, aus der PC-Branche belegen sie, dass es sich um zwei unter-
bevor man aktiv nach weiteren, externen Informationen schiedliche Konstrukte handelt. Meinungsführer informieren
sucht (Fiske, Luebbehusen et al., 1994). sich in verschiedensten Spezialzeitschriften und Zeitungen, in
verschiedenen Geschäften etc., während Informationssucher
Wir wenden uns jetzt den aktivierenden Vorgängen vor allem die persönliche Beratung eben durch die Meinungs-
zu, die das Suchverhalten bestimmen. Das sind in ers- führer schätzen.
C. Kognitive Prozesse 295

Persönlichkeitsmerkmals „need for cognition“53 unter- re Inkonsistenz das Individuum, Aktivitäten zur Herstel-
scheiden, das Individuen danach differenziert, wie viel lung des „inneren Gleichgewichts“ auszuführen. Eine die-
und wie gern sie über Themen und Probleme nachden- ser Aktivitäten ist die Suche nach weiteren Informationen.
ken. Eine weitere interessante Studie zum Einfluss von Über das Zustandekommen des wahrgenommenen Risi-
Persönlichkeitseigenschaften auf das Informationsver- kos, das mit dem Produktinvolvement zusammenhängt,
halten stammt von Bishop und Barber (2012). Die Autoren über seine Messung und die von ihm ausgehenden Ver-
zeigen, dass das stark ausgeprägte Selbstvertrauen in haltenswirkungen, unterrichtet im Einzelnen das Ka-
die eigenen Fähigkeiten, eine Aufgabe erfolgreich aus- pitel D. II. dieses Teils. Die Beziehung zwischen dem
führen zu können (self-efficacy), und die hohe generelle wahrgenommenen Risiko und der Informationssuche
Wertschätzung der eigenen Person (self-esteem) dazu wird durch folgende, in der Literatur weit verbreitete
führen, dass sich die Konsumenten auf ihre eigene Ur- Hypothese dargestellt:
teilskraft verlassen. Personen mit niedrigem Selbstwert-
gefühl vertrauen weniger den Informationen aus dem
Je größer das wahrgenommene Kaufrisiko, umso stärker
Internet und schätzen mehr den persönlichen Rat von der Antrieb, zusätzliche Informationen zu suchen.
Freunden. Ein weiteres Persönlichkeitsmerkmal, das die
Suche beeinflussen kann, ist die Innovationsfreude, die
mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann. Zhang Inwieweit tatsächlich Informationen gesucht werden,
und Hou (2017) machen deutlich, dass Konsumenten mit hängt von der Auswahl der zur Verfügung stehenden
hoher Innovationsfreude bei Produktneuheiten sehr viel Risiko-Reduzierungs-Strategien ab. Außer der aktiven
intensiver nach Informationen suchen als Konsumenten Informationssuche gibt es nämlich noch andere Reduzie-
mit geringer Innovationsneigung. rungs-Strategien. Es handelt sich also genau genommen
um einen indirekten Zusammenhang zwischen wahrge-
Das situative Involvement wird häufig von den in einer nommenem Risiko und Informationssuche: wahrgenom-
Wahrnehmungs- und Entscheidungssituation auftreten- menes Risiko → Wahl einer Reduzierungs-Strategie →
den Konflikten und Risiken bestimmt. Die aktivierende Informationssuche. Das erklärt auch, warum die nachge-
Wirkung solcher Konflikte bzw. Risiken gilt als Auslöser wiesenen Zusammenhänge zwischen Risiko und Infor-
der aktiven Informationssuche. mationssuche nicht gerade beeindruckend sind, zumal
Eine weitere Theorie, die zur Analyse der aktiven In- Markentreue seit langem als die beliebteste Risiko-Re-
formationssuche dienlich sein kann, ist die „Optimum- duzierungs-Strategie gilt (vgl. bereits Weinberg, 1977;
Stimulation-Level-Theorie“ (zu einem Überblick Gierl, Mitchell und McGoldrick, 1996).
Helm und Stumpp, 199954). Dieser Theorie zufolge wird
Beim Kauf neuer Produkte ist das wahrgenommene emo-
der Konsument angeregt, ein gewünschtes Stimulations-
tionale Risiko (bestehend aus einem emotionalen und
niveau zu erreichen, das für eine aktive Informationssu-
einem sozialen Risiko, z. B. das Gesicht zu verlieren) oft-
che erforderlich ist.
mals noch stärker ausgeprägt als das funktionale Risiko
Wahrgenommenes Risiko (z. B. Mitchell, 1999) entsteht (Zhang und Hou, 2017).
dadurch, dass der Konsument aufgrund der situativ ver-
Kognitive Programme der Informationssuche: Ein
fügbaren Informationen Abweichungen zwischen seinen
Konsument kann aufgrund seiner persönlichen Prädis-
Standards (Erfolgserwartungen) und den voraussehbaren
positionen oder der Entscheidungsproblematik bei der
Folgen seines Kaufs wahrnimmt. Das wahrgenommene
Wahl von Produkten dazu motiviert sein, zusätzliche In-
Risiko lässt sich also als kognitive Inkonsistenz oder als
formationen zu suchen. Gegenstand der Informationssu-
kognitiver Konflikt verstehen. Es motiviert wie jede ande-
che sind insbesondere solche Informationen, die sich auf
die verfügbaren Einkaufsmöglichkeiten und Produkte
53 Siehe hierzu das Kapitel „Einstellungen“. sowie auf ihre Eigenschaften beziehen. Hinzu kommen
54 Studien von Tscheulin und Helmig (2007), Helm und Land- Bewertungsinformationen, die dazu dienen, wahrge-
schulze (2013), Van Steenburg und Spears (2011) oder Wang,
Chang und Wysong (2012) zeigen die Bedeutung der Opti-
nommene Sachverhalte zu bewerten und Präferenzen zu
mum-Stimulation-Level-Theorie für das Konsumentenverhal- entwickeln. Beispiele sind Empfehlungen von Freunden
ten auf. Die Studie von Wang, Chang und Wysong (2013) macht oder Meinungsführern sowie Testurteile.
beispielsweise deutlich, dass Personen mit hohem OSL sehr Der Konsument folgt bei seinem Suchverhalten ent-
viel mehr Zeit im Geschäft verbringen und sich mit den Wa-
ren, dem Ambiente und der Geschäftsausstattung intensiver
weder fest eingefahrenen und bewährten Plänen oder
beschäftigen als Konsumenten mit geringen OSL. Helm und er trifft situationsbedingte Einzelentscheidungen. Für
Landschulze (2012) diskutieren die OSL-Theorie im Zusam- diese Entscheidungen stellt der Konsument Kosten-Nut-
menhang mit dem Markenwechselverhalten. zen-Vergleiche an (Kuhlmann, Brünne und Sowarka,

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296 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

1992, S. 24 ff.). Es bedarf keiner Erörterung, dass in solche des Standortes werden an den Konsumenten übermittelt.
Vergleiche nicht nur finanzielle, sondern vor allem psy- Allerdings ist der Erfolg ortsensitiver Nachrichten bislang
chische Kosten- und Nutzenschätzungen eingehen. Zu fragwürdig (Gröppel-Klein und Broeckelmann, 2012).
den psychischen (Opportunitäts-)Kosten gehört unter Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Stu-
anderem der Aufwand an Freizeit für die Informations- dien von Ratchford, Talukdar und Lee (2007) oder Kim
beschaffung, zum psychischen Nutzen gehört u. a. die und Ratchford (2012), die zeigen, dass das Internet im
Verminderung des wahrgenommenen Risikos oder ganz Automobilbereich traditionelle Quellen ersetzt und zur
allgemein die Beseitigung von Inkonsistenzen. Kosten- Top-Informationsquelle wird (insbesondere in Bezug auf
günstig sind vor allem solche Informationen, die leicht er- die Preisvergleichsmöglichkeiten). Das Zeitbudget, das
reichbar sind; sie werden vermutlich daher am häufigsten der Konsument früher auf den Besuch beim Autohändler
verwendet. Allerdings (und wir kommen weiter unten oder das Lesen von Printmedien verwendet hat, wird
noch einmal darauf zu sprechen) hat das Internet die danach für die Internetrecherche ausgegeben. Neben
Möglichkeiten der Informationsrecherche revolutioniert Preisvergleichsseiten spielen auch Online-Communities
– wie wir alle täglich erleben. Ob Metasuchmaschinen für eine wichtige Rolle als Informationsquelle (Berger und
Preisvergleiche, Empfehlungen und Erfahrungsberichte Messerschmidt, 2009; Domma, 2010).
anderer Konsumenten oder Blogs, die über Produkte in-
Welche Arten von Informationsquellen wie häufig ge-
formieren, alles ist nur mit ein paar Mausklicks bequem
nutzt werden, hängt vor allem von den Branchen, dem
vom Schreibtisch oder mobil über Smartphones abrufbar.
Produkt, dem Involvement und den situativen Einkaufs-
Nutzung von Informationsquellen: Wie die vorhande- bedingungen ab. So ist es nach Studien von Cheema und
nen Informationsquellen tatsächlich genutzt werden, ist Papatla (2010) sinnvoll, zwischen funktionalen Produkten
wiederum ein Ergebnis des gewohnheitsmäßigen und (wie Computer, Drucker) und hedonischen Gütern (wie
impulsiven Suchverhaltens sowie von überlegten Ent- Textilien, Bücher) zu unterscheiden. Bei funktionalen
scheidungen. Die Nutzung wird in empirischen Untersu- Produkten sind nach den empirischen Erhebungen der
chungen über Befragungen oder Beobachtungen (wenn Autoren Online-Informationen relevant, während bei
im Internet gesucht wird, über entsprechende Cookies) hedonischen Gütern eher offline verfügbare Informa-
ermittelt. Weil die Angaben bei einer Befragung durch tionen genutzt werden (persönliche Kommunikation,
Vergessensprozesse beeinträchtigt sein können, ist es klassische Werbung). Das erstaunt zum Teil, sind doch
zweckmäßig, das tatsächliche Suchverhalten und die be- gerade beim Buchkauf die Informationsmöglichkeiten,
nutzten Quellen innerhalb eines überschaubaren zurück- die das Internet über Leseproben, Rezensionen, Bewer-
liegenden Zeitraumes zu ermitteln. Der Durchschnitts- tungen und Leseprofile anderer Kunden über wenige
konsument bevorzugt folgende Informationsquellen: Mausklicks bietet, sehr vielfältig. Darüber hinaus kommt
●● Verkaufsgespräche die Studie zu dem ebenfalls überraschenden Ergebnis,
●● Beratung im Bekanntenkreis dass das Vertrauen in die Nachrichten mit steigender In-
●● Informationen in Zeitschriften ternet-Versiertheit sinkt und damit auch deren Relevanz.
Dieses Ergebnis lässt sich zwar damit erklären, dass ver-
●● Schaufenster
sierte Internetnutzer die „schwarzen Schafe“ im Netz,
●● Werbung
die bewusst Fehlinformationen verbreiten (z. B. „gefakte“
●● Internet (Firmen-Websites, Blogs, Influencer-Berichte, Kundenempfehlungen), kennen und damit insgesamt
Online-Zeitungen (-Zeitschriften), Preis- (und Quali- den online verfügbaren Informationen weniger Glauben
täts)vergleichsseiten, Social Media etc.) schenken. Allerdings sind nicht alle Informationen im
Dabei hat das Internet als Informationsquelle in den letz- Netz geschönt oder falsch und zudem ist es eine Fehlan-
ten Jahren einen wahren Siegeszug erlebt, insbesondere nahme, dass mit der Vertrautheit mit dem Internet auch
was die Bedeutung als Preisvergleichsmedium angeht, tatsächlich die Fähigkeit steigt, „schwarze Schafe“ zu
das auch mobil genutzt wird. Über den mobilen Inter- entdecken. Internetuser sind vielfach nicht sehr gut darin
netzugang via Smartphones können die Preisauszeich- „gefakte“ Berichte zu erkennen. Selbst wenn die Konsu-
nungen, die der Konsument in stationären Geschäften menten darauf hingewiesen werden, dass die Informa-
vorfindet, mit Internetpreisen verglichen werden und so tionen unglaubwürdig sein können, waren nur 57 Pro-
das Entscheidungsverhalten beeinflussen (Broeckelmann zent der Versuchsteilnehmer in der Lage, „Fake online
und Groeppel-Klein, 2008). Informationen können auch reviews“55 zu identifizieren, wie eine Studie von Plotkina,
ortsensitiv zugestellt werden: Das Smartphone ermittelt
den Standort des Nutzers und konsumrelevante Nach- 55Interessant sind auch die Erkenntnisse von Larson und Den-
richten in Bezug auf Produkte oder Geschäfte in der Nähe ton (2014), die zeigen, dass fake reviews als besonders bedroh-
C. Kognitive Prozesse 297

Munzel und Pallud (2018) zeigt. Featherman und Hajli gewohnheitsmäßige Reagieren ist die Bevorzugung eines
(2016) machen auf die zahlreichen „E-risks“ aufmerksam, Textes, der links oben oder rechts unten auf einer Seite
die Konsumenten bei der Informationssuche im Internet steht. Ein Beispiel für das automatische Reagieren auf
begegnen. Dagegen tritt die Massenkommunikation bei eine Reizeigenschaft ist die gleichbleibende Bevorzugung
der alltäglichen Informationsbeschaffung zurück. von roten Anzeigenelementen.
Die Überlegenheit der persönlichen Information durch Die Gewohnheiten hängen von der Art der betrachteten
Verkäufer, Bekannte usw. liegt in ihrer Fähigkeit zur An- Vorlage ab. Eine Buchseite wird anders mit den Augen
passung an die spezifischen Informationswünsche der abgetastet als eine Werbeanzeige. Dies ergibt sich daraus,
Konsumenten. Sie kommt auch der Bequemlichkeit des dass gewohnheitsmäßiges Blickverhalten letztlich nichts
Konsumenten entgegen: Sie ermöglicht es ihm, bereits anderes ist als eine immer wiederkehrende Erfahrung
„vorverdaute“ Informationen sowie fertige Meinungen bei der Dechiffrierung von visuellen Vorlagen, die im
und Bewertungen zu übernehmen. Im Internet verlas- Sozialisationsprozess oder durch individuelles Lernen
sen sich Konsumenten dabei auch mehr und mehr auf gemacht wurde und sich verfestigt hat.
sogenannte „Avatare“, also menschenähnliche Kunstfi- Wir wenden uns hier vor allem dem Verhalten beim Be-
guren, die über eine spezielle Software versuchen, Kun- trachten von Anzeigen zu. Die Ergebnisse lassen sich auf
den „persönlich zu betreuen“. Trotz vieler (technischer) ähnliche visuelle Displays übertragen.
Kommunikationsprobleme erhöhen die Avatare die Ver-
Nach Leven (1991, S. 11) konzentriert sich die Informati-
trauenswürdigkeit der Information (Bauer, Neumann
onsaufnahme beim flüchtigen Betrachten von Anzeigen
und Mäder, 2005, 2007; Holzwarth, Janiszewski und
mit vorherrschendem Bild auf die Mitte der Anzeigen:
Neumann, 2006). Je menschenähnlicher die (3D-)Avatare
„Die Anzeigenmitte wird früher, häufiger und länger
wirken (bis zu einem bestimmten Grad), desto eher wird
fixiert als die restlichen Anzeigenbereiche“.
ihnen Vertrauen geschenkt und mit ihnen interagiert
(Mull, Wyss et al., 2015), wobei allerdings in der Vertrau- Unterscheidet man bezüglich des Inhalts folgende An-
ensgunst immer noch ein Unterschied zwischen „tat- zeigenbereiche:
sächlichen Menschen“ und menschenähnlichen Figuren B Bild T zusätzlicher Text
besteht (Riedl, Mohr et al., 2014). Allerdings: Menschen H Headline M Markenbezeichnung,
lernen auch mit Avataren oder Robotern umzugehen. Wir
kommen aber auf dieses Thema im Dritten des Buchs so ergeben sich signifikante, wiewohl nicht sehr starke
noch einmal zurück. Unterschiede der Informationsaufnahme in Abhängig-
keit von der Platzierung innerhalb der Anzeige.
Mit der Informationssuche durch persönliche Kommuni- Besonders zu beachten ist die Text-Bild-Betrachtung.
kation wird zugleich ein Bedürfnis nach sozialem Kontakt Nach Levens (1991) und den Ergebnissen weiterer Un-
gestillt. Dies kommt unter anderem darin zum Ausdruck, tersuchungen (Kroeber-Riel, 1993a; Rayner, Miller und
dass alleinstehende und ältere Menschen, die geringere Rotello, 2008) werden die Bilder einer Anzeige im Allge-
Kontaktmöglichkeiten haben, das Verkaufsgespräch ver- meinen vor den Texten betrachtet56. Dies scheint unter der
stärkt wegen der sozialen Kontaktmöglichkeiten suchen Bedingung zu gelten, dass das Bild eine gewisse Größe
und weniger wegen der sachlichen Informationsvermitt- erreicht – schätzungsweise mindestens ein Viertel der
lung.
Anzeige ausmacht – und dass die Texte nicht ganz aus
Diese Bedürfnisse werden aber auch mehr und mehr
durch Kunstfiguren im Internet oder durch soziale Me- 56 Eine der ersten Saarbrücker Blickaufzeichnungsuntersu-
dien gestillt.
chungen, die sich damit beschäftigt, welchen Elementen sich
der Blick zuerst zuwendet, stammt von Witt (1977). Er führte
eine Untersuchung mit Konsumgüteranzeigen durch, die ein
b) Passive Informationsaufnahme relativ großes Bild (mehr als die halbe Anzeigengröße) enthiel-
ten. In 237 von 240 maximal möglichen Fällen wurde das Bild
Die reaktiven Muster des Blickverhaltens unterteilen wir betrachtet (fixiert). In 212 Fällen (ca. 90 %) erfolgten diese Fixati-
in gewohnheitsmäßiges Reagieren auf die Gestaltung onen zu Beginn der Anzeigenbetrachtung. Dieses Ergebnis war
einer visuellen Vorlage und automatisches Reagieren unabhängig vom Aktivierungspotenzial des Bildes und damit
auf bestimmte Reizeigenschaften. Ein Beispiel für das von der mehr oder weniger starken Aufmerksamkeit, die das
Bild auslöste. War das Aktivierungspotenzial groß, so kehrte
der Blick wiederholt zum Bild zurück, nachdem der Text fixiert
lich wahrgenommen werden, wenn sie in Zusammenhang wurde. Einen ähnlichen Blickverlauf bei Konsumgüteranzei-
mit „ego-threatening products“ wahrgenommen werden (z. B. gen gaben die Untersuchungen von Jeck-Schlottmann (1987)
Produkte, die Mundgeruch oder Haarausfall bekämpfen). und Andresen (1988) an.
298 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

dem Rahmen fallen: Sind die Texte besonders groß und (Interesse) stößt58. Das ist im Allgemeinen bei Fernseh-
auffallend und dominieren sie in einer Anzeige, so wer- werbung und Anzeigenwerbung in Publikumszeitschrif-
den sie zuerst fixiert. Ansonsten gilt: ten der Fall (zunehmend auch bei Bannern im Internet,
Hervet, Guérard et al., 2011).
Die Bilder einer Anzeige werden in der Regel als Erstes Wie bereits im Kapitel „Aktivierung“ dargelegt, ergaben
fixiert. Untersuchungen von Köcher-Schulz (2000) in Wochen-
magazinen folgende Betrachtungszeiten in Abhängigkeit
Dieses Phänomen ist u. a. aus einer allgemeinen Vorliebe von der Anzeigengröße (Verhältnis Seitenzahl/Anzei-
für Bildinformationen bzw. dadurch zu erklären, dass ge): Doppelseite (2/1): 4,61 Sekunden; ganze Seite (1/1):
sich der Betrachter von den Bildern interessantere Infor- 2,04  Sekunden; kleiner als eine Seite: 1,05  Sekunden.
mationen verspricht. Die schon angesprochenen Eye-tra- Ähnliche Zahlen werden durch Untersuchungen der
cking-Studien von Gröppel-Klein und Königstorfer Burda-Marktforschung (1987) und Kroeber-Riel (1993c)
(2011b) bestätigen dies (siehe nochmals Abb. 125). Pieters, belegt. Von Keitz, Gunawardena et al. (2007) kommen
Wedel und Batra (2010) zeigen mit ihrer Eye-tracking-Un- zu etwas höheren durchschnittlichen Betrachtungszei-
tersuchung und einer anschließenden Befragung, dass ten (ca. drei Sekunden für eine 1/1-Anzeige). Die durch-
komplexe verbale Informationen die Aufmerksamkeit schnittliche Betrachtungszeit für ganzseitige Anzeigen
gegenüber der beworbenen Marke sogar verringern und in Publikumszeitschriften liegt somit zwischen zwei und
auch die Einstellung zur Werbeanzeige verschlechtern, drei Sekunden in den verschiedenen Produktbereichen.
während komplexe Bilder eine erhöhte Aufmerksam- Auf die im Allgemeinen zuerst betrachteten Bildmotive
keit und in der Folge ein besseres Verständnis und eine entfallen über 50 % der Betrachtungszeit. Das bedeutet:
positive Einstellung bewirken. Mit Bildern können auch Die Vermittlung der Werbebotschaft erfolgt unter die-
Blickverläufe gelenkt werden. Hutton und Nolte (2011) ser Bedingung im Wesentlichen über das Bild59. Dabei,
führten ein interessantes Experiment zur Optimierung erinnert sei an die bereits skizzierte Untersuchung von
der Bildwirkung durch, bei dem sie ein Werbemodell ein- Elsen, Pieters und Wedel (2016), benötigen Rätselanzeigen
mal so abbildeten, dass es das Produkt anschaute, und ein sehr viel mehr Betrachtungszeit als Anzeigen, die den
anderes Mal so, als ob es den Betrachter der Werbeanzeige typischen Vorstellungen entsprechen.
anschaute. Blickte das Werbemodell auf das Produkt, Für Textanzeigen lässt sich festhalten:
so schauten auch die Teilnehmer der Studie signifikant ●● oben wird mehr fixiert als unten,
länger auf das Produkt und das Markenlogo. ●● oben links wird am meisten fixiert,
Zudem aktivieren Bilder meist stärker als Texte. Das ist ●● unten links wird am wenigsten fixiert.
die vorrangige Ursache dafür, dass Bilder in Anzeigen
Es ist einleuchtend, dass dieses Blickverhalten (siehe be-
häufiger fixiert und länger betrachtet werden. Dabei ist
reits Bernhard, 1978) entscheidend durch das gewohn-
zu beachten, dass die Dauer der Bildbetrachtung von der
heitsmäßige Lesen von Texten in westlichen Sprachen
Gestaltung der gesamten Anzeige abhängt: Bei flüchti-
(beginnend oben links, endend unten rechts) geprägt
ger Betrachtung können insbesondere stark auffallende
wurde. Bereits vor etwa hundert Jahren hat man durch
Headlines in Konkurrenz zum Bild treten57. Zur quantita-
das einfache Beobachten von Personen ein ähnliches
tiven Bevorzugung von Bildern bei der Informationsauf-
Blickverhalten ermittelt.
nahme tritt die Überlegenheit der Bilder bei der gedankli-
chen Informationsverarbeitung und -speicherung. Diese In Bezug auf das Verhalten bei der Betrachtung von In-
wird im Kapitel über Imagerywirkungen beschrieben. ternetseiten hat sich in früheren empirischen Studien
Entscheidend ist zunächst folgende Einsicht: herausgestellt, dass nur das sogenannte „goldene Drei-
eck“ (Hotchkiss, Alston und Edwards, 2005, vgl. Abb. 130)
betrachtet wird; d. h., alle Informationen, die sich oben
Die Überlegenheit des Bildes für die Informationsvermitt-
lung kommt insbesondere bei Low-Involvement-Werbung links befinden, werden fixiert, während Informationen,
zum Zuge. die unten rechts dargeboten sind, ignoriert werden (z. B.
Goldberg, Stimson et al., 2002). Die Internetwerbung hat
darauf reagiert; jetzt werden Werbeanzeigen häufig oben
Unter Low-Involvement-Werbung versteht man Wer-
links platziert, wie das Beispiel in Abb. 131 zeigt und vor
bung, die auf Empfänger mit geringem Involvement
58
Zum Involvement vgl. Kapitel D in diesem Teil des Buches.
59 Vgl. dazu auch die frühen Studien von Jeck-Schlottmann
57Siehe hierzu auch die Überlegungen von Ohme, Matukin (1987, insb. S. 168 ff.); Andresen (1988, S. 136 ff.); bzw. Kroeber-
und Pacula-Lesniak (2011). Riel (1991, S. 136 ff. und 1993a, S. 53 ff.).
C. Kognitive Prozesse 299

Abb. 130: Goldenes Dreieck nach


Hotchkiss, Alston und Edwards
(2005)

Abb. 131: Reaktionen auf das goldene Dreieck – Bilder dominieren


300 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

allem – es werden Bilder präsentiert. Bei Abb. 131 wur- Studien zu den Aufmerksamkeitseffekten solcher Ani-
de nach dem Stichwort „Tourismus Berlin“ via Google mationen, bei denen die Augenbewegungen gemessen
gesucht60. wurden, stammen von Bahr und Ford (2011); Simola,
Eine Untersuchung zur sogenannten „banner blindness“, Kuisma et al. (2011) oder Kuisma, Simola et al. (2010).
also zu dem Phänomen, dass Konsumenten versuchen, Die Ergebnisse sind nicht ganz eindeutig: Während die
mit ihren Augenbewegungen das Anschauen der Werbe- beiden zuletzt genannten Studien einen zwar schwachen,
anzeigen im Internet vollkommen zu vermeiden, stammt aber bemerkbaren Zusammenhang zwischen animierten
von Hervet, Guérard et al. (2011). Hier stellten sich die Au- Anzeigen, Aufmerksamkeit und Erinnerung feststellen,
toren die Frage, ob die Konsumenten nicht doch zumin- kommt die Untersuchung von Bahr und Ford (2011) zu
dest einen ganz kurzen Blick auf die Werbung werfen, einem anderen Schluss. Hier lernten die Konsumenten
auch wenn sie sich nachher nicht mehr an die Werbung nach kurzer Zeit, Pop-ups auszublenden; die Animatio-
erinnern können. Zudem waren sie interessiert an der nen lösten eher Ärger bei den Probanden aus und führten
Frage, ob die Einbettung des Banners in einen kongru- dazu, dass sich die Teilnehmer schnell genervt fühlten.
enten Kontext (vs. inkongruenten Kontext) die Fixations- Auch eine Studie von Le und Vo (2017) kommt zu dem
dauer erhöht und zu besseren Erinnerungswerten der Schluss, dass Pop-ups eher nicht empfehlenswert sind,
Anzeige führt (z. B. Banner eines Fotoshops auf einer da sie negative Einstellungen bewirken. Zur Gestaltung
Informationsseite über Fotoapparate vs. Banner eines von „normalen“ Bannern liegen mittlerweile ebenfalls
Möbelgeschäfts auf derselben Seite). Die von den Auto- sehr viele Befunde vor, auch diese sind teilweise wider-
ren durchgeführte Blickaufzeichnungsstudie zeigt zum sprüchlich. Letzteres ist möglicherweise bedingt durch
einen, dass die meisten Probanden in der Tat mindestens unterschiedliche Expositionszeiten und Häufigkeiten.
einmal ganz kurz auf das Banner blickten. Zum ande- Werbevideos im Internet haben dagegen eher das Po-
ren führte die Kongruenzbedingung nicht dazu, dass tenzial, Freude und Überraschung auszulösen. Gelingt
die Konsumenten überhaupt oder länger auf die Anzeige es, diese Emotionen zu Beginn des Spots hervorzurufen,
schauten. Allerdings konnten sich bei Kongruenz nach- dann zeigen die Konsumenten eine höhere Aufmerk-
her signifikant mehr Personen an die Anzeige erinnern. samkeit und schauen sich das Video bis zum Ende an
Das ist insofern erstaunlich, als man normalerweise da- (das Zapping-Verhalten, hier das Weiterklicken zu einer
von ausgeht, dass Aufmerksamkeitsintensität und Erin- anderen Werbekampagne, wird signifikant reduziert).
nerung stark miteinander korrelieren. Die Autoren (2011, Diese Erkenntnis stammt aus einer interessanten Un-
S. 715) vermuten, dass der kongruente Kontext wahr- tersuchung von Teixeira, Wedel und Pieters (2012), die
scheinlich als Prime wirke, wodurch das semantische zur Messung der Emotionen Freude und Überraschung
Netzwerk zu ähnlichen Informationen aktiviert werde eine „Gesichtsausdrucks-Erkennungs-Software“61 nutz-
und daher eine Erinnerung an eine in Zusammenhang ten und die Aufmerksamkeit ebenfalls mit Eye-tracking
mit dem Prime stehende Information erleichtert werde. erfassten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass mehr
Die Autoren untersuchten in ihrer Studie allerdings nur und mehr Markenanbieter ihre Videoaktivitäten in den
reine (und simple) Textanzeigen; es ist durchaus denkbar, sozialen Netzwerken erhöhen möchten und hierfür auch
dass attraktive Bildelemente (auch unabhängig vom Kon- spezielle Werbevideos kreieren lassen (Stelzner, 2018).
text) andere Ergebnisse brächten. Wertvoll ist allerdings Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine
die Schlussfolgerung, dass die Erinnerung an Werbean- Studie von Ju und Johnson (2010), die mittels Blickauf-
zeigen und die Aufmerksamkeit, die diese erfahren ha- zeichnung nachweisen konnten, dass junge Frauen bei
ben, mit unterschiedlichen Verfahren gemessen werden Modeanzeigen die meiste Aufmerksamkeit den Models
sollten. Aus der Genauigkeit der Erinnerung sollten keine widmeten, weniger der Headline oder dem Produktna-
Rückschlüsse auf die Betrachtungszeit bzw. die Aufmerk- men. Die jungen Probandinnen schauten sich attrakti-
samkeit gezogen werden, daher sollte die Aufmerksam- ve und schlanke Models insbesondere dann besonders
keit mit Blickaufzeichnungsgeräten und die Erinnerung lange an, wenn für sie ein Schlankheitsideal besonders
mit Recall-, Recognitiontests gemessen werden. relevant war. Diese Studie belegt somit zwei Effekte, auf
Ein weiteres Thema, mit dem sich die Internet-Kommuni- die in diesem Buch bereits wiederholt hingewiesen wur-
kationspolitik seit Jahren auseinandersetzt, ist die Effizi- de: Zum einen den bereits skizzierten Effekt, dass Bilder
enz von Pop-ups, also von Werbeanzeigen, die plötzlich
einfliegen oder aufflackern oder sich drehen. Neuere
61 Die Autoren wählten das AFA-System von Cohn und Kanade
60Zu den Wertschöpfungsketten des Internetbusiness siehe (2007), das im Kapitel „Messung von Emotionen“ beschrieben
Skiera und Lambrecht (2007). wurde.

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C. Kognitive Prozesse 301

vor Texten wahrgenommen werden62; zum anderen, dass


Eine lange Betrachtungszeit lässt auf größeres Interesse
die Aufmerksamkeit, die wir Stimuli schenken, davon des Konsumenten an diesem Reiz schließen; das kann ein
abhängig ist, welche persönlichen Bedürfnisse oder Wer- entsprechendes Kaufverhalten nach sich ziehen.
te wir haben.
Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen ein kurzer
Bildbetrachtung und reizabhängiges Reagieren: Der Blick genügt, um anschließend hohe Erinnerungsleis-
bereits dargelegte Befund, dass Darstellungen von Per- tungen auszulösen. Konsumenten nehmen vor allem
sonen in einem Bild Aufmerksamkeit auf sich ziehen und jene Stimuli wahr, die ihren Wünschen und Bedürfnissen
vorrangig betrachtet werden, deutet darauf hin, dass das entsprechen. Darüber hinaus stehen die bekannten Ak-
Betrachtungsverhalten auch vom Aktivierungspotenzial tivierungstechniken zur Verfügung, um die Aufmerksam-
der visuellen Elemente gelenkt wird. keit der Betrachter und damit die Informationsaufnahme
auf bestimmte Elemente der Werbebotschaft zu lenken:
Dies wird deutlich, wenn man das Verhalten beim Be- Durch eine solche selektiv aktivierende Gestaltung der
trachten von einzelnen Bildern genauer analysiert. Die Bildelemente lässt sich eine hierarchische Informations-
Aktivierungswirkung der Bildelemente hängt – wie be- darbietung erreichen. Diese sorgt dafür, dass die Infor-
reits ausgeführt – von physischen Reizeigenschaften wie mationen, die bevorzugt vermittelt werden sollen, vom
Größe, Kontrast, Farbe sowie vom emotionalen Gehalt Empfänger auch tatsächlich bevorzugt beachtet werden.
und von einer gedanklich überraschenden Gestaltung ab.
Reize mit starkem Aktivierungspotenzial lösen höhere Folgerungen für die Verbraucherpolitik: Ausgangs-
Aufmerksamkeit aus, also mehr Fixationen und längere punkt ist die Erkenntnis, dass die Informationsaufnahme
Betrachtungsdauer. Zhang, Wedel und Pieters (2009) be- der Konsumenten erheblich beeinflusst werden kann,
schäftigen sich ebenfalls mit der Frage, ob Farben, Größe wenn man ihre Gewohnheiten, vor allem aber ihre nicht
oder Platzierung von Anzeigen die Informationsaufnah- bewusst gesteuerten Orientierungsreaktionen und sons-
me beeinflussen und ob eine erhöhte Aufmerksamkeit tigen reaktiven Verhaltensweisen anspricht. Die dadurch
für einzelne Anzeigen letztlich auch zu höheren Ab- mögliche Beeinflussung der Informationsaufnahme be-
satzzahlen für die beworbenen Produkte führt. Über ziehen wir auf zwei Fälle:
eine sehr aufwendige Prozedur waren sie in der Lage,
(1) Der Konsument sucht eine Information I1, wird aber
Daten über Anzeigeneigenschaften (Konsumgüter) in
durch Lenkung seines Blickverhaltens dazu gebracht,
Zeitungen mit GfK-Absatzzahlen zu paaren. Die durch-
die Information I2 aufzunehmen.
schnittliche Blickdauer diente als Mediatorvariable, zu-
(2) Er sucht gar keine Information und übernimmt ab-
dem wurden zur Kontrolle auch Produktpreise und frü-
sichtslos aus dem gesamten Informationsangebot vor
here Absatzzahlen in das Modell integriert. Die Autoren
allem die Informationen, die in der wirkungsvollsten
können nachweisen, dass vor allem die Anzeigengröße
Weise (mit starkem Aktivierungspotenzial) präsen-
(erstaunlicherweise gab es keinen Effekt für Farb- vs.
tiert werden.
Schwarz-Weiß-Anzeigen) die Betrachtungsdauer und
anschließend die Absatzzahlen beeinflusst. Fassen wir Der erste Fall veranschaulicht die Tatsache, dass die wil-
zusammen:63 lentlich und bewusst gelenkte Informationsaufnahme
des Konsumenten in Konkurrenz zu seinen reaktiven
Verhaltensweisen tritt. Auf der Suche nach bestimmten
Damit eine Information aufgenommen werden kann, muss
Informationen wird er durch ganz andere („automatisch
sie mindestens einmal fixiert worden sein. Aktivierende
Stimuli haben eine größere Chance, aufgenommen zu
wirkende“) Informationen, die ihn eigentlich gar nicht
werden. interessieren, abgelenkt. Die Sogwirkung insbesondere
von stark emotional verpackten Informationen lässt er-
warten, dass dies gar nicht so selten geschieht.
62 Dies ist auch für das Social Marketing, beispielsweise für
Derartige Ablenkungseffekte gehören zu den alltägli-
Gesundheitskampagnen von Bedeutung (siehe O’Malley, Lati-
mer und Berenbaum, 2011). chen Erscheinungen. Sie beruhen auf legitimen Strate-
63 Zum Prinzip der hierarchischen Informationsdarbietung gien der Informationsvermittlung64. Der Ablenkungs-
vgl.  Kroeber-Riel (1991, S. 174 ff. sowie 1993a, S. 115, 285). Bei effekt wird jedoch problematisch, wenn man danach
diesem Prinzip geht es darum, die wichtigste Information so fragt, ob Konsumenten bewusst getäuscht werden. Wenn
darzubieten, dass sie vom Empfänger zuerst aufgenommen
wird, dann die Informationsaufnahme (bei visueller Informati-
onsdarbietung: den Blick) auf die zweitwichtigste Information 64
Entscheidend für den Ablenkungseffekt sind einerseits die
zu lenken usw. Dadurch wird vermieden, dass der Kontakt mit Stärke der ablenkenden reaktiven Verhaltensweisen und ande-
einem Kommunikationsmittel abgebrochen wird, bevor die rerseits die (entgegenwirkende) Stärke und Stabilität der hinter
wichtigste Information aufgenommen ist. der aktiven Informationssuche stehenden Antriebskräfte.
302 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

auf einer Joghurtverpackung beispielsweise eine frische Hier kommt die Fluency-Theorie66 aus kognitionspsy-
Ananas abgebildet ist und der Konsument dieses Bild chologischer Sicht zu ähnlichen Ergebnissen wie die
wahrnimmt und im Glauben ist, er kaufe Ananasjoghurt, aus emotionspsychologischer Perspektive diskutierte
dann muss in dem Produkt auch tatsächlich zu einem Mere-Exposure-Hypothese (nach Zajonc, 1968). Fluency
signifikanten Prozentsatz Ananas (und nicht etwa Ap- kann ebenfalls dazu führen, dass manche, besonders
felsaftkonzentrat) enthalten sein, sonst fühlt er sich hin- charakteristische Reize (Labroo und Pocheptsova, 2016)
tergangen. Hier erkennt man auch die Bedeutung des noch intensiver eingeschätzt werden, d. h., beispielsweise:
Verbraucherschutzes, der dazu verhelfen kann, Fehlin- dunkle Farben wirken noch dunkler, helle noch heller.
terpretationen bezüglich bildlicher Produktgestaltungen Die Gültigkeit der Fluency-Theorie wird dennoch kri-
zu entlarven und dafür Sorge zu tragen, dass „schwarze tisch diskutiert, da – wie bereits oben ausgeführt – auch
Schafe“ unter den Anbietern entdeckt werden65. Disfluency zu einer Veränderung der Verarbeitungsebe-
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass eine starke all- ne und damit zu besseren langfristigen Gedächtnisleis-
gemeine Konkurrenz innerhalb des Informationsange- tungen führen kann. Tsai und McGill (2011) fassen die
botes zu beobachten ist, in der nur dasjenige Angebot kontroverse Diskussion zur Bedeutung von Fluency vs.
zum Konsumenten durchdringt, welches hinreichend Disfluency plakativ in ihrem Titel „No Pain, No Gain?“
aktiviert und damit auf die reaktiven Verhaltensmuster zusammen. Sie fragen, ob grundsätzlich bei der Infor-
des Publikums abgestimmt ist. Da diese Verhaltensmus- mationsdarbietung Fluency einen positiven und Dis-
ter automatisch wirksam werden, ob die Konsumenten fluency einen negativen Effekt auf die nachfolgenden Be-
nun aufgeklärt und „intellektuell leistungsfähig“ sind urteilungen ausübt oder ob auch Bedingungen denkbar
oder nicht, hat es gar keinen Zweck, darüber zu lamen- sind, die dazu führen, dass Stimuli, die Konsumenten
tieren, dass die aktivierenden Techniken der Informati- bei der Verarbeitung eine besondere Mühe bereiten, an-
onsvermittlung manipulativ seien. Sie sind es, aber sie schließend besonders gut gefallen. Eine Variable, die hier
sind für eine wirkungsvolle Informationsvermittlung eine Rolle spielen könnte, ist das Gefühl, unterschätzt zu
unumgänglich. Solange die Verbraucherpolitik und die werden, d. h., ambitionierte Konsumenten könnten eine
Informationspolitik anderer öffentlicher Institutionen auf zu leichte Verarbeitung (hohe Conceptual Fluency) als
diese Konkurrenz nicht eingestellt sind, werden sie ihr Beleidigung ihrer Intelligenz oder ihrer Expertise an-
Informationsangebot nur mit großem Wirkungsverlust sehen. Ebenso kann es sein, dass Konsumenten, die mit
an die Zielgruppen bringen können. einer hohen Perceptual Disfluency konfrontiert werden,
später besonders hohes Vertrauen in ihre Urteilskraft
c) Flüssigkeit der Informationsaufnahme haben, da sie sich so viel Mühe bei der Verarbeitung
(Fluency Theorie) geben mussten.
„Processing fluency pertains to the ease or difficulty Auch Labroo und Pocheptsova (2016) erklären zusam-
with which external information can be processed“ (Tsai menfassend, das Fluency als angenehm erlebt wird,
und McGill, 2011, S. 808). Befürworter der Theorie gehen aber Disfluency häufig das Interesse wecken könne. In
davon aus, dass durch hohe Wahrnehmungs-Fluency der Werbung wird zum Beispiel häufig die Technik des
(z. B. durch entsprechende Schriftgrößen, kontrastreiche Story-Telling eingesetzt, hier kann Disfluency dafür sor-
Schrift, die sich vom Hintergrund abhebt) Informationen gen, dass Konsumenten sich intensiver mit der Werbung
schneller verarbeitet werden können und als „glaubwür- beschäftigen und versuchen in die Werbung „einzutau-
diger“ eingestuft werden. „Conceptual Fluency“ geht chen“, was dazu führt, dass sich die Einstellungen zu den
davon aus, dass es Unterschiede in der Erfassbarkeit Marken verbessern, wie Nielsen und Escalas (2010) in
des semantischen Inhalts von Stimuli gibt. Zudem be- verschiedenen Experimenten zeigen. Schließlich können
sagt die Fluency-Theorie, dass Informationen, die dem auch Vorerfahrungen eine Rolle spielen, wie die Studie
Probanden ein zweites Mal vorgelegt werden, schneller von Shen, Jiang und Adaval (2010) belegt. Danach führt
identifiziert werden können als bei der ersten Darbietung eine geringe Fluency beim zuerst wahrgenommenen
(„Perceptual Fluency“: eine Ketchup-Flasche wird bei Markennamen dazu, dass ein zweiter, später wahrge-
der zweiten bzw. wiederholten Vorführung signifikant nommener Name, der mit hoher Fluency einhergeht, als
schneller als Ketchup-Flasche erkannt) und mehr As- besonders angenehm empfunden wird. Es kann hier-
soziationen auslösen („Conceptual Fluency“, Ketchup: durch ein Kontrasteffekt ausgelöst werden.
Farbe, Geschmack, Konsistenz, passende Gerichte etc.).

66Siehe auch Labroo und Pocheptsova (2016) zum Zusammen-


65 Siehe hierzu auch das Portal „www.lebensmittelklarheit.de“. hang von Wiederholung und Fluency.
C. Kognitive Prozesse 303

Health Claim: Müsliregal am


Point-of-Sale
Mit Vitamin C
Für eine normale Funktion kongruentes Bild nicht-kongruentes Bild
des Immunsystems vor und
nach intensiver körperlicher
Betätigung

Abb. 132: Stimulusmaterial der Health-Claim-plus-Bild-Studie von Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein (2017b)

Schließlich gibt es noch einige Experimente, die das noch größer wird, wenn sie in einem visuell weniger
Zusammenspiel von Fluency und Construal Level zum komplexen Umfeld gezeigt wird. Die wahrgenommene
Inhalt haben; auf diese werden wir in einem späteren Fluency mediiert diesen Zusammenhang. In einem wei-
Abschnitt nach Erklärung der Construal Level-Theorie teren Experiment der Autoren konnte gezeigt werden,
zu sprechen kommen. dass dieser Effekt bei eher utilitaristisch ausgeprägter
Leider gibt es unseres Wissens bisher erst wenige Studi- Einkaufsorientierung besonders stark ausgeprägt war
en, die untersuchen, wie Fluency bzw. Disfluency ganz (also wenn Konsumenten ihre Einkäufe effizient tätigen
konkret am Point-of-Sale wirkt, wenn Konsumenten möchten).
alltägliche Entscheidungen unter Zeitdruck und bei ei- Ein Point-of-Sale-Experiment, das im Rahmen einer Viel-
ner Vielzahl von auf sie einprasselnden Reizen fällen zahl von Studien des von der EU finanzierten „CLYM-
müssen. Eine Studie, die versucht, den realen Point-of- BOL“-Projekts (www.clymbol.eu) durchgeführt wurde,
Sale zu simulieren (die Probanden müssen sich Regale stammt von Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein
am Computerbildschirm anschauen), stammt von Orth (2017b). Hier ging es um die Frage, ob am Point-of-Sale
und Crouch (2016). Hier wird im Prinzip der oben ge- ●● ein Health Claim (hier „Mit Vitamin C – Für eine
schilderte Kontrasteffekt untersucht. Dieses Mal geht es normale Funktion des Immunsystems vor und nach
jedoch um attraktive Produktverpackungen67 im Regal. intensiver körperlicher Betätigung“), der zusätzlich
Die Autoren untersuchen, auf welche Weise die visuel- mit einem kongruenten Bild (z. B. „Sportliches Männ-
le Komplexität eines Umfelds (z. B. des Verkaufsregals) chen“) gezeigt wird, die Perceptual Fluency verbessert
die Verarbeitungsflüssigkeit und die Attraktivität einer sowie schneller und häufiger wahrgenommen wird
Produktverpackung beeinflusst. Dabei zeigen die Au- ●● als ein Health Claim, der mit einem zwar gleich attrak-
toren in zwei Experimenten, dass die wahrgenommene tiven, aber nicht kongruenten Bild (Blume) präsentiert
Attraktivität einer als attraktiv bewerteten Verpackung wird (siehe Abb. 132).
Dies wurde mit Eye-tracking gemessen. Eine weitere
67
Zur Bedeutung der Fluency beim Produktdesign siehe auch These lautet, dass die Wahrnehmung des Health Claims
Landwehr, Labroo und Herrmann (2011). am Point-of-Sale mit kongruentem Bild zu mehr Käu-
304 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Objektbereich Sinnesmodalitäten kognitive Prozesse

z. B.
Gegenstände Sehen Interpretation
Vorgänge Hören der
Beziehungen Tasten Sinneseindrücke
Schmecken
Riechen
Empfinden

Abb. 133: Schema der Wahrnehmung

fen führt. Außerdem wurde geprüft, ob die Kongruenz wir uns mit dem Wahrnehmungsprozess genauer aus-
von Bild und Health Claim auch dazu führt, dass die einandersetzen. Wahrnehmung ist ein Prozess der In-
Konsumenten das Produkt mehr mögen, es als gesünder formationsverarbeitung: Durch diesen Prozess werden
einschätzen und in der Folge häufiger kaufen als die In- sowohl aufgenommene Umweltreize als auch innere Si-
kongruenz-Variante. Alle Hypothesen konnten bestätigt gnale entschlüsselt. Sie bekommen dadurch einen Sinn
werden. In der Reizvielfalt des Point-of-Sale erleichtert (Informationsgehalt) für das Individuum und werden
eine hohe Fluency somit die Produktwahrnehmung. zusammen mit anderen Informationen zu einem inneren
Bild der Umwelt und der eigenen Person verarbeitet.
Zusammenfassend ist anzunehmen, dass am Point-of- Man kann deswegen sagen:
Sale eine hohe Fluency (also leicht lesbare Informationen
und eingängige, sinnhafte Markennamen) präferiert wird,
da die Konsumenten hier eher an der Machbarkeit von Wahrnehmung ist ein Informationsverarbeitungsprozess,
Zielen interessiert sind (z. B.: Wie kann man die Einkaufs- durch den das Individuum Kenntnis von sich selbst und
liste effizient abarbeiten?) und eine enorme Reizvielfalt von seiner Umwelt erhält.
bewältigen müssen. Fluency erleichtert hier den effizi-
enten Einkauf, insbesondere vor dem Hintergrund, dass
Dieses Schema (Abb. 133) hebt die Vielzahl von Wahr-
Konsumenten die Produkte in den Regalen nur abscan-
nen. Hierzu sind weitere Feldexperimente zu fordern, die
nehmungsvorgängen nach Sinnesmodalitäten (Geruch,
realistische Entscheidungsbedingungen aufweisen. Geschmack, Gehör usw.) hervor und weist auf die zur
Verarbeitung der Sinneseindrücke notwendigen kogni-
Wenn die Konsumenten sich den Stimuli jedoch konzen-
triert widmen können (z. B. Werbung auf der Kinolein-
tiven Prozesse hin. Wir klammern die Wechselwirkun-
wand), dann können nicht fließende Stimuli (Disfluency) gen zwischen Geist und Körper an dieser Stelle aber
das Interesse an dem Meinungsgegenstand erhöhen. zunächst aus und werden dazu im Abschnitt „Groun-
ded Cognition“ bzw. „Embodiment“ Stellung nehmen.
Von entscheidender Bedeutung für das Verständnis des
Wahrnehmungsprozesses ist hier zunächst seine
IV. Verarbeitung von Informationen
● Subjektivität
● Aktivität
1. Wahrnehmung als subjektive und selektive Informations-
verarbeitung
● Selektivität.
Im Verlauf dieses Buchs haben wir schon wiederholt auf Jeder Einzelne lebt in einer subjektiv wahrgenommenen
das Phänomen der subjektiven, selektiven oder verzerr- Welt. Diese persönliche Welt weicht mehr oder weniger
ten Wahrnehmung hingewiesen, auch auf die Tatsache, stark von der subjektiven Umwelt der anderen ab und
dass wir nicht nur mit dem Auge, sondern mit verschie- es ist oft gar nicht möglich, anhand von „Tatsachen“ zu
denen Sinnesorganen wahrnehmen und dass viele Reize entscheiden, ob der eine oder der andere seine Umwelt
unbewusst verarbeitet werden68. Im Folgenden wollen „richtig“ oder „falsch“ wahrnimmt. Durch Unterschiede
der subjektiven Wahrnehmung objektiv gleicher Sach-
68Siehe hierzu auch die Ausführungen zu dem Stichwort verhalte entstehen oft schwerwiegende Konflikte: Der
„Priming“ und zu den „Vicary-Untersuchungen“. Einzelne beruft sich auf die von ihm wahrgenommenen
C. Kognitive Prozesse 305

„Tatsachen“ und vermag nicht, seine Wahrnehmung als Woran dachten Sie jeweils bei _ANS? Vermutlich haben
subjektiv aufzufassen. Es kann auch zu sogenannten Sie an GANS bzw. HANS gedacht, denn die Wortlisten
Wahrnehmungsillusionen kommen (siehe hierzu auch haben eine Voreinstellung erzeugt, von der Sie bei Ihrer
Ansorge und Leder, 2011). Dann ist das Individuum fel- Suche im Gedächtnis geleitet wurden.
senfest von der Wirklichkeit einer bestimmten Erschei- Für die Beeinflussung des Konsumentenverhaltens durch
nung überzeugt, auch wenn dieser Wahrnehmungsinhalt das Marketing kann die Bedeutung von Subjektivität,
jeglicher Grundlage entbehrt. Wahrnehmung ist nicht Aktivität und Selektivität der Wahrnehmung nicht ge-
nur eine passive Aufnahme von Reizeindrücken, die nug hervorgehoben werden. Nicht das objektive Angebot
„von außen“ kommen, sie ist ein aktiver Vorgang der In- bestimmt das Verhalten der Konsumenten, sondern das
formationsaufnahme und -verarbeitung, durch den sich subjektiv wahrgenommene.
der Einzelne seine subjektive Umwelt selbst konstruiert.
Wenn man das Konsumentenverhalten verstehen will,
Schließlich muss Wahrnehmung selektiv sein: Sie ist ein ist vor jedes Angebotsmerkmal der Ausdruck „subjek-
System der Informationsbewältigung und dient dazu, tiv wahrgenommen“ zu setzen: Nicht die Produktqua-
aus der unübersehbaren Menge der auf unsere Sinnesor- lität, sondern die subjektiv wahrgenommene Qualität,
gane einwirkenden Reize einen kleinen Teil auszuwäh- nicht der objektiv günstige Preis, sondern der subjektiv
len. Ohne diesen Auswahlvorgang wäre unser Infor- wahrgenommene Preis, nicht die objektiven Einkaufs-
mationsverarbeitungssystem überfordert. Welche Reize bedingungen, sondern die subjektiv wahrgenommenen
ausgewählt werden, hängt von den reaktiv oder bewusst Einkaufsbedingungen bestimmen das Konsumenten-
gesteuerten Formen der Informationsaufnahme ab. verhalten69.
Ein Beispiel aus der Filmgeschichte: Der britische Film- Die grundlegende Folgerung für das Marketing liegt
regisseur Alfred Hitchcock hatte es sich zur Gewohn- auf der Hand:
heit gemacht, in jedem seiner Filme einmal in einer
Statistenrolle zu erscheinen. Im Laufe der Jahre muss-
Es genügt nicht, objektiv gute Leistungen anzubieten. Es
te der „Meister der Spannung“ seine Auftritte an den
muss auch dafür gesorgt werden, dass diese Leistungen
Anfang der Filme verlegen, weil sich das Publikum im- entsprechend wahrgenommen werden.
mer weniger auf die Handlung konzentrierte und sich
stattdessen der Suche nach Herrn Hitchcock widmete.
Der „Hitchcock-Effekt“ ist ein Beispiel für die selektive Das gilt für das Angebot öffentlicher Leistungen ebenso
Wahrnehmung einer Randerscheinung. Der Wahrneh- wie für das Angebot kommerzieller, politischer und an-
mungsprozess wird durch die Erwartungen des Indivi- derer Leistungen. So mancher Politiker meint, dass seine
duums mitbestimmt. Zwei weitere Beispiele sollen dies Leistungen verkannt werden. Er ist aber selbst dafür
verdeutlichen (siehe auch Gerrig, 2016, S. 158): verantwortlich, wenn er es versäumt, diese Leistungen
in der Wahrnehmung seines Publikums richtig zu po-
Lesen Sie die folgenden Wörter:
sitionieren.
Beispiel: Manche Städte und Regionen leiden unter einem
schlechten Image, das heißt, sie werden in der subjek-
tiven Wahrnehmung der Bevölkerung schlecht beur-
teilt. Dieses Image führt dazu, dass Nachteile stärker
gesehen, tatsächliche Standortvorteile weniger bemerkt
Vermutlich haben Sie „THE CAT“ gelesen. Vergleicht man werden. Die gesamte Beurteilung einer Stadt oder Region
die beiden fraglichen Buchstaben, so sind sie physikalisch wird dann nachteilig eingefärbt, mit der Folge, dass z. B.
identisch, und dennoch wird dieses Zeichen im ersten qualifizierte Arbeitskräfte bei Bedarf nicht zuwandern
Fall als „H“ und im zweiten Fall als „A“ wahrgenommen. und dadurch (unter anderem) Industrieansiedlungen er-
Der Kontext, der durch „T_E“ bzw. „C_T“ bereitgestellt schwert werden. So weiß man von Städten im Ruhrgebiet,
wird, hat uns diese Buchstaben erwarten lassen. dass städtebauliche, kulturpolitische und landschaftliche
Unsere Erwartung kann uns auch dazu veranlassen,
einen mehrdeutigen Stimulus unterschiedlich zu inter- 69
pretieren. Lesen Sie die beiden Wortreihen: Interessant ist auch eine Studie von Lee-Wingate und Corf-
man (2011), die zeigt, wie wichtig es für Konsumenten ist,
manchmal „einfach nur Dampf ablassen“ zu können, wenn
Fuchs; Eule; Schlange; Truthahn; Schwan; _ans sie sich von Unternehmen ungerecht behandelt fühlen. Erst
danach sind sie sachlichen Argumenten oder Erklärungen wie-
Robert; Ralf; David; Wilhelm; Heinrich; _ans
der zugänglich.

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306 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Maßnahmen nur langsam das verfestigte und negative sprachlichen Entschlüsselungssystems identifiziert, das
Kohle-und-Stahl-Image verändern. bereits Wertungen enthält, die das Subjekt ohne Weiteres
Objektive Realität und subjektiv wahrgenommene Rea- übernimmt. Direkte und indirekte Wertungen wirken
lität weichen also selbst in unserer unmittelbaren Erfah- meistens zusammen.
rungswelt stark voneinander ab. Noch stärker sind die Zusammenfassend: Wahrnehmung ist ein komplexer
Abweichungen für die nur indirekt (über Massenmedien kognitiver Vorgang, der mit anderen kognitiven Vor-
usw.) erfahrene Realität entfernter Lebensbereiche (z. B. gängen wie Aufmerksamkeit, Denken und Gedächtnis
anderer Kulturkreise). Die Abweichungen zwischen ob- verknüpft ist. Infolgedessen ist es kaum möglich, die
jektiver Realität und subjektiv wahrgenommener Reali- Wahrnehmung als einen eigenständigen Vorgang abzu-
tät verweisen auf grundlegende erkenntnistheoretische grenzen und zu untersuchen. Die Analyse der menschli-
Fragen: auf die problematische Abgrenzung zwischen chen Wahrnehmung bedeutet in letzter Konsequenz die
außen (Außenwelt) und innen (Innenwelt), von objektiver Untersuchung des menschlichen Verhaltens.
und subjektiver Wahrheit usw. Wahrnehmung und Aktivierung: Ein so komplexer
Prozess wie die Wahrnehmung entsteht durch das Inei-
a) Einflussgrößen der Wahrnehmung aus klassischer nandergreifen von vielen psychischen Einzelprozessen.
Sicht Es ist zweckmäßig (erneut),
Die menschliche Wahrnehmung ist ein bevorzugter ●● aktivierende Bestimmungsgrößen und
Gegenstand der kognitiven Theorien. Die von den Um- ●● kognitive Bestimmungsgrößen
weltreizen (zum Beispiel einem Plakat) ausgelösten Sin-
zu unterscheiden. Da die kognitiven Bestimmungsgrö-
neseindrücke werden zunächst im sensorischen Register
ßen (die Informationsverarbeitung) in den folgenden
festgehalten70. Es handelt sich dabei um eine passive und
Kapiteln zur Produktwahrnehmung und Produktbeur-
sehr kurze Speicherung. Ein kleiner Teil dieser Sinnesein-
teilung ausführlich dargestellt werden, folgt an dieser
drücke wird im Arbeitsgedächtnis zunächst entschlüs-
Stelle nur eine kurze Darstellung über den Einfluss des
selt und unter Zuhilfenahme des im Langzeitgedächtnis
Aktivierungssystems auf die Wahrnehmung.
gespeicherten Wissens verarbeitet. Ein bestimmtes Wort
muss beispielsweise als Name eines Freundes, eines Lan- Die aktivierenden Prozesse können zu einer selektiven
des oder als Markenname erkannt werden. Zur Wahr- und intensiven Informationsverarbeitung führen (Pham,
nehmung gehört auch die Entschlüsselung innerer Rei- 1996). Als erstes ist die Wirkung auf die Aufmerksamkeit
ze, zum Beispiel die Wahrnehmung von Magenknurren zu nennen:
als Hunger. Erst durch diese Entschlüsselung werden Die Aufmerksamkeit ist ein zentrales Konstrukt zur
die aufgenommenen Reize zu Informationen für den Erklärung von Wahrnehmungsleistungen (Ansorge
Empfänger. und Leder, 2011). Sie wurde bereits in Kapitel B. II. 1
Die subjektive Interpretation der Reize umfasst auch ihre als phasische Aktivierung beschrieben: Die von einem
Bewertung. Diese folgt aus Vergleichsprozessen („grö- Reiz bewirkte Aufmerksamkeit (phasische Aktivierung)
ßer“ – „kleiner“) und aus einem direkten oder indirek- sorgt dafür, dass der Organismus für die Aufnahme und
ten In-Beziehung-Setzen zu den eigenen Emotionen und Verarbeitung dieses Reizes sensibilisiert wird und dass
Motiven („gut“ – „schlecht“). Eine direkte Bewertung die Aufnahme und Verarbeitung eines anderen Reizes
liegt beispielsweise vor, wenn ein Produkt positiv wahr- gehemmt wird. Man kann auch sagen:
genommen wird, weil es durch eine attraktive, junge
Frau angeboten wird und dadurch latente Prädisposi- Die Aufmerksamkeit lenkt (selektiert) die Wahrnehmung.
tionen anspricht. Beispiel einer indirekten Wertung ist
die Wahrnehmung einer Pflanze (z. B. Löwenzahn) als Nur solche Reize, die Aufmerksamkeit erzeugen, werden
„Unkraut“. In diesem Fall wird der Reiz mithilfe eines bewusst wahrgenommen und effizient weiterverarbei-
tet71. Aufmerksamkeit ist also der erste Schritt zur Wahr-
70
Mit den dabei auftretenden Fragen der „sensorischen Orga-
nisation“ beschäftigt sich die psychophysiologische Wahrneh- 71
In einem interessanten Beitrag gehen Cohen, Alvarez und
mungsforschung: Es geht beispielsweise darum, wie visuelle Nakayama (2011) der Frage nach, ob der Zusammenhang zwi-
Reize vom Auge aufgenommen, in interne Signale umgewan- schen Aufmerksamkeit und Bewusstsein stets gegeben sein
delt, ins Gehirn weitergeleitet, subjektiv bemerkt werden usw. muss, ob also die bewusste Wahrnehmung eines Gegenstandes
In diesen Kontext gehört das berühmte in Lexika nachlesbare nur bei (vorangegangener) Aufmerksamkeit für diesen Gegen-
Weber-Fechner’sche Gesetz. Zur psychophysiologisch orien- stand möglich ist. Dann wäre die (visuelle) Aufmerksamkeit
tierten Wahrnehmungsliteratur vgl. Blake und Sekuler (2005). zwingend notwendig für die (visuelle) Verarbeitung. Diese
C. Kognitive Prozesse 307

nehmung eines Reizes. Die Aufmerksamkeit ist somit bei der Wahrnehmung benachteiligt, angenehme Reize
eine zentrale Größe in den Theorien zur menschlichen werden bevorzugt, unangenehme gemieden. Auf eine
Informationsverarbeitung. Sie kann als Bereitstellung einfache Formel gebracht heißt das:
von kognitiver Verarbeitungskapazität für einen Reiz
aufgefasst werden. Der Konsument nimmt vor allem solche Reize wahr, die
Wie wird nun Aufmerksamkeit erzeugt? Wenn ein Kon- seinen Bedürfnissen und Wünschen entsprechen.
sument Informationen sucht, um bewusst verfolgte Ziele
zu erreichen, so wendet er seine Aufmerksamkeit wil- Angenehme Reize sprechen also in der Regel die Be-
lentlich bestimmten Reizen zu. Aufmerksamkeit wird dürfnisse des Individuums an und sind „nützlich“, das
aber auch automatisch vom Aktivierungspotenzial eines Gleiche gilt aber auch für unangenehme Reize, wenn
Reizes ausgelöst. Wie bereits im Kapitel über Aktivie- sie das Individuum vor einer Gefahr warnen und inso-
rung erklärt wurde, hängt das Aktivierungspotenzial fern dazu beitragen, sein Wohlbefinden zu erhalten. Das
von speziellen (intensiven, kognitiven und emotiona- erklärt, warum auch manche unangenehmen Reize gut
len) Eigenschaften eines Reizes ab: Zum Beispiel haben wahrgenommen werden.
Reize, die das Gefühl stärker ansprechen, die größer
Besonderes Interesse rief in der empirischen Wahrneh-
und intensiver sind und starke Überraschung auslösen,
mungsforschung die Wahrnehmungsabwehr hervor:
ein höheres Aktivierungspotenzial als andere Reize; sie
Unangenehme Reize werden (wenn nicht von existen-
werden deswegen auch besser aufgenommen. Die Auf-
zieller Bedeutung oder persönlich interessant) gemieden,
merksamkeit lässt sich – wie bereits dargelegt – durch
schlechter wahrgenommen oder führen zu schlechteren
Blickaufzeichnung erfassen (vgl. Abb. 122–129).
Einschätzungen (Williams und Aaker, 2002)73. Wahr-
Für die Aufmerksamkeit bzw. selektive Wahrnehmung nehmungsabwehr scheint teilweise auf unterschwellige
ist nicht nur das Aktivierungspotenzial der Reize, son- Mechanismen zurückzugehen. Solche unterschwelligen
dern auch die Richtung und Qualität der von den Rei- Mechanismen werden sozusagen als „Frühwarnsyste-
zen angesprochenen Antriebskräfte entscheidend. Es ist me“ wirksam. Sie schützen den Organismus davor, Reize
deswegen nach dem Einfluss angenehmer und unange- aufzunehmen, die subjektiv für ihn schädlich sind oder
nehmer Gefühle auf die Wahrnehmung zu fragen bzw. ihn bestrafen. Angenehme Reize werden dagegen bevor-
nach dem subjektiven Einfluss von Erwartungen, Emoti- zugt wahrgenommen. Stoll, Baecke und Kenning (2008)
onen und Motiven, die als intervenierende Variablen den zeigen mittels einer fMRI-Untersuchung, dass attraktive
Wahrnehmungsvorgang prägen. Zahlreiche Experimen- Produktverpackungen im Unterschied zu nicht-attrakti-
te72 zeigen, dass die emotionale oder motivationale Be- ven Verpackungen zu erhöhter Aktivität derjenigen Ge-
deutung eines Reizes die Auswahl und Entschlüsselung hirnbereiche führen, die für die visuelle Aufmerksamkeit
der Reize wesentlich steuert. Grob vereinfacht kann man und Verarbeitung zuständig sind.
sagen: Irrelevante Reize, also Reize, die keine vorhan-
Die Bewusstmachung unbewusster Prozesse (in der
denen Gefühle oder Bedürfnisse ansprechen, werden
Literatur unter den Stichworten „forewarning“ oder
„disclosure“ diskutiert) kann aber auch dazu führen,
Hypothese scheint sich nach bisherigen Befunden zu bestäti- dass sich Menschen bestimmter nachteiliger Prozesse er-
gen. Es gibt dazu in der Psychologie das klassische Beispiel des wehren können, wenn sie entsprechende Warnhinweise
Basketballspiels zwischen Spielern mit weißen und schwarzen erhalten (bzw. aufgeklärt werden). So zeigt die Studie von
Trikots. Wenn Probanden sich beim Anschauen des Videos auf
die Aufgabe konzentrieren sollen, die Anzahl der Ballabgaben
Campbell, Mohr und Verlegh (2013), dass bei subtilem
der Spieler in weißen Trikots zu zählen, dann nehmen sie nicht Product Placement entsprechende Warnhinweise dazu
wahr, dass ein als dunkler Gorilla verkleideter Spieler durch führen, dass die vorgewarnten Konsumenten von dem
das Spielfeld läuft und sich auf die Brust klopft (Simons und Product Placement weniger stark beeinflusst werden als
Chabris, 1999). Der Grund: Die Aufmerksamkeit ist vollständig die nicht vorgewarnten Personen. Das subtile Product
auf die weißen Spieler gelenkt, sodass alle anderen Stimuli
nicht bewusst bemerkt und ausgeblendet werden. Man spricht
73
hier von „inattentional blindness“ (S. 1059). Cohen, Alvarez und Siehe hierzu aber auch die aktuell diskutierten Auswirkun-
Nakayama (2011) zeigen nun, dass in Bezug auf sogenannte gen von „gemischten Gefühlen“ auf die Aufmerksamkeit im
„natürliche Szenen“ (z. B. Landschaftsbilder, Berge, Seen) eine Kapitel „Emotionen“. Bei der Messung von solchen Effekten
Ausnahme vorzuliegen scheint. Diese werden als Hintergrund sollte man sich der „Forced-Exposure-Problematik“ bewusst
wahrgenommen, ohne dass die Aufmerksamkeit auf diese Sti- sein: Die Versuchspersonen werden im Experiment oftmals
muli gerichtet sein muss. Es bleibt zukünftige Forschung abzu- angehalten, die werblichen Reize anzuschauen. Sie können also
warten, ob sich dieser Befund als robust erweist. nicht, wie in einer realen Situation, den Reiz ignorieren oder
72 Vgl. Schürer-Necker (1994). sich von ihm abwenden.
308 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Placement führte zu einer stärkeren Abwehr der Marke, tur angekommen, wird der Bewerber angewiesen, eine
was sich u. a. darin zeigte, dass sich signifikant weniger Werbekampagne für einen Möbelhersteller zu entwi-
Personen an die subtil präsentierte Marke richtig erin- ckeln, die Behaglichkeit ausstrahlen soll. Vielfach findet
nern konnten, wenn sie zuvor auf die Beeinflussungsab- sich dann bei den Bewerbern, die bei der Taxifahrt an
sicht hingewiesen wurden. Eine Studie von Wojdynski einem Zoo vorbeigefahren sind (im Unterschied zu den
and Evans (2016) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass anderen Bewerbern), eine schnurrende Katze oder ein
die Bewusstwerdung von subtilen Reizen Konsumenten schlafender Hund auf den Polstermöbeln, auch wenn sich
skeptischer werden lässt: Wird bei gesponsertem Content die Bewerber nicht daran erinnern konnten, an dem Zoo
(auch bekannt als „native advertising“74) den Konsu- vorbeigefahren zu sein, da sie in Gedanken ganz beim
menten mitgeteilt, dass es sich um Werbung und nicht Bewerbungsgespräch waren. Die unbewusste Wahrneh-
um einen redaktionellen Bericht handelt, dann suchen mung des Zoos muss das Gehirn auf das Thema „Tiere“
Konsumenten gezielter nach entsprechenden Hinwei- gebahnt haben.
sen. Wenn sie diese registrieren, dann beurteilen sie das
Über diese unbewussten Wahrnehmungsprozesse haben
Unternehmen und die präsentierten Inhalte signifikant
wir ausführlich im Kapitel „Motivation“ berichtet. Wir
negativer.
verweisen daher an dieser Stelle auf die entsprechenden
Textpassagen und wenden uns im Folgenden der Bedeu-
b) Unbewusste Wahrnehmung
tung von Mind sets für die Informationsverarbeitung zu.
Während man in früheren Veröffentlichungen von „un-
terschwelliger Wahrnehmung“ sprach, wird heute der c) Mind sets und Informationsverarbeitung
Begriff „unbewusste Wahrnehmung“ verwendet. Wir in Abhängigkeit vom Construal Level
wiederholen:
Ein „Mind set“ kann definiert werden als eine Art Denk-
weise, Haltung oder Weltanschauung, die wie ein Filter
Unbewusste Wahrnehmung liegt bei Reizen vor, die auch
dann nicht bewusst wahrgenommen werden können,
bestimmen, wie wir unsere Umgebung wahrnehmen.
wenn die Aufmerksamkeit darauf gerichtet ist (Behrens Ein Mind set entsteht durch Erfahrungen, kann per-
und Neumaier, 2004, S. 12). Dazu zählen sehr schwache sönlichkeitsbedingt sein, aber auch mit entsprechenden
Reize, z. B. visuelle Reize, die nur wenige Millisekunden Reizen geprimed werden. Unser Mind set kann unser
präsentiert werden (Karremans, Stroebe und Claus, 2006; nachfolgendes Verhalten bestimmen. Dabei existieren
Kiefer, 2017; Bargh, 2016). unterschiedliche Mind sets (und Theorien).
Unbewusste Wahrnehmung liegt außerdem bei Reizen
Gollwitzer (1990) (zusammenfassend Gollwitzer und Kel-
vor, die bewusst wahrgenommen werden könnten, aber
ler 2016) unterscheidet beispielweise eine Art Zweipha-
nicht bewusst verarbeitet werden, weil die Aufmerksam-
keit nicht oder nicht voll auf die Stimuli gerichtet ist. Dazu senmodell mit einem „deliberative“ (eine überlegende,
gehören Reize, die nur beiläufig aufgenommen werden abwägende Grundhaltung) und einem „implemental“
oder die die Aufmerksamkeit des Konsumenten mit an- Mind set (eine unmittelbar handlungsorientierte Grund-
deren Reizen teilen müssen (Shapiro und Krishnan, 2001). haltung), wobei beide Mind sets beim Kaufverhalten eine
wichtige Rolle spielen. Die erste Grundhaltung führt
dazu, dass wir uns Informationen zuwenden, Pros und
Die unbewusste Wahrnehmung eines Ereignisses kann
Contras abwägen, bis wir schließlich zu einer Erkenntnis
nachfolgende Verarbeitungsprozesse beeinflussen. Ein
gelangen, die dann mit dem zweiten Mind set in die Tat
typisches Beispiel ist das in verschiedenen Varianten
umgesetzt werden muss. Beim „implemental Mind set“
durchgeführte Experiment75, bei dem Jobsuchende aus
interessiert nur noch wie, wann und wo das Ziel erfolg-
der Werbebranche mit dem Taxi vom Bahnhof durch
reich erreicht werden kann. Das erste Mind set geht somit
eine Stadt zum möglichen Arbeitgeber gefahren werden,
mit Reflexion einher (z. B. welches Produkt verspricht
vorbei an Häusern und Geschäften. Manche passieren
mir den höchsten Nutzen?), das zweite fokussiert auf das
dabei auch einen Zoo, andere nicht. Bei der Werbeagen-
Handeln (z. B. wie kann ich möglichst schnell das in Pha-
se 1 ausgesuchte Produkt erstehen?), es findet aber keine
74
Native Advertising ist das Schalten einer Anzeige, bei der Reflexion über den Handlungsgegenstand mehr statt. In
die Werbung einen ähnlichen Stil hat wie die redaktionellen einem sehr bekannt gewordenen Artikel des Journal of
Beiträge des veröffentlichenden Mediums (online oder offline)
Marketing Research greifen beispielsweise Dahr, Huber
und eventuell nicht als Werbung erkannt wird. In Deutschland
müssen solche Werbeanzeigen als Werbung gekennzeichnet und Kahn (2007) diese Mind set-Theorie auf und formu-
werden. lieren das sogenannte „Shopping Momentum“. Die Idee
75 Siehe hierzu auch das Video von Brown (2006). ist, dass ein reflektierter Kaufwunsch mit anschließen-
C. Kognitive Prozesse 309

der Handlungsorientierung die Konsumenten zunächst


Ein Veränderungs-Mind set erhöht die Aufgeschlossen-
in ein Geschäft führt und dass nach dem ersten (noch heit gegenüber innovativen Produkten.
bewusst vorbereiteten) Kauf durch das Instore-Marke-
ting nur noch das implemental mindset aktiviert wird
und Konsumenten in eine Art Kaufrausch verfallen, bei Auch die Construal Level Theorie zählt zu den Mind
dem der erste Kauf einen zweiten (oder dritten etc.) Kauf set-Ansätzen. Hier wird das Mind set durch die psy-
auslöst: „Momentum occurs because the initial purchase chologische Distanz geprägt. Anders ausgedrückt: Nach
moves one from a deliberative to an implemental mind- der Construal Level Theorie spielt die psychologische
set, thus driving subsequent purchases“. Die Autoren Distanz eine große Rolle bei der Art und Weise, wie wir
können diesen Effekt empirisch nachweisen und geben unsere Welt auffassen und Reize verarbeiten. Ein Objekt
auch Hinweise, bei welchen Produkten ein Shopping kann zum Beispiel aus dem Wahrnehmungsraum eines
Momentum wahrscheinlicher ist. Hier gehen sie z. B. da- Individuums entfernt oder diesem zugeführt werden
von aus, dass bei utilitaristischen Produkten der Effekt (z. B. Trope und Liberman, 2010), zudem kann ein Ereignis
wahrscheinlicher ist76. in weiter Zukunft stattfinden oder sofort eintreten. Auch
die subjektiv prognostizierte Eintrittswahrscheinlichkeit
Kamm (2016) beschäftigt sich in ihrer Dissertation mit
kann variieren. In der Folge verändern sich die Einstel-
kritischen Lebensereignissen und zeigt auf, wie drasti-
lungen bzw. die geäußerten Assoziationen zu dem Mei-
sche Veränderungen im Leben eines Konsumenten zu
nungsgegenstand oder auch die sozialen Beziehungen
einem „Mind set-Wechsel“ führen. Der Konsument
zueinander. Nach der Construal Level Theorie werden
schaltet um von einem „Alltags-Mind set“ in ein „Ver-
Objekte und Events, die mit einer hohen psychologischen
änderungs-Mind set“. Letzteres erhöht in der Folge die
Distanz einhergehen, eher als abstrakt, mit allgemeinen
Aufgeschlossenheit der Konsumenten gegenüber inno-
Werthaltungen, als intangibel oder nicht wahrnehmbar
vativen (Lebensmittel-)Produkten. Die Autorin kann
assoziiert, während Objekte und Events mit geringer
ebenfalls belegen, dass ein Veränderungs-Mind set nicht
psychologischer Distanz als konkret, beobachtbar und
nur durch tatsächliche Ereignisse, sondern auch mittels
spezifisch erlebt werden. Ein Beispiel: Man erfährt, dass
einer entsprechenden Werbung induziert werden und
ein Mann bei einer Bürgerinitiative mitmacht, die sich
so die Offenheit von Konsumenten gegenüber Innova-
die Sauberkeit eines Stadtteils zum Ziel gesetzt hat. Bei
tionen erhöhen kann. Wenn die Werbung erhebliche
hoher Distanz wird der Mann als eine Person, die sich
Veränderungen im Leben eines Konsumenten präsen-
dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt, beschrieben, bei
tierte, dann waren die Einstellung, die Kaufabsicht und
geringer Distanz als jemand, der den Müll aufsammelt.
die Zahlungsbereitschaft für unbekannte Marken mit
Ein weiteres Beispiel: Wenn Mitarbeiter gebeten werden,
neuartigen Geschmacksrichtungen signifikant positiver
sich Gedanken über Produktinnovationen zu machen, so
ausgeprägt als wenn die Werbung Alltägliches zeigte.
kommen kreativere Vorschläge heraus, wenn diese erst in
Da im Lebensmittelmittelbereich sehr viele (laut Nielsen
der Zukunft umgesetzt werden sollen und nicht unmit-
2013 ca. 66 %) Produktneueinführungen scheitern (u. a.
telbar. Zudem hat sich gezeigt, dass Menschen eine hö-
auch wegen ineffizienter Werbestrategien) sind diese
here Selbstdisziplin bei der Aufgabenbewältigung zeigen
Erkenntnisse für die Vermarktung von Produktneuhei-
und Versuchungen besser widerstehen können, wenn
ten sehr relevant und können dazu beitragen, dass die
man sie zuvor gefragt hat, warum (und nicht wie) sie
„Floprate“ in diesem Bereich in Zukunft reduziert wird.
ihr Engagement bei einer Tätigkeit einbringen möchten.
76 Vereinfacht gesagt ist die Vorstellung der Construal Level
Wimmer (2009) kritisiert aus Verbraucherschutzsicht, dass
sich die Marketingforschung dazu hergibt, Konsumenten zu ei- Theorie, je weiter ein Meinungsgegenstand von einem
nem „unreflektierten Kaufrausch“ zu bewegen. Grundsätzlich Individuum entfernt ist, desto eher wird er abstrakte
ist anzumerken, dass ein nicht reflektierter, impulsiv gekaufter Assoziationen auslösen, je näher das Objekt ist, desto
Artikel für den Konsumenten durchaus gewinnbringend sein konkreter sind die damit verbundenen Gedanken.
kann, wenn der Konsument von einem Produkt spontan hin-
gerissen ist und er oder sie intuitiv weiß, dass dies die richtige
Wahl ist (siehe Kapitel Kaufentscheidungen). Dann kann das Aus der Construal Level-Theorie können Implikationen für
impulsiv gewählte Produkt auch zu einem (dauerhaften) Lieb- die Kommunikationspolitik gewonnen werden.
lingsprodukt werden. Das ist mit dem Shopping Momentum Wenn ein Konsument einen direkten, unmittelbaren Kon-
aber nicht gemeint, es geht darum, dass ein zunächst reflek- takt mit einem Produkt hat, dann ist er eher an konkreten
tierter Kauf weitere Käufe auslöst, was in der Tat für manche Eigenschaften interessiert. Nehmen wir als Beispiel ein
Konsumenten ein Problem darstellen kann, gerade im Zeitalter Auto. Befindet sich der Konsument in einem Autogeschäft
des Online-Shopping, wo weitere Produkte nur einen Klick und sieht das Auto vor sich, dann möchte er etwas über
entfernt sind.
310 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Construal-Level-Theorie

Zeitlich Räumlich
- Nahe Zukunft  konkret - Räumlich nah  konkret
- Ferne Zukunft  abstrakt - Räumlich fern  abstrakt
- Warum? / Wie? - Ähnlich zeitlicher Distanz
- Desirability vs. Feasibility - Vorstellung räumlicher
- Zeitliche Distanz führt zu Distanz führt zu high-level
positiver Wahrnehmung construals

Sozial Hypothetisch
- Je ähnlicher, desto konkreter - Je unwahrscheinlicher ein
- Je unähnlicher, desto abstrakter Ereignis, desto abstrakter die
- Unterschied zwischen der Vorstellung
eigenen Person und einer - Wenige Informationen über
anderen Person hypothetische Ereignisse
- Ingroup vs. Outgroup fördern abstrakte Vorstellung Abb. 134: Dimensionen psycho-
- Höflichkeit als Form sozialer logischer Distanz nach Trope und
Distanz Liberman (2010) bzw. Shapira,
Liberman et al. (2012)77

Fluency-Theorie) bedingen. Die Autoren (siehe Experi-


die konkreten Attribute erfahren (z. B. Spritverbrach, PS-
Zahl, Kofferraumgröße etc.). Ist das Produkt nicht un-
ment 2) baten einen Teil ihrer Probanden (Studierende)
mittelbar erfahrbar, sondern nur über die Werbung und aufzuschreiben, warum es für sie wichtig sei, das Exa-
damit weiter entfernt, dann ist es sinnvoller mit Werten men zu bestehen; die anderen Versuchsteilnehmer sollten
wie Freiheit oder Abenteuer etc. zu werben. Letzteres wird einen Plan aufstellen, wie sie das Examen bestehen woll-
umso bedeutsamer, je teurer das Produkt ist. ten. Hierdurch konnten die unterschiedlichen Construal
Levels erfolgreich manipuliert werden. Anschließend
Die psychologische Distanz wird in mehreren Dimensi- wurden den Probanden Produktattribute von Kameras
onen definiert: die zeitliche, räumliche, soziale und hy- gezeigt, die mal einfach, mal mühevoll zu lesen waren.
pothetische Distanz (Trope und Liberman, 2010; Shapira, Somit wurde die Construal Level Theorie in Verbindung
Liberman et al. 2012, siehe Abb. 134). mit der Fluency-Theorie untersucht. Am Ende sollten
die Probanden eine Entscheidung treffen und mitteilen,
Die Construal Level Theorie differenziert nicht nur un- wie sicher sie sich ihrer Entscheidung waren, eine gute
terschiedliche Verarbeitungsstile, die mehr oder weniger Kamera ausgewählt zu haben. Es zeigte sich, dass Per-
abstrakt bzw. konkret sein können, sondern sie geht auch sonen mit niedrigem Construal Level mehr Vertrauen
davon aus, dass in ihre Entscheidung hatten, wenn sie mit leicht lesba-
●● bei einem hohen Construal Level die hohe Anzie- ren Informationen konfrontiert wurden (hohe Fluency),
hungskraft eines Ziels in den Vordergrund tritt (Wa- während Personen mit hohem Construal Level sich bei
rum macht man etwas?), mühevoll zu lesenden Informationen sicherer fühlten.
●● während sich Menschen mit geringem Construal Le-
vel eher mit der Machbarkeit eines Ziels auseinander-
Nur wenn Konsumenten ihr Hauptaugenmerk auf die
setzen (Wie macht man etwas?). Machbarkeit eines Ziels setzen, also ein niedriges Cons-
Das Construal Level (hoch vs. niedrig) kann mittels sol- trual Level haben, dann hat die „Flüssigkeit“ der (visuel-
cher Fragen auch manipuliert werden, wie die Studie von len) Informationsdarbietung einen positiven Einfluss auf
Tsai und McGill (2011) zeigt. Die Autoren beschäftigten die Schnelligkeit der Verarbeitung, auf die ausgelösten
sich mit der Frage, ob unterschiedliche Construal Levels Assoziationen und auch auf die damit einhergehenden
positiven affektiven Reaktionen. Bei hohem Construal
mehr oder weniger leicht lesbare Informationen (siehe
Level scheint das alte Sprichwort zu gelten „Erst die Ar-
beit, dann das Vergnügen“.
77 Ein Dank gilt Sophie Morguet und Orlando Papparella für
die Erstellung dieser Abbildung und Recherche praktischer
Beispiele.

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C. Kognitive Prozesse 311

Abb. 135: Abstrakte versus


konkrete Werbung – abhängig vom
Construal Level

Han, Duhacheck und Agrawal (2014) widmen sich Energy Drinks häufig mit Preisnachlässen werben (siehe
der kognitiven Construal Level Theorie aus Sicht der Abb. 135)?
Appraisal-Theorie der Emotionsforschung. Sie erklären Spilski, Gröppel-Klein et al. (2017) belegen die Bedeutung
zunächst, dass Schuld und Scham zwei Emotionen sei- der Construal Level Theorie auch für die Erklärung un-
en, die sich recht ähnlich wären. Beide Emotionen sind moralischem Konsumentenverhaltens. Sie zeigen, dass
negativ (z. B. weil man eine Klausur nicht bestanden die Personalisierung eines Online-Shops (durch die Ab-
hat) und in beiden Fällen wird eine Selbstzuschreibung bildung persönlicher Shopping-Assistenten) dazu führt,
vorgenommen (man ist also selbst verantwortlich für dass die empfundene psychologische Distanz reduziert
das negative Ereignis). Allerdings zeigen sich hier zwei wird, welche wiederum die Wahrscheinlichkeit verrin-
Unterschiede: Während Schuld auf verhaltensspezifi- gert, dass Konsumenten Kleidungsstücke unrechtmäßig
sche Gründe zurückgeführt wird („ich habe nicht genug zurücksenden.
gelernt“), also mit konkreten Lerndefiziten einhergeht,
wird Scham mit dem Selbstbild in Verbindung gebracht Wir können festhalten:
(„ich bin nicht intelligent genug“), also mit dem überge-
ordneten, abstrakteren Selbstkonzept. Schuld löst somit Die psychologische Distanz kann die Informationsverar-
ein niedriges Construal Level aus, während Scham hö- beitung und das Verhalten von Konsumenten bestimmen.
here Construal Levels aktiviert. Dies wirkt sich auf nach-
folgende Konsumentscheidungen aus, wie die Autoren in
ihren empirischen Studien zeigen konnten. Erleben die d) Messung von Wahrnehmung
Probanden Schuld, dann wählen sie in der Folge lieber
In der angewandten Forschung werden vor allem Tests
Karten für ein Konzert, das sie eigentlich nicht so attrak-
durchgeführt, um
tiv finden, aber bei dem die Karten günstig sind. Diese
Option wird aufgrund des niedrigen Preises als einfa- ●● den ersten spontanen Eindruck bei flüchtiger Wahr-
cher durchführbar empfunden. Erleben die Konsumen- nehmung und
ten Scham, bevorzugen sie ein attraktiveres Konzert mit ●● das Verständnis und die Beurteilung bei genauerer
teureren Preisen; hier steht die (abstrakter empfundene) Wahrnehmung
Begehrlichkeit im Vordergrund. zu ermitteln. Es geht zum Beispiel bei einem Produkttest
Auch Allard und Griffin (2017) beschäftigen sich mit darum, den Eindruck zu messen, den ein Produkt bei
dem Zusammenhang zwischen Preisen und Construal flüchtiger Betrachtung im Regal oder im Schaufenster
Levels, und empfehlen vergleichsweise teure Produkte hervorruft, da dieser erste Eindruck für das Zustande-
eher auf abstraktem Niveau, vergleichsweise preiswer- kommen einer Produktpräferenz eine wesentliche Rolle
te Produkte dagegen eher auf low-level zu bewerben. spielt. Oder man stellt fest, ob eine Anzeige tatsächlich
Macht Red Bull somit alles richtig, wenn diese Marke mit den Beeinflussungszielen entsprechend wahrgenommen
dem Slogan „Verleiht Flügel“ wirbt, während günstigere bzw. verstanden wird.
312 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Für solche Tests werden standardisierte Wahrnehmungs-


situationen hergestellt, in denen die Testpersonen nach
ihren subjektiven Wahrnehmungseindrücken gefragt
werden.
Ein wichtiges technisches Gerät, das dazu dient, die
Wahrnehmungssituation zu standardisieren, ist das
(elektronische) Tachistoskop:
Mit diesem Gerät kann die Darbietung von visuellem
Wahrnehmungsmaterial zeitlich begrenzt und systema-
tisch variiert werden. Die Darbietungszeiten können da-
bei von wenigen Millisekunden bis zur Dauerexposition
reichen.
Bei der tachistoskopischen Darbietung werden Bilder
von Gegenständen – mehr oder weniger lange – auf eine
Leinwand projiziert bzw. auf Bildschirmen präsentiert
oder die Gegenstände selbst werden in einem Raum ge-
zeigt, der für die begrenzte Darbietungszeit beleuchtet
wird78. Nach Dabic, Schweiger und Ebner (2008, S. 26)
können Objekttachistoskope (kurzzeitige Freigabe des Abb. 136: Beispiel für tachistoskopische Untersuchungen
Objektes hinter eine Fallklappe), Augentachistoskope
(kurzzeitige Freigabe des Auges) oder Projektionstachis- (2) Auch ganz kurze Darbietungszeiten im Bereich von
toskope (kurzzeitige Projektion von Dias) unterschieden Hundertstelsekunden sind zweckmäßig, da sie Ein-
werden. Die Skizzierung eines Versuchsaufbaus zeigt blicke in das Zustandekommen der Wahrnehmung
die nachfolgende Abbildung. Die Testpersonen sitzen (Aktualgenese) ermöglichen und diagnostische Wer-
vor einer Glaswand, durch die sie in einen Raum schau- te liefern (siehe auch Elsen, Pieters und Wedel, 2016).
en können, der während der Expositionszeit beleuchtet (3) Die Wahrnehmung von komplexen Reizen wie Pro-
wird (vgl. Abb. 136). Sie sehen dann für die vorgesehene dukten oder Anzeigen geht nicht auf einen Schlag
Zeit ein Produkt, ein Warenregal, ein Schaufenster, eine vor sich. Es handelt sich vielmehr um einen Prozess
Plakatsäule o. ä. Auf diese Weise werden vor allem die sukzessiver gedanklicher Informationsverarbeitung.
spontanen Anmutungen erfasst, die diese Gegenstände Die unmittelbar in der ersten Phase des Wahrnehmungs-
auslösen. Kurze, standardisierte Darbietungszeiten sind prozesses sehr schnell entstehenden ersten Eindrücke
aus mehreren Gründen wichtig: haben erheblichen Einfluss auf die Informationsverar-
(1) Im Allgemeinen spielt sich die Wahrnehmung von beitung, die in den folgenden Wahrnehmungsphasen
Produkten und Werbemitteln – wie mehrfach in die- abläuft: Sie lösen gefühlsmäßige Haltungen aus, von
sem Buch dargelegt – unter den heutigen Low-In- denen es abhängt, ob sich der Betrachter dem Wahr-
volvement-Bedingungen im Bereich von wenigen nehmungsgegenstand mehr oder weniger aufmerksam
Sekunden ab. Wenn im Test (wie es häufig der Fall zuwendet, und sie führen zu Vorurteilen, welche die
ist) die Darbietungszeit nicht begrenzt wird und die weitere Wahrnehmung kanalisieren (von Rosenstiel und
Testpersonen zu längerer und intensiverer Wahrneh- Neumann, 1990). Einen guten Überblick über die Nut-
mung angeregt werden, dann erhält man Ergebnisse, zung von Tachistoskopen in der Marketingpraxis geben
die sich nicht mehr auf die flüchtige Wahrnehmung Dabic, Schweiger und Ebner (2008). Auch hier weisen die
in realen Situationen beziehen lassen und deswegen Autoren (S. 34) noch einmal darauf hin, dass „die ersten
unbrauchbar sind. Anmutungen, die von einem Werbemittel ausgehen, für
den Werbeerfolg entscheidend sind“.

78
Zum Einsatz des Tachistoskops bei Testverfahren vgl. Hos- Die Wahrnehmung entfaltet sich sukzessiv von einer
singer (1982), von Rosenstiel und Neumann (1991) oder Van ersten Anmutung zu einer kognitiven Interpretation (Ak-
Meurs und Aristoff (2009). Van Meurs und Aristoff beschäftig- tualgenese).
ten sich mit der Frage, wie lange es dauert, bis Outdoor-Poster
wiedererkannt werden. Dafür nutzten sie ein Tachistoskop und
konnten belegen, dass große Mengen an Bildern und Texten die Beispiel: Bei einem Test wurde ein gelbes Plakat für Ba-
Wiedererkennung der Produkte verringerte. bykost bei kurzer Betrachtungszeit als langweilig und
C. Kognitive Prozesse 313

altmodisch empfunden. Diese erste Anmutung beein- 2. Produktbeurteilung als kognitive Informationsverarbeitung
flusste die spätere Produktbeurteilung negativ, wie Tests Nach der allgemeinen Erörterung der zur Wahrnehmung
mit anderen Farben bestätigten, die als modern und ju- gehörenden Vorgänge wenden wir uns jetzt der Produkt-
gendlich empfunden wurden. beurteilung zu:
In diesem Zusammenhang ist auf die Kritik an den ta- Die Produktbeurteilung gehört zur Wahrnehmung.
chistoskopischen Untersuchungen einzugehen, derzufol- Wahrnehmung umfasst nicht nur die Entschlüsselung
ge die kurzen Darbietungszeiten im Bereich von Hun- der aufgenommenen Reize (Informationen), sondern
dertstelsekunden künstlich sind, denn niemals würden auch ihre gedankliche Weiterverarbeitung bis zur Beur-
Werbemittel oder Produkte nur so kurz betrachtet (siehe teilung des wahrgenommenen Gegenstandes. Produkt-
zu Vor- und Nachteilen tachistoskopischer Untersuchun- beurteilung bezieht sich speziell auf die Wahrnehmung
gen auch Dabic, Schweiger und Ebner, 2008, S. 34). Der von (real oder bildlich dargebotenen) Produkten. Sie
Einwand verkennt Sinn und Wirkung der Methode: Das kommt durch ein Ordnen und Bewerten der zur Ver-
Abbrechen der Wahrnehmung nach Bruchteilen von Se- fügung stehenden Produktinformationen zustande. Er-
kunden dient dazu, Zwischenergebnisse des Wahrneh- gebnis der Produktbeurteilung ist die wahrgenommene
mungsprozesses festzustellen, die vom Individuum nur Qualität eines Produktes.
nach einer solchen künstlichen Unterbrechung geäußert
werden können. Eine spontane Äußerung über den ers-
Produktwahrnehmung ist ein aktueller, durch äußere Reiz-
ten gefühlsmäßigen Eindruck von einem Werbemittel
darbietung ausgelöster Prozess. Dieser umfasst neben
oder Produkt lässt sich nach längerer Betrachtung auf- der Entschlüsselung des perzipierten Reizes auch seine
grund der damit verbundenen gedanklichen Verarbei- gedankliche Weiterverarbeitung einschließlich einer Ur-
tungsvorgänge nicht mehr messen. Entscheidend ist, dass teilsbildung.
die auf diese Weise gemessenen Zwischenergebnisse des
Wahrnehmungsprozesses auch bei einem „natürlichen“ Dagegen ist die Einstellung zu einem Produkt das gelernte
und verfestigte (gespeicherte) Ergebnis von vorausgegan-
Wahrnehmungsvorgang zustande kommen und seinen
genen Wahrnehmungsvorgängen.
Ablauf beeinflussen.
Kurz gesagt: Das tachistoskopische Verfahren mag arti-
fiziell sein (wie viele andere Messmethoden auch), aber Welche Einflussgrößen sind nun dafür verantwortlich,
die Ergebnisse des Verfahrens beziehen sich auf einen dass ein Produkt in den Augen der Konsumenten diese
realen, auch unter natürlichen Umweltbedingungen auf- oder jene Eigenschaft bzw. eine bestimmte Qualität hat?
tretenden und wirksamen Sachverhalt. Zur Beantwortung dieser Frage ist die Produktbeurtei-
lung als kognitiver Informationsverarbeitungsprozess
anzusehen, der (1) durch die zur Verfügung stehenden
Informationen und (2) durch Programme zur Verarbei-
tung dieser Informationen bestimmt wird (vgl. Abb. 137).

Produktinformation Umfeldinformation Produktinformation Umfeldinformation

aktuelle Information gespeicherte Information

Produktbeurteilung

Programme zur Informationsverarbeitung

einfache Programme: komplexe Programme:


Denkschablonen „kognitive Algebra“
Abb. 137: Einflussfaktoren auf die
Produktbeurteilung
314 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Die folgenden Abschnitte richten sich nach dieser Glie- Von diesen direkt wahrgenommenen Informationen über
derung: Zunächst werden die zur Produktbeurteilung die Produktdarbietung und ihr Umfeld schließt der Kon-
herangezogenen Informationen, dann die kognitiven sument auf weitere Informationen über das Produkt-
Informationsverarbeitungsprogramme dargestellt. Die angebot, etwa auf die Brauchbarkeit und Lebensdauer
aktuellen Informationen stammen aus einer unmittel- des Produktes. Diese Beurteilungen hängen auch vom
baren Reizaufnahme bei der Produktdarbietung. Die Produktumfeld ab. Beispielsweise wird die Beurteilung
gespeicherten Informationen stammen aus dem Gedächt- von Textilien auch davon abhängen, wie das Verkaufs-
nis, sie repräsentieren die früheren Erfahrungen und personal oder die Geschäftsqualität wahrgenommen
die daraus abgeleiteten Erwartungen. Beide Arten von werden. Diese Umfeldinformationen werden oft unbe-
Informationen werden im Arbeitsgedächtnis mittels ko- merkt aufgenommen und verarbeitet.
gnitiver Programme verarbeitet. Diese kognitiven Verar-
i. Direkte Produktinformationen
beitungsprogramme kann man als Konstruktionsregeln
der Wahrnehmung auffassen79. Die Frage, wie viele und welche Produktinformationen
vom Konsumenten wahrgenommen und zur Produktbe-
a) Aktuelle Informationen durch Produktdarbietung urteilung herangezogen werden, hat die Konsumenten-
forschung von Beginn an beschäftigt. Es würde zu weit
Die Produktdarbietung in Form der unmittelbaren Dar-
führen, alle Studien hierzu aufzuführen. Shapiro und
bietung des Produktes (im Regal, Schaufenster usw.) oder
Spence (2002) haben beispielsweise eine Studie durchge-
der symbolischen Darbietung (Abbildung in Anzeige,
führt, bei der sie sich die Frage stellten, inwieweit Konsu-
Prospekt usw.) ist eine komplexe Reizkonstellation: Sie
menten die Qualität von Produkten beurteilen können,
umfasst den zentralen Wahrnehmungsgegenstand – das
die eine sensorische Erfahrung voraussetzen (z. B. der
Produkt – sowie die gleichzeitig dargebotenen Umfeld-
Geschmack oder das Bouquet von Wein, Klang einer
reize. Die durch die gesamte Reizkonstellation gelieferten
Stereoanlage). Die Autoren zeigen, dass Konsumenten
Informationen können wie folgt gegliedert werden:
sich besser entscheiden können und sich ihres Urteils
i. Direkte Produktinformationen sicherer sind, wenn man ihnen Hilfestellungen, also Kri-
●● wahrgenommene physikalisch-technische Eigen- terien zur Beurteilung der sensorischen Aspekte vorgibt.
schaften des Produktes wie Farbe oder Form Die Studie von Shapiro und Spence (2002) ist auch ein
●● wahrgenommene sonstige Merkmale des Produktan- gutes Beispiel für Interaktionseffekte zwischen eigenen
gebotes wie Preis oder Garantieleistung80 Produkterfahrungen und durch Sekundärquellen ver-
mittelten Informationen.
ii. Produktumfeldinformationen
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Unter-
●● wahrgenommene Angebotssituation, in der die Pro- suchung von Jhang, Grant und Campbell (2012), die sich
duktdarbietung stattfindet, wie Geschäftsausstattung, die Frage stellen, wie die Akzeptanz für innovative Pro-
Verkaufspersonal81 dukte gesteigert werden kann, die von bisherigen sche-
●● wahrgenommene sonstige Situation, die in keinem matischen Vorstellungen stark abweichen (z. B. Wodka
Zusammenhang mit der Produktdarbietung steht, wie mit Vitaminen). Konsumenten reagieren auf extreme
die Begleitung eines Freundes Schemainkongruenz82 eher mit Ablehnung. Darüber
haben wir ausführlich berichtet. Gelingt es jedoch, die
79
kognitive Flexibilität der Konsumenten zu erhöhen, dann
Bei der Verarbeitung von aufgenommenen oder aus dem
steigt die Akzeptanz für radikale Produktinnovationen.
Gedächtnis abgerufenen Informationen werden auch zahlrei-
che nicht-kognitive Einflüsse wirksam, die grundlegend von Die kognitive Flexibilität kann durch das Versetzen in
Bleicker (1983) systematisiert und erörtert wurden. Sie betreffen eine positive Stimmung erhöht werden. Hier zeigt sich
vor allem die Situation, in der die Informationen verarbeitet wieder die Interaktion zwischen affektiven und kogni-
werden (Zeitdruck usw.), und das Involvement bei der Wahr- tiven Prozessen. Ebenso steigt die kognitive Flexibilität,
nehmung. wenn Testpersonen an Zukunftsszenarien denken sollen
80
Zur verhaltenswissenschaftlichen Analyse des Preises
oder wenn man sie explizit auffordert, für ein Problem
vgl.  Diller, 2008; zum Einfluss der wahrgenommenen Preis-
fairness, insbesondere auf die Kundenzufriedenheit, vgl. Herr- verschiedene Lösungsmöglichkeiten (und nicht nur eine)
mann, Wricke und Huber (2000), Xia, Monroe und Cox (2004) zu suchen.
oder Bolton, Keh und Alba (2010); zur Entstehung der Wahr- Zur Messmethode: Will man Auskunft über die Infor-
nehmung von Preisunfairness vgl. Campbell (1999). mationsverarbeitung des Konsumenten erhalten, so kann
81 Zur Wahrnehmung von Preisen durch die Preisdarstellung

am PoS siehe Gröppel-Klein (1998), siehe auch Dawar und Par-


ker (1994), Srivastava und Chakravarti (2011). 82 Zur Erklärung siehe Ausführungen zur Schematheorie.
C. Kognitive Prozesse 315

Abb. 138: Formale Informations- Produkteigenschaften Produktalternativen


Display-Matrix A1 A2 • • Aj • Am
Anmerkung: Die Elemente eij E1 e11 e12 • • e1j • e1m
geben die Ausprägungen der
E2 e21 e22 • • e2j • e2m
Eigenschaften Ei (i = 1, . . ., n) für
die Produktalternativen Aj (j = 1, • • • • • • • •
. . ., m) an. Zur Spezifizierung
• • • • • • • •
einer solchen Matrix und ihrer
Verwendung bei Informationsver- Ei ei1 ei2 • • eij • eim
arbeitungsexperimenten vgl. die
En en1 en2 • • enj • enm
folgenden Ausführungen.

man den Konsumenten etwa darüber befragen, welche den Informationen über die Produktalternativen und
Informationen er für eine Produktbeurteilung nutzt. Die die einzelnen Eigenschaften zusammengestellt. Abb. 138
Befragungsergebnisse sind aber ungenau, weil damit gibt eine typische Form der IDM wieder83. Heute wird
die erinnerte Informationsverarbeitung gemessen wird die IDM auch als Computerversion für Bildschirmbefra-
und zwischen diesen Messergebnissen und der tatsäch- gungen angeboten (z. B. Aschemann-Witzel und Hamm,
lichen Verarbeitung erhebliche Abweichungen bestehen 2011).
können. Es kann sein, dass die genutzten Informationen Die in der Display-Matrix wiedergegebenen Produktei-
vom Konsumenten nicht bewusst kontrolliert oder, falls genschaften Ei umfassen alle Kategorien von Informa-
bewusst kontrolliert, aus einer Vielzahl von Gründen tionen, die zur Produktunterscheidung beitragen, wie
wieder vergessen wurden oder nicht wiedergegeben Markenname, Preis, Bestandteile usw. Sie werden In-
werden können. Wir haben auf die Problematik der Be- formationsdimensionen genannt. Die Elemente eij der
fragungsmethode bereits bei der Messung der Informa- Matrix geben die konkreten Ausprägungen dieser In-
tionsaufnahme hingewiesen. formationsdimensionen für eine Produktalternative Aj
Um die Mängel der Befragung zu umgehen und die wieder, zum Beispiel Preis: 1,49 €, Markenname: Odol
Informationsverarbeitung unter kontrollierten Bedin- Med 3, Inhalt: 100 Gramm usw. Diese konkreten Aus-
gungen genauer erfassen zu können, wurden vier Erhe- prägungen werden auch Informationswerte genannt.
bungsverfahren entwickelt, die auch bei der Messung Die in der Matrix aufgeführten Informationswerte ma-
von Wissen eine wichtige Rolle spielen können. Das sind: chen die Menge der insgesamt zur Verfügung stehen-
●● Informations-Display-Matrix (IDM) den Produktinformationen aus. Im Experiment wird
●● direkte Beobachtung nun einer Versuchsperson die Aufgabe gegeben, dieje-
●● Blickaufzeichnung nigen Informationen auszuwählen, die sie für die Wahl
eines Produktes benötigt. Sie erfährt durch diese Matrix,
●● Protokolle lauten Denkens.
welche Produktalternativen und welche Eigenschaften
Darüber hinaus werden Reaktionszeitmessungen einge- (Informationsdimensionen) für ihre Beurteilung zur
setzt (Bettman, 1979, S. 199 ff.), die auch in der kognitiven Verfügung stehen. Sie erfährt jedoch nicht die Informa-
Psychologie zu den bevorzugten Messverfahren gehören tionswerte, also die in den einzelnen Feldern der Mat-
(Funke und Frensch, 2006), ebenso wie interaktive Bild- rix ausgewiesenen Informationen. Diese sind zunächst
schirmbefragungsmethoden. Einen guten Überblick über durch Schilder verdeckt (in der Computerversion muss
die Messung der Verarbeitung von bildlichen Informati- auf einen „Button“ gedrückt werden, um die Informati-
onen (bildliche Objekterkennung) liefern Ansorge und on zu erhalten). Durch Anforderung der gewünschten
Leder (2011, S. 103 ff.). Werte kann sich nun die Versuchsperson sukzessiv die
Informations-Display-Matrix: Durch die Informations-
Display-Matrix (IDM) wird der Konsument dazu ge- 83 Einen guten Überblick über Anwendungsmöglichkeiten,
bracht, aus einem Informationsangebot durch direkt kritische Stellungnahmen und Vergleiche verschiedener Ver-
beobachtbares Verhalten bestimmte Informationen fahren bieten bereits ältere Arbeiten, beispielsweise von Russo
auszuwählen. Entscheidungsprozesse werden so durch (1978), Weinberg und Schulte-Frankenfeld (1983), Kuss (1987,
S. 73 ff., insb. S. 118 ff.); zur IDM unter Kosten-Nutzen-Aspekten
Konsumenten indirekt protokolliert (Mühlbacher und
siehe Kleinmuntz und Schkade (1993). Aktuellere Beiträge, die
Kirchler, 2003, S. 147). Die Informations-Display-Matrix versuchen, kritische Aspekte auszuräumen, stammen von Trip,
ist der Struktur des Entscheidungsfeldes der Entschei- Huirne und Renkema, 2001; Zander und Hamm, 2010; Asche-
dungstheorie nachgebildet. In tabellarischer Form wer- mann-Witzel und Hamm, 2011.

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316 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

von ihr gewünschten Informationen zur Produktbeurtei- formationen). In Deutschland spielt das Qualitätsurteil
lung beschaffen. Dadurch erfährt der Versuchsleiter, wie der Stiftung Warentest eine besonders wichtige Rolle.
viele und welche Informationen in welcher Reihenfolge Schlüsselinformationen wurden in den skizzierten IDM-
(alternativenweise, attributweise oder wechselnd) von Experimenten (Tab. 5) häufiger und früher herangezogen
der Versuchsperson aufgenommen werden. als die anderen Informationen. In einer realen Kaufsi-
Frühe Einwände gegen das IDM-Verfahren richteten sich tuation ist die Rolle der Schlüsselinformationen bei der
darauf, dass die Informationsdarbietungen aus dem kon- Produktbeurteilung noch wesentlich größer, da durch
kreten Kontext herausgelöst werden, in dem sie sonst er- die experimentellen Wahlsituationen auch die Benutzung
scheinen. Zudem werden erheblich mehr Informationen der anderen Informationen erheblich angeregt wird.
als bei einem realen Produktangebot dargeboten und Reale Kaufentscheidungen werden innerhalb weniger
eine IDM kann zur „Überrationalisierung“ des Entschei- Sekunden gefällt, dann spielen Schlüsselinformationen
dungsverhaltens verführen. Dies dürfte das Verhalten eine noch entscheidendere Rolle. Dabei darf in diesem
nicht unerheblich beeinflussen, sodass die externe Validi- Zusammenhang nicht übersehen werden, dass in den
tät dieser Experimente mit Vorsicht beurteilt wird. Heute IDM-Experimenten eine Kaufsituation simuliert wurde
versucht man, die externe Validität der IDM beispielswei- und hierdurch Verzerrungen entstanden sein können.
se dadurch zu erhöhen, dass die Produktinformationen Stellungnahme zu den IDM-Experimenten: Der ent-
in der gleichen Reihenfolge und Wortwahl wie in stark scheidende Fortschritt, den die Experimente zur Infor-
frequentierten Onlineshops präsentiert werden (vgl. z. B. mationsverarbeitung gebracht haben, ist in den ange-
Aschemann-Witzel und Hamm, 2011). Zudem ist es über wandten Methoden zur systematischen Messung der
eine entsprechende Software möglich, die Matrizen (also Informationsaufnahme und Verarbeitung bei der Be-
die angebotenen Informationen) stärker an individuelle urteilung und Wahl von Produkten zu sehen. Die Er-
Entscheidungsprozesse anzupassen (das Stichwort lautet gebnisse selbst sind weniger umwerfend: Dass bei der
hier „individualisierte IDM“) sowie das Layout attrak- Beurteilung von Produkten (eine Ausnahme stellt hier
tiver und die Navigation einfacher zu gestalten, sodass nur die Studie von Currim, Mintz und Siddarth, 2015,
die Mitwirkungsbereitschaft der Probanden erhöht wird. dar) nur relativ wenige Produktinformationen herange-
Die Darstellung (Tab. 5) belegt eine Neigung zur Ent- zogen und zu Schlüsselinformationen verdichtet werden,
scheidungsvereinfachung durch gezielte und reduzierte war auch schon vor den IDM-Experimenten bekannt.
Informationswahrnehmung. Konsumenten, die aus ei- Interessant ist jedoch die Frage, ob es Informationen gibt,
nem großen Angebot von Produktinformationen beliebig die neben den Schlüsselinformationen besonders häu-
wählen können, benutzen zur Produktbeurteilung nur fig oder aber gar nicht genutzt werden. Diese könnten
einen relativ kleinen Teil der angebotenen Informationen. dann in der Kommunikationspolitik entweder betont
Sie ziehen zur Produktbeurteilung bevorzugt Schlüssel- oder vollkommen vernachlässigt werden, sodass durch
informationen wie den Markennamen oder ein Testurteil IDM-Experimente Hinweise für die hierarchische Infor-
heran. Zum Verständnis ist der Begriff „Schlüsselinfor- mationsdarbietung gewonnen und ein Beitrag zur Ver-
mation“ zu definieren: meidung der Informationsüberlastung geleistet werden
könnte. Allerdings sollte man die externe Validität der
Erkenntnisse beispielsweise mit Eye-Tracking-Studien
Schlüsselinformationen (information chunks) sind In- am Point-of-Sale überprüfen. Zudem sollte die Bedeu-
formationen, die für die Produktbeurteilung besonders tung der Produktverpackung stärker berücksichtigt
wichtig sind und mehrere andere Informationen substi-
werden. Die äußere Produktgestaltung ist oftmals eine
tuieren oder bündeln.
Verkaufshilfe, die zur effizienten Produktwahrnehmung
unentbehrlich ist (siehe bereits Weinberg, 1992a). Schließ-
Solche Schlüsselinformationen sind z. B. der Preis, wenn lich zeigt sich die „Künstlichkeit der Informationsdar-
von ihm auf die Qualität geschlossen wird, das Test- bietung“ in IDM-Experimenten auch darin, dass die
urteil der Stiftung Warentest oder der Markenname. Konsumenten nachweislich anders reagieren, wenn die
Der Konsument erwartet von Schlüsselinformationen Informationen nicht abstrakt durch verbale Informatio-
wesentliche oder sogar hinreichende Auskünfte über nen auf einer Display-Matrix, sondern real (oder zumin-
die Produktqualität oder das Image von Produkten. Sie dest bildlich) dargeboten werden. Dieses Problem könnte
ersetzen ihm viele Einzelinformationen, die er sonst zur durch moderne Online-Versionen mit Einblendung von
Produktbeurteilung heranziehen müsste. Schlüsselinfor- Bildern oder gar Videoclips reduziert werden. Da auch
mationen können je nach Land oder Kultur unterschied- die Anordnung und Darbietungsform der Informationen
lich sein (Marken- oder Herstellernamen, Warentestin- die Informationsverarbeitung beeinflussen kann, könnte
C. Kognitive Prozesse 317

Autoren Produkt Information über Information über Gesamt


Merkmale Alternativen
verfügbar genutzt verfügbar genutzt verfügbar genutzt
Raffée, Glosslar et al. (1976) Zahnpasta 14 6,2 14 6,2
12 5,8 12 5,8
Jacoby, Szybillo und Busato- Zahnpasta 16 5,8 16 5,8
Schach (1977) 18 4,2 18 4,2
Jacoby, Chestnut und Fischer Frühstücksflocken 30 4,6 16 3,2 480 14,7
(1978) Margarine 23 7,5 16 11 368 82,5
Kopfschmerzmittel 13 6,7 16 12 208 80,4
Quelch (1978) Frühstücksflocken 5 2,3 5 2,3
Sheluga, Jaccard und Jacoby Pocketkameras 6 5,6 16 12 96 67,2
(1979)
Ratchford und Van Raaij (1980) PKW 10 8,2 10 8,8 100 72,2
Konert (1981) Kaffeemaschinen 8 5,3 5 4,8 40 25,4
Kameras 11 6,2 5 4,8 55 29,8
Knappe (1981) Kaffee 8 4,7 16 6,2 128 29,1
Schmalfilmkameras 12 6,1 11 6,3 132 38,4
Trip, Huirne und Renkema Anbau von 11 15 165 63
(2001) Blumensorten
Scherhag (2003) Reiseziele 8 3 24 19,2
Zander und Hamm (2010) Bio-Milch 8 7 56 33,6
Aschemann-Witzel und Hamm Fair-Trade-Kaffee 6 6 36 27,6
(2011)
Currim, Mintz und Siddarth Tablets 11 8,4 3 2,1 33
(2015)
Gilbride, Currim et al. (2016) Kameras 11 3 33 11,54
Dörnyei, Krystallis und Mineralwasser vs. 7 vs. 10 im 2 vs. 4. im
Chrysochou (2017) Orangensaft vs. vs. 13 Mittel vs. 6 Mittel
Holunderblütensirup 3,63 3,88

Tab. 5: Durchschnittliche Nutzung der verfügbaren Produktinformationen nach verschiedenen Experimenten

auch diese in digitalen IDMs rotiert werden und somit und ihr Einfluss auf die Einstellung zu Marken bzw.
Anordnungseffekte ausgeschlossen werden. zum Wahlverhalten hat im Anschluss an die Studie von
Meyvis und Janiszewski (2002) diverse Untersuchun-
Aufgrund der technischen Möglichkeiten, die digitale gen in der Konsumentenverhaltensforschung angeregt,
IDMs heute bieten, sind diese der klassischen Methode sicherlich auch, weil solche Attribute in der Praxis eine
mit verdeckten Kärtchen auf Anschlagstafeln vorzuziehen. inflationäre Verwendung gefunden haben (Bauer, Alb-
recht et al., 2007).
Wenn Probanden in einem Experiment neben Schlüssel- Bauer, Albrecht et al. (2007), die in ihren Studien im Un-
informationen auch irrelevante Informationen über ein terschied zu Meyvis und Janiszewski (2002) Convenience
Produkt aufnehmen, lassen sie sich dadurch (selbst wenn Goods (Shampoos) verwendeten, konnten zeigen, dass
ihnen die Irrelevanz bewusst ist) in ihrem Urteil leicht be- die irrelevanten Eigenschaften (z. B. Seidenextrakt) ei-
einflussen, und die Meinung über die Leistungsfähigkeit nen positiven Einfluss auf die Einstellung zum Produkt
des Produktes (z. B. Computer) ändert sich (Meyvis und auslösten. Zu ähnlichen Erkenntnissen kommt auch eine
Janiszewski, 2002). Das Thema „irrelevante Attribute“ weitere Studie von Albrecht, Neumann et al. (2011). Hier
318 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

wurde ein positiver Einfluss des Attributs „Kurkumin“ Produktbeurteilungen benutzten Informationen wird
bei Haarshampoo auf Preisfairness, Einstellung, Ein- diese Methode relativ selten benutzt.
zigartigkeit des Produkts und Kaufabsicht festgestellt, In Anlehnung an Buber (2009, S. 562 f.) können neben
selbst wenn die Konsumenten zuvor auf die Irrelevanz dem hohen Zeitaufwand folgende Probleme aufgelistet
durch die Stiftung Warentest hingewiesen wurden. Xiao werden:
(2016) belegt, dass solche irrelevanten Eigenschaften vor
●● Verlangsamung durch lautes Sprechen
allem dann kaufunterstützend wirken, wenn das soziale
●● Negativlastigkeit der Berichte (d. h., es werden mehr
Risiko als hoch erlebt wird (beispielsweise wenn für den
negative als positive Assoziationen laut geäußert)
zukünftigen Schwiegervater, dem man gerne gefallen
●● Vorerfahrungen beeinflussen die geäußerten Gedan-
möchte, ein Rotwein gekauft werden soll) und wenn die
ken
Konsumenten eher ein niedriges Selbstvertrauen haben.
●● Störung der Informationsverarbeitung (das Sprechen
Einen guten Überblick über die Bedeutung irrelevanter
kann ablenken)
Eigenschaften in der Kommunikationspolitik gibt auch
●● Beschränkung auf einfach zu verbalisierende Kom-
der Beitrag von Gierl und Großmann (2008).
mentare
Direkte Beobachtung: Die Versuchsperson steht in die-
●● in der Regel nur im Labor durchführbar
sem Fall vor einem Regal oder an einem Tisch, auf dem
●● oftmals widersprüchliche Befunde (auch zwischen
Produkte so dargeboten werden, dass die Informationen Verhalten und geäußerten Meinungen)
nicht unmittelbar und nicht vollständig sichtbar sind. Sie
●● Overreporting
soll nun das Produkt in die Hand nehmen und erhält
●● automatisierte Prozesse und Gedanken entziehen sich
dadurch die Möglichkeit, bestimmte Informationen auf den Protokollen lauten Denkens
dem Produkt oder auf der Verpackung zu sehen und auf- Es stellt sich somit die grundsätzliche Frage, ob Konsu-
zunehmen. Der verborgen hinter einem Einwegspiegel menten überhaupt über ihre mentalen Prozesse berichten
sitzende oder der via Videoaufnahmen registrierende Be- können oder ob sie im Nachhinein etwas „konstruieren“,
obachter erfährt durch das Betrachtungsverhalten, wel- auch auf der Basis von unbewussten Prozessen. Außer-
che Informationen von der Versuchsperson übernommen dem muss auch bei dieser Methode das schon mehrfach
werden. Dieses Vorgehen ist zwar produktnäher, bietet in diesem Buch angesprochene Problem der sozial er-
aber nur eine beschränkte Möglichkeit zur Informations- wünschten Antworten berücksichtigt werden. Die Me-
darbietung (denn es können nur solche Informationen thode kann zusammenfassend also als sehr fehleranfäl-
berücksichtigt werden, deren Wahrnehmung der Beob- lig bezeichnet werden (siehe auch Fox, Ericsson und Best,
achter direkt beobachten kann). Das Eye-Tracking würde 2011). Eine Kombination aus der „Methode des lauten
hier Zusatzinformationen aus Sicht des Nutzers liefern. Denkens“ und Beobachtung, wie sie Büttner, Rauch und
Silberer (2005a, b) vorschlagen, stellt eine interessante
Protokolle lauten Denkens: Wir haben diese Methode Erweiterung der Messverfahren dar. Es handelt sich um
schon bei der Messung der Gedächtnisinhalte kennen- eine Variante der Photoelicitation-Methode84. Zunächst
gelernt. Hier soll die „Think aloud“-Technik angewendet wird das Kaufverhalten der Probanden am Point-of-Sa-
werden, nicht um bereits gespeicherte Inhalte zu erfas- le mit einer Videokamera gefilmt. Im Anschluss daran
sen, sondern um via verbaler Selbstberichte Auskünfte dient das Video als Gedankenstütze bei der Kommen-
über die gerade stattfindende Aufnahme und Verarbei- tierung der Verhaltensweisen durch den Probanden. Es
tung von Informationen zu gewinnen. Die Versuchsper- ist zu hoffen, dass die Introspektion durch die zusätzli-
sonen werden gebeten, alle Gedanken, die ihnen beim chen bildlichen Stimuli eine höhere Aussagekraft erhält;
Ablauf kognitiver Tätigkeiten (Zeitunglesen, Einkaufen grundsätzliche Probleme, wie Verbalisierungsschwie-
usw.) in den Kopf kommen, sofort laut zu äußern. Diese rigkeiten aufseiten der Probanden, können auch hiermit
Äußerungen werden protokolliert und ausgewertet nicht beseitigt werden.
(Ericsson und Simon, 1999). Irreführende Information: Ein typisches Wahrneh-
mungsproblem, das eng mit der Darbietungsform der
Die Protokolle werden in erster Linie herangezogen, um
Produktinformationen zusammenhängt, ist die Irrefüh-
Denkstrukturen zu dokumentieren. Die Datenerhebung
rung des Verbrauchers. Der entscheidende Ansatzpunkt
leidet wieder an der künstlichen „Überrationalisierung“
für die Irreführung ist stets die nachweisbare Tatsache,
des Entscheidungsverhaltens und die Auswertung der
Protokolle (z. B. Aufnahmen während des Einkaufens
im Geschäft) ist äußerst schwierig. Für die Klärung der 84 Siehe hierzu die Ausführungen im Zweiten Teil B. IV „Mo-
hier untersuchten Fragen zur Menge und Art der bei tivation“.
C. Kognitive Prozesse 319

dass eine Information so verstanden bzw. wahrge- Wir behandeln diese Effekte ausführlicher im Vierten
nommen wird, dass ein falsches Bild von der Realität Teil dieses Buchs.
entsteht. Neben diesem empfängerorientierten Irrefüh-
ii. Produktumfeldinformationen
rungsbegriff gibt es Irreführungsbegriffe, die nicht nach
der Wirkung einer Information auf den Konsumenten Die Produktumfeldinformationen werden von uns ein-
(Empfänger) fragen. Irreführung tritt demnach bereits geteilt in
dann ein, wenn eine Information objektiv nicht den Tat- ●● die wahrgenommene Angebotssituation, etwa die
sachen entspricht. Dieser „objektive“ Irreführungsbe- Eingliederung eines Produktes in das Sortiment, und
griff ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Will ●● die wahrgenommenen sonstigen Informationen, die
man den Verbraucher schützen, so kommt es darauf an, in keinem sinnvollen Zusammenhang mit der Pro-
welche tatsächlichen Wirkungen die Produktinformati- duktdarbietung selbst stehen (z. B. Begleitung eines
on auf den Verbraucher, das heißt auf seine subjektive Freundes86).
Wahrnehmung, hat. Um die psychologisch besonders interessanten Wirkun-
Interessant ist nicht nur die Irreführung seitens der gen der Produktumfeldinformationen zu erklären, müs-
Werbung, sondern auch die von Diller (2008, S. 130 f.) sen wir etwas weiter ausholen87.
dargelegten Möglichkeiten der Irreführung durch die Jede Reizwahrnehmung wird vom Umfeld des Reizes mit-
Preisdarstellung (Preisoptik). Optisch hervorgehobene bestimmt. Dazu gehören nicht nur die unmittelbar benach-
Preisinformationen erwecken den Eindruck von niedri- barten Reize gleicher Art – etwa das visuelle Umfeld –,
gen Preisen. „Plakative, überdimensionale Preisschilder sondern alle „gleichzeitig“ aufgenommenen Reize, auch
erwecken bei den Verbrauchern … häufig ebenso den An- unterschiedlicher (etwa taktiler oder akustischer) Moda-
schein eines preisgünstigen Angebotes wie sogenannte lität. Zum Umfeld eines Reizes gehören auch die bei der
Preisbrechersymbole“, z. B. ein Blitz oder ein Geldstück Reizwahrnehmung ablaufenden sozialen Interaktionen.
mit Börse (Diller, 1978b, S. 252). Dieses Beispiel verdeut-
Die Abhängigkeit der Wahrnehmung eines Reizes vom
licht, wie Preisinformationen aufgrund verschiedener
Reizumfeld wird auf der Ebene elementarer Wahrneh-
Darbietungsformen irreführend wahrgenommen werden
mungen vor allem von der Gestalttheorie postuliert. Ein
können. Paradoxerweise werden dadurch gerade solche
klassisches Beispiel dazu ist die Wahrnehmung einer
Verbraucher irregeführt, die besonders preisbewusst
Strecke, die als unterschiedlich lang empfunden wird,
sind. Diller (2008) folgert aus seinen Überlegungen, dass
wenn sie in verschiedene Umfelder eingebettet wird
die Verbraucherpolitik mehr als bisher auf Irreführung
(vgl. Abb. 139–140).
durch Preisangaben achten solle.
Auf der Ebene komplexer Reizkonstellationen, mit der
Schließlich kann auch die Produktverpackung den Kon-
wir es bei der Wahrnehmung von Produkten, Geschäften,
sumenten irreführen. Aktuelle Erkenntnisse aus der
Anbietern usw. zu tun haben, lassen sich die Gestaltge-
Wahrnehmungsforschung belegen, dass Verpackungen
setze als allgemeine Einsichten in die Bedeutung des
je nach Form bei gleichem Volumen unterschiedlich groß
Kontexts verstehen. Änderungen des Wahrnehmungsfel-
wahrgenommen werden (Garber, Hyatt und Boya, 2009;
des können bereits durch Änderungen eines einzelnen
Raghubir und Krishna, 1999; Raghubir und Greenleaf,
Elementes erfolgen und zu einer veränderten Wahrneh-
2006). Beispielsweise zeigen Untersuchungen, dass Kon-
mung aller anderen Elemente führen (Interdependenz
sumenten gestreckten Behältern ein größeres Volumen
aller Elemente in einem Wahrnehmungsfeld). Berger und
zuschreiben als weniger gestreckten Behältern (Raghubir
Fitzsimons (2008) belegen beispielsweise eindrucksvoll
und Krishna, 1999, S. 317; Wansink und Van Ittersum,
(mit Labor- und Feldversuchen), dass Produkte positiver
2003, S. 457; Yang und Raghubir 2005, S. 279; Garber, Hyatt
beurteilt werden, wenn sie in einem Kontext erlebt wer-
und Boya, S. 230). Dieses Phänomen wird in der Wahr-
den, der (dem Konsumenten unbewusst) den Produkt-
nehmungsforschung als Elongationseffekt bezeichnet.
nutzen unterstreicht.
Zudem nehmen Konsumenten eine Verkleinerung der
Packung (Downsizing) als geringer wahr, wenn diese Auch andere Produkte bestimmen die Beurteilung und
drei Dimensionen (Höhe, Tiefe und Breite) betrifft, als Wahl eines Produktes (z. B. im (Online-)Katalog oder im
wenn sich diese lediglich auf eine Dimension (z. B. nur Regal). Hsee und Leclerc (1998)88 fanden heraus, dass ein
die Breite) bezieht (Chandon und Ordabayeva, 2009)85.
86
Siehe z. B. Mangleburg, Doney und Bristol (2004).
85Siehe hierzu auch die Ausführungen zum Thema „Ablen- 87
Zu den Grundlagen der Synästhesie vgl. Werner (1966).
kungseffekte“ weiter oben. Verwiesen sei hier erneut auf das 88
In diesem Zusammenhang ist auch die Studie von Leeflang
Portal „www.lebensmittelklarheit.de“. und Parreno-Selva (2012) interessant, die sich mit der Frage
320 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 139: Elementare Wahrneh-


mung in Abhängigkeit vom Um-
feld: Müller-Lyer’sche Täuschung

Anmerkung: Der senkrechte


Strich wirkt in Abhängigkeit vom
Umfeld – Gebäudekante oder Zim-
merkante – unterschiedlich lang.
Nach Sekuler und Blake (1994,
S. 247).

Abb. 140: Elementare Wahr-


nehmung in Abhängigkeit vom
Umfeld: Ponzo’sche Täuschung

Anmerkung: Die beiden waage-


rechten Balken sind gleich breit.
Der obere Balken wird als weiter
entfernt interpretiert und deshalb
als breiter wahrgenommen. Nach
Goldstein (1997, S. 246).

Produkt, das besser als ein Referenzprodukt eingeschätzt


beschäftigen, ob Price-Promotions in einer Produktkategorie
wird, mit einer größeren Wahrscheinlichkeit gekauft
auch zu höheren Absätzen in einer anderen Produktkategorie
führen. Die Paneldaten zeigen, dass dies zutreffend ist. Die wird, wenn es allein präsentiert wird (vs. zusammen
Wahrscheinlichkeit, dass Preis-Promotions zu Mehrverkäu- mit den Alternativen der Konkurrenz). Ist allerdings
fen in zumindest einer anderen Kategorie führen, liegt bei das interessierende Produkt weniger attraktiv als ein
61 Prozent. Es ist denkbar, dass insgesamt das Preisimage des Referenzprodukt, so wird es positiver wahrgenommen
Händlers als günstig wahrgenommen wird. Diese Übertra- und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit gekauft, wenn
gungseffekte (vor dem Hintergrund, dass Konsumenten letzt-
es gemeinsam mit anderen Produkten und nicht allein
lich doch restriktive Budgets haben) führen jedoch auch dazu,
dass die Produktkategorie, in der die Promotions durchgeführt präsentiert wird. Das durch andere Produkte gebildete
werden, nicht übermäßig profitiert, sodass die Mengeneffekte Umfeld ist in diesem Fall förderlich für das entsprechen-
die Preisreduktionen wettmachen können. de Produkt.

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C. Kognitive Prozesse 321

Umfeld als Interpretationshilfe: Die Umweltpsycho- Äußere legen, als sie es normalerweise täten. Dennoch,
logie, auf die wir im Dritten Teil dieses Buchs ausführ- die Ergebnisse der Studie bestätigen ähnliche zu dem
lich eingehen werden, untersucht, anhand welcher Thema vorliegende Erkenntnisse (z. B. Shao, Baker und
Hinweise („cues“) Menschen Rückschlüsse über die Wagner, 2004).
in dieser Umwelt befindlichen Objekte und Menschen Janiszewski (1998) untersuchte, wie die Gestaltung des
ziehen. In einer empirischen Studie konnten Sadalla, Umfeldes das visuelle explorative Suchverhalten der
Vershure und Burroughs (1987) beispielsweise feststellen, Konsumenten beeinflusst. Er stellt fest, dass die Auf-
dass Versuchspersonen in der Lage sind, anhand der merksamkeit, die einem Produkt in einem Display ent-
Wohnungseinrichtung zutreffende Aussagen über das gegengebracht wird, sinkt, wenn das Produkt in einer
Selbstkonzept89 des Wohnungsbesitzers zu machen. In starken Konkurrenz mit anderen Reizen steht. Weiterhin
dem Experiment deckten sich die Annahmen der Ver- stellt er fest, dass durch Umorganisation der präsentier-
suchspersonen über die Persönlichkeitseigenschaften ten Artikel die Konkurrenzsituation im Display verrin-
der ihnen unbekannten Hausbesitzer (von denen sie nur gert werden kann, ohne dass ein Artikel aus dem Display
die Wohnungseinrichtung sehen konnten) mit deren genommen werden muss. Ein solches Ergebnis ist z. B.
Selbstauskünften (beispielsweise für wie intellektuell, für die Gestaltung von Produktkatalogen interessant.
extrovertiert, aufgeschlossen oder individualistisch sich
In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass
diese hielten).
es mittlerweile verschiedene wissenschaftliche Untersu-
Im stationären Handel nutzen die Konsumenten häu- chungen gibt (die Handelspraxis beschäftigt sich schon
fig die Ladengestaltung als Umfeldinformation, um das lange mit diesem Thema), die sich mit der Platzierung
Preisniveau der Einkaufsstätte besser einschätzen zu von Produkten im Regal und deren Effekten auf das
können (Gröppel-Klein, 1998). Konsumentenverhalten beschäftigen. Die Ergebnisse
Im Marketing ist es also durchaus üblich, gleichzeitig sind jedoch nicht ganz einheitlich: Beispielsweise zeigen
mit der Produktinformation durch Umfeldreize Inter- Atalay, Bodur und Rasolofoarison (2012) mittels einer
pretationshilfen zu bieten, um dadurch die Interpretation Eye-Tracking-Studie, dass Produkte, die in einem Super-
der Produktinformation in eine bestimmte Richtung zu marktregal in der Mitte platziert werden, mehr Aufmerk-
leiten. Typisch dafür sind die Gesten und Reden eines samkeit erfahren, während nach Chandon, Hutchinson
Verkäufers, dessen Hände langsam und zart über einen et al. (2009) nicht nur die mittleren, sondern auch die
Anzug gleiten, um die Kostbarkeit des Stoffes hervor- oberen Regalböden eine höhere Aufmerksamkeit erfah-
zuheben, die bedeutungsvollen Worte eines Gastgebers, ren, wobei letztere Platzierung auch zu einer besseren
mit denen Wein eingeschenkt wird und die den bevor- Markenbewertung führt. Zu Point-of-Sale-Platzierungen
stehenden Genuss ankündigen. und -Marketing werden in Zukunft sicherlich noch viele
Yan, Yurchisin und Watchravesringkan (2011) zeigen, Studien veröffentlicht werden, auch dank der Tatsache,
dass auch der Kleidungsstil des Verkäufers eine wich- dass heute mobile Eye-Tracker eingesetzt werden können
tige Rolle spielt. Eine formelle Kleidung wirkt für die (wie berichtet). Wir werden auf die Bedeutung der physi-
Konsumenten als „cue“, also als Hinweisreiz, dass sie schen Umwelt, nicht nur für die kognitiven Prozesse, im
eine gute Servicequalität erwarten können. Formelle Dritten Teil dieses Buches gesondert eingehen.
Kleidung (z. B. ein Jackett) führt beispielsweise dazu, Emotionales Umfeld: Die Abhängigkeit der Produkt-
dass den Verkäufern eine höhere Kompetenz und Pro- wahrnehmung von einem emotionalen Umfeld wurde
fessionalität zugeschrieben werden und auch das Image in mehreren Experimenten untersucht. Eine der ersten
des Kaufhauses besser beurteilt wird. Allerdings muss systematischen Untersuchungen wurde von Smith und
bei Schlussfolgerungen aus solchen Studien berücksich- Engel (1968) veröffentlicht. In diesem Experiment geht
tigt werden, dass auch das angebotene Sortiment eine es nicht um die direkte Wahrnehmung des Produktes,
Rolle spielt (in einem Sportgeschäft wirken Anzug und sondern um die Wahrnehmung eines abgebildeten Pro-
Krawatte eher befremdlich). Es muss zudem kontrol- duktes in einem emotionalen Umfeld.
liert werden, ob die Konsumenten nicht durch den Ver- Zwei Gruppen von Konsumenten (n = 120) im Alter von
suchsaufbau („demand characteristics“90) bzw. durch 35 bis 44 Jahren wurde eine Anzeige für einen Mittel-
die Interviewerfragen auf die Bedeutung der Kleidung klassewagen in zwei Versionen gezeigt:
hingewiesen werden und dadurch mehr Wert auf das
(1) sachliche Abbildung des Autos (Gruppe I),
89
(2) Abbildung des Autos mit einer attraktiven jungen
Zum Selbstkonzept siehe den Dritten Teil.
90„Demand characteristics“ geben den Probanden Hinweise
Frau (Gruppe II).
über den Untersuchungszweck eines Experiments.
322 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 141: Autoanzeige mit


emotionalem Zusatzelement
(Originalanzeige)

Durch eine entsprechende Bildmontage wurde die Per- ler Reize auf die Produktbeurteilung unterschätzt oder
son in den Vordergrund vor das Auto platziert. Die Frau sogar abgestritten und als abwegiger Einzelfall abgetan.
hatte dabei keine erkennbare Funktion, die sie in einen Auch andere Untersuchungen91 bestätigen, dass emotio-
sinnvollen Zusammenhang mit dem Auto gebracht nale Reize im Umfeld eines Produktes die Produktbeur-
hätte – sie sollte lediglich dekorativ wirken. teilung erheblich beeinflussen, auch wenn dieser Einfluss
Nach Betrachtung der Anzeigen beurteilten die Versuchs- von den Empfängern nicht bemerkt wird. Wir wissen
personen das Auto anhand eines dem Semantischen Dif- inzwischen aus der Bildverarbeitungsforschung, dass der
ferenzial entsprechenden Eigenschaftsprofils, mit fol- nicht bewusste Einfluss von emotionalen Bildern darauf
gendem Ergebnis: Gruppe II, die das Auto zusammen zurückzuführen ist, dass die gedankliche Verarbeitung
mit dem Mädchen gesehen hatte, erhielt einen anderen von Bildern weitgehend automatisch erfolgt und kognitiv
Eindruck von dem Auto als Gruppe I: kaum kontrolliert wird.
●● Teilnehemer der der Gruppe II erhielten einen emo- Allgemein gesehen entfaltet ein emotionales Umfeld zwei
tionaleren Eindruck vom Auto. Dieses wurde für an- wesentliche Wirkungen auf die Produktbeurteilung:
sprechender, aufregender und jugendlicher gehalten. (1) Es erzeugt ein Wahrnehmungsklima, das zu einer
●● Sie beurteilten die objektiven Eigenschaften anders: selektiven (entweder positiven oder negativen) Beto-
Das Auto wurde für teurer gehalten und für weniger nung von wahrgenommenen Produkteigenschaften
sicher. führt.
●● Sie meinten zu über 90 %, ihre Qualitätswahrnehmung (2) Es erzeugt spezifische Assoziationen zwischen Um-
sei völlig unabhängig von der Betrachtung der Frau feldinformationen und Produktinformationen. Diese
gewesen. sind zum Beispiel dafür verantwortlich, dass ein Auto
Die Ergebnisse sprechen für sich: Umfeldreize können für weniger sicher gehalten wird, wenn es im Umfeld
das Wahrnehmungsfeld einer Person umstrukturieren, eines bestimmten Personentyps wahrgenommen wird.
ohne ihre bewusste Aufmerksamkeit zu erregen. Auch von Kroeber-Riel (1984b) wurde eine Autoanzeige
Möglicherweise wird hier die Tendenz deutlich, Vorgän- (vgl. Abb. 141) in einem Experiment systematisch variiert,
ge zu leugnen, die das eigene Selbstbild verletzen: Konsu- um die Rahmenbedingungen von Umfeldwirkungen zu
menten, Verbraucherpolitiker und Marketingleute halten erforschen. Dieses Experiment ist als ein Klassiker in die
gern am Bild des vernünftigen Menschen fest, der auf Konsumentenverhaltensforschung eingegangen.
solche emotionalen Tricks nicht hereinfällt. Infolgedessen
wird die praktische Bedeutung von solchen Darbietungs- 91
Vgl. Mitchell und Olson (1981); Reid und Soley (1983) sowie
techniken und ganz allgemein des Einflusses emotiona- Kroeber-Riel (1984b).
C. Kognitive Prozesse 323

Es stellte sich heraus, dass die Entfernung zwischen dem Zu den Umfeldwirkungen können auch andere Konsumen-
Produkt (Auto) und dem emotionalen Element (junge ten zählen. Seit geraumer Zeit beschäftigen sich verschie-
Frau) eine entscheidende Rolle spielte. Die räumliche dene Studien mit der Frage, wie die bloße Anwesenheit
Nähe von Auto und Frau führte zu mehr Aufmerksam- von anderen Konsumenten die Produktbeurteilung oder
keit für die Anzeige und zu einem stärkeren Einfluss der das Entscheidungsverhalten verändern92. Wir werden im
abgebildeten Frau auf die Produktbeurteilung, aber auch Dritten Teil dieses Buchs auf möglichst viele Umweltwir-
zu einer wesentlich stärkeren Ablenkung vom Text der kungen intensiv eingehen, und fragen:
Anzeige. Die einzelnen Ergebnisse dieser Untersuchung ●● Wie wirkt die soziale Umwelt (z. B. Familie, Bezugs-
verdeutlichen, dass der Einfluss emotionaler Umfeldin- gruppen) auf unser Entscheidungsverhalten?
formationen auf die Produktbeurteilung sehr differen- ●● Wie wirkt die räumliche (auch virtuelle) Umwelt auf
ziert zu sehen ist (Kroeber-Riel, 1984b und 1993a). unser Entscheidungsverhalten?
Die Erkenntnisse zur Verwendung von Umfeldreizen ●● Wie wirkt die mediale Umwelt auf unser Entschei-
lassen sich nach Kroeber-Riel (1993a) zu der folgenden dungsverhalten?
sozialtechnischen Empfehlung zusammenfassen:
b) Gespeicherte Information: Produktwissen
Emotionale Umfeldinformationen, die ein attraktives Dem Schemakonzept entsprechend können wir die
Wahrnehmungsklima schaffen, können die Produktwahr- Wahrnehmung auch als einen mehrstufigen Prozess des
nehmung in die vom Sender gewünschte Richtung lenken. „Mustervergleichs“ auffassen. Das Individuum sucht bei
der Wahrnehmung eines Reizes ein Schema, das für das
Verständnis und die Beurteilung des Reizes geeignet
Klimawirkungen des Umfeldes werden hauptsächlich
ist, es nutzt dann dieses Schema für die mit der Wahr-
durch emotionale Reize hervorgerufen, die nebenbei und
nehmung verbundene Informationsverarbeitung. Die
wenig bewusst aufgenommen werden. Dazu eignen sich
Wahrnehmung von Produkten und Marken hängt also
vor allem solche Reize, auf die Menschen automatisch
wesentlich von den Produkt- und Markenschemata ab,
positiv reagieren.
über die der Konsument aufgrund seiner Erfahrung ver-
Die positiven Wirkungen eines ansprechenden emotiona- fügt. Informationen, die ein Schema ansprechen, werden
len Umfeldes auf die Informationsverarbeitung und Pro- schneller verarbeitet, sie erleichtern die Produktbeurtei-
duktbeurteilung der Konsumenten können auch in Be- lung und werden besser erinnert.
reichen außerhalb der klassischen Konsumwelt genutzt
Setzen wir diese Erkenntnisse in Sozialtechniken zur
werden. Terlutter (2000) zeigte für den Kulturbereich,
Beeinflussung von Konsumenten um, so ergeben sich
dass ein emotional ansprechendes Museum (verglichen
zwei grundlegende Alternativen, wie die Wahrnehmung
mit einem traditionellen und emotional weniger anspre-
beeinflusst werden kann:
chenden Museum) eine erhöhte Nachfrage nach kultur-
bezogenen Informationen erzeugen konnte. (1) Stimme die dargebotenen Reize auf die bei den Kon-
sumenten vorhandenen Schemata der Produktbeur-
Die Atmosphäre des Umfeldes wirkt sich also auf die
teilung ab.
Wahrnehmung von Produkten aus. Das Umfeld gewinnt
(2) Ändere die Produktbeurteilungs-Schemata der Kon-
darüber hinaus eine dominante Bedeutung für die Ein-
sumenten.
schätzung eines Gegenstandes, wenn der Betrachter we-
nig involviert ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Im ersten Fall passt man sich den gegebenen (durch
sich der Empfänger einer Werbung nicht für die Werbe- Marktforschung feststellbaren) Erwartungsmustern an,
botschaft interessiert und sich der Werbung nur flüchtig, nach denen die Konsumenten ihre Umwelt wahrzuneh-
mit sehr geringer Aufmerksamkeit zuwendet. Gerade men pflegen. Beispiel: Viele Konsumenten besitzen ein
unter Low-Involvement-Bedingungen gilt: Die gefällige visuelles Schema, nach dem Geschäftsleute (Manager)
Darbietung bzw. das ansprechende Umfeld des Gegen-
standes bestimmt die Beurteilung des Gegenstandes; die 92 Xu, Shen und Wyer (2012) fragten sich beispielsweise „Does
sachlichen Eigenschaften des Gegenstandes (die Infor- the Distance between us matter?“ und kommen zu dem Schluss,
mationen über den Gegenstand) treten bei dieser flüchti- dass die Anwesenheit anderer Kunden das Wahlverhalten be-
gen Urteilsbildung in den Hintergrund. Diese Sichtweise einflussen kann, je nachdem, ob man die Nähe der anderen
wird beispielsweise von dem schon ausführlich darge- als zufällig empfindet oder sich dadurch in seinem persönli-
stellten Elaboration-Likelihood-Modell (z. B. Abb. 108) chen Freiraum beschränkt fühlt. In letzterem Fall wählt man
Produkte, mit denen man sich von den anderen Konsumenten
und darauf aufbauenden Konzepten eingenommen.
abheben kann. Siehe zur Bedeutung des Einflusses von dritten
Personen auch die Studie von Wood und Hayes (2012).
324 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

gut gekleidet aussehen, mit kleinen Aktenkoffern Flug- Markennamen: Überragende Bedeutung für die Wahr-
zeugtreppen hinuntersteigen usw. Die Werbung stellt nehmung des Konsumenten haben die Erwartungen, die
diese Leute so dar und kann sich dann auf die erwar- aus der Kenntnis einer bekannten Marke (eines Marken-
tungsgemäße Dechiffrierung und Wirkung verlassen. namens, einer Herkunftsbezeichnung) abgeleitet werden.
Durch wiederholte Abbildungen dieser Art werden die Zur Erklärung kann das klassische Marketingexperiment
Erwartungsmuster verstärkt und Klischees verfestigt. von Makens (1965) angeführt werden: Makens legte sei-
Im zweiten Fall betrachtet man die bei den Konsumenten nen Versuchspersonen – Personen mit ungefähr gleich
vorhandenen Wahrnehmungsschemata nicht als gege- guter Ausbildung, 31 bis 45 Jahre alt – Kostproben von
bene Voraussetzungen. Man versucht vielmehr, sie zu Putenfleisch vor. Die Kostproben stammten von den
beeinflussen, um auf diese Weise bestimmte (stereotype) gleichen Puten, es waren gleich große Bruststücke. Sie
Wahrnehmungsmuster zu formen. Opel hat vor einigen wurden unter gleichen Bedingungen auf Keramikplat-
Jahren über die Kampagne „Umparken im Kopf“ ver- ten präsentiert. Kurz gesagt, die Kostproben hatten ob-
sucht, schematische Vorstellungen von der Marke zu jektiv die gleiche Qualität (kontrollierte Variable). Die
ändern. Die Werbeagentur Scholz & Friends (o. J.) schreibt unabhängige Variable war in diesem Experiment die
dazu: „Bieder, spießig, einfallslos … so wird Opel zu Herkunftsbezeichnung. Ein Teil der Kostproben wurde
Beginn des neuen Jahrtausends wahrgenommen. Image- mit einem Plastikschild versehen, das angab, das Fleisch
und Verkaufszahlen sind seit Jahrzehnten auf Talfahrt, stamme von Marke A, ein anderer Teil mit Hinweisen
selbst positive Produktmeldungen dringen kaum mehr auf Marke B. Marke B war den Versuchspersonen unbe-
durch. Über Opel gibt es zahllose Vorurteile, aber kaum kannt, Marke A war den Versuchspersonen gut bekannt
ein objektives Urteil. Ein Umstand, der die Marke immer und wurde von ihnen auch üblicherweise vorgezogen
weiter ausbremst…. Unter dem Motto „Umparken im und gekauft. Das wusste man von einem Panel, dem die
Kopf“ stehen populäre Irrtümer als aufmerksamkeits- Leute angehörten. Nach Verkostung der Proben wurden
starke Teaser zunächst ohne Absender im öffentlichen die Versuchspersonen gebeten, die Fleischbeschaffen-
Raum. Ein Auftakt, der neugierig macht – und dem eine heit und den Geschmack auf einer Präferenzskala ein-
mehrstufige orchestrierte Kampagne folgt, die Vorurteile zuschätzen (abhängige Variable). Die Ergebnisse zeigen,
über Opel systematisch aushebelt und langfristig einen dass signifikant mehr Personen die Proben von Marke A
Umdenkprozess in Gang setzt – mit durchschlagendem (56 %), also der bekannten Marke, im Vergleich zur un-
Erfolg,“ (Abb. 142). bekannten Marke B (34 %) vorzogen (es gab auch einige
Unentschlossene).

Abb. 142: Beispiele der Kampagne „Umparken im Kopf“ zur Veränderung stereotypischer Vorstellungen
C. Kognitive Prozesse 325

Wegen seines hohen Einflusses auf die Produktbeurtei- feld, dass den Konsumenten das Herkunftsland nicht als
lung wurde der Markenname im vorhergehenden Kapitel Schlüsselinformation vor einer Kaufentscheidung dient.
als Schlüsselinformation (information chunk) bezeichnet. Wichtiger als „made in“ ist hier also „made by“. Aller-
Er vermittelt Informationen, die durch Erfahrung und dings machen Herz und Diamantopoulos (2017) darauf
Werbung gelernt werden, und verdichtet (reduziert) die aufmerksam, dass es bei Befragungen durchaus möglich
Informationsaufnahme. Man kann außerdem sagen, dass ist, dass Konsumenten die Relevanz des Herkunftslands
ein altbekannter Markenname eine verfestigte Marken- für ihre Kaufentscheidung bewusst verleugnen. Thøger-
vorstellung und damit ein Schema repräsentiert, nach sen, Pedersen et al. (2017) weisen darauf hin, dass gerade
dem sich der Konsument bei der Wahrnehmung richtet. im Lebensmittelsektor noch großer Forschungsbedarf be-
steht, wie der CoO-Effekt tatsächlich wirkt (Anmerkung:
Hier sind oftmals Spezialitätenregionen wichtiger als
Ein bekannter Markenname aktiviert ein Qualitätsschema: ganze Länder), insbesondere in Interaktion mit anderen
Er beeinflusst automatisch die gesamte Produktwahrneh-
Siegeln wie dem Bio-Label.
mung. In der Informationsökonomie wird dies auch als
„Signaling“ bezeichnet (Erdem und Swait, 1998; 2016).
Ein Signaling-Effekt kann auch durch das Herkunftsland
ausgelöst werden (Country-of-Origin-Effekt).
Dabei denkt man wie im oben wiedergegebenen Expe-
riment in erster Linie an Markennamen mit gutem Ruf,
welche zu einer positiven Beurteilung der entsprechen- Schließlich ist es auch interessant zu fragen, ob eine mehr
den Produkte führen. oder weniger gut ausgeprägte Produktkenntnis einen
Der Markenartikeleffekt macht deutlich, warum die Einfluss auf die Akzeptanz von Werbebotschaften hat.
Schaffung eines bekannten und positiven Marken- oder Hierzu führten beispielsweise Chuang, Tsai et al. (2009)
Firmenimages durch Werbung und Öffentlichkeitsarbeit eine Studie durch, deren Ergebnisse auf den ersten Blick
so wichtig ist. Positive Wirkungen kommen nicht zustan- erstaunlich wirken: Die Autoren konfrontierten ihre Pro-
de, wenn die vom Firmennamen (oder Markennamen) banden, die mehr oder weniger gut über Mobiltelefone
ausgelösten Assoziationen in Widerspruch zu denjenigen Bescheid wussten, mit Werbeanzeigen, die viel vs. wenig
Assoziationen stehen, die von dem wahrgenommenen Fachterminologie verwendeten (typisches 2x2-Design).
Produkt ausgelöst werden (sollen). Beispiel: Eine negative Es zeigte sich, dass diejenigen Konsumenten, die über ein
Einstellung eines Konsumenten zu einer Firma der che- geringes Produktwissen verfügten, die Werbeanzeige,
mischen Industrie wird wohl kaum die Wahrnehmung die viel Fachsprache verwendete, signifikant besser beur-
von Parfum oder Wein verbessern, wenn diese Produkte teilten als die Anzeige ohne die technischen Ausdrücke.
den Namen der Chemiefirma tragen. Bei Konsumenten mit hoher Produktkompetenz zeigte
sich der Effekt dagegen nicht. Dieses Ergebnis ist insofern
Country-of-Origin: In vergleichbarer Weise wirkt der
überraschend, als man eigentlich hätte erwarten können,
„Country-of-Origin-Effekt“ (CoO) auf die Produktbeur-
dass die Fachausdrücke, die Konsumenten ohne Experti-
teilung (vgl. Hastak und Hong, 1991; Hausruckinger und
se nicht verstehen können, zur Verwirrung führen. Eine
Helm, 1996; oder Martin, Lee und Lacey, 2011). Letztere
Erklärung für dieses Ergebnis könnte aber sein, dass
beschäftigen sich mit der Frage, welche Auswirkungen
Konsumenten ohne Fachkenntnis eine einfache Heuristik
der CoO-Effekt für Länder mit negativem Image auf die
verwenden, nach dem Motto: „Je mehr Fachbegriffe in
Produktbeurteilungen ausüben kann. Interessant sind
der Anzeige aufgeführt wird, desto mehr wird an dem
hier auch die Untersuchungen von Godey, Pederzoli et al.
Produkt wohl dran sein“.
(2012) zum CoO-Effekt bei Luxusgütern oder von Koscha-
te-Fischer, Diamantopoulos und Oldenkotte (2012) zum Die weitere Forschung wird deutlich machen, ob es sich
positiven Zusammenhang von CoO und „willingness hierbei um einen stabilen Effekt handelt und ob Fach-
to pay“. Barbarossa, De Pelsmacker und Moons (2018) ausdrücke (unabhängig davon, ob sie verstanden wer-
belegen, dass der CoO-Effekt besonders relevant ist den oder nicht) ähnlich wie die schon angesprochenen
bei High-Involvement und hedonistischen Produkten. irrelevanten Attribute als schmückendes und Image ver-
Wird mit dem Markennamen „Kompetenz“ und „Wär- besserndes Beiwerk wahrgenommen werden oder ob
me“ verbunden, dann schützt dies auch in Krisenzeiten. Konsumenten auf Dauer klare, leicht verständliche Bot-
Eine kritische Studie stammt dagegen von Liefeld (2004). schaften präferieren. Anders ausgedrückt ist zu fragen,
Von 1248 befragten Käufern in verschiedenen Geschäf- ob unverständliche oder einfach nur fantasievolle, aber
ten konnten lediglich 7 % ein soeben gekauftes Produkt aussagelose Attribute langfristig Reaktanz bewirken.
einem Herkunftsland zuordnen. Daraus schließt Lie- Derzeit liegen hierzu unterschiedliche Befunde vor, die

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326 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

auch nach einer Differenzierung zwischen Produktgrup- scher Logik folge. Die Logik der menschlichen Informa-
pen rufen. Im Bereich der sogenannten Lebensmittel- tionsverarbeitung ist stets eine subjektive Psycho-Logik.
Health Claim-Forschung (z. B. Groeppel-Klein, Freichel Subjektive Psycho-Logik: Das subjektive Schließen
und Kliebenstein, 2017a, siehe auch Abb. 28) konnte ge- – zum Beispiel von einem wahrgenommenen Pro-
zeigt werden, dass zu komplizierte Ausdrücke zu Ab- duktmerkmal auf die gesamte Produktqualität – kann
lehnungsreaktionen seitens der Konsumenten führen. zwar den Informationsverarbeitungsregeln folgen, die
Im Dritten Teil dieses Buchs werden wir sehen, dass bei wir aus der formalen Logik kennen, aber die menschli-
bestimmten Produkten wie Kosmetik wissenschaftliche chen Entscheidungen umfassen auch intuitive, subjektive
oder pseudo-wissenschaftliche Ausdrücke in der Wer- Formen des Schließens, die den Regeln der formalen
bung dagegen durchaus erfolgversprechend sein können. Logik nicht immer entsprechen.
Viele Entscheidungs- und Informationsverarbeitungsthe-
3. Kognitive Programme zur Informationsverarbeitung
orien beschäftigen sich bevorzugt mit solchen internen
a) Die subjektive Psycho-Logik Denkprogrammen, die sich an der formalen Logik ori-
Der Begriff „Psycho-Logik“ mag auf den ersten Blick entieren und eine formalisierbare Struktur aufweisen.
verwirrend klingen (Braun, 2010, S. 25): Mit „Logik“ Beispiele sind die Modelle der Eindrucksbildung und
verbinden wir schließlich Rationalität, Analytik oder Produktbeurteilung, mit denen wir uns im folgenden
zwingendes Argumentieren, während „Psycho-“ eher Abschnitt b) auseinandersetzen. Die einfachen linearen
auf Stimmungen, Gefühle, Subjektivität und mithin auch Modelle der Produktbeurteilung gehen beispielsweise
auf Unberechenbarkeit hindeutet. Wir wenden uns hier davon aus, dass sich die Produktbeurteilung aus der al-
der Psycho-Logik zu, da wir verstehen möchten, welche gebraischen Summe (oder aus dem Durchschnitt) von
Entscheidungsregeln Konsumenten je nach Befindlich- einzelnen Eindrücken berechnen lässt.
keit wählen. In diesem Kapitel geht es also um die inter- Die empirische Forschung (Braun, 2010; Knauff und Knob-
nen Informationsverarbeitungsprogramme des Konsu- lich, 2017) hat nachgewiesen, dass selbst dann, wenn nach
menten. Im Rahmen seiner Entscheidungen werden zwei logischen Regeln verfahren wird und überlegte („rationa-
Programmarten wirksam: le“) Urteile gefällt werden, erhebliche Verzerrungen auf-
●● Beurteilungsprogramme, die zur Informationsverar- treten. Diese subjektiven Verzerrungen setzen die Logik
beitung bei Beurteilung eines Produktes dienen, der Urteilsbildung nicht außer Kraft, aber sie beeinflussen
das Ergebnis der Urteilsbildung in vielfältiger Weise.
●● Auswahlprogramme, die zur Wahl eines Produktes
aus mehreren Produktalternativen dienen. Verzerrungen der subjektiven Urteilsbildung (insbeson-
dere durch Affekte) sind noch nicht vollständig erforscht,
Diese Programme können voneinander abhängig sein trotz dreißigjähriger Forschung zu diesem Thema
und die gleiche formale Struktur haben. Programme, die (vgl. z. B. Herr, Page et al., 2012), nicht zuletzt deswegen,
zur Beurteilung eines Produktes (zur Qualitätswahrneh- weil sich die frühere kognitive Forschung bevorzugt an
mung) führen, reichen allerdings im Allgemeinen nicht solche Fälle gehalten hat, in denen diese Verzerrungen
aus, um die Auswahl eines Produktes zu beschreiben: gering sind. Die meisten Verzerrungen scheinen sich auf
Eine hohe wahrgenommene Qualität führt noch nicht zur folgende Ursachen zurückführen zu lassen:
Entscheidung, dieses Produkt zu kaufen, beispielsweise
wenn der Preis sehr hoch ist oder wenn andere Produkte (1) Der Beurteilungsprozess wird durch Emotionen
eine gleich hohe Qualität haben. Es gibt darüber hinaus (Affekte) (unbewusst) in eine bestimmte Richtung
Auswahlprogramme, die von der vorherigen Qualitäts- gedrängt (Brosch, Scherer et al., 2013). Zudem ist die
beurteilung unabhängig sind (z. B. bei habitualisierten Wahrscheinlichkeit höher, dass das Erleben bestimm-
und impulsiven Entscheidungen). ter positiver Emotionen mit einer höheren kognitiven
Flexibilität einhergeht (Goschke, 2017, S. 298).
Wir wenden uns hier den Beurteilungsprogrammen und (2) Die Informationen, die bei der Entscheidungsfindung
später, in Kapitel D über Kaufentscheidungen, den Aus- berücksichtigt werden sollen, lösen selbst Verzerrun-
wahlprogrammen und ihrem Zusammenhang mit den gen aus (vgl. „attraction“- und „compromise effect“).
Beurteilungsprogrammen zu. (3) Der Beurteilungsprozess wird durch verfestigte Vorur-
Nicht selten wird beiden kognitiven Programmen eine teile bzw. durch schematische Attributionen bestimmt.
mathematisch-logische Form unterstellt, die als „kogni- (4) Der Beurteilungsprozess wird von intuitiven Schlüs-
tive Algebra“ bezeichnet wird. Dies darf jedoch nicht zu sen in einer formal-logisch nicht nachzuvollziehen-
der Ansicht führen, dass die menschliche Informations- den Weise beeinflusst. Konsumenten nutzen Denk-
verarbeitung generell den Regeln objektiver mathemati- schablonen.
C. Kognitive Prozesse 327

Zu (1): Die emotionalen Einflüsse auf die Urteilsbildung laer und Janiszewski, 2012). Auch die Tatsache, dass man
werden u. a. von Zajonc (1984)93 hervorgehoben und auf ein Produkt erst nach langem „Schlange stehen“ kaufen
die überspitzte Formel gebracht, dass wir so urteilen, wie konnte, kann dessen subjektiv eingeschätzte Wertigkeit
wir aufgrund unserer Gefühle urteilen möchten. Auch erhöhen (Koo und Fishbach, 2010). Weitere Fehlschlüsse
Darke, Chattopadhyay und Ashworth (2006) belegen in ergeben sich daraus, dass leicht verfügbare und persön-
ihrem Beitrag anhand verschiedener Experimente, dass lich gewonnene Informationen eher zur Urteilsbildung
Gefühle unsere Produktbeurteilungen beeinflussen. herangezogen werden als schwer verfügbare und externe
Hier sollten Konsumenten u. a. einen CD-Player beur- Informationen.
teilen, von dem Musikstücke abgespielt wurden. Wenn Auch die Forschungen zur Entscheidungsfindung bei
die Musik positive Emotionen evozierte, fielen objektiv unvollständigen Informationen oder bei einer Beschrän-
schlechte Produkteigenschaften bei der anschließenden kung der Entscheidungsressourcen verdeutlichen die
Entscheidung weniger ins Gewicht, als wenn die Musik Psycho-Logik vieler Entscheidungen. Kivetz und Simon-
negative Gefühle hervorrief. Die Autoren schlussfolgern son (2000) zeigen, dass Konsumenten dazu neigen, die
u. a., dass Emotionen Kognitionen beeinflussen können, Attribute, über die Informationen fehlen, so zu beurtei-
wie es Zajonc (1984) postuliert hat94. len, dass die auf der Basis der verfügbaren Informationen
Ein Beispiel soll zunächst dieses Phänomen illustrieren: am besten beurteilte Alternative weiter aufgewertet wird,
Ein Konsument will einen schwedischen Mittelklasse- und dass eine getroffene Wahl auf Basis unvollständi-
wagen kaufen. Er beschafft sich durch das Lesen von ger Informationen auch eine spätere Produktauswahl
Testzeitschriften relevante Informationen über infrage anhand der vollständigen Informationen beeinflusst.
kommende Wagen und erfährt, dass der Volvo aufgrund Pocheptsova, Amir et al. (2009) untersuchten, wie men-
von Expertenurteilen und einer Leserumfrage besser tale Erschöpfung („resource depletion“) auf die Infor-
abschneidet als andere Wagen, auch was die Reparatur- mationsverarbeitung wirkt. Die Forscher wählten ein
anfälligkeit angeht. sogenanntes „Dual-Task-Experiment“. Die Probanden
Dieser Konsument beschließt nun, den Volvo zu kaufen, sollten zwei Aufgaben hintereinander ausführen, erst
aber noch vor dem Kauf hört er im Bekanntenkreis, dass eine Aufgabe, die mehr oder weniger schwierig war
jemand sehr schlechte Erfahrungen mit einem Volvo ge- (Bedingung 1: hoher Schwierigkeitsgrad, Bedingung 2:
macht habe: eine Reparatur nach der anderen! Diese ver- geringer Schwierigkeitsgrad) und daher zu einer mehr
einzelte (also nicht repräsentative) Information verändert, oder weniger hohen Erschöpfung führte, und anschlie-
statistisch gesehen, die Menge der positiven Informationen ßend eine zweite Aufgabe, bei der die Probanden eine
über den Volvo fast überhaupt nicht. Trotzdem ist damit zu Entscheidung treffen sollten (z. B. Computerkauf). Die
rechnen, dass die nähere Umweltinformation den Konsu- Versuchspersonen wurden zufällig entweder der kom-
menten stark beeinflusst und von seinem positiven Urteil plexen oder der weniger komplexen95 ersten Aufgabe zu-
abbringt. Der Konsument lässt sich dann von einer einzel-
nen, sehr konkreten und persönlich gewonnenen Infor-
95
mation ohne statistisches Gewicht mehr beeindrucken als Die Autoren wählten u. a. einen Stroop-Test. Beim Stro-
op-Test werden Wörter wie beispielsweise „rot“ oder „gelb“
von der abstrakten, statistisch abgesicherten Information.
(also Farbbezeichnungen) auf einem Bildschirm eingeblendet,
Die Fehleinschätzung von Wahrscheinlichkeiten eintre- jedoch in einer anderen Schriftfarbe als der durch das Wort
tender Ereignisse gehört zu den typischen Verzerrungen bezeichneten. „Rot“ ist z. B. in blauer Farbe geschrieben. Eine
subjektiver Wahrnehmung. Auch spontan aktivierte neue Gruppe der Probanden sollte nun einen der ebenfalls auf dem
Ziele (z. B. statt Sicherheitsstreben beim Kauf eines Autos Bildschirm zu sehenden Buttons auswählen, der (in schwarzer
Schrift) die richtige Bezeichnung der gezeigten Farbe wieder-
wird plötzlich der Wunsch nach einem schönen Design gab (Schriftfarbe, schwierige Bedingung). Eine zweite Gruppe
aktiviert) können die Beurteilung von Produkten und brauchte nur den richtigen Namen der Farbe über die Buttons
das Wahlverhalten beeinflussen (siehe z. B. Van Osse- mitzuteilen (Farbbezeichnung, einfache Bedingung). Einfach
ausgedrückt: Wenn das Wort „gelb“ in grüner Farbe auf dem
Bildschirm präsentiert wurde, dann brauchten die wenig kog-
93 Einen guten Überblick zum Thema „Emotionen und Ent- nitiv beanspruchten Probanden nur den Button mit dem Wort
scheidungsverhalten“ gibt auch der Beitrag von Angie, Con- „gelb“ zu wählen, während die stark beanspruchten „grün“
nelly et al. (2011). Zudem sei der Leser auf die Ausführungen anklicken mussten. Letztere Aufgabe war schwieriger, da die
in diesem Buch zum Thema Emotionen hingewiesen. Konsumenten vom Wortmodus in den Bildmodus und zurück
94 in den Wortmodus wechseln mussten, während bei der ein-
Herr, Page et al. (2012) modifizieren allerdings diese Aussa-
ge, indem sie deutlich machen, dass es zwischen positiven und fachen Bedingung sich alles im Wortmodus abspielte. Solche
negativen Affekten und ihren Auswirkungen auf das Entschei- (modifizierten) Stroop-Tests haben sich zur Manipulation der
dungsverhalten zu differenzieren gilt. kognitiven Beanspruchung bewährt.
328 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

geordnet, die Entscheidungsaufgabe war für alle gleich. ben werden: Wir stellen uns wieder die beiden oben be-
Die Ergebnisse zeigen, dass die Konsumenten, die bei schriebenen MP3-Player A und B vor, beide werden zu
der ersten Aufgabe stark beansprucht wurden, sich bei gleichen Teilen von den Konsumenten bevorzugt. Jetzt
der anschließenden Entscheidungsaufgabe viel stärker kommt erneut eine dritte Alternative C ins Spiel, dieses
auf ihre Intuition verließen, diese schneller durchführ- Mal handelt es sich um einen Player, der 80 Euro kos-
ten und weniger die einzelnen Entscheidungskriterien tet und einen besonderen Lautsprecher bietet. Bei einer
beleuchteten als Konsumenten mit geringerer mentaler besonders teuren, einer besonders günstigen und einer
Erschöpfung. Zudem erlagen Teilnehmer der komplexen mittleren Alternative wählen die Konsumenten gerne
Gruppe stärker dem sogenannten „attraction effect“ den Mittelweg B (als Kompromiss zwischen A und C).
und weniger dem sogenannten „compromise effect“. Fassen wir noch einmal zusammen:
Da diese Effekte häufig in Beiträgen zu kognitiven Ent-
scheidungsprozessen diskutiert werden, sollen sie im Fol- Der attraction effect (Anziehungseffekt) besagt, dass
genden anhand einfacher Beispiele beschrieben werden: die Hinzunahme einer irrelevanten (weil asymmetrisch
dominierten) Alternative (Marke C) in ein bestehendes
Zu (2) Attraction- und Compromise-Effekt: Man stelle Auswahlset (Marke A und Marke B) die Wahrscheinlich-
sich folgendes Szenario vor: Sie möchten sich einen neuen keit der Wahl derjenigen Alternative aus dem ursprüng-
MP3-Player kaufen. Sie haben zwei Alternativen A und lichen Auswahlset erhöht, die Marke C dominiert (im
B zur Wahl. Beide MP3-Player verfügen über 8 GB Spei- Vergleich zu einer Auswahlsituation, in der nur Marke A
cherkapazität, beide nutzen USB-Anschlüsse, beide bein- und Marke B zur Verfügung stehen). Die asymmetrische
halten ein FM-Radio, doch Alternative B kann noch zu- Dominanz ergibt sich dabei aus der Tatsache, dass die
sätzlich als Diktiergerät eingesetzt werden. Alle anderen Eigenschaften von Marke C schlechter ausgeprägt sind
Produktmerkmale (z. B. Gewicht, Marke, Klangqualität) als die Eigenschaften einer der beiden anderen Alter-
sind gleich. Alternative A kostet 20 Euro, Alternative B nativen, wodurch entweder A oder B attraktiver wirkt.
mit der zusätzlichen hochwertigen Diktiergerätfunktion Marke C kann z. B. als „Köder“ für Marke A fungieren,
40 Euro. Welche Alternative wird man wählen? Alternati- der Käufer wird durch die minderwertige Alternative
ve A ist in Bezug auf den Preis überlegen, Alternative B in zum eigentlichen Ziel hingezogen, d. h., die Attraktivität
Bezug auf die zusätzliche Funktion; zwischen diesen bei- von Marke A wird erhöht (wie im obigen Beispiel).
den Vorteilen muss nun abgewogen werden. Es handelt
sich um eine klassische Entscheidungssituation, bei der Der compromise effect (Kompromisseffekt) in seiner ein-
keine Alternative eindeutig dominiert. Wir stellen uns fachen Form besagt, dass bei der Wahl zwischen drei Al-
daher vor, dass die Präferenzen gleichverteilt sein wer- ternativen in der Regel die mittlere Alternative bevorzugt
den, also 50 Prozent der Konsumenten Alternative A und wird. Die Wahrscheinlichkeit der Wahl eines Produktes
50 Prozent Alternative B wählen werden. Nun stellen wir kann daher durch die Hinzunahme von zwei extremen
uns vor, dass eine dritte Alternative C ins Spiel kommt. Optionen erhöht werden.
MP3-Player C kostet ebenfalls 20 Euro wie A, doch er In den letzten Jahren sind einige Studien veröffentlicht
hat kein FM-Radio, alle anderen Eigenschaften sind wie worden, die den Kompromisseffekt auf Robustheit prü-
bei Alternative A. Vermutlich wird kein Konsument Al- fen. Dabei interessiert auch die Frage, ob dieser nur unter
ternative C kaufen, denn sie ist eindeutig A unterlegen. Laborbedingungen oder auch in der „realen Welt“ zu
Das bedeutet, dass sich eigentlich wieder 50 Prozent für beobachten ist, und in welchen Konstellationen der Effekt
A, und 50 Prozent für B entscheiden müssten. Das Inte- besonders wahrscheinlich wird. Zusammenfassend lässt
ressante ist jedoch, wie vielfältige Experimente gezeigt sich sagen, dass es sich beim compromise effect um ein
haben, dass das Auftauchen von C die Präferenz für A er- relativ stabiles Phänomen handelt:
höht, d. h., A wirkt aus Sicht der Konsumenten wertvoller, ●● Müller, Kroll und Vogt (2010) vergleichen eine hypo-
wenn sie sehen, dass es einen gleich teuren MP3-Player thetische Kaufsituation, bei der Zahnpasta und Sham-
gibt, der aber weniger leistet. In der Folge entscheiden poo im Labor ausgewählt werden sollten, mit den tat-
sich 70 Prozent für A und nur noch 30 Prozent für B. sächlichen Abverkaufszahlen. Die Autoren kommen
Wir sprechen hier von dem besagten attraction effect zu dem Schluss, dass der compromise effect in der
(Huber, Payne und Puto, 1982; Ratneshwar, Shocker und realen Kaufsituation schwächer ausfällt, aber dennoch
Stewart, 1987; Lichters, Bengart et al., 2017), zu Deutsch als „robust“ charakterisiert werden kann.
„Anziehungseffekt“. ●● Pinger, Ruhmer-Krell und Schumacher (2016) analy-
Der compromise effect (Simonson, 1989; zu Deutsch sieren Datensätze eines Spezialitätenrestaurants im
„Kompromisseffekt“) ist in zwei Spielarten zu beobach- Nordosten Deutschlands. Auch hier finden die Au-
ten. In der einfachen Variante kann er wie folgt beschrie- toren (S. 33) „evidence of the compromise effect in a
C. Kognitive Prozesse 329

real-world choice situation“. Die Speisekarten des aus- Studien sind also auch der Embodiment-Forschung zu-
gewählten Restaurants waren zunächst nach Katego- zurechnen. Sie können u. a. feststellen, dass eine Kompro-
rien geordnet (Fisch, Steaks, Vegetarisch etc.), dann missoption dann häufiger gewählt wird, wenn die Kon-
nach aufsteigendem Preis. Der durchschnittliche Preis sumenten zuvor Balanceübungen durchführen mussten.
lag bei 10,05 €, mit einer Standardabweichung von Ist der Körper also auf Suchen eines „Gleichgewichts“
2,60 €. Ca. 38 Prozent der Restaurantbesucher, so ergab eingestellt, dann würden Assoziationen wie „Parität“
eine Bon-Analyse, wählten ein Gericht, das in der mitt- geweckt, die eine Kompromissentscheidung wahrschein-
leren Preislage lag, während weniger als 25 Prozent licher werden ließen.
das teuerste oder das günstigste Gericht aussuchten.
Eine komplexere Form des compromise effect wird
●● Nikolova und Lamberton (2016) untersuchten dyadi-
auch als „perceived sacrifice“-Effekt bezeichnet. Er
sche Kaufentscheidungen, in denen ein Konsument
weist darauf hin, dass manche Entscheidungsprozesse
zusammen mit einer anderen Person eine Entschei-
uns zu „Opfern“ zwingen. Stellen wir uns wieder einen
dung treffen sollte, z. B. Auswahl einer Gutschein-
MP3-Player vor, der folgende Eigenschaften hat:
karte für ein Restaurant, Wahl eines Kopfhörers oder
eines Hotels. Alle Produkte lagen in unterschiedlichen ●● Speicherkapazität
Preisklassen vor. Dabei wurden drei Paarungen un- ●● Diktiergerät-Funktion
tersucht (a) weiblich-weiblich, (b) weiblich-männlich ●● Radio-Funktion
und (c) männlich-männlich. Die Ergebnisse zeigen, ●● USB-Anschluss
dass in den Paarungen, in denen eine Frau an der ●● Ladedauer etc.
Entscheidung beteiligt war, der compromise effect
sofort repliziert werden konnte. Bei dem rein männli- All diese Produkteigenschaften können bei der Kauf-
chen Entscheidungspaar war dagegen eine bevorzugte entscheidung berücksichtigt werden. Gerade die Radio-
Wahl der „extremen“ Alternativen beobachtbar. Dies Funktion ist für Sie wichtig, da Sie gerne Radiosendun-
wurde damit begründet, dass sich die Männer gegen- gen verschiedenster Sender in guter Qualität hören
seitig „hochschaukelten“. Gab man den männlichen möchten. Stellen wir uns weiterhin vor, Sie lesen in ei-
Versuchsteilnehmern (männliche Dyaden) vorher die ner Zeitschrift, dass MP3-Player mit der modernen Di-
Möglichkeit, ihre „Männlichkeit auszuleben“, dann gitalradio-Funktion auf den Markt kommen, dass damit
stieg wieder die Wahrscheinlichkeit, dass die mittlere aber sehr viel weniger Sender störungsfrei empfangen
Option, also der Kompromiss gewählt wurde. Bei der werden können. Sie sind folglich in einer Zwickmühle.
diesem Befund zugrunde liegenden Studie war der Ex- Zum einen möchten Sie gerne das technisch moderns-
perimentalaufbau so angeordnet, dass vor den eigent- te Gerät kaufen, zum anderen hat auch die alte Tech-
lichen Kaufentscheidungen die Hälfte der männlichen nik Vorteile, da mehr Sender gehört werden können.
Teilnehmer zunächst ein Magazin auswählen sollte, Es gibt für Sie also kein optimales Produkt. Hier setzt
bei dem die hohe Wahrscheinlichkeit bestand, dass auch der „compromise effect“ ein. Wir versuchen eine
sie ein einjähriges Abonnement gewinnen konnten. Kompromisslösung zu finden, bei der auch die Kosten
Die zur Auswahl stehenden Magazine reichten von (auch psychische Kosten wie Suchzeitkosten) bzw. die
reinen Frauenzeitschriften (wie Cosmopolitan) über Produktpreise ins Spiel kommen. Wir bedauern, dass
geschlechtsneutralere Angebote (Psychologie heu- wir nicht ein perfektes Produkt kaufen können, doch das
te) bis zu reinen Männerzeitschriften (wie Muskeln Bedauern fällt geringer aus, wenn das Produkt preiswert
und Fitness). Durch Auswahl eines Männermagazins (oder ein Sonderangebot) war, wenn die Suchkosten als
konnte sich die männliche Dyade (Experimentalgrup- gering eingeschätzt wurden oder das Produkt sofort er-
pe) ihre Männlichkeit gegenseitig signalisieren, bevor hältlich war (siehe auch Chuang, Kao et al., 2012).
sie gemeinsam die anderen Kaufentscheidungen tref- Außerdem unterlaufen dem Individuum bei der sub-
fen mussten. Die Dyaden der Kontrollgruppe erhielten jektiven Einschätzung von Kausalbeziehungen ganz
nicht die Möglichkeit, sich ein Magazin auszusuchen. erhebliche Irrtümer. Diese Einschätzungen werden als
Der Vergleich zwischen Kontroll- und Experimental- Kausalattributionen bezeichnet und von den Attributi-
gruppe ergab, dass die jeweilige Kompromissoption onstheorien ausführlich untersucht.
bei den nachfolgenden Kaufentscheidungen (Drucker, Zu (3): Attributionstheorien beschäftigen sich mit sub-
Zahnpasta, Hotels, etc.) in der Experimentalgruppe jektiven Ursache-Wirkungs-Wahrnehmungen. Attributi-
signifikant häufiger gewählt wurde. on bedeutet, dass der Beobachter eines Ereignisses von
Larson und Billeter (2013) untersuchen das Zusammen- dem Ereignis auf eine oder mehrere Ursachen schließt,
spiel von Körper und Geist beim Kompromisseffekt, ihre die es seiner Meinung nach herbeigeführt haben. Attri-
330 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

butionen beschreiben kognitive Prozesse der Informati- hinaus generalisiert wird, fragt also, ob auch andere Men-
onsverarbeitung im Alltagsleben. Gegenstand der Attri- schen ähnlich agiert hätten. Der Grad der Distinktheit
butionsforschung sind nicht die kausalen Erklärungen zeigt an, inwieweit Verhalten nur in einer bestimmten
des erfahrenen Wissenschaftlers, sondern die des Laien Situation (hohe Distinktheit) oder bei vielen Gelegenheiten
(des „Mannes auf der Straße“). Heider (1958, S. 5), auf (geringe Distinktheit) auftreten kann. Eine hohe Kon-
dessen Einsichten die später entwickelten Attributions- sistenz bedeutet schließlich, dass eine Verhaltensweise
theorien beruhen, bezeichnet diese Erklärungen als die an einer Person immer wieder zu beobachten ist. Eine
eines „naiven Psychologen“ bzw. als die eines „naiven Personenattribution wird nach Kelley immer dann vor-
Wissenschaftlers“. Die Attributionstheorien versuchen, genommen, wenn das für die Kausalattribution notwen-
zahlreiche Fragen über die Natur von Alltagserklärun- dige Informationsmuster eine hohe Konsistenz und einen
gen zu beantworten, insbesondere warum, wann und niedrigen Grad an Konsens und Distinktheit aufweist. Be-
wie Alltagserklärungen abgegeben werden und welche zogen auf unser Beispiel bedeutet das: Wenn Frau Müller
Funktionen sie erfüllen. immer mit „verrückten“ Kleidungsstücken gesichtet wird,
Eine der bekanntesten Attributionstheorien ist Kelleys so liegt es nahe, eine Personenattribution vorzunehmen.
(1978) Modell der Ursachenzuschreibung. Ausgangs- Kelleys Kovariationsprinzip ist allerdings nur einge-
punkt dieser Theorie ist die Frage, welche und welches schränkt anwendbar, da es vom Beobachter erstens be-
Ausmaß an Informationen zur Kausalattribution ver- achtliche kognitive Aktivitäten verlangt und es zweitens
wendet werden. Kelley unterscheidet die beiden Fälle mehrere Beobachtungen voraussetzt. Kelley räumt ein,
„Kovariation“ und „Konfiguration“. dass sein Modell „Idealcharakter“ habe und dass es viele
Beim Kovariationsprinzip stehen dem Beobachter In- Situationen gäbe, in denen dem Beobachter die notwen-
formationen aus mehreren Quellen zur Verfügung. Der digen Informationen oder die Zeit oder die Motivation
Beobachter kann somit die Kovariation zwischen einem fehlen, mehrere Observationen vornehmen zu können. In
beobachteten Effekt und seinen möglichen Ursachen diesen Situationen kommt seiner Ansicht nach das „Kon-
wahrnehmen. Die „Kovariationsregel“ lautet: „Ein Ef- figurationsprinzip“ zum Tragen. Unter einer Konfigura-
fekt wird auf eine Bedingung attribuiert, die besteht, tion versteht Kelley (1972) die Attribution aufgrund einer
wenn der Effekt besteht, und die fehlt, wenn auch der Einzelbeobachtung und mittels eines kausalen Schemas.
Effekt fehlt“ (Kelley, 1978, S. 278). Die drei infrage kom- Kausale Schemata „sind aus Erfahrungen heraus entwi-
menden Bedingungen (also die Ursachen des Verhaltens) ckelte vorgefertigte Meinungen, Vorannahmen und sogar
sind nach Kelley (1) die Eigenschaften von Personen, (2) Theorien darüber, wie bestimmte Arten von Ursachen
Umweltreize und (3) die beobachtbaren Handlungsum- miteinander interagieren, um einen spezifischen Effekt
stände zum relevanten Zeitpunkt. Ein Beispiel: Jemand zu erzielen“ (Hewstone und Antaki, 1992, S. 118). Kelley
beobachtet, dass Frau Müller ein extravagantes Kleid (1972) stellt eine Reihe von Attributionsprinzipien auf, die
kauft. Die Ursachen dafür können in dem ausgefallenen mit kausalen Schemata einhergehen. Wir werden später
Geschmack von Frau Müller liegen (= Personenattribu- unter dem Stichwort „Denkschablonen“ noch einmal
tion), in der besonderen Qualität der Kleidermarke (= darauf zurückkommen.
Reizattribution) gesucht werden oder darin bestehen,
dass das Kleid ein Sonderangebot war (= Umständeat- Der wesentliche Unterschied zwischen dem Kovariations-
tribution). Welcher Grund aus der Vielzahl der infrage und dem Konfigurationsprinzip besteht also darin, dass bei
kommenden Ursachen ausgewählt wird, hängt von dem der Kovariation die Attribution „datengeleitet“ (d. h., auf-
psychologischen Schlussverfahren ab, dass das Individu- grund mehrerer Beobachtungen) erfolgt, während bei der
um anwendet. Nach der bereits erläuterten „Kovariati- Konfiguration die Ursachenzuschreibung „theoriegeleitet“
vorgenommen wird, d. h., aufgrund früherer, ähnlicher Er-
onsregel“ von Kelley (1978) wird die Wirkung derjenigen
fahrungen wird diejenige Ursache dem Effekt zugeschrie-
Ursache aus der Menge möglicher Ursachen zugeschrie- ben, die für den Beobachter am plausibelsten erscheint.
ben, mit der sie über die Zeit hinweg kovariiert.
Hierzu hat Kelley (1978) ein Informationsschema entwi-
Die Kritik an Kelleys Theorie lautet, dass es sich bei der
ckelt, das erklären soll, wann eine Attribution auf die
Kovariation und Konfiguration nicht um zwei dichotome
Person, die Reizgegebenheit oder die Umstände vorge-
(einander entgegengesetzte) Prozesse handeln müsse,
nommen wird. Die in diesem Schema zur Verfügung
sondern dass beide Prinzipien für die Attribution von
stehenden Informationsmuster lauten: Konsens, Di-
Bedeutung seien, denn es liege eine Interaktion zwischen
stinktheit und Konsistenz. Eine Konsensinformation
Daten und Erwartungen vor: Die theoretischen Vorüber-
gibt darüber Auskunft, ob Verhalten über den Einzelfall
legungen bestimmten nicht nur ob, sondern auch wann

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C. Kognitive Prozesse 331

und wie die Daten verarbeitet würden. Zudem wird in dies zu einer Abwertung des Anbieters aufgrund sub-
den letzten Jahren eine konsequente Einbeziehung von jektiver Attribution von fehlender Kompetenz, Faulheit
Emotionen und Motivationen zur Bewertung des Infor- des Anbieters etc. führen.
mationsverarbeitungsprozesses gefordert, da alle Attri- Kritik: Kritisch zu betrachten an Weiners Ansatz ist die
butionen motivgesteuert seien, unabhängig davon, ob sie Tatsache, dass von einer aktiven, bewussten Suche nach
nach logischen Regeln, mit einem hohen, intersubjektiv den Ursachen von Ereignissen ausgegangen wird. Zu-
nachvollziehbaren kognitiven Gehalt vollzogen worden dem werden für die Entstehung von Emotionen apprai-
sind oder ob es sich um subjektiv „verzerrte“ Fehlattri- saltheoretisch fundierte Wirkungsketten vorausgesetzt.
butionen handelt. Automatisch ausgelöste Zu- und Abneigungen und un-
Weiner (1986) griff diesen Kritikpunkt auf und verknüpf- bewusste Prozesse beispielsweise können damit nicht
te die Erkenntnisse der Attributionsforschung mit (leis- erklärt werden.
tungs-) motivationalen Prozessen. Laut Weiner können Es bleibt aber festzuhalten, dass man mittels der at-
Erfolge bzw. Misserfolge im Erreichen bestimmter Ziele tributionstheoretischen Ansätze typische Phänomene
anhand von drei Dimensionen erklärt werden: der Lo- wie die folgenden erklären kann: Wenn andere Perso-
kusdimension (Ort der Ursache eines Ereignisses, der nen ein Produkt loben, so neigt der Konsument dazu,
entweder innerhalb oder außerhalb einer Person liegt), dem Produkt gute Eigenschaften zu attribuieren, auch
der Stabilität (es handelt sich entweder um eine konstante wenn die eigenen Erfahrungen mit dem Produkt einmal
oder veränderbare Ursache eines Ereignisses) und der schlecht sind. Oder: Wenn eine Person einen Vortrag nicht
Kontrollierbarkeit (dies kann entweder eine durch das versteht und andere loben den Vortrag, so wird diese Per-
Individuum kontrollierbare oder eine nicht kontrollier- son die Gründe für das unzureichende Verständnis eher
bare Ursache eines Ereignisses sein). Weiner betrachtet bei sich selbst als beim Vortrag suchen. Wir können das
Attributionen als Auslöser von Emotionen, wobei der auch so ausdrücken: Wenn ein unzufriedener Konsument
Autor von einer aktiven und bewussten Suche nach den erfährt, dass andere Konsumenten zufrieden sind, so gibt
Ursachen von Ereignissen ausgeht. es eine Tendenz, die eigene Unzufriedenheit einem ande-
Die Lokusdimension von Attributionen wird mit dem Er- ren Grund, aber nicht dem Produkt selbst zuzuschreiben
leben und der gedanklichen Verarbeitung von Emotionen (Zaltman und Wallendorf, 1983, S. 431). Eine Ableitung für
in Verbindung gebracht. Betrachtet man gemäß der theo- die Kommunikationspolitik lautet, dass Werbung, die
retischen Annahme der Appraisaltheorien (siehe Zweiter sich glaubwürdig auf das Urteil einer „Mehrheit“ beruft,
Teil, B. III) die Verknüpfung von bestimmten Emotionen unter bestimmten Umständen die Produktbeurteilung
mit damit einhergehenden kognitiven Attributionspro- einer Person sogar dann positiv beeinflusst oder zum Gu-
zessen, so lassen sich bestimmte Muster erkennen (z. B. ten wendet, wenn diese bereits unangenehme Erfahrun-
Smith und Ellsworth, 1985). Beispielsweise korreliert das gen mit dem Produkt gemacht hat. Voraussetzung dafür
Erleben von Ärger, Ekel, Verachtung, Abneigung und ist, dass die Qualität einer Marke (eines Produktes) als
Zuneigung mit der Tendenz von Individuen, Ereignisse Ursache für ein Kaufverhalten betrachtet wird und sich
auf externe Ursachen zu attribuieren. Emotionen wie die Marke hier von anderen Angeboten unterscheidet96.
Stolz, Bedauern, Scham und Schuld gehen mit internen In diesem Zusammenhang sollte aber das beobachtbare
Attributionen einher, wohingegen die Emotionen Angst Verhalten gegenüber dem Produkt und die daraus abge-
und Trauer häufig bei Ursachenzuschreibungen auf be- leitete Produktbeurteilung unterschieden werden:
stimmte situative Umstände auftreten.
Die Stabilitätsdimension wird v. a. für Veränderungen Konsumenten entscheiden sich oft spontan oder mit ge-
von Erwartungshaltungen verantwortlich gemacht und ringer kognitiver Kontrolle für ein Produkt (= beobachtba-
kann deshalb das menschliche Verhalten steuern. Dies ist res Verhalten). Erst hinterher werden aufgrund subjektiver
im Marketing beispielsweise dann von Bedeutung, wenn Attribuierung dem eigenen Verhalten oder dem Verhalten
Unternehmen ihre Kunden nicht zufriedenstellen bzw. von anderen Personen logisch stringente Gründe zuge-
ordnet (z. B. „gute Produktqualität“, „renommierter Kun-
ein fehlerhaftes Produkt verkaufen und der Kunde denkt,
dendienst“ oder „umweltfreundliches Produkt“).
dass dieses Ereignis auch in Zukunft wieder auftreten
wird. In diesem Falle kann die Loyalität von Kunden ne-
96
gativ beeinträchtigt werden. Auch die Kontrollierbarkeit Aufgrund dieser Erkenntnis wurden in der Konsumenten-
von Ereignissen ist für das Marketing von Bedeutung. forschung Strategien entworfen und getestet, wie man eine
Marke präsentiert, damit die Konsumenten der Marke „gute
Hält man den Anbieter eines mangelhaften Produktes Produktqualität“ attribuieren, vgl.  mit weiteren Literaturan-
bzw. einer mangelhaften Dienstleistung für in hohem gaben Zaltman und Wallendorf (1983, S. 469), siehe auch Folkes
Maße verantwortlich für ein (negatives) Ereignis, so kann (1988b, 1991) und Niemeyer (1993).
332 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Die tatsächlichen Ursachen des beobachtbaren Verhaltens dimensionen nach Hofstede (1997). Zusammenfassend
und die subjektiv zugeordneten Gründe haben oft nichts kommt die Metaanalyse zu dem Schluss, dass sowohl
miteinander zu tun! Die nachträgliche und subjektive die Stabilität (Attribution: „Dieser Fehler kommt häufiger
Zuordnung von Gründen hat wiederum Rückwirkungen vor“) als auch die Kontrollierbarkeit (Attribution: „Das
auf das zukünftige Verhalten; so kann zum Beispiel der Unternehmen ist verantwortlich für den Fehler“) nega-
einem spontanen Kaufverhalten nachträglich zugeord- tive emotionale Reaktionen auslösen, die ihrerseits die
nete Grund „renommierter Hersteller“ zum Wiederho- Zufriedenheit mit dem Serviceanbieter beeinträchtigen.
lungskauf dieses Produktes führen und damit später Die Dimension der Kontrollierbarkeit wirkt sich dabei
tatsächlich zur Ursache für das Verhalten werden. Dieser besonders stark in Ländern aus, die (a) wenig (vs. hoch)
Sachverhalt dürfte für die Marktforschung eine Heraus- hierarchisch strukturiert sind, (b) eher kollektivistisch
forderung darstellen, da es schwierig ist, nachträgliche (vs. individualistisch) sind, (c) als „maskuline“ (vs. femi-
„Rationalisierungen“ zu ermitteln. nine) Gesellschaft charakterisiert werden können.
Empirische Studien zur Attributionstheorie im Marke- Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Bei-
ting: Die Attributionstheorie wird im Marketing und der trag von Tam, Sharma und Kim (2016), die sich u. a. der
Konsumentenverhaltensforschung seit vielen Jahrzehn- Frage widmen, ob bei einer missglückten Serviceleis-
ten als theoretischer Erklärungshintergrund verwendet. tung die betroffenen Kunden diesen Fehler eher dem
Ein „Klassiker-Beitrag“ stammt von Folkes (1984), die ausführenden Serviceangestellten, dem dazugehörigen
sich mit der Frage auseinandersetzt, wie Konsumenten Unternehmen oder sich selbst zuschreiben oder aber ob
auf ein Produktversagen reagieren und wann sie einen sie kulturelle Unterschiede zwischen sich und dem An-
Umtausch oder eine Rückerstattung des Geldes erwä- gestellten für das Serviceversagen verantwortlich ma-
gen oder eine Entschuldigung akzeptieren. Die Autorin chen. Für die Studie wurden westliche und chinesische
greift zum einen die Stabilitätsdimension von Weiner Versuchsteilnehmer rekrutiert und mit einem Restau-
(1986) auf und schlussfolgert, dass Konsumenten, wenn rant-Szenarium konfrontiert, bei dem ein südasiatischer
sie ein dauerhaftes (stabiles) Produktversagen attribuie- Servicemitarbeiter entweder sehr höflich, zuvorkom-
ren (also davon ausgehen, dass auch ein umgetauschtes mend und kompetent oder aber unhöflich, inkompetent
Produkt fehlerhaft sein wird) eine Rückerstattung des und wenig hilfreich bediente (= Serviceversagen). Die
Geldes bevorzugen, bei instabiler Attribution (einmaliges Studie ergab, dass erneut der Servicemitarbeiter und das
Ereignis) akzeptieren sie dagegen einen Umtausch. Auch Unternehmen, nicht aber der kulturelle Unterschied zwi-
die Lokusdimension und die Kontrollierbarkeit spielen schen Angestellten und Kunden (oder der Kunde selbst)
eine Rolle. Attribuiert der Konsument den Fehler auf für das Serviceversagen verantwortlich gemacht wurden.
das Unternehmen und hat den Eindruck, dass der Feh- Die Attributionstheorie ist ebenfalls vielfach im Tou-
ler vermeidbar gewesen wäre, dann ist die Verärgerung rismusmarketing und zur Erklärung der Wirkung von
besonders hoch und eine Entschuldigung reicht nicht Corporate Social Responsibility-Maßnahmen verwendet
aus. Die Autorin kann ihre Hypothesen mittels einer worden. Ein Beitrag zur Nutzung der Attributionstheorie
empirischen Studie im Gastronomiebereich bestätigen im Tourismusmarketing, der auch das Zusammenspiel
und resümiert, dass die zugrunde liegenden Attribu- von Emotion und Attribution97 berücksichtigt, stammt
tionsvorgänge erklären können, wie Konsumenten auf von Orth, Stöckl et al. (2012). Die Autoren fragen sich,
Service- bzw. Produktversagen reagieren. welche Auswirkungen Tourismuserlebnisse auf die
Die Erkenntnisse von Folkes (1984) haben eine Reihe emotionale Bindung zu Marken, die regionale Speziali-
weiterer Untersuchungen zum Versagen von Servicean- täten darstellen, ausüben können. Die Emotionen Freu-
geboten auf Basis der Attributionstheorie ausgelöst. Es de und Zufriedenheit mit den touristischen Angeboten
würde zu weit führen, all diese Studien hier aufzulisten. beeinflussten anschließend die Markeneinstellung. Ein
An dieser Stelle sei vor allem auf die Metaanalyse von Beispiel (S. 1323): „I drank that wine on my holiday and
Van Vaerenbergh, Orsingher et al. (2014) verwiesen, die my holiday was wonderful. That wine is made in that
zum einen nachprüft, inwieweit die beiden Attributions- special place and so it’s wonderful and special, too – just
dimensionen Kontrollierbarkeit und Stabilität verlässlich like my holiday!“. Solche Attributionsvorgänge können
die (emotionalen) Reaktionen auf Fehler und die Zu- dann erklären, warum der am Urlaubsort gekaufte Wein
friedenheit mit dem Anbieter erklären können, und die im häuslichen Alltag des Konsumenten nicht mehr so
zum anderen untersucht, ob die beiden Dimensionen in gut mundet.
unterschiedlichen Kulturen eine unterschiedliche Rolle
spielen. Zur Operationalisierung des kulturellen Ein-
flusses nutzten die Autoren die klassischen vier Kultur- 97 Siehe auch Oikawa, Aarts und Oikawa (2011).
C. Kognitive Prozesse 333

Im Bereich Corporate Social Responsibility sind beispiel- Zu (1) Das Beurteilungsmuster E1 → P


weise die Studien von Marín, Cuestas und Román (2016) Durch diesen Schluss von einem einzelnen Eindruck
aus Kundensicht und aus Mitarbeitersicht von Story und auf die gesamte Qualität erleichtert sich der Konsument
Neves (2015) erwähnenswert. Ohne hier ins Detail zu ge- die Qualitätsbeurteilung. Die einzelnen Eindrücke (wie
hen, wird zusammenfassend deutlich, dass unabhängig zum Beispiel der Markenname) übernehmen die Funk-
davon, ob sich die CSR-Maßnahmen an die externen Kun- tionen von Schlüsselinformationen (Schlüsselattributen),
den oder die eigenen Mitarbeiter richten, positive Effekte die dem Konsumenten die Verarbeitung von weiteren
nur dann zu erwarten sind, wenn die CSR-Aktivitäten Informationen weitgehend ersparen.
als aufrichtig, zu dem Unternehmen passend und für die
Gesellschaft als wertvoll attribuiert werden. Besonders verbreitet sind – wie bereits in diesem Kapitel
ausgeführt – schematische Schlüsse von Preis, Marken-
Zu (4) „Vereinfachung durch Denkschablonen“: Das
name, Geschäfts- oder Landesimage und vom Qualitäts-
oben angesprochene Konfigurationsprinzip kann auch
urteil einer Warentestinstitution (in Deutschland vom
unter dem Stichwort „Denkschablone“ erläutert werden.
Urteil der Stiftung Warentest) auf die Qualität (siehe auch
Wir verarbeiten in den meisten Fällen eingehende Infor-
Erdem, Keane und Sun, 2008; empfehlenswert hier auch
mationen mittels eines Schemas, das heißt, wir verarbei-
Kirmani und Rao, 2000). Dem Schluss vom Preis auf die
ten sie mehr oder weniger automatisch nach schablonen-
Qualität schenken wir besondere Aufmerksamkeit, weil
haften Denkmustern. So schließen wir zum Beispiel von
er in der Literatur ausführlich untersucht wurde und
einem Personeneindruck automatisch auf einen anderen
weil er wegen seines psychologischen Hintergrundes
und bedienen uns dabei bekannter Klischees. Das kann
bis heute ein reizvolles Thema geblieben ist. Viele Kon-
auch für die Produktbeurteilung gelten.
sumenten neigen dazu, den Preis als Qualitätsindika-
Die schematische Informationsverarbeitung hat durch- tor heranzuziehen. Diller (2008, S. 150) erklärt, dass die
aus erhebliche Vorteile: Sie ermöglicht es dem Indivi- „preisorientierte Qualitätsbeurteilung“ von motivationa-
duum, mit einer ungeheuren Anzahl von eingehenden len (z. B. Entlastungsstreben, Streben nach sozialer Aner-
Informationen schnell und wirksam fertig zu werden, kennung), kognitiven (z. B. Erfahrungen und Fähigkeiten
ohne viel nachdenken zu müssen. Andererseits stellt sie zur Produktbeurteilung) und situativen (z. B. Zeitdruck,
eine dauernde Gefahr für die Wahrnehmung dar, weil die Komplexität der Aufgabe) Faktoren abhängig ist.
Informationen nach einem gleichbleibenden Raster verar-
beitet oder gar nicht erst aufgenommen werden (wenn sie Zur Einführung in diese Thematik möchten wir zunächst
nicht in das vorhandene Denkschema passen). Dadurch ein altbekanntes, inzwischen klassisches Experiment von
kann es im Einzelfall leicht zu Fehlurteilen kommen. McConnell (1968) schildern: Er bot 60 Studenten (die alle
Diese Formen schematischer Produktbeurteilung werden Bier mochten) drei vorgebliche Biermarken an, die sich
im Folgenden erörtert. nicht durch die Qualität, sondern nur durch ihre Preise
unterschieden. Das Bier wurde mit drei neutralen Eti-
b) Einfache Programme der Produktbeurteilung ketten versehen (L, N, P) und mit verschiedenen Preisen
ausgezeichnet. Die Versuchspersonen hatten mehrere
Einfache Programme (wie das schon erwähnte Signa- Wochen lang Gelegenheit, die „Biermarken“ zu probie-
ling) sind im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, ren. Nach Ablauf der Versuchszeit wurden sie gebeten,
dass der Konsument in einer (kognitiv) vereinfachenden die Bierqualität nach typischen Biereigenschaften (mittels
Weise von einem Eindruck auf einen anderen schließt Adjektiven mit positivem oder negativem Wertsinn wie
und dabei nicht selten subjektiven Denkgewohnheiten „tangy“, „rich“, „flavored“ oder „biting“, „watery“) zu
und -präferenzen folgt, die schwer durchschaubar und beurteilen und außerdem eine allgemeine Qualitätsein-
nachvollziehbar sind. schätzung abzugeben. Nach beiden Messungen stellte
Bei vereinfachter Produktbeurteilung schließt der Kon- sich heraus, dass die subjektive Qualitätswahrnehmung
sument: signifikant von der zuvor mitgeteilten Preishöhe abhän-
(1) von einem einzelnen Eindruck E1 auf die gesamte gig war.
Produktqualität P, Kritisch ist zu diesem Experiment einzuwenden (und
(2) von einem einzelnen Eindruck E1 auf einen anderen dieser Kritikpunkt gilt für eine Reihe von Studien, die
Eindruck E2, nach McConnell (1968) durchgeführt wurden), dass
(3) von der gesamten Produktqualität P auf einen ein- durch die Laborsituation eine künstliche Probiersitua-
zelnen Eindruck E1 oder E2. tion aufgebaut wurde: Man wird die dominante Rolle
des Preises für die Qualitätsbeurteilung darauf zurück-
führen müssen, dass andere Eindrücke, von denen der
334 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Konsument auf die Qualität schließen kann, durch das Schließlich werden in der Literatur auch kulturelle Fak-
experimentelle Design ausgeschlossen wurden. Solche toren diskutiert, die beeinflussen können, ob Konsu-
anderen Qualitätsindikatoren können das Image des menten anhand des Preises auf die Qualität schließen.
Geschäftes, in dem das Bier gekauft wird, oder auch Lalwani und Shavitt (2013) machen darauf aufmerksam,
die Markenbezeichnung sein. Sie können an die Stelle dass Kulturen danach differenziert werden können, ob
des Preises treten oder seinen Einfluss erheblich mo- sie eher der Meinung sind, alle Elemente dieser Welt
difizieren (vgl. etwa Venkataraman, 1981; Obermiller, stünden zueinander in Beziehung („interdependent
1988, S. 304). Außerdem zeigen Studien von Mishra und self-construal“) oder seien erst einmal voneinander un-
Nayakankuppam (2006), dass Konsumenten ein inkon- abhängig („independent self-construal“). Ersteres führe
sistentes Urteilsmuster haben, je nachdem, ob sie a) von zu holistischem Denken (natürliche Systeme und ihre
einem gegebenen Produktpreis auf die Produktqualität Eigenschaften müssen als Ganzes betrachtet werden und
oder b) von den Produktqualitäten auf den Preis schlie- nicht als Addition ihrer Teile), während Letzteres eher
ßen sollen. zu analytischem Denken anregt. Das holistische Denken
(im Vergleich zum analytischen Denken) führt folglich
„Need for closure“ (NFC) als weitere Beeinflussungs-
auch dazu, dass eine starke Relation zwischen Preis und
größe für Preis-Qualitäts-Schlüsse: Kardes, Cronley
Qualität angenommen wird.
et al. (2004) zeigen in verschiedenen Experimenten, dass
Konsumenten zwar grundsätzlich davon ausgehen, dass Zusammenfassend kann festgehalten werden:
Preis und Qualität miteinander korrelieren, der Preis
wird allerdings seltener als Qualitätsindikator herange- Nur in bestimmten Wahrnehmungssituationen schließt
zogen, wenn die Konsumenten ein geringes „need for der Konsument vom wahrgenommenen Preis auf die
closure“ verspüren, wenn die Informationen ungeord- Produktqualität.
net präsentiert werden oder wenn eine hohe Informati-
onsdichte (high information load) vorliegt. Das in den Als weitere Schlüsselinformation für den Schluss E1 →
Studien untersuchte Konstrukt „need for closure“ kann P sind Gütebezeichnungen zu nennen, die der Konsu-
interpretiert werden als der Wunsch nach „Abschluss im ment in Form von Siegeln, Testurteilen, Produktklassifi-
Wissenserwerb“, d. h., die Menschen mit hohen NFC-Wer- kationen usw. wahrnimmt. Obwohl es sich um einzelne
ten möchten zu einer Entscheidung gelangen, und zwar Merkmale eines Produktes handelt, wirken sie wie vor-
so schnell wie möglich, da sie den Zustand der Unge- gefertigte Produkturteile, die der Konsument oft unbe-
wissheit nicht ertragen können (Kruglanski und Webster, sehen übernimmt, um die gesamte Produktqualität zu
1996). Damit sie schnell ihre Meinung bilden können, beurteilen. So wird vielfach vom „Bio-Siegel“ auf „Das
kann es vorkommen, dass sie viele Informationen igno- ist ein gesundes Produkt“ geschlossen. Interessant ist an
rieren (siehe hierzu auch die Ergebnisse von Choi, Koo dieser Stelle auch die Untersuchung von Chernev und
et al., 2008). Blair (2015), die zeigen, dass Unternehmen, die mit ho-
Diller (2008, S. 151) erklärt darüber hinaus auf der Basis her sozialer Verantwortung assoziiert werden, auch eine
eigener Untersuchungen sowie auf der Grundlage von bessere Produktqualität bescheinigt wird.
Studien von Völckner (2006), Smith und Natesan (1999), Weitere Beispiele: Die dem Konsumenten unbekannten
Ofir (2004) sowie Brucks, Zeithaml und Naylor (2000), Chemikalien in Kosmetikmitteln werden auf der Verpa-
dass „heute als bewiesen gelten“ könne, dass der „Preis ckung „Aufbaustoffe“ genannt. Diese Benennung und
umso weniger als Qualitätsindikator dient“, der Hinweis, dass das Produkt nur in Apotheken er-
hältlich ist, führen dazu, dass das Kosmetikmittel vom
●● „je stärker der Preis und je geringer die Qualität vom
Konsumenten von vornherein in die Klasse der gesund-
Verbraucher als Einkaufskriterium gewichtet werden
heitsfördernden Produkte eingeordnet wird. Die kogni-
und je geringer das Produktinvolvement ist“;
tive Bequemlichkeit des Konsumenten wird auch ange-
●● „je größer die Kauferfahrung und der Kenntnisstand“ sprochen, wenn dem Konsumenten gesetzlich geschützte
des Nachfragers sind; oder vertrauenswürdige Produktklassifikationen wie
●● „je mehr und je verlässlicher andere Möglichkeiten zur „Handelsklasse A“, „1. Wahl“ usw. angeboten werden. Er
Qualitätseinstufung zur Verfügung stehen“; erhält dann leichte Möglichkeiten, ohne weitere Informa-
●● „je geringer die Variationsbreite der Qualität und der tionsverarbeitung auf die Produktqualität zu schließen.
Preise in der jeweiligen Warenkategorie ausfällt“ und Hierzu gehören auch die Qualitätsurteile der Stiftung
Warentest, die sich die Konsumenten in erheblichem
●● „je unwichtiger der Prestigenutzen“ des Produktes ist
Umfang zunutze machen.
(Diller, 2008, S. 151).
C. Kognitive Prozesse 335

Zu (2) Das Beurteilungsmuster E1 → E2 hier auch vom „Halo-Effekt“ (Thorndike, 1920), also
Der Schluss von einem Eindruck auf einen anderen kann von einer kognitiven Verzerrung, die darin besteht, von
durch induktives Schließen erfolgen, beispielsweise auf einer (oder wenigen) identifizierbaren Eigenschaft(en)
Basis von Analogieschlüssen. Ein gutes Beispiel hierzu auf (unbekannte) andere Eigenschaften zu schließen
nennt Gerrig (2016, S. 320): Man stelle sich vor, man wolle (anders ausgedrückt: eine oder wenige Eigenschaften
in einem Restaurant zu Abend essen und mit der Kredit- „überstrahlen“ andere Elemente). So wird vielfach vom
karte bezahlen. An der Eingangstür findet man keinen „Bio-Siegel“ auf „gesundes Produkt“ geschlossen.
Hinweis, dass Kreditkarten als Zahlungsmittel akzep- Zu (3) Das Beurteilungsmuster P → E1, E2
tiert sind. Man schaut durch das Fenster und sieht nur Ist ein Urteil über die Gesamtqualität gebildet worden,
sehr gut gekleidete Gäste. Die ausgehängte Speisekarte so beeinflusst dieses wiederum die Wahrnehmung von
befindet sich im oberen Preisniveau. Aus diesen Beob- einzelnen Eigenschaften. Auch diese Art von Halo-Effekt
achtungen schließt man, dass man in diesem Restaurant ist in allen Bereichen menschlicher Urteilsfindung zu
mit der Kreditkarte sicherlich zahlen kann, denn man beobachten:
geht davon aus, dass dieser Service zu einem gehobenen
Lokal selbstverständlich dazu gehört. Das gleiche Lächeln eines Mannes wird bei negativer
Einstellung zu diesem Mann als „gemein“ oder „iro-
Der Schluss (E1 → E2) kann aber auch aufgrund von nisch“, bei positiver Einstellung als „gewinnend“ oder
Verknüpfungen subjektiver Eindrücke auf eine nicht be- „freundlich“ wahrgenommen.
gründbare Weise zustande kommen. In der (Gestalt-) Psy-
Aus psychologischer Sicht steht hinter dem Halo-Effekt
chologie wird dies unter dem Stichwort Irradiation erörtert
das Streben nach kognitiver Konsistenz. Wenn jemand
(vgl. dazu auch Leclerc, Schmitt und Dubé, 1994). Darunter
einen Gegenstand gut beurteilt, so neigt er auch dazu,
versteht man, allgemein gesprochen, „das Ausstrahlen
einzelne Eigenschaften dieses Gegenstandes, die er nicht
und Hineinwirken von einem Bereich (der Wahrnehmung)
wahrnimmt und die in gar keinem Zusammenhang mit
auf einen anderen“ (Pelzer, 1980, S. 232). Wir haben diesen
der bisherigen Einschätzung stehen, ebenfalls positiv ein-
Sachverhalt bereits im Zusammenhang mit den Wirkun-
zuschätzen (Forgas, 1999). Boatwright, Kalra und Zhang
gen der Produktumfeldinformationen beschrieben: Der
(2008) zeigen, dass der Halo-Effekt für Konsumenten
emotionale Reiz einer neben dem Auto abgebildeten Frau
auch eine risikominimierende Funktion ausüben kann.
wirkt sich auf die Wahrnehmung der Eigenschaften des
Wenn Konsumenten ihre Bewertungen über beobacht-
Autos aus. Diese Irradiationen sind umso stärker:
bare Produkteigenschaften nutzen, um Rückschlüsse auf
●● je diffuser und weniger ausgegliedert der Eindruck nicht verfügbare Informationen zu ziehen, dann können
E2 ist, auf den geschlossen wird; sie zu vorteilhafteren Entscheidungen gelangen, als wenn
●● je weniger thematisch der Eindruck E1 ist, von dem sie das nicht tun.
beim Schluss ausgegangen wird;
●● je mehr die beiden Eindrücke E1 und E2 erlebnismäßig c) Komplexe Programme: Kognitive Algebra
miteinander verknüpft sind (Spiegel, 1970, S. 134). Wir beschäftigen uns jetzt mit Beurteilungsprozessen,
die wesentlich systematischer und „rational“ durch-
Diffuse und wenig ausgegliederte Eindrücke sind etwa
schaubarer sind als die im vorigen Kapitel dargestellte
der Geschmack oder der Geruch eines Produktes. Sie sind
subjektive Informationsverarbeitung. Das sind Beurtei-
schwer identifizierbar. Dazu gehören auch allgemeine
lungen und Entscheidungen, denen der Konsument mehr
Qualitätskriterien wie Eleganz, Solidität, Komfort usw.
Mühe und Aufmerksamkeit zuwendet, bei denen er re-
Das Marketing macht sich die Irradiation zunutze – vor lativ vernünftig vorgeht und sich mehr so verhält, wie
allem dann, wenn die Qualitätswahrnehmung bezüglich es den Modellen der Entscheidungstheorie entspricht.
eines Produktes schwierig ist – und sucht nach abgeho- Sie lassen sich deswegen auch eher in Modelle fassen
benen Indikatormerkmalen bzw. nach deutlich erkenn- (MacInnis, Nakamoto und Mani, 1992; Bettman, Luce
baren Signaleigenschaften, an denen die Wahrnehmung und Payne, 1998).
des Konsumenten ansetzen kann. Die Modelle über die Produktbeurteilung gehen von der
Forgas (1999) fasst zusammen, dass man aus diesen Er- Hypothese aus, dass sich die wahrgenommene Produkt-
kenntnissen lernen kann, dass die Eindrucksbildung qualität aufgrund einer systematischen Wahrnehmung
ein ganzheitlicher Prozess ist, bei dem bestimmte Merk- von einzelnen Produkteigenschaften bildet. Anders ge-
male einen unverhältnismäßig großen Einfluss gewin- sagt: Die Beurteilung eines Produktes setzt sich aus meh-
nen und in der Folge jede weitere Information über den reren Teilurteilen zusammen. Sie kann in die allgemeine
Meinungsgegenstand einfärben können. Man spricht Formel gefasst werden:

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336 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

●● Disjunktive Regel: Hier setzt der Entscheidende hin-


Pij = f (Eij1, Eij2, …, Eijn) reichende Kriterien für alle Attribute fest und wählt
eine Alternative, wenn sie für mindestens ein Attribut
Dabei bedeuten: den kritischen Wert erfüllt (Gegenstück zur konjunk-
Pij: wahrgenommene Qualität des Produktes j für den tiven Regel).
Konsumenten i Für ein attributweises Vorgehen empfiehlt man vor allem
Eijk: Eindrücke k des Konsumenten i von den einzelnen folgende zwei Entscheidungsregeln:
Eigenschaften von Produkt j ●● Lexikografische Regel: Kennt man die wichtigste Pro-
dukteigenschaft, so wählt man die Alternative, die
Derartige Modelle werden Multiattributmodelle genannt, dieses Attribut am besten erfüllt. Bei vergleichbaren
nach der Vielzahl von Produkteigenschaften (Attributen), Alternativen wendet man diese Regel auf die zweit-
die bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Sie sollen beste Eigenschaft an usw.
eine bei der Produktbeurteilung benutzte „kognitive Al- ●● Attributweise Elimination: Alle Alternativen, die ei-
gebra“ der Konsumenten abbilden. nen bestimmten Wert des wichtigsten Attributes nicht
Die Eindrücke Eijk sind Wahrnehmungseinheiten, wie erreichen, werden eliminiert. Das Entscheidungskrite-
wir sie im vorigen Kapitel kennengelernt haben. Aller- rium kann so lange auf andere Attribute ausgedehnt
dings müssen wir jetzt genauer zwischen sachlichen werden, bis eine Alternative verbleibt.
Eindrücken („Das Auto hat vier Türen“) und wertenden Nach den kompensatorischen Modellen98 kann der
Eindrücken („Eine angenehme viertürige Karosserie“) Nachteil eines Eindruckes durch den Vorteil eines ande-
unterscheiden. Das Gesamturteil lässt sich nur dann aus ren kompensiert werden, beispielsweise kann ein Weni-
einzelnen Eindrücken ableiten, wenn diese Eindrücke ger an Komfort des Autos durch ein Mehr an Wirtschaft-
Wertungen einschließen. Wir haben es also stets mit lichkeit ausgeglichen werden.
wertenden Eindrücken (Teilurteilen) Eijk zu tun, denn
aus bloß sachlichen – nicht wertenden – Eindrücken (wie Das ist bei nicht-kompensatorischen Modellen nicht der
„Das Auto hat vier Türen, 100 PS, eine grüne Farbe“ usw.) Fall. So wird z. B. beim konjunktiven Modell unterstellt,
lässt sich lediglich eine Produktbeschreibung ableiten, dass der Konsument von allen Eigenschaften eines Pro-
aber kein positives oder negatives Urteil. duktes einen bestimmten Qualitätsstandard verlangt;
wird nur eine einzige Eigenschaft diesem Standard nicht
Es gibt mehrere Arten von Beurteilungsmodellen (Bett- gerecht, so kann dies durch die Werte einer anderen Ei-
man, Johnson und Payne, 1991, S. 38 ff.; Weinberg, 1981, genschaft nicht mehr ausgeglichen werden. Das Ergebnis
S. 64 ff.; Enders, 1997; zu Regeln zur Bildung von consi- ist dann ein negatives Urteil über das gesamte Produkt.
deration sets (also welche einzelnen Angebote aus dem
Gesamtangebot für den Kauf grundsätzlich in Erwä- Kompensatorische Modelle werden nachfolgend genauer
gung gezogen werden; siehe auch Hauser, 2014; Bremer, dargestellt. Von den kompensatorischen Modellen sind
Heitmann und Schreiner, 2017). Sie lassen sich für das linear-additive Modelle besonders verbreitet. Sie haben
Konsumentenverhalten in alternativenweises und attri- die Grundform
butweises Vorgehen gliedern. Zum besseren Verständnis n
wollen wir diese Prozesse hier kurz skizzieren, gehen Pij = Σ Eijk
aber erst in Kapitel D (Entscheidungsverhalten) ausführ- k=1
lich auf die Regeln ein.
Bei einem alternativenweisen Vorgehen kann man meh- Dabei bedeuten:
rere Beurteilungsmodelle bzw. Entscheidungsregeln he- Pij: Beurteilung des Produktes j durch den Konsumen-
ranziehen: ten i
●● Dominanzprinzip: Man wählt die Alternative, die bei Eijk: Eindruck der Eigenschaft k am Produkt j beim Kon-
wenigstens einem Attribut positiver als die übrigen sumenten i
Alternativen beurteilt wird, wobei die übrigen Attri- Sie gelten als klassische Typen der Multiattributmodelle.
bute bei allen Alternativen gleich bewertet werden. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass derartige
●● Konjunktive Regel: Die gewählte Alternative muss auf Modelle sowohl in der Wahrnehmungsforschung als auch in
jedem Attribut einen kritischen Wert erreichen. Durch der Einstellungsforschung zu finden sind. In der Wahrneh-
Anhebung des kritischen Wertes kann der evoked
set sukzessive verringert werden, bis eine Alternative 98 Zum Vergleich kompensatorischer und nicht-kompensato-
übrig bleibt. rischer Modelle siehe Zellmann, Kaye-Blake und Abell (2009).
C. Kognitive Prozesse 337

positiver Eindruck: „angemessener Vitamingehalt“

sachliche Eindruckskomponente: wertende Eindruckskomponente:


Abb. 143: Eindruckszerlegung „viel Vitamin C“ „das ist gesund, gut, wichtig“
in sachliche und wertende
Komponenten

mungsforschung bilden sie den aktuellen Vorgang einer Bewertung (Zwei-Komponenten-Betrachtung) hat für das
Produktbeurteilung (Wahrnehmung) bei Darbietung ei- Marketing den Vorteil, dass man Informationen über das
nes Produktes ab, in der Einstellungsforschung geben Zustandekommen der einzelnen Teilurteile bekommt,
sie eine gespeicherte Produktbeurteilung (= verfestigte beispielsweise darüber, ob ein negatives Teilurteil über
Wahrnehmung) wieder. den Vitamingehalt des Produktes auf die sachliche Wahr-
nehmung des Vitamingehaltes zurückgeht („wenig Vi-
Multiattributmodelle lassen sich einsetzen, um eine Pro- tamine“) oder auf eine negative Wertung („viele, aber
duktbeurteilung oder Einstellung zu ermitteln. unwichtige Vitamine“).
Als Beispiel für ein linear-additives Modell der Pro-
Der Ausdruck Eijk zeigt, wie erwähnt, einen wertenden duktbeurteilung geben wir nachfolgend ein einfaches
Eindruck an. Solche wertenden Eindrücke können sich und für die Marketingforschung praktikables Modell
spontan bei der Betrachtung eines Produktes bilden. Bei- wieder. Die zur Produktbeurteilung addierten Eindrü-
spiel: Wenn der Konsument auf einer Verpackung die Auf- cke werden dabei wie folgt gemessen: Zuerst wird der
schrift „Vitamingehalt“ liest, so wird er im Allgemeinen sachliche Eindruck (wahrgenommene Ausprägung einer
unmittelbar, ohne weitere Überlegungen einen positiven Produkteigenschaft) gemessen und dann wird dieser
Eindruck von dieser Produkteigenschaft bekommen. Es Eindruck gewichtet100.
ist aber auch möglich, dass der positive Eindruck eines Die Gewichtung spiegelt die Relevanz dieser Eigenschaft
Produktmerkmals in zwei Schritten zustande kommt: für den Konsumenten wider. Darin liegt eine indirekte
Zuerst nimmt der Konsument einen Sachverhalt wahr (das Wertung, denn die Wichtigkeit soll zum Ausdruck brin-
Produkt enthält Vitamine), dann wertet er diesen Sachver- gen, wie stark die Motive (Bedürfnisse) sind, die von
halt (Vitamine stehen für Gesundheit und sind wichtig). einer Eigenschaft angesprochen werden. Werden durch
In fast allen Multiattributmodellen99 werden die Eindrü- eine Eigenschaft stärkere Motive (Bedürfnisse) befriedigt,
cke Eijk nicht als unmittelbar wahrgenommene Einheiten so wird diese Eigenschaft vom Konsumenten auch höher
betrachtet, sondern als Ergebnis einer getrennten sach- bewertet. Das Modell hat die Form:
lichen Wahrnehmung (hoher Vitamingehalt) und einer
n
zusätzlichen Beurteilung bzw. Wertung („Das ist gut“).
Der Ausdruck Eijk wird dann in zwei Komponenten zer- Qij = Σ xiJk · yijk
k=1
legt, in einen sachlichen Eindruck (kognitive Kompo-
nente) und in einen wertenden Eindruck (motivationale Dabei bedeuten:
Komponente). Q ij : Qualitätsurteil des Konsumenten i über die Marke j
Das Schema dieser Eindruckszerlegung sieht also wie xiJk : Wichtigkeit der Eigenschaft k am Produkt J für
folgt aus (vgl. Abb. 143). Konsument i
Ob beim Anblick eines Produktes der Eindruck „ange- yijk : Ausprägung der Eigenschaft k an der Marke j,
messener Vitamingehalt“ als einheitliche Assoziation beurteilt durch Konsument i (j ∈ J)
entsteht oder ob der Konsument tatsächlich erst den
Vitamingehalt feststellt und dann wertet, ist eine em- 100
Das dargestellte Modell wird als „Modell mit indirekter
pirische Frage, die nicht generell beantwortet werden Motivgewichtung“ bezeichnet, weil die Bedeutung der ange-
kann, weil es auf die jeweilige Wahrnehmungssituation sprochenen Motive nicht direkt, sondern nur indirekt über die
ankommt. Die in den Modellen abgebildete getrennte Gewichtung erfasst wird. Es ist von einem Modell Rosenbergs
(1956, 1996) mit direkter Motivgewichtung abgeleitet und von
Weinberg, Behrens et  al. (1976) für die Produktbeurteilung
99 Siehe hierzu auch die Messmodelle im Kapitel „Einstellung“. modifiziert worden.
338 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Wert für
Eigenschaft xiJk Wert für yijk Wert für xiJk · yijk

Marke Marke Marke Marke Marke Marke


S F W S F W

Wäschepflege 3 3 4 5 9 12 15
Geruch 2 5 3 1 10 6 2
Reinigungskraft 4 3 4 5 12 16 20
Ergiebigkeit 2 3 4 5 6 8 10
Frische 4 3 2 5 12 8 20

Qij 49 50 67
Tab. 6: Berechnung des Qualitäts-
maßes für Waschmittelmarken

Tabelle 6 zeigt ein Beispiel zur Berechnung von Qua- Measurement dient insbesondere der Erleichterung der
litätsmaßen für Waschmittelmarken. Es entstammt ei- empirischen Datenerhebung und der richtigen Gewich-
ner als „Klassiker“ zu bezeichnenden Untersuchung tung der Produkteigenschaften im Rahmen der Bildung
von Behrens, Schneider und Weinberg (1978). Zunächst eines Gesamturteils. Beim Conjoint Measurement genügt
wurde in einem aufwendigen Verfahren geprüft, welche es, nur die Präferenzen für die einzelnen Produkte zu er-
Eigenschaften für die Konsumenten überhaupt relevant fragen. Das ist relativ einfach, weil die Leute nur angeben
sind, anschließend deren Gewichtung festgestellt. Das müssen, ob sie das Produkt A dem Produkt B vorziehen,
benutzte Modell stellt eine Modifikation der linear-ad- Produkt B dem Produkt C usw. Die Conjoint-Analyse
ditiven Beurteilungsmodelle dar, die im Kontext der Ein- ermöglicht es, einfach ermittelte Gesamturteile zu de-
stellungsmessung bereits diskutiert wurden. komponieren und auf rechnerischem Weg den Anteil der
Bleiben wir noch bei den kompensatorischen Modellen. Einzelurteile (Eindrücke) am Gesamturteil zu ermitteln.
Hier ist das Forschungsergebnis von Chernev (2007) von Das Verfahren ähnelt in der Datenerhebung der multidi-
Relevanz. Der Autor beschreibt zwei verschiedene Mög- mensionalen Skalierung (MDS).
lichkeiten, Produkte zu positionieren. Eine Möglichkeit Verbraucherpolitische Aspekte: Die Urteile der Stiftung
ist es, eine einzelne Produkteigenschaft gezielt in den Warentest sind seit vielen Jahren für viele Konsumenten
Vordergrund zu stellen (z. B. Spezialwaschmittel „Stark eine wichtige Entscheidungshilfe – oder wie die Zeit-
gegen Flecken“). Eine andere Variante ist es, ein Kom- schrift „werben & verkaufen“ im Jahr 2004 einmal zuge-
binationsprodukt anzupreisen (z. B. Waschmittel stark spitzt formulierte: „Stiftung Warentest – Der heimliche
gegen Flecken, schont die Fasern und die Farbe, tolle Markenmacher“. Die Gesichtscreme von Uschi Glas ist
Reinigungskraft). Die von Chernev durchgeführte empi- ein prägnantes Beispiel hierfür. Nach der Zertifizierung
rische Studie zeigt, dass die Produkteigenschaft für sich als „mangelhaft“ seitens der Stiftung Warentest hatte
betrachtet in der Einzeldarstellung immer positiver beur- die Creme trotz der prominenten Fürsprecherin keine
teilt wird als in der „All-in-one“-Option, auch wenn die Marktchancen mehr. Die Testberichte sind heute für die
Attributbeschreibung in beiden Varianten identisch ist. Konsumenten leicht verständlich und berücksichtigen
Eine weitere Methode zur Bestimmung von Qualitätsur- auch explizite Kundenwünsche (Abb. 144). Wir haben auf
teilen für Produkte mit unterschiedlichen Eigenschaften die Bedeutung dieser Informationsquelle schon mehr-
betrifft das „Conjoint Measurement“101. Das Conjoint mals in diesem Kapitel hingewiesen.
Neben diesen „professionellen“ Informationsquellen nut-
zen Konsumenten vermehrt die Erfahrungen anderer
101
Zur Nutzung der Conjoint-Analyse in diesem Zusammen- Konsumenten, wie das Hotel-Beispiel (Abb. 145) zeigt
hang siehe z. B. Teichert, Sattler und Völckner (2008), Völckner,
(siehe auch Domma, 2010). Das klassische Thema im
Sattler und Teichert (2008), Simonson (2008), Jedidi, Jagpal und
Ferjani (2009), Netzer und Srinivasan (2011), auch in Kombina-
tion mit Eye-tracking, siehe Meißner, Decker und Pfeiffer (2010) et al. (2012). Ein guter Überblicksartikel zur Präferenzmessung
oder in Kombination mit Bildstimuli, siehe Olsen, Kildegaard stammt von Netzer, Toubia et al. (2008).
C. Kognitive Prozesse 339

Abb. 144: Internetauftritt der


Zeitschrift Test der Stiftung
Warentest

Abb. 145: Kundenevaluationen im


Internet
340 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Marketing, die Bedeutung von Kundenempfehlungen, liert, die Welt rein naturwissenschaftlich erklären lässt.
hat durch das Internet und die hier möglichen neuen Nach Meinung von Wilson (1998), einem ihrer führen-
Verkaufsformen wie ebay etc. eine Renaissance und einen den Vertreter, lassen sich höherstufige Prinzipien, z. B.
neuen Forschungsboom ausgelöst (siehe zu Kundenemp- Konventionen in der Gesellschaft, auf fundamentalere
fehlungen z. B. Ward und Ostrom, 2006; Keiningham, Grundsätze, die in den Genen der Menschen verankert
Cooil et al., 2007; Helm, 2008; Popp und Woratschek, 2017 sind, zurückführen. Demnach liegen z. B. den kulturel-
sowie das Sammelwerk von Bruhn und Homburg, 2017, len Werten einer Gesellschaft genetische Veranlagungen
insbesondere zu der Frage, wann Online-Reviews als ihrer Mitglieder zugrunde. In der Evolution durchsetzen
hilfreich und vertrauenswürdig empfunden werden: werden sich nach Auffassung der Soziobiologie – nach
Filieri, 2015; Banerjee, Bhattacharya und Bose, 2017). dem Darwin’schen Prinzip – solche Werte, die eine bes-
sere Anpassung an die Umwelt erlauben.

V. Lernen von Informationen Die Verhaltensgenetiker analysieren die Beziehung zwi-


schen Genetik und Psychologie, d. h., sie versuchen, kau-
sale Beziehungen zwischen Vererbung und Verhalten zu
1. Lernen als Wechselwirkung zwischen Erbanlagen und
ergründen (Gerrig, 2016, S. 511).
Umwelt
In diesem Kapitel geht es um das Lernen und um Ge-
Viel Aufsehen erregt haben die Thesen von Thornhill
dächtnisprozesse. Die Theorien des Lernens sind zentrale
und Palmer (2000), die – knapp formuliert – behaupten,
Theorien zur Erklärung des menschlichen Verhaltens. Es
dass ein eventueller Hang zur Gewalt bei Männern in
ist deswegen verständlich, wenn gerade auf diesem ver-
den Genen verankert sei. Ihren Thesen zufolge ist Ge-
haltenswissenschaftlichen Gebiet die Auseinanderset-
walt eine in der Evolution begünstigte Spezialisation,
zungen um diese oder jene Theorie mit weltanschaulich
die den Männern einen Vorteil gegenüber friedfertigen
beeinflussten Argumenten geführt worden sind.
Konkurrenten eingebracht hat. Ebenso hat die Zwil-
Für die Verhaltenswissenschaften ist es keine Frage mehr, lings-Studie103 von Lykken und Tellegen (1996) Beach-
dass das menschliche Verhalten durch die Wechselwir- tung gefunden: In einer Langzeit-Zwillingsstudie haben
kungen von Erbanlagen und Umwelteinflüssen geprägt die Forscher herausgefunden, dass eine hohe Korrelation
wird. Gleichwohl gibt es bis heute eine Kontroverse da- (R2 = 0,8) hinsichtlich des Glücklichseins bei monozy-
rüber, welche Determinanten stärker sind: Die „Milieu- goten (eineiigen) Zwillingen besteht, wohingegen keine
theoretiker“ bestehen darauf, dass die Umwelteinflüsse Korrelation bei dizygoten (zweieiigen) Zwillingen fest-
eindeutig dominieren; die „Erbtheoretiker“ meinen, das gestellt werden konnte. Daraus wurde geschlossen, dass
Verhalten sei zum überwiegenden Teil vom genetischen Glücklichsein zumindest teilweise genetisch verankert
Erbgut der Menschen bestimmt. und damit erblich ist. Selbst beim Kaffeekonsum, so er-
Obwohl die Erbforschung aufgrund ihrer empirischen gab eine Vergleichsstudie von fast 4.500 monozygoten
Untersuchungen eine Vielzahl von weitgehend gesicher- und dizygoten Zwillingspaaren, zeigt sich ein moderater
ten Hypothesen erarbeitet hat, werden diese Forschungs- Erblichkeitswert, ausgelöst durch eine bestimmte Gen-
ergebnisse von den Milieutheoretikern oft ungern zur variante (Vink, Staphorsius und Boomsma, 2009, erklärt
Kenntnis genommen oder durch bloße Ad-hoc-Vermutun- in Gerrig, 2016, S. 75).
gen entkräftet. Aber auch viele Erbtheoretiker sind gern Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Bei-
bereit, die Erkenntnisse der Milieutheoretiker herunterzu- trag von Putrevu (2001), die die subjektive Wahrnehmung
spielen. Wie erbittert und emotional die Auseinanderset- aus der Sicht von Männern und Frauen im Bereich Mar-
zungen zwischen Milieutheoretikern und Erbtheoretikern
geführt wurden, hat Zimmer (1974) in der Zeitung „Die
ten und soziale Systeme von Menschen und anderen Spezies“
Zeit“ in einer damals populären Artikelserie beschrieben. befasst (Gerrig, 2016, S. 74).
Danach hatte der Streit merklich nachgelassen, vielleicht 103 „In Zwillingsstudien wird untersucht, in welchem Ausmaß

auch unter dem Eindruck des Zusammenbruches sozia- monozygote (MZ), das heißt eineiige, und dizygote (DZ), also
listischer Gesellschaftsordnungen 1989. zweieiige, Zwillingspaare einander in bestimmten Eigenschaf-
ten oder Verhaltensweisen ähneln…. MZ-Zwillinge haben eine
Die Soziobiologie102 – bzw. Evolutionspsychologie – ver-
größere genetische Schnittmenge als DZ-Zwillinge… Indem
tritt die Meinung, dass sich, etwas überspitzt formu- man feststellt, wie viel ähnlicher MZ-Zwillinge einander, ver-
glichen mit DZ-Zwillingen, hinsichtlich einer bestimmten Ei-
102Die Soziobiologie stellt einen Bereich der Forschung dar, genschaft sind, kann man die Erblichkeit abschätzen“ (Gerrig,
„der sich mit evolutionären Erklärungen für soziales Verhal- 2016, S. 75).

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C. Kognitive Prozesse 341

Vertiefungskasten: Vererbtes oder erworbenes Verhalten – A never ending story?

bedingte und schwer veränderliche Eigenarten der Men-


schen, insbesondere wenn sie Unterschiede des sozialen
Verhaltens und der sozialen Hierarchie begründen, passen
schlecht in dieses weltanschauliche Konzept.
Auf der anderen Seite neigen Personen mit konservativerer
Einstellung und Anhänger autokratischer Systeme dazu, die
Bedeutung der Erbanlagen für das menschliche Verhalten
herauszustellen und zu betonen. Auch hier ist das Interesse
offensichtlich: Bestehende politische Verhältnisse sollen mit
dem Hinweis auf die von Natur aus gegebenen Veranlagun-
gen der Menschen und die letztlich darauf zurückzufüh-
renden gesellschaftlichen Einrichtungen und Unterschiede
Fotoquelle: https://de.serlo.org/biologie/genetik-gentechnik/ gerechtfertigt werden. Die Ausstattung der gesellschaftli-
molekulargenetik/dna-ist chen Elite mit Privilegien kann dann als Ergebnis der erblich
bedingten sozialen Unterschiede interpretiert werden.
Die Blickverengung der Verfechter der extrem milieuthe- Angesichts neuerer Forschungsmethoden (beispielsweise
oretischen und extrem erbtheoretischen Positionen wird die Analyse von DNA-Strukturen) hat sich eine problembe-
man nicht zuletzt auf ideologische Haltungen zurückführen wusste Haltung durchgesetzt. Nachdem in den ersten Nach-
können, die dem einzelnen Wissenschaftler nicht bewusst kriegsjahrzehnten in Deutschland vor allem Umwelteinflüsse
zu sein brauchen, die aber als verbreitete Hintergrundwer- und Lernvorgänge die psychologische Forschung und vor
tungen in die wissenschaftliche Arbeit einfließen: allem das Interesse der Öffentlichkeit beschäftigten (das
ist u. a. auch als Reaktion auf die rassistischen Ideologien
Die Anhänger demokratischer und vor allem revolutionärer
im Nationalsozialismus zu verstehen), wird seit einiger Zeit
Weltanschauungen verteidigen die Meinung, das mensch-
wieder in zunehmendem Maße das Ererbte im Menschen
liche Verhalten sei in einem zwar beachtenswerten Umfang
berücksichtigt.
durch seine Erbanlagen bestimmt, im Übrigen aber durch
die Umwelt formbar. Das dahinter stehende Erkenntnisinte- Die vermittelnde Position unterstellt, dass das Erbgut den
resse liegt auf der Hand: Die sozialen Unterschiede werden Menschen mit einem Verhaltenspotenzial ausstattet, das
bei dieser Betrachtungsweise als Wirkungen von sozialen durch Lernprozesse entwickelt und ausgefüllt wird. Es geht
Einflüssen hingestellt, deren Beeinflussbarkeit es ermög- also nicht um „Erbe kontra Umwelt“, sondern um notwendige
lichen soll, derartige Unterschiede abzubauen und Gleich- und hinreichende Bedingungen menschlichen Verhaltens.
heit zwischen den Menschen herzustellen. Die Formbarkeit „Alles in allem kommen Forschende zunehmend überein,
des Menschen durch Lernen soll auch sicherstellen, dass dass sowohl Erblichkeit als auch Umwelteinflüsse eine ent-
für revolutionäre Gesellschaftsentwürfe „neue“, „bessere“ scheidende Rolle dabei spielen, das Verhalten eines Orga-
Menschen projektiert werden können. Natürliche, erblich nismus zu bestimmen“ (Gerrig, 2016, S. 76).

keting analysiert und biologische und soziale Gründe, Über die erbbedingte Verhaltensprägung im Konsumbe-
warum Männer und Frauen Informationen unterschied- reich liegen nur wenige Arbeiten vor104. Sonst wüssten wir
lich aufnehmen und verarbeiten, gegenüberstellt. Putre- vielleicht unter anderem, wie Kaufsucht entsteht (gibt es
vu entwirft am Ende ihres Artikels einige bemerkens- eine genetische Prädisposition auch für Kaufsucht?) oder
werte Implikationen für die Kommunikationspolitik. welche Persönlichkeitsmerkmale unsere Kaufneigungen
So empfiehlt sie beispielsweise, dass sich Botschaften steuern. Neben der bereits erwähnten „Kaffee-Studie“
an Männer auf wenige zentrale Informationen beziehen
und die Einzigartigkeit des Produktes in den Vorder- 104
In der Konsumentenforschung fanden sich in der Vergan-
grund stellen sollten, während die Informationen für genheit nur recht wenige Erkenntnisse der Evolutionspsycholo-
Frauen sehr viel wortreicher sein können. Heute kann gie. Eine der wenigen Ausnahmen stellt der Beitrag von Hirsch-
in Bezug auf die Frage, wie Werbung für Männer und man und Panther-Yates (2006) im „Handbook of Qualitative
Research Methods in Marketing“ dar, das von Belk heraus-
Frauen gestaltet werden sollte, eine Vielzahl von Veröf-
gegeben worden ist. Seit einigen Jahren Zeit erlebt das Thema
fentlichungen genannt werden. Einen guten Überblick aber eine höhere Beachtung, ausgelöst u. a. durch die Arbeiten
liefern u. a. Grau und Zotos (2016), die auch auf die ver- rund um das Forscherteam von Griskevicius (z. B. Griskevicius,
änderten Rollenbilder eingehen. Cantu und Van Vugt, 2012).
342 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

ist hier die Untersuchung von Simonson und Sela (2011) Bewusste und unbewusste Stimuli (Reize): Aus der
zu nennen, die das Zusammenspiel von Vererbung und Menge aller Reize bzw. Stimuli wirken auf den Menschen
Umwelteinflüssen deutlich macht: Ebenfalls mittels einer zwangsläufig nur solche, die er durch seine Sinnesorgane
klassischen Zwillingsstudie konnten die Autoren zeigen, aufnehmen kann.
dass Risikoneigung bzw. der Wunsch nach sicheren Ge- Bewusstes und unbewusstes (implizites Lernen): Hier
winnen eher erblich programmiert ist, während in Bezug ergibt sich erneut die Frage, ob von diesen Stimuli nur
auf die verwendeten Entscheidungs- und Beurteilungs- diejenigen wirksam sind, die der Mensch bewusst wahr-
heuristiken keine überzeugenden Übereinstimmungen nimmt und kognitiv verarbeitet, oder auch Stimuli, die
zwischen den Zwillingen gefunden werden konnten, was ohne Bewusstseinskontrolle aufgenommen werden
darauf schließen lässt, dass diese Regeln erst im Laufe des (nicht-bewusstes Lernen). Koch und Stahl (2017, S. 346)
Lebens individuell bzw. auf Basis von Umwelteinflüssen merken an, dass man bei Tieren die Frage gar nicht stellen
gelernt werden. würde, ob unbewusstes Lernen überhaupt möglich ist,
da Tiere nicht nach der Bewusstheit des Lernens befragt
2. Elemente des Lernprozesses werden können. Menschen dagegen schon. Sie erläutern,
Der Lernbegriff: Wenn wir die Vielzahl der Lernbegriffe dass der wissenschaftliche Diskurs über die Möglichkeit
betrachten, so schält sich ein begrifflicher Kern heraus, der des impliziten Lernens sehr kontrovers geführt wird.
weitgehend Zustimmung finden dürfte: Lernen wird als Viele Priming-Studien (siehe Kapitel Motivation) belegen
eine Veränderung des Verhaltens angesehen, die auf Erfah- z. B., dass unser Verhaltensrepertoire auch unbewusst
rung (Übung) beruht. Ein Individuum hat eine Situation erweitert werden kann, doch handelt es sich hierbei um
erlebt, also Erfahrungen mit dieser Situation gesammelt, eine überdauernde Änderung? Kann das (emotionale) Kon-
und reagiert dadurch künftig anders als vorher. Lernen ditionieren unbewusst erfolgen, bei der eine (affektive)
kann man demgemäß definieren als eine relativ dauerhaf- Reaktion von einem Reiz auf einen ursprünglich neu-
te Verhaltensänderung, die als Ergebnis von Erfahrungen tralen Reiz transferiert wird? Greenwald und De Houwer
eintritt. Davon abzugrenzen sind Verhaltensänderungen (2017) erklären, dass man bewusstes und unbewusstes
aufgrund von gewaltsamen Eingriffen in den Organis- Konditionieren voneinander trennen könne und plädie-
mus und biologisch bedingte Verhaltensänderungen, zum ren damit „unbewusstes Lernen“ zuzulassen. Dabei stellt
Beispiel Verhaltensänderungen nach Amputationen (auch sich auch die Frage, ob der Lernprozess oder das Lernresul-
eines Organs) oder nach biologischen Reifeprozessen. tat unbewusst sein müsse (oder beides?), damit von unbe-
Konstituierend für das Lernen ist also eine Umweltkons- wusstem Lernen gesprochen werden kann. Oder bezeich-
tellation, in der sich das Individuum befindet. Das Indivi- nen wir das Lernresultat als implizites Wissen, und wenn
duum nimmt die Reize (Stimuli, Signale, Informationen) ja, meinen wir damit vor allem nicht verbalisierbares
der Umwelt auf und verarbeitet sie. Es ist nun eine Frage Wissen (wie wir das in Abb. 117 getan haben) oder gene-
der Sprachregelung, ob man die beobachtbaren Verhal- relle Haltungen, Lebensgewohnheiten und automatisier-
tensänderungen, die auf diese Reizverarbeitung zurück- te Handlungsbereitschaften? Wiederum erklären manche
gehen, als Lernen bezeichnet oder den nicht beobachtba- Autoren (z. B. Hoffmann, 2016, S. 109), dass der Ausdruck
ren Prozess der Informationsverarbeitung, durch den das „Bewusstsein“ ein so heterogener Begriff sei, der sich
Lernen zustande kommt. Im letzteren Falle wird Lernen auf völlig unterschiedliche psychische Phänomene (z. B.
als ein intervenierender, psychischer Vorgang und die Wachheit, Gewahrwerdung von Sinnesempfindungen,
Verhaltensänderung als Folge dieses Vorgangs betrach- Gewahrsein der eigenen Person, Kontrollierbarkeit von
tet. Solche Definitionen des Lernens trennen demzufolge Gedanken und Handlungen) bezöge (Kiefer, 2017, S. 154),
Lernen und Ausführung („performance“): Lernen muss sodass der „neutralere, aber eben auch ausweichende
nicht unmittelbar zu Verhaltensänderungen führen, son- Ausdruck des impliziten“ Lernens vorzuziehen sei. Es
dern kann als veränderte Verhaltensmöglichkeit, als eine gibt somit viele Fragezeichen. Wir werden hier der De-
Erweiterung des individuellen Verhaltensrepertoires auf- finition von Koch und Stahl (2017) folgen:
gefasst werden. Davon ist die Umsetzung dieses Reper-
toires in tatsächliches Verhalten zu unterscheiden. „Implizites Lernen bezieht sich auf eine Lernsituation,
Aufgrund dieser Sicht des Lernvorganges lässt sich der in denen die Person Strukturen einer relativ komplexen
Reizumgebung lernt, ohne dies notwendigerweise zu be-
Lernbegriff breiter definieren.
absichtigen und in einer Weise, dass das resultierende
Wissen schwer zu verbalisieren ist“ (Koch und Stahl, 2017,
Lernen ist eine relativ überdauernde Änderung einer Ver-
S. 350).
haltensmöglichkeit aufgrund von Erfahrung oder Beob-
achtung.
C. Kognitive Prozesse 343

Die Konsumentenverhaltensforschung interessiert sich theoretischen Untersuchungen gerechtfertigt sein, von


für die Frage, wann wir solche Strukturen einer relativ makroskopischen und komplexen Verhaltenseinheiten
komplexen Reizumgebung lernen, ohne dies zu beab- auszugehen. Es ist jedoch problematisch, sich von die-
sichtigen. Hier kann erneut auf Abb. 74 hingewiesen sem Standpunkt durchgehend abhängig zu machen und
werden – als Beispiel für unbeabsichtigtes Lernen von die mikroskopische, auf elementare Verhaltenseinheiten
Händlermarken durch (wiederholte) unbewusste Wahr- und Verhaltenssequenzen gerichtete Betrachtungsweise
nehmung der Logos auf Einkaufstüten. Wir kommen auf beiseite zu schieben.
das implizite Lernen noch einmal zurück. Der Kauf eines Getränkes an einem Getränkeautomaten
Die Reize, die man als „ursächlich“ für die Auslösung zerfällt in mehrere gelernte Reiz-Reaktions-Beziehun-
einer Reaktion ansieht, können nicht losgelöst von der gen, die verschiedenen Verhaltensbereichen zuzuordnen
gesamten Reizsituation betrachtet werden, in der sie auf- sind, u. a. dem Bereich des verbalen Verhaltens (etwa das
treten. Die gesamte Reizmenge lässt sich aufteilen in: Verständnis der Gebrauchsanweisung des Automaten),
●● die dominanten, unmittelbar reaktionsauslösenden des emotionalen Verhaltens (etwa die affektive Reaktion
Reize, auf das Markensymbol Coca-Cola) oder des motorischen
●● die sonstigen, für das Verhalten (zunächst) nicht re- Verhaltens (Greifreaktion auf die Wahrnehmung des Pro-
levanten Reize, duktangebotes). Es spricht nach dem heutigen Stand der
●● den gesamten Reizkontext (Reizsituation im weitesten Lerntheorien viel dafür, dass die Prozesse in diesen ver-
Sinne). schiedenen Verhaltensbereichen bzw. Subsystemen des
Verhaltens unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten folgen.
Die Reizsituation können wir wiederum aus zwei ver-
Das bedeutet nicht, dass sie nicht (auch) als einheitliche
schiedenen Perspektiven betrachten: von den dargebote-
Verhaltensweisen erklärt werden können. Aber es be-
nen Reizen her oder vom reizaufnehmenden Organismus
deutet, dass es konkurrierende lerntheoretische Ansätze
bzw. Individuum her: Die Reaktion des Individuums auf
gibt und dass man – beim heutigen Stand der Lerntheorie
einen Reiz, z. B. auf ein Produkt, kann ganz unterschied-
– das Verhalten nur unvollständig nach einem einzigen
lich sein, je nachdem, wie es dargeboten wird – etwa
lerntheoretischen Ansatz erklären kann.
zusammen mit anderen Produkten, in einem ruhigen
Geschäft oder in einem überfüllten und lauten Selbst- Solange eine umfassende Lerntheorie fehlt, ist es deswe-
bedienungsladen – und wie empfänglich (aufmerksam) gen zweckmäßig, pragmatisch vorzugehen und sich nicht
der Organismus für diese Reize gerade ist. durch bestimmte methodologische Vorentscheidungen
– zum Beispiel über die mikroskopische oder makrosko-
Selbst relativ einfache Reiz-Reaktions-Folgen lassen sich
pische Abgrenzung von Reiz- und Reaktionseinheiten
aufgrund dieser Multivalenz eines Reizes in verschiede-
– zu binden. Pragmatisch vorgehen heißt:
nen Situationen nicht ohne Weiteres analysieren. Zu jeder
Beschreibung des Lernprozesses mithilfe von Reiz-Reak-
tions-Folgen gehört deswegen eine genauere Operatio- Zur Erklärung des Konsumentenverhaltens sind Bau-
nalisierung der verhaltensauslösenden Reize. Da oft nur steine aus verschiedenen Lerntheorien verknüpfbar, ins-
besondere aus den „Miniaturtheorien“, die wegen des
die dominanten, unmittelbar reaktionsauslösenden Reize
Versagens der großen Systeme heute in der Psychologie
beschrieben werden, muss man sich die implizit mitbe- vorherrschen und die ihren Geltungsbereich bewusst ein-
einflussende Reizsituation vergegenwärtigen, wenn man schränken.
Fehlinterpretationen vermeiden will.
Reaktionen: Die für die Untersuchung des Konsumen-
tenverhaltens relevanten Reaktionen sind ebenfalls äu-
ßerst komplexe Einheiten. Man denke nur an so komplexe
Verhaltensweisen wie den Besuch eines Restaurants. Eine von ihnen geforderten makroskopischen Betrachtungsweise
lassen sich auch sehr komplexe Konfigurationen von Reizen
solche Verhaltensweise besteht aus vielen einzelnen und
und Reaktionen als Einheiten der psychologischen Analyse
interdependenten Reaktionen, die von einer nicht mehr auffassen. Es ist nach ihrer Ansicht weder notwendig noch
zu überschaubaren und zudem noch zeitlich verteilten zweckmäßig, komplexe Einheiten des menschlichen Verhaltens
Menge von Stimuli ausgelöst werden105. Es kann bei lern- in elementare Wirkungsquanten aufzuspalten und sie mithilfe
von (elementaren) physikalischen oder physiologischen Maßen
abzugrenzen. Ein komplexer Akt des Verhaltens besitzt dieser
105
Die Komplexität der Reizkonstellationen und der von ih- Meinung zufolge eigene abgehobene Eigenschaften, die man
nen bewirkten Reaktionen kommt in dem von Tolman (1967) ohne Rückgriff auf die ihnen zugrunde liegenden muskulä-
und auch von Hull (1974) benutzten Begriff des makrosko- ren, endokrinen oder neuralen Prozesse identifizieren und
pischen oder molaren Verhaltens zum Ausdruck. Nach der beschreiben kann (Bower und Hilgard, 1984, S. 88).
344 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Die verschiedenen Lerntheorien liefern also Beiträge, die lichen Gesetzmäßigkeiten folgen. Eine theoretisch ge-
zur Erklärung des Verhaltens allein oft nicht ausreichen, schlossene Erklärung des Verhaltens über alle Subsys-
aber verbunden mit anderen theoretischen Ansätzen un- teme hinweg ist gegenwärtig noch nicht möglich. Man
verzichtbar sind106. wird sich deswegen mit partiellen Erklärungen begnügen
Intervenierende Variablen: Eine der unterschiedlichen und verschiedene lerntheoretische Ansätze berücksich-
methodologischen Vorentscheidungen in den lerntheore- tigen.
tischen Ansätzen bezieht sich auch auf die Einbeziehung Mögliche S-R-Verknüpfungen: Wir sprechen vereinfa-
von hypothetischen Konstrukten, also von intervenieren- chend von einem Stimulus und von einer Reaktion: Der
den Variablen. Die intervenierenden Variablen werden Stimulus repräsentiert eine als Wirkungseinheit auftre-
in den Lerntheorien in verschiedener Weise verwendet. tende Reizkonstellation und die Reaktion eine bestimm-
Sie werden: te, abgrenzbare Verhaltensweise (Reaktionsmenge).
(1) als Ergebnis eines Lernvorganges, also als eine in- Ein Individuum, das wiederholt einem bestimmten Sti-
terne Reaktion auf die Umweltreize interpretiert. So mulus ausgesetzt wird und daraufhin häufiger als vorher
werden nach Tolman (1967) Erwartungen gelernt – in einer bestimmten Weise reagiert, hat (nach unserer
das sind intervenierende Variablen – und von diesen Sprachregelung) gelernt. Was hat man aber nun unter
gelernten Erwartungen hängt dann das Verhalten ab. einem „bestimmten“ Stimulus und unter einer „be-
(2) als Einflussgrößen interpretiert, die das Zustande- stimmten“ Reaktion zu verstehen? Sind immer genau
kommen von Lernprozessen erklären helfen. Nach die gleichen Stimuli und Reaktionen gemeint? Kann es
Hull (1974) sind z. B. neben den beobachtbaren Stimuli auch sein, dass auf einen Stimulus in unterschiedlicher
noch Größen wie „Anreizmotivation“ oder „Gewohn- Weise reagiert wird und andererseits auf verschiedene
heitsstärke“ an der Auslösung von Reaktionen betei- Stimuli in der gleichen Weise? Diese Fragen sollen jetzt
ligt. Abweichend von (1) wird hier die Reaktion und beantwortet werden. Zu diesem Zweck versuchen wir,
nicht irgendein intervenierender Prozess als Ergebnis die für Lernen und Nicht-Lernen typischen S-R-Verknüp-
des Lernens angesehen. fungen zusammenzustellen (vgl. Abb. 146):
Im Gegensatz dazu leiten andere Lerntheorien das Ver- Die Gleichheit oder Unterschiedlichkeit von Reizen bzw.
halten unmittelbar als Reaktion auf beobachtbare Reize Reaktionen ist im Hinblick auf die zeitliche Abfolge defi-
ab. Sie beschränken sich also unter Verzicht auf zwi- niert. „Gleicher Reiz“ bedeutet, dass ein Reiz unverändert
schengeschaltete psychologische Konstrukte auf einstufi- wiederholt, also zu mindestens zwei Zeitpunkten ohne
ge S-R-Erklärungen des Verhaltens. Das ist beispielswei- Änderung dargeboten wird.
se das Vorgehen der Behavioristen, die in der Tradition Die Reiz-Reaktions-Beziehungen sind probabilistisch zu
von Skinner (1973b) stehen. Für sie ist das Verhalten eine verstehen. Das heißt, dass wir es im ersten Fall nicht mit
Funktion von externen Variablen. Für das Verständnis völlig festen S-R-Schaltungen (Reflexen) zu tun haben,
und die Anwendung der Lerntheorien ist die Kenntnis bei denen durch einen bestimmten Reiz immer und im-
dieser methodologischen Unterschiede unerlässlich107. mer nur die gleiche Reaktion ausgelöst wird, sondern
Fassen wir zusammen: Stimuli und Reaktionen sind äu- mit Wahrscheinlichkeitsschaltungen: Auf einen gleich-
ßerst komplexe Größen, die in externe beobachtbare und bleibenden Reiz folgt – nach einem Lernprozess – mit
interne psychische Größen eingeteilt werden können. einer größeren Wahrscheinlichkeit als vorher auch eine
Selbst für die Erklärung von klar abgrenzbaren Verhal- bestimmte, gleichbleibende Reaktion.
tensweisen – bspw. der Kauf eines Produktes –, die als Der erste Fall „gleicher Reiz → gleiche Reaktion“ ver-
eigenständige Untersuchungsobjekte in Frage kommen, körpert das typische Ergebnis eines Lernprozesses. Auf
ist es möglicherweise zweckmäßig, einzelne Subsysteme einen bestimmten Reiz erfolgt auch eine bestimmte Re-
von Reiz-Reaktions-Beziehungen zu unterscheiden, da aktion.
die Lernprozesse in diesen Subsystemen unterschied-
Reiz Reaktion
106 Vgl. dazu Lefrancois (2006): Da es zahlreiche Arten mensch-
lichen Lernens gibt, besteht auch ein Bedürfnis nach einer
1. Fall gleich gleich
großen Anzahl verschiedener Erklärungen.
107
Als Beispiele für die Verknüpfung mehrerer lerntheoreti- 2. Fall gleich unterschiedlich
scher Ansätze zur Erklärung von erworbenen Verhaltenswei- 3. Fall unterschiedlich gleich
sen vgl. die Theorie des sozialen Lernens von Bandura (1977) 4. Fall unterschiedlich unterschiedlich
und die Umrisse einer integrativen Lerntheorie sozialen Ver-
haltens von Wiswede (1988, 1991, S. 114 ff.). Abb. 146: Mögliche Reiz-Reaktions-Verknüpfungen
C. Kognitive Prozesse 345

Im Gegensatz dazu stehen die Fälle 2 und 3. Die im 3. Fall Generalisierung: Das Lernen wäre nun ein wenig zweck-
genannte S-R-Verknüpfung „unterschiedlicher Reiz → mäßiger Anpassungsmechanismus, wenn immer nur die
gleiche Reaktion“ bedeutet, dass das Individuum noch gleichen Reize eine bestimmte Reaktion auslösen würden
nicht in der Lage ist, auf unterschiedliche Reize in einer und wenn nur wenig abweichende, ähnliche Reize vom
spezifischen, also der Reizkonstellation angepassten Individuum jeweils als eine neue Reizkonstellation ver-
Weise zu reagieren. standen würden. Eine Person, die gelernt hat, vor weißen
Beispiel Computerprobleme: Ein Computerlaie hat nicht Mäusen Angst zu haben (zu fliehen), wird meistens auch
gelernt zu unterscheiden, ob Software- oder Hardware- dann Angst haben, wenn sie Mäusen mit einer anderen
probleme ursächlich für die Störung sind. Er kann unter- Fellfarbe oder ähnlich aussehenden Tieren begegnet. Sie
schiedliche Reizkonstellationen (Hardwareproblem vs. reagiert also auf ähnliche Reize in der gleichen Weise.
Softwareproblem) nicht unterscheiden. Der Laie reagiert Eine analoge Bedeutung kann auch die Ähnlichkeit von
auf beide Reizkonstellationen gleich: Er ist verärgert, da Reaktionen haben: Auf einen gleichbleibenden Reiz wird
der Computer nicht funktioniert. Ein versierterer Com- nicht immer in der gleichen Weise, sondern auf ähnliche
puternutzer hingegen hat gelernt zu unterscheiden, ob Weise reagiert. Diese Erscheinungen nennt man Genera-
die auftretende Störung in der Software oder in der lisierung. Wir unterscheiden:
Hardware begründet liegt, und kann in angemessener Fall 1: Stimulusgeneralisierung: ähnliche Reize → gleiche
Weise (Lösung des Softwareproblems vs. Lösung des Reaktion
Hardwareproblems) auf die auftretende Reizkonstella- Fall 2: Reaktionsgeneralisierung: gleicher Reiz → ähn-
tion reagieren. liche Reaktion
Korrespondierend dazu ist auch Fall 2 zu sehen. Hier Über die Reaktionsgeneralisierung gibt es verhältnismä-
verknüpft das Individuum mit gleichen Reizen jeweils ßig wenige Untersuchungen. Unser Interesse gilt in erster
unterschiedliche Reaktionen und verhält sich damit Linie der Reizgeneralisierung, die auch für die Erklärung
ebenfalls nicht situationsspezifisch. des Konsumentenverhaltens wesentlich ist.
Beispiel: Ein Kleinkind, das ein Glas Milch vor sich hat, Bei der Reizgeneralisierung wird auf ähnliche Reize so
reagiert auf diese Reizkonstellation möglicherweise von reagiert, als ob es sich um die gleichen Reize handele.
Fall zu Fall in unterschiedlicher Weise, wenn es noch Das heißt, die Bedeutung eines Reizes wird verallgemei-
nicht gelernt hat, Milch aus dem Glas zu trinken: Einmal nert (generalisiert) und auf andere Reize übertragen. Auf
steckt das Kleinkind den Finger in die Milch, ein anderes ähnliche Produkte wird reagiert, als ob es sich um das
Mal wirft es das Glas um und ein weiteres Mal trinkt es gleiche Produkt handelt, auf inhaltlich oder vom Klang
die Milch. Das (ungelernte) Kleinkind reagiert auf die her ähnliche Wörter, zum Beispiel Firmennamen, wird
gleiche Reizkonstellation mit verschiedenen Reaktionen. reagiert, als ob es sich um das gleiche Wort handelt, auf
Die zweite und die dritte Art von Reiz-Reaktions-Ver- ähnliche Kaufsituationen (z. B. auf einen Verkäufer im
knüpfungen verweisen demzufolge darauf, dass Lernen Urlaub, der an zu Hause erinnert) wird reagiert, als ob
als situationsbedingtes Anpassungsverhalten noch nicht es sich um die gleiche Kaufsituation handelt usw. Den
stattgefunden hat. Begriff der Ähnlichkeit können wir dabei formal wie
Abb. 146 gibt nur die dichotomen Ausprägungen „gleich folgt verdeutlichen:
– unterschiedlich“ an. In Wirklichkeit haben wir mit ei- Wir haben eine Stimulusmenge S1 und eine Stimulusmen-
nem Kontinuum von Reizen und Reaktionen zu rechnen, ge S2. Ähnlichkeit liegt vor, wenn beide Stimulusmengen
in dem Gleichheit und Unterschiedlichkeit Extrempunk- gleiche Elemente enthalten, also wenn die Schnittmenge
te sind. Für die Erklärung von Lernvorgängen sind vor S1 → S2 nicht leer ist. Sollen S1 und S2 die gleiche Reak-
allem die Bereiche des Kontinuums beachtenswert, die tion auslösen, so muss die Schnittmenge S1 → S2 eine
ein Mehr oder Weniger von Gleichheit anzeigen. Diese Mindestgröße aufweisen (Mindestähnlichkeit der Reize).
Relation des mehr oder weniger Gleichseins wird als Beispiel: Reagiert ein Konsument auf die Wahrnehmung
Ähnlichkeit definiert. Produkte sind beispielsweise ähn- des Reizes S1 (z. B. Hohes-C-Orangensaftflasche) bereits
liche Reize, wenn sie mehr oder weniger gleiche Farben, mit einer bestimmten Reaktion R (z. B. Durst oder Kauf),
Größen usw. haben. so besagt eine Generalisierung, dass bei genügend gro-
Der vierte Fall schließlich zeigt einen Lernvorgang, bei ßer Ähnlichkeit eines anderen Reizes S2 (z. B. eine Oran-
dem das Individuum gelernt hat, auf unterschiedliche gensaft-Flasche einer anderen Marke) mit S1 die gleiche
Reize differenziert zu reagieren. So wählt es beispiels- Reaktion (Durst oder Kauf) erfolgt.
weise das Fischmesser bei Fischgerichten und das Steak- Ein für die Erklärung des Konsumentenverhaltens beson-
messer bei Fleischgerichten. ders aufschlussreiches Beispiel für die Reizgeneralisie-

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346 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 147: Co-Branding Beispiele

rung ist die Nachahmung von erfolgreichen Produkten. der stärkeren Marke durch Übertragung der Präferenz
Will ein Unternehmer mit neuen Produkten ein auf dem profitieren.
Markt erfolgreiches Produkt nachahmen, so läuft das, Reizgeneralisierung kann grundsätzlich auch in nega-
lerntheoretisch gesehen, im Allgemeinen darauf hinaus, tiven Situationen auftreten. Die negative Publicity über
eine Reizgeneralisierung vonseiten der Konsumenten eine Marke überträgt sich auf eine andere (Dahlen und
für die Absatzpolitik auszunutzen: Die Konsumenten Lange, 2006).
sollen auf das neue Produkt in der gleichen Weise reagie-
ren wie auf das bisher erfolgreiche Konkurrenzprodukt. Ebenfalls beachtenswert ist der Zusammenhang von
Voraussetzung dazu ist eine hinreichende Ähnlichkeit Reizgeneralisierung und Übungstransfer. Unter Übungs-
zwischen den Produkten, damit die Verknüpfung „ähnli- transfer (positivem Transfer) versteht man die Erleichte-
che Reize → gleiche Reaktion“ erreicht wird. Gelingt das, rung eines neuen Lernprozesses durch Erfahrungen, die
so müssen nicht erst neue Lernprozesse in Gang gesetzt das Individuum bereits in anderen Lernprozessen unter
und neue Reiz-Reaktions-Verbindungen aufgebaut wer- ähnlichen Bedingungen gesammelt hat. Dieser Trans-
den: Die bereits gelernten und vorhandenen Reiz-Reak- fer kommt vor allem durch Generalisierung zustande
tions-Verbindungen aufseiten der Konsumenten, nämlich (Foppa, 1975, S. 236 ff.; vgl. auch Alba, Hutchinson und
das gelernte Kaufverhalten bezüglich des erfolgreichen Lynch, 1991).
Produktes, werden durch Generalisierung auf das neue Wir haben schließlich noch eine weitere S-R-Verknüp-
Produkt übertragen. fung zu beschreiben, die wir oben mit der Merkformel
Diese Verhaltensweise erklärt auch den Erfolg einer Pro- „unterschiedliche Reize → unterschiedliche Reaktion“
duktlinienpolitik (Beispiel: Zusätzlich zu einer Seife wird belegt haben. Dieser Ausdruck ist eine sprachliche Ver-
ein Deo mit ähnlicher Aufmachung angeboten) oder die einfachung, u. a. deswegen, weil er ein Kürzel für einen
akquisitorische Wirkung bekannter Namen wie Pierre mehrstufigen Vorgang ist und letztlich wieder auf Fall 1
Cardin, die in Lizenz für eine Vielzahl von Produkten reduziert werden kann.
benutzt werden (Schiffman und Kanuk, 2007). Reizgene- Die Verknüpfung „unterschiedlich → unterschiedlich“
ralisierung ist demzufolge eine wesentliche Ursache für soll zum Ausdruck bringen, dass das Individuum lernt,
die Präferenzbildung: innerhalb einer Menge von Reizen (Reizkonstellatio-
nen), denen es ausgesetzt ist und die es zunächst nicht
Der Konsument überträgt Präferenzen, die er erworben differenziert, sondern wie einen gleichbleibenden Reiz
hat, auf andere Produkte, die den präferierten Produkten aufnimmt, immer feiner zu unterscheiden. Entsprechend
ähnlich sind. dieser Reizunterscheidung reagiert es dann auch unter-
schiedlich. Diesen Vorgang nennt man Reizdiskrimina-
Bei der Ähnlichkeit zwischen Produkten geht es selbst- tion (Reizdiskriminierung, Reizdifferenzierung).
verständlich um eine wahrgenommene Ähnlichkeit: Das Reizdiskriminierung kann man als einen zur Reizgene-
eine Produkt muss als dem anderen ähnlich wahrge- ralisierung komplementären Vorgang ansehen. Beide zu-
nommen werden. sammen bestimmen die Auffächerung und Abgrenzung
Auch das Co-Branding (Abb. 147) kann über Reizgenera- der Reize in ähnliche Reize (Generalisierung: Auf diese
lisierung erklärt werden. Sind beide Marken stark, wird Reize folgt die gleiche Reaktion) und unterschiedliche
auch das neue Produkt wertgeschätzt. Ist eine Marke Reize (Diskriminierung: Auf diese Reize folgen unter-
stärker als die andere, dann kann die schwächere von schiedliche Reaktionen). Die Fähigkeit zur Unterschei-
C. Kognitive Prozesse 347

dung von Reizen ist also eine wichtige Voraussetzung für


den Aufbau eines differenzierten Verhaltensrepertoires:
Erst wenn ein Individuum die Situationen, in die es
kommt, auseinanderhalten kann und die Reizkonstella-
tion zu unterscheiden weiß, wird es in die Lage versetzt,
in einer für die jeweilige Reizkonstellation spezifischen
Weise zu reagieren.
Die Diskriminierung zwischen zwei Reizen ist das Er-
gebnis eines Lernprozesses. Man unterscheidet in den
Lerntheorien zwischen zwei Formen: Das Individuum
lernt entweder nur, die Bedeutung zweier Stimuli ausein-
anderzuhalten, oder es lernt, mit zwei verschiedenen Sti-
Abb. 148: Gesichtsdifferenzierung durch Maschinenlernen bei
muli auch zwei verschiedene Reaktionen zu verknüpfen.
Facebook (Quelle: Manhart, 2018)
Für die Reizdiskriminierung kann man den klassischen
„Bananen-Fall“ zitieren: In der Wahrnehmung deutscher Nervenzellen sind Gegenstand der neurobiologischen
Konsumenten waren Bananen gleich Bananen. Inner- (neurophysiologischen) Theorien. Die größeren Einheiten
halb dieser Produktklasse wurde nicht nach bestimmten – komplexe Verhaltensweisen wie der Kauf eines Pro-
Züchtungen bzw. Herstellern unterschieden. Dadurch duktes – sind Gegenstand psychologischer Lerntheorien.
fehlte die Voraussetzung für Hersteller und Händler,
Weiterhin ist es möglich, nach dem Lernen von Menschen
gezielt für bestimmte Bananenarten zu werben und die
und dem Lernen von anderen intelligenten Systemen
Konsumenten zum Kauf ganz bestimmter Sorten anzu-
(z. B. Maschinen) zu unterscheiden. Maschinelles Ler-
regen. Das änderte sich erst, als man anfing, die Bana-
nen ist der Erwerb neuen Wissens durch ein künstliches
nen durch differenzierende Stimuli, wie Markenzeichen
System. „Der Computer generiert analog wie ein Mensch
(-aufkleber), etwa für Chiquita-Bananen, unterscheidbar
selbstständig Wissen aus Erfahrung und kann eigenstän-
zu machen. Unterstützt wurde diese Differenzierung
dig Lösungen für neue und unbekannte Probleme finden.
durch Werbung, Angebotspräsentation usw. Es wurden
Dazu analysiert ein Computerprogramm Beispiele und
Lernprozesse bei den Konsumenten in Gang gebracht, mit
versucht mit Hilfe selbstlernender Algorithmen, in den
dem Ziel, dass sie eine Bananensorte von einer anderen
Daten bestimmte Muster und Gesetzmäßigkeiten zu er-
unterscheiden und auch bevorzugen sollten. Ein aktuel-
kennen. Das Ziel von „Machine learning“ ist es, Daten
leres Beispiel stellt der Energiemarkt dar. Hier haben die
intelligent miteinander zu verknüpfen, Zusammenhänge
Verbraucher gelernt, dass Strom „gelb“ ist („Yello-Strom“).
zu erkennen, Rückschlüsse zu ziehen und Vorhersagen
Reizgeneralisierung108 und Reizdiskriminierung sind für zu treffen“ (Manhart, 2018). Somit kann ein Computer
das Marketing somit zwei sehr bedeutsame Lernmecha- lernen und z. B. Menschen und Objekte voneinander dif-
nismen. Beide Formen spielen auch bei den klassischen ferenzieren. Ein typisches Beispiel ist die automatische
Lerntheorien der klassischen und operanten Konditio- Gesichtserkennung bei Facebook (siehe Abb. 148).
nierung, mit denen wir uns im nächsten Kapitel beschäf-
Von den „anderen“ (nicht psychologischen) Forschungs-
tigen, eine wichtige Rolle (Koch und Stahl, 2017).
richtungen dürfte die neurobiologische Richtung die
größte Bedeutung für die Erklärung von Lernprozessen
3. Überblick über Lerntheorien
haben. Da wir uns in den nachfolgenden Kapiteln auf die
Es ist schwierig, das menschliche Verhalten mit wenigen psychologischen Ansätze beschränken, geben wir vorab
allgemeinen (Lern-)Theorien zu erklären. Man kann die einige Hinweise auf die neurobiologische Lernforschung.
lerntheoretische Forschung grob einteilen in eine empi-
rische – überwiegend experimentelle – und eine modell- Neurobiologische Theorien:
theoretische Richtung. Eine andere Gliederung geht von Die neurobiologischen Theorien (Klinke, Pape et al., 2010)
der Komplexität der untersuchten Reiz- und Reaktions- beschäftigen sich vor allem mit den bioelektrischen Ak-
einheiten aus: Die kleinsten Einheiten auf der Ebene von tivitäten und biochemischen Veränderungen, die sich
im zentralen Nervensystem während des Lernens ab-
108
Monga und Hsu (2018) machen darauf aufmerksam, dass spielen109. Studien von Davis, Love und Preston (2012)
auch der Denkstil (holistisch oder analytisch) beeinflussen
kann, ob Generalisierungslernen wahrscheinlich ist, und ge-
hen davon aus, dass holistische Denker eher dazu neigen und 109 Sie gehören in den Bereich der biologischen oder physiolo-

entsprechend z. B. Markenerweiterungen akzeptieren. gischen Psychologie. Einführende und grundlegende Beiträge


348 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

untersuchen beispielsweise, welche Gehirnareale beim In der neueren Literatur wird immer stärker versucht,
Kategorisieren aktiviert werden. Koch und Stahl (2017, Erkenntnisse aus der neurobiologischen Disziplin für die
S. 320) machen darauf aufmerksam, dass die „neuronale Erklärung menschlichen Lernens heranzuziehen. Neu-
Verschachtelung der an der Konditionierung beteiligten rowissenschaft und Kognitionspsychologie sind näher
Nervenzellen“ mittlerweile gut erforscht ist. aneinandergerückt, wodurch noch weitere zahlreiche
Die grundlegende Erkenntnis ist: neue Befunde zu erwarten sind (Koch und Stahl, 2017).
Auch die Konsumentenverhaltensforschung (wie in
Dem Lernen und dem Gedächtnis liegen grundlegen- den vorangegangenen Abschnitten dieses Teils mehr-
de Änderungen in den Nervenzellen und den Synapsen fach ausgeführt) zeigt sich gegenüber den neurobio-
zugrunde. Aus neurobiologischer Sicht ist Lernen eine logischen Messmethoden und ihren Erkenntnissen
Veränderung der Stärke der synaptischen Verbindungen für die menschliche Informationsverarbeitung sehr
zwischen Nervenzellen. aufgeschlossen (z. B. Plassmann, Ambler et al., 2007;
Neuroplastizität bedeutet, dass das Gehirn in der Lage Ariely und Berns, 2010; Venkatraman, Dimoka et al.
ist, sich den Bedingungen und Gegebenheiten der Um- 2015; Häusel, 2012)111. Als Klassiker-Studie im Marke-
gebung zeitlebens anzupassen. ting gilt die Cola-Studie von McClure, Li et al. (2004),
die herausfanden, dass es weniger eine Frage des Ge-
Durch den Informationsaustausch der Neuronen (Ner- schmacks, sondern vor allem des Wissens ist, welche
veneinheiten) untereinander können dauerhafte Verän- Marke bevorzugt wird, oder anders ausgedrückt: Das
derungen im Gehirn herbeigeführt werden. Die Expe- Image der Marke bestimmt die Präferenz. Die Autoren
rimentelle Neurophysiologie beschäftigt sich mit der fragten zunächst ihre Probanden, welches Colagetränk
Frage, wann und inwiefern die Neuronen im erwachse- sie bevorzugten. Dann gaben sie den Teilnehmern Coca-
nen Gehirn Veränderungsprozessen unterworfen sind. Cola bzw. Pepsi zu trinken, mal mit, mal ohne vorherige
Diese Veränderungen werden als neuronale Reorgani- Einblendung des Markennamens. Mittels funktioneller
sation bezeichnet. Neuronale Reorganisationsprozesse Magnetresonanztomografie (fMRT) konnten sie die Hir-
können nach Verletzungen im Gehirn, z. B. durch einen naktivität der Probanden kontrollieren. Die Forscher
Schlaganfall, oder durch Verletzungen der sensorischen konnten vergleichen, welche Hirnareale der Proban-
Aufnahmestrukturen (z. B. durch Amputationen oder den aktiviert waren, wenn allein der Geschmackssinn
Nervdurchtrennungen) auftreten. So geht man davon für die Beurteilung des Getränks genutzt wurde, und
aus, dass der Hippocampus das „Tor zum Gedächtnis“ welche durchblutet wurden, wenn ihnen zusätzlich die
darstellt, und dass nach Läsionen (Gehirnverletzungen) Markeninformation zur Verfügung stand. Das Marken-
in hippocampalen Arealen das räumliche Lernen, die wisssen hatte einen deutlichen Effekt auf die Präferenz
Geruchsunterscheidungsfähigkeit, das Erlernen von und erzeugte im Fall Coca-Cola signifikant erhöhte
zeitlichen Zusammenhängen und auch die klassische Gehirnaktivitäten in verschiedenen Bereichen. Anders
Konditionierung beeinträchtigt werden. Aber nicht nur ausgedrückt: Das Wissen, dass man Coca-Cola trinkt,
Verletzungen führen zu Reorganisationsprozessen, son- führt erst zum Genuss.
dern auch jeder Lernprozess verändert die funktiona- Venkatraman, Dimoka et al. (2015) geben einen guten
le Struktur von Nervensystemen. Im Vordergrund der Überblick, wie durch biometrische Verfahren (EDR,
Forschung steht der Nachweis von Gedächtnisspuren Herzschlag etc.), Eye-Tracking, EEG und fMRT für das
und Aktivitäten im Gehirn. So wird beispielsweise ange- Marketing so wichtige Konstrukte wie Aufmerksamkeit,
nommen, dass die sogenannten „Spiegelneuronen“ eine Begehrlichkeit, Emotion, Aktivierung und auch Gedächt-
wichtige Rolle beim Imitationslernen spielen (Rizzolatti, nisprozesse gemessen werden können. Danach spielt
2005; Rieger und Wenke, 2017, S. 787)110. beim Einprägen (also beim Lernen), beispielsweise auch
von Werbebotschaften, insbesondere der Hippocam-
zur Gehirnforschung stammen z. B. von Roth (z. B. „Fühlen, pus eine Rolle. Der Hippocampus gilt als Schaltstelle
Denken, Handeln“, 2003). zwischen dem Arbeits- und dem Langzeitgedächtnis,
110
Das Spiegelneuron ist eine Nervenzelle, die beim Betrach- und hier können zeitlebens neue Nervenzellen gebildet
ten eines Vorgangs das gleiche Aktivitätsmuster aufweist, das werden.
entstünde, wenn dieser Vorgang nicht bloß (passiv) betrachtet,
sondern selbst (aktiv) durchgeführt würde. Interessant ist in die- Daugherty, Hoffman und Kennedy (2016) machen in ih-
sem Zusammenhang auch eine Studie von Gazzola, Rizzolatti rem Aufsatz „Research in Reverse“ darauf aufmerksam,
et  al. (2007), die zeigen, dass die Spiegelneuronen nicht nur
aktiv werden, wenn wir andere Menschen beobachten, sondern 111Häusel (2012) gibt einen sehr guten Überblick über die Fol-
auch, wenn wir Roboter betrachten. gerungen für die Marketingpraxis.
C. Kognitive Prozesse 349

dass die neurobiologische Forschung oftmals bedingt, (e) und schließlich das organisationale Lernen als For-
dass man sich von der klassischen deduktiven Vorge- schungsrichtung.
hensweise in der Werbewirkungsforschung lösen müsse. Das Lernen von Organisationen stellt ein spannendes
So könne man hier nicht wie üblich Hypothesen ableiten, Forschungsfeld dar, die Diskussion dieses Forschungs-
operationalisieren und mittels Studien prüfen, ob sich feldes sollte jedoch weniger in einem Fachbuch zum Kon-
die Hypothese bestätigen lässt, sondern hier müsse man sumentenverhalten, sondern in einem Werk zur Organi-
die Probanden mit Werbung konfrontieren, von der man sationslehre aufgeführt werden. Konstruktivismus und
wisse, dass sie sehr erfolgreich war, und dann ermit- Piagets Theorie haben weitreichende Konsequenzen für
teln, welche Gehirnareale besonders aktiviert wurden die Entwicklungspsychologie und Pädagogik und sollten
(induktiver Weg). daher vor allem in diesen Disziplinen behandelt wer-
Psychologische Theorien: den. Im Marketing ist besonders interessant, wie Kon-
Wir können im Prinzip bei den Lerntheorien verschie- sumenten neue Produkte (bzw. Produkteigenschaften)
dene Hauptzweige ausmachen: oder Markennamen lernen, Werbebotschaften erinnern,
Einstellungen ändern etc. In erster Linie interessiert in
(a) eine behavioristische Sichtweise des Lernens
diesem Abschnitt also, wann und wie externe Stimuli
(b) eine kognitivistische Sichtweise des Lernens
gelernt werden. Wir fokussieren uns im Folgenden vor
(c) eine konstruktivistische Sichtweise des Lernens (Ler-
allem auf:
nen als selbstgesteuerter Prozess; Gluck, Mercado
und Myers, 2010). Grundsätzlich geht diese Theo- (a) die behavioristischen Lerntheorien, die das beob-
rie davon aus, dass nicht nur kognitive Fähigkeiten, achtbare Verhalten in den Vordergrund des Lern-
sondern auch soziale Faktoren und die subjektive prozesses stellen und das Lernen vor allem über das
Wahrnehmung das Lernen beeinflussen. Die lernen- Konditionierungsparadigma erklären (wir behandeln
de Person macht sich somit ein eigenes inneres Bild die sogenannten S-R-Theorien bzw. S-S-Theorien)
von der Welt bzw. erschafft sich eine individuelle (b) und die kognitivistischen Lerntheorien, bei welchen
Repräsentation. Im Mittelpunkt des Lernprozesses die inneren psychischen Prozesse in die Modelle des
stehen also weniger externe Stimuli, Belohnungen Lernprozesses eingebunden werden. Zu dieser Per-
und Bestrafungen (wie bei der operanten Konditi- spektive zählen wir auch die komplexeren Lernthe-
onierung), sondern der Lernprozess hängt von der orien. Eine komplexe Theorie ist etwa das „Lernen
spezifischen lernenden Person und den von ihr ge- am Modell“ nach Bandura (1977): Menschen lernen
machten Erfahrungen ab. Im Sinne des Konstrukti- nicht nur durch das Ausführen eigener Handlungen
vismus lernt der Mensch am effektivsten, wenn er und die daraus resultierenden Erfahrungen (bzw.
den Lernprozess selbst steuern kann (er also nicht positiven oder negativen Verstärkungen), sondern
gesteuert wird). Anders ausgedrückt: Der Lernende auch durch das Beobachten der Handlungen anderer
ist stets selbst aktiv und Wissen kann nur individuell Personen. Unter bestimmten Umständen kann das
selbst konstruiert werden. „Lernen am Modell“ dazu führen, dass das beobach-
(d) eine nach dem Psychologen Jean Piaget (z. B. 1976) tete Verhalten direkt imitiert wird (Spada, Rummel
begründete Sichtweise, die eine permanente geis- und Ernst, 2006). Ein Beispiel aus der Konsumenten-
tige Entwicklung vorsieht (Scharlau, 2007). Piaget verhaltensforschung zeigt das Feldexperiment von
widerspricht der Idee des Behaviorismus, dass nur Cai, Chen und Fang (2009). Die Autoren informierten
durch Reiz-Reaktionsverbindungen Wissen antrai- Konsumenten über die fünf beliebtesten Gerichte in
niert werden könne. Piaget geht in seiner Theorie einem Restaurant und stellten fest, dass die Nach-
der kognitiven Entwicklung davon aus, dass sich frage nach diesen Gerichten um 13 bis 20 Prozent
der Mensch an seine Umgebung adaptiert, indem er anstieg. Die Autoren erklären diesen Effekt u. a. mit
bisherige kognitive Schemata an die neue Situation der Theorie des Beobachtungslernens.
anpasst. Die Adaptation gelingt dem Individuum, Zu (a) behavioristische Lerntheorien: Die Konditionie-
da es im Laufe des Lebens systematischer, abstrakter rungs-Theorien betrachten das Verhalten (die Reaktio-
denkender und flexibler wird. Die Anpassung der nen) als eine Folge von Reizkonstellationen, denen das
vorhandenen Schemata an eine aktuelle Situation Individuum in seiner Umwelt ausgesetzt ist.
erfolgt über Assimilation und Akkommodation: Das
Individuum kann einerseits versuchen, die Umwelt Zu (b): Behrens (1991, S. 261, 280) weist mit Recht darauf
an die eigenen Bedürfnisse anzupassen (Assimilati- hin, dass die Konditionierungs-Theorien zur Erklärung
on) oder das eigene Verhalten an die Umwelt (Akko- des Konsumentenverhaltens nicht ausreichen. Kondi-
modation). tionierungslernen wird als eine Anpassung an die Um-
350 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

welt aufgefasst, d. h., es erfolgt eine Außensteuerung des (b) das Lernen als Ergebnis der Verstärkung, die eine
Menschen durch Reize. Kognitives Lernen wird dagegen Reaktion erfährt (Verstärkungsprinzip)
als Gestaltung der Umwelt verstanden, bei der Menschen (c) Konditionierungen höherer Ordnung sowie Misch-
eine planvolle Innensteuerung vornehmen (Edelmann und formen112.
Wittmann, 2012, S. 209). Die Lernmechanismen durch Lernen nach dem Kontiguitätsprinzip113: Eine funda-
Innensteuerung werden aufgrund ihres relativ hohen mentale Theorie, die das Lernen nach dem Kontiguitäts-
Komplexitätsniveaus als elaborierte kognitive Lernme- prinzip erklärt, ist die Theorie der klassischen Konditio-
chanismen bezeichnet. Das Individuum wird durch ge- nierung von Pawlow: Wird ein neutraler Reiz – das ist ein
dankliche Einsicht dazu befähigt, neue Verhaltensweisen Reiz, der für das Individuum zunächst keine Bedeutung
zu erwerben. hat und keine Reaktion auslöst – eine Zeit lang zusam-
Als Repräsentanten und Begründer der Konditionie- men mit einem unbedingten Reiz – das ist ein Reiz, der
rungstheorien sind Hull, Pawlow und Skinner zu nen- aufgrund angeborener Reiz-Reaktions-Verknüpfungen
nen, als klassischer Repräsentant der kognitiven The- eine „unbedingte“ Reaktion auslöst – dargeboten, so löst
orien Tolman (siehe Gerrig, 2016, S. 202 ff.). Sowohl die schließlich auch der ursprünglich neutrale Reiz diese
kognitiven Theorien als auch die Konditionierungsthe- Reaktion aus. Das Individuum hat dann gelernt, auf den
orien tragen dazu bei, das verbale und bildliche Lernen ursprünglich neutralen Reiz zu reagieren: Der Reiz wur-
zu erklären. Die Theorien des verbalen und bildlichen de konditioniert.
Lernens werden in diesem Buch jedoch als eigenständige Dieser Lernprozess kann – wie bereits angesprochen –
Gruppe von Theorien aufgeführt, weil das Lernen von an dem berühmten Hunde-Experiment von Pawlow
verbalem und bildlichem Material besondere Merkmale demonstriert werden: Auf die Darbietung von Futter
aufweist. Im Folgenden werden die wichtigsten Lernthe- sondert ein Hund Speichel ab. Das ist eine unbedingte –
orien wiedergegeben. angeborene – Reaktion bzw. ein unkonditionierter Reflex.
Wird nun das Futter wiederholt mit einem neutralen Reiz
4. Lernen durch Konditionierung
kombiniert, etwa mit einem Glockenton, so sondert der
Wenn man ohne Zusatz von den „klassischen“ Lernthe- Hund nach einiger Zeit auch dann Speichel ab, wenn nur
orien spricht, so meinte man in der Vergangenheit im der Ton dargeboten wird (siehe Abb. 149).
Allgemeinen die S-R-Theorien, also diejenigen Theorien,
die das Lernen in Form von gesetzmäßigen Verknüpfun-
gen zwischen beobachtbaren Reizen (S = Stimulus) und
beobachtbaren Reaktionen (R) darstellen. Beim S-R-Ler-
nen folgt eine Reaktion auf einen konditionierten Reiz
(z. B. wie beim Pawlow’schen Hund, bei dem ein vormals
neutraler Reiz, ein Glockenton, durch Konditionierung,
hier durch das gemeinsame Präsentieren von Ton und
Futter, zu einem konditionierten Reiz wird, sodass der 112
Man unterscheidet daneben auch die Konditionierung
Glockenton nach der Konditionierung auch ohne Futter höherer Ordnung. Das ist ein „Paradigma des klassischen
(also ohne den unkonditionierten Stimulus) Speichelfluss Konditionierens, in dem zunächst eine Assoziation zwischen
einem neutralen“ ersten Reiz mit einem unkonditionierten,
beim Hund auslösen kann, siehe Abb. 149). Hier wird also biologisch bedeutsamen Stimulus gelernt wird, gefolgt
auch vom Signallernen gesprochen. Man spricht neben von dem Lernen einer Assoziation zwischen einem zweiten
dem S-R-Lernen auch von dem sogenannten S-S-Lernen neutralen Reiz und dem ersten Reiz (Koch und Stahl, 2017,
(Rescorla, 1988), bei dem man davon ausgeht, dass ein S. 351). Schließlich kann auch eine Konditionierung mit se-
konditionierter Stimulus eine Erinnerung an den un- kundären generalisierten Verstärkern erfolgen. Hier kann ein
konditionierten Reiz auslöst, und diese Erinnerung ist „ursprünglich neutraler Stimulus, der mit einem biologisch
bedeutsamen primären Verstärker assoziiert wird, selbst als
dann für die Reaktion verantwortlich. Wir werden auf
Verstärker wirken“, sodass wir es mit einer Kombination von
das S-S-Lernen weiter unten eingehen, und zunächst klassischer und instrumenteller Konditionierung zu tun haben
das Lernen nach dem Kontiguitätsprinzip ausführlicher (Koch und Stahl, 2017, S. 351).
erklären und Beispiele aus dem Bereich des Marketing 113
Im engeren Sinne spricht man vom Kontiguitätsprinzip
anführen. nur bei Gleichzeitigkeit von Reiz und Reaktion. Im weiteren
Sinne kann unter Kontiguität jede Gleichzeitigkeit, also auch
Man unterscheidet vor allem die Gleichzeitigkeit von Reizen, wie sie die Theorien der klas-
(a) das Lernen als Ergebnis des gemeinsamen Auftretens sischen Konditionierung postulieren, verstanden werden. Da-
zweier Reize (Kontiguitätsprinzip) bei ist Gleichzeitigkeit als zeitliche Nähe und nicht als strikte
Gleichzeitigkeit aufzufassen.

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C. Kognitive Prozesse 351

Abb. 149: Pawlow’sche Konditionierung (Quelle: Gerrig, 2016, S. 205)

Grundlage der klassischen Konditionierung ist die räum- schutzes eher Gedanken um die Extinktion von oder Wi-
liche und zeitliche Nähe (Kontiguität) der beiden Reize. derstand gegen Konditionierungen,
Gelernt wird die Wahrscheinlichkeit, dass beim Ton auch ●● z. B. durch die Aktivierung von „persuasion knowled-
gleichzeitig das Fressen kommt. Damit die Konditionie- ge“ (das sind Kenntnisse darüber, mit welchen Me-
rung gelingt, darf der konditionierte Stimulus, also der thoden Menschen zu etwas überredet oder von etwas
spezielle Ton, nicht auch bei anderen Gelegenheiten überzeugt werden können),
ständig zu hören sein. ●● durch die Aufforderung, über die Reize nachzudenken
bzw.
Eine Konditionierung kann auch verlernt werden. Wenn
nach der Konditionierung der Hund wiederholt den Glo- ●● durch Instruktionen, die die Versuchspersonen dazu
ckenton hört, ohne dass gleichzeitig Futter in Sichtweite bewegen, sich gegen den Einfluss der Konditionie-
präsentiert wird, dann findet eine Extinktion (Löschung) rung zu wehren oder diesen zu korrigieren (Hütter und
der konditionierten Reaktion statt. Auch durch „Gegen- Sweldens, 2018).
konditionierung“ mit einem zweiten unkonditionierten
Stimulus (z. B. Furchtreize), der eine mit der ersten kon-
Wir versuchen zur „Gegenkonditionierung“ ein kleines
ditionierten Reaktion nicht verträgliche Verhaltensweise
auslöst, kann zur Löschung führen (Felser, 2015, S. 51).
Beispiel für das Marketing zu konstruieren: Dirk Nowitz-
ki (der sehr beliebte und als fair erlebte Basketballspieler)
Während im Marketing versucht wird, „neutrale“ Produkte und INGDiba (bzw. jetzt mit dem neuen Namen ING)
mit „begehrenswerten“ oder „angenehmen“ Reizen zu tauchen in der Werbung stets zusammen auf. Sieht man
koppeln, macht man sich im Rahmen des Verbraucher- ING, erwartet man auch Nowitzki. Über die Konditionie-
352 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

rung haben wir eine starke Assoziation zwischen diesen sich affektive Reaktionen auslösen, bzw. um die sensori-
beiden Stimuli gelernt. Nun lässt sich Dirk Nowitzki mit sche Vorkonditionierug, sondern darum, dass man einen
Dieter Bohlen ein und ist in verschiedenen Sendungen zweiten neutralen Reiz an den ersten Reiz koppelt, der
mit diesem Showmaster zu sehen. Je nachdem, ob wir durch eine vorangegangene Konditionierung bereits zum
Dieter Bohlen nun aufgeschlossen oder ablehnend gegen- konditionierten Stimulus geworden ist.
überstehen, übertragen wir diese entweder positive oder
negative Einstellung auf Dirk Nowitzki. Sollte sich unse- Bei der Konditionierung höherer Ordnung dienen nicht
re Einstellung zu Dirk Nowitzki beispielsweise durch die mehr unkonditionierte Stimuli (wie das Futter, das auto-
Bewunderung oder Ablehnung gegenüber Dieter Bohlen matisch eine angeborene Reaktion auslöst), sondern ein
verbessern oder verschlechtern, so kann sich in der Folge Reiz, der bereits seinerseits konditioniert ist (wie der Ton).
auch unsere Einstellung zu ING verändern: Ist die Ein-
stellung zu Bohlen sehr positiv (dann hätten wir zwei Bleiben wir zur Illustrierung hier noch einmal beim
gepaarte unkonditionierte Stimuli mit gleicher Valenz), Pawlow’schen Hund. Der Hund hat den Glockenton als
kann sich das Image von ING indirekt weiter verbessern, konditionierten Reiz erlernt. Diesen kann man nun mit
ist die Einstellung sehr negativ (somit lägen zwei gepaar- einem weiteren neutralen Reiz, z. B. mit einem Lichtsig-
te unkonditionierte Stimuli mit unterschiedlicher Valenz nal, koppeln, sodass dann in Folge auch der Lichtreiz die
vor), dann kann eine Art „Gegenkonditionierung“ aus- Reaktion (also hier den Speichelfluss) auslöst.
gelöst werden, und die vormals positive Einstellung zu
ING wird sich abschwächen oder im Extremfall kommt Durch die klassische Konditionierung werden in erster
es zu einer Extinktion. Linie Reaktionen ausgebildet, die der Regelung des in-
neren Kräftehaushalts dienen (zum Lernen durch klas-
Noch bedeutsamer wird dieser Effekt vielleicht, wenn sische und Neo-Pawlow’sche Konditionierung siehe bei-
wir uns anschauen, welche Bedeutung Freunde bei Fa- spielsweise Shimp, 1991; Sweldens, Van Osselaer und
cebook oder anderen sozialen Medien haben. Die the- Janiszewski, 2010; De Houwer, 2018; zur Anwendung:
oretische Erklärung liefert Walther (2002), die in ihrer Scharf und Volkmer, 1997; Gibson, 2008; Felser, 2015; zur
Veröffentlichung mit dem plakativen Titel „Guilty by Kritik an der klassischen Konditionierung: Pornpitakpan,
Mere Association“ mittels verschiedener Experimente 2012114).
belegen kann, dass über Konditionierungen „spreading Implikationen: Es wurde oben ausgeführt, dass die
attitudes“ (sich ausbreitende Einstellungen) entstehen Pawlow’sche Konditionierung der Prototyp für das
können. Letzteres erklärt sie mit folgendem Beispiel Signallernen ist (die Ton stellt das Signal dar). Der Hund
(ebenda, S. 920): „Consider a situation in which Mary is kann dieses Signal jedoch nur dann lernen (also mit dem
watching two persons, Peter and Paul, spending time Futter verbinden), wenn die Glocke nur direkt vor der
together at a conference. Since she knows neither Paul Futtergabe geläutet wird, nicht wenn die Glocke perma-
nor Peter particularly well, she sees them both as af- nent oder auch zu anderen Anlässen erklingt.
fectively quite neutral individuals. A short time later,
however, she notices Paul talking with Marc, a person Übertragen auf das Marketing bedeutet dies, dass wir
she definitely does not like. If the co-occurrence of Paul beispielsweise durch wiederholte Darbietung eines
with Marc affects not only the evaluation of Paul (i. e., Jingles in der Werbung diesen nach einiger Zeit mit der
evaluative conditioning) but also the evaluation of Peter,
the spreading attitude effect has taken place. Thus, Paul’s 114 In dem sehr kritischen Beitrag erklärt Pornpitakpan (2012,
bad company decreases not only his likability but also S. 283) nach Durchsicht verschiedenster Studien zur klassi-
the likability of persons merely associated with him (i. e., schen Konditionierung: „there has been no convincing eviden-
Peter)“. Man spricht hier auch von „sensorischer Vorkon- ce for classical conditioning effects on consumer behaviour“.
Zu diesem durchaus lesenswerten Beitrag ist anzumerken, dass
ditionierung“ (Koch und Stahl, 2017, S. 328). viele Kritikpunkte an bisherigen Experimenten, die Pornpitak-
pan äussert, sicherlich gerechtfertigt sind. Auch muss konsta-
tiert werden, dass in der Tat viele Replikationsstudien nicht
Die Freunde meiner Freunde können mein Image bei
zu gleichen Ergebnissen geführt haben wie die Originalstudi-
Facebook verändern!
en. Zu entgegnen ist allerdings, dass zum einen die moderne
Gehirnforschung das grundsätzliche Prinzip der klassischen
Konditionierung nachweisen konnte (z. B. Vlachos, Herry et al.,
Die Beispiele leiten über zur Frage, ob auf einer einfa-
2011). Zum anderen hat Kroeber-Riel (1996) für die Werbung
chen Konditionierung auch Konditionierungen höherer spezielle Regeln dargelegt, die bei der Konditionierung ein-
Ordnung aufgebaut werden können. Hier geht es aber gehalten werden müssen (siehe oben). Zu diesen Schlüssen
nicht um die Koppelung von zwei Reizen, die jeder für kommt letztlich dann auch Pornpitakpan (2012, S. 294).
C. Kognitive Prozesse 353

Marke verbinden, aber nur dann, wenn der Jingle nicht gesagt – auch für Musikstücke oder Töne, z. B. Jingles,
auch für andere Marken verwendet worden ist. Wenn die mit Marken gekoppelt werden, auch diese sollten nur
also bestimmte Töne oder emotionale Bilder im Marke- in Zusammenhang mit der speziellen Marke präsentiert
ting eingesetzt werden, um diese mit bestimmten Mar- werden. So können sicherlich viele von uns die Melo-
kennamen zu koppeln, dann sollte der jeweils gewählte die singen „Komm doch mit auf den Underberg“, wenn
Reiz in dem Sinne möglichst einzigartig sein, dass er nur wir diesen Markennamen hören (auch wenn der Song
bei einer speziellen Marke verwendet wird. Wenn bei- heute seit der Version der Gruppe voXXclub rockiger
spielsweise das Bild einer sehr attraktiven Frau gewählt und weniger wie in früheren Jahren an den River Kwai
wird, um sie mit einer Marke zu koppeln, dann ist die March erinnert, siehe Abb. 150). Vielen Konsumenten
Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Konditionierung klingt auch die Telekom-Melodie sofort im Ohr, wenn
misslingt, da viele attraktive (und nicht unterscheidba- sie mit diesem Markennamen konfrontiert werden. Es
re) Frauen in der Werbung gezeigt werden. Wenn die ist daher zu empfehlen, dass für Marken eigenständige
Frau allerdings ein einzigartiges Attribut bekommt (z. B. Jingles komponiert werden und nicht einfach ein popu-
einen weißen Hut und weiße Kleidung, wie die Frau in lärer Song aus den Top 40 gewählt wird, da dieser auch
der Werbung von Raffaello, siehe Abb. 150), dann kann zu anderen Gelegenheiten (im Radio, Fernsehen oder bei
die Konditionierung erfolgreich sein, da nur diese Frau Partys) abgespielt wird. Zusammenfassend kann festge-
mit weißem Hut in der Werbung gezeigt wird. Würden halten werden, dass bestimmte Konditionierungsprozes-
allerdings auch alle anderen Wettbewerber in der Bran- se eingehalten werden müssen.
che weißgekleidete Frauen präsentieren, dann wäre das Kroeber-Riel (1996) hat für die Konditionierung im Mar-
Scheiterrisiko wieder sehr hoch. Ähnliches gilt – wie keting solche Regeln formuliert, die wir auch schon im

Abb. 150: Die „Raffaello-Frau“ (Quelle: Ferrero) und „Underberg“ (Quelle: Underberg)
354 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

a) VOR DER Reflex- Konditionierung Bedeutungs- werbliche


KONDITIONIERUNG konditionierung von Emotionen konditionierung Konditionierung

neutraler „emotionsfreies“ neutrale (sinn- neutraler


Glocke
Stimulus Objekt, z. B. lose Wörter, (neuer)
Kasten z. B. YOF) Produktname

unkonditionier- Angstauslöser, Wörter mit emot. Bilder mit


Fütterung
ter (unbeding- z. B. lauter Bedeutung, z. B. emotionaler
ter) Stimulus Pfiff „fröhlich“ Bedeutung
unkonditionier- Angstreaktion emotionale Be- emotionale Be-
Speichel-
ter (unbeding- deutung wird ak- deutung wird ak-
absonderung
ter) Reflex tiviert (bewusst) tiviert (bewusst)

b) NACH DER
KONDITIONIERUNG

konditionierter Objekt Wort Produktname


Glocke
Stimulus (Kasten) („YOF“)

konditionierter emotionale emotionale emotionale Abb. 151: Anwendung der


Speichel-
(bedingter) Reaktion Bedeutung Bedeutung
absonderung Konditionierung in der Werbung
Reflex (Angst)
(in Anlehnung an Behrens, 1991)

Kapitel „Emotionen“ angesprochen haben und die wir Das Klassiker-Experiment von Kroeber-Riel zur Kondi-
hier noch einmal wiederholen möchten: tionierung der Konsumenten durch die Werbung („Ho-
(1) Es müssen starke und geeignete emotionale Reize ba“-Experiment) wurde in Kapitel B. III. 2.b wiedergege-
(Bilder, Musik oder Sprache) verwendet werden. ben und kommentiert. Weitere Beispiele zur Anwendung
der klassischen Konditionierung gibt auch Abb. 151 (nach
(2) Es muss eine gleichzeitige Darbietung von Bild (bzw.
Behrens, 1991, S. 277).
Musik, Sprache) und Marke erfolgen.
(3) Man muss mit Wiederholung und Kontinuität arbei- Signallernen vs. evaluative Konditionierung: Die Bei-
ten (keine heterogenen Stimuli). spiele aus Abb. 151 sollen die Vielfalt von Konditionie-
rungsmöglichkeiten aufzeigen. Es ist an dieser Stelle
(4) Schließlich muss auch eine marketingstrategische
jedoch auch notwendig zu vermerken, dass es mittler-
Absicherung vorher erfolgt sein, d. h., es muss si-
weile eine gute Gepflogenheit ist, die klassische Kondi-
chergestellt sein, dass die verwendeten Stimuli zur
tionierung noch einmal in das „Signallernen“ und die
Konditionierung nicht auch schon von anderen Mar-
sogenannte „evaluative Konditionierung“ (evaluative
ken in ähnlicher Weise verwendet werden, sondern
conditioning) zu differenzieren (Koch und Stahl, 2017,
einzigartig sind.
S. 325).
Wichtig ist zusätzlich auch die Reihenfolge der Stimu-
Diese Sicht auf Konditionierungsprozesse (Sweldens, Van
li: Der Konditionseffekt ist wahrscheinlicher, wenn in
Osselaer und Janiszewski, 2010, S. 473) stellt nicht den
Werbefilmen erst das Produkt bzw. die Marke und dann
Erwerb bedingter Reflexe in den Vordergrund, die auch
der unkonditionierte Stimulus (also z. B. das emotionale
Prognosen über das Verhalten ermöglichen, sondern die
Bild) präsentiert werden (Janiszewski und Warlop, 1993;
Übertragung von Einstellungen. Bei der evaluativen Kon-
de Houwer, 2009).
ditionierung (Walther, Nagengast und Trasselli, 2005)115
Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass eine Kondi- wird ein neutraler Stimulus mit einem eindeutig positiv
tionierung auch mit schwachen Reizen funktionieren oder negativ bewerteten unbedingten Reiz kombiniert.
kann (Felser, 2015, S. 60). Angesichts der Reizvielfalt, der Nach der Konditionierung wird der ehemals neutrale
Konsumenten täglich ausgesetzt sind (auch beim Fern- Stimulus dann ähnlich bewertet (gleiche Valenz) wie
sehen), ist jedoch die Verwendung stärkerer Reize in der der unbedingte Reiz. Die Bedeutungskonditionierung
realen Kommunikationspolitik – wie von Kroeber-Riel
(1996) vorgeschlagen – nach wie vor empfehlenswert, 115Siehe hierzu auch den Artikel von De Houwer, Baeyens
um sicherzugehen, dass der Reiz durchdringt und die and Field (2005), zum Signallernen siehe auch Janiszewski und
Konditionierung auch gelingt. Warlop (1993).
C. Kognitive Prozesse 355

(„fröhliches YOF“) von Abb. 151 stellt ein typisches Bei- hin, dass auch unbewusste Konditionierungen gelingen
spiel hierfür dar. Ein weiteres Beispiel stammt von Stuart, können (wie gerade auch De Houwer in verschiedenen
Shimp und Engle (1987), die beispielsweise belegten, dass Experimenten belegen kann).
durch schöne Naturbilder die Einstellung zu einer erfun-
denen Zahncrememarke verbessert wurde. Loebnitz und Das Marketing kann sich auf solche Lernvorgänge stüt-
Grunert (2015) machen darauf aufmerksam, dass eine zen, um die gefühlsmäßige Haltung und die Einstellung
evaluative Konditionierung Einstellungsveränderungen der Konsumenten zu Produkten zu verändern. Es ist dann
nicht nur bei einzelnen Marken, sondern auch bei ganz nicht notwendig, sich auf sachliche Argumente oder auf
neuen Lebensmittelprodukten bewirken kann (z. B. Le- Produkterfahrungen zu beziehen. Es genügt vielmehr, wie
bensmittel mit Enzym-Technologie). Dies ist insofern es oft in der Werbung geschieht, das Produkt oder den
hochinteressant, da innovative Lebensmitteltechnologien Produktnamen immer wieder zusammen mit angenehmen
häufig mit großem Argwohn oder Widerwillen betrach- Stimuli zu präsentieren.
tet werden.
Walther und Grigoriadis (2004) beschäftigten sich eigent- Eine aktuelle Veröffentlichung von Hasford, Kidwell
lich mit der Frage, ob die Stimmung der Konsumenten und Hardesty (2018) macht darauf aufmerksam, dass
einen Einfluss auf die evaluative Konditionierung aus- die emotionale Fähigkeit („emotional ability“) eine re-
übt, untersuchten dabei aber natürlich auch den Kon- levante Rolle spielt, ob Konditionierungen glücken oder
ditionierungseffekt an sich. Die Autoren präsentierten nicht. Emotional ability wird definiert (ebenda, S. 744 f)
Bilder sympathischer und unsympathischer Gesichter als die Fähigkeit von Menschen, emotionale Informa-
zusammen mit Schuhen, die zuvor neutrale Reize dar- tionen in Entscheidungssituationen zu erkennen, zu
stellten. Die Konditionierung gelang (ebenda, S. 755): verarbeiten, zu verstehen, kurzum damit umzugehen.
„Subsequent likability ratings revealed that the mere Das Konstrukt weist zwei Dimensionen auf: (1) „Emo-
co-occurrence of a product with the valenced face in- tional experiencing“. Damit ist die eher intuitive Fähig-
fluenced the evaluation of the previously neutral targets“. keit gemeint, Emotionen richtig wahrzunehmen und
Der Effekt, dass die Schuhe bei Präsentation sympathi- auszudrücken. (2) „Emotional reasoning“. Hier geht es
scher Gesichter positiver beurteilt wurden, war sowohl um die mentale Kapazität, Emotionen kognitiv zu ana-
bei den traurigen als auch bei den gut-gestimmten Ver- lysieren und die Folgen von Emotionen abzuschätzen.
suchspersonen zu beobachten, allerdings war er bei den Die Autoren führen fünf verschiedene Experimente mit
traurigen Teilnehmern sehr viel stärker ausgeprägt. Die Getränkemarken (Bier, Cola) durch, die zusammenfas-
Autoren nehmen an, dass die Erwartung über die Kon- send zeigen, dass eine evaluative Konditionierung zu
tingenz116 (also die bewusste Erwartung des Zusammen- positiveren impliziten Einstellungen (hinsichtlich des
treffens zweier Ereignisse) bei den traurigen Personen konditionierten Stimulus) führt, wenn die Konsumenten
stärker ausgebildet und daher die Konditionierung hier hohe Fähigkeiten bei „Emotional experiencing“ aufwei-
intensiver war. sen, während hohe Werte bei „Emotional reasoning“
Das würde bedeuten, und zu diesem Schluss kommt dazu führen, dass nach der Konditionierung geäußerte
auch die neuere Forschung (Bar-Anan, De Houwer und explizite Einstellungen schlechter ausfielen. Die Auto-
Nosek, 2010; zusammenfassend Koch und Stahl, 2017, ren leiten aus ihren Erkenntnissen interessante Impli-
S. 337 ff.), dass die Konditionierungseffekte stärker aus- kationen ab:
fallen, wenn sich die Teilnehmer der Kontingenz bewusst
werden. So machen De Houwer und Hughes (2016) auf Da sich die Fähigkeit des „Emotional reasoning“ im Le-
die folgende Konditionierungsinstruktion aufmerksam: bensverlauf besser ausbildet, ist die Wahrscheinlichkeit
„UDIBNON will be followed by positive pictures“ vs. hoch, dass die Effektivität einer evaluativen Konditionie-
„BAYRAM will be followed by negative pictures“. Die rung bei jüngeren Personen stärker ausfällt als bei älteren
Probanden wurden also auf die nachfolgenden Reize und und hier zu signifikanteren expliziten Einstellungsände-
deren Valenz bewusst hingewiesen. Die Konditionierung rungen führt.
gelang; die Teilnehmer mochten UDIBNON signifikant Da Frauen eine (leicht) höhere Fähigkeit haben, Emotio-
lieber leiden als BAYRAM, unabhängig davon, ob das nen richtig wahrzunehmen, wird die evaluative Konditio-
Gefallen mit expliziten oder impliziten Verfahren ge- nierung bei Frauen zu besseren impliziten Einstellungen
führen als bei Männern.
messen wurde. Wir weisen hier aber noch einmal darauf

116Kontingenz meint „den Zusammenhang im Auftreten zwei- Hasford, Kidwell und Hardesty (2018) erklären ebenfalls,
er Ereignisse“ (Koch und Stahl, 2017, S. 351). dass bei bekannten Marken grundsätzlich die Wahr-

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356 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

scheinlichkeit höher ist, dass nur die impliziten, nicht Image durch eine evaluative Konditionierung (hier mit
aber die expliziten Einstellungen verändert werden. Da- positiven IAPS-Bildern117) verbessert werden, und das bei
raus ergeben sich folgende Fragen: 1,6 oder 16 Konditionierungsvorgängen. Das Ergebnis be-
●● Können Konditionierungen manifeste Einstellungen, deutet zugleich, das sich der Konditionierungserfolg auf
die in der Regel bei ausgereiften Marken vorliegen, die affektive (subkortikale) Komponente der Einstellung
überhaupt verändern? bezieht, nicht aber auf die kognitive Komponente („hig-
●● Ist ein Konditionierungserfolg nur gegeben, wenn sich her order cortical processing levels“), was nicht verwun-
die nachher erfasste explizite Selbstauskunft der Ein- derlich ist, da emotionale Bilder logischerweise vor allem
stellung verbessert? affektive und nicht kognitive Reaktionen hervorrufen.
Emotionen können aber in der Folge (wie bereits ausführ-
Viele Konditionierungseffekte konnten in der Vergangen-
lich in diesem Buch besprochen) auch die Kognitionen
heit in der Tat nur bei neuen oder unbekannten Marken
beeinflussen. An dieser Stelle halten wir fest: Sollten sich
wissenschaftlich nachgewiesen werden. In der Regel sind
die Erkenntnisse von Walla, Koller et al. (2017) durch
Marken jedoch schon bekannt und werden mit bestimm-
weitere Studien erhärten, ist davon auszugehen, dass
ten Images verbunden. Es stellt sich daher die Frage, ob
auch bei verfestigten Images Einstellungsänderungen
es gelingen kann, auch bei bekannten Marken über die
durch evaluative Konditionierung erfolgen können, und
evaluative Konditionierung affektive Reaktionen oder
Letzteres sogar schon nach wenigen Wiederholungen.
Einstellungen zu verändern. Gibson (2008) hat sich bei-
spielsweise mit dieser Problematik auseinandergesetzt In der Konditionierungsforschung wird seit einigen Jah-
und geprüft, ob über Konditionierung auch Einstellun- ren (wie bereits kurz angesprochen) neben dem S-R-Ler-
gen zu bekannten Marken (z. B. Coca-Cola und Pepsi) nen das sogenannte S-S-Lernen diskutiert (Koch und
verändert werden können. Es zeigte sich, dass dies nur Stahl, 2017; S. 337 ff.). Während S-R-Verknüpfungen di-
gelingt, wenn die Konsumenten vorher keine verfestigten rekte Effekte darstellen, charakterisieren Verknüpfun-
Einstellungen zu den bereits bekannten Marken hatten. gen im Sinne des S-S-Lernens indirekte Effekte. Beim
Diese Erkenntnis deckt sich mit den Befunden zur Com- S-S-Lernen wird eine „Assoziation“ zwischen einem
mitment-Forschung, die feststellen, dass Einstellungsän- konditionierten Reiz und einem unkonditionierten Reiz
derungen am einfachsten bei oberflächlichen Einstellun- gebildet: Eine Aktivierung des konditionierten Reizes
gen (Compliance) gelingen (siehe Kapitel Einstellungen), führt zu einer Erinnerung des unkonditionierten Reizes,
somit ist Gibsons (2008) Erkenntnis gut nachvollzieh- die dann verantwortlich für die Ausführung einer an-
bar. Allerdings ist in „echten“ Langzeituntersuchungen tizipatorischen Reaktion ist (Glockenton → Erinnerung
(Konditionierungen dauern in der Praxis manchmal viele an Futter → Speichelfluss). Koch und Stahl (2017, S. 339)
Monate) noch nicht geprüft worden, ob auch bei interna- erklären: Die vorliegenden Daten sprechen „insgesamt
lisierten Einstellungen Veränderungen erfolgen können. gegen die reflextheoretisch inspirierte Annahme, dass
„Steter Tropfen höhlt den Stein“ lautet hier das Motto. klassisches Konditionieren allgemein auf dem Lernen
von S-R-Assoziationen beruht“. Für beide Effekte las-
Ein weiterer Grund, dass bisher bei bekannten Marken
sen sich empirische Befunde aufführen (Sweldens, Van
oder verfestigten Images Konditionierungseffekte nicht
Osselaer und Janiszewski, 2010). Die Wahrscheinlichkeit
nachzuweisen waren, könnte auch darin liegen, dass die
ist jedoch hoch, dass bei starken emotionalen unbeding-
Einstellungsänderung i. d. R. mit expliziten Verfahren
ten Reizen ein direkter Effekt auftritt. Fassen wir noch
der Selbstauskunft gemessen wurde, die aber implizite
einmal zusammen:
Veränderungen nicht aufdecken können. Walla, Koller
et al. (2017) machen auf dieses Problem aufmerksam. Sie
verglichen aus expliziten Verfahren gewonnene Einstel- Das S-S-Lernen geht davon aus, dass durch die evalua-
lungswerte mit Indikatoren verschiedener psychophysio- tive Konditionierung eine „Assoziation“ zwischen einem
konditionierten und dem unkonditionierten Reiz gebildet
logischer bzw. impliziter Messmethoden. Die Autoren
wird: Eine Aktivierung des konditionierten Reizes führt
kommen zu dem Schluss, dass die unterschiedlichen zu einer Erinnerung an den unkonditionierten Reiz. Die
Verfahren verschiedene Komponenten der Einstellung Erinnerung löst die affektive Reaktion aus.
messen, und nicht alle in der Lage sind, einen Einstel-
lungswandel durch einen Konditionierungseffekt auf-
117
zuspüren. Der Implizite Assoziation Assoziationstest International Affective Picture System (IAPS): „IAPS wurde
entwickelt mit dem Ziel, einen umfangreichen Satz standardi-
(IAT) ist jedoch nach den Erkenntnissen der Autoren sierter, farbiger, statischer, visueller Reize zu entwickeln, die
sehr wohl dazu in der Lage, Konditionierungserfolge international zugänglich sind, zuverlässig Emotionen auslösen
auch bei bekannten und wenig beliebten Marken auf- können und möglichst viele semantische Kategorien abdecken“
zudecken. Bei unbeliebten Marken konnte das implizite (Hamm, 2019).
C. Kognitive Prozesse 357

Lernen nach dem Verstärkungsprinzip: Auf diesem


Anders ausgedrückt: Während beim S-R-Lernen eine
Verbindung zwischen konditioniertem Reiz und unkon-
Prinzip bauen die Theorien der instrumentellen und
ditionierter Reaktion (Ton → Speichelfluss) aufgebaut operanten Konditionierung auf (zum Unterschied siehe
wird, kommt es beim S-S-Lernen zu einer Assoziation Fußnote118).Die Wahrscheinlichkeit eines Verhaltens än-
zwischen konditioniertem Reiz und unkonditioniertem dert sich in diesem Fall aufgrund der Konsequenzen, die
Reiz. Der Ton erinnert automatisch an Futter (Koch und das Verhalten für ein Individuum hat. Die Konsequenzen
Stahl, 2017, S. 337). bestehen aus Umweltreizen, die infolge des geäußerten
Verhaltens auf das Individuum einwirken und von ihm
Das S-S-Lernen spielt zudem eine wichtige Rolle bei den als positiv (belohnend) oder negativ (bestrafend) emp-
Konditionierungen höherer Ordnung. Zur Erinnerung: funden werden. Gerrig (2016, S. 216) bezeichnet daher das
Es wird zunächst eine Assoziation zwischen einem neu- operante Konditionieren auch als „Lernen von Konse-
tralen Reiz und einem biologisch bedeutsamen Reiz, der quenzen“. Nach Skinner (1973b, S. 76, S. 175) werden jene
mit einer eindeutigen affektiven Reaktion einhergeht, Umweltreize als positive Verstärker bezeichnet, deren
durch die Konditionierung erwirkt. Anschließend wird Darbietung die Reaktionswahrscheinlichkeit erhöht (z. B.
der konditionierte Reiz mit einem zweiten, bis dato neu- Geld, soziale Anerkennung), und solche als negative Ver-
tralen Reiz gepaart. Durch die wiederholte Kopplung stärker, deren Entzug die Reaktionswahrscheinlichkeit
mit dem erlernten Reiz löst der zweite Reiz in der Folge erhöht (z. B. schmerzauslösende Reize, soziale Missbil-
ebenfalls die unbedingte Reaktion aus. ligung). Verhaltensverstärkende Belohnungen bestehen
also aus der Darbietung von positiven Verstärkern oder
Schließen wir den Abschnitt zur klassischen bzw. evalua- aus dem Entzug von negativen Verstärkern.
tiven Konditionierung mit einem Beispiel zur Kondi-
Eine Schwächung des Verhaltens wird erreicht, wenn
tionierung höherer Ordnung. Die Textilmarke A wird
das Verhalten bestraft wird. Eine Bestrafung besteht
zusammen und wiederholt mit einem erotischen Stimu-
aus der Darbietung negativer Verstärker oder aus dem
lus dargeboten, sodass die Marke A selbst als „erotisch“
Entzug positiver Verstärker. Dabei ist allerdings eine
nach der Konditionierung eingeschätzt wird. Nun wird
Asymmetrie zu beachten: Bestrafungen sind für die
eine zweite (zunächst neutrale) Automarke B wiederholt
Verhaltenssteuerung wesentlich weniger wirksam und
mit der bereits als „erotisch“ konditionierten Marke A
empfehlenswert als Belohnungen. Die beste Möglich-
präsentiert. In der Folge wird nach der wiederholten ge-
keit, unerwünschtes Verhalten zu reduzieren, besteht
meinsamen Präsentation Marke B ebenfalls als „erotisch“
deswegen nach Skinner (1973a, S. 70 f.) darin, „Umstände
erlebt. Auf Basis der bereits skizzierten Forschungsergeb-
(zu schaffen), unter denen es wahrscheinlich nicht zu
nisse können für den Erfolg einer solchen Konditionie-
solchem Verhalten kommt“, sowie darin, positive Verstär-
rung folgende Regeln abgeleitet werden:
kungen für das unerwünschte Verhalten auszuschalten.
Auch positive Kauferfahrungen können als Verstärker
Wichtig für das Gelingen der Konditionierung höherer (hier für zukünftiges Verhalten wirken.
zweiter) Ordnung ist,
●● dass der zweite Stimulus (Marke B) vor dem bereits
118
konditionierten Stimulus (Marke A) dargeboten wird, Operante und instrumentelle Konditionierung werden viel-
fach gleichgesetzt; beide Lernformen werden auch als „Lernen
●● dass eher starke Reize verwendet werden (damit die
durch Erfolg (bzw. Misserfolg)“ bezeichnet. In früheren Aufla-
„Aufladung“ auch für die zweite Marke reicht), gen dieses Buchs haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass
●● dass die zweite Marke nicht über ein bereits verfes- beide Begriffe aber auch unterschiedlich gebraucht werden.
tigtes Image verfügt, das mit dem für die erste Kondi- So wird der Begriff der operanten Konditionierung, der auf
tionierung verwendeten Reiz nicht kompatibel ist, da Skinner zurückgeht, dann gebraucht, wenn ein spontanes, un-
dann dieses Image durchaus auch als „Gegenkondi- beabsichtigt gezeigtes Verhalten dann wiederholt wird, wenn
tionierung“ wirken könnte. es zum Erfolg geführt hat. Man spricht auch von „Lernen durch
Versuch und Irrtum“. „Operant“ bedeutet hier, dass das Ver-
halten in der Umwelt etwas bewirkt hat. Dagegen wird der
Letzteres kann man sich anhand des obigen Beispiels Begriff der instrumentellen Konditionierung gebraucht, wenn
klarmachen: Wenn die Automarke B das klare Image ein Verhalten als Instrument eingesetzt wird, um etwas herbei-
hat, ein besonders sicheres Auto zu sein, dann könnte zuführen. Wenn dieses Verhalten dann tatsächlich zu positiven
Konsequenzen führt, dann wird es wiederholt eingesetzt. Da
die Kopplung mit einer „erotischen“ Textilmarke A dazu sich die zugrundeliegenden Lernmechanismen aber ähnlich
führen, dass die Übertragung nicht funktioniert, wenn sind (Verhalten führt zu positiven oder negativen Konsequen-
das Sicherheitsimage als inkompatibel mit Erotik erlebt zen) werden wir auf die Differenzierung in diesem Abschnitt
wird. verzichten.
358 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Der lerntheoretische Grundsatz, demzufolge das Verhal- vor allem Reaktionen ausgeformt, die den Kontakt des
ten durch die Verhaltenskonsequenzen geprägt und auf- Individuums mit seiner Umwelt betreffen. Das Verstär-
rechterhalten wird, wird auch „Effektgesetz“ genannt.119 kungsprinzip wird deswegen auch von mehreren The-
Das Effektgesetz wurde von Thorndike (1913, 1932) in orien aufgegriffen, die sich mit der Entstehung sozialer
die Lerntheorien eingeführt und von Hull, Skinner und Verhaltensweisen beschäftigen, wie die Austauschtheorie
anderen aufgegriffen. Es lautet vereinfacht nach Taylor, von Thibaut und Kelley (1966), die Interaktionstheorie
Sluckin et al. (1982, S. 340): Belohnte Aktivitäten werden von Homans (1972), die Theorie des Modell-Lernens
tendenziell verstärkt, bestrafte Aktivitäten geschwächt. von Bandura (1977) sowie die integrative Lerntheorie
Gerrig (2016, S. 217) formuliert wie folgt: von Wiswede (1985, 1988). Zusammenfassend lässt sich
festhalten:
„Folgt auf eine Reaktion eine befriedigende Konsequenz,
so erhöht sich die Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Je häufiger die Aktivität einer Person belohnt wird, desto
Reaktion. Folgt auf eine Reaktion eine nicht zufrieden- größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person die
stellende Konsequenz, so vermindert sich die Auftretens- Aktivität wieder ausführen wird120.
wahrscheinlichkeit dieser Reaktion“.

Auch hier kann wie bei der klassischen Konditionie-


Für den Erfolg der operanten Konditionierung sind die rung eine Löschung erfolgen, die dann eintritt, wenn
Enge der Assoziation von gezeigtem Verhalten und Ver- die Verstärkung ausbleibt („operante Löschung“, Gerrig,
stärkung sowie die Enge der Assoziation von Stimulus 2016, S. 219). Positive und negative Verstärker werden in
und Verstärkung die bedeutendsten Faktoren (Koch und Abb. 152 skizziert.
Stahl, 2017, S. 340).
Nach der Theorie der sozialen Interaktion bestehen Be-
Beim Vergleich mit der klassischen Konditionierung ist lohnungen vor allem aus den positiven Reaktionen ande-
hervorzuheben, dass das Verhalten nicht automatisch rer Personen. Interaktionen können somit als Austausch
durch Umweltreize, die auf das passive Individuum ein- von gegenseitigen Belohnungen und Bestrafungen auf-
wirken, ausgelöst wird, wie es bei der klassischen Kon- gefasst werden, die das Verhalten des Einzelnen steuern.
ditionierung der Fall ist. Das Individuum ist vielmehr Mittels eines Systems lerntheoretischer Hypothesen kann
seinerseits aktiv und bringt Verhaltensweisen hervor. das Sozialverhalten bis ins Einzelne analysiert werden.
Es versucht z. B. eine bestimmte Situation zu bewälti- Dadurch lassen sich auch soziale Phänomene (wie Füh-
gen; einige der dabei versuchsweise geäußerten (emit- rung, Konformität oder Macht) auf individuell gelerntes
tierten) Verhaltensweisen führen zum Erfolg, sie werden Verhalten reduzieren. Zum Beispiel können Machtunter-
verstärkt bzw. belohnt und deswegen vom Individuum schiede nach der Interaktionstheorie als Unterschiede in
angenommen. Das Individuum reagiert also nicht nur der Möglichkeit, andere zu belohnen, dargestellt werden
passiv auf die Umwelt, sondern es wird selbst aktiv. Im (Homans, 1972, S. 82).
Gegensatz zur klassischen Konditionierung erfolgt au-
Eine Übertragung dieser Konzeption auf die ökono-
ßerdem die Verstärkung eines Verhaltens erst nach der
mischen Beziehungen zwischen Personen liegt auf der
Reaktion.
Hand. Es ist also naheliegend, den Verkaufsprozess als
Durch die instrumentelle oder operante Konditionie- eine belohnende oder bestrafende Interaktion zwischen
rung (Lernen nach dem Verstärkungsprinzip) werden Verkäufern und Käufern zu interpretieren. Brexendorf
(2010) belegt beispielsweise, dass die Zufriedenheit mit
119
Das Effektgesetz von Thorndike (1969) lautet in der Origi- dem persönlichen Verkauf die Loyalität des Kunden
nalfassung: „Wenn ein modifizierbarer (Verhaltens-)Zusam- erhöht. Treue Kunden werden wiederum von den Ver-
menhang zwischen einer Situation und einer Reaktion herge- käufern als Belohnung für ihre Arbeit angesehen. Diese
stellt ist und von einem befriedigenden Zustand hinsichtlich empfundene Belohnung führt wiederum zu einer hohen
der Lage der Dinge begleitet oder gefolgt wird, so wird die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz, und – hier schließt
Stärke dieses (Verhaltens-)Zusammenhangs erhöht: Wenn der- sich der Kreis – verstärkt das kundenorientierte Verhal-
selbe durch einen unangenehmen Zustand entstanden ist und
von einem solchen begleitet oder gefolgt wird, wird seine Stär-
ten des Verkäufers (Bradford, Crant und Phillips, 2009).
ke herabgesetzt“. „Die Ergebnisse aller unter verschiedenen
Bedingungen zustande gekommenen Vergleiche besagen aus-
nahmslos, dass ein positiv verstärkter Verhaltenszusammen- 120
Das ist die „Erfolgshypothese“ nach Homans (1972, S. 62).
hang beträchtlich verstärkt wird, dass dagegen bei Bestrafung Vgl. dazu die interaktionstheoretischen Arbeiten von Homans
nur eine geringe oder keine Reduktion des Verhaltens eintritt“ (1972, 1978) und Malewski (1977) sowie zur Weiterentwicklung
– zitiert nach Skinner (1973b, S. 413). der Homan’schen Interaktionstheorie Mikula (1985).
C. Kognitive Prozesse 359

Formen des operanten Konditionierens

Häufigkeit des gezeigten Verhaltens mit Beispielen aus dem


Konsumentenverhalten
erhöht sich nimmt ab
Positive Verstärkung Negative Bestrafung
Beispiel: Beim Kauf einer speziellen Shampoo- Beispiel: Man sammelt Bonuspunkte durch
Marke gibt es eine kostenfreie Duschgel-Probe. wiederholte Produktkäufe in einem Geschäft, doch
Folge: Shampoo-Marke wird erneut gekauft das dafür erwartete Geschenk bleibt aus.
Folge: Sammeln wird aufgegeben,
Geschäftsloyalität lässt nach

Wodurch? Wodurch?
Hinzufügung eines positiven Reizes (Belohnung) Erwarteter positiver Reiz (Belohnung) wird nicht
gewährt
Negative Verstärkung Positive Bestrafung
Beispiel: Man parkt beim Einkaufsbummel im Beispiel: Man parkt beim Einkaufsbummel im
absoluten Parkverbot und bekommt keinen absoluten Parkverbot und bekommt einen
Strafzettel. Strafzettel.
Folge: Erneutes Falschparken Folge: Falschparken wird aufgegeben (zu teuer)

Wodurch? Wodurch?
Entfernen eines unangenehmen Reizes Fehlverhalten wird durch negativen Reiz bestraft

Abb. 152: Formen des operanten Konditionierens

Verstärker können auch durch andere Konsumenten Kindern geherzt werden, weil sie ihnen eine bestimmte
oder Freunde gesetzt werden: Kauft eine Konsumentin Süßigkeit gekauft haben. Letzteres leitet über zum Ler-
beispielsweise eine Modemarke, die in der Erlebniswelt nen am Modell, auf das wir im Folgenden kurz eingehen
„jung, dynamisch, verführerisch“ angesiedelt ist, und wollen.
erhält sie das Feedback seitens der Umwelt, mit diesen
Lernen am Modell: Albert Bandura (z. B. 1979) entwi-
Kleidungsstücken besonders attraktiv auszusehen, so
ckelte das Modelllernen (auch Nachahmungslernen oder
ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Marke erneut
Beobachtungslernen genannt). Beim Lernen am Modell
gekauft wird.
macht man sich die Fähigkeit der Menschen zunutze,
Die operante Konditionierung wird vielfach auch im dass sie das Verhalten, welches sie bei anderen beob-
Bereich des Beziehungsmanagement eingesetzt. Dazu achtet haben und welches bei den beobachteten anderen
zählen z. B. Bonus-Programme, die von Online-Shops, Personen zu einer (positiven) Konsequenz geführt hat,
im stationären Handel oder von Dienstleistern eingesetzt auf ihr eigenes Leben übertragen und dementsprechend
werden können. Bei jedem Kauf erhält der Kunde als nachahmen können. Bandura „kombiniert Lernprinzi-
Belohnung Bonuspunkte, die ab einer bestimmten Höhe pien mit einer Betonung menschlicher Interaktionen in
(für ein attraktives Geschenk) eingelöst werden können. sozialen Umgebungen“ (Gerrig, 2016, S. 529). Durch das
Denkbar ist auch die Gewährung von Rabatten für nach- Beobachtungslernen erwerben Konsumenten eine Menge
folgende Produktkäufe. Manche Online Shops wählen an Informationen, beispielsweise welcher Kleidungsstil
als positive Verstärker auch „soziale Belohnungen“ und im Theater und welcher bei einem Sportereignis von
teilen den Konsumenten mit, dass eine bestimmte Marke anderen bevorzugt wird und daher für den eigenen
auch von dem Prominenten X oder Y gekauft wurde. Im Theater- oder Stadionbesuch empfehlenswert ist, welche
Social Media-Bereich, wenn Konsumenten selbst Inhalte Höhe von Trinkgeld von anderen gezahlt wird und für
posten, dann werden die Anzahl der Likes oder Kom- sich selbst als angemessen angenommen wird oder auch
mentare oftmals ebenfalls als Belohnung angesehen. In welche Einstellungen in bestimmten Situationen laut ge-
der Werbung zeigt man glückliche Mütter, die von ihren äußert werden, was dann ebenfalls nachgeahmt wird.
360 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Auch hier spielen positive und negative Verstärker eine sondern wie die dargebotenen Informationen gedanklich
Rolle. Ein bestimmter Kleidungsstil einer beobachteten „bearbeitet“ werden. Oftmals genügt hier bereits eine
Person trifft beispielsweise auf positive oder negative einmalige Informationsdarbietung für den Wissenser-
Kommentare und wird daher für das eigene Kleidungs- werb.
verhalten akzeptiert oder abgelehnt. Die Interaktion mit Ein Beispiel: Jemand lernt den Weg durch eine Stadt auf-
der Umwelt kann somit Rückmeldungen für das eigene grund einer einmaligen Auskunft, die er sich einprägt.
Verhalten geben. Wir kommen auf das Lernen am Modell Bei diesem Einprägen nimmt er visuelle Vorstellungen
daher noch einmal ausführlich im Dritten Teil dieses zu Hilfe: Er macht sich ein inneres Bild von seinem Weg
Buchs zu sprechen, wenn wir uns der Konsumentenso- durch die Stadt. In ähnlicher Weise können durch die
zialisation widmen. einmalige Vorführung eines Produktes lang anhaltende
Kenntnisse erworben werden. Ein anderes Beispiel ken-
5. Lernen als Erwerb von Produktwissen nen wir auch aus dem täglichen Leben: Bei Parties oder
a) Kognitive Verarbeitung beim Lernen Empfängen lernt man viele neue Leute kennen, norma-
lerweise (man macht sich nicht die Mühe) prägt man sich
Mit den klassischen Lerntheorien der Konditionierung die vielen neuen Namen nicht ein. Wenn man jedoch eine
lässt sich komplexes menschliches Verhalten nur unzu- Person spontan attraktiv oder interessant findet, dann ist
reichend erklären. Sie werden deswegen durch kogni- die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man sich den Namen,
tive Ansätze ergänzt, die Shanks (2010, S. 273) wie folgt der zu dieser speziellen Person gehört, schon nach nur
charakterisiert: „cognitive theories assume that learning einmaligem Hören merkt.
depends on hypothesis testing, cognitive models, and
Die gegenwärtigen kognitiven Theorien haben zahlreiche
propositional reasoning“. Nach den kognitiven Theorien
Modelle und Erklärungen hervorgebracht, um die kom-
ist Lernen „ein Aufbau von Wissensstrukturen“ (Lindsay
plexen Zusammenhänge zu erfassen (siehe dazu auch
und Norman, 1981, S. 379). Wir werden uns im Folgen-
das multimodale Gedächtnismodell)121.
den zunächst auf das „explizite“ Lernen fokussieren, bei
dem bewusst versucht wird, Wissen „über Relationen in Der eigentliche Lernvorgang besteht in der dauerhaften
der Welt in ’propositionalem Format’ aufzubauen. Eine Übernahme von Informationen aus dem Arbeits- in das
Proposition ist die kleinste Wissenseinheit, die einen Langzeitgedächtnis. Er ist in einen umfassenden kogniti-
Sachverhalt beschreibt und damit einen Wahrheitswert ven Verarbeitungsprozess einbezogen, der aus folgenden,
haben kann, also wahr oder falsch sein kann“ (Koch und miteinander verknüpften Phasen besteht:
Stahl, 2017, S. 322). Das heißt also auch, dass gelerntes (1) Aufnahme von Reizen, zum Beispiel von Wörtern
Wissen durchaus auch Fehlinformationen beinhalten (2) Codierung: Die Reize werden in gedankliche Einhei-
kann. Der Wissenserwerb kann zudem mit mehr oder ten übersetzt – zum Beispiel in bildliche Vorstellun-
weniger innerem Engagement erfolgen. Wenn wir das gen – und verarbeitet
Wissen nur beiläufig, schnell und automatisch, damit (3) Speicherung: Die gedanklichen Einheiten werden in
also ohne bewusste Verarbeitungsprozesse aufnehmen, das Langzeitgedächtnis übernommen
dann sprechen wir (wie anfangs in diesem Kapitel zum (4) Abruf der gespeicherten Einheiten aus dem Gedächt-
Lernen schon erwähnt) von „implizitem Lernen“, auf das nis
wir später noch einmal zurückkommen werden. Die Aufnahme von Produktinformationen erfolgt durch
unmittelbare oder symbolische Erfahrungen des Konsu-
Lernen umfasst den Prozess des Erwerbs von neuem menten. Die unmittelbaren Erfahrungen gehen auf den
Wissen und/oder eines neuen Verhaltens. Das Gedächtnis Umgang mit dem Produkt oder auf Beobachtung von
hat die Fähigkeit, dieses Wissen zu speichern und wieder anderen, die das Produkt nutzen, zurück. Die symbo-
abzurufen. lischen Erfahrungen stammen hauptsächlich aus dem
Manche Lernprozesse laufen automatisch – ohne oder Kontakt mit anderen Personen oder Massenmedien, die
mit geringem Bewusstsein – ab, andere erfordern er- über das Produkt berichten. Eigene Produkterfahrungen
hebliche gedankliche Anstrengungen. Manchmal wird können auch noch nachträglich durch Werbung beein-
aufgrund einer einmaligen Darbietung der Information
gelernt, manchmal sind viele Wiederholungen notwendig.
121
Aus der umfangreichen Literatur zu den kognitiven Theo-
rien des Lernens (von Wissen) seien hier beispielhaft genannt:
Den kognitiven Lerntheorien kommt es (im Unterschied Alba, Hutchinson und Lynch (1991); Kiesel und Koch (2012);
zu den klassischen Konditionierungstheorien) weniger zum impliziten Lernen Shanks, 2010; zu praktischen Anwen-
darauf an, wie oft die Informationen präsentiert werden, dungen Jayanti und Singh (2010).

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C. Kognitive Prozesse 361

flusst werden. Braun (1999) hat empirisch nachgewiesen, neues Wissen gelernt werden muss, da man sonst sei-
dass man Konsumenten derart beeinflussen kann, dass nen Arbeitsplatz verlieren kann. Diese Ängste können
die durch Werbung suggerierten Erfahrungen als die durchaus motivierend wirken, aber auch lähmend, wenn
eigenen Produkterfahrungen aufgefasst werden. Bei den sie zu intensiv ausgeprägt sind. Dann verharrt das In-
Konsumenten können sich also die Quellen der Informa- dividuum in Hoffnungslosigkeit. Mit dem Einfluss von
tion vermischen (eigene Produkterfahrung vs. medial Emotionen auf die Aneignung von Wissen hat sich auch
vermittelte Erfahrung). die Konsumentenforschung auseinandergesetzt (siehe
Bei der Übernahme der wahrgenommenen Informatio- unten). Neben den emotionalen Schubkräften ist auch an
nen in das Langzeitgedächtnis treten gedankliche Ver- die unterschiedlichen Voraussetzungen zu denken, die
arbeitungsvorgänge (Codierungen) auf, die sich in erster durch die kognitiven Fähigkeiten einer Person und ihr
Linie auf die Verknüpfung der aufgenommenen mit den bereits vorhandenes Wissen geschaffen werden.
bereits im Gedächtnis gespeicherten Informationen be-
ziehen122. Das vorhandene Wissen spielt eine Schlüsselrolle für das
Wichtig ist dabei: Lernen.
●● ob die aufgenommenen Informationen sprachlich
und/oder bildlich verarbeitet werden; anders gesagt: Das Lernen von neuem (Produkt-)Wissen wird dadurch
ob sie mit sprachlichen und/oder bildlichen Vorstel- erleichtert, dass die aufgenommenen Informationen zu
lungen verbunden werden. dem bereits gespeicherten Wissen in Beziehung gesetzt
●● in welchem Ausmaß die Informationen zu dem vor- werden.
handenen Wissen in Beziehung gesetzt werden. Dieses Das gespeicherte Wissen ist im Gedächtnis in Form
Ausmaß wird als Verarbeitungs- oder Codierungstiefe von Wissensstrukturen repräsentiert. Diese Strukturen
bezeichnet. wurden bereits in den einführenden Kapiteln zu den
●● wie der Kontext die Erinnerungsleistung beeinflusst kognitiven Prozessen als „semantische Netzwerke“ und
(Dougal und Rotello, 1999). als „Schemata“ beschrieben (vgl. Kapitel C. II). Eine Un-
Mit diesen Vorgängen werden wir uns eingehender be- tersuchung von Cowley and Mitchell (2003) am Beispiel
schäftigen, zunächst mit der Verarbeitungstiefe, dann von Fotoapparaten zeigt, dass mit einer Produktkategorie
in einem eigenen Kapitel mit der bildlichen Codierung. vertraute Konsumenten mehr Informationen aufnehmen
Alle beim Lernen, Behalten und beim Abruf von Infor- als „Neulinge“ auf diesem Gebiet. Die mit dem Thema
mationen aus dem Gedächtnis erbrachten gedanklichen vertrauten Konsumenten haben im Gehirn mehr An-
Leistungen hängen ab von knüpfungspunkte (im Netzwerk) und können deshalb
Informationen einerseits besser behalten, andererseits
●● Lernmaterial, aber gelerntes Wissen auch besser abstrahieren und auf
●● situativen Lernbedingungen (Lerntechnik, Umfeld neue Situationen übertragen. Wood und Lynch (2002)
usw.) und schränken diese Erkenntnis allerdings ein. Sie zeigen,
●● persönlichen Voraussetzungen. dass erfahrene Konsumenten nur dann bei der Lernleis-
Die von der Person abhängigen Voraussetzungen be- tung neuer Informationen besser abschneiden, wenn die
treffen einerseits die aktivierenden Prozesse, die sich in „richtigen“ Anreize gesetzt werden. Sonst können sie
der Person abspielen, vor allem den Einfluss von Emo- durchaus von Konsumenten ohne Vorerfahrung beim
tionen und Motiven auf Wissenserwerb und -speiche- Lernen übertroffen werden. Wood und Lynch (2002) füh-
rung. In der Arbeitspsychologie kennt man zum einen ren dies auf mangelnde Motivation beim Lernen zurück.
die „Lernangst“, also die Angst davor, etwas Neues ler-
Wissenserwerb ist zugleich ein Eingriff in vorhandene
nen zu müssen, sich dabei eventuell zu blamieren oder
Wissensstrukturen. Norman und Rumelhart (1978) un-
die Selbstachtung zu verlieren, und zum anderen die
terscheiden nach Art dieses Eingriffs mehrere Formen
„Überlebensangst“, die dem Individuum klarmacht, dass
des Lernens von der Einordnung neuer Informationen
in bestehende Schemata bis zur Veränderung und zur
122
Murray und Ranganath (2007) zeigen in einer neurophy- Neubildung der Schemata selbst (Peracchio und Tybout,
siologischen Studie, dass das vorhandene Wissen für die Spei- 1996; Goodstein, 1993; Wentura und Frings, 2013).
cherung von neuem Wissen eine Schlüsselrolle spielt und dass
Ein einfacher Wissenszuwachs liegt vor, wenn der Konsu-
der dorsolaterale präfrontale Kortex verantwortlich ist für das
Verarbeiten von Beziehungen zwischen alten und neuen Infor- ment einen neuen Markennamen lernt. Nehmen wir ein
mationen, wodurch neues Wissen erzeugt und im Langzeitge- einfaches Beispiel, das Schokoladenschema. Das Schoko-
dächtnis gespeichert werden kann. ladenwissen-Schema bleibt davon unberührt, wenn ein
362 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Lernvorgänge neue Information schematische Darstellung


Marke

keine keine neue


Lernvorgänge Information Schokolade Geschmack
(Rückgriff auf vor-
handenes Wissen)

Wirkung

Marke

neu Hoba
Lernen durch Es gibt die
Wissens- Schokoladen- Schokolade Geschmack
zuwachs marke Hoba
(= neue Eigenschafts-
ausprägung).
Wirkung

Marke

Lernen durch Es gibt


Schema- Cola-Schokolade Schokolade Geschmack
Abstimmung (= Schokoladen- neu Cola
variante).
neu anregend
Wirkung

Marke

Lernen durch Es gibt


Schema- Schokoladen- Schokolade Geschmack
Umbildung Chips (= neue
Produktkategorie).

Wirkung

neu
Chips

Abb. 153: Lernen mittels


Schemata, dargestellt am Erwerb
von Wissen über Schokolade

Konsument nur einen neuen Markennamen lernt: Hier denen Schokoladeneigenschaften (Schemavariablen) wie
wird lediglich der Schemavariablen „Markenname“ ein „Geschmack und Wirkung“ (Abb. 153) nehmen zu. Mit
zusätzlicher „Wert“ zugewiesen. Verarbeitet der Konsu- anderen Worten: Das Schokoladenschema des Konsu-
ment die neue Information, dass es „Cola-Schokolade“ menten umfasst nun auch die neue Variante „Cola-Ge-
gibt, so wird sein Schokoladenschema leicht verändert: schmack“. Das Schema selbst bleibt aber in seiner Struk-
Seine Kenntnisse über den „Wertebereich“ der verschie- tur unverändert (siehe hierzu auch die Ausführungen
C. Kognitive Prozesse 363

zur Schematheorie). Der Konsument muss dieses Schema neue, aktivierende Möglichkeiten des E-Learnings für
jedoch umbilden, wenn er die neue Produktkategorie Produkte eine Rolle spielen, wie die Studie von Daugher-
„Schokoladen-Chips“ lernt. Die Variablen des alten Sche- ty, Li und Biocca (2008) zeigt, die sich auch mit 3D-Dar-
mas reichen nicht mehr aus, um diese Produktkategorie stellungen und Interaktionsmöglichkeiten beschäftigt.
im Gedächtnis zu repräsentieren. Eine Verschmelzung Auch die vielfältigen YouTube-Videos und deren Einfluss
der beiden Schemata Schokolade und Chips zu einem auf den Wissenserwerb haben die Lernpsychologie in
neuen Schema wird erforderlich. den letzten Jahren sehr beschäftigt (zusammenfassend
Die vorhandenen Schemata lenken die gesamte Informa- z. B. Moghavvemi, Sulaiman et al., 2018). Doch nicht nur
tionsverarbeitung, sie bestimmen die Aufmerksamkeit hier: Viele Influencer (siehe ausführlicher im Dritten Teil
und die Schnelligkeit von Wahrnehmen und Lernen dieses Fachbuchs), die sogenannten YouTube-Blogger
(Grunert, 1996). Informationen, die ein Schema aktivie- oder Vloggers, haben durch ihre „Beauty Tutorials“ eine
ren und in das vorliegende Wissen eingeordnet werden enorme Aufmerksamkeit erreicht (wie BibisBeautyPalace,
können, lassen sich besser speichern und erinnern. Sind funnypilgrim oder Dagi Bee) und werden millionenfach
die Informationen schemainkonsistent, so erfordert die aufgerufen. Der Vorteil: Prozedurales Wissen kann mit
Einordnung zusätzliche gedankliche Leistungen: Die Bildern besser vermittelt werden. So ist nicht verwunder-
Aufmerksamkeit wird dann verstärkt und der gedank- lich, dass das Video „Wie kreiere ich eine Wasserfallfri-
liche Verarbeitungsprozess angeregt. So erweckt bei- sur“ zu den besonders häufig angeklickten Lernvideos
spielsweise die Abbildung eines Mannes mit Tierkopf zählt oder das Video „25 COOL HAIRSTYLES TO MAKE
mehr Aufmerksamkeit als eine Abbildung, die mit dem UNDER A MINUTE“, das fast 85 Millionen Mal bei You-
Schema eines Mannes übereinstimmt. Tube aufgerufen wurde (siehe Abb. 154).
Dieser für das Lernen wichtige Sachverhalt lässt sich Wenn ein YouTube Video beispielsweise mit einer hö-
auch aktivierungstheoretisch erklären: Die ausgelöste ge- heren Motivation angesehen als ein Buch gelesen wird,
dankliche Überraschung aktiviert den Betrachter und sti- dann kann das höhere Verarbeitungsengagement auch
muliert seine kognitiven Aktivitäten. Hier können auch auf die Verarbeitungstiefe einwirken (diesen Begriff

Abb. 154: Beispiel für erfolgreiches


„Beauty-Tutorial“
364 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

hatten wir bereits bei den anfänglichen Ausführungen länger betrachten und sie sich somit vermutlich besser
zum Arbeitsgedächtnis erörtert). Zur Erinnerung: Unter einprägen.
Verarbeitungstiefe kann man das Ausmaß an kognitiven Ebenfalls kann eine enge Beziehung zwischen Verarbei-
Aktivitäten verstehen, die das Individuum bei der Ver- tungstiefe und dem in der Konsumentenverhaltensfor-
arbeitung von Informationen entfaltet. schung vornehmlich gebrauchten „Involvement“-Begiff
Die Verarbeitungstiefe ist gering, wenn die Reize nur auf ausgemacht werden (siehe auch Levin und Martin, 2010).
der sensorischen Ebene verarbeitet werden, z. B. wenn Unter Lernen mit geringem Involvement123 („Low-In-
nur Farben oder Formen eines Reizes identifiziert wer- volvement-Learning“) versteht man ein passives und
den. Mit fortschreitender gedanklicher Entschlüsselung absichtsloses Lernen von Informationen. Es erfolgt mit
des Reizes nimmt die Verarbeitungstiefe zu, bis hin zu geringer Verarbeitungstiefe.
den auf das Verständnis folgenden Codierungsvorgän- Der Begriff „Involvement“ wurde von Krugman (1965) in
gen wie Assoziation eines Begriffes mit anderen Begrif- die Konsumentenforschung eingeführt und später dazu
fen, Verknüpfung eines Begriffes mit inneren Bildern, benutzt, die Wirkung von Fernsehwerbung zu erklären
Einordnung eines Begriffes in begriffliche Kategorien (Krugman, 1967). Die Stärke des Involvements wird von
usw. Krugman nach der Anzahl der in einer Zeiteinheit herge-
Die Verarbeitungstiefe wird größer, wenn der Empfänger stellten gedanklichen Verknüpfungen zwischen der dar-
sinnvolle gedankliche Beziehungen zwischen (und mit) gebotenen Information einerseits und den vorhandenen
den aufgenommenen Informationen herstellt, welche die persönlichen Vorstellungen bzw. Gedanken andererseits
Einordnung dieser Informationen in das bestehende Wis- ermittelt.
sen erleichtern. Es werden dann mehr kognitive Opera- In dieser speziellen Operationalisierung wird deutlich,
tionen durchgeführt. Diese verbessern die Gedächtnis- dass Lernen mit geringem Involvement als Lernen mit ge-
leistung (Murray und Ranganath, 2007). ringer Verarbeitungstiefe aufgefasst werden kann. Damit
Ist die Verarbeitungstiefe gering, so sind zum Lernen von ist im Marketing dann zu rechnen, wenn – insbesondere
Informationen mehr Wiederholungen erforderlich. Da bei auf gesättigten Märkten – die Produkte ausgereift sind
der üblichen Konsumgüterwerbung und bei vielen Mar- und kaum noch Qualitätsunterschiede zwischen den
ketingmaßnahmen mit einer geringen Verarbeitungstiefe angebotenen Produkten wahrgenommen werden.
zu rechnen ist, gibt es im Wesentlichen nur zwei Mög- Der Erfolg von Informationen, die sich an Konsumenten
lichkeiten, die Gedächtnisleistung (den Lernerfolg) für mit geringem Involvement richten, ist größer, wenn für
Marketinginformationen zu erhöhen: den Einsatz von die Informationsvermittlung Bilder benutzt werden (wie
Sozialtechniken, die bereits angesprochen, Abb. 154). Bilder erfordern vom
Empfänger weniger gedankliche Anstrengungen, sie
●● auf eine Erhöhung der Verarbeitungstiefe bei den
werden weitgehend automatisch verarbeitet und deswe-
Empfängern abzielen oder
gen bei geringem Involvement besser gelernt als Worte.
●● der wiederholten Darbietung der Information bei ge-
Aus der Erkenntnis, dass die Gedächtnisleistungen beim
ringer Verarbeitungstiefe dienen.
Lernen mit starkem Involvement (mit großer Verarbei-
Eine Verstärkung der Verarbeitungstiefe kann unter an- tungstiefe) besser sind als beim Lernen mit geringem
derem dadurch erreicht werden, dass der Empfänger Involvement, lässt sich für die beeinflussende Kommu-
durch das Lernmaterial oder durch aktivierende Tech- nikation keineswegs die Folgerung ableiten, es wäre stets
niken dazu angeregt wird, sich mit der dargebotenen zweckmäßig, bei der Kommunikation das Involvement
Information auseinanderzusetzen und gedankliche Akti- der Konsumenten anzuregen und sie dazu zu bringen,
vitäten zu entfalten. Interessant ist in diesem Zusammen- sich aufmerksam und eingehender mit der Produktinfor-
hang eine Studie von Morrin und Ratneshwar (2003), die mation zu befassen. Dadurch, dass die Aufmerksamkeits-
in zwei Experimenten untersuchten, ob Düfte, die wäh- zuwendung und die gedankliche Auseinandersetzung
rend der Lernphase und während der Erinnerungsphase mit den dargebotenen Informationen geringer sind, tritt
verströmt wurden, die Recognition- und Recallwerte von weniger Widerstand gegen die Beeinflussung auf, zu-
bekannten und unbekannten Markenprodukten verbes- gleich wird die interne Gegenargumentation verringert.
sern. Sie stellten fest, dass die Erinnerungsleistungen Allgemein gesagt: Bei einer Beeinflussung, die unter den
durch Dufteinsatz erhöht werden können, wenn der Duft
als angenehm empfunden wird, weil die Probanden in 123Das Involvement umfasst kognitive und emotionale Kom-
der Codierungs(= Lern)phase die Experimentalstimuli ponenten. Im Zusammenhang mit dem Lernen von Produkt-
(hier Körperpflegeprodukte und Haushaltsprodukte) wissen spielt vor allem das kognitive Involvement eine Rolle.
C. Kognitive Prozesse 365

Bedingungen geringen Involvements erfolgt, werden In- Dadurch kommt es beim Lernen mit geringer Verar-
formationen unkritischer verarbeitet. Hierzu liegt eine beitungstiefe zu einer stärkeren „peripheren Beeinflus-
Studie von Nowlis und Shiv (2005) vor: Probanden wur- sung“125. Für die Anwendung bedeutet das:
den unter einem Vorwand ins Versuchslabor gebeten. Ist das Involvement der Konsumenten (und damit die ge-
Dort wurde ihnen mitgeteilt, dass sie als Entschädigung dankliche Verarbeitungstiefe) gering, so wird es möglich,
für die Teilnahme an einem Experiment Schokolade ge- auf die Produktwahrnehmung und -beurteilung stärker
schenkt bekämen, die sie vorher verkosten könnten. Da- durch nebensächliche Informationen und das emotiona-
bei wurde eine Gruppe von Versuchspersonen während le Klima einzuwirken. Stark involvierte Konsumenten
des Versuchs abgelenkt, eine zweite nicht. Es stellte sich richten dagegen ihre Aufmerksamkeit auf die zur Pro-
heraus, dass die abgelenkte Gruppe die Schokolade sig- duktbeurteilung wesentlichen sachlichen Informationen.
nifikant besser beurteilte als die nicht vor der Verkostung
Personale Einflussfaktoren: Neben dem bereits vorhan-
abgelenkte Versuchsgruppe: Die affektive Komponente
denen Wissen gibt es eine Fülle persönlichkeitsspezifi-
bei der Produktbeurteilung fiel in der ersten Gruppe
scher Einflussfaktoren auf die Verarbeitung von Infor-
sehr viel positiver aus. Nowlis und Shiv (2005, S. 166)
mationen (Cross und Madson, 1997).
empfehlen daher, Konsumenten durch einfache Fragen
abzulenken, wenn sie über eine Produktverkostung am Eine dieser persönlichen Voraussetzungen wird „Regu-
PoS auf eine Marke aufmerksam gemacht werden sollen: latory Focus“ genannt. Diese Theorie haben wir schon
„Distracting consumers who are trying a pleasant food ausführlich beschrieben (siehe Ausführungen zu Mo-
item124, such as chocolate, actually leads to a greater li- tivation). Zur Erinnerung: Die Theorie geht zunächst
kelihood of choosing the sampled item. This suggests, davon aus, dass Individuen Lust („pleasure“) suchen und
that marketers might want to encourage some type of Schmerz („pain“) meiden. Die Regulatory-Focus-Theorie
cognitive distracting during taste tests for products with unterstellt vor diesem Hintergrund zwei grundlegende
pleasant characteristics“. Hier ist allerdings (nicht nur aus Ziele der Menschen beim Handeln und damit auch beim
verbraucherschutzpolitischer Sicht) zu fragen, ob eine sol- Konsum: (1) positive Konsequenzen erreichen („promo-
che Strategie langfristig nicht auch einen Bumerangeffekt tion goals“) und (2) negative Konsequenzen vermeiden
auslöst, der auftreten kann, wenn ein Konsument nach („prevention goals“). Ein Beispiel für ein promotion goal
einer solchen „Verkostung mit Ablenkung“ das Produkt ist „ein Auto kaufen, mit dem ich auffalle“, ein Beispiel
kauft, es aber dann alleine und in Ruhe zu Hause probiert für ein prevention goal ist „ein Auto kaufen, mit dem ich
und vom Geschmack enttäuscht ist. Das Experiment von mich nicht blamiere“.
Nowlis und Shiv (2005) liefert keine Auskünfte darüber, Nach dieser Theorie gibt es also Personen, die primär
ob der erste positive emotionale Eindruck auch in ande- positive Konsequenzen erreichen wollen, und Personen,
ren „Verzehrsituationen“ bestehen bleibt. die primär negative Konsequenzen vermeiden wollen.
Trotz dieser kritischen Anmerkung ist grundsätzlich Damit liegt eine Persönlichkeitsprädisposition vor, die
Folgendes zu beachten: Bei geringer Verarbeitungstiefe Einfluss auf die Informationsverarbeitung hat.
werden zentrale Informationen einer aufgenommenen Eine weitere Persönlichkeitsprädisposition wird als „in-
Botschaft – zum Beispiel sachliche Produktinformati- dependent self“ vs. „interdependent self“ charakterisiert.
onen – weniger beachtet und gedanklich verarbeitet. Wir haben dies weiter oben schon als „Denkstil“ bespro-
Der Empfänger setzt sich gedanklich kaum damit aus- chen (siehe auch Markus und Kitayama, 1991; Cross und
einander. Nebensächliche Eindrücke werden wirksam Madson, 1997). An dieser Stelle ist jedoch nicht die Art
und bestimmen die Vorstellungen von einer Firma oder des Denkvorgangs, sondern die Manifestierung als Per-
einem Produkt – Eindrücke, die durch eine auffallende sönlichkeitseigenschaft gemeint. Bei der Konstruktion
bildliche Information ausgelöst werden (die wenig zur eines „independent self“ wird die eigene Person als unab-
eigentlichen sachlichen Information beiträgt), die durch hängig von anderen Personen gesehen. Bei der Konstruk-
eine gefällige Aufmachung der Information, durch einen tion eines „interdependent self“ hingegen werden andere
attraktiven oder glaubwürdigen Kommunikator entste- Personen als Teil des eigenen Selbst wahrgenommen.
hen usw. Häufig aufgetreten sind diese Unterschiede bei Kultur-
vergleichen.
Aaker und Lee (2001) verknüpfen beide Ansätze und
124
Siehe hierzu auch die Studie von Park und Moon (2003),
stellen fest, dass Personen mit einem „independent self“
die die Informationsverarbeitung in Abhängigkeit von dem
„hedonistischen“ bzw. „utilitaristischen“ Wert eines Produktes 125 Vgl. dazu die im Einstellungskapitel diskutierten Modelle

untersuchen. zu zentralen und peripheren Beeinflussungsrouten.

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366 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Informationen besser erinnern und eine größere Verar- derholungen über einen längeren Zeitraum zu ver-
beitungstiefe der Informationen aufweisen als Personen teilen? Diese zweite Frage wird im nächsten Kapitel
mit einem „interdependent self“, wenn die Kommuni- über das Gedächtnis (über Behalten und Vergessen)
kation „promotion goals“ zeigt. Umgekehrt hingegen beantwortet.
werden Personen mit einem „interdependent self“ durch Der Abnutzungseffekt (Wear-out-Effekt) kann auf Wie-
Appelle mit „prevention goals“ besser erreicht126. Auch derholungen beim Lernen oder beim Wiedererlernen
Polman (2012) belegt, dass Menschen, die für sich selbst bezogen werden. Im zuletzt genannten Fall geht es um
entscheiden, oftmals eher einen prevention focus haben, Wiederholungen der Werbung, die dazu dienen, das Ge-
während Menschen, die für andere entscheiden, eher dächtnis für die Werbebotschaft zu erhalten.
promotion goals haben, also risikobereiter sind. Letztere
Aufgrund der vorliegenden Lern- und Gedächtnistheo-
sind zudem im Vergleich zu ersteren mit ihren Entschei-
rien ist davon auszugehen, dass mit zunehmender Zahl
dungen zufriedener, wenn sie aus einer Vielzahl von
der Wiederholungen das Lernen zwar nachlässt – die
Optionen auswählen konnten.
Leistungszuwächse werden geringer –, aber nicht absolut
Abnutzungswirkungen beim Lernen: Aufgrund der aufhört.
bisherigen Einsichten in das Lernen von Informationen
Das bedeutet keineswegs, dass häufige Wiederholungen
müssen wir universale Aussagen über die Anzahl der
der gleichen Werbung den Werbeerfolg nicht beeinträch-
zum Lernen von Informationen erforderlichen Wieder-
tigen können. Wir haben ja bisher – in Anlehnung an die
holungen zurückweisen:
Literatur über die Abnutzungswirkungen der Werbung –
In der frühen Konsumentenforschung (Sternthal und lediglich über das Lernen von Informationen gesprochen,
Craig, 1982) wurde von einigen Autoren behauptet, es nicht über die Auswirkungen der Wiederholung auf Pro-
genüge, eine Werbebotschaft dreimal zu wiederholen, duktbeurteilung, Einstellung und Kaufverhalten128.
damit der Konsument die Werbebotschaft lernt. Dabei
Untersuchungen von Sternthal und Craig (1982) u. a. wei-
wird von einem „aktiven“ Konsumenten ausgegan-
sen darauf hin, dass bei informativer Werbung damit zu
gen127. Solche „Regeln“ sind in vielen Praxisratgebern
rechnen ist, dass involvierte Empfänger nach etwa drei
immer noch zu finden. Ohne Informationen über die
Kontakten durch weitere Wiederholungen (untersucht
Bedingungen, unter denen gelernt wird, sind derarti-
wurden insgesamt sechs Kontakte in einem Zeitraum
ge Angaben aber unbrauchbar. Die nötige Anzahl der
von drei Wochen) dazu angeregt werden, aufgrund der
Wiederholungen hängt von der Verarbeitungstiefe des
Werbeaussagen eigene Gedanken über das Produkt und
durch die Informationsdarbietung ausgelösten Lernvor-
dabei auch Gegenargumente zu entwickeln (Sternthal
ganges ab – also vom Ausmaß des Lernens, mit dem die
und Craig, 1982, S. 281 f.), welche die Einstellungsbeein-
Informationen aufgenommen und verarbeitet werden.
flussung beeinträchtigen (dieses Ergebnis führte u. a.
Aktive Konsumenten mit hohem Involvement sind die
auch zu der oben bereits kritisierten Regel „Wiederhole
Ausnahme und nicht die Regel (siehe dazu auch den
Werbebotschaften dreimal“). Auch McCoy, Everard et al.
Dritten Teil, Kapitel C).
(2017) kommen u. a. zu dem Schluss (sie untersuchten
Wenn wir uns jetzt genauer mit den Wiederholungswir- Online-Werbeanzeigen), dass zu viele Wiederholungen
kungen von Information beschäftigen, so ist zu beachten, unter Forced Exposure-Bedingungen (also unter höhe-
dass die Botschaft nicht nur ankommen, sondern auch rem Involvement) eher schädigend sind.
behalten werden und verhaltenswirksam werden soll.
Bei nicht-involvierten Empfängern sind dagegen Abnut-
Die Praxis interessieren in diesem Zusammenhang zwei zungserscheinungen wesentlich geringer, sofern sie über-
wesentliche Fragen: haupt auftreten. Um sie zu vermeiden, ist es zweckmäßig,
(1) Nutzt sich eine Botschaft ab, wenn sie oft wiederholt die sprachliche oder bildliche Form der dargebotenen
wird? Informationen zu variieren (Bass, Bruce et al., 2007).
(2) Ist es zweckmäßiger, massiv mit schnell aufeinander
folgenden Wiederholungen zu werben oder die Wie- 128 Differenziert man zwischen affektivem und kognitivem
„Wear-out“, so kommt es auf den Unterhaltungswert und In-
126
Auch Einflüsse durch die Kultur, in der man sozialisiert formationsgehalt bei Wiederholungskontakten an (Hughes,
wurde, können zu den persönlichen Voraussetzungen der 1992). Bass, Bruce et  al. (2007, S. 191) gehen davon aus, dass
Informationsverarbeitung gezählt werden (vgl.  auch Hong, sich emotionale Werbeinhalte eher abnutzen als informative.
Morris und Chiu, 2000). Dieses Ergebnis sollte jedoch kritisch hinterfragt werden, da
127 Vgl. dazu Krugman (1975) und Blackwell, Miniard und emotionale Werbung in der Regel mit einer sehr viel höheren
Engel (2006) sowie die Diskussion dazu in Kroeber-Riel (1988, Aufmerksamkeit einhergeht und Schlüsselreize sich in der
S. 112, 118) und Bettman (1979, S. 166 ff.). Regel nicht abnutzen.
C. Kognitive Prozesse 367

Ist die Variation somit ein Zaubermittel gegen wenn ein Objekt (bzw. seine Reproduktion, Foto, Modell)
Wear-out-Effekte? Yaveroglu und Donthu (2008) stellten real dargeboten und visuell wahrgenommen wird. Im
dagegen in Bezug auf ein einzelnes Kommunikationsin- Gegensatz dazu sind Gedächtnisbilder Erinnerungen an
strument (Bannerwerbung) fest, dass die Effektivität von das Objekt, die in Abwesenheit des Objekts als erinnerte
Bannerwerbung erhöht werden kann, wenn die Banner Wahrnehmungsbilder gespeichert vorliegen (Behrmann,
in einem kongruenten Werbeumfeld präsentiert werden Moscovitch und Winocur, 1999, S. 81; Kroeber-Riel, 1996,
(also thematisch zu den Inhalten der Webpage passen) S. 40). Adaval, Saluja und Jiang (2019, S. 62) machen darauf
und wenn bei hoher Informationsdichte und vielen an- aufmerksam, dass die Gedächtnisbilder noch einmal dif-
deren Werbestimuli auf der Internetseite der Banner nicht ferenziert werden sollten, und zwar (1) in Gedächtnisbil-
variiert wird. Letzteres scheint im Zeitablauf allerdings der, die in Abwesenheit eines früher gesehenen Objekts
nur für animierte Banner zu gelten, wie die Studie von erinnert werden und (2) in solche, die auch als mentale
Lee, Ahn und Park (2015) zeigt. Hier wurden die Test- Simulationen (self-related imagery) vorliegen können.
personen bis zu achtmal mit Bannern konfrontiert. Die Letzteres bedeutet, dass man sich an ein Vorstellungsbild
Autoren können bei statischen Bannern nach dreimali- erinnern kann, ohne das Objekt jemals selbst gesehen
ger Exposition einen Wear-out-Effekt ausmachen, waren zu haben. Wir weisen auf diese weitere Differenzierung
die Banner aber animiert, dann zeigte sich dieser Effekt hin, die durchaus für das Marketing eine hohe Bedeu-
nicht. D. h., bei statischen Bannern waren durch Wieder- tung haben kann (man denke z. B. an innere Bilder über
holungen nach dreimaliger Präsentation keine weiteren Produkte, Marken oder Konsumsituationen, die rein über
Lernerfolge zu beobachten, während sich bei animierten die auditiven Kanäle durch Story-Telling entstehen kön-
Bannern die Erinnerungsrate mit zunehmenden Wieder- nen, ohne dass man das Objekt je zu Gesicht bekommen
holungen kontinuierlich steigerte. Ähnliches konnte auch hat). Grundsätzlich könnte man auch noch eine weitere
für die Einstellung zur Marke festgestellt werden. Die Aufsplitterung vornehmen und prüfen, wie erinnerte
Autoren (ebenda, S. 208) kommen daher zu der Empfeh- virtuelle Bilder im Unterschied zu erinnerten realen Bil-
lung, animierte Banner zu schalten. Allerdings besteht dern wirken (z. B. He, Wu und Li, 2018); vielleicht ist das
zu diesem Thema noch ein hoher Forschungsbedarf und aber auch müßig, da wir Virtual Reality bzw. Augmented
diese Regel sollte nicht eins zu eins auf die gesamte Ban- Reality Bilder129 ja vorher mit unseren Augen gesehen
nerwerbung übertragen werden. Stark blinkende Banner haben, ähnlich wie Fotos oder Filme im Fernsehen. Im
können auch zur Reaktanz und „Genervtsein“ führen. Folgenden werden wir uns auf die erste Form der Ge-
Es kommt also auf die Stimuli an. In der Studie von Lee, dächtnisbilder konzentrieren.
Ahn und Park (2015) wurde als statischer Banner die Zahlreiche Vorgänge der menschlichen Informations-
Produktabbildung einer Kaffeemarke gezeigt. Bei dem verarbeitung sind mit Imagery-Prozessen verknüpft. Die
animierte Banner wechselte das Bild, zunächst sahen wichtigsten Imagery-Wirkungen beziehen sich auf die
die Konsumenten auch nur die Produktabbildung, dann Informationsspeicherung und die Erinnerung: Diese
diese zusammen mit Kaffeebechern und dann mit einer Vorgänge werden durch innere Bilder unterstützt. Das
Kaffeemaschine. Hier wurde also mittels des Banner- Erzeugen innerer Bilder ist deswegen ein Ziel von Ge-
designs ein sinnvoller Verwendungszusammenhang des dächtnis- und Beeinflussungstechniken, mit denen die
Produktes geschaffen, und diese zusätzlichen Informa- Erinnerung an eine dargebotene Information verstärkt
tionen können Verständnis und Wahrnehmungsklima werden soll130. Neben den gedanklichen Wirkungen von
verändert haben, nicht der reine Bildwechsel durch Ani- inneren Bildern sind die emotionalen Wirkungen zu be-
mation. trachten: Bildliche – allgemeiner gesagt: nichtverbale –
Interessant ist an dieser Stelle auch eine Untersuchung
von Chen, Yang und Smith (2016), dass es auf die Kre-
ativität der Werbung ankommt. Einfach ausgedrückt: 129
Bei Virtual Reality nimmt der Nutzer die reale Umwelt nicht
mehr wahr, sondern erlebt sie als digitale 3D-Welt über eine
Kreative Werbung kann vor Wear-out-Effekten schützen. spezielle VR-Brille. Die virtuelle Welt kann, egal wo man sich
befindet, gesehen und gehört werden. Bei Augmented Reality
sieht der Nutzer die reale Welt und bekommt zusätzlich Infor-
b) Lernen durch Bilder (Imagery-Wirkungen) mationen eingeblendet, d. h., er muss vor Ort sein. Das Spiel
„Pokemon Go“ ist ein typisches Beispiel. Durch die zusätzlich
Die mentale Verarbeitung von (inneren) Bildern wird
eingefügten Reize entsteht aber auch eine neue Welt.
meistens als Imagery(-Prozess) bezeichnet. Dabei sind 130 Mikhailitchenko, Javalgi et al. (2009) belegen erneut, dass

Wahrnehmungsbilder und Gedächtnisbilder zu unter- Bilder in der Werbung den Recall verbessern können, zeigen
scheiden (Abb. 155). Wahrnehmungsbilder entstehen, aber auch kulturelle Unterschiede auf.
368 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Reize: weitere kein äußerer


Wort Gegenstand oder Bild Reize Reiz

Beispiel: „Auto“ Auto- interne


geräusch Instruktion

interne
Reprä- sprachliche
sentation: Repräsentation Wahrnehmungsbild Gedächtnisbild

Verarbeitungs-
system verbales System Imagery-System Abb. 155: Begriffsnetz der
Imagery-Forschung
(Quelle: Kroeber-Riel, 1986a, S. 82)

Eindrücke und emotionale Erlebnisse sind besonders kutiert (Kroeber-Riel, 1986a, b; Ruge, 1988; Germelmann
eng miteinander verknüpft (Zajonc, 1980; Zaidel, 2001). und Gröppel-Klein, 2004). Visuelle innere Bilder können,
Innere Bilder können durch sprachliche und nichtsprach- wie gesagt, in Wahrnehmungsbilder und Gedächtnisbil-
liche Reize aktiviert werden, zum Beispiel durch visu- der unterteilt werden. Unter dem Oberbegriff „Imagery“
elle, auditive131 oder olfaktorische Stimuli: So kann zum sollen diejenigen Prozesse zusammengefasst werden,
Beispiel das Wort „Auto“ das innere Bild eines Autos die bei der Entstehung, Verarbeitung, Speicherung und
hervorrufen. Ein solches Bild kann aber auch durch eine beim Aufruf von visuellen Informationen wirksam
Zeichnung, durch das Geräusch eines Autos, ja sogar werden (MacInnis und Price, 1987, S. 474; Leven, 1995).
durch die Instruktion, sich ein Auto vorzustellen, aus- Gedächtnisbilder stellen das Ergebnis dieser Prozesse
gelöst werden. Speer, Reynolds et al. (2009) zeigen bei- dar. Germelmann und Gröppel-Klein (2004) fassen die
spielsweise in einem sehr eindrucksvollen Artikel über verschiedenen Erkenntnisse über die inneren Gedächt-
eine Studie, bei der die Gehirnprozesse mit bildgebenden nisbilder zusammen und definieren sie „als interne Re-
Verfahren gemessen wurden, welche Aktivitäten in unse- präsentationen, die
rem Gehirn stattfinden, wenn wir eine Geschichte lesen. ●● über quasi-sensorische Eigenschaften verfügen;
So stellen wir uns beispielsweise das Äußere des Haupt- ●● räumliche, parallel verfügbare Informationen enthal-
charakters der Geschichte vor, wobei die Areale, die für ten (Cave, Pinker, et al. 1994, S. 15 f.), weshalb auch
visuelle Prozesse zuständig sind, aktiviert werden. räumliche Objekte wie Geschäfte oder Einkaufszent-
Die emotionalen inneren Bilder der Konsumenten haben ren vom Imagery-System erfasst werden können;
für das Marketing erhebliche Bedeutung: Die von einem ●● nicht notwendigerweise bewusst sein müssen, jedoch
Produkt oder von einer Dienstleistung gespeicherten in- bewusst gemacht werden können (Richardson, 1983,
neren Bilder drücken ein einstellungsrelevantes Produkt- S. 14) und daher messbar sind;
wissen aus und beeinflussen somit das Entscheidungs- ●● über mehrere Eigenschaften (Dimensionen) verfügen
verhalten. Je klarer und prägnanter diese Bilder sind, (Ellen und Bone, 1991, S. 807; Kroeber-Riel, 1986b, S. 83),
desto stärker wirken sie sich auf Verhaltensabsichten aus ●● welche das Verhalten beeinflussen (Richardson, 1969,
(Kroeber-Riel, 1993b). Mit diesen Themen beschäftigt sich S. 2 f. und 1983, S. 15; Ruge, 1988, S. 29)“.
die Imagery-Forschung.
Die Erforschung der inneren Bilder wird erschwert durch
Imagery-Forschung und die Bedeutung von Gedächt- die bereits anfangs beschriebenen Barrieren:
nisbildern: Seit über dreißig Jahren wird die Bedeutung
●● Bewusstseinsproblem (die visuelle Informationsver-
der Imagery-Forschung, die sich mit der Entstehung und
arbeitung ist weniger bewusst und wird weniger
Wirkung von Gedächtnisbildern beschäftigt, für das
gedanklich kontrolliert als die sprachliche Informa-
Marketing, insbesondere für die Werbung, die Positio-
tionsverarbeitung) und
nierung von Marken und für das Handelsmarketing dis-
●● Modalitätsproblem (zur Messung der visuellen In-
formationsverarbeitung sind modalitätsspezifische
131
Wörter (z. B. „es klingelt“) können auch das „Nachhören“ Verfahren erforderlich, die der Eigenart der visuellen
von Geräuschen auslösen (Crutcher und Beer, 2011). Codierung und Verarbeitung gerecht werden).
C. Kognitive Prozesse 369

Percept-Analogy-Theorie Propositionale Theorie


Art der • Repräsentation von Ge- • Repräsentation von
Repräsentation dächtnisinhalten analog Gedächtnisinhalten
(ganzheitlich) propositional (in abstrakten
Bedeutungseinheiten)
System der • Speicherung in zwei sym- • Speicherung von symboli-
Speicherung bolischen Systemen (ver- schen „Bausteinen“ in ei-
bal vs. nonverbal) nem einheitlichen System
Messbarkeit • Ja: Bilder werden tatsäch- • Nein: Bei den von den
von Gedächtnis- lich erlebt und können Versuchspersonen berich-
bildern? folglich auf der subjekti- teten „Bildern“ handelt es
ven Erlebnisebene gemes- sich um Messartefakte.
Abb. 156: Gemeinsamkeiten und sen werden.
Unterschiede der Percept-Analogy-
Aufruf der Innere Bilder werden nicht direkt über die Sinnesorgane wahrge-
und der Propositionalen Theorie
Repräsentation nommen, sondern aus dem Gedächtnis zusammengesetzt.
(Quelle: Germelmann und
Gröppel-Klein, 2004, S. 103)

Es ist daher gar nicht einfach, die Fragen zu beantworten, Im Zentrum von Paivios Theorie der dualen Codierung
wie Wahrnehmungsbilder im Gedächtnis gespeichert steht die Erkenntnis, dass verbale und nonverbale In-
werden und wie Gedächtnisbilder „vor das innere Auge formationen in voneinander unabhängigen, aber mit-
gerufen“ werden. Beide Fragen sind eng miteinander einander verbundenen Systemen verarbeitet werden
verknüpft; zur Klärung ist es jedoch sinnvoll, zunächst (Paivio, 1971). Paivio ging davon aus (was heute diffe-
nach der Form der Speicherung von Gedächtnisbildern renzierter gesehen wird, siehe die Ausführungen zur
zu fragen, bevor dargestellt wird, wie der Zugriff auf die Hemisphärenforschung), dass die linke Hemisphäre vor
gespeicherten Gedächtnisbilder erfolgt. Die Anhänger allem auf die Verarbeitung verbaler Stimuli spezialisiert
der Schule der „Percept-Analogy-Theorie“ (z. B. Paivio, ist, während in der rechten Hemisphäre nonverbale Sti-
1971, 1991) vermuten, dass Gedächtnisbilder als vollstän- muli (z. B. Bilder) verarbeitet werden. Das verbale Sys-
dige Einheiten bildlich gespeichert werden. Vertreter tem („logogen“ = „Wortgenerator“) arbeitet nach Paivio
der propositionalen Theorien (z. B. Pylyshyn, 1973, 1981) (1991, S. 258) abstrakt und sequenziell, das „bildliche“
gehen dagegen davon aus, dass Gedächtnisbilder aus Imagery-System („imagen“ = „Bildgenerator“) hingegen
abstrakteren Bedeutungseinheiten (den sog. „Proposi- ganzheitlich analog. Ein konkreter Meinungsgegenstand
tionen“), die im Langzeitgedächtnis gespeichert sind, kann in beiden Systemen gespeichert sein: bildlich (und
zusammengesetzt werden (Yuille und Marschark, 1983, in anderen nonverbalen Modalitäten, bspw. der auditiven
S. 145). Was den Aufruf der gespeicherten Repräsentati- oder der haptischen Modalität) in der rechten, sprachlich
onen betrifft, zeigen beide Theorien jedoch Parallelen: in der linken Gehirnhälfte. Kommt es zu einer solchen
Sowohl die Percept-Analogy-Theorien als auch die propo- „beidseitigen“ Verarbeitung, kann nach Paivio (1971,
sitionalen Theorien gehen zumindest implizit davon aus, S. 179 ff.) von einer dualen Codierung gesprochen wer-
dass vom Konsumenten „erlebte“ Vorstellungen (seien sie den. In verschiedenen Experimenten konnten Paivio
bildhaft oder nicht) nicht direkt durch die Sinnesorgane und andere Wissenschaftler (Paivio, 1991) zeigen, dass
wahrgenommen werden können, sondern als Vorstel- sich die duale Verarbeitung von Stimuli beim Zugriff
lungen aus dem Gedächtnis rekonstruiert werden (Bek- auf die gespeicherte Information positiv auswirkt. Bei
meier-Feuerhahn, 1998, S. 172). Die Kernaussagen beider der Speicherung von bildlichen Informationen ist die
Theorien können nach Germelmann und Gröppel-Klein duale Codierung besonders wahrscheinlich, da es nach
(2004, S. 103) wie in Abb. 156 (siehe auch Neumaier, 2000, Paivio (1971, S. 180) für das Individuum einfacher ist, Bil-
S. 74) zusammengefasst werden: der in einen verbalen Code zu transferieren, als verbale
Die Theorie der dualen Codierung von Paivio (1971)132 Informationen in einen bildlichen Code („picture supe-
kann den Percept-Analogy-Theorien zugeordnet werden. riority effect“, z. B. Childers und Houston, 1984; Edell

132 Diese Theorie wurde seit ihrer Veröffentlichung in dem


Werk „Imagery and Verbal Processes“ (Paivio, 1971) einerseits Vielzahl empirischer Studien gewählt. Siehe auch die Ausfüh-
stets kontrovers diskutiert, andererseits als Grundlage für eine rungen in diesem Buch zu „Grounded Cognition“.
370 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Bilder und Worte aus Experimenten von Paivio

Klavier Gerechtigkeit

Schlange Fähigkeit

Uhr Ich

Bleistift Moral

Hummer Tapferkeit

Zigarre Menge

Stern Theorie

Haus Freiheit
Abb. 157: Experimentelle Reize
zum Nachweis der überragenden
Pfeife Kummer Gedächtniswirkung von Bildinfor-
mationen

und Staelin, 1983; Holbrook und Moore, 1981; Paivio und hat. Er untersuchte die Gedächtnisleistung für (1) ele-
Csapo, 1973; Pieters und Wedel, 2004). mentare Bilder wie das Bild eines Klaviers sowie (2) die
Um die Interaktion zwischen dem verbalen und dem entsprechenden Wörter wie das Wort „Klavier“ und (3)
imaginalen System zu beschreiben, unterscheidet Paivio abstrakte Worte wie „Musik“. Aufgrund seiner Ergebnis-
(1971, 1991) drei Verarbeitungsstufen: se und späterer Forschungsarbeiten lassen sich folgende
Hypothesen formulieren:
(1) die repräsentationale Stufe, in der vollständige funk-
tionale Unabhängigkeit zwischen dem verbalen und ●● Reale Objekte werden besser erinnert als Bilder.
dem imaginalen System besteht ●● Bilder werden besser erinnert als konkrete Worte.
(2) die referenzielle Stufe, bei der Bezüge (Referenzen) ●● Konkrete Worte werden besser erinnert als abstrakte
zwischen beiden Systemen hergestellt werden, und Worte.
schließlich
Die Konkretheit (Bildhaftigkeit) einer Information er-
(3) die assoziative Verarbeitungsstufe, bei der in beiden
weist sich demzufolge als Schlüsselgröße dafür, wie
Systemen Assoziationsketten gebildet und direkt
gut die Information behalten wird. Es gibt inzwischen
miteinander verbunden werden.
Wortlisten, welche die Konkretheit von Wörtern der Um-
Die Möglichkeit, auf der referenziellen Verarbeitungsstu- gangssprache ausweisen und damit ihre Merkfähigkeit
fe Bezüge zwischen dem verbalen und dem imaginalen anzeigen. Die bessere Erinnerung an konkrete Ausdrü-
System herzustellen, äußert sich z. B. in der Fähigkeit, cke kann sich auch das Marketing, insbesondere die
Bilder mit einer „Bildunterschrift“ zu versehen, um ihnen Werbung, zunutze machen, indem wenig einprägsame
Eindeutigkeit zu verleihen (Pinker, 1998, S. 370). abstrakte Ausdrücke durch konkrete und bildhafte Aus-
Abb. 157 zeigt einige einfache Reize (Wörter, Bilder), mit drücke ersetzt werden. So wies unter anderem Robertson
denen Paivio (1979) in seinen Experimenten gearbeitet (1987) nach, dass konkret-bildhaft formulierte Markenna-

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C. Kognitive Prozesse 371

men wie „Frosch“ besser erinnert werden als abstrakte in verschiedenen Hirnarealen im Zusammenhang mit
Markennamen wie „Moment“. Ein erheblicher Teil der Wahrnehmungs- und Gedächtnisbildern machen kann.
gesamten Gedächtnisvarianz – je nach Gedächtnismes- Experimente unter Nutzung von fMRI (bzw. fMRT)
sung zwischen 19 % und 27 % – kann durch die gemes- bestätigen, dass im Prinzip die Hemisphärentheorie
sene Bildhaftigkeit der Markennamen erklärt werden133. aufrechterhalten bleiben kann und dass bildliche und
Auch Bambauer-Sachse und Gierl (2009) weisen auf die sprachliche Verarbeitung größtenteils unterschiedlichen
Bedeutung von Imagery-Prozessen im Marketing hin Hemisphären zugeordnet werden können. Auch wird bei
und zeigen, dass gerade nostalgische Bildmotive in der der dualen Verarbeitung nach Paivio sowohl die linke als
Werbung innere Bilder auslösen. Imagery-Prozesse er- auch die rechte präfrontale Hirnrinde (linker und rechter
klären schließlich auch, warum bestimmte Online-Shops präfrontaler Kortex) aktiviert (Pinker, 1998). Allerdings –
immer wieder besucht werden (Argyriou, 2012). wie bereits im Kapitel Emotionen dargelegt – ist die schar-
Durch die Forschungsarbeiten der Neurophysiologie134 fe Trennung von zwei funktional völlig unterschiedlichen
ist es möglich geworden, besser gesicherte Erkenntnisse Gehirnhälften in der Deutlichkeit, wie sie in früheren
über die Vorgänge bei der Verarbeitung und Speiche- Veröffentlichungen propagiert wurde, nicht mehr trag-
rung von visuellen Reizen zu gewinnen (Speer, Rey- bar. So ist zum Beispiel für die ganzheitliche Erkennung
nolds et al., 2009). Damit kann auch die Gültigkeit der von Gesichtern die rechte Gehirnhälfte entscheidend,
Theorie von Paivio (1971) überprüft werden. Dies gibt einzelne Gesichtsteile, etwa die Nase, werden jedoch in
der Imagery-Forschung eine neue Qualität, da man nun der linken Hemisphäre identifiziert.
Aussagen zu Lokalisierung und Ablauf von Prozessen Kosslyn (1995, S. 290 f.) konnte aber anhand von PET-Ex-
perimenten zur Funktion von inneren Bildern zwei wei-
133
Vgl. hierzu auch die Untersuchung über figurative Wer- tere wichtige Erkenntnisse gewinnen:
besprachen von Stern (1988) sowie die bereits dargelegten Er-
kenntnisse von Langner (2003).
●● Beim Aufruf von Gedächtnisbildern werden Ver-
134
Zwei Techniken kommt im Zusammenhang mit der Er- bindungen zwischen den Gehirnregionen, in denen
forschung von Imagery-Prozessen besondere Bedeutung zu sich das visuelle Gedächtnis befindet, und den topo-
(Raichle, 1998, S. 765): der Positronenemissionstomographie graphisch organisierten Hirnregionen, in denen die
(PET) und der auf der Kernspintomographie („magnetic re- räumliche Struktur des Bildes der Retina gespeichert
sonance imaging“, MRI) beruhenden Technik des „functional wird, aktiv.
Magnetic Resonance Imaging“ (fMRI bzw. auch als fMRT be- ●● Gedächtnisbilder, die im Kopf des Probanden entste-
zeichnet). Ähnlich wie bei der Röntgentomographie wird bei
der PET mittels Röntgenstrahlen ein „elektronisches Abbild“ hen, machen visuelle und räumliche Informationen
des Gehirns erzeugt (Posner und Raichle, 2004, S. 18–20). Aus zugänglich, die vor dem Aufruf des Gedächtnisbildes
diesen gemessenen Strahlen können Computerbilder des Ge- lediglich implizit im Langzeitgedächtnis gespeichert
hirns, sog. Tomographien, erzeugt werden. Anhand der an den waren.
Computerbildern ablesbaren Durchblutung einzelner Hirnre-
gionen kann bestimmt werden, wie hoch die Aktivität in der
Diese Erkenntnisse können im Prinzip durch jüngere Be-
entsprechenden Hirnregion ist, wenn der Proband bestimmte funde von Speer, Reynolds et al. (2009) sowie von Meyer
Aufgaben löst. Beim fMRT-Verfahren wird die Hirnaktivität und Damasio (2009) bestätigt werden (siehe auch Adaval,
ebenfalls über die Durchblutung und den Sauerstoffverbrauch Saluja und Jiang, 2018).
von Hirnregionen erfasst (Posner und Raichle, 2004, S. 250–253).
Dies lässt darauf schließen, dass es sich bei den Gedächt-
Gegenüber der PET hat die fMRT jedoch mehrere Vorteile: Da
die fMRT das Signal direkt von den magnetischen Veränderun- nisbildern räumlicher Objekte (wie z. B. Einkaufsstätten)
gen des Hirngewebes empfängt, muss im Unterschied zur PET tatsächlich um Repräsentationen handelt, die ganzheit-
keine radioaktive Substanz für die Messung injiziert werden. lich erlebt werden und in denen visuelle Informationen
Das Verfahren identifiziert die anatomische Struktur, die eine räumlich gespeichert sind. Sie können also als „pictures
funktionelle Aktivität zeigt, für jede einzelne Versuchsperson in the head“ (Kosslyn, 1995, S. 291) aufgefasst werden135.
genau. Die Auflösung von fMRT-Bildern ist besser als die von
mit PET erzeugten Computerbildern. Beide Verfahren haben
135
jedoch den Nachteil, dass sie trotz der technischen Verbes- Natürlich bedarf es zum Betrachten der Bilder keines „in-
serungen der letzten Jahre zu langsam sind, um die sich im neren Auges“ im eigentlichen Wortsinn. Die Elemente, die aus
Millisekundenbereich abspielenden Neuronenaktivitäten zu dem Langzeitgedächtnis zum Gedächtnisbild zusammenge-
erfassen. Daher ist es mit PET und fMRT nicht möglich, Dauer fügt werden, werden über neuronale Verbindungen zur weite-
und Reihenfolge der neuronalen Aktivität zu erfassen. Dies ren Analyse an andere Bereiche weitergeleitet, wo z. B. Mecha-
erlaubt erst die Messung der elektrischen Aktivitäten, die auf nismen zur Formenanalyse aktiv werden. Dieser Prozess wird
einen Stimulus folgen, mittels Elektroencephalographie (EEG) so lange ausgeführt, bis die relevante Bildinformation verfüg-
über an der Kopfhaut angebrachte geodätische Elektrodennet- bar ist (Kosslyn 1995, S. 291; Pinker 1998, S. 356–366; Meyer und
ze (siehe ausführlich: Germelmann und Gröppel-Klein, 2004). Damasio, 2009).
372 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Dieses Ergebnis spricht dafür, nicht die propositionale Rajagopal und Montgomery (2011) beschäftigten sich mit
Theorie, die die Bildhaftigkeit der mentalen Repräsentati- dem sogenannten „false experience effect“ (Erinnerung
onen von Objekten verneint, sondern die Percept-Analo- an eine Konsumerfahrung, die gar nicht stattgefunden
gy-Theorie zur Erklärung der Speicherung von Objekten haben kann). Dazu kreierten sie u. a. zwei Werbeanzei-
im Gedächtnis des Konsumenten zu nutzen. gen, die ein Produkt (z. B. Popcorn) mit einem fiktiven
Neben dem Speichermodus von Gedächtnisbildern las- Markennamen (Popjoy) zeigte. Eine Anzeigenvariante
sen neurophysiologische Forschungsansätze auch neue zeigte im Vergleich zur Kontrollgruppe (nur Logo und
Aussagen über die Prozesse zu, die ablaufen, wenn man Anzeigentext) zusätzlich Bilder, die das fiktive Produkt
sich ein Gedächtnisbild „vor das innere Auge ruft“. Da- in einer typischen Gebrauchsszene darstellten (also
masio (2000, S. 146; siehe auch Meyer und Damasio, 2009, beispielsweise eine Gruppe von jungen Leuten, die mit
S. 378) geht davon aus, dass dabei nahezu die gleichen fröhlichen Gesichtern Popcorn essen); es wurden somit
neuronalen Prozesse wirken, die auch bei der Wahr- imageryreiche und -arme Anzeigen kreiert. Die Ergeb-
nehmung des Gegenstandes wirksam sind. Bittet man nisse offenbaren nun, dass diejenigen Probanden, die
die Konsumenten also zum Beispiel, sich das Bild einer die imageryreiche Werbung sahen, nach einiger Zeit der
bestimmten Einkaufsstätte vor ihr „inneres Auge“ zu festen Überzeugung waren, sie hätten die Marke tat-
rufen, dann laufen im Wesentlichen die gleichen Verar- sächlich schon einmal konsumiert (was aber nicht der
beitungsprozesse im Gehirn ab, die auch beim Erleben Fall sein kann, da die Marke – wie geschildert – nicht
(Sehen, Hören, Fühlen, Riechen, Tasten) des realen Ob- existierte). Bei der imageryarmen Anzeige setzte dieser
jekts „Einkaufsstätte“ stattfinden. Aus diesem Ergebnis Effekt nicht ein. Auch dieses Experiment zeigt die Kraft
lässt sich die Vermutung ableiten, dass das ganzheitlich von Bildern und leitet daher gut zu der Frage über, wie
erlebte Gedächtnisbild daher auch in ähnlicher Weise auf verhaltenswirksam innere Bilder sind.
Einstellung und Verhalten wirken kann wie das wahr- Verhaltenswirksame Dimensionen von Gedächtnis-
genommene Objekt. Die Gedächtnisrepräsentation ei- bildern: Zur Wirkung von Gedächtnisbildern stellen
nes Objektes ist topographisch organisiert, d. h., an ihrer MacInnis und Price (1987, S. 482) in ihrem Artikel zur
Entstehung sind verschiedene Gehirnregionen beteiligt, Rolle von Imagery bei der Informationsverarbeitung
und sie wird vom Menschen bewusst als Gedächtnisbild die These auf: „the more concrete and emotional the
erlebt. Dieses Ergebnis stützt die These zur Wirklich- imagery, the greater the change in behavioral intentions“.
keitsnähe von Gedächtnisbildern (Kroeber-Riel, 1986b) Zu fragen ist somit, in welcher Weise ein Gedächtnisbild
und liefert zugleich die Bestätigung für die Messbarkeit ausgeprägt sein muss, damit es zu einer Wirkung auf
von Gedächtnisbildern. Weiter konnte gezeigt werden, (geplantes) Verhalten kommt. Es kann mit hoher Wahr-
dass die bewusste Visualisierung eines Gedächtnisbildes scheinlichkeit angenommen werden, dass die erlebten
vor dem „inneren Auge“ zu den gleichen körperlichen inneren Gedächtnisbilder mehrere unterschiedliche ver-
Reaktionen führt, die auch die Wahrnehmung des tat- haltenswirksame Eigenschaften aufweisen. Diese verhal-
sächlich vorhandenen Objekts auslösen würde. Durch tenswirksamen Eigenschaften werden als Dimensionen
Experimente konnte nachgewiesen werden, dass sich bezeichnet, d. h., Gedächtnisbilder sind mehrdimensional
die Leitfähigkeit der Haut sowie die Herz- und Atem- (Kroeber-Riel, 1986b, S. 83; Babin und Burns, 1998)137.
frequenz der Probanden beim Vorstellen angsteinflößen-
der innerer Bilder vor ihrem „inneren Auge“ genauso
stark erhöhten wie beim tatsächlichen Betrachten dieser S. 190), während für den Begriff des Gedächtnisbildes („me-
furchteinflößenden Bilder (Kosslyn, Ganis und Thomp- mory image“) häufig die Begriffe „Image“ (Leven, 1995, S. 930),
son, 2001, S. 641; siehe auch Borst und Kosslyn, 2010)136. „Imagery“, „Mental image“ oder „Imaging“ (Richardson, 1983,
S. 14) benutzt werden. Der Konsument muss sich jedoch, um
sich die Frage zu beantworten, inwieweit ein Objekt geeignet
136 Germelmann und Gröppel-Klein (2004, S. 113) schlagen vor, ist, eine Motivation zu befriedigen (= Einstellung), das Objekt
die Begriffe „Gedächtnisbild“ und „Einstellung“ inhaltlich als topographische Repräsentation zunächst vor das innere
voneinander abzugrenzen. Eine solche konzeptionelle Tren- Auge rufen (= Gedächtnisbild).
nung ist erforderlich, wenn z. B. Hypothesen zur Wirkung von 137
Nicht übersehen werden darf dabei jedoch, dass die Erfas-
inneren Bildern auf die Einstellung zu einem Meinungsge- sung der Imagery-Dimensionen mit einem teilweisen Verzicht
genstand aufgestellt werden sollen. Sowohl die Gedächtnis- auf eine „ganzheitliche“ Erfassung der Gedächtnisbilder ein-
bildtheorie als auch die Einstellungstheorie treffen Aussagen hergeht. Trommsdorff (2004, S. 116) macht auf das Problem auf-
über mentale Prozesse in Bezug auf Objekte bzw. Sachverhalte, merksam, dass innere Bilder „nicht über einige wenige Dimen-
zudem gibt es metasprachliche Überschneidungen: Synonym sionen hinreichend beschrieben werden können“. Er vergleicht
mit dem schärfer operationalisierten Begriff der Einstellung dies mit dem Versuch, sich Bilder vorzustellen, von denen nur
wird oft der Begriff „Image“ gebraucht (Kroeber-Riel, 1992, die Ausprägungen des Imagery-Differenzials bekannt sind.
C. Kognitive Prozesse 373

Als die zentrale Dimension innerer Gedächtnisbilder Bildern, die in der Werbung dargeboten werden, um
wird die Lebendigkeit angesehen; ihr wird eine bedeu- im Konsumenten ein inneres Bild von einer Firma oder
tende Rolle für die Einstellungsbildung und das geplante Marke zu erzeugen. Bilder, die einen lebendigen Ein-
Verhalten zugeschrieben (Babin und Burns, 1998, S. 265; druck hervorrufen sollen, müssen assoziationsreich,
Ellen und Bone, 1991, S. 807; MacInnis und Price, 1987, gestaltfest und eigenständig sein, d. h., sie müssen sich
S. 479–482; Ruge, 1988, S. 105; Germelmann, 2003; Fen- von konkurrierenden Bildern deutlich abheben.
nis, Das und Fransen, 2012; Helfgen, 2019). Unter der Le- ●● Das Gedächtnis für Bildinformationen ist wesentlich
bendigkeit des inneren Bildes kann verstanden werden, besser als das Gedächtnis für sprachliche Informati-
wie farbig, detailliert und wie deutlich die inneren Ge- onen. Das gilt sowohl für einfache als auch für kom-
dächtnisbilder vor dem inneren Auge des Konsumenten plexe sprachliche und bildliche Reize.
erscheinen. Man kann diese und weitere Dimensionen ●● Abstrakte Worte wie „Freiheit“ werden nur verbal co-
mithilfe von Bilderskalen messen (siehe zur Messung diert. Konkrete Worte wie „Sonnenuntergang“ rufen
von Vividness mit bildgebenden Verfahren auch Cui, zugleich innere Bilder hervor: Sie sind deswegen nicht
Jeter et al., 2007). nur in ihrem eigenen Code, sondern auch im Bilder-
Ordnung ist als zweite wichtige Dimension des inneren code verfügbar. Eine abstrakte bildliche Information
Bildes zu nennen. Sie gibt an, wie klar strukturiert ein in- lässt sich kaum in einen verbalen Code übersetzen,
neres Gedächtnisbild erlebt wird. Diese Dimension wird sie ist deswegen nur in ihrem spezifischen Bildercode
auch als „Strukturiertheit“ (Eindruck der Ordnung) be- vorhanden. Konkrete Bilder werden wiederum dop-
zeichnet (Kroeber-Riel, 1986a, S. 83; Leven, 1995, Sp. 933). pelt (wie konkrete Worte) codiert: Sie werden in den
Als weitere Dimensionen nennen die Autoren: Bildercode und zusätzlich in einen verbalen Code ge-
●● das Gefallen (Wie angenehm bzw. unangenehm wird bracht. Konkrete Worte und Bilder werden aufgrund
ein Gedächtnisbild erlebt?), ihrer doppelten Codierung besser behalten. Allgemein
gesagt: Je konkreter bildliche und verbale Informati-
●● das Aktivierungspotenzial bzw. die Intensität des Bil-
onen sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit,
des (In welchem Maße löst das Gedächtnisbild innere
dass sie doppelt – verbal und bildlich – codiert und
Erregung aus?),
gespeichert werden.
●● die psychische Nähe (Als wie nah und vertraut wird
das innere Bild erlebt?), Implikationen für das Marketing: Zum Aufbau eines
●● die Reichhaltigkeit (Wie viele Elemente/Eindrücke klaren Vorstellungsbildes (über ein Produkt, eine Er-
bietet das Gedächtnisbild?), lebniswelt, ein Geschäft usw.) ist im Allgemeinen eine
●● die Neuartigkeit (Wie auffallend ist das Bild?) und wiederholte Darbietung von entsprechenden Reizen er-
●● die Zugriffsfähigkeit (Wie leicht gelingt es, sich das forderlich. Dabei können die dargebotenen Reize zwar
Gedächtnisbild vor das innere Auge zu rufen?), welche variiert werden, aber das grundlegende Motiv ist bei-
jedoch eher eine „technische“ Größe ist, die sich auf zubehalten, weil sein Wechsel zur Überlagerung unter-
den Abruf des Gedächtnisbildes bezieht. schiedlicher innerer Bilder beim Konsumenten führen
kann. Sein Vorstellungsbild vom Produkt oder vom La-
Nicht allen Dimensionen des Gedächtnisbildes kann die
den oder von einer Erlebniswelt wird dann diffus und
gleiche Verhaltenswirksamkeit zugesprochen werden,
verliert seine Verhaltenswirksamkeit.
gleichfalls ist eine hierarchische Ordnung der Dimensio-
nen denkbar (z. B. trägt „Neuartigkeit“ zum Aktivierungs- Aus den Erkenntnissen der Gedächtnisforschung las-
potenzial bei). Es ist daher zu vermuten, dass nicht in jedem sen sich Sozialtechniken ableiten, insbesondere auch
Fall alle Dimensionen benötigt werden, um den Einfluss Memotechniken, wie man die Gedächtnisleistung ge-
von Gedächtnisbildern auf das Verhalten zu erfassen. zielt verbessern kann, indem man sich beim Einprägen
Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten: und Erinnern von Informationen die unterstützenden
Bildwirkungen zunutze machen kann (McDaniel und
●● Innere Bilder entfalten sowohl kognitive als auch Pressley, 1987, S. 299 ff., siehe dazu auch die Experimente
emotionale Wirkungen: Sie dienen der gedanklichen von Rajagopal und Montgomery, 2011). Diese Techniken
Informationsverarbeitung und -speicherung und sie laufen oft darauf hinaus, die Erinnerung an eine sprachli-
bestimmen unsere emotionalen Erlebnisse, unter an- che oder numerische Information dadurch zu verstärken,
derem unsere Präferenzen für bestimmte Personen dass man sie mit Bildvorstellungen verknüpft (Fennis,
und Gegenstände. Das und Fransen, 2012)138.
●● Wie lebendig das innere Bild ist, hängt wesentlich
von den Bildern ab, die der Empfänger zuvor aufge- 138
LaBarbera, Weingard und Yorkston (1998) empfehlen, die
nommen und gespeichert hat, beispielsweise von den Auswahl der eingesetzten Bilder in der Werbung am Persön-
374 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 158: Verstärkung der Erinne-


rung durch lebendige Bilder

Anmerkung: Linkes Bild ohne


Calgon, rechtes Bild mit Calgon.

Für die Übertragung auf das Konsumentenverhalten sind zenversprechen erheblich verstärkt, insbesondere dann,
folgende Sozialtechniken hervorzuheben: wenn man an das geringe Involvement der Empfänger
(a) Verwendung von Bildern statt Wörtern: Man kennt von Fernsehwerbung denkt.
in der täglichen Kommunikation solche Informationen, Aber auch dann, wenn die eigentliche Information
die „eigentlich“ bildlich sind, weil sie einen konkreten abstrakt ist, wie in Beschreibungen vieler technischer
Sachverhalt abbilden, aber trotzdem häufig in verbaler Produkte oder Dienstleistungen, kann man die Ein-
Form vermittelt werden. Damit wird eine unnötige Ver- prägsamkeit oft erhöhen, indem man an das bildliche
minderung der Gedächtnisleistung bewirkt. Vorstellungsvermögen der Empfänger appelliert und
Ein Beispiel aus der Werbung kann dies verdeutlichen: die Information so weit wie möglich in konkrete und
bildliche Darstellungen übersetzt (Kroeber-Riel, 1986a, b).
Calgon ist ein Mittel, das Kalkablagerungen an Metalltei-
len (Waschmaschinen) verhindert und zur Lebensdauer Die bisher geschilderten Imagery-Strategien laufen da-
der Maschinen beiträgt. Der Produktnutzen von Calgon rauf hinaus, abstrakte und verbale Informationen in
kann nun sprachlich oder bildlich vermittelt werden: möglichst konkrete und bildliche Informationen um-
zuformen.
In einem Fernsehspot für Calgon berichtet ein Handwer-
ker, der gerade eine Waschmaschine repariert hat, einer (b) Wort-Bild-Kombination: Eine weitere Möglichkeit
Hausfrau, dass der Zusatz von Calgon Kalkablagerungen besteht darin, Wörter und Bilder zu kombinieren, um
an Metallteilen der Maschine verhindert und deswegen über das einprägsame Bild eine stärkere Verankerung
für eine längere Lebensdauer der Waschmaschine sorgt. der Wörter im Gedächtnis zu erreichen. Dazu gibt es
mehrere Techniken:
Wir vergleichen zwei Versionen dieses Spots: In der ers-
ten Version wird nur eine sprachliche Darstellung des (1) direkte Einbeziehung von Bildelementen in einen
Produktvorteils gebracht. In der zweiten Version wird sprachlichen Ausdruck,
die Information über die Wirkung von Calgon durch ein (2) Kombination eines Bildes mit einem Wort.
Bild ergänzt, das nebeneinander zwei Metallteile der Ma- Im zweiten Fall kann das Bild zur Veranschaulichung
schine zeigt, einmal mit Kalkablagerung und das andere der Wortbedeutung beitragen, es kann aber auch ohne
Mal nach Calgonbenutzung ohne Kalkablagerung. Auf oder nur in losem Zusammenhang zu dem Wort stehen.
diese Weise wird der Produktnutzen sehr anschaulich So werden z. B. Markennamen besser behalten, wenn sie
mithilfe eines Bildes verdeutlicht (und wiederholt, siehe in ein einprägsames Bild integriert sind.
Abb. 158). Durch die bildliche Darstellung des Produkt- Solche visuellen Präsenzsignale werden bei der zuneh-
nutzens139 wird die Erinnerung an das werbliche Nut- menden Informationsüberlastung immer wichtiger, um

lichkeitstyp der Rezipienten auszurichten, um höhere Erinne- kommunikation jedoch nicht einfach nur darum, irgendwelche
rungswerte zu erhalten. Parker (2009) zeigt, dass es wichtig ist, Bilder zu nutzen, sondern es müssen solche spezifischen Bilder
dass die bildlichen Vorstellungen über den typischen Nutzer kommuniziert werden, die die Produktvorteile für den Kon-
mit den bildlichen Vorstellungen über diese Marke überein- sumenten sofort nachvollziehbar machen. Im Zeitalter der In-
stimmen. formationsüberlastung muss die Botschaft den Konsumenten
139 auch in Low Involvement-Situationen erreichen. Insofern sind
In einer jüngeren Veröffentlichung weisen Choi, Yoon et al.
(2019) erneut den Picture Superiority Effect nach, allerdings die Implikationen von Choi, Yoon et al. (2019) mit Vorsicht zu
nur für Verbrauchsgüter. Bei Gebrauchsgütern empfehlen die betrachten, oder es sollte eine Kombination von Wort und Bild
Autoren, Textbotschaften zu verwenden. Es geht bei der Bild- eingesetzt werden (siehe Abb. 159).
C. Kognitive Prozesse 375

eine Marke in der Informationsflut auffällig und sichtbar dern ist vor allem für die Informationsvermittlung an
zu machen und die Markenerinnerung (Markenaktuali- wenig involvierte Konsumenten wichtig. Wichtig ist ein
tät) gegenüber anderen Marken abzusichern. stimmiges Zusammenspiel von Bild und Text bei der
Die Unterstützung der Erinnerung an Marken, Läden Darstellung von Problem und Problemlösung. Beispiele
und Werbebotschaften durch die Verwendung von Bil- zeigt Abb. 159.

Abb. 159: Text-Bild-Kombinationen

Abb. 160: Displays am Point-of-Sale

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376 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Beispiele multimodaler Ansprache in Print-Werbung


Haptik Gustatorik Olfaktorik
(Tastsinn) (Geschmackssinn) (Geruchssinn)

Abb. 161: Ansprache anderer


Sinne durch Bilder

Das gilt in gleicher Weise für die Produktpräsentation (c) Verwendung von (bildlichen) Metaphern: „You are
am PoS mittels verbaler Informationen oder visueller as cold as ice“ lautete einmal ein bekannter Songtext, der
Displays (siehe Abb. 160). Bildliche Problemlösungen wer- Werbeslogan der Württembergischen Versicherung „Ihr
den spontan und ohne kognitive Anstrengung begriffen Fels in der Brandung“ (Abb. 162). Eine weitere Möglich-
und gespeichert. keit, die in der Werbung vielfach angewendet wird und
Eine Erweiterung zur Dual-Coding-Theorie von Paivio die die „doppelte Codierung“ fördern soll, ist die Ver-
stellt die multimodale Gedächtnistheorie von Engelkamp wendung von Metaphern. Darunter kann man allgemein
(1991) dar, die differenziertere Informationen als die Du- rhetorische Figuren zur Verdeutlichung, Veranschauli-
al-Coding-Theorie darüber liefert, wie Informationen un- chung und Ausschmückung von Botschaften verstehen.
terschiedlicher Modalitäten vom Menschen gespeichert Eine Metapher nutzt eine Art Gleichnis, einen versteckten
werden. Verschiedene Aspekte eines Reizes können in (indirekten) Vergleich zwischen zwei Objekten, wodurch
diesen verschiedenen Gedächtnissystemen und damit die Eigenschaften eines Objektes auf das andere Objekt
mehrfach gespeichert werden. Die unterschiedlichen Ge- übertragen werden. Dadurch zwingt die Metapher den
dächtnissysteme interagieren und sind vernetzt. Infor- Konsumenten zu mentalen Verarbeitungsprozessen, um
mationen, die mehrere Teilsysteme ansprechen, werden die Botschaft verstehen zu können (Goodwin, 2001). Me-
mehrfach gespeichert und besser erinnert. Abb. 161 zeigt, taphern können auch in Form von Bildern verwendet
wie man die Ansprache anderer Sinne mittels bildlicher werden, z. B. warb die Automarke Ford vor einigen Jahren
Kommunikation erreichen kann. mit einem „Rennpferd“, um die positiven Eigenschaften
dieses Tieres (schnell, dynamisch, elegant) auf das Auto
zu übertragen.

Metaphern können zunächst eine spontane Irritation


auslösen, die zu dem Bestreben führt, das Rätsel lösen zu
wollen (McQuarrie und Mick, 1999; siehe auch Abb. 162).
Dadurch werden verstärkte mentale Verarbeitungspro-
zesse ausgelöst, die zu einem verbesserten Recall führen
können (McQuarrie und Mick, 2003; Phillips, 2000). Auch
kann es sein, dass die Freude am Entschlüsseln eine po-
sitivere Einstellung zur Anzeige und zur Marke bewirkt
(Ward und Gaidis, 1990, Phillips, 2000). Auch Chang und
Yen (2013) stellen in ihrer Untersuchung fest, dass die-
se Freude am Nachdenken (NFC, Need-for-Cognition)
Abb. 162: Werbung mit einer schnell verständlichen Metapher eine entscheidende Rolle spielt. Menschen mit hohen
C. Kognitive Prozesse 377

Das ist für die angewandte Gedächtnisforschung wichtig:


Erst nach Ablauf dieser Festigungsperiode kann man
das langfristige Gedächtnis messen. Vorher erfasst man
lediglich das Kurzzeitgedächtnis. Die Messung der Ge-
dächtnisleistung während der Festigungsperiode ist vor
allem auch deswegen problematisch, weil die Erinnerung
an eine Information in dieser Zeit gestört sein kann.
In Bezug auf das Vergessen können verschiedene Hy-
pothesen voneinander unterschieden werden, die nach
wie vor in der Gedächtnisforschung diskutiert werden
(Eysenck und Keane, 2010, S. 233):
(1) Interferenztheorie: Nach der anfangs in diesem Kapi-
tel (C. II) angesprochenen Interferenztheorie werden
einmal gelernte Informationen dauerhaft im Lang-
Abb. 163: Verwendung einer zweideutigen Metapher in der Werbung zeitgedächtnis gespeichert. Nach dieser Theorie wird
die Wiedergabe einer gelernten Information deswe-
gen gehemmt, weil die Information von später ge-
NFC-Werten schätzen Werbung mit Metaphern signifi- speicherten Informationen überlagert wird und sich
kant positiver ein als Personen mit geringen NFC-Wer- deswegen der Erinnerung entzieht. Die Überlagerung
ten. Allerdings sollten solche Werbewirkungstests (wie der im Gedächtnis aufgenommenen Informationen
beispielsweise von Chang und Yen, 2013) nicht nur unter durch vorher oder nachher gespeicherte Informati-
Forced-Exposure-Bedingungen im Labor mit der damit onen nennt man Interferenzen. Man unterscheidet
einhergehenden erhöhten Aufmerksamkeit getestet, son- solche Gedächtnishemmungen, die auf das vorher
dern auch unter natürlichen Werbebedingungen unter- gespeicherte Material zurückgehen (proaktive Hem-
sucht werden. mungen) und solche, die durch das nachher gelernte
Mögliche Probleme bei der Verwendung von Metaphern Material entstehen (retroaktive Hemmungen).
können nämlich auftreten, wenn (2) Zerfalls-Hypothese: Es wurde im Kapitel C. I auch
●● der Rezipient keine Bereitschaft zum Entschlüsseln darauf aufmerksam gemacht, dass es durchaus mög-
der Botschaft zeigt oder lich ist, dass bereits gespeicherte Informationen im
Gehirn gegen neue Informationen ausgetauscht und
●● die Fähigkeit zum Entschlüsseln der Botschaft nicht
damit dauerhaft gelöscht werden (Loftus und Loftus,
ausreicht bzw.
1980, S. 418). Es gibt außerdem Anhaltspunkte für
●● die Metapher so kompliziert ist, dass sie nicht auto-
einen – wenn auch schwer nachweisbaren – Zerfall
matisch verstanden wird.
sowie für eine Veränderung der Gedächtnisspuren
●● Das kann zu Missverständnissen bzw. Irritation füh-
im Laufe der Zeit (Lindsay und Norman, 1981, S. 251).
ren oder von der Marke ablenken (siehe auch den Drit-
So weiß man beispielsweise, dass bei Alzheimer-Pa-
ten Teil dieses Buchs zum Stichwort „Rätselwerbung“).
tienten eine Degeneration der Neuronen stattfindet
Je nachdem, wie intensiv man sich der Anzeige in Abb. 163 (Smith, 2002).
widmet, könnte man entweder zu dem Schluss kommen, (3) Die Fragmentierungshypothese besagt (ähnlich
„Wer zu McDonald’s geht, ist ein Spießer“ oder „Wer wie die Interferenzhypothese), dass nicht vergessen
Pommes frites mit der Gabel isst, ist ein Spießer, und wird, dass sich aber Informationen und Abrufhin-
Spießer sind nicht die Klientel von McDonald’s“. Hoffen weise voneinander lösen. Untersuchungen hierzu
wir für das Unternehmen, dass Letzteres der Fall war! beschäftigen sich auch mit der Frage, wie der Zugriff
auf gespeicherte – also tatsächlich behaltene – In-
6. Gedächtnis: Behalten und Vergessen formationen möglich wird und erleichtert werden
Das Langzeitgedächtnis ist mit dem Aufbau von materi- kann (Gardial, Schumann et al., 1993). Hierbei wird
ellen Gedächtnisspuren verbunden bzw. mit der Herstel- Vergessen hauptsächlich als ein „Versagen des Re-
lung von neuen „Schaltungen“ im Zentralnervensystem. trieval-Prozesses“ angesehen (Anderson, 2007).
Die für den Aufbau einer dauerhaften Gedächtnisspur (4) Schließlich wird auch das sogenannte „willentliche
benötigte Zeit – den Zeitraum vom ersten Einprägen bis Vergessen“ (bei Freud war das die Verdrängung) als
zur dauerhaften Speicherung – nennt man Konsolidie- Erklärung angegeben, nach der wir bestimmte Infor-
rungsphase. mationen aus dem Bewusstsein entfernen können
378 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

(Eysenck und Keane, 2010, S. 238 ff.; Nowicka, Mar- In der Gedächtnisforschung wird zwischen direkten und
chewka et al., 2011). indirekten Messverfahren unterschieden. Die direkten
Schacter (1999) unterscheidet insgesamt sieben Defizite zielen darauf ab, die gespeicherten Informationen zutage
(„Sünden“) unseres Gedächtnisses. Diese Defizite, die zu fördern. Die indirekten gründen auf der Erkenntnis,
das Gedächtnis nicht richtig funktionieren lassen, sind: dass der Übungsaufwand, der benötigt wird, um das
dargebotene – verbale oder bildliche – Material wieder
(1) Transience = Flüchtigkeit: abnehmende Zugänglich- zu lernen, entscheidend davon abhängt, wie viel von dem
keit der Informationen über die Zeit gelernten Material noch im Gedächtnis gespeichert ist.
(2) Absentmindedness = Geistesabwesenheit: geringe Man kann deswegen das Behalten/Vergessen indirekt
Informationsverarbeitung, z. B. aufgrund geringer an dem für das Wiedererlernen notwendigen Übungs-
Aufmerksamkeit aufwand messen.
(3) Blocking = vorübergehend fehlender Zugriff auf ge-
In der Konsumentenforschung beschäftigt man sich in
speicherte Informationen
jüngster Zeit mit der Frage, wie implizites Lernen un-
(4) Misattribution = Fehlattributionen: Zuschreibung tersucht werden kann.
von Informationen zur falschen Quelle
(5) Suggestibility = Beeinflussbarkeit: Beeinflussung
Implizites Lernen bezieht sich auf Lernsituationen, in
der gespeicherten Informationen durch suggestive
denen Menschen scheinbar intuitiv (spielerisch) lernen.
Fragen
Implizites Lernen ist robust, kann unabhängig von Alter
(6) Bias = rückwirkende Verzerrungen oder unbewusste und Intelligenz erfolgen und hat eine geringe Variabilität
Einflüsse auf aktuelles Wissen (Eysenck und Keane, 2010, S. 228).
(7) Persistence = Beharrlichkeit: Informationen können
nicht vergessen werden, obwohl man sie vergessen
Das bedeutet, dass der Konsument Strukturen einer re-
möchte
lativ komplexen Reizumgebung lernt, ohne dies zu be-
(1) bis (3) sind Phänomene des Vergessens, (4) bis (6) absichtigen (es findet also beiläufig, „inzidentell“ statt)
sind Phänomene der Verzerrung bzw. Störung von In- und ohne dass das gelernte Wissen verbalisierbar sein
formationen und (7) ist ein Phänomen des „Nicht-Verges- muss (siehe ausführlich Dienes und Berry, 1997).
sen-Könnens“ (z. B. nach Misshandlungen).
Ein Beispiel hierfür ist das „Lernen versteckter Kova-
Zur Erleichterung des Zugriffs auf gespeicherte Informa- riationen“ (Lewicki, Hill und Czyzewska, 1992). Hier
tionen kommt es vor allem darauf an, dem Gedächtnis wurden Versuchspersonen Fotos von Personen gezeigt,
geeignete Hinweise für das „Wiederauffinden“ der behal- die entweder als „freundlich“ oder als „intelligent“ be-
tenen Informationen zu geben, etwa durch den Hinweis zeichnet wurden. Ohne dass dies den Versuchspersonen
auf die Umstände, unter denen eine Information erwor- mitgeteilt wurde, hatten alle als „freundlich“ bezeich-
ben wurde („Weißt du noch, damals in Paderborn …?“, neten Personen kürzere Haare als die als „intelligent“
„Erinnerst du dich, in jener Zeitschrift …?“; vgl. auch klassifizierten. Bei einer Kontrollgruppe war es genau
Dougal und Rotello, 1999). Wir haben anfangs bei der umgekehrt. In einem zweiten Schritt wurden den Pro-
Darstellung des episodischen Gedächtnisses schon dar- banden dann erneut Abbildungen von Personen vorge-
auf hingewiesen, dass man nur durch spezifische Frage- legt; dieses Mal sollten die Versuchspersonen angeben,
stellungen die Inhalte des episodischen Gedächtnisses ob die gezeigten Menschen „freundlich“ oder „intelli-
ins Bewusstsein rufen kann. gent“ seien. Es zeigte sich, dass in dieser Testphase die
Das heikelste Problem der Gedächtnisforschung ist die Urteile der Versuchspersonen in Übereinstimmung mit
Messung: Wie kann man feststellen, welche Informati- der vorher erfahrenen Kovariation zwischen Haarlänge
onen tatsächlich behalten, welche vergessen bzw. über- und Persönlichkeitsmerkmal standen, ohne dass dieses
lagert wurden? den Versuchspersonen bewusst war, denn die Haarlänge
wurde nicht als Begründungsmuster angeführt. Solche
Die Messung der nach dem Lernprozess gespeicherten
impliziten Lerneffekte können nicht durch eine einfache
Informationen führt in der experimentellen Grundla- Befragung, sondern nur durch Experimente ermittelt
genforschung schon allein deswegen zu Schwierigkei- werden.
ten, weil die Wiedergabe einer behaltenen Information
eine Übung darstellt, die zum weiteren Einprägen dieser In der Konsumentenverhaltensforschung werden aber
Information führt. Zudem wurde bereits darauf hinge- nach wie vor hauptsächlich die direkten Methoden zur
wiesen, dass je nach gewähltem Messverfahren auch die Messung des bewussten Wissens angewendet, und zwar
Ergebnisse variieren. ●● freie Reproduktion (free recall),
C. Kognitive Prozesse 379

●● unterstützte Reproduktion (aided recall), das Kaufverhalten hinzuweisen: Der Markenrecall zeigt
●● Wiedererkennen (recognition). die „aktive Markenbekanntheit“ an: Der Konsument ist
Bei freier Reproduktion wird die Testperson aufgefordert, in der Lage, aus dem Gedächtnis zu einem bestimm-
das Gelernte frei und ohne Hilfe wiederzugeben. Bei ten Produkt- und Dienstleistungsbereich eine Marke
unterstützter Reproduktion werden ihr Gedächtnisstüt- zu nennen. Diese aktive Erinnerung ist bei bewussten
zen, z. B. in Form von Hinweisen auf den Kontext des und überlegten Entscheidungen wichtig, die nicht erst
gelernten Materials, geliefert. Beim Wiedererkennen wird im Laden, sondern vorher getroffen werden, weil sie im
der Person das gelernte Material zusammen mit ande- Wesentlichen die Menge der Alternativen begrenzt, die
rem Material vorgelegt und sie wird gefragt, an welches bei der Wahl berücksichtigt werden.
Material sie sich erinnert. Die Vergessenskurve verläuft Markenrecognition gibt dagegen die „passive Markenbe-
flacher und ist nach oben verschoben, wenn man das kanntheit“ an: Der Konsument erinnert sich nur dann an
Behalten durch das Wiedererkennen misst. die Marke, wenn er sie (bzw. den Markennamen) sieht.
Beispiel: Die Konsumenten erkennen viele Reifenmar-
Recognition ist ein Maß dafür, wie viele eine Anzeige ge- ken wieder, wenn sie eine Liste  mit den Namen der
sehen haben, Recall ein Maß dafür, wie viele sich näher Reifenmarken vorgelegt bekommen und aufgefordert
mit den Inhalten der Werbung auseinandergesetzt haben
werden, die ihnen bekannten Marken anzukreuzen. Aber
(siehe auch Eysenck und Keane, 2010, S. 226).
ohne eine solche Vorlage nach Reifen gefragt, können sie
nur wenige Marken aus dem Gedächtnis angeben. Wenn
Recall- und Recognition-Messungen erfordern unter- ein (involvierter) Konsument nun einen Reifen kaufen
schiedliche gedankliche Abrufleistungen aus dem Ge- will, fragt er zunächst einmal solche Reifen nach, die zur
dächtnis140. Es ist bis heute zweifelhaft, inwieweit sie aktuellen Alternativenmenge (Markenmenge) gehören,
einen einheitlichen Gedächtnisstand (eine einheitliche an die er sich aktiv erinnert. Mit dieser aktiven Marken-
Behaltensleistung) oder verschiedene Aspekte des Behal- bekanntheit sind in der Regel mehr oder weniger starke
tens messen. So wird beispielsweise die alte These, dass Einstellungen zur Marke verbunden, die Erhöhung der
im Verlauf des Lebens vor allem das Recall-Gedächtnis aktiven Markenbekanntheit ist deswegen ein wichtiger
und weniger das Recognition-Gedächtnis leidet (z. B. Schritt, um die Nachfrage nach der Marke zu fördern
Danckert und Craik, 2013), kontrovers diskutiert. Diese (Kroeber-Riel, 1988, S. 183 ff.). Anders sieht die Rolle der
Befunde hätten ebenfalls große Auswirkungen auf die Markenbekanntheit bei sehr geringem Involvement aus.
Marktforschung. Einen guten generellen Überblick über Dann wird die Entscheidung erst in der Kaufsituation
das Behalten und Vergessen von Inhalten gibt das Buch getroffen. Es genügt eine nebenbei durch die Werbung
Loftus und Loftus (2019). Immer noch verbreitet – insbe- erworbene passive Markenbekanntheit, um den Kauf
sondere für das Testen von Fernsehwerbung – sind, trotz einer Marke zu bewirken: Der Konsument denkt unter
gravierender Validitätsprobleme, Recall-Messungen, dieser Bedingung nicht weiter über seine Wahl nach und
die 24 Stunden nach Darbietung der Werbung erfolgen kauft im Laden bereits dann eine Marke, wenn er nur
(„Day-after-Recall“). Zum Beispiel werden die Testper- mit ihrem Namen vertraut ist (Rossiter und Percy, 1997).
sonen einen Tag nach der Fernsehwerbung zu Hause
Interessant ist auch die Studie von Jones, Pentecost und
angerufen und um Auskunft gebeten, ob sie sich an die
Requena (2005), die ergab, dass die Recall-Werte für
Werbung erinnern und welche Elemente (Markenname,
Werbung und Konsumenteninformationen schlechter
Slogan usw.) im Gedächtnis geblieben sind. Messungen
sind, wenn die Stimuli über Computerbildschirme statt
24 Stunden nach der Sendung haben den Vorteil, dass
in gedruckter Form aufgenommen werden, wohinge-
auch unter dem Einfluss nachfolgender Informationen
gen Recognition-Werte keine Unterschiede aufwiesen.
überprüft wird. Die Gültigkeit dieser Werbewirkungs-
Ob online wahrgenommene Informationen besser oder
messungen wird jedoch in Zweifel gezogen (z. B. Gleich,
schlechter erinnert werden als ausgedruckte Informatio-
1997); daher werden oftmals auch Studien durchgeführt,
nen, ist ein Thema, das von der Lernpsychologie derzeit
bei der die Recall-Abfrage zwei Wochen nach der Präsen-
äußerst kontrovers diskutiert wird. Wir können diese
tation des Stimulus erfolgt.
Debatte hier nur kurz anschneiden und verweisen auf
In diesem Zusammenhang ist auf die unterschiedliche die Literatur zum digitalen Lernen.
Bedeutung von Markenrecall und Markenrecognition für
Im Marketing wird seit Jahren gefragt, wie (Fernseh- u.
140Eine ausführliche Diskussion über Recall und Recognition Kino-) Werbung es schaffen kann (z. B. durch emotio-
findet man in Heft 3 (1994) des Journal of Advertising Research, nale Inhalte), auch Einzug bei YouTube etc. (bzw. dort
siehe auch Unsworth, Brewer und Spillers (2010). hohe click rates zu generieren) zu halten, weil man davon
380 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Erinnerung
(Recall) %
70

60

50

40

30

20

10

0 Abb. 164: Wirkungen der massier-


0 5 10 13 20 25 30 35 40 45 50-52 Wochen ten Werbung (steile Kurve) und
der verteilten Werbung (Säge-
zähne)

ausgeht, dass die Werbewirkung bei Kombination der auf einen kurzen Zeitausschnitt (zum Beispiel auf die
Medien am effektivsten ist (effektiver, als wenn man nur erste Woche) konzentriert: Der bei geballter Wiederho-
ein Medium nutzt). Eine aktuelle Studie der Fa. Facit lung nur wenig verzögerte Vergessensprozess führt zu
Research mit den Partnern Mediaplus Gruppe, Seven- einem verhältnismäßig schnellen Abklingen der Erin-
One Media und Google Germany hat sich letzerer Frage nerung:
angenommen und kommt zu dem Schluss, dass eine
Kombination an online- und offline Medien eine höhere Durch zeitlich verteilte Wiederholung einer Information
Werbewirkung aufweist, als wenn beispielsweise nur auf (Werbung) werden durchschnittlich höhere Lernleistungen
Online-Kanäle gesetzt wird. Die Studie wurde 2019 mit erzielt als durch massierte Wiederholung.
dem BVM-Innovationspreis ausgezeichnet.
Obwohl es nicht möglich ist, von elementaren Gesetz-
7. Anwendung: Das Vergessen von Werbebotschaften
mäßigkeiten des verbalen Lernens direkt auf das Lernen
Die elementaren Lerntheorien (Koch und Stahl, 2017) und Vergessen von Werbung zu schließen, spricht viel
liefern uns Erkenntnisse über die Beziehungen zwischen dafür, dass die angegebene Gesetzmäßigkeit über verteil-
dem Lernen durch wiederholte Darbietung des verbalen tes Wiederholen auch für das Lernen von informativen
Materials und dem anschließenden Vergessensprozess. (nicht von emotionalen) Werbebotschaften gilt (Singh,
Eine Gesetzmäßigkeit besagt, dass der Vergessenspro- Mishra und Bendapudi, 1994). Zu ähnlichen Ergebnis-
zess nach Wiederholungen (Memorierungen) verlang- sen kommt auch eine Studie von Appleton-Knapp, Bjork
samt wird. Beispiel: Nach der vierten Wiederholung und Wickens (2005). Die Autoren untersuchten in vier
wird das Gelernte langsamer vergessen als nach der Experimenten, wie sich Zeitdifferenzen zwischen den
zweiten. Wiederholungen von Werbeanzeigen auf den Recall aus-
Diese Verzögerung des Vergessens kann man sich beim wirken, wobei die zeitlich verteilte Werbung langfristig
„verteilten Lernen“ (Abb. 164) zunutze machen: Erfolg versprechender war als die massive Werbung zu
Verteilt man eine Anzahl von Wiederholungen (be- einem Zeitpunkt. Aus den Ergebnissen zu der Wirkung
ziehungsweise Lernvorgängen) auf eine längere Zeit von verteilter Werbung lassen sich einige praktische Fol-
(zum Beispiel auf acht Wochen), so ist die durchschnitt- gerungen ziehen: Wenn es darum geht, saisonal oder
lich über die Gesamtheit von acht Wochen erreichte zu einem Zeitpunkt – wie bei der politischen Wahlwer-
Lernleistung höher, als wenn man die Wiederholungen bung – einen Beeinflussungserfolg zu erzielen, wird man

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C. Kognitive Prozesse 381

massiv werben141. Dagegen wird die Werbung für einen VI. Grounded Cognition (Embodiment)
eingeführten Markenartikel verteilt wirksamer, weil man
damit besser das aktuelle Markenbewusstsein über die
Zeit hinweg aufrechterhalten und den laufenden Wie- Zu Beginn dieses Kapitels haben wir auf die begriffliche
derverkauf der Marke stimulieren kann.142 Differenzierung zwischen Grounded Cognition und Em-
bodiment aufmerksam gemacht; wir werden im Folgen-
An dieser Stelle sind zwei weitere Werbestrategien zu
den die Ausdrücke aber als gleichbedeutend verwenden.
erwähnen, die allerdings mit den hier wiedergegebenen
Grounded Cognition bzw. Embodiment werden derzeit
Wiederholungs- und Vergessenswirkungen wenig zu tun
als „Zweite Generation“ kognitiver Psychologie bezeich-
haben, sondern mehr als grundsätzliche Möglichkeiten
net, und die Anzahl der Forschungsarbeiten zu diesem
zur zeitlichen Werbeplanung anzusehen sind: Es sind
Themen ist in den letzten Jahren quasi explodiert (Rieger
die „Schubwerbung“ (flighting: auf Perioden verstärk-
und Wenke, 2017, S. 774). Zur Erinnerung: „Geerdete“ Ko-
ter Werbung folgen jeweils werbelose Perioden) und die
gnitionen sind modale Repräsentationen des Wissens, die
„pulsierende Werbung“ (pulsing). Letztere wird von
bei Abruf zu konkreten Wahrnehmungen führen können
Sternthal und Craig (1982, S. 279) als eine Spielart der
(Barsalou, 2008). Das Wissen ist demnach in Modalitä-
Schubwerbung angesehen: Sie unterscheidet sich von
ten gespeichert, die während der Erfahrung mit dem
dieser dadurch, dass zwischen den Perioden verstärkter
Stimulus aktiviert worden sind und erneut „erlebbar“
Werbung die Werbung nicht ganz aussetzt, vielmehr nur
gemacht werden können. So können wir – wie bereits
sehr schwach fortgeführt wird. Die Frage der zeitlichen
ausgeführt – beispielsweise Kaffee „nachriechen“ oder
Werbeplanung (Werbefrequenz, Dauer der Pulsation
uns ein Essen so lebhaft vorstellen, dass uns das Wasser
u. ä.) ist nach wie vor von großer Bedeutung143.
im Mund zusammenläuft. Auch die schon angesproche-
Interferenzwirkungen des Werbefernsehens: Es ist heu- ne Imagery-Theorie passt zu der Embodiment-Forschung,
te die Regel, dass das Fernsehprogramm laufend durch denn danach sind mentale Vorstellungen eine „Reaktivie-
das Werbefernsehen unterbrochen wird. Wir haben uns rung einer Wahrnehmung oder Handlung in Abwesen-
daher zu Beginn dieses Kapitels mit der Frage auseinan- heit korrespondierender Stimuli oder der tatsächlichen
dergesetzt, inwieweit die durch das Programm erzeug- Ausführung einer Handlung“ (Rieger und Wenke, 2017,
te Stimmung einen Einfluss auf die Erinnerung an die S. 777). Embodiment bezieht sich jedoch auf alle körper-
in dieses Programm eingebetteten Werbespots ausübt. lichen Signale und Sinne (nicht nur auf den Sehsinn) und
Erinnert sei hier noch einmal an die von Bower (1981) die damit einhergehenden inneren Zustände. Zudem ist
aufgestellte These, dass Konsumenten Informationen im- sie bi-direktional: Der Körper kann unsere Kognitionen
mer dann besonders gut abrufen können, wenn sie sich beeinflussen, aber die Kognitionen (z. B. ausgelöst durch
in der Reproduktionsphase in der gleichen Stimmung externe Informationen) können ihrerseits die sinnlichen
wie beim Erlernen der Information befinden. Möglich Wahrnehmungen beeinflussen. Ungeübte Weintrinker
ist jedoch auch, dass besonders interessante Program- kennen das von einer Weinprobe. Wenn der Sommelier
me die Erinnerung an die Werbespots beeinträchtigen erklärt, dass der zu probierende Riesling nach Aprikosen
(Gregan-Paxton und Loken, 1997). Verwiesen sei hier und Pfirsichen schmeckt, dann können wir das oftmals
noch einmal auf die Ausführungen im Abschnitt C. II. 2. nachempfinden oder meinen dies zumindest (weil wir
uns an den Geschmack von Aprikosen und Pfirsichen
erinnern).
Krishna und Schwarz (2014, S. 161) machen in diesem
Zusammenhang noch einmal auf die Bedeutung von Me-
141 Man beachte die Einschränkung, dass hier stets nur über taphern aufmerksam. Nach Ansicht der Autoren stellen
die Erinnerungswirkungen der Werbung gesprochen wird! Metaphern eine gute Verbindung zwischen konkreten
142
Zur Wirksamkeit von 15-Sekunden- vs. 30-Sekunden-Wer- Sinneserfahrungen und abstrakten Wissensrepräsen-
bespots vgl. Stanton und Burke (1998). Zur Frage, ob es sinnvol-
tationen dar, das zeigt sich z. B. in solchen Äußerungen
ler ist, mit wenigen langen Printanzeigen oder mit mehreren
kürzeren Printanzeigen zu werben siehe Singh, Lessig et  al. wie „Jemanden die kalte Schulter zeigen“ oder „sich die
(2000). Hände schmutzig machen“.
143
So widmet sich beispielsweise eine Special Issue des Journal Auch die „emotionale Ansteckung“ (emotional conta-
of Advertising Research (1997) dieser Thematik mit mehreren
Artikeln. Empfehlenswert ist auch der JCR-Beitrag von Janis-
gion) kann in das Forschungsgebiet Embodiment ein-
zewski, Noel und Sawyer (2003), die einen guten Überblick geordnet werden. Die Beobachtung einer Emotion bei
über Forschungsarbeiten zu den Determinanten der Erinne- einer anderen Person erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass
rung an Werbebotschaften geben. man selbst die Emotion erlebt und einen entsprechenden
382 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Gesichtsausdruck zeigt. Wir haben im Abschnitt über Wells und Petty führten, wie berichtet, bereits 1980 ein Ex-
biologische Emotionstheorien darüber berichtet. Ebenso periment durch, das man heute definitiv dem Embodiment
passt die „Somatische Marker“-Hypothese von Damasio zuordnen würde. Sie baten Versuchsteilnehmer, Kopfhörer
(2004) zur Perspektive von Grounded Cognition; auch zu testen, die – so die Coverstory – speziell für Konsumen-
diese Hypothese haben wir im Kapitel „Aktivierung“ ten entwickelt worden seien, die ständig in Bewegung
ausführlich besprochen. sind. Eine Gruppe von Probanden sollten beim Hören von
Musikstücken den Kopf ständig vertikal von oben nach
Die Embodiment-Forschung ist ebenfalls durch die frü-
unten und zurück bewegen, also nicken. Eine zweite Grup-
he sogenannte „approach-avoidance“-Forschung inspi-
pe von Testpersonen sollte beim Tragen der Kopfhörer und
riert worden. So zeigten Cacioppo, Priester und Berntson
beim Hören derselben Musikstücke den Kopf horizontal
(1993), dass Konsumenten unverständliche chinesische
von links nach rechts und zurück bewegen, also den Kopf
Ideogramme lieber mochten, wenn sie sich diese mit
ablehnend schütteln. Die Versuchspersonen wurden beim
einem zu sich hin gebeugtem Arm im Vergleich zu ei-
Testen der Kopfhörer alleine gelassen, und es wurde an-
nem von sich weggestreckten Arm anschauen mussten.
schließend kontrolliert, ob sie den Instruktionen gefolgt
Erstere Armstellung ist eine typische Annäherungsbe-
waren. Das Ergebnis des Experiments wird nach dieser
wegung (approach), letztere eine Abwehrhaltung (avoi-
Einleitung nicht verwundern: Diejenigen Probanden, die
dance). Somit hatte auch hier die Köperhaltung einen
vertikale Kopfbewegungen durchführten (was im west-
Einfluss auf die Einschätzung von Stimuli: Das Annä-
lichen Kulturkreis als Nicken bzw. Zustimmung erlebt
herungsverhalten führte zu einer Zuwendung auch zu
wird) hatten eine signifikant positivere Einstellung zu den
den unbekannten Reizen.
Kopfhörern und zu der Musik als diejenigen, die horizon-
Schließlich wollen wir an dieser Stelle noch eine letzte tale Bewegungen durchführten (also typisch ablehnende
Theorie nennen, die bereits erläutert wurde und unserer Bewegungen vornehmen mussten).
Ansicht nach ebenfalls zum Embodiment passt, nämlich Eine aktuellere Studie von Horcajo, Paredes et al. (2019)
die „multimodale Gedächtnistheorie“ von Engelkamp kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Aus der Sportwissen-
(1991): Manche visuelle Reize ermöglichen es uns, die schaft ist bekannt, dass sich Sportler motivieren können,
Weichheit des Pullovers nachzufühlen oder die leckere indem sie mit sich selbst sprechen und dabei ihre Stärken
Pasta nachzuschmecken. Die Sinnesmodalitäten beein- aufzählen. Bei dem von den Autoren durchgeführten Ex-
flussen sich somit gegenseitig. Es ist ebenso nachweisbar, periment sollten Sportler nun zunächst positive und nega-
dass eine veränderte Konsistenz eines Lebensmittels un- tive Statements über sich selbst generieren. Anschließend
ser Geschmackserlebnis verändert. Wird also eine Reiz- wurde eine Gruppe von Teilnehmern nur mit positiven,
modalität verändert, verändern sich auch die anderen eine andere nur mit negativen Äußerungen konfrontiert.
Sinneswahrnehmungen. Krishna und Schwarz (2014, Zusätzlich wurde jedoch auch eine zweite unabhängige
S. 161) erklären hierzu: „Multimodal representations can Variable manipuliert: Ähnlich wie in dem Experiment
be activated through any of the participating modalities“. von Wells und Petty sollte beim Hören der Statements
Die skizzierten Beispiele zeigen auf, dass die Embodi- eine Gruppe von Sportlern vertikale, eine zweite hori-
ment- bzw. Grounded Cognition-Forschung nicht vom zontale Kopfbewegung durchführen. Schließlich mussten
Himmel gefallen ist, sondern die Bedeutung des Wech- die Teilnehmer durch Seilspringen, Kniebeugen etc. ihre
selspiels von Körper und Geist schon seit langer Zeit im körperliche Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Dabei
Fokus des Interesses gestanden hat. Lateiner kennen die zeigte sich, dass nicht nur die Valenz der Statements die
vor ca. zweitausend Jahren gemachte Aussage des rö- sportliche Leistungsfähigkeit beeinflusste (das hatte man
mischen Dichters Juvenal: „Mens sana in corpore sano“. erwartet), sondern auch die beim Zuhören der Texte vorge-
Dieser Spruch wird heute in der Sportpsychologie so nommenen Kopfbewegungen. Sportler, die zuvor Nicken
verstanden, dass Leibesübungen einen positiven Effekt mussten, waren leistungsfähiger als diejenigen, die den
auf die geistige Leistungsfähigkeit ausüben. Hier besteht Kopf schütteln mussten. Wir halten an dieser Stelle fest:
also ebenfalls eine Austauschbeziehung zwischen Kör-
per und Geist. Niedenthal, Barsalou et al. (2005) beschrei- Alle Sinneseindrücke und unsere Körperhaltungen können
ben in einem grundlegenden Beitrag, welche früheren unsere Einstellungen, Beurteilungen und das Verhalten
Erkenntnisse der Sozialpsychologie auch als Grounded ändern.
Cognition bzw. Embodiment-Forschung hätten dekla- Ebenso können sich unsere Sinneseindrücke durch Ko-
riert werden können, wenn sich damals schon dieser gnitionen verändern, die durch externe Informationen
Forschungszweig bzw. die entsprechende Bezeichnung ausgelöst werden (siehe auch Abb. 165).
herauskristallisiert hätte.
C. Kognitive Prozesse 383

kins (2014): Menschen, die alleine essen, empfinden die


Raumtemperatur kühler als wenn sie mit ihrem Partner
speisen. Hier zeigt sich also auch der bekannte Effekt
zwischen Kälte und Einsamkeit.
Diese Erkenntnisse könnten beispielsweise ganz prak-
tisch von Restaurants oder Hotels aufgegriffen werden.
Wenn sich ein Restaurant oder ein Hotel auf Single-Kun-
dinnen und -Kunden spezialisiert hat, dann sollten diese
Anbieter versuchen, die Atmosphäre möglichst „warm“
zu gestalten (z. B. mit Kaminfeuern, Kissen, entsprechen-
den Farben etc.), damit sich die alleinstehenden Personen
wohlfühlen und lange verweilen.
Interessant sind auch die Ergebnisse zur Haptik. Hier
haben verschiedene Studien (z. B. Peck und Childers,
2003; Shu und Peck, 2011) herausgefunden, dass haptische
Informationen bzw. das „Anfassen“ von Objekten einen
Einfluss auf die Produktbeurteilung und den Wunsch,
das Produkt zu besitzen, ausüben können. Brasel und
Gips (2014) bauen auf diesen Überlegungen auf. Sie
prüfen, ob (online verkaufte) Produkte, die auf „nor-
malen“ Comupterbildschirmen gezeigt werden, anders
Abb. 165: Embodiment – Beispiele für Körperhaltungen, die unsere
Kognitionen verändern können beurteilt werden als dieselben Produkte, wenn sie mit
Touchscreens präsentiert werden. Die Autoren können
belegen, dass der Touchscreen die Einstellungen zu den
Im Folgenden wollen wir uns einigen Studien widmen, Produkten verbesserte und den Wunsch auslöste, diese
die vor allem für die Konsumentenverhaltensforschung zu besitzen.
von Interesse sind. Hier sind zunächst zwei Experimente Diese Erkenntnisse decken sich mit den Empfehlungen
von Zhong und Leonardelli (2008) zu nennen. Bei dem zum Erlebnismarketing, auf die wir im Kapitel „Emotio-
ersten Experiment sollten sich die Teilnehmer der Ex- nen“ bereits eingegangen sind und die wir auch im Drit-
perimentalgruppe ein Erlebnis vergegenwärtigen, bei ten Teil noch einmal ansprechen werden: Konsumenten,
dem sie sich ausgegrenzt und einsam gefühlt hatten. die animiert werden, die Produkte am Point-of-Sale (egal
Mitglieder der Kontrollgruppen sollten sich dagegen ein ob online oder offline) „anzufassen“, werden eine höhere
Gemeinschaftserlebnis vorstellen. Anschließend wur- Affinität zu den Objekten entwickeln.
den alle Probanden gebeten, die Temperatur des Labors Florack, Kleber et al. (2014) zeigen, dass das „Händewa-
einzuschätzen, in dem sie sich befanden. Es zeigte sich, schen“ (im Vergleich zu einer nicht-händewaschenden
dass die Teilnehmer der ersten Gruppe die Raumtem- Kontrollgruppe) dazu führte, dass ein bereits im Besitz
peratur durchschnittlich um 2 Grad kälter einschätzten befindliches Produkt signifikant häufiger umgetauscht
als die der Kontrollgruppe. In einem zweiten (Online-) wurde. Der im Ersten Teil dieses Buches ausführlich
Experiment wurden zufällig ausgewählte Probanden erläuterte und eigentlich robuste Endowment-Effekt
aus der virtuellen Interaktion mit anderen Teilnehmern („Besitzstandswahrungs-Effekt“) wird hier aufgeho-
ausgeschlossen, bei der Kontrollgruppe wurde die sozi- ben. Nach dem Händewaschen wurden neue Produkte
ale Interaktion unterstützt. Hier war das Ergebnis, dass zudem auch besser beurteilt. Die Autoren schlussfol-
die ausgeschlossenen Teilnehmer im Vergleich zu den gern aus ihren Ergebnissen (S. 288): „Hand Washing is
integrierten Versuchspersonen nach Beendigung der a daily routine that individuals conduct after they have
Aufgaben signifikant häufiger warme Getränke und finished a task to start a new one. In the present paper,
warmes Essen bestellten. Beide Experimente belegen zu- we argued that such a routine can reset the mind to be
sammenfassend, dass Einsamkeit auch körperlich durch open to something new and to detach the ties to the old“.
Kälte empfunden werden bzw. den Wunsch nach etwas Die Autoren sehen in dem „Handewäschen“ somit ein
Wärmendem entfachen kann. Zeichen für einen Neubeginn.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch die bereits Eine praktische Empfehlung für das Marketing könnte
angesprochenen Studien von Lee, Rotmann und Per- somit lauten: „Wenn Du innovative Produkte anbietest,
384 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

dann solltest Du Deine Kunden vorher die Hände wa- te, eine Vertragsverlängerung erhalten sollte oder nicht.
schen lassen“, was aber vermutlich bei vielen Konsumen- Um diese Entscheidung treffen zu können, bekamen die
ten eine gewisse Irritation auslösen würde. In vielen japa- Versuchsteilnehmer mehr oder weniger positive Infor-
nischen Restaurants werden aus hygienischen Gründen mationen über Herrn Müller zu lesen. Beispielsweise
vor dem Essen heiße Tücher (Oshibori) zum Reinigen der hätte dieser mit einer neuen Modelinie neue Kunden
Hände gereicht. Die Erkenntnisse von Florack, Kleber akquiriert, aber alte Stammkunden verloren. Nach der
et al. (2014) lassen solche Riten jedoch in einem anderen Entscheidung (Vertragsverlängerung „ja oder nein“) er-
Licht erscheinen: Japanisches Essen ist für viele Deutsche hielten die Versuchspersonen erneut Information über
eher eine ungewohnte Kost. Vielleicht macht uns das die betreffende Person; dieses Mal von Kollegen von
vorherige Nutzen der heißen Tücher aufgeschlossener Herrn Müller, deren zwölf positive und negative Urteile
gegenüber exotischen Speisen? Auch hierzu ließen sich (z. B. „Herr Müller hat unsere Erwartungen erfüllt“ bzw.
noch interessante Experimente kreieren. „nicht erfüllt“) sich genau die Waage hielten. Die Ver-
Generell ist zu sagen, dass gerade zur Wirkung des Hän- suchspersonen sollten nun angeben, wie glaubwürdig
dewaschens sehr viele Studien vorliegen, wie Dong und und entscheidungsrelevant sie die Informationen emp-
Lee (2017) in ihrem bemerkenswerten Artikel darlegen. fanden. Das Ergebnis dieses Experiments war, dass die
Das Händewaschen kann noch weitere Kognitionen Probanden mit der geballten Faust (im Vergleich zu den
auslösen und nicht nur dafür sorgen, dass vorgelagerte Teilnehmern mit einer entspannten Hand) konsistenter in
Ereignisse ihren Einfluss verlieren (wie in der Studie von ihren Urteilen waren. Hatten sie in der ersten Phase ent-
Florack, Kleber et al., 2014). Die komplexen Studien von schieden, Herrn Müller zu entlassen, dann beurteilten sie
Dong und Lee können hier nur ansatzweise wiederge- die negativen Informationen aus der zweiten Phasen als
geben werden. Die Autoren weisen aber nach, dass das signifikant verlässlicher (bzw. umgekehrt: Bei der vorge-
„sich reinigen“ auch dazu führt, dass man sich von zuvor lagerten Entscheidung „Vertragsverlängerung“ wurden
gesetzten Zielen distanziert und diese nicht mehr als so dann von diesen Versuchspersonen die positiven Urteile
relevant erachtet. Mit anderen Worten: „Man befreit sich als relevanter eingeschätzt).
vom früheren Leben“. Die Autoren machen auch darauf Für die Beantwortung der Frage, wann Konsumenten
aufmerksam, dass das „sich reinigen“ auch verstanden bereit sind zu spenden, ist vielleicht noch die Untersu-
werden kann als „sich reinwaschen“ (unmoralisches chung von Hung, Zheng et al. (2017) erwähnenswert.
Verhalten wird in der Folge als weniger „schlimm“ an- Die Autoren gehen von der Metapher aus „jeder hat sein
gesehen. Wir meinen, dass Letzteres durchaus auch im Päckchen zu tragen“ bzw. „eine schwere Last tragen“.
Sinne einer selbstermächtigten Absolution erfolgt). Die Sie fragen sich, ob „schwere Lasten“ zu einer traurige-
Autoren verweisen hier auch auf Studien von Lee und ren Stimmung und u. a. zu einer höheren Spendenbe-
Schwarz (2016) und nennen als Beispiel ein Experiment, reitschaft führen. Um dies zu testen, mussten die Ver-
bei dem nachgewiesen werden konnte, dass diejenigen suchspersonen einen Rucksack tragen, der einmal sehr
Versuchspersonen, die beim Abschreiben (mit der Hand) schwer (Experimentalgruppe) und einmal leicht (Kon-
von unmoralischen Geschichten Handschuhe tragen, trollgruppe) war. Diejenigen Versuchspersonen, die den
den Inhalt als weniger unmoralisch empfinden als die- schweren Rucksack tragen mussten, waren in der Folge
jenigen, die keine Handschuhe tragen. Die Handschuhe signifikant spendenwilliger als die mit leichtem Gepäck.
ermöglichen nach Ansicht der Autoren eine persönliche Anders ausgedrückt: Der unter schwerer Last Leidende
Distanzierung von der Geschichte (sie wirkt dadurch hat mehr Verständnis für Notleidende. Nun kann aber
weniger unheilvoll). man schlecht allen Spendenwilligen schwere Lasten zu
Für Führungskräfte in der Wirtschaft ist sicherlich auch tragen geben und dann darauf hoffen, dass sie auch ihre
die Studie von Fischer, Fischer et al. (2011) von Interesse. Geldbörsen zücken. Man könnte jedoch die Metapher
Die Autoren können nachweisen, dass „Power-Posen“, der „schweren Last“ (vs. „leichtes Gepäck“) in entspre-
wie beispielsweise die zur Faust geballte Hand, Men- chenden Social Marketing Kampagnen nutzen und mit-
schen in ihren Entscheidungen sicherer und in ihrem tels weiterer Experimente prüfen, ob solche Werbefilme
Verhalten konsistenter machen. Hier sollten beispiels- effektiv sind.
weise Personen in der Experimentalgruppe die Faust Die skizzieren Studien machen deutlich, dass in der Tat
ballen und Versuchsteilnehmer in der Kontrollgruppe die konkrete, erlebbare Wechselwirkungen von Körper und
Hand ganz entspannt halten. Alle Probanden sollten sich Psyche nachgewiesen werden können. Erkenntnisse der
vorstellen, verantwortlich für eine Modefirma zu sein „Grounded Cognition“ bereichern somit die klassische
und entscheiden, ob ein Mitarbeiter, „Herr Müller“, der kognitive Psychologie, wenn es darum geht, wie Men-
in dem Szenarium einen befristeten Arbeitsvertrag hat- schen mit konkreten Objekten umgehen, die man sehen
C. Kognitive Prozesse 385

und mit denen man interagieren kann (Eysenck und die Erklärung – dazu, dass die Konsumenten weniger
Keane, 2010, S. 271; Rieger und Wenke, 2017, S. 775). Die gewillt sind, bestimmte soziale Normen zu erfüllen, und
Theorie scheint weniger gewinnbringend bei der Analyse sie sind sich eher darüber im Klaren, was ihre „wahren
abstrakter Wissenseinheiten zu sein. Wir haben versucht, Bedürfnisse sind“. Und da sind hedonistische Produkte
für das Marketing einige Implikationen abzuleiten, die oftmals verführerischer.
allerdings durch entsprechende Experimente in ihrer Auf die Wirkung der Ladenumwelt auf das Konsumen-
Effektivität nachgewiesen werden müssten. tenverhalten gehen wir im Dritten Teil ausführlich ein.
Unter Embodiment fallen heute teilweise auch Studi- An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass die Forschung
en, die sich mit der Wirkung von Licht in Geschäften zum Embodiment bzw. zur Grounded Cognition in den
beschäftigen. Beispielsweise finden Huang, Dong und nächsten Jahren sicherlich noch viele weitere Studien
Labroo (2018) heraus, dass Konsumenten bei gedimmten speziell zum Konsumentenverhalten bringen wird. Wir
Licht eher hedonistische, bei hellem Licht eher utilitaris- dürfen darauf gespannt sein.
tische Produkte kaufen. Das dunklere Licht führt – so

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D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten

I. Das Zusammenwirken von aktivierenden „Bauchgefühl“-Entscheidungen: Seit einigen Jahren


und kognitiven Prozessen wird in der Konsumentenverhaltensforschung auch dis-
kutiert, ob ein „sich Verlassen auf das Bauchgefühl“ eine
sinnvolle Option darstellt. Diese Diskussion wurde vor
1. Arten von Kaufentscheidungen allem durch die Arbeiten von Pham (Avnet, Pham und
Individuelle Kaufentscheidungen stehen im Mittelpunkt Stephen, 2012; Pham, Lee und Stephen, 2012; Faraji-Rad
der folgenden verhaltenswissenschaftlichen Analyse des und Pham, 2017) angeregt. Auch der schon angesproche-
Konsumentenverhaltens. Man kann den Entscheidungs- ne „interdependent“ vs. „independent“-Lifestyle (Hong
begriff eng oder weit fassen, je nachdem, ob man den und Chang, 2015) oder die Höhe der wahrgenommenen
gesamten Kaufentscheidungsprozess meint (z. B. von Entscheidungsunsicherheit (Faraji-Rad und Pham, 2017)
der Produktwahrnehmung bis zum Produktkauf) oder können eine Rolle spielen, wann wir Bauchentscheidun-
nur am Zustandekommen des Kaufentschlusses (z. B. gen durchführen.
eine bestimmte Marke zu kaufen) interessiert ist. Hier Viele Arbeiten basieren auf der (im Kapitel Emotion) be-
geht es um den gesamten Kaufentscheidungsprozess reits erläuterten „Feeling-as-Information“-Heuristik.
von Konsumenten. Gefühle, so Avnet, Pham und Stephen (2012), können
Im Unterschied zu der auf dem Rationalprinzip aufbau- für den Konsumenten einen hohen Informationswert
enden „klassischen“ Entscheidungstheorie bemüht sich (Diagnostizität) haben, wenn
die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungsanalyse
●● sie mit dem Entscheidungsproblem verbunden sind
um eine Erklärung der Aktivierung und Steuerung realer
und aus diesem hervorgehen. Das Gefühl hat somit
Entscheidungen1. Damit wird die Entscheidung zu einem
repräsentativen Charakter. Ein Negativbeispiel: Wenn
Problem der Informationsverarbeitung im weiteren Sin-
ich aufgrund des schönen Wetters gute Laune habe,
ne. Die psychische Aktivierung liefert beispielsweise die
dann hilft mir diese gute Laune nicht bei der Entschei-
Schubkraft für die kognitive Informationsverarbeitung
dung, welchen Pullover ich aussuchen soll. Wenn ich
(Beispiel: „Je höher die Aktivierung, desto mehr Informa-
jedoch gute Laune beim Anblick eines Pullovers habe,
tionen werden gesucht“). Dabei empfiehlt es sich, zwi-
dann kann dies ein Zeichen sein, diesen auszuwählen.
schen „Problemlösung“ und „Entscheidung“ begrifflich
nicht zu differenzieren.
●● sie zu dem Entscheidungsziel passen. Gefühle müssen
Relevanz haben. Gefühle spielen eine größere Rolle,
wenn z. B. hedonistische Produkte ausgesucht werden.
Wenn ich mir vorstelle, im Urlaub am Strand ein Buch
1
Siehe hierzu auch den Beitrag von Lee, Amir und Ariely zu lesen, dann hilft mir diese angenehme Vorstellung
(2009), die sich auf die Suche nach dem Homo oeconomicus eher bei der Auswahl eines Romans als bei der Aus-
begeben bzw. einer Eigenschaft dieses Fabelwesens auf den wahl von Fachliteratur.
Grund gehen, der Fähigkeit, konsistente, transitive Entschei-
dungen zu fällen. Die Autoren beschäftigen sich mit der Fra- ●● die Konsumenten Vertrauen in ihre Gefühle haben,
ge, ob Entscheidungen, die auf Basis emotionaler Prozesse also wenn sie den Eindruck haben, dass sich etwas
getroffen werden, anfälliger für Inkonsistenzen sind als Ent- „richtig anfühlt“, auch wenn vielleicht viele Argu-
scheidungen, die rein kognitiv gefällt wurden. Die Autoren mente dagegen sprechen.
führten Experimente durch, die zusammenfassend belegen,
dass Konsumenten, die ihre Entscheidungen emotional fällen Nach Avnet, Pham und Stephen (2012) kann man das
und ihren Gefühlen vertrauen, eine höhere Konsistenz bei den Vertrauen in die eigenen Gefühle auch „primen“, also
Produktwahlentscheidungen zeigen als Konsumenten, die sich durch spezielle Instruktionen manipulieren. Die Autoren
auf der Basis kognitiv verarbeiteter Informationen entscheiden. baten eine Gruppe ihrer Versuchspersonen, sich zwei Si-
Da transitive (also widerspruchsfreie) Präferenzrangfolgen aus tuationen in ihrem Leben vorzustellen, in denen sie sich
Sicht der kognitiven Entscheidungstheorie im Vergleich zu
auf ihre Bauchgefühle verlassen konnten („situations in
intransitiven Präferenzen als bessere Lösungen gelten, kommt
diese Studie (S. 184) also zusammenfassend zu dem Schluss, which you trusted your feelings to make a judgment or a
dass intuitives emotionales Entscheiden dem bewussten kog- decision and it was the right thing to do“). Die Probanden
nitiven Nachdenken überlegen sein kann. hatten sieben Minuten Zeit für diese Aufgabe. Eine zwei-
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 387

80%
Prediction accuracy of people with Proportion of participants who
70% high and low trust in feelings correctly predicted the
various weather conditions
60%

y
50% 60%

50%
40%

40%
30%
30%
20%
20%
Random guess
10% 10%

0% 0%
2008 Movie American Stock BCS football Weather Home (2 days) Home (2 weeks) Bejing (2 days) Melbourne ( 2 days)
Democratic success Idol market Champion local,
primary winner level 2 days

Abb. 166: „Emotion-Oracle“ Prediction domain


High trust in feelings low trust in feelings control
High trust in feelings Low trust in feelings

nach Pham (2014)

te Gruppe von Versuchsteilnehmern wurde gebeten, sich werden, wer Football Champion wird oder wie sich der
zehn solcher Ereignisse vorzustellen, ebenfalls in sieben Aktienmarkt entwickeln wird. Die jeweilige Progno-
Minuten. Die erste Aufgabe ist machbar und führt dazu, se wurde notiert und mit dem tatsächlichen Ausgang
dass sich die Teilnehmer in eine „ich verlasse mich auf des Ereignisses verglichen. In allen Fällen lagen dieje-
meine Bauchgefühle“-Situation hineinversetzen können. nigen Probanden, die vorher in den Zustand versetzt
Die zweite Instruktion stellt dagegen in der Regel eine wurden, sich auf die Bauchgefühle verlassen zu kön-
nicht zu bewältigende Aufgabe dar, daher gelang es den nen, signifikant besser in ihren Prognosen als die „Low-
Versuchsteilnehmern hier nicht, sich in einen Modus „ich trust-your-feelings“- Versuchsteilnehmer. Eine weitere
vertraue meinen Gefühlen“ zu versetzen. Diese Art der Studie belegte, dass dieses „emotion oracle“ aber nur
Manipulation erwies sich als erfolgreich. In der Folge funktionierte, wenn die Konsumenten über das Ereignis
(verschiedene Experimente) und unter dem Eindruck, eine Art „Hintergrundwissen“ in dem Bereich haben
dass man sich auf seine Gefühle verlassen kann (oder („domain-specific knowledge“). Dies zeigte sich z. B.
nicht), äußerten die Probanden mehr (bzw. weniger) bei der Wettervorhersage. Sollten die amerikanischen
emotionale Gründe ein Buch zu kaufen, sie präferierten Konsumenten das lokale Wetter vorhersagen, konnte der
mehr (bzw. weniger) hedonistische Produkte, oder sie „Trust-your-feelings“-Effekt repliziert werden, sollte da-
schlugen häufiger (bzw. seltener) unfaire Angebote aus gegen das Wetter in Beijing oder in Melbourne prognos-
(hier wurde ein Ultimatumspiel2 gespielt). Letzteres ist tiziert werden, waren beiden Gruppen gleich (schlecht).
ein Zeichen, dass das Bauchgefühl auch eine Art „Schutz- Abb. 166 gibt einen Überblick der Ergebnisse.
funktion“ ausüben kann.
In weiteren Studien die vielleicht noch spannender sind, Seit der ersten Auflage dieses Buchs wird nicht das (ide-
nutzten Pham, Lee und Stephen (2012) die Manipulation, ale, optimale oder rein rationale) kognitive Problemlö-
um zu prüfen, ob Personen, die sich auf ihr Bauchgefühl sungsverhalten in den Mittelpunkt gerückt, sondern das
verlassen, auch bessere Prognosen durchführen können. tatsächliche, welches emotionale, spontane oder intuitive
Sie fragten die Probanden, ob sie prognostizieren könn- Charakteristika aufweisen kann. Dabei geht es aber nicht
ten, wer die Wahl zum US-Präsidentschaftskandidaten nur um die Frage, ob man mittels intuitiver Heuristiken
gewinnt, wer die Finalisten bei American Idol (ähnli- („Bauchgefühl“) objektiv bessere Alternativen findet
ches Format wie Deutschland sucht den Superstar) sein als durch bewusstes Nachdenken und Beurteilen (sie-
he auch Lee, Amir und Ariely, 2009), sondern auch um
2 „Das Ultimatumspiel stellt einen Spezialfall einer bilateralen
die subjektive Zufriedenheit mit der Kaufentscheidung.
Verhandlung dar. Ein Akteur, Spieler 1, macht zunächst ein An- Denn auch scheinbar unvorteilhafte Entscheidungen
gebot über die Aufteilung eines vorgegebenen Geldbetrags, das können für den Konsumenten die bessere Alternative
Spieler 2 anschließend annehmen oder ablehnen kann. Akzep- sein. Dazu ein kleines Beispiel: Die Konsumentin, Frau
tiert er den Vorschlag von Spieler 1, so wird dieser umgesetzt Schmitt, fährt mit ihrem Auto auf der Autobahn Rich-
und an die Spieler ausgezahlt. Lehnt er jedoch ab, so erhalten tung Heimat. Die Tankuhr zeigt auf einmal an, dass das
beide Spieler nichts. … Individuen lehnen als Teilnehmer mit
Auto auf Reserve fährt. Frau Schmitt muss also tanken.
der Rolle des Spielers 2 häufig Beträge ab, die eine zu einseitige
Auszahlungsverteilung beinhalten. Spieler vom Typ 1 antizi- Sie weiß, dass das Benzin normalerweise „locker“ bis
pieren dies richtig und bieten deshalb im Allgemeinen Beträge zur ihrer Heimatstadt reicht und dass sie dort billiger
zwischen 35 – 50 Prozent an“ (Ockenfels, 2019). tanken kann als bei einer Autobahn-Tankstelle. Den-
388 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

noch biegt sie bei nächster Gelegenheit rechts ab und Überblick über kognitive Prozesse beim Konsument-
tankt bei der nächsten Autobahntankstelle, auch wenn scheidungsprozess, allerdings werden hier Emotionen
sie hier 10 Cent mehr für den Liter bezahlen muss. Die nur am Rande berücksichtigt, und zwar im Rahmen einer
rationale Entscheidungstheorie würde ein solches Ver- Strategie zur Vermeidung negativer Emotionen. Viele
halten nach Kenntnis des Wohnortes, der Benzinpreise Entscheidungsanalytiker betrachten Emotionen nach
und des Spritverbrauchs als suboptimale Wahl bzw. als wie vor eher als „Störgrößen“, die optimale Entschei-
falsche Entscheidung abqualifizieren. Für Frau Schmitt dungen beinträchtigen können3: Zwar beschäftigt man
ist diese Entscheidung dennoch die richtige, da sie ein sich in der heutigen Konsumentenverhaltensforschung
eher vorsichtiger, risikoaverser Mensch ist und für das insgesamt sehr viel stärker mit emotionalen Variablen
Sicherheitsgefühl gerne auch ein paar Cent mehr zahlt. des Kaufentscheidungsprozesses als noch vor zehn Jah-
Oder anders ausgedrückt: Der volle Benzintank lässt sie ren, doch zum einen werden Emotionen im Sinne der
ruhiger und stressfreier fahren, was ihr mehr bedeutet Appraisal-Theorie4 wiederum nur aus rein kognitiver
als Geld zu sparen. Perspektive interpretiert, zum anderen steht im Vorder-
Auch auf den vermeintlich vollständig rational agieren- grund der Betrachtung, ob Emotionen zu Fehlern oder
den Business-to-Business-Märkten können – wie Prak- Verzerrungen führen können5.
tiker gerne bestätigen – emotionale Entscheidungskri- Folgt man der traditionellen, im angelsächsischen Raum
terien wie Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Kontaktpflege dominanten Sichtweise, so kann das Entscheidungsver-
und persönliche Bindungen eine größere Rolle spielen halten danach unterschieden werden, in welchem Aus-
als der reine Preis. maß es kognitiv kontrolliert wird. Man unterscheidet
In diesem Kapitel D soll das Zusammenwirken von kogni- Kaufentscheidungen mit
tiven und aktivierenden Prozessen beim Entscheidungs- ●● stärkerer kognitiver Kontrolle (z. B. extensive und li-
verhalten von Konsumenten diskutiert werden, denn nur mitierte Kaufentscheidungen) und mit
so kann den vielfältigen in der Realität vorkommenden ●● schwächerer kognitiver Kontrolle (z. B. Gewohnheits-
Entscheidungsarten Rechnung getragen werden. Angie, entscheidungen und Impulskäufe).
Connelly et al. (2011) stellen z. B. mittels einer Metaanaly-
se fest, dass einzelne Emotionen wie Angst, Ärger oder
3
Freude signifikante (und starke) Einflüsse auf das Ent- Siehe hierzu den Beitrag von Vohs, Baumeister und Loewen-
scheidungsverhalten ausüben können, beispielsweise stein (2007) mit dem Titel „Do Emotions Help or Hurt Decision
Making?“
auf die Risikobereitschaft oder auf die Auswahl einer 4
Siehe hierzu das Kapitel „Emotionen“ und die Ausführungen
Heuristik („Faustregel“) für die Entscheidungsfindung. zur „How do I feel about it“-Heuristik.
Als Beispiel für ein rein kognitiv orientiertes Vorgehen bei 5
Ein Beispiel für diese Perspektive ist der Beitrag von Wood
der Analyse des Entscheidungsprozesses sei dagegen auf und Bettman (2007). Die Autoren gehen zunächst von der Fest-
den Beitrag von Bettman, Luce und Payne (1998) hinge- stellung aus, dass Kaufentscheidungen von der antizipierten
wiesen. Die Autoren betonen, dass ein Konsumentschei- Dauer der nach dem Kauf ausgelösten Emotionen beeinflusst
werden, d. h., es wird unterstellt, dass sich Konsumenten im
dungsprozess immer konstruiert werde und sind der
Vorfeld des Kaufs überlegen, wie lange sie wohl Freude am
Ansicht, dass Konsumenten eine Entscheidungsstrategie Kauf eines neuen Autos, Kleidungsstückes oder einer Süßig-
auf der Basis der Anforderungen der jeweiligen Situation keit haben werden. Diese Prognose sei jedoch fehlerbehaftet
bewusst wählen. Ihrer Auffassung nach lassen sich die (verzerrt), d. h., Konsumenten über- und unterschätzten häufig
in der jeweiligen Entscheidungssituation verwendeten die Zeitdauer ihres Vergnügens („Durability Bias“). Die Dauer
Entscheidungsstrategien nach vier Aspekten gliedern: der antizipierten Freude wirke sich jedoch auf die Kaufbereit-
schaft aus: Sie könne ihrerseits durch Werbung beeinflusst
(1) Umfang der verarbeiteten Informationen werden und auch zu Fehlentscheidungen führen. Allerdings
(2) Selektivität der Informationsverarbeitung (Umfang wird nicht untersucht, ob im Moment der Entscheidung die
der Informationsverarbeitung in Abhängigkeit von Triebkraft der Bedürfnisbefriedigung das Verhalten auslöst,
der jeweiligen Alternative. Es gibt Alternativen, auf und Konsumenten erst anschließend bei Befragungen die an-
tizipierte Dauer des Vergnügens als Rechtfertigung für diesen
die mehr Kognitionen verwendet werden.)
Kauf ansehen. Auch Pham (2004) erörtert die Restriktionen
(3) Art der Alternativenbewertung (alternativweises vs. rein kognitiv orientierter Forschung zum Entscheidungsver-
attributweises Vorgehen) halten und betont die Bedeutung von Gefühlen im Kaufent-
(4) Kompensatorisches vs. nicht-kompensatorisches Mo- scheidungsprozess, die als Informationsquelle dienen können
dell. und die Alternativenbewertung beschleunigen. Pham lehnt
sich jedoch auch an die „How do I feel about it“-Heuristik
Dieser mittlerweile als Klassiker zu bezeichnende Beitrag von Schwarz und Clore (1988) an. Damit stellt er ebenso die
von Bettman, Luce und Payne (1998) gibt einen sehr guten gedankliche Konstruktion von Emotionen in den Vordergrund.
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 389

Art der Entscheidung Dominante Prozesse


emotional kognitiv reaktiv
extensiv x x
limitiert x
Abb. 167: Dominante psychische habitualisiert x
Prozesse6 beim Entscheidungsver-
impulsiv x x
halten

„Dazwischen“ gibt es Kaufentscheidungen, die mehr Es gibt keine übereinstimmende Definition für Invol-
oder weniger vereinfacht ablaufen. vement. Zum Definitionskern kann Zaichkowsky (1985,
Erweitert man diese Differenzierung um emotionale Pro- S. 341) zitiert werden, die „a person’s perceived relevance
zesse entsprechend dem Aktivierungskonzept und um of the object based on inherent needs, values and inte-
reaktive Vorgänge, so lässt sich das Entscheidungsver- rests“ betont. Es handelt sich um ein nicht beobachtba-
halten umfassender erklären (Weinberg, 1981). Abb. 167 res, hypothetisches Konstrukt, das einen Zustand der
zeigt eine Typologie nach Weinberg (1994, S. 174), die Aktiviertheit kennzeichnet, von dem das gedankliche
impulsives Verhalten berücksichtigt, zwischen habitua- Entscheidungsengagement abhängt8. Folgt man die-
lisierten sowie impulsiven Entscheidungen differenziert sem Definitionskern, so ist hohes Involvement mit star-
und erklärt, wie mit mehr oder weniger hohem kogniti- ken emotionalen und kognitiven Prozessen verbunden.
ven Aufwand entschieden werden kann. Es bleibt kein Das Individuum ist bereit sich zu engagieren und sich
empirisch beobachtbares Entscheidungsverhalten unbe- intensiv mit der Entscheidung auseinanderzusetzen.
rücksichtigt. Zentrales Anliegen dieser Typologie ist es Bei geringem Involvement in kognitiver Hinsicht wird
zu erklären, dass das Ausmaß der kognitiven Steuerung zwischen starker und schwacher emotionaler Ich-Be-
einer Entscheidung von der Aktivierung bzw. von Emoti- teiligung differenziert. Ist das emotionale Involvement
onen abhängt. Das Konzept legt indirekt auch nahe, wie ebenfalls schwach, so liegt der einfache Fall des reizge-
das Entscheidungsverhalten beeinflusst werden kann. steuerten, reaktiven Entscheidungsverhaltens vor. Ist
Die Komponenten von Abb. 167 bedeuten: es hoch, so liegt ein interessanter Sonderfall vor: Gerin-
ge kognitive Aktivitäten korrespondieren mit starken
●● kognitiv: die gedankliche Steuerung der Kaufentschei-
Emotionen.
dung
●● emotional: Aktivierung und Interpretation der inne- Hier ist der besondere Fall der impulsiven Kaufentschei-
ren Erregung dung vorliegend. Folgt man den auf dem Aktivierungs-
●● reaktiv: das automatische Reagieren in der Hand- konzept basierenden empirischen Befunden, so liegt
lungssituation hier ein Kaufverhalten vor, das in emotionaler Hinsicht
manifest und in kognitiver Hinsicht latent gesteuert
2. Involvement und Entscheidungsverhalten wird9.
Trommsdorff (2008) bezeichnet das Involvement als Ursachen und Wirkungen des Involvements
ein „Schlüsselkonstrukt der Marketingforschung“. Es
Das Involvement lässt sich auf verschiedene Ursachen
hat zunächst in der englischsprachigen Literatur7 und
zurückführen, die z. B. folgendermaßen gegliedert wer-
später auch im deutschsprachigen Raum eine intensive
den können (Deimel, 1989, S. 154 f.; Solomon, Bamossy
Diskussion darüber ausgelöst, wie das persönliche En-
et al. 2016, S. 204 f.):
gagement bei Entscheidungen differenziert und erfasst
werden kann. (1) Das Produktinvolvement wird im Wesentlichen von
dem Interesse bestimmt, das ein Individuum unter-
schiedlichen Produktkategorien entgegenbringt. Die
6 An dieser Stelle sei angemerkt, dass diese Einteilung die Ergebnisse bisheriger empirischer Untersuchungen
dominanten Prozesse in den Vordergrund stellt. Untersuchun-
gen von Gröppel-Klein, Germelmann und Woratschek (2007) 8 Siehe mit einem umfassenden Literaturüberblick Michaeli-
zeigen, dass auch bei habitualisiertem Entscheidungsverhalten dou und Dibb (2008).
im Vergleich zum Nichtkauf (siehe auch das Kapitel „Aktivie- 9
Wir kommen im Dritten Teil dieses Buches auf die Frage
rung“) höhere Aktivierungswerte vorliegen. zu sprechen, ob es den affektiv handelnden Konsumenten
7
Einen ausführlichen Überblick über Involvementkonzepte (Zaichkowsky, 1985) bzw. den „sensualistischen Konsumenten“
geben beispielsweise Poiesz und de Bont Cees (1995), Tromms- (Gröppel, 1991) gibt, der sich durch ein grundsätzlich höheres
dorf (1995), Hupp (1998; 2000) oder Michaelidou und Dibb emotionales Involvement beim Einkaufen auszeichnet, siehe
(2008). auch Bloch, Commuri und Arnold (2009).
390 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

machen deutlich, dass die Aufstellung von Pro- in bekannter Weise den Entscheidungsprozess vor-
dukthierarchien nach dem ausgelösten Involvement antreiben. Trifft die emotionale Werbung hingegen
problematisch sind, da diese Rangfolgen von dem passive Konsumenten, die kaum involviert sind, so
Kulturkreis und dem Lebensstil der Befragten sowie findet vorrangig eine emotionale Konditionierung
der Operationalisierung des Konstruktes abhängen. statt. Sie setzt keine hohe Aufmerksamkeit voraus
Allgemeine Aussagen lassen sich dagegen nur über und trägt zu einer emotionalen Markenbindung ohne
bestimmte Produkteigenschaften, die mit mehr oder kognitiven Lernaufwand bei10. Solomon, Bamossy
weniger großem Engagement einhergehen, treffen. et al. (2016) versuchen der besonderen Bedeutung des
Eine empirische Studie von Kapferer und Laurent Involvements durch folgende Darstellung Ausdruck
(1985) belegt, dass der Kauf von Produkten mit hö- zu verleihen (Abb. 168).
herem Kaufrisiko (welches technischer oder sozia- Relevanz für das Entscheidungsverhalten
ler Art sein kann) ein höheres Involvement auslöst.
Viele Versorgungseinkäufe können dagegen eher Das Involvementkonzept erlaubt ebenso wie das Akti-
mit einer Low-Involvement-Grundhaltung erklärt vierungskonzept die Ableitung der gewählten Typologie
werden. Nach Zaichkowsky (1985) weisen Low-In- des Entscheidungsverhaltens (vgl. Tab. 7).
volvement-Produkte häufig die folgenden Merkmale Beiden Konzepten ist also die Aktivierung als Elementar-
auf: Sättigungsphase im Produktlebenszyklus, gering größe des Entscheidungsverhaltens gemeinsam, auf der
ausgeprägte Produktdifferenzierung, nur oberfläch- emotionale und kognitive Prozesse aufbauen. Aktivie-
lich entwickelte Einstellungen und gering empfun- rung und Involvement ergeben also erst gemeinsam eine
denes Kaufrisiko. Schlüsselposition in der (Kauf-) Entscheidungsforschung.
(2) Personenspezifische Determinanten charakterisieren
den Einfluss persönlicher Prädispositionen, die von 3. Modelle des Entscheidungsverhaltens
den subjektiven Bedürfnissen, Werten und Zielen Modelle des Entscheidungsverhaltens sind vereinfachte
abhängen. Auch die Einkaufsmotive können als per- Abbildungen der Wirklichkeit. Sie umfassen eine syste-
sonenspezifische Involvement-Ursachen verstanden matische Auswahl von Größen (Variablen), die zueinan-
werden. Die persönliche Relevanz, die das Individu- der in Beziehung gesetzt werden und das Zustandekom-
um mit einem Meinungsgegenstand verbindet, wird men des Verhaltens theoretisch erklären.
auch als Ego-Involvement bezeichnet. Vielfach wird
Modelle des Kauf- und Entscheidungsverhaltens können
in diesem Zusammenhang auch das Stichwort „en-
nach verschiedenen Gesichtspunkten gruppiert werden.
during inolvement“ (andauerndes Involvement) ge-
Die Unterteilung in Partialmodelle und Totalmodelle
braucht (Bloch, Commuri und Arnold, 2009), das zum
weist zugleich auf die unterschiedlichen Abstraktions-
einen durch das persönliche Interesse des Einzelnen,
grade der Modelle hin: Die Totalmodelle versuchen, das
zum anderen aber auch durch Kontextvariablen (z. B.
gesamte Kauf- oder Entscheidungsverhalten abzubilden.
Wechselkosten) beeinflusst wird.
Sie sind deswegen besonders komplex und auf starke
(3) Spezifische Situationen können das Involvement ei- Abstraktion angewiesen. Partialmodelle beziehen sich
ner Person kurzfristig erhöhen. So kann ein „Mode- auf bestimmte Teilaspekte des Verhaltens. Beispiele aus
muffel“ durchaus ein großes Engagement in Bezug dem vorliegenden Buch sind Modelle des kognitiven
auf Kleidung zeigen, wenn diese für einen ganz be- Gleichgewichts, lineare Lernmodelle oder additive Ein-
sonderen Anlass gekauft werden muss, beispielswei- stellungsmodelle.
se für die eigene Hochzeit. Nach dem Ereignis flacht
Totalmodelle können weiter differenziert werden in
das Involvement wieder ab.
Strukturmodelle, stochastische Modelle11 und Simula-
(4) „Medieninvolvement“ besagt schließlich, dass un- tionsmodelle.
terschiedliche Werbeträger aufgrund ihrer unter-
schiedlichen Kommunikationsweise (z. B. bild- vs. 10 Das Werbeziel bei geringem Involvement lautet: gefallen
textbetonte Informationsübermittlung) sich für eine (über Identifikation, mit Bildern oder Musik), bei hohem In-
Low- (z. B. Fernsehen) oder High-Involvement-Kom- volvement: überzeugen (über Argumente und Sprache), siehe
munikation (z. B. Printmedien) mehr oder weniger auch die Ausführungen im Dritten Teil dieses Buches zur Me-
gut eignen. Hier können auch die unterschiedlichen dienumwelt.
11
Strukturmodelle definieren (theoretische) Variablen und
Werbewirkungspfade angesiedelt werden: Löst der
Variablenbeziehungen, mit denen die psychischen Vorgän-
Werbekontakt eine starke Aufmerksamkeit aus, so ge abgebildet werden, die das Zustandekommen des Kon-
führt gemäß dem Aktivierungskonzept die emotio- sumentenverhaltens erklären. Stochastische Modelle stellen
nale Reaktion zu gedanklichen Vorgängen, die dann Beziehungen zwischen Inputgrößen (Reizen) und Outputgrö-

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D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 391

Involvement
Mögliche Folgen
Gründe für Involvement des Involvements

• Vorbringen von
Argumenten, die
gegen die Werbung
Persönliche Faktoren sprechen
Involvement • Wirksamkeit der
• Bedürfnisse
• Bedeutung Werbung zur
• Interesse Anregung des
• mit Werbung Kaufverhaltens
• Werte
Faktoren, die den Reiz • Relative Wichtigkeit
• mit Produkten der Produktkategorie
oder das Objekt
betreffen • Vorlieben für
• mit Kauf- bestimmte Marken
• Differenzierung von
entscheidungen • Einfluss des Preises
Alternativen
• Informationsquelle auf die Markenwahl
• Kommunikationsinhalt • Ausmaß der
Situative Faktoren Informationssuche
• Spontaner Kauf • Bewusste
• Feste Kaufabsicht Auseinandersetzung
Involvement = mit Kaufalternativen
f(Person, Situation, Objekt) und der damit
verbundene
Das Ausmaß des Involvements kann durch einen Zeitaufwand
oder mehrere der genannten Faktoren • Art und Weise
beeinflusst werden. Interaktionen zwischen den (Regeln) der
verschiedenen Faktoren sind sehr
Entscheidungsbildung
wahrscheinlich.

Abb. 168: Konzeptualisierung des Involvement-Konstruktes (Quelle: in Anlehnung an Solomon, Bamossy et al., 2016)

Involvement Entscheidungsmerkmale

Kognitiv Emotional
stark stark extensiv
stark schwach limitiert
schwach stark impulsiv
Tab. 7: Involvement und Entschei-
schwach schwach habitualisiert
dungsverhalten

In der Konsumentenforschung werden in der Regel dellen des Kaufentscheidungsverhaltens. Das Modell
Strukturmodelle benutzt, vor allem, um kognitiv kon- von Blackwell, Miniard und Engel (2006) ist eines der
trollierte Entscheidungen darzustellen. Howard und bekanntesten. Es beschreibt das Zusammenwirken der
Sheth (1969) legten die Grundlage für diese Art von Mo- zur Kaufentscheidung führenden psychischen Vorgänge.
Das Modell zu den extensiven Entscheidungen fußt auf
ßen (Reaktionen) her und verzichten darauf, die dazwischen dem klassischen Phasenmodell (siehe Abb. 169). Es glie-
liegenden, nicht beobachtbaren Vorgänge im Konsumenten dert die Kaufentscheidung in mehrere aufeinanderfol-
abzubilden. Diese Vorgänge werden im Modell durch einen gende Prozessphasen:
Zufalls- bzw. Wahrscheinlichkeitsmechanismus repräsentiert
(siehe auch Mazanec, 1978).
392 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Die gestrichelte Linie gibt Rückkoppelungen und Sprün- S. 231). Diese Entscheidungsnetze gleichen den in der
ge über eine oder mehrere Phasen hinweg an. Bei kol- Entscheidungstheorie verbreiteten Entscheidungsbäu-
lektiven Entscheidungen können einzelne Phasen auf men (siehe Vertiefungskasten).
verschiedene Personen oder Gruppen verteilt werden.
Andere kognitive Ansätze erklären das Entscheidungs-
verhalten durch die „kognitive Algebra“ (das ist die ge-
dankliche Kalkulation während der Produktbeurteilung
Problemerkenntnis und -auswahl) oder durch die semantischen Wissens-
Informationssuche strukturen, die beim Suchen nach geeigneten Produktal-
ternativen im Gedächtnis aktiviert werden (Grunert,
Informationsverarbeitung
1990). Diese Modellstrukturen beziehen sich aber nicht
Alternativenbewertung mehr auf das gesamte Kaufverhalten und haben nur eine
Auswahl einer Alternative beschränkte Reichweite; sie werden deswegen der nach-
folgenden Kritik besser gerecht.
Entscheidung: Kauf
Zusammenfassung und Kritik zu den Totalmodel-
Entscheidungsfolgen len: Die Vorteile von umfassenden Strukturmodellen
des Verhaltens liegen darin, dass sie verhaltenswissen-
Abb. 169: Prozessphasen einer Kaufentscheidung schaftliche Konzepte und Theorien, die sonst unver-
bunden nebeneinander stehen, integrieren und Bezüge
zu den empirischen Ergebnissen der Konsumenten-
Unter den Modellen, die einem stark kognitiven Ansatz
forschung herstellen. Sie bieten dadurch eine Orientie-
folgen, ist insbesondere das Modell von Bettman (1979)
rungshilfe für den Leser, der sie als Bezugsrahmen für
bekannt geworden. Bettman untersuchte Entscheidungs-
vereinzelte Erkenntnisse über das Konsumentenverhal-
heuristiken mithilfe von Protokollen lauten Denkens. Die
ten benutzen kann. Zudem werden bei dem Versuch,
Ergebnisse wurden in Entscheidungsnetzen abgebildet.
diese Modelle zu präzisieren und empirisch zu testen,
Entscheidungsnetze sind „verzweigte Strukturen“, wel-
noch mögliche Hypothesen und Operationalisierungen
che sich auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von
sichtbar. Dies begründet ihren beachtlichen heuristi-
Produkteigenschaften und situativen Reizen bei einer
schen Wert.
Entscheidung beziehen und das Zustandekommen ei-
ner Entscheidung aufgrund von Zustimmung zu oder Im Erklärungszusammenhang sind derartige Modelle
Ablehnung von Alternativen anzeigen (Bettman, 1979, allerdings sehr skeptisch zu beurteilen: Es ist schwierig,

Vertiefungskasten: Zahnpastakauf nach Bettman (1979)

Abb. 170 gibt zwei typische Entscheidungsnetze A und B wieder. Sie sollen die unterschiedlichen kognitiven Aktivitäten bei
der Auswahl (beim Kauf) von Zahnpasta darstellen und zugleich eine unterschiedliche Entscheidungsheuristik widerspiegeln.

Netz A Netz B
Zeichenerklärung (Quelle: Bettman, 1979, S. 231):
N Nein A Zustimmung (Kauf)
N
1 6 5 Y Ja R Ablehnung (kein Kauf)
N Y N Y
Y 1 Beugt sie gut Zahnschäden vor?
R 2 1
N Y R N Y
2 Ist sie hinreichend sparsam im Gebrauch?
R 3 R 7 3 Stellt sie die Kinder zufrieden?
N Y N Y
4 Ist sie im Laden vorrätig?
4 R 4 Y
R N
N Y 5 Ist ihr Geschmack angenehm genug?
R R 6 Erfrischt sie genügend den Atem?
A A
7 Sorgt sie hinreichend für weiße Zähne?
Abb. 170: Entscheidungsnetze, die unterschiedliche kognitive Programme bei der Auswahl von Zahnpastamarken repräsentieren,
nach Bettman (1979)
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 393

so komplexe Systeme wie das Kaufverhalten in einem ●● eine Menge möglicher Umweltzustände („Strategien
einzigen (Total-)Modell so abzubilden, dass umfassen- der Umwelt“)
de, empirisch validierbare Erklärungen entstehen. Ein ●● eine Ergebnisfunktion, die jeder Kombination von
Modell, das auf alle Verhaltensweisen zugeschnitten Strategien des Entscheidenden und den Strategien
ist, muss die beteiligten Variablen für jede der verschie- der Umwelt ein Ergebnis zuordnet
denen Verhaltensweisen vom Impulskauf bis zur ex- ●● eine Präferenzrelation (Entscheidungskriterien), die
tensiven Kaufentscheidung umfassen. Das macht die die Ergebnisse in Bezug auf die Präferenzen des Ent-
Modelle unökonomisch sowie unhandlich und – wie scheidenden ordnet.
die Erfahrung mit vorhandenen Modellen lehrt – auch
unbrauchbar, weil diese Modelle implizit doch nicht auf Die normativen Modelle dienen der Ableitung von Ent-
alle, sondern nur auf bestimmte Verhaltensweisen abge- scheidungen, die bei gegebenem Ziel des Individuums
stimmt sind: Im Modell fehlen dann Variablen, die für bewusst und überlegt nach logisch-mathematischen
die Erklärung der vernachlässigten Verhaltensweisen Regeln getroffen werden sollen. Die normativen Ent-
(beispielsweise für die Erklärung des impulsiven Ver- scheidungsmodelle richten sich im Allgemeinen auf die
haltens) erforderlich sind. formale Rationalität der Entscheidung (von materieller
Rationalität spricht man dann, wenn bestimmte Ziele
Die Bemühungen der Konsumentenforschung richten und Motive für das Modell angenommen werden).
sich deswegen darauf, Modelle geringer und mittlerer
Reichweite zu entwickeln, welche Ausschnitte des Kon- Für normative Zwecke entwickelte Entscheidungsmodel-
sumentenverhaltens abbilden und eine durchgehende le lassen sich auch als deskriptive Modelle interpretieren.
Umsetzung in überprüfbare Hypothesen erlauben. Bei einer solchen Interpretation können sie als theoreti-
sche Abbildungen eines Denkmusters aufgefasst werden,
Durch eine Beschränkung von Modellen auf den einen
d. h., als „idealtypische“ Abbildungen einer kognitiven
oder anderen Typ des Entscheidungs- oder Auswahlver-
Struktur, deren Beherrschung dem Konsumenten zur
haltens gewinnt man allerdings nur dann aussagekräfti-
Lösung eines Entscheidungsproblems verhilft.
ge (und anwendbare) Modelle, wenn man die Bedingun-
gen kennt, unter denen das eine oder andere Verhalten Klassische mikroökonomische Modelle rationaler Kon-
tatsächlich auftritt. In dieser Hinsicht besteht ein per- sumentscheidung (z. B. Rational-choice-Modell) gehen
manenter Forschungsbedarf. Zudem fordern manche davon aus, dass Individuen rational handeln, indem sie
Autoren (Martin und Morich, 2011) unbewusste Prozesse uneingeschränkt eigennützig ihren Nutzen durch die
beim Kaufverhalten stärker zu berücksichtigen und in Wahl bestimmter Handlungsalternativen maximieren.
die Modelle zu integrieren. Dieses Entscheidungskalkül wird lediglich durch äu-
ßere (exogene) Beschränkungen begrenzt. Ein Beispiel:
Der Konsument hat darüber zu entscheiden, wie er
II. Entscheidungen mit überwiegender die für seinen Konsum verfügbaren Geldmittel auf die
einzukaufenden Produkte verteilt. Er optimiert seine
kognitiver Kontrolle
Entscheidungen nach Preis-Mengen-Berechnungen. In
dem Moment, wo jedoch auch die Qualität der Produkte
1. Modellverhalten und empirisches Entscheidungsverhalten berücksichtigt werden soll, ist die Wahl sehr viel komple-
Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten wird xer, denn es muss zunächst festgelegt werden, was die
in der Literatur häufig durch formale deskriptive oder Qualität der Produkte ausmacht (das können physische
normative Modelle abgebildet. Deskriptive Modelle Eigenschaften wie Eiweißgehalt und Kalorien sein oder
verfolgen den Zweck, das reale Entscheidungsverhalten psychische Eigenschaften wie Prestigewert oder Attrak-
zu beschreiben (und zu erklären). Normative Model- tivität des Angebotsortes). Der Konsument wird solche
le formulieren dagegen eine Entscheidungslogik, nach Produkte kaufen, die seinen Qualitätsvorstellungen ge-
der man bestimmte Ziele erreichen kann. Sie lassen sich recht werden. Nun hat jedes Produkt andere Eigenschaf-
meist durch den Satz kennzeichnen: „Wenn du bei deiner ten. Das eine Produkt bietet bestimmte Vitamine, ein an-
Entscheidung in der vom Modell vorgeschriebenen Weise deres bestimmte Prestigewerte, ein wieder anderes einen
vorgehst, findest du eine optimale Lösung!“ bestimmten Kälteschutz usw. Ein Produkt kann auch
mehrere Merkmale gleichzeitig haben. Dabei geht der
Normative Entscheidungsmodelle enthalten im Allge- Konsument von bestimmten Standards aus, die seinem
meinen folgende Elemente: subjektiven Anspruchsniveau entsprechen. Er verlangt,
●● eine Menge von Handlungsalternativen („Strategien dass die gekaufte Nahrung Vitamine einer bestimmten
des Entscheidenden“) Zusammensetzung und Menge enthält, dass die gekauf-
394 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

te Kleidung einen bestimmten Kälteschutz bietet usw. Kapazitätsbeschränkungen des Konsumenten als einen
Der Konsument muss dazu Rangordnungen der zur generellen Ansatzpunkt für die Erklärung des Konsu-
Verfügung stehenden Alternativen aufstellen. Schließ- mentenverhaltens zu betrachten. Die Einsichten in die Be-
lich kommt es dem rationalen Konsumenten darauf an, schränkungen der menschlichen Informationsaufnahme,
durch eine Kombination von Gütern seine Ansprüche zu -verarbeitung und -speicherung haben erhebliche prakti-
erfüllen und möglichst viele Güter für einen bestimmten sche Bedeutung, weil sie Leitbilder über das menschliche
Geldbetrag einzukaufen oder eine bestimmte Menge an Verhalten in Frage stellen, die die Politik, insbesondere
Produkten preiswert einzukaufen. Das verlangt ein kon- die Verbraucherpolitik, bestimmen. Nach vielen gesell-
tinuierliches Abwägen und Berechnen. schaftspolitisch noch immer bevorzugten Leitbildern
Hinter Modellen dieser Art stehen Annahmen über die erscheint der Mensch (Konsument) als ein informations-
Rationalität des Konsumenten – die zum Beispiel darin verarbeitendes System, dessen Effizienz ohne Weiteres
besteht, konsistent nach einer Rangordnung zu wäh- dadurch gesteigert werden kann, dass man ihm mehr
len – und über die im Dienste der Rationalität stehende und bessere Informationen liefert und (durch Erziehung
Informationsverarbeitung, die es ihm ermöglicht, alle und Aufklärung) bessere Informationsverarbeitungspro-
zur Auswahl stehenden Produkte in eine Rangordnung gramme verpasst (siehe auch Vierter Teil).
zu bringen. Gerade dieser Ansicht wurde durch die von Jacoby (1977)
Die Abweichungen der soeben skizzierten (modellhaften) und seinem Kreis erarbeitete Hypothese zur Informati-
Annahmen von der tatsächlichen Informationsverar- onsüberlastung (information overload) widersprochen.
beitung lassen sich auf folgende Restriktionen zurück-
führen: Der Konsument benutzt zu seiner Entscheidung nur einen
(1) Kognitive Restriktionen: Die Kapazität der Konsu- geringen Teil der angebotenen Informationen. Wird er
menten für Informationsaufnahme, -verarbeitung dazu gebracht, darüber hinaus Informationen zu benut-
und -speicherung ist sehr begrenzt. Der Konsument zen, so kann sich die Entscheidungseffizienz verringern.
folgt im Übrigen nicht nur den Regeln objektiver Lo-
gik, sondern auch einer subjektiven Psycho-Logik. Die Informationsüberlastung verdeutlicht nach Jacoby
(2) Emotionale Restriktionen: Emotionen und Motive (1977, S. 569) die Tatsache, „dass es für die menschliche
greifen laufend in den Entscheidungsprozess ein Fähigkeit, in einer bestimmten Zeitspanne Informatio-
und bestimmen Richtung und Effizienz dieses Pro- nen aufzunehmen und zu verarbeiten, eng abgesteckte
zesses (siehe dazu auch die unter D.I.1 skizzierten Grenzen gibt“. Werden diese Grenzen überschritten, so
Forschungsarbeiten, z. B. Pham, 2014) wird das Informationsverarbeitungssystem überlastet,
(3) Soziale Restriktionen: Der Konsument entscheidet die Entscheidungsleistung wird konfus, weniger genau
nicht unabhängig von seiner Umwelt. Informations- und ineffizient. Das Newsweek Magazine berichtete 2011
aufnahme und -verarbeitung stehen unmittelbar von fMRI-Untersuchungen, die am Center for Neural
unter sozialem Einfluss. Decision Making der Temple University in Philadelphia
Dabei ist zu beachten, dass die empirische Entschei- stattgefunden hatten und zu dem Schluss führten, dass
dungsforschung das tatsächliche Verhalten mehr oder ab einer bestimmten (kritischen) Anzahl von zu verar-
weniger (un-)genau misst, insbesondere wenn hierzu beitenden Informationen die Aktivitäten des präfrontalen
Laborexperimente durchgeführt werden. Die experi- Kortex schlagartig abnehmen und stattdessen Gehirn-
mentellen Situationen stellen oft künstliche Verhaltens- areale aktiviert würden, die für emotionale Prozesse
bedingungen her. Manche Dimensionen des Entschei- zuständig sind.
dungsprozesses werden vernachlässigt, weil sie schwer Choice Overload: Von Schwartz (2004) stammt der Aus-
in den Griff zu bekommen sind. Dazu gehören vor allem druck: „Die Tyrannei der Auswahl“. Eine als zu groß
die zeitliche Dimension und das Ineinandergreifen von empfundene Auswahl kann also zu „Choice Overload“
Teilentscheidungen. führen (Iyengar und Lepper, 2000), d. h., Konsumenten
Die stärkste Beschränkung des menschlichen Entschei- und Konsumentinnen können sich überhaupt nicht ent-
dungsprozesses – insbesondere von Konsumenten – scheiden, verschieben die Entscheidung oder weisen eine
besteht hinsichtlich ihrer Kapazität und Motivation, niedrigere Entscheidungszufriedenheit auf. Diehl und
Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. In Poynor (2010) stellten in einer Studie Letzteres fest. Die
dieser Beschränkung wird von manchen Autoren eine Sortimentsgröße in SB-Warenhäusern kann einen Ein-
Grunderkenntnis der empirischen Entscheidungsfor- fluss auf die Zufriedenheit der Konsumenten mit ihren
schung gesehen. Silberer (1979, S. 50 ff.) geht so weit, die Entscheidungen ausüben. Stattdessen sind Konsumen-
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 395

ten oftmals zufriedener, wenn sie nur aus einer kleinen keiten kompetenter ein, als sie tatsächlich sind (Alba und
Menge an Alternativen ein Produkt auswählen können. Hutchinson, 2000). Die Autoren nennen dieses Verhalten
Die Autorinnen gehen davon aus, dass ein sehr großes „Fehlkalibration“. In der Folge wählen die Konsumen-
Sortiment die Erwartung weckt, das „ideale Produkt“ ten (aus der Sicht der rationalen Entscheidungstheorie)
finden zu können. Aufgrund der damit einhergehenden ein suboptimales Produkt. Dies kann auch geschehen,
hohen Anspruchshaltung können die Konsumenten je- wenn die Konsumenten neue Informationen nicht be-
doch auch leichter enttäuscht werden. rücksichtigen, weil sie eine kognitive Dissonanz mit
früheren Entscheidungen fürchten oder weil sie ihre
In einer Metastudie zeigen Scheibehenne, Greifender und
Entscheidung eigentlich schon getroffen haben und
Todd (2010) allerdings widersprüchliche Ergebnisse in
nun nicht mehr durch neue, dissonante Informationen
der Choice-Overload-Forschung auf. Die Literatur scheint
„gestört“ werden möchten (siehe hierzu auch die Studie
sich diesbezüglich nicht ganz einig zu sein. Aydinli, Gu
von Moorman, Diehl et al., 2004). Die Ausführungen zur
und Pham (2017) kommen in ihren Untersuchungen
„Fehlkalibration“ machen aber auch deutlich, dass hinter
zu anderen Schlussfolgerungen. Konsumenten mögen
diesen Überlegungen immer noch die Idee steht, das
größere Sortimente nicht nur wegen der größeren Aus-
Entscheidungsverhalten der Konsumenten ließe sich in
wahl und der damit einhergehenden Möglichkeit des
einem normativen Sinne verbessern. Das ist zwar aus
Variety-seeking (Wunsch nach Abwechslung), sondern
verbraucherpolitischer Sicht durchaus nachzuvollziehen.
viele Konsumenten haben dann auch den Eindruck in
Doch ist unserer Meinung nach auch zu berücksichti-
ihren Entscheidungen flexibler sein zu können, d. h., sie
gen, wie die subjektiv empfundene Zufriedenheit des
brauchen bei großen Sortimenten erst am Point-of-Sale
Konsumenten aussieht. Das Vermeiden von kognitiver
zu entscheiden, was ihnen in dieser speziellen Situation
Dissonanz kann für den Konsumenten subjektiv gesehen
am besten gefällt. Führen Geschäfte dagegen schmale
oftmals gewinnbringender sein als eine vermeintlich
Sortimente, dann müssen die Konsumenten ihre genauen
bessere Entscheidung.
Produktpräferenzen schon bei der Geschäftswahl antizi-
pieren. Zudem offerieren größere Sortimente auch mehr Eine interessante Studie, die belegt, dass das bewusste
„affektive Reize“. Erst die Vielzahl an Farben, Verpackun- extensive Nachdenken nicht immer zu besseren Entschei-
gen, Gerüchen etc. ermöglich einen Erlebniskauf, was dungen führt, stammt von Carden, Wood et al. (2017).
die Autoren ebenso in ihren empirischen Erhebungen Die Autoren stellen sich die Frage, was passiert, wenn
feststellen können. Konsumenten, beispielsweise durch entsprechende
Incentives (z. B. „Wenn Sie eine richtig gute Entschei-
Neben der Sortimentsgröße spielt auch die Reihenfolge dung treffen, dann gibt es einen Bonus“), aus ihrem
der zu bewertenden Alternativen eine Rolle (Diehl und gewohnheitsmäßigen „Entscheidungstrott“ herausge-
Zauberman, 2005). Im Internet bekommen Konsumenten rissen werden. In solchen Situationen verlassen sich die
häufig vorsortierte Listen präsentiert, z. B. werden Hotels Konsumenten nicht mehr auf ihre alte Gewohnheiten,
nach der Anzahl der Qualitätssterne automatisch sortiert, sondern sie priorisieren nachdenkliche, abwägende und
entweder absteigend (erst 5-Sterne-, dann 4-Sterne-, dann kontrollierte Handlungen, weil sie glauben, nur so das
3-Sterne-Hotels usw.) oder aufsteigend (erst 1-Stern, dann Ziel erreichen und die Incentives erhalten zu können.
2-Sterne etc.). Diehl und Zauberman zeigen, dass das Aus- Dieser Mind set-Wechsel muss jedoch nicht zu besse-
maß der Informationssuche als Moderatorvariable fun- ren Ergebnissen führen, wie die Autoren experimentell
giert: Bei einer ausgiebigen Suche führt die aufsteigende belegen können. Als Begründung führen sie an, dass
Qualitätsanordnung zu einer positiveren Bewertung, die der Mind set-Wechsel dazu führt, dass zwar bewusstes
absteigende Anordnung dagegen zu einer negativeren Nachdenken aktiviert werde, aber gleichzeitig Konsu-
Bewertung der Alternativen; wahrscheinlich, so nehmen menten ihr implizites, durch Gewohnheit gelerntes und
es die Autorinnen an, weil die Konsumenten beim Lesen erprobtes Wissen („habit knowledge“) deaktivieren. Als
von immer mehr positiven Attributen auch mehr positive Folge verringert sich die Leistungsfähigkeit.
Momente erleben und dies auf ihre Gesamtbewertung
Wir wollen im Folgenden die gedanklich gesteuerten
abfärbt.
Kaufentscheidungen genauer behandeln, bevor wir auf
Schließlich kann auch vorhandenes Wissen Konsumen- die gewohnheitsmäßigen und impulsiven Entscheidun-
ten fehlleiten: Wenn die Konsumenten auf der Basis von gen zu sprechen kommen.
Informationen, die sie aus ihrem Gedächtnis abrufen
müssen, eine Entscheidung treffen, dann wird das ei-
gene Wissen überschätzt, oder anders ausgedrückt: Die
Konsumenten schätzen sich in ihren Entscheidungsfähig-

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396 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

2. Extensives und limitiertes Entscheidungsverhalten eine besondere Bedeutung. Motivationale und kog-
a) Extensive Entscheidungen und Anspruchsniveau nitive Prozesse bedingen sich gegenseitig, d. h., das
Anspruchsniveau aktiviert das Informationsverhalten
Bei extensiven Kaufentscheidungen handelt es sich um und wird dadurch gleichzeitig konkretisiert. Dabei
ein Entscheidungsverhalten der Konsumenten im Sinne muss weiter differenziert werden, ob sich das An-
der empirisch orientierten ökonomischen Theorie: Der spruchsniveau auf die Entscheidungsziele, auf das
Entscheidungsprozess wird gedanklich gesteuert, und Entscheidungsverhalten oder auf beides bezieht.
es fehlen „kognitive Anker“ (Bewertungsmaßstäbe). An- ●● Reaktive Prozesse: Hierbei geht es vor allem um die
stelle von „extensive Entscheidung“ findet man auch
automatische Reaktionsauslösung durch einen Stimu-
Begriffe wie:
lus in einer Entscheidungssituation, die von internen
●● echte Entscheidung Faktoren (wie z. B. Persönlichkeitsmerkmalen, auch
●● Suchkauf physiologischen Bedürfnissen) und externen Faktoren
●● Planungshandeln (wie z. B. sozialen Einflüssen oder Zeitdruck) beein-
●● nicht programmierte Entscheidung flusst wird. Extensive Kaufentscheidungen werden in
●● innovative Entscheidung der Regel nicht reaktiv vollzogen, die Stimuluswahr-
●● komplexe Entscheidung nehmung führt also nicht zu automatischen Kauf-
handlungen. Zwischen Reiz und Reaktion findet ein
In der englischsprachigen Literatur überwiegt der Begriff extensiver Informationsverarbeitungsprozess statt.
„extensive problem solving“ (z. B. Howard, 1977, S. 86 f.).
Darunter wird ein Entscheidungsprozess verstanden, der Bei extensiven Kaufentscheidungen wird das Anspruchs-
der Konzeptbildung dient und vor allem in innovativen niveau, also die subjektiv wahrgenommenen Anfor-
Entscheidungssituationen oder in emotional besonders derungen an das Entscheidungsverhalten und an die
bewegenden Situationen anzutreffen ist (Luce, Bettmann Entscheidungsziele, erst im Laufe des Entscheidungs-
und Payne, 1997). Solomon, Bamossy et al. (2016) führen prozesses fixiert. Entsprechend kann das Anspruchsni-
hierzu das Beispiel der Bypass-Operation an, die die Le- veau in verschiedenen Entscheidungsphasen mehr oder
bensqualität des Patienten verbessern kann, aber auch weniger als Regulativ wirksam werden. Je innovativer
mit erheblichen Operationsrisiken einhergeht. Charak- die Entscheidungssituation ist, desto eher werden zu-
teristisch sind der hohe Informationsbedarf, eine lange nächst alle wesentlichen Entscheidungsvariablen weder
Entscheidungsdauer und die Notwendigkeit, Bewer- programmiert eingesetzt noch durch Prädispositionen
tungskriterien zu erarbeiten und Kaufrisiken abzubauen. in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt. Erst im Laufe des
Es handelt sich also um ein Entscheidungsverhalten, bei Entscheidungsprozesses verfestigen sich Strategien der
dem Prozesse der Informationsaufnahme und Informa- Informationsverarbeitung.
tionsverarbeitung eine zentrale Rolle spielen. Meist be- Konsumenten setzen ihre Einkaufsziele meist selbst
nötigt der Konsument relativ viele Informationen, deren und wählen den ihnen dazu als geeignet erscheinenden
Verarbeitung zu einer längeren Entscheidungszeit führt Entscheidungsprozess. Damit bestimmen sie auch das
als bei limitierten, habitualisierten oder impulsiven Kauf- angestrebte Anspruchsniveau der Entscheidung. Das
entscheidungen. Anspruchsniveau (siehe auch weiter unten, Abschnitt 4)
Folgt man den hier gewählten Kriterien zur Differenzie- drückt subjektive Zielnormen im Hinblick auf das Ent-
rung zwischen verschiedenen Arten des Entscheidungs- scheidungsergebnis und subjektive Leistungserwartun-
verhaltens, so lassen sich extensive Kaufentscheidungen gen im Hinblick auf das Entscheidungsverhalten aus.
nach folgenden Aspekten charakterisieren: Konsumenten, die noch keine Kauferfahrungen haben,
werden zwangsläufig hohe Ansprüche an ihr Entschei-
●● Kognitive Prozesse: Die Produktauswahl wird kog-
dungsverhalten stellen, sofern ihnen an einer „rationa-
nitiv gesteuert. Die gedankliche Steuerung ist umso
len“ oder sehr sorgfältigen Kaufentscheidung besonders
stärker, je weniger der Konsument über bewährte
gelegen ist. Personelle (z. B. NFC „need for cognition“)
Entscheidungsmuster verfügt, um die Kaufentschei-
und situative Determinanten (z. B. Zeitdruck) sorgen für
dung zu vereinfachen. Im Extremfall liegt ein Ent-
die zeitliche Dynamik des Anspruchsniveaus.
scheidungsproblem vor, dessen Lösung überhaupt
nicht vorstrukturiert ist.
●● Emotionale Prozesse: Die kognitive Steuerung be- b) Limitierte Entscheidungen und Schlüssel-
darf einer emotionalen Schubkraft. Damit gewinnt informationen
das Anspruchsniveau, das häufig erst während des Bei kognitiver Vereinfachung des Entscheidungsver-
Entscheidungsprozesses konkretisiert werden kann, haltens erreicht der Konsument ein Stadium, in dem er
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 397

nicht mehr extensiv, aber auch noch nicht habitualisiert grundsätzlich nur drei verschiedene Marken in Frage,
entscheidet: Er fällt seine Kaufentscheidungen limitiert. und er meint, über die für eine Entscheidung notwen-
Versucht man, limitierte Kaufentscheidungen mittels der digen technischen Kenntnisse informiert zu sein. Im
beteiligten kognitiven Vorgänge zu definieren, so geht es Geschäft wird dem Konsumenten bewusst, dass sich
um Prozesse der Informationsaufnahme und Informa- seit dem letzten Kauf doch sehr viele technische Details
tionsverarbeitung, die dieses Entscheidungsverhalten verändert haben. Wenn die gespeicherten Informationen
maßgeblich steuern (Straßburger, 1991), auch wenn diese nicht ausreichen, um eine Kaufentscheidung zu fällen,
gedanklichen Aktivitäten weniger stark ausgeprägt sind wird der Konsument aktiv nach externen Informationen
als bei extensiven Entscheidungen, da der Konsument suchen, also Verkäufer oder sein Umfeld befragen oder
bereits über Vorerfahrungen verfügt. (im Internet) Testberichte lesen (Park und Stoel, 2005).
Reaktive Prozesse spielen zur Charakterisierung limitierter Da sein Entscheidungsfeld aber weitgehend vorgeklärt
Kaufentscheidungen keine besondere Rolle. Prägnante ist, interessieren ihn weniger Informationen zur Bildung
Reize, die automatisch ablaufende Reaktionsfolgen aus- neuer Prädispositionen, sondern eher Informationen zur
lösen können, beeinträchtigen die kognitive Informati- Beurteilung der präferierten Kaufalternativen im Ein-
onsverarbeitung nicht. zelnen. Ihm geht es vor allem um prägnante, direkt zur
Kaufentscheidung beitragende Schlüsselinformationen.

Unter limitierten Kaufentscheidungen werden hier solche Schlüsselinformationen ersetzen Einzelinformationen,


verstanden, die geplant und überlegt gefällt werden und d. h., sie helfen dem Konsumenten, eine Entscheidung
auf Wissen bzw. Erfahrungen beruhen. zu fällen, ohne einzelne Prüfprozesse durchführen zu
müssen oder Entscheidungsregeln zu entwickeln. Um
zu wissen, welche Informationen als Schlüsselinforma-
Die emotionalen, mit psychischer Aktivierung verbun-
tionen geeignet sind, benötigt man Erfahrungen. Ein
denen Prozesse sind hier im Vergleich zu kognitiven
extensiv entscheidender Konsument wird Schlüsselin-
Vorgängen von untergeordneter Bedeutung. Das leuchtet
formationen nur begrenzt nutzen können (er muss sie
sofort ein, wenn man extensive und limitierte Kaufent-
erst finden) und ein habituell entscheidender Konsument
scheidungen in einer zeitlichen Folge sieht: Letztere Ent-
wird Schlüsselinformationen kaum noch brauchen. Li-
scheidungssituation ist weder neuartig noch schwierig.
mitiert entscheidende Konsumenten sind also besonders
Kognitive Prozesse: Bei limitierten Kaufentscheidungen an Schlüsselinformationen interessiert, wenn die inter-
dürfte die Informationsaufnahme keine Besonderheiten ne Informationssuche nicht ausreicht, um Kaufentschei-
aufweisen. Von Bedeutung für limitierte Kaufentschei- dungen zu fällen (Weinberg, 1981; Kardes, Cronley et al.,
dungen ist dagegen die Unterscheidung zwischen in- 2004). Die externe Informationssuche konzentriert sich
terner und externer Informationssuche. Bei der internen also auf „höherwertige“ Informationen, die eine verdich-
Informationssuche werden gespeicherte Informationen tende, entlastende Informationsfunktion ausüben. Dane-
aus dem Gedächtnis abgerufen und bei der externen In- ben ist, wie bereits angesprochen, eine Konzentration auf
formationssuche nimmt man zusätzliche Informationen einen evoked set, also auf die begrenzte, klar profilierte
aus der Umwelt auf (Park und Stoel, 2005). Zahl von kaufrelevanten Alternativen, zu beobachten.
Bei limitierten Kaufentscheidungen werden bevorzugt Mehrere empirische Untersuchungen (z. B. Schulte-Fran-
interne Informationen herangezogen, um einen Kauf kenfeld, 1985, siehe auch Solomon, Bamossy et al., 2016)
zu realisieren. Der Konsument wird also prüfen, in- haben gezeigt, dass
wieweit seine Kauferfahrungen, Markenkenntnis und ●● der evoked set nur aus wenigen Marken besteht und
Prädispositionen ausreichen, um eine Wahl innerhalb
●● die Kaufentscheidung durch einen evoked set ver-
des präferierten „evoked set“ zu treffen. Dazu verfügt
einfacht wird.
er über bewährte Entscheidungsregeln. Hingewiesen
sei hier jedoch noch einmal auf die Erkenntnisse von Die Bildung des evoked set ist ein Entscheidungsprozess,
Alba und Hutchinson (2000), nach denen Konsumenten der der Markenwahl vorausgeht. Der evoked set umfasst
internes Konsumwissen überschätzen: Sie sind vielfach alle relevanten Markenalternativen, die bereits im Ge-
der Ansicht, über einen bestimmten Kenntnisstand zu dächtnis des Kunden verankert sind (man spricht hier
verfügen, den sie de facto nicht haben, und sie werden auch vom „retrieval set“, siehe Solomon, Bamossy et al.,
sich dieser nicht ausreichenden Informationsgrundlage 2016). Hier spielen Markenkenntnisse, Prädispositionen
erst gewahr, wenn sie sich in einer konkreten Kaufsitu- und Produkterfahrungen (tatsächliche oder symbolische)
ation befinden. Ein Beispiel: Ein Konsument hat schon eine Schlüsselrolle. Hinzu kommen hervorstechende
wiederholt einen Computer gekauft. Für ihn kommen aktuelle Alternativen, die vom Konsumenten im Aus-
398 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

wahlprozess berücksichtigt werden und grundsätzlich Einfacher sind dagegen Entscheidungen, die nach so-
in Frage kommen. Anschließend werden die einzelnen genannten „Eliminationsregeln“ ablaufen: Dabei wer-
Alternativen im evoked set beurteilt; hierbei zieht der den durch hintereinander geschaltete, elementare Aus-
Konsument bevorzugt Schlüsselinformationen zur Ent- wahlschritte so lange Alternativen ausgesondert, bis
scheidungsfindung heran. eine einzige Alternative übrig bleibt. „Eliminationsre-
geln stellen wesentlich geringere Anforderungen an den
Evoked set und Schlüsselinformationen vereinfachen den Entscheidenden als Aggregationsregeln, da nur ordinale
Entscheidungsprozess und charakterisieren limitierte Vergleiche zu einem konstanten Kriterium auszuführen
Kaufentscheidungen in besonderer Weise.12 sind und das Ergebnis nicht gemerkt, sondern nur zur
Entscheidung über den nächsten Schritt gebraucht wird“
(Aschenbrenner, 1980, S. 154). Dieses Vorgehen wird als
3. Kognitive Programme der Produktwahl Produktauswahl nach Attributen bezeichnet.
Die Wahl eines Produktes wird von uns als zweistufi- Produktauswahl nach Alternativen durch Kosten-Nut-
ges Verfahren dargestellt. Erst beurteilt (bewertet) der zen-Algebra: Der Ausdruck „Algebra“ (kognitive Algeb-
Konsument bestimmte Eigenschaften oder die gesamte ra) deutet bereits an, dass es sich hier um verhältnismä-
Qualität eines Produktes (Wahrnehmung), dann wählt er, ßig aufwendige Informationsverarbeitungsprogramme
wenn er eine Entscheidung treffen will, aufgrund dieser handelt. Sie entsprechen dem klassischen ökonomischen
Beurteilung ein bestimmtes Produkt aus. Denken: Der Konsument beurteilt den „positiven Nut-
zen“ und die Kosten (den „negativen Nutzen“) der ein-
Die auf diesen beiden Stufen ablaufenden Informations-
zelnen Alternativen und wählt die Alternative mit dem
verarbeitungsvorgänge lassen sich allerdings nicht so
größten „Nettonutzen“. Als Kosten betrachten wir hier
klar auseinanderhalten, wie es diese Gliederung nahe-
nur den Preis, obwohl selbstverständlich auch andere
legt. In einigen Studien hat sich z. B. eine Differenzierung
Kosten – für die aufgewandte Einkaufszeit, für das beim
in „Orientierungs-, Bewertungs- und Kontrollphase“ der
Einkauf benutzte Auto usw. – in Frage kommen.
Informationsverarbeitung bewährt (Russo und Leclerc,
1994). Den üblichen Modellen rationaler Entscheidung folgend,
Die Produktbeurteilung wurde bereits behandelt. Jetzt ist zunächst von der Regel auszugehen: „Wähle das Pro-
geht es um die Produktauswahl. Wenn die Auswahl eines dukt mit dem höchsten Nutzen, das heißt mit der höchs-
Produktes nicht zufällig, impulsiv oder gewohnheits- ten wahrgenommenen Produktqualität“. Anders gesagt:
mäßig erfolgt, so wird sie aufgrund von kognitiven Pro- „Entscheide dich für das Produkt, das an erster Stelle der
grammen (Auswahlregeln, Entscheidungsregeln, Ent- Präferenzordnung steht!“. Die Auswahl nach der Qualität
scheidungsheuristiken) getroffen, die mehr oder weniger ohne Berücksichtigung des Preises setzt voraus, dass der
kognitiven Aufwand verursachen. wahrgenommene Preis bei allen Alternativen in etwa
gleich ist. Gibt es mehrere voneinander abweichende
Produktauswahl nach Alternativen: Die aufwendigeren Preise und werden diese Preisabweichungen vom Konsu-
kognitiven Programme fordern im Allgemeinen eine menten als entscheidungsrelevant angesehen, so richtet
gleichzeitige Berücksichtigung und Verknüpfung von sich die Produktauswahl nach Qualität und Preis. Dabei
mehreren Produkteigenschaften und Produktalternati- repräsentiert die Qualität – in der Sprache der subjektiven
ven. Typisch für diese „Aggregationsprogramme“ sind Kosten-Nutzen-Analyse – den subjektiv wahrgenomme-
Entscheidungen, bei denen zunächst jede Alternative nen Nutzen, der Preis die vom Konsumenten wahrge-
aufgrund von verschiedenen Eigenschaften beurteilt und nommenen Kosten.
bewertet (vgl. dazu die nächsten Seiten) und dann aus
allen Alternativen die „beste“ ausgewählt wird. Dieses Bei extensiven bzw. gering limitierten Entscheidungen
Vorgehen wird als Produktauswahl nach Alternativen be- wird der Konsument danach streben, die Alternativen
zeichnet. Es verlangt vom Konsumenten, dass er sich das zu wählen, für welche die Differenz zwischen wahrge-
Ergebnis der Produktbeurteilungen merkt, diese Pro- nommenem Nutzen und wahrgenommenen Kosten am
duktbeurteilungen hinsichtlich der Preise vergleicht, die größten ist. Diese Differenz wird hier als Entscheidungs-
Alternativen untereinander vergleicht usw. wert des Produktes bezeichnet:
Wahrgenommener Preis („Kosten“)
12
Zur Differenzierung zwischen „evoked set“ und „conside- – Wahrgenommene Qualität („Nutzen“)
ration set“ siehe Shocker, Ben-Akiva et al. (1991) und Solomon, = Entscheidungswert („Nettonutzen“)
Bamossy et  al. (2016), S. 334. Zum Einfluss des Alters auf die
Bildung des evoked set siehe Evanschitzky und Woisetschläger Das hier angesprochene „kalkulatorische“ Verhalten der
(2008). Konsumenten bei der Bildung von Entscheidungswerten
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 399

darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Einfluss Konträr wirkt nach Diller (2008) das Entlastungsstreben
des Preises auf eine Kaufentscheidung außerordentlich von Konsumenten, insbesondere wenn preisorientiertes
komplex ist. Preise sind stets subjektiv wahrgenommene Verhalten mit hohem Informationsaufwand gekoppelt ist.
Preise. Mit der subjektiven Interpretation und Beachtung Außerdem kann der Wunsch nach möglichst preisgüns-
von Preis- und Qualitätsinformationen gehen verschie- tigen Einkäufen oftmals in Konflikt mit dem Qualitätsin-
dene Probleme einher: teresse und/oder mit Fragen des Sozialprestiges stehen.
●● Viele Modelle gehen davon aus, dass Konsumenten Die Stärke des Preisinteresses ist von Situation zu Situati-
Preis und Qualität unabhängig voneinander bewer- on und von Person zu Person unterschiedlich. Vor allem
ten. Doch es gibt zahlreiche Belege dafür, dass diese Personen der sozialen Mittelschicht sind besonders preis-
beiden Komponenten in einer wechselseitigen Bezie- interessiert, was auf die stark ausgeprägte Leistungsmo-
hung zueinander stehen. Man denke an die einfache tivation dieser Schicht zurückgeführt wird. Auch die
Heuristik: Je höher der Preis, desto höher die Qualität. subjektiv empfundene Budgetknappheit (insbesondere
Vlaev, Chater et al. (2009) zeigen, dass Konsumenten in wirtschaftlichen Krisenzeiten) kann die Preisorientie-
erst dann Preis und Qualität voneinander entkoppeln rung erhöhen (Moosmayer, Wendlandt und Patz, 2009).
können, wenn man ihnen explizit Gründe nennt, wa- Daneben beeinflusst die jeweilige Informationssitua-
rum niedrige Preise und hohe Qualität miteinander tion auf einem Markt das Preisinteresse. Auf Märkten
kompatibel sind. mit relativ hoher Preistransparenz ist das Preisinteres-
●● Manchmal ist auch die Darstellung von Preisen für se höher als auf intransparenten Märkten. Ein weiteres
Konsumenten verwirrend. Kruger und Vargas (2008) produktspezifisches Merkmal, das in Zusammenhang
machen dies anhand eines Beispiels deutlich: Neh- mit der Intensität des Preisinteresses stehen kann, ist
men wir an, zwei E-Bikes A und B kosten 1.000 € bzw. das Produktinvolvement. Bei Produkten, die das Selbst-
1.500 €. Jetzt kommt es darauf an, welches Produkt als wertgefühl der Konsumenten berühren, ist der Wunsch
Referenz für die (prozentuale) Preisbeurteilung dient: preisorientiert einzukaufen geringer ausgeprägt als bei
E-Bike B ist 50 Prozent teurer als E-Bike A. E-Bike A ist Gütern des täglichen Bedarfs (Gröppel-Klein, 1998).
33 Prozent preiswerter als Mofa B. Die unterschiedli-
chen Referenzen können die Entscheidungsheuristi-
Die Preiswahrnehmung von Konsumenten ist stark durch
ken von Konsumenten beeinflussen. subjektive Verzerrungen geprägt.13
●● Diller (2008) macht deutlich, dass eine grundlegende
Ursache für individuell differierende Preiswahrneh-
mungen und unterschiedliches Preisverhalten in dem Produktauswahl nach Attributen durch heuristische
verschiedenartig ausgeprägten Preisinteresse der Kon- Auswahlregeln: Einen guten Überblicksartikel über das
sumenten begründet sein kann. Anliegen und verschiedene Arten von Entscheidungs-
heuristiken liefert der Beitrag von Kurz-Milcke und Gi-
Das Preisinteresse kann als das Bedürfnis eines Nach-
gerenzer (2007). Die Heuristiken helfen Konsumenten,
fragers definiert werden, nach Preisinformationen zu su-
innerhalb einer bestimmten Zeit14 Entscheidungen zu
chen und diese bei den Kaufentscheidungen zu berück-
treffen, da sie zu einer erheblichen Vereinfachung der
sichtigen. Das Preisinteresse kann nach dieser Definition
kognitiven Programme beitragen. Das kann beispielswei-
anhand von drei Dimensionen beschrieben werden:
se der Fall sein, wenn der Konsument bei der Produkt-
(1) Intensitätsdimension (= Stärke des Preisinteresses) auswahl schrittweise vorgeht und so lange Alternativen
(2) Gegenstand und Umfang des Preisinteresses (= in- aussondert, bis nur noch eine Alternative übrig bleibt. Ein
haltliche Dimension) Beispiel für das schrittweise Aussondern von Alternativen
(3) Äußerungsformen des Preisinteresses (= beobacht- könnte lauten: Beim Kauf von Wein werden die angebo-
bare Konsequenzen des Einkaufs). tenen Weine erst nach dem Jahrgang sortiert und solche,
Das Preisinteresse ist dabei kein angeborenes (primäres), die bestimmten Standards nicht entsprechen, aussortiert.
sondern ein sekundäres Motiv, das Lernprozessen un-
terliegt. Ursachen für das Preisinteresse (verstanden als 13 Siehe hierzu beispielsweise die Untersuchungen von Alba,
der Wunsch, möglichst preisgünstig einzukaufen) liegen Mela et al. (1999), Monroe und Lee (1999) oder Homburg und
●● im Versorgungsstreben, Koschate (2004).
14
Zeit spielt eine wichtige Rolle für die Nutzung vereinfach-
●● im Wunsch nach Erfüllung sozialer Rollen (z. B. Rolle
ter Entscheidungsregeln, wie die Studie von Saini und Mon-
des aufgeklärten Konsumenten) ga (2008) belegt. Muss für eine Entscheidungsfindung Zeit
●● und/oder in Formen der Leistungsmotivation (z. B. aufgewendet werden, dann sind die Konsumenten eher dazu
Cleverness, Leistungsstolz). geneigt, Kompromisslösungen einzugehen.
400 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Aus dem verbleibenden Angebot werden die Weine aus Die empirische Überprüfung, welche Entscheidungs-
wenig präferierten Anbaugebieten ausgesondert, schließ- heuristik und wieviel kognitiver Aufwand von den Kon-
lich ein Wein nach der Lagenbezeichnung ausgewählt. sumenten angewandt wird, ist durch die Anwendung
(Ein solches Auswahlverfahren wird beobachtet, wenn der sogenannten Prozessverfolgungsverfahren (Infor-
in einer Auswahlsituation alle Informationen über die mations-Display-Matrix, Blickaufzeichnung, Protokolle
Eigenschaften der Alternativen gleichzeitig und leicht lauten Denkens usw.) möglich. Eine Eye tracking-Studie
verfügbar sind.) von Wästlund, Otterbring et al. (2015) zeigt beispielswei-
Beim schrittweisen Aussondern einer Alternative hält se, dass Konsumenten mit einem „Budget“ an kogniti-
sich der Konsument stets an einzelne Eigenschaften eines ven Ressourcen beim Einkaufen ausgestattet sind. Wenn
Produktes (wie den Jahrgang der Weine), sodass eine beim ersten Kauf sehr viele Informationen fixiert und
Aggregation entfällt. Zu den betrachteten Eigenschaf- somit vermutlich auch verarbeitet wurden, dann wird
ten kann man auch den Preis zählen. Die bekanntesten der nachfolgende Kauf mit einer geringeren Informati-
heuristischen Regeln sind: onsaufnahme durchgeführt (die Autoren erklären dies
damit, dass die mentalen Ressourcen beim ersten Kauf
●● Dominanzprinzip
schon stark verbraucht worden sind).
●● konjunktive Regel
●● disjunktive Regel Die Kenntnis darüber, welche Entscheidungsregeln an-
gewendet werden, ermöglicht es, die Konsumentenin-
●● lexikographische Regel
formationen durch das Marketing oder die Verbraucher-
●● attributweise Elimination
politik so darzubieten, dass die Informationen auf das
Einige Erläuterungen zu den drei häufigsten Regeln: tatsächliche Entscheidungsverhalten der Konsumenten
Nach der konjunktiven Regel werden mehrere wichtige abgestimmt sind oder ihr Entscheidungsverhalten (ihre
Eigenschaften gleichzeitig (E1 und E2 und E3 usw.) zur Be- Auswahlregeln) in eine gewünschte Richtung beeinflus-
urteilung herangezogen. Jede dieser Eigenschaften muss sen. Eine mit einfachen Heuristiken getroffene Entschei-
bestimmte Ansprüche erfüllen, sonst wird das Produkt dung muss für den Konsumenten nicht unvorteilhaft
(die Marke) nicht gewählt. Erfüllen mehrere Produkte sein. Dies belegen beispielsweise die Erkenntnisse von
diese Bedingungen, so können die Ansprüche an einzelne Scheibehenne, Miesler und Todd (2007) beim Lebensmit-
Eigenschaften erhöht, weitere Eigenschaften eingeführt telkauf: Die Werbung kann beispielsweise Anzeigen so
oder zusätzliche Entscheidungsregeln benutzt werden. gestalten, dass den Konsumenten eine Entscheidung nach
Bei der disjunktiven Regel wird bereits dann eine Alter- der lexikografischen oder konjunktiven Regel nahegelegt
native gewählt, wenn diese unter mehreren wichtigen wird (siehe auch Laroche, Kim und Matsui, 2003)15.
Eigenschaften mindestens einen hervorragenden Wert Beispiel: In einer Anzeige kann hervorgehoben werden,
aufweist, unabhängig davon, wie die anderen Eigen- dass eine Marke zusätzlich zu den Eigenschaften anderer
schaften ausgeprägt sind. Demzufolge wird entweder Marken eine bestimmte Eigenschaft hat, ohne die das
die Eigenschaft E1 oder die Eigenschaft E2 oder E3 usw. Produkt nicht gekauft werden sollte16.
als Maßstab verwendet. Das führt zu einer verkürzten Weitere Vereinfachungen, insbesondere bei niedrigem
und schnellen Auswahlentscheidung. Involvement: Nicht nur die benutzten Auswahlprogram-
Eine besondere Vereinfachung des disjunktiven Verfah-
rens liegt vor, wenn sich die Konsumenten beim Kauf
15
von Produkten an einige immer wieder angewandte Laroche, Kim und Matsui (2003) führten eine Studie zum
Entscheidungsverhalten beim Bierkonsum und beim Besuch
Auswahlkriterien halten wie: von Fast-Food-Restaurants durch. Sie stellten fest, dass die
●● „Kaufe stets die preiswerteste Marke!“ Konsumenten vor allem die konjunktive Regel bei ihrem Ent-
●● „Halte dich stets an den Rat eines Experten!“ scheidungsverhalten anwenden. Die Autoren stellen auch Im-
plikationen für das Marketing auf.
Bei der lexikografischen Regel verfügt der Konsument über 16
Ein Problem ist allerdings in dem Ergebnis der Studie von
eine Rangordnung von Produkteigenschaften, das heißt, Drolet (2002) zu sehen, nach dem Konsumenten nicht einem
eine Eigenschaft ist für ihn wichtiger als eine andere. bestimmten konsistenten Muster folgen, sondern die Entschei-
Bei der Produktwahl hält sich der Konsument zuerst an dungsregeln sehr stark variieren. Diese Erscheinung bezeich-
die wichtigste Eigenschaft. Wird eine Alternative hin- net die Autorin als „inherent rule variability“. Weitere Studien
sollten daher feststellen, ob sich in Bezug auf bestimmte Pro-
sichtlich dieser Eigenschaft gegenüber allen anderen duktkategorien oder Kaufsituationen bei einer Mehrzahl von
eindeutig präferiert, so wird diese gewählt. Wenn dies Konsumenten konsistente Entscheidungsmuster ergeben. Nach
nicht der Fall ist, wird die nächstwichtige Eigenschaft als Hauser, Toubia et al. (2010) wird z. B. die konjunktive Regel für
Beurteilungskriterium herangezogen usw. das Bilden von consideration sets gewählt.

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D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 401

me (Entscheidungsheuristiken) ermöglichen eine Verein- Nur wenige Käufer haben bei einer Produktwahl mehr
fachung des Entscheidungsprozesses. Es gibt noch ande- als fünf Alternativen vor Augen (Weinberg, 1981). Mit zu-
re wichtige Einflussgrößen, die vor allem dann wirksam nehmender Markenvertrautheit erfolgt die Markenwahl
werden, wenn der Konsument mit dem Produkt vertraut zusehends gewohnheitsmäßig, stets aus der gleichen (ak-
ist und wenn sein Problembewusstsein bei der Produkt- tuellen) Alternativenmenge (siehe auch Laroche, Kim
auswahl abnimmt oder von vornherein gering ist. und Zhou, 1996), nicht selten durch zufallsbestimmte
In Abhängigkeit von den Bedingungen, unter denen ent- Wahl der Einzelmarke.
schieden wird (Zeitdruck, Involvement usw.), werden die Allerdings können auch nicht im evoked set aufgenom-
Vereinfachungen einer Produktauswahl im Wesentlichen mene Marken das Entscheidungsverhalten beeinflussen
dadurch erreicht, dass der Konsument (Parker und Schrift, 2011). Wir haben im Kapitel „Kogni-
tive Prozesse“ schon darüber berichtet, dass vermeintlich
●● bei der Auswahl von Anfang an nur eine geringe An-
irrelevante Produktalternativen die Markenpräferenzen
zahl von Produkteigenschaften oder Alternativen in
erheblich beeinflussen können.
Betracht zieht;
Die in Abb. 171 vorgenommene Einteilung der Marken
●● auf fertige Präferenzen (Einstellungen) zurückgreift
hat erhebliche praktische Bedeutung und kann für ein
und dadurch seine fallweisen Entscheidungen von
Werbewirkungsmodell genutzt werden:
vornherein einschränkt;
●● eigene Auswahlentscheidungen durch die Kaufemp- Die Werbung muss, um den Markterfolg einer Marke
fehlungen seiner Umwelt ersetzt; durch die Kommunikation vorzubereiten, drei Ziele ver-
folgen: Sie muss dafür sorgen, dass die Marke von den
●● seinem Anspruchsniveau entsprechend die nächst-
Konsumenten (1) wahrgenommen, (2) akzeptiert und (3)
beste Alternative wählt und dadurch den Auswahl-
vorgezogen wird. Das setzt (1) eine auffällige Werbung
prozess schnell abbricht.
voraus, die (2) einen positiven Eindruck von der Marke
Durch diese Vereinfachung des Entscheidungsprozesses vermittelt und (3) die Marke gegenüber anderen Marken
wird auch die Entscheidungszeit erheblich verkürzt. hervorhebt (positioniert).
Die in die engere Wahl kommende Alternativenmenge Bei der zunehmenden Informationsüberlastung wird
(evoked set) umfasst im Allgemeinen nur einen geringen es immer schwieriger, die Marke in den Blick der Kon-
Teil der insgesamt angebotenen Produkte und Dienst- sumenten zu rücken, d. h., sie in der Informationsflut
leistungen. Das wird durch Abb. 171 veranschaulicht. sichtbar zu machen. Die Werbung muss deswegen in

(6)
präferierte
Marken
(ausgewählt)

(4)
akzeptierte
Marken

(7)
(2) nicht
wahrgenommen präferierte
Marken

(5)
(1)
nicht
Markenangebot
akzeptierte
insgesamt
Marken

(3)
nicht
wahrgenommen
Abb. 171: Markenwahrnehmung
durch den Konsumenten
402 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

zunehmendem Maße Aktualitätswirkungen entfalten, Im Zusammenhang mit der Produktauswahl sind vor
sie muss dafür sorgen, dass die angebotene Marke ins allem drei motivationale Einflussgrößen hervorzuhe-
Gespräch kommt und bei Entscheidungen gedanklich ben, die durch Konflikte in der Entscheidungssituation
präsent ist. Die Sichtbarkeit einer Marke ist also eine zustande kommen: (1) Das Anspruchsniveau der Konsu-
notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung dafür, menten, (2) ihre Zufriedenheit und (3) das wahrgenom-
dass eine Marke bei der Kaufentscheidung beachtet wird. mene Kaufrisiko.
Bei sehr geringem Involvement kann eine Marke allerdings Anspruchsniveau: Das Anspruchsniveau ist ein vom
bereits dann gekauft werden, wenn sie schlicht bekannt ist; Individuum als verbindlich erlebter Standard der Ziel-
eine ausgeprägte Markenakzeptanz ist oft nicht vorhanden erreichung. Beim extensiven Entscheidungsverhalten
oder notwendig, nach dem Motto „Kenn ich, kauf ich“ wurde diese subjektive Zielnorm bereits dahingehend
(Assael, 1998) oder, wie Kurz-Milcke und Gigerenzer (2007, differenziert, dass sie sich auf die Zielinhalte einerseits
S. 50) es ausdrücken: „If you recognize one alternative but und auf das Verhalten andererseits beziehen kann. Sie
not the other, then choose the recognized alternative“. ist das Ergebnis eines gleichzeitig und damit konfliktär
wirkenden Strebens nach Erfolg und eines Vermeidens
4. Motivationale Einflüsse auf die Entscheidung von Misserfolg. Um diesen Konflikt zu verstehen, hat
In den vergangenen Kapiteln wurde bereits wiederholt man davon auszugehen, dass eine positive oder negative
auf den Einfluss von aktivierenden Kräften – insbeson- Abweichung vom Anspruchsniveau als subjektiver Er-
dere von Emotionen und Motiven – auf die Informati- folg oder Misserfolg erlebt und antizipiert wird.
onsverarbeitung aufmerksam gemacht. Emotionen und
Motive greifen laufend in den Entscheidungsprozess Das individuelle Anspruchsniveau bestimmt, welche Al-
ein. Sie bestimmen seine Effizienz und seine Richtung, ternativen als zufriedenstellend angesehen und akzeptiert
sie können für situative Einflüsse verantwortlich sein und welche zurückgewiesen werden.
und brauchen nicht immer bewusst zu sein. Chartrand,
Huber et al. (2008) beispielsweise belegen, dass beiläu- Durch die Einteilung der Alternativen in befriedigende
fig gezeigte Stimuli (z. B. Reize, die an Prestige- oder und nicht befriedigende Alternativen wird der kognitive
Sparsamkeitsmotive appellieren) unterschiedliche Shop- Aufwand bei der Produktauswahl verringert. Dies gilt
pingziele aktivieren und Produktwahlentscheidungen vor allem dann, wenn der Konsument Entscheidungspro-
beeinflussen können. So präferierten z. B. die beobachte- zesse abbricht, weil er aufgrund eines niedrigen situa-
ten Konsumenten, die unbemerkt mit einem Prestigereiz tionsbedingten Anspruchsniveaus oder aufgrund eines
konfrontiert wurden (im Vergleich zu Konsumenten, die bereits durch Kauferfahrung verfestigten Anspruchsni-
mit einem Sparsamkeitsreiz geprimt wurden), die teurere veaus ohne langes Überlegen eine hinreichende (befrie-
Produktalternative. Gröppel-Klein, Freichel und Klie- digende) Alternative gefunden hat. Das ist besonders
benstein (2017a) können zeigen, dass ein Priming mit auf gesättigten Märkten beachtenswert, auf denen die
Gesundheits-Displays dazu führt, dass Konsumenten auf Produkte weitgehend ausgereift sind. Die angebotenen
Health Claims von Produkten vermehrt achten. Produkte unterscheiden sich dann kaum noch in der
Besondere Bedeutung haben die in einer Entschei- Qualität und werden unterschiedslos dem Anspruchs-
dungssituation auftauchenden Konflikte. Das können niveau der Konsumenten gerecht (Austauschbarkeit der
Motivationskonflikte sein, wenn die zur Wahl stehenden Angebote).
Produkte widersprüchliche Motivationen bzw. Zielset- Für die Analyse des Entscheidungsverhaltens sind aus
zungen ansprechen (Kruglanski, Shah et al., 2002). Es dieser Perspektive somit folgende Sachverhalte relevant:
können aber auch kognitiv bedingte Konflikte sein wie ●● individuelle Zielsetzungen und ihre Auswirkung auf
die kognitive Dissonanz. Diese Konflikte führen zu ei-
die Produktauswahl (z. B. Baumgartner und Pieters,
ner Verunsicherung des Individuums und damit meist
2008);
zu einer Verzögerung des Entscheidungsprozesses. Die ●● die bei aktuellen Zielvorstellungen auftretenden Kon-
Lösung der Konflikte bewirkt Veränderungen des gera-
flikte (z. B. Laran und Janiszewski, 2009, Königstorfer
de ablaufenden kognitiven Entscheidungsprogramms17.
und Gröppel-Klein, 2012);
17
Siehe hierzu auch die Studie von Ehrich und Irwin (2005): In- Laran und Janiszewski (2009), die zeigen, wie das Aktivieren
konsistenzen sind auch beim Beachten von ethisch relevanten unbewusster Ziele (z. B. „lecker essen“) dazu führt, dass Kon-
Produktattributen vorhanden. Durch willentliches Ignorieren sumenten von ihrem eigentlichen Ziel, gesunde Produkte zu
solcher Attribute werden negative Emotionen vermieden. In- kaufen, abrücken und stattdessen wiederholt Verführungen
teressant ist in diesem Zusammenhang auch die Studie von (erst Kuchenkauf, dann Chips, etc.) erliegen.
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 403

●● die Stabilität und Dynamik der individuellen Ziel- nachteilig aufgefassten möglichen Folgen seines Verhal-
vorstellungen (z. B. Pollai, Hoelzl und Possas, 2010). tens, die der Konsument nicht sicher vorhersehen kann.
Zufriedenheit: Ein weiteres in diesen Zusammenhang Ein verbreitetes Verfahren zur Messung des Kaufrisikos
aufzunehmendes Konstrukt ist die Zufriedenheit (Un- unterstellt, dass das wahrgenommene Risiko auf zwei
zufriedenheit) der Konsumenten, die „als Ergebnis eines Komponenten zurückgeht:
psychischen Soll-Ist-Vergleichs von Konsumerlebnissen“ (1) die negativen Konsequenzen, das sind die wahrge-
(Kaas und Runow, 1984, S. 452) verstanden wird. Das nommenen möglichen Folgen des Kaufs und
„Soll“ kann bei diesem Vergleich als Anspruchsniveau (2) die wahrgenommene Unsicherheit über das Eintreten
aufgefasst werden18 (siehe zur Zufriedenheit auch Oliver, dieser Folgen.
2010; Homburg, 2008). Es gibt verschiedene Skalen, die die unterschiedlichen
Die Zufriedenheit ist aber nicht nur ein Ergebnis des Facetten (s. u.) des Kaufrisikos messen sollen. Ein grund-
Anspruchsniveaus: Die vom Konsumenten empfundene legender Artikel zur Messung des Kaufrisikos stammt
Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit wirkt auch wieder von Dowling (1986). Coker, Ashill und Hope (2011) ent-
stabilisierend oder verändernd auf sein Anspruchsni- wickeln nicht nur eine eigene Skala zur Messung des Ri-
veau zurück. Sie ist wesentliche Ursache für die Dynamik sikos beim Interneteinkauf19, sondern geben einen guten
des Anspruchsniveaus. Es ist auch eine „Inflationsspira- Überblick über verschiedene Messansätze, die seit 1999
le“ der Ansprüche beobachtbar. vorliegen.
Die Konsumentenunzufriedenheit äußert sich auch im Die vom Konsumenten erwarteten negativen Konsequen-
Beschwerdeverhalten der Konsumenten. Die Beschwer- zen eines Kaufs können finanzieller, funktioneller, psy-
den sind als wichtiges Feedback des Marktes anzusehen, chischer oder sozialer Art sein (Stone und Mason, 1995).
sie können zur Früherkennung der sich wandelnden Ver- An Beispielen veranschaulicht: Frühzeitiger Verschleiß
braucherwünsche benutzt werden (Stauss, 2009; Bruhn, oder ein gegenüber Konkurrenzangeboten (die zum
2013). Weiterhin sind in diversen Studien signifikante Zeitpunkt des Kaufs noch nicht bekannt sind) überhöh-
Korrelationen zwischen Zufriedenheit und positiver ter Preis führen zu finanziellen Einbußen; das gekaufte
Mund-zu-Mund-Propaganda ermittelt worden (Bruhn, Produkt kann sachliche Mängel haben, die seinen Ge-
2013; Gröppel-Klein, Königstorfer und Terlutter, 2017; brauch erschweren; die erhoffte Zustimmung der Ehefrau
siehe auch aus Anbietersicht Ferguson und Johnston, oder die erwünschte Anerkennung der Freunde können
2011; allgemein Homburg, 2017). ausbleiben. Unerfahrene Konsumenten verspüren i. d. R.
Die Messung der Zufriedenheit und des Beschwerdever- größere Risiken bei ihrer Entscheidungsfindung als er-
haltens ist ebenfalls beim nicht-kommerziellen Marke- fahrene Konsumenten (Heilman, Bowman und Wright,
ting wichtig, wenn es darum geht, die Reaktionen von 2000). Konsumenten bauen Risiken ab, indem sie aktive
Kunden sozialer und öffentlicher Einrichtungen, von Pa- Informationssuche betreiben und somit das Vertrau-
tienten in Krankenhäusern, Empfängern von Zuwendun- en in ihre eigenen Fähigkeiten der Produktbewertung
gen von Wohlfahrtsorganisationen, Theaterbesuchern und -auswahl stärken (Beatty und Smith, 1987; Dowling
usw. zu erfassen (z. B. Chaniotakis und Lymperopoulos, und Staelin, 1994) oder indem sie sich loyal gegenüber
2009; Kim, Kim und Kim, 2009; Koch und Rumrill, 2008). Marken, Produkten oder Anbietern verhalten (Derbaix,
Die Forschungsarbeiten über Zufriedenheit und Unzu- 1983; Hentschel, 1991; Howard und Sheth, 1969; Punj und
friedenheit der Konsumenten („C-D-Paradigma“) haben Staelin, 1983). In letzterem Falle nehmen Konsumenten
sich in den letzten Jahrzehnten zu einem beachtlichen aufgrund (positiver) Erfahrungen aus der Vergangenheit
Forschungszweig mit zahlreichen Beiträgen entwickelt, an, dass das bereits gewählte Unternehmen in Zukunft
in vielen Dienstleistungsbereichen, wie z. B. Sport, Tou- wieder die gewünschte Befriedigung der Bedürfnisse
rismus oder kulturelle Veranstaltungen (Stauss, 2009). in der gewohnten Qualität erfüllen kann (Sheth und
Parvatiyar, 1995), und bauen somit Vertrauen zu dem
Wahrgenommenes Kaufrisiko: Der Begriff beschreibt
Unternehmen auf.
das wahrgenommene Risiko als die vom Konsumenten
Das Risikoverhalten ist von Individuum zu Individuum
18
Diese Definition basiert auf dem sogenannten „Confirmati- verschieden, es wird durch Gruppeneinfluss und kultu-
on-Disconfirmation-(C-D)-Paradigma“, auf das wir im Verlauf relle Bestimmungsgrößen geprägt. Schiffman und Kanuk
dieses Kapitels noch einmal eingehen. Es besagt, dass Kunden-
zufriedenheit aus dem Vergleich der tatsächlichen Erfahrung
bei der Inanspruchnahme einer Leistung (Ist-Leistung) mit 19Es sind auch verschiedene Studien zum Thema „Kaufrisiko
einem individuell ausgeprägten Vergleichsstandard des Kon- beim Online-Shopping“ veröffentlicht worden, z. B. Pi und
sumenten (Soll-Leistung) resultiert. Sangruang (2011), Shim und Lee (2011).
404 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

(2007) unterscheiden Konsumenten, die sich von ande- 2006). Da der Konsument in vielen Situationen nicht auf
ren durch geringere oder höhere Risikowahrnehmung bestehendes Wissen zurückgreifen kann, legt er mehr
unterscheiden und danach ihr Kaufverhalten ausrich- Wert auf sogenannte vertrauensbildende Faktoren. Um
ten. Ebenso können sich Botschaften seitens der Unter- z. B. das Risiko eines Fehlkaufs zu verringern, versucht
nehmen (wie z. B. Garantien, Qualitätsversprechen oder der Konsument Informationen aus der Umgebung zu
Kundenintegrität) vorteilhaft auf die von Unternehmen beziehen (siehe hierzu die Ausführungen im Dritten Teil).
angestrebte Risikoreduktion aufseiten der Konsumenten Gerade bei der Interaktion mit dem Verkaufspersonal ist
auswirken. der erste Eindruck insofern von großer Bedeutung, da er
Das Marketing richtet sich somit bevorzugt auf die Tech- geeignet ist, die Vertrauensbildung in Gang zu setzen.
niken der Konsumenten, das wahrgenommene Risiko Neben nonverbalen Reizen wie Gestik und Mimik kön-
zu reduzieren. Sie lassen sich einteilen in Strategien, die nen auch bereits die Stimmlage und die Art der Frage
dazu dienen, die nachteiligen Konsequenzen zu verrin- des Verkäufers den ersten Eindruck bestimmen (Helm
gern (etwa durch den Kauf kleinerer Packungen bei neu- und Gehrer, 2006). Nimmt das Individuum bei seinem
en Produkten, absatzpolitisch umsetzbar in ein Angebot Gegenüber eine von ihm positiv bewertete Eigenschaft
von Probierpackungen in der Einführungsphase eines wahr, schließt es beinahe automatisch auf weitere po-
Produktes), und solche, die dazu dienen, die Unsicherheit sitive Eigenschaften und gewährt dem Kommunikati-
hinsichtlich des Eintretens möglicher Folgen abzubauen. onspartner auf diese Weise einen Vertrauensvorschuss.
Letztere bestehen insbesondere aus Strategien der subjek- Dem Vertrauensvorschuss, der innerhalb von Sekunden
tiven Informationsvermittlung. Es ist dabei zu bedenken, entsteht, folgt eine Phase, in der sich die Interaktionspart-
dass das Individuum zur Verringerung des Risikobe- ner gegenseitig testen, indem sie verstärkt vertrauensvol-
wusstseins risikoerhöhende Informationen meidet, nach les Verhalten zeigen und auch beim anderen erwarten
risikovermindernden Informationen sucht und bereits (Gröppel-Klein und Germelmann, 2006).
aufgenommene Informationen uminterpretiert.
Auch das „Vertrauenskonstrukt“ spielt eine nicht un-
erhebliche Rolle. Vertrauen wird allgemein verbunden III. Entscheidungen mit geringer kognitiver
mit einem Gefühl von Sicherheit, insbesondere in Bezug Kontrolle
auf funktionierende Austauschbeziehungen (Morgan
und Hunt, 1994; Doney und Cannon, 1997)20. Für Kon- 1. Habitualisiertes Entscheidungsverhalten
sumenten spielt Vertrauen vor allem in Situationen eine
Rolle, die mit einem gewissen Risiko verbunden sind Einkaufsgewohnheiten sind verfestigte Verhaltensmus-
(Einwiller, 2003; Matzler, Grabner-Kräuter und Bidmon, ter, auch routinemäßiges oder habituelles Verhalten ge-
2008; Bianchi und Andrews, 2012). nannt. Sie können als Umsetzung von bereits „gefassten
Entscheidungen“ in Kaufhandlungen aufgefasst werden.
Das Phänomen des Vertrauens wird in der wissenschaft- Eine genauere Bestimmung des – nicht ganz eindeutigen
lichen Literatur unter zwei verschiedenen Aspekten in- – Begriffes ergibt sich aus den späteren Operationalisie-
terpretiert. Auf der einen Seite wird Vertrauen als Per- rungen.
sönlichkeitsvariable angesehen, d. h., es ist von Person zu
Person unterschiedlich ausgeprägt (Rotter, 1967). Auf der
a) Das Konzept der Habitualisierung
anderen Seite ist Vertrauen situationsbedingt zu erklären;
dies gilt vor allem bei spontanen Kaufentscheidungen Habitualisierte Kaufentscheidungen kennzeichnen eben-
(Neumaier und Schaefer, 2006). Diese zweite Form ist für so wie limitierte Kaufentscheidungen eine spezifische
die Konsumentenverhaltensforschung besonders inter- Form vereinfachten Entscheidungsverhaltens. Gemein-
essant, da dieses situationsbedingte Vertrauen bei einer sam ist beiden Entscheidungsarten die kognitive Ent-
Vielzahl von Kaufentscheidungen Einfluss auf den Kon- lastung, die der Konsument erfährt, die untergeordnete
sumenten hat. Es kann als emotionales Gefühl der Ge- Bedeutung affektiver Prozesse und die geringe Entschei-
wissheit beschrieben werden, dass die Erwartungen des dungszeit. Habitualisierte Kaufentscheidungen sind aber
Konsumenten an ein Produkt, einen Verkäufer oder auch noch stärker vereinfacht als limitierte Kaufentscheidun-
ein Unternehmen erfüllt werden (San Martín Gutiérrez, gen. Sie konzentrieren sich auf wenige zentrale Kogni-
tionen, während es bei limitierten Kaufentscheidungen
20 auf prägnante Informationen (z. B. Schlüsselinformatio-
Bauer, Schüle und Neumann (2006) erklären in ihrem Vor-
wort zum Sammelband „Konsumentenvertrauen“, dass Un- nen) und auf den evoked set ankommt. Hinzu kommt,
ternehmen bereits immer häufiger Vertrauen anstelle von Pro- dass habitualisierte Kaufentscheidungen auch reaktiv
dukten verkaufen. gefällt werden können – das heißt, dass sie quasi auto-
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 405

matisch ablaufen. Wood und Neal (2009) verstehen un- Ebenfalls können Beobachtungen durchgeführt werden
ter Gewohnheiten Handlungen, die durch Umweltreize (Messung der Einkaufszeit; Informationsmeidung am
aktiviert und nicht durch Ziele oder Absichten geleitet Point-of-Sale; Fokussierung auf situative Variablen wie
werden. Durch häufige Wiederholungen eines Verhaltens Preis, Erhältlichkeit; Reaktionen auf Out-of-Stock-Situa-
in einem stabilen Kontext bilden Konsumenten Assozia- tionen) oder Paneldaten erhoben werden. Letzteres Ver-
tionen zwischen bestimmten Verhaltensweisen (z. B. Kauf fahren, das das tatsächliche Wiederholungskaufverhalten
einer Müslimarke) und internen (z. B. Hunger) bzw. exter- im Zeitablauf misst, sollte (trotz aller Panelprobleme wie
nen (z. B. Markenname oder Logo) Reizen in bestimmten Panelsterblichkeit, Repräsentativität etc. sowie weiterer
Situationen (z. B. im Supermarkt). Nach dem Erlernen die- Limitationen, siehe weiter unten) nicht vernachlässigt
ser Assoziation löst die Wahrnehmung der Kontextreize werden. Drolet und Wood (2017) machen zurecht dar-
an sich das dazugehörige Verhalten aus. Wood, Quinn auf aufmerksam, dass Gewohnheiten eigentlich nur mit
und Kashy (2002) gehen davon aus, dass 50 Prozent des Langzeitstudien gemessen werden können. Vielleicht
menschlichen Verhaltens habituell ausgeführt wird. Eine kann auch die Online-Marktforschung dazu in Zukunft
etwas geringere Prozentangabe stammt von Best und viele neue Erkenntnisse gewinnen (ebenda, S. 277).
Papies (2017), die davon ausgehen, dass 43 Prozent aller
menschlichen Handlungen gewohnheitsmäßig erfolgen. b) Entstehung der Entscheidungsvereinfachung
In Bezug auf den Einkauf von Lebensmitteln kann dieser
Prozentsatz jedoch noch sehr viel höher eingeschätzt Habitualisierungsneigung als Persönlichkeitsmerkmal
werden (Gröppel-Klein, Germelmann und Woratschek, Man kennt das Bedürfnis nach Vereinfachung der tägli-
2007); diese Untersuchungen zeigen aber auch, dass im chen Lebensführung als eine zeitlich stabile Disposition
Moment der von Wood und Neal (2009) beschriebenen mit individuell unterschiedlicher Ausprägung. Die so
Reizwahrnehmung eine (vielleicht unbewusste) Orien- verstandene Habitualisierungsneigung im Sinne eines
tierungsreaktion einsetzt. Persönlichkeitsmerkmales ließe sich beispielsweise am
Die Habitualisierung, die zu bewährten, schnellen und Wunsch nach kognitiver Entlastung und nach Vertraut-
risikoarmen Einkäufen verhelfen soll, lässt sich also als heit mit Produkten des täglichen Bedarfs ausdrücken.
psychischen Prozess spezifischer Art auffassen. Diese Allerdings hat die Persönlichkeitspsychologie bisher we-
Betrachtungsweise erlaubt nach Weinberg (1981) auch nige Beiträge zur Erklärung habitualisierten Konsumen-
die Differenzierung zwischen mehr oder weniger stark tenverhaltens geliefert. Derzeit wird eher angenommen
habitualisierten Kaufentscheidungen. Bei einer totalen (z. B. Neal, Wood et al., 2011), dass Menschen vor allem
kognitiven Entlastung läuft die Kaufentscheidung quasi solche Handlungen wiederholen, die mit einer Beloh-
automatisch (reaktiv) ab und führt mit an Sicherheit gren- nung verbunden sind oder die zu einem bestimmten,
zender Wahrscheinlichkeit zu einem Wiederholungs- erwünschten Ergebnis führen. Auch Ablenkung oder
kauf. Aber es gibt auch Wiederholungskäufe, die auf Zeitdruck fördern das Gewohnheitsverhalten (Wood und
früheren Entscheidungen beruhen, die mit kognitiven Neal, 2009); diese Faktoren sind ebenfalls situative, nicht
Beurteilungsprozessen einhergingen und allmählich zur Persönlichkeitsfaktoren. Es kann aber durchaus sein,
Habitualisierung führen. Die gelernten Skripts werden dass Menschen, die „belohnungsabhängiger“ sind, eher
eingesetzt, um eine kognitive Entlastung zu ermögli- zum Wiederholungsverhalten neigen.
chen. Ein Beispiel: Der Konsument fragt sich „Welches Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der Habitua-
Waschpulver soll ich heute kaufen?“ und beantwortet lisierung um ein Persönlichkeitsmerkmal handelt oder
sich selbst die Frage „Persil – wie immer, da weiß man, nicht: Konsumenten, die das Bedürfnis nach kogniti-
was man hat“. ver Entlastung haben, werden sich durch ein geringes
Messung von Gewohnheitskäufen (siehe Diller, Goerdt Involvement auszeichnen, d. h., durch ein reduziertes
und Geis, 1997; Mellens, Dekimpe und Steenkamp, 1996): Engagement beim Einkauf (wohl auch, um mehr Zeit für
Die Methode der Befragung kann verwendet werden, ein hohes Engagement für andere Lebensbereiche, z. B.
wenn Gewohnheitskäufe gemessen werden sollen, an die Freizeit, zu haben).
die sich der Konsument erinnert, auch wenn er sie ge- Die Habitualisierungsneigung kann von der Risikonei-
dankenlos durchgeführt hat. Es gibt zudem Skalen zur gung beeinflusst werden (Kaas und Dieterich, 1979). Da-
Messung der Habitualisierungsneigung (Wie sehr las- bei geht es um den Wunsch, negativen Konsequenzen des
sen sich Konsumenten beim Einkauf des betreffenden Kaufs bzw. der empfundenen Unsicherheit über mögliche
Produktes von Gewohnheiten leiten?). Interessant ist in Folgen auszuweichen, und der Konsument hat mehrere
diesem Zusammenhang auch das Messverfahren von Möglichkeiten, sein Kaufrisiko unterhalb einer individu-
Ersche, Lim et al. (2017). ellen Toleranzschwelle zu halten. Eine der bewährtesten

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406 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

risikoreduzierenden Strategien ist die Markentreue (s. u.). Der Beginn zukünftigen Gewohnheitsverhaltens ist in
Ebenso führt das Erleben von Wechselbarrieren zu Lo- der Regel ein zunächst mit Engagement durchgeführter
yalität (Woisetschläger, Lentz und Evanschitzky, 2011). Kaufentscheidungsprozess, der bei wiederholt positiven
Die Habitualisierungsneigung wirkt sich auch auf die Erfahrungen mit dem Produkt kognitiv entlastend wirkt
Festlegung des Anspruchsniveaus hinsichtlich des ei- und sich zu einem habitualisierten Kaufentscheidungs-
genen Verhaltens aus. Je ausgeprägter die Neigung ist, prozess verfestigt. Konsumenten lernen also durch eige-
sich Gewohnheiten hinzugeben, umso mehr sucht der ne Gebrauchserfahrungen habituell einzukaufen, und
Konsument nach einem Anspruchsniveau, das wenige das Gewohnheitslernen wird gemäß dem Verstärkungs-
Risiken in sich birgt und keine Ansprüche an das Infor- prinzip durch die positiven Handlungskonsequenzen
mationsverhalten stellt (Bargh, 2002). besonders gefördert. Erfahrungen, Übung und Zufrie-
denheit kennzeichnen also habituell einkaufende Kon-
Ergänzt man den Begriff „Persönlichkeitsmerkmal“ um
sumenten. Der Informationsbedarf ist gering und die
soziodemografische Kriterien, so findet man die sozial-
Informationsverarbeitung schnell (vgl. Tab. 8).
psychologische Erfahrung bestätigt, dass gewohnheits-
mäßiges Konsumverhalten auch vom sozialen Status Habitualisierung durch Übernahme von Gebrauchs-
abhängt, der in der Regel durch Ausbildung und Ein- erfahrungen
kommen operationalisiert wird. Man kann annehmen, Die kognitive Entlastung muss nicht das Ergebnis eigener
dass die Habitualisierungsneigung mit Zunahme des Gebrauchserfahrungen sein, sondern kann auch durch
sozialen Status abnimmt. Mögliche Erklärungen sind Beobachtung und Übernahme von vorgegebenen Kon-
zum einen die durch die Ausbildung geförderte Bereit- summustern entstehen. Nach Bandura (1979, S. 31 f.) lässt
schaft, sich besser zu informieren, und zum anderen sich dieses „Lernen am Modell“ durch folgende Phasen
das Bedürfnis nach Abwechslung im Konsum, wenn charakterisieren: Aufmerksamkeit, dann gedankliche
der Zwang zur Sparsamkeit nachlässt (Weinberg, 1980). und faktische Übernahme des Verhaltens sowie Stabili-
Schließlich kann die Habitualisierungsneigung auch sierung des Verhaltens durch Verstärker (siehe Kapitel C).
durch kritische Lebensereignisse aufgebrochen werden. Eine Übernahme des Verhaltens (ohne vorherige eige-
Die Untersuchungen von Kamm (2016) und Koschate-Fi- ne Erfahrung) liegt vor, wenn Empfehlungen bzw. Ge-
scher, Hoyer et al. (2018) kommen beide zu den Ergeb- brauchserfahrungen anderer bereits beim Erstkauf über-
nis, dass kritische Ereignisse einen Mind set-Wechsel nommen und angewendet werden. Man denke z. B. an
bewirken, der alte Gewohnheiten für präferierte Pro- die von den Eltern geprägten Konsumgewohnheiten von
dukte zerschlägt und Konsumenten aufgeschlossener Kindern oder an prestige- oder risikobeladene Produkte,
für innovative Produkte macht. Allerdings, so zeigen deren Kaufrisiko durch Übernahme von Konsumnormen
die Erkenntnisse von Labrecque, Wood et  al. (2017), reduziert wird (siehe hierzu den Dritten Teil, Kapitel B).
können Konsumenten auch nach einer Phase der Inno-
Vorstellbar ist auch, dass ein Impulskauf gewohnheits-
vationsbereitschaft wieder in ihre alten Gewohnheiten
mäßige Kaufentscheidungen einleitet. Eine spontane
zurückfallen. Hier sind noch weitere Forschungsarbeiten
Kaufentscheidung führt dann zu einer Produktzufrie-
notwendig, die herausfinden, wann und warum dies der
denheit, die den Konsumenten veranlasst, beim Kauf
Fall ist. Beobachtbar ist dieses Verhalten auf jeden Fall
des gleichen Produktes zu bleiben. Auch in diesem Fall
in der Realität. So wagen viele Menschen einen Besuch
liegt eine bewusste Entscheidung vor, das Kaufverhalten
beim neuen Trend-Friseur, doch nach kurzer Zeit wird
zu vereinfachen, ohne dass unbedingt mehrere Stufen
wieder die alte Frisur getragen.
der Entscheidungsvereinfachung durchlaufen werden
Habitualisierung durch eigene Gebrauchserfahrungen müssten.
Die Entstehung von Gewohnheiten wird hier überwie-
gend als ein Ergebnis von Lernprozessen aufgefasst.

Entscheidungsprozess extensiv limitiert habitualisiert

Informationsbedarf hoch mittel gering

Informationsverarbeitung langsam mittel schnell


Tab. 8: Informationsbedarf und
Informationsverarbeitung
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 407

c) Produkttreue als Folge habitualisierter Die Treue ist stärker, wenn der soziale Status sehr gering
Entscheidungen ist. Das hat mehrere Gründe, nicht zuletzt das geringe-
Die „Treue“ ist ein Phänomen, das in vielen Lebensberei- re Informationsverarbeitungsniveau weniger gebildeter
chen auftritt und dem in der Regel ein hoher sozialer Stel- Personen und ihre Unsicherheit beim Einkauf (Morwitz
lenwert beigemessen wird (Diller, Goerdt und Geis, 1997; und Schmittlein, 1992). Allerdings ist auch festgestellt
und Oliver 1999, 2010). Überwiegend versteht man unter worden, dass Personen mit sehr hohem Einkommen eine
Produkttreue (Markentreue) den wiederholten Kauf eines höhere Loyalität aufweisen, da sie nicht so viel Zeit für die
Produktes (einer Marke), und es hängt vom jeweiligen Beurteilung von Produkten haben und dadurch der con-
Autor und von der jeweiligen Problemstellung ab, nach sideration set kleiner ist (Cooil, Keiningham et al., 2007).
wie vielen Käufen des gleichen Gutes ein Konsument als Die Markentreue bei älteren Personen wird kontrovers
mehr oder weniger treu bezeichnet wird. diskutiert (Hupp, 2000, S. 124 ff.). Burt und Gabbott (1995)
In der Marketingforschung liegt das Interesse zum ei- nehmen an, dass ältere Konsumenten weniger Risiken
nen bei der Abbildung von beobachtbaren Mustern des eingehen, insgesamt weniger flexibel seien und daher
Wiederholungskaufs durch behavioristische Modelle. eine höhere Loyalität aufweisen würden als jüngere.
Sie haben das Ziel, stochastische Gesetzmäßigkeiten Mägi (2003) sowie East, Hammond und Lomax (2000)
hinter den Wiederholungskäufen – welche meistens gehen dagegen davon aus, dass ältere Konsumenten
durch Panel-Untersuchungen ermittelt wurden – fest- mehr Zeit zum Einkaufen haben, mehr Angebote und
zustellen (Homburg, 2017). Diese Modelle sind unter der Geschäfte nutzen können und daher weniger loyal
Bezeichnung Markenwechselmodelle (brand switching sind. Dies belegt die GfK auch für Deutschland (siehe
models) bekannt; es sind insbesondere Markov-Ketten Bericht der Sachverständigenkommission, 2010). Auch
(siehe auch Hauke und Opitz, 2003). Für die Erklärung kann durch das im Rentenalter oftmals geringere Budget
des Gewohnheitsverhaltens sind die Modelle wichtig, das Einkaufsverhalten verändert werden, oder der Ein-
sollten aber ergänzt werden mit Fragen zum Warum. tritt in den dritten Lebensabschnitt wird als „kritisches
Zum anderen sollten Lerneffekte berücksichtigt werden Lebensereignis“ angesehen, das das Konsumverhalten
(Homburg, 2017). verändern kann (siehe hierzu das Stichwort „Konsum-
verhalten Älterer“ im Dritten Teil).
Die verhaltenswissenschaftliche Forschung konzentriert
sich mehr auf Erklärungen für die Produkttreue. Man ●● Die Anzahl der in einem Haushalt lebenden Perso-
versucht, das „Warum“ herauszufinden, und bedient sich nen hat einen Einfluss auf die Loyalität zu einzelnen
dabei neben Beobachtungen vorwiegend des Interviews. Geschäften (Zeitersparnis), siehe z. B. East, Hammond
Erste, prägende Arbeiten stammen dazu von Weinberg et al. (2000).
(1977). Die Literatur zur Produkttreue (Markentreue) und ●● Die Markentreue ist stärker, wenn ein hohes Kaufrisi-
Geschäftstreue ist heute kaum noch zu überblicken (siehe ko wahrgenommen wird. Die Konsumenten sind dann
dazu das Handbuch „Kundenbindungsmanagement“ nach dem Leitsatz „Keine Experimente!“ markentreu
von Bruhn und Homburg, 2017). Es gibt Befunde für und vermeiden dadurch Risiko.
die unterschiedlichsten Bedingungen, Moderatoren und ●● Die Markentreue ist stärker, wenn der Prestigewert des
Folgen der Markentreue (bzw. Produkttreue). Starke Mar- Gutes hoch ist; das gilt vor allem für stark markierte
kenartikel, die eine gleichbleibend gute Beurteilung und Verbrauchsgüter (hier verhilft das Markenimage zu
Bevorzugung durch die Konsumenten erfahren, kön- Prestige). Die Geschäftstreue ist bei komplexen Ser-
nen besonders vom gewohnheitsmäßigen Einkauf pro- viceleistungen hoch (Rust und Oliver, 2000; Oliver,
fitieren. Allerdings beeinträchtigt das Variety-Seeking 2010).
Behavior21 die Treue und begünstigt den Marken- und ●● Der Zusammenhang zwischen Markentreue und Ge-
Geschäftswechsel. schäftstreue ist unklar. Ältere Untersuchungen gehen
von einer hohen Korrelation22 zwischen den beiden
21
Zum Thema „Variety Seeking“ (Wunsch nach Abwechslung) Größen aus, ein eindeutiger Zusammenhang lässt sich
gibt es heute eine Vielzahl von Literaturquellen (z. B. Simon- jedoch nicht immer belegen (siehe zusammenfassend
son, 1990; Van Trijp, Hoyer und Inman, 1996; Ratner, Kahn Schramm-Klein, 2008).
und Kahneman, 1999; Inman, 2001; Goukens, Dewitte und
Nach den bereits beschriebenen Erklärungen der Low-
Warlop, 2009). Dabei zeigen Untersuchungen von Woratschek
und Horbel (2003a, b), dass Variety Seeker nicht unbedingt Involvement-Theorie ist zu unterscheiden zwischen
abwandernde Kunden sein müssen, die unzufrieden mit der (1) Markentreue mit hohem Involvement, die auf star-
Leistung waren oder sind, sondern durchaus sehr zufrieden
sein und über Weiterempfehlungen dem Unternehmen neue 22 Vgl. Diller, Goerdt und Geis (1997, S. 65 ff.), zum Konstrukt

Kunden akquirieren können. der Geschäftstreue vgl. Jungwirth (1997).


408 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

ke emotionale Bindungen zu einer Marke zurückgeht, ausgestattet mit verschiedenen Innenkameras, bemerkt,
sowie (2) Markentreue mit niedrigem Involvement, die wenn etwas im Kühlschrank fehlt, und bestellt automa-
vorliegt, wenn Konsumenten weitgehend gleichgültig bei tisch die fehlenden Produkte nach, ganz ohne dass der
einer routinemäßigen und eingefahrenen Markenwahl Konsument einen Handschlag machen muss. Die Vorteile
bleiben (Cushing und Douglas-Tate, 1985, insb. S. 247 ff.). für den Konsumenten liegen auf der der Hand, er braucht
Dawes, Meyer-Waarden und Driesener (2015) stellen sich sich nicht mehr selbst zu überlegen, welche Artikel nach-
übrigens die Frage, ob sich die Markentreue in unserer gekauft werden müssen, er hat immer einen gefüllten
Gesellschaft reduziert habe, da es mehr Einkaufsmög- Kühlschrank und ist vielleicht auch vor überflüssigen
lichkeiten (auch online) gäbe, da mehr Geschäfte extensiv Käufen besser geschützt, denn warum Milch oder Butter
mit Preispromotions werben oder da ihrer Ansicht nach kaufen, wenn beides noch vorrätig ist. Auch wenn wir
die Menschen Marken weniger Respekt entgegenbringen unterstellen, dass das vollautomatische Bestellsystem rei-
als das in der Vergangenheit noch der Fall war. Letzte- bungslos funktioniert, es bleibt dennoch abzuwarten, ob
res führe zu „Markenuntreue“. Ihre Studie basiert auf sich diese Technik durchsetzen wird. Technik begeistert
Paneldaten aus Großbritannien und den USA zu 26 ver- oft nur Techniker, und viele Konsumenten haben gerne
schiedenen Kategorien (finale Auswertung). Die Autoren selbst die Kontrolle über ihren Kühlschrank und möch-
können jedoch nur eine minimale Verringerung der Mar- ten nicht von irgendwelchen Algorithmen abhängig sein.
kenloyalität feststellen. Letzteres ist nicht verwunderlich, Beispielsweise möchten sie sicher sein, dass die richtige
denn – wie in diesem Kapitel mehrfach angesprochen Marke, in der richtigen Menge, zum günstigen Preis ge-
– der Mensch ist oft ein „Gewohnheitstier“. kauft wird, und vor allem, auch wenn der Mensch ein
Gewohnheitsstier ist, er möchte wenigstens die Illusion
Folgerungen für Marketing und Verbraucherschutz:
des „Variety Seeking“ haben. Simonson und Winer (1992)
In Zeiten zunehmender Sättigung auf vielen Märkten
haben schon vor vielen Jahren festgestellt, dass Menschen,
rücken Überlegungen zur langfristigen Sicherung der
wenn sie jeden Tag zum Einkaufen gehen, immer diesel-
Marktanteile stärker in den Vordergrund. Die Praxis
be Geschmackssorte beim Joghurt wählen, sollen sie für
bestätigt die Relevanz dieses absatzpolitischen Zieles:
einen Zeitraum von drei Wochen einkaufen, dass anti-
Viele Unternehmen bemühen sich verstärkt um die Sta-
zipieren sie Variety Seeking und kaufen verschiedene
bilisierung ihrer Umsätze durch eine Politik der Kun-
Geschmackssorten ein (siehe auch Read, Antonides et al.,
denbindung (zur Kundenbindung vgl. das Sammelwerk
2001). Es ist daher zunächst sehr viel wahrscheinlicher,
von Bruhn und Homburg, 2017). Kundenkarten mit spe-
dass der „smarte Kühlschrank“ über eine App nur Vor-
ziellen Dienstleistungen, persönliche Werbebotschaften
schläge für den nächsten Kauf unterbreitet (siehe Abb. 172).
oder Rabatte stellen typische Marketinginstrumente dar.
Wie schreibt z. B. der Anbieter Samsung (samsung.com,
Auch wenn einige Kundenbindungsprogramme von Ver-
2019) „Drei Kameras fotografieren den Innenraum dei-
braucherschutzorganisationen an den Pranger gestellt
nes Kühlschranks. Auf die Fotos kannst du mit deinem
worden sind (z. B. wegen der Speicherung von Daten),
kompatiblen Smartphone zugreifen, wo auch immer du
kann prinzipiell aus verbraucherpolitischer Sicht eine auf
dich gerade aufhältst. Synchronisier mit deiner digitalen
Markentreue abgestimmte Marketingpolitik nicht kriti-
Einkaufsliste deinen Kühlschrank und dein Smartphone
siert werden, da sich die Konsumenten freiwillig an eine
und behalte dabei im Auge, was du noch vorrätig hast, in-
Marke binden. Beachtenswert ist die mit Markentreue
klusive der von dir eingegebenen Haltbarkeitsdaten“. Man
verbundene Zufriedenheit der Konsumenten und das si-
darf also derzeit noch seine Einkäufe im Auge behalten!
chere Gefühl, die richtige Marke gewählt zu haben. Diese
subjektiven Wirkungen der Markentreue sind nur dann
2. Impulsives Entscheidungsverhalten
Ansatzpunkt für verbraucherpolitische Überlegungen,
wenn diese Zufriedenheit den Konsum von schädlichen Das gedanklich gesteuerte Kaufverhalten ist in der
Produkten stabilisiert (z. B. Ji und Wood, 2007). Konsumentenverhaltensforschung insgesamt sehr viel
umfassender untersucht worden als das Kaufverhal-
Anders sieht es beim impulsiven Kaufverhalten aus. Die ten mit geringer kognitiver Kontrolle. In den letzten
Tatsache, dass dieses Verhalten automatisch abläuft und Jahren hat die Analyse der impulsiven Kaufentschei-
den Konsumenten in der Kaufsituation zu unüberlegten dung jedoch sehr an Bedeutung gewonnen. Gibt man
und nicht vorgesehenen Käufen hinreißt, kann erhebliche bei Google Scholar den Begriff „Impulse Buying“ ein,
verbraucherpolitische Probleme in sich bergen. finden sich seit dem Jahr 2015 mehr als 20.000 Treffer23.
Ein Blick in die „nahe“ Zukunft: Vielleicht ist im digi-
talen Zeitalter die vollkommene Habitualisierung auch 23Gibt man keine Zeitbegrenzung bei Google Scholar ein,
nur eine Frage der Technik. Der „smarte“ Kühlschrank, dann finden sich zu dem Stichwort „extensive buying“ aber
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 409

Abb. 172: Der „Smarte Kühlschrank“ und die Möglichkeit des vollständig habitualisierten Einkaufens (Fotoquelle: Samsung)

Allerdings sehen viele aktuellere Veröffentlichungen im und das tatsächlich gekaufte Produkt wenig nutzt. Das
Impulskaufverhalten nach wie vor eher einen „Fehler“ kann insbesondere bei Produktkäufen der Fall sein, bei
der Selbstregulation, der zu Kaufsucht führt (z. B. Fen- denen es keine eindeutigen Argumente für Alternative
ton-O’Creevy, Dibb und Furnham, 2018). Ein Grund für A oder B gibt. Man entscheidet sich zwar nach langem
das gestiegene Interesse am Impulskaufverhalten mag Nachdenken für den blauen Pullover (weil z. B. blau eine
dem Online-Shopping-Boom der letzten Jahre geschuldet neutrale Farbe ist, die man überall zu tragen kann), aber
sein. So schreiben Chan, Cheung und Lee (2017): „With kaum ist man zu Hause, bereut man schon, dass man
advances in information technology and the tremendous nicht doch den Pulli mit dem so schön leuchtenden Rot
growth of e-commerce, online impulse buying has beco- gewählt hat, der einem doch von Anfang an so gut ge-
me epidemic. It is estimated that about 40 % of all online fallen hatte.
consumer expenditure is attributable to online impulse Beim (rein) impulsiven Kaufverhalten wählt der Konsu-
buying“. Doch kann man eine impulsiv getätigte Ent- ment das Produkt ohne weiteres Nachdenken, einfach,
scheidung als „epidemisch“ bezeichnen, als Art Seuche? weil es ihm gefällt bzw. seinen besonderen Vorlieben
Wir werden im Folgenden zunächst versuchen, das entspricht.
Konstrukt zu erklären und Kaufsucht und Impulskauf-
verhalten voneinander abzugrenzen. Wir wollen auch Impulsives Verhalten ist ein unmittelbar reizgesteuertes
deutlich machen, dass eine impulsive Entscheidung für (reaktives) Entscheidungsverhalten.
den Konsumenten nicht unbedingt nachteilig zu sein Reine Impulskäufe lassen sich durch die Aktivierungs-
braucht. Manchmal ist ein Konsument von einem Ange- komponente kennzeichnen (Gröppel-Klein, Germelmann
bot „spontan hingerissen“, und das so gekaufte Produkt und Woratschek, 2007) sowie nach Baun (2003) durch die
wird ihm für lange Zeit eine große Freude bereiten. Bei Emotionen Überraschung und Freude („Man ist positiv
gedanklichen kontrollierten Entscheidungen kann es überrascht und hingerissen!“).
dagegen auch vorkommen (wie bereits in diesem Buch
erklärt), dass der Konsument sich der Vorzüge der aus-
geschlagenen Alternative gewahr wird, diese erinnert a) Das Konzept der Impulsivität
und in der Folge eine hohe Nachkaufdissonanz erlebt Impulsive Kaufentscheidungen werden weder rational –
wie extensive Entscheidungen – noch gewohnheitsmäßig
dreimal so viele Treffer wie bei „impulse buying“. Das exten- – wie habitualisierte Entscheidungen – gefällt. Es handelt
sive Kaufverhalten hat also rein von der Quantität her im Lauf sich also um ein „plötzliches“ Entscheidungsverhalten,
der Zeit sehr viel mehr wissenschaftliches Interesse erfahren für dessen Charakterisierung das Ausmaß der kognitiven
als das impulsive. Allerdings – wie ausgeführt – hat sich in Steuerung allein nicht ausreicht.
jüngerer Zeit die Beschäftigung mit impulsiven Kaufentschei-
dungen stark ausgeweitet.
410 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Impulskauf als ein ungeplanter Kauf Schließlich gibt es Spontankäufe aufgrund unvorherge-
In der frühen Konsumentenverhaltensforschung wur- sehener Bedürfnisse. Es regnet, man sieht einen Schirm,
den Impulskäufe zumeist als ungeplante Käufe definiert. man kauft.
Impulskäufe stellten danach die Differenz zwischen tat- Impulsivität als ein psychischer Prozess
sächlich getätigten und vorher geplanten Käufen dar. Schon Dahlhoff (1979, S. 22 f.) kritisierte, dass die Gleich-
Ungeplante Käufe, also solche, über die am Ort des Ver- setzung von Impulskauf mit einem ungeplantem Kauf
kaufs erst entschieden wird, sind relativ früh im Marke- (siehe oben) unzweckmäßig sei. Er schlug vor, unter Im-
ting untersucht worden. Es wurde mehrfach bestätigt, pulskauf eine relativ schnelle Kaufhandlung einer Per-
dass Kaufentscheidungen, die durch die Präsentation son am Ort des Einkaufs bei vorheriger Wahrnehmung
der Ware am Verkaufsort ausgelöst werden, von großer des Kaufobjektes zu verstehen. Dazu ist eine bewusste
Bedeutung sind (historisch gesehen vor allem seit der kognitive Steuerung nicht notwendig. Impulskäufe voll-
Möglichkeit der Selbstbedienung). Die Gleichsetzung ziehen sich plötzlich durch spontane Realisierung wahr-
von Impulskäufen mit ungeplanten Käufen diente da- genommener Bedürfnisse. Danach überwiegen affektive
mals besonders sortimentspolitischen Empfehlungen für (emotionale) Prozesse in der Kaufentscheidung.
den Handel, weniger der verhaltenswissenschaftlichen Heute werden reine Impulskäufe24 – wie anfangs schon
Erklärung des Zustandekommens dieser Kaufentschei- kurz erläutert – als ungeplante Spontankäufe mit gerin-
dungen. Es ist aber sinnvoll, „reine“ Impulskäufe und ger Kognition und hoher Aktivierung charakterisiert. Sie
ungeplante Kaufentscheidungen abzugrenzen, wie wir gehen mit Freude und oft auch mit Überraschung einher
es im nachfolgenden Abschnitt tun werden. (Baun, 2003; Baun und Gröppel-Klein, 2003; Gröppel-
Abgrenzung von anderen Verhaltensweisen: Wir Klein, Germelmann und Woratschek, 2007). Beim „rei-
sehen von anderen impulsiven Verhaltensweisen wie nen“ Impulskauf entscheidet sich eine Person für ein
der impulsiven Informationssuche oder der impulsi- Produkt, weil dieses sie spontan erfreut und sie intuitiv
ven Wahl eines Geschäftes ab und konzentrieren uns den Eindruck hat, dass es sich um eine gute Wahl han-
auf die impulsive Wahl eines Produktes. Davon sind vier delt. Dijksterhuis, Smith et al. (2005, S. 194) erklären, wie
weitere Spontankaufarten abzugrenzen (Baun, 2003): Umweltreize (z. B. Produkte im Supermarkt) ein spon-
●● Erinnerungsgesteuerte Spontankäufe liegen dann vor, tanes Verhalten auslösen können und schreiben hierzu
wenn in der Kaufsituation ein Bedarf festgestellt wird, plakativ: „Perception often affects behavior directly and
der nicht mehr bewusst war. Diese Definition knüpft unconsciously … We often simply do what we see“. Die
ebenfalls an das Kriterium des „Nicht-Geplant-Seins“ Kaufhandlung erfolgt verhältnismäßig rasch. Letztere
an, unterstellt aber, dass es sich um latente Kognitionen Eigenschaft weisen auch erinnerungs-gesteuerte oder
im Sinne eines Schnell-Checks von Soll-Ist-Abwei- sonderangebotsevozierte Spontankäufe auf. Diese sind
chungen des Einkaufskorbes handelt. Beispiel: Beim jedoch von den „echten“ Impulskäufen zu trennen, bei
Gang durch den Supermarkt sieht der Konsument eine denen die spezifische Emotion Freude (bzw. angenehme
Zahncreme und erinnert sich, dass er dieses Produkt Überraschung) durch die Reizsituation hervorgerufen
benötigt. wird. Diese Freude kann z. B. durch eine ungewöhnliche
●● Geplante Spontankäufe liegen dann vor, wenn der 24
Kacen und Lee (2002, S. 163) definieren in Anlehung an Rook
Konsument a priori bereit ist, situativen Einflüssen
(1987) Impulskäufe wie folgt: „Impulsive buying behavior is
spontan nachzugeben. Das kann z. B. der Fall sein, a sudden, compelling, hedonically complex purchasing be-
wenn man sich für eine Leistung belohnen oder man havior in which the rapidity of the impulse purchase decision
sich einfach „verführen“ lassen möchte. Beispiel: Die process precludes thoughtful, deliberate consideration of all
Konsumentin belohnt sich mit einem passenden Schal information and choice alternatives“. Nach Rook (1987) lassen
zum Mantel. sich Impulskäufe charakterisieren durch: spontanes Hand-
lungsbedürfnis, psychisches Ungleichgewicht, motivationale
●● Spontane Ersatzkäufe sind Käufe, bei denen ein ge- Konflikte, geringe kognitive Beteiligung und schwache An-
planter, aber mangels eines zufriedenstellenden (oder tizipation der Handlungskonsequenzen. Hinter diesen De-
nicht vorhandenen) Angebots nicht getätigter Kauf finitionen steckt implizit allerdings wieder der „normative
durch einen anderen Produktkauf ersetzt wird. Gedanke“, nur durch sorgfältiges Abwägen könnten „gute“
●● Sonderangebotskäufe sind dadurch gekennzeichnet, Entscheidungen getroffen werden. Die Sozialpsychologie (siehe
die schon erörterten Experimente von Wilson und Schooler,
dass ein besonderes Preisangebot als Stimulus am
1991) zeigt jedoch, dass Konsumenten bei impulsiver Wahl
Point-of-Sale einen Kauf auslöst. Diese Käufe können besonders zufrieden mit ihrer Entscheidung sind. Auch Baun
mit positiven Emotionen einhergehen, aber auch rein (2003) zeigt, dass impulsiv gekaufte Produkte zu „Lieblings-
kognitiv gesteuert sein. produkten“ werden können.

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D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 411

oder besonders attraktive Warenpräsentation am Point- ●● weil die intuitive Gewissheit, dass es sich um das
of-Sale erzeugt werden. richtige Produkt handelt, auch tatsächlich dazu füh-
ren kann, dass der Konsument die für ihn „richtige
Manche Forscher sehen in Impulskäufen auch eine Art Entscheidung“ trifft. Der Konsument verlässt sich auf
Therapie („retail therapy“), eine effektive Stimmungs- sein intuitives Urteilsvermögen.
regulation oder, anders ausgedrückt, eine Möglichkeit,
sich in eine bessere Stimmung zu versetzen. Damit gin- Wir schließen uns hier der Auffassung von Hogarth
gen für den Konsumenten keine oder nur sehr geringe (2014) an, der fordert, intensiver zu erforschen, wann
Nachteile einher (z. B. Atalay und Meloy, 2012). Wenn sich und unter welchen Umständen eine plötzliche Intuition
ein Mensch durch einen einfachen Kauf aus einer depres- für den Konsumenten die bessere Alternative ist.
siven Stimmung befreien kann, dann ist das in der Tat Ein Blick in die wissenschaftliche Debatte zeigt jedoch,
eine einfache und meist auch harmlose Therapie. Proble- dass der Impulskauf als zweischneidiges Schwert erlebt
matisch wird dieses Verhalten erst, wenn die Menschen wird:
versuchen, jede kleine Stimmungsverschlechterung mit ●● Es finden sich einerseits viele Beiträge, die dazu auf-
Spontankäufen aufzuhellen und daraus ein zwanghaftes rufen, gegen Impulskäufe „anzukämpfen“. Konsu-
(pathologisches) Wiederholungsverhalten wird. menten sollen in der Lage sein, den Versuchungen
Wieder andere Autoren (z. B. Hausman, 2000) sehen im erfolgreich zu widerstehen (Fishbach, Friedman
impulsiven Einkauf aufgrund der mit der schnellen und Kruglanski, 2003). Dabei spielt nach Baumeister
Entscheidung einhergehenden Zeitersparnis eine effek- (2002) das Konstrukt „Selbstkontrolle“ eine entschei-
tive Einkaufsstrategie („a rational alternative“) für die dende Rolle (siehe auch Koski, 2004; Vohs und Faber,
Konsumenten. Doch nicht die Zeitersparnis macht den 2007). Sultan, Joireman und Sprott (2012) bieten daher
Impulskauf effizient. Wir haben im Kapitel C. III. 5 be- „Selbstkontrollsteigerungs-Übungen“ an, um den Im-
reits ausführlich darauf hingewiesen, dass eine intuitive pulsen besser widerstehen zu können.
Entscheidung für den Konsumenten durchaus zu sehr ●● In der Marketingliteratur findet man andererseits auch
befriedigenden Ergebnissen führen kann. Zwar kann viele Veröffentlichungen, wie die bereits skizzierte
man versuchen, alle Entscheidungsaufgaben nach ana- Studie von Dhar, Huber und Khan (2007), die den soge-
lytischen Regeln durchzuführen, doch wenn man dies so nannten „Shopping-Momentum-Effekt“ propagieren.
macht, dann kann passieren, dass bei nicht-analytischen Zur Erinnerung: Dieser besagt, dass ein Initialkauf
Aufgaben die Entscheidungszufriedenheit verringert dazu führen kann, dass die Hemmschwellen fallen,
wird. Wenn man beispielsweise verschiedene Halstü- die Konsumenten sich nur noch in einer kauforien-
cher oder Krawatten bewusst gegeneinander abwägt und tierten Gedankenwelt befinden und einfach kaufen,
dann entscheidet, dann wird man sich auch der negativen kaufen, kaufen. Das Marketing sollte dazu beitragen
Konsequenzen der gewählten und der positiven Eigen- (zwecks Umsatzsteigerung), dass dieser Effekt aus-
schaften der nicht-gewählten Alternative bewusst, sodass gelöst werde.
Nachkaufdissonanz entstehen kann (Wilson, Lisle et al., Zu dieser Kontroverse ist zu sagen, dass natürlich nichts
1993). Es ist auch möglich, dass man sich am Ende gar dagegen einzuwenden ist, wenn Menschen über eine
nicht mehr entscheiden kann. Wir können auch sagen: hohe Selbstkontrolle verfügen; in vielen Situationen kann
Selbstbeherrschung von Vorteil sein. Doch interessant
wäre es an dieser Stelle zu fragen, ob Selbstkontrolle auch
Bei einer impulsiven Kaufentscheidung verlassen sich
zu kontraproduktiven Verhalten führt (z. B. zur Verun-
Konsumenten auf ihre Intuition, die in bestimmten Situa-
tionen zu einer höheren Entscheidungszufriedenheit führt
sicherung), nämlich dann, wenn ein Rationalisierungs-
als eine bewusst abwägende Entscheidung. Letzteres prozess entfacht wird, der das intuitive Bauchgefühl
empfiehlt sich bei analytischen Aufgaben (z. B. Analyse zerschlägt, welches aber zu einer Entscheidung geführt
des Preis-Leistungsverhältnisses anhand klar vorgegebe- hätte, die den Konsumenten glücklich macht. Hierzu
ner, aber von der Anzahl her zu bewältigender Attribute). ließen sich viele zukünftige interessante Experimente
kreieren.

Wir sehen daher im Impulskauf per se keine „unvorteil- Zu den Ratschlägen aus dem Marketing ist anzumer-
hafte“ Entscheidungsart, weniger, weil man mit Käufen ken, dass das Marketing natürlich versucht, z. B. über
seine Stimmung aufhellen kann, die Instrumente des Erlebnismarketing oder über das
Instore-Marketing Käufe auszulösen. Das ist schließlich
●● sondern weil die Entscheidung schneller geht, das das Wesen des Marketing. Nur wenn Präferenzen zu
Einkaufen somit zeitsparender wird und Händlern und Marken aufgebaut werden, die letztlich zu
412 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Kaufabschlüssen führen, dann können die Unternehmen auf Internetseiten), Collaborative Filtering27 (Abb. 174)
auf dem Markt existieren. Dazu zählt auch die Initiierung etc. das Impulskaufverhalten forcieren kann. Doch auch
von Impuls- und Spontankäufen. Nicht umsonst machen hier sollte die Forschung beinhalten, welche Maßnahmen
sich sehr viele Händler beispielsweise viele Gedanken dazu führen, dass die Anzahl an Fehlkäufen bzw. unge-
darüber, welche Produkte in der Kassenzone präsentiert hemmten und nachträglich revidierten Produktkäufen
werden. Sollte man hier z. B. auf Süßigkeiten verzich- minimiert wird. Angesichts von geschätzten Retouren in
ten, damit Eltern mit ihren Kindern stressfrei einkaufen manchen Bereichen von über 60 Prozent (z. B. bei Mode
können? Sollte man nur Produkte anbieten, die häufig laut EHI Retail Institut 2018) und der damit einherge-
spontan erinnerungsgestützt gekauft werden (z. B. Bat- henden Kosten stellt sich nicht nur aus ethischer Sicht,
terien)? Oder nutzt man die Wartezeit an der Kasse aus sondern auch aus betriebswirtschaftlicher (und ökolo-
und zeigt den Konsumenten hier Produktneuheiten, die gischer) Sicht die Frage, wie die Websites so gestaltet
sie sonst vielleicht übersehen würden? werden können, dass Konsumenten ihre Online-Käu-
Die Konsumentenverhaltensforschung kann durchaus fe weniger bereuen und die Produkte zurückgesendet
helfen, diese Fragen zu beantworten und das Marketing werden.
somit befruchten. Auch dieses Buch soll dazu beitragen. Wir schließen uns hier ganz eindeutig nicht der Forde-
Aber der gute Kaufmann ist auch der reelle Kaufmann. rung von Fenton-O’Creevy, Dibb und Furnham (2018,
Die Konsumentenverhaltensforschung kann dem Marke- S. 175) an, das Point-of-Sale Marketing (egal ob online
ting ebenso aufzeigen, wann bestimmte (z. B. Hard-Sel- oder offline) zu reglementieren (z. B. durch Einschrän-
ling)-Mechanismen langfristig nicht nachhaltig sind. So kungen von Preis-Promotions etc.). Im Verdrängungs-
ist es im Sinne der meisten Anbieter, dass langfristige wettbewerb müssen Anbieter die Chance haben, sich
Kundengeschäftsbeziehungen aufgebaut werden. Man über das Instore-Marketing oder Online-Marketing zu
stelle sich vor, dass ein „Shopping-Momentum“ ausge- profilieren. Wir stimmen aber zu, dass es auch dysfunk-
löst wird und der Konsument ungehemmt und impul- tionale Impulskäufe geben kann und die Forschung ei-
siv ein unnötiges Produkt nach dem anderen einkauft. nen Beitrag leisten sollte, diese zu minimieren. Ebenso
Sofern dieser Konsument nicht kaufsüchtig ist (was auf darf auch das Marketing die Augen vor dem Problem
einer psychischen Erkrankung beruht, auf die wir weiten der Kaufsucht nicht verschließen. Halten wir fest (siehe
unten noch zusprechen kommen25), wird ihm am Tag auch Tab. 9):
danach das Verhalten bewusst, und er kommt zu Besin-
nung. Als Folge wird er entweder versuchen, die unnüt- Eine impulsive Kaufentscheidung an sich kann für den
zen Produkte zurückzubringen und sein Geld zurück- Konsumenten vorteilhaft/sinnvoll und/oder effizient sein,
zuerhalten oder, wenn das nicht funktioniert, wird er ein einmaliger „ungehemmter Kaufrausch“ dagegen meist
sich hüten, dieses Geschäft erneut zu betreten. Es macht nicht. Letzterer kann, wie skizziert, sich letztlich auch
also für den an langfristigen Geschäftsbeziehungen inte- nachteilig für den Händler erweisen.
ressierten Anbieter keinen Sinn, einen „ungehemmten“ Die Kaufsucht kennzeichnet eine chronisch mangelhafte
Kaufrausch zu fördern. bzw. stark verzerrte Selbstkontrolle. Diese sollte aller-
Letzteres sollte auch für das Online-Shopping gelten26. dings nicht mit dem Impulskauf verwechselt oder gleich-
gesetzt werden (Baun, 2003). Kaufsucht ist durch einen
Chan, Cheung und Lee (2017 schreiben: „With the proli-
intrinsisch zwanghaften Charakter in Verbindung mit star-
feration of e-commerce activities, online impulse buying ken Kognitionen gekennzeichnet, was beim Impulskauf
is now prevalent among consumers. Shopping online normalerweise nicht der Fall ist. Kaufsucht bedarf der
frees consumers from the constraints that they might professionellen Hilfe durch Therapeuten.
experience in physical stores, which in turn increases
the likelihood of impulse buying“, und sie fordern dazu
Die Unterschiede zwischen Kaufsucht und Impulskäu-
auf, intensiver zu erforschen, wie man beispielsweise
fen zeigt in Anlehnung an Baun (2003) die nachfolgende
durch die Website-Gestaltung, Werbebanner, targeted
Tabelle.
ads (= gezieltes (Wieder-)Einblenden von Werbeanzeigen

27
Collaborative Filtering kann nach Kollmann (2019) wie folgt
25
Siehe hierzu auch die Ausführungen im Kapitel „Motiva- definiert werden: „Aufbauend auf die Bildung von Kunden-
tion“. gruppen auf Basis persönlicher Daten wie Shopping-Transak-
26 Das gilt auch für den Marktplatz, auf dem Konsumenten ihre tionen werden Webinhalte oder Produktempfehlungen, die von
Produkte anderen Konsumenten anbieten, z. B. „Facebook C2C Kunden der gleichen Kundengruppe konsumiert bzw. gekauft
social commerce“, siehe Chen, Su und Widjaja (2016). wurden, auf der Website angezeigt“.
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 413

Kaufart Eigenschaften
Kaufsucht: ●● (chronisches) unkontrolliertes, zwanghaftes Kaufverhalten, das wiederholt zur Problem-
verdrängung eingesetzt wird
●● Kaufen als einziges Motiv (nicht Freude am Besitz)
●● kurzfristig gesteigertes Selbstwertgefühl, langfristig Problemrückkehr und Schuldgefühle
(kognitiv nicht lösbar)
Impulsives ●● bewusstes Nachgeben auf einen Kaufimpuls, der situativ reizbedingt entsteht
Kaufverhalten: ●● (antizipierter) Besitz/Konsum des Produktes ist Kaufmotiv
●● Verlassen auf Intuitionen
●● kurzfristig und langfristig Freude am Produkt

Tab. 9: Unterschied zwischen Kaufsucht und impulsivem Kaufverhalten

Inwieweit Persönlichkeitsmerkmale geeignet sind, Im- ●● Zu Impulskäufen neigende Konsumenten werden von
pulskäufer zu charakterisieren, ist nicht eindeutig. Man atmosphärischen Wirkungen wie Hintergrundmusik
kann vermuten, dass extravertierte Konsumenten impul- beeinflusst (Morrin und Chebat, 2005).
siver einkaufen als introvertierte Konsumenten (Thomp- ●● Peck und Childers (2006) machen in ihrem Artikel
son und Prendergast, 2015). Persönlichkeitsmerkmale „If I touch it I have to have it“ auf die Wirkung von
können aber nur Verhaltenstendenzen angeben, da das PoS-Displays auf das Impulskaufverhalten aufmerk-
aktuelle Verhalten weitgehend von situativen Variab- sam. Insbesondere Verkostungen am Point-of-Sale
len abhängt (Rook und Fisher, 1995; Puri, 1996 sowie führen häufig zu Impulskäufen.
Beatty und Ferrell, 1998). Es wird auch diskutiert, ob ●● Auch die Gestaltung von Online-Shops kann Impuls-
Impulskauf- und Variety-Seeking-Tendenz anhand von kaufverhalten auslösen (Parboteeah, Valacich und
Persönlichkeitsvariablen als zwei eigenständige Kon- Wells, 2009; Chan, Cheung und Lee, 2017).
strukte differenziert werden können (z. B. Sharma, Siva- ●● Die Produkte an sich sind mehr oder weniger dazu
kumaran und Marshall, 2010). Dies mag gelingen (und im geeignet, Impulskaufverhalten auszulösen (man den-
Prinzip ist es auch sehr sinnvoll, die beiden Konstrukte ke an das Eis an einem schönen Sommertag) und/
zu unterscheiden), wenn man die Tendenz zum sponta- oder das mit Produkten einhergehende mehr oder
nen Einkaufen als Persönlichkeitseigenschaft und nicht weniger hohe Produktinvolvement (Baun, 2003; Jones,
als situatives Verhalten definiert. Wahrscheinlicher ist Reynolds et al. (2003). Bei hohem Produktinvolvement
jedoch, dass eine hohe Variety-Seeking-Tendenz als un- verfügen die Konsumenten in der Regel über höhere
abhängige Variable das Impulskaufverhalten verstärkt. Kenntnisse, die in der Kaufsituation aktiviert werden
und eher gedanklich gesteuerte Kaufentscheidungen
b) Situationen und Orte impulsiver Entscheidungen auslösen.
In seinem Grundlagenwerk zur Umweltpsychologie ●● Ramanathan und Menon (2006) zeigen in Experimen-
ordnet Mehrabian (1987, S. 174) Einkaufsumwelten den ten, dass Konsumenten durch Impulskäufe versuchen,
„Spielumwelten“ zu, d. h., sie laden Menschen zum Bum- ihre hedonistischen Bedürfnisse zu befriedigen. Sie se-
meln und Entdecken ein. Geschäfte sollen anregen und hen darin eine Art „Selbstbelohnung“. Die Autoren ge-
letztlich auch zum Kaufen bewegen. Produkte und Reize hen in ihrer Studie allerdings davon aus, dass sich die
mit starkem Aktivierungspotenzial haben dabei eine hö- Impulskäufer von einer Art „innerem Kalkül“ leiten
here Wahrscheinlichkeit, Impulskäufe auszulösen (Piron, lassen. Dieses Spontankaufverhalten würden wir eher
1991; Dittmar und Beattie, 1995). Beispiele: Atmosphä- als die zuvor bereits skizzierte „geplante Verführung“
rische Reize wie Wühltische, stimulierende Musik, die bezeichnen. Auch der schon angesprochene Wunsch
aktivierende Gestaltung der Produkte selbst, ihre Platzie- nach „Stimmungsaufhellung“ kann Impulskäufe aus-
rung, der Aufforderungscharakter von Displaymaterial, lösen (Atalay und Meloy, 2012).
Schaufenstern usw. sind typische Reizkonstellationen, ●● Wenn Impulskäufe als Folge von motivationalen Kon-
die Impulskäufe fördern (vgl. dazu auch Abb. 173). Wir flikten (Weinberg, 1981) entstehen (z. B. weicht der
werden uns mit der Wirkung der Ladenumwelt ausführ- Konsument impulsiv auf ein Ersatzprodukt aus, um
lich im Dritten Teil befassen und hier nur auf einige Stu- einem Ambivalenzkonflikt bei der Entscheidung über
dien zum Impulskaufverhalten hinweisen: zwei andere Alternativen zu entgehen, vgl. dazu Kap.
414 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 173: Förderung von Impulskäufen durch die Schaufenstergestaltung (Quelle: www.shopdirect-online.ch)

B. IV. 3), ist zu prüfen, ob diese wie oben beschrieben Buying Impulsivity Scale“ (CBI) entwickelt und Weun,
funktionaler (also mit Kaufzufriedenheit einhergehen) Jones und Beatty (1998) die „Impulse Buying Tendency
oder dysfunktionaler Natur (Fehlkauf) sind. Scale“.
Bei genauerer Analyse zeigt sich aber, dass es notwendig
c) Messung impulsiver Entscheidungen
ist, sowohl die affektive Aufladung des Verhaltens als
Impulsives Verhalten kann zunächst einmal durch Be- auch die geringe kognitive Kontrolle zu erfassen. Die
fragungen ermittelt werden, in denen die Konsumen- für impulsives Verhalten typische emotionale Aufladung
ten über ihre mit Impulskäufen verbundenen Erlebnisse kann man auch psychobiologisch (mittels EDR: Gröppel-
berichten (Dittmar und Beattie, 1995; Rook, 1987). Wie Klein, Germelmann und Woratschek, 2007; siehe auch
Dahlhoff (1979) und Weinberg (1981) nachgewiesen ha- das Kapitel zur Aktivierung in diesem Buch) oder über
ben, sind Konsumenten unter bestimmten Bedingungen Beobachtungen messen. Da das Impulskaufverhalten
durchaus in der Lage, über ihr impulsives Verhalten und schnell erfolgt, sollte eine Zeitmessung erhoben werden.
die damit verbundenen inneren Vorgänge Auskunft zu
geben. Weinberg empfiehlt auch, die Mimik zu beob-
achten28. Youn und Faber (2000) haben die „Consumer obachtet. Die zum Verkauf angebotenen Aufkleber enthielten
provokative Sprüche über das Studentenleben (z. B. „Ob Profes-
sor oder Prolet, jede Meinung zählt“), die Studenten zu impul-
28In einer experimentell kontrollierten Kaufsituation (Verkauf sivem (Kauf-)Verhalten bewegten. Aufgrund der Interpretation
von Aufklebern) an einem Stand auf dem Universitätsgelände des Gesichtsausdrucks war es möglich, Impulskäufer in ihrer
wurde der Gesichtsausdruck der Konsumenten (Studenten) be- Mimik signifikant von Nicht-Käufern zu unterscheiden.
D. Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten 415

Abb. 174: Förderung von Impulskäufen durch Collaborative Filtering (Quelle: amazon.de)

Baun (2003) schlägt einen „mixed-method approach“ vor,


Es wird geschätzt, dass 70 % der Käufe nicht geplante
bei dem verschiedene Verfahren miteinander kombiniert Käufe sind (GfK, 2011). Die echten („reinen“) Impulskäufe
werden. („man ist hingerissen“) dürften 10–20 % ausmachen.
In zahlreichen Erhebungen in der Praxis (s. o.) wird das
impulsive Kaufverhalten durch die in einem Geschäft Schließlich sind auch Hypothesen zu den soziodemogra-
durchgeführten nicht geplanten Käufe ermittelt, und phischen Hintergrundvariablen von Interesse. Es ist an-
zwar nach folgendem Design: Vor dem Einkauf werden zunehmen, dass das Alter ins Gewicht fällt. Jüngere Leu-
die vom Konsumenten vorgesehenen bzw. geplanten Käu- te mit geringerer kognitiver Verhaltenskontrolle werden
fe durch Befragung gemessen. Die Abweichungen zwi- mehr zu Impulskäufen neigen als Konsumenten höheren
schen diesen Käufen und den im Geschäft registrierten Alters (Kacen und Lee, 2002). Wood (1998) stellte fest,
tatsächlichen Käufen werden als Impulskäufe angesehen. dass weibliche Konsumenten höhere Impulskaufraten als
Man kann diese Differenz jedoch nicht als Impulskaufver- männliche Konsumenten aufweisen. Allerdings wurde
halten im oben definierten Sinne gleichsetzen. Wir wis- das Impulskaufverhalten hier mittels einer Telefonum-
sen so nicht, ob affektive Prozesse hervorgerufen wurden frage erhoben. Es sind also beträchtliche methodische
oder ob die Point-of-Sale-Reize gewohnheitsmäßige oder Zweifel an dieser Studie zu vermerken, denn es könnte
kognitiv gesteuerte Verhaltensweisen ausgelöst haben. ja auch sein, dass Frauen einfach nur häufiger zugeben,
Wir sollten hier also besser von Spontankäufen sprechen. impulsiv gekauft zu haben.
Aufgrund dieser Erhebungsmethoden der Praxis ist es
zurzeit kaum möglich, Umfang und Bedingungen des Kacen und Lee (2002) prüften weiterhin, ob es kulturelle
„rein“ impulsiven Kaufens genau anzugeben. Unterschiede beim impulsiven Kaufverhalten gibt, und
sie kommen zu dem Schluss, dass asiatisch kollektivis-

Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Lukas Heim mit der Transaktions-ID 4504834 erstellt.
416 2. Teil Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens

tische Kulturen weniger zu Impulskäufen neigen als für eine spontane Kaufentscheidung genutzt werden.
amerikanisch individualistisch geprägte Kulturen. Aller- Zusammen mit bereits vorliegenden Daten über das bis-
dings wurde ähnlich wie bei Wood (1998) zur Erhebung herige Kaufverhalten kann zudem geprüft werden, ob
des Impulskaufverhaltens die Methode der Befragung der Kunde ein Erstkäufer des Produktes ist (oder nicht).
gewählt, und es stellt sich auch hier die Frage, ob die Ist der Kunde Erstkäufer, dann kann zumindest dieses
asiatischen Befragungsteilnehmer ganz einfach häufiger Online-Unternehmen annehmen, dass bei schneller Ent-
sozial erwünschtes Antwortverhalten gezeigt haben29. scheidungszeit durch die Reize der Website ein Spontan-
Hier gibt es also nach wie vor großen Forschungsbedarf. kauf und kein Gewohnheitskauf hervorgerufen wurde.
Experimente, EDR-Messungen und Beobachtungen soll- Ob die für den „reinen“ Impulskauf notwendige Aktivie-
ten zusätzlich zu den Befragungen angewendet werden. rung oder Freude ausgelöst wird, ist so allerdings nicht
Zudem stellt sich in Zukunft die Frage, wie sich impul- messbar. Das ist aber vielleicht auch nur noch eine Frage
sive Entscheidungen von impulsiven Handlungen (z. B. der Zeit. Es ist vorstellbar, dass innovative Verfahren, wie
Käufen) abgrenzen lassen. Webcams mit automatischer Emotionserkennung oder
Beim Online-Shopping kann die Reaktionszeit zwischen Touchscreens, die zugleich Biofeedback-Daten erheben,
Aufrufen der Website und Drücken des Kaufbuttons, die entsprechenden Informationen zeitgleich mit der Be-
also anhand der Conversion-Rate30, als ein Indikator stellung ermitteln könnten. Die Konsumenten müssen
dann nur entscheiden, ob sie diese Daten übermitteln
29
wollen.
Ganz abgesehen von der immer noch vehement geführten
Diskussion, ob mittels der Kulturdimensionen von Hofstede
die Kultur eines Landes „gemessen“ werden kann (siehe Bas- Klick auf einen Banner meinen. Wie genau eine Conversion
kerville, 2003; Eckhardt, 2002). aussieht und was sie beinhaltet, hängt von den Zielen des
30
„Unter Conversion (dt. Konversion, Umwandlung) wird im Betreibers der jeweiligen Website oder Marketers ab: Handelt
Online-Marketing-Kontext meist die Umwandlung eines Be- es sich um einen Online-Shop, kann die Conversion darin
suchers einer Webseite, also eines Interessenten, zum Kunden bestehen, dass ein Besucher der Seite eine Bestellung aufgibt
oder wenigstens zum registrierten Nutzer verstanden. Es kann und er sich somit vom Interessenten zum Kunden entwickelt“
aber auch schlicht eine bestimmte digitale Aktion wie den (Onlinemarketing-Lexikon, 2019).
Dritter Teil
Umweltdeterminanten des
Konsumentenverhaltens

A. Das System der Umweltvariablen: 5. Kaufentscheidungen in der Familie . . 463


Erfahrungsumwelt und Medienum- a) Methodische Ansätze: Beobach-
welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 tung, Befragung, Experiment . . . . 464
b) Die Rollen der Familienmitglieder . 466
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsu- c) Interaktionsmuster während des
menten: Direkte Umwelterfahrungen 424 Entscheidungsprozesses . . . . . . . . 468
I. Die physische Umwelt der Konsumenten 424 d) Konflikte und Strategien der Kon-
1. Kurze umweltpsychologische Einfüh- fliktlösungen . . . . . . . . . . . . . . . 469
rung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 e) Theoretische Erklärungen des
2. Kognitive Ansätze: Gedankliche Lage- Rollenverhaltens in der Familie . . . 472
pläne beim Einkauf . . . . . . . . . . . . . 425 6. Einfluss von Bezugsgruppen . . . . . . . 475
3. Emotionspsychologische Ansätze: Um- a) Die Wirkung von Bezugsgruppen 475
welttechnische Gestaltung von Läden 432 b) Konforme Produktbeurteilung . . . . 476
II. Die nähere soziale Umwelt . . . . . . . . . . 439 c) Vermittlung von Konsumnormen . . 485
1. Einteilung der sozialen Umwelt . . . . . 439 7. Muster der persönlichen Kommunikati-
2. Abgrenzung sozialer Einheiten (Sozia- on . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491
le Kategorien, Aggregate, Gruppen) 440 a) Grundbegriffe: Persönliche Kommu-
3. Haushalt und Familie . . . . . . . . . . . . 444 nikation und Massenkommunikati-
a) Vorbemerkung zu Haushalt und on . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491
Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 b) Wirkungen der persönlichen Kom-
b) Familienzyklus und Kaufverhalten 447 munikation . . . . . . . . . . . . . . . . . 492
4. Konsumentenverhalten in unterschiedli- c) Die Rolle von Meinungsführern und
chen (Familien-)Lebenszyklusphasen . 450 Influencern . . . . . . . . . . . . . . . . . 502
a) Das Konsumverhalten von Kindern 450 d) Nonverbale Kommunikation . . . . . 509
b) Das Konsumverhalten von Jugendli- III. Die weitere soziale Umwelt der
chen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 Konsumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523
c) Das Konsumverhalten von „jungen 1. Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . 523
Erwachsenen“ und „jungen Famili- 2. Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524
en“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 a) Zugang über die Sprache . . . . . . 528
d) Konsumverhalten älterer Erwachse- b) Zugang über den Lebensstil . . . . . 529
ner und „Empty Nest“-Phase . . . . 457 3. Subkulturen und soziale Schichten . . . 537
e) Konsumverhalten der Senioren im
dritten Lebensabschnitt . . . . . . . . 459
C. Die Medienumwelt der Konsumen- 3. Vermeidung von Werbung . . . . . . . . 581
ten: Indirekte Umwelterfahrungen . . . 540 4. Alternativen zur klassischen Werbung:
I. Die zweite Wirklichkeit der Konsumenten 540 Product Placement und Branded Enter-
tainment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585
II. Wirkungsmuster der Medien . . . . . . . . . 542
1. Massenmedien und Massenkommuni- IV. Kommunikation im digitalen Zeitalter . . . 589
kation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 1. Virtuelle Welten online und offline . . . 589
2. Wirkung von Medien . . . . . . . . . . . . 543 2. Social Media . . . . . . . . . . . . . . . . . 596
a) Informationswirkungen . . . . . . . . . 543 V. Die mehrfach erfahrene Umwelt . . . . . . 599
b) Beeinflussungs- und Überzeugungs- 1. Vernetzung von Erfahrungs- und Me-
wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 dienumwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599
c) Nutzenwirkungen . . . . . . . . . . . . 552 2. Vernetzung von näherer sozialer Um-
III. Werbung als Massenkommunikation . . . 554 welt und medialer Umwelt: Sozialisati-
1. Funktionen der Werbung . . . . . . . . . 554 on . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600
a) Definition, Formen und normative
Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . 554
b) Betrachtung aus Nachfragersicht 556
c) Betrachtung aus Anbietersicht . . . . 557
2. Erklärung von Werbewirkungen . . . . 557
a) Werbewirkungsmodelle . . . . . . . . 557
b) Spezielle Werbetechniken . . . . . . 561
c) Bedeutung der Reichweiten der
Massenmedien für die Werbewir-
kung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573
d) Kontextwirkungen . . . . . . . . . . . . 577
A. Das System der Umweltvariablen: Erfahrungsumwelt und Medienumwelt

Die Umwelt des Menschen, die er unmittelbar erlebt, härent) zunehmend über das Internet auch Radio hören,
besteht aus allen Gegenständen, die sich im Wahrneh- Fernsehen oder Programme streamen etc. werden wir
mungsbereich der menschlichen Sinne befinden. Es ist der Einfachheit halber das Internet der Medienumwelt
zweckmäßig, diese „Erfahrungsumwelt“ einzuteilen in zurechnen. Man kann auch von „Erfahrungswirklich-
●● die physische Umwelt und keit“ und „Medienwirklichkeit“ sprechen. Dies soll aus-
●● die soziale Umwelt. drücken, dass beide Umwelten für den Konsumenten
„wirklich“ sind, sein Verhalten bestimmen und manch-
Zur physischen Umwelt zählen wir die natürliche Um-
mal nicht auseinandergehalten werden können2. Hinzu
welt wie Landschaft, Klima und die vom Menschen ge-
kommt, dass durch Augmented Reality (wie im Zweiten
schaffene Umwelt wie Gebäude, Läden, Brücken usw. Zur
Teil bereits angesprochen) auch eine Vermischung zwi-
sozialen Umwelt gehören die Menschen, ihre Interakti-
schen realer und medial vermittelter Umwelt entstehen
onen und die zur menschlichen Interaktion dienenden
kann. Das Spiel „Pokémon Go“ (Abb. 176) ist ein gutes
Organisationen, Werte und Normen. Man kann zur so-
Beispiel dafür.
zialen Umwelt auch Tiere, vor allem Haustiere, rechnen1.
Die Einschaltung von Medien verändert die Wahrneh-
Die Wirkungen der Umwelt auf den Einzelnen hängen
mung mehr oder weniger stark, sie bestimmt maßgebend,
wesentlich davon ab, ob er in häufigen persönlichen
welche Umwelteindrücke entstehen und wie diese wir-
Beziehungen zur Umwelt steht oder ob er nur ab und
ken. Nachfolgend bringen wir noch einige Beispiele, um
zu eher distanzierte Kontakte zu ihr hat. Das führt zur
die durch Medien vermittelte Umwelt zu verdeutlichen:
Unterteilung der sozialen Umwelt in
Die persönlichen Beziehungen zur näheren sozialen
●● nähere Umwelt und
Umwelt (Freunde, Kollegen) werden oft mittels Telefon,
●● weitere Umwelt.
E-Mail, SMS oder per Chat abgewickelt. Durch Einschal-
Die nähere Umwelt umfasst zum Beispiel das Büro, in tung dieser Medien fehlen wesentliche Ausdrucksmit-
dem wir arbeiten, oder die Freunde, mit denen wir leben. tel der nonverbalen Kommunikation, die bei direktem
Die weitere Umwelt umfasst z. B. Organisationen, denen Kontakt den Kommunikationsfluss regeln und die Kom-
wir uns anschließen. munikationswirkung mitbestimmen: Bei der digitalen
Noch eine weitere Unterscheidung ist wichtig: Wir tre- Kommunikation per Chats, SMS etc. versuchen viele
ten mit der Umwelt oft nicht direkt in Beziehung; viele Anwender durch Emoticons bzw. Smileys den verbalen
Umwelteindrücke werden vielmehr durch Medien ver- Äußerungen Nachdruck zu verleihen oder mitzuteilen,
mittelt. ob es sich um ironische bzw. nicht ganz ernstgemeinte
Danach gliedern wir unsere Umwelt in Kommentare gehandelt hat.
●● die Erfahrungsumwelt, das ist die Umwelt, die wir Die weitere physische und soziale Umwelt wird den
durch direkte Kontakte wahrnehmen und Konsumenten überwiegend durch die Massenmedien
●● die Medienumwelt, das ist die Umwelt, die uns indi- erschlossen. Die Wahrnehmung der Umwelt hängt also
rekt durch Medien vermittelt wird. davon ab, wie sie in den Medien präsentiert wird, z. B.
wie Demonstrationen ins Bild kommen oder wie über
Dazu zählen wir neben den klassischen Medien wie
eine Naturkatastrophe berichtet wird.
Fernsehen, Radio, Zeitungen und Zeitschriften etc. auch
das Internet, wenngleich das Internet aufgrund seiner Die im Gedächtnis gespeicherten Umwelteindrücke wer-
Interaktivität und Multimedialität auch als „Hybridme- den mal mehr, mal weniger durch direkte Erfahrungen
dium“ bezeichnet wird. Da wir aber neben der Nutzung geprägt. Beispiele: Die Vorstellungen der deutschen Be-
sozialer Medien (hier ist das Wort „Medium“ schon in- völkerung vom Brexit wurden fast vollständig durch die
vom Fernsehen vermittelte Information geprägt, dagegen
gehen Kenntnisse über die eigene Familie überwiegend
1
Diese Einteilung kann auch zu mehrfachen Zurechnungen
führen. Ein Gebäude (Museum) kann einerseits der physischen
Umwelt zugerechnet werden, andererseits der sozialen Um-
welt, da es eine kulturelle Institution repräsentiert. 2 Beide bilden die „Erlebniswirklichkeit“ des Menschen.
420 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

auf persönliche Erfahrung zurück, zusätzlich auf schrift- (2) durch Medien vermitteltes Wissen über die reale Um-
liche und mündliche Überlieferungen. welt,
Das, was die Konsumenten über ein Produkt oder eine (3) Wissen über irreale Umwelten.
Dienstleistung wissen, wird ebenfalls durch das Zusam- Kinder sind oft noch nicht in der Lage, Realität und Fik-
menspiel von Medien (z. B. Werbung) sowie Einkaufs- tion zu unterscheiden. Sie erleben alle Umwelteindrücke
und Konsumerfahrungen bestimmt. als reale, persönlich gemachte Erfahrungen. Das heißt:
Winterhoff-Spurk (1989) und auch andere Autoren haben Auch die durch Medien vermittelte Umwelt wird zu-
Gedächtnismodelle entwickelt, die diese Herkunft der nächst als Realität interpretiert. Eine empirische Unter-
Vorstellungen aus direkter Erfahrung bzw. Mediener- suchung hierzu stammt von Comer, Bry et al. (2016). Die
fahrung berücksichtigen. Das Gedächtnismodell von Autoren kommen zu dem Schluss, dass Mediennutzung
Winterhoff-Spurk (1989) weist drei Bereiche auf, die Er- (TV und Internet) die Einschätzung der persönlichen
wachsene in der Regel zu differenzieren wissen: Verwundbarkeit beeinflusst (beispielsweise das Empfin-
den, von terroristischen Angriffen oder Umweltkatastro-
(1) durch Erfahrungen erworbenes Wissen über die reale
phen wie Erdbeben bedroht zu sein) und dass sich Kinder
Umwelt,
(insbesondere eher ängstliche Kinder) mit intensivem

Umwelt

Physische Soziale
Umwelt Umwelt

Nähere Weitere Nähere Weitere


Umwelt Umwelt Umwelt Umwelt

 real erlebt
 medial (inkl. Internet) vermittelt
 Mischformen (augmented reality)
Abb. 175: Das System von Um-
weltvariablen

Abb. 176: Das Spiel „Pokémon


Go“ als Verknüpfung von realer
und medial (virtuell) vermittelter
Umwelt (Fotoquelle: Gronau, 2016)

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A. Das System der Umweltvariablen: Erfahrungsumwelt und Medienumwelt 421

Fernseh- oder Internetkonsum besonders stark persön- (2012) belegt beispielsweise, dass neben verschiedenen
lich bedroht fühlen. anderen Faktoren (wie beispielsweise, ob Kinder in ih-
Die gedankliche Trennung von rem realen Leben schikaniert werden), die Gewaltdarstel-
lung in den Medien einen signifikanten Einfluss auf die
●● direkter und medialer Erfahrung,
Aggressivität der Kinder ausübt. Einen sehr guten Über-
●● realer und irrealer Umwelt
blick über 50 Jahre Forschung zum Einfluss der Darstel-
wird allerdings auch bei Erwachsenen nicht immer vor- lung von Gewaltszenen auf Kinder und Erwachsene geben
genommen. Die durch Medien erfahrene Umwelt kann Wiedeman, Black et al. (2016), die zu dem „unausweich-
wie eine persönliche Erfahrung wahrgenommen wer- lichen“ Ergebnis kommen, dass eine klare Beziehung
den. Dabei ist es sogar möglich, dass ein Medieneindruck zwischen der Exposition von Gewalt in den Medien und
noch intensiver und als „realer als die Realität“ erlebt einem Anstieg des Aggressionsverhaltens und aggressiver
werden kann (Elsner, Gumbrecht et al., 1994, S. 184 ff.3). Einstellungen konstatiert werden müsse. De Leuuw und
Gröppel-Klein und Spilski (2009, S. 99): „Zwar existiert Buijzen (2016) machen allerdings darauf aufmerksam, dass
einerseits die normative Ansicht, dass erwachsene Kon- der Medienkonsum auch positive Seiten haben könne. So
sumenten Fiktion und wahres Leben auseinanderhalten könnten bestimmte Disney-Filme, Computerspiele oder
können, Wissen aus den Kategorien „Fakt“ und „Fiktion“ Social Media Ereignisse wie die Ice Bucket Challenge5
nicht miteinander vermischen (Rothmund, Schreier und auch positive Auswirkungen auf das prosoziale Verhalten
Groeben, 2001, S. 34) und diese auch in unterschiedlichen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ausüben.
Gehirnarealen verarbeiten (Abraham und von Cramon, Zudem würden viele Social Media-Nutzer auch gerne
2009)4. Andererseits gibt es seit langem die Diskussion „vorbildliches Verhalten anderer“ weiterleiten. Die Au-
um die negativen Wirkungen von Gewaltdarstellungen in toren fordern dazu auf, dass sich die Forschung stärker
fiktionalen Medien auf das Verhalten von Konsumenten damit beschäftigen sollte, wie die positiven Aspekte des
im realen Leben.“ Eine Studie von Gentile und Bushman Medienkonsums verstärkt werden könnten.

3
Ein hoher Einfluss ist vor allem bei eindrucksstarken
Eine Studie von Konijn, Walma Van der Molen und Van Nes
(vor allem Fernseh-)Inszenierungen, die alle Sinne an-
(2009) beschäftigt sich beispielsweise mit der Frage, wann die
Wahrscheinlichkeit steigt, dass wir Fiktion für Realität anse- sprechen, anzunehmen. Auch die sogenannten „Reali-
hen. Die Autoren manipulierten in ihren Experimenten zum ty-Formate“ des Fernsehens können zu einer weiteren
einen die Emotionen (einmal die Stimmung, in einem zweiten Verschmelzung von realer und irrealer Welt beitragen.
Experiment die Empathie) der Zuschauer und zum anderen Negative Effekte werden von Ward und Carlson (2013)
das Framing eines Films, d. h., sie ließen die Zuschauer im belegt: Das zentrale Ergebnis ihrer Studie mit dem Titel
Glauben, es handele sich entweder um einen fiktionalen Film (deutsche Übersetzung) „Modellierung von Gemeinheit“
oder um eine Dokumentarsendung. Es zeigte sich, dass die
hoch emotionalisierten Zuschauer, denen mitgeteilt wurde,
war, dass das häufige Anschauen von Reality-TV-Sen-
der Film sei eine Fiktion, dem Film einen signifikant höheren dungen zu sozial aggressivem Verhalten führt. Dies
Informationsgehalt und mehr Realitätsnähe zusprachen als konnte sowohl für Männer als auch für Frauen bestä-
die weniger emotionalen Zuschauer. Somit scheint die Emoti- tigt werden, insbesondere dann, wenn dem TV-Format
onalität einen entscheidenden Einfluss auf die Beurteilung des eine besonders hohe Realitätsnähe zugeschrieben wur-
Realitätsgehalts auszuüben. de. Auch Behm-Morawitz, Lewallen und Miller (2015)
4
Neurologische Studien von Abraham, Schubotz und von
kommen hinsichtlich junger Frauen (zwischen 18 und
Cramon (2008) sowie Abraham und von Cramon (2009) unter-
suchen, ob Fiktionen und Realität in unterschiedlichen Gehirn- 25 Jahren) zu ähnlichen Erkenntnissen. Hier ging es um
regionen verarbeitet werden. Dies scheint nach diesen Studien verschiedene Formate (wie „Der Bachelor“ oder „Keeping
der Fall zu sein. Die wiederholte Konfrontation mit realen (im up with the Kardashians“). Die Studie ergab u. a., dass
Vergleich zu fiktionalen) Inhalten führte zu der Aktivierung diejenigen Frauen, die den in den Sendungen präsentier-
bestimmter Gehirnregionen im Präfrontalen Cortex (PFC), die ten Life Style realistisch und erstrebenswert empfanden,
auch relevant sind, wenn autobiographische bzw. selbstreferen-
einen größeren Nutzen in sozial aggressivem Verhalten
zielle Prozesse stattfinden. Das bedeutet, dass reale Charaktere
stärker als „persönlich relevant“ codiert werden als fiktive. sahen. Ist in Zukunft zu erwarten, dass die weitere tech-
Allerdings wählten die Autoren den Politiker George Bush als
5
reale Figur, die Märchenfigur Cinderella als fiktive Person und Mittels der „Ice Bucket Challenge“ (Eiskübelherausforde-
damit eindeutig klassifizierbare Elemente. Es könnte durchaus rung) sollte auf die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsk-
sein, dass die Ergebnisse anders ausgefallen wären, wenn eine lerose (ALS) aufmerksam gemacht werden. Die Herausforde-
nicht so prominente und eindeutig als Fiktion einzuschätzende rung bestand darin, sich einen Eimer eiskaltes Wasser über den
Märchenfigur gewählt worden wäre und man stattdessen den Kopf zu gießen, sich dabei zu fotografieren oder zu filmen und
Probanden einen Spielfilm über einen fiktiven amerikanischen andere zu bitten, dies nachzutun. Damit sollte für die simultan
Präsidenten gezeigt hätte. stattfindende Spendenaktion geworben werden.
422 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

nische Entwicklung zu Smart-TV-Geräten, die Inhalte im also das 3D-Format die höhere Immersion. 3D führte
3D-Format präsentieren, wie auch mögliche Umweltsi- zu einer stärkeren „Präsenz“ („a psychological state in
mulationen am Computer (Cyber-Space) zu einer weite- which virtual objects are experienced as actual objects
ren Auflösung der Grenzen zwischen realer Erfahrung in either sensory or nonsensory ways“ (ebenda, S. 134),
und Medienerfahrung führen wird und es dem Benutzer also zu einer höheren Realitätswahrnehmung und in der
solcher Medien künftig noch mehr erschwert wird, reale Folge zu aggressiverem Verhalten (siehe zu dem Thema
und irreale Umwelt auseinanderzuhalten? auch Dritter Teil, Kapitel C).
Visch, Tan und Molenaar (2010) untersuchten den Einfluss Der Einfluss der Medien ist auch deshalb hoch, da den
der Immersion6 auf die emotionalen Reaktionen und die Menschen oft direkte Erfahrungen mit der Umwelt ganz
kognitiven Genre-Kategorisierungen der Filmzuschauer. fehlen, insbesondere mit der weiteren physischen und so-
Die Immersionsstärke wurde hier durch das Präsentieren zialen Umwelt (siehe z. B. Gao, 2016). Eigene Erfahrungen
eines animierten Films im 3D-Fernsehformat (niedrige fehlen dann als mögliches Korrektiv.
Immersion) oder im CAVE-Format (ein Raum, in dem die Wir halten fest:
dreidimensionale Illusion der virtuellen Realität proji-
ziert wird = hohe Immersion) manipuliert. Die Zuschauer
Einstellung und Verhalten werden also nicht nur von den
sollten ihre emotionalen Eindrücke wiedergeben und die
eigenen Erfahrungen bestimmt, sondern auch von der
gezeigten Filme in verschiedene Kategorien einordnen Medienumwelt geprägt. Bei der Erklärung und Beeinflus-
(z. B. Gehört der präsentierte Inhalt in die Gruppe Ac- sung des Konsumentenverhaltens ist deswegen stets die
tionfilm, Drama, Komödie oder Dokumentation?). Die grundlegende Frage zu stellen, wie das Medienwissen
Ergebnisse zeigen, dass die höhere Immersion zu generell oder die Medienerfahrungen der Konsumenten aussehen.
stärkeren Emotionsempfindungen führte. Die Autoren Die Medienumwelt kann dominant sein. Dadurch entste-
nehmen an, dass das eindrucksvolle CAVE-Format die hen neue Lebenswelten, die das Individuum und seine
Aktivierung (arousal) der Zuschauer erhöhte, was das Umwelt prägen.
stärkere Erlebnis erklären könnte. Allerdings wirkte sich
die Immersion nicht auf die richtige Genre-Einordnung
Nach den vorliegenden Erkenntnissen besteht weitgehen-
aus, d. h., die Probanden konnten auch bei hoher Im-
de Übereinstimmung darüber, dass die Medien die Um-
mersion Filmsequenzen weiterhin den Kategorien Do-
weltwahrnehmung in zunehmendem Maße bestimmen.
kumentarbericht oder Unterhaltungssendung genauso
Es sitzen vermutlich mehr Menschen vor Bildschirmen
richtig zuordnen wie bei geringer Immersion. Gibt dieses
und sehen medial vermittelte Welten, als dass sie „nach
Ergebnis also Entwarnung für die Prognose, dass wir in
draußen“ gehen, um die Wirklichkeit unmittelbar zu
Zukunft aufgrund technischer Errungenschaften noch
erleben. Die Bildvermittlungen und Interaktionsmöglich-
stärker davon ausgehen müssen, dass wir immer weniger
keiten, die Fernsehen, Kino und Internet bieten, können
in der Lage sein werden, reale und irreale Welten zu dif-
irreale Erlebniswelten schaffen, die wir fast wie reale
ferenzieren? Auf den ersten Blick scheint die Studie von
Erlebnisse empfinden können, z. B. in den Weltraum
Visch, Tan und Molenaar (2010) das nahezulegen, doch
aufzubrechen, am Krieg der Sterne teilzunehmen oder
die Ergebnisse zeigen auch, dass die hohe Immersion die
auf Inseln Abenteuer zu erleben. Kroeber-Riel prognos-
emotionalen Prozesse anregt, und es könnte durchaus
tizierte schon 1989 (1989a, S. 260 f.), dass Medienumwelten
sein, dass die Erinnerung an die gezeigten Filme dadurch
auch zu einem Aufbruch im Marketing führen werden,
verändert wird. Dass keine Entwarnung gegeben wer-
zu einem Aufbruch in emotionale Welten der Sehnsüchte
den kann, zeigt auch die Studie von Lull und Bushman
und Träume, die weit über die bisher für Produkte und
(2016). Sie verglichen 2D- mit 3D-Video-Gaming; hier hat
Dienstleistungen realisierten Eindrücke hinausgehen.
Einige der hierzu bereits vorliegenden Erkenntnisse die-
6 Immersion kann als das Eintauchen in eine künstliche Welt ses zunehmend wichtiger werdenden Forschungsfeldes
durch Auflösung der räumlichen Grenzen verstanden werden. sollen in diesem Buch dargelegt werden7.
Visch, Tan und Molenaar (2010, S. 1440) definieren Immersion Medien liefern auch neue Muster für menschliches Er-
„as a feature of display technology determined by inclusion
leben. Tal-Or, Cohen et al. (2010) analysieren die soge-
(the degree to which environmental influences are excluded
from experience), extension (the number of sensory modalities nannte „presumed media influence hypothesis“(PMIH).
addressed), surround effect (panoramic width of sensory im- Danach (siehe auch Davidson, 1983 und den „Third-Per-
pressions) and vividness (display resolution)“. In einem CAVE
(„virtual reality theatre“) ist die Immersion besonders stark
ausgeprägt. Siehe ausführlich das Kapitel „Virtuelle Welten 7 Siehe hierzu auch das Sammelwerk zu Medien im Marketing
und neue Medien“. von Gröppel-Klein und Germelmann (2009b).
A. Das System der Umweltvariablen: Erfahrungsumwelt und Medienumwelt 423

son-Effekt“8) prognostizieren Konsumenten potenzielle tive Einflüsse hinsichtlich Frauendiskriminierung und


Effekte der Medien auf andere Menschen und ändern in Gewaltbereitschaft ausübten; die zweite Gruppe erfuhr,
der Folge ihre eigenen Einstellungen oder ihr Verhalten. dass laut wissenschaftlichen Studien Pornographie se-
Medien-Effekte können somit auch indirekt sein. Ein ty- xuelle Gewalt verhindern könne; und die dritte Gruppe
pisches Marketingbeispiel ist ein Supermarktbesitzer, der erhielt die Information, dass Pornographie sowohl ne-
im Fernsehen Werbung für einen Snack sieht, annimmt, gative als auch positive Konsequenzen habe. Anschlie-
dass Konsumenten sich von dieser Werbung besonders ßend sollten die Probanden mitteilen, inwieweit sie der
angesprochen fühlen, und in der Folge den Snack in ei- Ansicht seien, pornographische Inhalte sollten (staatlich)
ner besonders auffälligen Zweitplatzierung präsentiert. zensiert werden. Die Ergebnisse bestätigten die PMIH,
Tal-Or, Cohen et al. (2010) zeigen anhand von zwei Ex- d. h., Probanden, die dem negativen Befund ausgesetzt
perimenten und zugrunde gelegten Mediationsanaly- waren, befürworteten die Zensur, während Konsumen-
sen auf, dass die von der PMIH postulierten Kausalzu- ten, denen die positiven Effekte mitgeteilt wurden, die
sammenhänge empirisch bestätigt werden können. Die Zensur eher ablehnten. In dem zweiten Experiment der
Autoren manipulierten in ihrem ersten Experiment den Autoren erhielten Probanden Informationen über einen
Zusammenhang zwischen Pornographie-Konsum und zu erwartenden enormen Anstieg des Zuckerpreises und
vorformulierten Einstellungen zu Frauen und sexueller über eine damit einhergehende Zuckerknappheit. In der
Gewalt. Die Versuchspersonen wurden in drei Grup- Folge sollten die Probanden beantworten, ob sie glauben,
pen eingeteilt. Die erste Gruppe las einen Text, in dem dass sich diese Information auf andere Konsumenten
mitgeteilt wurde, dass Wissenschaftler zu dem Schluss auswirken könne, und ob sie deshalb selbst Hamster-
gekommen seien, dass pornographische Inhalte nega- käufe tätigen wollten. Diese Kausalkette konnte bestätigt
werden und damit erneut die PMIH9.
8 „The Third Person Effect in Communication“ geht auf Da-
9
vidson (1983) zurück, siehe ausführlich Dritter Teil, Kapitel Auch in der politischen Kommunikation spielt die PMIH eine
C. Die „Third Person Perspective“ (TPP) hat sich maßgeblich erklärende Rolle (Bernhard und Dohle, 2015).
mit der Frage auseinandergesetzt, wie die durch Medienbe-
richte ausgelöste Einschätzung anderer Menschen zu einer
Veränderung des eigenen Verhaltens führt. Die Diskussion
dieser Forschungsrichtung wird heute unter dem allgemeine-
ren Stichwort „presumed media influence hypothesis“ geführt
(Gunther und Storey, 2003).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen

I. Die physische Umwelt der Konsumenten onale Züge tragen. Das Adjektiv „primär“ soll aber zum
Ausdruck bringen, welcher innere Vorgang überwiegt.
1. Kurze umweltpsychologische Einführung Hellbrück und Kals (2012, S. 13) betonen explizit, dass
sich die Umweltpsychologie mit den „Wechselwirkun-
Die Umweltpsychologie ist eine Disziplin, die sich seit gen zwischen dem Menschen und seinen physischen
den 1970er-Jahren mit der Fragestellung auseinander- und sozio-kulturellen Umwelten befasst. Die Umwelt ist
setzt, ob die physische (materielle) Umwelt (z. B. Gebäu- demnach das „Umgebende, das für das jeweilige Lebe-
de, Landschaften, Einrichtungsgegenstände) einen Ein- wesen Bedeutung besitzt“. Das sind bei menschlichen
fluss auf das Verhalten der in dieser Umwelt lebenden Lebewesen Natur, Zivilisation und Kultur (ebenda, S. 14).
Menschen ausübt und wie die Umwelt im Dienste des Mensch und Umwelt stehen also in einer „dynamischen
menschlichen Verhaltens gestaltet werden kann1. Die Wechselbeziehung“. Diese Einsicht wird durch die pro-
Umweltpsychologie geht dabei von der Erkenntnis aus, grammatische Formel V = f (P, U) – das Verhalten ist eine
dass ein Individuum bestrebt ist, sich seines Umfeldes Funktion von Person und Umwelt – zum Ausdruck ge-
zu bemächtigen, d. h., der Mensch versucht, in einer ihm bracht, die auf die feldtheoretischen Arbeiten von Lewin
unbekannten Umgebung Orientierung zu gewinnen, (1963) zurückgeht und heute als Behavior-Setting-Ansatz
um anschließend die neue Umwelt zu kategorisieren bekannt ist2. Wenngleich Lewin und andere frühe Sozi-
und einen gefühlsmäßigen Gesamteindruck abgeben zu alpsychologen den Umweltbegriff explizit nicht auf die
können (Ittelson, Proshansky und Rivlin, 1977, S. 17). Bei soziale Umwelt beschränkten und theoretisch auch die
der Kategorisierung nutzt das Individuum Hinweisreize, physische Umwelt einbezogen, so wurden doch die Bezie-
sogenannte Environmental Cues. Die Wechselwirkung hungen zwischen Mensch und physischer Umwelt (Land-
zwischen Mensch und Umwelt wird durch mentale Pro- schaften, Straßen, Gebäude, Einrichtungsgegenstände
zesse vermittelt. usw.) in der frühen sozialpsychologischen Forschung
Die Erkenntnisse der Umweltpsychologie sind von erheb- nach Brandstätter (1983, S. 48) weitgehend vernachlässigt.
lichem Wert für das Marketing, beispielsweise in Bezug Im Mittelpunkt standen stets der Mensch und die von
auf eine kundenorientierte Ladengestaltung und Wa- ihm geschaffenen sozialen Beziehungen. Die Umwelt-
renpräsentation (Gröppel-Klein, 2012b). Die Umweltpsy- psychologie fragt dagegen nach den Wechselwirkungen
chologie bedient sich eines interdisziplinären Ansatzes, zwischen Mensch und physischer (materieller) Umwelt.
d. h., Erkenntnisse von Soziologen, Architekten, Gestalt- Die Formulierung einer „Wechselbeziehung zwischen
theoretikern usw. werden berücksichtigt. Je nachdem, ob Mensch und Umwelt“ drückt aus, dass die Umwelt zu-
eher kognitive oder eher emotionale (durch die Umwelt gleich als unabhängige und als abhängige Variable zu
hervorgerufene) Prozesse Gegenstand des wissenschaft- sehen ist.
lichen Interesses sind, spricht man von dem primär kog-
nitiven bzw. dem primär emotionspsychologischen An-
●● Als unabhängige Variable weist sie auf den Einfluss
satz der Umweltpsychologie. Dabei wird keine rigorose der physischen Umwelt auf das Verhalten hin.
Trennung zwischen kognitiven und affektiven Theorien
●● Als abhängige Variable weist sie auf die Gestaltung
vorgenommen; man ist sich bewusst, dass die meisten der Umwelt hin.
psychischen Prozesse sowohl kognitive als auch emoti- Die vorwiegend normativ geführte ökologische Dis-
kussion führt uns die komplexen Wechselwirkungen
1
Die Etablierung der Umweltpsychologie spiegelt sich in vor Augen: die Verschmutzung und Schädigung der
der 1981 erfolgten Gründung des „Journal of Environmen- Umwelt durch den Menschen (abhängige Variable) und
tal Psychology“ wider. Ebenfalls relevant sind die Zeitschrift die Auswirkungen dieser Umwelt auf den Menschen
„Environment & Behavior“, das Handbuch „Environmental (unabhängige Variable). Die Umweltpsychologie bietet
Psychology“ (2002) von Bechtel und Churchman, der Klassiker wesentliche Ansatzpunkte, um sich mit dieser Proble-
„Räume des Alltags“ von Mehrabian (1978, 1987), das Sammel-
werk von Lantermann und Linneweber (2008), darin z. B. der
Artikel von Graumann und Kruse (2008), sowie die Veröffent- 2
Siehe hierzu Russell und Ward (1982, S. 652 ff.) sowie Hell-
lichungen von Hellbrück und Kals (2012) oder Gifford (2015). brück und Kals (2012, S. 19).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 425

matik auseinanderzusetzen und sozialtechnische Lö- ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebensqua-
sungswege zu erarbeiten. Dabei sind seit einigen Jahren lität des Menschen (Graumann und Kruse, 2008, S. 46).
auch das Forschungsfeld und die praktische Ausübung Schließlich befasst sich die Disziplin seit einigen Jahren
der „Umweltmediation“ immer bedeutsamer geworden. auch mit virtuellen Räumen (Vilar, Rebelo und Noriega,
Mediation wird hier für Umweltkonflikte durchgeführt, 2014). Die Erkenntnisse können aus Marketingsicht z. B.
um so in außergerichtlichen Verfahren einvernehmliche gewinnbringend für die Gestaltung von Online-Shops
Lösungen zu suchen, wodurch auch festgefahrene Prob- genutzt werden.
leme nachhaltig gelöst werden können und zukünftige Im Folgenden beziehen wir uns auf kognitive und emo-
Konflikte zwischen den Parteien vermieden werden sol- tionspsychologische Ansätze5 der Umweltpsychologie,
len (Hellbrück und Kals, 2012, S. 117). Das Reagieren auf die vor allem für die Analyse von (realen und virtuellen)
Umweltsituationen ist vorwiegend gelernt, es kann aber Ladenumwelten bedeutsam sind.
auch auf ererbte Prädispositionen zurückgehen. Einen
guten Überblick über dieses Thema gibt der Beitrag von 2. Kognitive Ansätze: Gedankliche Lagepläne beim Einkauf
Plomin, DeFries et al. (1999)3.
Eine erhebliche Bedeutung für das Kaufverhalten hat die
Entscheidend für die Reaktionen des Individuums ist Orientierungsfreundlichkeit einer Einkaufsumgebung.
seine subjektive Wahrnehmung. Sie ist vom Wissen und Das gilt freilich nicht nur bei großflächigen Hypermärk-
von den Motiven abhängig, die vom Individuum in einer ten oder Shoppingcentern, auch in kleinflächigeren Ge-
bestimmten Umweltsituation aktiviert werden. Bei der schäften möchte der Konsument kognitive Entlastung
Formulierung von Gesetzmäßigkeiten zur Mensch-Um- durch schnelle Auffindbarkeit der für ihn relevanten
welt-Beziehung hat man demzufolge auf der einen Seite Produkte erfahren. Schließlich kann der Kunde nur
die Merkmale der Umweltsituation, auf der anderen Seite kaufen, was er wahrnimmt. Dabei zeichnet sich der
persönliche Merkmale des Individuums in Betracht zu Konsument nicht gerade durch besondere Geduld beim
ziehen. Suchen aus: Entweder er gibt resigniert auf (Umfragen
Bevorzugtes Thema der Umweltpsychologie ist die Ab- belegen, dass z. B. in SB-Warenhäusern jeder fünfte ge-
hängigkeit des menschlichen Verhaltens von der phy- plante Produktkauf verschoben oder ganz verworfen
sischen Umgebung, die durch Wohnungen, Fabriken, wird, weil der Kunde das gewünschte Produkt nicht
Büros, Schulen, Geschäfte, Gefängnisse, Verkehrsmit- finden kann) oder er versucht, beim Verkaufspersonal
tel usw. geschaffen wird. Dabei spielt der Begriff des Hinweise auf den Standort der interessierenden Ware zu
Raumes oder Ortes (place) eine zentrale Rolle, denn die erhalten. Der überwiegende Anteil der Kundenanfragen
physische Umwelt ist stets räumlich organisiert. Zudem beim Personal besteht aus reinen Orientierungsfragen
werden auch die Beziehungen zwischen Menschen im (Wo finde ich was?), wodurch das Personal weniger Zeit
Raum untersucht. Sie können durch Stichworte wie Be- für die eigentliche Beratung hat. Neben dem Zeitverlust
völkerungsdichte und Massierung (Überfülle in Räu- für die Mitarbeiter muss ein weiterer Effekt berücksich-
men, siehe das Stichwort „crowding“ in diesem Kapi- tigt werden  – fehlende Orientierung dürfte auch die
tel), Territorialität, persönlicher Raum und Privatsphäre Einstellung der Kunden zur Einkaufsstätte verändern:
gekennzeichnet werden. Es gibt zum Beispiel Untersu- Verwirrung führt zu Enttäuschung. Beim Online-Shop-
chungen darüber, wie Studierende in der Bibliothek oder ping ist die Navigation in Sekundenschnelle möglich,
Urlauber am Strand „ihr Territorium“ abgrenzen, wie sie im stationären Handel verbringen die Kunden dagegen
auf ein Eindringen in dieses Territorium reagieren usw4. oft 80 % der Zeit mit der Produktsuche und nur 20 %
Im Rahmen der Umweltpsychologie werden schließlich mit den Produktentscheidungen (Otterbring, Wästlund
auch die Umweltressourcen und -risiken diskutiert und et al., 2014, Sorensen, 2009). Der stationäre Einzelhan-
del hat die Bedeutung dieses Faktors durchaus erkannt.
3
Wichtig ist hier nach Plomin, DeFries et al. (1999, S. 221) die
So werden heute bereits in verschiedenen Geschäften
Schnittstelle zwischen Anlage und Umwelt, also „die Geno- computergestützte Informationsterminals eingesetzt
typ-Umwelt-Interaktion, die genetisch bedingte Empfänglich- (z. B. bietet die SB-Warenhauskette Globus den „Pro-
keit für Umwelteinflüsse“ (Plomin, DeFries et al., 1999, S. 214). duktfinder“ an). Andere Händler wie Walmart haben
Über die in diesem Buch schon angesprochene Zwillingsfor- eine App für das Smartphone entwickelt, die nicht nur
schung kann geprüft werden, ob das Verhalten ererbt ist oder
nicht.
4 5
Zu spezielleren Forschungsschwerpunkten wie der Wirkung Die nachfolgenden Ausführungen zur Umweltpsycholo-
von Gefängnisfassaden siehe Kroeber-Riel, Jung und Esch gie orientieren sich an verschiedenen Veröffentlichungen von
(1994), zur Stadtplanung siehe Czaplicki und Rothe (2004), zu Gröppel-Klein und übernehmen Passagen von Gröppel-Klein
Gemeinschaftsgärten siehe Martens (2015). (2012b; 2019).

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426 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Sonderangebote, Rabatte und Coupons mit Angeboten schen die Fähigkeit des Menschen, räumliche Umwelten
der Hersteller integriert, sondern auch serviceorientierte wahrzunehmen, zu begreifen und sich ihrer zu erin-
Funktionen beinhaltet, z. B. eine Einkaufsliste, die sich nern. In diesem Zusammenhang wird auch von mentaler
über eine Sprachsteuerung bedienen lässt, einen Bar- Kartographie oder von Mental Maps gesprochen (um
code-Scanner und schließlich Navigationshilfen, die den damit die Art der Gewinnung von Vorstellungsbildern
Kunden zu den Standorten der gewünschten Produkte zu charakterisieren). Auch für den Einzelhandel ist es
führt. Ebenso gibt es Einkaufswagen mit integrierten von größter Bedeutung, dass die Konsumenten über
(mobilen) persönlichen Einkaufsassistenten. Mental Maps („kognitive Landkarten“) von Geschäften
Es ist – z. B. aufgrund von Bedienungs- oder Zeitproble- und Einkaufsregionen verfügen. Diese kognitiven Land-
men – allerdings zu bezweifeln, dass durch den Einsatz karten müssen nicht unbedingt tatsächlich „kartenähn-
von elektronischen Terminals alle Probleme der Orientie- lich“ sein (Schneider, 1990, S. 270): Die Speicherung einer
rung von Konsumenten am Point-of-Sale gelöst werden räumlichen Umwelt zum Zweck der Orientierung kann
und die Convenience-Orientierung erhöht wird. Auch sowohl Informationen über räumliche Bezüge zwischen
Kostengründe (Anschaffungs-, permanente Wartungs- Objekten („Das Produkt X liegt im ersten Regal links
kosten) mögen viele Händler von der Investition in solche neben dem Eingang“) als auch bildlich-analoge Elemente
Terminals abschrecken. Die App-Lösung ist sicherlich (z. B. auffällige Farbe des Regals) enthalten. Die kogni-
vielversprechender, da sie kostengünstiger ist und Kon- tive und praktische Fähigkeit des Konsumenten, sich in
sumenten inzwischen gelernt haben, mit solchen Apps räumlichen Umgebungen zurechtzufinden, wird auch als
gut umzugehen. Dennoch ist auch hier nicht zu erwarten, „Wayfinding“ bezeichnet (Golledge, 1999, S. 24).
dass sich alle Kundengruppen mit ihrem Smartphone Das Vorhandensein von klar geordneten Lageplänen
durch die Läden führen lassen, zum einen, da nicht alle der räumlichen Umwelt „Einkaufsstätte“ (Wissen über
Konsumenten beim Betreten eines Geschäfts sofort eine die Lage von bestimmten Geschäften, Sortimenten, Ser-
App herunterladen, zum anderen, da Konsumenten ihre viceeinrichtungen, Fahrstühlen und Rolltreppen usw.)
Wege lieber selbstbestimmt suchen. Zudem erwarten sie konnte in verschiedenen empirischen Studien (z. B. Bost,
von den Geschäften schlicht eine orientierungsfreundli- 1987; Gröppel, 1991; Sommer und Aitkens, 1982; Kitchin,
che Atmosphäre (Dräger, 2011, S. 196, auch diverse Um- 1994, Esch und Thelen, 1997; Groeppel-Klein und Helf-
fragen am IKV belegen dies). Für den Einzelhandel ist es gen, 2016)) als Erfolgsfaktor für die wahrgenommene
daher von größter Bedeutung, dass sich Konsumenten Einkaufsbequemlichkeit des Konsumenten während des
in den Geschäften auch ohne technische Unterstützung Einkaufs nachgewiesen werden.
leicht orientieren und die gewünschten Produkte quasi Sommer und Aitkens (1982) stellten in einer Untersuchung
„intuitiv“ finden können. fest, über welche internen Lagepläne die Konsumenten in
Die kognitiv-orientierten Umweltpsychologen befassen Supermärkten verfügen. Zu diesem Zweck wurden den
sich mit der „Geographie des Geistes“, d. h., sie erfor- Konsumenten (n = 120) Lagepläne von bestimmten, ihnen

25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15

Regalflächen Abb. 177: Gedanklicher Lageplan


beim Einkauf im Supermarkt
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 427

bekannten Supermärkten vorgelegt. Sie sollten anhand bestätigen. Die erste der in zwei Discountern erhobe-
des Lageplans elf vorgegebene Produkte durch Zeigen der nen Studien belegt, dass die Produkte in den Außen-
Position einordnen (ein sogenanntes Pointing-Task-Expe- gängen signifikant besser erinnert wurden als die der
riment). Auf die Frage nach den Standorten der elf vorge- Innengänge (von den richtig platzierten Produkten be-
gebenen Produkte wurden 86 % der möglichen Standorte finden sich 70 % in den Außengängen und 30 % in den
genannt, von diesen Nennungen waren aber nur 40 % inneren Gängen). Hier wurde bei der Auswertung ein
zutreffend. Zwischen den Supermärkten gab es keine Un- geographisches Informationssystem (GIS) verwendet,
terschiede. Auch Alter und Geschlecht wirkten sich nicht das automatisch die Entfernung eines in einem Lage-
auf die Antworten aus. Interessant ist nun Folgendes: plan eingezeichneten Produktes zu dem tatsächlichen
Wenn der Standort von Produkten zutreffend angegeben Standort vergleicht (Abb. 178). Es zeigte sich, dass mit
wurde, so handelte es sich zu 90 % (Durchschnitt unter Hilfe dieser in der Geographie verwendeten Methode
allen Befragungsbedingungen) um solche Produkte, die auch die mentale Kartographierung von Produkten in
am Rand – in den peripheren Lagen – des Supermarktes die Regale eines Supermarktes erfasst und anschließend
untergebracht waren. Die Standorte der Produkte in den geprüft werden kann, ob eine vor dem Einkauf mehr
zentralen, inneren Lagen des Supermarktes waren weit- oder weniger hohe richtige Trefferquote einen Einfluss
gehend unbekannt, das heißt, sie waren nicht in den inter- auf psychische Reaktionen (z. B. subjektiv empfundener
nen kognitiven Lagekarten der Konsumenten verzeichnet Einkaufskomfort, Weiterempfehlungsabsicht) und die
(Abb. 177). Das Ergebnis lässt sich damit erklären, dass Höhe der anschließend eingekauften Waren ausübt. Ein
es in den inneren, zentralen Raumbereichen weniger ins weiteres in zwei Discountern durchgeführtes Experiment
Auge fallende Markierungen und Orientierungspunkte (Gröppel-Klein und Bartmann, 2009) belegt zudem, dass
wie Eingänge, Ausgänge, Treppen, Tafeln, Farbflächen neben der Platzierung von Produkten (Innen- vs. Außen-
usw. gibt. Solche Markierungen befördern das Zustan- gänge) die Laufrichtung von Geschäften (mit vs. gegen
dekommen von orientierungsfreundlichen Lageplänen. den Uhrzeigersinn) den Aufbau präziser Mental Maps
Auch Erkenntnisse der Forschung zum „Wayfinding“ beeinflusst. Die Autoren verglichen zwei Discounter ei-
zeigen, dass sich Konsumenten an markanten Wegzei- ner Kette, die sich wie Zwillinge glichen in Bezug auf Sor-
chen, Kreuzungen und Orientierungspunkten ausrichten timent, Preisniveau, Ladengestaltung, Kundenfrequenz
(Hackett, Foxall und Van Raaij, 1993, S. 389) oder an (auch und Kundenstruktur. Jedoch wurden die Kunden einmal
digitalen) Beschilderungen im Geschäft („in-store signa- im, ein anderes Mal gegen den Uhrzeigersinn durch das
ge“, siehe Otterbring, Wästlund et al., 2014). Geschäft geführt, die Produkte waren „quasi spiegelbild-
Gröppel-Klein und Bartmann (2009) konnten die we- lich“ angeordnet. Das Ladenlayout, das die Konsumenten
sentlichen Befunde von Sommer und Aitkens (1982) im Uhrzeigersinn durch das Geschäft führt, ist in Bezug

GIS Auswertung

= von Person 1
eingezeichneter
Standort „Gurken“

= tatsächlicher
Standort „Gurken“

= Wegenetz

= Distanz zwischen
eingezeichnetem und
tatsächlichem Standort

Abb. 178: Auswertung mit geogra-


phischen Informationssystemen Präzision der Mental Map gemessen in Metern: Distanz zwischen den
(Quelle: Groeppel-Klein und Bart- eingezeichneten und tatsächlichen Standorten der Produkte.
mann, 2009, S. 53)
428 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

auf die Ergebnisse der Pointing-Task Aufgabe (höhere dann müsste sich dies zum einen in weiteren Betriebsfor-
Trefferquote) sowie auf die subjektiv empfundene Orien- men des Handels zeigen und zum anderen müssten sich
tierungsfreundlichkeit dem Vergleichslayout überlegen. die Mental Maps auch bereits bei einem ersten Besuch
Neben Pointing-Task Experimenten müssen zur Über- besser ausbilden.
prüfung der Orientierungsfreundlichkeit eines Layouts Am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung wur-
auch vor Ort Suchaufgaben gestellt werden, bei denen den verschiedene Feldexperimente durchgeführt (siehe
Konsumenten und Konsumentinnen gebeten werden, vor- zusammenfassend Gröppel-Klein und Helfgen, 2016),
gegebene Produkte einzukaufen. Die Probanden werden um diese Fragen zu klären. Wie verändert das Im- vs.
während dieser Suchvorgänge unbemerkt beobachtet. Als Gegen-den-Uhrzeigersinn-Layout die Mental Maps,
Resultat erhält man Hinweise über besonders problema- wenn die Kunden zum ersten Mal in ihrem Leben durch
tische Produkte, Angaben über das Verhalten, z. B. wer ein Geschäft gehen? Dazu wurde eine Studie6 in einem
gezielt die richtigen Standorte aufsucht (= effiziente Sucher Buchgeschäft in Trier durchgeführt. Trier zeichnet sich
oder Kurzstreckenkunden) und wer dagegen ungezielt dadurch aus, dass es dort sehr viele Touristen (Erstbesu-
umherirrt (= ineffiziente Sucher oder Langstreckenkun- cher) gibt, die somit das ausgesuchte Buchgeschäft nicht
den), wer Nachfragen beim Personal oder bei anderen kennen konnten. Die Touristen wurden angesprochen
Kunden durchfürt. Zudem erhält man Informationen über und gebeten, drei verschiedene Bücher zu suchen. Die
die Suchzeit und Trefferquote. Diese Werte können dann ungefähre Position des ersten Buches wurde mitgeteilt
auch als Vergleichsmaßstäbe nach Umbauten (z. B. Vorher- und anschließend den Probanden erklärt, dass eine
vs. Nachher-Trefferquote) oder zwischen unterschiedli- Fortbewegung entlang der Wände dazu führen würde,
chen Geschäften oder Filialen dienen. Als Kovariate muss dann auch die beiden anderen finden zu können. Bei der
dabei stets der Grad der Vertrautheit der Kundschaft mit „Im-Uhrzeigersinn-Layout“ Führung mussten die Kon-
der Umwelt erfasst werden (mit steigender Vertrautheit mit sumenten und Konsumentinnen zuerst Buch A, dann B,
der Umwelt steigt die Fähigkeit, Objekte wie z. B. Geschäfte dann C suchen (alles zum damaligen Zeitpunkt bekannte
genau zu lokalisieren, daher sollten Experimental- und Titel). Durch diese Instruktion (das Bewegungsverhalten
Kontrollgruppe in Bezug auf diese Variable übereinstim- wurde unbemerkt beobachtet und somit kontrolliert)
men). Auch die Beobachtungsdaten belegen bei den unter- konnte sichergestellt werden, dass die Versuchsperso-
suchten Discountern eine Überlegenheit des „Im-Uhrzei- nen im Uhrzeigersinn durch das Geschäft gingen. Bei
gersinn-Layouts“. Hier waren signifikant mehr effiziente der zweiten Gruppe von Probandinnen und Probanden
Sucher zu identifizieren als im „Gegen-den-Uhrzeiger- mussten genau dieselben Bücher gesucht werden, dieses
sinn-Layout“ (Gröppel-Klein und Bartmann, 2009). Dies Mal jedoch in genau umgekehrter Reihenfolge (erst C,
ist vermutlich auf zwei angeborene Verhaltenstendenzen dann B, dann A). Hierdurch konnte gewährleistet wer-
zurückzuführen: Bei (rechtshändigen) Konsumenten und den, dass die zweite Kundengruppe gegen den Uhrzei-
Konsumentinnen ist aufgrund einer erhöhten Dopamin- gersinn durch das Geschäft geht. Anschließend wurden
konzentration in der linken Gehirnhälfte ein „Rechtsdrall“ die Versuchspersonen aus dem Geschäft herausgeführt
(also weg von der linken Gehirnhälfte) zu beobachten, der und auf der Straße weiter interviewt; sie standen dabei
dazu führt, dass sich Rechtshänder automatisch eher den mit dem Rücken zu dem Geschäft, sodass sie aus der
rechts von ihnen liegenden Produkten in einem Geschäft Erinnerung antworten mussten. Die Probanden wurden
zuwenden. Zudem haben Konsumenten und Konsumen- gebeten, auf einer Karte (Pointing-Task-Experiment) an-
tinnen auch eine unweigerliche Wandorientierung, d. h., zuzeigen, wo sich in dem Geschäft andere Büchergenres
sie bewegen sich in Räumen auf die Wände zu, wie sozi- (z. B. Krimis) oder Einrichtungsgegenstände (z. B. Kasse,
alpsychologische Experimente seit Jahrzehnten immer Treppe) befanden. Mithilfe der richtigen Einordnung
wieder bestätigen (siehe ausführlich Gröppel-Klein und wurde überprüft, wie akkurat die Mental Map, also die
Bartmann, 2009). Zusammengenommen fördert somit interne Lagekarte der Konsumenten und Konsumen-
ein „Im-Uhrzeigersinn-Layout“ zumindest in den Au- tinnen ausgeprägt war. Das Ergebnis war deutlich: Ver-
ßengängen eine stärkere Wahrnehmung von Produkten suchspersonen, die zuvor im Uhrzeigersinn durch das
die rechts und links (an der Wand) liegen, während ein Geschäft geführt wurden, waren anschließend besser in
„Gegen-den-Uhrzeigersinn-Layout“ aufgrund der Wand- der Lage, korrekt wiederzugeben, wo sich weitere Pro-
orientierung und des Rechtsdralls die Blicke der Kund- dukte oder Einrichtungsgegenstände in dem Geschäft
schaft nur auf die rechts liegenden Produkte – und damit befunden hatten. Die Trefferquote war signifikant höher.
auf potenziell weniger Produktkontakte – lenkt.
Wenn das „Im-Uhrzeigersinn-Layout“ aufgrund dieser
beiden angeborenen Verhaltenstendenzen überlegen ist, 6 In Zusammenarbeit mit der Masterstudentin Tina Schömer.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 429

Schließlich wurde in einem großen SB-Warenhaus eine Auch eine Verbundpräsentation kann eine entscheidende
dritte Studie durchgeführt. Das für die Untersuchung Rolle für die Orientierungsfreundlichkeit aus Kunden-
ausgewählte SB-Warenhaus zeichnet sich durch die Be- sicht spielen. Nach Mehrabian (1987) besteht die indivi-
sonderheit aus, dass es zwei Eingänge hat. Die Wahl des duelle Suchlogik der Kunden darin, dass sie bedarfsver-
Eingangs ist erfahrungsgemäß abhängig von der Wahl wandte Produkte in räumlicher Nähe erwarten. Die in
des Parkplatzes. Durch die verkehrstechnische Führung „brain scripts“ gespeicherten Assoziationsketten würden
werden diejenigen Kunden, die im Norden oder Westen beim Kunden so nicht zersplittert, sondern verstärkt.
der Stadt wohnen, normalerweise auf den linken Park- Zudem führten Kunden häufiger erinnerungsgesteuerte
platz geführt und bevorzugen in der Regel den dann Impulskäufe durch und zusätzlicher Bedarf nach artver-
näheren linken Eingang, während all die Kunden, die wandten Gütern oder Zusatzprodukten könne geweckt
im Osten oder im Süden der Stadt wohnen, in der Regel werden. Die Ergebnisse eines Experiments von Gröppel
den rechten Parkplatz bevorzugen und damit auch den (1991) zeigen, dass eine Verbundpräsentation nicht nur
Eingang rechts wählen. Mit dieser Studie konnte also kognitiv entlastend wirkt, sondern (wenn das Sortiments-
überprüft werden, ob regelmäßig in dem Warenhaus thema mit entsprechenden Dekorationsgegenständen
einkaufende Personen, die entweder den linken oder unterstützt wird) dass gleichfalls ein signifikant positi-
den rechten Eingang wählen und damit im oder gegen verer emotionaler Eindruck von dem Verkaufsraum, eine
den Uhrzeigersinn durch das Geschäft gehen, über un- bessere funktionale Beurteilung der Ware, eine positivere
terschiedlich gute Ortskenntnisse verfügen. Erneut lau- Einkaufsstimmung, eine individuellere Ausstrahlung
tete die Hypothese, dass Kunden, die Im-Uhrzeigersinn des Verkaufsraums sowie eine längere Verweildauer und
(vs. Gegen-den-Uhrzeigersinn) einkaufen über bessere eine größere Ausgabebereitschaft im Vergleich zu einer
(schlechtere) Mental Maps verfügen. räumlich getrennten Präsentation erzielt werden. Ebenso
Die Konsumenten wurden zunächst befragt, welchen zeigen Studien von Ebster, Wagner und Bumberger (2007)
Eingang sie normalerweise präferieren. Anschließend sowie von Berger und Fitzsimons (2008) die Überlegen-
wurden sie zu ihrem Lieblingseingang geführt und ge- heit der Verbundpräsentation.
beten, verschiedene Produkte im Markt zu suchen. Die- Interessante Abhandlungen, die hier ebenfalls erwähnt
se Produkte waren überall im Markt verstreut. Bei der werden sollen, auch wenn sie nur entfernt zu der Über-
Suchaufgabe wurden die Probanden beobachtet und Su- schrift „Kognitive Ansätze der Umweltpsychologie“
cherfolge, Suchzeiten und zurückgelegte Wegstrecke (in passen, sind die Beiträge von Valenzuela, Raghubir und
Metern) notiert. Konsumenten und Konsumentinnen, die Mitakakis (2012) sowie Valenzuela und Raghubir (2015).
normalerweise den linken Eingang bevorzugen, brauch- Die Autoren konnten u. a. feststellen, dass Konsumenten
ten signifikant weniger Zeit (7:13 min zu 9:32 min), um hartnäckig an bestimmte Platzierungsregeln seitens des
die sechs verschiedenen Produkte erfolgreich zu finden Handels glauben, dass z. B. beliebte Produkte in der Mitte
als diejenigen, die den Eingang rechts präferieren. Sie des Regals stünden, teure Produkte dagegen auf den
brauchten auch weniger Wegstrecke für diese Suchauf- oberen Regalböden und dass Sonderangebote an den
gaben. Die Zufriedenheit mit dem SB-Warenhaus war Enden der Auslage präsentiert würden. Solche Regeln
bei beiden Gruppen hoch, doch die Im-Uhrzeigersinn können das Orientierungsverhalten der Konsumenten
einkaufenden Kunden waren noch zufriedener (p < 0,05). beeinflussen. Ebenso kann die Art der Platzierung (z. B.
Drei verschiedene Studien kommen somit im Prinzip Platzierung in Bückhöhe) auch Effekte auf die Bewertung
zu dem gleichen Ergebnis: Die Orientierungsfreund- der Produktattribute, z. B. geringere Qualität (Valenzuela
lichkeit ist im Im-Uhrzeigersinn-Layout höher als im und Raghubir, 2015) oder den Preis ausüben (Cai, Shen
Gegen-den-Uhrzeigersinn-Layout. Konsumenten und und Hui, 2012).
Konsumentinnen belohnen eine höhere Orientierungs- Untersuchungen von Marchini, Diotallevi et al. (2015),
freundlichkeit mit höherer Kundenzufriedenheit. Pizzi und Scarpi (2016) sowie Gu und Liu (2013) beschäf-
tigen sich ebenfalls mit der Frage, wie Produkte aus Kun-
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass genaue densicht in den Regalen optimal angeordnet sein sollten.
Mental Maps7 die subjektiv empfundene Orientierungs- Zusammenfassend lässt sich sagen:
freundlichkeit der Einkaufsstätte erhöhen, welche wie- ●● Produkte in Augenhöhe werden bevorzugt wahrge-
derum das Annäherungs- und Ausgabeverhalten der
Konsumenten gegenüber der Einkaufsumwelt beeinflusst.
nommen.

7 Zu den Methoden zur Messung der Orientierungsfreundlich- trukt, der sogenannten Retail Shopper Confusion, beschäftigen
keit siehe auch Bartmann (2010). Mit einem verwandten Kons- sich Garaus, Wagner und Kummer (2015).
430 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

●● Die Breite des Sortiments kann durch die horizontale bestimmte Moderatoren berücksichtigt werden müssen,
Anordung präsentiert werden, während die Tiefe des um den Choice Overload-Effekt nachweisen zu können.
Sortiments durch vertikale Anordnung verdeutlicht Dazu zählen nach Chernev, Böckenholt und Goodman
werden kann. Eine solche Regalanordnung führt zu (2015) vor allem die Komplexität der Produkte und die
hoher Kundenzufriedenheit. Topmarken sollten am wahrgenommene Schwierigkeit der Entscheidungsauf-
Rand platziert werden. gabe. Ebenso spielt das „Entscheidungsziel“ („decision
●● Ähnliche Produkte sollten in räumlicher Nähe zu- goal“) eine Rolle, darunter verstehen die Autoren das
einander stehen, da sonst der Suchaufwand für die Bestreben der Konsumenten, eine Entscheidung ohne
Konsumenten zu hoch wird. großen kognitiven Aufwand treffen zu können. Je stärker
diese drei Faktoren sowie die Unsicherheit hinsichtlich
Schließlich kann an dieser Stelle auch eine zu große Aus-
der eigenen Präferenzen ausgebildet sind, desto höher ist
wahl (also zu viele, zu tiefe Sortimente, z. B. in SB-Waren-
die Wahrscheinlichkeit eines Choice Overload-Effekts.
häusern) als Problem benannt werden; zu viel Auswahl
Diese Studien zeigen erneut das Zusammenspiel von
kann auf der einen Seite die subjektiv wahrgenomme-
Produktpräsentation, Orientierung und Kundenzufrie-
ne Orientierung beeinträchtigen: Wir haben im Kapitel
denheit.
Zweiter Teil, D (Entscheidungsverhalten) schon auf das
Choice Overload-Problem (auch „Overchoice“-Effekt“ In Einkaufszentren spielen Mental Maps eine besonders
genannt) aufmerksam gemacht. Auf der anderen Seite wichtige Rolle zur Erklärung und Prognose des Konsu-
wird eine große Auswahl durchaus als Erfolgsfaktor für mentenverhaltens (siehe auch Besemer, 2004). Foxall und
Handelsbetriebe angesehen und befriedigt das Motiv Hackett (1992) untersuchten in einer empirischen Studie,
„Variety Seeking“, wie auch die bereits angesprochene wie sich Konsumenten in einem Einkaufszentrum orien-
Studie von Aydinli, Gu und Pham (2017) belegt. Danach tieren und bestimmte Geschäfte im Zentrum lokalisieren.
mögen Konsumenten größere Sortimente nicht nur Dabei zeigte sich, dass sich die Befragten vor allem an
wegen der größeren Auswahl und der damit einherge- die Lage großer Ankermieter (z. B. Supermärkte) und
henden Möglichkeit des Variety Seeking, sondern auch der sogenannten „sekundären Anziehungspunkte“ (z. B.
wegen einer höheren Entscheidungsflexibilität. Die eben- Banken, Restaurants, sonstige Serviceanbieter) erinnern
falls schon kurz dargelegte Metaanalyse (auf der Basis konnten und sich beim Weg durch das Zentrum an Ge-
von 50 Experimenten) von Scheibenhenne, Greifeneder schäften beider Typen orientierten (Foxall und Hackett,
und Todd (2010) griff dieses Für und Wider auf, um zu 1992, S. 323 ff.). Das Ergebnis macht deutlich, dass sich
prüfen, ob ein Choice Overload-Effekt nachgewiesen Konsumenten im Einkaufszentrum nicht nur an Weg-
werden kann (oder nicht). Das Ergebnis ist einerseits marken, Kreuzungen und anderen architektonischen Ele-
ernüchternd, denn die Metaanalyse weist eine Effekt- menten orientieren, sondern auch prägnante Geschäfte
stärke von nahezu „Null“ auf, allerdings mit erheblichen im Einkaufszentrum (z. B. große Ankermieter wie H&M
Varianzen zwischen den Studien. Das bedeutet, dass oder Saturn) nutzen, um sich zurechtzufinden. Eine in
die 50 Studien zusammengefasst nicht zu einem klaren einem deutschen Einkaufszentrum durchgeführte Studie
Ergebnis kommen, man also weder von einem eindeutig (Gröppel-Klein, Bartmann und Germelmann, 2006) bestä-
positiven, noch von einem eindeutig negativen Effekt tigt diese Ergebnisse; auch hier spielten Ankermieter eine
einer zu großen Auswahl auf die Kundenzufriedenheit prägende Rolle bei der Formierung von Mental Maps.
ausgehen kann. Dieses Ergebnis deckt sich aber mit der Eine weitere Studie von Germelmann (2003) zeigt auf,
Theorie, gibt es doch genauso bedeutsame Argumente dass positive innere Vorstellungsbilder von komplexen
für wie gegen die Annahme des „Overchoice-Effekts“. Einkaufsumgebungen auch einen Einfluss auf zukünftiges
Die Autoren identifizieren jedoch einige wesentliche Mo- Kaufverhalten ausüben. Schließlich kommt auch eine
deratorvariablen, die erklären können, wann der Effekt Umfrage von Hagemann, Presting und Kluge (2013) zu
einsetzt. Eine wichtige Rolle spielt, ob die zur Auswahl dem Schluss, dass die Orientierungsfreundlichkeit (die
angebotenen Alternativen in einer für den Kunden nach- Autoren unterteilen diese noch einmal in „Lesbarkeit“ =
vollziehbaren Ordnung präsentiert werden, z. B. eine Vor- „sich zurechtfinden“ und „Kohärenz“ = „Strukturen ent-
ab-Kategorisierung stattgefunden hat: „Categories make decken“) einen entscheidenden Einfluss auf die Verweil-
it easier to navigate the choice set and decrease the cogni- dauer und Wiederbesuchsabsicht in Einkaufszentren hat.
tive burden of making a choice, especially in unfamiliar Interessant ist auch eine Untersuchung von Foreman,
situations“ (Scheibenhenne, Greifeneder und Todd, 2010, Stanton-Fraser et al. (2005), die zeigen, dass ein „Trai-
S. 419). Auch die später durchgeführte Metaanalyse (auf ning“ mittels „virtueller Rundgänge“ die Orientierungs-
der Basis von 99 Studien, n = 7201) von Chernev, Böcken- freundlichkeit steigern kann. In ihrem Experiment ließen
holt und Goodman (2015) kommt zu dem Schluss, dass sie einen Teil der Probanden zunächst an einem Compu-

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 431

ter eine virtuelle Tour durch ein real existierendes Ein- Abb. 179 zeigt, wie eine Gestaltung eines Supermarkts
kaufszentrum absolvieren, ein anderer Teil nahm hieran nach den kognitiven Strukturen der Konsumenten com-
nicht teil. Im Anschluss mussten die Versuchspersonen putergestützt vorgenommen werden kann. Die Proban-
verschiedene Orientierungsfragen und -aufgaben im den können bei dem vom Institut für Konsum- und
tatsächlichen Einkaufszentrum bewältigen. Hier wa- Verhaltensforschung entwickelten Mapping die verschie-
ren diejenigen Probanden effizienter, die zuvor an dem denen, als Pictogramme gestalteten Oberwarengruppen
virtuellen Training teilgenommen hatten. Ebenso hat (z. B. Obst & Gemüse, Wasch-, Putz- & Reinigungsmittel,
aber auch die Einbeziehung von Konsumenten bei der Süßwaren etc.) auf dem Touchscreen in ein Warenhaus-
Erstellung der Space Utilization, also bei der internen layout einordnen und so lange hin- und herschieben, bis
Standortplanung, einen positiven Effekt auf die Orien- sie mit ihrem Ergebnis zufrieden sind. Über eine spezielle
tierungsfreundlichkeit, wie Gröppel-Klein und Helfgen Software werden am Ende die Distanzen der von den
(2015) zeigen können. Konsumenten haben oftmals eine einzelnen Teilnehmer einsortierten Warengruppen zuei-
genaue Vorstellung, wie die einzelnen Warengruppen im nander berechnet. Es können anschließend für einzelne
Geschäft angeordnet sein sollen. Passt man die Ladenge- Zielgruppen (z. B. Familien, ältere Alleinstehende etc.)
staltung an die kognitiven Strukturen der Konsumenten oder die gesamte Stichprobe mit Hilfe einer Multidi-
an, dann können sich diese in der Ladenumwelt besser mensionalen Skalierung (MDS) das durchschnittliche
zurechtfinden und belohnen dies mit Kundentreue und „Wunschlayout“ berechnet werden (sofern die Streuung
höheren Ausgabebeträgen. zwischen den einzelnen Teilnehmern nicht zu hoch ist,
was aber in Regel nicht der Fall ist). Die gefundene Lö-

Ablauf des Mapping – Kreation eines „idealen“, „orientierungsfreundlichen“


Supermarktes aus Sicht der Konsumenten

Abb. 179: Computergestütztes Mapping zur Gestaltung orientierungsfreundlicher Ladenumwelten (hier Mapping von Oberwarengruppen)
432 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

sung kann mit den Gütekriterien der MDS hinsichtlich 3. Emotionspsychologische Ansätze: Umwelttechnische
ihrer Gültigkeit geprüft werden. Gestaltung von Läden
Die Attraktivität von Innenstädten wird ebenfalls in er- Der emotionspsychologische Ansatz der Umweltpsy-
heblichem Ausmaß von der subjektiv wahrgenommenen chologie beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche
Orientierungsfreundlichkeit bestimmt. Grossbart und Gefühle und Reaktionen durch Umweltreize ausgelöst
Rammohan (1981) weisen empirisch nach, dass auch in werden können. Das umweltpsychologische Verhal-
Städten Konsumenten über passende und zugriffsleichte tensmodell von Mehrabian und Russell (1974) stellt das
innere Lagepläne verfügen sollten. Diese erleichtern die Kernstück dieser Forschungsrichtung dar und dient
Orientierung beim Einkauf und ersparen den Konsumen- weltweit als theoretische Basis für diverse empirische
ten Unannehmlichkeiten beim Parken, beim Aufsuchen Untersuchungen (siehe Abb. 180). Verschiedene Um-
eines Geschäftes usw. weltreize werden durch die sogenannte Informations-
rate gekennzeichnet (die Menge von Informationen, die
Grundsätzlich kann von der Erkenntnis ausgegangen pro Zeiteinheit in der Umwelt enthalten sind = objek-
werden, dass, wenn ein klares inneres Vorstellungsbild tive Informationsrate, bzw. wahrgenommen werden =
von der räumlichen Umwelt vorliegt, Konsumenten eine subjektive Informationsrate). Die Informationsrate weist
positivere Stimmung und eine höhere Einkaufsbequem- demnach sowohl eine objektive (tatsächlich vorhandenes
lichkeit empfinden, was sich letztlich auch auf die Kauf- Reizvolumen) als auch eine subjektive (wahrgenomme-
bereitschaft auswirkt. nes Reizvolumen) Komponente auf. Die Stimulusvari-
ablen lösen Gefühle aus, die als die intervenierenden
Die Studie von de Goede und Postma (2015) beschäftigt Variablen die Reaktionen (Annäherung oder Meidung)
sich in diesem Zusammenhang mit der Frage, ob es bei gegenüber der Umwelt bestimmen. Dabei können ob-
der Entstehung von internen Lageplänen über Städte jektiv gleiche Reize aufgrund unterschiedlicher persön-
Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Die licher Prädispositionen zu unterschiedlichem Verhalten
scheint es (bei Kontrolle der Vertrautheit mit einer Stadt) führen. Drei verschiedene intervenierende Variablen
zu geben: Männer haben eher die Fähigkeit sich quasi aus können für die Reaktion Annäherung bzw. Meidung
der Vogelperspektive einen Überblick zu verschaffen und verantwortlich gemacht werden: Vergnügen, Erregung
können deshalb die relativen Positionen unterschiedli- und Dominanz. Nach Mehrabian (1987) bewirken solche
cher Plätze zueinander in einer Stadt besser einschätzen. Umwelten ein Annäherungsverhalten (Wunsch in der
Auch die am IKV durchgeführten Pointing-Task-Experi- Umwelt zu verweilen, sie zu erkunden etc.), die erhöh-
mente weisen bei männlichen Probanden vielfach eine te Aktivierung (Erregung), Vergnügen und ein leichtes
bessere Trefferquote als bei Konsumentinnen auf. Gefühl der Dominanz auslösen.
Die Persönlichkeitsunterschiede bedingen unterschiedli-
Studien, die die Entstehung von Mental Maps untersu- che Reaktionen auf die gleiche Umwelt. Besonders zu be-
chen, sollten mögliche Unterschiede zwischen Männern achten ist die persönliche Prädisposition, sich mehr oder
und Frauen kontrollieren. weniger gegen erregende Reize abzuschirmen: Personen,
die dazu neigen, sich mehr als andere den erregenden Rei-
zen der Umwelt auszusetzen, versuchen mehr zu hören,
zu riechen, zu sehen, etc. als Reizabschirmer; sie reagieren

P
Persönlichkeits-
typ
S R
Umwelt: Einzelreize, Verhalten:
gesamtes Reiz- Annäherung an die
volumen Umwelt oder
(„Informationsrate“) vermeidung
I
primäre emotionale
Reaktionen Abb. 180: Das Verhaltensmodell
von Mehrabian und Russell (1974,
S. 8)
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 433

Abb. 181: Erlebnismarketing im Einzelhandel (Fotoquellen: 1 CityGuideRotterdam.com, 2 Visitalencia.com, 3 Handelsjournal,


4 Theculturetrip.com, 5 Orderhive.com)

auf Umwelten mit überdurchschnittlichem Reizvolumen chung, bei der allerdings die Dimension „Dominanz“
wesentlich stärker und anhaltender, aber weniger selektiv zuvor ausgeschlossen wurde, konnten Donovan, Rossiter
als andere (Mehrabian, 1987, S. 29 ff.). Die Wirkungen sol- et al. (1994) erneut feststellen, dass die intervenieren-
cher Persönlichkeitsunterschiede konnte Gröppel (1991) in de Variable „Vergnügen“ einen positiven, signifikanten
ihren Untersuchungen über das Verhalten von „sensualis- Einfluss auf die Verweildauer und auf die Anzahl unge-
tischen Konsumenten“ und „indolenten Konsumenten“ planter Käufe ausübt.
in Einzelhandelsgeschäften nachweisen. In empirischen Studien konnte Gröppel-Klein (1998; 2001)
In der mittlerweile als Klassiker zu bezeichnenden belegen, dass im Unterschied zu den von Donovan, Ros-
empirischen Untersuchung von Donovan und Rossiter siter et al. (1994) in den USA bzw. Australien durchge-
(1982) wurde zum ersten Mal das Modell von Mehrabi- führten Erhebungen in Deutschland die am Point-of-Sale
an und Russell (1974) auf die Umwelt „Einkaufsstätte“ ausgelöste Dominanz einen großen Einfluss auf das Ver-
übertragen. Die Studie ergab, dass insbesondere das am halten ausübt. Konsumenten, die am Point-of-Sale eine
Point-of-Sale ausgelöste Vergnügen und die empfundene hohe Dominanz verspüren, sich also frei, sicher, überlegen
Erregung für eine längere Verweildauer und Einkaufsbe- fühlen und den Eindruck haben, der Situation gewachsen
reitschaft verantwortlich sind, während keine signifikan- zu sein, beurteilen das Preiswürdigkeitsimage der Ein-
te Wirkung der Gefühlsdimension „Dominanz“ auf eine kaufsstätte signifikant besser, als wenn sie sich unterlegen
Annäherungs- oder Meidungsreaktion nachgewiesen fühlen. Darüber hinaus zeigen diese Untersuchungen,
werden konnte8. In einer zweiten empirischen Untersu-

lich höheren Umsatz – auch pro Mitarbeiter – als in den nicht


8
Gerade in erlebnisbetonten Geschäften (Weinberg, 1992a) ist erlebnisbetonten Kontrollgeschäften ermitteln. Rudolph und
die Beziehung zwischen den am Point-of-Sale erlebten Gefüh- Schmickler (1999) haben in einer (in SB-Warenhäusern durch-
len und dem Annäherungsverhalten (z. B. Verweildauer, Kauf- geführten) empirischen Studie belegt, dass die Ladengestal-
beträge) von Bedeutung. Diller und Kusterer (1986) konnten tung bzw. die Ladenatmosphäre zu den wichtigsten Aspekten
in erlebnisbetonten Hifi- und Büchergeschäften einen erheb- der Wahrnehmung des Point-of-Sale zählt.
434 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

dass Ladengestaltungen auf jeden Fall aktivieren müssen, schäft ausgelöste Aktivierung und Vergnügen auch das
aber keineswegs zu einem Gefühl der Hektik führen dür- Spontankaufverhalten im Internet beeinflussen und dass
fen. Das optimale Aktivierungsniveau einer Ladenatmo- diese intervenierenden Variablen vor allem bei Shops
sphäre kann mithilfe von elektrodermalen Reaktionstests mit hoher Interaktivität entstehen. Vrechopoulos (2010)
kontrolliert werden (siehe Gröppel-Klein, 2010a, bzw. das fasst wesentliche Erkenntnisse zur Gestaltung von On-
Kapitel „Aktivierung“ in diesem Buch). Auch wenn seit line-Shops zusammen und würdigt dabei die umwelt-
30 Jahren über das Thema Erlebnismarketing (Abb. 181) psychologischen Studien als theoretische Grundlage
gesprochen wird, es hat gerade in den letzten Jahren sehr für den elektronischen Handel. Der Autor betont die
an Bedeutung gewonnen. Der Einzelhandel befindet sich Unterschiede zwischen „Online“- und „Offline“-Handel
aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in einer Um- und hebt als Besonderheit die Möglichkeit der indivi-
bruchsituation; Umsatzanteile verschieben sich auf den dualisierten Ansprache von Kunden im Internet hervor
Online-Kanal. Die Konsumenten reagieren mit höheren (siehe auch weiter unten).
Ansprüchen an die Ladengestaltung und meiden profil- Zum Aufbau einer erlebnisorientierten Ladenatmosphä-
schwache und atmosphärisch unzureichende Händler. re stehen den Händlern affektive, intensive und kollative
Das Schlagwort „Innenstadtverödung“ macht mehr und Stimuli zur Verfügung. Wir haben ausführlich über das
mehr die Runde (Dierig, 2017). Thema im Zweiten Teil berichtet, ebenso über die Wir-
Das umweltpsychologische Verhaltensmodell diente kung von Musik und Düften. Wir wollen im nachfolgen-
allerdings auch als Basis für die Untersuchung virtu- den Vertiefungskasten noch einmal einige Erkenntnisse
eller Ladenumwelten auf das Konsumentenverhalten. speziell zur Wirkung von Düften, Musik und Farben am
So konnte Diehl (2002) in einer empirischen Studie bei- Point-of-Sale aufgreifen (verweisen aber auch auf die
spielsweise nachweisen, dass durch ein virtuelles Ge- Textpassagen im Zweiten Teil, Kapitel B. III. 2.b).

Vertiefungskasten: Wirkungen von Musik, Düften und Farben am Point-of-Sale

Musik am Point-of-Sale: Empirische Studien zur Analyse dass die meisten Supermarkt-Kunden die Hintergrundmusik
des Einflusses von Hintergrundmusik auf das Konsumenten- gar nicht registrieren. Die Musik kann den Kunden eher unbe-
verhalten am Point-of-Sale lassen keine eindeutigen Wirk- wusst in eine angenehme Stimmung versetzen, welche dazu
schemata erkennen. Die empirischen Ergebnisse lassen führt, dass verstärkt positive Aspekte des Angebots oder
sich wie folgt zusammenfassen (Milliman, 1982, 1986; Bost, der Einkaufsstätte wahrgenommen werden. Eine bewusst
1987; Turley und Milliman, 2000; Knoeferle, Paus und Vossen, als unangenehm erlebte Musik wirkt sich dagegen negativer
2017): Eine langsame Hintergrundmusik führt zu einer Ver- auf die Beurteilung der Einkaufsstätte aus als die Alternati-
langsamung der Einkaufsgeschwindigkeit und damit zu einer ve „keine Musik“. Viele Kunden werten die Musik dann als
Verlängerung der Aufenthaltszeit am Point-of-Sale sowie zu einen Beeinflussungsversuch des Handelsunternehmens
einer signifikanten Steigerung des Umsatzes. Atmosphäri- und reagieren mit typischem Reaktanzverhalten. Nicht nur
sche Hintergrundmusik kann eine Stimmungsverschlechte- das Tempo, sondern auch die Art der gewählten Musik spielt
rung (im Vergleich zu der Alternative „Musik aus“) signifikant eine wesentliche Rolle (für die Akzeptanz der Einkaufsstätte).
bremsen. Ist die Musik sehr schnell und sind in dem Geschäft Broekemier, Marquardt und Gentry (2008) machen in ihrer
zugleich sehr viele Kunden, dann reagieren die Konsumen- Studie deutlich, dass die Musik „fröhlich“ sein muss, damit
ten mit geringeren Ausgabebeträgen (Knoeferle, Paus und die Konsumenten weiterhin in dem Geschäft einkaufen. Nach
Vossen, 2017). Vermutlich verstärkt die schnelle Musik die einer Studie von Areni und Kim (1993) sollte dagegen die in
unangenehmen Empfindungen, die mit der „sozialen Enge“ einem Geschäft abgespielte Musik von den Konsumenten
einhergehen. Musik wird von den Konsumenten oft nicht als „passend“ zu der Einkaufssituation empfunden werden.
bewusst registriert. Hynes und Manson (2016) stellen fest, Beispielsweise konnten in einem amerikanischen Weinkeller
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 435

signifikant höhere Umsätze erzielt werden, wenn klassische der wahrgenommenen Einkaufsdauer führe. Madzharov,
Musik (Mozart, Chopin, Vivaldi) statt der aktuellen Top-Forty Block und Morrin (2015) machen darauf aufmerksam, dass
als Hintergrundmusik gewählt wurde. Zu ähnlichen Ergeb- bestimmte „warme“ Düfte (wie Vanille, im Unterschied zu
nissen kommen in einem bemerkenswerten Beitrag auch „kalten Düften“, wie Pfefferminze) eingesetzt werden können,
North, Sheridan und Areni (2016): Eine bestimmte Musik um eine größere Nähe von Kunde und Produkt herzustellen,
(z. B. klassische Musik) aktiviert erstens bestimmte Asso- wovon vor allem teure Premiumprodukte profitieren könnten.
ziationen (z. B. hochwertig, gebildet), die zweitens auf ein Herrmann, Zidansek et al. (2012) erklären Duftwirkungen
Produkt übertragen werden, wenn es zusammen mit der mithilfe der (im Zweiten Teil bereits beschriebenen) Flu-
Musik präsentiert wird. Sofern das Produkt als passend zu ency-Theorie: Demnach kann ein einfacher Duft, der nur
dem Musikstück empfunden wird, erhöht die Musik drittens aus einer oder wenigen Zutaten besteht (im Unterschied
die Wahrscheinlichkeit, dass das Produkt gewählt wird sowie zu einem komplexen Duft, der aus verschiedenen Zutaten
die Ausgabebereitschaft. gemixt wird) kognitive Verarbeitungsprozesse während des
Einen guten Überblick über die Wirkung von Musik auf das Einkaufens vereinfachen und zu mehr Käufen führen. Chebat,
Einkaufsverhalten gibt auch der Beitrag von Jain und Bag- Morrin und Chebat (2009) zeigen in ihrer empirischen Studie,
dare (2011)9. Erwähnenswert ist auch das Experiment von dass jüngere Konsumenten (im Vergleich zu älteren) in ei-
Andersson, Kristensson et al. (2012), die geschlechtsspezi- nem mit Zitrusaromen bedufteten Verkaufsraum eine höhere
fische Aspekte untersuchen. Es zeigt sich, dass weibliche Ausgabebereitschaft angeben als ohne Duft. Den hieraus
Kunden in Geschäften eher die „Musik aus“-Variante oder abgeleiteten Erkenntnissen in Bezug auf ältere Konsumenten
langsame Musik bevorzugen, während Männer eher schnelle sollte man jedoch mit Skepsis begegnen, da die Autoren
Musik am Point-of-Sale mögen. den älteren Konsumenten eine schlechtere Riechfähigkeit
Kombination Musik und Düfte: Weiterhin konnten Sharma unterstellen, diese aber nicht messen. Grundsätzlich war
und Stafford (2000) feststellen, dass eine Ladenatmosphä- auch hier, ähnlich wie bei vielen Musikexperimenten, der
re, die sich durch eine gehobene Ausstattung, gedeckte Befund, dass Düfte am Point-of-Sale nicht aufdringlich wir-
Farben und dazu passende klassische Hintergrundmusik ken dürfen, wenn sie positive Reaktionen am Point-of-Sale
auszeichnet, die subjektiv wahrgenommene Glaubwürdigkeit erzielen sollen. Bumerangeffekte sind möglich, insbeson-
des Verkaufspersonals erhöht. Fowler und Bridges (2012) dere dann, wenn die Konsumenten die Düfte wahrnehmen
belegen, dass Zederndüfte zu einer positiven Beurteilung der und mit einer mangelnden Integrität des Händlers verbinden
Servicequalität führen. In beiden Experimenten zeigen sich („Geldmacherei“). Ebenso spielt wie bei der Musik der „Fit“
somit Ausstrahlungseffekte von der Ladengestaltung auf die zwischen Ladentyp und Duft eine Rolle (Parsons, 2009).
Wahrnehmung der persönlichen Kommunikation. Salzmann Einen guten Überblick über die Wirkung von Düften gibt der
(2007) und Ebster und Jandrisits (2003) erklären, dass eine Beitrag von Teller und Dennis (2012).
Kongruenz zwischen am Point-of-Sale eingesetzter Musik Farben am Point-of-Sale: Mittels empirischer Studien wur-
und den Düften vorliegen sollte. den auch die Wirkungen von Farben untersucht. Bellizzi,
Düfte am Point-of-Sale: Auch zu der (separaten) Wirkung Crowley und Hasty (1983) untersuchten in einem Laborexpe-
von Düften liegen empirische Befunde vor. Beispielsweise riment die Frage, ob bestimmte Farben die Attraktivität von
konnte Stöhr (1998) in ihrem Experiment zeigen, dass Fri- Verkaufsräumen erhöhen, physische Annäherungsreaktio-
schedüfte die wahrgenommene Kompetenz eines Sport- nen erzeugen und die Wahrnehmung der Einkaufsumgebung
geschäftes positiv beeinflussen. Morrin und Ratneshwar sowie des Warenangebots beeinflussen können. Nach ihren
(2000) belegen, dass in angenehm bedufteten Einkaufsum- Ergebnissen fühlen sich die Konsumenten grundsätzlich von
gebungen unbekannte Marken signifikant vorteilhafter beur- wärmeren Farben angezogen, präferieren jedoch beim Kauf
teilt werden als in nicht bedufteten. In einer weiteren Studie von High-Involvementgütern und entscheidungsintensiver-
(2003) beschäftigen sich die Autoren mit dem Einfluss von en Gütern (z. B. Möbeln) Ladengestaltungen mit kälteren
Düften auf das Erinnerungsvermögen. Leenders, Smidts Farben. Die Versuchspersonen hatten den Eindruck, dass
und El Haji, A. (2016) können ebenfalls einen positiven Ein- die Kaufentscheidung in einer grün oder blau gestalteten
fluss von Duft (die Autoren wählten Melonenduft) auf die Umgebung erleichtert wird. In einem weiteren Farbexperi-
Stimmung, Verweildauer und Ausgabeverhalten belegen, ment fand Crowley (1993) heraus, dass kältere Farben eher
wenn der Duft eine gewisse Intensität erreicht. Sie empfehlen die Beurteilungsdimension am Point-of-Sale beeinflussen,
eine Beduftung insbesondere, wenn es die Konsumenten während wärmere Farben die Aktivierung erhöhen. Babin,
besonders eilig haben, da der Duft zu einer Unterschätzung Hardesty und Suter (2003) zeigen, dass die am Point-of-Sale
verwendeten Farben und die Beleuchtung auch einen Ein-

9Diverse Untersuchungen beschäftigen sich auch mit der Frage, wie Hintergrundmusik in Restaurants wirkt (z. B. North, Shilcock
und Hargreaves, 2003; Edwards und Gustafsson, 2008; Demoulin, 2011; siehe auch Walsh, Shiu et al., 2011; kritisch sind Michel,
Baumann und Gayer, 2017).

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436 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

fluss auf die wahrgenommene Preiswürdigkeit des Geschäf- wird („The use of soft lights with an orange interior generally
tes ausüben. So wirken in Modegeschäften Orangetöne im nullifies the ill effects of orange and produces the highest
Vergleich zu Blautönen eher minderwertig, das ändert sich level of perceived price fairness“, S. 541).
jedoch schlagartig, wenn eine „sanfte“ Beleuchtung gewählt

Zusammenfassende Überblicke über diverse multisenso- Variety Seeking befriedigen (Mohan, Sivakumarn und
rische Reizwirkungen am Point-of-Sale sind bei Spence, Sharma, 2012).
Puccinelli et al. (2014) oder Roggeveen und Grewal (2018) Ladengestaltung und Crowding-Effekte: Ein weiteres
nachzulesen. Wir halten an dieser Stelle fest: Themengebiet der Umweltpsychologie beschäftigt sich
mit Crowding-Effekten. Nach Eroglu und Machleit (1990;
Zusammenfassend lässt sich hier festhalten, dass die Eroglu, Machleit und Barr, 2005) kann Crowding als ein
erörterten Instore-Stimuli die Einstellungen und das Ver-
Stresszustand von Individuen charakterisiert werden,
halten der Kunden beeinflussen können und für das „Er-
der auftreten kann, wenn sich das Individuum räumlich
lebnismarketing“ von Einzelhändlern von entscheidender
Bedeutung sind (siehe Abb. 181). eingeengt fühlt. Nach dieser Definition ist Crowding ein
als unangenehm erlebter psychischer Zustand, der zu
Auch für Online-Shops sind die Erkenntnisse der Um-
einem Fluchtverhalten führen kann. Übertragen auf den
weltpsychologie relevant (z. B. Parboteeah, Valacich und
Wells, 2009, wir kommen weiter unter noch einmal speziell Point-of-Sale entsteht Crowding dann, wenn der Kon-
auf die Gestaltung von Online-Shops zu sprechen). sument sich in seiner persönlichen Bewegungsfreiheit,
beispielsweise durch zu enge Gänge oder durch zu viel
Allerdings sind die Ergebnisse in Bezug auf Musik, Düfte
und Farben nicht eindeutig; diese Marketinginstrumente Display-Material, eingeschränkt fühlt, wenn zu viele Um-
können auch Bumerangeffekte auslösen, z. B. wenn eine weltreize auf einmal auf ihn einströmen oder wenn sich
zur Ladengestaltung unpassende Variante gewählt wird zu viele andere Kunden am gleichen Ort befinden. Es
oder die Intensität zu hoch ist. Ist die Intensität dagegen kann somit noch einmal zwischen „spatial“ und „human
zu gering, werden die Reize nicht wahrgenommen. Daher crowding“ unterschieden werden (Machleit, Eroglu und
ist im Einzelfall zu testen, ob die Stimuli die Ladenatmo- Mantel, 2000). Crowding-Wahrnehmungen sind zudem
sphäre nachhaltig verbessern. von der Persönlichkeit des Kunden sowie seinen Ein-
kaufsmotiven abhängig. Dabei kann ein und dieselbe
Darüber hinaus beeinflussen Instore-Stimuli auch Reizmenge von Mensch zu Mensch als „zu viel“ oder „zu
die Wahrnehmung des Preisniveaus am Point-of-Sale. wenig“ erlebt werden. So belegt eine jüngere Studie zu
Menschen ziehen Rückschlüsse von Umweltreizen (sog. Crowding in Restaurants (Noone und Mattila, 2009), dass
„cues“) wie Dekorationsmitteln, Farbgebung, verwende- Gäste mit utilitaristischen Zielen (z. B. möchte man ein-
ten Materialien etc. auf den Wert eines Einzelhandelsun- fach nur den Hunger stillen) überfüllten Restaurants eher
ternehmen (Baker, Parasuraman et al., 2002) bzw. auf das ablehnend gegenüberstehen, während Konsumenten mit
Preisimage des Geschäftes (Gröppel-Klein, 1998). Konsu- hedonistischen Zielen (z. B. Spaß haben) die Servicequa-
menten, die über die Service- und/oder Sortimentsqua- lität von „crowded environments“ positiv beurteilten.
lität eines Geschäftes nicht genau informiert sind bzw. In Bezug auf das human crowding in Verkaufsstätten
noch keine manifeste Einstellung gebildet haben, versu- ist im Prinzip davon auszugehen, dass gutbesuchte
chen hiermit Informationen für ihre Kaufentscheidungen Geschäfte eher anziehend wirken, nach dem Motto:
am Point-of-Sale zu gewinnen. Diese Umweltinforma- „Viele Kunden können nicht irren“. Dennoch sollte das
tionen können als Entscheidungsheuristik dienen. Ame- Point-of-Sale-Marketing die Gefahr „dysfunktionaler
rikanische Bankkunden haben nach der Untersuchung Enge“ (density) beachten. In diesem Fall wirken die
von Baker, Berry and Parasuraman (1988) beispielsweise Reizvielfalt am Point-of-Sale sowie die Wahrnehmung
den Eindruck, dass Banken, die über eine sehr teure und zu vieler anderer Kunden kontraproduktiv, der Kunde
kostbare Inneneinrichtung verfügen, das Geld ihrer Kun- fühlt sich unbeholfen, machtlos, gestresst. Das gilt ins-
den verschwenden. Die hochwertige Ladengestaltung besondere für den Luxusbereich. O’Guinn, Tanner und
(als environmental cue) wurde hier nicht als Zeichen Maeng (2015) machen deutlich, dass überfüllte Geschäfte
für die Leistungsfähigkeit der Unternehmen attribuiert, oftmals als Einkaufsstätte für untere Schichten attribuiert
sondern als unnötige „Geldvernichtung“. werden. In Geschäften mit geringer Anzahl von Kunden
Last but not least soll die Ladengestaltung und Waren- würden dagegen die Kunden eher der Oberschicht zuge-
präsentation den Wunsch vieler Konsumenten nach rechnet und in der Folge die Exklusivität der Produkte
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 437

und Preise höher eingeschätzt, ebenso die Zahlungsbe- auch bei virtuellen Läden das Layout die Beurteilung
reitschaft. des Internet-Shops beeinflusst (in Bezug auf Einfachheit
Ladenlayouts sowie Displaymaterial am Point-of-Sale der Nutzung, wahrgenommene Nützlichkeit, Unterhal-
sollten also hinsichtlich schädlicher Crowdingeffekte tungswert, Verweildauer), zum anderen aber auch, dass
kontrolliert werden. Pan und Siemens (2011) nehmen an, im stationären Handel beobachtete Präferenzen für be-
dass eine mittlere Personendichte von den Konsumenten stimmte Layouts nicht einfach auf das Online-Verhalten
in Geschäften am angenehmsten wahrgenommen wird übertragbar sind. Neben den im Vergleich zum statio-
(siehe auch Uhrich und Luck, 2012). Auch Whiting (2009) nären Handel begrenzten Darstellungsmöglichkeiten
oder Van Rompay, Krooshoop et al. (2012) machen auf virtueller Shops ist vielleicht auch darin eine Erklärung
das Crowding-Problem aufmerksam und diskutieren, zu sehen, dass online und offline unterschiedliche Ein-
welche Coping-Strategien Konsumenten bei überfüllten kaufsmotive beim Konsumenten vorherrschen können.
Einkaufsstätten anwenden. Die verschiedenen Retail Channels versuchen gezielt, un-
terschiedliche Motive der Kunden zu befriedigen, indem
Ladengestaltung bei Online-Shops: In diversen em-
sie unterschiedliche Point-of-Sale-Marketinginstrumente
pirischen Studien wurden Erkenntnisse der Umwelt-
anwenden (Schramm-Klein, 2003).
psychologie zum Konsumentenverhalten im stationären
Handel auf den Online-Handel übertragen (z. B. Diehl, Neben eher funktionalen, nützlichkeitsorientierten
2002; Koo und Ju, 2010). Mallapragada, Chandukala und Gründen wird auch hedonistischen Motiven wie Spaß
Liu (2016) erklären, dass es auch beim Online-Shop- und Unterhaltung eine große Bedeutung für das On-
ping (wie im stationären Geschäft) zwei Phasen geben line-Shopping beigemessen (Childers, Carr et al., 2001;
kann: Die erste Phase ist das noch ein wenig ungezielte Porat und Tractinsky, 2012). Auch bei einem Online-Shop
„Browsen“, das vergleichbar ist mit dem „Bummeln“ im (wie bei einem stationären Geschäft) kann das Ambiente
stationären Geschäften. Hier schauen sich die Konsu- die Aktivierung (arousal) und in der Folge die Kauf-
menten viele verschiedene Websites, aber nur sehr kurz, wahrscheinlichkeit erhöhen (Wu, Lee und Wang, 2014).
an. Bei der zweiten „Kaufphase“ erfolgt eine Konzen- Zur Erklärung des hedonistischen Internet-Surfens
tration auf bestimmte Angebote. Porat und Tractinsky wird vielfach das Flow-Konzept auf den Bereich des
(2012) zeigen beispielsweise, dass ein ästhetisch gestal- Online-Shoppings übertragen (Hoffman und Novak,
teter Online-Shop (hier getestet anhand der Beispiele 1996; Mathwick und Rigdon, 2004; Smith und Sivakumar,
Bekleidung und Bücher) die empfundene Freude beim 2004). „Flow“ bezeichnet ein ganzheitliches Glücksge-
Besuch der Website erhöht und in Folge die Einstellung fühl, das Menschen erleben, wenn sie sich einer Tätigkeit
zu dem Shop verbessert. Wang, Minor und Wei (2011) vollkommen hingeben bzw. sich auf eine Sache völlig
machen deutlich, dass sich die ästhetische Gestaltung konzentrieren und dabei die Zeit vergessen (Csikszent-
von Websites auf zwei Aspekte beziehen kann: zum ei- mihalyi, 1990). Das Webdesign, zusätzliche sensorische
nen auf Originalität und Kreativität, zum anderen auf Stimuli und interaktive Erlebnisse im Online-Shop kön-
Struktur und Klarheit des Aufbaus des Online-Shops. nen Flow entfachen (Martínez-López, Luna und Martí-
Die Einflüsse beider Dimensionen sind unterschiedlich: nez, 2005; Mahnke, Benlian und Hess, 2015). Xu und
Ein originell gestalteter Shop erhöht die Aktivierung, Sundar (2012) belegen, dass durch eine hohe Interakti-
während ein klarer Aufbau zur Kundenzufriedenheit vität u. a. die Immersion und der Spaß erhöht werden; es
und positiven Beurteilung der Servicequalität beiträgt. setzt ein Verlust des Zeitgefühls ein, in der Folge werden
Aktivierung, Zufriedenheit und wahrgenommene Ser- bessere Einstellungen und erhöhte Kaufbereitschaften
vicequalität beeinflussen nun ihrerseits Verhaltensgrö- generiert.
ßen wie Browsing, Wiederbesuchswahrscheinlichkeit der McDowell, Wilson und Kile (2016) machen darauf auf-
Website und Kaufbereitschaft. Der Wunsch nach einer merksam, dass neben der „visitor greeting“-Seite (kann
klaren Struktur des Online-Shops geht mit dem Wunsch am besten als Startseite des Onlineshops übersetzt wer-
nach Orientierungsfreundlichkeit einher, den wir vom den) vor allem Produktvorführungen und Produktemp-
stationären Handel kennen. Online-Anbieter sollten also fehlungen die Conversion Rate beeinflussen. Bei Pro-
auf diese ebenfalls achten und schnelle, übersichtliche duktempfehlungen sind nach einer Studie von Ziegele
und einfach zu navigierende Seiten anbieten (siehe auch und Weber (2015) oftmals einzelne ausführliche (aber als
Fram und Grady, 1995; Griffith und Chen, 2004). Eine em- vertrauenswürdig empfundene) Reviews für die Online-
pirische Studie von Vrechopolous, O’Keefe et al. (2004), shop-Besucher aussagekräftiger als aggregierte Beurtei-
bei der unterschiedliche Layouts (Grid Layout, Freeform lungen (Durchschnittswerte). Sie beeinflussen sowohl die
Store Layout und Racetrack Store Layout) für virtuelle Produkteinstellung als auch die Kaufwahrscheinlichkeit
Supermärkte untersucht wurden, zeigt zum einen, dass (siehe Abb. 182).
438 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 182: Einzelbewertung vs. ag-


gregierte Bewertung in Anlehnung
an Ziegele und Weber (2015)

Ist die Reputation eines Produktes gering (oder die Re- In den letzten Jahren Zeit gewinnen mobile Endgerä-
views nicht vorteilhaft), aber der Preis sehr günstig, te und ihre Interaktionsmöglichkeiten mit klassischen
dann nutzen Konsumenten gerne die Möglichkeit des Point-of-Sale-Informationen an Bedeutung (z. B. mobi-
Live Chats, wie die Studie von Tan, Wang und Tan (2016) le Preisrecherche am Supermarkt-Regal). Hier können
ergeben hat. Können in diesem Live Chat Verunsiche- Wechselwirkungen (auch in Form von Kannibalisie-
rungen ausgeräumt werden, dann ist die nachfolgende rungseffekten) zwischen Internet- und stationärem Han-
Kaufbereitschaft hoch. Die Untersuchung von Köksal del auftreten (Gröppel-Klein und Broeckelmann, 2012).
und Penez (2015) macht deutlich, dass ein Live Chat als Mobile Preisrechercheergebnisse können mit den am
ein vertrauensbildendes Instrument zwischen Kunde Point-of-Sale vorgefundenen Preisen verglichen werden
und Shopbetreiber wirken kann. und das Kauf- bzw. Verhandlungsverhalten der Konsu-
Mallapragada, Chandukala und Qing (2016) machen je- menten verändern (oder das „Freerider-Problem“ bei
doch auch auf ein Risiko von Chatrooms aufmerksam. der persönlichen Beratung verstärken). Bei Multi-Chan-
Zunächst weisen sie auf die beiden Phasen des On- nel-Anbietern sollte daher auf ein integriertes Konzept
line-Shoppings hin („Bummel-Phase“ und „Kaufpha- geachtet werden, sodass die online und offline verfüg-
se“, siehe weiter oben). Der zusätzliche Besuch in einem baren (Preis-)Point-of-Sale-Informationen konsistent
Chatroom (vor allem in der Kaufphase) kann nun aus sind. Durch zukünftige technische Fortschritte sind
Sicht der Händler auch konterproduktiv sein, da die Kon- mehr Interaktionsmöglichkeiten zwischen virtueller
sumenten sehr viel Zeit damit verbringen, was sie von und stationärer Einkaufswelt (geographische Ortung
weiteren Käufen abhielte. Allerdings ist hierzu kritisch des Kunden und Mailing von Gutscheinen, Preisre-
anzumerken, dass eine Langzeitbetrachtung aus Kun- duktionen, Warenproben in der Nähe befindlicher sta-
densicht fehlt. Es ist durchaus möglich, dass Chatrooms tionärer Geschäfte) zu erwarten. Danaher, Smith et al.
bzw. Live Chats langfristige Bindungen zu den Shops (2015) führten beispielsweise eine Studie durch, bei der
entstehen lassen. Hier ist weiterer Forschungsbedarf Besucher eines Einkaufszentrums Preiscoupons durch
gegeben. Zuspielung auf ihr Smartphone erhielten. Diese mobilen
Preiscoupons waren umso effektiver (wurden also umso
Auch bei Onlineshops spielt die musikalische Unter-
mehr eingelöst), je näher sich die Kunden am betreffen-
malung des Shops eine Rolle: Lai, Wu et al. (2011) finden
den Geschäft befanden und je kürzer der Zeitraum des
heraus, dass bei schneller Musik ein schnellerer Wechsel
Einlösens war.
der Websites stattfindet. Ding und Lin (2012) zeigen, dass
bei hedonistischen (im Vergleich zu utilitaristischen) On-
line-Produktkäufen schnelle Musik stimulierend wirkt.
Schließlich ist auch die farbliche Gestaltung der Website
relevant: Blau wirkt vertrauensfördernd (Lee und Rao,
2010). Letztlich sollte jedoch jeder Online-Händler auf
Basis seiner spezifischen Positionierungsstrategie pas-
sende Gestaltungselemente auswählen.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 439

II. Die nähere soziale Umwelt die Massenmedien ansprechen (und die manchmal als
breitenwirksame Leitbilder das Verhalten beeinflussen).
1. Einteilung der sozialen Umwelt Der Einfluss der weiteren Umwelt ist besonders kom-
plex; er ist schwierig zu identifizieren, auch deswegen,
Die sozialen Variablen werden zur Erklärung des Kon-
weil er indirekt wirkt und dem Konsumenten oft nicht
sumentenverhaltens in nähere und weitere Umwelt ein-
bewusst wird.
geteilt. Die nähere Umwelt des Konsumenten umfasst
die Personen und Gruppen, mit denen der Konsument Beispiele dafür sind Wertungen, die in der Sprache ent-
in einem regelmäßigen persönlichen Kontakt steht: seine halten sind und die mit der Sprache einer Kultur über-
Freunde und Berufskollegen, die Familie, Kindergarten nommen werden und das Konsumentenverhalten be-
und Schule, Vereine, in denen er mitwirkt usw. stimmen, oder das im Film gezeigte Konsumverhalten
Das Konsumentenverhalten wird entscheidend von den eines beliebten Stars, das ohne besonderes Nachdenken
Einflüssen dieser näheren sozialen Umgebung bestimmt. imitiert wird.
Hervorzuheben sind die Wirkungen der Familie und der Die Einflüsse aus der weiteren Umwelt des Konsumenten
Bezugsgruppen. Vor allem die Familie ist Gegenstand sind aufgrund dieser Schwierigkeiten wenig erforscht.
der Konsumentenforschung. Das hat folgende Gründe: Schwerpunkte der Forschung sind die Einflüsse von Kul-
Da Konsum und Kaufentscheidungen vielfach gemein- tur und Subkultur sowie von sozialen Schichten.
sam in der Familie erfolgen, sollte eigentlich die Familie Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist der
und nicht der einzelne Konsument als Analyseeinheit Lebensstil. Er spiegelt die zahlreichen Umwelteinflüsse
in der Konsumentenforschung betrachtet werden. Die auf das Konsumentenverhalten wider: Unter Lebensstil
Konsumentenforschung richtet sich deswegen vor al- versteht man – vereinfacht gesagt – eine Menge mitein-
lem auf die kollektiven Entscheidungen der Familie und ander verbundener Einstellungen (zum Essen, Trinken,
ihre Auswirkungen auf das individuelle Einkaufs- und Wohnen usw.) und Aktivitäten (in der Freizeit, beim
Konsumverhalten10. Einkaufen usw.), durch die das Verhalten der Konsu-
Von der Familie gehen wichtige Sozialisationswirkungen menten ein spezifisches Profil bekommt. Man spricht
aus: Die Familie weist Kinder und Jugendliche in ihre zum Beispiel vom Lebensstil der Franzosen oder der
Konsumentenrolle ein. Sie ist aus diesem Grunde für das Oberschicht. Veränderungen des gemessenen Lebensstils
zukünftige Konsumentenverhalten mitverantwortlich. zeigen die Dynamik der Einflüsse aus der Umwelt des
Die Familie übernimmt hierbei die Rolle eines „Soziali- Konsumenten.
sationsagenten“, der Einflüsse aus der weiteren sozialen Nähere und weitere Umwelt wirken nicht getrennt und
Umgebung (kulturelle Normen, Verhalten einer sozialen alternativ auf den Konsumenten ein, sondern sind zu
Schicht) aufnimmt und in persönlicher Interaktion an einem komplexen sozialen Umweltsystem verknüpft.
die einzelnen Familienmitglieder – insbesondere an die Wenn zum Beispiel jemand in einem islamischen Land
Kinder und Jugendlichen – weitergibt. Die Familie wird lernt, keinen Alkohol zu trinken, so ist die weitere Um-
dadurch zu einem Schnittpunkt sozialer Einflüsse. welt – unter anderem durch staatliche und religiöse Re-
Die weitere soziale Umwelt umfasst alle Personen und gelungen – ebenso daran beteiligt wie die nähere Umwelt
sozialen Gruppierungen, zu denen der Konsument keine durch Erziehungsmaßnahmen der Eltern und Lehrer.
regelmäßigen persönlichen Beziehungen unterhält. Das Die Wirkungen der näheren und weiteren Umwelt auf
sind zunächst die sozialen Hintergrundsysteme wie Kul- das Verhalten können zueinander konsistent oder in-
tur und Subkultur, dann große soziale Organisationen konsistent sein. Inkonsistente Wirkungen, die entste-
wie Großstadt, Behörden, Gewerkschaft, Kirche, Partei, hen, wenn Einflüsse der weiteren Umwelt (wie Konsum-
Großbetriebe und auch einzelne Personen wie Politi- empfehlungen der Werbung) in Widerspruch zu den
ker und Schauspieler, die den Einzelnen indirekt über Wirkungen der näheren Umwelt (wie Konsumempfeh-
lungen der Eltern) geraten, stellen ein interessantes For-
schungsproblem dar. Man geht im Allgemeinen davon
10
Siehe Pettigrew, Anderson et al. (2014) zur Frage, wie in aus, dass sich die direkten Einflüsse der näheren Umwelt
Familien mit Risiken aller Art umgegangen wird; zum Thema durchsetzen.
„Familienurlaub“ z. B. Hunter-Jones (2014); siehe zur Frage,
Aus den bisherigen Darstellungen ist bereits ersichtlich
warum in manchen Familien Übergewicht stark ausgeprägt
ist Moore, Wilkie und Desrochers (2017) oder zur Rolle der geworden, dass die Beziehungen zwischen dem einzel-
Eltern (auch im Vergleich zu Social Media-Hinweisen) beim nen Konsumenten und seiner näheren und weiteren sozi-
Online-Shopping von Kindern siehe Thaichon (2017). alen Umwelt durch Kommunikation hergestellt werden.
440 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Die Kommunikation wird üblicherweise unterteilt in Zu den sozialen Kategorien lassen sich meist auch die
●● direkte Kommunikation und sozialen Schichten zählen. Schichten sind soziale Ein-
●● Massenkommunikation. heiten, die man dadurch erhält, dass man Personen mit
gleichen (gleichartigen) sozialen Positionen innerhalb
Die direkte Kommunikation von Person zu Person (auch
einer Gesellschaft – d. h., nach ihrem sozialen Status –
persönliche Kommunikation genannt) dient der Verstän-
zusammenfasst. Nach einer Grobeinteilung unterschei-
digung in der näheren sozialen Umwelt. Sie erfolgt in
det man beispielsweise Unterschicht, Mittelschicht und
sprachlicher Form, mündlich oder schriftlich, und durch
Oberschicht. In diesen Schichtenbezeichnungen kommen
verschiedene Formen der nicht-sprachlichen Verständi-
die mit der sozialen Schichtung üblicherweise verbun-
gung. Nonverbale Kommunikation kann durch Mimik
dene Sicht einer vertikalen und hierarchischen Gliede-
und Gestik, durch Kleidung oder Gerüche, durch Ge-
rung der Gesellschaft und die schichtbezogene soziale
schenke usw. erfolgen.
Wertschätzung zum Ausdruck. Da soziale Schichten
Durch die Massenkommunikation werden die Einflüsse komplexe Größen und deswegen schwer zu bestimmen
der weiteren Umwelt vermittelt. Unter Massenkommuni- sind, behilft man sich oft mit einfachen Indikatoren für
kation versteht man eine unpersönliche Kommunikati- die Schichtzugehörigkeit, wie Größe des Einkommens
on mithilfe von (technischen) Medien wie Zeitschriften, oder Art der Ausbildung. Durch solche Abgrenzungen
Film, Rundfunk oder Fernsehen. Hierbei lassen sich wie- entstehen soziale Kategorien der Art: soziale Schicht S,
derum verbale und nonverbale Formen unterscheiden. gemessen nach dem Einkommen E und der Ausbildung
Folglich werden hier Formen und Wirkungen der per- A ihrer Mitglieder.
sönlichen Kommunikation im Zusammenhang mit der Es ist aber durchaus möglich, den Begriff der sozialen
näheren Umwelt, die der Massenkommunikation im Zu- Schicht so zu verwenden, dass man die Schicht nicht zu
sammenhang mit der weiteren Umwelt erläutert. den sozialen Kategorien, sondern zu den (weiter unten
beschriebenen) Sekundärgruppen zu zählen hat. Das ist
2. Abgrenzung sozialer Einheiten (Soziale Kategorien, etwa dann der Fall, wenn man von der „Oberschicht“
Aggregate, Gruppen) einer kleineren Stadt spricht und wenn die Mitglieder
Abweichend von der Umgangssprache bezeichnet man in dieser Oberschicht untereinander Beziehungen unterhal-
der Soziologie (Sozialpsychologie) als Gruppen im Allge- ten. Sie stellen dann eine tatsächliche soziale Einheit und
meinen nur solche Mehrheiten von Personen, zwischen nicht nur eine statistisch ermittelte Größe dar.
denen Interaktionen stattfinden und die sich durch eine
Ein soziales Aggregat ist eine räumliche (beziehungs-
eigene Identität, d. h., durch die Wahrnehmung einer
weise physische) Ansammlung von Personen, die keine
Zusammengehörigkeit, auszeichnen.
wechselseitigen Beziehungen zueinander haben. Durch
Personenmehrheiten, auf die das nicht zutrifft, werden die räumliche Zusammengehörigkeit entsteht zwar eine
soziale Kategorien oder Aggregate genannt. beobachtbare soziale Einheit, die Beziehungen zwischen
Die Grobeinteilung in den Personen dieser Einheit sind aber nur lose, sie be-
●● soziale Kategorien, schränken sich auf eine mögliche Wahrnehmung einzel-
●● soziale Aggregate, ner Personen untereinander und auf gelegentliche und
●● Gruppen sporadische Kontakte zwischen ihnen. Es handelt sich
um eine nicht strukturierte Einheit: Die Stellungen und
ist international verbreitet (siehe hierzu auch Henecka,
Funktionen der einzelnen Personen im Aggregat sind
2015, S. 142 ff. oder Vester, 2009, S. 80 ff.) und soll daher
nicht geregelt. Beispiele für Aggregate sind das Publi-
hier übernommen werden.
kum in einem Kino, die Bewohner eines Stadtbezirks,
Eine soziale Kategorie wird definiert als eine Anzahl die Menschen in einem Hotel.
von Menschen, die ähnliche Merkmale aufweisen. Sie
werden lediglich aufgrund dieser Merkmale (gedanklich) Im Gegensatz zur sozialen Kategorie stellt das soziale
zu einer sozialen Einheit zusammengefasst. Soziale Kate- Aggregat ein konkretes soziales Gebilde dar, das bereits
gorien entstehen also durch eine formal-statistische Klas- ein schwaches Maß an sozialer Integration aufweist. Da-
sifizierung von Personenmengen. Die Arbeitnehmer, die durch entstehen erste Abgrenzungsschwierigkeiten zur
weibliche Bevölkerung, die Katholiken eines Landes sind Gruppe.
soziale Kategorien. Auch die Zielgruppen für absatzpoli- Wenn wir eine Gruppe als eine Mehrheit von Personen
tische Maßnahmen, mit denen sich die Marketingtheorie betrachten, die in wechselseitigen Beziehungen zueinan-
beschäftigt, gehören dazu. Sie sind im Allgemeinen keine der stehen, so fragt man sich, welche Art von Beziehun-
Gruppen im fachsprachlichen Sinne. gen man unterstellen soll, damit man von einer Gruppe

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 441

sprechen kann. Genügt es schon, wenn sich die Personen Letzteres zu erwähnen ist u. E. sinnvoll, um den Unter-
wechselseitig wahrnehmen? Man könnte dann eine An- schied von (Primär-)Gruppen zu sozialen Netzwerken
zahl von Kunden, die gemeinsam in einem Kaufhaus in im Internet herauszuarbeiten, auch wenn dies durch-
den auf einem Tisch aufgestapelten Schlussverkaufsarti- aus umstritten ist (Vester, 2009, S. 81, siehe auch weiter
keln wühlen und sich gegenseitig misstrauisch betrach- unten). Soziale Netzwerke (Facebook-Gruppen etc.)
ten, bereits als eine Gruppe ansehen. Die meisten Autoren oder „communities“ entstehen im Internet, ohne dass
gehen aber davon aus, dass aus diesen Kunden erst dann „Face-to-Face“-Beziehungen vorliegen müssen (siehe z. B.
eine Gruppe „wird“, wenn sie sich durch eine gemeinsame Thaichon, 2017 oder zum Stichwort „Netnographie“, Ko-
Aktion (etwa durch eine gemeinsame Reklamation beim zinets, 2002; Beckmann und Langer, 2009). Auch diese
Verkäufer) miteinander verbunden fühlen und in gegen- virtuellen Gruppen können Normen und Werte vorge-
seitiger Abstimmung zusammen handeln. Aber auch der ben und damit das Kaufverhalten ähnlich beeinflussen
Begriff einer derartigen temporären Gruppe wird nur wie Bezugsgruppen, die auf persönlichen Kontakten
von einigen Sozialwissenschaftlern akzeptiert. Andere basieren. In Abb. 183 werden daher virtuelle Gruppen
meinen, erst bei wiederholter und geregelter Interaktion ebenfalls aufgeführt.
könne man eine Personenmehrheit als Gruppe auffassen.
Diese skizzierten Merkmale sind nicht unabhängig von-
Die begriffliche Abgrenzung zwischen sozialen Aggre-
einander. In den verschiedenen Gruppendefinitionen
gaten und Gruppen ist also nicht einheitlich und daher
werden neben dem grundlegenden Merkmal der wech-
problematisch. Man wird allerdings weite Zustimmung
selseitigen Beziehungen zwischen den Gruppenmitglie-
finden, wenn man die Gruppe zunächst vereinfacht wie
dern einzelne dieser Merkmale mehr oder weniger stark
folgt definiert (siehe auch Vester, 2009, S. 80):
hervorgehoben. Die einzelnen Merkmale verhelfen auch
dazu, Gruppeneinteilungen zu bilden. Man kann dem-
Als eine Gruppe bezeichnet man eine Mehrzahl von Per- zufolge etwa die Gruppen nach ihren Zielen oder nach
sonen, die in wiederholten und nicht nur zufälligen wech- der Art ihrer sozialen Ordnung gliedern.
selseitigen Beziehungen zueinander stehen.
Eine bekannte Unterscheidung ist die Gliederung in Pri-
märgruppen und Sekundärgruppen, nach der auch die
Die wechselseitigen Beziehungen können kognitiven Gliederung in Primärkommunikation und Sekundär-
oder affektiven Charakter haben oder auch nur beobacht- kommunikation erfolgt. Primärgruppen werden meist
bare Verhaltensbeziehungen sein. Kognitive Beziehun- auch „kleine Gruppen“ genannt.
gen entstehen z. B. aus der gegenseitigen Wahrnehmung
der Mitglieder. Die affektiven Beziehungen geben die Primärgruppen sind Gruppen im engeren Sinne: Wenn
gefühlsmäßigen Bindungen und Beeinflussungen in- das Wort „Gruppe“ in der Sozialpsychologie ohne weitere
nerhalb einer Gruppe wieder; sie werden auch als Grup- Zusätze gebraucht wird, ist im Allgemeinen die Primär-
penemotionen bezeichnet. Die Unterscheidung dieser gruppe gemeint. Man versteht darunter kleine und infor-
verschiedenen Formen von Beziehungen innerhalb von melle Gruppen mit den oben genannten Eigenschaften,
Gruppen trägt zu einer systematischen Erklärung des in denen die Mitglieder in persönliche (Face-to-Face)
Entstehens von Gruppen und Gruppenprozessen bei. Interaktion treten. Sie haben relativ häufig engen und
emotional fundierten Kontakt sowie ein ausgeprägtes
Die Beziehungen in der Gruppe führen zu einer sozialen
Wir-Gefühl.
Kooperation der Mitglieder, die in folgenden weiteren
(abgeleiteten) Merkmalen zum Ausdruck kommt. Eine Die wichtigsten Primärgruppen sind die Familie, Spiel-
Gruppe hat gruppen und Freundeskreise, kleine Gemeinden, also
●● eine eigene Identität, d. h., die Gruppe wird von den die nähere soziale Umwelt.
Mitgliedern (meist auch von Außenstehenden) als eine Sekundärgruppen werden durch entgegengesetzte Merk-
soziale Einheit aufgefasst, male charakterisiert: Es handelt sich demzufolge um gro-
●● eine soziale Ordnung, die den einzelnen Mitgliedern ße Gruppen, in denen die Mitglieder ein distanziertes
jeweils eine Position in der Gruppe zuweist und ihre und meist formal begründetes Verhältnis zueinander
Tätigkeiten (Rollen) regelt, haben. Die Mitglieder kennen sich im Allgemeinen nicht
●● Verhaltensnormen, die das Verhalten der Mitglieder oder nur flüchtig, da die Gruppen nicht mehr überschau-
bestimmen und standardisieren, bar sind. Sie haben nur unregelmäßige und unpersön-
●● Werte und Ziele, die vom Einzelnen als für seine Grup- liche Kontakte. Typische Beispiele sind großstädtische
pe verbindlich erlebt werden, Gemeinden, politische und wirtschaftliche Verbände,
●● Face-to-Face-Kontakte. auch Nationen.
442 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Eine andere, für die folgenden Kapitel beachtenswerte und beurteilt, und sie liefern die Normen für sein Ver-
Einteilung ist die Gliederung in Mitgliedschaftsgruppen, halten; das kann – wie bereits angesprochen – auch rein
Fremdgruppen und Bezugsgruppen. virtuell erfolgen.
Die engere soziale Umwelt besteht für den Einzelnen Bezugsgruppen können verschiedenartig strukturiert
aus Gruppen, denen er angehört (Mitgliedschafts- oder sein. Beispielsweise können sie formellen (etwa eine
Eigengruppen). Gruppen, denen er nicht angehört und große Organisation, deren Mitglieder sich regelmä-
die meist außerhalb seiner unmittelbaren und engeren ßig zusammenfinden und die eine feste Führung hat,
Umwelt liegen, nennt man Fremdgruppen. z. B. ein Sportverein) oder informellen (aber faktischen)
Eine Mitgliedschaft kann nun entweder faktisch be- Charakter haben (z. B. der Freundeskreis des Einzelnen).
stehen, dann nimmt die Person auch tatsächlich am Für das Marketing gilt, dass große, institutionalisier-
Gruppenleben teil, oder nur nominell, dann gehört sie te Bezugsgruppen leichter zu beeinflussen sind, da sie
lediglich aufgrund des Ausweises in der Mitgliederkartei vergleichsweise einfach identifizierbar und zugänglich
zur Gruppe. Man wird davon ausgehen können, dass sind. Kleinen, informellen Gruppen wird aber in der
im Allgemeinen eine faktische Mitgliedschaft dadurch Regel eine größere Beeinflussungswirkung zugerech-
zustande kommt, dass sich eine Person einer Gruppe zu- net. Sie sind für die meisten Menschen ein wesentlicher
gehörig fühlt, also der Gruppe (psychisch) nahe steht und Bestandteil des täglichen Lebens (Solomon, Bamossy et
sich mit ihren Zielen und Verhaltensweisen identifiziert. al., 2016, S. 384 ff.).
Bei den Primärgruppen ist es wenig sinnvoll, zwischen Die Bezugsgruppen können Mitgliedschafts- und Fremd-
nomineller und faktischer Mitgliedschaft zu unterschei- gruppen umfassen, denn sowohl die eigenen Gruppen
den, denn nach der Definition von Primärgruppen kann als auch fremde Gruppen können zu Ansatzpunkten für
man eine Mitgliedschaft in Primärgruppen nur als fakti- die eigenen Auffassungen und für das eigene Verhalten
sche Mitgliedschaft verstehen. Abb. 183 veranschaulicht werden.
den Zusammenhang der bisher dargestellten Gruppen- Der Begriff „Bezugsgruppe“ ist ein terminus technicus
einteilungen: geworden. Man darf von einem solchen Wortgebrauch
Der Begriff Bezugsgruppe, der in der gegenwärtigen nicht ohne weiteres darauf schließen, dass der Wortbe-
Sozialpsychologie eine herausragende Bedeutung hat, standteil „-gruppe“ gleichbedeutend mit dem bisher
geht auf Hyman (1942) zurück. Man versteht darunter benutzten Gruppenbegriff ist. „Gruppe“ kann im Zu-
Gruppen, nach denen sich das Individuum richtet: Die sammenhang mit „Bezugsgruppe“ ganz anders aufzu-
Bezugsgruppen bestimmen die Art und Weise, wie das fassen sein: In vielen Bezugsgruppentheorien dienen
Individuum seine Umwelt und sich selbst wahrnimmt auch Einzelpersonen als Bezugspunkte für die Erklärung

Gruppen

(= Mehrzahl von Personen mit wechselseitigen Beziehungen)

mit Face-to-Face- virtuelle Kontakte,


Austauschbeziehungen
Kontakten soziale Netzwerke im
Internet

Primärgruppen Sekundärgruppen mit ohne


(kleine Gruppen) (große Gruppen) Registrierung Registrierung

Mitglied- Mitgliedschafts-
schaftsgruppen Fremdgruppen Fremdgruppen
gruppen

mit nomineller mit faktischer


Mitgliedschaft Mitgliedschaft Abb. 183: Die wichtigsten Grup-
penarten
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 443

individuellen Verhaltens (Bezugsperson), ferner imagi- die Befragten noch einmal in zwei Gruppen eingeteilt, ei-
näre (heute auch virtuelle) Gruppen und Personen sowie ner Gruppe wurde mitgeteilt, dass die Antworten öffent-
soziale Kategorien. Kurz gesagt, es werden alle realen, lich gemacht werden, der anderen, dass sie vertraulich
idealen oder virtuellen Personen und sozialen Einheiten behandelt werden. Die BWL-Studierenden zeigten nun
als mögliche Bezugsgruppen für das individuelle Verhal- eine große Bereitschaft, ebenfalls beim Kompostieren
ten herangezogen, sogar erwünschte („aspirational“) und tatkräftig mitzumachen, aber nur, wenn diese Absicht
unerwünschte („dissoziative“) Bezugsgruppen (Mowen öffentlich gemacht wurde. Auch umgekehrt gelang das
und Minor, 2001). Experiment, also wenn die BWLer die guten Kompos-
Die Wirkung von Bezugsgruppen soll anhand folgender tierer waren und die Informatiker gefragt wurden, ob
Beispiele verdeutlicht werden: White und Dahl (2006) sie diesem Verhalten nacheifern wollten. Die weiteren
beschäftigen sich mit der Frage, wie sich das Konsumen- Untersuchungsergebnisse machen deutlich, dass die
tenverhalten verändert, wenn man bewusst nicht zu einer Gruppen das positiv dargestellte Verhalten der eigentlich
bestimmten Gruppe zählen möchte und das auch in der abgelehnten Gegengruppe aus zwei Gründen imitieren
Öffentlichkeit demonstrieren möchte. Beispielsweise un- wollten: Sie sahen in der Leistung der Gegengruppe eine
tersuchten sie, wie Männer (vs. Frauen) in Steakhäusern Art „Bedrohung“, und sie strebten ein ähnlich positives
(vs. privater Atmosphäre) auf den sogenannten „Ladies’ Image in der Öffentlichkeit an.
Cut“ (mengenmäßig geringere Steakportion) im Ver- Auch die ebenfalls sehr bemerkenswerte Studie von Mc-
gleich zum „Chef’s Cut“ (normale Portion) reagieren. Für Ferran, Dahl et al. (2010) belegt, dass die Herstellung von
Männer stellt die Zughörigkeit zum anderen Geschlecht Öffentlichkeit eine Rolle spielt. Bei dieser Untersuchung
eine dissoziative Gruppe dar. Es zeigte sich, dass die ging es um öffentlich wahrnehmbare Kennzeichen der
Männer, wenn sie sich in einem Restaurant befanden, den Gruppenzugehörigkeit, speziell um das optisch wahr-
Ladies’ Cut verschmähten und negative Einstellungen nehmbare Gewicht. Die Autoren fragen sich, ob das Ge-
offenbarten. Befanden sich die Männer dagegen in einer wicht ein Merkmal sein kann, das dazu beiträgt, dass
privaten Atmosphäre, fielen die negativen Reaktionen man einer bestimmten Gruppe angehören möchte (z. B.
längst nicht so stark aus. den „Schlanken“ und nicht den „Beleibten“) und das Ver-
In weiteren Untersuchungen griffen White, Simpson halten entsprechend anpasst. Die Autoren untersuchten
und Argo (2014) diese Ergebnisse auf und stellten sich im Rahmen zweier Experimente den Einfluss der äuße-
die Frage, wann Konsumenten bereit sind, die Verhal- ren Erscheinung von Kellnern auf das Konsumverhalten
tensweisen bzw. Produktpräferenzen einer dissoziativen der Restaurantbesucher. Dabei wurden Probanden zu
Gruppe zu übernehmen, also einer „out-group“, mit der einem Geschmackstest eingeladen, im Rahmen dessen
man eigentlich nichts zu tun haben möchte und folg- ihnen von einer instruierten Kellnerin zwei Arten von
lich auch nichts mit deren Konsumgewohnheiten. Das Snacks (Schokoladenkekse und Reiskekse in Studie 1,
gelingt, wenn die „in-group“ lernt, dass das Verhalten Kekse und Karotten in Studie 2) präsentiert wurden. Die
der „out-group“ von der Öffentlichkeit positiv wahrge- Probanden wurden gebeten, einen dieser Snacks auszu-
nommen wird. Das Verhalten wird nachgeahmt, um in wählen und zu beurteilen; dabei stand es ihnen frei, so
einem ähnlichen positiven Licht dazustehen, frei nach viel von den Snacks zu essen, wie sie wollten. Der Körper-
dem Motto: „was die können, können wir schon lange“, bau der Kellnerin wurde folgendermaßen manipuliert:
allerdings auch nur dann, wenn das Nachahmerverhal- Die Kellnerin trug in der Bedingung „übergewichtige
ten öffentlich wird. Die Autoren wählten als in- und out- Kellnerin“ eine Fettprothese („fat suit“), in der Bedin-
group Studierende der BWL und der Informatik einer gung „schlanke Kellnerin“ jedoch nicht. Es wurde also
kanadischen Universität. Auch in Deutschland könnte einzig das vermeintliche Gewicht der Kellnerin manipu-
man sich diesen Fall gut vorstellen: BWL-Studierende liert, alle anderen Eigenschaften der Person blieben gleich
mögen oftmals die Informatiker nicht und empfinden (Stimme, Gesicht, Frisur, Verhalten etc.). Die Ergebnisse
sie als „Nerds“, während die Informatiker den BWLern der Studie zeigen, dass die Präsenz einer übergewichti-
oftmals die Wissenschaftlichkeit des Studiums abspre- gen (vs. schlanken) Kellnerin Diätetiker dazu verleitet,
chen. Den BWL-Studierenden wurde nun mitgeteilt, dass mehr Snacks zu konsumieren. Nicht-Diätetiker dagegen
die Informatiker auf dem Campus bei dem sehr begrü- konsumieren größere Mengen an Snacks, wenn diese von
ßenswerten und nachhaltigen Verhalten, nämlich beim einer schlanken (vs. übergewichtigen) Kellnerin serviert
Kompostieren, eine Spitzenleistung gezeigt hätten. Sie werden.
wurden anschließend gefragt, ob sie sich nicht auch vor-
stellen könnten, beim Kompostieren mitzumachen und
hier besondere Leistungen zu erbringen. Dabei wurden
444 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

3. Haushalt und Familie schlägt drei grundlegende familiäre Entwicklungsmus-


a) Vorbemerkung zu Haushalt und Familie ter vor:
Nach der amtlichen Statistik gilt jede Personengemein- ●● das nichteheliche Zusammenleben mit einem Partner
schaft als Haushalt, die ihre Lebensbedürfnisse gemein- ●● das eheliche Zusammenleben
sam finanziert und zusammen wohnt. Aber auch allein ●● das Zusammenleben mit einem Kind, aber ohne Part-
wirtschaftende Einzelpersonen werden zu den Haus- ner
halten gezählt. Raffée (1969) sieht den Haushalt als eine Die Familie unterscheidet sich von anderen Primärgrup-
organisatorische Einheit, die aus einem oder mehreren pen insbesondere durch eine von der jeweiligen Kul-
Konsumenten besteht: Er dient der individuellen Bedürf- tur festgelegte Rollenstruktur (Tätigkeitsaufteilung für
nisbefriedigung seiner Mitglieder und ist durch eine Mann, Frau und Kinder), außerdem durch die Qualität
eigene Wirtschaftsführung gekennzeichnet. der gefühlsmäßigen Beziehungen zwischen den Famili-
Von den privaten Haushalten (in Deutschland 2017 rund enmitgliedern – die sich u. a. in einem stark ausgeprägten
41,3 Mio.) haben diejenigen Haushalte, die aus Familien Zusammengehörigkeitsgefühl äußern – sowie durch die
bestehen, noch die größte Bedeutung. Das gilt sowohl in relativ große Stabilität dieser gefühlsmäßigen Beziehun-
quantitativer Hinsicht – die meisten Konsumenten leben gen (vgl. hierzu u. a. Haustein und Bierhoff, 1999). Durch
in Familien – als auch im Hinblick auf die Problematik diese Besonderheiten wird die Interaktion zwischen den
von Familienentscheidungen. Seit einigen Jahren rücken Familienmitgliedern geprägt, die sich im Übrigen in ei-
auch die Ein-Personen-Haushalte („Singles“) mehr in das ner für die Interaktion in kleinen Gruppen typischen
Blickfeld, die im Jahr 2017 bereits knapp 42 % (41,8 %) aller Weise abspielt. Beispielsweise ist die Kommunikation
Haushalte ausmachten. Nach Erkenntnissen der Haus- oft emotionaler und durch die langjährigen Beziehun-
haltsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes gen zwischen den Familienmitgliedern subtiler als in
(2017) wird der Anteil der Ein-Personen-Haushalte an anderen Gruppen.
allen Haushalten auf 44 % im Jahr 2035 steigen. Zwei-Per- Epp und Price (2008) beschäftigen sich mit dem Konstrukt
sonen-Haushalte machen derzeit einen Anteil von 33,5 % „Familienidentität“ („Wer sind wir als Familie?“) und der
aus, während Haushalte mit drei Personen nur 12 % ein- Bedeutung dieses Phänomens für das Konsumenten-
nehmen, und nur noch 9,3 % der Bevölkerung leben in verhalten. Die Identität einer Familie besteht demnach
Haushalten mit vier und mehr Personen. Bei kinderrei- aus einem Bündel verschiedener Subidentitäten: a) die
chen Familien (mehr als drei Kinder) ist zu beobachten, gemeinsame Identität aller Mitglieder, b) die Identitäten
dass diese entweder über ein sehr geringes oder aber ein kleinerer Subgruppen (z. B. Geschwister, Ehepartner)
sehr hohes Einkommen verfügen: „Da Kinder heutzutage und ihrer Beziehungen untereinander (auch Mutter und
eine finanzielle Belastung bedeuten, kann Elternschaft Tochter, z. B. Gillison, Givan et al., 2015)12 und c) die Ein-
zwar einerseits zur sozialen Deprivation führen, aber an- zelidentitäten der Familienmitglieder. Es gibt also mehr
dererseits auch ein Symbol für ökonomischen Wohlstand als nur ein „Wir“. Dabei können sich das Zugehörigkeits-
sein. Kinder würden damit – das Phänomen kennen wir gefühl und der Status der Mitgliedschaft durchaus ver-
bereits aus den USA – auch bei uns zum Statussymbol“ ändern. Epp und Price (2008) machen dafür u. a. diverse
(Nave-Herz, 2010, S. 46 f.). Moderatoren verantwortlich, wie z. B. die Akzeptanz un-
Wir beschränken uns auf Kaufentscheidungen in Fa- terschiedlicher Familienmitglieder, Scheidungen, Orts-
milienhaushaltungen und verwenden  – für unseren wechsel etc. Ebenso spielen generationenübergreifende
Zweck – den Begriff „Familie“ synonym mit dem Begriff
„Haushalt“. Das setzt voraus, dass wir einleitend einige bundenheit innerhalb dieser „Familie“ zu beziehen.Unterschie-
für die Analyse von Entscheidungsprozessen relevante den wird dann: Die „Kernfamilie“ aus Eltern und Kindern,
Aspekte des Familienlebens skizzieren. die gemeinsam lebt und Haushaltsentscheidungen fällt. Die
„Netzwerkfamilie“, deren Verwandtschaft mehrere Haushalte
In der gegenwärtigen westlichen Gesellschaft fokussiert
umfasst, sich aber durch familiäre Bindungen wie gemeinsame
man die „Kernfamilie“, das heißt eine Familie, die aus Verantwortung und subjektiv erlebten Familiensinn auszeich-
Eltern und Kindern besteht, zusammenlebt und im Re- net. Die „Freundesfamilie“, die ersatzweise für Verwandte die
gelfall keine weiteren Verwandten einschließt. Eltern und familiäre Verantwortung übernimmt. „Clanning“ ist das Zu-
Kinder kann man als zwei Untergruppen der Familie mit sammenleben von Menschen in einer selbst ernannten Groß-
eigenen Interaktionsmustern auffassen. Stutzer (1999)11 familie (Popcorn, 1999).
12
Gillison, Givan et al. (2015) beschäftigen sich z. B. mit dem
„Mutter-Tochter“-Verhältnis und erläutern u. a. wie Töchter
11Es kann zweckmäßig sein, den Familienbegriff zu erweitern durch den Konsum versuchen, sich von ihren Müttern „ab-
und vorrangig auf die Kommunikation und persönliche Ver- zunabeln“.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 445

Aspekte eine Rolle mit Verbindungen zu früheren (z. B. und eine Trennung von biologischer und sozialer
ein Haus wird von den Eltern geerbt) oder zukünftigen Elternschaft zu beobachten (z. B. Pflegefamilien, Re-
Generationen (beim Hausbau wird schon für die (noch genbogenfamilien).
nicht existente) Enkelkindergeneration geplant). Schließ- (2) Immer mehr Menschen leben als Single (2017 lebten
lich sind auch die tagtäglichen Erlebnisse von Bedeutung. mehr als 17,3 Millionen Menschen in Deutschland
Die Autoren stellen zudem die „Kommunikationsfor- allein).
men“ innerhalb einer Familie dar; dazu zählen z. B. Ri- (3) Im Jahr 2017 wurden insgesamt 416.600 Ehen ge-
tuale (z. B. beim Weihnachtsfest), Geschichten (z. B. „als schlossen. Für ca. 68 % aller Eheschließungen galt,
der Großvater das Haus baute“), soziale Dramen sowie dass beide Ehepartner vor der Hochzeit ledig wa-
die Alltagsinteraktionen. Die Kommunikationsformen ren. Bei 13 % der Ehen war es für beide bereits der
können 1. identitätsstiftend sein und 2. dazu beitragen, (mindestens) zweite Versuch. „Mit der Eheschließung
dass die Familie von Außenstehenden als Einheit wahr- warten junge Menschen immer länger: Seit Mitte der
genommen wird. Alle Faktoren beeinflussen schließlich 1970er-Jahre ist in Deutschland das durchschnitt-
die Akzeptanz von bestimmten Marken, Produkten oder liche Heiratsalter Lediger kontinuierlich gestiegen.
Dienstleistungen und damit das Entscheidungsverhalten Im Jahr 2016 waren ledige Männer bei der Hochzeit
innerhalb einer Familie. Abb. 184 skizziert die Erkennt- im Durchschnitt genau 34 Jahre und ledige Frauen
nisse von Epp und Price (2008). 31 Jahre und 6 Monate alt. Das sind jeweils 4 Jahre
Ausgehend von der für uns grundlegenden Frage nach mehr als noch vor 20 Jahren“ (Statisches Bundesamt,
dem Einfluss der Familie auf das individuelle Konsum- 2018b).
verhalten sind sieben tiefgreifende Veränderungen (für (4) Die Deutschen werden älter: „Am 31. Dezember 2017
das Verhalten) der Familie im Zuge der gesellschaftlichen lebten rund 17,7 Millionen Personen ab 65 Jahren in
Entwicklung hervorzuheben: Deutschland. Das entsprach einem Anteil von 21,4 %
(1) Es existiert ein Trend zur zeitweise dezentral leben- an der Gesamtbevölkerung. Wie das Statistische Bun-
den Kernfamilie. Daneben ist der Anteil der Alleiner- desamt anlässlich des Internationalen Seniorentags
ziehenden gestiegen (2017 gab es ca. 19 % Alleinerzie- am 1. Oktober 2018 weiter mitteilt, erhöhte sich die
hende laut Statistischem Bundesamt, 2018a). Immer Zahl der älteren Menschen um 36,6 % innerhalb der
häufiger ist nach Wickert (2015) die Patchworkfamilie letzten 20 Jahre. Zum 31. Dezember 1997 hatte es etwa

Familienidentitäten
Familie
Beziehung
Individuum

Kommunikationsformen Symbolische
Erzählungen Marktplatzressourcen
Rituale Marken
Soziale Dramen Objekte
Alltägliche Interaktionen Aktivitäten
Generationenübergreifende Dienstleistungen
Transfers
Moderatoren
– Anpassungsfähigkeit der
Kommunikationsformen
– Vereinbarungen der Mitglieder
– Engagement der Mitglieder
– Synergie zwischen den Identitäten
Abb. 184: Familienidentität und
– Störungen & Übergänge
ihre beeinflussenden Faktoren – Hindernisse für die Verabschiedung
(Quelle: deutsche Übersetzung von – Notwendigkeit von Kontextidentität
Epp und Price, 2008, S. 52)

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446 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

13,0 Millionen Personen der Generation 65+ gegeben. 2017 lebten insgesamt 2,6 Millionen Menschen als allein-
Das waren 15,8 % der Gesamtbevölkerung gewesen“ erziehende Mütter oder Väter, von denen 59 % minderjäh-
(Statisches Bundesamt, 2018c). rige Kinder hatten. Die klassische Familie „Vater, Mutter,
Im Jahr 2030 werden ca. 35 % 60 Jahre und älter sein Kind“ ist somit für ca. 17 % nicht zutreffend. Seit einigen
(Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, siehe Jahren wächst auch der Anteil der gleichgeschlechtlichen
auch Abb. 185).13 Lebensgemeinschaften. Laut Statistischem Bundesamt
(5) Stärkere Berufstätigkeit von Frauen. Die Zahl der (2018b) hat sich seit 2007 ihre Anzahl von 68 000 um fast
sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen ist zwei Drittel (65 %) auf 112.000 erhöht, von denen ca. 13 %
zuletzt stärker gewachsen als die der Männer. „Wa- mit minderjährigen Kindern zusammenleben. Auch die
ren 2006 nur 68,4 % der Frauen zwischen 15 und 65 Familienorientierung von Kindern hat sich verändert.
Jahren erwerbstätig oder auf der Suche nach einer Mit zunehmendem Alter schätzen Jugendliche ihre
Erwerbstätigkeit, galt dies 2016 bereits für 73,4 %“ Freundesbeziehungen höher ein als die zu den Eltern
(Bundesagentur für Arbeit, 2018). (Gerrig, 2016, S. 404f.). Roper und LaNiece (2009) führten
(6) Zunehmender Einfluss von Bezugsgruppen außer- hierzu eine qualitative Studie mit dreißig Kindern aus
halb der Familie, auch bedingt durch „virtuelle“ drei Altersgruppen (7, 11 und 14 Jahre) durch. Sie interes-
Netzwerke sierten sich für den Einfluss von gleichaltrigen Freunden
(7) Zunehmender Anteil getrennt wohnender Paare: Das („peers“) und für Veränderungen des Markenverständ-
wird als „Living Apart Together“ (kurz LAT)-Modell nisses in den Produktkategorien Nahrungsmittel und
bezeichnet (Pieper, 2018). Bei den unter 30-Jährigen Getränke. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einfluss der
leben danach 20 % der Paare in einer LAT-Beziehung. Freunde mit zunehmendem Alter der Kinder/Jugendli-
Die Einschränkung der Familie auf die Kernfamilie –
eine Folge der modernen Industriegesellschaft – ist weit-
gehend abgeschlossen. Noch vor 100 Jahren umfasste
ein Mehrpersonenhaushalt rund fünf Personen, heute –
nimmt man Einpersonenhaushalte und Mehrpersonen-
haushalte zusammen – beträgt (gegenwärtig) die Haus-
haltsgröße im Durchschnitt nur noch etwa 2 Personen
und soll bis 2030 weiter sinken (Statistisches Bundesamt).
Die zunehmende Berufstätigkeit der Frau trägt zu einem
veränderten Rollenverständnis der Frau bei (siehe auch
Ecarius, Köbel und Wahl, 2011). Frauen erwirtschaften
zusammen mit ihren Ehemännern das Familienbud-
get und führen deshalb mehr Konsumentscheidungen
gleichberechtigt mit dem Partner durch. 2017 hatten fast
zwei Drittel (63 %) der 20,7 Millionen gemischtgeschlecht-
lichen Paare in Deutschland Lebensgefährten bzw. Ehe-
partner mit einem gleichen oder ähnlichen Bildungs-
abschluss. Bei 27 % der Paare hatte 2017 der Mann, bei
10 % die Frau einen höheren Bildungsstand (Statistisches
Bundesamt, 2018b).

13 Die Abbildung zeigt den aktuellen Altersaufbau der Bevöl-


kerung in Deutschland. Seine Form erhält er aus dem Zusam-
menwirken von Geburtenhäufigkeit und Sterblichkeit sowie
den Zu- und Abwanderungen. Bei hoher Geburtenhäufigkeit
und hoher Sterblichkeit entsteht eine Pyramidenform, weshalb
die Altersstruktur früher auch als Alterspyramide bezeichnet
wurde. Diese Form ist für Deutschland aber nur zu Beginn des
20. Jahrhunderts typisch gewesen. Seit Mitte der 1960er Jahre
sind beispielsweise deutliche Geburtenrückgänge zu verzeich-
nen. Heute spricht man eher von einer „Zwiebelform“ (Bundes- Abb. 185: Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands 2015
institut für Bevölkerungsforschung, 2017). (Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2017)
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 447

chen steigt, während der Einfluss der Eltern abnimmt. Der Lebenszyklus bzw. der Familienzyklus ist eine de-
Als Folge wird die Bedeutung der Familienmitglieder mographische Variable, die – wie noch gezeigt wird – mit
für individuelle und gemeinsame Kaufentscheidungen anderen Variablen in enger Beziehung steht und bevor-
geringer. Außerdem können Jugendliche, im Vergleich zu zugt dafür verwendet wird, das Verhalten von Konsu-
Kindern, die symbolische Bedeutung von Marken besser menten, die in Familienhaushaltungen organisiert sind,
einschätzen. Wir werden auf das Konsumverhalten der zu bestimmen.
Jugendlichen noch detaillierter eingehen. Familienzyklus ist ein Unterbegriff zum Begriff Lebens-
Der soziale Einfluss, der bei den Familienentscheidungen zyklus. Unter Lebenszyklus versteht man den in einzel-
wirksam wird, kann grundsätzlich aus verschiedenen ne Phasen wie Kindheit, Jugend, Ehe usw. eingeteilten
Quellen kommen: Lebensablauf. Sieht man eine solche Einteilung unter
dem Gesichtspunkt der Eingliederung der Familie in
●● direkt von außerhalb der Familie: Die Entscheidung,
den Lebensablauf, so spricht man von Familienzyklus.
ein Produkt zu kaufen, geht beispielsweise auf den
Abb. 186 zeigt eine schematische Darstellung der wich-
Einfluss eines Freundes zurück.
tigsten Phasen des Familienzyklus14.
●● indirekt von außerhalb der Familie: Die Familienmit-
glieder wirken als Vermittler externer sozialer Ein- Phase I: unverheiratet, jung
flüsse. Zum Beispiel entspricht die Kaufentscheidung Phase II: verheiratet, mit jungen Kindern
einer gesellschaftlichen Konsumnorm, die sich die Phase III: verheiratet, mit älteren Kindern
Familienmitglieder zu eigen gemacht haben. Phase IV: verheiratet, ohne Kinder (diese haben das
●● von den Familienmitgliedern selbst: Die Kaufentschei- Elternhaus nach Ausbildung oder Eheschlie-
dung geht z. B. auf die persönliche Machtausübung ßung verlassen)
eines Familienmitgliedes zurück.
Bei dieser Phaseneinteilung wird vom traditionellen Zy-
Diese verschiedenen Einflüsse lassen sich allerdings klus einer durchschnittlichen Familie mit einem oder
kaum trennen, sie sind oft miteinander verbunden. mehreren Kindern ausgegangen. Eine weitergehende
Hervorzuheben ist die Funktion der Familie, externe Klassifizierung kann das Alter der Personen und die
soziale Einflüsse auf das Verhalten der einzelnen Fa- Zahl der Kinder mitberücksichtigen, ferner die Phase
milienmitglieder zu vermitteln bzw. zu transformieren. jungverheirateter Ehepaare ohne Kinder. Bei derartigen
Deswegen gilt die Familie auch als besonders wichtiger Einteilungen ist stets der Zweck der Klassifizierung zu
Sozialisationsagent. beachten. Eine Einteilung, die gemacht wird, um die Rol-
lenverteilung der Haushaltsmitglieder in den verschiede-
b) Familienzyklus und Kaufverhalten nen Phasen zu untersuchen, sieht anders aus als eine Ein-
In der Haushalts- und Familienforschung werden demo- teilung im Hinblick auf den Kauf von Gebrauchsgütern.
graphische Variablen häufig gebraucht, um die Anzahl Von den privaten Haushalten der Bundesrepublik sind
und Struktur der Familien zu erfassen. rund 58 % Mehrpersonenhaushalte (2017). Die durch-
Demographische Variablen sind Größen, die dazu geeig- schnittliche Personenzahl pro Haushalt beträgt, wie ge-
net sind, die Bevölkerung nach Art und Zusammenset- sagt, etwa 2 Personen. Unter den Familienhaushaltungen
zung (nach Alter, Geschlecht usw.) zu klassifizieren, oder mit Kindern sind solche mit einem Kind (51 %) und mit
es sind Größen zur Beschreibung der Bevölkerungsent- zwei Kindern (37 %) am häufigsten vertreten (Statisti-
wicklung und ihrer Determinanten (Lebenserwartung, sches Bundesamt, 2018b). Allerdings kann in Zukunft
Marketingforschung werden solche Größen im Sinne die Anzahl der Kinder in den Familien wieder steigen,
von einfach messbaren Strukturdaten einer Population u. a. auch weil die Anzahl der Familien mit Migrations-
verwendet; meist sind es Daten, die der Marktsegmen- hintergrund (plus 22 % im Zeitraum 2007-2017) gestiegen
tierung dienen. ist, die derzeit durchschnittlich mehr Kinder bekommen
(hier haben 53 % mehr als ein Kind, in Familien ohne
Bei verhaltenswissenschaftlicher Betrachtung dienen Migrationshintergrund sind es dagegen nur 46 %). Im
die demographischen Variablen insbesondere auch als Jahr 2017 hatte bei 2,8 Millionen Familien in Deutschland
Indikatoren für typische Verhaltensweisen von Familien- mindestens ein Elternteil einen Migrationshintergrund.
mitgliedern bzw. Haushalten. So schließt man z. B. vom
Familieneinkommen des Haushaltsvorstandes auf seinen
sozialen Status und davon auf ein schicht(en)spezifisches 14Die Phaseneinteilungen für Lebens- und Familienzyklen
Konsumverhalten, oder man schließt vom Alter auf die weichen in einzelnen Untersuchungen zum Teil stark vonein-
Sparbereitschaft. ander ab. Dadurch leidet die Vergleichbarkeit der Ergebnisse.
448 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Kinder verlassen
Heirat Elternhaus

Kind

Geburt Kind
Mann
Tod Mann

Tod Frau Abb. 186: Schematische Darstel-


Geburt lung des grundlegenden Lebens-
Frau zyklus (Familienzyklus) von
Mann und Frau
Ehe mit Kindern Ehe ohne Kinder Anmerkung: Die Knicke in den
Lebenslauflinien symbolisieren
I II III IV
Phasen das Zusammenkommen zu einer
Lebensjahre Lebensgemeinschaft oder das
Ausscheiden aus ihr.

Das entspricht einem Anteil von 35 % an allen Familien Es liegt deswegen auf der Hand, dass der Lebenszyklus
mit Kindern unter 18 Jahren. mehr Informationen bietet als einzelne demographische
Laut Statistischem Bundesamt ist das durchschnittliche Einflussgrößen, wenn es darum geht, das Konsumenten-
Heiratsalter angestiegen. 2016 waren ledige Männer bei verhalten als abhängige Variable zu erklären. In manchen
der Hochzeit im Durchschnitt genau 34 Jahre und ledige Untersuchungen unterscheidet man sogar sieben „Stati-
Frauen 31 Jahre und 6 Monate alt. Die durchschnittliche onen auf dem Lebensbogen“ (Demoscope, 1997).
Lebenserwartung beträgt für Männer derzeit 79 Jahre, Die in Abb. 186 wiedergegebene grundlegende Einteilung
für Frauen 84 und soll sich in den nächsten 20 Jahren des Familienzyklus geht von bestimmten Vorstellungen
noch einmal um ca. 2,5 Jahre erhöhen. Aufgrund dieser aus: „Im traditionellen Familienzyklus ist nicht vorgese-
Durchschnittszahlen kann man ganz grob sagen (mittelt hen, dass sich die Eltern trennen oder es zu einer Reorga-
man das Alter von Männer und Frauen), dass Phase I nisation durch Wiederheirat oder Zusammenziehen von
des traditionellen Familienzyklus bis zum 33. Lebensjahr Elternteilen kommt (nicht-normative Veränderungen).
dauert, Phase II bis zum 44. Lebensjahr (10. Lebensjahr Diese normativen und nicht-normative Veränderungen
der Kinder), Phase III bis zum 54. Lebensjahr (20. Lebens- im Familienzyklus erfordern jeweils eine Reorganisation
jahr der Kinder) und Phase IV bis zum durchschnittli- der familiären Beziehungsgestaltung; Wiederverheira-
chen Todesalter von etwa 81,5 Jahren. Die Zahlen für die tung und Rekonstruktion der Familie, Patchwork-Familie
verschiedenen Bevölkerungsgruppen streuen natürlich (Veränderungen: Umstrukturierung, Einbeziehen des
in unterschiedlichem Maße. neuen Partners, Bereitstellung von Beziehungsmöglich-
Der Einfluss des Familienzyklus auf das Konsumenten- keiten für die Kinder mit biologischen Eltern, Großeltern
verhalten verdeutlicht das simultane Wirken mehrerer und Verwandten, Austausch der Vergangenheit um die
sozio-ökonomischer Faktoren. Das Verhalten in Phase III Integration der Stieffamilie zu verbessern)“ (Stangl, 2019).
wird beispielsweise durch die Zahl der Kinder, das Alter Zudem erklärt Nave-Herz (2010) zum Beispiel, dass (auch
der Eheleute, das Einkommen usw. beeinflusst. wenn die Kinder länger zu Hause bleiben) sich die Fa-
milienphase insgesamt verkürzt hat, weil nicht mehr so
Jede Phase des Familienzyklus repräsentiert demnach viele Kinder geboren werden. Aufgrund der zugleich zu
eine bestimmte Konstellation von Einflussgrößen, die sich beobachtenden höheren Lebenserwartung hat sich dage-
durch eine Kombination von sozio-demographischen Va- gen die „nachelterliche“ („empty nest“) Phase verlängert.
riablen angeben lässt.
Im Hinblick auf das Ziel, das Konsumentenverhalten zu
erklären und den Markt anhand der Phaseneinteilung zu
segmentieren, werden in den „Familienzyklus“ auch die
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 449

Gliederungs-
Alter
kriterien
Erwachsenenzahl
und Hinzukommen unter 35 Jahre 35–64 Jahre über 64 Jahre
von Kindern

Haushalt mit
einem Ledige I Ledige II Ledige III
Erwachsenen

Haushalt mit junges Paar ohne älteres


zwei Paar Kinder Paar
Erwachsenen

verzögertes
volles Nest
Haushalt mit zwei volles volles
Erwachsenen und
Abb. 187: Fassung des Familien- Nest I Nest II volles Nest III
Kindern
zyklus nach Gilly und Enis (1982,
S. 274)

Anmerkung: Durch spaltenweises Haushalt mit einem einzelner einzelner einzelner


Lesen findet man die Hauptpha- Erwachsenen und Elternteil Elternteil Elternteil
sen. In den Phasen „volles Nest I“ Kindern I II III
und „verzögertes volles Nest“ sind
die Kinder unter sechs Jahren, in Zeichenerklärung: Heirat
Tod oder Scheidung
„volles Nest II und III“ über sechs Kinder hinzu oder weg
Jahre alt. Weitere Erklärungen im Alterung
Text.

Lebensphasen von alleinstehenden Erwachsenen und stammt und von diesen Autoren im Einzelnen begründet
von unverheirateten Paaren einbezogen. und mit anderen Phaseneinteilungen verglichen wird.
Damit wird der gesellschaftlichen Entwicklung Rech- Gliederungskriterien sind Alter, Familienstand im weiten
nung getragen, nach der es immer mehr einzeln lebende Sinne sowie Zahl und Alter der im Haushalt lebenden
Personen gibt, die nicht heiraten oder geschieden sind. Kinder. Die Angaben zur Altersgruppierung in der letz-
Sie werden in der neuen Phasengliederung mit und ohne ten Zeile des Schemas beziehen sich auf das Alter der
Kinder berücksichtigt. Als Paare werden nicht nur ver- Frau im Haushalt (falls vorhanden, sonst auf das Alter
heiratete, sondern auch unverheiratete Paare aufgefasst, des Mannes). Solomon, Bamossy et al. (2016) erklären,
wenn sie einen gemeinsamen Haushalt führen – auch dass dieses Konzept auch noch heute gültig sei, da es
dann, wenn sie gleichgeschlechtlich sind. gerade die „Singleisierung“ der Gesellschaft integriert
und Patchwork-Familien nicht ausschließt.
Abb. 187 gibt ein entsprechendes Schema des Familien-
zyklus wieder, das bereits von Gilly und Enis (1982)15 Zum Familienzyklusmodell von Gilly und Enis (1982):
Bei den Kindern wird zwischen jungen Kindern, die
15Andere Untersuchungen zum Konsum in einzelnen Lebens- noch nicht in der Schule und unter sechs Jahren sind,
zyklusphasen von Haushalten (z. B. Wilkes, 1995) differenzie- und älteren Kindern unterschieden. Maßgebend für
ren wesentlich stärker als derzeitige traditionelle Haushalts- die Phasengliederung ist das Alter des jeweils jüngsten
modelle, so z. B. zwischen acht Typen von Singles je nach Alter, Kindes. „Volles Nest I“ und „verzögertes volles Nest“
Kinderzahl und Familienstatus. Sie bestätigen dennoch Mo-
umfassen die Phasen mit jüngeren Kindern (bei „verzö-
delltypen wie den von Gilly und Enis (1982). Auch die einzel-
nen Lebensphasen haben sich aufgrund demographischer Pro- gertem vollen Nest“ haben die Eltern den Kinderwunsch
zesse (z. B. Veränderung der Altersstruktur) sowie unter dem aufgeschoben, sie sind bereits im mittleren Alter). „Volles
Einfluss von kulturellen und wirtschaftlichen Faktoren stärker
ausdifferenziert. Im historischen Vergleich stellt sich beispiels-
weise der Lebenslauf im Jahr 1910 sehr einfach strukturiert dar, frühes Erwachsenenalter oder die Phase „junge Senioren“)
während heute das Hinzukommen neuer Lebensphasen (z. B. typisch ist (Hurrelmann, 2004; Nave-Herz, 2010).
450 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Nest II und III“ beziehen sich dementsprechend auf Fa-


Man kann davon ausgehen, dass der Familienzyklus ein
milien mit älteren Kindern, in denen die Eltern entweder besserer Prädiktor für das Konsumverhalten ist als ein-
jung oder bereits im mittleren Alter sind. fache sozio-demographische Merkmale wie Alter und
Anwendung des Familienzyklus als Segmentierungs- Einkommen.
variable: Die Problematik bei der praktischen Anwen-
dung des Zykluskonzeptes ist weniger in der empiri-
schen Ermittlung der zur Phasenbestimmung dienenden 4. Konsumentenverhalten in unterschiedlichen (Familien-)
demographischen Größen als in der Einteilung und Lebenszyklusphasen
Abgrenzung der einzelnen Phasen zu sehen. Davon In Untersuchungen zum Marketing hat sich der Familien-
abgesehen kann es zur Unterstützung der Erklärung zyklus bzw. haben sich die verschiedenen Lebensphasen
des Konsumentenverhaltens wertvolle Dienste leisten. bei der Segmentierung von Märkten bewährt. Um den
Bouchard (2014) gibt beispielsweise einen guten Über- Zusammenhang von Lebensphasen und Konsumenten-
blick über verändertes Konsumverhalten mit Beginn der verhalten zu verdeutlichen, erläutern wir nachfolgend
„empty-nest“-Phase. Eine weitere Untersuchung stammt einige Forschungsergebnisse.
beispielsweise von Neulinger und Simon (2011). Die Au-
torinnen untersuchten den Einfluss unterschiedlicher a) Das Konsumverhalten von Kindern
Familienzyklusphasen auf Ernährungsgewohnheiten
Konsumenten können schon im Kindesalter sowohl ein
und Gesundheitsbewusstsein (z. B. Verzehr von Obst
Markenbewusstsein als auch Markenimages aufbauen.
und Gemüse, Frühstücksverhalten etc.) in Ungarn und
Daher wecken Kinder in der Rolle des Konsumenten
konnten beispielsweise aufzeigen, dass das Gesundheits-
bei vielen Wissenschaftlern ein großes Interesse16. Es
bewusstsein am höchsten ist in den „full-nest I“ und
ist sinnvoll, die verschiedenen Entwicklungsstände von
„empty-nest“-Phasen, während „convenience food“ vor
Kindern zu berücksichtigen. Zu unterscheiden ist hier
allem von alleinerziehenden Elternteilen präferiert wur-
zunächst eine als „wahrnehmende Phase“ zu bezeich-
de. Auch das Thema „Digitalisierung“ macht vor der
nende Periode zwischen drei und sieben Jahren von einer
Familienzyklusforschung nicht halt: Tanis, Van der Louw
sich anschließenden sogenannten „analytischen“ Phase
und Buijzen (2017) machen darauf aufmerksam, dass
bis zum Alter von elf Jahren (John, 1999)17.
50 % der US-amerikanischen Eltern bei Facebook aktiv
sind und hier „Freunde“ ihrer Kinder sind, um ein Auge Wahrnehmende Phase: Kleine Kinder haben nur eine
auf deren Aktivitäten haben zu können. Die Ergebnisse vergleichsweise limitierte Erinnerungsfähigkeit und
ihrer Umfrage ergeben, dass die sozialen Netzwerkak- Wissensbasis, wodurch sie Informationen nur begrenzt
tivitäten – z. B. Mitlesen von Nachrichten („lurking“), verarbeiten können. Doch können Vorschulkinder be-
Textnachrichten schreiben oder chatten oder eigene Bei- reits Markenlogos wahrnehmen und anschließend auch
träge verfassen („posting“) – besonders intensiv in der wiedererkennen (Lindstrom, 2004, S. 176). Aktaş Arnas,
Phase ausgeprägt sind, wenn ein Kind das Elternhaus Taş͓ und Gürgah Oğul (2016) zeigten Kindern Karten mit
verlässt. Es vergehen ca. zwei Jahre, bis die Aktivitäten Markenlogos und Produktverpackungen. Die Kinder
wieder auf dem Niveau sechs Monate vor Auszug des sollten die dazu passenden Markennamen nennen. Be-
Kindes sind. Viele Eltern haben große Schwierigkeiten, reits Dreijährige (unabhängig vom Geschlecht) waren bei
ihre Kinder „loszulassen“ und sehen über die sozialen einigen Produkten dazu in der Lage, je älter sie waren,
Medien eine Möglichkeit, weiterhin intensiven Kontakt desto besser gelang die richtige Zuordnung. Das Mar-
zu pflegen (die Studie zeigt auch, je trauriger die Eltern kenwissen wird vor allem durch das Fernsehen geprägt,
darüber sind, dass ihr Kind das Elternhaus verlassen wie die Studie von Watkins, Robertson et al. (2016) belegt.
hat, desto intensiver nutzten sie Social Media) und wohl Werbung im Fernsehen finden 78 % der deutschen Kinder
auch weiterhin Einfluss ausüben zu können. Inwieweit
das von Kindern begrüßt wird, ist leider in dieser Studie 16 Am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung werden
nicht untersucht worden. keine Studien mit Konsumenten durchgeführt, die jünger als
Nach den vorliegenden empirischen Untersuchungen ist 16 Jahre sind.
17
der Familienzyklus anderen demographischen Variab- Einen guten Überblick über die historische Entwicklung der
len bei der Bestimmung des Konsumentenverhaltens (qualitativen) Erforschung des Konsumentenverhaltens von
Kindern gibt Cook (2009). Zur kognitiven Entwicklung von 3-
überlegen.
bis 6-Jährigen siehe Schneider und Hasselhorn (2012); von 6- bis
11-Jährigen siehe Kray und Schaefer (2012). Ebenso ist auf die
Sonderhefte des Journal of Consumer Policy (2014) sowie des
International Journal of Consumer Studies (2016) hinzuweisen.

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 451

(6-13 Jahre alt) gut (Kinder-Medien-Studie, 2018). Dabei hat, also die Fähigkeit, sich in die Gedanken anderer
können kleine Kinder in der Regel noch nicht zwischen hineinversetzen zu können. Die Theory of Mind hilft zu-
Realität und Fiktion unterscheiden. Sie empfinden alles, dem, Fiktion und Realität auseinanderhalten zu können.
was sie in der Werbung sehen, als „Wahrheit“. Auch die
Analytische Phase: In ihrem Entwicklungsprozess sind
Untersuchung von McAlister und Cornwell (2010) doku-
Kinder vielen Reizen ausgesetzt, die sie zunehmend bes-
mentiert, dass bereits Vorschulkinder Markenwissen auf-
ser verarbeiten können, insbesondere ab dem Schulein-
bauen können. Bei einer Studie von Dammler, Barlovic
tritt. Die jungen Konsumenten sind durch ihre nicht zu
und Melzer-Lena (2000, S. 108) erkannten beispielsweise
unterschätzende Kaufkraft, die sie durch ihr Taschen-
68 % der 3- bis 4-Jährigen das Markenlogo von Milka,
geld18 besitzen, eine attraktive Zielgruppe für das Mar-
16 % wussten den Markennamen und 62 % konnten das
keting. Im Alter von elf Jahren können die jungen Kon-
Logo der richtigen Produktkategorie zuordnen. Mar-
sumenten bereits vollständig logisch denken, abstrakte
kenkenntnis entsteht somit schon frühzeitig. Das Er-
Aussagen verstehen (Grant und Stephen, 2006, S. 104)
innerungsvermögen wächst mit zunehmendem Alter,
und auch Werbetechniken durchschauen (Rozendaal,
und Kinder entwickeln zudem Erinnerungs-, Lern- und
Buijzen und Valkenburg, 2011). Die Kinder können zu-
Problemlösungsstrategien. John und Cole (1986, S. 299)
dem bestimmte Klänge oder Töne mit spezifischen Pro-
machen darauf aufmerksam, dass Kinder durch eigene
duktattributen assoziieren (Baxter und Lowrey, 2011); das
und übernommene Erfahrungen und Erlebnisse lernen,
beginnt bereits im Alter von fünf Jahren und sollte bei
Marken wahrzunehmen und zu bewerten. Nach einer
der Gestaltung von Markennamen für Kinderprodukte
Studie von Harradine und Ross (2007, S. 194) wird bei den
berücksichtigt werden.
Vorschulkindern das Markeninteresse von Lebensjahr zu
Lebensjahr stärker ausgeprägt, bei den 8-Jährigen haben Das hohe Markenbewusstsein und die Affinität junger
bereits 44,9 % ein Markenbewusstsein entwickelt. Gründe Konsumenten zu bestimmten Marken zeigen sich auch
für diese Entwicklung sind neben dem wachsenden Erin- in der Rolle, die Kinder in familiären Entscheidungspro-
nerungsvermögen zunehmende Vertrautheit mit Marken zessen übernehmen. Nach der „Social-Power“-Theorie
und Marketingreizen, beispielsweise in Bezug auf Form, üben Kinder einen immensen Druck auf die Kaufent-
Größe und Farbe der Produktverpackung (Dotson und scheidungen ihrer Eltern aus, vor allem dann, wenn das
Hyatt, 2005, S. 36). zu kaufende Produkt bzw. die zu kaufende Marke die
Kinder selbst betrifft,  wie beispielsweise Spiele oder
Nach Watkins, Robertson et al. (2016) fördern weder die
Süßigkeiten (Flurry und Burns, 2005, S. 595). 75 % der
Exposition mit Fernsehwerbung noch das Markenwissen
Kinder zwischen 6 und 13 Jahren dürfen bestimmen,
die „Materialismus“-Einstellung der Vorschulkinder in
wie ihr Kinderzimmer aussehen soll oder welches Buch
signifikanten Maße. Viele drei- bis fünfjährige Kinder
oder welche Zeitschrift sie lesen möchten. Dabei sind
wissen aber durchaus, welche Marken sie haben möchten
auch im Internetzeitalter immer noch Titel wie Disneys
(McNeal und Yeh, 1993, S. 34). Eine amerikanische Un-
Lustiges Taschenbuch oder Micky Maus en Vogue (Kin-
tersuchung ergab, dass bereits eins von fünf Kindern im
der-Medien-Studie, 2018). Auch wenn sich die Kinder ab
Alter von drei Jahren gezielt nach einem Markenprodukt
ca. 8 Jahren ein Handy, Smartphone oder Tablet wün-
fragte (Center for a New American Dream, 2002, zitiert
schen, das „gute alte“ Fahrrad ist immer noch der beste
nach Dotson und Hyatt, 2005, S. 36). Wir können daher
Freund (Kinder-Medien-Studie, 2018).
zusammenfassend festhalten:
Nach Harradine und Ross (2007, S. 196) geben nur 1,5 %
der Eltern an, dass ihre Kinder keinen Einfluss auf den
Schon drei- bis fünfjährige Kindern können Markenimages
aufbauen, und sie differenzieren unterschiedliche Marken Kaufprozess ausüben. Durch gutes Verhalten, Vorschläge
nach Gefallen und Missfallen. und Mithilfe, aber auch durch Quengeln und Schmollen
versuchen sie, ihre Eltern für ihre Belange zu gewinnen
und zu überzeugen (Shoham und Dalakas, 2006, S. 347.).
Der Entwicklungsstand von Kindern kann allerdings
unterschiedlich ausgeprägt sein. Die bereits erwähnte 18
Nach der Kinder-Medien-Studie (2018) erhalten die 6- bis
Studie von McAllister und Cornwell (2010) zeigt auf, dass 13-Jährigen derzeit monatlich im Durchschnitt 26,86 Euro Ta-
bereits Vorschulkinder (symbolische) Markenimages er- schengeld. Darüber hinaus erhalten sie Geldgeschenke in Höhe
von 175 Euro pro Jahr (z. B. Geburtstag, Ostern, Weihnachten).
fassen können; diese Fähigkeit wurde bisher nur den
4- bis 5-Jährige kommen auf ein Taschengeld von 6,70 Euro mo-
etwas älteren Kindern zugebilligt. Eine entscheidende natlich, die zusätzlichen Geldgeschenke summieren sich hier
Variable für diese Fähigkeit scheint zu sein, ob sich bei im Schnitt auf 111 Euro im Jahr. Damit sind die Geldzahlungen
den Kindern bereits eine „Theory of Mind“ ausgebildet an Kinder seit 2011 zurückgegangen.
452 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Im angelsächsischen Raum hat sich für dieses „Quen- Kleidung oder Lebensmittel einkaufen. In Deutschland
gel-Verhalten“ von Kindern in Bezug auf Konsumartikel (Kinder-Medien-Studie, 2018) sind Kinder die wichtigste
der Ausdruck „pestering“ etabliert (Anitha und Mohan, Informationsquelle der Eltern bei Einkäufen für das Kind
2016). Allerdings, so berichten Gram und Grønhøj (2016) in Bezug auf Textilien (zu 79 %), Spielzeug (zu 72 %) und
von einer Untersuchung in Dänemark, wissen viele erst Lebensmittel (zu 62 %). In bestimmten Fällen beeinflus-
5- bis 6-jährige Kinder auch sehr genau, wie sie sich in be- sen Kinder auch High-Involvement-Kaufentscheidun-
stimmten Einkaufssituationen zu verhalten haben, sodass gen, wie eine qualitative Studie von Thomson, Laing
sie nicht „peinlich“ oder „beschämend“ wirken. So fragen und McKee (2007) deutlich macht. Diese Einflussnahme
diese Kinder beispielsweise auch nach Süßigkeiten, aber kann von den Eltern durchaus begrüßt werden, wenn das
sehr höflich, und sollte die Bitte nicht erfüllt werden, manchmal erstaunlich gut ausgebildete Produktwissen
dann reagieren sie mit Verständnis („ist nicht schlimm“). der Kinder die Entscheidungsfindung befruchtet. Ein
Sie wissen, dass die Eltern nicht alles kaufen können und Zitat aus der Studie macht das deutlich. Der Vater zweier
insistieren daher nicht (ebenda, S. 515). Die Autoren gehen Kinder (Steven und Barry) erklärt: „With the changes
davon aus, dass diese Kinder Freude daran finden, Regeln in digital TV, Steven and Barry are quite up to speed
zu befolgen, dass sie gerne beim Einkaufen „mithelfen“ with that you know and want us to catch up with the
und einfach „the good child“ sein möchten. Ihr Verhalten technology“ (ebenda, S. 188). Interessant an dieser Studie
wird von den Eltern durch Lob verstärkt. ist zudem, dass Kinder im Rahmen von Familienent-
Eltern bemängeln einerseits zwar, dass ihre Kinder sehr scheidungen schon frühzeitig Koalitionen eingehen, um
stark von Labels und Marken beeinflusst handeln (Har- bestimmte Konsumentscheidungen in der Familie zu
radine und Ross, 2007, S. 197), andererseits informieren beschleunigen.
sie sich dennoch vor dem Kauf bei ihren Kindern, welche Solomon, Bamossy et al. (2016, S. 447) sprechen in diesem
Marken bevorzugt werden, vor allem, wenn sie Spielzeug, Zusammenhang von „parental yielding“: Ein Kind ver-

Abb. 188: Kinderkollektionen (Beispiel: Harley Davidson)


B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 453

sucht, ein Elternteil gezielt zu beeinflussen, und wendet gen auf den Konsumsozialisierungsprozess von Kindern
dabei spezifische Strategien an, beispielsweise indem es bedeutet dies, dass sie allein durch die Tatsache, dass
erklärt, dass alle Freunde ein bestimmtes Produkt besit- sie zu Hause immer wieder bestimmte Lebensmittel-,
zen und es sich ausgeschlossen fühlt, wenn es nicht auch Waschmittel- oder Körperpflegeprodukte etc. sehen, zu
dieses Produkt erhält; oder das Kind legt das Produkt diesen nach einiger Zeit unbewusst eine positive Einstel-
gezielt in den Einkaufskorb oder es verspricht, im Haus- lung aufbauen. Zudem wirkt hier das Lernen am Modell:
halt zu helfen, wenn eine bestimmte Marke gekauft wird. Ein Individuum (Nachahmer, hier das Kind) beobachtet
Konsumenten bauen somit schon im Kindesalter emo- ein anderes (Leitbild, z. B. die Mutter) und ahmt das Ver-
tionale Beziehungen zu Marken auf, sogar für Pro- halten des anderen später nach, insbesondere wenn das
duktkategorien, die sie noch nicht selbst nutzen, bei- beobachtete Verhalten belohnt wurde. Hat also das Kind
spielsweise Automobile. Viele Werbefilme wenden sich beobachtet, dass die Mutter ein bestimmtes Mehl zum
daher in erster Linie an die Kinder (z. B. Kampagnen Backen benutzt, und der Kuchen stets gut gelungen war,
von VW Golf, Mercedes), die sich für das Auto begeis- so wird es später wahrscheinlich dieselbe Marke benut-
tern und anschließend ihre Eltern davon überzeugen zen. Das „Lernen am Modell“ ist auch für Jugendliche
sollen. Kinder entscheiden also bei vielen Anschaffun- und junge Erwachsene von entscheidender Bedeutung
gen in der Familie aktiv mit (ausführlich siehe Dritter (siehe unten).
Teil, Kapitel C, Abschnitte zur Sozialisation). Kinder Zu (2): Viele Mütter und Väter erzählen ihren Kindern
sind in der wahrnehmenden Entwicklungsphase und von bedeutsamen Konsumerlebnissen, die sich im emo-
zu Beginn der analytischen Phase eher unkritisch und tionalen Erfahrungsgedächtnis einprägen. Beispielswei-
stark beeinflussbar. In den USA zahlt Coca-Cola Millio- se erzählt die Mutter ihrer Tochter, dass sie sich für ihr
nenbeträge für den Exklusivvertrieb von Getränken an erstes Rendezvous ein Chanel-Parfüm gekauft hat. Oder
Schulen; auch dürfen dort in den Schulbüchern farbige der Vater erzählt dem Sohn ganz stolz von seinem ers-
Fotos mit gebrandeten Konsumgütern in Verbindung ten Sportauto, das er so gerne gefahren hat, als er noch
mit mathematischen Problemen eingesetzt werden, was Junggeselle war. Diese Erzählungen können dazu führen,
in Deutschland nicht erlaubt ist. Manche Firmen (z. B. dass – obwohl die Marke in der Jugend bzw. Kindheit
Harley Davidson) versuchen durch eine eigene Kinder- noch nicht gekauft wird – eine frühzeitige Markenaffi-
kollektion Kinder frühzeitig für eine Marke zu interes- nität erzeugt wird.
sieren (Abb. 188).
Zu (3): Noch stärker prägt sich das Markenerlebnis in das
Unternehmen entwickeln solche Konzepte, da ihnen emotionale Erfahrungsgedächtnis ein, wenn die Kinder
durchaus bewusst ist, dass in der Kindheit aufgebaute die Geschichten nicht nur erzählt bekommen, sondern
Konsumpräferenzen oft für lange Zeit halten, in manchen selbst erleben. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden.
Fällen sogar lebenslang (Zanger, 2004, S. 1030; Benady,
(3a) Kindliche Erfahrungen mit Marken, die speziell für
2004, S. 23). Allerdings – und das sollte auch ganz deutlich
Kinder konzipiert sind:
zum Ausdruck gebracht werden – ist die Ansprache von
Kindern mit eigenen Kollektionen allein natürlich keine Grundsätzlich sollen durch positive Erfahrungen der
Garantie dafür, dass ein Produkt oder eine Marke „ein Kinder mit den speziell  für sie konzipierten Marken
Leben lang“ präferiert wird. (z. B. Süßwaren, Textilien, Schulutensilien) zum ei-
nen  die  Nachfrageintensität der Zielgruppe erhöht
Neben diesen gezielt für Kinder konzipierten Instrumen-
werden und/oder zum anderen die eigentlichen Ver-
ten der Produkt- und Kommunikationspolitik werden
wendungszeiträume ausgeweitet werden. So essen bei-
Kinder aber auch einfach dadurch beeinflusst, dass (1)
spielsweise auch Erwachsene gerne Kinderschokolade,
ihre Eltern bestimmte Marken oder Produkte präferieren,
obwohl dieses Produkt explizit „Kinder“ im Namen
kaufen und nutzen, (2) die Eltern von ihren Konsumer-
trägt. Es ist auch möglich, dass später erwachsene Kon-
lebnissen erzählen oder (3) Konditionierungseffekte mit
sumenten sich sehr gerne an die Lieblingsprodukte ihrer
besonderen familiären Ereignissen stattfinden.
Kindheit erinnern und diese dann 30 Jahre später für ihre
Zu (1): Markenpräferenzen von Kindern können hier mit eigenen Kinder kaufen (z. B. Lego, Memory etc.).
dem Mere-Exposure-Effekt (Zajonc, 1968, siehe Kapitel
(3b) Kindliche Erfahrungen mit „Erwachsenenmarken“:
„Einstellungen“) erklärt werden, der besagt, dass ein
Gegenstand umso positiver bewertet wird, je häufiger Kinder machen selbstverständlich auch Erfahrungen mit
man diesem ausgesetzt ist, ohne dass man diesen Ge- Produkten, die nicht nur für sie, sondern für ihre Eltern
genstand bewusst wahrzunehmen braucht. Die bloße oder die älteren Geschwister konzipiert sind. Solche Pro-
Wiederholung verbessert somit die Einstellung. Übertra- dukte werden vor allem dann wahrgenommen, wenn sie
454 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

bei bedeutsamen Familienereignissen („family events“) rücken. In westlichen Kulturen ist zu beobachten, dass
eine Rolle spielen. So helfen Kinder der Mutter bei der viele Jugendliche in dieser Phase gegen die Autorität der
Weihnachtsbäckerei und verbinden die Mehlmarke, mit Eltern rebellieren, unter anderem indem sie „shocking
der die Kekse gebacken werden, mit der Erinnerung an products“ präferieren, wie beispielsweise das US-Kultge-
die besinnliche Stimmung und an die guten Düfte. Oder tränk „Brain Wash“, das mit einem Totenkopf auf dem La-
sie erleben selbst die erste Fahrt der Familie mit dem bel wirbt (Solomon, Bamossy et al., 2010). Hier ist auf der
neuen Auto und die Begeisterung über das neue Mo- Verpackung zu lesen „Brain Wash. Carbonated Drink.
dell. Oder sie sollen für das Weihnachtsfest einkaufen For a Change of the Mind. Helps relieve extreme mental
und nur Kaffee der Marke X oder Delikatessen der Marke overload. This may be your only way out! Gets rid of all
Y mitbringen. Die hierdurch entstehenden Konsumer- the garbage they’ve been dumping in your mind. We
lebnisse sind sehr intensiv und werden oft ein Leben want you for life. Caution: May cause special effects.
lang erinnert. We cut out all the bullshit in life and went straight for
the brain”.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass bereits in Das Variety Seeking-Verhalten20 der Jugendlichen ist al-
der frühen Kindheit prägende Konsumerlebnisse statt- lerdings ein sehr produktspezifisches Phänomen, das
finden können. nicht in allen Bereichen auftreten muss (Van Trijp, Hoyer
und Inman, 1996, S. 281) – im Gegenteil: Hauptsächlich
bei starken Marken, wie Coca-Cola oder Adidas sind
b) Das Konsumverhalten von Jugendlichen einmal entstandene Markenpräferenzen langfristig und
Beim Heranwachsen durchleben junge Konsumenten die Marken sind oft nicht durch andere Marken zu er-
viele Erfahrungen oft recht intensiv. Jugendliche wollen setzen (Dammler, Barlovic und Melzer-Lena, 2000, S. 129;
Spaß am Leben haben, sie möchten ihre Zeit genießen LaTour, LaTour und Zinkhan, 2010). Das gilt auch für
und viel Neues erleben und erlernen19. Das spiegelt sich Lebensmittelpräferenzen (Lesakova, 2011). Somit kann
auch im Konsumverhalten wider. Junge Konsumenten gefolgert werden, dass das Variety Seeking-Verhalten
sind eher zukunftsfokussiert, daher verhalten sie sich vor allem bei solchen Angeboten auftritt, die leichter
risikoaffiner, unkonventioneller und suchen neue He- austauschbar sind, bzw. bei Konsumgütern, zu denen
rausforderungen. Raju (1980, S. 277) spricht von dem eine schwache emotionale Bindung besteht oder gar nicht
„Optimum Stimulation Level“, nach dem in der Jugend erst aufgebaut werden kann. Wesentlich ist nach Rhee
stärker gesucht wird als in späteren Jahren. So wird und Johnson (2012), dass Markenimages vor allem zum
jungen Konsumenten nachgesagt, dass sie ständig den Selbstkonzept des Jugendlichen passen. Jugendliche, die
Wandel, das Neue suchen, innovativ und beeinflussbar angeben, besonders von Peers beeinflusst zu werden,
sind und damit auch das Variety Seeking-Verhalten stär- versuchen mit bestimmten Marken ihr als „ideal“ emp-
ker ausgeprägt ist (Van Kenhove, De Wulf und Van den fundenes Selbstkonzept zu realisieren. Im Unterschied
Poel, 2003, S. 11 f.). zu schon gefestigten Persönlichkeiten ist das als ideal
angestrebte Selbstkonzept bei Jugendlichen allerdings
Als Folge des Aufwachsens in einer Erlebnisgesellschaft
vielfach noch volatil.
kann angenommen werden, dass Jugendliche weniger
markentreu handeln, bisher wenig emotionale Bindung Die richtige Wahl der Marken und Produkte spielt beim
zur Marke aufgebaut haben und häufiger wechseln, um „Geschenke machen“ innerhalb der jugendlichen Be-
neue Produkte zu testen und zu vergleichen. Gerade in zugsgruppe ebenfalls eine sehr große Rolle. Die Ge-
der Pubertät, wo sich die Jugendlichen nach und nach schenke sollen einen guten Eindruck machen, dürfen
von den Einstellungen ihrer Eltern lösen, beginnt für auf keinen Fall nach schlechter Qualität aussehen und
sie ein neuer Lernprozess, bei dem das Austesten und sollen die Freundschaft stärken, wie Segev, Shoham und
das Finden des persönlichen Stils in den Vordergrund Ruvio (2013) darlegen, oder kurz gesagt: Sie sollen dem
„impression management“21 dienen.

19 20
„Jugend wurde immer mit dem Begriff ,Sturm und Drang’ in Zur Definition und Relevanz siehe Zweiter Teil, Kapitel D
Zusammenhang gebracht, den man als Schlüsselwort für un- „Kaufentscheidungen“.
stete Gefühlslagen und Lust am Risiko verstand“ (Silbereisen 21
Soziale Netzwerke spielen beim „impression management“
und Weichold, 2012, S. 236). Gerrig (2016, S. 403f.) macht aller- der Jugendlichen heute eine entscheidende Rolle. Die Darstel-
dings darauf aufmerksam, dass dieses „Sturm und Drang“-Ver- lung dieses wichtigen Themas würde in diesem Fachbuch zu
halten von Kultur zu Kultur unterschiedlich ausgeprägt ist und weit führen, die wissenschaftliche Literatur ist voll mit Studien
man daher von einer „biologischen Theorie“ des Erwachsen- zum Einfluss der sozialen Medien auf die Persönlichkeitsent-
werdens Abstand nehmen sollte. wicklung. Wir werden an späterer Stelle noch auf die Bedeu-
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 455

Ein weiteres starkes Einkaufsmotiv ist „Need for unique- rung der Jugendlichen über das Product Placement in
ness“: Amerikanische Jugendliche möchten Luxusartikel Videospielen ratsam und auch rechtlich geboten.
erstehen, weil sie sich durch das Tragen dieser Artikel
Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass die älteren Jugend-
erhoffen, als einzigartig wahrgenommen zu werden, wie
lichen und die jungen Erwachsenen (die sogenannte „Ge-
die Studie von Gentina, Shrum und Lowrey (2016) auf-
neration Z“, die ab Ende der 1990er-Jahre Geborenen)
zeigt. Die französischen Jugendlichen sahen dagegen in
einer solchen Aufklärung positiv gegenübersteht, mit
den Luxusmarken eher die Möglichkeit, von der Gesell-
der wir uns im folgenden Abschnitt auseinandersetzen
schaft akzeptiert zu werden.
wollen.
Die Motive, warum jüngere Konsumenten ein Produkt
präferieren, ändern sich während der Phasen des Er- c) Das Konsumverhalten von „jungen Erwachsenen“
wachsenwerdens: Dammler, Barlovic und Melzer-Lena und „jungen Familien“
(2000, S. 141 ff.) zeigen in ihrer Studie am Beispiel der
Marke Coca-Cola, dass die Präferenz für diese Marke Scholz (2014) erklärt, dass diejenigen Jahrgänge der Ge-
in verschiedenen Altersgruppen auch unterschiedliche neration Z, die schon berufstätig sind, im Arbeitsleben
Gründe hat. Während 6- bis 8-Jährige die Marke zwar großen Wert auf eine klare Trennung von Arbeitszeit
als attraktiv, aber in sehr kindlicher Weise wahrnehmen und Privatsphäre legen und eine durchaus distanzierte
(„Geschmack prickelt im Hals“, „lustig“, „Spaß“), assozi- Haltung zu den Arbeitgebern einnehmen würden (Un-
ieren 9- bis 11-Jährige damit schon „Coolness“ und den ternehmen sind keine Familie). Auch wenn die jüngere
Reiz des Verbotenen. Die Gruppe der 12- bis 14-Jährigen Generation mit dem Internet groß geworden ist, möchten
hebt sich wiederum von den jüngeren Konsumenten ab, sie nach Scholz einen Home-Office-Job nur in Ausnahme-
denn sie sprechen der Marke ihr „In“-Sein und ihre At- fällen und einen „festen“ Arbeitsplatz im Unternehmen,
traktivität nicht zuletzt wegen der Assoziation mit der auch um damit die Trennung zwischen Beruf und Frei-
amerikanischen Herkunft zu. zeit zu dokumentieren. Flexibilität zeigten sie dagegen
beim Sharing von Produkten, überhaupt seien Produkte
Für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, dass Produkte
wichtiger als Marken. Sie ließen sich von Influencern im
eine ansprechende Verpackung haben, in der Bezugs-
Internet beraten (die sogenannten Z-Kuratoren), selten
gruppe des Jugendlichen akzeptiert werden und dass in
von „erfahrenen“ Personen, hätten aber kein Interesse
der Werbung ein persönlicher Bezug zum Jugendlichen
daran, „always on“ zu sein. Scholz (2014) bezeichnet sie
aufgebaut wird. Der Einfluss von Peers auf das Kon-
daher als „digitale Gourmets“. Auffällig sei, dass die
sumverhalten Jugendlicher wird in den sozialen Medien
Generation Z bescheidener und weniger materialistisch
insbesondere durch (fast) gleichaltrige Influencer ge-
daherkommt und Wert auf Harmonie läge. Die Generati-
prägt. Wir kommen auf diese Kommunikationsstrategie
on Z würde sich daher sehr von der Generation Y unter-
im Dritten Teil, Kapitel B. II. 7 ausführlicher zu sprechen.
scheiden, die sehr leistungsorientiert sei und den Beruf
An dieser Stelle sei angemerkt, dass Jugendliche, die über
zum Hobby gemacht habe (sofern sich die „Y“-er nicht
die Werbeabsicht von Influencern aufgeklärt werden,
von den „Z“-lern anstecken ließen). Grundsätzlich sei
eine höhere Medienkompentenz („literacy“) erhalten,
die Generation Y (geboren Ende der 1970er- bis Mitte der
was dazu führt, dass sie dieser Art von Werbung wach-
1990er-Jahre) werteorientiert und strebe – auch oder vor
samer und kritischer begegnen (De Jans, Cauberghe und
allem im Berufsleben – persönliche Weiterentwicklung
Hudders, 2018).
und Selbstentfaltung an. Geprägt werde diese Generation
In der Literatur wird ebenfalls seit einigen Jahren in- durch die Chancen und Gefahren der Globalisierung
tensiv erforscht, inwieweit gerade bei Jugendlichen das und Digitalisierung.
Product Placement in Videospielen eine besondere Rolle
beim Aufbau von Konsumpräferenzen spielt (z. B. Hang Doch wie verhält sich die Generation Z in unserer Kon-
und Auty, 2011; Hang, 2012; An und Stern, 2011; Yoo und sumwelt? Hermann (2017) schreibt dazu in der praxis-
Eastin, 2017). Unabhängig davon, dass auch Bumerang- orientierten Zeitschrift „W&V“, bei der sie sich auf eine
effekte eintreten können (z. B. zeigen Lull, Gibson et al., US-amerikanische Befragung bezieht: Die jungen Leute
2018, dass bei gewalttätigen Spielen die Erinnerung an „vertreten liberale Ansichten, was Fragen der Haut-
eingeblendete Marken schlechter war als bei gewaltfrei- farbe, des Geschlechts, der Sexualität angeht. Wo ihre
en), wäre aus verbraucherpolitischer Sicht eine Aufklä- Vorgänger, die Millennials (Anm.: auch Generation Y
genannt), noch davon träumten, die Welt zu verändern,
tung der Medien für das Konsumverhalten eingehen. An dieser würden sie einem praktischen Ansatz folgen. Gleichheit
Stelle sei auf den Beitrag von Uhls, Ellison und Subrahmanyam sei nicht verhandelbar. Zugang zu Bildung nennen 75 %
(2017) und die darin zitierten Quellen verwiesen. als wichtigstes gesellschaftliches Thema unserer Zeit.

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456 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

72 % nannten die Rassengleichstellung, 57 % gerechte Karriere23. Sie verdienen zwar nicht viel, haben aber nur
Einkommensverteilung als wichtige Themen. Was die geringe finanzielle Verpflichtungen und können ihren
Geschlechtergleichstellung betrifft, waren es 64 %, die Konsum auf ihre persönlichen Bedürfnisse abstellen.
sexuelle Orientierung betreffend 48 %. 60 % der Jugendli- Ein ähnliches, noch verstärktes Konsumverhalten finden
chen wollen Marken unterstützen, die hinsichtlich Men- wir, wenn sich zwei junge Erwachsene (verheiratet oder
schenrechten und Gleichstellung dieselbe Position wie sie unverheiratet) zu einem Haushalt zusammenschließen
vertreten. 49 % von ihnen würden mehr für ein Produkt und noch keine Kinder haben. Das gilt beispielsweise für
bezahlen, das zu ihrem angestrebten Image passt. 77 % wiederholte Urlaubsreisen. Früher nahm man an, dass al-
mögen Werbung, die echte Menschen in echten Situa- lein lebende junge Leute ihren Ein-Personen-Haushalt als
tionen zeigt. Die Werbeillusion von Perfektion ist nicht vorübergehende Phase ansehen. In dieser Hinsicht zeigt
mehr angesagt, meinen 65 %“. sich ein Wandel: Die Führung eines Ein-Personen-Haus-
Das Konsumverhalten der Generation Y unterscheide haltes wird als eine Lebensform betrachtet, an der immer
sich daher von dem der Generation Z. „Die Generation mehr Personen langfristig Gefallen finden (siehe den
Y liebt es, Neues auszuprobieren und entlang der Trends schon skizzierten Rückgang an „Erst-Eheschließungen“
zu surfen. Was aber nicht nur Konsum bedeutet, sondern sowie Trend zum „LAT-Modell“).
reale Erfahrungen und gemeinsame Erlebnisse. Bei Festi- Junge, erwachsene Konsumenten halten zunächst oft an
vals, Sportevents, im Club. Sie teilen gerne, und sie teilen den Marken und Produkten fest, die sie schon in ihrer
sich gerne mit. In ihren Communities stehen die Zeichen Kindheit und Jugend gekauft haben und zu denen sie
auf ’on’ und die größte Sorge ist es, irgendwo etwas zu eine emotionale Bindung aufgebaut haben. Die meisten
verpassen“ (AS&S-Studie, 2016). Markenbeziehungen werden im Alter von 12 bis 17 Jah-
Für diese Jahrgänge waren also technische Produkte wie ren aufgebaut. Marken müssen also schon den jungen
das iPhone oder Marken mit einer „Aura“ (z. B. Nike) Konsumenten überzeugen, denn eine Markenbindung
begehrenswert. Zudem sollten Marken „cool“ sein (Ver- erst im Erwachsenenalter aufzubauen, erweist sich oft
ma22, 2018). Breazeale und Lueg (2011) machen mit ihrer als schwierig. Erwachsene sehen die Vielfalt an Marken
Untersuchung allerdings deutlich, dass ähnlich wie bei distanzierter und sind nicht mehr so leicht beeindruckt
Erwachsenen auch bei Jugendlichen unterschiedliche von Markenversprechen. Eine Studie von Braun-LaTour,
Marktsegmente (Zielgruppen) ausfindig gemacht wer- LaTour und Zinkhan (2007) im Bereich Automobile fand
den können. Jugendliche sind somit nicht als homogene z. B. heraus, dass Erwachsene auf früheste Erinnerungen
Gruppe anzusehen. („earliest memories“) in ihrer Kindheit zurückgreifen.
So verbinden sie beispielsweise mit der Automarke ihrer
Eltern, die sie in ihrer Kindheit kennengelernt haben,
Innerhalb einer Generation kann das Konsumverhalten
positive Assoziationen wie „emotionale Sicherheit“, was
stark variieren, was bei aller Faszination für die Segmen-
tierung nach X, Y, Z nicht vergessen werden darf. sich auch in den Wünschen und Vorstellungen der Kon-
sumenten widerspiegelt. Die Gruppe der 25- bis 35-Jäh-
rigen zeigt zu diesen „earliest memories“ den stärksten
Wir schauen uns im Folgenden weniger die Generations- Bezug, d. h., ihr Konsumverhalten wird besonders von
zughörigkeit an und damit die spezifischen Bedürfnisse den Erinnerungen an die Vergangenheit beeinflusst.
unterschiedlicher Generationen, sondern wenden uns Ähnliche Ergebnisse fanden die Autoren (LaTour, LaTour
wieder dem „normalen“ Entwicklungsverlauf zu. Wir und Zinkhan, 2010) auch für die Marke Coca-Cola: Je po-
widmen uns also wieder der Lebenszyklus-Perspektive sitiver die Kindheitserinnerungen waren, desto positiver
und prüfen, was junge Erwachsene generell auszeichnet. waren die späteren Markeneinstellungen. Darauf reagie-
„Junge Erwachsene“ stehen am Anfang ihrer beruflichen ren auch die Hersteller. Beispielsweise will Haribo durch
seinen Werbeslogan „Haribo macht Kinder froh, und
22
Erwachsene ebenso“ gezielt auch die Zielgruppe der Er-
Verma (2018) schreibt „Cool psychologically is about reining
emotions and thereby controlling physiological and physical wachsenen, vor allem die der jungen Mütter, ansprechen.
response to internal or external stimuli. It is about cultivation Sie sollen die Goldbären nicht nur ihren Kindern zum
of a sense of detachment from surroundings. The search for Naschen geben, sondern auch selbst an die „bewährte
cool temperament may be triggered as a survival strategy to
an adverse situation….Cool in this sense is ironic. It is akin to
an active volcano inside but serene outside”. Marken, die dem 23
Zum entwicklungspsychologischen Hintergrund siehe z. B.
Jugendlichen helfen, nach außen gelassen zu wirken, auch Freund und Nikitin (2012). Zur finanziellen Situation bzw. zu
wenn er innerlich aufgewühlt ist wie ein Vulkan, sind solche den Beweggründen jüngerer Erwachsener, Sofortkredite auf-
„coolen“ Marken. zunehmen, siehe Autio, Wilska et al. (2009).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 457

Süßigkeit“ aus ihrer Kindheit erinnert werden. Es ist da- zur Verfügung. Es dient vor allem dem „Nestbau“, falls
her nicht verwunderlich, dass nostalgische Werbung mit Kinder gewünscht werden.
entsprechenden Farben, Schriftzeichen und Bildern, die
In der Phase des ersten „Nestbaus“ wird insbesondere
an die schöne Kindheit erinnert (hier: spielende Kinder
für das Wohnen viel Geld ausgegeben, das in der Regel
am Strand), eine sehr positive Werbewirkung entfachen
bei anderen Aktivitäten (z. B. Reisen) eingespart werden
kann, wie die Studie von Muehling, Sprott und Sultan
muss. Da nun verschiedene Personen mit verschiede-
(2014) belegt. Allerdings wirkt die Nostalgiewerbung nur
nen Präferenzen zusammenfinden, können auch die-
bei denjenigen Erwachsenen positiv, die in der Kindheit
se Anpassungsprozesse und die Repriorisierung von
bereits eine enge Bindung zu der Marke hatten.
Bedürfnissen zu Stress und Änderungen im Konsum-
Steinhauser (2016), die eine sehr umfassende, qualitative verhalten führen. Im Bereich langlebiger Konsumgüter,
Untersuchung zu lebenslangen Markenbindungen in der wie beispielsweise bei der Automarkenwahl, stellt der
Automobilbranche durchführte, bei der Konsumenten al- Einzelne nun fest, dass er Entscheidungen nicht mehr
ler Lebenszyklusphasen interviewt wurden, kann eben- allein fällen kann und der Einfluss des Ehepartners,
falls aufzeigen, dass junge Erwachsene durch Kindheits- auch der der Kinder, wächst. Dies kann am Beispiel des
erlebnisse geprägt werden (Originalzitat „Mercedes Benz Autokaufs in Familien verdeutlicht werden: Die Wahl
fahren ist in unserer Familie wie Muttermilch trinken“). der richtigen Marke betrifft nicht nur den einzelnen
Dieses „brand imprinting“ ist sozusagen das Funda- Konsumenten selbst, sondern es wird entschieden, was
ment für eine überzeugte Markenbindung und einen „das Beste für die Familie“ ist (Böcker, 1987, S. 20). Ist im
späteren Markenkauf, der beim Auto naturgemäß erst im jungen Erwachsenenalter vielleicht noch das Design und
Erwachsenenalter erfolgen kann. Doch das reicht nicht das Image ausschlaggebend, sind in der Nestbauphase
aus. Im jungen Erwachsenenalter muss noch hinzukom- Kofferraumvolumen und Sicherheitsaspekte besonders
men, dass die Marke zur Differenzierungsfähigkeit und relevant (Trocha, 2007). Automobilhersteller haben mit
Identität des Konsumenten beiträgt: Die Marke muss, so immer mehr Varianten darauf reagiert.
erklärt Steinhauser (2016) mit Bezug auf die Studien von „Das volle Nest“ ist diejenige Phase des Lebenszyklus,
Fournier (1998), als „sinnstiftend“ und „bedeutungsvoll“ die eine komplette Familie repräsentiert. Es ist die Pha-
erlebt werden. se, in der in der Regel eine aus zwei Erwachsenen be-
Doch natürlich sind gerade junge Erwachsene auch an stehende Gemeinschaft um ein Kind oder um mehrere
neuen Produkten und Innovationen sehr interessiert. Kinder erweitert wird. Die Kaufentscheidungen werden
Sie sind daher die derzeit immer noch am stärksten mehrdimensional getroffen, der Evoked Set an relevanten
von Unternehmen umworbene Konsumentengruppe. Eigenschaften, die die Marke bzw. das Produkt erfüllen
Viele junge Erwachsene, die sich von ihrem Elternhaus soll, wird durch angestrebte Übereinstimmung der Fa-
loslösen und ihre erste eigene Wohnung beziehen oder milie merklich verringert (Böcker, 1987, S. 20). Auf die
eine neue Arbeit finden, sind drastischen Änderungen Entscheidungsfindung innerhalb der Familie werden
ihres Lebensstils unterworfen. Solche einschneidenden wir noch einmal gesondert im Kapitel B. II. 4. eingehen.
Änderungen können aber auch dazu führen, dass neue
Marken oder Geschmackserlebnisse präferiert werden, d) Konsumverhalten älterer Erwachsener und „Empty
eben weil das ganze Leben auf Veränderung eingestellt Nest“-Phase
ist, und dieser Mindset-Wechsel führt zu einer höheren
Wir wollen auch hier das Konsumverhalten zunächst
Aufgeschlossenheit zu ganz neuen Produkten, wie die
aus der Perspektive der Generationszugehörigkeit be-
bereits angesprochenen Studien von Kamm (2016) be-
trachten: Zu den älteren (aber in der Regel noch nicht im
stätigen.
Ruhestand befindlichen) Erwachsenen gehören vor allem
Eine wichtige Veränderung im Lebensstil von jungen die Babyboomer (zwischen 1950 und 1965 geboren), zum
Erwachsenen ist das Zusammenziehen junger Paare und Teil erste Jahrgänge der Generation X (zwischen 1966 bis
die Gründung einer eigenen Familie. Die Gründung eines 1980 geboren). Die Generation X (in Westdeutschland
Haushaltes durch ein Paar führt zu unterschiedlichen auch gerne als Generation Golf bezeichnet) lässt sich kurz
Verhaltensweisen, je nachdem, ob das Paar verheiratet damit beschreiben, dass für diese Jahrgänge eine ausge-
ist (oder unverheiratet an eine andauernde gemeinsame wogene Work-Life-Balance eine hohe Priorität hat. Dazu
Zukunft denkt) oder ob sich das Paar nur vorübergehend zählt auch, dass Frauen selbstverständlich auch Karri-
zusammenschließt. Aufgrund der verbreiteten Berufstä- ere machen und sich Männer selbstverständlich auch
tigkeit von beiden Partnern junger Paare steht dem Paar um Haushalt und Kinder kümmern (Schwegler, 2016).
ohne Kinder ein verhältnismäßig hohes Familienbudget Williams und Page (2011, S. 6f.) beschreiben die Genera-
458 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

tion X sehr anschaulich wie folgt: „To the less-traditional persönliche Mehrwert muss stimmen – auch wenn die
Generation X, nothing is permanent. With Generation Merkwürdigkeit einer Markenstory für Babyboomer
X, multiculturalism and thinking globally have become noch so gut sein mag“.
the norm. They have experienced the increasing impact Die Babyboomer-Generation wurde hier gut charakteri-
of personal computers and produced the 1990’s dot.com siert und ähnliche Erkenntnisse werden durch wissen-
stars. They are highly educated even though they are schaftliche Studien erhärtet. Im Gegensatz zu jungen
pessimistic, skeptical, disillusioned with almost ever- Familien ist die Kaufkraft älterer Konsumenten, die noch
ything, and are very questioning of conventionality. The im Berufsleben stehen, deutlich höher, und sie sind be-
characteristics, lifestyles, and attitudes of Generation X reit, mehr Geld für den Konsum auszugeben (Lebok und
include balancing family, life, and work. They do not Döring, 2005, S. 82). Daraus kann gefolgert werden, dass
believe in sacrificing time, energy, and relationships for der Preis als Kriterium der Markenwahl in dieser Al-
advancement like the Boomers did. Xers generally are tersgruppe an Bedeutung verliert. Die Konsumenten der
free agents, not team players”. Babyboomer-Generation haben umfangreiche Erfahrun-
Jede Generation hat somit unterschiedlich prägende gen mit Marken und Produkten gemacht; sie sind daher
Erlebnisse und Entwicklungen wahrgenommen (z. B. genügsamer („Das muss ich nicht mehr haben“) und
Entwicklung des PCs oder des Internets, deutsche Wie- anspruchsvoller („Das muss aber mindestens diese Qua-
dervereinigung, Wirtschaftskrisen, auch Kriege), die sich lität aufweisen“) zugleich. Sie lassen sich weniger von
auf den Lebenswandel ausgewirkt haben. Diese Einflüs- Gruppenverhalten oder Trends beeinflussen als jüngere
se spiegeln sich beispielweise in der Arbeitsweise, in der Konsumenten (Leventhal, 1997, S. 280 f.; Williams und
Kommunikation und Medienwahl, aber auch in Bezug Page, 2011). Dennoch zeigen die Studien von Braun-La-
auf Marken wider. Die Babyboomer scheinen besonders Tour, LaTour und Zinkhan (2007, S. 52 ff.), dass auch die-
markenaffin zu sein: So schreiben Lebok und Ginzburg se Gruppe sehr stark von den sogenannten „defining
(2018) unter der Überschrift „Die letzten Marken-Mohi- memories“ beeinflusst handelt. Diese „defining memo-
kaner“: „Die im Vergleich zu heute überschaubare Ka- ries“ sind Kindheitserinnerungen von Konsumenten an
nalbreite und -tiefe hatte für Marken einen wichtigen besonders begehrenswerte Konsumgüter, die in dieser
Vorteil: Die Empfänger (insbesondere Babyboomer und Lebensphase noch einmal bewusst werden, nach dem
ihre jüngeren Geschwister aus Gen X) hörten den Wer- Motto „Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Das Begehren
bebotschaften zu. Das heißt, auch wenn nicht jede Marke wird durch Stimuli der Außenwelt (Konsumverhalten
für jeden Babyboomer relevant sein mochte, wurden die anderer Mitglieder der Peergroup, Werbung) verstärkt.
Markenbotschaften verinnerlicht, gelernt und in Mar- Oftmals haben ältere Erwachsene, gerade dann, wenn
kengeschichten decodiert. Das hat heute noch zur Folge, sie zu „Empty Nesters“ werden, das Gefühl, sie müssten
dass Markensignale, Botschaften und Brand Storys bei ihre verlorene Zeit wieder aufholen und sich selbst neu
den Babyboomer besser erinnert und wiedergegeben entdecken (Braun-LaTour, LaTour und Zinkhan, 2007,
werden können als bei den jungen Verbrauchergenera- S. 55). In dieser „zweiten Selbstfindungsphase“ lösen sie
tionen der Gen YZ. Für die Babyboomer und ihre Jugend sich oft von früheren Präferenzen, die sie aufgrund von
hatten Marken einen persönlichen emotionalen Wert, Familienentscheidungen getroffen haben. Wo in jungen
wie ein Talisman, wie ein Federschmuck bei Indianern“ Familien noch das Familienauto mit großem Innen-
(S. 32), weiter (S. 34) „In ihrer Jugend hatten Marken und raum und Kofferraum an erster Stelle stand, wird nun
Moden die Funktion der Abgrenzung gegenüber ihren der schnelle Sportwagen präferiert: Ein Markenwechsel
Eltern. Im Berufsleben sollten Marken Kompetenz und ist häufig die Folge. Für die Konsumenten, die sozial
Status ausdrücken (u. a. Montblanc-Füller, Mercedes/ aktiv sind (z. B. großer Freundes- und Bekanntenkreis,
BMW, Miele, Lindt u.v. a.). Eine Orientierung in Rich- Vereine usw.), sind auch Modebewusstsein und Qualität
tung „Premiumisierung“ machte in der Zielgruppe wichtige Indikatoren für die Markenwahl, wohingegen
Babyboomer mit ihrem Aufwärtsstreben und Wunsch bei den sozial Inaktiven der Preis eines Produktes trotz
nach Genuss markentechnisch Sinn. Am Abend ihres Er- des hohen Geldvermögens dieser Altersgruppe als wich-
werbslebens sind Babyboomer zwar immer noch prinzi- tiger Indikator angesehen wird (Mumel und Prodnik,
piell markenaffin(er), aber auch hier sind ihre Kenntnisse 2005, S. 441). Daraus kann gefolgert werden, dass auch
über Marken inzwischen einem „Markenpragmatismus“ in höherem Erwachsenenalter sozial aktive Personen
gewichen“ und (S. 35) „Wie die jüngeren Verbraucher stärker von Bezugsgruppen und dem sozialen Umfeld
haben auch die Boomer im Laufe ihres Lebens gelernt, beeinflusst handeln. Sie lassen sich zudem eher von
„nicht blöd zu sein“: Marke generell gerne und bevor- Massenmedien wie dem Fernsehen beeinflussen und
zugt, aber nicht automatisch und zu jedem Preis. Der sprechen der Werbung eine höhere Bedeutung bei ihren
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 459

Konsumentscheidungen zu (Mumel und Prodnik, 2005, bei 53 %. Die Gruppe der 60- bis 70-Jährigen hat im Al-
S. 442 f.; Williams und Page, 2011). tersvergleich die höchste Kaufkraft. Der relative Einkom-
Doch auch negative „life events“, wie z. B. eine Eheschei- menszuwachs bei den Über-50-Jährigen seit der Wieder-
dung, können eine Änderung des Lebensstils und damit vereinigung ist signifikant höher als bei den Jüngeren
des Konsumverhaltens bewirken. So möchte sich der (laut Auer, 2017, 25 % Steigerung bei den Über-55-Jährigen
Konsument vielleicht bewusst anders kleiden oder ka- im Vergleich zu 10 % bei den Jüngeren).
lorienbewusster ernähren, um für potenzielle Partner Wenn man den Alterungsprozess von Konsumenten nä-
attraktiv auszusehen (Mathur, Moschis und Lee, 2008). her untersucht, lassen sich drei verschiedene Dimensio-
Als besonders drastisches „Lebensereignis“24 wird häu- nen charakterisieren. Wichtig bei dieser Unterscheidung
fig der Eintritt ins Rentenalter gesehen. ist, dass diese Prozesse bei jedem Menschen individuell
und verschieden schnell ablaufen können und somit eine
e) Konsumverhalten der Senioren im dritten Lebensab- objektive und subjektive Zugehörigkeit zur Gruppe der
schnitt Älteren von Person zu Person unterschiedlich sein kann.
Eine Differenzierung innerhalb der älteren Bevölke- Das biologische Altern beschreibt dabei die Beeinträch-
rungsgruppe wird meist mit den Begriffen des „dritten“ tigung der Funktionstüchtigkeit der Sinnesorgane und
und „vierten“ Lebensabschnitts veranschaulicht. Dabei körperlichen Fähigkeiten. So steigt mit zunehmendem
beschreibt der dritte Lebensabschnitt die so genannten Alter die Wahrscheinlichkeit, dass sich z. B. das Hörver-
„jungen Alten“ oder „jungen Senioren“, die sehr aktiv, mögen oder das Sehvermögen verschlechtert. Allerdings
selbstständig, sozial eingebunden und in der Regel mate- bedeutet das nicht, dass alle älteren Menschen automa-
riell gut versorgt sind. Meist weisen die Mitglieder dieser tisch schlecht hören oder sehen. Zwar haben mehr ältere
Gruppe ein Alter von ca. 60 bis 80 Jahren auf, wobei diese als jüngere Menschen beispielsweise Hörprobleme, laut
Grenze schwankt und je nach persönlicher Situation ver- neueren Statistiken trifft dies allerdings nur auf etwa
schieden sein kann. Mit dem vierten Lebensabschnitt (ab 20 % der 65- bis 84-Jährigen zu; erst nach dem 85. Le-
ca. 80 Jahre) sind im Gegensatz dazu die „alten Alten“25 bensjahr verdoppelt sich der Anteil der Hörgeschädigten
gemeint; hier steigt das Risiko für chronische Krank- (Wahl und Schilling, 2012, S. 314). Erhebliche, schwere
heiten deutlich an und die Bewältigung des Alltages ist Beeinträchtigungen beim Sehvermögen haben 10 % der
für diese Gruppe oft nur mit Hilfe(stellung) möglich. Über-65-Jährigen, 20–25 % der Über-85-Jährigen. Ge-
Erstaunlicherweise (trotz diverser körperlicher Beein- nerell setzt eine Verschlechterung der Sehfähigkeit ab
trächtigungen) empfinden die Hochaltrigen oftmals ein dem 40. bis 45. Lebensjahr ein, beispielsweise kann die
hohes subjektives Wohlbefinden; man spricht auch vom Netzhaut von 55-Jährigen etwa ein Viertel weniger Licht
„Wohlbefindensparadox des hohes Lebensalters“; erst im aufnehmen als die von 20-Jährigen. Dies führt vor allem
ganz hohen Lebensalter (kurz vor dem Tod) verschlech- zu einer Beeinträchtigung der Informationsaufnahme
tert sich die Lebenszufriedenheit drastisch (Wahl und und bedeutet, dass viele Geschäfte viel heller sein soll-
Schilling, 2012). ten, als sie es heute sind. Auch die Preisetiketten sollten
Auch wenn man eine exakte zahlenmäßige Bestimmung schlicht größer sein.
dieser Zielgruppe offen lässt, verdeutlichen die Daten zur Der soziale Alterungsprozess orientiert sich dagegen
Kaufkraft der älteren Bevölkerung, dass es sich lohnt, nicht am kalendarischen Alter, sondern umfasst Zeit-
die Zielgruppe der „jüngeren und älteren Älteren“ zu spannen und kritische Ereignisse im „typischen“ sozia-
berücksichtigen. Laut der aktuellen GfK Kaufkraftstudie len Leben eines Individuums. Nach dem Familienlebens-
stehen den Deutschen im Jahr 2019 im Schnitt 23.779 Euro zyklus-Konzept lassen sich drei gravierende Einschnitte
pro Kopf für Konsumausgaben, Wohnen, Freizeit und im näheren sozialen Umfeld eines älteren Menschen
Sparen zur Verfügung. Davon entfallen ca. 29 % auf die charakterisieren, die den Alterungsprozess aus sozio-
60- bis 70-Jährigen und 18 % auf die 50- bis 60-Jährigen. logischer Sicht maßgeblich beeinflussen. Dies sind der
Der Anteil der 15- bis 49-Jährigen an der Kaufkraft liegt Auszug der Kinder aus dem Elternhaus, die Aufgabe der
Berufstätigkeit und der Tod des Lebenspartners.
24
Ebenso können sich Naturkatastrophen als Extremereignis- Das psychologische Altern beschreibt die Veränderungen
se auf das Konsumverhalten auswirken, wie der Beitrag von in der emotionalen Befindlichkeit und der kognitiven
Sneath, Lacey und Kennett-Hensel (2009) über den Hurricane
Katrina eindrucksvoll belegt. Doch solche Ereignisse wirken
Leistungsfähigkeit. Hier werden die Veränderungen
sich auf alle Altersgruppen aus. nicht notwendigerweise mit einem Abbau an geistigen
25 Zur Entwicklungspsychologie im hohen Alter siehe auch Fähigkeiten verbunden. Im Gegenteil, wird das psycholo-
Wahl und Schilling (2012). gische Altern eher als eine Form der Weiterentwicklung
460 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

der Persönlichkeit des Individuums gesehen, da zwar Servicefreundlichkeit und „One-Stop“-Shopping sind
die fluide Intelligenz nachlässt, die kristalline26 dagegen Kriterien, die die Markenwahl von älteren Konsumenten
erst ab dem 40. Lebensjahr voll aufgebaut ist und bis in beeinflussen (Moschis, 2003, S. 522; Helm, Scheunert und
das neunte Lebensjahrzehnt bestehen bleibt (Kruse und Landschulze, 2012).
Schmitt, 2005; Kruse, 2010). Zudem haben die Möglichkei- Viele Kaufentscheidungsprozesse werden auf der Ba-
ten der funktionellen Magnetresonanztomographie die sis intern gespeicherter Informationen vorgenommen.
„kognitive Altersforschung revolutioniert. So ist es heute Langjährige Erfahrungen vermitteln älteren Konsumen-
relativ problemlos möglich, hirnorganische Abläufe bei ten oftmals die Sicherheit und das Gefühl, sich für das
hochaltrigen Personen bei unterschiedlichen geistigen richtige Produkt entschieden zu haben. Die auf Vergan-
Anforderungen abzubilden. Dabei ist deutlich gewor- genheitswerten beruhende Vertrautheit mit einer Marke
den, dass sich die Hirnaktivierungsmuster von älteren hat beispielsweise im Bereich der Kosmetikprodukte mit
Erwachsenen mit hohen kognitiven Leistungen oft nur 63 % den größten Einfluss auf das Entscheidungsverhal-
geringfügig von den Mustern jüngerer Erwachsener un- ten und die Markenwahl (Bauer Media KG, 2006a, S. 53).
terscheiden“ (Wahl und Schilling, 2012, S. 319 mit Bezug
Allerdings sollte man nicht glauben, ältere Menschen sei-
auf Lindenberger, Burzynska und Nagel, 2012).
en per se markentreu und ausgabefreudig (Gröppel-Klein,
Allerdings muss erwähnt werden, dass in keinem ande- 2008)27. Es gibt Studien, die höhere Markenloyalität von
ren Lebensabschnitt die Varianz zwischen Individuen älteren Konsumenten nachweisen (z. B. in Bezug auf
(also die Heterogenität) höher ist als im hohen Erwach- Autos, vgl. Lambert-Pandraut, Laurent und Laperson-
senenalter (Hupp, 2000; Hartung-Griemberg, 2018). Es ne, 2005) und annehmen, dies läge an einer kognitiven
kann zum Beispiel durchaus im Sinne der „Disengage- Inflexibilität der älteren Kunden. Ältere könnten Pro-
ment“-Theorie auch Senioren geben, die den Eintritt ins duktinnovationen nicht wertschätzen oder verschiedene
Rentenalter als Beginn der letzten Lebensphase empfin- Wahlmöglichkeiten nicht miteinander vergleichen bzw.
den, sich zurückziehen und damit ein gewisses Disen- die Vorteilhaftigkeit von einzelnen Angeboten nicht er-
gagement an den Tag legen (Hopkins, Roster und Wood, kennen. Markenloyalität im Alter kann aber auch ganz
2006, S. 90). einfach mit ausgesprochen hohen Zufriedenheitswerten
Für den überwiegenden Teil der Senioren (bis zu ih- aufgrund jahrelanger Erfahrung mit der Marke erklärt
rem 80.–85. Lebensjahr) gilt jedoch, dass der Wunsch, werden.
nicht nur attraktiv, mobil und intellektuell aktiv zu sein, Davon abgesehen müssen im Rentenalter auch einige
sondern auch von der Gesellschaft in hohem Maße res- Rentner mit einer Ressourcenverknappung umgehen,
pektiert zu werden, sich nicht verliert, nur weil das of- was dazu führen kann, dass höherwertige Markenarti-
fizielle Ende des Arbeitslebens erreicht ist. Es können kel auf einmal aufgrund der finanziellen Restriktionen
sich allerdings im Verlauf des Älterwerdens zum einen nicht mehr gekauft werden und man zu günstigeren Pro-
die Lebensinhalte, die als sinngebend empfunden wer- dukten greifen muss. Die Folge sind Produkt- und Mar-
den, verändern, zum anderen – eben da die körperliche kenwechsel(aktivitäten). Selbst wenn Senioren über die
Leistungsfähigkeit (im Vergleich zu jüngeren Jahren) notwendigen finanziellen Ressourcen verfügen und wie
abnimmt – auch die physischen Voraussetzungen, diese während der Erwerbstätigkeit nur hochwertige Marken-
Ideale mit den gleichen Mitteln zu erreichen wie jünge- artikel kaufen möchten, ist dies manchmal nicht möglich,
re Konsumenten. Ebenso ist anzunehmen, dass mit zu- da im räumlichen Wohnumfeld nur Discounter angesie-
nehmendem Alter negative Erlebnisse ausgeblendet und delt sind, die die Funktion als Nahversorger übernehmen
positive stärker gewichtet werden, sodass trotz diverser und vor allem ihre handelseigenen Produkte anbieten.
Verluste ein affektives Wohlbefinden einsetzt, das erst
Mit dem Austritt aus dem Berufsleben wächst zudem
kurz vor dem Tod drastisch abfallen kann (Wahl und
das Zeitbudget für das Einkaufen, was Älteren erlaubt,
Schilling, 2012, S. 333).
Produkte in Ruhe zu vergleichen, neue Konsumangebote
Kaufentscheidungen von Senioren (im dritten Lebensab- auszuprobieren und mehrere Geschäfte zu besuchen.
schnitt) werden von der Funktionalität, Qualität und dem Dies wird durch eine Studie der GfK belegt (Gaspar,
Markennamen beeinflusst, doch auch Bequemlichkeit, 2009), nach der Ältere signifikant (um ca. 1 ⁄ 3) häufiger
einkaufen gehen als Jüngere. Die Wahrscheinlichkeit,
26
„Fluide Intelligenz“ bezieht sich auf die Schnelligkeit des
schlussfolgernden Denkens und zeigt sich z. B. bei der Lösung
von Mathematikaufgaben; „kristalline Intelligenz“ meint die 27 Siehe hierzu auch den Sechsten Altenbericht der Bundesre-

Fähigkeit, Lebenserfahrungen in kognitive Prozesse zu inte- gierung (2010), an dem Gröppel-Klein mitgewirkt hat, sowie
grieren. Gröppel-Klein (2012a).

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 461

dass in solchen Situationen „Variety Seeking“ einsetzt, etc., sodass eine eindeutige Reihenfolge ermittelbar war.
ist hoch. Auch die Untersuchungen von Schramm-Klein Die Studie basierte auf gerontologischen Erkenntnissen
(2008) belegen, dass die Hypothese „Je älter die Konsu- von Levy (z. B. 1996) bzw. Levy, Zonderman et al. (2012),
menten, desto höher die Geschäftstreue“ nicht aufrecht- die feststellen konnten, dass ein Priming negativer Ste-
erhalten bleiben kann. reotype über das Alter die kognitive Leistungsfähigkeit
Wie anfangs bereits ausgeführt, wurde in der Vergan- beeinträchtigt. Also nicht tatsächliche Gedächtnisverän-
genheit in vielen Studien angenommen, dass die Infor- derungen, sondern das Vorurteil, dass solche defizitären
mationsverarbeitungsfähigkeiten von Älteren signifikant Informationsverarbeitungsprozesse im Alter vorliegen,
geringer ausgeprägt seien als die von Jüngeren. Vielfach bestimmen die Leistungsfähigkeit der Älteren. In der
sind in Studien zur Messung der Leistungsfähigkeit al- Studie von Gröppel-Klein, Helfgen et al. (2017) diente
lerdings nur Fragen gestellt worden, die vor allem die als Prime eine modifizierte Anzeige des Diakonischen
fluide Intelligenz betreffen, z. B. „R und S verhalten sich Werks. In der positiven Variante zeigte das Bild fröhli-
gegensätzlich, Q und R ebenso. Wenn Q sich erhöht, was che ältere Gesichter und den Slogan „Wer weiß mehr
passiert dann mit S?“, bei deren Beantwortung Testper- über Freude und Glück als 91-jährige? Sprich mit einem
sonen über 65 Jahre schlechter abschnitten als Jüngere. alten Menschen. Es lohnt sich.“. Die negative Variante
Psychologisches Altern kann jedoch auch als eine Form beinhaltete dagegen traurig aussehende ältere Gesichter
der Weiterentwicklung der Persönlichkeit des Individu- und den Slogan „Wer weiß mehr über Einsamkeit und
ums gesehen werden (Kruse und Schmitt, 2005). Negative Leid als 91-jährige? Sprich mit einem alten Menschen. Es
Einstellungen zum Alter wirken sich im Vergleich zu lohnt sich“. Im Experiment wurde die Konfrontation mit
positiven Einstellungen negativ auf die Intelligenz aus, den negativen bzw. positiven Stereotypen dadurch si-
wie eine Langzeitstudie von Siebert, Wahl und Schröder chergestellt, dass die jeweilige Anzeige auf die Rückseite
(2016) belegt. Das Erfahrungswissen kann ein langsamer eines Katalogs mit den zu evaluierenden Mietangeboten
werdendes Arbeitsgedächtnis kompensieren (Wahl und gedruckt wurde. Die Teilnehmer hatten den Katalog vor
Schilling, 2012). So legen beispielsweise Experimente von dem Beginn der eigentlichen Aufgabe für je genau 30 Se-
Campbell und Kirmani (2000) nahe, dass ältere Konsu- kunden vor sich liegen. Erst nach Ablauf dieser Zeit durf-
menten im Vergleich zu jüngeren mit einem besseren ten die Probanden den Katalog aufschlagen und mit der
sogenannten „persuasion knowledge“ ausgestattet sind, Aufgabe beginnen. Da auch das Vorliegen von Zeitdruck
sie also über Erfahrungen verfügen, wann und mit wel- eine entscheidende Rolle für die Leistungsminderung bei
chen Strategien Verkäufer versuchen, sie von einem Pro- Älteren ausüben kann (Yoon, Cole und Lee, 2009) wurde
dukt oder einer Dienstleistung unbedingt zu überzeu- als zweite unabhängige Variable der subjektiv empfunde-
gen. Dieses Erfahrungswissen kann Ältere, auch wenn ne Zeitdruck manipuliert. Es wurde zuvor durch einen
sie beispielsweise bestimmte technische Informationen Pretest festgestellt, dass die gestellte Aufgabe ohne Prob-
nicht genau verstehen oder Preisvergleiche zu komplex leme in zwei Minuten gelöst werden konnte. Da subjektiv
sind, vor unvorteilhaften Käufen schützen. Healey und empfundener Zeitdruck simuliert werden sollte, wurde
Hasher (2009) kommen zu dem Schluss, dass in Bezug bei den unter Zeitdruck stehenden Konsumenten eine
auf viele Konsumentscheidungen die dafür notwendigen Stoppuhr auf den Tisch gestellt, die sichtbar 2:30 min
kognitiven Prozesse (z. B. Vergleichen von Alternativen, rückwärts zählte. Das Ergebnis war signifikant: Durch
Gewichtung von Entscheidungskriterien) entweder al- die Konfrontation mit den negativen Altersbildern wurde
ters-invariant sind oder das Erfahrungswissen Defizite das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten („self-efficacy“)
bei der konkreten Informationsverarbeitung ausgleichen der Konsumenten geschwächt, das führte zu signifikant
kann. schlechterer Leistungsfähigkeit beim Lösen der Aufgabe.
Diese Beziehung wurde beim Vorliegen von Zeitdruck
Gröppel-Klein, Helfgen et al. (2017) führte eine Pri-
(Moderator) signifikant verstärkt. Kurzum: Wir haben es
ming-Studie durch, bei der sie ältere Konsumenten (das
also mit einer „Self-fulfilling Prophecy“ zu tun.
Durchschnittsalter der Stichprobe lag bei 65 Jahren) mit
negativen oder positiven Altersstereotypen bahnten. In
der Folge sollten die Konsumenten das Preis-Leistungs- Negative Altersbilder verschlechtern das Zutrauen in die
verhältnis von vier verschiedenen Mietangeboten in eine eigene Leistungsfähigkeit, und diese Verunsicherung
wirkt sich in der Folge negativ auf die tatsächliche Leis-
Reihenfolge bringen, was objektiv möglich war. Alle
tungsfähigkeit aus.
Apartments kosteten gleich viel, die Häuser sahen op-
tisch sehr ähnlich und gut aus. Allerdings hatten sie z. B. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass durch positi-
ves Denken die Leistungsfähigkeit gestärkt werden kann.
eine mehr oder weniger große Fläche, einen Balkon (oder
nicht), Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe (oder nicht)
462 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Unternehmen erkennen seit einigen Jahren, dass sie hart- ●● möchten keineswegs in einem speziellen „Alterswa-
näckig sich haltenden Mythen über die Handlungswei- renhaus“ einkaufen, aber wünschen durchaus, dass
sen älterer Konsumenten aufgesessen sind, die mit dem bestimmte Sortimente besser auf ihre Bedürfnisse
tatsächlichen Konsumverhalten nichts gemein haben zugeschnitten werden.
(Gröppel-Klein, 2012a). So findet man in vielen Lehr- ●● können sich vielfach mit dem in der Werbung gezeig-
büchern zum Marketing immer noch den Mythos, dass ten Altersbild nicht identifizieren (da es entweder zu
die Verbundenheit mit einem Unternehmen bzw. einer positiv oder zu negativ überzeichnet ist) und wün-
Marke im Alter steigt, ohne dass man sich besonders schen sich Werbung mit Identifikationspotenzial.
um diese Zielgruppe zu kümmern braucht. Wenn man Zusammengefasst (siehe ausführlich Gröppel-Klein,
also älteren Konsumenten unterstellt, sie seien per se 2012a) kann man somit sehr vielen Unternehmen – über-
„handels- bzw. markentreu“, da sie nicht mehr geistig spitzt formuliert – eine „schizophrene Beziehung“ zum
flexibel oder nicht mehr in der Lage seien, Informationen Alter bescheinigen, die man in Kurzform wie folgt aus-
über neue Angebote zu verarbeiten, so irrt man gewaltig. drücken kann: „Alt sein, aber nie alt aussehen“. Auf der
Ältere gehen zudem signifikant häufiger zum Einkau- einen Seite ist man stolz auf das lange Lebensalter der
fen und sind viel häufiger Wechselkäufer als Jüngere. Firma oder der Marke (man möchte „traditionsreich“
Händler und Hersteller müssen sich daher um die älteren erscheinen), und man ist stets bedacht, die damit einher-
Kunden genauso bemühen wie um die jüngeren! Hierbei gehende Erfahrung und das Know-How in der Kommu-
ist zu beachten (Gröppel-Klein, 2012a): nikationspolitik herauszustellen. Auf der anderen Seite
Ältere Konsumenten meiden viele Unternehmen ältere Werbepersonen, da sie
●● schätzen den Erlebniseinkauf durchaus und wün- befürchten, mit den negativen Stereotypen des Alters
schen sich soziale Kontakte am Point-of-Sale, möchten verbunden zu werden. Als Folge sind ältere Menschen,
aber nicht explizit als Senior/Seniorin angesprochen insbesondere Frauen, gemessen an ihrem Bevölkerungs-
werden. Bei Sonderangeboten oder Tarifen speziell anteil in der Werbung eindeutig unterrepräsentiert (siehe
für Senioren zeigte sich ein ambivalentes Bild. Diese Tab. 10), oder sie werden zum Teil immer noch (nach ei-
sind zwar einerseits sehr attraktiv (da geringere Prei- ner Inhaltsanalyse von Müller-Bach, 2016, ca. jede vierte
se) werden aber nach einer Studie von Wolf, Sandner Anzeige) in klischeehaften Rollen präsentiert (z. B. „ku-
und Welpe (2014) nur dann wertgeschätzt und genutzt, chenbackende Großmutter“, der „Patriarch“, der „John-
wenn sich die Älteren sehr stark der Gruppe der Älte- Wayne-Typ“), mit denen sich die heutigen Senioren oft
ren zurechnen und sich bewusst mit diesem Segment nicht mehr identifizieren können.
identifizieren. Dieser Identifikationsprozess wird da- Der ausgeprägte Informationswille und das breite In-
durch beeinflusst, wie groß die Diskrepanz zwischen teressenspektrum älterer Konsumenten verhelfen Her-
gefühltem28 und chronologischem Alter ist. Je größer stellern dazu, dass auch neue Produkte und Marken
die Diskrepanz, desto weniger werden Spezialtarife im Segment der Älteren Bekanntheit erreichen. Auch
für Senioren wertgeschätzt. das Internet wird von den heutigen Senioren in immer
●● können genauso „effizient“ einkaufen wie Jüngere, größerem Umfang genutzt. Laut ARD/ZDF Online-Stu-
aber die Ladengestaltung muss angepasst werden. die (Frees und Koch, 2019) waren 2018 96,6 % der 50- bis
●● können auf hohe Erfahrungswerte beim Einkaufen zu- 59-Jährigen, 82,4 % der 60- bis 69-Jährigen und 64,7 %
rückgreifen, verlangen daher fundierte Informationen der Über-70-Jährigen online. Auch das Online-Shopping
und stellen hohe Ansprüche an das Verkaufsgespräch. ist bei den älteren Konsumenten angekommen. Laut
●● ziehen sich zurück, wenn sie bewusste und unbewuss- HDE (2019) war der stärkste Zuwachs bei der Gruppe
te Altersdiskriminierungen erfahren; diese können der Über-60-Jährigen zu verzeichnen; jeder dritte ältere
auch durch patronisierende Kommunikation ausgelöst Konsument kauft damit im Netz ein.
werden (Groeppel-Klein, Helfgen und Spilski, 2015).

28
„Das gefühlte Alter ist ein Konstrukt, das in Relation zu
Gesundheit und Mobilität, finanziellen Ressourcen, sozialer
Integration und der daraus resultierenden Lebenssituation und
vor allem Lebenszufriedenheit mitunter erheblich variiert“
(Hartung-Griemberg, 2018, S. 266). Man spricht auch von „co-
gnitive age“ („kognitives Alter“) im Unterschied zum chrono-
logischem Alter.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 463

2016 2009 2008


Fernsehspots Fernsehspots Printanzeigen
Anteil der Spots/Anzeigen, bei denen Ältere präsentiert 32,50 % 26,26 % 16,50 %
werden
Anteil der Älteren an Gesamtzahl aller gezeigten Personen 15,10 % 11,59 % 15,00 %
Anteil der Altersgruppe Junge Ältere (50–65 Jahre) 8,10 % 6,12 % nicht erhoben
Ältere Ältere (> 65 Jahre) 7,00 % 5,47 % (> 50 Jahre)
Anteil der Geschlechter Frauen 6,30 % 5,02 %
Männer 8,80 % 6,57 %
Produktkategorien Medizin (26,7 %) Nicht erhoben
Lebensmittel (16,5 %)
Finanzdienstlst. (7,7 %)
Lotterie (6,6 %)
Technik (6,6 %)
(anschl.: Auto, Hygiene)

Tab. 10: Ältere in der Werbung (Quelle: Unveröffentlichte Masterarbeiten am IKV von Müller-Bach, 2017; Schneider, 2009; Madou, 2009)

5. Kaufentscheidungen in der Familie sich die Struktur einer sozialen Einheit kennzeichnen.
Zu jeder Position gehören bestimmte Verhaltensweisen,
Untersuchungen von Kaufentscheidungen in der Fa- die man vom Träger dieser Position erwartet, das ist die
milie (siehe auch Floyd und Morman, 2014) bauen im Rolle, die er zu erfüllen hat. Sie repräsentiert den funk-
Allgemeinen auf einer Analyse der Interaktion zwi- tionellen Aspekt des sozialen Gebildes.
schen den Familienmitgliedern auf. Dabei stehen die
Kaufentscheidungen für Gebrauchsgüter und Dienst- Es gibt Rollen, die das gesamte Verhalten einer Person
leistungen im Mittelpunkt, da derartige Entscheidun- durchdringen und ihre anderen Rollen determinieren
gen umfangreichere Interaktionen auslösen als der Kauf (z. B. die Rolle, Frau zu sein). Andere Rollen haben da-
von Verbrauchsgütern (der vielfach habitualisiert ist). gegen nur eine begrenzte Reichweite für das Verhalten
Die Interaktionsanalyse bezieht sich im Wesentlichen (etwa die Rolle eines Clubvorsitzenden). Die unterschied-
auf die soziale Rolle, welche die Familienmitglieder bei liche Reichweite sowie die unterschiedliche Verbindlich-
ihren Kaufentscheidungen spielen. Eine soziale Rolle keit der Rollen lassen dem Einzelnen einen Spielraum,
wird definiert als eine Menge von Verhaltensmustern, wie er die an ihn gerichteten Rollenerwartungen reali-
die dem Einzelnen von der Gesellschaft (bzw. Gruppe) siert und in das tatsächliche Rollenverhalten umsetzt.
zugewiesen werden (Gerrig, 2016, S. 651). Diese Zuwei-
sung dient der funktionalen Eingliederung des Indivi- Neben der Rolle als Konsument muss der Einzelne in
duums in ein soziales Gebilde. Sie ist mit Erwartungen der Regel Erwartungen anderer Rollen erfüllen. So kann
der Umwelt verbunden, was der Einzelne tun soll. Diese z. B. die Verbraucherrolle Erwartungen einschließen,
Erwartungen sind, je nachdem, ob es sich um Muss-, die sich an die Rolle des Familienvaters knüpfen oder
Soll- oder Kann-Erwartungen handelt, mit Sanktionen an eine bestimmte Berufsrolle oder an Rollen, die von
unterschiedlicher Verbindlichkeit verknüpft, wenn sich Freundschafts- und Verwandtschaftsverhältnissen ge-
das Individuum nicht erwartungsgemäß verhält. prägt werden. Es ist bei Familienentscheidungen also zu
fragen, welchen „Hut“ der jeweilige Entscheidungsträger
Preyer (2012, S. 57) definiert die soziale Rolle wie folgt: gerade aufgesetzt hat. Ist ein Kauf beispielsweise zustan-
„Eine soziale Rolle besteht aus einem Bündel von Verhal- de gekommen, weil sich die Frau gerade in der Rolle der
tenserwartungen, die ein Mitglied eines soziales Systems Mutter befunden hat oder in der Rolle der erfolgreichen
zu erfüllen hat“. Der Begriff Rolle hängt eng mit dem Anwältin? Das kann erhebliche Folgen haben. Die Mutter
Begriff der sozialen Position zusammen. Die soziale Po- kauft vielleicht die unempfindliche Polstergarnitur, in
sition ist die Stellung oder der Platz, den ein Individu- der man bequem sitzen und fernsehen kann, die Anwäl-
um in einer Gesellschaft einnimmt (Position als Student, tin dagegen das Möbelstück, das repräsentativ ist und
Fernsehansager usw.). Durch die sozialen Positionen lässt Eindruck schindet. Ist letzteres der Fall sind Konflikte
464 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

mit der Familie vorprogrammiert. Bei Kaufentscheidun- Die Interaktionsanalyse von Bales (sowie Modifikation
gen in der Familie kommt es bei demjenigen, der die wie z. B. SYMLOG, Bales und Cohen 1982) kann zur Ana-
Entscheidung letztlich trifft, auch darauf an, Präferen- lyse von Familienentscheidungen oder zur Analyse von
zen anderer vorauszusehen und auszugleichen, sodass Verkäufer-Käufer-Beziehungen (siehe auch Klammer,
die eher egoistischen Familienmitglieder nicht bevorteilt 1989; Nam, Lyons et al., 2009, zur Interaktionsanalyse
und die eher altruistischen nicht benachteiligt werden mit SYMLOG siehe auch Bell und Morse, 2013) eingesetzt
(Marchand, 2014). werden. Im digitalen Zeitalter werden auch sogenannte
„Sociometer“29 verwendet (Onnela, Waber et al., 2014).
a) Methodische Ansätze: Beobachtung, Befragung, Das sind kleine tragbare Hochfrequenz-Funksender, die
Experiment u. a. die räumliche Distanz von Interaktionspartnern
messen können (als Zeichen für deren Nähe) und die
In den empirischen Untersuchungen zur Konsumenten-
genaue Zeitdauer der einzelnen Redebeiträge. Ebenso
rolle werden im Allgemeinen die tatsächlich gespielten
kann kontrolliert werden, ob das Gerät auch während
Rollen, aber auch wahrgenommene Rollen der Famili-
der ganzen Beobachtung getragen wurde.
enmitglieder durch Beobachtung und Befragung erfasst.
Aufgrund der dabei auftauchenden methodischen Prob- Ebenso können anonymisierte Chats zwischen Famili-
leme der Datenerhebung und -auswertung ist es notwen- enmitgliedern ausgewertet werden, um Kenntnisse über
dig, die Gültigkeit der Ergebnisse vorsichtig zu beurteilen das Interaktionsverhalten zu gewinnen. Carvalho, Fran-
(Burns und Gentry, 1990; Goldberg, Gorn und Pollay, 1990). cisco und Relvas (2015) machen darauf aufmerksam, wie
sehr die neuen Kommunikationstechnologien auch die
Zur Beobachtung: Das bekannteste standardisierte
Kommunikation in der Familie verändert haben.
Beobachtungsverfahren, um das Rollenspiel und die
Rollenbeziehungen in Kleingruppen zu erfassen, ist die Das Interview („Rolleninterview“): Die meisten Unter-
Interaktionsanalyse, insbesondere das klassische Ver- suchungen über das Rollenspiel bei Familienentschei-
fahren von Bales (IPA = Interaction Process Analysis). dungen bedienen sich der Befragung als Erhebungsme-
Bei der Interaktionsanalyse nach Bales (1950;1976; Bales, thode, weil sie einfach, effizient und praktikabel ist. Im
Krippendorff und Bock, 2009) hält sich die Gruppe, deren Vordergrund der überwiegend deskriptiven Untersu-
Interaktionen beobachtet werden sollen, in einem Raum chungen steht die Ermittlung der Rollenverteilung in
auf und wird aus einem anderen Raum – durch einen den einzelnen Entscheidungsphasen bei Entscheidungen
Einwegspiegel (oder Kamera) – beobachtet, der Ton wird über spezifische Produkte.
aufgezeichnet. Anschließend wird das Verhalten der be- Systematische Untersuchungsfehler können sich bei den
obachteten Personen in Beobachtungskategorien zerlegt. Befragungen insbesondere dadurch einschleichen, dass
Die Beobachtungskategorien sind die kleinsten erkenn- nur ein Ehepartner nach seiner subjektiv eingeschätzten
baren Einheiten des Verhaltens (Verhaltenskategorien). Rolle bei der Kaufentscheidung gefragt wird. Die Größe
Abb. 189 gibt die von Bales (1976) zur Klassifizierung des dieses Fehlers hängt davon ab, wie stark die subjektiv
Verhaltens benutzten Kategorien wieder. Die Kategorien wahrgenommene Rolle von der tatsächlich gespielten
lassen sich nach verschiedenen theoretischen Bezugs-
29
systemen ordnen. Bales entwirft, wie die Tabelle angibt, Onnella, Waber et al. (2014) erklären, Sociometers “are we-
ein System von kognitiven und affektiven Interaktions- arable devices that use a high-frequency radio transmitter to
gauge physical proximity to others, and a microphone to track
einheiten (A, B, C, D). Demnach wird zwischen Interak- speech, to collect detailed information on social interactions
tionseinheiten unterschieden, die der instrumentellen within particular contexts. Early explorations with sociometers
(kognitiven) Bewältigung eines Problems dienen (B, C), have shown that even short, sliced signals can be powerful pre-
und solchen, die mehr der emotionalen bzw. affektiven dictors for human communication. We used the radio transmit-
Regelung der interpersonellen Beziehungen beim Prob- ter to infer whether and for how long any two participants were
lemlösungsprozess dienen (A, D). proximate to one another. The strength of the received signal
was used to estimate the distance between sociometers, and we
Durch die Auswertung des Beobachtungsmaterials, d. h., used a cut-off value of signal strength that corresponded to a
durch die Klassifizierung des beobachteten Verhaltens physical distance of approximately meters. The sociometer did
nach den oben genannten Verhaltenskategorien, wird not store raw audio data, but rather computed audio features
es möglich, sogenannte Interaktionsprofile zu erstel- that were used to infer speaking time, measured in seconds,
for each participant. Finally, the signals from the built-in ac-
len, die über Qualität (Art der Verhaltenseinheiten) und celerometers, the third stream of data recorded, were used to
Quantität (Anzahl der Verhaltenseinheiten) der beim ascertain that the participants wore the devices throughout
Entscheidungsprozess ablaufenden Interaktionen Aus- the period of observation by monitoring the level of energy
kunft geben. associated with their movement”.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 465

Scheint freundlich
A. Positive und
Dramatisiert
gemischte Aktionen
Stimmt zu

Macht Vorschläge
B. Angestrebte Äußert Meinungen
Antworten Gibt Informationen Reziproke
oder
Abb. 189: Kategoriensystem zur gegen-
Klassifizierung des Verhaltens bei Bittet um sätzliche
Interaktionen (IPA) C. Fragen Informationen Paare
Fragt nach Meinungen
Anmerkung: Bittet um Vorschläge
A, D = sozialemotionaler Bereich
B, C = aufgabenorientierter D. Negative und Widerspricht
Bereich gemischte Zeigt Anspannung
Antworten Scheint unfreundlich
Quelle: Bales (1970, S. 92).

Rolle abweicht. Ein Maß für diese Abweichungen ist der vielmehr ihr Rollenverhalten teilweise so wieder, wie es
Grad an Übereinstimmung, den man feststellt, indem in ihren Augen auszusehen hätte. Mit anderen Worten:
man beide Ehepartner getrennt und unabhängig vonei- Sie orientieren ihre Antworten in nicht unerheblichem
nander interviewt und die subjektive Wahrnehmung des Maße an „internen Theorien“ über ihr Verhalten.
einen Partners (z. B. Rollenwahrnehmung des Mannes) Ein erheblicher Teil der Familieninteraktion spielt sich
mit der subjektiven Wahrnehmung des anderen Partners aber auch auf der nicht-verbalen Ebene ab. Es betrifft vor
(z. B. Wahrnehmung der Frau über die Rolle des Mannes) allem das (sozial-)emotionale Verhalten der Beteiligten.
vergleicht. Da diese Rollenwahrnehmungen innerhalb Dieses Verhalten wird gedanklich wenig kontrolliert und
einer Familie (aber möglicherweise nicht auf aggregierter gesteuert und ist dem Einzelnen oft nicht oder nur wenig
Ebene über viele Familien) divergieren, wird manchmal bewusst. Es kann deswegen nur unzureichend durch
vorgeschlagen, das arithmetische Mittel aus den beiden verbale Auskünfte und damit durch das Rolleninterview
gemessenen Wahrnehmungen zu nehmen. erfasst werden. Wenn möglich, sind daher Befragungen
Die Abweichungen zwischen den durch Interviews er- mit anderen Methoden zu koppeln.
mittelten Rollenwahrnehmungen der beiden Partner Experimente: Relativ selten werden Familienentschei-
können eine Vielzahl von Ursachen haben: Sie können dungen unter experimentellen (Labor-)Bedingungen ge-
außer auf methodische Unzulänglichkeiten (bei der Er- prüft. Experimente ermöglichen kausale Überprüfungen
hebung) auch auf die zugrundeliegende Interaktion zu- und sind daher prinzipiell auch bei der Analyse von
rückgehen und konfliktäre Entscheidungen anzeigen: Familienentscheidungen sehr sinnvoll. Doch die Künst-
Wenn Entscheidungsprozesse Konflikte zwischen den lichkeit der experimentellen Laborbedingungen führt zu
Partnern enthalten und durch einen Kompromiss en- einer Beeinträchtigung der externen Validität der Ergeb-
den, so entstehen für die einzelnen Ehepartner ex post nisse. Es ist zu erwarten, dass sich die Familienmitglieder
Interpretationsspielräume bezüglich ihres Anteils an zu Hause in ihrem vertrauten Umfeld anders verhalten
diesen Entscheidungen. Diese können, zusammen mit als im Labor. Ein Ausweg wäre es, die Experimente in
dem erhöhten Affekt, der aus solchen Entscheidungen den Wohnungen der Familien durchzuführen, was zum
resultiert, die eigene Rollenwahrnehmung verzerren30. Teil schon gemacht wird (z. B. Carlsson, Martinsson et
Zudem ist zu beachten, dass die Befragten nicht nur über al., 2012), aber neben der Schwierigkeit, hierfür Testfami-
ihr tatsächliches Rollenverhalten berichten. Sie geben lien zu gewinnen, kann die Kontrolle von Störeinflüssen
problematisch werden.
30
Gerade Haushaltsentscheidungen verlaufen in der Regel Ein weiterer Ausweg wäre es, Erkenntnisse von Grup-
konfliktär. Diese Konflikte sind umso geringer, je größer die penexperimenten (z. B. Charness und Sutter, 2012), die in
Übereinstimmung über die Vorstellungen von den einzuneh-
der Ökonomie seit vielen Jahren durchgeführt werden,
menden Rollen der Partner ist (Qualls und Jaffe, 1992). Das
Rollenverhalten in einer Situation wird dabei sehr stark von auf Familien zu übertragen. Doch erstens werden diese
bisher erlebten Erfahrungen mit dem Ehepartner geprägt (Su, Experimente vielfach mit dem Untersuchungsziel durch-
Fern und Ye, 2003). geführt, Unterschiede in der (ökonomischen) Leistungs-

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466 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

fähigkeit zwischen Gruppen und einzelnen Individuen einzelnen Familienmitglieder im gemeinschaftlichen


aufzudecken, und zweitens können diese Erkenntnisse Entscheidungsprozess.
für Familien nicht einfach übernommen werden, da in Abstrahiert man von geschlechtsspezifischen Rollen,
Familien die Emotionalität ganz anders ausgeprägt ist die die Familienmitglieder einnehmen, so werden die
(Munro, 2015)31. Die Erkenntnisse von (Rollenspiel-)Ex- Kommunikationskanäle innerhalb der Familie durch
perimenten mit Studierenden, bei denen diese bestimm- die Gruppenrollen der einzelnen Mitglieder bestimmt.
te Rollen einnehmen müssen (z. B. Vater, Mutter, Kind, Für gewöhnlich kommunizieren nicht alle Mitglieder
Tante etc.), haben oft einen anschaulichen Charakter („so in gleicher Weise miteinander; daher beeinflusst das
könnte es sein“), sollten aber ebenfalls hinsichtlich ihrer Kommunikationsnetzwerk einer Familie die Entschei-
Validität nur mit großer Vorsicht behandelt werden. Auch dungsprozesse. Trenholm und Jensen33 (2011, S. 234) un-
Vignetten-Experimente (also schriftliche Fallbeschrei- terscheiden drei mögliche Kommunikationsnetzwerke:
bungen, bei denen man die unabhängige Variable in der
●● Im „Chain“-Netzwerk kommunizieren die Mitglieder
Experimental- und Kontrollgruppe systematisch variie-
einer Familie über weitere Mitglieder. Dieser Fall ist
ren kann) sind denkbar. Trotz aller Schwierigkeiten, sind
typisch, wenn sich die Familienmitglieder im Alltag
in den letzten Jahren in der Verhaltensökonomie jedoch
eher zufällig sehen bzw. selten gemeinsam zusam-
einige Experimente zu Familienentscheidungen durchge-
menkommen. Die Kommunikationsinhalte werden
führt worden. Munro (2015) gibt einen guten Überblick,
dabei mit relativ großer zeitlicher Verzögerung über-
auch über die Fallstricke experimenteller Forschung in
mittelt.
diesem Bereich32.
●● Das „Wheel“-Netzwerk ist hochgradig zentralisiert.
Fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse zusammen: Eine Schlüsselfigur dominiert die Kommunikations-
prozesse. Die meisten Familienmitglieder sprechen
Die Redemenge ist ein Indikator für den sozialen Einfluss, nicht oder nur wenig direkt miteinander.
den eine Person auf die Kaufentscheidung ausübt. Sie gilt ●● Das „All-Channel“-Netzwerk ist die am meisten
als Indikator für die „Bestimmung der Dominanzverteilung dezentralisierte Netzwerkform. Diese Form ist cha-
unter den Sprechenden“ (Eigler, 2002, S. 111). Die Rede- rakteristisch für Familien, die viel Zeit gemeinsam
zeiterfassung ist daher bei dem oben angesprochenen verbringen.
„Sociometer“ (Onnela, Waber et al., 2014) eine sehr wich-
tige Funktion. Daneben werden zur Messung der Interak- Die Rollen von Mann und Frau: In der klassischen
tionen auch Beobachtungen durchgeführt oder Vignetten Untersuchung von Davis und Rigaux (1974) wurden die
eingesetzt, die als projektives Material fungieren oder bei Rollen von Mann und Frau in 73 belgischen Haushalten
Experimenten genutzt werden können, wenn die unab- ermittelt34. Davis und Rigaux fragten die Partner getrennt
hängige Variable in dem Vignettentext systematisch va- nach ihrem Einfluss auf 25 verschiedene Kaufentschei-
riiert wird (siehe hierzu Gronhoj und Bech-Larsen, 2010). dungen, die üblicherweise im Haushalt getroffen werden.
Dabei wurde der Einfluss in drei Entscheidungsphasen –
in der Anregungsphase, bei der Informationssuche und
b) Die Rollen der Familienmitglieder bei der endgültigen Entscheidung – ermittelt. Die Teil-
Wir abstrahieren zunächst von der Komplexität des Ent- nehmer der Studie wurden befragt, ob in der jeweiligen
scheidungsprozesses, um die grundlegende Rollenver- Phase der Mann oder die Frau dominierte oder ob die
teilung in der Familie sichtbar zu machen. Nachfolgend Entscheidung gemeinsam getroffen wurde. Die Befra-
gehen wir dann auf komplexere Entscheidungsmuster gungsergebnisse werden im sogenannten Rollendreieck
ein. Hier interessiert insbesondere das Wechselspiel abgebildet. Frauen waren demnach beispielsweise eher
von emotionalen und rationalen Verhaltensweisen der für Lebensmittel und Kinderbekleidung verantwortlich,
Männer dagegen für Versicherungen und technische Ge-
31
Munro (2015, S. 2) schreibt: “And within households, indi-
viduals are often bound by deep feelings of duty, love and 33 Bis zur 6. Auflage diskutierten die Autoren vier verschiedene
altruism which is not often the case for the hastily assembled Netzwerke. Das sogenannte Y-Netzwerk entfällt. Beim Y-Netz-
ad hoc groups of students that might be created for laboratory werk fungiert ein Familienmitglied als Gatekeeper und gibt
experiments with teams. Typical group experiments therefore viele (aber nicht alle) Informationen an die anderen Mitglieder
may produce results that are quite different to those based on weiter. Beispielsweise berichtet ein Elternteil dem anderen von
household members” den Anliegen der Kinder oder das älteste Kind berichtet den
32
In der frühen deutschen experimentellen Konsumentenver- Eltern im Namen aller Kinder.
haltensforschung brachten Böcker und Thomas (1983) Familien 34 Eine Fortführung der Studie von Davis und Rigaux wurde

dazu, Produkteinschätzungen sowohl einzeln als auch gemein- 1987 veröffentlicht, wiedergegeben in Engel, Blackwell und
sam durchzuführen. Miniard, 2004.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 467

räte. Eine ähnlich angelegte Studie von Dahlhoff (1980) ners wird in solchen Beziehungen stärker bestraft als
ergab, dass sich die Rollenverteilung von einer Entschei- bei Paaren mit traditioneller Rollenverteilung (Su, Zhou
dungsphase zur nächsten ändern kann. Zum Beispiel et al., 2008). Paare, bei denen die Partner aus verschie-
setzt die Frau einen Entscheidungsprozess über den Ab- denen Kulturen stammen und die daher in der Regel
schluss eines Bausparvertrages in Gang. Sie ist also in der sehr unterschiedliche Lebensmittel präferieren, sind sehr
Anregungsphase dominant. In den weiteren Entschei- auf Kompromisse bedacht und entwickeln dadurch eine
dungsphasen wie Informationssuche oder Überprüfung ganz eigene Familienidentität (Cross und Gilly, 2014a, b).
der Angebote dominiert teils der Mann, teils die Frau. Die Rolle der Kinder: Erwähnt werden soll an dieser
Die endgültige Entscheidung wird dann gemeinsam ge- Stelle erneut, dass die heranwachsenden Kinder eine
troffen. Zu ähnlichen Einsichten gelangte auch Böcker große Rolle bei den Entscheidungen spielen können
(1987). Böcker machte zudem darauf aufmerksam dass (Labrecque und Ricard, 2001; Marshall, 2014; Haselhoff,
das Mitspracherecht einzelner Familienmitglieder je nach Faupel und Holzmüller, 2014). Kinder können Initiato-
Produkteigenschaft variieren kann. So kann zum Beispiel ren, Ideengeneratoren, Informationssammler und auch
die Frau dominieren, wenn es um ästhetische Präferen- Beeinflusser sein. Wie bereits bei der Erläuterung des
zen geht, etwa bei der Bestimmung des Stils von Häusern Konsumverhaltens von Kindern ausgeführt, beeinflussen
und Möbeln oder bei der Farbe von Möbeln und Autos. Kinder die Familienentscheidungen direkt, indem sie
Die skizzierten Untersuchungen unterstellen ein traditio- aktiv als Interaktionspartner am Entscheidungsprozess
nelles Familienbild: Autokratische (also nur von einem teilnehmen, oder indirekt, indem sie eine bestimmte Pha-
Ehepartner getroffene) Entscheidungen werden je nach se des Familienzyklus begründen (die Phase des „vollen
Produktkategorie geschlechtsdominant gefällt (Männer Nestes“). Kerrane und Hogg (2011) geben einen guten
bestimmen beispielsweise den Autokauf, Frauen sind für Überblick über verschiedene Beeinflussungsstrategien,
die Kleidung verantwortlich), synkratische Kaufentschei- die Kinder anwenden, um ihre Eltern von einem Kauf
dungen (also gemeinsam gefällte Entscheidungen) liegen zu überzeugen: liebevolle Zuwendung, „Bestechung mit
bei Reisen und der Wohnungseinrichtung vor. Angeboten“ (z. B. im Haushalt zu helfen), Konfrontations-
Es stellt sich hier die Frage, inwieweit diese vor geraumer strategien (z. B. aggressives Verhalten) oder Koalitions-
Zeit gewonnenen Erkenntnisse heute noch gültig sind. bildung mit anderen Familienmitgliedern.
Die Studie von Berg und Teigen (2009) kommt zu dem In Untersuchungen über die Rolle der Kinder im Ent-
Ergebnis, dass verheiratete Frauen (im Unterschied zu scheidungsprozess stehen folgende Fragen im Vorder-
alleinstehenden) die Verantwortlichkeit für Technikkäufe grund:
stärker ihrem Mann überlassen, während Männer Käufe ●● Bei kleinen Kindern: Wie beeinflusst das Kind die
des täglichen Bedarfs (was früher eine reine Frauendomä- Kaufentscheidung der Eltern? Insbesondere: Wie sieht
ne war) genauso häufig übernehmen wie Frauen. Danach die Interaktion zwischen Mutter und Kind aus?
gilt die klassische Rollenverteilung, allerdings nur ein- ●● Bei größeren Kindern: Welche Beiträge zu den Ent-
geschränkt. Erasmus, Donoghue und Dobbelstein (2014) scheidungen der Familie werden geleistet? Orientiert
beschäftigen sich mit der Frage, welche Kaufentschei- sich das Kind bei seinen eigenen (selbstständigen)
dungen Männer und Frauen als sehr komplex empfinden Entscheidungen mehr an den Eltern oder mehr an
und ob es hier Unterschiede zwischen den Geschlech- außenstehenden Freunden?
tern gibt. Frauen finden es schwieriger als Männer ei-
Wu, Holmes und Tribe (2010) analysieren in ihrer Studie
nen PC zu kaufen, während Männer mehr Probleme bei
die Interaktionsmuster35 innerhalb einer Familie in einem
Geburtstagsgeschenken haben. Es ist wahrscheinlich,
spezifischen Entscheidungskontext (Museumsbesuch).
dass die Unterschiede in der Komplexitätswahrnehmung
Sie führen Gruppeninterviews mit 37 Familien durch,
von Produktkäufen zwischen den Geschlechtern in der
um so die Rolle der Kinder bei der Entscheidungsfin-
Folge zu einer Art Aufgabenteilung führt, wie auch von
dung zu identifizieren. Die Autoren gehen zunächst von
Solomon, Bamossy et al. (2016, S. 446) angenommen wird.
verschiedenen Interaktionsmustern aus:
Solomon, Bamossy et al. (2016, S. 445 f.) erklären, dass die
skizzierten autokratischen Entscheidungen immer noch ●● Das Kind fragt, die Eltern entscheiden.
vorliegen, dass mit steigendem Bildungsgrad des Paares
jedoch der Anteil synkratisch gefällter Entscheidungen 35
Interessant ist auch die Analyse von Bao, Fern und Sheng
zunimmt. Zudem ist bei gleichberechtigten Partnern der
(2007) zum Einfluss des Erziehungsstils von Eltern auf die
Wunsch, „faire Konsumentscheidungen“ zu treffen, bei Zufriedenheit der Kinder mit den Familienentscheidungen,
denen die Wünsche beider Partner berücksichtigt wer- mediiert durch die subjektiv wahrgenommene Einflussmög-
den, besonders relevant. Unfaires Verhalten des Part- lichkeit der Kinder.
468 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

●● Die Eltern lassen sich vom Kind beraten, die Eltern che verfasst sind. Das würde – nebenbei bemerkt – auch
entscheiden. manchem Erwachsenen gefallen (siehe auch Vierter Teil).
●● Die Eltern suchen nach Informationen/lassen sich
vom Kind beraten, das Kind entscheidet. c) Interaktionsmuster während des Entscheidungs-
●● Die Eltern suchen nach Informationen, alle entschei- prozesses
den gemeinsam. Es genügt nicht, nur das Ausmaß des sozialen Einflusses
Die Ergebnisse zeigen, dass den Eltern vor allem die Rolle anzugeben, den die einzelnen Familienmitglieder bei
der „Gatekeeper“ zukommt, d. h., sie sortieren solche Entscheidungen ausüben. Wir haben auch zu fragen,
Freizeitaktivitäten aus, die sie als unangemessen oder wie dieser Einfluss zustande kommt und ausgeübt wird.
nicht realisierbar beurteilen. Ein Schlüsselfaktor für die Dabei treten zunächst die soziodemographischen und
aktive Rolle der Kinder stellt deren Wissen dar; dann sozioökonomischen Bedingungen für die unterschiedli-
lassen sich die Eltern beraten oder sie lassen (wenn das che Beteiligung der Familienmitglieder in das Blickfeld.
Kind mit den Entscheidungsalternativen besonders ver- Es scheint so, als ob die soziale Schicht und der Lebens-
traut ist) das Kind entscheiden. Ein Beispiel (Wu, Holmes zyklus einen beachtlichen Einfluss ausüben (Kirchler,
und Tribe, 2010, S. 718): 1989, S. 186 ff.):
Mother: This morning we asked our elder daughter (1) In mittleren und gehobenen sozialen Schichten wird
‘Where do you want to go today?’ mehr gemeinsam entschieden als in den unteren und
Elder daughter (11): I told Mum ,Let’s go to the Nati- in den ganz besonders privilegierten Schichten. Brake
onal Centre for Traditional Arts first, and then go (2008, S. 121) schreibt dazu: „Eine als Verhandlungs-
somewhere else in the evening’. haushalt zu kennzeichnende Interaktionsstruktur
Father: As long as my children’s suggestions are ac- findet sich häufiger in Familien gehobener und mitt-
ceptable and feasible, we take them to wherever they lerer Soziallagen, während traditionelle Befehlshaus-
want to go. halte häufiger in unterprivilegierten Familien anzu-
(Family 2, parents with children aged 11 and 6 years) treffen sind“.
Ältere Kinder/Jugendliche fällen bereits in erheblichem (2) Mit fortschreitendem Familienzyklus nehmen die
Umfang unabhängige und selbstständige Kaufentschei- gemeinsamen Entscheidungen ab.
dungen für Produkte ihres persönlichen Bedarfs. Sie kau- Aufgabenbezogene und emotionale Interaktion: In
fen das, was sie selbst nutzen, weitgehend allein (siehe vielen Gruppen gibt es einerseits Mitglieder, die sich
auch die schon erläuterte Kinder-Medien-Studie, 2018). besonders auf die sachbezogene Aufgabenlösung spezi-
Vielfach werden Kinder als Kommunikationsagenten36 alisieren und sich unter den Gruppenmitgliedern durch
in den Dienst des Marketing gestellt, als Agenten der ihr instrumentales Verhalten zur Bewältigung der von
Werbung, die kaufanregende Werbeappelle aufgreifen der Umwelt gestellten Gruppenprobleme auszeichnen.
und in der Familie zur Sprache bringen. Die Idee, die Sie werden aufgabenorientierte Gruppenführer genannt
sich dahinter verbirgt: Wenn eine Kaufidee erst einmal (task specialist oder task leader). Andererseits gibt es
in der Familie diskutiert wird, so ist der erste Schritt zur Personen, die vor allem expressives oder sozial-emotio-
Kaufentscheidung getan. Tinson und Nancarrow (2007) nales Verhalten zeigen. Sie sorgen für eine der Problem-
fragen in ihrem Artikel „Why do children appeal to mar- lösung förderliche Stimmung, für den Ausgleich von
keters?“ und kommen zu der Erkenntnis, dass Kinder Spannungen in der Gruppe usw. und fördern dadurch
eine Schlüsselposition bei Konsumentscheidungen in der die Integration innerhalb der Gruppe sowie den durch
Familie einnehmen können. Nach Fatke und Schneider Diskussionen leicht bedrohten sozialen Zusammenhalt.
(2005) werden vier Fünftel der Heranwachsenden in die Diese Gruppenmitglieder können stimmungsorientierte
Entscheidungsfindung der Familie miteinbezogen. Das Gruppenführer genannt werden (social-emotional spe-
könnten Informationsmedien stärker berücksichtigen, cialist oder social-emotional leader); sie sind besonders
indem sie in Testberichten spezielle Teile für Kinder wichtig in Entscheidungsprozessen per Dialog.
und Jugendliche vorsehen, die in verständlicher Spra-
Kirchler (1993) hat insgesamt 18 Beeinflussungstaktiken
in familiären Kaufentscheidungen daraufhin überprüft,
36
Singh und Kaur (2011) geben einen guten Überblick über inwieweit sie zur Lösung von Sach-, Verteilungs- und
aktuelle Studien zum Einfluss von Fernsehen und Werbung auf Wertkonflikten eingesetzt werden können. Bei den 251
Kinder und untersuchen den Einfluss von TV-Werbespots auf befragten Paaren zeigte sich, dass in Sachkonflikten rati-
Kinder und das Kaufverhalten der Eltern in Abhängigkeit von
Berufsgruppe und Einkommen der Eltern. Siehe hierzu auch
onaler diskutiert wird als in Wertkonflikten, und dass bei
Longacre, Drake et al. (2017). Verteilungskonflikten hauptsächlich Verhandlungstakti-
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 469

ken angewandt werden. Die Studie bestätigt auch soziale lung der Entscheidungsdominanz eines Familienmitglie-
Stereotypen über Geschlechterunterschiede: „Frauen ver- des durch Rolleninterviews lässt die subtileren – aber
suchen demnach öfter, den anderen durch Hilflosigkeit, gleichwohl wirksamen – emotionalen Einflüsse auf die
Verlassen der Szene und Verhandlungstaktiken für sich Entscheidung weitgehend außer Acht.
zu gewinnen, als Männer. Männer scheinen auf ihre Po- Inwieweit in modernen Familien der Mann nach wie vor
sitionsmacht zu pochen und kaufen entweder autonom mehr aufgabenorientierte Beiträge, die Frau mehr emo-
oder entscheiden, weil sie sich für die Sache zuständig tionale Beiträge zum Entscheidungsprozess liefert, ist
fühlen“ (Kirchler, 1993, S. 121). noch nicht abschließend erforscht. Es spricht vieles dafür,
Die Verteilung der Rollen, also das Mehr oder Weniger dass sich in dieser Hinsicht die Unterschiede verringern.
an instrumentalem oder expressivem Verhalten der Ehe- Schließlich spielen auch die grundsätzlichen Erziehungs-
partner während des Entscheidungsprozesses, variiert stile eine Rolle. Aleti, Brennan und Parker (2015) identifi-
nicht nur mit dem Entscheidungsobjekt (Produkt), son- zieren mittels ihrer empirischen Untersuchung vier ver-
dern auch mit der Persönlichkeit der Familienmitglieder schiedene Kommunikationsstile (siehe hierzu auch Kim,
und mit der Entscheidungssituation im weitesten Sinne, Lee und Tomiuk, 2009) bei der Interaktion von Eltern mit
also mit dem spezifischen Verhaltenskontext (wie kultu- ihren Kindern (Abb. 190). Danach kontrollieren die Eltern
reller Hintergrund, Lebenszyklus usw.). die Konsumgewohnheiten mehr oder weniger intensiv.

Die aufgabenbezogenen und emotionalen Beiträge der d) Konflikte und Strategien der Konfliktlösungen
Familienmitglieder ergänzen sich gegenseitig, sie tragen Wenn tatsächlich gemeinsam entschieden wird oder
beide zu effizienten Interaktionen und Entscheidungen wenn die Familienmitglieder bei einer Einzelentschei-
bei. dung davon ausgehen, dass gemeinsam entschieden wer-
den sollte, können bei der Interaktion Konflikte auftreten
Es ist nicht ohne weiteres möglich, den wahrgenomme- (Abb. 191). Die familiären Konflikte und Konfliktlösun-
nen Vollzug einer Entscheidung durch ein Familienmit- gen können sehr unterschiedlich sein:
glied („der Ehemann entscheidet“) mit dem Einfluss ●● Yang, Zhao et al. (2010) widmen sich dem (sicherlich
dieses Familienmitgliedes gleichzusetzen. Die Ermitt- allgemein bekannten) Problem, sich in der Familie auf

Geringe Kontrolle Hohe Kontrolle

Gering ausgeräg- Freizügiger Stil (Laisser-faire) Verbietender Stil


ter Wunsch, Kin- ●● Kaum Unterhaltungen über den Konsumstil, ●● Eltern wollen den Konsum der Kinder kontrol-
der zu ermutigen Kinder sollen eigene Erfahrungen machen lieren, Kinder sollen nach Vorgabe der Eltern
und zu befähigen konsumieren
●● Es gibt einige, aber nicht intensive Bestrebun-
(„low encourage- gen, mit den Kindern vertrauensvolle Gesprä- ●● Wenige Bestrebungen, mit den Kindern ver-
ment“) che zu führen trauensvolle Gespräche zu führen
●● Bestrafungen finden statt, aber eher selten ●● Hoher Fokus auf Bestrafungen (Bestrafungen
●● Unangenehme Themen werden nicht gemie- sind sinnvoll)
den ●● Unangenehme Themen werden gemieden
Stark ausgepräg- Pluralistischer Stil Beschützender Stil
ter Wunsch, Kin- ●● Viele Gespräche über den Konsumstil der ●● Viele und auch kontrollierende Gespräche
der zu ermutigen Kinder, die aber nicht kontrollierend wirken über den Konsumstil der Kinder, um Kinder
und zu befähigen sollen, Kinder sollen informierte und eigen- vor Fehlkonsum zu schützen
(„strong en- ständige Konsumenten werden ●● Ständige Bestrebungen, mit den Kindern
couragement“) ●● Ständige Bestrebungen, mit den Kindern vertrauensvolle Gespräche zu führen
vertrauensvolle Gespräche zu führen ●● Auffassung, dass die Gefahr einer Bestrafung
●● Auffassung, dass eine Bestrafung die Kinder den Kindern gegenwärtig sein sollte
entmutigt ●● Unangenehme Themen werden gemieden
●● Unangenehme Themen werden nicht gemie-
den

Abb. 190: Typologie der Kommunikationsstile von Familie in Anlehnung an Aleti, Brennan und Parker (2015)
470 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

ein gemeinsames Fernsehprogramm zu einigen. Hier Eine weitere Möglichkeit, Konflikte grundsätzlich zu
zeigt sich beispielsweise, dass Mutter und Kind stärker vermeiden, besteht darin (siehe auch Dong und Li, 2007),
zusammenhalten als Vater und Kind. Entscheidungen, die eigentlich gemeinsam gefällt wer-
●● Nørgaard und Brunsø (2011) beschäftigen sich mit der den (sollen), stillschweigend oder ausdrücklich an ein
Frage, welche Konflikte, Konfliktlösungsstrategien Familienmitglied zu delegieren. Diese Übertragung kann
und Beeinflussungsstrategien in Entscheidungssitu- sich auf eine Gesamtentscheidung beziehen („Fahrräder
ationen vorkommen, die den Kauf von Lebensmitteln kauft der Vater“) oder auf eine Teilentscheidung, welche
betreffen, insbesondere, wenn auf eine gesunde Er- den Spielraum für eine nachfolgende gemeinsame Ent-
nährung geachtet werden soll. Häufige Gründe für scheidung und auf diese Weise auch den Spielraum für
Konflikte sind demnach individuelle Präferenzen, Konflikte einengt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn
Kindheitsgewohnheiten der Eltern, Erkenntnisse der die Mutter als „Finanzministerin“ der Familie über das
Kinder aus dem Schulunterricht oder grundsätzliche Budget entscheidet, das für einen vorgesehenen Restau-
Gesundheitsüberzeugungen. rantbesuch zur Verfügung steht. Die gemeinsame Fami-
●● Hamilton (2009) erläutert, welche spezifischen Prob- lienentscheidung über die Auswahl des Restaurants und
leme beim Entscheidungsverhalten in Familien mit des Essens geht dann von diesem Budgetrahmen aus.
einem sehr geringen Einkommen entstehen. Eine Kon- Die Familie wird die Übertragung von Entscheidungen
fliktvermeidungsstrategie ist hier die offene Kommu- auf einen Einzelnen vor allem dann akzeptieren, wenn
nikation über die finanzielle Situation der Familie; von vornherein klar ist, welches Familienmitglied auf-
Kinder zeigen sich oft einsichtig, wenn sie über den grund seiner Autorität, Sachkenntnis oder Fürsorglich-
Engpass informiert werden. keit für eine Entscheidung zuständig ist. Die Überein-
●● Wir möchten hier auch noch einmal (siehe Ausführun- stimmung darüber geht in erster Linie auf internalisierte
gen zum Kompromisseffekt im Zweiten Teil) an die Gruppen-(Familien-)Normen zurück. Es ist außerdem
ausführlich beschriebenen Experimente von Nikolova damit zu rechnen, dass Entscheidungen auf ein einzelnes
und Lamberton (2016) erinnern, die sich mit der Frage Familienmitglied übertragen werden, wenn sich dieses
auseinandersetzten, ob Männer oder Frauen eher dazu Familienmitglied für eine bestimmte Entscheidung be-
bereit sind, bei Konsumentscheidungen Kompromisse sonders engagiert sowie in dieser Sache kompetent ist
einzugehen. Die Autoren untersuchten dazu dyadi- und die anderen wenig interessiert sind.
sche Entscheidungsprozesse zwischen zwei Män-
Entscheidet die Familie gemeinsam, so ist davon auszu-
nern, zwei Frauen und der Mann-Frau-Kombination.
gehen, dass Konflikte zwischen den Familienmitgliedern
Zusammengefasst kommen die fünf verschiedenen
die Regel und nicht die Ausnahme sind. Dafür sprechen
Experimente zu dem Schluss, dass bei „Mann-Mann-
die unterschiedlichen Ziel- und Mittelpräferenzen der
Dyaden“ die Wahrscheinlichkeit am geringsten ist,
Familienmitglieder, vor allem auch von Eltern und Kin-
dass Kompromisslösungen gesucht werden. Die Auto-
dern. Konflikte entstehen (siehe auch Nørgaard und
ren begründen dies damit, dass bei rein männlichen
Brunsø, 2011) durch:
Dyaden der Wunsch des Einzelnen stärker ausgeprägt
ist, maskuline Geschlechterrollen zu erfüllen, wie z. B. ●● abweichende Ziele der Familienmitglieder,
„klare Kante“ zu zeigen.

Konsens ll
c kfa

Kompromiss
Höherentwicklung

Delegation

Unterordnung

Vernichtung
Abb. 191: Grundmuster der
Flucht Konfliktlösung (Quelle: Schwarz,
2005, S. 278).

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 471

●● abweichende Ansichten über die Mittel, die zur Zie- ren „weich“ zu machen (siehe auch Hamilton, 2009)38.
lerreichung geeignet sind. Wir können nunmehr folgende Hypothese formulieren:
Konfliktwirkungen: Die bisherige Forschung befasste
sich hauptsächlich mit den Reaktionen der Familien- Leichte Konflikte werden bevorzugt mit rational wirkenden
mitglieder auf einen Konflikt und mit den Folgen des Strategien gelöst (Problemlösung). Zur Lösung stärkerer
Konfliktes für den weiteren Ablauf einer Entscheidung. Konflikte werden bevorzugt Strategien des gegenseitigen
Austauschs und der emotionalen Beeinflussung gewählt.
Den Familienmitgliedern stehen folgende Strategien zur
Konfliktbewältigung zur Verfügung (Sheth, 1974, S. 32 ff.;
Solomon, Bamossy et al., 201637; siehe auch Dong und Li, Vergleicht man nun, wie die verschiedenen Familien-
2007, S. 310): mitglieder den von einem Familienmitglied ausgeübten
Einfluss wahrnehmen, so stellt sich Folgendes heraus:
(1) Extensivierung der Problemlösung (Problemlösung)
Die meisten Partner schätzen den vom anderen im Kon-
(2) Alternativensuche: Falls die Ziele übereinstimmen,
fliktfall ausgehenden Einfluss anders ein als dieser selbst.
bemühen sich die Familienmitglieder, eine Alterna-
Das heißt: „Wenn eine Person angab, dass sie eine be-
tive zu finden, die ihren verschiedenen Ansprüchen
stimmte Strategie (wie emotionale Beeinflussung oder
genügt, die aber vorher – etwa mangels vorliegender
Belohnung) nicht wählte, so berichtete der Ehepartner
Informationen – nicht berücksichtigt wurde.
häufig, dass dies doch der Fall sei“ (Spiro, 1983, S. 398).
(3) Beeinflussung der Zielsetzungen, auch durch in Aus-
Dieses Verhalten steht im Einklang mit der von uns
sicht gestellte Belohnungen (Überredung)
hervorgehobenen Vermutung, dass im Konfliktfall die
(4) Aushandeln von Kompromissen
Spielräume zur Interpretation des Verhaltens der anderen
(5) Übertragung der Entscheidungsbefugnisse an ein
Familienmitglieder besonders groß sind, sodass schon
Familienmitglied (Legitimation) oder familienpo-
allein deswegen die verbalen Auskünfte über dieses Ver-
litische Aktivitäten, unter anderem Bildung von
halten ungenau werden.
Koalitionen. Diese Koalitionen, wie Allianzen der
Kinder gegen die Eltern oder eines Elternteils mit Spiro (1983) untersucht auch die Bedingungen, unter de-
einem Kind gegen einen anderen Elternteil, setzen nen die Familienmitglieder zu einer mehr oder weniger
dann ihre Präferenzen durch und veranlassen die starken gegenseitigen Beeinflussung und Verhaltenssteu-
anderen Familienmitglieder zur Anpassung. erung neigen. Er stellt fest, dass eine stärkere Beeinflus-
(6) Machtausübung. sung stattfindet, wenn die Familien einem traditionellen
Lebensstil folgen, wenn sich die Familie in einer frühen
Nach Spiro (1983) neigen diejenigen Familienmitglieder,
Phase des Familienzyklus befindet und wenn die Frau
die schwache Konflikte bei gemeinsamen Entscheidun-
berufstätig ist.
gen empfinden, dazu, Experteneinfluss auszuüben: Sie
beeindrucken die anderen Familienmitglieder durch Flurry (2007) erweitert diese Analyse und erklärt, dass
Informationen über das Entscheidungsobjekt (Produkt) bei der Analyse des Einflusses von Kindern auf die ge-
und beeinflussen mit ihrem Wissen die Entscheidung meinsame Konsumentscheidung auch folgende Fälle
zu ihren Gunsten. berücksichtigt werden sollten:
Bei stärkeren Konflikten gehen die Familienmitglieder ●● alleinerziehende Mütter bzw. Väter,
nach Spiro (1983) aber dazu über, mehr Überzeugungs- ●● „ältere“ Eltern (z. B. die Mutter ist bei der Geburt über
strategien und mehr Techniken der Belohnung und 40 Jahre alt),
emotionalen Steuerung einzusetzen. Um die anderen ●● „Patchworkfamilien“.
zu ihren Gunsten zu beeinflussen, versprechen sie bei- So findet die Autorin beispielsweise heraus, dass Schei-
spielsweise etwas, was den anderen gut gefällt, oder sie dungskinder besonders einflussreich sind. Gavish, Sho-
ziehen sich in ihre „Schmollecke“ zurück, um die ande- ham und Ruvio (2010) greifen das „Alter der Mutter“ auf
und fragen sich, wann Mütter als „Rollenmodell“ für
ihre jugendlichen Töchter agieren, und wann die Töch-
ter als „Rollenmodell“ für ihre Mütter fungieren. In der
37
Solomon, Bamossy et al. (2016, S. 444) unterscheiden zwi-
schen „consensual purchase decisions“ (hier sind sich die
Familienmitglieder über den gewünschten Kauf einig) und 38
Nach Kirchler (1989, S. 236, 254 ff.) hängt das Verhalten im
„accomodative purchase decisions“ (hier haben die einzelnen Konflikt vor allem von der Beziehungsqualität ab: Je dishar-
Familienmitglieder unterschiedliche Präferenzen und setzen monischer die Beziehungen zwischen den Partnern sind, desto
unterschiedliche Prioritäten. Sie können sich nicht auf eine mehr werden einseitige Überzeugungs- und einseitige Aus-
Entscheidung einigen, mit der alle zufrieden sind). tauschtechniken eingesetzt.
472 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

qualitativen Studie beschäftigen sie sich mit dem Texti- sollte die wichtigsten Anlässe und Bedingungen kennen,
leinkauf, und sie beobachten auch Mütter und Töchter in bei denen es zu Konflikten beim Einkauf kommt, und er
Geschäften. Sie können darlegen, dass Mütter sehr viel sollte über das erforderliche sozialtechnische Wissen ver-
Wert auf den Rat der Töchter legen, aber dass auch um- fügen, um verkaufswirksame Beiträge zur Reduzierung
gekehrt die Töchter die Meinung der Mütter hören woll- und Bewältigung dieser Konflikte leisten zu können.
ten, was nicht verwunderlich ist, da Mütter und Töchter
sonst vermutlich nicht gemeinsam zum Einkaufen gehen e) Theoretische Erklärungen des Rollenverhaltens in
würden. Interessant an dieser Studie ist vor allem, dass der Familie
erneut das „kognitive Alter“ der Mutter das Kaufverhal- Die Rollenverteilung bei Familienentscheidungen ist in
ten erklärte: Je geringer der empfundene (also nicht der einem tiefen Wandel begriffen. Entscheidungen, die noch
tatsächliche) Altersunterschied zwischen Müttern und vor einigen Jahren als Domäne des Mannes aufgefasst
Töchtern war, desto harmonischer war der Einkauf. An- wurden – wie die Kaufentscheidung für Autos – werden
ders ausgedrückt: Je jugendlicher sich die Mutter fühlte, in zunehmendem Maße allein von der Frau oder gemein-
desto eher ähnelten sich Mütter und Töchter in ihrem sam getroffen. Der Rollenwandel lässt sich als Teil des
Kleidungsstil und desto mehr bevorzugten sie auffällige allgemeinen sozialen Wandels begreifen und erklären.
Kleidungsstücke, die sie auch gemeinsam nutzen. Die Veränderung gesellschaftlicher Werte nach dem letz-
Das bereits in Abb. 190 dargelegte Schema wird von ten Krieg, die zunehmende Berufstätigkeit der Frau und
Anitha und Mohan (2016) aufgegriffen, um zu erklären, die bessere Bildung breiter Bevölkerungsschichten sind
welche Kinder zu dem ebenfalls bereits angesprochenen Kräfte des sozialen Wandels, die auch die sozialen Rollen
„pestering“ neigen39, also besonders intensiv versuchen, von Mann und Frau, vor allem das Rollenverständnis
Einfluss zu nehmen. Hier unterscheiden sie noch ver- der Frau, wesentlich geprägt haben. Hinzu kommt die
schiedene Arten des „pestering“ („pestering“ muss da- bereits skizzierte demographische Entwicklung mit ei-
nach nicht nur das negativ konnotierte „Quengeln“ sein) nem wachsenden Trend zum Leben als Single.
und kommen zu dem interessanten Schluss, dass gera- Bei der Darstellung des Rollenwandels wird in der So-
de in pluralistischen Familien die Kinder einen großen ziologie (nach dem Kriterium der dominanten Entschei-
Einfluss ausüben können, eben weil sie gut informiert dungsgewalt von Ehepartnern) zwischen matriarchali-
sind und eigenständig denken. Hier können die Eltern schen, patriarchalischen und Partnerschafts-Familien
die schlüssige Argumentation schlecht widerlegen, auch unterschieden. Der sich gegenwärtig in fortgeschrittenen
wenn sie vielleicht andere Ansichten haben. Wie auch Industriegesellschaften entwickelnde Familientyp ist die
immer die weitere Entwicklung unserer Gesellschaft Partnerschafts-Familie. In einer Partnerschafts-Fami-
aussehen wird, ganz generell lässt sich an dieser Stelle lie, hier neutraler als Kooperations-Familie bezeichnet,
festhalten: steht kein Partner unter dem dominanten Einfluss des
anderen. Es ist vielmehr so, dass (1) viele Entscheidun-
Lebensstil und Familienzyklus erweisen sich alles in allem gen gemeinsam getroffen werden und (2) jeder einzelne
als wichtige Determinanten des Entscheidungsprozesses. Ehepartner souverän und gleichberechtigt neben dem
anderen auch selbstständige Entscheidungen fällt, und
Die ermittelten Konflikte (und Konfliktlösungsstrategi- zwar aufgrund einer akzeptierten Rollenverteilung40.
en) bei Familienentscheidungen sollten von Verkäufern Die Entwicklung hin zur Kooperations-Ehe spiegelt sich
nicht übersehen werden: Stärkere Konflikte sind stets mit deutlich im Entscheidungsverhalten wider. Der Mann
einer Verunsicherung der Familienmitglieder verbunden, wächst aufgrund der Kooperation im Haushalt in eine
die im Allgemeinen zu einem mehr oder weniger langen ganz neue Rolle hinein. Er übernimmt im Rahmen des
Aufschub der Kaufentscheidung führt. Der Verkäufer Haushalts immer mehr Entscheidungen und Arbeiten,

39 40
Anitha und Mohan (2016, S. 5): “The type of communication Der Rollenwandel der Frauen kommt am stärksten im
present in the family will have a huge impact over the type of Androgynie-Konzept zum Ausdruck. Androgynie bezeichnet
pester power used by the children. The more the parent’s give eine gleichzeitig maskuline wie feminine Geschlechtsrollen-
freedom of thought to the children, the more will be their abi- identität. Frauen leben männliche Züge aus oder möchten wie
lity to express opinions (mild or strong). This will enable the Männer wirken (Reigber, 1994; Flaig, Ganier-Raymond et al.,
child to mature as active consumers and participate more du- 1993). Seit einigen Jahren ist festzustellen, dass auch Männer
ring the purchase process. But if the communication between mehr feminine Seiten an sich entdecken (Tuncay und Otnes,
them is minimal, the child will not have informed data and if 2008). Entsprechend lassen sich in der Marktforschung andro-
the parent’s are more restrictive the child will gravitate towards gyne, maskuline, feminine und indifferente Konsumstile seg-
the use of more emotional strategies.“ mentieren.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 473

die früher die Frau übernommen hat, sei es aus Einsicht


oder Notwendigkeit. Entsprechend braucht sich die Frau
nicht mehr, wie das in patriarchalisch geleiteten Fami-
lien üblich war, auf die Ausführung der vom Mann be-
stimmten Familien- und Haushaltspolitik sowie auf die
„kleinen“ Entscheidungen zu beschränken. Sie ist heut-
zutage an den „großen“ Entscheidungen nachweislich in
gleichem Maße beteiligt wie der Mann.

Frau und Mann beteiligen sich in zunehmendem Maße


gleichrangig an allen Entscheidungen im Haushalt.

Die Gestaltung von vielen Gebrauchsgütern, die bisher


auf den Mann abgestellt war, ist in zunehmendem Maße
auf die Frau abzustimmen und umgekehrt. Das ist in der
Praxis inzwischen wohlbekannt und gilt unter anderem
für Haushaltsgeräte wie Kaffeemaschinen. Sie hatten
früher das Image, Geräte für die Frau zu sein. Heute
erhalten sie aufgrund der wachsenden Entscheidungs-
befugnis des Mannes im Haushaltsbereich mehr und
mehr ein „Unisex-Image“. Oder: Baufachmärkte müssen
sich in stärkerem Maße an die Ansprüche von Frauen
anpassen, weil diese wesentlich mehr als früher den Ein-
kauf mitbestimmen. Die Werbung wird viele stereotype
Rollendarstellungen aufgeben müssen, mit denen sie ge-
genwärtig noch an den Erwartungen moderner Frauen
„vorbeiwirbt“41.
Abb. 192: Klischees oder Humor?
In Großbritannien ist übrigens seit Juni 2019 Werbung mit
klischeehafter Darstellung von Frauen oder Männern,
die deren Fähigkeiten infrage stellt, verboten. Durch- (2018): „Modernen Vätern ist bewusst, dass sie sich von
fallen dürfte danach „etwa Werbung, in der Mädchen ihren eigenen Vätern unterscheiden und die Dynamik
nicht rechnen können oder solche, die einen Mann dabei heutiger Eltern anders ist, als sie es in der eigenen Kind-
zeigt, wie er seine Füße hochlegt, während die Frau um heit erfahren haben. Ihnen ist das Vatersein wichtig, sie
ihn herum putzt“ (ntv, 2019). Es bleibt aber abzuwarten, empfinden es als bereichernd und wollen gerne mehr
ob ein solches Werbeverbot im Fernsehen dazu beiträgt, Zeit mit ihren Kindern verbringen. Junge Väter wollen
dass Klischees tatsächlich abgebaut werden, oder ob sich nicht als die unbeholfenen, wortkargen Patriarchen
als Folge – quasi als Reaktanz-Reaktion – in den sozi- dargestellt werden. Dadvertising könnte da helfen“. Die
alen Medien (dann ohne Zensur) vermehrt stereotype Werbung könne die modernen Rollenbilder unterstützen.
Vorstellungen verbreiten. Es ist auch zu fragen, wie eine Aber es gibt natürlich immer noch Unterschiede zwi-
Werbung, die Klischees humorvoll darstellt (sofern man schen Männern und Frauen in ihrem Konsumverhalten,
eine humorvolle Absicht unterstellt) von den britischen die natürlich auch nicht verschwiegen werden sollten.
Juroren eingeschätzt würde (wie die Werbung von Dr. Dazu einige Beispiele:
Oetker, siehe Abb. 192).
Wir finden zudem in den letzten Jahren quasi einen
Boom an „Dadvertising“ (siehe hierzu Abb. 193 und z. B.
als früher, ihr Beitrag konzentriert sich jedoch hauptsächlich
Bukszpan, 2016 oder Costa, 2019)42. So schreibt Michel auf Spielaktivitäten. So hat der Windelhersteller Procter &
Gamble beispielsweise 2017 eine Umfrage unter spanischen
41
Siehe hierzu die Metaanalyse von Eisend (2010), die Studie Vätern durchgeführt, die ergab, dass die Haupttätigkeit der
von Conley und Ramsey (2011) sowie ausführlich Dritter Teil, Väter in erster Linie im gemeinsamen Spiel mit den Kindern
Kapitel C. bestand (83 %). Sie zogen einen Spaziergang im Park mit den
42 Kritisch merkt Costa (2019) jedoch auch an: „Väter von heute Kindern (46 %) anderen Tätigkeiten wie z. B. Baden (15 %), Zu-
sind in sämtlichen Bereichen der Kindererziehung präsenter bettbringen (13 %) oder Füttern (5 %) vor“.
474 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 193: „Dadvertising“ (Quelle: Dove bzw. Costa, 2019)

●● Männer, die ethische Produkte (z. B. Fair Trade) kau- ●● Soziologische: Das soziale Umfeld, insbesondere die
fen, werden als weniger männlich betrachtet (Shang Kultur, bestimmt die Geschlechterrollen.
und Peloza, 2016). ●● Psychologische: Das Rollenverhalten hängt im Wesent-
●● Frauen haben eine positivere Einstellung zu klassi- lichen von einem „inneren Kalkül“ der Beteiligten ab.
schen Luxusartikeln (z. B. Fashion, Armbanduhren) Diese Theorien ergänzen sich gegenseitig. Es ist sicher
und zeigen hier eine größere Kaufwahrscheinlich- nicht möglich, das komplexe Interaktionsverhalten ein-
keit als Männer. Frauen assoziieren mit Luxusmarken seitig mithilfe einer einzelnen Theorie zu erklären.
mehr Einzigartigkeit, Status und hedonistischen Wert
Die Theorien der kulturellen Normen sind die bekann-
(Stokburger-Sauer und Teichmann, 2013).
testen soziologischen Theorien zum Rollenwandel. Man
●● Männer meinen beim Einkauf von Textilien (auch
kann sie in Anlehnung an DeFleur, d’Antonio und De-
wenn ihnen ihr Äußeres wichtig ist), möglichst schnell
Fleur (1984, S. 345) wie folgt umschreiben: Die Konzep-
einkaufen zu müssen, um männlich zu wirken (Gupta
tion der Geschlechterrollen bezieht sich auf kulturelle
und Gentry, 2016).
Ideale, Überzeugungen und Erwartungen, wie ein Mann
●● Meyers-Levy und Loken (2015) machen auf verschie-
oder eine Frau handeln, denken oder fühlen soll. Durch
dene Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf-
die Sozialisation werden diese kulturellen Standards
merksam, die sie mit diversen Theorien (Evolution,
innerhalb der Gesellschaft dem Individuum vermittelt.
soziokulturelle Entwicklung, hormonelle Unterschie-
Wenn man von der Rolle der Frau in einer Gesellschaft
de etc.) erklären. Danach sind Frauen z. B. vorsichtiger,
(zum Beispiel in Amerika oder in China) spricht, so meint
reagieren intensiver auf negative Ereignisse und sind
man diese kulturelle Bestimmung der Geschlechterrolle.
weniger selbstbezogen als Männer.
Unsere Darstellung des Rollenwandels im ersten Teil
Rollentheoretische Ansätze: Mit der Erklärung der Rol- dieses Kapitels entsprach im Wesentlichen dieser Sicht:
lenverteilung in Familien beschäftigen sich drei Gruppen Danach hat der soziale bzw. kulturelle Wandel zu den
von Theorien: Veränderungen der Geschlechterrollen, vor allem zur
●● Soziobiologische: Die biologische „Vorprogrammie- wachsenden Gleichstellung der Frau in Beruf und Fa-
rung“ des Verhaltens ist in erheblichem Ausmaß für milie, geführt.
das Rollenspiel der Geschlechter verantwortlich.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 475

Die Austauschtheorien sind (sozial-)psychologische The- Umwelt anfangen kann, desto stärker wird ihre Stellung
orien. Wir haben im Kapitel Lernen schon darauf hin- in der Familie sein. Diese Theorie hat den Vorteil, dass
gewiesen43. Der Grundgedanke der Austauschtheorien sie auch Veränderungen der Macht- und Rollenverteilung
besteht darin, dass das soziale Verhalten als Austausch im Laufe des Familienzyklus erklären kann.
von positiven oder negativen Werten (Belohnungen und
Bestrafungen) interpretiert werden kann. Das Individu- 6. Einfluss von Bezugsgruppen
um wählt demnach die Verhaltensweisen (auch Rollen), a) Die Wirkung von Bezugsgruppen
die ihm einen möglichst hohen Austauschgewinn, d. h.,
Der Bezugsgruppeneinfluss übt zusammen mit anderen
eine möglichst hohe Nettobelohnung, bringen. Als be-
sozialen Einflüssen einen Anpassungsdruck auf das In-
lohnend empfunden und damit positiv bewertet werden
dividuum aus, der wesentlich für konformes Verhalten
nicht nur Geld und materielle Güter, sondern auch im-
verantwortlich ist (Aronson, Wilson und Akert, 2014,
materielle Errungenschaften, wie Zuneigung, Beistand,
S. 280 ff., Stangl, 2019)44. Der soziale Druck, der ausge-
Information, Prestige.
löst wird, um Konformität zu erreichen, ist von unter-
Ausgehend von diesen austauschtheoretischen Über- schiedlicher Stärke: Er reicht von negativen und positiven
legungen wurden in der Konsumentenforschung zwei sozialen Sanktionen bis zur bloßen Empfehlung eines
spezielle Theorien zur Erklärung der Rollenverteilung in Verhaltens durch eine Beeinflussungsquelle45.
Familien entwickelt: die Theorie des Ressourcenbeitrages
Es ist zweckmäßig, das nicht-konforme Verhalten nicht
und die Theorie des Vergleichspartners.
einfach als das Gegenteil von Konformität aufzufassen,
Die Theorie des Ressourcenbeitrages sieht die Ressour- sondern unabhängiges und anti-konformes Verhalten zu
cen, die einem Familienmitglied in den Augen der ande- differenzieren. Unabhängigkeit heißt, dass sich ein Indi-
ren Familienmitglieder zur Belohnung und Bestrafung viduum dem sozialen Einfluss entzieht und unabhängig
zur Verfügung stehen, als wesentliche Ursache der Macht von der sozialen Beeinflussung urteilt und handelt. An-
und Rollenverteilung in der Familie an. Je mehr Res- ti-Konformität46 heißt, dass das Individuum auf sozialen
sourcen einem Ehepartner im Verhältnis zum anderen Einfluss reagiert, aber in einer der Beeinflussungsabsicht
in Form von Einkommen oder in Form nicht-materieller entgegengesetzten Weise.
Belohnungsquellen (wie Attraktivität, Charakter, Bildung
usw.) zur Verfügung stehen, desto stärker werden seine
44
Position und damit sein Einfluss in der Familie sein. Bezugsgruppen können auch „Fremdgruppen“ sein, deren
Einfluss per Massenkommunikation vermittelt wird. Ihre Ein-
Wie bereits ausgeführt, hat die Frau durch entsprechen- ordnung in die nähere Umwelt der Konsumenten ist also meist
de Ausbildungen und berufliche Qualifikationen ihre nicht zwingend, aber zweckmäßig.
verfügbaren Ressourcen und damit auch ihre Position 45
Konformität kann auf bloßer Einwilligung beruhen (bei ne-
in der Familie gestärkt. Als grobes durchschnittliches gativen sozialen Sanktionen), auf Identifikation (bei positiven
Maß für den relativen Einfluss der Ehepartner (für ihren sozialen Sanktionen) oder auf Internalisierung (ohne soziale
Sanktionen – Kompetenz und Glaubwürdigkeit der Einfluss-
relativen Ressourcenbeitrag) kann man die Differenz
quelle genügen).
zwischen dem Ausbildungs- oder Berufsstand von Frau 46
Siehe auch Berger und Heath (2008), die nur zwischen „con-
und Mann benutzen (Davis, 1991). Wie bereits ausgeführt, vergence“ (Konformität) und „divergence“ (Divergenz, An-
haben derzeit 63 % der Ehepartner einen vergleichbar ho- ti-Konformität) unterscheiden und erläutern, welche Faktoren
hen Bildungsstand, bei 27 % der Paare hat der Mann, bei Divergenz befördern (z. B. möchten Konsumenten, die einem
10 % die Frau einen höheren Bildungsstand (Statistisches höheren Status zuzuordnen sind, nicht mit Personen verglichen
Bundesamt, 2018b). Hier können wir also eine sehr große werden, die einem niedrigeren Status angehören, und daher
die von letzterer Gruppe präferierten Produkte meiden). Stangl
Annäherung beobachten. (2019) geht auf den zeitlichen Aspekt ein und schreibt: „Unter
Nach der Theorie des Vergleichspartners kommt es we- konformem Verhalten unter Gruppendruck wird verstanden,
niger auf den Wert der Ressourcen in den Augen der dass sich ein Gruppenmitglied an die Meinung der restlichen
Ehepartner an, entscheidend ist vielmehr der Wert, der Mitglieder anpasst, auch wenn offensichtlich eine andere
Meinung/Antwort die korrekte ist. Es wird unterschieden in
den Ressourcen eines Ehepartners außerhalb der Familie
„beständige Nicht-Konformität“ (das Individuum weicht auch
zuerkannt wird: Je mehr eine Person mit ihren Ressour- unter Gruppendruck nicht von seiner Meinung ab), „vorüber-
cen (Aussehen, Ausbildung, Herkunft) in ihrer sozialen gehende Nicht-Konformität“ (das Individuum gibt vorerst kor-
rekte Antworten, später aber auch konforme), „vorübergehende
43
Eine andere bekannte Austauschtheorie, die ebenfalls für die Konformität“ (das Individuum gibt vorerst falsche Antworten,
Theorien zur Rollenverteilung in der Familie Pate stand, ist die später aber konforme und nicht konforme Antworten) und
Theorie des sozialen Austauschs von Thibaut und Kelley (1959), „beständige Konformität“ (das Individuum ordnet sich immer
siehe auch Herkner (2008). der Gruppenmeinung unter)“.

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476 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Wenn wir Konformität als Ergebnis des Einflusses von Goulding (2016) machen in diesem Zusammenhang auf
Bezugsgruppen beschreiben, haben wir nach der klas- ein interessantes Paradoxon aufmerksam. Die Autoren
sischen Differenzierung von Kelley (1968) zwei Formen beschäftigen sich mit den Besuchern eines „Heavy Me-
von Bezugsgruppen zu unterscheiden: komparative und tal“-Musikfestivals. Der Besuch eines solchen Festivals
normative Bezugsgruppen. stellt für viele Personen eine Flucht aus dem Alltag dar.
Bezugsgruppen übernehmen komparative Funktionen, Man möchte sich selbst für einen kurzen Zeitraum neu
wenn sie Maßstäbe liefern, an denen das Individuum inszenieren und wählt eine besondere Kleidung, die sich
seine Wahrnehmungen, seine Einstellungen, Meinungen vom Mainstream absetzen und die Flucht aus dem Alltag
und Urteile messen kann. Die Äußerungen der Bezugs- symbolisieren soll. Dabei richtet sich jeder Besucher aber
gruppenmitglieder bilden dann einen Bezugsrahmen für sehr strikt an dem Dresscode eines typischen Heavy
die kognitiven Prozesse des Individuums, sie werden zu Metal-Festival-Fans aus. In der Folge führt dies dazu,
Ansatzpunkten für die eigenen Ansichten. Klassische dass sich alle Teilnehmer in einer sehr uniformen Art
Experimente dazu stammen von Sherif (1936) und Asch verkleiden. Jeder Einzelne ist zwar anders gestylt als im
(1951)47. In diesen Experimenten wurde gezeigt, dass die Alltag, aber innerhalb der Gruppe der Konzertbesucher
verbale Wiedergabe und Einschätzung optischer Wahr- verhält man sich wieder sehr konform. Die „kollektive
nehmungen durch Versuchspersonen davon beeinflusst Verkleidung“ hilft den Besuchern jedoch, sich bei dem
wurde, was die anderen anwesenden Gruppenmitglieder Festival ausleben zu können.
vorgaben, wahrgenommen zu haben. An diese Experi-
mente schließen das nachfolgend erörterte Experiment b) Konforme Produktbeurteilung
über konforme Produktbeurteilung von Venkatesan Grundlegende Hypothesen: Festinger (1954) hat eine
(1966, „der Klassiker“) und die Experimente von Bearden Theorie des sozialen Vergleichs entwickelt, die das
und Rose (1990) an. Zustandekommen der komparativen Funktionen von
Die normativen Funktionen der Bezugsgruppen sind Bezugsgruppen zu erklären hilft. Drei grundlegende
darin zu sehen, dass die Bezugsgruppen dem Indivi- Hypothesen seien hier wiedergegeben50:
duum Normen liefern und durch Sanktionen für die (1) Der Mensch hat das Bedürfnis, seine eigenen Mei-
Einhaltung dieser Normen sorgen. Der Einzelne wird nungen und Fähigkeiten zu bewerten (sich ein Bild
durch Übernahme der Normen dazu gebracht, sich in davon zu machen, ob sie richtig sind).
einer ganz bestimmten Weise zu verhalten. Man spricht (2) In dem Maße, in dem objektive Vergleichsmaßstäbe
deswegen auch von den motivationalen Wirkungen der für die Bewertung fehlen, werden die Meinungen
Bezugsgruppen. und Fähigkeiten anderer Personen herangezogen.
Die von den Bezugsgruppen gesetzten Maßstäbe und (3) Die Tendenz, einen solchen Vergleich zwischen sich
Normen unterliegen einem flexiblen Entwicklungspro- und anderen durchzuführen, verringert sich, wenn
zess und tragen dadurch zur Dynamik des individuellen der Abstand zwischen eigenen und fremden Mei-
Verhaltens bei. Zudem kann das Individuum im Laufe nungen und Fähigkeiten wächst51.
der Zeit seine Position im sozialen Feld ändern und die
Bezugsgruppe wechseln. Die komparativen Bezugsgrup-
penwirkungen werden manchmal als „informative“ Wir- (2011) oder zum Thema Luxuskonsum Klarmann, Wiedmann
kungen bezeichnet48. Sie sind häufig mit normativen Wir- und Hennigs (2013). Interessant auch Gierl und Huettl (2010),
kungen verknüpft. Der Einfluss von Bezugsgruppen auf die sich mit dem Konstrukt der „Knappheit“ (hier ging es um
ein bestimmtes Verhalten geht dann auf beide Wirkungen „limited editions“) und dessen Einfluss auf demonstrativen
Konsum, Wunsch nach Einzigartigkeit und Konformität be-
zurück (Brehm, Kassin und Fein, 1999)49. Chaney und schäftigten.
50
Zur Theorie sozialer Vergleichsprozesse vgl. den Überblick
47 Vgl. dazu auch ihre Wiedergabe und Kommentierung durch bei Haisch und Frey (1993), siehe auch Anhut und Heitmeyer
Birbaumer und Schmidt (2006). (2005).
48 51
Neben den komparativen und normativen Wirkungen wer- Die Hypothesen wurden frei übersetzt. Sie werden von Fes-
den die „informativen Wirkungen“ manchmal auch als dritte tinger zwar nicht explizit auf den Einfluss von Bezugsgrup-
Form der Bezugsgruppenwirkungen aufgefasst. Es geht dann pen bezogen, sie drücken aber grundlegende Erkenntnisse
um Informationen, die das Individuum bei Entscheidungsun- über den Wirkungsmechanismus von Bezugsgruppen aus.
sicherheit bevorzugt von Bezugsgruppen übernimmt (Assael, Die Hypothesen verweisen uns auf die Motivation, die zum
1998). Heute spricht in diesem Zusammenhang auch von den sozialen Vergleich führt (Hypothese 1), auf die Situationen, in
Social Media-Filterblasen (siehe Erster Teil, C.I). denen der Bezugsgruppeneinfluss bevorzugt wirksam wird
49 Zur Bedeutung von Bezugsgruppen vgl. auch Childers und
(Hypothese 2) und auf einen Aspekt der Bezugsgruppenwahl
Rao (1992), Hogg und Abrams (1993), Roman and Medvedev (Hypothese 3).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 477

Ursächlich für das Streben nach dauernder Validierung nigen Konsumenten, die Selbstwertbestätigung verfol-
der eigenen Meinungen und Verhaltensmöglichkeiten gen, sich eher an den Konsumnormen ihrer tatsächli-
(des eigenen Verhaltensspielraumes) dürften vor allem chen Bezugsgruppen orientieren, während diejenigen,
die Suche nach Erfolg und das Vermeiden von Misserfolg die Selbstwerterhöhung anstreben, sich eher an dem Le-
durch die eigenen Handlungen sein. Erfolg und Miss- bensstil bewunderter Gruppen ausrichten. In der bereits
erfolg können dabei auch als soziale Konsequenzen im an anderer Stelle kurz skizzierten Studie von White und
lerntheoretischen Sinne aufgefasst werden. Die Fehlein- Dahl (2006) wurde ein weiteres interessantes Phänomen
schätzung von eigenen Meinungen und Fähigkeiten führt erforscht: Wenn Männer die Wahl haben zwischen zwei
leicht zu Handlungen, die vom Individuum als Miss- Angeboten, bei denen das eine mit einem Attribut (z. B.
erfolg oder Bestrafung erlebt werden. Man möchte mit ein Steak wird mit dem Zusatz „Ladies’ cut“ beworben)
seinen Meinungen und Absichten nicht „falsch liegen“, versehen ist, das zu einer anderen Referenzgruppe (hier
und zwar sowohl im Hinblick auf überprüfbare objektive Frauen) passt, während das andere Angebot mit einem
Sachverhalte, als auch im Hinblick auf das sozial Übliche „neutralen“ Attribut beschrieben wird („house cut“
und Anerkannte. Dahinter steckt vielleicht die Angst vor Steak), dann wählen sie das „Out group“-Angebot, also
sozialer Isolation. Baumeister und Leary (1995) erklären, das „Ladies’ cut“ Steak, signifikant seltener. Der Effekt
dass das Bedürfnis nach Zugehörigkeit als grundlegende wurde verstärkt, wenn das Steak in einem öffentlichen
menschliche Triebkraft angesehen werden kann. Restaurant angeboten wurde und das Selbstbewusstsein
Die Unsicherheit eines Individuums, „falsch zu liegen“, des Entscheiders nicht stark ausgeprägt war.
nimmt in dem Maße zu, in dem die eigene Urteilsfähig- Die subjektive Unsicherheit, die nach Hypothese  2
keit nicht ausreicht und in dem (insbesondere überprüf- von Festinger (1954) dann entsteht, wenn sich die Mei-
bare) Informationen fehlen, die als Grundlage und Maß- nungsbildung nicht oder nur wenig an objektiv gege-
stab für die Urteilsbildung in Frage kommen (Hypothese bene Sachverhalte bzw. an Informationen über solche
2). Als Bezugspunkt für eine „richtige“ Einschätzung Sachverhalte halten kann, spielt für das Konsumenten-
des eigenen Verhaltens werden dann Meinungen und verhalten eine große Rolle. Gerade beim Angebot von
Verhaltensweisen von Bezugspersonen herangezogen. Konsumgütern liegen derartige Informationsmängel aus
Die Auswahl der Bezugspersonen hängt u. a. von der objektiven Gründen (mangelnde Qualitätstransparenz)
in Hypothese 3 beschriebenen Distanz zwischen dem oder aus subjektiven Gründen (mangelndes Qualitäts-
eigenen (kognitiven und motivationalen) Verhalten und beurteilungsvermögen) vor. Das nachfolgend skizzierte
dem Verhalten der in Frage kommenden Bezugsperso- Experiment von Venkatesan (1966; 1976) über konforme
nen ab. Wenn ein größerer oder sogar grundlegender Produktbeurteilung geht von der subjektiven Unsicher-
Unterschied zwischen dem Verhalten besteht, verliert heit aus, die Konsumenten beim Angebot eines Produktes
der Vergleich für den Einzelnen seine Maßstabsfunktion empfinden.
und seine beeinflussende Kraft. Konforme Produktbeurteilung: Venkatesan (1976) bat
Beispiel: Anfänger in einer Sportart oder in einer Wis- in seinem grundlegenden Experiment die Versuchsper-
senschaft sollten ihre diesbezüglichen Meinungen und sonen, aus drei ihnen vorgeführten Anzügen A, B und
Fähigkeiten nicht mit denen eines Profis messen. C von objektiv gleicher Qualität den nach ihrer Meinung
Escalas und Bettman (2003, S. 341) machen in diesem besten Anzug auszuwählen. Die Auswahl dieses An-
Zusammenhang deutlich, dass es sinnvoll ist, zusätz- zuges durch die Versuchspersonen erfolgte unter drei
lich zwischen den sogenannten „member groups“ – das verschiedenen Versuchsbedingungen: unter (a) einer
sind Bezugsgruppen, denen man tatsächlich angehört – Kontrollbedingung, (b) einer Konformitätsbedingung
und „aspiration groups“ zu unterscheiden. Letztere und (c) einer Reaktanzbedingung.
sind Gruppen, denen der Konsument in Zukunft ger- Bei der Kontrollbedingung wurde wie folgt vorgegangen:
ne angehören möchte. Diese Unterscheidung hilft, das Die Versuchspersonen wurden – wie unter den anderen
Konsumentenverhalten besser zu verstehen. Die Au- Bedingungen – zunächst instruiert. Dann konnten sie
toren differenzieren in ihrer Studie noch zwei weitere zwei Minuten lang die Anzüge ansehen und überprüfen.
Ziele: „Selbstwertbestätigung“ („self verification“, hier Die Anzüge trugen keinerlei Qualitäts- und Herkunfts-
suchen Konsumenten Produkte, die mit ihrem bisheri- bezeichnungen. Nach dieser Prüfung gaben sie ohne
gen Lebensstil konform gehen) und „Selbstwerterhö- Kenntnis der Urteile der anderen Versuchspersonen ihre
hung“ („self enhancement“, hier suchen Konsumenten Entscheidung an. Die Instruktion lautete (Venkatesan,
Produkte, die sie „in einem besseren Licht“ erscheinen 1976):
lassen). Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass dieje-
478 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Die drei vorgeführten Anzüge stammen von drei verschie- unter Gruppendruck nicht stärker präferiert als unter der
denen Herstellern und sind qualitativ verschieden. Vorher- Kontrollbedingung.
gehende Experimente, durchgeführt vom Center for Expe-
rimental Studies in Business, haben gezeigt, dass erfahrene
Die Untersuchung von Venkatesan (1976) belegt unter
Fachhändler und Schneider in der Lage sind, den besten kontrollierten Bedingungen das Zustandekommen von
Anzug herauszufinden. Das folgende Experiment dient dazu konformen Produktbeurteilungen.
festzustellen, ob auch Konsumenten das fertig bringen.
Bedingungen des Gruppeneinflusses: Die vereinfachte
Wie zu erwarten war, wich die Verteilung der Antwor- experimentelle Situation lässt eine direkte Übertragung
ten, welcher der Anzüge der Beste sei, nicht signifikant auf das Marketing nicht zu. Dazu bedarf es einer ver-
von einer Zufallsverteilung ab. Bei der Konformitätsbe- feinerten Betrachtung der Konformität oder Reaktanz
dingung wurden die Versuchspersonen einem manipu- auslösenden Bedingungen und ihrer Eingliederung in
lierten Gruppeneinfluss ausgesetzt. Sie wurden in eine das gesamte Feld verhaltenswirksamer Kräfte.
Gruppe einbezogen, die außer einer Versuchsperson aus
Bei Betrachtung der Konformitätsbedingung, auf die wir
drei weiteren, vorher instruierten Personen bestand. Die-
uns hier beschränken wollen, ist es zweckmäßig, die für
sen instruierten Gruppenmitgliedern wurde gesagt, sie
den Beeinflussungsprozess maßgeblichen Merkmale wie
sollten eindeutig und klar für Anzug B votieren. Jeder in
folgt zu gliedern:
der Gruppe wurde nun aufgefordert, seine Wahl öffent-
lich bekanntzugeben. Nachdem alle Gruppenmitglieder (a) Merkmale der beteiligten Personen (von denjenigen,
die Anzüge geprüft hatten, gaben erst die Instruierten die beeinflussen (Gruppe), und denjenigen, die be-
ihre Wertung ab, und aufgrund einer vorher arrangierten einflusst werden)
Sitz- und Stimmordnung die Versuchspersonen als letzte. (b) Merkmale der Situation, in der die Beeinflussung
stattfindet
Ergebnis: Der durch die gleichgerichteten Aussagen der
(c) Merkmale des Verhaltens, auf das sich die Beeinflus-
übrigen Gruppenmitglieder wirksame soziale Einfluss
sung richtet
bewirkte eine Anpassung der Qualitätsbeurteilung durch
die Versuchspersonen an den Gruppenstandard. Anzug Oft werden für die Analyse der Beeinflussungsvorgänge
B wurde von den Versuchspersonen signifikant häufiger nur persönliche Merkmale (a) einerseits und situative
präferiert als die beiden anderen Anzüge52. Merkmale (b und c) andererseits unterschieden.
Die dritte experimentelle Bedingung (Reaktanzbedin- Die Zusammensetzung der Gruppe (Homogenität im
gung) zielte auf eine Versuchssituation ab, in der sich der sozialpsychologischen und demographischen Sinne) ist
Gruppeneinfluss als weniger wirksam oder gar unwirk- für den Beeinflussungserfolg wichtig, aber auch andere
sam erweisen sollte. Für die mangelnde Wirksamkeit Gruppenmerkmale wie die Attraktivität der Gruppe für
eines Gruppeneinflusses gibt es verschiedene Ursachen. den Einzelnen, die Zielsetzung der Gruppe usw.
Venkatesan stützte sich auf das Erklärungsmodell von Die Beeinflussungssituation im Experiment von Venka-
Brehm (1966). Er versuchte, bei seinen Versuchsperso- tesan (1976) unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht
nen gezielt Reaktanz zu erzeugen (das ist eine Form des von Kaufsituationen. In Kaufsituationen stehen mehr
psychischen Widerstandes gegen sozialen Einfluss, die Informationen über die Qualität zur Verfügung als im
bereits ausführlich behandelt wurde). Experiment, und zwar vor allem Qualitäts-, Herkunfts-
Die Reaktanz-Hypothese von Venkatesan lautete: In einer und Markenbezeichnungen, die bestimmte Images bei
Konsumenten-Entscheidungssituation, in der keine objekti- den Konsumenten aufrufen. Dadurch werden Prädis-
ven Standards für die Entscheidungsbildung zur Verfügung positionen bei den Konsumenten aktiviert. Die Konsu-
stehen, tendieren die einer Gruppennorm ausgesetzten Kon-
menten sind nun nicht mehr so ausschließlich wie im
sumenten weniger dazu, sich der Norm anzupassen, wenn
sie merken, dass sie zu dieser Anpassung veranlasst werden Experiment auf „fremde Hilfe“ bei der Meinungsbildung
sollen (Venkatesan, 1976, S. 86 f.). angewiesen.
Unter der vom Experiment geschaffenen Reaktanzbedin- Es fragt sich allerdings, welche Wirkungen solche in-
gung wurde der Konformitätsdruck so offen ausgeübt, dass dividuellen Prädispositionen gegenüber Produkten im
er von den Versuchspersonen als eine Beeinträchtigung ih-
rer Entscheidungsfreiheit wahrgenommen werden konnte. Verhältnis zu den von der Gruppe geäußerten Produkt-
Das Ergebnis bestätigte die Hypothese: Der Anzug B wurde beurteilungen entfalten, ob sie durch den Gruppenein-
fluss möglicherweise überspielt werden und für die
52
Siehe hierzu auch Henkel, Tomczak und Jenewein (2012), die Meinungsbildung von untergeordneter Bedeutung sind.
zeigen, dass sich Leitbilder in der Werbung auch als Norm für Diese Frage lässt sich nicht generell beantworten, da es
das Verhalten der Mitarbeiter der werbetreibenden Unterneh- nicht nur auf die relative Stärke von Bezugsgruppenein-
mung herausstellen können, wie sie anschaulich an dem Fall
fluss und Prädisposition, sondern auch auf das Zusam-
FedEx erläutern.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 479

menwirken dieser Feldkräfte mit anderen Feldkräften dass wenn keine direkte Auseinandersetzung stattfindet,
ankommt. Es gibt dazu einige ältere Untersuchungen von der Bezugsgruppeneinfluss die eigene Meinung domi-
Lewin (1958, 1963) und von Bourne (1972), die nachwei- niert: Hier änderten die Probanden ihre Einstellungen
sen, dass der Bezugsgruppeneinfluss das Verhalten der gemäß der Gruppenmeinung (die Gruppeneinstellung
Konsumenten in manchen Situationen wesentlich stär- hatte diagnostischen Wert). Wenn sich die Probanden
ker prägt als die individuellen Prädispositionen. Bourne jedoch vorstellten, dass sie mit der konträren Gruppen-
(1972) versuchte beispielsweise, die Auswirkungen, die meinung direkt konfrontiert würden, dann versuchten
das Image eines Nahrungsmittels auf Kauf und Kon- sie ihre eigene Meinung zu rechtfertigen: Die antizipierte
sum hatte, mit den Auswirkungen des Bezugsgruppen- Auseinandersetzung mit der widerstrebenden Gruppen-
einflusses zu vergleichen. Die einzelnen Konsumenten meinung wurde als Gefahr für die eigene Einstellung
wurden gefragt, ob sie bestimmte Produkteigenschaften gewertet, die es zu verteidigen galt. Waren eigene Ansicht
des Nahrungsmittels positiv oder negativ beurteilen, und Gruppenmeinung gleichgerichtet, dann verstärkte
beispielsweise, ob das Nahrungsmittel mehr nützt, als dies im Fall (1) die zuvor gebildete individuelle Einstel-
es schadet, oder ob es mehr schadet, als es nützt, ob es lung. An dem Experiment ist zu kritisieren, dass der Be-
preiswert oder aufwändig ist usw. Außerdem mussten sie zugsgruppenbegriff hier sehr weit gefasst ist (andere, den
Angaben darüber machen, ob das Nahrungsmittel bei ih- Probanden unbekannte Studenten haben eine ähnliche
ren Freunden (angenommene Bezugsgruppe) sehr beliebt oder andere Ansicht zu einem Angebot der gemeinsamen
sei oder nicht. Ihr tatsächliches Konsumverhalten wurde Universität) und dass keine tatsächliche Auseinander-
durch einen Index ausgedrückt, der die Häufigkeit maß, setzung stattfand, sondern diese nur antizipiert werden
mit der die Befragten das Nahrungsmittel konsumierten. sollte. Dennoch zeigt sich auch bei diesem Experiment,
Als unabhängige Variablen wurden also einerseits das zumindest für die zweite Situation, dass die eigene Ein-
Image – auch als Prädisposition interpretierbar – und stellung von der Meinung anderer abhängig sein kann.
andererseits der (angenommene) Bezugsgruppeneinfluss
aufgefasst, als abhängige Variable das Konsumverhalten. Individuelles Verhalten hängt in vielen Situationen mehr
Der Bezugsgruppeneinfluss dominierte in diesem Fall vom Bezugsgruppeneinfluss als von den individuellen
über die vorhandenen Einstellungen. Die Dominanz des Prädispositionen ab, vor allem dann, wenn die Prädispo-
Bezugsgruppeneinflusses wurde insbesondere durch sitionen schwach ausgeprägt sind oder der Konsument
einen Vergleich des Konsumindex bei konfliktären nicht dazu gezwungen wird, seine eigene Meinung zu
Konstellationen der Verhaltensdeterminanten sichtbar: rechtfertigen.
Bei negativem Bezugsgruppeneinfluss und positivem
Produktimage sowie bei negativem Produktimage und Dies wird auch in den Modellen des Konsumentenverhal-
positivem Bezugsgruppeneinfluss schlug die Wirkung tens berücksichtigt, in denen sozialer Gruppeneinfluss
der Bezugsgruppe jeweils durch. und individuelle Einstellung als gemeinsame Einfluss-
Letzteres muss jedoch nicht uneingeschränkt gelten, wie größen auf das Verhalten ausgewiesen werden (siehe
die Studie von Duhachek, Zhang und Krishna (2007) hierzu auch die „Theory of Reasoned Action“ bzw. „The-
belegt. Die Autoren beschäftigen sich mit einer weiteren ory of Planned Behavior“ im Kapitel „Einstellungen“).
Facette dieses Effekts, nämlich, ob sich Konsumenten auf Anwendung im Marketing
konforme und nicht-konforme Urteile der Bezugsgruppe
In vielen Kaufsituationen stehen die Konsumenten unter
und Diskussionen darüber innerlich einstellen. Die Au-
dem Einfluss mehrerer Bezugsgruppen. Im Hinblick auf
toren fragen sich, ob und wie Konsumenten ihre indivi-
den Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums ist
duellen Einstellungen ändern, wenn sie erfahren, dass
deshalb als erstes zu fragen, in welchen Märkten der
andere Konsumenten, die ihrer Bezugsgruppe angehö-
Bezugsgruppeneinfluss so stark ist, dass er für das Mar-
ren – hier im weitesten Sinne andere Studenten derselben
keting genutzt werden kann.
Uni – andere Ansichten über ein Angebot der Universität
haben. Dabei unterscheiden sie zwei Situationen: (1) Die
Konsumenten erwarten eine persönliche Auseinander- Der Bezugsgruppeneinfluss wirkt sich auf das Verhalten
setzung mit konträr oder konsistent denkenden ande- gegenüber sozial auffälligen Produkten aus.
ren Gruppenmitgliedern. (2) Die Konsumenten erfahren,
dass andere Gruppenmitglieder eine zu ihrer eigenen Auffällig heißt, das Produkt muss von anderen nicht
Ansicht konträre vs. konsistente Einstellung haben; sie nur gesehen, sondern auch beachtet werden. Produkte,
sollen sich aber nicht vorstellen, dass eine direkte, per- die jeder besitzt und die nicht als besonders modisch
sönliche Debatte darüber erfolgt. Die Ergebnisse zeigen, gelten, werden von der Umwelt nicht beachtet und kön-
480 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

nen deswegen nicht zu den sozial auffälligen Produkten Bezugsgruppeneinfluss die Wahl der Marke, wenn das
gerechnet werden. Die Produktkategorie „Smartphone“ Produkt öffentlich konsumiert wird. Bei privat konsu-
war zum Beispiel vor wenigen Jahren eine sozial auffäl- mierten Luxusprodukten beeinflusst die Bezugsgruppe
lige Kategorie, heute ist sie es nicht mehr. die Wahl des Produktes. Durch die Kombination dieser
Im Zusammenhang mit der sozialen Auffälligkeit ist Bedingungen (Produktmerkmale) ergeben sich somit vier
aber zwischen Produkten einerseits und Marken in den Produktbereiche, in denen ein unterschiedlich starker
jeweiligen Produktkategorien andererseits zu unterschei- Bezugsgruppeneinfluss zu erwarten ist (siehe Abb. 194).
den. Auch wenn das Produkt selbst weit verbreitet (wie Die in Abb. 194 enthaltenen grundlegenden Hypothesen
Autos) und deswegen nicht auffällig ist, so kann doch über die unterschiedliche Stärke des Bezugsgruppen-
die Markenwahl (wie ein Tesla) von der Umwelt beachtet einflusses in verschiedenen Produktbereichen wurden
werden und unter sozialem Einfluss stehen. durch die Untersuchung von Bearden und Etzel (1982)
●● Bearden und Etzel (1982) überprüften diese These auf bekräftigt. Es bestätigte sich, dass die Markenwahl im
ihre empirische Relevanz. Die Autoren teilen die Pro- Allgemeinen stärker vom Bezugsgruppeneinfluss be-
dukte wie folgt ein: Luxusgüter/Alltagsgüter, stimmt wird als die Produktwahl. Argo, Dahl und Man-
●● öffentlich konsumierte Güter/privat konsumierte Gü- chanda (2005) belegen, dass sich sozialer Einfluss sogar
ter. ganz ohne Interaktion auswirken kann; das Konsum-
verhalten ändert sich bereits, wenn Konsumenten z. B.
Sozial auffällig sind nur solche Produkte, die nicht von
in einem Geschäft einfach nur mit dem Anblick anderer
allen gekauft werden; also vor allem Luxusgüter. Sozial
Konsumenten konfrontiert werden, ohne sich mit diesen
auffällige Produkte müssen ferner „sichtbar“ sein, ihr
auszutauschen.
Konsum muss von der Umwelt beachtet werden. Dies gilt
für Produkte, die öffentlich und nicht in privater Verbor- Thompson und Norton (2011) haben das Modell von Be-
genheit konsumiert werden. Unabhängig davon, ob ein arden und Etzel (1982) in einer jüngeren Studie erweitert.
Gut ein Alltags- oder ein Luxusprodukt ist, bestimmt der Die Autoren stellen sich u. a. die Frage, welche Variante

Öffentlicher
Konsum
+

schwacher Einfluss auf starker Einfluss auf


Produktwahl Produktwahl
starker Einfluss auf starker Einfluss auf
Markenwahl Markenwahl
Luxusgüter
Alltagsgüter +

schwacher Einfluss auf starker Einfluss auf


Produktwahl Produktwahl
schwacher Einfluss auf schwacher Einfluss auf
Markenwahl Markenwahl

Privater
Konsum

Abb. 194: Bezugsgruppeneinfluss auf Kaufentscheidungen für Produkte und Marken nach Bearden und Etzel (1982)

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 481

Konsumenten bei Alltagsgütern präferieren, die öffent- Die soziale Auffälligkeit von Produkten steht in enger
lich konsumiert werden. Hier liegt ein Bezugsgruppe- Beziehung zum Prestigewert und Demonstrationseffekt
neinfluss auf die Produktwahl vor. Doch wirkt sich dieser von Produkten.
Einfluss auch darauf aus, ob der Konsument innerhalb
der Produktkategorie eine Variante mit diversen Zusatz- Die Ausführungen über den Bezugsgruppeneinfluss bei
ausstattungen oder nur die Basisversion wählt? „Feature auffälligen Produkten lassen sich auch für die Erklärung
Creep“ bedeutet, dass viele Produkte immer mehr Funk- des demonstrativen Konsums verwenden.
tionen haben, z. B. „smarte Fernseher“, mit denen man
auch gleichzeitig im Internet surfen oder Musik abspielen
Zum Verständnis der sozialen Interaktion beim demons-
kann. Solche reichhaltigen Zusatzausstattungen erhöhen
trativen Konsumverhalten sei auf einen Ansatz von Goff-
zwar die Wertigkeit der Alternative und demonstrieren
man (2003) über die Selbstdarstellung im täglichen Leben
indirekt die (vermeintlichen) Fähigkeiten des Nutzers,
aufmerksam gemacht. Goffman beschreibt die „Verhal-
können aber die Bedienungsfreundlichkeit des Produk-
tens-Fassade“, die jeder aufbaut, um die Umwelt über
tes beeinträchtigen. Thompson und Norton (2011) brin-
seine soziale Rolle zu informieren und sich vor anderen
gen (wie übrigens auch Argo, Dahl und Manchanda,
in einem für die soziale Wertschätzung günstigen Licht
2005) eine zusätzliche Variable ins Spiel, das sogenannte
zu zeigen. Man denke etwa an die demonstrative Ge-
„Impression Management“, um das Zusammenspiel von
staltung von Ziergärten um Einfamilienhäuser, die den
sozialem Kontext und Variantenwahl zu erklären.
Vorbeigehenden u. a. darauf aufmerksam machen soll,
Die Theorie des „Eindruckschindens“, die „Impression- dass hier ein Mann oder eine Frau mit Geschmack wohnt
Management-Theorie“ (Mummendey und Bolten, 1985), (diese Demonstration ist selbstverständlich oft nicht be-
weitet die Überlegungen zum Einfluss von Bezugsgrup- wusst). Bei einer Übertragung auf den Konsumbereich
pen aus. Sie stellt die Motivation sowie die Strategien können wir von Konsumfassaden oder von Konsumku-
und Wirkungen der Bemühungen einer Person dar, im lissen sprechen, deren Errichtung und Pflege von den
Umgang mit anderen ein vorteilhaftes Bild von sich zu Konsumenten oft mit großem Aufwand betrieben wird.
vermitteln. Diese Bemühungen dienen auch dazu, das
Selbstbild zu formen, denn dieses Selbstbild wird vor al- Bei der Ausgestaltung der Konsumfassaden hält sich der
lem dadurch bestimmt, wie uns andere sehen. Das erklärt Konsument stark an Bezugsgruppen. Die Anpassung an
die große Bedeutung, die das Impression-Management ihre Meinungen und Standards hilft ihm, Produkte zu
für jeden hat53. Thompson und Norton (2011) können kaufen, die es ihm erlauben, sich in einer sozial „richti-
nun zeigen, dass Impression-Management erklären kann, gen“ bzw. akzeptierten Form zu inszenieren.
warum sich Konsumenten für sehr komplexe Produkte Marken, die sich für den demonstrativen Konsum eignen,
entscheiden (also beispielsweise eine Digitalkamera mit werden aber nicht per se positiv beurteilt. Abgesehen
vielen zusätzlichen Attributen), weil sie damit demons- davon, dass je nach Bezugsgruppe die bewunderten Mar-
trieren können, dass sie technische Fähigkeiten haben ken sehr stark differieren können (siehe Ausführungen
oder neuen Erfahrungen gegenüber aufgeschlossen sind. zum Thema Lebensstil), machen Ferraro, Kirmani und
Konsumenten sind sich sehr bewusst, dass solche Pro- Matherly (2013) auf einen möglichen Bumerang-Effekt
dukte eine Signalfunktion für die Umwelt haben. Wenn aufmerksam. Wenn Konsument A einen anderen Konsu-
sich die Konsumenten allerdings vorstellen, dass sie die menten B beim Nutzen eines Markenartikels beobachtet
komplexen Produkte nicht nur in der Umwelt zeigen, hat und A annimmt, dass B das nur tut, um Eindruck zu
sondern auch tatsächlich benutzen sollen, dann ändert schinden, dann wird die Marke (und auch der beobachte-
sich das Wahlverhalten. Wird in solchen Situationen Im- te Konsument B) in der Folge negativer beurteilt. Letzte-
pression-Management angestrebt, dann stehen weniger res ist allerdings nur dann der Fall, wenn ausgeschlossen
die eindrucksvollen Zusatzeigenschaften der Produkte werden kann, dass sich der Beobachter vor dem Ereignis
im Mittelpunkt der Entscheidung, sondern vor allem besonders stark mit der Marke identifiziere (der negative
Bedienungsfreundlichkeit, wahrscheinlich weil man sich Effekt ist also nur bei „low self-brand connection“ zu
in der Öffentlichkeit nicht blamieren möchte. beobachten).
Der Bezugsgruppeneinfluss ist besonders stark bei Ju-
gendlichen ausgeprägt: Durch die Bezugsgruppe erhal-
53 ten die Aufwachsenden genaue Hinweise für „In“- bezie-
Zur theoretischen Einordnung der „Impression-Manage-
ment-Theorie“ in die Wirtschaftspsychologie siehe Wiswede hungsweise „Out“-Produkte. Wie bereits zuvor erläutert,
(2012); siehe auch Mead, Baumeister et al. (2011) zu dem Thema nimmt der Einfluss familiärer Werte und Einstellungen
„Social Exclusion“. im Alter von 13 bis 16 Jahren zunehmend ab; Jugendli-
482 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

che lösen sich vom Elternhaus und streben immer mehr Vorbildfunktion können beispielsweise Sänger, Sportler,
nach Unabhängigkeit. Sie orientieren sich daher eher an aber auch Meinungsführer innerhalb der Bezugsgrup-
Freunden, Gleichaltrigen und vor allem ihrer Clique, die pe bzw. im Internet Influencer übernehmen. Auch die
dann die wichtigsten Bezugspunkte als Sozialisations- im Fernsehen gezeigten Jugendlichen, beispielsweise
agenten darstellen. Vor allem bei Marken, die nach außen in Fernsehserien, können die jugendlichen Zuschauer
sichtbar sind, möchte der Jugendliche kein soziales Risiko dazu verleiten, dieses Verhalten zu übernehmen (siehe
eingehen (Grant und Stephen, 2006). Marken geben ihm ausführlich Dritter Teil, C).
ein Gefühl von Sicherheit, das durch Anerkennung von Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Bei-
außen noch gestärkt wird. Dabei stehen Trendbewusst- trag von Mead, Baumeister et al. (2011), die sich u. a. mit
sein und persönliches Image des Jugendlichen oft im der Frage auseinandersetzen, ob Studenten (also auch
Vordergrund. vergleichsweise junge Konsumenten) ihr Konsumver-
Nach Lindstrom (2004, S. 176) sind bei Jugendlichen inter- halten verändern, wenn sie sich ausgegrenzt fühlen und
nationale Konsumtrends Richtlinien für die Produktwahl von der Gemeinschaft wieder aufgenommen werden
(z. B. Computerspiele), während die Bezugsgruppe einen wollen56. Die subjektiv erlebte Isolation führt zum Bei-
Einfluss auf eine bestimmte Markenwahl (beispielsweise spiel dazu, dass sich die Studenten typische Produkte
Nintendo) hat. Oftmals ist die individuelle Kraft nicht kaufen, die der Außenwelt ihre Zugehörigkeit zu der
stark genug, sich diesem Gruppeneinfluss zu entzie- Institution zeigen (z. B. Universitäts-Armbänder), oder
hen54. Auty und Elliott (2001) haben beispielsweise die dass sie Produkte konsumieren, die sie eigentlich nicht
Beweggründe für den Kauf der Top-Bekleidungsmarken mögen, umso mehr Zuwendung zu erfahren.
von Jugendlichen untersucht. Dabei sind Jugendliche, Absatzpolitische Maßnahmen: Falls man Produkte ver-
die großen Wert darauf legen, sich mit der Bezugsgrup- stärkt einem Bezugsgruppeneinfluss aussetzen möchte
pe zu identifizieren und deren Normen und Werte zu (weil dieser Bezugsgruppeneinfluss für das Marketing
übernehmen, eher dazu geneigt, im Bereich Mode eine günstig ist), so kommen absatzpolitische Maßnahmen
der drei Top-Marken zu kaufen. So werden Adidas oder in Betracht, welche alltägliche Produkte in die Nähe von
Nike hierzulande auch deshalb von Jugendlichen prä- auffälligen Produkten rücken oder welche die soziale
feriert und als wichtige Marken empfunden, weil ihr Auffälligkeit eines Produktes erhöhen. Bei letzterem ist
Freundeskreis diese Marken als wichtig empfindet und an die äußere Auffälligkeit – die z. B. durch wirksame
trägt. Die Marke wird als Zeichen der Positionierung Farbgebung – aber auch an die symbolische Auffällig-
wahrgenommen und vor allem im Kleiderbereich wird keit (exklusives oder skurriles Image) zu denken (siehe
damit die Zugehörigkeit zur Gruppe symbolisiert (z. B. Abb. 195).
„Hiphop-Kids“, „Hipster“, „Grunge Kids“, „Goths“, etc.).
Daneben kann die Werbung bildlich oder sprachlich auf
Am Ende der Jugendzeit bilden sich auch Phänomene wie
Personen und Gruppen Bezug nehmen, nach denen sich
„Brand Devotion“ (Markenleidenschaft) aus. Hier sind
der Einzelne richten kann (soll). Theoretisch gesehen
die Konsumenten absolut hingerissen von einer Marke,
handelt es sich dabei vor allem um eine Form des Imita-
opfern ihre ganze Freizeit, um sich dieser Leidenschaft
tions- oder Modell-Lernens (siehe Zweiter Teil, C.).
zu widmen, die Marke wird nicht nur zum Objekt der
Begierde (im Sinne von Belk, Ger und Askegaard, 2003, Nach Peter und Olson (2008) lassen sich unterscheiden:
„Consumer Desire“), sondern erhält einen „sakralen ●● die unmittelbare bildliche Darstellung von Modellen,
Status“, der mit Pilgerschaft, Ritualen und Opfergaben zum Beispiel einer Bezugsgruppe für Jugendliche in
einhergeht (Pichler und Hemetsberger, 2008). der Werbung;
Jugendliche lassen sich zudem von sogenannten „role ●● die verdeckte Einbeziehung von Modellen, indem
models“ leiten (Grant und Stephen, 2006, S. 107)55. Diese man (etwa bei Rundfunkspots) an die Empfänger ap-

54 Zum Einfluss der Bezugsgruppe auf den Drogenkonsum Leistung benennt den Grad der Fähigkeit, diese Dimension zu
siehe Van der Rijt, D’Haenens und Van Straten (2004) oder erfüllen (z. B. das Beherrschen eines Musikinstruments, einer
Yang, Schaninger und Laroche (2013) Sprache, etc.). Die Variable Nähe drückt die psychologische
55
Hemetsberger, Pirker und Pretterhofer (2009) erläutern, wie Verbundenheit zur Vergleichsperson aus“ (S. 137).
56
sich Individuen mit in der Bezugsgruppe geschätzten „role Neben dem Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit, der ge-
models“ vergleichen und wie diese Vergleichsprozesse die rade bei jüngeren Konsumenten stark ausgeprägt ist, sollte
„Selbstwerterhaltung“ beeinflussen. Für das Modell der Selbst- nicht vergessen werden, dass auch der bereits im Zweiten Teil
werterhaltung gibt es demnach drei zentrale Größen: Relevanz, diskutierte Trend „Need for Uniqueness“, also das bewusste
Leistung und Nähe. „Unter der Relevanz ist die persönliche Sich-Absetzen von anderen, ein Motiv sein kann, sozial auffäl-
Wichtigkeit einer Dimension für das Selbstbild zu verstehen. lige Produkte zu kaufen (siehe auch Berger und Heath, 2008).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 483

Abb. 195: Appell an hohe soziale Auffälligkeit (Fotoquellen: Reuters, Apple)

pelliert, sich Bezugsgruppen vorzustellen, sich ein Ein solcher undifferenzierter Hinweis auf die Mehrheit
„inneres Bild“ davon zu machen; (z. B. „Hunderttausende von Käufern“) hat allerdings
●● die sprachliche Beschreibung eines Modells, durch die einige Nachteile: Er ist nicht für exklusive Produkte ge-
gesagt wird, wie sich andere, die ähnlich sind (= Be- eignet, also gerade nicht für solche Produkte, die unter
zugsgruppe), in einer bestimmten Situation verhalten. starkem Bezugsgruppeneinfluss stehen. Gierl und Huettl
Beim persönlichen Verkauf wird zum Beispiel den Kon- (2010) zeigen, wie man durch den Aufdruck „limited edi-
sumenten oft berichtet, welche Bezugsgruppen (Nach- tion“ (vs. kein Aufdruck), also durch ein angebotsgetrie-
barn, Freunde, Clubangehörige, Filmschauspieler usw.) benes Knappheitssymbol, die Einstellungen verbessern
ein bestimmtes Produkt ebenfalls gekauft haben. Ein kann, zumindest bei Produkten, die sozial auffälligen
entsprechendes Vorgehen ist auch bei Direktwerbung Konsum versprechen. Doch noch stärker wirkte in dem
und klassischer Medienwerbung zu beobachten. Experiment ein deutlicher Bezugsgruppensappell (siehe
auch Abb. 196).
Die Werbung kann im einfachsten Fall durch Hinweise
auf „die Mehrheit“ an das weitverbreitete Bedürfnis nach
sozialem Vergleich und sozialer Anpassung appellieren Die Marktforschung kann derartige Bezugsgruppen für
und dadurch bei den Konsumenten Unsicherheit bei der einzelne Marktsegmente ermitteln; diese können dann
zum Ansatzpunkt für die Werbung – und auch für die
Beurteilung der sachlichen oder sozialen Qualität eines
Produktgestaltung – werden.
Produktes abbauen. Dazu ein Beispiel: Der beliebte Hin-
weis auf soziale Mehrheiten (z. B. bei Versicherungen „So
viele Kunden können nicht irren“) soll die Einbettung in
bewährte Bezugsgruppen nahelegen.
484 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 196: Werbung mit Bezugsgruppenappell

Konsumtheoretische Folgerungen: Wir schließen un- Urlaub nach dem anderen!“57. Zhang und Zhang (2016)
sere Beschreibung der marketingrelevanten Wirkungen machen darauf aufmerksam, dass relative Deprivation
komparativer Bezugsgruppen mit einigen Hinweisen auf mit Gefühlen wie Ärger und Groll einhergeht.
die relative Deprivation (relative Benachteiligung) von Der Versuch, die aufgrund eines sozialen Vergleichs
Konsumenten ab. Es handelt sich hierbei um eine be- empfundene relative Benachteiligung zu überwinden
merkenswerte Erscheinung, die ebenfalls durch sozialen und anderen Personen nachzueifern, ist ein wesentliches
Vergleich entsteht. Relative Deprivation entsteht dadurch, Stimulans für das Konsumentenverhalten. Das wurde
dass sich eine Person anderen (aufgrund ähnlicher Merk- bereits in der Konsumtheorie von Duesenberry (1949,
male auch vergleichbaren) Personen gegenüberstellt und 1967) erläutert. Duesenberry war der Ansicht, dass hö-
unzufrieden ist, wenn diese Personen ein Verhalten zei- here Konsumausgaben nicht nur auf gestiegene Preise
gen, das ihr selbst nicht möglich ist. Relative Deprivation
drückt sich beispielsweise in dem Vorwurf einer Frau an 57
Zu Theorien des sozialen Vergleichs mit Blick auf das Konsu-
ihren Mann aus: „Schau mal die Müllers! Die verdienen mentenverhalten siehe auch Richins (1988) oder Hemetsberger,
auch nicht viel mehr als wir, leisten sich aber einen teuren Pirker und Pretterhofer (2009). Kahle (1995) dagegen beschäf-
tigt sich mit dem „Role-relaxed“-Konsumenten, der sich dem
sozialen Vergleich bewusst entzieht.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 485

und Einkommen zurückzuführen sind, sondern sich wenn das Einkommen als Möglichkeit, sich von anderen
auch durch die Verhaltenstendenz erklären lassen, dass abzuheben, wegfällt (ebenda, S. 37)59.
Konsumenten in zunehmendem Maße höherwertige Güter Es ist daher nicht verwunderlich, dass die relative De-
konsumieren möchten. Als Ursache für diese Tendenz privation steigt, wenn Konsumenten in Angesicht von
wird die relative Deprivation von Konsumenten ange- Luxusprodukten über ihre soziale Lage berichten sol-
führt. Motiviert durch die allgemein verbreitete gesell- len (Zhang und Zhang, 2016) und dass auch die häufige
schaftliche Wertschätzung eines hohen Lebensstandards, Nutzung sozialer Medien dazu führt, dass sich die Men-
vergleichen sich Konsumenten mit solchen Bezugsperso- schen benachteiligt fühlen (Vogel, Rose et al., 2014): Die
nen, die einen höheren Lebensstandard bereits vollzogen Aktualisierungen bei Facebook etc. führen dazu, dass die
haben. Sie orientieren sich zur Überwindung der von Nutzer ihr Leben (auch ungewollt) ständig mit dem eines
ihnen wahrgenommenen relativen Benachteiligung an anderen vergleichen (auch wenn sie vielleicht wissen,
diesem Lebensstandard und erhöhen in der Folge ihre dass viele der geposteten Szenen nicht der Wahrheit ent-
bisherigen Konsumausgaben. Der soziale Vergleich wird sprechen). Relative Deprivation ist in der Altersgruppe
auf diese Weise zu einer entscheidenden Determinante der 18-30-Jährigen auch stärker ausgeprägt als bei den
des Konsumentenverhaltens. Über-60-Jährigen (Callan, Kim und Matthews, 2015).
Eine interessante Untersuchung zu dieser Thematik
stammt von Ordabayeva und Chandon (2011). Die bei- c) Vermittlung von Konsumnormen
den berufen sich zunächst auf das im angel-sächsischen Theoretische Ansatzpunkte: Normen können als Ver-
Raum bekannte Sprichwort „to keep up with the Joneses“. haltensregeln definiert werden, die von den meisten Mit-
Das bedeutet, dass man sich bei vielen Konsumausgaben gliedern einer Gruppe akzeptiert werden. Die oft zitierte
bzw. materiellen Dingen im Allgemeinen an den Nach- Definition von Homans lautet: „Eine Norm ist … eine
barn orientiert (an der Familie „Jones“) und versucht, mit Idee in den Köpfen der Gruppenmitglieder …, die in die
diesen mitzuhalten. Wenn sich also die Nachbarn ein Form einer Aussage darüber gebracht werden kann, was
neues Auto kaufen, dann tut man es selbst auch, um nicht andere Menschen tun sollten und tun müssten, was man
ins „psychologische Hintertreffen“ zu geraten. Dieses unter gewissen Umständen von ihnen erwartet“ (Ho-
Verhalten wird oftmals angeprangert, da Konsumenten mans, 1978, S. 136). Einschränkend fügt Homans (siehe
dadurch zum einen Sachen kaufen, die auf die Bedürfnis- auch 1993a, b) hinzu, dass man eigentlich erst dann von
se der Nachbarn und nicht auf die eigenen zugeschnitten Normen sprechen kann, wenn Abweichungen bis zu
sind und daher die subjektiv empfundene Lebensqualität einem bestimmten Grad von der Umwelt bestraft wer-
nicht unbedingt bereichern, und sich zum anderen vie- den. Je nach Stärke und Art dieser Bestrafung, die von
le Konsumenten schlicht finanziell übernehmen. Dies schweren und gesetzlich geregelten Sanktionen bis zu
stellt nach Ansicht vieler Kritiker58 vor allem ein Problem leichten gesellschaftlichen Missbilligungen reichen kann,
für die unteren Einkommensklassen dar, da diese über- erhalten die Normen unterschiedliche Verbindlichkeit.
proportional viel Geld für den Konsum, insbesondere Nach dem Grad dieser Verbindlichkeit lassen sich die
für Statusprodukte ausgeben, und sie empfehlen daher Normen in Muss-Normen, Soll-Normen und Kann-Nor-
eine gleichmäßigere Einkommensverteilung. Ordabay- men einteilen60. Diese Einteilung bewährt sich auch bei
eva und Chandon (2011) zweifeln jedoch die These an, der Beschreibung von Normen des Konsumverhaltens.
dass eine Egalisierung der Einkommensverteilung zu
Die Einhaltung von Normen ist jedoch nicht nur auf
einer Verminderung des demonstrativen Konsums füh-
Bestrafungen für abweichendes Verhalten wie soziale
ren würde. Sie beschäftigen sich mit den Konsumenten
Missbilligung, sondern auch auf Belohnungen für nor-
am unteren Ende der Einkommensskala und stellen fest,
men-gemäßes Verhalten, insbesondere auf soziale An-
dass eine zunehmende Gleichverteilung der Einkom-
erkennung, zurückzuführen (interaktionstheoretische
men auffälligen Konsum („conspicuous consumption“)
Erklärungen der Konformität).
langfristig eher noch verstärkt. Die Begründung lautet:
Menschen, die um ihr Ansehen bemüht sind, messen
Statusprodukten einen besonders hohen Stellenwert bei,
59
Eine erste Reaktion zur Frage, wie Materialismus reduziert
58
Moav und Neeman (2008, S. 1) schreiben beispielsweise: werden könne, stammt von Burroughs, Chaplin et al. (2012).
60
„Poor families around the world spend a large fraction of their Vgl. dazu auch Dahrendorf (1977, S. 149 f.): „Zwischen Muss-,
income on consumption of goods that appear to be useless in Soll- und Kann-Erwartungen einerseits, Gesetz, Sitte und Ge-
alleviating poverty, while saving at very low rates and neglec- wohnheit andererseits besteht nicht nur eine Analogie, sondern
ting investment in health and education. Such consumption diese beiden Begriffsgruppen beziehen sich auf identische Ge-
patterns seem to be related to the persistence of poverty“. genstände“.

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486 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Für den Einzelnen sind vor allem die positiven oder ne- Kann) zu tun hat, würde es im sozialen Leben zu dau-
gativen Sanktionen seiner Bezugsgruppe von Bedeutung; ernden Konflikten kommen. Der zweckmäßige Ablauf
es ist deswegen verständlich, dass er seine Normen in der sozialen Interaktion wäre nicht gewährleistet.
erster Linie von seinen Bezugsgruppen bezieht. Das heißt Die durch das genormte Verhalten entstehende Stabilität
nicht, dass es sich nur um spezifische Normen dieser der Interaktion führt sowohl zu einer Entlastung der
Bezugsgruppen handelt. Es können auch Normen sein, persönlichen Beziehungen als auch zu einer Entlastung
die eine über die Bezugsgruppe hinausgehende Geltung der individuellen Entscheidungen.
haben und die von ihr lediglich weitervermittelt werden.
Von der Gruppe aus gesehen besteht die Entlastung dar-
Die Bezugsgruppe erhält dadurch ihre normativen Funk-
in, dass das Verhalten des Einzelnen nicht jedes Mal von
tionen: Sie liefert und verstärkt Normen, die zu Beweg-
neuem reglementiert werden muss. Das genormte Verhal-
gründen des individuellen Handelns werden61.
ten substituiert dadurch den persönlichen Einfluss, der
Die vom Einzelnen akzeptierten Normen, denen er sein von der Gruppe ausgeübt werden müsste, um die Grup-
bewusstes Verhalten unterordnet, gehören zum Wer- penmitglieder zu einem dem Gruppenziel zuträglichen
tesystem des Individuums. Küpper (1999) unterscheidet Handeln zu veranlassen. Die sozialen Normen sorgen
vier Kategorien der Herkunft von Normen: demzufolge dafür, dass die sozialen Interaktionen auch
●● den Kulturkreis (z. B. ethische bzw. religiöse Normen, ohne unmittelbare persönliche Lenkungsmaßnahmen
gemeinsame Werthaltungen nationaler, religiöser, so- zielgerecht und reibungslos, d. h., vor allem konfliktver-
zialer und anderer Gruppen), hindernd, verlaufen. Die sozialen Normen wirken daher
●● die Familie (z. B. Erziehung, Familientradition), systemstabilisierend. Das gilt auch für die Konsumnor-
●● die persönliche Erfahrung und Ausbildung (z. B. Schu- men in Industriestaaten. Sie fördern die Entwicklung und
le, Arbeitsumwelt) und Stabilisierung eines marktwirtschaftlichen Wirtschafts-
●● die Rahmenbedingungen der physischen, rechtlichen und Gesellschaftssystems und sind Ausdruck einer sys-
und ökonomischen Umwelt (z. B. Rechtssystem, wirt- temimmanenten, konsumorientierten Wertordnung. Das
schaftliche Ordnung). Individuum muss nicht jedes Mal von neuem entschei-
Es gibt Normen, die für alle gelten, und andere, die nur den, ob das, was es vorhat oder tut, „richtig“ ist. Das an
für einzelne Gruppenmitglieder gelten. Normen für den Normen ausgerichtete Verhalten (Verhaltensmuster)
einzelne Gruppenmitglieder betreffen das Gruppenmit- ersetzt also eine Vielzahl von individuellen Entschei-
glied als Träger einer sozialen Rolle. Mit jeder Rolle, zum dungsprozessen. Konflikte kann es aber insbesondere
Beispiel der Rolle des Lehrers oder der Hausfrau, sind dann geben, wenn soziale Normen und ökonomische
bestimmte gesellschaftliche Erwartungen verbunden, Vorteile bzw. Anreize einander entgegenstehen.
die in den (an den Träger der Rolle gerichteten) Normen Normen für das Konsumentenverhalten: In den Erklä-
ihren Ausdruck finden. Eine Rolle lässt sich deswegen rungs- und Prognosemodellen der TRA und TPB (siehe
auch als eine Menge von Normen, die sich an einen Kapitel „Einstellung“) wird der Einfluss von sozialen
Einzelnen richten, umschreiben. Uns interessieren hier Normen auf das Verhalten oft als gleichberechtigte Ein-
solche Normen, die den Einzelnen in seiner Rolle als flussgröße neben den individuellen Prädispositionen
Konsument betreffen. aufgeführt62. Wir haben ausführlich über die Theorien
Normen erleichtern und stabilisieren die soziale Inter- im Zweiten Teil (B. V) berichtet.
aktion, ja, man kann sogar sagen, dass sie die soziale Manche Normen (wie beispielsweise das umweltorien-
Interaktion erst ermöglichen. Wenn der Einzelne nicht tierte Konsumverhalten oder Tierschutz) haben in den
in den meisten Situationen aufgrund sozialen Lernens letzten Jahren sehr an Bedeutung gewonnen, sodass ein
wüsste, was er mit welcher Verbindlichkeit (Muss, Soll, Verstoß gegen diese Normen besonders schwer wiegt.
Das gilt für Hersteller und Konsumenten.
61 Das gilt übrigens auch für die Wissenschaft: Die Konformität
In früheren Auflagen dieses Buchs haben wir auf folgen-
scheint dort nicht wesentlich geringer zu sein als in anderen
Lebensbereichen. Mit welchem Stoff man sich beschäftigt, wel- des Phänomen aufmerksam gemacht: In den westlich
che Methoden man anwendet, welche Literatur man zitiert, das geprägten Ländern, die im Prinzip viel Wert auf „Indivi-
hängt auch von den Normen der jeweiligen wissenschaftlichen dualismus“ legen, ist innerhalb des von der Normierung
Bezugsgruppe ab, die ein diffiziles Instrumentarium an sozia-
len Sanktionen hat, um die Einhaltung solcher Normen durch-
62
zusetzen. Allerdings scheinen unter bestimmten Bedingungen Wiswede charakterisierte bereits 1972 den individuellen
Abweichler eher als in anderen Lebensbereichen toleriert zu Entscheidungsspielraum, der nach Befolgen der sozialen Nor-
werden, weil ihre Funktionen für den Fortschritt und die Zie- men dem Einzelnen noch bleibt, als „soziale Konsumfreiheit“
lerreichung der Gruppe stärker wahrgenommen werden. (Wiswede, 1972, S. 85).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 487

freigelassenen Entscheidungsspielraums zusätzlicher auch bei standardisierter Vermarktung geringen Hemm-


sozialer Druck dadurch vorhanden, dass sich (im Rah- schwellen am Markt ausgesetzt sein63.
men der definierten Grenzen) das Individuum nicht nur Wichtig sind im Konsumverhalten darüber hinaus die
anders verhalten darf als seine Nachbarn, sondern dies rechtlichen Normen, an die sich Anbieter und Kunden zu
sogar von ihm erwartet oder sogar verlangt wird. Tut es halten haben. Dieses Thema wird in jüngster Zeit ange-
dies nicht, so heftet sich seiner Lebensführung leicht der sichts vieler Skandale (vom BSE- über den Pferdefleisch-
Vorwurf mangelnder Persönlichkeit an (ein „Schablo- bis hin zum Dieselskandal) immer wichtiger. Wir kom-
nen-Mensch“). Wir haben im Zweiten Teil bereits auf das men im Kapitel „Verbraucherschutz“ darauf zu sprechen.
Motiv „Need for Uniqueness“ hingewiesen. Grau (2017)
Sozialtechniken des Marketing: Das Marketing kann
macht jedoch darauf aufmerksam, dass in den letzten
sich auf vorhandene Konsumnormen beziehen, es kann
Jahren der freigelassene Entscheidungsspielraum immer
diesen Normen größere Verbreitung verschaffen, es kann
enger werde. Die Empörung über nicht normgerechtes
Normen verstärken und modifizieren, in manchen Fällen
Verhalten habe sehr zugenommen und sei zum Teil
mag es sogar gelingen, neue Konsumnormen einzufüh-
überzogen. „Es geht gar nicht mehr um Sachargumen-
ren, insbesondere dann, wenn sie in konsistenter Weise
te, sondern da geht es letzten Endes nur noch um welt-
mit anderen sozialen Normen verknüpft werden können.
anschauliche Positionierung und darum, den eigenen
weltanschaulichen Hintergrund möglichst moralisch Um Konsumnormen zu verbreiten, zu verstärken oder
hochgekocht zu legitimieren“… „Dieser Tonfall hoch- neu zu schaffen, lassen sich vorhandene Bezugsgruppen
geschraubter Moralität diskreditiere Nonkonformisten“ der Konsumenten einspannen oder sogar neue Bezugs-
(Main im Gespräch mit Grau, 2017). Es bleibt abzuwarten, gruppen ins Leben rufen. Letzteres wird man erreichen,
ob der Trend zu „normgerechtem“ Verhalten verstärkt wenn die Werbung symbolische Bezugsgruppen in Form
wird, oder ob als Gegenreaktion der Nonkonformismus von bestimmten Stereotypen über den „richtigen“ Ver-
wieder an Bedeutung gewinnen wird. wenderkreis schafft.
Im internationalen Marketing ist es von besonderer Be- Der Appell an ein normengetreues Verhalten der Ver-
deutung zu wissen, wo in einzelnen Kulturen streng braucher, der insbesondere über Werbung, Verkaufsför-
reglementierte Konsumnormen vorliegen (Zentes, Swo- derungsmaßnahmen oder persönlichen Verkauf erfolgt,
boda und Schramm-Klein, 2013, Gröppel-Klein, 2004b). lässt sich dadurch formulieren, dass direkt auf soziale
Dies ist häufig bei Lebensmitteln, Kleidungsstücken (z. B. Normen oder soziale Sanktionen Bezug genommen wird.
beim Kopftuch, siehe Sandikci und Ger, 2005; Ger und Das Vorgehen lässt sich in drei Thesen zusammenfassen:
Belk, 1996) oder bei Familienfesten der Fall. Es ist wichtig, (1) Der Verbraucher kann durch Hinweise auf Konsum-
den kulturellen Kontext, in dem ein Produkt konsumiert normen und auf soziale Belohnungen dazu gebracht
wird, zu kennen. Die grundlegende Hypothese lautet werden, sich konform zu verhalten.
nun, dass die unterschiedlichen „consumption con- (2) In Ausnahmefällen sind auch Hinweise auf Bestra-
texts“ mehr oder weniger stark von kulturellen Werten fungen für abweichendes Verhalten geeignet.
und Normen geprägt werden. Beispielsweise stellt das
Weihnachtsessen eine Konsumbegebenheit dar, die sehr
63
intensiv von der Kultur eines Landes beeinflusst wird. In den arabischen Ländern beispielsweise kann das Mittag-
essen in den „central consumption context“ eingeordnet wer-
Djursaa und Kragh (1997) betrachten den „consumption
den. Es ist die wichtigste Mahlzeit des Tages, bei der sich die
context“ als Kontinuum mit den beiden Extrempunkten ganze Familie trifft, das Familienoberhaupt eine entscheidende
„central“ (= zentraler, großer Einfluss der kulturellen Rolle spielt und die mit einem Gebet beendet wird. Entspre-
Regeln, Normen und Gepflogenheiten) vs. „peripheral chend stehen bei dieser Mahlzeit ausschließlich traditionelle
consumption context“ (= periphere, geringe Kulturge- Nahrungsmittel und Zutaten auf dem Speiseplan, die nach
bundenheit). Die Stärke des kulturellen Einflusses ist nun herkömmlicher Methode zubereitet werden. Ausländische
Produkte sind hier verpönt. Dagegen wird das Abendessen
dafür verantwortlich, inwieweit eine ausländische Inno-
und insbesondere das Frühstück dem „peripheral consump-
vation angenommen wird. Für ein ausländisches Gut, tion context“ zugeordnet. Daher finden bei diesen Mahlzeiten
welches im „central context“ konsumiert wird, werden auch ausländische Produkte wie Cola, „amerikanischer Kaf-
hohe Barrieren bezüglich der Akzeptanz des Produktes fee“, Streichkäse und Pizza regen Zuspruch oder es werden zu
erwartet, daher wird eine standardisierte Vermarktung diesen Essenszeiten auch ausländische Restaurantketten wie
in dem betreffenden Kulturumfeld wenig Aussicht auf McDonald’s oder Pizza Hut besucht. Djursaa und Kragh (1997)
Erfolg haben. Ausländische Innovationen, die im „pe- konnten überdies feststellen, dass Kinder, Jugendliche und
junge Erwachsene (Singles) grundsätzlich mehr Konsumak-
ripheral context“ konsumiert werden, werden dagegen tivitäten in den „peripheral consumption context“ einordnen
als ältere Menschen.
488 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

(3) Der Appell an den Verbraucher wird wirksamer, für kompetent halten. Manche Frauen werden ihrerseits
wenn er sich auf die speziellen Bezugsgruppen der dazu motiviert, Modenormen an ihre Männer zu vermit-
Empfänger bezieht. teln, weil sie erwarten, dass modekonformes Verhalten
Da Bestrafungen  – wie wir aus der Lerntheorie wis- zur gesellschaftlichen Anerkennung der Männer beiträgt
sen  – seltener, weniger und kürzer als Belohnungen und damit indirekt auch ihnen zugutekommt (siehe auch
wirken, wird ein Hinweis auf soziale Bestrafungen nur Abb. 198).
ausnahmsweise und nur dann zweckmäßig sein, wenn Auch in der Werbung werden die Hinweise auf bestimm-
die Bestrafungen wesentlich stärker sind als die für ei- te Verhaltensweisen (direkt oder indirekt ausgedrückt)
nen Appell an den Konsumenten in Frage kommenden zahlreicher. So hat das Angebot fleischloser Burger bei
sozialen Belohnungen. Hierzu gibt es allerdings noch einen regelrechten Hype ausgelöst (vor dem Hintergrund
zu wenige empirische Untersuchungen aus der Konsu- des Themas „CO2-Bilanz“). Abb. 197 zeigt einige Beispiele.
mentenforschung. Daneben werden in Anzeigen vielfach Personen
Direkter Hinweis auf Konsumnormen: Fangen wir (Abb. 198) dargestellt, die als Leitcharaktere für ein be-
beim persönlichen Verkauf an: Der Verkäufer kann sich stimmtes Verhalten fungieren. Sie weisen den Leser auf
in vielen Fällen als Normenvermittler ausgeben. Er klärt Normen wie Pünktlichkeit, Toleranz, Ausgeglichenheit,
den Konsumenten darüber auf, welche Normen gültig Gepflegtsein etc. hin, und sie machen ihm klar, wie er
sind und durch welche Produkte „man“ diese Normen diesen Normen entsprechen kann.
erfüllen kann. Wir haben bei der Diskussion zu den Gen- Die Berufung auf Verhaltensnormen ist allerdings eine
derunterschieden dargelegt, dass Frauen nach wie vor schwierige Sozialtechnik, weil ihre Wirksamkeit durch
eine größere Sensibilität gegenüber Modenormen auf- eine Vielzahl von Einflussgrößen (wie Normenkonflikte,
weisen. Das macht sie allerdings auch zu kompetenten normative Beeinflussbarkeit der Empfänger usw.) be-
Agenten, um diese an Männer weiterzuvermitteln. Die stimmt wird. Hinsichtlich der sozialen Rahmenbedin-
Männer akzeptieren diese Vermittlung u. a. deswegen, gungen ist zu beachten, dass Leute mit hohem Status
weil sie durch die Interaktion mit den Frauen dafür be- ihre Leitfiguren mehr im Bereich der Sekundärgruppen,
lohnt werden und weil sie die Frauen in dieser Hinsicht dagegen Leute mit niedrigem Status ihre Bezugsgruppen

Abb. 197: Direkte und indirekte Appelle an Verhaltensnormen in der kommerziellen Werbung (ohne Personen)
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 489

Abb. 198: Direkte und indirekte Appelle an Verhaltensnormen in der kommerziellen Werbung (mit Personen)

und -personen mehr im Bereich der Primärgruppen, vor „Mundgeruch macht einsam“. Es ist jedoch umstritten,
allem in ihren Familien, suchen64. Hinweise auf soziale ob solche Appelle wirken oder ob Bumerangeffekte zu
Belohnungen und Bestrafungen sind implizit bereits im erwarten sind, weil sich Konsumenten von den Nega-
Hinweis auf die Normen enthalten. Wenn man in der tivaussagen abwenden (wie wir das vielfach auch von
Werbung explizit auf soziale Sanktionen hinweist, so Angstappellen bei der Zigarettenwerbung65 kennen).
wird man an starke soziale Bedürfnisse oder Ängste ap- Werbefilme, die nicht nur die soziale Bestrafung bein-
pellieren und anstreben, dass die auf konformes Verhal- halten, sondern die auch Problemlösungen mit positiven
ten abzielenden Sanktionen dem Leser stärker bewusst Konsequenzen aufzeigen, scheinen effizienter zu sein.
werden. Dass dabei auch unerfüllte und unerfüllbare Die bereits (siehe oben) skizzierten Experimente von
Hoffnungen und Wünsche nach sozialen Belohnungen Mead, Baumeister et al. (2011) belegen, dass Menschen,
verstärkt und ausgenutzt werden, gehört zum kommer- die sich ausgeschlossen fühlen, versuchen, mit ihrem
ziellen Stil. Konsumverhalten einen Ausweg aus dieser Situation zu
Beispiele aus der kommerziellen wie nicht-kommerziel- finden, was ein indirekter Beleg für obige These wäre.
len Werbung verwenden zudem gerne Drohungen mit Diese Art der werblichen Ansprache wird aus Verbrau-
sozialen Bestrafungen, welche die Konsumenten dazu cherschutzsicht aber auch kritisch gesehen, nämlich
bringen sollen, bestimmte gesellschaftliche Normen oder dann, wenn ungesundes Ernährungsverhalten positiv
Konsumnormen einzuhalten. Ein typisches Beispiel ist dargestellt wird (z. B. der Großvater, der nur deshalb von
seiner Enkelin beachtet wird, weil er ihr Schokolade mit-
64
Beispielsweise machen sich Frauenzeitschriften diese un- bringt; siehe auch Pettigrew, Roberts et al., 2011).
terschiedliche soziale Orientierung für ihre Kommunikations-
65
strategie zunutze. Man findet in Zeitschriften, die sich an Lese- Siehe hierzu z. B. die Studie von Sabbane, Lowrey und Ch-
rinnen mit hohem Status wenden (wie Madame) redaktionelle ebat (2009), die die teils positiven, teils negativen Effekte von
und werbliche Inhalte mit ausgesprochener Sekundärgruppen- angst- und ekelerzeugenden Stimuli (hier Mundfäulnis) auf die
orientierung; dagegen in Zeitschriften, die sich an Leserinnen Einstellung zum Zigarettenkonsum behandelt. Hier können
mit niedrigerem Status wenden (wie Bild der Frau) Inhalte mit Bumerangeffekte durchaus die Folge sein, wenn die Kampag-
ausgesprochener Primärgruppenorientierung. nen sehr viel Angst auslösen (Kim und Marsch, 2017).
490 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 199: Idealisierung und Bewunderung

Griskevicius, Tybur und Van den Bergh (2010) beschäfti- für denjenigen, der die Konsumnormen erfüllt, darge-
gen sich in ihrer Studie mit der immer noch identifizierba- stellt.
ren Lücke zwischen geäußerten positiven Einstellungen Gesellschaftliche Implikationen: Die von der Werbung
zum Umweltschutz und dem tatsächlichen Umweltver- durch Konsumnormen angestrebte Konformität der
halten. Es ging unter anderem um das Wahlverhalten Konsumenten, kann zum einen von den Rezipienten als
bei Autos, Staubsaugern und Geschirrspülmaschinen. durchaus „stressig“ erlebt werden (Hammann, Palupski
Die Autoren zeigen, dass umweltfreundlicher Konsum und Bofinger, 1997), ist zum anderen von den Sendern
an sich ein Statussymbol darstellen kann. Damit kann aber auch Ausdruck oder der Wunsch nach sozialer
er, in anderen Worten ausgedrückt, auch zum bereits Kontrolle und Macht. Insbesondere besteht die Gefahr,
skizzierten Impression Management beitragen, sofern durch die Werbung schon bei Kindern und Jugendlichen
das Produkt preislich in derselben Liga spielt wie Pro- Konsumnormen zu verankern. In dieser Lebensspanne
dukte, die in Bezug auf die eigentliche Produktqualität besteht – wie bereits ausgeführt – eine größere Anfäl-
als besonders leistungsfähig eingestuft werden. War die ligkeit für Beeinflussung, und die Jugendlichen stehen
umweltverträglichere Alternative preislich unterhalb der unter einem großen Konformitätsdruck durch ihre „Peer
Premiummarken angesiedelt, so wurde sie verschmäht. group“, die wiederum durch den Einsatz sozialer Modelle
Der statusorientierte Kunde verzichtet also bewusst auf in Werbespots leicht zu erreichen ist. Die Reflektion in
das leistungsstärkste Produkt, bevorzugt stattdessen die der Familie (und auch in der Schule) kann vorbeugend
preisgleiche umweltorientierte Alternative, um damit wirken. Auch fordert die werbetreibende Wirtschaft ih-
seinen Allgemeinsinn und sein umweltorientiertes Ge- rerseits, dass bei einer missbräuchlichen Werbung, die
wissen zu dokumentieren. Solche indirekten Ausgaben gesellschaftlich nachteilige Normen vermittelt, wirksame
für den Umweltschutz sagen „etwas über den eigenen Selbstkontrollinstanzen der Werbewirtschaft66 eingehal-
Charakter“ aus (ebenda, S. 392). ten werden sollten.
In vielen Werbeappellen werden die sozialen Belohnun-
gen nicht verbal angegeben, sondern bildlich dargestellt:
Auf Fotos wird etwa die Bewunderung durch andere 66
Vgl. dazu auch das letzte Kapitel dieses Buches über die
(Abb. 199), der geschäftliche Erfolg, das gesellige Glück Verbraucherpolitik.

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 491

7. Muster der persönlichen Kommunikation Menschen (und Tiere) verfügen über ein reichhaltiges
a) Grundbegriffe: Persönliche Kommunikation und Instrumentarium an nonverbalen Ausdrucksformen,
Massenkommunikation insbesondere an Gesichts- und Körperbewegungen.
Am wichtigsten für die persönliche Kommunikation ist
Als Kommunikation wird der Austausch von Informatio-
der Gesichtsausdruck. Er wird von den Kommunika-
nen bezeichnet. Durch Kommunikation wirkt ein Mensch
tionspartnern genauestens beobachtet und drückt vor
auf einen anderen ein. Dieser Prozess wechselseitiger
allem interpersonelle Einstellungen und Affekte aus. Die
Einwirkungen wird in anderen Zusammenhängen auch
nonverbale Kommunikation werden wir in gesonderten
als Interaktion bezeichnet67. Die Kommunikation wird
Abschnitten besprechen.
häufig als eigentlicher Träger des sozialen Geschehens
bezeichnet. Mit der Frage, wie die Kommunikation auf das Verhal-
ten der Kommunikationsteilnehmer wirkt, beschäftigt
sich die pragmatische Richtung der Kommunikations-
Erklärungen von Kommunikationsprozessen sind deswe-
forschung. Man gliedert die gesamte Kommunikati-
gen Schwerpunkte für die Erklärung des menschlichen
Verhaltens. onsforschung in eine pragmatische, eine semantische
und eine syntaktische Richtung (auch kurz Pragmatik,
Semantik und Syntaktik genannt)68. Diese Gliederung
Der Kommunikationsprozess umfasst, der vielzitierten entspricht den drei Dimensionen, die man einem Zeichen
Lasswell-Formel (1967) zufolge, im Wesentlichen sechs zuschreibt. Es gibt:
Komponenten:
(a) eine pragmatische Dimension
●● Wer (Kommunikator)
Sie bezieht sich auf die Wirkung der zur Kommunikati-
●● sagt was (Kommunikationsinhalt)
on eingesetzten Zeichen. Eine typische Frage der prag-
●● über welchen Kommunikationskanal
matischen Kommunikationsforschung lautet etwa: Wie
●● zu wem (Kommunikant)
wirkt der Satz „Die neuen Herrenhemden haben spezielle
●● mit welcher Wirkung (Kommunikationseffekt)
Magnet-Kraft“ unter bestimmten Bedingungen auf die
●● unter welchen Bedingungen (Kommunikationssitu-
Empfänger?
ation)?
(b)  eine semantische Dimension (Kroeber-Riel, 1969,
Die zuletzt genannte Komponente ist nur implizit in der
S. 26 ff.)
von Lasswell aufgeführten Gliederung enthalten, es hat
sich aber als zweckmäßig erwiesen, sie gesondert auf- Sie bezieht sich auf die Bedeutung der Zeichenmenge.
zuführen. Man kann z. B. nach der Bedeutung von „Magnet-Kraft“
fragen: Was stellt sich der Empfänger vor, wenn er das
Wir bezeichnen den Kommunikationsinhalt meist als
Wort „Magnet-Kraft“ hört?
Information und unterscheiden kognitive Informatio-
nen – das sind Informationen, die kognitive Prozesse (c) eine syntaktische Dimension
vermitteln (z. B. Wissen über einen Gegenstand) – und Sie bezieht sich auf die formalen, von jeder inhaltlichen
affektive Informationen, die affektive Prozesse auslö- Interpretation losgelösten Beziehungen der Zeichen
sen. Die Informationen können in verschiedener Form, untereinander. In syntaktischer Hinsicht wäre etwa zu
z. B. durch Sprache und Bild, durch Musik, Gesten, Ge- fragen, warum die Worte nicht anders, z. B. in der Rei-
ruch usw., ausgedrückt werden. henfolge „neue Hemden für Herren“, angeordnet werden.
Die pragmatische Kommunikationsforschung konzent-
67
Die Begriffe „Kommunikation“ und „Interaktion“ könnten riert sich in vielen Untersuchungen in der Hauptsache auf
synonym gebraucht werden, doch es gibt Unterschiede in den die Beziehungen zwischen den symbolisch übertragenen
Definitionen, die durch Einbeziehung der beiden Begriffe in und bereits als decodiert angesehenen Informationen
spezifische Theorien zustande kommen, in denen diese Aus- (das sind interne Reize) und den ausgelösten Veränderun-
tauschprozesse unter verschiedenen Gesichtspunkten und mit gen von Einstellungen, Meinungen und Handlungsab-
unterschiedlichen Methoden dargestellt werden. In der Um-
sichten (das sind interne Reaktionen). Besonders relevant
gangssprache betont „Interaktion“ stärker den Aspekt, dass der
Empfänger der Botschaft Möglichkeiten hat, an der Gestaltung ist sie für die persönliche Kommunikation.
der Botschaft selbst mitzuwirken (bzw. diese zu verändern),
und somit selbst zum Kommunikator wird (z. B. im Internet,
siehe auch Kozinets, de Valck et al., 2010). Der Begriff „Kom- 68
Ein umfassendes Nachschlagewerk über Begriffe, Theorien
munikation“ schließt dies nicht aus, doch bei den meisten Pro- und ihre Anwendung ist das dreibändige „Encyclopedic Dic-
zessen der Massenkommunikation ist der Empfänger bei der tionary of Semiotics“ von Sebeok (1994, mit bibliographischem
Erstellung der Nachricht nicht involviert. Band).
492 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Unter persönlicher Kommunikation versteht man eine kation; die Bildkommunikation wird an dieser Stelle
direkt von Person zu Person gerichtete Kommunikation. ausgeklammert70.
Der für diese Kommunikation ebenfalls gebräuchliche
Ausdruck „Mund-zu-Mund-Kommunikation“ („Fa- b) Wirkungen der persönlichen Kommunikation
ce-to-face communication“, „word-of-mouth communi- Die Wirkungsweise der persönlichen Kommunikation
cation“) veranschaulicht ihre Unmittelbarkeit. Sie wird (gemeint ist hier stets die sprachliche Kommunikation,
auch Primärkommunikation oder direkte Kommunika- sofern nichts anderes vermerkt wird) von Angesicht
tion genannt69. zu Angesicht wird nachfolgend am Ablauf eines Dif-
Die Kommunikation in Primärgruppen ist typisch für fusionsprozesses dargestellt. Darunter versteht man
die persönliche Kommunikation: Sie findet regelmäßig die Ausbreitung einer Nachricht (Innovation) in einem
und in einem verhältnismäßig homogenen Milieu statt. sozialen System. Durch paarweises Zusammentreffen
Über das persönliche Gespräch zwischen den Gruppen- von Personen in einer Gruppe, also durch unmittelbare,
mitgliedern wird sozialer Einfluss vermittelt. Durch die persönliche Kommunikation, wird eine neue Nachricht
unmittelbare Verständigungsmöglichkeit gibt es laufend weitergegeben. Die zentrale Fragestellung lautet: Wie
Rückkopplungen zwischen den Kommunikationspart- schnell und wie vollständig werden die Personen im
nern, indem sie abwechselnd sprechen, rückfragen, sozialen System von der Nachricht erreicht?
Unklarheiten beseitigen usw. Diese Reziprozität der Im Folgenden wird u. a. von der Vereinfachung ausge-
(persönlichen) Kommunikation macht sie flexibel und gangen, dass sich die Nachricht im Verlauf des Kommu-
erklärt die große Beeinflussungskraft. Das gilt vor allem nikationsprozesses nicht verändert71. Der Empfänger der
für die persönliche Kommunikation von Angesicht zu Nachricht kann sie akzeptieren bzw. „glauben“ oder er
Angesicht, abgeschwächt auch für die Kommunikation kann die Nachricht ablehnen. Wenn er sie akzeptiert,
per Telefon oder per Chats. wird er dadurch motiviert, die Nachricht auch weiter-
Die klassische Massenkommunikation wendet sich da- zugeben. Er wird dann seinerseits als Kommunikator
gegen an ein breites Publikum, sie ist im Prinzip eine in der Gruppe tätig und für den Diffusionsprozess effi-
Einweg-Kommunikation über Medien. Über Reaktionen zient. Jede Person kann die Nachricht an mehrere ande-
der Empfänger wird der Kommunikator – wenn über- re Personen weitergeben. Im Mittelpunkt steht hier die
haupt – indirekt und mit reichlicher Verzögerung infor- „Glaubwürdigkeit“.
miert. Die Massenkommunikation heißt auch Sekundär- In der Medienwirkungsforschung (siehe auch Dritter Teil,
kommunikation oder indirekte Kommunikation. Kapitel C) hat sich spätestens seit dem Beitrag von Hov-
Beide Arten der Kommunikation lassen sich in sprach- land und Weiss (1951) der Ausdruck „Glaubwürdigkeit“
liche und nicht-sprachliche Formen einteilen. Diese (engl. „credibility“) zur Beschreibung des Ausmaßes,
Einteilung ist allerdings im Hinblick auf die empiri- mit dem einer Quelle Vertrauen entgegengebracht wird,
sche Kommunikationsforschung unscharf und nicht durchgesetzt (selten auch als „believability“ bezeichnet,
wörtlich zu nehmen, aus folgendem Grund: Bilder sind so z. B. bei Robinson und Kohut, 1988). Glaubwürdigkeit
eigentlich auch nicht-sprachliche Ausdrucksformen. Die wird vielfach auf die Faktoren „Expertise“ (Vertrauen
Kommunikationsforschung behandelt aber die (sym- in spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse des Senders
bolische) Kommunikation mittels Sprache und Bild als der Botschaft, die seine Behauptungen fundieren) und
eine Einheit. Das heißt: Die Bildkommunikation wird „Vertrauenswürdigkeit“ („trustworthiness“: der Grad
üblicherweise nicht zur nicht-sprachlichen (nonver- der wahrgenommenen Gültigkeit der Behauptungen
balen) Kommunikation gerechnet. Hierunter wird im eines Senders) zurückgeführt (Sternthal, Phillips und
Allgemeinen nur eine Kommunikation durch Gestik Dholakia, 1978, S. 286 f.; vgl. auch Luhmann, 2000, S. 67).
und Mimik verstanden. Im Folgenden konzentrieren Gingen die ersten grundlegenden Beiträge zur Glaub-
wir uns auf sprachliche und non-verbale Kommuni- würdigkeitsforschung von Hovland und Weiss (1951) und
70 Viele der Wirkungsmuster der verbalen Kommunikation
gelten auch für die nonverbale Kommunikation oder können
69
Zu den Determinanten der „Word-of-Mouth“-Kommunikati- sinngemäß auf diese übertragen werden. Ein Beispiel ist die
on das Lehrbuch „Kommunikationspolitik“ von Bruhn (2015); selektive Wahrnehmung durch den Kommunikanten (Emp-
zu Word-of-Mouth im Internet ist in den letzten Jahren viel fänger), der die Mitteilungen des Kommunikators (Senders)
publiziert worden, siehe z. B. Kozinets, de Valck et al. (2010); aufgrund seiner subjektiven Einstellungen und Erwartungen
Cascio, O’Donnell et al. (2015); He und Bond (2015), Eisinge- interpretiert.
rich, Chun et al. (2015); Moore (2015) oder Esch, Köhler und 71 Das kann der Fall sein, wie Word-of-Mouth-Prozesse in On-

Eichenauer (2016). line-Communities belegen (Kozinets, de Valck et al., 2010).


B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 493

anderen (wenigstens implizit) noch davon aus, dass die


Mit zunehmender Glaubwürdigkeit des Kommunikators
Glaubwürdigkeit an objektiven Charakteristika des Sen- steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kommunikation
ders festgemacht werden kann, so weisen Berlo, Lemert wirksam wird.
und Mertz (1970) darauf hin, dass das „Glaubwürdigkeit-
simage“ stets aus Sicht des Empfängers definiert werden
sollte. Der Einfachheit halber unterscheiden wir folgende „Wirksam“ heißt für das vorliegende Modell, dass die
Information vom Kommunikanten übernommen wird.
Determinanten der Kommunikationswirkung: Die Gültigkeit dieser Hypothese ist aber an bestimmte
(a) Merkmale des Kommunikators (Glaubwürdigkeit), Bedingungen geknüpft.
(b) Merkmale des Kommunikanten (Einstellungen), So fördert die Glaubwürdigkeit73 des Kommunika-
(c) Merkmale der Kommunikationssituation (geographi- tors den Erfolg einer Kommunikation nur kurzfristig,
sche und soziale Distanzen im Kommunikationsfeld). in unmittelbarem Anschluss an die Kommunikation;
Zu (a) Merkmale des Kommunikators: Das Ergebnis langfristig können auch unglaubwürdige Quellen eine
einer Kommunikation wird wesentlich davon beein- ähnliche Wirkung erzielen: Der sogenannte „Sleeper-Ef-
flusst – wie bereits ausgeführt –, wie glaubwürdig ein fekt“ geht davon aus, dass nach einiger Zeit Inhalt und
Kommunikator erscheint. Die beiden wichtigsten Kom- Quelle der Nachricht gedanklich entkoppelt werden74.
ponenten der Glaubwürdigkeit sind das Ansehen, das Der Sleeper-Effekt ist umstritten (siehe auch Isaac und
ein Kommunikator als „Experte“ genießt, sowie seine Poor, 2016) und wird noch einmal im Dritten Teil, Kapitel
Vertrauenswürdigkeit. Ein Kommunikator wird als Ex- C behandelt.
perte eingeschätzt, wenn er als Quelle stichhaltiger (va- Zu (b) Merkmale des Kommunikanten: Die vorhan-
lider) Behauptungen wahrgenommen wird; und er gilt denen Prädispositionen der Empfänger beeinflussen
als vertrauenswürdig72, wenn sich der Kommunikant ebenfalls die Übernahme der Nachricht: Dazu gehören
darauf verlassen kann, dass der Kommunikator seine vor allem die allgemeine Beeinflussbarkeit der Personen
Informationen möglichst unverfälscht und zutreffend sowie die Einstellung zur Glaubwürdigkeit der Quelle.
wiedergeben will.
Während die persönliche Beeinflussbarkeit ein von den
Der Kommunikator gewinnt sein Ansehen als Experte jeweiligen Kommunikationsbedingungen weitgehend
aufgrund von Erfahrungen und speziellen Kenntnissen, unabhängiges Merkmal ist, handelt es sich bei Letzterem
die ihm zugesprochen werden. Als Indikator dafür wird um ganz konkrete, einzelne Einstellungen der Empfän-
u. a. sein Alter herangezogen. Eng verknüpft mit der Stel- ger zur Art der Kommunikation, zum Kommunikator
lung als Experte ist die Position des Kommunikators in und zum Inhalt. Zwei Beispiele: Wenn ein Patient eine
einer Gruppe (Führerschaft). Gesundheitsinformation in einem persönlichen Ge-
Schwieriger ist es, die Wurzeln der wahrgenommenen spräch von seinem Hausarzt erhält, wird er diese Infor-
Vertrauenswürdigkeit des Kommunikators zu bestim- mation als glaubwürdiger empfinden als wenn er diese
men; sie reichen vom physischen Erscheinungsbild bis Information aus den sozialen Medien erfährt. Wenn ein
zum sozialen Status und umfassen auch seine wahr- Aufbaugetränk in der Apotheke erworben wird, dann
nehmbaren Kommunikationsabsichten. wird der Nutzen dieses Getränks höher eingeschätzt als
wenn dasselbe Getränk in einem Discounter angeboten
wird, da die Kunden der Apotheke in der Regel mehr
Vertrauen schenken.
72 Vgl. dazu auch McGuire (1985, S. 263 ff.): Dort wird ein wei-
73
terer Überblick über die Kommunikatorvariablen gegeben. In einer Metaanalyse hat Eisend (2003; 2004) untersucht,
Bierhoff und Buck (1997) zeigen, dass die Glaubwürdigkeit welche Wirkungen der Glaubwürdigkeit von Quellen zuge-
von Kommunikatoren auch von ihren soziodemographischen sprochen werden. Bei der Untersuchung von k = 167 Effekten
Merkmalen sowie der „Ähnlichkeit“ mit dem Kommunikan- aus 53 unabhängigen Studien (n = 12.341) aus 46 Manuskripten
ten abhängt. Siehe zum Thema Vertrauen in Verkaufsgesprä- kann er zeigen, dass die Glaubwürdigkeit zwar stärker in der
chen Gröppel-Klein und Kobel (2017), zum Thema Vertrauen persönlichen Kommunikation wirkt als in der unpersönlichen
in Medien und Medienmenschen Bekmeier-Feuerhahn und Kommunikation; dennoch kommt ihr auch dann ein signifi-
Eichenlaub (2008), zum Vertrauen in Online-Medien Bekmei- kanter Erklärungsbeitrag insbesondere für Kognitionen und
er-Feuerhahn und Eichenlaub (2009), zum Vertrauen in On- Einstellungen zu, wenn es keinen persönlichen Kontakt zwi-
line-Gesundheitsinformationen Lin, Zhang et al. (2016), zum schen Sender und Empfänger gibt (Eisend 2004). Insgesamt
Vertrauen in Online-Werbung Choh, Huh und Faber (2014); kann Eisend (2004, S. 353 f.) festhalten, dass sich seit der ersten
Bleier und Eisenbeiss (2015), zum Vertrauen zu Organisatio- in die Metaanalyse einbezogenen Studie aus dem Jahr 1950 die
nen siehe Gröppel-Klein und Germelmann (2009b), zu Media Bedeutung der Glaubwürdigkeit signifikant erhöht hat.
Engagement Calder und Malthouse (2009). 74 Zum Sleeper-Effekt vgl. McGuire (1985, S. 290 ff.).
494 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Zu (c) Kommunikationssituation: Unter der „Kommuni- und Konsumenten als auch der Kommunikation von
kationssituation“ im weiteren Sinne fassen wir alle Bedin- Konsumenten untereinander, ist eine wichtige Sozial-
gungen zusammen, unter denen die Kontakte zwischen technik der Unternehmungen. Direkte persönliche Kon-
Personen zustande kommen und ablaufen Die soziale takte kommen vor allem beim Verkauf an Handel und
Distanz, also die Abweichungen im sozialen Status der be- Endabnehmer sowie bei Information und Beratung auf
teiligten Kommunikationspartner, kann zu unterschied- Messen und Ausstellungen zum Zuge. Der Erfolg der
lichen Kontaktwahrscheinlichkeiten führen. Die Zuge- Absatzpolitik hängt entscheidend davon ab, ob es ge-
hörigkeit zu als verschieden wahrgenommenen sozialen lingt, ökonomisch effizient mit den Konsumenten zu
Einheiten errichtet Schranken und kann Misstrauen ver- kommunizieren und für diesen Zweck auch die Händler
ursachen (auch durch mangelnde sprachliche Verständi- und Handelsmittler einzuspannen. Bei der Überlegung,
gungsmöglichkeiten). Unerwartete Rahmenbedingungen, wie die Wirkung der Kommunikation auf dem Markt im
wie zum Beispiel als unpassend empfundene Kleidung, Rahmen der gegebenen Kommunikationsbedingungen
können ebenfalls das Vertrauen beeinträchtigen. Argyle verbessert werden kann, ist an mehrere Wege zu denken:
(2005) zeigt, dass ein Nachrichtensprecher im Sportdress (a) Wirkungssteigerung einer Kommunikationsart, also
als unglaubwürdiger empfunden wird als dieselbe Per- der persönlichen Kommunikation oder Massenkom-
son beim Verlesen derselben Nachrichten in Anzug und munikation auf dem Markt,
Krawatte. Die Kontaktaufnahme wird ebenfalls durch (b) Substitution der einen Kommunikationsart durch die
persönliche Sympathien und Antipathien der Beteiligten andere,
(interpersonale Attraktivität), durch ihre Absichten und
(c) wirkungsvolle Mischung der Kommunikationsarten
ihre Interessen erschwert oder erleichtert. Dabei kann
(Kommunikationsmix).
auch die gezeigte Mimik bedeutsam sein: So spielt z. B.
die wahrgenommene Authentizität des Lächelns im Ge- Eine wesentliche Steigerung der Wirkungen der verschie-
sichtsausdruck des Verkäufers eine Rolle für den emoti- denen Kommunikationsarten und -mittel wird durch
onalen Zustand von Konsumenten und wirkt sich somit integrierte Kommunikation möglich, d. h., durch eine
indirekt auf deren Zufriedenheit und Bindungsabsichten Abstimmung aller Inhalte (Botschaften), die durch die
aus (Hennig-Thurau, Groth et al. 2006). Anders formuliert: Kommunikation vermittelt werden. Wir gehen hier zu-
Die räumlichen und sozialen Distanzen spielen eine Rolle. nächst auf eine Kommunikationsart – auf die persönliche
Kommunikation – ein, später auf die Massenkommuni-
kation und auf das Zusammenwirken von persönlicher
Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem persönlichen
und Massenkommunikation.
Kontakt zwischen den Personen kommt, ist umso größer,
je kleiner nicht nur die räumlichen, sondern auch die so- Vergleicht man die Wirkungen der persönlichen Kom-
zialen Distanzen zwischen den Personen sind. munikation mit den Wirkungen der Massenkommuni-
kation, so erweist sich die persönliche Kommunikation
Zum Ergebnis des Kommunikationsprozesses: Die Ver- als überlegen. Eine allgemeine, im Folgenden zu spezi-
breitung einer Nachricht in einem sozialen System wird fizierende Hypothese lautet:
im Wesentlichen von vier Wahrscheinlichkeitsgrößen
bestimmt: Persönliche Kommunikation von Angesicht zu Angesicht
ist wirkungsvoller als Massenkommunikation.
●● die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person Kontakt zu
einer anderen Person erhält (Kontaktwahrscheinlich-
keit), Im Wesentlichen sind drei Ursachen für die hohe Effi-
●● die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person die jeweilige zienz der persönlichen Kommunikation aufzuführen:
Nachricht von der anderen Person erfährt (Informati- ●● größere Glaubwürdigkeit und stärkere soziale Kont-
onswahrscheinlichkeit), rolle des Kommunikators,
●● die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person die Nach- ●● eine bessere selektive Informationsaufnahme durch
richt akzeptiert (Übernahmewahrscheinlichkeit), die Kommunikanten,
●● die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person die Nach- ●● größere Flexibilität beim gegenseitigen Informations-
richt weitergibt, d. h., selbst zum Kommunikator wird austausch.
(Weitergabewahrscheinlichkeit).
Die größere Glaubwürdigkeit bei der persönlichen Kom-
Persönliche Kommunikation auf dem Markt munikation unter Konsumenten wird damit begründet,
Die Steuerung der Kommunikation auf dem Markt, und dass ihre Teilnehmer – Freunde, Familienmitglieder, Be-
zwar sowohl der Kommunikation zwischen Anbietern kannte usw. – im Allgemeinen nicht kommerziell moti-
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 495

viert sind (Bone, 1992; de Matos und Rossi, 2008; Kozinets, beiten zu müssen, die auf sie eindringen. Sie nehmen
de Valck et al., 2010). Der Gesprächspartner wird mehr hauptsächlich solche Informationen auf, die im Zu-
oder weniger als neutrale Informationsquelle eingestuft, sammenhang mit ihren individuellen Bedürfnissen
als Ratgeber und Schiedsrichter angesehen. Die Werbung stehen und ihnen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben
ist dagegen eine von den Unternehmungen kontrollierte dienen. Andere Informationen werden gemieden. Aus
Informationsquelle, deren kommerziell motivierte Beein- der ununterbrochenen Flut von Informationen, die auf
flussungsabsicht offenkundig ist. den einzelnen Konsumenten eindringt, überwindet
Doch gilt das auch für Empfehlungen von Kunden für nur ein kleiner Teil diesen Filter; der weitaus größte
Kunden im Internet? Sowohl Domma (2010) als auch bei- Teil der Werbung wird gar nicht wahrgenommen. Die
spielsweise Marchand, Hennig-Thurau und Wiertz (2017) persönliche Kommunikation ist dagegen in der Lage,
können dies bestätigen. Allerdings werden sich mehr die Aufmerksamkeit gezielt und nachhaltig auf die
und mehr Konsumenten der Gefahr der „Social Bots“ angebotenen Informationen zu lenken75.
(vom englischen „robots“) bewusst. Das sind Program-
●● Größere Flexibilität bekommt die persönliche Kom-
me, die in sozialen Netzwerken menschliches Verhalten munikation durch die laufende Rückkopplung (Feed-
simulieren und hier automatisiert oder teilautomatisiert back) während des Gesprächs, die den Kommunika-
Inhalte veröffentlichen, teilen, liken oder kommentieren. tionsteilnehmern ermöglicht, Missverständnisse zu
Dabei wirken sie mehr oder weniger authentisch. Die klären, Themen gemäß den speziellen Wünschen der
Nachrichten der „Social Bots“ sind natürlich gesteuert. Kommunikationspartner auszudehnen oder einzuen-
Die Frage lautet nur: Von wem? Die Kommentare können gen, das heißt, das Gespräch so zu führen, dass es auf
Marken kurzfristig forcieren, einen „Hype“ schaffen, sie die individuelle Informationsnachfrage zugeschnitten
aber auch (wenn sie gezielt von der Gegenseite eingesetzt wird. Weiterhin sind der Werbung durch rechtliche
werden) zerstören. Selbst wenn eine Marke kurzfristig Vorschriften Grenzen gesetzt, die die interpersonel-
Aufmerksamkeit erfahren hat; sie muss letztlich halten, le Kommunikation nicht einzuhalten braucht. Auch
was sie verspricht, um langfristig auf dem Markt bestehen wenn die vergleichende Werbung seit 2000 unter be-
zu können. Hierzu ist allerdings noch viel Forschungsbe- stimmten Bedingungen erlaubt ist, ein Wettbewerber
darf gegeben, auch in Bezug auf die rechtliche Situation. darf nicht „verunglimpft“ oder „herabgesetzt“ werden.
Wir kommen auf die elektronische Mund-zu-Mund-Pro- Eine weitere Perspektive zeigen Keller und Fay (2009) auf:
paganda weiter unten noch ausführlich zu sprechen. Die Autoren stellen sich nicht die Frage, ob persönliche
Kommunikation der klassischen Massenkommunikati-
Bei der persönlichen Kommunikation von Angesicht
on unter- oder überlegen ist, sondern sie beschäftigen
zu Angesicht kann der Kommunikator eine stärkere
sich mit den Wechselwirkungen und prüfen, ob sich die
soziale Kontrolle ausüben und zwar dadurch, dass der
beiden Kommunikationsarten gegenseitig befruchten
Kommunikator im Verlauf der (üblicherweise wiederhol-
können. Die Autoren stellen fest, dass sich 22 % aller In-
ten) Kommunikationskontakte prüfen kann, inwieweit
halte der Mund-zu-Mund-Kommunikation auf Inhalte
seine Ratschläge und Empfehlungen vom Kommuni-
beziehen, die die Konsumenten zuvor aus der klassischen
kanten übernommen wurden. Der Kommunikant fühlt
Massenkommunikation übernommen haben.
sich oft an die Ratschläge und Empfehlungen gebun-
den und nimmt sie schon allein deswegen an, um den Zusammenfassend kann das Fazit der Studie von Keller
Kommunikator nicht zu enttäuschen, um ihm gefällig und Fay (2009) wie folgt auf den Punkt gebracht werden:
zu sein – oder lerntheoretisch formuliert, weil er von
seinem Kommunikationspartner soziale Belohnungen Gute Werbung stärkt Mund-zu-Mund-Propaganda.
und Bestrafungen erwartet.
Diese Vorteile größerer Glaubwürdigkeit und stärkerer Abb. 200 zeigt zwei Beispiele, bei denen die Werbung
sozialer Kontrolle haben die kommerziell ausgerichteten von zwei Anbietern (VW und Saturn) in den sozialen
Quellen der persönlichen Kommunikation jedoch nicht. Netzwerken für viel Furore gesorgt, aber zum Teil auch
Für die Kommunikation mit Vertretern, Verkäufern, zu kontroversen Meinungen geführt hat.
Firmenrepräsentanten usw. bleiben allerdings noch die
übrigen Gründe erhöhter Wirksamkeit, nämlich selektive 75
Allerdings: Auf Dauer kann sich auch der Einzelne bei der
Informationsaufnahme und Flexibilität, bestehen: persönlichen Kommunikation durchaus Informationen entzie-
hen, die ihn nicht reizen; man denke nur an die Witzfigur des
●● Die selektive Informationsaufnahme ist ein psychi- Zeitung lesenden Familienvaters beim Frühstück,  über den
scher Filtermechanismus, der die Konsumenten davor die verbalen Äußerungen seiner Angehörigen wirkungslos
schützt, alle Informationen aufzunehmen und verar- hinweggehen.

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496 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 200: Zwei Beispiele (VW und Saturn) für Word-of-Mouth-Aktivitäten als Reaktionen auf Werbung
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 497

Neben der Wechselwirkung von Werbung und Word-of- lige Produkte?). Die Ergebnisse der Studie zeigen jedoch,
Mouth spielt das Beobachtungslernen eine Rolle. Konsu- dass auch Angebote, die als „uninteressant“ eingestuft
menten können zum einen durch persönliche Kommu- wurden, unter bestimmten Bedingungen MzM-Aktivi-
nikation durch andere Kunden beeinflusst werden, zum täten auslösen konnten. Die mentale Verfügbarkeit (ac-
anderen aber auch durch das beobachtete tatsächliche cessibility) der Produktinformationen spielt hier eine
Verhalten anderer Konsumenten. Wir haben darüber im entscheidende Rolle. So sprechen viele Menschen oft über
Kapitel „Lerntheorien“ unter dem Stichwort „Lernen am das Wetter, auch wenn dieses keine Kapriolen schlägt.
Modell“ ausführlich gesprochen (siehe ebenfalls Dritter Die Verfügbarkeit kann auch von der Konsumsituation
Teil, Kapitel C „Medienumwelt“). abhängig sein: Informationen über häufig benutzte Pro-
Anlässe der persönlichen Kommunikation: Die Moti- dukte sind verfügbarer als Informationen über selten
vation der Konsumenten, mit anderen Kontakt aufzu- verwendete; das gilt ebenso für Produkte, die öffentlich
nehmen und über Produkte zu sprechen, ist eine Zeit sichtbar sind (Autos vs. Antivirus-Software). Schließlich
lang unter dem Eindruck der Theorie der zweistufigen spielt auch der Kommunikationsgehalt der Situation eine
Kommunikation vernachlässigt worden. Nach dieser Rolle (man spricht mehr über das Bier auf einer Party als
Theorie erscheint die breite Menge der Konsumenten über die Zahnpasta zu Hause). Kurzum: Die „Visibility“
eher passiv als aktiv, sie wird von ihren Meinungsfüh- (Sichtbarkeit im Allgemeinen) ist entscheidend für eine
rern mit Informationen versorgt, ohne selbst aktiv nach forcierte MzM-Tätigkeit.
Informationen zu suchen. Es ist unter anderem bereits Zu (2): Letzteres ist auch entscheidend für eine lang an-
Cox (1967, deutsch 1976) zu verdanken, dass verschiedene haltende Kommunikation; über besonders interessante
Formen der aktiven Informationssuche der Konsumenten Produkte wird manchmal nur kurzfristig gesprochen.
und ihre Motive stärker in das Blickfeld der Kommuni- Zu (3): Marketing-Incentives können MzM aktivieren,
kationsforschung gerückt sind. Im Mittelpunkt der Er- allerdings in unterschiedlicher Weise: Coupons und
klärungen steht das Involvement der Konsumenten, das „Produktpröbchen“ haben nur geringe Effekte, während
ihre Kommunikationsaktivitäten anregt, insbesondere „self liquidating offers“ (= Zusatzprodukte, die zu dem
das Produktinvolvement und das Situationsinvolvement. eigentlichen Produkt gratis hinzugegeben werden) eine
Das Produktinvolvement ist als aktives Produktinter- hohe Wirkung entfalten können.
esse dafür mitverantwortlich, in welchem Umfang sich Wie bei Berger und Schwartz (2011) schon angesprochen,
jemand an persönlichen Kommunikationen über dieses kann auch die Konsumsituation für Word-of-Mouth
Produkt beteiligt. Werbung, die die persönliche Kom- entscheidend sein. Das situative Produktinvolvement
munikation stimulieren und ein Produkt „ins Gespräch wird vor allem von der Motivation und den kognitiven
bringen“ will, muss deswegen darauf angelegt sein, das Konflikten in Entscheidungssituationen – insbesondere
Interesse an einem Angebot zu wecken. Das kann durch vom wahrgenommenen Kaufrisiko – bestimmt. Wie wir
Appelle geschehen, die Neugier erwecken, durch humor- wissen, versucht der Konsument, ein wahrgenommenes
volle Nachrichten oder indem das Informationsinteresse Kaufrisiko abzubauen, indem er sich vor allem durch
durch Widerspruch angestachelt wird. persönliche Kommunikation um Informationen bemüht,
Berger und Schwartz (2011) beschäftigen sich in ihren die ihm mehr Wissen und damit mehr Sicherheit über die
empirischen Erhebungen, bei denen sie elektronisch ver- Folgen des Kaufs geben. Diese Informationen beziehen
fügbare Datensätze nutzten sowie Feld- und Laborex- sich nicht nur auf die Merkmale des Produktes, sondern
perimente durchführten mit der grundlegenden Frage, auch auf das Konsum- und Einkaufsverhalten anderer
welche Produkte Mund-zu-Mund-Propaganda (MzM) Konsumenten, um mögliche soziale Folgen des Kaufs
überhaupt auslösen können. Dabei stehen drei Aspekte (Missbilligung, Prestigeverlust usw.) abschätzen zu kön-
im Vordergrund: nen. Der Konsument sucht also, wenn er verunsichert
(1) Welche Eigenschaften eines Produkts forcieren MzM? ist, Rat und Halt bei anderen Konsumenten. Wir können
dazu folgende Hypothese formulieren:
(2) Über welche Produkte wird nur kurzfristig („Ein-
tagsfliegeneffekt“), über welche über einen längeren
Zeitraum gesprochen? Konsumenten, die ein hohes Kaufrisiko wahrnehmen, su-
(3) Wie kann das Marketing positive MzM unterstützen? chen mehr persönliche Kontakte, um produktbezogene
Gespräche zu führen, als Konsumenten mit niedrigem
Zu (1): Berger und Schwartz (2011) gingen in ihrem Bei- Kaufrisiko.
trag zunächst von der intuitiv nachvollziehbaren These
aus, dass vor allem spektakuläre Produkte im Fokus der
MzM stehen (denn wer spricht schon gerne über langwei-
498 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Persönliche Kommunikation im Internet Gelten diese Erkenntnisse auch für konsumrelevante


Die bisher in diesem Abschnitt diskutierten Determi- Informationen, verbreiten sich auch hier die negativen
nanten einer erfolgreichen persönlichen Kommunikation Nachrichten im Netz schneller als die positiven? Wenn
gelten im Prinzip auch für die Informationsverbreitung man sich die millionenfachen Aufrufe bei You Tube zu
im Internet. Das Internet, in den letzten Jahren besonders dem Thema „Das Samsung Galaxy Note explodiert“ an-
forciert durch das Aufkommen der Sozialen Medien und schaut, dann liefert dieses Beispiel anekdotische Evidenz.
von Nachrichtendiensten wie Twitter etc., hat die Weiter- Berger (2014) kommt in seiner Literaturauswertung je-
leitungsmenge und -geschwindigkeit von Nachrichten doch zu einem ambivalenten Bild. Einerseits würden im
jedoch revolutioniert, und eine der spannendsten Fra- Internet vor allem Nachrichten mit positiver Valenz ver-
gen lautet sicherlich, warum sich manche Nachrichten breitet, weil sich die Versender dann besser fühlen und
in Windeseile im Netz verbreiten, andere jedoch nicht. hoffen, dass etwas von dem Glanz der guten Nachrichten
auf sie abfällt. Andererseits fühlen sich die Konsumen-
Weber und Wirth (2015) haben beispielsweise eine em-
ten, die negative Nachrichten verfassen und verbreiten,
pirische Studie durchgeführt, die sich mit der Frage
oftmals als besonders intelligent, kompetent und als Ex-
auseinandersetzt, „welche Merkmale von Nachrichten-
perte76. De Angelis, Bonezzi et al. (2012) ziehen folgende
ereignissen die interpersonale Nachrichtendiffusion
Quintessenz: Wenn Konsumenten über ihre eigene Er-
beeinflussen“ (ebenda, S. 187). Nach den Erkenntnissen
fahrungen berichten, dann verbreiten sie lieber positive
der Autoren sind vor allem folgende Merkmale relevant
Nachrichten (in der Hoffnung, dass der positive Bericht
(ebenda, S. 194):
auf sie abfärbt), berichten sie dagegen über Erfahrungen
(1) Die Kontroverse bezeichnet die „Kontrastierung von anderer, dann ist die Valenz der verbreiteten Botschaft
Meinungsverschiedenheiten über ein Thema“. eher negativ, da man sich als kritischer Experte geben
(2) Die Nähe bezieht sich auf die „geographische Nähe möchte. Hinzu kommt nach einer weiteren Untersuchung
des Ereignisortes zum Rezipienten“. die empfundene Nähe des Absenders zum Empfänger.
(3) Unter „Schaden werden negative Folgen eines Nach- Wenn es eine enge Beziehung ist, dann werden eher ne-
richtenereignisses verstanden“. gative Nachrichten verbreitet (Dubois, Bonezzi und De
(4) Die Reichweite bezeichnet die „Anzahl der Personen, Angelis, 2016). Letzteres kann auch damit erklärt werden,
die von einem Ereignis betroffen sind“ (räumliche dass man sich im Falle einer engeren Beziehung eher
Ausdehnung des Ereignisses). dazu verpflichtet fühlt, die anderen zu warnen.
Die Autoren können belegen, dass vor allem die Kont- Welche weiteren Bedingungen fördern die Verbreitung
roverse, der angenommene Schaden und dessen Reich- von konsumrelevanten Nachrichten im Netz? Hier
weite die Nachrichtenverbreitung im Netz bestimmt. Je scheint der im Zweiten Teil bereits ausführliche diskutier-
stärker diese Merkmale ausgeprägt sind, desto (1) höher te emotionale Gehalt einer Nachricht ausschlaggebend
ist das Involvement des Nachrichtenempfängers diese zu sein. Eine Auswertung von Stieglitz und Dang-Xuan
Nachricht weiterzuleiten und (2) desto mehr Gedanken (2013) auf der Basis von mehr als 165.000 Tweets bei Twit-
macht er sich über das Ereignis, was ebenfalls wiederum ter belegt, dass emotionale Nachrichten häufiger retwee-
die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass andere informiert ted werden als neutrale Botschaften. Auch Berger (2014)
werden. geht davon aus, dass die Einzigartigkeit einer Geschichte
Weber und Wirth (2015) führten ihre Studie in Bezug und die Aktivierung die diese auslöst, die Weitergabe
auf „typische“ Nachrichten zu (politischen) Ereignissen beschleunigt. Wir halten an dieser Stelle fest:
durch (wie z. B. Streiks, Verbreitung von Adipositas etc.).
Kümpel, Karnowski und Keyling (2015) kommen bei ihrer
76 Einen guten Überblick über die Motive zur Weiterleitung
Literaturauswertung zu dem Schluss, dass insbesondere
Berichte über politische „Krisen“ in den sozialen Medien von Inforamtionen im Netz geben auch Alexandrov, Lilly und
Babakus (2013). Marchand, Hennig-Thurau und Wiertz (2017)
verbreitet werden. Sie weisen allerdings auch darauf hin,
machen darauf aufmerksam, dass bei den Word-of-Mouth-Ak-
dass gegenseitige Verstärkungsprozesse zwischen den tivitäten nicht alle Medien gleichbehandelt werden dürften. Die
klassischen und den neuen Medien stattfinden. Autoren analysieren den Abverkauf von Computerspielen. Hier
Pointiert ausgedrückt gilt vielleicht erneut die gute alte spielten vor der Produkteinführung Microblogs (bei Twitter ge-
Nachrichtenweisheit: „Bad news are good news“ (eine sendet) eine große Rolle, um den Abverkauf zu forcieren, und
zwar unabhängig von der Valenz der Nachrichten, während
Weisheit, über die übrigens Erich Kästner bereits vor die Kundenreviews (hier bei Amazon) entscheident für den
90 Jahren in „Emil und die Detektive“ zu berichten wuss- weiteren Erfolg seien nach der Produkteinführung. Die Valenz
te). der Kundenrezensionen habe am Ende des Diffusionprozesses
einen großen Einfluss.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 499

untersuchen, ob das Phänomen der sozialen Ansteckung


Im Netz werden positive und negative Nachrichten aus
unterschiedlichen Beweggründen verbreitet. Positive Bot-
(„social contagion“) zur Erklärung der Akzeptanz neuer
schaften dienen der Selbsterhöhung, negative lassen den Einkaufskanäle beitragen könne. Soziale Ansteckung
Sender zum kritischen Experten werden. besteht hier aus zwei Faktoren: Zum einen geht es um
Auch hier spielt die soziale Distanz zwischen Sender und den Prozentsatz der Kunden, die in räumlicher Nähe
Empfänger eine Rolle. Je enger die Beziehung, desto eher wohnen und die neue Einkaufsmöglichkeit bereits ad-
möchte man andere warnen. optiert haben. Zum zweiten geht es um den Anteil der
Grundsätzlich kommt es aber auf die Nachricht selbst Kunden, die ähnliche soziodemographische Merkmale
an. Je ungewöhnlicher, aktivierender und emotionaler der aufweisen und ebenfalls den neuen Kanal bereits nutzen.
Inhalt, desto höher ist die Weiterverbreitung im Internet Die Autoren können belegen, dass beide Faktoren die
(hier reicht es in der Regel nicht mehr aus, über das un- Adoption eines neuen Kanals unterstützen. Hier scheint
spektakuläre Wetter zu berichten). es also auch ein Beobachtungslernen zu geben. Leider
untersuchen die Autoren aber nicht explizit, inwieweit
Durch die Kommunikationsmöglichkeiten im Internet die Kommunikation in den sozialen Netzwerken dazu
erhält auch das „Lernen am Modell“ neue Möglichkeiten. beigetragen hat, sondern sie unterstellen nur, dass der
Der Beitrag von Chen, Wang und Xie (2011) beschäftigt persönliche Austausch hierfür ausschlaggebend war.
sich mit dem Zusammenspiel von WoM und „Online Anwendungen im Marketing:
Observational Learning“ anhand des Internethändlers
Die Bedeutung der persönlichen Kommunikation zwi-
Amazon. Hier kann der Konsument zum einen über
schen den Konsumenten kommt in dem Sprichwort
Kundenempfehlungen oder Foren Informationen über
zum Ausdruck „Ein zufriedener Kunde ist der beste
bestimmte Produkte erhalten (Online-WoM). Zum ande-
Verkäufer“: Die persönliche Kommunikation zwischen
ren erfährt der Konsument aber auch, welche Kaufent-
den Konsumenten setzt häufig erst nach dem Kauf eines
scheidungen andere Kunden getroffen haben, z. B.: „80 %
Produktes ein und dient dem Austausch von Konsumer-
der Käufer des Buchs X kauften auch Buch Y“. Das auch
fahrungen.
als Collaborative-Filtering bekannte Prinzip bezeichnen
die Autoren aus Sicht der Konsumenten als „Online-Be- Voraussetzung dafür, dass das Marketing die persönli-
obachtungslernen“. Sie untersuchen in ihrer Studie die che Kommunikation auf dem Markt, die vor oder nach
Frage, welche der beiden Kommunikationsformen den dem Kauf stattfindet, kontrollieren und beeinflussen
stärkeren Einfluss auf das Kaufverhalten ausübt und ob kann, ist eine laufende Beobachtung der Kommunika-
es zwischen den beiden Arten Interaktionseffekte gibt. tionsvorgänge auf dem Markt. Letzteres ist im digitalen
Die Ergebnisse zeigen, dass Mund-zu-Mund-Propaganda Zeitalter nicht einfach zu gestalten. Dennoch können
und Beobachtungslernen unterschiedliche Effekte auf die gerade über Kundenreviews Marktforschung betrieben
Verkaufszahlen ausüben: Negative Mund-zu-Mund-Pro- werden, die aufzeigt, welche spezifischen Informationen
paganda hat einen stärkeren Einfluss auf die Abverkäufe für die Kunden besonders relevant sind. Werden bei On-
als positive Äußerungen. Negative WoM wird von den line Communities eindeutige Fehlinformationen über
Konsumenten als Signal gewertet und ist eine „diag- ein Produkt gestreut, kann der Anbieter versuchen, mit
nostische“ Information. Beim Beobachtungslernen ist sachlichen Argumenten die aus dem Ruder gelaufene
es genau umgekehrt: Hier haben positive Bekenntnis- Diskussion zu berichtigen (Stichwort „Hemmung“, siehe
se anderer Kunden einen signifikant höheren Einfluss unten). Im persönlichen Verkaufsgespräch von Ange-
auf das eigene Kaufverhalten als negative Berichte. sicht zu Angesicht kann die nonverbale Kommunikation
Mund-zu-Mund-Propaganda und Beobachtungslernen vertrauensbildend sein. Hierauf kommen wir in einem
können sich gegenseitig verstärken. Beide Instrumente gesonderten Abschnitt zurück.
verlieren jedoch nach Chen, Wang und Xie (2011) mit Grundsätzlich ist persönliche Kommunikation auf dem
fortschreitendem Produktlebenszyklus an Wirkung. Das Markt nicht für alle Produkte gleichermaßen relevant. Ihr
ist einleuchtend, da Konsumenten mittlerweile eigene kaufentscheidender Einfluss bezieht sich vor allem auf
Erfahrungen haben sammeln können. solche Produkte, deren Konsum unter starkem Bezugs-
Bilgicer, Jedidi et al. (2015) machen darauf aufmerksam, gruppeneinfluss steht. Das sind, wie bereits dargelegt
dass die Mehrzahl der Handelsbetriebe heute „Multi wurde, sozial auffällige und teure Produkte.
Channel“-Händler sind (die also z. B. mit stationären Zur Steuerung der Kommunikation zwischen den Kon-
Geschäfte gestartet sind und anschließend auch Online sumenten verfügt das Unternehmen über zwei Möglich-
Shops angeboten haben und umgekehrt). Die Autoren keiten:
500 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

über ein Produkt oder über einen Hersteller zu verbrei-


Das Marketing kann direkt oder indirekt (über Meinungs-
führer) auf die persönliche Kommunikation zwischen den
ten. Im Internet-Zeitalter wird es jedoch fast unmöglich,
Konsumenten einwirken. eine negative Mund-zu-Mund-Propaganda in den sozia-
len Netzwerken zu stoppen.
Zu (2): Die Förderung bzw. Stimulierung der persönli-
Kozinets, de Valck et al. (2010, siehe Abb. 201) unterschei-
chen Kommunikation verfolgt hingegen den Zweck, die
den drei verschiedene Modelle: Das „Organic Intercon-
Konsumenten durch Werbung, Produktgestaltung und
sumer Influence“-Modell visualisiert, dass Konsumen-
Verkaufspolitik dazu anzuregen, über das Produkt in
ten untereinander kommunizieren, jedoch nicht, weil
einer positiven Weise zu kommunizieren. Die Werbung
dies durch eine WoM-Strategie des Marketing forciert
muss, um das zu erreichen, einen Konversationsanstoß
wurde, sondern um sich gegenseitig zu helfen, zu warnen
bieten und das Produkt „thematisieren“. Sie kann dazu
oder auch um Status zu demonstrieren. Das „Linear Mar-
beispielsweise Sprachelemente zur Verfügung stellen
keter Influence“-Modell veranschaulicht, dass das Mar-
(Jargon, Slogan), die sich für die Konversation zwischen
keting versucht, den Einfluss bestimmter Konsumenten
den Konsumenten eignen und diese fördern. Auch durch
als Meinungsführer gezielt zu nutzen, die dann als Mul-
Maßnahmen der Verkaufsförderung wie „free gifts“, Son-
tiplikatoren in der Interaktion mit anderen Konsumenten
dervorführungen, Umtauschaktionen usw. kann man
gelten. Dabei spricht das Marketing die Meinungsführer
die Konsumenten dazu bringen, sich mit dem Angebot
nicht direkt an, sondern indirekt über die Massenmedien.
auseinanderzusetzen und mit anderen darüber zu spre-
Die wiederum von den Meinungsführern informierten
chen (siehe auch die bereits skizzierte Untersuchung von
Konsumenten kommunizieren untereinander im Prinzip
Berger und Schwartz, 2011) .
nicht; die vom Marketing induzierte Botschaft bleibt so
im Wesentlichen unverändert. Schließlich lassen sich die förderlichen Wirkungen einer
persönlichen Kommunikation zwischen den Konsumen-
Beim „Network Coproduction“-Modell versucht das
ten mit den Vorteilen des persönlichen Verkaufs verknüp-
Marketing schließlich, nicht nur wenige Meinungsführer
fen. Das ist z. B. bei Peer-to-Peer-Märkten (Einav, Farrona-
indirekt über die Massenmedien zu erreichen, sondern
to und Levin, 2016) der Fall (typische Beispiele sind Ebay,
mit einer gezielten „Eins-zu-Eins“-Strategie eine größe-
Uber, Airbnb) bzw. dann der Fall, wenn man Verkäufer
re Anzahl an Konsumenten direkt anzusprechen. Dies
für ein Produkt gewinnt, die selbst zur Zielgruppe77 der
geschieht vor allem über das Internet. Die so informier-
persönlich kommunizierenden Konsumenten gehören.
ten Konsumenten verbreiten ihrerseits die Botschaft an
Auch durch eine Simulation von persönlicher Kommu-
weitere Konsumenten, z. B. über soziale Netzwerke oder
nikation wird versucht, den Erfolg einer – unpersönli-
Blogs. Dabei wird die Botschaft diskutiert oder kreativ
chen – Massenkommunikation zu erhöhen, indem eini-
verändert. Die erreichten Konsumenten sind dann nicht
ge Wirkungsmuster der persönlichen Kommunikation
nur passiv Informierte, sondern aktive Coproducer.
nachgeahmt, d. h., simuliert werden.
Wir wenden uns in diesem Abschnitt der direkten Ein- Imitierte persönliche Beziehungen zwischen einem Kon-
wirkung von Unternehmen auf die persönliche Kommu- sument und einer Medienpersönlichkeit kann man als
nikation zu; im nächsten Kapitel werden wir die Rolle der „parasoziale“ Beziehung bezeichnen. Solche paraso-
Meinungsführer intensiver besprechen. Im Dritten Teil, zialen Beziehungen werden u. a. durch Sendungen im
Kapitel C, gehen wir noch einmal gezielt auf die virale Fernsehen und Rundfunk hergestellt, in denen einzelne,
Kommunikation im Internet ein. dem Publikum bekannte Quizmaster, Ansager, Mode-
Die direkte Einwirkung von Unternehmen auf die per- ratoren usw. auftreten, mit denen sich die Zuschauer
sönliche Kommunikation umfasst zwei Möglichkeiten: emotional verbunden fühlen. Der Begriff der paraso-
(1) Hemmung oder Förderung der persönlichen Kom- zialen Beziehung wurde von Horton und Wohl (1956)
munikation auf dem Markt, bzw. Horton und Strauss (1957) geprägt und hebt sich
von dem vorgelagerten Konzept der sozialen Interakti-
(2) Simulation der persönlichen Kommunikation durch
on ab. Letztere entsteht, wenn „das Verhalten von zwei
die Massenkommunikation.
Menschen voneinander abhängig ist, sodass jedes Ver-
Zu (1): Hemmung der persönlichen Kommunikation halten des einen eine Reaktion auf das vorangehende
ist angebracht, wenn sich auf dem Markt eine negati- Verhalten des anderen ist“ (Asendorpf und Banse, 2000,
ve Mund-zu-Mund-Propaganda entwickelt. Manchmal S. 3). Im Gegensatz dazu existiert bei medial vermittelten
kann negative WoM durch juristische Maßnahmen un-
terbunden werden, etwa dadurch, dass Medien oder an- 77Typische Beispiele sind die „Thermo-Mix“- oder „Tup-
deren Quellen untersagt wird, bestimmte Behauptungen per“-Parties.

Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Lukas Heim mit der Transaktions-ID 4504834 erstellt.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 501

Situationen keine Wechselseitigkeit der Reaktionen zwi- des Einflusses – von der Medienperson auf den Rezi-
schen Medienperson und Rezipient. Stattdessen verhält pienten –, was die Interaktion zu einer asymmetrischen
sich die Medienperson völlig unabhängig davon, wie die Interaktionsform macht, die als parasozial bezeichnet
Zuschauer reagieren. Es existiert lediglich eine Richtung wird (Hartmann, Schramm und Klimmt, 2004). Aus wie-

The Organic Interconsumer Influence Model

Marketingbotschaft
Konsument und ihre Bedeutungen Konsument

Elemente des
Marketing-Mix

Marketer

The Linear Marketer Influence Model

Konsument

Meinungs- Marketingbotschaft
Konsument
führer und ihre Bedeutungen

Konsument
Elemente des
Indirekter
Einfluss Marketing-Mix
(„Seeding“,
One-to-one)

Marketer

The Network Coproduction Model

Konsument

Marketingbotschaft
Konsument Konsument
und ihre Bedeutungen

Konsument
Direkter
Elemente des
Einfluss Marketing-Mix
(„Seeding“,
One-to-one)
Abb. 201: Die Entwicklung der
Word-of-Mouth-Theorie (Quelle:
Kozinets, de Valck et al., 2010, Marketer
S. 72)
502 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

derholten parasozialen Interaktionen entwickelt sich die c) Die Rolle von Meinungsführern und Influencern
parasoziale Beziehung (Gleich und Burst, 1996, S. 184), die
Bei der Kommunikation in kleinen Gruppen hat nicht
als „Interpretationen des Gegenübers mit Blick auf das
jedes Mitglied das gleiche Gewicht. Einige Gruppen-
eigene Selbst“ (Wulff, 1992, S. 286) angesehen werden
mitglieder üben einen stärkeren persönlichen Einfluss
kann. Diese Interpretationen umfassen Bewertungen,
als andere aus. Diese Gruppenmitglieder bezeichnen
Attributionen und Urteile über die Medienperson und
wir bei persönlichen Face-to-Face Beziehungen als Mei-
werden als subjektive Beziehungsdefinitionen ähnlich
nungsführer. Einfluss ausüben heißt, das Verhalten von
wie bei realen Beziehungen im Gedächtnis repräsentiert.
anderen ändern können – im Zusammenhang mit der
Ermöglicht werden diese Interpretationen dadurch, dass
Kommunikation heißt das vor allem, die Ansichten von
Medienakteure ihr Publikum indirekt immer wieder zu
anderen beeinflussen. Im Internet werden diejenigen,
bestimmten Reaktionen „auffordern“, indem sie in fikti-
die Einfluss auf andere ausüben, als Influencer bezeich-
onalen Formaten „durch die Exposition von Emotionen
net (z. B. Nair, Manchanda und Bhatia, 2010). Sie pfle-
beim Publikum ganz gezielt bestimmte Teilnahmeerfah-
gen die Beziehungen jedoch mit mehreren Hunderten,
rungen hervorzurufen suchen“ (Vorderer und Knobloch,
Tausenden oder Hunderttausenden ihnen folgenden
1996, S. 203). Einfach ausgedrückt: Die Medienakteure
Abonnenten (Follower). Wir werden zunächst auf den
müssen in der Lage sein, durch ihre Sprache (Du-Anrede,
klassischen Meinungsführer eingehen und uns dann den
Zielgruppenjargon), durch die Intimität ihrer Gesten oder
Influencern zuwenden. Influencer-Marketing gilt als das
durch die Vertraulichkeit ihrer Stimme eine Atmosphäre
digitale Äquivalent der persönlichen MzM-Propaganda
der persönlichen Gemeinsamkeit, also eine Gruppen-
(Byrne, Kearney und MacEvilly, 2017), in dessen Rahmen
stimmung, zu erzeugen. In einer ähnlichen Konzeption
diese Schlüsselpersonen identifiziert und animiert wer-
benennen Russell, Norman und Heckler (2004, S. 152) das
den sollen, ihren Einfluss zu nutzen, um andere Nutzer
Ausmaß parasozialer Beziehungen als „connectedness“.
des Internets von bestimmten Angeboten zu überzeugen
Es gibt viele derartige Techniken, mit denen man die Il- (Jaakonmäki, Müller und vom Brocke, 2017).
lusion einer persönlichen und direkten Kommunikation
„von Mensch zu Mensch“ erzeugen und die Aktivität Der klassische Meinungsführer: Begriff
des Publikums so stimulieren kann, dass es sich mit der Meinungsführer haben eine Schlüsselstellung in der
ihm zugewiesenen Rolle identifiziert. Beispiele aus der Gruppe. Sie haben mehr Kontakte als andere Gruppen-
Produktwerbung sind Versuche, bei den Umworbenen mitglieder. Sie werden um ihre Ansichten gefragt, ge-
den Eindruck zu vermitteln, dass sie einem exklusiven ben Ratschläge, vermitteln Informationen, suchen aber
Kreis von Verwendern mit eigenen Gruppennormen und auch ihrerseits Informationen und Ratschläge bei ihren
Verhaltensweisen angehören. Fernsehmoderatoren (z. B. Bekannten. Kurzum: Sie entfalten im Rahmen der per-
bei Fernsehshopping-Sendern) veröffentlichen ihren Le- sönlichen Kommunikation eine besondere Aktivität und
benslauf, ihre Hobbies und Vorlieben auf den entspre- übernehmen durch ihren größeren Einfluss oft Auslöse-
chenden Homepages und geben so den Zuschauern einen funktionen für die Meinungen und Entscheidungen der
(vermeintlichen) Einblick in ihr Privatleben. anderen. Meinungsführer spielen nicht nur in Bezug auf
Parasoziale Beziehungen sind in den letzten Jahren ge- Konsumgüter eine Rolle, sondern auch bei komplexen
rade durch Social Media-Aktivitäten forciert worden. Dienstleistungen (Horbel und Woratschek, 2009).
Yuan, Kim und Kim (2016) belegen mittels einer empi-
Der fachsprachliche Begriff „Meinungsführung“
rischen Studie, wie sehr viele Konsumenten es lieben,
weicht vom umgangssprachlichen Begriff vor allem in
mit dem Basketballstar LeBron James über Facebook in
zwei Punkten ab:
Kontakt zu treten, sodass sie nach wiederholten Kontak-
ten zum einen das Gefühl haben, der Sportler sei wie ein (1) Meinungsführung wird nicht als eine weithin er-
guter Freund, und zum anderen schätzen sie auch die kennbare Eigenschaft von Personen aufgefasst, son-
von ihm promotete Marke Nike im Zeitverlauf immer dern als eine verbreitete Form des Kommunikations-
mehr. Auch Chung und Cho (2017) können aufzeigen, verhaltens in kleinen Gruppen. Dadurch wird auch
dass die Social Media Interaktionen parasoziale Bezie- die hohe Zahl von Meinungsführern verständlich.
hungen zu Berühmtheiten begünstigen, insbesondere Man nimmt an, dass hinsichtlich eines bestimmten
dann, wenn die Berühmtheiten in den sozialen Netz- Meinungsgegenstandes durchschnittlich 20 bis 25 %
werken sehr viel über ihr persönliches Leben preisgeben der Kommunikationsteilnehmer Meinungsführer
(„self-disclosure“). sind.
(2) Meinungsführung ist ein graduelles Phänomen: Es
ist nicht so, dass jemand entweder die Rolle des Mei-
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 503

nungsführers übernimmt oder nicht. In Abhängig- einer Befragung über ihre Wirkung auf die Kommu-
keit vom Umfang des persönlichen Einflusses, den nikationsteilnehmer, oder eine Ex-post-Befragung, mit
jemand ausübt, spricht man von einem Mehr oder der das Kommunikationsgeschehen über die subjektive
Weniger an Meinungsführung. Wahrnehmung der Beteiligten erfasst wird. Üblich –
In der Sozialpsychologie hat man zunächst versucht, die auch in der verhaltenswissenschaftlichen Marketing-
Eigenschaften zu finden, die eine Person dazu befähigen, forschung – ist die Ex-post-Befragung. Die Meinungs-
Meinungsführer zu werden (oder ganz allgemein eine führung kann wie folgt ermittelt werden (siehe auch
Führung zu übernehmen). Inzwischen ist man zu der Friedrichs, Schluchter und Solga, 2008):
Einsicht gelangt, dass es kaum möglich ist, Meinungs- (1) soziometrischer Test,
führung an bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen fest- (2) Selbsteinschätzung der Befragten.
zumachen. Der soziometrische Test geht auf Moreno (1934, deutsch
Das heißt aber nicht, dass persönliche Eigenschaften 1995) zurück und ist ein Verfahren zur quantitativen
nicht dafür verantwortlich sind, ob jemand ein schwa- Erfassung der Beziehungen zwischen den Gruppenmit-
cher oder starker Meinungsführer ist: Meinungsführung gliedern, bei Moreno insbesondere ihrer gegenseitigen
entsteht im Wesentlichen aus dem Zusammenwirken von Zu- und Abneigungen. Die Personen werden gefragt, mit
situativen und persönlichen Bedingungen. wem sie am meisten verkehren, wen sie mehr oder we-
Persönliche Merkmale, welche die Meinungsführung niger gern haben oder mit wem sie am liebsten Kontakt
fördern, sind vor allem haben möchten. Durch diese Fragen ermittelt man die
faktische Interaktion zwischen den Personen sowie ihre
●● das anhaltende persönliche Involvement, Interaktionspräferenzen. Technisch gesehen geht das so
●● die kommunikative und sachliche Kompetenz, die vor sich, dass man die Befragten auffordert, von sich aus
wesentlich von persönlichen Eigenschaften bestimmt eine Person zu wählen, und zwar im Hinblick auf die
wird. verschiedenen oben angegebenen Gesichtspunkte. Man
Die kommunikative Kompetenz wird unter anderem fragt z. B.: „Nennen Sie die Person, von der Sie sich am
von persönlichen Fähigkeiten und Neigungen wie dem liebsten Rat holen“.
Sprachvermögen und der Geselligkeitsneigung mitbe- Die Auswertung der Antworten kann durch ein Sozio-
stimmt. Auch die sachliche Kompetenz hängt von per- gramm, eine Soziomatrix oder durch soziometrische
sönlichen Voraussetzungen wie Intelligenz ab. Indizes erfolgen. Das Soziogramm ist eine graphische
Noelle-Neumann (1985) hat gezeigt, dass „Persönlich- Darstellung der durch die Erhebung erfassten Kommu-
keitsstärke“ und Meinungsführung eng verbunden sind. nikationsbeziehungen. Pfeile von Person zu Person geben
Dabei kann die von ihr ermittelte Persönlichkeitsstärke an, wer wen „gewählt“ hat. Die vom Soziogramm dar-
teils als gemessene Meinungsführung (Selbsteinschät- gestellten Informationen können noch in verschiedener
zung der Befragten auf Skalen wie „Ich merke öfter, dass Hinsicht erweitert und verfeinert werden, etwa indem
sich andere nach mir richten“) und teils als gemessene man neben den positiven Wahlen auch die negativen
Persönlichkeitseigenschaften, die sich in Meinungsfüh- (Ablehnungen) angibt oder indem man bestimmte Eigen-
rung niederschlagen, aufgefasst werden. schaften der Kommunikationspartner anzeigt.
Situative Bedingungen, die Meinungsführung fördern, Der soziometrische Status einer Person wird durch An-
sind vor allem das situative Involvement einer Person, zahl und Art der empfangenen Wahlen gekennzeichnet.
das ihre Kommunikationsaktivitäten fördert, und die Man kann Personen unterscheiden, die durchschnittlich
Kommunikationssituation, die eine Person mit der Nach- viele Wahlen, mehr oder weniger Wahlen erhalten haben.
frage nach meinungsbildenden Gefühlsäußerungen und Aus der Soziozentralität einer Person, die in einer über-
Informationen konfrontiert. Durch Interaktion dieser Be- durchschnittlichen Zahl von Wahlen zum Ausdruck
dingungen mit weiteren (bisher nicht so konkret erfass- kommt, kann man auf Meinungsführung schließen.
ten) persönlichen und situativen Bedingungselementen Obwohl zwischen Soziozentralität und Meinungsfüh-
wird das Ausmaß an Meinungsführung geprägt, durch rung ein enges Verhältnis besteht, kommt es im Ein-
das eine Person gekennzeichnet ist. zelfall auf die erfragten Kommunikationsbeziehungen
Messung von Meinungsführung: Die Meinungsfüh- an, wie valide die Soziozentralität als Indikator für die
rung wird im Wesentlichen anhand des (situationsab- Meinungsführung ist. Es ist ein Unterschied, ob man die
hängigen) Kommunikationsverhaltens von Gruppen- Zentralität einer Person in einem Kommunikationsnetz
mitgliedern gemessen. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: von mehr freundschaftlich orientierten Beziehungen
Eine Beobachtung der Kommunikation, verbunden mit oder in einem Kommunikationsnetz von mehr beruflich
504 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

orientierten Beziehungen ermittelt. In Abhängigkeit von ●● Wenn Sie sich mit Ihren Freunden vergleichen, werden
den jeweiligen Kommunikationsbeziehungen drückt die Sie ungefähr genauso gern oder mehr oder weniger
zentrale Stellung einer Person verschiedene funktionelle gern um Ratschläge über das Produkt X gefragt?
Aspekte der Meinungsführung aus. Man hat deswegen ●● Haben Sie den Eindruck, dass Sie allgemein von Ihren
zunächst einmal anhand von speziellen Kriterien anzu- Freunden und Nachbarn als gute Quelle für Ratschlä-
geben, was man im Hinblick auf ganz bestimmte Kom- ge betrachtet werden?
munikationsbeziehungen (Freundschaftsbeziehungen,
Es ist nur möglich, die Selbsteinschätzung für die Mes-
berufliche Beziehungen usw., siehe auch Coleman und
sung der Meinungsführung zu verwenden, wenn das
Katz, 1966) unter Meinungsführung zu verstehen hat.
Kommunikationsgeschehen von den (befragten) Teilneh-
Erst dann kann man beurteilen, wie weit sich die Zen-
mern bewusst erlebt wird und wenn sich der Einzelne
tralität in den entsprechenden Kommunikationsnetzen
grundsätzlich im Klaren ist über die Beeinflussung an-
mit der Meinungsführung deckt.
derer bzw. die Meinungsführung. Dabei sind Fehlein-
Das Soziogramm gibt uns ebenfalls Aufschluss über die schätzungen des eigenen Verhaltens einzukalkulieren.
Rollen der einzelnen Personen bei der persönlichen Kom- Kritisch anzumerken ist, dass die Selbsteinschätzung
munikation, insbesondere über die zentrale Stellung der nur eine einseitige „Momentaufnahme“ der individuell
Meinungsführer. Je nach Art der Kommunikationsbe- wahrgenommenen Meinungsführung liefert, die den in-
ziehungen kann ein solches System mehr oder weniger teraktiven Prozess der Meinungsführung unzureichend
zentriert sein. erfasst (Kaas, 1990, S. 193). Es ist daher sinnvoll, Langzeit-
studien anzustreben.
Der soziometrische Test ist ein relativ genaues und valides
Verfahren zur Ermittlung der Meinungsführung. Der Influencer: Begriff und Messung
Influencer in diesem Kontext sind definiert als „Everyday
Er vermag genaue Einblicke in die persönlichen Bezie- consumers who are substantially more likely than the
hungen in einem sozialen System, u. a. in die persönli- average to seek information and to share ideas, informati-
chen Beziehungen der Abnehmer auf einem Markt, zu on, and recommendations with other people“ (Keller und
liefern. Wegen der Beschränkung auf kleinere, abgrenz- Fay, 2016). Sie ähneln damit auf den ersten Blick den klas-
bare Marktausschnitte und des aufwändigen Untersu- sischen Meinungsführern. Influencer haben aber darüber
chungsverfahrens ist die Soziometrie bisher vor allem hinaus eine starke Präsenz und ein hohes Ansehen in den
genutzt worden, um Kommunikationsnetze und Mei- sozialen Netzwerken. Daher spielen auch Prominente
nungsführer auf überschaubaren Investitionsgütermärk- (wie Sportler, Schauspieler etc.) als Influencer eine große
ten festzustellen. Ziel war es, Meinungsführer nament- Rolle. Kilian (2016) nimmt eine Differenzierung zwischen
lich zu identifizieren, um diese in der Folge gezielt durch zwei Arten von Influencern (siehe Abb. 202) vor:
Direktwerbung und Verkaufsförderungsmaßnahmen (a) Die sogenannten „Etablierten“: Das sind prominente
anzusprechen. „traditionelle“ Testimonials, die durch Sport, Musik,
Zur Selbsteinschätzung der Befragten: In vielen Marke- Mode oder Film und Fernsehen weithin bekannt sind
ting-Untersuchungen wird nach wie vor die Meinungs- und über entsprechend hohe Fan-, Abonnenten- und/
führung dadurch ermittelt, dass man die Personen einer oder Followerzahlen in den sozialen Medien verfü-
Stichprobe direkt oder indirekt danach fragt, ob und gen
in welchem Ausmaß sie sich selbst als Meinungsführer (b) Die „Neuen“: Das sind prominente „reine“ Inter-
einschätzen. Für diese Selbsteinschätzung haben sich fol- net-Testimonials, die aufgrund ihrer Aktivitäten in
gende Fragen in empirischen Untersuchungen bewährt: den sozialen Medien bekannt und beliebt sind und
●● Ganz allgemein gesehen, sprechen Sie gern über das Fans, Abonnenten und/oder Follower ebenfalls in
Produkt X mit Ihren Freunden? Millionenhöhe haben.
●● Meinen Sie, dass Sie dabei Ihren Freunden nur sehr Neben den Prominenten, die in der Regel als Makro-In-
wenige, durchschnittlich viele oder sehr viele Infor- fluencer bezeichnet werden, gibt es sogenannte Mik-
mationen über das Produkt X geben? ro-Influencer, deren Abonnenten-/Followerzahl sich
●● Wenn Sie mit Ihren Freunden über das Produkt X zwischen 1.000 und 100.000 bewegt (adzine.de, 2017).
diskutieren, welche Rolle spielen Sie dabei meistens? Aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei um Influen-
Hören Sie hauptsächlich zu, was Ihre Freunde sagen, cer handelt, die sich auf ein bestimmtes Thema (häufig
oder versuchen Sie, Ihre Freunde von Ihren eigenen auch eine Nische) spezialisiert haben, weisen sie eine sehr
Ideen zu überzeugen? homogene und vor allem treue Fanbasis auf, die zielgrup-
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 505

pen-relevantes Marketing ohne großen Streuverlust er- Erkenntnisse aus dem Bereich des Celebrity Endorse-
laubt (tobesocial.de, 2017) und damit kosteneffizient sind ment (z. B. Byrne, Whitehead und Breen, 2003), die auf
(Bakshy, Hofman et al., 2011). Micro-Influencer spielen in das Influencer-Marketing übertragen werden können,
regionalen Märkten eine große Rolle. Das Bewerben eines besagen, dass zwei wesentliche Faktoren für den Erfolg
lokalen Produktes oder Unternehmens aber macht nur der Endorser ausschlaggebend sind:
dann Sinn, wenn die Follower auch Zugang zu diesem (1) Ein wesentlicher Erfolgsfaktor stellt hierbei die Glaub-
Produkt bzw. Unternehmen haben. Ein lokales Restau- würdigkeit dar, die die Expertise sowie die Vertrau-
rant beispielsweise sollte daher mit einem Mikro- statt enswürdigkeit des Kommunikators umfasst. Die Ex-
einem Makro-Influencer werben, wenn dieser Zugang zu pertise beschreibt die wahrgenommenen Kenntnisse,
der avisierten Zielgruppe hat (Absatzwirtschaft, 2017). Fähigkeiten oder Erfahrungen; Vertrauenswürdigkeit
Konsumenten können sich mit einem lokalen Influen- setzt ein, wenn die Konsumenten darauf vertrauen,
cer besonders dann identifizieren, wenn dessen Leben dass der Kommunikator objektive, unverzerrte In-
eine starke Verknüpfung zur eigenen Herkunftsregion formationen bereitstellt.
aufweist. Bei Prominenten hingegen besteht die Gefahr (2) Die Attraktivität des Kommunikators ist der zweite
der werblichen Omnipräsenz, was zu einer Verwässe- Erfolgsfaktor, der noch einmal in die wahrgenomme-
rung der Marke und dazu führen kann, dass die Marke ne Ähnlichkeit zwischen Kommunikator und Kon-
nicht so positiv auffällt und heraussticht wie gewünscht sumenten, in die Vertrautheit (= Gefühl, man würde
(Kilian, 2017, S. 63). Wir kommen darauf im Dritten Teil, die Person tatsächlich kennen) und in das Gefallen
C noch einmal zu sprechen. Schließlich stellt sich die (bezieht sich auf die physische Erscheinung, das Ver-
Frage, ob Influencer anhand ihrer Attraktivität und/oder halten oder die Persönlichkeit des Kommunikators)
aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit gemessen werden. differenziert werden kann.

Abb. 202: Arten von Influencern in Anlehnung an Kilian (2016)

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506 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Informationen, die von einem glaubwürdigen Kom- allerdings mit dem Ziel, Schlüsselpersonen ausfindig
munikator stammen, beeinflussen unter anderem Ein- zu machen, die dann mit (Werbe-)Botschaften anderer
stellung und Verhalten der Rezipienten positiv. Durch Unternehmen versorgt werden.
den Internalisierungsprozess übernimmt der Rezipient Zur Ermittlung von Kommunikationsnetzen im Inter-
die Meinung des Kommunikators. Die Attraktivität des net wird die Methode der sogenannten „Netnographie“
Kommunikators hingegen führt zur Identifikation – man eingesetzt. Die Methode wurde von Kozinets (1998, 2002)
will dem Kommunikator möglichst ähnlich sein und in die verhaltenswissenschaftliche Literatur eingeführt
übernimmt so dessen Einstellungen, Präferenzen oder und hat sich bei der Untersuchung von Cyberkulturen
Verhaltensweisen (Byrne, Whitehead und Breen, 2003, und virtuellen Gemeinschaften bewährt (siehe auch
S. 291). Influencer können auf den beiden Dimensionen Füller, Mühlbacher und Bartl, 2006; Weijo, Hietanen
mehr oder weniger stark verankert sein. Liegt ihr Fokus und Mattila, 2014 oder Kozinets, Patterson und Ash-
auf der Glaubwürdigkeitsdimension, so werden sie im man, 2017). Die Netnographie nutzt ethnographische78
Englischen auch „opinion leader“ im Netz genannt (z. B. Forschungsmethoden, um reichhaltige und tiefgehen-
Goldenberg, Han et al., 2009), was übersetzt wieder „Mei- de Beschreibungen über die Lebens- und Erlebniswelt
nungsführer“ heißt. von Computergemeinschaften79 zu erhalten, bei denen
Das Produkt wird bei den „neuen“ Influencern in ei- der Zugang über traditionelle Methoden der Marktfor-
nem „realen“ Lebensumfeld dargeboten, was man den schung (z. B. standardisierte Befragung) schwierig ist.
etablierten Celebrities nicht immer abnimmt (nach dem Kozinets nutzt bei seinen Analysen beispielsweise Dis-
Motto: „Die Stars nutzen doch in ihrem wahren privaten kussionsforen (z. B. „Chatrooms“, Blogs, „Multiplayer
Leben sehr viel teurere Marken“). Die „neuen“ Influencer Online Games“) oder E-Mail-Verteilerlisten und wendet
versuchen zudem durch die wiederholten Beziehungen einen Multimethodenmix an (Beobachtung, Teilnahme
zu den Followern Vertrauen zu gewinnen, sodass diese
dem Influencer glauben oder sein Urteil wertschätzen,
78 „Ethnographie“ bedeutet übersetzt „Völkerbeschreibung“
wenngleich sie wissen, dass dieser für das Bewerben
und stellt ein Methodenspektrum der völkerkundlichen For-
des Produktes bezahlt wird (Woods, 2016, S. 15). Hier
schung dar. Das zentrale Anliegen der Ethnographie liegt da-
spielt die ebenfalls schon skizzierte „parasoziale Bezie- rin, das Leben und die Sozialstruktur fremder Kulturen aus
hung“ wieder eine Rolle. Diese soll auch vor den negati- deren Sichtweise zu verstehen. Die Ethnograhie ist dem Emic-
ven Folgen des Aufdeckens der Werbeabsicht schützen Ansatz zuzuordnen, einem Forschungsansatz innerhalb der
(wie bereits angesprochen, vermindert „disclosure“ die interkulturellen Marktforschung (Cross Cultural Research),
Werbewirkung, De Jans, Cauberghe und Hudders, 2018). der das in einer nationalen Population auftretende Verhalten
oder die vorherrschenden Werte als einzigartig ansieht und
Messung: Wie können Influencer gemessen werden? versucht, diese Phänomene mithilfe von systemimmanenten
Eine entscheidende Kennziffer ist die Anzahl der Follo- Konzepten bestmöglich abzubilden. Dieser Ansatz erfordert
wer. Da es neben den Makro- aber auch die Mikro-In- die gesonderte Entwicklung kulturspezifischer Messinstru-
fluencer gibt, ist die Follower-Anzahl allein aber nicht mente. Der Forscher nimmt im Gegensatz zum Etic-Ansatz ei-
aussagekräftig. Risselada, Verhoef und Bijmolt (2016) nen Standpunkt innerhalb des Systems ein. Die Untersuchung
beschränkt sich auf eine Kultur.
schlagen beispielweise vor, auch die Influencer (wie die 79
Hemetsberger (2002, 2006) beschäftigt sich in ihren Studi-
klassischen Meinungsführer) per Selbstauskunft zu er- en zum einen mit der Frage, warum sich Konsumenten in
mitteln. Die „Befragung von Schlüsselinformanten“ stellt Online-Communities engagieren, um gemeinsam qualitativ
eine weitere Methode dar, die in Zukunft vermutlich be- hochwertige (Software-)Innovationen zu erstellen. Dabei sind
deutsamer wird, wenn beispielsweise soziale Netzwerke sie vor allem intrinsisch motiviert und arbeiten ohne finanzi-
über eine spezifische Software (Stichwort „Suchroboter“) elle Anreize. Zum anderen fragt sie sich, wie dieser kollektive
solche Schlüsselakteure (Wer fragt im Netz gezielt nach Prozess organisiert wird, bei dem Teilnehmer aus aller Welt
nur über eine Internet-Plattform zusammenfinden, sich also
Auskunft durch Meinungsführer?) ausfindig machen nur virtuell begegnen, und dennoch erfolgreiche Produkte
(sofern das datenschutzrechtlich erlaubt ist). Das könnten entwickeln. Die Autorin widmet sich dieser Thematik aus
im Internet auch die sogenannten „follower hubs“ sein. verschiedenen Blickwinkeln: Sie versucht z. B. aus Sicht der
Das sind Personen mit vielen sozialen Kontakten, die Motivations- und Selbsterfahrungstheorie individuelle Fakto-
jedoch keine Experten in Bezug auf bestimmte Produkte ren herauszuarbeiten, die erklären, welche Beweggründe den
sind und neue Produkte erst nach diversen Informatio- einzelnen Konsumenten dazu verleiten, sich in der Free-and-
Open-Source-Bewegung (F/OSS) mit großem Enthusiasmus
nen ausprobieren (Goldenberg, Han et al., 2009). Vielfach
einzubringen und wie die Struktur und das „Zusammenleben“
werden von den Betreibern sozialer Netzwerke auch un- in diesen Gemeinschaften aussieht. Sie erklärt u. a. auf der Basis
ternehmensinterne, sogenannte „persönliche Späher“ sozialer Austauschtheorien, wie kollektives Wissen in Online
eingesetzt, die sich mit vielen anderen Usern vernetzen, Communities generiert werden kann.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 507

in Gesprächsforen, Interviews, Kopien der schriftlichen ben den bereits skizzierten hubs können in den sozialen
Kommunikation etc.)80. Netzwerken auch sogenannte „fringes“ (wenig vernetzte
Nach der soziometrischen Studie von Goldenberg, Han Konsumenten) und „bridges“ (Konsumenten, die in meh-
et al. (2009) ist es zweckmäßig, gerade in Bezug auf Social reren (Sub-)Netzwerken und daher als „Brückenbauer“
Media zwischen opinion leaders und sogenannten „social zwischen den Netzen aktiv sind) identifiziert werden.
hubs“ zu differenzieren. Meinungsführer zeichnen sich Nach Erkenntnissen der Autoren sind auch hier hubs
demnach durch drei Charakteristika aus: Persönlichkeit, weniger wegen ihrer Beeinflussungskraft (das wären
Anzahl sozialer Kontakte und vor allem durch Kompe- eher opinion leader), sondern aufgrund ihrer enormen
tenz und Expertise. „Hub“ heißt zu Deutsch Verkehrskno- Aktivität im Internet von hoher Bedeutung.
tenpunkt; als „social hubs“ werden stark vernetzte Perso- Verhalten und Einsatz von Meinungsführern
nen bezeichnet, also Menschen mit sehr vielen (virtuellen)
sozialen Kontakten (wie bereits angedeutet), die aber im Die Flut von Veröffentlichungen über Meinungsführung
Unterschied zu den Meinungsführern kein besonderes erlaubt es nicht mehr, an dieser Stelle einen Überblick
Expertenwissen aufweisen müssen. Für die Autoren war über die zahlreichen Erkenntnisse zum Verhalten der
die Funktion von social hubs in Adoptionsprozessen von Meinungsführer – insbesondere auf Produktmärkten –
besonderer Relevanz. Hier differenzieren sie noch einmal zu geben. Wir erörtern nachfolgend einige Untersuchun-
zwei Untergruppen: Die „innovator hubs“ haben viele so- gen, die grundlegende Einsichten in
ziale Kontakte, sind zugleich aber auch sehr innovations- ●● den sozialen Status,
freudig und bereit, auf der Basis weniger Informationen ●● das Kommunikationsverhalten,
ein neues Produkt auszuprobieren. Die „follower hubs“ ●● die Einflussbereiche
sind zwar auch intensive Netzwerker (sonst wären sie kei- der Meinungsführer gebracht haben, anschließend die
ne hubs), aber sie sind nicht sehr innovationsfreudig und sozialtechnischen Folgerungen.
benötigen viele Informationen, bevor sie sich an ein neues
Produkt heranwagen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, Sozialer Status: Da Meinungsführung durch persönli-
dass innovator und follower hubs unterschiedliche Funk- che Kommunikation im Wesentlichen innerhalb einer
tionen im Adoptionsprozess einnehmen: Innovator hubs Gruppe zustande kommt, können wir erwarten, dass
setzen den Innovationsprozess schnell in Gang, während sich die Meinungsführer und die von ihnen beeinfluss-
follower hubs für einen hohen Marktanteil relevant sind. ten Konsumenten im sozialen Status kaum unterschei-
Die Autoren begründen diesen Befund mit der Erklärung, den. Die Meinungsführung, die mit realen persönlichen
dass die meisten Menschen eher innovationsscheu und Beziehungen einhergeht, ist ein Beeinflussungsprozess,
daher eher geneigt seien, das Verhalten der ebenfalls we- der hauptsächlich horizontal in den sozialen Schichten
niger innovationsaffinen follower hubs nachzuahmen. verläuft. Inwieweit dieses auch für Meinungsführer im
Nach Ansicht der Autoren kann das generelle Hub-Ver- Internet gilt, ist derzeit noch unklar, es ist jedoch anzu-
halten einen Hinweis auf den späteren Markterfolg von nehmen, dass bei virtuellen Kontakten der soziale Status
neuen Produkten geben. weniger relevant ist.
Auch die experimentellen Erkenntnisse von Hinz, Skiera Kommunikationsverhalten: Mit Meinungsführung ist
et al. (2011)81 bestätigen die besondere Relevanz von hubs stets ein aktives Kommunikationsverhalten verbunden.
für den Erfolg von Marketingkampagnen. Die Autoren Aktives Kommunikationsverhalten führt aber erst dann
beschäftigen sich mit „Seeding-Strategien“ in der vi- zur Meinungsführung, wenn es auf geeignete Empfänger
ralen Kommunikation. Seeding (zu Deutsch „Sähen“) stößt, welche sich dem Informationsangebot der Mei-
bezeichnet die gezielte Verbreitung von Informationen nungsführer öffnen oder aktiv nach Informationen su-
über Social Media. Hier werden Informationen mit dem chen. Das ist dann der Fall, wenn die Empfänger hinrei-
Ziel ins Netz gestellt, dass sie von gut vernetzten Per- chend involviert sind, etwa weil sie ein hohes Kaufrisiko
sonen aufgriffen werden, die ihrerseits für Verbreitung empfinden, das sie durch die persönliche Kommunika-
sorgen (Van der Lans, Van Brueggen et al., 2010). Ne- tion abbauen wollen.
Wenn wir Meinungsführer als Kommunikanten, also
als Empfänger von Informationen betrachten, dann fällt
80
Zur Forschungsethik der „Netnographie“ siehe auch Kozi- zunächst einmal auf, dass das Kommunikationsverhalten
nets (2002).
81 der Meinungsführer durch einen verstärkten Konsum
Es gibt sehr viele Studien, häufig auf Computersimulationen
beruhend, die sich mit Seeding-Strategien beschäftigen und von Massenmedien gekennzeichnet ist, insbesondere
teilweise zu widersprüchlichen Erkenntnissen kommen (Hinz, von solchen, die sie über ihren Kompetenzbereich infor-
Skiera et al., 2011, S. 57). mieren (Solomon, Bamossy et al., 2016).
508 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Einflussbereiche: Aufgrund einiger älterer Untersu- Einsatz von Meinungsführern/Influencern: Meinungs-


chungen (etwa von Katz und Lazarsfeld, 1972) nahm führer sind Schaltstellen der Kommunikation und üben
man zunächst an, dass der sachbezogene Einflussbereich nur dann Einfluss aus, wenn es um Themen geht, an
eines Meinungsführers im Wesentlichen auf sehr wenige denen ihre Kontaktpartner interessiert sind. Der Einfluss
(einzelne) Gegenstandsbereiche beschränkt ist. Durch von persönlichen Meinungsführern bleibt auch deshalb
spätere Untersuchungen ist man zu einer anderen, noch beschränkt, weil über die Meinungsführer stets nur ein
heute akzeptierten Hypothese gekommen (Solomon, Ba- Teil der Konsumenten erreicht werden kann, sofern sie
mossy et al., 2016, S. 410f.): Face-to-Face mit anderen Konsumenten kommunizie-
ren. Influencer, die in virtuellen Gemeinschaften agieren
Wenn jemand Meinungsführer für ein Produkt ist, dann und über soziale Medien/Nachrichtendienste sehr viele
ist er mit großer Wahrscheinlichkeit auch Meinungsfüh- andere Konsumenten ansprechen können, haben – wie
rer für andere Produkte. Es gibt aber keine omnipotente angesprochen – eine ganz andere Reichweite und werden
Meiungsführerschaft. daher im Marketing seit einigen Jahren sehr gezielt in die
Komunikationspolitik eingebunden.
Bei der Frage, ob sich die Meinungsführung einer Person Kozinets, Patterson und Ashman (2017) können z. B. auf-
auf einen Meinungsgegenstand (monomorphe Meinungs- zeigen, dass Food-Blogger, die auch Bilder von Lebens-
führung) oder auf mehrere Meinungsgegenstände (poly- mitteln in Umlauf bringen, sehr dazu beitragen, dass
morphe Meinungsführung) erstreckt, ist zu beachten, dass Lebensmittel und gute Gerichte zur Passion werden kön-
bereits eine grundlegende Einengung der Meinungsfüh- nen. Studien von Chae, Stephen et al. (2016) kommen zu
rung durch eine Person vorliegt, wenn wir sie nur auf den der Erkenntnis, dass die von ihnen untersuchten „Seeded
Markt beziehen (gegenüber einer Meinungsführung, die Marketing Campaigns“, das sind hier Kampagnen, bei
auch politische, soziale, kulturelle und andere Meinungs- denen Firmen Produkte an Influencer senden mit der
gegenstände betrifft). Man kann davon ausgehen, dass Bitte, WOM zu verbreiten, diverse Spillover-Effekte ent-
sich die Meinungsführung einer Person innerhalb einer falten können. Dabei zeigen sich aber nicht nur positive
Produktkategorie durchweg auf mehrere Produkte richtet, Spillover-Effekte in dem Sinne, dass die Konversationen
also insofern bereits als polymorph bezeichnet werden über das spezielle Produkt gesteigert werden, sondern
kann. Die Überlappung der Meinungsführung auf meh- auch negative, nämlich insofern, dass WOM-Aktivitäten
reren Produktmärkten ist am größten, wenn durch die über andere Produkte derselben Marke/Unternehmung
Produkte ähnliche Interessen involviert werden. sowie über Konkurrenzprodukte derselben Produktkate-

Abb. 203: Social Media bei Daniel


Wellington (Quelle: mediakix.com)
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 509

gorie reduziert werden. Diese Art des Marketing könnte persönliche Kommunikation und die Massenkommuni-
somit (als Guerilla-Marketing-Maßnahme auch von der kation verstanden, die sich nicht auf sprachliche Infor-
Konkurrenz) genutzt werden, um die Konversation on- mationsübertragungen stützen. Nach dieser Einteilung
line gezielt auf ein bestimmtes Produkt zu lenken und ist auch die vokale Kommunikation eine Form der nicht-
gleichzeitig von anderen Produkten abzulenken. sprachlichen Kommunikation (Weinberg, 1986, S. 5 ff.).
Ob das Influencer-Marketing einen langfristigen Hype Dieser Begriff schließt zwei Formen der nonverbalen
erlebt, der auch „echte Ratgeberinstitutionen“ hervorbrin- Marktkommunikation ein:
gen wird oder ob aufgrund der vielen neuen Gesichter, ●● die Kommunikation mittels Gesichts- und Körper-
der damit einhergehenden Beliebigkeit und mangelnden sprache,
Glaubwürdigkeit oder aufgrund strenger gesetzlicher ●● die Kommunikation mittels materieller Gegenstände.
Auflagen (Stichwörter: Rechtlich verbindliches „Disclo-
Während die erstgenannte Form in der sozialpsycho-
sure“ für alle Arten von Influencer-Aktivitäten im Netz
logischen Literatur unumstritten ist (Mehrabian, 1972;
und „Influencer TÜF“) das Influencer Marketing in we-
2017), gibt es zu der letztgenannten Form nur wenige
nigen Jahren an Bedeutung wieder verloren hat, bleibt
Untersuchungen (Knapp, Hall und Horgan, 2013). Bei
abzuwarten.
der Kommunikation mittels Gegenständen geht es um
Ein schönes, positives Praxisbeispiel stammt von Esch materielle Verständigungsmittel wie Kleidung, Möbel,
(2017): Die Daniel Wellington Uhr wurde vor allem über Geschenke und Dinge des täglichen Bedarfs usw. Beide
soziale Medien beworben. „Postet ein Instagramer ein Formen der nonverbalen Kommunikation findet man
Bild mit einer Wellington-Uhr und verlinkt die Marke sowohl in der persönlichen Kommunikation als auch
darauf, besteht die Möglichkeit, dass das Bild auch auf in der Massenkommunikation (z. B. die Mimik eines
der Website des Unternehmens gezeigt wird. Die Mar- Sprechers, Verwendung von Bildern oder materiellen
ke nutzt den Content anderer damit aktiv, steuert aber Verständigungsmitteln).
selbst, welche Bilder zur Marke passen und veröffentlicht
werden“ (ebenda, siehe auch Abb. 203). Kennzeichnung und Messung
In der klassischen Werbung, insbesondere in der Rund- Nonverbale Kommunikation bezeichnet also all jene
funk- und Fernsehwerbung, werden zudem symboli- menschlichen Ausdrucksformen, die weder schriftlich
sche Meinungsführer eingesetzt, zum Beispiel Ärzte im noch durch das gesprochene Wort übertragen werden
Rahmen eines Testimonialspots, die bestimmte Medika- (Bekmeier, 1989a, 1994a). Für „nonverbal“ werden auch
mente empfehlen. Schließlich werden heute fiktionale synonyme Begriffe wie „außersprachlich“, „nichtsprach-
Charaktere, also Menschen, denen man aufgrund ihrer lich“, „nichtlinguistisch“ oder „averbal“ verwandt. Die
Rolle in Filmen oder Serien eine Meinungsführerschaft verschiedenen Formen der nonverbalen Kommunikation
zutraut, als Werbepersonen präsentiert (Gröppel-Klein können durch die bei der Information benutzten Über-
und Spilski, 2009; Spilski, 2011). tragungswege beschrieben werden (vgl. Abb. 204):
Danach tritt die nonverbale Kommunikation bei der di-
d) Nonverbale Kommunikation rekten Interaktion von Mensch zu Mensch als zweites
In Anbetracht der begrifflichen Vielfalt in der Sozial- Verständigungssystem neben die Sprache.
psychologie empfiehlt sich aus anwendungsorientierter Die nonverbale Kommunikation durch Körpersprache
Sicht für die Marktkommunikation ein weitgefasster Be- umfasst im Wesentlichen
griff: Unter nonverbaler Kommunikation werden hier die ●● Gesichtsausdruck,

Empfängerorientierte Senderorientierte Beispiel


Klassifikation Klassifikation
auditiver Kanal (Gehörsinn) akustischer Kanal Variation der Stimmfrequenz
taktiler Kanal (Tastsinn) kinetischer Kanal Hautkontakt
olfaktorischer Kanal (Geruchssinn) chemischer Kanal Duftstoffe
gustatorischer Kanal chemischer Kanal Geschmack
(Geschmackssinn)
Abb. 204: Empfänger- und sender- thermaler Kanal (Temperatursinn) thermaler Kanal Körperwärme
orientierte Übertragungsmodalitä- visueller Kanal (Sehsinn) optischer Kanal Mimik, Gestik, Körpersprache
ten nonverbaler Signale
510 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

●● Blickkontakt, chen, die nonverbale Kommunikation des anderen Inter-


●● Gestik, aktionspartners richtig deuten zu können, als wichtigen
●● Körperhaltung, Körperorientierung, Körperbewe- Teil der emotionalen Kompetenz.
gung. Die Kenntnis der Beziehungen zwischen verbaler und
Im Allgemeinen werden mehrere dieser Übermittlungs- nonverbaler Kommunikation ist für das Konsumenten-
formen gleichzeitig benutzt. Sie bilden ein komplexes, verhalten somit von erheblicher Bedeutung (De Paulo,
interdependentes System, das in Abb. 205 skizziert wird. 1992; De Paulo, Lindsay et al., 2003). Puccinelli, Moty-
Neben dieser Körpersprache gibt es noch weitere Signale ka und Grewal (2010, S. 972) gehen auf die Erkenntnisse
nichtsprachlicher Verständigung zwischen Personen, von De Paulo (1992) ein und schreiben: „If a customer is
die auch vom Körper ausgehen und deswegen in einem trying to mask his or her excitement, it still might ,leak’
weiteren Sinne ebenfalls zur Körpersprache gerechnet or be inadvertently expressed through the tone of voice,
werden können. Am wichtigsten sind vokale Mittel wie for example. The challenge that customers confront in
Ton, Sprechmelodie oder Sprechpausen (Scherer, 1982); their masking efforts is the irrepressibility of nonverbal
ferner gehören dazu Hautfarbe, Körpergeruch, Körperbe- behavior. That is, people cannot be completely expressi-
rührung usw., also Signale verschiedener Sinnesmodali- onless“. Manche Verhaltensweisen können vom Indivi-
täten, die von einer Person ausgehen und Informationen duum willentlich kontrolliert werden, andere aber nicht.
vermitteln. In diesem Sinne umfasst die nonverbale Kom- Wir sprechen hier von der „leakage hierarchy“ (siehe
munikation „alle Formen der Kommunikation, die sich hierzu auch das Kapitel zu „Emotionen“ im Zweiten Teil).
zwischen körperlich anwesenden Personen abspielen Das hat Auswirkungen auf verschiedene Themenfelder
und andere Mittel als die Sprache benutzen“ (Kendon, im Marketing:
1981). ●● Marktforschung: Welche Beziehungen bestehen zwi-
Die Erfahrung lehrt, dass der nonverbalen Kommunika- schen Ergebnissen aus Beobachtung und Befragung?
tion häufig eine höhere Glaubwürdigkeit zukommt als ●● Käufer-Verkäufer-Beziehungen: Wie wird ein erfolg-
den verbalen Äußerungen (Weinberg, 1986, S. 8 f., Puc- reiches Verkaufsgespräch nonverbal unterstützt, ent-
cinelli, Motyka und Grewal, 2010). Das gilt besonders larven Mimik und Gestik den Verkäufer?
dann, wenn sie spontan erfolgt und folglich kognitiv ●● Kaufverhalten: Inwieweit korrespondieren das bekun-
kaum kontrolliert wird. Die Glaubwürdigkeit hängt also dete und das beobachtete (insbesondere emotionale)
nicht nur von der Person, sondern besonders von der Entscheidungsverhalten?
Kommunikationssituation ab. Geschulte Mimen wissen ●● Werbung: Werden nonverbale Signale mit werblichen
die Wirkung der nonverbalen Kommunikation einzu- Aussagen glaubhaft attribuiert?
schätzen. Kidwell und Hasford (2014) bezeichnen die
Fähigkeit des Interaktionspartners in Verkaufsgesprä-

Anzahl Körperteil Körpersprache Lautsprache


Bewegungs-
Dimensionen
3 Kopf Sprachlaute 1
49 Gesicht Lautstärke 1
4 Schulter Stimmhöhe 1
3 Rumpf Klangfarbe 6
6 Oberarm
18 Hände
2 Becken
5 Oberschenkel

14 Füße
104 9
Summe Summe
der der
Dimensionen Dimensionen Abb. 205: Das Alphabet der Kör-
persprache

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 511

Kommunikationselemente

nonverbale verbale

vokale non-vokale Sprachstil Argumentationsstil


z.B.
Lautstärke,
Stimmfrequenz,
Sprechge-
schwindigkeit, körperliche materielle
Intonation
– zur körperlichen Erscheinung
des Kommunikators gehörende
(z. B. Kleidung, Schmuck, Parfum, usw.)
statische dynamische
– zum persönlichen Gebrauch des
– Körperbau – Mimik Kommunikators verwendete
– Gesichtsform – Gestik (z.B. Auto, Federhalter, Visitenkarte, usw.)
– Hautfarbe – Körper-
bewegung – im Interaktionsprozess vom
– haltung Kommunikator eingesetzte Stimuli
– orientierung (z.B. Mahlzeiten, Geschenke, usw.)
– entfernung
– Blickkontakt – aus der Umwelt des Kommunikators
stammende Stimuli
Abb. 206: Klassifikation kommu- (z.B. Firmengebäude, Büroeinrichtung,
nikativer Ausdrucksformen Sekretärin, usw.)
(Quelle: Weinberg, 1986, S. 85)

●● Social Media: Wie wirken die bei Facebook, Instagram


Die nichtverbale Kommunikation umfasst alle Formen der
etc. präsentierten Profilfotos aus Sicht der nonverbalen persönlichen Kommunikation und der Massenkommu-
Kommunikation82? nikation, die sich nicht auf eine symbolische (vor allem
Die Wissenschaft hat sich seit geraumer Zeit mit der Fra- sprachliche) Informationsübertragung stützen.
ge auseinandergesetzt, wie die zwischenmenschliche Das Embodiment (siehe Zweiter Teil) beschäftigt sich mit
nonverbale Kommunikation funktioniert. Heute beschäf- der Verkörperung des Denkens, also mit der Frage, wie
tigen sich die Künstliche Intelligenz und die Robotik mit das Zusammenspiel von Körper und Kognition vor al-
der Frage, wie Menschen zu Robotern Vertrauen auf- lem beim einzelnen Individuum aussieht (intraindividuelle
bauen können; hier spielt die Mimik und Gestik eine Perspektive). Die nonverbale Kommunikation untersucht,
besondere Rolle (z. B. Hamacher, Bianchi-Berthouze et al., wie nonverbale Kommunikationselemente vor allem auf
andere wirken (interindividuelle Perspektive).
2016). Wir werden später noch einmal auf dieses Thema
zurückkommen.
Damit orientieren wir uns an einem sehr weiten Begriff
der nonverbalen Kommunikation, der zu folgender
Einteilung kommunikativer Ausdrucksformen führt
82 (vgl. Abb. 206).
Obwohl die Bildkommunikation die Massenkommunikation
in zunehmendem Maße beeinflusst, wird sie in der Literatur Die Einbeziehung von Massenkommunikation und ma-
zur nichtverbalen Kommunikation kaum erwähnt. Die Bild- teriellen Verständigungsmitteln (Kleidung, Geschenke,
kommunikation folgt jedoch wie die nonverbale Kommunika- Produkte) erweist sich für die Kommunikationsfor-
tion ganzheitlichen Verständnisregeln, sie bezieht sich stärker schung als zweckmäßig (auch wenn wir uns im Rahmen
auf das gefühlsmäßige Verhalten, sie wird kognitiv weniger
kontrolliert und ist dem Einzelnen weniger bewusst als die
dieses Kapitels damit weniger auseinandersetzen).
sprachliche Kommunikation. Demzufolge gehört die Bildkom- Messung des nonverbalen Kommunikationsverhal-
munikation von der formalen Abgrenzung (sie ist nichtsprach- tens (vgl. Abb. 207): Messungen beziehen sich je nach
lich) sowie von ihren psychischen Eigenarten her eigentlich Forschungsfrage auf die Vorgänge im Sender, auf die
zur nonverbalen Kommunikation. Sie wird gleichwohl nach
objektiv feststellbaren nonverbalen Signale oder auf die
herrschendem Sprachgebrauch nicht dazugezählt.
512 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Senderbereich Übertragungsbereich Empfängerbereich

Mitteilung nonverbale Interpretation


(„Information“) Signale der Mitteilung

Abb. 207: Messebenen der nonver-


balen Kommunikation

Vorgänge im Empfänger. In diesem Zusammenhang ist nonverbalen Kommunikation auf der Empfängerseite
darauf aufmerksam zu machen, dass wir Kommunika- wenigstens teilweise mit verbalen Methoden zu messen.
tion als eine Übertragung von kognitiver und affektiver Die verbale Messung versagt jedoch, wenn es darum
Information verstehen. geht, das Senderverhalten festzustellen, weil sich die
Zwei besondere Schwierigkeiten sind bei der Messung Sender ihres eigenen nichtsprachlichen Kommunikati-
zu bewältigen: onsverhaltens nicht bewusst sind.
(1) die modalitätsspezifische Erfassung und Zur Messung der persönlichen nonverbalen Kommuni-
(2) die geringe kognitive Kontrolle kation (die bei weitem am häufigsten untersucht wird)
werden daher vor allem Beobachtungsverfahren heran-
der nichtsprachlichen Kommunikation. Die Informati-
gezogen83. Die Beobachtungen erfolgen teils im Feld, teils
onsübertragung erfolgt mit Signalen unterschiedlicher
im Labor unter kontrollierten Bedingungen. Es handelt
Modalität: akustisch, optisch, haptisch usw. Die Mess-
sich, grob unterteilt, um:
verfahren müssen auf diese verschiedenen Modalitäten
der nichtsprachlichen Signale abgestimmt sein. Beispiele ●● unmittelbare Verhaltensbeobachtung,
dafür sind Beobachtungen der Mimik, phonetische Mes- ●● Verhaltensaufzeichnung mittels Film und Video
sungen von akustischen Signalen oder die olfaktorische (Zhang, Li et al. 2014)84,
Ermittlung des Geruchs. ●● apparative Verhaltensmessung85.
Da Signale unterschiedlicher Modalität im Gehirn (wahr- Bei der Auswertung der direkt durch Beobachtung oder
scheinlich) auch unterschiedlich codiert und verarbeitet bildliche Aufzeichnung (Film, Video) gewonnenen Daten
werden, entstehen bei der Ermittlung der psychischen kann man die Mimik und Gestik wie folgt analysieren:
Vorgänge im Sender und im Empfänger methodische Beispiel 1: Das Facial-Action-Coding-System: Wir ha-
Probleme einer modalitätsspezifischen Messung. ben das Verfahren sowie die automatischen Auswer-
Eine andere Schwierigkeit kommt dadurch zustande, tungsmöglichkeiten ausführlich im Abschnitt „Emotio-
dass die nonverbale Kommunikation der Sender wie der nen“ dargestellt. Angesichts der vollständigen Erfassung
Empfänger oft ohne (oder mit geringer) Absicht und ohne der Gesichtssprache können FACS bzw. die darauf auf-
(oder mit geringem) Bewusstsein abläuft. bauenden Softwaresysteme bei den unterschiedlichsten
Die nonverbale Kommunikation lässt sich daher danach
klassifizieren, ob nur der Sender oder nur der Empfänger 83 Siehe auch das Journal of Nonverbal Behavior und darin den
oder ob beide absichtslos und mit geringer kognitiver Beitrag von Weisbuch, Seery et al. (2009).
Kontrolle handeln. Inwieweit eine völlig absichtslose 84
Ein gutes Beispiel liefern hier z. B. Zhang, Li et al. (2014),
oder unbewusste Mitwirkung an einem Informations- die anhand von Filmmaterialien aufzeigen können, wie ein
austausch überhaupt noch zur (nonverbalen) Kommuni- Kontakt mit dem Verkaufspersonal den Aufenthalt im Geschäft
verlängert und auch zu mehr Produktkontakten führt, wie die
kation gezählt werden soll, ist umstritten. Nach Argyle
Anwesenheit anderer Kunden ebenfalls die Produktinterakti-
(2013) sind die meisten nichtsprachlichen Mitteilungen onen verändert, wie die Ähnlichkeit zwischen Verkäufer und
aufseiten des Senders „größtenteils unbewusst“ und Kunde die Interaktionen und das Kaufverhalten beeinflusst.
aufseiten des Empfängers „größtenteils bewusst“. (An- 85
Apparative Techniken der Verhaltensaufzeichnung betref-
merkung: Es ist gleichwohl fraglich, ob die Empfänger fen entweder das beobachtbare Verhalten – wie Gesten – oder
tatsächlich das nonverbale Kommunikationsverhalten physiologische, nicht mehr direkt beobachtbare Reaktionen
wie Veränderungen des Pupillenumfanges oder von Stimm-
ihrer Partner überwiegend bewusst registrieren.) Die-
frequenzen. Siehe auch Puccinelli, Motyka und Grewal (2010),
se Asymmetrie soll es ermöglichen, die Wirkungen der die eine EMG-Messung vornehmen.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 513

Forschungsfragen Anwendung finden, selbst Misch- sie vom anderen zu erwarten haben. Eine Hinwendung
emotionen können durch die Mimik aufgedeckt werden. zeigt beispielsweise Sympathie, Nicken (im westlichen
Beispiel 2: „Das Berner System“: Das Berner Sys- Kulturkreis) äußert Verständnis. Nach einer weitver-
tem dient zur Analyse der Körpersprache. Ende der breiteten Klassifikation des nonverbalen Verhaltens von
1970er-Jahre wurde dieses von Siegfried Frey und Mit- Ekman und Friesen (1981) werden Gesten in fünf Arten
arbeitern entwickelte Erhebungsinstrument vor allem eingeteilt86. Davon sind für die Interaktion zwischen zwei
zur Analyse des gestischen Verhaltens in Interaktions- Individuen (z. B. Verkäufer und Kunde) besonders die-
situationen eingesetzt (Frey, Hirsbrunner, et al., 1981). jenigen Gesten beachtenswert, welche die sprachlichen
Das Berner System lässt sich nach Bekmeier (1994b) in Aussagen veranschaulichen, unterstreichen oder auch
verschiedene Arbeitsschritte einteilen: widerlegen („Illustratoren“), sowie die Gesten, welche
den verbalen Gesprächsfluss regeln („Regulatoren“). Zu
●● Anfertigen von Filmaufzeichnungen den „Illustratoren“ gehören Gesten, mit denen ein Ver-
●● Codierung der Filmaufzeichnungen mittels einer Zeit- käufer die gerade besprochenen Produkteigenschaften
reihen-Notation. Bei der Zeitreihen-Notation wird das unterstreicht und veranschaulicht. Beispiel: Die Hände
nonverbale Ausdrucksverhalten in eine räumliche und des Verkäufers gleiten langsam und zart über einen An-
eine zeitliche Komponente gegliedert. Unter räumli- zug, um die Kostbarkeit des Stoffes anzudeuten. Solche
cher Codierung versteht man die Positionsbeschrei- Gesten haben als Kontext der Produktwahrnehmung
bung für die Körperteile Kopf, Rumpf, Schultern, einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Produktbe-
Oberarme, Hände, Oberschenkel und Füße. Zur Er- urteilung.
leichterung der Notation haben Frey und Mitarbeiter Aus Erkenntnissen über solche Gesten können auch
einen Codierbogen entwickelt, in dem die potenziell Anregungen zur Interpretation des Käuferverhaltens
möglichen Positionen dieser einzelnen Körperteile abgeleitet werden: Ekman und Friesen (1993) haben unter
aufgelistet sind. Die zeitliche Komponente findet anderem nachgewiesen, dass man an den Handbewe-
Berücksichtigung, indem die Position der einzelnen gungen ablesen kann, ob jemand seine Gefühle verbirgt
Körperteile zu bestimmten Zeitabständen (meist in und seine Gesprächspartner täuscht. In Situationen, in
Halbsekundenschritten) notiert wird. Positionsände- denen getäuscht wird, nehmen manche Gesten zu (in den
rungen über die Zeit kennzeichnen eine Bewegung. Handgelenken drehende Hände), andere Gesten nehmen
●● Die Auswertung der Notationen erfolgt mithilfe von ab. Am Gesichtsausdruck können diese Täuschungen
Computerprogrammen. Als Ergebnis erhält man über- nicht immer vom Interaktionspartner abgelesen werden.
geordnete Kennziffern, Korrelationen und charakte- Dies lässt sich damit erklären, dass Versuchspersonen
ristische Determinanten der Körpersprache. ihr Gesicht bei Täuschungsversuchen eher kontrollieren
Ein anschauliches Beispiel, bei der die Gestik der Kontra- können als ihren Körper.
henten Schröder und Merkel im damaligen Bundestags- „Regulatoren“ sind Gesten, die dazu dienen, den Ge-
wahlkampf 2005 ausgewertet wurde, gibt Ballensiefen sprächsfluss zu regeln. Sie sind für den Verkäufer des-
(2009). wegen wichtig, weil dieser darauf achten muss, schnell
ins Gespräch zu kommen und während der Interaktion
FACS und Berner System sind „objektivierte“ Verfahren stets die Initiative zu behalten (Argyle, 1992, S. 291). Ges-
der Fremdeinschätzung des nonverbalen Ausdrucks- ten weisen darauf hin, wann Gespräche angefangen oder
verhaltens. Will man die subjektive Einschätzung er- beendet werden, wann ein Gesprächswechsel stattfindet
fragen, also messen, wie Person A Person B empfunden usw.
hat, so bieten sich verbale und nonverbale Skalen an. Zu
den letzteren zählen Gesichterskalen, um ausgedrückte Für die Analyse der Interaktion ist natürlich relevant, ob
Gefühle zu messen. Man legt den Konsumenten eine bestimmte nonverbale Elemente von Sendern bewusst
Auswahl von Gesichtern vor und bittet sie, dasjenige eingesetzt werden oder unbewusste Begleiterscheinun-
Gesicht anzugeben, das dem gezeigten Verhalten von gen sind und ob diese vom Empfänger mehr oder weni-
einer anderen Person am besten entspricht. Eine solche ger bewusst wahrgenommen werden (Tab. 11).
Gesichterskala besteht oft aus Piktogrammen bzw. Emoti-
cons (siehe Zweiter Teil, Kapitel B. III. 1.f).
Körperhaltungen und Gestik bringen Einstellungen ge-
genüber anderen und eine mehr oder weniger aktive 86Bei den fünf Arten handelt es sich im Einzelnen um Emble-
Beteiligung an der Interaktion zum Ausdruck. Die Be- me, Illustratoren, Adaptoren, Affektoren (Affekt-Displays) und
teiligten erfahren auf diese Weise ziemlich deutlich, was Regulatoren (Ekman und Friesen, 1981).
514 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Wir geben jetzt einen kurzen Überblick über die Wirkun- ●● Äußerung von Emotionen, hauptsächlich mithilfe von
gen der nonverbalen Kommunikation, verbunden mit Gesicht, Körper und Stimme,
Anwendungsbeispielen aus dem Marketing. Die „Funk- ●● Mitteilung interpersonaler Einstellungen (engere und
tionen der Körpersprache“ können wir nach Argyle (2013; oberflächliche Beziehungen differenziert man z. B. an
S. 16) wie folgt zusammenfassen: der räumlichen Nähe bzw. Distanz, am Tonfall, an
Berührungen, am Blickverhalten),
●● Begleitung und Unterstützung von sprachlichen Äu-
ßerungen (z. B. Kopfnicken, Faust ballen, Zwinkern),
●● Informationen über die Persönlichkeit des Kommuni-
kators, insbesondere zur Selbstdarstellung. So nutzen
Konsumenten heute auch die nonverbalen Informati-
onen von Facebook-Profilseiten (Lueders, Hall et al.,
2014), um die Persönlichkeit des Senders einschätzen
zu können, beispielsweise, ob dieser mehr oder weni-
ger zur Extraversion neigt, oder zu Gewissenhaftigkeit
oder Verträglichkeit. Hier sind die „geübten“ Empfän-
ger im Vorteil (ebenda, S. 423).
●● Beteiligung an standardisiertem Sozialverhalten (Ri-
ten). Nonverbale Signale spielen bei Begrüßungen und
anderen Ritualen eine wichtige Rolle. Man denke z. B.
an Politiker, die anderen Politikern den Handschlag
zur Begrüßung verweigern.
Uns interessieren zunächst die Bereiche, in denen die
nonverbale Kommunikation eingesetzt wird, um dem
Empfänger kognitive oder affektive Informationen zu
vermitteln; wir stellen hierzu nonverbale Verhaltenswei-
sen dar. Anschließend gehen wir auf die nichtsprachliche
Kommunikation zwischen Verkäufer und Käufer ein,
dabei kommen auch materielle Mittel der nonverbalen
Kommunikation wie Kleidung und Geschenke zur Spra-
che.
Äußerung von Gefühlen und Einstellungen: Der Zu-
sammenhang zwischen Gefühlen und nonverbalem
Verhalten wurde bereits im Kapitel über Emotionen be-
schrieben. Eine Schlüsselrolle bei der Übermittlung von
Gefühlen spielt der Gesichtsausdruck.
Abb. 208: Ausgewählte Beispiele von Körperhaltungen, die in der In ihm spiegeln sich die Emotionen eines Menschen in
Verkäufer-Käufer-Interaktion negativ beurteilt werden (Quelle: beobachtbarer Weise wider. Anhand des Gesichtsaus-
Argyle, 1992, S. 256–258) drucks können Dimensionen eines Gefühls (wie Stärke

Sender Empfänger
bewusst bewusst verbale Äußerungen, manche Gesten, z. B. auf etwas zeigen
weitgehend unbewusst weitgehend bewusst die meisten Fälle der nonverbalen Kommunikation
Unbewusst unbewusst, aber mit Pupillenerweiterung, Veränderungen der Blickrichtung und andere
Wirkung nonverbale Signale
Bewusst unbewusst der Sender ist geübt, z. B. im Einsatz räumlichen Verhaltens
unbewusst bewusst der Empfänger ist geübt, z. B. in der Deutung verschiedener Kör-
perhaltungen

Tab. 11: Bewusste und unbewusste Signale (Quelle: Argyle, 2013, S. 15)
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 515

der Erregung) oder auch ganz bestimmte Gefühle wie nonverbalen Ausdruckskomponenten zur Kommunika-
Überraschung erkannt werden. Im Durchschnitt wird tion leisten, hängt von der jeweiligen Kommunikations-
der emotionale Ausdruck eines Gesichts von ungefähr situation ab (siehe auch Hertzer, 2005).
60 % der Kommunikationsteilnehmer richtig gedeutet Mitteilungen über die Persönlichkeit des Kommu-
(Argyle, 1992). nikators: Nonverbale Reize informieren uns über die
Weinberg und Gottwald (1982) führten erstmalig Unter- Persönlichkeit unserer Gesprächspartner, beim ersten
suchungen durch, um anhand des Gesichtsausdrucks die Kontakt ebenso wie nach längerer Bekanntschaft. Sie
Emotionen von Konsumenten beim Kauf festzustellen. geben uns Auskunft darüber, wer der andere ist, welche
Sie beobachteten mit einer versteckten Filmkamera das Eigenschaften er hat oder welche Ziele er verfolgt (Frey,
Verhalten beim Einkauf in einer (reizstarken) Situation, 1999). Vor allem bei ersten oder flüchtigen Kontakten
in der vorwiegend Impulskäufe getätigt wurden. An- orientieren wir uns an vorhandenen Schemata: Aufgrund
hand von vorgegebenen Rating-Skalen schätzten dann weniger verbaler oder nonverbaler Äußerungen „wissen“
Experten die im Gesicht der Konsumenten zum Aus- wir bereits über einen anderen Menschen „Bescheid“. Wir
druck kommenden Gefühle ein. Die aufgezeichneten ordnen unser Gegenüber ohne weiteres Nachdenken ei-
Gesichtsausdrücke wurden z. B. danach beurteilt, wie ner bestimmten Kategorie zu, die sich auf seinen sozialen
interessiert, neugierig, begeistert, erfreut usw. die beob- Status, seinen Charakter oder auf andere Eigenschaften
achteten Personen wirkten. Der Gesichtsausdruck von beziehen kann. Anders gesagt: Wir attribuieren aufgrund
(Impuls-)Käufern zeigte stärkere Emotionen an als der der nonverbalen Reize dem Sender ganz bestimmte Ei-
Gesichtsausdruck der Nichtkäufer. Die Gesichts- und genschaften.
Körpersprache kann eine Vielzahl unterschiedlicher
Zu den signifikanten Reizen einer stereotypen Personen-
Emotionen kommunizieren. Ihr Ausdruckspotenzial87
beurteilung gehören zunächst einmal körperliche Eigen-
kann auf biologische Prädispositionen oder Ergebnisse
schaften wie Größe, Körperbau oder Hautfarbe, weiterhin
von Lernprozessen zurückgeführt und vor allem durch
die vom Einzelnen kontrollierte äußere Erscheinung wie
Schlüsselreize ausgelöst werden (siehe dazu den Zweiten
der Haarschnitt und schließlich die materiellen Attribute
Teil dieses Buches mit den Kapiteln „Aktivierung“ und
wie Kleidung, Perücke, Schmuck, Brille usw.
„Emotion“).
Zum Verhältnis von verbaler und nonverbaler Kommu- Die Werbung bildet Personen immer wieder mit glei-
nikation gibt es in den bereits zitierten Quellen zahlrei- chen nonverbalen Attributen ab. Der Betrachter kann
che empirische Befunde: Die nonverbalen Ausdrucks- dann die abgebildeten Personen aufgrund ihrer ste-
komponenten haben für die Äußerung von Gefühlen reotypen Erscheinungsweise gleich in eine bestimmte
und Einstellungen meistens eine stärkere Bedeutung als Kategorie einordnen (z. B. optisches Erscheinungsbild
verbale Komponenten. Dies gilt vor allem dann, wenn von Managern, Älteren, Umweltschützern etc.). Äuße-
Einstellungen mitgeteilt werden, die unter Konventions- re Gestaltungsmerkmale wie Kleidung oder Brille und
zwang stehen und deswegen verbal nicht frei geäußert nichtsprachliche Verhaltensweisen (wie die Körperhal-
werden können, z. B. das verbal demonstrative Desinte- tung) können also im Marketing gezielt dazu eingesetzt
resse bei schwierigen Geschäften, das aber von einer auf werden, um die Wahrnehmung der Persönlichkeit von
erfolgreichen Abschluss hinweisenden Körpersprache Verkäufern, Firmenrepräsentanten usw. durch die Kun-
begleitet wird. den in einer subtilen Weise zu beeinflussen. Die Werbung
kann, wenn sie gleichbleibende nonverbale Reize für
Es ist allerdings nicht möglich – wie oft angenommen die Personendarstellung benutzt, solche vorhandenen
wird –, einer bestimmten Ausdruckskomponente (zum gesellschaftlichen Klischees verstärken.
Beispiel dem Gesichtsausdruck) generell eine überra-
gende Kommunikationswirkung zuzusprechen. Welche Gröppel-Klein und Germelmann (2006) machen auf die
Ausdruckskomponente bei einer Kommunikation domi- Bedeutung der äußeren Gestaltungsmerkmale der non-
nant ist, und welche relativen Beiträge die verbalen und verbalen Kommunikation für den Vertrauensaufbau auf-
merksam, auch in Bezug auf „Medienmenschen“. Wenn
Menschen sich zum ersten Mal begegnen, kann innerhalb
87
Eingehend erforscht sind die nonverbalen Äußerungen von weniger Sekunden (nach Behrens und Neumaier, 2004,
interpersonalen Einstellungen (das sind Einstellungen einer S. 22 teilweise sogar innerhalb weniger Millisekunden)
Person gegenüber anderen Personen, mit denen sie kommuni-
ziert). Dabei sind insbesondere zwei Einstellungsdimensionen
ein Vertrauensverhältnis entstehen. Hierbei spielt das
zu beachten: die freundliche oder feindselige Haltung sowie „Anmutungsbild“ des Gegenübers eine entscheidende
die dominante oder unterwürfige Haltung gegenüber einem Rolle. Entdeckt der Vertrauensgeber Ähnlichkeiten oder
anderen. vermutet er intuitiv ähnliche Werte oder Lebensstile beim

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516 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Vertrauensnehmer, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Variablen (es wurde zuvor auch kontrolliert, ob die Mani-
zwischenmenschliches Vertrauen entsteht. Denkbar ist pulation der unabhängigen Variablen geglückt war). Nor-
auch, dass innerhalb von Sekunden Vergleiche mit frühe- malerweise ist es für Konsumenten eher unangenehm,
ren Erfahrungen gestellt werden. Ähnelt das Gegenüber wenn Produkte von anderen zuvor angefasst worden
in Aussehen oder Verhalten einer Person, mit der positive sind; normalerweise bevorzugen Konsumenten „frische,
Erfahrungen gemacht wurden, so kann auch hierdurch unberührte“ Produkte, wie eine frühere Studie von Argo,
ein (unbewusster) Übertragungseffekt und auf diese Dahl und Morales (2006) belegt. Die Ergebnisse des hier
Weise ein Vertrauensvorschuss in Sekundenschnelle beschriebenen Experiments von Argo, Dahl und Morales
entstehen (Köszegi, 2002, S. 110). Zhang, Li et al. (2014; (2008) zeigen jedoch, dass die anschließend erhobene
S. 37) können belegen, dass eine sozio-demographische Präferenz der Probanden für das T-Shirt besonders hoch
Ähnlichkeit zwischen Kunde und Verkäufer in Bezug auf war, wenn dieses zuvor von einer besonders attraktiven
das Alter und die Ethnie einen positiven Einfluss auf die Person anprobiert worden war. Die Attraktivität färbte
Kaufwahrscheinlichkeit ausübt. somit vom zuvor beobachteten Träger auf das Kleidungs-
Für Medienpersönlichkeiten scheint das äußere Erschei- stück ab, aber nur, wenn dieser überdurchschnittlich
nungsbild besonders relevant zu sein. In einer Meta- gutaussehend war. Der Effekt wurde zudem verstärkt,
analyse zur physischen Attraktivität konnten Jackson, wenn das Kleidungsstück am jeweils anderen Geschlecht
Hunter und Hodge (1995) zum Beispiel belegen, dass at- beobachtet worden war.
traktive Menschen als intellektuell kompetenter wahrge- Begleitung von verbalen Aussagen: Manche Ethnolo-
nommen wurden als weniger attraktive Personen, sodass gen nehmen an, dass die Sprache ihren Ursprung in der
gutes Aussehen in vielen Medienberufen grundsätzlich Kommunikation mittels Gesten („Zeichensprache“) hat.
einen Vorteil darstellen und die Überzeugungskraft der Wie viele andere ursprüngliche Verhaltensweisen hat
durch die attraktiven Quellen vermittelten Botschaften der Mensch auch seine Zeichensprache beibehalten. Sie
steigern dürfte. Müssen Nachrichtensprecher beispiels- begleitet jede verbale Kommunikation. Man kann sagen:
weise eine Krawatte tragen? Viel spricht nach Argyles
(2013) Erkenntnissen dafür, dass die Kleidung von Nach- Das nonverbale Verhalten ist der Kontext jeder verbalen
richtensprechern die Glaubwürdigkeit der Nachrichten Kommunikation.
beeinflusst und dass auch die Krawatten von Medienper-
sönlichkeiten den Zuschauern Rückschlüsse auf deren
Wie jeder Kontext verändert das nonverbale Verhalten die
Eigenschaften vermittelt („vertrauenswürdig“, aber nicht
Wirkung der sprachlichen Verständigung. Gesetzmäßig-
„spießig“) und eine gepflegte Kleidung eine Vorbildfunk-
keiten, die wir für die kontextabhängige Wahrnehmung
tion signalisiert, die wiederum eine Verhaltenswirkung
gefunden haben, lassen sich auf die Kommunikation
auf andere ausübt. Die „Aura“, die mit nonverbaler Kom-
übertragen. Nach verbreiteter Auffassung übernimmt
munikation einhergeht, spielt eine entscheidende Rolle
das nichtsprachliche Verhalten während eines Gesprächs
für Medienmenschen (Blümelhuber und Schnitzer, 2009).
sechs Funktionen: Es unterstreicht, ergänzt, wiederholt
Schließlich kann auch das äußere Erscheinungsbild ande- und ersetzt sprachliche Aussagen, es widerspricht ihnen
rer Konsumenten, die ein Produkt oder eine Marke nutzen, und es regelt den Kommunikationsfluss.
die Einstellungen zu diesen Gegenständen beeinflussen.
Die meisten der sechs aufgeführten Funktionen des non-
Argo, Dahl und Morales (2008) führten eine originelle
verbalen Verhaltens während eines Gesprächs dienen
Studie durch, bei der sie unter einem Vorwand Test-
der Metakommunikation. Darunter versteht man die
personen baten, ein ganz bestimmtes T-Shirt in einem
Kommunikation über eine gerade ablaufende Kommu-
Uni-Shop anzuprobieren. Um das T-Shirt im Geschäft
nikation: Kleine Gesten weisen auf die Bedeutung einer
ausfindig machen zu können, sollten die Testpersonen
nachfolgenden verbalen Information hin, die Tonhöhe
der in das Experiment eingeweihten Verkäuferin ein Foto
drückt  die Vertraulichkeit des gerade geführten Ge-
von dem besagten Produkt zeigen. Die Verkäuferin ant-
sprächs aus oder ein Augenzwinkern bringt zum Aus-
wortete, dass dieses spezielle T-Shirt nur noch einmal im
druck, dass die gerade aufgestellte Behauptung über-
Geschäft vorhanden sei, doch gerade von einer anderen
trieben ist88.
Kundin bzw. einem anderen Kunden anprobiert werde.
Dieser Kunde, bzw. diese Kundin war für die Testperson
beobachtbar und war entweder äußerst attraktiv oder
normal attraktiv. Die Personen waren bewusst ausge- 88Das gilt insbesondere für das vokale Verhalten, das oft als
wählt worden, ihre mehr oder weniger starke Attraktivi- „paralinguistisch“ oder „parasprachlich“ bezeichnet wird
tätsausstrahlung diente zur Variation der unabhängigen (Knapp und Hill, 2002).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 517

In diesem Zusammenhang übernehmen das räumliche Objektkommunikation: Die Kommunikation mit Objek-
Verhalten eines Menschen und sein Blickverhalten we- ten zeigt sich in verschiedenen marktrelevanten Bereichen:
sentliche Aufgaben: ●● Ganz klassisch im Bereich der Massenkommunikati-
●● Das Blickverhalten reguliert den Gesprächsfluss: Die on, z. B. werden mit unterschiedlichen Produktdesigns
Hinwendung zu oder Abwendung von einer Person unterschiedliche Zielgruppen angesprochen (siehe
drückt die Absicht aus, ein Gespräch zu beginnen oder dazu die Ausführungen zu dem Thema „Lebensstil“).
zu beenden. Der Blickkontakt signalisiert, ob jemand Bestimmte Objekte können auch den Status einer Per-
für ein Gespräch offen ist oder nicht. Wer zum Beispiel son charakterisieren.
nicht gefragt werden will, schaut weg. Blickkontakte ●● Im Bereich der persönlichen Kommunikation: Hier
während des Gesprächs dienen auch dazu, vom Ge- geht es um den Einsatz von Geschenken, vor allem
sprächspartner ein Feedback zu bekommen, eigene im interkulturellen Umgang mit Kunden (Bodur und
Ausführungen zu unterstreichen und überzeugend Grohmann, 2005), oder um Firmenkleidung, die Kom-
zu wirken. Der Blickkontakt gilt als Indikator für die petenz ausstrahlen soll (z. B. in der Gesundheitsbran-
Aufrichtigkeit, denn die Augen gelten als besonders che), oder um die Büroeinrichtung (z. B. Vilnai-Yavetz,
zuverlässige Auskunftsquelle (Tubbs und Moss, 2002). Rafaeli und Yaacov, 2005; Roderick, 2016). Sie soll z. B.
Darauf deuten mehrere empirische Untersuchungen die hierarchische Position einer Person in einem Un-
hin: Exline, Thibaut et al. (1984) fanden in einem Ex- ternehmen (war früher die Größe des Schreibtisches
periment heraus, dass Personen, die gerade jemanden ein Zeichen für Macht, sind es heute vielleicht eher die
getäuscht hatten, den Blickkontakt im Vergleich zu Kunstwerke an den Wänden) oder das generelle Füh-
ihrer vorhergehenden Interaktion verringerten. „Ma- rungskonzept einer Firma symbolisieren.●Bestimmte
chiavellistische“ Personen, die gegenüber anderen Objekte werden ebenfalls zur Selbstinszenierung in
manipulativ eingestellt sind und ihr eigenes Verhal- den sozialen Medien verwendet (Lueders, Hall et al.,
ten bei der Beeinflussung von anderen stärker unter 2014).
Kontrolle haben, nutzen dieses Vertrauen in den Blick- Im Bereich der Massenkommunikation ist die Darstel-
kontakt aus. Um sich den Anschein von Unschuld zu lung von Körpersprache in der Werbung und im Be-
geben, verringern sie das Blickverhalten nach ihrem reich der persönlichen Kommunikation (vor allem die
Täuschungsmanöver erheblich weniger als andere Verwendung von Mimik und Gestik beim persönlichen
Personen. Verkauf) von Relevanz. Auf Letzteres kommen wir noch
●● Das räumliche Verhalten signalisiert Vertraulichkeit ausführlich zu sprechen. Wir werden zunächst die non-
und Glaubwürdigkeit eines Gesprächs: Eine geringe verbale Kommunikation im Verkaufsgespräch und dann
räumliche Distanz deutet Vertraulichkeit mit einem die Kommunikation über Gegenstände anhand von kon-
Gesprächspartner an. Dabei ist der (kulturabhängige) kreten Anwendungen näher beschreiben.
persönliche Raum des Einzelnen zu beachten (siehe
auch Knapp und Hill, 2002). Nach empirischen Befun- Anwendung: Interaktion zwischen Verkäufer und
den (Winterhoff-Spurk, 1993) ist zunächst der „intime Konsument
Raum“ zu sehen, das ist der Umkreis von etwa 50 cm Um Erklärungen des Verkäuferverhaltens einordnen zu
einer Person. Er erlaubt Flüstern und intime Konversa- können, gehen wir auf theoretische Ansätze der Konsu-
tion. Es folgt die „informelle persönliche Distanz“ von mentenforschung zu diesem Thema ein. Ein Strang der
etwa 50 bis 100 cm, in dem sich das übliche Gespräch psychologischen Forschung setzte sich schon frühzeitig
zwischen Personen des engeren Umfelds abspielt. mit den Eigenschaften eines „guten“ Verkäufers ausei-
Darüber hinaus gibt es noch den Raum für formelle- nander. Der Erfolg im Verkauf wurde als Ergebnis von
re soziale Beziehungen und den öffentlichen Raum. persönlichen Eigenschaften des Verkäufers wie Ausse-
Die Verletzung dieser Räume durch Personen, denen hen, Selbstsicherheit usw. angesehen (z. B. Lamont und
dies nicht zusteht, führt zu erheblichen Störungen Lundstrom, 1977). Dieses Thema ist auch heute noch
der Interaktion. sehr relevant. Wan und Wyer (2015) weisen z. B. auf den
Nonverbale Kommunikation ist im Marketing vor allem durchaus gut gestützten Befund hin, dass normalerweise
in Bezug auf drei Bereiche von besonderer Relevanz: weibliche Kundinnen sehr positiv auf attraktive männli-
interkulturelle Kontakte, Werbung (durch Abbildung che Verkäufer, und männliche Kunden sehr positiv auf
des nichtsprachlichen Verhaltens) und persönliche Kom- attraktive Verkäuferinnen reagieren (siehe auch Argo,
munikation zwischen Anbieter und Kunde. Einige Bei- Dahl und Morales, 2008). Hier greift die Heuristik „Was
spiele können die vielseitigen sozialtechnischen Anwen- schön ist, ist auch gut“, die besagt, dass attraktive Per-
dungsmöglichkeiten verdeutlichen. Beginnen wir mit der sonen überzeugender, charmanter, gewinnender und
518 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

intelligenter wahrgenommen werden als äußerlich wenig (er hebt also nicht nur einseitig die Vorteile des Produktes
attraktive Personen. Das gilt aber nicht immer: Wan und hervor) erhöht danach seine Glaubwürdigkeit. Wenn der
Wyer (2015) belegen mit Feld- und Laboruntersuchun- Käufer durch Komplimente belohnt wird, erhöht sich
gen, dass sehr attraktive Servicekräfte auch nachteilige die Kundenzufriedenheit. Letzteres ist auch oft die Fol-
Wirkungen entfachen können. Hier spielen diverse Fak- ge, wenn der Verkäufer Konsumenten darauf hinweist,
toren eine Rolle: (1) Sind die beiden Interaktionspartner dass er in Übereinstimmung mit seiner Bezugsgruppe
weiblichen Geschlechts, dann vergleicht sich die weniger handelt, wenn er ein bestimmtes Produkt kauft. Solche
attraktive Kundin mit der sehr attraktiven Verkäuferin Techniken sind lernbar90.
und ein solcher Vergleich führt selten zu einer geho- Zu den zentralen Begriffen der Interaktionstheorie zäh-
benen Stimmung, sondern eher zu verstärkter Unzu- len somit Belohnung, Bestrafung und Motivierung. Der
friedenheit mit der eigenen Erscheinung. Das gelte auch Wert einer Belohnung ist umso größer, je besser Motive
für männliche Dyaden. (2) Wenn Kunden zu sozialer befriedigt werden (Motivreduktion) und je stärker sie
Ängstlichkeit neigen, oder wenn es sich (3) um Produkte sind. Bestrafung lässt sich umgekehrt zur Belohnung
handelt, die eher peinlich sind, dann leidet die Interak- definieren, und das Ausbleiben einer Belohnung kann
tionsbereitschaft zwischen Kunden und sehr attraktiven als Bestrafung empfunden werden. Homans (1972) hat
Verkäufern auch dann, wenn beide unterschiedlichen schon frühzeitig folgende Hypothese nahegelegt:
Geschlechts sind. Hier werden zwar keine für die Kun-
den unvorteilhaften Vergleichsprozesse durchgeführt
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein potenzieller Käufer die
wie bei gleichgeschlechtlichen Dyaden, aber die Kunden
Interaktion mit einem Verkäufer aufnimmt und bis zu
haben die Befürchtung, dass sie bei so attraktiven Ver- einem Kaufabschluss fortsetzt, ist größer, wenn diese
käufern einfach nicht mithalten können, oder es ist ihnen Interaktion ihm eine als ausreichend empfundene Gra-
einfach nur unangenehm, mit so attraktiven Personen tifikation einbringt.
über unangenehme Produkte reden zu müssen.
Ein Lösungsweg „gesichtswahrend“ aus einer solchen ●● Dabei hängen die „Gratifikationen“, die der Käufer
Situation herauszukommen, kann z. B. darin bestehen, erhält, auch vom nonverbalen Verhalten des Verkäu-
dass Konsumenten, die sich in ihrem physischen Erschei- fers ab. Sie unterstützen also den positiven Ausgang
nungsbild dem Verkaufspersonal unterlegen fühlen, ihre der Verkaufsverhandlung. Die in diesem Buch schon
finanzielle Leistungsfähigkeit demonstrieren (quasi als ausführlich dargestellte Lerntheorie formuliert Aus-
Kompensation). So zeigt eine jüngere Studie von Otten- sagen über die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von
bring, Ringler et al. (2018) beispielsweise, dass die bloße Reaktionen, die sich auf Verkäufer-Käufer-Interakti-
Präsenz eines athletischen und gut gebauten Verkäu- onen übertragen lassen: Die Wahrscheinlichkeit des
fers (wie man sie z. B. bei der Textilkette Abercrombie Auftretens einer Reaktion wächst mit der Zunahme
& Fitch findet) männliche Konsumenten (im Vergleich des Wertes, der Häufigkeit und der Regelmäßigkeit
zu weiblichen) dazu verleitet, bei Kleidung mehr Wert der infolge einer derartigen Reaktion erhaltenen Be-
auf Statussymbole und Logos zu legen und dafür ent- lohnungen.
sprechend mehr Geld auszugeben. Die Autoren erklä- ●● Je später bzw. unregelmäßiger belohnt wird, umso
ren dieses Verhalten damit, dass die weniger attrakti- unwirksamer ist eine Belohnung.
ven Kunden versuchen, ihr aufgrund des attraktiven ●● Wird eine bestimmte Reaktion bei einem bestimmten
Verkäufers offensichtliches Defizit durch den Kauf von Reizkomplex belohnt, so erhöht sich die Wahrschein-
Statusprodukten auszugleichen.
Ein zweiter Forschungsstrang fasst den Verkaufsvorgang
90 Schuchert-Güler (2000) hat eine Studie vorgelegt, die sich
als Interaktion zwischen Verkäufer und Käufer auf. Der
schwerpunktmäßig mit der Eindrucksbildung im Rahmen der
Ausgang beziehungsweise Erfolg des Verkaufsvorgangs Verkäufer-Käufer-Interaktion in Konsumgütermärkten befasst.
hängt demnach vom Verhalten beider Partner ab. Er kann Erstmals wurde die Verkäufer-Käufer-Interaktion über mehre-
jedoch durch den Verkäufer gesteuert und beeinflusst re Branchen (Parfümbranche, Bekleidungsbranche, Versiche-
werden. Weinberg (1986, S. 75 ff.)89 nennt folgende Bei- rungsbranche) in Deutschland hinweg betrachtet. Besonders
spiele: Eine zweiseitige Argumentation des Verkäufers interessante Ergebnisse dieser Untersuchung waren, dass die
Eindrucksbildung über den Kundenwunsch bei der ersten
Begegnung mit dem Kunden beginnt, auffällige (saliente)
89
Zu Grundlagen der Verkaufspsychologie und Verkaufstech- Merkmale des Kunden häufiger und in früheren Stadien der
nik vgl. Bänsch (2013). Erkenntnisse zur Selbstwahrnehmung Eindrucksbildung herangezogen werden und sich erfolgreiche
und -beurteilung des Verkaufspersonals liefern Dixon, Spiro Verkäufer durch eine schnellere Reduktion des Unsicherheits-
und Maqbul (2001). gefühls des Kunden auszeichnen.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 519

lichkeit, dass diese Reaktion auch bei ähnlichen Reiz- Schon Sheth (1979) hat zwischen zwei Einflussgrößen
komplexen auftritt. auf den Erfolg einer Kommunikation unterschieden:
Für die verbale und nonverbale Kommunikation zwi- Inhalt und Stil. Je größer die Diskrepanzen in den Er-
schen Verkäufer und Käufer liefern diese Erkenntnisse wartungen der beiden Partner sind, desto geringer ist
mehrere Anregungen (Weinberg, 1986, S. 79): die Erfolgswahrscheinlichkeit für den beabsichtigten
Verkaufsabschluss. So wird es darauf ankommen, nicht
●● Das Verkaufsgespräch hat Belohnungscharakter und nur eine übereinstimmende Produktbeurteilung zu fin-
leistet damit einen Beitrag zur Zufriedenheit der Käu- den (Inhalt der Kommunikation), sondern sich auch auf
fer und zur Stabilität der Verkaufsbeziehungen. eine Interaktionsart (Stil der Kommunikation) zu einigen.
●● Verkaufsgespräche folgen sozialtechnischen Regeln. Ein erfolgreicher Verkäufer wird versuchen, den Erwar-
Verstöße dagegen, z. B. durch ungeschickte Verhand- tungen seines Partners hinsichtlich Inhalt und Stil der
lungsführung, beeinträchtigen die Belohnung des Kommunikation im Rahmen der Beeinflussungsstrate-
Käufers und reduzieren die Wahrscheinlichkeit ei- gie möglichst entgegenzukommen (Sparks, Bradley und
nes erfolgreichen Kaufabschlusses. DeMascio (2010) Callan, 1997).
belegt im Rahmen ihrer empirischen Studien in der Specht, Fichtel und Meyer (2007) haben ein originelles Ex-
Automobil- und Hotelbranche, dass Verkäufer, die periment zur Kundenzufriedenheit mit Verkaufsgesprä-
ein sogenanntes „deep acting“ durchführen, also ver- chen durchgeführt, bei dem Schauspieler als Verkäufer
suchen, mit Empathie auf den Kunden einzugehen, eingesetzt wurden: In dem Versuch wurde nicht nur das
eine gegenseitige Beziehung aufzubauen und echte verbale Fachwissen der Verkäufer systematisch variiert,
Problemlösungen zu entwickeln, signifikant erfolgrei- sondern auch das nonverbale Verhalten (z. B. Blättern in
cher sind als Verkäufer, die ein sogenanntes „surface einer Zeitschrift oder sofortiges Aufstehen, wenn der
acting“ durchführen, also nur oberflächlich auf den Kunde das Geschäft betritt, Achselzucken, Hinwendung
Kunden eingehen. zum Kunden etc.). Das nonverbale Verhalten sollte auch
●● Der Interaktionsprozess wird oftmals weniger durch Aufschluss über das Engagement des Verkäufers geben.
verbale, sondern erheblich durch vokale und non-vo- Es zeigte sich, dass dieser Faktor eine entscheidende Rolle
kale Elemente der Kommunikation beeinflusst (Ar- für die Kundenzufriedenheit spielte.
gyle, 2013). Wir versuchen nachfolgend, einige Muster der nonver-
Das nonverbale Verhalten (insbesondere Blickkontakte, balen Kommunikation zu beschreiben und Ergebnisse
Kopfbewegungen und Körperhaltungen) erlaubt vor al- der Kommunikationsforschung auf den Verkaufsvorgang
lem Attributionen auf die Einstellung und den Status des zu übertragen. Wir beziehen uns dabei auf Tab. 12 bzw.
Kommunikationspartners. Die Interaktionstheorie be- auf die Untersuchung von Klammer (1989), die das un-
schäftigt sich daher heute nicht nur mit der Frage, wie der terschiedliche nonverbale Verhalten eines erfolgreichen
Verkäufer den Kunden beeinflusst, sondern auch damit, und eines nicht erfolgreichen Verkäufers wiedergibt. In
wie die Reaktionen des Kunden das nonverbale Verhalten einem Möbelhaus wurde durch mehrere Beobachter das
des Verkäufers steuern. Ein interessanter Beitrag dazu Verhalten von zwei Verkäufern bei 45 Kundenkontakten
stammt von Fennis (2008). Der Autor unterscheidet zwei registriert, getrennt nach dem Verhalten beim Sprechen
Situationen: 1. Der Konsument signalisiert durch sein und beim Zuhören. Das Involvement der Kunden bei
nonverbales Verhalten ein positives Feedback auf den diesen Gesprächen konnte als hoch eingestuft werden.
Verkaufsprozess, sodass der Verkäufer einen positiven 81 % der Gespräche von Verkäufer A führten zum Kauf-
Geschäftsabschluss antizipieren kann. Der Verkäufer abschluss, aber nur 50 % von Verkäufer B. Insgesamt ge-
zeigt ein „authentisches“ Lächeln, er spricht laut und sehen zeichnete sich der erfolgreiche Verkäufer A durch
schnell und nutzt Armgesten. 2. Der Konsument vermit- ein aktiveres nonverbales Verhalten aus, er setzte zudem
telt nonverbal den Eindruck, dass der Verkaufsprozess mehr verbale Verstärker durch Ausdrücke wie „ja, ja“
scheitert. Der Verkäufer zeigt ein „gezwungenes“ Lä- oder „ganz richtig“ ein (Klammer, 1989, S. 218–248)91. Der
cheln, er spricht tiefer und weicher, er weicht dem Blick erfolgreiche Verkäufer (A) unterschied sich vom nicht
des Kunden aus, versucht sein eigenes Gesicht zu verber- erfolgreichen vor allem dadurch, dass er die Augen-
gen, wechselt häufig seine Körperhaltung und berührt brauen weniger zusammenzog und die Lippen weniger
sich häufiger selbst. Die Frage, die sich hier automatisch
stellt, ist, ob es durch die nonverbale Reaktion des Ver- 91
Eine weitere umfassende Studie zur Beziehungsanalyse
käufers zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung kommt stammt von Angerer (2004), der ebenfalls nonverbale Kriterien
und der Konsument den Kauf tatsächlich ablehnt, was für die Interaktion zwischen Verkäufer und Käufer in einem
nach Fennis (2008) durchaus der Fall sein kann. Möbelhaus untersuchte.
520 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

nonverbale Mittelwerte
Verhaltenselemente
beim Zuhören
erfolgreicher nicht erfolgreicher
Verkäufer A Verkäufer B
Tab. 12: Nonverbales Verhalten
und Verkäufererfolg
Blickkontakt aufnehmen 9,97 7,10
Kopfbewegungen: Anmerkung: Mittelwerte für die
lateral (Neigung) 1,23 0,25* Menge aufgetretener Verhalten-
vertikal 3,47 1,15 seinheiten pro Kundenkontakt,
Sterne * zeigen signifikante
Distanz 50 –150 cm 0,50 0,05*
Unterschiede an. Darstellung des
Lippen zusammenpressen 0,13 0,50 Untersuchungsdesigns erfolgt
vorbeugende Körperbewegung 0,27 0,05* im Text (Quelle: Klammer, 1989,
S. 240).

zusammenpresste. Zudem hielt er signifikant häufiger monstrieren, siehe oben92). Guyer, Brinol et al. (2019)
Blickkontakt zum Kunden (während des Sprechens 40 %, machen auf die Nachahmung (mimicry) aufmerk-
während des Zuhörens 75 %). sam: “If the source of a persuasive message smiles,
Zur nonverbalen Kommunikation gehören neben Mi- leans forward, or nods his or her head at you, you
mik und Gestik auch Stimmsignale, Körpergeruch oder are likely to reciprocate by smiling, leaning forward,
Distanzverhalten. and nodding back”. Das kann zu Vertrauen führen.
Dabei zeigt die Forschung auch, dass sogar die nach-
Die räumliche Distanz (bei einer Vis-à-vis-Körperori-
ahmende nonverbale Kommunikation von virtuellen
entierung, bei der ein Gesprächspartner dem anderen
Verkäufern (Avatare) die Reaktionen der Kunden po-
direkt gegenüber sitzt oder gegenüber steht) zwischen
sitiv beeinflussen (Yee, Bailenson und Ducheneaut,
Verkäufer und Kunde ist somit ebenfalls ein wichtiges
2009). Beispielsweise demonstrieren Bailenson and
Merkmal. Eine positive und kommunikative Haltung
Yee (2005), dass Avatare, die die Kopfbewegungen
kommt nur dann zustande, wenn der persönliche oder
der Versuchspersonen gezielt nachahmten, signifikant
intime Raum nicht verletzt wird (Winterhoff-Spurk, 1993).
überzeugender waren als die gleichen Avatare, die
Rückt der Verkäufer dem Kunden „zu nah auf den Leib“,
zwar auch realistische Kopfbewegungen durchführ-
so führt dies zur Verletzung des intimen oder persön-
ten, aber nicht nachahmten. Die Autoren sprechen hier
lichen Raumes des Kunden. Der Kunde weicht dann
von „digitalen Chamäleons“.
meistens zurück, um wieder die richtige Distanz herzu- ●● In diesem Zusammenhang ist auch ein sehr interes-
stellen (Guyer, Briñol et al., 2019). Viele Verkäufer merken
santes Experiment von DeSteno, Breazeal et al. (2012)
diese Raumverletzung nicht und setzen sie fort, indem
anzuführen. Die Autoren fragten sich, welche Gesti-
sie dem Kunden nachrücken. Eng verbunden mit dem
ken in der zwischenmenschlichen Kommunikation
Eindringen in den intimen oder persönlichen Raum eines
dazu führen, dass Menschen einander misstrauen.
Menschen sind Körperberührungen. Diese sind je nach
Mit einer spieltheoretischen Vorstudie konnten die
Kultur mehr oder weniger erlaubt. Die unterschiedliche
Autoren zunächst nachweisen, dass vier Gesten, so-
Üblichkeit von Berührungskontakten lässt sich durch
fern sie zusammen präsentiert werden, darauf deu-
folgenden Vergleich belegen: Die Zahlen geben die
ten lassen, dass die so agierende Person unfair spielt
durchschnittliche Häufigkeit an, mit der sich Personen
und dadurch höhere Geldbeträge erzielen kann. Dazu
berühren, die in einem Café zusammensitzen (nach Ar-
zählten: die Arme kreuzen und sich zurücklehnen,
gyle und Trower, 1981, S. 25): San Juan (Puerto Rico): 180,
die eigenen Hände berühren und das Gesicht berüh-
Paris: 110, Gainesville (Florida): 2 und London: 0.
ren. In einem weiteren Experiment konfrontierten die
Die Kenntnis der Körpersprache des Kunden bietet dem Forscher Versuchsteilnehmer dann mit dem Roboter
Verkäufer zwei Möglichkeiten: Nexi, der mit seinem runden Gesicht und den blauen
●● Er kann seine Körpersprache zur Steuerung des Ver- Augen doch recht menschlich aussieht. Nexi begrüß-
kaufsvorganges und zur Beeinflussung des Kunden
einsetzen (und auch interkulturelle Kompetenz de-
92Siehe auch Tanner, Ferraro et al. (2008), die prüfen, ob ein
absichtliches Imitieren der Körperhaltungen des Kunden durch
den Verkäufer den Entscheidungsprozess beeinflusst.

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B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 521

te jeden Versuchsteilnehmer freundlich und war so wusst imitieren und sieht dann selbst verärgert aus,
programmiert, dass er sich mit seinem menschlichen was den Kunden umso mehr erbost. Das Gespräch
Gegenüber über die Stadt Boston unterhalten konnte. kann eskalieren.
Die Gestik von Nexi wurde dabei aber systematisch Grundsätzlich ist „authentisches nonverbales Verhal-
variiert. Bei der Kontrollgruppe sahen die Versuchs- ten“ erfolgversprechender (Hennig-Thurau, Groth et al.,
personen diverse Gesprächsgesten, doch Nexi war so 2006; siehe auch Srnka, Ebster und Koeszegi, 2006). Es
programmiert, dass Arme kreuzen und sich zurück- gibt allerdings Situationen, in denen es – kurzfristig be-
lehnen, die eigenen Hände berühren und das Gesicht trachtet – vorteilhaft sein kann, wenn die wahren Emp-
berühren nicht dazu gehörten. Diese Gesten präsen- findungen maskiert werden. Letzteres wäre dem oben
tierte Nexi nur der Experimentalgruppe. Ein Vergleich skizzierten Verkäufer, der mit einem ärgerlichen Gesicht
von Experimentalgruppe und Kontrollgruppe ergab, auf die Kundenbeschwerde reagierte, zu empfehlen ge-
dass die Teilnehmer der Experimentalgruppe signifi- wesen (siehe auch Forgas, 1999). Aber auch Kunden, die
kant häufiger glaubten, Nexi würde sie betrügen und ein „Pokerface“ beherrschen, können in Verhandlungen
in der Folge, waren sie weniger bereit, Nexi Geld anzu- oftmals bessere Preise oder Konditionen erzielen (Pucci-
vertrauen. Das „Mögen“ von Nexi wurde als konfun- nelli, Motyka und Grewal, 2010). Für Ärzte ist es ebenso
dierende Variable kontrolliert. Das Ergebnis ist zum manchmal wichtig, dass sie sich kontrollieren und ihre
einen für die nonverbale Kommunikationsforschung Gefühle (z. B. Erschrecken) nicht sofort im Ausdruck
von großem Wert. Im Unterschied zu menschlichen zeigen.
Akteuren, die, selbst wenn sie schauspielerisch begabt
Das bisher vernachlässigte vokale Verhalten (Stimmqua-
sind, vielleicht unwillkürlich manche Zusatzgesten
lität, Sprechmelodie, Sprechpausen usw.) übernimmt in
machen, konnte Nexis Verhalten sehr systematisch
der Kommunikation mehrere Funktionen (Hertzer, 2005).
variiert werden: In der Experimentalgruppe wurden
Die Stimme gilt unter anderem als Indikator für persönli-
nur die vier vorher identifizierten Gesten gezeigt und
che Eigenschaften und für die psychische Verfassung des
keine anderen, sie erklären daher die Reaktionen der
Sprechers. Zum Beispiel fand Brown (1982, S. 214 ff.) bei
Versuchsteilnehmer. Zum anderen zeigt das Experi-
allen Sprechern eine konsistente Beziehung zwischen der
ment auch, dass Menschen auch Robotern Absichten
unterstellen, und sie wie soziale Wesen behandeln.
●● Die nonverbale Kommunikationsforschung unter-
sucht auch, wie der Verkäufer aus der Körpersprache
des Kunden Aufschlüsse über dessen Meinungen,
Gefühle und Absichten erhalten kann, die er auf ver-
balem Wege nicht erhält. Manche Verkäufer können
in den „nonverbalen Reaktionen der Kunden wie in
einem Buch lesen“ (Puccinelli, Motyka und Grewal,
2010, S. 966) und dadurch sensibler auf den Kunden
eingehen (z. B. ungefragt ausführlichere Erklärungen
abgeben, wenn sie zuvor beobachtet haben, dass der
Konsument Verständnisschwierigkeiten hat). Der
Kunde kann mit seinem nonverbalen Verhalten aber
auch auf den Verkäufer einwirken (Fennis, 2008). Die
Studie von Dallimore, Sparks und Butcher (2007)
zeigt93, dass es hier manchmal zu einer gefährlichen
Spirale „emotionaler Ansteckung“ (emotional conta-
gion) kommen kann. Auch hier spielt die oben skiz-
zierte Nachahmung (mimicry) eine Rolle, dieses Mal
jedoch in negativer Hinsicht: Wenn ein verärgerter
Kunde seinem Ärger Luft macht, kann der Verkäufer
die nonverbalen Verhaltensweisen des Kunden unbe-

93Einschränkend ist zu dieser Studie zu sagen, dass Studieren-


de in die Rolle der Verkäufer schlüpften, also keine professio- Abb. 209: Der Roboter Nexi, eingesetzt von DeSteno, Breazeal et al.
nellen Verkäufer untersucht wurden. (2012) zur Erforschung der Gestik
522 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

„Sprechrate“ – die man auch als Sprechtempo bezeich- niedrig eingeschätzt wird, so wirkt sich dies nachteilig
nen kann – und der vom Zuhörer wahrgenommenen auf den Verkaufserfolg aus.
Kompetenz des Sprechers. Unter Kompetenz versteht Argyle (2013) differenziert zusammenfassend zwischen
er eine Kombination von Sprechereigenschaften wie ak- folgenden fünf Informationen, über die die äußere Er-
tiv, intelligent, sicher oder ehrgeizig, die sich positiv auf scheinung einer Person Auskunft gibt:
den Kommunikationserfolg auswirken: Bei zunehmen-
der Sprechrate steigt die eingeschätzte Kompetenz des (1) Individuelle Identität: Menschen kleiden sich in cha-
Sprechers. Verkäufer mit ausgeprägtem Sprechtempo rakteristischer Weise, um von ihrer Umwelt eindeutig
scheinen mehr Überzeugungskraft zu besitzen (Knapp identifiziert und schneller erkannt zu werden.
und Hill, 2002). Das (2016) untersucht ebenfalls das vokale (2) Gruppenzugehörigkeit: Eine Gruppenzugehörig-
Verhalten und kann hier belegen, dass eine melodische keit wird zum Ausdruck gebracht, indem man in der
Stimme zu einer höheren Zufriedenheit des Kunden mit Kleidung einen bestimmten Stil trägt. Damit drückt
dem Verkaufsgespräch beiträgt. man auch den Grad der sozialen Integration aus.
(3) Alter und Geschlecht: In den meisten Gesellschaften
Sprechtempo und Stimmvolumen schließlich sind
gibt es klare Konventionen über altersbedingte Klei-
noch für die Aktivierung der Gesprächspartner mitver-
dung von Männern und Frauen. Dennoch werden
antwortlich. Das wird in Verkaufsschulungen auf die
Überschreitungen dieser Konventionen in gewissem
Formel gebracht: „Lebendiges Sprechen schafft Kontakt
Maße toleriert, mit zunehmender Tendenz (siehe auch
und Aufmerksamkeit“. Ein gleich bleibendes Sprechen
Gröppel-Klein, 2010b).
wird als eintönig – also wenig aktivierend – sowie als
(4) Beruf und soziale Rolle: Viele Berufe sind bereits an
ausdruckslos und zu sachlich kritisiert.
der Kleidung erkennbar. Unterschiedliche Kleidung
Praktische Anwendung der Objektkommunikation: innerhalb einer Berufsgruppe verweist auf verschie-
Kommen wir noch einmal auf die Kommunikation mit- dene Rollen ihrer Träger. Zeremonien sind ein beson-
tels Gegenständen zurück. Die vonseiten des Verkäufers derer Anlass, um sich abhebend und auffallend zu
eingesetzten materiellen Mittel nonverbaler Kommuni- kleiden (z. B. Verleihung von Doktorhüten).
kation umfassen Gegenstände, (5) Persönlichkeitsmerkmale: Bestimmte Persönlich-
●● die zur äußerlichen (körperlichen) Erscheinung keitstypen bevorzugen auch in der Kleidung eine
des Verkäufers beitragen, wie Kleidung, Perücken, bewusste Selbstdarstellung. Deshalb kann Kleidung
Schmuck, aber auch „Body-Painting“ (Patterson und auch von Beobachtern entsprechend decodiert wer-
Schroeder, 2010) bzw. umfassender die „Haut“ (Bor- den. Die äußere Erscheinungsweise spiegelt also das
gerson und Schroeder, 2018), Selbstbild wider und erzeugt entsprechende Reak-
●● die dem persönlichen Gebrauch dienen, wie Auto, tionen bei Dritten, wodurch es wiederum verstärkt
Laptop-Tasche, wird. So erhält man verschiedene Hinweise, die das
●● die in der Verkäufer-Käufer-Interaktion eingesetzt Bild von der Persönlichkeit vervollständigen. Neben
werden, wie Mahlzeiten, Geschenke, der Kleidung unterstreichen auch die persönlichen
●● die zur kommunikativen Umwelt des Verkäufers ge- Gebrauchsgegenstände, wie z. B. das Auto oder die
hören, wie Büroeinrichtung, Bürodekoration. Armbanduhr die Persönlichkeit.
Im Folgenden wollen wir die Objektkommunikation an- Die Wirkung der Objektkommunikation kann auch an-
hand des Beispiels „Kleidung“ näher skizzieren: Verkäu- schaulich anhand des Beispiels Geschenke bzw. dem
fer und Käufer erhalten durch die Kleidung Aufschluss Schenken dargestellt werden: Die bereits in der älteren
über die Persönlichkeit des anderen. Der Schluss von der Konsumentenforschung durchgeführten Untersuchun-
Kleidung auf die Persönlichkeit erfolgt nach den Regeln gen über das Schenkverhalten beziehen sich hauptsäch-
der stereotypen Personenwahrnehmung, die wir bereits lich darauf, aus welchem Anlass Geschenke gekauft
dargestellt haben. Außerdem wirkt die Kleidung von werden und welche Produkteigenschaften beim Einkauf
Verkäufern und Käufern als Bestandteil der unmittelba- von Geschenken beachtet werden (Scammon, Shaw und
ren Umwelt unbewusst auf das Verhalten der Interakti- Bamossy, 1982; DeVere, Scott und Shulby, 1983). Belk
onspartner ein. Farbenfrohe oder figurbetonte Kleidung (1979) fasst dagegen Geschenke als Mittel des sozialen
kann die Interaktionspartner beispielsweise aktivieren Austausches auf und stellt dadurch eine Beziehung zu
oder ablenken. den austauschtheoretischen Erklärungen der Verkäu-
Die Kleidung der Verkäufer weist auch auf den jeweiligen fer-Käufer-Interaktion her.
sozialen Status hin. Wenn der soziale Status der Verkäu- Geschenke werden üblicherweise zweiseitig ausge-
fer (gemessen an den Erwartungen der Käufer) als zu tauscht. Im geschäftlichen Verkehr wird allerdings auch
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 523

ein einseitiges Geben akzeptiert. Gerade bei Einseitigkeit persönlichen Geschenken zusätzlich die Ausgabesum-
sind die Regeln nonverbaler Kommunikation, die in ei- me in Relation zum Vertrautheitsgrad des Beschenkten.
nem sozialen System gelten, besonders zu beachten: Der Es zeigte sich zum einen, dass Männer andere Motive
Wert der Geschenke muss innerhalb bestimmter Grenzen (mehr „taktische Interessen“) beim Schenken verfolgen
liegen, und er muss der Kommunikationssituation ent- als Frauen, und zum anderen, dass die Ausgabesumme
sprechen. Zudem sollen die Geschenke im Allgemeinen mit dem Grad der Vertrautheit zwischen den Partnern
keine intime Note haben, das heißt, nicht die Intimsphäre positiv korrelierte. Sargeant und Woodliffe (2007) geben
des Empfängers ansprechen (z. B. kein Schmuck als Ge- einen guten Überblick über die Motive des Schenkens.
schenk unter Geschäftsleuten). Alle nonverbalen Kommunikationselemente werden in
Bodur und Grohmann (2005) führten ein Experiment Anlehnung an Bekmeier (1994a, b) zusammenfassend
durch, bei dem sie die Reaktionen von Konsumenten auf noch einmal aufgeführt (siehe Tab. 13).
Geschenke von Anbietern analysierten. Ihre Ergebnisse
machen deutlich, dass nicht der (monetäre) Wert des Ge-
schenks, sondern vielmehr die empfundene Reziprozi- III. Die weitere soziale Umwelt der
tät des Geschenks die Einstellung zu diesem bestimmt. Konsumenten
Anders ausgedrückt: Wenn die Konsumenten bereits
zu dem Anbieter eine hohe Bindung empfanden, dann
bewerteten sie das Geschenk positiver, als wenn eine 1. Kennzeichnung
geringe Kundenbindung bestand. Kultur kann nach Kroeber und Kluckhohn (1952) als
Auch Marchand, Paul et al. (2017) untersuchten die Wir- Übereinstimmung der Verhaltensmuster vieler Indivi-
kung von Geschenken eines Anbieters (hier einer Flugge- duen definiert werden. Diese Übereinstimmung wird
sellschaft) auf seine Kunden. Die Autoren differenzieren auf größere soziale Einheiten wie Länder, Sprachgemein-
zwischen Geschenken mit ökonomischen Wert, die einen schaften oder umfassende übernationale Einheiten („eu-
Bezug zum Anbieter haben können oder nicht (z. B. Flug- ropäische Kultur“) bezogen. Ihre ausführliche Definition
voucher vs. Gutschein für ein Zeitschriftenabonnement) lautet:
und Geschenken, die eher einer „sozialen Wert“ haben,
und ebenfalls mit dem Serviceanbieter mehr (Internet „Kultur besteht aus expliziten und impliziten Denk- und
Chat mit dem Fluggesellschaftsbetreiber) oder weniger Verhaltensmustern, die durch Symbole erworben und
(ein nicht gebrandetes Schokoladenherz) verbunden sein weitergegeben werden und eine spezifische, abgrenzba-
können. Daraus ergab sich ein 2x2-Design. Die Ergeb- re Errungenschaft menschlicher Gruppen bilden. Einzu-
schließen sind auch die in den geschaffenen materiellen
nisse zeigen, dass bei Geschenken mit ökonomischen
Gütern zum Ausdruck kommenden Errungenschaften.
Wert ein Bezug zum Unternehmen gegeben sein sollte,
Kernstück jeder Kultur sind die durch Tradition weiter-
dann stieß das Geschenk auf große Resonanz. Bei den gegebenen Ideen (…), insbesondere Werte. Kulturelle
Geschenken zur sozialen Kontaktpflege war es dage- Systeme können einerseits als das Ergebnis von Hand-
gen eher sinnvoll, keinen direkten Bezug zum Anbieter lungen, andererseits als bedingende Elemente für weitere
herzustellen. zukünftige Handlungen betrachtet werden“ (Kroeber und
Saad und Gill (2003) untersuchten in ihrer Studie, die Kluckhohn, 1952, S. 181).
sich allerdings auf private Beziehungen bezog, neben
geschlechtsspezifischen Motiven für das Geben von

Veränderbare Elemente Unveränderbare


Elemente
Körpersprache Objektsprache Raumsprache Körperbau
Mimik körpernahe Objekte z. B. Distanzzonen Figur
Gestik Kleidung, Schmuck, Territorien Gesichtsform
Körperbewegung Haar- und Barttracht etc. „Pufferzone“ Hautfarbe
Körperkontakt etc. körperferne Objekte etc. etc.
z. B. Statussymbole,
Einrichtungsgegenstände
Tab. 13: Ausgewählte nonverbale etc.
visuelle Kommunikationselemente
524 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

„Kultur“ und „Zivilisation“ werden von uns als synony- Das Verhalten manifestiert sich auch in materiellen Gü-
me Begriffe gebraucht. Das ist eine begriffliche Verein- tern wie Denkmälern oder Kirchen. Diese dienen ebenso
fachung, die für unseren Darstellungszweck praktisch wie die Medien (Bücher, Filme) dazu, Kultur zu vermit-
ist und sich an den angelsächsischen Sprachgebrauch teln und zu dokumentieren. Zwei in der internationalen
anlehnt. Die Kultur einer Gesellschaft drückt sich in Konsumentenverhaltensforschung sehr bekannt gewor-
ihren Werten, ethischen Grundsätzen und auch in den dene Studien sind die Beiträge von Holbrook und Gray-
Objekten aus, die sie herstellt und mit denen sie sich um- son (1986) und Hirschman (1988), die heute durchaus zum
gibt (Solomon, Bamossy, et al., 2016, S. 511 ff.; Mühlbacher, Grundlagenwissen darüber zählen, wie mit qualitativen
Leihs und Dahringer, 2006, S. 181 ff.). Studien Kulturanalysen (auch in Bezug auf Subkulturen)
Der Begriff „Subkultur“ hat die gleichen Funktionen wie durchgeführt werden können (neben den Versuchen,
der Begriff „Kultur“: So wie dieser dazu dient, überein- universelle Kulturvergleiche durchzuführen, auf die wir
stimmende spezifische Verhaltensmuster von verschie- noch zu sprechen kommen).
denen Gesellschaften zu bestimmen, dient der Begriff Holbrook und Grayson (1986) untersuchen anhand des
„Subkultur“ dazu, Verhaltensmuster von sozialen Grup- Spielfilms „Out of Africa“ („Jenseits von Afrika“), wie
pierungen innerhalb einer Gesellschaft zu analysieren: sich die europäische und die afrikanische Kultur un-
„Kultur“ ist damit ein „intergesellschaftlicher Begriff“ terscheiden. Einige Beispiele illustrieren diese Vorge-
und „Subkultur“ ein „intragesellschaftlicher Begriff“. hensweise: Holbrook und Grayson (1986, S. 378) berichten
Beispiele sind die Subkulturen von jugendlichen Religi- unter der Überschrift „Kulturschock“ von einer Szene,
onsgemeinschaften oder von ethnischen Gruppen. Auch bei der die weiße, aus Europa stammende Heldin des
die verschiedenen sozialen Schichten wie Unterschicht, Films ihren schwarzen Hausdiener Juma bittet, beim
Mittelschicht und Oberschicht können wir zu den Sub- Servieren stets weiße Handschuhe zu tragen, wie es in
kulturen einer Gesellschaft zählen. Europa zu damaliger Zeit üblich war. Sie zieht ihm vor-
sichtig die Handschuhe an, die von ihm aber nur sehr
2. Kultur skeptisch betrachtet werden, und in der Folge entgleiten
Die Kultur ist ein Hintergrundphänomen, das unser dem bis dahin zuverlässigen Gehilfen diverse Gegen-
Verhalten prägt, ohne dass wir uns dieses Einflusses stände, die er mit den behandschuhten Händen greifen
bewusst sind. Erst der Blick auf andere Kulturen macht möchte. Auch die Kuckucksuhr wird von den Autoren
uns die kulturell bedingten Unterschiede des Verhaltens als Symbol identifiziert, mit dem die Unterschiedlichkeit
deutlich. Kulturelle und subkulturelle Normen sind die der Kulturen vom Regisseur dargestellt wird, löst doch
wichtigsten sozialen Verhaltensdeterminanten. Sie prä- die Kuckucksuhr bei den afrikanischen Kindern eine
gen unser Verhalten von den alltäglichen Gewohnheiten enorme Faszination aus und wird fast schon als Zauberei
bis zur weltanschaulichen Haltung. Auf einen kurzen verstanden. Filme, die eine sehr hohe kulturelle Distanz
Nenner gebracht, kann man Kultur wie folgt definieren: zwischen den Betrachtern und dem Filmort zeigen, sind
für die Zuschauer in der Regel sehr anregend, erwecken
Neugierde und den Wunsch, das Neue auch auf das ei-
Kultur umfasst gesellschaftlich übereinstimmende Muster gene Leben zu übertragen. Die Zuschauerzahlen steigen
in Denken, Fühlen und Handeln.
in der Folge (Moon und Song, 2015).
Hirschman (1988) analysiert anhand der Serien „Den-
Die kulturellen Verhaltensmuster umfassen vor allem ver Clan“ und „Dallas“, wie sich innerhalb einer Kultur
●● grundlegende Werte und Normen (Beispiel: Ein (USA) unterschiedliche Lebensstile herausbilden und
grundlegender Wert in Kanada ist „law and order“, manifestieren können. Die Autorin (1988, S. 357) erklärt,
dieser Wert ist in den USA wesentlich geringer aus- dass Serien wie „Dallas“ und „Denver“ eine enorme
geprägt.) Projektionsfläche für viele Konsumenten bieten: „So-
●● für eine Gesellschaft wichtiges Wissen (Beispiel: In metimes we are J. R. Ewing – vengeful, selfish, obses-
der Eskimo-Kultur ist mehr Wissen über Schnee als sed with power and money – while other times we are
in anderen Kulturen vorhanden. Das kommt auch in Krystle Carrington – all goodness and light, a nurturtant
der Sprache zum Ausdruck, die eine Vielzahl von Be- parent, a loving spouse, a loyal friend. Through them
zeichnungen für Schneesorten enthält.) and in them, we see ourselves and our choices more cle-
●● typische Handlungsmuster (Beispiel: Ein kulturtypi- arly“. Ein spezifisches Konsumverhalten würde zudem
sches Handlungsmuster kann man bei Beerdigungs- die Charaktereigenschaften der einzelnen Charaktere
zeremonien beobachten, z. B. der Ausdruck von Be- in den Serien unterstreichen: So trug J. R Ewing stets
troffenheit durch gefaltete Hände). nach Business-Etikette einen Anzug, trank Bourbon und
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 525

Kultur
Muster des Denkens, Fühlens,
Handelns

vermittelt
durch
Erfahrungs- Medien-
umwelt umwelt

beeinflusst

emotionales kognitives beobachtbares


Abb. 210: Beziehungen zwischen Verhalten Verhalten Verhalten
Kultur und Verhalten

fuhr einen Mercedes. Hirschman (1988, S. 347 f.) bezeich- (Alarcon-del-Amo, Gomez-Borja und Lorenzo-Romero,
net diesen Lebensstil als „secular materialism“ (urban, 2015). Auch die Werbung kann kulturelle Besonderheiten
machtvoll), während sein Halbbruder in der Serie, Ray widerspiegeln, wie beispielsweise die Studien von Wol-
Krebs, stets im Cowboy-Dress gekleidet war, Bier trank burg und Venger (2009) oder Yu, Park und Sung (2015)
und einen Pick-up-Geländewagen bevorzugte („sacred zeigen. Der amerikanische Medienforscher Marshall
materialism“ – ländlich, kooperativ). McLuhan schreibt in seinem Werk „The Mechanical
Ein weiterer Aspekt der Bedeutung von Kulturanalysen Bride“ (1951, deutsche Übersetzung von 1996): „Die His-
ist darin zu sehen, dass Kulturen oder Subkulturen nicht toriker und Archäologen werden eines Tages entdecken,
nur Ergebnisse menschlichen Verhaltens sind, sondern dass die Werbung unserer Zeit die einfallsreichsten und
auch Bestimmungsgrößen des Verhaltens, und damit zu tiefsten täglichen Betrachtungen darstellt, die eine Kultur
Prognosezwecken herangezogen werden können. Die je über ihr ganzes Tun und Lassen angestellt hat“. Diese
Kultur wird also als Umwelt des Konsumenten verstan- Erkenntnis gilt heute wahrscheinlich umso mehr.
den, die sein Verhalten bestimmt. Die kulturellen Muster Durch die direkten und medialen Erfahrungen mit und
werden dem Konsumenten durch den Sozialisationspro- in seiner (sub-)kulturellen Umwelt erkennt der Konsu-
zess vermittelt, in dem (wie zu Beginn dieses Dritten ment, welches Verhalten verbreitet und akzeptiert ist.
Teils dargestellt) Dadurch wird sein Verhaltensspielraum allerdings auch
wesentlich begrenzt. Untersuchungen über den Einfluss
●● Erfahrungsumwelt und
der Kultur richten sich manchmal auf einzelne besonders
●● Medienumwelt beachtenswerte Verhaltensweisen (wie das Feiern eines
zusammenwirken. Durch die Erfahrungsumwelt lernt religiösen Festes, z. B. Hirschman, Ruvio und Touzani,
der Einzelne die Kultur im direkten Kontakt kennen: 201194), häufiger aber auf komplexere Verhaltensmuster.
durch die Kommunikation mit Menschen der gleichen Eine operationale Größe, um solche Verhaltensmuster
Kultur und durch die Eindrücke, die kulturspezifische empirisch in den Griff zu bekommen, ist der Lebens-
Gegenstände wie Häuser oder Einrichtungen hinterlas- stil. Unter dem Lebensstil (lifestyle) versteht man eine
sen. Kombination von typischen Verhaltensweisen, die eine
Die Medien liefern immer mehr Beiträge, die dem Ein-
94
zelnen Kultur nahebringen. Früher waren es vor allem Der Beitrag beleuchtet nicht nur, wie verschiedene Religions-
mündlich tradierte Sagen, dann wurden die Printmedien gemeinschaften (Christen, Muslime und Juden) religiöse Feste
feiern, sondern berücksichtigt auch, ob die jeweilige Gruppe
zunehmend wichtig (wie Märchenbücher), heute sind es die Mehrheits- (z. B. Christen in den USA) oder Minderheits-
in erster Linie die elektronischen Medien, die Aufschluss religion (z. B. Christen in Israel) in einem Land darstellt. Min-
über Fühlen, Wissen, Denken und Handeln in der Ge- derheiten halten sich demnach besonders streng an Traditionen
sellschaft geben. Dazu zählen auch die sozialen Medien und Riten.

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526 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

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Universalismus

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Hedonismus
Konformität Tradition

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Abb. 211: Wertesystem von

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Schwartz zur Identifikation von
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Kulturunterschieden (Quelle:
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Schwartz und Sagiv, 1995, S. 96)

gesellschaftliche Gruppe oder Untergruppe von einer an- Ausgangspunkt von Untersuchungen der Wirkung von
deren unterscheidet. So spricht man vom Lebensstil der kulturellen Mustern ist die Ermittlung von Wertorien-
Deutschen oder der Japaner oder von einem sportlichen tierungen. Werte sind grundlegende menschliche Ziel-
oder modischen Lebensstil (siehe die noch folgenden vorstellungen. Sie sind besonders geeignet, kulturelle
Ausführungen zum Lebensstilkonstrukt). Verhaltensmuster zu repräsentieren, weil sie das gesamte
Es ergeben sich wesentliche Fragen für die Konsumen- Verhalten durchdringen. So bestimmt zum Beispiel die
tenforschung: „Freizeitorientierung“ in einer Gesellschaft eine Vielzahl
von entsprechenden Vorstellungen, Motiven, Einstellun-
(1) Wie sehen die kulturellen Verhaltensmuster einer
gen und beobachtbaren Verhaltensweisen. Lass und Hart
Gesellschaft aus?
(2004) untersuchten beispielsweise die Toleranz gegen-
(2) Wie äußern sich diese Verhaltensmuster in der Erfah-
über erotischer Werbung in Deutschland, Italien und
rungsumwelt und Medienumwelt des Konsumenten?
Großbritannien, und sie stellten fest, dass die Akzeptanz
(3) Wie beeinflussen sie das Konsumentenverhalten?
in den einzelnen Ländern von den Wertvorstellungen der
Zur Beantwortung dieser Fragen benötigt man spezielle Bürger abhängig ist.
Analysen:
Das von Schwartz (Schwartz und Sagiv, 1995) entwickelte
(1) des Verhaltens in einer Gesellschaft, universelle Wertesystem (Abb. 211), das wir ausführlich
(2) der Erfahrungs- und Medienumwelt und im zweiten Teil beschrieben haben, siehe Tab. 4) ist auch
(3) des Einkaufs- und Konsumverhaltens. für die interkulturelle Forschung konzipiert worden;
Methodisch ist dabei Folgendes zu beachten: Das Verhal- d. h., es war das Ziel, universale Werte zu identifizieren,
ten kann mehr oder weniger genetisch vorprogrammiert, die in allen Ländern bzw. Kulturen mehr oder weniger
kulturell oder subkulturell geprägt oder individuell sein. stark beobachtet werden können und daher dem Kul-
Um kulturelle Verhaltensweisen zu erkennen, versucht turvergleich dienen.
man das Verhalten auf gesellschaftlicher (aggregierter) Der Schwartz-Ansatz ist international durchaus sehr an-
Ebene zu messen und zu vergleichen, denn erst aus ei- gesehen. Allerdings soll an dieser Stelle nicht verschwie-
nem solchen Vergleich lassen sich die kulturellen Muster gen werden, dass diese Konzeption (wie auch die Hofste-
ableiten. Kulturelle Muster lassen sich oft nicht direkt in de-Kulturdimensionen95) nicht ohne Kritik geblieben
der Erfahrungs- und Medienumwelt der Konsumenten
erkennen, sondern müssen über Bedeutungsanalysen
95Es gibt diverse Messfahren auf der Basis des Etic-Ansatzes:
(semiotische Analysen) erschlossen werden.
Nach einer großangelegten Studie mit über 116.000 befragten
IBM-Mitarbeitern in 72 Ländern von Hofstede (z. B. 1992, 2001)
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 527

Self-transcendence

Spirituality

Conformity Community

Extrinsic Intrinsic
Poularity

Image Affiliation

Self-Acceptance

Physical Health
Financial success
Safety

Abb. 212: Zirkuläre Anordnung Hedonism


kulturübergreifender Lebensziele
nach Grouzet, Kasser et al. (2005, Physical self
S. 812)

ist und auch spezifiziert bzw. weiterentwickelt worden erweitert werden müsse. Die Autoren schlagen – ähnlich
ist. Grouzet, Kasser et al. (2005) führten beispielsweise wie Schwartz – eine zirkuläre Anordnung aller Werte
Befragungen in 15 verschiedenen Kulturen durch, und vor, aber mit zwei Achsen: Die erste Dimension mit den
kamen zu dem Schluss, dass das Schwartz-Wertesystem beiden Polen „extrinsisch vs. intrinsisch“ beschreibt das
Autonomie- und Kompetenzstreben (intrinsisch) bzw.
können Länder anhand der Kulturdimensionen Individualis- den Wunsch nach Belohnung, Erfolg und sozialer An-
mus – Kollektivismus, Machtdistanz, Unsicherheitsvermeidung erkennung (extrinsisch) innerhalb von Kulturen. Die
und Maskulinität – Femininität gruppiert werden. Zusätzlich zweite Dimension wurde von den Autoren als „geisti-
wurde die Zeitperspektive (kurz- vs. langfristig) als wichtige ges“ versus „physisches Selbst“ bezeichnet und geht mit
Dimension identifiziert; wegen dieser vier Kerndimensionen Spiritualität einher (Abb. 212).
und der Zeitdimension wird das Hofstede-Konzept auch als
„4 + 1-Modell“ der Kulturdimensionen bezeichnet. Das Kon- Für das (internationale) Marketing ist es, wie gesagt, auf-
zept von Hofstede hat allerdings erhebliche Kritik erfahren
schlussreich zu erfahren, wie sich kulturelle und subkul-
(z. B. Eckhardt, 2002). Ein ähnliches Konzept, allerdings mit
neun Dimensionen, ist das GLOBE-Konzept (House, Hanges turelle Werte im Einkauf und Konsum von Produkten
et al., 2004). Zur Übertragung von GLOBE-Dimensionen ins und Dienstleistungen oder bei der Beurteilung von Wer-
Marketing siehe z. B. Diehl, Terlutter und Müller, 2007. Ein von bung (z. B. Fam, 2008) niederschlagen. Die kulturellen
Inglehart (1995) entwickeltes Verfahren der internationalen Werte und Verhaltensnormen werden den Individuen
Wertemessung (WVS) wurde in 43 Ländern in repräsenta- durch Sozialisationsprozesse vermittelt: Kleinere Grup-
tiven Studien eingesetzt. Nach dem WVS können Nationen pen aus der näheren Umwelt des Individuums, insbeson-
anhand von zwei wesentlichen Achsen charakterisiert werden:
traditionelle Autorität (charakterisiert z. B. durch Items wie
dere die Familie, treten dabei als Sozialisationsagenten
„Bedeutung der Religion“, „Gehorsamkeit“)  – rational-legale auf, d. h., die kulturellen Normen werden durch den von
Autorität (z. B. „Verantwortung“, „Politik-Interesse“) und knap- ihnen ausgeübten Einfluss besonders stark vermittelt.
pe Ressourcen („Geld“, „harte Arbeit“ – Postmodernismus (z. B. Die kulturellen Riten können jedoch auch dann stark in
Bedeutung von Freizeit und Selbstverwirklichung). Bearden, der Gesellschaft verankert sein und Konsumenten beein-
Money und Nevins (2006) kritisieren die grundsätzliche in- flussen, wenn sie von den Eltern des Betroffenen nicht
terkulturelle Universalität von Wertdimensionen, sehen hier
Abhängigkeiten zwischen den Werten und zeigen beispiels-
ausgeübt wurden. So ist für viele deutsche Konsumenten
weise auf, wie die Langzeitorientierung von Kulturen Werte ein Weihnachtsfest nur mit einem Weihnachtsbaum ein
wie Frugalität (+), Kaufsucht (–) und persönliche Ethik (+) von „richtiges Fest“, auch wenn dieser Brauch nicht in allen
Konsumenten beeinflusst. Familien praktiziert wird. Sandikci und Ger (2010) zeigen
528 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

anhand des Beispiels „Kopftuch tragen“ bzw. der Ver- Auch wenn man die grundsätzlichen Fragen, ob und in-
schleierung auf, wie ein (zwischenzeitlich) in der Türkei wieweit das Denken von der Sprache determiniert wird,
stigmatisierter Kleidungsstil (in öffentlichen Gebäuden offen lässt, so ist (aufgrund der engen Beziehungen zwi-
ist die Verschleierung ein Verstoß gegen die moderne schen Sprache und Denken und aufgrund der kommuni-
Sozialisation) bei den jüngeren Konsumentinnen an kativen Funktionen der Sprache) unbestritten, dass sich
Akzeptanz gewonnen hat und gar als modische Errun- Analysen des Sprachgebrauchs für den Vergleich von
genschaft begrüßt wird, obwohl die jüngeren Frauen Kulturen eignen:
diesen Kleidungsstil von ihren Mütter nicht vorgelebt
bekamen. Die Autoren erläutern, dass zum einen eine Kulturelle Verhaltensweisen spiegeln sich in der Sprache
Rückbesinnung auf alte traditionelle Werte der muslimi- wider.
schen Gesellschaft stattgefunden habe, zum anderen sei
die Akzeptanz aber auch deshalb gestiegen, weil Kopf-
Im Folgenden wollen wir zwei Fälle unterscheiden:
tücher und Schleier, teilweise designed von internati-
onalen Modeschöpfern, als hochmodische Accessoires (1) Zum einen können wir uns fragen, ob und inwieweit
angesehen würden. die Sprache im Rahmen des internationalen Marketing
angepasst werden muss. Gemeint ist damit nicht nur die
Es gibt zahlreiche weitere Zugänge zu einer Kultur und
einfache Übersetzung (oder die Probleme, die auftauchen
zum Vergleich von Kulturen. Wir wählen hier zwei Zu-
können, wenn ein in Land A perfekt klingender Marken-
gänge aus, die sich bei der theoretischen Erklärung kul-
name eins zu eins in ein anderes Land B übernommen
tureller Eigenarten bewährt haben und zugleich für das
wird und hier zu Irritationen führt98), sondern auch die
Marketing geeignet sind:
jeweiligen Assoziationen, die mit bestimmten Begriffen
(a) der Zugang über die Sprache (allgemeiner: über das innerhalb einer Kultur einhergehen. Wie groß Abwei-
Kommunikationsverhalten) und chungen im Sprachverständnis sein können, zeigt eine
(b) der Zugang über den Lebensstil. Studie von Kroeber-Riel (1992), bei der zwei Nationen der
Europäischen Union verglichen wurden (im Vergleich
a) Zugang über die Sprache
beispielsweise zu den asiatischen Ländern sind das zwei
Mit dem Gebrauch der Sprache erwirbt der Einzelne eine relativ ähnliche Kulturen): Deutschen und französischen
kulturell vorgeformte Sicht seiner Umwelt. Die von ihm Studenten wurden verschiedene Reizwörter vorgelegt
erlernte Muttersprache bringt eine spezifische Ordnung und anschließend die bildlichen Assoziationen gemes-
in die Gegenstände der Umwelt, sie lenkt Wahrnehmung sen. Während die Deutschen z. B. zu ruhig („tranquil“)
und Denken (Oksaar, 1993). Anders gesagt: Die erkann- „Wald, schlafen, Kirche, Nacht“ assoziierten, verban-
te Wirklichkeit ist eine durch Sprache geformte Wirk- den französische Studierende damit „Land, Wald, Natur,
lichkeit. Sprachinhalte sind Denkanweisungen, wie das Haus“. Die Reihenfolge zeigt die Wichtigkeit auf. Hier
„Sein“ in „gewusstes Sein“ zu überführen ist96. waren insgesamt vielfältige Unterschiede in den mit den
Die Diskussion über den Einfluss der verschiedenen Begriffen verbundenen Bildvorstellungen zu beobachten.
Sprachen auf Wahrnehmung und Denken wird insbe- Noch problematischer ist es, wenn rhetorische Figuren
sondere von zwei gegensätzlichen Forschungsrichtungen oder Slogans von einem Land zum anderen übertragen
angeregt: Auf der einen Seite stehen Forscher, die der werden müssen; hier ist eine direkte Übersetzung wenig
Sapir-Whorf-Hypothese anhängen, welche ein sprach- zweckmäßig (Smith, 2006). Man denke z. B. an die Marke
liches Relativitätsprinzip formuliert: Sie meinen, dass Haribo und den Werbespruch: „Haribo macht Kinder
„das Denken selbst … in einer Sprache – in Englisch, froh und Erwachsene ebenso“, der in Frankreich lautet
in Deutsch, in Sanskrit, in Chinesisch – geschieht“ und „Haribo, c’est beaux la vie, pour les grands et les petits“.
demzufolge starke kulturelle Abweichungen aufweist Belässt man die Slogans in ihrer Originalsprache oder
(Whorf, 1999). Auf der anderen Seite stehen Forscher, die
von einer weitgehenden interkulturellen Universalität
98 Siehe z. B. Piller (2003), die verschiedene, recht komische Bei-
der Sprach- und Denkstrukturen ausgehen und diese
nachzuweisen versuchen97. spiele aufführt; so bedeutet Mitsubishi „Pajero“ beispielsweise
im Spanischen „Angeber“. Gerade für westliche Anbieter ist
es schwierig, geeignete Markennamen für den chinesischen
Markt zu finden, da hier auch darauf geachtet werden müs-
96
Vgl. dazu das Kapitel über Sprache und Denken in Kroe- se, dass der Markenname nicht nur einen guten Klang habe,
ber-Riel (1969). sondern dass die Anzahl der Striche, die man zum Schreiben
97 Zur Gegenüberstellung der Forschungspositionen siehe des chinesischen Zeichens brauche, mit einer chinesischen
Osgood (1973). Glückszahl einhergeht (Chang und Lii, 2008).
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 529

formuliert sie in Englisch, um die Übersetzungsproble- Lebensstil der Franzosen im Vergleich zu dem der Deut-
matik zu umgehen, so besteht die Gefahr, dass sie nicht schen oder dem der Italiener. Der Fernsehsender MTV
richtig verstanden werden und zu Bumerangeffekten wird als „Lifestyle Channel“ bezeichnet, und auch in
führen. Man denke z. B. an den Slogan der Douglas-Par- den Pressemedien lassen sich zahlreiche Zeitschriften
fümerie „Come in and find out“, der in Deutschland von mit „Lifestyle-Charakter“ (z. B. Instyle) finden. In der
einer Mehrheit mit „Komm herein und finde wieder her- praxisorientierten Wirtschaftspresse stößt man eben-
aus“ und nur von 34 % der Bevölkerung korrekt übersetzt falls immer wieder auf diese Vokabel: Von Barcardi Rum
wurde (Leffers, 2004). Werden (einfache) englische Slo- über Harley Davidson-Motorräder bis hin zu T-Shirts von
gans dagegen richtig verstanden, so können sie durchaus Ralph Lauren werden Produkte als „Lebensstil“-Mar-
der Landessprache vorgezogen werden (Hornikx, Van ken bezeichnet. Doch wie lässt sich dieser Begriff wis-
Meurs und De Boer, 2010). senschaftlich bestimmen? Was ist der wissenschaftliche
(2) Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass auch Hintergrund dieses Begriffs?
innerhalb eines Landes verschiedene Sprachen aufgrund Über die Entstehung und den erstmaligen Gebrauch des
von Immigration oder Subkulturen existieren können. Lebensstilbegriffs herrscht Uneinigkeit (Reeb, 1998, S. 4).
Noriega und Blair (2008) zeigen zum Beispiel, dass Wer- Soziologen und Psychologen haben diesen Begriff schon
bung, die in der Muttersprache des zweisprachigen Kon- zu Beginn des 20. Jahrhunderts verwendet. Die frühe
sumenten verfasst ist, zu anderen Assoziationen führt psychologische Lebensstilforschung beschäftigte sich mit
und zudem mehr mit Familie und Zuhause verbunden der ganzheitlichen Betrachtung von Individuen, indem
wird als Werbung in der Zweitsprache. Puntoni, de ihre Lebensführung und Wertvorstellungen sowie ihr
Langhe und Van Osselaer (2009) stellen fest, dass zwei- Verhalten untersucht wurden, während aus soziologi-
sprachige Konsumenten (Einwanderer) Werbung in der scher Perspektive die Lebensweise von Gruppen inter-
Muttersprache sehr viel emotionaler empfinden als wenn essierte und unter Lebensstil die Zugehörigkeit zu einer
sie in ihrer Zweitsprache formuliert ist. bestimmten Gruppe verstanden wurde. Die Wurzeln
der marketingorientierten Lebensstilforschung gehen
Derartige Studien bieten diverse Ansatzpunkte für die
auf die 1963 veranstaltete Winterkonferenz der Ameri-
(interkulturelle) Konsumentenforschung und für die
can Marketing Association zurück. Die Grundidee der
Entwicklung von Sozialtechniken für das Marketing.
Lebensstilforschung resultierte aus den Bemühungen,
Um zu verhindern, dass Werbung und Public Relations
die traditionell aus Tiefeninterviews entnommenen Kon-
in einer dem Produkt- oder Firmenimage abträglichen
sumenteninformationen zu quantifizieren. Schon auf
Weise verstanden werden, müssen die interkulturellen
der ersten Konferenz zeigte sich, dass der Lebensstil ein
Unterschiede im „Sprachdenken“ beachtet werden. Das
vielschichtiges interdisziplinäres Konstrukt ist, das auf
sollte sich auch auf das „Bilddenken“ ausdehnen. Nur
psychologischen, soziologischen, anthropologischen,
wenn die Unterschiede – bezogen auf die werbliche Ar-
biologischen und ökonomisch fundierten Erkenntnis-
gumentation – gering sind, ist eine direkte Übertragung
sen basiert. Die Lebensstiltheorie stellt somit keine ei-
der werblichen Argumentation von einem Land in ein
genständige Theorie dar, sondern greift insbesondere
anderes Land möglich (und wirksam).
auf Forschungsergebnisse der Einstellungsmessung, der
Ähnliche Überlegungen gelten auch im Hinblick auf Motivations- und Persönlichkeitsforschung, des Mei-
subkulturelle Unterschiede des Sprachverständnisses. nungsführer- und Bezugsgruppenkonzeptes sowie auf
Beispiel: Stimmen die von einer Werbebotschaft ausge- die Theorie der sozialen Schichtung zurück.
lösten Assoziationen bei Personen aus unterschiedlichen
Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine Vielzahl von
sozialen Schichten im Wesentlichen überein, so kann
unterschiedlichen Definitionen existiert. Lazer (1964,
die Werbung über die Grenzen der sozialen Schichten
S. 130), als einer der ersten Vertreter der Lebensstilfor-
hinweggehen und für alle Zielgruppen einheitlich kon-
schung, definierte auf der besagten AMA-Winterkon-
zipiert werden. Sind dagegen die Übereinstimmungen
ferenz das Konstrukt wie folgt: „Life Style (…) is the re-
hinsichtlich des Sprachverständnisses gering, so wird der
sult of such forces as culture, values, resources, symbols,
Werbung nahegelegt, die Werbeappelle in Abhängigkeit
licence, and sanction (…) and refers to the distinctive
von den Zielgruppen zu differenzieren.
or characteristic mode of living, in its aggregative or
broadest sense of a whole society or segment thereof“.
b) Zugang über den Lebensstil Wind und Green (1974, S. 106) erklären, das Konstrukt
Seit Jahren wird in unserem Alltagsleben immer wie- beziehe sich auf „the overall manner in which people live
der das Wort „Lifestyle“ bzw. „Lebensstil“ verwendet and spend time and money (…) and (life style) is also a
(Gröppel-Klein, 2004c). Beispielsweise spricht man vom summary construct reflecting consumers’ values“. Kroe-
530 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

ber-Riel und Weinberg (2003) bezeichnen den Lebensstil von Lebensstilen. Banning (1987) schließlich betont die
als Kombination typischer Verhaltensmuster, wodurch Bedeutung des Selbstkonzeptes und beschreibt den Le-
sich der Einzelne von anderen abheben kann. Drieseberg bensstil als ein theoretisches Konstrukt der Verhaltens-
(1995) macht dagegen darauf aufmerksam, dass ein In- forschung, das der Erklärung komplexer, relativ stabiler
dividuum auch zu unterschiedlichen Lebensstilgruppen und vom Selbstkonzept gesteuerter Verhaltensmuster
zählen kann und Lebensstile nicht die sichtbare Mani- von Individuen und Gruppen dient.
festation von sozialen Klassen darstellen. Es ist demzu- Das Konstrukt „Selbstkonzept“ kann generell nach
folge durchaus möglich, entsprechend den individuellen Mummendey (1997, S. 283) als „System selbstbezogener
Neigungen oder den angestrebten sozialen Zuweisungen Einstellungen“ definiert werden, die sich auf das Indi-
auf unterschiedlichen „Bühnen“ der Selbstdarstellung viduum in seiner Privatsphäre und in der Öffentlichkeit
verschiedene Identitäten zu realisieren. Die Fraktionali- beziehen. Die Einstellungen können noch einmal diffe-
sierung von Lebenslagen und Lebensläufen ermöglicht renziert werden in „reale“ und „ideale“ Selbstbilder („So
die eigene Positionierung gleichzeitig in verschiedenen sehe ich mich selbst“ bzw. „So möchte ich mich idealer-
sozialen Segmenten, ohne dass dabei ein durchgängi- weise sehen“) sowie in „reale“ und „ideale“ Fremdselbst-
ges Identitätskonzept entstehen muss. Balderjahn und bilder („So wird mich die Öffentlichkeit sehen“ bzw. „So
Scholderer (2007) sprechen hier von der Pluralisierung sollten mich andere idealerweise sehen“, Conrady 1990,

Ausmaß an Versuch einer


Realität Vorstellung vom
Ausmaß an realistischen Selbst-
Idealselbst
Öffentlichkeit einschätzung
Privater Teil des Selbst- Reales Selbstimage: Ideales Selbstimage:
konzeptes Wie schätze ich mich ein? Wie möchte ich mich
gerne sehen?

Beispiel Nicht mehr ganz jung, Immer noch jung, dyna-


materiell erfolgreich, ein misch, freiheitsliebend
bisschen bequem, aber und unkonventionell
mit guten Erinnerungen
an die „Flower-Power-
Zeit“, liberal

Konsumverhalten ⇒ Hohes Interesse an ⇒ Kauf einer Harley


einer umfangreichen Davidson
CD-Sammlung
Öffentlicher Teil des Reales Fremdimage: Ideales Fremdimage.
Selbstkonzeptes Wie werde ich von Wie möchte ich gerne von
anderen wohl gesehen? anderen gesehen werden?

Beispiel
Arriviert, konventionell Erfolgreich, sportlich,
unabhängig, individuell

Konsumverhalten ⇒ Eigen-Attribution: ⇒ Vorstellung: Fremd-


Grund für das vermeint- image kann durch Kauf
lich realistische Fremd- eines Geländewagens
image: Bevorzugung Porsche Cayenne erreicht
konventionell-moderner werden. Tab. 14: Selbstkonzept und
Alltagsästhetik Konsumverhalten (Quelle: Gröp-
pel-Klein, 2004d)

Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Lukas Heim mit der Transaktions-ID 4504834 erstellt.
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 531

S. 7099; Terlutter, 2000). Dabei wäre es unserem Eindruck erhält. Es handelt sich somit nicht um Oberflächenphä-
nach sinnvoll (um nicht den Eindruck von Objektivität nomene, wenngleich dieser Eindruck aufgrund der in-
zu vermitteln) anstatt des von Conrady verwendeten flationären Verwendung des Begriffs durchaus entste-
Ausdrucks „reales Selbstbild“ besser von dem Versuch hen kann“. Damit unterscheidet sich dieser umfassende
einer realistischen Selbsteinschätzung zu sprechen. Da- Definitionsansatz von der Vorgehensweise diverser
raus ergibt sich die in Tab. 14 dargestellte Konstellation. veröffentlichter Untersuchungen (siehe auch Kahle und
Es ist somit von Bedeutung, dass ein Produkt oder eine Chiagouris 1997), „die sich bei dem Konstrukt ,Lifestyle’
Marke von der Zielgruppe als idealer Repräsentant eines nur auf das beobachtbare Verhalten (activities) beziehen
angestrebten Lebensstils erlebt wird. Markus und Nuri- und Persönlichkeitsmerkmale explizit ausklammern, die
us (1986, S. 966) sprechen hier von den „possible selves“: Werte und Lebensstil (Scholderer, Brunso und Grunert,
„In some decisions, such as the decision to purchase a 2002) oder Persönlichkeitsmerkmale und Lebensstil (z. B.
particular car or a certain cologne, a possible self, rather Wansink und Park, 2000) als jeweils zwei eigenständige
than the current self, will be envisioned and will guide Konstrukte verstehen, die das Kaufverhalten durchaus
the process.“ Allerdings können als erstrebenswert er- getrennt bzw. mit mehr oder weniger Gewicht beein-
achtete Lebensstile aufgrund finanzieller Engpässe oder flussen können, oder die Persönlichkeitseigenschaften
zeitlicher Restriktionen („Zeitbudget“) nicht immer re- als den Lebensstil beeinflussende Größen ansehen (z. B.
alisiert werden. Ein weiterer Grund dafür kann sein, Moore und Homer 2000)“ (Gröppel-Klein, 2004d, S. 908).
dass das Individuum Sanktionen der Bezugsgruppe Messung des Lebensstils: Ähnlich vielfältig wie die
befürchtet. Zudem müssen Lebensstile nicht nur mit Definitionen sind auch die Konzepte zur Messung des
Selbstbildern abgestimmt werden, sondern auch mit Lebensstil-Konstruktes. Dabei muss zwischen theoriege-
Weltbildern, also den Vorstellungen einer Person über leiteten und rein empirischen Lebensstiluntersuchungen
ihre Umwelt. Weltbilder umfassen nach Banning (1987, unterschieden werden. Letztere müssen in Bezug auf ihre
S. 100) erlerntes Wissen über Objekte und Personen, Er- Validität und Reliabilität vielfach mit Vorsicht behandelt
fahrungen sowie wahrgenommene Produkt- und Mar- werden. Seit Ende der 1980er-Jahre haben viele Markt-
kenimages. forschungsinstitute und Werbeagenturen ihre eigenen
Auch wenn die einzelnen hier skizzierten Definitionen Lebensstiltypologien entwickelt, die zur erfolgreichen
unterschiedliche Aspekte des Lebensstilkonstruktes be- Marktbearbeitung verwendet werden sollen. Viele neu
tonen, so weisen sie doch eine Gemeinsamkeit auf: entdeckte und in den Medien aufgebauschte Zielgruppen
haben sich jedoch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und
Erreichbarkeit als Flops herausgestellt.
Der Lebensstil stellt die miteinander verbundenen Einstel-
lungen und Aktivitäten dar, durch die das Verhalten eines Zuverlässig durchgeführte Lebensstiluntersuchungen
Konsumenten ein spezifisches Profil erhält. Lebensstile zeichnen sich nach Gröppel-Klein (2004d) dadurch aus,
stellen somit komplexe Verhaltensmuster dar, die neben dass sie (1) die Operationalisierung der zu messenden
konkretem Verhalten in verschiedenen Lebensbereichen Werte, Lebensauffassungen, Aktivitäten offenlegen, (2)
(z. B. Freizeit, Beruf, Familie) auch Konstrukte wie Werte kontinuierlich durchgeführt werden, sodass die zeitliche
und Persönlichkeitszüge beinhalten. Nach Drieseberg
Stabilität der Lebensstilgruppen geprüft und kurzfristi-
(1995) kann sich das Verhalten bei Personen mit multiplen
Identitäten auf die gerade bedeutsame Identität einer
ge Modeströmungen ausgeklammert werden können,
Person beziehen. (3) den Algorithmus sowie die Gütekriterien (optimale
Gruppenzahl, Trennkraft der eingesetzten Variablen)
der hinter der Studie stehenden Clusteranalyse darlegen
Gröppel-Klein (2004d, S. 907 f.) erklärt dazu: „Zusammen- sowie (4) die ökonomische Relevanz der identifizierten
gefasst zeigen die Definitionsvorschläge auch, dass es 1. Segmente angeben.
durchaus möglich ist, ein Individuum nicht nur einer,
sondern verschiedenen Lebensstilgruppen zuzuordnen, Zu den bekanntesten stärker theoriegeleiteten Lebens-
dass 2. auch innerhalb einer Lebensstilgruppe sich das stiluntersuchungen zählen:
nach außen gezeigte Verhalten im Zeitablauf durchaus (1) die Conrad/Burnett-Lifestyle-Forschung,
verändern kann, dass aber 3. aufgrund der Berücksichti- (2) der Value-and-Lifestyle-Ansatz und
gung von zeitandauernden Persönlichkeitseigenschaften (3) der Everyday-Life-Research-Ansatz (Sinus-Typolo-
die Gruppeneinteilung eine gewisse zeitliche Stabilität gie). Die Typologie des Sinus-Instituts ist diejenige,
die in Deutschland die höchste Bedeutung hat, wir
99Zum Selbstkonzept siehe auch Sirgy (1982), zur Anwendung werden daher auf diese Segmentierung ausführlicher
im Kulturbereich Terlutter (2000). eingehen.
532 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Vertiefungskasten: Die Geschichte der Lebensstil-Segmentierungen

Die Burnett-Lifestyle-Forschung basiert auf dem AIO-Kon- Umgang mit anderen Menschen und den Beziehungen zu ih-
zept von Wells und Tigert (1971). Es handelt sich hierbei um nen ergeben. Außengeleitete Menschen orientieren sich ger-
ein in den 1970er-Jahren entwickeltes, ca. 300 Statements ne an anderen, sind eher materiell eingestellt und führen ein
umfassendes standardisiertes Konzept, bei dem die Be- expressives Leben. Für den „innengeleiteten“ Menschen sind
fragten unter Zuhilfenahme einer Ratingskala Auskunft ge- dagegen die Erarbeitung des eigenen Charakters sowie so-
ben sollen über ihre „activities“ (A, Aktivitäten, z. B. Freizeit, ziales und kulturelles Engagement wichtiger als Prestige und
Arbeit, Einkauf), „interests“ (I, Interessen, z. B. bezüglich Kommerz. Das Konzept wurde von Mitchell (1983) zunächst
Familie, Heim, Beruf) sowie „opinions“ (O, Meinungen, z. B. theoretisch entwickelt und anschließend empirisch überprüft.
über sich selbst, Kirche, Staat, Politik, Wirtschaft). An dem Da sich die „Integrateds“ (Menschen, die die besten Eigen-
AIO-Konzept wurde vielfach die Auswahl und Formulierung schaften des innen- und außengeleiteten Menschen in sich
der 300 Statements und damit die Gültigkeit der Messer- vereinen) in verschiedenen Studien empirisch nicht nachwei-
gebnisse kritisiert. Die durchaus berechtigte Kritik wurde sen ließen, und da die Verhaltenskomponente des Modells
auch von den Autoren eingeräumt: „Good items come from stärker betont werden sollte, wurde der VALS I-Ansatz zum
intuition, hunches, conversation with friends, other research, VALS II-Ansatz weiterentwickelt (Piirto, 1991). VALS II unter-
head scratching, day dreaming, and group or individual nar- scheidet acht Lebensstilgruppen (siehe Abb. 213).
rative interviews“ (Wells und Tigert, 1971, S. 31). Die Agentur Das SINUS-Institut wurde 1978 gegründet und untersucht
Burnett (bzw. Conrad & Burnett Lebensstilforschung) entwi- seitdem den Wertewandel und die Lebenswelten in der Ge-
ckelte das Wells-und-Tigert-Konzept weiter, umfangreiche sellschaft. Die sogenannten Sinus-Milieus zeigen zum einen
Reliabilitäts- und Validitätsstudien wurden durchgeführt und strategische Lebensstilgruppen, die für das Marketing rele-
zur Messung des Lebensstils neben den AIO-Items zusätz- vant sein können, zum anderen auch – da die Erhebungen
lich sozio-demographische Variablen und Persönlichkeits- kontinuierlich (das unterscheidet auch das Sinus-Konzept
merkmale erhoben sowie Fragen zum Konsumverhalten in 50 von den anderen Typologien) und in mehr als 40 Ländern
Produktkategorien gestellt. Conrad & Burnett unterscheiden durchgeführt werden – die gesellschaftlichen Veränderungen
traditionelle, gehobene und moderne Lebensstiltypen. (Abb. 214 und Tab. 15). Der Lebensstil wird hier als Baustein
Die Value-and-Lifestyle-Segmentierung (kurz: VALS) des des sozialen Milieus begriffen. Die milieuspezifische Werte-
Stanford Research-Institutes wurde erstmals im Jahr 1983 orientierung steuert Lebens- und Konsumstile, beeinflusst
vorgestellt und zählt in den USA zu den führenden Lebens- damit das ästhetische Erleben und Verhalten in unserem
stiltypologien. VALS basiert auf der Bedürfnispyramide nach Alltagsleben und prägt den Geschmack. Die Lebenswelten
Maslow (1954) und den sozialen Charaktertypen nach Ries- werden mithilfe von acht Milieu-Bausteinen erfasst.
man (1966). Die Grundidee dieses Ansatzes ist, dass inner- (1) Lebensziele (Werte, Lebensphilosophie), (2) Soziale Lage
halb einer Kultur unterschiedliche Lebensstilsegmente den (Größe und soziodemographische Struktur), (3) Arbeit/Leis-
einzelnen Stufen der Maslow’schen Bedürfnispyramide zu- tung (Arbeitsethos, Aufstieg, Prestige, materielle Sicherheit),
geordnet werden können. Auf dem Weg von der Befriedigung (4) Gesellschaftsbild (politisches Interesse, Systemzufrieden-
physiologischer Bedürfnisse bis hin zur Selbstverwirklichung heit, gesellschaftliche Probleme), (5) Familie/Partnerschaft
können zwei Wege eingeschlagen werden. Der „außengeleite- (Einstellung zur Familie, Geborgenheit, privates Glück),
te“ Mensch sieht sich Aufgaben gegenüber, die sich aus dem

VALS II-Ansatz
abundant resources
Actualizers
Lebensstilgruppe Kurz-Charakteristik
„Strugglers“ Besorgt, mit den täglichen Herausforderungen principle-oriented status-oriented action-oriented
des Lebens zurechtzukommen
„Makers“ „Action“-orientiert
Fulfilleds Achievers Experiencers
„Strivers“ Besorgt um die Anerkennung durch andere

„Believers“ Stark Prinzipien-orientiert

„Experiencers“ Impulsiv, jung, genießen riskante Erfahrungen Believers Strivers Makers

„Achievers“ Karriere-orientiert
„Fulfilleds“ Zufrieden, reflektierend, erfahren, vermitteln
Behaglichkeit minimal resources
Strugglers
„Actualizers“ Erfolgreiche Konsumenten mit Ressourcen im
Überfluss

Abb. 213: Kurzcharakteristik der VALS-II Lebensstiltypen


B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 533

(6) Freizeit (Freizeitgestaltung und -motive), (7) Wunsch- und ist hierbei, dass auch Bilderskalen zur Messung des Le-
Leitbilder (Vorbilder, Identifikationsobjekte, Wünsche) und bensstils verwendet werden. Der Alltagsästhetik (Baustein 8)
(8) Stil (Alltagsästhetik, milieuspezifische Stilwelten). Wichtig kommt damit eine besondere Bedeutung zu.

Abb. 214: Sinus-Milieus in


Deutschland
(Quelle: Sinus (2018): Infor-
mationen zu den Sinus-Mili-
eus 2018, Stand 09/2018)

Milieu Anteil Kurzbeschreibung


Konservativ-etabliertes Milieu 10 % Das klassische Establishment:
Verantwortungs- und Erfolgsethik; Exklusivitäts- und Führungsansprüche, Standesbewusstsein; zunehmender
Wunsch nach Ordnung und Balance
Liberal-intellektuelles Milieu 7% Die aufgeklärte Bildungselite:
kritische Weltsicht; liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln; Wunsch nach Selbstbestimmung und
Selbstentfaltung

Milieu der Performer 8% Die multi-optionale, effizienz-orientierte Leistungselite:


globalökonomisches Denken; Selbstbild als Konsum- und Stil-Avantgarde; hohe Technik- und IT-Affinität;
Etablierungstendenz; Erosion des visionären Elans

Expeditives Milieu 9% Die ambitionierte kreative Avantgarde:


Transnationale Trendsetter – mental, kulturell und geografisch mobil; online und offline vernetzt;
nonkonformistisch; auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Lösungen
Bürgerliche Mitte 13 % Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche Mainstream:
generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung; Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach
gesicherten und harmonischen Verhältnissen; wachsende Überforderung und Abstiegsängste

Sozialökologisches Milieu 7% Engagiert gesellschaftskritisches Milieu mit normativen Vorstellungen vom „richtigen“ Leben:
ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen; Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political Correctness
und Diversity (Multikulti)
Adaptiv-pragmatisches Milieu 11 % Die moderne junge Mitte mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nützlichkeitsdenken:
Leistungs- und anpassungsbereit, aber auch Wunsch nach Spaß und Unterhaltung; zielstrebig, flexibel, weltoffen –
gleichzeitig starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit
Hedonistisches Milieu 15 % Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht / untere Mitte:
Leben im Hier und Jetzt, unbekümmert und spontan; häufig angepasst im Beruf, aber Ausbrechen aus den Zwängen
des Alltags in der Freizeit

Traditionelles Milieu 11 % Die Sicherheit und Ordnung liebende ältere Generation:


verhaftet in der kleinbürgerlichen Welt bzw. in der traditionellen Arbeiterkultur; Sparsamkeit und Anpassung an die
Notwendigkeiten; zunehmende Resignation und Gefühl des Abgehängtseins

Prekäres Milieu 9% Die um Orientierung und Teilhabe („dazu gehören“) bemühte Unterschicht:
Wunsch, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte – aber Häufung sozialer Benachteiligungen,
Ausgrenzungserfahrungen, Verbitterung und Ressentiments

Tab. 15: Beschreibung der Sinus-Milieus (2018)


534 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 215: Einrichtungsstil einzelner Sinus-Milieus (Fotoquellen: Quelle Rhein-Neckar-Zeitung, Sinus-Institut)

Anwendungspotenzial von Lebensstiluntersuchungen: verwendet. Chernev, Hamilton und Gal (2011) zeigen auf,
Lebensstildaten können wertvolle Informationen für die dass Lebensstilmarken, die zusätzlich die Möglichkeit
Marktsegmentierung und Positionierung von Produk- der Individualisierung des Angebots offerieren (man
ten und Dienstleistungen liefern – unter den genannten kann sich beispielsweise seinen eigenen Nike-Turn-
Voraussetzungen hoher Reliabilität und Validität, was schuh kreieren), den Self-Expression-Effekt durch die
nicht alle auf dem Markt angebotenen Typologien er- Möglichkeit der individuellen Differenzierung („custo-
füllen. Lebensstiluntersuchungen können grundsätzlich mization“) des Angebots verstärken, also besonders
dem strategischen, dem operativen und dem interna- stark den Wunsch nach Selbstdarstellung befriedigen
tionalen Marketing dienen. Im strategischen Marketing können. Allerdings warnen die Autoren auch vor einer
gewinnt die Positionierung immer mehr an Bedeutung, Art Übersättigung, die durch solche Angebote ausgelöst
insbesondere die erlebnisorientierte Verankerung von werden kann.
Produkten und Dienstleistungen in der Wahrnehmung Zudem kann die Lebensstilforschung als Frühwarnsys-
der Konsumenten. Im operativen Bereich kann mithil- tem für Unternehmen fungieren; beispielsweise können
fe der Kommunikationspolitik (siehe Abb. 216) oder der Längsschnittuntersuchungen zeigen, ob bestimmte Wer-
Warenpräsentation am Point-of-Sale eine Etablierung te in mehreren Gruppen im Zeitablauf an Bedeutung
von Lifestyle-Produkten oder Dienstleistungen durch gewinnen oder verlieren (z. B. Ökologie). Im Rahmen des
Darstellung typischer oder angestrebter Lebensweisen internationalen Marketing bieten Lebensstiluntersuchun-
der avisierten Segmente erfolgen. Geeignete Event-Mar- gen eine Möglichkeit zur Erforschung transkultureller
keting-Maßnahmen können unterstützend eingesetzt Zielgruppen (cross cultural groups). Ein Unternehmen,
werden. Der Lebensstilansatz kann darüber hinaus das sein Marketingkonzept auf eine spezielle Lebenss-
in der operativen Planung auch als Kriterium für Me- tilgruppe ausrichtet, kann sich anhand des Anteils der
dia-Selektion und Werbetiming dienen. avisierten Zielgruppe an der Gesamtbevölkerung vorab
Lebensstilmarken bieten Konsumenten die Möglichkeit, ausrechnen, ob dieser Konsumententypus im avisierten
sich selbst in einer besonderen Weise darzustellen. Im Expansionsland in genügend hoher Anzahl vertreten ist
Englischen wird hierfür der Begriff „self-expression“ und ob sich eine Internationalisierung somit überhaupt
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 535

Abb. 216: Beispiele für Lebensstilwerbung

lohnt. Kulturübergreifende Konsumententypologien Lebensstile von Jugendlichen: Die skizzierten Le-


können somit Markteintrittsstrategien erleichtern und bensstilstudien werden in der Regel bei erwachsenen
(sofern die Untersuchungen zuverlässig durchgeführt Konsumenten durchgeführt, da eine ausgebildete Per-
werden) einen hohen ökonomischen Nutzen stiften. sönlichkeitsstruktur und eine gewisse Werteprägung
Risiken einer Lebensstilpositionierung (Gröppel-Klein, notwendig sind, um für einen längeren Zeitraum stabile
2004d): Segmentierungsergebnisse zu erhalten. Zur Ermittlung
der Lifestyles von jugendlichen Zielgruppen, die sehr
●● Eine Gefahr besteht darin, dass die ausgesuchte
viel wechselhafter und kurzlebiger sind, werden häufig
Zielgruppe im Zeitablauf an Bedeutung verliert und
Trendscouts eingesetzt. Unter einem „Scout“ versteht
das Marktpotenzial somit auf Dauer zu klein wird.
man einen permanenten Marktbeobachter, der vielfältige
Differenzierung und zielstrebige Bearbeitung eines
Kontakte zu Jugendlichen (persönlich und über Chat-
Marktsegmentes bedeutet in der Regel, dass auf alle
rooms) knüpft, von der Zielgruppe durchaus akzeptiert
anderen Konsumenten bewusst verzichtet wird (keine
wird (also eine Art „V-Mann“, ein „Teil der Community“)
Erzielung von Economies of Scale).
und mit den Meinungsführern/Influencern der einzel-
●● Lifestyle-Marken werden in der Regel mit höheren
nen Gruppen im Dialog steht (Schnatmann, 2017). Die
Preisen angeboten. Konsumenten sind jedoch nur so
Scouts sollen neue Trends und Strömungen in der Szene
lange bereit, einen Aufpreis für die Differenzierung
entdecken. Professionelle Trendscouts verfassen wö-
zu zahlen, solange die mit der Marke vermittelte Er-
chentlich oder monatlich Berichte über die von Jugend-
lebniswelt als attraktiv erlebt wird.
lichen präferierte Musik, Partys, Mode („Dresscodes“),
●● Lifestyle-Anbieter müssen immer am „Puls der Zeit“
Lebensmittel, Sportarten oder Lokale. Zudem ist von
sein, was mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Da
besonderem Interesse, was Jugendlichen Nervenkitzel
man sehr häufig das ideale Selbstbild einer Zielgruppe
verursacht. Dabei sollen die Scouts von „critical inci-
ansprechen möchte, also den als erstrebenswert erach-
dents“ berichten und Besonderheiten auch mit der Foto-
teten Lebensstil generieren will, kann man über das
oder Videokamera festhalten.
Ziel hinausschießen und zu avantgardistische Marken
konzipieren.

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536 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Gemeinsamkeiten aller Lebensstiltypologien: Eine der Vorgehensweise bei der Identifikation der Lebensstil-
Gegenüberstellung der verschiedenen Konzepte zur segmente – diese unterschiedlichen sozialen Schichten
Messung der Lebensstile zeigt, dass – unabhängig von zugeordnet werden können.

Vertiefungskasten: Die „Foodies“

Als „eigenständiges“ Lebensstilsegment kann seit eini- mets“, also ausschließlich auf sehr hochwertige Lebensmittel
gen Jahren auch die Gruppe der sogenannten „Foodies“ spezialisiert. In Deutschland kann zunehmend festgestellt
festgehalten werden (Hemmerling, Schütz et al., 2016a, b; werden, dass die Esskultur vielfältiger und offener wird:
Gadmohsen, 2016). In einer extremen Ausprägung gehören Ökologisch, vegetarisch, vegan, flexitarisch sind nur einige
in Deutschland ca. 10 % der Bevölkerung dazu, in „gemä- Ausrichtungen moderner Ernährungsstile (Hirschfelder und
ßigter“ Form noch einmal ca. 20 % (Hemmerling, Schütz et Wittmann, 2015, S. 9). Auch diese Gruppen gehören dazu.
al. 2016a). Der Begriff ist zwar schon älter, doch das Seg- Foodies sind insbesondere empfänglich für neuartige Le-
ment hat erst in den letzten Jahren für viel Aufmerksamkeit bensmittel und Rezepte, weisen ein hohes Fachwissen über
gesorgt, was sicherlich durch die Aktivitäten der Foodies in Ernährung, Lebensmittelproduktion und Qualitätsstandards
den sozialen Medien forciert wurde. Gibt man z. B. bei Ins- auf. Insbesondere der textuelle und visuelle Austausch mit
tagram das Schlagwort #food ein, findet man 350 Millionen Gleichgesinnten im Netz sowie das gemeinsame Kochen
Beiträge (hinzukommen kommen noch die millionenfachen und Essen von Gerichten sind wichtige Bestandteile des
Einträge unter #foodporn, #instafood, #foodies sowie unend- sozialen Lebens. Sie nehmen sich dafür viel Zeit (Casini und
lich vielen weiteren Hashtags). Es handelt sich hierbei um Boncinelli, 2019). Auch das Reisen zu in den sozialen Medien
einen Lebensstil, der mit einer ausgeprägten Leidenschaft diskutierten Restaurants oder in kulinarisch interessante
für Essen und Genießen einhergeht. Dieser äußert sich au- Regionen gehört dazu (Andersson, Getz et al., 2016).
ßerdem in der wachsenden Beliebtheit von kulinarischen Foodies sind zum Teil selbst Food-Blogger, mit Sicherheit
Formaten wie Food-Blogs, Food-Festivals oder Kochkursen. jedoch Food-Blog-Follower. Ebenso charakteristisch ist das
Die Foodies sind eine Verbraucher-Gruppe die kulinarische Fotografieren von Speisen und Produkten. Indem Konsu-
Entwicklungen vorantreibt, sie sind aber keine reinen „Gour-

Abb. 217: Foodies und ihr Verhalten (Fotoquellen: Stern, Instagram, Foodie-Magazin, Süddeutsche-Zeitung)
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 537

menten Fotos im Internet veröffentlichen, geben sie in „Echt- antwortungsübernahme im Rahmen der Esskultur. Folglich
zeit Auskunft über ihr Konsumverhalten“. Die Konsumen- lassen sich Trennlinien innerhalb der Gesellschaft aufzeigen
ten sind „mediale Gestalter und Träger einer visualisierten (Hirschfelder und Wittmann, 2016, S. 12f), nach dem Motto
Esskultur“ (Bartsch, 2010, S. 172), manchmal auch neidisch „Sage mir, was Du isst, und ich sage Dir, wer Du bist“.
betrachtet (Jin, 2018). Lebensmittel erfüllen damit die Funktion von „Requisiten“,
Die Ernährung wird hier gesellschaftlich zum Instrument der die Konsumenten darin unterstützen, das eigene Selbst nach
Selbstverwirklichung, der Selbsterfahrung und der Selbst- außen darzustellen (Wilk, 2011, S. 265). Hinzu kommt, dass
darstellung (Grim und Sticht, 2016). Dies bedeutet, dass Konsumenten besondere Momente im Leben häufig mit dem
der Ess-Stil Auskunft gibt über die Reflexionen eines Kon- Kauf von bestimmten Artikeln oder Dienstleistung honorieren
sumenten, seine gesellschaftliche Positionierung und Ver- (Goodman, Selin et al., 2016, S. 497).

Subkulturen

Alters- Soziale
Ethnische Regionale Weitere
Subkulturen Schichten als
Subkulturen Subkulturen Subkulturen
Abb. 218: Subkulturen nach (Age Subcultures) Subkulturen
Mowen und Minor (2001)

3. Subkulturen und soziale Schichten from the poor.” Hemingway’s response: “Yes, they have
Die für das Marketing wichtigsten Bevölkerungsgrup- more money.” so beginnt der Beitrag von Kraus, Piff et al.
pierungen in Deutschland mit eigenen und abgrenzba- (2012) zur Frage, inwieweit sich soziale Schichten vonein-
ren Verhaltensweisen, die als Subkulturen (vgl. Abb. 218) ander unterscheiden. Wir definieren soziale Schichtung
aufgefasst werden können, sind z. B.: mithilfe des Begriffes „sozialer Status“. Darunter ver-
stehen wir die Stellung eines Menschen in einem sozia-
● die Bewohner geographischer Gebiete, z. B. die Bayern,
len System, und zwar entweder im Sinne einer sozialen
● die sozialen Schichten, z. B. die Arbeiterschicht,
Position oder im Sinne der sozialen Wertschätzung, die
● die unterschiedlichen Alterssubkulturen (siehe dazu
einem Menschen im sozialen System entgegengebracht
Dritter Teil, Kapitel B. II. 3).
wird. Wir verwenden den Begriff Status in dem zuletzt
Die Religionsgemeinschaften sind für das Marketing nur genannten Sinne. Über den sozialen Status einer Person,
noch bedingt interessant, weil die konsumprägende Kraft also über ihre Einschätzung, besteht in einem sozialen
der Religion100 spezifischer (geworden) ist und sich im System (in einer Gruppe, in einer Gesellschaft) weitge-
Wesentlichen über tradierte Gewohnheiten bemerkbar hende Übereinstimmung. Personenmehrheiten mit je-
macht. Dagegen bilden langfristige Bewohner auslän- weils dem gleichen sozialen Status nennen wir soziale
discher Herkunft mehrere Subkulturen von erheblicher Schichten oder soziale Klassen, ihre Rangordnung heißt
Bedeutung, auf die wir nicht gesondert eingehen können. soziale Schichtung101.
Daneben lassen sich noch weitere Bevölkerungskreise
Schichtungskriterien: An welchen Kriterien kann man
mit subkulturellen Eigenarten, wie die Bewohner von
nun ermessen, ob jemand einen höheren oder niedri-
Gemeinden unterschiedlicher Größe und Kultur, ab-
geren Status hat, d. h., einer höheren oder niedrigeren
grenzen.
sozialen Schicht angehört? Diese Frage lässt sich nicht
Soziale Schichtung: „In what is now known to be an generell, sondern nur innerhalb eines bestimmten So-
apocryphal conversation, F. Scott Fitzgerald noted to his zialsystems beantworten. In der einen Gesellschaft ist
friend Ernest Hemingway that “The rich are different etwa die Abstammung das Schlüsselkriterium (z. B. das

100 101
Zur Beziehung zwischen Konsum und Religion vgl. Hansen Zur sozialen Schichtung (engl.: stratification) vgl. Wiswede
und Bode (1999). (1991).
538 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Kastensystem in Indien), in einer anderen, leistungsori- Weitere Kriterien zur Bestimmung des Status oder der
entierten Gesellschaft sind Einkommen und Berufe die Schichtzugehörigkeit können u. a. religiöse Mitglied-
vorrangigen Statuskriterien. schaften (Beispiel: protestantische Minderheit in Irland)
In den leistungsorientierten Industriegesellschaften do- oder ethnische Merkmale (Beispiel: Weiße in afrikani-
minieren folgende Statuskriterien (Schichtungskriterien): schen Gesellschaften) sein.
(1) Beruf, Ausbildung, Einkommen Statusinkonsistenz wird zu Unsicherheit führen, wie
jemand einzustufen ist. Zum Beispiel kann eine Person
Der Beruf verkörpert die funktionelle Basis der Schich-
aus „gehobener“ Familie stammen, aber einen unterge-
tung. Die Wertschätzung, die ein Mitglied in leistungs-
ordneten Beruf ausüben. Der Beruf allein ist dann nicht
orientierten Gesellschaften genießt, ist wesentlich auf
mehr so gut geeignet, den Status anzuzeigen, und die
seine beruflichen Leistungen zurückzuführen. Der Beruf
Zuordnung zu einer bestimmten Schicht ist dann schwie-
korreliert stark mit Ausbildung und Einkommen. Der
rig. Auch das eigene Bewusstsein dieser Person über die
durch den Beruf und damit durch die Funktion in ei-
Schichtzugehörigkeit kann widersprüchlich sein. Man
ner Gesellschaft erworbene Status darf demzufolge als
wird sich in einem solchen Fall am tatsächlichen Ver-
Schlüsselstatus angesehen werden. Der Schlüsselstatus
halten der Person orientieren und die Interaktion mit
entscheidet im Wesentlichen über die Zugehörigkeit zu
anderen Personen als Maßstab betrachten. Verkehrt diese
einer sozialen Schicht (Beispiel: Ärzte, Richter, Profes-
Person überwiegend mit Personen der oberen Schichten,
soren).
so wird man sie zu diesen zählen können.
(2) Vermögen, Abstammung
Einteilung der Schichten: Anhand der bisher aufgezähl-
Im Gegensatz zu dem unter (1) aufgeführten, weitgehend ten Kriterien könnte man in erster Linie kontinuierliche
selbsterworbenen Status ist der Status, den jemand auf- Schichteinteilungen schaffen, etwa nach dem Einkom-
grund seiner Abstammung und seines Vermögens – so- men: Schichten von Personen, die 1000 € im Monat ver-
fern ein größeres ererbtes Vermögen vorhanden ist – zu- dienen, 2.500 €, 5.000 €, 10.000 € usw. Die diskrete Gliede-
erkannt bekommt, im Wesentlichen ein übernommener rung in einige wenige Schichten, z. B. in eine Oberschicht,
Status. Beispielsweise kann die obere Oberklasse aus Mittelschicht und Unterschicht, impliziert die Frage, bei
alten und angesehenen Familien bestehen, die meist ein welchen Grenzwerten der kontinuierlichen Merkmale,
Vermögen haben, das mehrere Generationen zurück- also bei welchem Einkommen, Vermögen oder Beruf die
reicht. Der Status der Abkömmlinge dieser Familien ist Abgrenzung der Schichten vorzunehmen ist. Hier kann
also insofern ein zugeschriebener und kein eigenständig man sich wieder an die Verhaltenskonsequenzen halten
erworbener Status (Beispiel: Fortbestand von Adelsge- und die Grenzen, grob gesagt, so ziehen, dass man Bevöl-
schlechtern). kerungskategorien erhält, deren Mitglieder untereinan-
(3) Macht, Interaktion der häufigere Primärkontakte unterhalten und sich durch
Der Status kann auch auf Verhaltenskonsequenzen der gleiche und ähnliche Verhaltensweisen auszeichnen. Bei
oben aufgeführten Statusmerkmale beruhen und an die- einer Grobeinteilung westlicher Industriegesellschaften
sen Verhaltenskonsequenzen gemessen werden: Häufig können drei Schichten unterteilt werden: Unterschicht,
ist der auf andere ausgeübte Einfluss, das bedeutet die Mittelschicht und Oberschicht.
Macht über andere Personen, die Folge eines qualifizier- Messung: Für die Erfassung der Schichtzugehörigkeit ist
ten Berufes oder eines großen Vermögens. Umfang und es wichtig, die subjektiven Vorstellungen eines Befrag-
Stärke der Macht können dann zusätzlich als Indikatoren ten über die eigene Schichtzugehörigkeit – und über die
für den Status einer Person herangezogen werden (Bei- Schichtzugehörigkeit anderer – und die „tatsächliche“
spiel: Konzernmacht oder Politikereinfluss). Schichtzugehörigkeit auseinander zu halten. Einen Über-
Eine andersgeartete Verhaltenskonsequenz ist der empi- blick über die statistischen Methoden zur Messung der
risch nachgewiesene häufigere Primärkontakt zwischen sozialen Schichtung gibt Trommsdorff (2008). Die Mess-
Personen mit gleichem Status. Die Interaktionshäufig- verfahren können in direkte und indirekte Methoden ein-
keit zwischen Personen kann deswegen dazu dienen, geteilt werden. Erstere erfassen die Schichtzugehörigkeit
die Zugehörigkeit zu einer Schicht zu erfassen und ver- direkt anhand des erfragten sozialen Status von Perso-
schiedene Schichten auseinanderzuhalten (soziometri- nen. Letztere messen die Schichtzugehörigkeit indirekt
sche Messung der sozialen Schichtung). Eine weitere über Indikatoren, welche den sozialen Status anzeigen:
Verhaltenskonsequenz ist schließlich die Ähnlichkeit des (1) Direkte Messungen
Lebensstils bei gleichem Status (Beispiel: der Mittelstand (a) Der soziale Status und damit die Schichtzugehö-
in Kleinstädten). rigkeit wird direkt durch Befragung der Mitglie-
B. Die Erfahrungsumwelt der Konsumenten: Direkte Umwelterfahrungen 539

der einer Gruppe erhoben: Die Befragten werden Die objektiven Verfahren bestimmen die Schichtzuge-
gebeten, Angaben über die soziale Schichtung hörigkeit mittels einfacher eindimensionaler Skalen
einer Gesellschaft zu machen, indem sie die eigene oder Indizes – die auf dem Gebrauch eines einzelnen,
Schichtzugehörigkeit einschätzen. sozioökonomischen Abgrenzungsmerkmals basieren –
(b) Die Befragten werden gebeten, Angaben über oder mittels multipler Indizes, in die mehrere Kriterien
die soziale Schichtung zu machen, indem sie die eingehen. In den USA wird vielfach die Wohngegend als
Schichtzugehörigkeit anderer Leute einschätzen. typischer Indikator für die soziale Schicht berücksich-
(2) Indirekte Messungen tigt (einen guten Überblick über die Bedeutung sozialer
Der soziale Status und damit die Schichtzugehö- Klassen geben Kraus, Piff et al., 2012).
rigkeit wird indirekt über Indikatoren erfasst. Von Anwendung im Marketing: Die Messung von sozia-
diesen Indikatoren wird auf die soziale Schicht ge- len Schichten wird verwendet, um Zielgruppen für das
schlossen: Marketing zu bestimmen. Bei der dazu durchgeführten
(a) Die Verhaltenskonsequenzen der Schichtzuge- Marktsegmentierung stehen wir vor allem vor zwei prak-
hörigkeit werden ermittelt, und zwar entweder tischen Fragen:
als psychische Größen, wie schichtspezifische
(1) Welche sind die zur Marktsegmentierung geeigneten
Einstellungen, oder als soziale Größen, wie
Schichtungskriterien?
schichtspezifische Interaktionsmuster.
(2) Über welches Konsumentenverhalten kann die sozi-
(b) Es werden beobachtbare Statuskriterien ermit-
ale Schichtung Auskunft geben?
telt; das sind in erster Linie sozioökonomische
Merkmale wie Ausbildung, Beruf, Einkommen, Die Sinus-Studien (und andere) zeigen, dass umfassende-
die z. B. nach der Indexmethode miteinander zu re Eindrücke über das Konsumverhalten gewonnen wer-
Schichtkriterien verrechnet werden. den können, wenn Segmentierungen nicht nur auf der
Basis der Schichtungsvariablen vorgenommen, sondern
Am weitesten verbreitet sind die objektiven Verfahren. So
mit psychographischen Merkmalen gekoppelt werden.
bezeichnet man üblicherweise die unter (2b) aufgeführ-
ten Messverfahren. „Objektiv“ bedeutet dabei allerdings
nicht, dass diese Verfahren in der Lage sind, die Schicht-
zugehörigkeit faktisch zutreffend anzugeben, also valide
sind (das ist gerade bei diesen Verfahren zweifelhaft). Mit
„objektiv“ meint man in diesem Zusammenhang nur,
dass beobachtbare Größen für die Messung herangezo-
gen werden, nämlich sozioökonomische Merkmale der
Bevölkerung, die von subjektiven Einschätzungen der
Befragten unabhängig sind. Da in der Marketing-For-
schung fast nur diese objektiven Verfahren verwandt
werden, beschränken wir uns auf diese Verfahren.
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen

I. Die zweite Wirklichkeit der Konsumenten weil ihre Erwartungen und gedanklichen Ordnungs-
schemata unterschiedlich sind3.
Der Realität ist Konkurrenz entstanden. Das, was wir Die Menschen in hochentwickelten Informationsge-
als „Wirklichkeit“ erleben, zerfällt immer mehr in zwei sellschaften konstruieren ihre Wirklichkeit in zuneh-
verschiedene Wirklichkeiten: Die erste Wirklichkeit ist mendem Maße aufgrund der Eindrücke, die sie aus den
die durch direkte persönliche Erfahrung erlebte Um- Medien empfangen. „Wirklichkeit ist in einer von Mas-
welt (Erfahrungsumwelt). Die zweite Wirklichkeit ist die senmedien geprägten Gesellschaft zunehmend das, was
durch Medien vermittelte Umwelt (Medienumwelt)1. Es wir über Mediengebrauch als Wirklichkeit konstruieren“
zeichnet sich die Entwicklung ab, dass die Medienum- (Schmidt, 1994, S. 18). An diese Wirklichkeit glauben wir,
welt immer stärkeren Einfluss auf unser Konsumverhal- danach handeln wir. Luhmann (2004, S. 12 ff.) unterschei-
ten gewinnt2. det zwei Ebenen der Realität: Die Realität erster Ordnung
bzw. die „reale Realität“ (das, was wirklich passiert) und
Die Entstehung einer mehrfachen Wirklichkeit lässt sich die Realität zweiter Ordnung, bzw. die „konstruierte Re-
am besten mithilfe einer erkenntnistheoretischen Rich- alität“ (das, was durch das Wirken der Massenmedien
tung erklären, die Konstruktivismus genannt wird: als Realität erscheint). Kurz gesagt:
Danach ist die Wahrnehmung ein aktiver und subjektiver
Vorgang, durch den der Einzelne seine Vorstellungen
Die Medienumwelt ist die zweite Wirklichkeit der Kon-
von der Umwelt selbst „konstruiert“. Er erzeugt seine sumenten.
subjektive Umweltwahrnehmung dadurch, dass er die
von den Sinnesorganen aufgenommenen Reize selektiv
verarbeitet. Dazu dienen gedankliche und emotiona- Um etwas über die Entstehung dieser „Konsumenten-
le Verarbeitungsprogramme, die von Person zu Person wirklichkeit“ zu erfahren, müssen wir uns mit den Be-
große Unterschiede aufweisen. Die grundlegende Auf- stimmungsgrößen der durch die Medien vermittelten
fassung des Konstruktivismus lässt sich auf folgenden Umweltwahrnehmung beschäftigen. Das sind:
Nenner bringen: ●● das Medienangebot,
●● die internen Verarbeitungsprogramme der Konsu-
Die vom Einzelnen wahrgenommene Umwelt (Wirklichkeit) menten und
ist nicht objektiv gegeben, sie wird vielmehr aufgrund der ●● die situativen Bedingungen.
Umwelteindrücke gedanklich konstruiert. Hinsichtlich des Medienangebotes ist vor allem zu fra-
gen, wie die physische und soziale Umwelt in den Me-
Anschaulich ausgedrückt: Verschiedene Menschen kom- dien dargestellt wird, wie stark die Abweichungen der
men bei objektiv gleicher Reizaufnahme – zum Beispiel vermittelten Erlebnisse von den realen Umwelterfah-
beim Gang durch einen Laden oder beim Anschauen rungen sind, und wie diese wirken. Eine grundlegende
eines Fernsehspots – zu unterschiedlichen Wahrneh- Erkenntnis besteht darin, dass die schnelle und oft un-
mungen; sie erleben unterschiedliche Wirklichkeiten, vorhersehbare Reizdarbietung in den audiovisuellen Me-
dien zu einer eher flüchtigen gedanklichen Verarbeitung
und Speicherung der Eindrücke führt. Die Umwelt wird
dadurch im Vergleich zu der durch direkte Erfahrungen

1 3
In diesem Teil des Buches über die Umwelt der Konsumenten Kruse und Stadler (1994, S. 25 ff.) unterscheiden einen tri-
bezieht sich der Begriff der wahrgenommenen Wirklichkeit vialen und einen radikalen Konstruktivismus. Der triviale
selbstverständlich nur auf die äußere – physische und sozia- Konstruktivismus sieht die wahrgenommene Umwelt (Erleb-
le – Umwelt der Konsumenten und nicht auf den Konsumenten niswirklichkeit) als eine möglichst große Annäherung an die
selbst, der selbstverständlich auch Gegenstand der Wahrneh- objektiven Reizgegebenheiten. Der radikale Konstruktivismus
mung ist. sieht die Erlebniswirklichkeit losgelöst von der Reizkonstella-
2
Siehe hierzu auch den Sammelband zum Thema „Medien tion als ein Ergebnis weitgehend selbstständiger Konstrukti-
im Marketing“ von Gröppel-Klein und Germelmann (2009a). onsvorgänge.

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C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 541

erlebten Umwelt häufiger als zusammenhanglos, wahr- Schließlich spielt das Schlagwort „Aufmerksamkeitsge-
scheinlich auch als emotionaler erlebt. Oft bleiben die sellschaft“4 eine wichtige Rolle, wenn heute über die
Bilder, die im Fernsehen gezeigt werden, im Gedächtnis Mediengesellschaft diskutiert wird. Schmidt (2008, S. 313)
hängen, weniger die Information selbst (Schmidt, 1994, schreibt dazu:
S. 17). „In einer Fülle von Artikeln, Büchern und Internetbeiträ-
Eine weitere Besonderheit ist der umfassende Erlebnis- gen haben Autoren wie Michael H. Goldhaber (1998), Ge-
org Franck (1998), Florian Rötzer (1998) oder Pierre Bour-
raum, den die Medien bieten: Er erstreckt sich von realen dieu (1998) seither das Bild einer neuen Gesellschaft mit
Alltagswelten bis hin zu irrealen und phantastischen einer nicht-materialistischen Ökonomie entworfen, deren
Welten (Postman, 2000), wie wir sie heute beispielsweise Grundlage nicht mehr Geld oder Waren bilden, sondern das
bei Computerspielen erleben. Die fortwährende Erweite- immaterielle Gut Aufmerksamkeit als neuer ,Rohstoff’ der
Gesellschaft. Die neue Aufmerksamkeitsökonomie, davon
rung unseres Erlebnisraumes – durch neue Programme ist etwa Michael H. Goldhaber (1998) überzeugt, wird der
und Medien – eröffnet dem Konsumenten bisher unbe- Geldökonomie langfristig den Rang ablaufen und damit
kannte Möglichkeiten, seine bisherige Erfahrungswelt zu auch dieses gesellschaftliche Funktionssystem ,medialisie-
verlassen und in neue Medienumwelten aufzubrechen. ren’. Das alte Schema von Angebot, Nachfrage und Preis,
so die Vertreter der neuen Ökonomie der Aufmerksamkeit,
Das interne Verarbeitungsprogramm – also die gedank- hat in dieser Wirtschaftsordnung der Zukunft ausgedient.
liche Konstruktion der mentalen Wirklichkeit – wird vor Aufmerksamkeitsökonomie funktioniert ohne die herkömm-
allem durch die Wahrnehmungsschemata der Empfänger lichen Märkte. In dieser neuen medienbasierten Ökonomie
bestimmt. Diese liefern die Raster, um die von den Medi- gibt es nur noch zwei Klassen: Stars (sozusagen kompri-
mierte Aufmerksamkeitsaggregate) und Fans (sozusagen
en gelieferten Eindrücke zu erkennen, zu ordnen und zu anonyme Aufmerksamkeitsadressen), also solche, denen
bewerten. Zum Beispiel kann der Fernsehzuschauer auf- Aufmerksamkeit geschenkt wird, und solche, die Aufmerk-
grund von Medienschemata beim Zappen sehr schnell samkeit schenken, zugleich aber ebenfalls zu Recht erwar-
erkennen, um welche Art von Sendung es sich handelt, ten, dass der Star auch ihnen eine gewisse Aufmerksamkeit
zukommen lässt.
wie realistisch die dargestellte physische und soziale
Umwelt ist und welchen Nutzen oder Unterhaltungswert Das Medium dieser neuen Gesellschaft ist das Internet, das
nach Ansicht der genannten Autoren die Herrschaft der
er von einer Sendung zu erwarten hat. gegenwärtigen Massenmedien (vor allem des Fernsehens)
Diese Medienschemata werden bereits durch die Sozi- brechen wird, indem es prinzipiell jedem Medienakteur
alisation erworben und dann durch Erfahrung weiter- Aufmerksamkeitsgewinne verspricht. Cyberworlds sind
perfekt auf diese Aufmerksamkeitsökonomie ausgerichtet.
entwickelt. Sie spiegeln verbreitete soziale Standards zur Die Zeit der Bilder wird ihres Erachtens abgelöst von einer
Bewältigung der von den Medien dargebotenen Eindrü- Zeit Erlebnis triggernder Umwelten – seien diese nun ,real’
cke wider. Insofern ist die Konstruktion der Wirklichkeit oder ,virtuell’.“
stets eine „soziale Konstruktion der Wirklichkeit“, die Auch wenn der Autor selbst in der Aufmerksamkeitsöko-
von vielen Mitgliedern einer Kultur oder Subkultur ge- nomie kein Novum sieht, sondern eine „Paradoxalität
teilt wird. des Mediensystems“, die mit jeder neuen Kommunika-
Schließlich sind noch die individuellen und sozialen tionsform einsetzt („Das teure Gut Aufmerksamkeit als
Situationsbedingungen zu nennen, zu denen das si- Voraussetzung für Vermarktung aller Art führt zwangs-
tuative Involvement der Empfänger und die Interakti- läufig zur Vermarktung von Aufmerksamkeit“, eben-
on mit anderen Leuten während des Medienkonsums da, S. 315), so bleibt unbestritten, dass mit dem Medium
gehören. Auch in dieser Hinsicht bestehen erhebliche Internet jeder Akteur zum „Star“ werden kann. Es gibt
Unterschiede zwischen der Wahrnehmung der Umwelt mittlerweile zahlreiche Beispiele dafür, wie unbekannte
durch Medien und der unmittelbaren Umweltwahrneh- Künstler bei YouTube ihre Videos einspeisten und über
mung – letztere erfolgt ja selten im Fernsehsessel, mit Nacht berühmt wurden5 – auch wenn der Ruhm schnell
Salzstangen in der Hand. verblassen kann. Außerdem bleibt festzuhalten, dass die
Um Missverständnisse auszuschließen, ist darauf hin- Aufmerksamkeitsökonomie eine Folge der Informati-
zuweisen, dass die Konstruktion der zweiten Wirklich- onsüberflutung ist, die aus zwei Perspektiven betrachtet
keit kein willentlicher und bewusster Vorgang ist (wie werden kann:
man aufgrund des Ausdrucks „Konstruktion“ denken
könnte), sondern weitgehend automatisch, mit geringer 4
Das Thema wurde unter dem Stichwort „Aktivierungsspira-
gedanklicher Kontrolle abläuft. Die Medienumwelt wird le“ bereits in früheren Auflagen dieses Buchs erörtert.
5
infolgedessen meistens erlebt, ohne hinterfragt und ana- Forbes (2018) hat die Rangliste der bestverdienenden YouTu-
ber in den USA veröffentlicht. Hier nahm der erst siebenjährige
lysiert zu werden (Schmidt, 1998, S. 5). Ryan, der Spielzeug testet (ToysReview) mit 17 Millionen Fol-
lowern und ca. 22 Mill. US-Dollar Umsatz den ersten Platz ein.
542 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

(a) Der Konsument als Rezipient (auch als Opfer) der nen also ohne Probleme über das Internet miteinander
Informationsüberflutung: in Kontakt treten.
Die Informationsaufnahme der Konsumenten wird stär-
ker und in einer nicht immer durchschaubaren Weise von
den Medien gesteuert. Bei hoher Informationsmenge sind II. Wirkungsmuster der Medien
die Konsumenten darauf angewiesen, der Informations-
flut auszuweichen, sich abzuschotten, oder die Informa- 1. Massenmedien und Massenkommunikation
tion sehr selektiv, vor allem in einer verdichteten Form
aufzunehmen. Die Medien lenken die selektive Informa- In Anlehnung an Maletzke (1998, S. 45 f.) versteht man
tionsaufnahme dadurch, dass sie die Aufmerksamkeit unter Massenkommunikation alle Formen von Kom-
der Empfänger durch eine aktivierende Darbietung der munikation, bei der Aussagen durch technische Verbrei-
Stimuli auf ganz bestimmte Informationen lenken. Sie tungsmittel bei räumlicher und/oder zeitlicher Distanz
zwischen den Kommunikationspartnern an ein disper-
verdichten auch die Informationen durch entsprechende
Schlagzeilen oder Aufmacher. ses Publikum öffentlich vermittelt werden. Mit diesen
Merkmalen lässt sich die Massenkommunikation von
Zudem sind die Anbieter von Informationen in den der persönlichen (direkten) Kommunikation abgrenzen.
Massenmedien dazu gezwungen, Bilder mit stärkerer
Aktivierungskraft einzusetzen, um sich in der heuti-
Massenmedien zeichnen sich somit durch eine räumliche
gen Bilderflut durchzusetzen. Hier entsteht die „Akti-
oder zeitlich (asymmetrische) Distanz zwischen dem Sen-
vierungsspirale6“, die zur Aufmerksamkeitsökonomie
der und dem Empfänger der Botschaft aus. Zudem gibt
führt: In einem Prozess wechselseitiger Verstärkung es keinen direkten, persönlichen Austausch zwischen
versuchen die konkurrierenden Informationsanbieter, Kommunikator und Rezipient. Es handelt sich daher um
durch aktivierende Bildmotive und durch aktivierende eine einseitige Kommunikation.
Bildgestaltung die Aufmerksamkeit des Publikums auf
die eigenen Bilder zu lenken.
Ein weiteres zentrales Merkmal der Massenkommuni-
Das wird u. a. in der zunehmenden Emotionalität der kation ist die Einschaltung von Massenmedien. Mas-
dargebotenen Bilder sichtbar. In den Medien werden im- senmedien sind technische Mittel zur Vermittlung von
mer mehr Bildmotive aus dem persönlichen und sozialen Informationen und Emotionen. „Von allen Medien in
Bereich, die früher tabu waren, benutzt. Dadurch kann Deutschland sind Fernsehen und Radio am populärsten.
es auch zu einer Trivialisierung von Bildmotiven mit Laut einer SevenOne Media-Studie werden beide Medien
ethischem Gehalt kommen, zum Beispiel von religiösen von 93 % der Deutschen zumindest selten genutzt.“ …
und nationalen Symbolen oder von Bildern, die soziale „Es folgen Bücher (90 %) und Zeitungen (85 %). Ins Kino
Anteilnahme auslösen sollen. Als Konsequenz ließen gehen 83 % der Befragten zumindest selten und 77 % der
sich kaum noch moralische Appelle durch die Kommu- Deutschen schauen Online-Videos. Jeweils 75 % lesen
nikation vermitteln. Zeitschriften oder schauen DVDs und Blu-ray. Insgesamt
(b) Der Konsument als aktiver Gestalter in Zeiten der schaltet jeder Deutsche im Durchschnitt 223 Minuten pro
Informationsüberflutung: Tag das TV-Gerät ein: Entwicklung der Fernsehdauer. Die
Der Konsument kann im Rahmen interaktiver Medien tägliche Radionutzung in Deutschland liegt laut Arbeits-
nicht nur als „Opfer“, sondern auch als Gestalter der In- gemeinschaft Media-Analyse e. V. (ag.ma) bei 177 Minu-
formationsflut auftreten. Über selbst generierte Inhalte, ten (Stand: 2017). Mittlerweile gibt es bundesweit mehr
auch über einfache Weiterempfehlungsraten oder über als 63 Millionen Internetnutzer, die das Internet min-
Angaben des Downloadverhaltens können Konsumenten destens gelegentlich nutzen. Ein starkes Wachstum gibt
untereinander eine hierarchische Informationssichtung es bei der Nutzung von Musikstreaming-Diensten. Die
durchführen und sich zu Interessensgruppen zusam- verkaufte Auflage der Tageszeitungen ist in Deutschland
menschließen. Laut statistischem Bundesamt (2019) hingegen seit Jahren rückläufig. Hoffnung macht den
sind alleine bei Facebook rund 2,27 Milliarden Nutzer, Printmedien die zunehmende Nutzung von E-Books und
bei YouTube 1,9 Milliarden Nutzer und bei WhatsApp E-Paper in Deutschland. Fake News sind unterdessen
1,5 Milliarden Nutzer weltweit. Die Konsumenten kön- nicht nur hierzulande eines der am meisten diskutier-
ten Medienthemen der letzten Jahre gewesen“ (Statista
Research Department, 2019).
6 Zu den theoretischen Grundlagen des Aktivierungskonst-
rukts siehe das entsprechende Kapitel im Zweiten Teil dieses
Die Übergänge zwischen Individualkommunikation und
Buchs. Massenkommunikation können durchaus als fließend
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 543

bezeichnet werden. Man denke nur an persönlich adres- 2. Wirkung von Medien
sierte Standardwerbebriefe oder E-Mails. Die im Kapitel Über die Wirkungen der Medien gibt es seit jeher hefti-
B.II zur persönlichen Kommunikation wiedergegebenen ge Auseinandersetzungen. Geisteswissenschaftlich und
Forschungsergebnisse können zum Teil auf die Mas- sozialphilosophisch orientierte Autoren neigen meistens
senkommunikation übertragen werden. Entscheidende dazu, der Massenkommunikation eine die gesamte Per-
Abweichungen ergeben sich aus dem andersgearteten – sönlichkeit des modernen Menschen durchdringende,
nämlich indirekten – Kontakt zwischen Kommunikator seine Einstellungen und Meinungen völlig beherrschen-
und Kommunikant, also durch die Einschaltung der de Wirkung zuzuschreiben. Wir sprechen beispielsweise
Medien: Aufgrund der zwischengeschalteten Medien von der Mediendemokratie.
kennen sich die Empfänger untereinander meistens nicht.
Empirisch orientierte Forscher schätzen dagegen die
Sie sind ein zersplittertes, voneinander getrenntes („dis-
Wirkungen im Allgemeinen wesentlich vorsichtiger ein.
perses“) Publikum. Innerhalb des großen und anony-
Sie unterliegen allerdings oft einem Fehlschluss, indem
men Empfängerkreises gibt es allerdings kleine Grup-
sie die Gesamtwirkung der Massenkommunikation mit
pen – Familien, Freundeskreise, Berufskollegen –, die ihr
einigen speziell von ihnen ermittelten Wirkungen gleich-
Empfängerverhalten aufeinander abstimmen, also ganz
setzen und dabei die oben erwähnten Sekundärwirkun-
bestimmte Sendungen empfangen, andere nicht empfan-
gen – die späteren Wirkungen durch Fortführung der
gen und über die empfangene Massenkommunikation
Kommunikation in kleinen Gruppen – sowie andere als
sprechen. Die durch die Massenmedien verbreiteten
die gemessenen Teilwirkungen vernachlässigen.
Kommunikationsinhalte werden dann in persönlichen
Gesprächen wieder aufgegriffen. Die Massenkommu- Nach den Ergebnissen der empirischen Forschung ist es
nikation hat deswegen oft eine initiierende, die weitere zweckmäßig, verschiedene Wirkungsarten der Massen-
persönliche Kommunikation anregende Wirkung. Ver- kommunikation zu unterscheiden7:
stärkt wird dies über die Kommunikation im Internet ●● Informationswirkungen: Vermittlung von Wissen,
durch Gesprächsforen, soziale Netzwerke etc. ●● Beeinflussungswirkungen: Verstärkung von Meinun-
Das ist auch ein Grund dafür, warum die Wirkungen gen,
der Massenkommunikation relativ schlecht abgeschätzt ●● Überzeugungswirkungen: Veränderung von Einstel-
werden können: Man darf nicht nur die unmittelbaren lungen.
Wirkungen betrachten, sondern muss auch die indirekten ●● Daneben treten die sogenannten Nutzenwirkungen:
Wirkungen berücksichtigen, die sich aus der Fortführung Konsumenten nutzen die Medien aktiv und selektiv,
der Kommunikation in kleinen Gruppen ergeben. um ihre Bedürfnisse zu befriedigen und durch die
Medien Belohnungen (Gratifikationen) zu erhalten.
Wenn es zwischen dem Kommunikator (Sender) und
dem Kommunikanten (Empfänger) keine direkten Bezie- Bei all diesen Themen geht es um die Frage „Was ma-
hungen gibt, das persönliche Feedback, das die direkte chen die Medien mit den Konsumenten?“ sowie um die
Kommunikation auszeichnet, also fehlt, dann sprechen ergänzende Frage „Was machen die Konsumenten mit
wir von der klassischen Ein-Weg-Kommunikation vom den Medien und wie nehmen die Konsumenten die Me-
Sender zum Empfänger. Der Sender hat während der dienangebote wahr?“. Dahinter steht die Einsicht, dass
Kommunikation fast gar keine und nach der Kommu- das Medienangebot von den Konsumenten, abhängig von
nikation nur sehr beschränkte Möglichkeiten, etwas den Bedürfnissen und der Situation, sehr unterschied-
über die Reaktionen des Empfängers zu erfahren und lich genutzt und verarbeitet wird. Dabei können Medi-
die Kommunikation darauf abzustimmen. Und um- en bewusste und unbewusste Wirkungen erzeugen. Im
gekehrt: Der Empfänger hat wenig Rückkoppelungs- Folgenden sollen einige dieser Effekte erörtert werden.
möglichkeiten mit dem Sender. Selbst dort, wo solche
Rückkoppelungen in Form von Leserbriefen, Anrufen in a) Informationswirkungen
der Redaktion der Massenmedien, Kommentaren unter Die oft vertretene Ansicht, dass die informativen Sendun-
Artikeln in Online-Zeitungen usw. vorgesehen sind, wird gen des Fernsehens (wie die Nachrichten) am meisten
die Einseitigkeit des Kontaktes weitgehend aufrechter- zur Verbreitung von Informationen in der Bevölkerung
halten, wenn diese Feedback-Reaktionen vonseiten des beitragen, ist fragwürdig. So zeigen Befragungen von
Mediums nur selektiv und in einer für Außenstehende Machill, Köhler und Waldhauser (2006), dass 88 % der
nicht verfolgbaren Weise ausgewertet werden.
7Eine andere Einteilung nimmt Winterhoff-Spurk (2004) vor,
der emotionale, kognitive und verhaltensbezogene Medienwir-
kungen unterscheidet.
544 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Zuschauer die Nachrichten der „Tagesschau“ nicht oder Im Zusammenhang mit der Informationswirkung ist
nur zum Teil verstehen. 98 % aller Zuschauer können auch die oft überprüfte Hypothese von der „Wissens-
einen Tag nach der Ausstrahlung von Nachrichtensen- lücke“ oder „Wissenskluft“ zu sehen: Demnach ziehen
dungen wie „Tagesschau“, „Heute“ und „RTL Aktuell“ Bevölkerungsschichten mit geringem sozialen Status aus
deren Themen nicht mehr frei rekonstruieren. Dennoch den Massenmedien einen geringeren Informationsge-
denken viele Nachrichtenseher, sie seien gut informiert. winn (Wissenszuwachs) als die Bevölkerung mit höhe-
Das Emnid-Institut (2007) legte für eine repräsentative rem sozialen Status (Bildung, Einkommen). Wird sich in
Umfrage über 1000 Teilnehmern verschiedene zentrale Zukunft diese Kluft („Digital Divide“, siehe Bonfadelli
Begriffe aus den „Tagesschau“-Sendungen vor. Dabei und Marr, 2008, ausführlich Zillien, 2006; Robinson, Cot-
gaben mehr als Dreiviertel der Befragten an, die Begriffe ten et al., 2015) erhöhen, da nicht alle Konsumenten wil-
zu kennen, doch als sie erklären sollten, was darunter zu lens oder in der Lage sind, die Recherche-Möglichkeiten
verstehen ist, scheiterten die meisten (Focus.de, 2007). des Internets wirklich kompetent zu nutzen oder führt
Dieses Phänomen wird von Noelle-Neumann (1986) das Internet zu mehr Bildung für alle? Van Deursen und
als „Wissensillusion“ bezeichnet (siehe auch Mangold, Van Dijk (2014) weisen mit einer repräsentativen Unter-
2003). Studien von Park (2001) belegen, dass vor allem das suchung in den Niederlanden nach, dass dort die Bevöl-
Fernsehen in einer signifikanten Beziehung zur Wissen- kerung mit geringem sozialen Status das Internet sig-
sillusion steht. Leser von Zeitungen dagegen scheinen nifikant länger nutzt als Personen mit höherer Bildung,
ihr Wissen zutreffender einzuschätzen als Fernsehzu- aber vor allem zu Unterhaltungszwecken und sich hier
schauer. Die dem Fernsehen überlegenen Informations- mit Computerspielen oder sozialen Netzwerken beschäf-
wirkungen der Printmedien lassen sich auf mehrere Ur- tigt. Nguyen, Mosadeghi und Almario (2017) belegen,
sachen zurückführen: Durch die Sozialisation – durch dass in Bezug auf Kenntnisse hinsichtlich im Internet
Erziehung und gesellschaftliche Konventionen  – ler- recherchierbarer Gesundheitsthemen auch in Kalifor-
nen wir, sachliche Informationen eher den Zeitungen nien von digitaler Ungleichheit zwischen den Schichten
und Büchern (auch den geschriebenen Informationen gesprochen werden muss. Trotz hoher Verfügbarkeit des
der Online-Medien) zu entnehmen als dem Fernsehen Internets in den westlichen Industriestaaten ist die Prob-
(Winterhoff-Spurk, 2001). Außerdem zieht das Fernsehen lematik des „Digital Divide“ also immer noch virulent.
mit seiner Bildersprache die Aufmerksamkeit mehr auf Eine zweite These ist, dass sich die Wissenskluft nicht
Aktionen, auf emotional wirkende Ereignisse, sodass die so sehr innerhalb einer Gesellschaft, sondern zwischen
sachliche Informationsvermittlung beeinträchtigt wird. Entwicklungsländern und Industrienationen vertieft.
Das Fernsehen gilt deswegen als ausgesprochenes Un- Auf der Suche nach einer Erklärung für diesen Zusam-
terhaltungsmedium. menhang ist man auf mehrere Ursachen gestoßen, unter
anderem auf die geringere Fähigkeit der Angehörigen
Das Internet wird die Wissensillusion vermutlich nicht
unterer Schichten bzw. ärmerer Nationen, Informationen
beheben, wie die Studien von Fisher, Goddu und Keil
aufzunehmen und zu verarbeiten, sowie auf ihre gerin-
(2015) belegen. Das leichte „Finden“ von Informationen
gere Motivation, Wissen zu erwerben (Robinson, Cotten
im Internet führt dazu, dass die Konsumenten glauben,
et al., 2015). Ebenfalls können finanzielle Ressourcen eine
sie hätten die Information schon „im Kopf“. In einem der
Rolle spielen (z. B. Kosten für Zeitungsabonnements oder
neun Experimente wurden die Versuchspersonen gebe-
Internetzugang).
ten, zu erläutern, wie ein Reißverschluss funktioniert.
Die Experimentalgruppe durfte dazu im Internet nach
b) Beeinflussungs- und Überzeugungswirkungen
Antworten suchen, die Kontrollgruppe nicht. Anschlie-
ßend wurden allen Probanden Fragen über ganz andere Wir lassen die Wirkungen der Werbung zunächst einmal
Themen gestellt. Dabei zeigt sich, dass die Teilnehmer außer Acht. Die Werbewirkungsforschung hat sich zu
der Experimentalgruppe ihr eigenes Wissen sehr stark einem eigenständigen Zweig der angewandten Kom-
überschätzten. Die Leichtigkeit, mit der sie die Antwort munikationsforschung entwickelt. Die eigentliche Mas-
auf die Reißverschlussfrage im Internet gefunden hatten, senkommunikationsforschung verfolgt weiter gesteckte
erzeugte in ihnen die Illusion, generell viel zu wissen Ziele: Sie untersucht den durch Massenkommunikation
und den Durchblick zu haben: „Searching for answers ausgelösten Wandel von Meinungen und Einstellungen
online leads to an illusion such that externally accessible eines breiten Publikums zu allen gesellschaftlich rele-
information is conflated with knowledge in the head“ vanten – wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und
(ebenda, S. 684). ökologischen – Inhalten.
Diese Medienwirkungen „beziehen sich auf die durch
Mediennutzung ausgelösten Effekte im Bereich der
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 545

Wahrnehmung, Gewichtung und Beurteilung von The- Die entscheidende Auswirkung der Thematisierung von-
men, der Aufnahme, Speicherung und Verarbeitung von seiten der Journalisten (diese werden durch Auswahl
Wissen sowie auf die Kultivierung von Realitätsvorstel- und Bearbeitung der Themen zu „Torhütern“ der öffent-
lungen“ (Bonfadelli und Marr, 2008, S. 128). Folgende lichen Meinung) liegt darin, dass das Publikum seine
Aspekte stehen im Vordergrund: Ansichten darüber, was wichtig ist und gedankliche und
(1) Wirkungen durch Thematisierung (Agenda-Set- emotionale Zuwendung verdient, den Medien anpasst
ting-Ansatz) (Schenk, 1997, S. 162 ff.). Im Hinblick auf die potenzielle
(2) Wirkungen durch Verstärkung Themenvielfalt für die öffentliche Diskussion bedeutet
(3) Wirkungen durch Glaubwürdigkeit dies eine erhebliche Meinungslenkung, die nicht zuletzt
(4) Wirkungen durch Kultivierung dafür verantwortlich ist, ob gesellschaftliche Probleme
beachtet und dadurch auch einer Lösung zugänglich
Zu (1) Wirkungen durch Thematisierung (Agenda Set-
gemacht oder einfach übergangen werden (vgl. Abb. 219).
ting):
Die Forschung hat ergeben, dass die Zusammenhänge
Die sogenannte Agenda-Setting-Funktion der Medien be-
zwischen der Thematisierung durch die Medien und
steht in der „Sammlung und Selektion von Themen und
der Themenübernahme durch das Publikum ziemlich
Ereignissen sowie deren Bereitstellung für die öffentliche
komplex sind, sodass man nicht einfach davon ausgehen
Kommunikation. (…) Die Sammlung und Selektion er-
kann, dass Themen, die von den Medien nach vorne ge-
folgt auf der Basis journalistischer Wahrnehmungs- und
schoben werden, vom Publikum auch wirklich übernom-
Selektionsroutinen, die sich im Kern an einem Katalog
men werden: Die Wirkung der Thematisierung ist zwar
von konventionalisierten Nachrichtenwerten orientiert
direkt davon abhängig, wie stark sich die Empfänger den
(Thematisierungsprozess)“ (Bonfadelli und Marr, 2008,
Medien aussetzen; sie weist aber in Abhängigkeit von
S. 130). Bonfadelli und Marr erklären dabei, dass es zu-
der Art des Mediums, von den Personenmerkmalen und
nächst „offen“ sei, ob das Publikum der von den Mas-
von den sozialen Umfeldbedingungen ganz erhebliche
senmedien getroffenen Auswahl folge.
Unterschiede auf (DeFleur und Dennis, 1998, S. 269 ff.;
Gröppel-Klein und Germelmann, 2005).
Die Massenmedien bestimmen weitgehend, mit welchen
Bonfadelli (2009, S. 20) macht in diesem Zusammen-
Themen sich das Publikum beschäftigt und über welche
es nachdenkt (Thematisierungsfunktion). hang auf das Problem der Kausalität aufmerksam: „Ist
es die Medien-Agenda, welche die Publikums-Agenda
beeinflusst, oder reagiert das Mediensystem allenfalls
Die Medien sind dafür verantwortlich, über welche The- im Sinne eines gesellschaftlichen Seismographen auf
men (Gegenstände) die Menschen nachdenken und sich bestehende soziale Probleme bzw. latent vorhandene
eine Meinung bilden, aber weniger dafür, wie sich die Konflikte?“ Hierzu wird es, insbesondere zu der Fra-
Leute im Einzelnen zu diesen Themen stellen. Man kann ge, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen die
auch sagen, die Massenmedien geben die Tagesordnung Medien das Konsumverhalten beeinflussen, sicherlich
für die öffentliche Diskussion an (Noelle-Neumann, 2001, in Zukunft noch viele empirische Studien geben. Einen
S. 220 f)8. guten Überblick über das Phänomen Agenda-Setting
gibt Rössler (2016). Die entscheidenden Variablen des
8
In diesem Zusammenhang ist die von Noelle-Neumann Agenda-Setting-Prozesses zeigt Abb. 220.
(2001) bereits im Jahre 1947 thematisierte Schweigespirale zu
nennen (siehe hierzu auch die Metaanalyse von Shanahan,
Glynn und Hayes, 2007). Die „Theorie der Schweigespirale“
hängt mit der Agenda-Setting-Theorie eng zusammen: Die
Schweigespirale basiert darauf, dass Menschen ihre Umwelt
beobachten und registrieren, was an Stellenwert gewinnt und
was abnimmt. Merkt ein Individuum, dass seine Meinung in
der Öffentlichkeit an Bedeutung gewinnt, fühlt es sich bestä-
tigt, lässt seine Vorsicht fallen und tut seine Meinung eben-
falls öffentlich kund. Dadurch werden immer mehr Perso- öffentliche Meinung festsetzt, während die andere Meinung
nen ermutigt, diese Meinung zu verkünden, sodass sie ein ganz untergeht (bis sie wieder öffentlich thematisiert wird und
größeres Gewicht bekommt, als sie in Wirklichkeit besitzt. ihre Vertreter sich wieder trauen, sie zu vertreten). Dies bedeu-
Denn während immer mehr Personen diese Meinung öffentlich tet, dass die von den Medien verkündete Meinung, die durch
vertreten, fangen die Personen mit anderer Auffassung aus die Veröffentlichung an Gewicht gewinnt, nicht unbedingt das
Isolationsfurcht an zu schweigen. Dies führt zu einer „Spirale Meinungsbild der Mehrheit der Bevölkerung widerspiegelt,
des Schweigens“, mit der Folge, dass sich eine Auffassung als was allerdings nicht offensichtlich werden muss.

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546 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 219: Agenda-Setting durch die Presse

Zugang zur
Presse
(Medien-
zugang)

Art des
Mediums Art der Orien-
Nachrichten- Beach-
Ereignisse/ (spezifische Bericht- Interesse/
werte, Selek- tungsgrad tierungs-
Themen Präsen- erstattung Vorwissen
tionsprozess (Häufigkeit) bedürfnis
tations- (Platzierung)
qualitäten)
AGENDA-
SETTING

Zugang zu
anderen
Menschen
SOZIALES (inter-
WISSEN personale
Kommuni-
kation)

Soziales
Verhalten Abb. 220: Agenda-Setting-Prozess
(Quelle: Rössler, 1997, S. 65)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 547

Wahrgenommene
Popularität
(Meinungsklima)

Betonung u.a. Wichtigkeit Verhaltens-


in den in der weisen
Massenmedien Öffentlichkeit (Kauf)
Abb. 221: Werbung und Agen- Agenda- Markt-
da-Setting (Quelle: Rössler, 1997, Setting forschung
S. 56)

Die Thematisierungswirkung der Medien kann auch für Prädispositionen übereinstimmen. Außerdem wird er
die Werbung genutzt werden (vgl. Abb. 221). die aufgenommenen Informationen entsprechend sei-
Zu (2) Wirkungen durch Verstärkung: nen Prädispositionen weiterverarbeiten (interpretieren,
behalten usw.):
Eine verbreitete Hypothese besagt, dass der Einzelne vor
allem den Teil des Massenangebots wahrnimmt, dessen „Wenn sich die Menschen also tatsächlich in der Haupt-
Inhalt nicht in Widerspruch zu seinen Einstellungen und sache den Kommunikationen aussetzen, die mit ihren
Meinungen steht. Überzeugungen in Einklang stehen, und andere Infor-
mationen vermeiden, wenn sie außerdem dazu neigen,
Das wird unter anderem damit erklärt, dass die Indivi-
zuwiderlaufende Aussagen zu vergessen, und wenn sie
duen kognitive Dissonanz vermeiden, die entsteht, wenn
schließlich in der Erinnerung Aussagen verfälschen,
sie abweichende Meinungen aufnehmen. Zum Beispiel
dann ist es doch offensichtlich, dass die Massenkom-
werden „konservative“ Leser weniger die Frankfurter
munikation kaum ihre Standpunkte verändern kann. Im
Rundschau oder die TAZ lesen, „links stehende“ Leser
Gegenteil, sie wird bestehende Auffassungen bestätigen
werden dagegen an der Welt weniger Gefallen finden.
und bestärken“ (Klapper, 1973a, S. 89; vgl. auch Klapper,
Für die selektive Aufnahme von Informationen ist nach 1973b)10.
Sears, Freedman und Peplau (1985, S. 447 ff.) nicht nur
Diese auf Klapper zurückgehende Behauptung wird
die subjektive Motivation verantwortlich, solchen Medi-
Verstärkungshypothese genannt:
en auszuweichen, deren Inhalt den eigenen Meinungen
und Einstellungen zuwiderläuft. Es gibt auch noch an-
dere Gründe, nicht zuletzt die Anpassung der Medien Massenkommunikation wirkt hauptsächlich dadurch,
(Journalisten) an die (vermeintlichen) Erwartungen der dass sie vorhandene Meinungen bestätigt und verstärkt:
„The media are more likely to reinforce than to change“
Empfänger bzw. Käufer. Gehrau (2016)9 plädiert daher
(Klapper, 1960, S. 8).
für einen „dynamisch-transaktionalen“ Medienansatz,
der diese Perspektive berücksichtigt. Medienvertreter
beeinflussen das Informationsangebot, indem sie die Klapper (1973 a und b) berücksichtigt somit die Prädis-
Inhalte bringen, von denen sie glauben, dass sie bei ihren positionen des Rezipienten, also dessen Einstellungen
Empfängern auf Interesse stoßen. vor einer Konfrontation mit den Botschaften der Mas-
senkommunikation. Die Einstellungen werden außer
Das massenmediale Informationsangebot wird nicht
von den Massenmedien auch durch die Reflexion in den
nur selektiv aufgenommen, sondern auch selektiv
ausgewertet. Das heißt: Wenn jemand einem Medium
10 Die Verstärkungswirkung wurde im Laufe der Zeit un-
ausgesetzt ist, dann wird er von den gebotenen Infor-
terschiedlich beurteilt. Während man zunächst von starken
mationen bevorzugt solche aufnehmen, die mit seinen
Wirkungen ausging, hat man nach dem Krieg eher begrenz-
te Wirkungen von Massenmedien festgestellt. Empirische
9 Gehrau (2016, S. 184) schreibt „Die Medienwirkungsforschung Untersuchungen der letzten Zeit bestätigen wieder die Ver-
argumentierte mit dem Medieninhalt, dem weitgehende Wir- stärkungshypothese, spezifizieren allerdings die Beein-
kungen auf das Publikum unterstellt wurden. Streng genom- flussungsbedingungen. In späteren Untersuchungen zur
men können diese Wirkungen aber nur dann eintreten, wenn Verstärkungshypothese hat sich herausgestellt, dass ihre all-
das Publikum die entsprechenden Angebote auch nutzt. Damit gemeine Formulierung zu undifferenziert bzw. unvollständig
wäre der Nutzungswunsch des Publikums der Wirkung vorge- ist (Schenk, 1987). Es fehlt an einer genauen Abgrenzung von
schaltet, was aber die entsprechenden Wirkungsmodelle nicht Rahmenbedingungen und an einer gültigen Operationalisie-
berücksichtigten. Dies bedeutet letztlich, dass die Journalisten rung der Variablen. Zudem ist zwischen kurzfristigen und
versuchen, die Wünsche des Publikums zu antizipieren.“ langfristigen Effekten zu unterscheiden.
548 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Bezugsgruppen (Handelt es sich um überwiegend be- rimente zum Vorschein, dass Botschaften eher dann als
zugsgruppenkonforme Kommunikationsinhalte?) und glaubwürdig eingestuft werden und zu Einstellungsän-
durch die Ansichten von Meinungsführern verstärkt, derungen führen, wenn der Empfänger der Nachricht
wie wir das in den vorangegangenen Ausführungen über der Ansicht war, ein Experte (und nicht ein Laie) habe sie
persönliche Kommunikation bereits erörtert haben. verfasst. Glaubwürdige Quellen erzielen somit in der Re-
Eine weitere wichtige Variable (neben den bereits vorlie- gel größere Einstellungsänderungen als weniger glaub-
genden Einstellungen) für die Frage, ob Massenkommu- würdige. Das konnte auch durch die Metaanalyse von
nikation nur verstärkend wirkt oder Meinungen tatsäch- Pornpitakpan (2004, S. 243) bestätigt werden: „The main
lich ändern kann, liegt in der Offenheit des Empfängers. effect studies of source credibility on persuasion seem to
Wenn die Empfänger von sich aus für eine Beeinflussung indicate the superiority of a high-credibility source over a
offen und auf diese vorbereitet sind, kann die Massen- low-credibility one“. Dagegen besagt der (bereits im Ers-
kommunikation einen wesentlichen Beitrag zur Bildung ten Teil schon einmal kurz angesprochene) sogenannte
oder zur Veränderung von Meinungen liefern und nicht „Sleeper“-Effekt, dass auch Nachrichten aus unglaub-
nur bestehende Ansichten verstärken. Das ist vor allem würdigen Quellen Wirkung entfalten, wenn im Zeitablauf
dann der Fall, wenn der Konsument aktiv nach Anhalts- die Absenderquelle vergessen wird. Der Sleeper-Effekt
punkten für die Meinungsbildung sucht oder neue Mei- wurde ebenfalls von Hovland entdeckt und in der Fol-
nungen bildet. gezeit kontrovers diskutiert11. Abschließend kann dazu
festgehalten werden, dass zeitverzögerte Wirkungen (z. B.
In diesem Zusammenhang spielt der sogenannte „Third
in Form von Einstellungsänderungen) einer persuasiven
Party“-Effekt eine Rolle (Hallahan, 1999). Der Third-Par-
Botschaft aus einer wenig glaubwürdigen Quelle möglich
ty-Ansatz geht davon aus, dass Medienberichten anders
sind, insbesondere dann, wenn in der unglaubwürdigen
als der Werbung kein eigenes Interesse an der Wirkung
Quelle die Botschaft durch attraktive Sprecher verlesen
der Botschaft unterstellt wird. Damit werden die Medien
oder wenn zweiseitig12 argumentiert wird (Küster-Roh-
als neutrale Vermittler bzw. als unabhängige „dritte Par-
de, 2010). Langfristig sind aber die glaubwürdigen Quel-
tei“ (Third Party) erlebt, der Überparteilichkeit unterstellt
len den weniger glaubwürdigen überlegen.
wird. Wenn eine Zeitung beispielsweise einen positiven
Erfahrungsbericht über ein Produkt veröffentlicht (man Die Arbeiten von Hovland haben das Bewusstsein für die
denke z. B. an die Auto-Testberichte der FAZ), dann wird enorme Bedeutung des Vertrauens in die Medien bzw.
dieser Information sehr viel mehr Vertrauen geschenkt deren Glaubwürdigkeit geweckt. Das Vertrauen in eine
als beispielsweise einer Werbebroschüre des Herstellers. unabhängige und wahrheitsgetreue Berichterstattung
Damit ein Third-Party-Effekt einsetzen kann, muss dem in den Medien stellt einen zentralen Grundpfeiler der
Medienorgan allerdings vorab von den Konsumenten Demokratie dar und unterscheidet totalitäre von demo-
eine hohe Glaubwürdigkeit bei Berichterstattungen zuge- kratischen Staaten. Unabhängige Berichterstattung muss
schrieben worden sein. Wir kommen auf das Thema „Ver-
11
trauen in Medien“ im nächsten Abschnitt zu sprechen. Vertreter des „Sleeper-Effekts“ postulieren, dass Botschaf-
ten aus unglaubwürdigen Quellen erst mit Zeitverzögerung
Zu (3) Wirkungen durch Glaubwürdigkeit: zu einer Einstellungsänderung führen. Dies wurde zunächst
Im Mittelpunkt hier steht der sogenannte „Source Cre- damit erklärt, dass nach einiger Zeit a) in Vergessenheit gerät,
dibility Effect“ nach Hovland und Weiss (1951), der dass die Quelle unglaubwürdig war, oder dass b) der Konsu-
bereits vor über 60 Jahren diskutiert wurde und über ment Quelle und Botschaft im Zeitablauf voneinander trennt,
die Quelle und ihren unglaubwürdigen Charakter aber nicht
den wir hier auch schon im Rahmen der Glaubwürdig- vergisst (Hovland und Weiss, 1951; Cook, Gruder et al., 1979).
keit von Kommunikatoren berichtet haben. Hovland, Der Sleeper-Effekt ist nach den ersten Studien aus der Hov-
ein Forscher der Yale-Universität, führte verschiedene land-Schule (Hovland, Janis und Kelley, 1953) intensiv erforscht
Laborexperimente durch, mit denen er und seine For- worden; in vielen anderen Studien gelang jedoch die Repli-
schungsgruppe herausfinden wollten, welche Para- kation des Effekts nicht, und die Existenz des Sleeper-Effekts
meter der Kommunikation die Glaubwürdigkeit einer wurde stark angezweifelt (Capon und Hulbert, 1973; Cook,
Gruder et al., 1979, S. 667). Isaac und Poor (2017) gehen davon
Botschaft beeinflussen. Die Glaubwürdigkeit setzt sich
aus, dass der Sleeper-Effekt am häufigsten einsetzt, wenn das
aus zwei Komponenten zusammen: Zum einen aus der Ursprungsereignis bei dem Rezipienten keine starken emo-
Sachkenntnis (expertness), und zum anderen aus der tionalen Reaktionen hervorruft, sondern eher ein neutrales
Vertrauenswürdigkeit (trustworthiness). Parameter der Ereignis ist.
12
Kommunikation können Besonderheiten des Sprechers, Zweiseitige Kommunikation ist ein Argumentationsstil, bei
Merkmale der Nachricht an sich, aber auch Eigenschaften dem nicht nur Argumente im Sinne der Beeinflussungsabsicht
der Empfänger sein. Beispielsweise brachten die Expe- verwendet werden, sondern zunächst mögliche Gegenargu-
mente gewürdigt werden, um Reaktanz vorzubeugen.
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 549

jedoch nicht ausschließen, dass einzelne Medien (siehe Eine der bekanntesten internationalen Studien zur Ver-
oben) aufgrund politischer Überzeugungen ihre Mei- trauenswürdigkeit der Medien ist das Annual Edelman
nungen „einfärben“, weniger sorgfältig recherchieren Trust Barometer (Edelman, 2019). Die Datenerhebung er-
als notwendig oder mehr oder weniger stark der Sen- folgte bei der letzten Erhebung mithilfe von 30-minütigen
sationslust unterliegen. Allein die Auswahl einzelner Online-Interviews. „Für das Edelman Trust Barometer
Meldungen aus der Vielzahl der weltweit zur Verfügung 2019 wurden in 27 Märkten über 33.000 Menschen befragt,
stehenden Nachrichten kann zu Verzerrungen führen – darunter 6.000 aus der informierten Öffentlichkeit (Men-
wenngleich diese Aufgabe von den Medien erfüllt wer- schen im Alter von 25 bis 64 Jahren mit einem Hochschul-
den muss und vom Rezipienten nicht geleistet werden abschluss, einem überdurchschnittlichen Haushaltsein-
kann (siehe Abschnitt zu Agenda-Setting). Die Medien kommen innerhalb der Top 25 % sowie mit intensivem
entscheiden über die Sortierung der Informationen in Medien- und Informationskonsum)“ (Edelman, 2019).
berichtenswerte und nicht berichtenswerte Informatio-
Bei der neuesten Studie zeigte sich z. B. im Vergleich zu
nen und damit über Information bzw. Nichtinformation
2012, dass das Vertrauen wieder gestiegen ist, welches in
(Luhmann, 2004, S. 35 ff.).
der Folge der Wirtschaftskrisen vor einigen Jahren doch
Das Vertrauen darin, dass die Medien die geeigneten geschwächt war. Zudem wächst der Wunsch nach mehr
Informationen auswählen, kann der einzelne Medien- Informationen „weltweit weiter (+22 % Pkt., Deutschland
konsument in der Regel nicht durch interpersonales +18 % Pkt.). Interessant ist, dass traditionelle Medien hier-
Vertrauen in einzelne, ihm direkt und persönlich be- zulande im Vertrauensranking weiterhin ganz oben ste-
kannte Journalisten absichern. In der hochkomplexen hen (68 %). Die Ergebnisse zeigen deutlich: Klassische
Umwelt wird vielmehr ein nicht mehr personenbezoge- Medien hängen Social Media ab (32 %)“ (Edelman, 2019,
nes Vertrauen in das System „Medien“ notwendig, ein siehe auch Abb. 222).
Vertrauen darin, dass das System seiner Aufgabe korrekt
Die in Abb. 222 dargestellten Werte sind globale Durch-
nachkommt (und z. B. die ausgewählten Nachrichten tat-
schnittswerte. Für Deutschland liegen weitere umfassen-
sächlich Neuigkeitswert haben und nicht frei erfunden
de Langzeitdaten („Fünfte Welle der Mainzer Langzeit-
sind; vgl. Luhmann, 2004, S. 67). Kontrolliert wird die-
studie“, siehe Jackob, Schultz et al., 2018) vor. Auch diese
ses Vertrauen durch Normen (in Deutschland z. B. das
zeigen, dass (2018) das öffentlich-rechtliche Fernsehen
Presserecht und den Pressekodex) und Organisationen
mit 65 % und die regionalen Tageszeitungen mit 63 % zu
(z. B. den Presserat oder „Watchdogs“ bzw. „Watchblogs“
den als besonders vertrauenswürdig wahrgenommenen
wie das kritische Weblog über die Bildzeitung www.
Medien zählen, während die sozialen Medien hier sehr
bildblog.de), die die Durchsetzung der Normen formell
viel schlechter abschneiden (nur 4 % der Befragten gaben
und informell überwachen.
an, diesen zu vertrauen). Die Autoren machen jedoch dar-
Bei der Verletzung des (unpersönlichen) Vertrauens in auf aufmerksam, dass es eine nicht zu vernachlässigende
die Medien kann Schaden entstehen: Selektieren die Me- Gruppe von Menschen gebe, die ein extremes Medien-
dien zum Beispiel die falschen Informationen über die misstrauen habe. Diese Personen hätten den Eindruck,
Vorteil- oder Nachteilhaftigkeit eines neuen Produktes, dass Medien und Politik systematisch zusammenarbei-
dann können Konsumenten zu Kaufentscheidungen an- ten würden, um die Bevölkerung zu manipulieren und
geregt werden, die sie hinterher bereuen. Man denke zum glauben, dass sie von den Medien belogen würden. Die
Beispiel daran, dass viele bis dahin vollkommen gesunde Autoren (ebenda, S. 210) kommen zu folgendem Schluss:
Bürger das Medikament Tamiflu horteten, als durch die „Insgesamt wird konstatiert, dass der Journalismus in
Berichterstattung verbreitet wurde, dass einzig dieses Deutschland bisher nicht unter einer schweren allgemei-
Medikament bei einer bis dahin in Deutschland noch nen Vertrauenskrise zu leiden scheint. Die Anzeichen für
niemals aufgetreten Vogelgrippe wirksam sei (Anders, eine zunehmend zementierte Polarisierung sowie eine
2005, S. 37). wachsende Entfremdung zwischen den traditionellen
Medien und Teilgruppen der Gesellschaft sollten jedoch
Trotz der Vorkehrungen zur Sicherung des „Grundver-
ernst genommen werden“.
trauens“ in das System der Medienberichterstattung
bleibt aber nach wie vor dem Medienkonsumenten die Es ist ebenfalls anzunehmen, dass es vom Medientyp
Aufgabe überlassen, darüber zu entscheiden, wie viel selbst abhängt, welche Indikatoren die Mediennutzer
Vertrauen er einzelnen Medientypen (z. B. Nachrichten in heranziehen, um die Glaubwürdigkeit des Mediums ein-
der Tageszeitung, im Fernsehen oder in Online-Nachrich- zuschätzen: Abdulla, Garrison et al. (2002) fanden z. B.
tendiensten) oder konkreten Medienformaten (z. B. ARD heraus, dass die Glaubwürdigkeit von Nachrichten in Ta-
Tagesschau vs. SAT.1 News) entgegenbringen möchte. geszeitungen vor allem nach ihrer Ausgewogenheit, der
550 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Wie stark vertrauen Sie den folgenden Informationsquellen, um sich über allgemeine
Nachrichten zu informieren?
80%

70% +5%

60% +12%

50% +21%
+12%
40%

+2%
2012
30%
2019

20%

10%

0%
Traditionelle Medien Suchmaschinen Digitale Medien Owned Media Soziale Medien

Abb. 222: Informationsverhalten


in 27 Ländern und Vertrauen in
Medien (Quelle: Edelman, 2019)

„Ehrlichkeit“ und Aktualität bewertet wird, während bei sich um einen quasi automatisch ablaufenden Prozess,
Fernsehnachrichten „Fairness“ und Aktualität und bei der in wenigen Sekunden abläuft und unsere Meinung
Internetnachrichten die Vertrauenswürdigkeit der Quel- über die jeweilige Person determiniert.
le, Schnelligkeit sowie „Unverzerrtheit“ zentrale Fakto- Eine interessante Studie zu dieser Thematik stammt
ren sind. Weiterhin spielt in Zeiten einer zunehmenden auch von Hoegg und Lewis (2011), die sich mit Wahl-
Personalisierung des Mediums Fernsehen (Schumacher, kampagnen von US-amerikanischen Politikern ausei-
1999) und damit verbunden auch der TV-Nachrichten, nandergesetzt haben. Die Autoren gehen zunächst von
welche mittlerweile auf fast allen privaten und öffent- der These aus, dass die den Politikern zugeschriebene
lich-rechtlichen Sendern von Moderatoren präsentiert Kompetenz einen Einfluss auf das Wahlverhalten ausübt.
werden, das Vertrauen in diese „Medienmenschen“ eine Die Kompetenzeinschätzung wird nun ihrerseits auch
Rolle (Gröppel-Klein und Germelmann, 2006). Diese „An- vom äußeren Erscheinungsbild der Kandidaten geprägt.
chormen“ oder „Anchorwomen“ (prominente Nachrich- Beispielsweise wird mit bestimmten Gesichtscharakteris-
tenmoderatoren und politische Kommentatoren) sind tika eine mehr oder weniger hohe Intelligenz verbunden.
oftmals entscheidend für die Vertrauensbildung. Dabei Die amerikanischen Wähler, so zeigt die Studie, haben
spielen auch Attraktivität und nonverbale Kommunika- aber auch innere Bilder vom typischen Aussehen eines
tion eine Rolle, wie wir schon seit den Experimenten von demokratischen oder republikanischen Politikers. Gibt es
Hovland und Weiss (1951) wissen. nun eine Kompatibilität zwischen den visuellen Stereoty-
pen, die zu einer bestimmten Partei vorliegen, und dem
Nonverbale Stimuli und Glaubwürdigkeit medialer
äußeren Erscheinungsbild eines Politikers, dann verbes-
Kommunikation: Frey (1999) untersuchte die Wirkung
sern sich die Präferenzen für den Kandidaten bzw. die
nonverbaler medialer Kommunikation im interkulturel-
Absicht, diesen zu wählen. Zu diesem Schluss kommen
len Vergleich. Als Ausgangsmaterial analysierte er das
im Prinzip auch Laustsen und Petersen (2016)13, die eben-
Ausmaß der Durchsetzung von TV-Abendnachrichten
falls aufzeigen, dass republikanische und demokratische
mit visuellen Zitaten (Bewegtbildpräsentationen) von
Wähler unterschiedliche nonverbale Kommunikations-
Politikern. Obwohl die Bewegtbildpräsentationen nur
formen bevorzugen.
wenige Sekunden dauern, löst die medienvermittelte
nonverbale Kommunikation beträchtliche Wirkungen 13
Laustsen und Petersen (2016, S. 188) fassen zusammen: “A
aus. Auf Anhieb gaben die Probanden dezidierte Stel- dominant face is a winning face when the audience is conser-
lungnahmen ab, unabhängig davon, ob sie den Politiker vative but backfires and decreases success when the audience
bereits kannten oder nicht. Nach Frey (1999) handelt es is liberal”.

Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Lukas Heim mit der Transaktions-ID 4504834 erstellt.
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 551

Auch Unternehmen nutzen „Gesichter“, um ihre Glaub- ihrem realen Auftreten, im Fernsehen überrepräsentiert.
würdigkeit nach Krisen wiederherzustellen (Gorn, Jiang Auch die Körpermaße der weiblichen Figuren in TV-Se-
und Johar, 2008). Wenn Unternehmen in selbstverschul- rien (Silverstein, Perdue et al., 1986; Fouts und Burggraf,
dete Krisen geraten, beispielsweise, weil Produkte un- 1999) werden im Vergleich zur realen Welt verzerrt dar-
erwünschte Nebenwirkungen zeigen, dann schalten sie gestellt, indem sehr dünne Frauen über- und sehr dicke
häufig Stellungnahmen in Form von Anzeigen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Der Anteil bestimmter
sich die Manager für den Fehler entschuldigen. Gorn, Berufsgruppen (Ärzte, Anwälte, Manager) ist im Fern-
Jiang und Johar (2008) prüften, ob es einen Unterschied sehen deutlich höher ausgeprägt als im realen Leben,
macht, wenn das Gesicht des abgebildeten Managers während Berufsgruppen mit geringerem Status (mit
eher kindlich als reif und markant wirkt. Die Ergebnis- Ausnahme von Polizisten) unterdurchschnittlich prä-
se zeigen, dass die wahrgenommene Ehrlichkeit des in sent sind (Lichter, Lichter und Rothman, 1994). Mittels
der Anzeige abgebildeten Managers und die Einstellung der sogenannten „Cultural-Indicators-Analysis“ wur-
zur Marke signifikant positiver ausgeprägt waren, wenn den die Befunde der Inhaltsanalyse (Was und wie wird
dessen Gesicht an das Kindchenschema erinnerte (zu- etwas in den Medien gezeigt?) in Beziehung zum Me-
mindest bei weniger ernsten Krisen). dienkonsum gesetzt und geprüft, ob es sogenannte Kul-
Last but not least ist in diesem Zusammenhang die Un- tivierungseffekte gibt (Bonfadelli, 2009, S. 25): Kultiviert
tersuchung von Small und Verrochi (2009) zu nennen, das „Fernsehen als Mainstream-Medium bei Vielsehern
die die Wirkung nonverbaler Reize auf die Akzeptanz längerfristig homogen verzerrte Bilder von der Realität“?
von Spendenaufrufen und das Spendenverhalten un- Man geht hier davon aus, dass Vielseher dazu neigen,
tersuchten. Hier konnten die Autoren feststellen, dass solche Fernsehinformationen in ihre Wahrnehmung der
die Abbildung trauriger Gesichter in den Aufrufen das „realen Welt“ zu integrieren, indem sie deren Ausmaß im
Spendenaufkommen sehr viel stärker beeinflusste als realen Leben entsprechend dem im Fernsehen gezeigten
fröhlich wirkende Hilfsbedürftige, weil das Mitgefühl Ausmaß einschätzen, und/oder sich diese Informationen
stärker ausgeprägt war. Es handelt sich dabei um einen auf Einstellungen und Verhaltensweisen des Konsumen-
automatischen Prozess. Wichtig ist dabei jedoch, die Au- ten auswirken. So überschätzen z. B. die Vielseher die
gen zu zeigen: Mehr als alle anderen nonverbalen Reize Wahrscheinlichkeit, in Gewaltakte verwickelt zu werden.
beeinflussen die Augen Spendenwilligkeit, wie Kelsey, Auch wenn es in Bezug auf die Operationalisierung des
Vaish und Grossmann (2018) in einem Experiment er- Konstrukts „Vielseher“ viel Kritik gab, zudem nicht-li-
mitteln konnten. Diese Erkenntnis leuchtet sicherlich neare Beziehungen zwischen Medienkonsum und Reali-
intuitiv ein. Wir können an dieser Stelle also festhalten: tätsverzerrung ebenfalls beobachtet werden konnten und
schließlich auch zusätzliche Kontrollvariablen (Bildung,
Wohnort, etc.) berücksichtigt werden sollten, so lässt sich
Nonverbale Stimuli haben nicht nur in der persönlichen, die Kernthese der Kultivierungstheorie doch durch über
sondern auch in der Massenkommunikation erhebliche
300 empirische Studien stützen (Bonfadelli und Marr,
Beeinflussungswirkungen.
2008, S. 144). Wir werden daher im Folgenden einige der
Erkenntnisse skizzieren.
Zu (4) Wirkungen durch Kultivierung – Verzerrte Rea-
litätsvorstellungen: Während frühere Kultivierungsstudien vorwiegend den
allgemeinen TV-Konsum als Einflussgröße betrachte-
Die sogenannte Kultivierungstheorie untersucht, inwie- ten, berücksichtigten spätere Studien explizit auch die
weit der Konsum des Massenmediums Fernsehen Wis- Wirkungen fiktionaler Medieninhalte, z. B. bezüglich
sensstrukturen und Denkweisen über die Realität beein- Idealisierungseffekten von Arztserien, denen Desillusion
flusst. Die Kultivierungshypothese geht auf Gerbner et bei eigenen Krankenhausaufenthalten der Konsumenten
al. (1977, 2002) zurück und besagt, dass häufiger Medien- folgen kann (Rossmann, 2003); bezüglich unrealistischer
konsum (z. B. der sogenannten „Vielseher“ im Vergleich Erwartungen in Bezug auf Liebe und Ehe (Segrin und
zu den „Wenigsehern“) dazu führt, dass Konsumenten Nabi, 2002) bzw. bezüglich der Frage, ob es „Liebe auf
umso mehr glauben, die reale Welt sei so wie die medial den ersten Blick“ gibt (Lippman, Ward und Seabrook,
dargestellte Welt. Der Begriff „medial dargestellte Welt“ 2014); bezüglich negativer Darstellungen von Stiefeltern
umfasst dabei das gesamte Fernsehprogramm, d. h., so- (Leon und Angst, 2005), bezüglich des Glaubens an eine
wohl nicht-fiktionale als auch fiktionale Medieninhalte. gerechte Welt mit Happy End (Appel, 2008) oder schließ-
Inhaltsanalysen zeigen, dass die TV-Realität häufig über- lich in Bezug auf die Frage, wie aus Sicht der Männer ein
trieben, verzerrt oder idealisiert dargestellt wird. So sind „typisch männliches“ Verhalten aussehen sollte (Giaccar-
Themen wie Gewalt und Verbrechen, im Vergleich zu di, Ward et al., 2017). Fiktionale Medieninhalte enthalten
552 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

in der Regel zahlreiche Hinweise auf (nicht markierte)


Der Uses and Gratification-Ansatz fragt: „Was machen
Produkte und Dienstleistungen, die von den fiktiven die Menschen mit den Medien?“
Charakteren konsumiert werden. Insbesondere in „Sei-
fenopern“ kommen sehr oft vermögende Charaktere
vor. Einige Studien beschäftigen sich mit der Wirkung Die Nutzen- und Belohnungsforschung richtet sich vor
solcher medial vermittelten materiellen Reize auf die Ein- allem auf 1. das soziale und individuelle Zustandekom-
schätzung von Konsumenten bezüglich des Auftretens men der Bedürfnisse, die hinter der Mediennutzung
dieser materiellen Reize in der Realität. O’Guinn und stehen, und die davon abgeleiteten Erwartungen an
Shrum (1997) zeigten, dass Vielseher von Soap Operas das Medienangebot sowie 2. die von den Erwartungen
die Zahl der Besitzer von Produkten wie Swimmingpools bestimmten Muster der Mediennutzung, die daraus
oder Luxusautos in der amerikanischen Bevölkerung folgende Bedürfnisbefriedigung und ihre individuel-
signifikant höher einschätzen als Wenigseher. Shrum, len und gesellschaftlichen Konsequenzen. Hier ist die
Burroughs und Rindfleisch (2005) machen zudem deut- Blickrichtung also umgekehrt: vom Empfänger zum
lich, dass häufiger TV-Konsum auch die persönlichen Sender. „Damit wird die am behavioristischen Denken
materialistischen Wertvorstellungen von Konsumenten orientierte Annahme eines medienzentriert und linear
beeinflusst. Es können schließlich durch TV-Serien auch verlaufenden Prozesses von Massenkommunikation kri-
die Vorstellungen über demokratisch lebende Gesell- tisiert und stattdessen gefordert, das zielorientierte und
schaften verändert werden, wie die qualitative Erhebung intentionale Handeln des aktiven Rezipienten zentral in
von Gao (2016) zeigt, der untersucht, wie junge Chinesen den Blick zu nehmen, um Medienwirkung adäquat ab-
auf amerikanische Fernsehfilme reagieren. zubilden“ (Hugger, 2008, S. 173). Demnach sind folgende
Kriterien relevant:
Da der Ursprung der Kultivierungstheorie in den Kom-
munikationswissenschaften liegt, ist es nicht verwun- ●● Der Rezipient ist aktiv.
derlich, dass die dort diskutierten Effekte einen eher all- ●● Der Rezipient erhofft sich eine Befriedigung seiner
gemeinen Bezug zum Konsumentenverhalten bezüglich Bedürfnisse.
bestimmter Produktgruppen aufweisen, jedoch keine ●● Der Rezipient reflektiert die Medien.
Effekte in Bezug auf konkrete Markenbeurteilungen Insofern kann der Nutzen- und Belohnungsansatz als
berücksichtigen. Dabei sieht man vielfach in der Wer- „Gegenposition zum Wirkungsansatz angesehen wer-
bepraxis, dass eine Verflechtung von Programm und den“ (Schenk, 1987, S. 383). Aus Sicht der Massenmedien
Werbung bereits durchgeführt wird. Wir kommen auf sind durch die Perspektive des Nutzen- und Belohnungs-
diesen Punkt noch einmal unter dem Stichwort „Fiktio- ansatzes vor allem drei Aspekte relevant geworden:
nen in der Werbung“ zu sprechen. (1) Wie kann der psychologische Nutzen durch Akti-
vierung und emotionale Stimulierung, gedankliche
c) Nutzenwirkungen Anregung, Eskapismus und Ablenkung befriedigt
Bei der bisherigen Darstellung der Medienwirkungen werden?
war der Blick vom Sender auf den Empfänger gerichtet: (2) Wie kann das inhaltliche Angebot durch Unterhal-
Es ging darum, was die Medien dem Publikum „antun“. tung und Entspannung, Information und Bildung,
Ein anderer Ansatz der Medienforschung, der als Nut- Normen und Verhaltensmuster optimiert werden?
zen- oder Belohnungsansatz (international „Uses and (3) Welche spezifischen Beiträge der einzelnen Medien
Gratification“-Ansatz) bezeichnet wird, geht von einem (Printmedien, Funkmedien, interaktive Medien in-
aktiven Publikum aus, das die Medien bewusst und klusive sozialer Medien) können unterschieden und
selektiv nutzt, um seine Bedürfnisse zu befriedigen und verzahnt werden?
um auf diese Weise durch die Mediennutzung Belohnun- Zu (1) Psychologischer Nutzen: Durch den zunehmen-
gen (Gratifikationen) zu erhalten (Hugger, 2008; Dolan, den inter- und intramedialen Konkurrenzdruck wird es
Conduit et al., 201614). immer schwieriger, die Aufmerksamkeit der Empfänger
für eine bestimmte Botschaft (Sendung, Nachricht) zu
erreichen. Es ist deswegen damit zu rechnen, dass die
Massenmedien in Zukunft stärker als bisher professi-
onelle Sozialtechniken einsetzen, um gezielt Aufmerk-
14
Dolan, Conduit et al. (2016) sind der Ansicht, dass der „Uses samkeit auszulösen und die Zuwendung der Empfänger
and Gratification“-Ansatz besonders gut das Verhalten der zu erlangen. Andererseits sucht auch das Publikum von
Konsumenten in Bezug auf Social Media-Aktivitäten erklären sich aus Anregungen durch aktivierende Sendungen und
könnte.
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 553

emotionale Erlebnisse. Auffallend ist dabei die „Infotain- (Breunig und Engel, 2015). Das gilt im Prinzip für alle
ment“-Strategie von diversen Sendern, Informationen Altersstufen. Allerdings sollte beachtet werden, dass in
besonders unterhaltsam zu verpacken (Krüger, 1988, der jungen Zielgruppe (14–29 Jahre) das Internet bezüg-
S. 644) und Unterhaltung als „Superideologie“ anzuse- lich Reichweite und Nutzungsdauer stärker ist als die
hen (Postman, 2000). anderen Medien. Obwohl Radio und Fernsehen auch
Zu (2) Inhaltliches Angebot: Einige Konsumenten sind in dieser Zielgruppe reichweitenstark bleiben, ist die
gezielt auf der Suche nach Informationen (z. B. in diver- Nutzungsdauer für Radio und TV geringer als die des
sen sachbezogenen virtuellen Gemeinschaften, z. B. He- Internets. In dieser Zielgruppe entfallen 139 Minuten der
metsberger, 2006; Kozinets, 2002; Domma, 2010; Dessart, Internetnutzung auf nicht-mediale Internetaktivitäten.
Veloutsou und Morgan-Thomas, 2015; Chung und Koo, Man kann hieran aber auch erkennen, dass bei der In-
2015). Oft werden die Massenmedien jedoch nur aus Lan- terpretation der Internet-Nutzungszeiten berücksichtigt
geweile benutzt, um die Zeit auszufüllen. In diesem Fall werden muss, dass das Internet von vielen auch genutzt
erfolgt der Mediengebrauch ziemlich wahllos und auch wird, um in der Mediathek Fernsehen zu schauen, Ra-
unabhängig vom Inhalt. Das gilt beispielsweise für die dio zu hören, Zeitungen zu lesen. Das wird bei der Me-
Benutzung von Funkmedien als Sekundärbeschäftigung: diennutzungsstudie als „mediale Nutzung“ gesondert
Man denke z. B. an das Radiohören bei der Hausarbeit. ausgewiesen.
Hier läuft das Radio oft pausenlos. Tab. 16 zeigt die Mo- Das Eingehen auf die Wünsche des Publikums nach
tive der Nutzung einzelner Medien im Jahr 2015. Die Unterhaltung und Amüsement hat die Massenmedien,
Langzeitstudien zur Mediennutzung werden alle 5 Jahre insbesondere die Fernsehmedien, bei Kulturkritikern
durchgeführt. (im Prinzip zu jeder Zeit) in den Verruf gebracht, Volks-
Es ist auffällig, dass im Vergleich zur zehnten Erhebungs- verdummung zu betreiben. So schreibt Kissler (2018)
welle (Ridder und Engel, 2010) das Internet erheblich an „Sage keiner, die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten
Zustimmung gewonnen hat, sich die anderen Medien nähmen ihren Bildungsauftrag nicht ernst. Der Name ist
allerdings auch behaupten konnten. Das gilt insbesonde- Programm, und das Programm heißt „Wer weiß denn
re für das Fernsehen, das in Bezug auf fast alle Kriterien sowas?“. Unter diesem Titel gibt „Das Erste“ seit Juli
(Anspruch, Objektivität, Vielfalt, Unterhaltungswert etc.) 2015 in bisher knapp 300 Folgen werktäglich Antwort
signifikant bessere Ergebnisse erzielt als alle anderen auf knifflige Fragen wie jene, welche Erkenntnis eine
Medien. Dabei unterscheiden sich die Nutzungsmotive Studie aus dem Jahr 2013 denn geliefert habe: Ob Cola
(ähnlich wie bei der vorletzten Erhebungswelle) zwischen Zahnfüllungen aus Zement in 20 Minuten auflösen, un-
den beiden Anbietertypen im dualen Rundfunksystem: erwünschte Körperbehaarung zu 60 % reduzieren oder
Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern suchen Konsu- in 90 % aller Fälle Magensteine auflösen könne? A, B oder
menten konkrete Informationen, Denkanstöße und die C? Über solche und artverwandte Scherze zerbricht sich
Befähigung, bei persönlichen Diskussionen im Alltag unter Kai Pflaumes Anleitung „der Kölner ’Tatort’-Star
mitreden zu können. Bei den privaten Sendern möchte Dietmar Bär“ den Kopf oder aber „die ’Rote Rosen’-Stars
man dagegen eher entspannen und den Alltag vergessen Gerry Hungbauer und Hermann Toelcke“ tun es“. Auch

Fernsehen Radio Tageszeitung Internet


damit ich mitreden kann 52 49 73 47
weil ich Denkanstöße bekomme 47 45 60 60
weil ich mich informieren möchte 81 77 95 90
weil ich dabei entspannen kann 78 75 40 36
weil es mir Spaß macht 79 85 64 75
weil ich mich dann nicht alleine fühle 25 31 10 14
weil ich mich ablenken möchte 58 52 22 38
weil es aus Gewohnheit dazugehört 55 68 57 45
weil ich dort Dinge erfahre, die für meinen 56 63 76 82
Alltag wichtig sind

Tab. 16: Motive der Nutzung einzelner Medien im Jahr 2015


554 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

wenn das Programm vielfach in der Tat verbesserungs- se anhand von Beispielen aus der Werbung erklärt. Im
würdig ist und solche Quiz-Sendungen nicht unbedingt Rahmen dieses Kapitels gehen wir auf grundlegende
den Geschmack der Bildungsinteressierten trifft, so wird Werbefunktionen, Techniken und auf die Werbestreuung
gerade das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Bezug auf durch Massenmedien ein.
politische Informationskompetenz, Zuverlässigkeit und
Glaubwürdigkeit von Informationen (Breunig und Engel, 1. Funktionen der Werbung
2015) positiv beurteilt und das Vertrauen in die tradi- a) Definition, Formen und normative Betrachtung
tionellen Medien ist ebenfalls wieder gestiegen, wie das
Werbung wird definiert als versuchte Einstellungs- und
Edelman Trust Barometer (2019) zeigt.
Verhaltensbeeinflussung mittels besonderer Kommunika-
Zu (3) Medienspezifische Beiträge: Die verschiedenen tionsmittel. Diese Definition grenzt Werbung von anderen
Medien erfüllen im Hinblick auf die unter (1) und (2) Formen der Beeinflussung ab, bei denen keine Werbemittel
diskutierten Wirkungen jeweils bestimmte Funktionen. eingesetzt werden. Insofern entspricht unsere Definition
Bücher übernehmen zum Beispiel in stärkerem Maße dem betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch, wie bei-
als Illustrierte bzw. Boulevardmagazine die Funktion, spielsweise dem von Albach (1961, S. 624), der unter (Ab-
Informationen und Bildung zu vermitteln. Das Kino satz-)Werbung „den planvollen Einsatz von Werbemitteln
dient fast ausschließlich der Unterhaltung und spricht zur Erzielung bestimmter Absatzleistungen“ versteht. Eine
das Publikum überwiegend emotional an. Es ist aber andere Form der Meinungsbeeinflussung durch Kommu-
aufschlussreich, dass wir in jüngerer Zeit durchaus eine nikation ist das Personal Selling oder die Verkaufsförde-
Konvergenz zwischen den Medien beobachten können rung. Werbung ist nun nicht schlechthin Beeinflussung,
(Van Eimeren und Frees, 2010; Engel und Best, 2012). Die sondern der systematische Versuch der Beeinflussung.
Medienüberlappung zeigt sich wie folgt: Wenn von Werbung gesprochen wird, meint man übli-
●● Konvergenz der technologischen Basis: Immer mehr cherweise die Absatzwerbung auf dem Markt, also nur
Geräte besitzen nicht nur eine Medienfunktion, son- die auf die Erzielung von Absatzleistungen gerichtete
dern mehrere: PCs, Laptops, Tablets, Fernseher, Smart- Meinungsbeeinflussung. Bei anderen Zielsetzungen ist
phones sind Multifunktionsgeräte, mit denen man z. B. der Werbebegriff zu spezifizieren in politische Werbung,
fernsehen, im Internet surfen oder Musik downloaden kirchliche Werbung, kommunale Werbung usw. Für die-
kann. se Arten von Werbung stehen auch andere Begriffe wie
●● Konvergenz aus Anbietersicht durch ähnliche Ange- Propaganda, Public Relations15 oder Missionierung zur
bote: Die Trennung zwischen Internet und Fernsehen Verfügung.
löst sich langsam auf, immer mehr Hintergrundbe- Werbeformen, die an Bedeutung gewonnen haben, sind
richte von Fernsehprogrammen sind zusätzlich online die vergleichende Werbung (z. B. Varlam, 2000) und die
auf den Homepages zu finden. virtuelle Werbung16, insbesondere alle Arten von Ban-
●● Konvergenz der Nutzung aus Nachfragersicht: Auf- nern, über deren Wirkung auf die Informationsaufnahme
grund einer zunehmenden Überlappung der Nut- wir bereits im Zweiten Teil (C.III.3b) berichtet haben.
zungsmöglichkeiten der unterschiedlichen Medien Diese Werbeformen haben durchaus einen kritischen
stellt sich aus Rezipientensicht die Aufgabe, das Sche- Diskurs ausgelöst.
ma der Mediennutzung neu zu definieren (Engel und Vergleichende Werbung war in Deutschland im Gegen-
Best, 2012). Statt zwischen Fernsehen, Radio und Inter- satz zu den USA und einer Reihe von EU-Staaten lange
net zu differenzieren, wird demnach unterschieden in Zeit untersagt. Erst durch die EU-Richtlinie vom Okto-
Stream (Fernsehen, Video und Bewegtbildnutzung im ber 1997 und die Urteile des Bundesgerichtshofes vom
Internet), Audio (Radio, Tonträger wie MP3, CD usw. Februar und März 1998 sowie die richtlinienkonforme
und Audionutzung im Internet) und Page (Tageszei- Anpassung des § 2 UWG ist vergleichende Werbung in
tung, Zeitschrift, Buch und Lesen aktueller Nachrich- Deutschland prinzipiell zulässig. Sie bleibt aber nach wie
ten im Internet).
15
Zur Definition und zum Wesen von Public Relations siehe
ausführlich das Buch „Kommunikationspolitik“ von Bruhn
III. Werbung als Massenkommunikation (2013)
16
Insbesondere alle Arten von Banner-Werbung, über die wir
im Zweiten Teil (C.III.3b) bereits aus Sicht der Informationsauf-
Werbung ist ein schillerndes Thema, zu dem besonders nahme berichtet haben. Pop-up-Werbung sind Werbeanzeigen,
viele Veröffentlichungen erscheinen. Bereits im Zweiten die auf dem Bildschirm plötzlich erscheinen und dabei andere
Teil dieses Buches haben wir diverse psychische Prozes- Inhalte überdecken.
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 555

vor an Bedingungen geknüpft: So darf sich der Vergleich kein Problem (Moshfeghi, 2016), aber nicht zwangsläufig
beispielsweise nur auf messbare Produkteigenschaften effizient (Groeppel-Klein und Broeckelmann, 2012).
beziehen. Zur Wirkung vergleichender Werbung gibt Normative Betrachtung: Werbewissenschaftler sind oft-
es widersprüchliche Erkenntnisse, sodass noch keine mals bereit, Techniken zur Beeinflussung des Konsumen-
endgültigen Aussagen darüber möglich sind, ob verglei- ten zu entwickeln oder an der Gestaltung der technischen
chende Werbung wirksamer ist als andere Werbeformen Hilfsmittel mitzuwirken. Sie wollen aber potenziell ne-
(zu methodologischen Schwierigkeiten der Messung der gative Konsequenzen der Werbung, wie die gezielte Be-
Wirkung vergleichender Werbung vgl. Mayer und Ill- einträchtigung der menschlichen Entscheidungsfreiheit
mann, 2000, S. 561 ff.; Rennhak, 2001, S. 102 ff., siehe auch und die Konditionierung des Menschen im Dienste des
Priester, Godek et al., 2004). Marketing, nicht wahrhaben. Man will manipulieren,
„Split-Screening“17, Laufbandwerbung und virtuelle aber nicht in den Ruf des Manipulierers kommen.
Werbung sind Formen der Werbung, die eigentlich dem Dem muss man einerseits entgegenhalten, dass die em-
Gebot zur Trennung von Programm und Werbung nach pirischen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften die
dem Rundfunkstaatsvertrag entgegenstehen, aber als Wirklichkeit so erfassen sollten, wie sie ist. Allerdings
unvermeidlich geduldet werden: muss sich auch der Wissenschaftler – nach unserer wis-
„Als eine seit langem etablierte und durch ihre lang- senschaftstheoretischen Auffassung – um die Verwer-
dauernde Praxis quasi legitimierte Form der program- tung seines Wissens kümmern und fragen, welche Kon-
mintegrierten (Schleich-)Werbung ist das Anbringen von sequenzen die Anwendung seiner Erkenntnisse für ein
Firmen-Logos oder Werbebotschaften auf Stadionban- soziales System hat. Dabei kann er primäre Werturteile
den, Sportlertrikots, an Rennstrecken, auf dem Boden nicht umgehen. In programmatischer Weise ist deswegen
von Boxringen, auf Tennisschlägern etc. anzusehen. von der Werbewissenschaft zu fordern:
Eine Verletzung des Trennungsgebots wird verneint, ●● die metaphysische Annahme von der „Willensfrei-
weil die objektive Werbewirkung für das Fernsehen heit“ des Menschen aufzugeben,
unumgänglich und unvermeidbar ist: Entweder nimmt ●● die durch Werbung ausgeübte Beeinflussung ohne
das Fernsehen in Kauf, bei einem Fußballspiel die im Schönfärberei beim Namen zu nennen und zu un-
Stadion vorhandene Werbung mitauszustrahlen, oder tersuchen,
aber das Fernsehen muss auf die gesamte Ausstrahlung ●● die gesellschaftlichen Folgen der Werbung zu werten
verzichten, was heute natürlich niemand mehr will.“ … und dabei die Wertmaßstäbe offen zu legen sowie
„Unter virtueller Werbung versteht man Abbildungen ●● für eine Missbrauchsgesetzgebung einzutreten, die
von Produkten, Logos, Marken- und Firmennamen sowie den Konsumenten vor einer zu weit gehenden Beein-
3-D-Animationen, die in der filmisch abgebildeten Reali- flussung schützt.
tät nicht vorhanden sind. Virtuelle Werbung erzeugt den
Mit den ideologischen und gesellschaftlichen Fragestel-
Anschein von Realität ohne die tatsächliche Existenz des
lungen der werblichen Beeinflussung setzen sich frühe
abgebildeten Gegenstands. Dies ist in der Weise möglich,
Veröffentlichungen von Kroeber-Riel genauer auseinan-
dass am Veranstaltungsort vorhandene Gegenstände und
der (Kroeber-Riel, 1972b, 1974), die zusammen betrachtet
Werbeflächen elektronisch durch andere ausgetauscht
zu folgendem Schluss kommen:
werden“ (Duvinage, 2000, S. 9 ff.).
Ein Vorteil für den Werbenden ist z. B. darin zu sehen,
Werbung ist eine legitime Sozialtechnik: Die Beeinflus-
dass bei internationalen Sportübertragungen die Werbe-
sung von Menschen ist ein universeller sozialer Vorgang.
botschaften an Banden oder anderen Werbeflächen lan- Ohne ihn kommt kein soziales System aus.
desspezifisch auf die jeweiligen Zielgruppen abgestimmt
werden können. Einen guten Überblick zur Analyse von
Sportwerbung und Bannerwerbung bei Sportübertra- Werbung wird in jedem Gesellschaftssystem angewandt.
gungen gibt Dudzik (2006). Die Kritik an den sozialtechnischen Wirkungen der Wer-
bung konzentriert sich einseitig auf die kommerzielle Wer-
„Location-Aware Mobile Marketing Messages“18 ge-
bung:
winnen ebenfalls an Bedeutung, sind technisch heute

17
Bei Split-Screening zeigt die eine Seite des Bildschirms das des Standortes Botschaften an den Smartphone-Besitzer zu
Programm, die andere Werbung. versenden, die vermeintliche Bedürfnisse befriedigen können.
18 Location-Aware Mobile Marketing Messages (LA-MMM) So kann man in der Nähe des Theaters z. B. eine Nachricht er-
zählen zu den Mobile-Marketing-Instrumenten, berücksich- halten, dass noch Karten für die Abendvorstellung erhältlich
tigen den Standort des Empfängers und versuchen, auf Basis sind (Gröppel-Klein und Broeckelmann, 2012).

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556 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Es ist üblich geworden, die durch die Werbung bewirk- Zu (3) Informationen für Entscheidungen: Werbung
te Verhaltensbeeinflussung zu verdammen, wenn sie kann durch die von ihr gebotenen Informationen das
von den Unternehmen stammt, und sie stillschweigend Entscheidungsfeld der Konsumenten bereichern. Das
zu akzeptieren, wenn sie von Kommunen, Parteien, gilt insbesondere dann, wenn Konsumenten für ihre
Gewerkschaften, Kirchen usw. ausgeht. Man darf aber Kaufentscheidungen aktiv nach Informationen suchen.
nicht übersehen, dass die von öffentlichen Institutionen So unterrichtet die Werbung über das Angebot an kon-
ausgeübte Beeinflussung nicht weniger fragwürdig ist kurrierenden Produkten und Dienstleistungen oder über
als die kommerzielle Beeinflussung. Für den Wissen- die stoffliche Zusammensetzung eines Gutes. Diese In-
schaftler geht es darum, die durch Werbung entstehen- formationsfunktion der Werbung wird wirtschaftspoli-
den Beeinflussungen festzustellen, zu erklären und dazu tisch gefördert, weil sie die Rationalität der Konsumwahl
beizutragen, dass Macht nicht missbraucht wird. Das ist vergrößert und dadurch auch hilft, den Wettbewerb zu
eine anspruchsvolle Aufgabe. verbessern. Werbung ist insofern als eine von den Un-
ternehmen zur Verfügung gestellte Informationsmög-
b) Betrachtung aus Nachfragersicht lichkeit anzusehen, die von den Konsumenten fallweise
Vom Konsumenten (nicht vom Unternehmen) aus be- in Abhängigkeit von ihren Informationsbedürfnissen in
trachtet, kann man der Werbung vier Funktionen zu- Anspruch genommen wird, sonst aber weitgehend ver-
sprechen. Sie vermittelt: nachlässigt wird. Unter Low-Involvement-Bedingungen
(beispielsweise beim Betrachten von Werbeblöcken im
(1) Zeitvertreib und Unterhaltung
Fernsehen) bedeutet dies aber auch, dass Informationen
(2) emotionale Konsumerlebnisse
nicht einfach nur genannt werden dürfen, sondern „in-
(3) Informationen für Konsumentenentscheidungen
szeniert“ werden müssen (man denke an den bekannten
(4) Normen und Modelle für das Konsumentenverhalten
Skisprung-Schanzen-Film des Audi Quattro, siehe auch
Zu (1) Zeitvertreib und Unterhaltung: Werbung dient Kroeber-Riel, 1996).
dem Konsumenten oft, vielleicht sogar überwiegend zur
Zu (4) Normen und Verhaltensmodelle: In den meisten
Unterhaltung. Der Konsument amüsiert sich, wenn er ei-
Fällen werden Produkte oder Dienstleistungen – wie im
nen lustigen Werbespot sieht. Es gibt nicht von ungefähr
zweiten Teil, Kapitel D berichtet – gekauft, ohne dass
Fernsehsendungen mit Titeln wie „Die lustigsten oder
ein extensiver Entscheidungsprozess vorangegangen ist.
die verrücktesten Werbefilme der Welt“. Dieses Motiv
Das Kaufverhalten wird dann durch vereinfachte Ent-
der Konsumenten wird oft übersehen und unterschätzt.
scheidungsprozesse bestimmt, es ist mehr oder weniger
Wenn man der Werbung vorwirft, sie informiere zu we-
habitualisiert oder affektiv gesteuert. Der Informations-
nig, so könnte man im Hinblick auf diese Funktion der
bedarf und demzufolge die Informationsaufnahme der
Werbung auch erwidern: umso besser, wenn sie statt-
Konsumenten sind unter diesen Umständen gering. Die
dessen den Konsumenten zu kostenloser Unterhaltung
Werbung bietet auch in dieser Hinsicht Anregungen:
verhilft.
Sie stellt dem Konsumenten bestimmte Normen bzw.
Die von den Konsumenten lediglich zur Unterhaltung fertige Verhaltensmodelle zur Verfügung, an die sich der
aufgenommene Werbung kann durchaus einschneidende Konsument in Kaufsituationen halten kann (z. B. Versi-
gesellschaftliche Wirkungen haben. Sie trägt zur Sozia- cherungen: „Vorsorgen für eine gesicherte Zukunft“).
lisierung bei, sie prägt Vorstellungen und Gefühle der Die Übernahme solcher Verhaltensmodelle erfolgt nicht
Kinder und Erwachsenen, etwa indem sie Vorurteile aufgrund von rationalen Problemlösungsprozessen, sie
bekräftigt. Allgemein gesagt: Sie ist an der Ausformung ist vielmehr das Ergebnis eines nicht weiter reflektierten
des Weltbildes der Konsumenten und am Wertewandel Lernprozesses: Der Konsument lernt Verhaltensmuster
beteiligt (Kroeber-Riel, 1989b). und „wendet sie an“, ohne bewusst über ihre Zweck-
Zu (2) Emotionale Erlebnisse: In Verbindung mit dem mäßigkeit zu entscheiden. Beispielsweise vermittelt die
Unterhaltungsnutzen der Werbung ist auch die Ver- Werbung den Konsumenten durch soziale Vergleiche
mittlung emotionaler Erlebnisse für den Konsumenten bestimmte Anspruchsniveaus und Standards, die dann
zu sehen: Der Konsument reagiert auf die emotiona- die Produktauswahl bei verkürzten bzw. vereinfachten
le Ansprache aufgrund ihres Aktivierungspotenzials Entscheidungsprozessen bestimmen (z. B.: „Die ,gute
weitgehend automatisch, also selbst dann, wenn ihn die Mutter’ verwendet zum Waschen Sunil“).
Werbung vom Inhalt her nicht interessiert oder berührt Die durch Übernahme von Verhaltensnormen bewirkte
(siehe Ausführungen im Zweiten Teil, in den Kapiteln Vereinfachung oder Substituierung eigener Entschei-
„Aktivierung“ und „Emotion“). dungen wird von vielen Konsumenten geschätzt und
gesucht. Sie ziehen es oft vor, sich am Verhalten anderer
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 557

zu orientieren, anstatt sich selbst den Kopf über das Für und betriebswirtschaftlichen Kennziffern19 ermittelt,
und Wider dieses Verhaltens zu zerbrechen. Ein solches stammt von Joshi und Hanssens (2010). Die Autoren zei-
Verhalten erspart also „psychische Kosten“. Das ist ei- gen, dass sich Werbeausgaben im Unternehmenswert
nerseits effizient, aber eine solche Betrachtung der Wer- kapitalisieren: Zum einen existiert ein indirekter Pfad:
bung kann andererseits auch zu einer unangemessenen Werbeausgaben wirken sich positiv auf die Absatzzahlen
Simplifizierung ihres Nutzens führen. Werbung liefert und Gewinne der Unternehmung aus, die wiederum den
dem Konsumenten nicht nur Informationen für Kaufent- Unternehmenswert erhöhen. Darüber hinaus existiert
scheidungen. Die faktisch nachweisbaren Erwartungen aber auch ein direkter Pfad mit zwei Spielarten: Durch
der Konsumenten (siehe oben) an die Werbung gehen die hohen Werbeausgaben steigt die Bekanntheit des
über die Befriedigung von Informationsbedürfnissen Unternehmens bei potenziellen Investoren, die ihrerseits
weit hinaus. gerne in Firmen investieren, die bekannt sind und zu
denen Informationen vorliegen (Spillover-Effekt). Hohe
c) Betrachtung aus Anbietersicht Werbeausgaben signalisieren oftmals eine positive finan-
Werbung ist für die Unternehmungen ein absatzpoliti- zielle Lage und Wettbewerbskraft der Unternehmung
sches Instrument und zählt zu den kommunikationspoli- („Man kann es sich leisten, viel Geld in die Werbung zu
tischen Mitteln der Unternehmung. Die speziellen Ziele, stecken“); das führt ebenfalls zu einer positiven Evalua-
die das Unternehmen mit der Werbung verfolgt, werden tion durch potenzielle Investoren und in Folge zu einem
meist in ökonomische Ziele und Kommunikationsziele höheren Unternehmenswert. Werbung kann also auch
eingeteilt. Als ökonomische Ziele sind zum Beispiel die erhebliche Konsequenzen für die Unternehmenswertbe-
Einführung eines Produktes bei den Konsumenten (Ein- stimmung haben. Im Folgenden widmen wir uns jedoch
führungswerbung), die Erhaltung des Kundenstammes ausschließlich den Wirkungen auf den Konsumenten.
oder ganz allgemein des Umsatzes (Stabilisierungswer-
bung) oder die Vergrößerung von Marktanteilen (Expan- 2. Erklärung von Werbewirkungen
sionswerbung) zu nennen. a) Werbewirkungsmodelle
Die Kommunikationsziele kann man als Subziele der Es können diverse Werbewirkungsmodelle unterschie-
ökonomischen Ziele auffassen, denn diese lassen sich den werden, die im Folgenden in drei Gruppen gegliedert
häufig nicht direkt realisieren. Um ökonomische Ziele zu werden:
erreichen, muss man die absatzpolitischen Aktionsmög- (1) Stufenmodelle
lichkeiten einer Unternehmung so präzisieren, dass sie (2) Hierarchy-of-Effects-Modelle
als Sozialtechniken zur Steuerung des Konsumentenver- (3) Dual-Process-Modelle
haltens formuliert werden können. Beispielsweise muss
Zu (1) Stufenmodelle: Eine wichtige Kategorie der Wer-
man, um den Umsatz durch die Werbung zu erhöhen
bewirkungsmodelle sind die klassischen hierarchischen
(ökonomisches Ziel), verschiedene Kommunikationstech-
Modelle, zu denen das AIDA- und das DAGMAR-Mo-
niken entwerfen und anwenden: die Technik der emotio-
dell zählen. Sie werden auch als lineare oder Stufen-
nalen Konditionierung eines Markennamens durch einen
modelle20 bezeichnet. Die Buchstaben stehen für die
Fernsehspot, die Veränderung des Images durch die Ar-
gumentation einer Anzeige, die Verstärkung vorhande-
ner Verhaltensweisen durch einen einprägsamen Slogan 19
Seit einigen Jahren wird im Rahmen des „Programmatic
usw. Solange keine konkreten Kommunikationsziele als Advertising“ die Relation von Werbeausgaben und Effizienz
Subziele zur Erreichung der ökonomischen Ziele formu- neu beleuchtet. Die Bezeichnung stammt aus dem Online Mar-
liert werden, kann Werbung nicht planvoll durchgeführt keting und kurz zusammengefasst ist damit gemeint, dass
und ihre Wirkung letztlich nicht kontrolliert werden. Werbetreibende in Echtzeit über eine Auktion Werbeplätze
erwerben können und  – da sie auch Informationen über die
Das erfordert konkrete Kommunikationsziele und das Struktur der Konsumenten bekommen, die auf den Websites
Umsetzen in Maßnahmen. Klapper (2012) zeigt das sehr gerade unterwegs sind – können sie für diese Personen indivi-
anschaulich am Beispiel der enormen Werbeausgaben dualisierte Werbeflächen in Echtzeit schalten.
von Unternehmen für das Super-Bowl-Event in den USA 20
Einen Überblick über Werbewirkungsmodelle geben z. B.
und ihren (geringen) Auswirkungen auf Marktanteile. Vakratsas und Ambler (1999), Meyers-Levy und Malaviya
Eine andere aktuelle Studie, die signifikant positive (1999), Ambler (2000) oder Moser und Döring (2008). Vakratsas
und Ambler (1999) nehmen aufgrund von mehr als 250 Arti-
Beziehungen zwischen Ausgaben für Kommunikation
keln und Büchern eine Klassifizierung von Werbewirkungsmo-
dellen vor und führen die wichtigsten empirischen Erkenntnis-
se zu jeder Modellkategorie an. Die Autoren differenzieren in
Market Response Models, Cognitive Information Models, Pure Affect
558 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Werbewirkungsstufen, die hintereinander durchlaufen Dual-Process-Modelle stehen heute im Mittelpunkt des


werden: Beim AIDA-Modell lauten sie Attention (Auf- wissenschaftlichen Interesses.
merksamkeit), Interest (Interesse), Desire (Drang), Action Zu (2) Hierarchy-of-Effects-Modelle: Im Kapitel „Ein-
(Handlung). stellungen“ sind wir schon ausführlich auf das ABC-Mo-
DAGMAR steht für „Defining Advertising Goals for dell eingegangen, das zwischen A =„Affect“ (Affekt), B =
Measured Advertising Results“ nach dem amerikani- „Behavior“ (Verhalten) und C = „Cognition“ (Kognition)
schen Werbeforscher Colley (1961). Werbung durchläuft unterscheidet, wobei die Komponenten in unterschied-
auch diesem Modell zufolge eine Vier-Stufen-Hierarchie: lichen Reihenfolgen kombiniert werden. Das nachfol-
Zunächst muss die Bekanntheit eines bis dahin unbe- gende Modell von Moser und Döring (2008) skizziert in
kannten Werbeobjekts sichergestellt sein; dann muss eine Anlehnung an Ray (1973) die „Drei Hierarchie-von-Ef-
Einsicht in den Nutzen des Produkts aufgebaut werden, fekten-Modelle“ für die Werbewirkung (siehe Tab. 17).
die ihrerseits zu einer Kaufabsicht führt; schließlich wird Diese machen deutlich, dass nach der Präsentation von
der Kauf verwirklicht. Werbung unterschiedliche Verläufe der Werbewirkung
McGuire (1985, S. 259) unterscheidet in seinem Modell einsetzen können, je nachdem, wie involviert das Indi-
zur „persuasiven Kommunikation“ zwölf Stufen und viduum ist und ob die beworbenen Alternativen für den
nimmt damit eine Erweiterung der früheren Stufenmo- Konsumenten unterscheidbar sind.
delle vor: Der Rezipient muss einer Botschaft ausgesetzt Auch das von Kroeber-Riel (1993c) entwickelte Modell
sein → Aufmerksamkeit → Interesse → Verständnis des wurde speziell für die Wirkung von Werbung unter High
Inhalts → Gedanken zu der Botschaft entwickeln → not- und Low Involvement entwickelt. Es berücksichtigt zu-
wendige Fertigkeiten erwerben → eine Einstellung bzw. dem den Inhalt der Werbung, der eher emotionale oder
Einstellungsänderung bilden → die Veränderung im Ge- eher kognitive Prozesse auslösen kann, als abhängige
dächtnis speichern → das gesamte relevante Material im Variablen sowohl psychische Größen (Einstellungen) als
Gedächtnis speichern → auf Grundlage des erinnerten auch das Kaufverhalten21. Abb. 223 stellt die zu dem Mo-
Materials eine Entscheidung fällen → die Entscheidung dell gehörenden Wirkungskomponenten und ihre mög-
realisieren → die neuen Verhaltensmuster im Gedächtnis lichen Verknüpfungen (gestrichelte Linien) zusammen.
sichern. Nach McGuire (1985) ist es demnach wesentlich, Eine besondere Stellung in dem Modell nimmt die Auf-
dass eine Werbebotschaft zunächst rezipiert und dann merksamkeit (die mehr oder weniger aktive Wahrneh-
akzeptiert wird; die Werbewirkung ist das Ergebnis die- mung der Werbung) ein. Sie wird nur teilweise von der
ses kognitiven Prozesses. Werbung beeinflusst, in erheblichem Ausmaß wird sie
Die Stufenmodelle postulieren einen klar geordneten vom Involvement der Empfänger bestimmt: Wenig in-
Ablauf der Werbewirkung, der leicht nachvollziehbar ist. volvierte Konsumenten verhalten sich einer bestimmten
Allerdings zeigt die Realität, dass dieser „idealtypische Werbung gegenüber passiv, sie nehmen die Werbebot-
Verlauf“ vielfach nicht gegeben ist. schaft desinteressiert und häufig absichtslos auf, ohne
●● Oftmals handeln Konsumenten erst und bilden an- weiter darüber nachzudenken. Nur die stark involvier-
schließend eine Einstellung. ten Konsumenten wenden sich mit Aufmerksamkeit der
●● Affektive Variablen (z. B. Emotionen) werden in den Werbung zu und setzen sich aktiv mit ihr auseinander.
Modellen vernachlässigt. In dem Wirkungsmodell von Kroeber-Riel (1993c) kommt
●● Auch ist es notwendig, zwischen High und Low In- das unterschiedliche Involvement zum Ausdruck, indem
volvement zu unterscheiden: Die Stufenmodelle impli- zwischen hoher und niedriger Aufmerksamkeit differen-
zieren ein hohes Engagement der Konsumenten, das ziert wird („geringe Aufmerksamkeit“ zeigt an, dass die
in Realität nur bei wenigen Käufen zu beobachten ist. Werbung auf passive, wenig involvierte Konsumenten
trifft, „starke Aufmerksamkeit“ weist auf involvierte
Aufgrund dieser Kritikpunkte können die Stufenmodelle
Empfänger hin). Mehr oder weniger aufmerksam wahr-
trotz ihrer einprägsamen Strukturen die Werbewirkung
nicht umfassend erklären und können daher vernachläs- 21 Es gibt eine Reihe von Faktoren, die aus Komplexitätsgrün-
sigt werden. Die Hierarchy-of-Effects-Modelle sowie die den von Kroeber-Riel (1993c) in seinem Modell der Wirkungs-
pfade ausgeschlossen wurden, die seiner Ansicht nach aber
Models, Persuasive Hierarchy Models, Low-Involvement Hierarchy durchaus die Wirkung beeinflussen können: Persönliche Prä-
Models, Integrative Models und Hierarchy-Free Models. Die Auto- dispositionen (z. B. Temperament, die Werbeaffinität, kulturelle
ren schlagen basierend auf ihrer Metaanalyse als Untersu- Unterschiede) beeinflussen die Werbewirkung ebenso wie die
chungsrahmen der Werbewirkung einen dreidimensionalen Medieninhalte, in die die Werbung eingebettet ist (z. B. in ei-
Raum mit den Dimensionen Affect, Cognition und Experience nen traurigen oder lustigen Film). Auch Zeitverzögerungen
vor. (Carry-Over-Effekte) werden nicht berücksichtigt.
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 559

„Drei-Hierarchie-von-Effekten-Modelle“
Lernhierarchie Dissonanz-Attributions-Hierarchie Geringes-Involvement-Hierarchie
(„learn-feel-do“) („do-feel-learn“) („learn-do-feel“)
Wenn Rezipienten involviert sind und Wenn Rezipienten involviert sind und Wenn Rezipienten wenig involviert sind
wenn Alternativen klar unterscheidbar wenn Alternativen kaum unterscheidbar und wenn Alternativen kaum unter-
sind sind scheidbar sind
1. Lernen (Kognition) 1. Verhaltensänderung 1. Lernen
2. Einstellungsänderung (Affekt) 2. Einstellungsänderung 2. Verhaltensänderung
3. Verhaltensänderung (Konation) 3. Lernen 3. Einstellungsänderung

Tab. 17: Werbewirkungsmodell von Moser und Döring (2008, S. 244)

Werbekontakt

schwache starke
Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit

kognitive emotionale
Vorgänge Vorgänge

Einstellung

Kaufabsicht

Abb. 223: Wirkungskomponenten Verhalten


der Werbung (Grundmodell)

genommene Botschaften lösen nun mehr oder weniger sendungen ein. Beispiel: Er schaltet z. B. das Werbe-
starke emotionale und kognitive Prozesse aus, die ihrer- fernsehen ein und verfolgt die dargebotenen Spots
seits die Einstellung und die Kaufabsicht oder direkt das mit Aufmerksamkeit.
Kaufverhalten beeinflussen. Der Werbekontakt und das ●● Der Empfänger ist zwar nicht aufmerksam, aber er
Kaufverhalten bilden somit Anfang und Ende der Wir- wendet sich einer einzelnen Werbesendung zu, weil
kungskette. Das (Kauf-)Verhalten ist die von der Werbung diese gerade eine Orientierungsreaktion (beispiels-
angestrebte Zielgröße. Kontakt bedeutet, dass die Wer- weise durch laute Musik) auslöst.
bung (die von der Werbung dargebotenen Reize) von den ●● Der Empfänger ist passiv und der Werbung nur des-
Sinnesorganen der Empfänger bewusst oder unbewusst wegen ausgesetzt, weil er sich einem bestimmten Me-
aufgenommen wird. Der Kontakt mit der Werbung wird dium (unabhängig von der Werbung) ausgesetzt hat.
auf verschiedene Weise hergestellt22: Jemand ist z. B. der Funkwerbung ausgesetzt, weil
●● Der Empfänger nimmt von vornherein eine aufmerk- er wegen der Unterhaltungsmusik gerade Radio hört
same Haltung gegenüber den dargebotenen Werbe- und das Radio bei den zwischendurch eingeschalteten
Werbesendungen nicht ausschaltet.
22
Im ELM (siehe Kapitel „Einstellungen“, auch Abb. 108) wird Gerichtete Aufmerksamkeit (siehe auch Kapitel B im
hier von „Motivation“ bzw. „Fähigkeit“ der Informationsver- Zweiten Teil) ist also nur eine Ursache für den Werbe-
arbeitung gesprochen. Hier sind also Parallelen zwischen den kontakt, deren Bedeutung in der klassischen Werbe-
Modellen zu sehen.
560 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Informativ emotional gemischt Abb. 224: Formen der Werbung

forschung maßlos übertrieben wird. Werbewirkungen Inhalt hat, aufgeführt werden. Sie macht bei weitem den
kommen auch zustande, wenn die Werbung nebenbei, größten Teil der Werbung aus und arbeitet meistens nach
flüchtig, ohne Absicht und Aufmerksamkeit aufgenom- dem klassischen Schema: Appelliere an ein Bedürfnis
men wird. und zeige, dass dein Angebot geeignet ist, dieses zu be-
Die Art der Werbung kann emotional oder informativ friedigen.
(oder gemischt) sein (siehe Abb. 224). Als informative Zu (3) Dual-Process-Modelle:
Werbung versteht Kroeber-Riel (1993c) eine Werbestra- Dual-Process-Modelle der Werbewirkung werden auch
tegie, die sich im Wesentlichen darauf beschränkt, dem als „Alternative-Wege-Modelle“ bezeichnet (Batra und
Empfänger sachliche Informationen zu vermitteln. Das Ray, 1985). Sie berücksichtigen hohes und geringes In-
sind beispielsweise Informationen über den Preis, über volvement bzw. die Motivation und Fähigkeit zur In-
Design, Firmengröße, Angebotsbedingungen usw. In der formationsverarbeitung. Die grundsätzliche Idee der
emotionalen Werbung dominiert dagegen die Darbie- Dual-Process-Modelle ist, dass bei hohem Involvement
tung emotionaler Reize (Bilder einer Traumlandschaft die Werbewirkung vor allem von der Qualität der Ar-
oder politische Reizwörter). Hierfür sind hochinvolvierte gumente abhängt, während bei geringem Involvement
Rezipienten notwendig. Die emotionale Werbebotschaft die Werbung vor allem gefallen muss. Das Elaboration-
kann sich direkt auf das Produkt – allgemein gesagt: auf Likelihood-Modell von Petty und Cacioppo (1986a, b,
das Werbeobjekt – beziehen. Oder sie wird lediglich in aktualisiert von Petty und Wegener, 1999) fällt ebenfalls
einem räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit in diese Kategorie, ebenso die HSM-Modelle zur Ein-
dem Produkt dargeboten. Emotionale Werbung emp- stellungsänderung von Eagly und Chaiken (1993) oder
fiehlt sich bei gering involvierten Konsumenten. Wenn das MODE-Modell von Fazio und Towles-Schwen (1999).
es darum geht, ein Werbemittel der emotionalen oder Diese Modelle wurden alle ausführlich im Kapitel „Ein-
der informativen Werbung zuzurechnen, tauchen kaum stellungen“ erörtert. Es wird daher auf diese Textpassa-
Abgrenzungsprobleme auf. Nach Kroeber-Riel (1993c) gen verwiesen. Zwischen den Dual-Process-Modellen
kann eine dritte Art von Werbung, die „gemischte Wer- und dem Werbewirkungsmodell von Kroeber-Riel (1993c)
bung“23, die sowohl informativen als auch emotionalen bestehen einige Parallelen: So könnte der „zentrale Pfad“
der Dual-Process-Theorie mit der Wirkung der infor-
23 mativen Werbung bei aufmerksamen Rezipienten nach
Bei gemischter Werbung ist mit Ablenkungswirkungen und
Kontexteffekten zu rechnen: Ein Beispiel für Ablenkungswir- Kroeber-Riel gleichgesetzt werden, der „periphere Pfad“
kungen ist der durch Blickaufzeichnung ermittelbare Sachver- mit der Ansprache gering involvierter Konsumenten
halt, dass der Betrachter von Anzeigen mit einem gemischt durch emotionale oder kognitiv einfach zu verarbeitende
emotionalen (bildlichen) und informativen (verbalen) Inhalt Reize („Cues“, z. B. Gütesiegel). Für Kroeber-Riel kann die
selbst bei aufmerksamem Verhalten als erstes das emotionale
Bild beachtet. Er wird dadurch von den verbal angebotenen
Informationen abgelenkt und nimmt von diesen oft nur noch dass ein Text in Abhängigkeit von dem daneben stehenden Bild
einen Teil auf. Ein Beispiel für den Kontexteffekt besteht darin, interpretiert wird und umgekehrt.

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C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 561

Vereinfachte Darstellung eines modifizierten Elaboration-Likelihood-Modells

Beeinflussende Kommunikation
Hohes Geringes
Involvement Motivation zur Verarbeitung Involvement
ja nein

Kompetenz zur Verarbeitung


ja nein
Oberflächlich kognitive Verarbeitung
Nachdenken über Argumente der Argumente
oder emotionale Anteilnahme
Gegenseitige Verstärkung
oder Schwächung möglich

Qualität der Argumente Das „Drumherum“ der Kommuni-


kation, z.B. Darbietungstempo,
Humor oder emotionale Appelle
gering
hoch ja
nein
Abb. 225: Modifiziertes Elabora-
tion Likelihood-Modell (Quelle: Einstellungsänderung keine Einstellungsänderung
eigene Darstellung)

emotionale Botschaft jedoch auch die zentrale Aussage (2) Testimonials und Celebrity Endorser
einer Werbung sein, die entscheidend zur Einstellungs- (3) Wissenschaftsbezug
änderung und zum Kaufverhalten beiträgt. Ein weiterer (4) Erzählung von Geschichten
Unterschied könnte darin liegen, dass in den Dual-Pro- (5) Personifikation
cess-Modellen einfache kognitive Heuristiken wie „Wenn Zu (1) Affekte, intensive und kollative Reize:
Experten das sagen, muss die Aussage stimmen“ explizit
Wir haben im Zweiten Teil dieses Buches die grundsätz-
als periphere Reize betrachtet werden. Unabhängig da-
lichen Wirkungen dieser drei Reizkategorien erörtert
von, ob und inwieweit es Übereinstimmungen zwischen
und verweisen daher auf diese Textpassagen. An dieser
den Modellen gibt, haben sich in der Folge zahlreiche Un-
Stelle soll nur noch einmal auf die Bedeutung dieser
tersuchungen mit der Frage auseinandergesetzt, welche
(zum Teil biologisch vorprogrammierten) Reize hinge-
(typischen) peripheren Hinweisreize und Heuristiken bei
wiesen werden, Aufmerksamkeit bei gering involvierten
geringem Involvement der Konsumenten wirken können
Werberezipienten auszulösen. Oftmals werden affektive
(siehe auch Abb. 225).
Reize auch mit humorvoller Übertreibung (Mischung der
Reizkategorien) dargestellt (Abb. 226), oder man versucht,
b) Spezielle Werbetechniken
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Werbebotschaft auf
einen gering involvierten Konsumenten trifft, ist hoch.
Für viele Konsumenten ist zum Beispiel die Werbepause
im Fernsehen nichts weiter als eine Gelegenheit, sich ein
neues Getränk aus dem Kühlschrank zu holen. Auch im
Kino erlebt man immer wieder, dass sich die Zuschauer
während der dem Film vorangehenden Werbung wei-
ter unterhalten oder Popcorn essen. Doch manchmal
verstummt im Kino plötzlich die Geräuschkulisse und
die Zuschauer wenden ihre Aufmerksamkeit ganz der
Werbung zu. Vielfach hat sich die Werbung dann einer
der folgenden Techniken bedient:
(1) Affektive, intensive und kollative Reize
a. Attraktivität der Darsteller
b. Humor
Abb. 226: Humorvolle Übertreibung affektiver Reize
562 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

mit der Countrysängerin Taylor Swift zurückziehen, da


die amerikanische Kontrollbehörde „National Adverti-
sing Division“ die hemmungslosen Photoshop-Manipu-
lationen angeprangert hatte (Schwarz, 2012). Hier wurden
beispielsweise die Wimpern der Sängerin nachträglich
verdichtet. Die Behörde befürchtete, dass unrealistische
Schönheitsideale das Selbstbewusstsein insbesondere
jüngerer Konsumenten beeinträchtigen könnten. Ähn-
liches geschah auch in Großbritannien mit einer Kam-
pagne der Pretty Woman-Schauspielerin Julia Roberts,
die extrem attraktiv ist, doch auf der Werbeanzeige für
Lancome (siehe Abb. 227) ist sie makellos schön. „Der
britischen Werbeaufsicht ging die Verjüngungskur per
Photoshop zu weit – sie ließ die Aufnahmen vom Markt
nehmen“ (Korge, 2011). Der Weg von Photoshop zum
Abb. 227: Übernatürlich attraktive Darstellerin dank Photoshop virtuellen Supermodell ist dann auch nicht mehr weit
(darüber hatten wir im Ersten Teil schon kurz berichtet,
durch besonders attraktive Darsteller (affektive Reize) siehe Abb. 6). In Abb. 228 ist das virtuelle Modell Shudu
automatische Aktivierung auszulösen, wie wir das bei- zu sehen. „Shudu erobert die Fashion-Welt. Ihr Karrie-
spielsweise auf den Titelseiten von Illustrierten vielfach resprungbrett war Instagram. Jetzt findet man Shudu
beobachten können. in immer mehr Modemagazinen oder in den Werbe-
kampagnen von Labels wie Ellesse oder Balmain“ (Das
(Zu 1a) In jüngerer Zeit versuchen Werber die Attrakti-
Erste, 2019). Virtuelle Modelle sind faszinierend, weil
vität der Werbemodelle durch Retuschierungen mittels
sie so echt wirken wie ein normaler Mensch und viele
Photoshop noch weiter zu steigern. Dadurch erhalten
diese technische Perfektion bewundern. Doch nach der
Models eine porenreine Haut, noch weißere Zähne oder
Reportage sorgt Shudu auch für Kritik. Zitiert wird ein
klassisch schöne Nasen. Das kann allerdings Bumerang-
„Model-Booker“, der angibt, das virtuelle Modell sei zu
effekte auslösen: Zum einen kann die Glaubwürdigkeit
perfekt, Konsumenten könnten sich nicht damit iden-
der Anzeigen bei sehr auffälligen Retuschierungen lei-
tifizieren und das Modell würde keinen nachhaltigen
den, wenn die Konsumenten diese bemerken, zum ande-
Eindruck hinterlassen. Die Konsumentenverhaltensfor-
ren kann eine Irreführung der Konsumenten stattfinden.
schung wird sich sicherlich mit dem Thema in Zukunft
So musste die Kosmetikmarke „CoverGirl“ eine Anzeige
eingehender befassen.

Abb. 228: Das virtuelle Supermodell Shudu mit Werbung für Ellesse (Quelle: Das Erste, 2019)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 563

(zu 1b) Humor Gegenargumente bilden, was sich letztlich ebenfalls


Laut Weinberger, Gulas und Weinberger (2015, S. 458) in besseren Einstellungen zur Werbung und zur Mar-
standen Werbetreibende dem Einsatz von Humor lan- ke manifestiert (Ablenkungseffekt). Schließlich kann
ge Zeit skeptisch gegenüber. Bis zum Jahr 1920 galt die Humor negative Kognitionen reduzieren, weil er den
humorvolle Werbegestaltung als heikel. Hopkins prägte Rezipienten davon ablenkt. Letzteres kann aber den
das Zitat „People don’t buy from clowns“ (Weinberger sogenannten Vampir-Effekt auslösen, diesen wollen
und Gulas, 1992, S. 35) und tat damit seine Einstellung wir aber unter „Nachteilen von Humor aufführen“.
zum Einsatz von Humor in der Werbung kund. Diese (b) Affekte Wirkungen: Humor kann auch Freude, Glück
Sichtweise aber gilt heute längst als überholt, seit eini- oder Spaß auslösen; diese positiven Emotionen kön-
gen Jahrzehnten hat sich der Einsatz von Humor in der nen auf die Marke übertragen werden und anschlie-
Werbung etabliert: Weinberger und Spotts (1989) fanden ßend die Markenbeurteilung verbessern. Denkbar
heraus, dass sich der Einsatz humorvoller Werbung ei- ist auch (im Sinne einer Affektregulation), dass die
ner zunehmenden Beliebtheit erfreut. „People don’t buy durch Humor ausgelöste positive Stimmung dazu
from clowns“ wird abgelöst durch „Everyone likes funny führt, dass Konsumenten in der Folge negative In-
commercials. Creative people like creating them. Ad- formationen meiden, um den angenehmen Zustand
vertisers are pleased to be running them. The consumer länger zu konservieren.
enjoys them“ (Roman und Maas 1976, S. 25; zitiert nach Nachteile humorvoller Werbung: Humor kann auch
Beard 2005, S. 54). Wir wollen die Vor- und Nachteile von negative Werbewirkungen entfalten. Zum einen sind
Humor in der Werbung im Folgenden darstellen und Konsumenten heute mit humorvoller Werbung vertraut.
beziehen uns dabei auch auf zwei Metaanalysen von Diese Erfahrung geht einher mit einem hohen Persua-
Eisend (2009; 20119). sion Knowledge24, d. h., die Konsumenten werden sich
Vorteile humorvoller Werbung: Für Zhang und Zinkhan der hinter dem Humor stehenden Beeinflussungsabsicht
(2006, S. 114) ist Humor zunächst ein vortreffliches Ins- bewusst, was als Korrektiv bei der Markenbeurteilung
trument, Konsumenten über den peripheren Pfad des abwertend wirkt (Moser und Döring, 2008, S. 250).
Elaboration-Likelihood-Modells anzusprechen: „Humor Ein wesentliches Prinzip, das auf dem Humor (auch Iro-
as a peripheral device has found its most prevalent use nie) basiert, ist Inkongruität, d. h., es gibt zwei völlig
in advertising“. Gering involvierte Werbeempfänger unterschiedliche Möglichkeiten der Interpretation eines
finden Gefallen an der humorvollen Werbung; Humor Sachverhalts, die kontrastiert werden. Alden, Hoyer und
führt dazu, dass Konsumenten der Anzeige mehr Auf- Lee (1993, S. 66) erzählen zur Erklärung von Inkongruität
merksamkeit widmen und mehr positive Assoziationen folgenden Witz: „Ein Arzt sagt zu einem Mann: ,Ihre
äußern. Bei hoch involvierten Konsumenten ist dage- Frau braucht absolute Ruhe. Ich empfehle Schlaftablet-
gen dieser Effekt nicht zu beobachten (ebenda, S. 123). ten’. Der Mann fragt nach: ,Wann soll ich die Tablette
Auch eine Metaanalyse von Eisend (2011) kommt zu dem geben?’ Der Doktor: ,Das sollen sie nicht. Sie nehmen
Schluss, dass Humor im Prinzip eine effiziente Werbe- sie selbst!“ Inkongruität wird nach Untersuchungen der
technik ist. Demnach kann Humor (a) kognitive und (b) Autoren kulturunabhängig als lustig wahrgenommen;
affektive Wirkungen entfachen: die konkreten Themen, die behandelt werden, müssen je
(a) Kognitive Wirkungen: Zum einen kann Humor, wie nach Kultur ausgesucht werden. So findet man in Japan
auch die Studie von Zhang und Zinkhan (2006) ge- andere Situationen komisch als in den USA.
zeigt hat, die Aufmerksamkeit erhöhen und zu mehr Humorvolle Reize können sich also in standardisierten
Assoziationen bzw. kognitiven Elaborationen führen: internationalen Werbekampagnen als problematisch er-
Der Informationsverarbeitungsansatz (Information weisen bzw. sollten zuvor auf ihre interkulturelle Wirk-
Processing Approach) geht davon aus, dass Humor samkeit kontrolliert werden. Ein noch größeres Problem
eine Steigerung der kognitiven Aktivitäten bewirkt. besteht möglicherweise in dem schon kurz angesproche-
Die erhöhte Aufmerksamkeit und die in Folge grö- nen „Vampir-Effekt“25, der durch Forced-Exposure-La-
ßere Bereitschaft zur Verarbeitung der Werbung
verbessern dann auch das Verstehen der Botschaft. 24
Konsumenten haben ein hohes Persuasion Knowledge, wenn
Schließlich, sofern die Inhalte der Botschaft als über-
sie (in der Regel durch Erfahrung) wissen, wie, wann und
zeugend beurteilt werden, kann dies zu einer po- warum sie zu bestimmten Ansichten oder Verhaltensweisen
sitiven Einstellungsänderung führen (Eisend und überredet werden sollen.
Kuß, 2018, S. 345). Zum anderen können humorvolle 25 Ein Vampir-Effekt ist ein Ablenkungseffekt, d. h., manche

Stimuli auch erwirken, dass Konsumenten weniger Elemente der Werbung sind so auffällig (z. B. ein erotisches
Bild), dass sie die ganze Aufmerksamkeit für sich beanspru-
564 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

borstudien oftmals nicht aufgedeckt werden kann. Bei


Forced-Exposure-Experimenten26 werden die Probanden
gebeten, die Werbung aufmerksam zu betrachten. Bei
Printwerbung liegt die Expositionszeit beispielsweise
oftmals bei 10 bis 15 Sekunden und ist damit um ein
Vielfaches länger als die Zeitspanne, die ein Konsument
unter realen Lesebedingungen eine Anzeige betrachtet.
Dadurch haben die Konsumenten mehr Zeit als norma-
lerweise, sich nicht nur die humorvolle Darstellung, son-
dern auch die Marke einzuprägen. Es ist aber durchaus
möglich, dass der Humor von dem beworbenen Produkt
ablenkt (wie wir das auch von Metaphern in der Werbung
kennen, siehe Kapitel „Kognitive Prozesse“), sodass sich
die Konsumenten später an die Werbung, aber nicht an
die Marke erinnern können. In einem Eyetracking-Expe-
riment zeigen Strick, Holland et al. (2010), dass bei hu-
morvollen Darstellungen solche Vampir-Effekte drohen,
also nur die komischen Informationen betrachtet und
andere Elemente (z. B. der Markenname) vernachlässigt
Abb. 229: „Schwarzer Humor“ – Werbung für einen Fahrradhelm
werden, was sich in dieser Studie auch in schlechteren
Wiedererkennungswerten für die Marke widerspiegelt.
you when you are hungry. Snickers satisfies“. Derartige
Abb. 229 zeigt eine humorvolle Werbung (man kann hier Verletzungen sozialer Normen werden vielfach als hu-
von „schwarzem Humor“ sprechen). Diese wurde jedoch morvoll wahrgenommen, da Personen, die in Werbespots
auf Vampir-Effekte unseres Wissens nach noch nicht getes- auftauchen, kein Abbild eines „realen“ Konsumenten
tet. Man kann sich selbst einen Tag nach der Exposition fra- darstellen, sondern vielmehr einen fiktionalen Charakter
gen, ob nur das Motiv oder auch die Marke erinnert wird. aufweisen (Gulas, McKeage und Weinberger 2010, S. 109).
Nachteile ergeben sich insbesondere bei der Verwendung Warren und McGraw (2016, S. 40, siehe auch 2018) warnen
von „Comedic violence“-Humor. Dieser wird durch den allerdings, dass ein solcher Normen verletzender Einsatz
offensichtlichen Einsatz physischer Gewalt und damit von Humor eine negative emotionale Befindlichkeit bei
durch ein Verletzen sozialer Normen generiert (Yoon dem Rezipienten hervorrufen und in Folge die Einstel-
2016, S. 519). Viele Werbetreibende bedienen sich zuneh- lung zur beworbenen Marke verschlechtern kann. Die
mend provokativer oder stark kontroverser humorvoller Autoren können diese Befürchtung auch empirisch bele-
Elemente bei der Gestaltung der Werbung. Der Grund gen und schlussfolgern, dass humorvolle Werbung eine
hierfür liegt darin, dass eine Inflation humorvoller Wer- Verletzung von (sozialen, kulturellen, linguistischen etc.)
bung stattgefunden hat (Warren, Barsky und McGraw, Normen vornehmen kann, aber nur wenn diese gleich-
2018) und Werbetreibende in „Comedic violence“ eine zeitig als harmlos und akzeptabel wahrgenommen wird.
weitere Möglichkeit sehen, sich von der Konkurrenz ab- Humor ist damit auch heute noch eher als „zweischneidi-
zugrenzen (Warren und McGraw, 2016, S. 39). Als klassi- ges Schwert“ (Meyer, 2000) denn als reiner Erfolgsgarant
sches Beispiel für „Comedic violence“ gilt der Werbespot zu betrachten.
von Snickers beim Superbowl aus dem Jahr 2010, welcher Zu (2) Testimonials und Celebrity Endorser
eine achtzigjährige Frau, Betty White, zeigt, die beim
Football-Spielen zu Boden geworfen wird. Als die ältere Abb. 227 ist zugleich auch ein Beispiel für die Verwen-
Dame aufsteht und sich beschwert, reicht ihr eine junge dung von Prominenten (Celebrity Endorsers) in der Wer-
Frau ein Snickers, welches die ältere Dame genießt. „Bes- bung. Wir haben über die Wirkung von Prominenten
ser?“, fragt die junge Frau, „Besser!“ antwortet ihr Freund, in der Werbung in Bezug auf psychische Prozesse im
in welchen sich die ältere Dame zurückverwandelt hat. Zweiten Teil dieses Buchs ausführlich berichtet. In die-
Der Spot endet mit dem bekannten Slogan „You’re not sem Abschnitt soll es darum gehen, die grundsätzlichen
Möglichkeiten der Testimonialwerbung zu besprechen.
Testimonials sind in der Werbung auftretende Personen,
chen, andere Elemente (z. B. Logo) werden dann in Folge nicht die dort das Produkt empfehlen bzw. als Nutzer des Pro-
oder nur flüchtig wahrgenommen. duktes auftreten. Fuchs (2004) unterscheidet drei Typen
26 Zur Problematik von Forced-Exposure siehe Germelmann
von Testimonials:
und Gröppel-Klein (2009).
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 565

●● Alltagspraktiker sind normale Verbraucher aus dem sons’. Gemeint sind loyale Kunden und engagierte Part-
täglichen Leben (oder unbekannte Schauspieler, die ner sowie selbstbewusste Mitarbeiter, die sich mithilfe
diese Rolle spielen), die von ihren positiven Erfahrun- von Weblogs, Foreneinträgen und Kommentaren in Ver-
gen mit den Produkten berichten. Ein typisches Bei- braucherforen und sozialen Netzwerken weithin Gehör
spiel ist die Fielmann-Werbung, bei der brillentragen- verschaffen“. Diese Testimonials sollen in den sozialen
de Passanten zu ihrer Einstellung zu Fielmann-Brillen Netzwerken ihre Begeisterung mitteilen. Sie bergen nach
befragt werden. Kilian (2010) jedoch die Gefahr in sich, dass sich ihre
●● Testimonials können auch ausgewiesene Experten auf Kommunikationstätigkeit durch den Markeninhaber
ihrem Gebiet sein, wie z. B. Zahnärzte für Zahnpasta nicht kontrollieren lässt.
oder Hundezüchter für Hundefutter. Diese Form der In der wissenschaftlichen Konsumentenforschung be-
Testimonial-Werbung zielt auf die Expertise oder Ver- schäftigt man sich schon seit Jahrzehnten mit der Frage,
trauenswürdigkeit ab, die Konsumenten bestimmten welche Eigenschaften der (prominenten) Testimonials die
Berufsgruppen zusprechen. Manchmal gibt es Über- Werbewirkung beeinflussen. Die wichtigsten Ergebnisse
schneidungen zur Nutzung von (pseudo-)wissen- sollen im Folgenden kurz skizziert werden:
schaftlichen Aussagen.
●● Die Vertrauenswürdigkeit und Expertise der Testimo-
●● Drittens können Testimonials prominente Persönlich-
nials spielt eine entscheidende Rolle für die Werbe-
keiten sein (Celebrity Endorsers). Celebrity Endorsers
wirksamkeit (Amos, Holmes und Strutton, 2008). Die
werden in der Werbung eingesetzt, um die Anerken-
„Celebrity-Match-Up-Hypothese“ (Solomon, Ashmore
nung, die den Prominenten öffentlich zuteil wird, auf
und Longo, 1992) stellt die wahrgenommene Authen-
das Produkt zu übertragen.
tizität der bekannten Persönlichkeit als Erfolgsfaktor
Kilian (2010, S. 108) zählt auch Avatare zu möglichen in den Mittelpunkt: Prominente sollten nur Produkte
Testimonials (siehe Abb. 230 in Anlehnung an Kilian, bewerben, bei denen Konsumenten ihnen eine gewisse
2010). Zudem erklärt er (ebenda): „Ein neuer Testimo- Kompetenz zuweisen, da dann erhöhte Aktivierung
nial-Typus kristallisiert sich seit ein paar Jahren heraus, ausgelöst wird (Smidts, Fernandez und Klucharev,
der über eine hohe Reichweite verfügt, jedoch keinerlei 2006).
Media-Spendings erfordert (…), Accidental Spokesper-

Abb. 230: Testimonials in der Werbung

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566 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

●● Das „Source Attractiveness Model“, das die Attrakti- Model (Bower, 2001). Auch die Selbstwerteinschätzung
vität der Werbepersonen thematisiert, geht davon aus, spielt hier eine moderierende Rolle (Hemetsberger,
dass Attribute wie „schön“, „attraktiv“ und „elegant“ Pirker und Pretterhofer, 2009). Problematisch ist eben-
relevant sind und dass attraktive Models mit positi- so, wenn ein Prominenter zu viele Werbeengagements
veren Persönlichkeitsmerkmalen assoziiert werden eingeht, was in Bezug auf einzelne Marken zu unge-
als unattraktive Models, was in der Folge zu besse- nauen Gedächtnisbildern führen kann (Tripp, Jen-
ren Einstellungswerten führt (Eagly, Ashmore et al. sen und Carlsen, 1994); oder Konsumenten können
1991; siehe auch Erdogan, 1999; Amos, Holmes und den Eindruck bekommen, dass der Prominente nur
Strutton, 2008). aus finanziellen Gründen Werbeverträge annimmt
●● Die Match-Up-Hypothese (Till und Busler, 2000) geht und „nicht richtig hinter den Produkten steht“ (Er-
generell davon aus, dass eine Kongruenz zwischen En- dogan, 1999). Koch (2014) berichtet über David Beck-
dorser und Produkt bestehen muss (z. B. Sportler und ham (Abb. 231) der für 13 Marken geworben hat bzw.
Energiegetränk), um eine positive Werbewirkung zu wirbt (z. B. Vodafone, Pepsi, Samsung, adidas, Burger
erzielen. Die den Testimonials zugeschriebene Attrak- King, Breitling, Jaguar und H&M), sodass es dem
tivität bzw. Expertise muss also zu dem Produkt (Mar- Konsumenten schwer fallen dürfte, Beckham einer
ke) passen (Luxusautos, Kosmetik; Kamins, 1990; Lee bestimmte Marke zuzuordnen, zumal die Marken in
und Thorson, 2008). Ein Match-Up zwischen Produkt der Summe sehr heterogen seien und nicht zueinander
und Endorser führt nicht nur zu positiveren Einstel- passten. Beckham wechselt zudem innerhalb einer
lungen in den klassischen Medien, sondern auch bei Produktkategorie die Marken (z. B. Uhren: Breitling
Nachrichtendiensten wie Twitter (Cunningham und und Tudor). Ebenso können im Verlauf eines Werbe-
Bright, 2012). Auch Gong und Li (2017) beschäftigen engagements negative Informationen über den Promi-
sich mit Celebrity Endorsement in den neuen Medien nenten (z. B. Doping bei Sportlern) bekannt werden,
und erklären, dass in den letzten Jahren viele Mar- die zu negativen Einstellungen führen können (Till
ken prominente Darsteller bei Nachrichtendiensten und Shimp, 1998), aber nicht müssen (Money, Shimp
wie Twitter etc. mit Mikroblogs auftreten ließen. Die und Sakano, 2006). Letztere Autoren zeigen, dass
Autoren fragen sich, ob Attraktivität (Source Attrac- Konsumenten Fehltritte von Prominenten durchaus
tiveness Model) bzw. Expertise des Testimonials auch als sympathisch empfinden können, insbesondere
in diesem Kontext positive Wirkungen in Bezug auf wenn der bewunderte, aber weit entfernt wirkende
die Einstellung zur Werbung, zur Marke und Kauf- Star dadurch als menschlich wahrgenommen wird
bereitschaft entfachen. Die Autoren zeigen anhand (siehe auch Muda, Musa und Putit, 2011). Die Erfah-
ihrer empirischen Studie auf, dass Attraktivität bzw. rungen, die Rezipienten mit Fehltritten bei anderen
Expertise des Endorsers hier nicht ausreichen, um bekannten Persönlichkeiten haben sammeln können,
Markenimages und Kaufabsichten zu beeinflussen. spielen ebenso eine Rolle: Es gibt mehr oder weniger
Es muss hinzukommen, dass zwischen Prominenten „abgehärtete“ Beobachter (siehe auch Fong und Wyer,
und Produkt eine Kongruenz besteht (das konnten 2012). Schließlich ist für den späteren Werbewert eines
auch Choi und Rifon, 2012, im Rahmen der „Match- Prominenten auch relevant, wie die Presse mit einem
Up-Forschung“ bestätigen, s. u.) und dass die Blogs Skandal umgeht und wie das Krisenmanagement (z. B.
(die, werden sie von attraktiven Prominenten verfasst, Entschuldigungen, Rücktritte etc.) betrieben wird
durchaus gerne gelesen werden) dazu beitragen, dass (Thwaites, Lowe et al., 2012; siehe auch Gröppel-Klein
die parasoziale Beziehung zwischen Fan und Celebrity und Germelmann, 2009b zum Vertrauensverlust bei
verstärkt wird. Über das Konstrukt „parasoziale Be- prominenten Spendern). Bei einem Fehlverhalten eines
ziehung“ haben wir bereits ausführlich im Abschnitt bekannten Testimonials hängt seine anschließende
zu „Meinungsführung“ berichtet. Werbewirkung auch von seiner früheren Reputation
●● Die „Beauty-Match-Up-Hypothese“ spezifiziert das ab. Es gibt Prominente, denen ein Fehlverhalten eher
Source Attractiveness Model ebenfalls und erklärt, verziehen wird als anderen, wenn an sie nicht so hohe
dass attraktive Werbemodels nur für Produkte wirk- moralische Ansprüche wie an andere gestellt werden
sam sind, die die Attraktivität hervorheben und ver- (siehe auch Zhou und Whitla, 2012). Ob hohe oder
stärken (z. B. Lippenstifte), aber nicht für Produkte, die geringe moralische Ansprüche an Prominente gestellt
Schönheitsprobleme behandeln und lösen sollen (Bo- werden, kann bei Schauspielern auch an den Rollen
wer und Landreth, 2001). Schließlich sind auch nega- liegen, die diese im Fernsehen oder Kino spielen.
tive Identifikationen möglich durch Neid, Unterlegen- Konsumenten können Kompetenzen von Prominen-
heitsgefühle oder durch Distanz zum hochattraktiven ten durch fiktionale Medieninhalte lernen (Spilski,
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 567

Abb. 231: Auszug aus David Beckhams Werbeaktivitäten

2011). So wurde der Schauspieler Klausjürgen Wus- den (Fuchs, 2004). Unter Low-Involvement-Bedingungen
sow einem breiten Publikum in Deutschland durch gelten solche wissenschaftlichen Referenzen als einfache
seine Rolle als Professor Brinkmann in 70 Folgen der periphere Stimuli (wie Gütesiegel), die ohne kognitiven
Fernsehserie „Die Schwarzwaldklinik“ bekannt. Er Aufwand rasch verarbeitet werden sollen. Nach Fuchs
spielte die Rolle so überzeugend, dass viele Zuschauer (2004, S. 50) sind folgende Handhabungen in der Praxis
ihn um Diagnosen bei ihren Gesundheitsproblemen zu beobachten:
baten, obwohl sie wussten, dass er Schauspieler und ●● Berufung auf wissenschaftliche Institutionen, die Pro-
kein Arzt war. Wir kommen auf diese Thematik noch dukttests durchgeführt haben
einmal im nächsten Abschnitt III.2d „Kontextwirkun- ●● Nutzung wissenschaftlicher (oder scheinwissen-
gen“ zu sprechen. schaftlicher) Begriffe wie Liposome, Q 10 oder Cera-
Zu (3) Wissenschaftsbezug mide. Es werden Akademiker bzw. akademische Titel
Es gibt eine Vielzahl von Werbespots oder Anzeigen, eingesetzt oder mitgeteilt, dass der Erfinder des Pro-
bei denen versucht wird, die Qualität des beworbe- dukts selbst ein Forscher sei (wie der berühmte Dr.
nen Produkts durch den Bezug auf wissenschaftliche Best). Schließlich werden auch Grafiken oder andere
Erkenntnisse und Untersuchungen (manchmal auch symbolische Demonstrationen gezeigt, die an wis-
pseudo-wissenschaftliche Studien) zu untermauern, senschaftliche Darstellungen erinnern sollen (siehe
beispielsweise bei Lebensmitteln, Gesundheits- und Hy- Abb. 232).
gieneartikeln, Medikamenten oder Kosmetik (Pitrelli, Dodds, Tseelon und Weitkamp (2008) zeigen anhand
Manzoli und Montolli, 2006)27. Mit dieser Werbetechnik einer Fokusgruppen-Studie, dass Konsumenten im
soll die Kompetenz und Leistungsfähigkeit des Anbie- Kosmetik- und Lebensmittelbereich diesen „Wissen-
ters unter Beweis gestellt werden, da der unabhängigen schafts-Claims“ durchaus Beachtung schenken und
Wissenschaft in der Regel hohe Glaubwürdigkeit und ein diese nicht nur als periphere Hinweisreize, sondern als
hohes Ansehen in der Bevölkerung zugeschrieben wer- „starke Argumente“ ansehen. Zu ähnlichen Ergebnissen
kommen auch Fowler, Carlson und Chaudhuri (2019), die
27Aus informationsökonomischer Sicht könnte man auch sich ebenfalls mit dem Kosmetikmarkt beschäftigten.
sagen, dass die Erfahrungs- und Vertrauensgüter besonders
betroffen sind.
568 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 232: Beispiele für wissenschaftliche Bezüge in der Werbepraxis

Da vielfach leider auch pseudo-wissenschaftliche Aussa- einem Erzähler dargeboten, siehe Deighton, Romer und
gen verwendet werden, ist der Verbraucherschutz (siehe McQueen, 1989). Die Autoren zeigen, dass Geschichten
den Vierten Teil dieses Buches) aufgefordert, die Gültig- im Unterschied zu Argumenten nicht nur mit stärkeren
keit der Claims zu kontrollieren. Im Lebensmittelbereich, Gefühlen einhergehen, sondern auch dazu führen, dass
so die Erkenntnisse des CLMBOL-Projekts (www.clym weniger Gegenargumente entwickelt werden.
bol.eu), wirken wissenschaftlich formulierte Health- Stern (1994, S. 605) hat diese Erkenntnis aufgegriffen, dif-
claims, die unverständlich für den Konsumenten sind ferenziert allerdings Dramen zusätzlich in „klassische
(wie z. B. der in diesem Buch schon angesprochene Claim Dramen“ und „Vignetten-Dramen“. Letztere übersetzt
„Vitamin E trägt zum Schutz von Zellen gegen oxidati- man im Deutschen wohl verständlicher mit „Szenen-
ven Stress bei“), eher kontraproduktiv (Gröppel-Klein, spot“, da viele kleine Episoden aneinander geschnitten
Freichel und Kliebenstein, 2017a). werden. Diese beiden Formen sollten zu unterschiedli-
Zu (4) Erzählung von Geschichten und „Drama-Spots“ chen Zwecken eingesetzt werden. Das klassische Drama
Als weitere Werbetechnik soll die Möglichkeit des „Ge- eignet sich laut der Autorin (S. 610), wenn man das Wesen
schichtenerzählens“ erörtert werden. Unter dem Titel und die Problemlösungsmöglichkeiten der beworbenen
„Using Drama to Persuade“ haben Deighton, Romer und Marke hintergründig inszenieren möchte. Szenenspots
McQueen schon 1989 dargelegt, dass eine effiziente Wer- sind eher geeignet, wenn man verschiedenen Zielgrup-
betechnik im Erzählen bzw. in der Darbietung von Ge- pen unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten zeigen
schichten liegen kann. Sie differenzieren u. a. zwischen möchte. Klassische Dramen lösen nach Ansicht der Au-
sogenannten „Lecture“- und „Drama“-Spots (Tab. 18). torin Empathie und Vignetten Sympathie aus (ebenda,
Ein Lecture-Spot ist argumentativ, hält den Rezipienten S. 612).
eher auf Distanz und beinhaltet keine Handlung. Beim Escalas und Stern (2003) greifen die Idee Sterns auf, Spots
Drama-Spot treten Charaktere auf, es gibt eine Handlung danach zu differenzieren, ob sie Empathie oder Sympa-
mit Anfang und Ende, und die Rezipienten werden in thie (oder beides) auslösen, und prüfen, inwieweit diese
die Geschichte einbezogen (bei dem hiermit verwand- Konzepte in Zusammenhang mit einer positiven Ein-
ten sogenannten Story-Spot wird die Geschichte von stellungsbildung zur Werbung stehen. Als „Sympathie“
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 569

Klassisches Drama Szenenspot ( Vignetten-Drama)


ein Handlungsverlauf mehrere Handlungsverläufe
zeitliche Abfolge linear separate Zeitverläufe in den einzelnen Handlungen
ein Handlungsort Vielzahl an Handlungsorten
Einzelszenen hängen durch Ursache-Wirkung zusammen Szenen hängen durch Assoziationen zusammen
interagierende Charaktere innerhalb der Handlung Charaktere der verschiedenen Szenen sind unabhängig
voneinander
Hauptcharakter(e) kein Hauptcharakter

Tab. 18: Eigenschaften von Drama und Szenenspots nach Stern (1994)

Typ eines Werbespots


• Drama
• Szenenspot

++
Abb. 233: Wirkung von Sympathie
und Empathie bei Dramen- und
Szenenspots
+++ ++ Einstellung zum
(Quelle: in Anlehnung an Escalas Empathie
Sympathie
und Stern, 2003) Werbespot

Anmerkung: Kreuze geben die


Stärke des Zusammenhangs +
wieder.

definieren die Autorinnen das Verstehen der Gefühle der Die grundsätzlichen Erkenntnisse von Stern (1994) so-
gezeigten Charaktere; der Konsument sieht die Werbung wie Escalas und Stern (2003)28 konnten in nachfolgen-
und kann nachvollziehen, dass sich der Charakter glück- den Studien (siehe z. B. Kim, Ratneshwar und Thorson,
lich, traurig etc. fühlt („With-Feeling“). „Empathie“ ist 2017) durchaus bestätigt werden, doch man kann nicht
dagegen ein Prozess des emotionalen Sich-Hineinverset- sagen, dass Dramen stets und uneingeschränkt hohe
zens in die gezeigten Charaktere, bei dem der Konsument Empathie und eine positive Werbeeinstellung erzielen.
die dargestellten Emotionen selbst fühlt („In-Feeling“). Nachfolgestudien zeigten folgende Spezifikationen und
Wenn die gezeigte Werbefigur also glücklich ist, fühlt Einschränkungen:
sich der Konsument selbst glücklich, wenn sie traurig ist, ●● Wentzel, Tomczak und Herrmann (2010) vergleichen
verspürt der Konsument ebenfalls Traurigkeit. Während narrative Werbung mit erklärender Werbung und stel-
also Sympathie aus der Perspektive des Beobachtens der len fest, dass narrative Werbung vor allem dann eine
Gefühle anderer auftritt, wird Empathie aus einer Teil- positive Wirkung erzielt, wenn den Konsumenten die
nehmerperspektive heraus gebildet (Escalas und Stern, Überzeugungsabsicht nicht bewusst ist bzw. sie nicht
2003, S. 567). Ein Vergleich der Werbeformen zeigt, dass darüber nachdenken, dass sie mit Werbedramen be-
klassische Werbedramen mehr Sympathie und mehr einflusst werden sollen.
Empathie hervorrufen als Vignettendramen. Zusätzlich ●● Chiu, Hsieh und Kuo (2012) fragen, wie Markenge-
konnte gezeigt werden, dass Sympathie die Einstellung schichten gestaltet werden sollen, d. h., welche Ge-
zur Werbung verbessert, dass aber ein zusätzlicher in-
direkter Pfad besteht, bei dem die Sympathie auf die 28
De Graaf, Hoeken et al. (2012) schlagen ein ähnliches Kon-
Bildung von Empathie einwirkt und diese wiederum strukt vor, das sie „viewer identification“ nennen. Sie ließen
die Einstellung zur Werbung positiv beeinflusst (siehe Versuchspersonen einen Text lesen, bei dem die beiden Akteure
Abb. 233). aus unterschiedlichen Perspektiven ein und dasselbe Ereignis
(Job-Interview) schilderten. Wenn sich die Probanden mit ei-
nem der Akteure stärker identifizieren konnten, dann empfan-
den sie dessen Einschätzungen als glaubwürdiger.
570 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

staltungselemente vorteilhaft sind. Dabei zeigte sich, schenden Ende gearbeitet wird. Hier sehen wir wieder
dass bei Geschichten die Eigenschaften „Authentizität die Bedeutung der Inkongruität, die wir weiter oben
der Geschichte“, „Kürze“, „überraschende Wendung“ angesprochen haben.
und „Humor“ die Werbewirkung positiv beeinflussen, Zu (5) Personifikation
dass es jedoch auch Unterschiede gibt, je nachdem, für
Eine letzte Strategie, deren Anwendung in den letzten
welche Produkte geworben wird. Sie betrachten die
Jahren zugenommen hat, da sie eine emotionale Verbin-
Ergebnisse auch aus informationsökonomischer Sicht:
dung zum Produkt ermöglichen und somit zur Abgren-
Während für Produkte mit Sucheigenschaften Geschich-
zung von der Konkurrenz beitragen soll, ist die Personi-
ten wirkungsvoller sind, die „Kürze“ und „Humor“
fikation29 von Produkten, sowohl mittels des Designs als
aufweisen, lassen sich Produkte mit Erfahrungseigen-
auch mittels der Kommunikationspolitik (Gröppel-Klein,
schaften besser mit Geschichten bewerben, die „authen-
Pfeifer und Helfgen, 2015).
tisch“ sind und eine überraschende Wendung besitzen.
●● Chang (2009) geht auf Abnutzungseffekte ein, die bei In Anlehnung an Dormann (1999, S. 280) kann Personi-
Dramen entstehen können. Werbewiederholungen fikation als ein stilistisches Mittel definiert werden, bei
sind oftmals unerlässlich, um den Markennamen dau- welchem menschliche Eigenschaften auf nicht lebende
erhaft zu verankern. Wenn Konsumenten immer wie- Objekte übertragen werden. Die Personifikation von
der mit der gleichen Geschichte konfrontiert werden, Produkten kann dabei auf verschiedene Weise erfolgen.
kann schnell Langeweile aufkommen. Chang (2009) ●● Eine direkte Art der Personifikation liegt vor, wenn die
empfiehlt daher der Forschung, sich mit der Frage Produkte unverkennbar mit Gliedmaßen, Gesichtszü-
auseinanderzusetzen, wie man erzählende Werbung gen und/oder menschlichen Verhaltensweisen aus-
wirkungsvoll variieren kann, ohne die Konsumenten gestattet werden, welche sie deutlich als Lebewesen
zu überfordern. Unsere Empfehlung besteht darin, erscheinen lassen. Dieses Werbemittel wird oft für
die Werbung an einem strategischen Erlebniswert Produkte verwendet, die sich an Kinder richten, wie
auszurichten, wie wir es ausführlich im Zweiten Teil Süßigkeiten, Chips oder Spielzeug (Abb. 234).
beschrieben haben.
●● Escalas (2007) zeigt in einer Folgestudie auf, dass es
sinnvoll sein kann, wenn die Werbung Konsumen-
ten anregt, sich selbst als Nutzer des Produktes vor-
zustellen und hierzu eine Geschichte zu entwickeln
(die Autorin spricht von „mental simulation“, Beispiel
Schuhmarke: „Imagine yourself running through a
park … with Westerly running shoes on your feet“,
Escalas, 2007, S. 424). Dieses Hineinversetzen in die
Situation in Form einer „Selbsterzählung“ („narrati-
Abb. 234: Beispiele für die direkte Form der Personifikation (Gröp-
ve transportation“) führt nach Escalas dazu, dass es
pel-Klein, Pfeifer und Helfgen, 2015)
unerheblich ist, ob die Werbung starke oder schwache
Argumente aufweist. Werbung ist somit auch dann
effektiv, wenn sie Geschichten nicht einfach vorgibt, ●● Die indirekte Art der Personifikation besteht aus einer
sondern Konsumenten dazu verleitet, selbst Gedan- subtilen Andeutung eines menschlichen Wesens, wel-
kenspiele vorzunehmen. che das Produkt menschlich aussehen oder wirken
●● Kim, Ratneshwar und Thorson (2017) machen deutlich, lässt, obwohl keine konkreten menschlichen Attribute
dass das verwendete Narrativ nicht nur emotionales verwendet werden. Die Menschenähnlichkeit ergibt
Involvement hervorrufen und einen unterhaltsamen sich dadurch, dass die Produkte eine (unbewusste)
Wert haben sollte, sondern es sollte glaubwürdig sein automatische Zuschreibung menschlicher Eigenschaf-
und die Geschichte sollte zudem dem Betrachter den ten bewirken; die Betrachter sehen in den Objekten
Eindruck vermitteln, dass die mittels der Geschichte Gesichter oder Körper. Ebenso kann man Objekten
beworbenen Produkte dazu beitragen, eigene Ziele zu Menschlichkeit zuschreiben, wenn Sprachelemente
erreichen. (verbal oder akustisch) verwendet werden (siehe Bei-
●● Loewenstein, Raghunathan und Heath (2011) machen spiele in Abb. 235).
schließlich deutlich, dass auch Szenenspots die Chan-
29Der Abschnitt zu Personifizierung stellt in Teilen eine Zu-
ce haben, eine sehr positive Werbewirkung auszu-
lösen, wenn in der letzten Szene mit einem überra- sammenfassung des Beitrags von Gröppel-Klein, Pfeifer und
Helfgen (2015) dar.

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C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 571

Abb. 235: Beispiele für die


indirekte Form der Personifika-
tion (Gröppel-Klein, Pfeifer und
Helfgen, 2015)

●● Es liegen diverse wissenschaftliche Untersuchungen Dies führt zu einem besseren sozialen Urteil („per-
vor, die sich mit den Auswirkungen der Designmo- sönlich“ oder „warm“) und es werden der virtuelle
difikationen (Vermenschlichung) auf die Wahrneh- Figur Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit beurteilt
mung von Automobilen (Aggarwal und McGill, 2007; (Gong, 2008).
Keaveney, Herrmann et al., 2012; Landwehr, McGill ●● Allerdings ist dies nicht unbegrenzt möglich. Eine
und Herrmann, 2011; Miesler, Landwehr et al., 2010; funktionelle Magnetresonanztomografie-Studie von
Miesler, Leder und Herrmann, 2011, und Welsh, 2006), Rosenthal-von der Pütten, Krämer et al. (2019) unter-
Spielautomaten (z. B. Kim und McGill, 2011), Flaschen suchte die Wirkung von Robotern. Bei diesem Experi-
(Aggarwal und McGill, 2007), Mobiltelefonen (Land- ment wurde die Menschenähnlichkeit der künstlichen
wehr, McGill und Herrmann, 2011) und Parfumflacons Figuren systematisch variiert (von eher als Maschine
(DiSalvo und Gemperle, 2003) beschäftigen. Dabei aussehenden Figuren über „humanoide“ Roboter bis
spielt in vielen Fällen das „Gesicht des Objekts“ eine hin zu Menschen äußerst ähnlichen Androiden) und
entscheidende Rolle. die Gehirnaktivitäten aufgezeichnet. Die Probanden
●● Palermo und Rhodes (2007) befassten sich explizit sollten ebenfalls angeben, wie sympathisch, attraktiv
mit den Wirkungen der Gesichter auf den Betrachter oder unheimlich sie die Charaktere finden, und sie
und erklären, dass ein Gesicht ein besonders salienter wurden auch gefragt, welchem künstlichen Agenten
emotionaler Reiz ist, der zwecks Interaktion mit der sie es zutrauen würden, ein persönliches Geschenk
sozialen Umwelt benötigt wird. Sogar ausdruckslose für sie auszuwählen (Auswahlaufgabe). Auch „echte“
Gesichter sind von Bedeutung und können bezüglich Menschen wurden präsentiert. Das Ergebnis dieser
der selektiven Aufmerksamkeit bevorteilt werden. Ge- Studie war, dass die Testpersonen Geschenke von
sichter werden zudem automatisch verarbeitet, d. h., „echten“ Menschen oder menschenähnlichen Robo-
die Verarbeitung erfolgt schnell, zwingend, auch un- tern präferierten, nicht aber von maschinellen Agenten
bewusst und Kapazitäten schonend; das gilt insbe- und solchen Androiden, die echten Menschen visuell
sondere für glückliche Gesichter (Sreenivas, Boehm äußerst ähnlich sehen. Die fMRT-Analyse ergab, dass
und Linden, 2012). Das Gesicht zieht somit Aufmerk- beim Betrachten der Figuren signifikante Veränderun-
samkeit auf sich und wird vielfach gegenüber ande- gen im ventromedialen präfrontalen Cortex (VMPFC)
ren Reizen bevorzugt (Di Giorgio, Leo et al., 2012). Je zu beobachten waren, von dem angenommen wird,
menschenähnlicher auch virtuelle Figuren gestaltet dass höhere Aktivität Sympathie für einen Meinungs-
werden, desto mehr Anthropomorphisierung wird gegenstand widerspiegelt. Je mehr die Figuren Men-
angeregt („denkt wie ich“ oder „verhält sich wie ich“). schen ähnelten, desto mehr stieg die Aktivität des
572 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

VMPFC an, wurden die Probanden jedoch mit dem tiert sich an der menschlichen Mimik und zeigt:
extrem menschlichen Wesen konfrontiert, dann fiel Fiese Fratzen sind groß in Mode!“ (Autobild, 2017);
die Aktivität ab. Die Amygdala, die wie in diesem „Niedliches Gesicht“-Schema: „20 Jahre Renault
Buch schon ausgeführt, eher für negative Affekte Twingo: Der niedlichste Wagen aller Zeiten“ (stern,
steht, wurde dagegen bei letzteren Figuren stark ak- 18.10.2013) oder „Fiat 500: Markante Form, niedli-
tiviert. Dieser Effekt wird auch als „Uncanny-Valley- cher Blick, sympathisches Gesamtpaket“ (Autobild,
Hypothese“ (Mori, 1970) bezeichnet, und wird seit 2018).
50 Jahren diskutiert. Roboter, die uns in Verhalten ● Der Vollständigkeit halber sei hier allerdings noch
und Aussehen extrem bzw. zu stark ähneln, wirken ergänzt, dass sich die Vermenschlichung nicht nur auf
unheimlich (sind „uncanny“) und lösen großes Unbe- die Produktdarstellung beziehen kann, sondern dass
hagen aus. Erinnern wir uns daher auch noch einmal auch andere kommunikationspolitische Instrumente
an Nexi (Abb. 209). Dieser Roboter wirkte menschlich, personifiziert werden, beispielsweise
war aber durchaus als Maschine erkennbar. Bei Autos – Markenlogos,
und vielen anderen Produkten ist derzeit allerdings – Firmen-, Marken- und Produktmaskottchen (oft
nicht anzunehmen, dass sie „zu“ menschlich wirken. auch mit dem Begriff Spokespersons/Spokescha-
● Im Bereich des Automobildesigns werden die Erkennt- racters bezeichnet) sowie
nisse zu den Wirkungen von Gesichtern zur Gestal- – Marken- und Werbeslogans (Abb. 236).
tung der Wagenfront genutzt. Aufgrund der relativ Delbaere, McQuarrie und Phillips (2011, S. 121) weisen
einfachen Möglichkeit, das „Gesicht“ des Autos mit- darauf hin, dass die Personifikation ein Charakteristi-
hilfe von Scheinwerfern als Augen und dem Grill als kum der Botschaft (Werbung bzw. Produkt), während
Mund/Nase zu formen, versuchen Designer aus der die Anthropomorphisierung ein Charakteristikum des
Automobilindustrie, dem Wagen eine sichtbare Per- Empfängers (Konsument) ist, das sich auf die Verarbei-
sönlichkeit zu verleihen, um damit eine entsprechende tung der Botschaft bezieht; in der Literatur werden die
Wahrnehmung seitens des Betrachters zu fördern und Begriffe vielfach als Synonyme betrachtet (dieser Sicht-
von den Vorteilen der Anthropomorphisierung zu weise schließen wir uns hier an). Wenn wir im Folgen-
profitieren (Welsh, 2006). Die Seiten eines Autos gehen den auf die Vor- und Nachteile dieser Werbetechnik zu
dagegen mit einer geringen Anthropomorphisierung sprechen kommen, werden wir weder zwischen direkter
einher (Miesler, Landwehr et al., 2010, S. 536 f.). und indirekter Personifikation unterscheiden, noch auf
– 70 % der Autofahrer nutzen die Vorderfront zur die Differenzierung zwischen Ergebnissen auf Basis der
Identifizierung und Beurteilung von Autos (Welsh, Anthropomorphisierungsforschung vs. Personifikations-
2006). forschung eingehen, die feinen Unterschiede werden in
– Darüber hinaus repräsentiert das Gesicht die „Per- der Literatur oftmals nicht vorgenommen.
sönlichkeit“ des Autos (Landwehr, McGill und
Grundsätzlich lassen sich nach Cohen (2014, S. 12) folgen-
Herrmann, 2011). Auch anhand der Medienbericht-
de Chancen des Einsatzes der Personifikation zusam-
erstattung im Automobilbereich ist erkennbar, dass
menfassen. Die Vermenschlichung führt zu:
bestimmte Gesichtsschemata durch die Ausgestal-
tung der Vorderfront des Autos aktiviert werden. ● einer Vereinfachung der Verständlichkeit der Werbe-
Beispiele: „Böses Gesicht“-Schema: „Mit dem „Ich und Markenbotschaft (die unabhängig von möglichen
bin böse“-Blick: Mercedes AMG GT probt den im- Sprachbarrieren macht)
posanten Auftritt“ (n-tv, 2014) oder „Warum Autos ● einer stärkeren Anziehungskraft des Produktes/der
so böse gucken – Das Design vieler Autos orien- Marke (man möchte mehr darüber erfahren)

Markenlogos Maskottchen für das Produkt oder die Marke Werbe- und Markenslogans Markenname
Elektronik: Textildiscount: Smartphones: Spirituosen:
“Say Hello to iPhone” Kleiner Feigling

Abb. 236: Personifizierte Logos, Maskottchen, Slogans und Namen (Quelle: Gröppel-Klein, Pfeifer und Helfgen, 2015)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 573

●● einer höheren Identifikation mit dem Produkt/der das Persuasion Knowledge von Konsumenten spielt. Es
Marke ist durchaus vorstellbar, dass Konsumenten mit einem
●● einer größeren Wahrscheinlichkeit, eine „Beziehung“ hohen Persuasion Knowledge auf die Vermenschlichung
mit dem Produkt/der Marke einzugehen mit Reaktanz reagieren. Auch die Produktkategorie kann
●● einer Erhöhung des Gefallens und der Bereitschaft, eine Rolle spielen: Bei manchen Produkten könnte eine
das Produkt/die Marke auszuprobieren. Vermenschlichung schlicht albern wirken. Es sollte
In der Vermenschlichung liegen allerdings auch Gefah- zudem in zukünftigen Studien (auch aus Verbraucher-
ren: schutzgründen), insbesondere in Bezug auf Produkte für
Kinder, analysiert werden, ob zwischen Kindern und Er-
●● Wenn Konsumenten eine Verbindung zu Marken
wachsenen unterschiedliche Anthropomorphisierungs-
oder Produkten aufbauen, wenden sie die gleichen
prozesse einsetzen und welche Wirkungen diese für den
Beziehungsnormen an wie in zwischenmenschlichen
Kauf und Konsum von Produkten haben.
Interaktionen (Aggarwal, 2004, S. 99). So kann es pas-
sieren, dass in die Marke bzw. das Produkt bestimmte
c) Bedeutung der Reichweiten der Massenmedien für
Erwartungen gesetzt werden, die bei Nichterfüllung
die Werbewirkung
zu einer schlechteren Bewertung führen (Aggarwal,
2004, S. 99). In der Studie von Waytz, Heafner und Die ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation,
Epley (2014, S. 116) zeigte sich beispielsweise, dass eine Repräsentativstudie zur Ermittlung der Medien-
Fahrzeugen, die vermenschlicht dargestellt werden, gewohnheiten im Intermediavergleich, „untersucht seit
eine stärkere Verantwortung für einen Unfall zuge- über 50 Jahren die Mediennutzung in Deutschland. Sie
schrieben wird als Fahrzeugen, die keine menschli- ist weltweit die einzige repräsentative Intermediastudie,
chen Eigenschaften aufweisen. die das Medienverhalten der Bevölkerung über einen so
●● Bisher wurden die Kontextwirkungen vernachläs- langen Zeitraum beobachtet. Das erste Mal wurde die
sigt: Wirken Produktpersonifikationen unterschied- Studie 1964/65 durchgeführt. Nach Fortsetzungen 1970
lich, je nachdem, in welchem Programmumfeld sie und 1974 erscheint die Studie seit 1980 im Fünfjahres-
geschaltet werden? Löst eine Werbung, die in einem rhythmus, zuletzt im Jahr 2015“ (ARD, 2019).
Zeichentrickfilmumfeld positioniert wird, beispiels- Die Studie gibt wertvolle Einsichten in den Medienkon-
weise höhere Anthropomorphisierungstendenzen aus sum. Die tägliche Mediennutzungszeit (das Medienzeit-
oder verpufft hier der Effekt, da die vermenschlichten budget) betrug 2015 durchschnittlich rund 9,5 Stunden.
Produkte vergleichsweise schwache Reize sind? Hier „Sie verteilt sich folgendermaßen auf die einzelnen
sind noch viele Fragen offen. Medien: Fernsehen (208  Min.) und Radio (173  Min.)
●● Nach Cohen (2014, S. 14) sollte zudem darauf geachtet bleiben in der Gesamtbevölkerung mit Abstand die
werden, dass durch die vermenschlichte Darstellung nutzungsstärksten Medien. Auf Rang 3 folgt das Inter-
keine negativen Emotionen ausgelöst werden, wie net (107 Min.). Während die Nutzung von Tonträgern
etwa durch die Personifikation eines Nagelpilzes. (24 Min.) seit geraumer Zeit zurückgeht, ist das Lesen der
Dies könnte nämlich vor dem Zeigen der eigentlichen Tageszeitung (23 Min.) stabil geblieben. Leicht rückläufig
Lösung des Problems bereits dazu führen, dass der ist die Lektüre von Büchern (19 Min.). Zeitschriften und
Konsument sich von der Werbung abwendet und ihn Video/DVD (jeweils 6 Min.) spielen bei der täglichen
dadurch die eigentlich intendierte Werbebotschaft Mediennutzung eine untergeordnete Rolle“ (ebenda).
nicht mehr erreicht. Die Mediennutzung wird durch die Netto-Werbeeinnah-
Bei der Personifikation handelt es sich heutzutage um ein men nicht ganz widergespiegelt. Die Zusammenstellung
weit verbreitetes Stilmittel der Werbeindustrie, sie kommt des ZAW der erfassbaren Werbeträger in Deutschland
vielfältig aber auch im Rahmen der Produktgestaltung offenbart (ZAW, 2019), dass das Fernsehen (2018 mit
zum Tragen. Die Personifikation von Marken kann so- ca. 4,5 Mrd. €) auf dem ersten Rang, die Tageszeitun-
gar zu jahrelangen Markenbindungen führen (Chandler gen mit ca. 2,2 Mrd. € auf dem zweiten Platz und die
und Schwarz, 2010, S. 144). Durch die vermenschlichte Online-Medien (inklusive mobile Werbung auf Smart-
Darstellung von Produkten kann zudem ein sorgsa- phones) mit ca. 1,75 Mrd. € auf dem dritten Platz liegen,
merer Umgang der Konsumenten mit diesen erreicht während das Radio nur den 8. Platz belegt (ca. 790 Mill. €).
werden (ebenda). Es besteht allerdings durchaus noch Ein weiteres zentrales Thema ist die Frage nach der Inten-
Forschungsbedarf. Wie angesprochen sollte analysiert sität der Parallelnutzung von Medien. Es wird postuliert,
werden, wie Personifikation in unterschiedlichen Kon- dass durch Parallelnutzung die „Qualität“ der Medien-
texten wirkt. Zudem sollte geprüft werden, welche Rolle nutzung sinken kann, weil die kognitive Kapazität, die
574 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

bei paralleler Nutzung für die einzelnen Medien ver- den Marketing-Mix des Unternehmens integriert werden,
bleibt, geringer wird. Wir sind auf die Problematik („ge- um die gewünschten Wirkungen entfalten zu können.
teilte Aufmerksamkeiten“) der Parallelnutzung bereits Dahlén (2005) untersucht, ob solche kreativen Werbefor-
im Kapitel „Aktivierung“ eingegangen. men geeignet sind, den Werbeerfolg zu erhöhen. Dazu
Auch wenn die Online-Werbung rasant zugenommen verglich er Werbeanzeigen für eine Versicherung und
hat, der weitaus größte Teil der gesamten Werbeeinnah- für einen Energy-Drink in traditionellen Printmedien
men der Medien entfällt auf Fernsehen und Tageszei- (Tageszeitung) mit der Werbung für die gleiche Versiche-
tungen. Aus diesem Sachverhalt können sich indirekt rung auf einem rohen Ei (Zerbrechlichkeit, Schutzbedürf-
Einflüsse der werbetreibenden Wirtschaft auf die redak- tigkeit) und für den Energy-Drink in einem Fahrstuhl
tionelle Gestaltung der Medien ergeben. („Bringt dich schnell nach oben!“). Die experimentelle
Die Bedeutung eines Massenmediums hängt ab: Studie belegt, dass die „kreative“ Platzierung der Anzei-
gen zu positiveren Markenassoziationen, einer besseren
(1) von seiner Reichweite, gemessen durch Menge und
Einstellung zur Anzeige und zu einer höheren Glaub-
Zusammensetzung (Qualität) der erreichten Perso-
würdigkeit der Anzeige führte. Derzeit fehlen jedoch
nen (Kontakte),
noch experimentelle Studien zur Wirksamkeit der Inte-
(2) von seiner werblichen Eignung, gemessen an redak-
gration von Ambient Media und anderen nicht-traditi-
tionellem Inhalt, Image, Aufmachung des Mediums
onellen Werbeformen in ein integriertes Marketingkon-
usw.
zept. Auch Hutter (2015) macht auf die Bedeutung von
Die Reichweite ist die bei weitem wichtigste Bestim- unerwarteten und besonderen Werbeorten aufmerksam.
mungsgröße für die Medienauswahl. In ihr kommt auch Hutter und Hoffmann (2014) kommen in ihrer Feldstudie
mittelbar die werbliche Eignung der einzelnen Werbe- zu dem Schluss, dass Ambient Media ein erfolgverspre-
träger zum Ausdruck. chendes Tool darstellen, wenn diese Werbeform für den
Reichweiten Konsumenten überraschend ist. Sie erhöht dann die Auf-
Die quantitative Reichweite30 erfasst die Zahl der erreich- merksamkeit und wirkt sich positiv auf die Einstellung
ten Personen, die qualitative Reichweite die Zusammen- zur Werbung, Mund-zu-Mund-Propaganda und auf das
setzung der erreichten Personen. Die räumliche Reich- Kaufverhalten aus.
weite, die die geografische Verbreitung eines Mediums Als wichtigste Ambient-Media-Form können die Außen-
angibt, kann ohne weiteres unter die qualitative Reich- werbung mit Plakaten und neuerdings die Videowalls
weite subsumiert werden. Sie ist nichts anderes als eine gesehen werden. Großflächige Videowalls können (im
spezifische Zusammensetzung des erreichten Publikums Vergleich zu Megapostern oder „normalen“ Plakatwän-
und kann durch die geografischen Merkmale der vom den) diverse Vorteile bieten:
Medium erreichten Personen ermittelt werden. ●● Sie können aufmerksamkeitsstärker wirken (also
Angaben über die quantitativen und qualitativen Reich- eine höhere phasische Aktivierung hervorrufen) als
weiten erhält man aus der Media-Analyse; das ist eine Plakate, da Animationseffekte, die zu automatischen
von der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e. V. durch- Orientierungsreaktionen führen, eingesetzt werden.
geführte Untersuchung über Werbeträger in der Bun- Man kann sich das recht gut anhand der Bandenwer-
desrepublik. Daneben gibt es noch die Allensbacher bung in Fußballstadien klarmachen: Die Zuschauer
Markt-Werbeträger-Analyse (AWA). Sie erstreckt sich wurden früher mit statischer Bandenwerbung kon-
auf das Medien- und Konsumverhalten der deutschen frontiert, das Auge konnte sich darauf einstellen und
Wohnbevölkerung in Privathaushalten. die Banden ignorieren. Außerdem konnte jede Fläche
„Ambient Media“ bezeichnet die „Non-traditional nur einmal vergeben werden. Heute werden über die
out-of-home“-Medien (Shankar und Horton, 1999, S. 306): Videobanden verschiedene Marken oder Logos einge-
Es handelt sich hierbei z. B. um Werbung auf Toiletten, blendet. Das Aufblitzen der neuen, kollativen Stimuli
an Einkaufswagen, an Zapfsäulen, auf Fußböden, Post- führt zu Aufmerksamkeitsreaktionen. Durch die Ex-
karten, Eintrittskarten, Heißluftballons oder um Fahr- position mehrerer Marken können die Werbekosten
gast-Fernsehen. Ambient-Medien bieten den Vorteil, (trotz der teureren Technologie) vergleichsweise nied-
Werbung nahe am Point-of-Sale zu machen, und aktua- rig gehalten werden.
lisieren die Marken-Awareness, müssen aber inhaltlich in ●● Zudem können Videowalls auch deshalb vielfach kos-
tengünstiger erstellt werden (im Vergleich zu Mega-
postern oder Plakaten), da kein aufwendiger Plakat-
druck notwendig ist. Möglich ist auch (dank Digi-
30 Zur Mediaplanung siehe auch Unger, Durante et al. (2007).
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 575

talvorlagen), „Regio-Werbung“ einzusetzen, also pro ausschlaggebend. Taylor, Franke und Bang (2006) konn-
Stadt oder Stadtteil können eigene Motive ohne hohe ten in einer Studie unter werbetreibenden Unternehmen,
Kosten gezeigt werden (wobei aber sichergestellt wer- die das Medium „Plakat“ bereits in der Mediaplanung
den muss, dass die Motive zwar regionalisiert werden, eingesetzt haben, acht Faktoren identifizieren, die für den
aber alle einer klar definierten werbestrategischen Erfolg der Plakatwerbung verantwortlich gemacht wer-
Zielsetzung folgen). den: Identifizierbarkeit des (Marken-)Namens, Position
●● An U-Bahn- und Bushalte-Stationen kann über Video- der Plakatstelle, Lesbarkeit, Klarheit der Werbebotschaft,
walls auch Rätselwerbung geschaltet werden, da hier Einbindung des Plakats in das integrierte Marketingkon-
der Konsument, gelangweilt durch die Wartezeit, ein zept, starke „Schlüsselbilder“, Kreativität der Ausfüh-
solches Beschäftigungsangebot dankbar annimmt. rung und Vermittlung zentraler Informationen.
Nur in solchen Situationen ist Rätselwerbung sinnvoll, Elektronische Plakate (z. B. in Fußballstadien) werden
und sie führt aufgrund der tieferen kognitiven Verar- auch der Außenwerbung zugerechnet (z. B. Verkehrsmit-
beitung zu einer hohen Werbeeffizienz (Erinnerung, telwerbung, Lichtwerbung, Vitrinen- und Fassadenwer-
positives Markenimage). In anderen werblichen Situa- bung etc.). Ein Verfahren zur Bewertung der Außenwer-
tionen können bei nur zwei-sekündiger Betrachtungs- bung ist die Nielsen Transport Media Werbestatistik, die
zeit (= Durchschnittswert bei Printwerbung) durch eine Kooperation von Nielsen Media Research und dem
Missverständnisse Bumerangeffekte entstehen. Fachverband Außenwerbung e. V. ist. FAW-Mitglieder
●● Es müssen jedoch auch Probleme diskutiert werden: melden ihre jeweiligen Bruttowerbeumsätze der von ih-
Der Standort muss gut gewählt werden und darf den nen vermarkteten Verkehrsmittelwerbeflächen, wodurch
Konsumenten beispielsweise nicht vom Straßenver- ermittelt werden kann, welches Unternehmen für wel-
kehr ablenken. Es sind nur Kurzinformationen mög- ches Produkt mit welcher Werbeform in welcher Region
lich (keine akustischen Klangbilder). Schließlich kön- wie lange und mit welchem Werbedruck Werbung in und
nen zu schnelle Bildfolgen den Betrachter irritieren an Bussen, Bahnen und LKW eingesetzt hat.
(man denke hier an die Pop-ups bei der Internetwer-
Besonderheiten im Internet:
bung, die ähnliche Negativeffekte auslösen können).
Seit einiger Zeit wird ein möglichst einheitlicher Stan-
Für elektronische oder klassische Plakate kann – ähnlich
dard für die Messung der Reichweite bei Online-Medien
wie z. B. für die Medien Print oder Radio – eine Media-
entwickelt (Bruhn, 2013). Ziel ist es, die Reichweiten von
leistung bestimmt werden. Die Reichweite von Plakatstel-
Kommunikationsangeboten möglichst präzise und ver-
len wird von der AGMA, ma Plakat 2007 (Mediaanalyse
gleichbar zu erfassen. Folgende Kriterien sind besonders
Plakat) berechnet.
wichtig: Page-Impressions (Seitenabruf), Ad-Impressions
Reichweiten31 alleine führen jedoch nicht zum Werbeer- (Werbekontakte), Ad-Clicks (Werbe-Mouseclicks), Visits
folg; vor allem die Gestaltung des konkreten Plakats ist (Besuche), Visit Length (Verweildauer), Page View Length
31
(Verweildauer pro Seite), User (Nutzer), Identified User
Ein Nachteil bei der Verwendung von Reichweitenzahlen
(demografisch identifizierter Nutzer), Browser (genutzte
besteht ganz grundsätzlich in der Unsicherheit, ob die in ei-
nem bestimmten Zeitraum des Erhebungsjahres ermittelten Software-Pakete).
Medienkontakte bis zur nächsten Erhebung konstant sind. Diese Kennzahlen werden von den führenden Markt-
Eine Annahme der Gleichverteilung widerspricht der Tatsache, forschungsinstituten ermittelt und genutzt, wobei die
dass das Medienverhalten saisonalen Schwankungen unter- „Page Impressions, Visits und Ad-Clicks“ die wichtigsten
liegt, sie impliziert ferner Unabhängigkeit der Kontakte zu
sind. Derzeit wird eine Verknüpfung der Reichweitenda-
verschiedenen Medien. Auch das ist in Frage zu stellen, denn
von den Konsumenten werden oft bestimmte Kombinationen ten mit Zielsetzungen der Kommunikation angestrebt.
von Medien benutzt. Durch mehrmaliges Schalten einer Wer- Wenn man die „Customer Journey“ abbilden möchte,
bebotschaft in den Medien kann man den Adressatenkreis der muss man prüfen, welche Online- und Offline-Infor-
Werbung erweitern. Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten: mationsquellen ein User vor dem Kauf eines Produktes
mehrmalige aufeinanderfolgende Benutzung des gleichen Me- aufgesucht bzw. verwendet hat.
diums oder Benutzung von verschiedenen Medien. Die auf
diese Weise erzielten Reichweiten kann man kumulierte Reich-
weiten nennen. Würde man die Reichweiten der Ausgaben loge Problem der „externen Überschneidung“ auf. Dies muss
eines Mediums addieren, so würden die meisten Personen (z. B. aber nicht unbedingt negativ sein, wenn man bedenkt, dass
Abonnement-Leser) mehrfach erfasst („interne Überschnei- solche Überschneidungen auch zu Mehrfachkontakten über
dung“). Wenn mit einer Ausgabe 5 % der Bevölkerung erreicht verschiedene Mediengattungen hinweg führen können – ein
werden, dann werden mit zwei Ausgaben nicht 10 % erreicht, Effekt, der im Cross-Media-Marketing durchaus erwünscht ist.
sondern aufgrund der internen Überschneidung wesentlich So nutzen Leser von Spiegel Online (NpW = Nutzer pro Woche)
weniger. Bei Belegung von mehreren Medien taucht das ana- auch den Spiegel (LpA = Leser pro Woche) und umgekehrt.

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576 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Es bleibt jedoch grundsätzlich festzuhalten: Auch wenn ●● Eigenschaften, die die äußere Gestaltung des Medi-
das Internet vielfältige Möglichkeiten bietet, Informatio- ums betreffen, zum Beispiel Heftumfang, Farbe, re-
nen über die Konsumenten zu gewinnen, so ist dennoch daktionelles Umfeld.
wichtig, die Privatsphäre der Internetnutzer zu wahren. Diese und einige weitere Eigenschaften bestimmen die
Je stärker Onlinenutzer das Gefühl haben, dass ihre Pri- Qualität eines Mediums: Sie werden bei der Medienge-
vatsphäre verletzt wird, umso stärker wird die Tendenz, wichtung berücksichtigt, die dazu dient, Eignungsrelati-
sich nicht mehr auf Webseiten registrieren zu lassen, und onen herzustellen und aus den vorhandenen Medien die
falls doch, unvollständige Informationen anzugeben oder für die Werbung geeigneten auszuwählen.
bewusst Fehlangaben zu machen. Verschiedene Studien
Neben dem subjektiven Bild, das die Empfänger von ei-
(siehe Kapitel: Vermeidung von Werbung) verdeutlichen
nem Medium haben, spielen die Platzierungen innerhalb
die Bedeutung der Respektierung der Intimsphäre der
des Mediums eine Rolle; wir kommen hierauf im nächs-
Konsumenten, da eine Verletzung ein Reaktanzverhalten
ten Kapitel („Kontextwirkungen“) zu sprechen.
der Konsumenten zur Folge haben kann.
Werbung im Internet: Die Internetwerbung verzeichnet
Qualitative Reichweite: Da sich die Werbung stets auf
seit Jahren hohe Wachstumsraten. Bezüglich der Wer-
bestimmte Zielgruppen richtet und ganz spezifische Be-
beformen im Internet besteht ebenfalls eine große Dy-
einflussungserfolge erzielen will, ist die Medienauswahl
namik. Aus Sicht der Praxis gibt z. B. die Website www.
vor allem auch im Hinblick auf die Zusammensetzung
werbeformen.de einen guten Überblick über innovative
des erreichten Publikums vorzunehmen. Die qualitative
Werbeformen im Internet, die sogenannten „In-Page“,
Reichweite eines Mediums wird durch die Merkmale des
„In-Stream“-Werbemöglichkeiten (oder Kombinations-
vom Medium erreichten Publikums angegeben. Man
möglichkeiten davon). Auch Chaffey, Ellis-Chadwick et
zieht dazu demografische Merkmale, wie Alter und
al. (2009) geben einen guten Überblick über (praktische)
Größe des Wohnorts, sozioökonomische Merkmale, wie
Aspekte des Internet-Marketing. Die aktuelle Werbefor-
Einkommen oder soziale Schicht, und in zunehmendem
schung beschäftigt sich aufgrund der gestiegenen Bedeu-
Maße auch psychologische Merkmale, wie die Einstel-
tung intensiv mit der Wirkung von Werbung im Internet.
lung zu bestimmten Gegenständen oder Besonderheiten
Auf die „Seeding-Strategien“ in sozialen Netzwerken
des Konsumverhaltens, heran (auch die Sinus-Milieus).
wurde bereits im Kapitel B „Erfahrungsumwelt“ einge-
Jeder Werbeträger lässt sich dann durch eine Menge
gangen. Wir gehen auf die Kommunikation im digitalen
von Merkmalen seines Publikums, d. h., durch ein Pu-
Zeitalter im Abschnitt noch einmal ein (Dritter Teil, Ka-
blikumsprofil charakterisieren. Die qualitative Reich-
pitel C. IV „Virtuelle Welten und Neue Medien“). In den
weite eines Mediums lässt sich mit dem Ziel, bestimmte
letzten Jahren sind in der Praxis zudem diverse Studien
Zielgruppen der Werbung zu erreichen, in Beziehung
entstanden, die sich mit der Frage auseinandersetzen,
setzen. Wir vergleichen also die Zusammensetzung des
wie die optimale Kombination von Online-Werbung und
von einem Medium bzw. Werbeträger erreichten Publi-
Werbung in traditionellen Medien aussieht. Beispiels-
kums (wiedergegeben durch Publikumsprofile) mit der
weise zeigt die „Medienäquivalenzstudie“ (2018), eine
Zusammensetzung der Zielgruppen der Werbung (wie-
Gemeinschaftsstudie u. a. von Google und SevenOne
dergegeben durch Zielgruppenprofile). Um Streuverluste
Media, dass ein Schalten von Videos auf TV und YouTube
der Werbung gering zu halten, muss das von den Medien
die Werbeerinnerung und spontane Markenbekanntheit
erreichte Publikum mit den Zielgruppen der Werbung
verbessern kann. Hier ist also eine Kombination traditio-
weitgehend übereinstimmen. Unter dem Stichwort „ma
neller und neuer Medien sinnvoll. Der Werbemix von TV
Reichweitenübersicht“ lassen sich im Internet aktuelle
und YouTube wirkte zweimal stärker als zwei Kontakte
Übersichten zur qualitativen Reichweite finden.
mit einer Kampagne allein auf YouTube. TV und You-
Werbliche Eignung: Bisher haben wir uns vor allem Tube können sich also gegenseitig verstärken. Weniger
mit den von den Medien erreichten Personen und ihren gut schnitten dagegen Cross-Kampagnen mit Facebook
Merkmalen auseinandergesetzt. Nun ist nach der Qua- ab. Die Medienäquivalenzstudie erhielt übrigens den
lität der Medien selbst, nach ihrer Kontaktqualität zu BVM-Innovationspreis 2019.
fragen. Wir beschränken uns hier darauf, zwei Klassen
Der Vollständigkeit halber sollte hier noch die Direkt-
von Merkmalen anzugeben, welche die werbliche Eig-
werbung durch gezielte Ansprache einzelner Konsumen-
nung der Medien charakterisieren:
ten, insbesondere über Postsendungen (Direct Mailing,
●● Eigenschaften, die zur Anmutungsqualität des Me- Kataloge, Adress- und Telefonbücher, Werbegeschenke
diums gehören, zum Beispiel das Prestige oder die u. a.) genannt werden. Zu den Wirkungen dieser Instru-
Glaubwürdigkeit des Werbeträgers,
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 577

mente verweisen wir auf die gängigen Lehrbücher zur sonders gelungen, da er ihn in seiner Gruselstimmung
Kommunikationspolitik (z. B. Bruhn, 2013). belässt, oder hätte der Konsument lieber einen fröhlichen
Werbefilm gesehen, der für ihn eine Art „Erlösung“ ge-
d) Kontextwirkungen wesen wäre? Um die Antwort hier vorwegzunehmen: Ein
Werbewirkungseffekte, die sich aus der Interaktion zwi- stimmungsinkongruenter Werbefilm, also ein Spot, der
schen Werbung und Programm bzw. Content sowie zwi- keinen Angstreiz aufwies, führte in diesem Experiment
schen den konkurrierenden Werbebotschaften ergeben, zu positiveren Einstellungswerten als ein Werbefilm, der
werden in der Konsumentenverhaltensforschung bzw. die Horrorstimmung aufgriff.
in der Kommunikationspolitik erst seit zwanzig Jahren Auch die Praxis macht sich über Ausstrahlungseffekte
erforscht. Die sogenannte Medienkontextforschung be- von Medienberichten auf die Werbewirkung Gedanken.
schäftigt sich mit dieser zunehmend wichtiger werden- Beispielsweise startete der Zentralverband des deutschen
den Thematik. Die Grundannahme der Medienkontext- Handwerks (ZDH, 2010a) eine Image-Kampagne für das
forschung besteht darin, dass „advertising effects are Handwerk. In dem Werbefilm wurde mithilfe aufwendi-
not just a function of the ad itself, because ads are not ger Effekte gezeigt, wie die Welt aussähe, wenn es keine
received in a vacuum by a passive audience“ (Moorman, Handwerker gäbe, und so wurden einstürzende Häuser,
2003, S. 14). aufbrechende Straßen oder Menschen ohne Kleidung
Kurzum, Werbeanzeigen oder -filme werden nicht iso- gezeigt. Unglücklicherweise ereignete sich kurz nach
liert dargeboten, sondern sie werden in redaktionelle dem Start dieser Kampagne das verheerende Erdbeben in
oder werbliche Medienkontexte eingebettet. Werbean- Haiti, und die Fernsehsender und Zeitungen berichteten
zeigen können neben politischen Berichten oder Klatsch- intensiv von diesem Ereignis. Der Handwerkerverband
themen erscheinen, Werbefilme können nach/während fürchtete, dass die Kampagne vor dem Hintergrund die-
Nachrichtensendungen, Unterhaltungssendungen, Spiel- ses Unglücks als zynisch wahrgenommen würde, und
filmen oder Sportberichten ausgestrahlt werden, sie kön- zog die Kampagne vorsorglich zurück (ZDH, 2010b).
nen direkt nach dem Programm oder in der Mitte oder Aus den USA wurde berichtet, dass nach Ausbruch des
am Ende des Werbeblocks gesendet werden, sie können Irakkriegs im Jahr 2003 Unternehmen Werbefilmbuchun-
die Stimmungen oder Themen des vorangegangenen gen, die eigentlich in den ersten 48 Stunden nach Kriegs-
Programms oder der anderen Werbung aufnehmen oder beginn hätten ausgestrahlt werden sollen und die einen
sich davon abheben. Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten, Wert von 100 Millionen Dollar umfassten, zurückzogen,
Werbung zu platzieren, und es ist davon auszugehen, da sie negative Ausstrahlungseffekte der Kriegsbilder auf
dass das Umfeld einen Einfluss auf die Beurteilung der die Werbung befürchteten (Micu, Thorson und Antecol,
Werbung ausübt (Malaviya, 2007). 2009). Doch war die Sorge berechtigt? Die Studie von
Im Mittelpunkt der Kontextforschung steht vielfach Micu, Thorson und Antecol (2009) zeigt, dass es auf die
die Frage nach der Kongruenz zwischen Werbeumfeld Voreinstellung der Rezipienten ankam: Waren sie von
und Werbebotschaft (Spilski, 2011); anders ausgedrückt: der Sinnhaftigkeit dieses Kriegs überzeugt, so führte dies
Passen Umfeld und Werbung zueinander? Greifen sie zu einem verstärkten Interesse an der Kriegsberichter-
ähnliche Stimmungen oder Themen auf oder gibt es ei- stattung und die damit einhergehenden positiven Emp-
nen Kontrast bzw. eine Unstimmigkeit zwischen den findungen übertrugen sich auf die Wahrnehmung der
beiden Elementen (Sieglerschmidt, 2008, S. 4)? In der Werbung.
Literatur werden statt „Kongruenz“ auch die Begriffe ●● Grundsätzlich fragt die Kontextforschung, inwieweit
Übereinstimmung (fit, match) oder Ähnlichkeit gewählt. bestimmte Kontexteigenschaften (als unabhängige
Die Gretchenfrage der Kongruenzforschung lautet: Ist Variablen) die affektiven und kognitiven Reaktionen
ein Fit zwischen Werbung und Umfeld einem Kontrast auf die eingebettete oder benachbarte Werbung32 (als
überlegen oder nicht? abhängige Variablen) beeinflussen (Moorman, 2003,
Ein typisches Problem, das sich für die Werbeforschung S. 18). Dabei ist es wichtig zu betonen, dass der Rezi-
beispielsweise ergeben kann, skizzieren Spilski, Leick et pient nicht als passives Wesen zu begreifen ist, son-
al. (2013): Man stelle sich vor, dass man einen Horrorfilm
im Fernsehen sieht. Gerade, wenn es am gruseligsten ist, 32
Dabei kann als abhängige Variable auch das Produktwahl-
wird der Thriller durch eine Werbepause unterbrochen. verhalten gewählt werden, was hier aber ausgeklammert wer-
Der präsentierte Werbefilm greift die Atmosphäre des den soll. Liu und Smeesters (2010) zeigten beispielsweise, dass
Films auf und zeigt ebenfalls eine Horrorszene. Emp- Medienberichte, die Todesängste bei Menschen auslösen kön-
findet der Konsument einen solchen Werbefilm als be- nen, dazu führen, dass heimische Produkte gegenüber auslän-
dischen präferiert werden.
578 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

dern dass dieser über ein mehr oder weniger gut aus- feld und Werbung vorteilhafter sei. Die Autoren wählten
geprägtes Persuasion Knowledge, Werbeinvolvement, jedoch im Unterschied zu De Pelsmacker, Geuens und
Einfühlungsvermögen etc. verfügt und es daher stets Anckaert (2002) als Umfeld einen Online Blog zum The-
eine Wechselwirkung zwischen Kontext, Botschaft ma „Nachhaltigkeit und Umwelt“, als Marke eine fiktive
und Werbeempfänger gibt. Batteriemarke, deren Banner in der Kongruenzvariante
●● Als theoretische Grundlage für die Übertragungs- grün, mit Hinweis auf die Recyclefähigkeit und dem
effekte kann das im Zweiten Teil dieses Buches aus- Slogan „The Power of Green in Action“ gestaltet war,
führlich dargestellte konzeptuelle (inhaltliche Über- während in der Inkongruenzsituation der Banner blau
tragung) oder affektive (Valenzübertragung) Priming war und der Slogan lautete ’The Power of Technology in
gelten; d. h., das Werbeumfeld wirkt als Prime für die Action’. Zudem führten sie Online-Interviews durch. Die
spätere Wahrnehmung der Werbung selbst. beiden Studien sind also schwerlich vergleichbar. Segev,
Die empirischen Befunde zur Kontextforschung – also Wang und Fernandes (2014) gehen davon aus, dass hoch-
zur Frage, ob Kongruenz zwischen Umfeld und Wer- involvierte Konsumenten den Widerspruch zwischen
bung (z. B. informativer Werbespot in einer informativen Blog und nicht kongruenter Anzeige eher entdecken und
Sendung) einer inkongruenten Einbettung überlegen dadurch die nicht kongruente Anzeige abwerten.
ist (z. B. informativer Werbespot in einer humorvollen Dahlén, Rosengren et al. (2008) kommen zu der Erkennt-
Sendung) und ob es Irradiationseffekte gibt – sind nicht nis, dass Inkongruenz (Autoanzeige in einem Schön-
ganz eindeutig. Die Forschung sucht daher nach ver- heitsmagazin) überlegen ist, wenn Konsumenten Freude
schiedenen Moderatoren und Mediatoren, die diese Zu- daran haben, diese Inkongruenz zu entschlüsseln. Wenn
sammenhänge besser erklären können. Beispielsweise Werbung auf Websites geschaltet wird, dann kommt es
stellten De Pelsmacker, Geuens und Anckaert (2002) die nach Janssens, De Pelsmacker und Geuens (2012) darauf
These auf, dass das Produktinvolvement als zusätzli- an, ob die Konsumenten die gesamte Seite mit ungeteilter
che Erklärungsvariable berücksichtigt werden sollte: Aufmerksamkeit betrachten können oder nicht (also der
Bei geringem Produktinvolvement ist Kongruenz von Blick ständig zwischen Werbung und anderen Inhalten
Werbung und Umfeld die bessere Alternative (in Bezug der Website hin- und her springt). Ist Letzteres der Fall,
auf die Einstellung und Erinnerung der Marke), weil empfehlen die Autoren Inkongruenz.
sich die Informationen intuitiver erschließen. Die Auto- In diesem Abschnitt können wir nur einen kurzen Ein-
ren untersuchten die Kongruenzthese mit Werbung im blick in die Kongruenzforschung geben. Dieser macht
Fernsehen und in Zeitschriften mit insgesamt 12 realen deutlich, dass in der Tat die Erkenntnisse nicht eindeutig
Marken aus unterschiedlichen Branchen (z. B. Sony, Sko- in eine Richtung gehen. Zudem gibt es eine Vielzahl von
da, Knorr). Dabei wurde auch die inhaltliche Gestaltung unterschiedlichen Kontextbeziehungen und unendlich
der Werbung variiert („heimelige“ Atmosphäre, humor- viele Kombinationsmöglichkeiten. Kwon, King et al.
voll, rational) und der Inhalt der Fernsehsendung bzw. (2019) geben einen guten Überblick über 70 (!) Studien, die
der Zeitschriften entsprechend gematcht. Segev, Wang zu der Frage vorliegen, ob der Medienkontext eine Rolle
und Fernandes (2014) betonen ebenfalls die Bedeutung spielt. In ihrer Metaanalyse, bei der sie allerdings nur die
des Involvements, kommen aber zu dem Ergebnis, dass Erinnerungseffekte als abhängige Variable betrachten,
bei hohem Involvement eine Kongruenz zwischen Um- kommen sie zu dem Schluss, dass (neben anderen Fakto-

Situativer Rezeptionskontext
(z.B. Situation und Konsumentenumwelt, in der es zum Werbekontakt kommt)

Werbeträger als Subjektiver


Medienkontext i.e.S. Medienkontext
Gestaltungsvariablen des Kontexts
Absender der Konsument
Werbebotschaft
Werbung als Rezipient
Kommerzieller Redaktioneller
Kontext Kontext
(z. B. Aufmerksamkeit,
(andere Werbung, (journalistisches
Involvement,
die um die Umfeld, z. B.
aktiver vs. passiver
Aufmerksamkeit Medienberichte)
konkurriert)
Medienkonsum, Abb. 237: Medienkontexte (Quelle:
Transportation, Motive)
Germelmann 2009, S. 66 in An-
lehnung an Pieters und Van Raaij,
1992 sowie Moorman, 2003)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 579

ren) eine Kongruenz zwischen Programm und Werbung den Kontext beeinflusst werden kann, und platzierte
empfehlenswert sei, wenn man hohe Erinnerung erzie- die Autoanzeige einmal neben einem Bericht, bei dem
len wolle. Allerdings werden in dieser Metaanalyse die Sicherheitsaspekte im Verkehr, und einmal neben einem
Einstellungen vernachlässigt. Darüber hinaus empfiehlt Bericht, bei dem steigende Ölpreise diskutiert wurden.
es sich zudem, zwischen redaktionellen und werblichen Es zeigte sich, dass die beiden Medienberichte in der Tat
bzw. kommerziellen Medienkontexten zu differenzieren die Einstellung zur Marke bzw. die Verhaltensabsichten
(Abb. 237). in die eine oder andere Richtung lenkten (Abb. 238). Wir
Im kommerziellen Kontext beschäftigt man sich bei- können festhalten:
spielsweise mit den Fragen, wie die Anzahl der anderen
Werbespots oder Wiederholungen die Werbewirkung Entscheidend ist, welche Wissensstrukturen der thema-
eines speziellen Spots beeinflusst (quantitative Aspekte, tische Kontext aktiviert.
z. B. Malaviya, 2007), ob die Ähnlichkeit zwischen Spots Durch den thematischen Kontext aktivierte Wissensstruk-
eine Rolle spielt (qualitative Aspekte, z. B. Poncin, Pieters turen bestimmen darüber, wie Werbung rezipiert wird.
und Ambaye, 2006) oder ob auch Emotionen von Spot zu
Spot übertragen werden können. Poncin und Derbaix In der Marketingpraxis sind Koppelungen von Bericht-
(2009) zeigen anhand von Aufklärungskampagnen wie erstattung und Werbung an der Tagesordnung: „Große
„Don’t drink and drive“, dass die negativen Emotionen, Medienvermarkter bieten werbetreibenden Unterneh-
die ein Spot auslöst, auf den nächst folgenden übertragen men umfassende Marketingpakete an, die redaktionelle
werden. Im Rahmen des redaktionellen Kontexts kann (anmutende) Berichterstattung mit Werbung verbinden.
noch einmal differenziert werden nach Art des Mediums Werbeleiter gerade in kleineren und spezialisierten Un-
(z. B. Zeitung vs. Fernsehen) oder Art des Programms ternehmen kennen das anzutreffende Phänomen, dass
(z. B. sachliche Berichterstattung vs. Fernsehserie). Printmedien aktiv an Unternehmen herantreten, um
Im Folgenden wollen wir zwischen (1) sachorientierten gezielt Werbeplätze im Umfeld redaktioneller Bericht-
Berichterstattungen und (2) fiktionalen Programmen als erstattung über das Unternehmen oder seine Produkte
Umfeld differenzieren. zu verkaufen. Angesichts der oft knappen Werbebudgets
Zu (1): Ein grundlegendes (ein „Klassiker-Experiment“) in KMU ist die Frage der Wirksamkeit solcher teuren
Experiment zur Produktbeurteilung stammt von Yi Bericht-Anzeige-Koppelungen von hoher Relevanz“
(1990). Ein als groß und robust beschriebenes Auto kann (Germelmann und Gröppel-Klein, 2007, S. 219).
von Konsumenten entweder als „Kraftstoff-Fresser“ oder Ein weiteres Projekt zu dieser Thematik stammt von Ger-
als „Sicherheitsgarant“ interpretiert werden, also entwe- melmann (2009). Der Autor ging der Frage nach, inwie-
der mit negativen oder positiven Empfindungen einher- fern positive Medienberichterstattung in Zeitschriften
gehen. Yi vermutete, dass diese Wahrnehmung durch über Unternehmen, Produkt- oder Dienstleistungsmar-

Kontext:
Allg. Thema des
Werbung Medienberichts Kontextwirkung

„Sicherheit“ positive
Interpretation:
„Große Autos
sind sicher!“

Werbung für ein „Energiesparen“ negative


großes Auto Interpretation:
„Große Autos
Allgemeines Thema
des Berichts, kein verbrauchen
Abb. 238: Kontexteffekte (in An- Autobezug viel Benzin!“
lehnung an Yi 1990, 1993)
580 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

ken einen Einfluss auf die Werbung für diese Produkte Werbespot ein Waschmittel, wobei dieser Spot im Wer-
und Dienstleistungen im Umfeld der Medienberichte beblock von Desperate Housewives ausgestrahlt wurde.
ausübt. Die Experimente sollten zeigen, ob eine redak- Der Schauspieler Rainer Hunold, in der TV-Serie Dr. Som-
tionelle Unterstützung durch eine „Koppelung“ von merfeld – Neues vom Bülowbogen als Arzt zu sehen, wirbt in
Berichten und Werbeanzeigen zu positiven Effekten einem TV-Spot für ein Medikament.“ Betrachtet man die-
oder zu Reaktanz führt. Dazu wurden drei Experimen- se Beispiele, so entsteht die Frage, wie Konsumenten auf
te durchgeführt, die durch ein „quasi-biotisches“ (im solche Verknüpfungen reagieren und inwieweit sie sich
Gegensatz zum Forced-Exposure-) Design gekennzeich- bei der Beurteilung der aus Filmen oder TV-Serien „ent-
net sind: Hierbei wurde versucht, die für Werbe- und sprungenen“ Werbepersonen an deren Charakteristika
Medienwirkungsstudien typische Laborsituation zu aus dem fiktionalen Programm orientieren und welche
vermeiden und den Kontakt mit Bericht und Werbung Auswirkungen auf die Werbewirkung zu verzeichnen
in einer möglichst natürlichen Situation herzustellen. sind. Zur Beantwortung dieser konkreten Fragestellun-
Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass eine Koppelung gen liegen nicht sehr viele Forschungsergebnisse vor.
zwar zu verbesserter Erinnerung an die Werbung führen Spilski (2011) untersuchte in verschiedenen Experimen-
kann, die Einstellung zur Werbung – und damit auch ten, ob sich ein kongruenter Werbekontext positiv auf
zur beworbenen Marke – jedoch im Zeitablauf schlechter die Werbewirkung auswirkt. Die Kongruenzvariable
wird. Dieser negative Einstellungseffekt kann mit dem wurde bei einem der Experimente so manipuliert, dass
Wissen der Konsumenten über Überzeugungstechniken eine Gruppe von Probanden einen Filmausschnitt aus
erklärt werden. Dieses Wissen setzt als Heuristik zur der Arztserie „Dr. Sommerfeld“, eine zweite Gruppe ei-
Beurteilung der Werbung ein, wenn das Involvement mit nen Ausschnitt aus einer Gerichtsserie mit demselben
der Werbung gering ist. Der positive Erinnerungseffekt Schauspieler sah. Anschließend wurde beiden Gruppen
kann hingegen auch durch eine kurze Wiederholung ein Werbefilm präsentiert, der den Schauspieler Hunold
der Werbung erzielt werden (z. B. bei der Radiowerbung als Werbepresenter für ein Medikament zeigte (siehe
durch einen kurzen Reminder-Spot später im Werbe- Abb. 239).
block). Von einer redaktionellen Unterstützung muss Die Ergebnisse zeigen, dass unter der kongruenten Ver-
auf der Basis dieser Studien also eher abgeraten werden. suchsbedingung die Konsumenten signifikant stärker
Zudem zeigt sich, dass es sinnvoll ist, die Wirkung der aktiviert waren und der Werbefigur mehr Glaubwür-
Koppelung unter möglichst realistischen Feldbedingun- digkeit und Vertrauen zuschrieben. Spilski (2011) konnte
gen zu messen. diesen Befund durch weitere Experimente untermau-
Zu (2): Werbung speziell im Umfeld fiktionaler Kontexte: ern. Spilski (2011, S. 239) erklärt auch, dass es prinzipi-
Die bereits in diesem Buch erörterte Kultivierungshy- ell möglich ist, dass „fiktionale Bedeutungen über das
pothese besagt, dass der zunehmende Medienkonsum Anschauen des fiktionalen Medieninhalts hinaus auch
dazu führt, dass Konsumenten glauben, die reale Welt in Marketingmaßnahmen“ Einzug finden können. Ein
sei so wie die medial dargestellte Welt. Ebenso können typisches Beispiel für die Verzahnung von Fiktion und
fiktionale Informationen die Wahrnehmung der „realen Realität ist die schwedische Stadt Ystad, die seit vielen
Welt“ beeinflussen. Manche Firmen nutzen dies ganz Jahren Sightseeing-Touren auf den Spuren des Kommis-
gezielt für ihre Marketingmaßnahmen, um damit eine sars Wallander anbietet.
Reihe von bildlichen und verbalen Assoziationsketten
auszulösen. So knüpft ein Werbefilm für den Audi A6 Die Kontextforschung ist nicht eindeutig. Alles in allem
gezielt an den Filmklassiker „Die Reifeprüfung“ an und lässt sich jedoch aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse
zeigt, ebenfalls mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle die Hypothese wagen, dass bei Kongruenz zwischen Wer-
des Werbespots, eine moderne Version der Reifeprüfung. bung und Umfeld eine bessere Werbewirkung zu erzielen
Ebenso kann man der Werbepraxis entnehmen, dass eine ist. Dies dürfte sich noch verstärken, wenn mobile Wer-
Verflechtung von Serien (also dem TV-Programm) und bung auf dem Smartphone mit betrachtet wird (was wir
Werbung durchgeführt wird (Gröppel-Klein und Spilski, hier bisher nicht berücksichtigt haben). Nach einer Studie
2009, S. 116): „Der Schauspieler Manfred Krug spielte in von Ketelaar, Bernritter et al. (2017) wirkt sich Kongruenz
zwischen Werbung und Ort (location-based advertising)
der TV-Serie Liebling Kreuzberg einen Rechtsanwalt und
positiv auf das Kaufverhalten aus.
war in einem Werbespot für eine Rechtsschutzversiche-
rung tätig. Die US-amerikanische Schauspielerin Marcia
Cross, die in der TV-Serie Desperate Housewives die nach Abschließend bleibt zu diesem Kapitel zu sagen, dass
außen perfekte und pedantische Hausfrau, Ehefrau und das Thema Medienkontextforschung längst nicht aus-
Mutter Bree Van de Kamp verkörpert, empfiehlt in einem geschöpft ist und sicherlich in den nächsten Jahren noch

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C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 581

Manipulation des fiktionalen


Medienkontexts mit zwei Varianten, Konstanter
Schauspieler bleibt konstant Werbefilm

Ausschnitt aus
Passender
der Arztserie
fiktionaler
„Dr. Sommerfeld
Medienkontext
– Neues vom
Bülowbogen“

Ausschnitt aus Nicht


Abb. 239: Versuchsaufbau der Serie passender
kongruenter und inkongruenter „Der fiktionaler
fiktionaler Medienkontext Staatsanwalt“ Medien-
(Quelle: in Anlehnung an Spilski kontext
und Gröppel-Klein, 2008)

viele interessante Erkenntnisse bereithalten wird. Der Zapping: Vermeidung von Werbespots durch Wech-
Kontext spielt eine wichtige Rolle im Online-Bereich und seln des Fernsehkanals
beim mobilen Marketing (s. o.), ist hier allerdings erst Zipping: Vermeidung von Werbung durch Auf-
wenig erforscht worden, wie Kwon, King et al. (2019) fest- zeichnen des Programms auf Video und Vorspulen
stellen können. Die Autoren mahnen gerade für diesen („fast-forwarding“) der Werbung beim Ansehen der
Bereich weitere Forschung an. Aufzeichnung (Friedrichsen und Friedrichsen, 2004,
S. 27).
3. Vermeidung von Werbung Skipping: Vermeidung von Werbung durch Aufzeich-
Die Erkenntnisse zur Kontextwirkung zeigen, dass in- nen des Programm mit einem digitalen Videorecor-
novative und spannende Werbebotschaften auch durch der (DVR) und „Springen“ in den Werbepausen
die Nutzung fiktionaler Vorlagen entwickelt werden in z. B. 30-Sekunden-Intervallen bis zum erneuten
können. Aus dem Product Placement kennen wir diese Einsetzen des Programms (Bellman, Schweda und
grundsätzliche Idee (z. B. Einbindung von Produkten in Varan, 2010, S. 71).
Spielfilme) schon seit längerem (siehe Dritter Teil, C.III.4). (b) Physische Werbevermeidung: Verlassen des Raumes
Es ist aber auch notwendig, neue kreative Werbekonzepte während einer Werbeunterbrechung (vgl. Friedrich-
zu entwickeln, da immer mehr Konsumenten versuchen, sen und Friedrichsen 2004, S. 26).
Werbung zu vermeiden. (c) Psychisches Zapping (auch „cognitive avoidance“): Wäh-
Insbesondere Werbung, die das laufende Fernsehpro- rend der Werbeunterbrechung beschäftigt sich der
gramm oder die laufende Mediennutzung (z. B. im Inter- Konsument mit anderen Dingen, verbleibt jedoch im
net) unterbricht, ist bei Konsumenten unbeliebt (Nelson, Raum. Dem Fernseher wird in dieser Zeit wenig oder
Meyvis und Galak, 2009; Friedrichsen und Friedrichsen keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (Friedrich-
2004, S. 25) und wird von ihnen oftmals als Störung oder sen und Friedrichsen, 2004, S. 27).
aufgezwungene Unterbrechung („intrusiveness“) ange- (d) Entscheidung für Pay-TV: Werbung wird dadurch ver-
sehen. Daraus ergibt sich oftmals ein Meidungsverhalten. mieden, dass Konsumenten Bezahlfernsehen nutzen,
Vermeidung von Werbung im Fernsehen: Im Bereich bei dem Werbung erst gar nicht gezeigt wird (Jäckel,
des Fernsehens ist für die Werbespotvermeidung vor 1993, S. 11).
allem der Begriff „Zapping“ bekannt. In der Literatur Während mechanisches Zapping mit technischer Hilfe
(Bellmann, Schweda und Varan, 2010; Rossmann, 2000; erfasst werden kann, ist die Messung der physischen und
Jäckel, 1993) werden jedoch verschiedene Arten der Wer- psychischen Werbevermeidung sehr schwierig und stützt
bevermeidung unterschieden: sich häufig auf Befragungen (Friedrichsen und Fried-
(a) Mechanische Werbevermeidung: Vermeiden von Wer- richsen, 2004, S. 27). Dabei ist bei mündlicher Befragung
bung mithilfe von technischen Geräten davon auszugehen, dass mehr Konsumenten angeben,
582 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Werbung zu vermeiden, als es tatsächlich der Fall ist. Da der Besorgnis, dass damit das Ende des typischen 30-Se-
Werbevermeidung in unserer Gesellschaft vielfach als kunden-TV-Werbespots eingeläutet sei (Du Plessis, 2009;
„erwünschtes Verhalten“ gilt, wird es von Konsumenten Bellmann, Schweda und Varan, 2010; Brasel und Gips,
häufig übertrieben dargestellt. 2008). Konsumenten könnten schließlich sehr viel ein-
facher als bisher Fernsehsendungen aufzeichnen und
Die „Lücke“ zwischen dem Programmpublikum und
die darin enthaltenen Werbespots vorspulen oder über-
dem Werbepublikum ist insbesondere für die Media-
springen (Bellmann, Schweda und Varan, 2010). Obwohl
planung und Werbekostenplanung von Unternehmen
das Überspringen eines Spots mit den digitalen Geräten
relevant. Unter Berücksichtigung der Messschwierigkeit
möglich ist, konzentriert sich die Forschung bisher vor
geben Studien vorsichtig geschätzte Zapping-Verlust-
allem auf die Wirkung des Vorspulens von Werbespots
spannen von 11 bis 21 % (Friedrichsen und Friedrichsen,
(als Ausnahme kann die Studie von Bellmann, Schweda
2004, S. 27) bzw. 5 bis 10 % (Schweidel und Kent, 2010,
und Varan, 2010, gesehen werden, die diese beiden For-
S. 18) an. Bellmann, Schweda und Varan (2010) geben
men vergleicht). Beim Zipping wird angenommen, dass
einen Überblick über Studien, die die verschiedenen
Konsumenten den schnellen Durchlauf des Spots beob-
Formen der Werbevermeidung betrachten: Hier zeigen
achten; beim Skipping wird davon ausgegangen, dass
sich sehr ungenaue Ergebnisse, die sich in Spannen von
Konsumenten, bevor sie den „Sprung“ durchführen, zu-
29 bis 48 % für die psychische (kognitive) Werbevermei-
mindest den Beginn des jeweiligen Spots wahrnehmen,
dung, 11 bis 71 % für die physische Werbevermeidung
um zu entscheiden, ob ein Sprung notwendig ist oder das
sowie 3 bis 53 % für die mechanische Werbevermeidung
Programm fortgesetzt wird. In beiden Formen nehmen
niederschlagen. Wenngleich also einige Studien von ge-
Konsumenten den Spot entweder in veränderter oder
ringerer Bedeutung ausgehen, darf das Phänomen der
verkürzter Form wahr (Bellman, Schweda und Varan,
Werbevermeidung nicht vernachlässigt werden: Da die
2010). Die Laborstudie von Bellman, Schweda und Varan
Preise für die Schaltung von Werbespots häufig auf den
(2010) zeigte, dass Zipping (Vorspulen) dem normalen
Einschaltquoten des redaktionellen Programms basieren,
Ansehen von Werbung in Bezug auf Erinnerungs- und
vergrößert die Diskrepanz zwischen Programm- und
Einstellungsmaße unterlegen ist, während sich für Zap-
Werbepublikum die effektiven Kosten, die für das Errei-
ping und Skipping keine Unterschiede ergaben. Andere
chen des Zielpublikums nötig sind (Schweidel und Kent,
Feldstudien zu den Folgen der Werbevermeidung durch
2010, S. 18). Angesichts der hohen Kosten für die Schal-
Vorspulen der Spots geben dagegen bisher weitestgehend
tung von Werbespots für Unternehmen können selbst
„Entwarnung“: Bronnenberg, Dube und Mela (2010) un-
gering wirkende Diskrepanzen in der Publikumsgröße
tersuchten den Einfluss der Nutzung von DVR auf die
wichtige Effekte auf die quantitative Werbewirkung ha-
Verkaufszahlen der beworbenen Produkte. Hierzu wurde
ben (Schweidel und Kent, 2010, S. 18).
das Kaufverhalten von Teilnehmerhaushalten des IRI
Schweidel und Kent (2010) analysierten die Werbevermei- BehaviourScan-Panels untersucht. Fast 14.000 Haushal-
dung von amerikanischen Konsumenten über eine Zeit- ten wurde ein kostenloses DVR-Gerät angeboten, 1.588
dauer von neun Monaten und konnten zeigen, dass sich Haushalte nahmen dieses Angebot an und bildeten die
das Werbevermeidungsverhalten zwischen Programmen DVR-Gruppe. Im Rahmen der Panel-Erhebung wurde
verschiedener Genres unterscheidet. „Dramas“ leiden ihr Kaufverhalten 13 Monate vor und 16 Monate nach
weniger unter dem Phänomen als z. B. „Realityshows“, dem DVR-Erhalt vermerkt. Als Vergleichsgruppe dienten
bei denen relativ mehr Zuschauer in den Werbeunter- Haushalte, die kein DVR-Gerät besaßen. Die Ergebnisse
brechungen den Kanal wechseln. Dennoch konnten die der Untersuchung zeigen, dass die Nutzung von digitalen
Autoren zeigen, dass auch innerhalb dieser Genres starke Videorecordern keinen Einfluss auf das Kaufverhalten
Unterschiede bestehen; bei den jeweiligen „Blockbus- zeigte.
tern“ eines Genres findet Werbevermeidungsverhalten Diese Nulleffekte können verschiedene Ursachen haben
am wenigsten statt, sodass eine „Mitteilung“ über ein (Bronnenberg, Dube und Mela, 2010, S. 1007 ff.):
Programmgenre zu Fehlinterpretationen führen kann
●● Die Konsumenten nutzen die Funktion zum Vorspulen
und die Autoren spezifische Analysen je Sendung emp-
von Werbung in weitaus geringerem Maße als ange-
fehlen.
nommen.
Die Phänomene des „Zipping“ und „Skipping“ (s. o.) ●● Die Geräte ermöglichen einen höheren Fernsehkon-
haben die Werbewirkungsforschung in den letzten Jah- sum in der Freizeit, dadurch werden die Rezipienten
ren besonders stark beschäftigt. Mit dem Aufkommen häufiger mit Schnelldurchläufen konfrontiert – auch
der digitalen Videorecorder ging eine Art „Aufschrei“ Schnelldurchläufe wirken (siehe Du Plessis, 2009,
durch die Werbeforschung und -praxis, verbunden mit S. 236; Brasel und Gips, 2008, S. 32).
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 583

●● Auch Nicht-Nutzern von DVR-Geräten stehen Mög- Langeweile, Habitualisierung (Fernsehen wird gewohn-
lichkeiten zur Werbevermeidung zur Verfügung (sie- heitsmäßig genutzt), Selbstfindung (Rezipient definiert
he die oben diskutierten Formen der physischen und sich über die Programmnutzung) und Geselligkeit (Me-
psychischen Werbevermeidung). dienpersönlichkeiten ersetzen reale Gesprächspartner).“
Obwohl diese Erkenntnisse zunächst entwarnend klin- In diesem Kontext ist die Studie von Wang und Calder
gen, stellt sich die Frage nach dem Unterschied zwischen (2006) zu nennen, die den Prozess des „Transportation“
Markenerinnerung und Erinnerung an die jeweilige Bot- (Green und Brock, 2000) betrachtet. Damit ist das Aus-
schaft der Werbespots. Sicherlich ist es für spätere Käufe maß angesprochen, mit dem sich Konsumenten in eine
von Vorteil, wenn sich Konsumenten an Marken aus der Medienhandlung (Geschichte, Film, etc.) hineinverset-
Werbung erinnern können. Werbung hat jedoch in den zen. Konsumenten mit hohen Graden an „Transporta-
meisten Fällen das Ziel, Produkt- und Markenpositionie- tion“ blenden die Geschehnisse um sich herum völlig
rungen vorzunehmen und die Marke mit spezifischen aus, gehen in der Handlung auf, können sich kognitiv
Erlebniswerten zu verknüpfen (vgl. die Ausführungen und emotional in die Charaktere hineinversetzen und
zur emotionalen Konditionierung). In diesem Zusam- sich in sie „einfühlen und wollen unbedingt wissen, wie
menhang weisen verschiedene Quellen auf die Wichtig- die Handlung weitergeht“ (Green und Brock, 2000). Die-
keit eines Erstkontakts mit dem Werbespot in „normaler“ se Konsumenten empfinden nach den Ergebnissen von
Geschwindigkeit hin, damit die entsprechenden Erleb- Wang und Calder (2006) eine die Handlung unterbre-
niswerte des Spots vor dem Zipping, Skipping oder der chende Werbemaßnahme als störender als Konsumen-
psychischen Werbevermeidung bereits bekannt sind. Die ten, die geringe Grade an „Transportation“ aufweisen.
Studienergebnisse von Bellmann, Schweda und Varan Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Konsumenten
(2010) zeigen, dass die vorherige Bekanntheit des Spots mit geringem „Transportation“-Erleben Werbung auch
die gezeigten negativen Wirkungen der Werbevermei- weniger störend empfinden. Nun kann die Implikation
dung teilweise ausgleichen kann. Vorgespulte Werbe- aber nicht sein, „langweilige“ Programme zu entwickeln,
spots oder nur teilweise angesehene Spots wirken dann nur damit Konsumenten die Werbung als weniger stö-
als „reminder“. Von besonderer Bedeutung ist dabei rend empfinden. Stattdessen zeigen die Autoren, dass
aber eine starke, eindeutige und unmissverständliche bei Platzierung der Werbung am Ende der Handlung
Botschaft bereits beim ersten Werbekontakt. „Rätsel- (d. h., nach Abschluss der Geschichte) keine Unterschiede
spots“, die erst nach mehrfachem Ansehen verstanden in der empfundenen Störung zwischen Konsumenten
werden, wären hier kontraproduktiv (ebenda, S. 78). Du mit verschiedenen Transportation-Graden bestehen.
Plessis (2009, S. 238) gibt zudem die Empfehlung, Wer- Werbung, die nach Abschluss der Handlung platziert
bespots vermehrt in solchen Programmen zu platzieren, wird oder zumindest einen Spannungsbogen innerhalb
die in der Regel weniger häufig aufgezeichnet werden der Handlung nicht unterbricht, könnte demnach eine
(im Umfeld von Nachrichten oder Sportprogrammen Option zur Verminderung der empfundenen Störung
im Vergleich zu Filmen etc.), damit die Konsumenten durch Werbung sein. In der Praxis finden sich in die-
mit dem „normalen“ Spot in Kontakt kommen. Für die sem Zusammenhang Werbeformate, die versuchen, Kon-
Mediaplanung sind dabei in Zukunft verstärkt Daten sumenten am Wegschalten zu hindern, beispielsweise
darüber notwendig, welche Programme Konsumenten „Split-Screen-Werbung“, bei der die Bildschirmfläche
„live“ anschauen und welche Programme von ihnen auf- auf Programm und Werbung aufgeteilt wird, oder „Nur-
gezeichnet werden. ein-Spot-Werbung“, bei der die Werbepause so kurz wie
Wie oben bereits angesprochen, wird Werbevermeidung möglich gehalten wird.
unter Konsumenten als „sozial erwünschtes“ Verhalten In diesem Zusammenhang ist auch die bereits unter
angesehen (Werbung wird als Beeinflussungsversuch „Kontextwirkungen“ angesprochene Studie von Spil-
eingeordnet, und wer gibt schon gern zu, sich beein- ski, Leick et al. (2013) von Interesse, die untersuchte, wie
flussen zu lassen?) und in Befragungen entsprechend Medieninhalte, die bei Konsumenten negative Emotio-
übertrieben. Dies führt zu der Frage, ob Werbeunterbre- nen wie Angst (Horrorfilme) hervorrufen können, im
chungen tatsächlich als so negativ empfunden werden Zusammenspiel mit Werbung wirken. Wenngleich hier
wie allgemein angenommen. Friedrichsen und Friedrich- davon ausgegangen werden muss, dass die Fans solcher
sen (2004, S. 28) betonen: „Um die Gründe für die Werbe- Medieninhalte „Freude an der Angst“ (Andrade und
ablehnung zu verstehen, muss man die Gründe für den Cohen, 2007) verspüren und demnach ein Wunsch nach
Fernsehkonsum kennen. Die Hauptgründe sind dabei Fortsetzung besteht, sind auch Zuschauer denkbar, die
Unterhaltung und Information. Weitere Beweggründe den hohen Spannungsgehalt negativer Emotionen weni-
des Fernsehkonsums sind Eskapismus (Realitätsflucht), ger gut aushalten können, sodass eine Werbeunterbre-
584 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

chung als Möglichkeit des kurzfristigen Spannungsab- teten Bildschirminhalt überlagern (Chatterjee, 2008). Ad-
baus gesehen werden kann. Die Ergebnisse bestätigen, blocker sorgen dafür, dass Werbung dem Nutzer nicht
dass inkongruente Werbespots in der Lage sein können, mehr aufgedrängt wird. Aus Sicht der Content-Anbieter
einen kurzfristigen Spannungsabbau zu realisieren, und im Internet verringern Adblocker allerdings die durch
bei den Konsumenten zu einem Gefühl der „Erlösung“ Werbung generierten Einnahmen (da die Kontaktwahr-
führen können. scheinlichkeit nicht mehr gegeben ist). Als Gegenreaktion
Schließlich argumentieren Nelson, Meyvis und Galak werden manche Inhalte bei eingeschaltetem Adblocker
(2009), dass beim Fernsehkonsum nach einiger Zeit eine nicht mehr angezeigt. Der Nutzer muss also die Wer-
gewisse Form der Gewöhnung eintritt und die eintreten- bung in Kauf nehmen, um die Informationen lesen zu
de Werbepause den Konsumenten aus dieser Phase der können. Es gibt aber auch „freiwilliges“ Reduzieren der
Gewöhnung herauszureißen vermag. Die anschließen- Werbung als „vorbeugende Maßnahme“. In den sozialen
de Fortsetzung des Programms wird dann (unbewusst) Medien verspricht Facebook die Werbung zu minimie-
umso mehr genossen, was zu einer insgesamt besseren ren (W&V, 2018), bei YouTube kann man die Werbung
Beurteilung des Fernseherlebnisses führt. Vielleicht ist häufiger „überspringen“ (Watson, 2018). Es bleibt abzu-
dies ein Grund dafür, dass trotz der hohen Werte in warten, ob diese Maßnahmen nachhaltig sind. Während
Bezug auf die Absicht, Werbung nicht wahrzunehmen, das Fernsehen bisher weitgehend ein Medium ist, das
Konsumenten tatsächlich weniger Werbung vermeiden, nur in wenigen Fällen Programm und Werbung ver-
als man erwarten könnte (siehe die oben zitierten Span- mischt (Ausnahmen sind Split-Screen-Werbung oder
nen). ähnliche Werbeformate), ist das Internet von Beginn an
ein Medium, in dem der Bildschirm auf unterschied-
Vermeidung von Werbung im Internet: liche Botschaften (also z. B. Information und Banner)
Nach euphorischen Erwartungen an die Internetwer- aufgeteilt wird. Dabei ist die Werbung typischerweise
bung hat sich recht schnell ein realistisches Bild einge- in bestimmten Regionen des Bildschirms platziert. Bis-
stellt: Konsumenten zeigen auch im Internet zum Teil her wurde vermutet, dass Konsumenten gelernt haben,
erhebliches Werbevermeidungsverhalten. Mehr und diese Regionen zu ignorieren, z. B. die rechte Seite der
mehr Konsumenten installieren sogenannte Adblocker Google-Suchergebnisse, die Werbeanzeigen darstellen,
(wie Adblock Plus). Adblocker sind Filterprogramme, die zu meiden. Diese sogenannte „banner-blindness“ äu-
die Werbung auf Internetseiten blockieren. Ein Großteil ßert sich in sehr geringen Click-Raten. Diese Ergebnisse
der Werbebanner wird dadurch ausgeblendet und ist für basieren allerdings vor allem auf Selbstauskünften der
den Betrachter daher nicht mehr sichtbar. Konsumenten. Eine Studie von Hervet, Guérard et al.
(2011), in der Eyetracking angewandt wurde, zeigt jedoch,
Internetnutzung hängt von der Geschwindigkeit der Da-
dass Konsumenten mindestens einmal während ihres
tenübertragung ab. Wenn Konsumenten den Eindruck
Website-Besuchs die Anzeigen fixieren (auch wenn ihnen
haben, der Aufbau der Werbung geht zulasten des Auf-
dies wohl nicht bewusst war).
baus der eigentlich gewünschten Information, so kann
dies Verärgerung über die Werbung hervorrufen (Cho ●● Der Aspekt der Kongruenz zwischen Medieninhalt
und Cheon, 2004). Dies ist ebenfalls ein Grund, warum und Werbung ist auch im Internet relevant. Wir haben
sich Adblocker großer Beliebtheit erfreuen, da Webseiten unter dem Stichwort „Kongruenzforschung“ darü-
nach dessen Aktivierung meist schneller geladen werden ber berichtet (s. o.). Mit dem Aufkommen des „Tar-
können. Wenn das Internet weitgehend als Informations- geted Advertising“ hat der Begriff der Kongruenz
und Recherchemedium und zudem nicht nur im priva- jedoch Züge angenommen, die von Konsumenten als
ten, sondern auch im beruflichen Kontext zur Erfüllung negativ empfunden werden können. Beim Targeted
von Aufgaben genutzt wird, empfinden Konsumenten Advertising besteht die Möglichkeit, Konsumenten
Werbung im Internet als störend und ablenkend (Cho solche Werbung zu zeigen, die sich auf bisher durch
und Cheon, 2004). Die Auswirkungen dieser Störung den Konsumenten besuchte Webseiten bezieht. Hier
und Ablenkung durch Internetwerbung werden unter soll die Werbung genau auf die Interessen der Kon-
dem Stichwort „perceived intrusiveness“ untersucht (Ed- sumenten abgestimmt werden; denkbar sind jedoch
wards, Li und Lee, 2002). Im Internet existieren Werbefor- auch Bumerangeffekte, z. B. wenn sich der Konsument
men, die der Konsument nur schwer kontrollieren kann „überwacht“ und „verfolgt“ fühlt und Zweifel an
(Ha und McCann, 2008, S. 577). Angesprochen sind hier der Sicherheit seiner persönlichen Daten hegt. Beim
vor allem „Pop-up-Ads“ oder „expandables“, die für den Re-Targeting, das vor allem im Bereich des E-Com-
Konsumenten unvorhersehbar auftauchen, sich plötzlich merce eingesetzt wird, werden Nutzer beim Besuch
auf dem Bildschirm vergrößern und den gerade betrach- bestimmter Online-Shops (oftmals durch Cookies)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 585

markiert. Der Besucher kann somit nachverfolgt Zum Schluss soll an dieser Stelle auf einen weiteren
werden. Wenn der Konsument seinen Einkauf nicht rechtlichen Aspekt eingegangen werden, der bestimmt,
abschließt, sondern sich nur bestimmte Produkte an- unter welchen Prämissen Konsumenten mit digitalen
geschaut oder im Warenkorb geparkt hat, sondern sich Informationen konfrontiert werden dürfen: Das „Viral
stattdessen auf anderen Seiten des Internets tummelt, Marketing“ bezeichnet eine Marketingstrategie, bei der
dann werden über diese Nachverfolgungsmöglichkeit Informationen zu Produkten und Dienstleistungen sehr
die vorher angesehenen Produkte oder Dienstleistun- schnell (virusartig) verbreitet werden sollen („elektro-
gen der besuchten Webseite erneut angezeigt. Man nische Mund-zu-Mund-Propaganda“). Hierfür benötigt
erhofft sich, dass der Kauf nach wiederholter Expo- das werbetreibende Unternehmen Einwilligungen der
sition mit dem Artikel zu einem späteren Zeitpunkt Konsumenten. Unternehmen brauchen die Erlaubnis für
abgeschlossen wird. Je ökonomisch potenter der User einen (dauerhaften) werblichen Kontakt zum Kunden
eingeschätzt wird (was über frühere Käufe, Wohnsitze (z. B. für das Versenden von E-Mails, Newslettern etc.).
etc. eingeschätzt werden kann), desto intensiver wird Die 2018 in Kraft getretene Datenschutz-Grundverord-
das Re-Targeting vorgenommen (Carrascosa, Mikians nung (DSGVO) ist eine Verordnung der Europäischen
et al., 2015). In den USA gibt es die Möglichkeit, ein Union, mit der die Regeln zur Verarbeitung personenbe-
„Stop-Re-Targeting“ einzurichten, das gilt auch für zogener Daten EU-weit vereinheitlicht werden. Dadurch
Facebook. soll ein Schutz personenbezogener Daten innerhalb der
Europäischen Union sichergestellt werden.
●● Das (Re-)Targeting muss daher auch aus Sicht des Da-
tenschutzes betrachtet werden. Während sich bei der 4. Alternativen zur klassischen Werbung: Product
Fernsehwerbung diese Frage kaum stellt, gibt es be- Placement und Branded Entertainment
züglich der durch technische Mittel identifizierbaren
„Mein Name ist Brand, James Brand … Noch bevor die
Vorlieben des Konsumenten im Internet intensive Dis-
britische Popsängerin Adele den Titelsong zum neuen
kussionen. Während Targeted Advertising quasi „im
James-Bond-Film ,Skyfall’ singt und der Vorspann über
Hintergrund“ die Interessenlage des Konsumenten
die Kinoleinwand flimmert, haben die Produzenten be-
auswertet, legen viele Konsumenten z. B. in sozialen
reits einen ihrer Geldgeber in Szene gesetzt: den Uh-
Netzwerken freiwillig viele persönliche Daten offen,
renhersteller Omega. Sekundenlang ist die Kamera auf
die dann durch die Werbung ausgewertet werden.
die Uhr gerichtet, während James Bond in den Tiefen
●● Bezüglich der Bereitschaft von Konsumenten, Wer- eines reißenden Flusses versinkt“ (Slodczyk, 2012). Der
bung in sozialen Netzwerken aufzunehmen, zeigt sich Filmheld James Bond wurde von vielen Konsumenten
eine qualitative Studie von Kelly, Kerr und Drennan spaßeshalber James Brand genannt, da dieser nicht nur
(2010) mit jugendlichen Teilnehmern an sozialen Netz- im Auftrag seiner Majestät arbeitet, sondern auch für di-
werken wenig enthusiastisch. Nach ihren Ergebnissen verse Hersteller. Doch nicht nur James Bond-Filme, auch
sind die befragten Jugendlichen nicht an Werbung in andere Kinofilme, wie beispielsweise der Thriller Red
sozialen Netzwerken interessiert. Sie sehen Werbung Sparrow (mit einer Heldin), finanzieren sich teilweise
als Mittel zum Zweck, damit die Teilnahme am sozi- über das Product Placement (siehe Abb. 240).
alen Netzwerk kostenlos bleibt, ignorieren sie aber. Product Placement und Branded Entertainment versu-
Zudem zeigen sich Hinweise darauf, dass die (durch chen die Nachteile der klassischen Werbung zu verrin-
Warnungen von Eltern und Freunden erlangte) Kennt- gern, indem die Produktwerbung stärker mit Medienin-
nis, dass das soziale Netzwerk die eigenen Daten ver- halten verknüpft wird. So versucht man, eine subtilere
wertet, zu einer Art Unglaubwürdigkeit des Anbieters Wirkung zu erzeugen33. Doch wird dieses Ziel erreicht?
führt, die dann auf die Werbung übertragen wird. Russell und Belch (2005, S. 74) definieren Product Place-
Angesichts der Möglichkeit unbewusster Prozesse, die ment als „the purposeful incorporation of a brand into
durch Werbung auftreten können (siehe oben), müssen an entertainment world“ und beziehen sich damit vor
diese Ergebnisse (es handelt sich um Selbstauskünfte allem auf Medieninhalte, die der Unterhaltung dienen.
der Konsumenten) jedoch durch Folgeexperimente Damit sind nicht nur Filme und TV-Serien angespro-
bestätigt werden. Tucker (2014) zeigt z. B. mit einem Ex- chen, sondern auch Platzierungen in Radiosendungen,
periment auf, dass Konsumenten den Eindruck haben Musikstücken, Musikvideos, Videospielen oder Roma-
möchten, dass sie ihre Datenpreisgabe kontrollieren nen (vgl. Russell und Belch, 2005, S. 74; Van Reijmersdal,
können. Ist das der Fall, dann sind sie in der Folge
auch aufgeschlossener gegenüber personalisierter 33 Vielfach wird auch von „Guerilla-Produktinszenierungen“

Werbung. (Krieger, Esch et al., 2012) gesprochen.

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586 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Abb. 240: Beispiel für Product Placement in Kinofilmen

Neijens und Smit, 2009). Die Definition34 betont, dass nur Beispiele sind Filme und TV-Serien. Die Platzierung von
dann von Product Placement gesprochen werden kann, Marken in Videospiele wird als „in-game brand place-
wenn die jeweilige Marke absichtlich („purposeful“) im ment“ bezeichnet (hier tauchen in einem vorab gestalte-
Medieninhalt platziert wurde. Im Folgenden soll Product ten Spiel Marken auf). Im zweiten Fall wird die Erstel-
Placement nicht nur die Platzierung von Marken und lung des Medieninhalts von den Markenunternehmen
Produkten in Medieninhalte umfassen, sondern auch selbst initiiert und gesteuert. Der Medieninhalt wird
von Dienstleistungen, Orten und Organisationen. Die „um die Marke herum“ gestaltet. Beispiele sind soge-
Objekte sind entweder explizit markiert (z. B. BMW) oder nannte Advergames. Diese Form der Verknüpfung von
zeigen Hinweise auf eine dahinter stehende Institution Unterhaltungsmedien und Markenkommunikation wird
(Organisation, z. B. US-Armee im Film „Top Gun“; Ort, als „Branded Entertainment“ bezeichnet (Hudson und
z. B. Lüneburg in der TV-Serie „Rote Rosen“). Hudson, 2006). Zudem werden häufig informationelle
Product Placement kann von Medienproduzenten oder Medieninhalte und Markenkommunikation verknüpft;
von Markenunternehmen ausgehen (Van Reijmersdal, Beispiele hierfür sind Infomercials und Advertorials.
Neijens und Smit, 2009, S. 430). Im ersten Fall wird die Advergames sind „computer games specifically created
Erstellung des Medieninhalts von Filmstudios, Journa- to function as advertisements to promote brands whe-
listen, Produktionsfirmen etc. initiiert und gesteuert. re the entertainment content mimics traditional game
Markenunternehmen können ihre Marken und Produk- forms“ (Kretchmer, 2005, S. 7, zitiert in Cauberghe und De
te dann in diese Medieninhalte einbringen. Klassische Pelsmacker, 2010b, S. 5). Im Gegensatz zu „in-game brand
placement“ steht hier die Marke im Mittelpunkt, die Re-
34
geln des Spiels sind weniger komplex als bei „richtigen“
Karrh (1998) betont, dass der Begriff Brand Placement ge-
Videospielen und die Spieldauer ist deutlich kürzer, so-
eigneter sei, da in den meisten Fällen eine Marke und nicht
ein unmarkiertes Produkt hervorgehoben wird. Beide Begriffe dass Advergames problemlos über digitale Plattformen
werden jedoch oft als Synonyme verwendet und häufiger ist (Websites, Viral Marketing, Handy, Facebook) verteilt
der Begriff „Product Placement“ anzutreffen; er wird auch werden können (vgl. Cauberghe und De Pelsmacker,
hier verwendet.
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 587

2010b, S. 5). Terlutter und Cappella (2013) sprechen hier den dargestellten Handlungsverlauf integriert wird.
auch von der „Gamification“ der Werbung. Tuten und In diesem Fall verbessern sich Erinnerungsleistungen
Ashley (2016) machen darauf aufmerksam, dass Ad- an das platzierte Produkt (z. B. Russell, 2002). In die-
vergames durch den Austausch in virtuellen Gemein- sem Zusammenhang finden sich jedoch auch negative
schaften in ihrer Wirkung intensiviert werden können Ergebnisse: Wenn sich der Konsument zu stark auf
und bezeichnen solche Spiele als „social advergames“. die Verarbeitung des Medieninhaltes konzentriert,
Denkbar wären hier Online-Turniere oder zusätzliche dann bleiben keine kognitiven Ressourcen für die
Chat-Möglichkeiten im Spiel. Verarbeitung des Product Placement und die spätere
Infomercials sind „informative commercials“, die eine Erinnerung an die Marke; dies wurde von Nelson,
Mischung aus Werbespot und ausführlicher Produkt- Yaros und Keum (2006) insbesondere für Product Pla-
präsentation darstellen und häufig so gestaltet sind, dass cement in Videospielen gezeigt. Abhängig scheint dies
sie dem redaktionellen Programm im Fernsehen ähneln. jedoch von der Erfahrung der Videospieler zu sein;
Sie haben Eigenschaften der Werbung (z. B. werden nur erfahrene Spieler haben mehr kognitive Ressourcen
die positiven Produkteigenschaften hervorgehoben) und frei, die der Verarbeitung und späteren Erinnerung der
bieten eine Form des Produkterlebnisses (medial ver- Produktplatzierung zugutekommen (Chaney, Lin und
mittelt über Presenter, die die Produkte für den Konsu- Chaney, 2004). Die Kopplung mit Social Media-Aktivi-
menten ausprobieren; vgl. Singh, Balasubramanian und täten erhöht ebenfalls den Erfolg (Tuten und Ashley,
Chakraborty, 2000). Infomercials eignen sich auch zur 2016). Auch Lerntheorien und Assoziationstheorien
Kommunikation der Social Responsibility-Aktivitäten werden zur Erklärung von Product Placement-Wir-
von Unternehmen (Janssen, Swaen und Munten, 2017). kungen herangezogen (Van Reijmersdal, Neijens und
Smit, 2007). Die einem Medieninhalt (z. B. einem Film)
Ein Advertorial, eine Wortschöpfung aus „advertising“ oder Elementen des Medieninhalts (z. B. einem Schau-
und „editorial“, ist eine Art von Printanzeige, die so ge- spieler) entgegengebrachte Sympathie kann auf das
staltet ist, dass sie dem redaktionellen Teil einer Zeitung in den Medieninhalt platzierte Produkt übergehen
oder Zeitschrift ähnelt und mit diesem verwechselt wer- (Halo-Effekt). Wird ein Schauspieler in dem Film im-
den kann (Dix und Phau, 2009). Advertorials haben im mer wieder mit einem bestimmten Produkt gezeigt,
Bereich der digitalen Kommunikation sehr an Bedeutung so können die Bedeutungen, die der Konsument mit
gewonnen (Kim und Hanrock, 2017; Wojdynski, 2019) dem Schauspieler verbindet, auf das Produkt über-
und bergen aufgrund ihrer Aufmachung die Gefahr in gehen (Konditionierung). Dies kann sich verstärken,
sich, nicht als Werbung erkannt zu werden, auch wenn wenn außerhalb des Films Cross-Media-Maßnahmen
sie in Deutschland zumindest als solche gekennzeichnet durchgeführt werden, um das Product Placement zu
werden müssen. bewerben (Russell und Belch, 2005).
Sowohl Product Placement als auch Branded Entertain- ●● Für die Erklärung von Product Placement-Wirkun-
ment führen zu einer Vermischung von Medieninhalt gen ist auch das Source-Credibility-Modell relevant,
und Kommunikationsabsicht, was häufig auch als „ver- das – wie oben ausgeführt – erklärt, wann einer Quel-
schwimmende Grenzen zwischen Medien/Kultur/Un- le Glaubwürdigkeit zugeschrieben wird. Klassische
terhaltung und Marketing“ bezeichnet wird (z. B. Shrum, Werbung wird im Vergleich zu Product Placement
2004; Solomon und Englis, 1994). als weniger glaubwürdig angesehen, da Konsumen-
●● Es liegen verschiedene theoretische Ansätze vor, ten wissen, dass der Werbetreibende die Werbung
um die Wirkungsweise von Product Placement und erstellt, um damit Konsumenten zu beeinflussen. Pro-
Branded Entertainment zu erklären. Als abhängige duct Placement dagegen wird seltener auf eine kom-
Variablen werden dabei regelmäßig Aufmerksamkeit, merzielle Quelle zurückgeführt, was die Einstellung
Erinnerung, Einstellung und Kaufabsicht berücksich- zu den platzierten Marken verbessern kann. Russel
tigt (vgl. einen Überblick über vorhandene Studien zu (2002) zeigte jedoch, dass diese von der Modalität des
den einzelnen Theorien und Variablen bei Van Reij- Product Placements und der Integration des Product
mersdal, Neijens und Smit, 2009). Individuen sehen Placements in den Handlungsverlauf abhängt. Mo-
Medieninhalte häufig mit der Motivation der Unter- dalitätsvarianten sind visuelle (die Marke wird nur
haltung. Dabei kann ein integriertes Produkt von der gezeigt), auditive (über die Marke wird gesprochen,
Aufmerksamkeit profitieren, die auf den Fortgang des ohne sie zu zeigen) und audio-visuelle (die Marke wird
Medieninhalts gerichtet ist. Dies gilt insbesondere gezeigt, und es wird über sie gesprochen). In einem Ex-
dann, wenn Medieninhalt und Produkt gut mitein- periment verglich Russell (2002) diese Varianten und
ander verzahnt sind, d. h., wenn das Produkt gut in stellte fest, dass visuelle und auditive Product Place-
588 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

ments, die einen hohen Bezug zur Handlung haben, zu sein, die eine ablehnende Haltung gegenüber Werbung
positiven Einstellungen führen. Der Handlungsbezug einnehmen, wie eine Studie von Davtyan und Cunning-
mindert die Reaktanzgefahr (siehe Abb. 241). ham (2017) belegt. Die Autoren verglichen einen 30-se-
Zum Teil gehen Unternehmen ganz offensiv mit der kündigen Werbefilm mit Placement in einer Sitcom und
Platzierung ihrer Marken in Medieninhalten um und konnten feststellen, dass bei dieser skeptischen Personen-
verfolgen sogar das Ziel, dass Konsumenten das Pro- gruppe das Placement bessere Ergebnisse hinsichtlich
duct Placement im Film „suchen“. Hier dient Product der Einstellungen und Kaufabsichten erzielte als der klas-
Placement als Plattform für die Durchführung ande- sische Werbespot. Aus Sicht des finanziellen Erfolgs ei-
rer Kommunikationsmaßnahmen, wie beispielsweise nes Product Placements für ein Markenunternehmen auf
Sales Promotions (Russell und Belch, 2005, S. 86). Ebenso dem Finanzmarkt konnten Wiles und Danielova (2009)
schalten Unternehmen im Vorfeld von Filmpremieren zeigen, dass Product Placement, das mit Werbung kombi-
Werbung, um auf das im Film enthaltene Product Place- niert wird (sogenanntes „tie-in-advertising“), positiv mit
ment hinzuweisen: Kurssteigerungen der Marke am Aktienmarkt korreliert.
„Trinkt Martini und fährt Aston Martin – diese Beschrei- Schließlich spielt auch beim Product Placement der „Fit“
bung reicht eigentlich, um den Geheimagenten James zwischen Marke und Medieninhalt eine wichtige Rol-
Bond zu identifizieren. Es gab jedoch Ausnahmen, und le. Die Effektivität des Placements steigt bei hohem Fit,
eine davon begann mit einer Holzkiste, die bei der Pres- während bei Inkongruenz der eingeschleusten Marken
sekonferenz zum Bond-Film ,Goldeneye’ auf der Bühne mit der Geschichte oder den durch den Film vermittelten
stand, zwischen einem Aston Martin und einem Ferrari. Gefühlen weniger vorteilhafte Markeneinschätzungen
Plötzlich wurde ein BMW-Logo auf die Latten projiziert – die Folge sind (Gillespie, Muehling und Kareklas, 2018).
und die Filmwelt hatte eine neue Sensation: Bond fährt Auch die Interaktivität von Medien muss berücksichtigt
BMW. ,Die Nachricht schlug damals ein wie eine Bombe’, werden, sodass nicht alle Studienergebnisse zu Product
erinnert sich Johannes Schultz. Er hatte als Leiter der Placements auf sämtliche Medien übertragbar sind. Vi-
audiovisuellen Kommunikation bei BMW den Deal ein- deospiele sind z. B. durch ein hohes Maß an Interaktivität
gefädelt. Schultz: ,Ein Jahr lang spekulierte die gesamte gekennzeichnet, während dies bei Filmen nicht der Fall
Weltpresse über James Bond und seinen BMW. So eine ist. Diese Interaktivität bindet die kognitiven Ressourcen,
PR ist unbezahlbar’. Für welches Auto die Holzkiste auf die der Konsument ansonsten für die Bildung negativer
der Pressekonferenz stand, wurde erst 1995 bei der Pre- Gedanken über die Beeinflussungsabsicht verwenden
miere von ,Goldeneye’ bekannt: der BMW Z3. Es war ein könnte. Cauberghe und De Pelsmacker (2010b) zeigen,
genialer Werbe-Coup, denn schlagartig war der neue dass es dadurch keine Einstellungsunterschiede zwi-
Roadster der bayerischen Autobauer weltweit bekannt“ schen sehr auffälligen und weniger auffälligen Marken-
(Grünweg, 2012). einblendungen gibt.
Product Placement scheint vor allem für solche Kon- Trotz diverser Einschränkungen kann festgehalten wer-
sumenten eine geeignete Kommunikationsstrategie zu den:

Kombinationen von Modalität und Handlungsbezug

inkongruente nur visuell, audio-visuell, inkongruente


Wirkungsstärken ohne Handlungs- ohne Handlungs- Wirkungsstärken
Reaktanz-Gefahr! bezug bezug Reaktanz-Gefahr!

übereinstimmende
übereinstimmende
nur visuell, audio-visuell, Wirkungsstärken
Wirkungsstärken
mit Handlungs- mit Handlungs- Positive
Positive
bezug bezug Markeneinstellung,
Markeneinstellung,
gute
aber geringe Abb. 241: Wirkung von Product
Erinnerungswerte Placement (in Anlehnung an
Erinnerung
Russell, 2002)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 589

einer signifikanten Erhöhung des Markenbewusstseins


Product Placement, auch in Verbindung mit Werbung,
kann – sofern ein Bezug zwischen der Marke und dem
und zu verbesserten Einstellungen führte.
Medieninhalt erkennbar ist – positive Auswirkungen auf Übrigens wirkt Placement in Songs auch bei Erwachse-
die Erinnerungs- und Einstellungswerte haben. nen: Nach dem Erfolg von Udo Jürgens’ Musiktitel „Grie-
chischer Wein“ soll der Umsatz griechischen Weins um
Die meisten Studien zum Product Placement berücksich- 40 % gestiegen sein, vielleicht nicht vorab beabsichtigt,
tigen Filme und TV-Serien sowie Videospiele als Medien- aber dennoch wirkungsvoll.
inhalte. Aber auch andere Anwendungen wie audio-vi- Ein Zukunftstrend liegt in der Personalisierung von
suelle Placements in Musikvideos (z. B. Schemer, Matthes Product Placement, die mithilfe technischer Mittel mög-
et al., 2008; Ferguson und Burkhalter, 2015; Burkhalter, lich ist. Wenn z. B. der Fernseher des Konsumenten mit
Curasi et al., 2017), verbale Placements in Romanen (z. B. dem Internet verbunden ist, können darüber Profildaten
Brennan, 2008; Barnhardt und Manzano, 2016) oder ver- des Konsumenten ermittelt werden, die die Präferenz für
bale Placements in Songs (z. B. Delattre und Colovic, 2009; bestimmte Produktkategorien und Marken widerspie-
Van Vaerenbergh, 2017) werden zunehmend untersucht. geln. Diese Marken können dann in vorher definierte
Bei der Platzierung von Markennamen in Songtexten ist Szenen (Platzhalter) von Filmen, TV-Serien, Sportsendun-
zu differenzieren zwischen (1) „bezahltem Placement“ gen etc. eingeblendet werden, sodass jeder Konsument
und (2) einer Nennung des Markennamens, weil der mit speziell auf ihn zugeschnittenen Product Placements
Künstler die Marke interessant, liebenswert oder pas- in Kontakt kommt (López-Nores, Pazos-Arias et al., 2010;
send zum Text empfindet (Van Vaerenbergh, 2017). Ein Trifts, und Aghakhani, 2018). Das Experiment von Trifts
Beispiel für den zweiten Fall (Gröppel-Klein, 2008): Der und Aghakhani (2018), die von dem einzelnen Konsu-
in den USA äußerst bekannte (und mit einem geschätzten menten präferierte Marken in E-Books einschleusten,
Vermögen von 600 Millionen Dollar ziemlich wohlha- gibt Anlass, an die Effizienz dieses Verfahrens zu glau-
bende) Rapper Jay-Z hat sich in einem seiner Rap-Songs ben. Die Autoren erklären jedoch, dass die Nennung der
mit der Marke Champagne Cristal auseinandergesetzt. Marken subtil erfolgen sollte. Was passiert also, wenn
Das führte dazu, dass Jugendliche Cristal Champagne die Konsumenten erfahren, wie die Marken in das Buch
als Kultmarke empfanden. Das Unternehmen war jedoch gekommen sind? Es könnte durchaus sein, dass Konsu-
entsetzt, dass ausgerechnet ein Rapper (wahrscheinlich menten solche Personalisierungen als Verletzung ihrer
in Unkenntnis seines Lebensstils) seinen Markennamen Privatsphäre sehen und in der Folge Reaktanzverhalten
überraschenderweise promotete, und äußerte sich mit zeigen. Welche rechtlichen Regeln greifen hier? Muss in
Worten wie „Wir können leider manchen Leuten nicht Deutschland auf dem Buchcover stehen: „Dieses Buch
verbieten, unseren Champagner zu kaufen“, wonach ist mit Unterstützung der Marken X, Y, Z verfasst wor-
Jay-Z seinen Songtext änderte. Infolgedessen war der den“ oder sind die Markennennungen notwendig, um
Champagner bei den Jugendlichen nicht mehr angesagt. die Charaktere der Handlung auf den einzelnen Leser
zugeschnitten zu skizzieren, sodass sich der Leser ganz
Auch die Firma McDonald’s hat mit Song Placements ver- individuell besser mit den Buchhelden identifizieren
sucht, Jugendliche für sich zu gewinnen. Rapper wurden kann? Hier ist weitere Forschung notwendig.
dazu aufgefordert, in Rap-Texten das Wort „Big Mac“
einfließen zu lassen. Wenn diese Songs dann auch tat-
sächlich im Radio gespielt wurden, bekamen die Rapper
IV. Kommunikation im digitalen Zeitalter
dafür eine gewisse Gebühr. Die Vertreter der „Campaign
for a Commercial-Free Childhood“ nötigten McDonald’s
jedoch, mit dieser Strategie aufzuhören, weil sie fürch- 1. Virtuelle Welten online und offline
teten, dass durch die Rap-Texte die Kinder in Amerika Im gesamten Verlauf dieses Buches sind wir immer wie-
noch mehr Burger essen würden, was für die Gesundheit der auf die Frage eingegangen, wie die Neuen Medien,
nicht unbedingt förderlich ist. Im Umkehrschluss heißt insbesondere das Internet, die inneren psychischen Pro-
dies jedoch auch, dass die Organisation davon überzeugt zesse der Konsumenten, aber auch das reale und virtuelle
war, dass Rapper die Jugendlichen stark in ihrem Ernäh- Miteinander zwischen den Konsumenten beeinflussen.
rungsverhalten beeinflussen können. Das Internet ist ein so zentrales Medium in unserem Le-
Van Vaerenbergh (2017) kann mittels eines Experiments ben geworden, dass es aus verhaltenswissenschaftlicher
nachweisen, dass im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, Sicht wenig sinnvoll gewesen wäre, für die Wirkungen
bei der kein Placement durchgeführt wurde, sowohl das des Internets auf den Konsumenten ein eigenes Kapitel
nicht-bezahlte als auch das bezahlte Song Placement zu zu verfassen. Wenn wir uns z. B. mit der Umweltpsycho-
590 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

logie und ihrer Erklärungskraft für das Offline-Shopping „vorgaukeln“ (z. B. Disneyland, Epcort Center in Flo-
auseinandersetzen, dann ist es sinnvoll, in demselben rida; siehe auch Brown und Patterson, 200036).
Kapitel auch die Bedeutung dieser Theorie für das On- (2) Von den Medien vermittelte Umwelten: Hierzu zäh-
line-Shopping anzusprechen. Nichtsdestotrotz gibt es len die einfachen Darstellungen von künstlichen Um-
einige Aspekte speziell zu den virtuellen Welten und welten im Print- und Filmbereich sowie die durch
zur Digitalisierung, die wir bisher vernachlässigt haben Computersimulation vermittelten virtuellen Welten.
und die in diesem Abschnitt der Vollständigkeit hal- Für den Marketingbereich sind vor allem solche vir-
ber aufgeführt werden sollen. Dem/der nur an Neuen tuellen Welten interessant, in die sich der Konsument
Medien interessierten Leser/in mag dieses Kapitel nicht nicht nur hineinversetzen kann, sondern in denen er
erschöpfend sein, er oder sie möge jedoch auch in den auch agieren und Veränderungen vornehmen kann.
anderen Kapiteln dieses Buchs die entsprechenden Aus- Das sind computergenerierte Einkaufsumwelten (sie-
führungen zu den Auswirkungen der Neuen Medien he Abb. 242), virtuelle Rundgänge durch Städte und
und der Digitalisierung auf das Konsumentenverhalten Hotels, aber auch die bereits besprochenen Adverga-
zur Kenntnis nehmen. mes (siehe Abschnitt zu Product Placement).
Zunächst wollen wir einige Begriffe definieren. Virtuelle Welten und Scheinwelten gewinnen immer stär-
Multimedia: Die Multimediakommunikation (Bruhn, ker an Bedeutung. Virtuelle, durch Medien dargestellte
2009, S. 453) beschäftigt sich mit der „zielgerichteten, Welten beeinflussen die reale Welt: Diese nimmt immer
systematischen Analyse, Planung, Durchführung und mehr Eigenschaften der virtuellen Welt an, sodass eine
Kontrolle eines computergestützten, interaktiven und klare Trennung nicht mehr möglich ist. Bleiben wir zu-
multimodalen Kommunikationssystems als zeitunab- nächst bei einem Beispiel aus dem Handel: Seit einiger
hängige Plattform eines zweiseitigen, von den indivi- Zeit bieten Einzelhändler (bspw. Topshop, Timberland)
duellen Informations- und Unterhaltungsbedürfnissen sogenannte „virtual fitting rooms“ an, in denen Kun-
des Rezipienten gesteuerten Kommunikationsprozesses den virtuell testen können, ob ihnen bestimmte Klei-
mit dem Ziel der Vermittlung unternehmensgesteuerter dungsstücke oder Schuhe stehen würden, ohne sie dabei
Botschaften“. Multimedia ermöglicht es, Angebote, Infor- tatsächlich physisch anprobieren zu müssen. Darüber
mationen und Interaktionsmöglichkeiten des Kunden in hinaus können per Touchscreen verschiedene Outfits aus
einem zuvor technisch nicht realisierbaren Ausmaß zu dem Sortiment des Händlers zusammengestellt, weitere
individualisieren. Kataloge, Produkte, Warenpräsentati- passende Artikel oder andere Größen herausgesucht wer-
onen, aber auch Dienstleistungen können auf die Wün- den (Roy, Balaji et al., 2018). Dabei kann der Einsatz dieser
sche und Bedürfnisse des Konsumenten zugeschnitten Technologien einerseits genutzt werden, um mit dem
werden. So werden durch Multimedia virtuelle Welten Konsumenten zu interagieren und durch das besondere
möglich. neuartige Shoppingerlebnis einen Mehrwert zu schaffen.
Andererseits birgt es auch Vorteile für den Händler, da
Der Begriff „virtuell“ kann zunächst breit ausgelegt
nicht mehr jeder Artikel in allen Größen und Ausfüh-
werden und beschreibt etwas Scheinbares, Gedachtes,
rungen auf Lager sein muss.
Nachempfundenes, etwas Künstliches, das nicht real
oder physisch vorhanden ist oder nur in der Vorstel-
lungswelt existiert. Die virtuellen Welten35 lassen sich 36
Scheinwelten wie Freizeitparks und Themenrestaurants,
grundsätzlich folgendermaßen einteilen: Showprogramme, Shopping-Malls, Märkte, Freilichtmuseen
etc. mit künstlichen Vulkanausbrüchen, gespielten Seeschlach-
(1) Erfahrungsumwelten: Das sind virtuelle Umwelten,
ten, kopierten Pyramiden usw. liegen im Trend. Es werden
die der Konsument aber real erfahren kann und die Mythen, Geschichten dargestellt, die uns in vermeintlich rea-
ihm bestimmte Themen, Länder oder Geschichten le Erlebniswelten versetzen. Viele Konsumenten suchen nach
einer „vom Alltag entrückten Oase des Glücks“, nach einem
irdischen Paradies (Opaschowski, 2000, S. 95). Nach der aus der
Kommunikationswissenschaft stammenden Eskapismusthese
35In früheren Auflagen hatten wir noch die sogenannten versuchen Individuen, aus ihrem alltäglichen Leben kognitiv
„mentalen Welten“ abgrenzt: Diese spielen nach wie vor eine und emotional auszusteigen. Die Menschen möchten ihre All-
wichtige Rolle, es sind Phantasiegebilde, die sich zum Teil tagssorgen vergessen, sich in eine Phantasie- und Traumwelt
weit von der Wirklichkeit entfernen, wie Vorstellungen des versetzt fühlen und Stunden der Freude, Entspannung und
Menschen über künstliche Welten. Oft werden sie durch be- Zerstreuung erleben. Virtuelle Welten können eskapistischen
sondere Bewusstseinszustände erreicht, zum Beispiel durch Tendenzen entgegenkommen, da das Individuum sie ohne Ge-
Drogen oder durch Hungern (z. B. die Drogenexperimente von fahr für sich selbst und ohne Verantwortung zu übernehmen
Huxley). Die mentalen Welten sollen in diesem Kapitel jedoch erleben und sie auch jederzeit wieder verlassen kann (Schwab,
ausgeklammert werden. 2000, S. 39 ff.).

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C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 591

Abb. 242: Virtuelle Showräume bei IKEA (Quelle: IKEA, 2019)

In der Medienliteratur wird im Zusammenhang mit gibt es ein mittlerweile berühmtes Beispiel: Lara Croft,
Unterhaltungsmedien und insbesondere mit Fiktionen die Avatarin38 und Protagonistin des Computerspiels
häufig von „verschwimmenden Grenzen“ zur Realität „Tomb Raider“, wurde in einem gleichnamigen Spielfilm
gesprochen (Gröppel-Klein und Spilski, 2009)37. Hierzu von einer realen Schauspielerin verkörpert.
Zu nennen ist hier auch „Ready Player One“, ein Scien-
37
Fantasiewelten erfreuen sich gerade in der stark technik- ce-Fiction-Thriller von Steven Spielberg, der 2018 in die
orientierten Welt großer Beliebtheit. Der Erfolg der Harry-Pot- Kinos kam. Der Film spielt im Jahr 2045, die Städte sind
ter-Bücher der britischen Schriftstellerin Joanne Rowling, die
weltweit alle Buchverkaufsrekorde schlagen, ist ein Beispiel
extrem heruntergekommen und bieten keine Lebensqua-
für eine solche Fantasiewelt. Eine ausführliche Analyse des lität. Um das Elend der Realität nicht sehen zu müssen,
Harry-Potter-Phänomens führen Brown (2001, 2002) sowie bewegen sich die Menschen in der virtuellen Welt der
Himmelsbach (2012) durch. Es handelt sich bei Harry-Potter OASIS. Das ist ein sogenanntes Multiplayer-VR-Spiel ei-
interessanterweise um „retrograde“ untechnisierte Welten, ner Online-Plattform. In dieser erfundenen virtuellen
in denen es keine Computer und High-Tech-Geräte gibt, in
denen dagegen Dinge aus alten Märchen wie Zauberstäbe
und fliegende Besen eine große Rolle spielen. Auch wenn der sagen, es besteht ein Trend „zurück in eine Märchenwelt“, in
„Harry-Potter-Hype“ mittlerweile stark abgekühlt ist, so ist das der die Guten siegen und in der Werte wie Freundschaft und
grundsätzliche Phänomen auch heute noch für viele Menschen Tapferkeit eine wichtige Rolle spielen. Das ist übrigens auch bei
relevant: Der Konsument kann in eine Fantasiewelt eintauchen, vielen Online-Spielen zu beobachten.
38
die ihn für eine gewisse Zeit seinen Alltag vergessen lässt. Die „In der Mythologie sind ,Avatare’ wiedergeborene Wesen,
aufgebaute Scheinwelt stellt einen starken Gegenpol zu der All- die auf die Erde herabsteigen, um die bedrohte Weltordnung zu
tagswelt dar. Dieses Phänomen ist fast weltweit zu beobachten, schützen. Im Zeitalter des Computers sind Avatare neuartige
sodass sich vermuten lässt, dass in allen Menschen eine starke Identitäten oder Spielfiguren, die man sich nach dem Hinein-
Sehnsucht nach „heilen“ Welten vorhanden ist, in denen es eine steigen in die virtuellen Welten des Cyberspace zulegt. Der Be-
klare Trennung von Gut und Böse gibt und in denen das Gute griff wurde Anfang 1980 in den Computerbereich übertragen,
die Oberhand behält. Ein weiteres Beispiel ist „Der Herr der als Programmierer des US-Militärs nach einem Begriff für die
Ringe“ von Tolkien. Es ist zu vermuten, dass solche Bücher ar- menschlichen Artefakte in ihren Simulationsspielen suchten“
chetypische Muster im Konsumenten ansprechen. Man könnte (Schmidt, 1998, S. 1).
592 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Welt können die Menschen dem düsteren Alltag entflie- Avatars (Keeling und McGoldrick, 2008), die Bedeutung
hen. Die Nutzer können in andere Identitäten schlüpfen, des Avatars für den Konsumenten (hat er die Rolle des
sie können die unterschiedlichsten Orte besuchen, kurz- Einkaufsassistenten oder des Freundes?) als auch ganz
um, alles erleben, was sie möchten (auf den Pyramiden grundsätzlich die Frage, wie das „digitale Selbst“, also
in Ägypten Skifahren), die Grenzen liegen in der eige- wenn der Konsument selbst zum Avatar wird, unsere
nen Phantasie. Man kann auch Geld verdienen, dafür Gesellschaft verändert (Venkatesh, 2016).
einkaufen, man kann aber auch alles verlieren, wenn Im Folgenden wollen wir uns mit den virtuellen Welten
der eigene Avatar den Bildschirmtod stirbt. Der Spiegel beschäftigen, die durch technische Innovationen und das
(Kremp, 2018) schreibt dazu „Diese Handlung ist schnell Internet möglich geworden sind. Hier sind zunächst die
erklärt: Ausgerüstet mit VR-Brillen, VR-Anzügen und Begriffe „Augmented Reality“ und „Virtual Reality“
VR-Laufbändern machen Millionen Menschen in Oasis zu unterscheiden. Unter Augmented Reality (erweiterter
all das, was sie in der realen Welt nicht können: Sie beste- Realität) versteht man computergestützte Erweiterungen
hen Abenteuer, kämpfen in Schlachten, treffen Freunde der Realitätswahrnehmung. Das kann im Prinzip über
und sehen gut aus. Viele suchen außerdem nach einem alle Sinnesmodalitäten geschehen, bezieht sich aber in der
sagenumwobenen Schatz, den der Schöpfer von Oasis, Regel auf zusätzliche visuelle Informationen (z. B. Ergän-
James Halliday, dort vor seinem Tod versteckt hat: drei zung von Bildern oder Videos mit computergenerierten
Schlüssel, die das Tor öffnen zu einem ganz besonderen Zusatzinformationen oder virtuellen Objekten mittels
Easter Egg – so nennen Programmierer in ihrer Software Einblendung/Überlagerung). Beispielsweise werden bei
versteckte Überraschungen. Wer dieses Easter Egg findet, Skirennen die gefilmten Fahrten von zwei Skirennläufern
wird nicht nur automatisch zum neuen Eigentümer von übereinandergelegt, sodass man erkennen kann, wo der
Oasis, sondern nebenbei auch noch furchtbar reich.“… Sieger den Vorsprung gewonnen hat. Augmented Reality
„Mit ’Ready Player One’ hat Regisseur Steven Spielberg wird auch im stationären Handel eingesetzt. In manchen
einen Stoff verfilmt, der bei Nerds Kultstatus hat. Der Lego-Geschäften kann man Spielzeugverpackungen, die
Film ist ein Fest für Gamer“. mit einem QR-Code ausgestattet sind, vor eine Kamera
Avatare spielen auch im Marketing eine zunehmend halten, die dann das Produkt dreidimensional auf einem
wichtige Rolle, wie wir in verschiedenen Abschnitten Bildschirm zeigt. Ebenso gibt es es die Möglichkeit, sein
dieses Buchs haben sehen können (z. B. zum Thema Wohnzimmer zu fotografieren, und den neuen Sessel, den
„Vertrauen“). Avatare können vom Marketing kreiert man so schön findet, in Echtmaßen in das Bild zu inte-
worden sein, oder der Online-Konsument kann sie grieren, um zu prüfen, ob er passt. Wir haben auch schon
durch „Co-Creation“ selbst erschaffen. Avatare können darauf hingewiesen, dass Pokémon Go ein gutes Beispiel
mit Konsumenten interagieren, als Beratungspersonal für diese Technologie ist (auch wenn der Hype nicht lan-
oder zur Präsentation von Produkten; sie können auch ge anhielt). Für Furore hat auch die Augmented Reali-
den Konsumenten repräsentieren, indem der Avatar für ty-Kampagne für die Serie „The Walking Dead“ in Wien
den Kunden ein Kleidungsstück anprobiert. Avatare gibt gesorgt (Scholz und Smith, 2016, siehe auch Abb. 243).
es in verschiedensten Spielarten (animiert, bewegungs- Die Simulation der Wirklichkeit durch Virtual Reality
los, aktiv oder passiv; siehe Wood, Solomon und Eng- wird durch Dreidimensionalität, eine multiple senso-
lis, 2005). Untersucht wird zudem die Attraktivität des rische Ansprache und die Möglichkeit, sich selbst im

Abb. 243: „The Walking Dead“-Präsenta-


tion mit Augmented Reality (Fotos: Carlton,
2017)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 593

Raum (z. B. beim Einkauf) zu bewegen, bewerkstelligt. In menten erkannt. Die Kunden brauchen dann lediglich die
Zukunft können verstärkt taktile und auch olfaktorische gewünschten Waren in ihren Einkaufswagen zu legen
Reize einbezogen werden (z. B. durch Datenanzüge mit und nach Abschluss des Einkaufs den Laden zu ver-
Sensoren oder Datenhandschuhe, sogenannte Cyber- lassen. Das Anstehen und Scannen der Artikel an einer
grasps, und Datenhelme mit steuerbaren Duftpatronen, Kasse und der Bezahlvorgang entfallen gänzlich (Ives,
siehe auch Jin, 2011). Cossick und Adams, 2019). Computer Vision, Sensoren
Konstitutive Merkmale von Virtual Reality sind: und Deep-Learning-Technologie erkennen automatisch,
wenn Produkte aus dem Regal genommen bzw. wieder
●● Echtzeit,
hineingelegt werden (Grewal, Roggeveen und Nordfält,
●● Immersion (das Eintauchen) des Benutzers,
2017). Ein virtueller Warenkorb „merkt“ sich die gekauf-
●● Interaktion und
ten Artikel und beim Verlassen des Geschäftes wird der
●● Dreidimensionalität.
Betrag vom Konto des Kunden eingezogen. Der Kunde
Man kann verschiedene Grade der Immersion (des „Ein- benötigt lediglich ein Smartphone, einen Amazon Ac-
tauchens“) unterscheiden (vgl. Diehl, 2002, S. 13 ff.): Bei count und die Amazon Go App (Amazon, 2016).
der Vollimmersion tritt der Konsument in eine virtuelle
Welt vollständig ein. Diese Welt ist von der Außenwelt Schließlich wird „Virtual Reality“ mehr und mehr im
abgeschirmt (z. B. in einer Cave bzw. einem VR-Projekti- Tourismusbereich eingesetzt, um Konsumenten attrak-
onsraum), der Konsument nimmt nur noch die virtuelle tive Reiseziele nahezubringen (Kim, Lee und Jung, 2019).
Welt wahr. In einer solchen virtuellen Welt sind die Ge- Das kann allerdings auch einen Bumerangeffekt auslö-
setze der Physik aufgehoben; das Erlebnis in dieser Welt sen. Wenn die „echte“ Realität so täuschend echt mit der
steht vollkommen unter der Kontrolle der Erschaffer und virtuellen Realität wiedergegeben werden und man sich
Nutzer der Welt (Ramsamy, Haffegee et al., 2006). diese bequem vom heimischen Wohnzimmer anschauen
kann, warum sollte man noch die fernen Länder bereisen?
Bei virtuellen Läden mit Desktop-Virtual Reality wird
ein dreidimensionaler Raum simuliert, in dem sich der Mobiltelefone haben seit ihrer Einführung eine rasante
Betrachter per Maus, Stick, Ball oder Ähnlichem bewegen Verbreitung gefunden. Von den Anfängen des digitalen
kann (z. B. Küchenplaner bei IKEA). Um die 3-D-Shops Mobilfunks Anfang der 1990er-Jahre mit marginalen
ist es ein wenig ruhiger geworden. Die meisten derzeit Nutzerzahlen konnten in Deutschland laut Statistischem
zu beobachtenden Online-Shops sind in Form zweidi- Bundesamt in Deutschland 2019 ca. 65 Millionen Smart-
mensionaler Läden im Internet vertreten. Es sind jedoch phone-Nutzer gezählt werden, weltweit sind es ca. 3,3 Mrd.
diverse 3-D-Projekte in Planung39. Derzeit wird dagegen mit steigender Tendenz (Statistisches Bundesamt 2019).
z. B. viel über das Bezahlen via Fingerprints oder mit Viele Nutzer haben eine sehr intensive Beziehung zu
dem mobilen Telefon diskutiert. Amazon hat den ersten ihrem Smartphone und nehmen es als einen sehr ver-
Supermarkt ohne Kassen eröffnet (Tagesspiegel, 2018): trauten Gegenstand wahr (Fullwood, Quinn et al., 2017).
„Die Ladenbesucher müssen eine „Amazon-Go“-App Insofern mag es wenig überraschend sein, dass mobile
herunterladen und das Telefon an eine Schranke am Ein- Technologien in den letzten Jahren nicht nur das soziale
gang halten. …Von da an registriere die Technik mit Hilfe Miteinander verändern, sondern auch eine wichtige Rolle
der Kameras und Sensoren, welche Artikel ein Käufer dabei spielen, Produktion, Handel und die Lieferung von
aus dem Regal holt und auch einpackt“. Genauer gesagt, Dienstleistungen zu revolutionieren. Smartphone-Shop-
wird bei Betreten des Ladens das Smartphone des Konsu- ping Apps haben an Bedeutung gewonnen. Auch werden
Marktforschungsstudien in der Praxis mehr und mehr
39
Mittlerweile liegen verschiedene diverse Erkenntnisse zur über das Smartphone abgewickelt, „Smartphone Panels“
Gestaltung solcher Online-Shops vor (siehe die Ausführun- schießen aus dem Boden (Theobald, 2018). Auch ist – wie in
gen im Dritten Teil, B.I zur Umweltpsychologie). Der Beitrag den beiden ersten Teilen bereits angesprochen – die Anzahl
von Demangeot und Broderick (2010) gibt einen umfassenden der digitalen Sprachassistenten schnell angestiegen. Smart
Überblick über verschiedene Forschungsansätze zum On- Speaker von Google, Amazon und Alibaba gewinnen an
line-Shopping und versucht, die vielfältigen Disziplinen (Ser-
Bedeutung, wenngleich diese Technologie aufgrund der
vice-Marketing-Literatur, Umweltpsychologie, Erlebnismarke-
ting, Beiträge zu Informationssystemen) zu einem Konzept zu ebenfalls bereits angesprochenen Sicherheitsbedenken
integrieren. Wichtig ist nach Ansicht der Autoren vor allem die durchaus polarisiert. Nach einer Studie der Postbank
Unterscheidung, ob die Online-Shops so gestaltet sind, dass sie nutzen aber bereits 32 Prozent der Deutschen Sprachas-
zur Kundenmitwirkung (und Aufklärung) beitragen werden sistenten von Apple, Google oder Amazon (FAZ, 2019).
oder nicht. Mitwirkung berücksichtigt, dass Konsumenten auf
den Websites Kommentare, Warnungen, Empfehlungen etc. Es bleibt abzuwarten, ob es sich bei Alexa und Co. um
mitteilen und damit andere Kunden informieren können. sogenannte „Big Bang Disruption“ Phänomene handeln
594 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

wird (Downes und Nunes, 2013; Downes, 2018). Darunter Doch was ist eigentlich konkret unter diesen schillernden
versteht man „disruptive Innovationen, die nach einer Begriffen „Internet der Dinge“ und „smarten Produkten“
kurzen Periode mäßig erfolgreicher Marktexperimen- zu verstehen? Das Internet der Dinge „ist die technische
te schnell auf weitverbreitete Akzeptanz stoßen und Vision, Objekte beliebiger Art in ein universales digitales
manchmal innerhalb weniger Wochen reüssieren“. […] Netz zu integrieren. Dabei haben die Objekte eine ein-
„Diese Disruptionen folgen nicht mehr dem klassischen deutige Identität und befinden/bewegen sich in einem
[…] Adoptionsverlauf […], „sondern einer verzerrten ‘intelligenten’ Umfeld” (Bundesministerium für Wirt-
Kurve, die einer Haifischflosse ähnelt.“ […] „Manchmal schaft und Technologie, 2007). Das bedeutet, nicht nur
finden Aufstieg und Niedergang innerhalb nur weniger Computer oder andere Netzwerkgeräte, sondern auch
Wochen statt“ (Downes, 2018, S. 32). Downes macht dar- Alltagsgegenstände, wie z. B. Kleidungsstücke, Zahn-
auf aufmerksam, dass ein Problem oftmals darin besteht, bürsten oder Autos, sind in der Lage durch integrierte
dass die Entwickler der neuen Technologien grundle- Sensortechnik ihre Umgebung wahrzunehmen, Infor-
gende Vorkehrungen bezüglich der Datensicherheit ig- mationen zu verarbeiten und mit anderen Objekten zu
norieren. Giesler und Fischer (2018) weisen darauf hin, kommunizieren (Dijkman, Sprenkels et al., 2015). Smar-
dass Konsumenten Technologien nutzen, wenn sie mit te Produkte sind nun solche, die sich in das Netzwerk
„mitreißenden Geschichten und Mythen“ einhergehen. des IoT integrieren lassen und besitzen nach Porter und
Viele Konsumenten würden auf Amazons Alexa wider- Heppelmann (2014) die drei Charakteristika: Intelligenz,
sprüchlich reagieren. Chat Bots könnten sowohl als gute Ubiquität und Autonomie. Das heißt, smarte Produkte
Fee oder als böse Hexe erlebt werden. Widersprüchlich unterscheiden sich von traditionellen Produkten dahin-
reagierten die Konsumenten auch auf Amazon Key (das gehend, dass sie eigenständig jederzeit in der Lage sind,
ist eine vernetzte Kamera mit einem intelligenten Tür- Daten zu erfassen, zu verarbeiten und zu speichern und
schloss, die es ermöglicht, dass Pakete auch zugestellt mit ihrer Umwelt zu interagieren, sei es mit anderen
werden können, wenn der Empfänger nicht zu Hause ist) Objekten, aber auch mit dem Nutzer (Hildebrand, Hoff-
und Airbnb (eine Plattform, auf der normale Konsumen- mann und Novak, 2019). So lassen sich smarte Produkte
ten ihre Wohnung an Reisende untervermieten können, definieren als „products that interact and communicate
ähnelt dem „Couchsurfing“). Amazon Key ermögliche, with themselves and each other – and with humans – on
so Giesler und Fischer (2018), eine bessere Zugangskon- an ongoing basis by sending and receiving data through
trolle bei gleichzeitig hoher Sicherheit, vor allem, wenn the Internet that is stored and organized in a database“
niemand zu Hause ist; Konsumenten würden in dem Ser- (Hoffmann und Novak 2015, S. 14). Betrachtet man den
vice ein „ultimatives Ermächtigungstool“ sehen. Selbst für 2020 prognostizierten Ausgabebetrag der Konsumen-
viele Amazon Prime-Kunden seien aber nicht bereit, trotz ten für diese Geräte (ca. 1,5 Trillionen US$), wird klar,
Videoüberwachung fremde Paketboten in ihr Haus zu dass IoT in der Tat „a thrilling next phase in the internet
lassen. Dagegen hätten viele Leute überhaupt kein Pro- revolution“ (Hoffmann und Novak, 2015, S. 126) mit enor-
blem damit, ihre Wohnung mit Fremden zu teilen, wenn men Potenzial darstellt.
sie diese über Airbnb akquiriert hätten, denn diese seien
ja neue Freunde, die es zu entdecken gelte (ebenda, S. 27). Im Internet der Dinge werden Objekte mit einer Identität
Es ist bei Innovationen also zu fragen, welche (auch un- ausgestattet und bilden die Verbindung zwischen der
wahren) Mythen mit der neuen Technologie verbunden physischen und der digitalen Welt. Die IT-Technik wird
werden. Eine Gefahr besteht dann, wenn unwahre My- dadurch allgegenwärtig, zum Teil unsichtbar, und die Ob-
then in den sozialen Netzwerken so verstärkt werden, jekte können autonom handeln.
dass die Innovation nur verzerrt wahrgenommen wird.
Das gilt auch für das Internet der Dinge. Wie empfinden Konsumenten diese neue Welt? Hier stel-
1999 wurde das Konzept des „Internet of things“ (IoT) len sich viele Fragen.
erstmals vom britischen Technologie-Pionier Kevin Ash- Wendet sich das IoT nur an IT-Freaks oder werden auch
ton vorgestellt (Ashton, 2009). 20 Jahre später, im Jahr breitere Konsumentenschichten angesprochen? Gehen
2019, ist IoT als sogenanntes Buzzword in aller Munde. Konsumenten spielerisch und mutig an diese neue Welt
Die Diskussionen reichen von Euphorie über die un- heran oder sind sie eher verhalten und müssen erst be-
zähligen Vernetzungsmöglichkeiten bis hin zu harschen fähigt werden? Stellen die neuen Technologien eine All-
Kritikern, die den fehlenden tatsächlichen Mehrwert für tagshilfe oder Belastung dar? Befürchten die Konsumen-
die Anwender unterstellen. Einig sind sich jedoch alle ten, dass die Technologien eigenständig handeln und sie
in dem Punkt, dass die Bedeutung von IoT in Zukunft dadurch einen Kontrollverlust erleiden? Beeinflussen die
rapide zunehmen wird. neuen unsichtbaren Dienstleitungen die Identitäten der
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 595

Konsumenten oder ist Letzteres nur durch „sichtbare“ selbstfahrende Autos zu mehr Sicherheit und Effizienz
Waren und Marken möglich? Wo müssen Grenzen der im Straßenverkehr führen und die Mobilität älterer Men-
Digitalisierung gezogen werden, wo überwiegt der Nut- schen steigern könnten. Schon heute können Fahrzeuge
zen so sehr, dass Risiken eventuell in Kauf genommen einzelne Aufgaben des menschlichen Fahrers überneh-
werden müssen? men, wie z. B. das Einparken. In einem Stau kann ein
Assistent eingeschaltet werden, der das Bremsen und
Giesler und Fischer (2018) gehen davon aus, dass sich
Lenken übernimmt. Diese Erleichterungen werden von
Marketingmanager der Bedrohungspotenziale bewusst
den Konsumenten akzeptiert, insbesondere, wenn die-
seien und diese ernst nehmen müssten. Downes (2018)
se als inkrementell erlebten Innovationen von vertrau-
empfiehlt, Sicherheitslücken zu antizipieren und das Pro-
enswürdigen Automarken eingeführt werden, wie von
dukt immer wieder auf solche zu überprüfen. Zudem rät
Downes (2018) gefordert. Völlig autonom fahrende Autos
er, smarte Technologien in bestehende und vertrauens-
werden jedoch als radikale Innovation erlebt. Die Google
würdige Produkte zu integrieren.
Tochter Waymo testet bereits Robotertaxis in den USA,
Ein Bereich, in den das IoT schon recht vorgedrungen die Passagiere selbstständig ohne Fahrer von A nach B
ist, ist das Zuhause bzw. der Alltag des Konsumenten. transportieren (Tussyadiah, Zach und Wang, 2017). Seit
Im Smart Home werden Abläufe, die bisher analog statt- 2019 werden auch in Deutschland erstmals computerge-
gefunden haben, digitalisiert und automatisiert. Dies steuerte Elektroautos, ausgestattet mit Laserscannern,
geschieht durch Vernetzung der Haustechnik in einem Kameras und Sensoren, auf einer Teststrecke in Ham-
einheitlichen System, so dass Haushalts- und Multime- burg erprobt (Zeit online, 2019). Allerdings stehen dem
dia-Geräte miteinander interagieren und über ein zentra- autonomen Fahren viele Ängste der Gesellschaft im Weg.
les Steuerelement bedient werden können. Dadurch las- Konsumenten fürchten, dass die Technologie ihren eige-
sen sich Vorgänge wie bspw. die Schließung der Jalousien nen Kopf entwickelt und der Mensch die Kontrolle über
bei Dämmerung, das Anpassen der Heiztemperatur je das Fahrzeug verliert. Individuen sind derzeit noch nicht
nach Biorhythmus oder das Versenden einer Nachricht bereit, die komplette Kontrolle aus der Hand zu geben
durch den Kühlschrank, sobald ein bestimmtes Lebens- und sie einer Maschine anzuvertrauen: So sagen 67 %
mittel zur Neige geht, automatisieren (Kim, Park und der Konsumenten, dass sie kein Vertrauen in die Technik
Choi, 2017). Waren 2017 weltweit rund 4,54 Mio. Haus- haben (Statista, 2018). Das Interesse an selbstfahrenden
halte vernetzt, werden für das Jahr 2023 bereits 13,3 Mio. Autos ist seit dem Jahr 2014 sogar um 2,8 % gesunken.
Smart Home-Haushalte prognostiziert (Statista, 2019). 72 % der Deutschen sind der Meinung, dass voll auto-
Auf Grund der Vielschichtigkeit des Smart Home-Kon- matisierte selbstfahrende Autos nicht ausreichend sicher
zepts, konnte sich bisher noch keine einheitliche Defi- sind (Deloitte, 2018).
nition in der Literatur durchsetzen. Einen eher breite-
Warum gibt es also Vorbehalte so vieler Konsumenten
ren Definitionsansatz liefert Aldrich (2003, S. 17) und
gegen viele Innovationen? Kim, Park und Choi (2017)
charakterisiert Smart Home als „a residence equipped
stellten in einer Studie fest, dass Konsumenten smarte Pro-
with computing and information technology which an-
dukte zwar oftmals als bequem, praktisch und hilfreich
ticipates and responds to the needs of the occupants,
finden und darin vielfach eine Verbesserung und Verein-
working to promote their comfort, convenience, security
fachung ihres Alltags sehen. Gleichzeitig spüren sie aber
and entertainment through the management of techno-
auch ein gewisses Gefühl von Entmachtung. Sie haben den
logy within the home (…)“. Bisher durchgeführte Studi-
Eindruck, dass sie durch die Technologien den Einfluss
en zu Smart Home behandeln häufig die Fragestellung,
darauf verlieren, wann und wie eine bestimmte Sache er-
welche Gründe Konsumenten zum Einsatz von Smart
ledigt wird. Obsiegt dieses Gefühl der wahrgenommenen
Home-Technologien bewegen. Kim, Park und Choi (2017)
Entmachtung im Vergleich zum Bequemlichkeitseffekt,
identifizieren drei Hauptkriterien, die die Intention zur
wird die Adoptionsbereitschaft beeinträchtigt (Schweitzer
Nutzung positiv beeinflussen: Nützlichkeit, Vereinfa-
und Van den Hende, 2016). Dabei sind Adoption und Wi-
chung des Alltags und die Freude bzw. der Spaß an der
derstand gegenüber der Technologie eng miteinander ver-
neuen Technologie. Eine Praxisstudie von Deloitte (2018)
bunden und können in der gesamten Lebensspanne einer
stellt konform dazu fest, dass 56 % der Smart Home-Nut-
Innovation nebeneinander existieren (Ram, 1987). Mani
zer den Wunsch nach zusätzlichem Komfort im Alltag als
und Chouk (2017) bestätigen ebenfalls den Zusammen-
Kaufgrund angeben, 49 % möchten mehr Sicherheit und
hang zwischen Privatsphäre, Bedenken und Widerstand
38 % wollen energieeffizienter leben bzw. Strom sparen.
gegenüber der Technologie. Smarte Produkte können au-
Auch das „selbstfahrende Auto“ ist in diesem Zusam- tomatisch und jederzeit Daten sammeln und speichern,
menhang zu nennen. Die Befürworter erklären, dass wodurch ein „Big Brother Effect“ entsteht. Hat der Konsu-

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596 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

ment nun das Gefühl, es werden Daten gesammelt, die er können; verwiesen sei hier auf die mittlerweile doch
nicht preisgeben möchte, verspürt er Aufdringlichkeit und recht umfangreiche Spezialliteratur.
entwickelt Skepsis gegenüber den Technologien (Hsu und Soziale Medien können wie folgt definiert werden: Social
Lin, 2016). Weiterhin kommt neben den Datenschutzbeden- Media (engl.) „ist ein Sammelbegriff für internet-basierte
ken auch die Sorge um die persönliche Sicherheit hinzu: mediale Angebote, die auf sozialer Interaktion und den
Geraten Unbefugte an die Geräte, könnten diese durch technischen Möglichkeiten des sogenannten Web 2.0 ba-
Befragung des virtuellen Assistenten an Kalenderdaten, sieren. Dabei stehen Kommunikation und der Austausch
E-Mails oder andere persönliche Informationen gelangen nutzergenerierter Inhalte (User-Generated Content) im
(Hoy, 2018). Zudem könnten Produkte ungewollt über das Vordergrund. Die sozialen Medien gewinnen zuneh-
Amazon-Konto des Besitzers bestellt werden. mend auch kommerzielle Bedeutung, da die vernetzte
Struktur der Nutzerschaft großes Potenzial für die wir-
2. Social Media kungsvolle Übermittlung kommerzieller Nachrichten
An verschiedenen Stellen dieses Buches sind wir bereits und Inhalte bietet (Social Commerce)“ (Sjurts, o. J.).
auf die Bedeutung der sozialen Netzwerke für das Kon-
Social Media zeigt eine enorme Vielfalt an Formen, eine
sumverhalten eingegangen. An dieser Stelle möchten wir
Übersicht an Beispielen findet sich bei Mangold und
kurz beleuchten, welche Funktionen Social Media gene-
Faulds (2009, S. 358), z. B.:
rell erfüllen und wie Unternehmen die Möglichkeiten,
die Social Media bieten, grundsätzlich nutzen können, ●● soziale Netzwerke (offene und geschlossene)
um ihre Kommunikationsziele durchzusetzen. An dieser ●● kreative Seiten zum gemeinsamen Teilen von Videos,
Stelle sei jedoch vermerkt, dass im Rahmen dieses Buches Musik etc. („sharing“, z. B. YouTube, Flickr)
nur einige wesentliche Erkenntnisse aufgeführt werden

Abb. 244: Einteilung sozialer


Medien (Quelle: in Anlehnung an
Cavazza, 2012)
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 597

Netzwerk Facebook Pinterest Twitter YouTube Tumblr Instagram reddit LinkedIn Andere
Marktanteil in D 67,44 % 17,86 % 5,21 % 4,99 % 1,72 % 1,7 % 0,53 % 0,3&1 0,24 %

Tab. 19: Marktanteile sozialer Medien in Deutschland 2019 (Quelle: Statistisches Bundesamt)

●● Seiten mit Lernmaterialien (z. B. MIT OpenCourse- munikationsmix von Unternehmen sei; hybrid in dem
Ware) und zum gemeinsamen Arbeiten und Forschen Sinne, dass neben die klassische „Company-to-consu-
(z. B. Wikipedia) mer“- auch die „Consumer-to-consumer“-Perspektive
●● Open-Source-Communities tritt. Markenauftritte bei Facebook, Twitter etc. machen
●● von Unternehmen gesponserte Ratgeberseiten es möglich, dass Unternehmen direkt mit Konsumenten
●● Blogs (von Konsumenten, Journalisten oder Unter- kommunizieren können, doch nach Mangold und Faulds
nehmen) (2009, S. 361) müssen die Unternehmen hier lernen, „mit“
●● Börsen (wie Ebay) etc. (siehe auch Abb. 244) den Konsumenten zu sprechen und sie nicht einfach nur
Kaplan und Haenlein (2010) nehmen eine Klassifikation „anzusprechen“. Dabei wird davon ausgegangen, dass
nicht anhand der verschiedenen Ausprägungsformen die sogenannten „digital natives“, also diejenigen Konsu-
vor, sondern anhand der Dimensionen „social presen- menten, die nach Erfindung des Internets geboren sind,
tation/self-disclosure“ und „media richness“, die man andere Bedürfnisse haben als ältere Konsumenten, die
vielleicht am besten mit den Begriffen „Selbstdarstellung sogenannten „digital immigrants“ (Franz, 2010, S. 399). Die
und Selbstoffenbarung“ (man spricht auch von soge- „digital natives“ sind nach Franz (2010) stärker durch he-
nannten „Ich-Botschaften“) bzw. „Reichhaltigkeit der donistisch-egoistische Werte geprägt und wollen im Netz
Medien“ übersetzen kann (siehe Abb. 245). eher Spaß und Selbstverwirklichung erleben, während die
„Immigranten“ eher durch altruistisch-soziale Werte ge-
Bruhn, Schäfer et al. (2011) klassifizieren Social-Me-
kennzeichnet sind und sich daher mehr für Themen wie
dia-Plattformen anhand der Dimensionen „Stärke der
Umweltschutz, Gerechtigkeit und Toleranz interessieren.
Marken-Konsumenten-Interaktionen“ und „Stärke des
Potenzials zur Markenprofilierung“. Ihrer Ansicht nach Auch wenn man solchen Typologien ein wenig skep-
haben gerade virtuelle Welten und Einkaufsgemein- tisch gegenüberstehen kann (Warum soll es nicht auch
schaften ein besonders hohes Potenzial, Marken im So- unter den „digital natives“ viele Konsumenten geben,
cial Web erfolgreich zu managen. Grundsätzlich sind die sich für Gerechtigkeit einsetzen?), so ist doch wichtig
nach Ansicht der Autoren die Faktoren Inhalt (Relevanz, festzuhalten, dass auch bei den Nutzern der sozialen
Glaubwürdigkeit und Aktualität der eingespeisten In- Netzwerke unterschiedliche Bedürfnisse vorliegen. Ei-
formationen), Benutzerfreundlichkeit, Anpassungsfä- nes scheint sich als Erfolgsfaktor herauszukristallisieren,
higkeit (z. B. Personalisierung), Emotionalisierung (auch nämlich dass Konsumenten vor allem Transparenz im
Charakterstärke) und Gemeinschaft (Vermittlung eines Netz wünschen, d. h., sie möchten darüber informiert
Zugehörigkeitsgefühls, soziale Anerkennung) für ein werden, wer beispielsweise hinter einem Blog oder einer
erfolgreiches Social-Media-Marketing relevant. Einkaufscommunity steht, also ob die Seite von einem
anderen Konsumenten, einer Firma, einer Organisation
Auch wenn es eine große Anzahl sozialer Medien gibt, so
oder einer gemeinnützigen Gesellschaft betrieben wird.
befriedigen manche nur Spezialbedürfnisse. Die Markt-
Das heißt nicht, dass nicht auch Ratgeberseiten, die von
anteile offenbaren, dass es heute auch in Bezug auf die
Unternehmen ins Netz gestellt werden, erfolgreich sein
sozialen Medien einen enormen Konzentrationsprozess
können. Unternehmen können:
gibt (Tab. 19).
●● Networking-Plattformen anbieten (z. B. „Dove cam-
Zusammenfassend stellen Mangold und Faulds (2009)
paign for real beauty“) und damit Konsumenten mit
fest, dass Social Media ein „hybrides Element“ im Kom-

Social presence / Media richness

Low Medium High


Self-presentation/ Social networking sites Virtual social worlds
Abb. 245: Klassifikation High Blogs (e.g., Facebook) (e.g., Second Life)
Self-disclosure
von Social Media nach Ka- Collaborative projects Content communities Virtual game worlds
plan und Haenlein (2010, Low (e.g., Wikipedia) (e.g., YouTube) (e.g., World of Warcraft)
S. 62)
598 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

ähnlichen Interessen ansprechen und zu Diskussionen bung bei Twitter, Facebook etc.) die Einstellungen und die
auffordern; Word-of-Mouth-Aktivitäten verbesserten. Nur wenige
●● Blogs verfassen, über Innovationen berichten und um Studien würden sich mit dem tatsächlichen Kaufverhal-
Feedback von den Konsumenten bitten; ten beschäftigen (die meisten messen nur Kaufabsicht,
●● auf Offline-Marketing-Maßnahmen (z. B. Events) hin- z. B. Schivinski und Dabrowski, 2016) und auch die be-
weisen; triebswirtschaftliche Seite von Social Media-Aktivitäten
●● „Cause-related“-Marketing (z. B. 1 % des Verkaufsprei- aus Sendersicht würde weniger beleuchtet als die affek-
ses geht an eine karitative Stiftung) in den sozialen tiven und kognitiven Reaktionen.
Medien diskutieren und eventuell über Projekte ab- Auch zu „User-Generated-Content“ (z. B. Campbell, Pitt
stimmen lassen; et al., 2011; Malthouse, Calder et al., 2016) liegen empi-
●● praktische Hilfestellungen leisten (z. B.: „Wie pflege rische Untersuchungen vor. Nach einer Studie von Ber-
ich bestimmte Produkte?“); thon, Pitt und Campbell (2008) stellen Konsumenten bei
●● Markengeschichten erzählen oder die Markenhistorie Plattformen wie beispielsweise YouTube aus folgenden
dokumentieren Motivationen Inhalte (Videos) ein:
●● und sich mit diesen Aktionen profilieren (Mangold
und Faulds, 2009, S. 359).
●● aus intrinsischem Vergnügen (man möchte seine kre-
ativen oder technischen Fähigkeiten ausleben);
Zu den Wirkungen von Social Media hat es in den letzten
●● um Eigenwerbung zu betreiben (vielleicht wird man
Jahren viele empirische Studien gegeben, von denen nur
zum Star, wie beispielsweise die „Piano Guys?“);
einige hier wiedergegeben werden können: Pagani, Ho-
●● um Werbewirkungsveränderungen oder Provokati-
facker und Goldsmith (2011) untersuchten beispielsweise,
on zu erzeugen. Beispielsweise stellen Konsumen-
welche Konsumenten Social Media mehr oder weniger
ten Werbeparodien ins Netz, um damit Marken zu
aktiv (selbst Inhalte ins Netz stellen) bzw. passiv (nur In-
kritisieren (siehe hierzu die Abb. 89 im Zweiten Teil),
halte anderer lesen) nutzen. Sie kommen zu dem Schluss,
lächerlich zu machen oder auch, um ihre Markenver-
dass aktive Nutzer innovationsfreudige Konsumenten
bundenheit zu zeigen.
sind, die sich vor allem aber gerne selbst darstellen. Auch
Ryan und Xenos (2011) stellen fest, dass Facebook-User Campbell, Pitt et al. (2011) untersuchten, wie Konsumen-
eher extravertiert sind. Derzeit werden in der Literatur ten auf Werbefilme (für echte Marken), die von anderen
vor allem die „dunklen Seiten“ der Facebooknutzung Konsumenten produziert wurden, reagieren und welche
diskutiert (z. B. Tandoc, Ferrucci und Duffy, 2015; Ryan Kommentare sie dazu abgeben. Hier fiel auf, dass in den
und Reece, 2016). Kommentaren die Markennamen relativ selten genannt
Dabei stehen kommerzielle Aspekte für die meisten Nut- wurden. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass solche
zer eher im Hintergrund, wie die Ausführungen von Filme entweder keine oder eher eine negative Auswir-
Taylor, Lewin und Strutton (2011) zeigen: Das Netzwerk kung auf die Markenbekanntheit, womöglich auch auf
„Myspace“ verlor wegen einer zu starken Kommerzia- die Einstellung ausüben. Interessant war auch folgender
lisierung viele Nutzer. Daher erfordern Marketingakti- Befund: War der Anfangskommentar sehr negativ, so
vitäten von Unternehmen einen schwierigen Balanceakt führte dies zu ebenfalls abfälligen Folgekommentaren.
zwischen kommerziellen Interessen und eher altruisti- Hier scheint sich ein typischer „Herdeneffekt“ zu zei-
schem Verhalten. Nach Taylor, Lewin und Strutton (2011) gen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie in ihren
stößt insbesondere unterhaltsame Werbung auf Akzep- Foren auf positive Anfangskommentare achten sollten.
tanz bei den Social Media-Nutzern. Ob allerdings durch Ein gezielter, aber verschleierter Eingriff (beispielsweise
Social Media tatsächlich Kaufimpulse ausgelöst werden, mit gekauften oder arrangierten Anfangskommentaren)
ist durchaus fragwürdig, wie die Studie von Trusov, Bo- könnte bei Bekanntwerden dieser (unerlaubten) Maßnah-
dapati und Bucklin (2010) offenbart: Nur ca. 20 Prozent me jedoch zu einem dramatischen Bumerangeffekt füh-
der sehr hohen Kontaktzahlen der aktiven Social Net- ren. Unternehmen könnten allerdings versuchen, solche
work-Nutzer wurden als verhaltensrelevant eingeschätzt. Diskussionen zu moderieren und – mit Nennung ihrer
Alvas, Fernandes und Raposo (2016) geben einen guten Identität –Fehleinschätzungen korrigieren (wie man das
Überblick über 44 wissenschaftliche Studien, die sich mit zum Teil auf den Facebook-Seiten beobachten kann).
dem „Social Media Marketing“ auseinandersetzen. Die User-Generated Content kann von Firmen durch entspre-
Mehrzahl der Studien würde sich auf die Frage fokussie- chende Wettbewerbe forciert werden. So hat beispiels-
ren, wie Werbung in den sozialen Netzwerken auf den weise Haribo Konsumenten selbst neue Geschmacks-
Konsumenten wirkt. Hier ließe sich zusammenfassend richtungen für die Goldbären wählen lassen, die dann
feststellen, dass Social Media-Marketing (also z. B. Wer- als Haribo Fan Edition im Handel zu finden waren. Zu
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 599

den erfolgreichen Beispielen einer Co-Creation-Aktion V. Die mehrfach erfahrene Umwelt


zählt u. a. auch die „Community Colours“-Kampagne der
Marke Manhattan (Bitkom,40 2014, S. 15f). Konsumenten 1. Vernetzung von Erfahrungs- und Medienumwelt
wählten im Rahmen dieser Kampagne gemeinsam 20
Farben für eine neue Nagellack-Kollektion aus. Unter Die durch persönliche Erfahrung erlebte Umwelt und die
dem Slogan „Crash the Super Bowl contest“ können Umwelt, die von den Medien vermittelt wird, wurden
Konsumenten seit Jahren eigene Vorschläge für „Dori- bisher getrennt dargestellt. Diese Formen des kommuni-
tos“-Werbung erarbeiten. Malthouse, Calder et al. (2016) kativen Einflusses wirken aber nicht nur nebeneinander:
beschäftigen sich mit der Frage, ob solche User-Generated Die Einflüsse von persönlicher und medialer Umwelt
Content-Wettbewerbe auch das tatsächliche Kaufverhal- interagieren, was wir in diesem Kapitel noch einmal kurz
ten beeinflussen, und können dies mit empirischen Daten beleuchten wollen. Ein Einfluss kann den anderen erset-
belegen. „Markenwettbewerbe“ führen also nicht nur zu zen oder wird erst durch den anderen wirksam, er kann
höherem Engagement, sondern auch zu mehr Abverkäu- den anderen ergänzen oder abschwächen.
fen. Allerdings sollten solche Wettbewerbe seitens der Zur Wiederholung: Böhme-Dürr (2000) stellt drei kul-
Firmen kontrolliert werden. McDonald’s hatte in Neusee- turkritische Annahmen zur Interaktion zwischen realer
land 2016 erneut dazu aufgerufen, dass die Konsumenten und medialer Welt vor:
neue Burger kreieren sollten. Nach wenigen Stunden war 1. Vermischungsthese: Annahme einer Vermischung von
schon Schluss: „Am Ende dauerte die Aktion nur weni- Direktrealität und medial vermittelter Realität durch
ge Stunden, McDonald’s zog den Stecker, nachdem sich den Betrachter, der nicht mehr fähig ist – vor allem in
einige nicht benehmen konnten und versucht haben, mit jüngeren Jahren – Reales und Irreales zu unterschei-
einem Burger rassistisch zu werden. Andere waren ein- den.
fach nur herrlich komisch. Eigentlich hätte der Konzern 2. Kultivierungsthese: Mediennutzung verzerrt das Wirk-
wissen müssen, was man dort tut. Die Idee war es, die lichkeitsbild von Kindern, Jugendlichen und Erwach-
Nutzer in Neuseeland Burger designen zu lassen, dafür senen.
gibt es dann eine Portion Gratis-Fritten in einer Filiale in 3. Substitutionsthese: Die Medien verdrängen die Reali-
der Nähe. Die User aber nutzen ihre Freiheit für Schaber- tät. Die Medien nehmen Zeit in Anspruch und das
nack und deftige Beleidigungen“ (Staff, 2016). verhindert das Ausüben anderer Tätigkeiten (quanti-
tative Substitution). Bei der qualitativen Substitution
verdrängen die Medien Direkterfahrungen und bie-
ten Ersatzwelten: Bei der Wirklichkeitskonstruktion
substituieren Medienerfahrungen die Direkterfah-
rungen.
40
Die Bitkom (2014, S. 21) berichtet auch von einer Kampagne Da die unterschiedlichen Medien unterschiedliche Ei-
für die Optimierung des Suchmaschinenmarketing und dem genschaften besitzen, auf die die Menschen in unter-
Stichwort SEO-Texterstellung für Tennis-Point: „Herausforde- schiedlicher Weise reagieren, kann man nicht von der
rung: Tennis-Point ist einer der führenden Online-Shops für
Medienrealität sprechen, sondern von „medienspezifischer
Tennisartikel, -bekleidung und -zubehör in Europa. Für den
europaweiten Verkauf ihrer Produkte benötigt Tennis-Point Realität“ oder von „Medienrealitäten“. Noch recht selten
für jeden Artikel eine suchmaschinenoptimierte Beschreibung sind intermediale Wirkungsexperimente in der Konsu-
in der jeweiligen Landessprache. Um Tonalität und Sprachge- mentenforschung, die untersuchen, wie die Wahrneh-
brauch der europaweiten Konsumenten zu treffen und sie di- mung von Medium A (z. B. Bericht über ein Ereignis in
rekt anzusprechen, müssen die Texte von Muttersprachlern ge- der Zeitung) mit der Einschätzung von Medium B (über
schrieben werden. Auch sollen neue Artikel möglichst schnell das gleiche Ereignis wird auch im Fernsehen berichtet)
im Online-Shop eingestellt werden, was eine zeitnahe Erstel-
lung der Beschreibungen voraussetzt. Lösung: Clickworker
interagiert und schließlich die persönliche Erfahrung
mit den Muttersprachen Französisch, Englisch, Spanisch, Ita- beeinflusst. In jüngerer Zeit wird im Rahmen der „Fake
lienisch, Dänisch, Schwedisch, Niederländisch und Russisch News“-Debatte diskutiert, ob beispielsweise Nachrichten
erstellen suchmaschinenoptimierte Artikelbeschreibungen für von „klassischen Medien“ in den sozialen Medien als
den internationalen Online-Shop. Die Clickworker haben sich Fehlmeldungen diskutiert werden und umgekehrt (siehe
als Autoren von Texten in ihren Muttersprachen qualifiziert auch z. B. Allcott und Gentzkow, 2017, zum US-ameri-
und erstellen die Artikelbeschreibungen genau nach den Wün-
kanischen Wahlkampf 2016). Die starke Zunahme des
schen von Tennis-Point zielgruppenspezifisch in allen acht
Sprachen. Jeder Text wird abschließend überprüft und wird medialen Angebots hat insgesamt aber ein Bedürfnis
dann über eine API-Anbindung direkt in das Artikelverwal- nach Unterstützung bei der Auswahl und Bewertung von
tungssystem von Tennis-Point übertragen“. Informationen verstärkt. Dieses Bedürfnis kann durch
600 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Metakommunikation, also durch eine Kommunikation Erwartungen der Mitglieder der Gruppe übereinstimmt,
über die von den Medien vermittelten Informationsan- der es zugehört. Sie umfasst also nicht allein den Prozess,
gebote befriedigt werden. durch den das Kind nach und nach die Verhaltensweisen
Der Metakommunikation dienen Medien wie Pro- seiner erwachsenen Umgebung erlernt, sondern auch
grammzeitschriften, Presseberichte oder Datenbanken, den Prozess, durch den ein Erwachsener ein Verhalten
aber auch die persönliche Kommunikation. Dabei wer- annimmt, das den mit einer neuen Position verbundenen
den junge Konsumenten vor der kritiklosen Nutzung Erwartungen entspricht – sei es in einer Gruppe, einer
von Social Media gewarnt, z. B. vor dem „Verkauf der Organisation oder der Gesellschaft insgesamt“ (Secord
Seele an das Netzwerk“ (Berthon, Pitts und DesAutels, und Backman, 1997, S. 574).
2011, S. 1058). An der Sozialisationsforschung sind zahlreiche Diszipli-
Natürlich stehen die „erste“ Erfahrungswirklichkeit und nen beteiligt, auch die Konsumentenforschung.
die „zweite“ Medienwirklichkeit nicht parataktisch ne- Das soziale Lernen erfolgt nach den verschiedenen,
beneinander, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Vor bereits erörterten Lernprinzipien (siehe Zweiter Teil,
allem weiß man, dass bei längerfristigem Erfahrungsho- Kap. C. V.). Eine besonders wichtige Form des sozialen
rizont sich beide Erlebnisquellen in der subjektiven Erin- Lernens ist, um das noch einmal zu wiederholen, das
nerung verwischen. Schreier, Groeben et al. (1999) weisen Lernen durch Beobachtung: Ein Individuum (Nachah-
darauf hin, dass Realität und Fiktion nicht als dichotom, mer) beobachtet ein anderes (Leitbild, Modell) und ahmt
sondern als Endpunkte eines Kontinuums angesehen das beobachtete Verhalten nach. „Das nachgeahmte Ver-
werden sollten, das unterschiedliche Ausprägungen von halten kann direkt beobachtet worden sein, visuell über
Übergängen zwischen Realität und Fiktion enthält. Als Massenmedien vermittelt, verbal beschrieben oder ein-
Theorierahmen werden Fiktionalitätstheorien, medi- fach in der Phantasie vorhanden sein“ (Secord und Back-
enpsychologische Theorien und Erkenntnisse aus dem man, 1997, S. 587). Lernen durch Beobachtung bzw. die
Bereich der Virtual Reality angeführt. In der Medien- Nachahmung eines Modells ist ein effizienter Weg, um
psychologie dominiert die Perceived-Reality-Forschung, ohne eigene Erfahrung neue Verhaltensweisen zu über-
die untersucht, welchen Realitätsstatus man mit unter- nehmen. Es birgt im Rahmen der Mediennutzung aber
schiedlichem Alter und soziodemografischer Position auch die Gefahr, dass beobachtete Meinungsäußerungen
diversen Fernsehinhalten zuschreibt. Einflussvariablen unreflektiert übernommen werden. Die Konsumentenso-
auf die Realitätswahrnehmung sind das Involvement, zialisation speziell ist die Einführung eines Individuums
die Identifikation, parasoziale Beziehungen, Spannung, in die Konsumkultur einer Gesellschaft. Das heißt: Der
Mediennutzungshäufigkeit etc. Im Bereich von Virtual Einzelne lernt, seine Konsumentenrolle zu spielen. Er
Reality spielen vor allem die Komponenten Interaktivität lernt, die Erwartungen zu erfüllen, welche die Gesell-
und Immersion eine wichtige Rolle. Diese Begriffe wur- schaft an einen Konsumenten stellt. Die ersten systema-
den im Verlauf dieses Buches bereits erläutert. tischen Einführungen in die Konsumentensozialisation
stammen von Ward (1974, S. 1), der sich mit der Soziali-
2. Vernetzung von näherer sozialer Umwelt und medialer sation des Kindes auseinandergesetzt und festgestellt
Umwelt: Sozialisation hat, dass „Erfahrungen aus der Kindheit von größter
Bedeutung für die Gestaltung von kognitiven Mustern
Die Sozialisation ist ein typisches Muster für mehrfache
und von Verhaltensmustern im späteren Leben sind“41 .
Kommunikation. Das ergibt sich bereits aus den Theorien
Der Autor umreißt drei Forschungsschwerpunkte:
des sozialen Lernens, mit denen die Sozialisation erklärt
wird. Wir haben diese Konzepte im Dritten Teil ausführ-
lich dargelegt, wollen aber hier unter der Vernetzungs- 41 In diesem Zusammenhang ist auch die „Attachment-
perspektive manchen Gedanken noch einmal aufgreifen. Theorie“ von großem Interesse. Diese Theorie versucht, die
Unter Sozialisation versteht man das Lernen von Verhal- individuellen Unterschiede in der Intensität und Qualität zwi-
schenmenschlicher Beziehungen zu untersuchen. Es ist eine
tensweisen, mit denen sich ein Individuum in ein soziales Theorie der Persönlichkeitsentwicklung nach Bowlby (1973,
System einfügt. Das Individuum lernt dabei vor allem, 1988), die an den frühkindlichen Sozialisationsprozessen in der
eine bestimmte Rolle in der Gesellschaft zu spielen. Mutter-(bzw. Erzieher-)Kind Beziehung ansetzt. Hier können
Der Ausdruck Sozialisation bezieht sich auf eine Folge unterschiedliche Bindungsstile ausgemacht werden, die für das
spätere Leben prägend sind (Collins und Read, 1994). Später
von sozialen Lernerfahrungen, die zur Integration eines
wurde die Theorie auch ausgeweitet auf die Beziehungen zu
Individuums in die Gesellschaft führen. „Sozialisation Arbeitskollegen (Hazan und Shaver, 1990) und in jüngster Zeit
ist ein interaktionaler Prozess, in dem das Verhalten ei- von Paulssen und Fournier (2007) sowie Paulssen (2009) für
nes Individuums so modifiziert wird, dass es mit den die Erklärung von Kundenbeziehungen eingesetzt. Es zeigen

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C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 601

●● Wie lernen Kinder die für das Konsumentenverhalten Bei der Ermittlung und Beurteilung des Einflusses von
erforderlichen Kenntnisse, Einstellungen und Fähig- Sozialisationsagenten wie den Eltern sind stets die Wir-
keiten? kungen von konkurrierenden Sozialisationsagenten aus
●● Was lernen Kinder dabei? der näheren und weiteren Umgebung zu berücksichti-
●● Welche Bedeutung hat das Gelernte für das Konsu- gen. Neben den persönlichen Kontakten sind auch die
mentenverhalten im Erwachsenenalter? Massenmedien wie Fernsehen, Comic-Hefte, Bücher, Ju-
Wir bleiben nachfolgend bei der Sozialisation von Kin- gendzeitschriften und vor allem das Internet relevant.
dern und Jugendlichen und vernachlässigen die Sozia- Die Sozialisationswirkungen der Medien prägen das
lisation von Erwachsenen, die allerdings zunehmend Alltagsleben, vermitteln Handlungsmuster und Normen
mehr Beachtung findet (ein typisches Beispiel ist die und legen dem Heranwachsenden nahe, sich mit der Welt
Sozialisation von Zuwanderern42, also der Prozess, durch der Erwachsenen auseinanderzusetzen. Wir haben im
den sie Verhaltensweisen lernen, die sie für ihre Integra- Dritten Teil, Kapitel B. II ausführlich darüber berichtet.
tion im Beruf und Leben des neuen Landes benötigen). Zudem strukturieren Medien ganz wesentlich den Ta-
Das Lernen am Modell spielt eine vorrangige Rolle. Da- gesablauf der Kinder und Jugendlichen, angefangen vom
neben kommen aber auch andere Formen des Lernens morgendlichen Radiohören bis hin zum habitualisierten
zum Zuge, insbesondere das Lernen durch unmittelbare Einschalten der Lieblingsserie im Vorabendprogramm
Erfahrung. und zum pausenlosen Mail-, SMS- oder Facebook-Che-
Beim Lernen durch direkte Erfahrung spielt das Taschen- cken.
geld eine entscheidende Rolle, durch das die Kinder in Medien spielen eine zentrale Rolle bei der Etablierung
die Lage versetzt werden, an ökonomischen Austausch- von Jugendkulturen, etwa indem sie neue Sprachstile
beziehungen teilzunehmen. Nach Furnham, Lewis und und Kommunikationsformen generieren und die Zuge-
Webley (1995, S. 38 ff.) ist die Zuweisung von Taschengeld hörigkeit zur Peergroup markieren. Kinder benutzen Me-
durch die Eltern wahrscheinlich der wichtigste Beitrag dienangebote und Medienhelden, um ihre persönlichen
zur Konsumentensozialisation, soweit es um „monetäre Themen und Erfahrungen mit ihren Freunden, ihren
und ökonomische Verhaltensmuster“ geht. Dem heran- Peergroups und ihrer Familie zu verarbeiten. Eine Si-
wachsenden Kind werden darüber hinaus von zahlrei- nus-Studie zeigt aber auch, dass sich Kinder unterschied-
chen Stellen („Sozialisationsagenten“) Modelle geliefert, licher Sinus-Milieus für unterschiedliche Themen (z. B.
an denen es seine Konsumentenrolle einüben kann. Wir Bücher vs. Computerspiele) interessieren (Feierabend
haben ausführlich in Kapitel B. II darüber berichtet. und Klinger, 2009).
Zusammenfassend bleibt festzuhalten:
Das elterliche Verhalten (Mütter und Väter als Sozialisa-
tionsagenten) gibt vor allem dann ein wirksames Modell
ab, wenn es sich um gleich bleibende Verhaltensmuster Die Jugendlichen lernen Konzepte des Umgangs mit den
handelt, die von den Kindern leicht beobachtet werden Medien von den Eltern. Die Familie prägt die Mediener-
können. fahrungen vorrangig, auch wenn mit zunehmendem Alter
eine Ablösung der Jugendlichen von der Familie und eine
Hinwendung zur Peergroup stattfindet. Damit setzen sich
Durch den wiederholten Besuch eines Geschäfts bei- die Jugendlichen auch immer mehr von der Familie ab
spielsweise lernen die Kinder dieses direkt kennen. Sie und entwickeln eigene Vorlieben.
sammeln also selbst Erfahrungen mit dem Geschäft,
sodass die Geschäftskenntnis auch als Ergebnis eines
Eine intensive konsumwissenschaftliche, aber auch me-
(einfachen) instrumentellen Lernprozesses aufgefasst
dienethische Diskussion wird um die Fragen geführt, ob
werden kann.
die Medien einen Einfluss auf das Ernährungsverhalten
(oder den Alkohol- oder Zigarettenkonsum) von Jugend-
lichen ausüben (siehe auch den Vierten Teil).
sich signifikante Beziehungen zwischen Bindungsstilen und
Loyalität in Geschäftsprozessen. Charlesworth (2005) analysiert 40 verschiedene Studien
42
Ein interessanter Beitrag stammt von Silhouette-Dercourt zu diesem Thema und sieht durchaus Hinweise auf einen
(2012), die sich mit der Frage „Learning how to become Ger- Zusammenhang zwischen der Darstellung des Zigaret-
man consumers: the integration program of immigrants at the
Volkshochschule“ auseinandersetzt und dabei feststellt, dass
tenkonsums in den Medien und dem Rauchverhalten
die Inhalte des Sprachlernmaterials einen großen Einfluss auf Jugendlicher. Russell, Russell und Grube (2009) beschäf-
die Einschätzung des deutschen Lebensstils seitens der Aus- tigten sich mit der Darstellung des Alkoholkonsums in
länder ausüben. TV-Serien. Insbesondere subtile positive Botschaften
602 3. Teil Umweltdeterminanten des Konsumentenverhaltens

Erziehungsstil Interventionen Tatsächliche


Einflussfaktoren (anhand der der Eltern in der Einstellungen
auf den Dimensionen
Konsumenten- und Verhaltens-
Einschränkung vs.
Erziehungsstil Toleranz; Wärme sozialisation der weisen
vs. Ablehnung) Kinder der Kinder Abb. 246: Konsumentensoziali-
sationsprozess (in Anlehnung an
1 2 3 4 Carlson, Laczniak und Wertley,
2011, S. 432)

haben ihren Befunden zufolge einen Einfluss auf die Fähigkeit der Selbstkontrolle beibringen sollten, also
Konsumenten. versuchen sollten, eigenverantwortliches Handeln zu
Interaktion zwischen Medien (vor allem Fernsehen) initiieren (wenngleich sich die Autoren der Gefahr situ-
und Eltern: Die von den Kindern von der Werbung über- ativer Faktoren bewusst sind).
nommenen Vorstellungen, was – welche Produkte – und Carlson, Laczniak und Wertley (2011, S. 433) erklären,
wie „man“ zu konsumieren habe, können durch den dass bei technischen Innovationen (z. B. Internet) auch
verbreiteten gemeinsamen Einkauf von Eltern und Kin- die Kinder als Lehrer der Eltern auftreten, und einen
dern in erheblichem Umfang in tatsächliches Kauf- und umgekehrten Sozialisierungsprozess auslösen. Es ist also
Konsumverhalten umgesetzt werden. Die Forschung wichtig, die Kommunikationsstrukturen innerhalb der
richtet deswegen ihr Interesse nicht nur auf die Beein- Familie aufzudecken.
flussung der Kinder durch das Werbefernsehen, sondern Die spezifischen Wirkungen der Massenmedien auf
auch auf die Interaktion zwischen Eltern und Kindern, die Sozialisation von Konsumenten sind auch hinsicht-
nachdem den Kindern die „Konsumbotschaften“ von lich der Veränderungen von geschlechtsspezifischen,
den Massenmedien übermittelt wurden (selten jedoch schichtspezifischen und altersspezifischen Rollen zu
darauf, dass die Eltern Werbebotschaften an die Kinder beachten:
weitervermitteln).
Es wird beispielsweise kritisiert, dass die Rolle „des“
Die Eltern43 werden bei diesem Ablauf zu Torhütern Mannes sowie „der“ Frau durch die Medien einseitig und
(„gate keeper“) im Reich des Konsums: Sie kommentieren stereotyp abgebildet wird. Untersuchungen von Eisend
die von den Medien stimulierten Konsumwünsche der (2010) oder Conley und Ramsey (2011) zeigen, dass in der
Kinder, geben ihnen nach, weisen sie zurück oder mo- Fernsehwerbung immer noch Rollenklischees verwendet
difizieren sie. Die Sozialisationswirkungen des (Werbe-) werden. Das scheint ein internationales Phänomen zu
Fernsehens sind komplex. Die Literatur (siehe ausführ- sein (Paek, Nelson und Vilela, 2011). Frauen (siehe auch
lich Carlson, Laczniak und Wertley, 2011, siehe Abb. 246) Knoll, Eisend und Steinhagen, 2011)
weist darauf hin, dass die Wirkungen des Fernsehens auf
die Kinder nicht ohne die intervenierenden Einflüsse der
●● werden häufiger in einer abhängigen und weniger
Eltern zu erklären sind. Die Autoren stellen eine Inter- autonomen Rolle gezeigt als Männer,
aktionskette dar und gehen davon aus, dass der Erzie-
●● werden häufiger im häuslichen Umfeld präsentiert,
hungsstil („parental style“) der Eltern von Bedeutung ist
●● werden häufiger als „stumme“ Presenter gezeigt,
(siehe Abb. 190). Eltern als Respektspersonen achten am
●● sind seltener Experten, sondern meist nur Verwender,
stärksten auf den Einfluss des Fernsehens, lehnen Wer- ●● werben für Produkte der Körperpflege und Kosmetik,
bung eher ab und sehen sich in der Verantwortung, ihre weniger für technische Produkte und
Kinder davon abzuhalten. Wenig erforscht ist, wie sich ●● werben seltener mit weniger wissenschaftlichen Ar-
diese Erziehung langfristig auswirkt. Mukhopadhyay gumenten.
und Yeung (2010) stellen fest, dass Eltern Kindern die Das gilt insbesondere für ältere Frauen (Gröppel-Klein,
2012a, siehe auch Tab. 10).
43 Barlovic, Middelmann-Motz et al. (2000) fordern, in der Abschließend ist festzuhalten, dass die Wirkungen von
Werbung für Kinder nicht nur die Bedürfnisse der Kinder näherer und weiterer Umwelt bei der Konsumentensozi-
anzusprechen, sondern auch die Mütter nicht zu vernachläs- alisation miteinander verflochten sind. Sie üben gemein-
sigen. Die Autoren haben in einer empirischen Studie „core sam den sozialen Einfluss auf den Einzelnen aus. Wir
needs“ – Grundbedürfnisse der Mütter – identifiziert. Je besser haben in den vorangegangen Kapiteln schon viel über
diese Grundbedürfnisse in der Kommunikation angesprochen
einstufige und zweistufige Kommunikationsprozesse so-
werden, desto höher ist die persönliche Relevanz der Anspra-
che. Ein zentrales Grundbedürfnis der Mütter ist eine intensive wie über den Einfluss von Meinungsführern und Medien
emotionale Bindung der Mutter zu ihrem Kind. Die ausgewähl- gesprochen und möchten hier auf die entsprechenden
ten „core needs“ sollten aber auch zum Markenimage passen. Kapitel verweisen. Zusammenfassend kann hier noch
C. Die Medienumwelt der Konsumenten: Indirekte Umwelterfahrungen 603

einmal wiederholt werden, dass der Konsument in den die Massenkommunikation, um ihr Informationen für
schwierigeren Stadien des Kaufentscheidungsprozesses – seine Entscheidungen zu entnehmen. Das Auseinander-
bei der Bewertung und Auswahl von Alternativen – so- rechnen der meist im Verbund auftretenden Wirkungen
wie bei Entscheidungen über den Kauf von Produkten von Massenkommunikation und persönlicher Kommu-
mit größerem Kaufrisiko eher die persönliche Kommu- nikation ist komplex. Das Marketing sollte daher wissen,
nikation – ob persönlich oder über virtuelle Netzwerke – ob und in welchem Maße der Konsument von sich aus
suchen wird. In diesen Fällen ist seine Verunsicherung zur Informationssuche motiviert ist und welche Infor-
am stärksten. Im Übrigen wendet er sich auch direkt an mationen er benötigt.
Vierter Teil
Konsumentenverhalten und
Verbraucherpolitik

A. Zum Problem der Konsumenten-


souveränität und zum Leitbild der
Verbraucherdemokratie . . . . . . . . . . . . 607
B. Verbraucherpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . 614
I. Einrichtungen der Verbraucherpolitik . . . 614
II. Relevanz der bisherigen Verbraucher-
politik und Ableitung von Zielen . . . . . . 617
III. Verhaltenswissenschaftliche Studien mit
Verbraucherschutzrelevanz . . . . . . . . . . 619
1. Studien zum Widerstand von Konsu-
menten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619
2. Studien zur Wahrnehmung der
Lebensmittelkennzeichnung . . . . . . . . 620
3. Studien zur Täuschung von Konsumen-
ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624
A. Zum Problem der Konsumentensouveränität und zum Leitbild der
Verbraucherdemokratie

Das Problem der Souveränität des Bürgers hat in der Staats- Derzeit sieht man jedoch, dass sich die Verbraucherpo-
philosophie und in der Politologie eine lange Geschichte. litik im Wandel befindet (Bala und Müller, 2015). Das
Es spielt vor allem bei naturrechtlichen Erörterungen eine Leitmotiv des „mündigen Verbrauchers“ erscheint „nicht
Rolle. Denker des Naturrechts, wie Locke und Rousseau, mehr angemessen“ (ebenda, S. 7). Man erkennt, dass
betrachten die Souveränität und Freiheit als einen natur- Konsumenten verletzlich sind, und aufgrund mangeln-
gegebenen Zustand des Menschen. Von der Souveränität der Bildung bzw. finanzieller Ressourcen benachteiligt
des Bürgers werden seine politischen Rechte und Pflichten sind oder zu der Gruppe der vertrauenden Verbraucher
abgeleitet. In Anbetracht der realen Lebensbedingungen zählen, die den Informationen der Anbieter ungeprüft
kamen sie allerdings zu der Ansicht, dass diese Souverä- glauben, da sie sich für die Kaufentscheidung wenig Zeit
nität und Freiheit kaum realisiert sind, vielmehr durch nehmen (Bala und Müller, 2014).
Erziehung des Menschen erkämpft werden müssen. Doch warum wurde das Leitbild vom souveränen Konsu-
menten ungeachtet der Realität so lange aufrechterhalten
In der politologischen Forschung wird die Souveränität und hat heute für viele immer noch eine große Wirkungs-
der Bürger im Wesentlichen als eine Fiktion angesehen. kraft (Strünck, 2015)? Kroeber-Riel (1992) erklärte schon
Es hat sich herausgestellt, dass der Bürger an der Ge- vor vielen Jahren, dass die Behauptung, der Konsument
staltung seiner politischen Umwelt nur wenig mitwirkt. sei souverän, vor allem ideologischen Zwecken diene.
Er ist passiv und reagiert mehr oder weniger auf Reize Es könne dann behauptet werden, es sei ein freier Wille,
aus seiner Umwelt. Demzufolge kann er auch von den ob sich der Verbraucher Marketingaktivitäten aussetze
politischen Instanzen stark beeinflusst werden. Die Ver- oder nicht, und er sei frei in seiner Entscheidung, entspre-
treter der formalen Demokratiemodelle halten oft noch chend seinen Bedürfnissen zwischen den angebotenen
nicht einmal das Ideal der Souveränität für sinnvoll. Sie Waren zu wählen. Geht man also von der Vorstellung
haben nicht nur die Behauptung vom souveränen Bürger des souveränen Verbrauchers aus, dann wird der Kon-
aufgegeben, sondern sich seit langem von der Norm des sument dadurch zum „unabhängigen Richter“ stilisiert,
souveränen Bürgers getrennt. In der Wirtschaftswissen- der darüber entscheidet, welche Güter auf dem Markt
schaft und in der Wirtschaftspraxis hält sich dagegen das ankommen und konsumiert werden. Aufgabe der Un-
Leitbild vom souveränen Bürger. Die Ansicht, dass der ternehmer ist es dann, die Produktion den Bedürfnissen
Konsument souverän ist, wird ebenso ernsthaft vertei- der Konsumenten anzupassen.
digt wie die normative Forderung, dass der Konsument
souverän sein soll. Möglicherweise ist der Bürger im Be- Dabei wird folgendes Rechtfertigungsschema wirksam:
reich des ökonomischen Verhaltens einschließlich des Wenn der Konsument souverän ist, entscheidet er letzt-
Konsumverhaltens tatsächlich souveräner als im Bereich lich selbst, ob er ein Angebot akzeptiert oder ablehnt. Das
der Politik. Das ist die Ansicht vieler Fachvertreter, wie gilt sowohl für Informationsangebote als auch für Ange-
Schumpeter, der diese Einschätzung darauf zurückführt, bote von wirtschaftlichen Gütern. Er trägt deswegen auch
dass das Verhalten, wenn es um die täglichen und un- die Verantwortung für sein Verhalten. Die Unternehmer
mittelbaren Interessen des Einzelnen geht, eher einem richten sich nach den Konsumenten und erfüllen ledig-
Druck zur „Rationalität“ ausgesetzt ist als im Bereich des lich deren Bedürfnisse. Sie brauchen deswegen nicht für
politischen Verhaltens. Die Zielsetzungen des Einzelnen die Folgen des Marketing einzustehen: Die Konsumenten
sind dann konkreter, und es liegen mehr persönliche wollen es ja nicht anders! Nach Kroeber-Riel (1992) ist
Erfahrungen vor, wie man die Ziele in geeigneter Weise dieses Rechtfertigungsschema bei vielen Institutionen
verwirklichen kann. Letztlich stimmen das faktische (von der Politik bis zu den Gewerkschaften) durchaus
und das normative Leitbild dennoch nicht überein: Das willkommen. Erst wird z. B. der Wähler durch politische
Konsumentenverhalten ist nur bedingt rational und von Kampagnen beeinflusst und hinterher wird gesagt, die
einer so verstandenen Souveränität weit entfernt; Wirk- Wahl spiegelt nur die Wünsche der Wähler wider.
lichkeit und Leitbild klaffen also auch hier auseinander Eine solche Entproblematisierung und ideologische
(siehe auch Schwan, 2009; Kenning und Wobker, 2013). Rechtfertigung wirkt aber unglaubwürdig. Die Unglaub-

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608 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

würdigkeit hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass dieser Daten. Die Bedrohung für den Verbraucher ent-
viele Argumente, die zur Verteidigung des Leitbildes steht, wenn er glaubt, aus freiem Willen eine Entschei-
vom souveränen Konsumenten angeführt werden, ver- dung getroffen zu haben, diese Entscheidung jedoch
haltenswissenschaftlichen Erkenntnissen widerspre- beispielsweise auf einer Informationsbasis beruht, die
chen. aufgrund von beobachteten Vorlieben des Verbrauchers
a priori präjudiziert wurde“.
Im digitalen Zeitalter ist die Vorstellung vom souverä-
nen Konsumenten noch weniger hilfreich. Wir haben Beschränkungen der Konsumentensouveränität und
in verschiedenen Abschnitten dieses Buchs darauf auf- „Manipulation“ des Konsumenten werden oft in einen
merksam gemacht, dass Konsumenten beispielsweise engen Zusammenhang gebracht oder sogar gleichgesetzt.
zu Chats Bots bzw. „Alexa und Co“ durchaus eine wi- Ist die Zusendung der Nachricht über stressreduzierende
dersprüchliche Haltung einnehmen. Zum einen ist für Arzneimittel hilfreich, da der Konsument auf sein ge-
viele Konsumenten (siehe auch Giesler und Fischer, 2018) sundheitliches Problem aufmerksam gemacht wird, oder
Alexa „die gute Fee“, da sie so bequeme Lösungen an- wird die Person in extremer Weise manipuliert? Da der
bietet, zum anderen aber auch die „böse Hexe“, da der Begriff „Manipulation“ starke Wertungen enthält und
Konsument, um diesen Service nutzen zu können, viele bevorzugt zu ideologischen Zwecken benutzt wird, kann
Daten preisgeben muss. So warnt der wissenschaftliche es durchaus sinnvoll sein, ihn durch den wertneutraleren
Dienst des Bundestages vor solchen Sprachassistenten Begriff der Verhaltenssteuerung oder Verhaltensbeein-
und erklärt, dass für Minderjährige und unbeteiligte flussung zu ersetzen.
Besucher erhebliche Risiken bestünden (von Hof, 2019). Eine Verhaltenssteuerung ist eine von außen intendier-
Ln-online (2019): „Konkret geht es darum, dass Kinder te Beeinflussung des Verhaltens, die vom Betroffenen
persönliche Informationen preisgeben oder mit ihrer gedanklich (willentlich) nicht kontrolliert wird. Das ist
Stimme Inhalte abrufen könnten, die für Minderjährige dann der Fall, wenn
nicht geeignet sind. Außerdem stellt sich die Frage, was ●● der Konsument die Wirkungen der Werbung nicht
mit Besuchern ist, die nicht wissen, dass die Software durchschaut, wenn er gar nicht bemerkt, was mit ihm
gerade aufzeichnet – auch wenn die Aufzeichnung in geschieht;
der Regel nur wenige Sekunden dauert“. ●● der Konsument die Werbewirkung zwar durchschaut,
Im digitalen Zeitalter kann der Konsument zudem nicht sich gegen die Beeinflussung aber nicht wehrt, weil
mehr nachvollziehen, welche Daten über ihn und sein sie ihm gefällt;
Verhalten erhoben, gespeichert und weiterverarbeitet ●● die Werbung zwanghaft wirkt. Die Wirkung tritt dann
und mit neuen Daten verzahnt werden, so dass auch automatisch ein. Der Konsument kann sich dem Ein-
nicht mehr klar ist, wem die Daten eigentlich gehören. fluss der Werbung nicht oder nur schwer entziehen.
Man kann sich das anhand folgenden Szenariums deut- Das Zustandekommen dieser Sachverhalte – die sich ope-
lich machen: Beispielsweise gibt ein Konsument seine rationalisieren und messen lassen – ist an bestimmte
Vitaldaten (z. B. seine zu hohen Blutdruckwerte) täglich Rahmenbedingungen gebunden. Einige Beispiele kön-
manuell und bewusst in sein Smartphone ein. Sein je- nen die Möglichkeiten zur Verhaltenssteuerung veran-
weiliger Standort kann über entsprechende GPS-Tracker schaulichen:
geortet werden. Der Konsument befindet sich nun in der
(a) Ablenkung. Die Meinung von Personen kann besser
Nähe einer Apotheke und erhält eine Nachricht über ein
beeinflusst werden, wenn man diese vom Beeinflus-
stressreduzierendes, frei verkäufliches Arzneimittel. Hier
sungsziel ablenkt. Man nennt diese Technik ablenkende
hat der Konsument zumindest einen Teil der Daten selbst
Kommunikation. Die Ablenkung erfolgt etwa dadurch,
generiert. Noch extremer wird das Beispiel, wenn die
dass man der Sprecherin einer Werbebotschaft einen
Vitalwerte automatisch erfasst (ohne dass der Konsument
erotischen Akzent gibt oder Bilder zeigt, die nicht un-
überhaupt bemerkt, dass diese erhoben werden) und mit
bedingt zur Argumentation passen und von dieser ab-
den Standortdaten gekoppelt werden. Konsumenten
lenken. Während der Argumentation für eine bestimmte
müssen sich auf diese technologischen Möglichkeiten
Automarke werden etwa Bilder einer Landschaft gezeigt.
einstellen.
Durch derartige Ablenkungseffekte erreicht man gera-
Ist der mündige Konsument also gerade im digitalen de bei solchen Konsumenten eine wesentlich größere
Zeitalter eine Illusion? Schleusener und Stevens (2015, Beeinflussung, die eine der Werbebotschaft entgegen-
S. 1) schreiben: „Neu dabei ist, dass der Verbraucher die gesetzte Haltung einnehmen. In diesem Fall nimmt der
Datenbasis selbst liefert sowie das zunehmende Ausmaß Konsument bewusst Informationen auf und er verarbei-
der Auswertung und die undurchsichtige Verwendung tet diese auch gedanklich. Aber: Durch die Darbietung
A. Zum Problem der Konsumentensouveränität und zum Leitbild der Verbraucherdemokratie 609

ablenkender Reize wird in seinen Informationsverarbei- schen nicht vergessen werden. Aus evolutionsgeschicht-
tungsprozess eingegriffen, und zwar so, dass sein Wider- licher Perspektive dient das Zentralnervensystem der
stand gegen die Meinungsänderung geschwächt wird. Aufrechterhaltung der Funktionalität des Organismus.
Der Konsument durchschaut nicht, in welcher Art und Über einfache Reiz-Reaktions-Beziehungen steuert es das
Weise sich derjenige, der ihn beeinflusst, seine kognitiven Verhalten des Menschen. Wir glauben gern, dass jede ero-
Mechanismen zunutze macht. Würde man den Konsu- tische Erregung Ausdruck einer willentlich gesteuerten
menten nach der Beeinflussung fragen, ob er mit dieser menschlichen Zuneigung ist, und vergessen, dass es so
Prozedur einverstanden sei, so würde er wahrscheinlich etwas wie reizgebundene Hormonausschüttungen und
empört reagieren und diese als Täuschung bezeichnen. triebhafte Reaktionen gibt, die den Menschen angeboren
Viele Beeinflussungstechniken laufen, psychologisch ge- sind und zum Teil unbewusst ablaufen (Gerrig, 2016). Es
sehen, nach diesem oder einem ähnlichen Schema ab. Sie ist das Verdienst der modernen Sozialwissenschaften,
führen zwar zu bewussten Informationsverarbeitungen insbesondere der vergleichenden Verhaltenswissenschaf-
und zu willentlich gesteuerten Verhaltensweisen, aber ten, der Psychobiologie und der Vererbungsforschung im
der Konsument erkennt nicht, was mit ihm geschieht, weitesten Sinne, dass Erkenntnisse von den genetisch
und er kann es auch nicht erkennen. Hier von Souve- bedingten Verhaltensweisen des Menschen und die Be-
ränität oder Selbstbestimmung des Konsumenten zu deutung von sensorisch gesteuerten Reaktionen wieder
sprechen, ist deshalb problematisch. stärker hervorgehoben werden.
Die in diesem Buch behandelten Ansätze der Verhaltens-
(b) Zur Auslösung weitgehend automatisch ablaufen-
forschung verdeutlichen, dass die vom Marketing ausge-
der Verhaltensweisen, denen sich der Konsument nicht
hende Verhaltenssteuerung, die zu Beschränkungen der
(oder kaum) entziehen kann: Der Konsument reagiert
Konsumentensouveränität führt, eine weitverbreitete,
in diesem Fall auf Reize, ohne sein Verhalten in nen-
alltägliche Erscheinung ist. Es wäre ein hoffnungsloser
nenswertem Maße kognitiv zu steuern. Mit diesen Ver-
Versuch, sie durch eine bis ins einzelne gehende Regle-
haltensweisen beschäftigen sich mehrere Kapitel dieses
mentierung des Marketing vermeiden zu wollen.
Buches, zum Beispiel in dem Abschnitt über evaluative
Konditionierung: Durch wiederholte Darbietung eines Für die Verbraucherpolitik ergeben sich daraus ent-
neutralen Markennamens zusammen mit angenehmen scheidende Folgerungen: Wenn verbraucherpolitische
Reizen (wie Landschaftsbildern, erotischen Appellen Maßnahmen wirksam sein sollen, müssen sie von den
usw.) ist es möglich, eine positive Haltung zu dem vorher tatsächlich vorhandenen Verhaltensweisen der Konsu-
neutralen Markennamen zu erzeugen. Zugleich verwan- menten ausgehen und auf ihre angeborenen und er-
delt sich auf diesem Wege eine desinteressierte Haltung lernten Verhaltensmuster abgestimmt sein. Mit anderen
gegenüber einem bestimmten Produkt in eine positive Worten: Das faktische Leitbild vom Konsumenten muss
Einstellung. Bemerkenswert an diesem Vorgehen ist, dass verhaltenswissenschaftlich belegt sein und dem norma-
es keiner einzigen sachlichen Information über das Pro- tiven Leitbild zugrunde gelegt werden.
dukt bedarf, um eine Hinwendung zu diesem Produkt
zu erreichen. Der Verbraucherschutz muss das tatsächliche und nicht
das normativ erwünschte Verhalten bei seinen Maßnah-
Würde man die Testfrage stellen, ob der Konsument
men zugrunde legen.
(wenn er hinterher über den Beeinflussungsvorgang in-
formiert würde) diese Form der Einwirkung akzeptierte,
so würde seine Antwort in vielen Fällen sicherlich „nein“ Doch wie schätzen Konsumenten ihre eigene
lauten. Durch sozialtechnische Ansprache der ererbten Souveränität ein?
Reaktionsmuster eines Menschen und durch systemati- In jüngerer Zeit hat sich das Verhalten von Konsumenten
sche Anwendung lerntheoretischer Prinzipien kann das (auch das haben wir in diesem Buch an vielen Stellen
Konsumentenverhalten in beträchtlichem Maße dahin- behandelt) dahingehend verändert, dass mehr und mehr
gehend beeinflusst werden, dass es den Marketingzielen Konsumenten Wert auf nachhaltige Produkte1 legen, auf
entspricht. Darauf weisen bereits „Klassiker“ unter den die Einhaltung von Sozialstandards und auf fairen Han-
Verhaltenswissenschaftlern hin, die sich mit den ererb- del mit den Erzeugern (siehe den Sammelband von Heid-
ten Reaktionsmustern beschäftigen (wie Eibl-Eibesfeldt, brink, Schmidt und Ahaus, 2011; Reese und Kohlmann,
1995, S. 63 ff.), und auch solche, die das gelernte Verhalten
untersuchen (wie Skinner, 1973a).
1 Man denke hier auch an die sogenannten LOHAS, die sich

Bei der Forderung nach souveränen und vernünftigen dem „Lifestyle of Health und Sustainability“ verschrieben ha-
Menschen darf die genetische Abstammung des Men- ben.
610 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

2015). Der Leitgedanke der „Verantwortung“ (Corporate S. 182). Individuell agierende Consumer Citizens werden
Social Responsibility) ist für viele Konsumenten zu einem zum wahren Souverän (Schwarzkopf, 2011).
wichtigen Thema geworden (Stötzel, 2010, S. 163 ff.), und In den letzten Jahren kann man eine Vielfalt von Büchern,
sie fordern von den Unternehmen, Produktionsstandards einen publizistischen Diskurs zu dem Thema „Verbrau-
zu garantieren. Doch können Konsumenten die Unter- cherdemokratie“ beobachten, angefangen vielleicht mit
nehmen durch ihr Verhalten auch zur Einhaltung dieser dem Bestseller „No Logo“ (2000) von Naomi Klein (in
Regeln zwingen oder müssen sie den Firmen einfach neuer Auflage 2015) bis hin zu durchaus amüsant klin-
vertrauen, dass diese auch das tun, was sie vorgeben zu genden Titeln wie „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und
tun, wohlwissend, dass die Firmen mit Medienskandalen ich“ (2008) von Peter Unfried (siehe auch Lamla, 2011,
rechnen müssen, wenn unfaires, ausbeuterisches oder S. 103). Auch das – wenngleich von einer staatlichen Or-
gesetzeswidriges Verhalten bekannt wird? Man denke ganisation, dem Bundesamt für Verbrauchschutz und
an Skandale wie BSE, Dioxin in Eiern, Pferdefleisch in Lebensmittelsicherheit.de (BVL) initiierte und zusammen
Lasagne oder das unerlaubte Filmen von Mitarbeitern, mit diversen Verbraucherorganisationen und anderen
die allesamt öffentlich diskutiert wurden. Dieses Problem Institutionen, z. B. Europäische Behörde für Lebensmit-
kann man aus zwei Perspektiven erörtern: telsicherheit EFSA mitbetriebene Portal „Lebensmittel-
Perspektive A: klarkeit.de“ hat für Furore gesorgt. „Kalbswiener aus
Schweinefleisch, Käse, der keinerlei Milch enthält, Vita-
Die digitalen Informations- und Kommunikations-
minbonbons aus schierem Zucker: Die Volksseele kocht.
technologien verschaffen den Konsumenten in diesem
Selbst die Verbraucherschützer haben die Wut auf die
Ausmaß noch nie dagewesene direkte Partizipations-
Lebensmittelindustrie unterschätzt. Unmittelbar nach
möglichkeiten (Lamla, 2011). Sie können sich mit dem
dem Freischalten ging die neue Internetseite ,Lebens-
Barcode-Scanner am Supermarktregal über die Produkte
mittelklarheit.de’ wegen Überlastung in die Knie: Bis zu
informieren, sie können sich mit ihrem Smartphone in
20 000 Anfragen pro Sekunde bei lebensmittelklarheit.
kürzester Zeit in verschiedene Netzwerke einloggen und
de registrierte der Bundesverband der Verbraucherzen-
dort Empfehlungen zu bestimmten Angeboten nachle-
tralen (vzbv) am Mittwochnachmittag“ (FocusOnline,
sen, sie können sich Testberichte herunterladen, Seiten
2011). Lebensmittelklarheit wurde 2011 online gestellt,
von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder die
und heute liegen somit nach einigen Jahren Laufzeit gute
schon (im Dritten Teil, Kapitel C) erwähnten „watchdogs“
Erfahrungswerte vor. Fast jede zweite bei Lebensmittel-
aufrufen und prüfen, ob die von ihnen ausgesuchten
klarheit eingehende Produktbeschwerde gilt aus Sicht der
Waren ihren Ansprüchen genügen. Zudem können sich
Verbraucherzentrale als berechtigte Produktbeschwerde
Konsumenten zusammenschließen, Unternehmen im
mit Täuschungspotenzial. Etwa 34 Prozent der gemel-
Internet an den Pranger stellen, zu Boykotten aufrufen
deten Produkte, die auch aus Sicht der Verbraucherzen-
oder Werbeparodien bei YouTube einstellen, über die
trale Täuschungspotenzial aufwiesen, wurden von den
wir in diesem Buch bereits berichtet haben. Kurzum,
Anbietern geändert oder ganz aus dem Markt genom-
wir könnten sagen, dass wir uns heute in einer direk-
men, wie vor kurzem das bekannte Produkt „Schwartau
ten Verbraucherdemokratie (siehe auch Lamla2, 2013)
Pura-Fruchtaufstrich“.
befinden, in der die Konsumenten selbst bestimmen,
welche Produkte erfolgreich sind und welche abgestraft Lebensmittelklarheit ist nur ein Beispiel, wie Konsumen-
werden müssen. Die Gesellschaft macht sich auf, um ten versuchen können, sich zu wehren. Der deutsche Wer-
den „Kaufakt als Stimmzettel“ zu begreifen (Beck, 2007, berat, eine Selbstkontrolleinrichtung der deutschen wer-
betreibenden Unternehmen, prüft ebenfalls Beschwerden,
die Konsumenten über Werbung einreichen können. Es
2
geht dem Rat in der Regel darum, rechtlich einwand-
Lamla (2013, S. 12) beschränkt den Begriff der Verbraucherde-
mokratie jedoch nicht auf die oben skizzierten Aktivitäten der
freie, aber als unangemessen eingestufte Werbung zu
Konsumenten, sondern sieht darin ein umfassenderes Projekt: verhindern oder nach dem Erscheinen zu korrigieren.
Vorläufig lässt sich die Verbraucherdemokratie „bestimmen „Der Werberat setzt sich in der Regel unmittelbar mit sei-
als der politische Prozess, der auf die strukturellen Probleme nen Beanstandungen bei den betroffenen Unternehmen
und problematischen Entwicklungen der Konsumgesellschaft durch (Vier-Jahrzehnte-Schnitt: 94 Prozent). Lediglich
reagiert, diese öffentlich thematisiert und im Rahmen eines in Ausnahmefällen muss das Gremium eine Öffentli-
Gemeinwesens, das alle davon direkt und indirekt Betroffenen
che Rüge aussprechen, die über eine Pressemitteilung
umfasst und angemessen zu repräsentieren beansprucht, ei-
ner kollektiven Lösung bzw. Korrektur zuzuführen versucht“. verbreitet und von den Medien aufgegriffen wird. Diese
Damit wird nicht ausgeschlossen, dass in bestimmten Fällen Maßnahme führt in den allermeisten Fällen dazu, dass
Reglementierungen vorgenommen werden müssen. das betroffene Unternehmen künftig auf gesellschaft-
A. Zum Problem der Konsumentensouveränität und zum Leitbild der Verbraucherdemokratie 611

lich akzeptierte Werbung setzt“ (Deutscher Werberat, sumenten werfen nur kurze Blicke auf die einzelnen Pro-
2019a). Im Jahr 2018 überprüfte der Deutsche Werberat dukte (siehe auch das Beispiel im folgenden Kapitel) und
über 700 Werbemaßnahmen, zu denen aus der Bevölke- entscheiden in Sekundenschnelle.
rung Beschwerden vorlagen. Mit großem Abstand lagen Selbst wenn der Konsument von morgens bis abends
die meisten Beschwerden zu geschlechterdiskriminie- eine aktive Rolle als mündiger, souveräner oder ratio-
render Werbung vor. Ein Beispiel aus 2018: „Öffentlich naler Konsument spielen würde3, so müsste dies nicht
gerügt wurde ein Pizzalieferant aus Leipzig. Zahlreiche immer zum Wohle des Konsumenten sein. Rationalität
Beschwerdeführer kritisierten ein Plakat, auf dem ein im Konsumbereich darf nicht isoliert gesehen werden.
weibliches Model in Unterwäsche und mit verführeri- Es kann durchaus sein, dass „unvernünftiges“ Verhalten
schem Blick Pizza isst, als sexistisch. Auf dem Bauch des im Konsumbereich zu einem Vorteil in anderen Lebens-
Models prangte der Schriftzug ’Pizza Hot Spicy’ und auf bereichen führt. So kann zum Beispiel routinemäßiges,
dem Oberschenkel der Hinweis ’nur 4,99 €’. Der Werberat schnelles Einkaufen ohne gründlichen Vergleich ver-
gab den Beschwerdeführern recht: In der Werbung werde schiedener Angebote (ohne Preisvergleiche usw.) dazu
die Frau auf ihre Sexualität reduziert und zu einem Ob- führen, dass der Konsument mehr Freizeit hat. Dieser
jekt degradiert. Daran änderte auch die Tatsache nichts, Wert kann für ihn größer sein als die Einbuße, die er
dass das Unternehmen einlenkte und den auf dem Bein durch das unüberlegte Einkaufen erleidet. Vertreter der
der Frau angebrachten Preis von 4,99 € entfernte. Die Ab- Verbraucherpolitik werden einwenden, solche Einbußen
bildung einer nur mit Spitzenunterwäsche bekleideten, des Konsumenten seien selbstverständlich nicht gewollt.
lasziv dargestellten Frau hatte zudem keine Verbindung Vernünftiges Handeln des Konsumenten heiße, dass sich
zu den beworbenen Pizzen. Im Gegensatz dazu besteht der Konsument über seine Ziele im Klaren sei und ab-
beispielsweise bei der vom Unternehmen als Vergleich wäge, was für ihn besser sei: Mehr Zeit auf den Einkauf
herangezogenen Unterwäschewerbung ein direkter Zu- zu verwenden oder mehr Freizeit zu haben.
sammenhang zwischen der knappen Bekleidung und
Konsumenten sind darüber hinaus oftmals überfordert,
dem beworbenen Produkt“ (Deutscher Werberat, 2019b).
bei komplexen Angeboten wie Finanzdienstleistungen
Schließlich könnten auch Boykotte (Klein, Smith und (siehe Oehler und Reisch, 2012), aber auch bei Produkt-
John, 2004; Hahn und Albert, 2017, um Boykotte zu käufen des täglichen Bedarfs am Point-of-Sale, die „In-
vermeiden: Albrecht, Campbell et al., 2013) eine zuneh- tegrität“ des Angebots zu beurteilen. Verbände setzen
mende Rolle spielen, sind sie doch im digitalen Zeitalter sich vielfach für Gütesiegel ein, aus Marketingzwecken,
über soziale Netzwerke leichter zu organisieren als bei- aber auch, um Konsumenten mehr Gewissheit bei ihren
spielsweise Mitte der 1990er Jahre (siehe auch Vierter Entscheidungen zu geben. Das kann für die Konsumen-
Teil, Kapitel B. III). ten durchaus hilfreich sein, wie die Erkenntnisse zur
Doch ist die Verbraucherdemokratie, die an die Verant- Akzeptanz des Gütesiegels der Stiftung Warentest ein-
wortung jedes einzelnen Konsumenten appelliert ein deutig belegen. Doch mittlerweile gibt es so viele unter-
effizientes System, das staatliche Kontrollen ersetzen schiedliche Gütesiegel, dass die Bildzeitung im Februar
kann, oder bürdet man damit den Konsumenten eine 2013 (nach Bekanntwerden des Pferdefleischskandals)
Last auf, die sie nicht schultern können, zumal sie durch die Schlagzeile: „Der Irrsinn mit den Güte-Siegeln! Wer
die Verbraucherdemokratie indirekt für alle negativen blickt da noch durch?“ brachte und die verschiedenen
Folgen der Konsumgesellschaft verantwortlich gemacht Varianten auflistete (siehe Abb. 247).
werden? Zudem lassen sich Konsumenten im Internet von den
zuerst abgegebenen Kommentaren in ihrer Meinung
Perspektive B:
beeinflussen und zeigen hier ein gewisses Herdenver-
Die Konsumentenverhaltensforschung (siehe oben) zeigt, halten, wie beispielsweise die (im Dritten Teil erläuterte)
dass viele Konsumenten die vor allem unbewussten Pro- Studie von Campbell, Pitt et al. (2011) zeigt. Es ist also
zesse, die über die Verhaltenssteuerungen funktioniert, durchaus wahrscheinlich, dass Konsumenten, ähnlich
nicht durchschauen. Auch ist es eine Illusion zu glauben, wie in der persönlichen Kommunikation, die Meinun-
die Konsumenten würden sich tatsächlich bei jedem Kauf gen anderer ungeprüft übernehmen und sich nicht von
mit dem Barcode-Scanner über Produkte informieren. der Richtigkeit der Information überzeugen. Es kann
Konsumenten gehen nicht nur mit einem Geld-, sondern
auch mit einem Zeitbudget zum Einkaufen. In diesem 3
Man stelle sich die Erschöpfung einer Gesellschaft vor, die
Buch wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass bei unermüdlich jede Entscheidung rational reflektiert, ohne die
den täglichen Einkäufen nur die wenigsten mit hohem Möglichkeit, auf lebenserleichternde Gewohnheitsentscheidun-
kognitiven Involvement durchgeführt werden; die Kon- gen zurückgreifen zu können.
612 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

Abb. 247: Vielzahl der Gütesiegel


(Quelle: BildOnline, 2013)

daher vorkommen, dass Menschen oder Marken völlig firm“. In die Analyse gingen 63 Aufrufe (Homepages
unberechtigt an den Pranger gestellt werden (was nicht im Internet) zu Boykotten ein. Dieser Befund stellt für
im Sinne des Ziels „Gewährung einer Angebotsvielfalt die Verfechter der Verbraucherdemokratie eine gewisse
für den Konsumenten“ ist). Ernüchterung dar. Eine emotionale Zuwendung (brand
Bei dem Portal „lebensmittelklarheit.de“ war es deshalb attachment) und eine Identifikation der Konsumenten
notwendig und auch sehr sinnvoll, dass bei Beschwerden mit einer Marke lassen Boykottaufrufe verpuffen (Al-
„die betroffenen Unternehmen von der Redaktion des brecht, Campbell et al., 2013; Hahn und Albert, 2017).
Portals gebeten wurden, dazu schriftlich Stellung zu So what? Sicherlich ist es einerseits sehr zu begrüßen,
nehmen. Außerdem nimmt die Redaktion selbst eine dass durch die Neuen Medien die Einwirkungsmöglich-
Einschätzung vor. Erst nach dieser Prüfung werden keiten und damit die Souveränität des Konsumenten
die Verbraucherbeschwerde sowie die Stellungnahmen gestiegen sind. Konsumenten können und wollen mehr
des Unternehmens und der Internetredaktion in den Selbstverantwortung übernehmen. Bei einigen Konsu-
produktbezogenen Teil des Portals eingestellt“ (Focus menten hat u. a. deshalb eine gewisse EU-Müdigkeit oder
Online, 2011). Nur so wird ein Klima erzeugt, in dem Frustration eingesetzt, weil sie den Eindruck gewonnen
Unternehmen auch bereit sind, Änderungen vorzuneh- haben, dass Brüssel zu extremen Überregulierungen
men, wie das vielfach der Fall war. Auch beim Werberat neigt, auch beim Verbraucherschutz, und sie zu „unmün-
müssen Beschwerden schriftlich eingereicht werden, digen Bürgern“ erzieht. Andererseits zeigen die Erkennt-
anonyme Anzeigen werden nicht bearbeitet. nisse der Konsumentenverhaltensforschung, dass di-
Schließlich zeigen aktuelle Studien, dass Konsumen- rekte Verbraucherdemokratie nicht immer effizient und
tenboykotte zwar intensiv diskutiert werden (s. o.), aber zielführend ist: Bestimmte staatliche Institutionen und
selten im Sinne derjenigen, die zu einem Boykott4 (siehe Regelungen sind zwingend notwendig, um einen wirk-
auch Vierter Teil, B.III) aufrufen, zu einem Erfolg führen. lichen Verbraucherschutz zu gewährleisten – gerade im
So fasst Koku (2012, S. 20) seine empirischen Ergebnisse digitalen Zeitalter, in dem Konsumenten die hinter der
wie folgt zusammen: „The results show that consumer Datenverarbeitung stehenden Algorithmen nicht ken-
boycotts launched by individuals on the internet are in- nen oder nicht verstehen. Der Konsument ist also auch
effective in inflicting economic harm on the targeted verletzlicher geworden (Bala und Müller, 2014). Auch
für Unternehmen sind staatliche Regelungen (und deren
4 Kontrolle) von Bedeutung für die eigene Wettbewerbsfä-
Friedman (1985, S. 97) definiert einen Boykott als „an attempt
by one or more parties to achieve certain objectives by urging higkeit, denn sie schützen die lauteren, verantwortungs-
individual consumers to refrain from making selected purcha- vollen Unternehmen vor den „schwarzen Schafen“, die
ses in the marketplace“. die Wettbewerbsbedingungen durch ihr regelwidriges

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A. Zum Problem der Konsumentensouveränität und zum Leitbild der Verbraucherdemokratie 613

Verhalten verzerren. Es gilt somit, die Balance zwischen


notwendigem Schutz und Überregulierung zu finden.

Das vorrangige Ziel, der Machtentfaltung des Marketing


durch verhaltenssteuernde Techniken sowie undurch-
sichtige und verbraucherschädliche Angebote vor allem
dadurch entgegenzutreten, dass man den Verbraucher
aufklärt und informiert und zu einer stets kritischen,
rationalen Haltung erzieht, lässt sich kaum erreichen:
Aufklärung und Information können die Steuerung des
Konsumentenverhaltens durch beeinflussende Techniken
des Marketing nicht verhindern, weil durch diese Techni-
ken oft automatisch Verhaltensweisen ausgelöst werden,
denen sich auch ein noch so gebildeter und aufgeklärter
Konsument nicht entziehen kann. Insgesamt ist also zu
fordern: Nicht nur rationale Aufklärung, sondern mehr
Schutz für einen Verbraucher, der sich aufgrund mangeln-
der Durchschaubarkeit der Verhaltensbeeinflussung von-
seiten des Marketing nicht immer und vollständig selbst
schützen kann.5

5
Dabei wird, unserer pragmatischen Haltung folgend, voraus-
gesetzt, dass die schädlichen Wirkungen der Verhaltenssteu-
erung erstens faktisch nachgewiesen werden und zweitens
unter gesellschafts- und sozialpolitischen Aspekten gewertet
(gewichtet) werden, bevor dagegen etwas unternommen wird.
B. Verbraucherpolitik

I. Einrichtungen der Verbraucherpolitik cherpolitik geleistet werden. Das Netzwerk Verbraucher-


forschung wird vom Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz (BMJV) unterstützt“ (BMJV, 2019).
Die Erkenntnis, dass die Förderung eines intensiven
Wettbewerbs durch Wettbewerbspolitik allein nicht aus- Auch in den USA ist der Verbraucherschutz Gegenstand
reicht, um Verbraucherinteressen wirksam durchsetzen des Forschungsinteresses. Eine wichtige Dokumentation
zu können, führte zur Herausbildung der staatlichen Ver- dazu bieten die Tagungsberichte des American Council
braucherpolitik (Mitropoulos, 1997, S. 23). Nach Scherhorn on Consumer Interests (z. B. Consumers International
(1975, S. 121) versteht man unter Verbraucherpolitik „alle Summit, 2019). Eine weitere Informationsquelle ist das
staatlichen oder staatlich geförderten Maßnahmen …, von der American Marketing Association herausgegebe-
die darauf abzielen, das Ungleichgewicht zwischen ne Journal of Public Policy & Marketing, das regelmäßig
Produzenten und Konsumenten zu mildern und dem Beiträge renommierter Konsumentenverhaltensforscher
Konsumenteninteresse zu angemessener Durchsetzung enthält. Die Homepage der ACR (http://www.acrwebsite.
zu verhelfen“. Das Ungleichgewicht sieht Scherhorn in org) stellt seit dem Jahr 2004 aktuelle Forschungsergeb-
einer stärkeren Macht der Anbieter, die mehr Ressourcen nisse zum Verbraucherschutz online zur Verfügung. Von
hätten, ihre Interessen auf dem Markt durchzusetzen. der ACR ist die sogenannte „Transformative Consumer
Research“-Bewegung7 ins Leben gerufen worden (Mick,
Die Verbraucherpolitik in Deutschland war zunächst 2008), die sich eine „Erhöhung der Lebensqualität der
darauf ausgerichtet, durch gesetzliche Regelungen und Konsumenten“ zum Ziel gesetzt hat und sich u. a. (neben
staatliche Verordnungen die Verbraucher zu schützen, Suchtproblemen von Konsumenten) auch mit der Frage
unter anderem vor Übervorteilung und Täuschung durch auseinandersetzt, ob, wann und wie Konsumenten dis-
die Anbieter. In zunehmendem Maße übernahmen in den kriminiert werden oder ihnen Schaden zugefügt wird
1960er- und 1970er-Jahren neugegründete Verbraucher- und wie sie sich dagegen zur Wehr setzen können.
organisationen wie die Verbraucherzentralen oder die
Stiftung Warentest verbraucherpolitische Aufgaben, die Auf europäischer Ebene ist die EU die wichtigste Insti-
sich im Wesentlichen um Aufklärung und Information tution, die Verbraucherpolitik betreibt. Im Vertrag von
der Verbraucher bemühten6. Die Verbraucherpolitik und Maastricht von 1992 wurde der Verbraucherschutz als ein
ihre Erforschung sind inzwischen zu etablierten Einrich- eigenständiger Politikbereich auf Gemeinschaftsebene
tungen geworden. festgeschrieben8. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, solche
institutionellen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass
Seit einigen Jahren gibt es zudem in Deutschland auch Verbraucher in Europa möglichst „informierte“9 Konsum-
das Forschungsnetzwerk Verbraucherforschung. „Das entscheidungen treffen können. Dabei geht es um den
Ziel ist es, die weitere Entwicklung der Verbraucherwis- Schutz der Interessen, der Gesundheit und der Sicherheit
senschaften in Deutschland zu unterstützen, um diese der Verbraucher. Die EU strebt zudem einen möglichst
als eigenständiges, breites und interdisziplinäres For- offenen, fairen und transparenten Binnenmarkt an. Die
schungsfeld zu etablieren. Das Netzwerk gibt dement- Verbraucher sollen eine freie Auswahl treffen können
sprechende Impulse in die Forschungslandschaft. Durch und „unbehelligt von unseriösen Geschäftemachern“
Gewinnung und Kommunikation verbraucherwissen- ebenso wie die Unternehmen in der Lage sein, das Markt-
schaftlicher Erkenntnisse kann zudem ein wesentlicher potenzial voll auszuschöpfen. Aktuelle Themen sind
und sichtbarer Beitrag für eine realitätsnahe Verbrau-
7
„Transformative Consumer Research is a movement within
6
Zur Entstehung der Verbraucherpolitik in Deutschland our association that seeks to encourage, support, and publicize
siehe Hansen, Stauss und Reimer (1982), Kuhlmann (1990). research that benefits consumer welfare and quality of life for
Überblicke zur verbraucherpolitischen Forschung geben Kem- all beings affected by consumption across the world“ (Mick,
per (1994), Hansen (1995a), Oehler und Reisch (2012) sowie 2008, siehe www.acrwebsite.org, siehe auch Erster Teil).
8
Kenning, Oehler et al. (2017). Die deutsche Verbraucherpoli- Zur verbraucherpolitischen Praxis in verschiedenen Staaten
tik erhielt wesentliche Anregungen von der amerikanischen der EU; vgl. Mitropoulos (1997, S. 311 ff.).
Verbraucherbewegung (Konsumerismus) und der von ihr her- 9 Siehe hierzu die kritischen Bemerkungen unter Vierter Teil,

ausgeforderten Verbraucherpolitik in den USA. A.


B. Verbraucherpolitik 615

beispielsweise die Durchsetzung von Rauchverboten, gelassenen Claims sind frei zugänglich auf der Webseite
Kennzeichnungen von Lebensmitteln (z. B. Herkunft, der Europäischen Union einzusehen (über 200 autorisierte
Nährwertangaben, sogenannte „Health Claims“ usw.), Claims). Das Ziel der Verordnung besteht unter anderem
verschiedene Dienstleistungen im Gesundheitswesen darin, „hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten,
(z. B. Organtransplantationen, Leistungen bzw. Produkte dem Verbraucher die notwendigen Informationen für eine
zur Prävention von chronischen Krankheiten usw.) oder sachkundige Entscheidung zu liefern und gleiche Wett-
unfaire Geschäftspraktiken (z. B. Einkaufen im Internet, bewerbsbedingungen für die Lebensmittelindustrie zu
Finanzdienstleistungen, Reiseverkehr usw.). schaffen“. Dieses Ziel ist durchaus ambitioniert, da Health
Die letzten wegweisenden Entscheidungen der EU im Be- Claims vielfach auch mit negativen Vorurteilen einherge-
reich der Lebensmittelkennzeichnung betrafen die Nähr- hen (Lähteenmäki, Lampila et al., 2010). Wir kommen in
wertkennzeichen und gesundheitsbezogenen Angaben dem Abschnitt Vierter Teil B. III. 2 auf die Wirkung von
auf den Lebensmittelverpackungen. Nach einer acht Health Claims noch einmal zu sprechen.
Jahre andauernden Diskussion um die Platzierung der Es gibt zwei europäische Institutionen, die für die Ver-
Nährwertangaben auf der Vorderseite der Verpackung ankerung des Verbraucherschutzes in der EU-Politik
ersetzt eine neue Lebensmittelkennzeichnungs-Verord- verantwortlich sind: Das bereits 1962 gegründete Bu-
nung die Richtlinien 90/496/EWG und 2000/13/EG. Die reau Européen des Unions des Consommateurs (BEUC;
neue Verordnung macht zwar die Nährwertangaben zum Homepage: http://www.beuc.org) und die seit 1995 exis-
Energiegehalt und zu bestimmten Nährstoffen (Fett, ge- tierende European Association for the Coordination of
sättigte Fettsäuren, Zucker und Salz) zu Pflichtangaben, Consumer Representation in Standardisation (ANEC;
die Platzierung auf der Vorderseite bleibt jedoch frei- Homepage: http://www.anec.eu). Die Homepages bieten
willig. Auch die diskutierte Ampelkennzeichnung, die zahlreiche Informationen zu den Zielen und aktuellen
den kognitiven Aufwand im Entscheidungsverhalten Themen der beiden Organisationen.
unter Anwendung einfacher Entscheidungsheuristiken In Deutschland gelten folgende verbraucherpolitische
mindern könnte, wurde nicht zum Bestandteil der Ver- Ziele:
ordnung. Nichtsdestotrotz verspricht der europaweit
●● Stärkung der Marktposition des Verbrauchers, insbe-
einheitliche Rahmen laut der damaligen Bundesver-
sondere durch Förderung des Wettbewerbs zwischen
braucherministerin Ilse Aigner „mehr Transparenz und
den Anbietern,
macht es Verbrauchern leichter, sich über die Qualität der
●● Stärkung der Rechtsposition des Verbrauchers,
Lebensmittel zu informieren und sich so zu ernähren,
●● Beratung und Information des Verbrauchers,
wie sie es für richtig halten“ (BMELV, 2012). Die Verord-
●● Schutz des Verbrauchers gegen unlautere Verkaufs-
nung trat im Dezember 2011 in Kraft und war ab Dezem-
praktiken,
ber 2014 zwingend umzusetzen.
●● Schutz vor gesundheitlichen Schäden durch den Kon-
Auch in Bezug auf die gesundheitsbezogenen Angaben sum von Gütern
(die sogenannten „Health Claims“) kam es mit der „Health ●● sowie Umweltschutz,
Claim-Verordnung“ (Verordnung EG Nr. 1924/2006) zu ●● Sicherung eines optimalen Angebots in verschiede-
großen Veränderungen bei der Lebensmittelkennzeich- nen wichtigen Konsumbereichen (Nahrungsmittel,
nung. Seit dem 14. Dezember 2012 sind die gesundheits- öffentliche Leistungen, Wohnungen),
bezogenen Angaben (wie z. B. „senkt den Cholesterinspie- ●● Verbesserung der organisatorischen Vertretung der
gel“) grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind von der Verbraucherinteressen.
Europäischen Kommission zugelassen. Für die Zulassung ●● Hinzugekommen ist auch das Thema „Grundsatz-
ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit fragen der digitalen Informationsgesellschaft und
(EFSA)10 zuständig, welche die wissenschaftlichen Nach- Datensouveränität“ (siehe Informationen des Bundes-
weise der behaupteten Wirkung bewertet. Die bislang zu- ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz,
BMJV, 2019).
10 „Die EFSA ist eine europäische Behörde, die von der Eu-
Grob gesehen kann man die verbraucherpolitischen Ziele
ropäischen Union finanziert wird und unabhängig von der
Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und und Maßnahmen einteilen in:
den EU-Mitgliedstaaten arbeitet. Sie wurde 2002 infolge ei- ●● Verbraucherschutz,
ner Reihe von Lebensmittelkrisen in den späten 1990er Jahren ●● Verbraucheraufklärung und -information.
als unparteiische Quelle für wissenschaftliche Beratung und
Kommunikation zu Risiken im Zusammenhang mit der Le-
bensmittelkette eingerichtet. Die rechtmäßige Gründung der Lebensmittelrechts – mit der Verordnung 178/2002“ (EFSA,
Behörde durch die EU erfolgte im Rahmen des Allgemeinen 2019).
616 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

Das in Deutschland für Verbraucherschutz zuständige Wir wenden uns jetzt der Verbraucheraufklärung und
Ministerium ist derzeit das BMJV. Durch den Verbrau- Verbraucherinformation zu, die nach dem Willen der
cherschutz sollen die Konsumenten vor Schäden beim EU und der Bundesregierung eine besonders wichtige
Einkauf und beim Verbrauch von Waren und Dienst- Rolle spielen.
leistungen geschützt und ihre Rechtsstellung im Wirt- Verbraucheraufklärung (-beratung, -bildung) und Ver-
schaftsverkehr verbessert werden. Die Schäden können braucherinformation werden im Wesentlichen von öf-
materieller oder immaterieller Art sein. fentlichen Institutionen der Verbraucherpolitik durch-
Die erlassenen Rechtsvorschriften und Verordnungen geführt. An erster Stelle stehen:
reglementieren das Verhalten der Anbieter untereinan- ●● Stiftung Warentest (gegründet 1964): Nach der Sat-
der – vor allem, um einen leistungsfähigen Wettbewerb zung ist es ihre Hauptaufgabe, „die Öffentlichkeit
aufrechtzuerhalten – und das Verhalten der Anbieter über objektivierbare Merkmale des Nutz- und Ge-
gegenüber den Verbrauchern11. So verweist das UWG brauchswertes sowie der Umweltverträglichkeit von
seit der Reform 2004 ausdrücklich auf das Ziel des Ver- Waren und privaten sowie individuell nutzbaren öf-
braucherschutzes. Als Rechtsvorschriften sind als erstes fentlichen Leistungen zu unterrichten, der Öffentlich-
das „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (GWB) keit Informationen zur Verfügung zu stellen, die zur
und das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ Verbesserung der Marktbeurteilung beitragen, und
(UWG) zu nennen. die Verbraucher über Möglichkeiten und Techniken
Paragraf 1 UWG lautet: „Dieses Gesetz dient dem Schutz der optimalen privaten Haushaltsführung, über eine
der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und der Verbrau- rationale Einkommensverwendung sowie über von ihr
cher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlaute- als fundiert erkannte wissenschaftliche Erkenntnisse
ren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das des gesundheits- und umweltbewussten Verhaltens
Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten aufzuklären.“ Die Ergebnisse des Warentests erschei-
Wettbewerb.“ Die Paragrafen 3 und 4 richten sich gegen nen in den monatlich erscheinenden Zeitschriften test
unlauteren Wettbewerb, Paragraf 5 gegen irreführende und Finanztest. Laut Homepage der Stiftung Warentest
Werbung, Paragraf 6 gegen vergleichende Werbung und (2019) hat die Stiftung Warentest seit ihrer Gründung
Paragraf 7 gegen unzumutbare Belästigungen. rund 6.000 vergleichende Warentests und tausende
Zu den allgemeinen Rechtsvorschriften kommen zahl- Dienstleistungstests durchgeführt. Die Ergebnisse
reiche spezielle Vorschriften, wie die Regelungen zu den werden jedes Jahr in rund 7 Millionen Heften veröf-
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Paragraf 305 ff. fentlicht und im Internet von mehr als 67 Millionen
BGB) oder Klauseln zur Regelung von Reiseverträgen Besuchern aufgerufen.
oder Haustürgeschäften. Die Regelungen auf Bundes- ●● Verbraucherzentralen (gegründet ab 1953): Hauptauf-
ebene werden durch solche auf der Ebene der Länder gabe ist die Verbraucherberatung auf örtlicher Ebene.
und Gemeinden ergänzt. Verbraucherzentralen gibt es in allen Bundesländern
(http://www.verbraucherzentrale.de).
Neben den staatlichen Einrichtungen zum Verbrau- ●● Verbraucherinitiative (gegründet 1985) als nicht staat-
cherschutz gibt es freiwillige Schutzeinrichtungen und
lich geförderter Verein, der sich als Lobby-Organisa-
Selbstkontrollen wirtschaftlicher Verbände und Orga-
tion für ökologischen, gesundheitlichen und sozialen
nisationen, zum Beispiel den schon genannten Deut-
Verbraucherschutz betrachtet (http://www.verbrau-
schen Werberat und den Zentralverband der Deutschen
cher.org).
Werbewirtschaft. Die Verhaltensregeln und Richtlinien
des Deutschen Werberates umfassen neben den oben er- Weitere bekannte Institutionen sind die Arbeitsgemein-
wähnten Entscheidungen zu unangemessener Werbung schaft der Verbraucherverbände (AGV), die 1953 gegrün-
allgemeine Geschäftsbedingungen für die Plakatwer- det wurde und Verbraucherinteressen bei der Gesetz-
bung und die Werbung in Kinos, einheitliche Grund- gebung vertritt, sowie die Stiftung Verbraucherinstitut
sätze für die Rundfunkwerbung sowie Richtlinien zu in Berlin; sie wurde 1978 gegründet und dient der Fort-
redaktionell gestalteten Anzeigen und redaktionellen bildung von Vertretern der Verbraucherpolitik. Beide
Hinweisen. Weitere aktuelle Fälle und Entscheidungen Institutionen gingen im November 2000 als Ergebnis
können den Homepages entnommen werden (http:// einer Strukturreform der deutschen Verbraucherorgani-
www.werberat.de bzw. http://www.zaw.de). sationen zusammen mit dem Verbraucherschutzverein
(VSV) in der neu gegründeten Verbraucherzentrale Bun-
desverband (vzbv) auf.
11 Zu den rechtlichen Regelungen des Verbraucherschutzes
siehe Grunewald und Peifer (2010).
B. Verbraucherpolitik 617

II. Relevanz der bisherigen Verbraucher- Dennoch gehen viele Forscher und Politiker immer noch
politik und Ableitung von Zielen vom engagierten Kaufverhalten der Konsumenten aus,
wie anfangs bereits ausführlich erläutert wurde. Das
zeigt sich, wie vielfach in diesem Buch kritisiert, u. a. in
Die Verbraucherpolitik hat sich in den letzten Jahren unrealistischen Versuchsdesigns, bei denen die Kon-
stark gewandelt – oder wie Oehler und Reisch (2012) sumenten in Forced Exposure-Laborexperimenten zu
es ausgedrückt haben: „Sie lebt“. Verbraucherpolitik ist Reaktionen quasi gezwungen werden, die sie im „ech-
weniger ideologisch und stattdessen pragmatischer ge- ten Leben“ niemals zeigen würden. Zudem sind bei-
worden. Zudem ist zu beobachten, dass die vorgestellten spielsweise viele Ernährungsexperten immer noch der
Institutionen ihre Satzungen z. B. dahingehend geändert Ansicht, dass man Konsumenten erziehen kann. Und
haben, dass das Umweltbewusstsein, die Nachhaltigkeit wenn sich der Konsument nicht so verhält, wie man
des Wirtschaftens und die soziale Verantwortung von es nach einer Aufklärungskampagne erwartet, dann
Unternehmen zusätzliche Kernelemente des Verbrau- lautet der Ratschlag gerne „Explain it again“. Zu wenig
cherschutzes darstellen. Die Stiftung Warentest entwi- entwickelt sind verbraucherpolitische Studien, die das
ckelte beispielsweise einen CSR-Test („Corporate Social Einkaufsverhalten der Konsumenten hinnehmen, wie
Responsibility“), um Waren anhand solcher Kriterien es tatsächlich ist und die von gewohnheitsmäßigen oder
bewerten zu können. Somit kann beispielsweise aufge- erlebnisorientierten Entscheidungen des Konsumenten
deckt werden, ob in Entwicklungsländern hergestellte ausgehen und dafür sorgen, dass der Konsument dabei
Textilien von Kindern verarbeitet werden oder ob die keinen Schaden erleidet. Inwiefern durch das Festhal-
Arbeitsbedingungen und Löhne der Angestellten ge- ten am Bild des stets informationsaufnahmebereiten
wissen Standards entsprechen. Dies bedeutet, dass die Verbrauchers, der sich zudem gerne erziehen lässt, eher
gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in gegenläufige Entwicklungen provoziert werden, ist vor
die Bewertung von Produkten einfließt und den Konsu- dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung von
menten offengelegt wird (siehe auch Schrader, Hansen Übergewicht und Adipositas in der Gesellschaft auf-
und Halbes, 2006). Die „Moral beim Kaufen“ spielt für grund von Überernährung und sinkender körperlicher
viele Konsumenten eine wichtige Rolle (Stehr und Adolf, Aktivität (vor allem im Berufsalltag) eine durchaus be-
2009). Allerdings muss man sich diese Moral auch leisten rechtigte Frage.
können, wie Olson und McFerran (2016) mit ihrer em-
Vermeintlich sinnvolle Veränderungen von Lebensmit-
pirischen Studie aufzeigen, nach der Geringverdiener
tel-Rezepturen können auch Bumerangeffekte auslösen.
bzw. auf staatliche Förderung angewiesene Konsumen-
Zum Beispiel zeigen empirische Studien, dass Konsu-
ten ethische Produkte sehr viel seltener einkaufen: „For
menten durch Kennzeichnungen auf Lebensmittelver-
low-income consumers receiving government assistance
packungen, die niedrige Fettgehalte bewerben, in die
who are viewed as less deserving, however, the expense
Irre geführt werden: Konsumenten unterschätzen den
of ethical products becomes magnified and overpowers
Gesamtkaloriengehalt solcher Lebensmittel und kon-
the moral goodness“ (ebenda, S. 892).
sumieren infolge dessen mehr – anstatt weniger (Chan-
Die Verbraucherpolitik ist in den letzten Jahren auch don und Wansink, 2007, S. 87 ff.; Wansink und Chandon,
realistischer geworden (vielleicht insbesondere vor dem 2006, S. 608 ff.). Ng, Stice et al. (2011) erklären mittels Ge-
Hintergrund der Digitalisierung und dem Eindruck, dass hirnscans, dass bei Low-Fat-Produkten Konsumenten
viele Algorithmen für den Konsumenten nicht durch- eine höhere Menge brauchen, um das Belohnungssys-
schaubar sind, Schleusener und Stevens, 2015), und tem stimulieren zu können. Konsumenten können darin
es gibt neben dem Bild vom „mündigen“ Verbraucher auch eine „Lizenz zum Sündigen“ sehen, in dem Sinne,
(Strünck, 2015) auch die Vorstellungen (wie berichtet) dass sie kurzfristig zusätzlich auch reguläre (also nicht
vom „verletzlichen“ oder „vertrauenden“ Konsumenten fettreduzierte) Produkte verzehren (Fishbach und Dhar,
(Bala und Müller, 2015). Hellmann (2018) plädiert sogar 2005; Wilcox, Vallen et al., 2009). Cleeren, Geyskens (et
dafür, den „sich selbst erlebenden Verbraucher“ in den al., 2016) stellen bei ihrer Analyse auf der Basis von Ab-
Mittelpunkt zu rücken, wobei diese Selbstreflexion mehr verkaufszahlen allerdings fest, dass – wenn man längere
oder weniger bewusst sein könne. „Ein Leitunterschied Zeiträume betrachte – letzteres nicht zu beobachten sei,
bestünde etwa darin, den inneren Vorstellungsmöglich- sondern dass es langfristig zu einem Überkonsum von
keiten der Verbraucher und Verbraucherinnen deutlich fettreduzierten Produkten käme: „The overconsumption
mehr Raum zu geben und sie dabei nicht normativ-po- effect is persistent“ (ebenda, S. 904). Die Erkenntnisse
litisch-rechtlich zu bevormunden, sondern ihnen wert- bestätigen somit auch langfristig, dass von Low-Fat-Pro-
urteilsfrei zu begegnen“ (ebenda, S. 40). dukten einfach mehr gegessen wird. Wir werden auf

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618 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

diese Probleme weiter unten noch einmal zu sprechen zuweisen, sein Kaufverhalten zu problematisieren
kommen. und den routinemäßigen Ablauf der Entscheidungen
Besonders gravierend machte sich bisher die Vernach- (zum Beispiel den habituellen Produkteinkauf) zu
lässigung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse bei erschweren. Argo und Main (2004, S. 197 ff.) geben in
der Konzeption verbraucherpolitischer Kommunikati- ihrer Metaanalyse einen Überblick über die zahlrei-
onstechniken bemerkbar. Der Konsument wird in der chen Studien zur Wirkung von Warnhinweisen auf
verbraucherpolitischen Kommunikation oftmals immer Produkten. Sie stellen fest, dass diese zwar wirken –
noch wie ein Computer behandelt: Ihm werden zu viele, jedoch die Wirkung auf das Verhalten von Konsu-
schwer verständliche und schwer auswertbare Informa- menten von der Vertrautheit mit dem Produkt posi-
tionen vermittelt (z. B. bei Finanzdienstleistungen). Ursa- tiv und von den Kosten des Befolgens der Warnung
che dafür ist ein unzweckmäßiges Kommunikationsmo- negativ beeinflusst wird. Schleusener und Sevens
dell, von dem in der Verbraucherpolitik oft ausgegangen (2015) machen deutlich, dass gerade bei der Preisgabe
wird, vielleicht um sich nicht den Vorwurf gefallen lassen persönlicher Daten, die mit der Nutzung bestimmter
zu müssen, man würde die gleichen „beeinflussenden“ Apps vielfach verbunden ist, Konsumenten vor einer
Sozialtechniken wie das Marketing anwenden12. „naiven Adoption“ zu schützen seien, z. B. durch eine
transparente und verständliche Darstellung der Be-
Verbraucherpolitische Kommunikation muss auf das tat-
drohung.
sächliche Kommunikationsverhalten des Konsumenten
(2) Befähigung von Konsumenten: Dieses Ziel um-
eingehen. Die verbraucherpolitischen Mitteilungen müs-
fasst die Versorgung der Konsumenten mit besse-
sen den Konsumenten aktivieren und seine Aufmerk-
ren „Denkprogrammen“ und die Versorgung mit
samkeit erregen, sonst sind sie zur Wirkungslosigkeit
zusätzlichen und geeigneten Informationen. Da es
verurteilt. Sie müssen auch auf die beschränkte Kapazi-
sich um das klassische Ziel der Verbraucherpolitik
tät des Konsumenten, Informationen aufzunehmen, zu
handelt, sollte die effiziente Unterstützung (und
verarbeiten und zu speichern, eingestellt sein. Und sie
Erleichterung) bei komplexen Entscheidungen eine
sollten dabei die zielgruppenspezifischen Unterschiede
Selbstverständlichkeit sein. Das setzt natürlich die
in der Beeinflussbarkeit berücksichtigen. Auf die Bedeu-
Einsicht voraus, dass die Informationsverarbeitungs-
tung dieser Kommunikationsbedingungen wurde im
kapazität von Menschen limitiert ist.
vorliegenden Buch ausführlich eingegangen.
Das affektive und impulsive Entscheidungsverhalten
Zusammenfassend: sollte nicht außer Acht gelassen werden. Nicht be-
wusst durchschaubare und nicht willentlich kontrol-
Wenn die Verbraucherpolitik die Konsumenten nicht über- lierbare Beeinflussungsvorgänge wirken sich auf alle
fordern will, muss sie sich an das faktische Verhalten der Entscheidungsprozesse aus, von einzelnen Entschei-
Konsumenten halten und die Konsumenten so sehen, dungsschritten beim stark vereinfachten Kauf bis
wie sie sind. zur extensiven Konsumentscheidung. In besonderem
Maße macht sich dieser Einfluss natürlich bei spon-
Schlussfolgerungen für die Verbraucherpolitik: tanen Einkäufen bemerkbar, beim impulsiven Griff
(1) Aufklärung, aber nicht Informationsüberfrach- in das Regal, beim unreflektierten Abschluss eines
tung: Bei einem geringen subjektiv wahrgenomme- Ratenzahlungsvertrages oder beim Online-Kreditab-
nen Kaufrisiko ist das Informationsbedürfnis des schluss, der mit wenigen Klicks bewerkstelligte wer-
Konsumenten gering. Die Verbraucherpolitik sollte den kann. Wegen der Alltäglichkeit und Normalität
deswegen nur dann mit Informationen eingreifen, solcher Beeinflussungen durch das Marketing wäre
wenn die subjektive Wahrnehmung des Konsumen- es nicht sinnvoll, sie grundsätzlich zu verbieten oder
ten von den faktischen Gegebenheiten zu seinem in allen Einzelheiten zu reglementieren. Impulsives
Schaden abweicht, beispielsweise, wenn ein objek- Entscheiden ist nicht per se zu verdammen. Wie im
tives Konsumrisiko – wie die Schädlichkeit von vorliegenden Buch bereits ausgeführt, kann oftmals
Medikamenten – subjektiv nicht gesehen wird. In gerade impulsives Entscheidungsverhalten zu einer
einem solchen Fall ist es die Aufgabe der Verbrau- „besseren“ Entscheidung führen (Wilson und Schoo-
cherpolitik, den Konsumenten auf die Risiken hin- ler, 1991). Gröppel-Klein und Freichel (2019) können
zudem aufzeigen, dass Konsumenten je nach Kaufsi-
tuation ein durchaus feines Sensorium haben, wann
12 Unterschiedliche Vorstellungen von der Verbraucherpolitik
die Preisgabe von Daten mit unangenehmen Konse-
dokumentiert auch ein im Wirtschaftsdienst (2011) wiederge- quenzen (Sicherheitsrisiko bzw. Risiko des Gesichts-
gebenes Zeitgespräch.
B. Verbraucherpolitik 619

verlusts) verbunden sein kann. Der (manchmal nur Dieser Widerstand findet entweder auf individueller
vom Experten erkennbare) schädliche Missbrauch oder auf kollektiver Ebene statt und kann sich in ver-
von Beeinflussungsstrategien bzw. die missbräuchli- schiedenen Einstellungen und Verhaltensweisen äu-
che Nutzung von Daten sind aber vermutlich nur mit ßern (Penaloza und Price, 1993, S. 123). Beispielsweise
entsprechenden rechtlichen Regeln zu verhindern. konstatiert Königstorfer (2008, S. 92 ff.), dass es Kunden
(3) Schutz vor schädlichen Einwirkungen durch das gibt, die ihren Anbieter in der Mobilfunkbranche als
Marketing: „Ausbeuter“ betrachten und in der Folge der Nutzung
Die Einwirkungen umfassen nicht nur die Mei- innovativer Dienste widerstehen. Weitere Ausprägungen
nungsbeeinflussung durch die Werbung, sondern des individuellen Widerstands können zudem negative
jede Einwirkung durch das Marketing, die für den Mund-zu-Mund-Propaganda, Beschwerdeverhalten oder
Konsumenten schädlich ist, insbesondere auch durch Verweigerung des Kaufs von Produkten sein (Hirsch-
undurchsichtige Produkt- und Dienstleistungsange- man, 1970, S. 21 ff.). Thompson und Arsel (2004, S. 634 ff.)
bote. Ziel 3 umfasst also auch den Schutz vor gesund- beschreiben Konsumenten, die Widerstand gegen das
heitsschädlichen Produkten, vor undurchsichtigen globale Marketingkonzept von Starbucks entwickeln.
Verkaufspraktiken, vor manipulativen Angebotsfor- Diese werden als „Café-Flaneure“ bezeichnet und leh-
men und dergleichen. nen Besuche bei Starbucks ab; stattdessen suchen sie vor
Die für den Konsumenten entstehenden Schäden sind allem lokal ansässige Cafés auf. Einen guten Überblick
allerdings objektiv (anhand von Tatsachen) nicht immer über verschiedene Faktoren, die die Widerstände von
abzuschätzen. Nicht jeder individuelle Nachteil für den Konsumenten gegen die Übernahme von Innovationen
Konsumenten ist verbraucherpolitisch (sozialpolitisch) erklären, geben Claudy, Garcia und O’Driscoll (2015).
relevant. Es muss ein politischer Konsens darüber beste- Die Autoren machen auch darauf aufmerksam, dass die
hen, welche Schäden durch verbraucherpolitische Maß- Gründe, sich gegen die Adoption zu entscheiden nicht
nahmen abzuwenden sind. Ein solcher Konsens darüber, einfach die gegensätzlich ausgeprägten, aber gleichen
was in diesem Zusammenhang unter „schädlich“ zu Gründe sind, sich für die Adoption zu entscheiden.
verstehen ist, lässt sich durchaus erzielen, wie – analog Kollektiver Widerstand setzt voraus, dass sich mehrere
dazu – auch die politischen Übereinkünfte über abzu- Konsumenten zur Durchsetzung ihrer Interessen zu-
wendende Umweltschäden zeigen (wenngleich letztere sammenschließen. Derartige Zusammenschlüsse sind
vielfach als nicht weitreichend genug kritisiert werden). z. B. aus dem Blickwinkel der Theorie der sozialen Be-
Es ist zur Verwirklichung der drei skizzierten Ziele not- wegungen beschrieben worden (Kozinets und Handel-
wendig, Klarheit über die Rahmenbedingungen und man, 2004): Bezüglich der Situation in den USA machen
damit über die Verhaltenssegmente, für die diese Ziele Kozinets und Handelman (2004, S. 695 ff.) insbesondere
gültig sind, zu gewinnen. Wir müssen beispielsweise auf die spirituellen und (quasi-)religiösen Wurzeln von
wissen, welche Produktkäufe mit hohem Kaufrisiko Konsumentenbewegungen gegen Anbieter aufmerksam.
verbunden sind, wie der mögliche Kaufkraftverlust (als Eine extreme Form des Widerstands ist der bereits an-
finanzielle Einbuße bei fehlender Markttransparenz) auf gesprochene Boykott. Boykotte sind Versuche von Kon-
den verschiedenen Märkten aussieht, welchen tatsäch- sumenten, bestimmte Ziele oder Vorstellungen durch-
lichen Einfluss die Werbung auf die Einkaufsentschei- zusetzen, indem sie andere Menschen dazu drängen,
dungen hat usw. Im Folgenden werden wir uns einigen Kaufhandlungen, die an bestimmte Unternehmen bzw.
verhaltenswissenschaftlichen Studien mit verbraucher- Marketingaktivitäten geknüpft sind, zu unterlassen
politischer Relevanz zuwenden. (Friedman, 1985, S. 97). Dadurch soll das betroffene Un-
ternehmen möglichst nachhaltig Schaden nehmen. Als
Auslöser für Boykotte gelten insbesondere ein sozial
III. Verhaltenswissenschaftliche Studien mit unverträgliches Handeln von Unternehmen, z. B. Ent-
Verbraucherschutzrelevanz lassungen oder Standortschließungen, ein ökologisch
unverantwortliches Verhalten von Unternehmen oder
auch ungerechtfertigte Preissteigerungen. Bei Boykotten
1. Studien zum Widerstand von Konsumenten können nach Klein, Smith und John (2004) folgende vier
Im Kapitel A wurde schon angesprochen, dass Konsu- Faktoren eine Rolle spielen:
menten nach eigenen Wegen suchen, verbraucherpoli- ●● der Wunsch von Konsumenten, den Unterschied aus-
tisch aktiv zu werden. Verbraucher können Widerstand zumachen, d. h., zu handeln, um etwas zu verändern,
gegen die Aktivitäten von Unternehmen entwickeln, ●● das Ziel der Selbstverwirklichung,
wobei auch Marketingaktivitäten eingeschlossen sind.
620 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

●● das Vorhandensein oder die Abwesenheit von Gegen- of discontent“, die über individuelle Störungen in der
argumenten gegen den Boykott Kunde-Anbieter-Beziehung hinausgehen und durchaus
●● und die monetären und psychischen Kosten des Ver- das Potenzial haben, dem Markenwert eines Anbieters
zichts auf das boykottierte Produkt. nachhaltigen Schaden zuzufügen (Aaker, Fournier und
Der in Deutschland größte Boykott gegen ein Unterneh- Brasel, 2004, S. 9 ff.). Allerdings, und das wurde im Kapitel
men war der im Jahre 1995 initiierte Boykott gegen Shell A schon erläutert, bezweifelt die Studie von Koku (2012)
(Balderjahn, 2013). Der Boykottaufruf wurde ausgelöst die Erfolgswirksamkeit von Boykotten.
durch die Absicht, die Bohrinsel „Brent Spar“13 im Meer
zu versenken. Der Fall ist heute immer noch vielen im 2. Studien zur Wahrnehmung der Lebensmittelkenn-
Gedächtnis geblieben. zeichnung14
Eine Möglichkeit, die Konsumenten einen Austausch In der kognitiven Psychologie steht traditionell die Frage
über die Motive und Ziele von Boykotten oder Wider- im Vordergrund, wie das „Denken im Kopf“ entsteht
ständen bietet, ist – wie gesagt – das Internet. Ward und (Wentura und Frings, 2013, S. 9). Die kognitive Psycho-
Ostrom (2006) untersuchen Homepages, die US-ameri- logie hat sich dahingehend gewandelt, dass heute neben
kanische Konsumenten selbst erstellt haben, um ihrer den bewussten auch die unbewussten Gedankenpro-
Ansicht nach unmoralisch handelnde Unternehmen zesse im Fokus des Forschungsinteresses stehen. Man
anzuprangern. Die Inhaltsanalyse von 40 Homepages spricht beispielsweise vom „impliziten Lernen“, bei dem
ergab, dass Konsumenten bestimmte rhetorische Mit- der Mensch komplexe Regelmäßigkeiten der Umwelt
tel einsetzen, um ihrem individuellen Anliegen öffent- in seinem Handeln nutzt, ohne dass ihm dies bewusst
liches Gehör zu verschaffen. Dabei wird zumeist mit würde. Wenn zum Beispiel die Silhouette eines Sport-
Ungerechtigkeiten, der Identifikation von Verantwortli- lers auf einer Müsli-Packung gezeigt wird, so kann der
chen und der Macht des Kollektivs argumentiert (Ward Konsument durch diese Verknüpfung implizit lernen,
und Ostrom, 2006, S. 223 ff.). Um solche Homepages he- dass es sich hierbei um ein Lebensmittel für Sportinte-
rum entstehen nicht selten sogenannte „communities ressierte handelt.
Seit einigen Jahren erfährt in Bezug auf den Lebensmit-
13 Brent Spar war eine Ölplattform der Firma Shell, die 1995 telkauf die Frage verstärktes wissenschaftliches Interes-
im Meer versenkt werden sollte. Der Spiegel schreibt in einer se, ob durch eine Nährwertkennzeichnung bei industriell
Nachschau dazu „Damit begann im Frühjahr 1995 ein wo- gefertigten Lebensmitteln ein informiertes und gesund-
chenlanges Drama, das die Medien elektrisierte und selbst heitsorientierteres Konsumverhalten gefördert werden
unpolitische Bürger aufwühlte und auf die Straße trieb. Green-
kann (Commission of the European Communities, 2008).
peace und Shell lieferten sich eine beispiellose Seeschlacht mit
ungleicher Rollenverteilung: Gummiboote gegen einen 14.500 Hier ergeben sich die Fragen, unter welchen Bedingun-
Tonnen schweren Stahlkoloss. Raubeinige Umweltschützer gen die Kennzeichnungssysteme überhaupt registriert
gegen eine Flotte von Shell-Booten mit Wasserkanonen. Eine und verstanden werden und ob sie das Kaufverhalten
NGO gegen einen Öl-Multi. Die Brent Spar wurde zum Sym- beeinflussen. Auf dem deutschen bzw. europäischen
bol – und zum Musterbeispiel für mangelhafte Krisen-PR, eine Markt werden derzeit verschiedene Systeme zur Kenn-
überhitzte Mediendebatte und die Macht der TV-Bilder.“ …
zeichnung von verpackten Lebensmitteln bezüglich ihres
„Die britische Shell hält die Proteste in Deutschland nur für
einen „kontinentalen Ausraster“, ignoriert interne Warnun- Kalorien- und Nährwertgehalts eingesetzt, sowohl auf
gen der deutschen Tochter und weigert sich, mit Greenpeace der Vorderseite als auch auf der Rückseite von Verpa-
auch nur zu verhandeln. Eine fatale Politik: In Deutschland ckungen (Storcksdieck genannt Bonsmann, Fernández
eskaliert die Situation. Das Image des Konzerns ist ruiniert, et al., 2010).
Shell-Tankstellen werden boykottiert, Pächter erleiden Verluste
von bis zu fünfzig Prozent und bekommen Morddrohungen.
Innerhalb der Produktkategorien der Süßgebäcke, Cere-
Auf einige Tankstellen werden sogar Brandsätze geworfen.“ alien, gekühlten Fertiggerichte, Softdrinks mit Kohlen-
…„Am 20. Juni gibt Shell auf und verspricht die weit teurere säure und Joghurts befinden sich EU-weit auf 49 % aller
Landentsorgung. David hat Goliath besiegt.“… „Doch nach Vorderseiten der Produktverpackungen Nährwertinfor-
dem Rausch kommt auch bei den Siegern die Ernüchterung. mationen. Für Deutschland wurde eine Penetrationsrate
Greenpeace muss bald zugeben, am Ende der Kampagne mit
völlig falschen Zahlen agiert zu haben: 5500 Tonnen statt der
von Shell angegebenen 130 Tonnen Ölschlamm befänden sich 14
Die nachfolgenden Ausführungen sind zum Teil einem
noch in der Brent Spar, hatte die Organisation behauptet. Dies Vortag von Gröppel-Klein bei der Tagung „Lebensmittelklar-
hätten eigene Messungen ergeben. Eine unabhängige Behörde heit und Wahrheit“ des BMELV im November 2012 bzw. einer
bestätigt aber später, dass Shells Angaben richtig waren. Jetzt gleichnamigen Veröffentlichung von Gröppel-Klein (2013) zum
hat auch Greenpeace ein massives Glaubwürdigkeitsproblem Thema „Aktuelle Forschungsergebnisse zum Konsumenten-
und muss sich offiziell bei Shell entschuldigen“ (Gunkel, 2010). verhalten bei Lebensmitteln“ für das BMELV entnommen.
B. Verbraucherpolitik 621

von 55 % ermittelt, wobei das GDA-System (Guideline Feldstudien sind notwendig, um zu prüfen, wie Nähr-
Daily Amount) das beliebteste Kennzeichnungssystem ist wertkennzeichen am Verkaufsort wahrgenommen wer-
(Storcksdieck genannt Bonsmann, Fernández et al., 2010). den. Laborstudien und Befragungen beschränken sich
Das GDA-System gibt in der Regel die Höhe des Kalorien- in der Regel auf eine kleine Auswahl an Lebensmittel-
gehalts (pro Portion bzw. pro 100 g) sowie zum Teil den In- produkten, die zudem häufig in Form von Abbildungen
halt an gewissen Nährstoffen (Gewicht in Gramm an Zu- präsentiert werden, und berücksichtigen kein tatsäch-
cker, Fetten, gesättigten Fettsäuren und Salz; pro Portion liches Entscheidungsverhalten von Konsumenten in
bzw. pro 100 gr) an und setzt diese Werte in Bezug zu der wirklichen Kaufsituationen. Des Weiteren laufen solche
täglichen Nahrungszufuhr, die zur Verfolgung einer ge- Studien Gefahr, sozial erwünschtes Verhalten in Bezug
sunden, ausgewogenen Ernährungsweise empfohlen wird auf das Thema Gesundheit zu provozieren, indem vor der
(in %). Neben diesem System existieren im europäischen Durchführung des Experiments explizit die betrachteten
Markt weitere Kennzeichnungssysteme wie einfache Nährwertkennzeichnungen thematisiert werden oder im
Nährwerttabellen, Gesundheitstauglichkeitskennzeichen Verlauf der Studie das Ziel der Forschungsbemühungen
(„Health Marks“), gesundheitsbezogene Angaben („He- offensichtlich wird (z. B. Bialkova und Van Trijp, 2010; Van
alth Claims“), nährwertbezogene Angaben („Nutrition Herpen und Van Trijp, 2011; Hieke und Wilczynski, 2012).
Claims“), farblich bzw. symbolisch unterstützte Systeme Eine explorative, qualitative Studie, bei der Konsumenten
sowie Kombinationen von diesen Kennzeichnungssys- am Einkaufsort und zu Hause mit Nährwertangaben
temen (Storcksdieck genannt Bonsmann, Fernández et konfrontiert wurden, ergab Folgendes (Koenigstorfer
al., 2010; Grunert, Wills und Fernandéz-Celemín, 2010). und Groeppel-Klein, 2010):
Zudem liegen die GDA-Kennzeichnungen in den ver-
●● Alle Probanden erklärten, Nährwertangaben seien
schiedensten Varianten vor. Allein für die drei Kategorien
bedeutsam, um „gesunde“ Entscheidungen zu treffen,
Kekse, Fertiggerichte und Cerealien konnten 22 verschie-
aber nur am Point-of-Sale,
dene GDA-Systeme in einer einzigen SB-Warenhauskette
●● bei Produkten, die nicht gewohnheitsmäßig gekauft
gezählt werden (Königstorfer und Gröppel-Klein, 2012a).
werden,
Elshiewy, Jahn und Boztug (2016) weisen darauf hin, dass ●● bei genügendem Zeitbudget.
auch die empfohlene Portionsgröße die Wahrnehmung ●● Labels waren vor allem für Konsumenten wichtig, die
des Kaloriengehalts und das Kaufverhalten verändern angaben, sich mit Ernährung auszukennen.
kann. In der Tat können die auf der Produktverpackung ●● Der Fettgehalt stellte eine Schlüsselinformation dar,
angegebenen Portionsgrößen variieren. Daher wurden wobei Fett auch als Geschmacksträger identifiziert
Lebensmittelhersteller auch dazu verpflichtet, auf der wurde.
Rückseite der Produktverpackung die Nährwerte auf ●● Die Probanden stellten die Richtigkeit der Nähr-
normierter (z. B. Kalorien pro 100 Gramm) Basis an- wertangaben nicht in Frage, sie vertrauten den Anga-
zugeben, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. ben, auch dem offiziellen BIO-Label.
Manchmal reichen schon kleine Mengenänderungen,
Das wichtigste Ergebnis war jedoch, dass die Konsu-
um den Brennwert der Portion erheblich geringer wirken
menten den Labels vor allem am Point-of-Sale Relevanz
zu lassen, insbesondere wenn man anschließend unter
zubilligten. Ist ein Produkt erst einmal gekauft, wird es
einem Schwellenwert liegt. Zum Beispiel empfiehlt die
auch verbraucht bzw. die Nährwertangaben spielen zu
Pastamarke Barilla als Portionsgröße 85 Gramm und
Hause nur noch eine geringe Rolle.
weist dafür 305 Kalorien aus, die Marke Cucina dage-
gen nur 80 Gramm und liegt mit 283 Kalorien unter der Allerdings bieten auch Geschäfte keine idealen Voraus-
„300er-Grenze“. Beide Nudeln haben mit 359 bzw. 354 setzungen für das intensive Studium von Nährwertan-
Kalorien pro 100 Gramm fast identische Brennwerte, gaben. Das Verhalten von Konsumenten ist in der Regel
Cucina wird aber vermutlich als kalorienärmer wahr- durch geringes Involvement, kurze Kaufentscheidungs-
genommen (wir kommen weiter unter noch auf Wahr- zeiten und/oder Zeitdruck charakterisiert. Laut einer
nehmungstäuschungen zu sprechen). Diese Gestaltungs- Studie von Moorman (1996) benötigen 45 % der Konsu-
freiräume und die Vielzahl an Nährwertinformationen menten eine Sekunde oder weniger für das Fällen einer
können für den Konsumenten äußerst verwirrend sein Kaufentscheidung innerhalb eines Sortiments. Es ist also
und die Effektivität der Labels verringern. Daher wird fraglich, ob innerhalb so kurzer Zeit Nährwertinformati-
diskutiert, ob die Einführung eines „uniformen Labels“, onen überhaupt wahrgenommen und verarbeitet werden
also einer einheitlichen Kennzeichnung für alle Produk- können.
te, die Wahrnehmung und richtige Interpretation der „Visuelle Wahrnehmung“ bezeichnet die Aufnahme von
Nährwertinformationen erhöht. Reizen über das Auge als Sinnesorgan, wobei die Rei-
622 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

ze gefiltert und zu einem subjektiven Gesamteindruck kaufsort salienter sind als die existierenden GDA-Kenn-
vereinigt werden (Pieters und Wedel, 2008). Die visuelle zeichnungen, die sich je nach Hersteller unterscheiden
Wahrnehmung hat dabei zwei Funktionen: (1) die Infor- hinsichtlich ihrer Farbe und ihres Designs, der Größe
mationen zu filtern, die für eine Person relevant sind, und des Kennzeichens und der Schrift sowie hinsichtlich der
irrelevante oder störende Informationen auszublenden; Referenzwerte (v. a. was die Portionsgrößen, aber auch
(2) diese Informationen so zu deuten, dass ihnen bedürf- die empfohlene Nahrungszufuhr anbetrifft).
nis- und zielgerechte Relevanz zukommt. Die visuel- Im Rahmen einer Eyetracking-Studie in einem Test-
le Wahrnehmung am Point-of-Sale kann durch mobile supermarkt (siehe ausführlich Königstorfer und Gröp-
Blickregistrierung gemessen werden (Eye tracking). pel-Klein, 2012a; Gröppel-Klein und Königstorfer, 2013)
Mittels Eye tracking (siehe Zweiter Teil dieses Buchs) wurde das uniforme System mit vorhandenen Kenn-
kann auch geprüft werden, ob Nährwertkennzeich- zeichen verglichen. Es zeigte sich zunächst, dass der
nungen am Point-of-Sale überhaupt eine Rolle spielen Blick der Konsumenten in der Tat nur ca. eine Sekunde
und ob sich ihre Chance, wahrgenommen zu werden, oder weniger auf der Produktverpackung verweilt (siehe
verbessert, wenn das bereits angesprochene „uniforme“ Abb. 248 und 249). Das Nährwertkennzeichen erfährt in
System eingeführt wird. Im Rahmen des EU-geförderten der Regel nur etwa 1 % „share of interest“, d. h., es wird
„FLABEL“-Projekts (7th Framework), an dem die Autorin nur wenige Millisekunden auf das Label geblickt.
mitgewirkt hat, wurde zunächst ein solches uniformes In einem zweiten Schritt wurden alle in dem Testmarkt
System entwickelt, d. h., eine Nährwertkennzeichnung, untersuchten Produktverpackungen eingescannt und
die für alle Produkte einheitlich in Bezug auf Farbe und das neue uniforme Label via Photoshop auf der Vor-
Design, Größe, Inhaltsangaben (kcal und vier Nährwerte: derseite farblich so integriert, dass sich das neue Label
Fette, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz) und Re- harmonisch einfügte. Mit den so geschaffenen neuen
ferenzwerte (100 g) gestaltet ist. Das uniforme System Produktverpackungen wurde eine zweite Studie durch-
enthält zudem als symbolisches Gesundheitszeichen ein geführt. Der Anteil derjenigen Konsumenten, die nun
Häkchen, das angibt, dass das ausgezeichnete Produkt zumindest einmal auf das Label blickten, konnte signi-
zu den gesünderen Produkten innerhalb einer Produkt- fikant gesteigert werden (durchschnittlich um 33,3 %),
kategorie gehört. Aufgrund der Einheitlichkeit der im auch der share of interest nahm signifikant zu (Cerealien:
Sichtfeld wahrnehmbaren informativen Elemente der 1.23 % → 3.93 %, Süßigkeiten: 0.83 % → 4.71 %, Fertigge-
Nährwertkennzeichnung auf den Produktverpackungen richte: 0.75 % → 4.96 %). Unter bestimmten Bedingungen
ist davon auszugehen, dass diese Informationen am Ver- können auch gesündere Produktentscheidungen durch

Betrachtungszeiten von Produktverpackungen


3 Beispiele: Cerealien vs. Süßwaren vs. Fertiggerichte

Cerealien Süßwaren Fertiggericht


Ø Betrachtungszeit 0,66 sec 2,24 sec 1,21 sec
Ø Anzahl an 3,73 8,47 5,73 Abb. 248: Wahrnehmungszeiten
Fixationen für unterschiedliche Packungsele-
Ø Betrachtungszeit 0,02 sec 0,01 sec 0,01 sec mente (Quelle: in Anlehnung an
Nährwertangabe Gröppel-Klein und Königstorfer,
2013)

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B. Verbraucherpolitik 623

Vergleich ursprüngliches Nährwertkennzeichen


vs. neues Label
Cerealien

Ø-Betrachtungszeit
Schoko neues Label
Früchte-Vollkorn
Ø-Betrachtungszeit
Banane-Schoko urspr.
Nährwertkennzeichen
Beeren
Kirsch-Mandel
Nuss
Abb. 249: Beispiel für Verände- Angaben in s
rung der Betrachtungszeiten nach Basis
Einführung des neuen Labels
(Quelle: in Anlehnung an Gröp- 0 0,05 0,1
pel-Klein und Königstorfer, 2013)

die neue Nährwertkennzeichnung erzielt und eine stär- Gestaltung der Health Claims zu verbessern, um die
kere Selbstkontrolle der Probanden am Point-of-Sale Kunden zu gesünderen Kaufentscheidungen zu animie-
konstatiert werden (Königstorfer und Gröppel-Klein, ren. Untersuchungen von Hieke, Kuljanic et al. (2016) in
2012a). Als Fazit bleibt festzuhalten, dass eine einheit- fünf europäischen Ländern (Großbritannien, Nieder-
liche Kennzeichnung der Vielfalt der bisherigen Labels lande, Slovenien, Spanien und Deutschland) zeigen auf,
in Bezug auf die Aufmerksamkeitswirkung überlegen ist dass auf jedem vierten Produkt (Ø 26 %, in Deutschland
und gesundheitsförderliche Wirkungen entfalten kann. sogar 28,6 %) ein Claim zu finden ist (Nutrition Claims,
Auf der Basis von Panel-Daten können auch Elshiewy wie „Reich an Vitamin C“ oder Health Claims wie „Mit
und Boztug (2018) belegen, dass ein einfaches Kennzei- Vitamin C – Für eine normale Funktion des Immunsys-
chensystem (wie das in den FLABEL-Studien entwickelte tems vor und nach intensiver körperlicher Betätigung“).
Nährwertkennzeichnungssystem), das auf der Produkt- Es wurden insgesamt 2034 Lebensmittelprodukte ana-
verpackungs-Vorderseite („front-of-pack“) platziert wird, lysiert.
die Wahl „gesünderer“ Produktalternativen durchaus Grundsätzlich15 kann festgehalten werden, dass die am
auch langfristig fördern kann. Allerdings sind nach wie IKV durchgeführten (Eye-tracking)-Studien zu dem Er-
vor andere Produktverpackungselemente für die Kon- gebnis kamen, dass nur ca. jeder zweite Konsument am
sumenten relevanter. Es ist daher zu überlegen, ob die PoS die Gesundheitsangabe wahrnimmt und dann nur
Sichtbarkeit der Nährwertkennzeichnung, beispielsweise etwa eine Zehntelsekunde auf den Health Claim blickt
durch Ampelfarben oder Größe, noch stärker verbessert (Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein, 2017a). Die
werden sollte. Wahrnehmung des Health Claims hängt jedoch von
Impulse für die Beurteilung der Wirkung der oben be- dessen Gestaltung ab. Die Formulierungen auf Nah-
reits angesprochen Health Claim-Verordnung lieferte das rungsmittel- und Getränkeverpackungen sind zum Teil
EU-Projekt CLYMBOL, an dem neben 14 Expertenteams so unverständlich, dass die Konsumenten davor zurück-
aus neun Ländern von renommierten europäischen Uni- weichen, wenn sie mit den Angaben in Supermärkten
versitäten und Organisationen auch das IKV an der Uni- konfrontiert werden. Die Empfehlungen, die sich aus
versität des Saarlandes beteiligt ist und das vor wenigen den empirischen Erhebungen ableiten lassen, können
Monaten abgeschlossen wurde (siehe ausführlich www. wie folgt zusammengefasst werden: Die Formulierun-
clymbol.eu). Ziel des Forschungsprojekts CLYMBOL ist
es, wie bereits auch schon im Zweiten Teil angesprochen, 15Wir haben auf einige der Erkenntnisse im Verlauf dieses
die Bedeutung von Health Claims zu prüfen und die Buches hingewiesen, insbesondere in den Abschnitten zur
Aktivierung und zum Eye tracking.
624 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

gen sollten so gewählt werden, dass Konsumenten die oder durch Wahrnehmungsverzerrungen täuschen. Ein
Gesundheitsangaben sofort verstehen. Sie sollten also Beispiel ist, dass fettfreie Joghurt Gums als gesunde
nicht zu komplex sein und keine unbekannten Ausdrü- Naschalternative wahrgenommen werden, da sie kein
cke enthalten. Die Versuche zeigen aber auch eindeutig, Fett enthalten – trotz des hohen Zuckergehalts. Hier stellt
dass die Angaben mit neuen – verständlichen – Inhalten sich die Frage, ob es sich um eine rechtliche Grauzone
kombiniert werden sollten, sonst lässt das Interesse der oder um erlaubtes Marketing handelt. An dieser Stel-
Kunden rapide nach. Sehr vertraute Claims sind dagegen le sei vorweg angemerkt, dass es sich für die meisten
weniger erfolgreich. Man kann hier von einem typischen Unternehmen, die an einer vertrauensvollen und lang-
„Wear-out-Effekt“ (Abnutzungseffekt) sprechen. So sinkt fristigen Kunden-Geschäftsbeziehung interessiert sind,
bei der Formulierung „Vitamin C trägt zur Stärkung des lohnt, empirisch zu erheben, wie ihre Produktdesigns
Immunsystems bei“ die Aufmerksamkeit der Kunden auf den Konsumenten wirken, ob Fehlassoziationen auf-
rapide. Zusätzlich kann die Aufmerksamkeit der Kun- treten können und wenn ja, wie diese behoben werden
den durch Bilder mit Bezug zum Slogan erhöht werden können. Im Folgenden sollen einige wissenschaftlich
(Gröppel-Klein, Freichel und Kliebenstein, 2017b und nachgewiesene Wahrnehmungsverzerrungen in Bezug
siehe Abb. 132). Und: Kunden lassen sich auf Gesundheit auf die Packungsgestaltung dargelegt werden.
„primen“. Experimente der Autoren in einem Supermarkt Packungsgestaltungen: Erkenntnisse aus der Wahrneh-
belegen (ebenda, 2017), dass durch ein Priming Konsu- mungsforschung belegen, dass Verpackungen gleichen
menten stärker auf das Ziel „Gesundheit“ achten: Pla- Volumens je nach Form unterschiedlich groß wahrge-
kate mit der Aufschrift „Gesundes Frühstück“ und ein nommen werden (Garber, Hyatt und Boya, 2009; Raghu-
gedeckter Frühstückstisch samt Obst und Müslischale bir und Krishna, 1999; Raghubir und Greenleaf, 2006,
führten dazu, dass die Kunden in der Folge Gesund- Chandon, 2013). Beispielsweise zeigen Untersuchungen,
heitsangaben auf Lebensmittelprodukten intensiver be- dass Konsumenten gestreckten Behältern ein größeres
trachteten. Volumen zuschreiben als weniger gestreckten Behältern
(Raghubir und Krishna, 1999, S. 317; Wansink und Van
Fazit: Gesundheitsangaben auf Produktverpackungen Ittersum, 2003, S. 457; Yang und Raghubir, 2005, S. 279;
beeinflussen das Konsumverhalten nur in einem geringen Koo und Suk, 2016; S. 860). Dieses Phänomen wird in der
Ausmaß. Man darf von solchen Informationen nicht zu viel Wahrnehmungsforschung als Elongationseffekt bezeich-
erwarten. Durch eine aufmerksamkeits- und verständli- net (siehe Abb. 250).
che Gestaltung der Angaben lässt sich aber ihr Einfluss
Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die
erhöhen.
Experimente von Koo und Suk (2016), die nicht nur den
Elongationseffekt erneut bestätigen können (Studie 2),
sondern die auch einen Zusammenhang zwischen (Glas-)
3. Studien zur Täuschung von Konsumenten
Es existiert eine große Anzahl unterschiedlicher Defi-
nitionen des Begriffs „Täuschung“. Diese stimmen je-
doch darin überein, dass Täuschung als eine vorsätzliche
(„böswillige“) Handlung angesehen wird. So definieren
beispielsweise Buller und Burgoon (1996, S. 205) Täu-
schung als „a deliberate message conveyed to a sender
to create a false belief or conclusion at the receiver“. Eine
solche intendierte Täuschung lag beispielsweise bei dem
intensiv diskutierten „Klebefleisch-Skandal“ vor, kann
aber auch weniger öffentlich beachtet tagtäglich passie-
ren, wenn z. B. Unternehmen angeben, dass ihre Lebens-
mittel gänzlich ohne Geschmacksverstärker hergestellt
worden seien, dies aber nicht den Tatsachen entspricht.
Solche expliziten Täuschungen sollten geahndet werden,
auch oder insbesondere zum Schutze derjenigen Unter-
nehmen, die sich an die Spielregeln halten. Schwieriger
sieht es bei impliziten Täuschungen bzw. Fällen aus, bei
denen sich die Konsumenten aufgrund der automati- Abb. 250: Der Elongationseffekt
schen Aktivierung von schematischen Vorstellungen (Quelle: in Anlehnung an Koo und Suk, 2016, S. 866)
B. Verbraucherpolitik 625

bzw. Flaschenform und Einschätzung des Kalorienge-


halts der sich darin befindlichen Getränke (z. B. Milch,
Saft) feststellen. Der Kaloriengehalt wird signifikant ge-
ringer eingeschätzt, wenn die Form gestreckt und nicht
gedrungen ist (trotz gleichen Volumens).
Konsumenten, die zur Beurteilung des Volumens eines
Produktes nicht die Mengenangabe auf der Packung als
Informationsquelle gebrauchen, nutzen oftmals Heuris-
tiken wie die vertikale Länge einer Packung als Maßstab
Abb. 251: Wahrnehmungstäuschung durch 1-D- und
für das Volumen, um Berechnungen, wie z. B. die Multi- 3-D-Portionshalbierung
plikation aller Seitenlängen, zu umgehen (Garber, Hyatt (Quelle: in Anlehnung an Chandon und Ordabayeva, 2009, S. 751)
und Boya, 2009, S. 217; Häusel 2009, S. 100). In diesen Fäl-
len führt der Elongationseffekt zu einer Überschätzung (siehe z. B. Verbraucherzentrale Hamburg, 2010, 2013).
des tatsächlichen Packungsvolumens. Ordabayeva und Chandon (2016) geben einen guten
Neben der Packungshöhe beeinflusst auch die Form von Überblick über die verschiedenen Wahrnehmungstäu-
Verpackungen die Einschätzung des Volumens (Garber, schungen von Konsumenten, die dazu führen, dass die
Hyatt und Boya, 2009, S. 223): Komplexe Packungsfor- Konsumenten die Portionsgröße falsch einschätzen.
men erscheinen dem Konsumenten in der Regel kleiner Auch die farbliche Gestaltung der Packung kann die
als einfache Formen. Diese Erkenntnisse der Wahrneh- Wahrnehmung des Volumens verändern. So werden
mungsforschung finden vielfach im Zuge von Preiser- beispielsweise Behälter mit langwelligen Farben größer
höhungen Anwendung, wodurch Konsumenten oftmals wahrgenommen als Behälter mit kurzwelligen Farben
den Eindruck gewinnen, eine implizite (durch Verringe- (Claessen, Overbeeke und Smets, 1995, S. 388). Als Erklä-
rung des Inhalts bei gleichem Preis, auch Downsizing rung dafür führen Lajos und Chattopadhyay (2010, S. 838)
genannt, siehe unten) oder explizite Preiserhöhung solle die Aufmerksamkeitswirkung langwelliger Farben an:
verschleiert werden. Langwellige Farben wie z. B. Rot ziehen mehr Aufmerk-
Chandon und Ordabayeva (2009) setzen sich mit Volu- samkeit auf sich als kurzwellige Farben wie beispielswei-
menveränderungen im Zuge von Preiserhöhungen ausei- se Violett und Blau, was dazu führt, dass das Volumen
nander und betrachten das sogenannte Downsizing und einer roten Packung als größer empfunden wird.
Supersizing. Unter Downsizing kann die Reduzierung Farben sind zudem in der Lage, automatische Verhal-
des Packungsinhaltes eines Produkts verstanden werden, tensreaktionen auszulösen. So zeigen Königstorfer,
bei der keine analoge Preisminderung vorgenommen Gröppel-Klein et al. (2013) im Rahmen eines Laborexpe-
wird. Zum anderen werden darunter auch diejenigen rimentes, dass die Farbe Rot auch außerhalb des Straßen-
Packungsveränderungen gefasst, bei denen der Inhalt kontextes als „Stopp-Signal“ fungiert und die Vermei-
verringert wird, das Aussehen und die Größe der Pa- dung von ungesunden Lebensmitteln unterstützt (siehe
ckung aber im Wesentlichen unverändert bleiben. Beim auch Rohr, Kamm et al., 2015). Genschow, Reutner und
Supersizing handelt es sich dagegen um Packungsver- Wänke (2012) liefern weitere Belege für die Wirkung der
größerungen, die aber mit überproportionalen Preisstei- Farbe Rot bei ungesunden Lebensmitteln: Die Ergebnisse
gerungen einhergehen können. zweier Experimente zeigen, dass Konsumenten gerin-
Chandon und Ordabayeva (2009) zeigen, dass Konsu- gere Mengen an Softdrinks konsumieren, wenn sie aus
menten eine Verkleinerung der Packung (Downsizing) roten (vs. blauen) Bechern trinken, sowie weniger Snacks
als geringer wahrnehmen, wenn diese drei Dimensio- verzehren, wenn diese auf roten Tellern (vs. blauen oder
nen (Höhe, Tiefe und Breite) betrifft, als wenn sich die weißen Tellern) serviert werden. Schließlich können auch
Verkleinerung lediglich auf eine Dimension bezieht Fitness-Symbole, wenn sie z. B. auf Verpackungen für
(vgl. Abb. 251). Zudem wird der Größenunterschied bei Studentenfutter platziert werden, dazu führen, dass
Packungsvergrößerungen im Sinne des Supersizing als Konsumenten mehr von den Nussmischung essen als
signifikant höher wahrgenommen, wenn die Verpackung wenn diese Cues fehlen (Königstorfer, Gröppel-Klein
in nur einer Dimension vergrößert wird. In diesem Fall et al., 2013). Die stilisierten Bilder (Abb. 252) gesunder,
ist die Zahlungsbereitschaft pro Einheit um bis zu 57 % ästhetischer Menschen auf den Verpackungen steigerten
höher als bei einer dreidimensionalen Vergrößerung. den Verzehr um bis zu 50 %.
Es lassen sich in der Praxis zahlreiche Beispiele für die Täuschungsempfindungen durch gesundheitsbezoge-
Anwendung von Downsizing bzw. Supersizing finden ne Angaben: Konsumenten nutzen die auf Lebensmit-
626 4. Teil Konsumentenverhalten und Verbraucherpolitik

Abb. 252: Stilisierte Bilder


gesunder ästhetischer Menschen
(in Anlehnung an Königstorfer,
Gröppel-Klein et al., 2013)

telverpackungen bereitgestellten Produktinformationen, 25 % und M&Ms 20 % weniger Kalorien als die regulären,
um Rückschlüsse auf die für die Kauf- bzw. Konsum- nicht fettreduzierten Produkte beinhalten. Demzufolge
entscheidung relevanten Informationen zu ziehen. Bei hielten sie es für gerechtfertigt, die konsumierte Menge
gesundheitsbezogenen Angaben führen solche Rück- an fettreduzierten Lebensmitteln in vergleichbarem Aus-
schlüsse jedoch oftmals zu unzutreffenden Verallgemei- maß zu erhöhen. Dieser Effekt scheint (wie weiter oben
nerungen (Garretson und Burton 2000; Kozup, Creyer bereits ausgeführt) langfristig stabil zu sein (Cleeren,
und Burton, 2003). Beispielsweise zeigen Andrews, Ne- Geyskens et al., 2016).
temeyer und Burton (1998), dass Konsumenten fälschli- Interessant ist hier die bereits behandelte Studie von Mc-
cherweise von einem niedrigen Cholesteringehalt eines Ferran, Dahl et al. (2010). Zur Erinnerung: Die Autoren
Lebensmittels auf einen niedrigen Fettgehalt schließen. untersuchten im Rahmen zweier Studien den Einfluss
Gleichermaßen gehen viele Konsumenten davon aus, der äußeren Erscheinung von Kellnern auf das Konsum-
dass „Low-Fat“-Claims einen niedrigeren Kalorienge- verhalten der Restaurantbesucher. Dabei wurden Proban-
halt des betreffenden Lebensmittels indizieren. Dabei den zu einem Geschmackstest eingeladen, im Rahmen
wird nicht beachtet, dass sich diese Angabe lediglich auf dessen ihnen von einer instruierten Kellnerin zwei Arten
den Fettgehalt, jedoch nicht auf die Gesamtkalorienzahl von Snacks (Schokoladenkekse und Reiskekse in Studie
bezieht. 1, Kekse und Karotten in Studie 2) zum Verzehr angebo-
Wir haben weiter oben schon auf die Problematik der ten wurden. Dabei wurde die Figur der Kellnerin durch
„Lizenz zum Sündigen“ aufmerksam gemacht. Neben einen Fatsuit manipuliert, alle anderen Eigenschaften
kognitiven Interferenzen bezüglich der Portionsgröße der Person blieben gleich (Stimme, Gesicht, Frisur, Ver-
beeinflussen vor allem Emotionen (z. B. antizipierter Ge- halten etc.). Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die
nuss oder antizipierte Schuldgefühle) die Verzehrmenge. Präsenz einer übergewichtigen (vs. schlanken) Kellnerin
Wir können hier auch von „Selbsttäuschungen“ spre- Diätetiker dazu verleitet, mehr Snacks zu konsumieren.
chen. So zeigen Wansink und Chandon (2006, S. 610) am Nicht-Diätetiker dagegen konsumieren größere Mengen
Beispiel von Müsli und M&Ms, dass „Low-Fat“-Claims an Snacks, wenn diese von einer schlanken (vs. überge-
dazu führen, dass Konsumenten weniger Schuldgefühle wichtigen) Kellnerin serviert werden.
bezüglich der von ihnen konsumierten Menge verspü- Fazit: Im Rahmen dieses Kapitels konnten nur einige
ren. Konsumenten gingen dabei davon aus, dass Müsli Studien aufgeführt werden, die jedoch zeigen, wie kom-
B. Verbraucherpolitik 627

plex die Probleme der Verbraucherpolitik sind, aber auch, entstehen: Das Produkt verspricht dann am Point-of-Sale
dass sich die Konsumentenverhaltensforschung aktiv mehr, als es hält, wodurch sich Konsumenten irregelei-
damit auseinandersetzt. Es existieren zahlreiche Grün- tet fühlen. Angesichts der Tatsache, dass Konsumen-
de, die die Verbraucherpolitik wieder ins Zentrum des ten heute auf subjektiv empfundenes Unrecht stärker
Interesses von Politik, Gesellschaft und Wissenschaft reagieren als noch vor einigen Jahren (auch dank der
gerückt haben. Dazu zählen die Verwirklichung des Bin- Interaktionsmöglichkeiten im Internet bzw. Portalen wie
nenmarktes, die Liberalisierung der Märkte für Strom, „lebensmittelklarheit.de“), sollten Unternehmen eine hö-
Gas, Post, Telekommunikation und Bahn, aber vor allem here Sensibilität für das Thema „implizite Täuschung“
die Digitalisierung des Marketing sowie die Verbreitung entwickeln und langfristige Beziehungen zu Kunden
des E-Commerce. Allen voran sind auch die Lebensmit- im Auge haben.
telsicherheit betreffende Themen wie beispielsweise Eine einheitliche Nährwertkennzeichnung auf der Vor-
Gentechnik, oder Skandale wie Fipronil, Gammelfleisch, derseite von Produktverpackungen führt zu einer höhe-
BSE, Antibiotikarückstände und Dioxinbelastung sowie ren Wahrnehmungschance und kann unter bestimmten
schließlich auch die Debatten zum „ökologischen Fußab- Bedingungen zu gesünderen Kaufentscheidungen am
druck“ (Lucas, Ahlers et al., 2018) für eine „Renaissance“ Point-of-Sale führen. Konsumenten mit geringer Selbst-
der Verbraucherpolitik verantwortlich. kontrolle profitieren von einer einheitlichen Kennzeich-
Marketing- und Konsumentenverhaltensforschung zei- nung. Diese Zielgruppe ist von hoher Relevanz, da der
gen das Spannungsfeld auf, in dem sich viele Märkte weltweit zu beobachtende Anstieg von Übergewicht auch
befinden. Es ist beispielsweise für Lebensmittelherstel- auf das Problem zurückzuführen ist, dass Konsumenten
ler durchaus legitim, dass sie ihre Produkte möglichst Schwierigkeiten haben, ihr Essverhalten zu kontrollieren
ansprechend darstellen möchten, da eine attraktive und und ihrem Energieverbrauch anzupassen (Königstorfer
aktivierende Verpackung Kaufverhalten am Point-of-Sale und Gröppel-Klein, 2012a). Die verpflichtende Nähr-
auslösen kann. Konsumenten schätzen schöne Produkt- wertkennzeichnung kann auch dazu führen, dass mehr
designs und ansprechende Warenpräsentationen. Dies Lebensmittelhersteller über fett- oder kalorienreduzierte
sollte auch in Zukunft Beachtung finden. Nur wenigen Rezepte nachdenken. Ob hierdurch tatsächlich Ernäh-
Unternehmen ist glücklicherweise eine vorsätzliche rungsprobleme ausgeräumt werden können, ist jedoch
Täuschung vorzuwerfen. Doch durch bestimmte Verpa- angesichts der angesprochenen „Selbsttäuschungen“ von
ckungsgestaltungen kann schnell ein falscher Eindruck Konsumenten derzeit nicht valide prognostizierbar.

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im 21. Jahrhundert. Gewidmet Peter Weinberg zum 65. Ge- tationsprogrammen zur Wissensvermittlung und Wissensbe-
burtstag. Wiesbaden, S. 159–183. wahrung, in: Swertz, C./Ohly, P./Sieglerschmidt, J. (Hrsg.): Wis-
Zentes, J./Swoboda, B./Schramm–Klein, H. (2013): Internationales sensorganisation und Verantwortung. Würzburg, S. 159–168.
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1239. chologie als Politikum: Ein Amerikaner erschüttert eine
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feature advertisements: A Bayesian mediation analysis, in: Wissenschaftsreport, Teil 1 (Feuilleton, 42/11.Oktober 1974,
Journal of Marketing Research, Jg. 46, Nr. 5, S. 669–681. S. 17–18). Teil 2: Was IQ–Tests messen – Eine unerklärte und
Zhang, K. Z. K./Zhao, S. J./Cheung, C. M. K./Lee, M. K. O. (2014): undefinierte und dennoch faßbare Größe (Feuilleton, 43/18.
Examining the influence of online reviews on consumers’ Oktober 1974, S. 25–26). Teil 3: Grenzen, die die Gene setzen –
decision–making: A heuristic–systematic model, in: Decision Wie die Erbforschung zu ihren Hypothesen kam (Feuilleton,
Support Systems, Jg. 67, S. 78–89. 44/25.Oktober 1974, S. 26–27). Teil 4: Das Vexierwort Gleich-
Zhang, L./Baumeister, R. F. (2006): Your Money or Your Self– heit – Wo aus Zahlen Politik wird (Feuilleton, 45/1.November
Esteem: Threatened Egotism Promotes Costly Entrapment 1974, S. 20)].
in Losing Endeavors, in: Personality and Social Psychology Zola, É. (1883): Au bonheur des dames. Paris. [Deutsch : Zola,
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Zhang, X./Li, S./Burke, R. R./Leykin, A. (2014): An examination of Westphal. Frankfurt a. M.]
social influence on shopper behaviour using video tracking Zola–Morgan, S./Squire, L. R. (1993): Neuroanatomy of Memory,
data, in: Journal of Marketing, Jg. 78, Nr. 5, S. 24–41. in: Annual Review of Neuroscience, Jg. 16, Nr. 1, S. 547–563.
Stichwortverzeichnis

Die Autoren des Buches „Konsumentenverhalten“ verzichten in dieser Auflage auf eine Auflistung aller Seitenzahlen,
in denen bestimmte Begriffe genannt werden. Stattdessen und aus Gründen der Übersichtlichkeit wird im folgenden
Stichwortverzeichnis lediglich ein Seitenverweis auf diejenigen Textpassagen vorgenommen, die den Begriff das
erste Mal nennen oder (substanzielle) Erklärungen zu den Begriffen liefern.

A – -modell, eindimensionales 63 f. Anschluss/Intimität 170


– -modell, mehrdimensionales 63 f. Anspruchsniveau 396, 402 f.
ABC-Modell 208 ff.
– -muster 74 f., 89 Antezedenzbedingung 42
– der Einstellung 208 ff.
– phasische 60 Anthropologie 4
– experiential hierarchy 209
– sozialtechnische Bedeutung der Anthropomorphisierung 272, 570 ff.
– hierarchy of effects 209, 558
83 ff. Anti-Konformität 475
– low involvement hierarchy 209
– -system, allgemeines 63 ff. Anzeigengröße 81
– standard learning hierarchy 209
– -techniken 91 Appetenz 100
Ablenkung zur Vermeidung von Reak-
– -theorie, Anwendung der 77 ff. – -Appetenz-Konflikt 191
tanz 248 f.
– tonische 60 – -Aversions-Konflikt 191
Ablenkungseffekte
– Wirkung der 83 ff. – -gradient 192
– bei der Informationsaufnahme 301 f.
– -wirkung affektiver, kollativer und Appraisal-Theorie (siehe Emotionstheo-
– des Humors in der Werbung 563
intensiver Reize 78, 561 f. rien)
Abnutzungswirkungen beim Lernen
– -wirkung der Anzeigengröße 81 – Weiterentwicklung der (kognitiven)
(siehe Wear-out-effect)
Aktivierungsmessung 63 ff. Appraisalforschung 102
Abruf
– Befragung 75 – Kritische Stellungnahme 103
– Gedächtnisbild 368 ff.
– Beobachtung 75 Approach 65, 77, 191, 198, 239
Abstimmung (siehe Kongruenz)
– biophysiologische Grundlagen der Approach-Avoidance-Test 239
Accessibility (siehe Verfügbarkeit)
65 ARAS (siehe Aufsteigendes retikuläres
Acetylcholin 116
– PAD-Skala 76 Aktivierungssystem)
Achtsamkeit 284
– subjektive Erlebnisebene 74 Arbeitsgedächtnis 259 ff., 271 ff.
ACR (siehe Association for Consumer
Aktivität (der Wahrnehmung) 304 Archetyp 149, 184 ff.
Research)
Aktivität, elektrodermale 65 ff. – Held 184
ACR-Filmfestival 37
Aktualgenese 312 – unschuldiges Mädchen 184
Adoption 595
Akzeptanz Assimilation(s) 349
Advergames 587 f.
– bei Inkongruenzen 296 f. – -Kontrast-These 216
Advertorial 587
– einer Innovation 314 Association for Consumer Research
affektive Reize 78, 561
– von Werbebotschaften 325 (ACR) 37, 47
Ärger 98, 100, 102, 107, 108, 110, 129, 131
Alertness (siehe Aufmerksamkeit) Associative Propositional Evaluation
AFA (siehe Automatic Facial Image
Alter(n) Model (APE-Modell) 246
Analysis)
– biologisches 5 Assoziationsverfahren 276 f.
Affekt (affect) 95
– psychologisches 5 Assoziative Textanalyse 276
– -antizipation 111, 169
– soziales 5 Attachment-Theorie 600
– arousal 63 ff.
Alternativenweises Vorgehen 336, 398 Attitude (siehe Einstellung)
– as information 101
Alters Attraction effect 328
– -intensität 246
– -bilder 461 f. Attraktivität (der Werbedarsteller) 562,
– -optimierung 27, 157
– -pyramide 446 566
– -wechsel 169 f.
– -stereotype 461 f. Attribution 329 ff.
Affektives Prozessieren 117
Ambient Media 574 – Fehl- 331
Agenda-Setting 545 f.
Ambivalenzkonflikt 191 – Personen- 330
Agenda-Setting-Prozess 546
Amodale (Netzwerk-)Theorien 257 f. – Reiz- 330
Aggregate, soziale 440
Amplitude 66 – Umstände- 330
Aggressivität 130, 133
Amygdala 56, 63 Attributionstheorien 329 ff.
AIDA-Modell 557
Anchormen/-women 550 Attributweise Elimination 336
Aided Recall 379
Angst 56, 97, 100 f., 108, 110, 113 f., 115 f., Audio 554
AIO-Konzept 531 f.
122, 129, 131 Aufmerksamkeit 60
Aktivierung(s)
Ankermieter 430 – Alertness 61
– Auslösung der 77
Anmutungsbild 515 – dauerhafte 61
– Lambda-Hypothese 84 f.
Annäherungsverhalten 65, 77, 191, 198, – fokussierte 61
– -messung 63 ff.
239 – geteilte 61

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714 Stichwortverzeichnis

– Intensität der 61 – system 57 CCT (siehe Consumer Culture Theory)


– orientierende 61 Beobachtungslernen 349, 359 ff. C-D-Paradigma 403
– selektive 61 Bereitschaftspotenzial 63 Celebrity Endorser/Celebrity Endorse-
– Vigilanz 61 Berner System 513 ment 505, 564 ff.
Aufmerksamkeits Besitztumseffekt (siehe Endowment- Celebrity-Match-Up-Hypothese 565
– -gesellschaft (-ökonomie) 541 Effekt) Certainty-Effect 28
– -system 117 Best-for-Planning (b4p) 180 Chat Bot 19
Aufnahme von Informationen 282 ff. Bestrafung 359, 489 Choice bracketing 32
Aufsteigendes retikuläres Aktivie- – negative 359 Choice Overload 394 f., 430
rungssystem (ARAS) 56 – positive 359 Cinderella-Typus 184 ff.
Augmented Reality 420, 592 Bewunderung 490 Circumplex-Modell 152
Außenwerbung 574 Bewusste Prozesse 160 CLYMBOL 303
Aussagen Bewusstsein(s) 62, Co-Branding 346
– deskriptive 35 – -barriere 273 Cocktailparty-Phänomen 60
– normative 35 – Monitoring-Bewusstsein 160 Cognitive response analysis (siehe
Ausstrahlungseffekte 219, 264 – phänomenales 160 kognitive Reaktionsanalyse)
Austauschbarkeit 148 Bezugsgruppeneinfluss 475 f., 478 ff. Collaborative Filtering 415, 499
Austauschtheorie 475 Big Bang Disruption 593 Collage-Technik 172 f.
Authentische Werbung 181 ff. Big data 3 Comedic Violence 564
Authentizität 181 Big Five (siehe Persönlichkeit) Comic-Strip-Test 171 f.
Autodriving 172 f. Big Three (siehe Motive) Commitment 215
Automatic Facial Image Analysis (AFA) Bild(er) – Identifikation 215
124 f. – -maskierung 276 – Internalisierung 215
Autos – -puzzle 276 – -niveau 215
– selbstfahrende 595 – -kommunikation 492 Compromise effect 328
Avatar 520, 565, 591 – -recall 273 Congruency-accessibility-Hypothese
Aversion(s) – -recognition 273 f. 264
– -Aversions-Konflikt 191 f. – -skalen 119 ff., 252f. Conjoint measurement 338
– -gradient 193 – -zuordnungsverfahren 276 Conrad/Burnett-Lifestyle Forschung
Avoidance 191 f. Bildschirmbefragung 227 531 f.
AWA (siehe Allensbacher Werbeträger- Bindungsstil (siehe Attachment-Theo- Consideration set 285
analyse) 574 rie) Conspicuous consumption 177
Awareness set 285 Biologische Emotionstheorie (siehe Construal-Level-Theorie 206, 308 ff.
Emotionstheorien) Consumer Culture Theory 16 f.
B Biologische Richtungen 12 Consumer Empowerment 34
Biometrie 33 Consumption contexts 487
Babyboomer 458
Blickaufzeichnung 276, 287 ff. Conversion Rate 416
Balance-Theorie 216
– mobile 287 Core Affect Theory (siehe Rohgefühle)
Bales (IPA; siehe Interaction Process
Blickverhalten 287 ff., 517 Corporate Social Responsibility (CSR)
Analysis)
Bottom-up 283 610
Banner blindness 584
bounded rationality 24 Country-of-origin-Effect 325 f.
Basisemotion 104 ff.
Boykott 611, 619 Credibility (siehe Glaubwürdigkeit)
Bauchgefühl 386
Brand Communities 19 Critical incident(s) 15
BCM (siehe Brand Concept Maps)
Brand Concept Maps 277 Crowding-Effekt 85, 436
Beauty-Match-Up-Hypothese 566
Brand devotion 482 Crowdsourcing 19
Bedürfnis 135 f., 162 f., 168 f.
Brand imprinting 457 Customer Co-Creation 18
– -pyramide von Maslow 158 f.
Branded Entertainment 585, 586 Customer Journey 3, 575
– unbewusstes 164
Broad bracketing 32 Cyberworld 541
Beeinflussung(s)
Bumerang-Effekt 247
– -absicht, Verbergen der 248
Busenschema 14 D
– -druck 247
– Immunisieren gegenüber der 248 Dadvertising 474
C
– periphere 240 ff. DAGMAR-Modell 557
– unterschwellige 161 ff. CAVE 422 Darwin 104
Begriff CAN-Modell (siehe Einstellungsmes- Defaults 26
– empirischer 43 sung) Dekompositionsverfahren 233
– imaginärer 43 Causal Attitude Network (CAN) 234 Demand-Artefakte 321
– theoretischer 15, 43 Cancel-and-focus-Hypothese 195 Denkschablonen 333
Behaglichkeit 130, 134 Cannon-Theorie (siehe Emotionstheo- Denomination Effect 30
Behalten 377 rien) Diffusion 492
Behavioral economics 22 ff. Cartoon-Test 171 f. Digital
Behavioral finance 33 CATI (computergestütztes Telefoninter- – divide 544
Behaviorismus 37 ff., 349 view) 227 – immigrants 597
Belohnung(s) 357 ff., 489 Cause-related Marketing 20 – natives 597
Stichwortverzeichnis 715

Dilettantismusproblem 9 – Social Judgement-Theorie 216 – Analyse von Mimik und Gestik


Disclosure (einer Beeinflussungsab- – -transfer (Imagetransfer) 254 f. 122 ff.
sicht) 307 – unbewusste 199 f., 218, 246 – Automatic Facial Image Analysis
Disengagement-Theorie 460 – Verhaltens-Hypothese 208 (AFA) 124 f.
Disjunktive Regel 336, 400 Einstellungsinkonsistenz 221 – Bilderskalen 119 ff.
Dispositionseffekt 32 – inter- 221 – Consumption Emotion Set (CES)
Dissonanz – intra- 221 118 f.
– -reduktion 224 Einstellungsmessung 225 ff. – Differenzielle Emotionsskala (DES)
– kognitive 223 ff. – Causal Attitude Network (CAN) 234 118
– -theorie 222 ff. – computergestützte 227 – EmoSensor 121
Dominanz – eindimensionale 229 – EmoScan der GfK 125
– -prinzip 336 – explizite 217, 226 ff., 229 ff. – Emotions Profile Index (EPI) 118
Dopamin 116 – Implicit Association Test (IAT) 217, – EsSence Profile 118
Doppelte Kodierung 369 ff. 237 f. – FaceReader von Noldus 125
Drama-Spot 568 – implizite 217, 236 ff. – Faziale Elektromyographie 127
Drei-Komponenten-Theorie 208 – Kompositionsverfahren 232 – Gesichtssprache 122
Dreispeichermodell 258 f. – Likert-Verfahren 228 f. – PANAS-Skala 118
DSGVO 585 – mehrdimensionale 229 – Pleasure Arousal Dominance-Skala
Dual-Coding-Theorie (nach Paivio) – Multiattributmodelle 231 ff. (PAD) 76, 118
369 ff. – Priming (Bahnung) 236 f. – PrEmo-Verfahren 120
Dual-Process-Modelle (Alternative-We- – Semantisches Differenzial 230 f. – Programmanalysator 119
ge-Modelle) 560 f. – Trommsdorff-Modell I 232 – Protokolle lauten Denkens 118, 275,
Duale Verarbeitung 560 f. – Trommsdorff-Modell II 233 318
Duft 142, 435 – WISA 233 – psychobiologische 127 f.
Dyaden – WISAWI 233 f. – Self-Assessment Manikin-Skala
– von Emotionen 108 Einstellungssystem 220 ff. (SAM) 119 f.
– Konsistenz 220 ff. – Tagebücher 118
E Ekel 129, 131 – Two-Factor Structure of Affect
Elaboration-Likelihood Modell (ELM) Model (nach Watson und Tellegen)
Earliest memories 456
240 ff., 560 118
Echogedächtnis 260
– zentrale Beeinflussungsroute 240 ff. – verbale Skalen 118
EDA (siehe Elektrodermale Aktivität)
– periphere Beeinflussungsroute Emotionstheorien
– -Parameter 66
241 ff. – Appraisaltheorien 99 ff., 102
Edelman Trust Barometer 549
Elektrodermale Aktivität (EDA) 65 – biologische 99 ff., 104 ff., 108
EDL (siehe Elektrodermales Level)
Elektrodermales Level (EDL) 66 – Cannon-Theorie 98
Editing-Phase 29
Elektrodermale Reaktion (EDR) 65 f. – Emotionskomponententheorie (nach
EDR (siehe Elektrodermale Reaktion)
Elektroenzephalographie (EEG) 128 Scherer) 117
EDR mobil 68
Elektronischer Produktcode (EPC) 286 – James-Lange-Theorie 98
Effektgesetz von Thorndike 358
ELM (siehe Elaboration-Likelihood-Mo- – Konstruktivistische Theorie 99 ff.,
Effort system 63 ff.
dell) 107 ff.
EFSA (Europäische Behörde für Le-
Elongationseffekt 319, 625 – low road und high road der Emo-
bensmittelsicherheit) 72
Embodiment 259, 381 ff. tionsbildung (nach LeDoux) 114
Ehrfurcht 130, 133
Emic-Ansatz 506 – Neurochemische Emotionsfor-
Einkaufsmotive 178
Emotion(s/en) 93 ff. schung 116
– hedonistische (hedonic) 137
– -ale Konditionierung 144 ff. – Neuropsychologische Erkenntnisse
– nützlichkeitsorientierte (utilitarian)
– -ale Produktdifferenzierung 143 f. 112
137
– Basisemotionen 131 ff. – Lazarus-Zajonc-Debatte 99 
Einstellung(s) 198 ff.
– Definition 94 – Zwei-Faktoren-Theorie (Schachter
– ABC-Modell der 208 ff.
– Dyaden 108, 133 f. und Singer) 98 
– als stabiles Konstrukt 199
– gemischte (siehe mixed emotions) Empathie 569
– als temporäres Konstrukt 200
– high road (der Emotionsbildung Empty nester(s) 456 ff.
– Balance-Theorie 216
nach LeDoux) 114 – -Phase 450
– Commitment 215
– in Entscheidungssituationen 97 Endowment-Effekt 27
– Definition 198 ff.
– low road (der Emotionsbildung nach – Super-Endowment-Effekt 30
– Drei-Komponenten-Theorie 208
LeDoux) 114 End-Piling-Effekt 228
– explizite 216 ff.
– neuroanatomische Ursprünge 112 Entscheidung(s)
– HSM-Modell 242 ff.
– Oracle 387 – -baum 392
– Identifikation automatisch aktivier-
– Primäremotion 108 – -netz 392
ter Einstellungen 220
– Sekundäremotion 108, 132 ff. Entscheidungsverhalten 386 ff.
– implizite 216 ff.
– soziale Funktionen von 59 – habitualisiertes 404 ff.
– instabile 213 f.
– -theorien 98 ff. – impulsives 408 ff.
– Konsistenztheorie 215 f.
– Triaden 108 Enttäuschung 130, 133
– kontextsensitive 207
– und Gedächtnis 95 EPA-Struktur (siehe semantischer
– Selbstwahrnehmungs-Theorie 216
Emotionsmessung Raum)
716 Stichwortverzeichnis

EPC (siehe elektronischer Produktcode) Faziale Elektromyographie (fEMG) 127 Gefühle 96 f.


Episodischer Puffer 271 f. Feeling-as-Information-Heuristik 386, Gehirn 56 ff.
Erbtheorie 340 f. 388 Geld-zurück-Garantie 225
Erfahrung(s) FEMG (siehe faziale Elektromyogra- Genderunterschiede 432, 435 f., 466 ff.,
– -umwelt 419 phie) 474, 488, 602
Erfolgskontrolle 195 Fiktionale Charaktere 509 Generalisierung 345
Erfolgssucher 196 Fiktionale Medieninhalte 566 – Reaktionsgeneralisierung 345
Erinnerung (siehe auch Gedächtnis, Filterblase im Kopf 39 – Stimulusgeneralisierung 345
Lernen) Fishbein-Modell 231 Generation X 456 f.
Erlebnis Fitnessstudioeffekt 31 Generation Y 456
– -einkauf 137 Fixation 288+ Generation Z 455
– -gesellschaft 143 Flight/fight system 63 ff. Geographisches Informationssystem
– -konsum 135 Flow-Erlebnis 86 (GIS) 427
– Luxus- 138 f. Flow-Konzept 437 Gerüche (siehe Duft)
– -marketing 137, 433 Fluency-Theorie 302 ff. Gesundheitsbezogene Angaben (siehe
– -orientierung 136 – Conceptual fluency 303 Health Claims)
– -wert 139 – Perceptual fluency 304 Gewohnheits
Erlebnisvermittlung Foodies 536 – -kauf 405
– durch Bilder 141 Follower 506 Glaubwürdigkeit (credibility) 492
– durch Duftstoffe 142 Forced Exposure 67 – medialer Kommunikation 550
– durch Musik 141 f. Forewarning 307 GLOBE-Konzept 527
– multisensuale 142 f. Formation reticularis 63 Go/No Go Association Task (GNAT)
– Strategien der 139 f Fornix 57 239
– Techniken der 140 ff. Forschung(s) Goldenes Dreieck 298 f.
Erscheinungsbild 516 – -transfer 46 Gorn-Experiment 134
Erwartung 129, 132 Forschungsnetzwerk Verbraucherfor- Greenwashing 20
Erwartungswert 23 schung 614 Grounded Cognition 258 f., 381 ff.
– -Theorien 168 Forschungsparadigma 36 Gruppe(n)
Ethnografie 506 – kognitives 37 – aspirational group 443, 477
Etic-Ansatz 506 F/OSS (siehe Free-and Open Source- – Bezugsgruppe 442
Europäische Behörde für Lebensmittel- Bewegung) – Definition 440 f.
sicherheit (EFSA) 72 Fragmentierungshypothese 377 – dissoziative 443
Evaluationsphase 29 Framing 27 – Fremdgruppe 442
Evaluative Konditionierung 144 Free Recall 378 ff. – in-groups 443
Evaluative Space Grid 154 Fremdselbstbild – Member groups 442, 477
Evaluative Space Model 152 f. – ideales 530 – Mitgliedschaftsgruppe 442
Every-Day-Life-Research 531 f. – reales 530 – out-groups 443
– -Ansatz des Sinus-Instituts 531 Frequenz 66 – Primärgruppe 441
– -Untersuchung 532 Freude 128, 132 – Sekundärgruppe 441 f.
Evoked set 285, 397 Frugality (Genügsamkeit) 135 – virtuelle Gruppe 441
Evolutionspsychologie 341 Functional Magnetic Resonance Guerilla-Marketing 509
Exosomatische Aufzeichnung 66 Imaging (fMRI/fMRT) 128, 571 Gütesiegel 612
Experience economy 143 GWB (siehe Gesetz gegen Wettbewerbs-
Extinktion 351 G beschränkungen) 616
Experience attributes 283 Gyrus cinguli 57
Gedächtnis 258 ff.
Eye-tracking (siehe Blickaufzeichnung)
– Arbeitsgedächtnis 259 f., 271 ff.
H
– -bilder 371 ff.
F
– deklaratives 262 Habitualisierung(s) 62, 404 f.
Face-to-Face-Kommunikation 492, 508 – episodisches 262 – -neigung als Persönlichkeitsmerk-
Facial Action Coding System (FACS) – explizites 275 ff. mal 405 ff.
122 f., 512 f. – ikonisches 260 – durch eigene Gebrauchserfahrungen
Facial Affect Scoring Technique (FAST) – implizites 273 ff. 406
122 – -inhalte, Messung 272 ff. – durch Übernahme von Gebrauchser-
Falsifikationskriterium 14 – Langzeitgedächtnis 261 fahrungen 406
Familie(n) – Langzeitspeicher 258 Halo-Effekt 335
– -bild, traditionelles 467 – nondeklaratives 262 Harry-Potter-Phänomen 591
– Clanning 444 – perzeptuelles prozedurales Wissen Health claims 615
– -identität 444 f. 262 – Verordnung 615
– Kaufentscheidung in der 463 ff. – semantisches 262 Health Marks 621
– Kernfamilie 444 – sensorisches 260 Hemisphärenforschung 113 f.
– Netzwerkfamilie 444 – sensorisches Register 260 f. Hempel-Oppenheim-Schema 42
– -zyklus 447 ff. – -täuschungen 265 ff. Herdeneffekt 598
Farben am Point-of-Sale 435 – -test, expliziter 272 f.
Stichwortverzeichnis 717

Heuristik 24, 243 ff., 388 Informationsaufnahme 282 ff. J


– Verfügbarkeits- 27 – aktiv 293 ff.
James-Lange-Theorie (siehe Emotions-
Heuristisch-Systematisches Modell – automatisch 294
theorien)
der Persuasion (Heuristic-Systematic – bewusst 293
Jugendliche 454 ff.
Model, HSM) 242 ff., 560 – extern 282 ff.
Junge Erwachsene 455 ff.
– Abschwächungs-Hypothese 244 – gewohnheitsmäßig 283
– Additivitäts-Hypothese 244 – impulsiv 283
K
– Verzerrungs-Hypothese 244 – intern 282 ff.
Hierarchiestufen nach Maslow 158 – Messung 286 ff. Kategorie, soziale 440
Hierarchy-of-Effects-Modelle 558 – Muster 287 Kategorisieren 275 f.
High road (der Emotionsbildung nach – passiv 297 ff. Kauf
LeDoux) (siehe Emotionstheorien) – zufällig 293 – -sucht 188 ff., 412
Hippocampus 56, 63 Informations-Display-Matrix (IDM) Kaufentscheidung(en) (siehe auch Ent-
Hirnstamm 56 276, 315 ff. scheidung(sverhalten))
HOBA-Experiment 146 f. Informationsüberflutung 542 – extensive 396
Hochaltrige 459 f. Informationsverarbeitung(s) 304 ff. – habitualisierte 404 ff.
Homo oeconomicus 4 – aktiv 305 – impulsive 408 ff.
How do I feel about it (HDIF) 101 – selektive 304 ff. – in der Familie 463 ff.
HSM (siehe Heuristisch-Systematisches Infotainment 553 – limitierte 396 f.
Modell der Persuasion) Inherent credulity-These 41 Kaufrisiko 403
Humanethologie 13 Inkongruität 563 Kindchenschema 78 f.
Humor 563 Innere Bilder 367 ff. Kinder(n)
– in der Werbung 563 f. Innovator hubs 507 – Konsumverhalten von 450 ff.
– schwarzer 564 Intelligenz Kleidung 522
Hypermoral 169 – fluide 460 Kognitive Algebra 335 ff.
Hypothalamus 56 – kristalline 460 Kognitive Dissonanz 222 ff.
Hypothese(n) 41 Interaction process analysis (IPA) 464 Kognitive(r)
Interaktion(s) – Filter 308
I – -analyse nach Bales 464 – Programme 398 ff.
– aufgabenbezogene 468 – Prozesse 257 ff.
IAPS (siehe International Affective
– emotionale 468 – Restriktionen 394
Picture System)
– soziale 467 – Reduktionismus 103
IAT (siehe Implicit Association Test)
– -theorie, soziale 358 f. – Täuschung 24
Idealisierung 490
Interdependent self 365 Kognitives Prozessieren 117
Idealvorstellung
Interdisziplinarität 37 Kollektives Unbewusstes 149
IDM (siehe Informations-Display-
Inter-Einstellungs-Inkonsistenz 221 Kommunikant
Matrix)
Integrated Behavioral Model (IBM) – Merkmale des 493
Illustratoren 513
204 f. Kommunikation
Image 198 f.
Interesse 129, 132 – nonverbale 509 ff.
Imagery-Forschung 368 ff.
Interferenztheorie 265, 377 – Objekt- 522
Imagery-Theorie 272
International Affective Picture System – persönliche, im Internet 498
Immersion 422, 593
(IAPS) 356 Kommunikationsstil(e) von Familien 469
Implicit Association Test (IAT) 217,
Intervenierende Variable 43 – beschützender 469
237 f., 356
Intra-Einstellungs-Inkonsistenz 221 – freizügiger 469
Implizites Lernen 342
Inverted-U-Hypothese 84 – pluralistischer 469
Impulsivität 409 ff.
Involvement 389 ff. – verbietender 469
Impulskauf 410
– emotionales 391 Kommunikationsverhalten
Inconspicuous consumption 177
– high 390 – authentisches 521
Independent self 365
– low 391 – Messung 523
Influencer 455, 504
– kognitives 391 – nonverbales 521 ff.
– etablierte 505
– Medien- 390 – Wirkung 523 ff.
– Makro 504 f.
– personenspezifische Determinanten Kommunikator(s)
– Mikro 504 f.
des 390 – Glaubwürdigkeit des 492
– Marketing 502
– Produkt- 390 – Persönlichkeit des 493
– neue 505
– Situations- 390 Kompensatorisches Modell 336
Infomercial 587
Internet der Dinge 594 Konditionierung 350 ff.
Information(s)
Irradiation(s) – emotionale 144 ff.
– chunks 316
– -effekt 335 – evaluative 354
– irreführende 318 ff.
Irreführende Information 624 – Gegenkonditionierung 351
– -neigung 294
Irritation 247 – höherer Ordnung 352
– -suche, kognitive Programme 295 ff.
Izard, biologische Theorie 108 – instrumentelle 354
– -sucher 294
– klassische 351
– -überflutung 542
– operante 357, 359
– sensorische Vorkonditionierung 352
718 Stichwortverzeichnis

Konfiguration 330 – -these 551 – kognitivistische Sichtweise 349


Konflikt Kultur – konstruktivistische Sichtweise 349
– Ambivalenz- 191 ff. – als Umwelt des Konsumenten 524 – mit geringem Involvement 364
– Appetenz-Appetenz- 191 ff. – Definition 523 ff. – mittels Schemata 362
– Aversions-Aversions- 191 ff. – -dimensionen nach Hofstede 526 – organisationales Lernen 349
– -bewältigung 194 ff. – Zugang über den Lebensstil 529 Lerntheorien 347 ff.
– kognitiver 190 – Zugang über die Sprache 528 – neurobiologische 347 f.
– motivationaler 190 ff. Künstliche Intelligenz 511 – psychologische 349 ff.
– Umgang mit 196 Kurzzeitgedächtnis 258 – Kontiguitätsprinzip 350 ff.
Konformität 475 – Verstärkungsprinzip 357 ff.
Konjunktive Regel 336, 400 L – Lernen am Modell 359 f.
Konsens 330 Levels of Processing (LOP)-Effekt 263
Laddering-Technik 173 ff.
Konsistenz Lexikographische Entscheidungsregel
Ladenatmosphäre und -gestaltung 437
– von Einstellungssystemen 220 ff. 336, 400
Lambda-Hypothese 84
– -theorie 215 f. Libertärer Paternalismus 26, 46
– Dual Task-Experimente 86
– in der Attributionstheorie 330 Liebe 130, 132
– empirische Gültigkeit 85
Konstruktivismus 540 Likert-Verfahren 228 f.
Langeweile 131, 134
Konstruktivistische Theorie (siehe Liking 211
Langzeitgedächtnis 261 ff.
Emotionstheorien) Limbischer Kortex 57
– prozessorientierter Zugang 262
Konsum Limbisches System 56
– systemorientierter Zugang 262
– demonstrativer (siehe conspicuous List of values (LOV) 249 ff.
Langzeitspeicher 258
consumption) Living Apart Together-Modell (LAT)
Lasswell-Formel 491
– hedonistischer 137 446
LAT (siehe Living Apart Together-
– kollaborativer 19 Lizenz zum Sündigen 165, 626
Modell)
– -motive (siehe Einkaufsmotive) Location-Aware Mobile Marketing
Laufband-/Videobandwerbung 555
– -normen 488 Messages (LA-MMM) 555
Lautes Denken, Protokolle 118, 275, 318
– ritueller 184 f. Loss-of-Face-Risiko 179
Layout
– -sucht 188 ff. Lost-E-Mail-Methode 227
– gegen den Uhrzeigersinn 428
– versorgungsorientierter 137 Lost-Letter-Technik 227
– im Uhrzeigersinn 428
– weckt Konsum 188 LOV (siehe List of Values)
Lazarus-Zajonc-Debatte (siehe Emoti-
Konsument(en) Low-Involvement
onstheorien)
– indolente 433 – -Kommunikation 91
Leakage hierarchy 510
– mündische(r) 608 Low road (der Emotionsbildung nach
Lebendigkeit (von inneren Bildern) 373
– sensualistische 433 LeDoux) (siehe Emotionstheorien)
Lebensmittelkennzeichnung 615
– -souveränität 607 Luxuskonsum 138
Lebensmittelklarheit 610
– -sozialisation 600
Lebensstil/Lifestyle 534 ff.
Konsumentenverhaltensodyssee 17 M
– Anforderung an Lebensstiluntersu-
Konsumentenverhaltensforschung
chung 535 Machine learning 347
– Begriff 4
– Anwendungspotenzial 534 f. Macht 170
– Entwicklung 8
– Definition und Begriff 525 ff. Mandelkern (siehe Amygdala)
– Geschichte 4
– Messung 531 Magnitude-Skalierung 229
– positivistischer Ansatz der 14
– -Positionierung 535 Marke(n)
– verstehender Ansatz der 16
– Risiken 535 – -coolness 456
Kontexteffekte
– von Jugendlichen 454 ff., 535ff. – -name aktiviert Qualitätsschema 325
– beim Erlernen und Abruf einer
Lebensziele 527 – -präferenzen bei Jugendlichen 454 ff.
Information 263 f.
Lebenszyklus 450 ff. – -treue (siehe auch Treue) 407 f.
Kontextwirkung 577
Leidenschaft 131, 134 – -wissen (Markenkenntnis) von
Kontiguitätsprinzip (des Lernens)
Leistungsmotiv 170 Kindern 451
350 ff.
Leistungsmotivation, Theorie 170 Marktnische 252
Kontrasteffekt 216
Leitbild vom Konsumenten 607 Massenkommunikation 542 ff., 573
Körperhaltungen (in Verkäufer-Käu-
Leitertechnik (siehe Laddering-Tech- – Beeinflussungswirkung 544
fer-Interaktion) 514
nik) – Informationswirkung 543
Körpersprache 510
Lernen 340 ff. – Nutzenwirkung 552
Kortex 56
– als Erwerb von Produktwissen Massenmedien 573
– limbischer 57
360 ff. – Reichweite, der 573
– präfrontaler 63 ff.
– am Modell 359 f. Match-Up-Hypothese 566
– Subkortex 56
– behavioristische Sichtweise 349 MDS (siehe multidimensionale Skalie-
Kovariationsprinzip 330
– durch Bilder 367 ff. rung)
Kreativität 47
– durch Konditionierung 350 ff. Means-End
Kritische Ereignisse (siehe critical
– Einfluss von Emotionen 281 – -Chains 173 ff.
incidents)
– Imitations- 348 – -Analysis (Ziel-Mittel-Analyse)
Kultivierung(s)
– implizites 342, 378 173 ff., 207 f.
– -forschung 40
– inzidentell 378 Mediation 43 f.
– -theorie 551

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Stichwortverzeichnis 719

Mediatorvariable (auch mediierende Modalitätsspezifische Methoden 276 Neuronale Reorganisation 348


Variable) 43 Modell Neuroplastizität 348
Medien – Linear Marketer Influence- 500 f. Nexi 521
– -kontext(-forschung) 264, 478 ff. – Network Coproduction- 500 f. Nonverbale Stimuli in der Massenkom-
– Nutzungsmotive 553 – Organic Interconsumer Influence- munikation 509 ff.
– Parallelnutzung von 573 500 f. Noradrenalin 116
– -umwelt 419 MODE-Modell 245, 560 Normen 486 f
Medienkonsum – Motivation and opportunity as Nucleus accumbens 57
– von Kindern und Jugendlichen 601 determinants 245 Nudging 25 f., 46
Medienwirkung 543 ff. Moderatorvariable 44 – Self- 195
– Beeinflussungswirkung 543 Motiv(e) 158 Nutrition Claims 621
– Informationswirkung 543 – Big Three 59
– Nutzen- oder Belohnungsansatz – biogenes 59 O
(Uses and Gratification Ansatz) 552 – primäre 158
Offenheit des Empfängers 548
– Überzeugungswirkung 543 – sekundäre 158
Online-Communities 506
Mehrspeichermodell 258 ff. – soziogene 59
Online-Interview 227
Meinungsführer 502 ff. Motivation(s)
Online-WOM 499
– Begriff 502 ff. – -hierarchie (nach Maslow) 158 f.
Online Observational Learning 499
– Messung 503 f. – (zum) Konsum 176 ff.
Operationalisierung 43
– symbolische 509 – -Messung 170 ff.
Optimismus 130, 133
– Verhalten und Einsatz 507 ff. Motivationsforschung
– Über- 27
Mental Accounting 30 f. – emotionspsychologische 168 ff.
– Unter- 27
Mental maps 426 – kognitionspsychologische 167 ff.,
Optimum-Stimulation-Level-Theorie
Mere-Exposure- 173 ff.
295, 454
– Hypothese 105 ff. Motivforschung, psychoanalytische
Ordnung von inneren Bildern 367 ff.
– Effekt 106 159 f.
Orientierung(s)
Messverfahren Müller-Lyer‘sche Täuschung 320
– -freundlichkeit 425
– Assoziative Textanalyse 276 Multiattributmodelle 231, 337
– -reaktion 62
– Beobachtung 276, 318 Multi-Channel-Händler 499
– -verhalten am Regal 426
– Bilderpuzzle 276 Multidimensionale Skalierung (MDS)
Overchoice-Effekt (siehe choice-over-
– Bilderzuordnung 276 256
load)
– Bildmaskierung 276 Multidisziplinarität 8
Overreporting 275
– Blickaufzeichnung 276 Multimedia 590
Oxytocin 116
– Brand Concept Maps (BCM) 277 Multimodale Gedächtnistheorie (nach
– IDM (Informations-Display-Matrix) Engelkamp) 376
P
276, 315 ff. Multiple Pathway Anchoring and
– Kategorisieren 275 f. Adjustment Model (MPAA) 246 PAD-Skala 76, 118
– projektive Verfahren 38, 170 ff. Multisensuales Konsumerlebnis 142 f. Page 554
– Protokolle lauten Denkens 118, 275, Mund-zu-Mund-Kommunikation 492 Pain of paying 32
318 Mund-zu-Mund-Propaganda 495 ff. Parasoziale Beziehung 500 ff., 506
– Recall 378 Musik am Point-of-Sale 141 f., 434 Parental yielding 452
– Recognition 378 Parsimony 204
– Stack sort analysis 275 f. N Partialmodelle 390
– Tachistoskop 312 f. Peer-to-Peer-Markt 500
Nachkauf
– Zaltman’s Metaphor Elicitation Perceived-Reality-Forschung 600
– -dissonanz 224 f.
Technique (ZMET) 28, 277 Perceived-sacrifice-Effekt 329
– -marketing 224 f.
Metaanalysen 9 Percept-analogy-Theorie 369
– -phase 224
Meta-Cognitive Model (MCM) 246 Perception-behavior expressway 166 f.
– -werbung 224 f.
Metakognition 160 f. Personifikation 570 ff.
Nachwirkungen 274
Metakommunikation 516 – direkte 570
Narrow Bracketing 32
Metapher 376 – indirekte 570
Native Advertising 308
Milieutheorie 340 f. Persönlichkeit
Need for closure 334
Mimicry 520 – Big Five 285
Need for cognition 240, 295
Mind set Persönlichkeitsstärke (und Meinungs-
Need for uniqueness 137, 139, 487
– -Theorie 308 ff. führung) 503
Neobehaviorismus 14f
– -Wechsel 309 Persuasion Knowledge 563
Netnographie 506 f.
Misserfolgsmeider 196 Pestering 452
Netzwerkmodelle 276 f.
Mixed emotions (Mischemotionen) PFC (siehe Preference for Consistency)
Neuro
150 ff. PFT (siehe Picture-Frustration-Test)
– -biologie 104,
– individuelle Unterschiede 154 ff. Phantomalternativen 213
– -chemie 116
– Messung 153 ff. Phase(n)
– -ökonomie (-economics) 15 f.
Mobiles Endgerät 438 – analytische 451
– -physiologie, experimentelle 15,
Modales Gedächtnismodell 259 ff. – wahrnehmende 450
– -psychologie 56f, 63
Modalitätsbarriere 273 Phonologische Schleife 271
720 Stichwortverzeichnis

Photoelicitation 318 – hypothetische Dimension 310 – -interview 464


Piaget 349 Psychophysiologie 306 – -theoretische Ansätze 474 ff.
„Pick your Poison“-Effekt 197, 432 – von Mann und Frau 466 f.
Picture-Frustration-Test (PFT) 171 Q – -wandel 472
Picture superiority effect 369 Rosenberg-Modell 231
Qualitätsschema 325
Plutchik, biologische Theorie 108 RVS (siehe Rokeach-Value-Survey)
PMIH (siehe Presumed media influence
R
hypothesis) S
Pointing Task 427 Radio Frequency Identification (RFID)
Saccaden 288
Ponzo‘sche Täuschung 320 286
Sapir-Whorf-Hypothese 528
Positionierungsmodelle 252 f. Ratingskala 228
Satzergänzungs-Test 172
Positivismus 14 ff. – Mängel 228
Scham 129, 134
Positivistischer Ansatz (siehe Konsu- Rational-Choice-Modell 393
Schema(ta) 268
mentenverhaltensforschung) Reaktanz 247 f.
– extreme Schemainkongruenz 269
Positronenemissionstomografie (PET) Reaktion, elektrodermale 65
– -forschung 265
128 Reaktionszeit 214
– -(in)kongruenz 266, 269
Präfrontaler Kortex 63 ff. Real Beauty-Kampagne von Dove 183
– moderate Schemainkongruenz 269
Preisinteresse 399 Realität
– -theorie 268 ff.
Preisoptik 319 – konstruierte 540
Schenken 522
Preis-Qualitäts-Beziehung 334 – reale 540
Schlüsselinformation 316
Presumed media influence hypothesis Recall 378 ff.
Schlüsselreiz 79
(PMIH) 422 f. – 24-Stunden-Recall 40
Schmerz
Priming Rechtsdrall 428
– pain of paying 32
– affektives 236 f. Recognition 378 ff.
– -reduktionsprinzip 31
– semantisches 236 f. Redemenge 466
Schuld 130, 133
– subliminales 163 Referenzpunkt 28
Schürer-Necker-Regel 281
Proaktive Hemmung 377 Reflex 344, 354
Schwartz Value Survey (SVS) 250 ff.
Product Placement 585, 586 ff., Regret Theory 223
SDB (siehe Social Desirability Bias)
– personalisiertes 589 Regulatoren 513
SDL (siehe Service Dominant Logic)
Produkt Regulatory-Focus-Theorie 196 f.
Search attributes 283
– -beurteilung 313 ff. – Prevention focus 197
Seeded Marketing Campaigns 508
– -informationen, direkte 314 – Promotion focus 197
Seeding-Strategie 507
– -positionierung 255 Reiz
Selbstbild
– -schema 269 – -abschirmer 432
– real 530
– -treue (siehe auch Treue, Marken- – affektiver 78 ff.
– ideal 530
treue) 407 – -diskriminierung 346 f.
Selbsteinschätzung (der Befragten) 504
– -umfeldinformationen 314, 323 – intensiver 78 ff.
Selbstkontrolle 27
– -wahrnehmung 313 – kollativer 78 ff..
Selbstkonzept 530
– -wissen 323 ff. – konditionierter 350 f.
– Fremdimage (ideal) 530
Programmanalysator 119 – Schlüssel- 79
– Fremdimage (real) 530
Programme der Produktwahl 398 ff. – unbedingter 350 f.
– Selbstimage (ideal 530
– nach Alternativen 398 – unkonditionierter 350 f.
– Selbstimage (real) 530
– Kosten-Nutzen-Algebra 398 Reiz-Reaktions-Beziehung 344
Selbsttäuschung 626
– nach Attributen 399 Relative Deprivation 484 f.
Selbstverwirklichung 135, 159
Projektive Verfahren 38, 170 ff. Repertory Grid 231
Selbstwahrnehmung(s)
Prominente (siehe Celebrity Endorser) Replikationskrise 7
– -theorie 216
Promotion Re-Targeting 584
– verzerrte 27
– focus 390 Retrieval-Set 397
Selektion 61
– goal 390 Retroaktive Hemmung 377
Selektivität (der Wahrnehmung) 304
Propositionale Theorie 369 Reue 130, 133
Self-monitoring 214
Prospect Theory 28 RFID (siehe Radio Frequency Identi-
Self-Nudging 195
Protokolle lauten Denkens 118, 275, 318 fication)
Semantische(s)
Psychobiologie 12 Risiko, wahrgenommenes 295
– Differenzial 230
Psychoevolutionary Theory 108 Robotik 511
– Helfer 270
Psychologie Rokeach-Value-Survey (RVS) 249 ff.
– Netzwerk 266, 276 ff.
– angewandte 6 – existenzielle Werte 250
Sensorischer Speicher 260
– biologische 12 – instrumentelle Werte (instrumental
Sensorisches Register 260 f.
– evolutionäre 13 values) 250
Senioren 459 ff.
– Sozialpsychologie 11 – terminale Werte (terminal values)
Sensory
Psycho-Logik, subjektive 326 ff. 249
– Marketing 284
Psychologische Distanz 309 ff. Role models 482
Serotonin 116
– zeitliche Dimension 310 Rolle(n)
Service Dominant Logic 18
– räumliche Dimension 310 – der Familienmitglieder 466 ff.
Shopping-Momentum-Effekt 411
– soziale Dimension 310 – der Kinder 467 ff.
Stichwortverzeichnis 721

Signallernen 354 – Wirkung der 522 Totalmodelle 390


– S-R-Lernen 344 ff., 356 – -volumen 522 TRA (siehe Theory of Reasoned Action)
– S-S-Lernen 356 f. Stimmung(s) 95 Trait variable (Wesenszug) 207
Signalling-Effekt 325 – -kongruentes Lernen 96 Transformative consumer research 5
Single Category Implicit Association – und Gedächtnistäuschungen 266 Transportation 583
Test (SC-IAT) 238 f. Stimuli (siehe Reize) Traurigkeit 129, 132
Sinus-Milieu 532 f. Stolz 130, 133 Treue (siehe auch Produkt-/Marken-/
Skipping 582 Story Spot 568 Geschäftstreue)
Skript 268 f. Story Telling 172, 568 Triaden von Emotionen 108
Sleeper-Effekt 458, 548 Stream 554 Triangulation 17, 39
Smart Home 595 Stroop-Test 327 Triebe 157
Smarte Produkte 594 Subjektivität (der Wahrnehmung) 304 Trommsdorff-Modell I und II 232 ff.
Smarter Kühlschrank 408 f. Subkortex 56 Trust-your-feelings-Effekt 387
Social Desirability Bias (SDB) 252 Subkultur(en) 537 ff. Truth-Effect 40
Social hubs 507 Subliminal 161 ff. Typ-A-Verhalten 247
Social Judgement-Theorie 216 Suchtartiges Typologie der Wünsche Intermedia
Social Media 596 – Einkaufsverhalten 188 ff., 412 f. (TDWI) 180
– Marktanteile von 597 – Onlineshopping 190
Social Power-Theorie 451 Summenamplitude 67 U
Somatische Marker-Hypothese (somatic Sunk Costs 31
Überalterung der Gesellschaft 5
marker) 62, 281 Super-Endowment-Effekt 30
Überdehnung der Marke bei Co-Brand-
SOR-Paradigma 14, 43 Supersizing 625
ing 346
Source Attractiveness Model 566 SVS (siehe Schwartz Value Survey)
Überoptimismus 27
Source Credibility Effect 548 Sympathie 569
Überraschung 128, 132
Source Credibility Model 587 Synchronismus 185
Überzeugung 543f
Souveränität 607 Szenenspot (Vignetten-Drama) 568
Übungstransfer 346
Sozial erwünschtes Antwortverhalten
Umgekehrte U-Hypothese (siehe
77, 252 T
Lambda-Hypothese)
Soziale(r)
Tabubruch-Werbung 80 Umwelt
– Auffälligkeit 483
Tachistoskop 312 – Erfahrungsumwelt 419
– Schichtung 537
Täuschung der Konsumenten 624 – Medienumwelt (die zweite Wirklich-
– Status 537
– explizite 624 f. keit) 419, 540 ff.
Soziales Lernen 600
– implizite 624 f. – nähere 419
Sozialisation(s)
Targeted advertising 584 – physische 419
– -agent 601
TAT (siehe Thematischer Apperzep- – soziale 419, 523 ff.
– durch Medien 600
tionstest) 170 – weitere 419, 523 ff.
– -forschung 600 ff.
TBA (siehe Theory of Planned Umweltpsychologie 424 ff.
Sozialpsychologie 11
Behavior) – kognitiv-orientierter Ansatz 425 ff.
– Abgrenzung von Psychologie und 11
TDWI (siehe Typologie der Wünsche – emotionaler Ansatz 432 ff.
Sozialtechnik 46
Intermedia) – Verhaltensmodell (nach Mehrabian
– Forschungstransfer mittels 46
Teilsystem und Russell) 432
– und Kreativität 47
– aktivierendes 51 Uncanny-Valley-Hypothese 572
Soziobiologie 13
– kognitives 53 Underreporting 275
Soziogramm 504
Testimonial 564 Unbewusste(s)
Soziologie 11
Thematischer Apperzeptionstest (TAT) – Prozesse 160 ff.
Soziometer 464
38 – Verhalten 16
Soziometrischer Test 503 f.
Theorie – Wahrnehmung 161 ff.
Spiegelneurone 348
– der dualen Kodierung 369 ff. Unconscious-Thought-Effekt (UTE) 280
Spillover-Effekt 557
– des autonomen Verfalls 265 Unconscious Thought Theory (UTT)
Split-Screening 555
– des Bedauerns (Regret Theory) 223 278 ff.
Spokesperson 572
– der kulturellen Normen 474 f. – Kritische Diskussion 279 ff.
Spontankauf 410
– des kognitiven Gleichgewichts 214 f. Unteroptimismus 27
– -arten 410
– des Ressourcenbeitrages 475 Unterschwellige Wahrnehmung 161 ff.
Spreading-activation-Theorie 264
– des sozialen Vergleichs 476 Unterwürfigkeit 130, 133
Sprechtempo 522
– des Vergleichspartners 475 Urteilsverzerrung 326
S-R-Lernen 344 ff., 356
– Impression-Management 454 f., 481 User-Generated Content 596
S-S-Lernen 356 f.
Theory of Mind 110, 451 UTAUT 205
Stack sort analysis 275 f.
Theory of Planned Behavior (TBA) 201 ff. UWG (siehe Gesetz gegen den unlaute-
State variable 207
Theory of Reasoned Action (TRA) 201 ff. ren Wettbewerb) 616
Status Quo Bias 27
– Kritik 202 ff.
Stereotyp 268, 602
„Third Party“-Effekt 548 V
Stiftung Warentest 616
Tiefenpsychologischer Ansatz 159
Stimm(e) Validität (Gültigkeit)
Top-down 283
– -analyse 76 Validitätseffekt, selbst-generierter 211
722 Stichwortverzeichnis

VALS (siehe Value-and-Lifestyle-Seg- – Welten 589 – Rokeach (RVS) 246


mentierung) – Werbung 555 – -system (nach Schwartz) 250 ff., 526
Value-and-Lifestyle-Segmentierung Visuell-räumlicher Notizblock 271 f. – Verwendung im Marketing 253
(VALS) 531 f. Voice Commerce 179 Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse
Vampir-Effekt 92, 563 f. Volles Nest 450 (WISA) 233
Variety seeking 454 Vollkommener Markt 22 What-if-Analyse (WISAWI) 233
Veblen-Effekt 173 f. Widerstand der Konsumenten 619
Verachtung 130, 132 W Wiederholungswirkungen 145
Verarbeitungstiefe 263, 364 – massierte Wiederholung 380
Wahrnehmung(s) 304 ff.
Verbraucher – zeitlich verteilte Wiederholung 380
– als Informationsverarbeitung 304 ff.
– -aufklärung 618 WISA (siehe Wettbewerbs-Image-Struk-
– -bilder 367, 368 ff.
– -demokratie 607, 610 tur-Analyse)
– -illusion 305
– -politik 614 WISAWI (siehe What-If-Analyse)
– -messung 311 ff.
– -schutz 609 Wissen(s)
– selektive 304
– -streiks- und –boykotte 611f – -illusion 544
– subjektive 304
– -zentrale 616 – -lücke (-kluft) 544
– unbewusste 161 ff., 308 ff.
Verbundpräsentation 429 – nondeklaratives 262
– und Aktivierung 306
Vererbung 340 f. – perzeptuelles 262
– unterschwellige 161 ff.
Verfügbarkeitsheuristik 27 – prozedurales 262
– verzerrte 304
Vergessen 377 – semantisches 262
– -verzerrung 624
– willentliches 377 f. – -strukturen 361
Wandorientierung 428
Vergnügen 76, 432 Wissenschaftsbezug 567
Wanting 211
Verhalten(s) Wissenschaftstheorie 22, 35
Wärmegefühl (warmth) 130, 134
– authentisches nonverbales 521 – Begründungszusammenhang 35
Warnsystem 117
– -biologie 13 – Entdeckungszusammenhang 35
– forewarning 307
– ererbtes oder erworbenes 340f – Verwendungszusammenhang 35
– Frühwarnsystem 307
– -forschung, sozialökonomische 6 Wort-Bild-Kombination 374
Wayfinding 426
– -genetik 340 Wortstamm-Ergänzungs-Aufgaben 273
Wear-out-Effect 366 f.
– -kontrolle, wahrgenommene 590ff Wunsch
Weltbild 531
– -normen 488 – nach Einzigartigkeit (siehe need for
Werbe
– -ökonomie 21 uniqueness)
– -kontext 577
– unbewusstes (siehe unbewusste
– -parodien 188
Prozesse) Y
– -rat, Deutscher 616
– vokales 521
– -vermeidung 581, 584 Yerkes-Dodson-Regel 84
Verkäufer-Käufer-Interaktion 517 ff.
– -wiederholung (Notwendigkeit) 354
– Körperhaltungen 514
– -wirkungsmodelle 557 ff. Z
Verkäuferverhalten 517
– -wirkungsmuster 559
Vermeidungsverhalten 239 Zaltman’s Metaphor Elicitation
Werbung
Versorgungseinkauf 137 Technique (ZMET) 277
– Definition 554
Verstärkung(s) Zapping 581
– emotionale 560
– -hypothese 547 ZAW (siehe Zentralverband der Deut-
– Funktion aus Anbietersicht 557
– negative 359 schen Werbewirtschaft)
– Funktion aus Nachfragersicht 556
– positive 359 Zeichensprache 516
– gemischte (siehe mixed emotions)
– -prinzip (Lernen) 357 Zentrale Exekutive 271 f.
– informative 560
Verstehender Ansatz (siehe Konsumen- Zentrales Nervensystem 62, 117
– Low-involvement-Werbung 298
tenforschung) Zentralverband der Deutschen Werbe-
– massierte 380
Vertrauen(s) 129, 131 wirtschaft (ZAW) 616
– pulsierende (pulsing) 380
– in die Medien 549 Zerfalls-Hypothese 377
– Schubwerbung (flighting) 380
– -vorschuss 516 Zielgradient 192
– Tabubruch-Werbung 80
Verwendung von Bildern statt Wörtern Ziel-Mittel-Analyse (siehe auch Me-
– vergleichende 554
374 ans-End-Analysis)
– verteilte 380
Vicary-Untersuchungen 162 Zipping 582
Wert(e) 169, 249 ff.
Vigilanz (siehe Aufmerksamkeit) ZMET (siehe Zaltman’s Metaphor Eli-
– Außenaspekt 249
Viral Marketing 585 citation Technique)
– gesellschaftliche 240 f., 526 f.
Virtual Reality 592 Zufriedenheit, spirituelle 180
– -hierarchien 137, 169
– Desktop 593 Zugriffsbewusstsein 160 f.
– Innenaspekt 249
Virtual Shelves 73 Zwei-Faktoren-Theorie (Schachter und
– Messung 249 ff.
Virtuelle Singer) (siehe Emotionstheorien) 
– Messung mit Bilderskalen 252 f.
– Ladenumwelt 434 Zweite Wirklichkeit (siehe Medienum-
– Messung nach Inglehart (WVS) 527
– Showräume 591 welt)
– persönliche 431
– Supermodels 562 Zweitplatzierung 69 f.
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